Skip to main content

Full text of "Berliner Tierärztliche Wochenschrift 14.1898"

See other formats


Google 


Über dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Regalen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfügbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 

Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin¬ 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 


Nutzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nichtsdestotrotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu verhindern. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 

Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-Markenelementen Das "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 


Über Google Buchsuche 


Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppen zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter http: //books . google . com| durchsuchen. 






Digitized by L^ooQie 





















LIBRARY 

UNIVERSITY OF CALIFOMOA 
DAVIS 


Digitized by 


Google 



Berliner 

Thierärztliehe Wochenschrift. 



Herausgegeben 


Ihr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, I)r. R. Lothes, Dr. R. Peter. 



«Jahrgang: 1S9S. 



Berlin 1898. 

Verlag von Richard Schoetz 
Luisenstrasse 36. 


LIBRARY 

ÜKIVEliSiTY OF CALIFORNIA 
DA. VIS 


Digitized by 


Google 





Digitized by 


Sachregister. 

(Die Zahlen I intor den einzeln 'n Sätzen b> deuten die Seitenzahl) n.j 


Abdeekerciprivilegien. — Ministerialbescheid 
betr. Wahrung der — 383. 

Abdeckereiwesen in Preussen. — Das — Orig.- 
Art. v. Krueger. 87. 

Abdeckereiwesen in Baden. 455. Reglement 
in R. B. Wiesbaden Beil. 8. v. 14. 7. 98. 
( 8 . a. Vernichtung). 

Abgehetzter Thicre. — Das Fleisch — von 
Villain. 288. 

Abgeordnetenhaus (s. auch Landtag). 81, 132, 
141, 200, 212. 

Abscesse s. Her/.abscess, Leberabscesse. 

Abscesse im Kuhherzen, v. Möller. 462. 

Abschnürung dos Dünndarms, v. Ritzer. 608. 

Abwerfen s. Myositis. 

Accomodation des Auges in der Thierreihe. — 
Die — v. Beer. 570. 

Achselartericn-Thrombose. v. Maikmus. 498. 

Actinomycose beim Schwein. — v. Karl. 427. 

Aderlass s. Uiämie. 

Aderlass, die Brechmittel und die Vcsicantien. 
— Ueber den — v. Robin. 152. 

Aerzte Deutschlands. — Zahl der — 238, 275. 

Aeiherion. 584. 

Africa: Africanische Rinderseuche. 8 — 

Rinderpestverwüstungen. 107. — Koch’s 
Impfungen. 162. — Rinderpest in Deutsch- 
Südwest-Africa. 263.382 — Zurücksetzung 
der Thierärzte. 621. — S. Rotz, Surra, 
Texasfieber, Tsetse, s. a. Tagesgeschichte 
(Curiosa): „Wo ist der Thierarzt?“ 

Alrolpaste v. Fröhner. 187. 

Akne des Hundes und Heilung, v. Frick 552. 

Albuminurie s. Eiweiss. 

Aleohols bei rectaler Injection. — lieber die 
Giftigkeit des — v. Baum. 90. 

Akoholverband v. Steger. 330. 

Alopecia symptomatica beim Pferde durch 
graue Salbe. — von Katzke. 449. 

Altersbestimmung s. a. Karpfen. 

Altersbestimmung des Geflügels, v. Nicbel. 547. 

Ameiica: Ausfuhr von Vieh, Fleisch etc. 11. 
— Die landwirtschaftliche Thicrhaltung 
in den Vereinigten Staat n. 524. — Pferde- 
Tmport aus dens. 9. — Schafkrankheit 8. 
— Thierseuchen in Argentinien. 8, 72. S. 
a. Rinderdiirme, Rindorseuche, Tristezza. 

Aminoform s. Saligenin. 

Amyloid s Jod. 

Anästhesie s. Orthoforra. 

Anästhesie einiger Hausthiere. — Zur allge¬ 
meinen — Orig.-Art. v. Malzef. 267. 

Anästhesie in der Tl ierheilkunde. — Locale 
— v. Frick. 88. 

Anästhcsirung. — Locale — v. Tito Costa 152; 
v. Wohlgemut 352. 


Anatomisches und Physiolog’schcs s. Accotno- 
dation, Aneurysma, Auge, Blutkörperchen, 
Ccntralnervensystem, Colostrum, Degene¬ 
rationsformen, Ganglienzellen, Gartnersche 
Gänge, Haut, Herz. Holdvone, Hypophysis, 
Leukoeyten, Milchsecret ion, Missbildungen, 
Muskeln, Netz, Penis, Pneumonie, Speichel¬ 
drüsen, Utcrusepithel, Vagina, Venen- 
bcschreibung, Zellbrücken. 

Andampfung s. Vaporisation, Wundbehandlung. 

Aneurysma der Arteria facialis bei einer Kuh. 
— Orig.-Art v. Vogel. 457. 

Anthelminthicum s. Kupferoxydul. 

Antifebrin als Verbandmittel. 283. 

Antifebrin. — Vergiftung einer Kuh durch — 
Orig.-Mitth. v. Ehlers. 76. 

Antipyrin bei Wehen, v. Eberson. 402. 

Antisepticum s. Silber. 

Antiseptik mittels Wasser und Seife, von 
Geo J. Monroe 78 

Antitetanusserums —Erfolgreiche Anwendung 
des Nocard’schen — v. Mulotte. 307. 

Antitoxin s. Botulismus, Tetanus,-Tollwut. 

An unsere Leser. 421. 

Anzeigepfiicht — Erfüllung der — 562. 

Aorta. — Fremdkörper-Verletzung der — v. 
Seibert. 498. 

Aortenruptur beim Pferd. 200; desgl. von 
Engelen. 498. 

Aorten-Thrombose. 498. 

Aphthenseuche s. Maul- und Klauenseuche. 

Apocynum cannabiuum gegen Wassersucht v. 
Aleksejew. 354. 

Apoplexie s. Cerebralracningen, Gutachten. 

Apparat zum Niederlegeu der Tliic re. 188. 

Apparate s. Bandagen, Instrumente, Nieder¬ 
legen der Thicre, Operationstisch, Reduc- 
tionsappaiat, Schlachten. 

Approbationen 1896/97. — Verzeichnis der 
tierärztlichen — 176. 

Arabisches Hufeisen s. Hufeisen. 

Arecolin. 237. 

Arecolins bei Hufliehe. — Zur Anwendung 
des — Orig.-Art. von Piayon 328. 

Argentinien s. Rinderseuche, Tristezza. 

Argentum colloidale s. Blutfleckenkrankheit. 

Argentum nitricum s. Silber. 

Armbeinbrttche beim Pferd. — Ge! eilte — 
v. Fröhner. 77. 

Arsenikbehandlung s. Otitis. 

Arzneimittel und Aehnliches s. Alcoholver- 
band, Aminoform, Antipyrin, Antitoxin, 
Apocynum, Arecolin, Argei.tum colloidale, 
Argentum nitricum, Arsenik, Asbest, 
Atropin-Morphium, Benzosol, Blausäure, 
Bronchitis, Cblorbaryum, Chloroform¬ 


behandlung, Chromsäure, Cosotoxin, Creo. 
sot, Derivantien, Eudcrmol, Eugenoform, 
Formaldehyd, Formalin, Glutol, Hydrastis, 
Ichthalbin, Jodkalinm, Jodoform, Jodo- 
thyrin, Kataplasmen, Keratitis, Kohlen¬ 
calcium, Lactophenin, MallcYn, Medi- 
camente, Menthol, Natriumsulfat, Picrin- 
säure, Poui’re u‘6rine, Protargol, Pur- 
gantien, Resorcin, Saligenin, Seraphthin 
Scrumtherapie, Silber, Silbersalze, Soda, 
Tamarinde, Tannalbin, Tannoform, Ter¬ 
pentin, Tliiol, Tuberculin, Veratrin, Ver¬ 
brennungen, Xeroform. 

Arzneimittelnpplication s. R< spirat : onstractus. 

Arzneistoffen auf die Haut. — Application 
von — v. Schiff. 102. 

Asbest als Verbandsmaterial, v. Reed. 68. 

Asepsis s. Wundbehandlung. 

Asion s. Büffelseuche. 

Asphyxie durch Strangulation. — Beitrag zum 
Studium der — v. Magnin. 364. 

Asthma s. Facialisparose. 

Athmungsorgane s. Ichthyol. 

Atmosphäre: Noch zwei neue Gase 353. 

Atrophie s. Milzatrophie. 

Atropin s. Morphium, Rheumatismus, Schulter- 
lahmhoit. 

Atteste über Tuberculinimpfungen. Orig -Ait. 
v. Scharmer 565. 

Aufbewahrung s. Fleisch. 

Auge s. Accommodation, Keratitis, Protargol, 
Silbersalze, Staar,Thränencanäle, Xeroform. 

Augenentzündung s. Protargol, Silb< rsalze, 
Xeroform. 

Augenentzündung. — Ursache periodischer — 
von Knaflitsch. 67. 

Augenheilkunde. — Die Geschichte der ver¬ 
gleichenden — von Königshöfer. 246. 

Augentuberculose s. Tuberculose. 

Ausbrennen s. Otitis. 

Ausfuhr s. Einfuhr. 

Ausscheidung s. Mikroorganismen. 

Ausstellung s. Landwirthschaftsgosellschaft. 

Australien: Ausfuhr v. gefror. Fleisch. 455. 

Autointoxicationen. — v. Ilaubold. 91. 

Autointoxicationen der Thiere. v. Eber. 58,363 

Bacillus coli ste s in der Kuhmilch. 600. 

Bacillus typhi murium s. Mäusetyphusbacillen. 

Bacteriologisches s. Actinomycose, Bacterien- 
Geisselfärbung, Blastoroyceten, Färbung, 
Fische, Licht, I.ungenseucheerreger, Lyssa, 
Mäusctyphusbacillen, Maul- und Klauen¬ 
seuche, Mikroorganismen, Milch, Milch¬ 
drüse, Milzbrand, Myxomatogen,Organisii te 


Digitized by 


Google 



IV 


Infectionsstoflfe, Parasiten, Pneuraonie- 
bacterien, Protozoön, Rheuraatismuß, Roth- 
laufbacillus, Scheinfädenbildung, Seifen, 
Septicaeraie, Sporenfärbungsmethode, Spu¬ 
tum, Strahlenpilzähnliche Wuchsformen, 
Streptothrixform, Tetanusbacillen, Tu- 
bercelbacillus, Tumoren. 

Bactcriengehalt der Luftwege. — v. Barthel. 583. 

Bacterien-Geisselfarbung bei Gebrauch einer 
Orcelnbeize. v. Bowhil 283. 

Baden: Etat.238; — Rindviehversicherung.489. 

Baden-Baden s Congress. 

Baisamum Peruvianum und Oleum Ricini. — 
Verband mit — v. Galinnt. 380. 

Bandagen s. Binden, Gummifäden 

Bandwürmer der Rinder, Schafe und Schweine 
betr. der Fleischschau, v. Stiles. 479. 

Bandwurm s. Kupferoxydul, Vogeltänie. 

Barbonekrankheit der Rinder und Schweine 
in Sicilien. v. Sanfelice, Loi, Malato. 90. 

Baryum chloratum s. Chlorbarium. 

Basedow’schc Krankheit bei der Kuh. von 
Göhrig. 510. 

Bastarde zwischen Zebra und Esel — 9; 
desgl. zwischen Zebra und Pferd. — 
v. Steinriedel. 548. 

Bauchbruchs durch zweckmässig angelegte 
Bruchbandagcu. — Heilung eines — 
Orig-Art. v. Kaiser. 73. 

Bauchfell b. Netz. 

Bauchfellentzündung bei Kälbern. 584. 

Bayern: Influenza. 478; — Rangordnung der 
Militärveterinäre. 190; — Viehzählung. 
167. Tuberculosestatistik. 443. 

Beamtete Thierärzte s. Kreisthierärzte. 

Beanstandung s. Entschädigungsansprüche. 

Befruchtung schwer tragendwerdender Stuten 
durch Injection von Natrium bicarbonicum- 
Lösungen vor der Bedeckung — Ein¬ 
wirkung auf die — v. Grabensee. 223. 

Beissens und Schlagens bei einem Pferde. — 
Obergutachten Uber den Fehler des — 
Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 277 

Belgien: Thierseuchen IV. Quart. 1897 bis 111. 
Quart. 1898 : 251, 311, 478, 610; — Jahres¬ 
bericht 1896. 383; — Tuberculnsebc- 

kämpfung in — 536. 

Benzosol. v. Gofron. 392. 

Berichtigung v. Lorenz gegen O. Voges und 
W. Schütz in Berlin. 499, 537. 

Berlin. 58, 106, 394, 528; Beiblatt zu No. 36. 

Beschlag s. Zugochsen. 

Beugesehnenentzündung. — B.handlung der 

— v. Schmidt. 6. 

Bezahlung der Dienstverrichtungen der be¬ 
amteten Thierärzte. — Ueber die Form 
der — Orig.-Art. v. Schmaltz. 366, 373, 393 

Bienengift v. Langer. 583. 

Binden nach Thierai zt Hauptmann.—Elastische 

— v. Frisch. 532. 

Bläschenausschlag: Statistik s.d. Ländernamen. 

Blase s. Uebertritt 

Blasenlähmung s. Schweiflähmung. 

Blastomyceten als InfectionBerreger bei bös¬ 
artigen Tumoren, von Maffucci und Sirleo. 
391, 511. 

Blastomyceten und hyaliner Degeneration. — 
Ueber die histologischen Unterschiede 
zwischen — v. Beck. 283. 

Blausäure als Antidot bei Chloroforraasphyxie. 
v. Hobday. 354 

Blut s. a. Giftigkeit, Hämaturie, Leukocyten. 

Blut. — Entfernung von — 153. 

Blutbildung s. Pigmentbildung. 

Blutfleckenkrankheit des Pferdes mit Argen¬ 


tum colloidalo Credc. — Die Behandlung 
der — Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 541. 

Blutgefässe s. Achselarterie, Aneurysma, 
Aorta, Aortenruptur, Embolie,Entzündung, 
Lufr, Penis, Venen. 

Blut- und Organgifte. — Ueber - v. Brieger 
und Uhlenhuth. 186. 

Blutgiftigkeit hungernderThiere. v.Scofone. 32. 

Blutharnen s. Haematurie. 

Blutharnen beim Pferde, v. Rexilius. 329. 

Blutkörperchen. — Sichtbarmachung derKcrne 
der rothen — v. Petrone. 379. 

Blutkörperchen und des Fibrins bei der Ge¬ 
rinnung — Die Veiändcrungen der — 
v. Müller. 570. 

Blutmengen, gewonnen bei den verschiedenen 
Schlachtmethoden. v. Goltz. 299. 

Blutserum s. Brustseuche, Serum. 

Blutserums. — Ueber antienzymische Wirkung 
des — 379. 

Blutstillung durch Angiotryphie. 512. 

Blutung s. Euterblutung, Vaporisation. 

Blutung nach Hodenabdrehung beim Esel 607. 

Botryomycose beim Menschen. — v. Poncet 
und Dor. 92. 

Botulismusgift — Ueber antitoxische Sub¬ 
stanzen gegenüber dem — v. Kempncr 
und Schepilewßky. 488. 

Brandenburgische Landwirthschaftskaramer 
s. Rothlaufimpfanstalt. 

Brandenburg, Thierärztl. Verein 81, 106, 131, 
538, 563. Schlachthofdirectoren. 609. 

Brandwunden. 187. s. a. Verbrennungen. 

Braunschweiger Verein. 238, 285. 

Brechmittel s. Aderlass. 

Breslau: Beamtete Thierärzte. 285. 

Brief-Liquidation. 119. 

Bronchitisbehandlung. v. Lyon. 91. 

Bruch s. Armbeinbrüche, Bauchbruch, Fessel¬ 
bein, Hodensack, Knochenfissur, Nabel¬ 
bruch, Sprungbein, Zungenbein. 

Brucbbandagen s. Bauchbruch. 

Brustfellentzündung s. Pleuritis. 

Brusthöhle s. Nebenleber. 

: Brusthöhle eines Pferdes. — Extraction einer 
Glasröhre aus der — v. Cadöac. 413. 

Brustseuche s. Bruststich, Influenza, Penis¬ 
lähmung. — Statistik s. Ländernamen. 

Brust seuche. — Blutserumimpfungen als 
Schutzmittel gegen die — Orig.-Art. von 
Toepper. 97. 

Brustseuche. — Ein Misserfolg mit der Blut¬ 
serumimpfung gegen die Brustseuche. — 
Orig.-Art. v. Pcschke. 195. 

Brustseuche. — Seruminjection als Vor- 
beugungsmiitel gegen — von Jensen. 17. 

Brustseuche, Serumimpfungen v. Grammlich. 
605. 

Brustseuche. — Die Serumtherapie bei der — 
v. Deila Noce und Giancola. 112. 

Bruststich bei der Brustseuche. 354. 

Buckels. — Correctur des — v. Calot. 187. 

Budapest s. Ungarn. 

BUcheranzeigen: 11 Long, Fichoeder, Pfeiffer. 
24 Ccntralzeitung, Zeitschrift für Thier- 
mcdicin, Thierzucht, Hauptners Instru- 
menten-Katalog; 120 J. Guittard; 155 u. 
156 Bayer-Fröhner, Schmaltz; 167 u. 168 
Bayer-Fröhner. 180 Meyers Convcrsations- 
lexicon; 204 Moeller; 228 Ellenberger- 
Baum; 347 Hofmann und Beiswaenger, 
Junginger, Toskano und Postolka; 359 
Leiserings Atlas; 384 Birch-Hirschfeld; 
444 Weichselbaum; 467 Fischer. 504 Neue 
Eingänge: Ellenberger, (Leiserings Atlas), 
Hoffmann, Nocard, und Leclainche, O. 


Schwarz, FrÖhuer, Thiele, König. Statisti¬ 
scher Veterinär-Sanitätsbericht für die 
Armee. 527 Bayer-Fröhner; 664 Steuert; 
611 Jahresberichte Deutschland, Ungarn, 
Sachsen, Eisass - Lothringen; Haubner, 
Arnold, Johne, Pfeiffer, Baumgait; 623 
Fiöhner, Dünkelberg, Heck-Matschie-von 
Martens; 624 Hesdörfer. 

Büchsenfleisches. — Prüfung des — 264. 

BUflfelseuche. — Die — v. Pease. 341. 

Bursitis subpatcllaris .v. Fröhner. 487. 


C siehe auch K. 

Calciumcarbid s Kohlencalcium. 

Cantkaridiell s. Nephritis. 

Carcinom s. a. Krebs, Magenkrebs, Tumoren. 

Carcinomatosis b. Pferd, v. Hinrichsen. 174; 
v. Suder. 618. 

Carcinoma. — Ueber den parasitärea Ursprung 
des — v. Albarran. 19. 

Cassel: Beamtete Thierärzte. 20, 200. 

Castration s. Blutung, Kryptorchiden, Stuten 

Castration der Kühe. v. Flocard. 328 

Castrationsinstrumente, v. Hoffmann. 508. 

Centralnervcnsystems durch Formol. — Con- 
servirung des — v. Sainton. 570. 

Centralvertrctung der thierärztl. Vereine 
Preusseus. 105, 213 (Tagesordnung), 250. 
— Bericht über Plenarversammlung. 284 
295, 308, 321, 330, 341, 356, 368, 380. 

Ceutrifugenschlamm8. — Vernichtung des — 
72, 275. Beilage v. 31. März 1898. 

Ccrebralmeningen. — Apoplexie der — von 
Chauvrad. 340. 

Cerebrospinalmeningitis s. Gehirnrückenmarks¬ 
entzündung. 

Cerebrospinalracningitis bei Kälbern. 199. 

Chinosols. — Therapeutische u. toxicologische 
Wirkungen d. — v. Hobday. 878. 

Chlorbaryum-Anweudung bei Kolik. Orig.-Art. 
v. Kosmag. 458. v. Angerstein. 473. 

Chlorbaryum-AnWendung, von Nimm 364; von 
Imminger 320; von Schwarznecker 151; 
in d. Armee 329; sonstiges 187. 

Chloroforraasphyxie s. Blausäure. 

Chloroformbehandlung. — Eigentümliche 
Nachwirkung der — v. Ulm 211. 

Cholera s. Geflügelcholera. 

Chromsäure s. Mauke. 

Cleidomastoideus beim Pferd. — Zerreissung 
des MuscuIub — v. Flessa. 498. 

Clitoridektomie s. Myotomie. 

CocaYn s. Krebs. 

Cocainbase. 320. 

Coesliner Verein. 214, 513. 

Coloniales: Ostafrikanische Rinderseuche 8. 
Rinderpest 107, in Deutsch Südwest- 
Afrika 263,382. Rinderpest-Impfungen 162. 
S. a. Surra, Texasfieber, Tsetse. 

Colostrum v. Unger. 450. 

Corainunalbeamtengesetz. — Das — Orig.-Art. 
v. Ronneberger. 440. 

Concursordnung. — Aenderung der — 393. 

Congress. — Thesen des IV. französ. — s. 
Tuberculose. Congress: VII. internatio¬ 
naler der Thierärzte zu Baden-Baden. 166, 
213, 334, 514, 549. 

Conservirung s. Centralnervensystem. 

Cornevin. Nachruf. 154. 

Cosaprin s. Phesin. 283. 

Cosotoxin 138. 

Creosot s. Obstipation. 

Crcosot gegen Lungenentzündung. 152. 

Cruralis- und Radialislähmung beim Pferd. — 
Ueber die sogenannte — v. Fröhner. 29. 


Digitized by CjOOQie 



V 


Cryptorchidcn s. Kryptorchiden. 

Curiosa s. Tagesgeschichte. 

Cysten s. Mastdarm, Scheide. 

Cyste des Vorderknies beim Pferde. — Ab¬ 
lation einer — von Colin. 535. 

Dänemark: Ausfuhr. 9,106, 204.— Ausschluss 
des dänischen tuberculösen Viehs vom 
deutschen Markt. 71; — Thierseuchen 
IV. Quart. 1897 bis III. Quart. 1898, 251, 
275, 516, 610; — Viehverkehr und Fleisch- 
schau. 406, 419, 430. 

Darm s. Abschnürung, Perforation, Zerreissung. 

Darmantisepticum s Xeroform. 

Darmknopf. — Resorbirbarer — v. Franke. 103. 

Darmperforation beim Pferde durch Spul¬ 
würmer. v. Konhäuser. 475. 

Darmruptur s. Leerdarmruptur. 

Darmüberwurf beim Ochsen, v. Schmidt. 151. 

Darmvorfall s Grimmdarmvorfall. 

Dasselbeulen. — Zur Vertilgung der — 68. 

Deckgeld gezahlt? — Für welche Leistung 
wird — 92. 

Degeneration s. Blastomyceten. 

Degenerationsformen der Musculatur. von 
Zschokke. 497. 

Deputation für das Veterinärwesen. 226. 

Derivantien. — Ueber die Wirkung der — j 
v. Zschokke. 545. 

Desinfection s. a. Antiseptik, Centrifugen- 
schlamm, Milzbrandsporen. 

Desinfectionskraft antiseptischer Streupulver. 
Fernwirkung des Jodoforms — Die — von 
Schmidt 499. 

Desinfectionsmittel s. Arzneimittel, Didym- 
chlorid, Formaldehyd, Foi malin, Pural. 

Deutschland: s. a. Fleischeinfuhr etc., Gesetze, 
Tagesgeschichte, Veterinärpolizei, Vieh¬ 
handel. — Seuchenstatistik: Jahresbericht 
1896: 34; Monatsberichte Dec. 1897 bis Dec. 
1898. 23, 82, 142, 190, 239,287, 345,405,442, 
503, 525, 551, 574,599,621; Quartalsberichte 
III. Quart. 1897 bis II. Quart. 1898. 59, 
203, 431, 539. — Entschädigungen bei Vieh¬ 
seuchen 1896.166. — Vieheinfuhr aus Däne¬ 
mark. 71. — Vieh-Ein- und Ausfuhr 1896. 
224. — Viehzählung 1897. 200. 

Diätetisches. 200. 

Diarrhöe. — Plastische Linitis resp. Sclcrose 
der Magenmusculari8 beim Hunde als Ur 
Sache einer grassirenden — v. Liönaux. 353. 

Didymchlorid als Desinfectionsmittel von 
Schmidt 438. 

Digitalis s. Folia. 

Diphtherie der Vögel. 595. 

Diphtherie des Menschen und der Vögel. — 
Der gegenwärtige Stand über die Frage 
der Identität der — v. Galli-Valerio. 379 

Diphtherieheilserum s. Heilserum, Rotz 
contagium. 

Diphtherieheilserum. Festes. 428. 

Distomiten s. Opistorchis. 

Dorpat. — Das Jubiläum des Veterinär- 
Instituts zu — Orig.-Art. v. Schmaltz. 79. 

Dresden. Hochschule. 34, 201, 211, 310; Patrio¬ 
tische Feste. 226. 

Drüsen. — Serum-Anwendung bei — Orig-Art. 
v. Doloos. 16. 

Drüsige Organe s Mikroorganismen, Speichel¬ 
drüsen. 

Dünndarm s. Abschnürung, Perforation, Zer¬ 
reissung. 

Durchbohrung des — 353. 

Dürre, ihr Einfluss auf die Viehhaltung und 
einige Folgekrankheiten derselben, v. 
Münzer. 448. 


Düsseldorf s. Naturforscherversammlung; 
Verein 573. 

Dura s. Sandgeschwulst. 

Eber. Nachruf. 294. 310; Portait. 349. 

Ecraseur s. Embryotom. 

Ehling. Nachruf. 490. 

Ehrenräthe der thierärztl. Vereine. — Verbot 
der — 70; Ministerialerlass dazu. 161. 

Eierstock s. Ovarium. 

Einfuhr s. Fleischeinfuhr, See-Quarantäne, 
Veterinärpolizei, Viehverkehr. 

Einfuhrverbote s. Veterinärpolizei. 

Einklemmung s. Zwerchfellriss. 

Einschuss, seltener Fall. v. Fröhner. 20. 

Eisenbahnen. — Der Viehtransport auf — von 
Toscano. 95. 

Eiterung s. Sodaumschläge. 

Eiweiss im Harn unter physiologischen und 
pathologischen Verhältnissen, speciell bei 
Thieren. v. Simader. 31. 

Eiweiss-Nachweis im Harn. v. Fish. 524. 

Eklampsie. — Gegen puerperale. 380. 

Ekzem s. Geburtshelfer, Pikrinsäure. 

Ekzems. — Nervöse Natur des — v. Lassar¬ 
tesse. 114. 

Eisass Lothringen. Verein 563. 

Embolie s. Erbrechen. 

Embryologisches s. Anatomisches, Miss¬ 
bildungen, Vagina. 

Embryotom. — DasPflanz’sche—v.Schmidt. 401. 

Eiubryotom - Ecraseur. — Orig.-Art. v. Wessel 
und Witt 493. 632; Entgegnungen von 
Pflanz 520. 545. 

Endocarditis ulcerosa bacteritica bei einem 
Saugkalbe, v. Albrecht. 462. 

England: Fleischschau und öffentliche Schlacht¬ 
häuser in London von Shirley-Murphy. 
526, 575, 587. Thierseuchen: Jahres¬ 
bericht 516; Quartalsberichte IV. Quart. 
1897 bis III. Quart. 1898. 107, 275, 515, 610. 
Tuberkulinproben. 95. Viehbestand und! 
Fleischverbrauch in England 1897: 371. 
Viehstand. 8. Vieh- und Fleischeinfuhr 
1897. 155. Viehzählung 1898. 512. Zucht¬ 
schafpreise. 609. 

Entschädigung für Seuchen Verluste in Deutsch¬ 
land. 166. 

Entschädigungsansprüche bei Beanstandung 
einzelner Organe. — Ueber — v. Augst 299. 

Entzündung. — GefäsBe und Parenchym bei 
der — v. R. Virchow 7. 

Eosot und Geosot. v. Wend. 283. 

Erbrechen bei der Kuh. -- Chronisches — 
Orig.-Art v. Ehlers. 508. 

Erbrechen beim Pferde. — Ueber — Orig.-Art. 
v. Hugendubel. 245. 

Erbrechen beim Pferde infolge Embolie der 
Vena mesenterica. v. Connochie. 391. 

Erhitzung s. Magermilch. 

Erkältung als Krankheitsursache. — Ueber 
die — v. Clielmonski. 415. 

Ermüdungskrankheiten b. Pferde, v. Bartke. 210. 

Esel 8. Blutung, Tuberculose. 

Esel-Zebra-Mischung. 9. 

Esser. Jubiläumsfeier. 249. ! 

Eudermol bei Scabies, v. Wolters 511. 

Eugenoformiuro. 596. 

Euphtalmin. v. Treutier. 103. 

Euter, s. Mastitis, Milchdrüse, Milchfehler. 

Eutcrblutung. Orig.-Art. v. Teetz. 75. 

Eutertuberculose. — Vorgehen gegen die—276. 

Exostosen s. Ueberbeine. 

Extract. Hydrastis. s. Polyurie. 

l^acialislähmung s. Schweiflähmung. 

Facialis-Paralyse. — Complete periphere — 
Orig.-Art. v. Hugendubel. 267. 


Facialisparese nebst nasalem Asthma. Ton 
Vennerholm. 91. 

Färbetisch. — Heizbarer — v. Piorkowski. 524. 

Färbung s. Sporen, Sputum. 

Färbung des Skeletts beim Rinde. 583. 

Fehler in der Methode. — Ein — Orig.-Art. von 
Schmaltz. 133. 

Feldpolizeigesetz, das neue französische. 394. 

Fesselbeinbruches. — Heilung eines compli- 
cirten — v. Kressin. 416. 

Fettgewebsnekrose b.d. Hausthieren. v. Olt. 270. 

Fibrom im Herzen einer Kuh. v.Henninger.462. 

Fiebern beim Pferd. — Das eintägige — 
v. Suder. 306. 

Filmogen. v. Unna. 68. 

Finnen s. a. Lungenfinnen, Trichir.osestatistik. 

Finnen beim Reh. 276. 

Finniges Fleisch; Ministerial-Erlass. 311. 

Fische s. Forellen. 

Fische und der Fischeier. — Die Pilzkrankheit 
der — v. Maurizio. 57. 

Fische. — Verdauung und Stoffwechsel der — 
v. Zuntz. 57. 

Fissur s. Bruch-Knochenfissuren. 

Fistel s. Schlundfistel, Zahnfistel. 

Fistelbehandlung. — Jodoform u. Perubalsara 
zur — v. Georgiewsky. 416. 

Flagella of the tetanus bacillus, and other con- 
tributions of the morphology of the tetanus 
bacillus.—The—v.Kan thack andConnell. 620. 

Flaschenhals s. Kehlkopf. 

Fleisch s. a. Abdeckerei, Büchsenfleisch, 
finniges, Kohlenoxyd, Pökelmethode, 
Reaction, Schweinefleisch, Schweine¬ 
seuche, Tuberkelbacillen, Vernichtung. 

Fleisch abgehetzter Thiere. 288. 

Fleisch. — Ministerialerlass betr. Behandlung 
von finnigem — 311, 396. 

Fleisch bei gewöhnlicher Aufbewahrung? — 
Wie lange hält sich das — 276. 

Fleischausfuhr s. Australien und Ländernamen. 

Fleiscbbedarf allein decken? — Kann das In¬ 
land den — v. Boysen. 335. 

Fleischconservirungmit Formalingas. v.Stroese. 
467; mit Kohlenoxydgas. 203. 

Fleischconsum s. Fleischbedarf, Fleischschau¬ 
statistik. 

Fleischeinfuhr und Fleischhandel: (s. a. Fleisch- 
schaustatistik, Schlachthäuser, Viehhandel, 
Spanien, Seequarantäneaustalten). Agita¬ 
tion der Fleischer 119. 227. 347.'.— Aus¬ 
schluss des dänischen tuberculösen Viehs 
vom deutschen Markt 71. — Australiens 
Ausfuhr an gefrorenem Fleisch 455. — 
Fleischeinfuhr nach Deutschland aus 
Schweden 11, aus Holland 575, aus Russ¬ 
land 311. — Fleischimport 347.— Deutsch¬ 
lands Ein- und Ansfiihr von Vieh und 
thierischen Producten 1896: 224; siehe 
übrigens auch andere Ländernamen. 

Fleischeragitation. 119. 227. 347. 

Fleisches in Frankreich. — Sanitätspolizeiliche 
Behandlung tuberculösen — 35. 

Fleisches. — Zur Beurtheilung der Reaction 
des — v. Hartenstein und Augst. 167 (s. a 
Nothschlachtungen.) 

Fleischnoth. Zur — 599, 622. 

Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser 
in London von Kühnau 526; von Murphy. 
5?5. 587. 

Fleischschau in Sachsen. — Gesetzentwurf 
Uber die obligatorische — 165 u. Beilage 
vom 6. Januar 1898. Desgl. im Reich. 132, 
310, 538. 

Fleischschau s. a. Abgeordnetenhaus, Däne¬ 
mark, Entschädigungsansprüche, Finnen, 


Digitized by 


Google 


VI 


Gewahrfehler, Leberegel, Notbschlach- 

. lungen, Plomben, Rossschlächtereien, 
Schlachthäuser, Trichinen, Tuberculose, 
Vernichtung, Viehversicherung. 

Fleiechschaustatistik und Fleischconsum: (s a. 
Finnen, Ficischeinfuhr, Ländernamen, j 
Schlachthäuser, Trichinosestatistik, Tuber- ] 
culosestatistik.) Baden 300. — Berlin: 
Monatsberichte December 1897 bis No¬ 
vember 1898 : 35, 95, 143, 192, 227, 288, 
316, 382, 443, 515, 5)0, 600; — Jahresbericht 
1896/97 : 358.. — Ergebnisse der Trichinen- 
und Finnenschau in Preussen 1897: 443. — 
Leipzig 1897: 251. — Nürnberg 1897:456 — | 
Tuberculose unter dem Schlachtvieh in < 
Bayern 1897: 443. — Viehverkehr und 
FleiBchschau in Dänemark v. Kühnau. 
406. 419. 430. 

Fleischuntersuchungsplomben. 676. 

Fleischvergiftung. 359. 

Flcisclivernichtung 8. Vernichtung. 

Fluorescin zur Diagnose des Todes, v. Albani. 
79. 

Fohlen s. Grlromdarmvorfall, Nabelbruch, 
Schlundfistel. 

Fohlenerkrankun^cn, eigentbUmlicbe. von 
Lübke. 581. 

Fohlengeburten. — Abnorme Haltung der 
Hintergliedmassen bei — v. Albrecht. 414. 

Folia digitalis. v. Strahler. 354. 

Follicular-Erkrankung im Schweinedarm. — 
Ueber die euzootische — v. Olt. 280 

Forellenzucht. — Ueber den schädlichen Ein¬ 
fluss von Mikroorganismen auf die künst¬ 
liche — v. v. Zilah. 258. 

Formaldehyd, Forraalin, Formol s. Central¬ 
nervensystem, FleiBchconserviiung, Huf¬ 
krebs, Strahlkrebs. 

Formaldehyds. — Ueber die Desinfection von 
Kleidungsstücken mittels strömenden — 
v. Petruschky und Hinz. 450. 

Formalin. 321. 

Fonnalinpa8tillcn im Formalindesinfector. — 
Desinfectionsversuche mit der neuen 
Methode der Fabrik Schering: Vergasung 
von — v. Gemünd. 31. 

Fractur s Bruch, Knochenfissur, Sprungbein. 

Frankreich: Behandlung des Fleisches tuber- 
culüser Thierc 35. Fcldpolizeigesetz 324, 
405. Pferdezucht 537. Vichstand 608. 
StandeBangelegenhcitcn 10. Thierseuchen 
III. Quartal 1997 bis III. Quartal 1898: 
106, 263, 383, 478, 621. 

Frauenstudinm. 370. 

Freikoppen s. Gutachten. 

Fremdkörper s. Aorta, Brusthöhle, Kehlkopf, 
Schlund, Uebertritt. 

Frequenzen medicinischer Facultäten. 441. 

Frequenzen thierärztl. Hochschulen. 358, 382; 
s. auch Städtenamen. 

Friebel. Nachruf. 286, 294. 

Frömmigkeit — Mangelnde — s. Gutachten. 

Frostbeulen-Behandlung. von Binz. 68. 

Fruchtbarkeit s. Maulthiere, Stuten. 

Fruchthälter s. Gebärmutter. 

Fruchthältervorfall bei der Stute, v. Strebei. 
281. 

Fünfte Gliedmasse s. Gliedmasse. 

Fuhrko8tenentschädigung für Verrichtungen 
am Orte. Reichsgerichtsentsch. 83; 
Minist-Verf. 491. 

Fuhrwerke für die Praxis. Orig.-Art. v. Gold¬ 
beck. 111. 

Futtermittel s. Kartoffel, Melasse, Torfmelasse¬ 
futter, Tropon. 

Futterschädlichkeiten s. KupfersaLlüsung. 


©alle b. Bursitis, Schlangengift, Tollwuth. 

Galt.— Ueber den gelben —v. Zschokke. 593. 

Ganglienzellen am Herzen der Sängethiere. — 
Ueber — v. Schwartz. 379. 

Gangrän der Vulva bei Kühen. — Seuchen¬ 
artige — Orig.-Art. v. Storch. 399. 

Gangrän der Zahnpulpa und Wundgangrän. — 
Untersuchungen über — v. Arköoy. 476. 

Gärtnerische Gänge beim Rind. v. Röder. 512. 

Gase s. Aetherion, Atmosphäre, Mikroor/a- 
nismen. 

Gastritis hyperchlorhydrica mit Verstopfung. 
187 

Gebärmutter s Orificium, Uterus. 

Gebärmutterkatarrh s. Scheidenkatarrh. 

Gcbärmuttervorfall s. Fruchthälter, Uterus 

Gebärparese s. a. Kalbefieber, Milchfieber. 

GebärpareBe. — Studien und Versuche über 
die Ursache und Behandlung der — 
v. Schmidt-Kolding. 160. 

Gebärparese nach Schmidt-Kolding. — Ur¬ 
sache und Behandlung der — Orig.-Art 
von W. Meyer. 337; desgl. v. Kuba- 
schcw8ky 339; v. Moebius 361; Ver¬ 
handlungen des Schle8wig6chenVereins559. 

Gebärparese des Rindes. — Beobachtungen 
über — Orig.-Art. v. Haase. 543. 

Gebärparese-Behandlung, v. Sauer. 436. 

Gebühren s. Briefe, Concursordnung, Gerichts¬ 
entscheidungen, Steuereinschätzung. 

Gebühren für Untersuchungen. Beilage vom 
17. Februar 1898, 

Geburtshelfer-Ekzem. Das — v. Eppinger. 618. 

Geburtshilfe. — Orig.-Art v. Haase 75; desgl. 
v. Dralle 121; desgl. v. Loweg 266. 

Geburtshilfliche Praxis. — v. Schneider. 247. 

Gcburtskundo s Antipyrin, Befruchtung, 
Diätetisches, Eklampsie, Embryotom, Em- 
bryotomecraseur, Euterblutung, Fohlen¬ 
geburten, Fruchthältervorfall, Gangrän, 
Gebärparese, Geburtshilfliches, Geburts¬ 
rauschbrand, Geburtssfige, Güntherische 

| Schlinge, Kaiserschnitt, Kalbefiober, La- 

paro-Hysterotomie, Lebendgewicht, Myo¬ 
tomie, Orificium, Ovarium, Perocephalus, 
Perosomus, Poudre utörinc, Prolapsus 
uteri, Rcductionsapparat, Scheidenkatarrh, 
Stuten, Tetanus, Torsio uteri, Trächtig¬ 
keit, Uterusepithel, Uterusverdrehung, 

i Uterusvorfall, Vagina, Wehen. 

Geburtsrauschbrand, v. Albrecht. 102; v. 
Strebei. 606. 

Geburtssäge. Orig.-Art. v. Loweg. 494. 

Geburtstag Sr. Majestät 68. 

Gefässe s. Entzündung. 

Geflügel s. Altersbestimmung, Vögel. 

Geflügelcholera: Anzeigepflicht 192, 311, 382, 
405,419, 455,515,611. Massregeln 346, 358 
(Ministerialerlass betreffend das Geflügel- 
treiben) 382, 563, Beilage vom 14. Juli 98. 

Geheimmittel 94; Begriff der — 190. 

Gehetzt s. Fleisch. 

Gehirnanhang s. Hypophysis. 

Gehirnentzündung infolge geschlechtlicher 
Aufregung. 439. 

Gehirnerkrankuugb. Rindern, v. Bcrndorfer.476. 

Gehirnkrankheiten s. a. Cerebralmeniugen, 
Cerebrospinalmeningitis, Hirntumoren, 
Sandgescbwulst, Sclerose, Tuberculose. 

Gehirnrückenmarksentzündung d. Pferde. 173. 

Gehirntuberculose. — Ein Fall von — Orig- 
Art. v. Haase. 445. 

Gehörgang s. Otitis. 

Geissei s. Bactcriengeissel. 

Gekröse s. Luftblasen. 

Gelenk s. Kiefcrgelenk. 


Gelenkrheumatismus beim Schweine. 476. 

Gelenk - Sehnenscheiden und Schleimbeutel 
beim Rind. — Die tuberculose Entzündung 
der — v. Guillebeau. 172. 

Genossenschaften s. Privatzucbtgenosscn- 
schaften. 

Geosot s. Eosot. 

Gerberei s. Milzbrand. 

Gerichtliche Thierheilkundc s. Gerichtsent¬ 
scheidungen,Gutachten, Staar,Tuberculose. 

Gerichtsentscheidungen (s. a. Gutachten): 
„Departements oder kreisthierärztliche 
Gebühren. 443.“ — FuhrkoBtenentschä- 
digung für Verrichtungen am Orte. 83. — 
Liquidation von Briefen. 119. — Nicht¬ 
anwendung des Gesetzes vom 9. Mai 1872 
auf einen thierärztlichen Sachverständigen. 
383. — Zum Vorzugsrecht im Concursver- 
fahren. 359. (s. a. 393). — Für welche 
Leistung wird Deckgeld gezahlt? 92. — 
Rechte der Privatzuchtgenossenschaften 
gegenüber den staatlichen Körordnungen. 
115. 259. — Ueber die Art der Anzeige 
bei Thierseuchen. 562. 

Gerinnung s. Blutkörperchon. 

Geschlechtliche Aufregung s. Gehirnent¬ 
zündung. 

Geschwülste s. a. Blastomyceten, Carcinom, 
Cyste, Fibrom, Hirntumoren, Hodensarcom, 
Hygrom, Lipom, Luftsack, Mastdarm, Me¬ 
lanome, Neubildungen, Plasmodien, Sand¬ 
geschwulst, Schafherz, Scheide, Tricue- 
pidalis, Tumoren, Warzen. 

Gesetze s. Communalbeamtengesetz, Concurs- 
ordnung, Feldpolizeiordnung (französ.', 
Fleischschau, sowie bei Tagesgescliichte 
die Unterabtheilung Staatsveterinärwesen. 

Gestüte s. Landgestüte, Trakehner. 

Gewährsfehler s. Tuberculose. 

Gewebe, lebende losgctrennlo. v. Busse. 476. 

Gewicht s. Lebendgewicht. 

Gewichtsverhältniss zw. Mutter u. Kalb. 62(3. 

Gicht s. Saligenin. 

Gift s. Alkohol, Autointoxication, Bienengift, 
Schlangengift, Vergiftungen. 

Giftigkeit des Blutes hungernder Thiere. — 
Ueber die — v. Scofone. 32. 

Giftwirkung dos Schweisses. v. Arloing. 32. 

Gips. Nachruf. 274. 

Glasröhre s. Brusthöhle. 

Gliedmassen s. Ueberbeine. 

Gliedmasse beim Kalb. — Fünfte — 498. 

Glocke. Nachruf. 392. 

Glutol. Dr. Schleich. Orig.-Art. v. Schmey. 74. 

Glutol Schleich, v. Thomalla. 330. 

Granulationsgewebes beilnfection von Wunden. 
— Bedeutung des — v. Afanasieff. 102. 

Grimmdarm s. Zwerchfellriss. 

Grimmdarmvorfall durch die Scheide beim 
Fohlen, v. Eckert. 20. 

Grossbritannien s. England. 

Günther’sche Schlinge. Orig.-Art. v. Dralle. 121. 

Gummifäden-Bandagen. v. Krolikowski. 44. 

Gutachten über den apoplectischen Tod eines 
fetten Schweines. Orig.-Art v. Diecker- 
hoff. 169. 

Gutachten über den Fehler des Beissens und 
Schlagens bei einem Pferde. Orig.-Art. 
v. Dieckerhoff. 277. 

Gutachten über ein mit der Untugend des 
Freikoppens behaftetes Pferd. Orig.-Art. 
v. Dieckerhoff. 469. 

Gutachten Uber ein wegen Stätigkeit und 
fehlender Frömmigkeit bemängeltes Reit¬ 
pferd. Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 1. 


Digitized by LjOOQie 



VII 


Haarfarbe beim Pferd. — Vererbung der — 
v. Wilkens. 273. 

Haarkrankheiten s. Alopecie 
Haarwechsel s. Pigmentbildung. 

Haematurie der Rinder, v. Matthies. 281. 
Haemoglobinaemie mit Veratrin. — Behand¬ 
lung der — Orig.-Art. v. Wundt 328. 
Haemoglobinurie. Aus den Verhandlungen des 
Schleswig-Holsteinischen Vereins. 561. 
Haemoglobinurie-Behandlung. v. Schmidt. 6. 
Haemostaticum s. Natriumsulfat. 

Halle s. Lungenseuche. 

Hamburg-Altona. Verein. 99. 

Hannover: Neubau. 10; Stundenplan. 94, 430 
und Beibl. zu No. 36. 

Harn s. Eiweiss, Zucker. 

Harnblase. — Ueber medicamentöse Resorption 
durch die — v. Mors und Gabeleins 5. 
Harnruhr s. Polyurie. 

Haut s. Alopecie, Arzneistoffe, Menthol, Pur- 
gantien. 

Haut der Haussäugethiere. — Untersuchungen 
über die — v. Marke, Flatten u. Jess. 115 
Hautkrankheiten s. Ekzem, Haare, Menthol, 
Resorcin. 

Hecker’sche Verfahren. — Das — 71, 147, 165, 
216, 441; Erwiderung Hecker’s auf Kitt. 
555, 567. 

Hefe s. Tumoren. 

Heftklammern für Wunden. 380. 
Heilserum-Statistik, v. Villaret 78. 

Heizbar 8. Färbetisch, Objecttische. 
Hengstgenossenschaften s. Privatzuchtge¬ 
nossenschaften. 

Hernie s. Bauchbruch, Bruch. 

Herz s. a. Abscess, Basedow, Endocarditis, 
Fibrom, Ganglien, Hohlvene, Leberegel, 
Maul- u. Klauenseuche, Missbildung, Neu¬ 
bildung, Schafherz, Tricuspidalis. 
Herzabscess bei einer Kuh. 462. 
Herzbeutelruptur, v. Schwäbel. 44. 

Herzen. — Missbildung am — v. Möbius. 463. 
Herzkrankheiten b. Pferde. — Zur Kasuistik 
der — v. Teurer. 619. 

Hessen: Besoldung der Veterinärbeamten. 810. 
Hexamethyleu-Tetramin. 283. 

Hirntumoren. — Ein Beitrag zu den — Orig.- 
Art. v. Peter. 505. 

Histologisches s. Anatomisches. 

Hochbinden der Pferde, v. Barnick. 416. 
Hodensackbruch b. Wallach, v. Fröhner. 138. 
Hodensarcom beim Pferde, v. Fröhner. 199. 
Hog-Cholera s. Schweinepest. 

Hohlvenen im Pferdeher/en. — Zwei vordere 

— v. Bötlier. 463. 

Holland s. Niederlande. 

Hühaersohlachtmethode. — Die französische 

— v. Schindelka und Latschenberger. 390. 
Huf s. Arecolin, Kohlencalcium, Strahlfäule, 

Strahlkrebs. 

Hufbein-Senkung. Orig.-Art v. Delvos. 86. 
Hufbeschlag: Fehler Orig.-Art v. Hell. 426. 
Hufbescblag für Ochsen. 153. 

Hufeisens in Westpreussen. — Fund eines ara¬ 
bischen — Orig.-Art v. Jackschath. 87. 
Hufentzündung. — Behandlung der — Orig.- 
Art v. Dreymann. 589. 

Hufkrankheiten s a. Arecolin, Kohlencalcium, 
Pododermatitis. 

Hufkrebs beim Rind. v. Deimer. 200. 
Hufkrebses mit Formaldehyd. — Behandlung 
des — v. Fröhner. 89. 

Huflederhaut und des Hufbeins. — Necrose 
der — v. Ulm. 44. 

Hufrhehe. Orig.-Mitth. v. Teete. 122. 

Hund s. Akne, Hydrunephrose, Kaiserschnitt, 


Leukokämie, Magenkrebs, Prostata, Scle- 
rose, Tumoren. 

Hungernde Thiere s. Giftigkeit. 

Hyaline Degeneration s. Blastomyccten. 

Hydrastis fluidum. — Extract. — s. Polyurie. 

Hydrastis. — Extractum — v. Diem. 330. 

Hydrocephalus bei einem Kalbe. — Congeni¬ 
taler — v Scott. 487. 

Hydronephrose beim Hunde. — Traumatische 
— v. Almy. 32«). 

Hygroms auf dem Tuber Calcanei beim Pferde. 
— Auschälung des — v. Lanzilotti. 392. 

Hypertrophie s. Oberkieferhöhle. 

Hypoderma bovis und ihre jüngsten Larven, 
v. Koorevaar. 365. 

Hypophysis cerebri. — Ueber die Functionen 
der — v. de Cyon. 450. 

lchthalbin. 103. 

Ichthyol bei Krankheiten der Athmungsorgano. 
v. Lataneur. 451. 

Imraunisirung, Immunität, Impfung s Hecker, 
Maul- u. Klauenseuche, Milzbrand, Rinder¬ 
pest, Rothlauf, Schutzimpfung, Serum ) 
Tuberkelbacillen, Tuberculin. 

Immunität. — Der gegenwärtige Stand der 
Lehre von der — Orig.-Art. v. Busch. 385, 
397, 409. 

Impfbeamte im Kreise Schlüchtern. Orig.-Art 
v. Schultz. 279, 433. Entgegnung von 
Kalteyer 350, 494. 

Impfrothlauf s. Rothlauf. 

Impfung s. Immunisirung. 

Infection s. Granulationsgewebe. 

Infectionskrankheit s. a. Insecten. 

Infiltrationsanästhesie und Oithoform. — Com- 
bination von — 364. 

Influenza bei Pferden v. Hutchcon. 78. 

Influenza. — Anzeigepflicht bei — 455, 538. 

Influenzaculturen s. Scheinfädenbildung 

Influenzastatistik. 478. 

Injectionen von Salzwasser bei Infectionen 
und lotoxicationen. v. Bose u. Vodel. 569. 

Injectionsspritze, neue. v. Löffler. 174. 

Insecteu bei der Verbreitung von Infections- 
krgnkheiten. v. Nuttall. 282. 

Insectenstiche 237. 

Instrumente. 12 — s. a. Apparate, Bandagen, 
Castrationsinstrumente, Embryotom, Em- 
bryotomecraseur, Färbetisch, Geburtssäge, 
GUnther’sche Schlinge, Heftklammern, j 
Injectionsspritze, Kopthalteapparat, Messer¬ 
griffe, Milzbrandcadaver Objecttisch, Ope¬ 
rationstisch, Reductionsapparat, Respira- 
tionstractus, Tracheotubus, Trichinen¬ 
schau-Mikroskop, Zwangsmittel. 

Intoxication s. Autointoxication. 

Italien: Barbonekrankl.eit in Sicilien. 90. — 
Thierseuchen: IV. Quart. 1897 bis III. Quart. 
1898. 251, 311, 455, 610. 

Jahrbuch b. Landwirthschaftsgesellschaft 

Jahresbericht über Thierseuchen s. d. Länder¬ 
namen; s. a. Kranken- und Fleischschau- 
Statistik. 

Jod im Organismus. 512 

Jodkali s. Gebärparese, Kalbefieber, Nasen¬ 
ausflüsse, Septicämie. 

Jodoform s. Desinfection, Fistelbehandlung, 
Tannoform. 

Jodoformal v Reuther. 392. 

Jodothyrin gegen Struma beim Hunde, von 
Moeller. 211. 

Jodpräparate. 330. 

Jodschwefelsäurereaction bei amyloiden Sub¬ 
stanzen. 596. 


Jodtinctur mit starkem Jodgehalt v. Ricci. 320. 

Jubiläum s. Tagesgeschichte. 

Junkers. Nachruf. 416. 

IC siehe auch C. 

Kälbersepticämie v. Thormassen. 223 

Kahun s. Veterinärpapyros. 

Kaiserschnitt bei der Hündin, von Desaint- 
martin. 114, 547. 

Kalb s. Cerebrospinalmeningitis, Endocarditis, 
Gliedmasse,Lebendgewicht,Lipom, Rücken¬ 
lage, Septicämie, Torsio Uteri, Tuberkel¬ 
bacillus. 

Kalbefieber s a. Gebärparese, Milchfieber. 

Kalbefieber-Behandlung nach Schmidt-Kolding 
Orig.-Art. v. Tempel. 209; desgl. v. Never- 
mann 423; v. Stietenroth 436; v. Ober¬ 
schulte 566, 

Kalbefieber-Behandlung. 99, 237. 

Kalben. — Tetanus nach dem — 509. 

Kalium nitricum s. Verbrennungen. 

Karpfen. — Altersbestimmung bei — 264. 

Kartoffeln. — Vergiftung von Pferden durch 
verdorbene — v. J. M’Fadyean. 5. 

Kartoffeln zu Kulturzw'ecken. — Conservirung 
von — v. Simmonds. 138. 

Kastration s. Castration. 

Kataplasmen. von Zschokke. 533. 

Katzen s. Maul- und Klauenseuche. 

Kehlkopf eines Pferdes. — Ein Flaschenhals 
als Fremdkörper im — 150. 

Keime b. Milch. 

Keratitis punctata, v. Schwarznecker. 447. 

Kerne s. Blutkörperchen. 

Kiefergelenk-Resection. v. Fröhner. 497. 

Kindermilch. — Der rechtliche Begriff — 276. 

Kitt s. Hecker. 

Klauenbeschlag s. Hufbeschlag. 

Klauenkrebs beim Rinde. — Vortrag von 
J. Imminger auf der 70. Naturforscher¬ 
versammlung in Düsseldorf. 517. 

Klauenseuche der Schafe. — Bösartige — 
Orig-Art. v. Martens. 529, 545. 

Kleidungsstücke s. Fonnaldchyd. 

Klitoridektomie s. Myotomie. 

Kniegallen s. Bursitis. 

Knochenbrüchigkeit s. Melanosarcomatose. 

Knochenfissuren beim Pferd, v. Dischereit. 533. 

Knochentuberculose beim Schwein. — Diffe- 
rentialdiagnose der — v. Glage. 460. 

Koch, Hob., s. Rinderpest. 

Kohlencalciom gegen Hufkrebs. 451. 

Kohlenoxydgas zur Fleischconservirung. 203. 

Kolik s. Chlorbaryum. 

Kolik. — Ueber die Behandlung der — von 
Schwarznerker. 151. 

Körordnungen. — Die Rechte der Privat- 
Pferdezuchtgenossenschaften gegenüber 
den staatlichen — Gerichtsentscheidungen 
und Landtagsverhandlungen. 115, 259. 

Kopfhalte-Apparat s. Schlachten. 

Koppen s. Gutachten. 

Koppen-Operation nach Dieckerhoff. 594. 

Kosaprin-Phesin. 

Kosotoxin. v. Leichsenring. 138 

Krankenstatistik s. Veterinär-Sanitätsbericht. 

Krebs. — Morphium und Cocain bei — von 
Schow. 320. 

Krebspester reger. — Der — 382. 

Kreisthierärzte. — Reform der Stellung und 
Bezahlung der — Orig.-Art. v. Bermbach 
9 und Beil. No. 6 vom 7. IV. 1898; v. Mai¬ 
fort 25; v. Augsteiu 122 u. Beil, vom 5. V. 
1898; v. Höhne, Beil, vom 5. V. 1898; von 
Krüger, Beil, vom 7. IV. 1898; v. Klebba 
214. — v. Schmaltz 163, 366, 373, 393. — 
Verhandlungen darüber 125 (Schlesien), 117 


Digitized by CaOOQie 



VIII 


(Brandenburger Eingabe), 118 (Sachsen), 
190 (Posen), 200 (Cassel), 295 (Centralver¬ 
tretung), Beil vom 5. V. 1898 (Ostpreussen 
ii. Rheinpreussen); ferner 165 u. 501. 

Kreosot b. Lungenentzündung, v. Casati. 152. 

Kreuz- oder Lendenlähme? Orig.-Art. von 
Brücher. 577. 

Kreuzrhehe s. Hämoglobinurie. 

Krippensetzen s. Koppen. 

Krolikowsky’sche Theerverbände. v. Kroli- 
kowsky. 44, 152. 

Kropf s. Plasmodien. 

Kruckow. Nachruf. 381. 

Krüsch. Was ist das? 583. 

Krummbeirrigkeit bei der Kuh. — Angeborene 
— Orig -Art v. Schrocder. 111. 

Kryptorchidencastration. — Beste Methode 
der — v. FrÖhner. 269. 

Kryptorchiden. — Die Castration der — Orig.- 
Art. v. Töpper. 301. 313. 

Kuh 8. Antifebrin, Castration, Krummbeinig¬ 
keit, Schlundschnitt, Tricuspidalis. 

Kupferlösung besprengtes Weinlaub als Futter 
erhalten hatten. — Ueber Erkrankung nach 
dem Genüsse der Milch von Kühen, welche 
mit — 282. 

Kupferoxydul als Bandwurmmittel, v. Hagen. 
451. 

Kupferpräparate. — Ueber die verschiedene 
Giftigkeit einiger—v.Baum u Seeliger. 114. 

Kupfervergiftung. — Ueber die — v. Baum 
und Seeliger. 486. 

Kurhessischer Verein. 563. 

Lactophenin. v. Metzger. 137. 

Lähmungen und Lahmheiten s. a. Beugesehnen, 
Blase, Cruralis, Facialis, Gelenk-Sehnen¬ 
scheiden, Mastdarm, Penis, Schulterlahm¬ 
heit, Schweif, Spat, 

Lahmheiten mit Atropin-Morphium — Behand¬ 
lung gewisser — s. bei Schulterlahmheit. 

Lämmer s. Rhehe. 

Landbeschälung in Oesterreich und die dazu 
benutzten Vollbluthengste. — Die — von 
Flaum. 500. 

Landgestüte. — Bestand und Ertrag der 
preussischen — 153. 

Landtag s. Abgeordnetenhaus. 

LandwirthBchaft8gesell8chaftl897. — Jahrbuch 
der deutschen — 459. 

Landwirthschaftsgesellschaft in Dresden. — 
Ausstellung der Deutschen — 275, 451. 

Landwirthschaftskammern s. Rothlauf- Impf¬ 
anstalt. 

Landwirthschaftskammern für die Veterinär¬ 
wissenschaft. — Ueber die Bedeutung der 
— Orig.-Art, v. Schmaltz. 106. 

Landwirthschaftsrath. 142, 611, 622. 

Landwirtschaft nnd Veterinärwesen. Orig.- 
Art. v. Bermbach. 451. 

Laparatomie beim Pferd, v. Scott. 113 

Laparo - Hysterotomie, v. Chigot. 547. 

Lauterstall s. Polyurie. 

Leben s. Gewebe. 

Lebendgewichts derMutterthierezu demjenigen 
der Kälber. — Das Verhältnis s des — 620. 

Lebensversicherung. 10, 201. 

Leberabscesse bei Pferden, v. Albrecht. 364. 

Leberabscesse. —Casuistik der—v. Sabatino 
de Benedictis. 248. 

Lebercirrhose beim Pferd. — Diagnose der — 
v. Beichold. 247. 

Leberegel im Herzen. 462. 

Leberegel und Bandwürmer der Rinder, Schafe 
und Schweine in besonderer Rücksicht 
auf die Fleischschau, v. Stiles. 479. 


Leerdarmruptur. v. Gutzeit. 33. 

Lendenlähme s. Kreuzlähme. 

Leser. — An unsere — Orig.-Art v. Schmaltz. 
421. 

Leucämie beim Hund. v. Smythe. 583. 
Leuckart. — Nachruf für — 79. 

Leucocyten.—Vergleichende Morphologie d.— 
v. Hirschfeld. 402. 

Leucocyten zur bactericiden Wirkung und zur 
alcalischen Reaction des Bluti'S und der 
Lymphe. — Die Beziehungen der — 
v. Loewit. 402. 

Leucocyten zu unterscheiden. — lieber die 
Notwendigkeit, mehrere Arten von — 
v. Denys. 570 

Lichtwirkung auf Bacterien. — 188. 

Lies. Nachruf. 69. 

Linitis s Diarrhöe. 

Linksseitig s. Trächtigkeit. 

Lipom beim Kalbe, grosses, v. Stauding. 20. 
Local s. Anästhesirung. 

London s Fleischschau. 

Lorenz s. Rothlauf 
Loretin. 392. 

Lüneburg. — Versammlung der beamteten 
Thierärzte von — 402, 597. 

Luft s. Uebertritt. 

Luft in der Heilkunde. — Anwendung flüssiger 

— 511. 

Luft in der Vene. — Tod. v. Vennerholm. 91. j 
Luftblasengekröses beim Schwein. — Urspiung 
des — v. Dupray. 439. 

Luftsackes. — Ein Pseudo-Tumor des — v | 
MontanA 114. 

Luftwege s. Bacteriengehalt 
Lumbago s. Hämoglobinurie. 

Lumbago. Orig.-Mitth. v. Teetz. 122. 

Lunge s. Sclerose, Tubcrculose. 
Lungenentzündung s. Kreosot, Pneumonie. 
Lungenentzündung b. Rindern, v. Winkler. 340. 
Lungenentzüdung und der Lungenseuche beim 
Rind. — Unterscheidung der sporadischen 

— v. Smith. 272. 

Lungenfinnen beim Rind. 276. 

Lungenseuche s. a. Lungenentzündung. Sta¬ 
tistik s. Ländernamen. 

Lungenseuche beim Rinde, v. Nocard. 307. 
Lungenseuchelymphe-Anstalt in Halle a. S. 22; 

Orig.-Art. v. Pütz-Schmidt. 159. 
Lungenseuche-Mikroben. — Entdeckung der 

— v. Nocard. 186. 

Lustig. Nachruf und Porträt. 241. 

Lymphe s. Leucocyten. 

Lyssa. — Zur Frage Uber die Natur der Para¬ 
siten bei — v. Grigorjew. 569. 

Mäusetyphusbacillen. — Practische Ver¬ 
wendbarkeit der — v. Brunuer. 475. 
Magdeburg, beamtete Thierärzte. 501. 

Magen s. Morphium. 

Magen-Darmcatarrh bei Schweinen. — Infec- 
tiöser -- Orig.-Art. v. Aronsohn. 110. 
Magenkrebs beim Hund. v. Eberlein. 43. 
Magens bei Vergiftungen. — Entleerung des 

— v. Blattenberg. 175. 

Magensclerose b. Diarrhöe. . * 
Magenzerreissung beim Pferd, v. Strecker. 461. 
Magermilch. — Verwerthung der — 240. 
Magermilch im Sinne des § 61 der Bundesraths¬ 
instruction. — Erhitzung der — Orig.-Art. 
v. Foth. 157. 

Magnesia usta s. Verbrennungen. 
Malariakrankheit des Rindviehs auf dem Agro 
romano. v. Nosotti. 523. 

Malignes Oedem. v. Koninsky. 606. 

Malleln und Tuberculin. v. Semmer. 339. 


Mandeltuberculose. 581. 

Marken s. Thierzeichenmarken. 

Mastdarm s. Schweifläbmung. 

Mastdarm - Cysten und -Polyp. Orig.-Art. 
v. Tietz. 76. 

Mastdarmruptur in Folge eines Sarcoms 200. 

Mastdarmvorfälle. — v. Strebei. 6. 

Mastitis mit septischen Erscheinungen. Orig.- 
Art v. Knoll. 280. 

Maukebehandlung m. Cbromsänre. v.Fröhner.6. 

Maulthieren. — Fruchtbarkeit bei — v. Teget- 
meier und Sutherland. 248. 

Maul- und Klauenseuche siehe auch Centri- 
fugenschlamm, Hecker’sches Verfahren, 
Klauenseuche, Schutzimpfung, Seraphtin, 
Tagesgeschichte, Veterinärpolizei. — Ener¬ 
gische Selbsthilfe 35; Statistik s. d. Länder¬ 
namen. (Die periodischen Nachrichten über 
Verseuchung d. einzelnen Schlachthöfe 
sind im Register nicht aufgenommen) 

Maul- und Klauenseuche bei Schafen und 
Ziegen, v. Himmelstoss. 522. 

Maul- und Klauenseuche. — Herzaffection als 
Nachkraukheit bei — 428. 

Maul- und Klauenseuche. — Zur bösartigen 
Form der — v. Faber. 461. 

Maul- und Klauenseuche • Epidemie im Kreise 
Goldberg-Haynau und ihr Einfluss auf 
dessen Bewohner, v. Cocstcr. 142. 

Maul- und Klauenseuche. — Zur Frage der 
Immunität bei der — Orig.-Art. v. Martens. 
171. Berichtigung dazu 185. 

Maul- und Klauenseuche. — Grad der Empfäng¬ 
lichkeit für — v. Fehenmeier. 272. 

Maul- und Klauenseuche auf Katzen. — Ex¬ 
perimentelle Uebertragung der — Orig.- 
Art. v. Hecker. 61. 

Maul- und Klauenseuche. — Die Bacterien der 

— v. Stutzer und Hartlcb. 113. 282. 

Maul- und Klauenseuche. Erreger. — Sitz 

der — v. Rabe. 186. 

Maul- und Klauenseuche. — Neuer Beitrag zur 
Morphologie und Biologie des pathogenen 
Protozoon (Protamoeba aphthogenes) der 

— v. Piana und Fiorentini. 475. 

Maul- und Klauenseuche — Schnellimmuni- 
sirung bei — v. Bela. Orig.-Art. 171. 

Maul- und Klauenseuche. — Schutzimpfung 
gegen — Orig.-Art. v. Schmidt-Nidda. 616. 

Maul- und Klauenseuche. — Arbeiten zur Er¬ 
forschung der — v. Kaiserl. Gesundheits¬ 
amt. 46. 

Maul- und Klauenseuche im Kreise Lands¬ 
berg a. W. nach dem Hecker’schen Ver¬ 
fahren. — Schutzimpfungen gegen — 
Orig.-Art. v. Graffunder. 147. Bemerkungen 
hierzu von demselben. 165. 

Maul- und Klauenseuche-Conferenz. 22. 83. 

Maul- und Klauenseuche. — Der Kampf mit 
der — Orig.-Art. v. Meifort. 181. 

Maul- und Klauenseuche — Beschlüsse des 
bayer. Landwirthschaftsrathes. 611. 

Medicamente in Pulver- oder Capseiform. 596. 

Medicinal-Ministerium. 164. 

Melanome. — Vortrag über — v. Imminger. 632. 

Melanosarcomatose. 69. 

Melanosarcomatose als Ursache von Knochen¬ 
brüchigkeit. v. FrÖhner. 69. 

Melanose s. Pigmentbildung. 

Melasse s. Torf. 

Melasse als Milchfuttermittel für Kühe, 
v. Ramm. 273. 

Meningitis s. Cerebrospinal-M. 

Mensch s. Botryomycose, Maul- und Klauen¬ 
seuche. 

Menthol bei Hautaffectionen. 211, 380. 


Digitized by LjOOQie 



IX 


Mertens. Nachruf. 33. 

Messergriff-Verbesserung, v. Hraatz. 188. 

Methode? — Ein Fehler in der — Orig.-Art. 
v. Schmaltz. 133. 

Mikroorganismen durch drüsige Organe. — 
Ausscheidung der — v. Biedl und Kraus. 
365; desgl. durch die Milchdrüse, 
v. Basch und Weckminsky. 378. 

Mikroorganismen s. a. Bacterien, Forellen, 
Granulation, Septicämie. 

Mikroorganismen gegen die Einwirkung com- 
primirter Gase. — Verhalten der — v. 
Malfitano. 56. 

Mikroorganismen. — Innere Struclnr der — 
v. Ruzicka. 487. 

Mikroskop s. Trichinenschau. 

Mikroskopisches s. Anatomisches. 

Milch s. a. Bacillus coli, Centrifugenschlamm, 
Colostrum, Galt, Kindermilch, Kupfersake, 
Magermilch. 

Milch. — Verminderung d. Keime in — 439. 

Milch und Molkerei in veterinärpolizeilicher 
Hinsicht. Orig.-Art. von Matthiesen. 553. 

Milch von tuberculösen und tuberculosc- 
verdächtigen Kühen. — Inverkehrbringen 
der — Orig.-Art. v. Fenner. 471. 

Milchdrüse s. Mikroorganismen. 

Milchergiebigkeit s. Ziegenbock. 

Milchfieber s. a. Gebärparese, Kalbefieber. 

MilchfieberB. — Modification der Schmidt’schen 
Methode in der Behandlung des — von 
' Perdoni. 428. 

Milchfuttermittel s. Melasse. 

Milchsecretion. — Ueber die Vorgänge bei der 
— v. Michaelis. 319. 

Militär-Veterinäre s. Tagesgeschichte. 

Milzatrophie. — Ursache der bei Schlacht¬ 
schweinen häufigen — v. Glage 60. 

Milzbrand in der Mailänder Niederung und 
die Gerbereien, v. Gorini. 18. 

Milzbrand: Zuziehung der Kreisthierärzte. 10. 

Milzbrandcadaver und Untersuchung des Milz¬ 
brandblutes. — Behandlung der — Orig.- 
Art. v. Buch. 613. 

Milzbrandcadavern. — Instrument zur Oeffnung 
von — Orig.-Art v. Kissuth. 245. 

Milzbrand-Immunisirung. v. Sobernheim. 392. 

Milzbrandsporen durch Phenol in Verbindung 
mit Salzen. — Ueber Desinfection von — 
v. Römer. 619. 

Milzbrandstatistik s. d. Ländernamen. 

Minderwerth s. Tuberculose. 

Missbildung s. Gliedmasse, Herz, Hohlvene, 
Nabelvene, Nebenleber, Perocephalus, 
Perosomus, Zahnanomalie. 

Misserfolg s. Brustaeuche. 

Mittheilungen 8. Therapeutische. 

Molkerei s. Milch. 

Morbus maculosus s. Blutfleckenkranheit. 

Morphium s. Krebs, Muskelrheumatisnius, 
Narcotica, Rheumatismus, Schulterlahm. 

Morphium - Atropin - Injectionen. — Giftig e 
Wirkung der — v. Preusse. 593. 

Morphium-Einfluss auf die Salzsäurereaction 
des Magens, v. Kleine. 32. 

Morphologie s. Anatomisches. 

Moskau. — Veterinär-Organisation im Gouver¬ 
nement — 463. 

Müglitzthal s. Ziegenzucht. 

Muskel s. Myositis, Zelibrücken. 

Muskeln.— Chemie der glatten, v. Munk. 489. 

Muskelrheumatismus, v. Tempel, Bruns und 
Meitzer. 198. (s. auch Rheumatismus.) 

Muskelzerreissung s. Cleidomastoideus. 

Muskulatur s. Degeneration, Zelibrücken. 

Mutterpech. 392. 


! Mydriatica und Myotioa. — Wirkung der — v. 

| Schulz. 392. 

i Myositis parenchymatosa infolge Abwerfens 
beim Pferde, v. Fröhner. 437. 

! Myotomie des Sohweifes und Clitoridektomie. 

| v. Williams. 449. 

I Myxomatogenes Virus, v. Sanarolli. 415. 

1 Nabelbruchs beim Fohlen. — Radicaloperation 

i eines — Orig.-Art. v. Zwicker. 265. 

1 Nabelvene bei einer erwachsenen Kuh. von 
Fahre tti. 499. 

Nachgeburt s. Uterusvorfall. 

Nachrichten s. Seucbennachricliten. 

Nachruf s.Tagesgeschichte unddie betr.Namen. 

Nähen der WundeD. v. Fröhner. 4. 

Nahrungseiweiss s. Tropon. 

| Nahrungsmittel-Untersuchungs-Laborat. 359. 

1 Narcose s. Anaesthesie. 

Narcotika. — Mittel gegen Vergiftungen mit 
— Von Scotchman. 512. 

Narcotisirungsstatistik. — Zur — v. Gurlt. 188. 

Nase gegen Schädlichkeiten in der inspirations- 
luft. — Schutzwirkung einer gesunden — 
v. Saenger. 401. 

Nasenausflilssc mit Jodkali. — Behandlung 

1 chronischer — v. Schindler. 6. 

I Natrium bicarbonicum s. Befruchtung. 

Natrium bicarbonicum - Verband kranker 
Wunden, v. Guöorguiöwsky. 152. 

i Natriumsulfat als Hacmostaticum. v. Reverdin. 
402. 

I Naturforscher-Versammlung zu Düsseldorf. 141, 
358, 381, 454, 495, 506, 517, 532. 

Nebenleber in der Brusthöhle des Schweines, 
v Göhrig. 498. 

Necrose s. Fettgewebe, Huf lederhaut. 

Nephritis beim Pferde. — Canthaiidielle — 
v. Carougeau. 150 

Nervenlähmung s. Lähmung. 

Nervenschnitt s. a. Oel, Spathbebandlung. 

Nervös s. Ekzem. 

Netzes als Schutzorgan des Bauchfells. — Be¬ 
deutung des — v. Roger. 329. 

Neubildungen s. Geschwülste. 

Neubildung am Schafherzen, v. Messner. 462. 

Neurotomie s. Nervenschnitt, Oel, Spat. 

Niedere Thiere s. Schmerzempfindungen. 

Niederlande: Einfuhr aus Deutschland nach 
Holland Beil. 8 vom 14. Juli 1898. — Ein¬ 
fuhr von Zuchtvieh aus Holland. 153. — 
Thierseuchen: Jahresbericht pro 1896:455; 
QuartalBberichte III. Quartal 1897 bis 
111. Quartal 1898. 107, 251, 383, 478, 621. ! 

Niederlegen der Thiere. — Apparat zum — 
v. Trapp. 188. 

Niere s. Hydronephrose, Nephritis, Uebertritt. 

Nierensarcom und Nierensteine, v. Handschuh 
und Lewin. 609. 

Nocard s. Antitetanusserum, Lungenseuche, 
Starrkrampf, Tuberculin. 

Norwegen. Thierseuchen: IV. Quart 1897 bis 
111. Quart. 1898. 107, 263, 478, 610. 

Nothschlachtungen.— Beurtheilung der sog. — 
v. Hartenstein. 167, 178. 

Nothschlachtung. — Beurteilung der — v. 
Augst. 167, 202. 

Nothschlachtung. — Fleischbeschau bei — 
Vortrag v. Jenssen. 590. 

Obergutachten s. Gutachten. 

Oberkieferhöhle. — Hypertrophie der — von 
Fröhner. 92. 

Objecttisch. — Elektrisch geheizter — von 
Kraus. 523. 

Obstipation-Behandlung durch Creosot. v. Hol¬ 
stein. 5. 


Obstruction s. Chlorbaryum. 

Ochsen s. Darmüberwurf, Zugochsen. 

Oedem s. Einschuss, Malignes. 

Oel bei Neurectomie. — Geronnenes — von 
Corning. 380. 

Oenanthe crocata. — Vergiftung durch — von 
Macadam. 56. 

Oesterreich: Aus- und Einfuhr yon Vieh 92. 
— Gesetz betr. die Tilgung der Schweine¬ 
pest 563. —Landbeschälung und Vollblut¬ 
hengste. 500. — Thierseuchen; IV. Quart. 
1897 bis III. Quart 1898. 107, 263, 515, 610. 

Ohrkrankheiten s. Otitis. 

Oleum Ricini, Verband. 380. 

Operationen s. Antiseptik, Brusthöhle, Castra¬ 
tion, Cyste, Hodensackbruch, Hygrom, 
Kaiserschnitt, Kiefergelenk, Kryptorchiden, 
Laparo - Hysterotomie, Mastdarmverfall, 
Myotomie, Nabelbrucb, Nervenschnitt, 
Schlund, Schlundschnitt, Sehnenentzün¬ 
dung, Spat, Tenotomie, Trepanation, 
Uterushals. 

Operationstisch. Orig.-Art. v. Pflanz. 196, 246. 

Opistorchis Pianae nov. sp., eine neue Disto- 
raidenart derWildente. v. Galli-Valerio. 138. 

Orcembeizc s. Bactciien-Geisselfärbung. 

Organgifte s. Blutgifte. 

Organisirter lufectionsstoffe. — Die erste Idee 
vom Vorhandensein — 188. 

Organotherapie, v. Landau. 19. 

Orificium uteri und des Uterus bei einer Kuh, 
mit günstigem Ausgang. — Perforation 
des — Orig.-Mitth. v. Ehlers. 76. 

Orthoform s. a. Infiltrationsanästhesie. 

Orthoform zur Schmerzstillung, v. Einhorn 
und Heinz. 103. 

Orthoform. v. Klaussner. 320. 

OstpreussischerVerein. 190; Beilage v.5 Mai 98. 

Otitis externa der Hunde und sog. Ausbrennen 
deB Gehörganges. — Ueber Arsenikbehand¬ 
lung bei — v. Hoffmann. 352. 

Otorrhoe beim Pferde. 476. 

Ovarien-Erkrankung der Stute, v. Donald. 475. 


Papageienkrankheit s. Psittacosis. 

Papyros s. Veterinärpapyros. 

Parasiten s. Blastomyceten, Carcinom, Dassel¬ 
beule, Darmperforation, Dünndarm, Finnen, 
Follikularerkrankung, Hypoderma bovis, 
Insectenstiche, Leberegel, Lungenfinnen, 
Myxomatogen, Opistorchis, Pentastomum, 
Plasmodien, Protozoön, Spulwurm, Strongy- 
lus, Vogeltänie. 

Parasiten, seltene, v. Hobday. 607. 

Parenchym s. Entzündung. 

Patella s. Bursitis. 

Patente. — Medicinische — 586. 

Pauschquantum. Orig.-Art. v. Schmaltz. 366, 
373, 393. 

Pech. Nachruf. 344. 

Penis-Gefässe beim Pferde. Orig.-Art. von 
Schmaltz. 254. 

Penislähmung beim Pferde, v. Fröhner. 54. 

Penislähmung als Nachkrankheit bei Brust- 
seuche. Orig.-Art. von Schulze-Burg. 508. 

Pentastomum in Schweineleber und Ziegen¬ 
lunge. v. Ströse und Tempel. 608. 

Perforation des Dünndarms durch Strongylus 
tetracanthus. 353. (s. a. Zerreissung). 

Periodische a. Augenentzündung. 

Peritonitis s. Bauchfellentzündung. 

Perleberger Viehversicherung. 22; Minist.-Erl. 
betr. Agenturen. 108. 527. 

Peiocephalus aprosopus synotus. Orig.-Art. v. 
Brauer. 289. 


Digitized by LjOOQie 





X 


Pcrosoinus elurobus. Orig.-Art. v. Dralle. 267. | 

Persönliches s. Tagesgeschichte. 

IVrubalsam s. Fistelbchandlung. 

Petechialfieber s. Blutfieckenkrankheit. 

Pferd s. Armb. inbrüche, Bastarde, Carcino- 
inatosc.Ermttduugskrankheit, Fohlen, Ucrz- 
krankheit, Influenza, Laparotomie, Penis¬ 
lähmung, Thränencanäle, Tuberculose. 

Pfrtidehandel s. Radsport 

Pferdezucht: s. Bastarde, Deekgeld, Gerichls- 
cntscheidung, Hauptgestüt, Trakehnen, 
Körordnung, Landgestüte, Privatzucht¬ 
genossenschaften, Trabrennleistung der 
Kaltblüter 451. Siehe ferner die Länder¬ 
namen. 

Pllanz’sche Embryotom s. Embryotom. 

Pflasterpapier, v. Herxheimer. 103. 

Pfuscherei s. unter Tagesgeschichte. 

Plienol s. Milzbrandsporen. 

Phesin und Cosaprin. 283. 

Phlegmone 8. Einschuss. 

Physiologisches s. Anatomisches. 

Picrinsäure gegen Ekzem, v. Gauchcr. 103. 

Piephacke s. Ilygrom. 

Pigmentbildung, Melanose, Blutbildung und 
Haarwechsel. — Ueber — v. Ehrmann. 272. 

Pilzkrankheit s. Fische. 

Pinzgauer Sticnnarkt 355. 

Plasmodien des Kopfes, v. Grasset. 391. 

Pleuritis. — Zur Aitiologie der primären — 
Orig.-Art. v. Aronsohn. 327. 

Pleuritis. — Pathogenese v. Grawitz. 583. 

Plomben für Fleischschau. 576. 

Pneumonie. — Zur physikalischen Diagnostik 
der — v. Cadöae. 390. 

Pneumoniebactcrieu und der Streptococcus 
dpr Druse. — Die Schütz’schen — von 
Ligni6res. 439. 

Pneumonie im Kindesalter und der Pneumonie 
im Allgemeinen. — Studien über die 
Aetiologie und Histologie der — v. Dürck. 7. 

Pocken s. Warzenpocken. 

Pododermatitis beim Pferd. — Begriff und j 
Formen der — v. Eberlein. 351. 

Pükelmothode. — Neue — v. Fjelstrup. 240. 1 

Polyp 8. Mastdarm. 

Polyurie des Pferdes mit Extractum Hydrastis 
fluidum. — Behandlung der — Orig.-Art 
v. liaase. 109. 

Posener thierärztlichen Vereine. — General¬ 
versammlung der — 89, 190. 

Posen, beamtete Thierärzte. 334. 

Poudre utörine. Orig.-Art. v. Zinke. 339; desgl. 
v. Stechmeyer. 508. 

Poudre utörine de Roux. 380. 

Praxis s. Fuhrwerk. 

Preussen a. auch Fleischschau, Pferdezucht, 
Schlachthäuser, Tagesgeschichte, Thier- 
Zucht, Veterinärpolizei. — Abdeckerwesen 
in Preussen von Krüger 37. — Trichinen- 
und Finnenschau 94 — Veterinäretat 22, 
33. — Viehzählung 1897. 175. — Land- 
gestüte 153. — Seuchenstatistik: Monats¬ 
berichte (Maul- und Klauenseuche mit 
Karte) Dez. 1897 bis Dec. 1898. 23, 82,143, 
191, 239, 287, 345, 406, 442, 503. 525, 551, 
574, 599, 622 — Trakehner 189. 

Privatzuchtgenosseuschaften. — Gerichtsent¬ 
scheidung und Landtagsverhandlung betr. 
die — 115, 259. 

Prolapsus uteri. Orig.-Art. v. Dralle. 121. 

Prolapsus uteri; Verhütung des — v. Nuss. 259. 

Prolapsus vaginae. — Orig.-Art v. Dralle. 245. 

Prostata-Krankheiten des Hundes, v. Scott. 199. 

Protamoebaaphthogenes s. Maul-und Klauen¬ 
seuche. 


Protargol. v. Neisser. 320; P. gegen Augen- 
entzündung. v. Davied.*416. 

Protozoen s Maul- und Klauenseuche. 

Pseudo-Tuberculose s. Sarcomatöse. 

Pseudo-Tuberculose bei Schaf und Ziege, v. 
de Jong. 536. 

Pseudo-Tumor s. Luftsack. 

Psittacosis (Papagcicnkrankh.) v. Dupuy. 25S 

Pütz. — Nachruf. 117; Begräbniss 119, 131; 
Porträt. 229. 

PulverfÖrmige Arzneimittel s. Ilcspirations- 
tractus. 

Pural, ein neues Desinfectionsmittel für den 
täglichen Gebrauch, v. Heumann. 392. 

Purgantien von der Haut aus. — Ueber die 
Wirkung der — v. Scarpinato. 438. 

Pyosepticämie beim Pferde. — Cryptogene- 
tischo — v. Fröhner und Olt. 67. 


Quarantäne-Anstalten s. Seequarantäne. 
Quecksilberpräparate. — Empfindlichkeit der 
Rinder gegen — v. Rossi Rosolino. 389. 
Quecksilbervergiftung 8. Alopecia. 


Babe. — Nachruf. 103; Porträt 193. 

Radialislähmung s. Cruralislähmung. 

Radsport und Pferdehandel. 440. 

Räuchern s. Tuberkelbacillen. 

Räude s. Eudormol. 

Räudestatistik s. Ländernamen. 

Rangstellung s. Kreisthierärzte. 

Kauschbrand s. Geburtsrauschbrand. Statistik 
s. d. Ländernamen. 

Reaction des Fleisches s. Nothschlachtungen. 

Recepte s Arzneimittel. 

Rectal-Injcctionen s. Alkohol. 

Reductionsapparat s. Uterusvorfälle. 

Reformbestrebungen der beamteten Thierärzte, 
s. Kreisthierärzte. 

Reh s. Finnen. 

Rehe s. Rhehe 

Reiseerinnerungen Orig.-Art. v. Arndt 260. 

Reissmanu. Nachruf. 294. 

Reitpferd s. Gutachten. 

ltennthierseuche. 35. 

Reposition s. Uterusvorfall. 

ReBection s. Kiefergelenks-Resection. 

Resorcin. v. Heng. 330; — R. bei Hautkrank¬ 
heiten. v. Ilartzell. 451. 

Resorption s. Harnblase. 

Respirationstractus beim Pferde. — Instrument 
zur Application pulverförmiger Arznei¬ 
mittel auf die Schleimhaut des — Orig.- 
Art. v. Neubarth. 4. 

Retentionsmittel s. Mastdarmvorfall. 

Rhehe s. Huf. 

Rhehe bei Lämmern. 439. 

Rheinpreussischer Verein. 225, 477. — Beil. v. 
5. Mai 98. 

Rheinprovinz, Schlachthofthierärzte. 226, 537. 

Rheumatismus s. a. Gelenkrheumatismus. Be¬ 
handlung mit Atropin-Moiphium s. a. 
Muskelrheumatismus u. Schulterlahmheit. 

Rheumatismus mit Atropin-Morphium. — Zur 
Behandlung des acuten — Orig-Art. v. 
J. W. Schmidt. 219. 

Rheumatismus-Bacillus, v. Triboulet. 31. 

Rhododendron bei einer Ziege. — Vergiftung 
mit — v. Wilson. 56. 

Rinder s. Ahtifebrin, Augentuberculose, Bar- 
bonekrankheit, Büffelseuche, Castration, 
Färbung, Gangrän, Gebärparese, Gelenk¬ 
entzündung, llufkrebs, Krummbeinigkeit, 
Lungen8enche, Malaria, Quecksilber- 

1 präparate, Schlund, Schlundschnitt, Septi 


caemia, Strahlkrebs, Surrakrankbeit, Te¬ 
tanus, Texasfieber ,k, Tollwuth, Torsio 
uteri, Trächtigkeit, Trepanation, Tricus- 
pidalis, Tuberculose, Warzenpocken. 

Rinderdärme. — Krankhafte Beschaffenheit 
amerikanischer —v. Lorenz u. Rievcl. 261. 

Rinderpest in Afrika. 107, 263; s. a. Russland, 
Türkei. 

Rinderpest-Impfung. — Kocli's Methode der — 
162. Directe Mittheilung aus Deutsch- 
Südwest-Afrika. 382. Thierärzte 621. 

Rinderpest. — Zur Aetiologie der — v. Nencki, 
Sieber, Wyznikiewicz. 163. 

Rinderseuche. — Ostafrikanische — v. R. Koch 
und in Argentinien. 8. 

Rindertubcrculose s. Tuberculose. 

Rindvieh s. Viehversicherung. 

Rindviehs. — Ueber; eine neue Infections- 
krankheit des — v. Bosso. 235. 

Röntgen - Bilder. — Täuschungen durch — 
v. Seiz. 462. 

Röntgenstrahlen. — Wirkung der — 188. 

Rossschlächtereien in Preussen. Betriebs¬ 
resultate. 144, 492. 

Kothlauf. — Vortrag über — v. Struwe. 578. 

Rothlauf in Willkamm (s. a. Jahrg. 1897). v. 
Töpper 36; v. Mehrdorf, Beil. v. 13. Jauuar 
1898, v. Kegel, Beil. v. 10. März 1898. 

Rothlauf-Bacillus. — Die Streptothrixform des • 
— v. Kitt. 77 “583. 

Rothlauf Impfung: Ueber die Ergebnisse der 
Immunisirung. v. Voges u. Schütz. 139. 
— Entgegnungen v. Lorenz gegen Voges 
und Schütz. 499, 537 (vgl. a. Ein Fehler 
in der Methode unter Methode). 

Rothlaut-lmpfung nach Lorenz: Ostpreuss. 
Landw.-Kammer 9; in Württemberg. 165; 
Gcsellschaftsgründung 286, 343; praktische 
Versuche. 382. 

Rothlauf-Impfanstalt der Brandenburgischen 
Landwirthschattskammer zu Prenzlau. 
142, 155, 586. Jahresbericht 1897/98. 217. 

Rothlauf-lmpfung nach Pasteur, v. Bermbach, 
Orig.-Mitth. 552. 

Rothlaufserum Wirkung, v. Mesnil. 595. 

Rothlaufstatistik s. Ländernamen. 

Rotz s. Statistik bei den Ländernamen. 

Rotz. — Zur Lehre vom — v. Schütz. 197. 

Rotz. — Ueber den — v. Nocard. 220. 

Rotz der Pferde. — Der afrikanische — 
v. Taitakowsky. 281. 

Rotzcontagiums mittelst Diphtherieheilserum. 
— Versuche über die Möglichkeit der 
Uebertragung des — v. Bonnhoff. 20. 

Rotzstatistik s. d. Ländernamen. 

Roux s Poudre. 

Rückenlage des Kalbes s. Torsio uteri. 

Rückenmark s. Sclerose. 

Ruptur s. Zerreissung. 

Russland. — Der thierärztliche Stand in — 153. 
Jubiläum in Dorpat 79.— Veterinärorgani¬ 
sation im Gouvernement Moskau. 463, 514. 
Thierseuchen: III. Quart. 97 bis II. Quart. 
98. 263, 383, 479. 

Ru slaud s. a. Dorpat und Moskau. 

Ruthe s. Penis. 


Saargebiet: Thierärztl. Verein. 550, 609. 

! Sachsen (s. a. Dresden). Einführung der obli- 
j gatorischen Fleischbeschau. 165; Gesetz 

ders. Beil. 1 vom 6. Januar 1898. — 

| Sachsen, Provinz: Thierärztl. Centralverein. 
| 139, 502, 572. 

! Saligenin und Aminoform gegen Gicht — 
v. Walter. 364. 


Digitized by QjOOQle 



XI 


Salzsäure s. Morphium. 

Salzwasser-Injection e. Injection. 

Sandgeschwulst der Dura mater bei der Kuh. 
v. Künnemann. 534. 

Sanitätspolizei s. Fleisch, Milch. S.-Thierärzte 
siehe Schlachthaustliierärzte. 

Sanitätsthierärzte s. a. Fleischschau, Schlacht¬ 
häuser, Tagesgeschichtc. 

Sanoform 283. 

Sarcom s. Hoden, Mastdarm, Melanose, Niere. 

Sarcomatöse Pseudo-Tuberculose beim Hunde, 
v. Bournay. 401. 

Sattelzwang. — Ueber — v. Vogt. 488. 

Scabies s. Eudermol. 

Scelett s. Färbung. 

Schächten s. Schlachten. 

Schädelhohle s. Trepanation. 

Schafherz: Neubildung, v. Messner. 462. 

Schafkrankheit in Amerika. 8. 

Schafpockenstatistik s. die Ländernamen. 

Schafräudebekämpfung. Beil. v. 10. März 1898 

Schafräudestatistik s. die Ländernamen. 

Scham 8. Gangrän. 

Scheide s. Grimindarm, Prolapsus, Vagina. 

Scheiden-Cysten. Orig.-Art. v. Teetz. 75. 

Scheidenausspülung — AntiseptiBche — 187.! 

Scheiden- und Gebärmutterkatarrh beim Rind- j 
vieh. — Der ansteckende — Orig.-Art. 
v. Martens. 145. j 

Scheinfädenbildung in Influenzaculturen. — | 
Zur Frage der —■ v. Grassberger. 548. 

Schering s. Formal in. 

Schilddrüse. — Ueber die — von Munk. 91. 

Schlachten nach jüdischem Ritus mit Kopf- 
halte-Apparat. Orig.-Art. v. Höhne. 253. 

Schlachthäuser in Preussen — Betriebsresul¬ 
tate der — 1896:49,144,155,242; 1897: 481, 
492,526. (Die Berechnungen aus der letzten 
Tabelle finden sich erst im Jahrgang 1899.) 

Schlachthäuser s. a. Fleischschaustatistik. 

Schlachthäuser in London, v. Klihnau. 526; 
v. Murphy. 575, 587. 

Sohlachthausthierärzte s.a. Comraunalbeamten- 
gesetz. Coblenzer Offerte. 10, 72. — Von 
verschiedenen Schlachthöfen 177, 227, — 
Ein Wort an die — 453; Antwort. 489. — 
Verhandlung der Centralvertretung Uber 
die Stellung der — 356. — Versammlung 
in der Rheinprovinz. 226, 537, zu Bran¬ 
denburg 609. 

Schlachtraethode s. Blutmenge, Hühner. 

Schlacbtachwein s Milzatrophie. 

Schlachtvieh s. a. Fleischeinfuhr, Viehverkehr. 

Schlachtviehversicherung s. Viehversicherung. 

Schlächter s. Fleischer. 

Schlagen s. Gutachten. 

Schlangengiftes bei Verabreichung per ob. — 
Ueber die Galle der Schlangen und anderer 
Thiere als Gegengift nebst einer Erklärung, 
der Wirkungslosigkeit des — v. Fraser. 79. 

Schleich s. Glutol. 

Schleimbeutel s. Gelenksehnenscheiden. 

Schleimhaut s. Respirationstractus. 

Schleswig-Holsteiner Verein. 9, 417, 426, 429, 
454, 558, 570, 578, 590, 601. 

Schlesien: Thierärztl. Verein. 81, 126,502,584. 

Schlinge s. Günther’sche. 

Schlüchtern s. Impfbeamte. 

Schlunde des Rindes. — Entfernung von Fremd¬ 
körpern auB dem — Orig. Art. v. Schräder. 
362. 

SchlundfistelbeimFohlen. Orig.-Artv.Teetz.122 

Schlundschnitt bei der Kuh. — Orig.-Mitth. v. 
Teetz. 76. 

Schlundverletzung, geheilt — v. Hock. 607. 


Schraerzempfindungen niederer Thiere. von 
Normann. 438. 

Schmidt-Kolding s. Gebärparese, Kalbefieber, 
Milchfieber. 

Schütz, s. Pneumoniebacterien. 

Schulterlahmheit Behandlung s. a. Morphium, 
Muskelrheumatismus, Rheumatismus. 

Schulterlahmheit mit Atropin-Morphium-Injec- 
tionen. Orig.-Art. v. ltcissmann 109, Mei- 
nicke208, Ellinger2l8, Scholte2l9, Schmidt 
219, Meyerstrasse 325, Pflanz 445, Jess 457, 
Struwe 558, Thoms 561. 

Schultz s Impfbeamte. 

Schusswunden. Orig.-Art. v. Wisnefsky. 446. 

Schutzimpfung s. Impfung, Maul- und Klauen¬ 
seuche, Rothlauf, Schweineseuche, Ungarn. 

Schutzserum s. Rothlaufschutzserum. 

Schutzwirkung s. Nase. 

Schweden: Thierseuchen 1. bis III. Quartal 98: 
275, 516, 610. 

Schwefelsäure s. Jod. 

Schweif s. Myotomie. 

Schweif-Mastdarm-Blasenlähuiung mit später 
hinzutrctenderFacialislähmung beimPferde. 
Orig.-Art. v. Meyerstrasse. 85. 

Schweine s. Aktinomycose, Gelenkrheumatis¬ 
mus, Gutachten, Magendarmkatarrh, Milz¬ 
atrophie, Pentastoraum. Tuberculose, 
Zwangsmittel. 

Schweinedarm 8. Fpliikularerkrankung. 

Schweineeinfuhr s. Viehverkehr. 

Schweinefleischeinfuhr aus Russland. 311. 

Schweinehandel s. Fleischeinfuhr, Veterinär¬ 
polizei, Viehverkehr. 

Schweinelunge s. Strongylus. 

Schweinepest und Sch weinesepticämie.—Aetio- 
logische Studien über — v. Preisz. 65. 

Schweinepest. — Gesetzentwurf in Oesterreich 
zur Bekämpfung der — 556. 

Schweinepest — Serumbehandlung der Hog- 
Cholera — v. Peters 77. 

Schweinepest: Bekämpfung, v. Höfllich. 281. 

Schweinerothlauf s. Rothlauf. 

Schweineseuche. — Behandlung der — von 
Vaifro-Bonaretti. 414. 

Schweineseuche-Immunisirung. 11. 

Schweineseuche. — Immunität und Schutz¬ 
impfung bei — 175. 

Schweineseuche. — Schutzimpfung gegen — 55. 

Schweineseuche-Statistik s. d. Ländernamen. 

Schweiz: Thierseuchen 1897: 107, 154; IV. 

Quart. 97 bis II. Quart. 98: 107, 383, 478. 

Schweineseuche. — Ueber die Gefährlichkeit 
des Fleisches bei — v. Zschokke. 346. 

Schweineseuchen. — Breslauer Verordnung 
betr. Bekämpfung der — Beil. v. 17. März, 
31. März und 11. September 1898. Ein¬ 
führung der Anzeigepfiieht für das ganze 
Reich. 455. (8. a. Veterinärpolizei.) 

Schweisses.— Gift Wirkung des — v.Arloing 32. 

Sclerose des Gehirns und Rückenmarks bei 
einem Hunde. Orig.-Art. v. Lellmann. 435. 

Sclerose der Lunge, v. Roy. 569. 

Sclerose s. a. Magen. 

Seequarantäne-Anstalten. 83, 96 (Bundesraths¬ 
beschluss), 106, 141,143, 191 (Bundesraths¬ 
beschluss), 204, 275, 563; Beil. v. 10. März 
1898. 

Sehnenentzündung s. Beugesehnen, Gelenk- 
Sehnenscheiden. 

Sehnenentzündung. — Tenotomie nach 
metastatischer — Orig.-Art. v. Pflanz. 29. 

Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen zur 
aseptischen Wundbehandlung. — Ueber 
— v. Poppert. 237. 

Seife 8. Antiseptik. 


Seifen. — Antiseptischc — v. Curcio. 283. 

Senkung s Hufbein. 

Septicämia hämorrhagica beim Rinde. — 
Mikroorganismen der — v. Bosso. 173, 428. 

Septicämie s. Pyosepticämie. 

Septicämie der Kälber, v. Thomassen. 223. 

Septicämie. — Wirkung des Jodkaliums bei 
— Orig.-Art. v. Müller. 349. 

Seraphthin. 550. 

Serum s. Antitetanus, Bluts., Brustseuche, 
Druse, Heils, Impfung, Schweinepest 

Serumtherapie der Tuberculose. — Die — 
v. Maragliano. 536. 

Seuchennachrichtendienstes. — Verbesserung 
des — 22, 299, 466, 479. 

Seuchenstatistik s. die Ländernamen. 

Silber als Antisepticum. v. Weidmann. 438. 

Silbersalze in der Augenheilkunde, v. Danier. 
416. 

Silberwundbehandlung, v. Credö. 7 (r. a. Ar¬ 
gentum). 

Sodaumschläge bei Eiter, v. Georgewski. 330. 

Sombart. — Nachruf — 33. 

Spanien: Militär-Veterinärcorps. 274; Yieh- 
und Fleischeinfuhr. 515 

Spatbehandlung, v. Bosi. 210. 

Spat nach Bosi. — Der Nervenschnitt beim — 
v. Fröhner. 18, 448, 607. 

Spat der Pferde. — Ueber unsichtbaren — 
Orig.-Art. v. Hoehne. 290. 

Spatdiagnose. — Zur — v. Eberlein. 199. 

Speicheldrüsen, v. Wulfsohn. 461. 

Speiseröhre s. Schlund. 

Sporenfärbungsmethode. — Eine einfache — 
v. Anjeszky. 175. 

Sprungbein-Fractur. — Orig.-Art. v. Teetz. 75. 

Sprunggelenk s. Hygrom. 

Spulwürmer s. Darmperforation. 

Sputis. — Rasche Färbung von tuberculösen 
— v. Andrejew. 488. 

Staar in forensischer Beziehung. — Der graue — 
Vortrag v. Hell. 601. 

Staatsveterinärwesen s. Tagesgeschichte und 
Veterinärpolizei. 

Stätigkeit s. Gutachten. 

Stallsalpeter-Vergiftung, v. Buhl. 531. 
j Standesangelegenheiten. Orig.-Art. v. Meifort 
25. (s a. Kreisthierärzte, Tagesgeschichte). 

Starrkrampf s. a. Antitetanus, Tetanus, 
i Starrkrampfbehandlung. 30. 

I Starrkrampfstatistik aus dem Pferdebestande 
der preuBsischen Armee. 20. 

Statistik s. Aerzte, Approbationen, Finnen, 
Fleischschaustatistik, Frequenz, Heilserum, 
Krankenstatistik, Seequarantäneanstalten, 
Seuchen, Seuchenstatistik, Starrkrampf, 
Tagesgeschichte (Unterabtheilung), Thier¬ 
ärzte, Thierzucht, Trichinosestatistik, 
Tuberculosestatistik, Vcterinäisanitätsbe- 
richt, Viehverkehr. 

Steuereinschätzung der Thierärzte. Vortrag 
v. Wittlinger. 602. 

| Stoffwechsel 8. Fische. 

\ Strahlenpilzähnliche Wuchsformen des 
l Tubercelbacillus. v. Friedrich. 547. 

Strahlfäule. — Ueber die sogenannte — von 
Geiss. 234. 

Strahlkrebs beim Rinde, v. Delmer. 5. 

Strahlkrebs-Behandlung mit Formalin. Orig.- 
Art. v. Oyen. 565. 
i Strangulation s. Asphyxie, 
i Streptococcus der Druse s. Pneumoniebacterien. 

Streptothrixform s. Itothlaufbacillus. 

| Streupulver 8. Desinfectionskraft. 

Strongylus paradoxus in der Schweinelunge. 

I v. Olt. 437. 


Digitized by VjOOQie 



XII 


Strongylus tetracanthus b. Perforation. 

Struma s. Jodothyrin. 

Stuten s. Befruchtung. 

Stuten. — Castration der — v. Schwendiraann 
162, 607. 

Stuttgart s. Augenheilkunde. 

Surra-Krankbeit d. Rinder, v. Koch. 198 

Tänie a. Vogeltänie. 

Täuschungen 8. Röntgcn-Bildcr. 

Tage«Beschichte: Thierärztliche Lehranstalten 
und Unterricht: Hocliscliulnnchrichten 
Berlin 68, 106, 394, 528 und Beiblatt zu 
No. 36 (Jahresbericht s Jahrg. 99). Buda¬ 
pest Jahresbericht 237. Bukarest, Reise- 
erinnerungen v. Arndt 260. Dorpat 
Jubiläum 79. Dresden. 34, 201, 211,226,310 
Hannover 10, 94, 430 und Beibl. zu No. 36. 
Leipzig 586. — Frequenzen verschiedener 
deutscher th. Hochschulen 358, 382; desgl. 
d. deutschen med. Facultäten 441. Von; 
französischen Hochschulen 177. Schweizer j 
Bewegung für d. Abiturientenexamen 563. I 
— Staatsveterinärwesen : (vgl. auch Fleisch¬ 
schau, Gebühren,Gewährleistung, Gerichts¬ 
entscheidung, Thierzucht, Veterinärpolizei, 
Viehverkebr sowie die einzelnen Länder¬ 
namen; auch den obigen und die ver¬ 
wandten folgenden Abschnitte der Tages 
geschichte )Impf beamte im Kreise Schlüch¬ 
tern s. Impfbeamte. Abdeckereiwesen s. 
dieses. Alle Artikel betreffend die Stel¬ 
lung der preuss. Kreisthierärzte s. unter 
Kreisthierärzte. Verhandlungen im Ab¬ 
geordnetenhause s. Abgeordnetenhaus u 
Landtag. S. a. Landwirthschaftsrath. — 
Bedeutung d. Landwirtbschaftskainraern 
f. d. Veterinärwissenschaft, v. Schraaltz. 
105. Ein Fehler in der Methode? von 
Schmaltz. 133. Landwirtschaft u. Vete¬ 
rinärwesen. v. Bermbach. 451. Volkswirt¬ 
schaftslehre und Thierheilkunde, v. Hülse¬ 
mann. 45. — Steuereinschätzung, v. Witt- 
linger. 602. — Preussischer Etat. 22, 33. 
Badischer Etat 238. Aus Sachsen-Weimar 
154. Besoldung in Hessen 310. Verhält¬ 
nisse d. württerabg. Amtstierärzte 201. 
Zahl der Thierärzte in Preussen 514 
Verzeichniss d. 1896/97 approbirten Thier¬ 
ärzte 176. Gesetzentwurf in Sachsen 165, 
Beil. I v. 6. I. 98. Fleischschaugesetz 538. 
Vergrösserung d. Ministeriums iür Land¬ 
wirtschaft 189. Technische Deputation 
f. d. Veterinärwesen 200, 226. Apotheker- 
Organisation 358, 501. Mitwirkung d. 
Thierärzte bei d. Pferdezucht 370. Aus 
den Hundstagen; sonderbares Ansinnen 
v. Mitgliedern d. Schleswiger Landwirth- 
schaftskammer 370. Aenderung der Con- 
cursordnung393. Fuhrkostenentschädigung 
83, 491. Thierärzte als Militäranwärter 418. 
Thierarztähnliche Titel 201, 418. Verur¬ 
teilung eines Thierarztes 419, 441. Zu¬ 
lässigkeit mündlicher Seuchenanzeigen 
(Gerichtsentsch.; vgl. a. eine Abfuhr sub¬ 
alterner Bureaukratie Jahrg. 1897 unter 
Tagesgesch) 562. Rangverhältnisse 564. 
Uebernahme v. Viehversicherungsagen- 
tureu 108, 527. Eine MaBsregcl gegen die 
preuBS. thierärztl. Vereine, v. Schmaltz. 
70, 141. — Ausland: Budapest, Jahresbe¬ 
richt 237. — Frankreich Standesangelegen¬ 
heiten 10; neues Feldpolizeigesetz 394. — 
Russland Thierärztlicher Stand 153, Jubi¬ 
läum in Dorpat 79; Veterinär-Organisation 
in Moskau 463. — Rumänische Verhält¬ 
nisse. Reiseerinnerungen v. Arndt 260. — ■ 


Spanisches Militärveterinärcorps 274. — 
Siehe auch die Ländernamen. — Militär¬ 
veterinärwesen : Dienststellung der In- 
spection 189. Rangänderung u. s. w. in 
Bayern 190. Anzeige der Ausübung von 
Privat praxis 226. Spanisches Veterinär¬ 
corps 274. — SanitStsthierfirztllches (s. a. 
Abgeordnetenhaus, Fleischschau, Schlacht¬ 
haus): Ein Wort an die Schlachthausthier¬ 
ärzte 453, Entgegnung 489. Fleischschau- 
Gesetze in Sachsen 165 u. Beil. v. 6 Jan. 98; 
desgl im Reich 132, 310, 538. Kann daB 
Inland seinen Fleischbedarf decken? 335. 
Fleischeragitation 119,227,347. Zur Fleisch- 

noth 599,_ Das Communalbeamten- 

Gesetz. v. Ronneberger. 440. Coblenzer 
Vacanz 10 72. Vom Mainzer Schlachthof 
574. Von verschiedenen Schlachthöfen 
177,227. — Coloniales s. Atrica. — Statistik s. 
diese. — Unterstützung®- und Versicherungs¬ 
wesen: Sammlungen Beil, vom 17. Feb. 98, 
312, 348, 492, Beil, zu No. 36, 502. Baye¬ 
rischer Unterstützungsverein 201. Preuss 
Kasse 330, 440 (s. a. Centralvertretung). 
Lebensversicherungsgesellschaften 10, 201, 
598. (Viehversicherung s. diese.) — Per¬ 
sönliche Artikel: An unsere Leser 421. Ein 
Fehler in der Methode? v. Schmaltz. 133. 
Lorenz gegen Schütz 499, 637. Hecker 
gegen Kitt 555. Nachbars Rath in Vieh¬ 
nöthen 564. Steinbach 334. Siehe a. 

Impfbeamte und Rothlauf in Willkamm. 
— Nachrufe: Cornevin 154; Eber 294, 
310 Porträt 349; Ehling 490; Eimer 335; 
Friebel 286, 294; Gips 274; Glocke 392; 
Junker 416; Kruckow 381; Leuckardt 
79; Lies 69; Lustig 241, Porträt 241; 
Mertens 33; Pech 344; Pütz 117, 119, 130, 
Porträt 229; Rabe 103, Porträt 193; Reiss¬ 
mann 294; Sombart 33; Ulrich 355; Wer¬ 
ner 596; Wilkens 334; Willutzky 344; 
Zenker 310. — Festlichkeiten: Esser-Jubi¬ 
läum 249; Semester 1870/73: 273; Anacker 
310; Dresden patriotische Feste 226. — 
Versammlungen und Vereine: Aufhebung 
der Ehrenräthe 70, 161. Deutscher Vete- 
rinärratb. 273, Centralvertretung, Plenar¬ 
versammlung 105, 213, 250, 284, 295, 
308, 321, 330, 341, 356, 368, 380. Natur 
forscherversammlung zu Düsseldorf 
141, 358, 381, 418, 454, 495, 506. 517, 532. | 
Landwirthschaftsrath 142. Internationaler 
Congress zu Baden-Baden 1899: 165, 213, 
334 , 514 , 549. Vereine: Brandenburg 81, 
106,131,538,563, Schlachthofth. 609. Braun¬ 
schweig 238, 285; Breslau (beamtete Th.) 
285; Cöslin 214,513; Düsseldorf 573; Eisass- 
Lothringen 563; Hamburg-Altona 99; Kassel 
20, 2t)0; Kurhessen 563; Lüneburg, beamtete 
402, 597; Ostpreussen 190, Beilage vom 
5. Mai 1898; Posen 33t (beamtete Th.);: 
Provinzial-Verein 89, 190; Rheinprovinz 
225, Beilage vom 5. Mai 1898 , 430, 477; 
Schlachthausth. 226, 537; Saargebiet 550, 
609; Sachsen 139,502, 572; Magdeburg, be¬ 
amtete Th. 501; Schlesien 81, 125, 502, 
584; Schleswig 9, 417, 426, 429, 454, 558, 
570, 578, 590, 601; Trier 21; Thüringen 
93, 464; Westpreussen 251, 478, 514. S. 
a. Tuberculose-Congress. — Aerzte und 
Universitäten: Medicinal-Organisation 106; 
Mediclnal-Ministerium 164; Zahl der Aerzte 
in Deutschland 238; desgl. in Grossstädten 
275; Frequenz der med. Facultäten 441. 
Leipzig 586. Apotheker 358, 501. — Curiosa 
und Diversa: Was Alles von einem Schulzen 


verlange wird 155. Aus den Hundstagen 
370, 382. Nachbars Rath in Viehnöthen 564. 
— Berühmte Thierärzte 22. Zur Geschichte 
des Fahrrades 202. — Wo ist der Thier¬ 
arzt? Aus „The Veterinary Record“. 621. 

Tannalbinum veterinarium Knoll. 329. 

Tannoform. Orig.-Art. v. Wulf. 254; Berich¬ 
tigung hierzu. 307. 

Tannoform oder Jodoform, v. Fröhner. 149. 

Temperaturmessungen bei grossen Hausthicren. 
v. Eber. 258. 

Tenalin. 353. 

Tenotomie s. Sehnenentzündung. 

Terpentin bei Verbrennungen, v. Jnnis. 68. 

Tetanus s. Antitetanus, Starrkrampf, flagella. 

Tetanus d. Kuh nach Kalben, v. Eve. 509. 

Tetanus-Antitoxin. 138, 152. 

Tetanusbacillcn — Geissein der v. Kanthack 
und Connell. 620. 

Tetanus: Ursprung d. Bacillen v. Molinari; Ver¬ 
änderung des Giftes im Organismus v. 
Blumenthal. Geissein der Bacillen von 
Kanthack 619. 

Tetanusbehandlung nach Baccelli. 379. 

Texasfieber. Bericht Robert Kochs 340. 

Therapeutische Mittheilungen. v.Imminger. 447. 

Thierärzte in Preussen. — Zahl der — 514. 

Thierheilkunde s. Volkswirtschaftslehre. 

Thiertuberculosc 8. Tuberculose. 

Thicrzeichenraarke. 439. 

Thierzuchtlehre und ihre Aufgabe. — Orig.- 
Art. v. Hoffmann-Stuttgart. 205. 

Thierzucht s. Bastarde, Deckgcld, Gewicht, 
Ländernamen, Pferdezucht, Pinzgauer 
Stiermarkt, Thierzuchtlehre, Tuberkulinum 
Kochii, Ziegenbock, Ziegenzucht. 

Thierzucht. —- Mitwirkung der Thierärzte bei 
der — 368. 

Thiol. v. Wirz. 380. 

Thränencnnäle beim Pferd. — Verstopfung 
der -— v. Fröhner. 45; v. Mahony. 461. 

Thrombose s. Achselarterie, Aorta. 

Thüringer Pillen, v. Röder. 187. 

Thüringer Thierärztlicher Verein. 93, 464. 

Titel. — Thierärztliche — 201, 418. 

Tod s. Fluorescin, Luft 

Tollwuth 8.a.Lyssa; Statistiks.d.Ländernamen. 
Gebissene Menschen 405. 

Tollwuth. — Die Galle toller Thiere als Anti¬ 
toxin gegen — v. Frantzius. 366. 

Tollwutherkrnnkung bei Rindern. 608. 

Tollwuthimpfungs-Institut. 83; 441. 

Torfraelassefutter (s. a. Melasse). 57. 

Torsio uteri s. a. Uterusverdrehung. 

Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage des 
Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe. 
— Orig.-Art. v. Dralle. 54. 

Trabrennleistung kaltblütiger Pferde. 451. 

Tracheotubus. — Neuer — v. Longhurst. 138. 

Trächtigkeit beim Rinde. — Ueber linksseitige 
/ — Orig.-Art. v. Wundt. 62. 

Trakehnen. — Das flauptgestüt — 189. 

Trepanation der Schädelhöhle beim Rind. v. 
Meikt. 377. 

Tropon,einneu.Nahrung8eiweiss.v.Finkler.224. 

Trichinen- und Finnenschau iu Preussen 1896 
und 1897. — Ergebnisse der — 94, 434. 

Trichinenschau-Mikroskop von Hauptner. 600. 

Trichinenschau-Verordnungen. Beilage vom 
11. August 1898. 

Tricuspidalis der Kuh. — Geschwulst an der 
— Orig.-Art. v. Kadelbach. 111. 

Tristezza in Argentinien. 72. 

Trier: Beamtete Thierärzte. 21. 

Tsetse-Krankheit. v. Durham. 623. 

Tuberkelbacillus. — Microorganismus, welcher 
sich morphologisch und tinctoriell verhält 


Digitized by LjOOQle 



wie der — Orig.-Art. v. Möller. 100; Vege- 
tiren solcher Bacillen auf Pflanzen. 188. 

Tuberkelbacillus.—StrahlenpilzähnlicheWuchs- 
formen des — v. Friedrich. 547. 

Tuberkelbacillen-Vitalität. v. Sabrazes. 536. 

Tuberkelbacillus im Fleisch. — Einfluss des 
Räucherns auf den — v. Förster. 252. 

Tuberkelbacillus auf Kälber. — Uebertragungs- 
versuche mit dem menschlichen — von 
Langdon. 271. 

Tuberculin s. a. MalleYn. 

Tuberculin-Anwendung, typische Reaction. v. 
Ostertag. 488, 595. 

Tuberculin-Anwendung in England. 95. 

Tuberculin-Gewöhnnng. v. Nocard. 299. 

Tuberculin-lmpfungen in den Scequarantäue- 
anstalten. 83, 96, 106, 141, 143,191, 204, 275, 
563; Beilage v. 10. März 1898. 

Tuberculin-lmpfungen b. a. Atteste. 

Tuberculin-Heilwirkung. v. Rembold. 582. 

Tuberculinum Kochii und Anderes im Kreise 
Schlüchtern, v. Schultz. 279, 433; Ent¬ 
gegnungen v. Kalteycr. 350, 494. 

Tuberculose s.a. Pseudotuberculose, Psittacosis, 
Sputum. 

Tuberculose-Congress zu Paris. Tagesordnung. 
178; Thesen. 521; Vorträge v. Bang etc- 
621, 536. 

Tuberculose-Bekämpfung in Belgien. 536. 

Tuberculose-Bekämpfüng.—Theorie und Praxis 
der — Orig.-Art. v. Gensert. 63. 

Tuberculose des Euters. — Vorgehen gegen 
die — 276. 

Tuberculose der Rinder nach Behring. — 
Heilung der — 185, 211. 

Tuberculose. — Serumtherapie der — von 
Maragliano. 536. 

Tuberculose. — Beurtheilung der — Orig.-Art. 
v. Rabitz. 229. 

Tuberculose d. Rinder. — Sitz und Reihenfolge 
der Veränderungen bei der — von 
M’Fadyean. 535. 

Tuberculose des Menschen und der Vögel. — 
Identität der — v. Nocard. 536. 

Tuberculose beim Pferd, v. Cad6ac u. Morot. 
89; v. Thomson. 509. 

Tuberculose beim Pferd. Orig. Art. v. Truelsen. 
278. 

Tuberculose beim Esel. — Infectionsversuch 
mit — v. Johne. 55. 

Tuberculose bei Schweinen, v. Cope. 55. 

Tuberculose der Knochen bei Schweinen. — 
Differential-Diagnose der — v. Glage. 460. 

Tuberculose der Augen, v. Schmidt 44; v. 
Winter. 596. 

Tuberculüse Entzündung der Gelenke etc. beim 
Rind. v. Guillebeau. 172. 

Tuberculose des Gehirns, v. Haase. 445. 

Tuberculose der Mandeln, v. 581. 

Tuberculöser Rinder. — Inverkehrbringen der 
Milch — v. Fenner. 471. 

Tuberculose als Gewährfehler. 178, 263. 

Tuberculose - Bekämpfung: Beschlüsse des 
bayer. Landwirthschaftsrathes. 611. 

Tuberculose in Frankreich. — Behandlung des 
Fleisches bei — 35. 

Tuberculose-Statistik s. d. Ländernamen, ferner 
Fleischschau und Seequarantäneanstalten. 

Türkei. — Rinderpest 107. 

Tnmenol. 283. 

Tumoren s. a. Geschwülste. 

Tumoren beim Hund. — Infectiöse. — v. Smith 
und Waschbourn. 31, 474. 

Tumoren. — Ueber die durch pathogene Hefen 
hervorgerufenen — v. Busse. 391. 


— XIII — 

Ueberbeine an den Gliedmassen beimPferde. 
— v. Vogt. 257. 

Uebertritt von festen Körpern und Luft aus 
der Blase in die Nieren und entferntere 
Körperorgane. — Der — v. Lewin. 271. 

Ulrich. Nachruf. 355. 

Unfallversicherung für Thierärzte. 341. 

Ungarn: Schutzimpfung 166. —Thierseuchen: 
IV. Quart. 97 bis III. Quart. 98: 107, 263, 
516, 610. — Veterinäracademie 237. — 
Veterinärpolizei in — 154 — Vieh- Ein- 
und Ausfuhr 1896 : 249. — Viehstand. 92. 

Universitäten s. Tagesgeschichte. 

Unterstützungskasse der Thierärzte in Preussen. 
330, 440. (s. a. Centralvertretung.) 

Unterstützungssachen 8. Tagesgeschichte die 
Unterabtheilung. 

Unterstützungs-Verein, Bayrischer. 201. 

Unterstützungs-Verein in Preussen. 440. 

Untugend s. Gutachten. 

Urämie. — Aderlässe bei — v. Laache. 272. 

Uraemie-Behandlung. v. Lemoine. 103. 

Uraniumnitrat. 320 

Urticaria v. Gaucher. 451 

Uterus s. Orificium Uteri,Prolapsus,Torsio uteri. 

Uterusepithel nach der Geburt, v. Barfurth. 
199. 

Uterushalses. — Incision des indurirten — 
v. Groci. 509. 

Uterusverdrehung bei der Stute. — v. Sieche- 
neder. 259 

Uterusvorfallen. — Reductionsapparat bei — 
v. Jack 211. 

Uterusvorfall s. Fruchthälter, Gebärmutter, 
Prolapsus. 

Uierusvorfalls ohne vorherige Entfernung der 
Nachgeburt — Reposition des — v. 
Strebei. 150. 


Vagina s. Scheide. 

Vagina. — Morphologie und Entwicklung der — 
v. Hart. 79. 

Vaporisation. — Ueber — v. Sneguireff 19. 
(s. a. Wundbehandlung.) 

Vene s. Blutgefässe, Hohlvene, Luft. 

Venen. — Ueber die Beschreibung der — 
Orig-Art v. Schmaltz. 193. 

Vena digitalis externa und Lungenmetastasen. 
— Eitrige Thromboplebitis der — 596. 

Veratrin s. Hämoglobinämie. 

Veratrin v. Queyron. 329. 

Verband 8. Alkohol, Antifebrin, Asbest 
Balsam, Kataplasmen, Krolikowsky, 
Natrium, Pflasterpapiere, Soda. 

Verbrennungen s. a. Terpentin. 

Verbrennungen mit Kalium nitricum und 
Magnesia usta. — Die Behandlung der — 
v. Poggi 68, 187. 

Verdauung s. Fische. 

Verdrehung des Uterus s. Torsio und Uterus. 

Vereine s. Tagesgeschichte die betr. Unter¬ 
abtheilungen sowie die Namen der betr. 
Vereine. 

Vereinigte Staaten von Nordamerika: Die 
landwirtschaftliche Thierhaltung in — 
von Herraan. 524. 

Vereine s. bei Tagesgeschichte der betr. 
Unterabtheilung, s. auch die Provinzial- etc. 
Namen der Vereine. 

Vererbung s. Haarfarbe. 

Vergiftungen s. Alcohol, Alopecie, Antifebrin, 
Autointoxication, Bienengift, Blut- und 
Organgifte, Botulismusgift, Fleisch, Giftig¬ 
keit, Kartoffeln, Kupferpräparate, Kupfer¬ 
salzlösung , Kupfervergiftung, Magen, 


Narcotica, Oenanthe crocata, Quecksilber¬ 
vergiftung, Rhododendron, Schlangengift, 
Schweiss, Stallsalpeter. 

Vernichtung und Verwertung von Fleischab- 
fällen und tierischen Cadavorn. Orig.- 
Art. v. Schiefferdecker. 18. 

Verordnungen s. Abdeckerei wesen, Fleisch- 
schau, Tagesgeschichte, Vcterinärpolizei. 

Versammlungen s. Tagesgeschichte, d. betr. 
Unterabteilung. 

Versicherung s. Lebensvers., Thierzeichen¬ 
marke, Viehversieherung. 

Versicherungswesen. 10, 201, 598, s. a. Vieh¬ 
versicherung. 

Verstopfung s. Obstipation, Thräncncanäle 

Vesicantieu s. Aderlass. 

Veterinärbeamte s. Kreisthierärzte, Staats¬ 
veterinärwesen, Tagesgeschichte. 

Veterinär-Papyrus von Kahun. 507. 

Veterinärpolizei (s. a. Abgeordnetenhaus, FleiBch- 
eintuhr, Fleischschau, Gefliigelcholera, 
Landtag, Milch, Schlachthöfe, Sedquaran- 
täneanstalten,.Sehweineseuchen, sowie bei 
Tagesgeschichte die Unterabteilung 
Staatsveterinärwesen). Reichs- und Mi¬ 
nisterialerlasse: Seuchen-Nachrichten- 
dienst 22, 299, 466, 479. Erl. betr. das 
Treiben von Geflügel 346. Betr. Toll¬ 
wut-Schutzimpfung 441. Betr. Anzeige¬ 
pflicht Für Influenza 455, 538 (Ausführungs- 
Bestimmungen in R.-B. Königsberg'. Desgl 
für Schweineseuchen im ganzen Reich 455. 
Betr. Schafräude — Bekämpfung Beilage v. 
10. März 1898. —■ Vernichtung des Centri- 
fugenschlamms 72, 275 und Beilage vom 
31. März 1898. Diversa: 10, 311, Beilage 
vom 10. und 31. März 1898. — Einfuhr¬ 
verbote: Schweden 35, 227, 311; Schweiz 
227, 492; Italien 564; Holland 311, 575 
(Aufhebung d. Einfuhrverbots f. Schweine¬ 
fleisch); Beilage vom 14. Juli 1898. Ein¬ 
fuhr aus Russland von Milch 35, von 
Schweinefleisch 311. — Maul- und Klauen¬ 
seuche, Markt- und Handels-Controlle 
im Allgemeinen: 35, 107, 204, 227, 311, 
419, 564 (Eisass), 574 (Schweineverkaufs¬ 
stätten) 575; Beilage v. 17. Febr., 10. März, 
14. Juli und 11. August 1898. 

Veterinär-Rath, deutscher. 237. 

Veterinär-Sanitätsbericht für 1896 : 200, 236, 
510. für 1897: 568, 582, 594 617. 

Veterinärwesen s. Landwirtschaft. 

Vieheinfuhrverbot s. Fleischeragitation, Vete¬ 
rinärpolizei. 

Viehhaltung s. Dürre, Thierzucht. 

Viebhandel s. Viehverkehr. 

Viehmärkte s a. unter Veterinärpolizei. 

Viehseuchenentschädigungen in Deutschland. 
166. 

Viehtransport auf Eisenbahnen, v. Toscano 95. 

Viehverkehr und Fleiscbschau in Dänemark. 
Orig.-Art. v. Kühnau. 406, 419, 430. 

Viehverkehr u. Viebhandel: Siehe Eisenbahn, 
Fleischeinfuhr, Fleischeragitation, Fleisch- 
schaustatistik, Gewährleistung, Länder¬ 
namen, Thierzucht, Veterinärpolizei (Unter- 
abtheilung„Einfuhrverbote“), Viehzählung. 

Viehversicherung. — Thierzeichenmarken 
für - 439. 

Vieh-Versickerungs-Agentnren. 108, 627. 

Vieh-Versicberung: Sachsen 165, Baden 489. 

Vieh - Versichernngs- Gesellschaft. — Perle¬ 
berger — 22, 108, 201, 527. 

Viehwaschmittel. 188. 


Digitized by 


Google 



XII 


Strongylus tetracanthus s. Perforation. 

Struma 8. Jodothyrin. 

Stuten 8. Befruchtung. 

Stuten. — Ca8iration der — v. Schwendimann 
162, 607. 

Stuttgart 8. Augenheilkunde. 

Surra-Krankheit d. Rinder, v. Koch. 198 

Tänie s. Vogeltänie. 

Täuschungen 8. Röntgen-Bilder. 

Tageigeschichte: Thierärztliche Lehranstalten 
und Unterricht: Hoclischulnachrichten 
Berlin 58, 106, 394, 528 und Beiblatt zu 
No. 36 (Jahresbericht s Jahrg. 99). Buda¬ 
pest Jahresbericht 237. Bukarest, Reise¬ 
erinnerungen v. Arndt 260. Dorpat 
Jubiläum 79. Dresden. 34, 201, 211,226,310 
Hannover 10, 94, 430 und Beibl. zu No. 36. 
Leipzig 586. — Frequenzen verschiedener 
deutscher th. Hochschulen 358,382; desgl. 
d. deutschen med. Facultäten 441. Von 
französischen Hochschulen 177. Schweizer 
Bewegung für d. Abiturientenexamen 563. 
— Staatsveterinfirwesen : (vgl. auch Fleisch¬ 
schau, Gebühren, Gewährleistung, Gerichts¬ 
entscheidung, Thierzucht, Veterinärpolizei, 
Viehverkehr sowie die einzelnen Länder¬ 
namen; auch den obigen und die ver¬ 
wandten folgenden Abschnitte der Tages 
geschichte )Irapf beamteim Kreise Schlüch¬ 
tern s. Impfbeamte. Abdockerciwesen s. 
dieses. Alle Artikel betreffend die Stel¬ 
lung der preuss. Kreiethierärzte s. unter 
Kreisthierärzte. Verhandlungen im Ab¬ 
geordnetenhause s. Abgeordnetenhaus u 
Landtag. S. a. Landwirthschaftsrath. — 
Bedeutung d. Landwirthschaftskaramern 
f. d. Veterinärwissenschaft. v. Schmaltz. 
105. Ein Fehler in der Methode? von 
Schmaltz. 133. Landwirtschaft u. Vete¬ 
rinärwesen. v. Bermbach. 451. Volkswirt¬ 
schaftslehre und Thierheilkunde, v. Hülse¬ 
mann. 45. — Steuereinschätzung, v. Witt¬ 
lingen 602. — Preussischer Etat. 22, 33. 
Badischer Etat 238. Aus Sachsen-Weimar 
154. Besoldung in Hessen 310. Verhält¬ 
nisse d. württembg. Amtsthierärzte 201. 
Zahl der Thierärzte in Preussen 514 
Verzeichniss d. 1896/97 approbirten Thier¬ 
ärzte 176. Gesetzentwurf in Sachsen 165, 
Beil. I v. 6. I. 98. Fleischschaugesetz 538. 
Vergrüsserung d. Ministeriums tür Land¬ 
wirtschaft 189. Technische Deputation 
f. d. Veteriuärwesen 200, 226. Apotheker- 
Organisation 358, 501. Mitwirkung d. 
Thierärzte bei d. Pferdezucht 370. Aus 
den Hundstagen; sonderbares Ansinnen 
v. Mitgliedern d. Schleswiger Landwirt¬ 
schaftskammer 370. Aenderung der Con 
cursordnung393. Fuhrkostenentschädigung 
83, 491. Thierärzte als Militäranwärter 418. 
Thierarztähnliche Titel 201, 418. Verur¬ 
teilung eines Thierarztes 419, 441. Zu¬ 
lässigkeit mündlicher Seuchenanzeigen 
(Gerichtsentsch.; vgl. a. eine Abfuhr sub¬ 
alterner Bureaukratie Jahrg. 1897 unter 
Tagesgesch) 562. Rangverhältnisse 564. 
Uebernahme v. Viehversicherungsagen¬ 
turen 108, 527. Eine Massregel gegen die 
preuss. thierärztl. Vereine, v. Schmaltz. 
70, 141. — Ausland: Budapest, Jahresbe¬ 
richt 237. — Frankreich Standesangclegen- 
heiten 10; neues Feldpolizeigesetz 394. — 
Russland Thierärztlicher Stand 153, Jubi¬ 
läum in Dorpat 79; Veterinär-Organisation 
in Moskau 463. — Rumänische Verhält¬ 
nisse. Reiseerinnerungen v. Arndt 260. — 


Spanisches Militärveterinärcorps 274. — 
Siehe auch die Ländernamen. — Milltär- 
veterinfirwesen: Dienststellung der In- 
spection 189. Rangänderung u. s. w. in 
Bayern 190. Anzeige der Ausübung von 
Privatpraxis 226. Spanisches Veterinär¬ 
corps 274. — SanitfitsthIerärztlIches (s. a. 
Abgeordnetenhaus, Fleischschau, Schlacht¬ 
haus;: Ein Wort an die Schlachthausthier¬ 
ärzte 453, Entgegnung 489. Fleischschau- 
Gesetze in Sachsen 165 u. Beil. v. 6 Jan. 98; 
desgl im Reich 132, 310, 538. Kann das 
Inland seinen Fleischbedarf decken? 335. 
Fleischeragitation 119,227,347. Zur Fleisch- 

noth 599,_ Das Coromunalbeamten- 

Gesetz. v. Ronneberger. 440. Coblenzer 
Vacanz 10 72. Vom Mainzer Schlachthof 
574. Von verschiedenen Schlachthöfen 
177,227. — Coloniales s. Airica. — Statistik s. 
diese. — Unterstützungs- und Versicherungs¬ 
wesen: Sammlungen Beil, vom 17. Feb. 98, 
312, 348, 492, Beil, zu No. 36, 502. Baye¬ 
rischer Unterstützungsverein 201. Preuss 
Kasse 330, 440 (s. a. Centralverlretung). 
Lebensversicherungsgesellschaftcn 10, 201, 
598. (Viehversicherung s. diese.) — Per¬ 
sönliche Artikel: An unsere Leser 421. Ein 
Fehler in der Methode? v. Schmaltz. 133. 
Lorenz gegen Schütz 499, 537. Hecker 
gegen Kitt 555. Nachbars Rath in Vieh¬ 
nöthen 564. Steinbach 834. Siehe a. 
Impfbeamte und Rothlauf in Willkamm. 
— Nachrufe: Cornevin 154; Eber 294, 
310 Porträt 349; Ehling 490; Eimer 335; 
Friebel 286, 294; Gips 274; Glocke 392; 
Junker 416; Kruckow 381; Leuckardt 
79; Lies 69; Lustig 241, Porträt 241; 
Mertens 33; Pech 344; Pütz 117, 119, 130, 
Porträt 229; Rabe 103, Porträt 193; Reiss¬ 
mann 294; Sombart 33; Ulrich 355; Wer¬ 
ner 596; Wilkens 334; Willutzky 344; 
Zenker 310. — Festlichkeiten: Esser-Jubi¬ 
läum 249; Semester 1870/73: 273; Anacker 
810; Dresden patriotische Feste 226. — 
Versammlungen und Vereine: Aufhebung 
der Ehrenräthe 70, 161. Deutscher Vete¬ 
rinärrath. 273, Centralvertretung, Plenar¬ 
versammlung 105, 213, 250, 284, 295, 
308, 321, 330, 341, 356, 368, 380. Natur- 
forscherversaramlung zu Düsseldorf 
141, 358, 381, 418, 454, 495, 506. 517, 532. 
Landwirthschaftsrath 142. Internationaler 
Corgress zu Baden-Baden 1899: 165, 213, 
334, 614, 549. Vereine: Brandenburg 81, 
106,131,538,563, Schlachthofth.609. Braun¬ 
schweig 238, 285; Breslau (beamtete Tb.) 
285; Cöslin 214,513; Düsseldorf 573; Elsass- 
Lothringen 563; Hamburg-Altona 99; Kassel 
20, 200; Kurhessen 563; Lüneburg, beamtete 
402, 597; Ostpreussen 190, Beilage vom 
5. Mai 1898; Posen 331 (beamtete Th.); 
Provinzial-Verein 89, 190; Rheinprovinz 
225, Beilage vom 5. Mai 1898, 430, 477; 
Schlachthausth. 226, 537; Saargebiet 550, 
609; Sachsen 139,502,572; Magdeburg, be¬ 
amtete Th. 501; Schlesien 81, 125, 502, 
584; Schleswig 9, 417, 426, 429, 454, 558, 
570, 578, 590, 601; Trier 21; Thüringen 
93, 464; Westpreussen 251, 478, 514. S. 
a. Tuberculose-Congress. — Aerzte und 
Universitäten: Medicinal-Organisation 106; 
Mediclnal-Ministerium 164; Zahl der Aerzte 
in Deutschland 238; desgl. in Grossstädten 
275; Frequenz der raed. Facultäten 441. 
Leipzig 586. Apotheker 358, 501. — Curlosa 
und Diversa: Was Alles von einem Schulzen 


verlangt wird 155. Aus den Hundstagen 
370,382. Nachbars Rath in Viehnöthen 564. 
— Berühmte Thierärzte 22. Zur Geschichte 
des Fahrrades 202. — Wo ist der Thier¬ 
arzt? Aus „The Veterinary Record“. 621. 

Tannalbinum veterinarium Knoll. 329. 

Tannoform. Orig.-Art. v. Wulf. 254; Berich¬ 
tigung hierzu. 307. 

Tannoform oder Jodoform, v. Fröhncr. 149. 

Teroperaturmessungen beigrossen Hausthieren. 

v. Eber. 258. 

Tenalin. 353. 

Tcnotomie s. Sehnenentzündung. 

Terpentin bei Verbrennungen, v. Jnnis. 68. 

Tetanus s. Antitetanus, Starrkrampf, flagclla. 

Tetanus d. Kuh nach Kalben, v. Eve. 509. 

Tetanus-Antitoxin. 138, 152. 

Tetanusbacillen — GeiBseln der v. Kanthack 
und Connell. 620. 

Tetanus: Ursprung d. Bacillen v. Molinari; Ver¬ 
änderung des Giftes im Organismus v. 
Blumenthal. Geissein der Bacillen von 
Kanthack 619. 

Tetanusbehandlung nach Baccelli. 379. 

Texasfieber. Bericht Robert Kochs 340. 

Therapeutische Mittheilungen. v.Imminger. 447. 

Thierärzte in Preussen. — Zahl der — 514. 

Thierheilkunde s. Volkswirtschaftslehre. 

Thiertuberculosc s. Tuberculose. 

Thierzeichenmarke. 439. 

Thierzuchtlehre und ihre Aufgabe. - Orig.- 
Art. v. Hoffmann-Stuttgart. 205. 

Thierzucht s. Bastarde, Deckgeld, Gewicht, 
Ländernamen, Pferdezucht, Pinzgauer 
Stiermarkt, Thierzuchtlehre, Tuberkulinum 
Kochii, Ziegenbock, Ziegenzucht. 

Thierzucht. — Mitwirkung der Thierärzte bei 
der — 368. 

Thiol. v. Wirz. 380. 

Thränencnnäle beim Pferd. — Verstopfung 
der — v. Fröhner. 45; v. Mahony. 461. 

Thrombose s. Achselarterie, Aorta. 

Thüringer Pillen, v. Röder. 187. 

Thüringer Thierärztlicher Verein. 93, 464. 

Titel. — Thierärztliche — 201, 418. 

Tod s. Fluorescin, Luft 

Tollwuth s. a.Lyssa; Statistik s. d. Ländernamen. 
Gebissene Menschen 405. 

Tollwuth. — Die Galle toller Thiere als Anti¬ 
toxin gegen — v. Frantzius. 366. 

Tollwutherkrankung bei Rindern. 608. 

Tollwuthimpfungs-Institut. 83; 441. 

Torfraelassefntter (s. a, Melasse). 57. 

Torsio Uteri 8. a. Uterusverdrehung. 

Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage des 
Kalbes mitnach linksverschlagenem Kopfe. 
— Orig.-Art v. Dralle. 54. 

Trabronnleistung kaltblütiger Pferde. 451. 

Tracheotubus. — Neuer — v. Longhurst. 138. 

Trächtigkeit beim Rinde. — Ueber linksseitige 
7 _ Orig.-Art. v. Wundt. 62. 

Trakehnen. — Das Hauptgestüt — 189. 

Trepanation der Schädelhöhle beim Rind. v. 
Meikt. 377. 

Tropon, ein neu. Nahrungseiweiss. v. Finkler.224. 

Trichinen und Finnenschau in Preussen 1896 
und 1897. — Ergebnisse der — 94, 434. 

Trichinenschau-Mikroskop von Hauptner. 600. 

Trichinenschau-Verordnungen. Beilage vom 
11. August 1898. 

Tricuspidalis der Kuh. — Geschwulst an der 
— Orig.-Art. v. Kadelbach. 111. 

Tristezza in Argentinien. 72. 

Trier: Beamtete Thierärzte. 21. 

Tsetse-Krankheit. v. Durham. 623. 

Tuberkelbacillus. — Microorganismus, welcher 
sich morphologisch und tinctoriell 




XIII 


wie der — Orig.-Art. v. Möller. 100; Vege- 
tiren solcher Bacillen aut Pflanzen. 188. 

Tuberkclbacillne.—StrahlenpilzähnlicheWuchs- 
formen des — v. Friedrich. 547. 

Tuberkelbacillen-Vitalität. v. Sabrazes. 536. 

Tuberkelbacillus im Fleisch. — Einfluss des 
Räucherns auf den — v. Förster. 252. 

Tuberkelbacillus auf Kälber. — Uebertragungs- 
versuche mit dem menschlichen — von 
Langdon. 271. 

Tuberculin s. a. Mallcln. 

Tuberculin-Anwendung, typische Reaction. v. 
Ostertag. 488, 595. 

Tuberculin-Auwendung in England. 95. 

Tuberculin-Gewöhnuug. v. Nocard. 299. 

Tuberculin-Impfungen in den Scequarantäue- 
anstalten. 83, 96, 106, 141, 143,191, 204, 275, 
563; Beilage v. 10. März 1898. 

Tuberculin-Impfungen s. a. Atteste. 

Tuberculin-Heilwirkung. v. Rembold. 582. 

Tuberculinum Kochii und Anderes im Kreise 
Schlüchtern, v. Schultz. 279, 433; Ent¬ 
gegnungen v. Kalteycr. 350, 494. 

Tuberculose s.a.Pseudotuberculose, Psitfacosis, 
Sputum. I 

Tuberculose-Congress zu Paris. Tagesordnung. 
178; Thesen. 521; Vorträge v. Bang etc- 
521, 536. ' 

Tuberculose-Bekämpfung in Belgien. 536. 

Tuberculose-Bekämpfung.—Theorie und Praxis 
der — Orig.-Art. v. Gensert. 63. 

Tuberculose des Euters. — Vorgehen gegen 
die — 276. 

Tuberculose der Rinder nach Behring. — 
Heilung der — 185, 211. 

Tnbe.culose. — Serumtherapie der — von 
Maragliano. 536. 

Tuberculose. — Beurtheilung der — Orig.-Art. 
v. Kabitz. 229. 


Ueborbeine an den Gliedmassen beim Pferde. 
— v. Vogt. 257. 

Uebertritt von festen Körpern und Luft aus 
der Blase in die Nieren und entferntere 
Körperorgane. — Der — v. Lewin. 271. 
Ulrich. Nachruf. 866. 

Unfallversicherung für Thierärzte. 841. 
Ungarn: Schutzimpfung 166. — Thierseuchen: 
IV. Quart. 97 bis III. Quart. 98: 107, 263, 
516, 010. — Veterinäracademie 287. — 
Veterinärpolizei in — 154 — Vieh- Ein- 
und Ausfuhr 1896 : 249. — Viehstand. 92. 
Universitäten s. Tagesgeschichte. 
UntcrstützungskassederThierärzteinPreussen. 

330, 440. (s. a. Centralvertretung.) 
Unterstützungssachen s. Tagosgeschichte die 
Unterabtheilung. 

Unterstützungs-Verein, Bayrischer. 201. 
Unterstützungs-Verein in Preussen. 440. 
Untugend s. Gutachten. 

Urämie. — Aderlässe bei — v. Laache. 272. 
Uraemie-Behandlung. v. Lemoine. 103. 
Uraniumnitrat. 320 
Urticaria v. Gaucher. 451 
Uterus s. Orificium Uteri, Prolapsus.Torsio Uteri I 
Uterusepithel nach der Geburt, v. Barfurtb.! 
199. 

Uterushalses. — Incision des indurirten — 
v. Groci. 509. 

Uterusverdrehung bei der Stute. — v. Sieche- 
neder. 259 

Uterusvorfällen. — Reductionsapparat bei — * 
v. Jack 21L 

Uterusvorfall s. Fruchthälter, Gebärmutter. 
Prolapsus. 

Uterusvorfalls ohne vorherige Entfernung der 
Nachgeburt — Reposition des — v. 
StrebeL 150. 


Tuberculose d. Rinder. — Sitz und Reihenfolge 
der Veränderungen bei der — von 
M’Fadyean. 536. 

Tuberculose des Menschen und der Vögel. — 
Identität der — v. Nocard. 536. 
Tuberculose beim Pferd, v. Cadeac u. Morot. 
89; v. Thomson. 5U9. 

Tuberculose beim Pferd Orig. Art v. Truelsen. 
27a 

Tuberculose beim EseL - Infectionsversueh 
mit — v. Johne. 55. 

Tuberculose bei Sehweinen, v. Cope. 55. 
Tuberculose der Knochen bei Schweinen. — 
Differential-Diagnose der — v. Glage. 460. 
Tuberculose der Augen, v. Schmidt 44* r 
Winter. 596. 

Tuberculose Entrindung der Gelenke etc. beim 
Rind. v. Guülebeaa. 172. 

Tuberculose des Gehirns, r. Hasse 445. 
Tuberculose der Mandeln, r. &8i_ 

Tubereulöser Rinder. — Inverkehrbringen der 
Milch — r. Feaner. 471. 

Tuberculose als Gewährfehler. 178, 263. 
Tuberesloie - Bekämpfung: Beschüsse des 
b*yer. Laadwirtbsekaftsrathes- 611 . 
Tuberculose in Frankreich. — Behandlung den 
Fleisches bei — 3a. 

Tubereolose-Statästik s_ d. Ländenames. ferner 
Fleisebschan und Seexjnarantäneanstaiten. 
^^ei. — Rindespest 107 . 

TumenoL 283 

Tumoren x. a. Gench —~irr_ 

Tumoren beim ümmL - ins«****. _ T 
«d Wasebbovn. 3L 474. 

Tumoren. - Geh«, 4^ 4.^ 

h*T o r ganfcn es - 


» agina s. Scheide. 

Vagina. — Morphologie und EntwiekJnng der— 
v. Hart 79. 

Vaporisation. — Ueber — v. Sscgwef 
(s. a. Wundbehandlung. 

Vene s. Blutgefässe, Hohlvene. I-»fr 
Venen. — Leber die Besehreäban* » — 
Orig-Art v. Sehmalte 1Ä 
Veoa digitalis externa und t—■ 

— Eitrige Thromboylriuni 
V erat rin s. Hämogiohtnämöe. 

Veratrin v. Qoeyros. 385 
Verband s. Aiko4x*L Ikbbcx 
B alsam, Kaxaf ummer. ta 
Natrium. PflancerMoie». 

Verbrennuagen s. a. 7« 

Verbren annges 
Magnesia 
r. Pogg, 6t is: 

' Verdauung s lack 
Venlreing o-u 
Vereise a 

*iK$*äamesa 
V<rwut 

VereämgÄ sans -»w 
ls wfie w as fmm - 

'VI JtC.-MU. Ä 

VecEne 




AK 



4 


Narcotlca, Oenanthe crocata, Quecksilber¬ 
vergiftung, Rhododendron, Schlangengift, 
Schwciss, Stallsalpeter. 

Vernichtung und Verwerthung von Fleisehab* 
fällen und thierischen Cadavcrn. Orig.- 
Art. v. Schiefferdecker. 18. 

Verordnungen s. Abdeckerei wesen, Flswvh- 
Bebau, Tagesgeschichte, Viterinirpoli**» 
Versammlungen s. Tagesgeschichte, d. betr 
Unterabtheilung. * 

Versicherung s. LebenBvers., Tbicrwchwfr 
marke, Viehversieherung. 
Versicherungswesen. 10, 201. 59$. * ^ 

Versicherung. 

Verstopfung s. Obstipation. 

Vesicantieu s. Aderlass. ^ 

Veterinärbeamte s. Kröidkrirr» 
veterinärwesen, Tage$p»chwh** 
Veterinär-Papyrus vos Kafcs» ^ 
Veterisärpolizei (s.a.Abgwdi>cw'*-»«> 
eintulir, Flewcbsckau. 

Landtag, MikL Scbisr-J^'*- 
täneanstahes- SrtmsK"?"*»- ^ 
Tagesgesehieb* d* ^*^*^**\ 
Staaisvc:«ri»ir»y*w. ^ 
nisterialcr!*»? M 

diensr Ü Ä ^ ^ 

Trcibcs vw -rög- 
wuth-Sc.ljitaaun»nj«ir 
prici: für - 

Bcfcremm^n w S. 
firjctssaswww* * -'** 

Bccr. Sctacw« **“*** 

:. **a 




V* - 


c* 

. «•-*- 



;i02. 
ah 362. 
511. 

»4. 

dm 461. 
it 62. 328. 
/.nikiewicz 163. 


Zilah 258. 

Zinke 839. 

Zschokke 346.497.533. 545. 

583. 593. 

Zuntz 57. 

Zwicker 265. 


Digitized by 


Google i 



XIV 


Viehzählung 1897. — Ergebnisse in Deutschland 
209, Preussen 175, Bayern 167, Berlin 92. — 
V.-Zähl. in England 1898: 512. 

Viehzucht s. Thierzucht 
Virus s. myxoroatogen. 

Vögel 8. Altersbestimmung, Diphtherie, Ge¬ 
flügel, Hühner. 

Vogeltänie, neue. v. Fuhrmann. 138. 
Vogeltuberculose. — Identität der mensch¬ 
lichen und der — v. Nocard. 536. 
Volkswirtschaftslehre und Thierbeilkunde — 
Orig.-Art. v Hülseraann. 45. 

Vorfall s. Grimmdarm, Prolapsus. 
Vorsteherdrüse s. Prostata. 

Vulva 8. Gangrän. 

Wallach s. Hodensackbruch. 
Warzenbehandlung, v. Louvel. 103. 
Warzenpocken bei einer Kuh. v. Heichlinger. 
259. 

Wassersucht 8. Apocynum. 

Wehen s. Antipyrin. 

Wehenerregung. 512. 

Wehen nach der Geburt, v. Albrecht. 199. 
Weinlaub s. Kupfersalzlösung. 

Werfen s. Myositis. 

Werner, Corpsrossarzt — Nachruf. 596. 
Westprcussischer Verein 251, 478, 514. 
Wildente s. Opistorchis. 


I Willkammer Rothlauf s. Rothlauf. 

Willutzki — Nachruf. 344. 

i Windrhehe s. Hämoglobinurie. 

1 Würmer s. Parasiten. 

| Württemberg: Amtsthierärztliche Verhältnisse. 
201. — Rothlaufimpfung. 165. 

Wundbehandlung s. Seidenfadeneiterung. 

Wundbehandlung mit lokaler Andampfung.— 
Ueber — v. Beyer. 151. 

Wunden, Behandlung mit Natr. bicarb.-Ver¬ 
band. v. Gu6orgui6wsky. 152. 

; Wunden, s. Gangrän, Granulationszewebe, 
Heftklammern, Nähen, Natrium bicarbon., 
Schusswunde, Seidenfadeneiterung, Silber¬ 
wundbehandlung, Vaporisation. 

Wurstvergiftung s. Botulismus. 

Xeroform alslntestinalantisepticum.— Ueber - 
v. Reynders. 187. 

Xeroform in der Augenheilkunde. — Das — 
v. Wicherkiewicz. 416. 

Xeroform in der Thierheilkundc. v. Kmi- 
häuser. 68. 

Xeroform. — Versuche mit — v. Reisinger. 568. 

i 

SBahnanomalie. Orig.-Art. v. Hugendubel. 290. 

Zahnfisteln beim Pferd. — Falsche und echte — 
v. Fröhner. 460. 

1 Zahnpulpa s. Gangrän. 


Zebra s. Bastarde, Esel. 

Zellbrücken in dev glatten Musculatur. v. 
Triepel. 92. 

Zenker — Nachruf. 310. 

Zerreissung s. Aortenruptur, Cieidomastoideus, 
Herzbeutel, Leerdarmruptur, Magenzer- 
reissung, Mastdarmruptur, Orificium, Per¬ 
foration, Zwerchfell. 

Ziege s. Pentastomura, Rhododendron. 
Ziegenart. — Eine neue — 92. 

Ziegenbocks. — Milchergiebigkeit eines — v. 
Pusch. 8. 

Ziegenzucht. — Import-Aufbesseiung, v.Wills- 
dorf 273; im Müglitzthal von Augst 354; 
Dresdener Ausstellung 451. 
Ziehl-Necisen’sche Methode. 488. 
Zuchtgenossenschaftens.Privat-Zuchtgenossen- 
schaften. 

Zuckergehalt des Harns der Sängethiere u. 

Zuckerbestimmung, v. Klimmer. 410. 
Zugochsen. —SachgemässerBeschlagder—153. 
Zungenbeinbruch beim Pferd. 607. 
Zurücksetzung der Thierärzte. 621. 
Zwangsmittel bei Schweinen. Orig.-Art. v. 
Dlugay. 567. 

Zwerchfellriss mit Einklemmung eines Theiles 
der linken unteren Grimmdarmlage. — 
v. Novotny. 101. 

Zwerchfellzerreissung. 44. 


Autorenregister. 

(Die Zahlen hinter den einzelnen Sätzen bedeuten die Seitenzahlen..1 


Afanasieflf 102. 

Albani 79. 

Albarran 19. 

Albrecht102. 199. 364.414. 
462. 

Aleksejew 354. 

Almy 320. 

Androjew 488. 

Angerstein 473. 

Anjesky 175. 

Arkövy 476. 

Arloing 32. 

Arndt 260. 

Aronsohn 110. 327. 

Augst 167. 202. 299. &54. 
Augstein 122. 

Baccelli 379. 

Backhaus 439. 

Bang 521. 

Barfurth 199. 

Barnick 416. 

Barthel 583. 

Bartke 210. 

Basch 378. 

Baum 90. 114. 486. 

Beck 283. 

Beer 570. 

Behla 171. 

Behring 185. 

Beichold 247. 

Benjamin 607. 

Bermbach 9. 451. 562. 

Beil. VI. v. 7. IV. 98. 
Berndorfer 476. 

Beyer 151. 


Biedl 365. 

Binz 68. 

Blattenberg 175. 
Blumenthal 620. 
Boccalori 584. 

Böther 463. 

Bonaretti 414. 

Bonnhoff 20. 

Bose 569. 

Bosi 210. 448. 

Bosso 173. 235. 428. 
Bournay 401. 

Bowhil 283. 524. 

Boysen 335. 

Braatz 188. 

Brauer 289. 

Brieger 186. 

Brücher 577. 

Brunner 475. 

Bruns 198. 

Bruth 584. 

Buch 386. 397. 409. 613. 
Buhl 534. 

Busse 391. 476. 


Cadöac 89. 390. 413. 
Calot 187. 

Carougeau 160. 
Casati 152. 

Chauvrad 340. 
Chelmonski 415. 
Chigot 547. 

Co c ster 142. 

Cohn 462. 

Colin 535. 

Connell 620. 


i Connochie 391. 

| Cope 55. 

1 Corning 3ö0. 

Credö 7. 541. 

Cure io 283. 
de Cyon 450. 

Darier 416. 

Davied 416. 

Deimer 200. 

Deila Noce 112. 

Deimer 5. 

Deloos 16. 86. 

Denys 570. 
j Desaintmartin 114. 
j Dieckerhoff 1. 169.277. 469. 
541. 

I Diem 330. 392. 

! Dischereit 533. 

; Dlugay 567. 

Mc. Donald 475. 

Dor 92. 

Dralle 54. 121. 245. 267. 
Dreymann 589. 

Dürck 7. 

Dupraz 439. 

Dupuy 258. 

Durham 523. 

Eber 58. 258. 363. 
Eberlein 43. 199. 351. 
Eberson 402. 

Eckert 20. 

Ehlers 76. 508. 621. 

Ehling 99. 

Ehrmann 272. 

Einhorn 108. 


; Ellinger 218. 
j Engelen 498. 

Eppinger 618. 

Eve 509. 

Faber 461. 
j Fabretti 499. 
i M’Fadyean 5. 535. 
i Fehsennieier 272. 

Fenner 471. 

Finkler 224. 

Fiorentini 475. 

Fish 524. 
i Fjelstrup 240. 

Flatten 115. 

Flaum 500. 

Flessa 498. 

I Flocard 328. 
j Förster 252. 

’ Foth 157. 
j Franke 103. 

- Frantziim 366. 

Fraser 79. 

Frick (Docent) 88. 522. 
Friedrich 547. 

Frisch 532. 

Fröhner (Prof.) 4. 6. 18.20. 
29. 45. 54. 67. 69. 77. 39. 
92. 138. 149. 187.199. 269. 
437.448.460.487.497.596, 
607. 

i Fuhrmann 138. 


Gabeleins 5. 

Gallaut 380. 
Galli-Valerio 138. 379. 


I Gaubaroff 103. 
Gaucher 103. 451. 
Geiss 234. 

Gemünd 31. 

Gensert 63. 
Georgiewski 330. 416. 
• Giancola 112. 

Glage 60. 460. 

Göhrig 498. 510. 
Gofron 392. 

Goldbeck 111. 

Goltz 299. 

Gordon 380. 

Gorini 18. 

Grabensee 223. 
Graffunder 147. 
Grammlich 605. 
Grassberger 548 
Grasset 391. 

Gratia 595. 

Grawitz 583. 
Grigorjew 569. 

1 Groci 509. 
Guöorgnievsky 152. 
Guillebeau 172. 

Gurlt 188. 

Gutzeit 33. 


Haas 498. 

Haase 75- 109. 445. 543. 
Hager 451. 

Handschuh 608. 

Hart 79. 

Hartenstein 167. 178. 
Hartleb 113. 282. 
Hartzell 451. 


Digitized by LjOOQle 



XV 


Haubold 91. 

Häbraud 683. 

Hecker 61. 555. (e. a. Sach¬ 
register Heckersche Ver¬ 
fahren.) 

Heicblinger 259. 

Heinz 103. 

Hell 426, 601. 

Heng 330. 

Henninger 462. 

Herman 524. 

Herxbeimer 103. 

Heumann 392. 

Himmelatoss 522. 
Hinrichsen 174. 

Hinz 450. 

Hirschfeld 402. 

Hobday 353. 354. 378, 607. 
Hock 607. 

Höflich 281 
Höhne 263. 290. 

Hoffmann (Stuttgart) 205. 

352. 508. 

Holstein 5 
Hülsemann 45. 

Hugendubel 246. 267. 290- 
Hutcheon 78. 

Jack 211. 

Jackachath 87. 
Jensen-ltzehoe 590. 
Jensen-Kopenhagen 17. 
Jess 115, 457. 

Imminger 320.447.517.532. 
Innis 68. 

Joest 217. 

Johne 55. 
de Jong 536. 

Jnnkers (Nachruf) 416. 

Kabitz 229. 

Kadelbach 111. 

Kaiser (Osterburg) 73. 
Kalteyer 350. 494. 
Kanthack 620. 

Karl 427. 

Kattwinkel 670. 

Katzke 449. 

Kegel, Beil. 3 v. 10. März 
Kempner 488. 

KisBiith 245. 

Kitt 77. 583. 

Klaussner 320. 

Klebba 214. 

Kleine 32. 

Klimmer 400. 

Knaflitsch 67. 

Knoll 281. 

Koch, R. 7. 162. 198. 340. 
Königshöfer >246. 

Konbäuser 68. 475. 

Koninski 606. 

Koorevaar 365. 

Kosmag 458. 

Kraus 365. 528. 

Kressin 416. 

Krolikowski 44. 152. 
Krueger 37. Beil. 6.7. April. 
Knbaschewski 339. 
Künnemann 534. 


Ijaache 272. 

Landau 19. 

Langdon 271. 

Langer 583. 

Lanzilotti 392. 

Lassartesse 114. 

Lataneur 451. 
Latschenberger 390. 
Leichsrnring 138. 
Lellmann 435. 

Lemoine 103. 

Lewin 271, 608. 

Liönaux 353, 696. 

Ligniöre« 439. 

Löffler 174. 

Loewit 402. 

Loi 90. 

Longhurst 138. 

Lorenz 499. 537 (s. a 
Sachregister. Rotlilauf.) 
Lorenz 264. 
Louvel-Dulongpr6 103. 
Loweg 266 494. 

Lübke 581. 

Lyon 91. 

Macadam 56. 

Maffucci 391. 611, 

Magnin 364. 

Mahony 461. 

Maier 459. 

Malato 90. 

Malfitano 56. 

Malkraus 498. 

Malzef 267. 

Maragliano 536. 

Marks 114. 

Martens 145. 171. 186. 529. 
Matthies 281. 

Matthieeen 553. 

Maurizio 57. 

Mehrdorf, Beil, zu No. 2. 
Meifort 25 181. 

Meinicke 208. 

Meitzer 198. 

Merkt 377. 

Mesnard 451. 

Mesnil 595. 

Messner 462. 

Metzger 137. 

Meyer 337. 

Meyerstrasse 85 325. 
Michaelis 319. 

Moebius 361. 463. 

Moeller 100. 211. 

Möller (Bezirksth.) 462. j 

Molinari 619. 

Monroe 78. 

Montanö 114. 

Moris 259. 

Morot 89. 

Mors 5. i 

Mosselmann 583. 

Müller 570. | 

Müller (Herneburg) 349. | 

Münzer 448. i 

Mulotte 307. 

Munk 91. 489. 

Neisser 283. 320. 

Nencki 163. 


Neubarth 4. 

Nevermann 423. 

Nibbert 69. 

Niebel 547. 

Nocard 80. 186. 220. 299. 

307. 536. 

Noce s. Deila 
Normann 438. 

Nosotti 623. 

Novotny 101. 

Nunn 364. 

Nusb 259. 

Nuttall 282. 

Oberschulte 566. 
v. Oefele 507. 

01t 67. 270. 280. 437. 
Ostertag 263. 488. 595. 
Oyen 565. 

Paigo 608. 

Pease 341. 

Perdoni 428. 

Peschke 195. 

Peter 505. 

Peters 77. 

Petersen 619. 

Petrone 379. 

Petruschky 450. 

Pflanz 29. 196. 246. 445. 

493. 520. 545. 

Piana 476. 

Piorkowski 524. 

Poggi 68. 

Poncet 92. 

Poppert 237. 

Porcherel 537. 

Prayon 328. 

Preisz 66. 175. 

Preuase, Dr. 693. 
Pütz-Schmidt 159. 

Pusch 8. 

Queyron 329. 

Rabe 186. 188. 

Kamm 273. 

Ramsey 353. 

Reed 68. 

Reisinger 568. 

Reissmann 109. 

Rembold 582. 

Reuther 392. 

Reverdin 402. 

Rexilius 829. 

Reynders 187. 

Ricci 820. 

Rievel 264. 

Ritzer 608. 

Robin 152. 

Röder 187. 511. 

Römer 619. 

Roger 329. 

Ronneberger 440. 

Rossi Pilo Rosolino 889. 
Roy 569. 

Ruzicka 487. 

Sabatino de Benedictis 
248. 

Sabrazes 536. 


Saenger 401. 

Sainton 570. 

Sanarelli 415. 

Sanfelice 90. 

Sauer 436. 

Scarpinato 438. 

Scharmer 565. 
Schepilewsky 488. 
Schiefferdecker 13. 

Schiff 68. 102. 

Schindelka 390. 

Schindler 6. 

Schleich s. Glutol, Infil¬ 
trationsanästhesie. 
Schmaltz 70. 79. 103. 105. 
133. 153 163. 193. 242. 
254. 366. 37a 393. 421. 
440. 525. 564. 

Schmey 74. 

Schmidt (Bezirksth.) 6, 151. 
607. 

Schmidt (Depart.-Tb.) 401. 
Schmidt (Dr. Dresden) 499. 
Schmidt, J. W. (Dresden) 
219. 438. 

Schmidt-Kolding 160 (s. a. 
Sachregister b. Gebär¬ 
parese u. Kalbefieber). 
Schmidt (Kr. Vet. Arzt) 616. 
Schmidt Oppeln 44. 
Schmidt-Pütz 159. 
Schneider (Georg) 247. 
Schölte 219. 

Schow 320. 

Schräder 362. 

Schroeder (A.) 111. 

Schütz 139. 197. 

Schultz (Schlüchtern) 279. 
433. 

Schulz 392. 

Schulze 608. 

Scbwäbel 44. 

Schwartz 379. 
Schwarznecker 151. 447. 
Schwendiraann 162, 607. 
Scofone 32. 

Scotchman 512. 

Scott 113 199. 487. 

Seeliger 114. 486. 

Seibert 498. 

Seiz 462. 

Semraer 839. 

Sicheneder 259. 

Sieber 163. 

Simader 31. 

Simmonds 138. 

Sirleo 391. 511. 

Smith 31. 272. 47^ 

Smythe 583. 

Sneguireff 19. 

Sobernheira 392. 

Stauding 20. 

Steger 330. 

Steinmeyer 508. 

Steinriedel 548. 

Stietenroth 436. 

Stiles 479. 

Storch 399. 

Strahler 854. 

Strebei 6. 150. 281, 606. 
Strecker 461. 


Stroese 467, 608. 

Struwe 568. 578. 

Stubbe 536. 

Stutzer 113. 130. 282. 
Suder 806. 618. 
Sutherland 248. 

Tartakowsky^281. 

Teetz 75. 76. 122. 
Tegetraeier 248. 

Tempel 198. 209, 608. 
Teurer 619. 

Thomalla 330. 
Tbomassen 223. 
Thompson 509. 

Thoms 567. 

Toepper 36. 97. 301. 313. 
Toscano 95. 

Trapp 188. 

Treutier 103. 

Triboulet 31. 

Triepel 92. 

Truelsen 278. 

Uhlenhuth 186. 

Ulm 44, 211. 

Unger 450 
Unna 68. 321. 

Vaifro-Bonaretti 414. 
Vedel 569. 

Vennerholm 91. 

Villain 288. 

Villaret 78. 

Virchow (R.) 7. 

Vogel 457. 

Voges 139. 

Vogt 257, 488. 

Wachsmann 380. 

Walter 354. 

Washbonrn 31. 474. 
Weckminsky 378. 
Weidmann 438. 

Wend 283. 

Wessel 493. 532. 

West 320. 

Wicherkiewicz 416. 
Wilkens 273. 

Williams 419. 

Willsdorf 273. 

Wilson 56. 

Winkler 340. 

Winter 581. 596. 

Wirz 380. 

Wisnefsky 486. 

Witt 493. 532. 

Wittlinger 602. 
Wohlgemuth 362. 

Wolters 611. 

Wulf 254. 

Wulfsohn 461. 

Wundt 62. 328. 
Wyznikiewicz 163. 

v. Zilah 258. 

Zinke 839. 

Zschokke 346.497.533. 545. 

583. 693. 

Zuntz 57. 

Zwicker 265. 


Berlin, Druck von W. Büxenstein 


Digitized by 


Google 



Digitized by L^ooQie 



Die „Berliner Thier&rstliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens 1 •/, Bogen. Dieselbe 
ist sn beziehen durch den Bnchbsndel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verisgsbuchhsndlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse SC, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


M 1 . Ausgegeben am 6. Januar. 

Inhalt: Dieckerhoff: Obergutachten über ein wegen Stätigkeit und fehlender Frömmigkeit bemängelte 8 
Reitpferd. — Neubarth : Instrument zur Application pulverförmiger Arzneimittel auf die Schleim* 
häute des R e s p i r a t i o n s t r a c t u s beim Pferde. — Referate: F röliner: Das Nähen der Wundon. — M’Fadycan : 
Vergiftung von Pferden durch verdorbene Kartoffeln. — Dclmer: Strahlkrebs beim Kinde. — Mors und U a b e 1 e i n s: Ucber 
mcdicamentö8e Resorption durch die Harnblase. — Holstein: Behandlung der chronischen Obstipation durch Crcosot. — 
Schmidt: Zwei Behandlungsmethoden. — Schindler: Behandlung chronischer Nasenaustiiisse mit Jodkali. — Frühncr: 
Behandlung der Mauke mit Chromsäure. — S t r e b c 1: Einfaches Retcntionsinittel für Mastdarmvorfälle. — V i r c h o w : Die 
Rolle der Uefässe und des Parenchyms in der Entzündung. — Dlirck: Studien über die Aetiologie und Histologie der 
Pneumonie im Kindesalter und der Pneumonie im Allgemeinen. — Credö: Silberwuudbehanüiung. — Kleine Mittheilungen. 
— Thierhaltung und Thicrzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär- 
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizoi. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeige n und Kritiken. 
— Personalien. — Vacanze». 


Jahrgang 1898. 


Berliner 


Origlnalbeltrige werden mit SO Mk. ftlr den Bogen honorirt 
▲Ile Manuacripte, Mittheilungen and redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu .enden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW, Luiien.tra.se 56. 
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Obergutachten über ein wegen Stätigkeit und 
fehlender Frömmigkeit bemängeltes Reitpferd. 

von 

Dr. Dieckerhoff. 

In der Streitsache des Fabrikbesitzers D. za X. gegen die 
Handelsgesellschaft H. zu Berlin ertheile ich das im Gerichts¬ 
beschluss vom 29. October d. J. angeordnete schriftliche Gut¬ 
achten nachstehend: 

Beweisfragen: 

1. Ob die Erfahrungen, die der Kläger in den ersten Tagen 
nach dem Besitzwechsel mit dem Pferde machte, nicht 
Stätigkeit oder Widersetzlichkeit ist L sondern nur Furcht 
an einzelnen Orten und vor gewissen Gegenständen? 

2. Ob auch ein Rassepferd durch einen einzigen Ritt unter 
falscher Behandlung zur Stätigkeit kommen kann? 

3. Ob der Ursprung der von den Zeugen des Klägers be¬ 
kundeten Fehler bereits bei der Uebergabe am 21. April 
1896 vorhanden gewesen sein muss, und ob das streitige 
Pferd mit den Fehlern, deren Ursprung schon zur Zeit 
der Uebergabe vorhanden war, als „fromm“ zu be¬ 
zeichnen ist? 

Thatbestand. 

Die Beklagte hat an den Kläger am 21. April 1896 drei 
Reitpferde verkauft, darunter das hier streitige Pferd, für welches 
ein Preis von 2500 Mark vereinbart wnrde. Vom Kläger wird 
das Pferd bemängelt, weil es nicht fromm im Gebrauche sei, 
während der Beklagte behauptet, dass es bis znr Uebergabe die 
Eigenschaften der Frömmigkeit gehabt habe. 

Die vernommenen Zengen haben folgende Aussagen deponirt. 

1. Kaufmann Siegmund K. (Bl. 25 d. A.). Ich war als 
Sachverständiger bei dem Kaufe vom Kläger zugezogen und habe 
das Pferd, sowohl in der Reitbahn, als auch vorübergehend im 
Thiergarten nnter dem Oberamtmann D. nnd unter dem Kläger 
gesehen. Bei diesen Gelegenheiten zeigte sich das Pferd gut 
und fromm. Auf mein Anrathen liess sich der Kläger noch be¬ 
sonders die Frömmigkeit vom Beklagten garantiren. 

2. Bereiter Br. (Bl. 27 d. A.). Das streitige Pferd war 
einige Wochen im Stalle der Beklagten. Ich habe es häufig 


geritten und dabei völlig fromm gefunden. Ich habe weder je 
bemerkt, dass es stieg, noch dass es umkehrte, noch dass es 
bodenscheu war. Ich habe es sowohl bei gutem, wie bei Regen¬ 
wetter im Freien geritten, auch auf Pflaster nnd Asphalt. Das 
Pferd hat weder vor Dampfbahn, Eisenbahn noch Pferdebahn 
gescheut. Auch hat dasselbe beim Reiten nicht hiaten aasge¬ 
schlagen. Aus diesen Gründen empfahl ich dem Kläger, welcher 
sagte, dass er ein schwacher Reit-r sei, gerade dieses Pferd. 
Der Kläger probirte das Pferd erst in der Reitbahn nnd dann im 
Thiergarten, letzteres in meiner and in Begleitung eines Dritten, 
welchen sich der Kläger mitgebracht hatte. Der Kläger ritt mit 
uns zusammen, entfernte sich dann von uns zeitweise und probirte 
das Pferd in allen Gangarten. Er erklärte sich durchaus zu¬ 
frieden und äusserte dieses auch gegenüber dem Mitbeklagten 
M. H., welchen wir im Thiergarten trafen. Der Proberitt hat 
etwa eine Stunde gedauert. An demselben Tage kaufte Kläger 
das Pferd. Es wnrde ihm durch einen von unseren Knechten, 
wenn ich nicht ine, schon am nächsten Tage zogeschickt. Wie 
mir der Knecht später mittheilte, hat er sodann das Pferd vom 
Bahnhof nach der Besitzung des Klägers, ganz ohne Gebiss und 
nur mit der Halfter geritten. Ich bemerke noch, dass ich das 
Pferd auf Feldwegen, auf nnebem m Terrain bei Halensee geritten 
und dasselbe auch ruhig durch Pfützen geritten habe. 

3. Knecht R (Blatt 28 V.). Ich habe das Pferd, als es der 
Beklagte in Wien kaufte, dort in den Strassen und im Prater 
probirt, habe es dann auch in Berlin im Thiergarten geritten nnd 
endlich dem Kläger vorgeritten, als dieser es kaufte. Das Pferd 
war durchaus ruhig, scheute nicht, schlug nicht aus, stieg nicht 
und machte nicht Miene umznkehren, auch nicht bei Wege¬ 
krenzungen. Es war ein ungarisches Halbblutpferd. Als der 
Kläger das Pferd im Thiergarten probirte, nahm ich es ihm auf 
der Charlottenburger Chaussee ab, worauf der Kläger mir erklärte, 
dass das Pferd durchaus fromm gegangen wäre. 

4. Oberamtmann D., Brnder des Klägers, nnd deshalb ohne 
Beeidigung (Bl. 43). Einige Tage nach dem Kaufe bin ich beim 
Kläger gewesen, um das Pferd zu probiren. Hierbei bemerkte 
ich, dass dasselbe zuweilen nie it durch Pfützen hindnrehging und 
zuweilen darüber hinwegsprang. Etwa eine Woche später ritt ich 
von Had. nach Schw. znm Kläger. Hierbei erklärte Letzterer, 


Digitized by LaOOQie 






2 

dass der streitige Fachs nicht zu reiten sei. Ich erbat mich, da 
ich des Reitens durchaus kundig bin, das Pferd nach meinem 
Wohnorte Had. zurückzureiten, um_es zu probiren Als der Kläger 
eine Reise angetreten hatte, habe ich das Pferd satteln lassen, 
um mit demselben von dannen zu reiten. Kaum hatte ich den 
Fabrikhof verlassen, um rechts von der Strasse über einen mit 
Bäumen bepflanzten Platz hinwegznreiten, zeigte sich das Pferd 
in hohem Grade widerspenstig. Es wollte nicht nach der Seite 
wenden, wohin ich es lenkte, sondern machte Kehrt und wandte 
sich dann weg und drängte mich die Dorfstrasse hinauf. Auch 
stieg das Pferd empor, stellte sich auf die Hinterbeine, wobei es 
die Vorderbeine hin und her bewegte. Es war mir nicht möglich, 
das Pferd mit dem Zügel oder mit Schenkeldruck zu lenken und 
es dahin zu bringen, wohin ich es führen wollte. Erst als nach 
etwa 20 Minuten der Gemeindediener kam und das Pferd am 
Kopfe weiter führte, ging es. Ich konnte mit dem Pferde dann 
ruhig bis Blek. reiten, wohin es ganz gut ging. In Blek. musste 
ich einen hinter Gärten entlang führenden Weg passiren. Kaum 
war ich auf diesem Wege, so machte das Pferd wiederum Kehrt, 
drängte mich gegen die Bäume, wollte durch Pfützen nicht hin¬ 
durch gehen und stieg empor. Der Handelsmann Rossb. griff 
das Pferd alsdann, nachdem ich mich ungefähr eine halbe Stunde 
vergebens bemüht hatte, es zum Weitergehen zu bringen, an den 
Kopf. Endlich gelang es Rossb. das Pferd weiter zu führen. 
Ich ritt dann mit dem Pferde bis W'ester. Hier blieb dasselbe 
wiederum stehen und zeigte sich so, wie vordem. Es hat etwa 
10 Minuten gedauert, ehe ich das Pferd wieder in Gang bringen 
konnte. 

5. Kutscher N. (Bl. 58. d. A.). Ich habe das Pferd öfter 
geritten und probirt. Es ist richtig, dass dasselbe bei der ge¬ 
ringsten Veranlassung, bei dem Vorhandensein eines Steines, 
einer Pfütze oder wenn auch ein Vogel unvermuthet aufflog, nicht 
nur umkehrte, sondern auch stieg, sowie dass es zweimal unter 
mir und einmal unter meinem Herrn ohne jede sichtbare Ver¬ 
anlassung im Trabe weit hinter sich ausschlug. Es weigerte sich 
auch, durch die kleinste Pfütze hinduich zu gehen und 6prang 
entweder, oder drehte um und stieg dabei. 

6. Kaufmann Hermann K. (Bl. 62 d. A.). Gelegentlich eines 
Besuches sagte mir der Kläger, dass er von der Beklagten drei 
Pferde gekauft habe und dass er dieselben, welche kürzlich an¬ 
gekommen seien, einmal zur Probe reiten wolle, da sie noch 
nicht aus dem Stalle gekommen seien. Der Kläger und sein 
Vater bestiegen ihre eigenen Pferde, während zwei der gekauften 
Pferde von je eiuem Kutscher bestiegen wurden. Die vier Per¬ 
sonen ritten gemeinschaftlich von dem Gute weg über einen 
Anger und mussten dann über einen kleinen Grabin oder eine 
Anhöhe reiten. Drei Pferde gingen vollständig ruhig durch den 
Graben, während der grosse Dunkelfuchs sich sträubte. Nach 
einigem Zögern setzte er indessen mit einem grossen Satze über 
den Graben hinweg. Hierauf bemerkte ich, dass das Pferd un¬ 
ruhig wurde und zur Seite sprang. Ich äusserte noch zur Mutter 
des Klägeis, das schiene kein ruhiges, frommes Pferd zu sein. 
Es schiene aufgeregt zu sein, da es einen mächtigen Satz über 
den Graben gemacht habe. 

7. Kutscher Br. (B). 89 d. A.). Ich habe das streitige Pferd 
von dir Station Bl. mit den beiden anderen Pferden zusammen 
abgeholt. In Bl. traf ich den Pfcrdebegleiter der Beklagten, der 
die Pferde bis dahin gebracht hatte. Als die Pferde ausgeladen 
waren, hatte ich den streitigen Dunkelfuchs und noch einen Gold¬ 
fuchs an die Hand genommen. Der Begleiter sagte auf meine 
Frage, ob ich diese beiden Pferde gleich behalten sollte: Der 
Dunkelfuchs ist etwas schüchtern, Du nimmst den anderen zur 
Hand. Auch fragte mich der Begleiter: Haben wir denn gar i 


No. 1. 

keine Trense? worauf ich erwiderte, ich habe meine Trense zu 
Hause gelassen. Ich kann über das Benehmen des streitigen 
Pferdes auf dem Wege von Bl. nach X. nur bekunden, dass es 
mir auffiel, dass das streitige Pferd ein paar Mal zur Seite bog 
und zur Seite sprang. Ob daran Pfützen oder andere Gegen¬ 
stände Schuld waren, weiss ich nicht. Später habe ich aller¬ 
dings bemerkt, dass das Pferd, als es an eine gefüllte oder aus¬ 
getrocknete Pfütze kam; ich weiss das nicht mehr, um die Pfütze 
herumging und dabei etwas seitwärts auf den Acker trat. Ich 
weiss mich nicht zu erinnern, ob der Vorzeuge Hermann K. und 
ich dabei waren, als das Pferd probirt ist. Am Tage nach der 
Ankunft des Pferdes in X. wurde dasselbe vom Kutscher N. ge¬ 
ritten. Hierbei ritten auch der Oeconomierath D. und Ernst D., 
sowie ich selbst mit. Ob K. dabei gewesen, ist weiss ich nicht. 
Bei diesem Ritt habe ich allerdings die Beobachtung gemacht, 
dass das streitige Pferd vor jeder Pfütze scheute und in hohem 
Bogen darüber hinwegsetzte. 

8. Stallmann Schu. (Bl. 102 d. A.). Ich habe das streitige 
Pferd bei dem Transporte von der Station Blu. nach X. nur ge¬ 
nommen, weil ich keine Trense hatte und dies Pferd das 
ruhigste von den drei zu transportirenden Pferden war. Dem 
erschienenen Kutscher des Klägers habe ich die beiden anderen 
Pferde gegeben, weil dieser eine Trense mitgebracht hatte. Die 
Darstellung des Zeugen Br., dass ich ihm das streitige Pferd, 
welches er zunächst genommen hatte, abgenommen habe mit der 
Erklärung, dasselbe sei etwas schüchtern, du nimmst den andern 
zur Hand — ist nicht richtig Ich habe vielmehr das streitige Pferd 
gleich von Anfang an zur Führung genommen. Dass ich etwas 
angetrunken war, will ich zugebeu. Jedoch weiss ich ganz genau, 
dass ich die obige Aeusserung zu dem Zeugen Br. nicht gemacht 
habe. Ich habe ihm dagegen auch nicht gesagt, dass ich gerade 
dies Pferd genommen habe, weil es das ruhigste sei. Das Pferd 
hat auf dem Transporte von Blu. nach X. nicht gescheut. Dass 
es bei einer Pfütze ausgebogen sei, habe ich nicht bemerkt. 
Genau weiss ich, dass das Pferd bei einer Pfütze nicht zur Seite 
gesprungen ist. Auf dem Wege, den wir geritten sind, befanden 
sich viele Wasserpfützen. Der Weg war, soviel ich mich 
erinnere, keine Chausee. Das streitige Pferd wurde von mir au 
einem Halfter geritten; der Strick an dem Halfter war durch 
das Maul gezogen. Das Pferd wurde vom Bahnhofe bis nach 
X. Schritt geritten. 

Gutachten. 

Die Stätigkeit der Reitpferde bezeichnet begrifflich eine er¬ 
hebliche, durch Eigenwillen bedingte Widersetzlichkeit oder Un¬ 
folgsamkeit in dem üblichen Gebrauche. Dass das hier streitige 
Pferd mit diesem Mangel behaftet sei, lässt sich aus dem Er¬ 
gebnisse der Beweisverhandlungen nicht darthun. Von einem 
Sachverständigen, der die etwaigen, abnormen Eigenschaften des 
Temperamentes einer genauen Prüfung und Feststellung hätte 
unterziehen können, ist das Pferd nicht untersucht worden. Aus 
den Angaben der Zeugen N., Hermann K. und Br. geht aber 
nicht hervor, dass das Pferd sich eigenwillig gezeigt und sich 
aus diesem Grunde bei dem Dienstgebräuche widersetzt hat. Die 
Wahrnehmung, dass dasselbe beim Reiten vor einer Pfütze, oder 
vor eiuem im Wege befindlichen Steine, oder bei dem Auffliegen 
eines Vogels nicht ruhig weiterging, auch nicht durch Pfützen 
ging, sondern über dieselben hinwegsprang, spricht nur für das 
Vori. andensein einer Scheu vor den genannten Gegenständen. 
Das Ausschlagen mit den Hinterfüssen im Trabe kann 
durch eine ungeeignete Behandlung des Pferdes veranlasst ge¬ 
wesen sein. 

Inwieweit die Bethätigung der Scheu durch die Führung des 
Pferdes verursacht gewesen ist, lässt sich in Ermangelung reine 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 






6. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3 


sachkundigen, thierärztlichen Untersuchung desselben nicht mit 
objectiver Sicherheit begutachten. Auch die Bekundung des 
nicht beeidigten Zeugen D. (Bl. 58 flgde) kann diesen Mangel 
der Beweisaufnahme nicht ersetzen. Denn bei der Untersuchung 
eines Reitpferdes wegen Stätigkeit kommt es nicht allein darauf 
an, dass dasselbe von einem kundigen Reiter bestiegen und ge¬ 
ritten wird, sondern zugleich auf die ganze Behandlung des 
Pferdes durch den Reiter, insbesondere auf die Aufzäumung und 
die Führung, sowie auf die Anwendung der üblichen Antreibungs¬ 
mittel. 

Zur Widersetzlichkeit kann ein temperamentvolles Reitpferd 
schon gelegentlich eines Rittes von einem Reiter veranlasst werden, 
und wenn sich die ungeeignete Behandlung eines solchen Pferdes 
wiederholt, so kann bei demselben die Stätigkeit, d. h. eine er¬ 
hebliche Widersetzlichkeit oder Unfolgsamkeit im gewöhnlichen 
Dienstgebräuche zur Ausbildung kommen. Dass aber auch schon 
durch einen einzigen Ritt unter falscher Behandlung bei einem 
zugerittenen edlen Reitpferde (Rassepferde) die Stätigkeit sich 
vollständig entwickeln könne, lässt sich nach der Erfahrung nicht 
annehmen. Wenn ein sonst brauchbares, edles Reitpferd bei einer 
einmaligen falschen Behandlung unter dem Reiter sich unfolgsam 
oder widersetzlich zeigt, so kann der Regel nach hierauf ein 
guter Reiter bei ruhiger Behandlung das Pferd wieder besteigen 
und reiten, ohne dass dasselbe sich widersetzlich benimmt. 

Wenn das von dem Zeugen N., Hermann K. und Br. beob¬ 
achtete Verhalten des streitigen Pferdes unter dem Reiter nicht 
auf einer ungeeigneten Führung, sondern auf einer erheblichen, 
habituellen Scheu beruht hat, so muss das Pferd auch jetzt noch 
eine derartige Furcht vor Pfützen, Gräben und Steinen bei dem 
Gebrauche änssern. Denn die habituelle Scheu vor den genannten 
Gegenständen verliert sich der Regel nach bei Pferden nicht 
vollständig. Ohne eine umfassende Untersuchung des Pferdes 
bin ich aber nicht in der Lage, ein bestimmtes Gutachten über 
die Frage zu ertheilen, ob das Pferd zur Zeit der Uebergabe an 
der habituellen Scheu gelitten hat oder nicht. 

Hierzu kommt, dass die Beobachtungen der Klagezeugen mit 
den Wahrnehmungen der vom Beklagten gestellten Zeugen in 
direk temWiderspruche stehen. Die Zeugen Siegmund K, Br. und 
Schn, haben eidlich deponirt, dass das Pferd am Tage des Kaufes 
gut und fromm beim Gebrauche auch auf Feldwegen und durch 
Pfützen ruhig und ohne Widerstreben gegangen ist. Der Zeuge 
Rad. hat das Pferd vor der Uebergabe in Wien geritten, aber 
hierbei keine Widersetzlichkeit an demselben bemerkt. In Berlin 
wurde das Pferd am Tage des Kaufes vom Kläger selbst in der 
Reitbahn und im Thiergarten etwa eine Stunde lang probirt, und 
der Kläger hat hiernach einen Mangel an Frömmigkeit des 
Pferdes nicht gerügt. 

Schliesslich bemerke ich noch, dass ein Reitpferd (Rasse¬ 
pferd), bei welchem das von dem Zeugeii N. beobachtete Be¬ 
nehmen unter dem Reiter während des Gebrauches auf Feld wegen 
oder anderen Wegen der Ausdruck eines habituellen Mangels ist, 
sich nach den allgemeinen Ansichten der Pferdebesitzer und nach 
den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs nicht als „fromm“ be¬ 
zeichnen lässt. Gegenüber den Bekundungen der Klagezeugen 
und in Ermangelung einer sachverständigen, thierärztlichen Unter¬ 
suchung Ist aber die Schlussfolgerung nicht zu begründen, dass 
das Pferd schon zur Zeit der Uebergabe die gewöhnliche 
Frömmigkeit nicht gehabt hat. 

Ich resümire mich dahin: 

Aus dem Inhalte der Acten geht nicht hervor, dass der von 
den Zeugen des Klägers bekundete Fehler bei dem streitigen 
Pferde bereits zur Zeit der Uebergabe am 21. April vorhanden 
gewesen ist. 


Die Richtigkeit dieses Gutachten versichere ich auf den von 
mir im Allgemeinen geleisteten Eid als gerichtlicher Sach¬ 
verständiger. 

Berlin, den 12. December 1896. 

Dr. Dieckerhoff. 


Nachtrags-Gutachten. 

Nachdem das von mir in Sachen D. contra H. unterm 12. De¬ 
cember 1896 abgegebene schriftliche Gutachten zu den Acten ge¬ 
nommen war, ist der Kreisthierarzt Si. darüber vernommen 
worden, ob der streitige Fuchswallach an habitueller Scheu leide. 
Derselbe hat das Bl. 146—148 d. A. befindliche Gutachten er¬ 
stattet, aus welchem Folgendes hervorgeht. Das Pferd wurde 
von Si. am 10., 22. und 25. März 1897 eingehend untersucht. Es 
liess sich an verschiedene ungewöhnliche Gegenstände (Dresch¬ 
maschine, Lowrys etc.) heranführen, ohne eine Scheu zu bekunden. 
Sobald es aber an eine mit Wasser angefüllte Gosse oder eine 
auf dem Wege befindliche Wasserpfütze gelangte, sträubte es 
sich, dieselbe zu überschreiten. Wurde es von hinten angelrieben, 
so sprang es über die Gosse oder Wasserpfütze hinweg. Aehnlich 
henahm es sich unter dem Reiter, wenn es eine breite Wasser¬ 
rinne oder Wasserpfütze passiren sollte. War letztere nicht be¬ 
quem zu überschreiten, so schreckte das Pferd zurück, drehte 
um, bäumte sich und war nur durch besondere Anregung des 
Reiters zum Ueberspringen derselben zu bringen. War die 
Wasserpfütze breit, so war das Pferd nur mit grösster An¬ 
strengung um dieselbe herumzubringen. Es sprang in langem 
Satze nach vorn. 

Si. liess das Pferd von 3 verschiedenen und geübten Reitern 
probiren. In der Bahn ging es tadellos und folgte willig den 
Hülfen. Im Freien zeigte es aber das angegebene Verhalten. 

An den Augen des Pferdes konnte Si. keine Krankheits¬ 
zustände nachweisen. 

Aus den vorstehend resümirten Feststellungen des Sachver¬ 
ständigen Sl. muss angenommen werden, dass das streitige Pferd 
mit der habituellen Scheu (Bodenscbeu) gegenüber den auf dem 
Wege befindlichen Wassertümpeln, Wassergräben und Gossen 
behaftet ist. Da nun der Zeuge Br. eidlich bekundet hat, dass 
er schon am 1. und 2. Tnge nach der Uebergabe diese Scheu bei 
dem Pferde beobachtete, und da auch die Zeugen Ne. und Her¬ 
mann K. bei dem Gebrauche des Pferdes dieselbe Furcht vor 
Wasserpfützen gesehen haben, so ist nach der wissenschaftlichen 
Erfahrung zu schliessen, dass das Pferd mit diesem Mangel 
schon behaftet war, als es am 21. April 1896 in den Besitz des 
Klägers gelangte. 

Nachdem durch das Gutachten des Kreisthierarztes Si. dar- 
gethan ist, dass das streitige Pferd an einer für den Gebrauch 
desselben im Reitdienst erheblichen und inveterirten Scheu leidet, 
können die Bekundungen der Zeugen, nach welchen das Pferd 
am Tage des Kaufes und auch vorher keine Scheu gegen Wasser¬ 
pfützen beim Reiten gezeigt hat, die positiven Angaben der Zeugen 
Br., Ne. und Hermann K. über das Bestehen der Scheu bei dem 
streitigen Pferde nicht entkräften. 

An dieser Sachlage würde sich auch nichts ändern, wenn die 
Vernehmung der von der Beklagten vorgeschlagenen Zeugen, 
Bereiter Scliw. und Wag. heraussteilen sollte, dass das Plerd in 
Wien vor dem Verkaufe beim Reiten stets fromm und ruhig ge¬ 
gangen ist und niemals den geringsten Anflug von Stätigkeit ge¬ 
zeigt hat. Denn auch eine solche eidliche Anssage würde die 
Thatsacbe nicht beseitigen können, dass das Pferd gleich nach 
der Abholung von der Station Blu., sowie am folgenden Tage 
und auch später nicht durch die auf dem Wege befindlichen 
Wasserpfützeu und Wassergräben hat gehen wollen. Diese mit 


Digitized by 


Google 





4 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


dem Verhalten eines frommen Reitpferdes im Dienstgebräuche 
nicht zu vereinbarende Scheu beruht auf einer besonderen Artung 
des Temperaments und findet erfahrungsgemäss bei Pferden nicht 
in einem oder in einigen Tagen ihre Ausbildung. Es muss des¬ 
halb nach dem Ergebnisse der Beweisaufnahme die Entstehung 
des Mangels bis vor die Zeit der Uebergabe zurückgefiihrt 
werden. 

Anderseits geht aus dem Befundberichte in dem Gutachten 
des Kreisthierarztes Si. aber nicht hervor, dass das streitige 
Pferd an der Stätigkeit leidet. Dasselbe ist auch, abgesehen von 
der Bodenscheu gegen Wasserpfützen u. b. w., nicht mit einer 
anderen Scheu behaftet. Denn der Sachverständige bemerkt aus¬ 
drücklich, dass das Pferd an viele ungewöhnliche Gegenstände 
ohne Widerstreben herangegangen sei. 

Hiernach ertheile ich das geforderte Nachtrags-Gutachten 
dahin : 

Bei gegenwärtiger Lage der Beweisaufnahme ist anzunehmen, 
dass das streitige Pferd schon zur Zeit der Uebergabe das bei 
frommen Reitpferden vorausgesetzte ruhige Temperament nicht 
gehabt hat, sondern mit der habituellen Scheu (Bodenscheu) 
gegen Wasserpfützen, Wassertümpel, Gossen und Gräben be¬ 
haftet gewesen ist. 

Berlin, den 17. Juni 1897. 

Dr. Dieckerhoff. 


Instrument zur Application pulverförmiger Arznei¬ 
mittel auf die Schleimhäute des Respirationstractus 
beim Pferde. 

Von 

Neubarth-ZUllichau, 

Kreialhlerarit 

In^der Zeitschrift für Veterinärkunde B. VI. S. 193 beschreibt 
Prof. Hoffmann eine Methode zum Bestäuben der Nasenschleim¬ 
haut mit Arzneimitteln vermittelst eines. von ihm construirten 
Apparates. Ich habe diese Behandlungsweise bei Erkrankungen 



der Respirationsschleimhaut, besonders des Pharynx und des 
Larynx, häufig angowendet und damit gleichfalls sehr zufrieden¬ 
stellende Resultate erzielt. 

Das von mir benutzte Instrument besteht jedoch aus Metall, 
ist stark vernickelt und deshalb leicht zu reinigen und zu des- 
inficiren. An ein Gefäss, welches dem Zwecke des Zerstäubens 
dient, ist ein 35 cm langes und 5 mm starkes, mit einer oliven¬ 
förmigen Anschwellung endendes Rohr geschraubt; 5 cm von 
dem Gefässe entfernt ist an dem Rohre ein Fingerring schief 
angelöthet Die Luft wird dem Instrument durch einen Gummi¬ 
schlauch von einem Gummigebläse, in welches zwei Rückschlag¬ 
ventile eingefugt sind, zugeführt. 

Die Anwendung ist einfach und kaun von jedem Laien aus¬ 
geführt werden. Ein Gehilfe hält das Pferd an Halfter und linkem 
Ohr fest Rechts neben dem Pfeidekopf stehend legt man die 


linke Hand über den Nasenrücken, hebt mit dem Daumen 
der linken Hand den rechten Nasenflügel hoch und schiebt 
mit der rechten Hand das Instrament, die olivenförmige 
Rohröffnung nach unten haltend, am Boden des rechten unteren 
Nasenganges entlang, bis der am Rohr befindliche Fingerring 
den linken Daumen aufgenommen hat. Auf diese Weise am 
Kopfe fixirt, lässt man das Instrument durch Druck mit der 
rechten Hand auf den Gummiballon während der Inspirationsacte 
functioniren. 

Die Thiere lassen sich diese Art der Application gut gefallen. 

Als Medicament habe ich bisher Dermatol mit einigen Procent 
Jodoform als Zusatz benutzt. 

Das Instrument wird nach meinen Angaben von der Firma 
H. Hauptner, Berlin NW., zum Preise von 9,75 M. gefertigt. 

Referate. 

Das Nähen der Wanden. 

Von Professor F r ö h n e r. 

Es könnte merkwürdig erscheinen, namentlich dem Menschen¬ 
arzt, dass diese Frage überhaupt aufgeworfen wird, und doch ist 
sie für die Veterinärpraxis berechtigt, denn in ihr bewährt 
sich das nicht immer, was in der Theorie richtig 
scheint Zur Illustration dieses Satzes theilt Fröhner folgenden 
Fall mit. 

Am 16. März wurde ein achtjähriger Wallach mit einer 
grossen Wunde zugeführt, welche 58 cm lang war, in der Gegend 
der Kniescheibe am rechten Hinterschenkel begann, sich parallel 
dem Oberschenkelbein nach oben zog und, in der Nähe des Hüft¬ 
gelenks einen Bogen beschreibend, bis zum äusseren Darmbein¬ 
winkel reichte. Von da ging ein Seitenriss spitzwinklig ab, einen 
Hautlappen bildend. Die Wunde war 20 cm tief. Biceps und 
Glutaeen waren freigelegt und vielfach zerrissen. Die Wunde 
war relativ frisch, und es wurde beschlossen, sie zu nähen. Alle 
Vorbereitungen wurden sorgfältig getroffen: eine Viertelstunde 
hindurch mit Creolin- und Sublimatwasser irrigirt, die Wunde 
mit sterilisirter Seide vernäht, die Wunde drainirt und der untere 
Winkel offen gelassen. Schliesslich wurde die ganze genähte 
Partie mit Jodoformäther übergossen und das Pferd hoch ge¬ 
bunden. Drei Tage lang ging Alles gut. Es bestand keine merk¬ 
bare Schwellung. Die Nähte hatten alle gehalten, der Secret- 
abflus8 war normal und die Temperatur stand auf 38,9. Am 
20. März stieg sie plötzlich um ein Grad. Die Futteraufnahme 
hörte auf und an einer Stelle der Naht zeigte sich beginnende 
Necrose. Es wurden darauf alle Nähte entfernt, die Wunde in 
ganzer Ausdehnung wieder geöffnet und antiseptisch irrigirt. 
Das Pferd erhielt subcutane Injectionen von Camphorspiritus, 
starb jedoch schon in der folgenden Nacht an Septicämie. 

Obductionsbefund: Die Wundränder mit abgestorbenen 
Muskel- und Hautbestandtheilen bedeckt Die Muskulatur der 
Hinterbacken in grosser Ausdehnung mit Blut getränkt und mit 
Fäulnissgasen durchsetzt Grössere Stücke der Muskulatur zunder¬ 
artig zerfallen. Bauchfell grauroth, glatt. Eingeweide normal. 
Magen- und Darmschleimhaut stellenweis verdickt, getrübt. 
Peyer’sche Haufen vergrössert. Milz vergrössert. Leber des¬ 
gleichen. Nierenrinde getrübt Lungen lufthaltig; in den Bron¬ 
chien feinblasiger Schaum. Herzfleiech trübe und brüchig. 

Die umfangreiche Necrose an der Wunde, welche 
die tötliche Septicämie bedingte, wäre voraussichtlich 
nicht eingetreten, wenn die Wunde offen behandelt 
worden wäre. Anscheinend lassen sich so umfangreiche und 
tiefe Wunden, auch wenn sie noch nicht über 12 Stunden 
alt sind, nicht mit Sicherheit desinficiren. Wird nun die Haut 
darüber so vernäht, dass ein Luftzutritt nach der Wundtiefe un- 


Digitized by LjOOQie 






6. Januar 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


möglich wird, so können zwar nene Infectionsstoffe nicht ein- 
dringen, die bereits eingetretenen jedoch and darunter die 
anaeroben Necrosebacillen und Oedembacillen können sich ganz 
angestört entwickeln. Obwohl bei zahlreichen Fällen von grossen 
Wunden in der Klinik selbstredend sehr gute Erfolge erzielt 
worden sind, auch Heilung per primam, so wird doch seit 
diesem Vorfall das Nähen grosser, nicht ganz frischer 
Wunden unterlassen, und dieselben werden ganz offen 
behandelt. Die Heilung nimmt eine längere Zeit in Anspruch» 
aber die Gefahr ist eine viel geringere. Auch bei Samenstrang¬ 
fisteloperationen hat F. eine ähnliche Erfahrung gemacht. (Mtsh. 
f. Th. Bd. VHI H. 11). 

Yergiftnng von Pferden durch verdorbene Kartoffeln. 

Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College. 

(Journal of comp. Pathol. and Tberap. 1897, Bd. X, H. 1.) 

Einem Besitzer gingen in kurzer Zeit 11 Pferde unter eigen- 
thümlichen Krankheitserscheinungen ein. Die Pferde waren in 
zwei dreiviertel englische Meilen von einander entfernten Ställen 
aufgestellt. Ein Stall enthielt 6 Pferde, welche sämmlich starben. 
Im anderen standen 9 Stück, von denen 5 fielen. Ein Clydes- 
dalehengst im Alter von 8 Jahren erkrankte zuerst, indem der¬ 
selbe während des Pfliigens plötzlich eine Art Ohnmachtsanfall 
bekam und niederstürzte. Das Pferd wurde nach einiger Zeit 
wieder auf die Beine gebracht und sollte nach Hause geführt 
werden. Auf dem Heimwege fiel es zum zweiten Mal nieder, 
erholte sich indess noch einmal. Vor dem Thor wiederholte sich 
der Anfall zum dritten Male, wobei das Pferd verendete. Vom 
ersten Krankheitszeichen bis zum Tode waren drei Stunden ver¬ 
gangen. Bei den übrigen Pferden zeigte sich als erstes Krank¬ 
heitssymptom Schwäche besonders in den Gliedmassen. Die 
Patienten legten sich bald oder fielen nieder und konnten nicht 
wieder in die Höhe. Während des Liegens versuchten einige 
von ihnen ein wenig Futter zu fressen und hatten anscheinend 
keine erheblichen Schmerzen. Gegen das Ende bekundeten die¬ 
selben Schlingbeschwerden und in der Brust war ein „Schwirren“ 
wahrzunehmen. Bei der Obduction der Pferde war weiter nichts 
als ein leichter Entzündungszustand des Dickdarmes zu finden. 

Das Futter sämmtlicher Pferde bestand in gedämpften Kar¬ 
toffeln, gebrühter Gerste, alten englischen Bohnen und alter 
Weizenspreu. Die Qualität der Gerste, Bohnen und Spreu liess 
nichts zu wünschen übrig; die Kartoffeln hingegen waren alt, viele 
verschimmelt, andere stark faulig. Dieselben hatten lange Zeit 
in Säcken gestanden, Keimbildung war nnr in geringem Grade 
vorhanden. Einige Pferde hatten diese Kartoffeln 10 bis 12, 
andere nur 3 bis 4 Tage erhalten. 

Nach diesen Feststellungen machten sich die Kartoffeln als 
Ursache der Krankheitsfälle sehr verdächtig, insbesondere da 
eine chemische Untersuchung des Mageninhaltes der Pferde durch 
den Chemiker des Royal Veterinary College Mr. Bayne ergeben 
hatte, dass mineralische Gifte in demselben nicht vorhanden 
waren. 

Es warde nunmehr mit diesen Kartoffeln ein zu experimen¬ 
tellen Zwecken gekauftes Wagenpferd gefüttert. Dasselbe ver¬ 
zehrte nach längerem Sträuben innerhalb 9 Tagen fast zwei 
englische Scheffel (busheis). Ausserdem wurde dem Pferde Heu 
und etwas Kleie mit den Kartoffeln gemengt verabreicht. Bis 
zum achten Tage befand sich das Pferd ganz wohl. Am nennten 
Tage konnte es nicht mehr aufstehen und fiel, mit Unterstützung 
auf die Beine gebracht, wieder um. 36 Stunden später war es 
todt. Bei der Section wurde festgestellt, dass der Dünndarm fleck¬ 
weise, der Griramdarm auf seiner ganzen Oberfläche entzündet 
war. In der linken Lunge befand sich ein begrenzter Entzündungs¬ 


herd, im übrigen zeigten die Organe keine krankhaften Ab¬ 
weichungen. 

Auf dem Landgut, welches die Verluste an Pferden erlitten 
hatte, wurde ebenfalls ein Versuch an einem innerlich gesunden, 
wegen verbrauchter Gliedmassen dienstuntauglichen Arbeitspferd 
ausgeführt. Dasselbe starb, nachdem ihm die Kartoffeln 10 Tage 
lang gegeben worden waren. Bei der Section fand sich nur eine 
kirschrothe Färbung des Dickdarmes. 

F. vergleicht die durch verdorbene Kartoffeln verursachten 
Krankheitsfälle mit den Fleischvergiftungen. Wie bei diesen sei 
das Gift wahrscheinlich eine organische Substanz, die durch die 
Vegetation von Bacterien oder Schimmelpilzen auf den verdorbenen 
Kartoffeln erzeugt worden sei. 

Strahlkrebs beim Rinde. 

Von Delmer. 

(Racuell, 15 Augiiat 97.) 

Der Strahlkrebs ist beim Rinde eine seltene Erscheinung. 
D. hat einen solchen Fall zu sehen Gelegenheit gehabt und 
schildert ihn wie folgt. 

Das Thier lahmte stark und konnte nur schwer auftreten. 
Das parietale Horn war rauh und transversal durch parallele 
Rinnen unterbrochen. Die in den Eckstreben sehr verdünnte 
Sohle war in der Mitte der Sohlenregion ganz verschwunden. 
Sie war ersetzt durch eine weiss-gelbe, käsige Substanz, die 
einige Millimeter dick war und sich leicht abheben liess. Unter 
dieser Substanz waren die Gewebe weich, violett verfärbt und 
bluteten leicht. Die Wand war zu zwei Dritteln abgetrennt. 

Die Behandlung bestand in Entfernung der abgetrennten 
Horntheile und Auftragung einer Mischung von Jodoform, Acid. 
tannic. und Acid. boric. Nach einigen Tagen soll der kranke 
Fu8s sich schon mit einer normalen Hornschale bedeckt gezeigt 
haben. 

Ueber medicamentöse Resorption durch die Harnblase. 

Von Mors und Gabeleins. 

(In Abeille mödicale, 1*97, No. 35. Referat des Journal de Lyon.) 

Aus den Versuchen dieser Autoren ist zu schliessen, dass die 
gesunde Harnblase in variablen Proportionen zu resorbiren fähig 
ist. Für Traubenzuckerlösungen war die Resorption des Zuckers 
um so grösser, als die Lösung concentrirter war und die in die 
Blase eingeführte Menge grösser war. Einprocentige Kochsalz¬ 
lösungen wurden nicht resorbirt, bei 10-procentigen Lösungen 
wurde die Hälfte des Salzes resorbirt, dagegen wurde die 
Flüssigkeitsmenge grösser. Beim Harnstoff war das Verhältnis 
dasselbe. Bei Alcohol war die Resorption sehr beträchtlich und 
verbunden mit Wasserausscheidung durch die Blase. Chlorsaures 
Kali zu 5 pCt. resorbirte sich im Verhältnis von '/ s bis Vs! 
Borsäure zu 1 bis 2 Fünftel; Carbolsäure zu 1 pCt. verlor durch 
Resorption 70 bis 77 pCt. der Gewichtsmenge. Cocai'nlösungen 
zu 1 pCt. verloren durch Resorption 22 bis 29 pCt. der Gewichts¬ 
menge, Morphium fast nichts, eine Chininlösung 33 bi 36 pCt. 
In praktischer Beziehung dürften diese Zahlen zeigen, dass die 
vesicale Anwendung von Carbol nnd Cocain Vorsicht verlangt. 

Behandlung der chronischen Obstipation durch Creosot. 

Von H o 1 s t e i n-Paris. 

(Semaine mädicale, 1. Sept 97 ) 

H. giebt an, dass Buchencreosot, einige Tropfen nach der 
Mahlzeit in einem Glas Wasser, beim Menschen allmählich ganz 
bemerkenswerthe Wirkungen gegenüber der chronischen Ver¬ 
stopfung bewirke. Es wird empfohlen, gradatim von ein bis acht 
Tropfen zu gehen. Die Wirkung wird den antiseptischen Eigen¬ 
schaften des-Mittel? geschrieben, welche die Bildung von die 


Digitized by ÄaOOQie 




6 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


Dai rarausculatur paralysirenden Toxinen bei habitueller Verstopfung 
verhindere. 

Die Anwendung in der Hnndepraxis dürfte versucht werden. 

Zwei Behandlungsmethoden. 

Von Bezirksthierarzt Schmidt. 

(Woctaemebr. f. Thlerhellkd. und Viehiucbt. 1807, 31.) 

Behandlung der Beugesehnenentzündung. 

S. zieht bei Entzündung der Beugesehnen eine energische Eis¬ 
behandlung allen anderen Mitteln vor. Der Fuss kommt in einen 
Sack von der Form eines Hosenbeins, der vom Fessel bis über 
das Vorderknie reicht. Der Sack wird mit Eis gefüllt, welches 
beständig, auch während der Nacht, erneuert wird. In einigen 
Fällen genügten 8 bis 10 Tage zur Bekämpfung der Entzündung. 
Danach treten feuchtwarme Wickelungen, Frottiren und Massage 
in ihr Recht. Beim Wiedergebrauch der Pferde werden für 
einige Wochen die von Pfitzmann Nachfolger in Leipzig zu 
beziehenden Gummistrümpfe in Anwendung gebracht. 

Zur Behandlung von Hämoglobinurie. 

S. hat nach den Angaben Dieckerhoffs in 5 Fällen von 
Windrehe die Verabreichung von 4 stündlichen 100 g-Dosen von 
Natr. bicarb. versucht. Drei Pferde zeigten schon nach 24 Stunden 
bedeutende Besserung und nach drei Tagen Gebrauchsfähigkeit. 
Ein Pferd wurde wegen bedeutender Verletzungen geschlachtet, 
ein anderes, bei dem ebenfalls völlige Lähmung bestand, konnte 
am zweiten Tage mit Unterstützung stehen und am fünften Tage 
war das Stehvermögen hergestellt. Schmidt schliesst sich daher 
den von Dieckerhoff B. T. W. 1895 No. 1 und 1896 No. 4 
ausgesprochenen Ansichten an. 

Behandlnng chronischer Nasenausflüsse mit Jodkali. 

Von Ober-Thierarzt Schindler. 

(Thierlritl. Contralbl. No. 15.) 

Die obengenannte Behandlungsform ist schon vor mehreren 
Jahren anderweitig empfohlen, von Schindler jedoch, und zwar 
mit gutem Erfolge, in ausgedehntem Masse angewandt worden. 
Im Allgemeinen pflegte man bisher acute und chronische Nasen- 
catarrhe mit Inhalationen, Einspritzungen von Adstringentien, 
Trepanationen u. s. w. zu behandeln. Das macht die Pferde 
übrigens sehr kopfscheu und die Behandlung schliesslich 
schwierig. Die innerliche Anwendung von Jodkalium ist dagegen 
sehr bequem. 

Die Beobachtung kann man ja häufig macheu, dass Pferde 
gewissermassen ohne jede Ursache kürzere oder längere Zeit an 
ein- oder beiderseitigem Nasenausfluss laboriren ohne Drüsen¬ 
schwellung. Umgekehrt findet man häufig wieder Knoten in den 
Kehlgangsdrüsen ohne jeglichen Ausfluss, wie das übrigens auch 
beim Rotz mehrfach constatirt ist. Trifft zufällig ein kleiner 
einseitiger Drüsenknoten mit entsprechendem Nasenausfluss 
zusammen, so ist der Fall immerhin bedenklich, trotzdem wird 
bei solchen Pferden selten wirklich Rotz constatirt. Grade in 
diesen Fällen leistet die Jodkalibehandlung Dienste, indem solche 
Fälle zur Heilung gebracht werden, während andrerseits das 
Pferd schliesslich wegen Rotzverdachts getödtet werden würde. 

So erkrankten während einer Zeit, wo thatsächlich mehrere 
Rotzfälle in der Escadron vorkamen, zwei werthvolle Officiers- 
pferde an kleiner Drüsenanschwellung mit Nasenausfluss. Die 
Thiere wurden nur separirt und mit Jodkali behandelt. Sie 
waren in zwei bis drei Wochen völlig geheilt. Die Anwendung 
geschieht in der Weise, dass Jodkali, in reinem Wasser gelöst, 
als Getränk verabreicht wird, woran sich die Pferde sehr bald 
gewöhnen; dem ersten Widerstreben begegnet man durch Dursten¬ 
lassen. Die Dosis ist 5—6 g Jodkali pro die, auf einmal in 
Wasser zu geben, was 6—8 Tage fortgesetzt wird. 


In den meisten Fällen genügt diese Behandlungsdauer. Er¬ 
scheint der Erfolg ungenügend, so wird nach 2—3tägiger Pause 
eine zweite Behandlungsperiode eingeleitet. Nur höchst selten 
brauchte S. eine dritte Wiederholung. Bei gleichzeitigem Vor¬ 
handensein von Drüsenanschwellung werden auch örtlich Ein¬ 
reibungen mit Jod, Jodkalisalbe oder bei harten Drüsenknoten 
Einspritzungen von Jodtinctur angewendet, wobei in der Regel 
Zertheilung oder Abscessbildung eintritt. — Wenn auch aus dem 
Versuche nicht hervorgeht, dass das Jodkali eine specifische 
Wirkung auf Krankheitsprocesse der Nasennebenhöhlen und 
drüsigen Organe hat, so ermuntern doch die Erfahrungen 
Schindlers zur versuchsweisen Anwendung dieses Mittels bei 
dem betreffenden Krankheitszustande. 

Behandlung der Hanke mit Chromsäure. 

Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. (Bd. VIII, H. 11): 
Gewisse Formen der ekzematösen und verrukösen Mauke wider¬ 
stehen bekanntlich hartnäckig jeder Behandlung. In zwei Fällen, 
welche der Anwendung fast des ganzen Arzneischatzes getrotzt 
hatten, vermochte nur die Chromsäure eine entschiedene und 
rasche Besserung herbeizuführen. Ein Pferd hatte schon seit 
zwei Jahren Mauke an beiden Vorderfiissen gehabt, hatte sich 
während dieser Zeit vorübergehend gebessert, auch scheinbar 
geheilt gezeigt, jedoch immer von neuem Rückfälle erlitten, 
welche schliesslich sehr schlimm wurden. Nachdem das Pferd 
vom 31. März bis 28. Mai mit Creolin, Tannoform, Picrinsäure, 
Schwefelsäure und Jodtinctur behandelt worden war, wurde 
am 9. Mai eine lOproc. wässrige Chromsäurelösung aufgepinselt 
und dies am 11. Mai wiederholt. Es trat sofort wesentliche 
Verminderung der Secretion auf. Sobald mit der Chromsäure- 
bepinselung ausgesetzt und wieder Tannoform angewendet wurde, 
wurde die Secretion wieder stärker. Es wurden nun täglich 
Chromsäurebepinselungen angewandt. Bei einem fünftägigen 
Aussetzen ohne Anwendung andrer Mittel hielt die Besserung 
an. Das Pferd konnte am 2. Juni geheilt entlassen werden. — 
! Ein anderes Pferd litt seit vier Wochen an Mauke. Es wurde 
vom 1. April bis 15. Mai mit Creolinbädem, Chlorzinklösung, 
Pikrinsäurelösung, Höllensteinlösung und Cocainzinksalbe ohne 
Erfolg behandelt. Vom 16. bis 21. Mai wurde die oben an¬ 
gegebene Chromsäurelösung aufgepinselt, und es trat sofort er¬ 
hebliche Besserung auf. Dann wurde zehn Tage lang nicht« 
angewendet: die Besserung hielt an. Darauf wurde zehn Tage 
Zinkpulver eingepudert (Zincum oxydatuin und Talcum 1 :2), 
wobei die Heilung fortschritt. Das Pferd konnte am 10. Juni 
geheilt entlassen werden. 

Einfaches Retentionsmittel für Mastdarmvorfälle. 

Von Strebei - Freiburg. 

(Schw. Arch. Bd SO, 4.) 

Der unangenehme Zustand des Mastdarmvorfalls kommt am 
häufigsten bei Schweinen, alten und jungen, viel seltener beim 
Hund und beim Pferde vor. Bei Ferkeln und Hunden schliesst er 
meistens an einen längere Zeit vorhandenen Durchfall an; beim 
Rind folgt er bisweilen einer hochgradigen Aufblähung, heftigen 
Geburtswehen, sowie dem Scheidenvorfall. Auch bei Mutter¬ 
schweinen combinirt sich Mastdarmvorfall manchmal mit Scheiden¬ 
vorfall. Frisch entstandene Vorfälle entschwinden bei Entfernung 
der Ursache fast ausnahmslos von selbst. Haben sie aber in 
hohem Grade länger bestanden und ist das vorgelagerte Darm¬ 
stück stark entzündet und geschwollen, so ist die Reposition oft 
sehr schwierig, bisweilen unmöglich. Das Repositionsverfahren 
macht S. nicht zum Gegenstand der Besprechung; er giebt viel¬ 
mehr ein Mittel zur Verhinderung der Wiederholung an. Für 
das beste Zurückhaltungsmittel erklärt er die um den Afterrand 
angebrachte Kreisnaht, welche er seit 30 Jahren mit ausnahms- 


Digitized by CaOOQie 




6. Januar 1898. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


7 


losem Erfolg anwendet. Ein genügend langer, stark gewichster 
Bindfaden oder ein geschmeidiges langes Bändchen und eine ent¬ 
sprechend grosse gekrümmte Wnndnadel sind erforderlich. Man 
durchsticht rechts und unterhalb des Afters je nach der Grösse 
des Thieres 1—1 Va cm vom Afterrand entfernt die Haut, Führt 
die Nadel \—1 cm weit unter der Haut hin und stösst sie dann 
wieder nach aussen; in einer Entfernung von 8—14 mm werden 
neue Einstiche angebracht. Die ganze Naht wird auf diese Weise 
immer in gleicher Entfernung vom Afterrand um diesen herum¬ 
geführt, bis man auf der linken Seite wieder zum Ausgangspunkt 
gelangt. Nun werden die Enden des Schnürchens so weit zu¬ 
sammengezogen, dass die Afteröffnung einerseits genügend verengt 
ist, um das Wiederaustreten des Darms zu ^verhindern, anderer¬ 
seits die Kothentleerung gestattet. Die Naht, welche bei richtiger 
Ausführung haltbar ist, bleibt so lange liegen, bis ein Wiedervor¬ 
fall nicht mehr zu befürchten ist. Uebrigens kann die After¬ 
öffnung durch Lockerlassen oder Festeranziehen in der Naht auf 
ein beliebiges Lumen gebracht werden. S. hat die Naht sehr 
häufig bei Kühen und Schweinen, in seltenen Fällen auch beim 
Pferde angewendet. 

Die Bolle der Gef&sse und des Parenchyms in der 
Entzündung. 

Von R. V i r c h o w. 

(Vlrchow’a Archiv 149/3.) 

Die Entzündung äussert sich in einer Irritation, die sowohl 
Gefässe als Nerven, sowohl specifisches wie nicht specifisches 
Parenchym betrifft. Wir unterscheiden vier Formen der Ent¬ 
zündung, die exsudative, infiltrative, alterirende oder parenchy¬ 
matöse und die proliferirende. Die Irritation ist meist chemischer, 
zuweilen auch mechanischer Natur. Die Proliferation ist nur 
eine besondere Form der Zellthätigkeit; sie setzt jedesmal auch 
neues Material voraus. Dasselbe braucht jedoch nicht aus Ge- 
fässen bezogen zu werden, sondern ist auch in Geweben zu 
haben, die keine Gefässe enthalten; hier nehmen die Zellen das 
Material ans ihrer Umgebung vermöge Attraction. Das Wesen 
der Ernährung besteht in der Assimilation der aufgenoramenen 
Stoffe, und zwar wohnt der Zelle die elective Kraft inne, ver¬ 
möge besonderer Einrichtung aus dem umgebenden Material auf¬ 
zunehmen, was ihrem Zustande entspricht. Bei der Entzündung 
gefässloser Theile fallen Rubor und Calor fort. Die Rötlmng in 
der Entzündung ist eine irritative Erscheinung, durch Reizung 
von Nerven ausgelöst. — Der Ausgang der parenchymatösen Ent¬ 
zündung ist Fettmetamorphose; von dieser entzündlichen Fett¬ 
metamorphose wohl zu unterscheiden ist die nicht entzündliche, 
welch letztere eine einfache Ernährungsstörung ist. Der ersteren 
geht stets ein Vorbereitungsstadium voraus, entweder nutritiven 
oder formativen Charakters, d. h. entweder trübe Schwellung o ier 
zellige Proliferation, beide durch attractive Thätigkeit der Zellen 
entstanden. Zum Schlüsse macht Verf. darauf aufmerksam, dass 
das Fibrin in der Entzündung vielfach als ein Product des 
parenchymatösen Stoffwechsels betrachtet werden könne und es 
willkürlich sei, die fibrinösen Exsudate allein aus dem strömen¬ 
den Blute abzuleiten. 

Stadien Aber die Aetiologie and Histologie der Pneu¬ 
monie im Kinde8&lter und der Pneumonie im 
Allgemeinen. 

Von Dr. Hermann Dürck. 

(D. Arcb. f. klin. Med. 58, 4 u 5.) 

(Nach einem Referat in der Deutschen Mediciualzeitung) 
Verfasser hat die Resultate seiner in einer 76 Seiten um¬ 
fassenden Abhandlung niedergelegten Untersuchungen in einer 
Reihe von Sätzen zusammengefasst, deren hauptsächlichste hier 
wiedergegeben sein sollen. 


1. In dem complicirten Bacteriengemisch bei primären und 
den verschiedenen secundären Pneumonien im Kindesalter nimmt 
der Diplococcus pneumoniae die erste Stelle ein. — 2. Von der 
Diphtherie abgesehen, zeigt die Zusammensetzung des Bacterien- 
gemisches keine erkennbare Abhängigkeit von der Art der pri¬ 
mären Erkrankung. — 4. Eine histologische Abgrenzung der 
lobulären oder pseudolobuläreu Pneumonie von der Lobärpneumonie 
ist undurchführbar. — 5. Der Ausdruck „Bronchopneumonie“ ist 
nur durch das Fortschreiten der Entzündung von den Bronchial¬ 
endigungen auf das peribronchiale Gewebe gerechtfertigt — 

6. Auch die nicht pneumonisch erkrankte Lunge enthält im 
Wesentlichen dasselbe Bacteriengemisch, wie die pneumonisch 
afficirte; auch hier herrscht der Diplococcus pneumoniae vor. — 

7. Die Lungen frisch getödteter Hausthiere enthalten gleichfalls 
Keime, unter denen sich pathogene Arten befinden (Pneumobacillus 
Friedländer, Staphylococcus pyogenes, Streptococcus pyogenes, 
Diplococcus pneumoniae).—8. Sicherenthält auch die normaleLunge 
des gesunden Menschen ein zeitweise wechselndes Bacteriengemisch. 
Zur Entfaltung ihrer eine Pneumonie erzeugenden Eigenschaften be¬ 
darf es der Schädigung des Organs durch anderweitige Einflüsse. 
— 9., 10., 11. Während die blosse intratracheale Application 
von Reinculturen der betreffenden Bacterien nicht im Stande ist, 
eine Pneumonie hervorzubringen, gelingt dies durch gleichzeitige 
oder rasch aufeinander folgende Application von Bacterienculturen 
und stark reizenden Staubarten; ebenso durch alleinige intra¬ 
tracheale Einblasung von stark reizenden Staubarten. — 12., 13. 
Es gelingt beim Thier, durch künstliche Erkältung Lungen¬ 
entzündung zu erzeugen von dem Charakter echter, lobärer, 
fibrinöser, mycotischer Pneumonie. Diese „Staub- und Erkältungs- 
pneumonien“ entstehen durch eine Schädigung des Lungen¬ 
gewebes, wodurch den schon vorher in demselben ansässigen 
Krankheitskeimen Gelegenheit zur Vermehrung und Entfaltung 
ihrer entzündungserregenden Eigenschaften gegeben wird. — 
14. Die schädliche Wirkung der Erkältung beruht höchstwahr¬ 
scheinlich auf der Erzeugung einer acuten intensiven Lungen- 
hyperämie. — 15. Der Befund von pathogenen Bacterien in der 
normalen menschlichen Lunge bringt auch die sogenannte „Misch¬ 
oder Secundärinfection“ bei der Tubercuiose unserem Verständ¬ 
nisse näher. 

Silberwundbehandlung. 

Vortrag gehalten von Credö auf dem XII. internat. med. Congvess 

zu Moskau. 

(Müuch. Med. Woch. 36 97.) 

Nach längeren Versuchen hat C. das citronensaure Silber 
(Itrol) als dasjenige Salz gefunden, welches allen Anforderungen 
als Wundantisepticum genügt. Die Erfahrungen mit Itrol sind 
sehr günstig. Crede ging nun dazu über, das Silber bei In- 
fectionskrankheiten anzuwenden. Nach Ueberwindung vieler 
Schwierigkeiten gelang es Crede, ein metallisches Silberpräparat 
zu ermitteln, welches sich in Wasser löst und in eiweisshaltigen 
Flüssigkeiten gelöst bleibt. Wird dieses Silber in Salbenform 
15—30 Min. eingerieben, so gelangt es in die Lymphbahn und 
circulirt im Körper gelöst. In steriler Lymphe und sterilem 
Blute bleibt es als metallisches Silber erhalten. Bei Anwesenheit 
von pathogenen Keimen oder Toxinen wird es noch unbekannte 
Verbindungen eingehen, die entweder keimtödtend oder als Anti¬ 
toxine wirken. Mit diesem Mittel sind von Crede und ihm nahe¬ 
stehenden Aerzten über hundert Fälle behandelt; dieselben zeigten 
die verschiedensten septischen Erkrankungsformen. Abends er¬ 
folgte die erste Einreibung, die zweite am anderen Morgen; 
andere Eingriffe wurden in dieser Zeit unterlassen; bei einem 
Erwachsenen wurde 3,0, bei Knaben 2,0, bei kleinen Kindern 
1,0 Salbe in der Regel eingerieben. Die Einreibung der Salbe 


Digitized by AjOOQle 






8 


findet an einer von der afficirten Körperstelle entfernt gelegenen 
Hantpartie statt. Behandelt wurden Lymphangitiden, Phlegmonen, 
Septicaemien, phlegmonöse Anginen etc.; in sämmtlichen Fällen 
trat nach 5—30 Stunden eine augenfällige günstige Wirkung 
ein. Besserung des Allgemeinbefindens, Fieberabfall nach 24 
Stunden und rapides Zurückgehen des septischen Processes, fast 
hoffnungslose Fälle wurden rapide geheilt; bei Erysipel wurde 
die septische Mischinfection geheilt, die Hautaffection bestand 
weiter. Crede glaubt, in seinem Präparat e J n Mittel gefunden 
zu haben von ganz hervorragender Bedeutung, welches im Stande 
ist, den ganzen Körper zu desinficiren, und welches ihn bei sep¬ 
tischen Erkrankungen bisher noch in keinem Falle im Stich ge¬ 
lassen hat. 

Kleine Mittheilnngen. 

Ostafrikanische Rinderseuche. 

Im Deutschen Colonialblatt hat Robert Koch einen Bericht 
über die ostafrikanische Rinderseuche veröffentlicht, welche neben 
der Tsetse-Krankheit anscheinend die grössten Verluste herbei¬ 
führt. Diese Seuche ist nichts weiter als Texasfieber. Als cha¬ 
rakteristisch fand Koch die Anfüllung der Gallencapillaren mit 
einer leiraartigen Masse. Koch bestätigt bezüglich der Aetiologie 
die Angaben von Smith und Wilborne, dass Pyrosoma bige- 
minum die Krankheit verursacht. Auch die Uebertragung durch 
Zecken stimmt mit den amerikanischen Beobachtungen überein. 
Die Seuche ist auf das Küstengebiet beschränkt Koch empfiehlt 
daher besondere Vorsichtsmassregeln beim Transport von Vieh 
zur Küste bezw. von hier nach dem Inneren. Uebrigens wird 
erzählt, dass der Gouvernementsthierarzt Huss die Krankheit 
vor Koch’s Ankunft als Texasfieber angesprochen hatte und 
hierüber mit Koch in einen Prioritätsstreit gerieth, dessen Con- 
sequenzen den Anlass zu dem Ausscheiden Huss’s aus dem Colo¬ 
nialdienst gegeben haben sollen. Man darf gespannt sein, ob 
nach Koch’s Rückkehr genauere Berichte hierüber werden ver¬ 
öffentlicht werden. 

Rindviehseuche In Argentinien. 

Zur Zeit herrscht in Argentinien in weiter Verbreitung eine 
Seuche unter den Rindern, welche auch bereits die Aufmerksamkeit 
unserer Behörden auf sich gezogen hat. Dieselbe führt im Volks¬ 
munde den Namen „Tristeza“, was einfach Traurigkeit bedeutet. 
In den südlichen Provinzen ist sie noch nicht constatirt worden. 
Man sucht die Ursache der unzweifelhaft ansteckenden Krankheit 
in dem schlechten Trinkwasser welches die argentinischen Heerden 
lediglich aus Pfützen entnehmen können. Von den Erkrankten 
starben mindestens 90 Procent. Rinder, welche aus anderen 
Gegenden eingeführt werden, erliegen der Krankheit sofort. 
Deshalb ist auch eine Kreuzung des argentinischen Rindviehs 
mit europäischen Arten unmöglich. Der Chef des bacteriologischen 
Laboratoriums in Rosario hat festgestellt, dass in dem Blute der 
kranken Thiere der Milzbrandbacillus sich nicht findet. Die 
Symptome sind denen des Texasfiebers sehr ähnlich. Deshalb ist 
auch von Sivori vorgeschlagen, die Krankheit wissenschaftlich 
als nematosporidische Haemoglobinurie zu bezeichnen. 

Auch in Australien grassirt eine Epidemie, Tikfevre ge¬ 
nannt, welche ausserordentliche Verluste verursacht. Sie wird 
als Zeckenfieber bezeichnet und scheint ätiologisch ebenfalls mit 
dem Texasfieber Aehnliclikeit zu haben. Der Landwirthschafts- 
minister zu Victoria giebt die Aussetzung einer Belohnung von 
125 000 Frcs. für die Entdeckung eines Heil- und Vorbeugungs¬ 
mittels bekannt. (Völlers’ Ctrlztg.) 

Schaf krankheit in Amerika. 

Im Nordwesten beginnt unter den Schafen eine bisher noch 
nicht beobachtete Krankheit aufzutreten. Es scheint, als ob die 


No. 1. 

Krankheitsursache sich Monate lang latent halten könnte. Der 
Kopf der Thiere soll enorm anschwellen und bretthart werden. 
Viele Thiere werden blind. Der Tod tritt meist rasch ein. 

(Völlers’ Ctrlztg.) 

Thierhaltung und Thierzucht 

(alehe «ach Gerichtsentscheidungen.) 

Milohergiebigkeit eines Ziegeebocks. 

In der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse berichtet 
i Professor Dr. Pusch vom einem Milch liefernden Ziegenbock, 
welchen er im Laufe des vorigen Jahres bei einem Ritterguts¬ 
pächter H. bei Plauen i. V. antraf. Der grauweisse, langhaarige 
und hornlose Ziegenbock stammt von einer Landziege ohne 
Hörner und einem -gleichfalls milchgebenden aber gehörnten 
Bock. Im Alter von 1 % Jahren wog der Bock 105 Pfund und 
zeigte eine Widerristhöhe von 79 cm bei einer Länge von 80 cm. 

Der Ziegenbock hat einen nur geringgradigen Bockgeruch 
an sich und deckt sehr gut. Er hat im Alter von % Jahren und 
dann in der nächstjährigen Sprungperiode je 60 Ziegen mit 
Erfolg belegt. Die Nachkommen fallen teils mit, teils ohne 
Hörner aus und werden als sehr milchergiebige Thiere von den 
Ziegenhaltern gern gekauft. 

Unsere Abbildung zeigt den an den Hinterbeinen auf¬ 
gehobenen Bock. Seitlich vom Hodensack treten die unmittelbar 



an diesem gelegenen Zitzen hervor, welche eine Länge von 7 und 
einen Umfang von 9 cm haben und in ihrer oberen Hälfte eine 
deutliche ampullenartige Erweiterung aufweisen. 

Die Untersuchung der Milch erfolgte durch Dr. Seeliger 
im physiologischen Institut der Thierärztlichen Hochschule in 
Dresden, in welcher der Bock zu diesem Zwecke eingestellt war. 

Die Menge der hier täglich producirten Milch betrug 70 g, 
soll aber nach einer Mitteilung des Besitzers ausserhalb der 
Sprungperiode reichlich K Liter betragen. 

Der Geruch der normal aussehenden Milch ist unangenehm, 
ihr Geschmack fade. Beim Erhitzen tritt keine Gerinnung ein. 
Unter dem Mikroskop sieht man zahlreiche Kolostrumkörperchen. 
Die Reaction ist amphoter, das specifische Gewicht beträgt 1,030. 
Der Gehalt an Protein beträgt 3,76 pCt., an Fett 2,80 pCt., an 
Milchzucker 4,43 pCt., an Asche 0,801 pCt. 

Die Milch gleicht also in ihrer Zusammensetzung ungefähr 
der Ziegenmilch aus der zweiten Hälfte der Laktationsperiode, 
nur ist ihre Eiweissmenge wenig vermehrt, der Fettgehalt aber 
etwas geringer. 

Viehstand Grossbritanaiens. 

lu einem Buche Eyre and Spottiswoode ist eine umfassende 
Statistik des landwirtschaftlichen Betriebes bezw. der landwirt¬ 
schaftlichen Production gegeben. Nach diesem Werke sind in 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CaOOQie 






6. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



Grossbritannien vorhanden gewesen 1896 : 6 494 000 Rinder, das 
sind 207 000 weniger als vier Jahre vorher, und zwar weist 
namentlich das Jungvieh einen Rückgang auf; Kühe waren unter 
den Rindern 2$ Millionen. Der Schafbestand belief sich auf 26,7 
Millionen und hatte ebenfalls etwa um eine halbe Million abge¬ 
nommen. Unter dem Bestände befanden sich rund eine Million 
Zuchtschafe. Dagegen weist die Schweinezucht eine erhebliche 
Steigerung auf, nämlich ein Anwachsen des Bestandes von 2,1 
Millionen im Jahre 1883 auf 2 879 000 im Jahre 1896, worunter 
394000 Zuchtschweine (gegen 309 000 im Jahre 1893). 

Dänische Viehausfuhr nach Deutschland. 

Im Jahre 1895 sind 114 000, im Jahre 1896 83 000 Stück 
Rindvieh aus Dänemark nach Deutschland eingeführt und die 
Schweineausfuhr ist von 345 000 auf 108000 im verflossenen 
Jahre zurückgegangen. 

Esel-Zebra-Misohling. 

Im Berliner Zoologischen Garten werden gegenwärtig zwei 
Mischlinge von Esel und Zebra gezeigt. Dieselben, Hengst und 
Stute, sind im Jardin d’acclimatisation zu Paris gezogen. Die 
Rumpffärbung ist diejenige des Esels. Die Gliedmassen sind 
zebraähnlich gestreift. Die Kreuzungen sollen leicht zu erhalten 
sein und können event. für die Tropen practische Bedeutung er¬ 
langen. Ob die Mischlinge fortpflanzungsfähig sind, ist noch 
nicht zu entscheiden, aber natürlich wenig wahrscheinlich. 

Pferde-Import aus Amerika. 

Io Berlin hat eine Händlerfirma eine Auctionshalle für den 
Verkauf aus Amerika importirter Luxus- und Arbeitspferde er¬ 
öffnet. _ 

Tagesgeschichte. 

Eingesandt. 

Es kann sicherlich nur mit Freuden begrüsst werden, wenn 
die in Bewegung gekommene Frage einer Umgestaltung der 
Stellung etc. der beamteten Thierärzte in den betheiligten 
Kreisen zu so lebhaften Auslassungen geführt hat, und es muss 
als ein dankenswertes Beginnen betrachtet werden, dass der 
Verein der beamteten Thierärzte Brandenburgs eigens zu diesem 
Zwecke eine Zusammenkunft veranstaltete. Es wäre dringend 
wünschenswert, wenn auch die übrigen Provinzen dem Beispiele 
Brandenburgs in dieser Beziehung bald folgen wollten, damit die 
Central-Vertretung, die sich zweifellos in nicht zu ferner Zeit 
mit dieser Frage beschäftigen wird, in der Lage ist, auf der 
Grundlage dieses Materials den Willen der Gesammtheit zum 
Ausdruck zu bringen. 

Aber Eines thut dabei noth: es muss geschlossen vor¬ 
gegangen werden! 

Namentlich erregt das Vorhaben des brandenburgischen 
Vereins, dem Herrn Minister die von ihm gefassten Beschlüsse 
rnolirt zu unterbreiten, insofern Bedenken, als noch in keiner 
Weise feststeht, wie sich das Gros der beamteten Thierärzte in 
Preussen zu dieser Frage stellen wird. 

Wenn die beamteten Thierärzte in anderen Provinzen eine 
andere Auffassung von der zu erstrebenden Reform haben sollten 
und dem Beispiel der brandenburgischen Collegen nachahmen 
würden, so wird durch ein derartiges particularistisches Vorgehen 
und den Mangel an einem einheitlichen Willen der ganzen An¬ 
gelegenheit jedenfalls weniger genützt als vielmehr geschadet. 
Der Herr Minister wird dann mit Recht einwenden müssen, dass 
eine Einigkeit über den wichtigsten Punkt einer ev. Reform unter 
den beamteten Thierärzten selbst nicht besteht. 

Zweierlei ist nur denkbar: entweder bleibt es bei dem 
jetzigen Princip oder die Kreisthierärzte werden vollbesoldete 
und vollbeschäftigte Beamte. Ich weiss sehr genau, dass ich 


für eine Reform, wie ich sie vorgeschlagen habe, eine grosse 
Anzahl z. Th. hervorragender Collegen hinter mir habe, und 
daher scheint es doch nicht unangebracht, zuerst eine Klärung 
dieser Frage herbeizuführen, ehe irgendwelche Schritte gethan 
werden. 

Obgleich eine Aeiiderung in den Verhältnissen der beamteten 
Thierärzte sehr dringend nöthig ist, halte ich die Frage doch 
nicht für so brennend, dass nicht Zeit dazu wäre, mit Ruhe die 
Angelegenheit in der Fachpresse zu discutiren, dann in sämmt- 
lichen Vereinen der beamteten Thierärzte zur Berathung zu stellen 
und dann erst der Central-Vertretung zur Beschlussfassung und 
zur Einleitung der erforderlichen Schritte zu unterbreiten. Sind 
wir so lange mit unserem Loose zufrieden gewesen, so wird es 
auch wohl auf eine kurze Spanne Zeit mehr oder weniger nicht 
aukommeo, denn so sehr eilig wird man mit der Vornahme der 
erstrebten Umgestaltung nicht zur Hand sein! 

Bis jetzt haben sich in der Fachpresse eigentlich nur die¬ 
jenigen Collegen geäussert, die sich zustimmend zu meinen Reform¬ 
vorschlägen verhielten, es würde aber den einzelnen Vereinen die 
Beschlussfassung über diese Angelegenheit wesentlich erleichtern, 
wenn auch die anders denkenden Herren ihre Ansichten öffentlich 
begründen möchten. Bermbach. 

Versammlung der beamteten Tnierärzte der Provinz Schleswig-Holstein. 

Der Einladung mehrerer Herren folgend, hatten sich am 

2. Januar d. J. in Neumünster die beamteten Thierärzte des 
Regierungsbezirks Schleswig versammelt, um nach dem Vor¬ 
gänge der Brandenburger Collegen darüber zu berathen, in 
welcher Richtung Veränderungen in der Stellung der Kreis¬ 
thierärzte wünschenswerth wären. 

Angenommen wurden folgende Puncte: 

1. Belassuog der Privatpraxis und des Princips der jetzigen 
Besoldung. 

2. Die Pensionsfähigkeit und die Berechnung der Pensionen 
nach Massgabe der für die anderen Staatsbeamten geltenden ge¬ 
setzlichen Bestimmungen. 

3. Erhöhung des Grundgehaltes auf 1200 Mark. 

Ausserdem ein Wohnungsgeldzuschuss von mindestens 300 M. 

und Alterszulagen im Betrage von 6mal 150 M. in zweijährigen 
Stufen. 

Die beamteten Thierärzte der Provinz halten diese Forderung 
für um so berechtigter, als die in der Provinz angestellten Kreis¬ 
thierarzt-Assistenten je 1800 M. (achtzehn Hundert) Gehalt be¬ 
ziehen. 

4. Erhöhung der Diäten womöglich auf 9 M. bei veterinär¬ 
polizeilichen Amtsgescbäften und Beseitigung der zu niedrigen 
Gebührensätze in gerichtlichen Angelegenheiten. 

5. Die Verleihung eines angemessenen Ranges. 

Schliesslich wurde noch der Beschluss gefasst, eine zu einer 

Eingabe geeignete Darlegung auszuarbeiten und diese den Vor¬ 
gesetzten Behörden (Ministerium und Regierungspräsident) zu 
unterbreiten. 

Rothlaufsohutzserum. 

Die Landwirthschaftskammer der Provinz Ostpreussen hat 
schon im November beschlossen: 

1. den Herrn Landwirthschaftsminister um Nachricht darüber 
zu bitten, ob Aussicht vorhanden ist, dass das in seinem Erlasse 
vom 26. April er. in Aussicht gestellte Verfahren zur Bekämpfung 
der Rothlaufseuche zu einem erfolgreichen Abschluss gelangt 
ist, und 

2. für den Fall, dass dieses nicht zutreffen sollte, den Herrn 
Landwirthschaftsminister unter Kenntnissgabe der Correspondenz 
zwischen der diesseitigen und der brandenburgischen Landwirth¬ 
schaftskammer zu bitten, seinen Einfluss dahin geltend zu machen, 


Digitized by 


Google 



10 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1. 


dass die Landwirthschaftskammer für Brandenburg den Lorenz- 
schen Impfstoff der diesseitigen Landwirtbschaftskammer zn 
günstigeren Bedingungen, als ans der Correspondenz hervor- 
geht, wenn möglich zum Selbstkostenpreis, abgiebt; 

3. wenn dieses nicht gelingen sollte, dass dann der Staat 
das Geheimniss der Herstellung der Lorenz’schen 
Lymphe ankaufe. 

Bau der thierSrztiiohen Hochschule zu Hannover. 

Der vor 2 Jahren begonnene Neubau der thierärztlichen 
Hochschule ist in der Hauptsache vollendet. Es stehen das Ver¬ 
waltungsgebäude, das anatomische und pathologische, chemische 
und physiologische Institut, ein besonderes klinisches Verwaltungs¬ 
gebäude, innere und äussere Klinik. Die Klinik für kleine Haus- 
thiere ist im Bau. Eine gedeckte Reitbahn schliesst den 2600 qm 
grossen Klinikhof. Centralheizung, Anlage für electrische Be¬ 
leuchtung mit eigner Kraftgaserzeugung, Gärtnerhaus, botanischer 
Garten und Gartenanlagen kommen noch hinzu. Die gänzliche 
innere Vollendung wird im nächsten Sommer erfolgen und die 
Einweihung dürfte im Frühjahr 1899 stattfinden. Die obige 
Aufzählung der Einrichtungen beweist schon, wie grundlos das 
Gerede war, dass man die Hannoversche Hochschule vor der 
Berliner benachteiligen, zu einer Anstalt zweiter Classe herab¬ 
drücken wolle etc. Diese Hochschule wird vielmehr, wenn die 
nach jenem durch die technische Deputation angeblich so ver¬ 
unstalteten Kostenanschlag hergestellten Bauten und Einrichtungen 
vollendet sind, in Deutschland unzweifelhaft baulich die weitaus 
erste sein. Namentlich imponieren die klinischen Gebäude. Das 
Hauptgebäude könnte jedoch etwas stattlicher sein; es tritt den 
umgebenden Institutshäuseru gegenüber nicht genügend hervor, 
wesentlich wohl, weil es nur ein Stockwerk über dem Erdgeschoss 
besitzt. Ueber der Thür befindet sich der preussische Adler und 
die Bezeichnung der Hochschule. Darunter ein in Sandstein ge- 
meisselte8Relief,Aesculap miteinemPferde beschäftigt. IsteseinZufall 
oder ein Künstlerscherz, bleibe dahingestellt; aber das in ernste 
Betrachtung des Rosses versunkene bärtige Antlitz des mytho¬ 
logisch gewandeten Vaters der Aerzte trägt unverkennbar die 
Züge des derzeitigen Hochsclmldirectors. Die Mittel für die in 
der Aula aufzustellenden Büsten der Directoren sollen ebenfalls 
reichlich vorhanden sein. Alles in Allem kann man an dem An¬ 
blick, den die Hochschule gewährt, nur seine Freude haben. 
Hoffentlich lässt sich die Vollendung bis zu dem genannten Termin 
bewerkstelligen. 

Standesangelegenheiten aus Frankreich. 

Vom französischen Veterinärrath und von einem 
nationalen Congress der französischen Thierärzte, die am 7. bis 
13. November in Paris tagten, sind unter anderen, speciell fran¬ 
zösische Standesangelegenheiten betreffende Resolutionen folgende 
Beschlüsse gefasst worden: 

1. Das Gesetz über die Entschädigung bei Tuberculose des 
Rindviehes ist baldmöglichst in Kraft zu bringen; die Nothwendig- 
keit des Verbots des Verkaufs, ausser zur Schlachtung, jedes 
durch Tuberculin oder andere Mittel als tnberculös bezeichnten 
Thieres, wird nochmals betont. 

2. Jedes Pferd, das auf Mallein reagirt, ist als rotzverdächtig zu 
betrachten und ist den massgebenden Bestimmungen des Seuchen¬ 
gesetzes bezgl. der Anzeige und der Beobachtung zu unterwerfen. 


3. Die Einführung einer einheitlichen Fleischbeschau ist noth- 
wendig, ein einheitliches Reglement ist von einer aus Mitgliedern 
des Professorencollegiums der Veterinärlehranstalten und Scblacht- 
hausin8pectoren bestehenden Commission auszuarbeiten. 

Die grössten Lebensversicherungs-Gesellschaften in Enropa. 

Das Jahr 1897 brachte der deutschen Lebensversicherung 
ein Ereigniss darin, dass zwei Gesellschaften, die im Jahr 1830 
gegründete Alte Leipziger und die 24 Jahr jüngere Lebens- 
versicherungs- und Ersparniss-Bank in Stuttgart, in ihrem Ver¬ 
sicherungsbestand die Summe von 500 Millionen Mark über¬ 
schritten haben. Damit ist die Zahl der deutschen Gesellschaften, 
bei denen mehr als eine halbe Milliarde Mark an regulären 
Kapitalversicberungen (d h. mit Ausschluss der Volksversicherung) 
versichert ist, auf vier eestiegen; ausser den oben genannten 
gehören dazu noch die Gothaer und die Germania-Stettin. Von 
den Gesellschaften des europäischen Kontinents haben nur noch 
zwei französische einen so grossen Bestand aufzuweisen, die 
i819 gegründete Assurances generales und die 1830 gegründete 
La Nationale. Aber auch hier zeigt sich die Ueberlegeuheit der 
deutschen Lebensversicherung über die Assekuranz der Nach¬ 
barstaaten dahin, dass das Wachsthum der deutschen Gesell¬ 
schaften ein viel schnelleres ist als das der französischen. Ordnet 
man diese sechs grössten Gesellschaften des europäischen Fest¬ 
landes nach der Höhe dos 1896 erzielten Reinzuwachses, so er- 
giebt sich folgendes Bild: Tagesgeschäft Stuttgarter 33,175,730, 
Leipziger (Alte) 25,602,20 », Germania-Stettin 22,632,369, Gothaer 
18,539.600, La Nationale-Paris 1,198,601, Assurances genörales- 
Paris 1,538,010. 

Die grössere Stetigkeit der deutschen Gesellschaften erzielte 
einen Reinzuwachs, der in seinem Maximum von M. 33,18 Mill. 
das Plus aller Gesellschaften des europäischen Festlandes hinter 
sich lässt, während der enorme voi zeitige Abgang bei den 
französischen Gesellschaften von dem mit grossen Kosten er¬ 
worbenen Neugeschäft wenig oder gar nichts übrig lässt. Von 
Interesse ist, dass in England, dem „Mutterlande der Lebens¬ 
versicherung“, obwohl dort der Gesammtversicherungsbestand viel¬ 
leicht doppelt so gross ist als in Deutschland, doch nur zwei 
Gesellschaften vorhanden sind, deren Versicherungsbestand an 
! unsere grossen deutschen etwa heranreicht; dies sind die Pru¬ 
dential in London, die in ihrer „ordinary brauche“, d. h. ab¬ 
gesehen von der Volksversicherung, einen Bestand von mehr als 
einer Milliarde Mark Kapital besitzt, und die Scottish Widow’s 
Fund in Edinburgh.“ 

Zur Vacanzen-Au88Chreibung in Coblenz. 

Unliebsames Aufsehen erregt die Art und Weise, wie die Be¬ 
setzung der Schlachthofdirectorstelle in Coblenz ausgeschrieben 
wird. Die vom Oberbürgermeister Unterzeichnete, in ihrer Fassung 
aber wohl einem Bureaubeamten zur Last zu legende Annonce 
; bemerkt, der (thierärztliche) Director dürfe in keinem Falle Ver¬ 
gütungen oder Geschenke annehmen, bei Vermeidung etc. Wir 
können diese Form nicht passend finden. Sie hat unzweifelhaft 
vielmehr etwas Verletzendes und ist geeignet, Bewerber abzu¬ 
schrecken. Solche Bemerkungen gehören allenfalls in die An¬ 
stellungsurkunde, aber nicht in die Ausschreibung. Der thier¬ 
ärztliche Stand muss eine derartige Form an ihn gerichteter An¬ 
erbietungen zurückweisen. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen 

Seuchenst&tistik und Yeterinärpolizei. 

Verfügung des Regierungspräsidenten von Potsdam betr. Zuziehung der 
Krelsthierärzte beim Milzbrand. 

Die Bekämpfung des Milzbrands beruht zum wesentlichen 
Theile auf einer gründlichen nnd vollständigen Desinfection, 


für Veterinärbeamte.) 

welche erfahrungsgemäss von den Viehbesitzern in den meisten 
Fällen nur dann gründlich vorgenommen zu werden pflegt, wenn 
ihnen bekannt ist, dass diese Arbeiten von dem Kreistbierarzt 
amtlich überwacht werden. 

Die Vorschrift im Absatz 2 des § 14 der Landesratbs- 


Digitized by 


Google 




6. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11 


instruction vom 27. Juni 1895, wonach die Desinfection vom 
beamteten Thierarzt anzuordnen und nur polizeilich zu über¬ 
wachen ist, erscheint hiernach nicht ausreichend und bedarf einer 
Ergänzung. 

Ich ordne daher an, dass die beamteten Thierärzte die 
Desinfectionen gegen Milzbrand an dem Tage, an welchem sie 
die Seuche auf einem Gehöft feststellen und an der Schätzung 
über den Werth der gefallenen Thiere theilnehmen, gemäss § 14 
der genannten Instruction im Einzelnen anzuordnen haben. 
Besondere Reisen zu diesem Zweck nach dem Seuchengehöfte 
sind hiernach entbehrlich. 

Sobald die Desinfectionsarbeiten ausgeführt sind, ist der 
Kreisthierarzt zu deren Prüfung und Abnahme amtlich heran- 
zn ziehen. 

Ueber die vorschriftsmässig bewirkte Desinfection haben die 
Kreisthierärzte der Ortspolizeibehörde zu berichten. 

In Vertretung. 

Unterschrift: 


Fleisch-Einfuhr-Verbot. 

In den nördlichen deutschen Landestheilen sind Ende 
December übereinstimmende Verfügungen ergangen, welche 
die Einfuhr von frischem Schweinefleisch aus Schweden und 
Norwegen wegen des gegenwärtigen dortigen Seuchenstandes 
verbieten. 

Schweineseuche-Immunisirung. 

In Ungarn sind nach Zeitungsberichten Untersuchungen über 
die Möglichkeit der Immunisirung von Schweinen gegen Schweine¬ 
seuche im Gange, welche bereits zu praktischen Proben in 
grösserem Massstabe geführt haben. Abgesehen von zahlreichen 
Privatimpfungen, sind unter behördlicher Anleitung 9000 Schweine 
geimpft worden. Die Ergebnisse waren anscheinend so gute, 
dass der Minister die ständige Aufstellung von zur Schutzserum- 
Lieferung geeigneten Schweinen angeordnet hat, so dass täglich 


Impfstoff für 500 Schweine geliefert werden kann. Nähere 
wissenschaftliche Mittheilungen bleiben abzuwarten. 

Fleischschan und Viehverbehr. 

Ausfuhr von Vieh, Fleisch und thierischen Producten aus den 
Vereinigten Staaten von Nordamerika. 

Im Jahre 1894/95 soll nach den Veröffentlichungen des 
Kaiserlichen Gesundheitsamts die amerikanische Ausfuhr betragen 
haben: an lebenden Thieren 331700 Stück Rindvieh im Werth 
von 30# Millionen Dollars, 7130 Schweine, rund 14000 Pferde 
im Werth von 2# Millionen, 2500 Maulthiere, 400000 Schafe im 
Werth von 2$ Millionen Dollars. 

An Fleischwaaren: 191# Millionen Pfund frisches Rindfleisch 
im Werthe von 16 % Millionen Dollars, 62# Millionen Pfund 
gepökeltes, 64 Millionen Pfund Büchsen- und über % Millionen 
Pfund anderes zubereitetes Rindfleisch — letztere Sorte im 
Gesammtwerth von fast 9# Millionen Dollars. Ueber % Million 
Pfund Schaffleisch im Werthe von 47 800 Dollars, über % Million 
Pfund frisches und 58 l i Millionen Pfund gepökeltes Schweinefleisch 
im Gesammtwerthe von 53 Millionen Dollars, 452# Millionen Pfund 
Speck, 105# Millionen Schinken. Ausserdem Geflügel, Wild und 
andere Fleischproducte im Gesammtwerthe von 1), Millionen. 

Thierische Erzeugnisse: Knochen, Hufe, Hörner für 288000 
Dollars, Häute und Felle 36 Millionen Stück für 2# Millionen, 
ca. 475 Millionen Pfund Schweineschmalz im Werthe von 
36£ Millionen Dollars, Margarine und Oleomargarine 88 Millionen 
Pfund für 8 Millionen Dollars, über 5# Millionen Pfund Molkerei¬ 
butter für 915 000 Dollars, 60# Millionen Pfund Käse für 5# Millionen 
Dollars und andere Fette ca. 700000 Gallonen für 375000Dollars. 

Hiernach beträgt der Gesammtwerth der Ausfuhr von Vieh, 
Fleisch und sonstigen thierischen Producten gegen 200 Millionen 
Dollars. 

Im laufenden Jahre soll nach der Vollers’schen Centrlztg. 
der Export von Rindern, Rindervierteln und Schaffleisch ein ganz 
ungewöhnlich grosser werden. Namentlich wird letzteres in sehr 
grossen Massen nach England und Frankreich verschifft, wo die 
Nachfrage eine ausserordentliche ist. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Long, Medicinalrath und Preosse, Veterinärassessor: 
Praotische Anleitung zur Trichinenschau. Mit vielen Abbildungen, 
2. Auflage. Berlin bei Richard Schütz, 1898. Preis 2 M.: Unter 
den zahlreichen, grösstentheils übrigens ganz minderwerthigen An¬ 
leitungen zur Trichinenschau ragen namentlich zwei hervor. Der 
Trichinenschauer von Johne und das vorliegende Werk. Ersterer 
ist umfangreicher. Die Anleitung von Long-Preusse bietet in 
wissenschaftlich und practisch einwandfreier Form eine Zusammen¬ 
fassung ihres Stoffes auf 62 Seiten. 

Fischöder: Leitfaden der pactlschen Fleischbeschau, einschliess¬ 
lich der Trichinenschau. Zw'eite neubearbeitete Auflage mit 
42 Abbild. Derselbe Verlag. Preis brosch. 4,50, geb. 5 M. Der 
Fischöder’sche Leitfaden hat sich durch seine erste Auflage bereits 
einen unbestrittenen Ruf erworben als geeignete Grundlage zur Aus¬ 
bildung von Laienfleischbeschauern. Beim Bevorstehen der all¬ 
gemeinen obligatorischen Fleischschau muss ein solches Buch als 
Unterrichtsmittel eine erhöhte Bedeutung gewinnen. Es ist daher 
sehr erfreulich, dass Fischöder mit Rücksicht auf gewonnene Er¬ 
fahrungen und auf die Bemerkungen der Kritik, namentlich auf 
den Hauptzweck des Buches, eine einheitliche, allen annehmbare 
Norm für den Unterricht der Fleischbeschauer und die an diese 
zu stellenden Anforderungen zu bilden, sein Buch noch einer 


verständnissvollen Umarbeitung unterzogen hat, durch welche 
dasselbe seiner Hauptaufgabe noch vortrefflicher gerecht wird. 
Er hat sich strengstens an das eine Ziel gehalten, dem Laien 
als Fleischbeschauer ein Lehr- und Nachschlagewerk zu ver¬ 
schaffen, welches Alles in bester Vollständigkeit, jedoch in einer 
Form bietet, welches dem Verständniss des Laien angemessen 
ist. Zu diesem Zwecke hat F. Kürzungen, Umarbeitungen und 
Zusammenziehungen von Capiteln vorgenommen, durch welche 
das Buch practisch gewonnen hat. Er hat andererseits die ganze 
Trichinenschau, ohne sie specialistisch zu behandeln, neu mit auf¬ 
genommen, von dem richtigen Grundsatz ausgehend, dass die 
künftigen Fleischbeschauer zugleich die Trichinenschau ausüben 
müssen. Fischöder, vordem Schlachthofdirector, jetzt Kreisthier¬ 
arzt eines östlichen Kreises, kennt die Besonderheiten der 
städtischen wie der ländlichen Fleischschau. Sein aus practischer 
Erfahrung heraus geschriebenes Buch, dem kein ähnliches gegen¬ 
übersteht, verdient allgemein zur Grundlage für die Ausbildung 
der Fleischbeschauer angenommen zu werden. Schmaltz. 

Pfeiffer: Operationsoursus für Thierärzte und Studlrende; mit 
einem Vorwort von Professor Fröhner. Mit 32 Originalabbildungen. 
Derselbe Verlag. Preis 2,50 M.: In unserem practischen 
Fache genügt es nicht, geistreich, meinetwegen blendend vor¬ 
zutragen. Der Professor braucht sich nicht zu scheuen und darf 


Digitized by kjOOQie 







12 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 1. 


sich nicht scheuen vor einem gewissen Eindrillen, welches nur 
derjenige mit dem Character des academischen Studiums für 
unvereinbar halten kann, dem es als Hauptzweck gilt, sich selbst 
schön reden zu hören, ohne danach zu fragen, was dem Studenten 
am meisten dient. Alles hat sich der Rücksicht unterzuordnen, 
dem Studenten das Stndiren leicht zu machen, ihm zu helfen, 
nicht allein zum augenblicklichen Verständniss, sondern auch zum 
Festhalten des Verstandenen, von dem ein gewisses Mass ihm 
dauernder Besitz, gradezu eine mechanische Stütze werden muss. 
Dazu gehören das Heranziehen und der fortwährende Hinweis 
auf alle Hilfsmittel des Gedächtnisses, klar erkennbare Dis¬ 
positionen, Kürze der Schilderung und eine weise Beschränkung 
des Stoffes. Unterrichtsmittel, die sich diesen Grundsätzen 
anpassen, welche für grössere wissenschaftliche Werke natürlich 
nicht allein massgebend sein können, siud unentbehrlich und 
ihrer Wirkung sicher. 

Der vorliegende Operationscursus gehört zu diesen Mitteln. 
Augenscheinlich aus der Anregung und Anleitung des Ordinarius 
der Chirurgie hervorgegangen, ist er von dem Autor, der als 
Repetitor an der Chirurgischen Klinik zu Berlin fungirt, mit 
anerkennenswertem Geschick und Verständniss bearbeitet worden. 
Die Beschreibung der einzelnen Operationen ist vortrefflich 
disponirt und anschaulich. Jedesmal sind erst die Instrumente 
aufgezählr, welche bereit gelegt sein müssen. Die Abbildungen 
sind durchweg instrnctiv und schön ausgeführt. Diese kleine 


unter Ernennung zum Schlachthausdirector, und Re im an n- Nicolai 
sind auf Lebenszeit mit Pensionsberechtigung angestellt worden. 
— Thierarzt B. Schroeder in Forst i. L. ist daselbst zum Schlacht¬ 
hausdirector gewählt worden. — Thierarzt Fr. X. Oettle-Schwabach 
ist zum Zuchtinspcctor der Allgäuor Herdbuchgesellschaft ernannt 
worden. — Thierarzt Fräseh aus Crailsheim zum Assistenten an 
der chirurgischen Klinik der Hochschule zu Stuttgart 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Versetzt: Districts- 
tbierarzt Stautner : Erkheim nach Riedenburg (Oberpfalz). — Ver¬ 
zogen: Thierarzt H. Krexa nach Reinfeld (Holst.), Thierarzt Alil- 
burg-Lamspringe nach Bockenem, Thierarzt Post-Lasdehnen als 
Polizei-Thierarzt nach Berlin. 

Das Examen als beamtete Thierärzte haben in Württemberg be¬ 
standen: die Thierärzte Dr. Hoff mann-Trossingen, R. Mayer- 
Stuttgart, J. Schic le-lsny, M. Trips - Reichenberg, Dr. Uebele- 
Marbach. 

Gestorben: Stabsveterinär J. Weigand-Ansbach. 

Vacanzen. 

Kraisthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Stettin: Kammin (Bew bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). — R.-B. 
Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden (noch 
nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts- 
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. FleischschaugebUhren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Möra (nördl. Theil) mit Wohnsitz 
in Xanten. — R.-B. Hannover: Stolzenau. — R.-B. Schleswig: 
Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Trier: Bernkastel 
(600 M. Krz.). 


Operationslehre wird nicht allein den Studirenden von grossem Sanitätsthierarztelellen: a) N c u a u s g e s c h r i e 1> e n e S t e 11 en: 
Nutzen, sondern auch den Thierärzten vielfach willkommen sein. Ibbenbüren: Schlachthausverwaiter zum 1. Juni 1898 (1250 M. 

? „ . i und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Koblenz: 

C inia Z ' Schlachthofdirektor zum 1. Mai 1898 (3500—5000 M.). Bew. bis 10. 

Neue Eingänge ans demselben Verlag. Jaqjuu- 1898 an Oberbügermeister Schüller. — Köln: Schlachthof- 

Schmaltz: Anatomische Collegheft-Sklzzen. Ansichten von Rumpf- j thieparzt zum 1. Februar 1898 (2500-4300 M.). Bew. an Oberbürger- 


Kopf- und Gliedmassen-Scelett zum Einzeichnen von Körperteilen. 
Preis 1 Mark. 

Schmaltz: Ossa extremitatum equi et iasertiones museuiorum. mp 

Gliedmassenknochen des Pferdes in halber natürlicher GrÖBse -mit 
Einzeichnung der Muskel-, Sehnen- und Bänder-Anheftungen, .^so¬ 
wie mit Tabellen der neuen und alten Nomenclatur. 18 Tafeln. 
Preis 10 Mark. _ 

Instrumente. 

Die rühmlich8t bekannte und durch Einführung zahlreicher 
neuer Instrumente auch um die Thierarzneikunde verdiente Firma 
Hauptner hat gelegentlich der Vollendung ihres 40jährigen 
Bestehens eine Festschrift erscheinen lassen, welche mit vielen 
Abbildungen geschmückt ist und einen Ueberblick tib.r den 
umfangreichen Fabrikbetrieb gewährt. 

Die Firma Uebe, Special-Fabrik medicinischerund chemischer 
Thermometer, ist für ihre Maximal-Thermometer auf der Sächs.- 
Tlmr. Industrie- und Gewerbe-Ausstellung zu Leipzig 1897 
wiederum mit der ,,Silbernen Medaille“ ausgezeichnet worden. 

Die Maxiraalthermometer von Heinse-Blumenau bei Mellen¬ 
bach in Thüringen werden von Kreisthierarzt Bernhard in 
Ranis als sehr bewährt, namentlich auch für die Tuberculinproben 
geeignet befunden. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem RoBsarzt Duvinage zu Berlin wurde die 
Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen goldenen Verdienst- 
kreuzes des Grossherzogi. mecklenburgischen Haus - Ordens der 
Wendischen Krone ertheilt. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte A. Staupe- 
Biedenkopf für den Kreis Biedenkopf, J. Junker-Wittmund für 
den Kreis Wittmund, J. Bludau-Graudenz für den Kreis Adeluau. — 
Die Schlachthofiuspectoren Spangenberg in Remscheid, dieser 


meister Becker. — Nord hausen: Schlachthofvorsteher zum 
J, Ap ril 18^8 (2400 bis 3900 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. 
bis io. Januar an Magistrat. — Sag an: Schlachthofverwalter zum 
1. April 1898 (1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. bis 
15. Jan. 1898 an den Magistrat. — Weimar: Inspector am Innungs- 
Schlachthaus zum 1. April 1898 (2400 M., freie Wohnung etc.). Bew. 
an Obermeister Heumann. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Essen (Ruhr): Schlachthof-Assistenzthierarzt (2500— 
3700 M.). Bew. an Oberbürgermstr. Zweigert. — Halle: Schlachthof¬ 
direktor (5000—6200 M.). Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thier¬ 
arzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbürgermeister. — 
Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898 (2100 
bis 2700 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. 

Privatstellen: 1896 bekannt gegebene: Brüel (Mecklen¬ 
burg): Auskunft Thierarzt Fromm. — Daehre: Ausk. Kaufmann 
Buhler. — Flörsheim: Meid, an Bürgermeister. - Garzweiler: 
Näheres Bürgermeister. — Herrn stadt: Auskunft Magistrat. 

— Oberpleis: Auskunft Bürgermeister. — Reisen (Posen): 

Auskunft Magistrat. — Rliinow: Auskunft Magistrat. — 
1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): Thierarzt. 

Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Thierarzt, 
Näheres durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Thierarzt Meldungen 
an den Amtmann. — Butzbach: Näheres durch Apotheker.— 
Creuzburg (Werra): Thicrarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an 
Gemeindevorstand. — Dierdorf: Thicrarzt (100 M. Gemeinde¬ 
beiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel. — Drengfurt. 

— Gleschendorf (FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Hohenstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe 
700 M.). — Kemberg: Thierarzt (Zuschuss 300 M.). Auskunft 
Magistrat. — Maulbronn: Thierarzt (Wartegeld 1000 M.). Auskunft 
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam;: Thierarzt Meid, an 
Magistrat. — Pitschen: Thierarzt. Näheres Magistrat. — Po llno w: 
Thierarzt (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an 
Magistrat. — Rödding: Thierarzt. Auskunft Amtsvorsteher. — 
Schwarzenau: Thierarzt <800 M. für Fleischschau;. Näheres 
Magistrat. — Waldbröl: Thierarzt $h. 1020 M. ausser Privatpraxis). 

Besetzt: Staatsstellen: Adelnau, Wittraund. 


Verantwortlich ftlr den Inhalt (excl. IusurateD’.heil) Prof. Dr. Schmaltz in Merlin. — Verlag und Eigontlium von Richard Schoctz in Merlin. — Druck von W. HUxcnatein, Berlin. 


Digitized by CjOOQie 









Die „Berliner Ttaierirztliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich In Stärke von mindestens l'/j Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhendel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richara 
Schoeiz, Berlin NW., Luisenstrasse HC, mm Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbelträge werden mit &0 Hk. fWr den Bogen honorirt 
Alle Mauuscripfe, Mittheilungen und redaciionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW„ Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Kecensions-Kzemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von . 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 2 . Ausgegeben am 13. Januar. 


1 n h a 1 1 : Schieferdecker. Vernichtung undVerwerthung von Fl eise habfällen und thierischen Cadavern. — 
Delvoe: Serum-Anwendung bei Druse. — Referate: J e n s e n: Seruminjection als Vorbeugungsmittel gegen die Brust¬ 
seuche der Pferde. — Früh ne r: Ueber den Nervenschnitt. — Gorini: Der Milzbrand in der Mailänder Niederung und die 
Gerbereien. — Landau: Ueber Organotherapie. — A1 b a rra n: Ueber den parasitären Ursprung des Carcinom. — Sneguire ff: 
Ueber Vaporisation. — Bonn hoff: Versuche über die Möglichkeit der Uebertragung des Rotzcontagiums mittels Diphtherie- 
heilBerum. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen. — 
Bücheranzeigen-Personalien. — Vacanzen. 


Vernichtung und Verwerthung von Fleischabfallen 
und thierischen Cadavern. 

Vortrag, gehalten in der 36. Sitzung des Thierärztlichen Vereins 
in Westpreussen, Marienburg, den 7. November 1897, von Schlacht¬ 
hof-Director Schieferdecker- Danzig. 

Eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege ist 
die unschädliche und nicht belästigende Beseitigung von Thier- 
cadavern und Cadavertheilen. Angesichts der grossen Fortschritte, 
welche die Gesundheitspflege in den letzten Jahrzehnten zu ver¬ 
zeichnen hat, muss es anffallen, dass bis vor Kurzem in dieser 
Richtung wenig geschehen ist. Erst seitdem Schlachthäuser in 
grosser Anzahl errichtet wurden, in denen es zur Beanstandung 
von Thieren oder Thiertheilen und von Organen in grosser Menge 
kam, bat man dieser Frage mehr Aufmerksamkeit entgegen¬ 
gebracht. Es ist daher erfreulich, dass in jüngster Zeit Hygiene 
und Technik sich in gleicher Weise dieser Aufgabe zugewandt 
und Apparate constrnirt haben, die es ermöglichen, dass die 
Cadaver und Confiscate mit Sicherheit und in einer völlig un¬ 
schädlichen Weise beseitigt werden, wobei alle nutzbaren Stoffe 
gewonnen werden. Die meisten der grösseren Schlachthöfe sind 
mit derartigen Apparaten versehen and die Resultate, die man 
mit denselben erzielt hat, lauten günstig. 

Die bisherige Feseitigung der Cadaver und Confiscate, die 
ich kurz schildern werde, bernht auf folgendem Verfahren. Das 
älteste, aber anch das schlechteste Verfahren zur Beseitigung der 
Thiercadaver bestand darin, dass man den Cadavern das Fell ab¬ 
zog und die abgehäuteten Thierkörper auf dem Schindanger liegen 
Hess, wo sie der willkommene Ranb der aasfressenden Thiere 
wurden. Dieses Verfahren, welcl es hauptsächlich in Frankreich 
geübt wurde, wird mit dem treffenden Namen Aasabdeckerei be¬ 
zeichn« t. In Paris wurden noch bis Mitte dieses Jahrhunderts 
die Cadaver auf diese Art beseitigt. Viele Tausende von Cadavern 
wmrden jährlich nach dem Schindanger gebracht, die dort in 
freier Luft verwesten und einen abscheulichen Geruch verbreiteten, 
der die Luft auf weite Entfernungen verpestete. Bei uns in 
Deutschland hat man nach diesem System Cadaver in grösserer 
Menge nicht beseitigt. Nur auf dem Lande findet man noch di« 
Unsitte, dass Cadaver von kleinen Hausthieren in ähnlicher Weise 
behandelt and auf den Düngerhaufen oder in die Jauchegrube ge¬ 


worfen werden. Auch in Bächen, Gräben und Teichen findet man 
nicht selten Cadaver oder Cadaverreste vor. 

Die Gefahr, die diese Art der Beseitigung der Cadaver mit 
sich bringt, besteht darin, dass die sich entwickelnden Fäulnissgase, 
Kohlensäure, Kohlenwasserstoff, Schwefelwasserstoff etc., die Luft 
stark verunreinigen undVergiftnngserscheinungen bei den Menschen 
hervorrufen, und zweitens darin, dass vermittelst Stechfliegen ge¬ 
fährliche Gifte auf Menschen und Thiere übertragen werden 
können. Die letztere Gefahr ist die grössere und nicht selten 
soll der Milzbrand auf diese Weise unter den Thieren aasge¬ 
brochen sein. 

Die Art der Beseitigung der Cadaver in den meisten unserer 
Abdeckereien besteht seit undenklichen Zeiten in dem Vergraben. 
Dieses Verfahren ist schon wesentlich besser, wenn es mit der 
nöthigen Vorsicht ausgeführt wird und wenn die für die Auf¬ 
nahme der* Cadaver bestimmten Gruben hinreichend tief angelegt 
werden. Die Gefahren lassen sich dann wesentlich mildern, aber 
nicht ganz beseitigen* Es ist nicht nur häufig vorgekommen, 
dass vergrabene Thiere unberechtigt wieder ausgegraben wurden, 
wodurch eine Verbreitung von Krankheiten hervorgerufen ist, 
sondern das Vergraben bietet auch keine genügende Sicherheit, 
dass alle Seuchenkeime zerstört werden. Es sind Fälle in grosser 
Anzahl bekannt geworden, in denen das Milzbrandgift sich 
mehrere Jahre, ja sogar sechs Jahre und darüber im Boden 
lebenskräftig erhalten hat. 

Soll ein Wasenplatz allen Anforderungen der Hygiene ge¬ 
nügen, so sind bei seiner Anlage genau dieselben Vorsichts- 
massregeln zu berücksichtigen, wie bei der Anlage menschlicher 
Beerdigung8sätten. Für letztere schreibt das Gesetz heute ganz be¬ 
stimmte Bedingungen vor, welche in erster Linie die Lage zu 
den nächsten menschlichen Wohnungen, sowie die Niveau- und 
Grnndwa88erverhältni8se unter Berücksichtignng der nächsten 
WasserentnahmeBtellen betreffen. Sodann kommt die Beschaffen¬ 
heit des Bodens hinsichtlich seiner physikalischen Eigenschaften 
and seiner chemischen uud geologischen Zusammensetzung in 
Betracht. Im Allgemeinen gilt als beste Bodenart für die Anlage 
von Verscharrungsplätzen grobkörniger Kies; nicht ganz so ge¬ 
eignet ist feiner Kies, und noch weiter zurück steht Sandboden. 

Kalkreiche Bodenarten, wie Kalkmergel bezw. Gipsmergel, 
fördern die Verwesung, wohingegen ein stark humushaltiger Boden 


Digitized by LjOOQie 




14 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


wegen der leicht eintretenden Uebersättigung mit Fäulnissproducten 
für Verscharrungsplätze durchaus ungeeignet ist. 

Als absolut ungeeignet für die Anlage von Verscharrungs¬ 
plätzen sind alle Lelim- und Thonböden zu bezeichnen, da in 
ihnen die Cadaver jauchig werden. 

Was die Gefahren betrifft, die dem Boden und Grundwasser 
durch eine Verseuchung drohen, so liegen exacte wissenschaft¬ 
liche Versuche vor, die im Kaiserlichen Gesundheitsamte angestellt 
wurden. 

Die zu diesem Zwecke in den Jahren 1885 bis 1891 von 
Petri angestellten Versuche bezogen sich auf die Bestattung 
kleiner Thiercadaver in reinem Sandboden. Sie hatten das Er¬ 
gebnis gehabt, dass die pathogenen Keime mit wenigen Aus¬ 
nahmen sehr rasch zu Grunde gegangen waren, ohne in infections- 
tüchtigem Zustande in das Erdreich übergegangen zu sein. 
Weitere Versuche wurden sodann von dem Stabsarzt Dr. Lösener 
in der Zeit von Juni 1893 bis October 1895 ausgeführt und sollten 
zur Beantwortung der Frage dienen, ob und inwieweit das Be¬ 
statten infectiöser Leichen in der Erde Gefahren für die Um¬ 
gebung in sich schliesse. 

Zu Versuchsobjecten wurden Thiercadaver verwendet, die 
mit den Krankheitserregern der gefährlichsten Seuchenkrankheiten 
bei Menschen und Thieren versehen wurden. Die Cadaver wurden 
in Holzsärge gelegt und lft bis 2 Meter tief in verschiedenen 
Untergrund mit wechselnder Höhe des Grundwassers vergraben 
und in Zwischenzeiten von einem Monat bis zu zwei Jahren 
wieder ansgegraben. 

Betreffs der Haltbarkeit der pathogenen Bacterien innerhalb 
der begrabenen Thiercadaver wurde Folgendes ermittelt: 

Bacterien mit den Eigenschaften der Typhusbacillen wurden 
in den mit Typhusbacillen gefüllten Objecten nur bis zum 
96. Tage nach der Eingrabung und zwar nur einmal gefunden. 

Choleravibrionen erwiesen sich nur bis zu 28 Tagen in der 
Fäulniss lebensfähig. 

Der Nachweis lebensfähiger und virulenter Tuberkelbacillen 
war nach 95 Tagen nicht mehr so sicher wie nach 60 Tagen und 
gelang vom 123. Tage ab überhaupt nicht mehr. Tetanusbacillen 
hatten sich 234 Tage lang in den Cadavern voll virulept erhalten. 
Nach 361 Tagen konnten aber lebensfähige Tetanuskeime nicht 
mehr gefunden werden. 

Der Bacillus pyocyaneus war nur bis zum 33. Tage aus den 
Cadavern isolirt worden. 

Der Nachweis des Friedländerschen Pneumoniebacillus gelang 
schon nach 28 Tagen nicht mehr, während der Micrococcus tetra- 
genuB in dem gleichen Zeitraum sich lebensfähig gehalten hatte. 

Milzbrandkeime hatten sich während der einjährigen Beob¬ 
achtungszeit voll virulent erhalten. 

Schweinerothlaufbacillen fanden sich bis zu 234 Tagen in 
den faulenden Objecten und waren während dieser Zeit auch 
voll virulent. 

Demnach würden Ausgrabungen infectiöser Thiercadaver 
oder Umgrabungen der Wiesenplätze nur so lange Bedenken er¬ 
regen können, wie sich die betreffenden Bacterien haltbar zeigen. 
Dieser Zeitraum würde bei Cadavern mit Pneumouiebacillen, 
Tuberculose ein äusserst kurzer sein, sich dagegen für Milzbrand- 
cadaver auf sehr lange Zeit erstrecken. 

Bezüglich der Verschleppung der pathogenen Keime aus den 
Cadavern wurde ermittelt, dass das Erdreich dicht unterhalb der 
Gräbersohle frei von pathogenen Bacterien war. 

Ferner erwies sich, dass die Bestattung infectiöser Cadaver 
in einem Erdreich mit dauernd hohem oder abwechselnd hohem 
und niedrigem Grundwasserstande in dem Falle keine hygienischen 
Bedenken erregte, falls das die Cadaver umschliessende Erdreich 


in einer geringen Stärke eine genügende Filtrationskraft besitzt. 

Nachdem ich jetzt das Verscharren, das am häufigsten vor¬ 
kommende Verfahren zur Beseitigung von Thiercadavern und 
thieri8chen Abfällen, etwas näher besprochen habe, komme ich zu 
einer anderen, ebenfalls auf die ältesten Zeiten zurückzuführenden 
Vernichtnngsart, dem Verbrennen. Dasselbe ist unwirtschaftlich 
und erfordert erheblichen Kostenaufwand an Holz und Kohle. 
Das ursprüngliche Verfahren, nämlich die Anwendung frei 
brennender Scheiterhaufen, trifft man nur noch in Gegenden, wo 
ausserordentlich viel Brennholz vorhanden ist. 

Mit der Zeit ist man nun bei der Cadaveiverarbeitung darauf 
bedacht gewesen, ausser der Unschädlichmachung der Krankheits¬ 
und Fäulnisskeime auch gewisse werthvolle Stoffe aus den 
Cadavere zu gewinnen. Dieses Ziel suchte man zunächst durch 
Anskochen zu erreichen. Bei diesem Verfahren werden die 
Cadavertheile in offenen Kesseln mit Wasser und eventuell etwas 
Schwefelsäure stundenlang gekocht, das dabei ausgetretene Fett 
abgeschöpft und die ausgekochten Fleischmassen schliesslich 
getrocknet. Hierbei entwickeln sich aber ganz abscheuliche 
Gerüche, die die Luft verpesten, und da die Temperatur beim 
Kochen in offenen Kesseln höchstens auf 100° C ansteigt, 60 ist 
die Vernichtung der Seuchenkeime, von denen einzelne Tempera¬ 
turen über 100° C aushalten können, nicht gesichert. 

Meine Herren! Alle die bisher beschriebenen Verfahren zur 
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile entsprechen, 
wie wir gesehen haben, nicht den heutigen Anforderungen der 
Hygiene. Bei der Cadaverbeseitigung ist nicht allein dafür 
Sorge zu tragen, dass die Seuchenkeime vernichtet, Luft, Boden 
und Grundwasser nicht verunreinigt, sondern es ist auch gebührend 
Rücksicht darauf zu nehmen, dass bei einer sachgemässen Un¬ 
schädlichmachung alle brauchbaren Producte gewonnen werden, 
wodurch der Schaden, der die Interessenten betrifft, gemildert 
wird. Diese Aufgabe ist, wie ich bereits zu Anfang meines Vor¬ 
trages erwähnte, gelöst, und es ist dem vereinten Bestreben der 
Technik und Hygiene gelungen, Apparate zu construiren, die 
dieses ermöglichen. Die Apparate beruhen auf dem Princip der 
Dampfsterilisation bei hohem Druck. Bei diesem Verfahren 
kommt das zu verarbeitende Material in hermetisch geschlossene 
Gefässe, in welchen Dampf mit einem Druck von mehreren 
Atmosphären einwirkt; die Producte, die gewonnen werden, sind 
Dungpulver, Fett und Leim. 

Im Folgenden werde ich die wichtigsten dieser Apparate 
einer Besprechung unterziehen. 

Der älteste dieser Apparate ist das System de la Croix, benannt 
nach dem Director des Schlachthofes in Antwerpen. Der von 
diesem construirte Apparat ist von der Firma Rietschel und 
Henneberg, nachdem wesentliche Verbesserungen unter dem 
Namen Kafilldesinfector getroffen worden sind, in Deutschland 
eingeführt und auf verschiedenen Scblachthöfen in Thätigkeit. 

Der Kafilldesinfector besteht aus drei aufrecht stehenden durch 
Rohrleitungen mit einander verbundenen Cylindern, dem Sterili¬ 
sator, Recipient und Condensator. Der Sterilisator ist mit einem 
Doppelmantel versehen und dient zur Aufnahme und zur Durch¬ 
dämpfung der zu verarbeitenden Cadavertheile. Sowohl das Innere 
als wie auch der Mantel des Sterilisators stehen durch Rohr¬ 
leitung mit einem Dampfkessel, von dem der Dampf bezogen 
wird, in Verbindung. Während des Dampfprocesses werden die 
ausgetretenen Flüssigkeiten, Fett und leimhaltige Fleischbrühe, 
durch den im Sterilisator herrschenden Dampfdruck aus dem¬ 
selben von Zeit zu Zeit nach dem Recipienten übergedrückt. 
Hier findet die Scheidung des Fettes von der Fleischbrühe statt, 
so dass beide getrennt durch verschieden hoch angebrachte Hähne 
abgezapft werden können. Der sich an den Recipienten an- 


Digitized by CjOOQie 




13. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


15 


schlie88ende Condensator dient znm Niederschlagen der abziehen¬ 
den Dämpfe and Gase. Der hierbei übrig bleibende Rest von 
Gasen wird durch eine Rohrleitung der Kesselfeuerung zugeführt. 

Nach beendigter Durchdämpfung werden die durchgekochten 
.Fleisch- und Knochenmassen durch die an der Seite des Sterili¬ 
sators angebrachte Oeffnung herausgenommen, um in einem 
besonderen Trockenschrank getrocknet zu werden. Darnach 
werden die getrockneten Massen in einer kleinen Mühle zu Pulver 
vermahlen. 

Der Apparat, der bei nns in Danzig auf dem Schlachthofe 
aufgestellt ist und meines Wissens auch in Spandau, Karlsruhe 
und Elberfeld in Thätigkeit ist, arbeitet nicht geruchlos, wie von 
der Firma Rietschel u. Henneberg behauptet wird. 

Ganz geruchlos werden wohl die auch noch weiter zu be¬ 
trachtenden Apparate nicht arbeiten, denn bei ihnen werden auch 
gerade wie beim Kafilldesinfector die sich nicht im Condensator 
niederschlagenden Gase und Dämpfe unter die Kesselfeuerung 
geleitet, wo sie verbrannt werden sollen. Die Theorie ist ganz 
schön, aber es gelingt nicht alle Gase zu verbrennen, und ein 
Theil wird immer mit dem Rauch aus dem Schornstein ent¬ 
weichen und die Luft verunreinigen, daher kamen denn auch, gleich 
nachdem der Apparat einige Zeit bei uns in Thätigkeit war, von 
den in der Nähe der Schlacht- und Viehhöfe wohnenden Personen 
Beschwerden. Wir haben hier in der Weise Abhilfe geschaffen, 
dass wir den Schornstein der Kafilldesinfectionsanlage bedeutend 
erhöhten, wodurch sich die Gase mehr der Luft mittheilen können 
und daher im ganz verdünnten Zustande nach unten kommen. 

Ein weiterer Mangel des Kafilldesinfectors ist der, dass die 
nach einer 8—10 ständigen Kochdauer erhaltenen Halbproducte, die 
durchkochten Fleisch- u. Knochenmassen, umgeladen werden müssen, 
um in einem Trockenschrank auf eisernen Platten getrocknet zu 
werden. Auch hierbei haben sich Unzuträglichkeiten heraus¬ 
gestellt. 

Wesentlich besser scheint mir das „System Podewils zur 
Verarbeitung von thierischen Cadavern“ zu Bein. Das Arbeits¬ 
verfahren mit dem Podewils’schen Apparat unterscheidet sich 
von dem des Kafilldesinfectors wesentlich dadurch, dass die 
Trocknung der durchdämpften Fleisch- und Knochenmassen in 
demselben Apparat erzielt wird. 

Den Hanpttheil des Apparates bildet eine starke, doppel¬ 
wandige, rotirende Trommel, in deren Innern sich eine frei- 
bewegliche Walze befindet, um die durchkochten Fleich- und 
Knochenmassen zu zerdrücken. Die Ableitung der extrahirten 
Flüssigkeiten, des Fettes und der leimhaltigen Fleischbrühe, und 
die Beseitigung der übelriechenden Gase wird im Princip in der¬ 
selben Weise wie beim Kafilldesinfector bewerkstelligt. Das 
Princip, die Durchkochung und Trocknung des zu verarbeitenden 
Materials in einem und demselben Gefässe auszuführen, bedeutet 
jedenfalls einen erheblichen Fortschritt dem Kafilldesinfector 
gegenüber. Der Mangel, der diesem Apparat anhaften soll — 
mir ist er vom Ansehen, nicht aber aus eigener Erfahrung be¬ 
kannt — soll der sein, dass die Entfettung der Cadavertheile 
ungenügend ist, weil die ganze Masse von Fleisch, Knochen, 
Leimbrühe und Fett durcheinander gerührt wird zur Zer¬ 
kleinerung der Fleisch- und Knochentheile durch die Walze. 
Dieser Umstand soll es bedingen, dass das Cadavermehl einen 
erheblich höheren Fettgehalt besitzt als die Producte anderer 
Systeme. 

Dementsprechend soll auch ein Ausfall an der Fettausbeute 
mit dem Apparat zu verzeichnen sein. 

Ein anderer Apparat der neuesten Zeit ist der von der 
Firma B. A. Hartmann in Berlin construirte Extractionsapparat. 
Derselbe arbeitet mit indirectem Dampf und zwar in der Weise, 


dass der vom Kessel herrührende Dampf nicht unmittelbar dem 
Rohmaterial zugeführt wird, sondern indem indirect durch Ver¬ 
mittelung des Kesseldampfes das aus dem Fleisch abtropfende 
Wasser verdampft und in dem hieraus erzeugten Dampf das Roh¬ 
material gekocht wird. In seiner Construction hat der Apparat 
viel Aehnlichkeit mit dem Kafilldesinfector. Man unterscheidet 
an demselben den Sterilisator, welcher in seinem unteren Theile 
den Fettabscheider enthält, den Condensator und den Verdampfer. 
Der Apparat soll, da er nur mit indirectem Dampf arbeitet, zu 
langsam und daher zu kostspielig arbeiten. Ausserdem theilt er 
auch den Mangel des Kafilldesinfectors, dass die durchkochten 
Knochen- und Fleischmassen zum Zwecke der Trocknung um¬ 
geladen werden müssen. 

Der neueste und, wie man schreibt, auch der vollkommenste 
Apparat ist das „Otte’sche System“. Derselbe wird von der 
Actiengesellschaft für Trebertrocknung in Cassel fabricirt 

Nach dem Prospect ist der wichtigste Theil des Apparates 
der Desinfector oder Sterilisator, welcher ein doppelwandiger, 
feststehender Cylinder im Innern mit einer gelochten Trommel 
ist, in der sich eine Walze befindet, welche den Zweck hat, die 
extrahirten Cadaver zu zerkleinern und durch die Löcher der 
Trommel in den inneren Mantel, den Trockenraum, zu befördern. 
Die perforirte Trommel ist auf einer starken Walze gelagert 
und kann durch ein Antriebsschneckenrad sowohl rückwärts als 
vorwärts gedreht werden. Im inneren Mantel des festen Cylinders 
befinden sich Schaufeln und Bürsten, welche das Fleischmehl be¬ 
wegen und wenden, wodurch der Trocknungsprocess wesentlich 
beschleunigt wird, und nach Beendigung desselben den Apparat 
selbstthätig entleeren. Mit diesem Sterilisator ist ein Fett¬ 
abscheider, Recipient, verbunden, in welchen die Leimbrühe und 
das Fett continuirlich abflicssen, während die Gase durch einen 
Ejector abgesaugt und unter die Dampfkesselfeuerung abgeführt 
werden. 

Die Vorzüge dieses Apparates sollen darin bestehen, dass er 
vollständig geruchlos arbeitet und die eingesetzten Rohmaterialien 
den Apparat als fertige Producte verlassen. 

Was die Rentabilität der einzelnen Apparate betrifft, so 
wird von den Firmen, welche dieselben construiren, behauptet, 
dass dieselbe eine ziemlich hohe sei. Um dies zu beweisen, sind 
Probeversuche angestellt, auf Grund deren die Rentabilität be¬ 
rechnet wird. Einen solchen Versuch finden wir auch in dem 
Prospect, welchen die Actiengesellschaft für Trebertrocknung ver¬ 
schickt, veröffentlicht. Zu dem Versuche wurden verwendet: 

2 Pferde, 

\ Rinder, 

2 kl. Schweine, 

4 Kälber (uugeboren) 

10 Hunde. 

Zus. 1200 kg. 

Hieraus wurden gewonnen. 

310 kg Fett, k 0,28 Mk. per kg = 86,80 Mk. 

217 „ Dungpulver ä 0,08 „ „ „ = 17.15 „ 

Summa 104,15 Mk. 

Davon gehen die Ausgaben im Betrage v on 31,50 „ ab , 
so dass ein Reingewinn von 72,65 Mk. 

verbleibt. 

Das wäre ein recht günstiges Resultat. In Wirklichkeit 
wird sich die Sache aber wesentlich anders stellen, denn es 
dürften nicht immer solche fetten Kadaver, die 26 pCt. Fett 
liefern, znr Verarbeitung kommen. In der Regel bekommt der 
Abdecker abgemagerte Cadaver, die eine viel geringere Ausbeute 
an Fett geben werden. Es scheinen mir daher auch die Resultate, 
wie sie in dem Prospect über das Podewils'sehe System ver- 

e 







14 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


wegen der leicht eintretenden Uebersättigung mit Fäulnissproducten 
für Verscharrungsplätze dnrchaus ungeeignet ist 

AIb absolut ungeeignet für die Anlage von Verscharrungs¬ 
plätzen sind alle Lehm- und Thonböden zu bezeichnen, da in 
ihnen die Cadaver jauchig werden. 

Was die Gefahren betrifft, die dem Boden und Grundwasser 
durch eine Verseuchung drohen, so liegen exacte wissenschaft¬ 
liche Versuche vor, die im Kaiserlichen Gesundheitsamte angestellt 
wurden. 

Die zu diesem Zwecke in den Jahren 1885 bis 1891 von 
Petri angestellten Versuche bezogen sich auf die Bestattung 
kleiner Thiercadaver in reinem Sandboden. Sie hatten das Er¬ 
gebnis gehabt, dass die pathogenen Keime mit wenigen Aus¬ 
nahmen sehr rasch zu Grunde gegangen waren, ohne in infections- 
tüchtigem Zustande in das Erdreich übergegangen zu sein. 
Weitere Versuche wurden sodann von dem Stabsarzt Dr. Lösener 
in der Zeit von Juni 1893 bis October 1895 ausgeführt und sollten 
zur Beantwortung der Frage dienen, ob und inwieweit das Be¬ 
statten infectiöser Leichen in der Erde Gefahren für die Um¬ 
gebung in sich schliesse. 

Zu Versuchsobjecten wurden Thiercadaver verwendet, die 
mit den Krankheitserregern der gefährlichsten Seuchenkrankheiten 
bei Menschen und Thieren versehen wurden. Die Cadaver wurden 
in Holzsärge gelegt und lü bis 2 Meter tief in verschiedenen 
Untergrund mit wechselnder Höhe des Grundwassers vergraben 
und in Zwischenzeiten von einem Monat bis zu zwei Jahren 
wieder ausgegraben. 

Betreffs der Haltbarkeit der pathogenen Bacterien innerhalb 
der begrabenen Thiercadaver wurde Folgendes ermittelt: 

Bacterien mit den Eigenschaften der Typhusbacillen wurden 
in den mit Typhusbacillen gefüllten Objecten nur bis zum 
96. Tage nach der Eingrabung und zwar nur einmal gefunden. 

Choleravibrionen erwiesen sich nur bis zu 28 Tagen in der 
Fäulniss lebensfähig. 

Der Nachweis lebensfähiger und virulenter Tuberkelbacillen 
war nach 95 Tagen nicht mehr so sicher wie nach 60 Tagen und 
gelang vom 123. Tage ab überhaupt nicht mehr. Tetanusbacillen 
hatten sich 234 Tage lang in den Cadavern voll virulept erhalten. 
Nach 361 Tagen konnten aber lebensfähige Tetanuskeime nicht 
mehr gefunden werden. 

Der Bacillus pyocyaneus war nur bis zum 33. Tage aus den 
Cadavern isolirt worden. 

Der Nachweis des Friedländerschen Pneumoniebacillus gelang 
schon nach 28 Tagen nicht mehr, während der Micrococcus tetra- 
genus in dem gleichen Zeitraum sich lebensfähig gehalten hatte. 

Milzbrandkeime hatten sich während der einjährigen Beob¬ 
achtungszeit voll virulent erhalten. 

Schweinerothlanfhacillen 'fanden sich bis zu 234 Tagen in 
den faulenden Objecten und waren während dieser Zeit auch I 
voll virulent. 

Demnach würden Ausgrabungen infectiöser Thiercadaver 
oder Umgrabungen der Wiesenplätze nur so lange Bedenken er¬ 
regen können, wie sich die betreffenden Bacterien haltbar zeigen. 
Dieser Zeitraum würde bei Cadavern mit Pneumoniebacillen, 
Tuberculose ein äusserst kurzer sein, sich dagegen für Milzbrand- 
cadaver auf sehr lange Zeit erstrecken. 

Bezüglich der Verschleppung der pathogenen Keime aus den 
Cadavern wurde ermittelt, dass das Erdreich dicht unterhalb der 
Gräbersohle frei von pathogenen Bacterien war. 

Ferner erwies sich, dass die Bestattung infectiöser Cadaver 
in einem Erdreich mit dauernd hohem oder abwechselnd hohem 
und niedrigem Grnndwasserstande in dem Falle keine hygienischen 
Bedenken erregte, falls das die Cadaver umschliessende Erdreich 


in einer geringen Stärke eine genügende Filtrationskraft besitzt 

Nachdem ich jetzt das Verscharren, das am häufigsten vor¬ 
kommende Verfahren zur Beseitigung von Thiercadavern und 
thierischen Abfällen, etwas näher besprochen habe, komme ich zn 
einer anderen, ebenfalls auf die ältesten Zeiten zurückzufübrenden 
Vernichtungsart, dem Verbrennen. Dasselbe ist unwirthschaftlich 
und erfordert erheblichen Kostenaufwand an Holz und Kohle. 
Das ursprüngliche Verfahren, nämlich die Anwendung frei 
brennender Scheiterhaufen, trifft man nur noch in Gegenden, wo 
ausserordentlich viel Brennholz vorhanden ist. 

Mit der Zeit ist man nun bei der Cadaveiverarbeitung darauf 
bedacht gewesen, ausser der Unschädlichmachung der Krankheits¬ 
und Fäulnisskeime auch gewisse werthvolle Stoffe aus den 
Cadavere zu gewinnen. Dieses Ziel suchte man zunächst durch 
Auskochen zu erreichen. Bei diesem Verfahren werden die 
Cadavertheile in offenen Kesseln mit Wasser und eventuell etwas 
Schwefelsäure stundenlang gekocht, das dabei ansgetretene Fett 
abgeschöpft und die ausgekochten Fleischmassen schliesslich 
getrocknet. Hierbei entwickeln sich aber ganz abscheuliche 
Gerüche, die die Luft verpesten, und da die Temperatur beim 
Kochen in offenen Kesseln höchstens auf 100° C ansteigt, so ist 
die Vernichtung der Seuchenkeime, von denen einzelne Tempera¬ 
turen über 100° C aushalten können, nicht gesichert. 

Meine Herren! Alle die bisher beschriebenen Verfahren zur 
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile entsprechen, 
wie wir gesehen haben, nicht den heutigen Anforderungen der 
Hygiene. Bei der Cadaverbeseitigung ist nicht allein dafür 
Sorge zu tragen, dass die Seuchenkeime vernichtet, Luft, Boden 
und Grundwasser nicht verunreinigt, sondern es ist auch gebührend 
Rücksicht darauf zu nehmen, dass bei einer sachgemässen Un¬ 
schädlichmachung alle brauchbaren Producte gewonnen werden, 
wodurch der Schaden, der die Interessenten betrifft, gemildert 
wird. Diese Aufgabe ist, wie ich bereits zu Anfang meines Vor¬ 
trages erwähnte, gelöst, und es ist dem vereinten Bestreben der 
Technik und Hygiene gelungen, Apparate zu construiren, die 
dieses ermöglichen. Die Apparate beruhen auf dem Princip der 
Dampfsterilisation bei hohem Druck. Bei diesem Verfahren 
kommt das zu verarbeitende Material in hermetisch geschlossene 
Gefässe, in welchen Dampf mit einem Druck von mehreren 
Atmosphären ein wirkt; die Producte, die gewonnen werden, sind 
Dungpulver, Fett und Leim. 

Im Folgenden werde ich die wichtigsten dieser Apparate 
einer Besprechung unterziehen. 

Der älteste dieser Apparate ist das System de la Croix, benannt 
nach dem Director des Schlachthofes in Antwerpen. Der von 
diesem construirte Apparat ist von der Firma Rietschel und 
Henneberg, nachdem wesentliche Verbesserungen unter dem 
Namen Kafilldesinfector getroffen worden sind, in Deutschland 
eingeführt und auf verschiedenen Schlachthöfen in Thätigkeit 

Der Kafilldesinfector besteht ans drei aufrecht stehenden dun 
Rohrleitungen mit einander verbundenen Cylindern, dem 
sator, Recipient und Condensator. Der Sterilisator ist 
Doppelmantel versehen und dient zur Aufnahme und 
dämpfung der zu verarbeitenden Cadavertheile. Sow* 
als wie auch der Mantel des Sterilisators stel 
leitung mit einem Dampfkessel, von dem dt 
wird, in Verbindung. Während des Dampfp 
ausgetretenen Flüssigkeiten, Fett und leii 
durch den im Sterilisator herrschender 
selben von Zeit zu Zeit nach 
Hier findet die Scheidung de ■ 
so dass beide getrennt durrl 
abgezapft 











13. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHKNSCURlPtt 



schliessende Condensator dient zum Niederschlagen der abziehen¬ 
den Dämpfe und Gase. Der hierbei übrig bleibende Rest von 
Gasen wird durch eine Rohrleitung der Kesselfeuerung zngeführt. 

Nach beendigter Durchdämpfung werden die durchgekochten 
Fleisch- und Knochenmassen durch die an der Seite des Sterili¬ 
sators angebrachte Oeft'uung herausgenommen, um in einem 
besonderen Trockenschrank getrocknet zu werden. Darnach 
werden die getrockneten Massen in einer kleinen Mühle zu Pulver 
vermahlen. 

Der Apparat, der bei uns in Danzig auf dem Schlachthofe 
aufgestellt ist und meines Wissens auch in Spandau, Karlsruhe 
und Elberfeld in Thätigkeit ist, arbeitet nicht geruchlos, wie von 
der Firma Rietschel u. Henneberg behauptet wird. 

Ganz geruchlos werden wohl die auch noch weiter zu be¬ 
trachtenden Apparate nicht arbeiten, denn bei ihnen werden auch 
gerade wie beim Kafilldesinfector die sich nicht im Condensator 
niederschlagenden Gase und Dämpfe unter die Kesselfeuerung 
geleitet, wo sie verbrannt werden sollen. Die Theorie ist ganz 
schön, aber es gelingt nicht alle Gase zu verbrennen, und ein 
Theil wird immer mit dem Rauch aus dem Schornstein ent¬ 
weichen und die Luft verunreinigen, daher kamen denn auch, gleich 
nachdem der Apparat einige Zeit bei uns in Thätigkeit war, von 
den in der Nähe der Schlacht- und Viehhöfe wohnenden Personen 
Beschwerden. Wir haben hier in der Weise Abhilfe geschaffen, 
dass wir den Schornstein der Kafilldesinfectionsaulage bedeutend 
erhöhten, wodurch sich die Gase mehr der Luft mittheilen können 
und daher im ganz verdünnten Zustande nach unten kommen. 

Ein weiterer Mangel des Kafilldesiufectors ist der, dass die 
nach einer 8—lOstündigen Kochdauer erhaltenen Halbproducte, die 
durchkochten Fleisch- u. Knochenmassen, umgeladen werden müsses. 
um in einem Trockenschrank auf eisernen Platten getrocknet zx 
werden. Auch hierbei haben sich Unzuträglichkeiten her&ü*- 
gestellt. 

Wesentlich besser scheint mir das „System Podewils zxr 
Verarbeitung von thierischen Cadavern“ zu sein. Das Ari*tr3- 
verfahren mit dem Podewils’schen Apparat unterscheid« 
von dem des Kafilldesinfectors wesentlich dadurch, dü- iii- 
Trocknung der durchdämpften Fleisch- und Knochenm*s*ta n 
demselben Apparat erzielt wird. 

Den Haupttheil des Apparates bildet eine starke nmpt- 
wandige, rotirende Trommel, in deren Innern siel eik t*— 
bewegliche Walze befindet, um die durchkochten » 

Knochenmassen zu zerdrücken. Die Ableitung der - — 
Flüssigkeiten, des Fettes und der leimhaltigen Fl-i'-^n-ir » 
die Beseitigung der übelriechenden Gase wird im j i 
selben Weise wie beim Kafilldesinfector * 

Princip, die Durchkochung und Trocknung des n 
Materials in einem und demselben Gefässe at erirLr“. 
jedenfalls einen erheblichen Fortschritt den r r- 
gegenüber. Der Mangel, der diesem Apparr aumai : » ~ 
mir ist er vom Ansehen, nicht aber aus «e Lärx 
kannt — soll der sein, dass die Entf ern - ±r 
ungenügend ist, weil die ganze Masse v-a T 
Leimbrüho und Fett durcheinander r_— * ~ 

kleinerung der Fleisch- und Knocler_-_ sr- ■ 

Dieser Umstand soll es bedingen, dm - - 

erheblich höheren Fettgehalt besitz: ac 1 
Systeme. 

Dementsprechend soll auch en jm- 
mit dem Apparat zu verzeichnet ei 

Ein anderer Apparat de: 

Firma B. A. Hartmann i 
Derselbe arbeitet mit in 


dass der '('in KltHl MtWMIM » 
Rohmaterial zugvftihit • 
mittelung dos KosstcUlAmp'o.' »I»' ' 
Wasser vordampft «ad i* dos* 
material gekocht witv! la >>. »n' A 
viel Aehnlichkatt mit dmn 
an demselben den SttrtMH 
den Fettab seb e i der edMfc 
Der Apparat soll, da s* »fc da 
langsam and daher m 
auch den Mangel des 

und mm • 


Knochen 
geladen werden mfcsex* 
Der neueste ani. 1 
Apparat 

Actiengeselischafc 

der Demnfecftr öfC 
feststehender Cjfcdr ^ ^ 
ist. in der äd Ae Vttm 
extraliirtea laaa** - * 
Trommel in dar smr* Ha 
Die perftn* 

vorwirs stim* ■* 

beinaert äri • i mamm m 
weset nt- ^mim. mm * 


■'sten 
■ Jahr 
■te vor- 
iiesslich 
ilt, nacli- 
Bestande 
. — Bei 

I ai bis De¬ 
ll grösserer 
:en Pferde 
adelt. Die 
»rustseuche 
r Versuche 
auch zwei 
■ Impfung), 
pfung aus- 
geimpften 
die Seuche 
jedoch nur 
dieser Be- 
libusgesell- 
Von 109 
ärz wurde 
tens sechs 
24 Pferde 
März mit 
de je nach 

llh an Serum allmählich mit je zwei- 
Mai hin behandelt. Für 41 dem Be- 

I gehörende und noch nicht durchseuchte 
* zu beschaffen, da man vor Allem die 
■sichtigte. Von allen geimpften Pferden 
Kink, von den nicht geimpften 41 erkrankten 
I ichefreiheit des Bestandes dauerte bis Ende 
.i neuer Seucheausbruch constatirt, dem bald 
den neu zugekauften (mit Serum behandelten) 
Die immunisirende Wirkung des Serums, wenn 
ommen werden soll, hatte also auch hier nur 
.»gehalten. Bei diesem zweiten Seuclieugange er- 

P l'ferde mit zwei Todesfällen. Nun wurden die 86 
griffenen, sowie 14 neu zugekaufte Pferde wiederum 
rum behandelt. Von diesen so behandelten Tbieren er- 


Digitized by 
















16 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


öffentlicht sind, viel zutreffender zu sein. Hiernach wurden auf 
der städtischen Abdeckerei zu Hamburg von November 189:1 bis 
October 1894: 569 565 kg Rohmaterial verarbeitet, woraus 

53 350 kg Fett = 9,04 pCt. und 139 456 kg Dungpulver 
= 24,49 gewonnen wurden. Aehnlich lauten auch die Probe¬ 
versuche mit dem Kafilldesinfector und mit dem Hartmann’schen 
Apparat. 

Wesentlich ungünstiger als auf den Abdeckereien gestalten 
sich die Resultate in den Schlachthäusern, wo verhältnissmässig 
wenig Cadaver, aber grosse Mengen von Organen, Lungen, 
Lebern, Gebärmuttern und ungeborenen Kälber, die sehr fettarm 
und wasserreich sind, zur Verarbeitung kommen, wie aus folgenden 
Angaben, die mit unserem Apparat erzielt sind, zu ersehen ist. 
Es wurden demselben im Jahre 1896: 196$ Thiere im Gewicht 
von 21 076 kg und eine grosse Anzahl von Organen im Gewicht 
von 142 716 kg, zusammen 163 792 kg überwiesen. An Producten 
wurden daraus gewonnen: 

7 243 kg Fett = 4,42 pCt. und 

12 464 kg Dungpulver = 7,61 pCt. 

Erlöst wurden für 

100 kg Fett durchschnittlich 33 Mk. = 2390,19 Mk. 

und für 100 kg Du ngpulver _ 12 „ = 1495,68 „ 

zusammen: 3885,87 Mk. 

Wenn man nun bedenkt, dass wir jetzt aus der Confiscation, 
die früher als werthlos der Abdeckerei überwiesen wurde, eine 
jährliche Einnahme von 3885 Mk. 87 Pf. erzielen, so sollte man 
glauben, dass dies ein recht günstiges Resultat wäre. Dem ist 
aber nicht so, denn den Einnahmen stehen fast ebensoviel Aus¬ 
gaben gegenüber, so dass wir in den drei Jahren, seitdem der 
Apparat bei uns in Thätigkeit ist, noch keine Ueberschüsse er¬ 
zielen konnten. Immerhin sind wir aber froh, denselben zu be¬ 
sitzen, denn wir haben die Gewissheit, dass alle Seuchenkeime 
sicher zerstört werden und ekelhaftes, gesundheitsschädliches 
Fleisch nicht wieder in den Verkehr gelangt, wie dies schon 
wiederholt in anderen Städten geschehen ist. 

Es bleibt mir nur noch übrig, einige Mittheilungen über die 
gewonnenen Producte zu' machen. Dieselben sind bekanntlich 
Dungpulver, Fett und Leim. 

Das Dungpulver stellt eine bräunliche Masse dar und enthält 
nach den Untersuchungen, die wir wiederholt haben anstellen 
lassen, 9 bis 10 pCt. Phosphorsäure und 9 bis 10 pCt. Stickstoff. 
Dasselbe ist bisher nicht nur als Düngemittel, sondern auch als 
Vieh- und Fischfutter verwendet worden. Die in Westpreussen 
mit dem Dungpulver von den Oberförstereien angestellten Ver¬ 
suche sind sehr günstig ausgefallen, so dass von denselben immer 
neue Bestellungen eingehen. Auch die hiesigen Gärtnereien 
preisen das Dungpulver als ein ganz vorzügliches Düngemittel. 
Nur die Landwirthe haben demselben noch wenig Beachtung ge¬ 
schenkt. Um dasselbe auch für die Landwirtschaft nutzbar zu 
machen, haben wir im vergangenen Frühjahr mehrere Centner 
der Landwirthschaftskammer mit dem Ersuchen zur Verfügung 
gestellt, Versuche damit anstellen zu wollen. Ueber die Resultate 
der Versuche ist bisher noch nichts bekannt geworden. 

Ein Versuch, der von einem Landwirth gemacht wurde, das¬ 
selbe als Mastfutter für Schweine und Geflügel zu verwenden, 
scheint nicht besonders gut ausgefallen zu sein, da weitere Be¬ 
stellungen nicht erfolgt sind. 

Besser scheint es sich als Fischfutter zu bewähren. Einzelne 
Fischzüchter haben damit ganz günstige Resultate erzielt und 
beziehen daher dasselbe schon seit zwei Jahren regelmässig in 
kleineren Quantitäten. 

Der Preis, den wir bisher für das Dungpulver erzielten, belief 
sich auf 6 Mk. für den Centner. 


Das Fett ist grau, graubraun bis dunkelbraun. Die Farbe 
richtet sich ganz nach dem Rohmaterial. Werden Cadavertbeile 
von Sehweiten verarbeitet, so ist die Farbe heller, dunkler da¬ 
gegen, wenn das Rohmaterial aus Cadavertheilen von Schafen, 
Pferden und Rindein besteht. Das Fett findet zur Seifenfabrication 
Vt-rwendung und wird besonders das helle bevorzugt. Auch zum 
Schmieren weniger werthvoller Maschinen haben wir dasselbe ab¬ 
gegeben. Während nun das Dungpulver noch nicht den ge¬ 
wünschten Absatz gefunden hat und wir davon immer grössere 
Mengen auf Lager haben, so ist das Fett bisher sehr leicht ver¬ 
käuflich gewesen. Die Preise, die für dasselbe gezahlt wurden, 
schwankten zwischen 15 bis 20 Mk. pro Centner. 

Der aus der leimhaltigen Fleischbrühe durch Eindampfen ge¬ 
wonnene Leim ist nur ein minderwerthiges Product. Wir ge¬ 
winnen denselben nicht, sondern lassen die ganze Fleischbrühe 
in die Canalisation ablaufen. Auch von Rietschel & Henne¬ 
berg ist zum Kafilldesinfector ein Apparat zur Gewinnung des 
Leimes construirt worden. Wir haben diesen Apparat aber nicht 
beschafft, denn die Untersuchung der leimhaltigen Fleischbrühe, 
die wir durch hiesige Chemiker anstellen Hessen, hat ergeben, 
dass der Leim verbrannt ist, weil er bei zu hohem Druck ge¬ 
wonnen wodurch ihm die Gelatinirfähigkeit genommen wird. 
Auf einen hohen Gewinn wird daher wohl bei der Gewinnung 
dieses Leimes gar nicht zu rechnen sein Der für denselben ge¬ 
zahlte Preis soll 5 bis 6 Mk. pro Centner betragen. 

Ich bin nun am Ende meiner Ausführungen angelangt und 
hege den Wunsch, dass alle betheiligten Behörden in Zukunft 
dieser Angelegenheit mehr Interesse widmen und für eine sichere 
und nnschädHche Beseitigung der Thiercadaver und Cadavertheile 
Sorge tragen möchten, wodurch zur Erhaltung der Gesundheit 
unserer Mitmenschen wesentlich mit beigetragen wird. 


Serum-Anwendung bei Druse. 

Von 

Delvos- Gladbach, 

Thierarzt. 

Serumbehandlung. 

Die Klagen der Händler und grösseren Gutsbesitzer über 
Erkrankung an Druse veranlasst mich, das Serum von aus- 
gedrnsten Pferden therapeutisch zu verwenden. Die Gewinnung 
des Serums ist sehr einfach. Am wirksamsten ist das Serum 
von nicht zu fett genährten Pferden oder stark gedrusten Pferden. 
Ist die Druse Überstauden, so soll man nicht zu lange mit dem 
Aderlass zögern. Ich nehme gewöhnHch 4 Liter Blut ab und er¬ 
halte 900 bis 1000 Gramm reines, klares Serum. Während das 
Blut aus der Jugularis ausströmt, lasse ich das Blut rühren und 
ebenso zehn Minuten nachher bis zur Gerinnung. Das in dem 
sterilisirten Gefilsse enthaltene Blut bleibt drei bis vier Tage in 
Eis stehen, und es setzt sich an der Oberfläche helles, zuweilen mit 
Blutfarbstoff vermischtes Serum ab. Das Serum wird durch ein 
sterilisirtes Tuch in eine Porzellanschale gegossen, bis zu 70° C. 
unter Verschluss mit Zusatz von $ pCt. reiner Carbolsäure er¬ 
wärmt und zur Aufbewahrung in dunkle Gefässe gegossen. 

Die Injectionen an den Pferden des Händlers S. Flatau zu 
M.-Gladbach führe ich hier an. 

Gegeben wurde pro Pferd 20 Gramm Serum. 

Die ersten 16 Pferde hatten bereits acht Tage in dem Stalle 
des Herrn Simon Flatau gestanden, waren also jeder mögUcken 
Infection ausgesetzt gewesen. 

Sichtlich an Druse erkrankt waren drei. Die Drüsen der 
Kinnlade geschwollen. Der Appetit sehr mangelhaft. Die übrigen 
13 Pferde husteten zuweilen, doch kein Nasenausfluss. An dem 
Tage nach der Injection war die Temperatur bei den drei Pferden 


Digitized by LjOOQie 




13. Januar 1898. 

um 1 bis 1&° C. gestiegen. Nachmittags trat ein sehr starker 
und anhaltender Nasenausfluss ein. Der Appetit wurde auffallend 
gut, das Auge sehr lebhaft, die Anschwellung der Kehlgangdrüsen 
war fast Null. Die übrigen 13 Pferde hatten keine Temperatur¬ 
erhöhung. Es stellte sich geringer Nasenausfluss ein und die 
Thiere hatten während der 14 tägigen Beobachtung ihren Nähr¬ 
zustand und ihr Temperament normal erhalten. 

Eine zweite Serie Pferde, 30 Stück, wurde kurz nach dem 
Zugang in den betreffenden Stall mit Serum geimpft. Eine Er¬ 
höhung der Temperatur stellte sich bei keinem Pferde nach der 
Injection ein. Es ist deshalb wohl anzunehmen, dass obige 
Temperaturerhöhung (drei Pferde) wohl der vorgeschrittenen 
Druse zuzuschreiben ist. Diese Pferde husteten in den nächsten 
Tagen zuweilen, auch ein minimaler Nasenausfluss stellte sich 
ein, aber irgend eine Drüsenanschwellung oder sonstige Druse¬ 
anzeichen waren nicht sichtbar. 

Vor acht Tagen wurden noch 14 Pferde mit je 20 Gramm 
Serum geimpft. Der Erfolg wie früher. Von dem Elberfelder 
Markt kam ein belgisches schweres Karrenpferd nach hier. Am 
zweiten Tage stellten sich unter erheblichen Nasenanschwellungen 
grössere Geschwülste am Bauche und Oedeme an den Hinter¬ 
und Vorderfüssen ein. Es. stellte das Pferd eiue Collectiv - Er¬ 
krankung mit Blutfleckenerkrankung dar. 

Am ersten Tage wurden 30 Gramm Serum injicirt. Keine 
Temperaturerhöhung am folgenden Tage. Das Auge schien etwas 
lebhafter. Appetit gering, nur etwas Wasser konnte mühsam ge¬ 
schluckt werden. Am dritten Tage wurden 40 Gramm Serum 
injicirt. 

Am vierten Tage Nachmittags nahmen die Oedeme sichtlich 
ab und am fünften Tage trat bei reichlichem Nasenausfluss eine 
Rückbildung sämmtlicher Anschwellungen ein. Die Respiration 
wurde normal. Die Bewegung der Kauwerkzeuge war nicht be¬ 
hindert, und es wurde dem Pferde das gewöhnliche Haferfutter ge¬ 
geben. 

Dieser letzte Fall ist interessant für die Collegen, welche in 
Pferdehändlerställen prakticiren, und ich möchte diesen Kranken 
um so mehr hervorheben, als diese Sorte Erkrankungen gewöhn¬ 
lich gerne letal endigen. Ob hier das Serum allein die schnelle 
Auslösung des Infectionsstoffes bewirkt hat, muss die Beobachtung 
weiterer erkrankter Pferde lehren. 

Drei amerikanische Pferde, von Antwerpen hierher trans- 
portirt, kamen mit Druse behaftet hier an. Der Husten war sehr 
gereizt und wurde häufig wiederholt. Anschwellungen der Hinter¬ 
beine. 

Kurz nach dem Einstellen erhielten die Pferde je 30 Gramm 
Serum. Am folgenden Tage war keine Temperaturerhöhung 
sondern das Thermometer stand auf 37,9° C. Der Appetit war 
normal. Das Haar glänzend. 

Ausser diesen wurden in sechs Privat-Beständen, wo ein 
Pferd an Druse erkrankt, noch 34 Pferde geimpft. 

Kein Pferd erkrankte weiter trotz eingeschleppter Druse aus 
den Ställen der Händler. 

Vorstehende Injectionsergebnisse veröffentliche ich in der 
Hoffnung, dass andere Collegen folgen und ihre Resultate zu¬ 
gänglich machen. Es ist für mich feststehend, dass durch das 
Serum die Infection von anderen Pferden verhindert werden kann, 
andererseits aber auch die bereits erkrankten Pferde im höchsten 
Grade günstig beeinflusst werden; besonders lehrreich ist der 
Einzelfall mit erheblichen Anschwellungen. Diese Sorte Pferde 
steht gewöhnlich Monate lang, ehe der Händler an Verkaufen 
denken kann, wenn nicht besondere Zufälle vorher den Tod ver¬ 
ursacht haben. 


17 


Referate. 

Sernminjection als Vorbengangsmittel gegen die Brast- 
senche der Pferde. 

Von Jensen. 

(Nach dem dänischen Bericht der Kgl. Veterinär-Hochschule zu 
Kopenhagen. Ztschr. f. Veterinärkd. August/September 1897.) 

Jensen hat unter Zugrundelegung des Hell’schen Ver¬ 
fahrens Versuche mit Seriuninjectionen gegen Brustseuche ge¬ 
macht. Er berührt dabei den ätiologischen Zusammenhang der 
Schütt’schen Kokken mit der Brustseuche und theilt den Zweifel 
an dem specifischen Charakter dieser Bacterien als Erreger der 
Brustseuche nicht. Bei der Ausführung der Sernminjection kommt 
es vor allen Dingen auf die Auswahl der das Serum liefernden 
Pferde an. Es dürfen weder frisch durchseuchte, noch solche 
Pferde ausgewählt werden, welche bereits vov Jahren die Krank¬ 
heit überstanden haben. Auchistselbstverständlich zu bedenken, dass 
bei Tetanus und Diphtheritis die durch Sernminjection erzeugte 
Immunität nach einer gewissen relativ kurzen Zeit aufhört. 

Beim zweiten Dragonerregiment in Ottensen sind 1894 Ver¬ 
suche gemacht worden. In diesem Regiment herrschte die Seuche 
seit 1860 jedes Jahr, und die Sterblichkeit erreichte 1886—92 
durchschnittlich die sehr hohe Ziffer von 28lj pCt. Beim ersten 
Versuch wurde das Serum von Pferden genommen, die ein Jahr 
vorher brustseuchekrank gewesen waren. Es wurden die vor¬ 
handenen 30 Remonten mit je 75 ccm, darauf mit 60 und schliesslich 
mit ICO ccm in Zwischenräumen von 2—4 Tagen behandelt, nach¬ 
dem einige Tage vorher die Brustseuche von Neuem im Bestände 
ausgebrochen war. Es kamen keine weiteren Fälle vor. — Bei 
der Friedrichsberger Omnibusgesellschaft herrschte Mai bis De- 
cember die Brustseuche. Als daher Ende des Jahres ein grösserer 
Pferdeankauf nötliig wurde, wurden die neugekauften Pferde 
zweimal hintereinander mit je 100 ccm Serum behandelt. Die 
dasselbe liefernden Pferde hatten im September die Brustseuche 
durchgemacht. Die Seuche sistirte mit dem Beginn der Versuche 
bis Ende April des nächsten Jahres. Dann wurden auch zwei 
mit Serum behandelte Pferde krank (3$ Monate nach der Impfung). 
— In einem Bestände, wo am 15. und 17. März die Impfung aus¬ 
geführt worden war, erkrankte am 9. April eins der geimpften 
an leichter Pneumonie. In einem andern Bestände, wo die Seuche 
schon drei Wochen geherrscht hatte, erkrankte ein jedoch nur 
einmal mit Serum behandeltes Pferd 6—7 Tage nach dieser Be¬ 
handlung. Unter den Pferden der Kopenhagener Omnibusgesell¬ 
schaft wurde im Januar die Brustseuche constatirt. Von 109 
Pferden erkrankten 44 mit 3 Todesfällen. Am 5. März wurde 
einigen der schwerkrank gewesenen, aber seit mindestens sechs 
Wochen fieberfreien Pferde Blut entnommen und damit 24 Pferde 
zum ersten Mal am 7. März, zum zweiten Mal am 10. März mit 
je 100 g Serum geimpft. Dann wurden 123 neue Pferde je nach 
dem zu beschaffenden Vorrath an Serum allmählich mit je zwei¬ 
mal 100 g bis gegen den Mai hin behandelt. Für 41 dem Be¬ 
stände schon länger angehörende und noch nicht durchseuchte 
Pferde war kein Serum zu beschaffen, da man vor Allem die 
neuzugekanften berücksichtigte. Von allen geimpften Pferden 
wurde keines mehr krank, von den nicht geimpften 41 erkrankten 
noch sechs. Die Seuchefreiheit des Bestandes dauerte bis Ende 
Juli. Da wurde ein neuer Seucheausbruch constatirt, dem bald 
viele Fälle unter den neu zugekauften (mit Serum, behandelten) 
Pferden folgten. Die immunisirende Wirkung des Serums, wenn 
eine solche angenommen werden soll, hatte also auch hier nur 
2—3 Monate angehalten. Bei diesem zweiten Seuchengange er¬ 
krankten 54 Pferde mit zwei Todesfällen. Nun wurden die 86 
noch nicht ergriffenen, sowie 14 neu zugekaufte Pferde wiederum 
mit Serum behandelt. Von diesen so behandelten Thieren er- 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LaOOQie 



18 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


krankten fünf an ausgeprägter Brustseuche, darunter eins zwei 
Tage, eins 12 und eins 18 Tage nach der Impfung, zwei erst 
nach 1^—2 Monaten. — Auch sonst wurden in der dänischen 
Armee ohne Mitwirkung Jensens noch mehrere Seruminjectionen 
ausgeführt. 

Indem er das Gesammtergebniss dieser Versuche sehr vor¬ 
sichtig zusammenfasst, giebt Jensen sein Urtheil dahin ab, dass 
dem Verfahren ein gewisser Nutzen nicht abzusprechen sei; denn 
von 466 geimpften Pferden sind nur noch 11 im Laufe der fol¬ 
genden Monate erkrankt und davon sechs so kurze Zeit nach der 
Impfung, dass sie schon vorher inficirt gewesen sein müssen, so 
dass von 466 Impfungen nur fünf als Fehlschläge angesehen 
werden können. Freilich ist ja der Einwand nicht abzuweisen, 
dass auch ohne die Impfung von den 466 Thieren der grösste 
Theil wahrscheinlich nicht erkrankt wäre. Doch hebt J. mit 
Recht hervor, dass diese Thiere sämmtlich besonders empfänglich 
waren (Remonten). J. erklärt daher die Seruminjection für ein 
gutes Mittel zur Erzeugung einer vorübergehenden Immuniät. 

J. betrachtet sodann kritisch die in Deutschland ansgefübrten 
Versuche von Hell, Töpper, Eichhorn, Lies und Bertram, 
Bilz, Neuse, Wittich, Ruscheweyh, Stephan, Ebertz, 
Zschokke, Weisshaupt und Fuchs und scheidet dieselben 
angesichts ihrer widersprechenden Resultate zunächst in für die 
Beurtheilung brauchbare und unbrauchbare. Zu letzteren rechnet 
er solche, bei denen das Serum von Pferden genommen wurde, 
die entweder noch krank waren oder die Seuche schon länger als 
ein Jahr überstanden hatten, oder wo die Gesammtdosis des ver¬ 
wandten Serums unter 100 g blieb. Scheidet man diese Ver¬ 
suche aus, so ergeben die verbleibenden, für die Beurtheilung des 
Serums brauchbaren deutschen Versuche ein übereinstimmendes 
und genau dasselbe Resultat, wie die dänischen, d. h. sie zeigen, 
dass die Serumiojectionen bei Brustseuche als ein werthvolles 
Schutzmittel anzusehen sind, welches ungefährlich ist und zur 
schnelleren Tilgung der Seuche wesentlich beitragen kann. Der 
Uebelstand ist nur der, dass so grosse Dosen Serum nothwendig 
sind, und dass man dieselben nicht gleich beim Beginn eines 
Seucheganges verwenden kann. Es müssen daher stets Pferde 
vorhanden sein, welche schon in kleinen Dosen wirksames Serum 
liefern können. Das dänische Kriegsministerium hat Versuche 
in dieser Richtung angeregt. Bei der bisherigen Methode eignen 
sich zur Serumgewinnung am besten Pferde, welche seit der 
typischen Krankheit 6—12 Wochen lang fieberfrei sind. Jedem 
Pferd werden vier Liter Blut entnommen. Dasselbe wird in 
grossen gründlichst sterilisirten Glasgefässen aufgefangen, die 
mit Pergamentpapi r zugedeckt und 24—48 Stunden in Eiswasser 
zur Serumausscheidung eingestellt werden. Füllt man dann das 
Serum in sterilisirte Flaschen mit 100 g Inhalt, dem man ein 
paar Tropfen Chloroform znsetzt, und verschliesst sie mit un¬ 
gebranntem Wattepfropfen, so kann man dieses Serum einige Zeit 
vorräthig halten. 

Ueber den Nervenschnitt. 

Von Professor Fröhner. 

(MUh. f. Th., Bd. VIII, H. 11.) 

Bei 42 ausgeführten Nervenschnitten hat Fröhner den 
Medianus 31 mal, die Fesselnerven 7 mal und den Tibialis 4 mal 
durchschnitten. 10 pCt. der Pferde lahmten weiter, die übrigen 
wurden geheilt, so dass der Nervenschnitt als eine wichtige 
Operation angesehen werden muss. Die Frage: Soll man den 
Medianus bezw. Tibialis durchschneiden oder die Fesselnerven? 
hat eine erhebliche Bedeutung. Als Hauptvorzug für die Durch¬ 
schneidung des Medianus hat man betont, dass nur eine Operation 
nöthigsei, doch stehen dem zahlreiche Nachtheile gegenüber; denn 


der Nerv liegt subfascial und in der Nähe grosser Gefässe. Ins¬ 
besondere ist die unregelmässige Lage und Astbildung der Vena 
brachiali8 sehr zu beachten. Manchmal liegt er oberflächlich, in 
anderen Fällen neben oder hinter oder unter der Vene, so dass 
er schwer zu isoliren und die Operation schwieriger ist, als 
wenn man beide Fesselnerven durchschneidet. Ausserdem kann 
bei der hohen Lage der Operationsstelle nicht unter künstlicher 
Blutleere operirt werden. Hat man etwa einen Venenast zu¬ 
fällig angeschnitten, so stört die starke Blutung ausserordentlich. 
Endlich kann ein zuverlässiger Verband nicht angelegt werden, 
so dass meist eine Heilung per primam nicht eintritt und Ge¬ 
legenheit zu subfascialer Phlegmone gegeben scheint, obwohl 
F. in keinem Falle erhebliche Nachtheile hat entstehen sehen. 
Diese sekundäre Heilung dauert gewöhnlich aber einige Wochen, 
während die Xeurotomie am Fesselnerven bei sorgfältiger Asepsis 
und Antisepsis in 8 Tagen per primam heilt. Endlich genügt 
bisweilen die Durchschneidung des Medianus nicht, weil der 
Ulnaris mit dem Fesselnerven in Verbindung steht, so dass auch 
dieser noch durchschnitten werden muss. Aus all diesen Er¬ 
wägungen kommt Fröhner zu dem Schluss: Fort mit der 
Medianus-Neurotomie! 

Anders liegen die Verhältnisse beim Tibialis. Dieser Nerv 
liegt oberflächlicher, nicht in der Nähe grosser und inconstanter 
Blutgeiässe und ist leichter zu finden. Es lässt sich hier sehr 
wohl ein kunstgerechter Verband anlegen und Heilung per primam 
ist möglich. Die Neurotomie des Tibialis ist somit der Durch- 
schneidung der Plantarnerven im Allgemeinen vorzuziehen. Im 
Uebrigen wird ja an den Hinterbeinen der Nervenschnitt sehr 
viel seltener nothwendig. 

Der Milzbrand in der Mailänder Niederung und die 

Gerbereien. 

Bericht des Dr. Constantino Gorini in der Haupt-Sitzung der 

Königl. Italien. Gesellschaft für Hygiene vom 3. Jan; 1897. 

(Glornal. dell* R. 800 IUI. d'lglon. 1897 No. 5.) 

Die gedachte Gesellschaft ernannte am 10 Mai 1895 eine 
Special-Commission, die den Ursachen der häufigen Milzbrand¬ 
fälle im Agro del basso bei Mailand auf die Spur kommen 
sollte. 

Als die Hanptquelle der Milzbrandinfectionen betrachtet die 
Commission d.e Gerbereien dieser Gegend, deren Abflusswässer 
an Viehwirthschaften oder Weiden vorbeifliessen. 

Die Nachfrage in einer Anzahl Gerbereien hat ergeben, dass 
die daselbst bearbeiteten Felle entweder aus dem Auslande 
kommen oder frisch im Inlande angekauft werden. Die fremd¬ 
ländischen Felle sind meist mit Substanzen conservirt, die mehr 
oder weniger antiseptisch sind, jedoch Milzbrandsporen bei der 
CoDservirung gewöhnlich nicht tödten. fNaphtalin und Baude- 
sches Pulver: Felle aus Deutschland; Kalk oder Arsenik: Felle 
ans China und Indien; Salzwasser: Felle aus Amerika etc.) Der 
Gerbprocess, welchem sowohl diese als auch die frischen Felle 
unterworfen werden, ist nicht im Stande die Milzbrandkeime un¬ 
schädlich zu machen. Bisher war überhaupt kein Verfahren be¬ 
kannt, wodurch dieses Ziel ohne gleichzeitige Schädigung oder 
Zerstörung dieses Handelsartikels zu erreichen gewesen wäre. 

In den Jahren 1887 und 93 haben sich mit dieser Frage 
Commissionen des Conseil d’hygiene in Paris befasst, denen u. A. 
Pasteur, Jungfleisch, Dejardin-Beaumetz, Roux, Cham¬ 
berland, Dr. Lancerdux angehörten, ohne dieselbe einer be¬ 
friedigenden Lösung entgegenzuführen. Auch Prof. M. Gruber 
(Centralbl. f. Bakt. 1896) beklagt, dass es kein Mittel gebe, 
Haare, Borsten zu desinficiren, wenn man diese Stoffe nicht 
minderwerthig machen wolle. 


Digitized by LjOOQie 





13. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


19 


• Die Commission glaubt nun in der Fluorwasserstoffsäure 
ein Mittel gefunden zu haben, welches allen Anforderungen bei der 
Desinfection der Felle entspricht Das Verfahren ist leicht an¬ 
wendbar, verursacht geringe Kosten und verdirbt die Felle nicht. 

Die mit HF1 im Laboratorium angestellten Versuche ergaben, 
dass 1 «'oo Lösungen Milzbrandsporen nach 48 Stunden tödteten. 
Eine 24 Standen lange Einwirkung der Lösung reichte nicht aus 
die Sporen zu vernichten. Bei gleichzeitigem Vorhandensein 
eines Stückchen Kalbshaut in der Flüssigkeit waren die Sporen 
nach zwei Tagen noch entwickelungsfähig, sie waren dagegen ab¬ 
gestorben nach 3 und 4 Tagen. Die Gegenwart von organischem 
Material unterdrückte die desinficirende Kraft der HF1 nicht, wie 
es mit Sublimat der Fall ist, sondern verzögerte nur die Wir¬ 
kung. Hautstücke eines an Milzbrand verendeten Meerschwein¬ 
chens erzeugten nach 2 und 3 Tage langer Durchtränbuug mit 
1 u / 00 HF1 keine Erkrankung bei gesunden Meerschweinchen, 
denen kleine Theile der desinficirten Haut subcutan eingeimpft 
wurden. 

Durch diese Versuche glaubt die Commission den Beweis ge¬ 
liefert zu haben, dass die Fluorwasserstoffsäure Milzbrandkeime 
auch inmitten der Gewebe und des organischen Materials ver¬ 
nichtet. Es stehe zu hoffen, dass eine gründliche Desinfection 
der Häute durch Verwendung einer kleinen Menge HF1 beim 
Gerbverfahren erlangt werden könne. 

Dasselbe erleidet hierbei in seinen einzelnen Phasen durch¬ 
aus keine Verzögerung oder Abänderung. Die Wirkung des 
DesinfectionBmittel8 könne man möglichst steigern durch Ver¬ 
wendung von stärkern Concentrationen (2 bis 5 °/oo), weiter durch 
häufige Erneuerung der Lösung und dadurch, dass die Quantität 
der Häute nicht zu gross ist im Vergleich zur Menge der des- 
inficirenden Flüssigkeit. 

Ehe man jedoch die HF1 in der Gerberei gebraucht, muss 
durch genaue Versuche fe tgestellt werden, ob dieselbe in den 
gebrauchten Lösungen die Häute nicht ebenfalls schädigt. 

Ueber Organotherapie. 

Vortrag gehalten von Landau im Aerztl. Ver. zu Nürnberg. 

Miim-h. Mod-\Voch 49/97. 

Die ersten Spuren der Organb.ehandlung finden sich bereits 
im Papyrus Ebers. In der Neuzeit wurde sie durch Brown- 
Sequard’s Hodensafteinspritzungen, denen bald die Behandlung 
der Myxoedemkranken mit Schilddrüsen folgte, neu belebt. Die 
moderne Organotherapie stützt sich auf Brown-Sequard’s Lehre 
von der inneren Secretion, und Combe hat aus ihr seine Ein- 
theilung in Glandes antitoxiques und in Glandes vivifianteB 
abgeleitet. 

Glandes antitoxiques (excl. Schilddrüse) sind: 

1. Thymusdrüse — verwendet gegen Kropf und Morb. 
Basedow. 

2. Hypophysis — verwendet gegen Acromegalie und Epilepsie. 

3. Nebennieren — verwendet gegen Morbus Addisonii, 
Diabetes insipidus und als Vasoconstrictor der Conjunctiva. 

4. Nieren — verwendet gegen Uraemie, Nephritis, Epilepsie. 

5. Leber — verwendet gegen atrophische Lebercirrhose und 
Icterus gravis. 

Glandes vivifiantes sind: 

6. Hoden — verwendet als Tonicum für das Nervensystem. 

7. Ovariura — verwendet gegen natürliche und künstliche 
Klimax-Beschwerden, gegen Chlorose mit Amenorrhoe und 
Osteomalacie. 

8. Prostata — verwendet gegen Hypertrophie der Prostata. 

9. Milz —- verwendet gegen Malariacachexie und als 
„Eurythrol“ gegen Anaeraie und Chlorose. 


10. Knochenmark — verwendet gegen perniciöse Anaemie, 
Lenkaemie und Pseudoleukaemie. 

Dazu kommen noch einzelne Mittheilungen über „Nerven- 
transfusion“ und über die Verwendung von Cerebrum siccatum, 
Parotistabletten, Mammatabletten gegen Ovarialleiden, Uterus¬ 
erkrankungen, über Lungensaft gegen chronische Lungen¬ 
erkrankungen und über Glandulen, aus den Bronchialdrüsen des 
Hammels gewonnen, als Heilmittel der Tuberculose; auch Herz 
wird gegen Herzleiden als Cardium (?) verfüttert. — Die Organ¬ 
tablettenfabrikanten stellen natürlich noch eine grosse Reihe 
anderer Präparate her. 

Die Grundlage der Organotherapie ist eine unsichere; denn 
wenn wirklich gewissen Krankheiten gewisse Drüsenstörungen 
zu Grunde liegen, so handelt es sich um einen Mangel oder 
ein Fehlen der Function. Function aber durch todtes Gewebe, das 
obendrein noch durch die Verdauung aufgelöst und chemisch 
verändert wird, ersetzen zu wollen, das geht nicht an! Denn 
Function ist Thätigkeit lebender Zellen. Bestechend wirken aller¬ 
dings die Erfolge mit Schilddrüse bei Myxoedem. L. glaubt, da 
noch nicht genügend Erfahrungen über die Organotherapie ge¬ 
sammelt sind, dass es nothwendig ist, dem Anwachsen der 
Organotherapie einstweilen entschieden entgegenzutreten. 

Ueber den parasitären Ursprung des Carcinom. 

Vortrag gehalten von Albarran in der biolog. Gesellsch. Paris. 

(D. Mod. Zt g 07/97.) 

A. fand bei einem Patienten, der sich längere Zeit in 
Aegypten aufgehalten hatte, einen Blasentumor, bestehend aus 
einem lobulären Epitheliom. In den Papillen des Tumor fand 
man Eier von Bilharzia haematobia, welche augenscheinlich die 
Veranlassung zur Epitheliombildung abgaben. Dieser Fall, wo 
durch Parasiten die Krebsbildung veranlasst wird, steht nicht 
vereinzelt da. Zancarol hat fünf ähnliche Fälle veröffentlicht. 
Damaschino hat ein Adenom S’Romanum und Belleli 
einen Tumor des Rectum um die Eier von Bilharzia sich 
entwickeln sehen. A. hat mit Darier Epithelialtumoren unter 
dem Einfluss anderer Parasiten, die als Coccidien angesprochen 
wurden, entstehen sehen. Man braucht deshalb nicht nach einem 
besonderen Krebskeim zu suchen. Die Parasiten im Allgemeinen 
bewirken Proliferation, indem sie als Fremdkörper einen Reiz 
auf die Zelle ausüben. Was beim Carcinom specifisch ist, ist 
nicht der Bacillus, sondern die proliferirende Zelle selbst. 

Ueber Vaporisation. 

Von Sneguireff. 

(MUi.cb. Med. Woch 37|97.) 

S. hat die Vaporisation, d. h. die Einwirkung des ca. 100° 
heissen Dampfes auf die Innenfläche der Gebärmutter zur Stillung 
uteriner Blutungen empfohlen. Durch eine kurze Einwirkung 
des Dampfes (.'/ a —1 Min.) auf die Gebärmutterschleimhaut, welche 
gewöhnlich keine Schmerzen verursacht, vermag man, ohne dass 
eine Schädigung der functionellen Thätigkeit der Gebärmutter 
eintritt, Blutungen fast augenblicklich zu stillen. Bestand übel¬ 
riechender Ausfluss, so wird er geringer und verliert seinen üblen 
Geruch. Aber nicht allein bei Gebärmutterblutungen übt der 
heisse Dampf seine blutstillenden Eigenschaften aus, auch zur 
Stillung von Blutangen bei grösseren Operationen ist derselbe zu 
verwerthen, ohne dass die prima inten'io hierdurch gestört wird. 
So hat S., nachdem er sich vorher durch Experimente von der 
Zuverlässigkeit der Blutstillung überzeugt hatte, grössere 
Operationen, wie Knieg*»lenksresectionen etc. mit Hilfe der 
Vaporisation aus geführt. 


Digitized by CjOOQie 



20 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2. 


Versuche Aber die Möglichkeit der Uebertraguug des 
Rotzcontagiums mittelst Diphtherieheilsernm. 

Von 

Dr. Bonn hoff. 

(Berl. Klln. Wocbcmcbrift.) 

Bekanntlich wird das Diphtherieheilserum mit einem Zusatz 
von 0,5 proc. Carbolsäure in den Verkehr gebracht, und cs fragt 
sich, ob durch ein derartiges Serum Rot/, übertragen werden 
könnte. B. fand nun, 1. dass das Blutserum zweier rotzkranker 
Pferde, auf rotzempfängliche Thiere subcutan oder intraperitoneal 
übertragen, keine Erkrankung dieser letzteren hervorgerufen hat, 
womit die Möglichkeit des Vorkommens einer Rotzübertragung 
dann, wenn dem Serum keine Desinficientien zugesetzt sind, 
nicht geleugnet werden soll. 2. dass 0,5 proc. Carboisäurezusatz 
zu dem Serum diphtherieimmuner Pferde eine sehr grosse 
Anzahl lebenskräftiger, in diesem Material enthaltener Rotzbacillen 
in zwei bezw. vier Stunden derart verändert, dass ihnen eine 
Vermehrung auf künstlichem Nährboden unmöglich gemacht wird, 
3. dass durch 24 ständigen Aufenthalt in 0,5 proc. Carbolserum 
diphtherieimmuner Pferde den zur Untei Buchung gezogenen Rotz¬ 
bacillen die Fähigkeit genommen ist, Meerschweinchen am Rotz 
erkranken zu lassen. Das Heilserum wird aber frühestens 7 Tage 
nach dem Carbolzusatz in den Verkehr gebracht. 

Kleine Mittheilungen. 

Ein seltener Fall von Einschuss. 

Beim Einschuss kann man bekanntlich zwei Formen unter¬ 
scheiden: das subcutane entzündliche Oedem und die seltenere, 
prognostisch aber sehr viel ungünstigere abscedirende Phlegmone. 
Bei ersterer Form ist der bekannte Camphor-Spiritusverband sehr 
zu empfehlen; die letztere pflegt langwierig zu verlaufen. 
Fröhner beobachtete nun einen Fall davon, bei dem im Verlauf 
von fünf Wochen nicht weniger als 89 Abscesse gespalten werden 
mussten. Der Ausgang war Genesung. 

Man begegnet übrigens zuweilen der Meinung, dass die beiden 
Formen nach ihrem Sitz unterschieden wären, indem die gut¬ 
artige eine subcutane, die abscedirende dagegen eine substantielle 
Erkrankung wäre. Fröhner kann dem nicht zustimmen; denn 
gerade in dem angeführten Falle lagen die Abscesse ausschliesslich 
subcutan. Substantielle Abscesse bieten ein ganz anderes Bild 
dar. Natürlich kann zur subcutanen eiternden Phlegmone auch 
noch eine substantielle hinzutreten, die sich aber gerade durch 
das Fehlen leicht nachweisbarer fluctuirender Abscesse sowie 
durch ein hohes septisches, öfter tödtliches Fieber charakterisirt, 
wie dies schon Hertwig in seinem mit Unrecht fast vergessenen 
Handbuche sehr richtig hervorhebt. (Mtsh. f._Th. Bd. VHI, H. 11.) 

Grimmdarmvorfali durch die Schelde beim Fohlen. 

Bei einem kräftigen l 1 /*jährigen Stutfohlen ragte aus der 
Scheide ein meterlanges Stück des mit Futterpartikeln, Jauche 
und Koth verunreinigten Grimmdarras. Bei der näheren Unter¬ 
suchung sprang das Pferd plötzlich auf, wobei der Darm noch 
weiter vorfiel, stürzte dann wieder nieder; dabei gerieth der Darm 
unter das Pferd und platzte. Es wurde daher sofort getödtet. 
In der Bauchhöhle fand sich nichts Abnormes. Die Beckenhöhle 
enthielt nur eine geringe Menge geronnenen Blutes. Vom äusseren 
Muttermund anfangend, erstreckte sich eine ungefähr 15 cm lange 
Risswunde quer durch die Scheide. Durch diese war der Grimm¬ 
darm vorgefallen. 14 Tage vor diesem Vorfälle glaubte der Be¬ 
sitzer bereits zwischen den Schamlippen des liegenden Fohlens 
eine apfelgrosse rothe Geschwulst wahrzunehmen, die beim Auf¬ 
stehen des Thieres wieder verschwand. Bis zum Tage der Unter¬ 
suchung war dann nichts Auffälliges beobachtet worden. Dann 
war plötzlich die geschilderte Geschwulst in grösserer Ausdehnung 
hervorgetreten, beim Aufstehen nicht wieder zurückgegangen, 


und bei dem Versuch des Besitzers, sie zurückzuschieben, war sie 
geborsten und der Grimmdarm vorgequollen. Was die primäre 
Ursache des ganzen Falles gewesen sein mag, .liess sich nicht 
sicher entscheiden. (Eckert, Wscbr. f. Th. 41, 1897.) 

Starrkrampfotatlslik aus dem Pferdebestand der preussischen Armee. 

Im Anschluss an die Behandlung starrkrampfkranker Pferde 
mit Behring’schera Serum veröffentlicht die Ztschr. f. Veterinärkd., 
August-September 1897, eine Statistik über die Häufigkeit des 
Pferdestarrkrampfes von 1881 bis 1896. In diesen 16 Jahren 
sind an Starrkrampf gestorben 387 Pferde, geheilt dagegen 129. 
Die VerlustzifFer dieser an Starrkrampf erkrankten 516 Pferde 
beträgt demnach im Gesammtdurchschnitt 75 pCt. Die Verlust¬ 
zifFer in den einzelnen Jahren schwankte zwischen 55's und 
89,7 pCt. 

Grosses Lipom beim Kalbe. 

S t a u d i n g - Gotha theilt in der Zeitschrift f. Fl.- u. Milcbh. 
mit, dass er bei einem Kalbe eine umfangreiche Geschwulst, 
welche, die rechte Niere umfassend, sich an den Lendenwirbeln 
bis in das Becken hinein erstreckte und, den Samensträngen 
folgend, auch ins Scrotnm reichte, gefunden habe. Dieselbe er¬ 
wies sich als ein 33 kg schweres Lipom, wie es so gross wohl 
nicht häufig Vorkommen wird. 

Tagesgeschichte. 

Versammlung der beamteten Thierfirzte des Regierungsbezirks Cassel. 

Auf eine Einladung des Departements-Thierarztes Tietze 
versammelten sich am 19. Deceraber er. im Hotel „Zum Deutschen 
Kaiser“ in Cassel die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks 
Cassel zu gemeinsamer Besprechung über wichtige veterinär- und 
sanitätspolizeiliche Fragen. 

Auch galt es, bei dieser Gelegenheit den Kreisthierarzt 
Linker in Fritzlar zu ehren, welcher am 7 December v. Js. sein 
50jährige8 Berufsjubiläum in aller Stille begangen hatte. 

Erschienen waren ausserdem der Herr Regierungs-Präsident 
Graf Clairon d’ Haussonville und der Decernent in der 
Präsidialabtheilung Regierungsassessor von Görschen. 

Die Verhandlungen leitete der Departementsthierarzt. Der¬ 
selbe begrüsste die Collegen und die Herren von der Regierung 
und dankte insbesondere dem Herrn Regierungspräsidenten für 
sein Erscheinen, welches Zeugniss gebe für das Interesse und das 
hohe Wohlwollen, welches derselbe uns und unserer amtlichen 
Thätigkeit jederzeit entgegen bringe. Er richtete sodann Worte 
des Dankes an den Herrn Decernenten, der schon mehrere Jahre 
hindurch die veterinärpolizeilichen Angelegenheiten bearbeitet und 
den Kreisthierärzten jederzeit in wohlwollendster Weise entgegeu- 
gekommen sei. Beide Herren ehrte die Versammlung durch Er¬ 
heben von den Sitzen. 

Der Herr Regierungspräsident dankte für die Begrüssung 
und wandte sich sodann an den Jubilar Kreisthierarzt Linker- 
Fritzlar. Er sprach dem Jubilar den Glückwunsch der Staats- 
regierung aus und dankte ihm für seine durch Pflichttreue, Eifer 
und Energie so fruchtbringend gewordene Thätigkeit als Thierarzt 
und Veterinärbeamter. 

Alsdann referirte Kreisthierarzt Kalteyer-Eschwege über 
die Wirksamkeit der im Regierungsbezirk Cassel der¬ 
zeit gütigen landespolizeilichen Bestimmungen zur Be¬ 
kämpfung der Maul- und Klauenseuche. Man kann die 
Anordnungen in zwei Gruppen bringen, von denen die eine alle 
Anordnungen begreift, welche bezwecken sollen, die im Bezirk 
ausgebrochene Seuche auf ihrem Herd zu localisiren; die 
andere Gruppe von Verfügungen will die seuchenfreien Kreise 
bezw. den ganzen Bezirk vor der Einschleppung schützen. 
Zu den Massregeln der ersteren Art gehört die Untersagung der 
Märkte, das Verbot des Treibens von Vieh ausserhalb der Feld- 


Digitized by CjOOQie 



13. Januar 1898. 

mark, das Verbot der Viehverladung auf Eisenbahnen, Be¬ 
schränkungen des Weggebens der Milch, die Bildung von Sperr¬ 
gebieten, die veterinärpolizeiliche Ueberwachung der Viehhändler- 
ställe und Gastställe, Desinfection der Gastställe und Marktplätze, 
Einführung der Controllisten für Au- und Verkauf von Vieh 
für die Viehhändler, thierärztliche Untersuchung des sämmtlichen 
Hausirerviehs. Die Massregeln haben sich im Ganzen sämmtlich 
bewährt. Die zuletzt genannte ist nur kurze Zeit aufrecht er¬ 
halten worden, weil sie zu grosse wirthschaftliche Nachtheile 
brachte, sogar den Viehhandel vollständig lahm zu legen drohte. 
Bezüglich der Revision der Viehbestände der Händler wünscht 
Referent eine nähere Präcision der Anordnung. Jeder 
Kreisthierarzt müsse amtlich ein Verzeichniss der Viehmärkte der 
Umgegend zugestellt erhalten, um möglichst bald nach jedem 
Markt das Handelsvieh, welches von Märkten eingeführt wird, 
untersuchen zu können. Ferner müsste alle 14 Tage oder 
4 Wochen eine Revision vorgeschrieben sein. Auch empfehle es 
sich, die Kosten nach § 24 d. Pr. Ausf. — Ges. v. 12. 3. 81 — 
auf die Staatskasse zu übernehmen. Die Marktordnung vom 
16. 7. 96 hat sich in allen Punkten bewährt. Die Ausstellung 
von Scheinen über die Seuchenfreiheit der Orte durch die Orts¬ 
vorsteher, welche die Viehhändler und Private beim Marktantrieb 
vorzuzeigen haben, erfülle nicht den beabsichtigten Zweck, denn 
wenn in einem Orte die Maul- und Klauenseuche verheimlicht 
wird, so weiss auch der Ortsvorsteher nichts von der Ver¬ 
seuchung des Ortes und stellt die Scheine anstandslos ans. Be- 
achtenswerth, aber leider nicht streng dnrchgeführt ist die Vor¬ 
schrift, dass der Kreisthierarzt über die Art der Aufbewahrung 
und Abfuhr des Düngers in jedem Seuchenort zu hören ist. 

Gegen die Einschleppung der Seuchen in bis dahin seuchen¬ 
freie Gebiete richten sich folgende Verfügungen: Anordnung der 
Untersuchung des zu Eisenbahn aus verseuchter Provenienz ein- 
gefübrten Viehs. Diese Massregel ist ausserordentlich wichtig 
und wirksam. Die Verordnung müsste aber auch auf das zu 
Landweg eingeführte Vieh ausgedehnt werden, wenn sie vollen 
Erfolg bringen soll. Das Vieh könnte an der Grenze untersucht 
werden, um ev. kranke Thiere sofort zu eliminiren. Eine gewisse 
Controle ist dabei gegeben durch die Einführung der Listen¬ 
bücher, welche die Händler den beamteten Thierärzten jederzeit 
vorzuzeigen haben. Sehr erheblich erscheine die neueste 
Anordnung, dass die Kreisthierärzte alle ersten Fälle der 
Seuche in ihrem Kreise sofort den sämmtlichen beamteten Thier¬ 
ärzten der benachbarten preussischen oder nichtpreussischen Kreise, 
Bezirke etc. mit näheren Angaben über den Weg der Ein¬ 
schleppung mitzutheileu haben. 

In der Discussion nahm auch der Herr Regierungs-Präsident 
das Wort und betonte namentlich, dass zwar der Wunsch des 
Referenten nach Untersuchung auch des zu Landweg eingeführten 
Viehs durchaus gerechtfertigt sei, dass dieselbe grossen Erfolg 
verspreche, dass aber die Einführung an der Schwierigkeit der 
Controlle scheitere. Um den beamteten Thierärzten, sowie den 
bei Bekämpfung der Thierseuchen betheiligten Behörden einen 
Gesammtblick über die erlassenen diesseitigen Verordnungen zu 
ermöglichen, würde die Herausgabe eines Compendiuras zweck¬ 
mässig sein. 

Der Herr Decernent dankte den Kreisthierärzten für die 
Pflichttreue und die Intelligenz mit der sie ihre Geschäfte er¬ 
ledigen, obgleich sie noch nicht der Vortheile anderer Beamten 
theilhaftig sind, und ging auf einzelne Punkte des Vortrags näher 
ein, indem er den Standpunkt der Regierung zu gewissen Fragen 
darlegte. 

Ueber die Geflügelcholera referirte Tietze—-Cassel. 
Er besprach die Geschichte dieser Seuche, die Pathologie und 


21 

Bacteriologie, die Infectiosität und das Impfverfahren und er¬ 
örterte dann die Einzelheiten der veterinärpolizeilichen Be¬ 
kämpfung der Krankheit. Die Massregeln werden bestehen 
müssen in dem Verbot des Treibens von Geflügel, Anordnung des 
Transports in Käfigen, Vergraben der verendeten Geflügelstücke, 
Abhaltung kranker und verdächtiger Thiere von öffentlichen 
Flussläufen, Verbot des gemeinschaftlichen Hüteganges, Desin¬ 
fection der Ställe, Observation des aus Russland und Galizien 
eingeführten Geflügels u. s. w. Auch legte Referent Werth darauf, 
dass bei Constatirung der Geflügelcholera die microscopische 
Untersuchung des Darminhaltes etc., ev. die Impfung einer Taube 
vorgenommen werden müssten, da unter Geflügel auch Todesfälle 
(durch Vergiftung etc.) auftreten, welche in ihren Erscheinungen 
der Cholera nicht unähnlich sind. 

In der Discussion wies Grimme —Melsungen darauf hin, 
dass bei Gänsen die Aufnahme eines Kreuzblüthlers, Erysimum 
crepitifolium, welcher auf Kalkboden wachse, eine der Geflügel, 
cholera sehr ähnliche Krankheit, die sog. „Gänsesterbe“, hervorrufe. 

Der dritte Punkt der Tagesordnung: Ueber die Schlacht¬ 
viehbeschau nach der Polizeiverordnung vom 1. 7. 92 
konnte nur kurz discutorisch behandelt werden, da der Referent 
durch Krankheit verhindert war. Man war der Ansicht, dass die 
Einrichtung der sog. Sachverständigen, das sind eine Art Ober¬ 
fleischbeschauer, beseitigt werden müsse. Ferner wurde betont, 
dass die Dienstanweisung ge.-etzliche Kraft erlangen und dass die 
Schlachtviehbe8cbauer ein etwas umfangreicheres sachliches 
Wissen sich aneignen müssten. Bezüglich der Einführung von 
obligatorischen Unterrichtscursen für die Laienflei chbeschauer 
war eine Einigung nicht zu erzielen. 

Nach der Sitzung vereinigte eine gemeinschaftliche Tafel die 
Collegen mit ihren Damen. Tie tze —Cassel brachte während 
derselben dem Jubilar L inker—Fritzlar die Glückwünsche der 
beamteten Thierärzte dar und überreichte im Namen derselben 
zum Andenken an den Ehrentag ein Bild, welches deutsche Eichen 
im Sturm zum Vorwurf hatte. Stamm—Kirchhain toastete auf 
die Gemahlin des Jubilars und übergab ihr ein prachtvolles Ge¬ 
winde von duftenden weissen Rosen. Für die Ueberraschungen 
dankte der Jubilar sichtlich gerührt. 

Der Departements-Thierarzt Tie tze, als derzeitiger Vor¬ 
sitzender des neugebildeten thierärztlichen Kränzchens in Cassel, 
liess es sich nicht nehmen, sämmtliche Anwesende nach dem 
Hotel „Reichskanzler“ einzuladen, woselbst sich die Casseler 
Collegen mit ihren Damen eingefunden hatten und wo man in 
fröhlichster Unterhaltung beim Glase Bier den Abend verbrachte. 

Versammlung der beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Trier 
am 17. November 1897 in Trier Im „Hotel zur Post“. 

Tagesordnung: 

1. Begrüssung durch den Herrn Departementsthierarzt. Be¬ 
sprechung der Viehseuchen-Statistik und der Berichte. 

2. Die landespolizeiliche Verordnung vom 20. Juli 1896 zur 
Fernhaltung der Maul- und Klauenseuche sowie der 
Schweineseuchen. 

3. Allgemeine Fleischbeschau. 

Herr Departementsthierarzt Pech begrüsste die erschienenen 
Collegen und dankte ihnen herzlichst für ihr Eracheinen. 

An den am 1. Januar k. J. nach 25jähriger Thätigkeit in 
den Ruhestand tretenden Collegen Arndt-Morbach wird ein 
Huldigungstelegramm abgesandt. 

Bei Anfertigung der Viehseuchen-Statistik, so führte Herr 
Departementsthierarzt Pech aus, möchten sich die Collegen streng 
an die von der technischen Deputation erlassenen Bestimmungen 
halten; insbesondere wären die Angaben über Milzbrand und Rotz 
häufig sehr mangelhaft. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



22 


No. 2. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Nunmehr wird in die Besprechung der Polizei-Verordnung 
vom 20. Juli 1896 zur Fernhaltung der Maul- und Klauenseuche 
und der Schweineseucheu eingetreten. 

Die Verordnung sei in vielen Punkten so unklar, dass die 
Ortspolizeibehörden kaum wüssten, was sie zu thun hätten. Die 
vorgeschriebene Controle durch die Polizeibeamten werde gar nicht 
oder nur sehr mangelhaft ausgeführt. Ausserdem stehen den 
Händlern, namentlich durch die besonderen Bestimmungen über 
Fettvieh, alle möglichen Hinterthüren zur Umgehung der Ver¬ 
ordnung offen. Es wird beschlossen, dem Herrn Regierungs-Pi ä- 
sidenten eine motivirte Eingabe zu überreichen und hierin um 
recht baldige Abänderung der Bestimmungen zu bitten. 

Da die Zeit schon weit vorgerückt war, konnte Punkt 3 der 
Tagesordnung nicht mehr zur Eiledigung kommen. Seitens des 
Herrn Departementsthierarztes wurde hierzu mitgetheilt, dass die 
Regierung die Absicht hätte, Für den Bezirk die obligatorische 
Fleischbeschau einzufühlen. 

College Am dt-Morbach bedankt sich telegraphisch für die 
Huldigung. Allseitig wird gewünscht, ausser dieser Herbstver¬ 
sammlung noch im Frühjahr eine solche abzuhalten, und zwar 
mit Theilnahme der Damen. 

Berühmte Thierärzte. 

Der 10. Januar d. J. war in der Geschichte der Berliner 
Thierärztlichen Hochschule ein Erinnernngstag. An diesem Tage 
wurde vor hundert Jahren zu Ohlau in Schlesien der nachmalige 
Medicinalrath und Professor an der Thierarzneischule zu Berlin 
Dr. Hertwig geboren. — 

Der langjährige Leiter des k. k. Wiener Thierarznei¬ 
instituts uni des österreichischen Veterinärwesens Hofrath Prof. 
Dr. Moritz Röll, welcher zu Graz im Ruhestand lebt, ist mit 
Beginn dieses Jahres in sein achtzigstes Lebensjahr eingetreteo. 


Das thierärztliche Centralblatt, Organ des Vereins der Thierärzte 
in Oesterreich, bringt in der ersten Nummer d. J. sein Porträt 
von folgenden biographischen Notizen begleitet Röll ist geborener 
Wiener, studirte Medicin und Thierarznei künde (was für die 
höhere thierärztliche Carriere in Oesterreich damals vorgeschrieben 
war) und wurde 1817 Landesthierarzt in Böhmen. Hier ver¬ 
öffentlichte er einen bedeutsamen Artikel über Reform des 
Veterinärwesens und wurde darauf 1849 als Professor nach Wien 
berufen. Von 1852 bis 1879 war er Director des Thierarznei- 
insiituts. Sein Lehrbuch der Pathologie ist allgemein bekannt. 
Dann trat er zum Ministerium des Innern als Referent für 
Veterinärwesen über und hat in dieser Stellung, in welcher er 
auch die ersten Thierseuchenberichte herausgab, einen mass¬ 
gebenden Einfluss entfaltet. Im Alter von 70 Jahren, in Oester¬ 
reich die gesetzlich festgelegte Grenze dienstlicher Thätigkeit, 
trat er in den Ruhestand. Seit 1876 Ehrenmitglied des Vereins 
der Thierärzte in Oesterreich, wurde er jetzt zum Protector dieses 
Vereins ernannt. 1895 ehrte ihn auch der internationale Con- 
gress zu Bern, indem er ihn neben Pasteur und Koch zum 
Ehrenmitglied ernannte. Der Vielgefeierte erfreut sich noch einer 
bewundernswerthen Gesundheit und Frische. 

Etat des Veterinärwesens In Preussen 1897/98. 

Der Etat ist heute soeben ausgegeben. Er enthält als 
wichtigste Neuheit die weitere Umwandlung von 7 Departements¬ 
thierarztstellen in vollbesoldete, nämlich Cassel, Arnsberg und 
Minden, Coblenz, Aachen und Trier, sowie Potsdam, welches 
bisher nebenamtlich von Professor Dieckerhoff verwaltet 
wurde. Zehn neue Kreisthierarztstellen werden begründet. Die 
Tbieiärztliche Hochschule zu Berlin erhält „zur Erforschung von 
Thierseuchen“ ein hygienisches Institut; im Etatsjahr sind hierzu 
35 (X» Mk. für Stallbauteu ausgeworfen. Hannover erhält eine 
vierte Baurate von einer halben Million. 


Oeffentliches Yeterinar wesen. 


(Mittheilungen für 
LunBsnseuohe-lmpfanstalt der Provinz Sachsen. 

Die Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen hat vom 
Verein für Landwirtschaft etc. in Magdeburg die hier bestehende 
Impfanstalt mit Genehmigung des Ministers für Landwirt¬ 
schaft etc. übernommen und nach Halle verlegt. Dieselbe ist auf 
dem dortigen Schlachthof untergebracht und der Oberleitung des 
Professors Pütz unterstellt worden. Nachdem den landwirt¬ 
schaftlichen Wünschen gemäss die Bundesratsinstruction zum 
Seuchengesetz durch Aufhebung des § 80a so umgeändert ist, 
dass das geimpfte Vieh nicht mehr als lnngenseucheverdächtig 
behandelt wird, soll möglichst allgemein geimpft werden. Die 
Anstalt ist im Stande, eine hinreichende Menge Lymphe zu liefern, 
soll aber ausserdem das Verfahren der Lymphegewinnung und 
-aufbewahrung weiter ausbilden und dem Studium serotherapeuti¬ 
scher Fragen dienen. 

Verbesserung des Seuehen-Nachrichtendienstes. 

In der December-Sitzung des Ausschusses des Deutschen 
Landwirthschaftsrathes wurden die Seuchenberichte des Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamtes in einigen Punkten bemängelt. Die 
Monatsberichte sollten nicht bloss den Stand am letzten Tage des 
Monats wiedergeben, sondern müssten alle in der Berichtszeit vor¬ 
gekommenen Seuchenfälle registriren (sehr xichtig. D. R.), weil 
man nur so ein klares Bild über die Ausbreitung der Seuche, 
namentlich auch die Verseuchung der Viehhöfe erlangen könne. 
Die Berichte sollten ferner, wie in anderen Ländern, öfter als 
monatlich veröffentlicht werden. 

Der Ausschuss beschloss, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu 
bitten, die Berichte dementsprechend zu ändern und die wöchent¬ 
liche oder mindestens halbmonatliche Veröffentlichung einzufnhren. 


Veterinärbeamte.) 

Maul- und Klauenseuohe-Conferenz. 

Im Kaiserlichen Gesundheitsamt tritt in dieser Woche eine 
gemischte Commission von thierärztlichen und landwirtschaft¬ 
lichen Sachverständigen zusammen, um über die Erforschung und 
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche zu berathen. 

Perleberger ViehversIcherungsgeseilsohafL 

Ueber die oben genannte Gesellschaft ist bereits im vorigen 
Jahrgang der B. T.-W. ausführlicher berichtet worden. Dieselbe 
ist durch den Baron v. Putlitz auf Gross-Pankow, der durcb 
die letzte Veterinärrathssitzung in thierärztlichen Kreisen all¬ 
gemein bekannt geworden ist, geschaffen worden, der auch den 
Verwaltungsrath leitet. (Die Oberaufsicht untersteht der Kgl. 
Regierung zu Potsdam.) Die Schlachtviehversicherung ist an 
über 100 Orten eingeführt An der Mehrzahl derselben haben 
Thierärzte die direkte Vertretung übernommen. Die Gesellschaft 
hat sich zum Grundsatz gemacht, die Versicherung nur noch da 
eiuzuführen, wo Thierärzte wenn nicht die direkte Vertretung, 
so doch die Oberaufsicht übernehmen, da sie die thierärztliche 
Mitwirkung mit Recht für unentbehrlich hält. Um die Lücken 
der Schlachtviehversicherung an den Schlachthäusern auszufülleu, 
ist die Schlachtviehversicherung für Landwirthe und Viehbesitzer 
eingerichtet worden. Bezüglich der Organisation muss auf den 
früheren Artikel der B. T. W. (1897 pg. 451 f.) verwiesen werden. 
Da dieselbe, wie dort schon mitgetheilt wurde, u. A. von einer 
auf dem Gebiete des Versicherungswesens so hervorragenden 
Autorität wie Geheimrath Lydtin anerkannt worden ist, so 
ist es angezeigt, dass Interesse der Thierärzte auf diese Gesell¬ 
schaft zu lenken. 


Digitized by AjOOQle 






13. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


23 





:l?ICÜjPl 


«ii: 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
Im December 1897. 


lumbinrtei 


Köslin 


unter 't 


Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 
Scala) an,wie viel pro mille dervor^.andenen 
Gemeinden verseucht waren. 


Die Verbreitung derMaul- n.Klauenseuche in Preussen. Ende December 1897. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen Gemeinden 
(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Königsberg. 

1 

3 

0,73 

Gumbinnen. 

1 

1 2 

0,51 

Danzig. 

2 

3 

2,38 

Marienwerder. 

13 

85 

37,57 

Stadtkreis Berlin .... 

1 

1 

— 

Potsdam. 

13 

51 

19,71 

Frankfurt. 

6 

25 

9,18 

Stettin. 

6 

28 

14 92 

Köslin. 

1 

4 

2,07 

Stralsund. 

1 

1 

1,12 

Posen. 

15 

132 

40,06 

Bromberg. 

12 

161 

72,35 

Breslau. . •. 

14 

93 

24,48 

Liegnitz. 

8 

23 

817 

Oppeln. 

6 j 

27 

9 63 

Magdeburg . 

n . 

69 

47,90 

Merseburg....... 

14 

04 

27,67 

Erfurt. 

3 

6 

10,23 

Schleswig. 

6 

9 

4,21 

Hannover . 

0 

3 

4,70 

Hildesbeim. 

9 

13 

17,96 

Lüneburg . 

4 

4 

2,78 

Osnabrück . 

3 

3 

5,35 

Aurich. 

4 

8 

23,39 

Münster. 

3 

4 

14,92 

Minden. 

2 

7 

13,72 

Arnsberg . 

6 

11 

12,94 

Cassel. 

9 

18 

10,76 

Wiesbaden. 

6 

17 

18,22 

Coblenz. 

4 

10 

9 56 

Düsseldorf. 

10 

22 

51,16 

Köln. 

5 

9 

30,40 

Trier. 

6 

26 

23,07 

Aachen . 

6 

11 

28,20 


>umma | 213 j 953 


Nachweisung über den Stand von Viehseuchen im Deutschen Reich 
am 31. December 1897. 

| Es. waren am 31. December in nächst« Lenden Regierungs- 

bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Kotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R.-B- 
Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (2). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B. 
Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (5). R.-B. Hildesheim 2 (3). 
Bayern: R. - B. Oberbayern 2 (2). R.-B. Niederbayern 2 (2). 
R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen: Kreisbai ptm. Zwickau 1 (1). 
Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Sachsen-Weimar: 1 (1). 
BraunBchweig: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (84). R.-B. Niederbayern 6 (7). 
R.-B.Pfalz 13(51). R.-B. Oberpfalz 10(35). R.-B. Oberfranken 13 (36). 
R.-B. Mittelfranken 18 (103). R.-B. Unterfranken 18 (65). R*-B. 
Schwaben 19 (75). Sachsen: Kreisbauptm. Bautzen 4 (6). 
Kreishauptm. Dresden 7 (23). Kreiehauptm. Leipzig 4 (10). 
Kreishanptm. Zwickau 8 (22). Württemberg: Neckarkreis 
17 (102). Scbwarzwaldkreis 6 (13). Jagstkreis 12 (78.) Donau¬ 
kreis 12 (32). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3). Landes- 
comm. Freiburg9(17). Landescomm.Karlsruhe 9 (23). Landescomm. 
Mannheim 10(31). Hessen: Provinz Starkenburg 6 (12). Provinz 
Oberbcs8en 4 (14). Provinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg- 
Schwerin: 4 (7). Sachsen-Weimar: 5 (15). Oldenburg: 
Herzogth. Oldenburg 4 (20). Braunschweig: 3 (17). Sachsen- 
Meiningen: 4 (14). Sachsen-Altenburg: 2 (10)). Sachsen- 
Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 2 (16). Herzogth. Gotha 
! 4 (14). Anhalt: 4 (28). Schwarzbnrg-Sondersbansen: 2(6). 

Schwarzburg-Rudolstadt:3(4). Waldeck: 1 (1). Reussj.L.: 

| 1 (2). Bremen: 1 (1). Hamburg: 2 (4). Elsass-Lothringen: 

Bez. Unter-Elsass 4 (10). Bez. Ober-Eisass 6 (76). Bez. Loth- 
! ringen 1 (3). 


Digitized by LjOOQie 


















































24 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No 2. 


C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (I). R.-B. 
Magdeburg 3 (6). R.-B. Trier 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Zwickau 1 (1). 


Berliner Viehhof. 

Das durch Ausbruch der Maul- und Klauenseuche veranlasste 
•Verbot der Schweineausfuhr ist am 4. Januar wieder aufgehoben 
worden. 


Bücheranzeigen. 

Periodische Litteratur. 

Centralzeitung. 

Die von Völlers herausgegebene und von Kühn au redigirte 
Centralzeitung für Veterinär-, Viehmarkt- und Schlachthof- 
Angelegenheiten hat mit dem neuen Jahre, wie in ihrer letzten 
Nummer mitgetheilt wurde, ihr Erscheinen eingestellt. Es ist 
dies zu bedauern, denn dieselbe war geschickt redigirt und ent¬ 
hielt viele ihr Specialgebiet betreffende interessanten Nachrichten 
und Artikel, namentlich auch über ausländische Verhältnisse. 

Zeitschrift für Thiermedicin. 

Die Zeitschrift für Thiermedicin, welche vor Jahresfrist aus 
der Verschmelzung der (in letzter Zeit ständig von Johne ge¬ 
leiteten) Deutschen Zeitschrift für Thiermedicin und der Oester- 
reichischen Zeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde 
(herausgegeben von Mitgliedern des Lehrercollegiums der Wiener 
Hochschule) hervorgegangen ist, hat ihren zweiten Band mit 
einer grösseren sehr interessanten Arbeit von Preisz über 
Aetiologie der Schweinepest und Schweineseptikämie begonnen. 
Der abgeschlossene erste Band hat gezeigt, dass die Neu¬ 
organisation der von Johne weiter geleiteten Zeitschrift von 
Vortheil gewesen ist. 

Thierzuoht 

Von Thierärzten werden jetzt auf dem Gebiete der Thierzucht 
zwei Zeitschriften redigirt, auf welche die Leser hingewiesen 
sein mögen. Die allgemeine Centralzeitung für Thierzucht von 
Zuchtdirector Marks in Posen, Verlag von Richard C. Schmidt 
in Frankfurt a. M., umfasst alle Theile der Thierzucht Die Zeit¬ 
schrift für Pferdekunde und Pferdezucht von Bezirksthierarzt 
Bossert in Wlirzburg (Commissionsverlag der Stallel’sehen 
Buchhandlung in Würzburg), welche bereits im XIV. Jahrgang 
steht, ist officielles Organ der bayerischen und württembergischen 
P ferdezuebtvereine. 

Hauptner’s Instrumentenfabrik. 

Der Catalog der Neuheiten aus dem Jahre 1898 enthält eine 
grosse Zahl von neuconstruirten bezw. eingeführten Apparaten 
und Instrumenten, im Ganzen gegen 100 Nummern. Die 
wichtigeren derselben sind in der B. T. W. beschrieben worden; 
es genügt daher hier ein kurzer Hinweis auf diese Zusammen¬ 
stellung. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem LandgcstUtBthierarzt M. Zeilinger in 
München wurde der Verdienstorden des hl. Michael IV. Kl., dem 
Bezirksthierarzt Un giert in Füssen das Verdienstkreuz desselben 
Ordens verliehen. — Medicinalrath Professor Dr. Ellenbcrger 
in Dresden ist zum Ober-Medicinalrath ernannt worden. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte E Bartels, 
bisher Assistent an der thierärztl. Hochschule in Hannover, für die 
Kreise Nienburg und Neustadt a. R. mit Wohnsitz in Nienburg und 
Schlachthofthierarzt Ho mann zu Bielefeld commissarisch für den 
Kreis.Stolzenau. — Gestütsthierarzt Dr. Uebele in Marbach ist 
zum Assessor der thierärztl. Abtheilung des Königl. Mcdicinal- 
Collegiums in Stuttgart, Thierarzt Häberle, bisher Assistent an 
der thierärztl. Hochschule in Stuttgart zum Gestütsthierarzt in 
Marbach, Bezirksthierarzt A. Avril in Speyer zum pragmatischen 
Bezirksthierarzt, Thierarzt H. Michel-Dieuze zum Grenzthierarzt in 
D. Avricourt ernannt worden. 

Die Schlachthofthierärzte W. Mülle r in Mannheim und Gerlach 
in Apolda Bind etatBmässig bezw. definitiv angestellt worden. 


— Es sind gewählt worden Thierarzt H. J e n i s c h zum provisori¬ 
schen Schlachthofinspector in Namslau (Schles.), Thierarzt M. Zie- 
schank zum städt. Thicrarzt in Dresden, Thierarzt Jantzen- 
Lauenburgzum Schlachthofvorsteher in Pasewalk, Thierarzt Herbet- 
Schönlanke zum Schlacthofthierarzt in Falkenburg (Pomra.), Thierarzt 
Gehrt-Jastrow zum Schlachthofvorsteher in Lauenburg (Pomm.'. 

Pensionlrung: Bezirksthierarzt W e b e r zu Lohr lünterfranken). 

Approbationen: München: Die Herren H. Meyer, P. Schneider. 

— Dresden: Die Herren Lange, Gebhardt, Uhlemann, Köhler, 
Schaaf. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. :Verzogen: DieBezirks- 
i thierärzte a.D.: K. Krautheim von Krumbach nach Mindelheiin und 
Lippold von Schwarzenberg nach Cassobande bei Dresden, Thier- 
| arzt Eberlc, bisher Assistent an der Thierärztl. Hochschule in 
! Stuttgart nach Höchst (Odenwald). — Thierarzt P. Süsskind- 
Rösselsberg hat sich in Diessen am Aramersee, Thierarzt G. Zech 
in Greiz niedergelassen. 

In der Armee befördert zu Rossärztin: Untorrossärzte Krüger 
vom Art.-Rgt No 10 unter Versetzung in das Drag. Rgt. No. 21, 

1 Osterwald vom Drag.-Rgt. No. 16 unter Versetzung in das Feld- 
j Art.-Rgt. No. 8, Menzel vom Feld-Art.-Rgt. No. 3 unter Versetzung 
in das Feld-Art.-Rgt. No. 20. — Befördert zu Rossärzten des Beur- 
laubtenstandos die Unterrossärzte der Landw. I. Aufgeb. Nöil, 
Matthiesen, Nakulski, Friese, Rund und die Unterrossärzte 
d. Res. Peinemann, Dick, Oehl, Pfeil, Himstedt, Clausen, 
Bastian, Eckhardt, Kohl, Reil, Thiede, Liphardt, Marg- 
graf, Fröhner, Bote, Walters, Aronsohn, Banniza, Bauer, 
Fischer, Goetze, Nolte, Rieger, Sohr, Voogdt, Wetz¬ 
müller, Witt, Petersen. — 

Roesarzt Menge vom Drag.-Rgt. No. 21 ist auf seinen Antrag 
mit Pension in dca Ruhest ind versetzt worden. 

Todesfälle: Bezirksthierarzt 0. Vogt in Vohenstrauss(Oberpfalz), 
Thierarzt Th. Belach ner in Kirchheim am Neckar. 


Vacanzen. 

Krsiathlerarztatelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Stettin: Knramin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). — R.-B. 
Kassel: Hlinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden (noch 
nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts¬ 
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

Sanitatsthierarztatellen :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M. 
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann —Köln: Schlachthof¬ 
thierarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬ 
meister Becker. — Nordhansen: Schlachthofvorsteher zum 
1. April 1898 (2400 bis 3900 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. 
bis 15. Januar an Magistrat. — Sag an: Schlachthofvcrwalter zum 
1. April 1898 (1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. bis 
15. Jan 1898 an den Magistrat. — Weimar: Inspector am Innungs- 
Schlachthaus zum 1. April 1898 (2400 M., freie Wohnung etc.). Bew. 
an Obermeister Henmann. 

Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Dierdorf: 
i (100 M. Gemeindebeiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel. 
| — Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Gux¬ 
hagen (R.-B. Cassel). — Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 
I 1. Jan. 1898 (Beihilfe 700 M.). — Kemberg: (Zuschuss 300 M.). 
Auskunft Magistrat. — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft 
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — 
Pitschen : Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Ein¬ 
nahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat — Rödding: 
Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: t800 M. für Fleisch¬ 
schau'. Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
| Privatpraxis). 

B38stzl: Staatsstelle: Stolzenau. 


Verantwortlich für den Inhalt (exel. Inseratenteil) l’rof. Ur. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Higenthuui von Richard Selioctz iu Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin. 


Digitized by AjOOQle 



Dl« „Berliner Thler&ntlich« Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln SULrke von mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe 
Ist tn bestehen durch den Buchhsndcl, die Post (No. 10311 
oder durch die Verlagsbuchhandlung ron Richard 
Scboetz, Berlin NW, Luisenitraaae 36, rum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrftge werden mit 60 Bk. fOr den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man su senden an Prof. I>r. Scbmaltz, 
Berlin, thierörxtllche Hochschule, NW, Luisenstraase 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 3 . Ausgegeben am 20. Jannar. 


Inhalt: Meifort: Standesangelegenheiten. — Pflanz: Tenotomie naehmetastatischer Sehnenentzündung. — 
Referate: Fröhner: Ueber die sogenannte Cruralis- und Radialislähmung. — Starrkrampfbehandlung. — Infectiöse Tumoren 
beim Hund. — Gemünd: Desinfectionsversuche mit der neuen Methode der Fabrik Schering: Vergasung von Formalinpastillen 
im Formalindesinfector. — Triboulet: Ueber den Rheumatismus-Bacillus. — S imader: Ueber das Vorkommen von Eiweiss 
im Harn unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen, speciell bei Thieren. Inaugural-Dissertation. — Kleine: 
Der Einfluss des Morphium auf die Salzsäurereaction des Magens. — Kleine Mittheilungen. — T age sge s c h i c h te: Ver¬ 
schiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬ 
verkehr. - Personalien. — Vacanzen. 


Standesangelegenheiten. 

Von 

Melfort-Lensalin (Schleswig-Holstein), 

Kreiathierarxt. 

In No. 44, Jahrgang 1897 dieser Wochenschrift hielt es die 
Redaction für erwünscht, angesichts der Thatsache, dass die 
Medicinalbeamten jetzt eifrig ihre Verhältnisse discntiren, dass 
auch die Veterinärbeamten sich über ihre Wünsche aussprächen, 
das ist von mehreren Seiten bereits geschehen und soll heute 
nach einer anderen Richtung ausgeführt werden. 

In den früheren Abhandlungen wurde hervorgehoben, die 
Kreisthierärzte müssen zu vollbeschäftigten und vollbesoldeten 
Beamten gemacht werden. Die Privatpraxis muss verboten 
werden, da sie die amtliche Thätigkeit beeinträchtigen kann. 

Es ist mit vollem Recht in der B. T. W. früher betont, dass 
dies ein Nachtheil wäre. Das Gehalt würde jedenfalls nur derart 
bemessen sein, dass Mancher die Ausübung der Privatpraxis vor¬ 
ziehen würde. „Der beamtete Thierarzt würde den thierärztlichen 
Kenntnissen entfremdet und einseitig werden. Auch seine dia¬ 
gnostische Sicherheit würde leiden, wenn er keine anderen Thier¬ 
krankheiten mehr zu sehen bekommt. Eb ist ferner durchaus 
erwünscht, dass der Kreisthierarzt durch die Privatpraxis veran¬ 
lasst wird, mindestens einen grossen Theil des Publikums seines 
Kreises, deren Verhältnisse und Viehstand häufig zu sehen. Eine 
grosse Zahl von Seuchenfällen werde gerade dadurch ermittelt." 
(Prof. Schmaltz, B. T. W. 1895, S. 165.) Auch Schmidt-War- 
burg sagte im Abgeordnetenhause (6. März 1897): „Die Privat¬ 
praxis könne den Kreisthierärzten nicht vollständig verschränkt 
werden; sie sei nothwendig schon wegen der Erhaltung und Fort¬ 
bildung der medicinischen Fähigkeiten." 

Es sind also gewichtige Gründe, welche für die Erhaltung 
des jetzigen Zustandes sprechen. Es giebt ja Kreise, in denen der 
Kreisthierarzt amtlich vollbeschäftigt ist, und wieder andere Kreise, 
in denen er zeitweise wenig zu thun hat, und warum soll er sich 
hier nicht mit der Ausübung der thierärztlichen Praxis beschäf¬ 
tigen? Ich halte dies um so wünschenswerther, als augenblicklich 
ein Zug durch die Glieder unseres Standes geht, als wenn die 
Ausübung der thierärztlichen Praxis etwas Untergeord¬ 
netes wäre. Man spricht davon, dass unser Stand ganz andere 
Aufgaben zu erfüllen habe, als „Krankheiten zu heilen“. Die 


Candidaten an den Hochschulen beschäftigen sich nach Absolvirung 
ihres Staatsexamens mehr als früher mit der Frage, wann mache 
ich mein Doctor-, wann mein Kreisthierarztexamen. Es ist ein 
Streben nach Gelehrsamkeit, das Vielen den Gedanken erweckt, 
als wenn die Ausübung der thierärztlichen Praxis etwas Ge¬ 
ringeres wäre. Mit Freuden ist zu constatiren, dass Prof. 
Schmaltz in der B. T. W. einen anderen Standpunkt vertritt, 
indem er schreibt: Oder ist vielleicht der practische Thierarzt 
weniger wie alle beide (Kreisthierarzt und Sanitätsthierarzt), weil 
er überhaupt kein Beamter ist? Ich denke doch nicht, denn die 
freie, curative Thätigkeit ist gerade und bleibt mit Recht die 
Hauptthätigkeit im thierärztlichen Beruf. Diese Ansicht herrscht 
auch in der landwirthschaftlichen Bevölkerung und derselben hat 
der Kreisthierarzt Rechnung zu tragen. Der beamtete Thier¬ 
arzt bedarf den Kreiseingesessenen gegenüber ein Ansehen, das 
ihm weder seine wissenschaftliche Ausbildung noch seine amt¬ 
liche Stellung verleiht. Die Ueberzeugung, dass das Können und 
Thun einen höheren Werth hat als das blosse Wissen, sitzt 
namentlich bei dem Bauernstand tief eingewurzelt und hat auch 
vielleicht von höheren Standpunkten eine gewisse Berechtigung. 
Goethe’s Faust, der vergeblich nach dem rechten Ausdruck ringt, 
jubelt auf, als ihm das Wort in den Mund kommt: „Im Anfang 
war die That." Die Behörden und Landwirthe, die da sehen, 
dass der Kreisthierarzt nicht allein von Seuchen leben will, 
sondern noch einen practischen Beruf hat, der seinen Mann er¬ 
nähren kann, sehen ihn mit ganz anderen Augen an, als wenn 
sie ihm zu jedem Ausbruch der Seuche gratuliren, zur Fest¬ 
stellung der Endschaft condoliren müssen. Dann aber erfüllt der 
beamtete Thierarzt auch wirklich erst die grossen Aufgaben, 
welche der Thierarzt nach Gerlach zu lösen hat: „Das tägliche 
Brod zu verdienen, dem einzelnen Hausthierbesitzer und dem 
Staat wahrhaftig zu nützen, der leidenden Thierwelt zu dienen, 
welche der Mensch sich nutzbar gemacht hat, die Wissenschaft 
zu fördern und den Stand zu heben.“ 

Durch die Privatpraxis lernt der beamtete Thierarzt Land 
und Leute kennen. „Das Vertrantsein mit allen den gegebenen 
äusseren Verhältnissen und deren Einfluss auf die Thierwelt 
erleichtert die Ermittlung der Ursachen, führt zur richtigen 
Erkennung und Beurtheilnng der Krankheit und ist somit eine 
Hauptbasis für die Vorbauung und Behandlung, so dass der 


Digitized by 


Google 





26 

Thierarzt, der io seinem Wirkungskreise ganz zu Hause ist, nicht 
allein im Stande ist, die heilsamsten Mittel und Methoden in 
Anwendung zu bringen, sondern auch die ökonomisch ausführbaren 
Anordnungen zu treffen, und das eben ist die Cardinalaufgabe für 
jeden Tüierarzt, dass er, mit dem möglichst Zweckmässigen für 
die Krankheit, auch das Ausführbarste für den Besitzer zu finden 
weiss.“ Dies Wort Gerlach’s (Allg. Therapie S. 16) gilt wie 
für den praktischen so für den beamteten Thierarzt, der die zweck- 
mässigsten Tilgungsmassregeln nur anwenden kann, wenn er in 
seinem Wirkungskreise ganz zu Hanse ist. Es ist eine mehr¬ 
jährige Thätigkeit als praktischer Thierarzt, dem ja auch die 
Tilgung mancher Seuchen nach wie vor obliegt, die beste Vor¬ 
bereitung für das Amt eines Veterinärbeamten. Bei Beginn 
seiner amtlichen Thätigkeit wird ihm schon der Departements- 
thierarzt an Ort und Stelle mit Rath und That zur Seite stehen. 
Mit den Jahren wird er sich vervollkommnen, denn von der amt¬ 
lichen Thätigkeit des Thierarztes gilt auch das Wort: Die Er¬ 
fahrung ist aller Meister Meister; sie zeigt nur erst den Geist 
der Geister. 

Im Uebrigen ist die Frage, ob der Kreisthierarzt zu einem 
„vollbeschäftigten und vollbesoldeten“ Beamten gemacht werden 
soll, vorläufig mehr eine theoretische als praktische, da in 
nächster Zeit wohl gar keine Möglichkeit gegeben ist, allen Kreis¬ 
thierärzten ausschliesslich wirklich auskömmliche Gehälter an- 
zuweisen. Der Regierungscommissar, Geheimrath Küster betonte 
in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 6. März 1897: „Die 
Kreisthierärzte haben in der Besoldungsvorlage nicht berück¬ 
sichtigt werden können, da sie nicht zu den vollbeschäftigten 
Beamten gehören. Dass sie zu solchen gemacht werden könnten, 
dafür ist in nächster Zeit keine Aussicht.“ 

Richten wir also unsere Wünsche auf andere, erfüllbare 
Dinge! Von einer Erörterung hinsichtlich der nothwendigen 
Aenderung des anerkannt veralteten Rangverhältnisses will ich 
absehen und mich nur mit der Frage der Erhöhung des Gehaltes 
und der Pensionsberechtigung beschäftigen. 

Seit mehr als 25 Jahren beträgt das staatliche Gehalt der 
Kreisthierärzte 600 M. „Die 600 M. Fixum können nur als 
Pauschal-Entschädigung für die neuerdings sehr angeschwollenen 
schriftlichen, statistischen Arbeiten und für die unentschädigt 
bleibenden Dienstgeschäfte am Wohnort (selbst für diese nicht 
überall genügend) gelteu“ (Prof. Schmaltz, B. T. W. vom 
18. März 1897.) Wenn das Gehalt damals angemessen gewesen 
ist, so ist es heute zu niedrig. 

Die amtlichen Geschäfte der Kreisthierärzte haben sich un¬ 
zweifelhaft vermehrt. Durch die erfolgreiche Bekämpfung vieler 
Seuchen mögen sie eine Zeit laDg abgenommen haben, ab r durch 
die Einführung der Anzeigepflicht anderer weit verbreiteter 
Seuchen und durch das seit einem Jahrzehnt ausgedehnte 
Herrschen der Maul- und Klauenseuche haben sie wieder erheb¬ 
lich zugenommen. Bei jedem Seuchenausbruch steht der beamtete 
Thierarzt sofort zur Verfügung und lässt die Privatpraxis ruhen. 
Die Beschäftigung mit den veterinärpolizeilich wichtigsten Seuchen 
ist der Privatpraxis schädlich. Insbesondere pflegen die Vieh¬ 
besitzer beim Herrschen der Maul- und Klauenseuche nur ungern 
den beamteten Thierarzt zu rufen. Beim Ausbruch dieser Seuche 
warnt der Landrath mit Recht die Viehbesitzer, Personen, die 
aus den verseuchten Ortschaften kommen, den Zutritt zu ihren 
Stallungen zu gestatten, was manche dem beamteten Thierarzt 
gegenüber sorgfältig beachten. So bringt denn oft ein solcher 
Seuchenfall eine erhebliche Einbusse an der thierärztlichen 
Praxis. Die gelegentlich der Privatpraxis festgestellten Seuchen¬ 
fälle erfordern oft ein zeitraubendes Verweilen und Berichten, 


No. 8. 


ohne dass es eine Entschädigung für diese Dienstgeschäfte giebt, 
da sie nicht im Aufträge einer Behörde ansgeführt sind. 

Der beamtete Thierarzt hat mehr als der Privatthierarzt an 
landwirtschaftlichen Vereinen theilzunehmen, Thierschauen 
im Kreise zu besuchen, thierärztlichen Versammlungen beizu- 
wohnen, Einrichtungen auf dem Gebiet der Sanitäts- und 
Veterinärpolizei (Schlachthäuser, Quarantäne-, Desinfectionsan- 
stalten) kennen zu lernen. 

Neuerdings hat sich derselbe mit zeitraubenden bacterio- 
logischen Arbeiten zu beschäftigen und Ausgaben hierfür auf¬ 
zuwenden. 

Aus der Vermehrung der Arbeit geht hervor, dass eine 
Gehaltserhöhung angezeigt ist. 

Dazu kommt, dass sämmtliche Beamte, deren Arbeitspensum 
sich nicht vermehrt hat, in den letzten 25 Jahren eine wesentliche 
Aufbesserung ihrer Gehälter erhalten haben, dass also auch aus 
diesem Grunde eine Erhöhung des staatlichen Gehaltes gefordert 
werden kann. 

Hierzu kommt, dass neuerdings die Art der Besetzung der 
Kreisthierarztstellen eine andere geworden ist, insofern als 
principiell der Sitz des Landrathsamtes der amtliche Wohnsitz 
des Kreisthierarztes ist. Es kommt vor, dass die Kreisstadt für 
die Privatpraxis des beamteten Thierarztes ungünstig und dass 
andererseits die Wohnungsmiethe so hoch ist, dass das staatliche 
Gehalt von 600 M. hierfür kaum reicht. Aus diesen Gründen ist 
eine Erhöhung des staatlichen Einkommens auf mindestens 900 M. 
gerechtfertigt. 

Das Gehalt aller vollbeschäftigten Beamten setzt sich zu¬ 
sammen aus einem Grundgehalt, einem Wohnungsgeld und Alters¬ 
zulagen. Wenn diese Besoldung für die vollbeschäftigten Beamten 
gerechtfertigt ist, so liegt kein Grund vor, sie für die Kreisthier¬ 
ärzte als % oder V» vollbeschäftigte Beamte nicht in entsprechendem 
Verhältniss in Anrechnung zu bringen. .Es würde also auch ein 
Wohnungsgeldzuschuss für jede Kreisthierarztstelle von 100—200 M. 
angezeigt sein. Auch das System der Alterszulagen, das bei 
allen Beamten durchgeführt ist, würde bei den beamteten Thier¬ 
ärzten nicht auf Widerspruch stosBen. Wenn in den Orten, wo 
Kieisthierärzte wohnen, die Lehrer Alterszulagen von 9X150 
bis 200 M., die Geistlichen nach dem neuen Entwurf 5 X 600 M. 
erhalten, dann ist es wohl gerechtfertigt, wenn die beamteten 
Thierärzte 5 X 100 M. beziehen. Nach diesen Vorschlägen würde 
sich das Gehalt der Kreisthierärzte zusammensetzen aus: 
einem Grundgehalt von 900 M., 
einem Wohnungsgeldzuschass von 100 —200 M. 
und ans Alterszulagen von 5 X 100 M. 

Neben diesem Gehalt beziehen die Kreisthierärzte Reisekosten 
und Tagegelder für die ausserhalb ihres Wohnortes ausgeführten 
Dienstgeschäfte. Diese werden als eine Bezahlung der Einzel¬ 
leistung angesehen, was sie ja auch tbatsächlich sind. Diese 
Einnahmequelle wird aber öfter überschätzt, was leicht ersichtlich, 
wenn man sie mit den Positionen in dem neuen Gesetz über die 
Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten vergleicht. Als 
der Gesetzentwurf vorgelegt wurde, kennzeichnete die Begründung 
den Zweck der Vorlage also: „Es ist davon auszugehen, dass den 
Beamten volle Entschädigung tür die aufzuwendenden Beförderungs¬ 
kosten zu gewähren ist und dass ihnen andererseits ein erheb¬ 
licher Ueberschuss über ihre Auslagen nicht verbleiben darf. Ein 
solcher erwächst ihnen aber jetzt aus den zur Zeit geltenden 
Entschädigungssätzen für das Kilometer von 13, 10 und 7 Pf., 
w elche die für die Beförderung zu entrichtenden Fahrpreise^immer, 
sei es mehr, sei es weniger, überschreiten. Diese Sätze sind 
daher zu ermäßigen.“ 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 




20. Jannar 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


27 


§ 1. Die Staatsbeamten erhalten bei Dienstreisen Tagegelder 
nach den folgenden Sätzen: 

VI. Subalternbeamte der Provinzial-, Kreis- und Localbehörden 
und andere Beamte gleichen Ranges 8 M. 

VII. Andere Beamte, welche nicht zu den Unterbeamten 
gehören, 6 M. 

§ 4. An Reisekosten erhalten I. bei Dienstreisen, welche auf 
Eisenbahnen und Dampfschiffen gemacht werden können, die im 
§ 1 unter VI und VII genannten Beamten für das Kilometer 8 Pf. 
und für jeden Zu- und Abgang 2 M., II. bei Dienstreisen, die 
nicht auf Eisenbahnen zurückgelegt werden können, die im § 1 
unter V und VI genannten Beamten 40 Pf. Haben erweislich 
höhere Reisekosten, als die unter I und II festgesetzten, auf¬ 
gewandt werden müssen, so werden diese ersetzt. 

Wir sehen also, dass nach dem neuen Gesetz, welches die 
Reisekosten und Tagegelder der Beamten so reduciren sollte, dass 
ein erheblicher Ueberschuss über die Auslagen nicht verbleiben 
darf, die Subaltern beamten etc. 2 M. Tagegelder mehr und bei 
Reisen auf Eisenbahnen 2 Pf. pro Kilometer weniger, im Uebrigen 
stets die gleichen Sätze erhalten wie die Kreisthierärzte. Wie 
können darnach die jetzt festgestellten Reisekosten und Tage¬ 
gelder zu einer erheblichen Einnahmequelle der beamteten Thier¬ 
ärzte werden? Oder reisen diese billiger als jene Beamte? 
Für viele Fälle lässt sich das Gegentheil beweisen. 

Die sonstigen Beamten wissen in der Regel im Voraus den 
Termin ihrer Reise und können das bequemste und billigste 
Transportmittel benutzen; sie können unterwegs ohnepecuniären 
Nachtheil stundenlang verweilen und eine günstige Reisegelegen¬ 
heit ausnutzen. Der Kreisthierarzt wird in der Regel tele¬ 
graphisch requirirt und muss möglichst schnell am Seuchenort 
erscheinen. Daher ist er häufig nicht in der Lage, den billigsten 
Reiseweg, den er nur bezahlt erhält, einzuschlagen, da er nicht 
längere Zeit auf einen Zpg warten kann. Nach Erledigung der 
Amtsgeschäfte eilt er nach Hause, um für die Privatpraxis, aus der 
zwei Drittel seines Einkommens stammt, disponibel zu sein, und 
giebt oft erheblich höhere Reisekosten aus, um nur einige Stunden 
früher an seinem Wohnort zu sein. Für das Miethfuhrwerk, das 
der beamtete Thierarzt benutzt, hat er oft ein höheres Fuhrgeld 
zu zahlen als andere Reisende. Häufig sind die Fuhrwerkbesitzer 
im Besitz von Hausthieren und geben ihr Fuhrwerk dem be¬ 
amteten Thierarzt, der nach Seuchenherden fährt, nur ungern 
oder lassen es sich entsprechend bezahlen. 

Der Kreisthierarzt ist ja allerdings meistens im Besitz von 
eigenem Fuhrwerk, das er jedoch öfter nicht benutzen kann. 
Häufig erfordern die Dienstreisen zunächst eine Reise auf der 
Eisenbahn von ein, zwei oder mehr Meilen, woran sich dann eine 
Reise auf dem Landweg von so und so vielen Kilometern an- 
schliesst, für deren Zurücklegung an der jeweiligen Eisenbahn¬ 
station Fuhrwerk besorgt wird. Dies wird in der Regel tele¬ 
graphisch bestellt, was wieder Ausgaben erfordert. 

Seit Jahren habe ich principiell für alle Reisen zur Fest¬ 
stellung und Tilgung der Maul- und Klauenseuche mein eigenes 
Fuhrwerk nicht benutzt, einmal um jeder Gefahr der Seuchen¬ 
verbreitung dadurch vorzubeugen, dann aber auch um jede weitere 
Schädigung der Privatpraxis, die dadurch entsteht, dass man mit 
eigenem Fuhrwerk am Seuchenort gewesen ist,- zu vermeiden. 
Beim Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist rasches Ein¬ 
greifen erforderlich, so dass Reisen mit Fuhrwerk zu Nachtzeiten 
Vorkommen, die einen erheblich höheren Aufwand erfordern. Nun 
enthalten ja unsere Tagebücher eine Spalte: „Erweislich höhere 
Reisekosten an Stelle der reglementsmässigen, laut Belag.“ In 
diese Rubrik habe ich noch nie eine Eintragung gemacht, weil 
ich auf die Beschaffung der Beläge keinen Werth gelegt hatte i 


und bei anderen Reisen, die ich mit eigenem Fuhrwerk zurück¬ 
legte, einen Ausgleich fand. Ich freue mich, dass ich in diesen 
Geldangelegenheiten noch nie einen Federstrich gethan habe. 
So werden die meisten Kreisthierärzte gehandelt haben, un¬ 
bekümmert darum, dass sie höheren Ortes den Eindruck hervor¬ 
gerufen haben, als ob sie nie erweislich höhere Auslagen gemacht 
hätten. Dass die Reisekosten und Tagegelder nicht für alle Fälle 
reichen, dafür ein Beispiel. Vor einem Jahr fanden bacterio- 
logische Curse für die beamteten Thierärzte statt, die eine Woche 
in Anspruch nahmen. Die B. T. W. hat Berichte hierüber ge¬ 
liefert, die jedesmal mit einem Dank an die Behörden schlossen. 
Dass während dieser Zeit in der Grossstadt die 6 M. Tagegelder 
nicht reichten, ist klar. Es haben die Theilnehmer 50 M. aus 
ihrer eigenen Tasche zahlen müssen und noch mehr in der Privat¬ 
praxis verloren. Andere Beamte sind besser gestellt. Wenn 
ein junger Lehrer auf Veranlassung der Behörde einen Zeichen¬ 
kursus durchmacht, um mit mehr Erfolg den Unterricht in der 
Fortbildungsschule zu leiten, also seine Nebeneinnahmen zu er¬ 
höhen, so erhält er ausser seinem täglichen Gehalt von 5 M. 
pro Tag 4 M. aus der Staatskasse und freie Reise und lässt 
sich aus der Gemeindekasse noch ebenso viel bewilligen. 

So sehen wir denn, dass hinsichtlich der Tagegelder und 
Reisekosten keine Bevorzugung existirt. Im Verhältniss zu 
anderen Beamten und insbesondere zu den Kreisphjrsikern, die 
12 Mark Tagegelder erhalten, finden wir eine Erhöhung der 
Diäten auf 9 Mark für gerechtfertigt. Es besteht jedoch kein 
Zweifel, dass bei der beträchtlichen Gesammthöhe, welche diese 
Tagegelder und Reisekosten in den letzten Jahren erreicht 
haben, eine Aenderung vorläufig nicht möglich ist Lassen wir 
also diesen Wunsch ruhen. 

Es könnte noch der Gedanke auftauchen, dass die Kreis- 
tlrierftrzte für andere Reisen, die sie nicht im staatlichen 
Interesse, sondern auf Veranlassung der Gerichtsbehörden zurück¬ 
legen, eine erhebliche Nebeneinnahme erzielten. Dass das Gegen¬ 
theil der Fall ist, hat die B. T. W. bereits früher hervor¬ 
gehoben. Ich will nur ein Beispiel anführen. In meiner Nach¬ 
barschaft wohnt ein berittener Gendarm, dessen staatliches Gehalt 
dreimal grösser als das meinige ist und dessen Dienstpferd 
dem Staat jährlich gegen 700 Mark kostet. Auch er muss wie 
ich mitunter zur Gerichtsstätte. Der Gendarm bekommt pro 
Kilometer Landweg 30 Pf., der Kreisthierarzt 25 Pf. 

Und nun zu der Frage der Pensionsberechtigung! 

Schon im Mai 1893 machte der Vorstand der Central- 
vertretnng der thierärztlichen Vereine Preussens bekannt, das 
dem Herrn Minister ein Gesuch um Einführung der Pensions¬ 
berechtigung der beamteten Thierärzte überreicht worden seL 
Bei einer Besprechung über den Etat der landw. Verwaltung 
pro 1895/96 brachte die B. T. W. die Mittheilung, dass leider 
noch keine Mittel für Alters- und Invaliditätsversicherung der 
nicht pensionsfähigen Veterinärbeamten eingestellt seien. Und so 
liegt die Sache noch heute. 

Der Wunsch der beamteten Thierärzte, bei Invalidität oder 
im hohen Alter durch eine Pension vor Armuth und dringender 
Sorge gesichert zu sein, ist ein vollberechtigter. „Wo jeder 
Arbeiter durch Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung ge¬ 
schützt ist, darf es keinen Staatsbeamten irgend welcher Art geben, 
der beim Aufhören seiner Beschäftigung an dem Nichts steht 
und dessen hilflos Hinterbliebene lediglich auf die öffentliche 
Mildthätigkeit angewiesen sind.“ (Prof. Schmaltz, B. T. W. 
1897, No. 11.) Die Forderung ist um so berechtigter, als der 
Beruf des beamteten Thierarztes kein ungefährlicher ist. Ich 
will nur daran erinnern, dass uns die Wochenschrift in diesem 
i Jahre zwei traurige Fälle meldete: ein College starb als ein 


Digitized by 


Google 



28 

Opfer seineB Berufs an der Tollwuth, ein anderer an Rotzinfection. 
Sie sind Opfer ihrer amtlichen Thätigkeit geworden, ohne dass 
die Wittwen und Waisen Anspruch auf Unterstützung haben. 
Dass der Beruf des Kreisthierarztes kein so lohnender ist, um 
rechtzeitig ein Vermögen zu sammeln, bedarf keines weiteren 
Beweises. Wir sehen deshalb so häufig, dass mit dem Tode des 
Ernährers die Noth, die unerbittliche, sich einstellt. Die B. T.W. 
liefert hierfür Beispiele, und die Collegen, die die Hilfskassen 
der thierärztlichen Vereine verwalten, können hiervon reden. 

In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 6. März 1897 
bemerkte der Regierungskomraissar, Geheimrath Küster: 

„Die Wünsche der Kreisthierärzte richten sich vielmehr 
darauf, dass ihnen eine Pensionsberechtigung von einem fingirten 
Gehaltssätze verliehen werden möge. Ob und in welcher Weise 
das möglich sein wird, muss weiterer Erwägung unterliegen.“ 

Von thierärztlicher Seite ist der Vorschlag gemacht, dass die 
Pensionsberechtigung basirt auf dem Fixum unter Zuziehung von 
% des Jahresdurchschnitts der gezahlten sonstigen Bezüge. Es 
ist in den Forderungen der Thierärzte ein eigenthümlicher 
Widerspruch. Es wird behauptet, die Reisekosten und Tage¬ 
gelder seien zu niedrig, und in demselben Athemzuge wird ge¬ 
wünscht, dass womöglich >/ a davon als pensionsfähiges Gehalt 
angerechnet werden möge, als wenn ein so erheblicher Theil 
reiner Ueberschuss wäre. 

„Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur.“ 

Von den Reisekosten und Tagegeldern kann höchstens der 
thatsächliche Ueberschuss, und der wäre mit ^ der Gesammt- 
summe hoch berechnet, in Anrechnung gebracht werden. 

Will man den beamteten Thierärzten eine ausreichende 
Pension geben, so wird dies nur auf dem Wege möglich sein, 
dass man ihnen ein höheres pensionsfähiges Gehalt zahlt. 

Es ist erfreulich, dass die Wünsche der Thierärzte: Er¬ 
höhung des Gehaltes und Pensionsberechtigung, von vielen Seiten 
getheilt werden. Namhafte Landtags-Abgeordnete und angesehene 
landwirtschaftliche Corporationen haben die wichtige Stellung 
der beamteten Thierärzte anerkannt und sind für die Ver¬ 
besserung dieser Stellen eingetreten. Hierfür einige Bvispiele: 

In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. Januar 1887 
trat der Abgeordnete v. Pilgrim für eine bessere Besoldung der 
Kreisthierärzte ein. Die Gehälter derselben müssten soweit er¬ 
höht werden, dass sie nicht zu sehr auf die Privatpraxis ange¬ 
wiesen seien. Er stellte den Antrag, das Gehalt im Durchschnitt 
auf 1500 Mark zu bemessen. 

Der landw. Verein für Sclilesien hat in seiner Sitzung vom 
1. März 1893 eine Resolution gefasst dahin, dass die Zahl der 
beamteten Thierärzte zu vermehren und denselben eine bessere 
Besoldung zu gewähren sei. 

Der Centralvorstand des landw. Vereins für Rheinpreussen 
hat in seiner Sitzung zu Cöln am 5. April 1895 über Massregeln 
zur Verminderung von Seuchengefahr berathen und dabei unter 
Anderem den Antrag angenommen, es sei eine Besserstellung der 
beamteten Thierärzte, eine Hebung ihres Ansehens und eine 
freiere Action in ihrer Amtsthätigkeit erforderlich. 

Gelegentlich einer Besprechung über die Viehhandelsver¬ 
hältnisse und Seuchengefahr kam der Abgeordnete Ring im März 
1895 im Abgeordnetenhause auch auf die Stellung der beamteten 
Thierärzte zu sprechen. Er hielt dafür, dass eine Aenderung 
dieser Stellung und vor allen Dingen eine Erhöhung der Ge¬ 
hälter der beamteten Thierärzte durchaus nothwendig sei. 

In der SitzuDg des Abgeordnetenhauses vom G. März 1897 
trat der Abgeordnete Schmidt-Warburg in besonders warmer 
Weise für eine bessere Besoldung der Kreisthierärzte ein. Man 


No. 3. 

solle die Bezöge der Kreisthierärzte'aufbessern. Dieselben seien 
in der Denkschrift über die Beamtenbesoldung nicht berück¬ 
sichtigt. Man brauche und solle nicht auf die Medicinalreform 
warten, denn die Besoldung der, Kreisthierärzte sei den Ver¬ 
hältnissen der Kreisphysiker zwar ähnlich, aber nicht an letztere 
gebunden. Das Gehalt der Kreisthierärzte sollte wenigstens anf 
1200—1500 Mark erhöht werden. Auch sollten Pensionen von 
einem fingirten höheren Gehalt bezahlt werden. 

Minister der Landwirtschaft Freiherr von Hammerstein 
sagte darauf: „Ich muss anerkennen, dass namentlich die Kreis¬ 
thierärzte, die keine Pensionsberechtigung haben, ausserordentlich 
mässig besoldet sind.“ (Sehr richtig! rechts.) 

Was ich vorhin als berechtigte Forderung der beamteten 
Thierärzte hinstellte, was durch diese Aussprüche auch von 
anderer Seite als richtig anerkannt wird, das ist in vielen Theilen 
Deutschlands bereits durchgeführt. 

Die Pensionsberechtigung wurde bekanntlich für die beamteten 
Thierärzte in Baden am frühesten erreicht. Seit dem 1. Januar 
1895 ist auch eine erhebliche Erhöhung der Bezüge eingetreten. 
Von da an beziehen die Bezirksthierärzte ein Anfangsgehalt von 
1000 M., welches nach zwei Jahren um 200 M. und von da ab 
alle drei Jahre um 2C0 M. bis zum Höchstbetrage von 2200 M. 
steigt. Hierzu tritt ein nach Altersklassen bemessenes Wohnungs¬ 
geld von 180—480 M. 

Auch in Bayern und Hessen sind die Verhältnisse in ähnlicher 
Weise geregelt. 

Was in anderen Gegenden möglich ist, das wird auch bei 
uns zu erreichen sein, zumal dem Staat durch die Veterinär¬ 
polizei nicht unerhebliche Einnahmen zufliessen. Für die thier- 
ärztlichen Untersuchungen an den Landesgrenzen werden jährlich 
430000 M. vereinnahmt. Es dürfte Aufgabe der thierärztlichen 
Vereine und der Central Vertretung sein, geeigneten Ortes die 
Wünsche der Thierärzte zum Ausdruck zu bringen. In letzter 
Zeit haben die Tageszeitungen wiederholt berichtet, dass ver¬ 
schiedene Beamtenkategorien Petitionen an die gesetzgebenden 
Körperschaften vorbereiteten. Noch im Frühjahr v. J. konnten 
der Minister und der Regierungscommissar sagen, dass ihnen 
nichts davon bekannt sei, dass die Kreisthierärzte ein höheres 
Gehalt wünschen. Haben wir diesen Wunsch, nun, so ist es 
unsere Pflicht und Schuldigkeit, ihn an passender Stelle bekannt 
zu geben. Keine stille Unzufriedenheit wollen wir nähren in 
unserem Stand, denn zufriedene und pflichtgetrene Beamte bedarf 
der Staat. Ich bin mit Leib und Seele beamteter Thierarzt, der 
sich freut, wenn er „seuchenfreie“ Berichte aus seinem Kreise 
einsenden kann. Seitdem ich einmal mit erlebt habe, dass die 
Landwirthschaft meines Kreises mehr als 100 0' 0 M. in wenigen 
Monaten durch das Herrschen der Maul- und Klauenseuche ver¬ 
loren hat, seitdem ich später sechs Mal mitgeholfen habe, dass 
diese Seuche stets auf ihren Ursprungsherd beschränkt blieb, 
würde ich mein Amt in Zukunft verwalten, unbekümmert um 
jede Besoldung. Aber andererseits stehe ich auf dem Standpunkt, 
dass jeder Arbeiter seines Lohnes werth ist und dass der be¬ 
amtete Thierarzt Anspruch auf angemessene Besoldung und 
Pensionsberechtigung hat. An uns aber liegt’s, das, was wir 
wünschen, zu erbitten; unterlassen wir das, so haben wir einen 
weniger günstigen Ausgang der Sache uns selber zuzuschreiben. 
„Der kann nicht klagen über harten Spruch, den man zum Meister 
seines Schicksals macht.“ Möge dieser Ruf nicht verhallen und 
verwehen ohne positiven Erfolg wie das traumverlorene Mitter¬ 
nachtskrähen eines Hahnes. Niemanden weckt’s, Niemanden 
treibt’s zu fruchtbringender Arbeit Möge er die berufenen Organe 
veranlassen, Bich baldigst mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



20. Januar 1898. 

dann werden die berechtigten Wünsche der beamteten Thierärzte 
bald erfüllt werden, denn in unserem Staat gilt der Grundsatz: 
Sunm cuiqne. 


Tenotomie nach metastatischer Sehnenentzündung. 

Von 

Pflanz-Canth. 

Thierarzt. 

Angeregt durch den Artikel „Ueber den Werth der Teno¬ 
tomie“ von Herrn Professor Dr. Fröhner (Monatsschrift für 
Thierheilkunde Bd. VIII, H. 12 und B. T. W. Nr. 46, Jahrg. 97) 
möchte ich einen Fall von Tenotomie veröffentlichen, den ich vor 
ca. zwei Jahren in meiner Praxis auszufiihren Gelegenheit hatte. 

Im Sommer 1894 war auf einem Rittergute die Brustseuche 
in grösserem Umfange ansgebrochen, so dass fast sämmtliclie 
Pferde des Bestandes von der Krankheit ergriffen wurden. Unter 
Andern erkrankte auch ein werthvoller vieljähriger Schimmel, 
belgischer Abkunft, unter recht schweren Erscheinungen. Der 
Kranklieitsprocess verlief günstig, und stellte sich als Nachkrank¬ 
heit eine Tendovaginitis des Kronen- und Hufbeinbeugers am 
linken Vorderfuss ein. Das Pferd wurde zunächst ca. drei 
Wochen lang nach den allgemeinen Regeln der Therapie mit 
warmen Bädern, Massage, Ichthyoleinreibuugen etc. behandelt, 
jedoch ohne Erfolg. Darauf wurde eine Scharfsalbe aus Hydrarg. 
byodat. rubr. angewandt, nach deren Einreibung bei vierwöchent¬ 
licher Ruhe des Thieres scheinbar eine Besserung einfrat. Allein 
bei der nächsten Anstrengung trat das alte Leiden sofort wieder 
auf. Jetzt wurde das erkrankte Bein mit dem Glüheisen behandelt 
und erhielt auf beiden Seiten energisches Strichfeuer mit noch¬ 
maliger scharfer Einreibung Um jetzt einen dauerden Erfolg zu 
erzielen, wurde dem Pferde eine achtwöchentliche Ruhe gegeben. 
Die Lahmheit war nach dieser Zeit gänzlich geschwunden, trat 
aber auch jetzt nach einer kleiuen Arbeitsleistung in ihrer alten 
Stärke wieder auf. 

In der Mitte der Sehne nahe dem Unterstützungsbande hatte 
sich während dieser Zeit eine kuorpelartige, ganz feste An¬ 
schwellung herausgebildet. 

Nachdem ich so viel Zeit und Mühe aufgewandt hatte, ohne 
auch nur das Geringste erreicht zu haben, erklärte ich dem Be¬ 
sitzer, ich halte das Pferd für unheilbar, und rieth demselben zur 
Schlachtung des Thieres. 

Nun versuchte ein zweiter College, Herr Oberrossarzt H. 
aus B., sein Heil an dem Pferde und behandelte dasselbe wieder¬ 
um 16 Wochen hindurch hauptsächlich mit Massage, warmen 
Bädern und stundenweisem Bandagiren. Diesmal hielt der Erfo'g 
sogar acht Tage an, dann aber trat auch jetzt die alte Lahmheit 
wieder auf. Da dem Besitzer sehr viel an dem Pferde lag, so 
bat er mich, jetzt noch einen dritten Collegen zu Rathe zu ziehen. 
Ich kam dieser Aufforderung selbstverständlich nach und unter¬ 
suchte das Pferd nochmals gemeinschaftlich mit Herrn Oberross¬ 
arzt B. aus B. Jedoch auch dieser College erklärte nach genauer 
Erhebung des Befundes das Leiden für unheilbar und rieth, das 
Pferd dem Rossschlächter zu verkaufen. 

Zufälliger Weise hatte ich Gelegenheit, an dem dieser Unter¬ 
suchung folgenden Tage mit Herrn Collegen Kreisthierarzt 
Koschel aus Breslau zusammenzutreffen und mit demselben den 
Krankheitsfall durchzusprechen. College K. erzählte mir, er habe 
einmal irgendwo gelesen, man solle bei solchen hartnäckigen 
metastatischen Sehnenscheidenentzündungen die Sehne durch- 
schneiden; es höre damit an der entzündeten Stelle der Zug auf, 
die chronische Reizung falle weg, und es komme somit zu einer 
Ausheilung der Lahmheit. Eine praktische Erfahrung habe er 
hierin leider nicht, da aber in diesem Falle alles Andere erfolglos 


29 

geblieben wäre, wäre vielleicht diese Operation als ultima rat io 
noch zu versuchen. 

Der Besitzer willigte gern ein, ich nahm das Pferd in meinen 
Krankenstall und habe es am nächsten Tage gemeinschaftlich 
mit Herrn Collegen Koschel operirt. Ich durchschnitt dem 
Pferde beide Sehnen, sowohl Huf- als Kronbeinbeugesehne, was 
ungemein schwierig auszuführen war, da die Sehne an der 
Operationsstelle stark verdickt und fast knochenhart war. Nach 
der Durchschneidung legte ich einen antiseptischen Verband an 
und liess das Pferd aufstehen. Dasselbe trat jetzt vollständig 
durch, so dass das Fesselgelenk beinahe den Erdboden berührte. 
Ich liess es langsam in den Stall führen und in einen Hängegurt 
hängen. Die Wunde heilte per primam. Nachdem das Pferd 
ca. acht Tage im Hängegurt verblieben, nahm ich es heraus und 
gab ihm eine Boxe, in der ihm etwas freie Bewegung möglich war. 
Der Zustand besserte sich jetzt auffallend schnell, so dass schon 
nach Verlauf von drei Wochen kaum noch von einer Lahmheit 
die Rede war. 

Ich habe das Pferd der Vorsicht halber noch sechs volle 
Wochen stehen lassen und demselben auch nach dieser Zeit einen 
Monat lang nur leichte Arbeit verordnet 

Der Erfolg war ein vollständiger; das Pferd wird seitdem bis 
zum heutigen Tage zu schweren und schwersten Arbeiten benutzt, 
ohne dass je die geringste Lahmheit sich wieder gezeigt hätte. 


Referate. 

Ueber die sogenannte Cruralis- und Radialislähmung 
beim Pferd. 

Von Prof. Fröhner. 

(Muh. f. Tb. Bd. VII, II. 11.) 

Unter den beiden obigen Benennungen werden bekanntlich 
Lähmungen der gleichnamigen Nerven verstanden. Fröhner ist 
jedoch zu der Ueberzeuguug gelangt, dass die Fälle, welche hier¬ 
her gerechnet werden, keineswegs Nervenlähmungen, sondern 
vielmehr Muskellähmungen sind und demnach als Lähmung der 
Kniescheibenstrecker und Lähmung der Ellenbogenstrecker zu 
bezeichnen wären. 

Von sogenannter Cruralislähmnng hat F. in der Klinik 
zwölf Fälle beobachtet, wovon vier gänzlich geheilt wurden. Die 
Lähmungen waren nur einmal beiderseitig, die Ursache in acht 
Fällen zweifellos Hämoglobinämie (Lumbago), in zwei Fällen 
unaufgeklärt; ein Fall war nach Ueberstehen einer Phlegmone 
eingetreten und einer im Anschluss an die Castration nach dem 
Abweifen. Die Hämoglobinämie tiberwiegt somit alle anderen 
Krankheitsursachen. Es ergiebt sich schon von vornherein, dass 
es sich in diesen Fällen um Muskelerkrankungen handelt. In 
zwei anderen Fällen konnte das Vorhandensein der Myositis 
parenchymatosa und die Abwesenheit jeder Nervenveränderung 
durch die Section nachgewiesen werden. Demnach sind zehn 
Fälle von zwölf schon mit absoluter Sicherheit als Muskeler¬ 
krankungen anzusprechen. 

Man hat behauptet, eine Entzündung der Lendenmuskeln 
könnte auf den nervus cruralis übergreifen. Ein solches Ueber- 
springen von Muskel auf Nerv ist an sich unwahrscheinlich. Dass 
die Lähmung auf eine einzelne Muskelgruppe beschränkt bleibt, 
ist kein Beweis für die Lähmung des entsprechenden Nerven; 
denn die Hämoglobinämie ergreift bekanntlich mit Vorliebe be¬ 
stimmte Gruppen von Muskeln, wie dies auch beim Muskel¬ 
rheumatismus eine gewöhnliche Erscheinung ist. Dass vereinzelte 
Fälle wirklicher Cruralislähmnng Vorkommen mögen, kann natür¬ 
lich nicht bestritten werden. Einwandsfrei beschrieben ist bisher 
ein solcher Fall noch nicht. Aeusserliche Einwirkungen auf den 
Cruralis sind jedenfalls schon seiner Lage wegen ausgeschlossen. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



30 


BERLINER THIERXRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3, 


Die Fälle, wo die myogene Lähmung durch andre Ursachen als 
Hämoglobinämie bedingt ist, sind augenscheinlich seltener und 
wohl durch übermässige Anstrengung (Ausschlagen, Ausgleiten etc.) 
veranlasst. Aehnlich wie bei übermässigen allgemeinen Muskel- 
anstrengungen (Distanzritten, Hetzen) allgemeine acute Muskel¬ 
degeneration auftreten kann, kann offenbar eine forcirte Thätig- 
keit einer einzelnen Muskelgruppe eine ähnliche locale Wirkung 
ansüben. Endlich ist beachtenswerth, dass die sogen. Cruralis- 
lähmung nur bei Pferden, sonst aber weder bei dem Menschen, 
noch bei andren Hausthieren beobachtet ist. Dies stimmt damit 
überein, dass auch nur beim Pferde eine Lumbago vorkommt. 

Der einzige Fall beiderseitiger Kniescheibenstreckerlähmung 
ist besonders interessant Ein 25jährigor Vollbluthengst wurde 
zur Castration geworfen. Er sträubte sich im Beginn der Nar- 
C086 stark, erhob sich nach der Beendigung der Operation von 
selbst und wurde in seinen Stand geführt. Hier angekommen, 
fing er an, in der Hinterhand zusammenzuknicken und musste 
dadurch, dass beide Kniegelenke manuell nach hinten gedrückt 
wurden, unterstützt werden. Am nächsten Tage kam er dennoch 
zu liegen und war auch mit einem Hängegurt nicht zum Stehen 
zu bringen. Die Empfindsamkeit an den Hinterbeinen war völlig 
erhalten. Es konnte sich weder um einen Wirbelbruch, noch um 
eine periphere Nervenlähmung handeln; vielmehr musste als Ur¬ 
sache des Unvermögens zu stehen eine Lähmung der Knie¬ 
scheibenstrecker angenommen werden. Das Pferd blieb volle 
10 Tage gelähmt liegen (bei Paraplegie infolge Wirbelbruchs 
tritt der Tod bekanntlich in sehr viel kürzerer Zeit ein) und 
starb an Decubitalgangrän am 13. Tage nach der Operation. 
Die Section ergab, dass weder ein Knochenbruch, noch eine 
Nervenerkrankung vorlag. Dagegen bestanden acute Degene¬ 
rationen in der Musculatur der Nachhand, besonders in den 
Kniescheibenstreckern: hellgraue Farbe, Mürbheit, weit verbreiteter 
Verlust der Querstreifung, körnige Trübung der Muskelfasern — 
alles grosse Aehnlichkeiten mit dem Sectionsbild der Hämoglobi¬ 
nämie sowie mit den Veränderungen, welche in den Muskeln der 
gestorbenen Pferde beim Wien-Berliner Distanzritt beobachtet 
worden sind. Das sehr mnsculöse Pferd muss sich diese Er¬ 
krankung infolge übermässiger Contraction der Kniescheiben¬ 
strecker zugezogen haben. Bei der Operation einer Hufknorpel¬ 
fistel hat F. einen ganz ähnlichen Fall beobachtet, und es ergiebt 
sich hieraus, dass beim Werfen der Pferde, auch unter Anwendung 
aller erdenklichen Vorsicht, eben nicht bloss Knochenbrüche, 
sondern auch andere tödtliche Zufälle eintreten können. 

Die Prognose der Kniescheibenstreckerlähmung ist schlecht. 
Wenn Bie nicht in einigen Tagen von selbst zurückgeht, gehen 
die Pferde zu Grunde. Weder Massage, monatelang durchgeführt, 
noch Electricität, Coffein- und Veratrineinspritzungen nützen. 
In einem sehr schweren Falle trat allerdings eine ausnahmsweise 
Heilung (nach 6 Monaten) ein. 

Die sogenannte Radialislähmung, welche sich bekanntlich 
durch Zusammenbrechen im Ellenbogengelenk äussert, soll eine 
angeblich durch mechanische Insulte hervorgerufene Lähmung 
des nervus radialis sein. Fröhner will das Vorkommen solcher 
Fälle nicht bestreiten; jedenfalls aber sind nicht alle Fälle von 
Lähmung der Ellenbogenstrecker neurogen. Es kommen nämlich 
auch hier parenchymatöse Myositen vor, welche entweder durch 
Hämoglobinämie oder durch übermässige Muskelanstrengung ver¬ 
anlasst werden. Namentlich hat F. zwei Fälle von beider¬ 
seitiger und einseitiger Ellenbogenstreckerlähmnng durch die 
Section zu constatiren Gelegenheit gehabt. 

Eine 4jährige Stute war angeblich plötzlich auf der Strasse 
Btehen geblieben und nicht von der Stelle zu bringen gewesen 
Eine äussere Beschädigung war nicht vorhergegangen, doch war 


der Wagen sehr schwer beladen. Das Pferd hatte auf beiden 
Vorderbeinen die Fähigkeit sich zu stützen verloren, namentlich 
links knickte es bei jedem Versuch zu stehen sofort zusammen. 
Angetrieben, erhob es sich wie Rinder, zuerst mit den Hinter¬ 
beinen, konnte sich aber auf den Vorderbeinen nicht aufrichten. 
Knochenbruch war ausgeschlossen. Spinale Lähmung oder eine 
beiderseitige Radialislähmung war ganz unwahrscheinlich, sowohl 
nach dem Vorbericht, wie bei der Thatsache, dass die Reflex¬ 
erregbarkeit völlig erhalten war. Da das Bewusstsein des 
Pferdes völlig frei war, war an cerebrale Lähmung nicht zu 
denken. Auch Hämoglobinämie blieb nach der Beschaffenheit des 
Harns ausgeschlossen. Hiernach konnte es sich nur um eine 
myogene Lähmung beider Ellenbogenstrecker infolge der dem 
Pferde im Zuge zugemutheten allzu schweren Last handeln. Das 
Befinden des Thieres änderte sich nicht, und da Decubitus ein¬ 
zutreten drohte, so wurde es getödtet. 

Obductionsergebniss: Der Befund erinnerte lebhaft an den 
der Hämoglobinämie. Es bestand namentlich an den Vorder¬ 
beinen und in der Ellenbogengegend eine schwere Polymyositis 
parenchymatosa: Muskulatur grauroth, wie zerfasert, stark getrübt, 
unter völligem Verlust der Querstreifung. Rückenmark und 
periphere Nerven ganz intact, desgl. das Gehirn 

In einem zweiten Falle, der schon oben erwähnt wurde, weil 
er ebenfalls an eine Operation anschloss, handelte es sich um 
ein Pferd mit Hufknorpelfistel. Während der Operation war das 
Thier ganz ungewöhnlich ungeberdig und machte trotz ein¬ 
geleiteter Narcose fortwährend die heftigsten Anstrengungen, sich 
der Fesseln zu entledigen. Als es nach beendigter Operation 
aufstand, zeigte es die ausgesprochenen Erscheinungen links¬ 
seitiger „Radialislähmung“, indem es bei jedem Versuch, sich auf 
das linke Bein zu stützen, im Ellenbogengelenk einknickte. Es 
musste auch aus dem angewandten Hängegurt herausgenommen 
werden, weil es sich trotzdem nicht halten konnte. Die 
Section des an Decubitalgangrän gestorbenen Pferdes er¬ 
gab ganz dasselbe Bild, wie es vorstehend beschrieben 
wurde. Betroffen war die Musculatur an der Schulter und am 
Ellenbogen, namentlich die Streckergruppe. (Auch hier Verlust 
der Querstreifung und körnige Degeneration.) Die Ursache dieses 
Falles kann nur ebenso, wie oben bei dem kastrirten Hengst 
gesehen, erklärt werden. 

Starrkrampf behandlung. 

Die englischen Veterinary-snrgeons befleissigen sich jetzt 
eifrig der Behandlung des Starrkrampfes mit Nocard’schein 
Antitetanusserum. Es erscheint fast keine Nummer des Vet. 
Record, in welchem nicht über einen oder mehrere erfolg¬ 
reich behandelte Fälle berichtet wurde, obwohl No card sein 
Serum hauptsächlich für die Präventivkur empfiehlt. Dasselbe 
8oll nach der ev. Infection von Wunden mit Tetanusgift die Ent¬ 
wickelung des Starrkrampfes verhindern. Gemäss dieser An¬ 
leitung wird das Mittel nach Castrationen, Schweifamputationen, 
bei Nageltritten und anderen Verletzungen, nach denen erfahrungs- 
gemäss leicht Starrkrampf entsteht, eingespritzt. In Heft 476 
wird die Krankengeschichte eines Ponys mitgetheilt, welches in¬ 
folge der Castration an Tetanus erkrankte. Unter Anwendung 
des Serums wurde der Pony in zehn Tagen complet geheilt. Ein 
starrkrampfkrankes Maulthier (H. 486) erlangte nach fünf 
Wochen seine Gesundheit wieder. Das Antitetanusserum wird 
in kleinen Dosen wiederholt unter die Haut gespritzt. Das Maul¬ 
thier erhielt zunächst zwei Drachmen, worauf eine Exacerbation 
der Symptome eintrat, welche bald vorüberging. Nach 36 Stunden 
wurden wiederum zwei Drachmen iryicirt. 48 Stunden später er¬ 
folgte eine dritte und am sechsten Krankheitstage eipe vierte 


Digitized by LaOOQie 



20. Januar 1898. 

Einspritzung. Im letzten Falle betrug das Quantum nur eine 
Drachme. Gewöhnlich wird auf den Krankheitsfall eine Unze 
Sernm verbraucht. 

Gegenüber diesen angeblichen Heilungen durch Serum theilen 
andre Practiker, Delacherois und Edwards, mehrere Spontan¬ 
heilungen von Tetanns mit und machen darauf aufmerksam, dass 
das Antitetanusserum selbst von seinem Erfinder hauptsächlich 
nur als ein Präventivmittel betrachtet werde. (Vet. Rec.) 

Iufectiöse Tumoren beim Hund. 

Auf einer unlängst stattgehabten Versammlung der Patho¬ 
logischen Gesellschaft von London beschrieben Smith und 
W ashbourn eine Reihe infectiöser Geschwülste an den 
Genitalien von Hunden. Ein Hund inficirte durch einen Tumor 
11 Hündinnen bei der Begattung. Drei dieser Hündinnen wurden 
später von einem anderen Hunde begattet, welcher hierdurch ein 
Gewächs am Penis bekam. Dieser Hund übertrug die Geschwulst 
wieder auf die Vagina einer gesunden Hündin. EiD Hund, welcher 
künstlich am Penis inficirt wurde, bekam ein Gewächs von der Be¬ 
schaffenheit der beschriebenen Serie. Die Tumoren begannen als 
kleine durchsichtige Papeln, welche langsam wuchsen und nach Ver¬ 
lauf von 12 Monaten in gelappte Massen uragewandelt waren. In 
späteren Stadien konnte die ganze Vagina mit gelappten Massen be¬ 
setzt sein, welche sich von der Vulva auf das Perinäum ausbreiteten. 
In der Mehrzahl der Fälle konnten die Tumoren leicht mit der 
Schleimhaut, welcher sie anhafteten, entfernt werden. In zwei 
Fällen wurden bei der Section Infiltration der Muskelwand der 
Vagina festgestellt und in einem Falle waren die Lymphdrüsen 
der Leistengegend geschwollen. 

Die mikroskopische Structur aller untersuchten Tumoren war 
identisch. Sie bestanden hauptsächlich aus runden oder poly- 
edrischen Zellen, in welchem Falle sie den Eindruck von epi¬ 
thelialen Neubildungen machten. Eine sorgfältige Prüfung ergab 
jedoch, dass sie nicht vom Epithel abstammten. Das Stroma war 
in einigen Gewächsen spärlich, in andern mächtig entwickelt. 
In letztem Falle bildete dasselbe unregelmässige Alveolarräume, 
welche die Zellen einschlossen. Mikroskopisch boten diese Tu¬ 
moren das Aussehen von Sarcoraen. Tedenz für eine spontane 
Heilung war nicht vorhanden, doch recidivirten die Neubildungen 
nicht, wenn sie frühzeitig ausgeschnitten wurden. Infectionsver- 
suche an Meerschweinchen und Kaninchen schlugen fehl. In zwei 
Fällen gelang eine Uebertragung in das subcutane Bindegewebe 
von Hunden. 

Die Autoren vermuthen, dass die Tumoren von ähnlicher 
Natur sind, welche Geissler, Wehr, Duplay und Cazin in 
ihren Werken über die infectiöse Natur des Krebses beschrieben 
haben. (Vet Record 1897. H. 478). 

DesinfeetionsTersoehe mit der neuen Methode der 
Fabrik Schering: Vergasung von Formalinpastillen im 
Formalindesinfector. 

Von Dr.Gemünd. 

(MOnch. Med. Woclienjchr.) 

Die neue Methode besteht darin, dass das Formaldehyd durch* 
Polymerisirung in feste Form als Paraforaaldehyd Übergefährt 
und dass dieses in Pastillenform von der Schering’schen Fabrik 
hergestellte Product dann in dem zu desinficirenden Raume zur 
Entwicklung von Foraaldehyd-Dämpfen benutzt wird. Die Er¬ 
zeugung der Dämpfe geschieht in einfachster Weise durch 
gelindes Erwärmen der Formalinpastillen in einem aus Schwarz¬ 
blech hergestellten, mittels einer Spirituslampe heizbaren kleinen 
Apparat, der als Formalindesinfector bezeichnet wird. Jede 
Pastille wiegt ein Gramm und entwickelt ungefähr ein Gramm 
Formaldehydgas. Auf diese Weise lässt sich also genau bestimmen, 


31 

wie viel Pastillen zur Desinfection eines Raumes nothwendig sind. 
Verf. hat nun mit diesen Pastillen Desinfectionsversuche in zwei 
Zimmern von 52,5 und 47 cbm Luftraum angestellt Benutzt 
wurden zu den Versuchen Milzbrandsporen, Heubacillensporen 
und Staphylococcen, Diphtheriebacillen etc. Die Versuche ergaben 
bei Verdampfung von 2 Pastillen pro cbm folgende Resultate: 
Es wurden völlig vernichtet Staphylococcen, Diphtherie, Prodigiosus, 
Typhus, sei es, dass die Bacterien frei oder unter leichter Be¬ 
deckung im Zimmer aufgestellt waren. Nicht vernichtet, wenn 
auch wesentlich in ihrer Entwicklung gehemmt wurden Milz¬ 
brandsporen, Heubacillensporen und Bacterium coli. Berück¬ 
sichtigt man, dass die Versuche in einem Zimmer mit sehr guter 
Ventilation gemacht wurden, so müssen die Resultate als günstig 
bezeichnet werden. Es darf unter diesen Umständen bei 
2 g Formaldehydpastillen pro cbm auf Tödtung von 
Staphylococcen, Diphtheriebacillen, Typhnsbacillen 
und anderen leichter zu vernichtenden Infections- 
erregern gerechnet werden. Diese neue Methode ist, wie 
jede gasförmige Desinfection, nur auf die zugängigen, offenen 
Flächen wirksam, dagegen werden Keime in Fugen, engeren 
Zwischenräumen nicht vernichtet. Wer ganz sicher alle Keime 
vernichten will, wird immer ein eingreifenderes Verfahren wählen 
müssen, als es die gasförmige Desinfection unter allen Umständen 
sein kann. 

Ueber den Rheumatismus-Bacillus. 

Vortrag gehalten von Triboulet in der Sociötö de Biologie. 

(MOnch. Med. Woch.) 

Bei der Section eines an Gelenkrheumatismus Verstorbenen 
konnten Triboulet, Loyon und Zadoc den specifischen 
Bacillus Thiroloix nachweisen. Die Section wurde 36 bis 
48 Stunden nach dem Tode gemacht und die Culturversuche auf 
Bouillon und sterilisirter Milch angestellt; das Blut der vena 
cava, ein Tbeil der Valvula mitralis und ein Stück des Lenden¬ 
marks haben die characteristischen Culturen gegeben, während 
Pleura- und Pericardialflüssigkeit ein negatives Resultat ergaben. 
2 ccm der Cultur intramusculär einem Meerschweinchen injicirt, 
führte dessen Tod in 29 Stunden herbei. Wenn auch den drei 
Forschern noch weitere Untersuchungen nothwendig erscheinen, 
so glauben sie doch, 40 Stunden nach dem Tode denselben 
Bacillus isolirt zu haben, welchen Th. 5mal im Blute lebender 
Rbeumatismuskranker gefunden hat, und halten es eben wegen 
der Aehnlichkeit des Gesammtverhaltens nicht für wahrscheinlich, 
dass es sich um einen gewöhnlichen Fäulnisspilz handle. 

Ueber das Vorkommen von Eiweiss im Harn 
unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen, 
speciell bei Thieren. 

Inaugural-Dissertation 
von Paul Simader, Thierarzt in Darmstadt. 

(Zelticbr. f. Thlarmed. Nene Folge 1807, H. 6.) 

Dass in jedem Harn Eiweiss vorkommt, bat Senator bereits 
im Jahre 1882 ausgesprochen. Seitdem sind viele Untersuchungen 
ausgeführt worden, welche diesen Ausspruch bestätigen. Die 
Untersuchungen beziehen sich indess hauptsächlich auf Menschen¬ 
harn. Der Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, den Harn der 
verschiedenen Hausthiere zunächst im gesunden Zustande auf 
das Vorhandensein von Eiweiss zu prüfen. Die Untersuchung 
von mehr als 100 Harnproben von Pferden, Rindern, Schafen, 
Ziegen, Schweinen und Hunden ergab stets ein positives 
Resultat. 

Der Nachweis wnrde gewöhnlich durch die Methode von 
Posner geführt, welche den Vortheil hat, dass die im Pferde¬ 
harn regelmässig, aber auch im Hunde-, Ziegen- und Kuhharn 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 




32 BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


häufig enthaltene mucinartige Substanz zuerst ausgeschieden 
werden kann, welche dann die weitere Untersuchung nicht stört. 
Diese Substanz hält S. nicht für Mucin, sondern für Nucleo- 
albumin. Das Posner’sche Verfahren kam in der Weise zur 
Anwendung, dass der filtrirte Harn mit der halben Menge con- 
centrirter Essigsäure versetzt 24 Stunden stehen blieb. Die ev. 
entstandene MucinfUllung wurde alsdann abfiltrirt und das Filtrat 
auf ‘/io—Vao des Volumens eingeengt. In dem Filtrat Hess sich 
nunmehr mit den entsprechenden Reagentien (Ferrocyancalium, 
Metaphosphorsäure, Salpetersäure u. s. w.) das Eiweiss nach- 
weisen. Demnach ist der Nachweis erbracht, dass Eiweiss ein 
constanter Bestandtheil des Harnes von Thieren ist. 

Unter bestimmten physiologischen Verhältnissen kann eine 
Steigerung dieses Eiweissgehaltes eintreten, ein Zustand, der 
physiologische Albuminurie genannt werden kann. 

Beim Menschen ist eine ganze Reihe Momente bekannt, 
welche eine Steigerung der Eiweissausscheidung bedingen: kalte 
Bäder, geistige Ueberanstrengung, nervöse Affectionen, sehr 
eiweissreiche Nahrung, Schwangerschaft etc. Senator behauptet, 
dass bei 20—25 pCt. aller gesunden Menschen Albuminurie vor¬ 
komme. 

Auch bei Thieren ist die physiologische Albuminurie ein 
häufiges Vorkommniss. Die Litteratur ist verliältnissmässig reich 
an Mittheilungen dieser Art. S. fand das physiologische Eiweiss- 
harnen am häufigsten bei Hunden und Schweinen. Bei trächtigen 
Thieren wurde dasselbe nicht häufiger als bei nichtträchtigen 
beobachtet Hiernach ist das Vorkommen von Eiweiss im Harn 
in gegebenen Fällen bei Thieren nicht zur Feststellung der 
Gravidität zu benutzen. Zwischen Mensch und Thier besteht in 
dieser Hinsicht ein Unterschied, der in der horizontalen Stellung 
des Thieres begründet sein dürfte. Die Druckrichtung des träch¬ 
tigen Uterus ist eine ganz andere als beim Menschen; hierzu 
kommt, da89 die Baucheingeweide in der Hauptsache von der 
unteren Bauchwand getragen werden und demnach der ab¬ 
dominelle Druck keine bedeutende Höhe erreicht. 

Die während des Geburtsactes bestehende Albuminurie, ver¬ 
ursacht durch Ansteigen des Druckes infolge der Wehen, durch 
Stauung in den Nierenvenen und durch exspiratorische Compression, 
hat S. auch bei Thieren constatirt. Bei Erstlingen war der 
Eiweissgehalt am höchsten. 

Das Vorkommen von Eiweiss im Harn neugeborener Thiere 
konnte S. ebenfalls bestätigen. 

Die Albuminurie ist wie beim Menschen ein Symptom der 
verschiedensten Krankheiten. Lustig hat bei dämpfigen Pferden 
nach vorausgegangener Bewegung immer Eiweiss im Harn ge¬ 
funden und glaubte diese Erscheinung als Hilfsmittel zur Fest¬ 
stellung der Dämpfigkeit verwenden zu können. Es ist jedoch 
jetzt sicher, dass auch bei ganz gesunden Pferden nach der Be¬ 
wegung Eiweiss im Harn Vorkommen kann, während es anderer¬ 
seits bei dämpfigen Pferden fehlen kann. 

S. resumirt sich dahin, dass drei Grade der Eiweissaus¬ 
scheidung durch den Harn zu unterscheiden sind: 1. der 
normale Eiweissgehalt jeden Harnes, 2. die physiolo¬ 
gische Albuminurie, 3. die pathologische Albuminurie. 

Von praktischer Bedeutung ist nur die Unterscheidung des 
2. und 3. Grades von einander. Es kann zweifelhaft sein, ob in 
einem gegebenen Falle physiologische oder pathologische Albumi¬ 
nurie vorliegt. Die Entscheidung ist in solchen Fällen danach 
zu treffen, ob ein Thier Krankheitserscheinungen äussert oder 
nicht, ob der Harn sonst verändert ist oder sich normal verhält 
in Bezug auf Menge, Aussehen, specifisches Gewicht, Zusammen¬ 
setzung und insbesondere frei von morphotischen Elementen ist. 

Schliesslich spielt auch die Quantität des ausgeschiedenen 


Eiweisses eine bedeutende Rolle. Jede starke Albuminurie ist 
pathologisch. Für Menschen ist die oberste Grenze der physiolo¬ 
gischen Albuminurie nach Senator’s Angaben 0,04—0,05 pCt., 
während der Verf. bei Thieren einen 0.03procentigen Eiweiss¬ 
gehalt als das Maximum der physiologischen Eiweiss¬ 
ausscheidung bezeichnet. Die letztere ist in der Regel auch 
nur von kurzer Dauer. Bei ältern Individuen ist Albuminurie 
öfter ein Krankheitszeichen als bei jungen, weil sich im Alter 
gewisse Veränderungen der Organe, der Nieren und ihrer Ge- 
fässe einstellen. 

Der Einfluss des Morphium auf die Salzsäur er eaction 
des Magens. 

Von Dr. Kleine. 

(D. Med. Wuchenschr.) 

Nach Beobachtungen von Hitzig soll das Morphium einen 
hemmenden Einfluss auf die Secretion der HCl im Magen haben; 
deshalb soll auch bei Morphinisten der Salzsäuregehalt, der im 
Beginn der Entziehungskur fast gleich Null war, bei verminderter 
Zufuhr von Morphium ständig wachsen. Verf. unternahm es, 
diese Frage auf experimentellem Wege beim Hunde noch einmal 
zu prüfen, und zwar sollten einmalige und fortgesetzte Morphium¬ 
gaben in Betracht gezogen worden. Das Magensecret wurde mit 
Hilfe einer Fistel gewonnen. Es zeigte sich nun, dass einmalige 
Morphiumgaben den HCl-Gehalt des Magensaftes nicht nur nicht 
herabsetzen, sondern vielleicht sogar etwas erhöhten, dass hin¬ 
gegen durch fortgesetzte Morphiumgaben die Magenverdauung als 
auch die Salzsäureausscheidung ausserordentlich herabgesetzt 
wurde. Die Magenverdauung leidet aber schon nach vier Morphium- 
tagen, während nach zehn Tagen noch reichlich HCl ausgeschieden 
wird. Beide Störungen sind also zunächst von einander unab¬ 
hängig und Verf. macht folgende Annahme: Infolge der motori¬ 
schen Lähmung des Magens muss sein Inhalt in Gährung ge- 
rathen und allmälig die Schleimhaut krankhaft afficiren. Wird 
der krankhafte Zustand der Magenwandung ein dauernder, so 
muss die HCl-Ausscheidung gradatim abnebmen und kann vielleicht 
auch bei langandauerndem Morphinismus gänzlich versiegen. 
Nach Anssetzen des Alcaloids und unter dem Einfluss von Magen- 
ausspütengen gesundet dann die Schleimhaut und die HCl-Secretion 
beginnt wieder aufzutreten und zuzunehmen. 

Kleine Mittheilungen. 

Ueber die Giftigkeit dee Blotes hungernder Thiere. 

Scofone beobachtete, dass das Blut fastender Thiere, uuter 
das Peritoneum gesunder gespritzt, Erscheinungen von Vergiftung 
hervorrief, denen ein Theil alsbald nach der Injection, andere 
nach einigen Tagen erlagen. Der Charakter der Intoxication ist ein 
anderer als nach Injection heterogenen Blutes oier einer solchen 
von anämischen. (Allg. Med. Centr.-Ztg. 73/97.) 

Giftwirkung des Sohweisses. 

Arloing liess den Brustlatz eines Individuums, das eine 
ganze Nacht hindurch getanzt hatte, mit destillirtem Wasser aus- 
ziehen und injicirte die erhaltene Flüssigkeit einigen Hunden. 
Dieselben wurden hinfällig und starben unter den Erschei¬ 
nungen einer heftigen Diarrhoe nach Verlauf von einigen Stuuden. 
Bei der Autopsie wurde eine starke Blutfülle des ganzen Ver¬ 
dauungscanals ermittelt, die Leber war mit gelblichen Flecken 
besetzt, die Herzkammern enthielten weisse Gerinnsel und die 
Atrio-Ventricularklappen waren verdickt. Die Versuche mit 
dem Secret der Schweissdrüsen von den unteren Gliedern be¬ 
dingten bei Kaninchen ganz andere Erscheinungen: Erregung, 
Erethismus, clonische Krämpfe, schliesslich Lähmungserscheinungen 
und Tod. (Journal de Med. de Paris.— Giornal. della Reale Soc. 
Ital. d’Igiene 1897 H. 9.) 


Digitized by CjOOQie 



20. Januar 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 33 


Leerdarmruptur. 

Bei einem an Kolik gestorbenen Pferd fand Unterrossarzt 
G u t z e i t Folgendes: In der Bauchhöhle 10—12 1 blutige Flüssig¬ 
keit, im Dünndarmgekröse zwischen den beiden Blättern an zwei 
Stellen Futter. Nach Dnrchtrennnng des Gekröses zeigten sich 
zwei Darmschlitze von 13 und 2$ cm Länge, welche beide an der 
Gekrösanheftung lagen und schon benarbte Wundränder zeigten. 
Die Darmwand war an dieser Stelle verdickt und das Lumen so 
enge, dass nur der kleine Finger eingeführt werden konnte. Nach 
der Beschaffenheit der Wundränder musste die Ruptur schon vor 
längerer Zeit eingetreteten sein. Zunächst war anscheinend keine 
wesentliche Störung entstanden und nachher eine Bauchfellent¬ 
zündung eingetreten. 


Tagesgeschlchte. 

t 

Ara 12. Januar 1898 entschlief zu Elberfeld im 82. Lebens¬ 
jahre Anton Ludwig Sombart, Landschaftsdirector der Provinz 
Sachsen a. D. und Rittergutsbesitzer. 

Wenig Freunde hat der thierärztliche Stand bisher gehabt, 
die so treu und unermüdlich für seine Förderung gesorgt und 
gearbeitet haben, wie der Verstorbene. Die von ihm als intelligentem 
Landwirth erworbene Erfahrung, die hierauf begründete Ueber- 
zeugung, allgemeines Billigkeitsgefühl und Freude am Nützlichen 
und Tüchtigen trieben ihn dazu; seine langjährige Thätigkeit als 
Abgeordneter gaben ihm die erwünschte und immer von neuem 
benutzte Gelegenheit Die siebziger und achtziger Jahre waren 
für die Entwicklung des thierärztlichen Standes eine grosse Zeit. 
Aus dieser Zeit ragen durch Verdienste um jene Entwicklung 
drei Abgeordnete hervor, von denen nun der letzte dahingegangen 
ist — Löwe-Calbe, Schläger-Hannover und Sombart. Und der 
jetzt Verstorbene hatte sich besonders ein Ziel, welchem die 
beiden anderen kühl gegenüberstanden, zur Verfolgung ausersehen, 
die Herbeiführung des obligatorischen Abiturientenexamens. Grade 
weil wir um dieses Ziel noch in heissem Kampfe stehen, ist uns 
der Mann besonders werth, der unser Bundesgenosse war, bis 
seine Kräfte versagten, der von Jahr zu Jahr im Hause der 
Abgeordneten seine Stimme erhob, deren Nachklang trotz Allem 
nicht ungehört verhallen wird. 

Die Hauptthätigkeit des Verstorbenen liegt auf anderen, 
grösseren Gebieten. Seine Verdienste um die Landwirthschaft 
voll zu würdigen, sind wir nicht berufen; es sei nur an seine 
bahnbrechende Thätigkeit für die Rentengutsbildung erinnert. 
Ueberall zeigte sich seine Tüchtigkeit, sein unbeirrtes Ver- 
ständniss, sein unerschütterliches Streben und überall mussten ihm 
Hochachtung und Dank zufallen. Auch die Thierärzte haben 
sich bemüht, ihm bei vielen Anlässen durch freudig dargebrachte 
Ovationen ihre Dankbarkeit zu zeigen. In der Geschichte der 
Entwicklung der thierärztlichen Organisation wird sein Andenken 
einen ehrenvollen Platz behalten. Der thierärztliche Verein für 
die Provinz Brandenburg betrauert in ihm noch besonders sein 
Ehrenmitglied. 

f 

Am 17. Januar 1898 entschlief im Alter von 85 Jahren der 
Senior des tbierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg, 
der Kgl. Oberrossarzt a. D. Adolf Mertens. Approbirt im 
Jahre 1834, hatte er in voller Rüstigkeit und ungetrübter Heiter¬ 
keit sein 60jähriges Thierarzt - Jubiläum feiern können. Seine 
prächtige soldatische, an den alten Steinmetz erinnernde Er¬ 
scheinung — , jeder Zoll ein Stabsofficier“, wie einst sein um 
zwei Jahr älterer Freund Rabe aus Königsberg ihn kurz und 
treffend zeichnete — seine unverwüstlich frohe Laune, seine Gabe, 


sich Herzen zu gewinnen, alte und junge, machten ihn zum Lieb¬ 
ling Aller. Schmerzlich wurde in den letzten Jahren der alte 
Mertens bei den Vereinsversammlungen vermisst, die er früher 
so treu besucht hatte. Seit dem Jubiläum des Vereins, das auch 
ihm eine glänzende Ovation zu seinem 60jährigen Jubiläum be¬ 
reitete, ist er nicht mehr erschienen. Und er hat Recht daran 
gethan, mit jener Feier, auf einem Höhepunkte sich still zum Ab¬ 
schied zu wenden. So haben wir nicht gesehen, wie allmählich 
die unerbittliche Herrschaft des Alters ihn beugte. So sahen 
wir ihn zum letzten Mal hoch aufgereckt, die Augen noch leuchtend 
ans dem von vollem Haar umrahmten frischen Greisengesicht, 
den Mund noch lachend unter dem schneeigen Schnurrbart. Und 
so wird er immer vor uns stehen in der Erinnerung — in jedem 
Zoll ein Prachtmensch. 

Für den thierärztlichen Verein der Provinz Brandenburg. 

Schmaltz. 

Zum preussischen Etat. 

Im Etat des Cultusministeriums steht, was die Thierärzte 
überraschen dürfte, eine Position für die Begründung eines neuen 
Extraordinariats für Thierheilkunde in Halle. Demnach scheint 
eine Erweiterung des bisher vom Prof. Dr. Pütz allein geleiteten 
thierärztlichen Unterrichts geplant zu werden. 

Weniger überrascht kann man darüber sein, dass von der 
Medicinalreform nichts erschienen ist. Es hat den Anschein, als 
ob wenigstens auf dem Boden, auf dem man bis jetzt gesäet hat, 
überhaupt nichts wachsen werde. Und von dieser Missernte 
können die Thierärzte manches lernen dafür, wie sie ihr eigenes 
Feld am besten bestellen werden. 

Zunächst hat wohl hindernd gewirkt, dass unter den Aerzten 
selbst gar keine Einigkeit zu erzielen war. Die Aerztekammern 
haben sich, wie man weiter daraus ersieht, als ein Förderungs¬ 
mittel für geschlossenes Auftreten des Standes gar nicht er¬ 
wiesen. Wir, mit unserer freien Standesorganisation, machen das 
eigentlich viel besser. 

Ferner ist es wohl ein Fehler gewesen, dass mau zuviel auf 
einmal machen wollte und dass auch zu hohe Ansprüche gestellt 
wurden. Man hat wohl vielfach geglaubt, zu dem Gehalt eines 
Amtsgericht8rathes auch noch die unbeschränkte Privatpraxis 
verlangen zu können und den freien Mitbewerb um allerlei com- 
munale etc. Nebenstellen, wobei der beamtete gegenüber dem 
practischen Arzt sowieso auch im Vortheil wäre. Die Ver¬ 
bindung einer sehr wesentlichen Geldfrage mit allerlei organisa¬ 
torischen Schwierigkeiten und mit Dingen, wo das Votum des 
Reichstags und die Volksstimmnng entscheidend sind, (Ausscheiden 
ans der Gewerbeordnung, Kurpfuschereiverbot) war wohl keine 
glückliche. Dass nun vollends der überaus heikle Gegenstand 
einer ehrengerichtlichen Organisation, der ein sehr grosser Theil 
der Aerzte sehr berechtigte Ablehnung entgegensetzt, noch hinzu¬ 
gepackt wurde, scheint der ganzen Angelegenheit den Todesstoss 
versetzt zu haben. Die Zeitungen melden wenigstens, der Herr 
Cnitnsminister habe an den Aerztekammer-Ausschuss ein Schreiben 
gerichtet, wonach bei der Haltung der Aerzte die Behörde die 
Ehrengerichtsfrage nicht weiter verfolgen will und zweifelt, ob 
unter diesen Umständen eine Fortsetzung der auf eine ganze 
Medizinalreform abzielenden Bemühungen noch einen Zweck habe. 

Moral: Strebt nicht zugleich nach Ost und West. 

Verfolgt ein Ziel; dies aber fest S. 

Maul- und Klauenseuohe-Conferenz. 

Wie schon kurz mitgetheilt, hat im Kaiserlichen Gesundheitsamt 
eine Conferenz in Angelegenheiten der Maul- und Klauenseuche 
stattgefunden. Derselben wohnten bei: Staatsminister Graf 
Zedlitz-Trütschler, die Herren Göring, Lorenz, Lydtin, 


Digitized by LjOOQie 



34 ' BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land- 
wirtlie von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König 
(Bayern), Hähuel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬ 
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler- 
Greifswald nnd Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der 
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission znr 
Erforschung der Maul- und Klauenseuche. 

Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber 
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser 
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬ 
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die 
Lösung wissenschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze 
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu 
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬ 
anlagt Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung 
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen 
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬ 
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die 
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung 
des Gesundheitsamtes das Veterinärwesen von neuem unter 
medicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet 
wurde, war man an jenen Znsammenhang auch in Preussen noch 
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirtschaftliche 
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬ 


kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur äusserlich 
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Aus. allgemeinen 
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keineswegs gegen 
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundheitsamts richten, 
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn das Veterinär¬ 
wesen ans dem Zusammenhang mit dem Gesundheitsamt ge¬ 
löst und auch im Reich organisatorisch näher an die Landwirt¬ 
schaft herangerückt würde, wie dies in den Bundesstaaten schon 
geschehen iBt. S. 

Dresden. 

Die Frequenz der tierärztlichen Hochschule beläuft sich auf 
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examinanden), zusammen 
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher erreichte Frequenz. 
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25 und 44 geschwankt 
hatten, stiegen Beit 1880—1889 allmälig auf 131. Seit den letzten 
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigerung eingetreten. Auch 
die Frequenz der Kliniken hat sich bedeutend gehoben. 

Anfrage. 

Wie hoch dürfte ein Fixum für thierärztliche Bemühungen 
bei einem Bestände von 8 Pferden und 25 Stück Kühen und 
einer Entfernung von 8 Kilometern vom Wohnorte zu bemessen 
sein? Bitte die Herren Collegen um gütige Auskunft, an die Exp. 
d. BL zu richten. M. K. i. L. 


Oeffentliches Veterinär wesen, 


(M111 h e i 1 u n g e n für 

Seuchenstatistik and Veterinärpolizei. 

Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland 
im Jahre 1896. 

• Verlag von Julius Springer. 

Der im Kaiserlichen Gesundheitsarate bearbeitete und von 
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich 
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬ 
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬ 
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter 
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen) 
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämrat- 
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen 
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen 
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen; 
endlich Nachweisnngen über den deutschen Viehstand und die 
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll 
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreitung 
der einzelnen Seuchen gegeben werden. 

Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblich ein¬ 
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder stark zugenommen, und 
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Steigerung er¬ 
fahren. Mehr als */ 5 aller Kreise wurden neubetroffen (1895 3 / 5 ). Im 
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseucht 864 Kreise etc. 
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen Gehöfte betrug 72161 
(Voijahr 17998) in 14710 (4865) Gemeinden und die Gesammt- 
kopfzahl der in diesen Gehöften stehenden gefährdeten und ver¬ 
seuchten Bestände betrug 1548437 gegen 464646 im Voijahr. 
Der Seuchenstand hat sonach im Berichtjahre sich im allgemeinen 
mehr als verdreifacht und ist auf das siebenfache desjenigen von 
1894 gelangt. Ara Schlüsse des Berichtsjahres blieb der Stand 
ungünstiger als er im Anfang gewesen war, und 14842 Gehöfte 
gegen 3287 am Beginn des Jahres blieben verseucht. Wie im 
Voijahre haben der Süden und Westen stärker gelitten als der 
Osten. 


Veterinärbeamte.) 

Die LnngenBeuche hatte 1896 ausser dem stationären Haupt¬ 
herde im Magdeburgischen noch zwei Centren in Osthavelland 
und um den Niederrhein, hier jedoch schwächer als im Voijahre 
und war ebenfalls etwas stärker verbreitet. Es wurden über¬ 
haupt 7 Staaten und in Preussen 6 Provinzen im Ganzen 70 Ge¬ 
meinden (185 Gehöfte) in 38 Kreisen neu betroffen. Es er¬ 
krankten 1608 Stück (Vorjahr 668 = 71 pCt. weniger). Gefallen 
auf polizeiliche Anordnung resp. auf Veranlassung des Besitzers 
getödtet wurden insgesaramt 2745 Stück (wovon 1138 seuchenfrei 
waren), 24 pCt mehr als im Vorjahre. Der Gesammtbestand an 
Rindvieh in den neubetroffenen Seuchengehöften betrug 4701 Stück. 
Von den getödteten Thieren fallen auf Preussen 2487 und davon 
auf den Reg.-Bez. Magdeburg 1350 - 49 pCt. des deutschen Ge- 
sammtverlustes (37 im Vorjahr und 57 in 1894). Am Jahres¬ 
schluss war der Seuchenstand etwas geringer als am Anfang. 

Der Rotz befiel 505 Pferde (weniger als in den beiden Vor¬ 
jahren mit 590 und 516). Der Gesammtverlust (Tödtungen etc.) 
betrug 703 (Vorjahre 770, 767, 775, 1076, 1296) obwohl auf 
polizeiliche Anordnung augenscheinlich umfangreiche Tödtungen 
ganzer Bestände ausgeführt worden sind, denn von 559 so ge¬ 
tödteten waren 111 rotzfrei. Ueberhaupt betroffen waren im 
Berichtsjahre 205 Gehöfte in 182 Gemeinden. Schlesien war wie 
im Vorjahre am stärksten betroffen. 

Die Tollwuth hat 1896 zugenommen, während sie 1895 
geringer gewesen war, als im Voijahre. Abgesehen von ver¬ 
einzelten verstreuten Fällen waren wieder die Districte an der 
russischen und böhmischen Grenze allein betroffen; Eisass- 
Lothringen blieb ganz frei. Erkrankt, gefallen und getödtet sind 
im Ganzen 939 Thiere (im Voijahr 489) darunter 724 Hunde in 
178 Kreisen; ausserdem wurden 1851 verdächtige Hunde getödtet. 
Der Thierverlust beträgt 2 790 (52 pCt. mehr als im Vorjahre). 
Auch 5 Menschen sind an Lyssa gestorben, darunter der Kreis¬ 
thierarzt des Kreises Angerburg. 

Am Milzbrand erkrankten 184 Pferde, 3709 Rinder, 601 
Schafe, 2 Ziegen und 26 Schweine, zusammen 4422JThiere (im 


Digitized by AaOOQle 




20. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


85 


Vorjahre 3 949), welche sich auf 2 971 Gemeinden in 584 Kreisen 
vertheilen. Das Verbreitungsgebiet des Milzbrandes scheint, nach 
den Vorjahren zu urtheilen, stetig anznwaclisen. 82 Fälle von 
Uebertragung auf Menschen sind berichtet, darunter 15 tödtliche. 
Unter den Erkrankten befand sich auch ein Thierarzt. Den 
Anlass zur Uebertragung boten meist Abhäuten bezw. Noth- 
8chlachtung (21 Schlächter erkrankten.) 

Am Rauschbrand erkrankten 5 Pferde, 1108 Rinder und 
4 Schafe in 135 Kreisen etc., zusammen 1117 Thiere gegen 803 
im Vorjahr. Mit Ausnahme von 3 Rindern und 1 Schaf sind alle 
gefallen. — Der Bläschen ausschlag ist ebenfalls bei einfer 
grösseren Zahl von Thieren als im Vorjahre aufgetreten, nämlich 
bei 336 Pferden und 9523 Rindern in 1303 Gemeinden (im Vor¬ 
jahre bei 6561 Thieren). - Die Pferderäude wurde bei 456 Pferden 
(gegen 500 im Vorjahre, ermittelt. Die nur im Westen nnd Süden 
verbreitete Schafrände betraf überhaupt 2753 Gehöfte in 226 
Kreisen; die Stückzahl der in diesen Gehöften stehenden Herden 
betrug 86 471 gegen 78 820 im Vorjahre. Am Jahresschluss 
blieben verseucht 945 Gehöfte gegen 576 im Anfang. — Ueber 
Rothlauf und Schweineseuche liegt für 1896 noch keine all¬ 
gemeine Statistik vor. 

Im allgemeinen haben also alle Seuchen im Berichtsjahre 
eine stärkere Verbreitung gehabt, als vorher, am schlimmsten die 
Maul- und Klauenseuche. Nur der Rotz zeigt eine erfreuliche und 
constante Abnahme. 

Verordnungen. 

R.-B. Gumbinnen: Unterm 1. December 1897 wird im 
Hinblick auf die in den angrenzenden russischen Landestheilen 
herrschende Maul- und Klauenseuche die Einfuhr von Milch aus 
dem längs der Landesgrenze des Stallnpöner Kreises gelegenen 
russischen Grenzbezirk bis auf Weiteres verboten. 

Regierungsbezirk Liegnitz: Die Verordnung betr. Be¬ 
kämpfung der Geflügelcholera, welche nach allgemeinem (bereits 
in der B. T. W. veröffentlichtem) Muster schon in vielen 
Regierui'gsbezirken eingeführt ist, gilt seit 28. December 1897 
auch für R.-B. Liegnitz. 

Einfuhrverbote gegen Schweden-Norwegen: Das in 
der B. T. W. bereits mitgetheilte für verschiedene deutsche 
Landestheile erlassene Verbot der Einfuhr frischen Schweine¬ 
fleisches aus Schweden-Norwegen wegen des dortigen Herrschens 
der Maul- und Klauenseuche ist für einige weitere event. Für die 
Einfuhr in Betracht kommende Landestheile eingeführt worden 
(Bremen, Mecklenburg, R.-B. Lüneburg, Anrick und Stade). 

Ebenso hat Dänemark die Einfuhr von klanentragenden 
Thieren und rohen Producten derselben bis auf weiteres verboten. 

Energische Selbsthilfe. 

In der Ctrlztg. von Völlers findet sich folgende beherzigens¬ 
werte Mittheilung: Bei einem kleinen Besitzer in einem Orte 
Schleswigs, welcher z. Z. als völlig maul- und klauensenchefrei 
gelten konnte, wurde plötzlich die Seuche constatirt Dieser 
Ansbruch bot eine grosse Gefahr für die ganze Provinz, nament¬ 
lich da er sich gegen den Schluss des Weideganges hin ereignete. 
Vier grössere benachbarte Landwirthe nahmen daher rasch die 
Tilgung selbst in die Hand, traten zusammen, entschädigten den 
Besitzer und liessen den gesammten Bestand sofort schlachten 
und mit Haut nnd Haaren vergraben. 

Rennthierseuche. 

Nach einer Mittheilung der St. Petersburger Zeitung ist in 
den Rennthierzuchten der nördlichen Gouvernements eine Seuche 
ausgebrochen, welche anfangs für Milzbrand gehalten wurde, 
aber wegen der Erfolglosigkeit der Schutzimpfungen als eine 
neue, noch unbekannte Krankheit angesehen wird. 


Fleischschaa und Yiehverkehr. 

Berlin. Auszug aus den Flelsohschauberioht für December 1897. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet and untersacht . 

13085 

11000 

27 666 

56 523 

Ganz beanstandet. .... 

151 

20 

4 

296 

Ueberhaupt mit Tuberculöse 





behaftet. 

2385 

10 

— 

1807 

Davon gänzlich verworfen . 

25 

— 

— 

87 

., Bterilisirt und verwerthet 

47 

— 

— 

. 138 

„ theilweise verworfen . . 

21 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2292 

10 

— 

1632 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

13 

Mit Finnen behaftet .... 

66 

4 

— 

56 

Stark finnig, technisch ver- 





werth et. 

— 

— 

— 

24 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

66 

4 

— 

32 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 


37 


An einzelnen Theilen wurden beanstandet: bei Rindern 4880, 
bei Kälbern 36, bei Schafen 5711, bei Schweinen 5644. 


B. Untersnchnngsstation. 



Rinder¬ 
viertel ! 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

19 275 

14687 

1793 ! 

11292 

Beanstandet. 

73 

85 

1 j 

15 

Wegen Tuberculöse wurden 
beanstandet. 

40 



4 

Davon sind sterilis. verwerthet 

6 

— 

— ; 

1 

Mithin gänzlich verworfen . 

34 

— 

— i 

3 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

2 

Mit Finnen behaftet .... 

— 

— 

— 

2 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . 

_ 

_ 

_ 

2 

Unter dem (.‘ingeführten Fl 

eisch waren — russische, 10 dänische, 


100 galizische, 419 Wildschweine, sowie 2040 dänische Rinderviertel, 
1596 schwedische Rinderviertel. 


Behandlung des Fleisches tuberculüser Thiere in Frankreich. 

Der französische Landwirthschaftsminister hat durch Erlass 
vom 27. Juli 1897 auf die strenge Befolgung des Erlasses vom 
28. December 1896 hingewiesen, welcher bezgl. der Behandlung 
des tuberculösen Fleisches Folgendes bestimmt. „Die Beschlag¬ 
nahme und Verwerfung des ganzen Thieres tritt ein: 

1. wenn die tuberculösen Veränderungen von Abmagerung 
begleitet sind, 

2. wenn Tuberkeln im Fleisch oder in den Fleischlymphdrüsen 
sich befinden, 

3. wenn Miliartuberculose in allen Organen, Parenchymen 
oder besonders in der Milz sich befindet, 

4. wenn umfangreiche tuberculöse Veränderungen gleichzeitig 
an Organen der Brust- und Bauchhöhle vorhanden sind. 

Theilweise Beschlagnahme findet statt: 

1. wenn die Tuberculöse entweder auf die Brust- oder die 
Bauchhöhle beschränkt ist, 

2. wenn tuberculöse Veränderungen zwar gleichzeitig in 
Brust- und Bauchhöhle bestehen, aber geringgradig sind. *) — 
In diesen Fällen beschränkt sich die Beschlagnahme und Ver¬ 
werfung nur auf diejenigen Fleischtheile, welche mit dem kranken 
Brust- und Bauchfell in unmittelbarer Verbindung stehen, sowie 

*) Dieser in dem französischen Reglement ausdrücklich hervor¬ 
gehobene Punkt fehlt noch in dem preussischen Ministerialerlass. 


Digitized by LjOOQie 













BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land- 
wirthe von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König 
(Bayern), Hähnel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬ 
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler- 
Greifswald und Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der 
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission zur 
Erforschung der Maul- und Klauenseuche. 

Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber 
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser 
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬ 
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die 
Lösung wis8enschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze 
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu 
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬ 
anlagt. Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung 
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen 
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬ 
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die 
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung 
des Gesundheitsamtes das Veterinär wesen von neuem unter 
raedicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet 
wurde, war man an jenen Zusammenhang auch in Preussen noch 
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirthschaftliche 
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬ 


kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur S 
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Aus all 
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keinesw 
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundhei 
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn d 
wesen aus dem Zusammenhang mit dem Gesund 
löst und auch im Reich organisatorisch näher an 
scliaft herangerückt würde, wie dies in den Bund 
geschehen ist. 


i 


Dresden. 

Die Frequenz der thierärztlichen Hochschule 
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examin 
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher 
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25 
hatten, stiegen seit 1880—1889 allmälig auf Ij 
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigern 
die Frequenz der Kliniken hat sich bedety 

Anfrage. 

Wie hoch dürfte ein Fixum für t| 
bei einem Bestände von 8 Pferden 
einer Entfernung von 8 Kilometern 
sein? Bitte die Herren Collegen um 
d. Bl. zu richten. 


öeffentliclies Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 

Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland 
im Jahre 1896. 

• Verlag von Julius Springer. 

Der im Kaiserlichen Gesundheitsamte bearbeitete und von 
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich 
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬ 
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬ 
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter 
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen) 
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämmt- 
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen 
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen 
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen; 
endlich Nachweisungen über den deutschen Viehstand und die 
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll 
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreiten 
der einzelnen Seuchen gegeben werden. 

Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblj 
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder stark zugenog 
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Sl 
fahren. Mehr als 4 / 5 aller Kreise wurden neubetrofi'en 
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseyj 
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen G 
(Voijahr 17998) in 14710 (4865) Gemein 
kopfzahl der in diesen Gehöften stehend 
seuchten Bestände betrug 1548437 
Der Seuchenstand hat sonach im Beri 
mehr als verdreifacht und ist auf d 
1894 gelangt. Am Schlüsse des 
ungünstiger als er im Anfang gej 
gegen 3287 am Beginn des J 
Voijahre haben der Süden 
Osten. 


Veterinärbeamte.) 

Die Lungenseuche hfl 
herde im Magdeburgisch® 
und um den Niederrheiu.Ä 
und war ebenfalls etw* 
lumpt 7 Staaten und Ü 
meinden (185 Gehofl 
krankten 1608 Stiid 
auf polizeiliche Ä 
getödtet wurde 
waren), 24 pfl 
Rindvieh iufl 
Von den^ 
auf dejM 
saniBH 









!hen 

äntet 


te dem Ab¬ 



in sich die Ab- 
t'elche auf Befehl 
ch deren Tode auf 
nachfolgenden Fürsten 
ivilegien mussten zum 
rden. 

Fwurden Instructionen, Edikte, 
•n regeln sollten. Aeltere all- 
18. Mai 1667, 23. Mai 1682, 
1701, 12. November 1707, 


nach einer Aeusserung des Ministers für Handel, 
Verkehr vom 11. November 1869 IV. 14 232 dieses 
In Wirklichkeit nur an die Kurmärkische Kriegs-und 
ler gerichtet und erst später — durch Verordnung 
P 1780 — auch noch fiir Pommern publicirt war, ist 
Eh in allen älteren Provinzen der Monarchie in An¬ 
gebracht. Auch durch die neuere Gesetzgebung ist es 
Rifgehoben wordeD, wie das preussischeOber-Verwaltungs- 
(III. Strafsenat) in seinem Erkenntniss vom 8. October 1891, 
740 (Pr. Verwaltungsblatt 13. Bd. No. 9) festgestellt hat. 
dieser Entscheidung steht dem Abdeckereibesitzer bez. 
[enter ein Zwangsrecht auf das in seinem District unrein be- 
indene grosse und kleine Vieh (Schafe ausgenommen), mithin 
auch auf unreine Schweine zu, und gehören zu dem beim 
Schlachten als „unrein“ ermittelten Vieh auch die mit Trichinen 
behafteten Schweine. Diese sind dem Abdecker auch dann nicht 
zu entziehen, wenu eine Oberpräsidialverfügung deren Vernichtung 
bestimmt, und zwar hat der Abdecker nicht nur ein Anrecht auf 
die nach Ausschmelzung des Fettes restirenden und vorschrifts- 
mässig zu vernichtenden Tlieile, sondern auch auf das frei ver¬ 
wertbare Fett, die Borsten etc. — Auch auf die Haut’ von 
Thieren, obwohl dieselbe verwertbar, hat der Abdecker An¬ 
spruch, desgleichen auf Schweif- und Mähnenhaare, aber nicht 
auf Hufeisen, Zaumzeug, Bullenringe etc., weil diese Gegenstände 
nicht Tlieile des Thieres sind. 


sug genommen auf das unter Friedrich 
Ine Publicandum vom 29. Juni 1772, 
ie der früheren Edikte beibehält und be- 
(= ausgenommen bei) der Viehseuche um- 
das abgestandene, auch (= sowie auch) beim 
»sagen^l^^ßr. gefundene Vieh, Schafe ausgenommen, dem 
i Boten (tuiiit) noJoh. an zusagen sei gegen Erlegung des fest- 
in den Boten (für die Meile 25 Pf.). 


Thiere, über deren Vernichtung keine besonderen polizeilichen 
Vorschriften bestehen, z. B. tuberculöse, sind dem Abdecker ohne 
Beschränkung zu überlassen. Auch aus einem öffentlichen 
Schlachthause müssen die zu vernichtenden Theile ihm übergeben 
werden, falls nicht eine Ablösung des Privilegiums erfolgt ist. 
Dagegen sind die Cadaver der Thiere, die an einer der im Vieh¬ 
seuchengesetz namentlich aufgeführten Krankheiten gelitten hatten, 
dem Abdecker entzogen. 

Nach dem, wie oben ausgeführt, noch zu Recht bestehenden 
Publicandum vom 29. April 1772 gehört dem Abdecker das um¬ 
gefallene, abgestandene, beim Schlachten unrein befundene Vieh. 
Was bedeuten nun diese drei Ausdrücke. 

„Umgefallen“ kann nichts Anderes besagen, als crepirt, ver¬ 
endet. Der Ausdruck „abgestanden“ hat ungleiche Auslegung 
erfahren. Das veranlasste schon unter Friedrich Wilhelm El. die 
Königliche Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, unter dem 


j ßofGu (ynnj) uojog i 
BffSeu 8Gi ms uaSus 


Digitized by 


Google 













34 * BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3. 


Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land- 
wirthe von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König 
(Bayern), Hähnel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬ 
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler- 
Greifswald und Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der 
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission zur 
Erforschung der Maul- und Klauenseuche. 

Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber 
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser 
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬ 
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die 
Lösung wissenschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze 
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu 
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬ 
anlagt Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung 
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen 
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬ 
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die 
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung 
des Gesundheitsamtes das Veterinärwesen von neuem unter 
medicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet 
wurde, war man an jenen Zusammenhang auch in Preusseu noch 
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirtschaftliche 
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬ 


kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur äusserlich 
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Ans allgemeinen 
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keineswegs gegen 
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundheitsamts richten, 
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn das Veterinär¬ 
wesen aus dem Zusammenhang mit dem Gesundheitsamt ge¬ 
löst und auch im Reich organisatorisch näher an die Landwirt¬ 
schaft herangerückt würde, wie dies in den Bundesstaaten schon 
geschehen ist. S. 

Dresden. 

Die Frequenz der tierärztlichen Hochschule beläuft sich auf 
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examinanden), zusammen 
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher erreichte Frequenz. 
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25 und 44 geschwankt 
hatten, stiegen seit 1880—1889 allmälig auf 131. Seit den letzten 
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigerung eingetreten. Auch 
die Frequenz der Kliniken hat sich bedeutend gehoben. 

Anfrage. 

Wie hoch dürfte ein Fixum für tierärztliche Bemühungen 
bei einem Bestände von 8 Pferden und 25 Stück Kühen und 
einer Entfernung von 8 Kilometern vom Wohnorte zu bemessen 
sein? Bitte die Herren Collegen um gütige Auskunft, an die Exp. 
d. BL zu richten. M. K. i. L. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(M i 11 h e i 1 u n g e n für 

Senchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland 
im Jahre 1896. 

• Verlag von Julius Springer. 

Der im Kaiserlichen Gesundheitsamte bearbeitete und von 
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich 
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬ 
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬ 
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter 
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen) 
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämmt- 
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen 
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen 
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen; 
endlich Nachweisungen über den deutschen Viehstand und die 
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll 
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreitung 
der einzelnen Seuchen gegeben werden. 

Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblich ein¬ 
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder Btark zugenommen, und 
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Steigerung er¬ 
fahren. Mehr als */ 5 aller Kreise wurden neubetroffen (1895 3 / 5 ). Im 
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseucht 864 Kreise etc. 
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen Gehöfte betrug 72161 
(Vorjahr 17998) in 14710 (4865) Gemeinden und die Gesammt- 
kopfzahl der in diesen Gehöften stehenden gefährdeten und ver¬ 
seuchten Bestände betrug 1548437 gegen 464646 im Vorjahr. 
Der Seuchenstand hat sonach im Berichtjahre sich im allgemeinen 
mehr als verdreifacht und ist auf das siebenfache desjenigen von 
1894 gelangt Am Schlüsse des Berichtsjahres blieb der Stand 
ungünstiger als er im Anfang gewesen war, und 14842 Gehöfte 
gegen 3287 am Beginn des Jahres blieben verseucht. Wie im 
Vorjahre haben der Süden und Westen stärker gelitten als der 
Osten. 


Veterinärbeamte.) 

Die Lungenseuche hatte 1896 ausser dem stationären Haupt¬ 
herde im Magdeburgischen noch zwei Centren in Osthavelland 
und um den Niederrhein, hier jedoch schwächer als im Vorjahre 
und war ebenfalls etwas stärker verbreitet Es wurden über¬ 
haupt 7 Staaten und in Preussen 6 Provinzen im Ganzen 70 Ge¬ 
meinden (185 Gehöfte) in 38 Kreisen neu betroffen. Es er¬ 
krankten 1608 Stück (Vorjahr 668 = 71 pCt. weniger). Gefallen 
auf polizeiliche Anordnung resp. auf Veranlassung des Besitzers 
getödtet wurden insgesammt 2745 Stück (wovon 1138 seuchenfrei 
waren), 24 pCt mehr als im Vorjahre. Der Gesammtbestand an 
Rindvieh in den neubetroffenen Seucbengehöften betrug 4701 Stück. 
Von den getödteten Thieren fallen auf Preussen 2487 und davon 
auf den Reg.-Bez. Magdeburg 1350 49 pCt. des deutschen Ge- 

Bammtverlustes (37 im Vorjahr und 57 in 1894). Am Jahres¬ 
schluss war der Seuchenstand etwas geringer als am Anfang. 

Der Rotz befiel 505 Pferde (weniger als in den beiden Vor¬ 
jahren mit 590 und 516). Der Gesammtverlust (Tödtungen etc.) 
betrug 703 (Vorjahre 770, 767, 775, 1076, 1296) obwohl auf 
polizeiliche Anordnung augenscheinlich umfangreiche Tödtungen 
ganzer Bestände ausgeführt worden sind, denn von 559 so ge¬ 
tödteten waren 111 rotzfrei. Ueberhaupt betroffen waren im 
Berichtsjahre 205 Gehöfte in 182 Gemeinden. Schlesien war wie 
im Vorjahre am stärksten betroffen. 

Die Tollwuth hat 1896 zugenommen, während sie 1895 
geringer gewesen war, als im Vorjahre. Abgesehen von ver¬ 
einzelten verstreuten Fällen waren wieder die Districte an der 
russischen und böhmischen Grenze allein betroffen; Eisass- 
Lothringen blieb ganz frei. Erkrankt, gefallen und getödtet sind 
im Ganzen 939 Thiere (im Vorjahr 489) darunter 724 Hunde in 
178 Kreisen; ausserdem wurden 1851 verdächtige Hunde getödtet. 
Der Thierverlust beträgt 2 790 (52 pCt. mehr als im Vorjahre). 
Auch 5 Menschen sind an Lyssa gestorben, darunter der Kreis¬ 
thierarzt des Kreises Angerburg. 

Am Milzbrand erkrankten 184 Pferde, 3709 Rinder, 601 
Schafe, 2 Ziegen und 26 Schweine, zusammen 4 422JThiere (im« 


Digitized by LjOOQie 


20. Januar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


35 


Voijahre 3 949), welche Bich auf 2 971 Gemeinden in 584 Kreisen 
verteilen. Das Verbreitungsgebiet des Milzbrandes scheint, nach 
den Voijahren zu urtheilen, stetig anzuwachsen. 82 Fälle von 
Ueberlragung auf Menschen sind berichtet, darunter 15 tödtliche. 
Unter den Erkrankten befand sich auch ein Thierarzt. Den 
Anlass zur Uebertragung boten meist Abhäuten bezw. Noth- 
schlachtung (21 Schlächter erkrankten.) 

Am Ranschbrand erkrankten 5 Pferde, 1108 Rinder und 
4 Schafe in 135 Kreisen etc., zusammen 1117 Thiere gegen 803 
im Vorjahr. Mit Ausnahme von 3 Rindern und 1 Schaf sind alle 
gefallen. — Der Bläscbenansschlag ist ebenfalls bei einfer 
grösseren Zahl von Thieren als im Vorjahre aufgetreten, nämlich 
bei 336 Pferden und 9523 Rindern in 1303 Gemeinden (im Vor¬ 
jahre bei 6561 Thieren). - Die Pferderäude wurde bei 456 Pferden 
(gegen 500 im Vorjahre, ermittelt. Die nur im Westen und Süden 
verbreitete Schafräude betraf überhaupt 2753 Gehöfte in 226 
Kreisen; die Stückzahl der in diesen Gehöften stehenden Herden 
betrug 86 471 gegen 78 820 im Vorjahre. Am Jahresschluss 
blieben verseucht 945 Gehöfte gegen 576 im Anfang. — Ueber 
Rothlauf und Schweineseuche liegt für 1896 noch keine all¬ 
gemeine Statistik vor. 

Im allgemeinen haben also alle Seuchen im Berichtsjahre 
eine stärkere Verbreitung gehabt, als vorher, am schlimmsten die 
Maul- und Klauenseuche. Nur der Rotz zeigt eine erfreuliche und 
constante Abnahme. 

Verordnungen. 

R.-B. Gumbinnen: Unterm 1. December 1897 wird im 
Hinblick auf die in den angrenzenden russischen Landest heilen 
herrschende Maul- und Klauenseuche die Einfuhr von Milch aus 
dem längs der Landesgrenze des Stallupöner Kreises gelegenen 
russischen Grenzbezirk bis auf Weiteres verboten. 

Regierungsbezirk Liegnitz: Die Verordnung betr. Be¬ 
kämpfung der Geflügelcholera, welche nach allgemeinem (bereits 
in der B. T. W. veröffentlichtem) Muster schon in vielen 
Regierungsbezirken eingeführt ist, gilt seit 28. December 1897 
auch für R.-B. Liegnitz. 

Einfuhrverbote gegen Schweden-Norwegen: Das in 
der B. T. W. bereits mitgetheilte für verschiedene deutsche 
Landest heile erlassene Verbot der Einfuhr frischen Schweine¬ 
fleisches aus Schweden-Norwegen wegen des dortigen Herrschens 
der Maul- und Klauenseuche ist für einige weitere event. für die 
Einfuhr in Betracht kommende Landestheile eingeführt worden 
(Bremen, Mecklenburg, R.-B. Lüneburg, Aurich und Stade). 

Ebenso hat Dänemark die Einfuhr von klauentragenden 
Tbieren und rohen Producten derselben bis auf weiteres verboten. 

Energlsohe Selbsthilfe. 

In der Ctrlztg. von Völlers findet sich folgende beherzigens¬ 
werte Mittheilung: Bei einem kleinen Besitzer in einem Orte 
Schleswigs, welcher z. Z. als völlig maul- und klauensenchefrei 
gelten konnte, wurde plötzlich die Seuche constatirt Dieser 
Ansbruch bot eine grosse Gefahr für die ganze Provinz, nament¬ 
lich da er sich gegen den Schluss des Weideganges hin ereignete. 
Vier grössere benachbarte Landwirthe nahmen daher rasch die 
Tilgung selbst in die Hand, traten zusammen, entschädigten den 
Besitzer und Hessen den gesammten Bestand sofort schlachten 
und mit Haut und Haaren vergraben. 

Rennthierseache. 

Nach einer Mittheilung der St. Petersburger Zeitung ist in 
den Rennthierzuchten der nördlichen Gouvernements eine Seuche 
ausgebrochen, welche anfangs für Milzbrand gehalten wurde, 
aber wegen der Erfolglosigkeit der Schutzimpfungen als eine 
neue, noch unbekannte Krankheit angesehen wird. 


Fleischschaa und Yiehverkehr. 

Berlin. Auszug aus dem Fleischschauberioht für December 1897. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13085 

11000 

27 666 

56 523 

Ganz beanstandet. .... 

151 

20 

4 

296 

Ueberhaupt mit Tuberculöse 





behaftet. 

2385 

10 

— 

1807 

Davon gänzlich verworfen . 

25 

— 

— 

37 

., sterilisirt und verwerthet 

47 

— 

— 

138 

„ theilweise verworfen . . 

21 

— 

— 

— 

AIbo vollständig freigegeben 

• 2292 

10 

— 

1632 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

13 

Mit Finnen behaftet .... 

66 

4 

— 

56 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

— 

— 

— 

24 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

66 

4 

— 

32 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— 

37 


An einzelnen Tbeilen wurden beanstandet: bei Rindern 4880, 
bei Kälbern 36, bei Schafen 5711, bei Schweinen 5644. 


B. Untersuchungsstation. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe | 

Schweine 

Untersucht. 

19275 

14 587 

1793 

11292 

Beanstandet. 

Wegen Tuberculöse wurden 

73 

86 

1 

15 

beanstandet. 

40 

— 

— 

4 

Davon sind sterilis. verwerthet 

6 

— 

— | 

1 

Mithin gänzlich verworfen . 

34 

— 

— 

3 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— , 

2 

Mit Finnen behaftet .... 
Davon schwach finnig und 

— 

— 

— ; 

2 

gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— 

2 

Unter dem eingeführten Fleisch waren — russische, 10 dänische, 


100 galizische, 419 Wildschweine, sowie 2040 dänische Rinderviertel, 
1596 schwedische Rinderviertel. 


Behandlung des Fleisches tuberculüser Thiere in Frankreich. 

Der französische Landwirthschaftsminister hat durch Erlass 
vom 27. Juli 1897 auf die strenge Befolgung des Erlasses vom 
28. December 1896 hingewiesen, welcher bezgl. der Behandlung 
des tuberculösen Fleisches Folgendes bestimmt. „Die Beschlag¬ 
nahme und Verwerfung des ganzen Thieres tritt ein: 

1. wenn die tuberculösen Veränderungen von Abmagerung 
begleitet sind, 

2. wenn Tuberkeln im Fleisch oder in den Fleischlymphdrüsen 
sich befinden, 

3. wenn Miliartuberculose in allen Organen, Parenchymen 
oder besonders in der Milz sich befindet, 

4. wenn umfangreiche tuberculöse Veränderungen gleichzeitig 
an Organen der Brust- und Bauchhöhle vorhanden sind. 

Theilweise Beschlagnahme findet statt: 

1. wenn die Tuberculöse entweder auf die Brust- oder die 
Bauchhöhle beschränkt ist, 

2. wenn tuberculöse Veränderungen zwar gleichzeitig in 
Brust- und Bauchhöhle bestehen, aber geringgradig sind. *) — 
In diesen Fällen beschränkt sich die Beschlagnahme und Ver¬ 
werfung nur auf diejenigen Fleischtheile, welche mit dem kranken 
Brust- und Bauchfell in unmittelbarer Verbindung stehen, sowie 

*) Dieser in dem französischen Reglement ausdrücklich hervor¬ 
gehobene Punkt fehlt noch in dem preussischen Ministerialerlass. 


Digitized by LjOOQie 









36 


BERLINER TlilERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 3. 


anf die in welchem Grade auch immer erkrankten tuberculösen 
Organe. Das Fleisch wird dem Eigentümer znrückgegeben 
nach mindestens stundenlanger Kochung im Schlachthause unter 
tierärztlicher Aufsicht mittels Wassers oder Dampfes. — In 
dem grossen Pariser Schlachthause von Lavillette wird 
übrigens, um die Feststellung der Identität des Tln'eres für den 
Verkäufer zu erleichtern, folgendes Verfahren beobachtet. Der 


beschlagnahmende Thierarzt hat an der Haut oder dem Kopf 
eine bleibende Marke anzubringen, sofern nicht etwa das Thier 
schon ein Horn-, Brand- oder ähnliches Zeichen hat, welches im 
Signalement angegeben werden kann. Das Fell bleibt an dem 
Kopf des Thieres 3 Tage lang sitzen, damit auch die entfernt 
wohnenden und telegraphisch zu benachrichtigenden Kigenthümer 
Gelegenheit haben zur Feststellung der Identität. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Anlässlich der Feier des preussischen Ordens¬ 
festes sind decorirt worden : Mit dem Rothen Adler-Orden IV. ClaBSe: 
Corpsrossarzt Neu sc vom 7. Armeecorps. Mit dem Kronen-Orden 
IV. CJasse die Corpsrossärzte Bartke vom 2. Armee-Corps und 
Q u a 1 i t z vom 10 Armee-Corps, die Oberrossär/te T o r z e w s k i 
vom 36. Art.-Reg. und V i r c h o w vom Reg. Gardes du Corps, sowie 
die Kreisthierärzte D a I c h o w zu Rathenow und Lotzer zu 
Zabern. — Mit dem allgemeinen Ehrenzeichen: W o d r i c h , Beschlag- ' 
schmied, und Wodrich, Kassenbote bei der Thierärztlichen Hoch- j 
schule zu Berlin. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte A Beer mann 
zu Rheinsberg für den Kreis Mörs (stidl. Theil), W. Hetten¬ 
hausen zu Reiffenhausen interimistisch für den Kreis Mörs (nördl. • 
Theil) mit dem Amtssitz in Xanten. — Zum Bezirksthierarzt der j 
Grenzthierarzt Pfanz-Sponagcl zu Singen in Schönau. 

Thierarzt Dr. Poe pp el aus Stettin ist zum Thierzuchtinstructor des 
Ostpreussischen landwirthsch. Centralvereins und zum Geschäfts¬ 
führer der Ostpreuss. Holländer Heerdbuchgesellschalt in Königs¬ 
berg i. Pr. ernannt worden. 

Es ist gewählt worden Thierarzt F es s 1 e r- Meppen zum 
Schlacbthofinspecior in Weimar. — Die in No. 2 gemeldete Er¬ 
nennung des Thierarztes Häberle bestätigt sich nicht. 

Thierarzt R. Günther, bisher zu Chemnitz ist zum städtischen 
Polizeithierarzt in Waldheim ernannt und Schlachthotinspector 
H a r t m a n n - Rawitsch mit Pensionsberechtigung lebenslänglich 
angestellt worden. 

Approbationen inBerlin: Die Herren Walther Hu th, Otto Clausen 
Heinrich B ress er, Hans Davids, Hellmuth Stamm, Kur, 
Molthoff, Georg Schade. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Versetzt: Kreis¬ 
thierarzt R o s k o w s k i von Fraustadt nach Lissa. — Verzogen: 
Thicrnrzt M ä n n e r- Donaueschingen nach Tübingen, Thierarzt 
M e t z ge r-Gengenbach nach Karlsruhe, die Thierärzte Otto Geb¬ 
hard - Lichtenhain nach Erding, Arthur Köh ler-Schlöben nach 
Eisenberg i. Th und Emil L a n g e - Dresden nach Meissen als 
Assistenten der Bezirksthierärzte, bezw. des Amtsthieararztes daselbst. 

Todesfälle: Thierarzt Otto Harder in Mewe, Thierarzt 
J. Hackenjos in Mannheim, Thierarzt H Käst in Hedemünden 
(Werra), Thierarzt R. P ä h r i s c h in Halsbrücke. 

Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schihalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): 
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—4(0 M. Fleischschaugebühren). 

— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning- 

— R.-B. Trier: ßernkastcl (600 M. Krz.). 

San itätsthler arztsts 1 ton * a) N e u a u s g e s c h riebe ncStellen: 
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M. 
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann —Köln: Schlachthof- 
thicrarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬ 
meister Becker. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Coli lc nz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898 
(3500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Essen 
(Ruhr): Schlachthof Assistenzthierarzt (2500—3700 M.). Bew. an Ober- 
bürgermstr. Zweigert. — Halle: Schlachthofdirector (5000—6200 M.). 
Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thierarzt (2400 M. steigend bis 
4200 M.). Bew. an Oberbürgermeister. — Nord hausen: Schlacht¬ 
hofvorsteher zum 1. April (2400—3900 M., freie Wohnung it. Heizung). 
Bew. an Magistrat. — Sagan: Schiachthofverwalter zum 1. April 

Verantwortlich für Jen Inhalt (exet. InseratCpUieil) l’rof. l)r. Schmaltz in Berlin. -- Vci 


(1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. — 
Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898 (2100 
biß 2700 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Boizenburg: Auskunft Graf Armin, 
Boitzenburg. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — 
Butzbach: Näheres durch Apothekor. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Dierdorf 
(100 M. Gemeindebeiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel. 

— Drengfurt. — Gleschendorf (Filrstenth. Lübeck). — Gux¬ 
hagen (R.-B. Cassel). — Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 
1. Jan. 1898 (Beihilfe 700 M.). — Kemberg: (Zuschuss 300 M.). 
Auskunft Magistrat. — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft 
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — 
Pitschen: Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Ein¬ 
nahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat — Pritzwalk. 

— R ö d d i n g: Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: '800 M. 
für Fleischscliau . Näheres Magistrat.— Waldbröl: (ca. 1020 M. 
ausser Privatpraxis). 

Besetzt: Staatss'elle Mörs. Sanitätsthierarztstelle Weimar. 


Hoffentliches Ende des Willkammer Rothlaufs. 

Von 

Dr. Toepprr. 

Es ist zu bedauern, dass Herr Dr. Mehrdorf so wenig 
Sache und Person anseinanderbält. Anf die Erwiderungen und 
haarspaltenden Auseinandersetzungen zu antworten, halte ich nicht 
für nothwendig. Ich möchte nnr erwähnen, dass Herr Dr. Mehr¬ 
dorf die Willkammer Rothlaufaffaire zuerst und zwar in der 
Versammlung des deutschen Veterinär-Rathes in Cassel an¬ 
geschnitten hat. Ich habe den Fall, soweit er mir bekannt war, 
rein sachlich besprochen, damit eben keine Verwechslung mit 
dem Lorenz’schen Serumpräparat stattfäude. Hieran schlossen 
sich dann die Angriffe gegen meine Person von Seiten Mehr- 
dorf's. Damit Herr Dr. Mehrdorf aber weiss, wie man in 
wissenschaftlichen Kreisen über seine Untersuchungen bei dem 
Willkammer Rotlilauf urtheilt, gebe ich hier eine Stelle aus dem 
Schreiben einer mir bekannten Antorität. In demselben heisst es 
wöitlich „Ich kann nicht umhin, die Arbeit Dr. Mehrdorfs als 
eine obeiflächliche uni durchaus unwissenschaftliche zu be¬ 
zeichnen. Eine solche Sache macht man nie’ t mit Worten ab, 
hier gilt es tliatsächlichen Nachweis und der war im gegebenen 
Falle gar nicht schwer.“ Jeder Thierarzt weiss, dass beim Roth- 
lauf der Schweine die Lungen ohne pathologische Veränderungen 
sind Bei den in Willkamm secirten Schweinen fanden Bich aber 
mit Jauche gefüllte Cavernen. Hätte Herr Dr. Mehrdorf eine 
microscopische bez. bacteriologische Untersuchung vorgenommen, 
hätte er Culturen hiervon angelegt, so wäre derselbe jedenfalls 
zu anderen Schlüssen gekommen, anstatt die sehr bequeme aber 
nicht wissenschaftliche Erklärung abzugeben, „Von einer 
microscopischen bez. bacteriologischen Untersuchung wurde als 
überflüssig Abstand genommen, da die Diagnose schon durch 
die vorliegenden Befunde vollständig gesichert war.“ Wo bleiben 
die mit Jauche gefüllten CaveinenV 

Ich weide zum Willkammer Rothlaufe nicht mehr das Wort 
nehmen. 

au uinl EigcntUuiu von Iiichanl SeliooW in Berlin. — Druck von W. Büxcnatein, Berlin. 


Digitized by LaOOQie 






Die „Berliner Thierlrztlicbe Wochenachrifl“ erscheint 
wöchentlich in 8t&rke von mindesten« 1'/* Bogen. Dieselbe 
ist su bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Kichara 
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltr&ge werden mit &0 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilnngen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 4 . Ausgegeben am 27. Januar. 


Inhalt: Krueger: Das Abdeckereiwesen in Preussen. — Referate: E b e r 1 e i n: Primärer Magenkrebs beim Hund. -Kroli- 
kowski: Bandagen mit Gummifäden. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Volkswirtschaftslehre und Thier¬ 
heilkunde. — Oeffentliches Veterinärwesen: Personalien. — Vacanzen. 


Das Abdeckereiwesen in Preussen. 

Ein Sammelreferat 

von 

Krueger-Marggrabowa, 

Kreisthier&rzt 

Das Abdeckereigewerbe beschäftigt sich mit der Beseitigung 
thierischer Cadaver. Der Name des sich damit Beschäftigenden 
rührt her vom Worte „abdecken“ (detegere) = abhäuten, im Mittel- 
alter auch schinden (Schinder) genannt, auf rothwälsch cavaller, 
cafiller, cafeller. Von letzterem Worte oder vom gleichbedeutenden 
niederdeutschen „feiler, filier, viller“, welches auf das talmndische 
„Kefal“ zurückzuführen ist und im Syrischen „abziehen“ bedeutet, 
hat der de la Croix’sche Apparat zur Vernichtung von Cadavern 
seinen Namen „Cafilldesinfector“ bekommen. 

In manchen Gegenden wird der Abdecker auch Schelm ge¬ 
nannt, da dieses Wort im Mittelalter den Begriff „Aas“, „Cadaver“ 
hatte. 

Der Ausdruck „Waßenmeister“ kommt vom mitteldeutschen 
Wort „wasen“ = Rasen, Anger, auf dem das Vieh abgeliäntet 
wurde. 

Die Bezeichnung „Freimann“ bezieht sich auf die dem Ab¬ 
decker früher gewährte Steuerfreiheit. 

Bei Geltendmachung ihrer Ansprüche berufen sich die Ab¬ 
decker auf alte, ihnen verliehene Privilegien, welche auf Befehl 
der regierenden Herrscher errichtet nnd nach deren Tode auf 
Ansuchen der Abdeckereibesitzer von den nachfolgenden Fürsten 
wieder erneuert wurden. Für diese Privilegien mussten zum 
Theil beträchtliche Summen bezahlt werden. 

Zur Erläuterung der Privilegien wurden Instructionen, Edikte, 
erlassen, die das Abdeckereiwesen regeln sollten. Aeltere all¬ 
gemeine Edikte datiren vom 18. Mai 1667, 23. Mai 1682, 
22. April 1689, 11. Februar 1701, 12. November 1707, 
30. Jnni 1721. 

Am meisten wird Bezug genommen auf das unter Friedrich 
dem Grossen erschienene Publicandum vom 29. Juni 1772, 
welches die Grundsätze der früheren Edikte beibehält und be¬ 
stimmt, dass ausser (= ausgenommen bei) der Viehseuche um¬ 
gefallene, ferner das abgestandene, auch (= sowie auch) beim 
Schlachten unrein gefundene Vieh, Schafe ansgenommen, dem 
Abdecker des Districts anzusagen sei gegen Erlegung des fest¬ 
gesetzten Trinkgeldes an den Boten (für die Meile 25 Pf.). 


Trotzdem nach einer Aeusserung des Ministers für Handel, 
Gewerbe und Verkehr vom 11. November 1869 IV. 14 232 dieses 
Publicandum in Wirklichkeit nur an die Kurmärkische Kriegs-und 
Domänenkammer gerichtet und erst später — durch Verordnung 
vom 2. Juni 1780 — auch noch für Pommern publicirt war, ist 
es dennoch in allen älteren Provinzen der Monarchie in An¬ 
wendung gebracht. Auch durch die neuere Gesetzgebung ist es 
nicht aufgehoben worden, wie das preussischeOber-Verwaltungs¬ 
gericht (III. Strafsenat) in seinem Erkenntniss vom 8. October 1891, 
No. III 740 (Pr. Verwaltungsblatt 13. Bd. No. 9) festgestellt bat 
Nach dieser Entscheidung steht dem Abdeckereibesitzer bez. 
Pächter ein Zwangsrecht auf das in seinem District unrein be¬ 
fundene grosse und kleine Vieh (Schafe ausgenommen), mithin 
auch auf unreine Schweine zu, und gehören zu dem beim 
Schlachten als „unrein“ ermittelten Vieh auch die mit Trichinen 
behafteten Schweine. Diese sind dem Abdecker auch dann nicht 
zu entziehen, wenn eine Oberpräsidialverfügung deren Vernichtung 
bestimmt, und zwar hat der Abdecker nicht nnr ein Anrecht auf 
die nach Ansschmelzung des Fettes restirenden and vorschrifts- 
mässig zu vernichtenden Theile, sondern auch auf das frei ver¬ 
wertbare Fett, die Borsten etc. — Auch auf die Haut’von 
Thieren, obwohl dieselbe verwertbar, hat der Abdecker An¬ 
spruch, desgleichen auf Schweif- nnd Mähnenhaare, aber nicht 
auf Hufeisen, Zaumzeug, Bullenringe etc., weil diese Gegenstände 
nicht Theile des Thieres sind. 

Thiere, über deren Vernichtung keine besonderen polizeilichen 
Vorschriften bestehen, z. B. tnbercnlöse, sind dem Abdecker ohne 
Beschränkung zu überlassen. Auch aus einem öffentlichen 
Scblachthause müssen die zu vernichtenden Theile ihm übergeben 
werden, falls nicht eine Ablösung des Privilegiums erfolgt ist. 
Dagegen sind die Cadaver der Thiere, die an einer der im Vieh- 
senchengeßetz namentlich anfgefübrten Krankheiten gelitten hatten, 
dem Abdecker entzogen. 

Nach dem, wie oben ausgeführt, noch zu Recht bestehenden 
Publicandum vom 29. April 1772 gehört dem Abdecker das um¬ 
gefallene, abgestandene, beim Schlachten unrein befundene Vieh. 
Was bedeuten nun diese drei Ausdrücke. 

„Umgefallen“ kann nichts Anderes besagen, als crepirt, ver¬ 
endet. Der Ausdruck „abgestanden“ hat ungleiche Auslegung 
erfahren. Das veranlasst« schon unter Friedrich Wilhelm II. die 
Königliche Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, unter dem 


Digitized by kjOOQie 






38 

2. Mai 1789 (cfr. Amtsblatt der Potsdamer Regierung 1821 S. 114) 
bekannt za machen, dass unter dem Ausdruck „abgestandenes 
Vieh“ alles zum ferneren Gebrauch der Menschen untauglich ge¬ 
wordene Vieh, mithin nicht blos das verreckte, sondern auch 
das getödtete kranke und nicht geniessbare zu verstehen sei. 

Nun ist zwar von Dr. Roloff s. Zt. in einem Gutachten 
ausgeführt worden, dass ein Pferd, welches einen Fuss gebrochen 
hat und desshalb vom Eigenthümer getödtet wurde, als ein „ab¬ 
gestandenes“ nicht anzusehen sei, da einerseits ein Beinbruch 
unter Umständen geheilt werden könne, andererseits das Fleisch 
eines solchen Pferdes geniessbar und ebenso werthvoll sei, wie 
das Fleisch von anderen, nicht mit einem Beinbruch behafteten 
Pferden. 

In neuerer Zeit hat jedoch die sachverständige Centralstelle» 
das Lehrercollegium der thierärztlichen Hochschule zu Berlin, 
unter dem 9. Januar 1890 auf Erfordern des Amtsgerichts zu St. 
ein Obergutachten erstattet, das von obigem Gutachten bedeutend 
abweicht. Danach gilt zunächst jedes Pferd als „abgestanden“, 
das sich zu dem im vorigen Jahrhundert üblichen Gebrauch 
nicht mehr verwenden lässt. Auch die unheilbar kranken Pferde 
sind als „abgestanden“ zu bezeichnen, da eine Fleischverwerthung 
durch Schlachten' damals nicht stattfand. Ein Pferd mit einem 
Splitterbruch des Unterschenkels aber sei unheilbar, da die thier- 
ärztliche Erfahrung ergeben habe, dass die mit demselben be¬ 
hafteten Pferde regelmässig, auch wenn sie mit aller Sorgfalt 
behandelt würden, zu Grunde gehen. Daher sei ein Pferd mit 
einem Splitterbruch des Unterschenkels als ein „abgestandenes“ 
in gesetzlichem Sinne anzusehen, welchem Gutachten sich das 
richterliche Erkenntniss anschloss. 

Abgestanden können auch lebende Thiere sein, wenn sie an 
einer unheilbaren Krankheit leiden und deswegen eine Nutzung, 
welche die Futterkosten deckt, nicht mehr gewähren, und wenn 
ihr Fleisch zum Genüsse für Menschen sich nicht mehr brauch¬ 
bar zeigt. 

Alte, zur ferneren Arbeit untüchtig gewordene Pferde, wenn 
sie sonst gesund sind, können jedoch nach einer Entscheidung 
des Ober-Verwaltungsgerichts vom 4. Januar 1895 auch an andere 
Personen veräussert werden. 

Auch der dritte Ausdruck des Publicandums vom 29. April 
1772 „unrein“ ist verschieden ausgelegt worden. So bestimmte 
z. B. das Publicandum vom 26. Juli 1785 (N. C. C. Bd. 7 S. 3173), 
dass Rindvieh, welches beim Schlachten mit der damals 
sogenannten Franzosenkrankheit, der heutigen Perlsucht, behaftet 
gefunden wird, nicht „unrein“ sei und nicht dem Abdecker über¬ 
geben werden müsse, dass vielmehr ;das Fleisch solcher Thiere 
nach Entfernung der krankhaften Stellen ohne Schaden für die 
Gesundheit gegessen werden könne. Der Nachsatz dieser Ent¬ 
scheidung ist jedoch durch die heutige thierärztliche Wissen¬ 
schaft widerlegt worden. Fleisch von perlsüchtigen Thieren ist 
unter Umständen wohl gesundheitsgefährlich. Dann sind diese 
Thiere aber auch als „unrein“ zu betrachten. Das ist aus¬ 
geführt worden in einem Gutachten des Herrn Geheimraths 
Professor Dr. Dieckerhoff vom Jahre 1890, der erklärt, dass 
im Sinne des Abdeckereiprivilegiums ein zum Schlachten bestimmtes 
Stück Rindvieh dann als „unrein“ betrachtet werden kann, wenn 
dessen Schlachtfleisch die Menschen nach dem Genuss mit einer 
Krankheit behaften kann. 

Des Weitern fuhrt ein Erkenntniss des Königlichen Amts¬ 
gerichtes zu Eberswalde vom 11. Juli 1890 Folgendes aus: Nach 
der Bekanntmachung der Kurmärkischen Kriegs- und Domänen¬ 
kammer vom 11. Mai 1789 bedeutet „abgestandenes Vieh“ „alles 
zum ferneren Gebrauch der Menschen untüchtig gewordene 


No. 4. 

Vieh“. Wie hier die Untauglichkeit zum menschlichen Gebrauch 
als Merkmal des abgestandenen und deshalb dem Scharfrichter 
verfallenen Viehs bezeichnet wird, so muss das gleiche Merkmal 
auch für die Bestimmung des Begriffs „beim Schlachten unrein 
befunden“ massgebend sein. Man kann nur das Thier als 
„unrein“ in diesem Sinne bezeichnen, dessen Fleisch zum 
menschlichen Gebrauch nicht tauglich ist, welches wegen seiner 
kranken Beschaffenheit nicht gegessen werden kann, beziehungs¬ 
weise, weil gesundheitsgefährdend, nicht gegessen werden darf. 

Danach sind die Thiere „unrein“, deren Fleisch zum mensch¬ 
lichen Genuss nicht geeignet ist. 

Bei der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche hat 
der Abdecker immer nachzuweisen, dass die betreffenden Thiere 
im Sinne obiger Ausführungen umgefallen, abgestanden oder 
unrein gewesen, d. h. dass sie crepirt, zum fernem Gebrauch 
des Menschen untüchtig geworden, z. B. unheilbar krank gewesen, 
oder dass das Fleisch zum menschlichen Gebrauch nicht tauglich, 
z. B. gesundheitsgefährdend war. 

Auf alle diese Thiere hat der Abdecker ein Recht. Ob er 
auch die Verpflichtung hat, die Thiere abzuholen, ist eine andere 
Frage. Nach dem Publicandum vom 29. April 17*72 muss das 
umgefallene Vieh binnen 24 Stunden von Zeit der geschehenen 
Ansagung von des Scharfrichters Knechten bei 5 Thaler 
fiscalischer Strafe, welche der Scharfrichter oder Abdecker selbst 
zu erlegen hat, abgeholt werden. Dagegen bestimmt z. B. der 
§ 11 der von der Königlichen Regierung zu Königsberg unter 
dem 6. April 1893 erlassenen Polizei-Verordnung, die das Ab¬ 
deckereiwesen regelt, dass jeder Abdecker, soweit ihm an dem 
betreffenden Ort das Zwangsrecht zusteht, verpflichtet ist, der 
Aufforderung zur Abholung eines gefallenen oder zu tödtenden 
Thieres, falls er nicht sofort erklärt, von seinem Rechte keinen 
Gebrauch machen zuj wollen, in den Städten binnen spätestens 
8 Stunden, auf dem Lande binnen spätestens 24 Stunden 
nachzukommen. Danach kann der Abdecker auf sein Recht ver¬ 
zichten. 

Für die Zuwiderhandlungen gegen das Publicandum vom 
29. April 1772 sind einerseits Entschädigungen, andererseits auch 
Strafen festgesetzt, die sich nach dem Stande des Thierbesitzers 
richten. Der Landtagsabschied für die Provinz Preussen vom 
3. Mai 1832 erklärt jedoch, dass die Regierung die Ansprüche 
der Abdecker nicht durch die polizeiliche Einwirkung unter¬ 
stützen, sondern solche lediglich zur Ausführung im Rechtswege 
verweisen werde. Ferner erklärt ein Erkenntniss des Ober¬ 
tribunals vom 3. November 1845, dass ein Streit über Abdeckerei¬ 
privilegien nur im Wege des Civilprocesses und nicht im Unter- 
suchungsverfahren zum Austrag zu bringen ist. 

Die Entschädigungen, die durch das Publicandum festgesetzt 
sind, schwankten nach der Thierart zwischen 3 und 6 Mk. Nach 
der Bandes-Gewerbeordnung vom 21. Juli 1869 (§ 72 ff.) sind 
die Taxen für die Abdecker aufgehoben. 

Die Bannrechte der Abdecker können seit Erlass des 
Deutschen Bandesgesetzes vom 17. März 1868 betreffend ? die Auf¬ 
hebung und Ablösung bisher bestehender, ausschliesslicher Ge¬ 
werbeberechtigungen abgelöst werden, und ist dieses auch seit¬ 
dem an verschiedenen Orten und von manchen Besitzern ge¬ 
schehen. Indess ist das Publicandum vom 29. April 1772, wie 
ein oben bereits erwähntes Erkenntniss des Oberverwaltungs¬ 
gerichtes vom 8. October 1891 ausführte, nicht lediglich privat- 
rechtlicher Natur; denn bei Anlage von Abdeckereien und ihrer 
Ausstattung mit Privilegien unter Begründung von Zwangsrechten 
sei neben Anderem das Ziel verfolgt, durch die unter Controle der 
Behörde gestellte Fortschaffung der gefallenen und beim Schlachten 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



27. Jannar 1898. 

unrein befundenen Thiere die Gesundheitsgefahr zu mindern und 
die Landbewohner vor Epidemien zu schützen. 

Auch die sonstigen in den Privilegien vorgeschriebenen Be¬ 
dingungen bestehen noch zu Recht. Andere Bedingungen, als 
die in die Genehmigungsurkunde aufgenommenen, können dem In¬ 
haber einer genehmigten Anlage nicht auferlegt werden (Preuss. 
Oberverwaltungsgerichts-Erkenntnisse vom 29. October 1883 und 
17. September 1891). Grobe Missstände im Betriebe einer Ab¬ 
deckerei, z. B. der in ihnen sich entwickelnde Gestank, können 
indessen auf Grund der allgemeinen Polizeigesetze beseitigt 
werden, so des Polizeigesetzes vom 11. März 1850, des Zu- 
Btändigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 und des § 10, T. II, 
Tit. 17 des Allgemeinen preussischen Landrechts. Auf Grund 
dieser Bestimmungen wurde z. B. in Cöslin dem Abdecker von 
der Polizeiverwaltung unter Androhung einer Geldstrafe bis zu 
60 Mk. für jeden Uebertretungsfall untersagt, in seiner Wohnung 
sowie in dem Schuppen Thiercadaver abzulagern oder aus- 
zukocher, welches Verbot sowohl vom Bezirksausschuss, wie vom 
preussischen Oberverwaltungsgericht IIL Strafsenat vom 3. De- 
cember 1886 (Preussisches Verwaltungsblatt 1889, 283) aufrecht 
erhalten wu*de. 

Zur Neueinrichtung von Abdeckereien sowie der ihnen nahe¬ 
stehenden Betriebe ist nach der Reichs-Gewerbeordnung vom 
21. Juni 1869 (S. 16, 17, 18, 24 und 25) die Genehmigung der 
Verwaltungsbehörde erforderlich, da deren Betrieb für die An¬ 
wohner wie das Publicum überhaupt erhebliche Nachtheile, Ge¬ 
fahren oder Belästigungen in sich bergen kann. Nach der Kreis¬ 
ordnung vom 13. December 1872 ertheilen die Genehmigung die 
Kreisausschüsse. Der § 26 der von dem Minister für Handel und 
Gewerbe am 14. April 1875 erlassenen Anleitung zur Wahr¬ 
nehmung der den Kreisausschüssen übertragenen Zuständigkeiten 
besagt nach den Vorschlägen der technischen Deputation für Ge¬ 
werbe: „Es ist eine bekannte Thatsache, dass der Betrieb von 
Abdeckereien Uebelstände durch Verbreitung übelriechender 
Dünste hervorbringt. Uebelriecbende Dünste entstehen beim Zer¬ 
legen der Thiercadaver, beim Trocknen der Felle, der Flechsen und 
anderer Theile der Thierkörper, entwickeln sich aus den Gruben, 
in welchen Thiercadaver verscharrt wurden, namentlich wenn 
dieselben nicht genügend tief angelegt worden sind. Da bisher 
keine zur Beseitigung dieser Uebelstände geeigneten Mittel 
existiren, so müssen Abdeckereien in möglichst entlegene Gegen¬ 
den verwiesen werden. Bei der Beurtheilung der Zulässigkeit 
einer solchen Anlage kommt es namentlich auf die Entfernung 
der nächsten Wohnhäuser und der in der Umgegend vorhandenen 
Wege an. Oeffentliche Verkehrsstrassen dürfen in nicht zu ge¬ 
ringem Abstande vorhanden sein, weil die Passanten durch üble 
Gerüche belästigt werden, auch die Pferde leicht vor dem Aas¬ 
geruch scheuen. Ueber die einzuhaltenden Entfernungen lassen 
sich allgemeine Bestimmungen deshalb nicht vorschreiben, weil 
hierüber vorwiegend die localen Verhältnisse, die Beschaffenheit 
des Terrains, die vorherrschenden Windrichtungen u. s. w. in 
Betracht kommen resp. bezüglich der Zulässigkeit derartiger An¬ 
lagen entscheidend sind. Um den Arbeitsplatz möglichst ab¬ 
zugrenzen, auch die Betriebsoperation den Augen der Passanten 
thunlichst zu entziehen ist es zweckmässig, den Arbeitsplatz mit 
einer mindestens 2,5 m hohen, dichten Umfriedigung (Wand- und 
Bretterzaun) zu umgeben. Ausserdem empfiehlt sich eine Um¬ 
pflanzung dieser Umfriedigung mit eine Hecke.“ 

Unter Berücksichtigung dieser Bestimmungen sind eine An¬ 
zahl von Polizeiverordnungen betreffend das Abdeckereigewerbe 
bezw. die Beseitigung von Thiercadavern erlassen worden, so für 
den Regierungsbezirk Königsberg unter dem 6. April 1893 unter 
Aufhebung der Polizeiverordnung vom 3. April 1820. 


39 

Von Bestimmungen ist schliesslich noch wichtig der Rund¬ 
erlass der Minister für Handel und Gewerbe, der geistlichen etc. 
Angelegenheiten und des Innern vom 2. Juni 1888, wonach die 
Abdecker das Fleisch der von ihnen geschlachteten Pferde nicht 
ohne Weiteres zum menschlichen Genuss verkaufen dürfen, viel¬ 
mehr die zur Schlachtung bestimmten Pferde und ebenso nachher 
ihre Cadaver vom Thierarzt besichtigt werden müssen, der be¬ 
stimmt, was zum Genüsse zuzulassen ist. 

Was die alten Abdeckereianlagen betrifft, so entsprechen sie 
in den meisten Fällen weder den Bedingungen, wie sie in der 
Anleitung zur Kreisordnung vom 14. April 1875 aufgestellt sind, 
noch den Fortschritten der Naturwissenschaften und der Technik. 
So sagt Bollinger von den Abdeckereien: „Wer diese Anstalten 
kennt, wird sich leicht überzeugen, dass sie polizeiwidrige An¬ 
stalten sind.“ Damman bezeichnet sie als „Schlupfwinkel der 
Viehseuchen“ und sagte, „dass bis zur Stunde der Zustand des 
Abdeckereiwesens fast aller Orten ein geradezu roher zu nennen 
sei“. Zündel bezeichnete das „Wasenmeisterwesen als einen 
noch sehr wunden Punkt in den elsass-lothringischen veterinär¬ 
polizeilichen Einrichtungen, zu dessen Beseitigung aber eine be¬ 
sondere Gesetzgebung für das ganze Reich erforderlich sei.“ 
Nobbe-Niedertopfstedt nennt den „thatsächlichen Zustand des 
Abdeckereiwesens einen völlig unhaltbaren und beklagenswerthen.“ 

Zwar sind verschiedene wissenschaftliche Vereinigungen, so 
zuerst der Deutsche Veterinärrath auf seiner 4. Versammlung am 
3. und 4. August 1878 in Hannover, dann der Deutsche Land- 
wirthschaftsrath 1882, später 1893 der Deutsche Verein für öffent¬ 
liche Gesundheitspflege der Frage näher getreten, ohne dass bis¬ 
her eine Lösung erfolgt wäre. 

Die Frage wäre nach 4 Seiten hin zu behandeln: 1. nach 
der Lage, 2. nach der inneren Einrichtung, 3. nach der Organisation 
des Betriebes, 4. nach dem zu bearbeitenden Material der Ab¬ 
deckereien. 

ad 1. Abdeckereien sollen möglichst weit von Ortschaften 
abgelegen sein. Jedoch liegen die Rücksichten, welche gegen ihre 
Anlage in Nähe von bewohnten Orten sprechen, weniger auf 
hygienischem Gebiete, sondern beruhen mehr in der Abneigung 
vieler Menschen gegen Thiercadaver und auf ästhetischen Beweg¬ 
gründen. Dabei ist auch die Himmelsrichtung, in welcher der 
Platz zur nächsten Ortschaft liegt, ohne erhebliche Bedeutung, 
vorausgesetzt, dass die sonstigen Einrichtungen zweckmässige 
sind. Herrschen jedoch für die betreffende Ortschaft bestimmte 
Winde vor, so wähle man möglichst eine gegen den Wind ge¬ 
richtete Lage. Letztere sei möglichst sonnig, damit der Pflanzen¬ 
wuchs und mit ihm der Ablauf der Verwesung auf den Luder¬ 
stätten gefördert werde. Der Boden bestehe am vorteilhaftesten 
aus grobem, körnigem Kies, der für Wasser und Luft am durch¬ 
lässigsten ist und in dem die trockene Verwesung am besten 
und schnellsten vor sich geht. Weniger gut ist feiner Kies, dann 
Sandboden. Ungünstig ist mit Sand gemischter Thonboden, sehr 
ungünstig Thon (Mergel) und stark humushaltiger Boden. 

Die Nähe von Wasserläufen, Teichen und Sümpfen, sowie ein 
perpetuirlicb hohes Grundwasser, also eine Lage in Absenkungen 
und Mulden, sind zu vermeiden, noch mehr aber eine Lage, die 
zeitweiligen Ueberschwemmungen ausgesetzt ist. Gegen eine an 
sich übermässige Bodenfeuchtigkeit ist eine 3 m tiefe Drainage 
zu empfehlen, durch die gleichzeitig eine unterirdische Ventilation 
hervorgerufen wird. 

Abschüssige Terrains, die von bewohnten Orten abgewendet 
liegen müssen, sind am vortheilhaftesten, daneben mässig ab¬ 
sinkende, allen Windrichtungen ausgesetzte Plateaus. 

Auf den Luderplätzen muss eine entsprechend dicke Boden¬ 
schicht die Grubensohle von dem höchst erreichbaren Grnndwasser 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



40 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4. 


stand trennen, wodurch vermieden werden soll, dass das Grund¬ 
wasser die in den Gruben vor sich gehende Zersetzung behindert 
oder die Cadavertheile auslaugt und mit seiner Strömung Brunnen, 
Wasserläufen, Teichen etc. zuführt. 

Ist der Boden ein schlecht durchlässiger, so ist für schnelle 
Ableitung des Oberwassers durch EinebnuDg der Oberfläche des 
Platzes und durch Abzugsrinnen zu sorgen, so dass das Wasser 
möglichst wenig in die Grube eindringen, hier stagniren und die 
feuchte Fäulniss (Jauchebildnng) oder die Verseifung (Bildung von 
Fett- oder Leichenwachs) begünstigen kann. 

Auf den Verscharrungsplätzen selbst ist der Pflanzenwuchs 
möglichst zu fördern, da derselbe • zur Verarbeitung der Zer¬ 
setzungsprodukte beiträgt. Die Sonnenbestrahlung ist dabei je¬ 
doch nicht zu sehr zu beschränken. Als Umgebung der Plätze 
eignen sich daher schattengebende Bäume, wie Linden, Ahorn 
Obstbäume, Ulme, nicht, sondern vielmehr die Pinnsarten, Flieder¬ 
bäume, Schieb-, Weiss- und Schwarzdornhecken. 

ad 2 Jede, auch die kleinste Abdeckerei sollte mindestens 
folgende Einrichtungen besitzen: 

a) eine Halle zum Tödten der Thiere und Abhäuten, sowie 
Zerlegen der Cadaver mit in der Nähe befindlichem, eine 
genügende Wassermenge liefernden Brunnen; 

b) eine daranstossende Küche zur Gewinnung des Fettes 
und zum Auskochen der Knochen; 

c) einen gleichfalls daran stossenden Raum zur Aufbewahrung 
der Knochen etc.; 

d) einen über a—c befindlichen Trockenboden; 

e) einen Stall, in den zur Tödtung bestimmte oder auf 
Landstrassen etc. angehaltene verdächtige Thiere ein¬ 
gestellt werden; 

f) einen Wasen- oder Abdeckereiplatz. 

Die Gewerbelocalitäten sollen von den Wohn- und Oeconomie- 
gebäuden des Abdeckers in genügender Entfernung, mindestens 
in- einer solchen von 50 m, angelegt werden, damit die Gebäude 
allen Winden ausgesetzt sind und etwaige Gerüche nicht bis zum 
Wohngebäude dringen können. 

Die Halle sei hell, luftig, mindestens 24 qm gross und etwa 
3 l /a—4 m hoch, ihr Boden wasserdicht, am besten aus Cement, 
mit einem guten Gefälle und einer Rinne, die in die völlig aus- 
cementirte mit einem dichten Holzbelag und einem durchlöcherten 
Schwimmdeckel versehene mindestens 1,5 qm grosse Jauchegrnbe 
mündet. Die Ventilation erfolge durch grosse verstellbare Charniere 
oder Dachfenster, sowie durch Luftzüge in den Umfassungsmauern. 
Die Wände sollen aus Steinplatten bis mindestens 2 m Höhe be¬ 
stehen oder wenigstens cementirt oder mit Oelfarbe bestrichen 
sein. Zwei grosse Hallenthore haben die Ein- und Ansfahrt zu er¬ 
möglichen. An der einen Wand befindet sich ein herabklappbarer 
Sectionstisch. 

Zur Seite dieser Halle liegen die Fettküche und die Knochen¬ 
kammer. Die Fettküche soll mindestens 9 qm gross sein und mit 
ihrem Kessel und seiner Feuerung so eingerichtet werden, dass die 
üblen sich entwickelnden Dämpfe möglichst verhütet oder vom 
Feuer verzehrt werden. Fettküche und die grosse Knochen¬ 
kammer sollen gleichfalls gute Lüftnngsvorrichtungen haben. 

Der Trockenboden hat reihenweise angelegte Trockenstangen 
zu enthalten, über welche Haare, Häute, Sehnen gelegt werden 
können. 

Der Stall möge den Anforderungen, die die Veterinärpolizei 
stellen kann, entsprechen. Der Fussboden kann aus Kopfsteinen 
bestehen, zwischen deren Fugen Cement oder Asphalt gegossen 
wird. Die Jaucherinne führe in die zur Halle gehörende Jauchegrube. 

Der Brunnen sei möglichst ein artesischer oder aber ein 
ausgemauerter, so dass nicht etwa durch die Grundwasserströmung 


Wasser zugeführt wird, das vorschriftswidrig die Sohle der 
Gruben überflnthet und deren Inhalt ausgelaugt hat. Liegt der 
Brunnenspiegel unter einer Thonschicht und hat der Brunnen 
undurchlässige Wandungen, so sind alle Bedenken beseitigt. Die 
Lage des Brunnens sei in nächster Nähe des Stalles und der 
Halle und seine Ausflussmündung so hoch, dass durch angelegten 
Schlauch Stall und Halle bequem abgespült werden können. 

Der Schindanger hat in einem dem Bedürfhiss entsprechend 
grossen Platze zu bestehen, der mit einer Mauer oder mit Pfählen 
und Brettern, sowie durch ein verschliessbares Thor derart fest 
abzuschliessen ist, dass das willkürliche Eindringen von Menschen 
oder Thieren verhindert ist. Der ganze Raum wird vom Thore 
aus in vier Quadrate getheilt und an einem derselben mit dem 
Eingraben begonnen und fortgefahren. 

ad 3. Um sich zu vergegenwärtigen, wie der Betrieb in einer 
kleinen Abdeckerei gestaltet werden muss, erscheint es praktisch, 
die Behandlung der Cadaver zu verfolgen: Auf die Anzeige eines 
Thierbesitzers, dass ein Thier an einer nicht seuchenhaften 
Krankheit gefallen, holt der Abdecker mit einem undurchlässigen, 
völlig geschlossenen, mit einer Windevorrichtung versehenen 
Kastenwagen das Cadaver ab, führt es in seine Zerlegehalle und 
hebt hier die grossen Cadaver vermittelst Krahn vom Wagen 
herab. Alsbald wird das Tbier abgehäutet und die Haut sammt 
Hörnern, Klauen, Hufen auf den Trockenboden gebracht, wo¬ 
selbst die Haut mindestens während 14 Tagen im Sommer und 
vier Wochen im Winter zu trocknen ist. Soll die Haut früher 
abgegeben werden, so muss sie mindestens drei Tage in Kalk¬ 
milch gelegen haben bez. 24 Stunden mit andern geeigneten Des- 
infectionsmitteln getränkt worden sein. 

Das Fleisch wird von den Knochen gelöst und kann, soweit 
es unschädlich, abgekocht zur Nahrung für Schweine und Hunde 
Verwendung finden. Es kann anch als Leimleder, d. h. als wie 
Sehnen in Streifen geschnittenes und an der Luft getrocknetes 
Fleisch, an Leimfabriken abgegeben werden. Jedenfalls darf nichts 
davon herumliegen, sondern muss in geeigneten Futtergefässen 
auf bewahrt werden, die. entweder in der Knochenkammer oder 
zeitweise im Stall ihren Standort haben. 

Die Eingeweide können in die Jauchegrube (Schwinggrube) 
geworfen und hier mit Chemikalien (gemahlenem Gips, gebranntem 
Kalk, Schwefelsäure, Eisenvitriol) mindestens drei Tage hindurch 
behandelt, zu Dünger verarbeitet werden. Jedoch müssen diese 
Theile durch einen durchlöcherten, mit Steinen beschwerten 
Schwimmdeckel oder durch andere Vorrichtungen unter der Ober¬ 
fläche der Flüssigkeit gehalten werden, damit sie von derselben 
vollständig macerirt und aufgelöst werden. 

Die Röhrenknochen können an Beinarbeiter oder zusammen 
mit den übrigen Knochen an Leimfabriken abgegeben oder sie 
können alle in der Fettküche zusammen oder getrennt vom Fett 
ausgekocht werden. 

Alle nicht verwertbaren Thiertheile sind auf dem Schind¬ 
anger nach gehöriger Zerkleinerung so tief zn vergraben, dass 
einerseits keine übelriechenden Gase mehr durchdringen, anderer¬ 
seits der Boden noch gut durchlüftet ist nnd der höchste 
Grnndwassei stand noch nicht erreicht wird. In einem luftigen 
Boden wäre eine Tiefe von 1,2 m ausreichend, in einem anderen 
1,5—2 nj. Zwischen 2 Cadavergruben ist eine mindestens 0,3 m 
breite Erdschicht zu belassen, welche genügt, um die von dem 
Cadaver seitwärts ausgehenden Zersetzungsstoffe aufzunehmea 
und zn verarbeiten. Es empfiehlt sich auch, zwischen die ein¬ 
zelnen Reste eines Cadavers etwas Erde zu schütten. Cadaver 
hart an Cadaver zu verscharren, ist durchaus verwerflich, weil 
der Boden dann nicht im Stande ist, das Material zu verarbeiten. 
Jede frisch bereitete Grube ist sogleich mit Pflanzen zn be- 


Digitized by CjOOQie 





27. Januar 1898. ' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


41 


samen, welche die exhalirten Gase aufhehmen and 'verarbeiten 
und auch die Zersetzung der thierischen Stoffe beschleunigen. 
'Eine Grube darf nicht vor Ablauf von 15 Jahren geöffnet und 
wieder in Benutzung genommen werden (Verwesungsfrist). 

Seuchekranke Thiere, z. B. die an Milzbrand, Tollwuth, Rotz, 
Wild- und Rinderseuclie etc. gelitten, werden in toto entweder au 
Ort und Stelle oder auf einem ein- für allemal fest bestimmten 
Quadrat (Seuchenquadrat) des Schindangers, das den Gewerbe¬ 
lokalitäten am entferntesten liegt, bei Milzbrand, nachdem 
das Cadaver mit roher Carbolsäure begossen, verscharrt und auf 
die Gruben sofort schnell wachsende und tiefe Wurzeln treibende 
Pflanzen gebracht. Auf diesem Quadrat ist weder Viehfutter zu 
gewinnen, noch auch nur vorübergehend aufzubewahren. Ent¬ 
sprechend den Bestimmungen des Reichsgesetzes über die Rinder¬ 
pest vom 7. April 1869, des Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880 
nebst ihren Ausführungsinstructionen vom 21. Mai 1878 bezw. 
12./24. Februar 1881 und Juni 1895 muss dieses Quadrat min¬ 
destens 30 m von Gebäuden und mindestens 3 m von Wegen und 
Gewässern entfernt liegen. 

Ueber alle in die Abdeckerei todt oder lebendig eingeführten 
Thiere muss.ein gebundenes, mit Seitenzahlen versehenes Control¬ 
buch, das vor der Benutzung polizeilich abgestempelt ist, Aus¬ 
kunft geben. Dieses Buch soll folgende Angaben enthalten: Zeit 
des Einbringens; des Eigenthümers, Name, Stand, Wohnort; des 
Thieres Gattung, Farbe, Geschlecht, Alter; ob das Thier todt oder 
lebend eingebracht; wegen welcher Krankheit oder Ursache; 
Bemerkungen über Verwendung etc. 


















De* ftigentbümers 

De* Thieres 

T3 

fl 




























«* 


$ 








7 


£ “ 

X 












V. 3 

f 


S 

Name. 

Stand. 

Wohnort. 

t* 

6 

jz 

u 


3 2 


* t 

§g 
■S 5 

f 

i 

§ 




3 

* 

•0 

l u •*= 

O o3 

— 3 

JD O 

ä-g 


•5. 


* 




o 


6 

< 

o 


03 














1 

am 


R. Schul* 

1 eaitzer 

I.egitten 

£ 

a 

OS 

02 

3 

2 

6 

todt 

Druse. 

füttert. 


Besser als diese, einfache Verarbeitung der Cadavertheile ist 
im hygienischen Interesse eine Verbrennung derselben. Noch 
besser und dazu vortheilhafter ist der Verbrennungsapparat des 
bekannten Landwirths Sombart zu Ermsleben, der aus einem 
offenen, geräumigen, starkwandigen Kessel aus Gusseisen be¬ 
stand, in dem die hauptsächlich am Milzbrand verendeten Thiere 
unter Schwefelsäurezusatz bis zum Zerfall gekocht und demnächst 
za Compost verarbeitet wurden. Gegenüber dem einfachen Ab¬ 
deckereibetriebe liegt der Vortheil darin begründet, dass Ge¬ 
stank vermieden wird; sodann können Cadaver nicht von Menschen 
aufgegraben und wieder in den Verkehr gebracht werden, ferner 
können etwaige Ansteckungsstoffe nicht von Ratten, Maulwürfen, 
Füchsen, Regenwürmern, Fliegen, Bremsen verschleppt werden 
und eine Seuche verbreiten. Sporenhaltige Erde kann weder 
durch den Wind fortgetragen werden, noch mit dem Grundwasser in 
eine Quelle gerathen und diese vergiften. Das Füttern der dem 
Abdecker gehörigen Thiere, insbesondere der Schweine, oder ein- 
gefangener Hunde, wird verhindert. Die polizeiliche Controle ist 
erleichtert. 

Das Sombart’sche Verfahren hat aber den Nachtheil, dass 
die Verarbeitung der Cadaver gar keinen oder nur sehr geringen 
Gewinn bringt. Mehr Gewinn trägt die trockene Destillation der 
Cadaver und am vortheilhaftesten ist die Dampfsterilisation. 

Die trockene Destillation wird bewirkt durch einen Apparat, 


der unter Zusatz von Pottasche und Eisenfeile, thierische Kohle 
und gelbes Blutlaugensalz gewinnt, der aber wenig im Ge¬ 
brauch ist. 

Das Princip der Dampfsterilisation bei hohem 
Druck findet in verschiedener Form praktische Anwendung. 

a) Zunächst benutzt man einfache, aufrechtstehende 
Kessel aus starkem Blech von mehreren Metern Höhe und etwa 
einem Meter Durchmesser. Sie werden von oben beschickt und 
durch ein seitliches Mannloch entleert, was beides mit nicht 
unerheblichen Schwierigkeiten verknüpft ist und viel Arbeitskraft 
erfordert. Die zerstückten Cadaver werden strömendem Dampf 
von 2^—3 Atmosphären Druck ausgesetzt, und zwar 3—10 Stunden 
lang. Um das während des Dämpfens sich bildende Condens- 
wasBer, die Fleischbrühe und das Fett von dem zu dämpfenden 
Material zu trennen, ist in einiger Entfernung über dem Boden 
ein Siebbodon eingeschaltet, durch welchen die abtropfenden 
Flüssigkeiten abfliessen können. Die ausgezogenen Fleischmassen 
nebst Knochen und getrocknetem Blut werden nach Heraus¬ 
nahme aus dem Apparat gedörrt und, nachdem sie mit H x S0 4 be¬ 
handelt, in einer Mahlvorrichtung zu Pulver gemahlen. Häute, 
Haare, Hufe, Hörner werden an andere gewerbliche Anstalten 
abgegeben. Das Leimwasser wird geklärt, eingedickt und als 
Walzenmasse für die Buchdruckereien und zu Appreturzweckeu 
als „boni-zize“ verkauft. Das Fett gelangt in Klärpfannen, wo¬ 
selbst es durch chemische und mechanische Mittel gereinigt wird, 
um als Schmieröl und zur Seifenfabricatiou Verwendung zu 
finden. Das „Leipziger Fleischmehl“ kommt als Fischfutter und 
Düngemittel in den Handel. Die Leipziger Abdeckerei zahlt für 
das Grossvieh-Cadaver 15—55, im Durchschnitt 24 Mark bei freier 
Abfuhr, wie ich nebenbei bemerke. 

Durch diese Hochdruckdämpfer, die in der Knochen- 
leimfabrication längst bekannt waren, erreicht man ein geruch¬ 
loses Arbeiten wenigstens während der Dauer des Dämpfens. 
Allein beim Oeffnen des Apparates und während des Trocknens 
der durchkochten Fleisch- und Knochenmassen tritt die alte 
Calamität wieder auf, und als ganz besonders lästig erweist sich 
die weitere Verarbeitung der extrahirten Flüssigkeiten, die 
Trennung des Fettes von der Fleischbrühe und die Beseitigung 
der letzteren. 

Benutzt werden solche Apparate in den Abdeckereien Leipzig, 
Köln a. Rh., Linden, Frankfurt a. M., in der Berliner fiscalischen, 
in der im Kreise Nieder-Barnim liegenden Dampfdüngerkunstfabrik 
zu Heiligensee, in den Vororten Wiens zu Kaiser-Ebersdorf. 

b) Ein verbesserter Apparat ist der „Appareil sterilisa- 
teur desiccatenr systöme de la Croix, Willaert & Co.“, 
der von dem Departementsthierarzt und Schlachtliofdirector zu 
Antwerpen de la Croix erfunden wurde. Von Letzterem ist der 
Apparat 1884 der Oeffentlichkeit übergeben, und er wurde dann 
im Jahre 1892 mit einigen Verbesserungen von dem Ingenieur 
und Commercienrath Henneberg in Berlin nach Deutschland 
eingeführt. Er besteht in der Hauptsache aus drei durch Rohr¬ 
leitungen mit einander verbundenen Gefässen, von denen das 
erste einen mit Doppelmantel versehenen, aufrecht stehenden 
Hochdruckdämpfer darstellt, der zur Aufnahme und Durch¬ 
dämpfung der zu verarbeitenden Massen dient. Während des Dämpf- 
processes werden.die ausgetretenen Gase und Flüssigkeiten durch 
den in dem ersten Gefäss, dem Sterilisator, herrschenden Dampf¬ 
druck von Zeit zu Zeit nach dem zweiten Gefäss, dem Recipien- 
ten, übergedrückt, in dem sich übereinander Fett und Leimwasser 
sammeln und gesondert entleert werden können. Das dritte 
Gefäss, der Condensator, dient zur Niederschlagung der beim 
Ueberdrücken der Flüssigkeiten nach dem Recipienten und beim 
Vorwärmen des Einsatzmaterials frei werdenden übelriechenden 


Digitized by CjOOQie 



42 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Gase durch Wasser, während der noch übrig bleibende Rest der 
Gase in die Kesselfeuerung geleitet wird. 

Die Füllung des Apparates erfolgt von oben her; die Ent¬ 
fernung der nach beendigter Durchdämpfung durchkochten, noch 
feuchten Fleisch- und Knochenmsssen erfolgt durch ein Mann¬ 
loch an der unteren Seite des Sterilisators, worauf jene in be¬ 
sonderen Trockenschränken, auf eisernen Platten ansgebreitet, 
getrocknet werden. Schliesslich wird das Material auf einer 
Mühle mit Vorbrecher gemahlen. 

Der ganze Desinfectionsprocess, ausschliesslich Trocknung 
und Zermalilüng, dauert je nach Art und Menge der Füllung 
6—12 Stunden. 

Gewonnen werden nach Henneberg 25—30pCt. Düngepulver 
(Preis 14—16 M. pro 100 kg) und 15—20 pCt Fett (Preis 
34—48 M. pro 100 kg). In Spandau wurden von 100 kg Ein¬ 
satz 19 kg Düngepulver und Fett gewonnen; im Durchschnitt 
brachte daselbst jede Charge 50 M. bei vollständiger Füllung. 
In Karlsruhe wurden nach zehnstündiger Desinfection 40,7 pCt. 
sterilisirte, noch etwas feuchte Masse gewonnen, und zwar 26 pCt 
Düngepulver und 4 pCt. Fett. Bayersdörfer nimmt an, dass 
bei lOOmaligem Betrieb ein Bruttogewinn von 6576 M. erzielt 
wird und ein Reingewinn von 2326 M. nach Abzug von 4250 M. 
für Unkosten einschliesslich Verzinsung und Amortisation verbleibt. 

Der Preis des Apparates einschliesslich Trockenkammer, 
Mühle mit Vorbrecher, Betriebsdampfkessel und Dampfmaschine 
wird auf 13000 Mark veranschlagt. 

Benutzt wird der Apparat auf den Schlachthöfen Spandau, 
Karlsruhe und Antwerpen. 

Umständlich und unangenehm sind das Umladen der dnrch- 
kochten Fleisch und Knochenmassen und das Trocknen auf offenen 
Darren. 

c) Der v. Podewils’sche Apparat hat das Besojpdere 
für sich, dass er wenig Raum beansprucht und in demselben 
Apparat Desinfection, Entfettung, Trocknung und gleichzeitige 
Pulverisirung sfattfindet, und zwar alles unter Luftabschluss. Er ist 
zudem leichter zu beschicken, da er niedriger ist. Die üblen 
Gerüche bei dem Ueberführen der gedämpften Cadavertheile aus 
dem Desinfector nach dem Trockenapparat (de la Croix) fallen 
weg, da der Verarbeitungsprocess ohne Berührung mit der Luft 
vor sich geht. Die hierbei sich entwickelnden Wasserdämpfe 
werden abgekühlt und zu Wasser condensirt, die uncondensir- 
baren Gase in die Feuerung geleitet. 

Der Apparat besteht aus einer grossen, liegenden, heizbaren, 
rotirbaren Trommel, in die die vorher zerstückten Cadaver 
durch einen Fülltrichter gebracht und hier 3—4 Stunden durch 
einströmenden Kesseldampf von 150—160 u C. gedämpft werden, 
wobei die Trommel jedoch rnbig liegt. Fett und Leimwasser 
werden in den Recipienten, „Fettscheider', abgelassen, die 
Trommel um ihre Längsachse gedreht, während der Dampf in den 
äusseren Mantel tritt, wodurch die festen Theile unter Luft¬ 
abschluss getrocknet und durch eine frei bewegliche Mahleinrich¬ 
tung, Kollercylinder, im Innern des Apparates in ein streubares, 
trockenes Cadavermehl venvandelt werden. Die Leimbrühe kann 
gleichfalls zur Trocknung kommen. 

Die gesammte Zeitdauer der Verarbeitung währt 16 bis 
24 Stunden. Benutzt werden solche Apparate in den Abdeckereien 
zu Hamburg, München und Augsburg. 

d) Apparate mit Zugrundelegung des „Constitu¬ 
tionswasserpatentes“ sind auf den Schlachthöfen von Breslau, 
Emden und Königsberg i. Pr. aufgestellt. Dieselben bringen das 
sogenannte Eigenwasser der Cadaver durch Erwärmen zum Ver¬ 
dampfen, und es erfolgt nunmehr lediglich in diesem indirecten 
Dampf die Durchkochung der eingesetzten Fleisch- und Knochen- 


No. 4. 

massen. Der Vortheil des Princips soll darin beruhen, dass die 
Fleischbrühe nicht durch das aus dem zugeleiteten Dampf ge¬ 
bildete Condenswasser verdünnt und so eine Verarbeitung der 
Fleischbrühe auf Leim erschwert wird. 

Die Nachtheile dieser Apparate bestehen darin, dass sie zu 
langsam arbeiten — Kochdauer 12—14 Stunden —, ferner, dass 
eine Umladung des halbfertigen Productes nöthig ist, zum Zweck 
der Trocknung (5—6 Stunden) und Zerkleinerung in einem be¬ 
sonderen, von dem eigentlichen Extractionsapparat getrennt auf¬ 
gestellten Trockenapparat. 

e) Der Apparat „System Otte“ hat zunächst den Vor¬ 
theil für sich, dass die Einführung des Materials in den Des¬ 
infector von 2 Stellen aus vorgenommen werden kann, und dass 
der Apparat auch die Einführung unzertheilter Seuchencadaver 
gestattet. Neu ist die Anbringung einer rotirbaren Siebtrommel 
im Innern des liegenden Doppelmantels, wodurch der Dampf 
besser zu allen Theilen des Cadavermaterials Zutritt erlangen 
kann. Da der Desinfector und Recipient unter demselben 
Drucke stehen, so fliessen die extrahirten Bestandteile des 
Cadavers, Fett und Fleischbrühe, während des Kochprocesses 
continuirlich durch den Ueherlauf aus dem Desinfector nach dem 
Recipienten ab und werden nicht wie bei dem v. Podewilg- 
schen Apparat nur von Zeit zu Zeit durch den im Desinfector 
herrschenden Dampfdruck nach dem Recipienten übergedrückt 
Die Scheidung von Leimbrühe und Fett wird dadurch eine voll¬ 
kommenere und es entsteht keine starke Emulsion, aus der das 
Fett nur sehr schwer und langsam abzuscheiden ist. Die Trock¬ 
nung der durchkochten Fleisch- und Knochenmassen erfährt eine 
Förderung dadurch, dass mit Hilfe einer Luftpumpe aus dem Des¬ 
infector die frei werdenden Dämpfe und Gase abgesaugt werden 
und so in diesem eine Luftveränderung eintritt, wodurch das zu 
trocknende Material das Wasser weit leichter abgiebt. Die Un¬ 
schädlichmachung der Dämpfe und Gase durch einander folgende 
Condensation, Absorption und Verbrennung kann als gelungen 
bezeichnet werden. 

Im Uebrigen ist der Apparat lediglich eine Modificatiön des 
v. Podewils’schen. 

Der Kochprocess währt vier Stunden, ebenso lange der 
Trocknungsprocess, so dass man nach 8—10 Stunden aus dem 
eingesetzten Cadaver die drei fertigen Producte: Cadavermehl 
(21—23 pCt., Preis pro 100 kg Dungpulver 7,60—10 M.), Fett 
und Leim wieder erhält. Es sollen 10 pCt. blankschmelzenden 
Fettes (Preis pro 100 kg 28—40 M.) gewonnen werden, dessen 
Farbe und Preis sich richtet nach der Natur des ver¬ 
arbeiteten Materials (ob vom Schwein, Schaf, Rind oder Pferd 
herstammend). 

Der aus der Leimbrühe durch Eindampfen im Apparat selbst 
gewonnene Leim „Schlirteleim“ (6 pCt.) ist nur ein minder- 
werthiges Product (100 kg 10—12 Mark), da es auch die sämmt- 
lichen beim Dämpfen des Fleisches und der Knochenmassen aus 
diesen ausgetretenen Extractivstoffe enthält, und durch das an¬ 
dauernde Erhitzen auf so hohe Temperaturen ihm die Gelatinir- 
fähigkeit genommen ist. 

Das Cadavermehl kann auch als Fisch- und Mastfutter für 
Geflügel und Schweine (Preis pro 400 kg 12—15 Mk.) verwendet 
werden,, vorausgesetzt, dass es gut eingetrocknet, ans gesunden, 
nicht bereits in Verwesung übergegangenen Fleischtheilen her¬ 
gestellt, gut auf bewahrt und vor Nässe geschützt ist (Bildung 
von PtomaYnen). 

Anlagen nach dem „System Otte“ sind bis jetzt eingerichtet 
auf den Abdeckereien Altona, Ronnenberg bei Hannover, Star- 
gard i. P. und auf dem Schlachthofe in Essen. 

Der Preis des Apparates mit einer Leistung von 750—1000 kg 


Digitized by CjOOQie 




27. Januar 1898. 

pro Charge in 8—10 Stunden wird incl. Blitzmühle, Speisewasser¬ 
bassin, Luftpumpe, Dampfkessel, Dampfmaschine, Transmission, 
Montage etc. auf ca. 15 000 Mk. veranschlagt. 

Wenn nun auch dieser Apparat mannigfache Vorzüge vor 
andern hat, z. B. die Möglichkeit der Einführung unzertheilter 
Seuchencadaver, das Verarbeiten der eingesetzten Materialien zu 
vollkommen fertigen Producten, die Geruchlosigkeit: wenn ferner 
auch die anderen beschriebenen Systeme mehr oder minder in der 
Lage sind, eine dankenswerthe Verbesserung der gegenwärtigen, 
fast durchweg absolut unhaltbaren Zustände im Abdeckereiwesen 
herbeizuführen, so muss man doch sagen, dass die grossen Ab¬ 
deckereien und Communalverwaltungen, letztere vielleicht mehr im 
Hinblick auf die gesundheitliche Notliwendigkeit als nur aus dem 
ökonomischen Standpunkte heraus, sich diese grossen und theuren 
Apparate anschaffen werden, dass aber die Anschaffungskosten 
für die Mehrzahl der kleinen Abdeckereibesitzer unerschwing¬ 
liche sind. 

Dem Erfindergeist bleibt immer noch die Aufgabe gestellt, 
für die kleinen Abdeckereien und auch Schlachthöfe einen billigen 
Apparat herzustellen, für den die Betriebskosten sich niedrig 
stellen, bei dem aber doch die Ausnutzung der Cadaver in Bezug 
auf Gewinnung von Fett, Cadavermehl und Leim möglichst 
den Bestandteilen des thierischen Körpers entspricht und der 
doch gewährt, was vom sanitäts- und veterinärpolizeilichen, oben 
gekennzeichneten Standpunkte aus verlangt werden muss. 

Ehe solche Apparate nicht construirt sind, werden die kleineren 
Abdeckereien entweder mit unvollkommenen, aber billigen Maschinen 
oder ohne Maschinenbetrieb nach altem Recept arbeiten müssen. 
Unter Umständen kann dieser Zustand noch lange währen. So 
lange darf aber das öffentliche Gesundheitswesen nicht auf eine 
Regelung des Abdeckereiwesens warten, die auch nöthig ist in 
Bezug auf die grossen Abdeckereien mit besseren Maschinen. 
Denn auch hier können leicht üble Ausdünstungen entstehen durch 
die flüssigen Abgänge bei Zerlegung der Cadaver, durch die 
längere Aufbewahrung der Cadaver bis zur rationellen Verar¬ 
beitung, ev. durch das Leimwasser. 

Diese Regelung hätte aber nicht darin zu bestehen, dass man 
die Abdeckereiprivilegien von Seiten der Gemeinden ablösen lässt. 
Abgesehen davon, dass diese seit fast 70 Jahren fortgesetzten Ab¬ 
lösungsversuche in vielen Theilen des Landes zu einem Resultat 
aus mannigfachen Gründen nicht geführt haben, ist die Ablösung 
selbst ein vollkommen verfehltes Unternehmen gewesen. 

Man hätte vielmehr darauf dringen müssen, dass die be¬ 
stehenden Abdeckereien die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen 
und, wo das nicht geschehen, den Fortschritten der Naturerkennt, 
niss gemäss reformirt würden. Jedenfalls durfte man nicht die 
Selbstabdecberei durch die Viehbesitzer zulassen, die in der Regel 
mit den grössten und gesundheitsschädlichen Missständen verbunden 
ist. Jetzt finden vielfach die Cadaver im Misthaufen ihr Unter¬ 
kommen, der seinerseits nicht selten einen unter- oder oberirdischen 
Abfluss nach dem Brunnen hat, oder man verscharrt die Thiere 
oberflächlich im Garten oder in der Nähe des Gehöftes, oder sie 
bleiben auf dem Felde oder an öffentlichen Wegen liegen, oder 
werden in Gräben, Teiche und sonstige Wasserläufe geworfen. 

Die mindeste Forderung für Gegenden, in denen Abdeckereien 
nicht vorhanden, wäre, dass jede grosse Gemeinde oder mehrere 
kleine zusammen einen Schindanger besitzen, auf dem allein die 
Abhäutungen und Verscharrungen in vorgeschriebener Weise vor¬ 
genommen werden dürfen. Soll aber ein Schindanger allen Forde¬ 
rungen der Hygiene genügen, so sind bei seiner Anlage genau die¬ 
selben Vorsichtsmassregeln zu berücksichtigen, wie sie für die 
Anlage menschlicher Beerdigungsstätten vorgeschrieben sind. 

Wenn man in früheren Zeiten hierin vielfach und schwer 


43 

gegen die Hygiene gesündigt hat, so zwingen uns die heutige 
Naturerkenntniss und die Forschungen der letzten Jahrzehnte zu 
einer besseren Beurtheilung der Verscharrungsstätten. Wenn schon 
jede Verscharrung eine schädliche Beseitigung eines Kadavers ist, 
insofern sie den drei Hauptforderungen der modernen Hygiene 
entgegenarbeitet, welche Reinhaltung der Luft, des Bodens und 
der Wasserläufe verlangt, so wird sie das um so mehr, je weniger 
die physicalische, chemische, geognostische Beschaffenheit des 
Bodens, seine Niveau- und Grundwasserverhältnisse etc. berück¬ 
sichtigt werden. 

Ebenso wie die Ablösung der Abdeckereigerechtigkeiten ist 
auch zu bedauern die Abschaffung der Prüfungen der Abdecker, 
die noch das Bundesgesetz vom 8. Juli 1868 (B.-Ges.-Bl. 1868, 
S. 406) aufrecht erhalten hatte, und die erst durch* die Gewerbe¬ 
ordnung vom 21. Juli 1869 in Wegfall gekommen sind. Wenigstens 
müssten die Abdecker im Stande sein, beim Zerlegen den Ver¬ 
dacht auf eine Seuche auszusprechen. 

Wie bereits hervorgehoben, müssen die vorhandenen Ab¬ 
deckereien reformirt werden. Wir Thierärzte würden uns um die 
Hygiene ein weiteres grosses Verdienst erwerben, wenn wir die 
Vorschläge, die zuerst der Deutsche Veterinärrath 1878 in 
Hannover aufstellte, zur Durchführung brächten. In vielen Pro¬ 
vinzen geben uns auch heute scjion bestehende Polizei-Verord¬ 
nungen Handhaben, mit Ernst auf die Abdeckereibesitzer einzu¬ 
wirken, dass sie ihren Betrieb verbessern nnd manche Uebelstände 
beseitigen. Indirect veranlassen wir sie dadurch, zum Maschinen¬ 
betrieb überzugehen. 

Der Abdeckereibesitzer, der eine Aenderung in seinem bis¬ 
herigen Betrieb vorzunehmen wünscht, ist dabei aber aufmerksam 
zu machen auf § 16 der Bundes-Gewerbe-Ordnung vom 21. Juli 
1869: Wer ohne neue Genehmigung eine wesentliche Veränderung 
der Betriebsstätte, oder eine Verlegung des Locales oder eine 
wesentliche Veränderung in dem Betrieb der Anstalt vornimmt, 
wird nach § 147 derselben Ordnung mit Geldstrafe bis zu 
100 Thalern etc. bestraft. 


Referate. 

Primärer Magenkrebs beim llnnd. 

Von Dr. Eberlein. 

(Mtah. f. Tb. Bd. VIII., H. 7 ) 

Gewöhnlich werden als Icterus gravis diejenigen Formen 
der Gelbsucht bezeichnet, welche unter schweren allgemeinen 
Erscheinungen verlaufen. Doch sind diese schweren Formen 
nicht selbstständige Krankheiten, sondern nur ein Symptom und 
ihr Wesen ist daher durch die klinische Untersuchung oft schwer 
zu erweisen. Nach Friedberger und Fröhner ist bei 
Hunden der schwere Icterus oft auf einen Verschluss des Gallen- 
ansfülirungsganges durch Invagination des Duodenums oder durch 
einen Schleimpfropf zurückzuführen. Auch Compressionen (durch 
Milzvergrösserung oder Pankreasgeschwulst) sind beobachtet, 
ebenso Gallensteinbildung und parenchymatöse Leberentzündung. 
E. hat einen Fall beobachtet, wo eine Compression des Gallen¬ 
ganges durch ein Carcinom am Pylorus und Duodenum entstand. 
Es handelte sich um einen 8jährigen Leonberger, der seit acht 
Tagen schlecht frass, zusehends mager wurde und Gelbsucht be¬ 
kommen hatte. Das Thier erbrach häufig. Die Palpation des 
Magens ergab keine Veränderungen. Die hintere Leberfläche 
erschien uneben, war nicht schmerzhaft. Der Harn war safran¬ 
gelb und die Gmelinsche Reaction ergab das Vorhandensein 
grösserer Mengen von Gallenfarbstoff. Das Bewusstsein war 
eingenommen. Es w'urde ein Lebercarcinom diagnostizirt. Fünf 
Tage später stand die Temperatur auf 39,8°. Die Gelbsucht 
war hochgradig. Das Thier taumelte und war stark benommen. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 




44 

Zwei Tage später konute es sich nicht mehr erheben und wurde 
vergiftet. Der Magen war stark vergrössert, seine Wand durch¬ 
schnittlich cm dick, wovon 3 mm auf die Muscularis kamen. 
Am Pyloruß war das Magenlumen so verengt, dass man nur mit 
dem kleinen Finger durchkommen konnte. Die Pyloruswand 
unregelmässig verdickt — Vfa cm. Die Wand des Zwölffinger¬ 
darms war dort, wo die Portio intestinalis des Ductus choledochus 
verläuft, ebenfalls verdickt. Die verdickten Theile schwer 
schneidbar. Schleimhaut und Muscularis in derbes, grauweisses, 
stecknadelkopfgrosse gelbliche Herde enthaltendes Gewebe um¬ 
gewandelt. Der Ductus choledochus hat an der Mündung die 
Dicke eines kleinen Fingers und ist mit Galle stark gefüllt 
seine Wand 1)$ cm dick. Im Lebergewebe eine Anzahl erbsen- 
bis bohnengrosser, rundlicher, scharf abgegrenzter Herde von 
wei88er Farbe. Im übrigen deutliche Abgrenzungen der Leber- 
lobuli. Milz, Nieren und Herz gesund, desgleichen die Lungen 
mit Ausnahme einiger erbsengrosser Herde, die denen der Leber 
glichen. Die Untersuchung der Pyloruswand ergab Carcinom, 
welches als primär angesehen werden muss, während die Herde 
in Leber und Lunge sich als Metastase auswiesen. Es war intra 
vitam nicht möglich gewesen, den primären Pyloruskrebs zu 
erkennen, während die Geschwülste an der Leber durch Palpation 
genau nachzuweisen waren. Der Verlauf des Falles zeigt grosse 
Uebereinstimmung mit dem Magencarcinom des Menschen, 
welches beim Menschen eine besonders ‘häufige Krebsform dar¬ 
stellt. Nur die Fälle von Uteruskrebs kommen ihm in der Zahl 
gleich, und meistens ist der Pylorus betroffen. Unter den 
Organen, welche beim primären Magenkrebs sekundär ergriffen 
werden, ist die Leber am häufigsten betroffen. Demgegenüber 
ist der Magenkrebs des Hundes sehr selten und Fröhner hat 
unter 70000 Hunden keinen einzigen zweifellosen Fall gesehen. 
Nach Kitt sind die Carcinome des Magens der Hausthiere über¬ 
haupt noch wenig bekannt Daher war der Fall mittheilens- 
werth. 

Bandagen mit Gummifäden. 

Von Prof. M. Stanislaus Krolikowski aus Lemberg. 

(Deutich. ZeiUehr. t. Tbiermed. Neue Felge 1897 H. 6.) 

Eine arge Calamität besteht für den Veterinärchirurgen 
darin, dass sich die Verbände so leicht verschieben. Verf. suchte 
deshalb nach einer Verbandsmethode, welche diesen lästigen 
Umstand möglichst in Fortfall brachte. Derselbe lenkte sein 
Augenmerk auf die Layet’sche Haftelnaht, bei welcher zu beiden 
Seiten der Wundränder je eine Reihe Hafteln durch ein eigenes 
Verfahren anf die Haut geklebt und diese mit einem Faden 
zusammengezogen werden, sodass sich die Wundränder einander 
nähern. K. suchte diese wenig haltbare Verbandsmethode zu 
modificiren, und kam bei seinen Versuchen zu der Ueberzeugung, 
dass nicht die Leinewand selbst oder ihre Form daran schuld 
sei, dass sich die Bandagen so leicht verschieben, sondern die 
Bänder weil sie nicht nachgiebig seien. „Die einige Quadrat- 
decimeter betragende Oberfläche, des Leinewandverbandes stelle 
eine hinreichend grosse Reibungsfläche vor, um das Herabfallen 
des Verbandes von der Wunde zu verhüten (?) und nur die 
Bänder allein tragen dazu bei, dass der Verband herabfällt.“ 
Der Verf. befestigt deshalb seine Verbände mit Gummifäden, die 
nachgiebig sind. Das^Verfahren ist etwa folgendes: Ein vier¬ 
eckiges Stück nicht gefärbter und ungesäuerter Leinwand wird 
an seinen Ecken mit Hafteln versehen. Auf die Wunde wird 
zunächst der eigentliche Verband gelegt, darüber kommt die mit 
Hafteln besetzte Bandage. Verband und Bandage werden mit 
einer Sicherheitsnadel aneinander geheftet. Darauf erfolgt die 
weitere Befestigung in der Weise, dass das Ende eines Gummi¬ 
fadens unter einen Haftel gesteckt und durch Zusammendrücken 
des Hakens befestigt wird. Der Gummifaden wird dann um 


No. 4. 

den betr. Körpertheil herum bis zu einem gegenüberliegenden 
Haftel der Bandage geführt. In derselben Weise erfolgt die 
Verbindung aller übrigen Haftel. Als Anheftungspunkte für 
Gummifäden können auch der Banchgurt, die Halfter etc. dienen, 
wodurch der Bandage möglichste Festigkeit verliehen wird. Diese 
Verbände sollen die Thiere nicht in der Bewegung hindern, sie 
sollen sich mit denselben niederlegen können, ohne dass sich 
dieselben verschieben. 

Sind die Gummifäden in einzelnen Fällen zu stark gespannt 
und erzeugen dieselben Abschürfungen der Haut, so lassen sich 
diese kleinen Nachtheile durch Bewickeln der Fäden mit Watte 
abstellen. K. benutzt eckige Gummifäden von 4,5 mm Durch¬ 
messer. 

Kleine Mittheilungen. 

Zwerohfellzerrei88ung. 

Ein 18jähriges sehr kräftiges Pferd wurde bald nach dem 
Füttern gesattelt. Es riss sich los und bockte eine Zeit lang. 
Einige Male unter dem Reiter gegangen, zeigte es sich plötzlich 
unruhig, bekam starken Schweissausbruch, wurde in den Stall 
gebracht, drängte permanent, stöhnte und schrie und starb nach 
2u Stunden. Das Zwerchfell war am sehnigen Theil zerrissen 
und durch den Riss eine 8 m lange Dünndarmschlinge in die 
Brusthöhle vorgefallen. 

Augentuberculose beim Rinde. 

Schmidt-Oppeln berichtet in der Ztschr. f. Fl.- und Milclih. 
Folgendes: 

Bei einem jungen Rind bestand generalisirte Tuberculose. 
Neben Veränderungen in Lunge, Milz, Nieren und Myocard bestand 
Erkrankung beider Augen. Im rechten Bulbus zeigte sich eine 
wallnussgrosse, harte Auftreibung der Sclera und der Cornea, welche 
mit der Geschwulst innig verwachsen und über ihr verdünnt 
war. Der Tumor bestand aus einer homogenen, 2 cm dicken, 
käsigen, in Verkalkung begriffenen Masse. Ihre Hervor Wölbung 
nach dem Auginnern hatte benachbarte Theile der Iris und des 
Ciliarkörpers durchwuchert. Auch fanden sich in der Chorioidea 
vereinzelte submiliare Tuberkeln. Daneben bestand diffuse 
Trübung der Cornea und Linse, sowie Verflüssigung des Glas¬ 
körpers und Verdickung der Iris. Auch am linken Auge liess 
sich ohne Weiteres eine haselnussgrosse, gelb-weisse, harte 
Geschwulst unter der Sclera nachweisen, die aber Cornea und 
Iris nicht in Mitleidenschaft gezogen hatte. Die Schutzorgane 
waren an beiden Augen intact. 

Herzbeutelruptur. 

Bezirksthierarzt Schwäbel beschreibt in der Wschr. f. Th. 
u. Viehz., No. 36, 1897, folgenden Fall: 

Eine Kuh hatte seit 2 Tagen weniger Appetit gezeigt Bei 
der Untersuchung am 10. Juli war sie vollkommen theilnahmslos, 
matt und hinfällig, stierte, zitterte am ganzen Körper, fühlte sich 
kühl an, hatte blasse Schleimhäute, unfühlbaren Puls, der 150 bis 
160 Mal in der Minutö schlug, und subnormale Temperatur. Da 
Alles für eine innere Verblutung sprach, so wurde sie sofort ge¬ 
schlachtet Es zeigte sich im Herzbeutel eine ovale, 5 cm lange, 
3 cm breite Oeffnung, aus welcher die Wand der linken Herz¬ 
kammer segmentartig vorgefallen war. Der Rand der Oeffnung 
war glatt vernarbt, der vorgefallene Muskeltheil welk, schlaff, 
kaum 1 cm dick und durch eine Rinne eingeschnürt. Die Muskulatur 
der ganzen linken Kammer waren sehr schlaff und dünn, die 
Kammer selbst erweitert Weitere Veränderungen bestanden 
nicht. Ueber die Entstehungsursache der Herzbeutelöffhung war 
nichts zu ermitteln. 

Necrose der Huflederhaut und des Hufbeins. 

Bez.-Thierarzt Ulm-Mannheim theilt in der„D. Th.W.“ einen 
Fall mit. Ein Pferd war plötzlich ohne für den Besitzer erkenn- 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 




27. Januar 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 45 


bare Ursache lahm geworden. Der Letztere betonte bestimmt, 
dass die Lahmheit plötzlich aufgetreten wäre. Das Thier war 
sehr lahm. Der Hornstrahl war vom Fleischstrahl völlig los- 
getrennt. Nach Entfernung des ersteren und eines Theiles der 
Sohle zeigte sich die Fleischsohle gelbgrau, morsch auf einem 
etwa zweimarkstückgrossen Felde. Nach Beseitigung dieser 
necrotischen Masse lag das Hufbein frei zu Tage und zeigte sich 
ebenfalls bereits von der Necrose ergriifen. Schon nach zwei 
Tagen war eine märkstückgrosse necrotische Platte abzulösen. 
Es gelang, denProcess in drei Wochen zu heilen; doch blieb die 
hochgradige Lahmheit, so dass das Pferd getödtet werden musste. 
Nun ergab sich, dass von der Deroarcationslinie im Knochen aus 
eine Periostitis sich entwickelt hatte, die auf Strahl- und Kron- 
bein übergegangen war und namentlich die Gleitfläche an der 
Hufbeinbeugesehne stark betroffen hatte, was wohl das Bestehen¬ 
bleiben der Lahmheit verursacht hat. Es ist bemerkenswerth, 
dass sich erst, nachdem es schon zur Necrose gekommen war, die 
Lahmheit zeigte. 

Verstopfung der Thr&nencanSle beim Pferd. 

Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. Vm, H. 11: 
Bei einem 14jährigen Wallach floss aus beiden Augen schleimig¬ 
eitrige Masse, was sehr hässlich aussah. Das Sondiren der 
Thränencanäle mit dünner Metallsonde ergab, dass das Vordringen 
links überhaupt nicht möglich war, während rechts die Sonde 
nur 12 cm weit aufwärts geführt werden konnte. Aus der Nasen- 
öffnung des rechten Thränencanals entleerten sich einige Tropfen 
Secret. Die Behandlung bestand in allmäliger Erweiterung der 
Thränencanäle durch Einführung dünner elastischer Katheter und 
mehrmaliger Ausspritzung von der Nasenhöhle aus mit 2procentiger 
Borwasser- und 1 procentiger Zinkvitriollösung. Die Canäle waren 
nach wenigen Tagen wieder wegsam und der Zustand nach 
3 Wochen geheilt. 

Tagesseschichte. 

Volkswlrthschaftslehfe und Thfrrheilknnde. 

Von Dr. Hülsemann,.Thierarzt in Lage. 

Der Streit um die Besetzung der volkswirtschaftlichen,Lehr¬ 
stühle an den deutschen Universitäten hat die Aufmerksamkeit 
des ganzen gebildeten Deutschlands aufs Neue auf jene moderne 
Disciplin gelenkt, die von ihren Vertretern nicht ohne Selbst¬ 
bewusstsein die „Philosophie der Neuzeit“ genannt wird — auf 
die Volkswirthschaftslehre. 

Dieser Aufsatz ist nun keineswegs in der Absicht geschrieben, 
Stellung zu nehmen tür oder gegen eine der sich streitenden 
Parteien und so die Grenze zwischen Politik und Berufsangelegen¬ 
heiten zu überschreiten, die die B. T. W. sonst immer mit so 
viel Tact innezuhalten weiss. 

Der Disput bietet nur willkommenen Anlass, unter den Thier¬ 
ärzten eine Frage anzuregen, die wegen ihrerWichtigkeit wohl werth 
ist, etwas eingehender besprochen zu werden. Die Frage lautet: 

Wie soll sich der moderne Jünger der Thierheilkunde zur 
Volkswirtschaftslehre stellen? 

Zur Beantwortung dieser Frage ist es nöthig, in Kürze an 
die Entwicklung des Veterinärwesens in den letzten Jahrzehnten 
zu erinnern. 

Durch das Seuchengesetz, das Nahrungsmittelgesetz und 
durch allgemeinere Einführung der Fleischbeschau ist den Tliier- 
ärzten in verhältni8smä8sig kurzem Zeitraum ein ungeheures 
Arbeitsfeld neu eröffnet Dass es ihnen eröffnet wurde, ist ohne 
Frage das Verdienst der Männer in leitenden thierärztlichen 
Stellungen. Die Thierärzte haben nun die Pflicht, immer von 
Neuem den Beweis zu erbringen, dass wir den an uns heran¬ 
tretenden Forderungen gewachsen sind. Nun, im Grossen und 
Ganzen ist uns bis jetzt der Beweis gelungen. 


Nun also — wird man sagen —, was soll uns dann noch die 
Volkswirtschaftslehre? 

Hier die Antwort: Damit, dass einige hervorragende Männer 
unseres Standes auf dem Gebiete der thierärztlichen Wissen¬ 
schaften Hervorragendes leisten, ist es nicht gethan, jeder Einzelne 
des Standes muss durchdrungen sein von dem Gefühl der persön¬ 
lichen Verantwortung für die Entwicklung der Thierheilkunde, 
und es giebt keinen besseren Weg, die Bedeutung des Veterinär¬ 
wesens richtig abschätzen zu lernen, als das Studium der Volks¬ 
wirtschaft. Ausserdem haben die Vertreter eines Standes, der 
berufen ist, nicht unerheblich raitzuwirken an der Erhaltung und 
Mehrung des Volksvermögens, von dessen Berufs-Treue und 
-Tüchtigkeit heute Millionen von Werten abhängen, die Ver¬ 
pflichtung, über die Grenzen ihrer Fachwissenschaft hinaus sich 
mit den allgemeinen Gesetzen vom Werden und Vergehen der 
Werte eines Volkes bekannt zu machen. 

Nicht nur unser Pflichtgefühl, sondern auch die Klugheit 
muss uns hierzu treiben. Wenn wir Thierärzte uns nicht be¬ 
kannt machen mit den Gesetzen, die das wirtschaftliche Leben 
der Gesammtheit regeln, kann es gar leicht einmal kommen, dass 
unsere an und für sich berechtigten Forderungen (seien diese 
nun sachlicher oder persönlicher Natur) in Conflict geraten mit 
den Interessen der Allgemeinheit, und dass die massgebenden 
Kreise zu der UeberzeU£ung kommen, der tierärztliche Stan.d 
verstehe es nicht, die günstige Position, die ihm einige Vor¬ 
kämpfer, unterstützt durch die Zeitströmung, geschaffen haben, 
in Ehren zu behaupten. 

Deshalb ist es nöthig, dass schon der Studirende angeleitet 
werde, volkswirtschaftlich zu denken. In dem ersten Sommer¬ 
semester ist der Student so wenig mit Vorlesungen und Uebungen 
bedacht, dass, wohl noch ein Colleg über die Grundzüge der 
Volkswirt Schaft eingeschaltet werden könnte, ohne dem jungen 
Manne zu viel zuzumuthen. Die Einführung in diese, jedem 
Studirenden von normalen Anlagen und Neigungen durchaus 
verständliche und interessante Materie würde auch eine Ent¬ 
schädigung bieten für die Enttäuschung, die der Student darüber 
empfindet, dass er dazu verurteilt ist, die trockenen Disciplinen 
der Botanik und Anatomie zu betreiben, während er doch in 
seinem naiven Bethätigungsdrange hoffte, alsbald mit den Lehr¬ 
fächern der practischen Thierheilkunde in unmittelbare Berührung 
zu kommen. 

Aber auch abgesehen von der Notwendigkeit der Einführung 
dieses Lehrfaches — welch ungleich weiteren Blick, welch un¬ 
gleich grössere Befähigung, die Verhältnisse des practischen 
Lebens richtig zu beurteilen, wird die Hochschule dem jungen 
Thierarzte mit ins Leben geben, wenn sie den Studirenden 
mit den Grundzügen der Volkswirtschaft sichre bekannt ge¬ 
macht hat! 

Dann wird vielleicht auch eine andere Auffassung unseres 
Berufes bei dem jungen Thierarzt Platz greifen, insofern nämlich, 
als er von vornherein erkennt, dass wir mit unserem Wissen in 
erster Linie dem Erwerbsleben des Volkes zu dienen haben nnd 
dass wir gut thun, mit der so sehr betonten Verwandtschaft 
zwischen Human- und Veterinär-Medicin weniger vor der Oeffent- 
lichkeit zu paradiren. (Für Eingeweihte Bedarf sie als ganz 
selbstverständlich gar ' keiner Erwähnung.) Dementsprechend 
wird der junge Thierarzt gleich bei Beginn seiner practischen 
Thätigkeit auf den Nimbus einer über practische Zwecke er¬ 
habenen Wissenschaftlichkeit verzichten und gleich thun, was er 
thun soll: Sein ganzes Wissen in den Dienst des practischen 
Lebens stellen und seine Pflicht erfüllen in der richtigen Ab¬ 
schätzung der Grösse des Dienstes, welchen er damit der All¬ 
gemeinheit leisten kann. 


Digitized by AjOOQle 





46 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Arbeiten zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche. 

Unter Leitung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes. 

Die Maul- und Klauenseuche ist seit ihrem 'Wiederauftreten im 
Deutschen Reiche, im Juli 1887, nicht erloschen. Sie hat während 
dieser Zeit alle Gebiete des Reiches befallen, in vielen derselben 
fast ununterbrochen geherrscht und besonders in den Jahren 1892 
und 1896 eine aussergewöhnliche Verbreitung erlangt Nachdem die ' 
Unzulänglichkeit der zur Bekämpfung der Seuche vorgeschriebenen 
Massregeln sich ergeben hatte, ist durch Reichsgesetz vom 1. Mai 1891 
das Viehseuchengesetz vom 23. Juni 1880 u. A. durch Einfügung des 
§ 44 a erweitert worden. Ferner sind die in §§ 57—69 vorgeschrie- j 
benen Massregeln gegen die genannte Seuche durch die Vollzugs¬ 
instruction nicht unwesentlich verschärft worden. Gleichwohl ist es j 
bisher nicht gelungen der Seuche Herr zu werden, wenn auch Er¬ 
folge bei energischem, sachgemäss geleiteten und ausgeführten Vor- j 
gehen nicht fehlen. 

Bei der Berathung des Etats des Reichsamtes des Innern für ! 
das Jahr 1896/97 ist die Angelegenheit ira Reichstage zur Sprache 
gebracht und in der Plenarsitzung vom 23. März 1896 der Antrag 
des Abgeordneten von Podbielski und Genossen: 

Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, 

für die sofortige Einrichtung von Versuchsanstalten zur | 
gründlichen Erforschung der Maul- und Klauenseuche von 1 
Reichswegen und bei den einzelnen Bundesstaaten Sorge | 
tragen zu wollen: mit grosser Mehrheit angenommen worden, j 

Der Bundesrath hat die Resolution dem Herrn Reichskanzler 
mit dem Ersuchen überwiesen, 

„darauf hinzuwirken, dass durch die Gesundheits¬ 
behörde des Reiches und der Bundesstaaten nicht nur der 
Krankheitserreger der Maul- und Klauenseuche, sondern 
auch ein geeignetes Heilverfahren ermittelt werde.“ 

Für die wissenschaftliche Erforschung der Maub und Klauen¬ 
seuche haben der Reichstag für das Etatjahr 1897/98 35000 Mark, 
der preussische Landtag 20 000 Mark bewilligt und dem Gesundheits¬ 
amte bezw. dem preussischen Institute für Infectionskrankheiten über¬ 
erwiesen, in denen mit den Arbeiten nach einem einheitlichen Plane 
sofort begonnen wurde. Daneben erschien es zweckmässig, die prak¬ 
tischen Erfahrungen der Thierärzte Uber die Seuche in allen Theilen 
des Reiches zu sammeln, soweit sie nicht in den jährlichen amt¬ 
lichen Viehseuchenberichten bereits mitgetheilt waren. 

Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sind einer am 
14. d. M. im Gesundheits-Amt zusammengetretenen Special-Commission 
von Landwirthen, Thierärzten und Bacteriologen dargelegt worden. 
Dieselbe berieth auf dieser Grundlage darüber, welche Ziele bei der 
Fortsetzung der Versuche besonders ins Auge zu fassen wären. 

Die Forschungen haben zunächst festgestellt, dass die in den 
letzten Jahren von vielen Beobachtern als Erreger der Seuche an¬ 
gesprochenen Mikroorganismen in ursächlichem Zusammenhang mit 
der Seuche nicht stehen. Insbesondere* wurde dies auch bezüglich 
des Siegel’schen Bacillus und des von Kurth angegebenen Strep¬ 
tokokkus erwiesen. 

Die in den beiden Laboratorien angestellten Versuche zur Er¬ 
mittelung des Erregers der Maul- und Klauenseuche haben bisher 
zu einer positiven Lösung der Frage noch nicht geführt. Es hat 
sich gezeigt, dass die gebräuchlichen bakteriologischen Methoden, 
vielleicht sogar unsere technischen Hülfsmittel hier nicht aus¬ 
reichen. 

Zu den Versuchen wurde fast ausschliesslich Lymphe benutzt, 
die in sterilem Zustande aus Klauenblasen gewonnen war; ausser¬ 
dem wurde Blut und Gewebssaft zur Untersuchung genommen. In 
zweiter Linie wurden Lymphe und Blut in frischem Zustande im 
hohlgeschliffenen Objectträger bei Brüttemperatur einer mehrtägigen | 
Beobachtung unterworfen. 

Sodaun wurden die mannigfachsten Culturverfahren auf den ver- j 
schiedensten Nährboden in Anwendung gebracht. Die Bebrütung 
wurde bei 22 und 37,5° C. vorgenommen, und zwar mit und oiine 
Sauerstoffzutritt (in der Wasserstoffatmosphäre). Gleichzeitig mit 
diesen Untersuchungen auf Bacterien fanden soche auf Protozoen I 
statt. 

Ausserdem wurden die Organe von Thiercn, die auf der Höhe 


Veterinärbeamte.) 

der Krankheit getüdtet waren, auf Mikroorganismen durch Schnitt- 
Präparate untersucht. Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf die 
Aphthen an der Zunge und an den Klauen gerichtet. Aber auch hier 
hat die Untersuchung nichts dargethan, was geeignet wäre, einen 
Fingerzeig auf die Natur und Beschaffenheit des Erregers der Krank¬ 
heit zu geben. 

Die Bestrebungen, kleinere Versuchsthiere mit Maul- und 
Klauenseuche zu inficircn, haben kein günstiges Resultat erzielt: 
Mäuse, Meerschweinchen, Ratten, Kaninchen, Hühner, Tauben und 
Enten waren refraetär. Auch Zr gen zeigten trotz Infection mit 
grossen Mengen einer sehr virulenten Lymphe keine ausgesprochenen 
Erscheinungen der Erkrankung, nur 2 Ziegen bekamen an der In- 
fection8stelle geringe Granulationen, die Klauen blieben völlig un¬ 
verändert. Bei Schafen ist eine künstliche Infection in typischer 
Weise nicht gelungen, gut reagirten Rinder und Schweine. 

Ein geringer Bruchtheil von Rindern und Schweinen blieb zwar 
gegen jede Art der Infektion immun, ohne dass Residuen von be¬ 
reits einmal überstandener Aphthenseuche nachweisbar waren. In 
der Regel aber erkrankten die Tiere in ganz typischer Weise. 

Als gleich guter Infectionsmodus hat sich die Einspritzung von 
Lymphe in die Blutbahn (man wählt am zweckmässigsten, sowohl 
bei Rindern als bei Schweinen, zur Injection eine Ohrvene), sowie 
die Einreibung in die vorher (mittels Messer oder Sandpapier) wund 
gemachte Mundschleimhaut erwiesen. Weniger sicher gelang die 
Infection bei einfachem Einreiben der Lymphe oder des Maulspeichels 
und Schleims mit einem Stroh- oder Heuwisch. Fast regelmässig 
haftete die Infection mit Lymphe in die Bauchhöhle, erfolglos blieben 
Impfungen unter die Haut. 

Als Infectionsmaterial diente fast ausschliesslich Lymphe, nur in 
vereinzelten Fällen Maulschleim etc. 

Eine besondere Aufmerksamkeit wurde dem Verhalten des 
Blutes bezüglich seiner Infectiosität gewidmet 

Es wurde zunächst Blut von Thieren genommen, die auf der 
Höhe des Fiebers waren und besonders stark ausgebildete örtliche 
Veränderungen aufwiesen. Mit diesem wurden alsdann die ver¬ 
schiedensten Infectionsversuche gemacht: Einreiben grösserer Mengen 
auf die wund gemachte Mundschleimhaut, intravenöse, intraperitoneale 
und subcutane Injection, sowie Verbitterung grosser Mengen zu¬ 
sammen mit dem gewöhnlichen Futter. Das Ergebniss war bei 
Schweinen im Kais. Gesundheitsamt negativ. 

Im Institut für Infectionskrankheiten gelang es dagegen, mit Blut 
von Thieren, die 12 bis 28 Stunden vorher inficirt waren und Fieber¬ 
anstieg hatten, die Krankheit auf Kälber zu übertragen. 

Auch durch Verbitterung von Muskelfleisch, Milz, Leber und 
Nierenstücken, sowie Darminhalt hat sich bei Schweinen eine In¬ 
fection nicht ermöglichen lassen, wohl aber durch Verbitterung von 
aphthen besetzten Organtheilen (Institut für Infectionskrankheiten). 

Mit der Milch erkrankter Kühe, die Blasen am Euter zeigten 
sind Infectionsversuche an Ferkeln und Katzen angestellt worden 
in der Weise, dass diese Thiere kein anderes Futter als Milch oder 
Trank, der mit der lauwarmen Milch angerührt worden war, er¬ 
hielten. Die Thiere blieben sämmtlich gesund. Auch durch Ver¬ 
bitterung von Milch, welcher reichlich virulenter Blaseninhalt zu¬ 
gesetzt worden war, konnten Ferkel nicht krank gemacht werden. 
Dagegen gelang mit derselben Milch am ersten und zweiten Tage 
die Uebcrtragung der Seuche durch Einreiben der Milch in die vorher 
wund gemachte Maulschleimhaut. Die 3 und 4 Tage alte Milch, die 
geronnen war und stark saure Reaction zeigte, rief Erkrankungen 
nicht mehr hervor. 

Neben den Versuchen, den Erreger der Maul- und Klauenseuche 
mikroskopisch und culturell nachzuweisen, wurden Experimente aus¬ 
geführt, um die Natur des Erregers festzustellen. 

Zunächst wurde versucht, die Infectionsfähigkeit der Lymphe 
für längere Zeit durch verschiedene Conservirung zu erhalten. Zu 
diesem Zwecke wurden Lympheproben in unverdünntem Zustande 
in Glascapillaren eingeschmolzen und bei Zimmertemperatur oder im 
Eisschrank bei 8—10° C., beide Proben unbelichtet, auf bewahrt. 

Bei einer zweiten Versuchsreihe wurde möglichst frische Lymphe 
in dem Verhältniss von 1:4 mit einer Lösung von Wasser und 
Glycerin zu gleichen Theilen verdünnt und alsdann im Eisschrank 


Digitized by LjOOQle 




27. Jannar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


47 


unbelichtet aufbewahrt Bei dieser Conservirung erfolgte noch nach 
Monaten eine prompte Infection durch Einspritzung in die Blutbahn. 

Gleich gute Resultate ergab eine Mischung der Lymphe mit 
einer 0,9 proc. Kochsalzlösung. 

Die wesentlichsten Momente für längere Conservirung der In- 
fectionsfähigkeit der Lymphe scheinen indess nach den gemachten 
Erfahrungen darin zu bestehen, dass man 

1. Lymphe aus frischen Blasen nimmt, dass 

2. jede bacterielle Verunreinigung der Lymphe ausgeschlossen 
ist, und 

3. die Lymphe verdünnt wird. 

Lymphe aus frischen, etwa 1 bis höchstens 2 Tage alten unver¬ 
letzten Blasen hat stets höhere Infectiosität gezeigt als solche aus 
älteren Blasen, deren Bedeckung dem Zerfall nahe war. Lymphe 
aus frischen Blasen ist in der Regel klar und kann leicht, nach 
gründlicher Desinfection der Blascnwandungen, steril und frei von 
Bacterien entnommen werden, ältere Blasen sind wegen der leichten 
Zerreisslichkeit ihrer Wandungen schwer genügend zu desinficiren 
und enthalten in der Regel eine trübe Lymphe, die eine grosse 
Menge der verschiedenartigsten Bacterien aufweist Während erstere 
Lymphe fast ausnahmslos sich als stark infectionstüchtig und gut 
conservirbar erwies, misslangen die Infectionsversuche mit alter 
Lymphe in der Regel, erforderten zu ihrem Gelingen verliältniss- 
mässig grosse Mengen von Lymphe, und war die Virulenz der 
Lymphe bereits nach wenigen Tagen, wahrscheinlich wohl in Folge 
Zersetzung durch die innewohnenden Bacterien, erloschen. 

Systematische Versuche, die kleinste Lymphemenge festzustellen, 
mit der eine typische Erkrankung erzielt werden kann, sind im In¬ 
stitut für Infectionskrankheiten in grösserem Umfange angestellt 
worden und haben ergeben, dass es gelingt, selbst noch mit ’/sooo ccm 
sicher die Krankheit durch Einspritzung in die Blutbahn hervor¬ 
zurufen. 

Um das Verhalten der Lymphe gegen die Einwirkung von ver¬ 
schiedenen Temperaturgraden und gegen Eintrocknung festzustellen, 
wurde Lymphe, deren Virulenz durch einen Controlversuch erwiesen 
worden war, in dem Verhältniss von 1:9 mit 0,9 proc. Kochsalz¬ 
lösung verdünnt und dann in Glascapillaren oder engen Reagenz¬ 
gläsern verschiedenen Temperaturen ausgesetzt. 12—24stündiger 
Aufenthalt der Lymphe in dem Brütraum von 37,5° C. hob ihre 
Virulenz auf. 

Ebenso verlor Lymphe, die 1 Stunde und 20 Minuten bei 45° 
bis 46° C. gehalten war, ihre Virulenz, desgleichen Lymphe, die auf 
50° C. 15 Minuten, auf 70° C. 10 Minuten, auf 100° C. momentan 
gebracht worden war. Im Institut für Infectionskrankheiten ist 
Lymphe, die Ü Stunde auf 50° C. erwärmt worden war, noch in- 
fectionsfähig gewesen. Bei der practischen Bedeutung dieser Frage 
sollen noch weitere Versuche darüber angestellt werden. 

Lymphe, welche in eine Mischung von Chlorcalcium und Eis 
gebracht worden und darin etwa 3 Stunden in gefrorenem Zustande 
(bei — 48°) gehalten war, inficirte das geimpfte Thier prompt. 

Gegen Eintrocknung scheint die Lymphe nur geringe Wider¬ 
standsfähigkeit zu besitzen, da Lymphe, die auf einer sterilisirten 
Platte im Exsiccator über Schwefelsäure im Vacuum bei etwa 22° C. 
Zimmertemperatur 18 Stunden angetrocknet gewesen war, das damit 
inficirte Thier nicht krank zu machen vermochte. Auf Holz, Stein 
und Flanell bei Zimmertemperatur und zerstreutem Tageslichte an¬ 
getrocknete Lymphe war ebenfalls bereits nach 24 Stunden unwirksam 
geworden. 

Auch gegen Desinfectionsmittel verhielt sich die Lymphe wenig 
widerstandsfähig. Es gelang, mit lproc. Carboisäurelösung, 2proc. 
Formaldehydlösung, 3proc. Sodalösung, lproc. Salzsäurelösung, 
lproc. Phosphorsäurelösung, sowie mit einer in der vorgeschriebenen 
Weise hergestellten Kalkmilch die Virulenz Bchon nach einstündiger 
Wirkung aufzuheben. 

Eine interessante Beobachtung wurde bei der Filtration der ver¬ 
dünnten Lymphe durch Ciiamberlandfilter gemacht. Es zeigte sich 
dabei, dass das Filtrat infectionstüchtig blieb. Diese überaus merk¬ 
würdige Thatsache ist an beiden Versuchsstellen beobachtet und vom 
Institut für Infeclionskrankheiten zum Gegenstand einer eingehenden 
Untersuchung gemacht worden, die zur Zeit noch nicht abge¬ 
schlossen ist 

Die Frage, ob ein einmaliges Ueberstehen der Aphthenseuche 
den Thieren Immunität verleiht ist durch eine Reihe von Ver¬ 
suchen in bejahendem Sinne beantwortet worden. 

Es hat sich gezeigt, dass 2 bis 3 Wochen nach dem erstmaligen 
Ueberstehen einer typischen Erkrankung die Thiere mit grösseren 


Mengen eines sehr virulenten Impfstoffs durch Einspritzung in die 
Blutbahn nicht zu inficiren sind. Wie lange eine solche, durch Ueber¬ 
stehen der Krankheit erworbene Immunität andauert, hat sich noch 
nicht nachweisen lassen. 

Weiter ist versucht worden, durch subcutane Einspritzung von 
Blut oder Serum, das einmal Thieren entnommen war, welche durch 
das Ueberstehen der Krankheit immun geworden waren, und sodann 
auch Thieren entzogen war, die sich im Stadium der Blasenbildung 
und auf der Höhe der Krankheit befanden, bei empfänglichen 
Thieren Immunität gegen eine nachfolgende Infection zu erzielen. 
Diese Versuche sind stets ohne Erfolg geblieben, selbst wenn zu 
verschiedenen Zeiten bis zu hundert und mehr Cubikoentimeter Blut 
bezw. Serum unter die Haut gespritzt worden waren, erkrankten die 
Thiere fast ohne Ausnahme bei der folgenden Controlimpfung typisch 
an der Aphthenseucbe. 

Ein besseres Resultat erzielten folgende Immunisirungsmethoden: 
Spritzte man Lymphe, die durch 12 ständigen Aufenthalt im Brut¬ 
apparat bei 37° C. ihre Virulenz verloren hatte, in Mengen von 
V100 '/lO ccm in die Blutbahn, so waren 30—50 pCt der geimpften 
Thiere gegen die drei Wochen später vorgenommene Control¬ 
impfung immun. Noch bessere Resultate wurden mit der folgenden 
Methode erzielt. Virulente Lymphe wurde in einer Menge von 
V 50 —V40 ccm zu l—10 ccm durch Schütteln difibrinirten Blutes von 
durchgeseuchten Thieren (sog. Imraunblut) zugesetzt und alsdann 
Thieren in die Blutbahn gebracht. So behandelte Thiere wurden 
nicht augenfällig krank; sie zeigten wohl Temperatarsteigerungen, 
blieben aber stets von den gewöhnlichen localen Erscheinungen im 
Maul und an den Klauen frei. Bei der drei Wochen darauf folgenden 
Controlimpfung sind von Schweinen 95 pCt, von Rindern 75 pCt. 
immun gefunden worden. 

Im Gesundheitsamte hat die Nachprüfung dieser letzten Methode 
nicht dieselben guten Resultate ergeben. Sehr wahrscheinlich be¬ 
ruht diese Erscheinung auf dem Umstande, dass zu der Control¬ 
impfung hier 20- bis 40mal mehr Lymphe angewendet worden ist 
als im Institut Air Infectionskranheiten. 

Bei der Anwendung dieser zweiten Immunisirungsmethode in 
der Praxis sind vom Institut für Infectionskrankheiten zufrieden¬ 
stellende Ergebnisse erzielt worden. Es wird daher im Gesundheits¬ 
amt eine nochmalige eingehende Prüfung dieser Frage vorgenommen 
werden. 

Bei den Impfungen sind folgende klinische Erhebungen 
gemacht worden: 

Impft man ein für die Seuche empfängliches Rind durch Ein¬ 
reiben von virulenter Lymphe auf die wund gemachte Maul¬ 
schleimhaut, so tritt in den meisten Fällen nach 24—48 Stunden 
ein Infectionsfieber bis 41° C. und darüber auf. Es kommt aber 
auch vor, dass die Temperatur erst eine mässige Steigerung nach 
24 Stunden erfährt, um dann am 3. und 4. Tage die vorerwähnte 
Höhe zu erreichen. 

Gleichzeitig zeigen die Thiere verminderte Fresslust und un¬ 
lustiges Benehmen. 

Der Zeitpunkt des Eintritts von Fieber hängt offenbar von der 
Virulenz des aufgenommenen Infections ; toffes, von der Menge des¬ 
selben und der Empfänglichkeit des betreffenden Individuums ab. 

Das Fieber fällt am 6. bis 8. Tage nach der Infection bei 
typischen Maul- und Klabenseucheerkrankungen zur Norm herab. 
Das Absinken der Temperatur zur normalen Höhe und die Gestalt 
der Fiebercurve steht in Verbindung mit der Reinheit des ver¬ 
wendeten Impfotoflfes. 

Bei der intravenösen Injection von Mischungen der Lymphe 
mitO,9pCt. Kochsalzlösung oder mit Glycerin und destillirtem Wasser 
zu gleichen Theilen liegen die Verhältnisse, was das Fieber an- 
betriflft, ganz ähnlich. 

Gleichzeitig mit dem Eintritt des Fiebers oder auch einen bis 
zwei oder mehrere Tage später werden die inficirten Thiere auf 
einem oder mehreren Füssen lahm; sie liegen sehr viel und sind 
schwer zum Aufstehen zu bewegen. Die Speichelsecretion ist ver¬ 
mehrt, die Thiere schmatzen, die Lippen sind mit Schaum bedeckt. 

Zwei bis drei Tage nach der Infection findet man Blasen an 
der Zunge, am harten Gaumen, dem zahnlosen Rande des Ober¬ 
kiefers, dem Zahnfleische, den Lippen, den Ballen und im Klauen¬ 
spalte; Blasen am Euter wurden wiederholt beobachtet; Blasen auf 
der Scheidenschleimhaut, am Hodensack und am Grunde der Hörner 
konnten nie festgestellt werden. 

Der Inhalt der linsen- bis wallnussgrossen frischen Blase ist 
wasserklar bis weingelb gefärbt und beträgt oft mehrere Cubik- 


Digitized by LjOOQie 


48 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


No 4. 


centimeter. In einem Falle wurden aus einer Klauenblase 3 ccm 
Inhalt entnommen. Der Inhalt älterer Blasen ist triibe und flockig. 
Nach mehr oder minder langer Zeit, oft schon sehr kurz nach dem 
Entstehen, platzen die Blasen und hinterlassen eine hochrothe 
Granulationsfläche, die sich entweder schnell überhäufet oder zu 
einem Geschwür ausbildet, das nach seiner Verheilung eine Narbe 
zurücklässt. Das letztere ist häufig im Maule der Fall. Der ans der 
Blase entnommene Inhalt gerinnt theilweise und scheidet eine 
fadenförmige oder flockige .Masse ab. 

Durch die Untersuchungen ist auch die Frage über die Dauer 
der Incubation geklärt worden. Es muss dabei die Zeit des Fieber¬ 
eintritts und der Blaseneruption unterschieden werden. Die 
Incubationsdauer beträgt für das Fieber 12 Stunden bis G Tage. Bis 
zur Blaseneruption vergehen 2—10 Tage. Zu den localen Er¬ 
scheinungen gesellen sich allgemeine. Bisweilen versagen die Thiere 
das Futter schon während der ersten Fiebersteigerung. In anderen 
Fällen, bei grossen Epithelablösungen auf der Maulschleimhaut, nehmen 
ganz besonders die Rinder nur in beschränktem Masse dünnflüssige 
Nahrung auf, während Heu und Stroh vollkommen verweigert werden. 
Es tritt hin und wieder Durchfall ein von übelriechender Beschaffen¬ 
heit. Mit dem Abheilen der Blasen verschwinden diese Symptome 
nach und nach. 

Kranke Kühe geben stets weniger Milch; jedoch ist die Ver¬ 
ringerung oft nicht gross. Ein abschliessendes Urtheil über die Ver¬ 
änderungen der Milch hat sich noch nicht gewinnen lassen. 


Die Commission sprach sich dahin aus, dass die Versuche 
fortzusetzen seien, insbesondere: hinsichtlich der Auffindung des 
Erregers der Seuche, der Eingangspforten desselben in den 
Thierkörper, der Ausscheidungswege aus dem letzteren u. dgl.; 
ferner über die Dauer der Ansteckungsfähigkeit des Giftes 



Temperaturen, im lufttrockenen Zustande an Haaren, Federn, 
Kleidungsstücken, Holz, Lederzeug u. dgl., im Koth, Urin, Dünger,* 
in der Jauche und Streu, sowie in den dadurch verunreinigten 
Standorten und an Geräthschaften, in der Milch und den Molkerei- 
producten; hinsichtlich der Uebertragbarkeit des Ansteckungs¬ 
stoffes durch kleine Thiere als Zwischenträger, wie Hunde, 
Katzen u. dgl., sowie durch Personen und durch rohe thierische 
Theile gefallener Thiere; über die Incubationsdauer bei den 
einzelnen Thierarten; über die Erzeugung von Immunität mit 
Aphthenlymphe und Blutserum immunisirter Thiere sowie die Dauer 
derselben bei Rindern und Schweinen; über den Werth oder Un¬ 
werth der gebräuchlichen Ueberimpfung der Maul- und Klauen¬ 
seuche; über das Verhalten des Ansteckungsstoffes gegenüber 
bestimmten Desinfectionsraitteln; über die Verwendbarkeit von 
Arzneimitteln zur Vorbeugung und zur Heilung der Krankheit. 

Es wurde schliesslich die Frage erörtert, wie sich bei den 
erforderlichen Versuchen Uber Immunisirung und Heilung, welche 
nur in grösseren Viehbeständen vorgenommen werden können, die 
practischc Mitwirkung der Landwirtbe ermöglichen lässt 


Personalien. 

Ernennungen: Zum pragmatischen Beamten Bezirksthierarzt 
M. S tinglwagner-Reichenhall. — Gestütsthierarzt Dr. Uebele 
ist nicht, wie in No. 2 gemeldet wurde, zum Assessor, sondern zum 
Hilfsarbeiter im Württembg. Medicinal - Collegium (thierärztl. Ab¬ 
theilung) auf 2—3 Jahre ernannt worden. — 

Es ist gewählt worden Thierarzt W. Wetzmüller -Mülheim 
a. R. zum 2. Schlachthofthierarzt in Essen (Ruhr). 

DasExamen als beamtete Thierärzte bestanden 
in Berlin: Die Thierärzte A h 1 b u rg-Lamspringe, Friese - 
Hannover, H e i n e - Hannover, P fl e g e r-Elberfeld, Storch- 
Schmalkalden und Rossarzt M atz ki-Königsberg (Pr.). 

Approbationen: Berlin: Die Herren Walther Majewski, 
Joseph Prayon, Otto Steiner. 

In der Armee: Sachsen: Befördert zu Unterrossärzten die 
Herren Richter im Ul.-Rgt. No. 17, Slomke im Sächs. Garde- 
Rciter-Rgt., Winkler im Hus.-Rgt. No 18. 

Todesfälle: Kreisthierarzt H. L i e s - Braunschweig, Thierarzt 
C. Barkman n-Reinfeld (Schlesw.), Thierarzt C. D e e r t z-BUnsdorf 
(Holst.), Thierarzt H. Grote- Adenstedt (Hannov.), Thierarzt 
L. M a n t z e 1-Stargard (Meckl.), Kreisthierarzt Ob. M e y e r-Sulingen 
(Hannov.), Rossarzt H c d 1 e r-Mainz. 


Yacanzen. 

Kreistbierarztstellen • a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — Neu stadt (Herzogthum Coburg): 
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanltätsthlerarztitsllen :a)NeuausgeschriebeneStellen: 

Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zun» 1. Juni 1898 (1250 M. 
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. —Köln: Schlachthof- I 
thierarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬ 
meister Becker. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte i 
Stellen: Coblenz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898 
(3500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Halle: j 
Schlachthofdirector (5000—6200 M.). Bew. an Magistrat. — Kassel: I 
2. Thierarzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbürger- i 
meisten — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum l. April 
(2400—3900 M., freie Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat — 
Sagan: Schlachthofverwalter zum 1. April (1800—2400 M., freie 
Wohnuug und Heizung). Bew. an Magistrat — Schlawe (Pommern): 


Schlachthof - Inspector zum 1. April 1898 (2100 bis 2700 M., freie 
Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. 

Privatsteiien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Boizenburg: Auskunft Graf Arnim- 
( Boitzenburg. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — 
Butzb ach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 

' (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. 
Gleschendorf (Fürstenth.Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 
Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe 
700 M.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Maulbronn: (Warte- 
i gfeld 1000M.). Auskunft Gemeinderath.— Niemegk (Bez. Potsdam): 
i Meid, an Magistrat — Obermarschacht (Elbe). — Pitseben: 
Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus 
Fleiscbschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Pritzwalk. — 
R ö d d i n g: Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: 1 800 M. 

, für Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. 
ausser Privatpraxis). 

Besetzt: Sanitätsthierarztstclle Essen (Ruhr). 

Notiz. 

Hier angekommen und noch nicht veröffentlicht sind Original¬ 
artikel und Mittheilungen von folgenden Herren: K . . . n in 
G . . . n, M . . . t in L . . . n, K . . . z in H . . . r, H . . . n 
in B . . . n, J . . . r in N. B . . . m, S ... 1 in M . . . d, 
K . . . 1 in P . . . u. S . . . z in S ... n, E . . . s in S ... u 

G . . . t in M. . . g, K . . . r in M . . a, W . . . t in L . . . x, 

D . . . s in G . .. h, K . . . r in O . . . g, T .. . z in W . . . n, 

S . . . w in M . . . n, D . . . e in H . .. t, K . . . h in E . . . e. 

Durch die Veröffentlichung des Berichts über die Plenar¬ 
versammlung des Veterinärraths war eine Materialanhäufung 
entstanden, weshalb wir die längere Verzögerung eines Theils 
der obengenannten Beiträge zu entschuldigen bitten. 

Die Redaction. 

Berichtigung. 

In dem Originalartikel von Pflanz ist im 2. Absatz Zeile 6 
ein Wortfehler untergelaufen. Es muss heissen: Der Krankheits¬ 
prozess verlief günstig; nur stellte sich als Nachkrankheit eine 
Tendovaginitis ein (anstatt und...). 

Professor Dr. Schmaltz ist 10 Tage verreist und bittet die 
Verzögerung in der Beantwortung von Briefen während dieser 
Zeit zu entschuldigen. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inseraten'.heil) l’rof. L)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxenstein, Berlin. 


Digitized by LjOOQie 





Die „Berliner Thlerlntllcbe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln StArke von mindestens I ‘/t Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstraase 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeitrkge werden mit 50 Bk. Ihr den Bogen honorirt 
Alle Manuacripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. I>r. Schmält*, 
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luisenstraase 56. 
Correcturen, Recenaions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 5. Ausgegeben am 3. Februar. 


Inhalt: Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1896. — Dralle : Torsio uteri bei gleich¬ 
zeitiger Rückenlage des Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe. — Referate: Fröhner: Penislähmung beim 
Pferde. — Schutzimpfungen gegen Schweineseuche. — Johne: Infectionsversuch mit Tuberculose bei einem Esel. — Tnbercnlose bei 
Schweinen. — Macadam: Vergiftung durch Oenanlhe crocata. — Wilson: Vergiftung mit Rhododendron bei einer Ziege. — M al fi - 
tano: Ueber das Verhalten der Microorganismen gegen die Einwirkung comprimirter Gase. — Znntz: Ueber die Verdauung und den 
Stoffwechsel der Fische. — M a u r i z i o: Die Pilzkrankheit der Fische und der Fischeier. — Thierhaltung und Thierzncht — 
Tagesgeschichte: Die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau 
und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1896 

nach der im Ministerium für Landwirthsohaft etc. zusammengesteliten Tabelle. 
A. Ausweis über das in den Öffentlichen Schlachthäusern geschlachtete Vieh. 


fc- 

CJ 

•O 

oq 

tc 

E 

3 

E 

’5> 

<y 

Namen 

der Städte etc., 
in welchen sich 
öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 
(Die mit * 
bezeichnctcn 
haben keine 
Freibank.) 

Rinder 

Kälber unt. 6 Woch. 

Schafo u. Ziegen 


Schweine 


Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

mit 

Tuberculose , , a “ ,Ändern 

— O. linden 

davon bC 1 *»as 

' Fleisch 1 'S Fleisch 

ljc ‘ verworfen verworfen 

haftete n ^«, ', „ 

5 ' £ ’ü 1 E 1 '3 'S 

s. i ^ t | s, 3 * 

aus andern 
® 1 Gründen 

12 das 

O \ Fleisch 
® i verworfen 

fk,.. 

S ° ’S 

3>| 5* 

aus andern 
" a ' 1 ‘ m 1 Gründen 

der ge- £ das 

sch lach- P P1 ‘ 1,ch 

teten | , verwo,fen 

3 1 

~ 1 'SU 

3» | 3 st 

tuberculöse 

finnige 

aus andern 

1 Gründen 

« 

g 1 das 

ö Fleisch 

-S ; verworfen 

0 1 

' C 0 , • ® 

a ®e 

2, , 5 k 

1 

2 

3 

i 

5 1 

1 i 1 

8 | 9 

10 

11 12 

13 

H 1 15 ie 1 17 

18 

19 

20 

21 | 22 

23 


Allenstein . . 

1 225 

4 



_! 


—1 1 


3 929 1 — — — 

2 941 


9 

2 15 

_ 


Bartenstein. . 

430 

10 

4 

2 6| 

i i 

1216 

3 1 

1 

2 404 2 1 — 

2 504 | 

9 

— 

1 — 

— 


Biscnofsburg . 

151 

— 1 

— 



250 

- 1 

— 

2 168 - | — — 

849 

— 

3 

2 - 

5 


Braunsberg. . 

372 

12 

— | 

— —' 

i — 

474 

— — 

— 

1520-— 

1437 

— 

2 


2 


Cranz* .... 

147 

— 

_ 

_ _j 

_ ' _ 

210 

_ ' - 

_ 

176 — — — 

334 

— 

— 


— 


Gerdanen . . . 

24») 

1 

— 

1 — 

_i _ 

516 

_; - 

— 

1 178 - - — 

1 519 

— 

— 

— — 

— 


Guttstadt . . . 

415 

111 

2 

10 -1 

— 12 

520 

1 — 

— 

1516-1 15 

1295 

5 

5 

li — 

11 


Heiligenbeil . 

245 

25 

1 

2 1 

— 1 1 

616 

4 5 

— 

723 2i 1 — 

1969 

50 

2 

1 2 

2 


Heilsberg . . . 

332 

7 

2 

1 — 

3 8 

486 

ll — 

8 

2021 1 — — 

1745 

7 

2 

-I 3 

14 


Pr. Holland . 

404 

38 

3 

1 —! 

2 2 

1243 

3! 5 

— 

619-— 

1663 

17 

5 

— 4 

— 

© 

Königsbergi.pr 

11024 

2 605 

31 

- |105 

44 — 

16 004 

20 30 

— 

24 921 10 0 — 

60 933 

2560 

188 

41; 84 

— 


Labian .... 

400 

20 

3 

8 ; — 

2 0 

735 

1 1 

6 

042 —| —1 1 

2 150 

41 

2 

ll 1 

4 


Mohrungen. . 

213 

6 

—i 

6 —! 

14 13 

796 

- 1 34 

3 

803 - 27 

1 182 

— 

1 

2 — 

7 

o 

Nordenburg . 

74 

—I 

—! 

— _ 

1 — 

256 

-1 2 

— 

842 — — — 

1 162 

— 

— 

—! — 

19 

Ul 

Orteisburg . . 

418 

28 

_ 

- 7 

ll — 

1312 

— 1 

— 

2104 1 —| - 

2 135 

23 

40, 5 1 

— 


Osterode . . . 

460 

68 

2 

17 - 1 

5 9 

586 

— 10 

— 

1 400 2 1 3 

2 114 

29 

11 

12 6 

7 


Rastenburg. . 

717 

32 

71 

5 —I 

2 — 

1312 

— 1 

2 

2818- 1 — 

4 189 

2 

2 

2 2 

3 


Rössel. 

232 

5 

1 

_ _ 

_ _ 

230 

_ ' _ 

— 

1 047 — —| — 

1426 

— 

1 

5 9 

2 


Seeburg.... 

261 

—| 

— 

_ _ 

_ _ 

316 

_: — 

— 

1 754 —j —1 - 

976 

2 

3 

1 5 

— 


Soidau .... 

361 

61 

2 

2 2 

1 2 

251 

— 9 

2 

1015 1 lj 6 

1532 

5 

20 

3 13 

6 


Tapiau .... 

732 

71 

4 

4 —; 

1 8 

660 

2 13 

1 

1112 1 - - 

1986 

65 

1 

— — 

2 


Wartenburg* 

605 

0 

3 

6 1 

— 7 

082 

— — 

3 

2036 -5 

1 674 

— 

7 

1 — 

17 


Wehlau . . . 

503 

11 

_1 

1 11 

_ _ 

1171 

_1 — 

— 

2 253 — — — 

2 945 

2 

3 

— — 

— 


Wormditt. . . 

401 

8 

— 

8 “ 

— — 

355 

— — 

— 

970 — — 11 

1 821 

2 

2 

H 2 

9 


Angerburg* . 

304 

6 

11 

8 — 

—I 2 

505 

_■ _ 

— 

2064 - -1 - 

2 165 

— 

1 

1 4 

2 


Darkehmen* . 

378 

3; 


1 — 

-- _ 

347 

—! 1 

— 

1392 _| _ — 

1 675 

— 

— 


— 


Goldap .... 

073 

9 

3 

5 - 

3 3 

830 

—1 2 

— 

4168 - — — 

4132 

— 

4 

2 i 

— 


Gumbinnen . . 

1 577 

30 

2 

_ _ 

3! 4 

1441 

_— 

— 

4 214 1 - — j — 

7 008 

— 


1 4 7 

13 


Insterburg . . 

1634 

1071 

4 

46 2 

8 29 

2 013 

—l 2 

1 42 

6 625 1 — 1 21 

9718 

30 


1 3 9 

56 

E 

Johannisburg 

174 

5 

—1 

— _ 

1 — 

553 

n 2 

— 

1652 — — — 

1688 

3 

r 

2 

1 


Lötzen .... 

461 

24 

_ 

24 | - 

— | 16 

805 

- 6 

6 

2 302 — 2 2 

2 909 

— 


1 — 

21 

S 

Marggrabowa* 

354 

16! 

— 

— 1 

ll 1 

574 

1 2 

— 

2870 — — — 

3 090 



— a 

— 

3 

Pillkallen . . . 

334 

16 

1 

15 — 

_ _ 

310 

-1 : 

— 

2 0»« — - — 

2 203 



— — 

— 


ltagnit. 

125 

1 

— 

1 — 

—I _ 

423 

— 1 — 

— 

1042 — - — 

1846 

— 


— 

— 


Sensburg . . . 

257 

4 

— 

4 — 

— 3 

570 

— 1 — 


2 291 —1 — — 

1815 

— 

l 4 — - 

17 


Stallupönen . 

701 

8 

l! 

— — 

— — 

790 

— — 


2 880 — — — 

3426 

— 

] 8 4 

: - 


Tilsit . 

2058 

68 

5 

— 1 

1 — 

2 746 


— 

2 515 — 1 - 

9 555 

2 

6 71 — 


Danzig .... 

0 358 

2 894 

41 

1 63 

13 — 

10 544 

36; 14 — 

19 218 164; 2| - 

51 957 

2 401 77 24 25 — 


Dirschau . 

820 

193, 

_ 

- 4 

3 — 

1 682 

2 10| — 

961 | 12 2 — 

5071 

146; 14 5 

1 — 

s 

Elbing .... 

1562 

284< 

8 

15 7 

3 2 

1 498 

3 

1 

2 814 51 2 — 

7187 

286; 38 L 32 loa 

a 

Pr. Stargard . 

633 

158 

71 

1 ■ [ 2 

2 — 

1521 

, 31 

— 

2 219 4 2 — 

3 428 

86 6 13 6 ( 1 


Zoppot 1 ) . . . 

54 

ll 

1 


— | — 

. 34 

| - 1| — 

15 1 —! —I — 

338 

1 

>1 - 

"1 “"*1 

L| — 


’) Am 16. November 1806 eröffnet. 


Digitized by 


Google 



















Regierungsbezirk 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




Namen 

der Städte etc., 
in welchen sich 
öffentliche 2ahl 

Schlachthäuser ,j er g e _ 
befinden. 8c hlach- 

, (Die mit * t eten 

bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 


Rinder 


beanstandete 


mit 

Tuberculose 


beanstandete 

rqs andern 


beanstandete 


Schweine 




bc- ; 
haftete 


davon 

Fleisch 

verworfen 

N -iS 

5 «'S 

(o 5 S 


aus andern ,, , . aas andern r , , . aus andern , 

Gründen Zahl g Gründen Zahl g Gründen ZahI 

g, das der ge- 2 das der ge- 2 da* der ge- 

'a } Flelsc'a sclllacll- 3 Fleisch schlach- 5 Fleisch schlach- 

•Jj ! vcrworfen teten ! g verworfen tßten £ verworfen teten 

- ; ü 2 „ = 2 

& 5h &; 5, st 


11 12 IS 


Briesen . . . 
Christburg . 

Culm. 

Culmsee. . . 
Dt. Eylau . . 
Flatow . . . 
Graudenz. . 
g Jastrow* . . 

-o Könitz.... 

® Dt. Krone* . 

| Landeck . . 

® Löbau .... 

*3 Marienwerder 
S Mewe .... 
Riesenbnrg . 
Rosenberg . 
Schlochau . 
Schönsee . . 
Stubm .... 
Thorn .... 
Tuchei.... 

Berlin: 1 )* 

a) . 

b) . 

Angermünde 
Brandenburg »h 
E berswalde 
Perleberg. . 

2 Potsdam . . 
xs Prenzlau* . 

■2 Pritzwalk . . 
cu Rathenow. . 
Neu-Ruppin 
Schwedt a. 0. 
Spandau. . . 
Wittenberge 

Cottbus* . . 
Forst i. L * . 
Frankfurt a.O.* 
Ö Guben* . . . 

S Landsberg aw. 

§ Schwiebus . 

£ Sommerfeld 
Sorau N.-L.. 
Spremberg . 
Züllichau*) . 

Anklam . . . 
Demmin* . . 

.£3 Naugard . . 

^ Pasewalk * . 

35 Stargard i. P 

Stettin .... 
Swinemünde 

. Belgard . . . 
Bütow .... 
Falkenburg. 
jS Cöslin .... 

g Colberg* . . 

O Lauenburg* 

Neustettin . 
Schlawe 3 ). . 
Stolp. 

a f Barth* .... 
jo I Greifswald . 
g | Stralsund* . 

2 1 WolgaBt* . . 

Gostyn. . . . 
Jarotschin . 
g Kempen . . . 

g Koschmin . 

Oh Kosten . . . 

Kroto8chin . 
Kurnik . . . 


1 ! - 1 - 


926 159 

472 75 


2 399 345 9 

167 48! 1 

574 141 5 

425 36; 2' 


3 9 7; 2, 

9 — 11 2 


2, 34 , — i 1| 


39 - 

377 19 

920 225 


2 803 339 


1 375 469 231 

143627 28 499 799 

399 i 61 3 

2 570 i 369 25 

1127 205 8 1 


23! 23 
85 3 


415 —i 4« — 

669 1 l 1 9! — 

1509 i —! 4 — 

883 I 3: 15 — 

825 | 2: 4. — 
531 ; — 2| 3 

2 903 8| 9! 3 

468 — 11 — 

1217 2 — — 

1389 - 5, 6 

C4 —| — 1 — 
565 j — 4: — 

— i 7i — — 2 548 16 10 — 

— ! 2! — 1 1 393 —1 1| — 

15' 2i 13 : — | 3! 7 720 —, 2 4 

12| 2 10 ; — -1 6 772 3 —; — 

4 I —I -! - 812 - - 

— I 1 -, - 267 - 2 — 

19 : — — 1 2 521 — — 3 

65 11 4' 2 4 520 l! 7, — 

— 694 — l 1 — 


520 — — 
539 1 — - 
671 —I 3 
368 , — | 

819 ; 2 1 
1303 1 3 

3350 26 1 
1051 2 - 

2492 5 — 

1156 1 — 


356 3 — 

631 |- 

470 i- 

16)1- 

243 2 — 

441 !- 

3898 12 1 

1421;- 


— 1 8116 
23 4651102! 
i 1 , 


109 l! 47 
9 138 630 206 430; 

-I 1047 2l' —! 

4 031 1 261 

2 241 —, 4 

742 - 2 
4128 4 2 

2030 —; 45 
451 1! —| 

2089 9' 2 


- 3 775 

11 390171 


—130| 
12 91 j 
_ _l 
- 3l 
3 3; 


866 

380 

5 

1 

2 

_ 

1 

1883 

5 

' 

_ 

1818 

1 

_ 

495 

58 

1 

2 

3 

— 

— 

1151 

1 

1 

_ 

794 


— 

3303 

486 

15 

5 

6 

7 

2 

39J6 

4 

7; 

_ 

6 045 

3 

4 

640 

Ul 

6 

1 

— 

2 

1 

898 

1 

13: 

1 

2310 

— 

5 

3 245 

310 

4 

306 

1 

_ 

1 

6112 

_ 

I 

1 

3409 

_ 

■ _ 

2459 

405 

8 

14 

13 

1 

— 

5137 

11 

2; 

_ 

2 799 

5 

1 

3499 

511 

4 

— 

9 

3 

— 

5 985 

1 

3 i 

_ 

9 650 

1 

4 

1756 

209' 

8 i 

6 

2 

2 

1 

5928 

5 

4 

_ 

2353 

1 

1 

1886 

205, 

8 

16 

6 

14 

5 

5267 

2 

10; 

6 

2396 

2 

3 

637 

49; 

1 

— 

16 

— 

— 

2348 

2 

1 

1 

1303 

5 

4 

635 

117i 

1 

— 

4 

1 

— 

2143 

_ 

— 1 

_ 

2180 

1 

_ 

1479 

319 

4 

— 

8 


— 

3388 

6 

11 

_ 

1550 


1 

1043 

144i 

5 

2 

— 


— 

2 393 

1 

1 

_ 

1270 

5 

2 

246 

8 ! 

1 

— 

— 

— 

— 

722 

2 

1 

— 

453 

— 

— 

607 

109! 

13 

— 


1 


1 625 

14 

17 

_ 

1443 

1 

4 

728 

129 

6 1 

— 

— 

2 


1496 

3 

15 

_ 

1404 

1 

1 

256 

29| 

1 

— 

4 

— 

— 

360 

2 

— 

_ 

1269 



529 

40 

8 

— 

— 

1 

— 

1025 

7 

6 

_ 

1265 

_ 

_ 

456 

38; 

5 

— 

3 

1 

— 

499 

2 

1 

_ 

721 

_ 

1 

9290 

1629' 

23 

— 

89 

10 

— 

12404 

55 

9 

_ 

24 461 

33 

8 

444 

71 

— 1 

— 

— 

1 

— 

842 

2 

— i 

l 

369 

1 


409 

82 

4! 

— 

— 

3 

— 

1064 

_ 

8' 

_ 

1489 

_ 

_ 

441 

117 

2! 

115 

1 

1 

36 

1110 

11 

4 

25 

2 293 

2 

_ 

163 

14' 

• 2; 

12 

— 

2 

13 

476 

_ 

_ 

1 

1 188 

1 

_1 

942 

192 

—1 

— 

— 

10 

2 

2 341 

4 

5 


2 365 

4 

_i 

1058 

220 

4! 

— 

4 

3 

2 

2367 

19 

8 i 

4 

3381 

2 

2! 

720 

171| 

10; 

8 

— 

1 

3 

1367 

_ 

_ 

_ 

2 796 

_ 


385 

51 

6 

4 

— 

7 

11 

1697 

_ 

4 

9 

1698 

_ 

3 

7 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

45 

_ 

_ 

_ 

27 

_ 


1 441 

472 

3 

2 

2 

4 

3 

1730 

— 

— | 

—■ 

3835 

— 

— 

273 

76 

7 

9 

_ 

4 

2 

753 

25 

5 

_ 

717 

_ 

2 

1416 

472 

12 

— 

— 

3 


4 515 

6 

4, 

_ 

4191 

_ 


1779 

534 

64 1 

— 

— 

5 

15 

1275 

41 

31 

_ 

5381 

_ 

2 

293 

13; 

1 

2 

— 

— 

1 

1 126 

— 

6! 

2 

701 

— 

1 

250 

15' 

3 

_ 

_ 


2 

1015 

2 

_ 

_ 

1055 

5 

_! 

231 

17 


2 

— 


— 

973 


— 

— 

460 

4 

1 li 


619 I II —' 
1 457 | - 3 

1088 i li 

2193 , —! 2 



201 4, 

13 5| 4j 

2 38; — 4 

658 31 1 21 


1 8 10 - - 


— 3 860 235 23 6 - 

— 1506 22 3 3 2 1 — 

5 1193 2 1 2 5i 4 

— 1143 4 1 — —' — 


— I 11917 223 54 19 13; - 


3 910 
684 968 


3 2 65' 

576 168 1 414 

1 - 6' 

6 — 14 

1 — 111 

1 - —: 

11 2 11, 

- 1 5 1 

— 1 4 

4 - 8 

2 - 7 

-1 

15 12 431 


20 3 13' — 

4! 4 3 — 

3| 1 21 18 

2! 2 4 - 


-16 

2 - 4 

- 1 1 

1 — 7| 

14 3 81 


1 3 22 

I 2 — 

1 — 12 

1 - 10 

-1 

1 — 3 

-5 


6 231 10| 
9 10 14 


- .... I 1 

_ .. l l . a ) Pobzöjbcbes Schlachthaus des städtischen Centralviehhofes zu Berlin, b) Städtische öffentliche Schlachthäuser daselbst. 

’) Seit 24. Juni 1896 eröffnet. — ») Am 17. December 1897 eröffnet 


Digitized by 


Google 


































£PPel«_ Lie g° itz _ __ _ Br ° mbe| g _ 1,118011 |-| Regierungsbezirk 


3. Februar 1898. 


berliner tierärztliche Wochenschrift. 


Namen 

derStfidte etc., 
in welchen sich 
Öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 

(Die mit • 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 


Lissa. 

Miloslaw . . 
Mixstadt . . . 
Ol'ornik . . . 
Ostrowo . . . 
Pieschen . . . 
Samter.... 
Schrimm. . . 
Wreechen . . 

Bromberg . . 
Crone a. Br. 
Exin .... 
Gnesen .... 
Inowrazlaw . 
Kolmar i. P. 
Lobseiis . . . 
Mogilno . . . 
Nakel .... 
Schneidemühl 
Schubin . . . 
Strelno .... 
'Iremessen . 
Wirsitz.... 
Wongrowitz. 
Zuin. 


, Breslau (En¬ 
gelsburg) ') . 
Breslau*). . . 

Brieg. 

Frankenstein 
Freiburg; . . 
Guhrau.... 
Müusterberg 
Namslau . . 
Neumarkt . . 
Neurode . . . 

Oels. 

Oldau. 

Reichenbach 
Sehweidnitz. 
Strehlen . . . 
Striegau . . . 
Trebnitz . . 
Waldenburg. 

Bunzlau . . . 
Glogau* . 
Goldberg . . 
Görlitz* . . . 
Grünberg . . 
Haynau . . . 
Hirschberg . 

Jauer . 

Landeshut. . 
Lauban.... 
Liegnitz . . . 
Lüben .... 
Sagan* .... 
Sprottau* . . 

Bcuthen . . . 
Cosel* .... 
Gleiwit/. . . 
Ober-Glogau* 
Grottkau. . . 
Kattowitz*. . 
Kreuzburg. . 
Leobschütz . 
Myslowitz* . 
Neisse .... 
Neustadt 0. S 
Nicolai* . . . 
Oppeln* . . . 
Patschkau . . 
Ratibor . . . 
Rybnik.... 

I Gross-Strelitz* 



Rinder 

Zahl 
der ge- j 
schlach¬ 
teten 1 

beanstandete 

mit 1 

Tubercul08e aus andern 

Gründen 

davon tc 

. j Flel.-ch 'S Fleisch 

t>C ' verworfen 1 .j: verworren 

haftete ... 

3 i ’S •— c | .£ 

» ä!3» 


Kälber unt._6 Wocli^ 
! beanstandete 


BESIEH 


985 

369 

1 

5 14 

7 

5 

159 

lll 

— • 

— 1 — 



16 

- 1 

- 1 

_l _ 

_ • 

_ 

240 

8 

3! 

5 - 

_‘ 

_ 

592 

10 

4j 

7 I — 

4 1 

7 

383 

41 

12 

6 1 — 

Hl 

3 

2 

320 

18! 

3 

15 i — 

60 

311 

— 

1 

13 1 — 



417 1 

7'( 

— 

73' - 

1 

42 

4 490 

1 205 

14 

201 5 

20 


316 

18' 

_ 

2' - 

li 


226 

21 

3 


l 1 

_ 


531! 2 

502' 11 


141 9 


22 , 21 

1390! 8 

145 4| 

150 — 


2 !' 3 

46 2, 

54 ll 

137 ! 3' 

124, - 


16 2i 

5 1 

125 —I 

37«j| 16! 

102 ! 3 

15' 5; 

39 2 

112 7| 

145, 4 

252; 5, 

55 lj 

39! 3 

918i 11 


14 3j 

779 3! 

78 —I 

247 !' 


641 1; 

79; 2 

i3o: — 1 
476| 1 

162, 3, 

134; — 

300; 2 

69 2 

106 4 

47 - 

64 1 


2 13- 

— 1 8: 3 

11 j — 2' — 

2 ' 28 - i — 


94| —! - 

I8i - 

3i —! 3 

1! I - 

24! 1 - 


1 I — 5 1 

— 24 2 21 

—| 6 10 — 

— ' 5 ! 1 - 

2 | 2 , 1 — 

— 3 ] 2 ! - 

53 —, 1 31 

6 461 — — 

— 16 ; ^ — 

2 3 - - 

i —! i| - 

4—1 — — 

— - - 5 

— 25 3 


— | 1 ( 5| — 

19 ! — ö! 20 

23' 2 3 11 


37 | 3 20 

4 6 3, 2 

— j 4j -j - 

14' - 6 

7, —! 1. — 

2 I 2| 2; 2 

4 2 2 1 

2 ll 2' 7 

— I 4, 3 - 

24 — 1 1 12 

— 35 — 


- 143 — - 

IO! 4. 5 12 

- l\ -I 1 

- 1 lj - 

18! 7 l| 7 

- 2 1, - 


I au»andern 

"®lll m , Urliuden Zahl 

der ge- 1 i§ | da« der ge- 
schlach- 9 n«i>cii achlach- 

I ö verworfen . . 

teten 2 teten 


10 n 12 13 

2 245 9 l! 18 

421-! - 

76-- 

488 - 1 - 

2 430 1 -1 2 

23 6 18! 24 

734 — — 5 

909 -— 

1150 1 — 5 

94C3 4 12 — 

445 — 1 — 

585 — 2 — 

2 643 1 2 — 

2 948 13 12 - 

518 — — _ 

423 2 - - 

493 1 — — 

1 241 1 —' — 

1 134 2 — 1 - 

304 - —I — 

7.17 — 11 — 

381 1 -! - 

275 ;-, 1 

514 — —! — 

648 1 — 1 — 

j j 

33 306 j - lj - 

11794 1 20' 0 ! 9 

3 959 | — 12 - 

1 723 ! —] 1 — 

1475 1 3“ <-lj — 

1006 | 10 l 1 — 

1304 |-- 

1705 ! I 1 3 - 

1 117 I 3 1 — 

1390 —! — 1 

1359 1 4 1 — 2 

1523 4 — - 

1815 3 — 1 

4 120 2 4 — 

985 — 2, — 

2127 - 1 — 

1120-; — 

3 678»,' —! 3; 2 

2934 | 6 111 2 

3028 —! - — 

1451 5, 18 

17 270 ■ 2 7 — 

2 533 2 31 — 

1863 5; 5 12 

5 614 T 5; 15 

2 624 1| 5 - 

1865 1 bl _ 

2560 2 3 9 

8 647 I 12 26 — 

1319 | 3 —| — 

2 896 I - 1 1; 2 

1 301 ! —| —i - 

1912 ' 2 2; 3 

1 275 I li 2 1 - 

4 569 2 2 — 


2243 , 1 21 1 
2399 10 3| 2 


3 567 , 6, 3, 1 

874 — i 2 — 

3 773 1 F 5! 1 

1477 1 2 — 

5323 | 5 81 8 

1442 1-- 

2 246 ■ 3: 1' 1 


beanstandete 

auiaudtrn 

, So Gründen Zahl 

i2 i d.« der ge- 

1 KI Uch sch | ach . 
; « verworfen 

1 o teten 

5 N . - " 

= , s ? 

»1:5® 

“ - S 


4| -1 22 


Sch w ein e 


beanstandete 


— 4| — 

_I _1 _ 

4j —| 42 

39 5' — 


— 4 692 

— 56:5 

24 2 663 

— 19137 

— 5539 

5 3 942 

10 5631 

— 4 403 

— 3 219 

9 3 372 

— 16 942 

— 2 713 

— 5 473 

— 2896 


1 aus andern 

1 ! Gründen 

<u I 

ca das 

» I c i Kleist U 
.^f . 12 I verworfen 
a IO: 

•i: ! iS I s 1 = 5 


18 

19 

*0 i 

91 

92 

X3 

4 955 

582 

2 

2 

4 

17 

1129 

2 

2 

5 

5 


371 

— 

_ 



_ 

1286 

— 

2 

2 

2 

15 

4 071 

— 

22 

25 

_ 

5 

3 053 

99 

21 

29 

36 

13 

1983 

3 

4 

2 

6 

81 

1 596 

— 

1 

19 



2 786 

16 

13 

18 

18 

64 

19490 

818 

29 

9 

16 

_ 

1 429 

5 

_ 

_ 


_ 

1355 

— 

1 

5 

3 

_ 

5511 

301 

53 

53 

8 

65 

9 018 

467 

21 

10 

8 


1 717 

13 

_ 


3 

_ 

1 12S 

6 

_ 

_ 


_ 

1205 

2 

1 

_ 

_ 

_ 

3193 

— 

— 1 

2 

1 

9 

4 2d7 

47 

4| 

_ 

1 

1 

1333 

— 

3 

1 

1 


2277 

12 

7' 

5 

1 

_ 

1442 

— 

£ 

4 


3 


183 12 
1 — 
15' 5 

1 — 
299i 18 
— 

1' - 
141 10! 

9 — 
n — 


28 1 ll 
4 - 


7 — 

6 1 
3 — 

16' 4 


_ 

— 3, 

55 

7 

11 ll 

_ 

3; 

2 12' 

_ 


2 6 

18 

1! 

1 3 

8 

2! 

— — 

20 

— 

1 —! 

1 

1 

— 2' 

12 

3 

5 4| 

10 


21! (J 


36 — 

6 — 
1 17 

5 — 

1 — 
3' 15 


■) Vom 1. Januar bis 30. November 1896. -) Neuer, am I. October 1896 eröftneter Schlachthof. 3 ) 3678 Kälber und Schafe zusammen. 


Digitized by 


Google 


































52 


BERLINER Till ERÄRZTL1CHE W0011ENSCHRIFT. 


No. 5. 



Namen 



i i n d e r 




K älber unt. 

6 Woeh. 

Schafe 

u. 

Ziegen 


S c li w e i n e 




der Städte etc., 


“ 

beanstandete 




beanstandete 


beanstandete 


beanstandete 


n> 

« 

hß 

c 

S 

o 

« 

in welchen sich 
öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 

(Die mit * 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank) 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

mit 

Tubcrculose 

davon 

Fletsch 

^ verworfen 

haftete • c 

5 z 'S 

Ul — > 

O) 

"c 

c 

« 

au« andere 

Gründen 

da« 

Fleisch 

verworfen 

c ~ ~ 
a i i >• 

“ ! - s 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

<s 

t» 

’s 

o 

u 

<a 

.s 

3 

nur andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verwoifen 

§ 1 *-s 

“ i £ iS 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

tuberculöse 

aus andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

ca CI « 

ä; j * 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

<0 

's 

« 

-Q 

3 

0» 

.M) 

’s 

3 

•-3 

<D 

00 

o 

a 

J= 

’S 

aus andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

» | J. ® 

3 ! «« 

to j £ £ 

1 

2 

3 

i 

r, 

<; 

V 

8 

>i 

ln 

11 

12 

13 

14 

ln 

in 

17 

1H 

19 

20 

21 

22 

VS 

Oppeln: 

Tarnowitz. . . 

1115 

289 

2 





1237 




682 

4 



11194 

152 

90 

1 

1 



Ziegeuhals* . . 

701 

78 

2 

— 

21 

— 


1561 

1 

1 

— 

126 

1 

2 


2 073 

29 

— 

— 

1 

— 


Gardelegcn . . 

393 

43 

_ 

1 

1 

_ 


814 

_ 

1 

_ 

556 

— 

— 

— 

1 868 

15 

— 

1 

4 

3 


Halberstadt. . 

2 680 

229 

6 

— 

1 

8 


3 997 

18 

2 

— 

4 349 

1 

2 

— 

11191 

152 

5 

2 

8 

— 


Magdeburg . . 

13 620 

3 130 

23 

— 

61 

16 


18 166 

20 

26 

— 

20 815 

2 

14 

— 

61880 

1125 

31 

2 

23 

— 

.s 

Quedlinburg 1 ). 

1013 

264 

5 

4 

1 

— 

— 

1 820 

2 

1 


1865 

1 

2 

— 

5 481 

50 

9 

— 

5 

1 


Salzwcdel . . 

859 

35 

2 

_ 

— 

2 

— 

1989 

— 

4 


873 

— 

— 

— 

3 560 

15 

6 

2 

1 

— 

cS 

Stassfurt.... 

907 

296 

3 

— 

1 

— 

— 

1087 

— 

1 


1277 

17 

— 

— 

5178 

131 

2 

— 

5 

— 

s 

Stendal .... 

1403 

221 

9 

— 

— 

3 

2 

3 322 

— 

— 

— 

2 741 

1 

1 

— 

8 351 

49 

— 

— 

1 

— 


Tangermünde 

463 

49 

1 

— 

— 

1 

— 

778 

— 

2 

— 

1077 


— 

— 

3 616 

39 

— 

— 

— 

2 


Eisleben .... 

1022 

325 

1 

_ 

5 

2 


1705 

6 

1 

— 

1457 

49 

— 

— 

6 495 

203 

21 

— 

6 

— 


Halle a. S.. . . 

3137 

2 040 

45 

3 

2 

5 

2 

15 288 

20 

7 

— 

15535 

2 

— 

— 

35 211 

1 441 

45 

12 

9 

— 


Naumburg a.S. 

1 700 

430 

8 

— 

3 

3 

— 

3 540 

4 


_ 

3 236 

9 

— 

— 

6 579 

11 

1 

— 

2 

— 

aa 

Torgau. 

878 

282 

2 

— 


— 


1 618 

— 

1 

— 

1419 


— 

— 

4 461 

49 

— 

— 

3 

— 

3 

Weissenfeis . . 

1 541 

274 

6 

_ 

4 

4 


2 644 

1 

5 

— 

2131 

65 

— 


7 078 

50 

2 

— 

4 

— 

s 

Zeitz. 

1464 

552 

3 

1 

32 

3 


2 475 

10 



2 359 

2 

4 


6 573 

467 


— 

2 

1 


Erfurt. 

6811 

753 

16 

_ 

37 

7! — 

9019 

5 

5 

__ 

10 406 

3 

3 

— 

26 511 

102 

— 

— 

10 


üZ 

Nordhausen 3 ). 

16$ 

6 

_ 

6 

— 

— 

1 

406 

_ 


1 

281 

— 

— 

— 

891 

2 

— 

— 

— 


w 

Suhl. 

1037 

207 

3 

— 

3 

4 

— 

2 041 

— 


— 

1731 

2 

— 

— 

2 604 

23 

1 

— 

6 


Schleswig: Kiel* . 

9 604 

3 812 

85 

— 

85 

95 

1 

15 610 

2C6 

88 


8 880 

— 

— 

_ 

24 552 

1656 

13 

6 

86 

_ 

Hannover: 

Hameln .... 

899 

167 

4 


30 

3 


2 523 

1 

9 


1 141 


1 


4 973 

90 

2 


1 

_ 


Hannover* . . 

13073 

811 

17 

5 

32 

14 

3 

17416 

8 

42 

_ 

15 988 

— 

8 

— 

60 551 

661 

84 

7 

194 

— 


Linden. 

1785 

215 

2 

— 

1 

— 

1 

2 692 

— 

3 

— 

1889 

— 

— 

— 

14 640 

286 

19 

— 

14 



Döttingen . . . 

1 923 

213 

4 

12 

8 

6 

8 

5 315 

_ 

10 

1 

3 813 

— 

1 

— 

9 682 

149 

12 

3 

23 

— 


Goslar . ... 

947 

83 

4 

— 

— 

1 

2 

2 599 

— 

4 

2 

1692 

— 

— 

— 

4 294 

21 

1 

— 

11 

7 

-C 

Hildesheim . . 

2 802 

443 

2 

7 

19 

1 

2 

5 743 

1 

14 

1 

5108 

— 

1 

— 

12149 

408 

2 

— 

7 

5 


Münden .... 

5 : 4 

55 

3 

2 

1 

— 

_ 

1550 

— 

1 

_ 

839 

— 

1 

— 

3451 

1 

1 

2 

6 



Northeim . . . 

549 

16 

— 

— 

— 

2 

_ 

1345 

1 

3 

— 

600 

— 

1 

— 

3 225 

3 

1 

— 

8 


15 

Osterode.... 

610 

55 

2 

1 

1 

1 

1 

1267 

— 


— 

620 

— 

— 

— 

2172 

10 

1 

1 

2 

2 

Lüneburg: 

Celle. 

2 617 

507 

5 

11 

8 

4 

3 

510 

14 

2 

1 

2 743 

6 

3 


7 137 

523 

21 

2 

39 

8 


Harburg* . . . 

2042 

310 

1 

— 

22 

— 

— 

2 529 

— 

4 

— 

4 553 

1 

— 


12682 

220 

5 

— 

15 

— 


Lüneburg . . . 

1244 

456 

2 

— 

8 

1 

— 

1429 

28 

* 


3 398 

— 

— 


8 615 

182 

6 

— 

14 

— 

Stade: Stade 

1068 

78 

5 

_ 

1 

1 

_ 

1198 

12 

4 

— 

1407 


1 

— 

3 374 

166 

— 

— 

— 

2 


Verden. 

255 

52 

1 

4 

— 

3 

1 

272 

2 

2 


699 


1 

— 

1885 

27 

3 

•- 

2 

— 

Osnabrück: 

Lingen . 

443 

1 

1 





1246 


6 


693 


1 


2 690 

1 

o 


1 

1 


Osnabrück . . 

3 363 

37 

3 

34 

— 

2 

3 

5072 

— 

1 

2 

828 

— 

— 

— 

7 282 

— 

8 

— 

9 

22 


fAurich* .... 

571 

14 

4 

_ 

2 

2 

_ 

1038 

_ 

11 

— 

1816 

— 

5 


1733 

1 

— 

— 

— 

— 

o 

Borkum 3 i* . . . 

351 

5 

5 

— 

— 


— 

— 

— 

_ 

— 

216 


— 


4 

— 

— 

— 


— 

3 

Emden. 

1282 

322 

9 

313 

— 

2 

452 

2168*) 

1 

1 

9 

10021 


3 

1418 

3 694 

54 

— 

— 

3 

92 

•< 

Norden. 

738 

155 

6 

2 

— 

1 

1 

562 

— 

2 

— 

1645 

— 

— 


1384 

6 


— 

1 



Burgsteinfurt. 

434 

16 

1 

_ 

_ 

_ 

_ 

610 

— 



463 

— 

— 

— 

911 

— 


— 

— 



Coesfeld .... 

641 

4 

— 

4 

_ 

— 

t o 

877 

— 


2 

181 

— 

— 

— 

2307 

— 

— 

— 

— 

— 


Gronau i. W. . 

310 

50 1 

— 

— 


— 

327 

— 

l 

— 

168 

— 

— 

— 

1014 

1 

— 

— 

— 

— 

o 

Ibbenbüren . . 

456 

8 2 

6 

— 



717 

— 

— 


79 

— 

— 

— 

659 

— 

— 

— 

— 

— 

« 

Münster i. W. . 

4 882 

334 

5 

_ 

_ 

2 

2 

8085 

— 

4 

1 

3 638 

— 

2 

— 

17088 

2 

2 

— 

£ 

— 

:3 

a 

Reckling¬ 
hausen 5 ). . . 

1074 

141 


1 


_ 


1096 


2 


284 




3408 

44 



1 



Rheine. 

765 

9£ 

7 


— 

— 

! 11 

1304 

— 


— 

187 

— 

— 

7 

1749 

— 

1 

— 

— 

18 


Warendorf . . 

572 

9 

— 

— 

— 

— 


615 

— 

3 

— 

140 

— 

1 

— 

763 

— 

— 

— 

4 

4 


Bielefeld.... 

3980 

46 

17 

_ 

i 

1 

_ 

4 907 

_ 

2 

_ 

863 

_ 

— 

_ 

9 441 

6 

17 

_ 

4 

— 


Herford .... 

1039 

— 

— 

— 

— 

.1 

— 

2 057 

— 


— 

363 

— 

— 

— 

1708 

— 

3 

— 

— 

— 


Höxter. 

636 

36 


— 

2 


— 

1381 

— 

7 

— 

596 

— 

2 

— 

1626 

37 

1 

— 

9 

— 


Minden* .... 

1868 

151 

— 

— 

— 



4058 

1 

4 

— 

1443 

— 

1 

— 

4 426 

16 

14 

— 

12 

— 


Oeynhausen* . 

355 

1 

1 

— 

— 

— 


1051 

— 

— 

— 

568 

— 

— 

— 

512 

1 

1 

— 

1 

1 


Paderborn. . . 

1884 

135 

6 

— 

2 

— 

— 

4 629 

1 

1 

— 

1093 

— 

1 

— 

3 603 

9 

2 

— 

4 

— 


Warburg. . . . 

522 

7 

1 

6 

— 

— 

5 

923 

— 

— 

— 

316 

— 

— 


892 

1 

— 

— 

1 

4 


AltcDa. 

1095 

319 

3 

_ 


_ 

_ 

925 

_ 

_ 

_ 

185 

_ 

— 

__ 

1738 

2 

_ 

_ 

_ 

_ 


Arnsberg . . . 

669 

144 

1 

— 

— 

— 

— 

1453 

— 

— 

— 

458 

— 

— 

— 

1 776 

4 

1 

— 

1 

— 

u 

Bochum .... 

5 330 

75£ 

5 

9 

3 

3 

8 

5506 

a 

11 

— 

2 041 

— 

8 

— 

19 085 

63 

8 

1 

19 

76 

Carnen. 

576 

71 

1 

— 


— 

— 

548 

— 

c 

— 

195 

— 

_ 

— 

3527 

22 

— 

— 

3 

— 


Castrop' 1 ^ . . . 

312 

40 

— 

— 

— 

— 

— 

171 

— 


— 

53 

— 


— 

806 


2 — 

1 

— 

cn 

Dortmund . . . 

8 517 

909 

15 

— 

3 

— 

[ — 

10 321 

2 

8 

— 

2 852 

— 

£ 

— 

31914 

53 

10 

3 

10 

— 

t- 

Gelsenkirchen 

3 936 

282 

9 

12 

— 

8 — 

2340 

1 

2 

— 

889 

— 

— 

— 

10 812 

4 

11 

— 

13 

— 


Hagen . 

3 978 

887 

2 

— 

6 

1 

2 

4 289 

1 

1 

— 

772 

— 

— 


9 595 

15 

1 

2 

3 

_ 


Hamm. 

1738 

112 

— 

15 

— 


2 

3 393 

2 

2 

— 

865 

— 

— 

1 

9 711 

18 


— 

18 

5 


Haspe. 

105 

■ — 

— 

— 

— 


— 

86 

— 


— 

7 

— 

— 


315 

— 

— 

— 

— 



') Am 26.11. 1806 eröffnet — a ) Am 1. XII. 1806 eröffnet. — 3 ) Der Schlachthausbetrieb beschränkt sich auf die Badezeit.— *) Hierunter 
auch Kälber, welche über 6 Wochen alt sind. — '-) Am 11. V. 1896 eröffnet — •■) Am 15. X. 1896 eröffnet 


Digitized by 


Google 























3. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 



Namen 

Rinder 

der Städte etc., 


beanstandete 


in welchen sich 


mit 



öffentliche 

Zahl 

Tuberculose 


Gründen 

Schlachthaus, r 

der ge- 

1 davon 


das 

befinden. 




Fleisch 

(Die mit * 

toten 

he- i 

verworfen 

c 

verworfen 

bezeichn eten 


haftete 



haben keine 


1 S xx 



Freibank.) 


1 -Sä 


t» € ► 


/Hattingen . . 
Hörde .... 
Hohenlimburg 
Iserlohn . . . 
Lippstadt . . 
t>o Lüdenscheid 
o Menden .. . 
'S Meschede* . 

£ Niedermarsbg 
< Schwerte . . 
Siegen .... 

Soest. 

Unna* .... 
Wattenscheid 
Witten .... 


Cassel*. . . . 
Eschwege . . 

Fulda. 

Gelnhausen . 
Tu Hanau .... 
« Hcrsfeld . . . 
O Marburg . . . 
Melsungen. . 
Rinteln* . . . 
Schmalkalden 
Wetter* . . . 

Wiesbaden: 


3: 3. — — 


60, 3 

8! 1 
48 4 

72 _ 

167i 1 

3 3 

1611 — 
175 8 


440 34 

76 6 


20 11 
25 l 


6 2 

1 2 ; 

1 2 : 


296 11 

5 - 

120 lu 

6 1 



Bockenheim . . 

28D6 

882 16 - 


Frankfurt a. M. 

24 851 

3 761) 108 — 


Gladenbach . . 

389 

7 - 7 


Wiesbaden . . 

7 109 

161 14 - 


Coblenz 1 ) . . . 

4 929 

960 6 1 

a 

Kreuznach . . 

1 949 

459 6 453 


Mayen. 

2 072 

308 —1 

0 \ 

Neuwied .... 

1364 

81 3 — 

O 

Wetzlar .... 

1399 

56 7 402 


Altendorf . . . 

2 125 

386 — - 


Barmen .... 

11192 

1 223 7 31 


Cleve. 

1277 

401 1 — 


Crefeld. 

9716 

795, 23 - 


Düsseldorf* . . 

15325 

866, 35| - 


Duisburg . . . 
Elberfeld* . . . 

5410 

155 1 - 

"E 

14 352 

1 298, 42i — 


Essen. 

9 998 

1307 27, - 

’ÖJ 

M.-Gladbach . 

4604 

203 11 2 

00 

Lennep .... 

702 

71 r - 

0 

Mühlheim a. R. 

3 418 

240 14 i - 


Oberhausen . . 

3088 

693 20 — 


Neuss*. 

2127 

58 41 15 


Remscheid . . 

3 696 

75()| 81 — 


Rheydt. 

2603 

223, 9 47 


Solingen .... 

3 748 

189, 2 — 


^ Wesel .... 

1873 

79 3 4 


Bonn. 

5 140 

39 2 

_a 

Cöln. 

25 619 

1 025 251 41 


Münstereifel . 

385 

13 — — 


Siegburg.... 

1834 

147 2 3, 

1 


St. Johann . . 
Malstadt—Bur- 

2021 

142 4| - 


hach. 

Mettbach-Rem- 

881 

104 3 H 

1 


hingen* . . . 

429 

2 1 3 

u 

H 

Neunkirchen . 

1967 

368, 4 2| 

Prüm. 

387 

2 — 2 


Saarbrücken . 

1 369 

87i - -j 


Saarlouis-) . . 

676 



'•Trier*. 

4057 

58oj 2 1 


Aachen .... 

7 039 

2178 5| -1 

- 1 

Düren*. 

1405 

29 3 26 

b 

Eschweilerb . 

686 

117 1; 7 

◄ 

Jülich. 

724 

177 l 1 -1 

Sigmarinjren: 

Hechingen. . . 
Süpnanngen . 

563 

524 

26 -i 

20 1 —, 


Zahl 
der ge- 
schlach- 


r i!i 

-I 3 - 
-; —! l 


1 — l - - 

2 - - - 


beanstandete 
Lu» andern 

■ S i Gründen 
i ^ | dan 
I £ ' Fleisch 
Ci verworfen 


11 I 12 l'i 



3 — 

l«i 51 47 389 I 15 




Schafe 

u. Ziegen 
beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

au» andern 
® Gründen 

. : 2 das 

5 Fleisch 

a> verworfen 

5 i M • . « 

1 1! 

11 I 15 | 16 I 17 

151 

_ 1 _ — 

358 

— — — 

217 

— 3 — 

1261 

— 7 — 

247 

_ 1 

145 

— — — 

121 

—1 — — 

134 

— — — 

151 

—, — — 

■ 208 

— —, — 

1002 

— 7 1 — 

697 : 

— —' 5 

335 

—| —' — 

149 

— - — — 

610 

— | — — 

9 520 

- 4 - 

1417 : 


945 1 

— L — 

1071 

— 3 - 

1476 

_; — — 

1020 

2j —i — 

1063 

2: — — 

1221 

j 

234 


618 

l| — — 

69 

— 1 — — 

912 

| 

27 650 

3 2 4 

59 

—1 — — 

8001 

_; —i _ 

2 998 

— — — 

778 

1 — 334 

364 

— ! — 1 _ 

462 j 

— _ — 

980 1 

2 2 — 

231 

— — — 

9 789 

—! 3 4 

243 

8 —! — 

3 991 

—| 1 — 

17 022 

— 1 1 

1 455 

— — 1 

14 988 

— 17 — 

5191 

— — — 

801 

— 1 — 

O.) 

710 

_i _ _ 

221 

| 

341 

— 1 — 

441 

—1 — — 

2 352 

—j — — 

994 

— ! 2 10 

{ 1 

4 668 


24 907 

b 2 1 

107 

— — 

578 

7 : “1 ” 

1365 


134 

1 — — 

55 

_ | __ 

199 

_' _ ; _ 

186 

— —: — 

824 

3 -! - 

37 


3373 

4 — 1 

7 318 

8 —; — 

1 


S c 1» w e i n e__ _ 

beansamlcte 


Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 


31 öffentliche 
Schlachthäuser 



au» andern 
Grün den 
das 

Fleisch 

verworfen 


I | CB | 5 i 


I I 80 I ¥1 I i'i | Ü3 


—I l' — I 2 — 

34! 3 II 3 11 

3| —: —i li 1 
8 - - 2 : - 

3 _ _ «)| ll 

30 - l 1 5 13 


7611 

11 

7 

l 1 

10 - 

3 546 

1 

— 

— 

7 3 

4 647 

4 

— 

— 

1 — 

4 799 

6 

3 

— ’ 

6 — 

8127 

2 Si 

5 

— 1 

30 - 

23 353 

143 

21 

1 

19 1 

2 935 

6 

4 

—, 

— — 

6 457 

61 

l! 

— 1 

3 — 

3 941 

8 

11 

— 

3 — 

11572 

199 

4 

— 

30 - 

3205 

5 1 

— 1 

— 

— — 

6076 

161 

l: 

i; 

13 - 

3 837 

ll 

2 

— 

1 4 

755 

_1 

—! 

— 

— — 

2 770 

66 

— : 

1 

1 — 

120 

— 

— 

— 


7 313 

23 

_ 

_ 

_! _ 

85 900 

dl A 

218 

38 

__l 

— 

2l\ - 

514 
35 598 

22 

4 : 

— 

33 — 

1 

13 838 

31 j 

14 1 

— 

3 1 1 


90- 

17 3^ -I 

22 - — 


5 23: — 


12 2 — 

64 2 , — 

9 2 4 

10 1 - 

23 1 ! —| 

28 69 ' — 
3 -1 - 


10 - 


36 — 1 


4, 237 
2 - 


11 17 


6 18 

2 — 
25 3 

1 — 




726 824 101272 2 704 2 914' 1 810 ; 1 012 11011 1 088 784 1 267,1 892Ä14 |l 096 997 |760 5*2 2 267 13 018 367 | 54 558,3 15y l^^ 65 f i 

' ' • . Ar» _L A •«> O lHHn firÖIiQCr 


i) Für die Städte Coblenz und Ehrenbreitenstein. — a ) Das neue Schlachthaus ist am 20. Nov. 1896 eröffnet. — ) Am 2. Sept. 18 

Digitized by Google 






























































54 


Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage 
des Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe. 

Von 

Dralle-Helmstcdt, 

Tliicra'Zt. 

Bei meiner ans anderen Gründen verlangten Anwesenheit auf 
einem Gute wurde mir auch eine Kuh gezeigt mit dem Be¬ 
richt, dass das Thier eigentlich Tags zuvor hätte kalben müssen, 
es hätte wohl Vormittags mit den Hinterbeinen getrippelt und 
etwas Wehen gehabt, aber dann sei nichts Auffälliges mehr an 
ihm beobachtet. Ich untersuchte die Kuh und konnte eine Torsio 
uteri feststellen, und zwar ging die Drehung von links nach rechts 
und war anscheinend eine vollständige, denn '/*- und ‘/„-Drehungen 
waren mir schon öfters vorgekommen und ich hatte die Geburt 
dann stets verhältnissmässig schnell bewerkstelligt dadurch, dass 
ich mich langsam durch die Drehung durchgewunden hatte; hier 
war es unmöglich. Ich schnürte die Kuh nieder, band je die 
Vorder- und Hinterbeine zusammen und liess die Kuh wälzen; 
auch jetzt lockerte sich die Drehung nicht, erst bei der vierten 
Umwälzung hörte die Spannung etwas auf, doch konnte ich mit 
der Hand noch nicht ganz durchdringen, jetzt liess ich mich 
selbst, während ich die Wendung des Uterus mitzumachen resp. 
zu verfolgen strebte, auf den Rücken legen und durch diese kork¬ 
zieherähnliche Bewegung meinerseits gelangte ich durch die 
Drehung hindurch an ein Bein; ich zog dieses nun mit aller 
Kraft in die Geburt und schleifte es an. Nun liess ich die Kuh 
entknebeln und aufstehen; es gelang mir jetzt leicht, wieder an 
das Kalb zu kommen, doch bestand immer noch '/^Drehung des 
Uterus. Ich untersuchte nun die Lage des Kalbes ganz genau 
und fand, dass ich das rechte Vorderbein angeschleift hatte, dass 
das linke Vorderbein gebeugt lag und der Kopf in der lmken 
Flanke des Kalbes. Nun streckte ich zuerst das linke Bein und 
schleifte es an. Der Kopf lag wie festgekeilt, denn obwohl ich 
bis an das Maul kommen konnte, gelang es mir erst nach ver¬ 
schiedenen, vergeblichen Versuchen den Kopf etwas in seiner 
Lage zu lockern. Ich legte nun die Günther’sche Kopfschlinge an, 
liess den Kopf und Hals durch Zug an der Leine vollständig 
Btrecken, kreuzte die Schenkel, gab dem Kopf während nun an 
allen drei Stricken gezogen wurde, die richtige Lage, mit dem 
Unterkiefer auf den Vorderschenkeln, und das Kalb wurde nun 
in der normalen Lage entwickelt. Im Augenblicke, als der Kopf 
mit ins Becken trat, verschwand die Torsio uteri vollständig. Der 
ganze Act hatte vier Stunden gedauert, es lässt sich eben eine 
Geburt nicht so schnell ausführen, wie beschreiben. Die Kuh ist 
vollständig gesund geblieben. 

Da alle Jahre neue geburtshilfliche Instrumente, ganz be¬ 
sonders grosse Zerstückelungsmaschinen erfunden und z. B. bei 
sonst normaler Lage bei nur seitwärts verschlagenem Kopfe so¬ 
gar in Anwendung gebracht werden, sei es mir gestattet, an dieser 
Stelle und im Anschluss an den oben beschriebenen Fall noch 
einige allgemeine Bemerkungen über Geburtshilfe im Interesse 
der armen Thiere zu machen. 

Man gewöhne sich von Anfang an daran, möglichst alle ge¬ 
burtshilflichen Verrichtungen ohne jedes Instrument, nur mit den 
Händen auszufubren. In dem oben beschriebenen Falle würde 
wohl kein Instrument anzuwenden gewesen sein (und wenn, leichter 
und schneller würde es wohl auch nicht damit gegangen sein), 
da die grösseren ihrer Stabilität wegen die enge Windung nicht 
hätten passiren können und die kleineren, vor allen Dingen scharfe 
Haken, wenn sie ausrissen, den Uterus unbedingt lebensgefähr¬ 
lich verletzt hätten. — Mein ganzes geburtshilfliches Instrumen¬ 
tarium besteht nur aus einem Günther’schen Ringmesser: damit 
kann man, wenn nüthig, eine vollständige Embiyotomie aus- 


No. 5. 

führen und bei einiger Vorsicht das Mutterthier auch nie ver¬ 
letzen. Am häufigsten werden wohl von allen Instrumenten die 
Haken, stumpfe sowohl wie scharfe (letztere sind für den Ope¬ 
rateur und das Matterthier gleich gefährlich) angewandt und vor 
allen Dingen dazu, um den Kopf zu fixiren oder herbeizuziehen, 
und doch kann man sie gerade am Kopfe vollständig entbehren, 
da derselbe durch nichts sicherer festzustellen ist, als wie durch 
die Günther’sche Kopfschlinge. Leider vermisse ich die Er¬ 
wähnung dieses ausgezeichneten Hilfsmittels in der Geburtshilfe 
von de Bruin. 

Da die jüngeren Collegen das allerdings alte und auch theil- 
weise veraltete, aber doch in mancher Beziehung sehr empfehlens- 
werthe Werk von Fr. Günther 1830 nicht besitzen werden und 
es im Buchhandel wohl kaum noch zu bekommen ist, so möchte 
ich die Günther’sche Kopfschlinge hier nochmals beschreiben 
und dringend empfehlen, da sie bei einiger Uebung verhältniss¬ 
mässig leicht, auch in den verzwicktesten Lagen, anzulegen ist 
und nie ausreissen kann, wie die Schlinge um den Unterkiefer 
bei faulen Früchten —bei lebenden verletzt letztere das Kalb oft 
lebensgefährlich. — Günther empfiehlt, sich die Schlinge von 
mehrfach zusammengelegter starker Leinwand herzustellen, doch 
hat das den Nachtheil, dass die Schlinge leicht hart und steif 
wird und sich auch schwer desinficiren lässt. Ich nehme 
eine ganz gewöhnliche Pflugleine, die ich, soweit sie in die Ge¬ 
burtswege kommen kann, gut einöle, Man nehme die Mitte der 
Leine vor sich und kreuze die beiden Enden dicht vor der Mitte, 
sodass das obenliegende Ende nach links hinüberläuft, jetzt fasse 
man von oben in die entstandene Oese und ziehe das obenliegende 
Ende von links und unten ungefähr einen Fuss lang durch die 
Oese, dadurch entsteht rechts ein Knoten in dem links das eine 
Ende der Leine läuft. Nun ziehe man den Knoten so fest an, 
dass das sog. Laufende der Leine sich noch leicht hin- und her¬ 
ziehen lässt. In das Laufende mache man als Merkmal am 
hinteren freien Ende einen Knoten, damit man von aussen durch 
Zug die Schlinge stets verkleinern kann. Die Schlinge nimmt 
man nun über die Hand und schiebt dieselbe über den Kopf 
hinter beide Ohren so, dass der Knoten zwischen beiden Unter¬ 
kiefern zu liegen kommt, nun zieht man mit der freien Hand am 
Laufende, während man mit der „Geburtshand“ den Knoten in 
besagter Lage fixirt, so lange, bis die Schlinge ganz fest im Ge¬ 
nick liegt, dann knotet man beide Leinenenden dicht vor der 
Geburt zusammen, damit die Schlinge beim Ziehen des Hilfs¬ 
personals sich nicht weiter verengern kann. Diese Schlinge ist, 
wie sich jeder bei Gelegenheit selbst überzeugen kann, leicht 
anzulegen und gleitet nie ab, es lässt sich mit ihr ferner eine 
ganz bedeutende Zugkraft auf das ganze Kalb austiben, ohne das 
Leben desselben zu gefährden. 

Referate. 

Pentalähmuiig beim Pferde. 

Von Prof. Fröhne r. 

(Mtsb. f Tb. Bd. IX, II. 1.) 

F. hat in drei Jahren vier Fälle von Penislähmung beobachtet. 
Die Ursachen konnten in zwei Fällen nicht sicher festgestellt 
werden. In den andern beiden Fällen wurden insofern inter¬ 
essante Erhebungen gemacht, als bei beiden Pferden der Lähmung 
die Erkrankung an Brustseuche voraugegangen war (es handelt 
sich übrigens in allen Fällen um 9—14jährige Wallache). Die 
Symptome sind bekanntlich charakteristisch: Der Penis ist vor¬ 
gefallen, die Glans Penis wird infolgedessen gescheuert und 
bildet eine kegelförmige Geschwulst; daran schliesst sich ein 
manchettenartiger Wulst, welcher sclerotisch wird, und oberhalb 
derselben liegt der ebenfalls häufig stark angeschwollene Schlauch; 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQle 




3. Februar 1898. 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


der Harnabsatz ist weder gestört, noch unwillkürlich. Die im 
Verlaufe der Lähmung secundär auftretende Schwellung erklärt 
es, dass der Process irrthümlich als Paraphimose aufgefasst wird, 
welche doch erst als Folgezustand eintritt Eine primäre Para¬ 
phimose ohne bestehende Lähmung findet sich beim Pferde meist 
nach der Castration. Die Pathogenese der Penislähmung bedarf 
noch der Aufklärung, insbesondere die Frage, ob eine centrale 
oder periphere, eine neurogene oder myogene Lähmung vorliegt. 
Die Möglichkeit, dass äussere Insulte (Quetschung des After¬ 
rutenmuskels) dies bewirkt, ist nicht auszuschliessen, doch spricht 
auch manches für den centralen Ursprung. Die Penislähmung 
dürfte das Analogon der ebenfalls nach Brustseuche auftretenden 
Lähmungen des Schweifes (Hammelschwanz) der Nachband 
(Kreuzschwäche), der Stimmbänder (Roaren) sein. Die neben 
der motorischen gleichzeitig vorhandene sensitive Lähmung, so¬ 
wie die in einem Falle anamnestisch festgestellte Functionsstörung 
der Blase weisen auf das Lendenmark als Sitz der Lähmung hin. 
Dexler hat in zwei Fällen von Schweiflähmung nachgewiesen, 
dass selbstständige Erkrankungen des Lendenmarks bezw. seiner 
Häute, chronische interstitielle Entzündungsprocesse in demselben 
Vorlagen. Ob das bei den Penislähmungen der Fall war, bleibt 
weiterer Untersuchung Vorbehalten. Die Prognose ist bei der 
Penislähmnng schlecht F. gelang es zwar durch Massiren und 
Electrisiren, in drei Fällen eine Besserung, in keinem jedoch eine 
Heilung zu erzielen. Die Amputation des vorgefallenen Penis 
ist das radicalste und empfehlenswertheste Mittel. Die Operation 
führt rasch zum Ziel und hat den practischen Effect, die 
Entstellung und Werthverminderung des Pferdes zu beseitigen. 
Allerdings ist eine Möglichkeit zu beachten: die dor späteren 
Ausbildung einer Striktur der Harnröhre. Die operirten Pferde 
müssen daher sorgfältig beim Uriniren überwacht und bei auf¬ 
tretenden Beschwerden von Neuem durch Spalt UDg der verenger¬ 
ten Harnröhre operirt werden. Bei der Amputation selbst ist 
zur Vermeidung einer späteren Stenose, die Harnröhrenöffnung 
möglichst weit zu gestalten, wie dies in dem Operationskursus 
von Pfeiffer beschrieben ist. 

Schutzimpfungen gegen Schweinesenche. 

In Oesterreich-Ungarn werden die Versuche, ein brauchbares 
Impfverfahren gegen die Schweineseuche zu ermitteln, eifrig fort¬ 
gesetzt. 

Tatay, Thierarzt in Ujfehörtö, impfte in einem inficirten 
Bestände 170 Ferkel mit Blutserum von Schweinen, die 2—4 Tage 
an Schweinepest (Schweineseuche) erkrankt waren. Die kranken 
Schweine wurden geschlachtet, das Blut derselben in gereinigten 
Gefässen aufgefangen, zugedeckt und 16 Stunden im Keller auf¬ 
bewahrt. Hierauf wurde das abgeschiedene Blutserum durch ein 
reines Leinentuch filtrirt und nunmehr zur Impfung verwendet. 
Das Serum wurde an den inneren Schenkelflächen unter die Haut 
gespritzt. Die Dosis betrug für Ferkel zwei Pravaz’sche Spritzen, 
für ältere Schweine die doppelte Menge. 2—3 Tage nach der 
Einspritzung des Serum trat eine leichte Impfkrankheit ein, 
wobei jedoch die Fresslust nicht nachliess. Die Genesung er¬ 
folgte ausnahmslos nach 2—4 Tagen. Ueber eine ähnliche vom 
Freih. Bela v. Nyary, Landwirth in Ungarn, angegebene Methode 
wird ferner berichtet: „Den Thieren wird stets Serum ein¬ 
gespritzt, das aus dem Blute eines gleichalterigen Tbieres ge¬ 
nommen wurde. Dem in Behandlung stehenden Thiere soll 
leichteres Futter, gemahlene Gerste und dergl., verabreicht werden. 
Das Blutserum muss immer frisch sein, am besten ist es, wenn 
es nur wenige Stunden vor der Einimpfung bereitet wird. Die 
Nadel soll bei jeder Impfung bis zum Heft eingetrieben werden. 
Die Dosis hat bei jüngeren Thieren (bis zu einem Jahre) 5 g, 


55 

bei erwachsenen 10 g zu betragen. Sollten die Krankheits¬ 
symptome nicht nachlassen, so ist das Verfahren zu wiederholen. 
Das Verfahren soll stets von einem Thierarzte vorgenoramen 
werden. 

Jo8. Töth, Ober-Thierarzt undMaxHaks, Comitats-Thierarzt, 
haben mit einem eigenen, nicht näher beschriebenen Verfahren 
500 Stück Borstenvieh geimpft, von denen nur 2 pCt. der 
Seuche erlagen, von den nicht geimpften Schweinen sind dagegen 
90 pCt. eingegangen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.) 

InfectionsYersuch mit Taberculose bei einem Esel. 

Von Prof. Johne. 

(Zeitacbr. f. Thiei med. Neue Fulge. 1897 II. 5) 

Die spontane Infection des Esels mit Tuberculose wird be¬ 
stritten. Dass der Esel aber durchaus nicht immun gegen die 
Krankheit ist, beweist der folgende Infectionsversuch. Einem 
sieben Monate alten gesunden Eselhengstfohlen wurden am 
11. Januar 1896 je 2 g einer Aufschwemmung von Tubercel- 
bacillen-Reincultur in eine Vene des rechten Ohres und gleich¬ 
zeitig in die Bauchhöhle injicirt. Den Rest der Aufschwemmung 
erhielt der Esel, auf Brod gestrichen, zu fressen. Bei einer am 
26. Januar angestellten Tuberculinprobe stieg die Körpertemperatur 
um 1,8°. 47 Tage nach der Impfung wurde der Eselhengst ge- 
tödtet und nachstehende pathologisch-anatomische Diagnose er¬ 
hoben: Tuberculose Abscesse an beiden Impfstellen, markige 
Schwellung der benachbarten Lyraphdrüsen. Chronische embolische 
Tuberculose sowie acute embolische Miliartuberculose der Lunge, 
markige Schwellung säramtlicher Broncbialdrüsen (jedenfalls 
tnberculöser Natur, wenn auch Bacillen nicht nachgewiesen), 
markige Schwellung sämmtlicher Solitärfollikel des Darmes, des. 
gleichen sämmtlicher Mesenterialdrüsen. 

Durch diese schwere Allgemeininfection ist erwiesen, dass 
der Esel gegeu Tuberculose nicht immun ist. Die spontane 
Tuberculose beim Esel hat zwar in der Literatur noch keine Er¬ 
wähnung gefunden, doch ist ihr Vorkommen nicht von der Hand 
zu weisen. Auch beim Pferde ist die Tuberculose selten (Berliner 
Hochschule 0,17 pCt.; Dr. Klemm, Dresdner 2,1 pCt.) und 
erst öfter festgestellt, seitdem die Fälle, welche früher als Sarco- 
matose passirten, näher geprüft wurden. Durch grössere Auf¬ 
merksamkeit auf diese Verhältnisse in den Ländern, wo der Esel 
gehalten wird, dürften auch Fälle von spontaner Tuberculose beim 
Esel zur Feststellung gelangen. 

Tuberkulose bei Schweinen. 

(Vet Record 1897 Bd. X H. 479.) 

Mr. Cope veröffentlicht eine Statistik, die er durch Unter¬ 
suchung von ihm übersandten Organen erkrankter bezw. ge- 
tödteter Schweine gewonnen hat. Aus derselben geht hervor, 
dass die Tuberkulose bei den Schweinen in England nicht sehr 
verbreitet ist. Die Obductionen ergaben weiter, dass die tuber¬ 
kulösen Veränderungen beim Schweine selten in anderen Organen 
als in den Lungen und in der Milz gefunden wurden. Serosen- 
tuberkulose ist ziemlich selten, und wenn vorhanden, mit Miliar¬ 
tuberkulose der Lungen vereint. In dieser Beziehung gleicht die 
Lungentuberkulose des Schweines mehr der des Menschen als 
den tuberkulösen Lungenaffektionen anderer Hausthiere. 

Die folgende Statistik gründet sich auf Untersuchungen von 
Schweinen jeden Alters und jeder Rasse aus allen Gegenden des 
Königreiches. Der Procentsatz an Tuberkulose beträgt hiernach 
etwas über 1 Procent. 

Die Üebertragung der Krankheit von Schwein zu Schwein 
erfolgt l eira Fressen aus gemeinsamen Trögen. 


Digitized by 


Google 



56 BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 5. 


Monatsübersicht über Obductionen von Schweinen im 

Jahre 1896: 


Monat 

Zahl der 

unter- 

i suchten 
Geschlinge 

Zahl der 
Swinefever 
(Schweine- 
seuche)-Er- 
krankungen 

Zahl 

der Herz¬ 
erkrankun¬ 
gen 

Zahl der 
Tuber¬ 
kulosefälle 

Januar . . 

| 1728 

532 

41 

32 

Februar 

1 1588 

558 

30 

25 

März . . . 

1 405 

462 

34 

21 

April . . . 

1 277 

589 

21 

14 

Mai . . . 

1 288 

638 

15 

18 

Juni . . . 

1 216 

523 

16 

5 

Juli . . . 

941 

378 

24 

5 

August . . 

881 

382 

42 

10 

September . 

878 

358 

36 

12 

October . . 

669 

301 

44 

2 

November . 

605 

263 

25 

10 

December . 

745 

304 

14 

5 

Zusammen . 

13 221 

5 288 

345 

159 


Vergiftung; durch Oenanthe crocata. 

Von W. Joisou Macadam, F. R S. E., F. J. C., F. C. S. etc., Prof 
der Chemie und Toxicologie am New Vcterinary College, Edinburg 

(Vot. Journal 1897, H. *G9.) 

Im Mai des laufenden Jahres untersuchte Verf. auf Ver¬ 
anlassung des Directors (principal) der Veterinärschule Williams 
den Mageninhalt von mehreren Milchkühen, die der Vermuthung 
nach durch Aufnahme eines giftigen Stoßes eingegangen waren. 

Die Kühe waren einer Herde zugetheilt worden, die zum 
ersten Mal in einem wohlgeschützten Parke weidete, woselbst 
sie auch während der Sommerszeit übernachtete. Zwei Monate 
vorher hatten Schafe die Parkweide innegehabt, bei welchen sich 
keine Krankheitsfälle ereignet hatten. 

Gleich am Morgen nach dem Beziehen der Weide bemerkte 
der Kuhhirt, dass sich drei Kühe von der Herde absonderten und 
ein schläfriges Aussehen bekundeten. Dieselben zeigten bald 
darauf wässerigen Durchfall. Eine Kuh ging an demselben, die 
andere am folgenden Tage ein, die dritte genas. Die Frau des 
Kuhhirten und ihr sechs Monate altes Kind, welche von der Milch 
der kranken Kühe genossen hatten, wurden ebenfalls von heftiger 
Diarrhoe befallen. Sie kamen jedoch mit dem Leben davon. 

Bei den Kühen wurden noch folgende Symptome beobachtet: 
Schwerathmen, Gliederzittern und Unvermögen, aufzustehen. Die 
Magenschleimhaut der gefallenen Kühe befand sich im Zustande 
einer starken Cougestion und ödematöser Schwellung. Peri- 
cardium ecchymosirt, Herz, rechte Kammer und Vorkammer mit 
dicken schwarzen weichen Gerinnseln angefüllt, die sich bis in 
die Blutgefässe erstreckten. Lungen im Zustande der Cougestion. 

Die Untersuchung des Mageninhaltes ergab unter anderen 
Pflanzenresten das Vorhandensein der Blätter und Samen einer 
Umbellifere. Beim Absuchen der Weide nach dieser Pflanzen¬ 
gattung zeigte sich, dass dieselbe Art, von welcher die gefundenen 
Ueberreste stammten, in sehr reicher Menge an dem Ufer eines 
Baches wuchs, an welchem die Kühe geweidet hatten. 

Die Pflanze wurde als Oenanthe crocata (Zim) bestimmt. 
Dieselbe gehört zu den Schierlingsgewächsen und kommt in 
England, Irland und Süd-Schottland sehr häufig vor, während sie 
in den nördlichen Grafschaften Schottlands weniger gemein ist. 
Im Volksmunde wird die Pflanze „Wiesen-Safran“ (Meadow- 
Saffron) genannt, eine Benennung, welche sie dem gelben Safte 
ihrer Blätter und Stengel verdankt. 


Der Saft ist ein scharfes Gift, welches Darmentzündung ver¬ 
ursacht, die von Delirium und Convulsionen begleitet ist und in 
kurzer Zeit zum Tode führt. 

Vergiftung mit Rhododendron bei einer Ziege. 

Von P. Wilson, M. R. C. V. S. 

(Vetorinariau 1897, Bit. I.XX. 11 839) 

Die Ziege bekundete ein lustloses Verhalten, hielt den Kopf 
gesenkt; die Ohren waren kalt und hingen herab. Der Gang 
war schwankend. Aus dem Maule lief beständig Speichel herab. 
In kurzen Zwischenräumen machte sich eine leichte Contraction 
der Abdominalmuskeln bemerkbar. Nachdem sich diese Er¬ 
scheinung dreimal wiederholt hatte, stellte die Ziege alle vier 
Beine unter den Leib und presste mit Anstrengung der Abdominal¬ 
muskeln auf den Darm. Hierbei drangen aus Maul und Nase 
Ingesta hervor. Dieselben enthielten viele kleine Theilcheu von 
Blättern, die von Rhododendron herrührten. Die sichtbaren 
Schleimhäute waren blass, der Puls klein und schnell, die Respi¬ 
ration oberflächlich, der Darm verstopft. 

Die Behandlung bestand in der Verabreichung einer Dosis 
Ricinusöl mit Liq. Ammon, acet, Spirit, aether. und öl. 
Menth, piper. Zweistündlich wnrde die Verabreichung von Spirit, 
aether. und Liq. Ammon, acet. wiederholt. 

Bei dieser Behandlung erholte sich die Ziege innerhalb eines 
Tages. Als Nachkur erhielt sie noch mehrere Tage zwei Wein¬ 
gläser voll Porter, täglich zweimal. 

Ueber das Verhalten der Microorganismen gegen die 
Einwirkung comprimirter Gase. 

Von Dr. G. M a 1 f i t a n o 

(Qiornale dt-lln U Soc. Itnl. rt’Igieoo ls. 7, II. 18.) 

Paul Bert gelang es, gährungs-undfäulnissfähige Substanzen 
vor jeder Veränderung zu schützen indem er sie der Wirkung 
comprimirten Sauerstoffes aussetzte. Derselbe glaubt, dass alle 
Microorganismen durch dieses Verfahren vernichtet würden. 
Pasteur, Joubert, Faltz und später Chauveau und Leh¬ 
mann haben den Sauerstoff in diesem Sinne vielfach mit Vor¬ 
theil angewendet. Doch fehlte es an exacten Versuchen über 
den wahren Werth des Gases als bacterieutödtendes Mittel. 
Andere Forscher wie Regnard und Uertes haben andrerseits 
bewiesen, dass Microorganismen eine ausserordentliche Wider¬ 
standskraft gegen Gasdruck zeigen, wenn derselbe direct auf 
das flüssige Nährmedium ausgeübt wird, in welchem sie leben. 

Die bacteriologische Technik hat seit ihrer Entstehung mit 
einer noch nicht überwundenen Schwierigkeit zu kämpfen, d. i. 
die in einem Material enthaltenen Keime zu zerstören ohne die 
physiologisch-chemischen Eigenschaften desselben zu verändern. 
D’Arsonval benutzte zu dem fraglichen Zweck das Kohlen¬ 
säureanhydrid und zeigte, dass bei einem Druck von 50 bis 
60 Atmosphären auf eine Dauer von 12 Stunden der Bac. 
pyocyaneus seine Keimkraft verlor. Dagegen steht als sicher 
fest, dass eine vollständige Sterilisation eines der Wirkung der 
Kohlensäure ausgesetzten Materials nicht möglich ist. Roger 
untersuchte den Einfluss sehr hoher Gasspannungen auf die 
Lebensfähigkeit der Bacterien und konnte selbst bei einem Druck 
von 3000 Atmosphären keine besondere entwicklungshemmende 
Einwirkung auf die Culturen verschiedener Microorganismen 
nachweisen. 

Diese entgegengesetzten Resultate drängten den Verf. zu 
eigenen Versuchen. Dieselben bestanden darin, dass er drei 
Gasarten 0, CO und C0 9 unter einem bestimmten Druck und 
eine gegebene Zeit lang auf die Microorganismen einwirken liess, 
um daraus Schlüsse für den wahren Werth dieses Verfahrens zur 
Abiödtung von Keimen in Stoffen, die nicht der Erhitzung oder 


Digitized by VjOOQie 





3. Februar 1898. 

antiseptischen Mitteln ausgesetzt werden sollen, ableiten zu 
können. 

M. fasst seine Versuchsergebnisse in folgenden Sätzen 
zusammen: 

1. Die Wirkung, welche die comprimirten Gase auf Micro- 
organi8inen ausüben können, hängt von ihren spocitischen Eigen¬ 
schaften ab und zeigte sich von den drei untersuchten Gasen in 
den mir gezogenen Grenzen nur bei der Kohlensäure. 

2. Die Wirkung des comprimirten Kohlensäureanhydrides 
hängt sehr von den Bedingungen ab, in denen die Microorga- ismen 
sich befinden, wenn sie denselben ausgesetzt werden. 

3. Mit den Mitteln, deren ich mich bediente und bei den 
Bedingungen unter denen ich arbeitete, waren keine bemerkens- 
werthen Veränderungen morphologischer und biologischer Alt an 
den Microorganismen bei dieser Behandlung festzustellen. 

4. Das Verhalten der verschiedenen Gruppen von Micro¬ 
organismen gegen dieses Agens ist verschieden und entspricht im 
Allgemeinen dem Grade ihrer Resistenz gegen ein Mittel von 
sauerer Reaction. 

5. Der grösste Effekt kommt zustande, wenn mau das Kohlen¬ 
säureanhydrid bei höchster Spannung und unter der Bedingung 
verwendet, dass es direct auf das Protoplasma einwirken kann. 

6. Dieses Agens reicht auch bei seiner energischen Wirkung 
nicht ans, Keime zu tödten, welche Sporen produciren, die so 
widerstandsfähig sind, wie die des Bac. subtilis. 

Ceber die Verdauung uud den Stoffwechsel der Fische. 

Vortrag gehalten von Zuntz in der Berl. physiol. Gesellsch. 

(D. Med. W»ih. 52 97.) 

Abgesehen von älteren Untersuchungen über den Gaswechsel 
ist der Stoffwechsel der Fische bisher fast, gar nicht studirt. Die 
Versuche, über die Z. berichtet, sind an Karpfen angestellt. Sie 
betrafen 1. den Stickstoffwechsel am hungernden Thiere. Er 
wächst, wie bei den Kaltblütern, erheblich mit der Umgebungs¬ 
temperatur. Im Winter war er pro kg Karpfen und 21 Stunden 
34—68 mg N (beim Schwein ist er 53—01 mg!), im Sommer 
betrug er 200—473 mg (Mensch 194—246 mg). 2. Wirkung der 
Verdanungssecrete auf die Nahrung. Ein saurer Verdauungssaft 
fehlt; im ganzen Magendarmcanal herrscht alcalische Reaction. 
Auszüge aus dem Hepatopancreas und dem Darm wirken fett¬ 
spaltend, eiweissverdauend, amylolytisch, die Galle für sich allein 
nur amylolytisch. Dagegen erhöht sie, dem Hepatopancreas 
hinzugefügt, dessen fettspaltende und tryptische Wirkung. Z. B. 
Hepatopancreas macht aus Neutralfett frei: 0,179 g, mit Galle 
1,49 g Oelsäure. Auffallend ist die celluloseverdauende Wirkung 
der Verdauungssäfte. 3. Wurde die Wirkung der Secrete auf: 
Fleischmehl, Blutmehl, Lupiuen etc. bestimmt; sie war eine sehr 
gute, da ca 90 pCt. verdaut wurden. Endlich wurden am Karpfen 
selbst Ausnutzungsversuche mit verschiedenem Futter gemacht. 
Es zeigte sich, dass er seinen gesammten Bedarf durch alleinige 
Eiweisszufuhr decken kann, wie er andererseits es sogar bei 
einer Nahrung, deren N-Gehalt minimal ist (geringer als der 
N-Umsatz im Hunger) ansetzen kann, wenn reichlich N-freie 
Stoffe gegeben werden. Die Energiemenge, die der Karpfen mit 
dem Futter zugeführt erhielt, betrug 57 Calorien pro Kilogramm 
und Tag, d. h. war höher als beim Menschen. 

Die Filzkrankheit der Fische and der Fischeier. 

Von A- Maurizio in Zürich. 

(Ccntralbl f. Hakt 1*97. S. HH\) 

Verf. hat sich der anerkennenswerthen Arbeit unterzogen, die 
dieses Gebiet der vergleichenden Pathologie betreffenden Publi- 
cationen übersichtlich zusamraenzustellen. 


57 

Unger berichtet zuerst über eine Pilzkrankheit bei Fischen. 
Die untersuchten Pilze scheinen Vertreter der Gattungen Achlya 
und Saprolegnia gewesen zu sein. In dieser Abhandlung ist 
eie ältere Literatur verzeichnet. A. Sticker berichtet über 
Fischseuchen aus Westindien, vom Meerbusen von Mexico, aus 
der Walfischbai aus den Jahren 1837, 1851 und 1880. Goeppert 
stell'e als Ursache der Verpestung eines oberschlesischen 
Flüsschens Leptomitus lacteus fest. Die Fischpest, welche 
sich in den Jahren 1877 bis 82 über viele Flüsse Englands und 
Schottlands ausbreitete, ist insbesondere von Huxley und Murray 
beschrieben worden Walentowicz beschrieb eine Karpfenpest 
in Kaniow und Raciborski bestimmte die pathogenen Pilze als 
Achlya Nowicki und Saprolegnia monoica. Blanc und 
Schnetzler stellten als Ui>ache einer Erkrankung der Hechte 
des Genfer Sees im Jahre 1887 Achlya prolifera und Sapro¬ 
legnia ferax fest. Mit dem gleichen Pilz wird eine Fisch¬ 
krankheit im Staate Ne*-Jersey durch Gerard in Verbindung 
gebracht. 

Saprolegnieen auf Fischen und Fischeiern sind auch von 
Maurizio mehrfach beobachtet worden, in gleicher Weise 
Leptomitus lacteus. Verf. ist der Ansicht, dass bacterielle 
Krankheiten bei Fischen ebenfalls Vorkommen. 

Emmerich und Weigel haben bereits einen solchen Fall 
beschrieben. Die Krankheit bestand in einer epidemischen 
Furuuculose mit Ausgang in Septicopyäniie. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Torfmelassefatter. 

Die Mittheilungen der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft 
sprechen sich nach einem Referat in der Ztschr. f. Veterinärkd. 
über die Bedeutung der Melasse und speciell des Torfmelassefutters 
folgeudermassen aus: 

Die einwandsfreie Verwerthung der Melasse ist seit Jahren 
eine der schwierigsten landwirtschaftlichen Aufgaben. Sie ent¬ 
hält noch einen recht hohen Procentsatz Zucker. Wegen des 
gleichzeitigen starken Salzgehaltes aber ist die naheliegende Ver¬ 
wertung als Futtermittel in mehrfacher Hinsicht zunächst nicht 
befriedigend ausgefallen. Eine Lösung der Schwierigkeit zu 
finden, wäre für die Landwirtschaft ausserordentlich wertvoll. 
Die Melassefütterung hat in den letzten Jahren grosse Ausdehnung 
angenommen. Beachtung haben besonders gefunden Gemische mit 
getrockneten Zuckerrübenschnitzeln, Bärmekuchen, Mehl etc. uud 
namentlich das Torfmelassefutter. Es sind auch vielfach exacte 
Beobachtungen der Futterergebnisse angestellt worden, von denen 
im Ganzen aber wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen ist und 
deren Resultate sich auch zum Tlieil schroff gegenüberstehen. 
Ganz besonders schwer dürfte es heute noch sein, über das Torf¬ 
melassefutter zu einem abschliessenden Urtheil zu gelangen. Das 
Melassetorfmehl soll 6 pCt. stickstoffhaltige Stoffe oder Roh¬ 
proteine, davon jedoch die Hälfte Amyde enthalten, gar kein 
verdauliches Fett und 39 pCt. verdauliche stickstofffreie Extract- 
stoffe. Wenn man es daher als ein Kraftfutter bezeichnet, so ist 
das nicht berechtigt, da die verdaulichen Nährstoffe im Ganzen 
nur wenig über 40 pCt. ausmachen und auch die werthvollen 
stickstoffhaltigen Stoffe zu den stickstofffreien nicht in einem so 
engen Nährstoffverhältniss stehen, wie dies in dem Begriff Kraft¬ 
futter liegt, denn die Amydstoffe sind bekanntlich den stickstoff¬ 
freien gleichzustellen. Es bleiben mithin nur 3 pCt. verdauliches 
Eiweiss, was ein Nährstoffverhältniss von 1:14, also ein ausser¬ 
ordentlich weites, ergiebt. Der Werth des Futters besteht in dem 


BERLINER TH1ERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by UjOOQie 



No. 5. 


BERLINER TillERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


58 

Vorljandensein des leicht verdaulichen Kohlenhydrats (Zuckers). 
Doch wird man diese Kohlenhydrate in der unvermischten Melasse 
billiger haben, und es ist doch noch nicht fesigestellt, ob der 
Moortorf etwa besondere diätetische vortheilhafte Wirkungen aus¬ 
übt resp. die unerwünschten Eigenschaften der reinen Melasse 
aufzuheben im Stande ist. Diesen aus der chemischen Analyse 
folgenden, an sich ganz richtigen Erwägungen treten nun aber 
die gewonnenen Erfahrungen theilweise gegenüber. Oeconomie 
rath V i b r a n s wirft vom practischen Standpunkt aus allerdings 
die vollkommen berechtigte Frage auf, wozu man die werthlose 
Torfsubstanz mit einem werthvollen Stoff, wie es die Melasse ist, 
mischen wolle. Der Torf könne keinen Werth haben; die Mischung 
habe nur den Effect der doppelten Verteuerung des einzig werth¬ 
vollen Stoffes, nämlich des Zuckers. Ausserdem ist die Melasse 
selbst von sehr verschiedener Qualität und für die Mischung wird 
die billigste verwandt. Auch die übrigen Melassegemisehe sind 
namentlich aus dem letzteren Grunde mit Vorsicht aufzufassen 
Diesem priucipiell ablehnenden Standpunkte stehen aber eine 
grosse Zahl von ans Erfahrung geschöpften Ansichten gegenüber, 
die auf Grund einer Aufforderung der LandwirthschaftsgeselDchaft 
derselben zugestellt w'ordeu sind. Nur eine einzige dieser Mit¬ 
theilungen spricht dem Melassetorfmehl die Bedeutung als Futter¬ 
mittel ab, alle übrigen, darunter solche von fraglos competenten 
und zuverlässigen Beurtheilern, äussern sich mehr oder weniger 
anerkennend. Die Landwirthschaftsgesellschaft hat daher von 
Neuem die Bitte ausgesprochen, die Erfahrungen noch zu vervoll¬ 
ständigen und die Ergebnisse mitzutheilen.*) 


Tagesgeschichte. 

Die Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers. 

Die Studentenschaft der thierärztlichen Hochschule in Berlin 
hatte zum Geburtstage des Kaisers schon am 20. Januar einen 
Festkommers in den Germaniasälen veranstaltet; der schöne 
Raum prangte in reichem Fahnenschmücke. Inmitten des Bühnen- 
portals und eines Arrangements von Fahnen der einzelnen Corpo- 
rationen erhob sich vor einer Pflanzengruppe die lorbeergeschmöckte 
Büste des Kaisers. Viele Ehrengäste wohnten der Feier bei. 
Fast das ganze Professorencollegium, an der Spitze der neue 
Rector Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Dieckerhoff, ferner die Re¬ 
petitoren und Assistenten der Hochschule nahmeu Theil. Als 

* Das Richtigste ist zweifellos, gleich in den Zuckerfabriken 
gute Melasse mit Rlibenschnitzeln zu mischen und zu trocknen. Fast 
aller Arbeitslohn, Ausgaben für Tonnen, Säcke und Versand u. s. w. 
fallen fort und auch das Trocknen der Schnitzel wird verbilligt, 
weil Melasse bereits 85 pCt. Trockensubstanz enthält Nach dein 
alten Verfahren enthielt die Melasse 48 Theile Zucker und 8—10 
Thcile Salz. Es kamen auf 1 kg Salze 6 kg Zu< ker. Nach gewissen 
neuen Verfahren dagegen kommt auf 1 kg Salze nur 3,6 kg Zucker. 
Mit 3 kg Melasse — Vf, kg Zucker wurdeu früher nur 0,24 kg Salz, 
jetzt werden 0,4 kg Salze verabreicht, was ein so starkes Abführen 
hervorruft, dass der Werth des Zuckers anullirt wird. Die Roh- 
zuckermelassc der Zukunft und schon jetzt diejenige der nach dem 
neuen Verfahren arbeitenden Fabriken wird als Viehfutter werthlos. 
Es kommt dann nur noch die Raffinerie-Melasse in Frage, bei der 
das Verhältnis des Zuckers zu den Salzen dasselbe bleibt wie in 
der alten Rohrzuckermelasse, und endlich die dritte und werthvollste 
Sorte, nämlich die Abfallmelasse aus den Melasse - Entzuckerungs¬ 
fabriken, welche auf 48 Theile Zucker nur noch zwei Theile ab¬ 
führende Salze enthält. Man verabreicht also in derselben Menge 
Melasse, 3 kg, neben 1,5 kg Zucker je nach der Sorte, bei der 
zuletztgenannten Melasse 0,06 kg, bei der alten Rohzucker- und 
Raffineriemelasse 0,24 kg und bei der neuen Rohzuckermelasse 
0,4 kg Salze. Der höchste zulässige Salzgehalt darf sich zum Zucker 
wie 1:6 stellen, wenn noch von einem wertlivollen Futtermittel ge¬ 
sprochen werden soll. 


Vertreter des Militär-Veterinär-Wesens waren Major von Keller, 
die Corps-Rossärzte Kösters und Schwarznecker, sowie die 
lnspicienten der Militär-Rossarzt-Schule anwesend. Ferner hatten 
die technische Hochschule, die Bergacademie und die Academie 
der bildenden Künste Abordnungen entsandt Die Logen und 
Balcons waren von festlich geschmückten Damen besetzt. Das 
Präsidium führte Cand. med vet. Krembzow vom A. T. V 
Frisia. Auf das Kaiserlied folgte die Festrede des ersten Vor¬ 
sitzenden, die in einem begeistert aufgenommenen Salamander 
auf Seine Majestät ausklang. Nachdem cand. med. vet. Reineck 
vom acad. wissenschaftl. Verein Guilelmia den Gästen für ihr 
Erscheinen gedankt und der Vertreter der Militär-Studirenden 
Hock der Damen in schönen Worten gedacht hatte, hielt der 
Rector eine Ansprache an die Studentenschaft. Seine Rede, die 
von lebhaftem Beifall begleitet wurde, gipfelte in einem Hoch auf 
die thierärztliche Wissenschaft. Das Fest verlief zu allseitiger 
Befriedigung. 

Der Festact iu der reich decorirten Aula der thierärzllicheu 
Hochschule zu Berlin, welchen der Rector leitete, fand am 
27. Januar Mittags 12 Uhr statt. An demselben nahmen ausser 
dem Lehrercollegium, den Repetitoren, Assistenten und Studirenden, 
zahlreiche Gäste Theil, unter ihnen der Unter - Staatssecretär 
Sterneberg, der Ministerialdirector Dr. Thiel und die Geheimen 
Räthe Küster und Schroeter vom Landwirthschaftlichen 
Ministerium, Geheimrath Röckl vom Kaiserlichen Gesundheits¬ 
amte; als Vertreter der Militär-Veterinär-Inspection Major von 
Keller, ferner viele beamtete Thierärzte und Militär-Veterinäre. 
Mit Gesang wurde die Feier eingeleitet und geschlossen. Die 
Festrede hielt Professor W. Eber über „Die Autointoxikation 
der Thiere“. Der Redner führte Folgendes aus: 

Bei der steigenden Bedeutung, welche die Erforschung der 
Aetiologie der Thierkrankheiten mit jedem Tage gewinnt, sei es 
mir vergönnt, eine besondere Krankheitsursache in den Brenn¬ 
punkt des Interesses der hohen Festversammlung zu rücken: die 
Selbstvergiftung oder Autointoxikation. 

Die Ursache der Intoxikation ist die Aufnahme des präfor- 
mirteu Giftes, die Ursache der Autointoxikation, die im Thier¬ 
körper selbst sich bildende schädliche Substanz. Die Vorstellung, 
welche sich die Griechen von den Krankheitsursachen überhaupt 
gemacht hatten, die veränderte „Säftemischung“, erinnert lebhaft 
au die Lehre von Autointoxikationen. Die neue Lehre unter¬ 
scheidet sich aber von der alten Krasenlehre durch das Bestreben, 
die Ursache der Dyskrasien zu isolieren und ihre Bildungsstätten 
zu lokalisieren. 

Wie iu der humanen Medizin, hat sich in der Thierheilkunde 
seit vielen Jahren eine Richtung ausgebildet, welche die Auto¬ 
intoxikation für die Entstehung einzelner Thierkrankheiten heran¬ 
gezogen und damit der Prophylaxe und dem therapeutischen 
Eingriff neue Bahnen eröffnet hat. 

Am Übersichtlichsten lässt sich das Wesen der Autointoxi¬ 
kation an der Selbstvergiftung durch Kohlensäure darstellen. 
Denn das Gift, seine Bildungsstätten und seine Ausscheidung 
sind uns bekannt. Hinderung der Ausscheidung führt zur 
Kohlensäure-Autointoxikation. Sie kann auch bei freien Respi¬ 
rationswegen erfolgen, z. B. durch Behinderung der Zwerchfell¬ 
bewegung. Sie kann durch Transporte, Arzneien etc. begünstigt 
werden. 

Schwieriger zu übersehen ist die Harnvergiftung oder Urämie. 
Wir kennen das „Urämiegift“ noch nicht, wissen jedoch, dass das 
Symptomenbild einsetzt, sobald die Harnabsonderung aus irgend 
einem Grunde sistiert. Die Urämie hat für die Thierheilkunde 
eine geringe Bedeutung. 


Digitized by LjOOQle 



3. FrWur l?t^. 


BERLINER THERÄRZIUCHE WOCHENSCHRIFT. 


59 


Fir fie Lehre na des Autoiatoxikaäoaez ersieht skh. dass 
Zaiidrhilt—g 4er atimtra tüchtiges oder fixen Stoffwechsel- 
prodscte nr Sdbstrergiftug führe* kasn. lad mxa hat daher 
diese ud ihakehe Autointoxikatioftea als Reteauonstoiikosea 

Dieser Begriff muss noch weiter gefasst werden: denn aaeh 
Bekiaderaag aad Vertaderaag der in den Geweben sich ab- 
spieleadea Sfffweeh ze lvo rg iage kennen gleichfalls rar Retentioa 
giftiger Sabstaaaea fahren. Als Beispiel sei aaf den Diabetes 
meüitas hinge wiesen. Die Gewebe vermögen den Traubenzucker 
nicht xa verbrennen, «• wird zun Gifte. Allein daneben spielen 
sich noch andere Yorgtage ab. Es bilden sich in dem normal 
funetioairenden Körper fremde Substanzen. Der Tod im Coma 
diabeticam wird aaf solche nengebildeten Stoffwechselprodncte 
xnrnckgefahrt (Pröda ctionstoxik ose n). 

Beispiele reiner Prodactionstoxikosen sind anscheinend die 
sogenannte ^schwarze Harn winde“ des Pferdes and die Geblr- 
parese (Kalbefieber) des Rindes. Die Therapie hat bei beiden 
Krankheiten, seitdem die frühere Auffassung über deren Aetiologie 
verlassen wurde, grössere Erfolge zu verzeichnen. 

Namentlich scheint dies nach dänischen Mittheilungen beim 
Kalbefieber der Fall za sein. Die Herabsetzung der Thätigkeit 
der Euterzellen durch Einfullen einer 5—10 pCt. Jodkaliumlösung 
in die Milch entern en hat die Mortalität an der Parese auf 10 pCt. 
gegen 50 pCt. herabgedrückt (403 Beobachtungen). 

Die Intoxikationen vom Darm ans sind sehr mannigfaltig und 
kaum zu übersehen. Hier tritt gegenüber der lebenden thierisehen 
Zelle noch die Thfttigkeit der Fermente und Microorganismen 
hervor. Ihre Produete können den Organismus gleichfalls ver¬ 
giften. Wird jedoch die lebende Körperzelle von Parasiten direct 
angegriffen, so sprechen wir von Infection. 

Hier scheiden sich Aetiologie, Prophylaxe und Therapie. In 
der Vorbengnng und Heilung liegt der Schwerpunkt meiner kurzen 
Skizze über die Autointoxicationen der Thiere. 

Die Prophylaxe der Intoxicationen heisst: Verhütung der 
Aufnahme des chemischen Giftes; die Prophylaxe der Antointoxi- 
cationen: Verhütung der Zurückhaltung oder Bildung des Giftes 
dnreh Beeinflussung der physiologischen Körperfnnctionen; die 
Prophylaxe der Seuchen und Infectionskrankheiten: Verhinderung 
der Aufnahme des belebten Krankheitsgiftes durch gesunde 
Individuen. 

Die Therapie der Autointoxicationen ist angewandte Toxo- 
therapie im weitesten Sinne des Wortes: Entleerung des In- 
testinaltractus, Neutralisation des Giftes, Erregung aller Secretionen, 
insbesondere der Haut-Speicheldrüsen- und Nierenthätigkeit, Er¬ 
höhung oder Erniedrigung des Stoffwechsels des gesummten 
Körpers oder einzelner Organe. 

Für die Pharmacotheraphie endlich ergiebt sich die Regel, 
der Autointoxication bei der Dosirung und Auswahl der Mittel 
gerecht zu werden. 

Hochansehnliche Festversammlung! 

An dem heutigen Tage richten sich aller Angen auf jene 
Stelle, an der unser erhabener Kaiser die Geschicke des Reichs 
machtvoll lenkt Unseres Kaisers weiser Regierung verdanken 
wir das Gut des Friedens. Unseres Kaisers Schaffen ist uns ein 
leuchtendes Vorbild nimmer rastenden Pflichtgefühls und seltener 
Energie. Und diese Herrschertugenden sind es, welche unsere 
Herzen begeisterter schlagen lassen, wenn wir unseres Kaisers 
gedenken. In den Jubel, welcher heute mehr denn je zum Throne 
dringt, möge sich auch unser Ruf mischen: Seine Majestät, 
unser Allergnädigster König und Kaiser, Wilhelm II., 
lebe hoch! 


Offfmtliffcfs Vrtfriiirww«, 

•Mittkeil uagea fir Vetertuärbeamte. 


Staaten 

bezw. 

Laadeatheile 


~ MäaL 
«. Khw 


»fc- 

braad 


Rota 


Schaf- 

rtele 


ll jJi llii] ! Ojl 

I? fäi | j |c|| * ” 


ij 


II iS 




Prev. (Xyttws 

— 

— 

tx 

»8 — 

— 

— 

— 

— 

— 

. WcityeMMi . . . 

31 

X Wi 

5 

5 « 1 

9 

— 

— 

— 

— 

, Bnahsbatf . . 

3 X 

7 UV 

84 

110 — 

3 

4 

XT 

— 

— 

„ Ponen. 

6 

1 585 

4 

« — 

— 

— 

— 

— 

— 

, Poms. 

145 

38 478 

3 X 

1 X 4 S 

34 

1 

1 

— 

— 

„ Schlesien. 

40 

7 383114 

184 4 

35 

1 

1 

— 

— 

. Sachsea. 

41 

$ 43 * 

54 

109 4 

T 

8 

37 

4 

X 40 

, Schleswig .... 

1 

5 

8 

IX — 

— 

5 

5 

— 

— 

, Hausver. 

4 * 

631 $ 

14 

18 3 

1 

& 

10 

9 X 

10 X 8 

, Wcstfkk* . . . . 

1 $ 

1 853 

Xi 

53 3 

4 

— 

— 

34 

X 945 

„ Hessen. 

Sv 

l 875 

39 

XO 1 

4 

37 

409 

59 

4 845 

, Rheäprorinx . . . 

93 

X 478 

44 

87 ) 

3 

4 

38 

3 

88 

„ HobeasoDeni . . . 

17 

1 348 

X 

X — 

- 

1 

3 

1 : » 


Preussen zusammen . 

478 

719374 Ä» 845 17 

80 

61 

520 185 10316 

Bayern. 

40 » 3551 X 1 61 

93 8 14 

24 106 

47 

1240 

Sachsen . 

19 

1061 

82 

99 2 

4 

2 

7 

— 

— 

Württemberg .... 

169 

14 26 S 30 

34 2 

3 

41 124 

28 

l 489 

Baden . 

39 

2 226 

17 

20 — 

— 

19 

74 

8 : » 

— 

Hessen. 

22 

1237 

16 

16 — 

— 

6 

81 

22 

532 

Mecklenburg-Schwerin . 

— 

— 

1 

1 — 

— 

— 

— 

3 : ' 

— 

Sachsen-Weimar . . . 

1 

152 

19 

26 — 

— 

S 

62 

7 

228 

Mecklenburg-Strelitx 

— 

— 

— 

i 

— 

— 

— 

— 

— 

Oldenburg . 

24 

209 l» 

1 

- 

— 

1 

66 

v\ 

— 

Braunschweig .... 

10 

1 992 

12 

18 — 

3 

l 

4 

18 

1621 

Sachsen-Meiningen . . 

6 

285 

8 

40 - 

— 

8 

37 

— 

— 

Sachsen-Altenburg . . 

1 

49 

7 

l ~ 

— 

1 

s 

— 

— 

Sachaen-Coburg-Gotha . 

8 

958 

— 

— 1 — 

- 

1 

3 

4 '» 

— 

Anhalt. 

13 

2825 32 

39 _ 

— 

1 

b 

2 

631 

Schwarxburg-Sonderah. . 

4 

607 

— 


— 

— 

_ 

V) 

— 

Schwanburg- Rudolstadt 

6 

313 

6 

9 — 

— 

— 

219 

— 

— 

Waldeck. 

— 

— 

— 

—■ — 

— 

— 

_ 


— 

Reusa i. L. 

— 

— 

2 

2 — 

— 

— 

_ 

_ 

_ 

Reusa j. L. 

3 

313 

6 

9 — 

— 

4 

16 

— 

_ 

Schaumburg-Lippe . . 

— 

— 

— 

—i —- 

—, 

— 


— 

— 

Lippe. 

1 

23 

— 

—| —i 

— 1 

— 

— 

1*1 

— 

Lübeck. 

— 

— 


-h 

— I 

— 

— 

_ 

_ 

Bremen . 

6 

588 

i 


_' 

_ 

_ 


_ 

Hamburg. 

— 1 

— 

— 

■ i 

— I 

— 

— 

— 

— 

Elsasa-Lothringen . . 

21 ; 

1090 24 

34; -i 

— ! 

8 

48 

6 

— 


|1244136 299809 1288 29 104,186 lST«');338i 16 057 

•j Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffeuen Gehöften be¬ 
findlichen Bestände umfassten 67 308 Rinder, 47 574 Sohafe, 
1184 Ziegen, 20233 Schweine. Davon kamen auf Proussen 29788 Kindor t 
29 747 Schafe, 531 Ziegen, 11871 Schweine. 

*) Unter den erkrankten Thiereu befänden sioh 50 Pferde, 
1039 Rinder, 187 Schafe, 12 Schweine, — Ziegen. Auf Preussen kamen 
38 Pferde, 662 Rinder, 142 Sohafe, 8 Schweine. 

*) Am Beginn des Quartals waren verseuoht 28 Gemeinden (da¬ 
von 20 in Preussen, 8 in Bayern, 2 in Braunschwoig, Je 1 in Sachsen, 
Württemberg und Hamburg). Am Schluss des Quartals blieben ver¬ 
seucht 29 Gemeinden (davon 20 in Preussen, 6 in Bayern, jo 1 in 
Sachsen, Braunschweig und Hamburg). 

4 ) D. b. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsoh 
des Besitzers getödtete Thiere. 

& ) Davon 1870 Rinder, 6 Pferde (in Preusson 520 Rintier, 
— Pferde). 

*) D. b. bei Beginn des Quartals bereits versouohte und im Quartal 
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Hoerden ist nur aus 
neubetroffenen Gemeinden angegeben). Von diesen Gemeinden 
blioben betroffen am Quartalsschluss 146 (davon 91 in Preussen, 
15 in Braunschweig, 14 in Bayern, 7 in Württemberg, 6 in Hessen, 
4 in Sachsen-Weimar, 8 in Mecklenburg-Schwerin, je 2 in Sachsen- 
Coburg-Gotha und Eisass-Lotliringen, 1 in Anhalt). 

*) In vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenheortlon. 


Digitized by LjOOQie 


























60 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 5. 


An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten: 
Preussen (Reg.-Bez. Danzig, Liegnitz, Schleswig, Lüneburg, 
Stade, Aurich, Münster, Minden, Arnsberg, Cassel, Wiesbaden, 
Coblenz, Düsseldorf, Cöln, Trier, Aachen, Sigmaringen) 238 Rinder, 
— Schafe, 1 Pferd (davon 60 im Reg.-Bez. Düsseldorf, 57 im 
Reg.-Bez. Münster, 35 im Reg.-Bez. Aachen, 30 im Reg.-Bez. 
Schleswig, 11 im Reg.-Bez. Arnsberg, 10 im Reg.-Bez. Coblenz, 
je 8 in den Reg.-Bez. Cassel und Trier, 4 im Reg.-Bez. Danzig, 
je 3 in den Reg.-Bez. Wiesbaden und Sigmaringen, je 2 in den 
Reg.-Bez. Lüneburg, Minden und Cöln, je 1 in den Reg.-Bez. 
Liegnitz, Stade und Aurich), Bayern 234 Rinder, Württemberg 
14, Baden 13, Hessen 9 und 15 Schafe. Sachsen-Meiningen 3, 
Sachsen und Sachsen-Weimar je 2, Sachsen-Altenburg 1. 

Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 206 Ge¬ 
meinden, und zwar in Preussen 163 (davon in Schlesien 63, 
Ostpreussen 51, Posen 28, Westpreussen 15, Pommern und 
Sachsen je 3), Sachsen 42, Reuss j. L. 1. Getödtet wurden im 
Ganzen 170 Hunde, 2 Pferde, 28 Rinder, 2 Ziegen, 2 Katzen, 
ausserdem 554 ansteckungsverdächtige Hunde, 5 Katzen und 52 
herrenlose, wuthverdächtige Hunde, zusammen 776 Thiere. 

Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor. 
ln Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Potsdam, Stettin, 
Magdeburg und Arnsberg. In Potsdam waren 4 Gemeinden ver¬ 
seucht, neu betroffen wurde keine, 1 blieb verseucht. In Magde¬ 
burg waren verseucht 9 Gemeinden, neu betroffen wurden 4, es 
blieben verseucht 4. In Stettin und Arnsberg wurden neu be¬ 
troffen je 1 Gemeinde, es blieben verseucht je 1 Gemeinde. In 
Sachsen war verseucht 1 Gemeinde (Leipzig), neu betroffen wurde 
1 (Zwickau), es blieben verseucht 2 Gemeinden. 

Die Pferderäude befiel 113 Pferde. Von dieser Zahl fallen 
auf Preussen 82, auf Elsass-Lothringen 10, auf Württemberg 9, 
auf Bayern 6, auf Sachsen und Hamburg je 2, auf Mecklenburg- 
Schwerin und Anhalt je 1. 


Fleischschaii und Viehverkehr, 

llrsaohe der bei Schlachtschweinen häufigen Milzatrophie. 

Von Assistent Glage. 

(ZUchr. f. Fl.- u. Milchh., Octob. 97.) 

Das häufige Vorkommen völlig geschrumpfter Milzen mit 
organisirteu Thromben in der Milzarterie, welches Oster tag in 
seinem Handbuch erwähnt, dürfte allen Schlachthausthierärzten 
bekannt sein. Dieser Veränderung liegen aber verschiedene 
Ursachen zu Grunde. Sie kann durch Embolien nach einer 
Rothlauf-Endocarditis entstehen, wobei aber ähnliche Processe in 
den Nieren nicht zu fehlen pflegen. Häufiger aber wird sie 
bedingt durch Lageveränderungen der Milz, wie sie beim Schwein 
in Folge der eigenartigen anatomischen Befestigung leicht ein- 
treten. Die Schweinemilz als Anhängsel des grossen Netzes ist 
eigentlich nur am dorsalen Ende befestigt, und zwar durch die 
vordere Magenvene, welche vom Magen nach der Milzvene zu- 
länft, sowie durch Milzvene und -arterie. Daher können Spitze 
und Körper der Milz Lageveränderungen eingehen. So trifft man 
geknickte und zerbrochene Milzen, Verwickelungen mit dem Netz, 
Verwachsungen der durch Knickung aneinander gebogenen Milz¬ 
enden, endlich eine Drehung um die Längsachse. In solchen 
Fällen kommt es bei alten Thieren, bei denen die die Gefässe 
einschliessenden Bänder fettarm sind, zu gewaltigen Blut¬ 
stauungen im Gebiete der Milz- und vorderen Magenvene. Der 
ganze Magen, der Anfang des Darms und das Netz befinden sich 
mehr oder weniger neben der Milz im Zustande passiver 
Hyperämie. Auch die Milzlymphdrüsen schwellen in Folge der 


Abdrelmng der* Lymphgefässe, und die Leber zeigt Stauungs¬ 
hyperämie. Einen solchen Befund sah G. nur bei acuten 
Drehungen bei älteren Schweinen. In anderen Fällen dagegen 
verharrt die Milz dauernd in der verdrehten Stellung, und es 
entsteht Thrombose in den Gefässästen, infolgedessen anämische 
Necrose und nach Resorption der Zerfallsmassen Schrumpfung 
der Milz. 

Es weist übrigens auch Orth in seiner pathologischen 
Anatomie darauf hin, dass die Bänder der Milz sich soweit ver¬ 
längern können, um Drehung zu gestatten, und dass man dann 
die Gefässe in den zusammengedrehten Bändern thrombosirt 
findet. — Kühn au fand einmal eine necrotisirte und im Zerfall 
begriffene Milz in einer Bindegewebskapsel. Diese Milz kann 
abgedreht gewesen sein. Die äusseren Ursachen der Verlagerung 
dürften in Stössen, Wälzungen u. dergl. zu suchen sein. Auch 
Füllungsgrade des Dickdarms können eine Rolle spielen. Das 
Befinden der Thiere wird anscheinend nicht beeinflusst. Zur 
Unterscheidung vom infectiösen Tumor sei bemerkt, dass bei ge¬ 
drehter Milz die Pulpa trotz des enormen Blutgehalts nicht er¬ 
weicht ist. 

Personalien. 

Ernennungen: Thierarzt Reinh. May er-Stuttgart ist zum Gestüts¬ 
thierarzt in Marbaob, Tbierarzt E. Schenk-Seeg (Füssen) zum 
Districtsthierarzt in Erkheim (Kr. Schwaben) ernannt worden. 

Es ist gewählt worden: Thierarzt Ldwg. Roth zum Hilfsthier- 
arzt am Schlacht- und Viehhof in München. 

Penslonirung: Kreisthierarzt Zippel ins in Würz bürg. 
Approbationen: Hannover: Die Herren Sasse, Schulze, 
Deterts, Hemprich, Schinke, Harting. Bobell. 

Wohnsltzverfinderungen. Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Axe-Gramzow nach Polbitz bei Dommitzsch, Thierarzt Poczka- 
Rhein (Ostpreuss.) nach Kammin (Poram.).•— Thierarzt Alfd. Gleich 
hat sich in Bischofswerder i. S., Thierarzt Friedr. Klein in Wadern 
(Bez. Trier) — niedergelassen. 

Todesfälle: Thierarzt Carl Aug. Meyer in Annaberg (Erzgeb.), 
Schlacbthofdirector, Rossarzt a. D. Zippel aus Finsterwalde in 
Tanger. _ 

Yacanzen. 

Krelstkisr arztsteiles: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: HUnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): 
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Santtätsthierarztstellea: a)NeuausgescbriebeneStellen: 

Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M. 
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Finsterwalde: 
Schlachthofdirector (1600 M., freie Wohnung und Heizung. Privat- 
praxis im Stadtbezirk gestattet). Bew. bis 15. Febr. an Magistrat. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. 

— Gleschendorf (Fürstenth.Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe 
700 M.). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. 

— Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat —Pitschen: 
Näheres Magistrat. — Pol Ino w: (Fixum 300 M., Einnahme aus 
Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Rödding: Aus¬ 
kunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: (800M.fÜr Fleischschau). 
Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M.ausser Privatpraxis). 

— 1898 bekannt gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf 
Arnim-Boitzenburg. — Lehesten (Saohs.-Meiningen). — Obermar¬ 
schacht (Elbe). — Pritzwalk. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (e«cl. Inseratentheil) Prof. Dr. Schmält« ln Borlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoet« in Berlin. — Druck von W. BQzemtein, Berlin. 


Digitized by AjOOQle 


Die „Berliner Thlertrztücbe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich In Stärke von mindestens l'/s Bogen. Dieselbe 
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeitrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Kzetnplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 6. Ansgegeben am 10. Februar. 


Inhalt: Hecker: E xp e ri m e n te 11 e Uebertragung der Maul- und Klauenseuche auf Katzen. — Wandt: lieber 
linksseitige Trächtigkeit beim Rinde. — Geneert: Theorie und Praxis bei Bekämpfung der Tuber¬ 
calo se. — Referate: Preiez: Aetiologische Studien Uber Schweinepest und Schweinesepticämie. — Knaflitsch: Beitrag 
zur Klärung der Ursache periodischer Augenentzündung. — Cryptogenetische Pyosepticaemie beim Pferd. — Die Behandlung der 
Verbrennungen mit Kalium nitricum und Magnesia usta. — Binz: Ueber Behandlung der Frostbeulen. — Therapeutische 
Notizen. — N i b b e r t: Ueber das Melanosarcom. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. —Personalien. — Vacanzen. 


Experimentelle Uebertragung der Maul- und Klauen¬ 
seuche auf Katzen. 

Von 

Hecker - Ermsleben. 

Thiermrzt 

Nach den Berichten der Commission zur Erforschung der 
Maul- und Klauenseuche bei dem Institut für Infectionskrank- 
heiten in Berlin wie des Kaiserlichen Gesundheitsamtes ist es 
dort nicht gelungen, Maul- und Klauenseuche experimentell auf 
Katzen mit Sicherheit zu übertragen. 

Inder thierftrztlichenLitteratur werden mehrfach Erkrankungen 
bei Katzen beschrieben.*) 

Bei meinen Versuchen glückte es mir in drei Fällen zwei¬ 
mal bei jungen Katzen experimentell durch Injection von frischem 
Aphthenvirus ganz charakteristische Erkrankungen an Maul- und 
Klauenseuche zu erzeugen. 

Am typischsten traten die Erscheinungen auf bei einem 
2—3 Monate alten weiblichen Kätzchen, welches ich am 19. Januar 
er. mit frischer Lymphe impfte, und welches noch heute 
(5. Februar) auffällige Merkmale der überwundenen Aphthen- 
Beuche aufweist.**) 

Befund: 

19. Januar, 11 Uhr Abends intramusculäre Injection von 
ca. Vs ccm frischer Aphthenlymphe am Hals und Einreiben von 
einem Tropfen Lymphe auf die dnreh Sandpapier etwas wund 
geriebene Nase. — Die Lymphe war ca. vier Ständen vorher von 
mir persönlich aus frischen Aphthen gesammelt. 

20. Januar, 2 Uhr Nachmittags: 

Die Katze ist sehr unruhig, wechselt häufig ihre Lagerstätte. 
Die Athmung ist stark beschleunigt and geschieht unter lautem 
Schnurren (ca. 104 Mal in der Minute, statt 64—76 Mal im 
Liegen), Nase warm und trocken. Scheide erscheint geröthet. 
Vorgehaltene Milch wird anfgenommen, jedoch trippelt das Thier 
beim Trinken hin und her. Im Sitzen werden die Vorderfüsse 
fast tactmässig gelüftet. Schon bei leisem Druck auf die Fuss- 
sohlen zeigen sich heftige Schmerzerscheinungen. Semmelrinde, 


*■) Die Aufsätze standen mir leider nicht zur Verfügung. H. 

**) Ich bin gern bereit das Thier zur Demonstration der Redaction 
zu übersenden. 


welche das Thier sonst gern frass, wird zwar angenommen 
jedoch nach versnehtem Zerkleinern ansgespieen nnd verschmäht. 
Im Koth: Die Futtermassen znm Theil unverdaut. 

21. Januar: 

Lebhafte Fiebererscheinungen. Befund wie am vorigen Tage. 

22. Januar: 

Im Maule zeigt sich an der Stelle der linken Unterlippe, 
welche von dem Hakenzalm des Oberkiefers berührt wird, ein 
etwa 8tecknadelkopfgro8se8 Bläschen (z. Z. doch impigmentirt). 
Die dritte Zehe des rechten Vorderfusses ist entzündet. Beim 
Strecken der Zehe und völligem Heraustreten der Kralle erscheint 
die Ansatzstelle der Haut an die Kralle bemerkbar geröthet. 
Die Haut der ersten Zehe der linken Vorderpfote ist geschwollen 
und stark geröthet. 

Die Schmerzen in allen vier Fussohlen sind bedeutend erhöht. 
Blasen sind jedoch auf den Ballen nicht zn constatiren. 

Öas Thier läuft nur widerwillig unter vorsichtigem Trippeln. 

23. Januar. 

An der bezeichneten Ansatzstelle der 3. Zehe des rechten 
Vorderfusses hat sich eiu gut hirsekorngrosses Bläschen ge¬ 
bildet, welches Abends zerplatzt war und eine fadenziehende, 
anscheinend farblose Flüssigkeit entleerte. Die erste Zehe vorn 
links ist stark geröthet ohne Blasenbildung. 

Nachmittags war mehrmals Erbrechen erfolgt. 

24—26. Januar. 

Abheilen der Bläschen, Zurückgehen der Fiebererscheinungen 
nnd Schmerzen; am 26. Jan. schuppen sich trockene Hautfetzen 
von der ersten Zehe v. 1. ab. 

An den Fusssohlen ist noch eine gewisse erhöhte Empfindlich¬ 
keit zn beobachten. — 

Die Katze hatte demnach die typischen Krankheits- 
erscheinnngen der Maul- und Klauenseuche: 

Aphthen am Maule und an den Zehen! 

Nur sind die Erscheinungen der Krankheit an den Ansatz¬ 
stellen der Haut au die Zehen schwer zu erkennen und äusserst 
leicht zn übersehen. 

Bei einem früheren Versuche an einer jungen Katze_machte 
ich die gleichen jedoch nicht so augenfälligen Beobachtungen 
der Erkrankung an Maul- und Klauenseuche. Eine ältere ca. 
3—4 Jahre alte Katze zeigte sich immun. 


Digitized by LjOOQie 






62 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


Bei dem beschriebenen Krankheitsfalle waren mir besonders 
die hohen Schmerzen in den Fnsssohlen (den Sohlen- und Zehen¬ 
ballen) auffällig. Die starke Pigmentirung, die elastische gummi¬ 
artige Sohle lassen Entzündungen und Blasen nicht erkennen, 
wohl aber vermuthen! 

Und thatsächlich waren Blasen in verhältnissmässig grosser 
Zahl und Grösse auf den Ballen vorhanden! 

Der Beweis wurde mir erst vor einigen Tagen geliefert. 

Am 5. Februar, also ca. 14 Tage nach den ersten Krankbeits- 
erscheinuDgen, zeigten sich auf den Sohlenflächen der Fasse 
folgende charakteristische Merkmale,: 

Der Sohlenballen des linken Vorderfusses besitzt zwei harte 
linsengrosse, länglich ovale, nunmehr längst abgetrocknete Blasen, 
wovon die eine z. Z. noch völlig intact, die andere zerrissen ist. 

Der Zehenballen der dritten rechten Vorderzehe und derjenige 
der dritten rechten Hinterzehe lassen gleichfalls jetzt durch¬ 
gelaufene abgetrocknete Blasen deutlich erkennen! Auch an 
anderen Stellen der Ballen sind noch hirsekorngrosse runde, 
vertiefte Hautabschürfungen zu bemerken, Zeichen, dass die 
Ballen sämmtlich in hohe Mitleidenschaft durch die Erkrankung 
an Maul- und Klauenseuche gezogen worden waren. 

Die Katze ist nach meinen Untersuchungen verhältnissmässig 
leicht empfänglich für Maul- und Klauenseuche, und junge Thiere 
sind auch experimentell zu inficiren! Aeltere Katzen eignen sich zu 
experimentellen Versuchen jedoch nicht. Denn bei dem so häufigen 
Auftreten der Maul- und Klauenseuche und dem Altwerden der 
Katzen können diese schon früher einmal erkrankt sein und ebenso 
gut immun geworden sein wie das Rind. — Aus diesem Grunde 
ist wahrscheinlich das Misslingen der Versuche in den Laboratorien 
der Commissionen zu erklären. 

Die Katze ist bei ihrem Umherstreifen in allen Stallungen, 
bei ihrer Vorliebe für Milch leicht der Infection an Maul- und 
Klauenseuche ausgesetzt und dadurch auch unmittelbar eine be¬ 
rufene Zwischenträgerin der Seuche. 


lieber linksseitige Trächtigkeit beim Rinde. 

Von 

Wundt-Linx (Baden), 

Thiernrit 

Die Fälle, in denen man linksseitige Trächtigkeit beim Rinde 
zu constatiren Gelegenheit hat, sind ausserordentlich selten. Ich 
scheide a priori die Fälle aus von Zwillings- und Viel-Trächtig- 
keit und habe nur jene im Auge, wo ein Kalb vorhanden ist, 
das allein in der linken Flanke gefühlt werden kann. Dies 
kommt, wie gesagt, so selten vor, dass man hundert erfahrene 
Laudwirthe hierüber befragen kann, ohne dass kaum einer einige 
wenige genaue Angaben diesbezüglich zu machen im Stande ist. 
Es scheint dies noch ein Gebiet zu sein, über welches — um 
mit Göring-Frank zu reden — leider keine oder doch nur 
sehr spärliche verwendbare Notizen in der Literatur vorhanden 
sind, dem aber aus wissenschaftlichen und praktischen Gründen 
noch sehr viel genauere Beleuchtung zu wünschen ist. 

Zu berücksichtigen sind bei der Betrachtung der Frage 
folgende Verhältnisse: 

In der „Thierärztlichen Geburtshilfe“, die ich übrigens meinen 
folgenden Ausführungen stets zu Grunde lege, sagt Göring- 
Frank darüber S. 117: In seltenen Fällen wird bei der Kuh das 
Junge nicht in der rechten, sondern in der linken Flanke gefühlt, 
in anderen Fällen, besonders bei Zwillingsträchtigkeit, in der 
rechten und linken; ferner: Bei der Kuh werden sie (sc. die 
Bewegungen des Kalbes) in der rechten Flanke, ausnahmsweise 


in der linken, oder bei Zwillingen rechts und links, wahrgenommen 
resp. gefühlt 

Man könnte nun leicht geneigt sein, diese „seltenen“ Fälle 
mit denen zu identificiren, in denen das linke Uterushorn befruchtet 
ist statt des rechten. 

Hierüber giebt nun aber (S. 107 und 108) derselbe Autor an: 
Auch bei den Wiederkäuern ist das rechte Horn öfter befruchtet 
als das linke, und zwar im Verhältniss wie etwa 58:42. Jene 
Ansicht oder Voraussetzung ist aber total zu verwerfen, da dies 
Verhältniss nicht im entferntesten dem der Fälle von rechts¬ 
seitiger zu linksseitiger Trächtigkeit entspricht, vielmehr als 
sicher anzunehmen ist, dass auch bei befruchtetem linken Horn 
der Fötus fast immer nach rechts zu liegen kommt und hier 
gefühlt werden kann. 

Das will Göring-Frank jedenfalls auch sagen, wenn er 
über die Lage des trächtigen Uterus u. A. ausföhrt: Wenn das 
linke Horn befrachtet ist, noch mehr aber, wenn, wie bei 
Zwillingsträchtigkeit, beide Hörner befruchtet sind, schiebt das 
erstere den Wanst vor sich her und stösst in der linken Flanke 
unmittelbar an die Bauchwandung. Das Junge kann also in 
diesen Fällen, besonders bei Zwillingsträchtigkeit, in der 
linken Flanke gefühlt werden. Das punctum saliens ist also 
immer das „noch mehr aber“ und „besonders bei Zwillings¬ 
trächtigkeit“! Dies Verhältniss, nämlich das der Zwillingsgeburten 
zu den einfachen Geburten, kommt nun sehr viel mehr, wenn 
auch wohl nicht annähernd genau, dem der Fälle von linksseitiger 
zu rechtsseitiger Trächtigkeit nahe; es beträgt nämlich (S. 109) 
2,6 zu 1000. Um diese Fälle von Zwillingsträchtigkeit oder 
Vielträchtigkeit handelt es sich hier jedoch nicht, sondern nur 
um jene, in denen nur ein Horn (speciell das linke?) befruchtet 
ist und das Kalb auch links liegt resp. gefühlt werden kann. 
Ueber das Vorkommen gerade dieser, wie gesagt sehr seltenen 
Fälle giebt aber zuletzt die oben citirte Stelle aus Göring-Frank 
absolut keine Auskunft. Es ist daher der Hauptzweck dieser Zeilen, 
zur Aufklärung gerade darüber anzuregen. Warum liegt auch bei 
befruchtetem linken Horn das Kalb fast immer rechts? 

Welche Verhältnisse bei der Lagerung der wachsenden 
fötalen Organe resp. des trächtigen Uterus zu den Baucheinge- 
weiden sind hierbei ausschlaggebend, und wie ist mach all¬ 
gemeinen Erfahrungen das Verhältniss des Vorkommens von 
linksseitiger Trächtigkeit zu rechtsseitiger, ohne Rücksicht auf 
Zwillings- oder Vielträchtigkeit? 

Angeregt bin ich zu diesen Ausführungen durch zwei im 
Laufe meiner jetzt siebenjährigen Praxis mir vorgekommene 
Fälle von linksseitiger Trächtigkeit, die beide die gleichen in sehr 
vieler Hinsicht interessanten Erscheinungen boten. 

Im Voraus will ich bemerken, dass, wie die meisten Kühe, 
wenn sie Zwillinge zum Austragen bringen, dies „gewohnheits- 
mässig“ thun, dies auch der Fall ist mit Linksträchtigkeit. Beide 
Kühe sind regelmässig linksträchtig, einmal lag das Kalb bei 
der einen Kuh rechts (rechtes Horn befruchtet?). 

Speciell hervorheben möchte ich nun noch drei Gesichts¬ 
punkte, die bei den obigen zwei Fällen das Hauptinteresse boten: 

1. die im Verlaufe der linksseitigen Trächtigkeit auf¬ 
tretenden Verdauungsstörungen; 

2. die abnorme Milchergiebigkeit beider mit dieser Eigen- 
tliümlichkeit behafteten Kühe; 

3. Missverhältnisse oder -bildungeu an den Kälbern. 

Ad 1. Beide Fälle kamen zu meiner Kenntniss dadurch, 
dass wegen Verdauungsstörungen bei den Thieren meine Hilfe 
in Anspruch genommen werden musste. Die Erkrankungen 
traten hauptsächlich gegen das Ende der Trächtigkeit auf. 
Schlechte Futteraufoahme, Darniederliegen der Rumination, Kolik- 


Digitized by LaOOQie 


i 



10. Februar 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


erscbeinungen, starke Verzögerung des Kothabsatzes bildeten die 
Hauptsymptome. Die Behandlung war dementsprechend, mit 
Berücksichtigung der von Göring-Frank (S. 140) angeführten 
Gesichtspunkte, Abführmittel betr. Zu der einen Kuh wurde ich 
ca. 10 Tage vor dem Kalben gerufen, iu der 41. Woche der 
Trächtigkeit. Das Kalb lag links, förmlich aus der Flanke her¬ 
vortretend. Dem Besitzer erklärte ich, dass die abnorme Lage 
des Kalbes Schuld an der Erkrankung sei, dass aber die Geburt 
normal vor sich gehen könne oder würde und dass nach der¬ 
selben die Kuh bald wieder gesund sein würde. Der Verlauf 
der Sache bestätigte diese Prognose vollkommen. Es war aller¬ 
dings schwierig, dem Besitzer, als die Geburt und damit die 
Krankheit des Thieres sich noch so lange hinzog, obigen Glauben 
zu erhalten. Er vermuthete immer noch eine andere Krankheit 
und liess mich sogar einmal rufen, um die Maul- und Klauen¬ 
seuche — nicht zu constatiren. Dass die ausserordentlich gut 
genährte Kuh in den 10 Tagen fast gar nichts gefressen hatte, 
war für den Verlauf der Geburt wohl nur von Vortheil gewesen. 
(Es ist dies ein Punkt, auf den man in der Praxis die Viehbesitzer 
nicht genug aufmerksam machen kann, nämlich in den letzten 
4—6 Wochen vor dem Kalben stark am (voluminösen) Futter ab¬ 
zubrechen; meist geschieht gerade das Gegentheil!) 

Der zweite von mir beobachtete Fall, wo der Fötus immer 
auf der linken Seite lag, betrifft eine Kuh, die ich im Laufe von 
3 Jahren ca. 6 Mal in Behandlung bekam. Der Krankheitsverlauf 
war ziemlich der gleiche wie bei Anwesenheit eines fremden 
Körpers. Schliesslich nahm der Besitzer mit Rücksicht auf die 
letzte sehr schwere Erkrankung die Schlachtung vor, der ich 
leider nicht beiwohnen konnte. Jedoch erfuhr ich, dass eine 
besondere Erkrankung irgend welcher Organe nicht zu constatiren 
und auch ein fremder Körper nicht zu finden gewesen war. 

Dass nun die abnorme Lage des Kalbes als Ursache der Ver¬ 
dauungsstörungen resp. Darmerkrankungen beim Mutterthier an 
gesehen werden kann, ist ohne Weiteres zuzugeben. Denn wenn 
Göring-Frank (S. 30 u. 31) angiebt, dass der hochträchtige j 
Uterus die Darmtheile vor sich her drängt, dass der Wanst, 
der dasselbe Schicksal wie letztere erleidet, merklich an Umfang 
abnimmt, und dies ganz besonders, wenn das linke oder beide 
Hörner befruchtet sind, so sind schon damit Momente genug 
gegeben, die Erkrankungen des Verdauungstractus herbeiführen 
können. Nicht aber in der Verdrängung, die ja bei Zwillings¬ 
und Vielträchtigkeit grösser ist als bei einem, links liegenden 
Kalbe, sondern in der Verlagerung der Mägen und des Darmes 
scheint mir bei Linksträchtigkeit das Hauptmoment zu Darm¬ 
erkrankungen zu suchen zu sein. 

Ad 3 möchte ich vorwegnehmend gleich hier bemerken, dass 
8ämmtliche Kälber der einen Kuh Missbildungen resp. Ver¬ 
krümmungen des Halses, der Wirbelsäule, der Extremitäten auf¬ 
wiesen, die allerdings nicht von Belang waren und sich mit zu¬ 
nehmendem Alter meist wieder verloren. Bei der anderen Kuh 
waren die Kälber, soweit mir bekannt, normal. Merkwürdiger¬ 
weise hat jedoch eines davon, das aufgezogen wurde, bis jetzt 
3 Kälber gebracht, die sämratlich Missbildungen, z. B. Wolfs¬ 
rachen, Verkrümmungen der Extremitäten n. dgl., aufwiesen. 
Sollte es sich hierbei um Vererbung, Atavismus, die ja bei Miss¬ 
bildungen eine sehr grosse Rolle spielen, handeln? Die letzt¬ 
genannten Kälber lagen übrigens alle normal (auf der rechten 
Seite des Mutterthieres), so dass sich die Eigenschaft, oder besser 
Eigenthümlichkeit, der Grossmutter nicht auf deren Tochter ver¬ 
erbt zu haben scheint. Dagegen ist es z. Z. noch zweifelhaft, 
ob dies nicht bei einer anderen Tochter der Fall ist. (Bei der 
zuerst angeführten Kuh ist jetzt, in der 23. Woche der Trächtig¬ 
keit, das Kalb bereits wieder links zu fühlen.) Ich werde die 


63 

beiden Fälle noch weiterhin verfolgen und eventuell nochmals 
darauf zurückkommen. 

Zum Schluss nun noch ad 2: 

Beide Kühe boten auffallenderweise dieselbe Eigenschaft von 
abnorm starker Entwicklung des Euters resp. der Milchergiebig¬ 
keit. Die Rasse oder Abstammung konnte für den Punkt nur bei 
der einen, bereits geschlachteten Kuh, und auch da nur ganz 
entfernt, in Betracht kommen. Dieselbe musste fast jedesmal 
5 bis 6 Tage vor dem Kalben bereits gemolken werden, das Euter 
nahm ganz colossale Dimensionen an. Dementsprechend war 
auch die Milchergiebigkeit überhaupt während der lange dauernden 
Lactation^periode. Ebenso weiss der Besitzer der anderen Kuh 
dieselbe in dieser Hinsicht nicht genug zu loben. 

Es drängt sich nun angesichts dieser conformen Erscheinungen 
die Frage auf: Steht die abnorme Lage der Kälber in ursäch¬ 
lichem Zusammenhang mit der abnormen Milchergiebigkeit der 
Mutterthiere? und in welchem? 

Dies ist sehr wohl möglich, wenn wir die diesbezüglichen An¬ 
gaben der„Thierärztl. Geburtshilfe“ berücksichtigen. Die infolge der 
„Trächtigkeitshyperämie“ auftretenden Oedeme resp. An¬ 
schwellungen haben nämlich (vgl. S. 121) die Eigenthümlichkeit, 
dass sie in der Regel auf einer Seite stärker sind als auf der 
anderen. So ist auch (S. 122) die eine Euterhälfte (jene, die dem 
nicht befruchteten Home entspricht) stärker geschwellt als die 
andere. Demnach ist es wohl möglich, dass, wenn bei einer Kuh 
mit ohnehin schon starker Milchsecretion der abnorme Fall von 
linksseitiger Trächtigkeit eintritt, nun auch die dem linken Horn 
gegenüberliegende Hälfte der Milchdrüse zu stärkerer Ent¬ 
wicklung und Function gelangt. Ob ferner die abnorme Lage 
des Uterus auf die bei der Milchsecretion in Betracht kommenden 
Nerven ebenfalls einen besonderen Einfluss ausübt, und welchen, 
ist weiterhin eine Frage für sich und von grossem Interesse. 

So bietet bei näherer Betrachtung das vorliegende Thema 
des Interessanten gerade genug. Möglichst viele Collegen darauf auf¬ 
merksam zu machen resp. zu Aeusserungen über ihre diesbezüglichen 
Erfahrungen zu veranlassen, ist der Zweck meiner Zeilen. Eine 
genaue, wissenschaftliche Bearbeitung der interessanten Frage 
bliebe natürlich berufeneren Kräften Vorbehalten. 


Theorie und Praxis bei Bekämpfung der Tuberculose. 

Von 

Gensert, Merseburg, 

Ober-Rossarzt a. D. 

Durch das Königl. Landrathsamt in Merseburg wurde im 
Kreisblatt den Landwirthen eine Brochüre: „Bedeutung und Be¬ 
kämpfung der Tuberculose in Rindvieh- und Schweinebeständen, 
veröffentlicht im Aufträge des K. Pr. Ministeriums für Landwirth- 
8chaft, Domänen und Forsten“, empfohlen. 

Ferner empfehlen jetzt die Landwirthschaftskammern diese 
Belehrung und regen die.landwirtschaftlichen Vereine an, ihren 
Mitgliedern die Anschaffung derselben anzurathen. 

Ich war sehr begierig zu erfahren, auf welche Art und 
Weise die Bekämpfung der Tuberculose erfolgen solle und ver¬ 
schaffte mir daher bald diese Belehrung. 

Von vornherein jedoch muss ich gestehen, dass ich arg ent¬ 
täuscht wurde, dass man als Praktiker über dieselbe lachen 
müsste, wenn die Sache nicht so ernst wäre. 

Die Abhandlung ist den von Professor Bang-Kopenhagen 
auf dem internationalen hygienischen Congress in Budapest dar¬ 
gelegten Grundsätzen gefolgt; äusserst kurz und bündig und wohl 
besonders dadurch sehr verständlich, auch für den Laien ge¬ 
schrieben. 

Abs. IV behandelt die Hauptsache, den Kampf gegen die 


Digitized by 


Google 




64 

Tuberculose, ißt sehr schön gedacht, theoretisch ganz richtig, aber 
vollständig unpractisch. Das Ganze ist ein schöner Traum des 
Theoretikers. 

Jeder Practiker sieht sich bei Ertheilung seiner Rathschläge 
seine Lente an und wird nie einen Rath ertheilen, von dem er 
von vornherein mit Sicherheit annehmen kann, dass er nicht 
befolgt wird. 

Dieser Abs. IV, also die Bekämpfung der Tuberculose, ver¬ 
langt zuerst Trennung der tuberculösen Rinder von den gesunden. 
Die letzteren sollen in einen andern Stall gebracht werden. 

Ein leerer Stall steht jedoch sehr selteu derWirthschaft zurVer- 
fügung; in der Regel sind schon die vorhandenen Räume überfüllt. 

Sollte dies einmal ausnahmsweise anders sein, so verfährt 
der Landwirth doch nicht danach. 

An den Mangel an Stallungen ist auch gedacht worden; 
daher wird weiterhin gesagt: Ist diese Trennung nicht aus¬ 
führbar, d. h. steht kein zweiter Stall zur Verfügung, so soll der 
bisherige Stall durch eine möglichst dichte Scheidewand, ohne 
Thüren und andere Oeffnungen, in zwei Tlieile getheilt werden. 

Abgesehen davon, dass eine solche Theilung in sehr vielen, 
besonders in kleinen Ställen, absolut unmöglich ist, kann ich wohl 
ohne Uebertreibung sagen, dass dieselbe in keinem Stalle aus¬ 
geführt werden wird. 

Sicher kann ich dies sagen, weil ich nicht nur die Rind¬ 
viehställe, sondern auch die Besitzer genau kenne. In andern 
Theilen des Landes wird diese Trennung wohl ebensowenig aus¬ 
geführt werden, wie hier. Man könnte einwenden, dass Gegenden 
mit bedeutender Viehzucht mehr Interesse an der Bekämpfung 
der Tuberculose hätten. In hiesiger Gegend ist die Rindvieh¬ 
zucht aber auch nicht unbedeutend, wenn auch nicht hervor¬ 
ragend, und alle Besitzer möchten wohl die.Tuberculose los sein. 

Ferner ist in der Belehrung gesagt, dass gesunde und kranke 
Thiere besonders zu füttern, zu tränken, zu weiden und anzu¬ 
spannen sind, auch zur Wartung derselben sollen besondere 
Stallutensilien benutzt werden. 

Wiederum wird jeder Practiker sagen: „Das macht kein 
Landwirth!“ Ist z. B. der Viehstaud nur so gross, dass ein 
Wärter genügt, was ist dann zu machen? Einen zweiten Wärter 
wird Niemand einstellen. Die Krone wird all diesen unprac- 
tiscben Vorschlägen aber aufgesetzt durch den Rath: „Die Ver¬ 
wendung schwindsüchtiger Personen in den Ställen ist möglichst 
zu vermeiden.“ Ich glaube kaum, dass daraufhin im ganzen Staate 
ein Landwirth die im Rindvieh- oder Schweinestalle beschäftigten 
Personen vom Arzte auf Schwindsucht untersuchen lassen wird. 
Selbst bei neuen Einstellungen wird dies nieerfolgen. 

An Rindviehwärtern, männlichen und ganz besonders weib¬ 
lichen Geschlechts, ist ein Mangel. Jeder Landwirth ist schon 
froh, wenn er bei Bedarf eine zuverlässige Person kekommt; es 
ist ihm gleich, ob dieselbe tuberculosefrei ist oder nicht. 

Ebensowenig wird die im Abs. IV. sub 9 aufgeführte Auf¬ 
zucht der Kälber von den Landwirthen ausgeführt werden. 

In den meisten Gegenden ist die Aufzucht der Kälber an der 
Kuh üblich; von dieser althergebrachten Aufzuchtsmethode 
geht keiner unserer Ljndwirthe auf die Belehrung hin ab. 

Alle in der Brochüre vorgeschlagenen Kampfesmittel sind 
derart, dass jeder Practiker mit Bestimmtheit sagen kann: „Unsere 
Landwirthe befolgen dieselben nicht.“ Es ist mit aller Sicherheit 
zu sagen, dass ein nennenswerther oder überhaupt nur erwähnens- 
werther Erfolg durch diese vorgeschlagene Bekämpfung nicht zu 
verzeichnen sein wird. 

Diese Ansicht, glaube ich, ist nicht nur die meinige, sondern 
die jedes Practikers; die Ansicht von Jedem, der Land und Leute, 
der unsere Landwirthe kennt. 


No. 6. 


In Merseburg befindet sich eine stark besuchte landwirtk- 
schaftliche Winterschule, an der ich thätig bin. Ich empfahl den 
Schülern die Anschaffung dieser Belehrung. 

Vor Besprechung der Tuberculose gab ich den Schülern die 
Aufgabe, diese kleine Schrift zu studiren, besonders den Absatz IV. 

Ich fragte später, was sie zu dieser vorgeschlagenen Be¬ 
kämpfung der Tuberculose für Bemerkungen zu machen hätten. 
Ein Schüler sagte, ziemlich leise zwar, für mich aber noch deut¬ 
lich hörbar: „Das ist Mumpitz.“ Ich tadelte zwar diese Anwoit 
und erklärte sie als nicht anständig; war jedoch nicht im Stande, 
den Schüler ernstlich zu rügen. 

Unter staatlicher Aufsicht und unter staatlicher Leitung 
sollen in verschiedenen Gegenden einige Tilgungsversuche nach 
der erwähnten Belehrung ausgeführt werden, um den Landwirthen 
den Beweis zu liefern, dass durch das angegebene Verfahren 
eine Tilgung der Krankheit und die Schaffung tuberculosefreier 
Viehbestände möglich ist. 

Es ist wohl zweifellos, dass durch diese Versuche, sofern sie 
recht sorgfältig und gewissenhaft ausgeführt werden, der Beweis 
der Möglichkeit der Tilgung erbracht wird. 

Ebenso zweifellos ist es aber jedem Practiker, dass trotz 
alledem auch dann noch nicht unsere Landwirthe die Tilgung 
selbst ausfübren werden. 

Ich fragte mich nun, wer ist der Verfasser dieser un- 
practischen und daher den Zweck ganz verfehlenden Belehrung? 

Die Antwort hierauf fand ich in dem Rundschreiben des 
Ministeriums für Landwirtschaft u. s. w., betr. die Bekämpfung 
der Tuberculose unter den Haustieren, vom 29. Juli 1896. Darin 
ist gesagt: Die Belehrung entspricht mit einigen geringfügigen 
Aenderungen den Vorschlägen der Veterinär-Deputation. Die 
Veterinär-Deputation, sogar noch unter Zuziehung hervorragender 
Landwirthe, ist also die Urheberin dieser unpractischen und in¬ 
folgedessen auch sicher unfruchtbaren Ratschläge. Hätte sich 
die Veterinär-Deputation durch hervorragende practisclie Thier¬ 
ärzte verstärkt, so hätte diese Brochüre wohl nicht das Licht 
der Welt erblickt*). 

Einen Nutzen bringt die Belehrung, da sicher nicht danach 
verfahren wird, bestimmt nicht Dieselbe kann aber den grossen 
Nachteil haben, dass man glaubt, vorläufig etwas gegen die 


*) Die arme Veterinärdeputation wird einmal wieder der grauen 
Theorie bezichtigt. Aber auch hervorragende praktische Thierärzte 
würden sie diesmal nicht haben retten .können. Denn welchen 
anderen Weg hätten denn die Praktiker vorzuschlagen gewusst 
Keinen anderen, wie der Herr Verfasser ja selbst zeigt, als den: 
der Staat muss die Tilgung machen. Ja, so klug wäre die Deputation 
ja auch gewesen. Dass die staatliche Tilgung allein Aussicht auf 
allgemeinen Erfolg gewährt, darüber sind wohl alle Veterinäre, 
Praktiker, wie Theoretiker, einig (Herr Voges ist Arzt und 
ermangelt augenscheinlich überhaupt jeder Kenntniss landwirt¬ 
schaftlicher Verhältnisse). Der Herr Verfasser übersieht aber, dass 
der Deputation bestimmte Anfträge ertbeilt werden. Wenn ihr 
gesagt worden ist: „Die Staatstilgung ist noch nicht angängig; wie 
könnten die Landwirthe sich selbst helfen?“ so hatte sie eben 
letztere Frage, so gut es ging, zu beantworten. Ein anderer 
Weg, als der in der Belehrung angegebene, existirt für die Selbst¬ 
hilfe aber nicht. Auch der „Praktiker“ weiss keinen anderen zu 
nennen. Der Herr Verfasser giebt auch zu, dass dieser Weg zum 
Ziele führen mag. Er meint nur, er wird nicht beschriften werden. 
Ja, in dieser Beziehung dürfte sich auch die Deputation keinen 
Illusionen hingegeben haben. Der Herr Verfasser hat ganz recht. 
Es ginge wohl, aber es geht nicht. Das hat auch Siedamgrotzky 
in Cassel trefflich beleuchtet Aber es ist gut wenn immer mehr 
die Uebereinstimmung in der auch vom Herrn Verfasser geäusserten 
Ansicht hervortritt. Die staatliche Tilgung ist der einzige praktische 
Weg. Aber dieser Weg hat leider auch seine grossen Schwierig¬ 
keiten. D. R. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 




10. Februar M 

Tuberculose getban, den Kampf gegen dieselbe aufgenommen zu 
haben und in den nächsten Jahren nichts weiter unternimmt. 

Ferner ist auch zu befürchten, dass auch die weitere Be¬ 
kämpfung der Tuberculose wieder so unpractisch ausfallen wird. 

Die erstere Befürchtung, dass möglicherweise in den nächsten 
Jahren nichts gegen die Tuberculose unternommen wird, trifft 
glücklicherweise nicht zu. Laut Zeitungsnachrichten haben am 
13. und 14. November vergangenen Jahres wiederum im Kaiser¬ 
lichen Gesundheitsamt Berathungen über Tuberculose-Tilgung 
stattgefunden. Ueber diese Verhandlungen ist noch nichts in die 
Oeffentlichkeit gedrungen, da dieselben einen vertraulichen 
Character batten. 

Es entgeht mir, welcher Grund vorliegt, um vorläufig die 
Oeffentlichkeit auszuschliessen. Ich würde es jedenfalls für vorteil¬ 
haft halten, solche Sachen recht öffentlich zu verhandeln und 
die Kritik herauszufordern. Möchte meine zweite Befürchtung, 
dass möglicherweise die weitere Bekämpfung der Tuberculose 
wieder so unpractisch wird, auch nicht in Erfüllung gehen! Es 
ist zu verwundern, dass sich bis jetzt noch keine Stimme erhoben 
hat, die vorgeschlagene Bekämpfung der Tuberculose als nutzlos 
zu geissein. 

Im Gegenteil ist wiederum ein Buch: Der Kampf gegen 
die Tuberculose des Rindviehes von Dr. med. 0. Voges-Berlin 
erschienen, das dieselben Kampfesmittel empfiehlt. Voges hofft, 
dass die Landwirte bald aus eigener Initiative die Impfungen 
verlangen, eine Trennung der Thiere vornehmen werden, 
dass das Personal getrennt wild, und dass Leute mit 
chronischen Durchfällen (Darmtuberculose) und solche, die viel 
husten, als Rindviehwärter nicht weiter verwendet werden. Er 
hofft, dass durch die vorgeschlagene Bekämpfung der bessere 
und intelligentere Theil unserer Landwirte zum grossen Theil 
mit der Tuberculose in seinen Beständen und zwar innerhalb 
fünf Jahren, aufgeräumt haben wird. 

Diese Hoffnung ist sicher eitel, geht bestimmt nicht in 
Erfüllung. 

Mit der vorgeschlagenen Kampfesweise erreichen wir nichts, 
weil kein Landwirt, sicher nicht 1 pCt. selbt der besseren und 
intelligenteren Landwirte, diese ausführt. 

Durch Veröffentlichung der Eingangs erwähnten Brochüre ist 
gezeigt, dass etwas gegen die Tuberculose geschehen soll und muss. 

Die Tuberculose bringt dem Nationalvermögen soviel Schaden, 
dass, und zwar energisch, vorgegangen werden muss. 

Der eingeschlagene Weg ist aber ein ganz falscher. Eine 
Bekämpfung durch Belehrung der Landwirte, durch Ratschläge, 
besonders durch zum Theil unausführbare, ist sicher erfolglos. 

Der Kampf muss vom Staate selbst anfgenommen, von diesem 
geleitet und ausgeführt werden. 

Referate. 

Aetiologische Studien über Schweinepest 
nnd Schweinesepticämie. 

Von Prof. Dr. H. Preisz, Vorstand des Königl. bacteriologischen 
Instituts zu Budapest. 

(ZeiUehr. f Thiermed. Neue Folge 1*9«. H. 1.) 

Seitdem der ungarischen Landwirtschaft die empfindlichsten 
Verluste durch die Schweineseuchen zugefügt worden sind, ist 
das ungarische Ackerbaurainisterium bemüht, die wissenschaftliche 
Erforschung dieser Seuchen in jeder Weise zu fördern. Es bot 
Bich schon öfter Gelegenheit, über die Früchte eifriger Forschungen 
ungarischer Fachgenossen zu referiren. Heute liegt wiederum 
eine umfangreiche Arbeit vor, welche sich mit der Aetiologie 
der Schweineseuchen befasst. Der Verfasser hat sich zur Auf¬ 
gabe gestellt, zu beweisen, dass Schweineseuche und Schweine- 


Gf> 


pest zwei verschiedene Krankheiten sind, eine Ansicht, welche 
bereits Salmon, Smith, Schütz, Bang u. s. w. auf Grund 
ihrer Untersuchungen vertreten haben, die aber bis jetzt nicht 
allgemein durchgedrungen ist. Im Gegentheil, dieselbe hat all- 
mälig wieder an Boden verloren. Der Lehre von dem Dualismus 
hat noch in jüngster Zeit Voges durch seine „Kritischen Studien“ 
entgegengeeifert. Verf. bemerkt hierzu, dass die Arbeit Voges’ 
sehr lebhaft beweise, wie bedauerlich es sei, von der objectiv 
forschenden Richtung abzulenken und einen a priori gefassten 
Standpunkt vertheidigeu zu wollen. P. beansprucht dagegen, 
objectiv durch die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu der Er¬ 
kenntnis der Verschiedenheit von Schweineseuche und Schweine¬ 
pest gelangt zu sein. Derselbe bezeichnet die erstere mit „Schweine¬ 
septicämie“ und ihren Erreger mit „Bacillus suisepticus“, den 
E reger der Schweinepest mit „Bacillus suipestifer“. 

Das untersuchte Material erstreckt sich über die Achtung 
gebietende Zahl von 80 Fällen, die sämmtlich anatomisch, 
bacteriologisch u. s w. geprüft worden sind, und deren Unter¬ 
suchungsergebnisse detaillirt in beigegebenen Tabellen verzeichnet 
stehen. 

In der Besprechung des bacteriologischen Befundes 
wird bemerkt, dass in sämmtlichen 80 Fällen fast ausschliesslich 
nur zwei Arten von Bacterien, nämlich Bac. suipestifer und Bac. 
suisepticus, eine Rolle spielen, die in der Abhandlung mit I bezw. 
II bezeichnet werden. 

21 Fälle enthielten nur I, 39 Fälle nur II nnd 10 Fälle zu¬ 
gleich I und 11. Beide Bacterien konnten in Milz und Blut 
ziemlich häufig nachgewiesen werden, I ist in den Lungen selten, 
II sehr häufig anzutreffen: dagegen wurde I in 10 Fällen aus 
den käsigen Darmgeschwüren gezüchtet. 

Grosses Gewicht legt P. auf die Fälle, wo I und II neben¬ 
einander Vorkommen, denn dieselben bieten evidente Beispiele 
einer Mischinfection, weiter zeigen sie das gegenseitige Verhalten 
beider Bacterienarten. Es stellte sich bei den Verimpfungen von 
Organtheilen heraus, dass die Impfthiere häufig durch den Bac. II 
getödtet wurden, auch wenn derselbe durch das Culturverfahreu 
in dem benutzten Impfmaterial neben dem Bac. I nicht nach¬ 
gewiesen werden konnte. Hieraus leitet Verf. die »Schlussfolgerung 
ab, dass Versuchsthiere mit Geweben geimpft, die beide Bacterien¬ 
arten enthalten, stets der Infection durch II erliegen. Erliegt 
jedoch das Versuchsthier einer Impfung durch I, so kann es als 
bestimmt gelten, dass das betreffende Gewebe den Bac. II gar 
nicht enthält. 

Die Bacterien I und II haben gänzlich verschiedene Eigen¬ 
schaften und sind weder in morphologischer noch cultureller, noch 
pathogenetischer Beziehung verwandt. 

Der Bacillus suipestifer wurde aus den pathologischen 
Geweben stets durch Ansstreichen auf schrägen Fleischwasser- 
Pepton-Agar isolirt. Diese Methode giebt bei Benutzung des 
Thermostaten das schnellste Resultat und kann auf dem Lande 
im Freien mit Leichtigkeit angewandt werden. Nach 24 Stunden 
hat die Kolonie die Grösse eines Hirsekorns, erreicht auch den 
Umfang einer Linse, bleibt jedoch im Allgemeinen flach und dünn. 
Besondere Merkmale haben die Pestbacillen-Culturen nicht. Bei 
durchfallendem Licht erscheinen sie in bläulicher Farbe. Die¬ 
selben wachsen weiter in Peptonbouillon, Traubenzucker-Agar 
und Kartoffeln an. In Gelatinestichcultnren entwickeln sie sich 
bei Zimmertemperatur ziemlich gut, verflüssigen die Gelatine 
jedoch nicht. 

Die Bacillen bewegen sich lebhaft in hängenden Tropfen. 
Bei der Färbung mit wässerigen Anilinfarbstoffen erscheint der 
Bacillus als ein kurzes abgerundetes Stäbchen, in frischen Agar- 
culturen zeigen sich zuweilen längere Bacillen, auch fadenförmige, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by VjOOQie 



66 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


leicht gebogene Glieder. Durch die Löffler’sche Beize und 
Karbolfuchsin treten blasse und dünne Geissein hervor. Auch die 
Bacillen sind bei dieser Methode wenig und ungleich, in der Mitte 
oder an den Enden fast nicht gefärbt. Eigentümlich ist dem 
Bacillus die verhältnissmässig grosse Zahl der Geissein. 10—15 
und mehr Cilien haften rings an allen Seiten der Bacterien. Die 
Bacillen sind je nach ihrer Herkunft verschieden virulent. 

Zufolge der morphologischen Eigenschaften und der patho¬ 
logischen Veränderungen, welche der Pestbacillus verursacht, ist 
derselbe der Gruppe des Typhusbacillus einzureihen. Smith be¬ 
schreibt bekanntlich 7 («— r t ) Varietäten des Pestbacillus und 
will denselben vom Eolonbacillus ableiten. 

Der Bacillus suisepticus wächst gut auf Agar, besonders 
wenn der Nährboden schwach alkalisch ist. Bei 37° sind die 
Kolonien binnen 24 Stunden stecknadelkopfgross, dieselben werden 
noch bedeutend grösser und fliessen nicht selten zusammen. Ein 
bis zwei Tage alte Culturen sind meist fadenziehend, haben eine 
glänzende Oberfläche, ältere sind zähe und verlieren den Glanz. 
Gelatine-Culturen bilden bei hoher Zimmertemperatur eine un¬ 
ebene, zackigbegrenzte Kolonie. 

Die Bacillen treten im Culturausstrich mit wässerigem Fuchsin 
gefärbt meist als rundliche Zellen und bipolare Bacillen auf. 
Die Färbung mit wässerigen Anilinfarben ist schwach. Wird die 
Löffler’sche Geisselfärbemethode angewendet, so erscheinen die 
Bacillen bedeutend grösser, coccenartig oder ovoid und intensiv 
schwarzroth. Dieses verschiedene Verhalten gegen die beiden 
Methoden spricht dafür, dass der Bacillus eine Schleimhülle hat, 
die durch die wässerigen Farblösungen nicht gefärbt wird. Auch 
das klümpchenartige Aneinanderhatten der Bacillen in den Aus¬ 
strichpräparaten aus den Culturen lässt das Vorhandensein einer 
schleimigen Hülle vermuthen. 

Die bekannte Polhärtung gelingt bei dem Pilz am besten in 
Blutpräparaten aus Versuchsthieren, indem man mit wässrigem 
Fuchsin färbt und darauf mit Alcohol oder schwacher Essigsäure 
entfärbt. 

Die Virulenz des Bacillus ist ebenfalls sehr verschieden. 
Weisse Mäuse, Zieselmäuse, Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben, 
Hühner, Feldmäuse starben nach subcutaner Verimpfung von 

O, 1—0,5 ccm ausnahmslos, gewöhnlich innerhalb 24 Stunden. In 
einem Falle wurde 0,1 ccm Bouilloncultur trillionenfach mit 
Bterilisirtem Wasser verdünnt und 5 Platinösen dieser Flüssigkeit 
einem Kamelien unter die Haut gebracht, worauf dasselbe 
36 Stunden später durch den Bacillus einging. 5 Platinösen aus 
derselben Verdünnung auf Agar übertragen, ergaben 15 Colonien. 
Auch durch Verfütterung von geringen Mengen einer Bouillon¬ 
cultur gehen die Versuchsthiere leicht zu Grunde. 

Die anatomischen Unterschiede beider Seuchen fasst 

P. auf Grund der untersuchten Fälle in folgenden Sätzen zu¬ 
sammen: „Beide Krankheiten, sowohl Pest wie Septicämie, können 
mit ganz acuten anatomischen Zeichen, sowie Blutungen, Katarrh 
des Darmtractes, Entzündung der serösen Häute zuweilen 
vielleicht auch mit croupöser Entzündung des Magens oder des 
Darmes einhergehen; in solchen Fällen lassen sich die beiden 
Krankheiten anatomisch und ohne eingehende bacteriologische 
Untersuchung nicht differenziren. 

Käsige, erhabene Plaques (Boutons) oder ähnliche Geschwüre 
im Dickdarm oder auch Dünndarm; vergrösserte harte rötbliche 
oder weisse nekrotische Lymphdrüsen in der Bauchhöhle oder 
der Inguinalgegend; ähnliche necrotisirende Infiltrationen der 
Haut oder Nieren, eventuell auch anderer Organe, sind zweifels¬ 
ohne Zeichen der Schweinepest; die gleichzeitige Gegenwart des 
Virus der Schweinesepticämie ist aber um so weniger ausschliess- 


bar, je mehr der übrige Sectionsbefnnd der Schweinesepticämie 
sich nähert. 

Heftige Pneumonie in verschiedenen Stadien der Hepatisation, 
sehr häufig mit Blutungen und Necrosen, begleitet von hämor¬ 
rhagischer fibrinöser Pleuritis, Pericarditis, ferner mit starker 
Schwellung und Röthung und Blutungen der Lymphdrüsen, be¬ 
sonders der Nieren: sind die anatomischen Merkmale der Infection 
mit Bac. suisepticus, d. h. der Schweinesepticämie.“ 

Bei den experimentellen Versuchen mit Reinculturen des 
Bac Buipestifer sowohl an Schweinen als an Kaninchen erwies 
sich das pathogene Verhalten desselben, den Lymphapparat be¬ 
sonders aber den des Darmtractus anzugreifen, daselbst käsige 
Veränderungen und Geschwüre hervorzurufen, in klarer Weise. 
,,Es ergaben sich immer dieselben Läsionen, welche die Pest der 
Schweine cliarakterisiren, und die Aehnlichkeit mit dieser äusserte 
sich nicht nnr in der Qualität des Krankheitsprocesses, sondern 
auch in der Localisation desselben, da auch hier zumeist die 
Gegend der Valvula coeci ergriffen gefunden wurde.“ Die 
Impfung der Schweine erfolgte subcutan an der Innenfläche des 
Schenkels, der Kaninchen in der Uecöcalgegend direct in den 
Dickdarm, indem derselbe durch eine 1 cm grosse Schnittwunde 
hervorgezogen, nach Einspritzung der Cultur reponirt und die 
kleine Bauch wunde vernäht wurde. Ein 9 Monate altes Schwein, 
das 5 ccm einer 24stündigen Bouilloncultur eingespritzt erhielt, 
erkrankte sehr bald, fieberte, magerte allmälig ab und wurde 
32 Tage nach der Impfung getödtet. Die Section ergab ein aus¬ 
gesprochenes Bild der Schweiuepest. Ein Kaninchen starb 12 Tage 
nach der Einspritzung. Die pathologischen Veränderungen waren 
ebenfalls für die in Rede stehende Krankheit charakteristisch. 
Die subcutane Verimpfung des Bac. suisepticus au ein 10 Monate 
altes Schwein verursachte Fieber, Abmagerung und nach 17 Tagen 
den Tod. Das Sectionsergebniss entsprach dem festgestellten 
anatomischen Bilde der Schweinesepticämie. Selbst eine zufällige 
experimentelle Mischinfection ergab die interessante Thatsache, 
dass Pest- und Septicämiebacillen im Schweine lange Zeit 
(10 Wochen) nebeneinander lebensfähig und virulent bleiben 
können, dass trotz grosser Dosen des Bac. suisepticus die 
anatomischen Läsionen durch die wenigen gleichzeitig einverleibten 
Pestbacillen erzeugt werden können. 

In einem kritischen Rückblick über die Literatur der Schweine¬ 
seuchen bemerkt Verf., dass er durch die Güte der verschiedenen 
Forscher in den Stand gesetzt wurde, die Erreger der englischen 
Swine-plaque (Swinefever), der französischen Pneumo-Entürite und 
der deutschen Schweineseuche zu untersuchen. Alle drei Bacterien 
zeigten sich identisch mit dem Bacillus suisepticus. 

Hiernach kommt P. zu der Schlussfolgerung, dass bei allen 
jenen Seuchen, die bisher unter den Namen der Schweinepest 
und Schweinesepticämie oder ihrer Synonyme bekannt geworden 
sind, nur die Bacterien I und II eine Rolle spielen. Der Bac. I 
ist bei dem häufigen gleichzeitigen Vorhandensein schwerer nach¬ 
weisbar, weil die Impfthiere bei Verimpfung von kranken Organ- 
tkeilen stets durch Bac. II zu Grunde gehen. 

Die Untersuchungen über die wechselseitigen Beziehungen 
beider Bacillen lassen den Verf. zu der Vermuthung kommen, dass 
die meisten der hier gedachten Seuchen unter den Schweinen 
auf Mischinfectionen beider Bacterien beruhen, und dass es als 
erwiesen gelten könne, dass die Schweinesepticämie allein als 
eine selbstständige verheerende extensive Seuche nicht vorkomme. 
Die Infection erfolge bei beiden Bacillen durch die Verdauungs¬ 
wege, und die bei der Schweinepest erzeugten Dannläsionen ver¬ 
mittelten in den meisten Fällen erst die Ansteckung mit dem 
Septicämiebacillus, indem sie zur Brutstätte desselben warden 
und als Eingangspforten dieses Bacillus in den Organismus dienten. 


Digitized by LjOOQie 






10. Februar 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


67 


Man könne sich weiter auch noch denken, dass die Wirkung des 
sonst verhältnissmässig für Schweine weniger gefährlichen Bac. 
snisepticus durch die Symbiose mit dem Bac. suipestifer bedeutend 
zunehme. 

In welcher Weise Mischinfectionen von Pest und Septicämie 
nebeneinander verlaufen, belegt Verf. durch zwei Beobachtungen 
an einem 150 St. und 60 St. starken Ferkelbestande. Zu Anfang 
und zu Ende der Epidemien treten hauptsächlich die Pestläsionen 
auf. „Sobald es zu Darmläsionen gekommen ist, greift die Invasion 
des Organismus durch die Septicämiebacillen Platz, die in jenen 
Darmläsionen fast nie fehlen. Die secundäre, intercurrente In- 
fection durch den Septicämiebacillus nimmt einen rapiden, aller¬ 
dings schnelleren Verlauf als die Pestseuche; die Thiere fallen 
der Pneumonie massenhaft zum Opfer, noch ehe die Pest nam¬ 
hafte Verletzungen des Organismus hervorgerufen hätte. Nach¬ 
dem alle für die Septicämie wenig widerstandsfähigen Thiere 
gefallen, folgt eine Remission dieser secundären Seuche, indem 
die durch sie bedingten Pneumonien an Ausbreitung und Intensität 
verlieren oder auch ganz, ausbleiben. Der Rest der Thiere aber 
zeigt das Bild der Schweinepest immer ausgeprägter, und ein 
Theil der von der Septicämie verschonten Schweine geht an den 
Läsionen der Pest zu Grunde.“ 

Die Immuni8irungsver8uche, welche P. mit dem Blutserum 
eines 3 Wochen nach dem Ueberstehen der Schweinepest ge- 
tödteten Schweines an 30 Schweinen vornahm, ergaben das 
Resultat, dass von den 30 Impflingen 18 erkrankten und 9 starben, 
nachdem unter die Heerde einige sehr stark mit der Seuche be¬ 
haftete Schweine gebracht worden waren. 30 nicht geimpfte ge¬ 
sunde Ferkel, welche am Tage vor der Zuführung der kranken 
Thiere mit den Impflingen vereinigt worden waren, gingen 
sämmtlich an der Seuche eiD. Es ist demnach anzunehmen, „dass 
das Serum die Imflinge gegen Pest, d. b. vor Läsionen des Darms 
schützt, und dass in Folge dessen die secundäre Ansteckung mit 
dem Septicämiebacillus ausbleibt.“ 

Verf. will dadurch nicht in Abrede stellen, dass der Bac. suisep- 
ticus für sich allein Schweine tödtlich inficiren und unter Um¬ 
ständen seuchenartige Erkrankungen erzeugen könne. Es sei 
dagegen bisher noch nicht nachgewiesen, dass die mörderischen 
Schweineseuchen der verschiedensten Länder Europa’s nur durch 
den Bac snisepticus veranlasst wurden, alBO reine Septicämien 
waren. Die Ansicht des Verf. von dem Zusammenwirken beider 
Bacterien zur Erzeugung von Epidemien hat vieles für sich, doch 
muss ihre Bestätigung durch andere Forscher noch abgewartet 
werden. Die Theorie stützt sich weiterhin auf die u. A. von 
Moore und Bang festgestellte Thatsache, dass mit dem Bac. 
snisepticus identische virulente Bacillen in den oberen Luftwegen 
von gesunden Schweinen Vorkommen. Diese Beobachtungen be¬ 
weisen aber das Vorkommen des Septicämiebacillus im virulenten 
Zustand bei Schweinen ohne eine Krankheit zu verursachen, 
ebenso wie die Verimpfung des Bacillus im höchst virulenten Zu¬ 
stande unfähig ist, Schweine krank zu machen. 

Das häufige Vorhandensein des Septicämiebacillus im 
gesunden Schwein würde die häufige Complication der Schweine¬ 
pest mit der Septicämie ohne Schwierigkeit erklären. 

Betreffs der Benennung beider Krankheiten bemerkt P., dass 
er der Bezeichnung Schweinepest vor den Synonymen Schweine- 
Diphtherie und „Hog-cholera“ (Schweinecholera) bevorzuge, weil 
unter Diphtherie und Cholera Krankheiten von ganz anderem 
Character zu verstehen seien. Man könnte die fragliche Schweine¬ 
seuche wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem abdominalen Typhus 
des Menschen eher „Schweine-Typhus“ benennen, doch sei die 
Zahl der Synonyme für diese Schweinekrankheiten schon ver¬ 
wirrend und ärgerlich gross, dass P. keine neuen einführen wolle. 


Von den Synonymen, welche für die durch den Bac. septicus 
bedingte Krankheit Verwendung finden (Schweineseuche, Schweine- 
septicämie, Swine-plague, Infections-Pneumonie, Peumo-Enteritis, 
Swine-fever, Pueumo-entörite) findet Verf. die Benennung 
„Schweinesepticäraie“ am treffendsten. Denn diese Seuche bietet 
das Bild einer septicämischen Infection, bei welcher jede tiefer 
greifende Gewebsveränderung, selbst die Pneumonie, fehlen kann 
und weiter ist der Erreger der virulenteste MicroorganiBmus der 
Septicämiegruppe (Septicaemia haemorrhagica, Hueppe). 

Beitrag zar Klärung der Ursache periodischer 
AugenentzAndung. 

Von M. Knaflitsch, Thierarzt bei der Remonten-Assent-Commission 

No. 5. 

(Thierftrxtl. Centralbl 1897, n. 2t.) 

Verf. kommt auf Grund seiner Erfahrungen bei den Angen¬ 
untersuchungen von Remontepferden zu der Schlussfolgerung, „dass 
ein sehr grosser Procentsatz von Fohlenerblindungen der Ver¬ 
wendung periodisch erblindeter oder im Erblinden • begriffener 
Elternthiere zur Zucht zuzuschreiben sei.“ 

In acht näher beschriebenen Fällen wird nachgewiesen, dass 
die Nachkommenschaft eines mit periodischer Augenentzündung 
behafteten Vater- oder Mutterpferdes ebenfalls Veränderungen 
infolge dieser Augenkrankheit zeigte. 

Hiernach spiele die Vererbung bei Entstehung der periodi¬ 
schen Augenentzündung eine erhebliche Rolle. Es empfehle sich 
dringend, bei der Answahl der Zuchtpferde den Augen eine be¬ 
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und augenkranke Pferde 
von der Zucht anszuschliessen. Staatshengste solle man nicht 
zum Belegen periodisch erblindeter Stuten hergeben. Allgemein 
müsse man alljährlich vor der Deckperiode Hengste und Stuten 
mit dem Augenspiegel untersuchen lassen. Für gesunde Stuten 
im Privatbesitz sei ein Certificat auszustellen, welches den Namen 
des Züchters und das Nationale der Stute enthalte, und nur auf 
Vorzeigung dieser Bescheinigung dürfe diese zum Decken durch 
einen Staatshengst zugelassen werden. 

Cryptogenetlsche Pyosepticaemie beim Pferd. 

Professor Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Thierhlkd., 
Bd. VIII, H. 11. — Ein Pferd war plötzlich, nachdem es zwei 
Tage im Stall gestanden hatte, von starkem Schüttelfrost und 
schwerer allgemeiner Erkrankung befallen worden, wobei sich ge¬ 
wisse Symptome wie von Rhehe gezeigt hatten. Die Untersuchung 
ergab schwere septische Allgemeinerkrankung: Beide Vorder¬ 
beine wurden allerdings wie bei Rhehe steif gehalten. Bereits 
zwei Tage später starb das Pferd. 

Obductionsbefund von Dr. Olt: Blutung in der Muskulatur 
der Vorderschenkel, Vergrösserung der Körperlymphdrüsen, die 
dunkelroth und durchfeuchtet sind. In sämmtlichen Gelenkhöhlen 
gelblich-graue, trübe, eitrige Flüssigkeit. Zwischen den Sehnen 
und in den Sehnenscheiden der vorderen und hinteren Extremität 
ebensolche Flüssigkeit. Die Sehnenscheiden geröthet, getrübt, 
mit kleinen Blutungen. Körpermuskulatur grauroth, brüchig, 
trübe. Magenschleimhaut geröthet, verdickt. In der Pylorus- 
region eine Menge linsen- bis zehnpfennigstückgrosser dunkelrother 
Stellen (Blutungen in die Submukosa). Ein ähnlicher Zustand 
im Duodenum. In der Dünndarmschleimhaut zahlreiche steck¬ 
nadelkopfgrosse überragende Knötchen mit rothem Hof und gelb¬ 
lich grauem Centrum. Theilweise Vergrösserung der Follikel. 
Milz vergrös8ert, Stecknadelkopf- bis erbengrosse dunklere Stellen 
mit gelblich grauem Centrum enthaltend. In der Leber ganz 
ähnliche Knötchen. Zahllose bis erbsengrosse gelbliche Knoten 
in den Nieren. Im Herzen zwei halbmondförmige Klappen, am 
Ostium aorticum erbsengrosse graue Auflagerungen, am Eodocard 


Digitized by 


Google 




BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


68 

der linken Herzkammer zwei ähnliche Stellen. Herzfleisch grau- 
roth, brüchig. In der Schleimhaut der Nase ähnliche Knötchen 
wie in der Darmschleimhant. Am Gehirn keine Veränderungen. 

Die Behandlung der Verbrennungen mit Kalium 
nitricum und Magnesia usta. 

Die Behandlung von Verbrennungen jeden Grades besteht 
nach Poggi im Baden im Lösungen von Kalium nitricum und 
Bedecken mit Compressen, die in gesättigte Lösungen ein¬ 
getaucht sind. Das Kalium nitricum wirkt als kühlendes Mittel 
bei den Verbrennungen. Bei der Lösung in Wasser bewirkt es 
eine Temperatnrerniedrigung um 3,5°. Wenn man eine ver¬ 
brannte Hand oder einen Fuss in eine Schale mit Wasser hält, 
dem einige Löffel Kalium nitricum zugefügt sind, hört der 
Schmerz rasch auf. Wenn sich das Wasser nach einiger Zeit 
erwärmt hat, kommt der Schmerz wieder, beruhigt sich aber, 
wenn man dem Wasser wieder Kalium nitricum zufügt. Ein 
zwei bis drei Stunden dauerndes Bad lässt den Schmerz ganz 
aufhören und verhindert die Blasenbildung. Dieselbe kühlende 
und' antiphlogistische’ Wirkung haben mit Kalium; nitricum- 
Lösung getränkte Compressen; sie begünstigen die Vernarbung. 
Vergely erhielt ebenfalls sehr gute Resultate bei Verbrennungen 
ersten ;und zweiten Grades durch Bedeckung der betroffenen 
Theile mit einer dicken Paste aus Magnesia usta und Wasser. 
Sobald eingetrocknete Stücke abfallen, werden sie durch neue 
Pasten ersetzt. Unter diesem Verband heilen die Wunden ohne 
die Pigmentirung der Haut, welche der Luft ausgesetzte Theile 
bei Verbrennungen bekommen. (Allg. Med. Centr.-Ztg.) 

Ueber Behandlung der Frostbeulen. 

Von Prof. Binz. 

(Zeitscbr. f. prakt. Aerzte 19/97.) 

Verf. hat bei Behandlung der Frostbeulen von folgender 
Salbe gute Resultate gesehen: 

Rpl Calcar. chlorat. 1,0 
N Ungt. Paraffin. 9,0 

M. f. Ungt. subtiliss., 

D. i. vitr. fusc. 

S. Aeus8erlich. 

Davon wird eine erbsen- oder bohnengrosse Menge sanft 
etwa fünf Minuten tlang Abends vor dem SchlafeDgehen in die 
geröthete und schmerzende Stelle eingerieben, dann ein ein¬ 
facher Verband, am besten mittels eines schwer durchdringlichen 
Stoffes, angelegt und darüber ein Strumpf oder Handschuh 
gezogen. Dabei ist zu beachten, dass Chlorkalk durch langes 
Lagern oder auch die Salbe durch Zubereitung mit Lanolin oder 
Adeps suilli viel Chlor und damit gerade die wirksame Substanz 
verliert. Die Salbe soll deshalb mit Ungt. Paraff. bereitet werden 
und ist nur dann gut und wirksam, wenn sie stark nach Chlor 
riecht. Neben der örtlichen Behandlung muss besonders die 
Blutarmuth und Kälteempfindlichkeit bekämpft werden, und Verf. 
hat die Erfahrung gemacht, dass man dem Entstehen der Frost¬ 
beulen Vorbeugen muss. Vor der Jodtinctur und der verdünnten 
Salpetersäure, die ebenfalls gegen Frostbeulen wirksam sind, hat 
die Chlorkalksalbe den Vorzug, reizlos und höchst bequem in 
der Anwendung zu sein. Daneben hat sie Verf. auch einige 
Male 'gegen die starke Röthung der Nasenspitze wirksam 
gefunden, die bei manchen weiblichen Personen besonders im 
Winter und bei scharfen Winden auch im Frühling und Herbst 
entsteht und dann Neigung hat zu persistiren. (Allg. Med. 
Centr.-Ztg.) 

Therapeutische Notizen. 

Terpentin bei Verbrennungen. 

Nach Dr. Jnnis erleichtert Terpentin bei Verbrennungen 
aller drei Grade fast sofort die Schmerzen, und die Verbrennungen 


heilen unter dieser Behandlung viel rascher als bei jeder anderen. 
Man bedeckt die verbrannte Partie mit einer dünnen Schicht in 
gewöhnlichen Terpentin getauchter Watte Die etwaigen Blasen 
werden am zweiten oder dritten Tage geöffnet. Man muss nur 
beachten, dass das Terpentin nicht mit den gesunden Theilen in 
Berührung kommt, wo es sonst die Haut anätzen würde. 

(Allg. Med. Centr.-Ztg.) 

Xeroform in der Thierheilkunde. 

Die Vorzüge, welche das Xeroform bei der chirurgischen Be¬ 
handlung des Menschen bietet, gelten nach Konhäuser-Wien 
auch in der Thierchirurgie. Dieses Pulver übertrifft das Dermatol, 
Airol und ist bis jetzt als das geeignetste Ersatzmittel für das 
Jodoform zu betrachten. K. benutzte das Mittel bei der Behand¬ 
lung von Wunden und nässenden Hautkrankheiten in einem 
grösseren Pferdebestand. „Nach einer mehrmaligen Anwendung 
trat eine auffallende Beschränkung der Secretion und eine rasche 
Ausfüllung und Verkleinerung der Wunde durch normale Granu¬ 
lationsbildung und schnelle Ueberhäutung ein.“ Das Xeroform 
hat nur einen schwachen angenehmen Karbolgeruch, der bei der 
Anwendung absolut nicht wahrnehmbar ist. Das Pulver ist spe- 
cifi8cli leichter als das Jodoform, 1 kg Xeroform hat das 
doppelte Volumen des vorgenannten Mittels. Diese Eigenschaft 
bietet den Vorzug, dass der Chirurg bei Anwendung des Xero¬ 
forms weiter reicht als mit der gleichen Gewichtsmenge Jodo¬ 
forms, besonders da nur eine ganz dünne Schicht des gedachten 
Pulvers auf die gut gereinigte Wunde gestreut zu werden braucht. 
Ein wesentlicher Vortheil des Xeroforms vor dem Jodoform ist 
endlich seine Billigkeit. (Oesterr. Thierärztl. Centialbl.) 

Filmogen. 

Filmogen, einen von Schiff in die Dermatotherapie ein¬ 
geführten, nicht in Wasser löslichen Firniss, eine Collodium- 
composition, empfiehlt auch Unna wegen seiner Feinheit und 
Elasticität. Ohne Beimischung eines farbigen Medicamentes ist 
das FilmogenhäutcheD fast unsichtbar. Ein besonderer Vorzug 
ist seine Eigenschaft, trotz seiner Unlöslichkeit im Wasser auch 
auf feuchten Hautstellen zu haften. Hierdurch eignet es sich 
besonders zur Behandlung feuchter, umschriebener Ekzeme und 
intertriginöser Flecken. Unna rühmt als wirksam 10 pCt. 
Salicylfilmogen gegen nässende Handekzeme nnd 5 pCt. Ichthyol- 
filmogen gegen infantilen Intertrigo, weniger Chrysarobin- und 
Theerfilmogen gegen psoriatiforrae Eczeme und Psoriasis, wo seine 
Wirkung gegen die entsprechenden Collodiumfirnisse zurückstand. 

(Dtsch. Med. Woch.) 

Asbest als Verbandmaterial. 

Reed empfiehlt den Asbest als Verbandmaterial, da derselbe 
verschiedene Vorzüge besitzt. Er ist zunächst sehr weich; ferner 
ist er auf sehr einfache Weise vollkommen zu sterilisiren; mau 
legt die zu benutzende Menge auf eine Platte, giesst etwas 
Alkohol hinauf und zündet diesen an, worauf die Sterilisation 
fertig ist. Weiter ist die Resorptionsfähigkeit des Asbests viel 
stärker als die der Baumwolle. Befeuchtet ist er sehr weich, 
absolut reizlos und erzeugt beim Betupfen oder Reinigen von 
Wundflächen keine Verletzungen. Man hüllt ihn bei der An¬ 
wendung zweckmässig in etwas Gaze ein. 

Zur Vertilgung der Dauelbeulen. 

Zur Vertilgung der Dasselbeulen sind bereits eine grössere 
Anzahl von Mitteln empfohlen worden, die, in richtiger Weise 
angewandt, den Zweck wohl erreichen lassen. Aus England wird 
nunmehr durch die Milchzeitung ein Verfahren bekannt, das 
geeignet erscheint, der Dasselfliege Herr zu werden. Man reibt 
die Dasselbeulen mit trockenem Salz ein, welches die Larven 
tödten soll. Es wird als ein Vorzug gerühmt, dass die Ent- 


Digitized by LaOOQie 




10 Februar 1.-98 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Zündung, welche bei anderen Mitteln znr Tödtnng der Larven 
beobachtet worden ist, hier nicht eintreten soll. Es dürfte sich 
empfehlen, mit diesem einfachen Mittel Versuche anzustellen. 

Ueber das Melanosarcom. 

Von Prof. Nibbert. 

(Ziogler’a Beitrüge z. pathol. Aoat. u. allg. Pathol.) 

Der Verf. ist nach einem Referat in der Münchener 
Medicinischen Wochenschrift zu der Ansicht gekommen, dass 
sowohl die Melanome der Chorioidea des Auges, wie die von der 
Haut ausgehenden Melanosarcome ihrer Abkunft nach Chromato- 
phorome, Pigmentzellengeschwülste, sind. Desgleichen sind 
ihre Metastasen nur Metastasen von geschwulstmässig wuchern¬ 
den Pigmentzellen. Dabei kann der ursprüngliche Charakter der 
Chromatophoren mehr oder weniger vollständig verloren gehen, 
einmal infolge von Contractionsbildern dieser Elemente, wobei 
die bekannten Ausläufer der Pigmentzellen verschwinden und 
grössere, mit scholligem Pigment beladene, daher auch scheinbar 
kernlose und runde Gebilde erscheinen, andererseits durch unvoll¬ 
ständige Ausbildung der neuen Geschwulstzellen, welche Spindel- 
und Kugelform annehmen, Riesenzellen bilden und Alveolar- 
sarcome Vortäuschen können. Die Naevizellen, welche Unna vom 
Epithel abstammen lässt, sind auch nichts Anderes als solche 
von Chromatophoren ausgehende Zellneubildungen, welche den 
Typus der Mutterzelle nicht mehr wiedergeben. Nibbert betont 
wieder seinen Standpunkt in der Erklärung des Zustandekommens 
der Geschwülste, ohne jedoch direct neue Beweise beizubringen. 

Allgemeine Melanosarcomatose: 

Seit Februar zeigte ein zehnjähriger Schimmelwallach an der 
rechten Seite des Widerrists eine Flächenanschwellung, die schnell 
und stark wuchs. Das muntere Thier magerte schnell ab, 
während es im Hinterleibe an Umfang zunahm. Er starb am 
13. April. Die Widerristgeschwulst präsentirte sich als ein 
Melanosarkom, das zwischen Rippen und Schulterblatt vom Wider¬ 
rist bis zum Buggelenk herabreichte und eine Anzahl kleinerer 
und grösserer Cysten enthielt. Aus Brust- und Bauchhöhle ent¬ 
leerten sich 16 1 schmutzig dnnkelrother Flüssigheit. Sämmtliche 
Organe beider Höhlen waren von schwarzen haselnuss- bis manns¬ 
kopfgrossen Knoten durchsetzt, die im Innern mehr oder weniger 
Cysten enthielten. Die linke Niere um das Doppelte vergrössert, 
mit einer fanstgrossen Schwarzgeschwulst; die rechte Niere in 
eine sackartige Cyste umgewandelt; auch Gekrösdrüsen und 
Zwerchfell mit Melanomen durchsetzt. Die Milz, in eine unförm¬ 
liche Masse umgewandelt, wog nicht weniger als 33 k, war 1 ra 
lang, 60 cm breit und bis 30 cm dick. Da man die Geschwulst 
am Widerrist für die primäre halten darf, so ist die Generali- 
sation in auffallend kurzer Zeit erfolgt. 

Allgemeine Melanose. 

Ein Scbimmelwallach zeigte folgenden ganz ungewöhnlichen 
Grad von Melanose. Die Milz war 92 cm lang, 43 breit und 
14 dick; sie wog 25 Pfund. Milzkapsel hüglig, straff gespannt 
und schwarz. Milzgewebe gänzlich untergegangen und darin Pig¬ 
menthaufen bis zur Mannsfaustgrösse eingelagert, die sich 
knorpelähnlich hart schnitten. Leber ebenfalls stark vergrössert 
und hart. Unter der Serosa überall oberflächlich eingebette un¬ 
zählige Pigmentkügelchen. Bauchspeicheldrüse und Darm nicht 
verändert. Sämmtliche Halslymphdrüsen, die Bugdrüsen, die sub- 
maxillaren Lymphdrüsen, die Ohrspeicheldrüsen sehr stark ver¬ 
grössert,^ von speckiger Consistenz und durchweg pigmentirt. 
Auf der rechten Hemisphäre in der Dura mater ein pilzartiges 
Pigmentgebilde von Erbsengrösse. Ueber dem rechten Augen¬ 
bogen ein gänseeigi'osses Melanom, an welchem eine Operation 
vorgenommen war. Zeitschr. f. Veterinärkunde. 


Melanosarcomatose als Ursache von Knochenbrüchigkeit. 

Ein Pferd war im April plötzlich lahm geworden und hatte 
sich Mitte Mai einen Beckenbruch zugezogen. Die Section klärte 
die Aetiologie in überraschender Weise auf. Das Pferd, ein 
brauner Wallach, litt an generalisirter Melanosarcomatose mit 
Metastase im Knochenmark und speciell im linken Darmbein 
sowie in der benachbarten Musculatur (ausserdem in den Bauch- 
lymphdrüsen, Milz, Nieren, Lungen, beiden Stirn- und Kiefer¬ 
höhlen und in der rechten Nasenmuschel). Am Becken fanden sich 
zwei Fracturen, eine ältere, die die Lahmheit im April bedingt 
hatte, und eine frische an der linken Darmbeinsäule; ausserdem 
waren zwei Rippen gebrochen. Das Knochenmark und die 
Knochensubstanz des Darmbeins war von blutigen weichen Ge¬ 
schwulstmassen durchsetzt. Auch das Periost war von Sarcom- 
zellen durchsetzt. Unzweifelhaft hatten die Melanosarcome den 
Grund zu den Knochenbrüchen gegeben. (Prof. Fröhner, Mtsh. 
f. Th. Bd. VIII, H. 11). _ 

Tagesgeschichte. 

t 

Am 20. Januar er. starb nach kurzem Erkranktsein an Me¬ 
ningitis der Hof- und Kreisthierarzt Medicinalassessor Heinrich 
Lies zu Braunschweig. 

Geboren am 2. Februar 1840 zu Bodenstedt, bereitete der¬ 
selbe sich in seinem Heimathsorte und in der Stadt Braunschweig 
für das Studium der Thiermedicin vor und absolvirte dann die 
Thierarzneischulen in Berlin und Hannover, woselbst er nicht 
nur mit Eifer dem Fachstudium oblag, sondern auch nebenbei noch 
an der Vervollkommnung seiner allgemeinen Bildung arbeitete. 
Im Jahre 1860 bestand Lies vor dem herzoglichen Ober-Sanitäts- 
Collegium zu Braunschweig, welcher Behörde er später vom 
1. Mai 1877 bis zu seinem Tode als ausserordentliches Mitglied 
angehörte, sein Staatsexamen als Thierarzt. Nachdem derselbe 
1860/61 seiner Militärpflicht als Einjähriger bei der Artillerie 
genügt hatte, practicirte er zuerst in Langesheim, dann in Börs- 
sum, um sich darauf dauernd in der Stadt Brannschweig nieder¬ 
zulassen. 1877 wurde der Verstorbene zum Hofthierarzt ernannt, 
nachdem er mit der Ausübung der thierärztlichen Functionen am 
Marstalle bereits seit October 1866 betraut gewesen war. 1883 
wurde er difinitiv zum Kreisthierarzt des Kreises Brannschweig 
ernannt und erhielt 1895 von S. K. H. dem Regenten den Titel 
Medicinalassessor. Der Verstorbene war Inhaber des Ritter¬ 
kreuzes 2. Classe des Ordens Heinrichs des Löwen. 

Lies war ein begeisterter Anhänger seines Berufes und be¬ 
ständig bestrebt, sich auf der Höhe der Wissenschaft zu erhalten. 
Noch als practischer Thierarzt besuchte er Vorlesungen über 
Chemie an der Polytechnischen Hochschule und noch kurz vor 
seinem Tode begann er ein Repetitorium der Physik. Sein Lieb¬ 
lingsfach war von jeher die Botanik. L. war einer der be¬ 
deutendsten Kenner der Braunschweigischen Flora. Seine gründ¬ 
liche Kenntniss der Anatomie qualificirte ihn zum geschickten 
Operateur, der vor keinem Eingriff zurückscheute. Trotz ge¬ 
schäftlicher Ueberbürdung fand der Verstorbene noch Zeit durch 
kleinere Abhandlungen und casuistische Mittheilungen literarisch 
thätig zu sein. 

Seine Tüchtigkeit im Allgemeinen und sein sicheres Auf¬ 
treten verschafften dem Abgeschiedenen die Gunst des Publicums 
und seine ausgebreitete Praxis. Schon durch sein gewinnendes 
und aristokratisches Aeussere verstand er jedermann zu imponiren. 
Im Verkehr mitCollegen war Lies liebenswürdig, offen und auf¬ 
richtig; den jüngeren Collegen gegenüber war er allzeit ein treuer, 
väterlicher Berather und Schützer, überall suchte er ihnen die 
Wege zur Praxis zu ebnen. Nichts verabscheute der Verstorbene 


Digitized by 


Google 



70 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 6. 


mehr als Intriguen und Cliquenwesen. Alles Strebertlmm war 
ihm zuwider. Meisterlich verstand er es Leuten, die gewohnt 
sind Ober den thierärztlichen Stand die Nase zu rümpfen, heim¬ 
zuleuchten. Die Hochhaltung der Standesehre und Collegialität 
lagen L. ganz besonders am Herzen. Zn diesem Zwecke gründete 
er im Jahre 1874 mit einer kleinen Schaar Gleichgesinnter den 
Thierärztlichen Verein im Herzogthum Braunschweig, in welchem 
er lange Jahre den Vorsitz führte und welcher trotz wider¬ 
strebender Elemente zu lebensfrischer Existenz sich entwickelt hat. 
Des Gründers Heimgang ist ein grosser, unersetzbarer Verlust 
für den Verein und die Thierärzte des Herzogthums. Die Wür¬ 
digung als Delegirter des Vereins im Deutschen Veterinärrath 
hat sich der zeitige Vorsitzende des letzteren Vorbehalten. 

Als Beamter war der Heimgegangene im hohen Masse pflicht¬ 
treu und unparteiisch und genoss als solcher Liebe und das Ver¬ 
trauen seiner Vorgesetzen und aller derer, mit welchen er amt¬ 
lich in Berührung kam. 

Fassen wir kurz zusammen, was den Dahingeschiedenen vor 
Vielen auszeichnete: Er war von makelloser Moral, ausser- 
gewöhnlicher Begabung, tief empfindendem Gemüth und besass 
im hohem Masse die Fähigkeit jedem Dinge die ideale Seite ab¬ 
zugewinnen. 

Die grosse Zahl der Leidtragenden von nahe und fern, 
welche dem von vier Pferden des fürstlichen Marstalls gezogenen 
Sarge des Verewigten folgte, legte Zeugniss ab für die allge¬ 
meine Verehrung unseres verstorbenen Collegen und aus aller 
Herzen gesprochen waren die aus geweihtem Munde ihm in die 
Gruft hinabgerufenen Worte: 

„Der Verstorbene war ein Charakter!“ 

Sein Andenken wird fortleben bei allen, welche ihm nahe 
standen. 

Im Namen des Thierärztlichen Vereins im Herzogthum 1 : 

Braunschweig: Saake. 

Eine Massregel 

gegen die preussischen thierärztlichen Vereine. 

Die Brandenburger Kreisthierärzte haben die behördliche 
Anweisung erhalten, aus solchen thierärztlichen Vereinen aus¬ 
zutreten, in deren Statuten sich Bestimmungen über einen Ehren¬ 
rath befinden, durch den der beamtete Thierarzt ähnlich wie im 
Disciplinarverfahren der Staatsbehörde gemassregelt werden 
kann. Jedenfalls ist allen Regierungen eine entsprechende 
Weisung zugegangen. Die Angelegenheit, sowie ihre Veranlassung 
ist daher eine öffentliche geworden, über deren principielle Be¬ 
deutung Niemand im Zweifel sein kanD. 

Die Frage, welche Mittel den Behörden zur Verfügung 
stehen, um Beamten die Zugehörigkeit zu nicht politischen Ver¬ 
einen zu verbieten, darf hierumsomehrunerörtert beiben,als siejeden- 
falls bei vorliegender Angelegenheit nicht praktisch werden kann. 

Das aber ist nicht zweifelhaft, dass der Austritt der be¬ 
amteten Thierärzte aus den betroffenen Vereinen — und die 
meisten Vereine haben ein Ehrenrathsstatut, wenn es auch viel¬ 
leicht noch nie iormell angewendet worden ist — die Sprengung 
der Vereinsorganisation bedeuten würde. Es handelt sich also 
um eine sehr ernste Angelegenheit für die Vereine und für den 
ganzen Stand. 

Denn das darf bei dieser Gelegenheit wohl ausgesprochen 
werden, dass abgesehen von dem Seuchengesetz, der Schöpfung 
Marcard’s, die allerdings zum mächtigsten Grundpfeiler der thier¬ 
ärztlichen Stellung geworden ist, fast alle Verbesserungen dieser 
Stellung durch die Thätigkeit der Vereine herbeigeführt oder 
wesentlich vorbereitet worden sind. Von selbst, sozusagen, in 
den Schoss gefallen, ist den Thierärzten blutwenig. 

Die Vereinsorganisation ist also der eigentliche Lebensbaum 


des thierärztlichen Standes, für deren Erhaltung wir daher 
gegebenen Falls Alles thun müssen, wasanstündigerweise möglich ist. 

Nun könnten ja zur Zeit die beamteten Thierärzte aus den 
allgemeinen Vereinen austreten und eigene Vereine bilden. 
Aber dies wäre nicht minder eine Zerstörung, nur eben hinter 
den Coulissen. Denn ein Zerfallen der Vereine in Berufsgruppen 
muss nothwendigerweise über kurz oder lang zum Verlust des 
Zusammenhangsgefühls und zur Auflösung des Gesammtstandes 
fuhren, der — schon an sich nicht sehr stark in Folge der geringen 
Zahl seiner Angehörigen — nur bei innigem Anschluss, 
bei hochentwickeltem Corpsgeist aller seiner Mitglieder für sich 
auch zukünftig etwas schaffen und durchsetzen kann — Alle für 
Einen, Einer für Alle. Reine Beamtenvereine würden, auch ab¬ 
gesehen von der Behandlung technischer Fragen, keine freie Beweg¬ 
lichkeit haben. 

Den beamteten Thierärzten muss daher unbedingt die 
Möglichkeit erhalten bleiben, den allgemeinen thierärztlichen Ver¬ 
einen anzugehören. Letztere werden daher nichts weiter thun 
können, als unverzüglich die Voraussetzungen, unter welchen das 
Ministerium den Austritt verlangt, zu beseitigen, indem sie ihre 
Ehrenrathsstatuten ändern oder fallen lassen. 

Sie können dies auch um so eher thun, als einerseits die 
Ehrenraths-Einrichtung m. A. n. keine Lebensbedingung für die 
Vereine ist und als andrerseits bei ruhiger Ueberlegung das Vor¬ 
gehen des Ministeriums weder unberechtigt noch rigoros gefunden 
werden kann. 

Auf die Erörterung dieses letzteren Punktes kommt es 
natürlich in erster Linie an, um eine allgemein objective Be- 
urtheilung des ganzen Vorganges zu sichern. Es ist dazu eine 
Erwähnung des ursächlichen Vorganges unvermeidlich. Der 
Departementsthierarzt Dr. Ulrich war mit dem beim schlesischen 
Verein bestehenden Ehrenrath in einen Conflict gerathen, 
den der Regierungspräsident von Breslau weiter verfolgt hat. 
Den Conflicts- Anlass hatte die Beschwerde eines Collegen geboten, 
welche wieder in dienstlichen Begebenheiten wurzelte. 

Das Ministerium dürfte nun es für unthunlich ansehen, dass 
dienstliche Vorgänge, mögen sie zu missbilligen sein oder nicht, 
einer formellen privaten Be- und Aburtheilung, z. B. durch ein 
aus Wahl hervorgegangenes Ehrengericht, unterworfen werden. 
Es mag wahrscheinlich auch die Ansicht bestehen, dass dienstliche 
und private Handlungen sehr schwer zu trennen sind und dass 
es zur Vermeidung von Schwierigkeiten überhaupt nicht thunlick 
ist, Beamte einem ausserhalb der Beamtenorganisation stehenden 
Ehrengericht zu unterwerfen. 

Diesem Standpunkt kann man die Berechtigung nicht ab¬ 
sprechen. Es ist ganz derselbe, wie ihn das Cultusministerium 
gegenüber der von ihm anerkannten ärztlichen Standesorganisation 
einnimmt. Um unsere Angelegenheit sine ira et Studio zu 
erläutern, ist es vielleicht gut, auf die Behandlung dieser Frage im 
ärztlichen Stande näher einzugehen. 

Der Medicinalreform bezw. der vom Cultusministerium eifrig 
geförderten Durchführung einer Standesorganisation bereitet näm¬ 
lich auch gerade die ärztliche Ehrengerichtsfrage entscheidende 
Hindernisse. Da es sich hier um eine staatliche Anerkennung 
und dementsprechende Reglementirung handelt, zeigte diese In¬ 
stitution sofort all’ ihre heiklen Seiten und Schwierigkeiten. 
Den thierärztlichen Vereinen, welche sich freie Ehrengerichte 
geschaffen hatten, waren diese Schwierigkeiten nur desshalb ent¬ 
gangen, weil die Ehrengerichte bisher so gut wie nie formell 
functionirt haben. 

Der im Cultusministerium aufgestellte Gesetzentwurf betr. 
ärztliche Ehrengerichte schliesst nämlich im § 2 beamtete und 
Militärärzte ausdrücklich von der Unterstellung unter die Ekren- 


Digitized by LaOOQie 


10. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTL1CBE WOCHENSCHRIFT. 


71 


gerichte aus. Darauf batten eine Anzahl Aerztekammern bean- 
tragt, dass diese Beamten mindestens hinsichtlich ihrer privat- 
ärztlichen Thätigkeit den Ehrengerichten unterstellt würden. 

Hierauf hat der Herr Cultusminister in einem Erlass er¬ 
widert, er bemerke im Einverständniss mit den betheiligten Herrn 
Re88ortchefs ein für alle Mal, dass diesen Anträgen nicht ent¬ 
sprochen werden könne. Man verkenne die Art, den Umfang, 
sowie die unerlässlich nothwendige Einheit und Aus¬ 
schliesslichkeit der staatlichen Disciplinargewalt. 

Andere Aerztekammern hatten beantragt, in den § 2 wenigstens 
eine Bestimmung einzufügen, wonach das Ehrengericht das Recht 
haben sollte, wenn von einem beamteten Arzt Thatsachen bekannt 
würden, die für einen anderen Arzt ein ehrengerichtliches Ver¬ 
fahren zur Folge hatten, dies der Vorgesetzten Dienstbehörde des 
Arztes officiell zur weiteren Veranlassung mitzutheilen und von 
dieser s. Z. über den Ausgang benachrichtigt zu werden. Der 
Herr Cultusminister hat diesen geantwortet, dass er unter Bezug¬ 
nahme auf einen Runderlass vom 10. April 1893 auch diese Be¬ 
stimmung für unthunlich erachte. 

Man sieht aus diesen in Verbindung mit anderen Ressort¬ 
chefs getroffenen Entscheidungen des Cultusministers, dass es 
sich hier um ein vom Staatsministerium unterschiedslos allen 
Ständen gegenüber gewahrtes Princip handelt, wonach Beamte 
Standesehrengerichten nicht unterworfen werden können. 

Es kann daher weder Anfremden noch überraschen, sondern 
es ist eine selbstverständliche Consequenz jenes Princips wenn 
der Herr Landwirtbschaftsminister die vorliegende Verfügung 
getroffen hat, sobald er durch einen ersten Fall von der Existenz 
unserer Ehrengerichte Kenntniss erhalten hatte. 

Selbstverständlich sind Ehrengerichte allein für die nicht¬ 
beamteten Mitglieder eines Berufes werthlos und unmöglich. Mit 
zweierlei Maass kann man Collegen nicht messen. Desshalb lehnen 
auch die Aerztekammern den Gesetzentwurf betr. Ehrengerichte 
ab (woran z. Z. die ganze Medicinalreform scheitert). Und 
desshalb werden auch die thierfirztlichen Vereine gut thun, ihre 
Ehrenräthe einfach fallen zu lassen. 

Obwohl ich selbst vor ca. 13 Jahren im Hannoverschen 
Verein die ersten Ehrenrathsstatuten mit entworfen habe, 
bin ich persönlich zu der Ansicht gelangt, dass diese 
Institution für uns einen sehr bedingten Werth hat. Unparteiische, 
rücksichtslose Inangriffnahme aller Angelegenheiten, die ein Ver¬ 
fahren rechtfertigen würden, ist sehr schwierig. Wie oft sind 
dann Ehrengerichte in Thätigkeit getreten, obwohl es an zahl¬ 
reichen Anlässen doch in keinem Stande zu fehlen pflegt? Vor 
allem fehlen uns die Mittel wirklich zu strafen und den Stand 
von unwürdigen Elementen zu befreien. Letzteres ist aber die 
eigentliche Aufgabe und der wesentliche Nutzen der Ehren¬ 
gerichte, da wo sie bestehen. Handelt es sich um einen an¬ 
ständigen Menschen, der einmal einen Fehler macht, so werden die 
Mahnungen angesehener Collegen ebensoviel helfen, als die eines 
Ehrenraths. Gesetzt den Fall aber, ein Mensch ohne Ehrgefühl 
schädigt durch sein Verhalten, z. B. in der Praxis die Standesehre. 
Man weist ihn aus dem Verein. Er geht hin und lacht und treibt es 
wie zuvor; Thierarzt bleibt er ja. Würde man ihn cum infamia 
ans dem Verein ausstossen, so könnte der Verein noch eine 
Beleidigungsklage gewärtigen. Wo also bleibt die dem Stande 
nützliche Wirkung? 

Das natürlich muss jede Gesellschaft, die etwas auf sich hält, 
in Anspruch nehmen, dass sie das Recht der Zugehörigkeit zu 
ihr (Aufnahme als Vereinsmitglied) an Bedingungen knüpft und 
dass unter gewissen Bedingungen ein Erlöschen dieses Rechts 
eintritt Hierbei kann selbstverständlich Beamten keine Aus¬ 
nahmestellung eingeräumt werden. Jede Ressource hat ihre 


Ballotage und eine Streichung aus der Mitgliederliste ist weder 
eine Ehrverletzung noch eine Massregelung „ähnlich dem Disci- 
plinarverfahren der Staatsbehörden“. Dieses Recht, ihre Mit¬ 
glieder sich auszuwählen, kann man daher auch den thierärzt¬ 
lichen Vereinen nicht verkümmern. Um aber jemanden, der sich 
allgemein missliebig gemacht hat, zum Austritt aus einem privaten 
Verein zu bringen, dazu braucht man keinen ehrengerichtlichen 
Apparat, sondern es giebt einfache und geräuschlose Mittel. 

Ich würde es bei der gegenwärtigen Sachlage für das Rath- 
samste halten, wenn die Vereinsvorstände ihre beamteten Vereins¬ 
mitglieder sogleich benachrichtigten, dass die betr. Ehrenraths¬ 
statuten vom Vorstand ausser Kraft gesetzt sind und dass die 
nächste Vereinsversammlung den Antrag auf Aufhebung derselben 
berathen wird. Eine solche vorläufige Maassregel scheint uotb- 
wendig, weil die beamteten Thierärzte jedenfalls binnen kürzerer 
Frist ihrer Vorgesetzten Behörde eine Erklärung werden über¬ 
senden müssen. Schmaltz. 

Neue Stellen. 

In der B. T. W. war die im Etat vorgesehene Errichtung 
eines neuen Extraordinariates in Halle mitgetheilt und daran 
die Bemerkung geknüpft worden, dass es sich anscheinend uni 
eine Erweiterung des thierSrztlichen Unterrichts handle. Wie 
von zuständiger Seite mitgetheilt wird, ist jedoch eine Ver¬ 
änderung des Unterrichtes in diesem Sinne nicht geplant. Es 
handelt sich vielmehr einfach um eine zur Entlastung des Herrn 
Prof. Pütz bestimmte „Ersatz“-Professur. Das nach Halle ver¬ 
legte und der Aufsicht des Herrn Prof. Pütz unterstellte Lungen¬ 
seuche-Impfinstitut hat mit einer grossen Schwierigkeit zu 
kämpfen. Die Lungenseuche ist zur Zeit (erfreulicherweise) auf 
ein sehr kleines Gebiet im Magdeburgischen eingeschränkt, wo 
man überdies jetzt sehr energisch mit Abschlachtungeu vorgeht. 
Unter diesen Umständen ist die Beschaffung von Impfmaterial 
für die Erzeugung von Lymphe bei den aufgestellten Rindern bis¬ 
her unmöglich geblieben.. 

Auch die Mittheilung in No. 2 der B. T. W., dass Gestüts¬ 
thierarzt Dr. Uebele als Assessor in das Kgl. Württembergische 
Medicinalcollegium zu Stuttgart berufen sei, bedarf einer näheren 
Erläuterung insofern, als Dr. Uebele nicht in eine definitive 
Assessorstelle eingerückt ist, sondern nur auf einige Jahre als 
Hülfsarbeiter zur Unterstützung des thierärztlichen Mitgliedes 
des Collegiums eingestellt worden ist. 

Das Hecker’sche Verfahren. 

Nach dem Protokoll der Sitzung der Brandenburgischen 
Landwirthschaftskammer vom 18. December ist mittheilens- 
werth, dass diese um die Realisirung des Lorenz’sehen Ver¬ 
fahrens schon so sehr verdiente Kammer seit dem vorigen Herbst 
auch das Hecker’sche Verfahren der Immunisirung gegen Maul¬ 
und Klauenseuche erproben lässt. Die Versuche, heisst es, sind 
erfolgversprechend ausgefallen und werden in erweitertem Um¬ 
fange fortgesetzt Leiter derselben ist der schon durch mehrere 
gründliche practische Arbeiten auf dem Gebiet der Thierseuchen 
bekannte Kreisthierarzt Graffunder-Landsberg. 

Ausschluss des dänisohen tuberculösen Viehes vom deutschen Markt. 

Es ist eine nicht allein bei uns bekannte, sondern auch im 
Auslande anerkannte Thatsache, dass Dänemark diejenigen 
Rinder, deren Beseitigung mit Rücksicht auf ermittelten Tuber- 
culose-Verdacht wünschenswerth erschien, nach Deutschland ab¬ 
zuschieben pflegte, und dass die Durchführung der von Bang 
aufgestellten trefflichen Regeln zur allmähligen Tilgung der 
Tnberculose für Dänemark dadurch wesentlich erleichtert 
worden ist. 

Diese Rinder kamen bekanntlich in Deutschland zwar nicht 
in den freien Verkehr, sondern wurden, nachdem mittelst Tuber- 


Digitized by LjOOQle 



78 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 6. 


culin ihre Verdächtigkeit festgestellt war, abgeschlachtet, immer¬ 
hin also in Deutschland consumirt. 

Auch in dieser Beziehung wird aber jetzt eine wirksame und 
dankenswertbe Abhülfe geschaffen. Nach Erklärung des preussi- 
schen Herrn Landwirthschaftsministers in der Sitzung des Ab¬ 
geordnetenhauses vom 29. Januar hat das preussische Staats- 
ministeriam beim Bundesrath den Antrag gestellt: 

„Der Bundesrath wolle erstens die Zurücksendung der in 
den Quarantäneanstalten auf die Tuberculinimpfung reagirenden 
Thiere, d. h. der tuberculosevcrdächtigen Thiere, 

zweitens den Schlachtzwang aller übrigen, d. b. der nicht 
reagirenden Thiere in öffentlichen Schlachthäusern beschlossen, 

drittens die Einfuhr auf dem Landwege über Höidding auf 
magere Ochsen im Alter von nicht mehr als vier Jahren be¬ 
schränken“.*) 

Thierseuchen In Argentinien. 

In Argentinien erregt jetzt bekanntlich eine Thierseuche, die 
dort mit dem Namen Tristeza belegt wird, grosses Aufsehen. 
Auch die deutsche Regierung hat diesem Umstande bereits Auf¬ 
merksamkeit zugewandt. Weiter noch ist Frankreich gegangen, 
indem man von dort eigens einen Gelehrten, den bekannten Pro¬ 
fessor Cadiot aus Alfort, zur Erforschung der Seuche hinüber¬ 
gesandt hat. Dem Vernehmen nach wird sich im Frühjahr Herr 
Nocard selbst nach Argentinien begeben. 

Vernichtung des Centrifugensohlammes. 

Zur Verhütung der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche 
ist im Reg.-Bez. Königsberg uuterm 31. Januar d. J. in allen 
Molkereien die Vernichtung des Centrifugenschiammes sofort nach 
dessen Herausnahme durch Verbrennen angeordnet worden. Auch 
das Spülwasser, mit welchem die Centrifuge nach Herausnahme 
des Schlammes gereinigt wird, ist durch Vergraben oder in anderer 
Weise dergestalt unschädlich zu beseitigen, dass dasselbe dem 
Vieh nicht zugänglich ist. Den beamteten Thierärzten uni Orts- 
Polizeibehörden ist zwecks strenger Ueberwachung der Befolgung 
dieser Vorschriften der Zutritt zu den betr. Räumlichkeiten in 
den Molkereien jederzeit zu gestatten. 

Eine dem Sinne nach gleichlautende Verordnung ist unterm 
14. Januar d. J. für den Reg.-Bez. Bromberg erlassen worden. 

Die Coblenzer OfTerte. 

In No. 1 der B. T. W. war gegen die Art und Weise 
Einspruch erhoben worden, wie mau die Neubesetzung der 
Schlachthausdirectorstelle zu Coblenz ausgeschrieben hatte. Man 
hätte dabei auf die Vermuthung kommen können, dass da$ dort 
ausgesprochene Verbot der Annahme von Geschenken u. dergl. 
auf irgend welche Vorkommnisse sich gründete. Es liegt daher 
im Interesse des früheren Stellen-Inhabers, festzustellen, dass die¬ 
selbe Formel der Ausschreibung schon früher beliebt worden ist, 
was damals der öffentlichen Aufmerksamkeit entgangen war. 

Personalien. 

Auszeichnungen : Der Sectionsrath S p e r k, Referent für das 
Veterinärwesen im Ministerium des Innern in Wien, ist zum 
Ministerialrath ernannt worden. 

Dem Oberrossarzt a. D. Bachholz in Königsberg i. Pr. wurde 
der Kgl. Kronenorden IV. Klasse verlieben. 

Ernennungen. Es ist gewählt worden: Tbierarzt Bittner- 
Oranienburg zum Schlachthofinspector in Neustrelitz. 

Approbationen. Berlin: Die Herren Joh. Hansen, Reinhold 
Gross, Friedrich Franke, Hermann Kurtzwig, Waldemar 
Heyne, Lorentz Knudsen, Paul Morgenstern. 

*) So ganz „naiv“ wie ein verehrter College meinte, war demnach 
die von mir in Cassel in diesem Sinne gemachte Bemerkung also 
wohl doch nicht. Schmaltz. 


Wohisitzveränderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Thier¬ 
arzt Schütte- Berlin nach Rixdorf, Thierarzt G. R o 11 k e - Forst 
nach Teterow (Mecklbg.), Thierarzt Rauer Neustrelitz nach Hohn- 
stein (Sächs. Schweiz). — Thierarzt W. H u t h - Berlin hat sich in 
Senftenberg (Lausitz) niedergelassen. 

In der Armee. Preussen: Rossarzt Pato im Trainbat. No.5 
ist zum Remontedepot-Oberrossarzt ernannt worden. — Befördert 
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte der Re¬ 
serve Eberbach, Glassner, Harder, Sommermeyer, 
Schub arth, Häder, Frede, Voss, Dexheimer, Mahlen- 
dorf, Stödter; desgl. die Unterrossärzte der Landwehr Sturm, 
Sonnewald, Wagner. — Bayern: Befördert zu Veterinären 
II. Kl. die Unterveterinäre K. Bertel mann in 2. Chev.-Regt und 
Fr. Dorn im 4. Chev.-Regt. — Befördert zum Veterinär II. Kl. der 
Reserve der Unterveterinär H. Westermann. — 

Die Oberrossärzte Weishaupt im Drag.-Regt. No. 19 und 
Engel im Art-Regt No. 5 sowie der Rossarzt Hummel vom 
Trainbat. No. 16 auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand 
versetzt worden. — Dem Rossarzt a. D. P e s c h k e ist der Charakter 
als Oberrossarzt verliehen worden. 

Todesfälle: Thierarzt Blittersdorf in Barsch, Thierarzt Prevor 
in Berlin, Schlachthausinspector, H. R i s s 1 i n g in Bernburg, Thiev- 
arzt W. Boelke in Strehla (Elbe), Thierarzt G. Born in Berlin. 

Vacanzen. 

Krelstklerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen 
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und 
Landkreis) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. 

— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (600 M. 
und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

Sanitätsthierarztstsllen: a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie Wohnung, 
Heizung und Gartenbenutzung). Bew. bis 18. Febr. an Magistrat — 
Filehne: Schlachthofinspector zum 1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an 
Magistrat — Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 
(1260 M. und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Finster¬ 
walde: Schlachthofdirector (1500 M., freie Wohnung und Heizung. 
Privatpraxis im Stadtbezirk gestattet). Bew. bis 15 Febr. an Magistrat. 

— Schmalkalden: Schlachthofinspector (1800 —2100 M., freie 
Wohnung, Heizung, Beleuchtung. Nebeneinnahmen ca. 300 M. Privat¬ 
praxis gestattet). Bew. an Bürgermeister. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Dran gfurt 

— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat. — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher. 

— Schwarzenau: (800 M.für Fleischschau). Näheres Magistrat. 

— Waldbröl: (ca. 1020 M.ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-Boitzenburg. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskuuft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof;. — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 
(Elbe). — Pritzwalk. 

Besetzt: Privatstelle Hohnstein. 


Für das anatomische Institut 

der Thierärztlichen Hochschule bedarf ich eines, wenn möglich 
alten, Ebers zur Aufstellung des Sceletts etc. An die Herren 
Collegen, welche nicht allzuweit von Berlin wohnen, richte ich 
die Bitte, falls im Bereich ihrer Praxis ein geeignetes Exemplar 
stirbt, die möglichst sofortige Zusendung des Cadavers (wenn 
möglich unsecirt, jedenfalls mit intactem Scelett und Urogenital¬ 
apparat) an das anatomische Institut als Eilfracht zu veranlassen. 
Die Rechnung über Entschädigung für das Cadaver, die Ver¬ 
packung, Packerlohn etc. würde beizufügen und die Sendung un- 
frankirt zu lassen sein. Es würde mir dadurch ein sehr grosser 
Gefallen erwiesen. Schmaltz. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. In«eratenthell) Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoeto in Berlin. — Druck von W. Bttxenstein, Berlin. 


Digitized by LaOOQie 




Dia „Berliner ThlerftraUlche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln SUrke yon mindestens 1'/« Bogen. Dieselbe 
Ist su beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Bichara 
ächoets, Berlin NW., Laisenstrasae S6, zum Preise yon 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 7 . Ausgegeben am 17. Februar. 


Berliner 


Origtnalbeltrige werden mit SO lk. für den Bogen honorirl 
Alle Manuscripte, Mittheilungen and redacllonellen An¬ 
fragen beliebe man su senden an Prof. I)r. Schmaitz, 
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luiaenatras.e 06. 
Correeturen, Itecenalona-Kxcmplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Inhalt: Kaiser: Beilungeines grossen Bauchbruchs durch zweckmässig angelegte Bruchbandagen — 
Sohmey: Gluto 1 D r. Schleich. — Haase: Geburtshilfliches. — Teetz und Ehlers: MittheilungenausderPraxis 
— Referate: Kitt: Die Streptothrixform des Rothlaufbacillus. — Fröhner: Geteilte Armbeinbrüche beim Pferd. — Peters: 
Serumbehandlung der Hog Cholera (Schweinepest). — Hutcheon: Influenza bei Pferden. — Villaret: Das Heilserum im 
Lichte der Statistik. — Monroe: Die Antiseptik mittels Wassers und Seife. — Fraser: Uebcr die Galle der Schlangen und 
anderer Thiere als Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit des Schlangengiftes bei Verabreichung per os. — 
A 1 b a n i: Fluorescin zur Diagnose des Todes. — Hart: Morphologie und Entwicklung der Vagina. — Tagesgeschichte: 
Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik 
und Veterinärpolizei. — Gerichtsentscheidungen in GebUhrensachen. — Personalien. — Vacanzen. 


Heilung eines grossen Bauchbruchs 
durch zweckmässig angelegte Bruchbandagen. 

Von 

Kalser-Osterburg. 

Thltrzrxt. 

Am 3. October 1897 wurde ich zu einem werthvollen Pferde 
des Rittergutes Krumke bei Osterbarg gerufen, bei dem sich 
während der Nacht eine grosse Geschwulst in der rechten Flanken¬ 
gegend gebildet haben sollte. 


hin. Die Schwellung nahm Fingereindrücke an. Verletzungen der 
Hant waren nicht nachznweisen. 

Nach der Beschaffenheit der Geschwulst war mit Bestimmt¬ 
heit anzunehmen, dass dieselbe schon länger bestanden haben 
musste, was, da sich der fragliche Patient mit noch sechs Gleich¬ 
altrigen in ein and demselben Stalle befand und die Pflege 
allein nur einem nicht allzu diensteifrigen Wärter übertragen 
war, trotz des Widerspruchs dieses einleuchten musste. 

Da sich die Geschwulst verhältnissmässig hart anfühlte und 



befindet sich eine Geschwnlst, die sich, in der halben Höhe des 
Bauches beginnend, nach hinten bis auf den ganzen Schlauch, 
nach unten zn etwas über die linea alba hinweg und nach vorn 
bis zur Ellenbogen-Gegend erstreckte. Die Geschwulst setzte sich 
scharf und zwar handbreit hoch von den gesunden Körpertheilen 
ab, fühlte sich heiss an und verursachte dem Pferde auch auf den 
leisesten Druck die heftigsten Schmerzen. Der Schmerz verlor 
sich, vom Centrnm der Geschwulst beginnend, nach der Peripherie 


Behandlung: Ich liess zwei dünne Kornsäcke zusammennähen, 
in dieselben Heusamen und Häcksel gleichmässig hineinvertheilen 
und so diese breite Baudage leicht um den ganzen Leib des 
Pferdes znsammennäheu. Tag und Nacht wurde der Sack mit 
kaltem Wasser begossen. Das Pferd frass zu Anfang nur wenig, 
nach zwei Tagen jedoch wurde der Appetit reger. Die Bandage 
wurde abgenommen und zu feuchtwarmen Umschlägen über¬ 
gegangen. Die Schwellung nahm vou oben nach unten allmälig 


Digitized by AjOOQle 








I 


74 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7. 


mehr ab and gestattete schon eine genane Palpirung der Bruch- 
pforfe. Dieselbe hatte die Gestalt eines grossen dreieckigen 
Risses, dessen grössten Durchmesser bequem ein Kinderkopf 
passiren konnte. Der Riss war so gelagert, dass sich sein 
hinterer Winkel schräg nach oben hinauf, parallel den Muskel¬ 
fasern des inneren schiefen Bauchmuscels, halb hinter der Knie¬ 
falte versteckt, bis beinahe zur Höhe des Schambeins hin er¬ 
streckte. Der vordere Winkel lag eine Hand breit vor dem Be¬ 
ginne der Kniefalte. 

Der untere Winkel zog sich nach der Mittellinie des Bauches 
hin parallel den Muscelfasern des Querbauchmuscels und zwischen 
beiden oberen Winkeln gelagert Der zwischen den beiden oberen 
Winkeln entstandene Rand fühlte sich dick und wulsiig an, 
während sich die nach unten convergirenden Ränder schärfer ab¬ 
setzten. Das Lumen des Risses wurde von vorgefalleuen Darm- 
theilen ausgefü'lt, die nur durch die äussere Haut von der Aussen- 
welt getrennt waren und das Aussehen eines grossen Brotes 
hatten. 

Die Haut machte die schlotternden Bewegungen der Därme 
mit und Hess hinter sich im Innern wässrige Geräusche ver¬ 
nehmen. Während der ganzen Zeit (es waren ungefähr acht 
Tage vergangen) hatte ich das Pferd nur mit ganz wenig Hafer 
und Mohrrüben mit Weizenkleie-Zusatz und Mehltränke ei nähren 
lassen. Ab und zu wurden Clystiere von lauem Wasser vor¬ 
genommen. Diese Diät wurde während der ganzen Krankheits¬ 
dauer beibehalten, um den an und für .eich ziemlich starken 
Leibesumfang des Thieres zu verkleinern. 

Nach zwölf Tagen entschloss ich mich zum Anlegen einer ge¬ 
eigneten Bruchbandage. 

Von einem geschickten Sattler liess ich aus statkem Sohl¬ 
leder eine nierenförmige Platte hersteilen. Die Platte war auf 
der einen Fläche mit feinem Filz ausgelegt und trug ausserdem 
eine etwas erhabene Polsterung, die sich allmälig daumendick von 
der Unterlage abhob und ungefähr die Gestalt des Risses nach¬ 
ahmte. Diese Platte wurde nun so angelegt, dass der nierenförmige 
Ausschnitt die Kniefalte des Pferdes aufnahm und die Polsterung 
genau die Bruchpforte schloss. Von dem convexen vorderen 
Rande führten verschiedene Riemen nach einem gut gepolsterten 
Bauchgurte, ein Riemen von oben um den ganzen Bauchumfang 
des Pferdes herum wieder von unten an die Platte heran, ein I 
anderer über den Rücken des Pferdes hinweg an die linke Seite 
des Bauchgurtes, ein dritter zwischen den Beinen des Thieres 
hindurch, an der linken Seite des Schwanzes vorbei, wieder von 
oben an die Platte heran. Dieser Riemen trug wieder auf 
der linken Kruppenseite ein Ansatzstück, das seinerseits wieder 
der linken Seite des Bauchgurtes zustrebte. Sämmtliche Riemen 
wurden vermittelst Schnallen egal fest angezogen und zwangen 
so die Platte, einen permanenten gleichmässigen Druck auf den 
Bruch auszuüben. Damit keine Verschiebung an dem ganzen 
Apparate eintrat, liess ich den Bauchgurt noch durch einen um 
die Vorderbrust des Pferdes geführten Riemen besser fixiren. 

Ab und zu controlirte ich den Verbandapparat und hatte 
nur nöthig, diesen oder jenen Riemen etwas fester anzuziehen, je 
nachdem der Bauchumfang des Thieres infolge der strenge 
innegehaltenen Diät abnahm. 

Wie peinlich sauber die ganze Bandage angelegt war, möge 
daraus erhellen, dass auch nicht ein einziger Theil derselben 
irgend welchen Druckschaden verursacht hatte. Jeder einzelne 
Riemen war auch besonders mit ganz feinem Filze abgefüttert. 

Das Allgemeinbefinden des Thieres war während der ganzen 
Zeit ein durchaus gutes. Am 15. November nahm ich den Ver¬ 
band ab und konnte an Stelle des Bruches nur noch eine 
wulstige strangförmige Narbe nachweisen, die den Verlauf des i 


oberen Rissrandes beibehalten hatte. Der Brnch war vollkommen 
geheilt. Nach weiteren vierzehn Tagen sah ich Jen Patienten 
wieder. Die Narbe hatte sich mehr und mehr abgeflacht und 
wird in Zukunft wenig oder gar nicht mehr auch nur gefühlt 
werden können. 


Glutol Dr. Schleich. 

Von 

Sohmey-Beuthen O./S., 

T hieran l 

Die guten Erfolge, die Aerzte und Thierärzte in der Wund¬ 
behandlung mit Glutol erzielt haben, ermuthigten auch mich, dieses 
neue Streupulver in der Praxis zu verwerthen. Obwohl ich bis 
jetzt im Ganzen nur vier Mal Gelegenheit hatte, das Glutol zu 
gebrauchen, so möchte ich doch durch Veröffentlichung dieser 
Fälle, die ja an sich kein besonderes Interesse gewähren, die 
Aufmerksamkeit der Collegen auf dieses treffliche Mittel für die 
Wundbehandlung lenken. 

Der erste Fall betrifft einen Rappwallach mit einer Riss¬ 
wunde in der Fesselbeuge. Die Wunde war acht Tage lang vor 
meinem Eintreffen mit Talg und Kupfervitriol behandelt worden. 
Nach gründlicher Reinigung der Wunde, die keineswegs ein 
schönes Aussehen hatte, wurde Glutol in ziemlich dicker Schicht 
aufgetragen und ein entsprechender Verband angelegt. Der Ver¬ 
band wurde alle zwei Tage gewechselt. Nach viermaligem Ver¬ 
bandwechsel war die Eiterung fast gänzlich verschwunden, die 
Wunde bot ein schönes Aussehen dar mit gut granulirenden 
Flächen. Nach weiteren acht Tagen wurde das Pferd zum ersten 
Male wieder angespannt. 

Im zweiten Falle war ein Rangirpferd gestürzt und hatte sich 
eine Wunde an der vorderen Fläche des rechten Metatarsus 
vom Sprunggeleqk bis zur Krone zugezogen. Eine sachgemässe 
Behandlung wurde erst nach acht Tagen eingeleitet. Die Wunde, 
die an den einzelnen Stellen ganz verschieden breit und tief war 
und sehr unregelmässige Ränder hatte, eiterte bei der ersten 
Besichtigung sehr stark. Im Uebrigen aber waren die Granu¬ 
lationen von gutem Aussehen. Auch in diesem Falle wurde nach 
gründlicher Reinigung mit Lysollösung Glutol in dicker Schicht 
aufgetragen und Verband angelegt. Der Verbandwechsel wurde 
zunächst täglich vorgenommen. Die oberflächlichen Wundflächen 
waren bei dieser Behandlungsmethode in 5—6 Tagen vol lkommen 
verheilt; die tieferen Wundflächen füllten sich gut mit Granu¬ 
lationsgewebe aus. Die Eiterung war erkeMich beschränkt. 
Der Verband blieb nun zwei, auch drei Tage liegen. Nach 
3J£ Wochen war die ganze Wundfläche bis auf eine fünfzigpfennig- 
stückgrosse Partie verheilt. 

Am auffälligsten zeigte sich die Wirkung des Glutol bei Be¬ 
handlung eines Druckschadens auf der Wirbelsäule. Hier war 
schon nach zwei Tagen eine so erhebliche Besserung erreicht 
worden, wie ich sie bisher noch von keinem anderen Mittel ge¬ 
sehen hatte. 

Der vierte Fall endlich betrifft einen Jagdhund, der von 
einem anderen Hunde gebissen worden war. Durch Lecken hatte 
die Wunde innerhalb 10 Tagen die Grösse eines Fünfmarkstückes 
(Silber) erreicht. Unterhalb der Bissstelle bestand eine phlegmo¬ 
nöse Anschwellung. Von der Bisswunde reichte ein Canal bis an die 
unterste Grenze dieser Schwellung. Um eventl. angesammeltem 
Eiter Abfluss zu verschaffen, legte ich ein Drain von der Biss¬ 
stelle durch die untere Grenze der Anschwellung. Die fünfmark¬ 
stückgrosse Wundfläche wurde mit Glutol behandelt, das Lecken 
durch Anlegen eines geeigneten Maulkorbes verhindert. Nach 
drei Tagen hatte sich die Wundfläche um gut ein Drittel ver¬ 
kleinert. Ich selbst hatte nun keine Gelegenheit weiter, mich um 


Digitized by LjOOQie 



17. Februar 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 75 


diesen Patienten zu kümmern, hörte aber, dass die Wunde unter 
derselben Behandlung rasch zugeheilt sei. 

Die Erfolge, die ich in diesen wenigen Fällen mit Glutol er¬ 
zielte, sind so gute, dass ich nicht umhin kann, den Collegen dort, 
wo es gilt, rasch eine Eiterung zu unterdrücken, zu einem Ver¬ 
such mit Glutol zu rathen. 

Geburtshilfliches. 

Von 

C. Haase, 

Tliicrurzt in Hohenmölaen 

Die No. 5 der B. T. W. bringt eine Abhandlung: „Torsio 
nteri bei gleichzeitiger Rückenlage des Kalbes mit nach links 
verschlagenem Kopfe“ von Dralle-Helmstedt, in welcher der¬ 
selbe die Günther’sche Kopfschlinge kurzer Hand von einem 
Strick gefertigt empfiehlt. Nach meinen Erfahrungen möchte ich die 
Collegen vor der Anwendung der Schlinge, welche aus einem 
Stricke gefertigt ist, warnen, da durch denselben in vielen Fällen 
mehr oder weniger tief eindringende Verletzungen der Geburts¬ 
wege verursacht werden. Diese können dann, wie bekannt, 
gefährliche Nachkrankheiten zur Folge haben. 

Es ist allerdings richtig, dass an einer quer über den 
oberen Halstbeil hinter beiden Ohren hinweggeführten Leine 
ein bedeutend wirksamerer Zug ausgeführt werden kann, ohne 
dass das Junge geschädigt wird. In Rücksicht auf das Mutterthier 
bin ich jedoch der Ansicht, dass die Schlinge von Leinwand oder 
auch Geflecht, welche über die unterliegende Haut des Fötus weniger 
hervorragen als ein Strick, vorzuziehen ist. Es werden mit solcher 
Verletzungen der Geburtswege vielmehr vermieden. 

Wenn der Geburtshelfer sich zur Annahme des Strickes 
wegen nachher besser auszuführender Desinfection entschliesst 
und deshalb ein plattes Instrument verwirft, so ist dies nicht 
rationell gehandelt. Denn was hilft die Desinfection in der 
Zukunft, wenn ich in der Gegenwart Verletzungen herbeiführe, 
die vermieden werden können? Sollte eine genügende Desinfection 
eines platten Instrumentes, wie die Günther’sche Schlinge 
ursprünglich war, wirklich nicht zu erreichen sein, so muss eben 
zu jeder Geburt ein neues genommen werden. Der Preis ist 
dabei Nebensache. 

Am Unterkiefer sollte man überhaupt keine Schlinge anlegen. 
Ich habe schon vielfach bei Schwergeburten, an denen vor mir 
Schäfer, Pfuscher etc. tliätig gewesen waren, gefunden, 
dass durch Zug an einer an dem Unterkiefer befestigten 
Leine dieser aus den Gelenken ausgerissen worden ist. Ich 
lege am Unterkiefer eine Schlinge nur dann an, wenn ich weiss, 
dass der Fötns abgestorben ist. Sonst verwende ich Stricke 
direct nur an den Extremitäten. 

Mit dem Herrn Collegen Dralle stimme ich allerdings in 
der Ansicht überein, dass das beste geburtshilfliche Instrument 
die Hand ist. ___ 

Mittheilungen aus der Praxis. 

Von 

Teetz-Warin, 

Thierarzt. 

Fractur des Sprungbeins. 

Am 30. März 1897 wurde ich nach dem Gute Hasenwinkel 
bei Warin gerufen, weil ein zweijähriges Fohlen seit 14 Tagen 
eine Wunde am Sprunggelenk habe, die nicht heilen wolle, wahr¬ 
scheinlich durch einen Schlag mit dem Düngerhaken verursacht 

Das Thier, das nach Vorbericht anhaltend liegt, ist nur mit 
Mühe auf die Beine zu bringen. Beim Hinleiten nach einem 
helleren Theil des Stalles setzt es das rechte Hinterbein gar nicht 
an. Es besteht hochgradige Schmerzhaftigkeit Bei der Unter¬ 
suchung ist am rechten Hinterbein an der äusseren Seite eine 


Wunde zu finden, die von dem Höcker bis zur Mitte des Sprung¬ 
beins geht Diese Wunde war vorher dreimal täglich mit 
Creolinlösung gespült worden, so dass sich Geruch etc. nicht 
eingestellt hatte. Am Grunde konnte man das Sprungbein un¬ 
eben fühlen. Da sich eine Tasche gebildet hatte, spaltete ich 
etwas nach unten und konnte nnn einen 3 cm langen und % cm 
dicken und ausserdem noch einen kleineren Splitter des Sprung¬ 
beins entfernen. 

Behandlung: Hängegurt. Ugt. Canth. auf das Hüftgelenk. 
Täglich zweimal Spülungen mit Lysolwasser, nach jedem Spülen 
werden einige Tropfen Tinct. Aloes in die Wunde gebracht. Am 
1. April ist die Wunde geschlossen, das Fohlen setzt das Bein 
an. Am 11. April wurde das Thier aus dem Hängegurt heraus¬ 
genommen; beim Vorführen geht es auf der Zehenspitze; trotz 
starker Kraftanwendung ist eine Streckung im Kronengelenk 
nicht auszuführen. 

Das Thier wird darauf täglich dreimal bewegt. Nach 
14 Tagen ist dieser krankhafte Zustand auch geschwunden. Den 
Sommer über war das Fohlen auf der Koppel. Bei der Be¬ 
sichtigung im September ist nur noch eine geringe Verdickung 
nachzuweisen, die durch Massage auch zum grössten Theil zurück¬ 
gehen wird. 

Euterblutung. 

Nach dem Gute Necheln b. Brüel wurde ich am 14. Juli d. J., 
gerufen, weil eine Kuh am Euter krank sei. 

Der Besitzer hatte aus dem rechten hinteren Euterviertel 
am Tage zuvor einen etwa 5 cm langen Holzsplitter heraus¬ 
gezogen und seitdem sei das Euter etwas dick geworden. Es 
besteht geringe Schmerzhaftigkeit und Röthung; ferner ist eine 
kleine Wunde zu finden, in die die Sonde etwa 2 cm hineindringt. 

Behandlung: Desinfection mit Lysolwasser, Camphorsalbe. 
Am 18. wurde ich wieder gerufen. Allgemeinbefinden schlecht, 
Taumeln, Zähneknirschen, vollständiges Versagen der Futterauf¬ 
nahme. Das rechte hintere Euterviertel ist unförmlich geschwollen, 
dunkelroth; beim Melken entleert sich aus demselben Blut 

Inhalt schwappend, in der obern Hälfte puffig, als ob Luft 
in dem Euter wäre. 

Es wird eine Probepunktion gemacht, darauf gespalten, Es 
werden etwa 5—6 Liter dunkelrothes, äusserst übelriechendes Blut, 
mit grösseren brandigen Fetzen untermischt, entleert. 

Am 1. September besichtigte ich die Kuh wieder. Befinden 
gut, betr. Euterviertel derb. 

Cysten in der Sohelde. 

Dass man sich hüten soll, Diagnosen par distance zu stellen, 
hat wohl schon jeder Praktiker selbst erfahren; insbesondere ist 
bei Geschwülsten eine manuelle Untersuchung in jedem Falle 
vorzunehmen, wenn auch die Diagnose auf den ersten Blick bei 
vielen Geschwülsten, z. B. Actinomycose, Brustbeule u. 8. w., wohl 
meistens richtig ist. 

Auf dem Gute Laase bei Warnow besichtigte ich bei 
Gelegenheit auf dem Felde eine Kuh, bei der in der unteren 
Schamspalte eine rosarotlie Geschwulst von der Grösse eines 
Apfels sichtbar war. Die Geschwulst sollte seit mehreren Wochen 
bestehen, besonders beim Liegen des Thieres sichtbar sein. Da 
auf dem Felde Gelegenheit zum Waschen der Hände nicht war, 
unterließe ich es, die Geschwulst zu betasten, und sagte dem Be¬ 
sitzer, dass es sich anscheinend um einen unvollständigen 
Scheidenvorfall handle, der im Uebrigen nicht so viel zu bedeuten 
hätte. Da ihm jedoch viel an der Kuh lag, weil sie auf Aus¬ 
stellungen prämiirt war und auch wieder zur Ausstellung sollte, 
betastete ich die Geschwulst und stellte eine Retentionscyste 
fest, vor der ausserdem noch zwei kleinere sassen, die sämmtlich 
durch Spaltung leicht entfernt werden konnten. 


Digitized by LjOOQie 



<6 

Cyste im Mastdarm. 

Von einem Besitzer wurde ich um Rath gefragt, weil eins 
seiner Pferde in den letzten Monaten schwer miste; er hätte 
schon mehrere Thierärzte um Rath gefragt, jedoch die Antwort 
erhalten, das würde sich wohl wieder geben; ich versprach, lei 
Gelegenheit das Pferd zu besichtigen. Einige Tage später kam 
der Besitzer wieder, weil das Thier Kolik hätte. 

Ich untersuchte den Mastdarm und stellle eine von aussen 
nicht sichtbare bimförmige Cyste von Faustgrösse fest, die die 
Defäcation behinderte. Nach vorsichtig ausgeführter Spaltung mit 
entsprechender Nachbehandlung wurde das Pferd geheilt. 

Polyp im Mastdarm. 

Zur Behandlung eines 1jährigen Fohlens wurde ich von dem 
Erbpächter K. zu P. gerufen, weil seit dem Tage vorher bei 
dem Fohlen angeblich der Mastdarm herausgetreten sei. 

Durch Untersuchung stellte ich fest, dass es sich um eine 
derbe gestielte Geschwulst von Apfelgrösse handelte, die aus dem 
Mastdarm herausgepresst war. Der Anfang des Stieles befand 
sich etwa 13 cm vor dem After. 

Mit der Scheere entfernte ich am niedergelegten Thiere die 
Geschwulst in der Weise, dass ich einen Bindfaden um die 
Geschwulst schnürte und dann bei massigem Zuge und Torsion 
den Stiel mitsammt einem etwa fünfmarkstuckgrossen Stück der 
Schleimhaut, wovor Möller warnt, absclinitt. Nach kuizer Nach¬ 
behandlung war das Fohlen geheilt. 

Sohlundsehnitt bei der Kuh. 

Am 24 September 1895 wurde ich Abends spät telegraphisch 
nach dem 15 km entfernten Dorfe Glasin gerufen. Bei meinem 
Eintreffen fand ich eine stark aufgetriebene Kuh, bei der in der 
mittleren Halsportion des Schlundes ein Fremdkörper steckte. 
Herausstossen, Zerkleinern war von dem Besitzer schon .ohne 
Erfolg versucht worden, auch mir gelang es nicht, auf diese 
Weise den Fremdkörper zu entfernen. Zufällig hatte ich kein 
Schlundrohr bei mir, ich versuchte daher, mit einem geflochtenen 
Tau den Körper binunterzustossen, was auch nicht gelang. Ich 
entschloss mich zum Schlundschnitt. 

Das ungeberdige Thier wurde gelegt und dann bei dem 
schwachen Schein einer Stalllaterne (Nachts 11$ Uhr) die Operation 
vorgenommen. 

Erwähnen möchte ich noch, dass ich zum Heraus¬ 
holen des Fremdkörpers, einer faustgrossen Kartoffel, einen 
Korkzieher benutzte, was ich sehr empfehlen kann, weil dann die 
Oeffnung in den Schlund selbst nicht so gross geschnitten zu werden 
braucht, auch die muscularis sich sofort wieder bis auf ein 
Geringes zusammenzieht. Es wurde nur die Hautwunde genäht. 
Heu in den ersten Tagen zu geben, kann ich nicht empfehlen, 
vielmehr weiches Futter. 

Etwa 12 Tage lang bestand eine Schlundfistel. Am 
28. October, also nach nicht ganz 5 Wochen, war das Thier voll¬ 
ständig wieder hergestellt, auch haben sich Beschwerden nicht 
wieder eingestellt. 


Von Ehlere-Soltau 
Thierarzt. 

Vergiftung einer Kuh durch zu hohe Antifebringaben. 

Im Juli 1896. Stat praes. Schwere Kuh von ca. 800 Pfund 
Lebendgewicht. Niedrige Kopfhaltung. Seit 24 Stunden kein 
Appetit. Keine Defäcation. Athem frequenter. Broncbialatbmen nach 
Ausweis der Auscultation. Kein Schmerz beim Drücken der Brust- 
wandungen, daher Pleuritis ausgeschlossen. 84 gut fühlbare 
Pulse, aber Temperatur 40,7° C. Diagnose: Bronchitis. Ursache: 
abnorme hohe Hitze und Dun>t im geschlossenen Stalle Therapie: 


No. 7. 

Natr. sulf. 1 Pfd Tart. stib. 8 mit Schleim reichlich verdünnt, die 
Hälfte morgens 8 Uhr, Rest 12 Uhr mittags, um die Defäcation 
zu fördern. Ausserdem erhielt Patient, um die Temperatur herab- 
zudiücken, Antifebrin 75,0 pro die, in drei Malen, sodass auf jede 
Dosis 25 Gramm kommen. Morgens 7 Uhr bekam die Kuh die 
erste Dosis, 1 Uhr Nachmittags die zweite und Abends 7 Uhr 
den Rest, jede Dosis mit 1 Flasche Leinsamenschleim. Morgens 
6 Uhr hatte ich den ersten Krankenbesuch gemacht. Abends 
9 Uhr untersuchte ich die Kuh zum zweiten Mal. Hatte ich des 
Morgens die Prognose als günstig hingestellt, so musste ich am 
Abend das Gegentheil bekennen. Gleich beim ersten Blick sah 
ich, dass der Zustand erheblich schlimmer geworden war. Die 
Kuh stand theilnahmslos mit gesenktem Kopf und hängenden 
Ohren, von Fliegen bedeckt, welche sie nicht abwehrte, die 
Musculatur des Hintertheils zitterte. Die Stallatmosphäre war 
durch Ventilation erheblich verbessert. Nach Beendigung der 
innern Untersuchung musste ich die Kuh als verloren ansehen. 
Puls unfühlbar, Arterie drahtförmig. Herzschlag unfühlbar. 
Ganzer Körper der Kuh bewegte sich durch das angestrengte 
pumpende Athmen vor und rückwärts. Extremitäten eisig kalt. 
After nicht mehr festgeschlossen. Temp.: 38,4° Diagnose: Anti- 
febrinvergiftung. 

Umständehalber konnte Kuh nicht geschlachtet werden, was 
auch wohl ebenso gut war, da es fraglich war, ob das Fleisch 
bei diesem Fall der Nothschlachtung geniessbar gewesen wäre. 
Ich verordnete Gegenmittel, Coffein, natrio-benzoicum 7,0 mehrmals 
gegeben. Seit 10 Uhr Abends lag die Kuh, ohne wieder abge¬ 
standen zu sein, bis 2 Uhr morgens des folgenden Tages, wo sie 
ruhig, ohne ein Glied zu rühren, starb. 

Da unsere Literatur angibt, dass erst */ 3 Gramm Antifebrin 
auf das Kilo Lebendgew cht anfängt gefährlich zu werden, so 
ist dieser Fall immerhin erwähnenswert!), da schon Vs Gramm 
absolut tödtlich war, not. ben. in der gesammten Tagesdosis. 

Ich habe das Acetonilid zu 50,0 täglich in zwei Tagen hinter¬ 
einander öfter beim Rindvieh mit septischer Metritis und 40—41“ 
Temperatur mit gutem Erfolge gebraucht, werde mich in Zukunft 
aber hüten, diese Gaben zu übersteigen. 

Perforation des Orlfloium uteri und des Uterus bei einer Kuh, mit 
günstigem Ausgang. 

Im September 95 fiel gleich nach einer schweren Geburt bei 
einer Kuh des Gemeindevorstehers Halb fas 8 in Iber bei 
Moringen, Scheide, Gebärmutterhals und ein Theil der Gebär¬ 
mutter vor. Der Vorfall wurde sogleich von dem Hofmeister 
des p. Halb fas 8 reponirt, wobei jedoch der Uterus durchstossen 
wurde, denn es floss gleich nachher viel Blut aus der Scheide. 
Auf sofortige Requisition langte ich zwei Stunden später an. 
Ich fand Patientin platt auf der Seite liegend vor. Drängen 
wurde nicht bemerkt Aus der Scheide rieselte langsam und in 
Absätzen Blut. Auf Antrieb stand die Kuh nicht auf. Puls 80, 
regelmässig, Arterie nicht contrahirt. Bei der Untersuchung 
stellte ich, nachdem ich den Lund'sehen Trachtenzwinger, der 
vom Besitzer applicirt war, entfernt batte, die oben erwähnten 
Perforationen fest. Ich fühlte deutlich die zackigen Wundränder, 
bei deren leiser Berührung die Kuh zusammenzuckte, und durch 
die handgrosse Oeffnung einen Darmteil. Beim zurückziehen der 
blutigen Hand, floss flüssiges und geronnenes Blut nach. Bald 
nach der Untersuchung stand die Kuh allein auf. 

Therapie: Pat erhielt sogleich (Vormittags 9 Uhr) ExtracL 
hydrast. canad. fluid. 20,0 mit 1 Flasche Wasser und Abends 
dieselbe Dosis. Nachmittags kamen glücklicherweise die Secundinae 
von selbst. Sodann gab ich Abends drei Stunden nach der 
zweiten Ext. hydr. fl. canad.gabe den Borax 80,0 mit zwei 
Flaschen Wasser und am folgenden Morgen und Mittag wieder 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



17. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


77 


so viel. Die Kuh fing am zweiten Tage schon zn fressen an. Puls 
war 95, weich und regelmässig, Temp. 38,5. Kein Drängen. 
Munteres Aussehen. Völlige Wiederherstellung erfolgte binnen 
4—6 Tagen. Solche Wunden contrahiren sich in der Regel bei 
entsprechender Therapie schnell, nur darf man keine Infusionen 
von desinficirenden Flüssigkeiten machen wegen der Gefahr, 
solche in die Bauchhöhle zu giessen. Den Borax habe ich bei 
acuter Peritonitis, die durch eine Perforation des Uterus ent¬ 
standen ist, in grossen Dosen probat gefunden. Subcutane 
Injectionen von Ergotin in Glycerin gelöst wende ich in solchen 
Fällen auch an und finde dieselben zweckmässig. 


Referate. 

Die Streptothrixform des Rothlaufbacillus. 

Von Prof. Dr. Th. Kitt. 

(Centralbl. f. B»kt 18H7. H. W/86.) 

Der Aufsatz liefert einen interessanten Beitrag zur Mor¬ 
phologie und Biologie des Rothlaufbacillus. Derselbe bildet für 
gewöhnlich ein sehr feines, 1—2 /< langes Stäbchen, namentlich 
wenn er aus dem Blut oder der Lymphe von Thieren ge¬ 
wonnen wird, die dem Rothlauf erlegen sind. In den Ausstrich¬ 
präparaten stösst man zuweilen auf kurze fadenförmige Exem¬ 
plare, die 3—10 mal länger sind als die Bacillen und wellige 
Biegungen und Knickungen aufweisen. Diese Formen zeigen 
sich besonders bei Rothlaufendocarditis in den Klappenvegeta¬ 
tionen. In den künstlichen Culturen sind ebenfalls ähnliche 
Wucl)8forraen zu beobachten. In alkalischer Bouillon und alten 
Culturen bilden sich an den Stäbchen öfters enlständige Köpf¬ 
chen, ferner im Protoplasmaleibe Körnungen und Einschnürungen; 
bei steigender Alkalicität werden die Bacillen kürzer nnd gerader, 
in neutraler Nährlösung länger, wellenförmig gebogen und 
dicker. 

Auch die Culturen verändern ihr Aussehen nach der Be¬ 
schaffenheit des Nährbodens. Siichculturen in Gelatine von 
weicher Consistenz (8—10 pCt.) bilden rundliche, weissliche bis 
gelblichbraune Kügelchen, erst nachträglich beim Austrocknen 
der Gelatine stellt sich das gläserbürstenähnliche Aussehen der 
Cultur ein. Auf festem Nährboden (12—15 pCt. Gelatine) ent¬ 
wickelt sich von vornherein die Gläserbürstenform. Von ver¬ 
schiedenen Fällen derselben Krankheitsform des Rothlaufs an¬ 
gelegte Culturen können bei gleichartiger Zubereitung des Nähr¬ 
bodens nach dem jeweiligen Fundort Verschiedenheiten zeigen 
nnd dieselben ziemlich constant bewahren. „Die einen wachsen 
gleich dem Mäusesepticämiebacillus R. Koch’s in stark wolkiger 
Art diffus durch die ganze Gelatine und versetzen sie in einen 
dickflüssigen Zustand, die anderen verflüssigen nur wenig, andere 
gar nicht.“ Eine eigentümliche Wachsthumsform des Rothlauf¬ 
bacillus hat Lorenz beobachtet bei der Verimpfung desselben auf 
eine Bouillon, in der vorher längere Zeit Schweineseuchebacterien 
gelebt hatten. Es entstand Trübung der klaren Flüssigkeit und 
es zeigten sich darin schwimmende kugelige Flocken von 1—2 mm 
Durchmesser, welche aus einem verfilzten Gewirre von Fäden 
zusammengesetzt waren und sich als Rothlaufbacillen erwiesen. 

Dieselbe Wuchsform erhielt der Verf. in einer Bouillon, die 
zu gleichen Theilen mit frischem Blutserum versetzt war. Die 
Culturen ia dieser Nährflüssigkeit bestanden aus einer echten 
Streptothrixform des Rothlaufbacillus. Die Fäden verzweigten 
sich vielfach und wiesen Knospenbildung auf. Wurden diese 
Fadengeflechte auf schiefes Agar verimpft, so entwickelte sich 
ein Luftmycel in schimmelähnlichen Rasen. 

Nach Verimpfung der Bouillon- und Agarculturen an Mäuse 
entwickelte sich innerhalb 3—5 Tagen eine tödtliche Rothlauf- 
erkrankung. 


Ganz junge Colonien enthielten 1—2 // grosse Rothlauf¬ 
bacillen und Fädchen bis zu 30 /< Länge, an denen schon Ast¬ 
bildungen zn erkennen waren. Mehrtägige Culturen zeigten ein 
Gewirr verzweigter Fäden von 50—100 /i Länge. Die dicho- 
tomische Verästelung und Knospenbildung gab der Vegetation das 
Aussehen des „herbstlich entblätterten Astwerkes einer Buche 
oder den Anblick eines Hirschgeweihes“. Die Färbung der Cul¬ 
turen liess sich leicht bewerkstelligen durch wässerige Fucbsin- 
lösung oder noch intensiver durch wässerige Gentianaviolett- 
lösung. Bei der Gram'sehen Methode trat die Gliederung in rotli- 
laufbacilLnähnliche Theilstücke deutlich hervor. Durch die Unter¬ 
suchungen ist somit dargethan, dass der Rothlaufbacillus ge¬ 
legentlich die Gestalt eines Fadenpilzes annehmen kann. Analoge 
Metamorphosen gehen bekanntlich der Tuberkel- und Diphtherie¬ 
bacillus ein. 

Diese Wuchsänderungen erhöhen die Schwierigkeiten der 
Systematisirung der Spaltpilze. Kitt entscheidet sich für die 
Gruppeneintheilung, welche Kruse und Flügge angaben, dieln- 
fectionserreger nach ihrer Hauptfigur zu benennen. Für den 
Rothlaufpilz wäre demnach zunächst auch die Bezeichnung Ba¬ 
cillus beizubehalten und die beschriebenen Wuchsformen könnten 
als Bacillus rhusiopathiae suis, var. streptothrichoides gekenn¬ 
zeichnet werden. 

Das Verhalten des Rothlaufbacillus ist ein Anhalt für die 
von einigen Forschern ausgesprochene Möglichkeit, dass die 
Streptothricheen aus den Bacterien hervorgegangen sind. 

Geheilte Armbeiubrflehe beim Pferd. 

Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. Bd. VIII, H. 11. 
Vollständige Durchbrüche des Armbeins beim Pferde sind, auch 
wenn sie nicht offen und nicht gesplittert sind, als in der 
Regel unheilbar zu bezeichnen. Dagegen scheinen bei Pferden 
auch am Armbein, nicht so selten Abbrüche einzelner Fort¬ 
sätze u. s. w. einzutreten, die heilbar sind. Namentlich der 
laterale Muskelhöcker (Tuberculum maius posterius), die Ansatz¬ 
stelle des Grätenmuskels, sowie der laterale Umdreher (Tuberositas 
deltoidea für den Ansatz des gleichnamigen Muskels) können von 
solchen Abbrüchen betroffen werden. F. beobachtete und heilte 
zwei Fracturen des letztgenannten Muskelhöckers. 

Ein Pferd war auf der Strasse gefallen, hatte sich mit Mühe 
erhoben und konnte das rechte Vorderbein nicht mehr belasten. 
Handbreit unter dem rechten Buggelenk bestand eine um¬ 
schriebene hühnereigrosse Anschwellung, woselbst man ein be¬ 
wegliches Knochenstück unter Crepitation verschieben konnte 
Das Pferd wurde in einen Hängegnrt gestellt, belastete in 
14 Tagen das Bein nicht, fing dann allmählich wieder an auf¬ 
zutreten. Das abgesprengte Knochenstück war nicht mehr be¬ 
weglich. Als das Pferd am 12. Januar, 19 Tage nach der Ver¬ 
letzung, wieder vorgefübrt wurde, ging es nur noch wenig lahm 
und nach vierwöchiger Behandlung war es völlig geheilt. 

In einem zweiten Falle war ein genauer Vorbericht nicht zu 
erlangen. Es fand sich in der oben genannten Gegend eine kleine 
Wunde, in deren Tiefe bewegliche Knochensplitter fühlbar wurden. 
Die Knochensplitter wurden entfernt; drei Tage später wurden 
noch einmal bis Vs cm grosse herausgezogen. Nach etwa drei 
Wochen war völlige Heilung eingetreten. 

Serumbehandlnng der Hog Cholera (Schweinepest). 

Von A. T. Peters, D. V. M. 

(Bulletin of tbu Agricultural Experiment Station of Nebraska, Vol. IX, Februar 18'.I7). 

Der Verfasser versuchte, unter Benutzung der neuen Er¬ 
rungenschaften auf dem Gebiete der Seuchenbekämpfung, ein 
wirksames Mittel gegen die verheerende amerikanische Schweine¬ 
pest (Hog Cholera) zu finden. Derselbe ahmte insbesondere das 


Digitized by 


Google 



78 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


vortreffliche Verfahren von Dr. Loren z-Darrastadt nach, mit 
welchem wir unsere Schweinebestäude gegen Rothlauf schützen. 

Als Semmqnelle bediente sich P. eines Pferdes, das er durch 
fortgesetzte Einspritzung allmälig gesteigerter Mengen von 
Hogcholera-Reinkulturen vorbehandelte. 8 bis 10 ccm des Pferde- 
blutserums vermochten Schweine gegen die Erkrankung an 
Schweinepest zu schützen. Zur Erhöhung der Immunität wurde 
den Schweinen gleichzeitig mit dem Serum der Erreger der 
Krankheit einverleibt, indem ein Tropfen bis 1 ccm Herzblut 
eines frisch an Hogcholera im Laboratorium verendeten Ferkels 
oder 1 ccm virulenter Reinkultur subcutan injicirt wurden. Von 
5 Schweinen, welche in der angegebenen Weise behandelt worden 
waren, bekam ein Schwein infolge der Behandlung die Schweine¬ 
pest, ein zweites Schwein ging an einer anderen Krankheit ein. 
Dasselbe zeigte bei der Obduction stark vergrösserte Nieren und 
Leber von fester Consistenz. Die Gallengänge waren durch 
Leberegel verstopft und enorm erweitert. Das Unterhautzell¬ 
gewebe war vollständig gelb gefärbt. Von den übrigen drei 
Schweinen, welche die Immunisirung überstanden hatten, wurde 
ein Schwein am 17. October in eine mit Schweinepest inficirle 
Herde gesetzt. Dasselbe wurde nicht von der Krankheit befallen 
und war am 14. December noch vollständig gesund. 

3 Controlscbweine, welche P. mit dem virulenten Blut des 
an Schweinepest eingegangen Ferkels (ohne gleichzeitige Serum¬ 
einspritzung) inficirt hatte, gingen ausnahmslos an der Seuche 
zu Grunde. 

Am Schluss dieser einzeln aufgeführten und beschriebenen 
Versuche bemerkt der Verfasser, dass die alleinige Einspritzung 
von Serum nur eine beschränkte Immunität verleihe und dass er 
das Serum (genau wie Lorenz)in Verbindung mit einer virulenten 
Hogcholera-Reinkultur angewendet habe, und zwar auf 10 ccm 
Serum 1 ccm Reinkultur. In dieser Weise seien nunmehr 12 
Haupt auf der Versuchsstation mit gutem Erfolg behandelt worden. 
Ueber die Erfahrungen, welche mit dieser Methode auf dem 
platten Lande gemacht worden sind, giebt eine beistehende Zu¬ 
sammenstellung Auskunft. Hiernach wurden von 1176 geimpften 
Thieren mehr als 56 Proc. gerettet. 

Seit dem Erscheinen dieses Aufsatzes ist nunmehr ein Jahr 
verflossen und es ist anzunehmen, dass der Verf. seine Erfahrungen 
in Bezug auf die Wirksamkeit der Methode gegen die Schweine¬ 
pest genügend erweitert hat, um ein bestimmteres Urtheil über 
dieselben abgeben zu können, als sich aus der vorliegenden 
Arbeit entnehmen lässt 

Influenza bei Pferden. 

Von Hutcheon, C. V. S. 

(Vet. Journ«! 189S, No. »71.) 

In der Cap-Colonie herrscht zur Zeit eine epizootische 
Pferdekrankheit, „die durch eine catarrhalische Entzündung der 
obern Luftwege mit nervöser Depression charakterisirt ist.“ Aus 
dieser kurz gefassten Angabe lässt sich schon die Vermnthung 
entnehmen, dass diese Epizootie mit der Pferdestaupe unserer 
Länder identisch ist. Evident geht aber die Uebereinstimmung 
beider Krankheiten aus den vom Verf. aufgezählten Symptomen 
dieser südafrikanischen Seuche hervor. Dieselbe beginnt zuweilen 
mit Schüttelfrost, sehr häufig mit kurzem, trockenem Husten. Der 
Kehlgang zeigt sich gefüllt, obgleich keine besondere Vergrösserung 
der Kehlgangsdrüsen nachweisbar ist. Weiter sind vorhanden 
hohes Fieber, starke Abgeschlagenheit; die Pferde halten den 
Kopf gesenkt. Pulse bis 80 und mehr in der Minute, Athmung 
vermehrt. Nicht selten stellt sich von Anfang an Nasenausfluss 
ein, in andern Fällen fehlt derselbe. Die Fresslust ist unterdrückt. 
Die Augenlider sind geschwollen, die Bindehaut ist entzündet 
und besitzt gelbliche Färbung, gewöhnlich wird leichter Thränen- 


fluss beobachtet Die Pferde haben einen taumelnden Gang. In 
leichten Fällen währt das Fieber ein oder zwei Tage und die 
Genesung vollzieht sich schnell. In manchen Fällen entsteht 
Durchfall und Darmentzündung, zuweilen auch Hufentztindung 
(Rhehe). Als weitere Complicationen werden erwähnt: Bron¬ 
chitis, Lungenentzündung, welche sich infolge des Congestiv- 
zustandes der Lungen ausbilden kann. Rheumatismus soll sich 
häufig nach der in Rede stehenden Krankheit entwickeln. Derselbe 
bekunde sich durch Schmerzen und Steifheit in den Gliedmassen 
mit mehr oder weniger starken Anschwellungen. Der Verf. bemerkt 
ausdrücklich, dass diese Schwellungen, sowie diejenigen, welche 
bei der Krankheit häufig an der Brust und an der Scheide Vor¬ 
kommen, durch Herzschwäche verursacht werden. Der steife 
Gang erklärt sich in diesen Fällen also, ohne das Vorhandensein 
einer rheumatischen Afiection annehmen zu müssen, durch die 
Behinderung der Bewegung infolge der Anschwellungen an den 
Gliedmassen und durch die allgemeine Schwäche der Patienten. 

Die gewöhnlichste Nachkrankheit, welche bei diesen Seuchen¬ 
gang am Cap vorkam, war der Morbus maculosus. 

Bei der Behandlung legt der Verf. mit Recht den grössten 
Werth auf eine gute Pflege in gesunden Ställen. Die hohe 
Mortalität, welche die Krankheit in und um Capstadt hervor¬ 
brachte, wurde nur durch die äusserst mangelhaften Stallverhält¬ 
nisse verursacht. Besonders fühlbar machte sich das Fehlen 
einer guten trockenen Streu. 

Das Heilserum im Lichte der Statistik. 

. Von Dr. Villaret. 

(D. med. Wochentchr. *. 08.) 

Der 18. Jahrgang des Statistischen Jahrbuches ist erschienen 
und enthält wie immer eine Uebersicht über die Todesursachen 
in den Städten des deutschen Reiches mit 15C00 und mehr Ein¬ 
wohnern. Diese Uebersicht reicht bis zum Jahre 1895, das heisst, 
sie enthält als letztes Jahr das erste, in welchem das Heilserum 
zum ersten Male allgemeiner zur Anwendung gekommen ist. Verf. 
hat daraus folgende Zahlen ermittelt: In den zehn Jahren 1885/94 
starben in den oben bezeiclmeten Städten an Diphtherie und 
Halsbräune (Croup) 119038 Individuen, also im Mittel der zehn 
Jahre 11904 der an diesen Leiden Erkrankten (bei einem Maxi¬ 
mum (1893) von 15860 und einem Minimum (1888) von 9934 Ge¬ 
storbenen). Im Jahre 1895 starben an den erwähnten Krankheiten 
nur noch 7266 Personen, das heisst, in Verhältnisszahlen ausge¬ 
drückt: es starben an Diphtherie und Halsbräune im Mittel der 
zehn Jahre 1885/94 von 10000 Einwohnern (bei einem Minimum 
(1888) von 9,65 und einem Maximum von 12,44 auf 10000 Ein¬ 
wohner): 10,69, dagegen im Jahre 1895 von 10000 Einwohnern: 
5,40, das heisst: die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup 
ist im Jahre 1895 gegen das Mittel der zehn vorauf¬ 
gegangenen Jahre um 49,48pCt. gesunken! Dementspricht 
die weitere Thatsache, dass, während im Mittel der zehn Jahre 
1885/94 von 100 Gestorbenen der D’phtherie und dem Croup '4,53 
erlegen waren, im Jahre 1895 von 100 Gestorbenen nur noch 
2,53 als Opfer jener Krankheiten aufgeführt wurden, das heisst, 
es hat in dieser Hinsicht ein Sinken dieser* Ziffer um 44,15 pCt 
stattgehabt. Verf. glaubt, dass mit dem Heilserum ein richtiges 
Princip in die wissenschaftlich-practische Medicin eingeführt sei, 
und dass es gelingen werde, auch andere Würger der Menschheit 
mit dauerndem Erfolge zu bekämpfen. „Auf dieser Behring- 
straBse,“ so schliesst Verf., „wollen wir daher getrosten Muthes 
weiter wandern.“ 

Die Antiseptik mittels Wasser and Seife. 

Von Dr. Geo J. Monroe. 

(Cinrinn. L«ncet-CHnlc.) 

Um den Werth der verschiedenen antiseptischen Methoden 
festzustellen, hat Verf. nach einem Referate in der D. Medicinal- 


Digitized by 


Google 





17. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


79 


Zeitung bei je fünf Fällen von Rectaloperationen zur Antiseptic 
Sublimat, Borsäure, das Lister’scbe Verfahren, Jodoform und 
einfache Reinlichkeit mittels Wasser und Seife angewandt. Er 
fand, dass letztere den medicamentösen Methoden in den Erfolgen 
nicht nachstand, ja vielleicht mit Ausnahme der Borsäure infolge 
ihrer Unschädlichkeit an Wirksamkeit übertraf. Verf. hat sich 
nun auch weiter bei den verschiedensten Operationen und unter 
allen möglichen, z. T. recht schwierigen und hygienisch ungünstigen 
Verhältnissen nur einfach des Wassers und der Seife bedient und 
ist mit der Wirkung stets zufrieden gewesen. Er ist überzeugt, 
dass die einfache, allerdings peinlichste Reinlichkeit zur Erzielung 
einer vollkommenen Antiseptic gänzlich ausreichend ist, und er 
verwirft daher den Gebrauch chemischer Mittel als überflüssig 
und oft gefährlich. Das einzige Antisepticum, das er allenfalls 
zulassen möchte, ist das Wasserstoffsuperoxyd, jedoch weniger 
seiner antiseptischen als seiner haemostatischen Eigenschaften 
wegen, die in manchen Fällen allerdings von Werth sein dürften. 

Ueber die Galle der Schlangen und anderer Thiere als 
Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit 
des Schlangengiftes bei Verabreichung per os. 

Von Th. Fraser. 

(Brit. med. Journ.) 

Fr. geht von der Beobachtung ans, dass das Schlangengift 
bei der Einführung in den Intestinaltractus keine schädlichen 
Wirkungen entfaltet. Da es im Mageu seine Wirksamkeit nicht 
einbüsst, so muss angenommen werden, .dass hier eine Resorption 
nicht stattfinden kann und dass das Gegengift erst im Darm¬ 
canal geliefert wird. Es zeigte sich dementsprechend, dass 
Schlangengift in den verschiedensten Verhältnissen mit Galle ge¬ 
mischt und Versuchsthieren injicirt in sonst tödtlichen Dosen 
wirkungslos blieb. Die Galle als solche ist aber nicht als Antidot 
zu injiciren, da sie, wie die angestellten Versuche zeigten, bei 
dieser Art von Application selbst eine Giftwirkung entfaltet, die 
im Darm nicht auftritt. Es gelang aber, aus der Galle das wirk¬ 
same Gegengift zu isoliren. Dieses Gegengift, Versuchsthieren 
injicirt, schützte sie vor sonst tödtlichen Schlangengiftdosen. Damit 
war der Beweis erbracht, dass die Galle Eigenschaften besitzt, 
wie sie bis jetzt nur bei dem stärksten „Antivenenum“ gefunden 
sind. Diese Wirkung der Galle ist im Uebrigen den indischen 
Schlangenärzten seit langer Zeit bekannt. Da die Galle aller 
Thiere in geringerem Grade dieselbe Wirkung entfaltet, so erklärt 
es sich, warum das Schlangengift per os eingeführt keine Ver¬ 
giftungserscheinungen hervorruft. 

Fluorescin zur Diagnose des Todes. 

Von A1 b a n i. 

(Uiomale di Med. legale ) 

Vor Kurzem hatte ein französischer Autor, Jeard, eine neue 
Methode zur Diagnostik des eingetretenen Todes vorgeschlagen; 
dieselbe bestand darin, eine färbende Substanz nnter die Haut 
zu spritzen, die, wenn der Blutkreislauf noch besteht, resorbirt 
wird, in den Kreislauf gelangt und an entfernteren Körper- 
steilen wieder in die Erscheinung triit. Die empfohlene Sub¬ 
stanz war Fluorescin, weil es in Wasser löslich, nicht ätzend, in 
der zu vorliegendem Zwecke nothwendigen Dosis nicht giftig ist, 
sich im Organismus nie findet und auch in den minimalsten 
Dosen ohne Reaction leicht erkennbar ist. Nach den Versuchen, 
die Verf. zur Nachprüfung dieser Methode angestellt hat, scheint 
in der That ein vortreffliches Mittel zur Diagnose des Schein¬ 
todes vorzuliegen. Zur Injection beim Menschen genügt 1 mg 
Fluorescin. Besteht noch Blutcirculation, so tritt ein oder zwei 
Minuten nach der Injection Gelbfärbung der Schleimhäute ein, 
nach ferneren 20 Minuten sind die durchscheinenden Medien des 


Auges grün gefärbt. Der Urin wird fast sofort fluorescirend; 
Blut, das von einem der Injectionsstelle entfernten Punkt des 
Körpers entnommen wird, zeigt schon nach 3 Minuteu die 
charakteristische fluorescirende Färbung, jedoch muss man etwas 
destillirtes Wasser hinzufügen, dann kochen und filtriren. 

An einem Leichnam treten 'alle diese Erscheinungen nicht 
auf; erst nach vielen Stunden sind infolge von Diffusion die 
Körperflüssigkeiten gefärbt. Wenigstens behauptet dies Jeard. 
Da Alb ani jedoch in vielen Fällen gefunden hat, dass diese 
Diffusion schneller eiDtritt, so hält er den Zeitraum von einer 
Stunde, wenn bis dahin keine Färbung eingetreten ist, für 
genügend, um den Tod zu diagnosticiren. (D. Med.-Ztg.) 

Morphologie and Entwicklung der Vagina. 

Von Hart. 

(D. Med.-Ztg) 

H. resumirt die Resultate seiner Studien in folgenden Sätzen: 
1. Die menschliche Vagina ist nur in ihren oberen zwei Dritt- 
theilen aus den Müller’schen Canälen entstanden; das untere 
Drittel ist hervorgegangen aus einer Vereinigung des Sinus 
urogenitalis mit den Wolff'sehen Gängen; 2. das Hymen bildet 
sich zwischen dem 3. und 4. Monat des fötalen Lebens, und zwar 
entwickelt es sich aus zwei an den unteren Enden der Wolff’schen 
Gänge befindlichen Epithelbulbi; 3. der Colliculus seminalis des 
Mannes entspricht dem unteren Drittel der Vagina; 4. bei den 
Beutelthieren stellen die beiden Seitencanäle die persistirenden 
Wolff’schen Gänge und der centrale Blindsack das Müller’sche 
Element dar. 

Tagesgeschichte. 

t 

Der berühmte Zoologe Professor Rudolf Leuckhardt, 
welcher sich durch seine Forschungen über Parasiten auch be¬ 
sondere Verdienste um die Veterinärwissenschaft erworben hat 
und dem viele Thierärzte, die in Leipzig promovirt haben, ihre 
weitere Ausbildung verdanken, ist im 76. Lebensjahre gestorben. 
Er war geboren am 7. Oktober 1822 zu Helmstedt, studirte seit 
1842 in Göttiogen, habilitirte sich' dort 1847, wurde 1850 als 
Extraordinarius nach Giessen berufen, erhielt hier 1855 ein 
Ordinariat und kam 1869 als Ordinarius der Zoologie und 
Zootomie nach Leipzig. Leuckliardt’s Arbeiten beziehen sich 
besonders auf die anatomisch-physiologische Analyse der Thiere, 
namentlich der niederen. Er unterschied unter Anderem die 
Cölenteraten und Echinodermen, deutete die Organisation der 
Schwämme und wies deren Beziehungen zu den Cölenteraten 
nach, begründete die Lehre vom Polymorphismus und erweiterte 
die Kenntniss von den Entwicklnngsvorgängen. Unmittelbar zur 
Förderung der praktischen Medicin aber trugen seine epoche¬ 
machenden Arbeiten über die thierischen Parasiten bei. 

Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat. 

Von Prof. Schmal tz. 

Am 14./26. Januar 1848 wurde zu Dorpat ein Veterinär¬ 
institut in einer gewissen losen Verbindung mit der Universität 
eröffnet. Dasselbe hatle von vornherein das Glück, bedeutende 
Männer an seiner Spitze zu sehen. Unter der ersten Generation 
derselben ragen namentlich hervor: Der Anatom Brauell, der 
vordem schon in Kasan Thierheilkunde gelehrt hatte und der 
durch die Entdeckung des Milzbrandbacillus in der Blutbahn, w r enn 
er auch die pathogene Natur des Bacillus noch nicht erkannte, sich 
unvergänglichen Ruhm erworben hat, sowie Jessen, der erste 
Director, dessen Arbeiten über Rinderpest besonders bekannt 
geworden sind. — Bis auf den heutigen Tag haben die Dorpater 
Professoren dem Veterinärinstitut seinen Ruf erhalten. Nament- 


Digitized by CjOOQie 






80 


BEBL1NEB THIEBÄBZTUOUE WOUIIESSCHBIFT. 


No. 7. 


UtlEi -_ _____ —=- . . .. , 

, ... , aR Recht sich Vorbehalten bat, jährlich 
worden, weiches ^ Veterinären zu spezieller Aon- 

eine nicht grosse Zahl^on * Die Kliniken weisen einen 
bildung in das Institu u anf Dag neuere Gebäude, 

älteren und einen neuer So ecialräume enthält, steht in 

welches auch die chirnrgi ^ auf der Höhe. Namentlich 
seiner modernen EliuM.,«»« durcl.auB an ^ ttberlegeD . Der 

ist die Operationehalle , inenä von unseren Banbeamten 

Vergleich zeigt, dass der daB8 äa8 Oberlicht durch 

neuerdings vertretene g ’ macht werden konnte, in der 

riesige Seitenfenster Zwecke, sich durchaus nicht be- 

Praxis, wenigstens Jur ™ T , ]ell der Stallungen sind durch- 
währt. Auch in dem älter De r Boden besteht voll- 

weg gute, zum zwecke der Keinigung von ihren 

ständig aus Holzbohle , können Es wurde mir mit- 

Unterlagen de8 Bohlenlagers oder irgend 

getheilt, dass eine sich noch niemals heraus¬ 
weiche sonstigen Unzu tt ic^el ^ nm einen 

SÄ“ d da " 8,eht 8ehr " 
nnd r: ganz — jute 

liehe Zustand, in dem sich le anatomischen Sammlungen 

für die pathologisch-anatomischen und anatomi ^ 

verfügbarenKäumesindizwa. md ausgezeichnet 

ist, ist alles ^weckm g S ^ ^ Charakter kleiner 

gearbeitet. Die Präpara selbstverständlich die 

Kunstwerke. Namentlich musste mich Theil 

anatomische Sammlung luteressir , begründet ist 

von dem oben genannten Prof « ^t'^i^opischen, 

und auch einen sehr grossen GenuB8 aber 

embryologischen Präparaten ’ Besichtigung seiner 

wares,der Einladung des Pro^o^e^berg mä 

Privatsammlongen zu folge - H Zn6ammen bringang der 

andere Sch&Ue anfgestapelt, zn der . ^ 

Gelehrte sein ganzes Leben verwaud hat Es j 

rührend, zn sehen, wie die ehemaligen ^hüler des J 
„eh sehr verehrten Lehrers -tuen Sammiungseifer,^ 
indem sie, zum Jubiläum elge ^ ^ der Einfi doch sogar 

für seine Sammlung mlit rach ^ mit einem gewichtigen 

nicht unterlassen, aus bibirien namentlich die 

Fundntück eiuznüudeu. Welchen hohen man schon 

Zahnsammlung des Prof. Knsen'.erg b • bej , einer 
aus der Thalsache ermessen, dass \ 1 r c , WO rden 

nach Moskau Dorpat besuchte, Stunden ang ® fehlen, 

ist Ich gestehe offen, dass mir die Bpeciellen Kenn.ms ^ 
um all die seltenen Schönheiten richtig g ^ von 

Mit derselben Liebe, wie jene amm rfVeterinärinstitnts ge- 

Prof. Rosenberg verwaltete Bibliothek Glasscbrän ken 

nfleKt. Sämmtliclie Bücher sind übrigens die 

untergehracht, und auch in Bezug auf*den Etatst* ^ ^ 
Berliner Bibliothek, die wohl in DeutschlandId g ^ ^ 

der Dorpater zurück, denn letztere verfügt aber 

:r=Y=7r-Ä süss—■ r— - 

t ;^o,:^Lnatom?che Institut demselben Erfolg gepflegt wird wie hei uns. ^ b 

-■ ze.e bicteriologisch-hygienische Institut bat Auch der eigenmche Festst mt^ ^ , 

. einstöckige, Hans zur Verfügung, welches gangen wurde, machte einen ^ ngen M6s erücl mehl 
niest specieller Fachmann benrtheilen sagen, dass hei uns dera r Ig „ a tUrUch an dem Vorbei«*“ 
»kusch mit sehr vollkommenen Hilfe- so glänzend ansfallen-, es hegtVertreter J- 
»x™z ist --Xi mehr als w Arbeitsplätze gewählt, der Uniformen m Russland ^ „„ äer in B»^ 1 

jra; » rx-.« bciixife des Kriegsmieisteriums errichtet 1 Ministerium des Innern, des ku g 


lieh verdien, bemerkten werden dass 
gezeichneter Dissertationen, besonders aut anatomischen 

aus dem Dorpater Institut Wissenschaft anf 

Hei dem grossen Einfluss, den ^ Be lbstver8tänd- 

das ganze weite Ruswimic heutoltage 

lieh, dass das russische . Frfolgen bezüglich 

sehr gut organisirt ist und»“'^ndOTpest: im ganzen europäischen 

der gänzlichen Vertilgung d , einen wirklichen Triumph 

sxr: ää. “ die Krafl 8einer 

noch „loh, sehr ^^ E -^r 1 refe r 1,iri::mufe besteht gegen- 
Das Lehrercollegtum des he.ert,,^ ^ Eiupaeh> glelc „. 

Wär.ig an. folgenden B*”* ‘ tIDR „ n , bekannt durch seine 

Kliniker-, Professor G«tm an n , Fr8hDeri 

Iryt ü 1 amMi.«hei,andergrose Cln,ugm g J^ ^ 

Leiter der Chirurg,sehen Kl.n.k, P Docent Magi6le r 

.'-cere. Pro.«^ ^ alämann , pathologischer 

Negotin. Physiologe, Instituts für Hygiene, 

Ana’ein: Professor Happich, Leiter ^ Alexan drow, 

; „“"„uS raM 

Ks,”...i 

Ki*f '.icke Beziehungen unterhalten. 

- th 

^Un^;ns«nh.'wenn eins ihrer Minder sich zn einer 

j^tliüien Ve^u^nttchhessen^c e.^ ^ ^ 

leb hatte die^ . upSegt Juriew, die allerdings 

KfcL \^ ^e°ulomehr einschloss, als sie ohne grossen 
“! L :f r X? werden musste, nicht zn bereuen ich 
t“‘ U ^Miuheiinngen darüber in der B. T. W. am Piatze 

eine sehr ftouodliche, von z. Th. hervorragend 
■^Afepsui Waldparüen umgebene, von einem Fluss 
.Zi -ein ballische Mittel-Stadt. Seit lange de. 

■ ' -rsitf- «‘St « in 4einem fl*" 1 ” 1 Habl, " S ; "'f 

- Ctiversilä.sstädle, ein Etwas, wodurch sich 
Z - Lue i'-er andere ihrer Grösse Mnausheben. Die Uni- 

_ _ .„e ich mir nur von aussen angesehen habe, 

angemessen. Ebenso macht das Veter.när- 
weites aUer irngs im Ganzen in erheblich kleineren 

- * Z- B die BerUner thicrärztliche Hochschule, 

tizen stattlichen Eindruck. Das Verwaltnugs- 
r Z- x U. i ie* sieh die für einen Festact allerdings etwas 
T Z* JLiJk erhält durch einen mächtigen, von sechs 

^ i Strebenden Sänlen getragenen Front- 

isj-'-'jantea Aussehen. Daneben befindet sich 
^ ZZZ +4 die Wohnung des Directors und wohl 

Ll ,.j. V»r»a.'t^agsrjume enthaltend. In einem hohen 

mvia r-t-i- welches die alte Anatomie der 

-1 i'Jnea H 

ifT. Uti U 

r»v itr eci iZt. 

Vi *■£?. iü aä mtut 
ml. kidfter cva'L ti, praktisch mit 
ücTr^f-i is: iz.i 


Digitized by Vj-U- 


Goog Le 



17. Februar 1898. BERLINER THIERARZTLiCHE WOCHENSCHRIFT. 


selbstständigen Gestütsverwaltung, ferner der Rector der Uni¬ 
versität mit allen Decanen nnd einer Anzahl Professoren, das Stadt¬ 
haupt, der auch in Deutschland wohlbekannte Wirkliche Staats¬ 
rath, Excellenz v. Oettingen (ein sympathisches Greisengesicht) 
eine grosse Anzahl von Miütärveterjjiären und Thierärzten aus 
allen Theilen des Reiches bis von Sibirien her. Die Professoren 
haben vornehme Uniformen und zeichnen sich den unseren gegen¬ 
über durch eine grosse Zahl höherer Dekorationen aus. Auch 
die Uniformen der Militärveterinäre sind äusserst kleidsam und 
zum Theil sogar glänzend. 

Die Festlichkeiten begannen mit einer Seelenmesse fürdenKaiser 
Nikolaus, den Gründer des Instituts, sowie für den kürzlich ver¬ 
storbenen Minister der Volksaufklärung Grafen Deljanoff, die 
am Abend vorher abgehalten wurde. Auch auf denjenigen, der den 
griechischen Ritus nicht kennt, verfehlt die Ceremonie nicht, einen 
feierlichen Eindruck zu machen. Bei dem Festact in der Aula 
wurden selbstverständlich alle Reden in russischer Sprache ge¬ 
halten, so dass ich nicht im Stande bin, etwas von deren Inhalt 
mitzutheilen. Nur das muss ich rühmend hervorheben, dass olle 
Redner es verstanden, kurz zu sein und einen Eindruck zu er¬ 
zielen. Meine deutsche Rede wurde aber wohl andererseits von 
dem allergrössten Theil der Versammlung verstanden, da sehr 
viele Russen, auch ohne deutsch zu sprechen, wohl in der Lage 
sind, es zu verstehen, und ein grosser Theil überhaupt die 
deutsche Sprache beherrscht, was von den Angehörigen der 
deutsch sprechenden Ostseeprovinzen selbstverständlich ist. 

Das Institut hat bei dieser Gelegenheit einer Anzahl 
von Personen eine Ehrung dadurch erwiesen, dass dieselben 
theils zu Ehrenmitgliedern, theils zu correspondirenden 
Mitgliedern des Conseils gewählt wurden. Der Grossfürst 
Dmitri Constantinowitsch, der jüngst ernannte Chef 
der Gestütsverwaltung, sowie der Prinz von Oldenburg, 
der verdienstvolle Begründer des Instituts für experimentelle 
Medicin zu Petersburg, über welches ich in einer der nächsten 
Nummern noch einige Mittheilungen machen werde, hatten der 
Bitte, die Würde von Ehrenmitgliedern anzunehmen, entsprochen. 
Ausserdem wurden natürlich eine Anzahl russische Veterinäre sowie 
bedeutende Persönlichkeiten zu Ehrenmitgliedern gemacht. Von 
Ausländern erhielten diese Würde: die Professoren Nocard und 
Cadiot in Alfort, Director Arloing in Lyon. Prof. Bang in 
Kopenhagen, Prof. Zschokke in Zürich, Prof. Dr. Bayer in Wien, 
Prof. Dammann in Hannover, die Professoren Johne nnd Ellen¬ 
berger in Dresden sowie die Professoren Fröhner, Schmaltz 
und Ostertag in Berlin. Zum correspondirenden Mitgliede wurde 
aus Deutschland Prof. Kitt in München gewählt. 

An den Festact schloss sich ein Diner und daran eine 
studentische Feier. Dieser beizuwohnen, würde unseren deutschen 
Studenten sicherlich ein grosses Vergnügen gemacht haben, da 
sie selbstverständlich in ganz anderer Form verlief wie unsere 
Commerse, indess* gewiss nicht weniger vergnügt. Namentlich 
wurde das Bild in eigenartiger Weise belebt durch Ausübung 
der alten slavischen Sitte, Männer, denen eine Ehrung zu Theil 
werden soll, auf die Schultern zu heben und in einem oft un¬ 
gestümen Rundgang im Festsaal herumzutragen, wobei es 
in späteren Stunden nicht immer ganz leicht Für den so Er¬ 
hobenen war, auf dem wogenden Piedestal die Balance zu be¬ 
wahren. Für unsere Studenten will ich auch noch hinzufügen, 


dass in Russland die Studenten aller Academien Uniform tragen; 
die Universitätsstudenten einen langen kaftanähnlichen Rock, 
welcher sehr unelegant aussieht, die Studenten aller übrigen In¬ 
stitute, daher auch die der thierärztlichen Academie, dagegen eine 
sehr kleidsame, mit weissen Litzen versehene, an unsere Litewka 
erinnernde Jacke. Farbentragende Verbindungen sind seit der 
Umwandlung in Jurjew nur noch geduldet. Am Veterinärinstitut 
existirt eine Verbindung grün-weiss-gold „Fraternitas Dorpatensis“, 
der u. A. fast sämmtliche Professoren angehört haben und welche 
das Jubiläum auch noch durch einen Commers mehr in unserem Stil 
feierte. 

Was das Verhältnis des Veterinärinstituts zur Universität 
anbetrifft, so bezeichnet« es mir gegenüber der Rector der Uni¬ 
versität selbst so: das Institut sei alseine fünfte Facultät zu be¬ 
trachten, jedoch selbstständig. Dieses Verhältnis muss als ein 
sehr erwünschtes und gesundes betrachtet werden. 

Dass dem eigentlichen Feste im Uebrigen noch viele ver¬ 
gnügte Stunden folgten, ist ebenso selbstverständlich, wie es 
andrerseits bekannt ist, dass in Russland allenthalben Gast¬ 
freundschaft und Liebenswürdigkeit dem Fremden den Aufenthalt 
zu einem angenehmen machen. 

Personalnotiz. 

In das Ministerium für Landwirthschaft wird demnächst, ver¬ 
mutlich zum 1. April, ein Hülfsarbeiter zur Bearbeitung der 
veterinärtechoischen Angelegenheiten berufen werden. Dem Ver¬ 
nehmen nach ist Kreisthierarzt Pauli von Mohrungen, ehemals 
Assistent des Professor Schütz, auch früher schon Departements¬ 
thierarzt von Trier, in die Hülfsarbeiterstelle provisorisch berufen. 

Brandenburger thierfirztlioher Verein. 

Obwohl der Brandenburger thierärztliche Verein einen Ehren¬ 
rath überhaupt nicht besitzt und desshalb durch den in voriger 
Nummer besprochenen Ministerialerlass überhaupt nicht berührt 
wird, erscheint aus verschiedenen Gründen eine baldige Versammlung 
wünschenswerth. Dieselbe wird am 13. oder 20. März stattfinden. 
Die Einladungen werden den Mitgliedern baldigst'zugehen. 

XXX. Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen 

am Sonntag, den 20. März d. Js., Mittags 12 Uhr, 

1 im Restaurant Dümke zu Posen, Wilhelmsplatz Nr. 18. 

Tagesordnung. 

’ 1. Geschäftliches. 2. Bericht über die VTII. Plenar-Ver- 
saihmlung des Deutschen Veterinärrathes zu Kassel. 3. Neuwahl 
der Delegirten zum Deutschen Veterinärrath. 4. Neuwahl der 
Didegirten zur Central Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. 5. Abänderung bezw. Aufhebung der Statuten des 
Ehrenrathes. 6. Ueber die Erhitzung der Milch in Sammelmolkereien 
gefnäss § 61 der Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895. 
Referent: Herr Kreistbierarzt Dr. Foth-Wreschen. 7. Mittheilungen 
aus der tbierärztlichen Praxis. 

Um 27„ Uhr findet ein Diner statt. Anmeldungen zu dem¬ 
selben erbittet Unterzeichneter bis spätestens zum 15. März er. 

Der Vorstand. Heyne. 

Verein sohlesisoher Thierärzte. 

Sonntag, den 27. Februar d. J., Vorm. II Uhr findet in Breslau, 
Antonienstr. 33 (Scepterloge) eine Versammlung mit nachstehender 
Tagesordnung statt: 1. Geschäftliche Mittbeilungen. 2. Abänderung 
der Statuten (betr. Ehrenrath). 3. Die Einführung der allgemeinen 
Fleischschau, insbesondere die Betheiligung der pract. Thierärzte an 
derselben. Referenten: Thierarzt Siemssen, Krappitz, Kreis-Thier- 
arzt Graul, Oppeln. 4. Zur Reform der Stellung der Kreis-Thier- 
ärzte. Referenten: Kreis-Thierarzt Gückel, Münsterberg und 
Df. Marks, Ohlau. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) (Siehe auch Beilage zu dieser Nummer.) 

Seuchenstatistik nnd Teterinärpolizei. 

Abgeordnetenhaus. I eines Gesetzentwurfes, wonach die Kosten thierärztlicher Unter- 

Es ist vom Abgeordneten Herold der Antrag eingebracht Buchungen, welche auf Anordnung von Verwaltungsbehörden er- 
worden, die Staatsregierung zu ersuchen um baldige Vorlegung 1 folgen, auf die Staatskasse übernommen würden. 


Digitized by CjOOQie 




78 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 


vortreffliche Verfahren von Dr. Lorenz-Darmstadt nach, mit 
welchem wir unsere Schweinebestände gegen Rothlanf schützen. 

Als Sernmquelle bediente sich P. eines Pferdes, das er durch 
fortgesetzte Einspritzung allmälig gesteigerter Mengen von 
Hogcholera-Reinkulturen vorbehandelte. 8 bis 10 ccm des Pferde¬ 
blutserums vermochten Schweine gegen die Erkrankung an 
Schweinepest zu schützen. Zur Erhöhung der Immunität wurde 
den Schweinen gleichzeitig mit dem Serum der Erreger der 
Krankheit einverleibt, indem ein Tropfen bis 1 ccm Herzblut 
eines frisch an Hogcholera im Laboratorium verendeten Ferkels 
oder 1 ccm virulenter Reinkultur subcutan injicirt wurden. Von 
5 Schweinen, welche in der angegebenen Weise behandelt worden 
waren, bekam ein Schwein infolge der Behandlung die Schweine¬ 
pest, ein zweites Schwein ging an einer anderen Krankheit ein. 
Dasselbe zeigte bei der Obduction stark vergrösserte Nieren und 
Leber von fester Consistenz. Die Gallengänge waren durch 
Leberegel verstopft und enorm erweitert. Das Unterhautzell¬ 
gewebe war vollständig gelb gefärbt. Von den übrigen drei 
Schweinen, welche die Immunisirung überstanden hatten, wurde 
ein Schwein am 17. October in eine mit Schweinepest inficirte 
Herde gesetzt. Dasselbe wurde nicht von der Krankheit befallen 
und war am 14. December noch vollständig gesund. 

3 Control8cbweine, welche P. mit dem virulenten Blut des 
an Schweinepest eingegangen Ferkels (ohne gleichzeitige Serum¬ 
einspritzung) inficirt hatte, gingen ausnahmslos an der Seuche 
zu Grunde. 

Am Schluss dieser einzeln aufgeführten und beschriebenen 
Versuche bemerkt der Verfasser, dass die alleinige Einspritzung 
von Serum nur eine beschränkte Immunität verleihe und dass er 
das Serum (genau wie Lorenz) in Verbindung mit einer virulenten 
Hogcholera-Reinkultur angewendet habe, und zwar auf 10 ccm 
Serum 1 ccm Reinkultur. In dieser Weise seien nunmehr 12 
Haupt auf der Versuchsstation mit gutem Erfolg behandelt worden. 
Ueber die Erfahrungen, welche mit dieser Methode auf dem 
platten Lande gemacht worden sind, giebt eine beistehende Zu¬ 
sammenstellung Auskunft Hiernach wurden von 1176 geimpften 
Thieren mehr als 56 Proc. gerettet. 

Seit dem Erscheinen dieses Aufsatzes ist nunmehr ein Jahr 
verflossen und es ist anzunehmen, dass der Verf. seine Erfahrungen 
in Bezug auf die Wirksamkeit der Methode gegen die Schweine¬ 
pest genügend erweitert hat, um ein bestimmteres Urtheil über 
dieselben abgeben zu können, als sich aus der vorliegenden 
Arbeit entnehmen lässt 

Influenza bei Pferden. 

Von Hutcheon, C. V. S. 

(Vot. Journal 1898, No. 271.) 

In der Cap-Colonie herrscht zur Zeit eine epizootische 
Pferdekrankheit, „die durch eine catarrhalische Entzündung der 
obern Luftwege mit nervöser Depression charakterisirt ist.“ Aus 
dieser kurz gefassten Angabe lässt sich schon die Vermnthnng 
entnehmen, dass diese Epizootie mit der Pferdestaupe unserer 
Länder identisch ist Evident geht aber die Uebereinstimmung 
beider Krankheiten aus den vom Verf. aufgezählten Symptomen 
dieser südafrikanischen Seuche hervor. Dieselbe beginnt zuweilen 
mit Schüttelfrost, sehr häufig mit kurzem, trockenem Husten. Der 
Kehlgang zeigt sich gefüllt, obgleich keine besondere Vergrösserung 
der Kehlgangsdrüsen nachweisbar ist Weiter sind vorhanden 
hohes Fieber, starke Abgeschlagenheit; die Pferde halten den 
Kopf gesenkt Pulse bis 80 und mehr in der Minute, Athmung 
vermehrt. Nicht selten stellt sich von Anfang an Nasenausfluss 
ein, in andern Fällen fehlt derselbe. Die Fresslust ist unterdrückt. 
Die Augenlider sind geschwollen, die Bindehaut ist entzündet 
und besitzt gelbliche Färbung, gewöhnlich wird leichter Thränen- 


fluss beobachtet Die Pferde haben einen taumelnden Gang. In 
leichten Fällen währt das Fieber ein oder zwei Tage und die 
Genesung vollzieht sich schnell. In manchen Fällen entsteht 
Durchfall und Darmentzündung, zuweilen auch Hufentzündung 
(Rhehe). Als weitere Complicationen werden erwähnt: Bron¬ 
chitis, Lungenentzündung, welche sich infolge des Congestiv- 
zustandes der Lungen ausbilden kann. Rheumatismus soll Bich 
häufig nach der in Rede stehenden Krankheit entwickeln. Derselbe 
bekunde sich durch Schmerzen und Steifheit in den Gliedmassen 
mit mehr oder weniger starken Anschwellungen. Der Verf. bemerkt 
ausdrücklich, dass diese Schwellungen, sowie diejenigen, welche 
bei der Krankheit häufig an der Brust und an der Scheide Vor¬ 
kommen, durch Herzschwäche verursacht werden. Der steife 
Gang erklärt sich in diesen Fällen also, ohne das Vorhandensein 
einer rheumatischen Affection annehmen zu müssen, durch die 
Behinderung der Bewegung infolge der Anschwellungen an den 
Gliedmassen und durch die allgemeine Schwäche der Patienten. 

Die gewöhnlichste Nachkrankheit, welche bei diesen Seuchen¬ 
gang am Cap vorkam, war der Morbus maculosns. 

Bei der Behandlung legt der Verf. mit Recht den grössten 
Werth auf eine gute Pflege in gesunden Ställen. Die hohe 
Mortalität, welche die Krankheit in und um Capstadt hervor¬ 
brachte, wurde nur durch die änsserst mangelhaften Stallverhält- 
nisse verursacht. Besonders fühlbar machte sich das Fehlen 
einer guten trockenen Streu. 

Das Heilserum im Liebte der Statistik. 

. Von Dr. Vi 11 aret. 

(D. med. Wochenachr. 2. 98.) 

Der 18. Jahrgang des Statistischen Jahrbuches ist erschienen 
und enthält wie immer eine Uebersicht über die Todesursachen 
in den Städten des deutschen Reiches mit 15C00 und mehr Ein¬ 
wohnern. Diese Uebersicht reicht bis zum Jahre 1895, das heisst, 
sie enthält als letztes Jahr das erste, in welchem das Heilserum 
zum ersten Male allgemeiner zur Anwendung gekommen ist. Verf. 
hat daraus folgende Zahlen ermittelt: In den zehn Jahren 1885/94 
starben in den oben bezeichneten Städten an Diphtherie und 
Halsbräune (Croup) 119038 Individuen, also im Mittel der zehn 
Jahre 11904 der an diesen Leiden Erkrankten (bei einem Maxi¬ 
mum (1893) von 15860 und einem Minimum (1888) von 9934 Ge¬ 
storbenen). Im Jahre 1895 starben an den erwähnten Krankheiten 
nur noch 7266 Personen, das heisst, in Verhältnisszahlen ausge¬ 
drückt: es starben an Diphtherie und Halsbräune im Mittel der 
zehn Jahre 1885/94 von 10000 Einwohnern (bei einem Minimum 
(1888) von 9,65 und einem Maximum von 12,44 auf 10000 Ein¬ 
wohner): 10,69, dagegen im Jahre 1895 von 10000 Einwohnern: 
5,40, das heisst: die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup 
ist im Jahre 1895 gegen das Mittel der zehn vorauf- 
gegangenen Jahre um 49,48pCt. gesunken! Dementspricht 
die weitere Thatsache, dass, während im Mittel der zehn Jahre 
1885/94 von 100 Gestorbenen der Diphtherie und dem Croop/4,53 
erlegen wareD, im Jahre 1895 von 100 Gestorbenen nur noch 
2,53 als Opfer jener Krankheiten anfgeführt wurden, das heisst, 
es hat in dieser Hinsicht ein Sinken dieser* Ziffer um 44,15 pCt 
stattgehabt. Verf. glaubt, dass mit dem Heilserum ein richtiges 
Princip in die wissenschaftlich-practische Medicin eingeführt sei, 
und dass es gelingen werde, auch andere Würger der Menschheit 
mit dauerndem Erfolge zu bekämpfen. „Auf dieser Behring¬ 
strasse,“ so schliesst Verf., „wollen wir daher getrosten Muthes 
weiter w’andern.“ 

Die Antiseptik mittels Wasser und Seife. 

Von Dr. G e o J. Monroe. 

(CiDrlnn. Lancet-Clinlc.) 

Um den Werth der verschiedenen antiseptischen Methoden 
festzustellen, hat Verf. nach einem Referate in der D. Medicinal- 


Digitized by CjOOQie 




17. Februar 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


79 


Zeitung bei je fünf Fällen von Rectaloperationen zur Antiseptic 
Sublimat, Borsäure, das Lister’sclie Verfahren, Jodoform und 
einfache Reinlichkeit mittels Wasser und Seife angewandt. Er 
fand, dass letztere den medicamentösen Methoden in den Erfolgen 
nicht nachstand, ja vielleicht mit Ausnahme der Borsäure infolge 
ihrer Unschädlichkeit an Wirksamkeit übertraf. Verf. hat sich 
nun auch weiter bei den verschiedensten Operationen und unter 
allen möglichen, z. T. recht schwierigen und hygienisch ungünstigen 
Verhältnissen nur einfach des Wassers und der Seife bedient und 
ist mit der Wirkung stets zufrieden gewesen. Er ist überzeugt, 
dass die einfache, allerdings peinlichste Reinlichkeit zur Erzielung 
einer vollkommenen Antiseptic gänzlich ausreichend ist, und er 
verwirft daher den Gebrauch chemischer Mittel als überflüssig 
und oft gefährlich. Das einzige Antisepticum, das er allenfalls 
zulassen möchte, ist das Wasserstoffsuperoxyd, jedoch weniger 
seiner antiseptischen als seiner haemostatischen Eigenschaften 
wegen, die in manchen Fällen allerdings von Werth sein dürften. 

Ueber die Galle der Schlangen und anderer Thiere als 
Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit 
des Schlangengiftes bei Verabreichung per os. 

Von Th. Fraser. 

(Brit. med. Journ.) 

Fr. geht von der Beobachtung ans, dass das Schlangengift 
bei der Einführung in den Intestinaltractus keine schädlichen 
Wirkungen entfaltet. Da es im Magen seine Wirksamkeit nicht 
einbüsst, so muss angenommen werden, .dass hier eine Resorption 
nicht stattfinden kann und dass das Gegengift erst im Darm¬ 
canal geliefert wird. Es zeigte sich dementsprechend, dass 
Schlangengift in den verschiedensten Verhältnissen mit Galle ge¬ 
mischt und Versucli8thieren injicirt in sonst tödtlichen Dosen 
wirkungslos blieb. Die Galle als solche ist aber nicht als Antidot 
zu injiciren, da sie, wie die angestellten Versuche zeigten, bei 
dieser Art von Application selbst eine Giftwirkung entfaltet, die 
im Darm nicht auftritt Es gelang aber, aus der Galle das wirk¬ 
same Gegengift zu isoliren. Dieses Gegengift, Versuchsthieren 
injicirt, schützte sie vor sonst tödtlichen Schlangengiftdosen. Damit 
war der Beweis erbracht, dass die Galle Eigenschaften besitzt, 
wie sie bis jetzt nur bei dem stärksten „Antivenenum“ gefunden 
sind. Diese Wirkung der Galle ist im Uebrigen den indischen 
Sclilangenärzten seit langer Zeit bekannt. Da die Galle aller 
Thiere in geringerem Grade dieselbe Wirkung entfaltet, so erklärt 
es sich, warum das Schlangengift per os eingefübrt keine Ver¬ 
giftungserscheinungen hervorruft. 

Fluorescin zur Diagnose des Todes. 

Von Al b a n i. 

(Olornale di Med. legale ) 

Vor Kurzem hatte ein französischer Autor, Jeard, eine neue 
Methode zur Diagnostik des eingetretenen Todes vorgeschlagen; 
dieselbe bestand darin, eine färbende Substanz unter die Haut 
zu spritzen, die, wenn der Blutkreislauf noch besteht, resorbirt 
wird, in den Kreislauf gelangt und an entfernteren Körper¬ 
stellen wieder in die Erscheinung triit. Die empfohlene Sub¬ 
stanz war Fluorescin, weil es in Wasser löslich, nicht ätzend, in 
der zu vorliegendem Zwecke nothwendigen Dosis nicht giftig ist, 
sich im Organismus nie findet und auch in den minimalsten 
Dosen ohne Reaction leicht erkennbar ist. Nach den Versuchen, 
die Verf. zur Nachprüfung dieser Methode an gestellt hat, scheint 
in der That ein vortreffliches Mittel zur Diagnose des Schein¬ 
todes vorzuliegen. Zur Injection beim Menschen genügt 1 mg 
Fluorescin. Besteht noch Blutcirculation, so tritt ein oder zwei 
Minuten nach der Injection Gelbfärbung der Schleimhäute ein, 
nach ferneren 20 Minuten sind die durchscheinenden Medien des 


Auges grün gefärbt. Der Urin wird fast sofort fluorescirend; 
Blut, das von einem der Injectionsstelle entfernten Punkt des 
Körpers entnommen wird, zeigt schon nach 3 Minuten die 
charakteristische fluorescirende Färbung, jedoch muss man etwas 
destillirtes Wasser hinzufügen, dann kochen und filtriren. 

An einem Leichnam treten 'alle diese Erscheinungen nicht 
auf; erst nach vielen Stunden sind infolge von Diffusion die 
Körperflüssigkeiten gefärbt. Wenigstens behauptet dies Jeard. 
Da Alb ani jedoch in vielen Fällen gefnnden hat, dass diese 
Diffusion schneller eintritt, so hält er den Zeitraum von einer 
Stunde, wenn bis dahin keine Färbung eingetreten ist, für 
genügend, um den Tod zu diagnosticiren. (D. Med.-Ztg.) 

Morphologie ond Entwicklung der Vagina. 

Von Hart. 

(D. Med.-Ztg) 

H. resumirt die Resultate seiner Studien in folgenden Sätzen: 
1. Die menschliche Vagina ist nur in ihren oberen zwei Dritt- 
theilen aus den Müller’schen Canälen entstanden; das untere 
Drittel ist hervorgegangen aus einer Vereinigung des Sinus 
urogenitalis mit den Wolff’schen Gängen; 2. das Hymen bildet 
sich zwischen dem 3. und 4. Monat des fötalen Lebens, und zwar 
entwickelt es sich aus zwei an den unteren Enden der Wolff’schen 
Gänge befindlichen Epithelbulbi; 3. der Colliculus seminalis des 
Mannes entspricht dem unteren Drittel der Vagina; 4. bei den 
Beutclthieren stellen die beiden Seitencanäle die persistirenden 
Wolff’schen Gänge und der centrale Blindsack das Miiller’sche 
Element dar. 

Tagesgeschichte. 

t 

Der berühmte Zoologe Professor Rudolf Leuckhardt, 
welcher sich durch seine Forschungen über Parasiten auch be¬ 
sondere Verdienste um die Veterinärwissenschaft erworben hat 
und dem viele Thierärzte, die in Leipzig promovirt haben, ihre 
weitere Ausbildung verdanken, ist im 76. Lebensjahre gestorben. 
Er war geboren am 7. Oktober 1822 zu Helmstedt, studirte seit 
1842 in Göttiogen, habilitirte sich' dort 1847, wurde 1850 als 
Extraordinarius nach Giessen berufen, erhielt hier 1855 ein 
Ordinariat und kam 1869 als Ordinarius der Zoologie und 
Zootomie nach Leipzig. Leuckhardt’s Arbeiten beziehen sich 
besonders auf die anatomisch-physiologische Analyse der Thiere, 
namentlich der niederen. Er unterschied unter Anderem die 
Cölenteraten und Echinodermen, deutete die Organisation der 
Schwämme und wies deren Beziehungen zu den Cölenteraten 
nach, begründete die Lehre vom Polymorphismus und erweiterte 
die Kenntniss von den Entwicklungsvorgängen. Unmittelbar zur 
Förderung der praktischen Medicin aber trugen seine epoche¬ 
machenden Arbeiten über die thierischen Parasiten bei. 

Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat. 

Von Prof. S c h m a 11 z. 

Am 14./26. Januar 1848 wurde zu Dorpat ein Veterinär- 
institnt in einer gewissen losen Verbindung mit der Universität 
eröffnet. Dasselbe hatte von vornherein das Glück, bedeutende 
Männer an seiner Spitze zu sehen. Unter der ersten Generation 
derselben ragen namentlich hervor: Der Anatom Brauell, der 
vordem schon in Kasan Tbierheilkunde gelehrt hatte und der 
durch die Entdeckung des Milzbrandbacillus in der Blutbahn, wenn 
er auch die pathogene Natur des Bacillus noch nicht erkannte, sich 
unvergänglichen Ruhm erworben hat, sowie Jessen, der erste 
Director, dessen Arbeiten über Rinderpest besonders bekannt 
geworden sind. — Bis auf den heutigen Tag haben die Dorpater 
Professoren dem Veterinärinstitut seinen Ruf erhalten. Nament- 


Digitized by AjOOQle 




HO 

licli verdient bemerkt zn werden, dass eine grosse Reihe ans¬ 
gezeichneter Dissertationen, besonders aut anatomischem Gebiet, 
ans dem Dorpater Institut bervorgegangen sind. 

Bei dem grossen Einfluss, den baltische Wissenschaft auf 
das ganze weite Russenreich ausgeübt hat, ist es selbstverständ¬ 
lich, dass das russische Veterioärwesen, welches heutzutage 
sehr gut organisirt ist und mit seinen grossen Erfolgen bezüglich 
der gänzlichen Vertilgung der Rinderpest im ganzen europäischen 
Russland (mit Ausnahme des Kaukasus) einen wirklichen Triumph 
erzielt hat, wesentlich aus dem Dorpater Institut die Kraft seiner 
noch nicht sehr alten Entwickelung gewonnen hat. 

Das Lehrercollegium des Veterinärinstituts besteht gegen- 
wflriig aus folgenden Herren: Director v; Raup ach, gleich¬ 
zeitig Kliniker; Professor Gutmann, bekannt durch seine 
treffliche Mitarbeit an der grossen Chirurgie von Bayer-Fröhner, 
Leiter der chirurgischen Klinik; Professor Sem m er der 
Jüngere; Professor Kundsin, Anatom; Docent Magister 
Negotin, Physiologe; Professor Waldmann, pathologischer 
Anatom; Professor Happ ich, Leiter des Instituls für Hygiene, 
Seuchenforschung und Bacteriologie; Professor Alexandrow, 
Chemiker; Thierarzt Grossmann, Lehrschmied; Docent David 
und Prosector Schroeder, ferner eine Anzahl Assistenten. Als 
Bibliothekar amtirt der Professor emer. Dr. raed. Rosenberg, 
der ehemalige Anatom, ein hervorragender Gelehrter. — Die 
Mehrzahl dieser Herren hat namentlich mit der thierärztlichen 
Hochschule zu Berlin vielfache wissenschaftliche und freund¬ 
schaftliche Beziehungen unterhalten. 

Die Berliner thierärztliche Hochschule begnügte sich daher 
niclit damit, eine Adiesse zu senden, sondern hielt es auch 
für wün8chenswerth, wenn eins ihrer Mitglieder sich zn einer 
persönlichen Vertretung entschliessen möchte. 

• Ich hfLttfe diese Missioh ffbernömmen und habe die ' Weite 
Reise nach Dorpat, oder wie es jetzt heisst Jurjew, die allerdings 
eine kleine Strapaze umsomehr einschloss, als sie ohne grossen 
Aufenthalt zurückgelegt werden musste, nicht zn bereuen; ich 
denke, dass einige Mittheilungen darüber in der B. T. W. am Platze 
sein werden. 

Dorpat ist eine sehr freundliche, von z. Th. hervorragend 
schönen Anlagen und Waldpartien umgebene, von einem Fluss 
durchschnittene rein baltische Mittel - Stadt. Seit lauge der 
Sitz einer Universität, zeigt cs in seinem ganzen Habitus, ivie 
auch unsere kleinen Universitätsstädte, ein Etwas, wodurch sich 
diese Städte über andere ihrer Grösse hioausheben. Die Uni¬ 
versitätsinstitute, die ich mir nur von aussen aogesehen habe, 
sind einer Universität angemessen. Ebenso macht das Veterinär- 
institut, welches allerdings im Ganzen in erheblich kleineren 
Dimensionen als z. B. die Berliner thierärztliche Hochschule, 
angelegt ist, einen stattlichen Eindruck. Das Verwaltungs¬ 
gebäude, iu dem sich die für einen Festact allerdings etwas 
kleine Aula befindet, erhält durch einen mächtigen, von sechs 
aus dem Boden aufstrebenden Säulen getragenen Front¬ 
giebel sogar ein imposantes Aussehen. Daneben befindet sich 
ein ähnliches Gebäude, die Wohnung des Directors und wohl 
auch noch Verwaltungsraume enthaltend. In einem hohen 
neuen Bau, gegen welches die alte Anatomie der Berliner 
thierärztlichen Hochschule allerdings auf das traurigste absticht, 
ist das anatomische und das pathologisch-anatomische Institut 
untergebracht. Das neue bacteriologisch-hygienische Institut hat 
zwar nur ein kleines einstöckiges Haus zur Verfügung, welches 
aber, so weit ich das als nicht specieller Fachmann beurtheilen 
kann, ausserordentlich praktisch mit sehr vollkommenen Hilfs¬ 
mitteln ausgerüstet ist und mehr als 20 Arbeitsplätze gewählt. 
Dieses Institut ist unter Beihilfe des Kriegsministeriums errichtet 


No. 7. 

worden, welches dafür das Recht sich Vorbehalten hat, jährlich 
eine nicht grosse Zahl von Militärveterinären zu spezieller Aus¬ 
bildung in das Institut zu entsenden. Die Kliniken weisen einen 
älteren und einen neueren Theil auf. Das neuere Gebäude, 
welches auch die chirurgischen Specialräume enthält, steht in 
seiner modernen Einrichtung durchaus auf der Höhe. Namentlich 
ist die Operationshalle der Berliner im Licht überlegen. Der 
Vergleich zeigt, dass der anscheinend von unseren Baubeamten 
neuerdings vertretene Grundsatz, dass das Oberlicht durch 
riesige Seitenfenster entbehrlich gemacht werden könnte, in der 
Praxis, wenigstens für unsere Zwecke, sich durchaus nicht be¬ 
währt. Auch in dem älteren Theil der Stallungen sind durch¬ 
weg gute, geräumige Boxen eingerichtet. Der Boden besteht voll¬ 
ständig aus Holzbohlen, die zum Zwecke der Reinigung von ihren 
Unterlagen hochgehoben werden können. Es wurde mir mit- 
getheilt, dass eine Verunreinigung des Bohlenlagers oder irgend 
welche sonstigen Unzuträglichkeiten sich noch niemals heraus¬ 
gestellt hätten. Im Uebrigen liegen alle Gebäude um einen 
recht geräumigen Hof herum und das Ganze sieht sehr freundlich 
und adrett aus. 

Was aber ganz besonders anspricht, das ist der vorzüg¬ 
liche Zustand, in dem sich die Sammlungen durchweg befinden. Die 
für die pathologisch-anatomischen und anatomischen Sammlungen 
verfügbaren Räume sind zwar nicht gross, aber was darin autbewahrt 
ist, ist alles zweckmässig aufgestellt und ausgezeichnet 
gearbeitet. Die Präparate haben z. Th. den Charakter kleiner 
Kunstwerke. Namentlich musste mich selbstverständlich die 
anatomische Sammlung iuteressiren, die zum grösseren Theil 
von dem oben genannten Prof. emer. Rosenberg begründet ist 
und auch einen sehr grossen Reichthum an mikroskopischen, 
embryologischen Präparaten besitzt. Ein besonderer Genuss aber 
war es, der Einladung des Prof. Rosenberg zur Besichtigung Seiner 
Privatsammlungen zu folgen. Hier sind paläontologische und 
andere Schätze aufgestapelt, zu deren Zusararaenbringung der 
Gelehrte sein ganzes Leben verwandt hat. Es war dabei fast 
rührend, zu sehen, wie die ehemaligen Schüler des augenschein¬ 
lich sehr verehrten Lehrers seinen Sammlungseifer unterstützten, 
indem sie, zum Jubiläum hergekommen, ihm allerlei Geschenke 
für seine Sammlung mitbrachten. Hatte es der Eine doch sogar 
nicht unterlassen, aus Sibirien her sich mit einem gewichtigen 
Fundstück einzufinden. Welchen hohen Werth namentlich die 
Zahnsammlung des Prof. Rosenberg besitzt, kann man schon 
aus der Thatsache ermessen, dass Virchow, der bei seiner Reise 
nach Moskau Dorpat besuchte, Stunden lang davon gefesselt worden 
ist Ich gestehe offen, dass mir die speciellen Kenntnisse fehlen, 
um all die seltenen Schönheiten richtig geniessen zu können. 
Mit derselben Liebe, wie jene Sammlung, ist auch die von 
Prof. Rosenberg verwaltete Bibliothek des Veterinärinstituts ge¬ 
pflegt. Sämmtliche Bücher sind übrigens in Glasschränken 
untergebracht, und auch in Bezug auf den Etat steht z. B. die 
Berliner Bibliothek, die wohl in Deutschland die grösste ist, hinter 
der Dorpater zurück, denu letztere verfügt über eben so viel 
Rubel, als jene über Mark. 

So war es eine Freude, die allein schon für die Reise ent¬ 
schädigte, im fernen Osten eine Stätte kennen zu lernen, wo die 
Veterinärwissenschaft mit denselben Mitteln, derselben Liebe und 
demselben Erfolg gepflegt wird wie bei uns. 

Auch der eigentliche Festact, mit dem das Jubiläum be¬ 
gangen wurde, machte einen imposanten Eindruck. Man muss 
sagen, dass bei uns derartige Versammlungen äusserüch nicht 
so glänzend ausfallen; es liegt das natürlich an dem Vorherrschen 
der Uniformen in Russland. Erschienen waren: Vertreter vom 
Ministerium des Innern, des Krieges sowie von der in Russland 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 





17. Februar 1898. 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT 


selbstständigen Gestütsverwaltung, ferner der Rector der Uni¬ 
versität mit allen Decanen und einer Anzahl Professoren, das Stadt¬ 
haupt, der auch in Deutschland wohlbekannte Wirkliche Staats¬ 
rath, Excellenz v. Oettingen (ein sympathisches Greisengesicht) 
eine grosse Anzahl von Militärveterjjiären und Thierärzten aus 
allen Theilen des Reiches bis von Sibirien her. Die Professoren 
haben vornehme Uniformen und zeichnen sich den unseren gegen¬ 
über durch eine grosse Zahl höherer Dekorationen aus. Auch 
die Uniformen der Militärveterinäre sind äusserst kleidsam und 
zum Theil sogar glänzend. 

Die Festlichkeiten begannen mit einer Seelenmesse für den Kaiser 
Nikolaus, den Gründer des Instituts, sowie für den kürzlich ver¬ 
storbenen Minister der Volksaufklärung Grafen Deljanoff, die 
am Abend vorher abgehalten wurde. Auch auf denjenigen, der den 
griechischen Ritus nicht kennt, verfehlt die Cereraonie nicht, einen 
feierlichen Eindruck zu machen. Bei dem Festact in der Aula 
wurden selbstverständlich alle Reden in russischer Sprache ge¬ 
halten, so dass ich nicht im Stande bin, etwas von deren Inhalt 
mitzutheilen. Nur das muss ich rühmend hervorheben, dass olle 
Redner es verstanden, kurz zu sein und einen Eindruck zu er¬ 
zielen. Meine deutsche Rede wurde aber wohl andererseits von 
dem allergrössten Theil der Versammlung verstanden, da sehr 
viele Russen, auch ohne deutsch zu sprechen, wohl in der Lage 
sind, es zu verstehen, und ein grosser Theil überhaupt die 
deutsche Sprache beherrscht, was von den Angehörigen der 
deutsch sprechenden Ostseeprovinzen selbstverständlich ist. 

Das Institut hat bei dieser Gelegenheit einer Anzahl 
von Personen eine Ehrung dadurch erwiesen, dass dieselben 
theils zu Ehrenmitgliedern, theils zu correspondirenden 
Mitgliedern des Conseils gewählt wurden. Der Grossfürst 
Dmitri Constantinowitsch, der jüngst ernannte Chef 
der Gestütsverwaltung, sowie der Prinz von Oldenburg, 
der verdienstvolle Begründer des Instituts für experimentelle 
Medicin zu Petersburg, über welches ich in einer der nächsten 
Nummern noch einige Mittheilungen machen werde, hatten der 
Bitte, die Würde von Ehrenmitgliedern anzunehmen, entsprochen. 
Ausserdem wurden natürlich eine Anzahl russische Veterinäre sowie 
bedeutende Persönlichkeiten zu Ehrenmitgliedern gemacht. Von 
Ausländern erhielten diese Würde: die Professoren Nocard und 
Cadiot in Alfort, Director Arloing in Lyon. Prof. Bang in 
Kopenhagen, Prof. Zschokke in Zürich, Prof. Dr. Bayer in Wien, 
Prof. Dammann in Hannover, die Professoren Johne und Ellen¬ 
berger in Dresden sowie die Professoren Fröhner, Schraaltz 
und Ostertag in Berlin. Zum correspondirenden Mitgliede wurde 
aus Deutschland Prof. Kitt in München gewählt. 

An den Festact schloss sich ein Diner und daran eine 
studentische Feier. Dieser beizuwohnen, würde unseren deutschen 
Studenten sicherlich ein grosses Vergnügen gemacht haben, da 
sie selbstverständlich in ganz anderer Form verlief wie unsere 
Commerse, indess* gewiss nicht weniger vergnügt. Namentlich 
wurde das Bild in eigenartiger Weise belebt durch Ausübung 
der alten slavischen Sitte, Männer, denen eine Ehrung zu Theil 
werden soll, auf die Schultern zu heben und in einem oft un¬ 
gestümen Rundgang im Festsaal herumzutragen, wobei es 
in späteren Stunden nicht immer ganz leicht für den so Er¬ 
hobenen war, auf dem wogenden Piedestal die Balance zu be¬ 
wahren. Für unsere Studenten will ich auch nocli hinzufügen, 


81 

dass in Russland die Studenten aller Academien Uniform tragen; 
die Universitätsstudenten einen langen kaftanähnlichen Rock, 
welcher sehr unelegant aussieht, die Studenten aller übrigen In¬ 
stitute, daher auch die der thierärztlichen Academie, dagegen eine 
sehr kleidsame, mit weissen Litzen versehene, an unsere Litewka 
erinnernde Jacke. Farbentragende Verbindungen sind seit der 
Umwandlung in Jurjew nur noch geduldet. Am Veterinärinstitut 
existirt eine Verbindung grün-weiss-gold „Fraternitas Dorpatensis“, 
der u. A. fast sämmtliche Professoren angehört haben und welche 
das Jubiläum auch noch durch einen Commers mehr in unserem Stil 
feierte. 

Was das Verhältniss des Veterinärinstituts zur Universität 
anbetrifft, so bezeichnete es mir gegenüber der Rector der Uni¬ 
versität selbst so: das Institut sei alseine fünfte Facultät zu be¬ 
trachten, jedoch selbstständig. Dieses Verhältniss muss als ein 
sehr erwünschtes und gesundes betrachtet werden. 

Dass dem eigentlichen Feste im Uebrigen noch viele ver¬ 
gnügte Stunden folgten, ist ebenso selbstverständlich, wie es 
andrerseits bekannt ist, dass in Russlaud allenthalben Gast¬ 
freundschaft und Liebenswürdigkeit dem Fremden den Aufenthalt 
zu einem angenehmen machen. 

Pertonalnotiz. 

In das Ministerium für Landwirtschaft wird demnächst, ver- 
muthlich zum 1. April, ein Hülfsarbeiter zur Bearbeitung der 
veterinärtechnischen Angelegenheiten berufen werden. Dem Ver¬ 
nehmen nach ist Kreistbierarzt Pauli von Mohrungen, ehemals 
Assistent des Professor Schütz, auch früher schon Departements¬ 
thierarzt von Trier, in die Hülfsarbeiterstelle provisorisch berufen. 

Brandenburger thierärztlioher Verein. 

Obwohl der Brandenburger thierärztliche Verein einen Ehren¬ 
rath überhaupt nicht besitzt und desshalb durch den in voriger 
Nummer besprochenen Ministerialerlass überhaupt nicht berührt 
wird, erscheint aus verschiedenen Gründen eine baldige Versammlung 
wünschenswerth. Dieselbe wird am 13. oder 20. März stattfinden. 
Die Einladungen werden den Mitgliedern baldigst'zugehen. 

XXX. Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen 
am Sonntag, den 20. März d. Js., Mittags 12 Uhr, 

im Restaurant Dümke zu Posen, Wilhelmsplatz Nr. 18. 

Tagesordnung. 

1 1. Geschäftliches. 2. BeVicht über die VIII. Plenar-Ver- 
sarhmlung des Deutschen Veterinärrathes zu Kassel. 3. Neuwahl 
der Delegirten zum Deutschen Veterinärrath. 4. Neuwahl der 
Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
PreuBsens. 5. Abänderung bezw. Aufhebung der Statuten des 
Ehrenrathes. 6. Ueber die Erhitzung der Milch in Sammelmolkereien 
] gejnäss § 61 der Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895. 
| Referent: Herr Kreistbierarzt Dr. Foth-Wreschen. 7. Mittheilungen 
aus der tbierärztlichen Praxis. 

Um 2'/ a Uhr findet ein Diner statt. Anmeldungen zu dem¬ 
selben erbittet Unterzeichneter bis spätestens zum 15. März er. 

Der Vorstand. Heyne. 

Verein schlesischer Thierärzte. 

Sonntag, den 27. Februar d. J., Vorm. 11 Uhr findet in Breslau, 
Antonienstr. 33 (Scepterloge) eine Versammlung mit nachstehender 
Tagesordnung statt: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Abänderung 
der Statuten (betr. Ehrenrath). 3. Die Einführung der allgemeinen 
| Fleischschau, insbesondere die Betheiligung der pract. Thierärzte an 
i derselben. Referenten: Thierarzt Siemssen, Krappitz, Kreis-Thier¬ 
arzt Graul, Oppeln. 4. Zur Reform der Stellung der Kreis-Thier- 
ärzti*. Referenten: Kreis-Thierarzt Gückel, Münsterberg und 
Dr. Marks, Ohlau. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) (Siehe auch Beilage zu dieser Nummer.) 

Senchenstatistik und Teterinärpolizei. 

Abgeordnetenhaus. I eines Gesetzentwurfes, wonach die Kosten thierärztlicher Unter- 

Es ist vom Abgeordneten Herold der Antrag eingebracht suchungen, welche auf Anordnung von Verwaltungsbehörden er- 
worden, die Staatsregierung zu ersuchen um baldige Vorlegung i folgen, auf die Staatskasse übernommen werden. 


Digitized by CjOOQie 



82 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 7. 




ScMeswi 


Köslin 


■■Ma/ienWerd^r^- V) 


lüneburs 


nabruck. 


Arnsberg 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche In Preussen 
im Januar 1898. 


—'■’T C iC^urich 


unter v 




•w ,50 


15 KW 


WO ISO 


ISO WO 


Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 
Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen u ^ Pr 200 
Gemeinden verseucht waren 


Die Verbreitung der Maul-u. Klauenseuche in Preussen. Ende Januar 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Königsberg. 

2 

2 

0,48 

Gumbinnen. 

1 

3 

0,77 

Danzig. 

5 

9 

7,14 

Marienwerder. 

14 

48 

21,22 

Stadtkreis Berlin .... 

1 

1 

— 

Potsdam. 

12 

80 

30,92 

Frankfurt. 

6 

11 

4,04 

Stettin. 

3 

6 

3,19 

Köslin. 

1 

2 

1,03 

Stralsund. 

1 

3 

3,36 

Posen. 

14 

5)3 

27,61 

Bromberg. 

12 

102 

45,84 

Breslau . . •. 

10 

82 

21,59 

Liegnitz. 

7 

16 

568 

Oppeln. 

4 

13 

4,64 

Magdeburg . 

13 

85 

59,02 

Merseburg. 

12 

54 

23,35 

Erfurt. 

1 

1 

1,70 

Schleswig. 

3 

6 

2,81 

Hannover . 

3 

5 

7,5)4 

Hildesheim. 

ü 

11 

15,15) 

Lüneburg . 

3 

3 

2,03 

Münster. 

2 

4 

14,5)2 

Minden . 

0 

4 

7,84 

Arnsberg. 

6 

8 

5),41 

Cassel. 

8 

22 . 

13,15 ‘ 

Wiesbaden. 

10 

41 

43,80 

Coblenz. 

12 

35 

33,49 

Düsseldori. 

17 

48 

111,62 

Köln. 

7 

13 

43,5)1 

Trier. 

3 

16 

14,19 

Aachen . 

7 

23 

58,97 

Sigmaringen. 

1 

1 

7,18 

Summa 

2oy 

851 

— 


Nachweisung über den Stand von Viehseuchen im Deutschen Reich 
am 31. Januar 1898 

Es waren am 31. Januar in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Kotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). Stadtkreis Berlin 1 (1). R.-B. 
Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (5). R.-B. 
Lieguitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Magdeburg 1 (1). 
R.-B. Hannover 1 (1). R.-B. Hildesheim 1 (2). R.-B. Trier 1 (1). 
Bayern: R. - B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 2 (2). 
R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 ( 1 ). 
Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). 
Sachsen-Weimar: 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Elsass- 
Lotli rin gen: Bez. Ilnter-Elsess 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 21 (95). R.-B. Niederbayern 4(6). 
R.-B.Pfalz 12(53). R.-B. Oberpfalz 10(10) R.-B. Oberfranken 12 (21). 
R.-B. Mittelfranken 15 (59). R.-B. Unterfranken 15 (31). R.-B. 
Schwaben 19 (92). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 4 (4). 
Kreishauptm. Dresden 6 (10). Kreishauptm. Leipzig 5 (12). 
Kreishauptm. Zwickau 7 (10). Württemberg: Neckarkreis 
15 (88). Schwarzwaldkreis 10 (23). Jagstkreis 12 (67). Donau¬ 
kreis 13 (52). Baden: Landescomm. Constanz 2 (9). Landes- 
cornm Freiburg8(14). Landescomm.Karlsruhe 7 (19). Landescomm. 
Mannheim 8(16). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (20). Provinz 
Oborhessen 4 (5). Provinz Rheinhessen 4 (15). Mecklenburg- 
Schwerin: 3 (13). Sachsen-Weimar: 5 (20). Mecklenburg- 
Strelitz: 1 (1). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (5). Fürsten¬ 
thum Birkenfeld 1 (1). Brauuschweig: 4 (25). Sachsen- 
Meiningen: 4 (7). Sachsen-Altenburg: 2 (6). Sachsen- 
Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (4). Herzogth. Gotha 
4 (11). Anhalt: 5 (40). Schwarzburg-Sondershausen: 3(5). 
Schwarzburg-Rudolstadt: 4 (6). Waldeck: 1 (1). Reuss a. L.: 


Digitized by 


Google 






































17. Februar 18Ü8. 


BERLINER THIERÄRZfLICHE WOCHENSCHRIFT. 


83 


l (3). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass 
7 (11). Bez. Ober-Elsass 6 (63). Bez. Lothringen 3 (7). 

C. von Lungensenche: 

Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. 
Magdeburg 3 (10). R.-B. Merseburg 1 (1). 

Institut für Tollwuthimpfung. 

Bei dem Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin soll 
bekanntlich auch eine Abtheilung für Tollwuthimpfung errichtet 
werden. Auch in der zweiten Kammer des sächsischen Land¬ 
tages ist in Form einer Interpellation die Frage aufgeworfen 
worden, ob nicht bei der Dresdener thierärztlichen Hochschule 
oder in Verbindung mit einer anderen Heilanstalt ein Institut 
für Tollwuthimpfung etc. eingerichtet werden solle. 

Ergebnisse der Tuberculin-Impfungen in den Seequarantlneanstalten. 

Im HI. Quartal 1897 wurden in den Seequarantäneanstalten 
zu Kiel, Altona-Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Warnemünde- 
Rostock, Lübeck und Hamburg eingeführt 14 687 dänische und 
1 499 schwedische Rinder, von denen der Tuberculinprobe unter¬ 
worfen wurden 15 861 Stück. Von diesen wurden durch die 
Reaction verdächtig 5 664 = 35,7 pCt. Davon wurden nach dem 
Abschlachten als tuberculös befunden durchschnittlich 90 pCt. 


Gerichtsentscheidungen in Gebfihrensachen. 

I. Fuhrkostenent8chädigung für Verrichtungen am Orte. 

In der Aerztl. Sachverständigen-Ztg. wird folgende, das Gesetz 
für Mediciqalbeamte betreffende, aber speciell in Sachen eines 
Kreistbierarztes erlassene Entscheidung des Reichsgerichts vom 
3. Juni 1897 mitgetheilt. 

Der Kreisthierarzt zu K. in Westpreussen hatte für die 
Untersuchung der Pferde von Hausirern, Pferdehändlern und Fuhr¬ 
leuten sowie die Besichtigung der Gastställe und Schweinetrans¬ 
portwagen eine Liquidation der ihm seiner Ansicht nach hierfür 
zustehenden sogenannten Fubrkostenentschädigungen von 1,50 M. 
für die Dienstverrichtung mit 415,50 M. im dritten Quartal 1894 
eingereicht. Diese Liquidation war von der zuständigen Behörde 
auf 88,50 M. herabgesetzt worden, und er wurde wegen der raehr- 
geforderten 327 M. gegen den Fiscus klagbar. Die Klage wurde 
in zwei Instanzen abgewiesen, das Reichsgericht hat jedoch auf 
die Revision des Klägers das Berufungsurtheil aufgehoben und 
die Sache zur anderweiten Verhandlung und zur Entscheidung 
an die Instanz zurückgewiesen. Aus den Gründen ist Folgendes 
anzuführen: 

Für die Entscheidung ist die Frage massgebend, was das 
Gesetz in dem bekannten § 1 Abs. 1 unter „jeder einzelnen 
Amtsverrichtung“ versteht. Der Kläger behauptet, er habe die 
1,50 M. zu fordern für jede Untersuchung eines Gespannes oder 
eines einzelnen Pferdes, eines einzelnen Stalles oder Schweine¬ 
transportwagens. Der beklagte Fiscus hat geltend gemacht, dass 
die Entschädigung von 1,50 M. der Regel nach täglich nur ein¬ 
mal in Ansatz gebracht werden könne, indem das Gesetz nicht 
einzelne Untersuchungshandlungen, sondern die Gesammtheit der 
an einem Tage vorgenommenen gleichartigen Handlungen im 
Auge habe. Eine mehrfache Inrechnungstellung sei nur dann 
zulässig, wenn es sich um verschiedenartige Amtsverrichtungen 
handelt, z. B. um die Untersuchung von Pferden und anderer¬ 
seits die Revision von Viehwagen, oder aber, wenn die Amts¬ 
handlungen, z. B. Revision der Gastställe, eine längere Zeit in 
Anspruch nehmen und thatsachlich höhere Fuhrkosten als 1,50 M. 
entstanden seien. Hiernach ist die Liquidation festgesetzt 
worden. 


Der erste Richter hat folgenden Standpunkt eingenommen: 
Wenn auch das Gesetz die Vergütung als eine Entschädigung 
für Fuhrkosten bezeichnet, so ist dadurch allerdings nicht aus¬ 
geschlossen, jede Art der Amtsverriehtung als eine gesonderte 
einzelne Amtsverrichtung anzusehen, da bei jeder Art eine ver¬ 
schiedene Beurtheilung eintrete. Dagegen liege eine einheitliche 
Thätigkeit vor, wenn der Thierarzt z. B. gelegentlich eines 
Marktes alle Pferde sowie die etwa aufgefahrenen Fuhrwerke etc. 
untersuche. Die Einheitlichkeit der Absicht, wesentlich gleich¬ 
artige Untersuchungen auf einem Wege zu erledigen, führe eben¬ 
falls zu der Annahme, dass eine solche Reihe von Amtshand¬ 
lungen zusammen eine Dienstverrichtung ausmachen, wenn auch 
die einzelnen Untersuchungsstellen nicht unmittelbar neben ein¬ 
ander lägen. 

Der Berufungsrichter hat, wesentlich gestützt auf die Ent¬ 
stehungsgeschichte des Gesetzes, angenommen, es handle sich 
bei den „Einzel-Amtsverrichtungen“ nur um solche Geschäfte, 
bei denen die Benutzung eines Fuhrwerkes überhaupt in Frage 
kommen könne bezw. angemessen erscheine, gleichgiltig allerdings, 
ob die Benutzung thatsächlich stattgefunden hat. Ein Thierarzt, 
vor dessen Wohnung sich daher verschiedene Fuhrleute mit ihren 
Pferden zur Untersuchung einfänden, könne daher unbedingt keine 
Fuhrkosten liquidiren. Der Berufungsrichter hat daher zur Be¬ 
gründung der Klage den Nachweis für erforderlich erachtet, dass 
für jede einzeln liqnidirte Amtsverrichtung die Annahme eines 
Fuhrwerkes angemessen gewesen wäre, und bat die Klage eben¬ 
falls abgewiesen, da der Kläger diesen Nachweis nicht zu führen 
vermochte. Das Reichsgericht selbst hat Folgendes ausgeführt: 

Der Einwand der Revision des Klägers, dass dio Vergütung 
von 1,50 M. auch eine Entschädigung für die Amtsverrichtung 
selbst sei, ist nicht berechtigt; denn ihm steht der Wortlaut des 
Gesetzes entgegen. Die Unrichtigkeit ergiebt sich auch aus der 
Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes. Der Gesetzent¬ 
wurf enthielt eine Bewilligung für Fuhrkosten überhaupt nicht, 
da dieser Entwurf davon ausging, dass die Medicinalbeamten 
für die Verrichtung am Wohnorte durch ihr Gehalt entschädigt 
seien. Die Commission des Abgeordnetenhauses erst fügte die 
Entschädigung von 1,50 M. ein und in dem Commissionsbericht 
heisst es: „Den Medicinalbeamten würden durch den Gesetz¬ 
entwurf an ihrem Wohnorte Dienstpflichten auferlegt, die mit 
dem geringen Gehalt in keinem billigen Verhältnis ständen; 
denn die Beamten seien verpflichtet, zu jeder Zeit und bei jeder 
Witterung ihre Dienste zu leisten, und würden namentlich in 
grösseren Städten bezw. bei mangelhaften Communicationsmitteln 
auf dem Lande sich eines Fuhrwerks bedienen müssen, wofür 
ihnen eine Entschädigung zuzubilligen sei, die entweder in einer 
Steigerung des Gehalts oder in Gewährung einer Pauschalsumme 
oder endlich in einer Taxe für jede Amtsverriehtung gegeben 
werden könne. Die Commission habe die Fixirung einer Fuhr- 
kostenentschädigung von 15 Silbergroschen für jede Amtsverrichtung 
gewährt Der Satz sei eine mässig gegriffene Durchschnitts¬ 
summe, und ob die Fuhrkosten wirklich aufgewaudt seien oder 
nicht, könne nicht in Betracht kommen.“ Das Herrenhaus verwarf 
den Gesetzentwurf im Ganzen und der in der folgenden Legislatur¬ 
periode dem Landtage vorgelegte Entwurf enthielt jene Com- 
misBionsbestimmung, die auch im Herrenhaus befürwortet worden 
war. Aus diesen Verhandlungen ist mit Sicherheit zu ent¬ 
nehmen, dasB den Medicinalbeamten nicht für die amtlichen Hand¬ 
lungen selbst neben ihrem Gehalte noch eine Gebühr bewilligt 
werden sollte, sondern dass das Gesetz bezweckt habe, ihnen 
wegen der Unkosten und Auslagen, die ihnen infolge der Be¬ 
nutzung von Fuhrwerken entstehen, Entschädigung zu gewähren. 
Muss man aber hiervon ausgehen, so muss auch die Annahme 


Digitized by CjOOQie 



84 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


der Klage, dass das Gesetz unterschiedslos jeden einzelnen Act , 
der Thätigkeit im Ange gehabt habe, ausgeschlossen erscheinen. 
Der Annahme steht eben entgegen, dasB der Vergütung aus¬ 
drücklich die Eigenschaft einer Fuhrkostenentschädigung bei¬ 
gelegt worden ist. Im Sinne des Gesetzes darf also die Ver¬ 
gütung nur in solchen Fällen gefordert werden, in welchen die 
objective Möglichkeit zur Benutzung eines Fuhrwerkes be¬ 
standen hat. Der Ausdruck des Gesetzes „bei jeder einzelnen 
Amtsverrichtung“ ist daher einschränkend in dem Sinne zu ver¬ 
stehen: bei jeder einzelnen solchen Amtsverrichtung, bei deren 
Vornahme es sich um die Benutzung eines Fahrwerkes hätte 
handeln können. Ob diese Voraussetzung eintrifft, wird in jedem 
Fall nach billigem Ermessen zu beurtheilen sein. Hierbei werden 
im Allgemeinen die localen Verhältnisse und es wird namentlich 
die Entfernung in Betracht kommen zwischen der Stelle des 
Wohnortes des Beamten und der Stelle, an welcher die Amts- 
Verrichtung vorzunehmen war. Lässt eine solche Beurtheilung 
die Benutzung eines Fuhrwerks angängig erscheinen (gleich- | 
gültig, ob sie stattgefnnden hat oder nicht), so hat der Be- | 
amte die Fuhrkostenentschädigung zu fordern, und zwar J 
bei jeder einzelnen Amtsverrichtung, so dass die Mög- ; 
lichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Entschädigung ' 


No 7. 

dem Beamten an einem Tage mehrmals zu gewähren ist. 
Andererseits ist dagegen für den Anspruch auf die Fuhrkosten- 
vergütung der Umfang der an derselben Stelle vor¬ 
genommenen Verrichtung unerheblich, ob also ein Pferd oder 
mehrere Pferde oder die Pferde eines oder mehrerer Besitzer 
untersucht sind. Dasselbe gilt von der Art der Amtsverrichtung, 
ob z. B. Pferde untersucht und gleichzeitig Ställe revidirt sind. 
Endlich kann auch die Länge der Zeit, die die Thätigkeit er¬ 
forderte, nicht in Betracht kommen, weil, wie sich ans den an¬ 
geführten Gründen ergiebt, die Vergütung keine Entschädigung 
für die Verrichtung selbst darstellt. Dass der Fuhrkostenanspruch 
nicht durch die thatsächlich erfolgte Benutzung eines Fuhrwerks 
und die Aufwendung von Fuhrkosten bedingt ist, unterliegt 
keinem Bedenken und wird auch von dem beklagten Fiscus nicht 
in Abrede gestellt. Dem Berufungsrichter ist also darin bei¬ 
zutreten, dass es zur Begründung des Klageanspruchs der Dar¬ 
legung bedürfe, dass bezügl. jedes einzelnen Liquidats an Fuhr¬ 
kosten die Voraussetzungen des Gesetzes im vorbezeichneten 
Sinne vorliegen. Die angefochtene Entscheidung des Berufungs¬ 
richters entbehrt insofern einer ausreichenden Begründung, als 
die Klage abgewiesen ist, weil es an einer solchen Darlegung 
fehle etc. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten definitiv die Thierärzte J. M ein m e n 
zu Hettstedt für den Mansfelder Gebirgskreis, W. Diercks zu 
Plön für den Kreis Plön. — Thierarzt Dr. G. Hubs, bisher 
Assistent an der Thierärztlichen Hochschule in .München, zum 
Distrikts-Thierarzt in'Markt-Erlbach (Mittelfranken). 

Eb sind gewählt worden: Schlachthofthierarzt A. Knüppel- 
Aachen zum Schlnchthofthierarzt in Köln, [Schlachthofthierarzt 
Reimers-Celle zum Schlachtliofdirector in Haile. 

Approbationen : B e r 1 i n : die Herren Carl Fuchs, Carl Harm, 
Georg Kolbe, Wilhelm Stimming. Hannover: die Herren Ebe- 
ling, Alting, Block, Schulz. 

Wohnsitzverändeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
K iss uth-Lissa i. P. nach Guhrau (Bez. Breslau). 

Yacanzen. 

Kreisthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis 
10. März an Regierungs'-Präs, in Minden. — R.-B. Schleswig: 
Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs, 
in Schleswig. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarzt¬ 
stelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 
— R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitfitsthlerarztstellon :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie Wohnung, 
Heizung und Gartenbenutzung). Bew. bis 18. Febr. an Magistrat. — 
Beuthen:2. Schlacnthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld432M.) Bow. 
an Magistrat. — E1 bj n g: Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis 
gestattet). Bew. an Magistrat.— Filehne: Schlachthofinspector zum 

1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat.— Ibbenbüren: Schlacht¬ 
hausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M. und freie Wohnung). Bew. an 
den Amtmann. — Finsterwalde: Schlachthofdirector(1500M., freie 
Wohnung und Heizung. Privatpraxis'im Stadtbezirk gestattet) Bew. bis 
15. Febr. an Magistrat. — Schmalkalden: Schlachthofinspector 
(1800—2100 M., freie Wohnung, Heizung,Beleuchtung. Nebeneinnahmen 
ca. 300 M. Privatpraxis gestattet). Bew. an Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Coblenz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898 
(8500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Kassel: 

2. Thierarzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbllrger- 

VerantwortllcU (Ur den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schinaltz in Berlin. — Vc 


1 meister. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April 
(2400—3900 M., freie Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat. — 
Sagan: Schlachthofverwalter zum 1. April (1800—2400 M., freie 
| Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat — Schlawe (Pommern): 
Schlachthof - Inspector zum 1. April 1898 (2100 biB 2700 M., freie 
Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.)r Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann, 
i — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 

(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt 
j — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Püschen: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amts Vorsteher. 

— Schwarzenau: (800 M.fÜr Fleischschau). Näheres Magistrat. 
I —Wa 1 db r ö 1: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 

gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-ßoitzenburg. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
i (Schlachthof). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 

(Elbe). 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen Halle, Köln. 


Notizen. 

Herr Thierarzt Hecker-Ermslebeu bedarf zur Fortsetzung 
seiner Arbeiten über Maul- und Klauenseuche dringend noch 
frischer Lymphe. Wir bitten die Herren Collegen, welche hierzu 
die Möglichkeit haben, ihn in seinem Bemühen zu unterstützen 
und ihm frisches Material (gegen Erstattung aller Unkosten) zu¬ 
zusenden. Die Redaction. 

Hat einer der Herren Collegen mit dem im neuesten Catalog 
der Firma H. Hauptner-Berlin beschriebenen „Apparat zum Nieder¬ 
legen grosser Thiere nach Toepp“ Erfahrungen gesammelt und 
kann derselbe für die Praxis empfohlen worden ? Ich kann 
anhaltendes Niederknieen bei Gelegenheit grösserer Operationen 
nicht vertragen und muss mich daher nach einem geeigneten 
Operationstisch umsehen. Für gütige Mittheilungen wäre sehr 
dankbar: 

O. Möller, Herzogi. Amtsthierarzt. Sonneberg in S. Meiningen. 

ac und Eiarenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von W. Büxenatein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 




Dl« „Berliner TbierftrsUlche Wochenschrift“ eraebelnt 
wöchentlich ln Stirke ron mindeetena 1% Bogen. DIeielbe 
lat au belieben durch den Buchhandel, die Poat (No. 1031) 
oder durch die Verlagabucbhandlung von Rlcbara 
Schoetx, Berlin NW., Luiaenstraaae 36, xum Preite von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlginalbeltrftge werden mit 50 Hk. fOr den Bogen honorlrt 
Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaeiionellen An¬ 
fragen beliebe man xu aenden an Prof. I>r. Schmaltx, 
Berlin, thierkrxtliche Hocbacbule, NW., l.uiaenatraaae 56. 
Correcturen, Recenaiona-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagabuchbandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 8. Ausgegeben am 24. Februar. 


Inhalt: Meyerstraue : Ein Fall von Schweif - Mastdarm-Blasenlähmung mit später hinzu tretender Facialis- 
lähmung beim Pferde. — Delvos: Senkung des Hufbeines. — Jaokschath: Fund eines arabischen Huf¬ 
eisens in Westpreussen. - Referate: F r i c k: Locale Anästhesie in der Thierheilkundc. — Fröhner: Behandlung des 
Hufkrebses mit Formaldehyd. — Cadöac und Mo rot: Tuberculose des Pferdes. — Baum: lieber die Giftigkeit des Alcoliols 
bei rectaler Injcction. Sanfeljce, Loi und M a 1 a t o: Die Barbonekrankhcit der Rinder und Schweine in Sicilien. — V e n n er¬ 
hol m: Peripherische Facialisparese nebst nasalein Asthma. — V e n n e r h o 1 m : Luft in den Venen. Tod. — Munk: Zur 
Lehre von der Schilddrüse. — H a u b o 1 d: Die Autointoxicationen. — T r i e p o 1: Ueber Zellbrücken in der glatten Muskulatur. — 
Botryomycose beim Menschen. — Hypertrophie der Oberkieferhöhle. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tages- 
geschichte: Bericht über die 52. Versammlung des Vereins Thüringer Thierärzte, abgehalten am 28. November 1897 zu Erfurt 
im Hotel „Weisses Ross“. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehveikehr. — 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Ein Fall von Schweif-Mastdarm-Blasenlähmung mit 
später hinzutretender Facialislähmung beim Pferde. 

Von 

Meyerstrasse-Othfresen, 

Thlcrarxt. 

Ira Jannar dieses Jahres wurde ich von dem Domänen¬ 
pächter H. za L. zur Behandlung eines Pferdes aufgefordert, 
welches angeblich seit ca. 5 Tagen Kolikerscheinungen zeige, 
dabei nicht regelmässig den Urin entleeren köm.e, aber noch 
etwas Koth abgesetzt habe. 

Bei meiner Untersuchung konnte ich an dem 4jährigen, gut 
genährten Rothschimmelwallach belgischer Abstammung Folgendes 
constatiren: 

Das Allgemeinbefinden des Patienten war getrübt, der 
Appetit derart gestört, dass nur ab und zu etwas Hafer und 
Häcksel langsam gekaut und verzehrt wurde. Das Thier sah 
sich öfter nach dem Hinterleibe um und nahm dabei eine 
gestreckte Stellung au. Der Penis hing andauernd aus dem 
Schlauche herab und unter starkem Drängen wurde in Zwischen¬ 
zeiten von 5 bis 10 Minuten eioe grössere Menge klaren, 
wässrigen Urins entleert. Ab und zu legte sich das Thier unter 
Stöhnen nieder und blieb längere Zeit auf der Streu mit aus¬ 
gestreckten Beinen liegen. Der Hinterleib war etwas aufgetrieben. 
Die Darmgeräusche vollständig unterdrückt. Die Mastdarm- 
temperatnr betrog 37,8° C., die Zahl der Pulse 36 pro Minute. 
Der Puls war regelmässig und äqual, die Athmung normal. 
Bei der manuellen Untersuchung des Mastdarmes konnte ich eine 
Erweiterung des Beckentheiles desselben constatiren. Die ziemlich 
grosse Höhle war mit Kothballen vollgestopft. Nach der Ent¬ 
fernung der angehäuften Kothmasseu und Irrigation mit kaltem 
Brunnenwasser blieb die Erweiterung bestehen. Der Patient 
bekam zur Anregung der Peristaltik eine Pille aus Aloö 50,0 und 
Natr. sulf. 400,0. Dazu drei mal täglich Ciystiere von lauwarmem 
Seifenwasser. Am folgenden Tage war der Zustand derselbe 
geblieben. Kothentleerung hatte nicht stattgefunden. Der After 
war beim Liegen des Thieres kugelförmig vorgedräugt und stand 
offen, so dass Kothballen sichtbar waren. Wiederum war der 
hintere Theil wie am Tage vorher mit einer Menge mässig festen 
Kothes angefüllt. Beim Eingehen mit der Hand in den Mastdarm 
war auffällig, dass der Sphincter ani der eindringenden Hand 


nicht den geringsten Widerstand entgegensetzte. Auch der 
Schweif Hess sich mit Leichtigkeit hochheben. Die Harnblase 
war leer. Bei der weiteren localen Untersuchung zeigte sich 
auch die Empfindlichkeit in der Umgebung des Afters und der 
Haut der Schweifrübe vollständig erloschen. Ich konnte mit der 
Nadel tiefe Einstiche in die Haut der Schweifrübe und des Afters 
sowie dessen Umgebung — etwa handbreit um den After herum 
— machen, ohne dass das Thier im geringsten darauf reagirte. 

Bei der Bewegung zeigte der Patient einen schwankenden 
Gang, besonders auf der Hinterhand, wobei öfter beim Führen 
des Pferdes in gerader Richtung die Hinterbeine gekreuzt wurden. 
Nur mit Mühe konnte das Thier auf dem gepflasterten Stallgange 
durch seitliche Unterstützung wieder in den Stand zurückgeführt 
werden. Bei der Bewegung hing der coupirte und früher gut 
getragene Schweif schlaff herunter (Hammelschwanz), liess sich 
leicht hin-und herschwenken und nach jeder Richtung hin drehen, 
ohne diesen Manipulationen den geringsten Widerstand entgegen- 
zusetzen. Im weiteren Verlaufe der Krankheit stellte sich eine 
ausserordentliche Schwäche ein. Das Pferd war nicht im Stande, 
längere Zeit an derselben Stelle zu stehen, sondern wechselte oft 
unter schwankender Bewegung seine Stellung, dagegen konnte 
es stets bis zum tödtlicben Ausgange der Kraukheit ohne 
besondere Anstrengung aufstehen. Von nun ab lag das Thier 
auch die meiste Zeit, entweder in richtiger Lage auf dem Brust¬ 
beine oder lang ausgestreckt am Boden. 

Auf Grund der angeführten Erscheinungen konnte es nicht 
zweifelhaft sein, dass es sich im vorliegenden Falle um eine 
Schweif-Mastdarmlähmung handelte, wozu sich nach einigen Tagen 
eine Blasenlähmung gesellte, die dadurch offensichtlich wurde, 
dass der Urin zuweilen während des Stehens aus der Harnröhre 
abtropfte oder in schwachem Strahle abfloss, wenn das Pferd, 
zum Aufstehen gebracht, sich reckte — den Rücken einbog und 
einen Hinterfuss weit nach hinten streckte. Der entleerte 
Urin war in der Regel blass, wasserhell, seltener hellgelb 
gefärbt. Das specißsche Gewicht desselben betrag 1,008, war 
frei von Eiweiss und Schleim und arm an Kohlensäure¬ 
verbindungen. 

Der Appetit blieb während der ganzen Krankheitsdauer ein 
guter, abgesehen vom ersten Krankheitstage. Es wurde zur Er¬ 
haltung der Kräfte sehr nährstoffreiches Futter wie Vollmilch, 


Digitized by 


Google 







86 

gesunder Hafer, Weizenkleie, gut eingeerntetes Kleelieu etc. zur 
beliebigen Aufnahme gereicht. Trotz dieser kräftigen Ernährung 
wurde das Thier immer hinfälliger. Etwa zehn Tage nach meiner 
ersten Untersuchung stellte sich nun aucli eine rechtsseitige 
Facialislähmung ein. Das rechte Ohr und obere Augenlid hingen 
schlaff herunter. Die Oberlippe sowie die herabhängende Unter¬ 
lippe waren nach der linken Seite hinübergezogen, wodurch die 
Futteranfnahme erschwert wurde. 

Die längere Zeit hindurch fortgesetzten Injectionen von 
Strych. nitric. Lösung in die Umgebung des Afters sowie das 
später von Herrn Professor Esser vorgeschlagene Brennen von 
Punkten und Strichen entlang der Wirbelsäule mit nachfolgender 
mehrmaliger Einreibung einer scharfen Salbe waren leider nicht 
im Stande, den letalen Ausgang der Krankheit zu verhindern. 
Das Thier verendete plötzlich nach nicht ganz dreiwöchiger 
offensichtlicher Krankheitsdauer, zu einer Zeit, wo die Facialis¬ 
lähmung auch eine linksseitige zu werden schien. (Schlaffes 
Herabhängen auch des linken oberen Augenlides.) 

Besonderer Umstände halber konnte die Section des Cadavers 
leider erBt am 3. bezw. 4. Tage nach dem Tode des Thieres aus¬ 
geführt werden. Durch die ziemlich warme Temperatur war die 
Fäulniss an dem Cadaver bereits so stark vorgeschritten, dass 
insbesondere an dem freigelegten Rückenmarke keine patho¬ 
logischen Veränderungen zu constatiren waren. Von den hier in 
Betracht kommenden Organen kann ich nur Folgendes anführen. 

Die Harnblase war vollständig leer. Dennoch liess sich 
erkennen, dass dieselbe vergrössert war. Der Urin soll nach 
Aussage des Verwalters beim Auf laden des Cadavers in grosser 
Menge abgeflossen sein. Die Blasenmusculatur war verdickt. 
Die Blasenschleimkaut wurde von einer dünnen Schicht einer 
lehmfarbigen, klebrigen Masse bedeckt, die sich leicht mit dem 
Messer entfernen liess. Eine gleiche Masse haftete der Schleim¬ 
haut der Harnröhre an. 

Die Nieren waren von einer ziemlich starken Fettschicht 
umgeben. Die capsula fibrosa liess sich ohne besondere Mühe 
von den Nieren abziehen. Die Nieren waren etwas vergrössert, 
ihre Gestalt nicht verändert, rothbraun, von weicherer Cousistenz 
als normal, dabei in geringem Grade knisternd — Fäulniss- 
erscheinung. Die Oberfläche der Nieren war glatt und eben. 
Die Schnittfläche liess die normale Einrichtung erkennen, soweit 
dieselbe nicht durch die Fäulniss verändert war. Insbesondere 
liess sich keine Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes 
wahrnehmen. Die Schleimhaut des Nierenbeckens war mit einer 
geringen Menge einer schleimigen Masse bedeckt, nach deren Ent¬ 
fernung die Schleimhaut grauweiss erschien. 

Der After stand offen. Der Mastdarm war in seinem Becken- 
theil erweitert, aber leer — der Koth war kurze Zeit vor dem 
Eintritt des Todes entleert worden. Die Schleimhaut Bah 
dunkelroth aus, die Gefässe waren injicirt. 

Es liess sich mit Bestimmtheit du ich die Section eine 
grössere Verletzung im Bereiche des Beckens sowie der Wirbel¬ 
säule ausBckliessen. Auch war nirgends ein Eiterheerd zu 
constatiren. 

Im vorliegenden Falle hatte der Krankheitsprocess langsam 
die beschriebene Höhe erreicht. Denn der . mit der Führung des 
Pferdes betraute Knecht erklärte mir auf meine Frage, ob ihm 
früher niemals etwas Krankhaftes an dem Thiere aufgefallen sei, 
dass er seit mehreren Wochen den Schwanzriemen habe sehr 
leicht anlegen können, während dies in der ersten Zeit nach 
dem Kaufe ziemlich schwierig gewesen sei. Auch hätte sich das 
Pferd kurz vor Ausbruch der Krankheit ausserordentlich empfind¬ 
lich gezeigt auf dem Rücken, sobald er dasselbe habe reiten 
wollen, während das Thier sich früher ruhig habe reiten lassen. 


No. 8. 

Ueber die Ursache der Lähmung war im vorliegenden Falle 
nichts zu ermitteln. Nach Aussage des Knechtes ist das Thier 
nicht gestürzt und hat sich auch sonst keine Verletzung zu¬ 
gezogen gehabt. Ich will aber nicht unerwähnt lassen, dass das 
fragliche Pferd im Frühjahr 1897 — Mai — wie auch die übrigen 
Pferde derselben Stallung an der Leume (Darmseuche) leicht- 
gradig erkrankt gewesen ist. Im letzten Sommer haben dann 
sämmtliche Pferde, besonders stark und lange Zeit hindurch aber 
die frisch angekauften — wozu auch das hier in Frage kommende 
Thier gehörte —, an Diabetes insipidus gelitten. Auch während 
der ganzen Dauer der oben beschriebenen Krankheit hat das hier 
fragliche Pferd an der Harnruhr gelitten. Der reichlich ent¬ 
leerte, wasserhelle, spec. leichte (spcc. Gewicht 1,008) und eiweiss¬ 
freie Urin lässt keinen Zweifel darüber aufkommen. Auch kann 
hier eine chronische interstitielle Nephritis, bei welcher auch ver- 
m°hrte Urinsecretion und specifisch leichter Urin beobachtet wird, 
durch das Fehlen der Albuminurie sowie durch das Sections- 
ergebniss mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden. 

Ob aber die beschriebene Nervenlähmung im vorliegenden 
Falle in irgend welchem ursächlichen Zusammenhänge stand mit 
der durch Pilzvergiftung bedingten Polyurie, lässt sich nicht er¬ 
weisen. Auffallend ist allerdings die Tliatsache. dass von den 
übrigen Pferden, welche ein nach Quantität und Qualität gleich- 
wertbiges Futter erhalten haben, keins an Diabetes insipidus in 
den letzten Monaten gelitten hat bezw. augenblicklich daran 
leidet. 

Bezüglich der Behandlung des Patienten ist zn erwähnen, 
dass ich fast sämmtliche gegen die fragliche Lähmung vor¬ 
geschlagenen Mittel gebraucht habe, ohne jeglichen günstigen 
Erfolg. Innerlich wurden zur Erleichterung der Defäcation 
Mittel verabreicht. Täglich wurde der Koth mehrere Male 
aus dem Mastdarm vorsichtig mit der Hand entfernt und darauf 
Clystiere von kaltem Brunnenwasser, in welchem Adstringentien 
aufgelöst waren, gemacht. Zunächst wnr>le dann der Hinterleib 
sowie die Haut entlang der Wirbelsäule mit Ol. Terebinthinae 
besprengt und Priessnitz’sche Umschläge gemacht. Sodann in- 
jicirte ich täglich Strychninlösung in die Umgebung des Afters. 
Zuletzt wurden dann noch die schärfsten Hautreize, nämlich: 
Brennen mit nachfolgender Einreibung einer scharfen Salbe, leider 
ebenfalls ohne Erfolg, versucht. 

Senkung des Hufbeines. 

Von 

De Ivos-Gladbach, 

Tliierarzt. 

In einer früheren Mittheilnng war das Abtrenuen der Horn¬ 
wand in den Abschnitten dargestellt. 

Die Umstände veranlassten mich, das Verfahren zu verkürzen. 
Im Nachstehenden mache ich einige Fälle bekannt, die ein be¬ 
sonderes Interesse boten. 

Ein Wallach des Herrn Böttcher zn Corschenbroich hatte 
lose Wand bis zur Trachte und Krone hin. Die Sohle war so 
weit vorgewölbt, dass kein Eisen an dem Fusse angebracht werden 
konnte. Es blieb dem Besitzer nur die Wahl, schlachten oder 
operiren. 

Die ganze Wand an der Krone wurde sorgfältig, wie früher 
angegeben, abgetrennt. Die gewucherte Fleischwand verdünnt, 
dass kein Hinderniss dem herabwachsenden Kronenhorn durch 
Aufbiegen der neuen Hornwand entgegen war. Das Pferd arbeitete 
ohneEisen. Nach drei Wochen war die vorgewölbte Sohle flach und 
nach sechs Wochen bereits nach oben gewölbt. Das Hufbein 
hatte seine normale Lage eingenommen und wurde nur zeitweise 
das von der Fleischwand producirte Horn abgetragen. Es ist 


BERLINER THIERAIiZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by UjOOQie 



24. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


87 


nämlich wichtig, dieser Hornproduction besondere Aufmerksamkeit 
zu widmen. Diese Fleischwand-Prodncte verlegen die Richtung 
des Kronenhornes. Sie verhindern eine feste Verbindung des 
Kronen- und Fleischwandhornes. Die Masse der weissen Linie 
bleibt grösser als in normalem Zustande und ist besonders 
hinderlich dann, wenn das Kronenhorn bis zur Tiefe des Sohlen¬ 
kornes gewachsen ist. Sobald das Hnfbein in richtiger Lago ist, 
wird alle 14 Tage von dem betr. Schmied das Fleischwand- 
product verdünnt. Genanntes Pferd wird zu schwerem Lastfuhr¬ 
werk benutzt und ist der operirte Fuss besser als der andere. 

Eiu Rothschiramelhengst in einem Bestände hiesiger Gegend 
kam aus Belgien mit beiderseitigen Rehhufen. Die Operation 
wurde an beiden Hufen gleichzeitig vorgenommen, und zwar über 
die Hälfte des Wandhorues bis zur Bandverbindung des Huf¬ 
kronenbeins abgetragen. Drei Tage nach der Einreibung mit 
Cantharidensalbe resp. Operation trat Eiter an der Verbindung 
der abgetrennten Hornrinne in einzelnen Abständen auf. Die 
Schmerzen der Pferde waren sehr stark und konnten die Pferde 
nur mit Mühe und vorgestellten Vorderbeinen stehen, die Hinter¬ 
schenkel übernahmen die ganze Körperlast. Dieser schmerzhafte 
Zustand dauerte 14 Tage. Das Pferd blieb in einer Boxe mit 
reichlicher Torfmullunterläge. Das Aufstehen ging bequem und 
war der Effect an der Sohle ein grossartiger. Die Sohle hatte 
eine normale Lage. 

Die Eiterbildung war durch die Losreissung der Hufbein¬ 
fleischwand von der Sohlen wand entstanden, und hatte der Eiter 
den Ausweg gesucht, wo der geringste Widerstand in der 
Richtung der Hufbeinblättchenschicht war. 

Die Lostrennung von FleBchsohle und Fleischwand markirte 
sich an der verdünnten Sohle durch eine Rinne von einem t'enti- 
meter Breite mit übelriechender fauler Hornmasse gefüllt. 

Drei Wochen nachher habe ich die ganze Wand abgetragen 
und zeitweise die Prodncte der Fleischwand un'erhalb des neuen 
Kronenhornes verdünnt. 

Beide Fiisse sind sehr schön ansgeheilt und sehr zur Zu¬ 
friedenheit seitens eines deutschen Hippologen beuitheilt worden. 
Dieser Hengst liefert in seinen Nachkommen die besten Füsse 
und gleichzeitig einen Beitrag, dass rehkranke Füsse nicht 
erblich sind. 

Unsere Provinz hat einen grossartigen Beschäler, der 
wenig gekostet hat. Wie viele Besitzer könnten sich für billiges 
Geld ein ausgezeichnetes Znchtmaterial in den Städten erwerben, 
wenn die Züchter dem Thierarzte mit Vertrauen entgegenkämen. 
Die Pferdezucht kann aber nicht gedeihen, wenn die Thierärzte 
wie bisher ausgeschlossen bleiben und gewisse Leute sich Urtheile 
über einen Stand erlauben, von dessen heutigem Stande der Aus¬ 
bildung dieselben keine Ahnung haben. 

Bemerken muss ich hier, dass zur Ankörung der Hengste ein 
Thierarzt zugezogen werden muss. Hier im Rheinland werden 
Hengste von der Gestütverwaltung wegen Rohrens verworfen, und 
die Provinzial-GrÖssen stellen das Patent zum Decken ans. Wenn 
ein Hengst mit zwei Jahren, ohne erkrankt gewesen zu sein, im 
höchsten Grade rohrt, so ist Vererbung anzunehraen; in der 
Nachzucht finden sich 50 pCt. Rohrer. 

Doch zur Sache, und ich bitte um Verzeihung, wenn ich von 
dem Thema abweiche und ein Institut kritisire, zu dem die 
Provinzial-Regierung den Segen gegeben hat. 

Die Senkung des Huf beines tritt nicht selten nach Kreuzlahme 
an den Hinterfüssen und bei Belastung des einen Fusses bei 
Nageltritt auf. Die Veränderung des Hufes ist gleich bei Reh¬ 
hufen. 

Ein Ackerer W. zu W. hatte ein Pferd mit. deformirtem 
rechten Hinterhufe. Die Wand war lose bis zur Krone. Die 


Sohle stark vorgewölbt, an der Sohle nacli Abnahme des Eisens 
ein Hufgeschwür sichtbar. Mit der Sonde gelangte ich durch einen 
8 cm langen Canal zum Hnfbein, wo ich einen beweglichen 
Gegenstand fühlte. 

Den Besitzer machte ich auf die Complication des Falles auf¬ 
merksam. Zuerst wurde das Horn an der Sohle bis zum Hufbein 
abgetragen und vorher eine Ligatur um die Fessel, um eine 
starke Blutung zu verhindern, vor dem Aufheben des Fusses an¬ 
gelegt. Die Ligatur bestand aus starkem Bindfaden. Hierdurch 
konnte die Herausnahme eines Hufbeinsequesters von der Grösse 
eines Zwanzigpfennigstücks vollzogen worden. Diese einfache 
Ligatur empfehle ich jedem Colle^en. wo starke Blutungen 
bei Hufoperationen zu erwarten sind. Die Zeit der Anlegung wird 
reichlich ersetzt durch Sauberkeit der Operation und Schutz des 
Operateurs. 

Nach vierzehn Tagen war das Knochengeschwür geheilt, und 
es wurde zur Abtragung des ganzen Hornrandes geschritten. 
Hornrand und Sohle wurden quer mit der Säge abgesebnitten. 
Der Erfolg liess auch hier nicht im Zweifel. Nach drei Wochen w.»r 
die Sohle flach und nach sechs Wochen der tappende Gang ver¬ 
schwunden. Das Hufbein batte seine frühere Lage angenommen. 

Im Laufe der folgenden fünf Monate habe ich das Fleisch¬ 
wandhorn häufig abgetragen. Der Defect des Hufbeins hat an 
der Wandstellung nichts geändert. Das Pferd ist vollständig ge¬ 
brauchsfähig. 

Einen ähnlichen Fall, Ursache Nageltritt, habe ich seit 
drei Wochen bei Herrn Limbach in Dell-Bulsheim in Behandlung. 

Vorstehende Fälle führe ich speciell an, weil die Production 
des Wandhorues mehr berücksichtigt wurde und hierdurch eine 
Verbreiterung des Fusses ganz vermieden wurde, da das Kroneu- 
horn inniger mit dem Fleischwandhorn (weisse Linie) sich ver¬ 
bindet. _ - 

Fund eines arabischen Hufeisens in Westpreussen. 

Von 

Jackschath-Tolinow i. P., 

Thierarzt. 

Der.Hnfsammlung der Königl. Thierärztlichen Hochschule zu 
Berlin ist durch mich ein Hufeisen übergeben worden, welches 
im Jahre 1895 in der Nähe von Marienburg (Westpreussen) beim 
Umpflügen eines Ackers gefunden wurde. Dasselbe besitzt, wie 



vorliegende Abbildung zeigt, eine ganz charakteristische Form* 
wie man sie noch jetzt, wenn auch etwas abgeändert, beim 
arabischen Hufeisen vorfindet. 

Das Hufeisen, von Rost stark zerfressen, ist fast kreisförmig 
und besitzt einen Durchmesser von 13 cm; die Breite des Trag¬ 
randes beträgt 3 cm, die Dicke überall 1 cm. Auf jeder Seite be- 


Digitized by 


Google 





88 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


finden sich ‘vier Nagellöcher, deren Form sich nicht genau be¬ 
stimmen lässt, aber viereckig zu sein scheint. Nach Lungwitz 
wird auch jetzt noch dieser Beschlag von den Arabern aus¬ 
geführt, Die Enden des Hufeisens werden übereinandergeschweisst, 
so dass das Hufeisen das Aussehen einer Platte hat, in deren 
Mitte eine rundliche Oeffnung frei bleibt. 

Wie kommt nun ein arabisches Hufeisen nach Westpreussen? 
Welches Alter hat dasselbe? Besitzt es eine kulturhistorische Be¬ 
deutung? Das sind Fragen, deren Erörterung hier trotz des 
Dunkels, das über Preussens Vorzeit herrscht, versucht sei. 
Zuerst die Frage, stammt es aus Preussens Vorzeit oder aus der 
Zeit der Ordensherrschaft, liegt seine Entstehung vor oder hinter 
dem Jahre 1400? Es ergaben sich da folgende wichtige Momente. 
Bei den alten Preussen stand das Pferd in hohem Ansehen; so 
wurde die Habe des Todten dem zugesprochen, der beim Wett¬ 
rennen zu Pferde den ersten Preis davontrug. Man bezahlte die 
raschesten Pferde mit den höchsten Preisen.*) So erzählt Dus- 
burg in seiner Chronik, das* keine Landschaft unter 2000 Reiter 
gehabt, und wenn man bedenkt, dass das alte Preussen aus 
12 Landschaften bestand, so ergiebt das die stattliche Anzahl von 
24 000 Berittenen .**) Das Elbinger Vocabular kennt Aus¬ 
drücke für Hengst, Wallach, Stute, Füllen, Pferd, wildes Pferd, 
Arbeitspferd.***) Auch eine Eisenindustrie hat bestanden. Fehlte 
es auch an Eisengebirgen, so waren doch Sumpft und Wiesen¬ 
erde da, dichte Lager von Eisen- und Rasensteinen schichteten 
sich am Ufer der Seen auf. Jedoch spricht das Fehlen von 
Eisenbergwerken für eine Einfuhr des Eisens von auswärts. 
Wie entwickelt die Eisenindustrie war, das beweist wieder das 
Elbinger Vobular, welches Begriffe für Schmied, Schmiede, 
Esse, Blasebalg, Ambos, Zange, Stahl, Eisen, Durchschlag (zum 
Durchbohren des Eisens), Hufeisen (altpreussisch: lattaco) kennt. 

Preussen war ferner ein Handelsland. Auf uralten Handels- 
strassen gingen von Preussen bis nach Rom Bernstein und Pelz¬ 
werk, wogegen Münzen, Fibeln, Armbänder und Glasperlen ein¬ 
getauscht wurden. 

Weit mehr interessirt uus aber im vorliegenden Falle die 
Handelsbeziehung, iu der die Preussen seit dem achten Jahr¬ 
hundert zu den Arabern standen.f) Von dem Ostufer des 
Kaspischen Meeres aus ging der Handelsweg die Wolga entlang 
bis nach dea Ostseeprovinzen und dem alten Preussenlande. 
Der Araber lieferte Münzen, Schmucksachen und Waffen, der 
Preusse gab dafür Thierfelle, Honig und Getreide. Stammt unser 
Hufeisen vielleicht nicht auch aus Arabien oder lehrte nicht ein 
Araber einen preussischen Schmied, sein Pferd nach arabischer 
Art beschlagen? Diese Fragen würden sich erst mit Sicherheit 
beantworten lassen, wenn zahlreichere Funde von arabischen Huf¬ 
eisen auftauchten und dieser Fund nicht mehr als der einzige 
dasteht. 

Was die Zeit dos Deutschen Ritterordens, welcher vom 
Jahre 1309—1462 in der Marienburg residirte, anbetrifft, so 
kannten die Ordensritter nur das offene Eisen und Hessen nur 
mit diesem die Hufe ihrer Pferde beschlagen, wie aus den zahl¬ 
reichen Funden, welche im Schlosse selbst und seiner Umgebung 

*) Siehe 0. Hein, Altprcussische Wirthschaftsgeschichtein der 
Zeitschrift Für Ethnologie 1890. 

**) Peter von Dusburg, Chronicon terrae Prussiae ed. Fuchs 

***) Entstehungszeit des Elb. Vocabular ca. 1400; es enthält 
Reste der altprcussischen Sprache, welche bald nach der Eroberung 
Preussens durch die Ordensritter unterging. 

+j Dass ein ausgedehnter Handel nach Arabien hin bestand, 
beweisen Münzfunde in West- und Oslpreussen (Münzen aus der 
Zeit der Omajaden (c. J. 750) und Samanidcn (c. J. 1000), beweist 
ferner die häutige Erwähnung dieser Handelsbeziehung in den 
Chroniken. 


gemacht worden sind und noch gemacht werden, hervorgeht. 
Dieses Eisen hatte die Form der sogenannten „Schwedeneisen“, 
nur dass der zwischen den Eisenschenkeln liegende Theil mehr 
einem Dreiecke gleicht. Wunderbar erscheint es, dass die 
Ordensritter, welche von Akkon aus Palästina über Venedig nach 
Marienburg kamen, nicht das arabische Eisen mitbrachten und 
einführten. 

Mit einiger Sicherheit kann man daher sagen, dass vor¬ 
liegendes Eisen ein Zeuge von Preussens Vorzeit und dessen 
Handelsbeziehungen zu Arabien ist. Im Entwicklungsgänge 
des Hufeisens überhaupt nimmt es einen ziemlich niedrigen 
Standpunkt ein. Es lässt sich denken, dass zuerst zum Schutze 
des Hufes eine Platte diente, die mit Stricken befestigt wurde. 
An Stelle der Stricke traten Nägel. An Stelle der Platte trat 
eine durchbrochene Platte, wie es das arabische Hufeisen zeigt; 
schliesslich fiel das beengende Trachtenband — venia sit verbo — 
fort und es entstand das jetzige offene Eisen, welches, wenn er¬ 
forderlich, wieder zum geschlossenen Eisen wird. 


Referate. 

Locale Anästhesie in der Thierheilkunde. 

Von Docent Frick. 

(D. Th. W. 18J8. No. 4 ) 

Während man lange Zeit als Mittel, um die localen Schmerzen 
bei einer Operation zu verhindern, nur die allgemeine Narcose 
kannte, wurde darin zunächst durch die Entdeckung des Cocains 
ein Umschwung herbeigeführt. Unzweifelhaft ist das Cocain 
vorzüglich, jedoch nur für Schleimhäute anwendbar. Die An¬ 
wendung auf der Haut oder in den Geweben selbst würde eine 
Injection erfordern, und diese wiederum hat ihre Gefahren. Schon 
von den Schleimhäuten aus wurde eine Resorption des Cocains 
und bei Verwendung grösserer Mengen, sowie stärkerer Concen- 
tration (20 pCt.) die Möglichkeit der Cocainvergiftung constatirt. 
Damit waren die an das Cocain geknüpften Hoffnungen aber zum 
Theil zerstört 

Schleich gebührt das Verdienst, aus dieser Krise die Local- 
anäBthesie von Neuem herausgehoben zu haben mit seiner In¬ 
filtrationsmethode. Schon vor .Schleich hat man Localanästhesie 
durch den Aetherspray, also durch Gefrierenlassen des be¬ 
treffenden Körpertheils, erzeugt, was jedoch unangenehme Neben¬ 
wirkungen zeitigte. Das Wesen der Schleich’schen Local- 
auästhesie besteht in rein mechanischen Wirkungen auf die 
sensiblen Nervenfasern und hat dadurch den Vortheil der Un¬ 
schädlichkeit, da irgend welche Giftwirkungen unmögUch sind. 
Die Schleich’sche Methode ist daher die zurZeit beste, welche 
auch in der Thierheilkunde brauchbar und durchführbar ist. 
Schleich schafft an den zu anästhesirendeu Körpertheilen ein 
künstliches Oedem, und der rein mechanische Druck, den dieses 
auf die Nervenfasern ausübt, hebt deren Function auf. Er be¬ 
nutzt hierzu eine sterilisirte Lösung von Cocalnum hydrocbloricum 
0,2, Natrium chloratum 0,2, Morphin, hydrocbloricum 0,025, 
aqu. dest. 100 und Acidum carbol. liquefact. 4—5 Tropfen. Für 
den Fall, dass mehr als 100 g der Lösung verbraucht werden, ist 
die Menge des Cocains und Morphiums auf 0,02 bezw. 0,01 zu 
reduciren, um Cocainvergiftungen unmöglich zu machen. Nach 
vielen Versuchen ist von S. diese Zusammensetzung als die in¬ 
differente und unschädliche festgestellt worden. Genauere Dar¬ 
legungen Bind enthalten in „Schleich, Schmerzlose Operation“. 
Die Technik ist kurz folgende: Nach sorgfältiger Desinfection 
des Operationsfeldes wird eine erbsengrosse Stelle durch Auf¬ 
sprühen von Aether, bei Schleimhäuten durch einen Cocalncrystall 
gefühllos gemacht. An dieser SteUe wird die Nadel der Pravaz- 


Digitized by 


Google 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


89 


24. Februar 1898. 

sehen Spritze in das Rete Malpighi der Haut bezw. in 
die Submncosa eingestochen und so viel injicirt, dass eine 
Quaddel entsteht, die sofort anästhetisch ist, nm von der 
ans nun eine nene Quaddel in der Nachbarschaft der alten 
zu erzeugen. So lassen sich grosse Bezirke der Haut und 
Schleimhäute gefühllos machen. Tiefer gelegene Teile, lassen 
sich durch Injection ebenfalls gefühllos machen, so dass man 
ruhig einschneiden kann, während der Patient bei voller Be¬ 
sinnung ist. Man iDÜltrirt practischer Weise einen grösseren 
Bezirk als den erkrankten, um event auch ohne Gefühl im ge- 
snnden operireu zu können. Bei den Hausthieren wird es 
in der Regel nicht nöthig sein, die erste Einstichstelle be¬ 
sonders zn anästhesiren. Es ist ferner, wie Frick bei Hunden 
festgestellt hat, nicht nothwendig, die Quaddeln innerhalb 
der Haut zu erzeugen. Man kann vielmehr von vorn¬ 
herein in die Subcutis injiciren, was natürlich viel leichter ist. 
Die Anästhesie ist trotzdem so vollkommen, dass Hunde weder 
auf Schneiden, noch anf Brennen u. s. w. reagirten. Was die 
tieferliegenden Gewebe anlangt, so ist die Infiltration um so 
schwieriger, je straffer das Gewebe ist. Bei Injection in Muskeln 
iu der Nähe der Knochen und Sehnen muss ein sehr kräftiger 
Druck aogewendet werden, um die Interstitien zu füllen. Da 
namentlich das Pferd viel straffere Gewebe besitzt als der Mensch, 
so ist behufs der Möglichkeit der Anwendung starken Druckes 
namentlich auf die gute Verbindung zwischen Nadel und Spritze 
zu achten. Die Dauer der Anästhesie ist beschränkt, da selbst¬ 
verständlich die Oedemflüseigkeit abfliesst reßp. resorbirt wird. 
Immerhin beträgt sie 15—20 Minuten und lasst 6ich durch 
erneute Injection verlängern. Am entzündeten Gewebe ist die 
Anästhesie bisweilen Dicht so stark, wie am normalen, weil die 
Interstitien mit Rundzellen gefüllt sind, die sich dem Eindringen 
der Flüssigkeit entgegenstellen. Ein Umstand ist bei der 
Schleich’schen Methode hervorzuheben, dass die infiltrirten 
Gewebe ganz anders anssehen, als man sie sonst zu sehen ge¬ 
wöhnt ist, und dass sich die topographischen Verhältnisse etwas 
verändern (Haut dicker, Subcutis umfangreich, Interstitien breit 
etc). Andrerseits treten aber infolge Compression der Capillaren 
die grösseren Gefässe wieder deutlicher hervor, was für den 
Operateur ein Vortheil ist. Es sind aus diesem Grunde die 
parenchymatösen Blutungen gering und man kann andrerseits 
Gefässe unterbinden, ehe man sie durchschnitten hat. 

Der thierärztlichen Chirurgie erwachsen aus der Methode 
Schleich insofern noch besondere Vortheile, als kleinere ope¬ 
rative Eingriffe am stehenden Pferd vorgenommen werden können, 
und dass auch bei grösseren Operationen, zu denen das Pferd 
trotzdem hingelegt werden muss, die Allgemeinnarcose durch die 
Lokalnarcose entbehrlich gemacht werden kann. Namentlich 
kommt hierbei sehr wesentlich in Betracht, dass die allgemeine 
Narcose eine sachverständige Assistenz unbedingt erforderlich 
macht, die lokale Narcose dagegen nicht. Endlich ist die 
Schl eich'sehe Infiltration natürlich ihrer Billigkeit wegen von 
Vortheil. 

Auch die Praxis bestätigt die hier construirten Vortheile der 
Schleich’schen Methode vollkommen. Frick selbst hat bei 
Hunden zahlreiche Operationen mit dieser Methode gemacht. 
Malkmus operirt Brustbeulen unter Anwendung derselben. 

Behandlung des Hufkrebses mit Formaldehyd. 

Von Prof. Fröhner. 

(Mtuchr. f Th., Bd. 9, H. 4.) 

F. hat schon früher auf die ätzende Wirkung des Formal¬ 
dehyds bingewiesen (B. T. W. Jalirg. 1897, pag. 211). Er hat 
diese Wirkung seither therapeutisch, namentlich bei Huf- und 


Strahlkrebs zu verwenden getrachtet und günstige Erfahrungen 
gesammelt Er verwendete das reine unverdünnte 35procentige 
officinelle Formaldehydum solutum. Verdünnungen haben eine 
zu langsame und schwache Wirkung. Bei der Anwendung muss 
man sehr vorsichtig sein, da die Wirkung sehr tiefgehend ist. 
Die Wucherungen werden freigelegt, nur einmal mit Formal¬ 
dehyd überpinselt und darauf ein gewöhnlicher Wergverband mit 
Lappen oder Schuh umgelegt. Es entsteht heftige Entzündung, 
starker Schmerz und entsprechendes Lahmen, welche Er¬ 
scheinungen mit der Umwandlung der verätzten Stelle in einen 
hornartig harten Aetzschorf verschwinden, worauf die Pferde 
wieder arbeiten können. Der Aetzschorf löst sich nach etwa 
2—3 Wochen, worauf sich entweder eine reine, in schöner 
Granulation begriffene Wundfläche mit beginnender Verhornung 
oder neue krebsige Wucherungen zeigen. Im letzteren Falle 
erfolgt neue Anwendung des Mittels, welche bis zur Zerstörung 
allen krankhaften Gewebes in Zwischenräumen von 3—4 Wochen 
zu wiederholen ist. Sind jedoch gute Granulationen vorhanden, 
so folgt antiseptische Wundbehandlung, wobei als desinfizirend, 
austrocknend und zugleich die Neubildung des Horns befördernd 
besonders die Aloetinktur zu empfehlen ist. Mit der beginnenden 
Normalhornbildung kann ein Splintverband angelegt werden. 
Bei gleichzeitiger Erkrankung aller 4 Hufe dürfen höchstens 2 
(die Diagonalen) gleichzeitig geätzt werden, weil sonst das Pferd 
sich nicht auf den Beinen halten könnte. Die besten Resultate 
liefert Formaldehyd beim Strahlkrebs, wo es die Operation ersetzt. 
Auch beim Sohlenkrebs ist es recht gut. Dagegen kann es beim 
Wandkrebs keine Anwendung finden, weil die aufliegende Horn¬ 
wand die Applikation verhindert. Hier muss also die Operation 
vorgenommen werden. Ein Vortheil der Formaldehyd-Anwendung 
gegenüber der Operation ist es auch, dasB das Pferd, nachdem 
die ersten Schmerzen überwunden sind, mit dem anhaftenden 
Aetzschorf zur Arbeit benutzt werden kann. Im Uebrigen er¬ 
fordert die eigentliche Heilung bei der Aetzung mindestens eben¬ 
so lange Zeit als nach der Operation. 

Tabercnlose des Pferdes. 

Von Prof. C a d 6 a c - Lyon und Morot-Troyes. 

(Journal de Lyon, 8ept 97.) 

C. und M. haben bei zwei der Pferdeschlächterei über¬ 
wiesenen Pferden Tuberculose festgestellt. In beiden Fällen 
waren die Läsionen identisch. Die Lungen waren besetzt mit 
unzähligen festen, harten, ganz weissen oder leicht grauen, gut 
abgegrenzten Tuberkeln von Hirsekorn- bis Hanfsamengrösse. Die 
Knötchen traten theilweise über das Niveau der Pleura hinaus, 
diese war durchscheinend, glatt, stellenweise leicht verdickt. 
Drückte man das Lungengewebe mit den Fingern, so hatte man 
das Gefühl, als wären zahlreiche Sandkörnchen vorhanden, beim 
Durchschneiden des Gewebes wurde die Anwesenheit der Noduli 
auch im Lungenparenchym festgestellt. 

Die kleineren Tuberkeln liessen sich leicht ausschneiden; sie 
Hessen sich auch auf der GlaslameUe leicht zerdrücken, doch war 
das Centrum resistenter als die Peripherie. Die grösseren 
Tuberkeln waren dagegen sehr hart, knirschten unter dem Messer 
und liessen sich nur unvollständig zerdrücken; es bestand ein 
centraler Verkalkungsherd. 

Oberflächlich betrachtet konnten die Tuberkeln mit den bei 
Rotz vorkommenden transluciden Tuberkeln verwechselt werden, 
auf der Schnittfläche war jedoch ein Unterschied zu finden. 
Nirgends waren die typischen drei Zonen des Rotztuberkels zu 
sehen. Ausserdem war die Trachea frei in ihrer ganzen Aus¬ 
dehnung; die Bronchialdrüsen waren hypertrophisch und erweicht, 
die Nasenhöhlen und Kehlgangslymphdrüsen frei. 

Zur FeststeUung der Diagnose wurde die mikroskopische 


Digitized by 


Google 



90 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


Untersuchung von Tuberkelsclinitten ui:d Schabpräparaten vor¬ 
genommen und die recenteren Tuberkel an mehrere Meer¬ 
schweinchen subcutan und intraperitoneal verimpft. 

Die microscopische Untersuchung der divers gefärbten Schab¬ 
präparate gab ein ungenügendes Resultat, nur wenige Bacillen 
wurden in einzelnen Präparaten gesehen, während andere ganz 
frei erschienen. Die Untersuchung der Schnittpräparate Hess eine 
beginnende Verkalkung einer grossen Anzahl von Tuberkeln er¬ 
kennen und die lymphadenische Structur der recenteren Tuberkel. 
In den Präparaten fanden sich junge Zellen vor, die von einem 
Stroma getragen wurden, das adenoHes Aussehen hatte. 

Die mikroskopische Untersuchung hätte die Diagnose Lympli- 
adenie gestattet. C. betrachtet dieselbe als eine anatomische 
Realität, nicht aber als eine klinische. Gewiss kämen namentlich 
beim Pferde Lymphadenome, Hypertrophie des praeexistirenden 
lymphoiden Gewebes nnd Leucocyten vor, diese Veränderungen 
entsprächen aber keiner speciellen morbiden Entität. Die ana¬ 
tomisch characteri8irte Lyraphadenie habe kein aetiologisches 
Criterium, sie sei keine besondere Krankheit; sie sei der Vorhang, 
hinter welchem sich irgendwelche mikrobielle Infection verberge. 
Es handle sich nicht um einen specifischen Mikroben, sondern nm 
vulgäre Mikroben wie Straphylococcen, Streptococcen, Bacillus 
pyocyaneus oder um den Tuberculosebacillus. Letzterer sei 
der häufigste und könne die grosse Mehrzahl der beim Pferde, 
beim Rind, beim Hund und bei der Kat/e beobachteten Fälle von 
Lymphadenie ihm zugeschrieben werden. Bei vielen Lymph- 
adenikern seien mehrere Mikroben verbunden, die der Eiterung 
und der Tuberculose. Jeder Lymphadeniker sei anaemisch, daher 
eine gate Pflanzstätte und könne unter den verschiedenen Vor¬ 
gefundenen Mikroben oft nicht derjenige gefunden werden, welcher 
die erste Ursache der ganglionären Hypertrophie und der Bildung 
von Lymphadenomen war. Die Hyperplasie wie die Hypertrophie 
des lymphoiden Gewebes können als inflammatorische Reaction 
angesehen werden; die Lymphadenie mit ihren Lymphadenomen 
und ihrer Leucocytose sei ein Vertheidigungsmiltel des Organis¬ 
mus, ähnlich derPhagocytose und präparire diese Kampferscheinung. 
Die Lymphadenome wie die Hypertrophien des adenoiden Gewebes 
seien nur Producte oder Residuen isolirter oder multipler In- 
fectionen. Es könne deshalb von der pathologischen Anatomie 
nicht die präcise Bezeichnung der Vorgefundenen Lungenläsionen 
verlangt werden, sie könne nur die Structur eines Gewebes 
constatiren, dessen Neubildung das Werk einer grossen Anzahl 
von diesen Processen sei. Nur die Bacteriologie nnd die Ex¬ 
perimentalmethode können die Lymphadenie, dieses Aggregat 
von Krankheiten, definiren. So habe auch im vorliegenden 
Fall die Impfung die Diagnose entschieden, die Mehrzahl der 
Impflinge, drei auf drei bei einem Pferde, zwei auf vier lei dem 
zweiten, wurden tuberculös. Die Evolution der Krankheit war 
sehr langsam, die Thiere lebten noch drei Monate nach der 
Impfung. Nach dieser Zeit wnrden sie getödtet und fandeu sich 
die typischen Läsionen der Tuberculose vor. 

Heber die Giftigkeit des Alcohols bei rectaler Injection. 

Von Prof. Dr. Baum. 

(Archiv f. wiftsensih. u. prnct Thicrhlk. 1897 II. 6.) 

Im anatomisch - physiologischen Institut der Hochschule zu 
Dresden wurde gelegentlich der Versuche über die abführende 
Wirkung des Podophyllotoxins beobachtet, dass der als Lösungs¬ 
mittel verwendete Alcohol lebensgefährliche Krankheitserschei¬ 
nungen hervorrief. Diese Beobachtungen veranlassten den Verf., 
einige Versuche über die Giftigkeit des Alcohols bei rectaler 
Einverleibung zu machen. Das Versuchsraaterial bestand aus 
3 Pferden, 11 Katzen, 14 Hunden und 1 Schaf. Die Ergebnisse 
der Versuche sind im Wesentlichen folgende: BeiPferden kann 


die rectale Injection von 200—250 g 93proc. Alcohol den Tod 
verursachen, besonders daun, wenn von der injicirten Menge nichts 
wieder entleert wird. Andernfalls können viel grössere Dosen 
unschädlich sein. 

Das Versuchsthier zeigt eine heftige hämorrhagische Darm¬ 
entzündung (Krampfkolik, Abgang breiigen, dünnflüssigen, bis¬ 
weilen blutiggefärbten Kothes etc.) und die durch Resorption des 
Alcohols verursachten allgemeinen Erscheinungen (zuerst Auf¬ 
regung, später Abstumpfnng und Depression, Mattigkeit und 
Schwäche, Lähmung des Hintertheils, Schlafslicht). Der Tod 
dürfte die Folge der örtlichen Verbindung mit der Resorptions¬ 
wirkung sein. Die Section zeigt ausser einer hämorrhagischen 
bisweilen, necrotischen Dickdarmentzündnng keine besonderen 
Befunde. 

Besonders empfindlich erweisen sich gegen rectal injicirten 
Alcohol die Katzen. Dieselben sterben in der Regel nach 15 
bis 18 g 93 proc. Alcohols. 

Dagegen sind schwächere Concentrationen weit weniger ge¬ 
fährlich. Von 80proc. Alcohol ertragen alte Katzen 25 g und 
junge 15 g ohne nennenswerthe Störung des Allgemeinbefindens. 
Die Vergiftung mit Alcohol äussert sich bei Katzen ebenfalls 
durch Aufregung, dann Schwäche, Abstumpfung, Lähmung des 
Hintertheils, Herabsetzung des Hautgefühlg, Erbrechen, Diarrhoe. 
Ausnahmsweise kommen Zuckungen der Gesichtsmuskeln vor. 

Die anatomischen Veränderungen der infolge Alcoholvergiftung 
verendeten Katzen waren von der gleichen Art wie bei den 
Pferden: hauptsächlich hämorrhagische und necrotisirende Ent¬ 
zündung der Dickdarmschleimhaut, zuweilen ausserdem catarrha- 
lische Entzündung des Dünndarms oder Hyperämie des Gehirns 
oder Lungenödem. Eine Rothtärbung der Intima an der A. pnl- 
monalis, welche ausnahmsweise beim Menschen infolge von 
Alcoholvergiftung constatirt worden ist, kam in keinem Falle vor. 

Die au den Hnnden angestellten Versuche ergaben ein sehr 
verschiedenes Resultat, welches wohl damit zusaminenhüngt, dass 
häufig ein Theil des rectal injicirten Alcohols wieder ausgestossen 
wurde. Festgestellt ist, dass schon 40 g 91 proc. Alcohols den 
Tod eines mittelgrossen Hundes herbeiführen können. 

Krankheits- und Sectionsbild unterscheiden sich im Allgemeinen 
nicht von denjenigen bei den Katzen. 

Die Barbonekranbheit der Binder and Schweine in 

Sicilieu. 

Von S a n f e 1 i c e , L o i und M a 1 a t o. 

(Centralbl. f. Bactcricnk. XXII.) 

Die Verff. beobachteten im April 1897 in mehreren Orten 
Sardiniens eine sehr mörderische Seuche bei Rindern und 
Schweinen, die sie sehr gründlich beobachteten und mit der von 
Oreste und Armanni beschriebenen Barbonekrankheit identi- 
ficiren konnten, welche bisher nur auf dem Festlande beobachtet 
worden ist. Die Krankheit, welche der Septicaemia haemor- 
rhagica der Rinder (Wildseuche) am nächsten steht, wird durch 
einen morphologisch und culturell dem Bacillus der Hülmer- 
cholera verwandten Bacillus erzeugt und ist ausser auf Rinder, 
Schweine, Schafe, Pferde, auch auf Meerschweinchen, Kaninchen 
und weisse Mäuse übertragbar. Die Verff. fanden den Bacillus 
besonders reichlich in dem fadenziehenden Nasenschleim, im Haut¬ 
ödem, weniger reichlich in den Organen, dagegen nicht im Herz¬ 
blut der erkrankten Thiere. Der Mikroorganismus ist unb°weg- 
lich, bildet keine Sporen, färbt sich leicht mit den gebräuchlichen 
Anilinfarben, jedoch nicht nach Gram, und wächst ziemlich 
spärlich auf Agargelatine, Kartoffeln, Bouillon, in letzterer Form 
in gleichmässiger Trübung des Nährbodens. Im feuchten Nasen¬ 
schleim und in Culturen erhält sich der Bacillus Monate lang 
viiuleut, durch Eintrocknen geht er ziemlich bald zu Grunde. 


Digitized by 


Google 









24. Februar 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


91 


Peripherische Facialisparese nebst nasalem Asthma. 

Aus der Klinik des Prof. Vennerho 1 m-Stockholm. 

Deutsche Zeitschr. f Thiurmed. I8'.*7. 

Eine Stute litt schon seit langer Zeit an Atheinbcscliwerden. 
Das Leiden nahm jedoch von einem gewissen Zeitpunkt ab so 
zu, dass hochgradige Athemnoth mit Erstickungsgefahr eintrat. 
In diesem Stadium wurde die Stute Prof. V. vorgeführt. Die 
Untersuchung ergab, dass die Nasenflügel das Hinderniss bildeten. 
Dieselben waren herabgefallen, unbeweglich. Die Schleimhaut 
an den Nasenöffnungen war stark geschwollen. Aus denselben 
floss in geringer Menge schleimig-eiterige Materie. Durch An¬ 
heben der Nasenflügel konnte die Athmung sofort erleichtert 
werden. Es handelte sich in diesem Falle um eine doppelseitige 
Facialisparese. 

Die gleichzeitig festgestellte Schwellung und Verdickung in 
der Schleimhaut an den Naseneingängen ist als Folgezustand 
des chronischen Nasencatarrhs, der durch die Facialisparese ver¬ 
ursacht wurde, zu erklären. 

Die Behandlung erfolgte in der Art. dass zunächst die Er¬ 
stickungsgefahr durch Aufrichten der Nasenflügel mittels einiger 
zweckentsprechender Hefte, beseitigt wurde. Die Parese wurde 
allmälig durch den faradischen Strom geheilt. Beim Elektrisiren 
wurde die eine Elektrode an der Ilmbiegungsstelle des Facialis 
um den hinteren Kieferrand und die andere am Flügelknorpel 
der Nase applicirt. 

Luft in der Yene. Tod. 

Aus der Klinik des Prof. Ven ne rh ol in- Stockholm. 

Deutsche ZeiUclr. f. Thiermed. 1 S‘.i7. 

Der hier mitgetheilte Fall von Luftaspiration durch die 
Venen verdient weiter bekannt zu werden. 

Prof. V. exstirpirte eine Brustbeule, deren Venen in der festen 
fibrösen Masse nicht zusammenfielen. Bei jeder Inspiration wurde 
unter einem saugenden Geräusche Luft in die Venen aufgenommen. 
Bei der tiefen Lage der Geschwulst machte sich die Saugkraft 
des Herzens in hohem Grade geltend. Das Tamponireu der 
Wunde vermochte die Lebensgefahr nicht abzuwenden. Das 
Pferd starb unter sehr erschwerter Respiration nach einer halben 
Stunde. 

Eine befriedigende Erklärung für die Art des Todes in Folge 
Eindringens von Luft in die Venen giebt es noch nicht. Die 
Ansaugung einer geringen Menge von Luft, welche bei endo- 
venösen Injectionen wohl kaum zu vermeiden sein diiifte, ist 
ungefährlich. Zuweilen führt auch das absichtliche Einblasen von 
Luft in die Jugularis zum Zweck des Tödtens eines Pferdes nicht 
zum gewünschten Ziele. 

Es wird einerseits angenommen, dass dann der Tod eintritt, 
wenn sich Luft in der rechten Herzkammer anhäuft und die 
Contractionen des rechten Ventrikels behindert und so Herz¬ 
lähmung und Diastole erzeugt. Andere neigen zu der Ansicht, 
dass Luftembolien in den Capillaren der Lungenarterie die Cir- 
culation und die Füllung des Herzens mit frischem Blute ver¬ 
hindern. Ferner werden Luftembolien im Gehirn als Todes¬ 
ursache betrachtet. In jedem Falle fehlt aber ein positiver Beweis 
für die Wirkungsweise der Luftaspiration in die Gefässbahn. 

Zur Lehre von der Schilddrüse. 

Von H. M u n k. 

(VDch. Arch. 150.) 

Die Munk’sche Arbeit ist ein wuchtiger Angrifl’ gegen die 
moderne Schilddrüseutheorie und richtet sich besonders gegen 
die drei Hauptfehler der neuen Lehre: 1. dass die Schilddrüse 
ein lebenswichtiges Organ ist; 2. dass ihr Verlust die Entstehung 
toxisch wirkender Körper zur Folge hat; 3. dass die Ausfalls¬ 
erscheinungen nach Schilddrüsenverlust durch Zufuhr von Schild¬ 


drüse in irgend welcher Form von aussen her beseitigt werden 
können. Was zunächst die Lebenswichtigkeit der Schilddrüse 
betrifft, so hat Munk bei seinen Thieren fast in der Hälfte der 
Fälle von der Operation keinen bleibenden Schaden gesehen. 
Allerdings, und dies scheint ein wichtiger Punkt zu sein, operirt 
er keine Thiere vor dem sechsten Monat. Was die Folge¬ 
erscheinungen anlangt, so hat er Myxoedem niemals gesehen, 
Tetanie allerdings relativ häufig, aber auch bei anderweitig 
operirten Thieren oder auch spontan in der Gefangenschaft auf- 
treten sehen. Für den Practiker von grösserem Interesse werden 
die Mittheilungen Mu nk's über den künstlichen Ersatz der Schild¬ 
drüse sein. Sehr hart ist das Urtheil, das er über die mit künst¬ 
lichen Präparaten (Extract, Thyradeu, Jodothyrin etc.) angestellten 
Experimente fällt. „Dieselben verrathen einen unglaublichen Mangel, 
sei es an Kritik, sei es an Kenntniss des mannigfaltigen Verlaufs 

der Tetanie., wenn ich es als das wahre Ergebniss 

aller vorliegenden Untersuchungen hinstelle, dass irgend ein Ein¬ 
fluss der eingeführten Schilddrüsensubstanzen auf den Eintritt 
oder den Verlauf der Krankheit nicht nachznweisen war.“ Nach¬ 
dem M. dann noch die zu negativem Ergebniss gelangten Unter¬ 
suchungen Thureberg's, Stabel s u. A. gestreift hat, wendet 
er sich zu den mit glänzender Technik ausgeführten Versuchen 
Eiseiberg’s über die Transplantation der Schilddrüse. Er hat 
diese Versuche an 27 Katzen wiederholt und bei 17 eine wohl¬ 
gelungene, anatomisch nachgewiesene Anheilung der Schilddrüse 
unter der Bauchfascie erzielt. Trotzdem waren die Ergebnisse 
so widerspruchsvoll, dass M. ihnen eine Beweiskraft nicht zu¬ 
erkennen kann. Er kommt somit auf sein mehrfach schon ge¬ 
sprochenes Urtheil zurück, dass wohl die Entfernung der Schild¬ 
drüse das Leben gefährdet, nicht aber die Schilddrüse ein lebens¬ 
wichtiges Organ ist. 


Lyon giebt für die Behandlung der einfachen Bronchitis 


folgende Eecepte: 

1. Balsamica. 

a) Rp. Natr. benzoic. 
Terpinol ää 0,1 

Sacch. q. s. ad pilul. unam 
S. 6—14 Pillen tgl. 

b) Terpin. 5,0. 

Cognac 75,0 
Sirup. Diacod. 

Sirup. Tolu ää 100,0 
S. 2—3 Essl. tgl. 

c) Terpin. 5,0 
Glycerin 
Spirit, rectif. 

Sirup, simpl. ää 70,0 
S. 2—3 Essl. tgl. 

d) Terpin. 

Acid. benzoic. pur. ää 0,1 
Opii puri 0,01 auf 1 Pille 
S. 4—6 Pillen tgl. 
c) Eucalyptol. 

zu 6—10 Kapseln tgl. zu 
nehmen. 


f) Creosot 8,0 

Sapon. amygdal. q. s. adpil. 
No. 80 S. 8—10 Pillen tgl. 
2. Expectorantia. 

a) Tartar, stibiat, 0,1 
Mixt, gummös. 120,0 

S. 1—2 Tage lang zu 
nehmen. 

b) Pulv. Doweri 
Pulv. Scill. ää 3,0 

Pulv. Encalypti ad libitum 
auf 30 Pulver 
S. tgl. 3 Pulver. 

3) Narcoticum. 

a) Sirup. Cortic. Aurant. 
Sirup, simpl. 

Sirup. Diacodii ää 60,0 
Stront. bromat. 6,0 

b) Jeden Abend 1 Essl. 
(Journ. de Med. de Paris). 


Die Antointoxicationeu. 

Von Haubold. 

(AU? Mod. Contr.-Ztg.) 

Auf Grund der von den Bacteriologen festgestellten That- 
sachen mnss man annehmen, dass Infection und Intoxication 
zwei verschiedene Vorgänge sind, nnd dass letztere sich erst 
secundär im Körper aus den Infectionsproducten entwickelt. 


Digitized by 


Google 




02 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


Hierauf beruht auch das Wesen der Autointoxication, bei der das 
Toxin sich aus den Stoffwechselproducten bildet. Es kommen 
aber hierbei nicht die einfachen Endproducte des Stoffwechsels 
in Betracht, sondern die coraplicirten Zwischenproducte, die sog. 
LenkomaTne. Diese häufen sich unter pathologischen Bedin¬ 
gungen im Körper an und verursachen die Erscheinungen der 
Autointoxication. Was nun die Quellen der Autointoxication be¬ 
trifft, so sind das folgende: 1. die Haut (bei schweren Ver¬ 
brennungen), 2. die Lungen (bei ev. Vergiftungen), 3. die Nieren 
(bei Uraemie nnd Eclampsie), 4. die Nebennieren (bei Morbus 
Addisonii), 5. die Gastro-Intestinalorgane (bei Affectionen des 
Magen-Darmkanals, acuter gelber Leberatrophie, Icterus gravis 
und Diabetes mellitus), 6. die Schilddrüse (bei Myxoedem, 
Cachexia strnmipriva und vielleicht auch bei Morbus Basedowii). 
Eine Autointoxication entwickelt sich auf dieser Grundlage dann, 
wenn die Secretions- oder Excretionsorgane mangelhaft functio- 
nireu. Doch ist hierbei eine individuelle, wahrscheinlich neuro- 
pathi8che Praedisposition mit ein Hauptfactor, indem ohne diese 
die Autointoxicationen viel häufiger sein würden. Symptomato- 
logisch charakterisirt sich die Autointoxication, wenn auch nur 
ein Organ allein die Ursprungsquelle bildet, doch stets durch 
pathologische Erscheinungen allgemeiner Art. Die Behandlung 
kann stets nur eine rein cansale sein. 

Leber Zellbrücken in der glatten Muskulatur. 

Vortrag gehalten von Triepel im Med. Verein zu Greifswald. 

(D. med. ochW. 4/>»8) 

Protoplasmabrücken, die eine Verbindung der einzelnen glatten 
Muskelfasern untereinander herstellen, kommen wahrscheinlich in 
grösserer Verbreitung vor, als mm bisher angenommen hat, viel¬ 
leicht finden sie sich überhaupt immer an Muskelzellen, die zu 
mehreren nebeneinander liegen. Die Darmmuskulatur der Wieder¬ 
käuer scheint sich zur Darstellung dieser Protoplasmabrücke« am 
besten zu eignen. Verfasser fand in der Darmmuskulatur des 
Rectum die Zellbrücken sehr gut ausgebildet. Er ist nicht der 
Ansicht, dass die Zellbrücken zu gewissen Zeiten verschwinden 
und zu anderen Zeiten sich neu bilden, dass also die Mnskel- 
substanz amoeboide Bewegung besitzt. Wenn einige Forscher 
Muskelzellen sahen, denen protoplasmatische Fortsätze fehlten 
oder deren Fortsätze so kurz waren, dass sie nicht bis zu den 
benachbarten Zellen reichten, so liegt der Verdacht nahe, dass 
durch Artefacte Täuschungen veranlasst wurden. Auch ist es 
denkbar, dass die Fixirung der untersuchten Gewebgtücke nicht 
genügend war. Verfasser empfiehlt zur Fixirung zu diesen 
Zwecken das Formol, dass zwar die Kerne schädlich beeinflusst, 
dagegen das Muskelprotoplasma und besonders die Intercellular¬ 
brücken gut conservirt. 

Botryomycose beim Menschen. 

(MUncb. Med. Woch. 45.97.) 

Poncet und D or sprachen auf dem französischen Chirurgen- 
Congress zu Paris über die Botryomycose beim Menschen, die 
häufig als eine Art entzündlicher Neubildung auftrete, wie eine 
pilzartig gestielte, erbsengrosse bis nussgrosse Granulations¬ 
geschwulst,'.besonders an den Fingern, und in der sich die dem 
sogenannten „Pferdeschwamm“ der Veterinäre (der häufig speciell 
nach der Castration der Pferde auftrete) identischen Mikroorganis¬ 
men nachweisen Hessen. 

Hypertrophie der Oberkieferhöhle. 

Prof. F r ö h n e r schreibt in den Mtsh. f. Th.: Ein löjähriger 
Wallach bekam eine Geschwulst über dem rechten Auge, die 
etwa fingerbreit vom unteren Augenüde und von der Jochleiste 
eutfernt war. Die Haut darüber trug eine Narbe. Es bestand 
-echtsseitiger Nasenausfluss ohne Lymphdrüsenschwellnng. Die 


Kieferhöhle wurde geöffnet; es floss J4 1 einer bernsteingelben, 
sernmähnlichen Flüssigkeit ab. Die Kieferhöhle war nach unten 
und innen äusserst ausgedehnt und nahm eine sehr grosse Menge 
Irrigationsflüssigkeit auf. Die Untersuchung ergab rein chronisch¬ 
hyperplastische Veränderungen. Der Zustand wurde in zwei 
Wochen geheilt. 


Thierhaltung und Thierzucht 

Fflr welche Leistung wird Deckgeld gezahlt? 

Für die Beurtheilung der Frage, wie oft der Besitzer eineB 
Ebers, nachdem er Sprunggeld erhalten, die Zulassung der Sau 
gestatten muss, ist nach einer Entscheidung des Landgerichts zu 
Elbing lediglich das zwischen den Contrahenten vereinbarte Ab¬ 
kommen massgebend. Ist seitens der Besitzer der Sau und des 
Ebers für das Deckgeschäft ausser einem bestimmten Deckpreis 
weiter nichts vereinbart worden, so ist das Geschäft mit dem ein¬ 
maligen Deckact als erledigt zu betrachten, denn das Trächtig¬ 
werden der Sau war nicht zur Bedingung gemacht worden. Von 
dem Eberbesitzer kann nicht verlangt werden, falls die Sau beim 
ersten Deckact nicht trächtig wird, dass er diese bis zum 
Trächtigwerden decken lässt, weil er dadurch grossen Be¬ 
lästigungen ausgesetzt wäre. Durch einmalige Zulassung der 
Sau hat der Besitzer des Ebers seine Verpflichtungen gegenüber 
dem Besitzer der ersteren erfüllt und braucht dann weder eine 
wiederholte Zulassung zu gestatten, noch das Sprunggeld heraus¬ 
zugeben (Deutsche Landwirthsch. Presse.) 

Ungarischer Vieh stand. 

■Nach einer Mittheilung in der Ctrlztg. von Völlers wurden 
in Ungarn gezählt im Jahre 1851: 1 975 000 Pferde, 4V a Millionen 
Stück Hornvieh, 10,7 MiUionen Schafe, 1 Million Ziegen und nicht 
ganz 5 Millionen Schweine. 1869 hat sich die Zahl der Pferde 
und Rinder nicht unbeträchtlich gehoben, die der Schafe war auf 
über 15 MilHonen gewachsen, während die der Schweine auf 
4,4 Millionen gefallen war. Der Stand von 1895 endlich ergiebt, 
dass die Zunahme des Pferdebestandes angehalten hat, indem 
derselbe jetzt 2 282 OOU Stück beträgt. Dasselbe gilt von dem 
Rinderbestand, der auf 6 738 000 angewachsen ist. Dagegen haben 
sich die Schafe von 15 Millionen auf 8 Millionen vermindert und 
einen auffälligen und bedauerlichen Rückgang zeigt auch die 
Ziegenzucht, indem 1851 noch über eine MiUion, 1869 nur noch 
572 000 und 1895 nur noch 308 000 Stück gezählt worden sind. 
Dagegen hat sich der Schweinebestand beinahe verdoppelt; denn 
er ist von 4,4 auf 7,4 MilHonen gestiegen. 

Aus- und Einfuhr von österreichischem Vieh. 

Erstes Semester 1897. 

Nach Mittheilungen des statistischen Amts im Handels¬ 
ministerium (referirt in der Centralztg. von Völlers) betrug 
die Ausfuhr etwa 41000 Rinder, wovon 21000 Ochsen und Stiere, 
ferner 80000 Schafe und nur 152 Schweine. Dem stehen an Ein¬ 
fuhr gegenüber: 11000 Rinder, 6000 Schafe und 77000 Schweine. 
Die Ausfuhr überwiegt die Einfuhr insgesammt also um rnnd 
26000 Stück. 

Viehzählung in Berlin. 

Am 1. December 1897 wurden 50 363 Pferde gegen 43 916 vor 
fünf Jahren gezählt, ferner 9397 Rinder, 10 772 Schweine 
2958 Schafe und 1237 Ziegen. 

Eine neue Ziegenart 

ist im südlichen Arabien entdeckt worden. Die Ziege hat von 
Professor Noack den Namen Capra Mengesi nach dem bekannten 
deutschen Reisenden J. Menges erhalten nnd bildet ein Gegen¬ 
stück zur Sinai-Ziege an der Ostküste des Rothen Meeres. Menges 


Digitized by LjOOQie 




24. Februar 1898. 

bat die Ziege an den Küsten Arabiens, am indischen Ocean in 
den Hadramant-Bergen gefunden. Gleichzeitig wurde eine neue 
Wolfsart aus demselben Theil Arabiens, Canis hadraraauticns, be¬ 
schrieben. _ 

Tagesgeschichte. 

Bericht über die 52. Versammlung des Vereins Thüringer 
Thierärzte, abgehalten am 28. November 1897 zu Erfurt 
im llotel „Weisses Ross“. 

Tage sordnung: 

1. Geschäftliches; 

2. Verlesung des Protokolls der 51. Versammlung; 

3. Vorlage der Jahresrechnung pro 1896; 

4. Experimentalvortrag des Herrn Dr. med. C. Müller- 
Erfurt: „Die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde“; 

5. Bericht über die Plenarversammlung des deutschen 
Veterinärraths in Cassel (Ref. Wallmann) und über die Ver¬ 
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Braunschweig 
(Ref. Hepke); 

6. Unvorhergesehenes (Mittheilungen aus der Praxis). 

Erschienen waren 23 Mitglieder nnd Gäste. Entschuldigungs¬ 
schreiben hatten gesandt die Herren Collegen Herzing, Taubert 
und Vaerst. Nachdem der Herr Vorsitzende um 11 Uhr die 
Sitzung eröffnet und die Anwesenden willkommen geheissen hatte, 
wurde zunächst zur Aufnahme der als Gäste anwesenden Collegen 
Gerlach-Apolda, Oberlaender-Apolda nnd Scherer-Kranich¬ 
feld geschritten. Die Genannten wurden einstimmig in den 
Verein aufgenommen. Hierauf gab der Herr Vorsitzende, der 
Versammlung von einem Rundschreiben des preussischen 
Ministeriums Kenntniss, welches die Grundsätze für das künftig 
zu beobachtende gesundheitspolizeiliche Verfahren mit dem 
Fleische finniger Rinder und Kälber behandelt. Nach der Zahl 
der Finnen werden unterschieden: 

A. Thiere mit höchstens 10 lebensfähigen Finnen (schwach¬ 
finnige Thiere). 

B. Thiere mit mehr als 10 lebensfähigen Finnen (stark¬ 
finnige Thiere). 

I. Zur freien Verwendung als menschliches Nahrungsmittel 
ist zugelassen: 

1. Der ausgeschmolzene Talg unbedingt; 

2. die Leber, Milz, Nieren, der Magen und Darm der schwach¬ 
finnigen Thiere, sofern diese Organe durch die thierärztliche 
Untersuchung als finnenfrei festgestellt worden sind; 

3. schwachfinnige Thiere, bei denen sich die nachgewiesenen 
Finnen nach thierärztlichem Urtheile im Zustande vollkommener 
Verkalkung vorfinden. 

H. Zum häuslichen Verbrauch oder zum Verkauf an be¬ 
sonderen Verkaufsstätten, Freibänken und dergl. in Stücken von 
höchstens 2$ kg und zwar nur an Selbstverbraucher und unter 
Angabe der Finnenhaltigkeit, ist freizugeben das Fleisch von 
schwachfinnigen Thieren, nachdem demselben vorher unter thier¬ 
ärztlicher Aufsicht seine gesundheitsgefährdeude Eigenschaft 
genommen worden ist: 

I. durch Garkocheu oder, 

2. durch 21 Tage währende Pökelung in 25 %iger Salzlake oder 

3. durch 21 Tage dauernde Aufbewahrung in geeigneten 
Kühlräumen, in denen eine Temperatur von 3 bis höchstens 
7 Grad Celsius und ein Luftfeuchtigkeitsgehalt von nicht über 
70 bis höchstens 75 pCt. nachweislich ständig geherrscht hat. 

Das Fleisch der schwachfinnigen Rinder kann in Vierteln, 
das derartiger Kälber unzertheilt aufgehängt werden. 

Obwohl durch die bisherigen Untersuchungen erwiesen ist, 
dass in Kühlräumen, mit der bestimmten Temperatur und Luft- 


93 

fenchtigkeit eine Fäulniss des Fleisches nicht eintritt, so ist doch 
vor Freigabe des Fleisches nach Ablauf der 21 Tage thier¬ 
ärztlich festzustellen, dass das Fleisch gut erhalten und unver¬ 
dorben ist. 

HI. Unter polizeilicher Aufsicht technisch zuverwerthen oder 
anderweit unschädlich zu beseitigen sind die Kadaver der stark¬ 
finnigen Thiere. 

Hierauf wurde zur Wahl der Delegirten für den Veterinärrath 
geschritten. Es gingen daraus hervor die Collegen: Wallmann 
als erster, Hepke als zweiter Delegirter. Für den Behindernngs- 
fall der beiden genannten Herren wurden als Stellvertreter 
gewählt die Collegen Oppel und Dr. Künnemann. College 
Oppel schlägt vor, um der Vereinskasse unnöthige Kosten zu 
ersparen, jedesmal einen von denjenigen Collegen als zweiten 
Vertreter zu den Sitzungen des Veterinärraths zu entsenden, 
welcher von seiner Regierung als Delegirter geschickt wird. Der 
zweite Delegirte würde alsdann, sofern er nicht selber von seiner 
Regierung abgeordnet ist, zn Gunsten des betreffenden Collegen 
zurückzutreten haben. Mit diesem Vorschlag erklärt sich die 
Versammlung einverstanden. 

Alsdann wurde das Protokoll der 51. Versammlung verlesen 
und mit einigen Zusätzen bezw. Abänderungen genehmigt. 

Es wird beschlossen, künftig die Protokolle in der Berliner- 
und Deutschen thierärztlichen Wochenschrift zu veröffentlichen. 
Ein Antrag, die Protokolle dnreh Ueberdruck vervielfältigen zu 
lassen, wird vom Antragsteller, College Conze, zurückgezogen. 

Punkt 3, Rechnungslage, ergab eine Einnahme von M. 392,15; 
eine Ausgabe von M. 145,25 nnd demnach einen Kassenbestand 
von M. 246,90. 

Die Rechnung wurde durch die Collegen Dassler und Krüger 
geprüft, richtig befunden und dem Kassierer Entlastung ertheilt. 

JPa Punkt 4. Experimentalvortrag des Herrn Dr. med. 

C. Müller-Erfurt: „Die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde“, 
in der Klinik desselben stattfinden soll und die Zeit bereits vor¬ 
geschritten ist wird Punkt 5 von der Tagesordnung abgesetzt 

Die Collegen Hepke und Wallmann erbieten sich in der 
nächsten Versammlung hierüber eventuell einen Bericht zu 
erstatten. 

Zu Punkt 6 stellt College Dr. Ellinger die Frage zur Dis¬ 
kussion: wie hoch der Werth eines neurektomirten Pferdes zu 
bemessen sei, gegenüber einem solchen au dem diese Operation 
nicht ausgeführt worden ist. 

Er sei zu dieser Frage veranlasst, weil er ein Gutachten 
über einen Doppelpony, welcher mit starker Schale behaftet und 
neurektomirt worden sei, habe abgeben müssen. 

Sei nur der Schlachtwerth anzunehmen, oder bedinge die 
Operation überhaupt keinen Minderwerth V 

Es bestehe zum Theil die Ansicht, dass neurektomirte Pferde 
nur wenig höher bewerthet werden dürften, als der Schlachtwerth 
beträgt, da solche Pferde verschiedenen Unfällen (Vernagelung, 
Nagel tritt, Ausschuhen pp.) ausgesetzt seien. 

College Maximilian bemerkt dazu, dass er die Operation in 
zusammen 41 Fällen vorgeuoramen habe. Er sei der Meinung, 
dass sich die Bewerthung derartiger Pferde nicht im Allgemeinen 
angeben lasse, es müsse vielmehr jeder Fall besonders beurtheilt 
werden. 

Ein von ihm vor acht Jahren operirtes Pferd sei noch heute 
im Gebrauch, ohne dass demselben irgend etwas anzumerken sei. 
Nicht angezeigt sei die Operation bei gemeinen, schwammigen 
Pferden, wogegen leichte, edle Pferde unbedenklich zu operiren 
seien. 

College Oppel hat sechsmal operirt und zweimal Ansschuhen 
beobachtet und zwar 1. bei Vorhandensein eines Knollfusses; 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 



94 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 8. 


2. bei einem sehr werthvollen Pferde, welches bereits früher 1 
einmal neurektomirt worden war, aber später wieder lahm ' 
wurde. Das Ausschuhen erfolgte etwa drei Monate nach der 
zweiten Operation. 

College Maximilian möchte Pferde mit Schale und Huf- ; 
deformitäten (Knollhuf, Zwanghuf pp.) von der Operation aus¬ 
geschlossen wissen. College Hepke hält nenrektomirte Pferde 
zwar für minderwerthig, aber jedenfalls höher im Preise als der , 
Schlachtwerth beträgt. 

College Wallmann hat bei 20—30 Fällen nur zweimal 
Misserfolg gesehen, auch er räth, bei Hufdeformitäten die Operation i 
zu unterlassen. — I 

Die allgemeine Ansicht bezüglich der von Ellinger auf- | 
geworfenen Frage geht dahin, dass neurektomirte Pferde zwar ( 
stets als minderwerthig zu betrachten 6eien, die Höhe des Minder- 
werthes sich jedoch nach der Beschaffenheit des einzelnen Falles 
richte. 

Da die Zeit bereits vorgerückt ist, wird die Sitzung um 
12 '/* Uhr geschlossen, worauf sich die Anwesenden zu der Privat¬ 
klinik des Herrn Dr. Müller begaben, um den gütigat über- , 
nommenen Experimentalvortrag über „die Röntgenstrahlen im 
Dienste der Heilkunde“, entgegenzunehmen. 

Nach dem Vortrag kamen die Collegen zu einem gemein¬ 
schaftlichen Mittagessen im Versammlungslokal zusammen, und 
fand darauf gemüthliches Beisammensein bis zum Abend statt. | 
Wallmann Steuding 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Geheimmittel. 

An den massgebenden Stellen, wie es scheint, im Ifeich 
schweben gegenwärtig Erwägungen darüber, in welcher Weise 
der Kampf gegen Geheimmittel event. zu vervollständigen sei. 
Es ist nun für die Thierärzte sehr wesentlich, dass hierbei der 
Begriff „Heilmittel“ bezw. „Geheimmittel“ so definirt wird, dass 
unter die betreffenden Bestimmungen nicht allein Mittel, die zur 
Anwendung für Menschen bestimmt sind, fallen, sondern auch 
die für Thiere angekündigten Geheimmittel. Wenn man sieht, 
in welcher schamlosen Weise in dieser Beziehung selbst seitens 
mancher Apotheken und leider auch seitens mancher Thierärzte 
Mittel angekündigt werden und wenn man bedenkt, wie viel 
directes Unheil mit denselben, ganz abgesehen von ihrer gänz¬ 
lichen Werthlosigkeit, angerichtet werden kann, so sollte es doch 
billig und notliwendig erscheinen, auch dem Unfug mit Veterinär¬ 
geheimmitteln, am besten durch für das ganze deutsche Reich 
giltige gleichmässige Bestimmungen, zu steuern. 

Ob es beabsichtigt ist. in dieser Weise auch gegen den j 
Veterinärgeheimmittelschwindel vorzugehen, entzieht sich z. Zt. ' 
der Kenotniss. I 


Vorlesungen und praotisohe Uebuogen an der Königliohen Thierärztlleben 
Hochschule zu Hannover. Sommersemester 1898 

1. Director, Geheimer Regierungs-Rath, Medicinalrath Prof. 
Dr. Dam mann: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei; Diätetik; 
hygienische und seuchenklinische Demonstrationen. 

2. Professor Dr. Rabe: Allgemeine Pathologie und all¬ 
gemeine pathologische Anatomie; pflanzliche Parasiten; Fleisch¬ 
beschau; Fleischbeschau-Uebungen uni Demonstrationen auf dem 
Schlachthofe; Obductionen und pathologisch-anatomische Demon¬ 
strationen. 

3. Professor Dr. Kaiser: Geburtshilfe mit Uebungen am 
Phantom; Geschichte der Thierheilkunde; ambulatorische Klinik; 
Demonstrationen über Exterieur, Rassenkunde und chirurgische 
Krankheiten des Rindes. 

4. Professor Ter eg: Physiologie I; Arzneimittellehre und 
Toxicologie. 

5. Professor Dr. Arnold: Organische Chemie; Receptir- 
kunde: Uebungen im chemischen Laboratorium; phannaceutische 
Uebungen. 

G. Professor Boether: Histologie und Embryologie; all¬ 
gemeine Anatomie, Osteologie und Syndesmologie; Anatomie der 
Sinnesorgane; histologische Uebungen. 

7. Professor Dr. Malkmus: Untersuchungsmethoden; all¬ 
gemeine Therapie; propädeutische Klinik und Spitalklinik für 
grosse Hausthiere. 

8. Docent Frick: Allgemeine Chirurgie; Operationslehre; 
ophthalmoskopische Uebungen; Spitalklinik für kleine Hausthiere. 

9. Professor Dr. Hess: Botanik; botanische Excursionen. 

10. Beschlaglehrer Geiss: Uebungen am Huf. 

11. Repetitor Dr. Zellner: Qualitative chemische Analyse. 

12. Assistent Diedrichs: Thierische Parasiten. 

13. Assistent Dr. Benner: Die landwirtschaftlichen Futter¬ 
gewächse und die Giftpflanzen. 

Zur Aufnahme als Studirender ist der Nachweis der Reife 
für die Prima eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums oder 
einer durch die zuständige Central-Behörde als gleichstehend an- 
ei kannten höheren Lehranstalt erforderlich. 

Ausländer und Hospitanten können auch mit geringeren Vor- 
konntnissen aufgenommen werden, sofern sie die Zulassung zu 
den thierärztlichen Staatsprüfungen in Deutschland nicht be¬ 
anspruchen. 

Nähere Auskunft ertheilt aut Anfrage unter Zusendung des 
Programms die Direction der Thierärztlichen Hochschule. 

Notiz. 

Falls die Vereine nicht rasch genug Generalversammlungen 
betr. Ehrenräthe berufen können, so können meiner Ansicht nach 
die Vorstände ruhig die Ehrenrathsstatuten gültig ausser Kraft 
setzen und für dieses eigenmächtige Vorgehen sich von der 
nächsten Generalversammlung Indemnität erbitten. 

Schmaltz. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Fleischschaa and Viehverkehr. 

Die Ergebnisse der Trichinen- und Finnenschau in Preussen pro 1896. 

Laut Nachweis in den Veröffentlichungen des Kaiserl. 
Gesundheitsamtes wurden in Preussen im Jahr 1896 in Schlacht¬ 
häusern und auf dem platten Lande zusammen 8 759 496 Schweine 
untersucht. Davon wurden trichinös befunden 1877 Stück = 
0,02 pCt. oder 2 von 10000 (ausserdem erwiesen sich 
221 amerikanische Schinken und Speckseiten trichinös), und finnig- 


5958 — 0,07 pCt. oder 7 von 10000, also 3!s Mal soviel als 
trichinöse. Die Zahl der beschäftigten amtlichen Fleischbeschauer 
betrug 27 602 im Jahre 1895 (27 089 im Vorjahre). 

Gar keine Trichinen wurden gefunden in den Regierungs¬ 
bezirken Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Köln, Koblenz, 
Aachen und Sigmaringen, dagegen in Posen 663 = 0,27 pCt., also 
das Dreizehnfache des Durchschnitts. Die meisten Finnen wurden 
im Regierungsbezirk Oppeln, nämlich 1117= 0,23 pCt., gefunden. 


Digitized by 


Google 







24. Februar 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


95 


Berlin. Auszug aus dem Fleisohsohauberloht für Januar 1898. 
A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe |Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13 994 

9 977 

33173 

53487 

Ganz beanstandet. .... 

1&4 

28 

7 

290 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

2 976 

9 

— 

389 

Davon gänzlich verworfen 

38 

— 

— 

35 

„ sterilisirt und verwerthet 

87 

7 

— 

166 

„ theilweise verworfen . . 

21 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

1830 

2 

— 

188 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

7 

Mit Finnen behaftet .... 

45 

3 

— 

44 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

2 

— 

— 

27 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

43 

3 

— 

17 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul- 





tiplen Blutungen u. s.w. sind 
gekocht verwerthet . . . 

_ 

_ 


28 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5019 Stück, bei Kälbern 48 Stück, bei Schafen 3636 Stück, 
bei Schweinen 7922 Stück. 


B. Untersuchungsstation. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

20433 

12085 

2 157 

10604 

Beanstandet. 

135 

20 

4 

6 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

68 



2 

Davon sind sterilis. verwerthet 

21 

— 

— 

2 

Mithin gänzlich verworfen . 

47 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

1 

Mit Finnen behaftet .... 

— 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . 

— 

— 

_ 

— 


Meisch waren 170Bakony, — dänische, 
169 Wildschweine, sowie 1967 dänische Rinderviertel. 


Seachenstatistik and Yeterfnärpolizei. 

Der Viehtransport auf Eisenbahnen. 

Von A. Toscano, städt. Thierarzt in Wien. 

(Tbicrlrail. Contralbl. 1807 H. 24.) 

Verf. unterzieht das Viehtransportwesen auf den österreichisch- 
ungarischen Bahnen einer scharfen und wohl auch berechtigten 
Kritik. In den letzten Decennien habe das Eiseubaho-Betriebs- 
wesen iip Personen- und Frachtverkehr Vortreffliches geleistet, 
dagegen sei die Viehbeförderung unzulänglich geblieben und mit 
den „krassesten Mängeln“ behaftet. Als Beleg für diese kühne 
Behauptung wird Folgendes angeführt: „Am 21. Oet. 1897 ist in 
Wien eine auf Station Loosdorf Niederösterreich verladene Rinder¬ 
sendung, 5 Stiere und 3 Kühe, erstickt angelangt. Die Rinder 
befanden sich in einem hermetisch verschlossenen Wagen ohne 
Fenster und Ventilationsklappe. 

Der Staatshengst Turul, welchen das Ackerbau-Ministerium 
von dem Fürsten von Auersperg um den Preis von 30 000 fl. 
gekauft hatte, sollte von Wien nach Radautz transportirt werden. 
In Lemberg wurde der Hengst bei bitterer Kälte in einem 
primitiven Transport wagen 8 Stunden auf der Station znriiek- 
gehalten; die empfindliche Kälte hielt der Hengst, der an die 
beste Pflege gewöhnt war, nicht aus und ging jämmerlich zu 
Grunde. . 


Nicht viel besser wäre es dem viel werthvollern Staatshengste 
Bonavista, dessen Kaufpreis 180 000 fl. beträgt, auf der Reise 
nach Ki8ber im Monat Juli 1897 ergangen, wenn nicht auf Ver¬ 
anlassung des Ackerbauministers Dr. Daränyi in Komorn rasch 
ein Separatzug beschafft wurde, mit welchem der Hengst weiter 
befördert wurde. Bonavista war 7 Tage auf der Reise, wovon 
40 Stunden allein auf Wien entfallen. Der Hengst musste am 
Nordbahnhofe in Wien vom 2. Juli 9 Uhr 40 Min. bis 4. Juli 
früh auf seine Weiterbeförderung nach Komorn warten, angeb¬ 
lich, weil man denselben vergessen hatte. 

Zur Beseitigung dieser Mängel in der Vieh- bzw. Pferde* 
beförderung hält Verf. eine zweckentsprechende Veränderung 
der Viehtransportwagen für nothwendig. Die Vieh-Commissions- 
Firma Saborsky & Söhne in Wien hat im Verein mit der 
Oestereicbischen Eisenbahnverkehrs-Anstalt einen Special-Hornvieh¬ 
wagen erbauen lassen und denselben probeweise in Verkehr 
gesetzt. Das Vieh war in diesem Wagen sowohl gegen die 
Kälte im Winter als gegen die Hitze im Sommer geschützt und 
konnte bequem gefüttert und getränkt werden. Auch war für 
jedes Thier zum Niederlegen genügend Raum vorhanden. Die 
in diesen Wagen transportirten Rinder erlitten nach commissions- 
mässiger Feststellung eine weit geringere Gewichtsabnahme als 
das auf gewöhnliche Weise beförderte Vieh. Dennoch sind diese 
Special-Waggons nicht zur Einführung gelangt. 

Weiter wird der Typus eines anderen zweckmässigen Vieh¬ 
transportwagens in Wort und Bild vorgeführt, dessen Erbauer 
der russische Ingenieur Edgraf Rikovskoff m Moskau ist. 
Diese Wagen, welche auf den russischen Bahnen bereits zahlreich 
in Betrieb sein sollen, bestehen aus zwei Etagen und besitzen 
je nach der Grösse und Stärke der Thiere einen Fassungsraum 
für 24—36 Stück. Die Ventilationseinrichtungen dieser Wagen 
erlanben eine gleichmässige Temperirung im Innern derselben; 
durch das Vorhandensein von Futterraufen und Rohrleitungen 
zur Abgabe des Trinkwassers ist die Fütterung und das Tränken 
der Thiere während der Fahrt leicht zu bewerkstelligen. Die 
Thiere haben Raum genug, um sich niederlegen zu können. Durch 
Bodenklappen kann der sich ansammelnde Unrath leicht entfernt 
werden. Endlich ist auch in dem Wagen für eine geeignete 
Unterkunft des Begleit- und Wartepersonals gesorgt. 

Die RikovBkoff’schen Viehwagen verbilligen auch den 
Tarif für Viehtransporte ganz erheblich, denn während bisher zur 
Beförderung von 36 Ochsen 4—5 gewöhnliche Waggous nötliig 
waren, beansprucht diese Anzahl von Tkieren nur einen einzigen 
Wagen der neuen Construction. 

Schliesslich sei auf die Verwendung der Wagen für Militär- 
zwecke hingewiesen, denn dieselben haben sich für die Beförde¬ 
rung von Cavalleriepferden ebenfalls geeignet erwiesen. 

Tuberoulinprobeo In England. 

The Veterinary Record hat den praktischen Thierärzten 
Englands über die Wirkung des Tuberculins folgende Fragen zur 
Beantwortung unterbreitet und nachstehendes Resultat erhalten: 

Frage. Haben Sie irgend welche schädliche Wirkung be¬ 
obachtet, die das Tuberculin bei einem tuberculosefreien Thier 
hervorgebracht hat? 

Antwort. 100 antworten „Nein.“ Einer giebt an: „Manch¬ 
mal leichte Störungen, die 48 Stunden undatierten“. 

Frage. Haben Sie je einen Fall von generalisirter Tuberculose 
oder dauernder Schädigung beobachtet» die der Tuberculineiu- 
spritzung zuzuschreiben waren? 

Antwort 98 antworten „Nein“. Drei erwähnen je einen 
Fall von Schädigung, welche möglicherweise durch das Mittel 
verursacht worden sei. 


Digitized by LaOOQie 












96 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No 8. 


Frage. Haben Sie die Tnberculinreaction als ein zuver¬ 
lässiges Hilfsmittel bei der Diagnose gefanden? 

Antwort. 80 antworten ,.Ja“, einer „Nein“, 12 geben un¬ 
bestimmte Antworten, fünf berichten, dass sie Reactionen gehabt 
hätten, ohne bei der Obdnction krankhafte Veränderungen zu 
finden, drei bejahen mit Ausnahme in Fällen vorgeschrittener 
Krankheit. 

Bundesrathsbeschluss. 

Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 17. d. Mts. bezüglich 
des Verfahrens bei der Einfuhr der aus Dänemark und Schweden- 
Norwegen auf dem Seewege eingehenden Rinder beschlossen 


1. dass die nach dem 28. d. Mts. eingehenden Thiere aus¬ 
nahmslos auf Tuberculose zu untersuchen und dass die dabei 
krank oder verdächtig befundenen Thiere nach Anbringung eines 
vom Reichskanzler zu bestimmenden Merkzeichens zurückzuweisen 
seien, und 

2. dass die nicht verdächtig befundenen Thiere von dem freien 
Verkehr auszuschliessen und nur unter gleichen Bedingungen wie 
das österreich-ungarische Schlachtvieh zur Abschlachtung in öffent¬ 
lichen Schlachthäusern zuzulassen seien. 

Diese Massregel wird gegenüber Schweden-Norwegen erst 
nach der Wiederaufhebung des kürzlich aus anderen Gründen 
erlassenen Vieheinfuhrverbots zur Anwendung kommen. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Grenzthierärzten die Thierärzte Schropp- | 
Lenzkirch in Stühlingen, R e i c h 1 e - Stühlingcn in Singen. — Zu i 
Districtsthierärzten die Thierärzte E. H o 1 z a p f e 1 - Baunach in 
Weismain, Hans M e y e r-Nördlingen in Hornbach (Pfalz). 

Der Thierarzt E. Kuhn, bisher am Schlachthof iu Stuttgart, 
ist zum Assistenten am physiologischen Institut der Thierärztlichen 
Hochschule in Stuttgart ernannt worden. 

Es sind gewählt worden: Tliicravzt H e rs c h e 1 - Görlitz zum 
Schlachthofverwalterin Sagan, Thierarzt Ras so w zum Schlachthof¬ 
inspector in Teterow (Mecklenb.), Thicrarzt Hussmann -Stassfurt 
zum Leiter der Fleischschau in Leopoldshall. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden 
in Berlin: Die Thierärzte Schultz in Gehrden (Hann.) und 
Witt, Assistent an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin. 

Wohnsitzveränderungen. Niederlassungen etc : Versetzt: Bezirks¬ 
thierarzt Brachinger - Bern eck nach Schweinfurt. — Verzogen: 
Thierarzt 0. K a t z f u as - Meissen nach PosBendorf. — Thierarzt 
A. Scherraer -Rambcrg hat sich in Herxheim (Pfalz) nieder¬ 
gelassen. 

Todesfälle: Oberrossarzt B r a u n - Potsdam. 

Statt jeder besonderen Meldung an Colleges. 

Am 22. Februar entschlief nach längerer Krankheit Dr. Christian 
Friedr. Willi. Rabe, Professor der pathologischen Anatomie an der 
Thierärztlichen Hochschule zu Hannover. — Beerdigung Freitag 
12 Uhr in Hannover vom Trauerhause aus, Friedenstr. 5. 

Namens der Hinterbliebenen 

S c h in a 11 z. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis 
10. März an Regierungs - Präs in Minden. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs^Präs. 
in Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

— R.-B. Stettin: Kammin.— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthlerarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStcllen: 
Beuthen: 2. Scblachthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld 432M.), Bew. 
an Magistrat. — Elberfeld: 2. Assistent des Schlachthofdirectors. 
(1800 M.) zum 1. April. Bewerb, bis 1. März an Oberbürgermeister. 

— Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). 
Bew. an Magistrat. — Filehne: Schlachthofinspector zum 1. Oct. d. J. 
Bew. bis 15. März an Magistrat. — Ostrowo: Scblachthofinspector 
(2100—3000 M., fieie Wohnung, Heizung, Beleuchtung). Bew. bis 
25. Febr. an Magistrat. — Schmalkalden: Schlachthofinspector 
(1800—2100 M., freie Wohnung, Heizung, Beleuchtung. Nebeneinnahmen 
ca. 300 M. Privatpraxis gestattet). Bew. an Bürgermeister. — Zoppot: 
Schlachthausverwalter zum 1. April (1000 M., freie Wohnung, Privat¬ 
praxis gestattet). Bew. bis 10. März an Gemeinde-Vorsteher. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie 


Wohnung etc.). Bew. an Magistrat — Coblenz: Schlachthof- 
director zum 1. Mai 1898 (3500—5000 M.). Bew. an Oberbürger¬ 
meister Schüller. — Finsterwalde: Schlachthofdirector (1500 M., 
freie Wohnung und Heizung. Privatpraxis gestattet) Bew. an Magistrat 
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt 

j —Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. CasBel). 
i — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
i Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pits che n: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i n g: Auskunft Amts Vorsteher. 

— Schwarzenau: <800 M. für Fleischschau'. Näheres Magistrat 

— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-Boitzenburg. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 
(Elbe). — Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 

l 1300—1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen Ibbenbüren, Sagan. 


Erklärung. 

In der VIII. Plenarversammlung des Deutschen Veterinär- 
rathes im October v. J. machte Herr v. P u 11 i t z unter Anderem 
die Behauptung: 

„In 08tfriesland giebt es kaum mehr Bullen, die nicht 
auf Tuberculose reagiren. Deshalb werden dort ganz 
gewöhnlich Vorimpfungen vor dem Verkauf vorgenommen, 
weil sonst die meisten Thiere nach dem Verkauf reagiren 
und deshalb von den Käufern nicht übernommen werden 
würden.“ 

Nach Auskunft der befragten Rechts-Anwälte fehlt uns zu 
unserem lebhaften Bedauern die Handhabe, Herrn v. Putlitz 
wegen des in dieser Behauptung liegenden, gegen die grosse 
Mehrzahl der ostfriesischen Züchter gerichteten Vorwurfs des 
Betruges gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Wir beschlossen 
deshalb, dem genannten Herrn eine Summe von 
Eintausend M ark 

zur freien Verfügung zu stellen, für den Fall es ihm gelänge, den 
Beweis zu erbringen, dass die von ihm aufgestellte Behauptung 
auch nur zum hundertsten Theile der Wirklichkeit entspricht, und 
erwarten, dass Herr v. Putlitz den gleichen Betrag za wohl- 
thätigen Zwecken opfert, wenn wir den Beweis liefern, dass seine 
Behauptungen ganz unbegründet sind. 

Norden, den 18. Februar 1898. 

Der engere Ausschuss des landwirtschaftlichen Hauptvereins 
für OBtfriesland. 

I. V.: D. Wegner, Oekonomierath. 

Berichtigung. B. T. W. No. 7 8. 84 muss es heissen „Apparat 
nach Trapp“, nicht „nach Toepp“. 


Verantwortlich für den Inhalt (ezcl. Inseratcp'.heil) Prof. Ur. Schinaltz iu Berlin. — Verlag und hliirenthum von Richard Sclioetz in Berlin. — Druck von W. BQxenstein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 








Die „Berliner Thierärxtlictae Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in 8ttrke von mindestens l*/» Bogen. Dieselbe 
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetx, Berlin NW., Luisenstrasse 3ti. zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Berliner 


Originalbeitrkge werden mit 50 Mk. ftlr den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin, thierärztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse ftf. 
Correcturen, Kecensions-Rxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Jahrgang 1898. M 9 . Ansgegeben am 3. März. 

Inhalt: Toepper: Blutserum: mpfungen als Schutzmittel gegen die Brustseuche. — Versammlung des H a m - 
burg-Altonaer thierärztlichen Vereins. — Moelier: Ein Micvoorganismus, welcher sich morpho¬ 
logisch und tinktoriell wie der Tuberkelbacillus verhält. — Referate: Novotny: Zwerchfcllriss mit Ein¬ 
klemmung eines Theiles der linken unteren Griramdarmlage. — AI brecht: Geburtsrauschbrand. — Afanasieff: Ueber die 
Bedeutung des Granulationsgewebes bei der Infeetion von Wunden mit pat'iojeneu Microorganismen. — Therapeutische Notizen. — 
Tagesgeschichte: Ueber die Bedeutung der Landwlrthschaftskainraern für die Vetcrinärwissenscliaft. — Verschiedenes.— 
Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Blutserumimpfungen als Schutzmittel gegen 
die Bru8t8euche.*) 

Von 

Dr. Paul Toepper, 

Obcrrouarzt der Königlichen Marstiill > 

Die Brustseuche der Pferde gehört zu denjenigen Infections- 
krankheiten, deren Ursache wir nicht kennen. In der thier¬ 
ärztlichen Wissenschaft ist man sich darüber einig, dass weder 
die von Schütz noch die von Lustig als Ursache der Brust¬ 
seuche angesehenen Mikroorganismen dieselbe darstellen. Wären 
sie die Ursache der Brustseuche, so müsste man im Stande sein, 
künstlich die Brustseuche zu erzeugen. Dieses ist, so viel mir 
bekannt, bis jetzt noch Niemand gelungen. Anderseits wurde 
dnreh Hell (Zeitschrift für Veterinärkunde II. Jahrgang No. 3 
pag. 111) festgestellt, dass die Schütz’schen Brustseucbecoccen 
keine Unterscheidungsmerkmale zwischen Eiter- resp. Erysipel- 
coccen nachweisen lassen. Schon in den Jahren 1887—1889 sind 
von Hell (Zeitschrift lür Veterinärkunde Jahrgang I, Heft 1) an 
der Militärro88arzt8cbnle, dem Remontedepot Prenssisch Mark 
und bei Pferden des II. Garde-Dragoner-Regiments mit den von 
Schütz entdeckten Mikroorganismen Immunisirungs - Versuche, 
doch ohne Erfolg gemacht worden. Dass eine Krankheit, deren 
Ursache anbekannt ist, den Untersuchungen mehr Schwierigkeiten 
machen wird, als eine Krankheit, deren Erreger man kennt, ist 
klar. Das erste Bestreben in der Wissenschaft musste sich daher 
auf Ergründuug der Ursache der Brustseuche richten. Dass es 
aber auch möglich ist, Tliiere gegen eine Krankheit zu immuni- 
siren, ohne dass man die Krankheitsursache kennt, ist uns von 
Professor R. Koch bei der Rinderpest bewiesen worden. Aach 
bei der Brustseuche der Pferde scheint es möglich zu sein, die 
Pferde auf 6—8 Wochen durch Seruminjectionen immun zu 
machen. Dies genügt aber auch in den meisten Fällen, die 
Seuche zum Erlöschen zu bringen. Die Skeptiker werden ja 
gerade bei der Brustseuche Gelegenheit haben, die Behauptung 
aufzustellen, dass die Brustseuche auch ohne die Impfung 
erloschen wäre. Es kommt ja auch thatsächlich vor, dass die 

*) Die Form des obigen Artikels ist dadurch bestimmt, dass der¬ 
selbe im wesentlichen einem Bericht des Verfassers an Seine Majestät 
den Kaiser entspricht, welcher auf Allerhöchsten Befehl auch im 
Militär-Wochenblatt veröffentlicht worden ist. 


Brustseuche, allen wissenschaftlichen Erwägungen zum Trotz, oft 
plötzlich und ohne Veranlassung aufhört, selbst bei jungen 
3—4jährigen besonders dafür empfänglichen Pferden. 

Obwohl die Brustseuche beim Militär nicht so viele Opfer 
fordert wie z. B. die Kolik, so ist sie dennoch wohl die 
gefrirchtetste Krankheit. Ihre systematische Bekämpfung durch 
Impfung mit Blutserum solcher Pferde, die die Krankheit vor 
kurzem überstanden haben, wäre daher von der grössten 
Wichtigkeit. 

Diese Impfung mit Blutserum ist durchaus nicht neu, sondern 
schon längere Zeit bei vielen Regimentern theils mit theils ohne 
Et folg angewendet worden. Ihr geistiger Urheber sowohl als 
auch derjenige, der dieselbe zuerst angewendet hat, ist der 
jetzige Corpsrossarzt des IX. Armeecorps Hell in Altona. Bald 
nachdem Hell, weun ich nicht irre, war es im Jahre 1892, seine 
Versuche in der Zeitschrift für Veterinärkunde IV. Jahrgang 
No. 12 pag. 527 veröffentlichte, hatte Hell die Liebenswürdigkeit, 
mich brieflich mit der genaueren Ausführung der Impfung bekannt 
zu machen. Seit dieser Zeit habe ich die Angelegenheit weiter 
verfolgt nnd habe in vielen grossen Beständen die Impfung mit 
Blutserum ausgeführt. Nie ist mir dieselbe misslungen, sondern 
immer von dem Erfolge begleitet gewesen, dass die Seuche 
sofort coupirt wurde. Hervorheben muss ich aber, dass die 
Seuche, wenn ich mit der Impfung begann, meistens 4—6 Wochen 
unter den Pferden des Bestandes herrschte, da mir nie frisch 
durchgeseuchte Pferde zur Verfügung standen. 

Will man nach meiner Ansicht mit Erfolg gegen die Brust- 
seuche mit Blutserum impfen, so sind 2 Punkte in Betracht zn 
ziehen: 1. Das Impfmaterial und 2. die Quantität des Blutserums. 

Das Blutserum muss vou solchen Pferden entnommen werden, 
die die Brustseuche überstanden haben und mindestens 3—6 Wochen 
fieberfrei sind. Diese Zeit der Blutentnahme halte ich nach 
meinen Erfahrungen für die beste. Man kann aber, wie Professor 
Jensen in Kopenhagen angiebt, die Zeit der Blutentnahme auf 
6—12 Wochen hinausschieben. 

Die Zeit vor 3 Wochen ist nicht zu empfehlen, weil event. 
noch Giftstoffe (Toxine) im Blute sich befinden können. Pferde, 
die die Brustseuche sehr schwer durchgemacht haben, halte ich 
zur Blutabnahme für die geeignetsten. 


Digitized by UjOOQie 







98 

Die Quantität, die jedem Pferde eingespritzt wird, darf nicht 
unter 150 Gramm betragen. Ich nehme in der Regel 200 Gramm 
und spritze zuerst 100 Gramm und nach zwei Tagen abermals 
100 Gramm unter die Haut. 

Die Impfung geschieht folgen dermassen: Man wähle zur Blut¬ 
entnahme 2 bis 4 Pferde aus, die die Brustseuche schwer gehabt 
haben und 3 bis 6 Wochen fieberfrei sind. Jedem dieser Pferde 
kann man, ohne demselben zu schaden, in Zwischenräumen von 
2—3 Tagen 8, ja sogar 12 Liter Blut abnehmen. Das Blut 
entnimmt man aus der Drosselvene mit der von Geheimrath 
Dr. Dieckerhoff construirten Nadel. Nach Abscheeren der 
Haare, Desinfection der Hautstelle und Abreibung mit absolutem 
Alkohol stös8t man die Dieckerhoff’scke Nadel fast quer zum 
Halse, die Oeffnung der Nadel nach oben gerichtet, in die Drossel¬ 
vene. Das Blut strömt dann, bat man die Drosselveue gut ge¬ 
troffen, in grossem Bogen aus der Nadel, berührt nicht die Haut 
und wird in sterilisirten Gläsern aufgefangen. Nach dem Heraus¬ 
ziehen der Nadel ist es nicht nöthig, einen Verschluss der Wunde 
herbeizuführen, da eine Nachblutung fast nie geschieht. Blutet 
es noch, so genügt ein 1 bis 2 Minuten lang dauernder gelinder 
Druck mit dem Daumen, die Blutung zur Stillung zu bringen, 
oder man pudert etwas Tannin auf die Wunde. Die Diecker- 
hoff’sehe Nadel ist der von Dr. Casper construirten entschieden 
vorzuziehen. Ich habe mit beiden Nadeln gearbeitet, die An¬ 
wendung der Casper’schen Nadel aber verlassen, da mir die 
Entnahme von Blut, will man viel Serum produciren, zu langsam 
vor sich geht. Hauptsächlich darauf, dass das Lumen der 
Dieckerhoff’schen Nadel fast doppelt so grosB ist, wie das¬ 
jenige der Casper’schen, beruht der Vorzug der ersteren. Dazu 
kommt, dass bei der Dieckerhoff’schen Nadel die am unteren 
Theile der Nadel anzuschraubende Scheibe und der Ansatz die 
Sicherheit beim Einstechen in die Drosselvene erhöht und end¬ 
lich es nicht nöthig ist, das Blut durch einen Riemen um den 
Hals anzustauen. Man macht dies bei der von Dieckerhoff 
construirten Nadel einfach wie beim Aderlass durch Druck der 
Finger auf den unteren Halstheil der Drosselvene. 

Zum Auffangen des Blutes verwende ich Glascylinder, die 
6 bis 8 cm Durchmesser haben, oben abgeschliffen sind und 8C0 bis 
850 Gramm Inhalt haben. Bedeckt werden dieselben mit flachen 
Glasschalen. Dadurch, dass etwas Serum in der Regel zwischen 
GlaBschalen und dem oberen Rande der Glascylinder kommt, 
kleben dieselben so fest, dass die Abnahme von den Cylindern 
oft Schwierigkeiten bereitet. Besitze ich keinen Sterilisations- 
Apparat, so lasse ich die Gläser in lOproc. heisser Sodalauge 
reinigen und spülen und desinficire hierauf mit 5proc. Carbolsäure- 
lösung. Die mit Blut beschickten Cylinder stelle ich nicht in 
Eiswasser, sondern in ein Zimmer, dessen Temperatur 5—10° C. 
beträgt. Ich habe gefunden, dass die Ausbeute an Serum in der 
Regel dann eine reichlichere ist. Gewöhnlich erhält man von 
jedem Liter Blut 500—600 Gramm Serum. Für einen Zusatz von 
0,9 pCt. chemisch reiner Oxal- resp. Citronensäure kann ich mich 
nicht erwärmen. Das Serum wird dann bordeauxroth und lässt 
sich oft sehr schwer von dem lose, oft gar nicht geronnenen 
Blutkuchen abgiessen. Um das Serum von Unreinlichkeiten resp. 
kleinen geronnenen Blutpartikelchen zu befreien, filtrire ich es 
durch sterilisirte Glaswolle. 

Die Injection des Serums mache ich vor der Brust mit der 
Dieckerhoff’schen zur intralaryngealen Injection empfohlenen 
100 Gramm haltenden Spritze, nachdem die Hautstelle vorher 
desinficirt ist. Nach der Injection lasse ich die Pferde bewegen, 
da hierdurch die Resorption des Serums befördert wird, und spritze 
nach zwei Tagen wiederum 100 Gramm Serum unter die Haut. 
Sicher ist, dass erstens die Impfung nichts schadet, nicht einmal 


No. 9. 

bei einiger Antisepsis einen Abscess hervorruft und zweitens, dass 
Pferde, die bereits vorher inficirt sind, in der Regel sofort oder 
kurze Zeit nach der Impfung erkranken. 

Die Dauer des Impfschutzes wird sich auf 6—8 Wochen 
ausdehnen. Es ist bekannt, dass die Brustseuche in den ver¬ 
schiedenartigsten Abstufungen auftritt. Oft ist sie sehr leicht, 
oft aber ihr Character so pernieiös, dass ein grosser Theil der 
erkrankten Pferde eingeht. Diesen pernieiösen Character hatte 
die Brustseuche Ende dieses Jahres in vielen Ställen Berlins und 
Umgegend, so verlor der Königliche Reitstall in der Woche vom 
12.—20. November 1897 vier werthvolle Reitpferde. Immer schwer 
tritt die Brustseuche bei hochtragenden Mutterstuten auf. Der 
Grund hierfür muss wohl auf die Behinderung des Zwerchfelles 
beim Athmen zurückgeführt werden. 

Zwei Impfungen mit Blutserum in Beständen, in welchen 
die Seuche sehr schwer auftrat, möchte ich hier mittheilen. 

Im Mutterstuten Vorwerk Bajohrgallen, einem Vorwerke vom 
Hauptge8ttit Trakehnen, stehen die Mutterstuten des schweren Reit- 
und leichtenWagenschlagesgemischterFarbe. Sie sind untergebraebt 
in 8 Laufställen und ist jeder Stall mit 8—9 Stuten belegt, in welchem 
dieselben frei umhergehen. Mitte Mai des Jahres 1895 besass 
Bajohrgallen mit der neuen Einrangirung circa 60 Mutter¬ 
stuten, 2 Hauptbeschäler und 1 Probirhengst. In dieser Zeit 
brach die Brustseuche aus. Trotzdem die Stuten sofort auf die 
Weide getrieben wurden und auf derselben von Morgens 8 Uhr 
bis Abends 6 Uhr verblieben, trat die Seuche doch sehr schwer 
auf. Innerhalb acht Tagen starben die beiden zuerst erkrankten 
Stuten. Trotzdem die Pferde auf der Weide sämmtlich mit 
einander in Berührung kamen, gingen die Erkrankungen doch 
stallweise vor sich. Am 25. Juni befahl Se. Excellenz, 
Graf Lehndorff, die Impfung. Es waren bis zu dieser Zeit 
vier Ställe durchgeseucht, in vier Ställen aber, und gerade in 
dem Stalle, in dem die Remonten standen, noch kein Fall von 
Brustseuche festgestellt. Am 1. Juli wurde mit der Impfung 
begonnen. Es wurden geimpft 43 Mutterstuten, und 2 Haupt¬ 
beschäler. Der Probirhengst, im Hengststalle aufgestellt, war 
bereits erkrankt. Am 2. Juli erkrankte von den geimpften 
Pferden eine neu eingestellte vierjährige Mutterstute ziemlich 
schwer an der Brustseuche, aber auch hiermit war und blieb 
die Seuche erloschen. 

Ich mache besonders darauf aufmerksam, dass ich eine Des¬ 
infection der Stallungen nicht vornehmen lasse, wenn ich ge¬ 
impft habe. Ich gehe hierbei von der Ansicht aus, dass, wenn 
die Serumipjectioü die Pferde eine Zeitlang schützt, und sie 
dennoch gezwungen werden, die Keime der Brustseuche in sich 
aufzunehmen, die Immunität vielleicht eine nachhaltigere ist. 
Erst sechs Wochen nach dem letzten Krankheitsfalle lasse ich 
den Stall eingehend deBinficiren. 

In den Königlichen Marstall-Abtheilungen im Neuen Palais 
waren bereits im Monate Juni vereinzelte Fälle von Brustseuche 
vorgekommen. Im August, September und October trat die 
Seuche in den Marstall-Abtheilungen in Berlin und zwar sowohl 
iu der Breiten- wie Dorotheenstrasse auf. Regel war, dass hier 
nur die Remonten vom Jahre 1896 ergriffen wurden. In der 
ersten Hälfte des Monats October trat der erste Fall von Brust¬ 
seuche im Reitstall in Potsdam auf. Diesem folgten bald mehrere. 
Anfänglich leicht und ohne Verluste an Todten verlaufend, 
wurde die Krankheit so pernieiös, dass, wie schon erwähnt, in 
der Woche vom 12.-20. November vier Reitpferde eingingen. 
Am 10. November 1897 befahl mein hoher Vorgesetzter, der 
Oberstallmeister Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Excellenz 
Graf von Wedel die Impfung, da Sr. Excellenz bekannt war, dass 
ich verschiedene Pferdebestände mit Erfolg geimpft hatte. Am 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


Digitized by 


Google 



3. März 1898. 


13. und 15. November wurden den Pferden Ehrenpreis, Campanus 
resp. Blauveilchen und Matador im Ganzen 12 Liter Blut ab¬ 
genommen. Aus diesem Blute wurden 6,1 Liter Serum erzielt, 
und hiermit 30 Pferde zweimal mit je 100 g geimpft. Gleich 
nach der Impfung erkrankte das Pferd Friedi an der Brustseuche 
sehr schwer, so dass der erste fieberfreie Tag erst am 27. November 
eintrat. Gleichzeitig zeigten zwei Pferde gleich nach der ersten 
Impfung, nämlich Maennering und Dunois, Fieber. Dasselbe fiel 
aber sofort zur Norm nach der am 17. November ausgeführten 

2. Impfung, so dass von einer Erkrankung an der Brustseuche 
wohl nicht die Rede sein konnte. Drei Pferde und unter ihnen 
das Pferd Panther worden wegen ungenügenden Vorhandenseins von 
Serum nicht geimpft. Diese Pferde wurden ausgewählt, da sie 
zu den ältesten Pferden des Stalles gehörten und anzunehmen 
war, dass sie die Seuche vielleicht schon gehabt batten. Dennoch 
erkrankte das nicht geimpfte Pferd Panther an der Brust¬ 
seuche. 

Von den geimpften Pferden, unter denen sich kein Pferd 
über sieben Jahr befand, erkrankte kein Pferd und fand die 
Brustseuche in den kaiserlichen Marställen hiermit ihren Ab¬ 
schluss. 

Dass der Imraunisirungs-Werth des Serums bei der Brust¬ 
seuche zwischen grossen Grenzen schwankt, sieht man deutlich 
bei Anwendung des Serums als Heilmittel. Sehr oft habe ich 
Quantitäten von 5—600 Gramm Serum in Zwischenräumen von 
zwei Tagen und in Mengen von je 200 Gramm, kranken Pferden 
unter die Haut gespritzt, ohne dass ich einen bemerkenswerthen 
Einfluss auf die Krankheit beobachtet habe. In einigen anderen 
Fällen dagegen fiel sofort nach der Injection des Serums das 
Fieber, einmal sogar nach zwei Tagen jedesmal um 2 Grad, 
so dass die Temperatur nach der ersten Injection von 41,0 auf 
39,0° 0. fiel und nach einer nochmaligen Injection von 2C0 g von 
39,0° C. auf 37,0° C. 

Es ist daher sehr fraglich, ob dem Serum ein Einfluss 
als Heilmittel gegen die Brustsenclie zuzuschreiben ist. 

Die verschiedenartige Abstufung bei der Erkrankung 
an der Brustseuche in den einzelnen Pferdebeständen lässt 
annehmen, dass auch das Serum einen vollständig verschiedenartigen 
Immnnisirungswerth besitzen wird. Deshalb empfehle ich, so 
lange wir eine genaue wissenschaftliche Untersuchung über den 
Immunisirungswerth des Serums nicht besitzen, nur Serum zur 
Impfung gegen Brustseuche zu verwenden, welches von Pferden 
desjenigen Bestandes entnommen, ist, in dem die Seuche herrscht. 

Für die gesammte Cavallerie wäre es von der grössten 
Wichtigkeit, wenn es möglich wäre, in jedem Falle durch Impfung 
die Seuche zu coupiren, denn dann wäre jedes Cavallerie-Regi- 
ment zu jeder Zeit felddienstfähig zu machen. 

Um dies zu erreichen, wäre es nothwendig, die ganze Frage 
der Seruminjection als Schutzmittel der Brustseuche wissen¬ 
schaftlich zu untersuchen und hierbei folgende Fragen zu be¬ 
rücksichtigen : 

1. Besitzt das Serum solcher Pferde, die die Brustseuche 
überstanden haben, überhaupt einen Immnnisirungswerth. 

2. Wie hoch ist derselbe bei verschiedenen Pferden in ver¬ 
schiedenen Zeiten nach Ueberstehen der Krankheit. 

3. Das Serum ist nach der von Lorenz beim Rothlauf der 
Schweine angewandten Methode zu concentriren und zu conserviren. 

4. Es müssen vom Staate Stationen errichtet werden, von 
denen das Serum zu jeder Zeit zu beziehen ist. 

Genauere wissenschaftliche Untersuchungen werden jeden¬ 
falls zu Resultaten führen, mit denen wir auch bei Bekämpfung 
der Brustseuche weiter kommen werden, als wie wir jetzt sind. 


99 


Versammlung 

des Hamburg - Altonaer thierärztlichen Vereins. 

Die Behandlung des Kalbefiebers mit Jodpräparaten. 

In der am 12. Februar dieses Jahres im Vereinslocale, 
Hamburg, St. Pauli, Marienstr., unter Vorsitz des Herrn 
Staatsthierarztes Völlers abgehaltenen Versammlung wurde 
zunächst der Kassenbericht pro 1897 erstattet und der Mitglieds¬ 
beitrag auf 6 Mark festgesetzt. Der Antrag des Vorstandes, 
betreffend die Veranstaltung eines Wintervergnügens, fand ein¬ 
stimmige Genehmigung. 

Herr Thierarzt Ehling-Winsen erhielt nunmehr das Wort 
zu dem Vortrage: ,Die Behandlung des Kalbefiebers 
mittels Jodpräparaten.“ Herr Ehling gab zunächst eine 
Uebersicht über die Theorien bezüglich der Entstehung des 
Kalbefiebers und kritisirte die bisher üblichen Behandlungs¬ 
methoden. Die Mitteilungen von Schmidt-Kolding über seine 
Erfolge bei der Behandlung des Kalbefiebers mittels Jod¬ 
präparaten veranlassten Ehling, diese Methode der Behandlung 
in folgenden Fällen in Anwendung zu bringen. Die Kranken¬ 
geschichten dieser Fälle mögen hier kurz wiedergegeben 
werden: 

I. Kuh des Abbauers B. zu P. Die Kuh kalbte am 21. Januar 
1898. Am 25. Januar Morgens mangelnde Fresslust, 11 Uhr 
Vormittags Unvermögen, aufzustehen. 1% Uhr Nachmittags 
Eintreffen von Ehling. Status praesens: die Kuh stark auf¬ 
getrieben, der Kopf liegt, langgestreckt, platt auf der Seite. 
Corneareflexe träge. Behandlung: Infusion einer Lösung von 
10,0 g Jodcalium in die vier Striche des Euters, in jeden Strich 
lässt Ehling \ 1 der Lösung einfliessen. V« Stunde nach der 
Infusion Tympanitis verschwunden, Pansenbewegung, Rülpsen. 
Nach Klystieren erfolgt Kothabsatz, Kopf wird hochgehoben. 

4 Uhr Nachmittags: Auf Klysma erfolgt Kothabsatz. Zwischen 
die Zahnreihen geschobene Runkelrübenstücke werden zermalmt 
und hinuntergeschluckt. 

6 Uhr Abends: Kothabsatz, Verlangen nach Getränk, es 
wird V* Eimer Kleiwasser aufgenommen, die Nasenlöcher werden 
mit der Zunge ausgeleckt. Im Laufe der Nacht wird der Kopf 
zeitweilig in die Seite gelegt. Im Laufe des nächsten Tages 
(26. Januar) wenig Veränderung, Appetit gering. Abends 
8 Uhr wird die Schlachtung vorgenommen. Bei der Behandlung 
waren noch in Anwendung gebracht: Spirituose Einreibung längs 
des Rückens und Priessnitz’sche Umschläge. Innerlich wurden 
30 g Aloe und 10 g Tartarus auf 4 mal 2 stündlich gegeben. 

II. Herdbuclikuh des Hofbesitzers M. in S., 10 Jahre alt. 
Gekalbt am 30. Januar. Gleich nach dem Kalben mangelnde 
Fressest. 31. Januar Morgens früh Schwäche im Hintertheil. 
Vormittags 11 Uhr Unvermögen, aufzustehen. Nachmittags 
5 Uhr Eintreffen von Ehling. Status praesens: Die Kuh liegt 
platt auf der Seite, comatöser Zustand. Athmung geschieht sehr 
oberflächlich und langsam, 4 bis 5 Athemzüge in der Minute. 
Dem Herumwälzen wird gar kein Widerstand entgegengesetzt 
(als ob sie leblos sei). Um 5 Uhr Infasion von 10,0 g Jodcalium, 
nachdem etwas Pansenbewegung. Beim Klystieren etwas Absatz 
von trockenem Koth. Einreibung und Prie ssnitz’sche Um¬ 
schläge. 

Abends 7 Uhr: Tympanitis, Zustand wie zuvor, 7$ Uhr 
Infusion von 5,0 g Jodcalium, nachdem Rülpsen, Abblähen, 
weitere Behandlung durch Einreibung, Priessnitz’sehen Um¬ 
schlag, Klystier. Etwas Kothabsatz. Ein Schlächter wird 
gerufen, da der Zustand bedrohlich wird. Herzschwäche. 
Abends IO 1 /* Uhr Infusion von 5,0 g Jodcalium, Tympanitis lässt 
nach, eingeschobene Runkelrüben werden gierig gefressen. Um 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by UjOOQie 



100 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


11 Uhr Nachts wird der Kopf hochgehoben and nur noch ganz 
selten in die Seite gelegt. Nachts 2 Uhr Kuh anscheinend ausser 
Gefahr. 

Am 31. Januar Morgens 6 Uhr bedrohliche Herzschwäche, 
4 bis 5 Pulse, dann Aussetzen, Herzschwirren; 6J£ Uhr wird eine 
Flasche Kaffee mit Rum eingegeben, danach Schweissausbruch 
und beschleunigtes Athmen, welches sich im Verlaufe des Vor¬ 
mittags wieder verliert. Es wird etwas Getränk (Wasser) auf¬ 
genommen. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar 
erhebt sich die Kuh. Aufstand also 32 Stunden nach der 
ersten Infusion. Am 3. Februar (4 Tage nach Eintritt der 
Krankheit) Morgens 5 Liter Milch. Beim Besuch am 4. Februar 
Kuh vollkommen gesund. 

III. Kuh des Hofbesitzers P. zu S., 6 Jahre alt. Die Kuh 
gebar am 3. Februar einen Doppellender, welcher unter Hilfe von 
vier Personen entwickelt werden musste. Am 4. Februar Morgens 
wenig Appetit. Mittags beim Melken Trippeln. Kuh legt 
sich Nachmittags 4 Uhr und kann sich nicht wieder erheben. 
Abends 9 Uhr Status praesens: Sehr gut genährtes Thier. Grosses 
Euter, welches noch einige Milch enthält. Kopf wird 
in die Seite gelegt — lautes Stöhnen. Cornea gegen 
Insulte noch recht empfindlich. Pulse 80, schwach. 
Behandlung: Infusion von 10,0 g Jodcalium. Gleich nach 
der Infusion wird der Kopf erhoben. Gesichtsausdruck 
wesentlich besser. Klystier, viel Kothabsatz. Einreibung, Priess- 
nitz’sche Umschläge. Runkelrüben werden verzehrt, Stöhnen 
nicht mehr zugegen, Pulse 100 und mehr, schwach. — 11 Uhr 
Uhr Abends Infusion von 5,0 g Jodnatrium, gewählt, um die 
Giftwirkung des Caliums auf das Herz auszuschliessen, Pulse von 
100 auf 80, werden kräftiger, Allgemeinbefinden gut. Brod und 
Runkelrüben, ins Maul gesteckt, werden verzehrt. — 12 Uhr 
Nachts Pulse 100, etwas schwächer als zuvor. Kopf wird zeit¬ 
weilig in die Seite gelegt. Die Kuh macht Versuche, aufzustehen. 
Nachts 1 Uhr erhebt sich die Kuh langsam, aber sicher, sie steht 
zwei Stunden und legt sich dann leicht. Nach ^ständiger Ruhe 
erhebt sie sich ebenso leicht. Kuh gesund, der Appetit kehrte 
im Laufe des nächsten Tages wieder. Die Kuh erhob sich 
vier Stunden nach der ersten Infusion. 

IV. Kuh des Gastwirtbs M. zu L., 7 Jahre alt. Die Kuh 
kalbte am 5. Februar Morgens 7 Uhr leicht, zeigte bis zum 
6. Morgens 9 Uhr guten Appetit, dann verminderte Fresslust und 
legte sich. Nachmittags steht die Kuh wieder auf (schwerfällig). 
Appetit aufgehoben. 6 Uhr Abends trippelt die Kuh, 7 Uhr 
Abends fällt die Kuh um, kann sich nicht mehr erheben. 

Abends 11 % Uhr Status praesens: Die Kuh legt den Kopf 
zeitweilig in die Seite, sonst wird er noch gehoben. Auge klar, 
geringgradige Aufblähung. Pulse 80 pro Minute. Pulswelle klein 
und schwach. Behandlung: Infusion von 5,0 g Jodnatrium, nach¬ 
dem Pulse 60, kräftiger, Arterie voll, Wand gespannt Aufstossen. 
Runkeln, zwischen die Zähne geschoben, werden gekaut. Kuh ver- 
räth ein gewisses Wohlbefinden. Kopf wird dauernd erhoben. 
Klagende Laute nicht mehr hörbar. Beim Klystier etwas Koth. 
Priessnitzumschlag und Einreibung. Nachts 2 Uhr Infusion 
von 5,0 g Jodnatrium. Pulse, vorher 80, jetzt wieder 60. Sicht¬ 
liche aufmuuternde Wirkung. 

7. Februar, Abends 5 Uhr, Infusion von 5,0 g Jodnatrinm. 
Pulse darnach kräftiger und langsamer. Die Kuh nimmt Getränk 
und einige Halme Heu freiwillig auf. Nachts 127a Uhr erhebt 
sich die Kuh leicht, ohne Unterstützung, und legt sich leicht nieder. 
Kuh gesund. Der Aufstand erfolgte 257a Stunden nach der 
ersten Infusion. 

Wenn auch diese Ergebnisse der Behandlung des Kalbefiebers 
mit Jodpräparaten noch kein endgiltiges Urtheil zulassen, so 


No. 9, 

muntern sie doch lebhaft zu weiteren Versuchen auf, und Ehling 
empfiehlt die Anwendung von Jodpräparaten, namentlich des Jod¬ 
natriums bei Kalbefieber auf das Wärmste. Einen zweckmässigen 
Infusionsapparat hat er sich bei der Firma Leonhard Schmidt 
in Hamburg, Neuer Wall 66, hersteilen lassen. Der Preis desselben 
beträgt 2,75 Mark. 

Herr Departements - Thierarzt Schmidt-Buxtehude hat 
bisher 6 kalbefieberkranke Kühe mit Infusionen von Jodpräparaten 
behandelt. Hiervon sind vier, darunter eine sehr schwerkranke, 
genesen, während eine nothgeschlachtet wurde und eine, die 
bereits dem Tode nahe, gestorben ist. Wie Herr Kreisthierarzt 
Nevermann-Bremervörde Herrn Schmidt mittbeilte, hat der¬ 
selbe gleich günstige Resultate bei der Behandlung des Kalbe¬ 
fiebers mittels Jodcalium gesehen. 

Herr Schmidt berichtete noch über einen Fall von Blut¬ 
fleckenkrankheit beim Rinde. Ausser Schwellungen an den 
Gliedmassen zeigte das Thier Blutflecke in der Nasenschleimhaut 
von der Grösse eines Markstückes und auch kleinere. Das Rind 
zeigte guten Appetit. Die Behandlung bestand aus einer Ein¬ 
spritzung von 30,0 g Jodjodcalium. Anderen Tages war das Rind 
genesen. Bezüglich der Mengen von Jodjodcalium, die man ein¬ 
spritzen kann, erzählt Herr Schmidt, dass er einem Pferde mit 
Blntfleckenkrankheit innerhalb 8 Tagen 500,0 g Lugol’sche 
Lösung eingespritzt habe, 60 bis 70 g an einem Tage, bevor 
das Thier geheilt wurde. Herr Corpsrossarzt Hell empfiehlt, 
Jodjodcalium bei Blutfleckenkrankheit in die Geschwülste selbst 
einzuspritzen. Er hat dies Verfahren mit bestem Erfolge an¬ 
gewendet. Kühn au. 

Ein Microorgani8mu8, welcher sich morphologisch 
und tinktorlell wie der Tuberkelbacillus verhfilt. 

Von 

Dr. Alfred Moeller. 

Vorstand des bakteriologischen Laboratoriums der Dr. Br eh in er’schen 
Heilanstalt für Lungenkranke. 

Von der Meinung ausgehend, dass der im thierischen 
Organismus so sehr verbreitete Tuberkelbacillus bei dem Vor¬ 
herrschen der Pflanzenwelt gegenüber der Thierwelt auch 
bei Pflanzen zu finden sein müsse, habe ich mich lange mit 
diesbezüglichen Untersuchungen und Nachforschungen befasst. 
Dass der Tuberkelbacillus auf Pflanzen gedeihen kann, zeigt sein 
üppiges und schnelles Wachsthum auf Kartoffelbrühe, die mit 
Glycerin versetzt ist. Nach vielen negativen Resultaten gelang 
es mir, eine Pflanze zu finden, auf der ein Microorganismus 
lebt, der sich morphologisch und tinktoriell wie der Tuberkel¬ 
bacillus verhält. Stellt man nämlich eine Probe von Timothee 
(hierorts meistens als Pferdefutter und nur bei Futtermangel 
auch bei anderen Pflanzenfressern als Futter benutzt, der 
volk8thümliche Ausdruck ist Timotheum*) mit sterilem Wasser 
angefeuchtet, in einem sterilisirten und mit Gummikappe ver¬ 
sehenen Eeagensglas 10—14 Tage lang bei 37° in den Brut¬ 
schrank und färbt nach der Ziehl-Neeisen’schen Tuberkelbacillen¬ 
färbung Präparate, die man aus dem Extract hergestellt hat, 
so sieht man Bacillen, die säurefest sind und morphologisch 
dem Tuberkelbacillus gleich sind. 

Ob dieser Bacillus der Koch’sche oder nur ein naher Ver¬ 
wandter desselben ist, darüber bin ich mit meinen Unter¬ 
suchungen noch nicht zum Abschluss gekommen, ebenso wie über 
folgenden interessanten Bacillus. 


*) Bekanntlich ein Sammelname für etwa 4—5 verschiedene 
Wiesengräser. 


Digitized by LaOOQie 







3. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


101 


Ich fand im November 1897 im Misthaufen eines Kuhstall¬ 
hofes, der längere Zeit gelegen hatte, einen Microorganismns, 
der nach der Ziehl - Neelsen’schen Methode die Tuberkel¬ 
bacillenfärbung ergab. Es sind schlanke, 1—4 /< lange, etwa 
0,2--0,4 n dicke Stäbchen; sie zeigen häufig eine leichte 
Krümmung. Manchmal treten sie zu zweien oder auch in drei¬ 
gliedrigen Fäden auf; öfters auch in Häufchenbildung; auch be¬ 
gegnet man hin und wieder zwei zusammenhängenden Stäbchen, 
die meist einen stumpfen Winkel bilden. Zuweilen enthält er 
(wie der Bac. tub. Koch) tiefer gefärbte Körner, deren Durch¬ 
messer oft den des Bacteriums übertrifft. 

Ich fand den Mikroorganismus darauf in den frischen Darm- 
entleerungen bei zahlreichen Kühen, welche auf Tuberculin 
nicht reagirt batten, ferner bei Ziegen (die ja der Tuberculose 
gegenüber immun sein sollen), bei Schweinen, Pferden und 
Mauleseln. Ich fand die Bacillen nicht nur hierorts, sondern 
auch in von auswärts mir zugesandten Proben. 



1. Baoillen von Timotbee. 



Gewöhnlich ist der Bacillus nur spärlich in den Darm¬ 
entleerungen und im Miste enthalten; stellt man aber eine 
Probe davon (im sterilisirten Reagensglas mit Gummikappe) oder 
den ausgepressten Saft davon etwa 10 Tage lang bei 37° in den 
Brutschrank, so findet eine enorme Vermehrung desselben 
statt. — Auch bei gewöhnlicher Zimmertemperatur etwa 14 Tage 
lang gehalten, ergeben die Proben eine Vermehrung dieser 
Microorganismen, unter denen alsdann besonders längere Formen 
sich zahlreich vorfinden. 

Auf Glycerinagar findet ein Wachsthum desselben statt; hier 
sind oft grosse und gekörnte Formen zu beobachten. 

Wie der Tuberkelbacillus zeigt auch unser Mikroorganismus 
oft lange Fadenform und an einem oder an beiden Enden 
kolbige Anschwellungen; Verzweigung nie. 

Bacillenhaltige Substanz in Milch geimpft, ergab kein Waclis- 
thum; auch die eingeimpften waren später nicht mehr nach¬ 
weisbar. Ich machte diesen Versuch, um zu sehen, ob dieser 
Bacillus mit dem Rabinowitsch 'sehen tnberkelähnlichen 
Bacillus in der Milch identisch sei. Doch die Milch erwies sich 
als kein Nährboden für unsern Bacillus. 

Welche Beziehungen bestehen zwischen dem Timothee- 
und dem Mistbacillus zu einander und zum Koch’schen 
Tuberkelbacillus, darüber behalte ich mir nähere Mittheilungen 
(Wachsthum auf den verschiedenen Nährböden, Thierversuche etc.) 
für demnächst vor. 

Interessant ist folgendes Ergebniss, das ich unter mehreren 
Versuchen bisher zweimal gehabt habe. Kuhmistextract, filtrirt, 
sterilisirt und schwach alkalisch gemacht, erwies sich als ein 
guter Nährboden für echte Tuberkelbacillen; ich fand zweimal 
ein üppiges Wachsthum in Röhrchen, die ich mit menschlichem 
Sputum (nach Kitasato im sterilen Wasser gewaschen) 
geimpft hatte. _ 


Referate. 

Zwerchfellriss mit Einklemmung eines Thelles der linken 
unteren Grimmdarmlage. 

Von J. Novotny. 

(TblerKrztl. Centralbl. 1807 H. 16.) 

Ein dreijähriges Remontepferd (Wallach), welches an Sattel¬ 
zwang litt, überschlug sich eines Tages (13. Mai 1897) und fiel auf 
die rechte Seite. Eine halbe Stunde darauf bekundete das Pferd 
KoIik8chraerzen, die Pulszahl betrug 54 und die Athemzahl 18 
in der Minute. Das Athmen geschah mit Anstrengung der Bauch¬ 
muskeln. Die Auscultation und Percussion der Brustorgane 
ergab nichts Positives. Die übliche Behandlung war erfolglos. 
Eine Morphiumeinspritzung beruhigte das Pferd etwas während 
der Nacht. Am darauffolgenden Tage wurde eine Injection von 
Physostigm. sulfuric. 0,1 g verabfolgt, worauf wieder heftige 
Kolikerscheinungen auftraten. A 28, P 80. Durch die Per¬ 
cussion konnte jetzt rechterseits „eine bis zur halben Brustwan'd 
reichende, bogenförmig von vorne nach rückwärts ansteigende 
Dämpfung mit gedämpft tympanitischem Schall“ nachgewiesen 
werden. Durch die Auscultation wurden an dieser Stelle zahl¬ 
reiche Darmgeräusche und ein eigentümliches Reibungsgeräusch 
nachgewiesen. T. 37,2 0 C. Hiernach war eine Verlagerung und 
Einklemmung eines Darmtheiles in die Brusthöhle in Folge 
Zwerchfellsriss anzunehmen. Die Kolikschmerzen hielten bei dem 
Pferde 10 Tage an, während welcher Zeit dasselbe nur sehr viel 
Wasser aufnahm und täglich mehrmals flüssige Excremente ent¬ 
leerte. Die Temperatur schwankte zwischen 37,3 und 37,5 0 C. 
Beim Aufstehen nahm das Pferd eine hundesitzige Stellung an 
und behielt dieselbe 5 Minuten lang bei. Während der Kolikanfälle 
hatte dasselbe Puls- und Athemvermehrung, in der übrigen Zeit 
verhielten sich beide Functionen fast normal. Vom 24. Mai ab 
wurden auch keine Koliksymptome mehr wahrgenommen. 

Am 11. Juni sollte das Pferd probeweise wieder unter Sattel 
mit lose angezogenen Gurten geritten werden. Schon nach 3 Min. 
musste die Bewegung jedoch wieder ausgesetzt werden, denn es 
trat eine hochgradige Athembeschwerde ein. Jeder Athemzug 
wurde von Stöhnen begleitet, die Nüstern wurden weit auf¬ 
gerissen. Die AuBathmung erfolgte unter starker Inanspruchnahme 
der Bauchmusculatur und Hervordrängen des Afters. Die Nasen- 
Bchleimhaut war cyanotisch verfärbt. Kurze Zeit nach der Be¬ 
wegung beruhigte sich die Athmung wieder. 

Wegen der hierdurch erwiesenen Untauglichkeit des Pferdes 
zum Dienst wurde dasselbe am 13. Juni getödtet Bei der 
Section ergab sich, dass die beiden linken Grimmdarmlagen, von 
der Beckenflexur an gerechnet, auf 45 cm Länge durch einen 
Riss im Zwerchfell in die Brusthöhle vorgelagert waren. Der¬ 
selbe befand sich in der Gegend des unteren Leberrandes 3 cm 
von der Anheftungsstelle des Zwercbfellmuskels am Brustbein und 
hatte einen verticalen Durchmesser von 14 cm und einen Breiten¬ 
durchmesser von 13 cm. Die Ränder des Risses waren im unteren 
Abschnitt auf 2 cm, im oberen auf 1 cm verdickt, nach vorn 
gegen die Brusthöhle eingerollt und fühlten sich knorpelhart an. 
Die linke untere Grimmdarmlage zeigte zwei handtellergrosse, 
20 cm von einander entfernte unregelmässig viereckige hell- 
braunrothe Stellen, welche als Blutaustritte zu betrachten 
waren. Die Beckenflexur lag zwischen rechter Lunge und Brust¬ 
wand. 

An diesen Befund knüpft der Verf. mit Rücksicht auf den 
Verlauf des Krankheitsfalles die berechtigte Vermuthung, dass 
zunächst nur das zwischen den beiden Blutaustritten befindliche 
20 cm lange Darmstück im Riss eingeklemmt gewesen sei. Diese 
locale Einklemmung würde wahrscheinlich den Tod zur Folge 
gehabt haben, wenn nicht später die ganze Beckenflexur in die 


Digitized by 


Google 





102 


Brasthölile vorgetrieben worden wäre, womit die Passage für 
den Darrainhalt wieder frei wurde. 

Schliesslich wird der vorliegende Fall noch in gerichtlicher 
Beziehung betrachtet. Wenn ein Pferd mit den fraglichen Ver¬ 
änderungen verkauft wird, so kann es Gegenstand eines Rechts¬ 
streites wegen Dämpfigkeit werden. Das Alter des Fehlers kann 
in einem solchen Falle nicht über 4 Wochen geschätzt werden. 
Denn vom 13. Mai bis zum 13. Juni waren die Rissränder voll¬ 
ständig vernarbt und hatten eine knorpelharte Beschaffenheit an¬ 
genommen. 

Gebartsrauschbrand. 

Bericht des Prof. Albrechtim Bayrischen Obermedicinal-Ausschuss. 

(W. f. Thlerlilkd. 1F07/&1.) 

Eine 8jährige Kuh verkalbte am 2. August nach 37 wöchiger 
Trächtigkeit. Das eine Kalb war todt, das zweite verendete am 
5. August. Am 4. August erkrankte die Kuh selbst. In den 
Geburtswegen war, abgesehen von retentio secundinarum, nichts 
Abnormes festzustellen. In der Hüftgegend jedoch fand sich am 
zweiten Tage eine beim Ueberstreichen knisternde, ziemlich grosse 
Geschwulst. Der Puls war sehr schwach und unregelmässig, 
schlug 90—95 mal in der Minute. Das Thier war matt, der Herz¬ 
schlag pochend, das beschleunigte Athmen röchelnd. Der Distrikts- 
Thierarzt D. diagnosticirte, dass die Kuh mit Rauschbrand be¬ 
haftet sei. Der zuständige Bezirksthierarzt fand am 5. August 
Abends die Kuh bereits verendet. Die am folgenden Tage Vor¬ 
mittags vorgenommene Sektion ergab folgenden Befund: Die ge¬ 
schwollenen Schenkel knisterten beim Befühlen. Das Unterhaut- 
Bindegewebe war hier ödematös und mit Gasen durchsetzt. An 
einigen Stellen Blutunterlaufungen. Aus den angelegten Schnitten 
floss Serum ab. Muskulatur nicht fleckig, nicht gashaltig, gleich¬ 
massig dunkelroth. In der Bauchhöhle kein abnormer Inhalt. 
Bauchfell blass, an Magen, Darm und Milz nichts Krankhaftes* 
Leber lehmfarbig, brüchig; linke Niere ebenso. Die rechte um 
das Doppelte vergrössert, dunkelroth und eine abgegrenzte, Doppel- 
Mannsfaust grosse fluktuirende, mit dunkelgelber Flüssigkeit ge¬ 
füllte Geschwulst enthaltend. Der Uterus war stark ausgedehnt, 
enthielt eine schmutzig braunrothe. übelriechende Flüssigkeit. An 
den Eihäuten beginnende Fänlniss. Mucosa uteri braunroth, öde¬ 
matös; desgleichen Mucosa vaginae. Das Beckenzellgewebe öde¬ 
matös infiltriit und gashaltig. Vulva blauroth und stark ge¬ 
schwollen. — Aus den krankhaften Veränderungen des Uterus und 
der Scheide, sowie aus dem Fehlen der charakteristischen Mnskel- 
veränderungen schloss der Bezirksthierarzt, dass die Kuh nicht 
an Rauschbrand, sondern an septischem Gebärfieber gelitten habe, 
womit der Kgl. Kreisthierarzt übereinstimmte. Die Besitzerin 
dagegen verlangte, unter Berufung auf das Gutachten des Distrikt¬ 
thierarztes, Entschädigung für die an Rauschbrand gefallene Kuh. 
Professor Al brecht hat nun folgendes Gutachten abgegeben: 

Die streitige Kuh hat an Geburtsrauschbrand gelitten. Die 
ermittelten Symptome stimmen damit völlig überein; denn das 
Leiden tritt meistens 2—5Tage nach dem Gebären auf, befällt Thiere 
jeglichen Alters, macht eine schwere Störung des Allgemeinbefindens, 
Schwellung der äusseren Geschlechtstheile, die sich über Kreuz 
und Gliedmassen weiter verbreiten kann, wobei die Schwellungen 
rauschen, und der Tod tritt nach 1—3 Tagen ein. Die Musculatur 
ist bald nur ödematös und ohne besondere Veränderung, bald 
auch mürbe und stellenweise hämorrhagisch. Der Uterus ist 
unvollständig contrahirt und enthält grau- bis braunrothe übel¬ 
riechende Massen. Die Schleimhaut ist hochroth bis braunroth. 
Submucosa ödematös, desgl. die Vaginalschleimhaut. Alle diese 
Erscheinungen waren bei der streitigen Kuh vorhanden. 

Es fragt sich nun weiter, wie das Verhältniss zwischen 
Geburtsrauschbrand und dem eigentlichen Rauschbrand sich stellt. 


No, 9. 

Fast überall wird von den Thierärzten der Geburtsrauschbrand 
als puerperale Septicaemie betrachtet. Grade da, wo der echte 
Rauschbrand vorkommt, halten die Thierärzte beide Krankheiten 
genau auseinander. In Gegenden, wo der echte Rauschbrand 
sehr häufig ist, ist dies bezüglich des Geburtsrauschbrandes 
keineswegs der Fall. Alles dies weist schon darauf hin, dass 
die Ursache beider Affectionen nicht dieselbe sein kann. Dafür 
spricht auch, dass der Geburtsrauschbrand in Gegenden vor¬ 
kommt, wo der echte nie beobachtet worden ist und dass von 
ersterer Krankheit auch ältere Thiere betroffen werden, während 
der echte Rauschbrand bekanntlich fast ausschliesslich Thiere 
bis zu 4 Jahren befällt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen 
beiden Affectionen ist das Verhalten der Musculatur. Es handelt 
sich beim Geburtsrauschbrand einfach um eine vom Geburtsweg 
ausgehende Erkrankung, welche sich auf ein Oedem beschränken 
kann und welcher man, falls ein emphysematischer Charakter 
auftritt, den Namen Geburtsrauschbrand beilegt. 

Der letztere ist einfach somit eine phlegmonöse septische 
Metritis mit Hinzutritt von Emphysem. Es ist möglich, dass zur 
Entstehung dieses Emphysems besondere Mikroorganismen bei¬ 
tragen, welche nicht gleichzeitig die Ursache der septischen 
Gebärmutterentzündung sind. Wahrscheinlich ist, wie Karl (D. 
Thierärztl. W. 95, 41) hervorgehoben hat, der Bacillus des 
malignen Oedems die Ursache des Geburtsrauschbrandes. Horn 
(B. T. W. 95) fand die Oedembacillen ebenfalls in 7 Erkrankungs¬ 
fällen, die nach seiner Beschreibung dem Geburtsrauschbrand sehr 
ähnlich waren. Der Geburtsrauschbrand ist also in seinen Er¬ 
scheinungen und ebenso in seiner Wirkung dem typischen 
Rauschbrand sehr ähnlich; andrerseits ist es z. Z. unthunlich, 
beide Krankheiten in Bezug auf Veterinärpolizei und Ent¬ 
schädigung zu identificiren. 

Ueber die Bedeutung des Granulationsgewebes bei der 
lufection von Wunden mit pathogenen Mikroorganismen. 

Von Aianasieft. 

(Ref. in der Münch. Med. Woch.) 

A. bestätigt, was die Praktiker schon lange wussten und 
was in letzter Zeit auf Grund von Thierversuchen leider geleugnet 
wurde, dass durch unverletztes junges Granulationsgewebe keine 
allgemeine Infection des thierischen Organismus mit pathogenen 
Bacterien stattfindet und die unter solchen Bedingungen inficirten 
Thiere am Leben bleiben. Solche Thiere werden dann meist 
unempfänglich für später anderweitig erfolgende Infection mit 
höchst virulenten Culturen. Diese Resultate werden erklärlich 
gemacht, wenn man beobachtet, dass die auf eine granulirende 
Wunde gebrachten Bacterien nach einiger Zeit die entschiedenen 
Zeichen der Degeneration aufweisen — die Erscheinungen der 
Phagocytose spielen nur eine Nebenrolle dabei — und dass sie, 
auf ihre Virulenz geprüft, eine deutliche Abschwächung derselben 
erkennen lassen. Das bacterienfeindliche Agens ist offenbar der 
Gewebssaft. A. glaubt, dass sich aus seinen Untersuchungen die 
Forderung für Chirurgen ergiebt, gutes, junges Granulations¬ 
gewebe zu schonen und nicht zu verwunden, damit es nicht seine 
Eigenschaft, ein Schutzwall gegen die Infection des Gesammt- 
organismus zu sein, verliere. 

Therapeutische Notizen. 

Application von Arzneistoffen auf die Haut 

Dr. Schiff (D. Medicinal-Ztg.) hat als Hilfsmittel für die 
Application von Arzneistoffen auf die Haut schon vor längerer 
Zeit das Phyllogen empfohlen (nitrirte Cellulose in Aceton 
gelöst, mit einem Zusatz fetten Oeles). Das Phyllogen bildet 
auf der Haut ein unzerreissliches Häutchen, welches nur in 
Alkohol oder Aether löslich ist, sodass man die betreffende Haut- 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 








3. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


103 


parthie beliebig waschen kann. Es irritirt in keiner Weise, 
liecht angenehm, trocknet nach der Anwendung sofort und 
gestattet auf diese Weise, entweder in Lösung oder suspendirt, 
ihm zugesetzte Arzneistoffe mit andauernder Wirkung auf die 
Haut zu appliciren. 

Pikrinsäure gegen Eluem. 

Gau eher (D. M. Ztg. 97, 91) verwendet bei Ekzem ganz 
wie bei Brandwunden eine lproc. Lösung. Der Verband bleibt 
2 Tage liegen und wird dann erneuert. Anwendung nur im 
vesikulären nnd feuchten Stadium, nicht bei Induration und Ver¬ 
dickungen. Erfolge gut. 

Leinenfäden. 

Nach Gaubaroff erhalten Leinenfäden die Glätte der Seiden¬ 
fäden, wenn sie in Sodalösnng entfettet, in reichlichem Wasser 
gewaschen, getrocknet und in eine Mischung von Celloidin 
(d. ist concentrirtes Collodium) 5, Alkohol und Aether sulfur. 
ää 50 gekocht, dann getrocknet und trocken aufbewalnt werden. 

Warzenbehandlung. 

Nach Louvel-Dulongpre (Münch. Med. W.46, 1897) ist das 
beste Mittel zur Beseitigung der Warzen bei den Menschen und 
bei den Hausihieren das doppelchromsaure Kali in gesättigter 
Lösung, welche mit kochendem Wasser hergestellt und kalt ver¬ 
wendet wird. Schon durch einmalige Anwendung gelang es, die 
mit Warzen bedeckten Nüstern eines Pferdes ohne Narbenbildung 
völlig zu befreien. Die betr. Hautstelle bedeckte sich wieder mit 
Haaren. 

Resorbirbarer Darmknopf. 

Franke (Münch. Med. W. 47, 1897) hat einen für die Darm- 
naht verwendbaren resorbirbaren Darmknopf in der Weise cou- 
strnirt, dass zwei 1)6—2 cm lange Knochenröhreu von decalcinirten 
Knochen auf einen der Länge beider entsprechenden Gummi¬ 
schlauch gestülpt und an den äusseren Enden mit dem Gummi- 
Schlauch durch resorbirbare Nähte verbunden werden. Die inneren 
Enden werden durch den Zug des Gummis aneinander gepresst 
und an dieser Stelle die über die Knochenröhren gestülpten Darm¬ 
stücke eingeklemmt. Die Knochen werden resorbirt; der Gnmmi- 
scblauch geht auf natürlichem Wege ab. 

Uraemie-Behandlung. 

Lemoine (La Presse medicale 84, 1897) verwendet zur Be¬ 
handlung der Urämie Aether in hohen Dosen, weil derselbe so¬ 
wohl sehr energisch auf das Nervensystem wirkt, als auch ein 
mächtiges Diureticum bildet. Bei Menschen halbstündlich einen 
Esslöffel voll in Zuckerwasser, wenn nöthig noch grössere Gaben 
Tag und Nacht hindurch oder 2 ccm stündlich Tag nnd Nacht 
als subcutane Injection. 

Pflasterpapiere. 

Die Pflasterpapiere von Herxheimer unterscheiden sich 
dadurch von anderen Pflastern, dass die Masse auf ungeleimtes 
japanisches Papier aufgetragen ist Die Grundmasse, welche je 
nach dem einzuführenden Medicament modifizirt wird, besteht 
ans der Heftpflaster- oder Pick’sehen Seifenpflastermasse. Die 
Pflaster werden unter dem Namen Charta adliaesiva geführt und 
sind mit Zinkoxyd, Salicylsäure, Perubalsam etc. versetzt. 

lohthalbln 

ist nach Analogie des Tannalbins ans einer Verbindung von 
Ichthyol und Eiweiss hergestellt. Vier Theile davon entsprechen 
drei Theilen Ichthyol in der Wirkung ohne die unangenehmen 
Nebenwirkungen. (Dr. Sack, Dtscli. Medizinal-Ztg.) 

Orthoform zur Schmerzstillung. 

Einhorn und Heinz (Münch. Mediz. W. 34, 97) haben 
das 0., ein weisses Krystallpulver ohne Geruch und Geschmack, 
in Wasser schwer löslich, geprüft. Wegen der langsamen Auf¬ 
lösung, die andererseits gerade genügt, um die Anästhesie 


hervorzurufen, kann die Wirkung sich auf viele Stunden, ja 
Tage erstrecken. (Salzsaures 0. löst sich leicht, ist aber zu sub- 
cutanen Injectionen nicht zu verwenden.) Auf eine wegen Trans¬ 
plantation von der Haut entblösste Stelle wurde lOprocentige 
Orthoformsalbe aufgestrichen und jeder Schmerz blieb aus. Das 
0. wirkt da, wo es mit blossliegenden Nervenendigungen in Be¬ 
rührung kommt, nicht aber in die Tiefe und nicht durch die 
Haut oder derbe Schleimhäute. Wo kein Hautverlust vorliegt, 
ist die Wirkung von vornherein ausgeschlossen. Aeusserst wirk¬ 
sam ist das 0. bei Verbrennungen, wo der Schmerz in wenigen 
Minuten nachlässt, in Form von Pulver oder Salbe. Auch 
secretionsbeschränkend ist das 0. und bewährt sich bei schmerz¬ 
haften Geschwüren. Für die innere Behandlung (rundes Magen¬ 
geschwür) ist das salzsaure 0. vorzuziehen. 0. ist völlig un¬ 
giftig und kann in beliebigen Mengen auf Geschwürflächen etc. 
aufgestreut werden. Die innere Dosis beträgt bei Menschen 
bis 1 g mehrmals täglich. Die Herstellung des 0. haben die 
Höchster Farbwerke übernommen. 

Euphtalmin. 

Treutler (Clin. Mtsbl. f. Augenheilkd.) hat das von 
Schering hergestellte Präparat untersucht. Die durch Ein¬ 
träufeln verursachten Beschwerden sind gering. Das Mittel wirkt 
als kräftiges Mydriaticum und erweitert in 5—lOprocentiger 
Lösung die Pupille maximal, etwa wie eiuprocentiges Homa¬ 
tropin. 

Tagesgeschichte. 

t 

Christian Friedrich Wilhelm Rabe, Dr. phil. und Pro¬ 
fessor der pathologischen Anatomie an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Hannover, ist am 22. Februar im 61. Lebensjahre ent¬ 
schlafen. 

Geboren als Sohn einer ehemals wohlhabenden, aber in Ver¬ 
mögensverfall gerathenen altberliner Familie, hatte er nach harter 
Jugendzeit die thierärztliche Laufbahn mit Mühe ergreifen können, 
was ihn nicht hinderte, ein fröhlicher Student zu sein. Er erlangte 
1859 die Approbation und practicirte zunächst kurze Zeit in 
Rügenwalde in Pommern, wo er sich verheirathete. Bei der 
partiellen Mobilmachung zum pommerschen Corps einberufen, blieb 
er noch nach diesem Intermezzo eine Zeitlang bei dem Artillerie- 
Regiment in Stralsund als „Kurschmied“ (wie der damalige 
schöne Titel lautete) im militärischen Dienst, ging dann als 
practischer Thierarzt nach der Insel Rügen und wurde bald darauf 
Kreisthierarzt in Belgard, welche Stelle er nach kurzer Zeit 
mit der Kreisthierarztstelle des Kreises Colmar in Posen ver¬ 
tauschte. 

Nach einem Jahrzehnt umfassender practischer Thätigkeit, 
welche nur durch die Feldzüge von 1866 und 1870/71 unter¬ 
brochen wurde, erhielt er, noch während er im Felde stand, eine 
Berufung an die Thierarzneischule zu Berlin als Repetitor; eine 
Stellung, die damals mehr Bedeutung hatte, als ihr heute be¬ 
lassen ist. Eioen persönlichen Pact mit dem despotisch veranlagten 
Gerlach verschmähend, der ihm eine Docentenstelle in Berlin 
hätte einbringen können, folgte er einem Rufe an die damals 
unter Settegast's Leitung stehende landwirtschaftliche Academie 
zu Proskau. Hier war er jedoch nur kurze Zeit thätig, da ihm 
das auf Betreiben Karl Günther’s 1875 neu errichtete Ordi¬ 
nariat für pathologische Anatomie an der Thierarzneischule in 
Hannover übertragen wurde. Er hat diesen Lehrstuhl somit über 
20 Jahre innegehabt, freilich nicht diesen allein. Denn bis Ende 
der 80er Jahre musste er daneben noch den Unterricht in der 
normalen Histologie erteilen und ausserdem bis vor zwei Jahren 
auch noch das Spital für kleine Haustiere verwalten. 


Digitized by 


Google 




104 


Diese kaum glaubliche Ueberlastung mit Lehraufträgen ver¬ 
mochte dennoch nicht, von wissenschaftlichen Arbeiten ihn ab¬ 
zuziehen. Sein Fleiss war unermüdlich, seine Sorgfalt und 
Gründlichkeit war eine beispiellose. Ja, sie war, könnte man 
fast sagen, sein Fehler. Denn diese Eigenschaft hemmte andrer¬ 
seits oft die Nutzbarmachung der Flüchte seiner Arbeit für die 
Oeffentlichkeit. Nicht nur, dass Manches, was er längst erkannt 
hatte, schliesslich von Anderen veröffentlicht wurde; das war ihm 
gleich; um Prioritäten hätte er nie eine Feder angesetzt. Aber 
es ist Vieles der Oeffentlichkeit überhaupt verloren geblieben, 
worüber er die schönsten Studien abgeschlossen und ein Material 
gesammelt hatte, wovon Anderen ein Zehntel genügt hätte, am 
eine Monographie entstehen zu lassen. Denn immer noch meinte 
er, an seinem Stoff eine Seite zu entdecken, die einer weiteren 
Prüfung werth sei. So bildete er einen marcanten Confrast zu 
seiner Zeit, die man — gerade in seinem Fache — die Zeit der 
vorläufigen Mittheilungen nennen könnte. Es war nicht etwa 
Zaghaftigkeit und scheue Vorsicht gegenüber der Kritik, die ihn 
oft mit der Veröffentlichung zaudern liess. Denn ganz dieselbe 
peinliche Sorgfalt verwandte er auf jede Untersuchung, auch wenn 
deren Ergebniss von vornherein nicht für die Oeffentlichkeit, 
sondern nur fiir einen Einzelnen bestimmt war. Sein Institut 
wurde von Collegen mit Einsendungen überströmt; jedem wurde 
Aufschluss zu Theil und jede Auskunft war ein Muster von 
Gründlichkeit. Was Rabe öffentlich geschalten hat — und es 
ist immerhin eine stattliche Anzahl von Studien und Entdeckungen 
— das war denn auch über jeden Zweifel erhaben. Die un¬ 
antastbare Ehrlichkeit seiner Arbeiten hat ihm einen Ruf er¬ 
worben. 

Aber einen höheren Ruhm noch hat der Verstorbene verdient 
als Lehrer. Als solcher darf er allen für ein Muster gelten. Es 
waren zu meiner Studienzeit in Hannover alle practischen Fächer 
durch sehr sorgsame und erfolgreiche Lehrer vertreten. Der 
leider auch schon ausgeschiedene Professor Lustig that sich 
besonders durch die den Studenten stets angenehme und nützliche 
Einfachheit der Vorlesungen hervor. Rabe stellte grössere An¬ 
forderungen an Aufmerksamkeit und Fassungsvermögen, aber 
seine Unterrichtsmethode war von künstlerischer Vollendung. Er 
ging im Lehren auf. So viele Freude ihm auch das Katheder 
machte, so formvoll und gehaltreich er auch seine Vorlesungen 
gestaltete; er legte doch den Hauptwerth auf die practischen 
Uebungen und war in dieser ungleich mühevolleren und unschein¬ 
bareren, aber wirkungsvollsten Thätigkeit rastlos. Auch hierin 
stand er in einem gewissen Gegensatz zur Gegenwart, welche 
Neigung verräth, das Lehren minder zu schätzen, als Forschen 
und Schreiben. Die pathologisch - histologischen Uebungen, die 
vielfach zur Assistentenarbeit herabgedrückt werden, leitete er 
ausnahmslos selbst. An jeden Studenten trat er heran. Ueber 
zu grosse Unwissenheit konnte er sich selbst erregen, aber 
dennoch hatten wohl alle Studenten das Gefühl, einem wahrhaft 
Wohlmeinenden gegenüberzustehen. Mir ist er nicht nur Lehrer, 
sondern Vater und Freund geworden. Aber immer hat in mir die 
Bewunderung für den Lehrer allen anderen Gefühlen vorangestanden. 
Ihm verdanke ich nicht bloss Methode, sondern die Erkenntniss des 
idealen Characters der Lehraufgabe, die Erkenntniss, dass, 
namentlich in den Verhältnissen unseres Standes, alle Zeit, alles 
Interesse, alle Mühe und Fleiss in erster Linie der Ausbildung 
der Studenten für ihren Beruf gehören muss, dass alles Andere, 
sei es an sich noch so werthvoll, wie Forschen und Schreiben 
gewiss sind, erst an zweiter Stelle stehen darf. 

Es war nicht blos der von Ruhmsucht freie Eifer für sein 
Amt, der ihn so handeln liess, sondern die Liebe zu seinem 
schwer ringenden Stand, dem er so am besten zu dienen glaubte. 


No. 9. 

Der Verstorbene war ein Förderer seines Standes auch in 
anderer Weise. Er ist niemals der Versuchung erlegen, für sich 
die Ausnahmestellung anzunehmen, die ihm wissenschaftlich und 
social immerhin geboten war. Er ist Thierarzt gewesen allen 
Fremden gegenüber und College und nichts als solcher für alle 
Standesgenossen. Der thierärztliche Stand, in dessen Organisation 
er als Präsident des Hannoverschen Generalvereins an hervor¬ 
ragendem Platze stand, verliert unzweifelhaft in ihm einen seiner 
entschiedensten Vorkämpfer, der die seltene Eigenschaft hatte, Un¬ 
erschrockenheit mit Feinfühligkeit und rechter Form; so lange 
es irgend anging, auch mit Entgegenkommen, Nachsicht und 
Liebenswürdigkeit zu vereinen. 

Rabe empfand keine Freude am Streit; es war ihm schmerz¬ 
lich, Jemanden als Feind anselien zu müssen; fast unmöglich, 
eine Kränkung, wenn ihre erste Wirkung verblasst war, nach¬ 
zutragen. Aber er ging in den Kampf, ohne einen Augenblick 
zu zögern, ohne an Vortheil und Gefahr auch nur zu denken, 
sobald es sich für ihn um Pflicht und Recht handelte. Er musste 
es über sieb ergehen lassen, dass in der Confiictszeit, wo um 
Directorat oder Rectorat, in Hannover natürlich mit .dem¬ 
selben Recht wie in Berlin, gestritten ward, der damalige 
Herr Minister, Dank der ihm berichteten Darstellung, sogar im 
Landtag, was allgemeines Aufsehen erregte, den Vorwurf erhob, 
dass die Lehrtätigkeit vor einer agitatorischen Thätigkeit 
zurücktrete. Rabe hat diesen unzweifelhaft nicht gerechtfertigten 
Vorwurf ertragen; verwunden hat er ihn nie. Sein Gefühl war 
seit der Zeit verändert. Er hat aber trotzdem nicht versucht, 
seinen Gegnern das Leben schwer zu machen; er hat sich weder 
öffentlich noch verdeckt gegen Personen gewendet. Der stille 
Gedanke „exoritur aliquis nostris ex ossibus ultor“ wird auch ihm 
gekommen sein; aber er hat ihm wohl kaum nachgehangen. 

Wenn ich ein Wort über den Menschen sagen soll, so fällt 
mir das schwer; denn als solcher war er mir zu nahe. Doch 
andererseits lag sein Wesen so einfach und offen zu Tage, dass 
es für Niemanden des langen Beobachtens bedurfte, um ihn zu 
erkennen. Bis vor wenigen Jahren straff und jugendlich im 
vollen dunklen Haar, martialischen Aussehens mit den buschigen 
Brauen und dem gewaltigen Schnauzbart, war er im Gemüth 
weich wie ein Kind, voll Vertrauen und Gutmtithigkeit. Ge¬ 
legentlich konnte er wohl heftig aufbrausen, doch lag in seiner 
Natur eine seltene Rücksichtnahme auf die Empfindungen Anderer. 
Aber wenn ihm selbst eine Form nicht behagte, würdigte er doch 
unbedingt Alles, was echt, ehrlich und tapfer war. Der hervor¬ 
stechende Zug seines Wesens war ein köstlicher Humor. Er 
war darin ein echter Typus jenes Volksstammes, der unter dem 
Namen „Berliner“ im Süden und Norden unseres Vaterlandes soviel 
verkannt und verlästert wird, weil ihn die weoigsten wirklich 
kennen, weil unter diesem Namen alles mögliche zugelaufene 
Volk sich breit macht, während der echte Berliner, hoch und niedrig, 
einer der liebenswürdigsten Menschen ist jedem gegenüber — 
der Spass versteht. Der Verstorbene hatte die goldene Gabe, 
Alles mit fröhlichem Scherz umkleiden, durch Witz jede Wolke 
verscheuchen zu können; er konnte unter Thränen lächeln machen 
und das durchleuchtete seine ganze Lebensführung und Häuslichkeit 
mit einem warmen sonnigen Schein. Kein Freund grosser Gesell¬ 
schaft, war er im intimen Kreise ein ausgezeichneter Gesellschafter. 
Es war unmöglich, grämlich zu bleiben, wenn Christian Rabe 
bei Laune war. Er war ein vorzüglicher Redner, der mit 
anspruchslosem, aber immer wohlgeformtem, oft poetisch ver¬ 
edeltem Wort ein stets liebenswürdiges und herzliches Empfinden 
auszudrücken vermochte. Bei jeder Gelegenheit verstand er es, 
irgend einen hübschen Gedanken zu einem kleinen rednerischen 
Kunstwerk auszuspinneu. Sein Talent, das uralte „Ehret die 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



3. März 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 105 


Frauen“ in immer originelle nnd anziehende Formen zu | 

kleiden, hatte ihm im Kreise seiner zahlreichen Frennde und 
Freundinnen nicht mit Unrecht das Prädicat „Frauenlob“ ein¬ 
getragen. 

Die Zahl seiner Freunde war gross. Das bewiesen auch die 
letzten Ehren, die ihm zu Theil wurden. Der Sarg verschwand 
unter der Fülle prachtvoller Kränze und Blumen. Imposant war 
der Trauerzug, der sich durch die ganze Stadt Hannover nach 
dem weit entfernten Friedhof bewegte. Dem Sarge folgte eine 
grosse Zahl Collegen und Freunde. Vorauf aber schritt die 
gesammte Studentenschaft mit Bannern, von den farbentragenden 
Verbindungen z. Th. sämmtliche Mitglieder in Wichs. Den Zug 
eröffnete hinter der Trauermusik das Banner der Hannoverschen 
Hochschule; es folgte dasjenige der Berliner Hochschule, welche 
eine Vertretung ihres Studentenausschusses gesandt hatte. Diesen 
schlossen sich an Normannia, Hannoverania, Germania, Cheruscia, 
Saxo-Silesia, Unitas, sowie die nicht incorporirten Studirenden 
und eine Vertretung der Berliner Franconia, deren Alter Herr 
der Verstorbene war. Jeder Gruppe wurde ein Kranz mit kost¬ 
barer Widmungsschleife voraufgetragen. Studenten in Wichs 
führten auch die Pferde des Leichenwagens, welchem Fackel¬ 
träger zur Seite gingen. Es muss der Studentenschaft mit Dank 
bezeugt werden, dass sie pietätvoll das Beste gethan hat, um 
ihrem verstorbenen Meister ihre Dankbarkeit und eine glanzvolle 
letzte Ehrung zu erweisen. 

Nun haben sich die bunten umflorten Fahnen zum letzten 
Male . vor ihm gesenkt. Die Fackeln sind verlöscht im 
Frähjahr8wind. der über das offene Grab rauschte. Und ver¬ 
löschen wird einst ein Name und ein Andenken. 

Aber der Frühlingswind fährt auch über ein weites Feld 
üppiger Saat, die des Todten emsige Hand gesäet hat. So 
manches davon auch auf steinigen Boden fiel, sie ist doch 
tausendfältig aufgegangen. Sie grünt und blüht, sie wird Früchte 
tragen und hat solche getragen. Und diese pflanzen sich fort 
von Geschlecht zu Geschlecht. Was thut es, wenn einst des 
Säemanns Name vergessen wird; seine Arbeit bleibt ein Segen 
immerdar. 

Sein treues Herz hat anfgehört zu schlagen; es rastet die 
fleissige Hand und sein Geist entschwand in lichte Ferne. 
Keine Klage riefe ihn zurück und was sollte auch die Klage 
am Grabe eines Mannes, dem solches Glück zu Theil ward, wie 
ihm. Denn es war ihm vergönnt, nach einem von allzugrossem 
Leid verschonten, von Erfolg gekrönten, der treuen und zu¬ 
friedenen Pflichterfüllung ganz geweihten Leben sich leicht von 
der Erde zu lösen und von nagender Sorge frei, unbeschwerten 
Gewissens einzugehen in den ewigen Frieden. Schmaltz. 

Ueber die Bedeutung der Landwirthschaftskammern 
für die Yeterin&rwissenschaft. 

Der anfängliche Widerstand, der in den einzelnen Provinzen 
der Begründung von Landwirthschaftskammern entgegengesetzt 
wurde, ist, wie man weis?, im Schwinden. In der That dürften 
jetzt die massgebenden Kreise der preussischen Landwirthe all¬ 
seitig darin einig sein, dass der derzeitige Herr Minister mit der 
Begründung des Institute der Landwirthschaftskammern ihnen 
eine Organisation geschaffen hat, deren Werth und Bedeutung 
für sie sich vielleicht noch nicht entfernt bemessen lässt, die 
sich aber heute schon so entwickelt hat, dass man wohl 
sagen kann, sie gehöre zu den „grossen“ Mitteln, um der 
Landwirtschaft zu helfen. 

Aber auch der thierärztliche Stand hat allen Grund, sich 
über die Errichtung der Landwirthschaftskammern zu freuen und 
ihnen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. In dem Programm der 
Landwirthschaftskammern nimmt das Veterinärwesen einen breiten 


Raum ein, und die Verbindung zwischen den Kammern und der 
Veterinärmedicin ist anscheinend erst in den Anfängen ihres 
Werdens. Aber schon diese Anfänge lassen erkennen, dass die 
Landwirthschaftskammern für die Thierärzte eine ganz ungeahnte 
Bedeutung gewinnen. 

Fast alle Landwirthschaftskammern haben mehrere Thierärzte 
in ihre Ausschüsse gewählt. Den Thierärzten ist so Gelegenheit 
geboten, mit den ofßciellen Vertretern der Landwirtschaft ihrer 
Bezirke in enge Fühlung zur gemeinsamen Arbeit einzutreten, 
was in den landwirtschaftlichen Vereinen doch nicht entfernt in 
der Weise möglich war. Diese Thierärzte können den Land¬ 
wirthschaftskammern grosse Dienste erweisen und dadurch den 
Werth eines tüchtig gebildeten und auf Seiten der Landwirt¬ 
schaft mar8chirenden tierärztlichen Standes veranschaulichen. 

Die Landwirthschaftskammern ihrerseits scheinen sich zu 
einer Freistätte für sozusagen unabhängige tierärztliche Arbeiten 
und Forschungen zu entwickeln. Es heisst der Wirksamkeit der 
Institute unserer thierärztlichen Hochschulen nicht zu nahe treten, 
wenn man behauptet, dass es ausserordentlich werthvoll ist, eine 
grössere Anzahl von Plätzen zu schaffen, wo jungen Thierärzten 
die Möglichkeit geboten wird, sich an der Forschung zu be¬ 
theiligen, oder wo solche Arbeiten, auch wenn sie noch nicht 
ihren vollen Erfolg nachgewiesen haben (was bekanntlich sehr 
schwer ist), sondern sich noch im Stadium des Versuchs befinden, 
bereits Aufmerksamkeit und Unterstützung erfahren. Wir sehen, 
dass die Landwirthschaftskammer zu Brandenburg ein Institut 
errichtet hat, an welchem ein junger, strebsamer Thierarzt Leiter 
geworden ist und Gelegenheit finden kann, selbstständig weiter 
zu arbeiten. Dem Vernehmen nach beabsichtigen mehrere Land¬ 
wirthschaftskammern hygienische Laboratorien zu errichten, um 
die Seuchenforschung gewissermassen in das Herz der Praxis 
hineiuautragen. Es ist sehr zu wünschen, dass auch lür 
diese Institute geeignetere jüngere thierärztliche Kräfte 
gesucht und gefunden werden. Wir sehen endlich, dass die 
Landwirthschaftskammern beginnen, einen berechtigten Wunsch 
der Thierärzte, den sie in Norddeutschland seit langer Zeit und 
immer vergeblich geltend gemacht haben, zu erfüllen, indem 
thierärztliche Kräfte bei der Entwickelung und Leitung der Vieh¬ 
zucht betheiligt werden. So hat die Provinz Posen einen thier¬ 
ärztlichen Thierzuchtdirector, der bei der Kammer zugleich das 
Decernat über das gesammte Veterinärwesen erhalten hat, und 
zur allgemeinen Freude ist es bekannt geworden, dass nunmehr 
auch für die Provinz Ostpreussen zur Leitung speciell der Rinder¬ 
zucht in der Person des Dr. Poppel ein Thierarzt berufen 
worden ist, der längere Zeit in Baden unter persönlicher Leitung 
des Geheimrath Lydtin gearbeitet hat und so für seine Stelle 
gewiss eine vorzügliche Vorbildung mitbringt. 

Alle diese Umstände lassen erkennen, dass seitens der Land¬ 
wirthschaftskammern der thierärztlichen Wissenschaft und dem 
thierärztlichen Stande eine Förderung zu theil werden kann und 
theilweise schon geworden ist, welche die besten Aussichten 
eröffnet. Die Thierärzte ihrerseits können daher den Kammern 
nicht genug Werthschätzung und Aufmerksamkeit entgegenbringen 
und werden sicher, wo sich ihnen die Gelegenheit bietet, den¬ 
selben ihre Dienste freudig und eifrig zum Nutzen der Land¬ 
wirtschaft, aber auch unter stetem Gedenken an das, was den 
Thierärzten Noth thut, zur Verfügung stellen. S. 

Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preueeeoe. 

Dem Vernehmen nach ist beabsichtigt, eine Plenarversamm¬ 
lung der Centralvertretung auf den Anfang Mai einzuberufen. 

Es ist vielleicht wünschenswert, wenn die tierärztlichen 
Vereine, welche wegen der Ehrengerichtesache doch in aller¬ 
nächster Zeit Versammlungen abhalten werden, dabei zugleich 


Digitized by 


Google 





10f> 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


Stellung nehmen zu den von den Brandenburger und neuerdings 1 
auch von den sächsischen Veterinärbeamten angeregten Fragen 
betr. Stellung der Veterinärbeamten. Es würde das den grossen 
Vortheil haben, dass die Delegirten der resp. Vereine bei der 
demnächstigen Sitzung der Ceutralvertretung, welche diesen 
Gegenstand hauptsächlich behandeln wird, wissen, wie die Majorität 
ihres Vereins gesonnen ist. 

Medioinal-Organisatlon. 

Es verlautet mit Bestimmheit, dass die Abtheilung für 
Medicinalwesen vom Cultus-Ministerium zum Ministerium des 
Innern übergeführt werden wird, und zwar schon im nächsten 
Jahre. Das wäre ebenso richtig, wie es richtig war, das 
Veterinärwesen der Verwaltung, die es angeht, nämlich dem 
Landwirtschaftlichen Ministerium, zu unterstellen. Das Veterinär¬ 
wesen ist in diesen, wie in manchen anderen organisatorischen 
Fragen, dem Medicinalwesen schon vorangegangen. 

Brandenburger Verein. 

Der offizielle Anfang der Sitzung vom 13. März ist auf 
11 Uhr festgesetzt, was in der Einladung besonders anzugeben : 
vergessen worden ist. Des Vortrages wegen wird um Pünktlich¬ 
keit gebeten. Schmaltz. 

Verzeichniss der Vorlesungen und praktischen Uebungen an der 
Königlichen ThierKrztlichen Hochschule zu Berlin 

im Sommer-Semester 1898. 

(Anfang: 16 April.) 

1) Dr. Schütz, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Allge- I 
meine Pathologie, täglich von 10—11 Uhr Vormittags, Gstündig. 
Pathologisch-anatomische Demonstrationen, Montag, Dienstag und I 
Mittwoch von 8-9 Uhr Vormittags, 3stündig. Pathologisch-histo¬ 
logische Uebungen, in Gemeinschaft mit Repetitor Dr. Willerding, 
täglich von 12—2 Uhr Nachmittags. 

2) Dr. Dicckerhoff, Geheimer Rcgierungs-Ratli, Professor: i 
Gerichtliche Thierarzneikunde, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag, 
Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, östündig. Klinik 
für grössere Hausthiere, Abtheilung fiir innere Krankheiten und 
Gewährmängel, täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4 bis 

5 Uhr Nachmittags. 

3) Dr. Munk, Professor: Physiologie I, Dienstag, Mittwoch, 
Freitag von 9—10 Uhr Vormittags und Donnerstag von 9—11 Uhr ' 
Vormittags, östündig. 

4) Dr. Pinner, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag 
Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr Nachmittags, östündig 
Organische Chemie, Montag und Freitag von 4—6 Uhr Nachmittags, 
4stüudig. Chemische Uebungen in Gemeinschaft mit dem Assistenten 
der Chemie Kohlhammer, Montag von 2—4 Uhr, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 4 — 6 Uhr Nachmittags. 

5) Eggcling, Professor: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei, 
Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags und 
Mittwoch von 9—10 Uhr Vormittags, 48tündig. Propädeutik der 
ambulatorischen Klinik, Montag und Dienstag von 9—10 Uhr Vor¬ 
mittags. Ambulatorische Klinik. 

6) Dr. F r ö h n e r, Professor: Allgemeine Chirurgie und Akiurgie, 
täglich von 8—9 Uhr Vormittags, Östündig. Klinik für grössere 


Hausthiere, Abtheilung für äussere Krankheiten, täglich von 10 bis 
12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

7) Dr. Schmaltz, Professor: Histologie, Montag, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags, 4stündig. 
Histologische Uebungen in Gemeinschaft mitProsector Dr. Zernecke, 
Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend von 10 bis 
12 Uhr Vormittags. Embryologie, Donnerstag von 11—12 Uhr und 
Freitag von 12—1 Uhr, 2stündig. Geschichte der Thierheilkunde, 
Montag von 7—8 Uhr und Freitag von 9—10 Uhr Vormittags, 
2stündig. 

8) Dr. Ostertag, Professor: Diätetik, Mittwoch und Freitag 
von 9—10 Uhr Vormittags, 2stündig. Thierische Parasiten, Sonn¬ 
abend von 9—10 Uhr Vormittags, lstündig. Sanitätspolizeiliche 
Milchkunde, Donnerstag von 9-10 Uhr Vormittags, lstündig. 
Bacteriologie der Thierseuchen, Dienstag von 5—6 Uhr Nachmittags, 

1 stündig. 

9) Eber, Professor: Pharmacologie und Toxicologie I, Dienstag, 
Mittwoch und Donnerstag von 7—8 Uhr Vormittags, 3stündig. 
lteceptirkunde, Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig. 
Allgemeine Therapie, Montag von 7—8 Uhr Vormittags, lstündig. 
Klinik für kleinere Hausthiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags 
und von 4—5 Uhr Nachmittags. 

10) Dr. Eberlein, Lehrer: Poliklinik für grössere Hausthiere, 
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags. 
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit dem Assistenten Goetze, 
täglich von 4—6 Uhr Nachmittags. Exterieur- und Gestütkunde, 
Donnerstag von 9—10 Uhr, Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr 
Vormittags, 3stündig. 

11) Dr. Witt mack, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: 
Botanik, Montag von 9—10 Uhr, Mittwoch, Donnerstag und Freitag 
von 8—9 Uhr Vormittags, 4stündig. Botanische Excuisionen, Sonn¬ 
abend Nachmittags. 

12) Dr. B ö r n s t e i n , Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch 
und Donnerstag von 3-4 Uhr Nachmittags, 3stündig. 

13) Dr. Werner, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Rind¬ 

viehzucht, Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags, 
2stündig. Schweinezucht, Sonnabend von 12—1 Uhr Nachmittags, 
lstündig. ... . . 

14) Dr. Plate, Professor: Zoologie, Montag, Dienstag von 8 
bis 9 Uhr, Sonnabend von 8—10 Uhr Vormittags, 4stündig. 

15) Dr. Zer necke, Prosector: Histologische Uebungen in Ge¬ 
meinschaft mit Professor Dr. Schmaltz. Einleitung in die Anatomie, 
Dienstag bis Freitag von 9—10 Uhr, vier Wochen lang. 

16) Brass, Repetitor: Assistenz io der mediciniscben Klinik. 

17) Dr. Willerding, Repetitor: Pathologisch - histologische 
Uebungen in Gemeinschaft mit Geheimem Regierungs-Rath Professor 
Dr. Schütz. 

17) Pfeiffer, Repetitor: Assistenz in der chirurgischen Klinik. 

19) K o h 1 h a m m e r, Assistent der Chemie: Chemische Uebungen 
in Gemeinschaft mit Professor Dr. Pinner. 

20) Dr. Du Bois-Key mond, Assistent der Physiologie: 
Repetitionen über Physiologie. 

21) Goetze, Assistent in der Poliklinik: Uebungen am Hufe in 
Gemeinschaft mit Lehrer Dr. E b e r 1 e i n. 

22) Dr. E sc h b au m , Apotheker: Pharmaceutische Uebungen, 
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—6 Uhr Nachmittags. 

Berlin, den 9. Februar 1898. 

Der Rector der Thierärztlichen Hochschule. 

Dr. Dieckerhoff. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

| 

Dänemark. 

Das dänische Ministerium sieht voraus, dass die vom Bundes¬ 
rath beschlossene Zurücksendung tuberculöser Binder einem 
völligen Verbot der Einfuhr lebender Tbiere in der Wirkung 
gleichkommen werde. Es sollen daher Schritte getlian werden, i 
um die Einfuhr geschlachteten Viehs aus Dänemark zu heben. 
Es soll um Ueberweisung eines deutschen Thierarztes zur Con¬ 
trols des Fleisches auf dänischer Seite ersucht werden. 


Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn diesem Thierarzt 
die Controle der Schlaclittliiere so, wie dies in einem deutschen 
Schlachthause üblich ist, zugestanden wird und ihm die Befugnisse 
gegeben werden, das Fleisch tuberculös befundener Thiere nach 
den bei uns üblichen Grundsätzen zu behandeln. 

Thierseuchen im Auslande. 

Frankreich HI. Quartal 1897. 

Von Lungenseuche wurden im Juli 11, im August und 
September je 12 Gemeinten betroffen. Geschlachtet wurden 99, 


Digitized by CjOOQie 





3. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICRE WOCHENSCHRIFT. 


107 


geimpft 241 Rinder. Milzbrand herrschte im Juli in 28, im 
August in 27, im September in 31 Si allen. 353 Pferde wurden 
wegen Rotz getödtet; vevseucht waren 218 Ställe. Die Zahl der 
angemeldeten tollen Hunde belief sich auf 192 bezw. 154 bezw. 
136. Die wuthkranken Hunde, vertheilen sich auf 76 bezw. 64 
bezw. 81 Gemeinden in 36, 34, 28 Departements. Maul- und 
Klauenseuche trat im Juli in 28, im August in 24, im Septmber 
in 15 Gemeinden auf. In 14 bezw. 32 bezw. 33 Heerden wurden 
Schafpocken, in 12 bezw. 12 bezw. 4 Heerden und 11 Mal in 
Schlachthäusern wurde Schafräude festgestellt. Rauschbrand trat 
im Juli in 58, im August in 159 Ställen und einem Schlachthaus, 
im September in 95 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde 
in 20 bezw. 21 bezw. 26 Departements beobachtet. In 13 bezw. 
18 befcw. 20 Beständen wurde die ansteckende Lungen- und 
Darmentzündung der Schweine festgestellt. 

Niederlande. III. Quartal 1897. 

Milzbrand in 57 Fällen; Rotz in 28; Maul- und Klauenseuche 
in 353 274; Räude der Einhufer und Schafe in 11318; Schweine¬ 
rothlauf und Schweiueseuche in 1735 und bösartige Klauen¬ 
seuche der Schafe in 343 Fällen. 

Oesterreich IV. Quartal. 

Milzbrand herrschte im October in 28, im November in 19, 
im December in 25, Rauschbrand der Rinder im October in 7, 
im November in 3 Orten, im December in 1 Orte. Tollwnth 
wurde im October in 44, im November in 57, im December in 
50 Orten constatirt. Rotz und Wurm trat im October in 68, im 
November in 80, im December in 68; Maul- und Klauenseuche 
im October in 3240, im November in 4523, im December in 4487 
Orten auf. Bläschenausschlag wurde im October in 25, im 
November in 24, im December in 29; Räude im October in 21, 
im November in 24, im December in 34 Orten festgestellt. Roth¬ 
lauf der Schweine herrschte im October in 452, im November in 
213, im December in 79; Schweinepest (Schweineseuche) im 
October in 1291, im November in 1016, im December in 650 
Orten. Lungenseuche und Rinderpest sind im Berichtsquartal 
nicht aufgetreten. 

Grossbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 103 Ausbrüchen 204 Thiere, 
wovon 156 auf England, 7 auf Wales und 41 auf Schottland 
kamen. Die Tollwuth betraf 23 Thiere (allein in England, und 
zwar nur Hunde); 83 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausser¬ 
dem in England und 16 in Wales getödtet worden. An Rotz 
erkrankten in England 311, in Schottland 91, in Wales 1 Pferd. 
Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten bezw. er¬ 
krankten und ansteckungsverdächtigen Schweine betrug 5857. 
Der Lungenseuche ansteckungsverdächtig sind in England 
23 Rinder erachtet worden, ausserdem sind 7 seucheverdächtige 
Thiere polizeilich getödtet, aber seuchefrei befunden worden. 


Ungarn IV. Quartal 1897. 

Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach 
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an: 



October 

November 

December 

Milzbrand. 

50—71 

29—47 

27—42 

Wuth. 

68—102 

56—63 

63—74 

Rotz und Hautwurm . . 

119—131 

119—140 

103-126 

Maul- und Klauenseuche 

121—154 

99—104 

87—106 

Lungenseuche . . . . 

4-7 

3—10 

4—10 

Blattern. 

19—22 

22-24 

21—24 

Bläschenausschlag . . 

3-4 

2—3 

1—2 

Räude . 

25—42 

12-20 

14—20 

Rothlauf der Schweine . 

104-139 

76—94 

53 -73 

Schweineseuche . . . 

1446—1681 

1140—1423 

808-1072 


Schweiz. IV. Quartal. 

Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: Milzbrand October 28, 
November 13, December 14; Rauschbrand October 72, November 
21, December 12; Wuth October 7, November 72, December 24 
(darunter 2 Rinder); Rotz und Hautwnrm October 2, November4, 
December 5; Maul- und Klauenseuche October 235, November 989, 
December 2986; Rothlauf der Schweine und Schweineseuche 
October 278, November 135, December 108; Räude der Schafe 
October 232. 

Norwegen. IV. Quartal. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im October 28, 
im November 25, im December 23; bösartiges Katarrhfieber des 
Rindviehs im October 15, im November 13, im December 16; 
Schweinerothlauf im October 103, im November 60, im December 41; 
ausserdem wurden im December 3 Fälle an Rauschbrand, im 
October 4, im November 18 und im December 1 Fall von 
Bradsot der Schafe und im December 6 Fälle von Schweine¬ 
diphtherie gemeldet. 

Schweiz 1897. 

An Rauschbrand gingen verloren 672 Thiere, davon 241 im 
Canton Bern, 114 im Canton Freiburg und 84 im Canton Waadt, 
während die Verluste der übrigen Cantone zwischen 0 und 61 
betrugen. Der Verlust an Milzbrand betrug 324 Stück, wobei 
ebenfalls wieder die Cantone Bern mit 129 und Waadt mit 60 
am stärksten betheiligt sind. Der Rotz wurde an 59 Pferden, 
darunter allein an 25 im Canton Waadt, constatirt. Die Tollwuth 
bei 78 Thieren. Die Stückzahl der durch Maul- und Klauen¬ 
seuche betroffenen Bestände betrug 8928 ; 706 Stück Grossvieh 
und 708 Stück Kleinvieh wurden geschlachtet bezw. starben. 
An Rothlauf bezw. Schweineseuche sind 3247 Schweine verloren 
gegangen. 

Rinderpest in der Türkei. 

Im türkischen Sandschak Adrianopel und im Distrikte Elasona 
(Vilajet Monastir in Macedonien) ist die Rinderpest ausgebrochen. 
(Oesterr. Monatsschr. 1898, H. 1.) 

Verwüstungen duroh die Rinderpest in Afrika. 

Die jetzt veröffentlichten officiellen Berichte über die Ver¬ 
heerungen durch die Rinderpest in Transvaal besagen, dass 
nahezu 800000 Rinder gestorben sind. 250000 wurden auf An¬ 
ordnung der Regierung erschossen und dafür Entschädigung ge¬ 
zahlt. 150000 Rinder wurden mit Erfolg geimpft. Eine volle 
andere halbe Million Rinder befindet sich noch am Leben. 

Verordnungen. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordentliche 
Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei¬ 
lichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr 
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche 
in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen 
Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu 
No. 49 des Amtsblattes für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬ 
schriften der vorbezeiclmeten laudespolizeilichen Anordnung sich 
auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 

1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬ 
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreisbauptmannschaften 
Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. ans den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬ 
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum 
Sachsen-Weimar-Eisenach, 8. aus dem Grossherzogthum Olden- 


Digitized by LjOOQie 










108 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 9. 


bürg, 9. aas dem Herzogthnm Braunschweig, 10. aus dem Herzog¬ 
tum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Alten¬ 
burg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 13. aus 
dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem Fürstenthum Schwarzburg- 
Sonderehausen, 15. aus dem Fürstenthum Scbwarzburg-Rudolstadt, 
IG. aus dem Fürstenthum Waldeck, 17. ans dem Fürstentum 
Reuss ä. L, 18. aus dem Fürstenthum Reuss j. L., 19. aus den 
Reichslanden Elsass-Lotringen — im Regierungsbezirk Brom¬ 
berg zur Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis 
auf Weiteres beschränken. 

Bromberg, den 8. Februar 1898. 

Der Regierungs-Präsident. 

In Vertretung: 
von Barnekow. 

Fleischschau und Ylehverkehr. 

Vieh-Versloherungs-Agentursn. 

Durcli Runderlass der Minister für Landwirtschaft, der 
geistlichen etc. Angelegenheiten und des Innern ist den Ober¬ 
präsidenten empfohlen worden, den mit der Fleischschan befassten 
Kreisthierärzten und den Schlachthaus) hierärzten die Uebernahme 
von Agenturen der Vieh-Versicherungs-Gesellschaften zu unter¬ 
sagen. 

Diesem ‘Erlass gegenüber hat die Perleberger Vieh - Ver¬ 
sicherungsgesellschaft (welche bekanntlich vom Baron v. Putlitz 
ins Leben gerufen worden ist) Petitionen an die Herren Ober- 
präsidenten und Regierungspräsidenten sowie den Landwirt h- 


schaftsrat und den Landwirthschaftskammem eingereicht Die 
Petitionen heben hervor, dass nur die Mitarbeit erfahrener Land- 
wirthe und Thierärzte es ermöglicht habe, die Schwierigkeiten 
der Schlachtviehversicherung zu überwinden. Die Verordnung 
lege der Landwirtschaft schwere Opfer auf. Die Mitwirkung der 
Schlachthofthierärzte bei der Viehversicherung sei von grossem 
Einfluss. Die Perleberger Gesellschaft habe an 110 Plätzen fast 
durchweg Thierärzten die Vertretung oder Oberaufsicht über¬ 
tragen und die Prämien haben sich in diesen Fällen billiger ge¬ 
stellt, als bei der Vertretung durch Nichtthierärzte. Der Haupt¬ 
werth der thierärztlichen Mitarbeiter bestehe in der Zurück¬ 
weisung desjenigen Viehes, welches die Verkäufer als krankheits¬ 
verdächtig abgeschoben hätten und welches, wenn es nicht er¬ 
kannt, sondern dem gesunden Vieh beigemischt werde, die für 
letzteres zu zahlenden Prämien, welche der Landwirtschaft 
direct oder indirect allein zur Last fielen, erheblich erhöhe. Die 
thierärztliche technische Mitwirkung mindestens sei daher nicht 
entbehrlich. Ans dieser Nebenthätigkeit für die Interessen der 
Landwirtschaft dürfte kaum ein Conflict mit der amtlichen 
Thätigkeit der Thierärzte zu erwarten sein. 

Die Petitionen bezwecken, das Inkrafttreten des Erlasses zu 
verhindern. Die Gründe desselben entziehen sich der Kenntniss. 
Uebrigen8 scheint es, dass, da der Wortlaut des Erlasses nicht vor¬ 
liegt, mit dem Erlass blos solche Fälle gemeint sind, wo Kreisthier- 
: ärzte Schlachthäuser nebenamtlich verwalten. Jedenfalls aber kann 
man aus den Petitionen mit Genugthuung ersehen, dass die 
Mitarbeit der Thierärzte an der Schlachtviehversicherung als 
; im landwirtschaftlichen Interesse liegend erachtet wird. 


Personalien. 

Ernennungen: 

Es ist gewählt worden: Thierarzt 0 b e r w i n t e r -Soest • zum 
Schlachthofinspector in Schmalkalden. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden In Berlin: Thiqrarzt 
P o c z k a -Cammin (Pom.) und Rossarzt M i c h n 1 s k i -Ohlau. 

Wohneitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier- 
arzt B. M u e 11 e r - Insterburg nach Weblau, Thierarzt K. M o 11 h o f- 
Bcrlin nach Coblenz als Assistent des Departementslhierarztes da¬ 
selbst, Thierarzt B. K c 11 e r - Dransfeld nach Willicb. — Thierarzt 
R. Lägel hat sich in Zschopau i. Sachs, niedergelassen. 

Todesfälle: Corpsveterinär a. D. Hahn-Landshut, Stabs¬ 
veterinär a. D. üofbauer -Bamberg. 


Yacanzen. 

Kreistbierarztatellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
1L-B. Gumbinnen: Stallupoenen (Assistent des Grenzthierarztes. 
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. — 
R.-B. Kassel: HUnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis 
10. März an Regierungs - Präs, in Minden. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs, 
in Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 
— R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneSte'llen: 
B e u t h e n: 2. Schlachthofthierarzt (2000M., Wohnungsgeld 432M.)i Bew. 
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬ 
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 360 M. Nebeneinnahme). < Bew. 
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthjlerarzt 
(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magistrat. — Filehne: Schladhthof- 

VeraolwortUch für den Inhalt (excl. lnseraten'.lieil) l’rof. I»r. Schnialtz In Horliu. — V« 


inspector zum 1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat. — Zoppot: 
Schlachtbausverwalter zum 1. April (1000 M., freie Wohnung, Privat¬ 
praxis gestattet). Bew. bis IO Mär» an- Gemeinde* Vorst eher: r 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspector. — Coblenz: 
Schlachthofdire,.tor zum 1. Mai 1898. — Elberfeld: 2. Assistent des 
Schlachtbofdirectors zum 1. April. — Finsterwalde: Schlacht- 
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬ 
inspector. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. 

— S c h 1 a w e (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt 

— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitseben: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleiscbschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher. 

— Schwarzenau: (800 M. für Fleischschau . Näheres Magistrat 

— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Argen au: Tbierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬ 
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Boitzenburg: Auskunft Graf 
Arnim-Boitzenburg. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thier¬ 
arzt Bolle - Magdeburg (Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt 
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken 
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 
(Elbe). — Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 
1300—1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle Schmalkalden. 


Anfrage. 

Hat einer der Herren Collegen Erfahrungen mit Resolvier- 
seife gemacht? Es wird gegebenen Falls um eine kurze Notiz 
in der B. T. W. gebeten. Dr. E. 

g und Kiircntliuni von Richard Sohoctz in licrlin. — Druck von W. Büxenatein. Berlin. 


/ 


Digitized by LaOOQie 








Dia „Berliner Thterirztllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in StXrke von mindestens 1'/, Bogen. Dieselbe 
ist su beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Kichara 
Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36, zum Treise yon 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrtge werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, tbierürztliche Hochschule, NW., LuisenstrMse 06. 
Correcturen, Kecenslons- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgaug 1898. M 10 . Ausgegeben am 10. März. 


Inhalt: Reissmann: Eine neue Behandlungsmethode der chron. Schulterlahmheit. — Haase: Behandlung der 
Polyurie des Plerdes mit Extractum Hydrastis fluid um. — Aronsohn: Infectiöscr Magen-Darm¬ 
katarrh bei Schweinen. — Kadelbach :Geschwulst anderTricuspidalis bcidcrKuh. — Schweder: An* 
geborene Krummbeinigkeit bei der Kub. — Goldback: Fuhrwerke für die Praxis. — Referate: Deila Nocc 
und Giancola: Die Serumtherapie bei der Brustseuche. — Stutzer und Hart leb: Das Bacterium der Maul- und Klauen¬ 
seuche. — Scott: Laparotomie beim Pferd. — Montanö: Ein Pseudo-Tumor des Luftsackes. — Desaintmartin: Kaiser¬ 
schnitt bei der Hündin. - Lassartesse: Ueber die nervöse Natur des Eczems. — Baum und Sceliger: Ueber die ver¬ 
schiedene Giftigkeit einiger Kupferpräparate. — Marks, Flatten und Jess: Untersuchungen über die Haut der Haussäuge- 
tbiere. — Thierhaltung und Thierzucht. — T age s g e s c h i c h t e: Eingabe der beamteten Thierärzte der Provinz 
Brandenburg an Sc.Excellenz den Hm. Minister für Landwirtschaft. — Verschiedenes. — 0 effentlichesVeterinärwesen: 
Fleischschau und Viehverkehr. — BUcher-Anzeigen lind'- Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Eine neue Behandlungsmethode der chronischen 
Schulterlahmheit 

Von 

Reissmann-Strassbnrg i. M., 

Thierarzt. 

Unter obiger Ueb'erschrift hat Herr Thiei arzt Büttner-Penzlin 
in No. 42 des Jahrganges 1897 dieser Wochenschrift anf eine in 
No. 31 des Jahrganges 1897 der deutschen Thierärztlichen 
Wochenschrift von Heini Amtsthierarzt Dr. M. Tempel in Leipzig 
empfohlene einfache Behandlung des ebron. Schalterrhenmatismus 
durch einmalige snbeutane Injection in der Schultergegend 
(Schultergelenksgegend) von Morph, hydrochloric. 0,2 mit Atropin, 
snlphuric 0,05 und Aq. dest. 20,0 (für mittelschwere Pferde) hin¬ 
gewiesen, bei der nach Dr. Tempel’s Mittheilnng in 10 auf 
diese Weise behandelten Fällen ausnahmslos die Lahmheit vom 
4. Tage nach ansgeführter Einspritzung prompt und dauernd be¬ 
seitigt war. Die günstige Wirkung dieser Injection hat Büttner 
veranlasst, sie an einem Pferde, das bereits seit einem Jahr 
schalterlahm gewesen, zu erproben. Anch in diesem Falle war 
die Lahmheit am 4. Tage nach der Einspritzung dauernd ge¬ 
hoben. 

Anf diese Empfehlung hin habe auch ich am 6. Deceraber 
vorigen Jahres einem Pferde eines hiesigen Arztes, welches mit 
dieser Lahmheit bereits über drei Monate behaftet und während 
dieser Zeit mit den üblichen Mitteln ohne Erfolg behandelt war, 
die vorgedachte Injection in der Gegend des Bnggelenks gemacht 
Der Erfolg war überraschend günstig. Etwa 4 bis 5 Tage nach 
der Einspritzung war die Lahmheit beseitigt, und ist trotz an¬ 
strengenden täglichen Gebrauchs des Pferdes bis jetzt nicht 
wieder bemerkt worden. 

Muss diese Behandlungsmethode der chronischen Schulter- 
lahmheit (Baglahmheit) aus bekannten Gründen anch vorläufig 
noch als eine empirische angesehen werden, so sind die 
bisherigen Erfolge derselben doch so günstige, dass es sich 
empfiehlt, in geeigneten Fällen weitere Versuche mit derselben 
zu machen. 


Behandlung der Polyurie des Pferdes mit Extractum 
Hydrastis fluidum. 

Von 

C. Haase-Hohenmölsen, 

Thlemrzt. 

Am 21. November 1897 wurde mir ein Pferd einer Mineralöl- 
und Paraffinfabrik hiesiger Gegend zngesandt. Dasselbe, eine 
braune schwere State, belgischer Race, ca. 15 Jahre alt, wurde 
mir angeführt wegen mangelhafter Fntteranfnahme in Folge von 
Schieferzähnen und sehr häufigen Absetzens grosser Mengen hell¬ 
gelben nnd dünnflüssigen Urins. Die Untersuchung erwies das 
etwas magere Thier mit rauhem Haarkleide fieberfrei; Con- 
jun^tivalschleimhänte fahlblass. Puls regelmässig, jedoch schlaff, 
Arterienrohr weich. Die Behandlung bestand in Wegnahme der 
Schleferzäbne, Verabfolgung guten Futters, sodann eines Pulvers, 
bestehend ans Natr. chlorat. 60, Acid. tannic. 30, Pnlv. Rhizom. 
Tormentill. 150, anfs Futter zu geben während einiger Tage. 

^Den 24. November untersuchte ich dann das Thier in der 
eigenen Stallang. Das Befinden ist wesentlich dasselbe wie bei 
der ersten Untersuchung, besonders besteht die Harnruhr noch 
in gleichem Grade; Futter- nnd Getränkaufnahme sind jedoch 
besser. Diese sind von guter Beschaffenheit. Das Heu stammt 
von Wiesen, welche in der Nähe der Fabiik liegen und häufiger 
von Aschenbestandtheilen befallen werden; auch sollen geklärte 
i Ablanfwässer der Fabrik anf dieselben lanfen. Dennoch war das 
i Heu von gutem Aussehen nnd aromatischem Geruch nnd wurde 
voi^ den beiden anderen Pferden desselben Stalles in gleicher 
MeAge aufgenommen, ohne dass diese Krankheitserscheinungen 
zeigen. Ausser den schon veror lneten Mitteln wurde Bedecken 
der Nierengegend und tägliche Verabreichung von 5 g calcinirtem 
Eisenvitriol angeordnet. 

‘Der Harn vom 25. November hatte ein spec. Gewicht von 
1,013, war blassgelb, dünnflüssig, wässrig, ohne jede Spur von 
Eiweiss. 

' Am 29. November: Befinden des Patienten das gleiche wie 
zuvor. Fieberfrei. Conjnnctiven fahlblass. Puls regelmässig, 
jedoch schlaff. Arterienrohr weich. Lanterstall besteht noch in 
gleich starkem Grade. Die eingeleitete Behandlung wird fort¬ 
gesetzt. 


Digitized by LjOOQie 







110 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 10 


Der Harn vom 30. zeigt 1,014 spec. Gewicht, ist blassgelb, 
dünnflüssig, wässrig. Am 12. December: Befinden des Pferdes 
wesentlich noch dasselbe. Fieberfrei. Conjunctiven fahlblass. 
Puls regelmässig, schlaff. Arterienrohr weich. Harnrnhr noch 
vorhanden. Die Behandlung wird beibehalten und in Erwägung 
des Umstandes, dass' das Leiden auf einer Erschlaffung und Er¬ 
weiterung der Nierengefässe beruht, die tägliche Verabreichung 
1 Theelöffels (ca. 4 g) Extractum Hydrastis fluidum angeordnet, 
da dieses Mittel nicht nur verengend auf die Uterusgefässe wirken 
soll (wohl seine bisherige hauptsächlichste Anwendung), sondern 
auch auf die Gefässe der übrigen Baucheingeweide (Fröhner). 

Der Urin vom 14. December ist von hellgelber Farbe, dünn¬ 
flüssig, noch wässrig, jedoch nicht mehr in dem hohen Grade wie 
zuvor; ausserdem zeigt er etwas mehr Schleimgehalt. Spec. Ge¬ 
wicht 1,017. Reaction schwach sauer. 

Am 16. December Befinden des Thieres dasselbe; jedoch das 
Arterienrohr voller, Puls um ein Geringes kräftiger. 

• Harn vom 20. Dezember: Spec. Gewicht 1,019. Stärkerer 
Schleimgehalt als zuvor, daher etwas dickflüssiger. Farbe hell¬ 
gelb, etwas intensiver. Durchsichtig. Reaction schwach saue.r 

Am 27. December Befinden des Pferdes gut. Haarkleid glatt. 
Conjunctiven sind nicht mehr fahlblass, sondern zeigen etwas 
rothe Färbung. Puls kräftiger. Arterienrohr voller. Der Urin 
ist hellgelb, etwas trübe : zwar noch dünnflüssig, jedoch von zu¬ 
nehmendem Schleimgehalt. Reaction schwach sauer. Spec. Ge¬ 
wicht 1,015. Eiweissfrei. 

Darauf wird das Eisen nicht mehr gegeben; jedoch werden 
die anderen Mittel weiter verabfolgt, und zwar Hydrastisextract 
in gleicher täglicher Dosis von 4 g bis zum 15. Januar. 

Am 17. Januar ist das Allgemeinbefinden besser. Der Puls 
i?t voller, kräftiger. Conjnnctiven rosarotk; Gefässe derselben 
treten deutlich injicirt hervor. 

Nach Bericht wird bedeutend weniger Harn abgesetzt. 

Derselbe am 26. Januar von .bernsteingelber Farbe, wenig 
trübe, dünnflüssig. Geruch aromatisch. Spec Gewicht 1,029. 

Urin am 12. Februar: Farbe bernstein- bis orangegelb, 
trüber als zuvor, dickflüssiger. Geruch aromatisch. Spec. Ge¬ 
wicht 1,031. ^ 

Obgleich in dem vorliegenden Falle eine vollständige Heilung 
nicht erzielt wurde, da das normale sprc. Gewicht des Pferde¬ 
harns 1,04—1,05 nicht wieder erreicht wurde, so trat doch hine 
bedeutende Besserung in dem Allgemeinbefinden des Thieres (wie 
auch in der Beschaffenheit des Harns ein (Steigerung des spec. 
Gewichts von 1,013 bis auf 1,031, intensivere Färbung. Steigerung 
des Schleimgehalts). Diese Besserung trat nach regelmässiger 
täglicher Verabfolgung von Hydrastisextract während eines Zeit¬ 
raums vom 12. December bis 15. Januar also annähernd in ( fünf 
Wochen ein, während die bisherige von mir angewandte (Be¬ 
handlung mit tonisirenden Mitteln und Eisen allein ohne ; Er¬ 
folg blieb. 

Wenn ich nun für diesen einen mitgetheilten Fall eine grosse 
Beweiskraft nicht beanspruchen kann, so dürfte er doch er- 
muthigend Veranlassung geben zu weiterer versuchsweiser An¬ 
wendung des Hydrastisextracts bei Polyurie. 


Infectiöser Magen-Darmkatarrh bei Schweinen. 

Von 

Dr. Aronsohn- Röbel, 

Thlcrarzt. 

Im Januar und Februar des Jahres 1896 und in denselben 
Monaten dieses Jahres bot sich mir Gelegenheit, eine Schweine¬ 
krankheit kennen zu lernen, die meines Wissens in der Literatur 
bisher noch keine Erwähnung gefunden hat. 


Auf mehreren ca 5—15 km von einander entfernt liegenden 
Gütern erkrankten in kurzen Zwischenräumen sämmtliclie Schweine 
an einem mehr oder minder starken dünnschleimigen, nicht blutigen 
Durchfall, welcher 1—4 Tage anhielt; der Appetit war während 
dieser Zeit entweder gänzlich aufgehoben oder doch wenigstens 
stark herabgesetzt. 

Die in hohem Grade afficirten Thiere zeigten einen steifen, 
einige einen geradezu taumelnden Gang; die leichter erkrankten 
bekundeten nur eine allgemeine Ermüdung und Mattigkeit. 

Erbrechen wurde nur vereinzelt, Husten, Nasenausfluss und 
Hautröthe bei keinem der kranken Thiere beobachtet. 

Die Krankheit verlief gutartig mit einer Mortalitätsziffer von 

1 bis 2 pCt. und währte bis zur vollständigen Genesung in dem 
gesammten Schweinebestande etwa acht Tage. 

Unter genau denselben Symptomen und zu derselben Jahres¬ 
zeit wie im Jahre 1896 erkrankte in diesem Jahre wieder der ge- 
sammte Schweinebestand zweier Güter, die bereits 1896 befallen 
waren, und eines dritten Hofes, der etwa 15 km abseits liegt 
und in gar keinem wirthschaftlichen Verkehr mit den ersten 
beiden steht. 

Auch bei diesem Seuchengange betrug die Verlustziffer 1 bis 

2 pCt. 

Der an acht an dieser Krankheit verendeten Thieren auf¬ 
genommene Sectionsbefund ergab ausser einer leichten paren¬ 
chymatösen Trübung von Herz, Leber und Nieren bei zwei 
Schweinen eine schwere hämorrhagische Entzündung des Magens 
in seiner Fundusregion und eine hämorrhagische Entzündung des 
Dünndarms, bei den übrigen einen einfachen Magen-Darmkatarrh 
mit geringgradiger Hyperplasie der Darmfollikel. Ausserdem fiel 
bei allen Thieren eine post mortem entstandene dunkle Röthung 
der Haut, vorzugsweise am Unterbauche, auf 

Die Milz war stark bluthaltig, im Uebrigen normal, die 
Körperlyraphdrüsen waren unverändert, die Lungen gesund.^ 

Auf den betreffenden Höfen wurde im Jahre 1896 und auch 
in diesem Jahre leicht angesänerte Magermilch, gedämpfte 
Kartoffeln und Roggenschrot bezw. Roggenschrot und Bolinen 
gefüttert. Weder die Quantität noch die Qualität des Futters ist 
in den letzten Monaten vor Ausbruch der Krankheit geändert 
worden. 

Die Kartoffeln sind gesund, das Schrot frei von schädlichen 
Beimengungen und die Milch stammt aus Ställen, in denen eine 
Seuche in den letzten Jaliren nicht geherrscht hat. 

Es ist demnach die Ursache für die Erkrankung nicht in 
dem Futter zu suchen, zumal dasselbe nach Genesung der Thiere 
in derselben Quantität und Qualität weiter gegeben wurde, ohne 
dass im Jahre 1896 und auch in diesem Jahre bis jetzt die 
Krankheit von Neuem ansgebrochen wäre. 

Bemerken will ich noch, dass auch die Schweine der auf den 
Höfen arbeitenden Tagelöhner mit wenigen Ausnahmen nnter 
genau denselben Symptomen und zu derselben Zeit, nur in einem 
Falle ca. 14 Tage vorher, erkrankten. Diese Schweine befinden 
sich in den zu den Höfen gehörenden Dorfstallungen, kommen 
also mit jenen niemals in directe Berührung und erhalten als 
Futter nur Milch und Schrot; diese Milch stammt von Kühen, 
die nur mit Heu und Rüben gefüttert werden. 

Ebenso wenig wie eine krankhafte Beschaffenheit des Futters 
oder eine schädliche Beimengung zu demselben kann eine Erkältung 
als Ursache für den Darmkatarrh herangezogen werden, weil 
eine Erkältung bei der Haltung der Schweine auf den betreffen¬ 
den Höfen ausgeschlossen werden kann und weil sich die 
Symptome einer Erkältung nicht blos auf den Darmcanal er¬ 
strecken würdeD. Ausserdem pflegen euch nicht sämmtliclie 
Thiere zu einer Erkältung disponirt zu sein. 


Digitized by LjOOQle 




10. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


111 


Es bleibt demnach nichts Anderes übrig, als ein Miasma an¬ 
zunehmen, das sich im Stalle hält and, bei günstigen Be¬ 
dingungen von den Schweinen aafgenommen, das oben geschilderte 
Krankheitsbild erzeugt. 

Welcher Natur der Infectionsstoff ist, bin ich zu sagen nicht 
im Stande. 

Es wäre von grossem Interesse, zu erfahren, ob dieses 
Leiden auch in anderen Gegenden beobachtet und ob eine Ur¬ 
sache für dasselbe gefunden worden ist. 


Geschwulst an der Tricuspidalis bei der Kuh. 

Von 

Kadelbach-Ebcrswalde, 

Schtachlhofdlioctor. 

Der Fleischermeister E. Cronswitz brachte ins hiesige 
Schlachthaus eine Kuh zum Schlachten gefahren, welche er auf 
Dominium, Britz von Amtmann Erummroth gekauft hatte. 
Im Stalle hat die Kuh keine auffälligen Krankheitserscheinungen 
gezeigt. Erst beim Herausführen aus dem Stalle und Verladen 
auf den Wagen wäre sie sehr träge und störrisch gewesen. Ich 
war beim Abladen dabei und sah, dass die Kuh sp> ichelte und sich 
kaum auf den Beinen halten konnte, sie taumelte hin und her. 
Im Maul und an den Klanen konnte ich nichts Krankhaftes finden. 
Die sichtbaren Schleimhäute waren stark injicirt und der Puls 1 
kaum zu fühlen. Dagegen constatirte ich starkes Herzklopfen 
nnd gurgelnde Geräusche in der Diastole. Ferner fanden sich weiche 
ödematöse Anschwellungen am Triel, an der Brust und dem 
Bauche. Die Venen waren stark gefüllt, man konnte manchmal 
Venenpuls beobachten. In den Stall gebracht, legte sich die Kuh 
sofort hin und stand nicht wieder auf. Dabei stöhnte sie viel 
und zeigte grosse Unruhe und Beängstigung. Da sich nach 
einigen Stunden der Zustand nicht änderte, die innere Körper¬ 
temperatur nicht über 38,6° C. liinausgin?, Hess ich die Kuh im 
Stalle tödten und dann ausschlachUn. Dabei fand si h Folgendes: 
Die Venen der Haut sind stark mit schwarzrothem Blute gefüllt. 
Das Unterhautbindegewebe ist überall besonders am Halse, der 
Brust und dem Bauche sowie an den Füssen mit wässrigen, salzigen 
Massen erfüllt. Bei Eröffnung der Körperhöhlen ergiesst sich un¬ 
gefähr lj^ Eimer wässriger, röthlichtriiber Flüssigkeit. Der Herz¬ 
beutel ist ebenfalls ziemlich mit gelblicher Flüssigkeit gefüllt. 
Die Lungen sind stark mit Blut gefüllt, an vi*len Stellen derber 
und mit hämorrhagischen Herden durchsetzt, welche an ver¬ 
schiedenen Stellen abgestorben und in eitrigen und käsigen Zerfall 
übergegangen sind. 

Das Herz fällt auf durch Ausbuchtung der rechten Herz¬ 
hälfte. Man fühlt durch die dilatirten Wände hindurch eine etwa 
faustgrosse Geschwulst. Nach Trennung des Herzens von den 
GefäsBen bemerkt man am Ostium venosum eine blumenkohl- 
artige Wucherung an der Tricuspidalis, welche die Oeffhnng voll¬ 
ständig verschliesst, beim Einführen zweier Finger eine spalt- 
förmige Oetfnung übrig lässt. 

Die Leber ist stark vergrössert und misst in der Länge 
57& cm, in der Breite 35 cm und wiegt 21 Pfund. Sie ist über¬ 
mässig mit Blut gefüllt. Die Durchschnittsfläche ist grobkörnig 
und sehr blutreich, das Leberparenchym mürbe und brüchig und 
zeigt ein geädertes muskatnussähuliches Aussehen. 

Das Bauchfell ist gequollen und 'mit seröser Flüssigkeit 
durchsetzt. Der Darmtractus ist auffällig blass und die serösen 
Häute des Netzes und Gekröses sind ebenfalls mit Flüssigkeit 
stark gefüllt. Der Talg zeigt ein weisses, käsiges und schmieriges 
Aussehen. Die Musculatur, besonders diejenige des Zwerchfells, 
erscheint schlaff und mehr oder weniger mit Flüssigkeit durch¬ 
tränkt. 


Die Milz ist wenig geschwollen, sehr blutreich, das Paren¬ 
chym kaum verändert. 

Die Nierenkapsel ist mit Flüssigkeit und Blutungen durch¬ 
setzt. Die Nieren selbst sind etwas vergrössert und zeigen auf 
dem Durchschnitt eine blaurothe Färbung, ln der Marksubstanz 
sind die Gefässe stark injicirt. 


Angeborene Krummbeinigkeit bei der Kuh. 

Mitgetbeilt von 

Amandus Schroeder-Gronau i. W, 

•Schlactiilio'di'eetor. 

Das hierunter stehende Porträt stellt eine fünfjährige roth- 
braune münsterländer Kuh vor, welche dem hiesigen Schlachthause 
zugeführt wurde, weil sie güst geblieben war, nachdem sie 3 Maj 
regelmässig gekalbt hatte. Beide Vorderbeine waren, wie die 



Abbildung erkennen lässt, gleichmässig und so stark verkrümmt, 
dass Unterarm und Fuss im Carpus miteinander einen Winkel 
von ca. 95° bildeten. Der Fehler war angeboren, und es ist da¬ 
her immerhin merkwürdig, dass ein solches Kalb aufgezogen 
worden ist. Die Kuh hat sich auf der Weide genügend bewegen 
können und war nicht schlecht genährt. Der G km lange Weg 
zum Schlachthause hatte sie allerdings so angestrengt, dass sie 
schliesslich bei jedem dritten Schritt vorn zusammengebrochen war. 


Fuhrwerke für die Praxis. 

Von 

Dr. Goldbeck-Potsdam, 

Rosaarzt. 

Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass von den 
nachtheiligen Erfahrungen der Praxis nur selten etwas an die 
Oeffentlichkeit dringt, und doch sollten diese gerade möglichst oft 
zur Sprache kommen, damit die daraus gezogenen Lehren nicht 
nur dem Geschädigten selbst zu Gute kommen. 

Wer hätte nicht schon nachtheilige Erfahrungen gemacht bei 
der Beschaffung für die Praxis ei forderlicher Gegenstände? Das 
theuerste Instrument und zugleich das für den Praktiker wesent¬ 
lichste ist wohl Pferd und Wagen. Hat schon der Thierarzt im 


Digitized by LjOOQie 







112 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10. 


Allgemeinen mit dem Pferdekauf für eigenen Gebrauch weniger 
Glück als mit dem Ankauf für fremde Zwecke, so ist gar der 
Wagenkauf das heikelste Ding, da meist die nöthige Sachkennt¬ 
nis fehlt. Und dann ist es vielfach auch schwierig, die ver¬ 
schiedenen empfohlenen Systeme aus eigener Anschauung kennen 
zu lernen. Dazu kommt die Preisfrage — der Wagen soll billig 
sein, soll leicht mit einem Pferde zu fahren und ausdauernd sein, 
darf nicht zu viel Pflege nnd möglichst wenig Reparaturen 
kosten, und last not least, er darf auch etwas elegant erscheinen. 

Da hat nun in letzter Zeit der Dr. Münter’sche Einsteller 
viel von sich reden gemacht. Zuerst in ärztlichen Zeitschriften 
empfohlen, fand derselbe auch unter den Thierärzten vielfach 
Anhänger. Dies veranlasste mich im vorigen Jahre, einen solchen 
zu kaufen. Als derselbe vor meiuem Hause abgeladeu wurde, 
zweifelte ich im ersten Augenblick, ob dies der richtige für mich 
bestimmte „Einsteller“ sei, aber Frachtbrief und Firmenschild 
belehrten mich eines Besseren. Da hiess es, gute Miene zum 
bösen Spiel machen, und so schaute ich mir denn das Ding mit 
möglichst freundlichem Gesicht etwas näher an. Man denke sich 
eine Kiste von ca. 0,90 m Länge, 110 m Breite, 0,90 m Höhe, 
deren Rückwand durch Bretter zu Sitzen für 2 Personen um¬ 
gewandelt ist. Die linke Hälfte dieser Rückwand geht mit dem 
daran befindlichen Sitz in die Höhe zu klappen und man steigt 
dann von hinten ein. Eine darin sitzende Person ragt gerade 
mit dem Kopf hervor. Dieser Kasten ist nun bei D mittels 
Lederriemeu aufgehängt. AC (eine Hälfte des Scheerbaums) ^ind 
BD sind ca. 8—9 cm dicke plumpe runde Stangen aus Holz. 
Bei C läuft das Rad, bei E liegt ein Querbalken, welcher die 
Federung bei D ermöglichen soll. , 



Die bei D hängende Last des Kastens und seiner Insassen 
fällt theils auf B, theils auf E und drückt natürlich kräftig auf 
die Vorderbeine des armen Thieres. Besonders beim Bergab¬ 
fahren ist dies geradezu gefährlich. Demgemäss leiden die 
Pferde bald an den Vordergliedmassen und, wenn man gar 
Münter’sches Geschirr benutzt, auch am Widerrist durch Druck. 
Ein Regieren des Pferdes ist aus dem tiefen Kasten unmöglich 
und wehe dem Aermsten, dessen Pferd irgendwie schwierig ist 
oder beim Halten nicht ruhig-steht resp. durchgeht, er kann, nie 
aus dem Fuhrwerk heraus. Dazu kommt, dass die Stange BD eich 
bald durchbiegt nnd auf das bei C angebrachte Veibindungshrett 
(der Achse) mit jedem Tritt aufstösst und so das au und für 
sich unangenehme Schütteln des Wagens geradezn unerträglich 
macht. > 

Was nun das allgemeine Aussehen des Miinter’schen Wagens 
betrifft, so erinnert derselbe lebhaft an die wohl überall be¬ 
kannten zweirädrigen Karren für MuH- resp. Kohlenabfuhr (Sog. 
tomberean). 

Nach dieser bösen Erfahrung suchte ich nun etwas Besseres 
und fand einen geradezu idealen zweirädrigen Wagen in Bessel’s 
Zweirad (Bartenstein, Ostpreussen). So angenehm ja auch für 
Jemand, der es sich leisten kann, ein vierrädriger Wagen ist, so 
erfordert ein solcher doch immer das Doppelte an Anschaffungs¬ 
kosten und Reparaturen als ein Zweirad. Das Schwierige bleibt 
nun immer die Vermeidung des Stosses vom Pferd auf die Fahrer 
und Verhütung der Belastung der Vorderbeine. Ersteres ist 
durch eine ebenso einfache als sinnreiche Federung unter dem 
eigentlichen Sitzkasten vermieden, letzteres durch einen einfachen 


Mechanismus, welcher es ermöglicht, die Last des Wagens be¬ 
liebig nach vorn oder hiuten zu verscliieben, ohne vom Sitz auf¬ 
zustehen, beseitigt Ja, man kann die Last so weit nach hinten 
verlegen, dass die Enden der Scbeerbäume das Pferdegeschirr 
nach oben ziehen. Dazu kommt eine sehr elegante und doch 
soUde Construction, so dass die geringe Preisdiff renz (Münter 210* 
Bessel 280) mehr als anfgewogen ist. Durch zweckmässige und 
federnde Rückenstützen ist es möglich, dass man selbst durch 
Löcher fahren kann, ohne einen Stoss zu bemerken. 

Zweckmässig dürfte es sein, wenn die Fabrik auch an der 
rechten Seite einen Fusstritt anbriugeu Hesse. 


Referate. 

Die Seromtherapie bei der Bmstsenche. 

Vou Dr. Deila N o c e, Cupitano Veterinario, und Dr G i a n c o 1 a, 
Tenente veterinario. 

(Clin vet 1897, H. 49 — 61) 

Bereits im April 1897 haben die Verff. eine kurze Mittheilung 
in der CUnica veterinaria (H. 14) über ihre Versuche und Er¬ 
fahrungen mit der Serumbehandlung bei der infectiösen Pneumonie 
der Pferde gemacht. Nachdem nunmehr das Verfahren bei 
97 Pferden erprobt worden ist nnd der Nutzen desselben erwiesen 
sein soll, wird ausführlich über Gewinnung und Anwendung des 
Serums in dem vorliegenden Aufsatz berichtet. 

Die Versuche wurden im Remonte-Depot von Persanö 
gemacht, wo in einem Bestände von 500 dreijährigen Pferden 
die Bru6tseuche ausgebrochen war. Von der Gesammtzahl 
erkrankten 374 Pferde. 97 Pferde wurden mit Serum, 27 Pferde 
mit intratrachealen Injectionen von Jod-Jodcalium und 250 Pferde 
wurden symptomatisch behandelt. Die Verluste beliefen sich bei 
den einzelnen Methoden auf 2, bezw. 6, bezw. 33 Pferde, in 
Procenten berechnet auf 2,06, 22*22, 13,5 pCt. Hiernach hätte 
die Serumbehandlung bei Weitem das beste Resultat aufzuweisen. 
Es ist zu bemerken, dass von den 97 mit Serum behandelten 
Pferden im Ganzen 5 eingegangen sind. Bei 3 der letzteren, 
welche zunächst der symptomatischen Kur unterworfen gewesen 
waren, wurden die Serumeinspritzungen jedoch erst in einem 
Krankheitsstadium begonnen, in dem bereits hochgradige Ver¬ 
änderungen an den Organen Platz gegriffen hatten und ein 
Erfolg kaum mehr zu erwarten stand. Desshalb halten sich die 
Verff. für berechtigt, diese drei FäUe bei der Verlustberechnung 
ausser Betracht zu lassen. 

Die Verff. gelangten zu ihrer Heilmethode durch die Be¬ 
obachtungen an Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen. 
Wurden diesen Thieren tödtliche Dosen virulenten pathologischen 
Materials beigebracht und gleichzeitig Blutserum von Pferden 
eingespritzt, welche von der Krankheit nach spontaner Infectiön 
genesen waren, so überstanden die Versnchsthiere die sonst stets 
letale lmpfkrankheit. 

Das Heilserum wurde aus dem Blut von Pferden gewonnen, 
welche die Brustseache in schwerster Form durchgemacht hatten. 
Die Blutentziehungen erfolgten unter den gewöhnlichen asepti¬ 
schen Massnahmen mit einem Billroth’schen Troikart uhd 
wurden erst 10 Tage nach dem Ueberstehen der Krankheit vor¬ 
genommen. Bei einem Aderlass wurden uicht mehr als zwei 
Liter Blut abgezogen. 

Das Serum wurde den kranken Pferden im AUgemeinen an 
beiden Seiten des Halses subcutan eingespritzt Die Einstich- 
steUen wurden vor der Injection mit Sublimatseife und hierauf 
mit Iproc. Sublimat-Alkohol (van Swieten) gewaschen und die 
verwendeten Hohlnadeln in Wasserdampf sterilisirt 

Die höchste Zahl der Einspritzungen bei einem Pferde 
betrug 7, die niedrigste 2. Im Mittel kamen bei jedem Pferde 


Digitized by VjOOQie 





10. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


118 


4 Einspritzungen von je 100 g zur Anwendung, welche auf 
4 Tage vertheilt wurden. 14 Pferde erhielten auch intratracheale 
Injectionen von 50—100 g Serum pro dosi. 

Nach der Einspritzung des Serums tritt eine schnelle 
Besserung in dem Krankheitszustande ein. Das Allgemeinbefinden 
hebt sich, die^Kräfte nehmen wieder zu und die Fresslust kehrt 
zurück. In vielen Fällen machte sich die Besserung schon 
nach einer einzigen Einspritzung bemerkbar. Bei einigen Pferden, 
die symptomatisch behandelt worden waren und erst nach 
schwerer Erkrankung als ultima ratio der Serumtherapie unter¬ 
worfen wurden, fielen die Krankheitserscheinungen erst ab nach 
5, 6, auch 7 Injectionen. 

Die Beeinflussung des Krankheitsverlanfes durch die 
Injectionen machte sich besonders schnell beim Puls und bei der 
Athmung bemerkbar. Die hohen Pulszahlen von 80 bis 90 
Schlägen in der Minute verminderten sich beträchtlich und der 
Puls wurde kräftiger. Die Athmung wurde ruhiger, länger und 
tiefer. Die Temperatur stieg einige Stunden nach der Injection 
ein wenig, nahm aber schon am nächsten Tage wieder ab und 
nach 3 oder höchstens 4 Injectionen war vollständige Entfieberung 
eingetreten. Auch machte sich die therapeutische Wirkung 
des Serums bald durch eine sehr reichliche Harnentleerung 
bemerkbar. 

Complicationen und Nachkrankheiten sollen unter der Serum¬ 
behandlung bei der Brustseuche selten Vorkommen. Nur bei 
einem der Fälle wurde eine specifische Synovitis beobachtet. 

Die Verff. bemerken zusammenfassend, dass ihre Erfolge die 
Ueberl egen heit der Serumtherapie über die Jodbehandlung und 
über jede andere Behandlungsmethode bei der Brnstaeuche 
bewiesen hätten. Champetier gebe die Mortalitätsziffer bei 
der Krankheit auf 15 pCt. an nnd nach den statistischen Zu- 
S&mmenstelluhgen•' dör Commission "für PfbrJe-Hygiene ln Frank¬ 
reich steige dieselbe in Algier bis auf 30 pCt., während die 
Serumcur den Verlust durch Tod auf 2,06 pCt. herabdrücke. 

Auch in Deutschland sind wiederholt Versuche mit der 
Serumtherapie bei der Brustseuche gemacht worden, die Ergeb¬ 
nisse sind indess nicht gleichmässig ausgefallen. Die symptomatische 
Behandlung der Brustseuche in Verbindung mit sorgfältiger 
Wartung und Pflege haben bisher auch hänfig so gute Erfolge 
zu verzeichnen gehabt, welche für die Serumbehandlung von den 
Verff. in Anspruch genommen werden. Insbesondere ist diese 
Erfahrung bei unseren Armeepferden nicht selten gemacht worden. 
In einzelnen Seuchengängen tritt die Krankheit bekanntlich unter 
Pferdebeständen, welche sich in guten hygienischen Verhältnissen 
befinden (Truppenpferde, Remonte-Depotpferde, Pferde in Renn¬ 
ställen u. 8. w.), nur in milder Form anf. Diese Fälle bieten 
der Serumtherapie ein dankbares Feld. Es muss daher abgewartet 
werden, ob diese Behandlungsmethode sich auch bewährt bei 
Seucheuau8brüchen, in denen die Krankheitsfälle einen schwereren 
Charakter tragen. 

Das Bacterium der M&nl- and Klauenseuche. 

Von Stutzer und Hartleb. 

(Arch. f. Hygiene Bd. XXX.) 

Die Autoren kamen bei ihren Beobachtungen zu folgenden 
höchst merkwürdigen Resultaten: 

1. Die an Maul- und Klauenseuche erkrankten Thiere ent¬ 
halten einen bestimmten Mikroorganismus, welcher die 
Eigenschaft hat, seine Gestalt zu ändern. 

2. Die Aenderung der Gestalt wird vorzugsweise durch einen 
Wechsel der Ernährungsbedingungen und duroh die Ausscheidung 
bezw. durch die Erzeugung von Stoffen bedingt, welche auf die 
Entwicklung der Bacterien einwirken. 


3. Das Bncterium erscheint bald als ovales Stäbchen, dessen 
Länge kaum das l&facbe der Breite beträgt, zum Theil sind die 
Stäbchen länger. Unter anderen Verhältnissen findet man das 
Bacterium in Form von Coccen, Diplococcen, Streptococcen, 
welche stets in einer Schleimhaut eingebettet liegen. Nicht selten 
treten hefeartige Gebilde mit rundlichen Auswüchsen auf, die als 
Zoogloeen zu betrachten sind, unter wieder anderen Verhältnissen 
verwandelt der Organismus sich in eine Streptotbrix nnd letztere 
in einen Fadenpilz. 

4. Diese Umwandlungen lassen sich verfolgen, wenn man von 
einer einheitlichen Bacteriencolonie ausgeht und Nährmedien von 
verschiedener Zusammensetzung, insbesondere mit verschiedenen 
Kohlenstoff- und Stickstoff-Verbindungen anwendet. 

Mehrere Forscher, welche in den letzten Jahren mit den 
Mikroben der Maul- und Klauenseuche sich beschäftigten, haben 
höchst wahrscheinlich denselben Organismus wie wir beobachtet, 
jedoch zum Theil in verschiedener Gestalt und unter verschiedenen 
Lebensbedingnngen. 

Diese Forscher erkannten den grossen Wechsel der Formen 
des Mikrobiums nicht genügend und gelangten daher zu ab¬ 
weichenden Anschannngen. 

5. Das Bacterium hat nicht nnr eine ausserordentliche Ver¬ 
mehrungsfähigkeit und ein schnelles Wachsthum, sondern auch 
ein sehr grosses Anpassungsvermögen an die verschiedensten 
Ernährungsbedingungen. Sehr hänfig ist das Bacterium ein 
Säurebildner; es vermag in sauren Flüssigkeiten gut zu 
wachsen. Jedoch ist es auch fähig, in alcobolisdien Flüssigkeiten 
üppig zu gedeihen nnd kann sogar in Harnstofflösung kohlen¬ 
saures Ammoniak erzeugen, also als Alkalibildner auftreten. 

6. Bei dem hohen Anpassungsvermögen des Bacteriums an die 
verschiedenen Ernährungsbedingungen und bei der leichten Ver¬ 
änderlichkeit seiner Formen, kann es nicht auffallen, dass anch 
die physiologische Wirkung, welche das Bacterium auf lebende 
Thiere ausübt, eine sehr veränderliche ist und die characteristischen 
Krankheitsersche'nungen nur unter bestimmten Verhältnissen her¬ 
vorruft. 

Laparotomie beim Pferd. 

Von \V. M. Scott M. It. C. V. S. Bridgwater. 

lV«t- Record 1898 H. 499). 

Ein Pferd, welches im Anfang des Jahres 1896 eine acute 
Coük äberstanden hatte, wurde im November 1897 wieder von 
heftigen Colikschmerzen befallen, die intermittirend anftraten und 
der'gewöhnlichen Behandlung nicht weichen wollten. Die An¬ 
fälle waren von profusen Schweissausbrüchen begleitet, der Puls 
stieg auf 75, die Athmung anf 38 per Min., T 101,9 F. Die 
sichtbaren Schleimhäute waren injicirt, die Pupillen dilatirt. 
Weiter wurde während der Schmerzen ein beständiges Bewegen 
der;Haut in der linken Flanke beobachtet. In den anfallsfreien 
Zeiten trocknete der Schweiss ab und das Pferd bekundete keine 
wesentlichen Krankheitserscheinungen. Als sich nach dreitägiger 
Behandlung der Zustand des Pferdes mehr und mehr ver¬ 
schlechtert hatte, entschloss sich der Verf. zur Laparotomie. 

Die Operation wurde am 14. November abends 7 Uhr bei 
künstlichem Licht ausgeführt. Das Pferd wurde auf die rechte 
Seite gelegt und zunächst chloroformirt. Nach dem Abscheeren 
der Haare in der linken Flanke erfolgte unter den gewöhnlichen 
aseptischen Massnahmen die Eröffnung der Bauchhöhle durch 
einen etwa 8 Zoll langen Verticalschnitt in einer Entfernung von 
4 Zoll vom freien Ende der letzten Rippe. Das Bauchfell wurde 
mit einer stumpfen Haarseilnadel durchstossen und nachdem Zeige- 
und Mittelfinger durch die Oeffnung zum Schutz der Darmschlingen 
in den Bauchfellsack eingeführt waren, weiter getrennt, um der 
ganzen Hand Eingang zu verschaffen. S. stellte nunmehr nach 


Digitized by LjOOQle 






114 BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 10. 


kurzer Untersuchung fest, dass „zwei Darmsclilingen“ mit dem 
parietalen Blatt des Bauchfells verlöthet waren, so dass der f)arm 
an dieser Stelle festgelegt und dabei in seinem Lumen verengt 
worden war. Die Lage der Verlöthung entsprach der Hautstelle, 
welche das Pferd während der Colikanfülle bewegt hatte (!). 

Die Abtrennung der Darmschlingen erfolgte mit dem Finger. 
Hierauf wurden das Bauchfell mit Catgut, die Bauchmuskeln und 
die Haut durch besondere Nähte mit carbolisirtera Bindfaden ver¬ 
einigt. Die Operation dauerte 1 Stunde und 35 Minuten. Die 
Wunde wurde mit Jodoformpulver bestreut und die Box des 
Pferdes mit Carbolwasser ausgespriizt. Das Pferd äusserte am 
nächsten Tage keine Kolikschmerzen, hatte auch Darmgeräusche 
(die ersten seit Beginn der Krankheit) und entleerte auch Fäces. 
Es nahm auch Kleietrank zu sich. P 52; T 101° F. Abdnds 
verschlechterte sich jedoch der Zustand sehr, die Temperatur 
stieg auf 104,1° F, und am folgenden Morgen verendete das Pferd 
ohne Todeskampf. { 

Bei der Obduction ergab sich die bemerkenswerthe Thatsache, 
dass das Bauchfell verheilt war. Dasselbe erschien am Sitze der 
Operation völlig gesund, an Stelle der frühem Verbindung mit 
dem Darm war es trüb. Der Darm war an der entsprechenden 
Stelle etwas verdickt und uneben auf seiner Oberfläche. Die Ver¬ 
einigung des betr. Darmtheils mit dem Bauchfell begann sich 
bereits wieder zu bilden. Die Schleimhaut zeigte einen „sehr 
starken Congestirzustand' 1 an dem fraglichen Darmabsclmitt (der¬ 
selbe ist nicht näher bezeichnet). Gleiche Veränderungen zeigten 
die Schleimhaut des Cöcums und ein etwa 12 Zoll langes Stück 
des Jejunums. 

Ein P8endo-Tamor des Luftsackes. 

Von Prof. Montan6-Toulouse. 

(Revue v6t. Juli 1897.) , ; " ‘'l 1 -'- 

M. fand bei einem Anatomiepferd einen beträchtlichen Tumor 

im linken Luftsack. Bei der Untersuchung erwies sich derselbe 

als stark comprimirte Kleie. Die ungewöhnliche Bildung dieser 

Reserve war durch eine Zerreissung der hinteren Wand des 

Schlundkopfes möglich geworden. Die Futterstoffe, die tieim 

Abschlacken durch die Schlundkopfwände durch die Zerreissung 

glitten, folgten theilweise diesem Wege wegen des geringeren 

Widerstands. M. glaubt, dass die Verletzung durch das Sondlren 

des Schlundes mit einem Peitschenstiel verursacht worden ist. 

t 

Kaiserschnitt bei der Hündin. 

Von Desaintinartin-Dompicrre. 1 

(Journal de Lyon, Juni 1897.) 1 

D. hat den Kaiserschnitt mit Erfolg ausgeführt und schreibt 
dies dem Umstande zu, dass er frühzeitig operirt hat. Er hält 
dies für eine der hauptsächlichen Vorbedingungen der Operation. 
Wenn das Thier in extremis nach längeren Schmerzen operirt 
wird, sind die Gewebe oftinficirt, und die Peritonitis uuvermeidlich 

D. sagt, dass bei der Hündin der rechtzeitig vorgenommene 
Kaiserschnitt, dessen antisepfische Ausführung nahezu überall 
möglich ist, in den meisten Fällen eher Erfolg haben wird als 
alle anderen geburtshilflichen Hantirungen. 

Ueber die nervöse Natur des Eczems. 

Von Lassartesse-La Rochelle. 

(Revue vdt. Juli 97 ) 

L. theilt in einem vorzüglich raisonirten Artikel die von 
Lewin, Gamberini, Fox und Lenoir schon ausgesprochene 
Ansicht, dass trotz des Polymorphismus des Eczems, dasselbe 
eine einzige Entität bilde, deren Aetiologie allerdings verschieden¬ 
artig sein könne. Was auch der Antheil der hereditären Prädis¬ 


position, der der herpetischen oder arthriiischen Diatbese oder 
von vom Digestionsapparat ausgehenden Intoxicationen sei, es 
laufen alle diese Einflüsse auf eine nervöse Perversion hinaus, die 
in einzelnen Fällen deutlich in die Augen fällt, ob ihr Mechanis¬ 
mus noch dunkel sei. 

L. will die Frage nicht definitiv entschieden haben; er 
schildert zur Unterstützung seiner Ansicht einige klinische Fälle, 
die ihn seiner Ansicht nach berechtigten, gewisse Haut¬ 
entzündungen, speciell das Eczem, als Dermatoneurosen zu be¬ 
trachten. 

L. erwähnt am Schluss seiner Studie die gesättigte Lösung von 
Picrinsäure als ausgezeichnetes Mittel gegen das Eczem. Die Säure 
kann, wie schon Mac. Lennan ausführte, in dieser Concentration 
(1:86 Wasser) auf grosse epidennislose Flächen angewandt 
werden, ohne dass Vergiftungen zu befürchten Bind. Zwei 
Waschungen genügen. Um den starken Juckreiz zu stillen, 
empfiehlt L. die Anwendung von Calium permanganicum in 1 bis 
2proc. Lösung. 

Ueber die verschiedene Giftigkeit einiger 
Knpferpräparate. 

Von Prof. Dr. Baum und Dr. Seeliger. 

(Arob. f. wUneDHcb. u. prakt. Thlerblk. 1897, H. 6-) 

Die Verff. haben unter Ellenberger's Leitung eine Anzahl 
Kupferpräparate auf ihre Giftwirknng geprüft und die Resultate 
ihrer Untersuchung in dem vorliegenden Aufsatz deponirt. 

Es ist auffallend, dass beim Menschen durch den Genuss von 
Speisen, die in kupfernen Gefässen aufbewahrt werden, nicht 
selten acute Vergiftungen entstehen, obwohl gewöhnlich in den 
Speiseresten nur verliältnissmässig geringe Kupfermengen chemisch 
nachzuweisen sind. Da sich dieselben in fettsauren Verbindungen 
vorfinden, so ist anzunehmen, dass diesen eine besondere Giftig¬ 
keit innewohnt. Diese Ueberlegung brachte die Verff. auf den 
Gedanken, zu untersuchen, in welchem Grade die nachstehenden 
Kupferpräparate giftig wirken. 

Relativ wenig schädlich ist Cuprohaemol. 

Kleine Hunde von 11 und 14 Pfund Gewicht erhielten inner¬ 
halb 7 bezw. 6 Monaten 214,25 g bezw. 249,6 g Cuprohaemol, 
ohne dass Krankheitserscheinungen an denselben bemerkt wurden. 
Nach Tödtung der Hunde wurden jedoch Abmagerung, chronische 
Entzündung des Dünndarms und parenchymatöse und fettige Ent¬ 
artung der Leber und Nieren festgestellt. 

Aus diesen Veränderungen ist zu erkennen, dass Cuprohaemol 
keineswegs unschädlich ist. Weit giftiger als dieses ist Cuprum 
sulfuricum. Bei den Versuchsthieren tritt intra vitam Ab¬ 
magerung und Haarausfall ein, auch machte sich eine zu¬ 
nehmende Schwäche bemerkbar, die bei fortgesetzter Verab¬ 
reichung des Mittels zum Tode führen konnte. Die bei der 
Section am Ende der Versuchszeit, welche sich immer auf Monate 
erstreckte, festgestellten pathologischen Veränderungen bestanden 
im Wesentlichen in einer Degeneration der Leber und 
Nieren. 

Cuprum aceticum entfaltet ungefähr dieselbe Wirkung 
und den gleichen Grad von Giftigkeit wie das Cupr. snlfuric. 

Bei den Versuchen mit Cuprum oleinicum starben die 
Versucbsthiere mit einer Ausnahme schon nach 14—24 Tagen. 
Die Krankheitserscheinungen bestanden in Störung des Allgemein¬ 
befindens, Abge8chlagenbeit, Appetitlosigkeit, Schwäche und Durst- 
gefttbl. Die Section lieferte eine catarrhalische Erscheinung der 
DUnndarmschleimhaut, fettige Degeneration der Leber und Nieren. 

Das Cuprum oleinicum ist demnach von den genannten Prä¬ 
paraten am giftigsten. 


Digitized by 


Google 







10. März 1898. 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 115 


Ans den Versuchen geht weiter hervor, dass die Thierarten 
verschieden empfindlich sind gegen Kupferpräparate and dass bei 
der gleichen Thierart einzelne .Individuen empfindlicher sind als 
andere. Katzen sind im Allgemeinen empfindlicher als Hunde. 

Untersuchungen Aber die Haut der Hanssängethiere. 

(Aus dem I istologischen Institut der König!, thierärztl. Hochschule 

zu Berlin.) 

Von DDr. P. Marks, Flatten und Jess. 

In der ersten dieser drei Studien über die allgemeine Decke 
unserer Hanssängethiere hat Dr. Paul Marks die Entwicklung 
der Haut, insbesondere der Haar- und Drüsenanlagen 
einer eingehenden Untersuchung unterzogen. 

Ueber die Haut im Allgemeinen liegt eine sehr umfangreiche 
Literatur vor; bei dem Studium derselben zeigte es sich jedoch, 
dass von einer stricten, systematischen Durchforschung jeder 
einzelnen Körperregion bisher Abstand genommen war und 
dass nur Untersuchungsresultate von besonders leicht zugäng¬ 
lichen und schon makroskopisch interessant erscheinenden Körper¬ 
stellen Vorlagen. M. hat bei seinen Untersuchungen durchweg 
Hautstücke von der Ober- und Unterlippe, den Augenlidern, 
Stirn, Rücken, Brust, Bauch, Aussen- und Innenfläche 
der Vorder- und Hintergliedmassen entnommen, so dass ein voll¬ 
ständiges Bild der gesammten Haut erlangt wurde. Von den 
sehr interessanten M ar k s’schen Befunden sollen nur die wichtig¬ 
sten und allgemein interessanten hier registrirt sein. Die von 
der Epidermis sich in die Cutis einsenkenden Epithelzapfen — 
primäre Epiibeikeime — sind die gemeinschaftlichen Anlagen 
für Schwei8sdrtisen, Talgdrüse i und Haare. Zuweilen kann aus 
ihnen blos eine Schweissdriise oder, unter innerer Verfettung des 
ganzen Keimes, blos eine Talgdrüse (Meibom'sche Drüsen etc.) 
oder schliesslich unter Zurückbildung der Talgdrüse (Schwein) 
sich nur ein Haar bilden. 

Das Schwein zeichnet sich vor allen übrigen Thieren durch 
Theilung des Schweissdrüsenschlanches aus. Im fötalen Hanr 
entwickelt sich beim Pferd, Rind und Schwein ein vollständiger 
Markstrang. Im mittleren Drittel (bis zum Talgdrüsenansatz) ist 
die innere Wurzelscheide gleichmässig verhornt. Ueber die Talg¬ 
drüse reicht sie niemals hinaus und endet hier spitz zulaufend. 
Von hier aus wächst das Haar in der Röhre aufwärts, 
welche von der Talgdrüse aus durch Verfettung und 
Zerfall der axialen Zellen, im oberen Drittel des primären Epithel¬ 
keimes, stets bereits vorgebildet ist. Diese Röhrenbildung \ er¬ 
mittelt somit den Haardurchbruch; die innere Wurzelscheide 
ist daran unbetheiligt. — Dr. Flatten hat die Haut des 
Schweines zu seinem Arbeitsfeld gemacht. Hier zeigten sich 
besonders ei liebliche Rassenunterschiede bezügl. der Schwarte und 
des panniculus adiposus. Die Borsten sind mit Ausnahme 
des Wildschweines regelmässig dreitheilig. Nur Wild¬ 
schwein und Bakonyer haben ein Unterhaar. Entgegen der 
Ansicht Waldeyer’s und Harm’s beobachtete Flatten 
in den Borsten e nen Markcy’inder. Interessant ist es, dass dem 
englischen Schwein die Talgdrüsen absolut fehlen, während beim 
Wildschwein wieder keine Schweissdrüsen aufzufinden sind. — 
In der Rüsselscheibe, die bisher als frei von Schweissdrüsen galt, 
fand Flatten sehr grosse Schweissdrüsen. — In der dritten Arbeit 
behandelt Dr. Jess die vergleichende Anatomie der Haut 
der Haussäugethiere. Ihm gelang es, ganz erhebliche 
regionäre Unterschiede im Bau der Haut, bei ein und demselben 
Thiere zu ermitteln. — Die Bezeichnung tubulöse für Schweiss¬ 
drüsen und acinöse für Talgdrüsen lässt sich nach Jess nicht auf¬ 
recht erhalten; so hat z. B. der Mund röhrenförmige Haarbalgdrüsen 
u s.w. Die Trennung derDrflsen nachdem gelieferten Secret istfür die 


vergleichende Anatomie unbrauchbar. Jess stellt sich auf den 
histiogenetischen Standpunkt und sagt: Im fünften Foetalmonat 
steigen die späteren Sc'.weissdrüsen als solide Fortsätze des 
Strat. Malpighii in die Cutis hinab, sie stammen direct oder pri¬ 
mär von der Epidermis ab, er nennt diese Drüsen: primäre Haut¬ 
drüsen. Die als Haarbalg, — Talg — acinöse Drüsen bezeich- 
neten epidermoidalen Gebilde sind Auswüchse der äusseren Wurzel¬ 
scheide und stammen somit erst secundär von der Epidermis ab, 
er nennt sie: secnndäre Hautdrüsen. Nach dieser Nomenclatur 
stellt er dann zusammen: Primäre Hautdrüsen, und zwar tubulösen 
Charakters besitzt nur Pferdund Rind, sie fehlen dem Hunde; secundäre 
Hautdrüsen haben (sämmtliche von ihm untersuchte Thierarten) 
Pferd, Rind, Hund; b i letzterem kommen sowohl acinöse als auch 
tubulöse, secundäre Hautdrüsen vor. 


i Thierhaltung und Thierzucht 

Die Rechte der Privat-Pferdeznchtgenossensehaften 
’ gegenüber den staatlichen Körordnungen. 

Gerichtsentscheidungen und Landtags-Verhandlungen. 

' Im vorigen Jahrgang der B. T. W. (pg. 464) wurde ein 
principiell bedeutungsvoller Rechtsstreit besprochen, welcher eine 
Posener Pferdezuchtgenossenschait betraf. Die Genossenschafter 
waren angeklagt, weil sie von einem ihnen gehörigen bei einem 
Genossenschafter aufgestellten, nicht angekörten Hengst ihre 
Stuten hatten decken lassen. Nach der Posener Körordnung wird 
derjenige bestraft, welcher seinen nugekörten Hengst eine 
„fremde“ Stute decken lässt und im Falle der ungekörte Hengst 
mehreren gehört, steht das Recht der Benutzung nur einem be¬ 
sonders namhaft zu machenden Miteigenthümer zu. 

Das Landgericht Gnesen hatte aber die Angeklagten frei- 
gesprochen. Denn die Stuten der Genossens- hafter seien den 
genossenschaftlichen Hengsten gegenüber keine „fremden.“ Und 
die zweite Bestimmung der Körordnung, dass ein ungekörter 
Hengst nur von einem Miteigenthümer mitbenutzt werden darf, 
habe für das Eigenthum eingetragener Genossenschaften keine 
Gültjgkeit. Das Kammergericht habe bereits entschieden (siehe 
pg.li6),da88 derartigePolizeiverordnungen eingetragenen Genossen¬ 
schaften gegenüber keine Gültigkeit hätten. Auch würde die An¬ 
wendung jener Körordnnngsbestimmung dem Gesetz vom 1. 5. 1880 
zuwijlerlaufen, welches die Bildung eingetragener Genossen¬ 
schaften zum Zwecke der Viehzucht fördern wolle und seinen 
Zweck nur erreichen könne, wenn die Benutzung der Zuchtthiere 
allen Genossenschaftern freistehe. 

Der Strafsenat des Kammergerichts ist nun aber in 
derselben Sache, wenn auch bei einem anderen Einzelfall betr. 
eine { westpreussische Genossenschaft, wie die „allgemeine Central- 
zeit^ng für Thierzucht“, (Redacteur Viehzuchtdirector Marks- 
Posen) mittheilt, zu einem entgegengesetzten, für die Genossen¬ 
schaften verhängnisvollen Urtheil gelangt. 

per Ansicht des Vorderrichters, betr. Rücksichtnahme auf 
das Gesetz vom 1. 5. 89 könne nicht beigetreteu werden. Die 
Polizeiverordnung, betr. Körung ist vielmehr formell und materiell 
gültig. Die materielle Gültigkeit solcher Verordnungen sei vom 
Kammergericht in fortdauernder Rechtsprechung anerkannt worden 
in der Erwägung, dass sie bezwecken, im öffentl eben Interesse 
die Verschlechterung der Pferderassen durch untaugliche Hengste 
zu verhüten, und dass sie daher in den Buchstaben a und c des 
§ 6 des Gesetzes vom 11. 3. 50 über die Polizeiverwaltung ihre 
Begründung finden. Allerdings werde duich die qu. Polizei¬ 
verordnung die durch das Genossenschaftsgesetz vom 1.5. 89 zu¬ 
gestandene Befugniss zum Halten von Znchtthieren illusorisch 
gemacht. Allein die Benutzung des Eigenthnms (also auch 


Digitized by UaOOQle 




116 


BERLINER TH1EKARZTLI0HE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


des Miteigenthums der Genossenschaften), könne nach § 29—32 
A. L R. Theil I, Titel 8- nnd nach Artikel 9 der prenssischen 
Verfassung vom 31. 1. 1850 im Interesse des öffentlichen Wohles 
gesetzlich beschränkt werden. Dass dieses anf d^m Wege der 
Polizeiverordnung geschehen könne, sei durch §§ 6 und 12 des 
Gesetzes vom 11. 3. 1850 ausgesprochen, und zum Erlass solcher 
Verordnungen sei der Oberpräsident (unter Zustimmung des 
Provinzialrathes) nach dem Gesetze über die allgemeine Landes¬ 
verwaltung vom 30. 7. 83 befugt. Ob bei vorliegendem 
Gegenstand eine so tief in das Eigenthumsrecht eingreifende 
Polizei-Verordnung im Interesse des öffentlichen Wohles erforder¬ 
lich sei, habe der Strafrichter nicht zu prüfen; hierfür trage die 
Verwaltungsbehörde die alleinige Verantwortung. Hiernach waren 
die angeklagten Genossenschafter zu verurtheilen. 

Die oben genannte Zeitschrift führt allerdings zugleich eine 
andere Entscheidung des Kammergerichts betr. eine Märkische 
Pferdezuchtgenossenschoft (vom 26. September 1895) an, wo die 
angeklagten Genossenschafter in ähnlicher Sache freigesprochen 
wurden auf Grund des Genossenschaftsgesetzes und mit einer 
ganz ähnlichen Begründung, • wie sie in der am Anfang mit- 
getheilten, diesmal vom Kamraergericht verworfenen GnesenerLänd- 
gerichtsentscheidung enthalten ist (letzteres stützte sich eben anf 
diese Kammergerichtsentscheidung von 1895). 

Jedenfalls hat aber natürlich der neuerdingsvomKammergericht 
vertretene Rechtsstandpunkt bei den Pferdezuchtgenossenschaften 
grosse Bewegung hervorgerufen, was auch im Landtage' bei 
der Berathung des landwirtschaftlichen Etats zur Geltung kam. 

Der Abg. R i c k e r t wies darauf hin, dass in Westpreussen 
grosse Erregung wegen der gegen zahlreiche Genossenschafter 
nunmehr erkannten Strafen herrsche. Der Bauer in den west- 
preussischen Niederungsgegenden brauche die Kaltblutzucht. Er 
bezweifelte, ob die Aufrebung der Pferdezuchtgenossenscbnftetr 
•kein Unglück sei, wie Graf L eh n d o rff meine. Auch Abg. 
v. Tiedemann erklärte, die Einreihung der Provinz Posen 
unter die Remonteprovinzen und die damit verbundene aus¬ 
schliessliche Förderung der Warmblntzucht widerspreche vielfach 
den Wünschen der Landwirthe. Einzelne Bezirke mit schwerem 
Boden müssten aus dem Re montebereich ausgeschlossen werden, 
damit dort unbehelligt Kaltblut gezogen werden könne. Jetzt 
werde, indem man auch kaltblütige Hengste angekört habe, nur 
die Reinheit des Pferdeschlages gefährdet. Der Landwirth- 
Bchaftskam mer solle ein Thierarzt beigegeben 
werden zur Berathung in Pferdezucht-Angelegenheiten, damit die 
Rassereinheit gewahrt werde. Abg. v. Mendel wünschte eben¬ 
falls eine stärkere Förderung der Kaltblutzucht. Es sei unrichtig, 
Gegenden die Warmblntzucht aufzuzwingeu, wo die Bodenbediu- 
gungen nicht dafür gegeben seien. Der zunehmende Import 
amerikanischer Pferde sei eine bedauerliche Folge. - 

Oberlandstallmeister Graf Lehndorff erklärte, nur die¬ 
jenigen Landestheile hätten sicheren Pferdeabsatz, welche eine 
einheitliche Zuchtrichtung verfolgten. Zu diesem Zwecke müssten 
grosse Gebiete gebildet werden. So sollten Preussen nnd Posen 
für die Kavallerie Pferde liefern, andere Provinzen Artilleriepferde. 
Sachsen und die Rheinprovinz bildeten einen Kaltblüterbezirk. 
Gewisse Provinzen, wo keine Uebereinstimmung bestehe, wie 
Pommern, Brandenburg, Schlesien, müssten paritätisch behandelt 
werden. Die Staatsregierung gehe durchaus nicht gegen die 
Kaltblüterzucht vor, aber einzelne Bezirke ans den grossen Zucht¬ 
gebieten herauszuschneiden, würde das ganze Princip illusorisch 
machen. 

Graf Schwerin theilte mit, dass die pommersche Land- 
wirtbschaftskammer einen Ausweg bezüglich der Körung gefunden 
habe. Die genossenschaftlichen Hengste unterliegen nur bei ihrer 


Beschaffung und ersten Aufstellung dem Körzwange, später 
brauchen sie nicht nacbgekört werden, sofern sie nur von 
Genossenschaftern gebraucht werden. Das Hauptprincip in der 
Pferdezucht sei Reinzucht. Es wäre ein Verbrechen, wenn 
z. B. in Hannover, wo zum Theil noch warmblütiges Stuten- 
material vorhanden sei, die Gestütsverwaltung durch Aufstellung 
kaltblütiger Hengste dies Material ruiniren würde. Die kleinen 
Züchter in Mecklenburg-Strehlitz hätten an sich die traurigen 
Folgen eines solchen Mischsystems erfahren. Preussen habe im 
Verhältniss zu dem verwendeten Stutenmaterial überhaupt schon 
zu viel Kaltblüter. Wo schwere Pferde gebraucht werden, da 
müssen nicht blos entsprechende Hengste aufgestellt, soudern 
auch das passende Stutenmaterial beschafft werden. 

Minister Freiherr von Hammerstein betonte gegenüber 
dem Abgeordneten Rickert, dass Beschränkungen, wie sie die 
Körordnung dem Privateigenthum allerdings auferlege, im öffent¬ 
lichen Interesse und auch in dem der Betroffenen unvermeidlich 
sind. Er verwies auf Oldenburg, wo das Körwesen für Pferde, 
Rinder und Schweine durch Landesgesetz geregelt ist. Trotz 
der liberalen Anschauungen von Regierung und Bauernschaft ent¬ 
hält dieses Gesetz grössere Beschränkungen des privaten Ver- 
füguDgsrechtes, als sie irgendwo in Deutschland bestehen, nnd 
die Bevölkerung ist ganz damit einverstanden, denn sie sieht 
ein, dass die grossartigen Erfolge der oldenburgischen Thierzucht 
nur eben diesem Körgesetz und seiner strengen Durchführung zu 
danken sind. Die Wehrhaftigkeit des deutschen Reiches erfordert • 
eine richtige Handhabung der Pferdezucht. Ein Durcheinander- 
manschen kann keinesfalls zugelassen werden. Auch in der 
patriotischen Provinz Westpreussen wird diese Ueberlegung die 
entstandene Aufregung verdrängen, um so mehr, als die 
gegen die Genossenschafter erkannten Strafen auf dem 
Gnadenwege auf das gelindeste- Maass- gebracht- ‘sind. 
Wenn die Pferdezucht dort wieder in richtige Bahnen 
lenkt, wird die Staatsunterstützung nicht fehlen. Der 

Satz, dass auf schwerem Boden der Kaltblüter mehrVor- 
theile biete, steht übrigens gar nicht unbestritten fest. In 
grossen hannoverschen Zuckerrübengebieten werden schwereWarm- 
blüter als rentabler vorgezogen. Das kaltblütige Pferd ist zwar zwei 
Jahr früher dienstfähig, aber auch sehr viel früher verbraucht. Die 
Kaltblüter sind auch gewissen „schlagähnlichen** Krankheiten 
untetworfen. Amtsrath Dietze lässt jeden Festtag seine 

Kaltblüter bewegen, weil sie sonst am zweiten Tage krank 
werden. (Gemeint ist also wohl der „Nieren-Schlag“, d. h. die 
Haemoglobinaemie. D. R.). Freilich ist die Pferdefrage auch 
eine Dienstbotenfrage. Mit kaltblütigen Pferden kann auch der 
Ochsenknecht arbeiten. Das warmblütige Pferd verlangt sorg¬ 
fältige Behandlung, Liebe. Die Erlangung hierzu veranlagter 
Pferdeknechte wird immer schwieriger, aber so lange man solche 
hat, wird man in Hannover den schweren Warmblüter benutzen, 
der bei der langen Dauer seiner Dienstfähigkeit thatsächlich 
dem Kaltblüter gegenüber eine doppelt so hohe Arbeitnutzung 
gewährt. 

Der amerikanische Import, übrigens nicht bloss von kalt¬ 
blütigen Pferden, hat sich gesteigert. Allein die Erfahrungen 
sind theilweise ungünstige. Ein gelegentlich der Ausstellung 
nach America gesandter Sachverständiger hat sich dahin aus¬ 
gesprochen, dass America jetzt sein bestes Material herüber¬ 
schicke, da88 es aber von solchem z. Z. gar nicht soviel besitze, 
um mit seinem Import, namentlich auf die Dauer, gefährlich zu 
werden. Jedenfalls wird aber dieser americanische Pferdeimport 
stets im Auge behalten, und es würde, im Falle Anlass vorliegt, 
mit entsprechenden Maassnahmen nicht gezögert werden. 


Digitized by 


Google 




10. März 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


117 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 4. März 1898 verschied plötzlich in Folge Herzschlags 
Herr Dr. Hermann Pütz, 

Professor der Thierheilkunde an der Universität zn Halle a. S., 
im fast vollendeten 69. Lebensjahre. 

Der Entschlafene hat die erste Anregung zu der im 
Herbste 1877 erfolgten Gründung des thierärztlichen Central Vereins 
der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thüringischen Staaten 
gegeben. Er war ununterbrochen erster Vorsitzender dieses 
Vereins., den er mit seltenem Geschick, sowie mit grossem Eifer 
und unermüdlicher Opferwilligkeit geleitet hat. 

In- dem Dahiugeschiedenen haben wir nicht nur unseren all¬ 
verehrten Vorsitzenden, sondern auch einen hochgeschätzten und 
liebenswürdigen Collegen verloren, der sich durch sein schlichtes, 
offenes und freundliches Wesen, überhaupt durch seine vortrefflichen 
CharactereigeDSchaften die vollste Achtung, Verehrung und Liebe 
aller Vereinsmitglieder erworben hat. 

Dem Verewigten wird der Verein ein bleibendes, hochehrendes 
und dankbares Andenken bewahren. 

Der thierärztliche Centralverein 

der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thüringischen Staaten. 

0 e m 1 e r. 

Eingabe der beamteten Thierärzte der Provinz 
.Brandenbarg an Seine Excellenz den Herrn Minister 
für Land wir thschaft. 

Euer Excellenz beehren sich die gehorsamst Unterzeichneten 
nachstehen le Darlegung mit der Bitte um eine wohlwollende 
Prüfung derselben ehrerbietigst zu übei reichen. 

Da die Stellung der prenssischen Kreisthierärzte iu vielen 
Stücken - derjenigen der Kreisphysiker . ähnlich ist,... .so,.,hat 
die Inangriffnahme der Medicinalreform auch zu einer leb¬ 
hafteren, zum Theil öffentlichen Besprechung der unter den | 
Kreisthierärzten seit lange bestehenden Wünsche geführt. Anderer¬ 
seits sind im Abgeordnetenhause in den letzten Jahren wiederholt 
und von verschiedenen Seiten gelegentlich über die Stellung der 
Kreisthierärzte Ansichten ausgesprochen worden, welche zum Theil 
d#n Glauben erwecken konnten, als bewegten sich die Wünsche der 
Kreisthierärzte in einer ganz anderen Richtung, als dieses tliat- 
aächlich, wie wir glauben, bei der grossen Mehrzahl der Fall ist. 

Weil die Erörterung dieser Angelegenheit sich wiederholen 
dürfte, glauben wir nicht zögern zu sollen, Euer Excellenz unsere 
thatsächlichen Wünsche, die vorzutragen wir uns bisher zurück¬ 
gehalten haben, in Form dieser motivirten Bitte zu unterbreiten. 

Eine Versammlung der Kreisthierärzte der Regierungsbezirke 
Potsdam und Frankfurt hat die gehorsamst Unterzeichneten be¬ 
auftragt, diese Wünsche in folgenden Sätzen niederzulegen: 

1. Gewährung der Pensionsberechtigung unter Zugrunde¬ 
legung von Pensionssätzen, welche den etwa in entsprechender 
Stellung befindlichen Staatsbeamten zustehen. 

2. Erhöhung des Grundgehaltes von zur Zeit 600 M. auf 
1800—2400 Mark. 

8. Zubilligung von 9 M. Tagegeldern oder, falls sich dieses 
als zur Zeit unthunlich erweisen sollte, entsprechende Erhöhung 
der Tagegelder und Reisekosten wenigstens für die nicht der 
Staatskasse zur Last fallende Thätigkeit in gerichtlichen Angelegen¬ 
heiten unter Abänderung des § 2, I, 2 des Gesetzes vom 9. 3. 1872. 

4. Abschaffung des thatsächlich noch bestehenden Unter¬ 
beamtenranges der Kreisthierärzte und Beilegung eines ihrem 
Bildungsgrade und ihrer Funktion angemessenen Beamtenranges. 

Zur Begründung dieser Wünsche beehren sich die gehorsamst 
Unterzeichneten kurz Folgendes anzuführen: 


Ad 1. Die Meinung, dass die Stellung der nicht bei den 
Regierungen thätigen Medicinalbeamten allgemein in diejenige 
vollbesoldeter Staatsbeamten umgewandelt werden solle, ist unter 
den Kreisthierärzten, wie wir glauben, nur vereinzelt vertreten. 
Denn damit wäre die Belassung der Privatpraxis unverträglich. 
Obwohl nun in sehr vielen Kreisen die Kreisthierärzte that¬ 
sächlich durch ihre amtlichen Geschäfte zur fast gänzlichen Ver¬ 
nachlässigung ihrer Privaipraxis gezwungen sind, wäre es doch 
ein Nachtheil für die Landwirthe wie für die Stellung der Kreis¬ 
thierärzte und die Erfüllung ihrer Hauptaufgabe, der Ermittelung 
von Thiersenchen, wenn ihnen die Erlaubniss zur Privatpraxis 
grundsätzlich entzogen werden müsste. Unter diesen Umständen 
müsste es auch bei dem bisherigen Princip der Besoldung durch 
ein Grundgehalt und durch Ueberschüsse aus den Reisekosten 
und Tagegeldern verbleiben. Mit diesem Princip würde natür¬ 
lich die etwaige Festsetzung eines Pauschquantums für Reise¬ 
kosten und Tagegelder ebenfalls unverträglich sein. 

Andererseits ist aber die amtliche Thätigkeit der Kreis¬ 
thierärzte in ihrem Umfang und in ihrer Allgemeinheit eine solche 
geworden, dass sie derjenigen vollbesoldeter Staatsbeamten eben¬ 
bürtig ist. Die Kreisthierärzte glauben hieraus einen Anspruch 
auf die Wohlthaten herleiten zu dürfen, welche denjenigen 
allgemein zugebilligt sind, welche ihre Arbeitskräfte im Staats¬ 
dienste verbrauchen. 

Diese Wohlthaten beruhen vornehmlich in dem Bezug einer 
hinreichenden Pension nach Eintritt des Alters oder der 
Invalidität, sowie in der Hinterbliebenenversorgnng. Die Kreis- 
thieiärzte glauben diese Pensionsberechtigung ebenso zu ver¬ 
dienen wie alle anderen Beamten. Andererseits i-t es unzweifel¬ 
haft, dass durch das gegenwärtige Besoldungsprincip zwar die 
Gehaltsbezüge der übrigen Beamten, nicht aber deren Pensions- 
bßJ^jUigung ersetzt bezw. vertreten werden können. Denn .es 
ist den Kreisthierärzten selbst bei etwaiger Erhöhung ihrer 
Bezüge und Hinzurechnung eines Ertrages aus der Privatpraxis 
allgemein nicht möglich auch in einer langen Dienstzeit Er¬ 
sparnisse zu machen, deren Zinsen ihnen ein sorgenfreies Alter 
und ,ikreo Hinterbliebenen eine nennenswerte Unterstützung 
gewäjiren könnten, wie dieses den anderen Beamten durch 
ihre Pensionsberechtigung ermöglicht ist. Die Ersparnis 
aus Reisekosten und Tagegeldern ist da, wo Dienstreisen sich 
nicht.häufen, eine geringe. Und bei zahlreichen und regelmässigen 
Dienstreisen geht wegen der Absorbirung der Zeit durch diese 
wieder der Ertrag ans der Privatpraxis so gut wie ganz ver¬ 
loren, ganz abgesehen davon, dass bei einer Häufung der Ge¬ 
schäfte die Ersparnisse aus den Reisekosten und Tagegeldern 
keineswegs in gleichem Verhältnisse wachsen, weil aus den 
Reisekosten oft nur wenig oder nichts zu erübrigen ist, die 
Tagegelder aber dieselben bleiben, ob nun der ganze Tag oder 
ein Theil desselben dienstlich beansprucht und der Privatpraxis 
entzogen worden ist. Der Dienst eines vielbeschäftigten Kreis¬ 
thierarztes ist übrigens ein solcher, dass auch eine frische Mannes¬ 
kraft nicht lange ausreicht, um daneben dem Privaterwerb nach¬ 
zugehen. Der Verbrauch muss bei den gegenwärtigen Verhält¬ 
nissen in diesen Stellen verhältnissmässig früh eintreten, von 
den Fällen ganz abgesehen, wo durch vorzeitigen Tod die Hinter¬ 
bliebenen eines vermögenslos in den Dienst getretenen Kreis- 
thierarztes unter allen Umständen mittellos dastehen. Unter 
diesen Umständen muss es unser Hauptwunsch sein, dem Euer 
Excellenz, wie wir zuversichtlich hoffen, Berechtigung zuerkennen 
werden, dass wir in Bezug auf die Pensionsberechtigung den uns 
thatsächlich, d. h. der Bedeutung und Art ihrer Dienstleistung 
nach gleichstehenden Beamten, gleichgestellt werden. Der ein¬ 
fachste Weg, bei unserer eigenartigen Besoldung die Pension 


Digitized by UjOOQie 


118 

zu berechnen, wäre wohl der, das Gehalt einer der ebengenannten 
Beamtenklas6en zu Grunde zu legen. Doch können wir uns nicht 
erlauben wollen, in dieser Beziehung Vorschläge zu machen. 

Ad 2 und 3. Wenn es auch im Prinzip bei der bisherigen 
Besoldung der Kreisthierärzte verbleiben soll, so erscheint doch 
die Angemessenheit einzelner Sätze der bisherigen Bezüge durch 
die gegenwärtigen Verhältnisse, die bei der Entwickelung der 
Veterinärpolizei auf den früheren Stand nicht wieder zurück¬ 
kehren können, erschüttert. 

Dieses gilt namentlich von dem Grundgehalt von 600 Mark. 
Dasselbe entspricht thatsächlich seinem Zweck, eine Vergütung 
für die Verrichtungen am Wohnort zu bilden, nicht mehr ent¬ 
fernt. Diese Geschäfte haben sich in ganz ausserordentlicher 
Weise gesteigert, vervielfacht. Das gilt in erster Linie von den 
zahlreichen, früher unbekannten, schriftlichen Arbeiten, die der 
Kreisthierarzt oft unter Zuhülfenabme der Nacht zu erledigen hat. Die 
heutige Diagnostik der Seuchen verlangt von jedem Kreisthierarzt 
den Besitz eines Mikroskopes, auf dessen Handhabung er auch 
zu seiner Uebung soviel Zeit als möglich verwenden soll. Sie 
erfordert damit auch die Beschaffung eines ganzen mikroskopisch¬ 
technischen Inventars und lässt überhaupt die Einrichtung eines 
kleinen Laboratoriums kaum entbehrlich erscheinen. Unter diesen 
Umständen ersetzt das Gehalt oft kaum die für die genannten Ver¬ 
richtungen gehabten Auslagen und stellt eine Belohnung für (Jiese 
Verrichtungen, die sich auch in anderer Beziehung vermehrt 
haben (z. B. Geflügel-Sektionen im Hanse) nicht mehr dar. 

Ebenso würde es, namentlich wenn mehrere Dienstgeschäfte 
an einem Tage zu erledigen siud, der Leistung entsprechen, 
wenn die Tagegelder auf 9 Mark erhöht würden, da die Ueber- 
schÜsse, also die Bezahlung der Leistung, wesentlich auf dtn 
Tagegeldern beruhen. Vor allem aber dürfte ein Grund, die 
thierärztlichen Gebühren in gerichtlichen Angelegenheiten auf die 
Hälfte derjenigen für Aerzte zu bemessen, nicht vorliegen. Das 
Gesetz vom 9. März 1872 ist erlassen, als die Veterinärbeamten 
noch dem Medicinalwesen unterstellt waren. Man hat den An¬ 
satz der Hälfte der ärztlichen Gebühren für die Kreisthier¬ 
ärzte einfach der Taxe von 1815 nachgebildet, welche unter 
Berücksichtigung der damaligen thierärztlichen Bildung die 
Thierärzte auf diese Weise von den Aerzten abrücken zu müssen 
glaubt. So kommt es, dass zur Zeit der Kreisthierarzt bei einer 
Vorladung 25 Pfg. Wegegeld für das km erhält, während der 
Gendarm 30 Pfg. zu beanspruchen hat. Um Beseitigung dieses 
veralteten Verhältnisses zu bitten, glauben wir uns um so weniger 
scheuen zu dürfen, als es sich um Gebühren handelt, \yelche 
nicht der Staatskasse zur Last fallen. Denn die gerichtliche 
Thätigkeit der Thierärzte beschränkt sich im Allgemeinen auf 
das Gutachten in privaten Rechtsstreitigkeiten. Wir glauben, 
dass den Kreisthierärzten allgemein dieselben Gebühren zustehen 
sollten, wie den Aerzten und Departementsthierärzten, und wie 
sie durch Entscheidungen höherer Gerichte den Privatthierärzten 
im Gegensatz zu den Kreisthierärzten vielfach zugebilligt wferden. 

Ad 4. Bei Eriichtung der ersten Kreisthierarztstellen 1817 
ist den Kreisthielärzten der Rang der Kreiswundärzte, d. h. die 
VIH. Klasse der Beamten beigelegt worden. Diesen Rang 
besitzen sie noch heute, wenn auch ihre Diäten durch das Gesetz 
vom 9. März 1872 davon uuabhängig gemacht sind. Es ist wohl 
richtig, dass die öffentliche Meinung ihnen längst eine andere 
Stellung angewiesen hat, und da c s man auch ohne Rang Ansehen 
gewinnen kann. Allein in dem Gefüge des Beamtenstandes, 
dessen Erschütterung gewiss nicht erwünscht ist, bleibt der Fang 
wesentlich, wenn nicht entscheidend. Es giebt Verhältnisse, wo 
der Beamte, selbst wenn man ihm gerne mehr gewähren möchte, 
ans seinem Rang gewissermassen nicht heraus kann. Die Fälle, 


No. 10 

wo die Kreisthierärzte bei officiellen Gelegenheiten geflissentlich, 
oder weil man es formell nicht anders zu können glaubte, neben 
den Kreisboten rangirt wurden, namentlich auch wo es sich um 
patriotische Feste handelt, sind nicht allein geeignet, den Kreis¬ 
thierarzt bei dem Publikum in eine schiefe Stellung zu bringen, 
sondern erzeugen auch bei den betroffenen Beamten nicht die 
Stimmung, welche gerade bei den genannten Anlässen den Grund¬ 
ton bilden soll. Der Umstand, dass es erfahrengagemäss in 
solchen Fällen die Kreissekretäre . sind, welche sich angelegen 
sein lassen, dem Kreisthierarzt seine ihnen gegenüber „unter¬ 
geordnete“ Stellung fühlbar zu machen, lässt uns den sehnlichen 
Wunsch hegen, im Range wenigstens dem Kreissekretär, mit dem 
die Kreisthierärzte dienstlich soviel zu verkehren haben, nicht 
nachzustehen. Die Erfüllung dieses Wunsches ist von den 
Dienstbezügen der Kreiöthierärzte völlig unabhängig, würde somit 
keinen financiellen Schwierigkeiten begegnen können. 

Die ganz gehorsamst Unterzeichneten bitten Euer Excellenz 
ehrerbietigst, vorstehenden Ausführungen hochgeneigtes Wohl¬ 
wollen schenken und die Erfüllung der damit begründeten 
gehorsamsten Bitte in Erwägung ziehen zu wollen. 

gez.: Kieckhaefer-Berlin, gez.: David-Nauen, 
gez.: Bolle-Eberswalde, gez.: Jacob-Luckau, 

gez.: Graffunder-Landsberg a. W. 

Stellungnahme der beamteten Thierarzte der Provinz Saohsen. 

Die auf Einladung der Herrn Liebener, Lieber und 
Thun ecke am 20. Februar zu Halle zu einer Berathung 
zusammengetretenen 18 Kreisthierärzte haben nach längerer und 
reger Debatte und nachdem auch über den eiuznschlagenden 
Weg erschöpfend verhandelt war. folgende Resolution einstimmig 
beschlossen: 

1. Die- lieute- versammelten Kreietbierärate der Provinz 
Sachsen erachten das jetzige Gehalt von 600 M. gegen¬ 
über den an dieselben gestellten Anforderungen als zu 
niedrig und erstreben ein Jahresanfangsgehalt von 
1000 M., steigend von 2 zu 2 Jahren um je 100 M. bis 
zu 1500 M. neben unbeschränkter Ausübung der Privat¬ 
praxis. 

2. Dieselben halten eine Versetzung aus der 8. in die 
6. Rangklasse der Staatsbeamten — unter Gtewährung 
der dieser Beamtenklasse zustehenden Reisekosten und 
Tagegelder — ihrer Vorbildung und ihrem Studiengange 
nach für dringend erforderlich. 

3. Sie streben eine Pensionirung der Kreisthierärzte an, 
die unter Zugrundelegung eines fingirten Gehaltes von 
3600 M. sich den für die Pensionirnng der übrigen 
Staatsbeamten geltenden Bestimmungen anfügt. 

Die Versammlung erhob sodann folgenden Antrag zum 
Beschluss: 

Die versammelten Kreisthierärzte der Provinz Sachsen 
bitten den Vorstand des Thierärztlichen Central Vereins 
für die Provinz Sachsen etc. die diesjährige Frühjahrs- 
ver8ammlung sobald als möglich einzuberufen und auf 
die Tagesordnung „Standesangelegenheiten der Kreis- 
thierärzte“ zu setzen. Im Anschluss hieran wurde 
Liebener-Delitzsch zum Referenten ernannt, der bei 
dem Centralverein einen Antrag einzubringen hat, die 
Centralvertretung zu ersuchen, oben formulirte Wünsche 
der Kreisthierärzte der Provinz Sachsen in geeigneter 
Form dem Herrn Minister zu unterbreiten. 

Zur weiteren Förderung der lieute berathenen Anträge 
wählte die Versammlung sodann eine Commission, bestehend aus 
den Herren Liebener, Lieber, Klebba uni Thunecke, die 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



BERLINER TH1ERÄR/,TUCHE WOCHENSCHRIFT. 


119 


10. März 1898. 

im Besondern beauftragt wird, das heutige Protokoll in Druck 
legen zu lassen und durch Uebersendung desselben an sämmt- 
liche Kreisthierärzte in Preussen diese anzuregen, ähnliche 
Massnahmen zur Hebung des Standes in allen Provinzen zu 
ergreifen. 

Begrfibnlss des Prof. Dr. Pütz. 

Die Beerdigung des am 4. März aus dem Leben geschiedenen 
allgemein verehrten Professors Dr. Pütz hatte zahlreiche Thier¬ 
ärzte ans der Provinz Sachsen nach Halle geführt. Als Ver¬ 
treter des Deutschen Veterinärraths und der thierärztlichen Cen¬ 
tralvertretung war Prof. Esser-Göttingen herbeigeeilt. Aus 
Berlin war der Rector Geheimrath Dr. Dieckerhoff und als Ver¬ 
treter des Brandenburger thierärztlichen Vereins, dessen Ehren¬ 
mitglied der Verstorbene war, Prof. Schmaltz anwesend. Die 
Leiche war im Trauerhause aufgebahrt. Der Curator und der 
Rector der Universität, der Director des landwirtschaftlichen 
Instituts, der unter der Last der Jahre noch immer ungebeugte 
Geheimrath Kühn, und eine Zahl anderer Professoren umstanden 
den Sarg. Die Studentenschaft war, der bereits begonnenen Ferien 
wegen, nur durch Deputationen vertreten. Der Prediger hielt 
eine ergreifende Rede, in der er den Todten als den Mann der 
Wahrheit und des Rechts, der Lauterkeit und Ehre schilderte. 
Geheimrath Dieckerhoff widmete dem Collegen und Freunde 
herzliche Worte. Eine eingehende Würdigung der Verdienste 
des Verstorbenen um die Gesammtheit des thierärztlichen Standes 
wird auch an dieser Stelle demnächst erfolgen. 


Ans Halle. 

In Halle a. S. sind zwei Vacanzen in für die Thierärzte sehr 
erfreulicher Weise besetzt worden. 

Es war seit längerer Zeit bekannt, dass von der Landwirth- 
scbaftskammer ein hygienisches Laboratorium errichtet und ein 
Bacteriologe angestellt werden sollte. Man munkelte auch, dass 
ein Arzt in Anssicht genommen sei. Vor einigen Tagen ist nun 
der Thierarzt Hecker zn Ermsleben für diese Stelle ernannt 
worden. Herr Hecker hat als Praktiker, also unter schwierigen 
Verhältnissen Zeit gefunden, wissenschaftlich zu arbeiten. Wir 
freuen uns, dass ihm nun für seine Arbeitsfreudigkeit eine 
Anerkennung zu Theil geworden ist und hoffen, dass er die 
ihm nun zu wissenschaftlicher Thätigkeit gegebene ausgiebigere 
Gelegenheit mit bestem Erfolge möge ausnutzen können. 

Desgleichen hiess es, dass Anstrengungen gemacht würden, 
einen nicht thierärztlichen Director an die Spitze des Sclilacht- 
und Viehhofes in Halle zu stellen. Auch dies Gerücht hat sich 
nicht bewahrheitet, da bekanntlich der thierärztliche Director 
Reimers von Celle nach Halle berufen ist. 

Nun fehlt bloss noch die richtige Besetzung der Viehhof- 
direbtion zu Mainz! 

i Leipzig. 

Das durch Leuckhardt’s Tod erledigte Ordinariat für 
Zoologie in Leipzig ist durch Berufung des Professor Chun ans 
Breslau besetzt worden. 


Oeffentliches Yeterinärwesen 


(Mittheilungen für 

Fleischschau und Viehverkehr. 

. Agitation der Fleischer ftr Aufhebnng der 

Vieheinfahrverbote. 

Die Berliner Fleischerinnung hat an den Reichskanzler eine 
Petition um Aufhebung der Einfuhrverbote bezüglich der Schlacht- 
thiere aller Art gerichtet, indem sie die Behauptung aufstellt, 
dass die jetzt bestehenden Fleischpreise den unumstösslichen 
Beweis geben, dass die deutsche Landwirtschaft nicht in der 
Lage sei, für den Bedarf Deutschlands an Schlachtvieh vollkommen 
zu sorgen. 

Wenn die deutschen Fleischer tatsächlich nicht gegen die 
Interessen der Landwirtschaft arbeiten, sondern soweit als 
möglich mit ihr Hand in Hand gehen wollen, so sollten sie zu¬ 
nächst sich die Notwendigkeit klar machen, dass die deutsche 
Thierzucht vor alllen Dingen eines bedarf: Sicherheit und 
Stabilität. Es ist selbstverständlich unmöglich, dass, wenn 
heute die Grenzen geschlossen werden, die Landwirtschaft 
morgen in der Lage ist, den Ausfall mit der an sich wünschens¬ 
werten Fülle des Angebots zu decken. Sobald die Landwirt¬ 
schaft das Vertrauen haben darf, dass ein durch Einfuhrverbote 
sich eröffnender lohnender Absatz nicht durch fortwährende 
Agitation alsbald wieder zerstört wird, wird sie sich mit allem 
Eifer der Thierzucht zuwenden. Ebenso unzweifelhaft wird sie, 
namentlich was Schweine anbetrifft, in die Lage kommen, den 
deutschen Bedarf selber zu decken. Dass hierzu aber zahl¬ 
reiche Veränderungen im Wirthschaftsbetriebe, in allen Einrich¬ 
tungen etc. erforderlich sind, und dass daher eine gewisse 
Zeit vergeht, bevor der Erfolg sich allgemein bemerklich 
macht, selbst wenn alle Kreise bereit wären, diesen Erfolg 
objectiv anzuerkennen, das kann doch auch den Schlächtern 
nicht unbekannt sein. Man sollte es daher unterlassen, durch 
eine fortgesetzte und namentlich, wie es scheint, in den östlichen 


Veterinärbeamte.) 

Provinzen in alle Kreise getragene Agitation die einheimische. 
Thierzucht fortwährend zu beunruhigen. Denn wenn die Land- 
■Wlrftik fürchten tntissen, dass gelegentlich diese Agitation wieder 
einen Erfolg hat und dass die Grenzen geöffnet werden 
vielleicht in einem Moment, wo sich die einheimische Landwirt¬ 
schaft eben mit erheblichen Opfern soweit präparirt hat, dass sie 
im Stände wäre, den Markt zu füllen, so ist es erklärlich, wenn 
sich ein grosser Theil der Landwirthe scheut, dieses Risico zu 
übernehmen. Durch die Vorgänge der letzten Jahre sind unserer 
Thiefzucht erhebliche Vorl heile zugew'andt worden. Man sollte 
sie im Besitz dieser Vortheile zunächst nicht stören und ihr vor allen 
Dingen eine Sicherheit gewähren: längere Dauer der einmal be¬ 
stehenden Verhältnisse; denn nichts könnte sie mehr schädigen, 
als £in fortwährendes Auf und Zu. Hierauf sollten auch die 
Schlechter im eigenen Interesse Rücksicht mhmen. 

i 

Gerichtsentscheidung, Gebühren betreffend. 

i: Liquidation von Briefen. 

In der Dtsch. Thierärztl. Wschr. theilt Geheirarath Siedam- 
grotfsky-Dresden folgenden Fall mit: Ein Thierarzt war vom 
Gericht beauftragt, ein Pferd zu untersuchen und zu dem Zweck die 
Partßivertreter zu verständigen. Er schrieb daher jedem Rechts¬ 
anwalt einen Brief und brachte denselben mit 1 M. in Ansatz. 
Vom Landgericht zu D. wurde dieser Betrag auf 35 Pf. herab¬ 
gesetzt. In der Berufung hiergegen wurde vom Oberlandes- 
gericht D. folgende Entscheidung getroffen: 

Das Oberlandesgericht erkannte den Anspruch des Klägers 
als berechtigt an. Der Sachverständige habe für seine Leistungen, 
nämlich für jede Thätigkeit, einschliesslich der Vorbereitung des 
Gutachtens u. s. w., Vergütung zu erhalten. Er war daher auch 
für die Mittheilung an die Parteien zu entschädigen. Gegen die 
Angemessenheit der von ihm ausser dem Porto angesetzten Ver¬ 
gütung von je 1 M. für einen Brief ist ein Bedenken nicht zu 
erheben. 


Digitized by LjOOQle 


120 


BERLINER THIERÄRZTLIORE WOCHENSCHRIFT. 


No. 10 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

1 Pathologie bovine. Etüde pratlque des maladies de l’apparell dijesttf, 
von J. Guittard. Thierarzt in Astalfort, Agen, bei Guillot, 1895. 

2 Manuelopäratoire pourl’espöce bovine, von Demselben, Agen, 1898. 

Guittard practicirt seit Jahren in einer Gegend, in welcher 

die landwirtschaftlichen Arbeiten nur mit Ochsen ausgeführt 
werden, in welcher das Rind deshalb die Hauptrolle in der thier¬ 
ärztlichen Praxis spielt. Die Bücher sind aus der Praxis und für 
die Praxis und hat der Autor weniger bezweckt, wissenschaft¬ 
liche Werke zu produciren, als seine vielen Beobachtungen in 
klarer verständlicher Weise niederzulegen. 

Das erste Werk ist 392 Seiten stark und kann jedem Collegen 
empfohlen werden. Zunächst bringt Guittard in demselben 
allgemeine Beobachtungen über Aetiologie, Diagnostik und Be¬ 
handlung der Erkrankungen des Digestionsapparates im Anschluss 
an Betrachtungen über die Magenkrankheiten des Rindes, sowie über 
Au8Cultation, Percussion, Fixirung der Thiere, Untersuchung des 
Maules etc. Jede Krankheit wird in einem besonderen Kapitel be¬ 
sprochen. Interessant ist besonders der Abschnitt überdie Weise, wie 
die erkrankten Thiere zu untersuchen sind. G. empfiehlt so viel als 
möglich die Section der verendeten Thiere vorzunehmen, er be¬ 
trachtet sie als äusserst nützlich für die persönliche Fortbildung. 

Die hypodermatische Anwendnngsweise der Arzneimittel 
wird von Guittard sehr empfohlen, im Allgemeinen scheint er 
den Alcaloiden den Vorzug zu geben. Er bleibt ein warmer 
Anhänger des Aderlasses und glaubt nicht, dass die von Fried¬ 
berger undFröhner gegen Hyperthermie empfohlenen Antipyretica 
den Aderlass an Wirksamkeit übertreffen. Zu erwähnen sind 
endlich die sehr guten Abschnitte über die curative Anwendung 
des Hungern]assens und die Administration der Eingüsse. 

Es ist Schade, dass der übrige Theil dieser sehr nützlichen, 
in leicht lesbarer Sprache geschriebenen Pathologie des Rindes 
noch nicht erschienen ist. Allerdings ist einstweilen von 
Guittard das in zweiter Reihe erwähnte Buch veröffentlicht 
worden. 

In demselben hat G. angeben wollen, wie die in der Rind¬ 
viehpraxis vorzunehmenden Operationen auf das praktischste und 
einfachste ausgeführt werden können. Es ist das 390 Seiten 
starke Bändchen wie das vorerwähnte hauptsächlich für den 
Praktiker geschrieben. Das Werk umfasst fünf Abschnitte. Die 
drei ersten, die insgesammt 124 Seiten, also fast den dritten 
Theil des Buches begreifen, enthalten sehr ausführliche durch 
sehr zahlreiche Figuren erläuterte Angaben über das Festlegen 
des Kindes. Diese Ausführlichkeit mag etwas übertrieben er¬ 
scheinen, für den Anfänger ist sie aber äusserst nützlich und 
auch der ältere Präktiker kann Nutzen aus diesen Ausfühl ungen 
ziehen, umsomehr, als in den klassischen Lehrbüchern der Operations¬ 
lehre diese Punkte oft etwas zu kurz behandelt sind. Im vierten 
Abschnitt schildert Guittard die einzelnen beim Rindvieh vor¬ 
kommenden Operationen. Im fünften Abschnitt bespricht der 
Autor die von Declaude erfundenen Instrumente für Geburtshülfe 
und endlich die Suspensionsapparate für Rindvieh. 

Auch dieses Buch kann lebhaft empfohlen werden. Z. 

Personalien. 

Ernennungen: Zu Bezirksthierärzten: Districtsthierarzt H. Stau¬ 
dinger von Ellmann in Lohr. 

Thierarzt J. Z i s s 1 e r - Amberg ist als Gestiltsthierarzt in dem 
Privatgestüt des Grafen Moy zu Stepperg bei Neuburg a. D. an- 
geslellt worden. 

Es sind gewählt worden: Schlachthofdirector J. Uthoff zu 
Gera zum Schlachthofdirector in Koblenz, Thierarzt Velmelage- 
Nortrup zum Polizeithierarzt in Hamburg. 


Approbationen: Berlin: die Herren CarlTitze, Rudolf Holt¬ 
greve, Wilhelm We n d e r h o 1 d. M ü n c h e n : die Herren Oskar 
M a h i r, Jacob S e m m 1 e r, Joseph Z i s s 1 e r. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt M Kunze- Nossen nach Ocderan i. S., Thierarzt M. Herde- 
Peckelsheim nach Steinheim, Thier.irzt J. M i c h e 1 -Gundheim nach 
Beerfelden, Thierarzt Dr. W i 11 a c h - Freiburg nach Luisenthal (Saar), 
Thierarzt W. Wc n d e r h o 1 d - Berlin nach Siegen als Assistent des 
Kreisthierarztes daselbst 

Todesfälle: Prof. Dr. P ü t z - Halle, Thierarzt L u t h e r-Ziesar, 
Bezirksthierarzt a. D. H. P1 e i t n e r-Zweibrücken (Pfalz), Bezirks¬ 
thierarzt M. Blank- Weiden (Oberpfalz). 


Yacanzen. 

Krelsthlerarztstelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Stallupocnen (Assistent des Grenzthierarztes. 
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. — 
R.-B. Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen 

(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in 
Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Schleswig: Eider* 
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. 
Tri er: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztstelien: a)NeuausgeschriebeneStelIen: 
Beuthen: 2. Schlachthofthierarzt (2000M., Wohnungsgeld432M.). Bew. 
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬ 
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 350 M. Nebeneinnahme). Bew. 
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenztbierarzt 
(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magistrat. — Filehne: Schlachthof¬ 
inspector zum 1. Oct. d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Bern bürg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2. Assistent 
des Schlachthofdirectore zum 1. April. — Finsterwalde: Schlacht¬ 
hofdirector, — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowp: S.cblachtbof- 
inspector. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. 

— Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1«98. 

— Zoppot: Schlachthausverwalter zum 1. April. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Barten stein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 
—■ Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. 

— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pol Ino w: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — Rö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher. 

— Schwarzenau: (800 M. für Fleischschau). Näheres Magistrat 

— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbstdispensirend). Aus¬ 
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Boitzenburg: Auskunft Graf 
Arnim-Boitzenburg. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thier¬ 
arzt Bolle - Magdeburg (Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt 
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken 
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — 
Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 
1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle C o b 1 e n z. 

Dan k. 

Anlässlich des Todes meines Schwiegervaters, des Professor 
Rabe, haben so viele Collegen den Hinterbliebenen Beweise der 
Theilnahme gegeben, dass ich bitten muss, den herzlichen Dank 
hierfür durch die B. T. W. aussprechen zu dürfen, da mir brief¬ 
liche Danksagungen in absehbarer Zeit nicht möglich sein würden. 

Schmaltz. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. In*eraIor‘.licil) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag; und Eircnthuin von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenateln. Berlin. 


Digitized by CjOOQie 





Die „Berliner Thierftntllehe Wochemehrift" eraoheinl 
wöchentlich in Starke von mindeiteni 1*/, Bogen. Dieselbe 
iet so beiiehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoeiz, Berlin KW, Lulienstrasse . 10 , zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlginalbeitrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. SchmalU, 
Berlin, thierärxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Scljoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 11 . Ausgegeben am 17. März. 


I n h a 11: Dralle: Mittheilungon aus der Geburtshülfe. — Teetz: Mittheilungen aus der Praxis. — Augstein: 

Uober die neuen Bestrebungen der beamteten Thierärzte zur Verbesserung ihrer Bang- 
Stellung. — Frilhjahrssitzung des Vereins schles'i scher Tliierärzte zu Breslau am 27. Februar 1898. 
— Tagesgeschiclite: Verschiedenes. — Fleischschau'undViehverkelir. — Personalien. — Vacanzen. 

i 


Mittheilungen aus der Geburtshilfe. 

Von 

Dralle-Helmstcdt, 

Thierarzt. 

Zum Gekrauoh der Gflnther’tohen Schlinge. 

In No. 7 der B. T. W. warnt der Herr College Haase- 
Hohenmölsen vor der von mir in No. 5 der B. T. W. empfohlenen 
Verwendung einer Pflugleine zur Günther’schen Kopfschlinge, 
da dieselbe das Mutterthier schwer verletzen könnte. Nach 
meiner Ansicht kann der Warnungsruf des Herrn Collegen 
Haase nicht in Folge praktischer Erfahrung, sondern nur durch 
theoretische Schlussfolgerungen entstanden sein. Jeder Praktiker, 
der auch nur ein Mal die Günthe r’sche Schlinge angelegt hat 
(mag sie nun glatt oder rund sein), weiss, dass dieselbe auch 
beim Durchtritt des Foetus durchs Becken (denn an dieser Stelle 
könnte die Gebärmutter resp. Scheide durch die Leine doch nur 
verletzt resp. gequetscht werden) nach oben durch das Hinter¬ 
hauptsbein nnd an den beiden Seiten durch die Hinterkiefer und 
Ohren vollständig gedeckt liegt and dass der übrige Verlauf der 
Leine auf resp. zwischen den Vorderschenkeln des Kalbes, voraus¬ 
gesetzt, dass man auf die Führungslinie Acht giebt, auch an 
keiner Stelle mit der Gebärmutter oder Scheide in nähere Be¬ 
rührung kommen kann. AnsserJera hatte ich betont, die Leine 
stets gut einzuölen. Warum nun solch runde, eingeölte Leine in 
sachkundiger Hand, noch dazu bei vollständig verdeckter Lage 
mehr verletzen soll als eine platte, ist mir ein Rftthsel. Ferner 
will ich die Leine nachher auch gar nicht mehr desinfleiren, wie 
der Herr College Haase zu glauben scheint, da ich dieselbe ja 
doch nicht wieder benutze. Wer selbst eine von zusammen¬ 
gefalteter Leinewand angefertigte Schlinge einmal einige Zeit be¬ 
nutzt hat, wird mir zugeben, dass dieselbe schwerer fest aozu- 
legen ist, recht ball steif wird und besonders nach Anwendung 
bei faulen Früchten nur durch gründliches Aoskocben desinficirt 
werden kann (eine wohl für die meisten Hausfrauen gerade nicht 
angenehme Beschäftigung); und um letzterer Unannehmlichkeit zu 
entgehen, sich ein Lager von solchen Schlingen zu halten, ist 
doch für einen Thierarzt, der häufiger Geburtshilfe leisten muss, 
etwas viel verlangt. Würde eine runde Leine so leicht Ver¬ 
letzungen hervorrufen, so würden wohl Autoritäten in der Ge¬ 
burtshilfe, wie Günther, Harms, Frank, Kaiser etc. nicht die 


f 

Ringschnur empfohlen haben. Ich habe mit meinem Verfahren 
bisher recht gute Resultate gehabt und das bequeme und beliebte 
Universalmittel „Schlachten“ nur recht selten anwenden 
brauchen. — Der Erfolg einer Methode ist massgebend. 

1 Prolapsus uterl. 

Ursache, Symptome nnd Zurückbringen des Gebärmntter- 
vorfhlls sind in der , ,Gebnrtshtilfe des Rindes“ von de Bruin 
(Theil der Bayer - Fröhnei’schen Chirurgie) so vorzüglich ge¬ 
schildert, dass ich dem Nichts hinzufügen kann. Nur auf einige 
möchte ich aufmerksam machen. 

i)a man nicht immer Alaunlösungen zum Berieseln der Gebär¬ 
mutter zur Hand hat, so kann ich aus eigener Erfahrnug an¬ 
dauernde Berieselung mit reinem eiskalten Wasser ohne Zusatz 
von Desinficientien, besonders nicht von Creolin, da das lästige 
Drängen darnach nur heftiger wird, empfehlen. Nach */« — ^stän¬ 
digem Begiessen, so viel Zeit kann man sich ohne Gefahr ruhig 
dabei nehmen, schrumpft die Gebärmutter so ausserordentlich 
zusammen, dass es selbst für den weniger Geübten nicht schwer 
wira, den Uterus zu reponiren. 

'Im Liegen geht das Reponiren leichter wie im Stehen, da 
das'Drängen durch die erhöhte Lage des Hintertheils nicht so 
kräftig ist, wie im Stehen, selbst wenn man hier die Kuh, wie 
ich 1 als praktisch erprobt habe, von zwei Männern mit einem 
stax^en, glatten Stock (Besenstiel) auf dem Rücken kräftig 
reiben lässt. — Die erhöhte Lage des Hintertheils herzustellen 
ist für den Anfänger auch nicht immer leicht. Ich lasse jeder- 
seife zwischen Euter und Schenkel einen Deckengurt, noch 
besser einen Schubkarrengnrt, der seiner beiden Oesen wegen 
sich vorzüglich anfassen lässt, herziehen und an jeder Seite zwei 
Mann anheben, während ein anderer von hinten Strohbunde 
unterschiebt. — Man hüte sich aber, die Kuh lange mit stark er¬ 
höhtem Hintertheil liegen za lassen, besonders wenn man das 
Thier in Rückenlage, wie auch empfohlen wird, gebracht hat, 
da durch den Druck des Pansens auf Zwerchfell nnd Lunge ein 
plötzlicher Tod eintreten kann. — Am bequemsten lässt sich dann 
ferner der Uterus reponiren, wenn man ihn auf ein glattes Brett 
(Kuchen- oder Speckbrett) legt nnd hinten etwas höher halten 
lässt, ein Tuch giebt zu viel durch die Schwere des Uterus nach. 

Als sicherstes Mittel, dass der Uterus nach gelungener Repo¬ 
sition, was manchmal ausserordentliche Kraftanstrengnng er- 


Digitized by 


Google 





122 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


fordert, nicht wieder vorgestülpt wird, wende ich ein von meinem 
Vater seit 1853 aasgeübtes und stets als zuverlässig bewährtes 
Verfahren an, welches der Rainard’schen in de Bruin’s Geburts¬ 
hilfe abgebildeten Methode ähnelt. 

Während der Arm des Operateurs in der Gebärmutter ver¬ 
bleibt, legt ein Gehilfe um die Brust dicht hinter den Schulter¬ 
blättern recht fest einen Deckengurt, wo solcher nicht vorhanden, 
einen Strick, unter den man, wo er den Rückenwirbeln anfliegt, 
einige weiche Lappen legt, dann lässt man die Mitte einer Leine, 
wie sie beim Pflügen oder Fahren (nicht von Leder) gebräuchlich 
ist, um den Gurt oben auf dem Rücken schlingen, so dass die 
freien Enden nach hinten gerichtet sind und nimmt beide 
Enden selbst in die noch freie Hand und zieht fest auf sich ein; 
es wird dann der Gurt stets etwas nachgeben, was später nicht 
der Fall sein darf. Wo diese beiden Enden den After berühren, 
lässt man sie beide zusammen in einen Knoten schlingen und 
zieht dann den Schwanz vor dem Knoten durch die Oese so, 
dass der Knoten fest unter der Schwanzwurzel liegt, dann misst 
man von diesem Knoten bis zur unteren Commissur der Vulva, 
macht wieder einen Knoten, lässt dann das eine Ende der Leine 
links zwischen Euter und Hinterschenkel, das andere entsprechend 
rechts nach oben an den Deckengurt gehen und festbalten, nun 
erst zieht man den Arm schnell aus dem Uterus und beide Scham¬ 
lippen zwischen den durch die beiden Knoten gebildeten Spalt 
der Leine heraus und befestigt jetzt selbst über Kreuz an dem 
Punkte, wo die Leine an den Gurt geschleift war, die freien 
Enden; dabei brauchen die Enden nur so stark angezogen zu 
werden, dass sie straff anliegen, aber nicht kneifen. Es ist ganz 
unmöglich, dass ein Thier durch diese Bandage den Uterus wieder 
vorstülpt. Ausserdem bereitet diese Methode dem Thiere keine 
Schmerzen und hinterlässt auch keine Narben, wie das Ringeln, 
was beim eventuellen Verkauf der Kuh immer ein Grund ist für 
den Händler den Preis zu drücken. Ich halte das Ringeln,.,wo 
doch dieses einfache und schmerzlose Verfahren nie im Stich 
lässt, geradezu für Thierquälerei. Hatte der prolapsus schon 
einige Stunden bestanden, ehe man dazu kam, so lasse ich nach¬ 
her, wenn möglich, kleine Eisstücke in die Scheide schieben, 
von wo ans sie leicht in den Uterus gleiten, oder mit einer recht 
kalten Eichenrindeabkochnng, die wohl überall zu beschaffen ist, 
alle zwei Stunden irrigiren, darnach zieht sich der Uterus sehr 
schnell zusammen, und es tritt auch keine metritis ein, die sonst 
noch nachträglich den Tod veranlassen könnte. Die Bandage 
lasse ich gewöhnlich nur 24 Stunden liegen. Wo ein 
Lund'scher Trachtenzwinger zu haben ist, kann man ihn an¬ 
wenden. Nicht empfehlen möchte ich die in Holland gebräuch¬ 
liche Bandage, da bei starkem Drängen der Uterus vor den 
3—4 Stegen hinuntergleitet, wie das ebenso bei dem von Johne 
konstruirten Netz der Fall sein kann. 

Mittheilungen aus der Praxis. 

Von 

Teetz-Warin, 

Tbiorarzt. 

Schlundflstel beim Fohlen. 

Bei einem etwa 10 Monate alten in der Druse stehenden 
Fohlen des Gutes W. machte sich seit 3 Tagen in der Ohrdrüsen¬ 
gegend eine leichte Schwellung bemerkbar. (Einreibung mit 
Ugt. Canth. 1:4.) 

Das Fohlen vermag seit dem 21. December keine Nahrung 
mehr aufzunehmen. 

Die Schwellung hat sich bedeutend vergrössert und ist fast 
weich (nicht fluctuirend) an der tiefsten Stelle. 

Die Haut wird dort gespalten und mit dem Finger die Fascie 
durchbohrt. Es wird eine grössere Menge äusserst übelriechenden 
Futters untermischt mit Eiter entleert. Das vorgehaltene Trink- 


wasBer wird begierig aufgenommen, fliesst jedoch aus der Wunde 
vollständig wieder ab. Mit dem Finger kann man in das ge¬ 
öffnete Lumen des Schlundes hineinfassen. Die Schlundwand ist 
auf die Hälfte des Umfanges an der Stelle zerstört Durch reich¬ 
liche Aufnahme von Trinkwasser bewirkt das Fohlen selbst ein 
vollständiges Ausspülen der Futtermassen und des Eiters. Es 
wird isolirt in einem Stall mit Sandstreu eingestellt, um das 
Verzehren von Streu zu vermeiden; es frass während der Unter¬ 
suchung solche, die aber nur bis zur Oeffnung im Schlund kam 
und dort in Ballen stecken blieb. 

Am Abend vermag das Thier ein Drittel des. vorgehaltenen 
Eimers Buttermilch abzuschlucken, während zwei Drittel durch die 
Wunde abfliessen. 

Am 23. hat das Fohlen etwa 10 Liter Buttermilch am Vor¬ 
mittag aufgenommen, aus der Wunde fliessen nur wenige Tropfen 
ab. Am Nachmittag wird eine zweite Oeffnung oberhalb des 
Brustkinnbackenrauskels gemacht und unter demselben hemm ein 
Drainrohr gelegt, um der Verjauchung zu begegnen. Am 24. ist 
das Befinden des Thieres besser, jedoch fliesst etwas mehr Butter¬ 
milch aus der Oeffnung ab. 

Der Drain wird am 29. herausgenommen. Die Schwellung ist 
vollständig geschwunden, ans der unteren Oeffnung entleert sich 
jedoch noch etwas Buttermilch. 

Bei einer erneuten Untersuchung am 5. Januar zeigt sich 
in der Drosselrinne etwa 7 cm caudal von der zweiten Wunde 
eine neue fluctuirende Geschwulst. Nach Oeffnung derselben wird 
reiner gelblich weisser nicht übelriechender Eiter entleert. Mit 
dem Finger gelangt man in einen Kanal, dessen Ende man nicht 
erreichen kann, der aber anscheinend in die Gegend hinter die 
Trachea oder den Schlundkopf fuhrt. 

Am 10. Januar erschien der Befund ungünstiger. Das Fohlefl 
hatte heut die Milch nur zögernd aufgenommen. Geringes Röcheln 
beim Athmen. Nur die zuerst geschnittene Wunde ist noch offen. 
Aus den breiten Nüstern fliesst übelriechender schleimiger Eiter ab. 
Befinden übrigens munter. Futter: Buttermilch, Heu, Hafer. 
Drei Mal täglich zwei Spritzen voll Creolinwasser in die 
Fistel. 

Inhalation von Creolinwasserdämpfen. 

Am 29. Januar zeigte sich das Fohlen vollkommen gesund. 

Gleichzeitige Erkrankung von vier Pferden eines Gespannes. 

Der Erbpächter B. in Qualitz bei Bützow hatte bei reich¬ 
licher Fütterung seine sämmtlichen vier gut genährten Pferde im 
Alter von 5, 6, 8 und 10 Jahren drei Tage lang hintereinander 
im Stalle stehen lassen. Als er am vierten Tage (29. Nov.) mit 
diesem Gespann bei sehr schlechtem Wetter (halb Schnee, halb 
Regen bei starkem Wind) ein Fuder Duog nach dem Acker 
fahren will, erkranken gleichzeitig, etwa 10 Minuten, nachdem die 
Thiere ans dem Stall sind, alle vier Pferde, sodass drei davon 
nur mit grosser Mühe wieder in den Stall gebracht werden können. 

Die Untersuchung vier Stunden nach Eintritt der Erkrankung 
ergab Lumbago bei dem fünf-, sechs- und achtjährigen Pferde, 
Hufrhehe bei dem zehnjährigen. 

Es ist dieser Fall ein weiterer Beweis dafür, dass Lumbago 
und Hufrhehe dieselben Ursachen haben können. 

Ueber die neuen Bestrebungen der beamteten 
Tierärzte zur Verbesserung ihrer Rangstellung. *) 

Von 

Dr. Augstein- Orteisburg, 

Grenztierarzt. 

Endlich scheint die gewiss von allen deutschen Tierärzten 
sehnlichst herbeigewünschte Zeit herangekommen zu sein, in 
*) Im Begriffe, den obigen Artikel an die Redaktion ab¬ 
zusenden, gelangte ich in den Besitz der No. 10 der diesjährige 


Digitized by 


Google 





17. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


123 


welcher an der unpassenden Rangstellung der beamteten Tier¬ 
ärzte gerüttelt werden soll, nnd das Vorgehen der beamteten 
Tierärzte der Provinz Brandenburg (B. T. W. 1897, No. 52) und 
der Provinz Schleswig-Holstein (B. T. W. 1898, No. 1), vor 
Allem aber das energische Eingreifen deijenigen der Provinz 
Sachsen (Flugschrift des Herrn Collegen Lieben er-Delitzsch 
vom 26. Februar 1898) scheinen zu gewährleisten, dass schon die 
nächste, für den Mai er. in Aussicht genommene Plenarversammlung 
der Centralvertretung der Tierärztlichen Vereine Preussens ge¬ 
zwungen sein wird, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. 

Mit Spannung habe ich daher darauf gewartet, dass viel¬ 
leicht eine berufenere und vor Allem gewandtere Feder, als die 
meinige, bei der durch den Herrn Collegen Bermbach (B. T. 
W. 1898, No. 1) in Anregung gebrachten „ruhigen Discussion 
dieser Angelegenheit in der Fachpresse“ zufällig auch meine von 
den Beschlüssen der Brandenburger und Sächsischen Herrn 
Collegen erheblich abweichende Ansicht vertreten und verteidigen 
würde. 

Da dieses aber bisher nicht erfolgt ist, und die Zeit nun 
drängt, so sehe ich mich doch genötigt, selber meine Stellung¬ 
nahme zu der Frage — wenn auch nur in kurzen Umrissen — 
der öffentlichen Beurteilung zu unterbreiten und muss dabei die 
Bitte anssprechen, dass man es meiner dienstlichen Inanspruch¬ 
nahme zu8ckreiben möge, wenn ich nicht Zeit fand, das Thema 
vorher so gründlich und sachgemäss durchzuarbeiten, wie es seine 
Wichtigkeit eigentlich zu fordern hätte. 

Zunächst will ich nur flüchtig bemerken, dass bei den Reforrn- 
bestrebungen der eingangs genannten drei Vereinigungen meiner 
Ansicht nach die Geldfrage so sehr in den Vordergrund gestellt 
worden ist, dass sie als gefährlicher Hebel für unsere Gegner 
gebraucht werden kann, und ohne Zweifel auch ge¬ 
braucht werden wird. Nur vorsichtig, dürfen wir pecuniäre 
Fragen mit der Bemühung um eine Rangaufbesserung verbinden, 
hören wir doch immer wieder von massgebender Stelle — ich 
will nur auf die vor etwa 2 Jahren von dem Herrn Landwirt- 
schaftsminister gegebene Antwort nach der Interpellation des 
Herrn v. Klitzing im Herrenhause hinweisen — den Bescheid, 
dass man dem Wunsche nach einer fortschreitenden 
Verbesserung der Stellung der beamteten Tierärzte 
und nach einer Pensionsberechtigung derselben 
durchaus sympathisch gegenüberstehe, dass aber bei der 
Verbesserung ihrer Besoldung auch der Herr Finanz¬ 
minister ein entscheidendes Wort mitzusprechen habe. 

Wozu sollen wir uns also bei unserem neuen Ansturm mit 
dem unter No. 1 der Liebener’schen Flugschrift aufgeführten 
Ballast beschweren, wenn wir befürchten müssen, dass er uns 
straucheln machen könnte. 

Der Zuschuss von 400—900 M. jährlich kann als Existenz¬ 
frage für den beamteten Tierarzt nicht betrachtet werden, und 
ich bin sicher, dass alle Herrn Collegen sogar sehr gerne auf 
ihn verzichten, wenn sie sich vergegenwärtigen, dass sie dadurch 
das Haupthindernis für die ihnen viel wichtigere Erlangung einer 
Zeitgemässen sozialen Stellung beseitigen können. 

B. T. W. und durch dieselbe zur Kenntnis von dem selbständigen 
Vorgehen der Brandenburger Herrn Collegen. 

So sehr ich die Emanzipation dieser Herren als Zeichen einer 
beginnenden Zersplitterung unserer bisher so vorzüglich funk¬ 
tionierenden Standesvertretung bedaure, so sehr war ich erfreut, 
dass in ihrer Eingabe die in diesem Artikel behandelte Frage so 
vorsichtig vorgebracht worden ist, dass ich mir von dem Vorgehen 
der übrigen Herrn beamteten Collegen, die hoffentlich gemeinsam, 
und ohne Uebergehung ihrer Centralvertretung handeln werden, immer 
noch einen Erfolg im Sinne meiner Abhandlung verspreche. 

Dr. Augstein. 


Aus Gründen der Klugheit erachte ich es daher für geboten, 
bei unseren Reformbestrebungen die Geldfrage nur in Gestalt 
der Forderung einer Pensionsberechtigung für Kreisthierärzte 
anzuschneiden, und im Uebrigen unsere ganze Kraft für das 
Hauptziel einzusetzen, nämlich für unsere endliche Einrangierung 
in eine unserer Vorbildung und unserer Thätigkeit angemessene 
Gesellschaftsklasse. 

Bei der Verfolgung dieses Zieles erscheint mir aber allzu¬ 
grosse Bescheidenheit um so weniger angebracht zu sein, als wir 
die Ueberzeugung hegen dürfen, dass wir gerade nach dieser 
Richtung hin in den Vertretern der Landwirtschaft mächtige 
Bundesgenossen finden werden. Für sie ist die Leistungsfähig¬ 
keit der Veterinärpolizei eine gleiche Lebensfrage, wie es für 
uns das Gedeihen der Landwirtschaft ist, und eine Hebung des 
Ansehens deijenigen Personen, welche die Veterinärpolizei aus¬ 
üben, liegt daher nicht zum wenigsten auch in ihrem Interesse. 

Nun leiden aber meiner Ansicht nach gerade die auf unsere 
Stellungsaufbesserung gerichteten Bestrebungen der Sächsischen 
und Brandenburger Herrn Collegen an allzugrosser Bescheiden¬ 
heit, und dieses ist der Grund, welcher mich in erster Reihe zu 
meinen heutigen Ausführungen veranlasst hat. 

Als im Jahre 1878 die Primanerreife für das Studium der 
Tierheilkunde gefordert wurde, wäre es an der Zeit gewesen, 
eine Versetzung in die VI. Rangklasse zu erstreben, steht diese 
Klasse doch seit jeher mit Ausnahme der beamteten Tierärzte 
allen Beamten offen, die mit dem Zeugniss für Prima in ihren 
Beruf eingetreten sind, und von denen nicht einmal eine Wissen¬ 
schaftliche Fachbildung gefordert wird, wie von uns. 

Seit der im Jahre 1887 bewilligten Hochschulverfassung 
unserer Bildungsanstalten mussten wir aber, zusammen mit 
unseren Bemühungen zur Erlangung der Maturitasfordernng für 
unser Fachstudium, schon ein ganz anderes Ziel ins Ange 
fassen. 

Oder waren es nur fade Schlagwörter, mit denen der neu¬ 
gebackene „Student einer Hochschule“ und alle seine Nachfolger 
bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zum „Aus¬ 
treiben der subalternen Seele aus den Räumen der veralteten 
Tierarzneischule“ aufgefordert wurden, mit denen ihnen immer 
wieder „ihre nunmehrige feste Stellung in der academischen 
Welt“ und die „Selbstständigkeit und Gleichberechtigung ihrer 
Wissenschaft mit anderen Facultäten“ vor Augen geführt 
wurden und durch die sie sich zu Vertretern einer „voll¬ 
berechtigten Schwesterwissenschaft der humanen Medizin“ 
stempeln Hessen. 

Jedenfalls sind sie von uns als solche nicht aufgefasst worden, 
beweist doch das trotz aller Niederlagen unermüdliche Anstürmen 
unserer jetzigen Standesvertreter zur endlichen Erlangung der 
Maturitas hinreichend, wie brennend der Wunsch nach Beseitigung 
auch der letzten Schranke geworden, welche uns von der voll¬ 
inhaltlichen Erfüllung jener Verheissungen noch immer zu trennen 
scheint. 

Und wenn diese Trennung heute auch nur noch dem Scheine 
nach vorhanden ist und höchstens von Nörglern zu Geltung zu 
bringen versucht werden könnte — ich brauche wohl kaum zu 
betonen, dass ein grosser Teil unserer heutigen Standesvertreter 
das Abiturientenzeugnis besitzt, dass andrerseits aber die zwischen 
der Primanerreife und der Maturitas klaffende Lücke seit mehr 
denn einem Jahrzehnt sicher und fest überbrückt wird durch eine 
Erhöhung der Anforderungen und eine sorgfältige Sichtung der 
Personen bei den Fachprüfungen — und wenn weiter der 
practische Erfolg auch zeigt, dass es nur ausnahmsweise einem 
Collegen nicht gelingt, einen Anschluss und eine vollgiltige 
gesellschaftliche Anerkennung bei den anderen Academicern seines 


Digitized by LjOOQie 



124 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Ko. 11. 


Berufskreises zu gewinnen, so lässt der Umstand, dass viele 
Collegen unter oft recht bedeutenden Opfern durch Erwerbung 
eines Reserveoffizierpatentes oder des Doktorhutes jene Schranke 
gewissermassen zu umgehen versuchen, doch erkennen, dass in 
gewissen Gegenden trotz Allem und Allem mit ihr gerechnet 
werden muss. 

Und jetzt, wo wir fast täglich dem Fallen dieser letzten 
Schranke mit Zuversicht entgegensehen dürfen, wollen wir uns 
selbst eine neue, viel bedenklichere und ungleich mehr in die 
Augen springende dadurch ei richten, dass wir unsere Ver¬ 
setzung in die VI. Rangklasse, in die Stellung der Snbalternbeamten 
erbitten? 

Mit welchem Rechte wollen wir die Maturitas fordern, wenn 
wir uns selbst so niedrig einschätzen? 

Ich fürchte fast, dass der Wunsch zur Erlangung der etwas 
höheren Tagegelder und Reisekosten der VI. Rangklasse sich 
hinreissen Hess, auch Vater des unseligen Gedankens einer 
directen Versetzung in diese Klasse zu werden, und dass die 
Hoffnung auf eine Vermehrung der Einnahmen vergessen liess, 
dass wir doch in erster Liuie an einer Verbesserung unserer 
Stellung zu arbeiten haben. 

Auf keinen Fall erscheint mir die Verfechtung der Nr. 2 der 
Li ebener’schen Flugschrift und der Nr. 5 der Brandenburger 
Resolution ein würdiges Arbeitsfeld für die Centralvertretnng 
zu sein. 

Hat man es zur rechten Zeit vergessen, uns in die VI. 
Rangstufe aufrücken zu lassen, nun gut, wir hahens auch so 
vorwärts bringen können, jedenfalls können wir jetzt meiner 
Meinung nach gerne auf ein solches Geschenk verzichten 

Gerade der Umstand, dass wir in der VIII. Rangklasse ver¬ 
gessen wurden, hat dem jetzigen Beamteten Tierarzt Gelegen¬ 
heit gegeben, die gesellschaftliche Höhe zu erklimmen, welche 
er heute einnimmt. 

Jeder mit einem einigermassen normal functionierenden Ge¬ 
hirne ausgestattete Mensch wird bei der Besprechung von Rang¬ 
stellungen davon Abstand nehmen, den Beamteten Tierarzt der 
Jetztzeit auf gleiche Stufe mit etwa einem Gendarm zu stellen, 
und sollte es — wie solches in der Sitzung der Brandenburger 
Herrn Collegen hervorgehoben wurde — wirklich einmal vor¬ 
gekommen sein, dass ein Kreistierarzt zu den Unterbeamten ge¬ 
wiesen wurde, so konnte derselbe, vorausgesetzt dass er nicht 
etwa durch provocatorisches Wesen selbst jenes Missgeschick 
herbeiführte, kalt lächelnd darüber hinwegsehen und sicher sein, 
dass er dabei auch alle wirklich gebildeten Leute als Lacher 
auf seiner Seite gehabt hätte. 

Schwieriger, als aus dem Nonsens der VIII. Rangklasse 
heraus, wäre es dem Kreistierarzt schon geworden, wenn er, mit 
der Würde eines Beamten der VI. Klasse bekleidet, den Versuch 
gemacht hätte, in den academisch gebildeten Kreisen heimats¬ 
berechtigt zu werden, aber ich bin überzeugt, dass es ihm ver¬ 
möge seiner heutigen allgemeinen Bildung doch gelungen wäre, 
allmählig den subalternen Character seiner Rangstellung zu ver¬ 
wischen, wenn seine Rangzuteilung in die Zeit vor der Inauguration 
unserer Bildungsanstalten gefallen wäre. 

Wie anders liegen für ihn aber die Verhältnisse, wenn er 
jetzt am Ende des 19. Jahrhunderts, und lange nachdem die 
Rossärzte sich die Stellung der „Höheren Militärbeamten“, die 
Schlachthausleiter diejenige der „Höheren Städtischen Beamten“ 
errungen haben, aus seiner selbstgescliaffenen Stellung inmitten 
der höheren Staatsbeamten heraus offiziell und gar noch auf 
seine eigene Bitte hin in die SubalternbeamtenBtellung zurück¬ 
geschleudert würde. 

Bei sachlicher Ueberlegung wird eine solche Rangzuteilung 


jeder Beamtete Tierarzt als eine Erniedrigung, ich möchte fast 
sagen als einen Schlag ins Gesicht empfinden müssen, und er wird 
sich nicht verhehlen können, dass, wenn ihm unter den heutigen 
Verhältnissen, wo die Bedeutung der Veterinärpolizei überall 
eine volle Würdigung findet, öffentlich der Stempel seiner 
nur subalternen Bedeutung aufgedrückt wird, er dadurch einen 
Hemmschuh erhält, den Generationen kaum werden abschütteln 
können; braucht er sich doch nur daran zu erinnern, dass unsere 
letzte Rangzuteilung trotz des ans Fabelhafte grenzenden Auf¬ 
schwunges unserer Wissenschaft ein Dreivierteljahrhundert über¬ 
dauert hat. 

Wollen wir also unsere Forderung der Maturitas aufrecht 
erhalten und fühlen wir nns wirklich wissenschaftlich gleich¬ 
stehend mit den Vertretern der anderen auf wissenschaftlicher 
Basis stehenden Beamtenstellnngen (Kreisphysicer, Kreisbau¬ 
inspectoren, Kreisschulinspectoren u. a. m.), so müssen wir 
consequenter Weise auch die sociale Gleichberechtigung mit 
denselben nach Kräften zu erstreben suchen und einmütig die 
Erklärung abgeben, 

dass nur die V. Rangklasse unserer Stellung angemessen ist, 
und ein gedeihliches Wirken unserer beamteten Standes¬ 
vertreter gewährleisten kann. 

Ob wir aber heute schon diese „Erklärung“ auch zur „Forde¬ 
rung“ erheben sollen und können, liegt nicht im Rahmen meiner 
heutigen Betrachtungen, vielleicht wild es gut sein. damit bis 
zur thatsächlichen Einführung des Abiturientenexamens zu warten, 
mir lag nur daran, die Gefahren, welche uns bei einer evtl. 
Einrangierung in die VI. Rangklasse drohen, ins rechte Licht zu 
stellen und die Herren Collegen um Abstandnahme von etwaigen 
dahin gerichteten Bestrebungen zu bitten. 

Ich bin mir auch keinen Augenblick darüber im Zweifel ge¬ 
wesen, dass die von mir erhoffte Zuteilung der Beamteten Tier¬ 
ärzte zur V. Rangklasse noch recht lange auf sich warten lassen 
wird, sobald wir den Versuch machen wollten, zusammen mit 
unserer Standeserhebung auch die pecuniären Vorteile der 
V. Rangklasse zu erstreben. Die gleichzeitige entsprechende 
Erhöhung der Tagegelder und Reisekosten darf meiner Ansicht 
nach nicht nur nicht gefordert, sondern auf sie müsste vielmehr 
bei Einbringung unserer Petition geradezu und ausdrücklich ver¬ 
zichtet werden. Nur so können wir eine geringe Hoffnung 
auf Erfüllung unseres im ersten Augenblicke vielleicht etwas 
kühn erscheinenden Wunsches setzen. 

Ich bin aber noch nicht am Ende. 

Was den Kreistierärzten recht ist, ist den Departements¬ 
tierärzten billig. 

Die jetzige Zugehörigkeit derselben zur V. Rangklasse 
entsprach zwar ihrer früheren ausschliesslichen Verwendung, wo 
sie nicht sowohl verantwortliche Beiräte der Regierungspräsidenten, 
als vielmehr Hülfsarbeiter der Tierärztlichen Decernenten waren, 
und sie mag beibehalten werden, wo eine solche Verwendung 
auch heute noch stattfindet. 

An den meisten Preussischen Regierungen sind inzwischen 
aber die Verhältnisse erheblich andere geworden. 

Den Departementstierärzten sind die Decernate anvertraut 
worden, und ihre Arbeit, vor Allem aber ihre Verantwortung ist 
durchaus conforni derjenigen aller Technischen Decernenten der 
anderen academischen Berufskreise bei den Regierungen (Medizinal-, 
Bau-, Schul-, Forst- etc. -räte). 

In ihrer jetzigen, den jüngsten Assessoren gleichen Stellung, 
befinden sie sich aber schlechterdings nicht, wie die anderen 
Decernenten, immer in der Lage, rückhaltlos und durchgreifend 
für das einzutreten, was sie als erspriesslich fiir die im Rahmen 
ihrer Decernate arbeitenden Beamten erkannt haben, ihre jetzige 


Digitized by LaOOQie 







17. März 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


125 


Rangstellung erschwert also nicht nur ihnen selbst den Dienst, 
sondern sie wirkt auch nachteilig auf den gesamten tierärztlichen 
Stand, und wird es daher mit Aufgabe der Centralvertretung sein, 
auch den als Decernenten beschäftigten Departementstierärzten 
zur Erlangung einer ihrer Verwendung angemessenen Rang¬ 
stellung, nämlich der IV., behilflich zu sein. 


Frühjahrs-Sitzung 

des Vereins schlesischer Thierärzte zu Breslau 

am 27. Februar 1898. 

Auf der Tagesordnung standen folgende Punkte: 

1. Geschäftliche Mittheilungen. 

2. Abänderung der Statuten (betr. Ehrenrath). 

3. Die Einführung der allgemeinen Fleischschau, insbesondere 
die Betheiligung der practischen Thierärzte an derselben. 
Referenten: Thierarzt Siemssen-Krappitz, Kreisthierarzt Graul- 
Oppeln. 

4. Zur Reform der Stellung der Kreisthierärzte. 
Referenten: Kreisthierarzt Gückel-Münsterberg, Kreis¬ 
thierarzt Dr. Marks-Ohlau. 

Anwesend waren 4 4 Kollegen, darunter 7 Gäste. Der Vor¬ 
sitzende, Dr. Arndt, eröffnete die Sitzung um 11 V a Uhr. 

Neu aufgenommen werden in den Verein die Collegen 
Keller-Glogau, Matschke-Zülz, Siemssen-Krappitz, Spor- 
leder-Breslau. 

Ihren Austritt angemeldet haben die Herren Becker-Guhrau 
und Kampmann-Wiesbaden. 

Es gelangt ein Schreiben des Collegen Hentschel-Oels zur 
Verlesung, welches die Anfrage enthält, unter welchen Voraus¬ 
setzungen eine Fusion des „Vereins schlesischer Schlachthof¬ 
thierärzte“ mit dem „Verein schlesischer Thierärzte“ stattfinden 
könne. Nach kurzer Debatte wird College Schilling-Breslau 
delegirt, mit dem Verein schlesischer Schlachthofthierärzte auf 
Grund der Statuten, speciell der Paragraphen über Gruppen¬ 
bildung, in vorbereitende Unterhandlungen einzutreten. 

Die Frage eines Zuschusses zu den Kosten des 1899 in 
Baden - Baden stattündenden nächsten internationalen thier¬ 
ärztlichen Congresses soll in der nächsten Vereinssitzung erledigt 
werden. 

Zu Punkt 2 skizzirt Dr. Arndt zur Orientirung der der 
vorigen Versammlung fern gebliebenen Mitglieder kurz die Vor¬ 
gänge im Verein, welche Veranlassung zu dem bekannten 
Ministerial-Erlass gegeben haben, nach welchem beamteten Thier¬ 
ärzten die Zugehörigkeit zu Vereinen untersagt wird, in deren 
Statuten sich Bestimmungen über einen sogenannten Ehrenrath 
befinden. Er, Redner, habe die Versammlung schon jetzt an¬ 
beraumt, um einen dabin gehenden Beschluss des Vereins resp. 
der beamteten Thierärzte dem Regieiungs-Präsidenten zu dem 
von demselben geforderten Termin, dem 1. März einreichen zu 
können. Er stehe ganz auf dem Standpunkt der Ausführungen 
von Prof. Schmaltz in No. 6 der B. T. W. und beantrage 
gänzliches Fallenlassen der Ehrenraths-Statuten. Nach kurzer 
Debattte wird der Antrag angenommen und der Vorstand 
beauftragt, eine diesbezügliche Mittheilung an den Herrn 
Regierungs-Präsidenten gelangen zu lassen. 

Zu Punkt 3 der Tagesordnung spricht der Vorsitzende einige 
Worte. Die allgemeine Fleischschau sei im Bezirk Oppeln seit 
einiger Zeit im Gange, die Ausführungen eines selbst die 
Fleiscbschau im Bezirk ausübenden Collegen, sowie eines 
beamteten Thierarztes von dort würden auch zur Zeit noch will¬ 
kommen sein, wo die Ausdehnung der Fleischschau auf 
ganz Schlesien ungefähr in dem Sinne der Oppelner Ver¬ 


fügung bereits ihre Genehmigung bei den zuständigen Instanzen 
erhalten habe. — College Siemssen spricht darauf von 
seinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen. Im Oppelner 
Bezirk seien zur Zeit 14 Thierärzte und 395 Laienfleischbeschauer 
mit der Ausführung der Beschau beschäftigt. Letztere seien 
unbedingte Nothwendigkeit, da bei der geringen Anzahl von Thier¬ 
ärzten die Beschau sonst viel zu theuer werden müsste. Ihre 
Befugnisse in der Beurtheilung und Zulassung des Fleisches 
dürften nicht zu eng gezogen werden, da andernfalls die Thier¬ 
ärzte unnütz viel zu viel zugezogen würden. Die Haus¬ 
schlachtungen, ausgenommen natürlich Nothschlachtungen, könnten 
ihnen z. B. ganz zugewiesen werden; die Gefahr hierbei wäre 
besonders gering, da meist doch tadellose Waare geschlachtet 
würde. Die betheiligten Thierärzte müssten sehr auf der Hut sein, 
dass sie sich den Laienfleischbeschauern gegenüber keine Blösse 
gäben. Die Betheiligung der Thierärzte an der Beschau sei kein 
Hinderniss für die Privatpraxis, da vorherige sechsstündige An¬ 
meldung verlangt werde. Lukrativ wäre die Sache sicher. Ein 
Uebelstand, der aber mit in Kauf genommen werden müsste, 
wäre die Trichinenschau; man müsse den Weg zweimal, zur 
Entnahme der Proben und zur Abstempelung, machen. Denn 
mit dem Mikroskop unter dem Arm, wie die Trichinenschauer, 
könne man aus Anstandsgründen nicht gehen. Ein Mangel sei 
das Fehlen von Vorschriften über Errichtung von Freibänken; 
ohne Freibänke käme das minderwerthige Fleisch doch als voll in 
Verkehr. Die Communen, besonders kleinerer Städte, die den 
meisten Vortheil von einer derartigen Beschau hätten, da sie die 
theueren Schlachthäuser sparten, müssten zur Errichtung von Frei¬ 
bänken anzuhalten sein. 

Kreisthierarzt Graul als Correferent fühlt Folgendes aus: 
An Personal für Laienfleischbeschauer sei kein Mangel; es wäre 
opportun, möglichst die derzeitigen Trichinenschauer zu Fleisch¬ 
beschauern heranzubilden. Zur Ausbildung seien die mittleren 
Schlachthäuser zu wählen, da die kleinen nicht genügeud 
Material hätten; bezüglich der grossen habe er keine Erfahrung 
Die Dauer des Cursus sei auf 6 Wochen zu bemessen bei täg¬ 
lichem Unterricht. Prüfung und Nachprüfung müssten der 
Einheitlichkeit der Ausbildung halber vom Departementsthierarzt 
vorgenommen werden. (Dr. Arndt bemerkt hierzu, dass nach 
dem neuen Entwurf für die Provinz Schlesien diese Funktionen 
den Kreisthierärzten zufallen würden). Für den Unterricht 
empfehle er den Fischoeder’schen Leitfaden. Bei den kleineren 
Anleitungen kämen die Leute zu leicht in die Gefahr, Frage und 
Antwort schematisch auswendig zu erlernen, ohne den Sinn zu 
erfassen. Den Beschauern seien möglichst hohe Einnahmen zu¬ 
zuweisen, damit sie vom Publikum unabhängig würden. Die 
Competenz bei Nothschlachtungen, für Verwerfen oder Minder- 
werthig-Erklären ganzer Thiere sei ihnen nicht zuzugestehen. Für 
einen räumlich begrenzten Bezirk dürfte nur ein Fleischbeschauer 
zuständig sein, freie Wahl des Interessenten bezüglich des 
Fleischbeschauers führe zu gegenseitigem Unterbieten und setze 
den Werth der Beschau gänzlich herunter. Die Vertretung 
müsste principiell durch die Beschauer der Nachbarbezirke aus¬ 
geübt werden, ein eigener Vertreter im Bezirk verdiene zu wenig. 
Die Kreisthierärzte sollten die Beschau nicht selbst ausüben, da¬ 
mit ihre Stellung als Obergutachter gewahrt bleibe. In grösseren 
Bezirken seien Freibänke nothwendig, da die Polizei sonst keine 
Controlle über den Verbleib minderwertigen Fleisches habe. 

An der anschliessenden kurzen Discussion betheiligen sich 
die Herren Dr. Arndt, Matschke, Scharmer, Pflanz. 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung, „Zur Reform der Stellung 
der Kreisthierärzte“ nimmt Gückel-Münsterberg das Wort 
zu folgendem Vortrag: 


Digitized by LaOOQie 




126 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Meine „Skizze zu einer Reform des preussischen Civil- 
Veterinärwesens“ setze ick durch die Veröffentlichung in No. 49 
der B. T. W. von 1895 als bekannt voraus und gestatte mir 
nur einige Ergänzungen hierzu. 

Meine damalige Arbeit zerfällt in 3 Theile und betrifft im 
1. Theile die Organisation des Veterinärwesens im 2. Theile die 
Erhebung der Kreistbierärzte zu unmittelbaren Staatsbeamten und 
im 3. Theile deren Pensionsberechtigung. 

Von meinem 1. Theile genannter Arbeit wurde nur meine 
Auffassung über die practische Vorbildung des Kreisthierarzt- 
Kandidaten als undurchführbar u. s. w. bemängelt. 

In meinem 2. Theile bin ich auf grösseren Widerspruch ge- 
stossen, aus welchem ich jedoch ersehen habe, dass man in meinem 
Referat nicht berücksichtigt hat, dass erst die in Zukunft 
anzustellenden Kreisthierärzte vollbeschäftigte, pensionsberechtigte, 
unmittelbare Staatsbeamte werden sollen. Ich erachte also ein 
UebergangB8tadinm für nothwendig. 

Auf diesem Standpunkte verharre ich auch gegenwärtig. 

Ich gestatte mir zunächst einen Umstand zu erwähnen, der 
bisher in den gegnerischen Auffassungen, wenn ich nicht irre, 
nirgendwo gewürdigt worden ist, nämlich die materielle Stellung 
der Kreisthierärzte im Vergleich zu der der Departements¬ 
thierärzte. 

Wir haben es wohl alle als einen Fortschritt begrtisst, dass 
die Departementsthierärzte nach und nach zu festangestellten, 
vollbeschäftigten und pensionsberechtigten, unmittelbaren Staats¬ 
beamten erhoben werden. Dass die materiellen Erfolge bei der 
Neugestaltung der Departements-Thierarztstellen für die Stellen¬ 
inhaber besonders verlockend seien, will ich indessen nicht zu 
behaupten wagen; aber dieselben sind pensionsberechtigt, was 
nicht zu unterschätzen ist. 

Das, was man nun für die Departementsthierärzte so freudig 
ersehnt und begrüsst hat, soll nun nach mehrfachen, in der 
Presse kundgegebenen Aeusserungen für die Kreistbierärzte nicht 
als erstrebenswerthes Ziel betrachtet werden. Die Kreistbierärzte 
sollen vielmehr in ihrem gegenwärtigen Verhältnisse als mittel¬ 
bare Staatsbeamte verbleiben, sie sollen Privatpraxis treiben 
dürfen, höheren Rang, besseres Gehalt, Wohnungsgeldzuschuss, 
höhere Tagegelder und Reisekosten und endlich eine Pension 
erhalten. 

Man will also die beamteten Civil-Veterinäre in unmittelbare 
Staatsbeamte, das sind die Departementsthierärzte, mit nicht 
übermässigen aber festen Einkünften, und in mittelbare Staats¬ 
beamte, das sind die Kreisthierärzte, mit im Allgemeinen günstigeren 
Einkünften eintheilen. 

Durch Erfüllung der z. Z. von uns Kreisthierärzten ge¬ 
stellten Ansprüche muss eine sehr erhebliche Verschiedenheit in 
den Verhältnissen der beamteten Thierärzte eintreten. 

Die Departementsthierärzte erhalten bei grosser Verantwort¬ 
lichkeit, schwieriger Stellung und reicher Arbeitsthätigkeit ein 
z. Z. bescheidenes, festes aber pensionsberechtigtes Einkommen. 
Die Nebeneinkünfte werden in den meisten Fällen nicht erheblich 
sein. Die Kreisthierärzte hingegen — wir können doch wohl 
mindestens sagen, in weDiger schwieriger Lage — ein besseres 
Einkommen mit mehr oder weniger besseren Nebeneinkünften. 

Unter solchen Umständen soll es mich wirklich Wunder 
nehmen, wen es dann noch gelüsten wird, Departementsthierarzt 
werden zu wollen. Die materiellen Erfolge sind hierzu nicht 
lockend genug. Nur ideale Gründe können es dann sein, die 
nach solchen Stellen drängen. Im Allgemeinen aber wird man 
lieber nach den besser dotirten Kreisthierarztstellen greifen und 
in diesen Stellen zu bleiben suchen. 

Die Consequenz hieraus würde die sein, dass wiederum die 


Departementsthierärzte begründete Ansprüche auf Gehalts¬ 
aufbesserung zu erheben berechtigt wären. 

Sollte der Herr Minister wirklich geneigt sein, zweierlei 
beamtete Thierärzte zu schaffen, unmittelbare und mittelbare 
Staatsbeamte? — Unmöglich! 

Sollte die Umwandlung der Departementsthierarzt-Stellen zu 
unmittelbaren Beamteustellen nicht als ein Fingerzeig zu be¬ 
trachten sein, dass das Ministerium in Zukunft die Kreis¬ 
thierärzte ebenfalls zu unmittelbaren Staatsbeamten umzugestalten 
denkt? 

Wozu auch eine derartige Verschiedenheit unter den be¬ 
amteten Thierärzten? Wenn der Departementsthierarzt voll- 
beschäftigter unmittelbarer Staatsbeamter ist, weshalb soll der 
Kreisthierarzt nicht dieselben Rechte und Pflichten haben. 

Will man zweierlei beamtete Thierärzte schaffen — unmittel¬ 
bare und mittelbare Staatsbeamte — dann wird die Unzufrieden¬ 
heit nie aufhören und diesem Zustande müsste im Staatsinteresse 
so schnell wie möglich ein Ende gemacht werden. 

Durch die Beibehaltung des gegenwärtigen Gehaltsraodus 
wird ferner die Ungleichheit in den Einkünften der verschiedenen 
Kreisthierarztstellen nicht beseitigt. Bei der ohnehin z. Z. be¬ 
stehenden ausserordentlichen Verschiedenheit in den Einkünften 
sollen die Stellen, die ein reichliches Einkommen mit sich bringen, 
noch besser dotirt werden. Dazu liegt doch wahrlich keine Ver¬ 
anlassung vor. 

Wenn in den guten Kreisthierarzt-Stellen mehr Arbeits¬ 
thätigkeit in amtlicher Beziehung gefordert wird als in den 
schlechten Stellen, dann können ja die ersteren Kreise gethcilt 
und die letzteren vergrössert werden. Das wäre ausgleichende 
Gerechtigkeit, und so lange nicht eine Gleichmässigkeit der Ein¬ 
künfte in den einzelnen Kreisthierarztstellen herbeigeführt ist, so 
lange kann ich mich nicht für Beibehaltung der gegenwärtigen 
Einkommenbezüge und deren Erhöhung erwärmen. Die liebe 
Sonne kann auf alle Kreisthierärzte gleichmässig ihre erwärmenden 
Strahlen ausstreuen. 

Der gegenwärtige Modus des Einkommenbezuges bringt die 
Kreisthierärzte auch vielfach in recht üble Lage, z. B. bei allen 
landwirtschaftlichen Prämiirungen, wo dieselben mit ihrem Gut¬ 
achten nicht mit der Ansicht des Besitzers — vielleicht eines 
Kunden aus der Privatpraxis — übereinstimmeu. Diese Leute 
ersuchen den Kreisthierarzt daun nur noch in äusserst dringenden 
Fällen um seinen Rath. Diese üble Erfahrung ist vielleicht auch 
der Grund, das sich verhältnissmässig wenig Kreistbierärzte nm 
die Theilnahme an landwirihschaftlichen Veranstaltungen bemühen, 
und diese üble Erfahrung wird in den Stellen am meisten ge¬ 
macht, in denen der Schwerpunkt des Einkommenerwerbes in der 
Privatpraxis liegt. 

Ich erinnere ferner an alle Straf- und Processsachen und an 
alle dienstlichen Obliegenheiten, wo die dem Einzelnen auf¬ 
gegebenen zeitweisen oder dauernden Unbequemlichkeiten ge¬ 
wöhnlich dem Kreisthierarzt zur Last gelegt werden. Wie an¬ 
genehm muss es dann für einen Kreisthierarzt sein, der der 
Privatpraxis nicht unbedingt bedarf. 

Ob nun der Kreisthierarzt eine volle oder facultative Praxis 
treiben und ob der Tbierarzt, der das Fähigkeitszeugniss zur An¬ 
stellung als beamteter Thierarzt erworben hat, nach meiner An¬ 
nahme eine praktische Durchbildung erfahren soll, will ich hier 
nicht zur Debatte stellen, da diese Fragen zum Theile ihre Er¬ 
ledigung finden mit der Entscheidung darüber, ob die Kreisthier¬ 
ärzte unmittelbare Staatsbeamte werden sollen. Wenn dieser 
Fall eintritt, so wird sich der Herr Minister auch bestimmt Vor¬ 
behalten, einen Anwärter hinzuschicken, wohin er Lust hat, dann 
wäre glücklich mit dem derzeitigen Anstellungs-Modus gebrochen. 


Digitized by LjOOQie 






17. März 1898. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 127 


Endlich möchte ich hinsichtlich des Gehalts-Modus noch an 
die Bemühungen des Deutschen Veterinärrat lies erinnern, nach 
welchem znm Studium der Thierbeilkunde das Maturitätszeugniss 
gefordert werden soll. Diese Frage beschäftigt bereits seit 
Jahren den Deutschen Veterinärraih und alle thierärztlichen Ge¬ 
müter. Diese Bemühungen scheinen mir auch für die gegen¬ 
wärtigen Bestrebungen der Kreisthierärzte von wesentlicher Be¬ 
deutung und ich meine, dass ans alle Wünsche fast von selbst 
in den Schooss fallen müssen, sobald die Frage der Vor¬ 
bildung der. Thierärzte eine für uns günstige Er¬ 
ledigung gefunden hat. Mindestens jedoch, und das kann 
Niemand ernstlich bestreiten, werden wir alsdannn erheblich 
leichter zum Ziele gelangen. — Je mehr ich mich mit unseren 
Standes-IntereBsen befasse, desto schwieriger erscheint es mir, 
den rechten Weg zu finden, der zum Ziele führt. Immer und 
immer wieder thürmen sich neue Bedenken auf, und immer mehr 
komme ich zn der Ueberzeugnng, dass es ein Gebot der 
Klugheit ist, wenn wir unsere Ansprüche möglichst 
bescheiden bemessen. Bemühen wir uns zunächst, dass 
unsere im Dienste ergrauten Collegen ein anständiges Ruhe¬ 
gehalt erlangen, bemühen wir uns, eine bessere Rangklasse zu 
erlangen und unterstützen wir nach besten Kräften die Be¬ 
strebungen des Deutschen Veterinärrathes hinsichtlich der Vor¬ 
bildung der Thierärzte. Ist das letztere Ziel erreicht, dann wird 
es uns nicht schwer werden, eine Besserung unserer Standes¬ 
interessen zu erreichen. Eine Besserung glaube ich aber trotz¬ 
dem nur dann annehmen zu dürfen, wenn nicht nur die Er¬ 
füllung einzelner Wünsche aus dem Ganzen herausgegriffen, 
sondern eine zeitgemässe, durchgreifende Reform des Civil- 
Veterinärwesens erbeten wird. 

Eine solche Reform muss sich 

1. auf die Organisation des Veterinärwesens, 

2. auf die Entscheidung darüber erstrecken, ob wir unmittel¬ 
bare Staatsbeamte werden sollen. 

Ist die letzte Frage im Sinne meiner Auffassung entschieden, 
dann ergeben sich die Consequenzen von selbst, insbesondere 
wird man dann auch nicht umhin können, das Gehalt für die 
Departementsthierärzte zu erhöhen. 

Als 3. Ziel meiner Arbeit habe ich die Erlangung der 
Pensionsberechtigung hingestellt. Hierüber herrscht volle Ein- 
müfbigkeit. Schwer ist es jedoch, den Weg zu finden, nach 
welchen Grundsätzen die Pensionirung berechnet werden soll. 
Diese Schwierigkeit ist auch dem Collegium der Provinz Branden¬ 
burg entgegen getreten. Einen gangbaren Weg zu diesen Grund¬ 
sätzen haben die Herren Collegen aber nicht gezeigt. Es wird 
auch ausserordentlich schwer sein, bei den gegenwärtigen Ein- 
kommensverhältnissen die Grundsätze zur Bemessung der Höhe 
der Pension festzusetzen. 

Wenn die Pensionsberechnung unter Zugrundelegung des 
Gehalts und der dienstlichen Nebeneinkünfte erfolgen soll, so 
wird dieselbe ebenso verschieden ausfallen, wie die derzeitigen 
dienstlichen Einkünfte verschieden sind. Das wäre ein grosser 
Uebelstand und würde nur Unzufriedenheit hervorrufen. 

Besser ist schon der Vorschlag, die Pension unter Zugrunde¬ 
legung der Pensionsberecimung bei einer annähernd gleichge¬ 
stellten Beamtenkategorie festzusetzen. Aber dieser Weg führt 
ebensowenig zum Ziele, weil es schwer ist, diese gleichgestellte 
Beamtenkategorie richtig und einwandsfrei herauszufinden, und 
weil jede Pensionirung von einem vorher genau ermittelten 
Diensteinkommen abhängig ist. Wollte man dieses pensions¬ 
berechtigte Diensteinkommen ähnlich wie bei den Gerichtsvoll¬ 
ziehern festsetzen, so würden sich viele Collegen, die ein höheres 
Diensteinkommen besitzen, als seitens des Staates der Pensions¬ 


berechnung zu Grunde gelegt wird, zurückgesetzt fühlen. Es ist 
auch ausserordentlich schwer, der Pensionsberechnnng ein fingirtes 
Diensteinkoraraen derartig zn Grunde zu legen, dass alle Be¬ 
theiligten befriedigt werden. 

Wenn ich alle diese Bedenken in genaue Erwägung ziehe, 
so komme ich am Ende doch wieder zu der Ueberzeugnng, dass 
sich eine Pension nur bei unmittelbaren Staatsbeamten in gleich- 
mä88iger, alle Interessenten befriedigender Weise festsetzen lässt. 
Soll Zufriedenheit unter den Pensiouirten geschaffen werden, so 
müssen die Grundsätze der Pensionirung für alle Kreisthierärzte 
in gerechter Weise abgewogen werden. Wir müssen gleiche 
Pflichten, gleiches dienstliches Einkommen und gleiche 
Rechte haben. Es kann meiner Meinung nach nur von Ge¬ 
rechtigkeit gesprochen werden, wenn genannte Voraussetzungen 
die Grundlage zn einer Besserstellung abgeben. 

Wir wollen indessen nicht nur an unsere alten Collegen, 
sondern auch an unsere Wittwen denken. Unsere Wittwen und 
Kinder wollen wir vor Noth schützen; wir wollen daher den 
Herrn Minister bitten, dass er auch diesem Nothstande ein 
baldiges Ende machen möge. Wir wollen unsere Wittwen davor 
bewahrt wissen, dass dieselben der Wohlthätigkeit der Standes¬ 
genossen preisgegeben werden. Möchten die Sammlungen für 
unsere Hinterbliebenen doch recht bald ein Ende nehmen. 

Nicht jeder Kreisthierarzt kann die Seinigen durch Eintritt 
in eine Lebensversicherung vor Noth schützen, da sehr viele in 
eine Versicherungsanstalt nicht aufgenommen werden. Damm 
ist es keine unbillige Forderung, wenn wir ein besseres Loos 
für unsere Wittwen und Kinder erbitten. 

Bevor ich nun dem Vereine meine Vorträge zur Kritik und 
Beschlussfassung nnterbreite, kann ich nicht unterlassen, meinen 
Freunden und Collegen den wohlgemeinten Rath warm an’s Herz 
zu legen, bei den derzeitigen Bestrebungen zur Besserung unserer 
Lage mit grösster Klugheit und Mässigung zu verfahren. 

Meine Anträge gehen nun dahin: Der Verein wolle beschliessen, 
den.Herrn Delegirten zn ersuchen, bei der Centralvertretung dahin 
zu wirken, dass sich dieselbe 

I. den Bestrebungen des deutschen Veterinärrathes, soweit 
sich dieselben auf die Vorbildung zum Studium der Veterinär- 
medicin beziehen, durch eine Denkschrift an den Herrn Reichs¬ 
kanzler oder in sonst geeigneter Weise anschliesse; 

dass dieselbe 

IL bei dem Herrn Minister für Landwirthschaft unter Dar¬ 
legung aller Uebelstände eine vollständige Reform des Civil- 
Veterinärwesens nach vorstehenden Gesichtspunkten erbitten möge; 

dass dieselbe 

III. unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine zeit¬ 
gemässe, durchgreifende Reform des Civil-Veterinärwesens nicht 
so bald bearbeitet sein kann, den Herrn Ressortminister bitten 
möge, dahin wirken zu wollen, dass die Kreisthierärzte zunächst 
einer höheren Rangklasse überwiesen werden und dass bis 
zur anderweitigen Regelung im Interesse dieser Beamten ein 
Pensions- und Relicten-Nothgese tz den beiden Häusern 
des Landtages vorgelegt werden möchte; 

endlich soll 

IV. der Herr Delegirte den dringenden Wunsch aussprechen, 
dass in der Begründung zur Nothwendigkeit einer Reform des 
Civil-Veetrinärwesens und in den Vorschlägen zur Beseitigung 
der Uebelstände die Ansicht der Minorität die gebührende Be¬ 
rücksichtigung finde.“ 

Hierauf erhält der Correferent Dr. Marks das Wort zn 
folgenden Ausführungen: 

„Meine Herren! Es ist üblich, von dem Correferenten in 
seinen Ausführungen eine Unterstützung der Vorschläge des 


Digitized by 


Google 



128 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Referenten zn ei warten. Ich mache deshalb von vornherein darauf 
aufmerksam, dass ich durchaus nicht auf dem Standpunkte des 
Vorredners stehe. Die zur Verhandlung stehende Frage ist in 
dem letzten halben Jahre nach allen Richtungen hin in der Fach¬ 
presse ausführlich discutirt worden. Ich werde deshalb nur die¬ 
jenigen Punkte beleuchten, welche entweder gar nicht herangezogen 
oder nicht genügend betont worden sind. 

College Gückel bezieht sich in seinem heutigen Referate auf 
seine frühere Publication in der B. T. W. Ich werde deshalb 
zunächst auf jene eingehen und mich dann mit einigen Punkten 
des heutigen Referates eingehender beschäftigen. Dabei werden 
sich die positiven Vorschläge ergeben, die ich zu machen habe. 

Zunächst halte ich die Forderung einer vollen Besoldung 
und Anstellung der Kreistbierärzte als unmittelbare Staats¬ 
beamte zur Zeit für nicht möglich. Denn der weitaus grösste 
Theil der Kreisthierärzte ist jetzt nicht vollbeschäftigt und wird 
es auch in absehbarer Zeit nicht werden. Eine derartige Forde¬ 
rung wäre also ungerecht, da der gewünschte Lohn unseren 
Leistungen nicht entsprechen würde. Wir wollen aber nur das 
fordern resp. erbitten, was wir als gerechtes Aequivalent unserer 
Leistungen gegenüber dem Staat vertreten können. Geht eine 
Cardinal-Forderung über dieses Mass hinaus, und dass das hier 
zutrifft, mu-s auch unseren Vorgesetzten Behörden klar sein, so 
werden auch unsere anderen, wenn auch noch so gerechten 
Forderungen in ein schiefes Licht gerückt und begegnen sofort 
sämmtlich einer gewissen Voreingenommenheit. 

Die Forderung einer vollen Besoldung könnten wir eben 
nur dann stellen, wenn damit gleichzeitig eine Organisations- 
Aenderung geplant ist, die uns auch zu vollbeschäftigten 
Beamten macht. Das Eine ohne das Andere halte ich für völlig 
undenkbar. Ich erachte es aber für völlig verkehrt, diese Frage 
mit der der Aufbesserung unserer Stellung zu verquicken. Die 
Lösung dieser Frage war eine derjenigen Unmöglichkeiten, an 
denen die Medicinal - Reform gescheitert ist, und ganz genau so 
würde es auch uns ergehen. Mit dem Scheitern der Reform 
würden auch unsere Wünsche ad acta gelegt werden. 

Ein Weg, auf dem die Reform zum Abschluss gebracht werden 
könnte, ist meiner Ueberzeugung nach bei keinem der bisher dis- 
cutirten Vorschläge gewiesen worden. Speciell gegen die 
Gückel’schen Vorschläge habe ich Folgendes zu sagen: Ich ver¬ 
stehe nicht, warum die Provinz die veterinärpolizeiliche Einheit 
sein soll und nicht der Regierungsbezirk! Vielfach sind docli die 
veterinärpolizeilichen Beziehungen zweier Regierungsbezirke aus 
zwei verschiedenen Provinzen intimere als aus der gleichen 
Provinz. So wäre es für Theile unseres Bezirks weit noth- 
wendiger, in veterinärpolizeilicher Beziehung mit dem Regierungs¬ 
bezirk Posen übereinzuslimmen, als mit Oppeln oder Liegnitz; und 
derartige Verhältnisse werden sich auch in anderen Provinzen vor¬ 
finden. Die Seuchen respectiren die Provinzialgrenzen ebenso 
wenig wie die Bezirksgrenzen. 

Ferner — eine Zusammenziehung von drei oder gar fünf und 
sechs technischen Beiräthen (Rheinland, Hannover) an einer 
Stelle, in der Provinzial-Hauptstadt, ist ja kaum denkbar. Und 
dann berühren sich doch die veterinärpolizeilichen Geschäfte mit 
so vielen allgemeinen Verwaltungsfragen, die dem Regierungs¬ 
präsidenten unterstehen, dass eine Loslösung derselben vom 
Regierungs-Präsidium kaum denkbar wäre, zumal doch schon 
seit längerer Zeit in Verwaltungskreisen die Frage ernstlich 
discutirt wird, die mehr repräsentative Stellung der Oberpräsi¬ 
denten abzuschaffen und ihre Thätigkeit den einzelnen Regie¬ 
rungen zuzuweisen. 

Gegen die Uee einer Centralisirung Für die ganze Provinz 


spricht also nicht mehr als Alles, für dieselbe wohl nur pro¬ 
vinzieller Patriotismus. 

Der Gedanke, den Kreisthierärzten sie voll beschäftigende 
Bezirke zuzuweisen, wäre ja ganz schön, um dem Kreisthierarzt 
ausreichende Beschäftigung zuzuwenden, er ist aber praktisch 
unausführbar. Möglich wäre er von vornherein nur, wenn es 
gälte, ein noch nicht besetztes Gebiet neu aufzutheilen; jetzt 
lassen sich die alten Grenzen nicht einfach fortwischen und neue 
ziehen. Radical verfahren, müsste man mindestens & der jetzigen 
Kreisthierärzte an die Luft setzen, um dem Rest ausreichende 
Bezirke zu schaffen. Wer sind die Hinauszuwerfenden und was 
fängt der Staat mit ihnen an? Oder soll das allmälig gehen? 
Ich bitte Sie, setzen Sie sich in die Lage, Ohlau wird frei und 
soll unter dem Gesichtspunkt dbr Bezirksbildung neu besetzt 
werden. Der neue Kreisthierarzt wird ernannt, sein Bezirk ist 
zu klein für volle Inanspruchnahme, woher soll er Theile hinzu¬ 
bekommen? Vier von den Nachbarkreisen sind in der gleichen 
Lage wie Ohlau, die können doch nichts abgeben, der fünfte be¬ 
schäftigt vielleicht seinen Kreisthierarzt ganz, nimmt man dem 
aber wieder etwas weg, dann hat er zu wenig. Und so liegt 
doch die Sache naturgemäss überall. 

Schliesslich wechseln doch die Verhältnisse in jedem Kreise 
ungeheuerlich. Mein Vorgänger hat % Jahr lang amtlich über¬ 
haupt nichts zu tliun gehabt, dann mit dem Einbruch der 
Schweineseuchen war er überreichlich beschäftigt, jetzt geht die 
amtliche Thätigkeit von Jahr zu Jahr zurück. Dieser Wechsel 
in der Beschäftigung findet doch überall statt und die einzig 
mögliche Compensation ist die Privatpraxis. 

Die ganze Bewegung zu Gunsten einer Aenderung in unseren 
Gebühr enverhältnissen geht doch hervor aus einem Gefühl der 
Unzufriedenheit über gewisse, schwer empfundene Härten, die 
sich nach und nach entwickelt haben. Der Hauptgrund ist das 
Missverhältnis zwischen den Leistungen der weitaus meisten 
Kreistbierärzte und ihren Bezügen. Die grösste Härte ist die, 
dass die beamteten Thierärzte keine Gewähr dafür haben, dass 
sie, die einen grossen Theil ihrer Thätigkeit dem Staatswohle 
widmen, im Falle des Todes eine materielle Sicherstellung ihrer 
Hinterbliebenen, im Falle der Dienstuntauglichkeit durch Krank¬ 
heit oder Alter eine Sicherstellung für sich und ihre Angehörigen 
erwerben. 

Unsere erste gerechte Forderung wäre also: Wittwen- und 
Waisengelder, Pensionsberechtigung. 

Von den in der Natur der Sache selbst liegenden Gründen, 
welche in der Discussion in der Fachpresse pro und contra 
„volle Besoldung“ herangezogen wurden, hebe ich nur den schwer¬ 
wiegendsten hervor. Es ist von vornherein allseitig richtig au¬ 
genommen worden, dass die volle Besoldung die Privatpraxis 
ausschliesst. Von den Fürsprechern der vollen Besoldung ist be¬ 
tont worden, dass die Veterinärpolizei ein Specialfach sei, welches 
auch als Specialität betrieben werden müsse. Nun stellen wir 
uns einmal den Veterinärbeamten vor, der keine Privatpraxis 
treibt, in der Zeit vor Hineinbeziehung der Schweineseuche in 
die Veterinärpolizei-Gesetzgebung. Das ist ja ein ganz undenk¬ 
barer Zustand! Die Beamteten kennen bisher ja nur ihre Seuchen, 
von den Schweinekrankheiten haben sie keine Ahnung, es hätten 
unter diesen Umständen unmöglich die Schweineseuchen in den 
Kreis der veterinärpolizeilichen Massregeln hineinbezogen werden 
können, da die Beamten nichts davon verstanden, oder — die 
Massregeln wären rein doctrinär, nie praktisch geworden. Oder 
hätten sich die Behörden bei den praktischen Thierärzten Rath 
holen sollen? Die verstehen ja aber wieder nichts von Veterinär¬ 
polizei ! 

Ganz dasselbe Verhältniss hätte bei der Borna’schen Krank- 


Digitized by LjOOQle 



17. März 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


129 


beit, dasselbe bei der Geflügelcholei a Vorgelegen. Und kein 
Mensch kann sagen, dass das Register der Seuchenkrankkeiten 
abgeschlossen ist, es ist im Gegentheil anzunehmen, dass es im 
Laufe der Zeiten immer mehr erweitert werden wird durch Aus¬ 
lands- und Inlands-Seuchen; ich erinnere an Texasfieber und 
Schweinepest, ich erinnere an die Tuberculose und Fleischbeschau, 
an Rothlauf-Impfungen und Viehversicherung. Der Kreisthierarzt 
muss in der Praxis bleiben, er muss für künftig aufznnehmende 
Seuchen ein sachverständiger Berather sein, und dazu hat er nur 
in der Praxis Gelegenheit. 

Die Praxis darf dem Beamteten nicht genommen 
werden, dagegen erscheint eine Erhöhung des Grundgehaltes 
nach Massgabe unserer Leistungen als dringendes Erforderniss. 

Das Grundgehalt von 600 M. war vielleicht 1872 ausreichend, 
heute ist es in keinem Falle ein Aequivalent für die Leistungen 
der beamteten Thierärzte. Das Schreibwerk hat sich ungeheuer¬ 
lich vermehrt und wird weiter wachsen, allein für unsere Schreiber- 
leistungen sind die 600 Mk. bei Weitem nicht ausreichend. Es 
sind eine Unzahl von Verrichtungen hinzugekommen, die ohne 
Entschädigung gelegentlich anderweiter dienstlicher Verrichtungen 
vorgenommen werden müssen. Der Kreisthierarzt bezieht keine 
Bureaugelder, keine Entschädigung für Schreibmaterialien. Es 
wird von ihm vorausgesetzt, dass er ein zu bakteriologischen 
Arbeiten geeignetes Mikroskop besitzt (ich verweise z. B. auf 
Milzbrand und Geflügelcholera), während in Sachsen z. B. die 
Mikroskope vom Staate geliefert werden. Ich halte eine Er¬ 
höhung des Grundgehaltes auf 1500 M. als eine im Allgemeinen 
unseren Leistungen entsprechende gerechte Forderung. Das Ver¬ 
langen der Brandenburger Collegen, das Grundgehalt auf 1800 
bis 2400 M. festzulegen, halte ich durchaus als für zu hoch ge¬ 
griffen. Wir sollten uns ja keinen Illusionen hingeben, denn 
nach Massgabe des Gehaltes unserer Departements-Thierärzte 
sowie den Analogien in Bayern würde doch unser Anfangsgehalt 
bei voller Besoldung ungefähr 2400 M. betragen! 

Die Frage, ob das Gehalt mit dem Dienstalter steigen soll, 
halte ich für nebensächlich. Denn wenn der Kreisthierarzt Praxis 
treiben darf, hat er Gelegenheit, mit dem Fortschreiten der Jahre 
ans seinen Nebeneinkünften dem Alterszuschuss entsprechende 
Mehreinnahmen sich zu eröffnen. Eine Erhöhung des Grund¬ 
gehaltes mit dem Dienstalter wäre aber vielleicht schon eine 
Forderung, die das System betrifft, eine Aenderung im Sinne 
einer Veterinär-Reform. Vermeiden wir diese lieber in einer un- j 
wesentlichen Frage. 

Was die Erhöhung der Diäten betrifft, so erachte ich es 
für angemessen, dass die Tagegelder auf 9 M. bemessen werden, 
schon mit Rücksicht darauf, dass die Subalternbeamten nach dem 
neuen Gesetz 8 M. für directen Verbrauch erhalten, während wir von 
6 M. Ersparnisse machen sollen Die Forderung der Abänderung 
der unsinnigen Gebüliren vor Gericht im gleichen Sinne ist in 
sich so selbstverständlich, dass ich darüber wohl kein Wort zu 
verlieren brauche. 

Zu der Frage der Standeserhöhung kann ich noch keine 
feste Stellung nehmen. Gewiss ist die jetzige Rangklasse unser 
nicht würdig. Aber Jeder, den es angeht und der zu den Ge¬ 
bildeten gehört, weiss auch diesen Nonsens richtig zu würdigen. 
Kommen wir aber gemäss unseren Wünschen in die 6. Klasse, so 
heisst es, wir gehören da hinein, haben es selbst als richtig er¬ 
beten. Die Frage der Maturität ist aber eine Forderung einer 
hoffentlich nur kurzen Zeit, und haben wir die, so gehören wir 
in die 5. Klasse. Ist es da nicht gerathener, die Frage bis zu 
jenem Zeitpunkt zurückzustellen, als uns jetzt möglicherweise 
auf die 6. Klasse festzulegen? 

Der Weg, den wir mit unseren Wünschen zu gehen haben, 


ist uns durch das loyale Verhalten preussischer Beamten vor¬ 
gezeichnet, nämlich durch die Centralvertretnng an unsere oberste 
Behörde. Wenn wir dieAeusserungen unseres Herrn Ressortministers 
richtig verstanden haben, können wir dort auch auf thatbereites 
Wohlwollen rechnen. Denn der Herr Minister erklärte — wenn 
ich nicht irre, im ersten Jahre seiner Berufung als Minister — im 
Abgeordnetenhause, dass die Kreisthierärzte schlecht bezahlt 
würden, während er in dieser Session auf eine diesbezügliche 
Interpellation aus dem Hause nicht eingehen zu können 
sich äusserte, weil von den Kreisthierärzten Klagen noch nicht 
gekommen wären. Wir haben bis jetzt loyal auf die Regierung 
gewartet; nach dieser Aeusserung aber sollen wir selbst mit unseren 
langjährigen Wünschen kommen; wir kommen jetzt und bitten 
loyal. 

Das wäre im Allgemeinen das, was ich zur Reform- oder 
Gehaltsfrage zu sagen hätte. Mein Standpunkt ist, wie daraus 
hervorgeht, im Wesentlichen der der Brandenburger Collegen. 

Im Besonderen wende ich mich zum Schlüsse noch zu den 
heutigen Ausführungen des Collegen Gückel. Er spricht von 
einem Missverständniss in der Stellung von Departementsthier¬ 
ärzten als unmittelbare und Kreisthierärzten als mittelbare Staats¬ 
beamte. Ich kann das ganz und gar nicht finden, denn in der 
Medicinalverwaltung ist das schon seit langen Jahren genau so. 
Aus diesem Grunde erachte ich es auch für ausgeschlossen, dass 
die Fixirung der Departembntsthierarztstellen den Anfang für ein 
gleiches Verfahren bei den Kreisthierärzten vorstellen soll. 

lieber die Nebeneinnahmen der Departementsthierärzte scheint 
mir Gückel nicht genügend orientirt zu sein. Nach meinen 
persönlichen Erfahrungen sind sie durchaus nicht unerheblich 
und alle Departementsthierärzte haben die Verwaltung von Kreis¬ 
thierarztstellen (ausserOppeln). Derbeste Beweis gegen Gückel’s 
Befürchtung ist aber der enorme Andrang zu jeder frei werdenden 
Stelle. 

,Icli glaube auch nicht, dass eine Erhöhung des Gehaltes der 
Depfu-tementsthierärzte stattfinden würde nach Inaugurirung der 
Veterinär-Reform im Sinne Gückel’s. Es würde dann eben ein¬ 
fach das Gehalt der Kreistbierärzte entsprechend niedrig normirt 
werden. 

Ich halte es ferner, entgegen Gückel’s Meinung, für undenk¬ 
bar, dass den Kreisthierärzten auch als Vollbesoldeten erlaubt 
sein würde, Privatpraxis zu treiben. Der Staat besoldet uns 
dann voll, er wird uns auch ganz und voll für sich verlangen 
und den Conflict zwischen amtlich und privat zu seinem ev. 
Nachtheil nicht weiter bestehen lassen wollen. Zum Beweise 
dessen erinnere ich an die Grenzthierärzte. 

Die Pensionsberechnnng nach einem fingirten Einkommen 
halte ich für durchaus nicht schwer. Gückel will ja für das 
Uebergangs-Stadium mit seinem Pensions- und Relicten-Nothgesetz 
durchaus denselben Weg beschreiten. Ebenso gut kann doch 
aber dieses Nothgesetz gleich zu einem dauernden gemacht 
werden! Die Hineinbeziehung der Nebeneinkünfte in die Pensions- 
berechnung halte ich für unthunlich; die Pension muss nach 
einem fingirten Einkommen mit fingirten Alterszulagen berechnet 
werden. 

Zu Punkt I der Gückel’schen Forderungen habe ich zu 
bemerken, dass seitens des Veterinärrathes die auf Maturitas 
zielenden Wünsche bei allen Stellen, besonders beim Reich und 
den Vertretungen derjenigen Bundesstaaten, die thierärztlicbe 
Lehranstalten besitzen, unterbreitet werden; der Veterinärrath 
umfasst aber auch die Centralvertretung, infolge dessen ist ein 
gesondertes Vorgehen der letzteren wohl unnöthig. 

In der anschliessenden Discussion äussert sich Wittlinger 
dahin, der Verein möge sich auf keinen der von den Referenten 


Digitized by 


Google 




130 


' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


betonten Standpunkte stellen, sondern nur allgemein, ohne 
Angabe besonderer Wünsche, eine Petition um Aenderung des 
Civil-Veterinärwesens ins Werk setzen. 

Dr. Marks halt den Standpunkt Wittlinger’s für un¬ 
angebracht: wer Wünsche habe, müsse diese auch präcise äussern, 
sonst werde die ganze Geschichte nur Actenmaterial. Die 
Inscenirnng müsse ferner gerade von Vereinswegen, nicht nur 
von der Gruppe der Kreisthierärzte erfolgen, denn gerade die 
Betheiligung und Zustimmung der nicht interessirten privaten 
und Sanitäts-Thierärzte gäbe den Forderungen eiu grösseres 
moralisches Gewicht. 

Scharmer plaidirt für glatte Aunahme der Marks’schen 
Anträge. 

Schilling glaubt, man solle zur Zeit nur die Forderung 
der MaturitaB vertreten, alles Andere würde nach deren Er¬ 
reichung von selbst kommen. 

Dr. Mark8 erwidert, dass dies möglicherweise sein 
könne, aber ebenso gut könnten wir die Maturitas nicht er¬ 
reichen und die Kreisthierärzte müssten dann doch von 
vorn mit Petitioniren anfangen. Sie wären aber in einer Noth- 
lage und könnten nicht warten, bis die garnicht zu beurtheilenden 
Schwierigkeiten, die sich der Maturitas entgegenstellen, beseitigt 
würden. 

Nach kurzer Debatte, an der sich Dr. Arndt, Riedel und 
Wittlinger betheiligen und in dem Sinne äussern, das Material 
einer Commission zu unterbreiten zur Bearbeitung für eine 
nächste Sitzung, erklärt Dr. Marks, dass er den Zweck der 
Commission nicht einsehen könne. Die Versammlung habe sicher 
nach den langen Erörterungen in der Presse schon Stellung ge¬ 
nommen, ein Zögern sei daher unnöthig und nur dazu angethan, 
dass die Petitionen wesentlich später zu Händen des Ministers 
kämen. 

Es wird darauf beschlossen, gleich heute zum Beschluss 
darüber zu kommen, ob der Verein auf dem von Gückel oder 
dem von Marks vertretenen Standpunkte stehe. Da für die 
Gückerschen Vorschläge nur 2 Stimmen sich melden, sind die 
von Mark8 angenommen. • 

Darnach wird eine Commission von 7 Herren gewählt, die 
bald zu8ammentreteu und auf Grund des Programm Marks der 
Central-Vertretung positive Vorschläge unterbreiten sollen. Die¬ 
selbe besteht aus den Herren: Dr. Arndt, Gückel, John, 
Dr. Marks, Scharmer, Schilling, Wittlinger. 

Schluss der Sitzung 2!s Uhr. 

Nach derselben sehr fröhliches Festessen mit Damen bis zum 
späten Abend. 

Dr. Arndt, Dr. Marks, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Tagesgeschiclite. *) 

t 

Noch sind die Blumen und Kränze nicht verwelkt, womit 
pietätvolle Dankbarkeit und herzliche Freundschaft die Grabstätte 
des verschiedenen Professors Dr. Rabe in Hannover geschmückt 
hatte, und schon wieder musste eine Ruhestätte hergerichtet 
werden zur Aufnahme der irdischen Hülle eines Mannes, welcher 
durch Bereicherung der thierärztlichen Wissenschaft und För¬ 
derung der thierärztlichen Standes-Interessen wohlverdienten 
Anspruch auf unsere Dankbarkeit und Verehrung hat. 

Professor Dr. Hermann Joseph Theodor Pütz ist 
am 4. März, der Grenze nahe, die der Psalmist dem Lebensalter 

*) Siehe auch Originalartikel. 


der Menschen gezogen hat, nämlich im Alter von nahezu 
69 Jahren, in Halle plötzlich am Schlagfluss gestorben. 

Geboren am 26. März 1829 in Oberpleis, Reg.-Bez. Cöln, 
hatte er nach Erlangung der nothwendigen schnlwissenschaft- 
lichen Vorbildung sich in Berlin dem Studium der Thierheilkunde 
gewidmet. Hier wurde er am 14. Mai 1850 als Thierarzt I. CI. 
approbirt und erwarb sich am 17. Februar 1857 das Fähigkeits- 
zeugniss zur Verwaltung einer Kreisthierarztstelle. 

Am 1. Juli 1861 wurde der Verewigte zum Kreisthierarzte 
und Lehrer an der Ackerbauschule in Denklingen (Reg.-Bez. Cöln) 
ernannt. Er erwarb sich hier bald eine ausgedehnte Praxis, die 
aber nicht lohnend genug war, um die Söhne auf ein Gymnasium 
zu schicken. Da fasste Pütz den heroischen Entschluss, den¬ 
selben selbst eine tüchtige schulwissenschaftliche Bildung bei¬ 
zubringen. Wenn er von der Praxis heimkehrte, fand er seine 
Freude und seine Erholung daran, seinen Kiodern Schulunterrichtzu 
ertheilen. Der Erfolg ist in der That im höchsten Grade be¬ 
wunderungswürdig; er hatte die Freude, zu erleben, dass sein 
ältester Sohn die Prüfung für Secunda auf dem Gymnasium, 
welches er später absolvirte, glänzend bestand. 

In Denklingen hat er auch sein erstes Bach: „Landw. 
Thierheilkunde“ 1867 herausgegeben. 

Am 1. April 1869 folgte Pütz einem Rufe als ordentlicher 
Professor und Director der Veterinärschule nach Bern. Nach 
langen Kämpfen und Enttäuschungen hatte er nunmehr die Be¬ 
dingungen für seine fernere Fortentwicklung gefunden. Hier 
war ihm die Möglichkeit gegeben, das zu werden, was er ge¬ 
worden ist. 

Wie glücklich war der Praktiker, dass ihm jetzt wieder 
Gelegenheit geboten war, ans dem Born modernster medicinischer 
Wissenschaft zu schöpfen! 

In der Erkenntnis, dass < seine Ausbildung besonders in der 
Physiologie, Histologie und pathologischen Anatomie für seine 
Thätigkeit alB klinischer Lehrer nicht ausreichend war, besuchte 
er mit den Studenten medicinische und naturwissenschaftliche 
Vorlesungen und betheiligte sich an verschiedenen praktischen 
Uebungen. Dabei entfaltete er einen bewunderungswürdigen 
Fleiss und eine rastlose Thätigkeit, um zunächst die Reoiganisation 
des thierärztlichen Unterrichts in der Schweiz den Ansprüchen 
der Zeit entsprechend durchzuführen. Trotz dieser vielseitigen 
Inanspruchnahme fand er noch Zeit zu schriftstellerischen 
Arbeiten. 

Von 1873—1877 gab er die vielgelesene Zeitschrift für 
wissenschaftliche und praktische Veterinär-Medicin heraus. 

1874 erschien sein Lehrbuch der allgemeinen chirurgischen 
Veterinär-Pathologie und Therapie. 

Nach der Ernennung Roloff’s zum Mitglied des Reichs¬ 
gesundheitsamtes wurde der Entschlafene am 1. April 1877 als 
ausserordentlicher Professor der Thierheilkunde an die Universität 
Halle berufen, woselbst er im Jahre 1894 zum ordentlichen Honorar¬ 
professor ernannt wurde. 

Hier hat er nicht nur im Hörsaale segensreich gewirkt, 
nicht nur den Bücherschatz der Thierarzneiwissenschaft mit 
werthvollen Werken bereichert, hier hat er als Erster in der 
Reihe derjenigen gestanden, die mannhaft und ohne Rücksicht 
auf persönliche Unbequemlichkeiten die thierärztlichen Standes¬ 
interessen zu fördern bestrebt waren. 

Abgesehen von zahlreichen Aufsätzen, welche seine nie 
rastende Feder in verschiedenen Fachblättern brachte, hat sein 
schaffender Geist uns in dieser Zeit folgende Werke von bleibendem 
Werth geschenkt: 

1) die Stellung der Thiermedicin zu den übrigen Zweigen der 
Naturwissenschaften. 1880. 


Digitized by VjOOQie 




17. Märe 1898. 


BERLINER THIER ARZ.TL1C&E WOCHENSCHRIFT. 


181 


2) die Seuchen- und Herdekrankheiten unserer Hansthiere. 1882. 

3) Ueber die Beziehungen der Tuberculose der Menschen zur 
Tuberculose der Thiere. 1883. 

4) Compendium der Thierheilkunde. 1885. 

5) Ueber fibroide Pseudohypertrophie vieler Sceletmuskel beim 
Pferde. Virch. Arch. 1887. 

6) Gedächtnisrede bei Enthüllung des G e r 1 a c h-Denkmals 
zu Berlin. 1890. 

7) die Hauptdaten der Lungenseuche - Impfung. Deutsche 
Zeitschr. f. Thiermedicin. 1892. 

Die ernste Feier im Trauerhause wurde durch eine trostreiche 
und herzergreifende Leichenrede des amtirenden Geistlichen ein¬ 
geleitet, worauf der langjährige Freund des Pütz’ sehen Hauses, 
Geheimrath Dr. D i e c k e r h 0 f f die Vei dienste des Verewigteu um 
die thierärztliche Wissenschaft und ihre Standes - Interessen in 
von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Worten feierte. 

Der Sarg war vollständig bedeckt mit Blumen und pracht¬ 
vollen Kränzen. Trotz der Uugunst des Wetters setzte sich ein 
grosser Trauerzug in Bewegung, in welchem besonders die Mit¬ 
glieder des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der 
anlialti8cheu und thüringischen Staaten sich stark betbeiligten, um 
dadurch nochmals ihre herzliche Verehrung und Dankbarkeit 
offen zu bekunden. Von Berlin war ausser Geheimrath 
Dieckerhoff noch Professor S c h m a 11 z erschienen. 

Der Name Pütz gehört der thierärztlicheu Wissenschaft 
für alle Zeiten an. Wir deutschen Thierärzte neunen ihn mit 
Stolz den Unsrigen, weil er uns mehr geweseo, als die aus¬ 
ländischen Collegen wissen. Er, der nie nach Gunst und Aus¬ 
zeichnung gestrebt, vergoss Freudeuthränen, als die Central-Ver- 
tretung der thierärztlichen Vereine des preussischen Staates ihn 
am 1. Februar 1886 zum ersten Vorsitzenden wählte. Mit welcher 
Hingabe und welchem Erfolge er dieses Amt verwaltet, ist noch 
in zu frischer Erinnerung bei den deutschen Thierärzten, als dass 
ich darüber noch ein Wort sagen sollte. 

Auch im deutschen Veterinärrathe hat der Entschlafene so¬ 
wohl in den Berathungen des ständigen Ausschusses, wie in deu 
Plenarversammlungen stets mit seinen gediegenen Kenntnissen, 
seiner Energie und Redegewandtheit die Geschäfte gefördert und 
oftmals die Entschliessungen bestimmt. Wenn die Bestrebungen 
und Hoffnungen dieser Körperschaft wenigstens theilweise in Er¬ 
füllung gegangen sind, so hat die wackere und uneigennützige 
Arbeit Pütz’ daran nicht den geringsten Antheil. 

Der Verewigte war Ehrenmitglied von 13 deutschen thier- 
ärztlichen Vereinen. Aber auch das Ausland hat ihm die An¬ 
erkennung nicht versagt. Er war Ehrenmitglied des Vereins 
österreichischer Thierärzte, wurde 1876 zum Ehrenmitglied des 
Senats des Dorpater und 1877 des Kasaner Veter. Instituts er¬ 
nannt, während ihm das Königl. Collegium der englischen 
Veterinär - Chirurgen diese Ehre 1880 zuerkannte. 

Pütz führte das denkbar glücklichste Familienleben. Er 
war kein Freund von ceremoniellen Festlichkeiten, aber er war 
der liebenswürdigste Wirth in seinem gastfreien Hause, in welchem 
man sich sofort heimisch fühlte. Nachdem er den Gast seiner 
Familie vorgestellt, gehörte letzterer zu derselben. 

Rührend war die liebevolle Fürsorge der treuen Gattin für 
ihn, die in bescheidener Selbstverleugnung niemals ein grösseres 
Glück gekannt hat, als dem Verewigten und ihren Kindern auf¬ 
opfernde Liebe zuzuwenden. Als das Haus Pütz von dem harten 
Geschick betroffen wurde, dass zwei erwachsene Söhne kurz nach 
einander einer mörderischen Krankheit erlagen, wusste die hin¬ 
gebende Lebensgefährtin trotz eigener Angst und Beküramerniss 
in die stille Häuslichkeit Rath und Trost zu bringen. 

Eine wahre Herzensfreude war es für dasPütz’sche Eltern¬ 


paar, dass die übrigen Kinder zu vortrefflichen Menschen heran¬ 
wuchsen. Die vier Söhne sind praktische Aerzte und die einzige 
Tochter ist an einen practischen Arzt verheirathet. 

Wer im Hause Pütz verkehrt hat, wird ebenso wie Schreiber 
dieser Zeilen, der oft in der Pütz'sehen Familie weilen durfte, 
an dem einigen, herzlichen Familienleben eine beglückende 
Freude empfunden haben. Hier war nichts Schein, hier gab es 
kein Ceremoniell, hier herrschte aufrichtige, herzliche Zuneigung, 
Liebe, Verehrung. Was soll ich noch sagen über die Persönlich¬ 
keit und den Character! 

Pütz war ein edler, unbestechlicher Character. Wie alle 
Menschen, so hatte auch er seine Fehler. Der Horaz’sehe Vers, 
welchen er in seiner Gedächtnisrede auf Gerlach citirt, indem 
er ihn der Wahrheit getreu als einen vortrefflichen Mann schildert, 
der auch nicht ohne Fehler war, passt auch auf ihn: 

„Nam vitiis nemo sine nascitur, optimus ille, qui minimis 
nrgetur.“ 

Er war eine explosive Natur, konute sehr empfindlich und 
reizbar sein und, beherrscht von seinem heftigen Temperament, 
auch wohl verletzen. Aber ungerecht ist er nie gewesen! Wie 
nach dem Gewitter gewöhnlich verklärender Sonnenschein folgt, 
so war es auch bei ihm. Sobald er sein Unrecht eingesehen, gab 
es sich aufrichtige Mühe, es wieder gut zu machen. 

Meistens heiteren Gemüthes, ein rechter Sohn seiner sonnigen 
rheinischen Heimath, gewährte es ihm eine kindliche Freude, 
Anekdoten aus seiner Jugend im rheinischen Plattdeutsch zu 
erzählen. Mit seinen näheren Freuuden correspondirte er gern 
lateinisch, nicht etwa in klassischer Sprache (er hätte dies auch 
gekonnt), sondern im gemütlichsten Küchenlatein. Seine Aus¬ 
drucksweise war hierbei so originell, humoristisch, dass auch der 
ernsteste Mann beim Lesen solcher Briefe nicht aus dem Lachen 
herauskam. 

Durch eigene Kraft und uneimüdliche Arbeit hat der Ent¬ 
schlafene sich emporgeschwungen zu dem Ziele, dem er zu¬ 
gestrebt. Mit Stolz nannte er sich Thierarzt und wir, die ihn 
überlebenden Thierärzte wollen ihm zum Ruhme neidlos erklären, 
dass nicht viele Thierärzte sich neben ihn auf eine Linie stellen 
können. Unter den Thierärzten hat er den besten seiner Zeit 
genügt und deshalb wird er auch bei denselben in bestem An¬ 
denken bleiben für alle Zeiten. Esser. 

Zur /fachricht für die Mitglieder des Thierörztlichen Vereins für die Provinz 

Brandenburg. 

Der Verein hielt am 13. März seine Frühjahrs-Versammlung 
ab. Der Vorsitzende gedachte zunächst der schmerzlichen Ver¬ 
luste, welche der Verein seit Neqjahr erfahren, indem kurz hinter¬ 
einander drei Ehrenmitglieder, Sombarth, Dr. Rabe und 
Dr. Pütz, sowie der Senior der Senioren, Oberrossarzt a. D. 
Mertens gestorben sind. Aufgenomraen wurden in den Verein 
Kreisthierarzt Seiffert-Charlottenburg und Assistent Keller- 
Berlin. 

Der § 39 der Statuten wurde alsdann nach einstimmigem Beschluss 
gestrichen. Der Vorsitzende begründete den Antrag auf Streichung 
wie folgt: Der Paragraph stellt die Normen auf, nach welcher 
ein Ehrenrath functioniren sollte, falls der Verein einmal die 
Einrichtung eines solchen beschliessen sollte. Dies sei nicht ge¬ 
schehen. Der Verein besitze keinen Ehrenrath und gehöre daher 
nicht zu den in der bekannten MinisterialVerfügung genannten 
Vereinen. 

Der Paragraph 39 sei also gar nicht in Kraft. Er habe aber 
auch keinen Zweck mehr, da die Eventualität der Errichtung 
eines Ehrenrathes in Fortfall gekommen sei. Letzteres sei auch 
nicht so wesentlich, da man im Nothfall andere Mittel habe, um 


Digitized by UjOOQie 






132 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 11. 


Störungen der Eintracht und des Vereinsanseliens vorznbeugon. 
Um Missvetständnisse und Zweifel zu beseitigen, empfehle sich die 
einfache Streichung des § 39. Es wurde demgemäss beschlossen. 

Sodann hielt der Oberrossarzt der Kgl. Marställe, Dr. Topper, 
einen mit Demonstrationen verbundenen Vortrag über Castration 
von Kryptorcbiden unter Anwendung der dänischen Wurfmethode. 
Derselbe wird demnächst in der B. T. W. veröffentlicht werden. 


Fleischschau und Vieh verkehr. 

Zur gesetzlichen Einführung der Fieischschau in Preussen. 

Die Abgg. von Mendel-Steinfels, Ring und Genossen 
haben im Abgeordnetenhause den Antrag eingebracht, die Re¬ 
gierung zu ersuchen: sofort noch in dieser Tagung des Abgeord¬ 
netenhauses einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die 
obligatorische Fleischschau nur für gewerbsmässig zum Verkauf 
gelangendes Fleisch und im übrigen generell nach Massgabe der 
Verordnung für die Provinz Hessen-Nassau vom 1. Juli 1892 in 
Preussen eingeführt und auf alle ausländischen Einfuhren von 
Fleisch- und Fleischwaaren ansgedehnt wird; auf die Errichtung 
kleiner lokaler Schlachtviehversicherungen mit zwangsweiser 
Rückversicherung bei grossen (Provinzial-)Verbänden mit Unter¬ 
stützung aus öffentlichen Mitteln hinzuwirken; im Interesse aller 
Consumenten des Schlächtergewerbes sowie der Landwirthe eine 
zweckmässige^ gesetzmässig festzustellende Verwerthung der 
Confiscate hei beizuführen und im Bundesrathe ihren Einfluss 
geltend zu machen gleichzeitig mit vorgedachten Maassregeln in 
Preussen eine gleichwertige Controle von Fleisch und allen 
Fleischwaaren an den Grenzen Deutschlands einzuführen. 

Der Antrag geht in der Hauptsache von richtigen Gesichts¬ 
punkten aus. In der B. T. W. ist von vornherein der Stand¬ 
punkt vertreten worden, dass eine gründliche gesetzliche Regelung 
der einzig gangbare Weg ist. Weil aber das Fleischschan\yesen 
von Grund auf reformirt werden muss, und weil hierbei viele 
schwierige, sogar sehr schwierige Fragen im landwirtschaftlichen 
Interesse gelöst werden müssen, würden wir eine übereilte Arbeit 
für einen Fehler halten. Wir glauben nicht, dass noch für diese 
Landtagstagung mit Nutzen ein Entwurf fertig gestellt werden 
kann. Wird derselbe ftir die nächste Tagung herbeigeführt, so 
wird eine tiefer- und weitergreifende Vorarbeit möglich sein. 
Andernfalls würden gewiss Dinge Beiseite gelassen werden 
müssen, die anzupacken, grade im Interesse der Landwirtschaft 
liegt. S. 

Personalien. 

Auszeichnung: Die Stadt Marienwerder hat den Departements¬ 
thierarzt Winkler zum Ehrenbürger ernannt. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt E. Wulff in 
Stolzenau commissarisch für den Kreis Stolzenau, Thierarzt Dr. 
Bertram in Braunschweig für den Kreis Braunschweig, Ti.icrarzt 
Dr. P e t e r - Angermünde für den Kreis Angermünde, Thierarzt 
B au er- Obornik für den Kreis Obornik, Thierarzt Görlitz- 
Dirschau für den Kreis Dirscbau. — Schlachthofinspector Höhne- 
Neustadt i. Westpr. zum Schlachthofdirector, Thierarzt H.empel- 
Dresdcn zum Schlachthofthierarzt in Meissen. 

Promotion: Die Thierärzte Schmutzer (approb. München) und 
S e y b o 1 d (approb. Stuttgart) von der med. FacuUät zu Giessen zu 
Dr med. vet. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Lindenau, Mildenburg, 
Wolfram. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Rud I s kraut - Trendelburg i. Hessen nach Boitzenburg a. Elbe, 
Tbierar/t G. Stroh - Schwandorf nach Ichenhausen, Thierarzt 
H. Bresser-Berlin nach Duisburg 

In der Armee: Befördert zu Rossärzten: Unterrossärzte Heinrich 
vom Feld-Art-Rgt. No. 17, Kiesel von der Feld-ATt-Schiessschule, 


Duill vom Drag.-Rgt. No. 5 unter Versetzung in dasUl-Hgt No. 15, 
Krüger vom Feld-Art.-Rgt. No. 9 unter Versetzung zum Feld-Art.- 
Regt. No. 24. — Befördert zu Roesärzten des Beurlaubtenstandes 
die Unterrossärzte der Reserve Ulm, Friederich, Schulze.— 
Versetzt die Rossärzte Reinländer von der Feld-Art.-Schiess- 
schulo zum Drag.-Rgt. No. 19, ChriBt vom Feld-Art.-Rgt. No. 8 
zum Train-Bat. No. 16, E i c k c von der Militär-Lehrschmiede in 
Königsberg i. Pr. zum Drag.-Rgt. No. 12, Grötz vom Ul.-RgtNo. 15 
zur Militär-Lehrscbmiede in Königsberg i. Pr, Schön vom Feld- 
Art.-Rgt No. 18. zum Train-Bat. No. 5, Rips vom Hess. Drag-Rgt. 
No. 24 zum Feld.-Art.-Rgt. No. 18. — Dem Rossarzt der Landwehr 
1. Aufgebots Röber ist der Abschied bewilligt werden. 

Todesfälle: Districtsthierarzt Xav. Deschelmaycr-Ichenhausen 
(Bayern). _ 

Vakanzen. 

Kreisthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Stallupoenen (Assistent des Grenzthierarztes. 
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. — 
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen 

(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in 
Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Schleswig: Eider* 
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B* 
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztsteil sn a)NeuausgeschriebeneStellen: 

B eu t h e n: 2. Schlachthofthicrarzt (2000M., Wohnungsgeld 432M.). Bew. 
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector(2400-360DM. Dienst¬ 
wohnung, Hei/.ung, Beleuchtung. 350 M. Nebeneinnahme). Bew. 
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt 
(Privatpraxis gestattet). Bew. an Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2. Assistent 
des Schlachthofdirectors zum 1. April. — File hine: Schlachtliof- 
inspector zum 1. October. — Finsterwalde:Schlachthofdirector. 

— Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — 
Nord hausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. — S c h 1 a w e 
(Pommern): Schlachthof-lnspector zum 1. April 1898. — Zoppot: 
Schlachthausverwalter zum 1. April. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt. 

— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fieischschau 
600 M.l. Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher. 

— Schwarzenau: 800 M. für Fieischschau). Näheres Magistrat. 

— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬ 
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft 
Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof!. — Lasdehnen: Thierarzt 
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken 
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — 
Strass bürg (Uckermark): (Gebühren aus Fieischschau 1300 bis 
1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Privatstelle Boitzenburg. 

Sehr dankbar wäre Unterzeichneter Collegen für Angabe 
einer Firma, die einen vierrädrigen, in der Praxis bewährten 
Wagen für 2 bis 3 Personen (Kutschersitz) liefert, passend für 
zwei Doppelponys bei viel Landwegen. 

Teetz, Thierarzt. 
Warin (Mecklenb.). 


Verantwortlich filr Jen Inhalt (excl. lu*eratei'.lieil) l’rof. Dr. Schraaltz in Berlin. — Verlas und Eieenthuui von Richard Schoctz in Berlin. — Druck von W. Bilxensteiu. Berlin. 


Digitized by AjOOQle 






Die „Berliner Thier&ntllehe Woeheiuchrift“ erscheint Orfginalbeltrige werden mit 50 Hk. fUr den Bogen honorirt 

wöchentlich in S türke von mindestens 1 */» Bogen. Dieselbe Alle Msnuscripte, Mittheilungen und redsctionellen An¬ 
ist xu belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) ■ M ■ # fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Sehmaltz, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ n-wn /kne Berlin, ihierürxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 

8choets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, «um Preise von ■ ^■ I ■ ■ I ■ Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B w I ■ | B 1 B 1 y B gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 12 . Ausgegeben am 24. März. 


Inhalt: Schnaltz: E i n F e h 1 e r i n der Methode? — Referate: M e t z g e r: Ueber Lactophenin. — F r ö h n e r: Hodensackbruch 
beim Wallach. — Kleine Mittheilungen. — Voges und Schütz: Ueber die Ergebnisse von Immunisirungs- 
versuchen beim Rothlauf der Schweine. — Tagesgeschichte: Sitzungsprotokoll der 42. Generalversammlung des thier¬ 
ärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, die thüringischen und anhaitischen Staaten, am 13. März 1898 in Halle a. S- 
— Verschiedenes. — Oe ff entlieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und 
Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Ein Fehler in der Methode? 

Von 

Professor Dr. Schmaltz. 

In neuester Zeit ist Herr Professor Schütz mit mehreren 
Veröffentlichungen hervorgetreteu, welche in der thierärztlichen 
Literatur eine, z. Th. kritische, Beachtung unbedingt verlangen. 

Im Heft 1/2 des 24. Bandes des Archivs veröffentlicht er 
eine interessante, sich in ihren Resultaten gegen die letzten 
Arbeiten Nocard’s kehrende experimentelle Studie über 
Rotz, die hier später besonders referirt werden soll. Im An¬ 
schluss daran theilt er neue Ergebnisse von Malleinversuchen 
mit, wobei er wiederum scharf gegen das Mallein Stellung nimmt. 
Sodann hat er gemeinsam mit Voges in der deutschen 
medizinischen Wochenschrift 1898 No. 4 eine vorläufige Mittheilung 
über seine Immunisirungsversuche gegen Rothlauf veröffentlicht 
(welche sich unter den Reff raten dieser Nummer wörtlich wieder¬ 
gegeben findet) und bald darauf mehrere Vorträge in landwirt¬ 
schaftlichen Körperschaften gehalten, bei welchen er dazu 
gelangt ist, die Methode Pasteur, namentlich im Gegensatz zu 
der Methode Lorenz als die relativ beste zu bezeichnen (wenn 
anders ein Bericht über die Generalversammlung des deutschen 
milchwirtbschaftlichen Vereins zu Berlin in der Molkei eizeitung 
richtig wiedergegeben ist). 

Zunächst müssen wir auf den Schluss der Mitteilung über 
die letzten Mallein-Versuche eingehen, ohne vorläufig die Frage 
über den Werth des.Mallei'ns an sich zu berühren. Herr Schütz 
sagt, in dem Kampfe um das Mallem sei er von verschiedenen 
Seiten so schwer angegriffen worden, dass er auf die Genug¬ 
tuung nicht verzichten dürfe, als der Erste unter den Gegnern 
des Mallein zu gelten. Er beruft sich dabei auf die Acten (!) der 
technischen Deputation"für das Veterinärwesen und spricht davoD, 
dass dort auch ein anderer College „den Mut besessen“ habe, 
dieselbe Ansicht, wie er, auszusprechen. 

Aus diesen Aeusserungen können Fernstehende nur den 
Schiass ziehen, als ob Herr Schütz gewissermassen Verfolgungen 
und Gefahren zum Trotz, unter einer Art von Terrorismus, einer 
unterdrückten Wahrheit zum Siege verholfen habe. Hieraus 
könnte sich denn doch eine Legende entwickeln, der wir Vor¬ 
beugen zu sollen glauben. 


Als Koch’s Tuberculin die Welt in eine fiebernde Erregung 
versetzt hatte, als eine nach Rettang lechzende Menge die Pforten 
des vermeintlichen Heils belagerte und, verzweifelt sich an eine 
neuerwachte Hoffnung klammernd, bereit schien, jeden zu steinigen, 
der sie dieses köstlichen Guts berauben würde, da gehörte für 
Virchow allerdings ein voller Mannesmut zu der auch für ihn 
nicht ungefährlichen That, als Erster vor diese Menge zu treten 
und zu sagen: Geht nach Hause, Leichtgläubige; noch wird die 
Welt nicht erlöst von ihrer Geissei. Gewiss hat Herr Schütz 
—•, uqd mit ihm andere — an diesem Beispiel seines grossen 
Meisters sich begeistert Aber was er selbst in der Folge 
getan, ist doch damit nicht zu vergleichen. 

Wir wüssten wirklich nicht, was für ein besonderer Muth 
dazu gehört hätte, sich zu den Gegnern des Malleln zu bekennen, 
und wo Herr Schütz wegen dieser seiner Stellung schwere 
Angriffe erfahren hätte. 

, Wir möchten jener Aeusserung gegenüber denn doch einmal 
hervorheben, dass in ganz Deutschland kein thierärztlicher Autor 
exiatirt, dem gegenüber die öffentliche Meinung eine solche Zurück¬ 
haltung, um nicht zu sagen Schweigsamkeit — sei es nun aus 
Anerkennung, Nachsicht oder Vorsicht — an den Tag gelegt 
hätte, wie Herrn Schütz gegenüber, obwohl doch manche 
auch seiner Arbeiten recht angreifbar waren. Das hat wohl 
grade die jüngste Zeit am besten bewiesen. Denn obwohl sein 
Auftreten gegen Lorenz thierärztlicherseits einem fast un¬ 
geteilten Widerspruch begegnet, ist selbst hierbei bisher Niemand 
ihm öffentlich gegenübergetreten. Der deutsche Veterinärrath in 
Cassel hat sich begnügt, Lorenz seinen Beifall auszudrücken; 
der Name seines Gegners ist dabei nicht einmal genannt worden. 
Dies zeigt wohl zur Genüge, dass auf Seiten der Gegner des 
Herrn Schütz die Kunst der Einschüchterung nicht zn suchen ist. 

Auch ich würde eine Stellungnahme gern unterlassen, wenn 
es noch anginge. Aber nachdem Herr Professor Schütz nun¬ 
mehr selbst in die Arena herabgestiegen ist nnd begonnen hat, 
nun auch in landwirtschaftlichen Kreisen gegen die Methode 
Lorenz zu sprechen, geht dies nicht mehr an. Die Landwirthe 
müssten ja sonst in der That glauben, dass die Schütz’sche Ansicht 
siegreich durchgedrungen sei, während in Wirklichkeit fast 
die gesammte thierärztliche Meinung (die Stimmen nicht bloss 
gezählt, sondern auch gewogen) fester als je dagegen ist Die 


Digitized by LjOOQie 




134 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


thierärztliche Fachpresse kann dalier nicht mehr passiv bleiben, 
will sie anders Existenzberechtigung beanspmchen. 

Herr Schätz ist zunächst bestrebt, Porcosan, Pasteur 
und Lorenz als ein und dasselbe hinzustellen. Er schreibt in 
der oben citirten Veröffentlichung in der deutschen med. Wochen¬ 
schrift wörtlich: „Alle drei (Verfahren) beruhen auf dem Princip, 
Schweine mittelst Einspritzung abgeschwächter Rothlaufbacterien- 
culturen immun zu machen. Ein Unterschied besteht nur in der 
Methode der Abschwächung.“ 

Dieser Satz ist als unrichtig zu bezeichnen. Das Princip 
Pasteur (am von dem Porcosan hier ganz abzusehen) ist 
von dem Princip Lorenz sehr verschieden. Nach Pasteur 
werden abgeschwächte Bacterien übertragen; erst so schwache, 
dass sie auch dem nicht immunen Tliiere (in der Regel!) nicht 
schaden; und dann, wenn hierdurch ein schwacher Schutz gegeben 
ist, stärkerwirkende, welche dann wirkliche volle Immunität er¬ 
zeugen sollen. Lorenz dagegen impft nicht abgeschwächte, 
sondern vollvirulente Culturen, nachdem er das Schwein hierfür 
widerstandsfähig gemacht hat, wiederum nicht durch ab¬ 
geschwächte Bacterien, sondern durch bacterienfreies Serum. 

Das ist ein sehr erheblicher Unterschied und dass es ein 
solcher ist, lehren eben die verschiedenen Resultate, ln dieser 
Differenz — man mag sie nun als bedeutungslos binstellen, wie 
man will — liegt das Geheimniss des schnellen Eifolges von 
Lorenz. 

Denn indem Lorenz den ersten Schutzgrad durch bacterien- 
freies Serum bewirkt, schliesst er die Gefahr des Impfverlustes 
(Schädigung der geimpften Schweine) sicher aus, während beim 
Paste urschen Verfahren ein (manchmal erheblicher) Impfverlust 
auftritt, wie eine umfassende Statistik unwiderleglich gelehrt hat. 

Einen schlimmeren Mangel kann aber ein Impfverfahren gar 
nicht haben, als wenn schon an der Impfung Thiere sterben. 
Dann ist es in den Augen des Publikums von vornherein 
discreditirt; lieber mag es schon einmal nichts helfen. 

Herr Schütz hat in seinen Vorträgen auf seine letzten Versuche 
mit der Methode Pasteur hingewiesen, bei welchen 1. keine Impf¬ 
verluste eintraten, 2. die Immunität sich in gewisser Beziehung 
stärker gezeigt haben soll, als bei der Methode Lorenz. Ein 
einzelner solcher Versuch kann aber natürlich gar kein ent¬ 
scheidendes Gewicht haben gegenüber dem — und zwar ebenfalls 
zum Zwecke des Vergleichs — durch Versuche im Grossen ge¬ 
sammelten statistischen Material, welches auch hinsichtlich des 
Schutzerfolges nicht zu Gunsten des Pasteurschen Verfahrens 
entscheidet (vgl. staatliche Versuche in Württemberg). 

Der Vergleich Pasteur-Lorenz stellt sich also nach 
der nunmehr bereits überreichen Erfahrung so: Beide 
sollen nach Herrn Schütz nicht ungefährlich sein; diesen Nach¬ 
theil hätten sie dann gemeinsam. Die Methode Pasteur hat 
sich in der Praxis bezügl. ihrer Schutzwirkung der Methode 
Lorenz kaum gewachsen, mindestens aber nicht überlegen ge¬ 
zeigt. Nehmen wir aber auch an, der Erfolg wäre bei beiden gleich, 
so bleibt der Pasteur’schen Methode immer ein sehr 
schwerer Nachtheil anhaften: Sie macht ca. 4 pCt. (wie 
auch Herr Schütz in seinem Vortrag gesagt hat) bisweilen biB 
50 pCt. Impfverluste. Sie ist überdies bei älteren Schweinen 
nicht gut anwendbar. Die Methode Lorenz hat diese Nachtheile 
nicht und darin allein schon beruht ihre zweifellose Ueberlegenheit. 

Diese Ueberlegenheit ist so gross, dass man z. B. in Württem¬ 
berg, obwohl dort unter Aufsicht des Kgl. Medicinalcollegiums 
erst wenige Jahre vorher ein Laboratorium Pasteur errichtet 
worden war, sich kurz entschlossen hat, Pasteur fallen zu 
lassen, und dass das, Lorenz’sche Veifahren für den Württem- 


bergischen Staat angekauft worden ist. Diese Thatsache spricht 
wohl für sich selbst. 

Unter diesen Umständen werden sich nur sehr 
wenige mit der Impfung vertraute Thierärzte geneigt 
finden, das Pasteursche Verfahren vor dem Lorenzschen 
oder auch nur neben demselben zu empfehlen. Denn sie 
würden sich damit die Verantwortung aufladen für die bei An¬ 
wendung der Methode Pasteur sicher entstehenden Impfverluste, 
welche mit der Methode Lorenz ebenso sicher hätten vermieden 
werden können. Dies muss den landwirtschaftlichen 
Interessenten klar gesagt werden. 

Was nun die von Schütz gegebene Kritik des Lojenz’schen 
Verfahrens anlangt, so erkennt er an, dass es keine Impfverluste 
hat und dass es von Erfolg begleitet ist. Er bemängelt daran 
mit Recht, dass es drei Injectionen erfordere (es giebt aber eben 
zur Zeit keine Methode, die mit einer auskäme). Er erhebt aber 
ferner den bedeutsamen Einwand der Gefährlichkeit, d. h. 
nicht der Gefahr für die geimpften Schweine, sondern der 
Gefahr der Verschleppung der Rothlaufkeime. Es ist nicht 
zweifelhaft, dass dieser Einwand am ehesten geeignet ist, die 
Landwirthe zurtickzuschrecken und desshalb muss demselben 
entschieden widersprochen werden. Derselbe mag nämlich 
theoretisch plausibel erscheinen, practisch aber ist er ohne 
Bedeutung. . 

Denn wenn nun wirklich bei der Impfung etwas von der 
Reincultur verschüttet wird, was soll denn das schaden? 
Damit kann man doch nur einem Laien bange machen. 
Die Schweine auf dem Gehöft werden doch von etwas 
verschütteter Substanz nicht rothlaufkrank, denn ihnen 
hat mau ja soeben eine grössere Menge dieser Substanz 
direct in den Leib gespritzt, sie sind ja doch geimpft, 
immun. Und dass der Impfstoff am Impfplatz sich er¬ 
hält oder von hier fkus.ve.r.&ohleppt wird., .das., läast.sich 
doch sehr leicht verhindern. Denn bei entsprechender 
Wahl des Impfplatzes lässt sich derselbe ja mit ein¬ 
fachen Mitteln absolut sicher desinficiren. 

Hiernach haben die Landwirthe durchaus keinen 
Grund, aus Besorgniss vor einer in praxi ganz 
bedeutungslosen, lediglich theoretisch construirten „Ge¬ 
fährlichkeit“ auf dieses werthvolle Schutzmittel zu 
verzichten. 

Die Methode Lorenz hat ja jetzt ihre interessante Ge¬ 
schichte. Es ist bekannt, dass Lorenz unter Aufopferung seiner 
Kraft, seiner Zeit und erheblicher Mittel ohne jede Unterstützung 
gearbeitet hat. Er that es, wie sein Verhalten den ersten Fehl¬ 
schlägen gegenüber bewies, ohne jeden Optimismus mit einer 
bemerkenswerthen Nüchternheit. Die Methode gewann sehr rasch 
Ansehen und Verbreitung. Die Reclame schuf diesen Erfolg 
nicht, denn man könnte höchstens Lorenz zum Vorwurf machen, 
dass er selbst zu wenig für das Bekanntwerden seiner Methode 
gethan hat. Aber er wollte dies auch gar nicht, denn er konnte 
schon nicht genug Serum für die wachsende Nachfrage hersteilen; 
er musste Bestellungen ablehnen. 

Nun fingen die Landwirthe und zwar namentlich in Preussen 
an, ihrerseits die Oeffentlichkeit auf das Lorenz’sche „Schutzserum“ 
hinzuweisen und dessen Herstellung mit Staatsunterstützung zu 
befürworten. Da wurde zum ersten Mal im Abgeordnetenhause 
und später auch bei anderen Gelegenheiten von der Central¬ 
verwaltung mitgetheilt, dass Versuche im Gange seien, welche 
voraussichtlich in wenigen Wochen oder Monaten zum Abschluss 
gelangt sein würden und eiu in jeder Beziehung besseres Ver¬ 
fahren zu zeitigen verhiessen. Infolge dessen wurde vorläufig 
die staatliche Unterstützung der Methode Lorenz aufgeschoben 


Digitized by LjOOQie 





24. März 1898. 

bezw. abgelehnt. Es war selbstverständlich, dass die Verwaltungs- 
behörde dabei dem Bericht eines der Oeffentlichkeit zunächst nicht 
bekannten Sachverständigen*) folgte. Jene erste Mittheilung er¬ 
folgte, wenn wir nicht irren, Winter 1896/97. Man wartete gespannt 
Monat nm Monat; die Impfsaison 1897 rückte heran und ging 
vorüber. Jetzt endlich, im Frühjahr 1898, bringt Schütz eine 
literarische Mittheilung und spricht es in seinen landwirtschaft¬ 
lichen Vorträgen unumwunden aus, dass seine Versuche zur Er¬ 
zielung eines Immunisirungsverfahrens bisher erfolglos gewesen 
sind. Er setzt zwar die Versuche fort und soll in einem Vor¬ 
trage gesagt haben, er hoffe in Jahresfrist doch mit seinerü Mittel 
hervorzutreten, allein das will ja den Umständen nach vorläufig 
nichts sagen. 

Dieser in thierärztlichen Kreisen allerdings seit längerer 
Zeit vorausgesehene Verlauf der ganzen Angelegenheit ist denn 
doch nicht dazu angethan, um spielend darüber hinwegzugleiten. 

Die Behörde muss sich selbstverständlich auf ihren Sach¬ 
verständigen verlassen und scheidet daher aus der Verantwortlich¬ 
keit von vornherein aus. 

Welche inneren Gründe aber den Irrthum des Sach¬ 
verständigen veranlasst haben, entzieht sich der Kenntniss. 
Herr Schütz hat schon mehrfach in landwirtschaftlichen Ver¬ 
sammlungen Vorträge gehalten, in denen er die Zuhörer durch 
eine verheissungsvolle Perspective (frühere Maul- und Klauen¬ 
seuche-Versuche, Lungenseuche-Impfung, Jodtrichlorid) begeisterte, 
ohne dass später der Erfolg dem Recht gab. Möglicherweise ist 
also eine gewisse optimistische Neigung vorhanden. 

Wissenschaftliche Versuche sind nun immer verdienstlich, mag 
der Erfolg länger, als man voraussah, auf sich warten lassen oder 
ganz aasbleiben. Aber man muss von jedem Autor verlangen, 
dass er nicht eher Hoffnungen bei Anderen erweckt, als er dazu 
emigennassen berechtigt ist,' und dass er nicht-seinen eigenen Ar¬ 
beiten gegenüber optimistisch denkt, während er zugleich andern 
gegenüber direct oder indirect zur abwartenden Vorsicht er¬ 
mahnt. Dies ist aber im vorliegenden Falle geschehen. 

Wenn Herr Schütz schon im Winter 1896/97 sich berechtigt 
glaubte, einen Erfolg seiner Versuche in nahe und sichere Aus¬ 
sicht zu stellen, wenn in Folge dessen die staatliche Unter¬ 
stützung der Methode Lorenz abgelehnt wurde und im Frühjahr 
1898 endlich bekannt wird, dass jene Versuche bisher gänzlich 
erfolglos gewesen sind, so wird man dies in der ganzen 
Welt eine empfindliche wissenschaftliche Niederlage 
nennen. 

Es verband sich mit derselben überdiess eine schwere prac- 
tische Verantwortung. Die Landwirtschaft ist gegen den Roth- 
lauf ohne Impfung wehrlos. Das Pasteur’sehe Verfahren hatte 
sich als nicht einbürgerungsfähig erwiesen; Lorenz, dessen 
Methode bereits beifällig aufgenommen war, hatte die steigende 
Plage satt und war im Begriff, nach der erfahrenen Ab¬ 
lehnung die Sache hinzuwerfen; Schütz aber hatte, wie sich jetzt 
herausstellt, zum Ersatz für absehbare Zeit nicht das geringste 
zu bieten. Die Landwirtschaft hätte also lediglich das unzweifel¬ 
haft Gute, was sie bereits besass, verloren, und dass diese für die 
Landwirtschaft wie für die Thierheilkunde gleich peinliche 
Folge nicht eingetreten ist, ist nur dem energischen Zagreifen 
der brandenburgischen Landwirthschaftskammer zu danken. 

Wenn Herr Schütz jetzt nach diesem Misserfolg fortfährt, 
gegen die Metode Lorenz zu sprechen, so kann man ihm 

*, Die Versuche sind, wie später bekannt wurde, von Dr. Voges 
und Geheimrath Schütz gemacht worden. Bei dem Verhältniss der 
Stellung beider Autoren kann selbstverständlich nur Herr Schütz 
als der leitende und verantwortliche Vertreter angesehen werden. 


135 


hierzu allerdings weder das Recht bestreiten, noch darf man 
seine Objectivität in Zweifel ziehen, weil er die vermeintlichen 
Schwächen eines fremden Erfolges aufzudecken sich bemüht. 

Aber man wird nicht allein die gegen Lorenz’ Erfolg 
erhobenen Einwände widerlegen müssen, sondern man wird auch 
die Ansicht aussprechen dürfen: Es ist ein Fehler in der 
Methode medizinischer Forschung, wenn man etwas un¬ 
zweifelhaft Bewährtes angreift und in der öffentlichen 
Meinung herabsetzt, ohne dass man selbst im Stande 
ist, etwas positiv Besseres an die Stelle zu setzen. 


Ein Fehler in der Methode hat sich im letzten Jahrzehnt, 
wie uns scheint, auch bei einer Reihe anderer Gelegenheiten 
bemerklich gemacht und erfordert daher eine allgemeinere Be¬ 
achtung. Wenn dabei die Person des Herrn Professor Schütz 
in den Vordergrund tritt, so liegt das nur daran, dass er bisher 
auf seinem Specialgebiet in Deutschland fast unbestritten die 
Führung, jedenfalls den grössten Einfluss gehabt hat. 

Sicher giebt es in der Medizin keinen grösseren Fehler, als 
leichterregbarer Enthusiasmus für alles Neue es ist. So sehr 
daher aber die kritische Thätigkeit Würdigung verdient, so kann man 
doch auch ihr von zwei fast diametral entgegengesetzten Punkten 
aus nachgehen und die verschiedenen Wege werden auch zu ver¬ 
schiedenen Ergebnissen führen. Es ist ein Unterschied, ob man 
dem Neuen entgegentritt ausschliesslich mit dem Bestreben, seine 
Blossen zu erspähen, die wohl jedes Neue hat, und es dann ver¬ 
wundet und zerstückt seinem Schicksal überlässt. Oder ob man 
das, was an ihm nebensächlich, dürftig und fehlerhaft ist, ihm 
abnimmt und sich bemüht, den guten Kern, der, sehr oft 
wenigstens, in ihm steckt, herauszufinden und liebevoll zu ent¬ 
wickeln. Es ist ein Unterschied, ob man sich die Frage stellt: 
„l£usf ich es als brauchbar anerkennen' ‘ oder „kann ich aus ihm 
etwas)Brauchbares retten“. Es giebt eben eine befruchtende 
und eine vernichtende Art der Kritik. 

Absolute Erfolge gibt es vielleicht in der Medizin überhaupt 
nicht, wenigstens nur ausnahmsweise. Es ist also falsch, nur 
absolut Bewährtes anzuerkennen; man muss schon das theil- 
weise Gute beachten. Fast immer haften einer neuen Ent¬ 
deckung zunächst noch grosse practische Mängel an. Das 
ist auf dem Gebiet der Technik und der Erfindung erst 
recht so und was wird da nicht Alles aus unscheinbaren An¬ 
fängen entwickelt. In sehr vielen, vielleicht in den meisten 
Fällen, ist die schliesslich practische Gestalt das Werk anderer; 
dem Erfinder gehörte nur der Grundgedanke. 

Eine Hauptaufgabe erscheint es nun, dass der Entdecker, 
wenn sein Werk nicht auf den ersten Blick als unhaltbar erkennt¬ 
lich ist, selbst zum Weiterarbeiten ermuthigt und darin unter¬ 
stütztwird. Namentlich der jugendliche Forscher ist nach seinem 
ersten Auftreten meist sozusagen erschöpft. Er hat ja sein 
Bestes zunächst gegeben; oft fehlen ihm namentlich weitere 
pekuniäre Mittel. Anfängliche Fehlschläge, lieblose Kritik, 
mangelnde Unterstützung werden ihn sehr leicht muthlos machen. 
Und dies wird nicht bloss auf ihn, sondern auch auf andere 
strebsame Arbeiter abschreckend wirken. Wenn Andere sehen, wie 
einem für solche Arbeiten, für seine Mühen bloss Angriff und Tadel, 
nichts weiter, zu Theil werden, so wird dadurch die Freudig¬ 
keit und der Eifer am Arbeiten nicht gefördert, sondern eiu- 
geschüchtert. Und doch kommt es auf nichts so sehr an, als die 
Menge, den Nachwuchs namentlich, zu spontaner Arbeit zu 
erziehen. Die Forschung soll nicht auf unsre wenigen Institute 
beschränkt, sie soll nicht verstaatlicht sein; sie soll gewisser- 
massen im Freien gezogen und gefördert werden. Desshalb sollte die 
Kritik stets bestrebt sein, zugleich den Entdecker, indem sie seine 


BERLINER TH1ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



136 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Fehler darlegt, über anfängliche Misserfolge zu trösten, ihn 
anzuspornen, ihm neue Wege zu weisen. 

Auf dem Gebiet der Thierhygiene haben nun die letzten 
10 Jahre eine Anzahl von Arbeiten gebracht, welche allesammt 
dem Bestreben entsprungen sind, aus der Bacteriologie practischen 
Nutzen für die Seuchenbekämpfung zu ziehen. Ich meine, dass 
sie in Deutschland, speciell in Preussen nicht die befruchtende 
Art der Kritik, nicht die genügende wissenschaftliche Förderung 
und practische Verwerthung bezw. Erprobung gefunden haben. 

Da war zuerst das Tuberculin, eine deutsche Entdeckung. 
Heut ist man allgemein überzeugt, dass es keine Bekämpfung 
der Rindertuberculose ohne Tuberculin giebt. Aber das Verdienst, 
diese Meinung zum Durchbruch gebracht zu haben, ist kein 
deutsches, sondern ein dänisches. Denn als man sich in Preussen 
schliesslich zur öffentlichen Anwendung des Tuberculins entschloss, 
da blieb nur übrig, auf das „System Bang“ zu verweisen und zu 
empfehlen, was der dänische Forscher practisch schon festgestellt 
hatte. Denn man hatte auch gegen das Tuberculin bei uns 
zu lange seine 20% Misserfolge geltend gemacht und sich 
kühl ab wartend verhalten. Es war eigentlich die durch practische 
Thierärzte unterstützte, immer mehr anwachsende, gute Meinung 
der Landwirthe von dem Tuberculin, welche schliesslich zur 
practischen Verwerthung drängte und hingeführt hat. 

Da wurden ferner schon 1893 Impfversuche gegen Brust- 
senche, zuerst von Hell in der Armee, ausgeführt. Die¬ 
selben hatten bald Erfolg, bald keinen. Denn der damaligen 
Kenntniss vom Schutzserum fehlte noch Manches, was wir heute 
wissen. Man glaubte noch, jedes einmal krank gewesene Thier 
liefere zu jeder Zeit Serum mit Antikörpern; man operirte mit 
allen möglichen Dosen; kurz es war noch kein System in der 
Sache. Da erschien ein Gutachten der bei der Inspection für das 
Militärveterinärwesen bestehenden wissenschaftlichen Commission, 
in welcher Professor Schütz der Specialfachmann auf diesem 
Gebiet ist. In diesem wurden diese Versuche einfach abfällig be- 
urtheilt und dieselben schliefen daraufbin ein. 

Jetzt hat plötzlich Dr. T öpper Gelegenheit, seine inzwischen 
in den Gestüten unbeirrt fortgesetzten Versuche im Kgl. Marstall 
zu Berlin zu erproben. Es ist ihm anscheinend gelungen, einige 
bemerkenswerthe Nebenpunkte zu vervollkommen und so sicherere 
Erfolge zu erzielen, obwohl auch seine Arbeit noch lange keine 
unumstösslichen Beweise bringt. Seine Majestät der König lässt 
sich Bericht erstatten. Der Bericht wird auf Befehl im Militär- 
Wochenblatt veröffentlicht und nun wird auf einmal die ganze 
Frage wieder sehr lebhaft in Fluss gebracht Dem Vernehmen 
nach ist man jetzt in der Armee verstimmt über diesen Verlauf. 
Man hat dort ja in der That diese Entdeckung schon früher in der 
Hand gehabt, aber man hat sie eben nicht fortgebildet, sondern 
liegen lassen, und man würde das vielleicht nicht getban haben, 
wenn die von massgebender Stelle ausgehende Kritik auf die 
Fortentwicklung des mangelhaften Verfahrens hingewirkt hätte. 

Eine dritte Entdeckung war das Mallein. Auch hier ist es 
unter Schütz’ Führung den Gegnern des MalleYns gelungen, die 
practische Anwendung, den Versuch im Grossen, fast ganz zu 
verdrängen, während dieselbe im ganzen europäischen Westen 
bereits unter die staatlichen Seuchentilgungsmittel eingerückt ist. 

Nun sind über das MalleYn die Meinungen thatsächlich auch 
in seinem eigentlichen Vaterlande Russland getheilt. Aber dass 
diese Frage abgeschlossen wäre, dass man von der angeblichen 
Werthlosigkeit des MalleYns wie von einer nicht mehr bestrittenen 
Wahrheit sprechen könnte, das darf man doch nicht zugeben. 
Die Schulen von Kopenhagen, Brüssel, Paris, Lyon, Wien, Buda¬ 
pest, München und ich glaube auch Dresden (Prof. Johne jeden¬ 
falls) erklären sich für das Mallein. Arbeiten wie diejenigen 


Schindelk a’s z. B., nm von den zahlreichen deutschen Arbeiten 
keine mit Namen zu nennen, lassen sich nicht beiSeite schieben. 
Unzweifelhaft sind — im Gegensatz zu den Schütz’schen Ver¬ 
suchen — mit dem Mallein sehr zahlreiche Erfolge errangen worden. 
Wenn der Rotz in unserem Osten in den allerletzten Jahren so 
auffällig zurückgegangen ist, so meinen mit den dortigen Verhält¬ 
nissen vertraute Leute, dass dies zum. nicht geringen Theil der 
mit dem MalleYn vorgenommenen Durchstöberung alter Rotzherde 
zuzuschreiben sei. Auch für Frankreich constatirt Nocard eine 
allgemeine Abnahme des Rotzes. 

Die positiven Resultate, welche zahlreiche Andere im Gegen¬ 
satz zu Schütz erzielt haben, lassen sich doch nicht alle auf 
abweichende Beurtheilung gewisser in den Lungen anfgefondener 
Knötchen zurückführen. Bezüglich dieser Knötchen stehen sich 
die Ansichten Nocard’s und Schütz’s gegenüber. Niemand, 
der nicht eigene Arbeiten darüber angestellt hat, kann mit Recht 
die eine oder andere Meinung als falsch bezeichnen. Aber da 
die Autorität von Schütz deijenigen Nocard’s um nichts über¬ 
legen ist, des letzteren Einfluss in der internationalen Wissen¬ 
schaft sogar entschieden weiter reicht, so kann man eben die 
Frage zur Zeit nur als eine umstrittene und offene betrachten. 
Es scheint aber für die Praxis im Zweifelsfalle schon im 
Interesse sicheror Seuchentilgung vortheilhafter, den Rotz als 
vorliegend anzunehmen. Der Staatskasse erwächst daraus über¬ 
dies auch nur ein Vortheil, denn das Pferd wird in diesem Falle 
aus der Kasse des Provinzialverbandes bezahlt. 

Die Fürsprecher des Mall eins haben ja auch niemals ange¬ 
strebt, dass jedes Pferd einfach auf Grund der MaUeinreaction 
als rotzig behandelt werde (wie dies jetzt in Frankreich und 
Belgien thatsächlich geschieht), und dass man bloss nach der 
Malleinprobe mitMassentödtungen ganzer Bestände Vorgehen sollte. 
Man wollte nur vielleicht die Tödtung einzelner verdächtiger 
Pferde auf Grund der Malle'inprobe beschleunigen und das Mallein 
bei der Durchsuchung grösserer Bestände auf Rotzinsassen ver¬ 
wenden, um mit dessen Hülfe unter Erwägung aller Umstände 
von Fall zu Fall Tödtungen mit Auswahl, nicht plötzliche Massen¬ 
vertilgungen vorzunehmen. Man wollte namentlich mittelst einer 
derartigen Vorschrift zunächst ein Mal den umfassenden Versuch 
im Grossen durchführen, ohne den man eben niemals zu einem 
abschliessenden Urtheil in derartigen Fragen gelangen 
wird. Die Prüfung der Befunde hätte freilich nicht einem einzelnen 
Sachverständigen übertragen werden dürfen, sondern es hätten dazu 
Commissionen gebildet werden müssen. Die Hauptbedingung 
aber, wenn die Mall ein-Forschung eine Förderung hätte 
erfahren sollen, wäre die Ausbildung, Prüfung und Unterstützung 
der Mall ein-Herstellung gewesen, während dieselbe gänzlich der 
privaten Arbeit der Erfinder überlassen und wahrscheinlich 
unvollkommen geblieben ist. 

Dass das Rothlaufschutzserum ohne Dazwischentreten 
der LandwirthBchaftskammer verloren gewesen wäre, ist schon 
oben beleuchtet worden, und ebenso hätte das Heckersche 
Verfahren bei Maul- und Klauenseuche schwerlich ein 
besseres Schicksal gehabt. 

An diesen Ereignissen der Neuzeit kann der Unbefangene 
manche lehrreiche Beobachtung machen. 

Es zeigt sich zunächst, dass die Verhältnisse sich verschoben 
haben. Früher beruhte sozusagen die ganze Veterinärwissenschaft 
auf den thierärztlichen Lehranstalten. Jetzt sieht man, dass die für die 
Zeitverhältnisse wichtigsten Arbeiten draussen gemacht werden. 
Diese fast überraschende Thatsache zeigt zunächst, 
dass es genug Thierärzte giebt, welche auch in der 
Praxis und unter erheblichen Schwierigkeiten und 
Opfern arbeiten wollen und können. Man kann ferner 


Digitized by AjOOQle 




24. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


187 


daraus schliessen, dass die ununterbrochene Berührung mit dem 
täglichen Leben und der Praxis der beste Boden ist, auf dem 
solche, dem unmittelbaren Bedürfnis dienenden Arbeiten ent¬ 
stehen und gedeihen. 

Es giebt dies aber anch für die Institute den beachtens¬ 
werten Fingerzeig, mit jenen freien Arbeitern enge Fühlung zu 
halten, sich ihre Beihülfe zu sichern und ihnen andrerseits ihre 
werthvolle Unterstützung zu leihen. In dieser Beziehung bietet 
vielleicht kein Land ein besseres Beispiel wie Dänemark, und die 
zahlreichen trefflichen Leistungen, welche den Kopenhagener 
Yeterinärprofessoren in der Seuchenforschung eine führende 
Stellung errungen haben, sind wohl zum grossen Theil dem 
musterhaften Zusammenarbeiten der gewissermassen berufs¬ 
mässigen Forscher mit den practischen Thierärzten zu verdanken. 

Unsere deutschen Institute haben um so eher Grund, sich 
mit den in der Praxis stehenden Arbeitern zusammenzuschliessen 
und sich dadurch einen leitenden Einfluss zu sichern, als sie 
andrerseits Gefahr laufen, in ihrer Bedeutung allmählig 
zurückzutreten, — angesichts der ausserordentlich thatkräftigen 
und practischen Unterstützung, welche die Landwirthschafts- 
kammern mehr und mehr der freien, d. h. der nicht an Staats¬ 
institute gebundenen thierärztlichen Arbeit gewähren. 

Wir haben auf die Bedeutung dieser vorzüglichen Institutionen 
für die Veterinärwissenschaft schon neulich hingewiesen. Die 
Landwirthschaft8kammern sind unserer Ansicht nach auf dem 
richtigen Wege. Sie vermeiden jenen Fehler in der 
Methode, um den es sich handelt, — das allzuvorsichtige 
Abwarten und Bedenken. Sie setzen sozusagen die Ent¬ 
deckung in den Sattel ohne allzulange theoretische Vorschule. 
Sie gewähren nämlich dem noch Unerprobten Unter¬ 
stützung durch Probiren und darauf kommt es an. Denn 
was, bereits als sicher erwiesen -ist, bedarf der Unterstützung 
überhaupt nicht mehr. Andrerseits aber giebt es für das Un¬ 
erprobte nur eine Gelegenheit, sich zu bewähren und das ist, 
ohne den Werth des nebenbergehenden Laboratorium-Versuchs 
unterschätzen zu wollen, der Versuch im Grossen. 

Ein neulich im Abgeordnetenhause eiugebrachter 
Antrag trifft den Nagel auf den Kopf, indem er für die 
practische Seuchenbekämpfung „den Versuch im 
Grossen“ empfiehlt. Dieses Wort kann geradezu als Devise 
bezeichnet werden für die Richtung, in welche die thierärztliche 
Arbeit geleitet werden muss. Die freie Arbeit muss soviel als 
möglich unterstützt und die wissenschaftliche Forschung muss, 
so weit es geht, mitten in die Praxis hinein verlegt werden. Dabei 
braucht man übrigens keineswegs Alles vom Staate zu erwarten, 
sondern kann auf dem bereits eingeschlagenen Wege der Selbst¬ 
hülfe sehr viel erreichen, um so mehr, als den Landwirthschafts- 
kammern reichliche Mittel zur Verfügung stehen, deren Ver¬ 
wendung nicht so vorsichtig erwogen zu werden braucht, wie dies 
bei Staatsgeldern wohl allerdings nicht zu umgehen ist. 

Dass dieses Princip, für einen eventuellen Nutzen auch etwas 
zu riskiren, richtig ist, zeigt sich an der von der Landwirth- 
schaft8kammer zu Brandenburg errichteten Anstalt zur Gewinnung 
von Rothlauf-Schutzserum am besten. Der Geschäftsbetrieb hat 
sich schon bo ausgedehnt, dass in Frankfurt a. 0. eine Filiale 
hat errichtet werden müssen. Und wenn nun wirklich einmal 
ein anderes Mittel entdeckt wird, so sind die aufgewandten Kosten 
längst durch den inzwischen geschaffenen Nutzen aufgewogen. 

Es kann den Landwirthen nur gerathen werden, in 
der Verwendung des Lorenz’schen Schutzserums fort¬ 
zufahren. Es wäre freilich erwünscht, wenn ärmeren Leuten, 
die z. B. nur ein Schwein halten und durch dessen Verlust be¬ 
sonders hart getroffen werden, die Impfkosten (die übrigens bei 


Massenimpfung auf 1 M. für alle 3 Injectionen zusaramen- 
schrumpfen) abgenommen werden könnten. 

Die Nothwendigkeit der dreimaligen Injection ist ja eine 
Erschwerung Aber demgegenüber braucht man practische 
Leute, wie die Landwirthe sind, nur an den alten Satz 
zu erinnern: der Sperling in der Hand ist besser als die 
Taube auf dem Dache. Andrerseits ist eben das Bessere 
det Feind des Guten. Die Methode Pasteur war höchst 
beachtenswerth, so lange es nichts Besseres gab. Sie ist mit 
Recht von der Methode Lorenz verdrängt worden, die ihr — wir 
wiederholen es nochmals — schon durch die Vermeidung jeder 
Impfscilädlichkeit unvergleichlich überlegen scheint. Kommt einst 
eine bessere Methode, welche bei gleichem Vorzug z. B. mit ein¬ 
maliger Impfung auskoramt, so wird eben auch die Methode 
Lorenz das Feld zu räumen haben. Bis dahin aber sollte man 
sie nicht direct oder indirect bekämpfen, sondern unterstützen. 

Wir wünschen aufrichtig, dass es Herrn Schütz oder einem 
anderen Forscher gelingen möge, eine solche noch bessere 
Methode zu finden; dann wird sie ebenso freudig aufgenommen 
und ebenso freudig vertreten werden, wie jetzt die Methode Lorenz. 
Denn es kommt nicht darauf an, wer den wissenschaftlichen Er¬ 
folg heimträgt, sondern nur, dass der Landwirtschaft grösst- 
möglicher Nutzen erwachse. 

Je reicher an Erfolgen die Thierarzneikunde, welche, wie die 
letzten Ereignisse gezeigt haben, die Concurrenz der Medizin 
durchaus nicht zu scheuen hat, auf diesem Gebiete ist, um so 
sicherer wird auch das Gedeihen des Veterinärwesens begründet sein. 


Referate. 

Ueber Laetophenin. 

Von Thierarzt Metzger. 

(D. tbleräratl. W. 1)8,2. 

Nach den Erfahrungen des Verfassers verdient unter den 
zahlreichen neuen Arzneimitteln das Laetophenin eine besondere 
Beachtung. Es ist von Böliringer u. Söhne in Waldhoff bei 
Mannheim in den Handel gebracht und unter No. 70250 patentirt. 
Es ist ein schwer lösliches Pulver, das sich in kochendem 
Wasser 1 : 55 und in Alkohol 1: 10 löst. In der Medizin ist es 
verschiedentlich geprüft. Von thierärztlicher Seite hat Verfasser 
nur einen Bericht von Cadöac-Lyon aufgefunden, der das L. als 
ein vorzügliches Fiebermittel erklärt, weil dessen Wirkung von 
längerer Dauer und frei von unangenehmen Nebenerscheinungen 
sei. M. hat das Präparat selbst zunächst an Hunden probirt und 
die medikamentöse Dosis auf 0,25 bis 1 g festgesetzt. Auch 
grössere Dosen 1 bis 3 g einem Teckel und einem Spitz ver¬ 
abreicht, hatten ausser einer gewissen Schläfrigkeit keine Neben¬ 
reaktionen zur Folge. Es gelangten dann 4 staupekranke Hunde 
zur Behandlung. Das L. hatte überall einen guten Einfluss auf 
das Allgemeinbefinden und setzte die Körpertemperatur stets um 
17a b* 8 2 ° herab. Gewöhnlich schliefen die Thiere bald nach 
Verabreichung des Pulvers. Das Medikament wurde gut ver¬ 
tragen; Erbrechen trat nicht ein. Der Krankheitsverlauf war in 
allen Fällen ein so günstiger, dass M. geneigt ist, eine all¬ 
gemeine Beeinflussung desselben durch das L. anzunehmen. M. hat 
ferner ein Pferd behandelt. Dasselbe hatte vorher 2 Tage je 
eine Pille von 20 g Antifebrin erhalten, wobei die Temperatur 
jedoch nicht unter 407 , gesunken war. Nach Verabreichung von 
15 g Laetophenin ging die Temperatur von 41° auf unter 40 und 
fiel am nächsten Tage nach 20 g um 2° binnen 3 Stunden. Die 
Bewährung des L. als Antipyreticum ist also ausser Zweifel. 
Der Preis desselben, der doch eine wesentliche Rolle spielt, ist 
aber vom Verfasser nicht angegeben. 


Digitized by LaOOQie 






138 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 


Der oben citirte Bericht von Cadöac (jonrnal medical de 
Lyon) enthält folgende Angaben: Das L. hat vermöge eines Be- 
standtheils an Milchsäure besondere, es von anderen Antipy- 
reticis unterscheidende Wirkungen, welche C. an Hunden geprüft 
hat. 10—15 kg schweren Hunden wurden täglich 50 Centigramm 
L. gegeben. Nicht in der Tiefe des Fieberabfalls, aber in der 
Dauer der Wirkung ist L. dem Antifebrin und Phenacetin über¬ 
legen. Hunde nehmen es leicht mit einem Stück Fleisch. Giebt 
man L. gelöst, so erzeugt es manchmal leichten Durchfall, was 
ja nicht schadet. Versuchsweise wurden grossen Hunden 2 g 
gegeben, was eine Teraperaturminderung um 3 Grad verursachte. 
Doch ist diese DoBis die äusserste, und es ist bei 15—20 kg 
schweren Hunden nur 0,5—1 g zu verwenden, wobei das 
Allgemeinbefinden ungestört bleibt bzw. sich hebt. Das L. ent¬ 
faltet aber auch eine einschläfernde Wirkung, ähnlich wie das 
Urethan, ohne dass das Nervensystem nachtheilig beeinflusst 
würde. Diese Wirkung, welche schon bei 0,5 wahrnehmbar wird, 
prägt sich erst bei 1 g bezw. 1,5 g (Für Hunde von obigem 
Gewicht) aus und ist bei schmerzhaften Anfällen mit Vortheil 
auszunutzen. 

Hodensackbrach beim Wallach. 

Fröhner schreibt in Bd. VIII, H. 11 der Monatshefte:' Bei 
einem 6jährigen, vor Jahresfrist castrirten Wallach hatte 1 sich 
seit einem Vierteljahr in der linken Hodensackgegend eine Ge¬ 
schwulst gezeigt, welche allmählich grösser wurde. Colikanfälle 
sollen nie eingetreten sein. Die Untersuchung ergab eine faust¬ 
grosse linksseitige Hernia scrotalis, deren Inhalt mit der Hand 
sich fast völlig verdrängen liess. Per Rectum war die Lage 
einer Darmschlinge im inneren Bauchringe nachzuweisen. Das 
Pferd wurde nach dänischer Art geworfen und tief narcotisirt. 
Aehnlich wie bei der Kryptorchidencastration wurde ein Haut- 
schnitt in der Gegend des äusseren Leistenrings angelegt, der 
Processus vaginalis, der eigentliche Bruchsack, frei präparirt, 
vorsichtig am Grunde geöffnet, und nun zeigte sich im Innern 
desselben eine leere dünne Darmschlinge, welche am Grunde der 
Scheidenhaut mit derselben verwachsen war und sich nicht repo- 
niren liess. Die ziemlich feste Verwachsung musste vorsichtig 
mit der Scheere gelöst werden. Hierauf wurde der Darm ver¬ 
senkt, die Scheidenhaut durch Drehen trichterförmig verengt und 
um dieselbe hoch oben im Leistencanal eine elastische Ligatur 
gelegt, unter der die Scheidenhaut weggeschnitten wurde. Die 
Wundhöhle wurde mit Jodoformgaze tamponirt und die Haut 
darüber vernäht. Nachdem die Tampons und Hautnähte ent¬ 
fernt waren, war das Pferd völlig geheilt. 

Kleine Mittheilnngen. 

Tetanus Antitoxin. 

Die Firma Höchster Farbwerke macht Folgendes bekannt: 
Das bisherige Trocken-Präparat von Tetanus-Antitoxin wird 
durch ein flüssiges ersetzt, für dessen Einverleibung die snbcntane, 
anstatt der intravenösen Injection empfohlen wird. Die Berech¬ 
nung des Antitoxin-Wert lies geschieht nach Immunisirungs- 
einheiten (siehe Behrings Blutseruratherapie H). Das flüssige 
Antitoxin wird vorläufig nur in einer Stärke abgegeben. Eine 
einfache Heildosis besteht für Pferde und erwachsene Menschen 
aus 2 Flaschen ä 25 ccm (lüfach — 500 Tet. J. E.), für Kinder 
1 Flasche. Beim Auftreten der ersten Krankheitssymptome ist 
schleunigst die volle Dosis einzuverleiben ; auch empfiehlt sich an 
den folgenden Tagen, auch bei eingetretener Besserung, die Ein¬ 
spritzung je einer halben Dosis. Zur prophylactischen Immuni- 
sirung vor Operationen genügt 1 ccm (vierwöchentlicher Schutz.) 
Zu Immunisirungszwecken werden daher Fläschchen zu 2 ccm 
(20 Tet. J. E.) abgegeben. 


Das Tetanus-Antitoxin hält sich, an einem kühlen, frostfreien 
Orte vor Licht geschützt aufbewahrt, mindestens 1 Jahr unver¬ 
ändert. Die Flaschen tragen auf der Tectur das Datum der 
amtlichen Prüfung. Der Preis, über den nichts gesagt ist, scheint 
demnach der alte zu bleiben (30 M. die Heildosis). 

Das Laboratorium Pasteur zu Stuttgart macht bekannt, 
dass esDosen von 10 ccm Starrkrampfserum für Pferde zu 3,50 M. 
liefert. Welcher Natur dieses Präparat ist, ist uns nicht bekannt. 

Ein neuer Tracheotubus. 

Nach den Angaben des Tinerarztes Longhurst hat Huish, 
Fisher Street, London W. C., einen Celluloid-Tracheotubus herge¬ 
stellt, der folgende Vortheile bieten soll: 

1. Derselbe verhindert die Ulceration (? Eiterung), welche 
metallene Tuben sehr unterhalten. 

2. Derselbe ist 75 Proc. leichter als die Röhren aus 
Messing, Nickel etc. und ist gleich haltbar wie diese. 

3. macht sich der Celluloid-Tubus beimPferd am wenigsten 
bemerkbar (conspicuous) und kann leicht entfernt und 
gereinigt werden. (Vet. Record 1898 H. 500.) 

Zur Konservlrung von Kartoffeln zu Kulturzweoken. 

Simmonds umwickelt die in üblicherweise gereinigten und 
gekochten Kartoffeln mit Bindfäden, taucht sie nach dem Ab¬ 
kühlen dreimal in halbstündigen Pausen in eine Schellacklösung, 
schneidet nach einer halben Stunde, während der sie völlig 
trocken geworden sind, den Bindfaden ab und hebt die Kartoffeln 
in Kästen auf. Sie halten sich lange Zeit, ohne von Schimmel¬ 
bildung zu leiden oder auszutrocknen, und können jeder Zeit auf 
dem Durchschnitt als Nährboden verwendet werden. (CentralbL f. 
Bacteriol. u. Parasit.) 

Oplstorohlt Pianae nov. sp., eine neue Distomidenart der Wildente. 

Dr. Bruno Galli-Valerio, Prof, an der mediz. Fakultät der 
Universität zu Lausanne fand nach dem Centralbl. f. Bakt. 1898 
S. 3/4 bei einer Wildente (Anas boschas) neben einigen Band¬ 
würmern ein noch unbekanntes Distomum. Dasselbe ist 11 mm 
lang, in der Mitte l 1 /« mm, am vordem Ende 1 mm, am hintern 
\ mm breit. Der Körper ist abgeplattet, die Enden sind konisch zu¬ 
gespitzt. Der Mundsaugnapf misst 255 //, der Bauchsaugnapf 9—5 fi. 
Die Darmschenkel sind unverästelt. Der Genitalpoms liegt in der 
Mittellinie nicht weit vor dem Banchsaugnapf. Der Uterus ent¬ 
hält ovoi'de gelbe Eier, die am zugespitzten Pol einen Deckel 
tragen. Die Eier sind 90—99 fi lang und 77—80 /.i breit 
Ovarium kugelförmig etwas zweilappig, Hoden oval. Der 
Excretionsporus befindet sich an der Spitze des hinteren Endes. 

Seinen anatomischen Eigenschaften entsprechend gehört das 
Distomum zum Genus Opistorchis. Der Verf., Prof. C. Piana, 
widmet dasselbe seinem Lehrer. 

Ueber eine neue Vogeltänie. 

0. Fuhrmann schreibt über die neue aus der Anas spec. 
stammende Art Cittotänia avicola, dass sie eine Zwischenform 
der beiden innerhalb der Gattung von Stiles aufgestellten Gruppen 
bilde. Der Skolex hat 4 Saugnäpfe; ein kurzer Hals verbindet 
denselben mit einer 220 mm langen Strobila. Letztere ist 
im Maximum 10 mm breit Der innere Bau der Tänie 
weicht nur betreffs der Geschlechtsorgane von der Gattung ab. 
Dieselben sind mit Ausnahme des Uterus doppelt Sobald der¬ 
selbe mit Eiern reich gefüllt ist, entwickelt er zahlreiche Aus¬ 
sackungen. (Rev. suisse de zool. Tome V 1897.) (Centralbl. f. 
Bakt. 1898 S. 3/4). 

Kosotoxin. 

In den Kosoblüthen hat Leichsenring das Kosin als einen 
nicht präformirten Bestandteil der Blüthe gefunden. Er hat nun 


Digitized by CjOOQie 





24. März 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 139 


den wirklich wirksamen Bestandteil der Kosoblüthen, das Koso- 
toxin, dargestellt, welches sich als stark toxisch für das Muskel- 
sy8tem erwies und sowohl die Nervenendigungen als auch die 
Muskelfibrillen lähmte, ohne das Centralnervensystem wesentlich 
zu beeinflussen. Im Gegensatz dazu lähmt die Filixsäure 
namentlich das Centralnervensystem. Versuche, mit Kosotoxin 
hei Katzen Tänien abzutreiben, waren ganz negativ. 

Veber die Ergebnisse von Immnnisirnngsversnehen beim 
Roth lauf der Schweine.*) 

Vorläufige Mittheilung von 0. Voges und W. Schütz. 

(Deutsche med. Wochenschrift 38|tä.) 

Im Aufträge Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten, Freiherrn v. Hammerstein-Loxten haben 
wir seit December 1896 Immunisirungsversuche gegen den Rothlauf 
der Schweine angestellt Die ausführliche Mittheilung unserer seit¬ 
herigen Ergebnisse erscheint in Kürze in der Zeitschrift für Hygiene 
und Infectionskrankheiten sowie im Archiv für Thierheilkunde. 
Das wesentliche Resultat der Versuche ist folgendes: 

1. ln der Praxis werden drei Verfahren zur Immunisirung gegen 
den Schweinerothlauf angewandt: Die Pasteur’sche Methode, das 
Verfahren von Lorenz, das Porcosan (Friedrichsfeld-Mannheim). 
Alle drei beruhen auf dem Princip, Schweine mittels Einspritzung 
abgeschwächter Rothlaufbacterienculturen immun zu machen. Ein 
Unterschied besteht nur in der Methode der Abschwächung. 

2. Die Immunität bei Schweinen kommt nur dann zu Stande, 
wenn die Bacterien die Blutbahn überschwemmen. Dabei ist notb- 
wendig, dass die Bacterien so wenig virulent sind, dass sie keine 
äusserlich sichtbaren Krankheitserscheinungen machen. Die Bacterien 
sind etwa sechs bis zehn Tage in der Blutbahn nachweisbar, und 
zwar in solchen Mengen, dass sie schon in Blutausstrichpräparaten 
erkannt werden können. 

Lebende Bacterien, welche so sehr abgeschwächt sind, dass eie 
nicht mehr in die Blutbahn gelangen können, machen keine Immunität. 

3. Es gelingt bei gewissen Thieren, die von Haus aus überhaupt 
nicht für Rothlauf empfänglich sind (Ziege), durch eine einzige 
Injection von Rothlaufbacterien in die Blutbahn einen sehr hohen 
Grad von Immunität zu erzeugen, so dass sich die Rothlaufschutz- 
stoffe im Serum derselben nachweisen lassen. Bei anderer Appli¬ 
cation von Rothlaufbacterien ist es recht schwierig, Immunität zu 
erzielen, und bedarf es wiederholter Impfungen. 

4. Es gelingt, bei Kaninchen und Schafen eine Immunität 
stärksten Grades durch vielfache subcutane Impfungen mit ab- 
getödteten Rothlaufculturen zu erzielen, man erzielt dabei die 
stärksten Concentrationen der Rothlaufschutzstoffe, die überhaupt 
möglich sind. 

5. Es gelingt nicht, bei Schweinen vom subcutanen Gewebe aus 
mit abgetödteten Rothlaufculturen Immunität zu erzielen; Grund: die 
Bacterien werden beim Schwein nicht resorbirt und die immuni- 
sirenden Stoffe können nicht in die Blutbahn und weiterhin an die 
Bildungsstätte der Rothlaufschutzstoffe gelangen. 

6. Abgetödtete Rothlaufculturen machen beim Schwein auch 
Immunität, sobald dieselben direct in die Blutbahn geimpft werden. 

7. Die in den Rothlaufculturen enthaltenen immunisirenden 
Substanzen sind in den Bacterienzellleibern enthalten. Es ist bis 
jetzt nicht gelungen, mit zellfreien Flüssigkeiten Immunität zu 
erzielen. 

8- Die Immunität beim Rothlauf ist bedingt durch die mehr 
oder weniger grosse Concentration von bactericiden Antikörpern: 
dieselben vernichten die Bacterienzellen und sind zum geringeren 
Theil in activer, auch im Reagenzglas wirksamer Form, zum über¬ 
wiegenden Theil aber in inactiver Form vorhanden. Diese letzteren 
können bis jetzt nur im Thierkörper in die active Modification um¬ 
gewandelt werden. 

9. Die Zerstörung der Bacterienzellen im Thierkörper geht, 
entgegen den analogen Vorgängen bei Cholera (R. Pfeiffer), nur 
sehr langsam vor sich und dauert bei Schweinen Tage lang. 
Dieses ist bedingt durch den eigentümlichen Bau der Bacterienzelle. 

10. Die specifisch wirkenden bactericiden Rothlaufantikörper 
besitzen nur eine chemische Affinität zu dem Bacterienprotoplasma, 
wodurch dasselbe zerstört wird. 

11. Jeder einzelne Rothlaufbacterien-Protoplasmakörper ist von 

*) Wörtlicher Abdruck. 


einer schützenden Hülle umgeben. Grosse Mengen vorsichtig ge¬ 
trockneter Rothlaufbacterien erinnern lebhaft an Bienenwachs. 

12. Dieser wachsartige Panzer bedingt die grosse Widerstands 
fähigkeit der Rothlaufkeime in der lebendigen Natur gegenüber 
Austrocknung, Wärme etc.; von ihm ist die Gram’sehe Färbung 
abhängig u. a. m. 

13. Dieser Mantel schützt auch jedes einzelne Stäbchen vor 
der Einwirkung der Antikörper. Es giebt drei Wege zu ihrer Ver¬ 
nichtung: den chemischen, mechanischen und physiologischen. 

14. Die waebsartige Substanz ist gegen die meisten bekannten 
chemischen Lösungsmittel (Alkohol, Chloroform, Aether, Benzin, 
Xylol etc.) völlig indifferent 

Das einzige von uns gefundene chemische Mittel, welches diese 
Substanz angreift ist Lauge; dadurch wird sie theilweise in Lösung 
gebracht so dass die Bacterien nunmehr auch nach Gram entfärbt 
werden. 

Die Lauge zerstört aber auch die immunisirenden Substanzen, 
so dass auf diese Weise keine Immunität erzielt werden kann. 

15. Der zweite Weg der Befreiung des Rothlaufbacterien-Zell- 
protoplasmas besteht in mechanischer Zertrümmerung der Um¬ 
hüllungen nach dem Vorgänge von R. Koch beim T. K. Diese 
Methode lässt völlig im Stich Die getrockneten Bacterienmassen 
sind so zähe und harzartig, dass sie sich überhaupt nicht zer¬ 
trümmern lassen, selbst nach stundenlangem Zerreiben geht nichts 
in Lösung. 

16. Der Thierkörper verfügt über bestimmte Mittel, wodurch 
eine Entpanzerung der Bacterien hervorgerufen wird, ohne dass 
dabei die immunisirenden Substanzen zerstört werden. Diese 
Arbeit wird nicht vom Blute geleistet; weder das Serum noch die 
Formelemente des Blutes (Leukocyten etc.) normaler oder immuner 
Thiere sind im Stande, das Bacterienprotoplasma seiner Schutzhülle 
zu berauben. 

Nur die in Theilung begriffenen Jugendformen können vom 
bactericiden Serum angegriffen werden, bevor an der Theilungsstelle 
die feste Hülle ausgebildet ist Die Auflösung der Bacterienhülle 
erfolgt durch die Thätigkeit von einem oder mehreren Körperorganen. 

17. Die Vernichtung der Rothlaufkeime im Thierkörper umgreift 
also zwei Phasen: 

3) Aufschliessnng der Bacterienhülle durch Organthätigkeit; 

2) Zerstörung des Bacterienprotoplasmas durch die bactcricide 
wirkenden, im Blutserum löslichen Schutzstoffe. 

'18. Antitoxine nach Behring, Ehrlich, Brieger sind niemals 
nachgewiesen worden. 

Tagesgeschichte. 

Sitzungsprotokoll der 42. Generalversammlung des 
thierärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, 
die thfiringischen und anhaitischen Staaten, 
am 13. März 1898 in Halle a/S. 

Um 11 Uhr vormittags eröffnet der stellvertretende Vor¬ 
sitzende, Departementsthierarzt Oemler-Merseburg, die für den 
13. März d. J. nach Halle a/S., Hotel „Goldener Ring“, mit nach¬ 
folgender Tagesordnung einberufene Generalversammlung: 

1. Kassenrevision, 

2. Berathung der Statuten des Ehrenraths betreffend, 

3. Aenderung des § 10 des Vereinsstatuts; Referent Depar- 
temeutsthierarzt L e i s t i k o v - Magdeburg, 

4. „Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“; Referent 
Kreistbierarzt Liebener-Delitsch, 

5. „Ansteckender Scheiden- und Gebärmutterkatarrh;“ 
Referent Kreisthierarzt Martens-Sangerhausen, 

6. Antrag des Kreisthierarztes Liebener-Delitsch, das 
Andenken des Professors Dr. Hertwig anlässlich seines 
100. Geburtstages zu ehren, 

7. Unvorhergesehenes. 

Es sind nachfolgende Vereinsmitglieder erschienen: 

Thierarzt Becher- Salzmünde, Schlachtlu-Dir. Bierbach- 
Naumburg, Kreisthierarzt Borchardt-Cölleda, Schlachthof¬ 
thierarzt Bunge-Halle, Kreisthierarzt Busch - Torgau, Thier- 


Digitized by AaOOQie 



140 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


arzt Cordes-Coswig, Thierarzt Fieweger-Cöthen, Thierarzt 
Friedrich-Halle, Schlachthof-Dir. Hewig-Torgau, Kreis¬ 
thierarzt Hofherr-Herzberg a. E., Thierarzt Jünger - 
Weissenfels, Kreisthierarzt Klebba - Halle, Kreisthierarzt 
Kühn-Zeitz, Kreisthierarzt Lauche sen.-Bitterfeld, Thierarzt 
Lauche jun.-Bitterfeld, Kreisthierarzt Liebener-Delitsch, 
Thierarzt Liebrecht - Zörbig, Kreisthierarzt Martens - Sanger- 
hausen, Thierarzt Meissner-Schafstaedt, Schlachthof-Dir. 
Mugrowsky-Halberstadt, Departem. - Thierarzt Oemler- 
Merseburg, Thierarzt Pasch -Benkendorf, Thierarzt Scharf- 
Eckartsberga, Thierarzt Schmidt-Düben, Assist.-Thierarzt 
Dr. Schmidt-Halle, Thierarzt Schröder-Eilenburg, Thier¬ 
arzt Schulze-Bernburg, Thierarzt Schümm - Naumburg, 
Kreisthierarzt Lickert-Egeln, Thierarzt Siebert-Schönebeck, 
Schlachthof-Insp. Spuhrmann - Stendal, Kreisthierarzt Tanne¬ 
bring - Querfurt, Kreisthierarzt Thunecke - Calbe a. S., Thier¬ 
arzt Wilhelm-Brehna, Schlachthof-Dir. Witte - Quedlinburg, 
Kreisthierarzt Ziegenbein - Oscherslebeu und Thierarzt 
Zchernitz-Kösen. 

Der Vorsitzende begrtisst zunächst die Erschienenen und ge¬ 
denkt dann mit bewegten Worten des Heimganges des ersten 
Vorsitzenden, Professor Dr. Pütz-Halle, der am 4. März d. J. 
plötzlich am Herzschlage verstorben ist, nachdem er bis dahin 
in geistiger und körperlicher Frische seines Amtes gewaltet hat. 
Er weist mit beredten Worten auf die Verdienste des Ver¬ 
storbenen um den thierärztlichen Stand in seiner Eigenschaft als 
Präsident des Vereins und als Ehrenmitglied zahlreicher anderer 
Vereine hin, wie derselbe im Kampfe um die Hebung des thier¬ 
ärztlichen Standes stets in vorderster Reihe gestanden und ge¬ 
stritten hat, hebt dann seine Verdienste um die thierärztliche 
Wissenschaft hervor und gedenkt seiner als eines liebenswürdigen, 
stets heitern Collegen von strengster Rechtlichkeit und Wahrheits¬ 
treue. Zum Schlüsse fordert er die Versammlung auf, sich in 
ehrendem Andenken an den Heimgegangenen von den Sitzen zu 
erheben, was geschieht. 

Sodann erinnert der Vorsitzende an die gleichfalls durch Tod 
dem Verein entrissenen Mitglieder, Ehrenmitglied Professor Dr. 
Rabe-Hannover und Schlachthausthierarzt Rissling-Bernburg, 
denen er einen kurzen Nachruf widmet. 

Im Anschluss hieran macht Kreisthierarzt Klebba-Halle, 
welcher im Namen des Centralvereins der Familie Pütz herz¬ 
lichstes Beileid ausgesprochen und einen Kranz am Grabe des 
Vereinspräsidenten niedergelegt hat, Mittheilungen über die letzten 
Augenblicke desselben und den Verlauf der Beerdigungsfeier¬ 
lichkeit Auch übermittelt er den Vereinsmitgliedern den Dank 
der Familie Pütz für die dem Verstorbenen von Seiten des 
Vereins erwiesenen letzten Ehrungen. 

Der erste Punkt der Tagesordnung wird nach einem kurzen 
Bericht desVereinskassirers, Kreisthierarzt Thun ecke-Calbe ä.S., 
durch Wahl zweier Revisoren: Kreisthierarzt Hofherr und 
Thierarzt Pasch erledigt, worauf dem Kassirer, nachdem die 
Kasse in allen Theilen richtig befunden ist, vom Vorsitzenden 
Namens der Versammlung Decharge ertheilt wird. 

Sodann referirt Thun ecke-Calbe über den zweiten Punkt 
der Tagesordnung und stellt den Antrag, die Bestimmungen über 
den Ehrenrath aus den Vereinsstatuten zu streichen. Der Antrag 
wird von der Versammlung einstimmig angenommen und der 
Ehrenrath somit aufgehoben. 

Punkt 3 der Tagesordnung fällt wegen Nichterscheinens des 
Referenten aus. 

Nunmehr tritt die Versammlung in die Verhandlung über 
„Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“ ein. Referent 
Liebener-Delitsch legt in klarer und erschöpfender Weise die 


mangelhafte Besoldung der beamteten Thierärzte gegenüber den 
an sie gestellten Anforderungen dar, fasst in knapper Form die 
untergeordneten Rangverhältnisse derselben im Vergleich zu 
anderen Staatsbeamten mit gleicher Vorbildung zusammen und 
weist auf das Fehlen aller Pensionsansprüche der Kreisthierärzte 
hin. Im Anschlüsse hieran bringt er den Antrag ein, die von 
den Kreisthierärzten in der Versammlung vom 20. Februar a. er. 
gefassten Resolutionen der Centralvertretung der thierärztlichen 
Vereine Preusens zur weiteren Veranlassung zu unterbreiten. 
Die Versammlung nimmt die Resolutionen in folgender Fassung an: 

1. „Der Verein erachtet das jetzige Gehalt der Kreisthier¬ 
ärzte von 600 Mark gegenüber den an dieselben ge¬ 
stellten Anforderungen als zu niedrig und erstrebt ein 
Jahresanfangsgehalt von 1000 Mark steigend von 2 zu 
2 Jahren um je 100 Mark bis zu 1500 Mark neben 
unbeschränkter Ausübung der Privatpraxis. 

2. Der Verein hält eine Versetzung der Kreisthierärzte aus 
der 8. in die 6. Bangklasse der Staatsbeamten — unter 
Gewährung der dieser Klasse zustehenden Reisekosten 
und Tagegelder — ihrer Vorbildung und ihrem Studien¬ 
gange nach für dringend erforderlich, und 

3. der Verein strebt eine Pensionirung der Kreisthierärzte 
an, die unter Zugrundelegung eines fingirten Gehalts 
von 3600 Mark sich den für die Pensionirung der 
übrigen Staatsbeamten geltenden Bestimmungen anfügt“ 

Es wird ferner beschlossen, zur Erreichung dieser Ziele die 
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens 
zu ersuchen, bei ihrem demnächstigen Zusammentritt 
„Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“ 
auf die Tagesordnung zu setzen, geeignete Referenten zu er¬ 
nennen und sonst noch erforderliche Massnahmen zu ergreifen. 

Es folgt ein Vortrag vom Kreistjiierarzt Martens-Sanger-, 
hausen „Ansteckender Scheiden- und Gebärmuttercatarrh“, in 
welchem der Referent hervorhebt, dass in dem von ihm ver¬ 
tretenen Kreise ein Catarrh der Geburtswege der Kühe sehr 
häufig zur Beobachtung kommt, der, von der Scheide ausgehend, 
shhiiesslich auf die Gebärmutter übergreift und bei den trächtigen 
Thieren seuchenartiges Verkalben hervorruft.*) 

Nunmehr gelangt Punkt 6 der Tagesordnung zur Erledigung, 
wobei Referent Liebener-Delitsch ausführt, dass die Anregung 
zu dem Anträge betreffend die Ehrung des verstorbenen Professor 
Dr. Hertwig zu seinem 100. Geburtstage noch von Professor 
Pütz-Halle ausgegangen sei. Die Versammlung schlieBst sich 
den Ausführungen des Referenten bezüglich der bisher so wenig 
auch öffentlich anerkannten Verdienste von Hertwig an und 
erhebt den Antrag, 

„bei der Centralvertretung der tbierärztlichen Vereine 
Preussens vorstellig zu werden, das Andenken des Pro¬ 
fessors Dr. Hertwig anlässlich seines. 100. Geburtstages 
möglichst durch Aufstellung seiner Büste in der Aula der 
thierärztlichen Hochschule in Berlin zu ehren,“ 
zum Beschluss. 

Beim letzten Punkte „Unvorhergesehenes“ angekommen, 
wird durch Departementsthierarzt Oe ml er-Merseburg eine Neu¬ 
bildung aus dem linken Ventrikel des Herzens gezeigt, die von 
ihm im Herzen einer wegen Milzbrand obducirten Kuh gefunden 
ist Bezüglich der Natur dieser Neubildung, die die linke Herz¬ 
kammer, von den Sehnen der Klappen herabhängend, nahezu aus¬ 
füllte, wobei das Herz nicht erweitert und nur die Wand ver¬ 
dünnt erschien, konnte in der Versammlung nichts Sicheres fest¬ 
gestellt werden. 

*) Der Vortrag soll in der nächsten Nummer der „Berl. Th. 
Wochenschrift“ als Originalartikel erscheinen. 


Digitized by LjOOQie 



24. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


141 


Nachdem hiermit die Tagesordnung erschöpft war, wurde auf 
die nächste Tagesordnung 

a) Wahl des ersten Vorsitzenden, 

b) Wahl der Delegirten zur Centralvertretung, 

c) Bericht über die Verhandlungen in der nächsten Sitzung 
der Centralvertretung — Ref. Liebener-Delitsch. 

d) Bösartiges Klauenweh der Schafe — Ref. Martens- 
Sangerhausen, 

gesetzt und die Sitzung um 2 Uhr geschlossen. 

Das sich anschliessende gemeinsame Mittagessen verlief 
unter Berücksichtigung des wenige Tage vorher erfolgten Ab¬ 
lebens des Professor Pütz-Halle sehr still und fand ein früh¬ 
zeitiges Ende. 

Oemler, Klebba, 

stellv. Vorsitzender. Schriftführer. 

Kleine MKthellangen. 

Zu der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und 
Aerzte sind Einladungen für die Veterinärsection versandt 
worden. Die Versammlung findet zu Düsseldorf in der Zeit vom 
19. bis 24. September statt; ihr Besuch würde sich also mit einer 
hübschen Rheinreise verbinden lassen. Die Vorbereitung der 
Veterinärsection liegt in den Händen der Herren Departements¬ 
thierarzt Renner (Duisburgerstr. 62), W. Junkers (Herzog¬ 
strasse 12) und Th. Frisch (Kiosterstr. 84), bei welchen Vor¬ 
träge bis spätestens Ende April anzumelden sind. Anfangs Juni 
werden die allgemeinen Einladungen mit Programm versandt 
werden. 

Die preussische Centralvertretung wird im Mai, 
statutenmässig zu Berlin, zusammentreten. 

Der Hannoversche Generalverein hielt am 13. März 
eine ausserordentliche Generalversammlung zwecks ordnungs- 
mässiger Aufhebung des Ehrenrathsstatuts ab. Bei derselben 
wurde Prof. Dr. Esser zum ersten und Regimentspferdearzt a. D. 
Dr. Brücher zum zweiten Vorsitzenden gewählt 

Jubiläum: Kfeisthierarzt Lütje in Otterndorf, Reg.-Bez. 
Stade, ein bei seinen Collegen, wie bei den Landwirthen gleich¬ 
geschätzter Beamter, feierte am 8. März sein 25jähriges Beamten- 
Jubiläum. Eine Deputation des landwirtschaftlichen Vereins im 
Lande Hadeln, dessen Ehrenmitglied der Jubilar ist, überreichte 
demselben ein hübsches Andenken. 

Der Ministerialerlass betreffend die EhrenrKthe bei thierärztlichen 

Vereinen. 

Ministerium für Landwirtschaft, 

Domänen nnd Forsten. Berlin, den 21. Januar 1898. 

I. G. 584. . 

In den Satzungen eines thierärztlichen Vereins, dem eine grössere 
Zahl von beamteten Thierärzten angehört, ist einem durch Wahl zu 
bestellenden Ehrenrate oder Ehrengerichte die Befugniss beigelegt, 


gegen Vcreinsmitglieder wegen Verletzungen des allgemeinen An¬ 
standes, der Standespflicht und der Standesehre, überhaupt wegen 
solcher Handlungen einzuschreiten, die geeignet sind, den tier¬ 
ärztlichen Beruf herabzuwürdigen. Zu den vom Ehrenrathe zu ver¬ 
hängenden Strafen gehört die Erteilung von Belehrungen und Er¬ 
mahnungen und Rügen. Es handelt sich also um ein Verfahren, 
worin annähernd dieselben Ziele verfolgt und ähnliche Strafmittel 
angewendet werden, wie von der staatlichen Disciplinargewalt 

Da zur Wahrung des Ansehens der Staatsbehörden für deren 
Disciplinarbefugnisse die Ausschliesslichkeit in Anspruch genommen 
werden muss, so erscheint es unzulässig, dass Staatsbeamte sich 
solchen Disciplinarvorschriften in den Satzungen eines Privatvereins 
unterwerfen. 

Dieser Grundsatz ist einem ärztlichen Vereine gegenüber 
bereits früher mit der Wirkung zur Geltung gebracht, dass dessen 
Satzungen, soweit sie eine der staatlichen gleichartige Disciplinar¬ 
gewalt vorsahen, für die dem Verein angehörenden Staatsbeamten 
ausser Kraft gesetzt worden sind. 

Ich habe daher angeordnet, dass den beamteten Thierärzten des 
in Betracht kommenden Bezirks der Austritt aus dem Verein auf¬ 
gegeben wird, falls nicht die Anwendbarkeit der erwähnten Be¬ 
stimmungen über ehrengerichtliche Strafbefugnisse auf sie durch 
Statutenänderung ausgeschlossen wird. 

Da voraussichtlich auch in anderen Landestheilen thierärztliche 
Vereine mit ähnlichen Satzungen bestehen, so wollen Euer 
_ geboren . , . , 

“ och woh(geboren e,ne g leichartl S e Anweisung an die beamteten 
Thierärzte des dortigen Bezirkes ergehen lassen und sich in ge¬ 
eigneter Weise von der Befolgung der Vorschriften überzeugen, 
gez.: von Hammerstein. 

An 

die Herren Kreisthierärzte. _ 

Der Regierange^räaideet. Bre ,Uo, den 10. März 1898. 

Abschrift zur Kenntnissnahme mit dem Bemerken, dass der 
Verein schlesischer Thierärzte die Bestimmungen der unter dem 
13. October 1889 aufgestellten Statuten, betreffend den Ehrenrath 
död’Vbrelns unter dem 27. v. Mts. aufgehoben hat, so dass Be¬ 
stimmungen über ehrengerichtliche Strafbefugnisse des Vereins über¬ 
haupt nicht mehr bestehen. 

Ich nehme Veranlassung hierbei darauf hinzuweisen, dass die 
Massnahme des Herrn Ministers auf meinen Bericht, betreffend ein 
ehrengerichtliches Einschreiten des Vereins schlesischer Thierärzte 
gegen den Departementsthierarzt Dr. Ulrich getroffen ist, nachdem 
die Prüfung des gegen letzteren vorgebrachten Materials, welches 
einer Ebrenrathscommission des Vereins Veranlassung gegeben hatte, 
gegen Dr. Ulrich auf „eine Ermahnung“ zu erkennen, ergeben hatte, 
dass ein berechtigter Vorwurf aus dem Material gegen 
Dr. Ulrich nicht zu entnehmen war.*) 

von Heydebrand und der Lasa. 

*) Da bei der Verhandlung der Vereine über Aufhebung der 
Ehrenräthe auch der der Angelegenheit zu Grunde liegende Special¬ 
fall zur Sprache kommen musste, so ist der Wunsch des Herrn 
Dr. Ulrich berechtigt, dass die in seiner Angelegenheit ergangene 
behördliche Entscheidung der Oeffentlichkeit ebenfalls nicht vor¬ 
enthalten werde. D. R. 


Oeffentliches Yeterinärwesen, 


(M i 11 h e i 1 u n g e n für 

Seuchenst&tistik nnd Yeterinärpolizei. 

Zar Einfuhr Ober die See-Qnarantäne-Anstalten. 

Zeitnngsmeldungen zufolge beabsichtigt die dänische Re¬ 
gierung, denjenigen Rindern, welche in die deutschen Quarantäne- 
Anstalten eingeführt und von dort wegen positiven Resultates 
der Tnberculinprobe zurückgewiesen sind, ihrerseits die Rück¬ 
führung auf dänisches Gebiet zu verweigern. 

Diese Massregel würde selbstverständlich das deutsche Ver¬ 
fahren • weder hindern noch beeinflussen. Die dänische Behörde 
würde dadurch nur selber aus der deutschen Massregel ein 
vollständiges Einfuhrverbot machen. Denn es würde gegeuüber 
dem Risico, dass importierte Rinder in Deutschland zurtick- 


Veterinärbeamte.) 

gewiesen und nach Dänemark dann nicht wieder hineingelassen 
werden, natürlich Niemand mehr eine Einfuhr wagen können. 

Antrag Im Abgeordnetenhause. 

Die Abgeordneten v. Mendel, Ring und Genossen haben 
beantragt, die Regierung zu ersuchen: Auf eine Revision der 
Bestimmungen betr. die Einfuhr von Vieh aus seuchenverdächtigen 
Ländern bei der Reichsregierung hinzuwirken, die Vorschriften 
hinsichtlich der Seuchenverschleppung im Inlande auf Grund der 
bisher gemachten Erfahrungen abzuändern, und eine Verein¬ 
heitlichung derselben in allen Provinzen Preussens und allen 
Ländern Deutschlands herbeizuführen; der pathologischen Be- 


Digitized by LjOOQie 


142 


BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHEN SCHRIFT. 


No. 12. 


kämpfnng der Seuchen durch Aussetzung von ausreichenden 
Staatsmitteln und Heranziehuag des praktischen Versuchs im Grossen 

(Bravo! D. R.) die Wege zu ebnen. 

Beschlüsse der letzten Tagung des Deutschen Landwirthsohaftsraths. 

I. Betreffend Abwehr derMaul- und Klauenseuche (Re¬ 
solution Freiherr v. Erffa mit Amendements). 1. Es erscheint noth- 
wendig, das über die Land- und Seequarantäne eingehende Vieh 
einer vierwöchentlichen Quarantänezeit zu unterwerfen. 2. Es ist 
dringend geboten, die Einfuhr russischer Schweine und russischen 
Geflügels zu untersagen. 3. Es erscheint wünschenswerth, dass die 
Veröffentlichungen des Kaiserl. Gesundheitsamtes Uber den Stand der 
Viehseuchen mindestens alle 14 Tage erfolgen. 4. Eine grössere 
Einheitlichkeit der Sperrmassregeln in den einzelnen Landestbeilen 
ist anzustreben. 5. Die Sperrmassregeln gegen die Seuchen¬ 
verschleppung im Inlande sind bei dem heutigen Stande der Sache 
nicht zu entbehren, doch sind dieselben mit thunlichster Vermeidung 
aller Härten von Fall zu Fall durchzuführen. Die Bahnhofssperre 
ist nur im äussersten Nothfalle zu verhängen. 6. Der Hausirhandel 
mit Klauenvieh ist bei Seuchengefahr gänzlich zu untersagen und 
auch sonst der strengsten Controle zu unterstellen. Nothwendig er¬ 
scheint eine regelmässige Revision und erforderlichenfalls eine regel¬ 
mässige Desinfection der Händlerställe. 7. Die Bahnhofsverwaltungen 
sind anzubalten, dass eine noch gründlichere Desinfection der Eisen¬ 
bahnwagen und der Rampen etc. durchgeführt wird. 8. Nach dem 
Beispiel Sachsens und Bayerns ist die Errichtung von Central- 
Desinfectionsanstalten dringend erwünscht. 

II. Betreffend Vieh Versicherung und Schlachtviehver- 
sicherung. (Resolution Dr. v. Langsdorff-Dresden und von Mendel- 
Steinfels-Halle a. S.) Der Deutsche L.-R. erklärt: 1. Die weiteste Aus¬ 
breitung der Versicherung des Rindviehs und des Kleinviehs 
liegt im Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauern¬ 
standes. 2. Zur Erreichung dieses Zieles empfiehlt sich besonders 
die Bildung von Ortsversicherungsvereinen und deren Zusammen¬ 
fassung zu Verbänden behufs theilweiser Rückversicherung. 8. Staat¬ 
liche Untorstützung ist geeignet, diese Entwickelung zu verallge¬ 
meinern und zu beschleunigen. 4. Allgemeine Versicherung des 
Schlachtviehs gegen aus der Fleischbeschau erwachsende Verluste, 
einschliesslich der durch Tuberculose entstandenen, ist geboten. 

5. Zu diesem Zwecke ist eine einheitliche und allgemeine Regelung 
der Vorschriften, betr. die Fleischbeschau, innerhalb der einzelnen 
Staaten im Interesse der Schlachtviehversicherung nothwendig. 

6. Die Entschädigung muss bei der Schlachtviehversicherung so be¬ 
messen werden, dass der Versicherer einen Theil des Schadens selbst 
trägt. 7. Andererseits entspricht es den Forderungen der Billigkeit 
und liegt zugleich — durch Ausgleich des von dem Schlachtvieh- 
käuter mit zu übernehmenden Risicos — im Interesse der Consu- 
menten, dass ein Theil des aus der Versicherung des Schlachtviehs 
gegen Verluste, welche durch sanitätspolizeiliche Vorschriften ver¬ 
anlasst werden, erwachsenden Aufwandes aus öffentlichen Mitteln 
bestritten werde. 

Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschliesst, an die Reichs¬ 
regierung die Bitte zu richten, den Entwurf zu einem Reichs¬ 
versicherungsgesetz bekannt zu geben, um den Versicherten selbst 
Gelegenheit zur Aussprache über denselben zu geben. 

III. Betreffend Regelung des Abdeckereiwesens (Referat 
Dammann-Orth). 1. dass die Gemeinden gehalten sind, für sich oder 
zusammen mit anderen vorechriftsmässig beschaffene und ausgestattete 
WaBenplätze herzugeben und zu erhalten, in denen alle zugeführten 
Stücke eine unschädliche Beseitigung erfahren, und Abdecker für die¬ 
selben anzustellen, 2. dass es wünschenswerth ist, wenn von den Kreisen 
bezw. Aemtern und entsprechenden Verwaltungskörpern, für sich oder 
in Gemeinschaft mit anderen, den Anforderungen der Sanitäts* und 
Veterinärpolizei entsprechende Anstalten (Abdeckerei-Anstalten) her¬ 
gerichtet oder bereitgestellt werden, in denen dieCadaver gefallener, 
abgängiger und auf polizeiliche Anordnung getödteter Thiere, sowie 
bei der Fleischbeschau beschlagnahmte thierische Theile mittelst 
thermochemischer Apparate unter zuverlässiger Ertödtung aller 
Krankheitserreger im Interesse der Besitzer thunlichst nutzbringend 
verarbeitet werden. 

Rothlaiif-impfansUlt der Brandenburgisohen Landwirthschaftskammer. 

Der Director der Rothlauf-Impfanstalt, Dr. Joest, theilt Fol¬ 
gendes mit: Die Nachfrage nach Lorenz’schein Rothlaufschutz- 
sernra hatte sich mit beginnendem Frülyahr bereits so gesteigert, 


dass die Prenzlauer Anstalt zur Herstellung des Bedarfs nicht 
mehr ausreichte. Die Landwirthschaftskammer hat daher be¬ 
schlossen, das Institut dadurch zu vergrössern, dass eine Filiale 
in Fraukfurt a/O. in Verbindung mit der dortigen, mit vorzüg¬ 
lichen Stallungen versehenen Molkerei eingerichtet worden ist. 

Es wird hier ein grösserer Schweinebestand behufs Serum- 
gewinnung aufgestellt. Die eigentliche Darstellung des Serums 
geschieht nach wie vor in Prenzlau, von wo aus auch aus¬ 
schliesslich der Versand besorgt wird. Die Filiale ist dem 
1. Assistenten, Thierarzt Helfers unterstellt worden, während 
als 2. Assistent Thierarzt Harm aus Berlin bei der Prenzlauer 
HauptanstaU angestellt worden ist. Es wird bei der stattgehabten 
Erweiterung möglich sein, von Mitte bis Ende Mai auch einer 
verstärkten Nachfrage nach Impfstoff zu genügen. 

Eine Epidemie von Maai- und Klauenseuche Im Kreise Goidberg-Haynau 
und ihr Einfluss auf dessen Bewohner. 

Coester hat mehrere Fälle von Uebertragung der Maul- und 
Klauenseuche auf Menschen beobachtet Derselbe hält deshalb die 
staatliche Aufsicht zur Verhinderung der Verbreitung von Thier¬ 
seuchen nicht für ausreichend. Es bedürfe des gemeinsamen 
Zusammenwirkens des Kreisthierarztes und des Kreisphysikns, 
wenn die Seuchen rechtzeitig erkannt und die in einem ver¬ 
seuchten Bezirk lebende Bevölkerung vor gesundheitlichen Ge¬ 
fahren geschützt werden sollen. (Centralbl. f. Bakt. 1898 S. 3/4) 

Naohweisung Ober den Stand der Vlehseuohen Im Deutschen Reich 
am 28. Februar 1898. 

Es waren am 28. Februar in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (4). 
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (2). R.-B. Frankfurt 1 (3). 
R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 5 (6). 
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (3). R.-B. Merseburg 1 (1). 
R.-B. Hildesheim 1 (2). R.-B. Wiesbaden 1 (1). R.-B. Trier 1 (1). 
Bayern: R.-B. Niederbayern 2 (2). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 
1 (1). Sachsen-Weimar: 1 (1). Braunschweig: 1 (1). 
ElsasB-Lothringen: Bez. Unter-Eisass 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):- 
Bayern: R.-B. Oberbayern21 (85). R.-B. Niederbayern 2(3). 
R.-B. Pfalz 12(42). R.-B. Oberpfalz 5(7). R.-B. Oberfranken 9 (15). 
R.-B. Mittelfranken 17 (58). R.-B. Unterfranken 12 (31). R.-B. 
Schwaben 17 (77). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (2). 
Kreishauptm. Dresden 3 (3). Kreishauptm. Leipzig 3 (4). 
Kreishauptm. Zwickau 4 (6). Württemberg: Neckarkreis 
16 (64). Schwarzwaldkreis 10 (21). Jagstkreis 13 (58). Donau¬ 
kreis 14 (56). Baden: Landescomm. Constanz 4 (9). Landes- 
comm. Freiburg 4 (6). Landescomm. Karlsruhe 7 (11). Landescomm. 
Mannheim 9 (16). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (6). Provinz 
Oberhessen 1 (1). Provinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg- 
Schwerin: 1 (6). Sachsen-Weimar: 4 (9). Oldenburg: 
Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birkenfeld 1 (2). 
Braunschweig: 3 (19). Sachsen-Meiningen: 2 (6). Sachsen- 
Altenburg: 1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. 
Gotha 2 (6). Anhalt: 4 (16). Schwarzburg-Sonders- 
hausen: 3 (5). Schwarzburg-Rudolstadt: 2 (2). Reuss 
j. L.: 1 (1). Hamburg: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bez. Unter- 
Elsass 4 (4). Bez. Ober-Eisass 5 (41). Bez. Lothringen 3 (12). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. 
Magdeburg 2 (10). R.-B. Merseburg 1 (1). 


Digitized by LjOOQie 







24. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


143 



Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
Im Februar 1898. 


lumbihrl' 


Schleswi 


unter '/ 


nabruck. 


nnover 


Frankfurt 


Acn'sber£ 


Kassel 


Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 
Scala) an. wie viel pro mille der vorhandenen 
Gemeinden verseucht waren. 


Die Verbreitung der Maul- n. Klauenaeoohe In Preaeeen. Ende Februar 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

> herrschte 

i 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Königsberg. 

1 

2 

0,48 

Gumbinnen. 

1 

! 1 

0,25 

Danzig. 

6 

11 

8,73 

Marienwerder. 

10 

30 

13,26 

Potsdam. 

11 

36 

13,91 

Frankfurt. 

3 

5 

1,83 

Stettin. 

1 

3 

1,59 

Köslin. 

l 

1 

0,51 

Posen . 

17 

68 

20,63 

Bromberg. 

10 

44 

19,77 

Breslau. 

12 

66 

17,38 

Liegnitz. 

b 

14 

4,97 

Oppeln. 

2 

3 

1,07 

Magdeburg . 

12 

70 

48,54 

Merseburg. 

11 

32 

13,84 

Erfurt. 

3 

1 3 

5,11 

Schleswig. 

2 

4 

1,82 

Hannover. 

1 

1 

1,58 

Hildesheim. 

6 

14 

19,33 

Lüneburg . 

1 

1 

0,67 

Münster. 

4 

8 

29,85 

Minden. 

3 

8 

15,68 

Arnsberg . 

5 

10 

11,76 

Cassel. 

6 

■ 9 

5,38 

Wiesbaden. 

12 

53 

56,62 

Coblenz. 

11 

4b 

45,93 

Düsseldorf. ..... 

15 

37 

86,04 

Köln. 

9 

21 

70,95 

Trier. 

4 

12 

10,64 

Aachen . 

8 

28 

7,17 

Summa 1 

194 

643 

— 


Quarantlne-Anetaiteo. 

Der vorauszusehende Erfolg der neuesten, die Quarantäne- 
Anstalten betreffenden deutschen und dänischen Massnahmen 
(8. pg. 141) ist eingetreten: In den ersten zehn Tagen d. März 
ist nach einer letzten Meldung der „Neuen Polit. Nachr.“ über¬ 
haupt keine Einfuhr erfolgt, dann sind i7 Stück eingeführt worden. 


Fleischschaii und Ylehverkehr. 

Berlin: Auszug aus den Flelscbsehauberloht für Februar 1898. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13060 

11053 

31061 

50931 

Ganz beanstandet. .... 

206 

23 

8 

342 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

3 241 

30 

— 

1400 

Davon gänzlich verworfen . 

35 

1 

— 

35 

„ sterilisirt und verwerthet 

86 

4 

— 

208 

„ theilweise verworfen . . 

32 


— 

— 

Also vollständig freigegeben 

3088 

25 

— 

1157 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

6 

Mit Finnen behaftet .... 

74 

— 

— 

34 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

— 

— 

— 

18 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

74 

— 

— 

16 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 


27 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5477 Stück, bei Kälbern 83 Stück, bei Schafen 2166 Stück, 
bei Schweinen 7202 Stück. 


Digitized by LjOOQie 































































BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 12. 



144 


B. Untersuchungsetation. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

18 641 

12 432 

2 009 

12240 

Beanstandet. 

84 

36 

2 

13 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

32 



7 

Davon sind sterilis.verwerthet 

1 

— 

_ 

2 

Mithin gänzlich verworfen . 

31 

— 

— 

5 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

_ 

— 

Mit Finnen behaftet .... 

— 

— 

_ 

1 

Davon schwach finnig und 
• gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— 

1 


Unter dem eingeflihrten Fleisch waren 1870 dänische, 
36 schwedische Rinderviertel, 33 dänische Kälber, 148 Wildschweine. 


Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern und in den 
selbstständigen Rossschlächtereien in Preussen im Jahre 1896 
geschlachteten Pferde. 

Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern 
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde 
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken 


(die Anzahl der selbstständigen Rossschlächtereien ist in Parenthese 
angegeben): Königsberg (—) 838, Gumbinnen (2) 121, Danzig 
(—) 449, Marienwerder (—) 120, Berlin (1) 7437, Potsdam (10) 
1506, Frankfurt a. 0. (8) 1132, Stettin (2) 819, Cöslin (—) 181, 
Stralsund (—) 357, Posen (3) 130, Bromberg (2) 100, Breslau 
(15) 4234, Liegnitz (11) 2103, Oppeln (4) 1239, Magdeburg (20) 
2589, Merseburg (23) 2614, Erfurt (5) 388, Schleswig (79) 3757, 
Hannover (4) 1752, Hildesheim (12) 899, Lünebnrg (—) 579, 
Stade (7) 395, Osnabrück (—) 479, Aurich (2) 133, Münster (7) 
553, Minden (4) 864, Arnsberg (10) 4617, Cassel (3) 481, Wies¬ 
baden (6) 1189, Coblenz (1) 266, Düsseldorf (10) 3836, Cöln (2) 
1334, Trier (1) 499, Aachen (—) 452, Sigmaringen —. 

Insgesammt sind also geschlachtet worden: 50 242 Pferde 
(gegen 50 53t bezw. 52 394 bezw. 58 306 in den drei Votjahren). 
Darunter wurden ermittelt 10 rotzige und 28 (0,19 pCt.) tnberculöse. 
Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von 290 Pferden, theilweise 
von 213 Pferden. Der grösste Consum fand statt in den Re¬ 
gierungsbezirken Berlin, Breslau, Arnsberg, Schleswig, Düsseldorf 
Magdeburg, Merseburg und Liegnitz. 

Die Zahl der selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 254 
gegen 290 bezw. 314 bezw. 273 in den drei Vorjahren. 


Personalien. 

Ernennungen: Zum DepartementBthierarzt: Kreisthierarzt Fr. 
Holl zh au er in Lüneburg für den R.-B. Lüneburg. — Zu prag¬ 
matischen Bezirksthierärzten: Beziiksthierarzt S. Beichold- 
Pfaffenhofen (Oberbayern) und Bezirksthierarzt Fr. Haussier- 
Schwabach (Mittelfranken). — 

Es ist gewählt worden: Thierarzt B. Gunkel-Kalk zum 
Schlachthofverwalter in Ibbenbüren. 

Versetzt: Kreisthierarzt Pauli von Mohrungen nacli Berlin 
behufs Verwendung als Hülfsarbeiter im Ministerium für Land- 
wirthschaft. Kreiethierarzt Fischoeder-Jarotschin in die Kreis¬ 
thierarztstelle des Kreises Mohrungen. 

Penslonirung: Bezirksthierarzt A.Kolb in Rosenheim (Oberbayern). 

Approbationen: Berlin: Die Herren Oskar Heinemann, Georg 
Mitte lstaedt und Robert Müller. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: Thiorarzt J. Assenmacher in Heinsberg (Rhcinpr.), 
Schlachthofthierarzt Willi. Bischoff in Suhl, Thierarzt Max Stcin- 
wcdel in Pössneck (Sachs.-Mein.) und Thierarzt Carl Zugehör in 
Schmiegel. 

Wohnsitzveränderungsn, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Walch-Strassburg nach Thann (Eisass), Thierarzt Claussen- 
Berlin nacli Hvidding (Schleswig, Quarantäneanstalt), Thierarzt 
0. Axe-Polbitz nach Schledehausen (Osnabrück), Thicrarzt Tobo- 
Icwski, Oberrossarzt a. D. von Bartenstein nach Mewe (Westpr.), 
Thierarzt W. Grupe-Pinncberg nacli Stolzenau (Weser), Thierarzt 
G. Knemeyer-Löningen nach Versmold (W r cstf.). — Thierarzt 
L. Knudsen hat sich in Rüdding niedergelassen. — Thierarzt 
Kunze ist nicht, wie er uns selbst brieflich mittheilte, nach 
Oederan i. S. gezogen, sondern bleibt in Nossen. 

la der Armee: Versetzt die Unterrossärzte Rosenbaum vom 
Hus.-Rgt. No. 14 zum Kür.-Rgt No. 5, Kossmag vom Kür. Rgt. 
No. 5 zum Hus.-Rgt No. 14 — Befördert zu Unterrossärzten 

v. Müller beim Feld-Art.-Rgt. No. 20, W ? cllcr beim Feld-Avt.-ltgt. 
No. 32 und Rossberg beim Ul.-Rgt No. 18. — Der Oberrossarzt 
Fuchs vom Feld-Art.-Reg. No. 29 ist auf seinen Antrag in den 
Ruhestand, der Veterinär 2. CI. d. Res. K. Hochstein in den 
Friedensstand des 1. Cliev. Rgts. — versetzt worden. 

Vacanzen. 

Krelsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kas Bel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen 

(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in 
Osnabrück. — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht ausge. 
schrieben). — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 


1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtathierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R-B. M in den: Paderborn.— R.-B. Schleswig: Eider- 
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. 
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStclIen: 
Reuthen: 2. Schlachthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld432M.). Bew. 
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬ 
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 360 M. Nebeneinnahme). Bew. 
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt 
(Privatpraxis gestattet). Bew. an Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2.Assistent 
des Schlachthofdirectors zum 1. April. — Filehne: Schlachthof¬ 
inspector zum 1. October. — Finsterwalde:Schlachthofdirector. 

— Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthofinspector. — 
Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. — S c h 1 a w e 
(Pommern): Schlaclithof-Inspector zum 1. April 1898. — Zoppot: 
Schlachthausverwalter zum 1. April. 

Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt 

— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pits che n: Näheres 
Magistrat. — Pol Inow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (oa. 1020 M. ausser 
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thier¬ 
arzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle - Magdeburg 
(Schlachthof). — Lasdchnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Lehesten 
(Sachsen - Meiningen). — Obermarschacht (Elbe). — Satow 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in Gr. Nien¬ 
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Strassburg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Privatstelle R ö d d i n g. 


N. in B. OeBterreich. Allerdings kann sich eine Dämpfung 
innerhalb 34 Stunden ausbilden. D. R. 


Verantwortlich für den Inhalt (ezcl. Inseratenlhoil) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verla« und Hiircnthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxenstein. Berlin. 


Digitized by kjOOQie 






iMe „Berliner Thier&rxtliche Wocheu»chrift“ erscheint Originalbeitrige werden mit 60 31k. iBr den Bogen honorlrt 

wöchentlich in SUrke von mindestens 1*/» Bogen. Dieselbe Alle Menuscripte, MiUheilungen und redectionellen An¬ 
ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (So. 1031) J 9 fragen beliebe man su senden an Prof. I>r. Schmaltz, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard m« ■ "■ -m-"Ä Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Luisenstrasse .V. 

Scboets, Berlin NW, Luisenslrasse HC, tum Preise von I mI-I ■ ■ I ■ ■ • ■ üorrecturen, Keeensions-Ksemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. " Wl / B I I I I M gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 13 . Ausgegeben am 31. März. 


Inhalt: Martens : Der ansteckende Scheiden- und Ucbärmutterkatarrli 1> e i ra Rindvieh. - Grafrunder: Schutz¬ 
impfungen gesell die Maul - und Klauenseuche i in Kreise Lands b erg a. VV. nach demHecker’schen 
Verfahren. — Referate: Frühn er: Tanuofonn oder Jodoform. — Ca rouge an: Cantharidielle Nephritis beimPferde.— 
Ein Flaschenhals als Fremdkörper im Kehlkopf eines Pferdes. — S t r e b e I: Reposition des Uterusvorfalis ohne vorherige Ent¬ 
fernung der Nachgeburt. — Sohwarznecker: Ueber die Behandlung der Kolik. — DinnUberwurf beim Ochsen. — Beyer: 
Uetier die Wundbehandlung mit localer Andampfung. — Guöorgniövsky: Ueber die Behandlung kranker Wunden mit 
Natr. bicarbon.-Verband — Itobin: Ueber den Aderlass, die Brechmittel und die Vesicantien — Therapeutische Notizen. — 
T h i e r h a 1 1 u n g und T h i e r /. u c h L — T a g e s g e s c h i c h t e: Der thierärztliche Stand in Russland. — Verschiedenes. — 
Oe ff entlieh es Veterinär wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — 
Bücheranzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Der ansteckende Scheiden- und Gebärmutterkatarrh | 
beim Rindvieh. 

Von 

Martens - Sangerhausen, 

KreisthierarzL 

In meinem Wirkungskreise habe ich seit einer längeren Reihe ; 
von Jahren Gelegenheit gehabt, den ansteckenden Scheiden- und ■ 
Gebärmutterkatarrh beim Rindvieh zu beobachten. Es ist ein j 
Leiden, welches bis jetzt wenig Beachtung gefunden hat, obwohl 
es diese in hohem Grade von Seiten der practischen Thierärzte I 
und der Veterinärpolizei verdient. Man hat sich zwar, wie aus 
Artikeln in den Fachzeitnngen liervorgeht, mit der Frage be- I 
schäftigt, doch die Bedeutung und die schweren Folgen ; 
nicht gewürdigt. Ich habe seit etwa 10 Jahren mehrere Tausend 
Kühe und Rinder mit dem angegebenen Leiden in Behandlung 
gehabt. Es scheint dies eine gewaltige Zahl, die Sie aber 
begreiflich finden werden, wenn ich anführe, dass sich in einzelnen 
Gemeinden und auf grossen Gütern 50 bis 100 Thiere erkrankt 
zeigten. Sie selbst, meine Herren, werden die Krankheit vielfach 
in Ihren Bezirken gesehen haben, wenn ich Sie auf die Symptome 
aufmerksam mache. Werden ans einer Gemeinde oder ans einer 
grösseren Wirtschaft Klagen lant über häufiges Umrindern, 
Nichttragendwerden, Verkalben, so können Sie die Erscheinungen 
des Scheiden- resp. Gebärmutterkatarrlis sicher ermitteln. Die 
Mehrzahl der Fälle von dem senchenhaften Abortns ist die directe 
Folge davon. 

Der Katarrh ist eminent ansteckend, und zwar nicht allein 
durch directe Uebertragung bei der Begattung, sondern auch 
dnreh Streu and Dünger, Jancherinnen etc.; Jungvieh, selbst 
Kälber zeigen oft die typischen Erscheinungen, wenn in einem 
Stalle die Seuche herrscht. In wirtschaftlicher Beziehung 
ist diese von grossen Nachtheilen, welche sich leicht herleiten j 
lassen, begleitet. Störungen im Milchbetriebe, das Fehlen der 
Nachzucht, der häufige Wechsel des theuren Bollenmaterials sind 
die schädlichen Folgen, welche einer Gemeinde oder grösseren 
Wirthschaft grosse Summen kosten können. Ist es doch öfter 
vorgekommen, dass Dutzende Kühe und Rinder für einen geringen 
Preis zum Schlachten verkauft sind, zumal man in meiner Gegend 
wenigstens glaubt, dass die damit behafteten Thiere venerisch 
sind. Sehr viele Schwierigkeiten bieten sich bei der Ermittlung 


aller Krankheitsfälle in einer Gemeinde dar, weil, wie 
Sie Alle wissen, jeder Besitzer bemüht ist, seine Thiere 
als gesund hinzustellen. Die Untersuchung in den häufig mangel¬ 
haft beleuchteten Ställen ist nicht sehr zu empfehlen. Besser ist 
es, wenn es sich irgendwo einrichten lässt, sämmtliche Kühe in 
ein geräumiges Gehöft bringen zn lassen, wobei man ausser der 
genügenden Hilfe zum Festhalten noch den Vortlieil hat, dass 
die Thiere unruhig sind und sich bewegt haben. Durch diese 
Bewegung kommen die abgesonderten Schleim- und Eitermassen, 
welche zur Feststellung der Diagnose mit erforderlich sind, mehr 
znm Vorschein. Kommt es doch Öfter vor, dass die Besitzer ( 
sofern Sie die Besichtigung im Stalle vornehmen wollen nnd Ihre 
Ankunft anzeigen, mit einem Schwamm die Schamtheile und den 
Schwanz sauber reinigen. In der Regel genügt eine Untersuchung 
nicht, da, wie Sie nachher hören werden, die Symptome oft nur 
geringe sind. Ich lasse von Seiten der Viehbesitzer eine oder 
mehrere Commissionen wählen, welche von mir instrnirt 
werden und die Aufgabe haben, das Rindvieh einer mehrfachen 
Untersuchung besonders nach der Bewegung und Arbeit zu unter¬ 
werfen. Jedes Thier, welches umrindert, muss als verdächtig 
gelten. Wenn auf solche Weise alle erkrankten Thiere ernirt 
sind, beginnt die Behandlung, welche ich hier kurz beschreiben 
werde. In der ersten Zeit habe ich Lösungen von Creolin, 
Sublimat genommen, liess aber diese Mittel wegen der starken 
Reizung und des dadurch verursachten Drängens der Thiere bald 
bei Seite und ging zur Anwendung von Borsäure, essigsanrer 
Thonerde und einer Mischung von Tannin, Bleizucker und Alaun 
zn gleichen Theilen über. Diese Arzneien lasse ich in warmem 
Wasser aufgelöst mittels Irrigators einlanfen. Anf die Aus¬ 
führung dieser Kur kommt selbstredend viel an, so dass ich der 
damit beauftragten Person die Art und Weise des Einfahrens des 
Schlauches etc. genau zeige. Im Uebrigen ist der Katarrh schwer 
zn heilen, Wochen lang ist die Behandlung fortzusetzen, bis das 
Aufhören des Ausflusses, des Juckreizes, des häufigen Rinderns, 
die Abnahme der Röthe nnd Schwellung den Erfolg anzeigen. 
In der I^egel wird man in einer Gemeinde mit der Behandlung 
mehr prosperiren als in einer grossen Wirthschaft, da hier leichter 
eine erneute Infection stattfinden kann. Auf die Desinfection der 
Jancherinnen, der Stren und- des Düngers der hinteren Theile der 
Stände ist bei der Tilgung die grösste Sorgfalt zn verwenden. 


Digitized by LaOOQie 



146 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13. 


Fast täglich lasse ich Kalk streuen, mit Kalkmilch abschlemmen, 
um etwaige Keime daselbst zu vernichten. Besondere Aufmerk¬ 
samkeit ist ferner den tragenden Thieren zuzuwenden. Oefteres 
Abwaschen der Hinterschenkel, des Schwanzes, der Schamtheile 
mit lauwarmer Creolinlösung ist unerlässlich. Beim senchen- 
haften Abortus wird empfohlen, die hochtragenden resp. tragen¬ 
den Thiere aus dem Stalle zu bringen, zu isoliren. Ich würde 
dies auch hier als das Vortheilhafteste erwähnt haben, wenn 
es sich eben immer durchfuhren liesse. Das Einzige, was man 
meistens auf einem grossen Gute erreichen kann, ist, dass die 
tragenden, noch nicht erkrankten Thiere zusammengestellt werden. 
Bei aller Hartnäckigkeit desUebels lässt sich in der angegebenen 
Weise eine Behandlung des infectiösen Scheidenkatarrhs mit 
Aussicht auf Erfolg durchführen, schlimmer steht es mit der 
Prognose bei dem infectiösen Uteruskatarrh, da sich hier örtliche 
Hindernisse der directen Application von Heilmitteln entgegen¬ 
stellen. Der Uterushals ist zumal bei jüngeren Thieren meistens 
geschlossen, die Schleimhaut geschwollen, die Oeffnung häufig 
durch Schleim und eitriges Secret verstopft, so dass der Irrigator 
nicht gut eingeführt werden kann. Selbstredend wird gleichzeitig 
eine Behandlung der Bullen vorgenommen, und zwar dergestalt, 
dass täglich etwa V 3 Liter lauwarmes Wasser mit 3 Esslöffeln 
voll Liqu. Alum. acet. vermittelst Gummischlauches in die Vor- 
haut eingelassen wird. Man hält darauf das Praeputium mit den 
Fingern zu und lässt die Flüssigkeit-nach circa drei Minuten 
wieder ablaufen. 

Es empfiehlt sich übrigens beim Herrschen der genannten 
Krankheiten dies nach dem jedesmaligen Rindern vornehmen zu 
lassen. 

Was nun die ursächlichen Verhältnisse anlangt, so 
lässt sich das Vorhandensein eines Ansteckungsstoffes bestimmt 
annehmen. In neuerer Zeit glaubt der Prof. Dr. Bang in Kopen¬ 
hagen den AbortusbacilluB gefunden zu haben. Der genannte 
Forscher fasst das seuchenhafte Verwerfen der Kühe als die 
Folge eines specifischen, durch ein bestimmtes Bacterium hervor¬ 
gerufenen Uteruskatarrhs auf. Es ist mir dies eine Bestätigung 
meiner durch vielfache Beobachtungen gewonnenen Ansicht, dass 
die betr. Thiere zuerst an einem Scheidenkatarrh leiden, 
der sich durch den Gebärmntterhals auf die Schleim¬ 
haut des Uterus fortpflanzt und darauf Abortus be¬ 
wirken kann. Dieses letztere verdient meiner Meinung nach 
nur allein die Bezeichnung „infectiös“, während die auf grossen 
Gütern häufig bei angekauften hochtragenden Kühen und Rindern 
auftretenden Fälle des Verkalbens anf die Fütterung mit Schnitzeln, 
Schlempe etc. zurückzuführen sind. Meine Herren! Ich bin über¬ 
zeugt, dass auch beim infectiösen Vaginalkatarrh dieselben Bacillen 
gefunden werden, wenn sich auch bei der Untersuchung wegen 
der Beimischung anderer Keime Schwierigkeiten einstellen 
werden. Zur Beweisführung, dass der Uteruskatarrh und im 
Anschluss daran das seuchenhafte Verkalben aus dem Scheiden¬ 
katarrh hervorgeht, gestatten Sie mir, einige Beobachtungen mit- 
zutheilen. In einzelnen Gemeinden mit umsichtigen, energischen 
Schulzen wurde ich wegen der fraglichen Leiden frühzeitig 
consultirt und konnte bei der Untersuchung sämmtlicher Kühe 
ermitteln, dass etwa 95 pCt. der erkrankten Thiere am Scheiden¬ 
katarrh und nur 5 pCt. am Katarrh des Uterus litten. Nach 
einer Kur war in ca. 4 Wochen die Krankheit gehoben, die 
Thiere rinderten wieder normal und wurden tragend. Anders 
aber stand die Sache, wenn ich erst nach längerem Bestehen 
hinzugezogen wurde, dann waren die Fälle der Uterusleiden mit 
ihren Folgen: der Sterilität, dem Verkalben, der Ansammlung 
von eitrigem Secret in der Uterushöhle, weitaus überwiegend. 
Die Verbreitung der Krankheit geschieht verhältnissmässig rasch, 


da sich bei dem häufigen Umrindern der davon befallenen Kühe 
reichliche Gelegenheit zur Uebertragung bietet. 

Bevor ich nun zu den Symptomen des Scheidenkatarrhs 
übergehe, will ich hier einige Bemerkungen über den Bau der 
Schleimhaut der Vagina, soweit es für die Beurtheilung der Er¬ 
scheinungen von Interesse ist, einschalten. Die Schleimhaut der 
Vagina hat einen cntanen Character und ist in zahlreiche Längs¬ 
falten gelegt, die von dem Collum Uteri nach dem Vestibulum 
zu an Höhe zunehmen. In der Schleimhaut, und besonders in 
der des Vorhofs, sind Papillen vorhanden, die eine niedrige, 
unregelmässige Gestalt haben. Die Oberfläche wird von einer 
ziemlich starken Lage geschichteten Plattenepithels überzogen. 

Die Symptome nun bei dem infectiösen Scheidenkatarrh 
sind sehr verschieden und richten sich nach dem Alter der 
Thiere und dem Grade der Erkrankung. Häufig finden Sie nur, 
dass die Schleimhaut erschlafft ist, gelblich - roth aussieht und 
mit kleinen Mengen eines glasigen, fadenziehenden Schleims 
bedeckt ist. In anderen Fällen, und dies besonders bei jüngeren 
Thieren, ist die Schleimhaut leicht geschwollen, geröthet, besonders 
auf den Falten, es finden sich zahlreiche hirsekorn- bis linsen¬ 
grosse, flache Erhabenheiten, die sich lebhaft roth von dem 
Untergründe abheben und Schwellungen des Papillarkörpers 
darstellen. Mit Rücksicht auf diese hypertrophischen Papillen 
hat Tromsdorf den Zustand mit Vaginitis verrucosa bezeichnet, 
was aber meiner Meinung nach nicht bezeichnend ist, da Sie bei 
jungen Thieren dieselben auch zur Zeit der Brunst wahrnehmen 
können. Es findet ferner der Ausfluss eines wässerig - klaren, 
glasigen oder schleimigen, geruchlosen Secrets statt, dem häufig 
kleine Flocken von rahmähnlicher Beschaffenheit beigemengt 
sind. Verstärkt wird dieser Ausfluss vielfach bedeutend, wenn 
man lproc. warme Pottaschelösung einlaufen lässt. 

Zu diesen geschilderten Erscheinungen kommt noch öfter 
Juckreiz und häufiges Rindern. 

Nach dem Fortschreiten des Katarrhs auf den Uterus ist der 
Ausfluss reichlicher, mehr schleimig und öfter mit weisslichen, 
rahmähnlichen Flocken und Klümpchen vermengt. Der Ausfluss, 
welcher an der innern Seite des Schwanzes vielfach in bräunlich¬ 
schmierigen Krusten klebt, stellt sich unregelmässig und besonders 
bei anstrengender Bewegung, beim Brünstigwerden der Thiere 
ein. Derselbe ist zum Unterschiede von dem Secret beim Fluor 
albus, der nach dem Zurückbleiben der Nachgeburt u. s: w. 
häufig eintritt, geruchlos. Die Thiere rindern in der ersten Zeit 
beim Uteruskatarrh häufig, concipiren jedoch in der Regel nicht, 
im fortgeschrittenen Stadium aber, wo bereits eine stärkere An¬ 
sammlung von einem eitrigen, milchähnlichen Secret stattgefunden 
hat, hört die Brunst auf. 

Bei den Stieren bemerkt man Abnahme der Zeugungskraft, 
Unlust zum Decken, häufig auch Röthung des Penis und ge¬ 
ringen schleimigen Ausfluss aus der Vorhaut. 

Die Section der in Folge der Krankheit geschlachteten 
Kühe ergab Folgendes: Die Uteruswandung in Folge einer diffusen 
Bindegewebswucherung verdickt und derber oder schlaff, atro¬ 
phisch, mit erweiterter Höhle, in der sich eine geruchlose, milch- 
oder rahmähnliche Flüssigkeit in beträchtlicher Menge vorfand. 
Bisweilen waren die Drüsen förmlich aus der Schleimhaut heraus- 
gefallen und hatten derselben ein netzartiges Aussehen verliehen. 
Die Schleimhaut des Cervicalkanals war wulstig geschwollen. 

Zum Schluss will ich hier noch den Bläschen-Ausschlag 
erwähnen, der häufig mit den beschriebenen Leiden zusammen 
auftritt und mit dem Scheidenkatarrh in höherem Grade verwechselt 
werden kann. 

Der letztere scheint die Schleimhaut zur Aufnahme der be- 


Digitized by LjOOQie 


31. März 1898. BERLINER TH1ERARZTLIÜHE WOCHENSCHRIFT. __147 


sonderen Keime oder Bacillen, welche beim Bläschen - Aasschlag 
vorhanden sein müssen, fähiger zu machen. 

Beim Bläschen-Ausschlag ist die Scheide bedeutend ge¬ 
schwollen, schmerzhaft, dunkelroth und mit hirsekorn- bis erbsen¬ 
grossen Bläschen von weissgelber Farbe besetzt, welche bald 
platzen und geschwürige Stellen mit eiterig - käsigem Belage 
bilden. 

Sie finden häufig einen grossen Theil des Vestibulums, be¬ 
sonders in der Umgebung der Clitoris, mit einer gelblich-weissen 
Masse besetzt, nach deren Entfernung die blutige, excoriirte 
Schleimhaut zum Vorscheiu kommt. Nach der Abheilung sieht 
man noch längere Zeit dunkelrothe Stellen, die sich später öfters 
narbig zusammenziehen. 

Die Thiere fressen zuweilen im Anfänge schlecht, trippeln 
hin und her und zeigen Schmerzen beim Uriniren. Sofern das 
beschriebene Symptomenbild vorhanden ist, wird die Diagnose 
leicht sein, anderseits kommen aber leichte, in Abheilung be¬ 
griffene Fälle vor, bei denen ein Unterschied von dem einfachen 
Scheidenkatarrh schwer zu machen ist 

M. H. Sie haben aus meinem Referat gesehen, dass die be¬ 
schriebenen Krankheiten durchaus nicht harmloser Natur sind, 
und nehmen vielleicht Gelegenheit, Ihre eigenen Beobachtungen 
darüber mitzntheilen oder Untersuchungen anzustellen. 

Schutzimpfungen gegen die Maul- und Klauenseuche 
im Kreise Landsberg a. W. nach dem Hecker’schen 

Verfahren. 

Von Kreisthierarzt GrafTunder-Landsberg a. W. 

Als im Juli 1897 fast durch die gesammte Tagespresse die 
Nachricht ging, dass Hecker-Ermsleben ein Schutzverfahren gegen 
die Maul- und Klauenseuche erfunden habe, wurde die Aufmerk- j 
samkeit der Landwirthe schon auf das Lebhafteste augeregt. 
Nachdem nun Hecker selbst im Anschluss an die erste Veröffent¬ 
lichung von Löffler und Frosch sein Schutz verfahren in der Fach¬ 
presse veröffentlichte, habe ich bei dem grossen Interesse, welches 
alle betheiligten landwirtschaftlichen und thierärztlichen Kreise 
ergriff, sofort im Aufträge der brandenburgischen Landwirthschafts- 
kammer Gelegenheit genommen, dieses Schutzverfahren practisch 
in Angriff zu nehmen, da Herr College Hecker sich sofort bereit 
erklärt hatte, mir zu Versuchszwecken sein Verfahren zur Dar¬ 
stellung der Schutzpräparate unter der Zusicherung der Geheim¬ 
haltung anzuvertrauen. 

Trotzdem die Impfungen bereits Mitte Januar d. J. zum Ab¬ 
schluss gebracht sind, habe ich mit der Veröffentlichung der Ver¬ 
suche absichtlich gewartet, um zu erproben, ob noch nachträglich 
auf den betreffenden Impfgehöften die Seuche ausbrechen würde. 
Dieses ist, wie die Zeit gelehrt, nicht geschehen. 

Heckers Absicht ging zuerst dahin, ein Verfahren zur Her¬ 
stellung von Immunpräparaten zu finden, welches jedem Thier¬ 
arzt ermöglichen sollte, selbst Schutzpräparate darzustellen: Ver¬ 
fahren I für die Praxis, und ein complicirteres für speciell zu 
errichtende Institute, Verfahren II. 

Das Verfahren I gleicht im Princip dem Verfahren des 
Reichsgesundheitsamtes, gegen welches es freilich die bedeutende 
practische Aenderung aufweist, dass, an Stelle des gesammelten 
Aphthenvirus, von Hecker eine hochvirulente „Lymphe ß“ darge¬ 
stellt wird, welche in dem zur Immunisirung benutzten Immun¬ 
blutpräparate den virulenten Blaseninhalt ersetzt. Der Zweck 
dieser Lymphe ß ist eben der, den Gebrauch des leicht zerstör¬ 
baren und unwirksam werdenden reinen Aphthenvirus durch ein 
hochvirulentes Präparat zu vermeiden. Denn nichts ist in der 
Praxis wohl schwieriger als das Sammeln von zweifellos reinem, 


virulentem Blaseninhalt, besonders bei grossen Versuchen. Man 
steht da thatsächlich vor der Frage: Wird der Blaseninhalt nicht 
kostspieliger wie der zu erwartende Gewinn durch die Schutz¬ 
impfung? 

Wie die Commission Löffler-Frosch, wie das Reichsgesund¬ 
heitsamt, so stiess auch Hecker mit seinem einfacheren Ver¬ 
fahren I auf schwankende Resultate, wie sie auch meine erste 
Versuchsreihe erkennen lässt. 

Ganz bedeutende Verbesserungen zeigt das Verfahren II 
Heckers. Dasselbe ist ganz wesentlich von dem Ver¬ 
fahren der Commissionen verschieden, und, wie die Ver¬ 
suche zeigen, sehr zu seinem Vortheil. Hat doch Hecker nach 
einer privaten Mittheilung in letzter Zeit in Seuchenställen fast 
stets 100 Procent Schutzerfolge erzielt, wie z. B. auch auf dem 
Rittergute des H. v. Scheliha, des Schwiegersohnes Sr. Excellenz des 
Herrn Finanzministers Dr. v. Miquel, wo im Herbste vor. Jahres 
bei zum Theil völlig verseuchten Ställen über hundert Rinder — 
Jungvieh, Kühe, Ochsen — von Hecker auf Veranlassung des 
Herrn Finanzministers immunisirt wurden, ohne dass auch nur ein 
Thier an der Seuche erkrankte! 

Während die Commission Löffler-Frosch und das Reichs¬ 
gesundheitsamt ihre sq reich unterstützten Versuche nur auf Im¬ 
munblutpräparate beschränkten, ist Hecker thatsächlich der 
erste, welcher einerseits hoohgradig immuiisirende Präparate 
(Lymphe a) darstellte und zwar unter Zugrundelegung von theo¬ 
retischen Erwägungen, welche sich zum Theil auf Beobachtungen 
stützen, wie sie nur dem Thierarzt in der Praxis geboten werden, 
und welcher andererseits sich durch Darstellung eines hoch¬ 
virulenten Präparates (Lymphe ß) freizumachen wusste von dem 
Sammeln des Aphtheninhaltes. Wenn die Commissionen das 
Hecker’sche Verfahren nunmehr adoptiren, so haben ihre Ver¬ 
suche für die Wissenschaft nur den Werth des Controlversuches, 
der Prüfung und des weiteren Ausbaues. Dass Hecker trotz 
mancher Anzapfung so zurückhaltend war, ist taktisch wohl zu 
verstehen, sind doch die Resultate des Reichsgesundheitsamtes u.s.w. 
erst im Laufe dieses Jahres festgelegt worden! 

Und sollten sich die Vortheile des Hecker’schen Verfahrens 
No. II auch im Grossen so bewähren, wie es z. Z. scheint, so hat 
der Landes - Oeconomieratli Herr von Mendel-Steinfels in 
seinem Berichte über das Hecker’sche Verfahren in der letzten 
öffentlichen Plenarversammlung der Landwirthschaftskammer für 
die Provinz Sachsen am 2. März dieses Jahres wirklich recht mit 
den Worten, „die Commissionen sind beim Ziele vorbeigegangen!“ 

Nach den bisherigen Erfahrungen wissen wir, dass die natür¬ 
liche Schutzkraft des Blutes durchseuchter Thiere ungemein 
differirt. Viele Thiere liefern starke Schutzstoffe, andere nur 
schwache in ihrem Blute. Mithin ist das Blut bezw. dessen 
Serum nicht gleichwerthig. Es ist diese Thatsache bei dem 
schwankenden Character der Aphthenseuche wohl erklärlich. 
Nach Heckers Ansicht können hochimmunisirendes Blut nur 
liochimmunisirte Thiere liefern, und solche zu präpariren, ist 
sein Hauptbestreben. Bei gleichen Verhältnissen und gleich an¬ 
steckungsfähigen Thieren derselben Art wird nach H. dasjenige 
Thier den höchsten Immunitätsgrad haben, welches das stärkste 
Virus im Körper verarbeitet, überwunden und am stärksten 
reagirt hat, dessen Zellen gleichsam gelernt haben, sich durch 
die Erzeugung von Schutzstoffen zu vertheidigen. 

Ob diese Ansicht richtig ist und den bei anderen Infections- 
krankheiten gemachten Erfahrungen thatsächlich entspricht, ist 
noch fraglich. Denn Behring und Wernicke (Günther Bac- 
teriologie p. 217/19) haben bei der Diphtherie und beim Tetanus 
nachgewiesen, dass hochgradig immunisirte Individuen nicht immer 
hochwirksames Serum zu liefern brauchen. 


Digitized by LjOOQie 




148 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


Offen ist ferner noch die Frage, ob solche Thiere, welche 
von Natur ans immun gegen die Aphthenseuche und nie daran 
erkrankt sind (solche Fälle können wir in der Praxis oft be¬ 
obachten), ebenfalls im Stande sind, immunisirendes Blut zu 
liefern. Hecker bezweifelt dieses. Die bei meinen ersten Impf¬ 
versuchen nach Verfahren I vorgekommenen Misserfolge dürften 
demnach auf die verschiedengradige Schutzkraft des Blutes der 
zur Verwendung gelangten Thiere in erster Linie zurück¬ 
zuführen sein. 

Um nun ein gleichmässiges Verfahren nach der H. Methode 
von Hecker in Anwendung bringen za können, wurde ein Ochse 
angekauft, und in der von Hecker angegebenen Weise zur Blut¬ 
gewinnung behandelt. 

Zugleich mag an dieser Stelle ebenfalls darauf hingewiesen 
werden, dass weder Blut noch dessen Serum von durchseuchten 
Thieren allein eine Immunität zu erzeugen im Stande sind, 
wofür bereits früher David-Nauen bei seinen ersten Impfversuchen 
den Nachweis geliefert hat (B. T. W. 1893, pg. 114). 

Die Zahl der Impfungen beträgt in Summa 157. Die Impf¬ 
versuche fanden am 8. November 1897 bis 5 Januar 1898 statt 
und erstreckten sich einmal auf solche zur Erzeugung der activen, 
sowie der passiven Immunität. Nun ist es ja klar, dass die 
erste Versuchsweise doch immer mit gewissen Gefahren und grossen 
Unkosten verknüpft war, da man nicht das Resultat voraussehen 
konnte, und man einem Landwirthe nicht zumuthen kann, zu 
Versuchszwecken seinen Viehbestand ohne Gewähr einer Ent¬ 
schädigung bei etwaigen Misserfolgen zur Verfügung zu stellen. 
Deshalb sind die Versuche zur Erzeugung der activen Immunität 
nicht so zahlreich, als die zur Erzeugung der passiven. 

Zur Herstellung der Schutzlymphe wurde in der bekannten 
Weise Blut defibrinirt, das Serum dargestellt und conservirt, 
und in entsprechender Menge Hecker’sche Lymphe ß zugesetzt. 
Selbstverständlich wurde streng nach den Regeln der Antisepsis 
verfahren. Als Injectionsspritze wurden die von Hauptner her¬ 
gestellten, 20 g haltenden Spritzen gewählt. 

Für die Impfungen der ersten Versuchsreihe wurden zu¬ 
nächst aus wirthschaftlichen Rücksichten nur solche Gehöfte in 
Ortschaften ausgesucht, in denen die Seuche bereits ausgebrochen 
war, und zwar die Ortschaften Merzdorf, Charlottenhof, Marwitz 
und Cladow. Es wurden 40 Rinder (Ochsen, Kühe und Färsen), 
3 Schafe und 5 Schweine, in Summa 48 Thiere geimpft Zuerst 
wurde die aus Blutserum oder defibrinirtem Blute hergestellte 
Schutzlymphe den Thieren theils subcutan, theils intravenös ein- 
gespritzt Die Dosis wurde zunächst auf je 50 kg Lebend¬ 
gewicht mit 6 Gramm bemessen.*) Die intravenöse Einspritzung 
ist der subcutanen, als wirksamer, vorzuziehen. 24 bis 48 Stunden 
nach dieser Impfung wurden diese 48 Thiere direct der An¬ 
steckung ausgesetzt. Einmal durch Bestreichen der Maulschleim¬ 
haut mit virulentem Maulspeichel oder Blaseninhalte bzw. Ein¬ 
spritzung von Blaseninhalt in die Ohrvene. Beim Maulspeichel 
musste besonders darauf geachtet werden, dass demselben 
Blaseninhalt und Blasenhautfetzen beigemischt waren. Erfahrungs- 
mässig braucht der Maulspeichel maulseuchekranker Thiere nicht 
immer virulent zu sein, wie bereits von Schütz experimentell 
nachgewiesen worden ist. Störungen des Allgemeinbefindens 
wurden bei den Impflingen (Bullen, Ochsen, Kühen, Färsen und 
Jungvieh) nicht beobachtet. Bei einigen Färsen auf Domäne 
Merzdorf ist ein geringer Fieberanstieg von 39,7 0 C. beobachtet 
worden. 


*) Hecker hat im Herbst 97 und Januar, Februar 98 von einer 
Lymphe sogar nur l g bis Itf g pro 50 kg Lebendgewicht mit 
glänzendem Erfolge angewandt. 


Von diesen 48 nach Methode I geimpften Thieren erkrankten 
11 Rinder auf der Domäne Cladow 3 bis 4 Tage, 2 Rinder erst 
20 bis 26 Tage und auf der Domäne Marwitz 3 Rinder 3 Tage 
nach der Impfung, in Summa 16 Rinder. 

Dagegen erwiesen sich 32 Thiere activ immun, und zwar 
4 Rinder, 5 Schweine auf der Domäne Merzdorf, 8 Rinder und 

3 Schafe auf dem Rittergute Charlottenhof, 12 Rinder auf der 
Domäne Cladow. 

Bemerkenswertb ist die Thatsache, dass in Merzdorf die 

4 geimpften Rinder und 5 Schweine wiederholt der Ansteckung 
durch Einreiben von virulentem Maulspeichel, durch Einspritzen 
von virulentem Blaseninhalt in die Ohrvene, durch Verab¬ 
reichung von infectiöser Milch aus kranken Eutern sehr hoch¬ 
gradig im ersten Stadium erkrankter Kühe ausgesetzt wurden, 
und trotzdem gelang es nicht, die Seuche hervorzurufen, die 
Thiere blieben dauernd gesund. 

Das bei den 16 Rindern erzielte negative Resultat ist nach 
meiner Ansicht vielleicht darauf zurtickzufübren, dass die be¬ 
treffenden Thiere zur Zeit der Impfung bereits den Krank¬ 
heitskeim aufgenommen hatten und die Lymphe nicht mehr zur 
Wirkung gelangen konnte. 

Die Commission Löffler-Frosch hat bei einem in der 
Praxis angewendeten Immunisirungsversuche auf den Gütern 
Boltenhagen und Rappenhagen (cf. Deutsch. Medic. Wochen sehr. 
6 p. 98 bez. Centralbl. f. Bacter. 9/10. p. 384/85) von 178 schutz¬ 
geimpften Thieren eigentlich nur wenige Thiere einwandsfrei 
immun erhalten können, und zwar nur 3 bezw. 8 Kälber. Hierbei 
ist noch zu berücksichtigen, dass nach einer practischen Be¬ 
obachtung etwa 80 Procent der Kälber, das heisst Absatz¬ 
kälber, überhaupt nicht empfänglich zu sein pflegen. 

Eine gleichmässige wirksame Schutzlymphe habe ich erst 
darstellen können, nachdem ich einen Ochsen angekauft und zu den 
Impfzwecken genügend nach Methode H vorbereitet hatte. Diese 
zweite Versuchsreihe umfasste nur solche Ortschaften und Gehöfte, 
in denen die Thiere nicht direct, sondern nur indirect der Gefahr 
der Ansteckung ausgesetzt waren, z. B. durch den Ausbruch der 
Seuche auf den Nachbargehöften, oder dadurch, dass auf den 
Gehöften seit 14 Tagen die Ställe seuchefrei waren, und nun neue 
Thiere angekauft und eingestellt wurden. 

Bei diesen Thieren sollte nun die passive Immunität durch 
die Impfung hervorgerufen werden. Die Zahl der zu diesem 
Zwecke geimpften Rinder betrug 127 und zwar in den Ort¬ 
schaften Cocceji, Rosswiese und Lorenzdorf. 

Besonders in dem letzteren Orte, Lorenzdorf, sollte die 
Schutzimpfung hauptsächlich aus dem Grunde erprobt werden, 
weil die Seuche seit dem Monat October ununterbrochen fort¬ 
dauerte, indem alle 14 Tage ein Gehöft von der Seuche befallen 
wurde, diese also einen schleppenden Verlauf annahm und zugleich 
der Ort als chronischer Seuchenheerd zu betrachten war. 

Es wurden alle Rinderbestände in den noch übrigen seuche¬ 
freien Gehöften mit Schutzlymphe geimpft Von einer Control¬ 
impfung mit Aphthenvirus musste aus wirthschaftlicher Rück¬ 
sicht Abstand genommen werden, weil die Besitzer nicht mit 
Unrecht dagegen Widerspruch erhoben hätten und ihnen bei 
etwaigen Misserfolgen keine Entschädigung in Aussicht gestellt 
werden konnte. Trotzdem lag die Gefahr der Ansteckung bei 
den schutzgeimpften Beständen dieser Gehöfte sehr nahe! 
Dieselben lagen zwischen den Seuchengehöften vertheilt, sodass 
ein ununterbrochener Verkehr zwischen beiden stattfinden konnte 
und auch stattgefunden hat. 

Als am 21. December v. J. das 7. Gehöft verseuchte, wurde 
am 23. December mit der Impfung, welche nebenbei gesagt, erst 


Digitized by LjOOQie 






31. März 1898. 


BERLINER TH1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


149 


oacb energischen Kämpfen dank der Gemeindevertretung zu 
erreichen war, ununterbrochen begonnen, -und die Seuche hörte 
auf! Es könnte selbstverständlich einfach der berechtigte Ein¬ 
wand, dass damit die Schutzwirkung noch keineswegs bewiesen 
ist, erhoben werden, aber zunächst war der Zweck dieser neuen 
veterinärpolizeilichen Methode erreicht, indem die Seuche im 
Orte unterdrückt war. Der Erfolg war da, und das genügt 
Zugleich habe ich in Lorenzdorf die Probe gemacht, inwieweit 
die Landwirthe an der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche 
auf diesem Schutzimpfungswege mitarbeiten können, und ob 
dieselben in Zukunft und unter der Voraussetzung der erfolg¬ 
reichen Vervollkommnung dieser Schutzimpfungsmethode unter 
sachgemässer Anweisung diese Impfung selbst ausführen können. 
Diese Frage glaube ich im bejahenden Sinne beantworten zu 
müssen. Der Wirthscbaftsinspector Herr Kunze in Lorenzdorf 
hat mich bei meiner mühevollen, und, was ich hier besonders 
betonen will, keineswegs gefahrlosen Arbeit, kräftig unterstützt, 
indem er, allerdings noch in meinem Beisein, in geschickter, 
sachgemässer Weise einen Binderbestand von 20 Stück glattweg 
dnrchimpfte. 

Ich will nur noch darauf hinweisen, dass iu Zukunft die 
Thierseuche-Bekämpfungen voraussichtlich in den Schutzimpftingen 
ihren Abschluss finden werden, und dass weder die Zahl der be¬ 
amteten noch der privaten Thierärzte ausreichen dürfte, diese 
Aufgaben zu erfüllen, und wir gezwungen sein werden, uns Hilfs¬ 
kräfte aus den intelligenten sachkundigen Landwirthen heran¬ 
zubilden. 

Nach den bisherigen thierärztlichen Erfahrungen pflegen die 
Thiere, welche die Maul- und Klauenseuche einmal überstanden 
haben, dauernd immun zu bleiben. Ausnahmsweise aber sollen 
zweimalige Erkrankungen beobachtet worden sein. Bei dieser 
dauernden Immunität handelt es sich natürlich nur um einige Jahre, 
da unsere Haustbiere nach erfolgter Ausnutzung der Schlacht¬ 
bank zum Opfer fallen. Ich habe in Lorenzdorf bei dem Bauer 
Otto Kern ein, dessen Gehöft im December v. Js. verseucht war, 
noch drei ältere Kühe vorgefunden, welche laut Bekundung des 
Ortsschulzen Wilke daselbst, bereits 1891 von der Maul- und 
Klauenseuche befallen waren, aber bei dem jetzigen Ausbruche 
verschont geblieben sind, während alle anderen Thiere im Stalle 
erkrankten. Die Immunität hat demnach bis jetzt sechs Jahre 
angehalten. 

Auch das Siegel’sche Impfverfahren wurde in drei Fällen 
versucht. 

Auf der Domäne Cladow wurden am 5. December v. J. drei 
Ochsen, jedem 70 Gramm Blut von einem kranken Ochsen, im 
Momente der Blaseneruption entnommen, subcutan eingespritzt 
Alle drei Impflinge erkrankten innerhalb drei Tagen äusserst 
heftig an typischer Maul- und Klauenseuche. 

Bei den geringen mir zur Verfügung stehenden Mitteln (im 
Ganzen 700 M.) war es mir nicht möglich, die Versuche, wie ich 
wohl gewünscht, noch weiter auszudehnen, wenn auch nicht in 
meinem, sondern in den benachbarten, noch länger von der 
Seuche heimgesuchten Kreisen. Immerhin ist der Beweis geliefert, 
dass wir thatsächlich nach dem von dem Reichsgesundheitsamt 
und dem Collegen Hecker angegebenen Verfahren im Stande 
sein werden, die Maul- und Klauenseuche erfolgreich zu bekämpfen. 
Zur Zeit sind jedoch noch viele Vorfragen zu erledigen, um die 
Sache in der Praxis durchweg verwerthen zu können. In Bezug 
auf das Hecker’sche Verfahren glaube ich den Beweis für die 
Anwendung in der Praxis allerdings im kleinen Umfange bereits 
geliefert zu haben. Das ist immerhin schon ein Erfolg. Ich 
habe auch weiter den Commissionen den Fingerzeig gegeben, in 


welcher Weise die Lymphegewinnung nach Hecker’schem Verfahren 
im grossen Umfange bewerkstelligt werden muss, um sie dauernd 
zu conserviren, in der Erwartung, dass auch sie endlich 
seinem Verfahren näher treten mögen. Für alle Forscher 
auf diesem Gebiete liegt die grösste Schwierigkeit in der bisherigen 
Unkenntniss des Krankheitserregers und seiner Lebensbedingungen, 
sowie in den bisherigen negativen Resultaten bei der Ueberimpfung 
auf kleinere Thiere. Einen wesentlichen Fortschritt dürfte die 
Hecker gelungene Ueberimpfung auf Katzen bedeuten. 

Auf der Suche nach dem Krankheitserreger will ich nicht ver¬ 
säumen, darauf hinzuweisen, dass in erster Linie die äussere Haut 
und das Knochenmark zu berücksichtigen ist. Nach meiner Ansicht 
ist die Hautdecke hauptsächlich dasjenige Organ, welches den 
Kampf mit dem Krankheitserreger zu führen hat. In ihren 
Gewebsschichten wird sich derselbe am längsten aufhalten, sich 
in den verschiedensten Formen bis zu seiner vollständigen Auf¬ 
lösung vorfinden. Auch das Knochenmark dürfte eine grosse 
Rolle bei der Vernichtung des Krankheitserregers spielen. Ich 
ziehe meine Schlüsse lediglich aus den practischen Beobachtungen, 
dass äussere Haut und Knochenmark am längsten bei der Seuche 
erkrankt bleiben, selbst dann noch krank sind, wenn die Aphthen 
in der Maulhöhle längst abgeheilt sind. 

Unbestreitbar gebührt Hecker das Verdienst, als Thierarzt 
selbständig und unabhängig vom Reichsgesundheitsamte seine 
Forschungen ausgeführt zu haben. Wir andern Thierärzte sollten 
es als ernste Pflicht betrachten, diesem Beispiele nachzuahmen 
und mehr selbständig in der Bekämpfung der Thierseuchen vor¬ 
zugehen, denn die Tilgung der Thierseuchen darf nur Domäne der 
Thierärzte sein. 

Zum Schluss verfehle ich nicht, an dieser Stelle dem Herrn 
Collegen Hecker für die bereitwillige Ueberlassung seines Ver¬ 
fahrens, sowie der Landwirthschaftskammer für die Provinz 
Brandenburg für die Unterstützung der Versuche meinen Dank 
auszusprechen. 


Referate. 

Tannoform oder Jodoform. 

Von Professor F r ö h n e r. 

(MUh. f. Th., Bd. 9, H. 6.) 

Das Jodoform beginnt bekanntlich erst antiseptisch zu wirken, 
wenn es sich unter Berührung mit Eiter zersetzt und freies Jod 
abspaltet. Da nun im Gegensatz zu einer früheren Anschauung 
die Eiterung durchaus keine nothwendige Bedingung für die 
Wundheilung ist, die moderne Chirurgie sich vielmehr bestrebt, 
die Wunden, wenn möglich ohne Eiter zu heilen, so ist das Jodo¬ 
form veraltet. An seine Stelle ist eine Gruppe von Trocken- 
antiseptica getreten, die sich besser bewährt haben. (Es handelt 
sich hierbei natürlich nicht um Nahtwunden, bei denen die Heilung 
per primam intentionem jeder Zeit angestrebt wurde, sondern um 
Flächenwunden.) Zunächst hat man zu versuchen, die Flächen¬ 
wunden unter einem künstlichen Schorf einzudecken. Die Schorf¬ 
behandlung hat für den Thierarzt eine sehr grosse Wichtigkeit. 
Die bisherigen Schorfmittel waren jedoch in ihrer Wirkung ent¬ 
weder zu stark (Glüheisen, Aetzmittel) oder zu schwach. Die 
Einführung der Formaldehydpräparate ist ein erheblicher Fort¬ 
schritt in dieser Beziehung. Sie verbinden tiefgehende Des- 
infection mit vorzüglicher Trookenwirkung. Es kommen hierin 
drei Präparate in Betracht: Glutol — d. i. Formaldehyd mit Ge¬ 
latine —, Tannoform — d. i. Formaldebyd mit Gerbsäure — und 
Amyloform — d. i. Formaldehyd mit Stärkemehl. 

Am bekanntesten ist das Glutol, dessen Wirkung Fröhner 
jedoch als ungleich bezeichnet und gegen welches er namentlich 


Digitized by LjOOQie 



150 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


den Lohen Preis einwendet, indem 100 g Glutol 7 M., 100 g 
Jodoform 3,70 M., 100 g Amyloform 3,50 and 100 g Tannoform 
1,80 M. kosten. Wegen seiner Billigkeit namentlich zieht 
Fröhner dem Glutol das Tannoform vor, von dem er andrerseits 
die gleichmässige nnd bessere Wirkung rühmt. Er empfiehlt 
dasselbe als bestes bezw. billigstes Schorfmittel, welches nament¬ 
lich auf relativ frische Wunden frappirend wirkt; namentlich 
grosse Lappenwunden heilen, wenn sie frühzeitig und sorgfältig 
mit Tannoform bestreut werden, unter geringer Eiterung und 
rascher Vernarbung etwa in der Hälfte der Zeit, welche ähnliche 
Wunden bei Jodoformbehandlung beanspruchen. Dem Jodoform 
gegenüber hat das Tannoform auch noch die Geruchlosigkeit und 
geringere Giftigkeit voraus. Fröhner verwendet es in der Regel 
rein und unverdünnt. Es kann auch mit Talcum 1:5 bis 10 ver¬ 
dünnt werden. 

Cantharidielle Nephritis beim Pferde. 

Von Carougeau, Chef de travaux in Lyon. 

(Journal de Lyon, Aug. 1891.) 

Ein sechsjähriges Pferd lahmte seit zwei Monaten vorn rechts. 
Der Besitzer, welcher mehrere Thierärzte consultirt hatte, ohne 
eine Heilung zu erzielen, wandte sich an einen Kurpfuscher. 
Dieser diagnosticirte eine Schulterlahmheit und rieb auf die 
rechte Schulter und den Oberarm Canthariden-Euphorbiumsalbe 
ein. Die eingeriebene Stelle ging vom oberen Rand der Schulter 
bis zum Ellenbogen und vom Buggelenk bis zum hinteren Rand 
des langen Ellenbogenstreckers. Diese Einreibung hatte an¬ 
scheinend keinen genügenden localen Effect bewirkt und wurde 
desshalb am nächsten Tage wiederholt Die Menge der ins- 
gesammt angewandten Salbe war bedenklich. Der Kurpfuscher 
erhoffte von dieser „energischen“ Behandlung eine rasche Ab¬ 
heilung, das Resultat war aber weniger glänzend. 

Schon am folgenden Tage verweigerte das Thier das Futter, 
schien grosse Schmerzen zu empfinden und schien sehr aufgeregt. 
Sehr rasch zeigten sich die Erscheinungen einer Nephritis und 
liessen die sehr schweren Symptome keine günstige Prognose 
stellen. Das Pferd zeigte in verschiedenen Intervallen schwere 
Kolikschmerzen, die häufigen Bemühungen zu harnen liessen nur 
wenige Tropfen zum Vorschein kommen. Der Harn war roth- 
braun, enthielt Blut und Blutgerinnsel, sowie sehr zahlreiche 
Trümmer von Nierenepithel. Innerhalb zwei Tagen verendete das 
Thier, die Behandlung bestand in Abwaschung der Einreibungs¬ 
stelle,. Verabreichung von Infusen, Bromnatrium und Pilocarpin. 

Die Section ergab ausser intensiver Congestion aller inneren 
Organe eine acute haemorrhagische Nephritis, die direct durch 
Elimination des in hoher Dosis absorbirten Cantharidins verursacht 
war. Es war durch die Nephritis ein plötzliches und totales Auf¬ 
hören der Nierenthätigkeit erzielt, die zu einer rasch tödtlichen 
Intoxication führen musste. 

Ein Flaschenhals als Fremdkörper im Kehlkopf 
eines Pferdes. 

(Vet Record 1897, H. 488.) 

Das fragliche Pferd war an einer leichten Longencongestion 
erkrankt. Der behandelnde Thierarzt verordnete einen „Fieber¬ 
trank“, welchen ein Wärter dem Pferde mit einer alten Cham¬ 
pagnerflasche eingab, die beim Eingeben zerbrach. Der Zustand 
des Pferdes verschlimmerte sich nach Verabreichung des Mittels 
so erheblich, dass der Verf. zu Rathe gezogen wurde. Derselbe 
ermittelte ausser den Erscheinungen einer leichten Lungen¬ 
erkrankung, dass aus dem Maul des Pferdes mit Blut gemischter 
Speichel abfloss und dass der Kopf steif und unbeweglich ge¬ 


halten wurde, wie bei Halsbräune. An der linken Seite der 
Trachea im Bereich der ersten 5 oder 6 Luftröhrenringe war 
eine Anschwellung bemerkbar, welche die Vermuthuug znliess, 
dass ein Fremdkörper in der Speiseröhre vorhanden sein könne. 
Die Schwellung erwies sich indess als eine spasmodische Contraction 
eines der vor der Trachea liegenden Muskeln. Bei Untersuchung 
des Maules zeigten sich Risswunden an der Zunge und an den 
Backen, Verletzungen, welche zweifellos durch die Flasche ver¬ 
ursacht worden waren. Die Auscultation der Luftröhre ergab 
Geräusche, welche bei Behinderung des Luftzutrittes durch 
Schleim oder einen Fremdkörper entstehen. Die Geräusche 
schienen vom untern Ende der Luftröhre zu kommen. Auch die 
Untersuchung der Maulhöhle mit dem Maulgatter führte nicht zu 
einer sichern Diagnose. Es wurde nun vermnthet, dass Glas¬ 
splitter der zerbrochenen Flasche in die Trachea gerathen seien. 
Auf Grund dieser Annahme wurde empfohlen, das Pferd zu 
schlachten. Ehe dies zur Ausführung gelangte, starb dasselbe. 

Bei der Section wurde im Kehlkopf der Hals der zum Ein¬ 
geben benutzten Flasche aufgefanden. Das mit scharfen Spitzen 
besetzte abgebrochene Ende war der Maulhöhle zugewendet und 
hatte sich fest in die Schleimhaut und in die Muskeln des Schlund- 
kopfes eingegraben. Das weitere Vordringen des Flaschenhalses 
in die Luftröhre war durch die starke Ausbauchung desselben am 
Bruchende verhindert worden. Der Zutritt der Athmungsluft zu 
den Lungen war vollständig gesichert, denn das Flaschenbruch- 
stück sass nach Art eines Tubus in den Luftwegen. Der Tod 
des Pferdes trat in Folge gangränöser Prozesse im Kehl- und 
Schlundkopf ein. Vermuthlich hat auch die p. m. constatirte Lungen¬ 
entzündung, deren Cbaracter nicht erwähnt wird, zu dem schnellen 
(Krankheitsdauer 4 Tage) tödtlichen Ausgange beigetragen. 

Reposition des Uter ns vor falls 
ohne vorherige Entfernung der Nachgeburt. 

Von Strebei. 

(Sobw. Arch. Bd. 89. G.) 

Allerhand Bücher empfehlen, vor der Reposition die anhaftende 
Nachgeburt zu entfernen. Dieser an sich richtige Grundsatz hat 
aber auch seine Ausnahmen. Er stützt sich auf die Besorgniss, 
dass die zurückbleibende und faulende Nachgeburt infolge der 
Resorption deletärer Stoffe durch Schleimhautverletzungen gefähr¬ 
liche Folgekrankheiten bewirke. St. ist überhaupt gegen die 
manuelle Entfernung der Nachgeburt, die er durch eine rationelle, 
antiseptische, örtliche Behandlung ersetzt wissen will. Die 
Trennung ist in der Regel nicht ohne Verletzungen ausführbar, 
der Arm des Operateurs auch meist zu kurz, um bis in die Tiefe 
des Uterushorns zu reichen, sodass der Erfolg nur ein theilweiaer 
ist Dann findet doch trotz der Entfernung die Bildung septischer 
Stoffe statt. Strebei löst daher die Nachgeburt seit 25 Jahren 
nur noch bei der Stute, wo dies viel leichter ist Bei Kühen 
wendet er nur reichliche antiseptische Spülungen an. 

Was nun die Belassung der Secundinae auf dem vorgefallenen 
Uterus anlangt, so hat dieselbe nicht die vermeintliche Gefahr, 
selbst nicht für die Stute. St. führt daher 3 von ihm selbst be¬ 
obachtete Fälle an. In allen 3 Fällen hatte der Besitzer selbst, 
bevor St. eintraf, die Reposition sammt Nachgeburt bewirkt. 
Gesundheitsstörungen traten nicht ein, obwohl die Nachgeburt 
nach mehreren Tagen von selbst abging und die Reposition gewiss 
nicht sorgfältig ausgeführt worden ist. Diese Fälle bilden freilich 
noch keinen Anlass, die Regel umzustossen, sie legen aber doch 
die Frage nahe, ob denn das umständliche Repositionsverfahren 
empfehlenswerth ist. Je eher der vorgefallene Uterus zurück¬ 
gebracht werden kann, je leichter lässt sich dies machen. Kurz 
nach dem Vorfall ist er noch wenig geschwollen. Die Leiclitig- 


Digitized by LaOOQie 




31. März 1898. 

keit der Reposition verringert auch die Möglichkeit von Ver¬ 
letzungen. Andererseits sind doch bei der Kuh die Placenten noch 
sehr oft verbunden, sodass sie sich schwer trennen lassen, und 
hierbei kommen erst recht Verletzungen vor. Die Ablösung der 
Nachgeburt ist ausserdem sehr langwierig und die Reposition 
wird dadurch stark verschoben. Die noch festBitzende Nachgeburt 
hindert ausserdem die directe Läsion der Uterusschleimhaut und 
dieser Schutz vor Verletzungen gewissermassen ist sehr wichtig. 
Auch sind die Fruchthüllen erheblich schlüpfriger als der von 
ihnen entblösste Fruchthalter und die mit ihnen überdeckten 
Carunceln können der Zurückbringung des Uterus nur ein geringeres 
Hinderniss entgegensetzen als die entblössten Carunceln. Die 
Schlüpfrigkeit kann z. B. durch Waschungen mit frisch gemolkener 
Milch vermehrt werden. Folgen dann noch laue antiseptische 
Spülungen, so fördert das die Lösung der Fötalplacenta und wirkt 
andererseits der Infection entgegen. 

Ueber die Behandlung der Kolik. 

Von Corpsrossarzt Schwarznecker. 

(Ztachr. f. Veterinärkd Jan 98 ) 

Im Gardecorps ist im 3. Quartal 1897 ein umfangreicher Ge¬ 
brauch von Chlorbarium gemacht worden. Obwohl in drei Fällen 
sich durch die Section ergab, dass Verstopfungen des Darmcanals 
auch durch Chlorbarium nicht hatten gehoben werden können, ist 
die Wirksamkeit des Chlorbariums doch nach den gemachten Be¬ 
obachtungen zweifellos anzuerkennen und das Mittel sicher sehr 
geeignet zur schnellen Beseitigung namentlich leichterer An¬ 
schoppungen. Die sehr bequeme Anwenduugsweise kann jedoch 
dazu verführen, eine vorherige genaue Untersuchung des Pferdes 
zu unterlassen und Sch. hält es nicht für ausgeschlossen, dass 
bei einer zu eiligen Einverleibung schnell wirkender Medicamente 
die Entstehung von Lageveränderungen mit folgenden Zer- 
reissungen begünstigt wird. Namentlich soll die Feststellung der 
Darmfüllung vom Mastdarm aus niemals unterlassen werden. Die 
an bekannten Stellen vorkommenden Verstopfungen werden durch 
langsam wirkende Mittel (Aloe, Ricinus) erfolgreicher behandelt 
werden, als wenn durch die mittelst Eserin oder Chlorbarium an¬ 
geregten Darmbewegungen die Massen noch fester zusammen¬ 
geschoben werden. 

Wenn nach einer genügenden Eserinipjection z. B. eine 
ordentliche Entleerung nicht eintritt, so empfiehlt Sch. einen so¬ 
fortigen Einguss von 500 g Oleum Ricini, 50 Aether sulf. dem ev. 
noch Extractum Aloös zngesetzt werden kann und dessen Ge¬ 
schmack durch Vermischung mit Milch zu bessern ist, den aller¬ 
dings der Thierarzt selber machen muss. Clystiere, Abreibungen 
und Massage mit feuchten Umschlägen unterstützen die Behänd- 
lang. Bei einem Pferde, welches einen Tag lang keine Ex¬ 
cremente abgesetzt batte, wurde durch die Untersuchung Ver¬ 
stopfung der Beckenflexur diagnosticirt Auf Eserininjection hin 
wurden einzelne Kothballen entleert. Die Peristaltik blieb unter¬ 
drückt. Es wurden nun 20 g Aloöextract in Pillen gegeben und 
am Abend der erwähnte Einguss gemacht. Am Morgen war das 
Befinden verschlechtert, die Arterien etwas gespannt, der ver¬ 
stopfte Darmtheil unverändert. Um 11 Uhr wurde Chlorbarium 
0,5 intravenös verabreicht. Trotz lebhafter Darmbewegung kein 
Kothabsatz. Um 1 Uhr nochmals Ricinuseinguss. Die Pulszahl 
war inzwischen auf 80 gestiegen; die Bindehaut dunkelroth Am 
Abend liess die Unruhe nach. Der verstopfte Darmtheil war vom 
Mastdarm aus nicht mehr zu fühlen. Der Mastdarm war wie 
von Anfang an noch leer. Während der Nacht wurden die 
Clystiere fortgesetzt und erst am folgenden Vormittag, am dritten 
Tage der Erkrankung, erfolgte die erste Entleerung. Am vierten 
Tage reichlicher Absatz von Excrementen. Am Abend Durch¬ 
fall. Dann waren die Rrankheitserscheinnngen beseitigt. 


151 


DarmfiberirutT beim Ochsen. 

Beziiks-Thierarzt Schmidt beschreibt in derW. f. Th. No. 6 
eine eigentümliche, aber erfolgreiche Behandlungsmethode. Der 
Patient war seit 6 Stunden krank und sehr unruhig. Bei der 
Untersuchung per Rectum benahm er sich so aufgeregt, wie S. 
noch nie beobachtet hatte. Die Untersuchung ergab, dass eine 
bedeutende Darmpartie über den Samenstrangrest hinübergetreten 
und mit Gasen prall gefüllt war. Alle Versuche, den Ueberwurf 
per Rectum zu lösen, waren vergeblich, eine Operation daher er¬ 
forderlich. Das wollte aber der Besitzer nicht. Nun liess S. den 
Ochsen versuchsweise wiederholt über einen zufällig in der Nähe 
befindlichen ziemlich steilen Berg rasch hinüberführen, und zur 
freudigen Ueberraschung löste sich der Ueberwurf von selbst. 
Als das Thier wieder in den Stall zurückgebracht wurde, war es 
völlig ruhig, suchte alsbald Futter, und eine neuerliche Unter¬ 
suchung zeigte die Lösung des Ueberwurfs. 

Zu dieser Mittheilung bemerkt Herr Voltz in No. 10 der¬ 
selben Zeitschrift Folgendes. Er hat in zwei Fällen in gleicher 
Weise die Reposition des verlagerten Darmstückes herbeigeführt. 
Ein Ochse war seit 17 Stunden krank. Die anfangs stürmischen 
KolikerscheinDngen hatten seit 5 Stunden nachgelassen. Die ver¬ 
lagerte Darmpartie war prall mit Futter gefüllt Die Reposition 
vom Mastdarm gelang nicht. Die Operation wurde vom Besitzer 
nicht genehmigt; er zog die Schlachtung vor. Zu diesem Zweck 
wurde der Ochse 3 km weit geführt. Der Weg nach dem 
Schlachtort fällt im letzten Drittel ungemein steil ab. Zur Ueber¬ 
raschung des Treibers erschien der Ochse nach der Ankunft 
gesund, was die Untersuchung bestätigte. Recidive traten nicht 
ein. Bei einem andern Ochsen wurde unter ähnlichen Umständen 
das Bergabführen mit der Absicht, die Lösung zu bewerkstelligen, 

( versucht. Er wurde vier Mal auf einen % km langen steilen Ab¬ 
hang herabgetrieben Dann ergab sich auch hier die Lösung der 
Verlagerung. In einem dritten Fall führte jedoch dieses Ver¬ 
fahren nicht zum Ziel. 

NachV. scheint dieMethode des Bergabführens nicht neu, sondern 
nur mehr oder weniger vergessen; denn schon Hering giebt an, 
dass es manchmal gelingt, wenn der Darm nicht stark mit Futter 
gefüllt ist. Freilich bleibt dabei die Ursache zum Ueberwurf be¬ 
stehen, da ja der Samenstrangrest erhalten wird. Die vorliegen¬ 
den Fälle beweisen, dass der Erfolg auch erreicht werden kann, 
wenn die Darmtheile stark mit Futter oder Gasen gefüllt sind, 
und dass man bezüglich des Recidives nicht zu ängstlich zu 
sein braucht. Schliesslich bleibt die Lösung durch das Messer 
noch immer. 

Hierzu bemerkt ferner Weigenthal, dass die Reposition 
vom Mastdarm aus ihm überhaupt wenig Aussicht zu bieten 
scheine und dass meist die blutige Operation ausgeführt werden 
müsse. Auch Humann hat in fast allen Fällen die Operation 
mittelst Flankenschnittes bewirkt, während Huber ebenso oft 
vom Mastdarm aus wie durch blutige Operation Erfolg erzielte. 
Die meisten Berichterstatter beschuldigen die übliche Castration 
der Kälber durch Abreissen der Samensträge als mittelbare Veran¬ 
lassung zum inneren Bruch. Attinger jedoch kann dies nicht 
anerkennen. Er hat in 6 Jahren 1950 Thiere castrirt und in 
keinem Falle konnte er feststellen, dass eines derselben später 
wegen des Ueberwurfs oder inneren Bruches zur Behandlung ge¬ 
langt wäre. 

Ueber die Wundbehandlung mit localer Andampfung. 

Von Dr. Beyer. 

(D. med. Wocbenachr. fl/98.) 

Wir 8terilisiren heutzutage unsere chirurgischen Instrumente, 
unser Verbandmaterial und sogar inficirte Kleidungsstücke mit 
strömendem Dampf. Warum behandeln wir nicht die Wunden, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CaOOQie 



152 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 13. 


die wir za heilen bestrebt sind, selbst mit Dampf? Von dieser 
Ueberlegung aasgehend sachte sich Verf. den Dampf in einem 
geeigneten Falle zur Wundheilang nutzbar zu machen. Es 
handelte sich am einen jangen Patienten, bei dem sich im An¬ 
schluss an eine Vereiterung der Achseldrüse, eine 15 cm lange 
Fistel nach der Scapula zu gebildet, bei dem sich weiter 
wandernde Abscesse nach rückwärts zur Scapula und nach vorn 
zum Sternum entwickelt hatten. Die Eiterung war eine abundante. 
Nachdem die Abscesse gespalten waren, erhielt Patient jedesmal 
eine locale Andampfung, indem er % m mit der Brust von dem 
ausströmenden Dampf entfernt sass. Die Temperatur des Dampfes 
an dieser Stelle = 53° C. Die Eiterung liess wie mit einem 
Schlage nach. Sie versiegte binnen weniger Tage so, dass man 
auf dem Verbandzeuge nur noch mehr oder weniger grosse 
Flecke wahrnahm, die dem entsprachen, was man unter pus 
bonum et laudabile versteht. Gleichzeitig füllten sich allmälig 
alle Schnittwunden mit Granulationen aus, das Körpergewicht 
des Patienten hob sich rapide und die Gebrauchsfähigkeit seines 
früher stark behinderten Armes nahm stetig zu. Durch die 
locale Andampfung und der damit einhergehenden Anregung der 
Circulation, Granulationsbildung und Hemmung der Entwicklung 
pathogener Bacterien glaubt Verf. diesen Fall zu einem glück¬ 
lichen Ende geführt zu haben. 

(Jeber die Behandlnng 

kranker Wunden mit Natr. biearbon.-Verband. 

Von V.Guöorgnidvsky. 

(La aemaine mMleale.) 

G. machte, nach einem Referat in der allgemeinen medicinischen 
Central-Zeitung, die wichtige Beobachtung, dass die Anwendung von 
mit 2 pCt Natr. bicarbon.-Lösung getränkten Compressen, die mit 
impermeablem Stoff bedeckt werden, die Wirkung hat, die eitrige 
Secretion zu beschränken, die entzündlichen Phlegmonen zu be¬ 
seitigen und zwar viel rascher als alle anderen bekannten Anti- 
septica wie Carbol etc. Verfasser beobachtete zuerst die 
günstige Wirkung bei einer Phlegmone des Zeigefingers. Nach 
der Spaltung konnte durch eine Jodoform-Perubalsamsalbe weder 
die Eiterung, noch die Schwellung beseitigt werden. Verf. legte 
daher eine Natr. bicarbon.-Compresse auf die Wunde und die 
phlegmonöse übrige Hand und war aufs höchste überrascht, als 
am nächsten Morgen die Eiterung gänzlich geschwunden war. 
Seit dieser Zeit hat Verf. bei einer ganzen Reihe von Fällen 
Gelegenheit gehabt, dieselbe Behandlung anzuwenden. Bei allen 
Fällen wurde erst der Eiterherd incidirt, der Eiter entleert und 
dann auf die Oberfläche der Wunde und auf die benachbarten 
entzündeten Theile Compressen gelegt, die mit 2 pCt Natr. 
bicarbon.-Lösung getränkt waren. Durch diese Behandlung 
wurde stets Aufhören der Schmerzen und der Eiterung und 
rasche Heilung erzielt. G. konnte sich auch öfters überzeugen 
von der Ueberlegenheit des Natr. bicarbon. über die gewöhnlich 
bei diesen phlegmonösen Affectionen gebrauchten Antiseptica: 
jedes Mal, wenn er Natr. bicarbon. durch Jodoformsalbe ersetzte, 
kehrte die Eiterung sofort zurück und verschwand erst nach 
erneutem Gebrauch des Natr. bicarbon. 

lieber den Aderlass, die Brechmittel nnd die Vesieantien. 

Vortrag gehalten von Robin in der Acadömie de mödecine, Paris. 

(Manch. Med. Woch.) 

R. sieht sich veranlasst von neuem die Aufmerksamkeit auf 
diese drei, in der Neuzeit arg vernachlässigten Mittel zu lenken. 
Der Aderlass vermehrt in beträchtlicher Weise den Respirations¬ 
quotienten und die Oxydationsvorgänge in den Organen: der 
Ueberschuss derselben ist porportional der Menge des entzogenen 
Blutes. R. empfiehlt den Aderlass in allen Fällen, wo die 
arterielle Spannung eiue ungenügende ist (Stauungserscheinungen 


bei Herzkranken, acutem Lungenoedem, Gehirnblutung), wo es 
sich um Autointoxication (Uraemie) und Intoxication bacteriellen 
Ursprungs handelt. Bei diesen wirkt der Aderlass als Oxydations¬ 
mittel, begünstigt dadurch die Löslichkeit der Toxine und trägt 
in hohem Grade zu deren Elimination bei. — Die Brechmittel be¬ 
dingen ausser der reinigenden Wirkung auf die Bronchial¬ 
schleimhaut ebenfalls eine Zunahme der Oxydation. Diese 
Wirkungen der Brechmittel auf den intimen Chemismus der 
Gewebe, verbunden mit ihrer völligen Unschädlichkeit, ver¬ 
anlassen R., warm für deren Wiederanwendung im früheren 
Umfange einzutreten; sie haben bei den Bronchialinfectionen den¬ 
selben Werth wie die Abführmittel bei den Magen-Darminfectionen. 
— Am ärgsten wurde der Kampf gegen die Vesieantien geführt. 
Wie wenig gerechtfertigt dies ist, dafür liefert die Wirkung der 
Blasenpflaster den besten Beweis: sie vermehren nicht nur die 
Phagocytose und haben einen günstigen Einfluss auf das Nerven¬ 
system, sondern sie bewirken auch eine Zunahme der Lungen¬ 
ventilation und begünstigen so den Chemismus der Respiration, 
daher ihre Anwendung bei Pleuritis, Pneumonie etc. 

Therapentische Notizen. 

Tetanus-Antitoxin. 

Die in der Ztschr. f. Veterinärkd., Januar 1898 aus dem 
dritten Quartal 1897 mitgetheilten Berichte über die Verwendung 
des Tetanus-Antitoxins in der Armee sind sehr wenig günstig. 
Die Zahl der Misserfolge ist dadurch erheblich gewachsen. 

Im Gardecorps verendete ein Pferd, welches bald nach dem 
Auftreten der ersten Erscheinungen behandelt wurde, schnell, 
zwei andere Pferde konnten unter Hinzuziehung diätetischer 
Behandlung geheilt werden. Die in das neue Mittel gesetzten 
Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, wie dies auch aus den 
späteren Beobachtungen der medicinischen Klinik in Berlin her¬ 
vorgeht. Es gelingt anscheinend nur, die leichten Starrkrampf¬ 
fälle zu heilen, während schwere Fälle kaum beeinflusst werden. 
Schwarznecker führt die anfangs in der obengenannten 
Klinik erzielten viel besseren Resultate darauf zurück, dass in 
der ersten Zeit nach der Entdeckung der Klinik viele leichte 
Fälle von Starrkrampf zugeführt worden sind. Der Grund der 
Veränderung der Resultate dürfte aber auch in einer Veränderung 
der Beschaffenheit des Antitoxins selber zu suchen sein. 

Krolikowsky’tche Verbünde. 

Prof. Krolikowsky in Lemberg (Thierärztl. Hochschule) 
hat in der Koch'sehen Monatsschrift No. 9 eine neue Art von 
Verbänden aus Gaze, Leinewand, Pasten und Gummischnur be¬ 
schrieben. Ohne das Modell gesehen zu haben, bringt man diese 
Verbände selbst nicht fertig. Dieselben sind jedoch nach Prof. 
Hoffmann - Stuttgart äusserst empfehlenswerth. Er schlägt vor, 
dieselben Krolikowsky’sche Verbände zu nennen und empfiehlt 
sie angelegentlich als einen grossen Fortschritt. 

(Zeitschr. für Veterinärkunde Decbr. 1897. 

Creosot gegen Lungenentzündung. 

Casati ordinirt das Creosot in grossen Dosen bei Pneumonie, 
gleichviel welcher Art, in folgender Form: 

Rp. Creosot 25,0 
Tinct. Gent. 50,0 

m. f. Tinct. S. 25—100 Tr. tgl. in etwas Wasser zu nehmen. 

Bei Erwachsenen beginnt er mit 50 Tropfen, am nächsten 
Tage giebt er 100 Tr. und ordinirt bis zur Resolution 50 Tr. tgL, 
bei Kindern 25—75 Tropfen auf Zucker. 

Locale Anaesthesirung. 

Tito Costa empfiehlt zur localen Anaesthesie heisse 
(50—55°) Lösungen von Cocain. Diese anaesthesiren schon 


Digitized by LjOOQie 



81. März 1898. 

1. im Verhältniss von 1:20Ü—250, 2. tritt die Anaesthesie so¬ 
gleich ein, 3. ist die anaesthesirte Zone ausgedehnter, 4. bei 
gleicher Dosis vermindert sich die Toxicität anf die Hälfte. 

Zar Entferaung von Blut 

von Händen, Schwämmen etc. wird empfohlen, einen Theelöffel 
Weinsäure in einem Waschbecken voll lauwarmen Wassers auf¬ 
zulösen und die blutigen Körpertheile etc. — natürlich ohne An¬ 
wendung von Seife — darin zu waschen; in derselben Lösung 
kann man Instrumente, Verbandstoffe etc. abspQlen und dann mit 
frischem Wasser nachspülen. Weinsäure löst Blutfarbstoff sehr 
leicht zu einer bräunlichen Flüssigkeit. 

(Zeitschr. f. Krankenpfl. 4./97). 

Thierhaltung und Thierzucht 

Bestand und Ertrag der preussisohen Landgestüte. 

Der Bestand an Hauptbeschälern beträgt nach dem Etat von 
1898 in den vier Hauptgestüten Trakehnen, Graditz, Beberbeck 
und Neustadt a. Dosse 31 (davon 15 in Trakehneu, 10 in Graditz). 
Mutterstuten stehen in Trakehnen 350, in den übrigen Haupt- 
gestüten 320. Die Gesammtzahl der jungen Hengste und Stuten 
beträgt 1910. In den 18 Landgestüten stehen insgesammt 2748 
Landbeschäler, wovon anf Prenssen 859 fallen. Den grössten 
Bestand zählt das hannöversche Landgestüt Celle mit 250 Hengsten. 
Die Sprung- und Füllengelder beziffern sich auf 1845 240 M. 
Die Gestüte erfordern einen Zuschuss von 1<£ Millionen. 

Einfuhr von Zuchtvieh aus Holland. 

In einigen landwirthschaftlichen Kreisen hatte sich eine Be¬ 
wegung zu Gunsten der Wiedergestattung der Einfuhr holländi¬ 
schen Zuchtviehs geltend gemacht Der Ausschuss des deutschen 
Landwirthschaftsraths hat jedoch erklärt dass die deutsche Rind¬ 
viehzucht dieser Zufuhr nicht bedürfe, und dass das Verbot weiter 
bestehen solle. 

Fürsorge für den saohgemissen Besohlag der Zugoohsen. 

Die Minister für Landwirthschaft und für Handel und Ge¬ 
werbe haben die Landwirthschaftskammern darauf hingewiesen, 
die Schmiedeinnungen, die zur Ertheilung von Qualificationszeug- 
niBsen berechtigten Lehrschmieden, sowie die Prüfungscommissionen 
darauf aufmerksam zu machen, dass in den Lehrschmieden theo¬ 
retisch, und womöglich auch practisch, der Unterricht auf das 
Beschlagen der Klauen der Zugochsen ausgedehnt und darüber 
auch geprüft werde. 


Tagesgeschichte. 

Der thierärztliche Stand in Russland. 

Ueber die Stellung der Thierärzte in Russland ist in 
Deutschland verhältnissmässig wenig bekannt Gelegentlich 
meiner Anwesenheit an Ort und Stelle vermochte ich natürlich 
einen intimeren Einblick zu gewinnen. Zunächst hat mich eine 
Thatsache amüsirt, die man mit dem Motto versehen kann: „Sie 
sind überall dieselben“. Damit meine ich nämlich die Aerzte. 
In allen Kulturländern hat sich der thierärztliche Stand und 
das ganze Veterinärwesen über die Aerzte zu beschweren (was 
ja selbstverständlich persönliche freundschaftliche Beziehungen 
nicht berührt). Eine hundertjährige Geschichte beweist uns, dass 
dieses Verhältniss nicht nur zur Zeit noch immer allgemein ver¬ 
breitet ist, sondern dass es die Entwickelung des thierärztlichen 
Standes von Anfang an begleitet hat. Wir haben nicht das. 
Recht, uns darüber zu beschweren, wenn die Gesammtheit dei 


158 


Aerzte und die Organe des ärztlichen Staudes unsere Angelegen¬ 
heiten nioht fördern; Benevolenz kann man nicht fordern. Aber 
das dürfte man erwarten, dass sie die Entwicklung des thier¬ 
ärztlichen Standes nicht aufhalten, indem sie von einer gewissen 
Eifersucht, scheint es, getrieben, jedem Fortschritt Hindernisse 
bereiten. Die Thierärzte haben, glaube ich, nirgends das be¬ 
sondere Streben, sich speciell mit den Aerzten in Vergleich zu 
stellen; sie wollen ganz frei und ohne jede Bezugnahme auf den 
ärztlichen Stand ihre Stellung sich bilden. 

Hierin erfahren sie auch in Russland, wie es scheint, einen 
allgemeinen Widerstand seitens der Aerzte. So sträuben sich die¬ 
selben dagegen, dass Thierärzte trotz vollgiltiger Studien zur 
Promotion zum Doktor zugelassen werden. Die Thierärzte erwerben 
sich infolgedessen z. Z. nicht den Doktor-, sondern den Magistergrad, 
was mir, nebenbei gesagt, gleich zu sein scheint. Nun besteht ferner 
in Russland die Einrichtung, dass alle Personen mit akademischer 
Bildung durch ein auf der rechten Brust zu tragendes Abzeichen aus¬ 
gezeichnet werden, aus dessen besonderer Form man gleichzeitig den 
Beruf bezw. die wissenschaftliche Stellung des betreffenden zu er¬ 
kennen vermag. Die Thierärzte, da sie Anspruch darauf machen 
können, ihre Bildung als eine akademische anzusehen, mussten 
wünschen, ein derartiges Abzeichen ebenfalls zu erhalten. Sie be¬ 
gegneten aber hier dem entschiedensten Widerspruch der Aerzte, die 
doch, genau genommen, diese Sache gar nichts anging, da die Thier¬ 
ärzte nicht etwa das Arztabzeichen, sondern ein eigenartiges für 
sich verlangten. Schliesslich war aber den thieräztlichen 
Magistern schon vor längerer Zeit ein akademisches Abzeichen 
zugestanden worden und kurze Zeit vor dem Dorpater Jubiläum 
kam zur allgemeinen Freude der Thierärzte die Bestimmung 
heraus, dass sämmtliche Thierärzte ein entsprechendes akademisches 
Abzeichen zu tragen berechtigt seien, die Magister mit gewissen 
Unterschieden von den übrigen. Ein Recht, welches nach Kampf 
erworben ist, erfreut doppelt Es ist aber doch interessant, 
dass auch in Russland ein solcher Kampf gerade den 
Medicinern gegenüber nothwendig geworden ist 

Die russische Veterinärpolizei hatebenfalls inallerjüngsterZeit, 
worauf in der B.T.W. schon hingewiesen ist, einen sehr weiten Schritt 
vorwärtsgethan,dergleichzeitigebenfall8 einen Erfolg gegenüberdem 
Medicinalwesen bedeutet. Es bestand nämlich auch in Russland 
ganz wie bei uns das Verhältniss, dass die den Regierungen zu- 
getheilten Gouvernementsveterinäre Untergebene der betreffenden 
Medicinalbeamten waren. Dieses VerhältnisB ist aufgehoben 
worden. Die Gouvernementsveterinäre sind unter Reorganisation 
ihrer Stellung „selbstständige Dezernenten“, wie man bei uns 
sagen würde, bei den Regierungen geworden. Im Ministerium 
des Innern befindet sich ein Veterinär, Herr P es titsch, als 
factischer technischer Leiter der Veterinärabtheilung. 

Um Licht und Schatten gleichmässig zu vertheilen, sei hervor¬ 
gehoben, dass die Gehälter der preussischen Departements¬ 
thierärzte unvergleichlich besser sind als die der russischen 
Gouvernementsveterinäre. Dagegen können die Veterinärbeamten 
in Russland einen verhältnissmässig hohen Rang erreichen. Der 
Rang richtet sich nämlich nicht nach der Dienststelle, sondern 
innerhalb gewisser Beamteukategorien erfolgt einfach ein gleich- 
mässiges Aufsteigen nach dem Dienstalter, selbstverständlich bis 
zu einer gewissen, nach unsern Begriffen aber für die Veterinäre 
recht hoch bemessenen Grenze. 

Was die Militärveterinäre anbetrifft, so sind dieselben eben¬ 
so wie bei uns, nicht Officiere (das Gegentheil wird oft irrtbüm- 
lich angenommen), sondern sie sind obere Militärbeamte. Ihre 
Rangstufen entsprechen jedoch bestimmten Officiersgraden, denen 
dann auch die den Veterinären zuertbeilten Rechte gleichen. 
Das Aufsteigen geht durch verschiedene Rathsstufen (Hofrath, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 





BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Collegienrath, Collegienaseessor) hindurch bis zum Staatsrath, 
weloher eine Stellung zwischen dem Oberst und dem Brigade- 
commandeur einnimmt, und als persönliche Auszeichnung auch 
bis zum wirklichen Staatsrath, der in Russland das Prädicat 
Excellenz führt, und auch thatsächlich dem Generallieutenant 
gleichgestellt ist. — Beiläufig sei übrigens erwähnt, dass in 
Russland zwischen der Garde einerseits und den Provincial- 
armeecorps andrerseits auch betr. der Officiere und ihrer Rang¬ 
stellung im Gegensatz zu unserer Armee sehr erhebliche Unter¬ 
schiede bestehen, was sich aus der ungeheuren Verschiedenheit 
aller Verhältnisse zwischen den verschiedenen Garnisonen des 
weiten Reiches und auch wohl aus einer Verschiedenheit des 
Bildungsgrades genügend erklärt 

Aas dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar. 

Der weimari8che Landtag beschloss, dass aus den Ueber- 
schüssen früherer Jahre 40,000 M. bereit gestellt werden zur 
Bildung eines Reservefonds für eine Landesviehversicherungsanstalt, 
welche die Rückversicherung der Rindviehversicherungsvereine 
des Grossherzogsthums zu übernehmen hat. Der Staat garantirt 
jetzt 10 pCt. Zuschuss zu den Schadensregulierungen der Vereine. 

Eine neue Taxordnung für Thierärzte, welche der königlich 
sächsischen Taxe nachgearbeitet ist, hat die Sanction des Land¬ 
tags erhalten. 

Die Bezirksthierärzte erhalten vom Jahre 1899 ab ein festes 
pensionsberechtigtes Gehalt von 1400—2200 M. Altersstufen 
dreijährig 100 M. — Höchstgehalt nach 18 Dienstjahren. Da 
keine Kilometergebühren gewährt werden, so sind Pferdegelder 
in fester Höhe von 1200 M. pro anno und Stelle ausgeworfen. 
Daneben bei Dienstreisen Tagegelder und Pferdefutter (1 Ration 
= 75 Pfg.) Zulässig pro Tag und Pferd 3 Rationen. Das sind 
8ämmtlich sehr dankenswerthe Hassregeln. 


No. 18. 

Cornevin. 

Ueber die Thätigkeit des Professors Cornevin, dessen Tod 
bereits neulich in der B. T. W. mitgetheilt wurde, bringt das 
Schw. Arch. £ Th. noch folgende Angaben. — Die wissenschaft¬ 
liche Thätigkeit war eine ausserordentlich umfangreiche und un¬ 
ermüdliche. An erster Stelle ist das klassische Lehrbuch der 
allgemeinen Thierzuchtkunde zu nennen, welches 1891 erschien, 
und an welches sich 1895 als Vervollständigung ein Lehrbuch 
der speciellen Thierkunde, betreffend das Hausgeflügel, und 1897 
ein Werk, die kleinen Säugethiere anschloss. 1885 erschien seine 
erste interessante Studie über den Rothlauf der Schweine, 1887 
ein umfangreiches Werk, die Giftpflanzen und die Vergiftung 
durch dieselben, 1892 ein Werk über die Bedeutung der in¬ 
dustriellen Rückstände bei der Fütterung des Viehes. Dieses 
Buch hat für die Landwirthe einen ganz besonderen Werth. 
(Dann wäre es vielleicht nützlich es in das Deutsche zu übertragen?) 
1894 erschien ferner das von Cornevin in Gemeinschaft mit 
Lesber verfasste Lehrbuch der Bestimmung des Alters der Haus- 
thiere mit sehr schönen Zeichnungen — ein Werk, das seines¬ 
gleichen nicht hat und dessen Schlüsse auf Tausenden von 
Beobachtungen und Präparaten sich aufbauen. Die grösste Ver- % 
breitung hat die bekannte Studie über den Rauschbrand des 
Rindes von Arloing, Cornevin und Thomas gefunden, eine 
Studie, die von den Academien der Wissenschaften und der 
Medicin, von der nationalen landwirthschaftlichen Gesellschaft 
und dem Verein der französischen Landwirthe preisgekrönt wurde, 
und welche bekanntlich das Wesen des Rauschbrandes aufklärte 
und die Rauschbrandschutzimpfung einführte. Seit 1876, wo 
Cornevin als Professor der Thierzucht an der Thierarznei¬ 
schule von Lyon seine Lehrthätigkeit begonnen hatte, war er 
gleichzeitig Redacteur des Journal de Lyon. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(UittheiUngen für 

Seochenstatistik and Veterinärpolizei. 

Veterlnirpellzsl In Ungarn 1896. 

Das Veterinärpersonal bestand aus 2 Inspectoren, 8 Ober¬ 
thierärzten, 30 Staatsthierärzten erster, 21 zweiter und 28 dritter 
Klasse. Ei8 bestanden 62 staatsthierärztliche Bezirke; die übrigen 
Thierärzte waren in besonderen Aemtern beschäftigt. Im Ganzen 
zählte Ungarn (excl. der Armee) 882 Thierärzte. 

Der Gesammtthierverlust betrug im Berichtsjahre an: Milz¬ 
brand 190 Pferde, 1703 Rinder und 800 Schafe; Rotz 681 Pferde, 
Tollwuth ausser den Hunden 265 Nutzthiere; Lungenseuche 
1104 Rinder; Pocken 254 Schafe; Maul- und Klauenseuche 
824 Rinder, 188 Schafe, 80 Schweine. — Von Schweinen gingen 
21 306 Stück an Rothlauf und 670 835 Stück an Schweineseuche 
zu Grunde. — Unter Zurechnung der bekannt gewordenen Ver¬ 
luste durch sonstige Krankheiten sind 10496 Pferde (0,53 pCt. 
des Gesammtbestandes), 14 599 Rinder (0,27 pCt.), 30977 Schafe 
(0,38 pCt) und 708137 Schweine (7 pCt des Gesammtbestandes 
und 249 000 mehr als im Vorjahre) zu Grunde gegangen. Von 
diesem Gesammtverlust kommen auf die vorstehend angeführten 
Seuchen bei Pferden, Rindern und Schafen nur verhältniss- 
mässig kleine Bruchtheile, nämlich rund 1000 Pferde ( l /i 0 ), 
4000 Rinder (nicht ganz ‘/ 3 ), 1500 Schafe ( 4 /ioo)- Dagegen sind 
die Schweine bis auf einen geringen Bruchtheil (»/,«;) *** Seuchen, 
und zwar zu 94pCt. desGesammtverlustes und 6)$ pCt. des Ge¬ 
sammtbestandes an Schweineseuche,verloren gegangen. 
Dies bedeutet einen Schaden von 30 bis 40 Millionen. 

Die Verluste an Geldwerth betrugen beim Milzbrand 147 000 fl. 
Von der Tollwuth wurden überdies 1274 Hunde befallen; ausser¬ 
dem sind wegen Wuthverdacht 3826 Hunde beseitigt worden. 
Die Tollwuth ist seit 1893 im Zunehmen begriffen. Der Rotz 


Veterinärbeamte.) 

hat gegen das Vorjahr um 45 pCt. abgenommen (Geldverlust 
65 000 fl.). Die Maul- und Klauenseuche trat während des 
Berichtsjahres auf in 3649 Gemeinden und 129 241 Gehöften 
mit einem Thierbestande von 572 809 Rindern, 178 000 Schafen 
und 83000 Schweinen. Die Seuche war im Frühjahr 1896 auf 
einen Stand von 40 Gemeinden zusammengeschrumpft und begann 
sich dann so rapid auszubreiten, dass August ca. 600 und 
November ca. 1400 Gemeinden verseucht waren. Ende des 
Jahres standen noch 713 Gemeinden unter Sperre; am rechten 
Donau-Ufer war die Verbreitung am stärksten; im Allgemeinen 
war der Seuchenverlauf mild. 

Anlässlich der Lungenseuche wurden ausser den oben 
erwähnten 1104 kranken und seucheverdächtigen (polizeilich ge- 
tödteten) Rindern noch 7563 Stück wegen Ansteckungsverdacht ge¬ 
schlachtet, so dass der Gesammtverlust eigentlich 8657 Thiere 
beträgt; das inficirte Gebiet war erheblich kleiner als im Vor¬ 
jahre (8—6 Comitate; 22, am Schluss 7 Gemeinden). Die Seuche 
nimmt seit Einführung des neuen Tilgungsverfahrens stetig ab. 
Es wurden unter Entschädigung getödtet und geschlachtet 1894: 
17125, 1895: 11071; 1896: 7439 und desgl. ohne Entschädigung 
3799, 928, 1256. Die Gesammtverluste betrugen also in den 
3 Jahren 20924, 11999, 8695 Stück, d. h. im Berichtsjahr 59 pCt. 
weniger als zwei Jahre früher. 

Thierseuchen In der Schweiz 1897. 

Die Lungenseuche ist im Berichtsjahr nicht vorgekommen. 
An Rauschbrand gingen 672, an Milzbrand 324 Thiere ein. Die 
von der Maul- und Klauenseuche betroffenen Bestände zählten im 
Ganzen 10 342 Haupt gegen 2800 im Voijahre. Darunter waren 
7801 Stück Grossvieh, 2541 Stück Kleinvieh. Als geschlachtet, 
bezw. umgestanden sind von beiden je 700 Stück angegeben. 


Digitized by 


Google 





31. März 1898. 


BERLINER THIERÄRZTL1CRE WOCHENSCHRIFT. 


165 • 


Die Tollwoth kam bei 78 Thieren vor; ausserdem wurden 101 
verdächtige getödtet. Vom Rotz sind 58 Fälle und vom Rothlauf 
3247 vermerkt. 

RothlauMmpfanstalt zu Prenzlau. 

In der vorigen Nummer ist in der Mittheilung der oben 
genannten Anstalt durch Auslassung eines Wortes eine Fassung 
entstanden, welche zu Missverständnissen Veranlassung geben 
könnte. Es soll nämlich heissen: von Mitte bis Ende Mai ab 
kann jeder Nachfrage genügt werden. (Das „ab“ war aus¬ 
gelassen worden, sodass man hätte glauben können, dass nur im 
Mai die erhöhte Production stattfände.) 

Was doch alles von einem Schulzen verlangt wird! 

Folgende köstliche Anzeige und Entschuldigung, die ein 
biederer Ortsvorsteher an seinen Landrath richtete, sei hier mit- 
getheilt: 

Dem Königl. Landrathsamt zu R. die ergebene Auzeige, 
dass dem Maurer N. sein Schwein gestern Abend an Rothlauf 
krank heut früh crepirt ist. Wie mir vorhin vom Königl. Land¬ 
rathsamt bemerkt worden ist, dass das Schwein bis zur Be¬ 
sichtigung am Leben bleiben soll, konnte ich nicht verhindern, 
da mir von dem Betreffenden keine Anzeige gemacht worden ist. 

N., Oltsvorsteher. 

Fleischschau und Viehverkehr. 

Vieh- und Fielschelnfuhr In England im Jahre 1897. 

Lebend wurden vom Auslande 618 336 Rinder nud 611504 
Schafe eingeführt. Die Rindereinfuhr zeigt gegen das Vorjahr 
1896 eine Zunahme von 10 pCt., dagegen hat die Schafeinfuhr 
weiter abgenommen, und zwar um 26 pCt. Die bedeutende Ab¬ 
nahme der Schafeinfnhr ist durch die am 1. Januar in Kraft ge¬ 
tretene Anordnung, welche bestimmt, dass das sämmtliche vom 
Auslande kommende Schlachtvieh innerhalb einer kurzen Frist 
an den Landungsplätzen abgeschlachtet werden muss, veranlasst 
worden. Der Werth der eingefübrten Rinder ist auf 10 461 236 Strl., 
der der Schafe auf 919 096 Strl. geschätzt, gegen das Vorjahr 
hat demnach der Werth der Lebendvieheinfuhr um 914 643 Strl. 
zugenommen. An der Einfuhr haben sich betheiligt die Ver¬ 
einigten Staaten mit 67,33 pCt. bei den Rindern und 30,54 pCt. 
bei den Schafen, Canada mit 20,45 pCt. resp 10,42 pCt., Argentinien 
mit 11,95 pCt. resp. 56,45 pCt. und die übrigen Länder mit 
0,27 pCt. resp. 2,59 pCt., hier ist bei den Schafen namentlich 
Island betheiligt. 

Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Handbuch der thierärztllohen Chirurgie und Geburtshülfe, heraus¬ 
gegeben von Professor Dr. Jos. Bayer-Wien und Professor Dr. Eugen 
Fröhner-Berlin. 

Krankheiten des Magens und Darmes. 

Wenn die Herausgeber der thierärztlichen Chirurgie, die 
Herren Professoren Dr. Bayer und Dr. Fröhner, es verstanden 
haben, n : cht nur Deutsche, sondern auch Ausländer mit hoch 
klingenden Namen, wie Cadiot, de Bruin, Guttmann, 
Vennerholm und Zschokke, die Specialisten in ihren Fächern 
sind, zur Bearbeitung einzelner Capitel des grossen Sammel¬ 
werkes lieranzuziehen, so können wir ihnen nur dankbar sein. 
Das Werk erhält hierdurch nicht nur einen internationalen 
Characfer, sondern es liegt auch nahe, dass die Ausländer die • 
Litteratur ihres Heimathlandes mehr und eingehender berück¬ 
sichtigen als die deutsche Litteratur, womit aber durchaus nicht 
gesagt sein soll, dass die letztere vernachlässigt ist Andere 
Bedingungen, andere äussere Verhältnisse veranlassen andere 
Massnahmen. Daher werden viele Operationen von anderen 
Gesichtspunkten aus beschrieben werden, und dies ist von sehr 
grossem Vortheile gerade für den practischen Thierarzt, der zu 
Litteratur8tudien keine Zeit besitzt, dem es aber dennoch bei Durch- 


Die Einfuhr von frischem Fleisch betrug 3010387 Ctr. 
Rindfleisch, 3 193 276 Ctr. Schaffleisch und 347 617 Ctr. Schweine¬ 
fleisch. Die Fleischeinfuhr hat gegen das Vorjahr um 697 011 Cir. 
zugenommen. Die Mehreinfuhr beträgt beim Rindfleisch über 
13 Proc., beim Schaffleisch ganze 10 Proc. und beim Schweine¬ 
fleisch ungefähr 16 Proc. Der Werth des eingeführten frischen 
Rindfleisches ist auf 5 783 667 Strl., der des Schaffleisches auf 
4 827 868 Strl. und der des Schweinefleisches auf 765 128 Strl. 
geschätzt. Der EiDfuhrwerth hat sich demnach im Ganzen um 
942018 Strl. gesteigert. In folgendem Verhältniss haben sich 
die nachbenannten Länder an der Einfuhr betheiligt: 


Vereinigte Staaten 

Rindfleisch 
74,88 pCL 

Schaffleisch 

Schweinefleisch 

Andere Länder 

25,52 „ 

0,20 pCt. 

24,33 pCt. 

Deutschland 

— 

0,07 „ 

— 

Holland 

— 

8,35 „ 

65,08 pCt. 

Belgien 

— 

— 

10,59 „ 

Argentinien 

— 

28,46 pCt. 

— 

Australien 

— 

62,92 „ 

— 


Die Rindfleischeinfuhr ist äquivalent einer Einfuhr von 463 100 
Ochsen ä 67a Ctr., die Schafeinfuhr gleich 1596 000 Schafen 
ä 56 Cb. (engl.), die Schweinefleiecheinfuhr gleich 231 440 
Schweinen ä 17a Ctr. 

Bezüglich der Gestaltung der Vieh- und Fleisch- 
einfuhr zu den Voijahren zeigt sich, dass das Ausland, be¬ 
sonders die Vereinigten Staaten und Argentinien bestrebt sind, 
den englischen Markt nur mit bestem Vieh zu versehen und 
besonders Argentinien macht in dieser Hinsicht gewaltige An¬ 
strengungen, seine Zuchten durch den Import erstklassiger Zucht- 
thiere zu verbessern. 

Die Einfuhr von gekühltem Fleisch aus den Vereinigten 
Staaten zeigt eine stetige Zunahme, daneben suchen dieselben 
jetzt nach Benutzung neuer Dampferlinien für ihre Schweinefleisch- 
producte (Schinken, Rücken, Würste) Absatzgebiete zu schaffen. 
Auch Holland und Belgien werfen von Jahr zu Jahr mehr Schaf- 
und Schweinefleisch auf den englischen Markt. Aus Deutschland 
dagegen geht der Export von Schaffleisch nach England immer 
mehr zurück. Die Marktlage für gefrorenes Fleisch ist in Eng¬ 
land wenig günstig und zeigt im Verhältniss zu den anderen 
Einfuhren die Einfuhr von gefrorenem Fleisch in England nur 
eine geringgradige Zunahme. Kühn au. 

sicht des grossen Sammelwerkes ermöglicht wird, verschiedene 
Operations-Methoden in seiner Praxis anzuwenden. 

Der Name Guttmann’s spricht schon für die Gediegenheit 
der Arbeit. Guttmann beschreibt im III. Bande H. Theil 

1. Lieferung die chirurgischen Krankheiten des Magens und 
Darmes auf 111 Seiten und handelt dieselben in folgenden 
Groppen ab: 

1. Fremdkörper im Verdauungscanal (Darmnähte), 2. Darm¬ 
fisteln, 3. Darmeinschiebung, 4. Achsendrehung des Darmes, 
5. Vorfall, 6. Eingeweidebrüche A. äussere Brüche, B. innere 
Brüche. 

A. Bei den äusseren Brüchen sind beschrieben 1. Nabelbruch, 

2. Leistenbruch a. beim Hengste, b. beim Wallach, c. Peritoneal- 
Scrotalbruch beim Hengste, d. Leistenbruch bei Wiederkäuern, 
e. Leistenbruch beim Hunde, f. Leistenbruch beim Eber, 3. Bauch- 
brucb, 4. Mittelfleischbruch, 5. Schenkelbruch. 

B. Bei den inneren Brüchen sind abgehandelt 1. der Ueber- 
wurf, 2. der Zwerchfellbruch, 3. Bruch des Winslow’schen Loches. 

Obwohl die Magendarmkrankheiten der Thiere ihrer 
schwierigen Diagnose wegen seltener zur Operation Veranlassung 
geben werden, wie beim Menschen, so mnss doch hervorgehoben 
werden, dass die genaue und ausführliche Beschreibung der Darm- 


Digitized by 


Google 








156 


naht, die allein 11 Seiten umfasst, für ein so gross angelegtes 
Sammelwerk, wie es das Bayer’sche und Fröhner’sche ist, am 
Platze ist und dass es als Mangel betrachtet werden müsste, 
wäre sie nicht in dieser Weise abgehandelt. 

Bei der Beschreibung der Behandlung der Nabelbrüche 
möchte ich ein Verfahren erwähnen, das nicht veröffentlicht ist. 
Professor Di eck erhoff beschrieb dasselbe in seiner Vorlesung 
über Geburtshülfe. Di eck erhoff empfiehlt einen Tassenkopf 
oder eine Schale zu nehmen, deren oberer Rand die Grösse 
des Nabelbruches besitzt, dieselbe \ mit Schwefelsäure zu füllen, 
sie fest an den Nabelbruch zu drücken und dann einen leichten 
Schlag gegen den Boden der Schale resp. Tassenkopf aus¬ 
zuführen. Es werden hierdurch nur diejenigen Tlieile der Haut 
mit Schwefelsäure befeuchtet, die innerhalb des Randes der 
Tasse liegen. Das Verfahren ist sehr practisch und kann 
empfohlen werden. 

Sehr interessant sind die von Guttmann bei 26 Fohlen 
ausgeführten Radicaloperationen des Nabelbruches mit Exstirpation 
des inneren Bruchsackes und Vernähung des Bruchringes 
mit Catgat. Bei 20 Fohlen traten Recidive auf. Jetzt operirt 
G uttmann nach dem Vorgänge von Hering und Siedamgrotzki 
mit Einstülpung des inneren Bruchringes und näht mit Seide. 
Bei sechs im Jahre 1896 operirten Fohlen trat kein Recidiv auf. 

Alle Capitel der Guttmann’schen Abhandlung über die 
chirurgischen Krankheiten des Magendarmkanals sind so aus¬ 
führlich, so ausgezeichnet mit Berücksichtigung sämmtlicher 
Litteratur abgehandelt, dass diese Arbeiten eine Zierde der 
Chirurgie bilden. Dr. To epp er. 

Schnaltz: Ossa extremitatum equl et Insertionea musculorutn. Die 
Glledmassenknochen des Pferdes mit Einzelohnung der Insertionen von 
Muskeln, Sehnen und Bändern. Atlas in 18 Tafeln. Darüber, dass die 
Osteologie ein sehr wesentlicher und practisch wichtiger Theil 
der Anatomie ist, braucht kein Wort verloren zu werden. Merk¬ 
würdigerweise fehlten bisher auch nur einigermassen genügende 
Abbildungen der Knochen des Pferdes. Der oben genannte Atlas 
bringt zweierlei. 

Er stellt erstens auf 9 Tafeln die Knochen der Vorder¬ 
gliedmassen und der Hintergliedmassen (einschliesslich des 
Beckens) in dem Massstabe von V, der natürlichen Grösse dar. 
Diese Grösse ermöglicht die Wiedergabe aller Einzelheiten. 
Ausserdem sind die Knochen — Dank einer sehr genauen Aus¬ 
nutzung des Raumes — alle in mehrfachen Ansichten (Aussen-, 
Innen-, Vorder- und Hinterfläche) abgebildet. Namentlich haben 
auch die Gelenkflächen eine besondere Darstellung erfahren, wie 
z. B. das Kniegelenk durch vier übereinandergestellte Ansichten 
in allen seinen Theilen einzeln hervortritt Auch die Vorder- 
fusswurzel und das Sprunggelenk sind mit allen Knochen¬ 
einzelheiten veranschaulicht worden. 

Zweitens aber sind die Insertionen der Muskeln, Sehnen und 
Bänder in der Weise dargestellt, dass die Grenzen ihrer Ursprungs¬ 
felder auf den Knochen durch Linien umgrenzt sind. In der 
genauen Feststellung dieser Insertionsfelder, die bisher mangelte, 
steckt zugleich die wissenschaftliche Arbeit des Werkes. Damit 
aber die Abbildungen der Knochen selbst nicht durch ein Wirr¬ 
warr von Linien gestört werden, sind die Insertionsfelder auf 
neun besondere Tafeln in durchsichtigem Papier hergestellt. 
Jeder Knochentafel ist — und das ist ebenfalls ein Novum — 
eine transparente Tafel mit den zugehörigen Insertionsfeldern 
vorgeheftet. Legt man nun letztere auf die Knochentafel auf, so 
sieht man die Knochen fast unverschleiert und mit den Insertions¬ 
feldern bedeckt. Auf allen Zeichnungen sind die Benennungen 
direct beigedruckt. Zugleich ist die neue Benennnngsweise (Be- 


No. 13 


Schluss des Berner Congresses) bereits angewendet und es sind jeder 
Tafel Tabellen beigegeben mit Nebeneinanderstellnng der fortab 
anzuwendenden lateinischen, der deutschen und französischen 
Namen mit Anmerkungen. Indem ein französischer Text bei¬ 
gegeben wurde, ist zugleich der Versuch gemacht, das Werk, 
welches die erste, jedoch selbstständige, Lieferung eines voll¬ 
ständigen grossen Atlas der Anatomie des Pferdes dar¬ 
stellt, zu einem internationalen zu machen. Die bisher im Aus¬ 
lande schon erschienenen (französischen, englischen, holländischen) 
Kritiken rühmen übereinstimmend den Atlas als eine Glanz¬ 
leistung der Zeichenkunst und loben auch die Anschaulichkeit 
und Genauigkeit des anatomischen Arrangements und erkennen 
die Nützlichkeit des Werkes an. Dasselbe ist dem Veterinär- 
Institut zu Jurjew zu dessen Jubiläum gewidmet.*) 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Director der thicrärztl. Hochschule in 
Hannover Geheimrath Dr. Dammnnn wurde das Ehrenkreuz III. CI. 
des Lippeschen Hausordens verliehen. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt W i 1 1, bisher 
Assistent an der Thieräiztl. Hochschnlc in Berlin, für den 
Kreis Apenrade, Bezirksthierarzt Joseph Imminger- Donauwörth 
zura Kreisthierarzt an der Regierung von Unterfranken und Aschaffen¬ 
burg. — Der Kreisthierarzt Friedr. Stein- Dessau ist zum Oberross¬ 
arzt, Thierarzt Ludwig Honiginnnn - Dessau zum Marstall-Ross- 
aizt am herzogl. Marstall in Dessau — ernannt worden. 

Versetzt: Kreisthierarzt Struve - Sonderburg in die Kreistliier- 
arztstelle des Kreises Kiel. 

Es sind «ewälilt worden: Thierarzt Claus Grcggers-Hildes- 
lieiin zum 2. Assistenten des Schlaclithofdirectors in Elberteld, 
Schlachthofinspector S t e i n - Ballenstedt a. Harz zutn Schlachthaus¬ 
inspector in Bernburg, Rossarzt Patsch ke provisorisch zuin 
Schlachthausverwalter in Zoppot. 

Wohniltzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Dr. 0. Müller, bisher Assistent an der Veterinärklinik in 
Jena nach Hvidding (Schleswig, Quarantäne - Anstalt), Thierarzt 
E gg e r t - Oscherslebeu nach Lehesten. — Thierarzt W. Schaar¬ 
schmidt hat sich in Naunhof bei Leipzig, Thierarzt F. Ulrich 
in Ziesar — niedergelassen. 

Todesfälle: Bezirksihierarzt a. D. Ph. W e r n e r-Germersheim. 

Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen 

(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in 
Osnabrück. — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht ausge¬ 
schrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle 
(500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühreni. 

Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneSteIlen: 
Aachen: Schlachthofthierarzt (25C0M.). Bew bis 15. April an Schlacht- 
hofdirector Bookeltnann. — Reuthen: 2. Schlachthofthierarzt (2000M., 
Wohnungsgeld 432 M.). Bew. an Magistrat — Celle: Schlacbthof- 
inspector (2400- 3600 M. Dienstwohnung, Heizung, Beleuchtung. 
35t M. Nebeneinnahme) Bew. bis 1. April an Magistrat. — Elbing: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. 

Privatsteilea: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an Uen Amtmann. 

— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): 
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. 

— Gleschendort (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 

— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam;: Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau'. Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thier¬ 
arzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
E i n b c c k (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle - Magdeburg 
(Schlachthof i. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarsch acht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel- 
maun in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Scbw.). — Strass¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstellen: Bernburg, Elberfeld, 
Zoppot. Privatstelle Lehesten. 

*i Eine Anzahl der schon vor dem Erscheinen des Werkes im 
Buchhandel an Kedactionen versandten Exemplare ist versehentlich 
ohne diese Widmung ausgegeben worden, was wir tu vermerken 
ersucht sind. 


Verantwortlich filr den Inhalt (excl. tmeratenthell) Prof. Dr. Schraaltz in Berlin. - Verla* und Kis-onthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Bdzenstein. Berlin. 


BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 





j>le „Berliner Thier&rxtliche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in St&rke von mindestens 1'/« Bogen. Dieselbe 
Ist in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., l.uisenstrasse 3«;. zum Preise von 
Mk. ?>.— |-ro Vierteljahr. 


Berliner 


Origiualbeitrage werden mit 60 Hk. ihr den Bogen honorirl 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*, 
Berlin, thierirztllche Hochschule. NW., I.uiseiisiras-e Mi, 
Corrccturen, ltecenslons-Kzeiuplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heransgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 14 . 


Ausgegeben am 7. April. 


Inhalt: Foth: Die Erhitzung der Magermilch im Sinne des $ 61 der Bundesraths-Instruction zum Reichs- 
vicli seuchen- Gesetz — Schmidt: Die Lungcnscuchelymplic-Anstaltin Halle a. S. — Bermbach : Ucber die 
kreisthierärztliche Stellung (siche die Beilage). — Krüger: Die Besserstellung der Kreisthierärzte (siehe die Beilage). — Referate: 
Schmidt: Studien und Versuche über Ursache und Behandlung der Gebärparese. - Schwendimann: Castration der Stuten. — 
Koch’s Methode der Rinderpest-Impfung. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oe ff entlieh es Veterinär- 
wesen: Seuchenstatistik und Vctcrinärpolizci. — Fleischschau und Viehvcrkehr. — Bücheranzcigen und Kritiken.— 
Personalien. — Vacanzen. 


Die Erhitzung der Magermilch im Sinne des § 61 
der Bund8sraths-lnstruction zum Reichsviehseuchen- 

Gesetz. 

Voj 

Dr. Foth, Kreisthierarzt in Wreechen. . 

Vortrag, gehalten in der Sitzung des thicrärztl. Provinzial - Vereins 
zu Posen am 20. März 1898. 

M. H.! Die Verfügung des Herrn Regierungs-Präsidenten 
zn Posen vom 3. März 1897 bestimmt, dass die Behörden ihre 
Entscheidungen in der Frage der Milchsterilisirung zu Zeiten der 
Seuchengefahr „im besonderen Falle von einer vor¬ 
gängigen sorgfältigen Prüfung der Einrichtungen der 
betreffenden Molkereien, eventuell unter Znziehang 
des Kreisthierarztes“, abhängig machen. 

Die Bestimmung setzt voraus, dass der Kreisthierarzt mit der 
Einrichtung und dem Betrieb der Sammelmolkereien hinlänglich 
vertrant ist. 

Nun ist es jawohl nicht schwierig, sich in einer Molkerei 
während des Betriebes an der Hand der Angaben des Molkerei¬ 
leiters von dem Vorhandensein von Sterilisirapparaten und von 
dem Wärmegrade der erhitzten Magermilch Ueberzengung zu ver¬ 
schaffen. 

Damit ist aber die Aufgabe des Kreisthierarztes nicht er¬ 
schöpft. Um den Grad der Erhitzung zn controliren, würde ein 
Polizeibeamter auch ausreicheu. 

Der Kreisthierarzt soll vielmehr prüfen, ob die Einrichtungen 
die Sicherheit dafür bieten, dass die fragliche Milch gehörig ab¬ 
gekocht oder in der im § 61 Absatz 3 der Instrnct. vorgeschriebenen 
Weise erhitzt wird. 

Es wird von ihm also ein Urtheil darüber verlangt, nicht ob 
der eventuell vorhandene Apparat überhaupt im Stande ist, 
die erforderliche Temperatur zu erzielen, sondern ob er vermöge 
seiner Einrichtung die Sicherheit bietet, dass diese Temperatur 
auch immer erreicht wird. 

Das ist aber ungleich schwieriger. Vielfach trifft man z. B 
Milcherhitznngsapparate an, mit denen man durch volles Zn- 
strömenlassen des hochgespannten Dampfes eine Temperatur von 
10U Ü erreichen kann; der Werkmeister kann das dem revidirenden 
Beamten jederzeit vormachen. Die Construction der Apparate 


ist aber derart, dass sie bei einer dauernden derartigen Inanspruch¬ 
nahme in kurzer Zeit unbrauchbar werden und zur Erzielung 
dieser Temperatur nur benutzt werden können, wenn die ein- 
fliessende Milch vorher auf 70—80° erwärmt wird. 

Andererseits findet man oft keinerlei Erliitzungsapparate. 
Mancher Betrieb ist auch so klein, dass die Anschaffung rationell 
arbeitender, folglich thenrerer Apparate nicht lohnt Hier handelt 
es sich also darum, wie der gesetzlichen Bestimmung trotzdem 
and ohne zn grosse Härte gerecht zu werden ist. 

In den grösseren Molkereien findet man nun meistens einen 
sog. Pastenrisirapparat. Die Magermilch wird hierin erhitzt 
und sofort in geeigneten Kühlvorrichtungen wieder abgekühlt. 

Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die so pasteurisirte 
Mil' h oft schon sauer auf den Gütern anlangte, oder doch bald 
darauf säuerte und dadurch als Futtermittel bedeutend an Werth 
verlor und zum Theil ungeeignet wurde. Reichte die Erhitzung 
in dem Apparat aber nicht aus, die Säuerangserreger abzutödten, 
so genügte sie erst recht nicht znr Vernichtung der pathogenen 
Keime der Tnberculose und der Maul- und Klauenseuche. 

Es kann daher kein Wunder nehmen, wenn viele landwirt¬ 
schaftliche Kreise der Pasteurisirungsfrage sehr kühl gegenüber 
stehen. 

Dennoch ist ja — ganz von der gesetzlichen Forderung beim 
Seuchenansbruch abgesehen — eine rationelle Pastenrisirung der 
Magermilch für die Landwirthschaft von der grössten Bedeutung. 
Ich kann wohl darauf verzichteu, hier über das Yerhältniss der 
erschreckenden Zunahme der Rinder- und Schweinetuberculose 
und der Ausbreitung des Molkerei-Genossenschaftswesens, über 
die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche durch die Mager¬ 
milch, über die durch saure Magermilch erzeugten Kälberdurch- 
fUlle viele Worte zu machen. 

Diese Erkenntniss ist auch im Begriff, sich in den ioter- 
essirten Kreisen immer mehr Bahn zu brechen nnd die von den 
Landwirthschaftskammern erichteten Molkerei-Lehrinstitute tragen 
das Ihrige dazu bei, das Veiständniss für diese Dinge zn pflegen 
und zu verbreiten. 

Der Grund des bisherigen Uebels liegt in den Mängeln der 
meisten bis jetzt gebräuchlichen Pastenrisirapparate. Sie haben 
durchweg den Nachtheil, dass die Milch im contuirlichen I etiiebc 
zu schnell hindurch getrieben und nicht stark genug und zu kurze 


Digitized by LjOOQle 





No. 14 


BERLINER Tli LEK AKZTL 1C11E WOCHENSCHRIFT. 


158 

Zeit erhitzt wird. Fast überall trifft man die Apparate der 
Bergedorfer Eisenwerke oder Apparate anderer Firmen, 
z. B. Maager, Schoenemann n. A., die dem Bergedorfer 
System nachgebildet sind, an. Diese sind sämmtlich für die zur 
dauernden Erhitzung auf 100° erforderliche hohe Dampfspannung 
zu schwach gebaut und erfordern einen und noch besser zwei Vor¬ 
wärmer. 

Will man mit diesen Apparaten rationell sterilisiren, so empfehle 
ich folgendes Verfahren: 

Die Magermilch wird zunächst in einen mittelgrossen, etwa 
50—100 Liter fassenden Behälter geleitet und durch Einleiter des 
Abdampfes vorgewärmt; am oberen Theil des Behälters befindet 
sich ein Abflussrohr, durch das die vorgewärrate Milch, wenn der 
Behälter sich gefüllt hat, continuirlich in einen zweiten Vor¬ 
wärmer abfliesst. Die Bergedorfer Eisenwerke liefern zu diesem 
Zweck einen sog. offenen Pasteurisirapparat; in diesem wird die 
bereits heisse Milch auf über 90° weiter erhitzt. Ein kleiner Milch¬ 
hebeapparat hebt die hieraus abfliessende Milch weiter in den 
geschlossenen Hochdruckerhitzer, wo sie nun mittelst directen 
Dampfes ganz mühelos und ohne Gefahr des Anbrennens auf 102° 
bis 110° erhitzt wird; meistens reicht sogar auch hier der Rück¬ 
dampf aus. 

Die Bergedorfer Eisenwerke sagen in ihren Preisverzeich¬ 
nissen, dass die Verbindung des offenen Pasteurs (Vorwärmers) 
und des Hochdruckerhitzers zur Erzielung der erforderlichen 
Temperatur ausreicht. Das ist richtig. Die Praxis lehrt aber, dass 
bei continuirlichem Betrieb — und darauf kommt es ja immer 
an — die Temperatur von ICO 0 nicht immer erreicht wird, dass 
viel Dampf verbraucht wird und die Milch leicht anbrennt. 

Schaltet man aber vor den offenen Pasteur noch den vorhin 
geschilderten einfachen Behälter ein, in dem man die aus den 
Centrifugen kommende 30° warme Magermilch mit Dampf vor¬ 
wärmt, so hat jeder der drei aufeinanderfolgenden Apparate der 
vorhandenen Temperatur der Milch nur noch 10—15° hinzu¬ 
zufügen. Diese Construction hat die grossen Vortheile, dass die 
Milch im continnirlichen Betriebe mühelos erhitzt wird, da«s, was 
ausserordentlich wichtig ist, die Hitze lange einwirkt und dass 
der Dampfverbrauch sehr gering ist. 

Immerhin geht das Bestreben der Techniker dahin, die 
Sterilisirung der Milch im continnirlichen Betriebe in einem 
Apparate zu ermöglichen. 

Mehrere neuere Constructionen Bollen diesen Zweck erreichen. 
Die Firma Leefeldt & Lentsch in Schöningen liefert unter der 
Bezeichnung: Regenerati v-Erhitzer einen Apparat, der so ein¬ 
gerichtet ist, dass die einfliessende Milch allmählig auf 105° er¬ 
hitzt werden soll, dann, durch Scheidewände getrennt, zurück- 
fliessend, an die entgegenkommende kältere Milch ihre Hitze ab- 
giebt. Der Erhitzer soll den zweifachen Yortheil bieten, dass 
durch Benutzung der hohen Temperatur der sterilisirten Milch 
zur Vorwärmung der einfliessenden Milch eine Dampfersparniss 
und zugleich eine Abkühlung der sterilisirten Milch erreicht wird. 
Die Firma behauptet, dass eine Temperatur von 105° erreicht 
wird. Der Apparat kostet beispielsweise bei 1000 Liter stünd¬ 
licher Leistung 1000 Mark. Ob er die Verheissungen erfüllt, 
werden die Versuche ergeben. Mir scheint, dass er zuviel auf 
einmal erreichen soll. Doch ist er noch neu und man wird ja 
von ihm hören. 

Das Vollkommenste, was es gegenwärtig auf diesem Gebiete 
giebt, ist jedenfalls ein von den Ingenieuren Kleemann & Cie. 
in Berlin constrnirter Sterilisator. Die Erfahrung hat gezeigt, 
dass die Schwierigkeit, mit den bisherigen Apparaten rationell 
zu sterilisiren, an der einfachen Durchführung der Milch durch 
die Apparate lag. In dem Kleem ann’schen Apparat tritt die 


Milch von unten central in eine Trommel und wird durch auf¬ 
steigende, absteigende und wieder aufsteigende im Z ; ckzackwege 
den ringförmigen Heizkammern entlang führende Röhren iu 
zwangsl iufiger Bewegung durch den Apparat geführt. Dadurch 
ist jede Vermischung von nicht vollkommen durchhitzter mit 
schon durchhitzter Milch ausgeschlossen und eine hinreichend 
lange Berührung derselben mit den Heizwänden und sichere 
Sterilisirung gewährleistet. 

Mit directem Dampf kann die Erhitzung mühelos auf 120° 
ohne Gefahr des Anbrennens getrieben werden. Ein Vorwärmer 
ist nicht erforderlich. Der Kohlenverbrauch ist, da der Apparat 
vermöge seiner Construction die Dampfwärme vollkommen aus- 
nütztzt, relativ gering und auf einige 30 Pfennige für 1000 Liter 
Milch zu veranschlagen. 

Der Apparat stellt nach den Urtheilen der Sachverständigen 
die beste bisherige Leistung dar. Ich bemerke übrigens, dass 
ich durch die wohl allgemein als competent geltende Firma 
C. Bolle ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde. Der 
Apparat ist theurer als der anderer Firmen. Für eine mittel¬ 
grosse Molkerei würde er bei einer stündlichen Leistung von 
1000 Liter und 5 Minuten Erhitznngadauer 1500 Mark kosten. 
Doch spielen bei einem solchen Betriebe Differenzen von einigen 
hundert Mark keine Rolle. 

Nun aber giebt es leider noch keine gesetzlichen Bestim¬ 
mungen, die den Molkereien die ständige Abkochung der Mager¬ 
milch zur Pflicht machen. Erst, wenn beim Ausbruch der Maul¬ 
und Klauenseuche einer der betheiligten Viehbestände unter 
Sperre gestellt ist, kann der Staat einschreiten und die Molkerei 
mittelbar zur vorschriftsmässigen Erhitzung der Milch zwingen. 
Oft ist es dann aber schon zu spät, wenn die Seuche anfänglich 
verheimlicht wurde und die inficirte, arglos in ungekochtem Zu¬ 
stande wieder abgegebene Magermilch die Umgegend ver¬ 
seucht hat. 

Vor Allem ist aber dann Gefahr im Verzüge, und wenn die 
Molherei keine Einrichtungen zur Erhitzung der Älilch besitzt, so 
muss zunächst die Ablieferung der Vollmilch an die Molkerei ver¬ 
boten, diese also geschlossen werden, was zu grossen wirtschaft¬ 
lichen Schädigungen der Landwirthe führt, die auf eigenen Ver¬ 
brauch, Verarbeitung und Vertrieb ihrer Milch und Milchproducte 
nicht mehr eingerichtet sind. Solche Eventualitäten sind natür¬ 
lich wenig geeignet, die ohnehin schon grosse Abneigung gegen 
alle polizeilichen Massregeln zu mindern und die Erkenntnis, 
dass sie nur zum Besten der Landwirtschaft angewandt werden, 
zu fördern. 

Hier muss also schnell Rath geschafft werden. 

In Absatz 4 des § 61 der Instruction heisst es: „Der Ab¬ 
kochung gleich zu erachten ist jedes andere Verfahren, 
bei dem die Milch auf eine Temperatur von ICO 0 C. ge¬ 
bracht oder wenigstens eine Viertelstunde lang einer 
Temperatur von mindestens 90° ausgesetzt wird, und 
der Ministerial - Erlass vom 30. Mai 1891, der übrigens ein¬ 
schränkend nur von Magermilch spricht, bezeichnet als ein solches 
Verfahren das Einleiten von Dampf. 

In der That ist es ja das Einfachste, den in den Molkereien 
vorhandenen Dampf zur Erhitzung der Milch zu benutzen. Damit 
wird aber in der Regel der Zweck nicht erreicht. Nehmen 
wir einmal einen Molkereibetrieb an mit einem täglichen 
Arbeitsquantum von 2500 Liter Milch. Zumeist wird in dem 
grossen Sammelbassin eine genügende Milchmenge gesammelt. 
Jetzt beginnt der Betrieb, indem nach Oeffnung eines Ausfluss¬ 
hahns die Milch continuirlich in einen Vorwärmer fliesst, wo sie 
auf 30° erwärmt wird; darnach gelangt sie immer continuirlich 
weiter in die Centrifuge; aus dieser werden Rahm und Mager- 


Digitized by 


Google 



7. April 1898. 

milch in besondere Behälter geleitet. Natürlich ist der Behälter 
nicht im Stande, die gesammte Magermilch zn fassen; in dem¬ 
selben Masse, wie die Milch ans dem grossen Sammelbassin ab- 
fliesst nnd verarbeitet wird, wird nene Milch der Genossen nach¬ 
gegossen und fliessen auch die Endprodukte, Rahm und Mager¬ 
milch, continuirlich ab. Soll nun durch Einleiten von Dampf die vor¬ 
geschriebene Erhitzung wirklich erreicht werden, so müsste die 
in einer Anzahl von Behältern aufgefangene Magermilch nach 
Beendigung des eigentlichen Betriebes noch nachträglich er¬ 
hitzt werden. Das bedingt zunächst einen Mehrverbrauch an 
Kohle, vor Allem aber auch eine Mehrarbeit. Dadurch aber 
wird die pünktliche Durchführung der Bestimmungen auch ohne 
permanente Polizei-Aufsicht, die ja in praxi gar nicht durchführ¬ 
bar ist, in Frage gestellt. 

Praktisch brauchbar ist nur ein Verfahren, das es ermöglicht, 
die abfliessende Magermilch unmittelbar während des Be¬ 
triebes ohne Mehrverbrauch an Kohle und ohne erhebliche 
Mehrarbeit genügend hoch zu erhitzen. 

Das ist nur folgendermassen möglich: Zum Auffangen der 
Magermilch wird ein grosser, etwa 300—400 Liter fassender Be¬ 
hälter gewählt (im Nothfalle kann vorübergehend auch ein grosses 
Fass mit Vortheil verwendet werden). Dieser findet nicht zu 
weit vom Dampfkessel Aufstellung, aus dem ein nicht zu langes, 
möglichst weites Rohr den directen Dampf zuführt. An das an 
der Wand befindliche Rohrende mit dem Ventil wird ein kurzer 
starkwandiger Gummischlanch gelegt, der zum Beginn des Be¬ 
triebes auf den Boden des Gefässes reicht Es ist nun darauf zu 
achten, dass die Dampfspannung 4—5 Atmosphären beträgt. Der 
Wasserdampf hat dann eine Temperatur von ca. 150°, die aller¬ 
dings durch die Röhrenleitung eiue Erniedrigung erfährt. Bei 
Beginn des Betriebes wird alsbald das Ventil langsam und all- 
mälig, und je mehr sich die Magermilch in dem Behälter 
sammelt, weiter geöffnet. Unter starkem Stossen strömt der 
hochgespannte Dampf in die Milch und erhitzt sie in ganz kurzer 
Zeit auf volle 100°; durch Regulirung des Dampfhahnes bat man 
es nun in der Hand, die Temperatur, trotzdem dass continuirlich 
neue nur 30° warme Milch zufliesst, stets ohne Mühe auf 100° 
zn erhalten; im obern Drittel des Behälters befindet sich ein 
Abflussrohr, durch das sich die genügend erhitzte Milch dann 
continuirlich entleert und in weitere Behälter gesammelt werden 
kann. Da das heftige Einströmen des Dampfes starke Schaum¬ 
bildung verursacht, ist es allerdings erforderlich, dass eine Person 
dauernd dabei steht und mit einem grossen Schöpfgefäss den 
hochstehenden und fast überlaufenden Schaum entfernt.*) 

Auf diese Weise hat man mit Schluss des Betriebes zugleich 
auch in der einfachsten Weise sämmtliche dabei gewonnene 
Magermilch vorschriftsmässig erhitzt. 

Ich habe das Verfahren durchaus bewährt befunden und kann 
es nur angelegentlichst empfehlen. 


Die Lungenseuchelymphe-Anstalt in Halle a. S. 

Pnbiiclrt ron 

Dr. Schmidt, 

Ajiistent am Veterinär-Initltut tu Halle. 

Im Nachfolgenden bringe ich einen Artikel zur Veröffent¬ 
lichung, welchen mein entschlafener Chef noch unmittelbar vor 
seinem so plötzlich erfolgten Tode begonnen und unvollendet ge¬ 
lassen hat. Die Conceptblätter wurden mir von Frau Professor 
Pütz übergeben mit der Aufforderung den Artikel zu vervoll¬ 
ständigen nnd zum Abdruck bringen zu lassen: 

*) Nach Mittheilung des College» Friedrich soll eine über dem 
Behälter angebrachte trichterartige Einrichtung das Ueberschäumen 
wirksam verhindern. 


159 

In Nummer 4 dieser Zeitschrift wurden Mittheilungen über 
obige Anstalt veröffentlicht, welche nicht von mir ausgegangen 
und den thatsächlichen Verhältnissen nicht ganz entsprechend 
waren, was auf meine Veranlassung in No. 6 berichtigt worden • 
ist. Da die hierbei erwähnte Schwierigkeit, welche zunächst 
unserem Beginnen entgegenstand, seit dem 12. v. Mts. überwunden 
ist, indem wir endlich in den Besitz frischerLungenseuchelymphe ge¬ 
langten, so sehe ich mich veranlasst, hierdurch bekannt zu 
machen, dass s. Z. einige Tausend Cubikcentimenter schöne klare 
Lungenseuchelymphe abgegeben werden können. Wegen des 
Bezuges wolle man sich an die hiesige Landwirthschaftskammer 
wenden, da ich nur die technischen Anordnungen für die Lymphe¬ 
gewinnung zu leiten habe, während alle kaufmännischen An¬ 
gelegenheiten Sache eines Beamten der Landwirtschaftskammer 
sind. Da noch verschiedene die Impftechnik betreffende Fragen 
zu lösen sind, so erlaube ich mir die verehrten Herren Collegen 
zu bitten, über den Verlauf der Impfkrankheit einen kurzen Be¬ 
richt hierher gelangen lassen zu wollen. Bekanntlich wurde 
eine Mitigation der Lymphe seither noch nicht erzielt und hat 
auch die sogenannte streng aseptische Methode, welche zuerst 
von Pasteur, demnach auch von Schütz empfohlen wurde, 
keine Vorzüge auf zuweisen vor der sauber ausgeführten Impfung 
nach den althergebrachten Regeln der Kunst. 

Da später über die Arbeiten der hiesigen Lungenseuche- 
Lymphe-Anstalt ein ausführlicher Bericht erscheinen wird, so 
will ich zunächst nur den Weg andeuten, den wir zu verfolgen 
beabsichtigen. 

Nachdem der Landwirtschaftliche Verein des Kreises Ober¬ 
barnim bereits 1854/55 experimentell die Wahrscheinlichkeit nach¬ 
gewiesen hatte, dass „secundäre“ Lnngenseuchelymphe, d. h. das 
aus den Impfgeschwülsten der mit „primärer“ Lungenseuchelymphe 
geimpften Rinder gewonnene Serum mit vollem Erfolg verimpft 
werden kann, wurde dies etwa dreissig Jahre später von Pasteur 
besimmt erwiesen. Nach seiner Vorschrift haben zwei Assistenten 
Pasteurs, (Germont und L o i r) im Jahre 1888 in 
Australien durch periodische Impfung von Kälbern in ausreichender 
Menge Lymphe erzeugt und stets vorrät higgehalten, um im Bedarfsfälle 
jederzeit alle Nachfragen befriedigen zu können. Dieses Ver¬ 
fahren haben auch Schütz und Steffen empfohlen, nachdem 
ihre in den Jahren 1889/91 in Magdeburg angestellten Lungen- 
8enche - Impfversuche die Pasten r’schen Resultate bestätigt 
hatten. In Folge dessen sind auf dem Schlachtviehhof zu Magde¬ 
burg von Januar ab bis Juni 1895 Kälberimpfungen vorgenommen 
worden, über welche Herr Departements-Thierarzt Leistikow 
S. 1—14 des Arch. für wissensch. und pract. Thierheilkde. 1896 
Heft 1 berichtet hat. Das Resultat war insofern nicht befriedigend, 
als von 8 Impfkälbern nur bei einem (No. XI) im Bereiche der 
Impfstelle eine so umfangreiche Infiltration sich bildete, dass die¬ 
selbe zur Lymphegewinnung verwerthet werden konnte. Die 
ganze Ausbeute betrug nur 175 ccm. Das musste natürlich ganz 
anders werden, wenn das Verfahren practischen Werth erlangen 
sollte. 

Meine am Ende der 70er und im Anfänge der 80er Jahre 
ausgeführten Lungenseuche - Impfversuche hatten mich bereits 
damals erkennen lassen, dass junge Kälber für fragliche Zwecke 
ans verschiedenen Gründen ungeeignet sind. Da dies auch durch 
die Versuche L e i 8 t i k o w’s bestätigt worden ist, so beschloss 
ich zunächst, Kälber unter sechs Monaten für die Lymphegewinnung 
auf keinen Fall zu verwenden, um einigermassen sicher zu sein, 
eine starke Reaction resp. entzündliche Infiltration im Bereiche 
der Impfstelle zu erzielen. Als wir nun Aussicht hatten, frische 
Lungensenchelymphe in nächster Zeit zu erhalten, konnte Herr 
Dr. Nörner, der im Dienste der Landwirthschaftskammer die 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by AaOOQie 





160 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


geschäftlichen Angelegenheiten unserer Lungenseuche - Lymphe¬ 
anstalt zu besorgen hat, vier Ochsen im Alter bis zu vier Jahren 
ankaufen. Denselben wurde nach mehrtägiger genauer Controle 
* ihres Gesundheitszustandes am 14. Februar 1898 in meiner Gegen¬ 
wart und nach meiner Vorschrift durch Herrn Dr. Schmidt, 
Assistenten der hiesigen üniversitäts - Veterinärklinik, je 1 ccm 
primärer Lungenseuchelymphe in das Unterhautbindegewebe (bei 
dreien hinter der Schulter, bei einem Impfling in den Triel) in- 
jicirt mittels Schwär z’scher Spritze. 

Am nächsten Tage zeigten sämmtliche Thiere eine Temperatur¬ 
steigerung von 1° C. und darüber. 

Bei allen vier Impflingen war in den nächsten Tagen eine 
besondere Veränderung nicht erkennbar. Appetit und Allgemein¬ 
befinden waren gut Bei leichtem Druck auf die Impfstelle fand 
sich Schmerzhaftigkeit. Am sechsten Tage war das Gewebe 
unter der Eineticlistelle bei allen vier Impfthieren entzündlich in- 
filtrirt. Bei den Ochsen No. II und HI zeigte die Schwellung 
bereits Hühnereigrösse, bei I und IV hatte dieselbe Wallnuss¬ 
grösse. Am siebenten Tage war die Infiltration bei No. II hand¬ 
tellergross, bei No. HI kindskopfgross. Am 10. Tage nach der 
Impfung war bei dem in den Triel geimpften Ochsen No. H dieser in 
seiner ganzen Länge nach abwärts stark inßltrirt und ödematös. 
Dieses Thier wurde am 26. Februar zur Lymphegewinnung ge¬ 
schlachtet. Aus der Infiltration wurden insgesammt 464 ccm 
Lymphe gewonnen. Zwei Tage darauf wurde Ochse HI (geimpft 
hinter der rechten Schulter) bei welchem die Schwellung von der 
Schulter abwärts bis zum Ellenbogen und von da in den Triel 
vorgedrungen war, wo sie die Grösse eines Mannskopfes erreicht 
hatte, geschlachtet und aus den Infiltrationen insgesammt 2430 ccm 
Lymphe gewonnen. 

Ochse I und IV blieben ungetödtet, weil wir für unsere 
grossen Mengen Lymphe keinen genügenden Absatz hatten. Bei 
ihnen hatte die Schwellung als Maximum Kinderkopfgrösse 
erreicht, auf dieser Höhe erhielt sie sich ungefähr 8 Tage und 
ging dann von Tag zu Tag mehr zurück. Heute, am 26. März, 
ist von derselben überhaupt nichts mehr vorhanden. — Besonders 
bemerkenswerth ist noch, dass sämmtliche Thiere nach der 
Impfung keine fieberhafte Temperatur zeigten und in ihrem 
Allgemeinbefinden fast keine Aenderung aufwiesen. 

Die Lymphe wird mit möglichster Sorgfalt und peinlichster 
Sauberkeit aus dem vielfach eiugeschnittenen, infiltrirten Gewebe 
aufgenommen, in hohe, sterile Glascylinder gefüllt und sofort in 
den Eisschrank gestellt Sobald sich das Coagulum ausgeschieden 
hat, wird die Lymphe abgegossen und mit 25 Prozent Glycerin 
versetzt. Das Coagulum wird gesammelt und bei 35° C. im 
Thermostaten gut getrocknet in hohen Petrischen Schalen. Das¬ 
selbe soll später mit Glycerin aufgeweicht und die zu erhaltende 
Flüssigkeit verimpft werden, um zu erproben, ob eine Reaction 
eintritt, welche dann beweisen würde. d&Bs das Lungenseuchevirus 
im trockenen Zustande längere Zeit haltbar ist. 


Referate. 

Stadien and Versuche über Ursache und Behandlung 
der Gebärparese*). 

Von Schmidt- Holding. 

(Mtah. f. Tbierblkd. 9, 6 ) 

Es ist längst allgemein festgestellt, dass die Krankheit am 
häufigsten vorkommt bei wohlgenährten, bei den milchergiebigen 
Kühen, welche leicht gekalbt haben, sehr selten dagegen nach 
Schwergeburt oder nach einem Abortus; dass sie ferner am 

*) Vgl. die Veröffentlichungen in der B. T. W. Jahrg. 1897, No. 60. 


häufigsten im kräftigsten und milchergiebigsten Alter auftritt, 
beinahe nie bei Färsen, relativ selten bei Kühen der Mastrassen 
und selten bei Kühen in mageren Gegenden. 

S. versuchte, von dieser Erfahrung ausgehend, Parallelen 
zwischen der Gebärparese und anderen anscheinend ähnlichen 
Krankheiten, deren Ursache weniger räthselhaft ist, zu ziehen. 

Zwei Hypothesen haben eine dauernde Beachtung zu er¬ 
ringen vermocht: die bekannte vonFranck und zweitens die von 
Schmidt-Mülheim, welche die Entstehung der Krankheit der 
Bildung eines Giftstoffes in der Gebärmutter zuschreibt (eine der 
letzteren verwandte Anschauung hat übrigens nach Mittheilung 
des Verfassers schon Stockfleth 1870 aufgestellt). Franck und 
Schmidt-Mülheim stimmen darin überein, dass eine zu rasche 
Zusammenziehung der Gebärmutter den Ausgangspunkt abgebe, 
wie sie allerdings nach leichten Geburten verhältnissmässig oft 
auftritt. Bestände nun aber eine so zwingende Verbindung 
zwischen der zu raschen Zusammenziehung der Gebärmutter und 
der Parese, dann müsste doch eine solche Zusammenziehung auch 
die regelmässige Vorbedingung der Krankheit sein. Das ist nicht 
der Fall, denn der Muttermund ist in der Regel bei dem Patienten 
noch theils offen, wenn die Krankheit in den ersten 24 Stunden 
eintritt. Auch die Gebärmutter selbst ist nicht stärker contrahirt 
wie gewöhnlich zu dieser Zeit bei gesunden Kühen. Andrerseits 
findet man den Muttermund häufig beinahe geschlossen, wenn die 
Kuh den ersten Tag oder ein paar Tage nach der Geburt noch 
gesund gewesen ist. Es zeigt eich, dass bei solchen Kühen, 
welche gleich nach dem Kalben nicht recht frassen, während sich 
erst nach einem oder einigen Tagen Lähmungssymptome kennt¬ 
lich machten, die Contraktionsfähigkeit der Gebärmutter 
sogar verringert gewesen ist. Durch eine grosse Zahl 
manueller Untersuchungen ist S. zu der Ueberzeugung gelangt, 
dass das Zusammenziehungsvermögen der Gebärmutter im All¬ 
gemeinen solange normal ist, wie die Ursache der Krankheit an¬ 
fängt einzuwirken, dass aber dann die Zusammenziehung aufhört, 
weil die Uterusmuskulatur ebenso wie die andere Muskulatur 
gelähmt wird. Man kann aus dem Contraktionszuetande der Ge¬ 
bärmutter resp. aus der mangelhaften Zusammenziehung derselben 
bei einer paretischen Kuh geradezu einen Schluss darauf ziehen, 
ob der Krankheitsstoff sogleich nach dem Kalben oder erst später 
aufgenommen worden ist 

Nach Frank’s Hypothesen entsteht nach der (schnellen und 
leichten) Ausstossung des Jungen ein plötzlicher Blutüberschuss 
in der Gebärmutter und, wenn sich dieselbe rasch zusammenzieht, 
eine Erhöhung des arteriellen Drucks. 

Verfasser weist demgegenüber darauf hin, dass dieser Blut¬ 
überschuss sicher das Euter ableitet Die erhöhte Euterthätigkeit 
beginnt schon vor der Geburt. Das ganze Verhalten desselben 
legt schon die Meinung nahe, dass die Steigerung des Blut¬ 
bedarfs im Enter den in der Gebärmutter frei werdenden Ueber- 
schuss mindestens aufwiegt. Auch ohne directe Messung kann 
man das indirect sogar beweisen. Denn die Menge der Blut¬ 
gefässe ist lediglich bestimmt durch die Grösse des localen Nähr¬ 
stoffbedürfnisses, also letzterem proportional. Nun weiss jeder 
Landwirth, dass eine saugende Kuh mehr Nährstoffe bedarf als 
eine hochtragende. Das ist auch selbstverständlich. Denn beide 
nähren das Kalb ausschliesslich, aber das schon geborene Kalb 
ist grösser und braucht erheblich mehr, wie das noch im Mutter¬ 
leib befindliche, wenn auch schon ausgetragene. Die Ernährung 
erfolgt dort ausschliesslich durch die Eutergefässe (die ja den 
Stoff der Milchbereitung liefern müssen), hier durch die Gebär- 
muttergefä8se. Also müssen die Eutergefässe der säugenden Kuh 
mehr Nährstoffe d. h. mehr Blut zuführen, als die Gebärmutter¬ 
arterie, der hochtragenden Kuh. Mithin kann allein das Euter 


Digitized by LaOOQie 




7. Apail 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


161 


den nach der Geburt entstehenden Blutüberschuss und mehr als 
diesen aufnehmen, und zwar um so mehr bei guten Milchkühen, 
bei denen andererseits gerade am leichtesten Kalbeßeber ent¬ 
steht Das (und noch vieles Andere) widerstreitet der Theorie 
Franck’s. 

Die Hypothese einer Vergiftung durch zersetzte Uterussekrete 
besticht auf den ersten Blick mehr und stimmt auch mit den 
Symptomen überein. Sie hat nur, wie schon gesagt, den Fehler, 
dass auch sie die Contraction der Gebärmutter voranssetzt Auch 
ist nach dieser Hypothese die Thatsache gar nicht zu erklären, 
dass das Halbefieber beinahe niemals nach dem ersten Kalben, 
also bei Färsen, auftritt. Insofern scheint Stockfleth mehr 
Recht zu haben, denn er geht bei seiner auch auf eine Ver¬ 
giftung hinweisenden Hypothese nicht von einer zu raschen nnd 
starken, sondern von einer behinderten Zusammenziehung 
der Gebärmutter aus. Infolge derselben sollen von den Gefässen 
der grossen blossliegenden Karunkel aus Zersetzungsstoffe in die 
Blutbahn aufgenommen werden. Aber es müssten doch in diesen 
Fällen antiseptische Ausspritzungen ein -günstiges Resultat er¬ 
geben, was jedoch nicht der Fall ist. 

Die Annahme, dass der Gebärparese eine Vergiftung zu Grunde 
liegt, ist in den Symptomen dieser Krankheit durchaus begründet. 
Die Schwäche der bisherigen Hypothesen liegt aber darin, dass 
sie die Frage nicht berücksichtigen, ob die Giftquelle denn 
durchaus die Gebärmutter sein müsse, und nicht ein 
anderes Organ hierfür in Betracht zu ziehen sei. 

Verfasser weist zunächst darauf hin, dass die Symptome des 
Ueberfressens beim Rind mit den Symptomen der Gebärparese 
grosse Aehnlichkeit haben. Ob eine Kuh, die sich etwa los- 
gerissen hat, an den Vorrathsbehälter von Roggenschrot geräth, 
oder ob sie in ein grünes Kornfeld gelaufen ist oder einen 
Haufen grünen Buchweizen oder Rübenblätter gefressen hat — 
in allen diesen Fällen tritt ein krankhafter Zustand auf, der 
ähnliche Symptome wie die Gebärparese zeigt. 

Beim Ueberfressen tritt oft Genesung ein. Die Kuh darf 
aber weder Futter, nicht einmal Heu und Stroh, noch Wasser 
bekommen, weil hierdurch der Mageninhalt, der die schädlichen 
Stoffe enthalten dürfte, in den Darm getrieben und im letzteren 
ausgebreitete Aufsaugung herbeigeführt wird. Ein solcher Vor¬ 
gang beschleunigt erfahrungsgemäss die Entwickelung der 
Krankheit, und das lässt schon darauf schliessen, dass es sich 
um giftig wirkende, aus einer zu grossen Kraftfutttermasse ent¬ 
wickelten Stoffe handelt. Auf diese Deutung beziehen sich auch 
neuere Forschungen über die antitoxi6che Thätigkeit der Leber 
(vgl. auch Prof. Kitt. Mtsh. Bd. 7). Die Aehnlichkeit zwischen 
Ueberfressen und Kalbefieber legt nun von vornherein den Ge¬ 
danken nahe, dass es sich auch beim Kalbefieber um die Ein¬ 
wirkung solcher nicht aus Zersetzungsvorgängen der Gebärmutter, 
sondern vielmehr aus dem Stoffwechsel kommender giftiger Stoffe 
handelt. (Diesen Gedanken hat übrigens schon vor mehreren 
Jahren Eber in einer interessanten Studie ausgesprochen, (vgl. 
B. T. W. Jahrg. 1894, No. 52). 

Vermag man die Entstehung der Gebärparese so zu deuten, 
so liegt es von vornherein nahe, das Euter als Fehlerquelle 
in Betracht zu ziehen. Es dürfte sich also bei dem plötzlich er¬ 
höhten Stoffwechsel im Euter ein giftig wirkendes Spaltungs- 
product entwickeln, welches in den Blutstrom übergeht nnd 
eine Autointoxication erzeugt. Während der Collostrumperiode 
wird eine bedeutende Menge von Euterdrüsenzellen mit ans¬ 
geschieden. Dabei werden voraussichtlich auch andere und eventuell 
toxische Stoffwechselproducte als später gebildet. Schon 
aus dem eigenthümlichen, sogar individuell kenntlichen Geruch 
und Geschmack des Collostrums kann man auf eine besondere 


Thätigkeit in den Drüsenzellen während der Collostrumperiode 
schliessen. S. ist der Ansicht, dass es sich um eine Art von 
Reinigungsprocess bei der Abstossung der alten Zellen handelt, 9 
Die Leber etc. werden eben nur gewisse Mengen solcher schädlichen 
Stoffe zu beseitigen vermögen und leicht versagen. Anzeichen, 
die auf eine Störung schliessen lassen, deren höhere Grade eben 
zur Krankheit werden, trifft man bei sehr vielen Kühen nach 
dem Kalben (eine gewisse träge Verdauung, nervöse Depression, 
träge Bewegungen, matten Blick und auch ein Sinken der 
Körpertemperatur.) Zur krankhaften Entwicklung dieser Er¬ 
scheinungen werden auch Gelegenheitsursachen beitragen, also 
zu reichliche oder zu kräftige Fütterung vor oder nach der 
Geburt, Veränderung der Fütterung, Erkältung etc., auch wohl 
die Wirkung eines zu frühen oder zu sehr forcirten Melkens, 
wodurch die Euterthätigkeit gereizt wird. Wenn das Toxin in 
die Blutbahn gelangt ist, so wirkt es eben auf das Nerven¬ 
system und die Musculatur. Es kann allmählich nentralisirt und 
ausgeschieden werden. Sobald Bildung nnd Neutralisirung sich 
decken, tritt Genesung ein. Die Quantität der Toxine, sowie 
ihre chemische Zusammensetzung kann periodisch verschieden 
sein. Diese periodische Verschiedenheit kann von dem Nahrungs¬ 
werth des in einer Vegetationsperiode gewonnenen Futters, von 
dessen Einfluss auf die Milchabsonderung, sowie von atmos¬ 
phärischen Verhältnissen abhängen. Sind nun die oben gezogenen 
Schlüsse richtig, so muss natürlich die Therapie der Ent¬ 
wicklung der Toxine im Euter entgegen wirken. Die 
Behandlung muss sich also gegen eine quantitativ und 
qualitativ abnorm hohe Euterthätigkeit richten. Nun 
ist es bekannt, dass man die Milchsecretion durch 
innerliche Verabreichung von Jodkalium einschränken 
kann. Dies versuchte nun der Verfasser. 

Bekanntlich fördern Jodsalze die Resorption pathologischer 
Ansammlungen, indem sich im Körper freies Jod abspaltet, 
welches sich mit den Zellen der pathologischen Producte ver¬ 
bindet. Derartige Jodverbindungen würden sich in den Euter¬ 
zellen unzweifelhaft am leichtesten bilden, wenn das Jod in das 
Euter direct einverleibt würde. Es handelte sich also nur 
darum, dafür eine nicht euterreizende Form zu finden. S. wählte 
eine Jodkaliumauflösung und zur Einverleibung einen Infusions- 
apparat, bestehend aus einem 1J£ m langen Kautsclmckschlauch 
und einem Glastrichter. Das Euter wurde leer gemolken, der 
Infusionsapparat in Lysolwasser gelegt, die Zitzen mit Seifen¬ 
wasser gereinigt, mit Lysolwasser desinficirt, 5 g Jodkalium in 
% 1 frisch gekochten Wassers aufgelöst, die Lösung bis zu 40° 
abgekühlt und nun allmählich durch alle 4 Zitzen des Euters 
infundirt. Die Luftsäule im Schlauche wird natürlich mit in das 
Enter eingepresst und darauf kommt es mit an. Das Euter 
wurde nun mit den Händen stark geknetet und theils hierdurch, 
theils durch Streichen von unten nach oben die Lösung sammt 
der eingedrungenen Luft möglichst vertheilt. Die Kuh durfte 
nicht gemolken werden. Es wurde ein Aloepulver gegeben. 
Ausserdem kamen zur Anwendung Einhüllungen mit wollenen 
Decken, Frottiren nnd alle 2—3 Stunden Klystire mit Zusatz von 
Kochsalz und Oel. Die Kuh war nach 8 Stunden gesund. Im 
übrigen hatte sich gezeigt, dass die Milchsecretion sich auf 0 
reduciren lässt. S. theilt im Anschluss hieran eine ganze 
Anzahl behandelter Fälle mit. Bei einem Falle wählte S. statt 
des Jodkaliums eine Lysollösung, welche sich ebenfalls wirksam 
zeigte, jedoch eine ungünstige Wirkung anf die Milchsecretion 
ausübte. Es ergiebt sich aber aus diesem Versuch, dass es auf 
die locale Wirkung im Euter ankommt. Aus allen Versuchen 
ergiebt sich, dass die Infusion eines Jodsalzes besonders unter 
Einwirkung der mit in das Euter infundirten atmosphärischen 


Digitized by 


Google 



162 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Luft einen ganz typischen Verlauf bedingt und häufig eine 
auffallend rasche Genesung herbeiführt, der komatöse Zustand 
schwindet meist in 4 bis 6 Stunden und die Temperatur 
beginnt alsbald anzusteigen. Etwa die Hälfte der behandelten 
Kühe erwiesen sich nach 6 bis 10 Stunden frei von Lähmungs¬ 
erscheinungen, 36 standen im Laufe des ersten Tages, 6 im 
Laufe des zweiten, 2 im Laufe des dritten auf. Bei einer blieb 
die Lähmung bestehen, und eine starb an Schluckpneumonie. 
Von 50 erkrankten Kühen sind 46 geheilt, das sind 92 pCt. 
Wesentlich scheint es, dass die Behandlung sehr schnell ein¬ 
geleitet wird. Jod-Jodkalinmlösung scheint das Euter mehr zu 
reizen. Vom Jodkalium ist die Dosis 7 bis 10 g auf 1 1 Wasser 
die beste. Die durch die Infusion erzielte Abnahme der Milch- 
secretion hält nur einige Tage an, sodass ein wirthschaftlicher 
Nachtheil nicht entsteht. Nebenher wurde gewöhnlich die übliche 
symptomatische Behandlung angewendet; man kann mit Vortheil 
auch Coffein in einer Dosis von 4 bis 5 g gegen die Herzschwäche 
anwenden, wenn dringende Gefahr besteht. 

Der Verf. theilt noch mit, dass auf Grund eines von ihm im 
Herbst 1897 gehaltenen Vortrages Herr Lektor Jensen eine 
Sammlung des Materials im Lande vorschlug. Bis Januar waren 
der Dänischen Mtsschr. f. Thierärzte Berichte von 65 Thierärzten 
zugegangen, welche 412 Fälle umfassen, einschliesslich der vom 
Verf. selbst behandelten 50 Fälle. Von diesen 412 Kühen sind 
90 pCt. genesen. Die ungünstigen Ausgänge beruhten meistens 
auf Schluckpneumonie oder Euterentzündung die zur Schlachtung 
Veranlassung gaben. Von 288 Kühen, über welche genauere 
Berichte Vorlagen, standen 249 in den ersten 24 Stunden auf, 
und zwar über die Hälfte nach 6 bis 12 Stunden. Oefters ist 
ohne Schaden 20 g Jodkalium an einem Tage gegeben worden. 
Die Milchsecretion ist überall nach ein paar Tagen wieder normal 
geworden. 

Diese hoch interessante Entdeckung des dänischen Collegen 
war den Schleswiger Tbierärzteu bereits bekannt geworden und 
ist daher in der B. T. W. Jahrg. 1897 No. 50 von Herrn Witt 
bereits besprochen; es sollte aber hier noch auf die Originalarbeit 
zurückgekommen werden. 

Castration der Stuten. 

Von Sch wendimann. 

(Schw. Arch 4 1 ), I.) 

Von den schweizerischen Cavalleriepferden werden Eigen¬ 
schaften verlangt, die man in stehenden Heeren nicht beansprucht. 
So müssen sie sicher ein- und zweispännig gehen, was die 
meisten auch dank sorgfältiger Abrichtung zum Wagendienste 
thun, obwohl die Kunst des Fahrens in der Schweiz vielfach sehr 
vernachlässigt ist. Ein Tlieil der Stuten aber weigert sich dieses 
Dienstes, und das sind solche, die hochgradige Rossigkeit von 
der Kitzlichkeit bis zur Tobsucht zeigen. Bei diesen Pferden ist 
die Castration zu empfehlen und nach Schwendimann auch durch¬ 
aus ausführbar. 

Die Operation ist am narcotisirten Thiere sehr schwierig, 
oft unmöglich, sie muss daher am stehenden Pferde gemacht 
werden. Die umständlichen Vorbereitungen beginnen damit, die 
Stute einige Tage auf halbe Rationen zu setzen und 24 bis 36 
Stunden vorher gar nicht zu füttern. Das Thier wird dann im 
Nothstand mit starker Halfter kurz angebunden; eine Longe 
läuft in Touren quer über Hals, Rücken und Lende; ein breiter, 
unter der Brust zusammengeführter Gurt hindert das Pferd am 
Niederknieen, ein starkes Rundholz, unmittelbar vor den Knieen 
quer durch die Seitenwände unter den Leib geschoben, das 
Niederwerfen. Der Stand muss so eng sein, dass sämmtliche 
Bewegungen unmöglich werden. Dann ist es nicht einmal noth- 
wendig, die Hinterfüsse zu spannen, falls der hintere Ausgang 


des Nothstandes bis zur Höhe der Fersenbeine mit starken 
Brettern abgeschlossen wird. Die unbedingt zuverlässige Be¬ 
festigung ist unerlässlich, da das Widerstreben sehr stark ist. 
Der Operateur lässt dann eine gründliche Ausräumung des Mast¬ 
darmes sowie sorgfältige Reinigung des Darmes besorgen. Der 
Schweif ist mit einer getränkten Leinwandbinde zu bandagiren. 
Dass der Arm des Operateurs und seine Instrumente aseptisch 
gemacht sind, ist selbstverständlich. Die Scheide wird nun am 
besten mit Sublimatlösung £%o ausgefüllt. Bei der Einführung 
der Hand spannt sich die Scheide in der Regel infolge Ein¬ 
dringens der Luft weit an, andernfalls muss die Spannung durch 
Spreizen der Hand in der Gegend des Vesticnlum provocirt werden. 
Das Scheidengewölbe wird dann mit Bistouri cachö 3 cm über 
dem Orificium externum und 1 cm seitlich von der Mittellinie 
mit kräftigem, curagirtem Stosse, der durchaus kein Risico ent¬ 
hält, gerade nach vorn und etwas nach unten durchstochen. Die 
kleine Oeffnung, die sich oft hinter Schleimhautfalten versteckt 
und dann schwer zu finden ist, wird deshalb, während die Klinge 
noch darin sitzt, mit dqm Zeigefinger aufgesucht und erweitert. 
Zeigt sich dabei das Peritoneum noch nicht durchstochen, 
so soll mau es ja nicht mit dem Finger perforiren wollen, weil 
man es dann unfehlbar als weiten Blindsack abhebt, was mit 
dem Misslingen der Operation gleichbedeutend ist. Man muss 
also in solchen Fällen das Bistouri nochmals zur Perforation 
des Peritoneums ein fuhren. 

Nachdem die Oeffnung soweit erweitert ist, dass die Hand 
darchgeführt werden kann, wird mit der rechten Hand der sehr 
lange Ecraseur eingefflhrt, zuerst der linke Eierstock mit der 
Kette eingeschlungen und langsam abgedreht. Die eingeführte 
Hand sorgt, dass keine Darmschlingen mit eingeklemmt werden 
und das Ovarium nicht schliesslich in die Bauchhöhle fällt. 
Dann wird der rechte Eierstock mit der linken Hand aufgesucht 
und im Uebrigen ebenso verfahren; jedoch muss man Hand und 
Arm neu desinficiren, weil sie indessen verunreinigt sind. Nach 
der Operation ist eine nochmalige Scheidenspülung unnöthig und 
eventuell gefährlich. Die Stute kommt in den Laufstand und wird, 
so lange Drängen besteht, überwacht. Etwaige Kolikerscheinungen 
sind bedeutungslos. Das Aufsuchen der Ovarien ist nicht 
schwierig; sie sind an ihrer derben Beschaffenheit und geringen 
Beweglichkeit kenntlich, oft stark vergrössert und bei nympho¬ 
manen Stuten ausnahmslos cystös (doch findet man solche Cysten 
auch fast immer bei normalen Stuten). 

Auf diese Weise hat Schwendimann im Jahre 1897 16 
Stuten castrirt. In allen Fällen mit einer einzigen Ausnahme ist 
Heilung ohne Complication eingetreten. In diesem einen Falle 
bestand eine 14 cm lange Ruptur des Mastdarms mit Communi- 
cation nach der Scheide und Abscessbildungen, Fieber und 
phlegmonöse Paraproktitis, die schliesslich auch heilte. Hieraus 
geht klar hervor, dass die gefürchtete Empfindlichkeit des Peri¬ 
toneums, wenn die Grundsätze der Asepsis beachtet werden, 
heutzutage nicht mehr hoch anzuschlagen ist. — Was schliesslich 
die Erreichung des Endzweckes der Castration, nämlich die Be¬ 
seitigung der Rossigkeit, anlangt, so wurde in 43% der Fälle ein 
totaler, in 25% ein theilweiser Erfolg erzielt. Mithin lohnte sich 
die Operation in etwa 6 /i 0 der Fälle. 

Koch’» Methode der Rinderpest-Impfung. 

Die Münch. Med. Wochenschr. erhielt folgende Zuschrift 
aus Pretoria: Nachdem bereits allgemein in der südafricanischen 
Presse verbreitet wurde, dass die Koch'sehe Methode gegen 
Rinderpest sich als ein grosser Irrthum herausgestellt habe, nach¬ 
dem vnn den meisten Personen welche die Methode ausznüben 
berufen waren, dieselbe Ansicht ausgesprochen worden war und 


Digitized by 


Google 



7. Apnl 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 163 


das Capparlament sogar den Vorschlag, Prof. Koch den Dank 
der Regierung für -seine Bemühungen in Kimberley abzustatten, 
mit grosser Majorität abgelehnt hatte, musste es umsomehr über¬ 
raschen, dass die sog. Rinderpestcommission, welche vor einiger 
Zeit in Pretoria zur Berathung der besten Schutzimpfung 
gegen diese schreckliche Krankheit zusammengetreten war, zu 
einer ganz anderen Ansicht über den Werth der Koch’schen Me¬ 
thode gelangt ist 

Sorgfältige, von Thierärzten zusammengestellte Statistiken, 
besonders aus dem Freistaate und der Capcolonie, haben nämlich 
gezeigt, dass bei Anwendung der Koch’schen Methode im 
günstigsten Falle bis zu 85—90 pCt. der Tbiere gerettet worden 
sind. Wenn die Methode auch nicht alle Erwartungen erfüllt hat, 
die man im Anfänge an sie knüpfte, so hat sie sich doch bis jetzt 
als die beste herausgestellt, und es hat sich gezeigt, dass die 
vielen Misserfolge, welche bei ihr vorgekommen sind, meist auf 
Rechnung einer schlechten Ausführung zu setzen waren. So wurde 
denn von der Rinderpestcommission in Kurzem etwa folgendes 
Verfahren empfohlen: 

1. In Gegenden, in denen Rinderpest noch nicht herrscht 
und welche wenigstens 100 Meilen von inficirten Districten ent¬ 
fernt sind, soll Koch ’s Methode angewendet werden. 2. Heerden, 
welche gesund sind, aber sich nahe an inficirten Districten be¬ 
finden, sollen, falls anzunehmen ist, dass sie noch 2—3 Wochen 
vor Ansteckung geschützt werden können, mit Galle, im anderen 
Falle mit defibrinirtem Rinderpestblut (französische Methode) in- 
jicirt werden. 3- In bereits inficirten Herden soll die französische 
Methode Anwendung finden. 4. In besonderen Ausnahmefällen 
soll der Ausbreitung der Rinderpest durch Tödtung der erkrankten 
Thiere vorgebeugt werden. 

Die mit Galle injicirten Thiere können zwischen dem 10. bis 
20. Tage nach der Iiy'icirung mit virulentem Rinderpestblut ein¬ 
gespritzt werden, um die Immunisation kräftiger zu machen. Da 
die Koch’sche Methode die Thiere nur für wenige Monate im- 
munisirt, bo wirdangerathen, tür den Fall, dass eine Herde, die bereits 
6 Wochen vorher nach Koch’s Methode behandelt worden ist, in 
die Nähe von inficirten Herden kommt, die erstere nach der fran¬ 
zösischen Methode zu injiciren. 

Der Widerspruch zwischen der fast allgemein verbreiteten 
Ansicht über die Erfolglosigkeit der Koch’schen Methode und 
den Beschlüssen der Commission erklärt sich am besten aus den 
Worten des Vertreters der Capcolonie in der Schlusssitzung: 
„Nach all den Schmähungen, unter denen Prof. Koch zu leiden 
hatte, ist es in der That erfreulich, zu hören, dass der Werth 
seiner Arbeit offen und rückhaltslos von Sachverständigen an¬ 
erkannt wird, und speciell auch von Leuten, welche selbst Süd- 
africa eine unschätzbare Wolilthat erwiesen haben, indem sie den 
grossen Nutzen der Injection mit defibrinirtem Blute darlegten. 
(Die französischen Forscher Danysz und Bordet.) Ich kann 
nicht umhin, auf den Contrast hinzuweisen, der zwischen dem 
correcten und männlichen Betragen der französischen Doctoren 
und dem einiger meiner Landsleute in der Capcolonie besteht, 
offenbar, weil Dr. Koch zufällig ein Deutscher ist Denen, 
welche ihn veranlassten, zu unserer Hülfe in schwerer Zeit her¬ 
zukommen, sind Vorwürfe darüber gemacht worden. Seine Erfolge 
wurden verschwiegen, und Misserfolge wurden übertrieben und 
in der Presse geschäftig verbreitet. Es ist Dr. Koch’s Unglück, 
dass er nicht als Unterthan Ihrer Majestät der Königin Victoria 
geboren wurde. Aber da man das leicht erträgt, wofür man nicht 
verantwortlich ist, so lassen Sie uns hoffen, dass Koch sich nicht 
deprimirt fühlt durch die Einbussen, „die er dem Umstande zu 
verdanken hat, dass er unter dem deutschen Adler und nicht 


unter dem britischen Löwen geboren ist.Viele meiner 

Landsleute haben sich nicht begnügt, Koch’s Arbeit herunter¬ 
zusetzen, sondern haben zugleich seine Methode angewandt und 
viel Geld verdient.“. 

Zur Aetiologie der Rinderpest 

haben Nencki, Sieber, Wyznikiewicz in der Berl. klin. 
Wschr. (1897, pag. 513) eine Arbeit veröffentlicht, die eine 
Fortsetzung früherer Studien darstellt. Sie hatten bereits 1896 
ausgesprochen, dass der Erreger der Rinderpest nicht zu den 
Bacterien gehöre, und dass er sich auf mucinhaltigen Nährböden 
cultiviren lasse, auch dass das Serum von Thieren, welche die Pest 
überstanden hätten, immuuisirende Eigenschaften habe. In der 
neueren Arbeit veröffentlichen sie Culturmethoden für den Rinder¬ 
pesterreger. — Bei den neueren zahlreichen Arbeiten über Rinder¬ 
pest, die wohl alle mehr oder weniger anfechtbar sind, besitzt 
die Arbeit nicht hinreichend allgemeines Interesse, um sie hier 
eingehend zu referiren. Es ist wohl anzunehmen, dass Geheim- 
ratü Koch nach seiner Rückkehr eine zusammenfassende Dar¬ 
stellung unserer heutigen Kenntnisse bezw. aller vorliegenden 
Arbeiten, welche der Erforschung der Aetiologie der Rinderpest 
dienen sollen, veröffentlichen wird. 

Tagesgeschichte. 

Zur krelsttilerirztllchen Stellung. 

Nachdem die Frage einer Reform der kreisthierärztlichen 
Stellung angesichts der beabsichtigt gewesenenMedicinalreform 
sehr berechtigter Weise in Fhus gekommen ist, kann es nur als 
erwünscht betrachtet werden, wenn sich unter den Nächstbetheilig- 
ten eine recht rege Discussion entspinnt. Es ist ferner auch 
förderlich, wenn die Meinungen nicht erst an dem Tage, an 
welchem Beschlüsse gefasst werden sollen, also bei der 
Plenarversammlung der Centralverwaltung, aufeinander platzen, 
sondern wenn durch Erörterungen auf Vorversaramlungen und in 
der Fachpresse schon vorher ein gegenseitiges Abmessen der 
Gründe statthat und so Jedermann Gelegenheit gegeben wird, 
die Sache von allen Seiten beleuchtet zu sehen und sich ruhig zu 
überlegen. Durch so sachliche und vorzüglich begründete Dar¬ 
legungen wie z. B. die des Collegen Bermbach (vergl. die Beilage 
zur heutigen Nr.*) werden diejenigen, welche anderer Meinung sind, 
sicher zu ernstem Nachdenken augeregt werden. Es ist, wie 
auch dieser Artikel beweist, zur endgiltigen Beurtheilnng der 
Frage absolute Vertrautheit mit den intimen Verhältnissen der 
Kreisthierärzte erforderlich. Deshalb müssen auch die Nächst- 
betheiligten die Frage unter sich ausfechten und ich möchte mich 
jetzt in den Streit der Meinungen nicht mischen. 

Thatsachen aber richtig zu stellen, bedeutet eine Einmischung 
in den Meinungsaustausch nicht. Zu einer solchen thatsächlichen 
Berichtigung giebt nun der, von vielen Collegen, wie ich weiss, sehr 
beifällig aufgenommene, Artikel des Herrn Dr. Augstein eine 
Veranlassung. 

Ohne die Frage, welchen Rang die Kreisthierärzte für sich er¬ 
streben 8ollen, überhaupt zu berühren, möchte ich nur feststellen, 
dass in den Ausführungen des Collegen Dr. Augstein zwei Voraus- * 
Setzungen unrichtig sind. Unrichtig sei, dass die V. Rangklasse 
ein Attribut der academischen Bildung sei, und unrichtig ist es 
ebenso, dass alle Beamten Subalterne seien, die sich mit Snbaltern- 
beamten in derselben Rangklasse befinden. 

*) Die beiden Artikel von Bermbach und Krüger erscheinen 
als Beilage, um dem Wunsche nach rascher Veröffentlichung ge¬ 
nügen zu können. D. R 


Digitized by LjOOQie 





164 


BERLINER THIERÄBZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


Die Anwartschaft darauf, bei der festen Anstellung mit der 
fünften Klasse zu beginnen, wird durch Abiturientenexamen und 
Universitäts- bezw. Hochschulstudien durchaus nicht gegeben. Sie 
ist vielmehr eine dem betreffenden Stande besonders zu ver¬ 
leihende Auszeichnung. So haben die Oberförster, die das Abi¬ 
turientenexamen machen, so lange es eine Forstwissenschaft giebt, 
erst in den 70 er Jahren die fünfte Klasse erhalten. Die Gym¬ 
nasiallehrer machen das Abtiurientenexaraen, so lange ein solches 
existirt. Als aber in den 80 er Jahren für sie rangliche Gleich¬ 
stellung mit den Richtern (d. h. V. Klasse) verlangt wurde, da 
wies man dies aus Abgeordnetenkreisen mit der ziemlich pein¬ 
lichen Bemerkung zurück „die Gymnasiallehrer rekrutirten sich 
gar nicht aus solchen Familien wie die Richter, und könnten 
daher auch nicht dieselben Ansprüche machen“. Sie haben dann 
auch wirklich die V. Klasse erst vor wenigen Jahren im Ge¬ 
folge der Schulreform erhalten. Diese Stände haben somit erst 
eine lange Periode der Vollbildung hinter sich gehabt, ehe sie 
en masse in die V. Klasse kamen. Ob die Kreisthierärzte eine 
solche Periode überspringen werden, steht dahin. In Ihrer Ge- 
sammtheit wohl kaum, denn dann würden sie besser stehen als 
alle anderen Berufsarten. Es giebt nämlich keinen Beruf, wo 
die Allgemeinheit früher, als mit einigen 30 Jahren, die V. Klasse 
erreicht. Dagegen kann mau mit 26 Jahren Kreisthierarzt sein. Man 
denke doch an die lange Referendar- und Assessorzeit der Richter, 
an das Probekandidatenthum der Oberlehrer, an die Bauführer 
und an die Forstassesoren mit 15 jähriger Wartezeit. Es würde 
also jedenfalls nicht den Kreisthierärzten im Allgemeinen, sondern 
nur dem älteren Theil derselben jene Rangstellung gegeben 
werden können. 

Jedenfalls geht aber aus den oben angeführten Beispielen 
hervor, dass weder mit der Maturitas die V. Klasse von selber 
kommen würde, noch, Jemand als nicht akademisch gebildet cbarak- 
terisirt ist, wenn er sich in der VI. Klasse aufhält. 

In dieser Klasse befinden sich nun zahlreiche Subaltern¬ 
beamte. Deshalb aber brauchen nicht alle in dieser Klasse be¬ 
findlichen Beamten Subalternbeamte sein. Wenn der Umstand, 
dass man seine Rangklasse mit Snbalternbeamten theilt, zum 
Subalternbeamien stempelte, so wären sämmtliche Regierungs- 
räthe, Professoren und Departementsthierärzte ebenfalls Subaltern¬ 
beamte, denn mit ihnen stehen in der IV. (und eigentlich sogar 
zwischen III. und IV.) die subalternen Geheimen Rechnungs- etc. 
Räthe aus den preussischen Ministerien und in der V. Klasse 
sämmtliche Titular-Rechnungs-, Kanzlei- etc. Räthe. Diesen 
Vorzug hat also die V. Klasse mit der VI. Klasse ganz 
und gar gemeinsam. 

Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Herr College 
Dr. Augstein sagt: „Oder waren es nur fade Schlagwörter“, 
mit denen die Studenten „bei jeder passenden und unpassenden 
Gelegenheit zum Austreiben der subalternen Seele“ aufgefordert 
wurden? Dieses Wort ist von mir (ob zu Studenten und bei einer un¬ 
passenden Gelegenheit, kann ich nicht entscheiden) gebraucht 
worden. Ich kann aber versichern, dass es durchaus kein 
blosses Schlagwort sein sollte und sehr ernst gemeint war. An 
die thierärztliche Rangordnung und andere Aeusserlichkeiten 
habe ich dabei allerdings nicht gedacht. Sonst würde ich nicht 
von Austreibung der Seele gesprochen haben, sondern hätte mich 
höchstens der höflicheren Wendung bedienen können: „Wollen 
Sie nicht gefälligst den subalternen Ro ck ablegen“. Denn der 
Rang und überhaupt die äussere Stellung ist doch bloss ein Rock 
(wobei ich übrigens, um nicht missverstanden zu werden, bemerken 
will, dass ich grossen Werth auf gute Toilette in dieser Beziehung 
lege) jedenfalls aber nicht die Seele. Es kann sich sogar auch 
in einem Rock erster Klasse eine subalterne Seele verkriechen. 


Wenn ich von der subalternen Seele gesprochen habe, so meinte 
ich damit eben grade das Gegentheil aller Aeusserlichkeiten. Ich 
meinte, dass wir über den ja sehr berechtigten Bestrebungen 
nach äusseren Verbesserungen auch die innere Reform nicht ver¬ 
gessen dürften, und dass wir uns auch selbst den gemachten 
Fortschritten entsprechend umgestalten müssten. In dieser 
Beziehung ist im thierärztlichen Stande noch sehr viel zn bessern 
— an Haupt und Gliedern. Das mögen wir uns Alle, Alte 
wie Junge, nur immer recht innerlich vor Augen halten. 

Schm altz. 

N Medloinalminlsterlum. 

Bekanntlich soll die Medicinalabtheilung des preussischen 
Cultusministeriums von diesem abgetrennt werden. Bei der 
Besprechung dieses Planes im Abgeordnetenhause wurde auch der 
Gedanke erwogen, ob man nicht, statt die Medicinalabtheilung 
einem anderen Ministerium tdem des Inneren) zuzuweisen, ein 
selbstständiges Medicinal-Ministerium bezw. ein preussisches 
Gesundheits-Amt errichten sollte. Dabei meinte der Abgeordnete 
Dr. med. Kruse, man könne dann ja auch dieser Behörde das 
Veterinärwesen zuweisen, was deren Geschäftskreis ja entsprechend 
vergrössern würde. 

Das wird ja nicht geschehen, denn wir glauben nicht, dass 
das Ministerium für Landwirtschaft, gerade in der jetzigen Zeit, 
das Veterinärwesen würde abzweigen lassen wollen. Aber es 
8oll doch hervorgehoben werden, dass gegen eine derartige 
Massregel entschieden protestirt werden müsste. Das Veterinär¬ 
wesen hat sich in Preussen erst kräftig entwickelt, seit es in 
das Ressort des landwirtschaftlichen Ministeriums eingefügt 
wurde und damit gegenüber dem Medicinalwesen selbstständig 
zu werden anfing. Die Thierärzte wissen ferner, dass sie von 
einer derartigen organisatorischen Vereinigung mit der Medicin, 
die natürlich immer eine Art Subordination sein und bleiben 
würde, auch persönlich nur Nachteile zu erwarten hätten. 

Aber von den Wünschen der Thierärzte ganz abge¬ 
sehen, wäre diese Vereinigung vor Allem sachlich eine 
ganz unbegründete und unzweckmässige. Medicinalwesen und 
Veterinärwesen haben allerdings Gemeinsames innerhalb ihrer 
Wissenschaft und im Unterricht. Der medicinische Unterricht 
würde aber mit dem „Gesundheitsamt“ so wie so nicht ver¬ 
einigt werden, sondern als integrirender Bestandteil der 
Universitäten nach wie vor der Pflege des Cultusministeriums 
anvertraut bleiben. Also besteht ebensowenig der geringste An¬ 
lass, etwa die tierärztlichen Hochschulen unter die qu. Behörde 
zu bringen. 

Was aber die practischen Ziele der angewendeten Wissen¬ 
schaft anlangt, so sind Medicinal- und Veterinärwesen in ihrer 
innersten Grundlage absolut verschieden. Das Medicinalwesen 
dient der menschlichen Gesundheit. Damit hat weder die 
practische Tbierheilkunde noch die heute so wichtige Veterinär¬ 
polizei irgend eine innere Verbindung. Beide dienen der Land¬ 
wirtschaft und der Thierzucht — beides Dinge, mit denen 
ein „Gesundheitsamt“ absolut nichts zu tun hat Die ange¬ 
wandte Veterinärwissenschaft gehört zu dem heute sehr weit 
gewordenen Gebiet der wissenschaftlichen landwirtschaftlichen 
Technik. Bei diesem Ueberwiegen des landwirtschaftlichen 
Interesses am Veterinäiwesen gehört dasselbe unzweifelhaft zum 
landwirtschaftlichen Ministerium und kann sich nur unter dessen 
Leitung in richtiger Bahn erhalten und entwickeln. 

Die Gesundheitspflege hat nur Beziehungen zur Fleischschau. 
Da diese aber nur von Thierärzten dirigirt werden kann und es 
nicht wohl angeht, letztere aus dem allgemeinen Rahmen heraus¬ 
zulösen, da überdies auch hierbei wichtige landwirtschaftliche 
Interessen concurriren, so wird eben auch dieses Fleischschau- 


Digitized by 


Google 




7. April 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


165 


gebiet bei dem landwirtschaftlichen Ministerium zu bleiben haben. 
Jedenfalls kann man aber nicht der Fleischschau wegen etwa das 
ganze Veterinärwesen aus seiner natürlichen organischen Ver¬ 
bindung losreissen wollen. 

Soeben wird uns ein Bericht des Berliner Tageblattes über 
ein Interview des Herrn Prof.v. Bergmann zugesandt. Derselbe soll 
die Zuversicht ausgesprochen haben, dass die Verhältnisse der 
Zeit ein eignes Medicinalministerium bringen würden. Zu diesen 
Verhältnissen zählt er auch die Rinderpestbekämpfung, die Vieh¬ 
einfahrverbote und die Bedeutung, welche Angelegenheiten, wie 
die San Josö-Schildlaus, gewonnen hätten. 

Wir wissen nicht, was die San Josö-Schildlaus oder die Vieh¬ 
sperren mit der menschlichen Gesundheit zu thun haben, da doch 
die erstere nur für Obstbäume und die letzteren nur für Thiere 
in Betracht kommen. Wenn gegenwärtig solche Dinge mit in den 
Geschäftskreis des Reichsgesundheitsamtes gebracht sind, 
so ist das noch lange kein Beweis, dass ein thatsächlicher or¬ 
ganischer Zusammenhang dieser Dinge mit Gesundheits- und 
Medicinalwesen besteht und dass überall dieselbe Zusammenlegung 
stattzufinden habe. 

Wir würden es vielmehr gegenüber der jetzt für das Reich 
bestehenden Einrichtung auch hier aus vielen Gründen für viel 
practmcher halten, wenn beim Reichsamt des Innern eine besondere 
Abtheilung für Landwirtschaft etc. errichtet würde, welche 
dann den Geschäftskreis des Gesundheitsamtes entsprechend zu 
kürzen hätte. Vielleicht weisen die Verhältnisse viel dringender 
auf ein besonderes Amt für Grenzverkehr, Handel und Land¬ 
wirtschaft einschl. Veterinärwesen im Reich, als auf ein be¬ 
sonderes Medizinalministerium mit Einschluss des Veterinärwesens 
in Preussen hin. 

Jedenfalls müssen wir das eine constatiren: Es gab eine 
Zeit, wo die Thierärzte — vergeblich — zu den Aerzten sagten: 
Rechnet uns doch auch ein wenig zu den Aerzten! Dies Blatt 
hat sich gewendet. Jetzt bitten wir ebenso höflich wie entschieden, 
die Thierärzte nicht zu den Aerzten und das Veterinärwesen nicht 
znm Medizinalwesen rechnen zu wollen. S. 

Internationaler thlerärztlioher Congress zu Baden-Baden 1899. 

Wie von zuständiger Seite mitgetheilt wird, hat der Herr 
Reichskanzler auf Anregung der Grossherzoglich badischen 
Regierung dem Geschäftsführer des Ausschusses, Geheimen Ober¬ 
regierungsrath Dr. Lydtin für die Einrichtung des Congresses 
10 000 Mark und hat die badische Regierung 2000 Mark bewilligt. 

Durch diese erfreuliche und in hohem Masse dankenswerthe 
Freigebigkeit der Reichsregierung und badischen Regierung ist der 
Congress als sicher finanzirt zu betrachten. Die thierärztlichen 
Vereine werden nun hoffentlich nicht mehr säumen, ihrerseits 


ihren Mitteln entsprechend, sei es ä fond perdu, sei es in Form 
von Garantiefondzeichnungen, diejenige Summe beizutragen, 
welche zur glänzenden Ausstattung des Congresses noch fehlt. 

Aue dem preueeieohen Landtag. 

Die Kreisthierärzte der Provinz Schleswig hatten dem Land¬ 
tag eine Petition betreffs verschiedener Veränderungen ihrer 
Stellung überreicht. Dieselbe ist der Regierung als Material 
überwiesen worden. Es dürfte angezeigt sein, von einer öffent¬ 
lichen Discussion über die verschiedenen isolirt gethanen Schritte 
Abstand zu nehmen. Der Ort für diese Besprechung wird die 
Plenarversammlung der Centralvertretung sein, welche am 21. Mai 
in Berlin zusammentreten wird. 

Königreich Sachsen. 

Der sächsische Landtag hat zwei wichtige Gesetzentwürfe, 
betreffend die Einführung der obligatorischen Fleischbeschau und 
betreffend die staatliche Schlachtviehversicherung, angenommen. 
Dagegen wurde ein dritter Gesetzentwurf, betreffend die Be¬ 
kämpfung der Rindertuberculose, vorläufig abgelehnt unter An¬ 
nahme einer Resolution, wonach dem nächsten Landtag ein neuer 
Gesetzentwurf über denselben Gegenstand vorgelegt werden soll, 
nachdem in einer Anzahl von Rinderbeständen die Bestimmungen 
des Gesetzentwurfes versuchsweise durchgeführt worden sind. 
Zur Schadloshaltung der Landwirthe bei diesen Versuchen wurden 
30000 M. ausgeworfen. 

Mit der Annahme der beiden ersten Gesetzentwürfe dürfte 
eine Personalveränderung an der thierärztlichen Hochschule in 
Dresden in Zusammenhang stehen, welche schon längere Zeit — 
und neuerdings auch öffentlich — als bevorstehend bezeichnet wurde. 
Die Geschäfte des als Referent im Ministerium des Innern fun- 
girenden Landesthierarztes sind nämlich schon längere Zeit und 
nunmehr durch die Ausführung jener beiden Gesetze so ausser¬ 
ordentlich gewachsen, dass Geh.MedicinalrathDr.Siedamgrotzky 
sein Hauptamt an der Hochschule voraussichtlich ganz aufgeben 
und ausschliesslich als Miuisterial-Referent fungiren wird. 

Personal notlz. 

Der Vortragende Rath im Cultus-Ministerium, Geheimer Ober- 
Medicinalrath Prof. Dr. Skrzeczka, Mitglied der technischen 
Deputation für das Veterinärwesen, scheidet aus dem Dienste. 
Bei diesem Anlass ist ihm der Stern zum Rothen Adler-Orden 
II. Classe verliehen worden. 

VeterlnSrkllnik Grimberghe bei Wiesbaden. 

Die von dem Kreisthierarzt Dr. Kampmann errichtete 
Klinik hat im ersten Quartal ihres Functionirens 115 Patienten 
zusammen 1248 Tage beherbergt, scheint sich demnach als eine 
zweckmässige Gründung erwiesen zu haben. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 
(Vergleiche auch die Beilage zu dieser Nummer.) 


Senchenstatlstik and Veterinärpolizei. 

Bemarkmg zu meinem Artikel über die Schutzimpfung gegen Maul» und 

Klauenseuche. 

Von Kreisthierarzt Graffunder-Landsberg. 

Um etwaigen Missverständnissen über die auf Seite 148 Spalte 1, 
Zeile 5 bis 9, und Spalte 2, Zeile 17—21 meines Aufsatzes über 
Maul- und Klauensencheimpfungen in No. 13 angeführten Gründe 
der nach Methode I beobachteten Misserfolge eutgegenzutreten, 
will ich nochmals zur Klarstellung meiner Ansichten über die 
Misserfolge hervorheben, dass dieselben einerseits auf die ver- 
schiedengradige Schutzkraft des Blutes der zur Verwendung 


gelangten Thiere, oder auch andererseits auf den Umstand 
zurückzuführen waren, dass die zur Impfung benutzten Thiere 
bereits zur Zeit der Impfung inficirt waren und demnach die 
Schutzimpfung nicht mehr zur Wirkung gelangen konnte. 

Mit beiden Möglichkeiten musste man rechnen; ob sie that- 
sächlich zutreffen, kann zur Zeit noch nicht bewiesen werden. 

Zar Rothlauf8ohMtzimpfung nach Lorenz. 

Das Königlich Württembergische Ministerium des 
Innern giebt durch einen Erlass vom 11. März 1898 die Er¬ 
gebnisse der 1897 mit Lorenz'sehen Präparaten vorgeuommenen 
Rothlaufschutzimpfangen bekannt und ordnet im Hinblick 


Digitized by LjOOQle 




166 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 14. 


auf das sehr günstige Resultat die Vornahme der Impfungen 
auch für das Jahr 1898 an (Nach Massgabe der unterm 
10. März 1897 erlassenen Ausfdhrungsbestimmnngen). Es sind 
im Ganzen in 215 Gemeinden 7178 Schweine geimpft worden. 
Während dem Rothlauf von nicht geimpften Schweinen in den¬ 
selben Gemeinden 1311 Stück zum Opfer fielen, kamen unter 
den Impflingen bis zum Schluss des Jahres nur 12 Todesfälle 
(Impfverluste und sonstige Schädlichkeiten natürlich überhaupt 
nicht) vor. Selbst wenn dies Rothlauffälle gewesen wären, wäre 
das Resultat ein über alle Anfechtung erhabenes. Es bemerkt 
aber der ministerielle Bericht, dass in 10 Fällen nur der Metzger 
bezw. Besitzer Rothlauf vermuthet habe und nur zwei Fälle von 
Rothlauf festgestellt seien. 

Ebenso hat das Kaiserliche Ministerium von Eisass- 
Lothringen die beamteten Thierärzte ermächtigt, mit Rücksicht 
auf die guten Ergebnisse des Lorenz’schen Verfahrens, den 
Lorenz’schen Impfstoff auf Staatskosten zu Impfungen bereit 
zu stellen und denselben ans der Prenzlauer Anstalt zu beschaffen. 

In Preussen sind im verflossenen Jahre 50000 Schweine 
geimpft worden, mit einem ebenso guten Resultat, wie in Würt¬ 
temberg. Wie nothwendig es übrigens nachgerade geworden 
war, Stellung zu nehmen zu den Versuchen, die Methode 
Lorenz auch ferner aufznhalten und daneben die Methode 
Pasteur in den Vordergrund zu stellen, ergiebt die bereits ein¬ 
getretene Wirkung derVorträge des Herrn Geheimrath Schütz. Die 
schlesische Landwirthschaftskammer hat beschlossen „in Erwägung 
der Mängel des Lorenz’schen Verfahrens“ eine abwartende 
Stellung einzunehmen. Andererseits hat das Institut Pasteur 
zu Stuttgart bereits eine gedruckte Reclame überall hin versendet, 
worin, unter directer Anführung der betreffenden Stelle aus dem 
Vortrage des Herrn Schütz im Milchwirthschaftlichen Verein, in 
Fettdruck die Behauptung präsentirt wird: „Mit Bezug auf 
Sicherheit und Einfachheit ist demnach die Pasteur’sehe Me¬ 
thode der von Lorenz vorzuziehen.“ 

Was es mit dieser Sicherheit practisch auf sich hat und dass 
die directen Impfverluste dabei ganz verschwiegen sind, geht aus 
dem hier folgenden amtlichen ungarischen Bericht hervor, wobei 
bemerkt werden soll, dass die ungarischen amtlichen Organe 
stets überzeugte Anhänger der Pastenr’sehen Methode gewesen 
sind, also gewiss nicht das Ungünstige absichtlich hervorkehren. 

Schutzimpfungen in Ungarn 1896. 

Gegen Milzbrand wurden geimpft 7841 Pferde, 124 718 
Rinder, 204 747 Schafe. Von 109 000 Rindern sind 20 Stück 
zwischen den beiden Impfungen und 21 im Laufe des folgenden 
Jahres gefallen = 0,04 pCt. Verlust. Von 143 857 geimpften 
Schafen sind 82 zwischen den ImpfuDgon und 162 im Laufe des 
folgenden Jahres gefallen = 0,17 pCt. Verlust. 

Gegen Rothlauf wurden nach Pasteur geimpft 344 672 
Schweine (1895 : 638 000 Stück). Von rund 332 000 geimpften 
Schweinen sind gefallen 1193 = 0,35 pCt. zwischen den beiden 
Impfungen und 4677 = 1,41 pCt. innerhalb eines Jahres 
~ 1,76 pCt. Gesammtverlust. Im Ganzen wäre dies ein günstiges 
Resultat, wenn auch der in Ungarn 1889—1894 erreichte Verlust¬ 
durchschnitt mit 0,75 pCt. noch niedriger ist. Welche Ungleich- 
m&8sigkeiten aber Vorkommen, ergiebt sich aus folgenden Be¬ 
obachtungen: In einer Heerde blieben 18 Ferkel ungeimpft und 
gesund, während von 262 geimpften nach 3 Wochen fast alle an 
Rothlauf erkrankten und 42 starben. In einer andern Heerde, wo 
der Rothlauf aufgetreten war, wurden 400 Ferkel geimpft und 
zugleich auf eine andere Weide gebracht. Als sie nach 4 Wochen 
wieder auf dieselbe Weide überführt waren, erkrankten sogleich 
106 an Rothlauf, von denen 54 starben. In einer anderen Heerde 
von 100 geimpften Thieren entwickelte sich 3 Wochen später 


eine fast den ganzen Körper betreffende, jedoch abheilende Haut¬ 
entzündung. Unter anderen 410 geimpften Thieren trat nach 
4 Wochen der Rothlauf seuchenartig auf. Die Krankheit dauerte 
auch nach einer zweiten Impfung fort; es starben im Ganzen 174. 
Unter anderen 1067 am 4. Juni geimpften Ferkeln starben bis 
12. Juli 370 und bis zum September stiegen die Verluste auf 688. 
Der Bericht constatirt, dass in allen Fällen der Rothlauf nur 
macro c copisch diagnosticirt wurde, und lässt die Frage offen, ob 
auch Verwechselungen mit Schweineseuche mit untergelaufen sind. 

Gegen Rauschbrand sind 1100Rinder geimpft; Impfverluste 
kamen nicht vor; im Laufe des folgenden Jahres fielen 3 Stück. 

Entschädigungen anlässlich von Vlehseuohen In Deutschland 1896. 

In dem bei Julius Springer erschienenen 11. Jahresbericht 
über die Verbreitung der Thierseuchen, aus dem bereits in No. 3 
d. J. ein Auszug über den Seuchenstand gegeben wurde, findet 
sich nachfolgende Zusammenstellung über die gezahlten Ent¬ 
schädigungen: 

Anlässlich des Rotzes worden gezahlt für 138 Pferde aus 
Staatsmitteln 45 489 M. und für 465 Pferde aus den Eutschädigungs- 
kassen 168 670 M., zusammen für 603 Pferde 214159 M. Davon 
fallen auf Preussen 481 Pferde und 149 500 M. und hiervon mehr 
als 10000 M. auf die Regierungsbezirke Potsdam (18000), Oppeln 
(16000), Breslau, Liegnitz, Bromberg, Königsberg, fast 10000 auf 
Marienwerder; auf die übrigen erheblich weniger. Auf ganz 
Bayern kommen nur 10 Pferde mit 4067 M., auf Württemberg 
15 und 6000, auf Sachsen 8 und 4373, auf Hamburg 42 und 26 825, 
auf Eisass-Lothringen 37 und 18 776, auf die übrigen Bundes¬ 
staaten ganz unbedeutende Summen. Dabei ergiebt sich die be¬ 
zeichnende Thatsache, dass der aus Staatsmitteln entschädigte 
Vollwerth eine niedrigere Durchschnittszahl ergiebt, als der aus 
Verbandskassen entschädigte Dreiviertelwerth, nämlich für 
Preussen 283 gegen 318 und für ganz Deutschland 329 
gegen 362. 

Bei Lungenseucheausbrüchen wurden gezahlt für 
203 Rinder aus der Staatskasse 33 585 M. und für 2016 Rinder 
zu Vß-Werth 368 349 M., zusammen für 2219 Thiere 401 934 M. 
Auch hier ergiebt die von der Staatskasse zu trageude Ent¬ 
schädigung des Vollwerths einen niedrigeren Durchschnitt als die 
Vierfünftelentschädigung seitens der Verbandskassen, nämlich 
174 gegen 181. Auf Preussen entfallen 2054 Haupt mit 347 OCX) M., 
davon aus der Staatskasse 27 868 M. für 159 Haupt. Es sind im 
Berichtsjahre eine ganze Reihe Regierungsbezirke mit erheblichen 
Summen betheiligt gewesen. Auf Reg.-Bez. Magdeburg fallen 
diesmal nur 34 pCt. der preussischen und 31 pCt. der deutschen 
Entschädigungen (sonst stets zwischen 50 und 60 pCt.), nämlich 
128 000 M. Dann kommt gleich Potsdam mit 99 000 M. rund 
(- 26 pCt.) für 315 Thiere und Cöln mit 65 000 M. (= 17 pCt.) 
für 573 Thiere. Ueber 20000 M. wurden ausserdem gezahlt in 
den Reg.-Bez. Düsseldorf und Arnsberg; in Aachen 16 000 M., in 
4 anderen Bezirken kleinere Beträge (bis 6000 M. in Merseburg). 
In Bayern gelangten nur 4 Stück mit 698 M. zur Entschädigung. 
Sachsen hatte für 139 Stück 23 735 M. zu zahlen. Braunschweig 
und Anhalt waren nur mit 2 bezw. 3 Stück, Reuss ältere Linie 
mit 8, Weimar mit 9 Stück betheiligt. 

Für Milzbrand nnd Rauschbrand wurden gezahlt in Preussen 
505 696 M. (und zwar rund 88000 M. in Breslau, 75 000 Düssel¬ 
dorf, 71 000 in Potsdam, 54 000 in Frankfurt; zwischen 20 und 
30 000 in Liegnitz, Oppeln, Münster, Wiesbaden, Aachen; 
zwischen 10 und 15 000 in Arnsberg, Kassel, Koblenz, Köln, 
Trier; endlich kleinere Beträge in Minden und Sigmaringen); 
in Bayern 120 982 M., in Sachsen 73 918, in Württemberg 70860, 
in Elsass-Lothringen 67 432, in Baden 35 220, in Braunschweig 
26 445, in Sachsen-Weimar 23076, endlich in Sachsen-Altenburg 


Digitized by LjOOQie 




BERLINER THIERÄR/.TLICBE WOCHENSCHRIFT. 


167 


7. April 1Ö‘J8. 

6 652 und in beiden Reuss 6 291 M. Auffallend viel Pferde sind 
dabei in Elsass-Lothringen bezahlt worden, nämlich 44 mit 
18 098 M. = 27 pCt. der Gesammtentschädigung, während in 
ganz Preussen nur 100 Stück mit 45 000 M. «= 9 pCt. der 
Ge8ammtent8chädigung, in Württemberg nur 4 mit 2500 M. 
= 3'/s pCt. der Gesammtentschädigung, in den übrigen Staaten 
nur einzelne Pferde entschädigt wurden. 

Verluste durch Maul- und Klauenseuche gelangten in 
Württemberg mit 86 365 M. für 1170 Stück zur Entschädigung, 
was einer Durchschnittsentschädigung von etwa 74 M. ent¬ 
spricht. 

Eine Milzbrand-Verbreitungs-Karte ist dem Bericht nicht 
mehr beigegeben, sondern nur Tollwuth, Rotz, Lungenseuche 
nnd Schafrende sind kartographisch in ihrer Ausbreitung 
während des ganzen Jahres, die Maul- und Klauenseuche ist, 
desgl., aber nach dem Ultimo-Stand vom December 1896 dar¬ 
gestellt. 

Viehzählung in Bayern. 

Am 1. December 1897 wurden im Königreich Bayern ermittelt: 
376 822 Pferde, 3 420 660 Rinder, 905 000 Schafe und 1413 000 
Schweine. Das macht eine Steigerung des Viehbestandes gegen 
die letzte Zählung von 1892 um etwas über 2 pCt. bei Pferden 
und Rindern, um 4 pCt. bei Schweinen, dagegen eine Ver¬ 
minderung um 6'/j pCt. bei den Schafen. 

Fleischschan und Viehverkehr. 

Zar s&nitätspolizeilichen Beartheilang der Reaction 
des Fleisches. 

Von Hartenstein und Augst. 

(Zuchr. f. Fl. u. M. Januar, Februar 1898.) 

Ende October erkrankte eine Kuh nach Mittheilung 
Härtenstein’s unter Kolikerscheinungen. Es ging daraus die 
ßogen. Unverdaulichkeit hervor, so dass nach 5 Tagen das Thier 
geschlachtet wurde. Die Section ergab eine Invagination des 
Darmes, sonst nicht die geringste Veränderung, namentlich keine 
Degeneration der Parenchyme, keine Blutung oder Imbitition. Das 
Fleisch war anscheinend normal nnd geniessbar. Als aber H. 
die Reaction prüfte, fiel dieselbe zu seinem Erstaunen deutlich 


alkalisch aus. Er nahm ein Stück Fleisch mit nach Hause und 
fand, dass dasselbe am nächsten nnd an den folgenden Tagen 
ausgesprochen sauer reagirte. Das Fleisch war also thätsächlich 
nicht verdorben. Wie sich die verdächtige alkalische Beaction 
erklärte, kann H. nicht sagen. Jedenfalls ergiebt sich aus diesem 
Falle, dass eine kurz nach dem Schlachten (die Untersuchung 
fand vier Stunden nachher statt) constatirte alkalische Reaction 
nur dann bedenklich ist, wenn sie sich noch bis zum nächsten 
Tage erhält. 

Hierzu bemerkt Augst Folgendes: Nach seinen Beobachtungen 
zeigt das Fleisch von Thieren, die unter den Symptomen der 
Athemnoth (Pericarditis traumatica, acute Pneumonie, Tympanitis 
etc.) nothgeschlachtet wurden, besonders im Sommer die normale 
saure Reaction erst nach frühestens 24 Stunden und reagirt 
bis dahin alkalisch (wahrscheinlich wegen ungenügender Oxydation 
de« Blutes infolge Asphyxie in den letzten Lebensstundenl 
Dr. Edelmann hat in einer Versammlung darauf hingewiesen, 
dass er am Dresdener Schlachthof auch bei normalen 
Schlachtungen Fleisch mit ausgesprocheu alkalischer Reaction 
beobachtet habe bei ganz gesunden Thieren. Hiernach scheint, 
dass man der Reaction des Fleisches überhaupt ein ent¬ 
scheidendes Gewicht nicht beilegen kann. Es kommen folgende 
drei Eventualitäten für die Uageniessbarkeit des Fleisches in 
Betr&cht: der Nachweis der Sepsis, typische Infectionskrank- 
heiten oder Substanzveränderungen im Fleisch. Bei der Sepsis 
sind sämmtliche Körperlymphdrüsen entzündet und die paren¬ 
chymatösen Organe degenerirt. Eine saftige Beschaffenheit und 
Rothfärbnng der Bugdrüsen allein kann keine diagnostische 
Bedeutung haben, vielmehr, wie Hartenstein richtig bemerkt, 
nur durch schlechtes Ausbluten und Aufhängen des Cadavers an den 
Hintergliedmassen bedingt werden. Bezüglich desBefundes typischer 
Infectionskrankheiten, welche teils auf den Menschen Übertragbar, 
theils nicht übertragbar sind, bedarf es keiner Bemerkung, da 
hierüber präcise Vorschriften existiren. Was aber die Ver¬ 
änderung der Fleischsubstanz anbetrifft, so kann bei eiuem noth- 
geschlachteten Thier das Kriterium der Sepsis, also auch Sio 
nachweisbare Schädlichkeit für den Menschen beim Genuss sehr 
wohl fehlen und trotzdem ist das Fleisch hochgradig verdorben, 
z. B. bei Anasarka ascitis, allgemeiner Abmagerung etc. 


Biicheranzeigen und Kritiken. 

Bayer, Fröhner: Handbuch der thierärztllchen Chirurgie und Geburts- 
hülfe; lil. Band. 

I. Kopf, Haie, Brust, Bauch. 

Die erste Lieferung, umfassend die Lippen, Manlhöhle, Zunge, 
Pharynx, Speicheldrüsen, Schädel nnd Gehirn, ist von G. Koenig, 
Oberrossarzt und Inspicient der Militär-Rossarztschule in Berlin, 
bearbeitet und umfasst die Abhandlung 164 Seiten. Koenig be¬ 
ginnt mit den Krankheiten der Lippen und Backen und bespricht 
von diesen in besonderen Cjpiteln die Wunden und Quetschungen, 
die Entzündung, Neubildung und Lähmung der Lippen, Wunden 
der Backen, Actinomycose der Backen und spontane Gangrän¬ 
bildung der Wange. Von den Krankheiten der Maulhöhle sind 
besondere Kapitel gewidmet den Fremdkörpern, den Verletzungen 
in der Maulhöhle, den Verletzungen der Laden und Neubildungen in 
der Maulhöhle. Obwohl die Abhandlung der erwähnten Capitel 
nichts Neues bringt nnd sie nur als eine mit Hinzufugung der 
neueren Litteratur ausgestatteten Compilation unserer bekannten 
Chirurgien von Hertwig, Möller, Stockfleth etc. anzusehen 
ist, so kann man derselben ihrer guten exacten Eintheilung und 
Uebersicht wegen eine besondere Anerkennung nicht vorenthalten. 
Eigenartig für uns als Abhandlung in einer Chirurgie ist die 
Beschreibung der wichtigsten Zäumungsmethoden nebst Abbildungen 


der verschiedenen gebräuchlichsten Arten von Trensen nnd Can- 
daren. Da die Zäumung für die ganze Beurtheilung der Ladeu- 
diücke von der grössten Wichtigkeit ist, so ist die Beschreibung 
derselben hier sehr am Platze nnd gehört in ihrer Kürze und richtigen 
Beschränkung bei der Besprechung sicher mit zu den interes¬ 
santesten Capiteln. Es wird nicht nur für junge Thierärzte, die nicht 
bei der Cavallerie gedient haben oder selbst nicht reiten, von 
grosser Belehrung sein, es wird auch Denjenigen, die sich über 
die Zäumung orientiren wollen, das Nachschlagen in den Büchern 
der Pferdekunde, die oft nicht im Besitze des Thierarztes sind, 
ersparen und so die Chirugie vervollständigen. Bei der Be¬ 
schreibung der Neubildungen möchte ich auf die exacte Eintheilung 
der Geschwülste aufmerksam machen, die die Uebersicht sehr 
erleichtert. 

Von den Krankheiten der Zunge werden besonders beschrieben 
die Wunden und Quetschungen der Zunge, Entzündung, Malignes 
Oedem, Lähmung, Zungenstreckeo, Neubildungen der Zunge, 
Actinomycose der Zunge, Froschgeschwulst, Fractnren des Zungen¬ 
beins und angeborene Missbildungen der Zunge. 

Bei der Besprechung der Actiaomycose der Zunge fällt sehr 
vortheilliaft auf die recht passende kurze Litteratur über den 
Actinomycespilz nnd die eingehende Behandlung der Therapie. 

Bei den Erkrankungen des Pharynx und der Mandeln bespricht 


Digitized by LjOOQie 








168 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14 


König Verletzungen des Pharynx, die Halsbräune, die Abscedirung 
der subparotidealen Lvmphdriisen, die Lähmung des Schlund¬ 
kopfes, Fremdkörper und Parasiten in der Rachenhöhle, ferner 
Schlundkopf«rampf,Schlundkopfstricturen, angeborene Missbildungen 
und Krankheiten der Mandeln. Ebenso genau nnl eingehend 
werden die Krankheiten der Speicheldrüsen und endlich die 
Krankheiten des Schädels und Gehirns abgehandelt. Die dem 
grossen anatomischen Werke von Ellenberger und Baum ent¬ 
nommenen ausgezeichneten Abbildungen des Kehlganges und der 
Seitenansicht des Kopfes sowie die Abbildungen verschiedener 
Speichelsteine erhöhen den Werth des Buches. Bei der Abhand¬ 
lung über die Columbaczer Mücke vermisse ich die werthvollen 
Beiträge von Friebel, ebenso ist die Arbeit von Webjer aus 
dem amerikanischen Veteiinär-Bericht über Simulium pecuarum 
und Simulium meriiionale nicht erwähnt. Im Grossen und 
Ganzen kann man dem Verfasser aber zu seinem grösseren 
Erstlingswerke gratnliren, das recht geschickt und in dem grossen 
Rahmen eines Sammelwerkes der thierärztlichen Chirurgie passend 
abgehandelt ist. 

II. Sattel- uud Geschirrdrücke. 

Im III. Bande, II. Theile und erster Lieferung beschreibt 
Bartke auf 39 Seiten zwar kurz und bündig aber dennoch in 
eingehender Weise die Sattel- und Geschirrdrücke sowie die 
Widerristfistel. Man ersieht aus der ganzen Darstellungsweise, 
dass die Abhandlung nicht vom grünen Tisch aus erfolgt ist, 
sondern, dass Barike als Practiker viele mit den erwähnten 
Leiden behaftete Patienten selbst behandelt hat. Hätte Bartke 
noch diesen Beschreibungen einige Abbildungen zur Demonstration 
des Verlaufes der Fascien und Schulterblattbinde beigefdgt, wie 
z. B. es Möller in seiner speciellen Chirurgie Seite 251 Fig 60 
durch seinen Querschnitt durch den Thorax des Pferdes (halb¬ 
schematisch nach Frank) gethan hat, so wäre die Uebersichtlich- 
keit der ganzen Abhandlung bedeutend hierdurch gefördert 
worden. Dr. Toepper. 


Personalien. 

Ernennungen: Zum Distriktsthierarzt: Thierarzt Jos. G opfert- 
Hornbach in Eltmann (Uuterfrank.). — Zum pragmatischen Bezirks¬ 
thierarzt: Bezirksthierarzt Jak. R i e d i n g e r - Neumarkt i. 0. 

Thierarzt R. Simon- Lübeck ist zum Assistenten an der mediz. 
Klinik der thierärztl Hochschule in Berlin ernant wurden. 

Es sind gewählt worden: Schlachthofihierarzt Jul. Rettig- 
Ilannover commissarisch zum Schlachthofvorsteher in Nordhausen, 
Tliierarzt A n d e r s-Kattowitz zum 2. Schlachthofthier.irzt inB.'Uthcn 
(Oberschi), Thierarzt 0. S c h r a g e n h e i m - Eilenburg zum Hilfs- 
tbicrarzt am Schlachthof in Bresliu. — 

Thierarzt Bersche 1-Görlitz hat die Annahme der Schlachthof- 
verw.dtersLlle in Sagan abgelehnt. 

Approbationen: München: Die Herren Erwin Moser und 
Georg Schöpperl. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬ 
arzt Goebcls - Gncsen nach Limburg (Lahn), Thierarzt Hiss¬ 
bach - Kamberg nach Finsterwalde, Thierarzt E. Winter- 
Karlsruhe nach Wesel, Tliierarzt II e 1 f e r s-Prenzlau nach 
Frankfurt a 0, Tliierarzt M. Michael, bisher Einj.-Freiw. in 
Leipzig nach Lugau (Sachsen), Thierarzt II Joccks - Brüssow nach 
Schönlanke, Tliierarzt Spengler- Tarnowitz nach Brüssow. — 
Tliierarzt J. Deterts hat sich in Eberswalde, Tliierarzt W. Sclimid, 
bisher Assistent des Bezirksthierarztes in Donauwörth in Seeg (bei 
Füssen) — niedergelassen. 

In der Armee: Versetzt die Rossärzte Winter vom 
Drag.-Rgt. No. 20 zum Art.-Rgt. No. 7, Marks vom Art.- 
Rgt. No. 14 zum Drag.-Rgt. No. 20. — Befördert zum Itoss- 
arzt: Unterrossarzt Kettel vom Art.-Rgt. No. 15 unter 
Versetzung zum Art.-Rgt.. No. 14. — Befördert zum Rossarzt des 
Beurlaubtenstandes der Unterrossarzt d. Res. Carl, zum Einj.-Freiw. 


Unterrossarzt im Hus.-Rgt. No. 14 der Einj.-Freiw. K. Weber, zu 
Untervcteriniiren des activen Dienststandes die Einj-Frciw. Unter- 
veterinäre G. Costa vom 2. Schw. Reiter-Rgt. und E Rossmüller 
vom l.UI-Rgt., zum Stabsveterinär im 2. Ul.-Rgt. der Veterinär 1 CI. 
Prcchtcl vom 4. Chev.-Rgt. — Der Veterinär der Rcb *rve Betz 
ist in den Frie.lensstand des 4. Art.-Rgt. versetzt worden. 

TodesfaU: Tliierarzt W. Joger-Nieder-Barnim. 


Vacanzen. 

Krelsthierarztitellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht 
ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts- 
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebührenl. 

b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B Gu m b i n n e n: Stallupönen (Assistent des Grcnz- 
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss'. — R.-B. Schleswig: Eider itedt 
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. 
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Aachen: Schlachthofthicrarzt (25' OM.). Bcw bis 15. April an Schlacht- 
hofdirector Boekelmann — Breslau: Schlachthof-Hilfsthierarzt 
(1800 M.). Privatpraxis nicht gestattet, Bcw. sofort an Schlachthaus- 
director Schilling. — Coblenz: Schlachthof Hilfsthierarzt (1800 M.). 
Bew. bis 15 April an Oberbürgermeister Schüller. — Elbing: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Celle: Schlachthofinspector (2400 — 3603 M., Dienst¬ 
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 35'J M. Nebeneinnalime). Bew. 
bis 1. April an Magistrat. — Filehne: Sclilachthofinspector zum 

I. Oct. d. J. Bew. an Magistrat. — Finsterwalde: Schlachthof- 
director (1500 M., freie Wohnung und II izung. Privatpraxis ge¬ 
stattet). Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thierarzt (2400 M. steigend 
bis 4200 M.). Bew. an Obeibürgeruieistcr. — Ostrowo: Schlachthof¬ 
in Spector (2100—3000 M, freie Wohnung, Heizung. Beleuchtung). 
Bew. an Magistrat. — Schlawe (Pommern): Sclilachthofinspector 
(2100—2700 M, freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. 

Privatsteilen: 1896 bekannt gegebene: Brüel (Mecklen¬ 
burg): Auskunft Thierarzt Fromm. — Da eh re: Ausk. Kaufmann 
Buhler. — Flörsheim: Meid, an Bürgermeister. — Garzweiler 
Näheres Bürgermeister. — Herrn Stadt: Auskunft Magistrat. — 
Oberpleis: Auskunft Bürgermeister. — Reisen (Posen): 
Auskunft Magistrat. — Rhino w: Auskunft Magistrat. — 

1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): Thierarzt. Näheres 
Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Thierarzt. Näheres 
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Tliierarzt. Meldungen an den 
Amtmann. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬ 
burg (Werra): Thierarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde¬ 
vorstand — Drengfurt: Auskunft Gutsbes. Baranowsky, Fürstenhof 
bei Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck): Auskunft 

J. Prahl, Grakau bei Gleschendorf. — Guxhagen (R.-B. Cassel): 
Auskunft Apoth. Klingestein. — Maulbronn: Tliierarzt (Wartegeld 
1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam): 
Thierarzt. Meid, au Magistrat — Pitschen: Thierarzt Näheres 
Magistrat. — Pollnow: Tliierarzt (Fixum 300 M., Einnahme aus 
Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: 
Tliierarzt (800 M. für Fleischschau-. Näheres Magistrat. — 
Waldbröl: Tiiierarzt (ca. 102(3 M. ausser Privatpraxis). — 

1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Einbeck 
(Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle, Magdeburg (Schlacht¬ 
hofi. — Las dehnen: Tliierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskunft Klaadat,Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schön- 
liaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren auseinzu- 
füln cnder Fleischschau ca. 2000 M ). Näheres durch das „Amt 1 daselbst. 


Verantwortlich für ‘Ion Inhalt (exel. Iii<cra'ep’.lmil) V*rof. I>r. Schmält/ ln licrliti. — Verla« uml Kifft-Mliimi von Uichanl Sri,,.et/ in IWli.i. - Itnn-k von W. I.lixenatuin. Berlin. 


Digitized by 


Google 





Die „Berliner Thler&rmtllehe Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich in SULrke von mindesten* I'/t Bogen. Dieselbe 
ist in belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetx, Berlin NW, Lnisenatrassn Sfi, mm i’reiso von 
Mk. fi ,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrige werden mit &0 Hk. fDr den Bogen bonorirt 
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man iu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin, thierirxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse SG. 
Correeturen, Recensions-Rzempiare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 15 . Ansgegeben am 14. April. 

Inhalt: Dieckerhoff: Obergutachten übor den apoplectischen Tod eines fetten Schweines. — Martens: Zur 
Frage der Immunitätsdauer bei der Maul - und Klauenseuche. — Referate : G u i 11 e b e a u: Die tuberkulöse 
Entzündung der Gelenk-Sehnenscheiden und Schleimbeutel beim Rind. — Bob so: Neuer Beitrag zum Studium der Mikro¬ 
organismen der Septicaemia haemorrhagica beim Rinde. — Die Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde. — HinricliBon: 
Carcinomatose beim Pferd. — Löffler: Eine neue Injectionsspritze. — Anjeszky: Eine einfache Sporenfärbungsmethode. 
— Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verzeichniss der während des Prüfungsjahres 1896/97 approbirten Thier¬ 
ärzte. — Verschiedenes. — Fleisch sc hau und Viehverkehr. — BUcheranzeigen und Kritiken. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Obergutachten 

Uber den apoplectischen Tod eines fetten Schweines. 

Von 

Dr. Dieckerhoff. 

Das in Sachen des Landwirthes Pf. in Ob. gegen den Fleischer¬ 
meister He. in Ap. beschlossene Gatachten ertheile icli nach¬ 
stehend, nachdem ich die Acten eingesehen habe. 

Die Beweisfrage geht dahin: 

Ob das am 4. November 1896 verendete Schwein infolge 
des Fasstrittes, den es vom Lehrling des Beklagten erhalten hat, 
gestorben ist? 

Der Kläger hat an den Beklagten am 1. November 1896 zwei 
Schweine verkauft, welche am 4. November abgeholt wurden. 
In der Klageschrift wird behauptet, dass, bevor die Schweine nach 
der Viehwage getrieben waren, damit sie dort gewogen worden, 
eins derselben anf dem Wege umgekehrt sei und dass der Lehrling 
des Beklagten dasselbe hierbei mit dem Fasse gegen den Kopf 
getreten habe. Unmittelbar darauf sei das Schwein zusammen¬ 
gebrochen nnd von dem Lehrling des Beklagten noch mit dem 
Taschenmesser abgestochen worden. Das todte Schwein sei am 
5. November gewogen worden, wobei sich ein Gewicht von 338 
Pfund heransgestellt habe. 

In der Beantwortung der Klage hat der Beklagte bestritten, 
dass das Schwein infolge der Behandlung durch den Lehrling 
verendet sei. Dasselbe sei anch von ihm noch nicht übernommen 
gewesen, da nach Handelsbrauch die Uebergabe von fetten 
Schweinen stattfinde, nachdem das Gewicht derselben auf der 
Wage festgestellt sei. 

Die in der Sache vernommenen Zeugen nnd Sachverständigen 
haben folgende Aussagen deponirt. 

1. Maurer J. (Bl 33). Im November 1896 begegnete mir der 
junge Pf., der Fleischer He. und dessen Lelnjunge mit 2 Schweinen. 
Da das eine Schwein nmkehren wollte, trat es der Lehrjnnge 
mit dem Fasse nach dem Kopfe zn, um es nmzulenken. Gleich 
darauf, als das Schwein noch ein paar Schritte gemacht, fiel es 
nach der Wand um und drehte sich noch einmal auf die andere 
Seite, worauf ich weiterging. Der Fugstritt des Lehrlings schien 
mir ohne besondere Heftigkeit erfolgt zu sein. Nach demselben 
ging das Schwein noch etwa lft Meter weit. Der Lehrling stiess 


mit dem Fasse nicht an die Stirn, sondern an die Backe, wie zu 
geschehen pflegt, wenn ein Schwein gelenkt werden soll. 

2. Tagelöhner K. (Bl. 34). Ich sah im Herbste 1896 einmal 
znm Fenster heraus nach der Strasse, als der junge Pf. mit dem 
Fleischer He. and dessen Lehrling 2 Schweine die Strasse her¬ 
getrieben brachten. In der Nähe meines Fensters wollte das eine 
Schwein rechts, das andere links nmkehren. Das letztere trat 
der Lehrling mit dem Fusse nach dem Kopfe zn, damit es nicht 
umwende. Es lief darauf noch 2 Schritte, als es nach der Wand 
nmfiel, sich dann anf die andere Seite wälzte und liegen blieb. 
Ich sagte za meiner Fraa, die den Vorfall mit ansah, weshalb 
das Schwein nicht gleich abgestochen würde. 

3. Landwirthschaftsgehilfe Pf., unter Aussetzung des Eides 
(Bl. 38). An dem Tage, als die Schweine dem Beklagten über¬ 
liefert wurden, erschien der Lehrling schon früh 6 Uhr, um zu¬ 
zusehen, wie die Schweine gefüttert wurden. Gegen 9 Uhr er¬ 
schien der Meister und begab sich in den Stall. Zunächst lief 
das eine Schwein von selbst heraus; dann kam auch das andere 
und hinter ihm der Beklagte He. mit einem Stocke. Als wir mit 
dem Schweine etwa 50 Schritte von dem Stalle entfernt waren, 
wollte das eine wieder nmkehren. Der Lebijnnge kehrte es aber 
mit den Knieen wieder am, and als es abermals Miene machte, 
nmzudrehen, trat er es von nuten nach dem Halse zu. Das 
Schwein glitt hierauf mit den Hinterfüssen aus und kam znm 
Fallen. Es schlug hin nnd her, sodass He. sagte: „Das hat es 
in den Hinterbeinen.“ Nach einiger Zeit trat ich näher und 
äus8erte: „Das sieht aber nieht aus, als wenn es wieder auf- 
kommen wollte.“ Darauf ist das Schwein durch den Lehrling ab¬ 
gestochen worden, als es schon todt war. 

4. Fleischerlehrling M. ohne Eidesleistung (Bl. 36). Ich 
wurde am 4 November 1896 früh zum Kläger geschickt, um zu 
controliren, dass die fraglichen Schweine vor dem Wiegen nicht 
gefüttert würden. Als gegen 9 Uhr der Meister kam, war ich 
im Hofe und sah, wie der junge Pf. die Schweine mit der Peitsche 
in der Hand ans dem Stalle trieb. Als wir mit den Schweinen 
schon auf der Dorfstrasse waren, wollte das eine Schwein, welches 
vorne weg war, wieder zurücklaufen. Um dies zu verhindern, 
stellte ich mein Bein vor das Schwein nnd kam mit dem Beine 
an die rechte Seite des Schweines. Es lief dann nochmal fünf 
Schritte und rammelte dann an die Wand, wo es liegen blieb. 


Digitized by LaOOQie 






170 

Ich habe demnächst von meinem Meister ein Messer bekommen 
und das Schwein auch abgestochen. 

5. Bezirksthierarzt K. (Bl. 98 und 140 d. A.). Ich habe die 
Section des Schweines am 2. Tage nach dem Tode vorgenommen 
und ausser den von dem Fusstritte des Lehrlings herröhrenden 
Verletzungen keine Krankheitserscheinungen festgestellt. Als 
Folgen des Fusstrittes habe ich constatirt, dass die Blutgefässe 
des Gehirns sehr blutreich waren, dass der Kehlkopf mit Blut 
unterlaufen war, dass der Zungengrund blutig war und einige 
Wärzchen am Zungengrunde zertrümmert waren. Meines Er¬ 
achtens war das Schwein, bevor es von dem Lehrlinge den Fuss- 
tritt erhalten, völlig gesund. Ich nehme an, dass der Tod des 
Schweines durch den Fusstritt veranlasst worden ist 

6. Thierarzt 8., der nach Bl. 52 v an dem Tage, an welchem 
das Schwein verendet war, wahrgenommen hat, dass die Hals¬ 
partie der Seite, auf welcher der Cadaver lag, blutig unterlaufen 
war, deponirt Bl. 106: Ich habe das Schwein auf der Strasse 
liegen gesehen. Es war sehr fett. Nach meiner Auffassung ist 
der Tod desselben nicht auf den Fusstritt des Lehrlings direct 
zurückzuführen, denn der Fusstritt würde bei der fetten Beschaffen¬ 
heit des Schweines nicht die von K. gemeinte Wirkung gehabt 
haben. Das Schwein mag durch das Heraustreiben aus dem 
Stalle und durch das Hin- und Herlaufen sehr aufgeregt gewesen 
sein. Bei fetten Schweinen ist infolge solcher Aufregung ein 
Herz- oder Gehirnschlag nicht ungewöhnlich. Immerhin will ich 
aber zugeben, dass der Fusstritt des Lehrlings die Erregung des 
Schweines noch gesteigert und so den Eintritt des Todes durch 
Gehirn- oder Herzschlag beschleunigt haben kann. Die vom 
Sachverständigen K. bekundeten Erscheinungen, dass die Blut¬ 
gefässe des Gehirnes gefüllt waren und dass der Kehlkopf blutig 
unterlaufen war und der Zungengrund blutig war, brauchen nicht 
nothwendig als Folgen des Fusstrittes angesehen zu werden, da 
solche Erscheinungen auch bei dem Gehirn- und Herzschlage Vor¬ 
kommen. Der Tod des Schweines hätte auch ohne den Fusstritt 
eintreten können. 

7. Bernhard M. (Bl. 121). Ungefähr 5 Minuten, nachderü das 
fragliche Schwein gestürzt war, rief mich der Beklagte He. heran, 
um mir, wie er sagte, die Spuren des Fusstrittes zu zeigen. • Ich 
habe aber keine Spuren an dem Schweine wahrgenommen. Ich 
erinnere mich, dass He. mir die linke Seite des Schweines als 
diejenige, an welcher Spuren seien, zeigte. Ich habe das Schwein 
deshalb nicht näher betrachtet, weil He. es nicht genügend hoch 
hob. Das Schwein lag auf der linken Seite. Es kann sein, dass 
der Beklagte das Schwein kaum berührt und nicht hochge¬ 
hoben hat. 

8. Frau Landwirth Pf., unter Aussetzung des Eides (Bl. 129). 
Die beiden Schweine, welche der Beklagte gekauft hat, würden 
wöchentlich regelmässig zwei Mal während des Ausmistens des 
Stalles auf den Hof getrieben und hatten sich hieran vollständig 
gewöhnt. Wenn die Stallthür geöffnet wurde, liefen sie von selbst 
heraus, sprangen im Hofe herum und Hessen sich auch ohne 
Schwierigkeit hineintreiben. 

Gutachten. 

Aus dem actenmässig festgestellten Thatsachenmaterial er- 
giebt sich zunächst, dass das hier fragUche Schwein sehr fett 
war, wie der Sachverständige S. (Bl. 106 d. A.) herrorgehoben 
hat. Nach der thierärztlichen Erfahrung kann ein fettes Schwein 
durch eine momentane Beängstigung, Aufregung und Unruhe sich 
eine Lähmung der nervösen Apparate, welche die Herzfunction 
reguliren, zuziehen und scbneU zu Grunde gehen. Diese schneU 
zum Tode führende Lähmung wird in der Wissenschaft als 
,,Shock“ oder auch als „Apoplexie ‘ bezeichnet. Gebräuchlich ist 


No. 15. 


aber auch der im vorliegenden Falle vom Tbierarzt S. gewählte 
Name „Herzschlag“. 

Dass der Fusstritt, welchen der FleischerlehrUng M. gegen 
den Kopf des Schweines voUfdhrte, eine unmittelbare Verletzung 
der Haut oder eines Knochens veranlasst hätte, ist nach dem In¬ 
halte der Acten nicht anzunehmen. Auch lässt sich aus den Be- 
fundangaben des Bezirksthierarztes K. nicht schHessen, dass der 
Fusstritt eine directe Schädigung des Gehirnes, eine Gehirn¬ 
erschütterung bewirkt hat. Der Sachverständige constatirte bei 
der Section grossen Blutreichthum in dem Gehirn, blutige Unter¬ 
laufung der Kehlkopfschleimhaut und eine blutige Beschaffenheit 
des Zungengrundes. Von S. wird ausserdem noch angegeben, dass 
die äussere Haut am Halse derjenigen Seite, auf welcher das 
Cadaver lag, blutig unterlaufen war. Indess besagen diese Be¬ 
fundangaben nichts weiter, als dass das Schwein suffocatorisch 
verendet ist. Bei dieser Todesart, welche der Herzlähmung 
(Herzschlag) folgt, sind die erwähnten blutigen Zustände der 
Organe und die blutigen Unterlaufungen in der Schleimhaut der 
Athmungswege in der Hegel vorhanden. Die „Zertrümmerung 
einiger Warzen am Zungengrunde“, welche in dem Sectionsberichte 
des Sachverständigen K. erwähnt wird, ist eine Folge der nach 
dem Tode des Thieres eingetretenen Fäulniss gewesen; denn die 
Section des Cadavers fand erst am 2. Tage nach dem Tode statt. 
In dieser relativ langen Zeit entstehen in den Cadavern fetter 
Schweine gewöhnHch solche Defecte am Grunde der Zunge und 
an anderen Organen. 

Nach den Bekundungen der beeidigten Zeugen J. und K. hat 
das Schwein sich beim Treiben nach der Viehwage umgewendet, 
um nach dem StaUe zurückzulaufen. Durch den Fleischerlehrling 
M., welcher mit dem Fusse gegen den Kopf trat, wurde es hieran 
verhindert. Es ist darauf nur noch zwei Schritte weit gelaufen 
und sofort verendet. Der Fusstritt des Lehrlings gegen die 
Backe des Schweines schien ohne besondere Heftigkeit erfolgt 
zu sein. Mit der letztgedachten Angabe stimmt auch die Aussage- 
des Zeugen Bernhard M. überein, welcher keine Spuren des Fuss¬ 
trittes bei der Besichtigung des Cadavers 5 Minuten nach dem 
Tode des Schweines wahrgenommen hat. Ebenso hat der Sach¬ 
verständige K. kein Zeichen des Fusstrittes an der Haut und an 
den Knochen des Kopfes bei der Section festgesteUt. 

Bei dieser Sachlage lässt sich auf Grund der Wissenschaft- 
Uchen Erfahrung nur schHessen, dass das Schwein, als es nach 
dem StaUe zurückeilte und von dem Fleischerlehrlinge zum Um¬ 
wenden gezwungen wurde, heftig erschrocken und durch den 
Schreck sowie durch die Aufregung von einer tödüichen Herz¬ 
lähmung betroffen worden ist. 

Da der Fusstritt, mit dem das Schwein zurückgetrieben 
wurde, das Erschrecken und die Aufregung, welche den tödtUchen 
Shock herbeiführte, bedingt hat, so ist aUerdings anzunehmen, 
dass die Handlung des Lehrlings M. das Ableben des Schweines 
verursacht hat. Aber ich kann diese Handlung, soweit dieselbe 
durch die Beweisaufnahme festgesteUt ist, nicht als eine unerlaubte 
begutachten. Denn der Lehrling hatte die Aufgabe, das Schwein 
nach der Viehwage zu treiben und, da es hierbei nach dem Stalle 
zurücklaufen woUte, wieder auf den rechten Weg zu bringen. Es 
ist nicht ungewöhnUch, dass Fleischerlehrlinge oder Schwarzvieh¬ 
händler und ihre Dienstknechte beim Treiben von Schweinen die sich 
umwendenden Thiere mit einem Fusstritt veranlassen, auf dem 
richtigen Wege zu bleiben, sofern sie eine Peitsche oder einen 
dünnen Stock nicht zur Hand haben. Dass das hier fragliche 
Schwein bei dem Fusstritt gegen die Backe des Kopfes heftig er¬ 
schrocken ist und derartig aufgeregt wurde, dass es durch Shock 
verendete, muss auf einen unglückUchenZufaU zurückgeführt werden. 
Magere Schweine sind nach der Erfahrung durch eine Handlung, 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


Digitized by LaOOQie 



14. April 1898. 


BERLINER THIERÄ.RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


171 


wie sie der Fleischerlehrling im vorliegenden Falle begangen hat, 
nicht gefährdet Der fette Näbrznstand begünstigt das Zustande¬ 
kommen einer tödtlichen Herzlähmung. Indessen hat in der Regel 
ein Fusstritt, wie ihn im vorliegenden Falle der Lehrling M. nach 
den Angaben des Zeugen vollführte, auch bei einem sehr fetten 
Schweine, keine nachtheiligen Folgen. 

Aus vorstehenden Gründen gebe ich das beschlossene Gut¬ 
achten dahin ab: 

Nach Lage der Acten ist anzunehmen, dass das am 4. No¬ 
vember 1896 verendete Schwein infolge des Fusstrittes, den es 
vom Lehrling des Beklagten erhalten hat, heftig erschrocken und 
aufgeregt worden ist und dass diese schreckhafte Erregung den 
Tod des Schweines durch Herzlähmung (Shock) herbeigeführt hat. 

Berlin, den 20. Februar 1897. n „ 


Zur Frage der Immunitätsdauer bei der Maul- und 
Kiauenseuche. 

Von 

Martens - Sangerhausen. 

KreUtblerarz*. 

In der neueren Zeit hat mit der Schutzimpfung gegen die 
Maul- und Klauenseuche auch die Dauer der Immunität nach der 
natürlichen Erkrankung eine erhöhte Aufmerksamkeit gewonnen. 
Ich will daher meine Beobachtungen in dieser Angelegenheit hier 
kurz anführen, wobei ich betone, dass die Resultate nicht auf 
Mittheilungen der betr. Besitzer, die doch meistens sehr vor¬ 
sichtig aufzufassen sind, sondern auf eigenen Untersuchungen 
der einzelnen Thiere basiren. Die letzten grossen Seuchen- 
gänge eigneten sich vorzüglich für die die Immunitätsdauer be¬ 
treffenden Ermittelungen, leider konnten die letzteren wegen der 
zeitraubenden Arbeit nur spärlich gemacht werden. 

- Ich lasse die Resultate in nachstehender Uebersicht folgen: 

50 Stück Rindvieh im Januar 1892 leicht erkrankt, im 
Dezember 1893 ca. 50% leicht erkrankt. 

75 Stück Rindvieh im Februar 1892 leicht erkrankt, im 
August 1893 schwer. 

100 Stück Rindvieh im Januar 1893 leicht erkrankt, im Mai 
1896 leicht. 

160 Stück Rindvieh im Februar 1893 schwer erkrankt, im 
März 1896 ca. 50% leicht erkrankt. 

80 Stück Rindvieh im September 1894 leicht erkrankt, im 
September 1895 leicht. 

80 Stück Rindvieh im September 1894 schwer erkrankt, im 
September 1896 nicht. 

25 Stück Rindvieh im Januar 1897 leicht erkrankt, im 
August 1898 nicht. 

60 Stück Rindvieh im Januar 1897 schwer erkrankt, im 
Januar 1898 nicht. 

100 Stück Rindvieh im Februar 1893 leicht erkrankt, im 
Oktober 1894 ca 30% leicht. 

Wir sehen daraus, dass die Immunitätsdaner sehr schwankend 
ist nnd 9 Monate bis 3 Jahre beträgt, ferner, dass dieselbe nach 
schweren Erkrankungen länger anhält als nach leichten. Wie 
bekannt ist, spielt ja gerade bei der Maul- und Kleuenseuche 
der besondere Character des Contagiums, der Genius epizooticus, 
eine grosse Rolle, was besonders bei den jetzt vorgenommenen 
Impfversuchen zu berücksichtigen sein wird. Bezüglich der 
letzteren möchte ich noch auf den Umstand aufmerksam machen, 
dass in Deutschland recht viele Viehbestände 1 bis 2 Mal durch- 
geseucht sind und so eine Immunität, die sich unter Umständen 
3 Jahre und darüber erstrecken kann, erworben haben. Man 
kann bei der Schutzimpfung daher leicht zu Trugschlüssen 
gelangen. _ 


Ueber Schnellimmunisirung bei Klauen- u. Maulseuche. 

Von 

Sanitätsratb Dr. Robert Behla. 

Bereits im Jahre 1892 habe ich in einem Artikel der Berliner 
Thierärztlichen Wochenschrift: ,.Zur Schutzimpfung bei Klauen- 
und Maulseuche“/) abgesehen von andern sich mit der Aetiologie 
und Uebertragung der Apthenseuche beschäftigenden Arbeiten 
meines Wissens als Erster in der diesbezüglichen Litteratur im 
Gegensatz zu der gebräuchlichen sogenannten Impfüng (eigentlich 
vollen Krankheitsübertragung) auf eine Schutzimpfung im 
modernen Sinne hingewiesen nnd den Nutzen einer solchen 
auseinandergesetzt. Besonders auf die Vortheile aufmerksam 
machend, dass mau sich gerade diese Krankheit zum besseren 
Studium für Laboratoriumszwecke künstlich erzeugen könne, habe 
ich schon damals Untersuchungen mit dem Blutserum eben¬ 
durchseuchter Thiere in Bezug auf Immunitätserzielung angestellt 
und constatirte auch im Allgemeinen eine Schutzwirkung desselben. 
Ich experimentirte jedoch der Billigkeit halber mit einem Thiere, 
das in der Empfänglichkeitscala für die Apthenseuche unten an 
steht, an Hühnern. Von der Thatsache ausgehend, dass auch 
anderen Säften des Körpers immunisirende Eigenschaften inne¬ 
wohnen, z. B. der Galle bei der Rinderpest, habe ich weiterhin 
den Geifer, welcher an dem Hauptschauplatz der Krankheit bei 
den Rindern in Massen producirt wird, besonders präparirt, damit 
geimpft und es gelang mir, 1 Ferkel und 1 Lamm mit diesem 
Impfstoff wirklich zu immunisiren, was die Controlimpfung be¬ 
stätigte. Leider konnte ich diese Versuche an Rindern nicht 
fortsetzen und ist diese damals schon festgestellte Thatsache von 
der Landwirthschaft im grösseren Stil nicht weiter practisch auf¬ 
gegriffen und verwerthet worden. Wäre dies nach meiner An¬ 
sicht geschehen, so hätte man in der Zwischenzeit schon weiter 
Vorwärts kommen können. Ich erklärte damals, dass man bei der 
ausserordentlichen Schwierigkeit und Erfolglosigkeit der ätiolo¬ 
gischen Forschung, auch ohne den Erreger zu kennen, fortan 
mehr die chemische, immunisirende Seite der Frage ver¬ 
folgen solle, um einen passenden Impfstoff im modernen Sinne 
auszukunden. Ich Spitzte die Impfrage dahin zu, bei der nicht 
langen und unbestimmten Dauer der Immunität der Apthen¬ 
seuche, die Schutzimpfung nur in Kraft treten zu lassen 
in Zeiten drohender Gefahr. „Ist ein Fall von Klauen- und 
Maulseuche festgestellt, dann ist ausser den polizeilichen Mass- 
regeln die Schutzimpfung der Heerde oder der empfänglichen 
Thiere im ganzen Dorf sowie in der näheren Umgebung noth- 
wendig.“ Nur so kann die Seuche auf einen lokalen Heerd be¬ 
schränkt werden. Diese formulirten Sätze sind auch heute noch 
am Platze. Im Laufe der Zeit bin ich weiter zu der Ueber- 
zeugung gekommen, dass eine Schutzimpfung bei dieser Seuche 
schnell wirken müsse, da die Uebertragung von einem Thiere 
zum andern in wenigen Tagen zu geschehen pflegt. Ich zog die 
Frage einer Schnellimmunisirung in Erwägung. 

Dabei griff ich zurück auf eine Beobachtung Picks: 
„Durch den Gebrauch von Jodkali erworbene Inmunität 
von Rindern gegen die Maul- und Klauenseuche.“ ***) 

*) Vergl. 1. Berlin. Thierärztl. Wochenschrift 1892, No. 49. — 2. 
Der Erreger der Klauen- und Maulseuche nebst Bemerkungen über 
die acuten Exantheme beim Menschen. Centralbl. f. Bacteriol. und 
Parasitenkunde, Bd. XIII 1893, No. 2. — 3. Experimentelle Ueber- 
tragungen von Klauen- und Maulseuche auf Schafe. Berlin. Thier¬ 
ärztliche Wochenschrift 1896, No. 33. — 3. Der Streptococcus in. 
volutus und der Erreger der Klanen- und Maulseuche ibid. 18% IV. 45. 

**) cf. Schneidemühl, Wochenschrift für Thierheilkunde und Vieh¬ 
zucht. Jahrgang 1897, No. 45, S. 421: Bemerkungen zu den neuen 
Erfolgenäüber, die Schutzimpfung der Maul- und Klauenseuche 
und Einiges über die Art der Verbreitung dieser Seuche. 

***) cf. Centralbl. f. Bacteriol. und Parasitenkunde 1896. Bd. XVII. 
No. 11, S. 864. 


Digitized by LjOOQie 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


172 

Zorn Zwecke von Versuchen über die Anwendung jodirter 
Kuhmilch vorwiegend bei luetischen Kindern wurden in 
einem Stalle einer Molkerei bei Prag von 70 Kühen 2 Kühen, 
einer durch acht und einer durch zehn Wochen hindurch täglich 
12 g Jodkali verabreicht. Die Wirkung des Jods zeigte sich, 
ähnlich wie beim Menschen, schon in den nächsten Tagen in 
einer Steigerung der Secretion der Nasenschleimhaut und des 
Speichels. Im Harn, Nasenschleim, Speichel war Jod nachweis¬ 
bar. Die Fresslust war dabei nicht vermindert, aber der Durst 
gesteigert. Zuerst waren die Joderscheinungen heftiger, später 
gelinder, in der ganzen Zeit der Jodeinnahme. Während die 
beiden Kühe früher 11—13 Liter Milch producirten, lieferten die¬ 
selben während des Jodgebrauchs 16—18 Liter. Da auf ein Mal 
brach in dem Kuhstalle die Klauen- und Maulseuche aus. Um 
die Epidemie abzukürzen, wurde in der üblichen Weise die 
Krankheit mit geiferdurchtränkten Lappen auf die anderen Thiere 
übertragen. Diese Thiere erkrankten alle, auch, trotz prophy- 
lactischer Massregeln, die Thiere in einem anderen Stalle, sogar 
in der Umgebung. Nur die beiden obengenannten jodirten Kühe 
blieben verschont. Pick bemerkt besonders dazu, dass dieselben 
vorher die Maul- und Klauenseuche nie gehabt hatten. Sie be¬ 
kamen kein anderes Futter, befanden sich unter denselben Ver¬ 
hältnissen im Stall, sie standen rechts und links zwischen er¬ 
krankten Thieren. Pick kommt zu dem Schluss: ,,Ich glaube 
annehmen zu dürfen, dass die Immuuität nur auf den Umstand 
zurückgefübrt werden kann, dass sie durch und durch jodirt waren.“ 

In Folge dessen habe ich Maulsecret von apthenseuchekranken 
Hindern mit Jodkali vermischt und zwar nach folgender Vorschrift: 

Der auf der Höhe der Krankheit massenhaft aus dem Maule 
fliessende Geifer wird in einer sterilisirten Schüssel aufgefangen, 
durch Filtriren mittelst Filtrirpapier von groben Beimengungen 
gereinigt, sodann durch Bacterienfilter flltrirt. Diese so erhaltene 
Flüssigkeit wird zu gleichen Theilen mit einer 20proc. Jod¬ 
kalilösung gemischt. Von diesem Impfstoff habe ich bei Ferkeln 
3 Tage hintereinander je 10 ccm sowohl in die rechte wie in die 
linke Halsgegend injicirt. Schon in den nächsten Tagen wurde 
bei den von mir geprüften Thieren Immunität erzeugt. Die 
Controlimpfung am 6. Tage versagte. Der Schutz war ein 
sicherer. 

Bei Hindern ist die Jodkalilösung zu verstärken auf eine 
40 pCt. - Lösung, *) zu gleichen Theilen mit Maulsecret Je 
10 ccm des Impfstoffs werden an beiden Seiten des Halses ein- 
gespritzt, 3 Tage hintereinander, so dass täglich 4 g Jodkali 
einverleibt werden. Ich erkläre mir die sichere und prompte 
Wirkung des Impfstoffes ein Mal derartig, dass das Jod sehr 
schnell die Säfte des Körpers durchdringt, die Schleimhaut des 
Maules und der Nase chemisch verändert und dadurch die Ent¬ 
wicklung der Keime verhindert, sodann ist die dem Geifer, 
welcher von dem Hauptsitz des Erregers herrührt, 
innewohnende immunisirende Kraft eine nachhaltige. Nach meinen 
Prüfungen hielt die so erzielte Immunität 2—3 Monate an, im 
Allgemeinen hinreichend lange, bis die Gefahr der Ansteckung in 
einer Heerde vorüber ist. Meines Dafürhaltens hat diese 
Impfung Vortheile vor der Serumimpfting, weil sie schneller 
wirkt, die Thiere nicht erheblich krank macht, bei Kühen gerade 
die Milchproduction nicht beschränkt, sogar steigert und im 
gegebenen Fall stets frisch zu jeder Zeit genügend Impfstoff 
hergestellt werden kann. Es wäre wünschenswerth, wenn der 
Impfstoff auf Dominien in grösseren Heerden io Bezug auf seine 
Leistungsfähigkeit practisch angewendet würde. Nur so durch 

*) Stärkere Jodkalilösungen auf ein Mal einzuspritzen ist nicht 
empfehleDBWcrth, da hierdurch Hautgangraen erzeugt werden kann. 


No. 15. 

Impfen einer grösseren Zahl von Thieren kann ausgekundet 
werden, welcher Impfstoff in der Praxis am brauchbarsten ist. 
Dazu sind allerdings Mittel nothwendig, aber das dafür auf¬ 
gewendete Geld dürfte kaum in Betracht kommen gegenüber 
dem ausserordentlichen Schaden, welcher durch die Seuche selbst 
verursacht wird. _ 

Referate. 

Die tuberkulöse Entzündung der Gelenk-Sehnenscheiden 
und Schleimbeutel beim Rind. 

Von Gnillebeau-Bern. 

(Sobw. Arcb. f. Th. 40, 1). 

Bei Rindern treten häufig spontane Gelenk- und Sehnen¬ 
scheidenentzündungen auf, die meist chronisch und ohne Eiterung 
verlaufen und ausgeprägten Muskelschwund herbeiführen, weshalb 
der Landraann das ganze Leiden auch als Schwund zu bezeichnen 
pflegt. Strebei hat diese bekannte Affection früher als Rheuma¬ 
tismus beim Rinde bezeichnet und sie in neueren Arbeiten (vgl. 
B. T. W. Jhrg. 1895 No. 9) als idiopathische Gelenkentzündung 
definirt. — Ehrhardt hat einen dem acuten Gelenkrheumatismus 
des Menschen ähnlichen Ansteckungsstoff vermuthet. Auch 
Cadeac nimmt rheumatischen Charakter an. Hess dagegen hat 
schon mehrfach auf die tuberkulöse Natur vieler derartiger 
Affectionen hingewiesen. Lucet hat Tnberkelbacillen in einem 
Falle gefunden, und Vennerholm bezeichnet die Krankheit ohne 
Weiteres als tuberkulöses Leiden. Uebereinstimmend beweisen 
die Beobachtungen aus der Schweiz, aus Schweden und Süd¬ 
frankreich, dass diese Arthritis granulosa, wenn auch nicht beim 
Pferde, so doch bei den andern Hausthieren ein sehr häufiges Leiden 
ist Jedes Gelenk kann befallen werden, am häufigsten das Knie; 
dann folgt der Carpus und dann der Tarsus. Die Kapsel ist 
ausgedehnt. Sehnenscheiden oder Schleimbeutel, z. B. die mit 
der Gelenkkapsel zusammenhängende Bursa unter dem Extensor 
digitorum pedis longus, enthalten Fibrin. Synovialzotten ver- 
gröBsert, sogar bis Pflaumengross, einige in flache Membrane ver¬ 
wandelt, die zwischen die Gelenkenden hineinwachsen. Soweit 
sie reichen, ist der Knorpel zerstört. Im Knochen entstehen 
Gruben, und von jenen Zotten aus senken sich wurzelähnliche 
Fortsätze in diese Knochengruben hinein. Stets liegen sich die 
Substanzverluste gegenüber, sodass jene Membranfortsätze in 
gleichgrosse Abschnitte beider Epiphysen eindringen. Um das 
Gelenk bezw. die Sehnenscheiden herum Oedem. Abscedirung 
selten. Die das Gelenk unmittelbar umgebende Musculatur auf¬ 
fällig blass, eventuell colloid entartet. Verkäsung relativ selten 
(unter 33 Fällen 2 mal). In einigen Gelenken haben die Zotten 
eine lockere bindegewebige Mittelschicht, an deren Oberfläche 
eine Spindel- und Rundzellenschicht ohne Riesenzellen und ohne 
käsige bezw. nekrotische Herde. An grossen Zotten waren auch 
die Rinde bindegewebig, das Centrum zellig; Gefässe überall 
reich entwickelt. Beim Schweine fanden sich zahlreiche follikel¬ 
ähnliche Rundzellhaufen. Meist fanden sich im Gewebe vereinzelte 
Tuberkelbacillen. Die Gesammtheit der Veränderungen entspricht 
dem Begriffe der schwammigen Gelenkentzündung, Synovitis 
granulosa bezw. fibrinosa sicca. In dem die Höhle füllenden 
Exsudat hier und da Tuberkelbacillen, im frischen Exsudat meist 
in sehr geringer Menge, weshalb der Nachweis durch Ueber- 
impfuug auf Meerschweinchen am besten zu führen ist. Die in 
dieser Weise von 7 Rindern auf 10 Meerschweinchen übertragenen 
Producte veranlassten bei sämmtlichen Thieren allgemeine Tuber¬ 
kulose, und diese Thatsache, durch den Befund unterstützt, ge¬ 
stattet zweifellos den Schluss, dass die erwähnten Entzündungen 
tuberkulöser Natur sind. Andere Meerschweinchen, die in der¬ 
selben Weise geimpft, blieben indessen gesund, und zwar stellte 
sich das Verhältnis so, dass einige Male alle von einem be- 


Digitized by LjOOQie 




14. April 1898. 

stimmten Rinde geimpften Thiere gesund blieben, in anderen 
Fällen einzelne Impfthiere krank wurden und andere nicht. Im 
Ganzen haben die Krankheitsproducte von 7 Fällen bei 12 Meer¬ 
schweinchen keine Tuberkulose veranlasst. Bei einem dieser 
7 Rinder erkrankte jedoch ein Theil der geimpften Meer¬ 
schweinchen, sodass hier am tuberkulösen Charakter des Prozesses 
auch nicht gezweifelt werden kann. Bei einem anderen Rinde 
wurden dieTuberkelbacillen selbst am Krankheitsherde nachgewiesen. 
Hieraus geht hervor, dass der negative Ausfall der Impfung einer 
geringen Zahl von Meerschweinchen nicht massgebend ist, und da 
neben dem Nachweis der Bacillen die Gleichartigkeit der Be¬ 
funde mit den als unzweifelhaft tuberkulös erwiesenen Fällen 
entscheidend in Betracht kommt, so mussten auch diejenigen 
Fälle in denen eine Verimpfung auf Meerschweinchen ebenso wie 
der Nachweis der Tuberkelbacillen nicht gelang, als tuberkulös 
angesprochen werden. 

Das Vorhandensein einer Verletzung, die Gegenwart von 
Eiter im Gelenk überhaupt und das Vorkommen leicht zu 
färbender Bacterien genügen hinsichtlich der Differenzialdiagnose, 
um solche Fälle von der tuberkulösen Arthritis zu scheiden. 

Die hervorragende Bedeutung der tuberkulösen Infektion für 
die Entstehung der Sehnenscheiden- und Schleimbeutelent¬ 
zündungen, die sich aus der Zusammenstellung aller Fälle ergab, 
ist ein ganz überraschendes Ergebniss. Die tuberkulöse Gelenk- 
und Sehnenscheidenentzündung ist manchmal die einzige, also die 
primäre tuberkulöse Infektion. (Selbstverständlich wurden in 
allen diesen Fällen die Lymphdrüsen sorgfältig untersucht). Diese 
Synovitis befällt meist nur eine Stelle im Organismus; aber die 
Zusammenstellung aHer Berichte ergiebt, dass sie in '/ 5 der Fälle 
multipel auftritt. So fanden sich in einem Falle Arthritis im 
Femorotibialgelenk, Hygrom eines Carpalgelenks, zwei entzündete 
Schleimbeutel auf der Symphysis pelvis, Bursitis zwischen dem 
Mu8culu8 biceps und dem Trochanter mjyor femoris. In einem 
andern Falle Tendosynovitis des Musculus radialis externus mit 
Arthritis des Femorotibialgeleuks u. 8. w. Am häufigsten ist die 
Kombination einer Kniegelenkserkrankung mit einer solchen des 
Carpus, die meist als Hygrom auftritt. Diese Vielfältigkeit in 
Verbindung mit chronischem Verlauf der Gelenkentzündung tritt 
wohl nur bei Tuberkulose auf. Manchmal zeigen sich charakte- 
risirte Heilungsvorgänge, so: Fehlen des fibrinösen Exsudats, 
Wiederherstellung des Knorpelüberzuges, der dann sich noch 
weiss getrübt, uneben oder filzig zeigt und oft von einem 
deutlich hervortretenden platten Knorpelwalle umgeben ist; 
ferner verdünnte und durchscheinende Zotten und Membrane. 

Diese auf ein umfangreiches Material gestützten Unter¬ 
suchungen zeigen unzweifelhaft, dass die fungösen Synoviten 
beim Rind und beim Schwein in ihrer grossen Mehrzahl tuberku¬ 
lösen Ursprungs sind, und es wäre wünschenswert, dass diese 
anderswo bereits vertretene Ansicht auch im deutschen Sprach¬ 
gebiet zur Geltung käme. Dasselbe gilt von den spontanen 
Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündungen. Zu unterscheiden 
von diesen häufigen und bisher nicht genügend beachteten 
tuberkulösen Artkrileu giebt es beim Rind noch eine andere 
seltenere, aber überall beschriebene Form, wobei an der Synovial¬ 
kapsel und den Knochenenden verkäste Tuberkelknoten auftraten, 
deren Feststellung natürlich keine Schwierigkeiten bietet. 

Neuer Beitrag zum Studium der Mikroorganismen der 
Septieaemia haemorrhagica beim Binde. 

Von Dr. G. Bosso. 

(CdDtrmlbl. für B»kt. 1898 H. 8.) 

Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, haemorrhagische Septi- 
caemie aufzufinden und zu untersuchen und durch Vergleichung 
mit den bekannten Formen zu prüfen, ob, wie Hueppe vorschlägt, 


173_ 

die die verschiedenen epizootischen und enzootischeu Formen ver¬ 
ursachenden Bakterien in eine einzige Gruppe oder nach den 
Beobachtungen Anderer (Caneva, Raccuglia, Bunz-Federn, 
Fränkel und Afanasieff) in mehrere Gruppen zu classificiren 
seien. 

Der vorliegende neue Fall wurde im Laboratorium für patho¬ 
logische Anatomie und Parasitenkunde des Prof. E. Peroncito in 
Turin, welcher durch die Entdeckung des Geflügelcholera-Bacillus 
im Jahre 1878 die Gruppe der Septic. haemorrhagica gewisser- 
massen begründet hat, näher uutersucht 

Thierarzt Dr. Garetto schickte an das Laboratorium ein 
Stückchen vom Herzen und das rechte Herzohr eines Rindes, 
welches nach 24 ständigem Kranksein verendet war. Bei der 
Obduction desselben hatte G. Folgendes festgestellt: schwarz¬ 
blaue, etwa linsengrosse Flecke am Perineum, geschwollene Vor¬ 
steherdrüsen mit gallertigem Exsudat, Flecke am Pericardium, 
Ekchymosen am Endocardium und ausgedehnte, zusammenhängende 
scbwarzblaue und schwärzliche Ekchymosen auf deu Darmschleim¬ 
häuten, in den Congestion aufweisenden Nieren eine seröse 
Flüssigkeit, Milz nur wenig vergrössert. In den subserösen Blut- 
suffusionen des eingesandteu Herzstückes fand der Verf. bei der 
mikroskopischen Untersuchung bisweilen aus 7—8 Gliedern be¬ 
stehende, kettenartig vereinigte Bakterien, die sich mit Methylen¬ 
blau intensiv blau färbten. 

Die Isolirung des Mikrophyten machte mit Hilfe der Petri- 
schen Plattenculturen keine Schwierigkeiten. Derselbe bildet auf 
Gelatineplatten binnen 3 Tagen erhabene, rundliche, nicht con- 
fluirende Colonien. Der Mikroorganismus w r äch>t im Thermostaten 
bei 37° C. auf Agar, in Bouillon, Milch, auf alkalisirten Kar¬ 
toffeln und hat eine Länge von 2—2,4 // und e.ne Breite von 
0,4—0,5 ft. Sporenbildung und Eigenbeweguug worden nicht 
beobachtet. Die Färbung gelingt mit allen Färbamethoden, auch 
mit derjenigen nach Gram. Der Parasit ist für Meerschweinchen 
und Kaninchen pathogen, erstere sterben bei subcutaner Ein¬ 
verleibung nach 36, bei Einspritzung ins Peritoneum nach 
18 Stunden. Auaörob cultivirt oder 15 Tage lang im Thermo¬ 
staten gehalten und darauf- 1 Stunde bei 70° C. sterilisirt oder 
mittels Chamberland-Trichter filtrirt, verliert der Mikrobe sein 
pathogenes Vermögen. Auf Nährsubstraten weiter gezüchtet, büsst 
derselbe ebenfalls nach zwei Monaten seine Virulenz ein, während 
er, nach einigen Durchgängen durch den Meerschweinchenkörper, 
Meerschweinchen schon in 14 Stunden zu tödten vermag. 

Bei den histologischen Untersuchungen von Gewebsstückchen 
(Fixirung in gesättigter Sublimatlösung, nach den gewöhnlichen 
Abspülungen, Uebertraguugen in Alkohol, in Xylol und Einbettung 
in Paraffin) ergab sich mittels Färbung der Schnitte durch Picro- 
carmin, Boraxcarmin, Kühne’sclier, Loeffler’scher und wässerig 
verdünnter Ziehl’scher Lösung, dass in den Blutextvarasaten die 
spec. Bakterien in ausserordentlich grosser Menge vorhanden 
waren. 

Die Gehirnrflekenmark8entzfindang der Pferde. 

In dem Veterinärbericht des Königsreichs Sachsen für 1896 
wird über diese Krankheit Folgendes bemerkt. Die Cerebro¬ 
spinalmeningitis trat 1896 sehr stark hervor, nicht bloss in den 
schon früher stärker betroffenen Amtshauptmannschaften Zwickau, 
Glauchau und Chemnitz. Das Gebiet der Krankheit hat sich 
nach Norden bezw. nach der Niederung zu ausgebreitet; frei 
blieben nur die Kreishauptmanuschaften Bautzen und Dresden. 
Die Seuche stieg vom Jahresanfang bis zum Mai und Juni stetig 
und fiel dann bis zum October erheblich ab. Ganz genaue 
Zahlen über die vorgekommenen Krankheitsfälle waren nicht zu 
erlangen; einen ungefähren Ueberblick ergeben jedoch die bei 
den Amtshauptmannschaften eingehenden Unterstützungsgesuche» 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



174 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


die daran geknöpften Erörterungen, welche dem Kgl. Ministerium 
überreicht wurden. Danach sind in 934 Gehöften von 386 Ort¬ 
schaften 1198 Pferde erkrankt, von denen nur 76 genesen sind. 
Von 632 Krankheitsfällen traten 419 — 65 pCt als Einzelfälle 
in den betreffenden Beständen auf, 72 mal kamen 2 Erkrankungen, 
nur 21 mal mehr in demselben Bestände vor. Die meisten 
Pferde standen im Alter von 5—10 Jahren. Die Summe der 
Taxwerthe betrug über 400000 M. Eine Ansteckung von Thier 
zu Thier wurde nie beobachtet. Wo mehrere Fälle in einem 
Stalle vorkamen, waren auch sie stets vereinzelt nnd weit ausein¬ 
anderliegend. Recidive sind mehrfach eingetreten. Richtige 
Diät ist bei der Behandlung das Beste. Eine zurückbleibende 
Kreuzschwäche scheint meist dauernd zu sein. Dagegen werden 
staarblindgewordene Pferde bei sorgsamer Haltung allmählich 
wieder sehend. *— Zur Unterstützung der hart betroffenen Be¬ 
sitzer wurde in Löbstedt ein Krankenstall unter Aufsicht eines 
Thierarztes hergestellt, dem 35 Patienten zugeführt wurden. Es 
muss angenommen werden, dass der Infectionsstoff mit dem 
Futter oder Wasser aufgenommen wird. Für letzteres spricht 
folgende Beobachtung aus der Amtshanptmannsckaft Grimma. 
Auf einem Vorwerk waren in zwei Jahren fünf Pferde gefallen. 
Als der etwa sechs [Schritt vom Pferdestall entfernte Trink- 
brunnen geschlossen wurde, kam kein Fall weiter vor. Infolge 
einer Nothlage mussten jedoli im Laufe des Sommers 1896 
wieder Schafe aus diesem Brunuen getränkt werden und danach 
erkrankten 21 unter Erscheinungen, die der Genickstarre der 
Pferde sehr äknlich"waren. 

Carcinomatose beim Pferd. 

Von Hinrichsen, 

Deutsche thieräritL Wochenschr. 

Ein 7jähriger Wallach erkrankte an druseähnlichen Er¬ 
scheinungen, insofern eine Hervorwölbung der Ohrdrüseng^gend, 
etwas Nasenausfluss und eine hühnereigrosse Schwellung der 
Kehlgangslymphdrtisen sich einstellten. Etwa drei Monate 
später zeigte sich der Nährzustand verschlechtert, die 
Schwellung der Drüsen vergrössert Drei Monate später 
war das Thier abgemagert, hatte wenig Appetit, erweiterte 
beide Nasenöffnungen schon bei der geringsten Anstrengung 
stark nnd schnarchte. Das Pferd war nun arbeitsunfähig, 
die Geschwulstbildung unzweifelhaft eine bösartige. Die 
Symptome Hessen auf Metastase schliessen, und die Versicherungs¬ 
gesellschaft, bei welcher es versichert war, übernahm es daher 
als unheilbar, liess es aber nicht töten, sondern schickte es auf 
die Weide. Erst im Januar nächsten Jahres entschloss man sich, 
die Leiden des Thieres zu beenden. H. fand den Kopf stark 
deformirt. Es zeigten sich bei der Section Geschwulstbildungen 
an den Lymphdrtisen des Kopfes, an den um Schlund und Kehl¬ 
kopf gelegenen Drüsen nnd zahlreiche Neubildungen in Lungen, 
Leber und Nieren. Professor Schütz diagnosticirte primäre 
krebsige Erkrankung der Lympbdrüsen des Kopfes, die übrigen 
Geschwülste als Metastasen. 

Bei einer 6jälirigen Stute traten im Juni plötzlich ödematöse 
Schwellungen beider Vorderbeine ein ohne sonstige Symptome. 
Eine Pilocarpineinspritzung verringerte das Oedem, doch blieb 
das Pferd matt. Appetit und Kräfte nahmen stark ab. Es trat 
einige mässige Schwellung der Kehlgangslymphdrüsen und 
leichter Nasenausfhiss ein; auch die unteren Hals- und Bugdrüsen 
schwollen. Zunehmendes Oedem an Brustkorb und Schenkeln. 
Das Thier entlastete den linken besonders geschwollenen Vorder¬ 
stes; es stand stöhnend mit gesenktem Kopf und schläfrig. Nach 
der Tödtung am 2. November zeigten sich Bug-, Arm- und Achsel¬ 
drüsen colossal vergrössert; die letzteren linksseitig an der Herz¬ 
basis nud Pleura costalis fest angewachsen, eine knotige, derbe 


Geschwulstmasse bildend. In Herz und Lungen selbst keine 
Neubildungen, ebenso nicht in der Leber; im Pancreas viele 
derbe Knoten, in der Milz drei Stück nnd viele erbsen- bis 
haselnuBsgrosse in der Milzrinne; in den Nieren einige derbe 
Knötchen. Die zugehörigen Lympbdrüsen stark verändert Die 
microskopische Untersuchung ergab zahlreiches Struma mit Epitbel- 
strängen dazwischen. Es handelte sich also um Carcinom. 

Eine nene Injectionsspritze. 

(Aus dem hygienischen Institute in Greifswald.) 

Von F. Löffler. 

(Cfltatnlbl. f. Bikt 1K97 H 20,sl). 

Löffler bemerkt, dass die von ihm angegebene and im Jahre 
1894 (Centralbl. Bd. XH H. 18) beschriebene sterilisirbare 
Injectionsspritze eine Anzahl von Mängeln habe, welche an der 
neuen Spritze in Wegfall kommen. Dieselbe besteht in einem 
einfachen Glasrohr mit gut aufgeschliffenem oder anfgekittetem 
Metallansatz znm Aufsetzen der Kanüle and einem durchbohrten 
Metalltheil am andern Ende zur Führung der Stempelstange. Der 
wesentUchste Bestandtbeil einer Spritze, der Stempel, ist in 
folgender Weise zu armiren: Die Metallscheibe des Stempels 
soll eine Stärke von 1 mm haben. Der Rand der Scheibe ist 
abzurunden. Ihr Durchmesser hat 1 mm weniger zn betragen als 
der innere Durchmesser des Glasrohres, ein Verhältnis9, welches 
besonders zu berücksichtigen ist. Die Dicke der zur Dichtung 
verwendeten Gummiplatte soll der Differenz zwischen dem Durch¬ 
messer der Metallscheibe und dem inneren Durchmesser des 
Glases, gleich sein, demnach gleich 1 mm. Gummiplatten mit 
einer glatten und einer rauhen Seite eignen sich am besten, weil 
die glatte Fläche sehr leicht auf der inneren Wand des Glas¬ 
rohres gleitet. Die wesentlichste Verbesserung der Spritze ist 
die Art der Befestigung der Gummiplatte auf der Metallscheibe. 
Während zu diesem Zweck früher feiner Messingdraht verwendet 
wurde, wird jetzt ein directes Anheften der Gummiplatte ver¬ 
mieden. Die mit einer Scheere kreisrund ansgeschnittene Gummi¬ 
platte erhält einen Durchmesser, der den äussern Durchmesser 
des Glasrohres um 2,5—3 mm übertrifft. Die so gewonnene 
Gummischeibe wird mit Wasser oder Alkohol angefeuchtet, dann 
derart auf die Mündung des Glasrohres gedeckt, dass sie letztere 
nach allen Seiten gleichraässig überragt. Mit dem nunmehr auf¬ 
gesetztem Stempel wird die Platte in das Innere hineingedrückt, 
womit die Armirung der Spritze beendet ist. Der Gummi sitzt 
beim Auf- und Niederziehen des Stempels sehr gut fest, wenn die 
angegebenen Verhältnisse Beachtung gefunden haben. Es können 
anch mehrere dünne Gummiplättchen bis zur Stärke von 1 mm 
zusammengelegt in der gedachten Weise mit demselben guten 
Effect verwendet werden. Nach dem Gebrauche der Spritze 
wird der Stempel ansgezogen nnd die Gnmmiplättchen neben dem 
Stiel in das Glasrohr geschoben oder in einem Fläschchen mit 
Alkohol aufbewahrt. Im Laboratorium hält man sich mit Vor¬ 
theil eine armirte Spritze in Alkohol bereit, die stets steril ist 
und durch Ausspritzen mit abgekochtem Wasser schnell vom 
Alkohol befreit und zum Gebrauch fertig gemacht werden kann. 

Anstatt das Glasrohr mit einem Metallansatz zuta Aufsetzen 
der Kanüle zu versehen, empfiehlt L. das Glasrohr zu einer Spitze 
auszuziehen und diese als Ansatz für die Kanüle zuzuschleifen. 
L. probirte Spritzen in allen Grössen mit der beschriebenen 
Armirung und fand dass sie alle tadellos f'inktionirten. 

Die Spritze kann nach Einspritzung infectiösen Materials 
durch Kochen leicht wieder sterilisirt werden. Oder auf eine 
andere Art zieht man den Stempel aus dem Glasrohr, kocht 
die Plättchen in einem Reagensglas mit etwas Wasser, macht 
den Metallstempel durch Erhitzen iu der Flamme keimfrei und 


Digitized by LjOOQie 




14. April 1898. 

desinfizirt das Glasrohr durch Kochen in Wasser oder durch 
Einlegen in Desinfectionsflüssigkeiten. 

Schliesslich beschreibt L. noch, wie man sich leicht eine gut 
fanctionirende Spritze improvisiren kann, wenn nur. ein Glasrohr, 
Gnmmi8cheiben und eine Hohlnadel vorhanden sind. 

Die neue Injectionsspritze, deren Vorzüge für Jedermann 
einleuchtend sind, kann aus der Fabrik chirurgischer Instrumente 
von Julius Stoepler, Greifswald, Fischstrasse 29, bezogen 
werden. 

Eine einfaehe Sporenfärbnngsmethode. 

Von Dr. Aladär Anjeszky. 

(Centralbl. f. B*kt. 1898, H. 8.) 

Die bekannten Verfahren zum Färben von Sporen sind viel¬ 
fach umständlich und zeitraubend. Die Einwirkung des Magensaftes 
aufdießacterien haben Bütschli-Lowit und A. untersucht. Das vom 
Verf. angewandte Princip der Sporenmerabran und Maceration ist 
nicht neu. Bei den Versuchen des Verf. mit künstlichem Magen¬ 
saft (0,1 Proz. Pepsin und 0,5 Proz. Salzsänre) ergab sich, dass 
nur die Salzsäure einen Einfluss bei der Sporenfärbung ausübte. 
Eine Erhitzung des Magensaftes auf 80° schliesst eine Wirkung 
des Pepsins überhaupt aus. Nunmehr wurde zur Maceration nur 
noch 1 proc. warme Salzsäurelösnng gebraucht und folgendes 
Verfahren beobachtet: Das lufttrockene, nicht flxirte Deckglas¬ 
präparat wird auf '/»proc. Salzsäurelösung gelegt, sobald dieselbe 
in einer Porzellanschale bis zur Blasenbildung erhitzt ist. In 
dieser Flüssigkeit bleibt das Präparat 3—4 Minuten. Es folgen 
Abspülen mit Wasser, Trocknen, Fixiren und Färben mit 
ZiehPscher Fuchsinlösung, indem das Deckglas über die Bunsen¬ 
flamme gehalten wird bis Dampfbildung eintritt. Das Erwärmen 
wird noch einmal wiederholt. Darauf wird das Präparat 1—2 
Min. lang abgekühlt und dann die Entfärbung mit 4- -5 proc. 
Schwefelsäure und die Nachfärbung mit Malachitgrün oder 
Methylenblau auf eine Dauer von 1—2 Min. vorgenommen. Das 
ganze Verfahren währt 8—10 Min. und ist mit gutem Erfolg 
probirt worden bei den Sporen des Bac. anthracis, B. subtilis, 
B. oedematis maligni, B. alvei, B. bntyricus, B. racemosus und 
des Rauschbrandbacillus. 

Beim B. subtilis empfiehlt sich zur Entfärbung eine mehr 
verdünnte (1—2 proc.) Schwefelsäure oder 2—3 proc. Essigsäure 
anzuwenden. Die spindelförmigen Sporen des B. alvei müssen 
9—10 Min. macerirt und ebenso lange gefärbt werden. 

Zum Färben können auch die anilinwässerige Fuchsinlösung 
und die Gentinaviolettlösung angewendet werden. In letzterem 
Falle ist als Contrastfarbe Bismarckbraun oder Vesuvin zu 
wählen. 

Kleine Mittheilwigen. 

iMMunltät und Schutzimpfung bei Schweineseuche. 

Nach den übereinstimmenden Beobachtungen der ungarischen 
Thierärzte bei der grossen Schweineseuchenepidemie erhalten 
Schweine durch das einmalige Ueberstehen der Schweineseuche 
sichere Immunität. Vielfach will man auch die Erfahrung 
gemacht haben, dass die von natürlich immun gewordenen Sauen 
geworfenen Ferkel eine sehr grosse Widerstandsfähigkeit besitzen. 
Doch sind andrerseits noch wieder unter Ferkeln, die nach dem 
Erlöschen der Seuche geworfen wurden, massenhaft Erkrankungen 
aufgetreten. 

Prof. Preisz hat mit dem Serum eines seit drei Wochen in 
der Genesung begriffenen Schweines 30, etwa ein Vierteljahr alte 
Schweine (je 10 ccm) geimpft, die dann mit Schwerkranken 
zusammen gebracht wurden, zugleich mit 30 ähnlichen ungeimpften 
Controll-Ferkeln. Die Nichtgeimpften erkrankten säramtlich und 
starben bis auf eines. Von den Geimpften erkrankten nur 18, 
von welcher nur die Hälfte starben. Eine gewisse Erhöhung der 
Widerstandsfähigkeit scheint also einzutreten. 

(Ungarischer Veteriuärbericht für 1896). 


175 

Eine schnelle Methode zur Entleerung des Magens hei Vergiftungen. 

Bei Strychninvergiftungen von Hunden und Katzen ver¬ 
hindern die tonischen Krämpfe bekanntlich die Wirkung der 
Brechmittel. Nach den Erfahrungen Blattenberg’s kann in 
solchen Fällen die Brechwirkung durch rectale Wasserein¬ 
spritzungen erzeugt werden. Die Canüle einer entsprechend 
grossen Spritze wird in das Rectum eingeführt, der After mit 
den Fingern zusammen gepresst und unter starkem Druck Wasser 
injicirt. Nach diesem Vorgänge erfolgt 2 bis 3 mal Erbrechen, 
so dass der Magen von dem noch nicht resorbirten Gifte befreit 
wird. Gleichzeitig wird Chloralbydrat hypodermatisch applicirt. 

American Vet. Review, Clin. vet. 1898 H. 8. 

Thierhaltung und Thierzucht. 
Summarische Ergebnisse der Viehzählung vom 
1. December 1897 in Prenssen. 

Die stattgehabte Viehzählung war die 4. im deutschen Reich; 
die letzte in Preussen allein fand 1867 statt. Die ermittelten 
Thierbestände stellten sich bei den bisherigen Zählungen wie 
folgt: 

1867 1873 1883 1892 1897 

Pferde 2 341 150, 2 282 435, 2 417 367, 2 647 388, 2 808 419. 

Rinder 8 042 245, 8 639 514, 8 737 641, 9 850960, 10 552 672. 

Schweine 4889 223, 4 294 296, 5 819 136, 7 704 354, 9 390 231. 

Schafe 22,3 Mill. 19,6 Mill. 14,7 Mill. 10,09 Mül. 7 859 096. 

Ziegen 1347 678, 1481 461, 1680 086, 1953 748, 2 164 425. 

Ausserdem siud diesmal zum ersten Male gezählt: Gänse 
3 786 141, Enten 1 564 409, Hühner 31 120 771. 

Für ganz Preussen stellt sich mithin die Ab- und Zunahme 
des Viehstandes wie folgt: Die Schafzucht hat in anhaltendem 
und rapidem Rückgänge sich seit 1867 auf einDrittel ihres damaligen 
Bestandes verringert; der Ziegenbestand ist seit 1867 um 60pCt, 
geit .1892 um über 10 pCt. gewachsen. Der Pferdebestand zeigt 
ein (im Vergleich mit der Zunahme der Bevölkerungsdichtigkeit) 
nicht gerade sehr erhebliches Wachsthura um fast eine halbe 
Million oder fast 20 pCt. seit 1867, und um 6 pCt. seit 1892. 
Erheblicher ist die Zunahme der Rinder um etwa 2,5 Millionen 
oder über 31 pCt., d. h. etwa um ein Drittel seit 1867 und um 
700000 Stück = 7 pCt. seit 1892. Den stärksten Zuwachs weist 
erfreulicher Weise die Schweinezucht auf. Deren Bestand hat 
siqh seit 1867 um etwa 4,5 MiUiouen = 92 pCt. gehoben, also 
fast verdoppelt. Seit 1892 beträgt die Zunahme aüein 
1 685 877 Stück = fast 22 pCt. 

Es ergeben sich aus der Viehzählung für Preussen somit vor 
Allem zwei erfreuliche Thatsachen. Den grössten Aufschwung 
zeigen Schweine- und Ziegenbestände, also diejenigen 
Hausthiere, an deren Haltung die „kleinen Leute" 
wesentlich sich betheiligen können und betheiligt sind. 

Zweitens haben sich seit 1892 die Rinder- und Schweine¬ 
bestände um 700C00 bezw. 1,6 MUlionen Stück vergrössert trotz¬ 
dem in den letzten Jahren die Zufuhr von Schlachtvieh, 
namentlich und schon seit 1895 diejenige von Schweinen, sich 
erheblich verringert hat und obwohl das Futternothjahr 1893 
die Rinder- und auch die Schweinebestände decimirt hat. Diese 
beiden Resultate zeigen, dass Preussen — und man darf von ihm aut 
ganz Deutschland schliessen — durchaus im Stande ist, bezüglich 
der beiden wichtigsten Schlacbtthiere den Bedarf allein zu decken 
und dass sich die beschränkte Einfuhr als das beste Mittel zur 
Vergrösserung der heimischen Viehbestände erwiesen hat. 

Die jährliche Durchschnittszunahme ist während der letzten 
fünf Jahre sogar noch erheblich höher gewesen, als in den vorher¬ 
gegangenen Perioden. 

Sehr gering muss der Bestand an Federvieh genannt werden, 
denn es kamen auf das Hundert der Bevölkerung nur 111 Stück 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



176 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 15 


Federvieh. Damit steht ira Einklang, dass der jährliche Werth 
des Einfnhr-Ueberschusses von Federvieh, Federn und Eiern aus 
dem Ausland in das deutsche Reich durchschnittlich in den letzten 
fünf Jahren 105,5 Millionen Mark betrug, d. s. */ 3 mehr als der Werth 
der gauzen übrigen Vieheinfuhr. Eine grössere Pflege der Geflügel¬ 
zucht ist also dringend erwünscht. Auch hierbei, namentlich an der 
Hühnerhaltung, können sich die „kleinen Leute“ wesentlich be¬ 
theiligen. Namentlich könnte wohl die Gänsezucht und die Er¬ 
zeugung von Bettfedern gesteigert worden. Eier, namentlich zu 
Fabrikationszwecken, werden freilich immer in grossen Mengen 
namentlich aus Russland importirt werden müssen. Mit Russland 
ist die Concurrenz schon wegen der anderen Haltuog der Hühner 
unmöglich; denn dort lebt das Huhn im Winter mit dem Bauer 
in der Stube und legt in Folge dessen auch im Winter. 

Ueber die Vertheilung der Viehstände auf die einzelnen 
Provinzen wird später eine besondere Uebersicht gegeben werden. 


Tagesgeschichte. 

Verzeichntes der während des Prüfungsjahres 1896/97 
approbirteu Thierärzte. 


Lfd. No. 1 

i 

Namen 

Geburts¬ 

oder 

Hoimathsort 

Bundesstaat 

resp. 

Provinz 


I. In 

Preussen. 


i 

Albrecht, J. 

Marzhausen 

Prov. Hessen. 

2 

Bärtliug, 0. 

Hildesheim 

Hannover. 

3 

Bartsch, A 

Nei6so 

Schlesien. 

4 

Baumann, K. 

Wandsbek 

Schleswig. 

5 

Bauinhüfener, F. 

Minden 

Wcstphalen. 

G 

Becker, 0. 

Gnesen 

Posen. 

7 

Beelitz, G. 

Magdeburg 

Prov. Sachsen. 

8 

Berliner, J. 

Berlin 


9 

Bertelmann, K. 

Krombach 

Wcstphalen. 

10 

Beutler, 0. 

Insterburg 

Ostprcussen. 

11 

Bcye, L. 

Wittingen 

Hannover. 

12 

Boisinger, C. 

Gmünd 

Württemberg. 

13 

Buggc, G. 

Alt-Landsberg 

Brandenburg. 

14 

Burow, W. 

Stettin 

Pommern. 

15 

Czieslick, G. 

Oppeln 

Schlesien. 

16 

Däinghaus, 11. 

Vorderscharde 

Rheinprovinz. 

17 

Dahms, J. 

Seegut 

Pommern. 

18 

Demien, M. 

Krackow 

Mecklenb.-Schw. 

19 

Doliwa, G. 

Neidenburg 

Ostprcussen. 

20 

Eggert, F. 

Oschersleben 

Prov. Sachsen. 

21 

Eggert, K. 

Wittenberge 

Brandenburg. 

22 

Eilte, E. 

Uttel 

Hannover. 

23 

Feldhofen, K. 

Bruchsal 

Baden. 

24 

Fischer, 0. 

Hannover 

Hannover. 

25 

Franke, M. 

Ratibor 

Schlesien. 

26 

Freude, A. 

Osnabrück 

Hannover. 

27 

Gerke, G. 

Klein-Döhren 

Hannover. 

28 

Geuther, G. 

Neustadt a. d. H. 

Sachsen-Coburg. 

29 

Gödel, M. 

Kercbau 

Anhalt. 

30 

Goslar, H. 

Hemmingen 

Hannover. 

31 

GosBmann, A. 

Cassel 

Hessen. 

32 

Graf, 0. 

München 

Bayern. 

33 

Graffstedt, F. 

Verden 

Hannover. 

34 

Guba, H. 

Jägerkrug 

Ostpreussen. 

35 

Hack, K. 

Schiffbek 

! Schleswig. 

33 

Hoffmann, Th. 

Gross-Baudiss 

: Schlesien 

37 

lloldt, Tr. 

Pogarell 

Schlesien. 

38 

Holzapfel, E. 

Dillingen 

Bayern. 

39 

Hoppe, G. 

Gross-Himstedt 

; Hannover. 

40 

Jacoby, S. 

Elbing 

i Westpreussen. 

41 

James, B. 

D’horn 

j Rheinprovinz. 

42 

Irrgang, C. 

Gr.-Petcrwitz 

Schlesien. 

43 

Jütte, W. 

Kathendorf 

Prov. Sachsen. 

44 

Kantorowicz, R. 

Posen 

Posen. 

45 

Kantorowicz, L. 

Berlin 

i 


Lfd. No. 1 

Namen 

Geburts- | 

oder i 

Heimathsort 

Bundesstaat 

resp. 

Provinz 

46 

Kasten, E. 

Stettin 

Pommern. 

47 

Kerlen, K. 

Aminghausen 

Westphalen. 

48 

Knell, W. i 

Mainz 

Grossli. Hessen. 

49 

Knobloch, A. von i 

Adl. Przerwankcn 

Ostpreussen. 

50 

Körner, F. 

Treptow a. Toll. 

Pommern. 

51 

Köster, R. 

Dortmund 

Westphalen. 

52 

Komm, W. 

Danzig 

Westpreussen. 

53 

Kownatzki, A. 1 

Tilsit 

Ostprcussen. 

54 1 

Kraemer, H. 

Blumenau 

Ostprcussen. 

55 1 

Krautwald, F. 

Neisse 

Schlesien. 

56 

Kussmann, E. 

Dobenke 

Posen. 

57 

Lamclie, F. 

Berlin 


58 

Lange, A. 

Berlin 


59 ! 

Lemke, F. 

Liebstadt 

Ostpreussen. 

60 : 

Lenz, J. 

Kläden 

Prov. Sachsen. 

61 I 

Linde, R. 

Rautheim 

Brauuschweig. 

62 

Lüders, M. 

Halle 

Prov. Sachsen. 

63 j 

Mannhardt, 11. 

Stellingen 

Schleswig. 

64 

Meyer, F. 

W'atzum 

Braunschweig. 

65 

Mohr, G. 

Löwenberg 

Schlesien. 

66 

Müller, Alfred 

Hildesheim 

Hannover. 

67 

Müller, CarBten 

Bottschlott 

Schleswig. 

68 

Müssemeier, F- 

Müssen 

Lippe. 

69 

Neumann, E. 

Berlin 


70 

Niemer, Ch. 

W’arendort 

Westphalen. 

71 

Oehlhorn, H. 

Ratibor 

Schlesien. 

72 

Oycu, L. 

Reichtbal 

Schlesien. 

73 

Paust, E. 

Ortrand 

Prov. Sachsen. 

74 

Pilimann, J. 

Castrop 

W'estphalcn. 

75 

Piliwat, F. 

Gr.-Uschballcn 

Ostpreussen. 

76 

Raebigcr, W. 

Bruch 

Schlesien. 

77 

Rcdderoth, C. 

Storkow 

Brandenburg. 

78 

ltcichart, 0. 

Möst 

Prov. Sachsen. 

79 

Rettig, J. 

Magdeburg 

Prov. Sachsen. 

80 

Rickmann, C. 

Schönlanke 

Posen. 

81 

Richter, C. 

Liebenthal 

Schlesien. 

82 

Riethus, H. 

Remlingen 

Brauuschweig. 

83 

Rode, E. 

Duderstadt 

Hannover. 

84 

Rosenplänter, Ch. 

Olvenstedt 

Prov. Sachsen. 

85 

Roth, P. 

Urbar 

Rhcinprovinz. 

86 

Saur, A. 

Schönberg 

Meckl.-Strelitz. 

87 

Schäflcin, F. 

Unterthcrcs 

Bayern. 

88 

Schaper, F. 

Gross-Vahlberg 

, Braunschweig. 

89 

Scheid, H. 

Drecsen 

Prov. Hessen. 

90 

Scholz, J. 

lvunzcndort 

Schlesien. 

91 

Schriever, 0. 

Kissorow 

Meckl.-Schwerin. 

92 

Sicm8sen, H. 

Neubrandenburg j 

Meckl.-Schwerin. 

93 

Simroth, 0. 

Liedersdorf 

Prov. Sachsen. 

94 

Sperling, J. 

Alt-Damm 

Pommern. 

95 

Stahl, A. 

Rötzum 

Hannover, 

96 

Stahn, C 

Füretenberg 

Brandenburg. 

97 

Strohe, J. 

Köln 

llheiuprovinz. 

98 

Taap, J. 

Anklam 

1 -Pommern. 

99 

Tilgner, P. 

Polsnitz 

Schlesien. 

100 

Timm, 0. 

Simmatzig 

Pommern. 

101 

Trautmann, 0. 

Strehlen 

Schlesien. 

102 

Ukley, G. 

Riebnig 

Schlesien. 

103 

Vaerst, K. 

W'cngern 

Wcstphalen. 

104 

Vallbracht, 0. 

Schwctz 

Brandenburg. 

105 

Weinhold, G. 

Polkwitz 

Schlesien. 

106 

Werner, J. 

Berlin 


107 

Wiese, Th. 

Stettin 

Pommern. 

108 

i W'ilczek, Br. 

Krappitz 

Schlesien. 

109 

1 Wirtz, W\ 

Köln 

Rheinprovinz. 

110 

j Wobersin, J 

Treptow a. R. 

Pommern. 

111 

W'olff, A 

Wehlau 

Ostprcussen. 

112 

Wulf, H. 

Klempau 

Schleswig. 

113 

Wulf, Th. 

Werl 

WeBtphalen. 

114 

Zembsch, L. 

Eichel 

Baden. 

115 

Zöllner, A. 

Koblenz 

Rheinprovinz. 

116 

Zucker, J. 

Kröben 

Posen. 


Digitized by AjOOQle 





14. April 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


177 


o 

55 

2 

—3 

Namen 

Geburts¬ 

oder 

Heimathsort 

Bundesstaat 

resp. 

Provinz 


II. 

n Bayern. 


1 

Costa, G. 

Landshut 

Bayern. 

2 

Dorn, K. 

Gräfenberg 

n 

3 

Eichner, F. 

Warzfelden 


4 

Freyberger, L. 

Neu-Ulm 


5 

Geissendörfer, G. 

Windsheim 


6 

Groll, E. 

München 


7 

Hartl, J. 

Au 


8 

Hub, L. 

Wiirzburg 

»1 

9 

Lenz, G. 

Oedberg 


10 

Müller, F. 

Schwendi 

Württemberg. 

11 

Pfab, A. 

Wolnzach 

Bayern. 

12 

Rudolph, J. 

Breunigweiler 


13 

Schmutzer, R. 

Tann 


14 

Schuester, 0. 

Burgau 


15 

Steinbrüche!, C. 

Nürnberg 


16 

Wirth, Ch. 

Kempten 

4» 


111. ln Württemberg. 


1 

Bubs, G. 

Untorharmsbach 

Baden. 

2 

Clausa, K. 

Ludwigsburg 

Württemberg. 

3 

Elsässer, Chr. 

Hemmingen 

Württemberg. 

4 

Fischer, E. 

Altcnburg 

Sachs -Altenburg. 

5 

Frasch, A. 

Crailsheim 

Württemberg. 

6 

Fritsche, L. 

Urbach 

Preussen. 

7 

Götz, K. 

Ottenheim 

Baden. 

8 

Graulich, K. 

Neckarbischhofh. 


9 

Keller, J. 

Winterspiircn 

>» 

10 

Krafft, K. II 

Ludwigsburg 

Württemberg. 

11 

Rössle, A. 

Esslingen 

>» 

12 

Treiber, H. 

Steinbach 



IV. In Hessen. 


1 

Hollerbach, Chr. 

Gross-Umstadt 

Hessen. 

2 

Mord, A. 

Neu-Aergerniss 


3 

Peters, H. 

Giessen 


4 

Reissinger, A. 

Nürnberg 

Bayern. 

5 

Volzenlogcl, E. 

Mülhausen 

Eisass. 

6 

Windisch, H. 

Altenburg 

Altenburg. 


V. 

Dresden. 


1 

Pauselius, 0. 

II ordorf 

Prov. Sachsen. 

2 

Gelbke, E. 

Geithain 

K. Sachsen. 

3 

lllgen, K. 

Ronneburg 

Sachs -Altenbg. 

4 

Wohlers, D. 

Leer 

Hannover. 

5 

Schmid, W. 

Stetten 

Württemberg. 

6 

Fischer, C. 

Altenburg 

Sachs.-Altenbg. 

7 

Velmelage, H. 

Nortrup 

Hannover. 

8 

Lägel, R. 

Niederplanitz 

K. Sachsen. 

9 

Rottke, G. 

Forst 

Brandenburg. 

10 

Schmidt, R. 

Chemnitz 

K. Sachsen. 

11 

Honigmann, L. 

Lauchstädt 

Prov. Sachsen. 

12 

Hulbe, F. 

Schochwitz 


13 

Katzfuss, 0. 

Törten 

Anhalt. 

14 

Jähnichen, R 

Ostrau 

K. Sachsen. 

15 

Stück, M. 

Etterwinden 

Sachs.-Weimar. 

16 

Uhlig, H. 

Coburg 

Sachs.-Cbg. 

17 

Grundmann, E. 

Chemnitz 

K. Sachsen. 

18 

Köhler, P. 

Cranzahl 


19 

Weber, C. 

Grossenhain 


20 

Kunze, M. 

Möhla 


21 

Michael, M. 

Dresden 


22 

Tempel, H. 

Obercunnersdorf 


23 

Kröhn, J. 

Festenberg 

Schlesien. 

24 

Marggraf, A. 

Hassloch 

Bayern. 

25 

Rossmüller, E. 

Ortenburg 

K. Sachsen. 

26 

Hey, E., E. 

Mulsum 

Hannover. 

27 

Heinick, E 

Bialutten 

Ostpreussen. 

28 

Köhler, K. 

Schiltach 

Baden. 


Die Zahl der Approbirten beträgt 178, d. h. weniger als in 
den fünf vorhergehenden Jahren (im vorigen 227). An den beiden 
preussischen Hochschulen erwarben sich diesmal nur 116 Thier¬ 
ärzte die Approbation, d. h. 65 pCt. der Gesammtzahl gegen 


168 = 71,8 pCt im Vorjahr. Davon fallen auf Berlin (laut 
Jahresbericht der Hochschule) 97 = 54 pCt. der Gesammtzahl 
(in den Voijahren 58 und 50 pCt. 

An den übrigen Hochschulen sind die Zahlen der Approba¬ 
tionen fast denen des Vorjahrs gleich, nämlich in München und 
Stuttgart um 2 geringer, in Giessen um 2, in Dresden um 4 
höher. Die diesmalige Verminderung fällt also ausschliesslich 
auf die preussischen Hochschulen. 

Unter den 178 Approbirten waren: aus Preussen 108 (Vor¬ 
jahre 152, 127, 128, 114) = 60,6 pCt. (Vorjahr 67 pCt); aus 
Bayern 20 (Vorjahr 20); Königreich Sachsen 11 (Vorjahre 16, 21); 
Württemberg 9 (Vorjahr 9); Baden 7 (Vorjahr 8); aus Hessen, 
Braunschweig und Sachsen - Altenburg je 4, aus Mecklenburg- 
Schwerin 3, aus Sachsen - Coburg - Gotha und Anhalt je 2, aus 
Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Streblitz, Lippe und dem Eisass je 1. 

Die 108 Preussen vertheilen sich auf die Provinzen, wie 
folgt: Schlesien 19, Hannover 15, Sachsen 13, Brandenburg 12 
(davon die Hälfte aus Berlin), Ostpreussen 10, Pommern 9, 
Westphalen 8, Rheinprovinz 6, Posen und Schleswig je 5, Hessen 
3, Westpreussen 2 (nicht angegeben l). Dieselben vertheilen 
sich fast zu gleichen Tbeilen auf die östlichen (57) und westlichen 
Provinzen einschl. Sachsen. 

Auf den preussischen Hochschulen sind approbirt 98 Preussen 
und 18 Nichtpreussen, darunter 3 Bayern, 2 Badenser, 1 Württem- 
berger, 1 Hesse, sowie alle Braunschweiger und Mecklenburger. 
Ferner wurden approbirt in München ausser einem Württemberger, 
nur Bayern; in Stuttgart 6 Württemberger, 4 Badenser, 1 Thüringer, 

I Preusse; in Dresden 11 aus dem Königreich Sachsen, 5 aus 
den sächsischen Herzogthüraern, 9 Preussen, je 1 Bayer, Badenser 
und Württemberger; in Giessen 3 Hessen, je 1 Bayer, Altenburger 
und Elsässer. 

Die Zahl der Approbationen beträgt vom 1. April 1887 ab: 
143, 185, 173, 216, 196, 196, 217, 227, 178; in neun Jahren 1731. 

Schlachthofdirectoren. 

In Mainz ist denn nun richtig zum Schlachthofdirector ein — 
Bürgermeister gewählt worden (der ursprüngliche Candidat, wie 
es hiess, eine ehemalige Mainzer Magistratsperson scheint demnach 
doch nicht durchgedrungen zu sein). Damit ist die sehr kleine 
Zahl der mit Ausnahme von Berlin durchweg westlichen Städte, 
welche einen nichtthierärztlichen Schlachthofdirector haben, 
glücklich um eine vermehrt. 

Als Gegenstück dazu kann aus Bromberg mitgetheilt 
werden, dass man den thierärztlichen Schlachthofdirector (und 
den städtischen Oberingenieur) nicht mehr zur Klasse der 
städtischen Oberbeamten rechnet, sondern sie der (mit höheren 
Tagegeldern etc. versehenen) Klasse der Magistratsmitglieder 
zugezählt hat — ein erfreulicher Beweis, dass man dort Ver¬ 
ständnis für die Bedeutung des Amtes eines Sanitätsthierarztes 
besitzt. 

Aus Frankreich. 

In den französischen Veterinärschuleu sind kürzlich Gedenk¬ 
tafeln aufgerichtet worden, welche die Namen der französischen 
Thierärzte tragen, die entweder als Opfer ihres Berufes ansteckenden 
Krankheiten erlegen oder als Militärthierärzte vor dem Feinde ge¬ 
fallen sind resp. in denColonien an klimatischen Krankheiten starben. 
Eine vierte Tafel mit den Namen nur der Militärveterinäre ist in 
der Aula der Cavallerieschule in Sauraur aufgestellt worden. 

Die in Alfort, Lyon und Toulouse aufgestellten Tafeln tragen 
84 Namen. Davon sind 22 an Rotz-, 7 an Tollwuth-, 4 an Milz¬ 
brand-, 2 an Sepsis-, L an Starrkrampf-, 1 an Typbusinfection ge¬ 
storben; 2 starben an Malaria während wissenschaftlichen Missionen, 
34 Militärthierärzte sind vor dem Feinde gefallen (5 : 1870/71), 

II Militärthierärzte sind in den Colonien klimatischen Krankheiten 
erlegen. 


Digitized by LjOOQie 







178 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Tuberculosecongress. 

Der bereits in Nr. 46 des Jahrgangs 1897 der B. T. W. er¬ 
wähnte 4. Tnberculosecongress wird vom 27. Juli bis 2. August 
1898 in Paris unter dem Vorsitze von Professor Nocard abge¬ 
halten werden. Zur Theilnahme ist jeder Arzt und Thierarzt aus 
Frankreich und dem Auslande berechtigt. Anmeldungen sind bis 
zum 1. Juli d. Js. an den Schatzmeister des Congresses Herrn 
0. Masson, Paris, Boulevard Saint-Germain 120 unter Beifügung 
von 20 FrcB. zu richten, wofür später der gedruckte Congress- 
bericbt geliefert wird. 

Die Tagesordnung umfasst folgende Punkte: 

1. Die Sanatorien als Mittel zur Verhütung und Behandlung 
der Tuberculose. Berichterstatter: le Gendre, Netter, 
Thoinot; 

2. die Heilsera und Toxina in der Behandlung der Tuber- 
cnlose. Berichterstatter: Landoury, Maragliano; 

3. die X-Strahlen in der Diagnostik und Behandlung der 
Tuberculose. Berichterstatter: Beclere, Claude, 
Teissier, Bergoniü, Bordeaux, Lortet; 

4. die Bekämpfung der Tuberculose bei den Thieren durch 
die Prophylaxe. Berichterstatter: Bang-Kopenhagen; 

5. die Bekämpfung der menschlichen Tuberculose durch Des- 
infcction der Wohnraume der Schwindsüchtigen. Bericht¬ 
erstatter: Martin; 

6. Verbreitung der Tuberculose im Heere und ihre Be¬ 
kämpfung durch Prophylaxe. Berichterstatter: Vallin. 

Tuberculose als Gewährfehler. 

Von dem Sonderausschuss für Seuchen und Veterinärwesen 
der Brandenburgischen Landwirthschaftskammer ist der Wunsch 
geäus8ert worden, folgenden Beschluss den übrigen Landwirth- 
schaftskammern zu übermitteln: 

Der Ausschuss beschliesst den Vorstand zu ersuchen, er 
möge 8ämmtliche Landwirthschaftskauimern veranlassen, bei der 
Staatsregiernng gegen die Aufnahme der Tuberculose unter die 
Gewährsmängel vorstellig zu werden (wie es der deutsche Land- 
wirthschaftsrath empfohlen hat) oder mindestens folgenden 
Eventualantrag dnrchzusetzen: 

Bei Handel mit Nutzvieh (aber nicht mit Schlachtvieh) ist 
eine Gewährsfrist nur für tuberculose Schwindsucht d. h. mit 
Abmagerung einhergehende, hochgradige, allgemein verbreitete 
Tuberculose, nicht für alle Fälle von Tuberculose einznführen. 

Fleischschau und Viehverkehr. 

Ueber die Beurthellung der sogen. Notbschlachtangen. 

Von Hartenstein -Döbeln. 

(ZellBchr. f. Tliierm d. Neue Folge Jbrg C, 1897.) 

In einer Zeit, welche auf die Einführung einer obligatorischen 
allgemeinen Fleischbeschau hinarbeitet, werden an die in erster 
Linie zur Ausführung dieser wichtigen sanitären Einrichtung 
berufenen Organe nicht geringe Anforderungen gestellt. Verf. 
mahnt, dass wir uns rüsten, um unserer Aufgabe völlig gerecht 
werden zu können, und nicht in die Lage kommen, uns vor 
empirischen Fleischbeschauern und Trichinenschauern zu blarairen. 
Wenn auch in dieser Ermahnung für Einzelne etwas Belierzigens- 
werthes liegt, so möchte ich doch für die grössere Anzahl auch 
der älteren prakt Thierärzte, die den Fortschritten ihrer Wissen¬ 
schaft einigermasBen gefolgt sind, in Anspruch nehmen, dass sie 
so viel Kenntniss von der Fleischbeschau haben, um den Empirikern 
gegenüber ihre Ueberlegenheit zu documentiren. 

Dem Verf. muss in der weiteren Aufforderung unbedingt bei¬ 
getreten werden, dass in thierärztlichen Versammlungen wichtige 
Themata aus dem Gebiete der Fleischbeschau öfter besprochen 
werden möchten. 

Eine besondere Beachtung verdienen die NothSchlach¬ 


tungen, welche H. zum Gegenstand eines Vortrages in der Ver¬ 
sammlung sächsischer Thierärzte gemacht hat. 

Die Erkrankungen des Menschen, welche man als Fleisch¬ 
vergiftungen zusammenfasse, ereigneten sich hauptsächlich nach 
dem Genuss von Fleisch, welches von nothgeschlachteten Thieren 
stamme. Deshalb ist bei der Entscheidung über die Genuss¬ 
tauglichkeit solchen Fleisches besonders vorsichtig zu verfahren. 
Ans der Geschichte der Fleischvergiftungen lernen wir, dass 
hauptsächlich die septikäraischen und pyämischen Krank¬ 
heiten der Schlachtthiere geeignet sind, dem Fleisch eine gesund¬ 
heitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen. 

Die Septikämie entsteht durch Aufnahme specifischer 
Spaltpilze in den Körper, welche durch Vermehrung und Er¬ 
zeugung von giftig wirkenden, chemischen Stoffen (Toxinen) ein 
schweres Allgemeinleiden hervorbringen. Die erkrankten Thiere 
haben Fieber und bekunden starke Schwäche und Abgeschlagenheit. 

Welche Veränderungen findet nnn der Fleischbeschauer bei 
solchen nothgeschlachteten Thieren. 

In erster Linie ist die Leber betroffen. Dieselbe befindet 
sich entweder im Zustande der trüben Schwellung, der 
parenchymatösen oder der fettigen Degeneration. Bei 
frühzeitiger Schlachtung sind diese Veränderungen oft die einzigen 
Zeichen schwerer Infectionskrankheiten. 

Weiter kommen gewöhnlich hinzu parenchymatöse Er¬ 
krankung der Nieren und des Herzens, punktförmige 
Blutungen an den serösen Häuten, besonders amDarmnnd 
unter dem Epicardium. Ausserdem können rothe und roth- 
braune Imbibitionen (verwaschene Röthungen) an der Intima 
der grossen Gefässstämme, besonders der Lungenarterie Vor¬ 
kommen. Hierzu bemerkt Johne in einer Fussnote, dass diese 
der Septikämie eigene Neigung zu Blutungen und blutigen 
Diffusionen theils auf die durch bacilläre Gifte hervorgerafene' 
directe Schädigung der Gefässe, besonders der Capillarwände, 
tlieils auf eine indirecte Schädigung der letzteren durch den Zer¬ 
fall zahlreicher rother Blntzellen und die hierdurch herabgesetzte 
Ernährung der Gefässwände, theils endlich auf die durch Toxine 
und Blutzerfall bedingte Schädigung der contractilen Substanz 
des Herzens (infolge dessen bei jeder Septikämie Herzschwäche und 
venöse Stauung) zurückzuführen ist. Die blutigen Diffusionen 
finden sich bei der Septikämie hauptsächlich am Dünndarm, 
seltener am Dickdarm. 

Das Fleisch kann unmittelbar nach der Schlachtung normal 
erscheinen, bald tritt jedoch Zersetzung ein, welche durch 
alkalische Reaction der Muskelsubstauz zu erkennen ist. Das zu 
verwendende Lackmuspapier ist vor dem Gebrauch mit Wasser 
zu befeuchten. Die mikroskopische Untersuchung der Muskel¬ 
fasern, welche Verf. für erlässlich erklärt, hält Johne für 
geboten, besonders wenn Leber, Darm und Herz beseitig sind. 

Bei 24 Fällen von Fleischvergiftungen, die in der Literatur 
berichtet sind, stammte das Fleisch in jedem Falle von Kühen 
ab, und zwar waren 14 Kühe mit einem Gebärmutterleiden, 6 mit 
einem Magen- und Darmleiden bezw. hochgradiger Diarrhoe und 
4 mit Euterentzündung behaftet. Hinsichtlich der Ursachen, 
welche dem Fleisch eine schädliche Eigenschaft verleihen, stehen 
demnach die Gebärmutterleiden oben an. Hieraus ergiebt sich 
die Nothwendigkeit bei Nothschlachtungen, dem Uterus eine ganz 
besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es ist indess zu berück¬ 
sichtigen, dass bei den meisten nicht septikämischen Gebärmutter¬ 
erkrankungen das Fleisch in keiner Weise schädliche Beschaffen¬ 
heit annimmt. Bei der so häufigen Retentio secundinarum ent¬ 
stehen im Uterus ebenfalls Zersetzungsproducte, welche eine 
schwere Erkrankung des Thieres mit Abmagerung herbeiführen 
können. Dagegen dringen die solche Producte liefernden Fäulniss- 


Digitized by LjOOQie 





14. April 1898. 

bacterien nie in den Blntstrom nnd in das lebende Gewebe 
sondern finden nur in abgestorbenen Massen die Bedingungen für 
ihre Entwickelung. Wir haben es demnach hier nur mit putriden 
Intoxicationen oder Saprämien zu thun, bei denen eine 
gewisse Quantität chemischer, durch saprophytische Bacterien 
entstandener Gifte resorbirt werden. Bei Septikämien dringen 
dagegen septische Bacterien ins Blut, die sich daselbst unbegrenzt 
vermehren und septische Gifte bilden, welche zu den besprochenen 
Veränderungen in der Leber, den Nieren, dem Heizen u. s. w. 
fuhren, kurzum das Gesammtbild der Septikämie hervorbringen. 

Der Fleischbeschauer hat demnach, sobald eine Kuh wegen 
eines Gebärmutterleidens nothgeschlachtet ist, festzustellen, ob 
die gedachten Veränderungen vorhanden sind oder nicht. „Reagirt 
die Muskelsubstanz sauer oder doch nicht alkalisch, sind gleich¬ 
zeitig Herz, Darm und Leber normal, so kann das Fleisch für 
genusstauglich erklärt werden.“ 

H. hält sich nicht für völlig competent, ein entscheidendes 
Urtheil über die Fälle abzugeben, in denen nur die Leber ver¬ 
ändert ist. Hier springt jedoch wieder Johne ergänzend ein, 
indem er erklärt, dass in allen Fällen, in denen die trübe Schwellung 
oder die acute parenchymatöse Degeneration der Leber von Fieber 
begleitet sind und markige Schwellung und seröse Durchtränkung 
der Lymphdrüsen des Fleisches hinzukommen, der Prozess als 
septisch zu betrachten und das Fleisch solcher Thiere von der 
Verwendung als menschliches Nahrungsmittel auszuschliessen ist. 

Verf. empfiehlt ferner in zweifelhaften Fällen nach dem 
Vorgänge Johne’s und Gärtner’s, Fütterungsversuche mit 
verdächtigem Fleisch an Kaninchen, Meerschweinchen oder Mäusen 
anzustellen, welche nach den Untersuchungen der beiden Forscher 
erkranken, sobald das Fleisch schädliche Eigenschaften hat. Eine 
einfachere Methode bestehe darin, ein Stück Fleisch mit nach 
Hause zu nehmen und zu beobachten, ob und nach welcher Zeit 
eine alkalische Reaction an einer frischen Schnittfläche sich 
zeige. Wichtig sei auch die nicht immer genügend hervor¬ 
gehobene Beschaffenheit der Lymphdrüsen des Fleisches 
•und des Blutes. Bei septischen und toxischen Erkrankungen 
stellen sich im Sommer innerhalb 24 Stunden, ira Winter inner¬ 
halb 48 Stunden gewisse von der Norm abweichende Ver¬ 
änderungen eiD. Es ist daher rathsam, in zweifelhaften Fällen 
vor 24 bezw. 48 Stunden keine Entscheidung zu treffen. 
Das Fleisch septisch erkrankter Thiere kann in dieser Zeit einen 
üblen Geruch, schmierige Beschaffenheit und Grün¬ 
färbung des Bindegewebes annehmen. Auch kann sich eine 
grünliche Verfärbung des Bauchfells hauptsächlich in der 
Nierengegend einstellen, eine Veränderung, die jedoch auch statt¬ 
findet, wenn ein Rind nach der Tödtung nicht gleich aus¬ 
geschlachtet wird. 

Die in Bezug auf die Beurtheilung des Fleisches vom Verf. 
dargelegten Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Gebärmutter¬ 
krankheiten, sondern auch für alle andern Leiden, bei welchen 
die gedachten Veränderungen auftreten und von denen nicht 
erwiesen ist, dass das Fleisch keine gesundheitsschädliche Be¬ 
schaffenheit hat wie etwa beim Rothlauf der Schweine. 
Wiederholt haben zu Fleischvergiftungen Veranlassung gegeben 
gewisse Darm- und Euterentzündungen. Bei den fraglichen 
Euterentzündungen wird ein schweres Allgemeinleiden, hoch¬ 
gradige Schwäche bezw. Lähmung des Hintertheils und meist ein 
auffallendes Durstgefühl beobachtet. 

Auch durch pyämische Erkrankungen können Fleisch¬ 
vergiftungen verursacht werden. Bei der Pyämie dringen Mikro¬ 
organismen in die Blutbahn, die zunächst am Orte ihres Eintritts 
einen Eiterherd erzeugen und im Körper eitrige Metastasen her- 
vorrufen können. 


179 

Die von den Mikroparasiten gelieferten Stoffwechselproducte 
(pyogene Gifte) oder die resorbirten chemischen Producte des 
eitrigen Gewebszerfalles bedingen eine schwere Allgemein¬ 
erkrankung. Nach der Schlachtung finden sich eine eitrige 
Osteomyelitis oder multiple Eiterherde in der Lunge, 
Milz, Nieren u. s. w. Neben der pyämischen Osteomyelitis 
findet sich bei der Section eine leichte Trübung der Leber, Milz¬ 
schwellung und Blutungen in den Nieren. Wir beobachten diese 
Veränderungen namentlich nach eiterigen Klauenentzündungen 
als Folge der Klauenseuche. Das Fleisch dieser Rinder hat wider¬ 
holt zu Fleischvergiftungen Veranlassung gegeben und ist dem¬ 
nach gesundheitsschädlich. Stellt sich die Pyämie unter der Form 
multipler Eiterherde in den Organen dar, so lässt sich nicht 
ohne Weiteres annehmen, dass das Fleisch schädliche Eigenschaften 
hat, besonders dann nicht, wenn die Herde abgekapselt sind. 
Eiterige Infiltrationen sind dagegen nicht so harmlos. 

H. meint, dass bei Thieren, die wegen einer eiterigen Klauen-, 
Gelenk- oder Gebärmutterentzündung geschlachtet sind, genan 
zu untersuchen ist, ob gleichzeitig eine Osteomyelitis oder 
multiple eiterige Herde vorhanden sind und im letzteren Falle, 
ob diese Herde als rein locale Processe zu betrachten sind. 
In zweifelhaften Fällen dürfte das Fehlen oder Vorhandensein 
der Lebertrübung, des Milztumors und der Blutungen in den 
Nieren entscheiden. 

Als b sondere Form der Pyämie erwähnt Verf. die Kälber¬ 
lähme. Dieselbe stimmt mit der Septikämie der Kälber viel¬ 
fach überein. Beide Krankheiten nehmen ihren Anfang vom 
Nabel aus. Dieselben verlaufen unter dem Bilde einer schweren 
Allgemeininfection mit starker Anschwellung der Gelenke. Ausser¬ 
halb und innerhalb der Gelenkkapsel sammeln sich bei der 
pyämischen Kälberlähme ein mehr eitriges bei der septikämischen 
ejn mehr seröses Infitrat an. Ausserdem sind trübe Beschaffen¬ 
heit der Parenchyme, Milztnmor und Blutungen an den serösen 
Häuten bezw. in den Nieren vorhanden. Bei der septikämischen 
Kälberlähme hat das Fleisch erwiesenermassen eine gesundheits¬ 
schädliche Beschaffenheit. 

Im Anschluss an diese im Wesentlichen wiedergegebenen 
Ausführungen giebt der Verf. einige Winke über das Verhalten 
des Thierarztes dem Besitzer gegenüber, wenn derselbe seine 
Unzufriedenheit äussert, dass das nothgeschlachtete Thier ver¬ 
worfen wird. 

Die Incubation nach dem Genuss gesundheitsschädlichen 
Fleisches dauert nach Bollinger 6 bis 24 Stunden, um so länger, 
je später dasselbe nach der Schlachtung genossen wurde. Leber, 
Lunge, Nieren, überhaupt Eingeweide sind giftiger als Muskel¬ 
fleisch. Personen, welche gleichzeitig ein grösseres Quantum 
spirituoser Getränke zu sich nehmen, erkranken im Allgemeinen 
wenig oder gar nicht. 

Bei den Nothschlachtungen ist das Fleisch auch vom Consum 
auszuschliessen, wenn dasselbe nur eine ekelerregende Be¬ 
schaffenheit hat, ohne gesundheitsschädlich zu sein. Von diesem 
Gesichtspunkte ist das Fleisch nicht ausgebluteter Thiere zu 
betrachten. 

Am Schlüsse seines nützlichen Vortrages führt Verf. noch die 
Grundregeln an, welche Augst-Lauenstein (Sachsen) bei der 
Beurtheilung der Nothschlachtungen aufstellt: 1. Beachtung des 
klinischen Befundes. 2. Würdigung der unmittelbaren Er¬ 
krankungsursachen und der vorliegenden krankhaften Ver¬ 
änderungen. 3. Prüfungen auf septische Erscheinungen an den 
Organen, Todtenstarre etc. 4. Untersuchung der Körperlymph- 
drüsen. 6. Feststellung der Reaction des Fleisches. 6. Mikro¬ 
skopische Untersuchung der Musculatnr. 7. Kochprobe. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 




180 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 15. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Meyer’s Conversationslexikon. Ein Nachschlagewerk allgemeinen 
Wissens. V. gänzlich neubearbeitete Auflage. Mit circa 10000 Text¬ 
bildern und 1050 Tafeln. 

Abschluss der neuen Auflage. 

Seit Besprechung der Bände XI—XIV im vorigen Jahrgang 
der B. Th. W. ist, wie vorausgesetzt war, das mächtige Werk zum 
Abschluss gelangt, und zwar noch im Laufe des vorigen Jahres. 
Die Besprechung des Abschlusses der nunmehr vollendeten fünften 
Auflage hätte also schon früher erfolgen können, musste aber 
fortgesetzten Raummangels wegen bis heute zuriickgestellt werden. 

Etwas wesentlich Neues, abgesehen von der Mittheilung des 
erfolgten Abschlusses, kann freilich auch eine Besprechung nicht 
mehr bringen. Denn alle lobenswerthen und grossentheils aus¬ 
gezeichneten Eigenschaften des Werkes, welche auch die 1897 
erschienenen letzten drei Bände No. XV, XVI und XVII auf das 
vollkommenste zeigen, sind bereits in den Besprechungen der 
früher erschienenen Bände alle anerkannt worden. 

Es können daher nur noch einmal hier die characteristischen 
Vorzüge, welche diese bibliographische Leistung zu einer so 
eminenten machen, kurz zusammengefasst werden. Die Stichwort¬ 
sammlung ist von der zuverlässigsten Vollständigkeit Man findet 
eben Alles (sind doch sogar in Bd. 16 die Wappen sämmtlicher 
Universitätscouleurs abgebildet). Die Artikel verrathen sämmtlich 
gründliche Sachkenntnis, die aus dem Gebiet der Wissenschaften 
sind grossentheils geistreich und augenscheinlich von Kräften ersten 
Ranges geschrieben; nirgends drängt sich dasUnwichtige schwülstig 
hervor; die lexikalische Klarheit und Knappheit ist überall ge¬ 
wahrt. Einer solchen Schaar von Autoren gegenüber, deren Namen 
allein gewiss vielfach grosse Rücksicht heischen, des Steuers 
Herr zu bleiben und mit fester Hand den Weg zu weisen, um das 
unendliche Mosaik zu einem grossen harmonischen Kunstwerk zu 
gestalten, von 10000 Artikeln die Dignität richtig abzumessen, 
so dass alle den ihnen zukommenden Platz erhalten, dazu gehört 
ein umfassendes Wissen auf allen Gebieten, Scharfblick für das 
Richtige, ausserordentliches Geschick allen Situationen gegenüber 
und grosse Energie. Es ist dies Alles in Allem eine geradezu 
bewunderungswürdige redactionelleLeistung. Neben dem Redacteur 
steht aber ebenbürtig der Verleger. Uns scheint, als ob in keiner 
der früheren Auflagen so grosse Aufwendungen gemacht seien 
wie diesmal. Nicht etwa, dass der Umfang des Textes grösser 
geworden ist, das ist bei der Menge neuer Culturerscheinungen 
selbstverständlich. Aber das so ausserordentlich umfangreiche 
und kostspielige Material von Karten, Tafeln, Abbildungen aller 
Art hat eine Erneuerung und Vermehrung erfahren, die einen 
immensen Aufwand bedingt haben muss. Denn alle diese Tafeln 
— man sehe nur die naturwissenschaftlichen z. B. an — sind 
von ersten Künstlern hergestellt und prächtig reproducirt. Das 
Meyer’sche Conversationslexikon thut sich besonders hervor auf 
dem Gebiet der gesammten Naturwissenschaften und der Technik 
im weitesten Sinne. Bei der Umwälzung, welche in fast allen Zweigen 
der letzteren das letzte Jahrzehnt wieder gebracht hat, und bei 
den grossen Fortschritten in jenen Wissenschaften erfüllt die im 
eigentlichsten Sinne des Wortes neue Auflage ein dringendes 
Bedürfniss. Ihre Ausstattung lässt sie ebenso sehr, wie sie 
eine ernste wissenschaftliche Leistung ist, zugleich als ein Pracht¬ 
werk erscheinen. 

Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Professor H. Boether an der Thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Hannover wurde der Rang der Räthe 
vierter Klasse verliehen. 


Ernennungen: Zum Bezirkstbierarzt: Districtsthierarzt F. Ritzer- 
Wolfstein (Pfalz) für Berneck (Oberfranken). — Thierarzt H. N e 1 k e - 
Versmold ist zum Repetitor am anatomischen Institut der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Hannover ernannt worden. — 

Es sind gewählt worden: Schlachthausinspector Voirin- 
Bockenheim zum Schlachthofthierarzt am Schlacht- und Viehhof zu 
Frankfurt a. M., Thierarzt G. Zech- Greiz zum städtischen Thierarzt 
in Lichtenstein-Callnberg, Thierarzt H e m p e l-Dresden zum Schlacht¬ 
hofthierarzt in Meissen. 

Approbationen : Berlin: Die Herren Baum, Jul. Graf, Kurt 
Roth, Ernst Scharr. 

Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thicrarzt 
L. F r e i t a g - Creuzburg (Werra) nach Tornitz bei Barby, Thierarzt 
A. Zieger von Mühlberg nach Strehla (Elbe). 

In der Armee: Gegenseitig versetzt: Die Oberrossärzte Dischereit 
vom Hu8.-Rgt. No. 3 und Pieczynsky vom Ul.-Rgt, No. 11.— 
Befördert zu Einj.-Freiw. Unterrossärzten die Einj.-Freiw. Dr. Simader 
im Art.-Rgt No. 25, Köhler im Art.-Rgt. No. 14. 


Vacanzen. 

Kreistbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden 
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht 
ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts¬ 
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eiderstedt 
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. 
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.). 

Sanitätsthierarztsteilen a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Breslau: Schlachthof - Hilfsthierarzt (1800 M.). Privatpraxis nicht 
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing: 
Schlachtbof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. 

Privat8teilen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch 
Max Arnsdorff. —Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — Butz¬ 
bach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): (400 
bis 600 M. Fixum). Bew. an Gcmeindevorstand. — Drengfurt — 
Gleschendorf (FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pol Inow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau). Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt 
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schön- 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren auB Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu¬ 
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 


General-Versammlung des Vereins Rheinpreusslscher Thierärzte 

am Sonnabend, den 23. April 1898, Vormittags 10'/a Uhr, im Zoologi¬ 
schen Garten zu Köln. Tages-Ordnung: 1. Vereins- und Standes- 
Angelegenheiten. 2. Die Reformbestrebungen der Kreisthierärzte, 
Referent Kreisthierarzt Schmidt, Mayen. 3. Beschlussfassung in 
Betreff des Ehrenraths. 4. Mittheilungen aus der Praxis. Die 
Herren Kreisthierärzte werden zu einer Vorbesprechung auf 10 Uhr 
eingeladen. Nach Schluss der Verhandlungen gemeinschaftliches 
Mittagessen. (Der Eintritt in den Zoologischen Garten ist gegen 
Vorzeigung des Programms frei.) Aachen, den 17. April 1898. 
Der Vorsitzende des Vereins: Dr. Schmidt. 


Wi .ntuMitllrii fltr den Inhalt Inseralci’lhetl) Prof. L)r. Schmält* in Berlin. — Verlag und Kiircntluim von Richard Sclioetz in Berlin. — Druck von W. Bfixenstoiu. Borlin. 


Digitized by LjOOQie 








Die „Berliner Thlerftrctllcbe Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /« Bogen. Dieselbe 
ist sti beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoets, Berlin NW„ Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrkge werden mit 60 Bk. ihr den Bogen honorlrt 
▲Ile Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Ur. Schmaltx, 
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heransgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 16 . Ansgegeben am 21. April. 


I n h a 11: Meifort: Der Kampf mit der Maul- und Klauenseuche. — Referate: Wissenschaftliche Tages-Neuigkeiten. — 
B r i e ge r und U h 1 e n h u t h: Ueber Blut-und Organgifte. — Keynders: lieber Xeroform als Intestinalantisepticum.— 
Therapeutische Notizen. — Kleine Mitteilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: 
Verschiedenes. — Oeffentliclies Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬ 
verkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Der Kampf mit der Maul- und Klauenseuche. 

▼on 

Melfort-Lensabn 

KreUthlcrarxt. 

Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht ein erfahrener College 
in No. 28 dieser Wochenschrift eine ausführliche Abhandlung. 
In derselben heisst es: „Das sowenig zur Bekämpfung der Manl- 
nnd Klauenseuche geeignete Gesetz vom 23. Juni 1880 und dessen 
Instrnction wurden durch schärfere MinisterialverfügoDgen ergänzt, 
und schliesslich wurde das ganze Gesetz nebst Instrnction re- 
vidirt. Die Revision drehte sich im Grossen und Ganzen nur um 
Verschärfungen der Bestimmungen, welche der Manlsenche gelten. 
Und der Erfolg seit zweijähriger Handhabnng des neuen Ge¬ 
setzes? Die monatlichen Ausweise über die Verbreitung der 
Seuche lassen die Gesetzesrevision als ein verfehltes Beginnen, als 
einen Lnfthieb erscheinen! Die Seuche geht ihren Weg genau so, 
als ob überhaupt keine EinschräDkungsmassregeln existirten; sie 
zieht durchs Land wie vor einem Menschenalter, als sich noch 
kein Polizeibeamter ihretwegen Kopfzerbrechen machte und man 
noch keine einschneidenden Veifügungen erliess! 

Der Grund dieses Misserfolges liegt einmal darin, dass man 
das Wesen dieser Seuche bisher zn wenig kannte nnd dem¬ 
gemäss auch unzweckmässige Abwehr- und Unterdrückungsmass- 
regeln traf. 

„Die erfolglose Bekämpfung wurzelt in zwei Mängeln“: 

1. sind die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nicht aus¬ 
reichend, bezw. einseitig, 

2. liegt ihre Handhabung nicht in berufenen Händen.“ 

Da man über diesen Gegenstand in thierärztlichen Kreisen 
verschiedener Meinung ist, dürfte es zweckmässig sein, auch die 
entgegengesetzte Ansicht zum Ausdruck zu bringen, zumal es sich ■ 
um die abfällige Kritik eines Gesetzes neueren Datums handelt, 
das unter thierärztlicher Mitwirkung entstanden und an dessen 
Aendernng vor der Hand nichts zn erwarten ist. Meine Ansicht 
stützt sich auf die Beobachtung folgender SeuchenfäJle, die ich 
im Kreise Oldenburg nnd Plön, in welch letzterem Kreise ich bis 
vor Kurzem die kreisthierärztlichen Geschäfte fünf Jahre mit¬ 
verwaltet, bekämpft habe: 

1. Im Winter 1892/93 im Kreise 0. in 42 Gemeinden, 
89 Gehöften mit mehr als 3300 Stück Rindvieh. 


2. Im April 1893 im Kreise P. Gemeinde H. in einem Gehöft 
mit 2 Stück Rindvieh. 

3. Im Juni 1894 im Kreise P., Stadt P. in einem Gehöft mit 
13 Thieren. 

4. Im September 1894 im Kreise P., Gemeinde Sch. in 
2 Gehöften mit 26 Stück Rindvieh. 

5. Im März 1896 im Kreise P., GutP. Bestand: 215 Stück 
Rindvieh. 

6. Im März 1896 im Kreise 0., 10 Meilen von Gut P. ent- 
fernt qnd auf anderem Wege eingeschleppt. Sofort durch 
die Meierei in 5 Gemeinden, 13 Gehöften, bei 408 Stück 
Rindvieh verbreitet. 

7. Im August 1896 im Kreise P., in 2 Gemeinden, 2 Ge¬ 
höften mit 28 Stück Rindvieh. 

In drei Fällen ist die Einschleppung des Ansteckungsstoffes 
durch verseuchte Thiere erfolgt (bayerische Zugochsen, ost- 
prenssische Starken, hannoversche Schweine), in den übrigen 
Fällen müssen Personen als Zwischenträger angenommen werden. 
Bei jedem ersten Ausbruch im Kreise ist die Diagnose von einem 
Privatthierarzt gestellt, von mir amtlich festgestellt und vom 
Departementsthierarzt bestätigt. 

Der erste Seuchenfall im Jahre 1892 nahm eine grosse Aus- 
dehnang an. Die Einschleppung des Ansteckungsstoffes erfolgte 
zu einer Zeit, als die wegen der von Hamburg her drohen¬ 
den Choleragefahr erlassenen Voisichtsmassregeln aufgehoben 
wurden, als somit ein reger Handel und Wandel rasch für die 
Weiterverbreitung der Seuche sorgte. Daneben war der Herbst¬ 
weidegang des Rindviehs der Seuche günstig. Die zur Bekämpfung 
so geeigneten Bestimmungen des neuen Reicbsviehseuchengesetzes 
nnd der Bundesraths-Instrnction existirten noch nicht. Die starke 
Verseuchung des Kreises gab mir Gelegenheit, reiches Erfahrne gs- 
material über die Art der Verschleppung des Ansteckungsstoffes 
zu sammeln nnd die Erfahrung zu bestätigen, dass es häufig der 
Mensch ist, durch den die Seuche verschleppt wird. 

Hier einige Beispiele, wie die Seuche 1892,93 verschleppt 
wurde: 

Der Ausbruch der Seuche unter den Schafen in S. wurde 
darauf zurückgeführt, dass der Schäferknecht mit seinem Hund 
jeden Abend nach dem 1 Meile entfernten verseuchten Heiraaths- 
ort ging. 


Digitized by LaOOQie 






182 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 16. 


Von K. wnrde die Senche durch den Milchwagen oderMilch- 
fnhrmann, der auf dem verseuchten Gehöft verkehrt hatte, nach 
S. verschleppt. Ein Nachbar, der das Trinkwasser für sein Vieh 
aus einem neben dem Seuchenstall liegenden Brunnen holte, erhielt 
einige Tage später die Seuche. 

Im Herbst 1892 erkrankten die Kühe eines Landwirths, die 
jeden Abend nach der Hufe getrieben wurden. Bald darauf brach 
die Seuche unter dem Rindvieh der übrigen Dorfbewohner aus, 
welches den gleichen Weg betreten hatte. 

In L. war im Februar 1893 die Seuche für erloschen erklärt, 
als zwei erkrankte Schweine, die einzigen Thiere des Gehöftes, 
abgeschlachtet wurden. Neun Tage später brach sie unter dem 
Rindvieh eines Nachbargehöftes aus. Ueber die Art der Ein¬ 
schleppung konnte Folgendes ermittelt werden: Die Hunde dieses 
Gehöftes hatten entgegen einem bestandenen Verbot nicht an der 
Kette gelegen. Als in der Nachbarschaft die an der Seuche er¬ 
krankten Schweine geschlachtet wurden, hatten sie von den 
Schlachtabf allen genossen. Nach einigen Tagen waren die Hunde 
erkrankt, und nach weiteren 4—5 Tagen die Kühe, in deren 
Streu und Futter sie gelegen. 

Von R. wurde die Seuche durch Personen, die im Seuchen¬ 
stall gearbeitet latten und ihr Schuhwerk repariren lassen 
wollten, in das Gehöft eines Schuhmachers in G. verschleppt. 

Im December 1892 war die Seuche im Kreise 0. ungefähr 
erloschen. Ein neuer Ausbruch stellte sich ein bei einem Liefe¬ 
ranten der Genossenschaftsmeierei in H. Trotzdem die Milch¬ 
lieferung sofort eingestellt wurde und die Meierei die Magermilch 
kochte, brach einige Tage später die Seuche in 9 Gemeinden 
und in fast sämmtlichen Gehöften, welche Milch an diese Meierei 
geliefert batten, aus, weil ungekochte, inficirte Milch an die 
Lieferanten zurückgegeben war. In fast sämmtlichen Fällen 
zeigten sich die Krankheitserscheinungen zuerst bei den Thieren, 
die mit Meiereiabfällen gefüttert waren, also bei Schweinen und 
Kälbern. 

In vielen Fällen war der Mensch der Uebertröger des 
Ansteckungsstoffes, wenn er auf dem Seuchengehöft verkehrt 
hatte. Insbesondere sind viele Seuchenausbrüche auf den Verkehr 
des Meiereipersonals zurückzuführen. Dass Fleischer und Vieh¬ 
händler die Seuche häufig verschleppen, ist eine allgemeine 
Erfahrung. 

Bei der Bekämpfung der Seuche ist die correcte Behandlung 
des ersten Seuchenfalles von grosser Bedeutung. Beim ersten 
Ausbruch der Seuche im Kreise wurde den bestehenden Be¬ 
stimmungen gemäss folgendermassen verfahren: 

Da in den beiden genannten Kreisen 15 pract. Thierärzte 
sind, so wurde der erste Ausbruch oder der Verdacht auf Seuche 
von einem pract. Thierarzt gestellt. Die Anzeige hiervon wurde 
der Ortspolizeibehörde gemacht. Nach einer Regierungs- 
Verfügung vom Jahre 1889 ist dieselbe angewiesen, sofort auf 
kürzestem Wege die kreisthierärztliche Untersuchung herbei¬ 
zuführen. Der Polizeiverwalter ist ferner verpflichtet, „mit dem 
Kreisthierarzt gemeinsam an Ort und Stelle die Sachlage zu 
untersuchen, mit dessen Beirath über die den Umständen des 
einzelnen Falles entsprechenden Massnahmen sich schlüssig 
zu machen und vorbehaltlich späterer schriftlicher Verfügung, 
sofort die entsprechenden Anordnungen zu treffen.“ Auf die 
telegraphische Mittheilung der Polizeibehörde, dass in X Verdacht 
auf Maul- und Klauenseuche besteht, antworte ich auf gleichem 
Wege, dass ich zu der und der Zeit am Seuchenort sein werde. 
In den oben genannten Fällen wurde die Seuche von mir fest¬ 
gestellt. Es wurden die den Umständen entsprechenden Mass- 
regeln beantragt und von der Polizeibehörde sofort verfügt, also 
vor Allem jene Massregeln, welche in der Bundesraths-Instruction 


zur Ausführung des Reichs Viehseuchengesetzes vom -r 1 ^ 

l. Mai lou4 

enthalten sind. Es wurde sofort ein Plakat mit der Aufschrift 
„Maul- und Klauenseuche“, am Hanpteingangsthor des Gehöftes 
angebracht und der Besitzer veranlasst, die Eingangsthore 
möglichst geschlossen zu halten, wodurch Unbefugten (Menschen 
und Thieren) das Betreten des Seuchengehöftes sowieso erschwert 
wird. Den mit der Wartung der Thiere beauftragten Personen 
wird gezeigt, wie sie sich beim Verlassen des Seuchenstalles zu 
desinficiren haben. Der während der Seuchenzeit gewonnene 
Dünger wird stets sofort nach dem Ausdungen mit Kalkwasser 
de8inflcirt. Da bei der Feststellung der Seuche gewöhnlich das 
ganze Gehöft mit Ansteckungsstoff besudelt ist, so ist die 
Möglichkeit vorhanden, dass Personen, die auf dem Gehöft ver¬ 
kehren, den Ansteckungsstoff verschleppen. Es wird deshalb eine 
gründliche Reinigung des Gehöftes veranlasst, und ausserdem ein 
Gefäss mit Creolinlösung am Haupteingangsthor hingestellt, und 
die Reinigung und Desinfection des Schuhwerks Jedem, der auf 
dem Gehöft verkehrt hat, zur Pflicht gemacht. Dem Besitzer 
des Seuchengehöftes wird ferner aufgegeben, die Hunde an die 
Kette zu legen und das Geflügel einzusperren. Den Kindern des 
Seuchengehöftes wird in der Regel der Schulbesuch verboten. 

An der Grenze der verseuchten Ortschaft wurden sofort 
Tafeln mit der Aufschrift „Maul- und Klauenseuche“ angebracht. 
In einzelnen Fällen wurde bei jeder Tafel vorerst ein Wächter 
hingestellt, der darauf achtet«, dass kein Durchtreiben von Wieder¬ 
käuern und Schweinen stattfand. In dem Fall, dass verseuchte 
Thiere die Dorfstrasse inficirt hatten, wurden Desinfections- 
einrichtungen aufgestellt, und von den Wächtern wurde darauf 
geachtet, dass Jeder sein Schuhwerk hier reinigte. Es wird 
dadurch gleichzeitig erreicht, dass jeder überflüssige Verkehr 
vermieden wird. Mit dem Polizeiverwalter befahre ich die Ort¬ 
schaft, so dass sofort alles Angeordnete in Wirksamkeit tritt. Ist 
Milch aus dem Seuchengehöft an eine Meierei geliefert, so be¬ 
sichtige ich diese Meierei darauf hin, ob Einrichtungen vorhanden 
sind, die Milch vorschriftsmässig zu erhitzen. Ist kein Hochdruck- 
Pasteurisir-Apparat vorhanden, so wird gezeigt, wie durch Ein¬ 
leiten von heissen Dämpfen die Erhitzung in Bassins möglich ist. 
Die Milchlieferung ans dem Seuchengehöft an die Meierei hört 
auf, auch schon aus dem Grunde, weil jede Meierei in ihren 
Statuten die Bestimmung hat, Milch von kranken Thieren darf 
nicht geliefert werden. Es wird aber auch in der Meierei eine 
Vereinbarung getroffen, dass die Milch von den übrigen Lieferanten 
des Seuchenortes, die am meisten gefährdet sind, zu einer 
besonderen Zeit geliefert und verarbeitet wird. 

Bei der Tilgung der Seuche in der Sommerzeit ist die Auf¬ 
stallung im Interesse der Senchentilgung dringend zu befürworten, 
denn beim Weidegang ist eine Verbreitung durch Wild und Vögel 
leicht möglich. Es wurde deshalb auf den Besitzer in der Weise 
eingewirkt, dass die Aufstallung der Thiere sofort vorgenommen 
wurde, da ja auch thatsächlich der Verlauf der Krankheit bei 
rationeller Stallpflege ein günstigerer ist als beim Weidegang. In 
zwei der oben genannten Fälle blieben die erkrankten Thiere auf 
einer günstig gelegenen Weide. 

Bisher bin ich gemeinschaftlich mit dem Polizeiverwalter 
tliätig gewesen, ich beantragte — Jener verfügte. Während 
dieser Zeit habe ich meist auch schon Gelegenheit gehabt, die 
mir obliegende, schleunige Berichterstattung zu erledigen, indem 
ich je ein Telegramm an den Regierungs-Präsidenten, den Land¬ 
rath und den Departementsthierarzt übersandte über den Ausbruch 
der Seuche, die Art der Einschleppung, Grösse des Viehbestandes, 
vermuthliclie Weiterverbreitung. Von dem Landrath werden au 
Grund des Ministerial-Erlasses vom 16. November 1893 in einem 


Digitized by LjOOQie 





21. April 1898. 

um den neuen Seuchenort herum abzugrenzenden, nicht zu kleinen 
Bezirk 'sofort alle die Massregeln zur Anwendung gebracht, welche 
die Isolirung der Seuche in dem Bezirke herbeizuführen geeignet 
sind. Solche Massregeln sind: 

1. die Untersagung der Abhaltung aller Vieh- und Pferde¬ 
märkte, sowie des Auftriebs von Vieh auf die Wochen- 
raärkte, 

2. das Verbot des Treibens von Bindvieh, Schweinen und 
Schafen ausserhalb der Feldmarkgrenzen, 

3. das Verbot der Verladung von Rindvieh, Schweinen und 
Schafen auf den in dem gefährdeten Bezirk belegenen 
Eisenbahnstationen, 

4. Beschränkung in dem Weggeben von Magermilch aus 
Molkereien nach Massgabe der Rundverfügung vom 30. Mai 
1891. 

Dann weiter: 

5. Verbot des freien Umherlaufens der Hunde. 

6. Nach dem am 1. Januar d. Js. in Kraft getretenen Ge¬ 
setze, betr. die Aenderung der Gewerbeordnung, ist den Behörden 
die BefugniBS ertheilt, zur Abwehr oder Unterdrückung von 
Seuchen, den Handel mit Rindvieh, Schafen und Schweinen, 
Ziegen und Geflügel im Umberziehen Beschränkungen zu unter¬ 
werfen oder auf bestimmte Dauer zu verbieten: Auch hiervon wird 
in der Regel Gebrauch gemacht. 

Diese Verfügungen werden den betheiligten Ortspolizeibehörden 
sofort zugestellt und ebenfalls umgehend im Kreisblatt bekannt 
gemacht Bald nach der amtlichen Feststellung trifft der De¬ 
partementsthierarzt am Senchenort ein, um die Diagnose zu con- 
trolliren und die angeordneten Schutzmassregeln kennen zu 
lernen. Dem Landrath wurde in der Regel am Tage der Fest¬ 
stellung mündlicher Bericht erstattet. Derselbe erschien häufig 
in den nächsten Tagen am Seuchenorte, um die Ausführung 
der angeordneten Schutzmassregeln zu controlliren. Den be¬ 
amteten Thierarzt beauftragte er, alle 4—5 Tage das Seuchen¬ 
gehöft zu revidiren. 

Von den letzten sechs Seuchenausbrüchen in den genannten 
Kreisen blieben nach Anordnung der Schutzmassregeln fünf auf 
ihren Herd beschränkt Nur in einem Fall fand eine Ver¬ 
schleppung durch einen Bauhandwerker nach einem Gehöft einer 
benachbarten Gemeinde statt. 

Ueber einzelne Punkte bei der Senchentilgung möchte ich 
mich näher äussern! 

In einem früheren Jahrgang dieser Wochenschrift wird be¬ 
hauptet, dass eine Verfügung, die die Ortspolizeibehörde beauf¬ 
trage, direct den Kreisthierarzt hinzuzuziehen, zwar zweckmässig 
sei, aber nicht auf gesetzlichem Boden stehe. In No. 28 dieser 
Wochenschrift wird bedauert, dass der beamtete Thierarzt nur 
das technische Anhängsel im Verwaltungsapparat ist und ge¬ 
wünscht, dass ihm für die Tilgung der Maulseuche die im § 2 
des Gesetzes vom 23. Juni 1880 genannten Befugnisse eines 
Commissars übertragen werden. Ueber diese Fragen giebt das 
Viehseuchengesetz Auskunft. Im § 2 Abs. 3 desselben heisst es: 
Die Mitwirkung der beamteten Thierärzte richtet sich nach den 
Vorschriften dieses Gesetzes. Dasselbe gewährt dem Thierarzt 
nicht das Recht, bei der Tilgung der Maul- und Klauenseuche 
in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten vorläufige Schutz¬ 
massregeln anznordnen, weshalb eine Verfügung, dass „womöglich 
der Polizeibeamte gemeinsam mit dem beamteten Thierarzt an 
Ort und Stelle die Sachlage zu prüfen hat etc.“ sehr zweck¬ 
mässig ist. Nach dem klaren Wortlaut des § 12 des Viehseuchen¬ 
gesetzes hat die Polizeibehörde auf die erfolgte Anzeige oder, 
wenn sie auf irgend einem anderen Wege von dem Ausbruch 
ein£r Seuche oder dem Verdacht eines Seuchenansbruches Kennt- 


183 

niss erhält, sofort den beamteten Thierarzt behufs sachverständiger 
Ermittelung des Seuchenausbruches hinzuzuziehen. Nach § 14 hat 
auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes, dass 
der Ausbruch der Seuche festgestellt ist, die Polizeibehörde die 
für den Fall der Seuchengefahr in diesem Gesetz und den zur 
Ausführung desselben erlassenen Verordnungen vorgeschriebenen, 
den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln zu treffen. 
Der Landrath ist nach § 2 des Preuss. Gesetzes befugt, die 
Amtsverrichtungen der Ortspolizeibehörde für den einzelnen 
Seuchenfall zu übernehmen. 

Es liegt m. E. keine Veranlassung vor, die durch das Vieh¬ 
seuchengesetz geregelte Stellung des beamteten Thierarztes zu 
ändern, und insbesondere wäre es ein verhängnisvolles Vor¬ 
gehen, wenn derselbe etwas anordnen wollte, wozu er nicht be¬ 
rechtigt wäre. „Anordnungen zu treffen“ ist Sache der Polizei¬ 
behörde, darüber lasse ich nie einen Zweifel in meiner amtlichen 
Thätigkeit. Da aber sämmtliche Anordnungen auf einer zweck¬ 
mässigen Grundlage beruhen, so belehre ich die Viehbesitzer, 
warum der Polizeibeamte dies oder jenes anordnen wird. Dem 
Befehl eines rechtlich Vorgesetzten wird der Landwirth — ins¬ 
besondere der Schleswig - holsteinische in allen Fällen Folge 
leisten, aber ein Befehl hat für ihn keinen Sinn, die in ihm vor¬ 
waltende Verständigkeit fordert, dass er wisse, aus welchem 
Grunde etwas geschieht. Deutet man ihm dies auch nur mit einer 
Silbe an, so ist die Ausführung eine ganz andere. Daher ist 
auch die Tilgung der Seuche da am leichtesten, wo der Besitzer 
des Seuchengehöftes ein intelligenter, Gemeinsinn besitzender 
Mensch ist. Wenn ich in Abwesenheit des Polizeibeamten vor¬ 
gehe, wie es ja fast immer vorkommt, wenn es nicht der erste 
Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Amtsbezirk ist, so theile 
ich dem Viehbesitzer mit, dass gesetzlich so und so zu verfahren ist, 
undi wirke auf ihn in diesem Sinne ein, da die Behörde alsbald 
so verfügen wird. Ist die Polizeibehörde an Ort und Stelle, so 
beantrage ich die und die Massregeln und überlasse ihr, so zu 
verfügen. 

• Die Hauptthätigkeit bei der Tilgung der Maul- und Klauen¬ 
seuche liegt am Seuchenherde. Hier hat sich der beamtete 
Thierarzt nicht auf die Feststellung des Seuchenansbruches zu 
beschränken, sondern er hat auf Grund genauer Kenntniss der 
örtlichen Verhältnisse, die er oft erst durch längeres Verweilen 
erlangt, die den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln 
zu beantragen. Bei der schnellen und leichten Uebertragbarkeit 
der Seuche sind auch die scheinbar kleinsten Umstände be- 
achtenswerth. Es müssen eben solche Massregeln getroffen 
werden, die eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes wirksam 
verhindern. Hier am Senchenort hat auch die Ortspolizeibehörde 
ihre Hauptaufgabe zu erfüllen. Dass ihre Amtsverrichtungen 
vom Landrath übernommen werden, liegt in der Regel nicht im 
Interesse der Seuchentilgung. Neuerdings ist überall das Princip 
durchgeführt, dass der Kreistliierarzt am Sitze des Landraths¬ 
amtes wohnen muss, selbst wenn dieses in einer Ecke des Kreises 
liegt. Ich kenne Gründe, welche dafür sprechen. Wenn mir 
aber ?on solchen Collegen gesagt wird, dass sie amtlich nur mit 
dem Landrath verkehren und mit der Ortspolizeibehörde wenig 
oder garnichts zu thun haben, so entspricht das nicht den gesetz¬ 
lichen Bestimmungen und erregt leicht den Glauben, dass die 
Hauptthätigkeit des Kreisthierarztes am Wohnort des Landrathes 
liegt, während sie doch thatsächlich an dem jeweiligen Seuchen¬ 
ort zu suchen ist Die Bedeutung des Landraths bei der Seuchen¬ 
tilgung erkenne ich voll und ganz an. Die grosse Ausbreitung der 
Seuche im diesseitigen Kreis geschah zu einer Zeit, als dieser 
Beamte fehlte. 

Ein wesentlicher Fortschritt in der Bekämpfang der Maul- 


BERL1NER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by ÄaOOQie 




184 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


und Klauenseuche ist durch die gesetzlichen Bestimmungen über 
die Behandlung der Magermilch aus den Meiereien erzielt. 

Die in dem letzten Jahrzehnt zahlreich entstandenen 
Genossenschafts- und Sammelmeiereien sind der Verbreitung der 
Seuche günstig gewesen. Durch Abgabe ungekochter, inficirter 
Magermilch sowohl als auch durch den Verkehr der Milchwagen, 
Milchgefässe ist der Ansteckungsstoff der Seuche verbreitet. 
Wenn auch sofort nach dem Ausbruch der Seuche die Milch¬ 
lieferung aus dem Seuchengehöft auf hörte, so war damit wenig 
erreicht. Nach der Bundesratlis-Instruction vom 24. Februar 1881 
war nur „das Weggeben der Milch von kranken Thieren im 
rohen ungekochten Zustande behufs unmittelbarer Verwendung 
zum Genüsse für Menschen oder Thiere verboten.“ Im Jahre 1891 
wurde bestimmt, dass beim Auftreten der Seuche in dem Viehbe¬ 
stände eines an der Genossenschaftsmolkerei betheiligten Land wirths 
das Weggeben von Magermilch aus der Molkerei nur zu gestatten 
sei, nachdem dieselbe auf mindestens 100° C. erhitzt sei. Da sich 
herausgestellt hatte, dass eine so hohe Erhitzung vielen Molkereien 
Schwierigkeiten machte, wurde 1894 die Abänderung getroffen, 
dass die Magermilch wenigstens eine Viertelstunde lang einer 
Temperatur von mindestens 90° C. ausgeselzt gewesen sein soll. 
In einem Fall im hiesigen Kreis sollte eine Meierei geschlossen 
werden, weil sie aucli diesen gesetzlichen Vorschriften nicht 
genügen konnte. Die Magermilch wurde in einem Bassin an¬ 
gesammelt, das nach 10 Minuten gefüllt war und dann durch ein 
Abflussrohr ebensoviel Milch abfliessen liess als durch das 
Zuflussrohr des Separators zugeführt wurde. Die Erhitzung der 
Milch war nur auf einige 90° C. möglich. Nach Ansicht des 
Amtsvorstehers war diese Erhitzung nm so weniger vorschrifts- 
mässig, als keine Garantie gegeben sei, dass die momentan ein- 
geleitete Milch thatsächlich nicht vor 10 Minuten abfliesse. Die 
von mir vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes: Durch 
Einleiten von heissen Dämpfen konnte die Magermilch in dem 
Behälter, der in 10 Minuten gefüllt war, nur auf 94—95° C. 
erhitzt werden. Die aus dem Abflussrohr in die Milchkannen 
geleitete Milch hatte aber noch >/ 4 Stunde nach dem Abfliessen 
eine Temperatur von 90—91° C. Da die Abkühlung der Milch 
so langsam vor sich geht, war auch in diesem Falle der gesetz¬ 
lichen Vorschrift Genüge geleistet. 

In dem Entwurf zum neuen Reichs-Viehseuchen-Gesetz war 
die Bestimmung getroffen, dass Milch aus Sammelmolkereien nur 
nach erfolgter Abkochung abgegeben werden dürfe, wenn auch 
nur einer der betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt sei. 
Auch die vom Landwirthschaftsrath und der technischen Deputation 
für das Veterinärwesen abgeänderte Fassung desselben handelt 
nur von Massregeln, die getroffen werden sollen, so lange auch 
nur aus einem der unter Sperre gestellten Viehbestände Milch 
zu den Sammelmolkereien geliefert wird. Nach den Erfahrungen, 
die im Jahre 1892/93 im hiesigen Kreis gemacht wurden, würde 
eine solche Bestimmung einen wirksamen Schutz für die Weiter¬ 
verbreitung der Seuche nicht gewährt haben. Der Reichstags- 
Abgeordnete Graf Holstein, Mitglied der technischen Deputation 
für das Veterinärwesen, wirkte im letzten Augenblick darauf hin, 
dass der § 44 Absatz 2 folgende Fassung bekam: 

„Das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien 
kann in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben 
verboten werden. Ist einer der betheiligten Viehbestände unter 
Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach erfolgter Abkochung 
weggegeben werden.“ 

Durch diese Bestimmung ist eine wirksame Präventivmass- 
regel in solchen Fällen getroffen, wenn die Genossenschaften 
selbst noch nicht wissen, dass sie unter ihrem Viehbestände die 
Seuche haben. 


Im neuen Reichs-Viehseuchen-Gesetz und der auf Grund des¬ 
selben erlassenen Bundesraths-Instruction sind noch manche Ver¬ 
besserungen enthalten. An Stelle der „Ortschaft“, die einen 
verschiedenen Begriff darstellte., wird eine geographische Sperr¬ 
zone gezogen, wie sie ähnlich bei der Tollwuth verfügt ist. 

Während früher nur das Betreten des Seuchengehöftes durch 
fremde Wiederkäuer und Schweine verboten war, sind in der 
neuen Bundesraths - Instruction weitgehende Bestimmungen 
getroffen, um einer Verschleppung der Seuche durch den Menschen 
vorzubeugen. In dem Artikel in Nr. 28 dieser Wochenschrift 
heisst es irrthümlich: „dass nur ein Seuchenträger gesperrt wird, 
nämlich das Klauenvieh; der Zwischenträger — der Mensch — 
bleibt vom Gesetz unberührt. Der Viehhändler, Fleischer, 
Castrirer, Hausirer, Bettler etc. durchstreift ungehindert Sperr¬ 
gebiete, verseuchte Ortschaften und Seuchengehöfte, als ob keine 
Betretungsverbote existirten und verschleppt die Seuche in die 
Nachbarschaft. Leute aus den Seuchengehöften verlassen diese 
ungehindert und verschleppen mit ihrer inficirten Kleidung etc. 
die Seuche arf viele Meilen Entfernung hin. Der wissbegierige 
Nachbar darf nach wie vor das Seuchengehöft und den ver¬ 
seuchten Stall betreten, hier die Seuche aus eigener Anschauung 
kennen lernen, um sie dann in seinen eigenen Viehstall zu 
verschleppen.“ 

Der § 63 der Bundesraths-Instruction bestimmt ausdrücklich, 
dass der Besitzer oder dessen Vertreter anzuhalten ist: 

1. fremden unbefugten, sowie solchen Personen, welche 
behufs Ausübung ihres Gewerbes in Ställen zu verkehren 
pflegen (namentlich Viehhändlern und Schlächtern) den 
Zutritt zu den kranken Thieren nicht zu gestatten; 

2. dafür Sorge zu tragen, dass alle Personen, welche bei 
den kranken Thieren oder in den Ställen derselben 
Dienste geleistet haben, das Gehöft nur nach Abwaschung 
des Schuhwerkes und Reinigung der Kleidungsstücke 
verlassen; 

3. seinen Dienstboten und Hausgenossen das Betreten seuche¬ 
freier Stallungen in andern Gehöften zu verbieten und 
selbst solche Stallungen nicht zu betreten. 

Ich halte es für eine Aufgabe der beamteten Thierärzte auf 
diese Bestimmungen besonders aufmerksam zu machen und dem 
Besitzer und seinen Arbeitern ad oculos zu demonstriren, wie man 
beim Verlassen des Seuchenstalles verfährt. 

Wenn die Seuche mit halben Massregeln bekämpft wird, so 
wird wenig erreicht, und die angeordneten Schutzmassregeln 
werden trotzdem als sehr lästig empfunden. Daher mag der 
College in No. 28 dieser Wochenschrift für viele Fälle Recht 
haben, wenn er sagt: „die Sperrmassregeln, wie sie augen¬ 
blicklich gehandhabt werden, gestalten sich für die Landwirth- 
schaft verlustbringender als in den meisten Fällen die Seuche 
selbst.“ Diese Ansicht herrscht auch zum Theil in landwirth- 
schaftlichen Kreisen. In der vorjährigen Sitzung der Königlichen 
Landwirthschafts-Gesellschaft zu Celle (B. T. W. 1896 S. 601) 
fand eine Aussprache über die Veterinär-Polizei statt. „Die 
meisten Redner erklärten, dass alle Mittel und Wege des Reichs- 
Viehseuchen-Gesetzes nicht geholfen hätten; einer sagte: „das 
Gesetz ist schlimmer als die Seuche.“ So erklärt es sich auch, 
dass bei den Verhandlungen über die Einführung der obliga¬ 
torischen Fleischschau von Mendel-Steinfels sagen konnte, 
man ist der thierärztlichen Controle müde geworden. Doch ein 
Trost ist uns geblieben, dass dies nicht allein von den thierärzt- 
lichen Controlen zu gelten scheint Als der jüngste der Berliner 
Professoren der Nationalöconomie in seiner Wiesbadener Ab¬ 
schiedsrede sagte: „Man ist der Staatseinmischung in allen 
Gebieten allmählich müde geworden“, da wurde dieser Ausspruch 


Digitized by LjOOQie 



21. April 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


185 


von vielen Seiten begrüsst, alß wär’s ein grosses Wort gelassen 
ausgesprochen. 

Wenn aber die Seuche mit den gesetzlich zulässigen Mass- 
regeln bekämpft wird, dann lassen sich bei rechtzeitigem Ein¬ 
greifen wenigstens zur Winterszeit sichere Erfolge erzielen. 
Diese Ansicht herrscht auch in thierärztlichen und landwirt¬ 
schaftlichen Kreisen. In der Beratung der Königlichen Land- 
wirthschafts - Gesellschaft zu Hannover (B. T. W. 1896 S. 157) 
betr. Maul- und Klauenseuche einigten sich die Anwesenden 
dahin, dass für eine Abänderung des Seuchengesetzes und der 
auf Grund desselben erlassenen Verordnungen des Bundesrathes 
ein Bedürfniss nicht vorliege, indem dieselben bei richtiger Hand¬ 
habung als ausreichend und zweckmässig bezeichnet werden 
müsse. Als dringend notwendig wurde jedoch hervorgehoben, 
dass die Polizeiorgane die ihnen zustehenden Befugnisse auf das 
Strengste handhaben. 

In der Sitzung des ständigen Ausschusses des Deutschen 
Veterinärrathe8 zu Nürnberg vom 24. März 1891 betonte 
L y d t i n „das Hauptgewicht ist auf eine strenge und einheitliche 
Anwendung der bestehenden Massregeln zu legen.“ 

In No. 18 der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse hat 
der Zuchtviehhändler und Gutsbesitzer Lehnert -Miersdorf 
eine Abhandlung veröffentlicht, in welcher Massregeln erörtert 
werden, die zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche von 
ihm als unerlässlich bezeichnet werden. Derselbe sagt: 

,,das Gesetz und meistens auch die Verordnungen der Re¬ 
gierungen genügen, was aber nicht genügt, ist die Ausführung, 
ist die Handhabung des Gesetzes.“ 

In No. 13 des Landwirtschaftlichen Wochenblattes für 
Schleswig-Holstein befindet sich ein Artikel über die Bekämpfung 
der Maul- und Klauenseuche aus der Feder des Herrn Oeconomie- 
rath Boysen, Directors des Schlachthofes in Hamburg. Der¬ 
selbe stimmt mit Lehnert darin überein, dass dies der springende 
Punkt ist. 

„Bei der Handhabung hapert es, bei dieser sollte ein wirk¬ 
samer Hebel zur Verbesserung der Verhältnisse angesetzt werden.“ 

Lehnert sagt in seiner Abhandlung, dass die mangelhafte 
Handhabung des Gesetzes in einer unzureichenden Anzahl der 
Kreistierärzte begründet ist, er will in Folge dessen denselben 
Hilfskräfte beigegeben wissen. Nach Boysen gebietet eine 
wirklich kräftige, umsichtige Handhabung des Gesetzes zum 
Zweck gründlicher Tilgung der Seuche die Ausfüllung einer 
Lücke in der Organisation auf dem Gebiete der Veterinärpolizei. 
„Es fehlt an der Einheitlichkeit in der Bekämpfung. Jeder 
landräthliche Kreis bildet für sich gewissermassen ein in sich ab¬ 
geschlossenes Gebiet und die Handhabung des Gesetzes ist dem 
Befinden der dortigen Organe überlassen, insbesondere den localen 
Polizeibehörden und dem betreffenden Kreisthierarzt. Abgesehen 
von der starken Inanspruchnahme von dessen Zeit durch andere 
Geschäfte der Praxis fehlt aber sehr häufig auch die unbedingt 
erforderliche Routine auf dem Gebiet der Seuchentilgung, ohne 
welche dieselbe immer nur mangelhaft geübt werden kann. Der 
betreffende Thierarzt, der sonst als Diagnostiker, als Kliniker 
oder Bakteriologe geradezu hervorragend sein mag und sich eines 
weit verbreiteten und anerkannten Rufes erfreut, ist deshalb noch 
keineswegs mit allen Einzelheiten der Seuchentilgung vertraut; 
um mit dieser vertraut zu werden, fehlte es dem Betreffenden 
einfach an der Uebung, an der Erfahrung im praktischen Dienst. 
Das schliesst keinen Vorwurf für den Einzelnen ein; es sind mit 
einem Wort die Verhältnisse, welche seiner tieferen Ausbildung in 
diesem Specialfach hinderlich gewesen sind.“ Deshalb verspricht 
sich Boysen in gewissen Fällen einen besondern Erfolg, wenn 
die Leitung der Tilgung innerhalb eines ganzen Seuchenbezirks 


in die Hand eines erfahrenen Fachmannes gelegt, wenn gewisser¬ 
massen ein Seuchencommissar zur Stelle wäre, dem die Aufgabo 
gestellt würde, die Seuche mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln 
zu bekämpfen. „Wir zweifeln nicht daran, dass eine solche fach¬ 
männisch geschulte, von der Privatpraxis unabhängige, mit 
reichen Erfahrungen ausgestattete Kraft den betreffenden Local¬ 
behörden und den Kreisthierärzten, auf deren Mitwirkung sie sich 
stützen müsste, diesen hochwillkommen sein würde. In der Aus¬ 
gestaltung der Organisation der Veterinärpolizei in der hier an¬ 
gedeuteten Richtung ist nach unserm Ermessen nur dasjenige 
Mittel zu erblicken, mit dessen Anwendung es gelingen muss, 
der Seuche Herr zu werden.“ 

Wenn in dieser beachtenswerthen Abhandlung „die fach¬ 
männisch geschulte, mit reichen Erfahrungen ausgestattete Kraft“ 
mit dem Namen „Departementsthierarzt“ belegt worden wäre, 
dann würde diese Aeusserung inhaltlich mit jener in der B. T. W. 
1896 S. 157 übereinstimmen: 

„Solange, wenigstens in vielen Bezirken, die organisatorische 
Kraft des Departementsthierarztes eingeengt oder ganz unbenutzt 
bleibt, wird eine einheitliche Präcision in der Handhabung der 
Tilgungsmassregeln durch die localen Verwaltungsbehörden nicht 
zu erreichen sein.“ 

Möchte es endlich nach nunmehr lOjährigera Kampfe ge¬ 
lingen, diese der Landwirtschaft so verderbliche Seuche in 
unserm Vaterlande zu tilgen. Mit um so grösserer Bereitwillig¬ 
keit wird man daun an die Lösung anderer Aufgaben, an die 
mitzuwirken die Gesammtheit der deutschen Thierärzte berufen 
ist, herantreten. Die Einführung der allgemeinen Fleischschau 
und die Tilgung der Tuberculose unter unseren Haustieren. 


Referate. 

Wissenschaftliche Tages-Nenigkeiten. 

Die Heilung der Tuberculose der Rinder. 

Auf dem internationalen Congress für Hygiene in Madrid 
hielt Geheimrath Behring einen Aufsehen erregenden Vortrag 
über ein von ihm gefundenes neues Tuberculose-Heilserum. 
Nadlern er betont hatte, dass die Entdeckung des Tuberculins 
durch Koch trotz Allem und Allem die wissenschaftliche Gross- 
tliat bleibe, welche allen folgenden Entdeckungen zur Grundlage 
gedient habe, beschrieb er seine in den letzten Jahren angestellten 
Versuche, die durch eine complicirte Behandlung des virulenten 
Materials zur Darstellung einer Substanz geführt haben, die 
20 mal so giftig ist, wie die Tuberkelbacillen selbst und die, wie 
experimentell bewiesen wurde, das eigentliche Tuberculosegift ist. 
Diese Substanz ist 80—100 Mal wirksamer, als Tubercnlinum 
Kochii (in welchem jene übrigens ebenfalls enthalten ist.) Mit 
diesem Tuberculosegift hat Behring Thiere immunisirt und 
von ihnen ein Serum gewonnen, welches nicht allein (wie Meer¬ 
schweinchenversuche bewiesen) gegen Tuberculose - Infection 
(Impfung) schützt, sondern, in langsam gesteigerten Dosen an¬ 
gewendet, auch Rindertuberculose heilt. Behring theilte 
mit, dass an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin Versuche 
mit derartiger Heilung der Rinder-Tuberculose in grösserem Mass- 
stabe mit Staatsunterstützung vorgenommen wurden. 

Auf Menschen ist leider dieses von Thieren gewonnene 
Heilserum nicht anwendbar, weil es schon in geringen Dosen 
höchst unangenehme Nebenwirkungen zeitigt. Diese Nachtheile 
sind nicht, wie experimentell festgestellt ist, Wirkungen des 
Antitoxins, sondern des Thierserums an sich. Und zwar hat 
anscheinend das Thierserum diese Wirkungen nur bei Schwind¬ 
süchtigen, denn auf sie wirkt auch, wie sich gezeigt hat, das 
Diphtherieheilserum ähnlich, welches bekanntlich für nicht 
schwindsüchtige Kinder ganz unschädlich ist. Für die Heilung 


Digitized by LjOOQie 



18 « 

der menschlichen Phthise ist somit auch durch diese wichtige 
Entdeckung noch kein Weg gezeigt. 

Entdeckung der Lungenseuche-Mikroben. 

ln der Semaine vdterinaire vom 3. April 1898 findet sich die 
sensationelle Mittheilung, dass es Nocard geglückt ist, den 
Mikroben der Lungenseuche zu isoliren und zu cultiviren. Er 
machte diese Mittheilung in der Sitzung der Societe centrale de 
medecine veterinaire vom 24. März er. und wird die genaue 
Darstellung baldigst veröffentlichen. 

Sitz der Maul- und Klauenseuche-Erreger. 

Es soll hier eine mündliche Mittheilung des verstorbenen 
Professor Rabe-Hannover veröffentlicht werden, deren ex¬ 
perimentelle Grundlage nicht bekannt geworden ist, die aber 
vielleicht zur Nachprüfung anregt. Nach Rabe sucht man den 
Erreger an der falschen Stelle, wenn immer der Blaseninhalt etc. 
darauf hin geprüft wird. Die Erreger finden sich in den tiefen 
Hautschichten. 

Die Thatsache, dass der Blaseninhalt Virulenz besitzt, würde 
jener Behauptung durchaus nicht entgegenstehen, da im Blasen¬ 
inhalt Sporen oder entsprechende Gebilde, welche mit den jetzigen 
optischen Hilfsmitteln überhaupt nicht nachweisbar sind, als 
Träger der virulenten Qualität vorhanden sein können, ohne 
dass die Erreger selbst darin sich aufhalten. Bei der infectiösen 
Milch ist es ja ähnlich 

Zu dem Marten’schen Artikel „Immunitätsdauer bei Maul- und 
Klauenseuche.“ 

Der Herr Verfasser ersucht um Mittheilung folgender 
Correctur bei der Liste der mitgetheilten nenn Beobachtungen. 
Beim ersten Fall muss es statt „December 1893“ heissen „No¬ 
vember 1892“; beim siebenten Fall statt „August 1898“ desgl. 
„Januar 1898“. 

Ueber Blut- und Organgifte.*) 

Von Prof. Bricger und Dr. Uhlenhuth. 

(D. Med. Wocb. 10. !*8 ) 

1. Nach den Untersuchungen von Uhlenhuth ist das Blut¬ 
serum von Mensch, Hammel, Schwein, Rind und Kaninchen mit 
Necrose bewirkenden Toxinen beladen, die, wie es scheint, 
unter gewissen pathologischen Verhältnissen beim Menschen der¬ 
artig vermehrt sind, dass schon bei subcutaner Application von 
geringen Dosen Versuchsthiere zu Grunde gehen. Nnr das Serum 
von Pferden entbehrt dieser toxischen Eigenschaften. 

2. Diese Beobachtungen dienten uns als Ausgangspunkt für 
weitere Untersuchungen, die zunächst bezweckten, die Natur 
dieser Toxine festzustellen. Diese Toxine scheinen nichts zu 
tlmn haben mit dem Fibrinferment von Max. Schmidt und 
Pokelharing, sowie mit den anderen bekannten Fermenten, 
welche im Blut kreisen, sondern scheinen in die Gruppe der als 
Toxalbumine bezeichneten Toxine zu gehören. Die Toxine des 
Blutserums sind sehr labil, werden durch Alkohol unter Einbusse 
ihrer physiologischen Wirkung ausgefällt, werden aber nicht 
durch Dialyse oder Filtriren in ihrem biologischen Verhalten be¬ 
einträchtigt. Durch Ammoniumsulfat und gewisse Chloride von 
Schwermetallen werden diese Toxine aus dem Blutserum nahezu 
quantitativ ausgeschieden. 

3. Bei Versuchen, gegen diese ans dem Blutserum stammenden 
Toxine zu immunisiren, wurden wir von dem Gedanken geleitet, 
dass möglicher Weise das Pferdeserum, weil es der in Rede 
stehenden Toxine entbehrt, mit Schutzstoffen dagegen versehen 
wäre, eine Vermuthung, die sich aber nicht bestätigte, sondern 
uns weiter dazu führte, das Verhalten der Organe gegonüber 

*) Wörtlich entnommen. 


No. 16 


diesen Toxinen zu untersuchen; indessen auch die Organe besitzen 
keine schützenden Eigenschaffen. 

4. Im Gegentheil, diese Organe selbst beherbergen sehr wirksame 
Toxine, worauf schon einzelne Angaben in der Litteratur hinweisen. 
Und zwar sind, was bisher noch unbekannt war, nach unseren Ver¬ 
suchen an Meerschweinchen die Organe derselben Thierspecies für 
die einzelnen Thiere derselben Gattung, subcutan beigebracht 
giftig. Gehirn, Leber, Niere, Lunge, Nebenniere, Milz, Knochen¬ 
mark und Lymphdrü8eu enthalten, auf dieselbe Gewichtseinheit 
berechnet, ziemlich die gleichen Mengen von Toxinen. Der ein¬ 
gespritzte Organbrei wird äusserst schwierig resorbirt, die Toxine 
desselben treten aber verhältnissmässig rasch in den Thierkörper 
über. Es lässt sich somit nicht genau die tödtliche Dosis der 
Toxine abmessen, indessen genügen ca. 1 g frischer Substanz 
von Gehirn, Leber u. s. w„ um den tödtlichen Ausgang zu er¬ 
zielen. 

5. Die genannten Organe der Meerschweinchen haben — ge- 
tödteten Thieren entnommen, frisch und unter aseptischen Cau- 
telen mit physiologischer Na Cl-Lösung verrieben und subcutan den 
Versuchsthieren injicirt — die Eigentümlichkeit, dass sie die 
Versuchstiere unter Sinken der Temperatur, Abnahme der Fress¬ 
lust, zunehmender Mattigkeit in 12—24 Stunden tödten. Bei der 
Obduction konnte ausnahmslos eine starke Röthung der 
Nebenniere, ähnlich wie wir sie als Wirkung des Diphtherie¬ 
giftes kannten, konstatirt werden. Nur nach Injection von Milz 
war diese eigentümliche Röthung der Nebenniere zuweilen nicht 
zu bemerken. 

6. Es bilden auch die Organe von Menschen und die von 
anderen Thieren dergleichen Toxine, wenn auch in wechselnden 
Mengen, welche dieselben Veränderungen auf die Nebennieren der 
Meerschweinchen bewirken. 

7. Besonders erwähnenswert ist, dass die Pferdeorgane, 
zumal das Gehirn, dieselben Toxine entalten, obwohl im Blut¬ 
serum derselben überhaupt keine Toxine kreisen. 

8. Diese eigenartige Reaction auf die Nebennieren von Meer¬ 
schweinchen nach Einspritzung der genannten Organsubstanzen 
lässt vermuten, dass diese Organgifte anderer Natur sind, wie 
die Gifte des Blutserums; denn nach Einspritzung der letzteren 
haben wir bisher keine Röthung der Nebennieren beim Meer¬ 
schweinchen gesehen. 

9. Uhlenhuth und Moxter haben das Rückenmark von durch 
Rinder- und Menschenserum vergifteten Kaninchen nach der 
Nissl'sehen Methode untersucht und eigentümliche Verände¬ 
rungen gefunden, über welche sie an anderer Stelle berichten 
werden. 

10. In dem Serum von an Coma carcinomatosum und urae- 
meticum gestorbenen Personen konnten wir keine erhöhte Giftig¬ 
keit des intra vitam entnommenen Blutserums bei unseren Ver¬ 
suchsthieren feststellen. Dagegen waren die Organe der an 
diesen Krankheiten gestorbenen Menschen äusserst giftig, aber 
nicht auffallend giftiger als die Organe von Personen, die an 
anderen Krankheiten gestorben waren. Indessen muss man bei 
der Beurtheilung der Giftigkeit der aus menschlichen Leichen 
herrührenden Organe sehr vorsichtig sein, da oft schon während 
der Agone eine Bacterieninvasion stattfindet, und zwar besonders 
vom Bact coli, das bei Meerschweinchen nicht nur ähnliche 
Krankheitserscheinungen, sondern auch die gleichen pathologischen 
Veränderungen der Nebennieren, wie sie nach Injection von 
Organbrei sich entwickeln, hervorruft. 

11. Die Röthung der Nebennieren ist nicht eine specifische 
Eigenschaft des Diphtlieriegiftes, sondern kann auch, ausser vom 
Bact. coli und seinem keimfreien Culturfiltrat, durch Typhus- und 
Cholerabacillen bedingt werden. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



187 


21. April 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


12. Die Organtoxine können den Organen entzogen werden 
durch Alkalien, nicht aber durch physiologische Kochsalzlösung; 
werden durch Säuren ebenso wie durch Kochen zerstört, durch 
Alkohol niedergeschlagen. Diese Toxine verlieren ihre giftigen 
Eigenschaften bei halbstündiger Erhitzung auf 80° C., während 
sie sich noch widerstandsfähig erhalten gegen '/«ständige Er¬ 
hitzung auf 70" C. Bisher haben sich noch keine Anhaltepunkte 
ergeben, die für die Identität dieser Organgifte mit irgend einer 
der bisher dargestellten resp. benannten Organsubstanzen sprächen. 

13. Ob nun diese Organgifte nicht bloss eine pathologische 
Veränderung der Nebennieren beim Meerschweinchen bewirken, 
sondern auch noch im Rückenmark von Kaninchen ähnliche Ver¬ 
änderungen, wie sie Uhlenhuth und Moxter nach Injection 
von Blutserum constatirten, hervorrufen, ist Gegenstand weiterer 
Untersuchungen. 

Daraus werden sich vielleicht Schlüsse ziehen lassen auf 
ev. Differenzen der biologischen Natur der Organgifte, die, nach 
Analogie physiologischer Eigenschaften der Toxine des Blutserums 
zu schliessen, höchstwahrscheinlich bestehen. So haben sich bei 
den Blutgiften Unterschiede in der physiologischen Wirkung er¬ 
geben, insofern, als das Serum eines gegen Aalgift immunisirten 
Kaninchens nicht gegen das mit diesem Immunserum gleichzeitig 
eingespritzte Rinderserum schützt. 

Ueber Xeroform als Intestinalantisepticum. 

Von Dr. Reynders. Monographie. 

Verf. kommt auf Grund seiner Versuche, die im Laboratorium 
und in der Klinik angestellt wurden, zu folgenden Schlüssen: 

1. Hinsichtlich einer physikalischen und chemischen Eigen¬ 
schaften ist das Xeroform ein geschmackloses Pulver von nur 
schwachem Geruch. Fast vollkommene Unlöslichkeit verleiht ihm 
die Eigenschaften, welche Prof. Bouchard als für ein Darm- 
antisepticum unerlässlich aufgestellt hat. 

2. In den Verdaunngstractus eingeführt, erleidet es nur 
leichte Veränderungen im Magen. In Gegenwart des Darmsaftes 
bildet es sich um in Tribromphenol von grosser antiseptischer Kraft 
und Wismutoxyd, welches sich mit den Ptomainen oder Toxinen 
zu unlöslichen Körpern verbindet. Ein geringer Theil dieses 
Tribromphenol8 wird durch den Urin, das Wismutoxyd durch die 
Faeces ausgeschieden. 

3. Seine Giftigkeit ist ausserordentlich schwach. Verf. hat 
es bei Meerschweinchen bis zu Dosen von 8 g angewendet. Beim 
Menschen genügen Dosen von 2—3 g, um die Antisepsis des 
Darmes zu unterhalten. 

4. Was seine Einwirkung auf die Verdauungsfunktionen be¬ 
trifft, so kann Verf. sagen, dass er niemals schädliche Effecte 
wahrgenommen hat. Allerdings kam mehrmals Uebelliefinden vor, 
verschwand aber schnell wieder, sobald er das Xeroform in 
Oblaten durch Xeroform in Gummiemulsion ersetzte. 

Besonders erwähnenswertli erscheint das fast vollständige Auf¬ 
hören des üblen Geruches der Stühle. 

Therapentische Notizen. 

ATrolpaste. 

Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. 9, 5: Die von 
Bruns in die Menschenchirurgie eingeführte Airolpaste kann 
auch für die tbierärztliche Praxis als bestes Wunddeckmittel 
empfohlen werden. Sie ist leicht anzubringen, klebt vorzüglich, 
trocknet rasch, lässt das Wundsecret durch, ist aseptisch und 
reizlos und ersetzt den Verband vollständig. Sie garantirt sogar 
in den Stichcanälen eine eiterungslose Heilung per primam bei 
genähten Wunden. Das Airol ist ein W’ismuthpräparat, das 
gleichmä8sig Jod und Gallussäure enthält und auch als jodirtes 
Dermatol aufgefasst werden kann. 1 g kostet im Apothekerpreis 
15 Pf., im Engrospreis 100 g 6,50 M. Es ist also immerhin 


theuer. Man braucht aber zur Herstellung der Paste auch wenig. 
Formel für die Paste ist: Airol, Glycerin und Mucilago Gummi arab. 
ää 5, Boli 10, zur Paste zu mischen. 

Aus dem Bericht Uber das Veterinärwesen im Königreich Sachsen 

für 1896. 

Chlorbarium: Die Berichte einiger Bezirksthierärzte 
sprechen sich übereinstimmend dahin aus, dass das Chlorbarium 
ein wirksames und daneben billiges Mittel sei; es lasse aber 
ebenfalls in manchen Fällen im Stich und leiste in der 
Wirkung nicht mehr als das Pilocarpin - Eserin. Von Nach¬ 
theil ist nur ein Fall verzeichnet, wo ein Pferd nach intravenöser 
Injection von 0,75 (d. h. also nach unrichtiger Anwendung des 
Chlorbariums) verendete. 

Thüringer Pillen: Bezirksthierarzt Dr. Röder hat diese 
Pillen kostenlos an Besitzer verabfolgt, von denen er sicher war, 
dass sie dieselben nach Gebrauchsanweisung anwenden würden. 
Die Pillen scheinen zu wirken, sobald den Kälbern keine Milch 
gegeben wird. R. verwendet dieselben seit 4 Jahren. Sie sind 
gegen den Durchfall der Hunde und der Kälber immerhin 
brauchbar, von sicherem Erfoge jedoch keineswegs. Sie stehen 
dem Opium gleich und haben den Vorzug der Ungefährlichkeit 
Jedenfalls aber sind sie kein speciflsches Mittel gegen die Kälber¬ 
ruhr. Bez.-Thierarzt König zieht sie jedoch beim gewöhnlichen 
Durchfall anderen Mitteln vor, bemängelt aber ihren hohen 
Preis. 

Glutol und Thioform werden gelobt. — Fluoraluminium 
hat bei Ohrenkatarrh der Hunde theils in wässriger Lösung, 
theils mit Thioform als Streupulver erfolgreiche Verwendung ge¬ 
funden. — Sterysol und Holzin, zur Immunisirung gegen 
Maul- und Klauenseuche empfohlen, hat sich als völlig unwirksam 
erwiesen. — Pulverisirtes Holz als Verbandmaterial bewährt 
sich nach Operationen am Hufe ausgezeichnet, indem es das 
Wundsecret intensiv aufsaugt. (Bez.-Thierarzt Dr. Röder.) 

Brandwunden. 

Ein Ponny, der sehr umfangreiche Verbrennungen erlitten 
hatte und bei dem schon Dyspnoe und Kräfteverfall bestand, 
wurde erfolgreich durch Abwaschungen mit verdünnter Jod- 
tinctur (1:5) und darauf folgendes Bepudern mit Stärkemehl 
behandelt. („Anacker’s Thierarzt“.) 

Gegen Verbrennungen. 

Acid. picric. 5,0 

Spirit, dilut.50,0 

Aq. destill. 950,0 

(Beauxis Lagrave.) 

Gegen Gastritis hyperehlorhydrioa mit Verstopfung. 

Magnes. ust. 

Pulv. Rhei.ää 7,5 

Natr. carbon. sicc. 15,0 

Natr. bicarbon. 

Sacch. pulv.ää 15,0 

01. Menth, piper. q. s. 

S. Vs Theclöffel zwei Stunden nach jeder Mahlzeit in Wasser 
oder Selters zu nehmen. (Einhorn.) 


Für antiseptische Scheidenausspülung. 

Rp. 1) Alphanaphthol . 3,0 2) Betanaphthol. 5,0 

Alcoliol. 26,0 Alcohol. 30,0 


Aq. destill. . . . 1000,0 Aq. destill. calid. ad 1000,0 

Ueber die Correctur des Buckels. 

Das Verfahren Calot’s einer raschen gewaltsamen Correctur 
des auf der Grundlage tuberculöser Wirbelerkrankung ent¬ 
standenen Buckels hat viel Aufsehen erregt, erfuhr aber bei den 
meisten Verhandlungen des Chirurgen-Congresses eine fast ein¬ 
stimmige Verurtheilung, nachdem namentlich Professor König- 


Digitized by CjOOQie 












m 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


Berlin auf Grund seiner klinischen Erfahrungen und der SectioDS- 
ergebnisse darauf hingewiesen hatte, dass die durch die gewalt¬ 
same Correctur geschaffene Knochenlücke sich nicht wieder mit 
Knochensubstanz ausfüllen könne, dass andrerseits aber die 
Gefahr eines Aufflammens und einer Verallgemeinerung der 
tuberculösen Affection in Folge der Operation bestehe. 

Viehwaschmittel. 

Die Seifenfabrik von A. Brückner in Pulsnitz in Sachsen 
empfiehlt eine desinficirende und gegen Ungeziefer anzuwendende 
Viehwaschseife, deren Zusammensetzung nicht angegeben ist. 
Der Preis ist 50 Pfg. für das halbe Pfund, welches für 6 Stück 
Grossvieh genügen soll, anscheinend jedoch nur bei Abnahme 
grösserer Quantitäten. In einem beigefügten Attest des Bezirks¬ 
thierarztes Weigel wird die Seife als eine unschädliche Creolin- 
seife von guter Wirkung gegen parasitäre Hautkrankheiten 
empfohlen. Andere fachmännische Urtheile bezw. Versuche mit 
dieser Seife sind hier z. Z. nicht bekannt. 

Kleine Mittheil an gen. 

Einwirkung des Lichtes auf Bacterien. 

Das Sonnenlicht übt bekanntlich eine erhebliche bactericide 
Wirkung aus. Nach dem Versuche von Provacini-Neapel waren 
von 2 mit Kloakenwasser gefüllten Glasbehältern der eine nach 
6 ständiger Einwirkung des Sonnenlichts fast keimfrei geworden, 
während in dem andern im Dunkeln gehaltenen sich die Zahl 
der am Beginn des Versuchs vorhandenen Keime verdoppelt hatte. 
Nach Büchner beruht die Selbstreinigung der Flüsse auf der 
unter dem Einfluss des Lichts erfolgenden Bildung von Wasser¬ 
stoffsuperoxyd. Elektrisches Licht hat dieselbe Wirkung, jedoch 
tritt sie langsamer hervor. Dr. Gebhardt-Berlin hat nun ver¬ 
sucht, diese Lichtwirkung bei Hautkrankheiten therapeutisch zu 
verwerthen und soll damit überraschende Resultate erzielen. 

(Berl. N. N.) 

Wirkung der Röntgenstrahlen. 

Der bei der Actien-Gesellschaft Siemens & Halske mit 
dem Justiren der Röntgen-Röhren betraute Meister erkrankte 
unter der Wirkung der seinen Körper durch die Kleider hindurch¬ 
treffenden Röntgen-Strahlen. Die Haut des Körpers, soweit er 
sich über dem Arbeitstische befand, gerieth in 6tarke Entzündung, 
wie dies schon an Händen unter der Strahlenwirkung beobachtet 
worden ist, auch fielen die Haare aus. Dazu gesellten sich neben 
Magenbeschwerden, wie ärztlich festgestellt wurde, unregel¬ 
mässiger Puls, träge Pupillarreaction, Schwere und Zittern der 
Augenlider. Kühle der Extremitäten. Der Betroffene musste die 
Arbeit niederlegen und nun stellte sich mit dem Zurückgehen 
der Hautentzündung eine so starke Hautpigmentirung ein, 
dass dieselbe (nach einer Mittheilung der Berl. N. N.) negerähn¬ 
lich wurde. Dem oben erwähnten Dr. Gebhardt gelaug es durch 
örtliche Belichtung mittels reflectirten Bogenlichts das fast voll¬ 
ständige Wiederverschwinden dieser Pigmentirung zu be¬ 
wirken. Es scheint sich also um eine Gegenwirkung der Licht¬ 
wellen der Röntgenstrahlen und derer des elektrischen Bogen¬ 
lichtes zu handeln. 

Auf Pflanzen vegetirende, den Tuberkelbacillen ähnliche Bacterien. 

Zu dem in No. 9 derB. T. W. veröffentlichten Artikel vonDr. 
Möller hatte der verstorbene Professor Rabe dem Referenten 
mitgetheilt, dass er die Beobachtung des Verfassers bestätigen 
könne, da er gelegentlich der Untersuchungen, die über die 
etwaige desinficirende Wirksamkeit der Torfstreu von ihm gemacht 
worden sind, auch im Torf solche Bacillen gefunden habe. Diese 
Beobachtung ist anch, worauf der Assistent des pathologischen 
Instituts, Herr Diedrichs, hinzuweisen die Güte hatte, in der 
Veröffentlichung der betreffenden Untersuchungen in den land¬ 
wirtschaftlichen Jahrbüchern pg. 776 erwähnt. 


Eine Antwort auf die erste Idee vom Vorhandensein 
organisirter Infectionsstoffe. 

Vor etwa 200 Jahren hatte bereits der Lyoner Arzt Goiffon 
in einem Buche die Theorie aufgestellt, dass es Lebewesen gäbe, 
welche Krankheiten durch Uebertragung mittelst der Luft er¬ 
zeugten. Ihm wurde darauf von dem Vater des bekannten Päda¬ 
gogen Pestalozzi, einem Arzte, folgende Antwort zu Theil: 
„Es ist genug, mein Herr, es ist schon zu viel! Lassen wir nicht 
in unserer Einbildungskraft solche fliegenden Insecten entstehen, 
die sich ins Unendliche vermehren, deren Geschlechter nie auf¬ 
hören und die in der Luft, in den Waaren und allen belebten 
Körpern leben.“ Die ärztliche Meinung schloss sich damals 
Pestalozzi an und Goiffons Behauptung wurde vergessen. 

(Berl. N. N.) 

Zur Narcotisirungsstatistik. 

Prof. Gurlt macht neuerdings folgende interessante An¬ 
gaben: Das Gesammtmaterial umfasst jetzt 330 429 mit 136 Todes¬ 
fällen. Auf die einzelnen Narcotica vertheilen sich die Zahlen 
folgenderraassen: 

Narcosen 


Chloroform. 240 806 mit 116+ = 1: 2075 

Aether. 56 223 „ llf= 1:5112 

Chloroform und } 15 2 26 n _ 1:76 , 3 

Aetlier gemischt j 

Billroth-Mischung. 6 740 „ 2f = 1 :3370 

Bromaethyl. 10 793 „ 2f = 1: 5396 

Pental. 631 „ 3f = 1:213 


Eine Verbesserung der Unhandlichkeit der metallenen Nlessergriffe. 

Dr. Braatz empfiehlt im ärztl. Polytechn., um die metallenen 
Messergriffe handlicher zu machen, die schweren, glatten aller¬ 
dings aseptischen Metallgriffe mit einem Stückchen schwarzen 
Gummirohrs zu überziehen; damit der Schlauch besser gleitet, 
taucht man Skalpell und Schlauch vorher in Wasser und zieht 
letzteren dann in spiraligen Bewegungen über den Griff. Dann 
wird das Messer sammt dem Gummischlauch wie gewöhnlich in 
Sodalösung gekocht. Ein solches Messer kann erheblich leichter 
an Gewicht gemacht werden, und man kann es viel zarter 
führen. Aufbewahrt werden darf es aber nur ohne Ueberzug, 
da das Metall unter dem schwefelhaltigen Gummi leidet. 

Apparat zum Niederiegen der Thlere. 

Schlachthofthierarzt Trapp in Strassburg i. E. hat einen 
neuen Apparat zum Niederlegen von Thieren construirt und (D. 
R. P. 91 696) patentirt erhalten. Der Apparat besteht aus einem 
Lattenbett mit einer 80 cm breiten, darauf senkrecht stehenden 
Lattenwand an einer Seite. Das Bett ruht auf gebogenen Kufen, 
die denen einer Kinderwiege vergleichbar sind. Die Schwingung 
auf diesen Kufen gestattet das Lattenbett senkrecht zu stellen, 
wobei die erwähnte Seitenwand auf den Boden zu liegen kommt. 
Letztere dient nun als Trittbrett für das niederzulegende Thier. 
Dasselbe kommt auf dieses Trittbrett und damit längs an dem 
Lattenbett zu stehen, wird an dessen Latten festgeschnallt, und 
nun wird durch eine Schwingung auf den Kufen das Lattenbett 
in die w'agerechte Lage übergeführt, in dem zugleich dem Thiere 
die Füsse mittelst vorher angelegter Wurfkette zusammengezogen 
werden. Dies das Princip des Apparates, der natürlich noch 
mit allerlei Nebeneinrichtungen (besonderes Kopf lager, Befestigungs- 
Vorrichtungen für die Stellung des Apparates etc) versehen ist. 
Nach beendeter Operation wird, unter gleichzeitiger Lockerung 
der Fussfesseln, das Lattenbett in derselben Weise wieder zur 
Verticalstellung eingeschwungen und das Thier kommt wieder 
zum Stehen. Der Operateur kann an dem Bett bequem sitzen. 
Der Preis des Apparates beträgt 390 M. 


Digitized by VjOOQie 








21. April 1898. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


189 


Thierhaltung und Thierzucht 

Das Hauptgestüt Trakehnen. 

Der Etat der Gestütsverwaltung enthält eine Denkschrift über 
Umgestaltung des Hauptgestüts Trakehnen, der Folgendes zu 
entnehmen ist. 

Die Pferdezucht Trakehnens hat mit den Anforderungen der 
Form und Leistungsfähigkeit nicht gleichen Schritt gehalten. Es 
ist desshalb eine Reform nöthig, deren Grundzüge durch eine 
Commission festgestellt worden sind. Das Hauptgestüt besteht 
aus 12 Vorwerken mit zusammen 4206 ha, wovon 2716 ha Acker, 
1279 ha Wiesen und Weiden. Der Pferdebestand beträgt 1300 
bis 1400 Köpfe, und zwar durchschnittlich 15 Hauptbeschäler 
(darunter 8 Vollblut), 4 Probirhengste, 350Mutterstuten, 398 ein- 
bis vieijährige Hengste, 360 desgl. Stuten, 230 Mehrungsfohlen 
(ausserdem 251 Ackerpferde und 250 Zugochsen). 

Das Gestüt, 1732 von Friedrich Wilhelm 1. errichtet, diente 
zunächst dem Marstall. Erst Friedrich der Grosse wandelte es 
zu einem, im Interesse der Armee der Landespferdezucht dienenden 
Institut um. Von 1773 ab wurden daher auch Stuten ländlicher 
Besitzer dort gedeckt. Aus dieser Einrichtung entwickelten sich 
unter Friedrich Wilhelm II. die ersten wirklichen, ausschliess¬ 
lich für Privatstuten bestimmten Landgestüte, welche mit Tra¬ 
kehner Hengsten besetzt wurden. Die Jahre 1806—1812 ver¬ 
nichteten den grössten Theil des Pferdebestandes. Erst in der 
Folge arbeitete sich die von Trakehnen aus einheitlich geleitete 
Pferdezucht Ostpreussens zu ihrer jetzigen Höhe empor. Von 
1831 ab konnte als sicher gestellt gelten, dass die Remontirung 
durch die ostpreussische (theilweise aut Westpreussen und Posen 
mit ansgebreitete) Zucht vom Auslande gänzlich unabhängig ge¬ 
macht sei. Der hohe Kriegswerth der Trakehner Zucht hat sich 
hinreichend erwiesen. Ein Rückgang derselben ist demnach eine 
unberechenbare Gefahr. 

Während nun die Privatgestüte Preussens grosse Fortschritte 
aufweisen, machen sich in dem Trakehner Staatsgestüt Anzeichen 
des Rückganges bemerkbar, welche sich natürlich nicht aus ein¬ 
zelnen Jahren, sondern nur aus einem längeren Zeitraum erkennen 
lassen. Es ergiebt sich zunächst, dass das Gestüt in der Periode 
von 1848—1859 bei 300 Mutterstuten durchschnittlich jährlich 
61 Beschäler (45—71) geliefert hat, in der Periode 1860,71 je 42, 
desgl. in 1872/83 je 47,7; dagegen aber in der Periode 1884/96 
bei 350 Mutterstuten nur noch 39J6. Das heisst es kamen auf 
100 Mutterstuten in den erstgenannten drei Perioden ein Erzeug¬ 
nis von mindestens 14, in den beiden besseren Perioden sogar 
von 16—20 Beschälern, seit 1884 aber nur noch von 11 Beschälern. 
Es werden jetzt namentlich seit 8 Jahren in Trakehnen fast regel¬ 
mässig ausserhalb des Gestüts gezogene Halbblutbeschäler be¬ 
nützt, was früher eine seltene Ausnahme war. Brauchbare Haupt¬ 
beschäler sind seit 1872 elf geboren, wovon die aus den 80er 
Jahren stammenden an Qualität den Aelteren nachstanden. Seit 
1887 ist überhaupt kein Hauptbeschäler in Trakehnen mehr ge¬ 
boren. Dabei sind die von ausserhalb bezogenen und im Gestüt 
eingestellten Vollbluthauptbeschäler im letzten Jahrzehnt von 
höherer Qualität gewesen als früher. 

Die Ursachen des Zuchtrückganges lassen sichunschwer erkennen. 
Das Gestüt wurde 1732 auf einem von Gebüsch und Urwald be¬ 
standenen jungfräulichen Boden errichtet, dessen ursprüngliche 
Kraft sich (auch durch Misswirtschaft am Ende des vorigen 
und Anfangs dieses Jahrhunderts) so erschöpft hat, dass der 
Pflanzenwuchs der Weiden zu wünschen übrig lässt, die Heu¬ 
menge nicht mehr genügt und der Acker kleemüde geworden ist 
Ferner ist die Unterbringung, Pflege und Ausbildung des Zucht¬ 
materials eine ungenügende gewesen, wegen Unzulänglichkeit 
der Stallbauten und des Wärterpersonals. Es ist aber für die 


gesammte Thierzucht „der grösste Fehler, wenn man durch 
Blut allein zu verbessern sucht, wo zunächst eine Verbesserung 
der Haltung angezeigt ist“. „Die Geschichte des Vollblutpferdes 
zeigt es am deutlichsten, dass eine sorgfältige und rationelle 
Haltung neue und leistungsfähigere Racen erzeugt.“ 

Die Mittel zur Hebung der Zuchterfolge werden demnach 
zu bestehen haben in Verbesserung der Wiesen und Weiden 
sowie durchgreifende, den Gestütszwecken mehr entsprechende 
Umgestaltung des landwirtschaftlichen Betriebes des Haupt¬ 
gestütes, Erhöhung der Haferration während der Stallfütterung 
für Mutterstuten auf 3 kg, für die jungen Hengste und Mehrungs¬ 
fohlen auf 5 kg täglich, Herstellung notwendiger Neubauten, 
Vermehrung des Wärterpersonals und endlich Einfriedigung der 
Weiden. Letzterer Punkt ist wichtig, denn auf unumfriedigten 
Flächen ist die Bewegung ungenügend, weil die Hirten die 
.Heerde eng Zusammenhalten müssen, um das Weglaufen zu 
hindern. Auch ist der nächtliche Aufenthalt auf den Weiden in 
den Monaten Juni bis August dringend notwendig, aber ebenfalls 
nur auf eingefriedigten Flächen möglich. 

In den weiteren Abschnitten der Denkschrift wird dann ein 
neuer Wirthschaftsplan aufgestellt. Hieraus sind speciell für die 
Wiesen folgende Angaben bemerkenswert: Die angestellten Ver¬ 
suche haben die Verwendung von Kunstdünger, Thomasmehl und 
Kainit, als das Beste erkennen lassen. Die damit vollgedüngten 
Wiesen lieferten im ersten Jahre einen Mehrbetrag von 
1456 kg = >/ 4 der Gesammtmenge auf jeden Hectar. Es sollen 
daher sämmtliche Wiesen drei Jahre hindurch jährlich mit 400 kg 
Thomasmehl und 600 kg Kainit (= 50 000 M. pro anno) und 
später mit je '/* dieser Menge gedüngt werden. Ausserdem 
soll, um die wegen schlechter Wiesenpflege massenhaft auf¬ 
getretenen Unkräuter zu beseitigen, eine vollständige Neu¬ 
ansamung aller Wiesen (46000 M.) erfolgen und zur dauernden 
Instandhaltung der Besamung je 5000 M. jährlich verwandt 
werden. _ 

Tagesgeschichte. 

Vergrösserung des Ministeriums für Landwirtschaft 

Die Berl. N. N. theilen mit, dass das Ministerium der öffent¬ 
lichen Arbeiten getheilt werden solle, weil es, als die grösste 
Verwaltung im Reich, einen allzugrossen Geschäftskreis umfasse. 
Es soll die Verwaltung des Bauwesens von demselben abgezweigt 
und auf das Ministerium für Landwirtschaft, Domainen und 
Forsten übertragen werden, welches damit zu seinen drei Ab¬ 
teilungen noch eine vierte recht umfangreiche erhalten würde. 
Massgebend für die Zuweisung der Bauabtheilung zu dem Land- 
wirthschaftsministerium mögen zwei Umstände gewesen sein. 
Erstens war bisher schon das Wasserbau wesen zwischen 
beiden Ministerien getheilt, und jedenfalls ist das Interesse der 
landwirtschaftlichen Verwaltung am ganzen Wasserbauwesen 
ein unmittelbares. Ausserdem mag unter den Ministerien, die 
etwa in Betracht kommen könnten, vielleicht das landwirtschaft¬ 
liche Ministerium noch am besten die allerdings recht bedeutende 
Ressorterweiternng ertragen. Das Ministerium des Innern er¬ 
hält durch die Zuweisung der Medicinalabtheilung ja ebenfalls 
eine bedeutende Vergrösserung. Wahrscheinlich werden alle diese 
Ressortveränderungen gleichzeitig erfolgen, nach der Zeitungs- 
melduug 1899. Die Erwägungen darüber sollen jedenfalls ab¬ 
geschlossen sein. 

Aenderung in der Dienststellung der Inspection für das Militflr- 
Veterinärwesen. 

Bekanntlich ist mit Beginn des Etatsjahres eine General- 
Inspection der Cavallerie eingerichtet worden. Dem General- 
Inspecteur sind unterstellt worden die Cavallerie-Inspectionen 


Digitized by LjOOQle 




190 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 16. 


(-Divisionen), das Militär-Reitinstitut und die Inspection des 
Militär - Veterinärwesens. ln Verwaltungsangelegenheiten 
bleiben jedoch die beiden letzteren unter dem Kriegsministerium, 
sodass z. B. die Anstellung, Versetzung und Verabschiedung der 
Militärrossärzte nach wie vor durch das Kriegsministerium er¬ 
folgt. Der General-Inspecteur der Cavallerie hat unter Anderem 
auch das Pferdematerial und die Remontedepots, sowie gelegent¬ 
lich die Militärlehrschmieden zu besichtigen. Der Remonte- 
Inspecteur ist ihm jedoch zur Zeit noch nicht unterstellt. 

Bayerisches Militär - Veterinär-Corps. 

Durch Cabinetsordre vom 20. März ist Folgendes verfügt: 
Die Theilung in Veterinäre I. und II. Klasse kommt in Wegfall. 
Die betreffenden Chargen führen fortab einfach die Bezeichnung 
„Veterinäre“ und tragen die Rangabzeichen der bisherigen 
Veterinäre I. Klasse, unter Zuzählung zur III. Klasse der 
Subalternbeamten. Die beiden Corpsstabsveterinäre werden in 
die I. Klasse der Subalternbeamten eingereiht (deren Rang ihnen 
in den letzten Jahren persönlich beigelegt worden war). Dabei 
muss beachtet werden, dass in Bayern die Abgrenzung der 
Subalternbeamten eine ganz andere ist, wie in Preussen. Den 
Corpsstabsveterinären stehen als solchen die Majors-Abzeichen 
(Raupenachselstücke bezw. Candillen) zu. 

Zur Reform der Stellung der Kreisthierärzte. 

Der thierärztliche Provinzial-Verein für Posen beschloss in 
seiner letzten Sitzung am 20. März 1898 einstimmig, die Central¬ 
vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu ersuchen, 
zuständigen Orts für die Erfüllung folgender Wünsche zu wirken: 

1. Gewährung der Pensionsberechtigung unter Zugrunde¬ 
legung eines fingirten Einkommens von 3600—4800 Mark. 

2. Erhöhung des Gehalts von 600 M. auf 1800 M., steigend 
bis auf 2400 Mark. 

3. Zubilligung eines Tagegeldersatzes von 9 Mark. 

Zur „Veränderung der Rangstellung“ beschloss der Verein, 
sich den auf Versetzung in die 6. Rangklasse abzielenden 
Bestrebungen nicht anzuschliessen, vielmehr diese Frage bis 
nach Erfüllung der Maturitätsforderung zurückzustellen. 

Heyne, Dr. Foth, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


21. Sitzung des Vereins ostpreusslscher Thierärzte 

am Sonntag den 24. April a. c., Vormittags 11 Uhr, zu Königs¬ 
berg i. Pr., im Hotel de Pruste. Tages-Ordnung: 1. Geschäfts¬ 
bericht des Vorsitzenden. 2. Kassenbericht. 3. Beschlussfassung 
betr. Aufhebung des Ehrenrathes. 4. Neuwahl des Vorstandes. 

5. Bericht über die VIII. Plenarversammlung des Veterinärrathes 
zu Cassel am 9. October 1897. Ref.: Der Vorsitzende. 

6. Stellungnahme des Vereins zu den Reformbestrebungen der 
Preussischen Veterinärbeamten. Referent: Kreisthierarzt Rust. 
Correferent: Grenzthierarzt Dr. Augstein. 7. Mittheilungen aus 
der Praxis. 

Gäste sind willkommen. Den Herren Vereinsmitgliedern zur 
gell. Kenntnissnahme, dass der Ehrenrath vorbehaltlich der Zu¬ 
stimmung der Generalversammlung vom Vorstande ausser Kraft 
gesetzt ist Um 2 Uhr gemeinsames Mittagessen. 

Der Vorstand. I. A.: Dr. Mehrdorf. 

Ueber den Begriff „Geheimmittel“. 

Die Ministerien der geistlichen etc. Angelegenheiten und des 
Innern haben an die Oberpräsidenten unterm 20. Januar er. 
einen Erlass gerichtet, welcher den Zweck verfolgt, die in den 
einzelnen Provinzen bei der Handhabung des Verbots der An¬ 
kündigung von Geheimmitteln zu Tage getretenen Ungleichheiten 
zu beseitigen, welche in der verschiedenen Auffassung des Be¬ 
griffes Geheimmittel ihren Grund haben. 

Nach dem Erlass genügt es, um den Character als Geheim¬ 
mittel auszu8cliliessen, nicht, wenn Angaben über Bestandteile 
und Gewicht8raengen, namentlich in lateinischer Sprache gemacht 
werden, aus denen nur ein Sachverständiger sich ein Urtheil 
über das Mittel bilden kann. Die Angaben über die innere Be¬ 
schaffenheit müssen vielmehr bei der Ankündigung eines Mittels 
in gemeinverständlicher und sofort für Jedermann erkennbarer 
Weise vollständig und sachentsprechend veröffentlicht werden. 
Dies verlangt auch die Rechtsprechung: (Urtheile des Reichs¬ 
gerichts vom 25. 5. 82 und 28. 11. 87; des preussischen Kammer¬ 
gerichts vom 4. 12. 90; 12. 2. 91; 29. 1. 94; 18. 7. 95 und 
25. 11. 95.) Dagegen braucht die Bereitungsweise nicht aus der 
Ankündigung ersichtlich sein, da mit dem Ankündigungsverbot 
nur beabsichtigt worden ist, dem Publikum die Möglichkeit eines 
eigenen Urtheils über Heilkraft und Geldwerth eines Mittels zu 
sichern, nicht aber die Möglichkeit, solche Mittel nach dem ver¬ 
öffentlichten Recept selbst anzufertigen. 


Oeffentliches Yetermarwesen. 


(Mittheilungen für 

Seuchenstatisttk und Yeterinärpolizei. 

NaohweiBung Uber den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe 
am 31. März 1898. 

Es waren am 31. März in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Potsdam 1 (2). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Posen 3 (4). 
R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B. Liegnitz 1 (1). 
R.-B. Oppeln 4 (4). R.-B. Hildesheim 1 (1). R.-B. Trier 1 (1). 

Bayern: R.-B. Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Dresden 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 
1 (2). Braunschweig: 1 (1). Scwarzburg-Rudolstadt: 

1 ( 1 ). 

B. von Maul- und Klauenseuche (exol. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (60). R.-B. Niederbayern 1(1). 
R.-B. Pfalz 8(12). R.-B. Oberpfalz 5(8). R.-B. Oberfraüken 8 (12). 


Veterinärbeamte.) 

R.-B. Mittelfranken 12 (32). R.-B. Unterfranken 12 (25). R.-B. 
Schwaben 17 (62). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1). 
Kreishauptm. Leipzig 2 (5). Kreishauptm. Zwickau 2 (3). 
Württemberg: Neckarkreis 13 (54). Schwarzwaldkreis 8 (12). 
Jagstkreis 11 (39). Donaukreis 14 (43). Baden: Landescomm. 
Constanz 5 (11). Landescomm. Freiburg 7 (12). Landescomm. 
Karlsruhe 5 (10). Landescomm. Mannheim 9 (28). Hessen: 
Provinz Starkenburg 4 (5). Provinz Oberhessen 2 (2). Provinz 
Rheinhessen 4 (10). Sachsen-Weimar: 4 (6). Oldenburg: 
Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birkenfeld 1 (1). 
Braunschweig: 3 (27). Sachsen-Meiningen: 3 (6).' Sachsen- 
Altenburg: 2 (2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. 
Koburg 1 (1). Herzgth. Gotha 1 (1). Anhalt: 4(7), Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Loth- 
ringen: Bez. Unter-Elsass 5 (10). Bez. Ober-Elsass 4 (13). Bez. 
Lothringen 1 (3). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Magdeburg 3 (10). 
R.-B. Merseburg 2 (2). 


Digitized by LjOOQie 


21. April 1898. 


BERLINER TH1ERÄRZTLICRE WOCHENSCHRIFT. 


191 



Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 


umbinnen* 


Schleswig 


Lüneburi 


unter 


usnabruck) /Hannover 1 


mm 


Frankfurt 


'Potsdam- 


Münster 


Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender 
Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen 
Gemeinden verseucht waren 



Ausführungsbestimmungen zu dem Bundesraths-Beschlusse vom 17. Febr. 

1898 Uber die Einruhr von Rindvieh auf dem Seewege. 

Die auf Grün 1 klinischer Erscheinungen oder durch die 
Tuberculinprobe tuberculoseverdächtig befundenen Thiere sind 
nicht, wie bisher, am Quarantäneort abzuschlachten, sondern 
znrückznweisen, nachdem sie mit dem vom Reichskanzler be¬ 
stimmten Merkzeichen versehen worden sind. Solche gekenn¬ 
zeichneten Thiere sind von etwaiger Wiedereinfuhr unbedingt 
anszuschliessen. Die Importeure müssen sich verpflichten, die 
zurückgewiesenen Thiere baldmöglichst wieder anszuführen. 
Letztere werden polizeilich vernichtet, wenn sie nicht spätestens 
am 25. Tage wieder ausgeführt sind. Aufstellung solchen Viehes 
ausserhalb der Qnarantäneanstalten ist unzulässig; es muss viel¬ 
mehr unter polizeilicher Aufsicht unmittelbar zu Schiff gebracht 
werden. 

Die nicht zurückgewiesenen Thiere sind nach Ablauf der 
Quarantänezeit in Eisenbahnwagen unt^r amtlichem Verschluss 
ohne Zu- und Umladung in die Schlachthöfe derjenigen Städte, 
nach denen ihre Einfuhr gestattet ist, zu transportiren (von 
der Quarantäneanstalt Altona-Bahrenfeld nach dem Hamburger 
Schlachthof kann der Transport zu Wagen unter amtlicher Auf¬ 
sicht stattfinden). Das beigegebene Verzeichniss der betr. Städte 
umfasst 202 Städte, d. h. im Allgemeinen diejenigen, nach denen 
auch, unter ähnlichen Bedingungen, die Einfuhr von Rindern aus 
Oesterreich - Ungarn gestattet ist. In den Schlachthöfen dieser 
Städte sind die dänischen Rinder von anderem Vieh getrennt zu 
halten. Von der Quarantäneanstalt aus ist die Polizeibehörde 
des Bestimmungsortes (in Berlin, Breslau und Köln das Veterinär- 
bureau des Schlachthofes) von der Zahl der abgesandten Thiere 
und dem Namen des Empfängers telegraphisch zu benachrichtigen. 
Letztere Behörden haben binnen 14 Tagen der Polizeibehörde 
am Quarantäneort das Ergebniss der Fleischbeschau an dem 
übersandten Vieh mitzutheilen. Die Polizeibehörden der Quaran- 


Digitized by kjOOQie 


































































192 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 16. 


täneorte haben am 15. Tage jedes Quartals dem Regierungs¬ 
präsidenten eine vierteljährliche Uebersicht unter Beifügung der 
oben genannten Fleischschauergebnisse einzureichen, welche an 
das Ministerium Für Landwirtschaft weitergegeben werden. 

Das vom Reichskanzler bestimmte Merkmal für die zurtick- 
gewiesenen Thiere besteht aus einem Brandmal auf der linken 
Hinterlende von 12 cm im Quadrat, in welchem ein T ein¬ 
gebrannt ist. 

Diese Ausführungsbestimmungen datiren vom 23. Februar a. c. 

Anzeigepflicht betr. Geflügelcholera. 

Für das Grossherzogthum Oldenburg hat der Herr Reichs¬ 
kanzler unterm 13. April 1898 die Anzeigepflicht für Geflügel¬ 
cholera eingeführt. 


Fleischschall und Yiehverkehr. 

Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat März 1898. 

A. Schlachthof. 



Rinder j 

Kälber 

Schafe [ 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13372 1 

13 542 

35487 ! 

58023 

Ganz beanstandet. .... 

220 

33 

9 i 

325 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

4 908 

33 

_ I 

1231 

Davon gänzlich verworfen . 

103 

5 

— 1 

191 

„ sterilisirt und verwerthet 

54 

1 

— 

48 

„ theilweise verworfen . . 

25 

— 


— 

Also vollständig freigegeben 

4 726 

27 


992 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 


3 

Mit Finnen behaftet .... 

51 

1 

i - 

20 



Rinder 

Kälber' 

Schafe j 

Schweine 

Stark finnig, technisch ver¬ 
werthet . 

1 



2 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 




_ 

Schwach finnig und gekocht 
verwerthet. 

50 

1 


18 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 
gekocht verwerthet . . . 



1 

1 

36 


An einzelnen Organen und Tbeilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 7809 Stück, bei Kälbern 82 Stück, bei Schafen 1738 Stück, 
bei Schweinen 8664 Stück. 


B. UntersuchungsBtationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

18 533 

16473 

2 353 

13205 

Beanstandet. 

74 

• 48 

13 

5 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

14 



2 

Davon sind sterilis. verwerthet 

3 

— 

— 

1 

Mithin gänzlich verworfen . 

11 

— 

— 

1 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

1 

Mit Finnen behaftet .... 

6 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

6 




Unter dem eingeführte 

n Fleisch waren 2553 

dänische, 


142 schwedische Rinderviertel, 83 dänische Kälber, 53 Wildschweine* 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt M. Ohlmann- 
Schildberg für den Kreis Schildberg, Thierarzt W. Dormann- 
Hameln tür den Kreis Hameln, Thierarzt Storch-Schmalkaldcn 
commissarisch für den Kreis Schmalkalden, Oberrossarzt a. D. 
Fuchs-Ludwigsburg commissarisch für den Kreis Bernkastel.— Zuin 
Bezirksthierarzt: Thierarzt 0. Weidmann-Oberstdorf in Volien- 
strauss. 

Thierarzt Kurt Roth ist zum Assistenten an der Veterinärklinik 
der Universität Leipzig ernannt worden. 

Versetzt: Bezirksthierarzt Schaller-Oelsnitz nach Zwickau 
(Sachsen). 

Es ist gewählt worden: Thierarzt Zehr-Dresden zum städtischen 
Thierarzt in Leipzig. 

Das bezirksthierärztliche Examen bestanden für 
Baden: Thierarzt G. B a u e r - Offenburg, Thierarzt Deubel- 
Hcchingen, Thierarzt Dr. Fuchs-Dresden, Thierarzt A. Heger- 
Heidelberg, Thierarzt K. S c h n e i d e r-Salem (Bad.), Grenz- 
thierarzt Schro pp - Rüblingen, Grenzthicrarzt L. Spaeth in 
Waldshut. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt K 1 u t e - Südende nach Lankwitz (Berlin), Thierarzt H.Bresser- 
Duisburg als Einj.-Freiw. im 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30, nach 
Rastatt, Rossarzt a. D. Sc h lüter-Gnesen nach Görlitz, Thierarzt 
Schumann-Landeck nach Deutsch-Lissa (Schles.). — Thierarzt 
E. Grundmann hat sich in Schellenberg (Sachsen), Thierarzt 
Sclierrer in Heidelberg-Neuenheim — niedergelassen. 

In der Armee : Befördert zum Oberrossarzt: die RoBsärzte Richter 
vom Ul.-Rgt. No. 9 unter Versetzung zum Gren.-Regt. zu Pferde 
No. 3, Rudolph vom Feld-Art.-Regt. No. 32 unter Versetzung 
zum IIus.-Regt. No. 19, zu Rossärzten: die Unterrossärzte W i 1 k e vom 
Feld-Art.-Regt. No. 2 unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt No. 35, 
Kettel vom Feld-Art.-Rgt. No. 15 unter Versetzung zum Feld-Art.- 
Rgt. No. 14, Schmidt vom Feld-Art-Rgt. No. 32 bei diesem Rgt., 
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte der 
Reserve Keller, Schaub, Schwabe, Eckelt, Grosse, 
Westhoff, Nevermann, Carl, Göttelmann, Kypke, 
Marcus, Rcsow, zum Remontedepot - Rossarzt in Kalk¬ 
reuth Unterrossarzt Scheufier vom Hus.-Regt. No. 19. — 
Versetzt die Rossärzte Dr. G o 1 d b e c k vom 3. Garde-Ul.-Rcgt. zum 
Drag.-Regt. No. 5, Au lieh vom Feld-Art.-Rgt. No. 35 zum Hus.- 
Rgt. No. 13, Ohm vom Feld-Art.-Rgt. No. 16 zum Kür.-Rgt. No. 3, 
die Unterrossärzte Grabert vom 2. Leib-Hus.-Rgt. zum Ul.-Rgt. 
No. 16, George vom Ul.-Rgt. No. 16 zum 2. Leib-Hus.-Rgt. — Ab¬ 
gegangen Rossarzt Schiel vom Hus.-Rgt. No. 15, die Rossärzte 
der Landwehr 2. Aufgebots Zell und U t h o f f. — Entlassen zur 
Landwehr 2. Aufgebots Oberrossarzt Deich vom Hus.-Rgt. No 19. 

Todesfall: Kreisthierarzt P u t s c h e r-Bruck bei München. 


Vacanzen. 

Krelstbierarztstellea : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen). — R-B. Posen: 
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Henogthum 
Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleisch¬ 
schaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eiderstedt 
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. 

Sanitätsthierarztstellen -a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht 
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. - Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli 
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise 
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Aachen: Schlachthofthierarzt. — Celle: Schlachthof¬ 
inspector. — Coblenz: Schlachhof-Hilfsthier irzt. — Filehne: 
Schlachthofinspector zum 1. Oct. d. J. — Finsterwalde: Schlacht- 
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬ 
inspector. — S c h 1 a w e (Pommern): Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch 
Max Arnsdorft. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — Butz¬ 
bach: Näheres durch Apotheker. — C r e u z b u r g (Werra): (400 
bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. — 
Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel). 
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — 
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres 
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme auB Fleischschau 
600 M.t. Bew. an Magistrat — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau 1 . Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt 

i nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
iinbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof). — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel- 
raann inGr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schön¬ 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — S t r a s b u rg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu- 
fülnender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst 
Besetzt: Staatsstellen Schmalkalden, Bernkastel. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inaeratentheil) Prof. Ur. Schmalu in Berlin. — Verla« und Rlcrenthum ron Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenrteln. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 










Dl* „Berliner Thlerftrstllche Wochenschrift“ erachelnt 
wöchentlich in Stirke von mlndoitene l'/t Bogen. Dieielbe 
Ut tu beziehen durch den Buchhandel, die Bost (No. 1031) 
oder durch die Verlagcbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW„ Luisenstnuse 36, zura Prelle von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeltrftge werden mH &0 Mk. für den Bogen honorirt 
AU* Manuicripte, Hittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierfcrztliche Hochschule, NW, Luisenstraase 56. 
Correctnren, Kecemiom- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 17 . Ausgegeben am 28. April. 


Inhalt: Schmaltz: Ueber die Beschreibung der Venen. — Peschke: Ein Misserfolg mit der Blutsernmimpfung 
gegen die Brustseuche. — Pflanz: Operationstisch. — Referate : Schütz: Zur Lehre vom Rotz. — Tempel, 
Bruns uud Meitzer: Ueber den Muskelrheumatismus. — Die Surra-Krankheit der Rinder. — Kleine Mittheilungen. — 
Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffontlichos Veterinär¬ 
wesen: Fleischschau. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Büch er-An zeigen und Kritiken. — Perso¬ 
nalien. — Vacanzen. 





Professor Or. Christian Friedrich Wilhelm Rabe 

weiland Lehrer der pathologischen Anatomie an der thierärztlichen 
Hochschule zu Hannover und Präsident des hannoverschen 
thierärztlichen Generalvereins, 
f am 22 . Februar 1898. 


Ueber die Beschreibung der Venen. 

Von 

Professor Schmaltz. 

Bekanntlich ist es den Universitäts-Anatomen deutscher Zunge 
gelungen, vor einigen Jahren durch gegenseitige Vereinbarung 
eine einheitliche, zum Theil neue Nomenclatur zu Stande zu 
bringen. Das Werk war ein ausserordentlich verdienstliches. 
Nicht etwa, dass an Stelle der althergebrachten and zum Theil 
sonderbaren Bezeichnungen überall neue, inhaltlich correcte 
gesetzt worden wären. Man hat zwar eine genaue philologische 
Revision der Wortbildungen vorgenommen und ebenso eine 
historische, indem die oft gan< unzutreffenden Entdecker-Namen 
grundsätzlich beseitigt sind. Aber im Uebrigen hat man sich 
vor einer sogar weitgehenden Pietät gegen den historisch er¬ 
wachsenen Wortschatz nicht gescheut. 

Die beiden wesentlichen Tbaten in jenem Werk sindvielmehr die 
Vereinheitlichung nnd die Vereinfachung der Namengebnng. 

Die zahllosen Synonyme sind beseitigt. Ein Gegenstand, ein 
Name — Allen gleich verständlich, welches Handbuch der Ana¬ 
tomie sie auch benutzen mögen —, das ist schon ein sehr grosser 
Vortheil. 

Aber man hat eine noch weitergehende Vereinfachung 
dadurch erzielt, dass man eine grosse Anzahl überflüssiger 
Namen ganz beseitigte. Früher gab es z. B. einen dnetus 
Stensonianus; dieser Name machte an sich keineswegs erkennbar, 
dass es sich um den Ausführungsgang der Parotis handelte. Es 
war aber doch nichts natürlicher, als den Ansführnngsgang ein¬ 
fach nach der Drüse za benennen, zu welcher er gehört. Und 
so heisst er jetzt eben ductus parotideus. Früher musste sich 
der Stndent merken: „maxilla der Oberkiefer“ und „can&lis in- 
fraorbitalis der Oberkiefer-Kanal.“ Jetzt wird einfach und natur- 
gemäss der Kanal nach dem Knochen, zu dem er gehört „canalis 
maxillaris“ genannt. U. s. w. 

Durch diese Massnahmen ist es der Nomenclatur-Commission 
gelungen, die Zahl der Namen der Theile des menschlichen 
Körpers von 10 000 auf 5000 herabzudriiekon. Hierin besteht das 
Haiiptverdienst jener Reform, in der glänzend gelungenen 
Verminderung des blossen Lernmaterials, in der 
Schonung der Gedächtnisskraft. Und das ist eine der 
wesentlichsten Aufgaben des heutigen Unterrichts (namentlich 


Digitized by LjOOQie 








194 

in der Medicin), der heute im Vergleich zu früher hundertfältige 
Anfordernngen stellt. Man klagt oft darüber, dass die Unter* 
ricktsresnitate (bei Aerzten nnd Thierärzten) nicht besser wer len, 
eher im Gegentheil, obwohl im Unterricht so viel mehr als 
früher geboten werde. Daran liegt es aber eben: Es wird 
zu viel geboten nnd dem entsprechend zu viel erwartet. 

Deshalb ist es das grösste Verdienst, zu vereinfachen, wo nur 
möglich, und die Devise der anatomischen Noraenclatur-Reforra 
muss daher einfach lauten: „Namen sparen.“ 

Die Veterinäranatomen haben allen Anlass, diese Seite der 
Reform womöglich noch zn vervollkommnen, denn unser ana¬ 
tomisches Gebiet ist noch grösser als das menschliche. 

Da scheint es nun angebracht, ganz besonders auf ein Kapitel 
hinznweisen, wo eine Vereinfachung und Ersparung besonders 
am Platze nnd auf leichte, natürliche Art ausführbar wäre, nicht 
allein in der Namengebung, sondern auch in der Beschreibung. 
Ich meine die Venen. 

Die Venen sind gewissermassen der Schatten der Arterien; 
sie sind die ständigen, nur selten ihre eigenen Wege wandelnden 
Begleiter derselben; sie sind analog bis auf einige Ausnahmen. 

Da erscheint es fast selbstverständlich, Arterien und Venen 
sowohl übereinstimmend zu benennen, als auch zusammen, 
wenigstens nach gleichem System, zu beschreiben. 

Das ist aber im Allgemeinen nicht geschehen, und zwar nicht 
etwa blos in den Handbüchern der Veterinär-Anatomie, auch 
in der Anthropotomie. Man beschreibt die Arterien von den 
grossen Stämmen fortschreitend zn den kleinen Zweigen, die Venen 
dagegen umgekehrt; man lässt sie sich aus den feinen Zweigen 
zusammensetzen nnd die Seitenläufe aufnehmen, statt abgeben. 

Das hat zwei Nachtheile: Erstens, dass überhaupt eine 
besondere, von den Arterien getrennte Venenschilderung noth- 
wendig wird, die sonst nur an den Abweichnugen erforderlich 
wäre; zweitens, dass der Student bei den Venen gewissennassen 
ein umgekehrtes Bild der Arterien kennen lernt, das ihm als 
etwas Fremdartiges und Neues erscheint und woraus er sich die 
an den meisten Pankten bestehende Uebereinstimmnng mit den 
Arterien erst mühsam heranssuchen muss, während die Dar¬ 
stellung gerade den Zweck verfolgen sollte, jene Ueberein- 
stiramung überall in die Augen springen zu lassen. So muss er 
nicht allein die Venen sich besonders einprägen, sondern er 
lernt sie auch nicht im Zusammenhang mit den Arterien kennen, 
was im Interesse der praktischen topographischen Vorstellung läge. 

Ein Grund für diese mindestens unbequeme Art der Venen¬ 
darstellung liegt für den Anatomen nicht vor. Denn dass der 
Anatom sich an die Richtung des Blutstr.unes kehren müsste, ist 
nicht zu begründen. Er hat nur die Gestalt un 1 Anordnung 
der Leitungsrohre darzustellen. Sollte die Stromrichtung mass¬ 
gebend gemacht werden, so müsste man consequent auch z. B. 
beschreiben „der opticus entspringt in der Retina, geht in die 
Schädelhöhle und senkt sich ins Gehirn etc.“, weil er in dieser 
Richtung leitet. 

Es empfiehlt sich also meiner Ansicht nach, die Venen in 
derselben Richtung und stets mit den Arterien zusammen, 
gewissermassen eben als deren Schatten zu beschreiben. *) Dann 
lassen sich die wirklichen Abweichungen um so schärfer hervor¬ 
heben und mühelos einprägen. 

Diese Abweichungen sind, vom Kopfe abgesehen, thatsächlich 
ja nur sehr wenige, wenn man zweierlei principiell nicht als 
Abweiclmng ansieht, nämlich die oft unverhältnissmässige Ver- 

*) Die Annahme dieser Regel hindert gar nicht, Ausnahmen zu 
machen, wo sie zweckmässig sind, und z. B. zu sagen: Die Hohl¬ 
venen führen in das Herz, ilie Pfortader setzt sich zusammen und 
führt in die Leber etc. 


No. 1 7. 

schiedenheit der Grösse, die etwas grössere Zahl der venösen 
Anastomosen und die Zerlegung eines Venenstammes in dicht 
beieiuanderliegende Collateralen, wie sie sich (ganz unregelmässig) 
z. B. an der vena brachialis finden. 

Freilich müssen nicht Abweichungen künstlich geschaffen 
oder grösser gemacht werden, als sie sind; und dies scheint mir 
an einigen Punkten, speciell bei den Venen der Gliedmassen, durch 
die bisher übliche Beschreibung und Benennung zu geschehen. 

Betrachten wir zunächst die Vordergliedmassen. Hier 
sehen wir allenthalben die Venen in Princip (d. h. abgesehen 
von Grösse, Ein- oder Zweistämmigkeit), also in Lauf und Ver¬ 
ästelung, mit den Arterien übereinstimmen. Es giebt nur eine 
Collateralbahn, die vena cephalica (mit salvatella), welche Sein 
arterielles Aequivalent hat und daher natürlich einen eigenen 
Namen haben muss. Die Frage ist nur, welche Venenstrecke 
diesen Namen verdient. 

Die art. brachialis s. radialis theilt sich obeihalb des carpns 
bekanntlich in die metacarpea lateralis et medialis (Zwischen¬ 
knochenarterien) und die Hauptarterie, a. digitalis communis, 
aus welcher die aa. digitales propriae hervorgehen. Diesen 
Arterien entsprechen genau ebensolche Venen, die also anch wie 
die Arterien benannt werden müssen. Es giebt zwei vv. meta- 
carpeae (Zwischenknochenvenen) und eine Hanptvene, welche 
(um hier noch die alte Venenbeschreibung von der Wurzel 
aus beizubehalten) sich aus den beiden vv. digitales propriae 
zusammensetzt. Diese Vene entspricht also absolnt der a. digitalis 
communis und muss entsprechend benannt werden. Wie am 
carpus die drei Arterien anseinandergehen, so treten die ent¬ 
sprechenden Venen zusammen.*) 

Aus ihnen geht proximal aber nicht allein die vena brachialis 
(radialis) hervor, sondern ans dem obersten Ende der v. digitalis 
communis entsteht eben jene mächtige collaterale, die vena 
cephalica oder innere Hautvene. Ja, es kann Vorkommen, dass 
die v. digitalis communis ganz in die vena cephalica übergeht 
und sich gar nicht mit der metacarpea lateralis (1. Zwischen¬ 
knochenvene) zum Stamm der v. brachialis vereinigt. 

Die Venen an der Volarfläche des Fusses entsprechen also 
in jedem Kalle durchaus den Arterien. Oberhalb des carpns geht nur 
ans ihnen nicht blos die der Arterie entsprechende vena brachialis, 
sondern eine besondere venöse Bahn, die vena cephalica, hervor. 
Diese von der Handwurzel ausgehende und gesondert der apertura 
thoracis zueilende Vene ist die einzige venöse Besonderheit an 
der Vordergliedmasse. 

Liest man aber die übliche anatomische Beschreibung, so 
scheinen die Venen d s Fusses ganz abweichend von den Arterien. 
Denn es wird gesagt, die Seitenvenen der Zehe (vv. digitales 
propriae) setzen sich zusammen zur vena cephalica etc. 

Das am Fusse liegende Stück dieser grossen Venenbahn 
schon als vena cephalica, abweichend von der genau ent¬ 
sprechenden Hauptarterie des Fusses, zu bezeichnen, verschleiert 
nicht allein die thatsächliche Uebereinstimmnng zwischen Arterien 
und Venen am Fnss und ist deshalb unpraktisch, sondern es ist 
auch durch den Vergleich mit dem Menschen nicht gerechtfertigt 
Denn die vena cephalica des Menschen hat ihre Endzweige 
(Wurzeln) zwar noch auf der Hand, aber auf dem dorsum manus. 
Mit diesen sind also die auf der volaren Seite beim Pferde liegenden 
Venen überhaupt nicht zu vergleichen. Die vena cephalica der 

*) Mit dem ganz nebensächlichen Unterschied, dass die vena 
metacarpea medialis sich schon unterhalb des carpus in die 
v. digitalis comm. versenkt und letztere oberhalb des carpus mit der 
v. metacarpea lateralis eine zweizinkige Gabel bildet, während die 
drei Arterien alle oberhalb des carpus in dreizinkiger Gabel ausein¬ 
andertreten. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LaOOQie 




28. April 1898. 

Pferde reicht einfach blos bis zur Hand- bezw. Fusswurzel. 
Am Fiiss selbst sind Venen und Arterien gauz gleich. 

Ganz ähnlich ist das Verhältniss an der Hintergliedmasse. 
Auch hier handelt es sich um die grosse innere Hautvene, die 
vena saphena (magna). Beim Menschen „entsteht“ dieselbe an 
der Fusswurzel und läuft am Schenkel aufwärts. Demnach kann 
nach der vergleichenden anatomischen Betrachtung auch beim 
Pferde von einer vena saphena nur bis zum Tarsus herab die 
Rede sein (auf welcher Strecke ihr übrigens eine arteria saphena 
entspricht, so dass hier eine venöse Abweichung überhaupt nicht 
besteht). In der Veterinär-Anatomie ist es dagegen auch wieder 
üblich, die vena saphena bis zur Zehe herab sich verlängern zu 
lassen, was nicht allein vergleichend unrichtig ist, sondern auch 
wieder den Anschein erweckt, als sei das Venensystem des Fusses 
wer weiss wie abweichend von dem Arteriensystem, während hier 
der einzig wesentliche Unterschied in der differirenden Lage des 
arteriellen und des jenem übrigens genau entsprechenden venösen 
Hauptgefässes besteht. 

Die art. tibialis anterior theilt sich nämlich in zwei Aeste: 
1. in die Hauptarterie des Fusses (die sog. grosse Schienbein¬ 
arterie, vordere äussere Zwischenknochenarterie, a. metatarsea 
dorsalis lateralis oder einfach art. metatarsea magna, wie sie 
auch die französischen Autoren nennen), welche an der lateralen 
Seite des Metatarsus herabläuft und sich in die beiden Seiten¬ 
arterien der Zehe, aa. digitales propriae, theilt, 2. die art. tarsea 
perforans, welche durch den Tarsus hindurch an dessen hintere 
Fläche tritt und hier die „hinteren Zwischenknochenarterien“ 
abgiebt, auf welche es hier nicht weiter ankommt. 

Die veuöse Abweichung ist nun folgende: Die vena tarsea 
perforans geht (um auch hier die Venen althergebracht nach der 
Blutstromrichtung zu beschreiben) der Arterie entsprechend durchs 
Sprunggelenk auf dessen Vorderfläche und in die vena tibialis 
anterior. Die Hauptvene des Fusses jedoch, welche ans den 
Seitenvenen der Zehe entsteht, entspricht zwar in ihrer Zusammen¬ 
setzung genau der Arterie, läuft aber an der medialen Seite des 
Fusses, im Gegensatz zu der lateral liegenden Hauptarterie, empor 
und geht am Tarsus nicht in die vena tibialis anterior, sondern 
in die vena saplr na über. 

Das ist natürlich kein Grund, die Hauptvene des Fusses des¬ 
wegen, weil sie als die Fortsetzung der vena saphena am Fasse er¬ 
scheint noch als vena saphena zu bezeichnen Die art. femoralis 
nimmt ja bei ihrer einfachen Fortsetzung in die Kniekehle auch den 
Namen a. poplitea an u. s. w. Der Vergleich mit dem Menschen 
bietet, wie oben gezeigt, ebenso wenig eine Berechtigung, von 
einer vena saphena am Fusse zu sprechen. Es ist daher nicht 
sowohl zulässig, als praktisch erforderlich, die an der medialen 
Seite des Fusses verlaufende Hauptvene desselben bis zum Tarsus 
jedenfalls mit demselben Namen zu belegen wie die lateral 
liegende, übrigens genau entsprechende Hauptarterie. 

Aus denselben praktischen Gründen wären am Unterschenkel 
noch zwei andere Venen anders, als bisher üblich, zu benennen. 
An der Achillessehne (resp. vor ihr) laufen bekanntlich zwei Arterien 
entlang, welche Anastomosen zwischen der art. suralis („hinterem 
Mnskelast“) und den aa. malleolares herstellen. Innen läuft die 
a. tibialis recurrens und aussen die tarsea recurrens. Ihnen 
entspricht genau je eine (natürlich erheblich grössere) Vene. 
Zu welchem Zwecke wird nun die innere dieser beiden Venen 
v. plantaris, die äussere v. saphena parva genannt? Sie mögen 
doch ebenfalls heissen wie die Arterien. 

Jedenfalls ergiebt sich bezüglich der Gliedmassen-Venen 
folgender Satz: Die Abweichungen von den Arterien beschränken 
sich an der Vorder- und an der Hinterextremität auf je einen 
einzigen wesentlichen Punkt. An Hand und Fuss entspricht das 


195 

System der Venenverzweigung genau derjenigen der Arterien; 
es ist daher die bisherige, von den Arterien-Namen abweichende 
Benennung gewisser Hand- und Fussvenen zu beseitigen. Die 
grossen Hautvenen der Vorder- bezw. Hintergliedmasse, die vena 
cepbalica bezw. saphena, reichen über die Hand- bezw. Fusswurzel 
nicht hinaus. 

Ein Misserfolg mit der Blutserumimpfung gegen die 
Brustseuche. 

Von 

Pe8chke. 

KreUthiermrzt. 

Im Jahre 1897 trat die Brustseuche unter den Pferden des 
Kreises Rastenburg in grosser Verbreitung auf. Wegen der 
drohenden Gefahr der Uebertragung der Seuche auf den werthvollen 
Hengstbestand des hiesigen Landgestüts wurde die Gestüts- 
direction höheren Orts angewiesen, beim eventuellen Auftreten 
der Krankheit im Gestüt sämmtliche Hengste so schnell wie 
möglich mit Blutserum zu impfen. Die Gewinnuug des Serums 
und die Ausführung der Impfung sollte in der Art und Weise 
geschehen, wie es in den Berichten des Herrn Dr. To epp er von 
vom Jahre 1893 und 95 an den Herrn Oberlandstallmeister an¬ 
gegeben war. 

Auf Grund dieser Verfügung bat mich der Herr Gestütsdirector 
W., zunächst erst die Schutzimpfung in einem verseuchten Pferde- 
bestande zu versuchen. Dazu bot sich sehr bald Gelegenheit 

In dem grossen Pferdebestande des Rittergutes Sehr, war 
Ende Jannuar 1897 die Brustseuche unter den Arbeitspferden 
ausgebrochen. 

Die Seuche ergriff sehr viele Pferde und herrschte bis in 
den Monat Mai hinein. Bisher war es gelungen die 18 Remonteu, 
welche im Juli der Remonte-Commission zum Ankauf vorgestellt 
werden sollten und bei denen die sorgfältigsten Absonderungs¬ 
und Vorsichtsmassregeln beobachtet worden waren, vor einer 
Ansteckung zu bewahren. Der Gutsadministrator befürchtete 
jedoch, dass dieselben wegen der grossen Ansteckungsgefahr 
doch noch später an der Brustseuche erkranken und dann nicht 
zum Verkauf kommen könnten. Er bat mich daher, bei diesen 
Pferden die Impfung mit Blutserum zum Schutz vor einer An¬ 
steckung vorzunehmen, obgleich ich ihm einen Erfolg nicht ver¬ 
sprechen konnte. 

Die Impfung der 18 Pferde erfolgte am 7. Mai und wurde 
nach den Angaben des Dr. Toepper, welche in der Wochen¬ 
schrift veröffentlicht sind, ausgeführt. Die dazu erforderlichen 
Gefässe und Instrumente hatte die Gestütsdirection bereitwillig 
zur Verfügung gestellt. 

Das zur Verwendung gelangende Serum war durch Aderlass 
mit der Dieckerhoff’sehen Nadel von solchen Pferden gewonnen 
worden, bei denen die Seuche einen normalen Verlauf genommen 
hatte und die bereits länger als 3—4 Wochen fieberfrei waren. 

19 Tage nach der Impfang stellte ich bei zwei der geimpften 
Pferde die Brustseache fest. In kurzer Zeit erkrankten noch 
weitere 13 in verschiedenem Grade, 2 sogar an schwerer Lungen¬ 
brustfell-Entzündung. Es blieben also nur 3 Remonten gesund. 

Im geschilderten Falle hat die Schutzimpfung mit Blutserum 
die vorher gesunden Pferde nicht gegen die Brustseuche ge¬ 
schützt, sondern sie ist sogar mit wesentlichen Gefahren für die 
geimpften Pferde verbunden gewesen. 

Bereits im Jahre 1883 hat Herr Geheimrath Professor 
Schütz in einem Bericht an den Herrn Minister auf grosse Miss¬ 
erfolge, die sich infolge der Impfung mit Blutserum bei Pferden 
verschiedener Regimenter herausgestellt haben, aufmerksam ge¬ 
macht und festgestellt, dass die Einspritzungen des Serums keinen 


BERLINER TIIIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1% 


No. 17. 


durchaus sicheren Schutz gegen die Brustseuche gewähren und 
auf der anderen Seite die Anwendung desselben unter Umständen 
mit wesentlichen Gefahren für die Pferde verbunden sein kann. 


Operationstisch. 

Von 

Pflanz-Canth (Bez. Breslau), 

Tbierarat. 

Auf einer Reise, welche ich im vergangenen Sommer durch 
Ungarn und Galizien unternahm, kam ich nach Lemberg und 
hatte daselbst Gelegenheit die dortige thierärztliche Hochschule 
zu besuchen. Der Rector der Lemberger Hochschule, Herr 
Professor Dr. Spiel mann, dem ich für sein liebenswürdiges 
Entgegenkommen zu grossem Dank verpflichtet bin, zeigte mir 
sämmtliche Räumlichkeiten und Einrichtungen der Anstalt. Unter 
den letzteren interessirte mich besonders ein in der chirurgischen 
Abtheilung aufgestellter Operationstisch. Herr Professor Dr. 
Spiel mann hatte die Güte, mir zu Gefallen eins der in der 
Klinik stehenden Pferde zur Veranschaulichung dieser Wurf¬ 
methode hinlegen zu lassen. Die Einfachheit und practische 
Verwendbarkeit dieses Apparates hat mir so gefallen, dass ich 
mir nach dem Muster desselben einen Tisch habe construiren 
lassen, der sich vorzüglich bewährt hat Ich glaube im Interesse 
vieler Practiker zu handeln, wenn ich eine Beschreibung des¬ 
selben veröffentliche. 

Der Lemberger Operationstisch hat vor dem meinigen den 
Vortheil, dass er um eine Axe drehbar ist, sodass man sich das 
niedergelegte Pferd nach der Beleuchtung in beliebiger Weise 
drehen kann. Ich habe jedoch auf diesen Vorzug verzichtet, 
weil die Herstellung sich dadurch um mehr als das Doppelte 
vertheuert hätte. 


Die Constrnction meines Tisches ist folgende: 



Das Gerüst (Fig. I) besteht aus einem Rahmen aus festem 
Holz, welches eine Stärke von 10 cm im Quadrat besitzt. Die 
Länge (a) beträgt 2,50 m, die Breite (b) 1,50 in. Die äusseren 
Leisten a und b sind durch ein Kreuz c d behufs grösserer 
Festigkeit mit einander verbunden. Ausserdem besteht noch ein 
Verbindungsholz e und e, zwischen c und a zur Aufnahme der 
Löcher f und f,, in welche die Bolzen der Ringe zum Anseilen 
befestigt werden. Zwei weitere Löcher sind in der Querstange 
d vorhanden, g und g, ebenfalls zur Aufnahme zweier Bolzen. 

Das ganze Gerüst ist nun mit Brettern benagelt und mit 
wasserdichter Segelleinwaud gepolstert, bei f und f, und g und g, 
sind von oben her durch die Polsterung Bolzen mit starken 
Ringen gesteckt, die an der unteren Seite des Gerüstes fest ver¬ 


schraubt sind. Der Ring bei g, hat die doppelte Grösse der 
übrigen. Die Entfernung der Ringe g und g, von a bezw. a, 
beträgt 26 cm, die der Ringe f und f, von a 35 cm, von b und 
b, 70 cm. 

Bei i und i, sind ein paar Axen angeschraubt (ich habe dazu 
zwei abgenntzte W’agenaxen nehmen lassen). Die Entfernung 
dieser Stellen von a, beträgt 50 cm von a 100 cm. 

Zur Aufnahme der beiden Axen bei i und i, sind zwei 
eichene Baumstämme 1,50 m tief in die Erde eingegraben, welche 
an ihrem oberen Ende 50 cm hervorragen. Ein Meter hinter 
diesen sind zwei weitere Stämme k und k, in die Erde ein¬ 
gelassen, auf welchen bei wagerechter Lage des Tisches die 
Leiste a ihren Ruhepunkt findet. 

Damit der Tisch bei senkrechter Stellung nicht nach vorn 
überkippt, sind die beiden vorderen Baumstämme etwa eine Hand 
breit über dem Erdboden durch eine Latte verbunden. 

Das Niederlegen des Pferdes geschieht nun auf folgende 
Weise: 

Der Tisch wird senkrecht in die Höhe gestellt und das Pferd 
seitwärts an denselben herangeführt. (Fig. II.) Zweckmässig 
werden dem Thiere vorher die Augen verbunden, da fast sämmt¬ 
liche Pferde sich vor der aufgestellten Matratze fürchten. Nach 
Anlegen der Bremse wird das Berliner Wurfzeug angeschnallt 
und zwar derart, dass die Hauptfessel an den der Matratze zn- 
gewandten Vorderfuss gelegt wird. Die Leine läuft dann durch 
den Hinterfussring derselben Seite, von hier über den anderen 
Hinterfus8ring durch den äusseren Vorderfussring. Jetzt wird 



Fig. II. 


die Leine nicht wie sonst üblich durch den Ring der Hauptfessel 
gezogen, sondern geht durch den Ring g, der Matratze, und von 
da aussen über den Leib des Pferdes hinweg, durch den Ring g 
und von hier aus über die (behufs leichteren Gleitens der Leine 
beim Anziehen) bei m angebrachte Rolle nach hinten, wo das 
Ende derselben von 4—5 Männern ergriffen wird. Ein weiterer 
Gehilfe hält den Kopf, ein anderer den Schweif. Um den Schweif 
besser halten zu können, lasse ich um denselben einen Strick 
schlingen. 

Auf gegebenes Commando ziehen jetzt sämmtliche Leute fest 
an; besonders die am Kopf und Schweif stehenden müssen das 
Pferd kräftig an die Matratze heranziehen. In dem Augenblick, wo 
das Anziehen erfolgt, wird das Pferd frei schwebend in die Höhe 
gehoben und der Tisch legt sich dann mit dem Pferde auf die 
Seite. Dadurch dass die Axen i und i, auf ein Drittel der Leisten 
b und b, angebracht sind, geschieht das Umlegen verhältniss- 
mässig langsam, sodass das Pferd ganz sanft auf die Seite gelegt 
wird. Nunmehr wird das Ende der Leine festgemacht. 

lieber die Kruppe und den Hals des Pferdes hinweg werden 
jetzt zwei Gurte o und o, gezogen, welche durch eine Welle bei 
c und c, gespannt werden, sodass das Pferd vollständig fest- 


Digitized by 


Google 











28. April 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


gelegt ißt. (Die Gurte können evtl, auch vom Ringe g, ausgehen, 
anstatt von f resp. f,) cf. Fig. III. 

Zur Stütze für den Kopf dient ein kleiner Tisch mit einer 
65 cm im Quadrat grossen Platte, die ebenfalls mit einem Kissen 
bedeckt ist. Der Tisch kann durch ein paar Haken am Operations¬ 
tisch befestigt werden 



Fig. III. 


Zum Ansbinden der einzelnen Füsse sind um den Rahmen 
herum Ringe angebracht, sodass den Extremitäten alle gewünschten 
Stellungen gegeben werden können. Das Pferd liegt jetzt so hoch, 
dass man gerade bequem im Stehen operiren kann. In Fig. III 
ist der linke Vorderfuss des Pferdes nach vorn zur Neurectomie 
ausgebunden. 

Soll das Pferd wieder aufstehen, so wird zunächst die Leine 
gelöst, darauf werden die Fesseln losgenommen und nun der 
Rücken- und Halsgurt entfernt. Die Gehilfen haben jetzt den 
Tisch in die Höhe zu heben, und das Pferd gleitet sicher und 
leicht auf den Erdboden. 

Die An8cbaffung8- undAufstellnngskosten des ganzen Apparates 
haben sich auf 75 M. belaufen. Bemerken will ich noch, dass 
die Polsterung mit wasserdichtem Segelleinen sich in Lemberg 
sehr gut bewährt hat, und sich erheblich billiger stellt als Leder. 

Nach der Operation wird der Tisch aus seinen Lagern ge¬ 
hoben und in der Remise oder sonst einem geeigneten Raum 
untergebracht. 

Üm mir beim Niederlegen Leute zu ersparen, habe ich hinter 
den Tisch ein hölzernes Rad, welches durch 2 Zahnräder mit 
Kurbel angetrieben wird, aufgestellt. Auf dieses wickelt sich 
die Leine auf, so dass ich ausser meiner Person nur ;$ Männer 
zum Niederlegen eines Pferdes nöthig habe. 


Referate. 

Znr Lehre vom Rotz. 

Von Schutz. 

(Archiv fiir Thiorhlkd. Bd. 24 1 und 2) 

Nocard hat bekanntlich Versuche angestellt, aus welchen 
er folgende Schlüsse gezogen hat: Erstens dass die durch¬ 
scheinenden Knötchen in der Lunge eine rotzige Erkrankung 
derselben darstellen, dass also die Rotzknötchen im ersten Stadium 
ihrer Entwicklung ein durchscheinendes Aussehen haben; zweitens 
dass die durchscheinenden Knötchen weniger Rotzbacillen als 
die käsigen enthalten, nnd dass die Bacillen, welche sie ent¬ 
halten, durch die Zellen zerstört werden; drittens, dass der Rotz 
durch den Verdauungsapparat auf gesunde Pferde leicht über¬ 
tragen wird, und dass hiermit der Weg gezeigt sei, auf dem sich 
die grauen durchscheinenden Knötchen in den Lungen der Pferde 
künstlich erzeugen lassen. 

Der Ansicht Nocards hat sich Kitt angeschlossen, indem er 
in seinem Lehrbuche sagt, Nocard habe in exacter Versuchs- 


197 

anordnung erwiesen, dass bei Verfütterung von Rotzbacillen ein 
primärer embolischer Lungenrotz zustande kommt, indem die 
Bacillen die Darmwand bezw. die Hylusgefässe passiren und 
offenbar durch den Milchbrustgang mittelst der vorderen Hohl¬ 
vene den Lungen zugeführt werden. Schütz weist zunächst 
darauf hin, dass Nocard bei fast allen Versuchspferden, denen 
er Rotzbacillen mit Mohrrüben oder im Trinkwasser verabreicht 
hatte, die im Kehlgang gelegenen Lymphdrüsen erkranken sah. 
Hieraus ergab sich eine rotzige Erkrankung des Schlund¬ 
kopfes u. s. w., mithin eine rotzige Infection in dem oberen 
Theil des Verdanungsapparates, von wo aus dann die Lungen 
secundär erkranken können. Schütz hat nun seine Versuche 
in der Weise angeordnet, dass eine Infection an den oberen Ab¬ 
schnitten des Verdanungsapparates ausgeschlossen war. Die 
Rotzbacillen wurden in eine kleine Höhle inmitten einer gekochten 
Kartoffel gebracht, die Höhle mit einem Kartoffelstückchen 
geschlossen nnd die ganze Kartoffel mit einem dicken Gelatine¬ 
mantel umgeben, woraus also Pillen von der Grösse eines kleinen 
Hühnereies entstanden, die sich leicht eingeben liessen. Da sie 
aber leicht zerbrachen, so wurden später Halbkugeln aus Gelatine, 
welche mit virulentem Material gefüllt waren, hergestellt, die 
nicht zerbrachen. Die Bacillen wurden in so grossen Mengen 
verabreicht, dass eine Infection eintreten musste. Bei dem 
ersten so behandelten Pferde fand sich Folgendes: Die Peyer- 
schen Haufen etwas vergrössert. Ueber einem derselben ragte 
ein erbsengrosser Knoten hervor. In der Grimmdarmwand zwei 
erbsengrosse Knoten, über dem einen war die Schleimhaut nicht 
verändert. Sonst im Darm keine Veränderungen. Sämmtliche 
Gekröslymphdrüsen .bedeutend vergrössert; desgl. die an der 
Wirbelsäule und an den beiden Gekröswurzeln liegenden Lymph¬ 
drüsen. Die Leber mit grieskorngrossen grauweissen Knötchen 
durchsetzt. Leisten-, Scham-, Darmbeinlymphdrüsen geschwollen 
und durchfeuchtet. Am Lungenparenchym viele grieskorn-, 
erbsen- und haselnussgrosse, graugelbe Knoten, welche im Centrnm 
theilweiB erweicht sind. In der rechten Lunge, nahe der Bifur- 
cation, ein mehr als faustgrosser Abschnitt von gelatinöser Be¬ 
schaffenheit mit nussgrossen derben Stellen; in ihnen kleine 
graugelbe Erweichungsherde. Bronchiale und mediastinale 
Lymphdrüsen vergrössert und durchfeuchtet. Die Schleimhaut 
der Luftwege nicht verändert. In den Zerfallsherden der Lymph¬ 
drüsen des Blind- und Grimmdarms waren Rotzbacillen nach¬ 
zuweisen. Bei einem zweiten Pferde ein ähnlicher Befund eben¬ 
falls mit Nachweis von Rotzbacillen in den Gekröslymphdrüsen; 
bei einem drittten Versuchspferde desgl. 

Hiernach hat nur bestätigt werden können, dass der Darm 
die Eintrittspforte für Rotzbacillen abgeben kann, wenigstens 
wenn grosse Mengen von Bacillen verabreicht werden. Es fanden 
sich in allen diesen Fällen auch die Lungen erkrankt. Nunmehr 
wurde die Verabreichung kleiner Mengen versucht. Der zehnte 
Theil einer Oese voll einer Glycerinagar-Rotzbacillenkultur wurde 
einem Pferde mit Kartoffelbrei gegeben. Bei diesem Pferde 
zeigten sich am Magen, Darm, Milz und Gekrösdrüsen keine Ver¬ 
änderungen. In der Leber mehrere stecknadelkopfgrosse, blass¬ 
gelbe im Centrum verkalkte Knötchen. Unter dem Ueberzug der 
rechten Lunge zwei hanfkorngrosse gelbe Knötchen, die im 
Centrum verkalkt und von einer zarten glatten Kapsel umgeben 
waren; unter dem Ueberzug der linken Lunge drei hanfkorn¬ 
grosse graue durchscheinende Knötchen, welche scharf begrenzt 
und von gesundem Lungengewebe umschlossen sind. Demnach, 
sagt Schütz, fanden sich in den Lungen dieses Pferdes 
die von Nocard angegebenen grauen durchscheinenden Knöt¬ 
chen vor. Diese Knötchen zeigten im Centrum einen Rund¬ 
wurm. Einem anderen Pferde wurden längere Zeit hindurch 


Digitized by LjOOQie 




198 

täglich eine ebenso kleine Menge von Rotzbacillen verabreicht. 
Auch hier fanden sich an der Magen- und Darmschleimhaut keine 
Veränderungen, an der Bauchspeicheldrüse eine erkrankte Lymph- 
driise mit 3 erbsengrossen Zerfallsherden. Ein ähnlicher 
Knoten aussen am Zwölffingerdarm, und im Mastdarmgekröse ein 
hühnereigrosses Lymphdrüsenpacket aus haselnussgrossen Knoten 
bestehend, in denen zahlreiche stecknadelkopfgrosse gelbe 
Zerfallsherde sich befanden. Am Zwerchfell zwischen Hohlvenen¬ 
schlitz und linker Pars costalis 5 beet artige centimeterdicke Er¬ 
hebungen mit graugelben Erweichungsmassen in Centrum. In 
der Leber zwei haselnussgrosse grauweisse Knoten mit trübem 
Centrum und gerötheter Peripherie. In der Milz ein erbsengrosser 
central erweichter Knoten. In den Lungen 14 stecknadelkopf- 
bis erbsengrosse Knötchen mit graugelbem und trübem Centrum, 
grauweisser Peripherie und rothem Hof. Ausserdem 4 graue, 
durchscheinende, von gesundem Gewebe umgebene Knötchen, 
welche wiederum den bekannten Rundwnrm enthielten. Die erst¬ 
genannten Lungenknötchen dagegen erwiesen sich als Rotz¬ 
knötchen. Auch wurden aus den erkrankten Lymphdrüsen Rotz¬ 
bacillen gezüchtet. Hieraus ergiebt sich, dass auch die fort¬ 
gesetzte Verabreichung sehr kleiner Rotzbacillenmengen vom 
Darme aus Rotz zu erzeugen vermag. 

Soweit die thatsächlichen Ergebnisse der Schütz’schen Ver¬ 
suche, welche also die Feststellung Nocard’s, dass vom Darm 
aus Rotz erzeugt werden kann, bestätigen. Dagegen polemisirt 
Schütz gegen die Annahme, dass ein primärer Lungenrotz er¬ 
zeugt sei. Die in den Lungen auftretenden rotzigen Verände¬ 
rungen seien vielmehr sekundär und liieimit seine Ansicht, dass 
der primäre Lungenrotz, wenn er überhaupt vorkomme, zu den 
grössten Seltenheiten gehöre, auch durch die neueren Nocard’schen 
Untersuchungen nicht widerlegt. Die grauen, durchscheinenden 
Knötchen seien, wie auch die letzten Versuche dargethan haben, 
stets auf thierische Parasiten zurückzuführen. Schütz kommt zu 
folgenden Schlusssätzen: 

Der primäre Lungenrotz entsteht durch eine vom Digestions- 
tractus ausgegangene Infection nicht. Sein Vorkommen ist nicht 
dargethan. Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Lungen 
sind durch Parasiten bedingt. Das Rotzknötchen in den Lungen 
ist ein kleiner Hepatisationsknoten, der in eigentümlicher 
Weise zerfällt. Die alten Rotzknötchen enthalten Riesenzellen 
und verkalken nicht, wohl aber verkalken die entozoischen 
Knötchen. 

Die Erwiderung Nocard’s werden wir in nächster Nummer 
bringen. 

Ueber den Mnskelrheumatfsinus. 

Von Tempel, Bruns und Meitzer. 

(Dt<ch. thierürztllcho Wochenschrift bl, 12 und 41. I»'J7 ) 

Tempel empfiehlt zur Behandlung des Muskelrheumatismus 
Morphium 0,2, Atropin 0,05, aqu. dest. 20 örtlich einzuspriizen. 
Die Lahmheit schwindet nach wenigen Tagen, meist am vierten 
Tage, auch dann, wenn der Rheumatismus schon längere Zeit 
bestanden hatte. T. hat als Oberrossarzt mehrere Fälle von 
chronischem Rheumatismus mit solchem Erfolg behandelt. Eine 
Wiederholung der Einspritzung war in keinem Falle nöthig. Die 
Pferde verblieben vier Tage im Stalle. Vom Schwinden der 
Lahmheit ab wurden sie bewegt, und vom achten Tage ab wieder 
zum Dienst verwendet. Diese Behandlungsmethode ist auch von 
dem italienischen Thierarzt Dr. di Mia und zwar schon 1894 
empfohlen worden. 

Bruns — Bojanowo hat nach Tempels Anweisung ebenfalls 
einen Fall behandelt. Das Pferd war nach einem 24 ständigen 
Bahntransport ganz steif und verschlagen. Es stand in der Box 
wie festgewurzelt, ging stöhnend wie ein rhehekrankes Pferd, 


No^l7. 

Die Athmung vollzog sich bei festgestelltem Rippenkörper, lang 
vorgestrecktem Hals, breit vorwärts gestellten Hinterbeinen unter 
stöhnender Exspiration. Druck gegen die Brustwandungen be¬ 
wirkte Stöhnen. Das Pferd stellte sich ungern zum Uriniren. 
Zwei Tage später traten deutliche Erscheinungen einer Pleuritis 
sicca auf, am nächsten Tage eine gewisse Herzschwäche, die 
andern Erscheinungen bestanden fort. Nun wurde eine Injection 
von 0,25 Morphium an der Schulter und von 0,05 Atropin sulf. 
am Halse gemacht. Nach 10 Minuten gerieth das Pferd in eine 
rauschartige Aufregung. Die Glieder waren ihm plötzlich wie 
gelöst. Es ging temperamentvoll auf und nieder. Des Abends 
legte es sich zum ersten Male hin. Am nächsten Tage war es 
fast ständig in Bewegung. Die Erscheinungen der rheumatischen 
Brustfellentzündung waren gänzlich geschwunden, es fing an zu 
fressen und hatte nach zwei Tagen vollständigen Appetit. Zwölf 
Tage nach dem Beginn der Erkrankung war es ganz gesund. 
Dabei ist zu betonen, dass die Krankheitserscheinungen so schwere 
waren, dass der Besitzer geneigt war, das Pferd aufzugeben. 

Thierarzt Meitzer theilt dagegen einen Fall mit, wobei die 
unangenehmen Wirkungen zur Geltung gelangten. Ein 9jähriges 
Pferd litt seit längerer Zeit an intermittirender Schulterlahmheit 
rechterseits. M. probirte die Morpliium-Atropin-Injection. Am 
Abend wurde er schleunigst zugezogen. Das Pferd war tympa- 
nitiscb, die Peristaltik unterdrückt, der Blick des Thieres ängst¬ 
lich, die Nüstern gebläht, die Athmung sehr frequent und pumpend, 
der Herzschlag stürmisch, der ganze Körper mit Schweiss bedeckt. 
Das Pferd scharrte fortwährend mit den Vorderbeinen, während 
die Hinterhand annähernd gelähmt war. M. schloss daher auf 
eine Vergiftung, verordnete Eserin 0,03, Morphin 0,2, Calomel 3, 
Kirschwasser 100 und Kaffee 250 dreimal in stündlichen Pausen 
zu geben. Am nächsten Tage war das Pferd hergestellt. Da 
die Dosis des Atropins übereinstimmend auf 0,05—0,1 sogar für 
das Pferd angegeben wird, so kann es sich im vorliegenden 
Falle nur um eine Idiosynkrasie oder allenfalls um eine inex^cte 
Bereitung des Recepts handeln. Letzteres nimmt M jedoch nicht 
an; er empfiehlt vielmehr, bei der Dosirung des Atropins etwas 
vorsichtig zu sein. Die Lahmheit wurde übrigens nicht behoben 
(Es fehlt auch der Beweis, dass es sich um Rheumatismus ge¬ 
handelt hat.) 

Die Snrra-Krankheit der Rinder. 

Das „Deutsche Colonialblatt“ theilt in seiner Nummer vom 
1. April einen Bericht mit, den Geheirarath Koch von Dar-es-salam 
aus über die sogenannte „Surra-Krankheit“ der Rinder eingesandt 
hat. Die Krankheit ähnelt sehr der Rinderpest und wird durch 
den Surra-Bacillus, der biologisch genau charakterisirt ist, ver¬ 
anlasst. Koch äussert sich über die Krankheit wie folgt: „In 
einem früheren Berichte war mitgetheilt, dass der Surra- 
Infectionsherd auf dem Wege von Uhelie bis zur Küste existiren 
müsse, und zugleich die Vermuthung ausgesprochen, dass noch 
weitere Herde in anderen Theilen der Colonie anzutreffen sein 
würden. Die Vermuthung hat sich insofern bestätigt, als ich in¬ 
zwischen noch zwei andere Richtungen gefunden habe, in welchen 
Surra-Infection vorgekommen ist, also auch entsprechende In- 
fection6-Herde liegen müssen. Bei meinem Aufenthalte auf der 
Station Mafinde theilte mir der Stationschef, Herr Lieutenant 
v. Stümer mit, dass in Kisuane, unter den dorthin gebrachten 
Rindern eine Krankheit ist, deren Beschreibung in mir den 
Verdacht auf Surra erweckte. Auf meine Veranlassung Hess 
Herr v. Stümer zwei Thiere aus dieser Heerde kommen. Das 
eine Thier war unterwegs verendet, das andere kam indessen bis 
zu mir; ich untersuchte es und fand in seinem Blute die Surra- 
parasiten. Die Heerde, zu welcher diese Thiere gehörten, war 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



199 


28. April 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


vom Kilimandjaro nach Kisuane gebracht. Es muss also der 
Surra-Herd auf diesem Wege oder in Kisuane selbst, in dessen 
Nähe sich sumpfige Niederungen befinden, zu suchen sein. Nach 
Mittheilungen, welche mir von Eingeborenen des Usambara- 
gebirges geraachUwurden, zu urtheilen, scheinen sich überhaupt 
am Fus86 dieses sowie des Paregebirges nicht nur ein verein¬ 
zelter, sondern mehrere solcher Surra-Herde zu finden. Ein 
zweiter Surra-ßefund, der sich in Kikokwe bei Pangani zeigte, 
betraf Vieh, welches vom Südufer des Wittoria-Seees durch die 
Massaisteppe zur Küste gebracht war. Derselbe lässt auf einen 
oder mehrere Infectionsherde in den sumpfigen Niederungen am 
See schliessen. Auch im Ruahagebiet scheint es sich nicht nur 
um einen engbegrenzten Herd zu handeln, sondern um eine lange 
Strecke des Flusslanfes, da Dr. Stierling in Iringa in einem 
kürzlich erstatteten Bericht Mittheilungen über eine Rinder¬ 
krankheit macht, die unzweifelhaft Surra ist und am oberen Lauf 
des Rualia in der Nähe von Bueni vorkommt.“ 

Um über die Uebertragbarkeit des Surra-Erregers auf andere 
Thiere ins Klare zu kommen, wurden Versuche mit diesem Er¬ 
reger an einzelnen Eselarten angestellt. Die Ergebnisse dieser 
Versuche sind folgende: „Es wurden zwei Massai-Esel und zwei 
Bastarde von Massai- und Maskat-Eseln, zugleich mit einem Rinde, 
2 Kälbern, 2 Hunden und einigen Ratten geimpft, und zwar in 
der Weise, dass Surra-Blut in eine kleine Hautwunde am Ohr 
gebracht wurde. Bei sämmtlichen zuletzt anfgezählten Thieren 
erschienen nach 12—14 Tagen die Surra-Parasiten im Blute, es 
zeigten sich Surra-Erscheinungen, unter welchen alle bis auf ein 
Rind und ein Kalb, die jedoch auch erkrankten, starben. Von 
den 4 Eseln ist bis jetzt — 3^ Monate nach der Impfung — keiner 
erkrankt und bei keinem konnten Surra-Parasiten gefunden 
werden. Hiernach scheinen Massai- und Bastard-Esel, welche für 
Transportzwecke hier zu Lande wohl ausschliesslich in Betracht 
kommen, in der That gegen Surra immun zu sein. Gegen eine 
natürliche Infection sind die Manlthiere nicht vollständig geschützt. 
Ein Thier nämlich, welches längere Zeit in Uhehe, und zwar in 
den Geländen des Ulangaflusses, als Reitthier gedient hatte, kam 
krank zur Küste zurück; es war gänzlich abgemagert, hatte an¬ 
geschwollene Hinterbeine und war stark anaemisch; im Blute 
konnten reichlich Surra-Parasiten nachgewiesen werden.“ 

Kleine Mittheilangen. 

Wehen nach der Geburt. 

Prof. Al brecht macht in der W. f. Thierhlkd. folgende Mit- 
theilnngen. Eine Kuh fing 26 Stunden nach der Geburt an, 
heftig zu drängen. Sie war bis dahin vollkommen ruhig gewesen, 
die Nachgeburt war noch nicht abgegangen. Alle 3—4 Minuten 
trat eine Wehe ein. Bei der Untersuchung ergab sich im Genital¬ 
canal nichts Abnormes, ebensowenig im Allgemeinbefinden des 
Thieres. Es wurde nun die Nachgeburt abgelöst und Eis in den 
Uterus gebracht. Aber schon nach einer halben Stunde trat das 
Drängen wieder auf und dauerte zwei Stunden. Nun wurden 
30 g Chloralhydrat in Leinsaraenabkochung gegeben. Schon 
8 Minuten später legte sich das Thier nieder und drängte nicht 
mehr. Die Wirkung der verhältnissmässig kleinen Dosis war 
eine ganz ausserordentliche. Als die Kuh aber nach etwa drei 
Stunden wieder aufstand, fing sie auch schon wieder an zu 
drängen, jedoch nicht mehr so heftig, und vier Stunden später 
hörten die Wehen ganz auf. 

Es ist A. mehrere Male vorgekommen, dasa Kühe nach nor¬ 
maler Geburt während der Nachgeburtsperiode und auch nach 
Abgang der Nachgeburt ausserordentlich heftig drängten, ohne 
dass die Untersuchung einen Grund dafür ergab. Es scheint sich 
in solchen Fällen um eine Hyperästhesie des Uterus zu handeln, 


deren Grund freilich nicht bekannt ist. Es muss dabei noch 
darauf hingewiesen werden, dass der Uterus normal contrahirt 
sein kann. In allen solchen Fällen heftiger Wehen hat sich das 
Chloralhydrat übrigens stets als vorzügliches Mittel bewährt. 
Morphiuminjectionen sind nicht empfehlenswerth. Auch eine hoch¬ 
gradige Wirkung des Chloralhydrats giebt zu Befürchtungen 
keinen Anlass. Die obengenannte verhältnissmässig kleine Dosis 
und ihre scharfe Wirkung beweist, dass sich auch dem Chloral¬ 
hydrat gegenüber die Kühe individuell verschieden verhalten. 

Zur Spatdiagnose. 

Dr. Eberlein hat festgestellt (Mtsh. f. Th. Bd. 9, H. 2), 
dass das erkrankte Sprunggelenk eine Verkleinerung erfährt, die 
er als Inactivitätsatrophie deutet und die alle Theile des Gelenkes 
betrifft. Er hat gefunden, dass das gesunde Gelenk im oberen 
Theil stets stärker war als das kranke, und zwar um 1—6 cm 
Umfang. Selbst der untere von der Spaterhebung betroffene 
Theil des Gelenkes besitzt thatsächlich in den meisten Fällen, 
wenn die Auftreibung nicht allzu stark ist, keinen grossen Ge- 
sammtumfang, oft sogar einen etwas geringeren als das gesunde 
Gelenk. 

Enzootische Cerebrospinalmeningitis bei Kälbern. 

In einem Stall erkrankte das Kalb einer kürzlich importirten 
Kuh zwei Tage nach der Geburt. Es schlug mit den Beinen, 
streckte Kopf und Hals aus, zeigte Nystagmus und starb nach 
24 Stunden. Bei der Section fand sich Entzündung der Gehirn- 
und Rückenraark8säule. In den nächsten 14 Tagen erkrankten 
und starben noch weitere sechs Kälber unter denselben Er¬ 
scheinungen. Nachdem die hochtragenden Kühe in einen andern 
Stall zum Abkalben gestellt waren und eine Desinfection statt¬ 
gefunden hatte, kamen weitere Erkrankungen nicht mehr vor. 

(Sächs. Vet.-Bericht 1896.) 

Hodensarcom beim Pferd. 

Prof. Fröhner stellte nach einer Mittheilung in den Mtsh. 
f. Th. Bd. 9, H. 5, bei einem 14jährigen Rapphengst, dessen 
rechter Hoden seit einem Jahr eine Schwellung zeigte, eine 
mannskopfgrosse Geschwulst fest, welche sich nach der Castra¬ 
tion als kleinzelliges Rundzellensarcom erwies. Der betreffende 
Hoden wog 1750 g. 

Krankheiten der Prostata des Hundes. 

Nach Scott sind bei alten Hunden Erkrankungen der 
Prostata recht häufig, sodass man wie beim Menschen von einer 
besonderen Disposition sprechen kann. Sie entwickeln sich lang¬ 
sam. Die Symptome sind wenig ausgesprochen. Der Harnabsatz 
geschieht häufig, aber erschwert. Insustinentia urinae ist oft 
die wichtigste Erscheinung; andererseits auch gänzliche Ver¬ 
hinderung des Urinirens. Per rectum kann man hinter der Blase 
eine unschmerzhafte Geschwulst feststellen. Die Untersuchung 
mit Katheter hindert Verwechselung mit Harnröhrensteinen. Bei 
letzteren ist Haematurie vorhanden. Bei Cystitis ist die rectale 
Palpation schmerzhaft. Als Radicalkur ist die Castration zu 
empfehlen. (The Veterinarian, Anacker's „Thierarzt“.) 

Das Uterusepithel nach der Geburt. 

Nach einer Beobachtung von Barfurth entstehen am Uterus 
von Meerschweinchen und Kaninchen in dem Epithelüberzug stift¬ 
förmige, schmale, starkgefärbte Zellen, die mannigfache Ueber- 
gangsformen zu normalen Epithelien zeigen. Zwischen diesen 
Zellen und den Nachbarzellen bleiben Zelllücken, die häufig von 
Zellbrücken durchsetzt werden. B. glaubt, dass diese Lücken der 
Resorption dienen. (Ctrlbl. f. d. med. Wissensch. 1886, Anacker’s 
Thierarzt“.) 


Digitized by LjOOQie 



200_ BERL INE R TH1ERARZ TLICH E WOC HENSCHRIFT. No. 17. 

Hufkrebs beim Rind. hatte blutige Entleerungen und starb an Peritonitis. Es ergab 


Repetitor Deimer in Alfort beobachtete bei einer Kuh am 
linken Vorderfuss, und zwar an der äusseren Klaue (nach dem 
Rec. de m6d. v6t. No. 15) Hufkrebs unter ganz denselben Er¬ 
scheinungen wie beim Pferd. Die Hornsohle war völlig zerstört 
und in eine gelbweisse weiche Materie zerfallen. Die unter¬ 
liegenden Weichtheile w r aren weich und bluteten leicht. Auch 
die Klauenwand war z. Th. ergriffen, und es fanden sich Horn 
und Fleischblättchen entartet. Auch die Feigwarzen ähnlichen 
Auswüchse waren vorhanden. Die Heilung liesB sich erzielen. 
(Anacker's „Thierarzt“.) 

Diätetischer. 

Nach dem Bericht über das Veterinärwesen in Sachsen für 
1896 wird das Baumwollensaatmehl als billiges Kraftfuttermittel 
viel verwandt; es hat jedoch manchmal Abortus zur Folge. In 
seinem Herkunltslande wird der Samen übrigens auch zu Ab¬ 
treibungen benutzt (Bez.-Thierarzt Prietsch). — Auf einem 
Rittergute, wo seit langer Zeit das Verkalben wüthete, wurde 
folgende Beeinflussung durch Kraftfuttermittel festgestellt: Bei 
einem Gemenge Futter aus Erbsen, Wicken, Hafer, Gerste und 
womöglich Mais trugen die Kühe über die Zeit und lieferten 
starke Kälber (allerdings viel Schwergebnrten); bei Leinenmehl- 

mit Baumwollensaatmehl-Fütterung zu gleichen Theilen bestand 

* 

leichtes Kalben, zu frühes Kalben und Verkalben. Setzte man 
aber zu dem obengenannten Gemenge Schrotfutter, Leinenmehl 
zu, so trugen die Kühe die richtige Zeit und das Kalben geschah 
leicht und normal. 

Krankenrapport des Kpl., sächsischen Armeecorps von 1896. 

Es erkrankten 2756 Pferde — 44,9 % des Ist-Bestandes. Der 
Gesammtverlust belief sich auf 151 Stück = 5,5 pCt. der Er¬ 
krankten und 2,4 pCt. der IstrStärke. Unter 287 Kolikfällen 
gingen 33 = 11,5 pCt. der Erkrankten verloren. (Sächs. Vet.- 
Ber. für 1896.) 

Aortenruptur. 

Ein Offizierspferd brach im ruhigen Trabe plötzlich zusammen 
und verendete binnen wenigen Minuten. Die Aorta war 1’/» cm 
von ihrem Ursprünge fast vollständig durchgerissen. Das Pferd 
hatte nie vorher Krankheitserscheinungen gezeigt Sächs. Vet.- 
Ber. für 1896.) 

Mastdarmruptur infolge eines Sarkoms. 

Ein 13jähriger Wallach war von jeher ziemlich mager ge¬ 
wesen. Er bekam eines Tages stürmische Kolikerscheinungen, 


sich am Mastdarm eine zerklüftete Geschwulst, etwa 30 cm vom 
After entfernt, welche eine Perforation des Mastdarms bedingt 
hatte. Dieselbe war ein Sarkom. (Sächs. Vet.-Ber. für 1896.) 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Hauptergebnisse der Zählung der wichtigsten Viehgattungen 
am I. Dezember 1897. 


(Zusaminengestclit im Kaiserlichen Statistischen Amt.) 


Staate n 

Pferde Rindvieh j 

, _ __ _ i 

S t ü c 

Schafe Schweine 

z a h 1 

Preusseii. 

2 80841D! 10562 672 

7 859096 

9 390231 

Bayern . 

376 757; 

3 419 421 

905916 

1412 579 

Sachsen . 

161317 i 

681 788 

79 365 

498 523 

Württemberg. 

107 140 

992 605 

341250 

433 507 

Baden. 

71 5151 

650 885 

81 821 

411253 

Hessen . 

56002i 

324 626 

86 731 . 

271 595 

Mecklenburg-Schwerin . 

98 479 

324 885 

566 386 

386 454 

Sachsen-Weimar. . . . 

20 847 

127 959 

98 883! 

134218 

Mecklenburg-Strelitz . . 

18 650; 

49988 

135127 

61598 

Oldenburg . 

40022 

252 652 

124 550 

178910 

Braunschweig. 

83170; 

120 798 

149 149; 

157 931 

Sachsen-Meiningen . . . 

7 179 { 

71 632 

37 8751 

66 039 

Sachsen-Altenlmrg . . . 

11807 | 

67 282 

10 754 | 

58 603 

Sachsen-Coburg-Gotha . 

9 685 

65 734 

50615! 

78308 

Anhalt. 

18 515 i 

67 100 

91 815 i 

90 815 

Schwarzbg.-Sondershau». 

4 787 

23 496 

40 100: 

32 733 

Schwarzburg-Rudolstadt. 

3296 

21094 

259781 

27 452 

Waldeck. 

6 254 ' 

28 157 

46 317 | 

33104 

Reuss älterer Linie, . . 

1977 

13 946 

2 525 

8 401 

Reuss jüngerer Linie . . 

4 434 

33 560 

9 789 

24 044 

Schaumburg-Lippe . . . 

3009 

11 971 

1887 

24 376 

Lippe. 

9 262 

37 348 

21468 

77 769 

Freie Stadt Lübeck . . 

3 740 

8 756 

3 422 

9 002 

Freie Stadt Bremen . . 

6 482 

16 119 

522 

14 875 

Freie Stadt Hamburg. . 

17141 

13 969 

2 727 

16 602 

Reichsland Elsass-Lothr. 

138 689 

512 329 

93204 

375635 

Deutsches Reich 





am 1. Dez. 1897 

4038 485 

18400 772 

110866 772 

14274 557 

Dagegen „1. „ 1892 

3 836 256 

17 555 694 

i 13 589 612 

12 174 288 

10. Jan. 1883 

3 522 545 

15 786 764 

119 189 715 

9206 195 

10. „ 1873 

3 352 231 

15 776 705 

>24 999 406 

7124 088 


Tagesgeschichte. 

Aus dem Abgeordnetenhause. 

Bei der gestrigen Verhandlung des Antrages von Mendel- 
Ring, betreffend allerlei Veterinär-Angelegenheiten, im preussi- 
8chen Abgeordnetenhause, wurden vom Ministertische zwei ausser¬ 
ordentlich wichtige und für uns interessante Erklärungen ab¬ 
gegeben. Der Herr Ministerpräsident, Reichskanzler Fürst 
Hohenlohe, erklärte, es werde ein Reichs-Fleischschau - 
Gesetz erlassen werden. Und der Herr Minister für Landwirt¬ 
schaft theilt mit, dass schon im nächsten Etat eine Position er¬ 
scheinen werde betr. Errichtung von Anstalten für Gewinnung j 
von Lorenz’schem Rothlaufschutzserum auf Staatskosten, j 

Technische Deputation für das Veterinärwesen. 

Die technische Deputation für das Veterinärwesen hält am I 
2. Mai, durch ihre landwirtschaftlichen und ausserordentlichen 
Mitglieder verstärkt, eine Sitzung ab, in welcher zur Beratung 
stehen: 1. Einheitliche Massregeln gegen Schweinepest, 


Schweineseuche und Rothlauf. 2. Nochmalige Beratung 
einer Hauptmängelliste. 

An Stelle des verstorbenen Prof. Rabe ist Prof. Dr. Kaiser 
aus Hannover zum ausserordentlichen Mitgliede der technischen 
Deputation ernannt worden. 

Die Beschlüsse der beamteten Thierärzte von Cassel. 

Die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirkes Cassel ver¬ 
sammelten sich am 17. April 1898 im Hotel Reichskanzler zu 
Cassel, um zur Frage der Aufbesserung der preussischen Thier¬ 
ärzte Stellung zu nehmen. 

Es wurden mit grosser Majorität folgende Beschlüsse gefasst, 
welche der Central-Vertretung der preussischen thierärztlichen 
Vereine mit der Bitte um Eintreten für die Erreichung dieser 
Wünsche übermittelt werden sollen. 

1. Es ist anzustreben 
a) volle Besoldung. 


Digitized by CjOOQie 
















28. April 1898. BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 201 


Sollte dies gegenwärtig noch nicht erreichbar sein, so er¬ 
bitten wir 

b) ein erhöhtes Grundgehalt von 1200—1800 M. unter 
Belassung der Praxis. 

2. Es ist anzustreben Pension und Hinterbliebenenversorgung 
im Falle 

a) nach Massgabe des Gehalts, im Falle 

b) unter Zugrundelegung eines fingirten Gehaltes von 
3000 -4200 M. 

3. Es soll eine unserer Stellung angemessene Rangklasse mit 
Erhöhung des Ranges nach dem Dienstalter angestrebt werden. 

4. Die Tagegelder-Reisekosten sind auf den heutigen Sätzen 
zu belassen. Die im Gesetz vom t). März 1872 § 2, I, 2 in 
gerichtlichen Angelegenheiten ausgeworfenen Tagegelder und 
Reisekosten sind den für veterinärpolizeiliche Dienstleistungen 
gewährten Sätzen gleichzustellen (§ 2, II, 2 des angez. Gesetzes). 

Eschwege, den 18. 4. 1898. I. A. 

Kalteyer-Eschwege. 

Vermögensstand des Unterstatzungsvereins für die Hinterbliebenen 
bayrischer Thierärzte. 

Das Vermögen betrug bei Revision der Jahresrechnung für 
1897: 577 248 M., die Gesammteinnahraen 85 045 M., die Gesammt- 
ausgaben 81278 M. Zu den ~ Einnahmen hatten die Vereins¬ 
mitglieder 12 225 M. beigetragen. Die Unterstützungen an 
Hinterbliebene verstorbener Mitglieder hatten 23 075 M. und 
ausserordentliche Unterstützungen an bejahrte Wittwen von Nicht¬ 
mitgliedern 1260 M. betragen. Dem Grundstockvermögen konnten 
56 (XX) M. zngeführt werden. Unter den Einnahmen hatte ein 
freiwilliger Zuschuss von 45 00) M. figurirt, wodurch die grossen 
Überweisungen ermöglicht wurden. Das Vermögen zerfällt in 
374 000 M. Stammvennögen und einen Reservefonds. Bezugs¬ 
berechtigte Hinterbliebene sind 61 vorhanden. 

Thierärztliche Hochschule Dresden 1896. 

Die Zahl der Studirenden betrug im Wintersemester 132 und 
im Sommersemester 140 Die naturwissenschaftliche Prüfung 
wurde von 41 darunter von 33 mit Erfolg abgelegt und die Ap¬ 
probation erhielten 28 Herren. An den anatomischen Uebungeu 
nahmen 88, an den histologischen 70 Studenten theil. In der 
Klinik für grössere Hausthiere wurden 972 Pferde stationär und 
4412 poliklinisch behandelt. Die Mortalitätsziffer bei der Kolik 
betrug wiederum 13,9%. In der Klinik für kleine Hausthiere 
unter Leitung des Prof. Müller wurden 491 Thiere behandelt 
und 4767 poliklinisch vorgestellt. In der ambulatorischen Klinik, 
versehen vom Docenten Dr. Eber, wurden 113 Thierbestände in 
1357 Besuchen behandelt. In der pathologischen Anatomie 
wurden 59 Pferde und ca. 130 andere Thiere secirt. (Sachs. 
Veter.-Ber. für 1896.) 

Die Verhältnisse der wOrttembergischen Amtethierärzte. 

Die Verhältnisse der Oberamtsthierärzte sind in Württem¬ 
berg nach dem Verwaltungsedict von 1822 geregelt. Darnach 
erfolgt die Anstellung durch Wahl der Amtsversammlung, in der 
Regel auf vierteljährliche Kündigung. Die Staatskasse leistet 
zur Besoldung einen Beitrag von 500 M. zu dem Minimalfixum 
von 900 M. Die dienstlichen Obliegenheiten werden durch Dienst¬ 
verträge festgestellt. — Die Aenderung dieser höchst ungünstigen 
Verhältnisse wird schon seit langer Zeit angestrebt. Die würt- 
tembergische Regierung hat daher jetzt dem Landtage eine ent¬ 
sprechende Vorlage zugehen lassen, welche fast einstimmig an¬ 
genommen worden ist. Danach wird für jedes Oberamt jetzt ein 
Oberamtsthierarzt als Staatsbeamter aufgestellt, zu dessen Ge¬ 
halt das Amt 400 M. beantragen hat. Die Oberamtsthierärzte 
haben damit ihre bisherige Eigenschaft, als Beamte der Amts¬ 


körperschaften verloren, was immerhin ein Fortschritt ist Die 
Ausübung der Privatpraxis ist ihnen gestattet. 

Thierarztäbnlicha Titel. 

In der Umgebung von Hannover pfuscht der Viehhändler 
Feldmann und hatte an seinem Hause ein .Schild angebracht 
mit der Aufschrift: „Thierärztliche Practik“. Die Täuschung war 
noch vervollständigt dadurch, dass das erste Wort gross ge¬ 
schrieben, das zweite aber durch den Klingelzng verdeckt war. 
Der Pfuscher wurde nicht etwa bestraft, sondern es wurde ihm 
nur polizeilich aufgegeben, das Schild zu entfernen und dagegen 
erhob er auch noch Klage beim Bezirksausschuss und legte gegen 
dessen, ihm nicht genehme Entscheidung Berufung beim Ober¬ 
verwaltungsgericht ein. Das Oberverwaltungsgericht erkannte 
aber wie der Bezirksausschuss, dass ,thierärztliche Practik* 
mit „practischer Thierarzt“ zu verwechseln sei uud jeden¬ 
falls den Glauben erwecken könne, der Betreffende sei eine 
geprüfte Medicinalperson. Gegen den F. hätte ausserdem das 
Strafverfahren wegen Führung eines arztähnlichen Titels ein¬ 
geleitet werden sollen, denn ähnlicher als wenn man direct die 
Bezeichnung thierärztlich gebraucht, kann doch ein Pfuscher 
seinen „Titel“ dem eines Thierarztes nicht macheu. 

Versicherungswesen. 

Lebensversicherungen: Der preussische Beamten¬ 
verein, der bekanntlich auch Aerzte und Thierärzte aufnimmt, 
hatte Ende Januar 49 558 Versicherungen über 102 785 500 
Capital und 379 807 M. jährliche Rente. Das Vermögen 
betrug 45055(XX). — Die Lebensversicherungs- und Ersparniss- 
bank zu Stuttgart (keine Actiengesellschaft ebenso wie 
der Beamtenverein, die Gothaer und Alte Leipziger) hatte 
im Jahre 1897 einen Brnttozugang von Versicherungen 
über 57 Millionen und einen Reinzuwachs von 34', Millionen, 
wodurch der Versichernngsstand ultimo 1897 sich auf 514 165023 
Mark hob. 

Viehversicherung: Die Perleberger Vieh Versiche¬ 
rungs-Gesellschaft, welche bekanntlich hauptsächlich die 
Schlacht*iehversicherung betreibt, hat im Jahre 1897 eine 
Steigerung der Versicherungssummen von 17,18 auf 44,27 Millionen 
Mark zu verzeichnen gehabt, was mithin ein Wachsthum von 
160 pCt. bedeutet. Die Entschädigungssumme betrug 902 0C0M. 
Rechtsstreitigkeiten kamen nur 5 vor. Der Erlös (für das Fleisch 
der entschädigten Thiere) betrug über 300 OCX) M. Der Erlös 
wäre noch höher, wenn überall eine Freibank existirte. Der 
Unterschied bei der Verwerthung minderwerthigen 
Viehs mit und ohne Freibank ist ein sehr grosser; so 
wurde z. B. in Berlin für das Pfund Fleisch 22 Pfg. 
weniger erzielt, als an Plätzen mit Freibank. An kleinen 
und mittleren Plätzen arbeitet die Schlachtviehversicherung durch, 
weg gut; an grossen Plätzen dagegen macht die Aufnahme 
solche Schwierigkeiten, dass hier das Geschäft eingeschränkt, 
theilweise aufgehoben werden müsste. In der Viehlebens¬ 
versicherung, die nur als Nebenzweig betrachtet wird, war das 
Geschäftsjahr schlecht. Es waren in der Schlachtviehversicherung 
105 738 Rinder und 204 892 Schweine (mit 40 Millionen). Davon 
wurden entschädigt 8530 Rinder mit 567 000 M. und 6083 Schweine 
mit 161000 M. Unter den Rindern waren 595 Totalverluste 
(7 pCt. der entschädigten) 1702 ganze minderwerthige Thiere 
(20 pCt.) und 6233 Entschädigungen einzelner Theile. An den 
Entschädiguugsfällen ist betheiligt die Tuberculose mit rund 
86 pCt. sowohl der Stückzahl als der Summe. Die Finnen mit 
1,5 pCt. der Stückzahl und mit 5,3 pCt. der Summe (ein 
Beweis für die unverhältnissmässige Höhe der durch 
Finnen verursachten Verluste). Von den entschädigten 
Schweinen waren 283 Totalverluste (= 4,6 pCt. der entschädigten) 


Digitized by VjOOQie 




202 BERLINER TUIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 17. 


1498 ganze Min-leiwerihe 024,6 pCt.) und 4304 Entschädigungen 
einzelner Theile. Die Tuberculose war an den Entschädigung»- 
fällen betheiligt mit 71 pCt. der Stückzahl und 48 pCt. der 
Summe (es handelt sich also augenscheinlich sehr oft nur um 
Organentschädigungen). Die Finnen mit 57 pCt. der Stückzahl 
und 23 pCt der Summe. — In der Viehlebensversicherung be¬ 
fanden sich 4625 Pferde, 4329 Rinder, 6728 Schweine und 
45 Ziegen, zusammen 15 723 Thiere mit 4 059 830 M. Ver- 
sicherungscapital. Entschädigt wurden 290 Pferde, 211 Rinder, 
988 Schweine und 5 Ziegen mit 173 565 M. (wovon auf die 
Pferde allein über die Hälfte fällt). Es betrugen die gezahlten 
Entschädigungen bei der Schlachtviehversicherung 728 351 M. 
abzüglich des Fleischerlöses von 304 750 M. = rund 423 500 M. 
1,05 pCt. der Versicherungssumme, bei der Viehlebensversicheiung 
dagegen 4,3 pCt. der Versicherungssumme. Vorsitzender des 
Verwaltungsraths ist bekanntlich Baron von Putlitz auf Gross- 
Pankow. 


Zur Geschichte des Fahrrades. 

Die Zeitschrift „Der Stein der Weisen“ bringt einen Artikel 
unter obiger Ueberschrift. Es ist zwischen dem alten Vierrad, 
welches schon im 17. Jahrhundert existirte bezw. dem heutigen 
Dreirad und dem Zweirad scharf zu unterscheiden, weil letzteres 
kein stabiles Gleichgewicht hat. Die ersten Zweiräder wurden mit 
den Füssen vom Boden abgestossen. Ihr Erfinder scheint nicht 
der Frh. v. Drais (Draisine) zu sein. Das erste Zweirad mit 
Trittkurbel wurde in den fünfziger Jahren von dem Instrumenten¬ 
macher Fischer construirt. Das Instrument war sehr unbequem. 
Die Verbesserungen, welche es practisch brauchbar machten, 
kamen erst nach und nach. Eine der wichtigsten ist der pneu¬ 
matische Gummireifen. Dieser ist die Erfindung eines englischen 
Thierarztes Dunlop, der seinem Sohne selbst einen solchen 
Reifen construirt hatte und, auf die Bedeutung der Einrichtung 
aufmerksam geworden, dieselbe noch rechtzeitig patentiren Hess. 
Von da ab datirt der grosse Aufschwung der Fahrräder. 


Oeffentliches Yeterinärwesen 


(Mittheilungen für 

Fleischschau. 

Zar Reartheilung der Nothschlachtang. j 

Von Augst. I 

(Ducli. Thierinstl. W. 97, H7.) 

Die Beurtheilnng der Nothschlachtangen, welche wegen so¬ 
genannter entzündlicher Krankheiten erfolgen, ist ein ganz be- ! 
sonders schwieriges Gebiet, namentlich wenn sie auf dem platten 
Lande auszuüben ist, wo der Thierarzt die Verantwortung für 
eine unmittelbare Schädigung des Besitzers selbst übernehmen 
muss. Die Fleischbeschau bei Nothschlachtungen ist in Sachse« 
nach dem Schlachtsteuergesetze vom 25. Mai 1852 geregelt, 
wozu zwei declarirende Verordnungen vom 17. December 1892 
und vom 23. December 1889 gekommen sind. (Siehe auch Dtsch. 
Vet.-Kalender.) Die in letzteren Declarationen gegebenen Vor¬ 
schriften für Nothschlachtungen können natürlich auch nicht jeden 
speciellen Fall berühren. Das Untersuchuugs- bezw. Ueber- 
legung6verfahren bei der Beurtheilung von Nothschlachtungen ! 
muss nach Augst in Folgendem bestehen: Beachtung des | 
klinischen Befundes, der unmittelbaren Krankheits- 1 
Ursachen und der krankhaften Veränderungen. Prüfung 
auf septische Erscheinungen an den Organen, Todten- j 
starre etc., Untersuchung der Körperlymphdrüsen, Fest¬ 
stellung der Reaction des Fleisches, mikroskopische 
Untersuchung der Musculatur, Kochprobe. — Die ersten i 
drei Punkte sind bereits in den Lehrbüchern besprochen. 

Auf die Untersuchung der Körperlymphdrüsen bei entzünd- I 
liehen Krankheiten ist jedoch nicht genügend hingewiesen . 
worden. A. fand in einem Fall, wo er dieselben wegen Tuber¬ 
culose untersuchte, sie sämmtlich entzündHch afficirt, und er , 
stellte dann die charakteristischen Sepsissymptome fest. Seitdem 
untersucht er die Lymphdrüsen bei jeder Nothschlachtung. Es 
können in manchen Fällen gleich nach der Schlachtung ollen- , 
sichtliche Sepsisverdächtige Erscheinungen fehlen, trotzdem be¬ 
reits eine allgemeine Infection stattgefunden hat. Hierauf lassen 
sich vielleicht manche bekannt gewordenen Fleischvergiftungen 
zurückführen. Die Lymphdrüsenentzündungen in diesen Fällen 
sind manchmal hämorrhagisch. Andernfalls ist das Gewebe blos 
meiklich geschwollen und stark durchfeuchtet, sodass es über 
die Schnittfläche hervorspringt. Eine ähnliche Erkrankung der 


Veterinärbeamte.) 

Mesenterialdrüsen bei gleichzeitiger Darmentzündung oder der 
Bronchialdrüsen bei gleichzeitiger Pleuritis etc. ist für den All¬ 
gemeinzustand belanglos. Ebenso können einzelne Drüsen, z. B. 
die Kniefaltendrüse, infolge von traumatischen Einwirkungen u. s. w. 
entzündet sein. Nicht mit der Lymphadenitis verwechseln darf 
man kleine Blutanhäufungen, welche durch mangelhaftes Aus¬ 
bluten bewirkt sind. Streicht man hier mit dem Messer über die 
Schnittfläche, so verschwinden die Blutpunkte; auch quillt das 
Gewebe nicht hervor. Es fehlen also die Charakteristica der 
septischen Lymphdrüsenveränderung. Die Rindenschicht der 
Lymphdrüsen älterer Kühe ist öfter dunkelbraun (Pigment), was 
ebenfalls nicht mit hämorrhagischen Entzündungen zu verwechseln 
ist. Auch die kleinen lymphdrüsenäbnlichen Gebilde im sub- 
cutanen Bindegewebe, die in den Lymphdrüsen vorkommenden 
hirsekorn- bis bohnengrossen, scharf umgrenzten Follikel und die 
kleinen, neben den grossen Lymphdrüsen liegenden Nebendrüsen 
sehen alle auf dem Durchschnitt dunkelroth und fein granulirt 
aus. Doch springt auch hier das Gewebe nicht vor und die 
Drüse ist trocken. Woher das Aussehen dieser Gebilde kommt, 
ist nicht ganz sicher festgestellt Eine unter Ausschliessung 
aller dieser anderen Umstände festgestellte entzündliche Affection 
der Körperlymphdrüsen ist ein sicheres Zeichen eingetretener 
septischer Allgemeininfection, auch dann, wenn unmittelbar nach 
der Schlachtung die sonstigen allgemein-septischen Erscheinungen 
fehlen. Untersucht man dann nach 24, bezw. im Winter nach 
48 Stunden zum zweiten Mal (sächsische Vorschrift), so findet 
man nun eine mikroskopisch sichtbare Degeneration von Herz 
und Leber, sowie Fehlen der Todtenstarre, Alles Beweise der 
Allgemeininfection. Die Fleischreaction, mit rotliem und blauem 
Lakmuspapier an einem tiefanlegten Schnitt (10 Minuten lang) 
zu prüfen, ist normal sauer. Eine alcalische Reaction ist jedoch 
kein zuverlässiges Zeichen von Fleischveränderung (vgl. B.T.W. 
No. 14, pg. 167). Bei der mikroskopischen Untersuchung der 
Muskelfasern muss mau vorsichtig verfahren. Es sind Zupf¬ 
präparate in Kochsalzlösung herzustellen, bei unklarem Bilde 
2—5pCt. Essigsäurelösung zuzusetzen. Auch bei völlig gesundem 
Fleisch kann man körnigen Zerfall des Muskelsaftes resp. Trübung 
und Wulst der Querstreifung finden. Das endgiltige Urtheil hat 
sich daher wesentlich nach dem makroskopischen pathologisch¬ 
anatomischen Befunde, weniger nach dem mikroskopischen zu 


Digitized by LaOOQie 




28. April 1898. 

richten. Die Kochprobe dient zur Feststellung eines event. durch 
Arzneimittel oder Futterstoffe dem Fleisch beigegebenen Ge¬ 
ruchs. In einem mit Deckel versehenen Töpfchen werden 7* bis 
V, Pfd. in Würfel geschnittenes Fleisch mit nicht viel Wasser 
V« Stunde lang gekocht. Dann würde der Geruch unbedingt her¬ 
vortreten. (Welche Fälle hierbei Vorkommen, lehrt folgendes 
Beispiel. Scheune und Hofthor waren mit Karbolineum an¬ 
gestrichen worden. Tags darauf wurde ein etwas kränkliches 
Stück Jungvieh, weil sich Gelegenheit zur Verwerthung bot, ge¬ 
schlachtet. Das Fleisch sah tadellos aus. Als es gekocht wurde, 
entwickelte sich intensiver Karbolgeruch. Das Thier hatte also 
Karbolineum aufgenommen.) Ist endlich die Untersuchung un¬ 
mittelbar nach dem Schlachten unter Berücksichtigung aller er¬ 
wähnten Umstände von nicht ganz sicherem Erfolge, so muss 
man eben ein zweites Mal nach 24—48 Stunden untersuchen. 

Fleischconservirung mit Kohlenoxydgas. 

Soltsin (Internat. Fleischerztg. 1897, 103) setzt die zu 
conservirenden Fleischwaaren 10 bis 15 Min. schwebend dem 
Einfluss von Kohlenoxydgas aus unter Anwendung eines starken 
kalten Luftzuges. Die so behandelten Fleischwaaren hielten sich 
& Jahr lang. Es fehlt denselben der angenehme Rauchgeschmack 
und Soltsin will einen Riechstoff finden, der dem Fleisch den 
Rauchgeschmack verleiht. 


Senchenstalistik and Yeterinärpolizei. 

An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten: 
Preussen (Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Potsdam, 
Bromberg, Erfurt, Schleswig, Hannover, Stade, Aurich, Münster, 
Minden, Arnsberg, Kassel, Wiesbaden, Coblenz, Düsseldorf, Trier, 
Aachen) 150 Rinder, — Schafe, — Pferde (davon 39 im Reg.-Bez. 
Münster, 34 im Reg -Bez. Düsseldorf, 13 im Reg.-Bez. Aachen, 10 im 
Reg.-Bez. Coblenz, 8 im Reg.-Bez. Schleswig. 7 im Reg.-Bez. Cassel, 
6 im Reg.-Bez. Trier, je 5 in den Reg.-Bez. Gumbinnen, Arnsberg 
und Wiesbaden, je 4 in den Reg.-Bez. Aurich und Minden, je 2 
in den Reg.-Bez. Königsberg. Danzig und Stade, je 1 in den 
Reg.-Bez. Potsdam, Bromberg, Erfurt und Hannover), Bayern 
73 Rinder, Württemberg 14 und 1 Pferd, Baden 9 Rinder, Hessen 
8 und 7 Schafe. Elsass-Lothringen 4 Rinder, Sachsen-Altenburg 3, 
Sachsen-Meiningen 2, Sachsen und Bremen je 1. 

Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 186 Ge¬ 
meinden, und zwar in Preussen 156 (davon in Schlesien 53, 
Posen 42, Ostpreussen 31, Pommern 15, Westpreussen 14, 
Sachsen 1), in Sachsen 28, in Bayern 2. Getödtet wurden im 
Ganzen 185 Hunde, 54 Rinder, 3 Pferde, 1 Schwein und 1 Ziege, 
ausserdem 584 ansteckungsverdächtige Hunde, 16 Katzen und 34 
herjenlose, wuthverdächtige Hunde, zusammen 878 Thiere. 

Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor. 
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Magdeburg, Merse¬ 
burg, Stralsund und Düsseldorf. In Magdeburg waren verseucht, 
4 Gemeinden, neu betroffen wurden 6, es blieben verseucht 6. 
In Merseburg, Stralsund und Düsseldorf wurden je 1 Gemeinde 
neu betroffen, es blieben verseucht je 1 Gemeinde in Merseburg 
und Stralsund, in Düsseldorf ist die Seuche erloschen. In Pots¬ 
dam und Arnsberg erlosch die Seuche in* je 1 vom Vorquartal 
her verbliebenen Seuchenherd. In Stettin war verseucht 1 Ge¬ 
meinde, neu betroffen wurde keine, es blieb aber verseucht 1 Ge¬ 
meinde. In Sachsen war verseucht je 1 Gemeinde iu Leipzig 
und Zwickau, die Seuche erlosch in Leipzig, während in Zwickau 
1 Gemeinde verseucht blieb. 

Die Pferderäude befiel 71 Pferde. Von dieser Zahl fallen 
auf Preussen 59, auf Württemberg, Baden und Elsass-Lothriugeu 
e 3, auf Anhalt 2 und auf Bayern 1. 


203 


Thierseuchen in Deutschland im IV. Quartal 1897. 


Staaten 

bezw. 

Landesth eile 

Maul- M 

u. Klauen-! bn 
seuche i 

<§1 ZU !*<s 
II tH I|1 

■° s -?a 5 * g 

»O 2 Ü® eO 
o ! T 1 c 

J ) 

£ 3 )?5 

M ® •U-Ö 

sl 

iejij 

JJIi 

tz j 

4 ) 

• 1 

| 

© 

► 

9 

3 

Bläschen¬ 

ausschlag 

© 1 
a a 9 

9 © \ Z 

?li c 5 

Siils 
So ® 

SäEaF 

räude 

•> ! . 
s _ 0 a 

9 \a 9 © a 
■0 « a a 9 

1 Ni 

0 12 U* 

Prov.Ostpreussen 

5 

836 

15 

27 


— 

1 

111 

— 

— 

„ Weatpreussen . . . 

180 CC 362 

7 

36 


5 

— 

— 


— 

„ Brandenburg . . • 

144 

27 019 

72 

80 

— 

1 

9 

31 


— 

„ Pommern .... * 

43 

6 578 

8 

9 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

„ Posen . 

591 

159 542 

34 

70 

3 

12 

1 

3 


— 

„ Schlesien . . . . • 

240 

35 741 125 

147 

9 

23 

5 

14 

— 

— 

„ Sachsen . 

204 

47 142 

46 

CG 

— 

— 

12 

87 

22 

5 358 

„ Schleswig .... 

23 

2 658 

15 

28 

— 

— 

2 

5 

— 

— 

„ Hannover. 

8G 

9 288 

31 

45 

2 

5 

10 

28 

63 

3 428 

„ Westfalen . . . . 

70 

2 597 

39 

53 

1 

13 

_ 

— 

27 

1 988 

„ Hessen. 

74 

6 001 

24 

27 

— 

— 

23 

188 

52 

3 175 

„ Rheinprovinz . . . 

141 

760 

79 

103 

1 

1 

10 

70 

10 

406 

„ Hohenzollern . . 

3 

68 

4 

5 

— 

— 

2 

10 

«0 

— 

Preussen zusammen . 

1804372 592499 

696 


61 

75’ 

547 

175 14366 

Bayern. 

1126:104 091 

GO 

71 

* 

2 

26; 131 

32 2144 

Sachsen . 

132 

10 533 tOo 

116 

— 

— 

i: 

3 

— 

— 

Württemberg .... 

391 

23521 

46 

48’ 

4 

G 

3» 

145 

23 

3 243 

Baden . 

122 

7 707 

15 

16 

— 

_ 

25 108 

2 

17 

Hessen. 

99 

6 471 

15 

17 

_ 

— 

6 

89 


410 

Mecklenburg-Schwerin . 

14 

1079 


_ 




— 

3 7 1 


Sachsen-Weimar . . . 

22 

2375 

18 

21 

1 

2 

7 

87 

9,1582 

Mecklenburg-Strelitz 

1 

4 

— 

_ 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

Oldenburg . 

15 

6 812 

1 

l 

— 

— 

— 

— 

2 

255 

Braunschweig .... 

37 

6 639 

12 

13 

1 

l 

— 

— 

19 

134 

Sachsen-Meiningen . . 

34 

j 384 

2 

2 

—I — 

4 

11 

— 

— 

Sachsen-Altenburg . . 

11 

| 309 

7 

9 

_J _ 

— 

— 


— 

Sachsen-Coburg-Gotha . 

35. 2 390 

2 

3 

2 

8 

- 

— 

10 

509 

Anhalt . 

41 

I 10095 

13 

21 

1 

1 

1 

3 

l 7 ) 


Schwarzburg-Sondersh. . 


1370 

— 

— 

— 

— 

7 

584 

1 

86 

Schwarzburg- Rudolstadt 

14 

1 852 

1 

1 

— 

— 

— 

5 

— 

— 

Waldeck . 

5 278 

— 

— 


— 

1 

3 

— 

— 

Reuss ä. L . 

3 29 

1 

1 


— 

— 

_ 

— 

— 

Reuse j. L . 

3* 167 

3 

3 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

Schaumburg-Lippe . . 

— 

— 

— 


_ 


— 

— 

— 

— 

Lippe. 

— 

— 

1 

1 

— 


— 

— 

— 

— 

Lübeck. 

— 

— 

— 

— 



— 

— 

— 

— 

Bremen . 


1 31 

— 

— 


_ 

— 

— 

— 

— 

Hamburg. 

5! 2o7 

1 

2 


— 

— 

— 

— 

— 

Elsass-Lothringen . . 

1331 5101 

12 12 

— 

— 

5 

38 

2 7 

— 


(4055562 997*091054 28, 81 il%, ISf287| 22 735 


') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen' Gehöften be¬ 
findlichen Bestände umfassten 260 544 Rinder, 208 558 Schafe, 
3824 Ziegen,90071 Schweine. Davon kamen auf Preussen 138917 Rinder, 
175 336 Schafe, 1483 Ziegen, 56 856 Schweine. 

*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 39 Pferde, 
949 Rinder, 60 Schafe, 6 Schweine, — Ziegen. Auf Preussen kamen 
36 Pferde, 603 Rinder, 53 Schafe, 4 Schweine. 

*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 29 Gemeinden (da¬ 
von 20 in Preussen, 6 in Bayern, je 1 in Sachsen, Braunschweig, und 
Hamburg). Am Schluss des Quartals blieben verseucht 30 Ge¬ 
meinden (davon 21 in Preussen, 4 in Bayern, 2 in Württemberg, 
je 1 in Sachsen, Sachsen-Weimar und Braunschweig). 

*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch 
des Besitzers getödtete Thiere. 

& ) Alles Rinder, — Pferde. 

6 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal 
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus 
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden 
blieben betroffen am Quartalsschluss 163 (davon 94 in Preussen, 
16 in Braunschweig, 15 in Bayern, 13 in Württemberg, je 8 in 
Sachsen-Weimar, und Sachsen-Coburg-Gotha,je 2 in Baden, Mecklen¬ 
burg-Schwerin und Oldenburg, je 1 in Hessen, Schwarzburg-Sonders- 
hausen und Elsass-Lothringen.) 

7 ) In vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenheerden. 


BERLINER THIERARzTLIChE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by AjOOQle 





























204 


R.-B. Bromberg (6. April 1898). ln Verfolg der Declaration 
vom 9. April 1896 (Ausserordentliche Beilage zu No. 16 des Amts¬ 
blattes für 1896) zur landespolizeilichen Anordnung vom 
6. December 1895, betreffend die Abwehr gegen die Ein¬ 
schleppung der Maul- und Klauenseuche in den dies¬ 
seitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichstheilen 
stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49 des Amts¬ 
blattes fiir 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften der vor- 
bezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus nach¬ 
benannten Reichstheilen: 

1. aus den preussischeu Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Obeipfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬ 
franken, Schwaben, 3. ans den sächsischen Kreishauptraannschaften 
Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬ 
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum 
Sachsen-Weimar-Eisenach, 8. aus dem Grossherzogthum Olden¬ 
burg, 9. aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzog- 
tlium Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Alten- 
burg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 13. aus 


No. 17. 

dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem Fürstenthnm Schwarzburg- 
Sondershansen, 15. aus dem Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt, 
16. ans dem Fürstenthum Waldeck, 17. aus dem Fürstenthum 
Reuss j. L., 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen — im 
Regierungsbezirk Broraberg zur Entladung mit der Eisenbahn 
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken. 

Der Regierungs-Präsident 

Dänemark : Nachdem von der deutschen Regierung angeordnet 
worden ist, dass alles Hornvieh, welches von Dänemark nach 
Deutschland eingeführt wird, in den deutschen See-Quarantäne- 
Anstalten der Tuberculinprobe unterworfen wird und dass alle 
reagirenden Thiere zurückgewiesen werden sollen, sieht sich das 
Landwirthschaftsministerium in Dänemark veranlasst, die Amt¬ 
leute durch ein Rundschreiben vom 5. März d. Js. anzuweisen, die 
Aufmerksamkeit der Polizeimeister darauf hinzulenken, dass die 
in Deutschland zurückgewiesenen Thiere nicht nach Dänemark 
zurückgefübrt werden können. Diese Einfuhr würde dem Verbot 
der Einfuhr lebender Wiederkäuer ans Deutschland vom 15. De¬ 
cember 1897 -resp vom 13. Juni 1896 widersprechen. Ein Dis¬ 
pens von diesem Verbot darf nicht erwartet werden. (Damit dürfte 
die Einfuhr dänischen Viehs in Deutschland unmöglich gemacht 
sein.) 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Prof. Dr. H. Möller, Lehrbuch der Augenheilkunde für Thlerärzte. 

Dritte neubearbeitete Auflage mit 45 Holzschnitten und 2 Farben¬ 
drucktafeln. Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke. 

Das in den thierärztlichen Fachkreisen rühmlichst bekannte 
Buch unterscheidet sich in der vorliegenden dritten Auflage 
äusserlich nicht wesentlich von der zweiten. Nur an der Vei- 
mehrung der Seitenzahl von 298 auf 352 ist zu erkennen, dass 
eine Erweiterung des Stoffes stattgefunden hat. Die Erweiterung 
besteht hauptsächlich darin, dass die in den letzten Jahren ge¬ 
machten Beobachtungen und Fortschritte gesammelt, gesichtet 
und dem Rahmen des Buches eingefügt worden sind. Diese 
Arbeit ist vom Verfasser in mustergiltiger Art ausgeführt worden, 
so dass die dritte Auflage als ein vollständiges und auf der Höhe 
stehendes Lehrbuch der Augenheilkunde allen Thierärzten und 
Studiienden bestens empfohlen werden kann. ... r. 


Personalien. 

Ernennungen: Der Leiter des bacteriologischen Instituts zu 
Hamburg, Polizeithierarzt Dr. Olt, ist als Docent für pathologische 
Anatomie an dio thierärztliche Hochschule in Hannover berufen worden. 

Es sind gewählt worden: Schlachthofthierarzt bteuerwald- 
Breslau zum 2. Schlachthoftliierarzt in Kattowitz (O.-S.), Schlacht l.of- 
tliierarzt W. Fietz-Leipzig vertretungsweise zum Schlachthof- 
director in Ge r a. — Der Schlachthofverwalter Andrich-Katto- 
witz (O.-S.) hat den Titel Schlachthofdirector erhalteu. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: Thierarzt Quatscha-Striegau, Thierarzt Dr. F. Preussc, 
Assistent an der thierärztl. Hochschule in Berlin; Schlachthofdirektor 
Dr. B ü t z 1 e r -Trier, Gestütsthierarzt Dr. Bernhard t-Trakehnen 
Schlachthofthierarzt Heese- Magdeburg, Schlachthofinspector: 
Josef Müller- Pieschen (Pos.), Rossarzt E. M ö 1 h u s e n-Torgau. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc : Verzöge n: Thierarzt 
Holtermann-Bernkastel nach Haselünne (Kreis Meppen), Thierarzt 
H. Feser-Weissenburg a. S. nach Starnberg (Ober-Bayern). 

Todesfall: Thierarzt YYollgast - Liebenwaldc. Müllinger- 
Lichtenberg bei Berlin. 


Yacanzen. 

Kreisthier arztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen 
Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Kassel: Hilufeld 


(schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. zum 
1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). — R.-B. Posen: 
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neust adt (Herzogthum Co¬ 
burg): Amtsthierarztstelle (500M.und300-400M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eideritedt 
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. 

Sanitätsthierarztsteiien :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht 
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. — Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli 
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise 
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Aachen: Scldachthofthicrarzt. — Celle: Schlachthof¬ 
inspector. — Cob lenz: Schlachhof-Hilfsthierarzt — Filehne: 
Schlachthofinspector zum 1 Oct. d. J. — Finsterwalde: Schlacht¬ 
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬ 
inspector. — S c h 1 a w e (Pommern): Schlacbthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch 
Max Arnsdorff. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬ 
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — 
1) re ngf ur t. — Gleschendorf (FürBtenth. Lübeck). — Guxhagen 
(R.-B. Cassel). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemeinde¬ 
rath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: 
Näheres Magistrat. — Pol lnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleisch- 
schau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
PrivatpraxiB). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt 
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. bis 1. Mai an Magistrat. — 
E i n b e c k (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof). — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M. 
garantirt). Auskun ft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht 
; (Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬ 
mann inGr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Scblawa 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat — Schön- 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren aus Fleischscbau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu¬ 
führender FleischBchau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst- 


Verantwortlich dr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Ur. Scbnialtz in Herliu. — Verlag und Eigentum von Richard Schoctz in Rerlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin. 


Digitized by AaOOQle 




Di« „Berliner Thler&rstliehe Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich ln ßtärke von mindestens l'/t Bojen. Dieselbe 
ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbiichliamlltinj von Ricbara 
Schoetz. Merlin NW., Liiisenstrasae :tti, r.um Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlginalbeltr&je werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetloncllen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, tbier&rstliche Hochschule, NW., Luisenstrasse W*. 
Correcturen, Recensions-Ksemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 18 . 


Ausgegeben am 5. Mai. 


Inhalt: Hoffmann: Die moderne Thierzuchtlebre und ihre Aufgaben. — Melnicke: Behandlung von acuter 
Schulterlahniheit durch Atropin - Morphium-Injection und die dabei beobachtete heftige 
Wirkung des Atropin. — Tempel : Kalbcfieber, geheilt nach Schmidt-Kolding. — Referate: Bart k e : 
Erralidungskranklieiten beim Pferde — Bosi: Ein Beitrag zur Spatbebandlung. — Kleine Mittheilungen. — Tages- 
gcschichte: Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses. — VII. Internationaler thierärztlicher Congress zu 
Baden-Baden, Anfang August 1899. — Tagesordnung der VI. Plenarversammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens zu Berlin am 21. Mai 1898. — Bericht Uber die am 17. April 1898 zu Cöslin abgehaltene Versammlung des Thier¬ 
ärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Cöslin. — Zur Aufbesserung der Stellung der Kreisthierärzte. — Personalien. — Vacanzen. 


T 


Die moderne Thierzuchtlehre und ihre Aufgaben. 

Vortrag von 

Professor HofTmann-Stuttgsit 

Die „Thierproductions- oder Thierzuchtlehre“, auch 
kurzweg „Thierzucht“ genannt, hat die Aufgabe, sämmtliche 
hier in Betracht kommenden Fragen: Thierarten, Racen, 
Individualität, Erzeugung und Erziehung — ans dem 
Fnndament wissenschaftlich zu bearbeiten und die erlangten Re¬ 
sultate für die Praxis zu verwerthen. 

Die Thierzuchtlehre darf sich daher weder einseitig auf den 
wissenschaftlichen Boden stellen, der besonders von der all¬ 
gemeinen und speciellen Zoologie und der Physiologie ge¬ 
geben ist, noch sich nur von den Erfahrungssätzen des 
Züchters nnd Thierhalters und Liebhabers leiten lassen. Wissen¬ 
schaft und Praxis haben hier vereinigt zu marschieren. Die 
hehre Gestalt der Minerva hat der Sennerin die Hand zn reichen. 
Spät nnr hat sich die Göttin dazu entschlossen, denn wenn auch 
die Schäferin seit frühester Zeit das Wohlgefallen des männ¬ 
lichen Theiles der Olympier sehr oft erweckte, so blieb doch die 
Hirtin was sie war, ein zwar schönes, dralles, aber abergläubisches, 
oft schmutziges Wesen. 

Mit dem Erwachen der Veterinärmedicin hat man sogleich 
erkannt, dass die Thierznchtlehre and die ihr nächstverwandten 
Zweige: die Beurtheilnngs-, Fütternngs- and Gesand- 
heitslehre, für den Thierarzt eine elementare Nothwendigkeit 
darstellen. 

Die Entwickelung der Thierheilkunde war bis jetzt der Ent¬ 
wickelung der Thierznchtlehre an den Pflegestätten dieser 
Wissenschaft nicht sehr günstig. Durch lange Zeit galt für die 
Veterinärwissenschaft als Leitmotiv die Therapie. „Das Heilen 
ist die Krone der Medicin“! erscholl es ans der Praxis wie von 
der Lehrkanzel. — Später ist das Verhältnis anders geworden. 
Das Gebiet der Seuchentilgnng hat sich immer mehr erweitert. 
Ganz neue Disciplinen: Die pathologische Anatomie in 
gewaltigem Ausbau, mit der Bacteriologie, haben sich ein¬ 
geschoben, und es ist der Therapie dadurch eine mächtige Ri¬ 
valin erwachsen. Nicht heilen! — heisst es hier bei der modernen 
Senchetilgung — es hat keine Bedeutung, das Leben einzelner 
zu erhalten — sondern ausrotten, vernichten. 


Unerbittlich hat die Wissenschaft auch das Verhältnis des 
Menschen zu seinen Hausthieren geändert! 

Immer mehr sind die Hansthiere Kunstprodncte seines 
Wissens and Könnens and seiner Laune geworden und immer 
mehr sind dieselben in Ansehen und Werth gesunken: Die Alten 
verehrten das Pferd wie ein erhabenes Geschenk der Göttlichen 
an die Menschen, sie bewunderten mit Stolz seine Gestalt und 
Fähigkeiten, sie bereiteten mit Wehklagen einzelnen hervorragenden 
Thieren die letzte Ruhestatt in der eigenen Familiengruft nnd sie 
erhoben das Pferd, in der Lichtgestalt des Pegasus, selbst zum 
Gott empor. — Das alte Cultnrvolk der Aegypter wusste 
seinen erhabensten Ideen von der Gottheit keine mächtigere 
nnd würdigere Gestalt anzusinnen, wie die eines Ballen, das 
Ange der Götterkönigin der Griechen, Hera, erglänzte im höchsten 
Glanze: farrenängig — der Stier rettete die Götterkinder ans der 
Gefahr und es verschmähte selbst Zeus nicht, Stiergestalt anzuneh¬ 
men — nnd wie wehklagten die Dichter über das Hinuntersinken 
des goldenen Zeitalters, in dem das freie, nugebändigte nnd un- 
bejochte Rind willig dem Menschen das volle Enter darreichte — 
aber schon im silbernen Zeitalter: „unter dem Drucke desJoch’s, 
aufseufzten die Thiere“ — bis dann endlich „entstand das Ge¬ 
schlecht aus Eisen erzeuget; dieses wagte zuerst zu schmieden 
den traurigen Mordstahl nnd zu kosten den Stier mit Gewalt be¬ 
siegt nnd gebändigt“. 

Wo ist sie, diese Zeit der Verehrung, der Achtung, der 
Liebe des Menschen zu seinen Hausthieren! Weiss doch schon 
ein Uhland keinen besseren Gesang mehr für dieselben als ihr 
„Fleisch“ zn rühmen! 

Das Eine soll noch besonders betont sein, dass die ganze 
menschliche Cultnr ohne Hansthiere nicht denkbar ist, dass 
sämmtliche Völker, die in das Stadium eines Coltnrvolkes treten, 
alle schon die Hansthiere besitzen and dass die sämmtlichen 
wichtigsten Hansthiere schon in vorhistorischer Zeit domesticirt 
worden sind. Von Sänge thieren hatten die vorhistorischen 
Völker: Rind, Schaf, Ziege, Hund, Pferd, Esel, Schweine, Büffel, 
Zebu, Kameel, Dromedar nnd die Katze. Von Vögeln hatten 
sie: Gans, Ente, Taube, Huhn nnd Pfau und von Insekten: 
die Bienen nnd zweierlei Seidenraupen. Wenn nnn auch im 
Laufe der geschichtlichen Jahrtausende noch mancher werthvolle 
Besitz hinzu gekommen ist, sodass die Gesammtzahl unserer 


Digitized by LjOOQie 





206 

Hansthiere jetzt fast 50 Arten oder doch zoologische Racen 
beträgt, das Wichtigste and Werthvollste dieses anendlichen 
Reichthums stammt aas grauester Vorzeit and wie viele Jahr¬ 
tausende dahin geflossen sein mögen, bis diese stattliche Zahl 
von Hansthieren, nicht nar gezähmt, sondern in dem wahren 
Sinne des Wortes domesticirt war, das entzieht sich unserem 
Wissen. 

Wir haben freilich viel mehr Hansthierarten and Racen and 
viel mehr Thiere zam Verhältnis der Zahl der Menschen als wie 
die Alten, aber was haben wir aus dem Lebensalter der 
Thiere gemacht! 

Das Pferd kann bis 50 Jahre alt werden. Das Durch¬ 
schnittsalter von unseren Gebranchspferden wird sich aber nicht 
höher als 6—7 Jahre stellen, und zwanzigjährige sind schon 
Ansnahmen und bei denjenigen, die gegessen werden, den Rindern, 
Schweinen und anderen, dürfen blos einzelne, ausnahmsweise, 
das Alter bis zur geschlechtlichen Entwicklung erleben. Denn 
es ist die Kunst des Züchters, die „Frühreife“ immer näher zum 
selbstständigen Lebensbeginne zu rücken und das Durchschnitts¬ 
alter zu verkürzen. Damit ist nöthig strengste Theilung in 
Arbeit-, Milch-, Zucht- und Fleischleistung verbunden. Dadurch 
höchste Ausnutzung des Futters und grösseste Zahl der gleich¬ 
zeitig Lebenden! 

Mit der Verkürzung des Lebens der Hansthiere hat aber die 
Leistung, die Schönheit und die Menge der Hausthiere gleich- 
mässig zugenommen! Der Bestand einer Race ist gesichert, 
wenn zu gleicher Zeit viele und lebenskräftige Individuen 
existiren, und nur bei denjenigen Racen der Hansthiere, die fort¬ 
schreitend zunehmen, verkürzt sich das Leben des Einzelnenl 

Je mehr Hausthiere, je grösser die Zahl der ArteD, je 
höher an Zahl die Einzelnen, um so höher der Reichthum! — so 
schloss man, als die Wissenschaft die Geschichte der Thierzucht 
kennen lehrte — und in der Verfolgung dieser Erkenntniss suchte 
man neue Hausthiere zu gewinnen, seien es ganz neue Arten 
und Racen, die man bei uns einführen wollte, oder seien es 
neue aus bereits bekannten gezüchtete Formen. Dieses Streben 
sehen Sie in den für Thierzucht grossartigen Leistungen König 
Wilhelms I., Sie sehen es in der Gründung der verschiedenen 
Acclimatisationsgärten, besonders dem in Paris, und Sie sehen 
es mit etwas veränderter, modernisirter Tendenz in dem Ver¬ 
suchsgarten der landw. Akademie in Halle. 

Allein die Zeit der ruhigen, sicheren Fortentwicklung in 
seitheriger Weise ist dahin. Was wir an Streben zu verbessern 
und zu vermehren aus früherer Zeit haben, das darf heute nicht 
mehr bedingungslos gelten, denn es sind neue Factoren ein¬ 
getreten, die beachtet werden müssen, will man überhaupt sich 
mit dem Besitze halten. 

Die moderne Technik, der Verkehr und Welthandel, die 
Maschinen- und Dampfbetriebe leiten die Menschen auf andere 
Bahnen, und wir haben uns zu den Völkern gesellt, die als 
industrietreibende und nicht mehr als nur ackerbautreibende 
zu bezeichnen sind. Der grössere Theil der Bevölkerung hat 
die Landwirthschaft verlassen, und damit ist die Entwerthung 
des heimischen Grund und Bodens (wenn auch nicht im Ankaufs¬ 
preise, weil andere Geldverhältnisse eingetreten sind) Thatsache 
geworden. 

Die Maschine, der Welthandel, ruiniren unsere Landwirt¬ 
schaft, denn alle Prodncte derselben können an günstigeren Orten 
billiger und vielfach besser hergestellt werden — und die Fracht¬ 
verhältnisse sind so geordnet, dass man mit Leichtigkeit ganz 
Deutschland von auswärts verproviantiren könnte, ebenso, dass 
man einen sehr grossen Theil der Arbeitsthiere von aussen erhalten 
könnte. 


No. 18. 

M. H. Wir haben gesehen, dass Länder, die vor uns den¬ 
selben Prozess durchgeraacht haben, ihre Landwirthschaft sich 
selbst überliessen, und dass hier ein erbarmungsloses Vernichten 
von Existenzen und Menschen eintrat — ich erinnere an die Ver¬ 
hältnisse, die besonders in Irland auftraten. — Um nun dieses 
Unglück, das bei freier Concurrenz der deutschen Landwirth¬ 
schaft drohte, zu verhüten, haben wir unsere Grenzen mit einem 
Schutzwall umgeben. Es ist verboten, landwirtschaftliche Pro¬ 
ducts vom Auslande einzuführen, das ist das Höchste, was in 
der Sache gethan werden kann. Soweit ist man aber nicht ge¬ 
gangen, sondern man belegt die Waaren an der Grenze mit einem 
Zoll. 

Es ist heute nicht die Zeit und hier nicht der Ort, um Zoll¬ 
politik zu treiben. 

Wir lassen hierbei die Wirkung des Zolles auf das aus¬ 
ländische Getreide und unsere heimischen Preise unberührt — 
nur das Eine wollen wir zeigen, dass nach dem andauernden 
Verlangen nach Steigerung des Zolles die Hauptwirkung nicht 
da zur Geltung zu kommen scheint, wo sie der Begründung nach 
stattfinden soll. 

Bei den landwirtschaftlichen Producten thieriscber Ab¬ 
stammung erfolgt die Eischwerung des Durchganges unserer 
Grenzen bekanntlich nicht durch Zölle, sondern unter der Be¬ 
gründung des Schutzes unserer heimischen Hausthiere gegen 
Seuchengefahr. — Hierdurch hat die Tbierheilkunst die Aufgabe 
erhalten, die Notwendigkeit der zunehmend verschärften Mass- 
regeln zu begründen — in wie weit hier die Minerva der 
Sennerin die Hand reicht, lassen wir heute ohne Rön*genstrahlen 
passiren. 

Eines aber wollen wir nicht ganz unberührt lassen, darauf 
hinzuweisen, dass die Zollgrenze ein menschliches Werk ist. dass 
diese Mauer um unser Reich fallen kann und dass man sich bei 
Zeiten einzurichten hat, dass unsere Landwirthschaft und be¬ 
sonders unsere Thierproduction auch ohne Grenzschutz fest stehen. 

Wir wollen zunächst etwas Statistik treiben. 

Die Zahl der Hausthiere insgesammt, diejenige im Verhält- 
niss zur Bodenfläche und zu der Bevölkerungsziffer wird in 
Württemberg schon seit 1831, im Deutschen Reiche seit 1873 in 
kurzen Pausen festgestellt, es ergeben sich aus diesen Zahlen 
sehr wichtige, und sowohl für den Staatsmann wie für den Züchter 
zu beachtende Thatsachen: 

Pferde sind in Württemberg ziemlich stabil. Wir hatten 
1831 97 293 Stück. Der höchste Stand war 1847 106 972 Stück, 

der niedrigste 1858 88 761 Stück und 1892 betrug die Zahl der¬ 

selben 101 671 Stück und 1897 106 996. — Im ganzen Deutschen 
Reiche ist die Zunahme beträchtlicher, die Gesammtzahl betrug 
1873 3 352 231 Stück und 1892 3 836 256 Stück, also beinahe 

eine halbe Million mehr. Auf 1 qkm kommen in Württemberg, 
1831 5 Stück 1847, bei dem frühem Höchststände 5,5 Stück 
1856 dem niedersten Stande 4,6 Stück und 1892 7,1 Stück, 
was hier eine beträchtliche Zunahme darstellt. Rechnet man wie 
viele Pferde auf 100 Einwohner kommen, so haben wir in 
Württemberg 1831 6,2 Stück, ein Verhältniss, das sich bis 1850 
ziemlich gleichbleibt, von da ab sinkt aber die Pferdezahl all- 
mälilig mit kleinen Schwankungen unerbittlich, so dass wir 
1892 nur noch 5 Pferde auf 100 Einwohner haben. Das 

gesammte Deutsche Reich hat im Verhältniss zur Einwohnerzahl 
viel mehr Pferde wie Württemberg, doch ist auch hier dieselbe 
Erscheinung wie bei uns, die des Sinkens i. Verb, zur Zahl der 
Einwohner, oder um es anders auszudrücken, der geringeren 
Pferdezunahme, denn es kommen im Ganzen auf 100 Einwohner 
1873 8,2 Stück 1892 nur noch 7,8 Stück. 

Maulthiere, Maulesel und Esel sind in ganz rapidem 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



5. Mai 1898. 

Sinken: es gab in Württemberg 1831 767 Stück, 1837, der 
Höchstzahl, 961 Stück, 1853 noch 124 Stück und 1892 nur noch 
72 Stück. — Auch im Reiche ist dasselbe Verhältniss; es gab 
1873 13 316 Stück und 1892 nur noch 6703 Stück. — Seltener 
werden ist die erste Erscheinung des Aussterbens und diese 
Thiere' sind gewiss selten geworden. Wir werden diesen wissen¬ 
schaftlich hochwichtigen Bastarden, über die eine eigene grosse 
Literatur existirt und die heute noch themahungrigen Gelehrten 
Stoff die Fülle zu Abhandlungen bieten, vom Standpunkte des 
Züchters und Thierarztes, auch wenn unsere Vorfahren mulo- 
raedici Messen, keine Thräne nachweinen. 

Rinder wurden gezählt in Württemberg 1831 789 469 St. 
Die Zahl steigt allmählig herauf, erreicht 1865 den 
Höchststand mit 974 917 Stück, hält sich auf 900000 Stück 
und darüber, bis 1892 mit 970 558 Stück, um dann plötzlich bis zu 
775 212 — also um 14 252 Stück weniger wie 1831 — zu sinken. 
1897 beträgt aber die Gesammtzahl der Rinder in Württem¬ 
berg 958070 Stück und 1897 991 C62 Stück, so dass jetzt eine 
Höhe erreicht ist wie nie zuvor! Im Deutschen Reiche ist eine 
ähnliche Erscheinung zu verzeichnen: dasselbe hatte 1873 

15 776 702 Stück Rinder, 1892 17 555 694 Stück und 1893 

16 372 591 Stück, also auch hier ein sehr rasches Ansteigen, 
das aber ebenfalls und noch rascher unterbrochen wird wie in 
Württemberg. Auf den qkm oder Hektar Land kommen in 
Württemberg 1831 40,5 Stück Rinder und 1893 39,7 Stück; die 
niedrigste Zahl ist 1843 vorhanden mit 35,3 Stück, dagegen 
zeigt sich im Reiche die Zahl der Rinder zur Bodenfläche be¬ 
deutend geringer als in Württemberg. Wir haben hier 1873 
29,2 Stück auf 100 Hektar, und die Höchstzahl 1892 mit 32,5 er¬ 
reicht noch nicht den niedrigsten Stand, der seit 1831 in Württem¬ 
berg vorgekommen ist. — Noch stärker kommt der Rinderreich¬ 
thum Württembergs zur Geltung, wenn die Zahl der Rinder zur 
Zahl der Einwohnerschaft verglichen wird. Wir haben in Würt¬ 
temberg auf 100 Einwohner im Jahre 1831 50,2 Stück Rinder, 
— die Höchstzahl 1865 mit 55,8 Stück und die niedrigste 1893 
mit 38,1 Stück. Im Reiche haben wir 1873 38,4 Stück, und 1893 

33.1 Stück. 

Schafe hatte Württemberg 1831 581862 Stück. Die höchste 
Zahl war 1865 vorhanden mit 703 656 Stück und die in einer 
der neuesten Zählungen, der von 1892, war 385 620 Stück, somit 
196 242 Stück weniger als 1831 oder 318 036 Stück weniger 
als im Höchstbestande 1865, und die Zahl von 1897 340 471. 
Das Sinken der Zahl der Schafe tritt aber noch viel deutlicher 
auf, wenn man die Gesammtzahlen im Reiche vergleicht. Es 
existirten hier 1873 24 999 406 Stück Schafe, 1885 noch 
19 189 517 Stück und 1892 nur noch 13 589 612 Stück. Es sind 
somit in der Zeit von 20 Jahren fast die Hälfte — über 11 Mil¬ 
lionen — weniger geworden. Zur Bodenfläche gestaltet sich das 
Verhältniss folgendermassen: Wir haben in Württemberg anf 
100 Hektar Land 1831 29,8 Stück, den Höchststand 1865 mit 

36.1 Stück und den niedrigsten Stand 1892 mit 19,8 Stück. Im 
Reiche ist das Sinken von 1873 mit 46,3 Stück bis auf 25,1 Stück, 
im Jahre 1892 etwas geringer bemerkbar. Zur Zahl der Ein¬ 
wohner tritt es um so crasser auf. Wir haben in Württemberg 
auf 100 Einwohner 1831 37 Stück Schaf**. Die Höchstzahl ist 
1837 vorhanden mit 44,4 und die niedrigste Ziffer 1893 mit 16,9Stncb. 
Im Reiche haben wir 1873 60,9, 1883 noch 42,4 und 1892 nnr 
noch 27,5 Stück Schafe auf 100 Einwohner. 

Das umgekehrte Verhältniss ist bei den noch weiter an¬ 
zuführenden Hausthieren vorhanden: 

Schweine hatten wir in Württemberg 1831 201754 Stück, 
die niedrigste Zahl war 1843 mit 132 734 Stück zugegen, 1892 
betrug sie aber 394 616 Stück, im Jahre 1897 434 033 Stück. 


207 


Im Reiche ist die Zahl von 1873 mit 7 124 080 Stück in 20 Jahren auf 
12 205 825 Stück hinanfgeschnellt. Die Schwankungen zur Boden¬ 
fläche und Einwohnerzahl sind im Verhältniss zu anderen Haus¬ 
thieren sehr gross. In Württemberg kommen auf 100 Hektar 
1831 10 Stück, 1843 6,8 und 1892 19,5 Stück Schweine. Im 
Deutschen Reiche ist die Zunahme noch constanter: 1873 
13,2, 1883 17, 1892 22,5 und 1893 22,6 Stück. Auf 100 Ein¬ 
wohner kommen in Württemberg: 1831 12,2, 1843 8,1 und 1892 
19,4 Stück, und im Reiche haben wir: 1873 20,4 und 1892 
24,6 Stück Schweine. 

Ziegen: Die so lange geschmähte und verachtete Ziege 
zeigt sich eminent culturfähig und culturfreundlich, damit ist 
aber noch lange nicht gesagt, dass diejenigen Länder, welche am 
meisten Ziegen besitzen, auch die culturfähigsten wären, sonst 
wäre uns Griechenland, das die meisten Ziegen hat, weit voraus 
und heute noch ebenso überlegen, wie zur Zeit des Hippokrates. 
Württemberg hatte insgesammt im Jahre 1831 21216 Stück 
Ziegen und die Zunahme erfolgt mit einigen Schwankungen derart, 
dass 1892 70 305 und 1897 82 681 Stück Ziegen vorhanden sind. 
Mehr als 3 Mal so viele wie bei der ersten Zählung, eine Zu¬ 
nahme, die von keinem anderen Warmblüter erreicht wird. Auch 
im Reiche ist die Zunahme sehr bedeutend: Von 1873 mit 
2 320 000 Stück auf 3191287 Stück im Jahre 1893. In Würt¬ 
temberg kamen auf ICO Hektar: 1831 1,1 und 1892 3,6 Stück 
Ziegen. Im Reiche stiegen sie von 1873 bis 1892 von 4,3 auf 
5,7 Stück. Zur Einwohnerzahl hatten wir in Württemberg auf 
100 Einwohner im Jahre 1831 1,3 und 1892 3,5 Stück. Im 
Reiche aber: 1873 5,7 und 1892 6,3 Stück. Trotz der enormen 
Zunahme in Württemberg haben wir znr Einwohnerzahl kaum 
etwas mehr wie die Hälfte von der Zahl des Reiches. 

Bienenstöcke zeigen in Württemberg ziemliche Schwan¬ 
kungen, haben aber eine Neigung zur Vermehrung, im Reiche 
aber eher eine solche zum Sinken. 

Geflügelzucht und -haltung ist in der Zunahme be¬ 
griffen, ebenso ist die Fischzucht in ganz bedeutender Zu¬ 
nahme. 

Es ist in der Wissenschaft ein anerkannter Satz: in der 
Aufstellung der Thatsachen nicht nur sorgsam, sondern sogar 
pedantisch genau zu sein, in den Schlüssen aber die aller- 
grösseste Vorsicht walten zu lassen. Ich werde, nachdem 
ich mich bemüht habe, das Erstere zu halten, das Zweite nicht 
vergessen. 

Darüber, dass das Verhältniss des Menschen zu seinen Haus¬ 
thieren ein anderes war und dass es jetzt in der angefangenen 
Richtung weiter gehen wird, kann kein Zweifel sein. Die 
Menschheit wird das freundschaftliche Verhältniss zu dem Haus- 
thiere immer mehr lösen und sich von der Gesellschaft desselben 
befreien, diejenigen Hausthiere, die am meisten diesem Bedürfnis 
als Nebenzweck dienten, die werden am ehesten seltener werden 
und am ehesten verschwinden, desgleichen diejenigen, deren 
Arbeitsleistung durch die Maschine zu ersetzen ist. Nächstdem 
werden solche an die Reihe kommen, deren Nutzen mit extensivem 
landwirtschaftlichen Betriebe verknüpft ist. Dagegen werden 
hauptsächlich diejenigen Arten, die nur der Nahrung des Menschen 
dienen, sehr vermehrt werden. 

Die Pferdezucht wird des ausgiebigsten Schutzes der 
Regierung bedürfen, wenn sie nicht weiter zurückgehen soll als 
seitdem. Schon seit langer Zeit wird ja die Pferdezucht von den 
Staaten unterstützt und gefördert, mehr als die anderer Haus¬ 
thiere, es wird hier durch Belehrung, durch Ermunterung, 
durch BeiMlfe in der Auswah 1 der Zuchtthiere, durch Beihilfe 
in der Beschaffung guter Zuchtthiere, ja duich eigene Zucht 
in den staatlichen Gestüten, das Möglichste geleistet. Dies 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 18. 


208 


kommt daher, weil das Pferd mit der Landesverteidigung, 
dem Schutze des Vaterlandes in engstem Zusammenhänge steht. 
Dadurch erklärt es sich auch, dass von sämmtlichen Staaten das 
Pferd in erster Linie bevorzugt wird, und besonders diejenige. 
Raco, die den Zwecken eines Soldatenpferdes dienen kann. 
Dieses Bestreben führte dazu, dass das diesen Zwecken ent¬ 
sprechende Pferd in Deutschland in grosser Ueberzahl gezüchtet 
wird. Der Beweis ist gegeben in einer Eingabe der K. preuss. 
Landwirthschaftsgesellschaft an das K. Landes-Oeconomie- 
Collegium, wonach in Preussen ein üeberschuss an sogen, warm¬ 
blütigem Pferdematerial vorhanden ist, dagegen an schweren 
Gebrauchspferden ein grosser Mangel besteht. (Bei einem Be¬ 
darfs von ca. 32 000 bis 35 000 Stück Militärpferden und sonstigen 
dieser Race von 100 000 Stück — existirt, ein Üeberschuss von 
sogen, warmblütigen Material, eine Production von 75000 bis 
78000 Stück. Dagegen werden bei einem Bedarfs von 150000 
Stück Arbeitspferden nur ca. 32 000 Stück im preussischen Staate 
erzeugt, so dass ein Manco von 110000 Stück vorhanden ist. 
Dieses Manco wird durch Import vom Auslande gedeckt, wodurch 
der heimischen Pferdezucht eine ganz gewaltige Einnahme ver¬ 
loren geht). Bei uns in Württemberg liegen die Verhältnisse 
nicht günstiger als in dem Staate Preussen, denn bei uns fällt 
für den Züchter des Militärpferdes der Hauptabnehmer, das 
Militär selbst, wenn auch nicht ganz, so doch im Verhältnis zu 
Preussen, grösstentheils weg, dagegen hat der Import der 
schweren Pferde in Württemberg grossen Umfang angenommen. 
Es ist unter diesen Umständen wohl berechtigt, darauf hinzu¬ 
weisen, dass es der Erwägung wohl wertb sein dürfte, auch die 
Zucht des schweren Pferdes mehr zu begünstigen als seitdem, 
nicht um damit die Zucht des Pferdes mit dem seitherigen Zucht¬ 
ziel einzuschränken, — im Gegentheil, dasselbe könnte nach 
einigen Lieblingsideen noch „gängiger“ gemacht werden — sondern 
um dem seitherigen Zuchtziel noch ein weiteres zweites 
Zuchtziel, das des Ideales eines schweren Pferdes 
anzugliedern. Nicht verringern — nein — vermehren, ver¬ 
bessern sollte man, und ich wüsste keinen schöneren und 
würdigeren Tag als den heutigen, um dieses Ziel in der Oeffent- 
lichkeit zur Förderung zu bringen. 

Die Rinderzucht in Württemberg ist im Verhältniss zur 
Bevölkerungszunahme und zu dem zunehmenden Fleischverbrauche 
in der Abnahme begriffen, aber sie befindet sich im Verhältniss 
zum Reiche in ganz bedeutender Zunahme. Die Ursachen, welche 
den Rinderreichthum Württembergs bedingen, sind sorgsamst zu 
hüten und zu fördern; ob eine derselben nicht darin besteht, 
den heimischen Schlägen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als 
seither, ausserdem die einst berühmten Viehschläge des Landes sowie 
auch das Unicat unseres Württembergs, den von König Wilhelm 
erzüchteten Viehschlag, den Rosensteiner, dessen ganz ausser¬ 
ordentliche Leistung ich vor einigen Jahren veröffentlichte und 
dessen Milchreichthum geradezu Staunen erregt hat, mit grösserer 
Sorgsamkeit zu beachten. 

Die Schafzucht in Württemberg geht rapid zurück, es 
liegt dies in dem veränderten landwirtschaftlichen Betriebe, in 
der Abneigung unseres Volkes, Hammelfleisch zu essen; die 
Kochkunst versagt hier etwas. Unser Hauptexport nach 
Frankreich ist sehr erschwert und die Hauptursache, der Wolle¬ 
import und die veränderten Ansprüche an die Wollequalität und 
die Tücher stellen so starke Gegenwirkungen dar, dass in abseh¬ 
barer Zeit eine Besserung nicht, wohl aber noch ein weiteres 
Sinken der einst so berühmten Schafzucht in Aussicht steht. 

Die Schweinezucht ist bei uns wie im Reiche in stärkster 
Vermehrung begriffen, die alten Landracen mit ihrem groben 
Skelet, ihren langen spitzen Köpfen, ihren starken Rüsseln, ihrem 


mächtigen Borstenkleide und ihrem feinen delicaten Fleische, sie 
sind dahin, sie sind von den feinen Kulturracen mit ihrer 
staunenswerthen Frühreife, ihrer mächtigen Ausnützung des 
Futters, aber schmacklosem weichen Fleische verdrängt, sie sind 
dahin, wie von einer bösen Seuche weggerafft Ausserdem ist 
der ' mächtige Fleischimport sowohl an lebenden Schlachtthieren, 
wie an Fleisch und Fleischwaaren, zu beachten. Die Schweine¬ 
zucht ist in ganz ausserordentlicher Weise steigerungsfähig, das 
Absatzgebiet, der Markt, die Nachfrage, die sind viel grösser 
als die Production, und von Utilitätsrücksichten und vom ökono¬ 
mischen Standpunkte ist die Zucht der Schweine in jeder Weise 
zu fördern. 

Es mag seltsam klingen, aber die Thatsache liegt vor, dass 
das Schwein die erste Stelle in der Hausthierzucht einnimmt. 

Die Ziegenzucht ist, wenn auch nicht in so beharrlichem 
und gleichmä8sigem Ansteigen wie die Schweinezucht, sondern 
unter starken Schwankungen, in sehr bedeutender Zunahme be¬ 
griffen. Die Ziege zeigt sich nach dem bekannten Vergleiche 
eminent culturfreundlich, das Schaf cnlturfeindlich, culturfllichtend. 
Die Ziege ist die Kuh des armen Mannes, sie ist nicht ein 
Zeichen zunehmender Verarmung der Bevölkerung, sondern sie 
ist ein sehr bedeutsamer Factor in der Sicherstellung des kleinen 
Haushaltes, möchten nicht nur die staatlichen Organe, die 
Regierungen, sondern 'auch die Verwaltungen grosser Betriebe 
— Eisenbahnen, Fabriken — die Zucht der Ziege in fördernder 
Weise in die Hand nehmen, sie würden damit grossen Segen 
stiften. 

Die Geflügelzucht ist in bedeutender Zunahme, sie gedeiht 
aber in Deutschland nicht so wie in den importirenden Ländern, 
weil bei uns nur ein einseitiger Gebrauch, der von Eiern, aber 
nicht auch von Fleisch, stattfindet. Wenn ein Gebrauchstbier, 
wie es das Huhn ist, nicht vollkommen ausgenützt wird, wie 
z. B. in Frankreich und Italien — so dass es noch heute 
der Fall ist, dass, wenn man eine feine Poularde essen will 
(und es giebt solche Menschen im Reiche), man eine französische 
kommen lassen muss —, so kann die Zucht nicht recht ge¬ 
deihen. Zudem sind die Aufzuchtverhältnisse im südlichen 
Theile von Italien ganz ungleich günstigere, als bei uns, denn 
um den Preis, zu dem namentlich das Junggeflügel importirt 
wird, will man sie bei uns nicht züchten. Sodann ist zu beachten, 
dass sehr viel Sportgeflügel gezüchtet wird. 

Sehr bedeutende Fortschritte sind in der Fischzucht vor¬ 
handen und noch zu erwarten. Die Zucht und Pflege dieser 
Kaltblüter ist sehr vielversprechend. Das Fleisch der Fische ist 
ein Nahrungsmittel von der Güte des der Warmblüter und vielfach 
noch vorzuziehen, weil es leichter verdaulich ist. 

Gegenwärtig gilt bei uns im Allgemeinen noch das Essen 
von Fischen als Luxus — das ist aber nicht immer so gewesen — 
und bei richtiger und reicher Bevölkerung unserer Fischwasser 
ist zu erwarten, dass der Fisch eine ganz bedeutende Stelle als 
Volksnahrungsmittel erringen wird. 

Behandlung von acuter Schulterlahmheit durch 
Atropin-Morphium-Injection und die dabei beobachtete 
heftige Wirkung des Atropin. 

Von 

Meinicke-LUneburg, 

Rossarzt. 

Die in der B. T. W. mitgetheilten günstigen Erfolge der 
Behandlung von chronischer Schulterlahmheit durch Atropin- 
Morphium-Iiyection (Thierarzt Büttner-Penzlin und zuletzt 
Thierarzt Reissmann-Strasburg i. U.) veranlassten mich, eben¬ 
falls diese Behandlungsmethode zu versuchen. Die ersten Ver- 


Digitized by LjOOQie 







5. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


209 


suche hiermit worden bekanntlich von Kreistbierarzt Dr. Tempel- 
Leipzig in der Deutschen Thierftrztlichen Wochenschrift No. 31 
1897 mitgetheilt. 

Es handelte sich in diesem Falle nicht um chronische 
Schulterlahmheit bezw. um chronischen Schulterrheumatismns, 
sondern um acute Schulterlahmheit. 

Qu. Pferd, Offizierpferd, war etwa Mitte März d. J. beim 
Bewegen an der Hand plötzlich vorn rechts lahm geworden. 
Nach Aussage des Burschen, der das andere ritt, war fragliches 
Pferd mehrere Male ungestüm zur Seite gesprungen und bald 
darauf lahm gegangen. Etwa i Stunde später wurde mir das 
Pferd vorgeführt. Schon im Schritt machte sich das langsame 
und verkürzte Vorführen des rechten Vorderschenkels deutlich 
bemerkbar; im Trabe war die Lahmheit ganz erheblich, so dass 
das Pferd erst durch Zurufen bezw. leichtes Antreiben zur Trab¬ 
bewegung gebracht werden musste. Bei Seitwärtsbewegungen 
des nach vorn herausgenommenen Schenkels zeigte sich Patient 
äu88er8t empfindlich und suchte durch Steigen sich dieser 
Manipulation zn entziehen. Das Betasten der Schulterpartie war dem 
Thier ebenso schmerzhaft; die Untersuchung des übrigen Schenkels 
ergab einen negativen Befund. Ein Zweifel über die Diagnose 
„acute Schulterlahmheit“ bestand nicht. 

Die eingeleitete Behandlung bestand in Kühlen mit Eiswasser 
während der ersten 48 Stunden und Einreibungen mit Fluid am 
Abend. Vom dritten Tage ab wurden sodann Priessnitz’sche 
Umschläge gemacht und ebenfalls des Abends noch Einreibungen 
mit Fluid. Da in den folgenden Tagen durchaus keine Besserung 
eingetreten war, sondern Patient noch ebenso stark lahmte, so 
entschloss ich mich, hier die neue Behandlungsmethode zu ver¬ 
suchen , und zwar war es am 10. Tage, seitdem die Lahmheit 
bestand. Ich injicirte die Lösung (Atropin, sulfuric. 0,05, 
Morphin, hydrochloric. 0,2, Aqn. destillat. 20,0) oberhalb des 
Schultergelenks an zwei Stellen, je die Hälfte. Um die Wirkung 
der Einspritzung zu beobachten, verweilte ich aus persön¬ 
lichem Interesse beim Patienten. Schon nach 10 Minuten waren 
die Pupillen erweitert und bald darauf fing das Pferd an, die 
Zange seitlich zum Maule herauszustecken, und bewegte dieselbe 
ähnlich wie im Anfang ein Gewohnheitszungenstecker, dem das 
unbequeme Gebiss eingelegt ist. Vorgehaltenes Heu und Wasser 
versuchte es wohl aufzunehraen, es war jedoch nicht im Stande, 
dasselbe abzuschlucken. Der Puls war drahtförmig und spritzend, 
nach Verlauf von % Stunde schon über 60 in der Minute gestiegen; 
die Arterienwand fühlte sich gespannt an; der Herzschlag war 
pochend und leicht zu fühlen. Diese Herzaffection steigerte sich 
in beängstigender Weise immer mehr und mehr. Nach Ablauf 
von Stunde war der Puls nicht mehr zählbar, die Arterie weich, 
kaum fühlbar. Die Herzbewegung geschah turaultuarisch, regel¬ 
mässig und über 90 Mal in der Minute, die Athnmng langsam, 
tief und 8 Mal. Ihren Höhepunkt hatte die Atropinwirkung etwa 
nach 1 Stunde erreicht: Herzschlag stark pochend, 110—116 Mal 
in der Minute, Muskelzittern und Schwanken in der Hinterhand, 
Blick stier und ängstlich, die Pupillen sehr stark erweitert. Das 
Pferd, welches bis dahin ruhig gestanden hatte, ging nun auch 
einige Male mit den Vorderfüssen an den Boxwänden hoch. Da 
ich dieses gewiss beängstigende Stadium jetzt für gefahrdrohend 
ansehen musste, so hielt ich als Gegengift eine Morphiumlösung 
(0,5 : 12,5) zur sofortigen Injection bereit. Dieser tobsuchtartige 
Anfall war jedoch schnell vorüber und Patient verhielt sich 
wieder ruhig. Allmälig nahm auch die Herzfrequenz ab; nach 
1% Stunden 90, nach 2 Stunden 70 Herzschläge in der Minute. 
Bei einem zweiten Besuche nach weiteren 3 Stunden zählte ich 
60 Herzschläge; der Puls war wieder fühlbar; die Pupillen 
hatten sich noch nicht verengt. Patient bekundete ein mattes, 


müdes Benehmen; Getränk und Futter wurden nicht angerührt 
Am nächsten Morgen war das Pferd wieder munter; Puls, Herz¬ 
schlag und Athmung normal. Etwas Hafer und Getränk nahm 
es erst am Mittag zu sich, von da ab dann wieder regelmässig. 
Am 3. Tage war auch die Mydriasis geschwunden. 

Als ich nun am 5. Tage nach der Einspritzung mir das 
Pferd vorführen liess, war von der Lahmheit selbst im starken 
Trabe nichts mehr zu merken. Der Vorsicht halber blieb das 
Pferd noch drei Tage stehen und wurde sodann einige Tage an 
der Hand bewegt. Seit dieser Zeit geht es wieder unter dem 
Reiter und ich halte die Lahmheit für dauernd beseitigt. 

Da der Erfolg auch in diesem Falle ein ganz überraschender 
war, so bin ich geneigt, bei wieder gebotener Gelegenheit nicht 
allzu lange mit dieser Behandlungsmethode zn warten. Aber 
immerhin war die Atropinwirkung beängstigend und ich werde 
in Zukunft eine kleinere Dosis Atropin wählen (vielleicht 
0,025—0,02 g), namentlich wenn es sich um werthvoHe Pferde 
handelt; denn für den behandelnden Thierarzt wäre es gewiss 
recht unangenehm, sollte ev. mal diese Behandlungsart einen 
unglücklichen Ausgang nehmen. 

Die subcutane Dosis des Atropin, sulfuric. ist nach Frohner 
für Pferde 0,05—0,1 g, dagegen nach Eber 0,01—0,1 g. 

Hoffentlich gelangen weitere Versuche hierüber zur öffent¬ 
lichen Mittheilung. 

Kalbefieber, geheilt nach Schmidt-Kolding. 

Von 

C. Tempel - Bernstadt i. Sa. 

Tblerarzt. 

So wenig lieb es mir früher war, zur Behandlung der Gebär¬ 
parese gerufen zu werden, so sehr freute ich mich, als ich 
Gelegenheit hatte, das Verfahren von Schmidt-Kolding in zwei 
Fällen prüfen und empfehlen zu können. 

Dem Collegen zum Dank und uns zum Nutzen möchte ich 
durch Veröffentlichung meiner beiden Fälle und Erfolge um aus- 
gebreitetere Anwendung und Berichterstattung bitten. 

Der erste Fall verlief sehr rasch im Einsetzen und Ausbreiten 
der Krankheit sowohl als auch im Eintreten und Fortschreiten der 
Besserung. Drei Stunden ungefähr hatte die Patientin gelegen, 
als ich hinzukam. Erscheinungen wie gewöhnlich, bis zum 
Schlottern des Gaumensegels vorhanden. Behandlung: sofortige 
Einspritzung einer Lösung von Coffein, natr. salicylic.5,0; Euteraus¬ 
spülung mit Kal. jod. 10,0 auf 1 1 Wasser und früher geübter 
Methode. — Ungefähr eine halbe Stunde nach Beginn derselben 
zeigte sich scheinbare Verschlimmerung auf einige Minuten 
(Krisis); jedoch schon nach einer Stande versuchte die Kuh auf¬ 
zustehen und nach ungefähr 1% Stunden war ihr Bemühen, wenn 
auch nur auf kurze Zeit, von Erfolg begleitet. Rückschlag oder 
üble Folgen traten nicht ein. 

Im zweiten Falle lag die Kuh seit Nachts; um sieben Uhr 
früh kam ich dazu. Neben wechselnden Allgemeinerscheinungen 
war vollständiges Unvermögen zum Aufstehen vorhanden. 

Behandlung: Euterausspülung mit Kal. jod. 10,0 in Lösung 
neben früher angewandten Mitteln. Nachmittags Uhr noch 
keine Besserung, aber auch keine wesentliche Verschlimmerung; 
deshalb nochmals Ausspülung des Euters mit gelöstem Kal. 
jodat 5,0 und subcutane Einspritzung von Coffein, natr. sali- 
cylic. 5,0: Aq. dest. 10,0. 

Ungefähr um sieben Uhr Einsetzen der Krisis, d. h. Legen 
auf die Seite, Kopf kraftlos bei gebogenem Hals zurückgelegt, 
Fehlen jeglicher Aufmerksamkeit auf Umgebung oder bei Reizung. 
Doch plötzlich wurde sie munterer und um 2 Uhr Nachts stand 
die Kuh das erste Mal auf, um dies bis Morgens neun Uhr sieben 
Mal zu wiederholen. — Ueble Folgen wurden nicht beobachtet. 


Digitized by LaOOQie 



210 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Referate. 

Ermfidnngskrankheitea beim Pferde. 

Von Corpsrossarzt Bartke. 

(Deutsche tbierärztl. Wochen »ehr. 12.98. < 

AI brecht hat schon früher einen Anfsatz über Ermüdungs- 
koliken veröffentlicht. Auch bei den Militärpferden liegen Beob¬ 
achtangen über solche Ermüdungskrankheiten vor, denen man 
erst in neuerer Zeit grössere Aufmerksamkeit geschenkt hat, 
seitdem die Vervollkommnung der Schusswaffen an Schnelligkeit 
und Ausdauer der Cavallerie- und Artilleriepferde grössere An¬ 
forderungen stellt. Es hat sich ergeben, dass das Pferd bei ent¬ 
sprechender Erziehung zu früher nicht geahnten Leistungen be¬ 
fähigt wird, dass aber anderseits bei mangelnder Uebung und 
beim Ueberschreiten der Leistungsmöglichkeit schwere Gesund¬ 
heitsstörungen entstehen. 

Nach übermässigem Trabe bezw. Galoppiren auf harten 
Wegen entstehen häufig Fälle von Hufrhehe, wobei zunächst die 
ausserordentliche Ermüdung der Pferde auffällt und erst nach 
12—24stündiger Ruhe die Entzündung der Huflederhaut in die 
Erscheinung tritt» Nicht selten sind solche Pferde an Herz¬ 
lähmung zu Grunde gegangen. 

Die häufigste Ermüdungskrankheit ist die, welche in der 
Literatur vielfach als Lungen- und Herzcongestion, acute 
Herzinsutficien8 oder Hitzschlag bezeichnet wird. Sie entsteht 
nach Ueberanstrengung bei schwüler Witterung, namentlich durch 
das Exerciren im Verbände, ist aber auch in der kälteren Jahres¬ 
zeit, z. B. nach Distanzritten, gesehen worden. Beim Distanzritt 
Wien - Berlin ist die Mehrzahl der erkrankten Pferde dieser Er¬ 
müdungskrankheit zum Opfer gefallen. Erscheinungen, Dauer 
und Ausgang sind einigermassen verschieden. Meist tritt zu¬ 
nächst eine Mattigkeit auf. Die Thiere versuchen, vorwärts zu 
kommen, sind aber bald dazu ausser Stande. Unter starkem 
Schweissansbruch, Athemnoth und Pulsbeschleunigung brechen sie 
schliesslich zusammen und sterben an Erstickung sofort oder 
binnen einer halben Stunde. 

Es finden sich Hyperämie und Oedem der Lungen, Trübung 
der Herz- und Skelettmuskulatur, sowie die Merkmale des Er¬ 
stickungstodes. Bei anderen Pferden vergehen bis zum Tode 
48 Standen. Hier lassen sich die Krankheitserscheinnngen besser 
beobachten. In den Stall gebracht, legen sich die Kranken 
sofort nieder und stehen nicht wieder auf. Im Stehen vermeiden 
sie jede Bewegung und rufen den Eindruck einer Gehirnkrankheit 
hervor. Vielfach erscheint Zittern in der Brust- und Kruppen¬ 
muskulatur, schliesslich auch mässige Anschwellung an den Glied¬ 
massen. Die Athemfrequenz hält meist bis zum Tode in gleicher 
Höhe an, 38 bis 80 oberflächliche Züge in der Minute. Der Puls 
schlägt 70—100 Mal in der Minute, wird immer kleiner, härter 
und schliesslich drahtförmig. Herzschlag meist arythmisch und 
inäqual. Augenlidschleimhaut zunächst ziegelroth, später cyanotisch. 
In vielen Fällen Verminderung der Peristaltik; dünnbreiige, 
z. Th. röthlich gefärbte Defäcation; in manchen Fällen kolikartige 
Unruhe. Solche Pferde könnten für kolikkrank gehalten 
werden, wenn nicht die äusserllche Hinfälligkeit ihr Leiden 
charakterisirte. 

Die Section dieser Pferde ergiebt denselben Befund, nur 
dass noch öfter Hyperämie der Magendarmschleimhant und 
Glottis-Oedem hinzutreten. Eine Minderzahl von Erkrankten ge¬ 
langt zur Genesung, die sich in einigen Fällen schnell, in anderen 
langsam vollzieht, sodass oft 4—8 Tage zur Hebung der 
Mattigkeit und zur Normalität des Pulses und der Athmnng ver¬ 
gehen; bei einem Pferde sogar 14 Tage. 

Seltener tritt als Ermüdungskrankheit eine Magendarm¬ 
entzündung auf. Eine solche ist mehrfach nach anstrengenden 


No. 18. 

Manövertagen, aber auch im Winter nach Distanzritten beob¬ 
achtet worden. Solche Pferde verschmähten in den Ruhepausen 
Futter und Getränke, zeigten ausser Müdigkeit keioe auffälligen 
Erscheinungen, wurden aber bei der Fortsetzung des Ganges bald 
sehr matt, entleerten dünnbreiige Fäces, konnten schliesslich nur 
mit Mühe im Schritt zum Ziele gelangen, legten sich sofort 
nieder, athmeten unter Stöhnen etwas beschleunigt, hatten sehr 
frequenten harten Puls und cyanotische Augenlidschleimhaut. 
Alle diese Thiere zeigten anhaltende Unruhe, und der Tod er¬ 
folgte 6—18 Stunden nach der Einbringung in den Stall. Die 
Section ergab Lungenödem, hämorrhagische Magendarmentzündung 
und Hämorrhagien unter dem Brust- und Bauchfell. 

Bartke hat ferner zwei Fälle beobachtet, welche am besten 
mit der von Dieckerhoff beschriebenen acuten Degeneration 
der Skelettmuskulatur infolge krankhafter Ueberanstrengung 
zu vergleichen sind. Der eine Fall trat nach einem Distanzritt, 
der andere nach dreitägigem Uebungsritt im Schnee anf. Die 
Pferde konnten nicht mehr traben und mussten im Schritt nach 
dem Stall geführt werden, wo das eine ununterbrochen apathisch 
bis zum Tode 48 Standen lang lag, während das andere, welches 
etwa nach 36 Stunden verendete, vorher epileptiforme Krämpfe, 
brettharte Beschaffenheit der Muskeln, unfühlbaren Puls, Un¬ 
empfindlichkeit gegen Nadelstiche und eine Temperatur von 40,2 
gezeigt hatte. In beiden Fallen ergab sich hochgradige Ver¬ 
änderung des Herzens und der Skelettmuskulatur. Die Muskeln 
waren verfärbt, trübe, mürbe, trocken und wie gekocht. Daneben 
bestand Lungenödem. (Sollten diese Fälle mit dem von Prof. 
Fröhner neuerdings beschriebenen, auch in der B. T. W. referirten 
Veränderungen der Muskulatur nach Operationen, bei denen die 
Pferde heftig widerstrebt hatten, nicht übereinstimmen?) 

Zwischen diesen verschieden krankhaften Wirkungen der 
Ueberanstrengung bestehen Uebergangsformen. Es scheint, dass 
bei anhaltend schnellen Gangarten speciell die Affectionen der 
Lunge und des Herzens, bei allmälig eintretender Ermüdung da¬ 
gegen die Darmentzündungen sich häufiger entwickeln. Auch 
die acute Degeneration der Skelettmuskulatur scheint eine 
längere fortgesetzte, wenn auch abwechselnd langsame und 
schnellere Bewegung zur Voraussetzung zu haben. Für die Be¬ 
handlung sind selbstverständlich die belebenden Mittel, Spirituosen, 
Kampfer, Aether, Coffein in kleineren häufigeren Dosen zu ver¬ 
abreichen. Abführmittel sind nicht vorteilhaft; es ist vor den¬ 
selben zu warnen. Es ist überhaupt fraglich, ob die Unruhe¬ 
erscheinungen sieb auf Schmerzen im Verdauungsapparat be¬ 
ziehen, und es sich nicht vielmehr um Muskelschmerzen 
handelt. Gegen diese wären Opium, Chloralhydrat etc. zu ver¬ 
suchen. Bei hochgradiger Lungencongestion kann ein Aderlass 
nützlich sein. 

Ein Beitrag zur Spatbehandlnng. 

Von Augusto Bosi. 

In den „Mtsh. f. Thierblkd.“ findet sich ein Referat über 
die Arbeit eines italienischen Thierarztes, welche die Spat¬ 
behandlung zum Gegenstand hat. Bosi will die Heilung des 
Spats durch Neurectomie erreichen. Schon 1841 hat der 
englische Thierarzt Spooner zu diesem Zweck die Durch¬ 
schneidung des nervus tibialis oberhalb des Sprunggelenks 
empfohlen. Günther der ältere zu Hannover hat diese Be¬ 
handlung in Deutschland eiogeführt, wurde jedoch, da das be¬ 
treffende, mit gutem Erfolg operirte Pferd nach 4 Monaten aus¬ 
schuhte, davon wieder abgebracht. Dieckerhoff hat von 
mehreren Durchschneidungen des nervus tibialis keinen Nutzen 
gesehen. Hertwig und Hering stellen sich auf denselben 
Standpunkt. Auch Möller, Cadiot und Almy erwarten nichts 


Digitized by 


Google 



5. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 211 


von dieser Methode. Die Resultate der verschiedenen Operationen 
waren ganz wechselnd. 

Es handelte sich nun selbstverständlich um die Frage, 
welcher Nerv denn das Innere des Sprunggelenks, sowie die 
mediale Umgebung desselben innervirt. Hierzu leistet B. folgenden 
Beitrag: Von dem lateralen Aste des nerv, tibialis (n. plantaris 
lateralis) zweigt sich etwa an dem Gelenk zwischen Calcaneus 
und Os cuboideum ein Ast ab, der sich unter die Sehne des 
musc. flexor profundus einsenkt, nach kurzem Verlauf einen 
Zweig mit spitzem Winkel nach oben in das Innere des Ge¬ 
lenkes mit der Arteria tarsea perforans hineinschickt und auch 
weiter abwärts noch einen Ast abgiebt, der sich in 2 Zweige 
spaltet, von denen der eine am medialen Griffelbein zwischen die 
Knochen der unteren Reihe eindringt, während der andere in 
dem Zwischengewebe zwischen Metatarcus und Griffelbein sich 
verliert. Der obengenannte Hauptast des nerv, plant, later, 
giebt im Herumlaufen dann noch 4—5 kleine Ausläufer ab. Dieser 
Ast des nerv, plant, later, ist also unzweifelhaft ein Innervator 
des Sprunggelenks.. 

Andrerseits sendet aber auch der nerv, peronaeus, welcher 
bekanntlich vorn und aussen zwischen dem musc. extensor digitorum 
pedi8 longus und dem die Fibula bedeckenden Zehenstrecker 
herabläuft, einen Zweig in das Sprunggelenk hinein. Aus dem 
tiefen Ast des nerv, peronaeus, der die Art. tibialis anterior be¬ 
gleitet, etwas unterhalb der oberen Reihe der Tnrsalknochen, 
treten 3 Zweige aus, von denen einer der „vorderen äusseren 
Zwischenknochenarterie“ folgt und zwei Aestchen in das Innere des 
Sprunggelenks bezw. zwischen das laterale Griffelbein und den 
Metatarsus einschiebt, welch letzteres sich ebenfalls zum Sprung- 
gelenk wendet. Andere Nervenverästelungen, die für das Sprung- 
gelenk in Betracht kämen, hat Verf. nicht gefunden. Demnach 
müssten, wenn diese Nerven, resp. die Hauptäste, von denen sie 
abgehen, durchschnitten werden können, die Gefühlsempfindungen 
im Sprunggelenk anfhören. B. hält jedoch die Durchschneidung 
des ganzen tiefen Astes vom nerv, peronaeus und des ganzen 
nerv, tibialis für erforderlich, um dieses Ziel sicher zu erreichen, 
da die Lage der kleinen, eigentlich für das Gelenk in Betracht 
kommenden Zweige für den Operateur zu schwer zu ermitteln 
ist. Den Tibialis empfiehlt er 4—5 cm oberhalb des tuber 
Calcanei von innen her aufzosuchen, was ja sehr einfach ist. 
Um den tiefen Ast des nerv, peron. zu treffen, soll die Haut 
8—10 cm oberhalb der Beugung des Sprunggelenks auf dem 
hinteren Rande des m. extens. digitor. ped. lang, eingeschnittten 
werden. Darauf sind die aponeurotischen Ueberzüge der Streck¬ 
muskeln zu öffnen, und es ist mit dem Finger oder dem Skalpellstiel 
in das Bindegewebe zwischen beiden Zehenstreckern einzudringen, 
woselbst man den Nerv findet. Bosi hat auf diese Weise 
6 spatlahme Pferde geheilt. 

Freilich erscheint doch die Vernichtung von Nervenleitungen, 
die so ausgedehnte Gebiete versorgen, wenn sie auch an jenen 
Partien keine Muskelinnervationen mehr zu leisten haben, ein 
überaus schwerer und bedenklicher Eingriff. Es ist übrigens 
schwer verständlich, warum unter diesen Umständen nicht die 
Dnrchschneidung des Tibialis allein genügen sollte, was nach 
den Erfahrungen anderer Autoren doch der Fall ist, denn es ist 
kaum anzunehmen, dass diejenigen feinen Nervenästchen, welche 
von der Vorder- und Anssenfläche her in das Sprunggelenk ein- 
dringen, an die vom Spat für gewöhnlich betroffenen inneren 
Theile des Gelenkes heranreichen. 

Kleine Mittheilnngen. 

Reductionsapparat bei Uterusvorfallen. 

Jack (Echo vdtdr., No. 9, 1897) hat folgenden Apparat con- 
struirt. Eine 5—6 1 fassende Blase, mit einem 3 m langen 


Kautschukrohr verbunden, wird auf den Rücken gelegt, das 
Hintertheil erhöht. Die Blase wird in warmem Wasser erweicht, 
mit der Hand eingeführt, hier erst längere Zeit festgehalten und 
dann mit lauwarmem Wasser gefüllt. Durch den Wasserdruck 
soll der Vorfall zurückgehalten werden. Nach Beruhigung des 
Thieres kann der Apparat entfernt werden. 

(Anacker’s „Thierarzt“.) 

Jodothyrin gegen Struma beim Hunde. 

Prof. Möller hat nach einer Mittheilung der Dtsch. thier- 
ärztl. W. bei einem 9 jährigen Dachshund, der ein erhebliches 
Struma hatte, vom 7. Juli ab täglich 0,1 Jodothyrin mit etwas 
Fleisch angewendet. Schon nach 5 Tagen war eine Verkleinerung 
eingetreten. Dieselbe schritt fort und auch die Fettleibigkeit 
nahm ab. Das Mittel scheint also, wenn auch die einzelne Be¬ 
obachtung noch nichts beweist, bei Hunden versuchenswerth. Es 
wurde bekanntlich zuerst von Banraann aus Hammelschilddrüsen 
gewonnen und Anfangs Thyrojodin genannt. Bartels stellte 
fest, dass die Substanz ungefährlich ist; denn ein 2 Monate 
alter Hund von 6 kg Gewicht erhielt in 8 Tagen 21 g ohne Nach¬ 
theil. — Möller empfiehlt auch, das Mittel bei chronischem 
Ekzem und namentlich gegen einfache Fettleibigkeit zu versuchen. 
Freilich kostet gegenwärtig noch das Gramm 1 Mark. 

Eigenthümliche Nachwirkung der Chloroformbehandlung. 

Bez.-Thierarzt Ulm schreibt in der Dtsch. thierärztl. W. 
Folgendes. Er hat das Chloroform 43 Mal zur Anwendung 
gebracht, und zwar in Dosen bis zu 1 g eudovenös ohne Nachtheil. 
Die Wirkung war oft eine überraschend schnelle, in einigen 
Fällen jedoch auch eine langsame. Bei 3 Patienten traten eigen¬ 
thümliche Nacherscheinungen auf, worüber bisher noch nichts 
mitgetheilt worden ist. Die Thiere fingen unmittelbar nach der 
Injection an der linken Kopf- und Halsseite zu schwitzen an 
derartig, dass die Mittellinie eine scharfe Grenze bildete. Der 
Schweiss lief in Perlen herab. Die Secretion dauerte 1—2 Tage, 
wobei die Thiere sonst ganz munter waren und Appetit hatten. 
Eine Erklärung dieser eigenthümlichen Thatsache versucht Ulm 
nicht zu geben. 

Mentoi bei Hautaffectlon. 

Nach einer Mittheilung in der W'schr. f. Thierhlkd. empfiehlt 
Rame die Anwendung von 10—20 procentigem Mentolcollodium 
1—2 mal täglich bezw. Steffen bei aufgesprungenen Händen 
eine Salbe von Mentoi 0,5 und oleum oliv. 1. Lanolin 50. 
Diese Salbe dürfte auch bei Schrunden an den Zitzen der Kühe 
empfehlenswerth sein. 

Zu Behring’« Tuberculose-Heilmlttei. 

Die Berl. Neuest. Nacbr. bringen eine Ergänzung zu der in 
No. 16 der B. T. W. bereits gebrachten Mittheilung von Beliring’s 
Vortrag in Madrid über die Tuberculoseheilung. Bekanntlich 
gelingt es, mit dem von Behring hergestellten Serum Rinder zu 
heilen. Dagegen ist das von Thieren gewonnene Serum bei 
schwindsüchtigen Menschen nicht anwendbar, weil diese das 
Thierserum an sich nicht vertragen. Das unzweifelhaft heilwirk¬ 
same Antitoxin aber aus dem Thierserum zu isoliren, ist Behring 
noch nicht gelungen. 

Nun ist aber nach dieser Zeitungsmeldung Behring der 
Fund geglückt, dass Vögel in kurzer Zeit ein gegen Tuberculose 
wirksames Serum liefern, welches viel wirksamer ist, als das von 
Pferden und Kühen. Dieser Fund scheint eine neue günstige 
Perspective für die Anwendung beim Menschen zu eröffnen. In 
welcher Art, ob Menschen Vogelserum vertragen, oder ob sich hier¬ 
aus das Antitoxin vielleicht isoliren lassen soll, ist nicht mitgetheilt. 

Berichtigung. 

In dem Jahresbericht über die thierärztliche Hochschule zu 
Dresden ist in B.T.W. pg 201 bei der Angabe über die ambulatorische 


Digitized by AaOOQie 





212 


Klinik die Zahl der behandelten ganzen Thierbestände mit 113 
zwar angegeben, die Zahl der ausserhalb derselben behandelten 
Einzelthiere — 813 — aber weggeblieben. Insgesammt waren 
für diese Thiere 1357 Besuche erforderlich. 

Tagesgeschichte. 

Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses. 

In der letzten Nummer der B. T. W. konnten noch eben 
auf Grund mündlicher Mittheilung zwei angeblich vom Regierungs¬ 
tisch gegebene Erklärungen mitgetheilt werden. 

Davon bestätigt sich die eine nach dem nunmehr vor¬ 
liegenden stenographischen Bericht nicht, wie hier ausdrücklich 
hervorgehoben werden soll. 

Der Herr Minister für Landwirtschaft hat nicht die 
Errichtung von Instituten speciell zur Gewinnung von Rothlauf- 
impf8toff zugesagt, sondern er hat von Instituten im Allgemeinen 
gesprochen, die den Zwecken der Erforschung der Thierseuchen 
und der Mittel dagegen dienen sollen nnd hierfür staatliche Hülfe 
in Aussicht gestellt. 

Das Ereigniss des Tages bleibt also die Zusage eines 
Reichs-Fleischschaugesetzes seitens des Herrn Reichskanzlers, 
die er in seiner Eigenschaft als preussischer Ministerpräsident 
im preussischen Abgeordnetenhause abgegeben hat. 

Die Fleischschau auf dem Wege der Polizeiverordnung 
durchzusetzen, ist nach der Rede des preussischen Herrn Land- 
wirthschaftsministers endgiltig aufgegeben. 

Dass aber bei dem einzig möglichen Wege der gesetzlichen 
Regelung gleich von Reichswegen vorgegangen wird, ist mit 
grosser Freude zu begrüssen. 

Nicht blo8 allgemeine und politische Gründe sprechen dafür; 
nicht blos die Hoffnung, dass die Reichsfleischschaugesetzgebung 
sich würdig dem Meisterwerke der Reichsveterinärpolizeigesetz¬ 
gebung anreihen werde; nicht blos die selbstverständliche That- 
sache, dass Einheitlichkeit von Massregeln innerhalb der Reichs¬ 
grenzen stets einen technischen Vortheil gewährt, sondern auch 
ein sehr wesentlicher anderer Grund. 

Es steht zu hoffen, dass Stiddeutschland, welches die älteste 
und von jeher nach sehr vernünftigen Grundsätzen, im Wesent¬ 
lichen ohne raedicinische Beeinflussung, thierärztlich gehandhabte 
Fleischschau besitzt, einen sehr wesentlichen Einfluss auf die 
Gestaltung der Reichsfleischschaugesetzgebung ausüben wird. 

So wenig man in Norddeutschland bei der Viehwährschafts- 
frage die Verdrängung der norddeutschen Währschaftsgrundsätze 
durch die süddeutschen gutzuheissen vermocht hat, so freudig 
wird man in der Reichsfleischschangesetzgebung den süddeutschen 
Einfluss im Norden begrüssen. 

Derselbe wird namentlich ein werthvoller Bundesgenosse sein 
gegen weitgehende und störende Ansprüche des Medicinalwesens, 
sowohl was die Fleischschau-Organisation, als was die Fleisch¬ 
behandlung anlangt. Denn solche Ansprüche, wie sie im Norden 
von dieser Seite erhoben werden, kennt man im Süden nicht. 

Immerhin wird es mit den Medicinern einen harten Karapt 
geben und der Umstand, dass der Herr Cultusminister als 
Medicinalminister in erster Linie die Regierung vertrat, zeigt 
schon, welche Seite zur Zeit als die überwiegende auftritt. 

An Einzelheiten aus den Verhandlungen über diesen Gegen¬ 
stand sei Folgendes hervorgehoben: 

Abg. von Mendel hat berechnet, dass die einheimische 
Fleischproduction 26 Millionen, die ausländische Einfuhr 2,08 
Millionen Ctr. beträgt und dass, wenn auf den Kopf der Bevölkerung 
43 kg Fleisch verbraucht werden, davon nur 3 kg aus dem Aus¬ 
lande bezogen werden müssten. Hinsichtlich der Production von 
Schweinefleisch sei die Grenze nahezu erreicht, wo eine Einfuhr 


No. 18 

überhaupt nicht mehr erforderlich sei. Beim Rindvieh dürfte das¬ 
selbe in 5 — 6 Jahren eintreten.*) Immerhin ist eine Einfuhr 
noch nothwendig und eine vollständige Grenzsperre auch im Interesse 
des Schlächtergewerbes nicht zu beanspruchen. 

Der Herr Minister Frh. v. Hammerstein wies in Ueber- 
einstimmung mit dem Abg. v. Mendel auf das höchst, erfreuliche 
Ergebniss der letzten Viehzählung hin, und sprach die Ansicht 
aus, dass Deutschland wohl im Stande sei, — bei Schweinen sei 
das schon jetzt zweifellos der Fall — seinen eigenen Fleisch- 
bedarf zu decken, ebenso wie es seinen eigenen Körnerbedarf 
decken könne. Er bewies dies auch aus einer Berechnung des 
Dirigenten des Hamburger Viehhofs, Oekonomierath Boysen, 
(Milchzeitung) wonach nur noch 2,68 pCt. des Bedarfs durch Import 
zu decken wären — wenn man den Berliner Consum pro Kopf 
der Berechnung zu Grunde legt! (was selbstverständlich ganz un¬ 
zutreffend ist, da grosse Landstrecken nicht ein Zehntel Berliner 
Consuins haben). 

Der Abg. Ring betonte, die Landwirthe wollten nicht etwa 
blos die Untersuchung des gewerbsmässig geschlachteten Fleisches. 
Gerade die N o t h Schlachtungen auf dem Lande seien eine sanitäre 
Gefahr und das platte Land müsse ebenfalls in vollkommener 
Weise der Fleisschau unterworfen werden. 

Dieser vom Abg. Ring vertretene Standpunkt ist sehr erfreu¬ 
lich. Er beweist, dass der Antrag kein agrarisches Manöver ist, 
dass die Landwirthe ehrliche Durchführung einer sanitären Mass- 
regel, ohne Freiheiten zu ihrem eigenen Vortheil, haben wollen. 

Mit vollem Recht können sie, wenn sie sich in dieser Weise 
bereit zeigen, die Lasten zu tragen, auch Gerechtigkeit für sich 
erwarten. 

Und ein Gebot einfachster Gerechtigkeit ist es, dass bei 
allgemeiner obligatorischer Fleischschau im Inland die Einfuhr 
ausgeschlachteten Fleisches aus dem Ausland nnd gar von Würsten 
und dergleichen aufhört. 

Die Untersuchung ansgeschlachteten Fleisches ist 
einfach eine Spiegelfechterei. Abgesehen von Fäulniss, Tri¬ 
chinen etc. kann man daran Nichts feststellen, denn die Erkrankungen, 
derentwegen im Inlande grosse Mengen Fleisch dem Consum entzogen 
werden,sind nur andenEingeweiden, nicht am Fleisch kenntlich. Dass 
man sich auf ausländische Fleischschau verlassen sollte, kann 
ernsthaft gar nicht in Frage kommen. Denn selbst, wenn solche 
bestände nnd gut fnnctionirte, wer sagt uns denn, dass der 
Apparat der für das Ausland bestimmten Waare gegenüber ebenso 
genau arbeiten würde, da man vor der Möglichkeit einer Con- 
trole sicher ist. 

Fleischeinfuhr und Fleischschan im Inland sind 
einfach unvereinbare Widersprüche, und wer im sanitäts¬ 
polizeilichen Interesse Letztere will, muss Erstere fallen lassen, 
oder er muss eben für die Aufhebung schon der jetzt bestehenden 
Fleischschau, die der preussischen Viehproduction 4 bis 5 Millionen 
kostet, stimmen. 

Mit dieser These stellt man sich nicht in den Dienst der 
Agrarier, sondern einfach in den der Logik und Billigkeit und 
andernfalls tritt man aus deren Bereich heraus. 

Das Mindeste, was bei uns dem Auslande gegenüber be¬ 
züglich der Fleischeinfuhr zur Anwendung gelangen muss, ist das 
für Belgien eingeführte Regulativ, wonach nur ganze Thiere 
oder Hälften in Zusammenhang mit Lunge, Leber und Milz 


•) Die Fleischerzeitung hat behauptet, v. Mendel habe gesagt* 
Deutschland habe die Grenze der Fleischproductionsfahigkeit erreicht, 
und knüpft hieran die Bemerkung „Also aut die Grenzen“. Wir 
haben im stenographischen Bericht eine solche Redewendung nicht 
gefunden. Es dürfte eine Verwechselung mit der obigen, ganz 
anders gemeinten Bemerkung vorliegen. 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 






5. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 213 


(Nieren und Herz sind dann selbslverständlich, aber bei Rindern 
sollte auch die Gebärmutter zugefügt werden) eingeführt werden 
dürfen. 

Abg. Ring wies besonders darauf hin, dass aus Amerika 
massenhaft Pferdefleisch und mit Borsäure prüparirte Schweine, 
aus Dänemark allein in Altona im März 197000 kg Rindfleisch 
eingeführt wurden, uud dass namentlich die Wursteinfuhr 
bedenklich sei. 

Der Herr Minister theilto noch mit, dass die Einfuhr von 
Schweinefleisch aus Russland im kleinen Grenzverkehr in Stücken 
bis zu 2 kg im letzten Jahre nicht weniger als 8,2 Millionen 
Pfund betragen habe. 

Abg. Ring betonte endlich, dass die Verwerthung der Con- 
fiscate gesetzlich geregelt und die Einrichtung von Freibänken*) 
gefordert werden müsse, dass die Fleischschau unbedingt mit 
einer obligatorischen Schlachtviehversicherung nach dem Muster 
des jetzt angenommenen sächsischen Gesetzes verbunden werden 
müsse, und dass übrigens die Vertlieuernng des Fleisches nach 
sächsischen Berechnungen nur 0,2 bezw. 0.3 Pfg. pro kg Rind- 
und Schweinefleisch betürgen. 

Zu der Bekämpfung der Thierseuchen äusserte der Abgeordnte 
v. Mendel u. A. noch Folgendes: 

Die Pa8teurisirung der Milch aus Molkereien und die Ver¬ 
brennung des Centrifugenscblamms seien zweckmässig, doch solle 
den Molkereien Zeit zur Einführung der nöthigen Einrichtungen 
gewährt werden. Zweckmässig sei die Controle der Dienstboten 
bei Stellenwechsel bezügl. ihrer Herkunft aus Seuchengehöften 
(vgl. Verhandlungen des Deutschen Veterinärratlis). 

Es empfehle sich die Anstellung von Seuchencommissaren, 
sowie Pensionsfähigkeit und Gehaltsverbesserung der 
Kreisthierärzte, deren Privatpraxis beim Herrschen 


a. Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von Thier¬ 
seuchen im Gefolge des internationalen Viehverkehrs; 

b. die Bekämpfung der Tuberculose unter den Haus- 
thieren und die Verwendung des Fleisches und der Milch tuber- 
culöser Tbiere und, daran anknüpfend, die neuesten Anforde¬ 
rungen an eine wirksame Fleischbeschau; 

c. die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche; 

d. die Bekämpfung der Schweineseuchen; 

e. die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts, ins¬ 
besondere die Errichtung von Seuchenversuchsanstalten und 
von Lehrstühlen für coraparative Medicin an den thierärztlichen 
Hochschulen; 

f. Endergebnis der Arbeiten über die Aufstellung einer 
einheitlichen anatomischen Nomenclatur in der Veterinärmedicin 

- bezw. die Ausführung der bezüglichen Beschlüsse des VI. Con- 
gresses; 

g. das Veterinär-Beamtenthum. 

Er hat ferner beschlossen, eine Zusammenstellung aller Be¬ 
schlüsse, welche bisher hinsichtlich der aufgestellten Fragen 
seitens der internationalen und nationalen Cougresse gefasst 
wurden, fertigen zu lassen und zur Orientirung an die Mitglieder 
des Congresses abzusenden. 

Ferner sollen die Berichte, welche von Referenten fremder 
Zunge erstattet werden, eine gute deutsche Uebersetzung erfahren, 
andererseits aber auch die deutschen Berichte in die französische, 
event. auch in die englische Sprache übertragen werden. 

Während der Congressverhandlungen haben verschiedene 
Secretaire, auch solche fremder Zungen zu arbeiten. Sie bedürfen 
für ihre Arbeiten einer gemeinsamen Leitung. 

Endlich ist der Generalbericht über den Kongress in zwei, 
vielleicht drei Sprachen abzufassen. Der Bericht über den 


von Seuchen sehr litte. 

Er hob hervor, dass die Loren z’sche Impfmethode ein unter 
allen Umständen sicheres Mittel sei und richtete die Bitte an 
den Herrn Minister, das Verfahren von der Brandenburgischen 
Landwirthschaftskammer zu erwerben, so dass möglichst jede 
Provinz ein Institut zur Impfstoffgewinnung bekommen könne. 

Endlich wünschte er dringend die Förderung der Thierseuchen- 
bekämpfung nicht bloss durch Laboratoriumsforschung, sondern 
durch Versuche im Grossen. 

Hierauf gab der Herr Minister die Erklärung ab: die Kgl. 
Staatsregierung wird beim nächsten Landtag die Ge¬ 
währung von Staatsmitteln zum Zwecke der Seuchen¬ 
bekämpfung und zur Anstellung praktischer Versuche 
beantragen. 

Im Uebrigen zeigte es sich bei dieser wichtigen Debatte recht 
erkennbar, wie nützlich die Anwesenheit einiger Thierärzte unter 
den Abgeordneten wäre, die über manche Punkte doch recht 
werthvolle Aufklärung und schlagendere Argumentationen würden 
geben können, namentlich für Specialverhandlungen kaum ent¬ 
behrlich scheinen. So war der einzige in dieser Beziehung Sach¬ 
verständige, der aus dem Hanse sprach, der Abgeordnete Virchow, 
der die Fleischschau natürlich nur von der sanitätspolizeilichen 
Seite aus betrachten kann. S. 

VII. Internationaler thierärztlicher Congress 
zu Baden-Baden, Anfang August 1899. 

Der GeschäftsausschuBs hat nach Berathung mit seinem Vor¬ 
gänger in Bern und verschiedenen Berichterstattern bei früheren 
Congressen folgende Verhandlungsgegenstände für den VII. Con¬ 
gress, Anfang August 1899 zu Baden-Baden, •aufgestellt: 

*) Abg. R. sagte: „Auoh im Interesse der Schlächter“. Diese sind 
aber natürlich Gegner der Freibänke. 


Berner Congress war 57 Bogen stark. 

Zur Uebernahme der oben bezeichnten Geschäfte ist ein 
Generalsecretair uud ein Stellvertreter desselben er¬ 
forderlich. 

Der Geschäftsausschuss richtet daher an die jüngeren, mit 
der einschlägigen Literatur vertrauten, der französischen oder 
der englischen Sprache mächtigen und für die gemeinsame Sache 
opferwilligen Herren Collegen, welche das Ehrenamt des General¬ 
secretair des Congresses und seines Stellvertreters übernehmen 
können und wollen, die ergebenste Bitte, innerhalb der nächsten 
drei Wochen eine schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden des 
Geschäft8auB8chusses,Herrn Dr. Lydtin, Geh. Oberregierungsrath 
in Baden-Baden, abzugeben. Letzterer ist auch bereit, auf An¬ 
fragen nähere Angaben zu machen. 

Der Geschäftsausschuss fügt bei, dass sämmtliche Auslagen 
des Generalsecretairs und seines Stellvertreters aus der 
Congresskasse ersetzt werden sollen und dass ein ansehnliches 
Honorar für die Arbeiten beider gen. Functionäre in Aussicht 
genommen ist. 

Baden-Baden, den 28. April 1898. 

Der Geschäftsausschuss: 

Berner, Hafner, Dr. Lydtin, Braun, Fuchs, 
Stadler, Görig. 

Tagesordnung 

der VI. Plenar Versammlung der Central Vertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens 
zu Berlia am 21. Mai 1898. 

I. Geschäftsbericht. Referent: der Vorsitzende Professor Dr. 

Esser. 

II. Rechnungsablage. Referent: Velerinärassessor Dr. Steinbach. 

IH. Errichtung einer Untersttitzungscasse für Thierärzte. 

Referenten: Veterinärassessor Preusse und Prof. Sehmalt x. 


Digitized by CjOOQie 



214 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18. 


IV. Unfallversicherungen. Referent: Professor Dr. Ostertag. 

V. Reform der Stellung der Kreisthierärzte. Referenten: 
Kreisthierarxt Bermbach , Velerinürassessor Dr. Steinbach , 
Kreisthierarzt Kieckhäfer, Kreisthierarxt Thunecke. 

VI Ueber die Nothwendigkeit, bei Erlass eines Fleischschau- 
gesetzes die Stellung der Scklachthofbeamten gesetzlich 
zu regeln. Referent: Schlachthofdirector Schröder-Branden¬ 
burg. 

VII. Die officielle Anerkennung der tbierärztlichen Vereine 
bezw. der tbierärztlichen Standesvertretung. Referent: 
Departementsthierarxt Peters-Bromberg. , 

VIII. Antrag, der Herr Minister möge die Mitwirkung der 
Thierärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen 
und die Gewährung von Staatsbeiträgen zu Tbierschauen, 
Stutenmusterungen und ähnlichen landwirtschaftlichen 
Veranstaltungen von der Voraussetzung abhängig machen, 
dass den Prämiirungs-Commissionen je ein Thierarzt als 
stimmberechtigtes Mitglied angehöre. Referent: Depar¬ 
tementsthierarxt Dr. Arndt. 

IX. Verbot der tbierärztlichen Kurpfuscherei. Referent: 
Schlachthofdirector , Oberrossarxt a. D. Wulff. 

X. Stiftung einer Büste des Professors Dr. Hertwig an¬ 
lässlich seines hundertjährigen Geburtstages. Referent : 
Kreisthierarxt Liebener. 

XI. Neuwahl des Ausschusses. 

Zu der vorstehend angekündigten Versammlung lade ich alle 
Herrn Delegirten der zugehörigen Vereine mit der Bemerkung 
ein, dass die Versammlung in Berlin im Hotel zu den Vier 
Jahreszeiten abgehalten wird und dass eben daselbst am 20. Mai, 
Abends die zur Versammlung Erscheinenden sich zu gegen¬ 
seitiger Begrüssung zusammenfinden, wobei auch die (mit Rück¬ 
sicht auf die reichhaltige Tagesordnung voraussichtlich frühe) 
Stunde des Beginns der Sitzung bekannt gemacht werden wird. 

Ich füge hinzu, dass nach dem Beschluss der letzten Plenar¬ 
versammlung jedem Vereine eine Stimme bezw. je ein Delegirter 
zusteht für jede volle 20 seiner Mitgliederzahl und ebenso für 
eine angefangene 20, wenn deren erste Hälfte überschritten ist. 
Die Herrn Delegirten sind gebeten, ihre Mandate, sowie eine 
officielle Mittheilung über die Mitgliederzahl ihres resp. Vereins 
zur Legitimation mitzubringen. 

Am Sonnabend Abend findet ein Festmahl statt. Gäste sind 
zu diesem und zur Sitzung willkommen. 

Der Vorsitzende: 

Dr. Esser. 

Bericht 

über die am 17. April 1898 zu Cöslin abgehaltene Versammlung 
des Thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Cöslin. 

Die Versammlung, zu der 12 Mitglieder (u. z. die Herren 
Biernacki, Brietzmann, Eichbaum, Göhring, Kuhnert, 
Schuhmacher, Simmat, Spitzer, Traeger, Tschauner, 
Ulrich und Weidefeld), sowie als Gäste Herr Gestütsinspector 
Schultze-Lebus und Herr Rossarzt Nickel - Schlawe erschienen 
wareu, wurde vom Vorsitzenden Dep.-Thierarzt Brietzmann um 
11 Uhr eröffnet. 

Derselbe begrüsst die Anwesenden und berichtet kurz über 
den Verlauf der Plenar-Versammlung des D. V.-R. in Cassel, 
sich ausführlichere Mittheilungen hierüber für den Schluss der 
Sitzung vorbehaltend. 

Ueber die dem Collegen Brietzmann gewährte Reisekosten¬ 
entschädigung, sowie über die sonstigen Kassenangelegenheiten 
wurde wegen Abwesenheit des Kassirers nicht verhandelt 

Wegen eines vom Verein zu leistenden Beitrags zu dem 
1899 in Baden-Baden stattßndenden Internat. Thierärztl. Congress 


wurde beschlossen, mit dem Vorpommerschen Thierärztlichen 
Vereine in Verbindung zu treten, um eventuell mit diesem ge¬ 
meinsam der Mitgliederzahl entsprechend den Beitrag zu leisten. 

Der Vorsitzende theilt noch mit, dass Mitgliedskarten für 
den Congress für Herren zum Preise von 12 M., für Damen 
zu 6 M. bei ihm bestellt werden können und ladet zu zahlreicher 
Theilnahme ein. 

Mit Bezug auf die Verfügung des Ministers wurde der bereits 
suspendirte § 17 der Statuten, Ehrenrath betreffend, einstimmig 
ohne Debatte aufgehoben. 

Hierauf erhielt College Traeger-Belgard das Wort zu 
seinem Vortrage über „Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte.“ 

Der mit vielem Beifall aufgenommene Vortrag gipfelte in 
nachstehenden Anträgen: 

1. Erstrebung von Pension und Relictenversorgung von einem 
fingirten Gehalt von 3600—4800 M. 

2. Belassung des jetzigen Principe der Besoldung, jedoch mit 
Erhöhung des Grundgehalts auf 1800 M., steigend alle 2 Jahre um 
100 M. bis auf 2400 M. 

3. Erhöhung der Tagegelder von 6 auf 9 M. und Zahlung 
derselben Gebühren wie in veterinär-polizeilichen Sachen in ge¬ 
richtlichen Fällen. 

4. Versetzung aus der VIII. in die VI. Rangklasse. 

Correferent Eichbaum - Bütow erklärte sich mit den drei 

ersten Punkten des Vorredners einverstanden, sprach sich jedoch 
gegen jedes Verlangen nach irgend einer Rangstellung aus, da 
dies nicht mehr zeitgemäss, auch die VI. Rangklasse eine 
subalterne sei, während die Zugehörigkeit zur VIII. Rangklasse 
als lächerlich Niemandem in den Augen des Publikums schade. 

Nachdem noch mehrere Collegen, unter diesen besonders der 
als Gast anwesende College Schnitze das Wort im Sinne der 
Traeger’schen Anträge ergriffen, wurde zuerst über No. 4 der 
Anträge abgeBtimmt. Derselbe wurde gegen eine Stimme mit 
dem Zusatz „mindestens“ (Antrag Biernacki) angenommen. 
Die Annahme der übrigen drei Punkte erfolgte einstimmig. 

Es wurde ferner auf Antrag Traeger’s beschlossen, den 
Delegirten für die Central Vertretung nur auf die 3 ersten Punkte 
zu verpflichten, ihm jedoch im 4. Punkte, betr. die Rangerhöhung 
freie Hand bei der Centralvertretung zu lassen. 

Es erhält das Wort Schlachthausinspector Tschauner zu 
einem Vortrage „über Kühlanlagen.“ Der vorgeschrittenen Zeit 
wegen wird der Vortrag nur kurz und auszugsweise gegeben. 

Aus Mangel an Zeit und da Leiter von Schlachthöfen mit 
Kühlanlagen nicht anwesend waren, schloss sich keine Debatte 
an den Vortrag. 

Um 3 Uhr wurde die Sitzung unter Dankesworten für die 
Bemühungen der Referenten und das Erscheinen der Mitglieder 
und Gäste geschlossen. 

Unmittelbar daran schloss sich ein gemeinsames Mittagessen. 

Der Vorsitzende: In Vertretung des Schriftführers: 

Brietzmann. Tschauner. 

Zur Aufbesserung der Stellung der Kreisthierärzte.*) 

Von 

Kreisthierarzt Klebba-Halle. 

Nachdem die Kreisthierärzte in den Provinzen Brandenburg und 
Sachsen die Frage der Aufbesserung ihrer Stellung in Fluss gebracht, 
haben sich hieran eine Reihe bemerkenswerther Artikel angeschlossen, 
die den jeweiligen Standpunkt der Referenten klarzulegen bestimmt 
sind. Im Besonderen sind es die Artikel der Collegen Ängstein 
in No. 11 der B. T. W. und Bermbach in No. 14 derselben 
Wochenschrift, die mir um so mehr Veranlassung geben, mich zu 
gedachter Frage zu änssern, als in beiden Artikeln auf die Resolution 
der Kreisthierärzte der Porvinz Sachsen Bezng genommen wird und 
ich in meiner Eigenschaft als Schriftführer nicht allein an dem 
Zustandekommen fraglicher Resolution thätigen Antheil genommen, 
sondern auch die Form derselben festgelegt habe. 

*) Siehe auch die Beilage zu dieser Nummer. 


Digitized by CjOOQie 


5. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


215 


Beide Herren Collegen gehören der — wenn ich so sagen darf 
— extremen Richtung in dieser Frage an, Beide gelten weit über das 
Ziel hinaus, das die sächsischen Collegen als das zur Zeit erreich¬ 
bare Maas anzustreben beschlossen haben, wobei anerkannt werden 
soll, dass Jene ihren Standpunkt mit Schneidigkeit und Geschick 
klarzulegen nud zu begründen versucht haben. Da ist es nur recht 
und billig, dasB auch die Gegner der in den beiden Artikeln fest¬ 
gelegten Ansichten gehört werden, dass auch die „Gemässigten“ in 
dieser Frage, zu denen ich mich rechne, zu Worte kommen, um 
die hochgespannten Wünsche etwaB zurückzuschrauben und in den 
starken Wein eine gute Portion Wasser zu schütten. 

Es muss vorausgeBchickt werden, dass, wenn es sich um 
kräftiges Hervorkehren und Betonen von Wünschen zur Aufbesserung 
der kreisthierärztlichen Stellung allein handeln würde, wohl alle 
Thierärzte ohne Ausnahme ihre Wünsche und Forderungen so hoch 
als nur irgend denkbar fassen und vielleicht noch Uber das Maas 
des von den Collegen Augstein und Bermbach Geforderten und 
des in dem soeben verschickten Beschluss der Posener Kreisthier¬ 
ärzte Festgelegten binausgehen würden. Aber zwischen Wollen und 
Vollbringen liegt auch in dieser Frage eine weite Kluft: es ist sehr 
leicht, in Vereinsvorträgen und Artikeln hochgespannte Wünsche 
und Forderungen zu formuliren, aber sehr Bchwer, diese an mass¬ 
gebender Stelle so zu Gehör zu bringen, dass sie als berechtigt an¬ 
erkannt und gewährt werden. Je höher wir unsere Forderungen 
fassen, desto stärker wird der Widerstand der ausschlaggebenaen 
Behörden gegen dieselben sein, und cs kann leicht kommen, dass 
zur Zeit unrealisirbare Wünsche dort gar nicht in Erwägung ge¬ 
zogen werden, sondern einfach unter den Tisch fallen. 


Durch die Auslassungen einzelner Collegen klingt als Grundton 
die Mahnung, die Geldfrage nicht so sehr in den Vordergrund zu 
stellen und dafür die ganze Kraft zur Erlangung einer höheren 
Bankstellung einzusetzen. So plaidirt beispielsweise College Ang¬ 
stein in No. 11 der B. T. W. aafUr, die Forderung einer materiellen 
Aufbesserung ganz fallen zu lassen, „da sie als gefährlicher Hebel 
von unseren Gegnern gebraucht werden kann und ohne Zweifel ge¬ 
braucht werden wird.“ Ja, wer sind denn, so fragt man unwillkürlich, 
unsere Gegner und wo sind sie zu finden? Wen von den mass¬ 
gebenden Persönlichkeiten, die über unsere Angelegenheiten zu 
entscheiden haben, werden die gerechten, in massvollen Grenzen 

g ehaltenen Bestrebungen auf Besserung unserer Lage zu unseren 
egnern machen? Wer kann und wird die Forderungen zur Auf¬ 
besserung unseres Gehaltes gegenüber den Gehaltserhöhungen aller 
übrigen Staatsbeamten als ungehörig bezeichnen können? Nach den 
bekannten Erklärungen des Herrn Ministers im Abgeordnetenhause, 
dass die Kreistbierärzte schlecht besoldet würden, dass aber von 
denselben Klagen bisher an ihn nicht herangetreten wären, steht 
gegentheilig zu erwarten, dass unsere Wünsche wohlwollende Be¬ 
rücksichtigung, eingehendes Verständnis und bereitwilliges Entgegen¬ 
kommen finden werden. Die Auffassung, daBS unsere jetzigen Be¬ 
strebungen sich weniger mit den materiellen Wünschen befassen 
sollten, ist eine irrige. Eine Vogel-Strauss-Politik ist das Ver¬ 
kehrteste, was wir thun können. Gerade die Aufbesserung unserer 
materiellen Stellung ist das zunächst Erstrebenswerthe und ich stehe 
nicht an, dies auf die Gefahr hin zu behaupten, zu den Materialisten 

g erechnet zu werden. Denn nicht jeder Kreisthierarzt ist in der 
age, eine gesicherte Position in Bezug auf auskömmliche Einnahmen 
zu naben, und eben jener wird eine Zulage zu seinem Gehalt — und 
nur um eine solche kann es sich zunächst handeln — in Höhe von 
300 bis 9CO Mark dankbar annehmen und nicht, wie Dr. Augstein 
meint, „sehr gerne“ darauf verzichten. Die ideelle Seite hat mit 
unseren heutigen Wünschen so gut wie gar nichts gemein; es wird 
sich später darüber reden lassen. Vorläufig handelt es sich um das 
dringend Nothwendigste, das in der Resolution der sächsischen 
Kreisthierärzte zum Ausdruck kommt. 

Aufbesserung des Gehaltes unter Belassung der Privat- 
thätigkeit, 

Erhöhung der untergeordneten Rangstellu'ng mit Zu¬ 
billigung der höheren Tagegelder und Reisekosten, 
Gewährung einer Pension. 

Die am meisten umstrittene Frage ist die von einigen Collegen 
und auch von Kreisthierarzt Bermbach in No. 14 der B. T. W. 
mit zahlreichen Gründen unterstützte Forderung des Verbots der 
Privatpraxis unter Gewährung eines entsprechenden Gehalts oder 
einer Entschädigung für den Ausfall in den Einnahmen aus der 
Privatthätigkeit. Es soll hierbei bedingungslos zugegeben werden, 
dass die hierfür ins Feld geführten Gründe sehr schwer ins Gewicht 
fallen, besonders die unablässige Collision zwischen amtlichen und 
privaten Interessen. So verlockend aber auch eine derartige 
Stellung der Kreisthierärzte unter Fortfall jeder privaten Thätigkeit 
erscheint und wie sehr anch dadurch Stellung und Ansehen dieser 
Beamten gehoben würden, so scheitert diese Reform einfach an der 
Unmöglichkeit ihrer Durchführung. Es wird bei Besprechung dieser 
Frage auf das Beispiel in einigen süddeutschen Staaten hingewiesen, 
in welchen die beamteten Thierärzte zu vollbesoldeten Beamten 

f emacht sind; man verfällt dabei aber immer in den bekannten 
rrthnm, einen kleineren, in sich abgeschlossenen, mit gleichmässig 
ausgeglichenen Verhältnissen rechnenden Staat mit der preussischen 
Monarchie in Vergleich zu stellen — einem Staate, in welchem die 
räumliche Ausdehnung und die gegensätzlichen Wirtbschaftsverhält- 
nisse in den einzelnen Provinzen hinsichtlich des Umfanges der 
amtlichen Thätigkeit der Kreisthierärzte die denkbar schroffsten 
Gegensätze geschaffen hat. Die einzig vollbeschäftigten beamteten 
Thierärzte in Preussen sind neben den Departementstbierärzten die 
Grenzthierärzte. Von den übrigen haben einige nur zeitweise volle 


amtliche Beschäftigung — bei starker Verseuchung des Kreises — 
während sie den grössten Theil des Jahres in geringerem Masse 
amtlich thätig sind. Die meisten Kreisthierärzte aber Bind als 
solche gewissermassen „nebenamtlich“ thätig, wie es selbst in der 
von Seuchen stark heimgesuchten Provinz Sachsen einige Kreis¬ 
thierärzte giebt, die jährlich kaum eine amtliche Reise autzuweisen 
haben. Hier tritt die Privatthätigkeit ausgleichend ein, hier ist sie 
der Regulator einer regelmässigen Beschäftigung und das Correctiv 
für die geringe Einnahme aus amtlicher Thätigkeit. 

Gesetzt nun, der prenssische Staat würde die Kreistbierärzte 
als volibesoldete Beamte anstellen, so müsste er zunächst an alle 
die Forderung entsprechender Leistung stellen, da er doch un¬ 
möglich beschäftigungslose oder nicht vollbeschäftigte Beamte voll 
besolden kann. Was sollen nun aber die zeitweise nicht mit hin¬ 
reichender Thätigkeit versorgten Kreisthierärzte in ihrer Mussezeit 
amtlich thun? Denn der Vorschlag, denselben die Bearbeitung der 
veterinärpolizeilichen Sachen auf dem landräthlichen Bureau zu 
übertragen, wird schon dadurch hinfällig, dass in Zeiten, in denen 
der Kreisthierarzt ausserhalb keine Seuchen zu tilgen hat, sich aus 
gleichem Grunde kaum hinreichende schriftliche Arbeiten für ihn 
finden werden. 

Der zweite Ausweg, den Kreisthierärzten für den Fortfall der 
Privatpraxis eine Entschädigung zu gewähren, ist ebensowenig gang¬ 
bar. Denn einmal würde die Entschädigung in den richtigen Grenzen 
schwer abzumessen sein und Für die meisten Kreisthierarztatellen 
unverhältnissmässig hoch ausfallen müssen; sodann aber würde, 
wie in ersterem Falle, der Staat Beamte entschädigen, die für die 
Entschädigung nur unzureichend beschäftigt wären. Sollte, was an¬ 
zunehmen ist, der Umfang der kreisthierärztlichen Geschäfte durch 
Einbeziehung von staatlich angeordneten Impfungen, Fleischbeschau 
und Anderem in den Bereich der amtlichen Thätigkeit sich steigern 
und sich durchgängig dem Umfange vollbeschäftigter Beamten 
nähern, dann würde es Zeit sein, der Schaffung vollbesoldeter Kreis¬ 
thierarztstellen näher zu treten. Für jetzt muBS es mit Beibehaltung 
der Privatthätigkeit als nothwendiges Uebel sein Bewonden haben. 

Da jedoch die heutige Besoldung von 600 Mark keineswegs den 
an die Kreistbierärzte gestellten Anforderungen — Entschädigung 
fllr die unentgeltlich zu verrichtenden Amtsgeschäfte, grösserer 
Aufwand bei den amtlichen Reisen infolge gesteigerter Lebens¬ 
bedürfnisse, Auslagen für Schreibmaterialien u. s. w. —• entspricht, 
so muss eine Aufbesserung des Gehaltes angestrebt werden. Bei 
Bemessung der Höhe derselben sind die Collegen der Provinz 
Sachsen von der richtigen Annahme ausgegangen, dass bei den 
massgebenden Behörden, insbesondere bei dem Herrn Finanz¬ 
minister, zur Zeit grössere Summen für die Gehaltsaufbesserung 
der Kreistbierärzte nicht zu erlangen sein würden. Es ist uns wonl 
Allen noch im Gcdächtniss, wie die vor wenigen Jahren fast zum 
Abschluss gebrachte Gewährung der Maturitas doch nur daran 
scheiterte, dass man an massgebender Stelle annehmen zu müssen 
glaubte, diese Gewährung könnte zu pecuniären Forderungen bezw. 
Ansprüchen von Seiten der Kreisthierärzte Anlass geben. Dass sich 
inzwischen hierin eine Sinnesänderung vollzogen hätte, dafür haben 
wir auch nicht den geringsten Anhalt. Wenn mau sieht, wie die 
einen verhältnissmässig geringen Mehraufwand erfordernde Ueber- 
führung der Departementsthierarztstellen in vollbesoldete jährlich 
nur schrittweise vor sich geht, so muss es einem Jeden einleuchten, 
dass für die Aufbesserung der kreisthierärztlichen Gehälter grössere 
Summen nur schwer bereitgestellt werden würden. Daher haben 
die Kreistbierärzte Sachsens sich mit dem erreichbar Scheinenden 
begnügt und eine Gehaltsaufbesserung von 900 bis 1500 Mark an¬ 
gestrebt, von der Erwägunir ausgehend, dass schon diese bescheidene 
Aufbesserung einen jährlichen Aufwand von 300000 Mark erfordert. 
Da nun von einigen Collegen bis 4800 Mark Gehalt bezw. eine Pension 
von einem gleich hohen fingirten Einkommen gefordert wird, so 
möchte ich mir die bescheidene Frage erlauben, was dann mit dem 
Gehalte und der Pension der Departementstilierärzte werden soll, 
ob man sich dabei bewusst geworden ist, dass diese Beamten, und 
von diesen auch nicht einmal sämmtliche, ein Gehalt von nnr 
3600 Mark beziehen und selbstredend von einem solchen auch nur 
pensionirt werden können ? Wir haben an den Bezügen derselben 
einen vorzüglichen Massstab, an dem wir, soll eine Vollbesoldung 
der Kreisthierärzte ins Auge gefasst werden, unsere Forderungen 
abmessen können. Denn so viel Einsicht wird auch der mit seinen 
Forderungen auf ganz extremem Standpunkte stehende Kreisthierarzt 
haben, um nicht anzunehmen, dass die bisher noch nicht in allen 
Departementsthierarztstellen erfolgte Regelung der Gehälter nun¬ 
mehr wieder eine Aenderung erfahren wird. 

Zur Frage der Rangerhöhung bat zunächst Professor Schmaltz 
in No. 14 der „B. T. W.“ einige irrige Auffassungen einzelner 
Collegen über die V. und VI. Rangklasse und die Zugehörigkeit 
einzelner Beamtenkategorien zu denselben berichtigt und damit sehr 
zur Zeit den Wagen auf die Räder gestellt. Es machen sich in 
dieser Frage zwei verschiedene Meinungen geltend, die eine, die 
abwarten will, bis die V. Rangklasse uns als Frucht, welche die 
kommende Maturität zur Reife gebracht hat, in den Schooss fällt, und 
die andere — der sich die sächsischen Collegen zurechnen —, welche 
die jetzige Rangstellung als mit der Würde der Kreisth ierärzte 
unvereinbar erachtet und diesen unhaltbaren Zustand mit_ allen 
Mitteln und möglichst bald abzustellen sich bemüht, indem sie die 
Versetzung in aie VI. Rangklasse anstrebt. 

Ersteres bedeutet nichts Anderes als die Vertagung der Rang¬ 
erhöhung ad calendas graecas. Selbst wenn die heiss erstrebte 
Maturitas, von der ich befürchte, dass wir weiter denn je davon ent- 


Digitized by Google 




216 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18 


fernt sind, tlmtsnclilich als Bedingung zum Studium gewährt wird, 
so ist damit die Versetzung der Kreisthierärzte in die V. Kangklassc 
nicht nothwendig verbunden, wie auch Professor S c h m a 11 z ganz 
richtig in dem oben citirtcn Artikel ausgeführt hat. Und dann 
wieder die bescheidene Frage: Wohin mit den Departementsthier¬ 
ärzten? Und wenn darauf consequentcrweise die Antwort folgt: 
mit diesen in die IV.!, ja, wohin alsdann mit den jüngsten 
Professoren der Hochschulen ? u.s. w. 

Deshalb haben die sächsischen Collegen das möglichst Erreich¬ 
bare sich zum Ziele gesetzt und die VI. Rangklasse angestrebt. 
Sie glaubten sich damit keineswegs einer „Degradation“ des kreis¬ 
thierärztlichen Standes schuldig gemacht, sondern ein hohes Mass 
von Einsicht und weiser Abwägung der gegebenen Verhältnisse be¬ 
kundet zu haben, in der begründeten Annahme, dass sich die Kreis¬ 
thierärzte bei Versetzung in die VI. Rangklasse in sehr guter 
Gesellschaft befinden werden. 

Zum Schlüsse will ich noch bemerken, dass der Beschluss der 
Posencr Kreisthierärzte, !> M Tagegelder anstatt der jetzt gesetzlich 
festgelegten 6 M. ohne Versetzung in eine höhere 
Rangklassc anzustreben, eine Aenderung des Gesetzes vom 
9. März 1872 zur Voraussetzung hat, und sich aus diesem Grunde 
schwer oder richtiger gesagt gar nicht durchführen lassen wird. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Der Kgl. Sachs. Ockonomierath Prof. v. Langs- 
dorff an der thierärztlichen Hochschule zu Dresden ist zum Ge¬ 
heimen Oekonomierath, der Beschlaglehrcr A. Lungwitz an der¬ 
selben Hochschule zum Kgl. Sächs. Commissionsrath — ernannt 
worden. 

Dem Kreisthierarzt a. D. S c h 1 U t e r - Kiel wurde der Rothe 
Adler-Orden 4. KlaBBe, den Bezirksthierärzten Rost-Pirna, 
Möbius- Plauen i. V., Wilhelm- Zittau das Ritterkreuz 2. Klasse 
des Kgl. Sächs. Albrechtsordens, dem Corpsrossarzt Müller- 
Dresden das Kgl. Sächs. Verdienstkreuz, den Thierärzten Nau¬ 
mann - Zaschwitz, W e i s s w a n ge - Lommatzsch und dem Amts¬ 
thierarzt M e n ge -Rosswein das Kgl. Sächs. Albrechtskreuz — ver¬ 
liehen. Dem Oberrossarzt Liebscher vom 2. Garde-Ul.-Rgt. wurde 
die Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen Kgl. Sächs. 
Albrechtskreuzes ertheilt 

Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt Cl.Pötting- 
Paderborn interimistisch für den Kreis Paderborn. — Zum Bezirks- 
hierarzt: Districtsthierarzt Re i n d 1-Aibling für das Bezirksamt 
Rosenheim. 

Es sind gewählt worden: Schlachthofinspector Ho mann- 
Bielefeld zum Schlachthofinspector in Celle, Oberrossarzt a. D. 
Fuchs- Cassel zum 2. Schlachthofthierarzt in Cassel, Schlachthof- 
thiorarzt Dr. H effter-Düsseldorf zum Schlachthausin9pector in 
Fi lehne. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Assistenz¬ 
thierarzt A. L ü bk e -Trier nach Honnef a. Rhein, Thierarzt Dr. 
R. Kantor owicz, bisher Assistent ander Veterinärklinik der 
Universität Leipzig, als Einj.-Freiw. im Brandb. Train-Bat. No. 3 nach 
Spandau. 

in der Armee: Befördert zu Rossärzten: die Unterrossärzte 
Block vom Ul.-Rgt. No. 9, Pätz vom Feld-Art.-Rgt. No. 16; zu 
Rossärzten des Beurlaubtenstandes: die Unterrossärzte der Reserve 
Lebrecht.Oelle rieh, Stein, Schneider,Maul, Dehne, 
Lauschke, Straube, Schmidt und die Unterrossärzte der 
Landwehr 1. Aufgebots K n au f f, P f 1 an z. — Versetzt die Ober¬ 
rossärzte Mentzel vom Drag-Rgt. No. 6 zum Drag.-Rgt. No. 7, 
Löpitz sch vom Drag.-Rgt. No. 7 zum Drag-Rgt No. 6 und die 
Rossärzte Rehfel dt vom Hus. Rgt. No. 11 zum Drag.-Rgt No. 21, 
Michaelis vom Feld-Art.-Rgt No. 34 zum Ul.-Rgt. No. 9. — Auf 
seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt Rossarzt 
Nickel vom Hus-Rgt. No. 5. 

Todesfälle: Bczirksthierarzt F. F u c h s-Heidelberg, Thierarzt 
S t o o 8 8 - Stuttgart. 

Vacanzen. 

Kreistbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Frankfurt: KönigsbcrgN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel: 
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. 
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). — R.-B. Posen: 
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum C o- 
burg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300-400M.FleiscbschaugebUhren). 


b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. 
Stettin: Kammin. 

Sanitatsthlerarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht 
gestattet Bew. sofort an Schlacbthausdirector Schilling. — Elbing: 
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an 
Magistrat. - Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli 
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise 
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Aachen: Schlachthoftbierarzt— Cob 1 enz: Schlacht- 
hof-Hilfsthierarzt — Finsterwalde: Schlachthofdirector. — 
Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): Schlacht- 
hofinBpector. 

Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch 
Max Arnsdorf!. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬ 
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — 
D re ngfur t. — Gleschendorf(FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen 
(R.-B. Cassel).— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemsinde- 
rath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: 
Näheres Magistrat. — P o 11 n o w: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleisch¬ 
schau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für 
Fleischschau). Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser 
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt 
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — 
Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. bis 1. Mai an Magistrat. — 
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(ScblacbtlioL. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800M. 
garantirt). Auskunft Klaadat Tulpeniken (Ostpr.). — Moringen: 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis 
10. Mai an Magistrat. — Obermarschacht (Elbe). — 
Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in 
Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Sch law a 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schön¬ 
baum (Oanziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬ 
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft 
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu- 
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Staatstelle: Paderborn. Sanitätsthierarztstellen: 
Cassel, Celle, Filehne. 

Die Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen hat neuer¬ 
dings in grösserem Massstabe Untersuchungen zur Erforschung 
und Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche eingeleitet. Sie 
bedarf hierzu diingend frisches Aphthenvirus und muss bei der 
Beschaffung desselben vor Allem auch auf das Entgegenkommen 
der Herren praktischen Thierärzte rechuen. Sie richtet daher 
an die Letzteren das dringende Ersuchen, bei Ausbrüchen der 
Manl- und Klauenseuche frisches Aphthenvirus — wenn auch nur 
Tropfen — zu sammeln und der Landwirthschaftskammer s o 
schnell wie möglich einzusenden. Es genügt hierbei das 
Ausziehen des Bläschen-Inhaltes mit einer durch Auskochen oder 
mit Alkohol und Aetlier sterilisirten Pravazspritze. Wenn an¬ 
gängig, sind die Bläschen vor dem Extrahiren ebenfalls mit 
etwas Alkohol zu reinigen. Für die Versuche wäre es ganz be¬ 
sonders wichtig, wenn auch der Bläschen-Inhalt von an Maul¬ 
und Klauenseuche erkrankten Schafen eingesandt würde, und 
zwar müsste der Inhalt mit ausdrücklicher Kenntlichmachung ge¬ 
sondert eingeschickt werden. Die Landwirthschaftskammer ist 
gern bereit, zur Deckung der entstehenden Unkosten den Herren 
Thierärzten pro ccm Bläscheninhalt 1,50 M. zu vergüten und 
ihnen ausserdem das Porto zurück zu erstatten. Etwaige Sen¬ 
dungen sind zu richten an die Adresse der Landwirthschafts¬ 
kammer für die Provinz Sachsen zu Salle a. S., Karlstr. 16. 


Verantwortlich Wr ilon Inhalt (exol. Inseratenteil) I’rof. Dr. Schmaltz in Berlin. ■ - Verlag und Riarenthnm von Richard Sohoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxensteln. Berlin. 


Digitized by LjOOQle 




Dl* „Berliner Thierlraülehe Woohenichrift“ eracheint 
wöohentlloh in 8lärke von mindeeteni 1 */» Bogen. Dieselbe 
iat tn beziehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Rlehara 
Bcboeix, Berlin NW., Luisenstrasse 86. »um Preise von 
Mk. pro Vierteljahr. 


Berliner 


OriginalbeitrSge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmalts, 
Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Luisenstraase 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Woehenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 19 Ansgegeben am 12. Mai. 


Inhalt: Joest: B e r i c h t ü b e r dieRothlauf-Impfung derBrandenburgischenLandwirthschaftskammer zu 
Prenzlau für das Jahr 1897/98. — Ellinger: Atropin-Morphium bei chronischer Schulterlahmheit. 
— Schmidt: Zur Behandlung des acuten Rheumatismus mit Atropin- Morphium. — Schölte : U n a n ge¬ 
nehme Nebenerscheinungen bei der Behandlung der acuten Schulterlahmheit durch Atropin* 
Morphiuminjection. — Referate : Nocard: Ueber den Rotz. — Grabensee: Einwirkung auf die Befruchtung schwer 
tragendwerdender Stuten durch Injection von Natrium bicarbonicum-Lösungen vor der Bedeckung. — Thomassen: Eine 
neue Septicämie der Kälber. — Finkler: Das Tropon, ein neues Nahrungseiweiss. — Thierhaltung und Thier- 
zuclit. — Tagesgeschichte: Protokoll über die Genferal-Versamralung des Vereins Rbelnpreussischer Thierärzte am 
23. April im Zoologischen Garten in Cöln. — Verschiedenes. —jOeff entlieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und 
Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Büoheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
Vacanzen. 


Bericht über die Rothlauf-Impfanstalt der Branden- 
burgischen Landwirthschaftskammer zu Prenzlau 
für das Jahr 1897/98. 

Von 

Director Dr. E Joest. 

Seit dem Jahre 1892 hatte Obermedicinalratli Dr. Lorenz 
in Darmstadt sich mit der Frage der Rothlaufschntzimpfung 
experimentell beschäftigt. Seine mühevollen, genialen Unter¬ 
suchungen führten zu der Entdeckung eines neuen, eigenartig^ 
Schutzimpfungsveifahrens, welches einerseits auf der Erfahrung 
basirte, dass Tliiere (Schweine), welche den Rothlauf überstanden 
haben, längere Zeit gegen diese Seuche immun sind, andrerseits 
sich auf die Beobachtung stützte, dass in dem Blute jener Thiere 
bei der Erkrankung bezw. infolge einer künstlichen Infection 
sich Scbutzstoffe bilden, welche mit dem Blutserum anderen 
Individuen einverleibt, diese ebenfalls auf kurze Zeit gegen die 
Seuche zu schützen vermögen. Die so mit Serum behandelten 
Thiere ertragen eine Infection mit Rothlauf nicht nur reactionslos, 
sondern sie werden durch eine derartige Infection nunmehr auch 
auf lange Zeit gegen die Seuche immun. — Mit seinem auf 
vorstehende Principien gegründeten Schutzimpfungsverfahren 
errang L o renz in den nächsten Jahren mit der allmählichen 
Vervollkommnung der Methode immer bessere Erfolge. Die 
vorzüglichen Ergebnisse der Lorenz’schen Impfungen besonders 
in den Jahren 1896 *) und 1897 veranlassten die Landwirthschafts¬ 
kammer für die Provinz Brandenburg, im Interesse der Land¬ 
wirtschaft und der gesammten Schweinezucht das Herstellungs¬ 
verfahren der Lorenz’schen Impfstoffe käuflich zu erwerben 
und für die Herstellung der letzteren in grösserem Massstabe 
eine besondere Anstalt zu begründen. Dieses Unternehmen war 
von um so grösserer Bedeutung, als Lorenz mit seinen privaten 
Einrichtungen zur Impfstoffgewinnung in Kürze nicht mehr 
imstande gewesen sein würde, die fortwährend sich steigernde , 
Nachfrage nach Impfstoff allein zn decken. 


*) Im Jahre 1896 wurden nach der in der B. T. W. Jahrg. 1897 
No. 9 veröffentlichten Statistik im Ganzen 4450 Schweine mit gleich- 
mässig gutem, durch keinen Misserfolg beeinträchtigtem Resultat 
geimpft. Für das Jahr 1897 wird eine ausführliche Statistik dem¬ 
nächst veröffentlicht werden. 


Die Eröffnung des Betriebes der Anstalt erfolgte in Prenzlau 
am 26. Juli 1897 mit der Aufstellung der ersten zum Zwecke 
der Serumgewinnung vorznbereitenden Schweine. Dieselben waren 
zunächst in Stallungen der Landarmen- und Corrigendenanstalt 
zu Prenzlau untergebracht. Für das Laboratorinm waren zweck¬ 
entsprechende Räumlichkeiten vorläufig gemiethet worden. Zu¬ 
gleich mit der Eröffnung des Betriebes wurde mit dem Neubau 
eines geräumigen Anstaltsgebäudes nebst einer Schweinestall¬ 
anlage begonnen. Die letztere, für 130—150 Schweine berechnet, 
konifte bereits im November 1897 in Benutzung genommen 
werden. 

Die Thätigkeit der Rothlauf-Impfanstalt umfasst drei 
Gebiete, und zwar 

1. die Schweinehaltung, 

2. die Impfstoffdarstellung und 

3. den Impfstoffversand. 

1. Die Schweinehaltung. 

Dieselbe dient dazu, fortlaufend eine grössere Anzahl von 
Schweinen zum Zwecke der Serumgewinnung vorzubereiten. 
Diese Vorbereitung, welche einen Zeitraum von etwa 7—8 Wochen 
umfasst, ist sehr mühevoll und zeitraubend. Am Ende der 
Vorbereitungsperiode, während welcher natürlich, soweit als 
möglich, auch Bedacht auf die Erzielung guter Mastresultate 
genommen wird, werden die betr. Schweine geschlachtet. Aus 
ihrem Blut wird im Laboratorium das Impfserumpräparat ge¬ 
wonnen. — Ausser zur Serumgewinnung dienten die aufgestellten 
Schweine noch zu verschiedenen Fütterungsversuchen. — Seit der 
Eröffnung der Anstalt bis Ende März 1898 wurden annähernd 
300 Schweine gehalten. 

, 2. Die Impfstoffdarstellung. 

Die Impfstoffdarstellung geschieht in dem bacteriologischen 
Laboratorium der Anstalt, welches für die Zwecke der Serum¬ 
darstellung besonders ausgerüstet ist. Entsprechend den Eingangs 
erörterten Grundsätzen des Lorenz’schen Verfahrens zerfällt die 
Impfstoffdarstellung in 

a) die Serumdarstellang and 

b) die Caltnrdarstellung. 

a) Die Serumdarstellung. Das Sernmpräparat, dessen 
DarstellungsweiBe vorläufig geheim zu halten ist, wird, wie 
bereits erwähnt, ans dem Blote der speciell vorbehandelten und 


Digitized by UjOOQie 








218 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


dann geschlachteten Schweine auf eine complicirte Methode 
gewonnen. Jedes Präparat wird, bevor es znm Versand gelangt, 
in der Anstalt einer mehrfachen genauen Prüfung auf seine 
Immanisirungs-Werthigkeit durch den Thierversuch unterworfen. 
Die sehr schwierige und zeitraubende Darstellung des Serum¬ 
präparates sowie dessen Prüfung in der Anstalt geschah aus¬ 
schliesslich durch den Director selbst. Ausser der Prüfung des 
Serums in der Anstalt erfolgte eine Controlprüfung durch Herrn 
Prof. Dr. Ostertag in Berlin. Bezüglich der Menge des her¬ 
gestellten Serums cf. den Serumversandt. 

b) Die Culturdarstellung. Jeder zum Versand gelangen¬ 
den Serummenge wird ein bestimmtes Quantum in Bouillon ge¬ 
züchteter Rothlaufcultur beigegeben. Die Herstellung der Culturen 
ist, wenngleich weniger schwierig, so doch auch sehr umständlich, 
zumal eine genaue Prüfung der vielen Culturen auf ihren Rein¬ 
heitszustand unbedingtes Erforderniss ist. — Ausser den zum 
Versand gelangenden Culturen waren die bedeutenden Impfstoff¬ 
mengen herzustellen und zu untersuchen., welche in der Anstalt 
selbst verbraucht werden. 

Abgesehen von der Serum- und Culturdarstellung für den 
Versand wurden im Laboratorium auch gelegentlich eine Reihe 
von bacteriologischen Untersuchungen und Versuchen anderer Art 
vorgenommen. 

3. Der Impfstoffversand. 

Der Impfstoffversand erfolgte auf Bestellungen, welche der 
Anstalt in erster Linie aus den Kreisen der Thierärzte zahlreich 
zugingen. 

Da die Schlachtung der in Prenzlau aufgestellten Schweine 
und damit die Serumdarstellung in der Anstalt erst Ende Sep¬ 
tember 1897 beginnen konnte, so wurden die eingehenden Be¬ 
stellungen vorläufig Herrn Obermedicinalrath Dr. Lorenz in 
Darmstadt zur Erledigung übermittelt. Seitens des Herrn Ober¬ 
medicinalrath Dr. Lorenz wurden so im Aufträge der Anstalt 
versandt: 

im Monat August 12 450 ccm Serumpräparat, 

„ „ September 11166 „ „ 

Anfang October 1897 übernahm die Anstalt selbst den Impf- 
stoffversaud. Es muss hier bemerkt werden, dass die Zeit, auf 
welche dieser Bericht sich erstreckt, hauptsächlich die Winter¬ 
monate umfasst, in welchen der Rothlauf im Allgemeinen die ge¬ 
ringste Verbreitung zu zeigen pflegt bezw. oft ganz erlischt. 
Entsprechend der geringen Verbreitung der Seuche sinkt natür¬ 
lich in der genannten Zeit auch das momentane Interesse an der 
Schutzimpfung; die Nachfrage nach Impfstoff wird damit nach- 
lassen. Immerhin scheint aber in manchen Bezirken in Folge 
des diesjährigen milden Winters der Rothlauf nicht so sehr zurück¬ 
gegangen zu sein wie in anderen Jahren. 

Die folgende Zusammenstellung giebt eine Uebersicht über 
die von der Anstalt in den einzelnen Monaten abgegebenen Serum¬ 
mengen. Es wurden versandt: 


im Monat October 

5 913 

ccm 

Serumpräparat, 

tf >i 

November 

7 749 

» 


n tt 

December 

6 287 

tt 


» tt 

Januar 

4 218 

» 

n 

tt » 

Februar 

19 845 

i» 

tt 

tt V 

März 

17 826 

» 

tt 


Mit den im Monat August 
und September abgegebenen 
Serummengen wurden somit 

insgesammt versandt: 85 454 ccm Serumpräparat 

Die den einzelnen Serummengen beigegebenen Culturen 
werden hier nicht besonders aufgeführt. 

Die inBgesammt abgegebene Serummenge von 85 454 ccm 


vertheilt sich auf die einzelnen Provinzen bezw. Bundesstaaten*) 
wie folgt: 


Provinz Brandenburg 

29 700 

ccm. 

„ Westpreussen 

21 029 

»> 

., Posen 

13 407 

tt 

„ Pommern 

7 616 


„ Ostpreussen 

6 399 

»» 

„ Sachsen 

2 880 

»> 

„ Hessen-Nassau 

1 260 

»» 

„ Schlesien 

1 248 

tt 

„ Hannover 

1 219 

tt 

Rheinprovinz 

133 

»» 

Lippe-Detmold 

190 


Mecklenburg 

128 

•» 

Anhalt 

112 

» 

Königreich Sachsen 

98 

tt 

Bayern 

30 

tt 

Sachsen-Weimar 

5 

tt 


Summa: 85 454 ccm. 


Um den Werth einer derartigen Menge vor Augen zu führen, 
sei hier nur bemerkt, dass das insgesammt abgegebene Quantum von 
85 454 ccm genügen würde, um weit über 17 000 Schweine im 
Durchschnittsgewicht von 50 kg zu immunisiren. In Wirklichkeit 
dürfte sich aber in Anbetracht des Umstandes, dass zur Ersparung 
grösserer Impfkosten in der Praxis die Thiere meist als Ferkel 
geimpft werden, die Zahl der geimpften und damit vor der opfer¬ 
fordernden Seuche sicher geschützten Schweine weit höher 
stellen. 

Hand in Hand mit dem Serumversand ging der kaufmännische 
Betrieb der Anstalt. Insbesondere war auch eine umfangreiche 
Correspondenz zu erledigen, die zum grossen Theil impftechnische 
Fragen betraf. In der Berichtszeit gingen ein 1538 Briefe und 
Bestellungen. Abgesandt wurden 765 Briefe und 244 Impfstoff¬ 
sendungen. — Besonders hervorzuheben ist, dass Miss¬ 
erfolge bei den Impfungen während der Berichtszeit 
nicht bekannt geworden sind, während dagegen zahl¬ 
reiche Schreiben die vorzügliche Wirkung und den 
ausgezeichneten Erfolg der Impfung betonten. 


Atropin-Morphium bei chronischer Schulterlahmheit. 

Von 

Dr. Elllnger-Dermbach. 

Im Herbst 1896 gelangte ich in den Besitz eines 7jährigen 
Rappwallachs aus Grätz, Posen, von dem ich wusste, dass er 
häufig vorn links lahm gegangen war, ohne dass jedoch die ver¬ 
schiedentlich eingeleiteten Kurmethoden dauernden Erfolg gehabt 
hätten. Das Pferd zeigte wochenlang absolut keine Lahmheits¬ 
erscheinungen, bis es plötzlich auf der Tour anfing schlapp zu 
werden, an dem linken Vorderschenkel die Schulterfreiheit zu 
verlieren, zu lahmen und füglich auf 3 Beinen sich fortzuschleppen. 
Der gemeinschaftliche Kopf-Hals-Arm-Muskel befand sich bei 
solchen Anfällen in Contraction. Beim Druck auf denselben zeigte 
das Pferd ungeheure Schmerzen. Nach ‘/a Stunde war gewöhnlich 
der Anfall vorbei, das Pferd beruhigte sich. Derartige Anfälle 
konute ich mindestens 40 mir merken, sie waren in ihrer 
Intensität verschieden. In 3 Fällen dauerte die Lahmheit 
3 Wochen und verschwand plötzlich. Die Lahmheit war stärker, 
wenn das Pferd mehrere Tage hintereinander geruht hatte. 

*) Hessen und Württemberg kommen hier überhaupt nicht in 
Betracht, da ftlr diese Bundesstaaten Herr Obermedicinalrath 
Dr. Lorenz sich das Recht, den Impfstoff allein abzugeben, ge¬ 
wahrt hat. 


Digitized by 


Google 





12. Mai 1898. BERLINER T1IIERAKZTL1CI1E WOCHENSCHRIFT. 219 


Daher lautete mein Kurplan: tägliche Bewegung, wozu meine 
Praxisreisen genügende Gelegenheit boten, und bei Lahmheit 
Frottage und Massage. 

So ging der Wechsel in Krankheit und Gesundheit fort bis 
Mitte August 1897. Ich las die Abhandlung des Collegen 
Dr. Tempel und beschloss, bei der nächsten Gelegenheit die von 
ihm empfohlene Methode bei meinem Dienstpferde anznwenden. 
Am 17. August fing das Pferd plötzlich bei einer Reise in den 
liiesigen Bergen an zu lahmen. Ich stellte dasselbe in einen Gast¬ 
hofsstall ein nnd injicirte die Tempel’sche Solution. Beobachtung: 
leichter Schweissausbruch 20 Minuten nach der Injection, Zittern, 
Schwankungen im Kreuze, als ob das Thier betrunken wäre, 
Mydriasis. Nach 2 Stunden langer Pause liess icli anspannen 
und fuhr 12 Kilometer, bis in meine Wohnung. Während der 
Tour war das Pferd eiwas schreckhaft und zeigte immer noch 
geringe Schwankungen. Die Lahmheit war während der ersten 
5 Kilometer noch deutlich zu sehen, wurde jedoch immer geringer. 
Am nächsten Tage war die Lahmheit verschwunden und bis heute, 
9 Monate nach der Injection, nicht wiedergekehrt. Dem Herrn 
Collegen Dr. Tempel daher an dieser Stelle den verbindlichsten 
Dank. Das Pferd ist geheilt und besitzt mindestens den doppelten 
Werth, den es hatte beim Kaufabschluss. 


Zur Behandlung des acuten Rheumatismus mit 
Atropin-Morphium. 

Von 

J. W. Schmidt-Dresden, 

Iiezirksthierarzt. 

In No. 18 der B. T. W. bespricht College Meinicke-Lüne¬ 
burg einen Fall von acuter Schulterlahmheit, den er durch die 
jetzt bekannt gewordene Atropin-Morphium-Injection zur Heilung 
brachte. •. Auch,.,ich. .bin. üi. ier. Lage, Aelinliches berichten zu 
können, und will es im Folgenden thun, um zur Bereicherung 
der Therapie beizutragen. 

Den 1. Febr. 1898 wurde ich zu einem Pferde gerufen, welches 
nicht mehr aufstehen konnte. Dem Vorbericht nach war dieses 
Pferd — eine temperamentvolle Stute edler Abkunft, Reit- und 
Wagenpferd, ca. 6 Jahre alt — zwei Tage zuvor bei heftigem 
Wind, Regen- und Schneegestöber im Wagen gegangen, war 
dabei wiederholt zum Schwitzen gekommen, hatte unterwegs 
einmal leichte Kolikerscheinungen geäussert, im Uebrigen aber 
bei der Rückkunft keinerlei Krankheitssymptome gezeigt. Den 
nächsten Tag wurde das Thier liegend im Stalle vorgefunden 
und war bis zu meiner Ankunft nicht zum Aufstehen zu bewegen. 
Meine Untersuchung ergab: 39,1 Temperatur, ca. 26 Athemzüge, 
36 Pulse. Futter- und Getränkaufnahme wurde verweigert. 
Schmerzhaftigkeit an der Brust und in der Bauchgegend war 
nicht vorhanden. Peristaltische Bewegung des Darmes lebhaft 
hörbar. Lähmungserscheinungen der Nachhand nicht walir- 
zunehraen. Der mittels Catheter gewonnene Harn unver¬ 
ändert, ohne Beimengung von Blut. Mit Hilfe mehrerer Leute 
wurde das Thier zum Aufstehen gebracht. Dabei zeigte sich 
der rechte Vorderschenkel als krankes Organ. Derselbe hiüg 
unthätig, wie gelähmt, herab; beim Bewegen stiess der Fuss mit 
der Zehe an. Er wurde weder vorgefiihrt noch zum Stützen ver¬ 
wendet. Bei der näheren Untersuchung wurden alle Theile dieser 
Extremität gesund befunden mit Ausnahme des Vorarmes. Hier 
zeigte sich die Haut sehr empfindlich, jedoch ohne Verletzungen. 
Bei starkem Druck erwiesen sich die rund um den Radius ge¬ 
legenen Muskeln als äusserst schmerzhaft und von harter Con- 
sistenz. Ein Knochenbrnch war nicht zu constatiren, ebenso¬ 
wenig eine Sehnen- oder Muskeleinreissung. Da ich eine snbeutaue 
Mn8kelqnetschung nicht für ausgeschlossen hielt, verwendete ich 


äusserlich Bleiliniment und applicirte zur Abspannung des er¬ 
regten Sensoriums Morphium (nur eine Dosis: 0,3). Von Tag 
zn Tag verschlechterte sich das Befinden. Das Pferd frass gar 
nichts mehr, hatte sich nach meinem Weggang wieder gelegt 
und war nicht mehr auf die Beine zu bringen. Drei Tage nach 
meiner ersten Untersuchung liess ich das Thier in einem provi¬ 
sorisch hergestellten Hängeapparat anfrichten. Der Befund der 
vorderen Extremität war unverändert. Die brettartige Bärte 
und grosse Empfindlichkeit der Vorarmrauscnlatur erweckte bei 
mir nun den Argwohn auf acutem Rheumatismus und gleichzeitig 
die Neigung, das Dr. Tempel’sche Verfahren zn probiren. Um 
mir die öfters erwähnte unangenehme Atropin-Wirkung zu er¬ 
sparen, injicirte ich denselben Tag noch */ 3 der Gesammtinjection. 
Das Pferd wurde danacli etwas lebhafter, äusserte aber sonst 
keinerlei besondere Erscheinungen. Den nächsten Tag wurde 
das 2. Drittel injicirt. Die Behandlung bestand ausserdem in 
Massage, wobei zum Geschmeidigmachen der Haut Chloroformöl 
(5 : 50) benutzt wurde, und im Anlegen von wol'enen Schlauch¬ 
binden. Den zweitenTagstand das Pferd auf allen Extremitäten ohne 
Unterstützung, beim Führen wurde der Schenkel nach vorwärts 
gefülirt; diente er als Hangbein, dann traten noch geringe 
Functionsstörungen auf, so z. B. bei der Bewegung im weichen 
Sandboden. Nach weiteren zwei Tagen injicirte ich das letzte 
Drittel in der Gegend der rechten Schulter und sah 24 Stunden 
später, dass die Lahmheit verschwunden war. Es waren also 
bei dieser neuen Behandlungsart nach ca. 6 Tagen Gebrauchs- 
Störungen vollständig geschwunden, die erheblich genug waren, 
das Thier zum Liegen zu bringen und die ganze Situation als 
eine sehr kritische zn kennzeichnen. Seitdem sind nun drei 
Monate verflossen und haben keinen Rückfall wieder gebracht, 
so dass ich mit diesem Ausgang sehr zufrieden sein durfte. Ich 
werde in Zukunft bei acutem Rheumatismus dieses Mittel wieder 
versuchen, aber nur in kleinen Dosen, so dass die angegebene 
Gabe von Morphium 0.2 und Atropin, sulf. 0,05 auf drei¬ 
mal injicirt wird. In der Hoffnung, dass der Erfolg ein guter 
sein wird, werde ich nicht vei fehlen, auch beim Hunde, dessen 
acuter Muskelrheumatismus meistens recht viel Schwierigkeiten 
bietet, dementprechende Versuche zu machen. Das uöthige 
Krankenmaterial wird eine Stadt wie Dresden sehr leicht auf¬ 
zubringen im Stande sein. 


Unangenehme Nebenerscheinungen 
bei der Behandlung der acuten Schulterlahmheit 
durch Atropin-Morphiuminjection. 

Von 

Scholte-Dingelstedt, 

Thierarzt. 

Nach Veröffentlichung der Behandlung der chron. Schulter¬ 
lahmheit durch Herrn Collegen Büttner mittelst der Injection 
von Atropin-Morphiumlösung, habe ich dieselbe auch in einem 
Falle versucht und gleichzeitig die von Herrn Collegen Meinicke 
(B. T. W. No. 18) beregten störenden Wirkungen des Atropins 
beobachtet. 

Es handelte sich um einen schweren Percheron-Wallach, 
der beim Durchgehen mit der Schulter gegen einen Baum an¬ 
gelaufen war nnd sich hierbei eine bedeutende Lahmheit zu¬ 
gezogen hatte. 

Der Patient wurde mir ca. 14 Stunden später zur Begut¬ 
achtung bezw.Behandlung vorgeführt. Die Lahmheit charakterisirte 
sich als eine Hangbeinlahmheit; das Thier war nicht im Stande 
den kranken Fuss vorznführen, und bei dem Versuche, vorwärts 
zu gehen, wurde derselbe gar nicht belastet. Lie68 ich das Pferd 
zurücktreten, so belastete es den Fuss wohl, hob denselben aber 


Digitized by CjOOQie 



220 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


nur in geringem Masse vom Erdboden empor. Im Stalle wurde 
der Fuss belastet, aber möglichst weit nach hinten unter den 
Leib gesetzt. Die Futteranfnahme hatte der Patient während 
der ersten 21 Stunden nach geschehenem Unfall gänzlich ver¬ 
weigert. Fiebererscheinungen waren nicht vorhanden. 

Hei der Palpation der Schulter machten sich die Er¬ 
scheinungen der Entzündung durch vermehrte Wärme, An¬ 
schwellung und Schmerz bemerkbar, die sich vor Allem im Ver¬ 
laufe der biceps brachii doenmentirten. Es handelte sich demnach 
mit Rücksicht auf den negativen Befund an den übrigen Theilen 
des Schenkels um die acute Entzündung der Bursa des Biceps 
brachii. 

I)je Behandlung bestand neben absoluter Ruhe anfangs in 
Lehmanstrichen, später in Priessnitz’schen Wickelungen, und 
als am 10. Tage die Lahmheit nicht geschwunden war, wurde 
eine Scharfsalbe ^bestehend aus Cantharid. gross, pulv. 1 : 5) 
auf das Nachdrücklichste auf das Schnltergelenk app'icirt. Nach 
Ablauf einer vierwöchentlichen Ruhe wurde mir der Patient 
wieder vorgefiihrt, jedoch zeigte sich derselbe noch ebenso lahm 
wie vorher. Am folgenden Tage Mittags injicirte ich die vor¬ 
geschriebene Atropin-Morphiumlösung in die directe Nähe des 
Schultergelenks. Nach ca. 15 Minuten fing das Thier zu scharren 

an, verrieth grosse Angst, Athemnoth, Muskelzittern und zeigte 
Erweiterung der Pupille, beschleunigten, drahtförmigen Puls, 
dessen Zahl 66 Schläge in der Minute betrug, und pochenden 
Herzschlag. Bald darauf stellten sich Erscheinungen der Tob¬ 
sucht ein; das Pferd versuchte an der Wand emporzugehen, 
biss in die Stäbe der Raufe und hing sich vor Schmerz förmlich 
in die Halfter. Diese Erscheinungen dauerten bis 50 Minuten 
nach der Injection mit Beschleunigung des Pulses bis auf 
80 drahtförmige Schläge. Auf dieses Excitationsstadium folgte 
dann eine allgemeine Abgeschlagenheit. Das Thier legte ein 
schläfriges Wesen an den Tag und verweigerte dabei dieWasser- 
und Futteraufnahme. Ich bat den intelligenten Besitzer, alle 

y. Stunde den Puls aufzunehmen, und derselbe theilte mir mit, 
dass derselbe nach ca. 6 Stunden wieder zur Norm zurückgekehrt, 
das Thier Morgens schon wieder etwas Futter und Wasser zu 
sich genommen habe und überhaupt munter sei. 

Nach 7 Tagen liess ich den Patienten versuchsweise wieder 
vorführen. Dieses Mal konnte ich nicht den geringsten Grad 
einer Lahmheit beobachten. Das Pferd wurde noch auf 8 Tage 
in einen Laufstall gebracht und dann zum Dienst auf der Land¬ 
strasse und im Acker verwandt, den es nun seit 5 Wochen nach 
wie vor versieht. 

Es ist in diesem Falle doch zweifelsohne der Atropin- 
Morphiumbehandlung ein überaus günstiger Erfolg zuznschreiben, 
denn erfahrungsgemäß bildet die Erkrankung der Bursa des 
Biceps für die Behandlung ein höchst bedenkliches Leiden, ja in 
den meisten Fällen werden die Patienten gar nicht oder nur in 
beschränktem Masse wieder diensttauglich. 

Wenn auch in diesem Falle die bedenklichen Neben’ 
erscheinungen durch das Atropin nicht so drastisch aufgetreten 
sind wie in dem von Meinicke mitgetheilten, so verdient dieser 
Umstand doch Beachtung und mahnt zur vorsichtigen Anwendung 
rc-p. zur Anwendung kleinerer Dosen. 

R e f e r a t e. 

Ueber den Rotz. 

Von Professor N o c a r d. 

Im „Reeueil“ vom 15. März 1. J. veröffentlicht Prof. Nocard - 
Alfort eine kritische Analyse der im „Archiv für wissenschaftliche 
und praktische Thierheilkunde“, 1. und 2. Heft 1898, von Geheim¬ 
rath Schütz publicirten Arbeit „Beitrag zum Studium des 


No. 19. 

Rotzes“. Diese Kritik soll hier in wörtlicher Uebersetzung 
wiedergegeben werden. 

N. erinnert zunächst an seine am 18. März 1896 in der 
Societe centrale de medecine velerinaire producirte Arbeit 
über „die transluciden Tuberkel in der Lunge der rotzigen Pferde“, 
in welcher er hauptsächlich Experimente darlegte, die beweisen 
sollten, dass die vorerwähnten Tuberkel rotziger Natur sind und 
das „erste Stadium in der Entwicklung des classischen Tuberkels“ 
bilden (cf. B. T. W. 1896, No. 17 Seite 196). 

DieVersuche bestanden zunächst darin, dass gesunde Pferde, aus 
Beständen in welchen seit Jahren keine Rotzfälle constatirt worden 
waren, rotzig gemacht wurden, und bei der Section fanden sich dem 
natürlichen Rotz identische Tuberkel vor, hauptsächlich aber jene 
transluciden Tuberkel, deren rotzige Natur bestritten wurde. Da 
behauptet werden konnte, dass diese transluciden Tuberkel vor der 
experimentell veraulassten Bildung der rotzigen Läsionen be¬ 
standen, hatte N. Pferde derselben Provenienz als Zeugen be¬ 
halten, und fand man in den Lungen dieser Thiere keine Spur 
der transluciden Tuberkel, die sich so zahlreich in den Lungen 
ihrer infieirten Stallgenossen vorfanden. 

N. wies sodann nach, dass die in den Lungen von gesunden 
Pferden provocirten transluciden Tuberkel Rotzbacillen enthielten, 
gerade wie die käsigen Tuberkel, deren rotzige Natur nicht be¬ 
stritten wurde; aber dass sie immer nur eine geringe Anzahl von 
Bacillen enthalten, im Gegensatz zu den käsigen Tuberkeln. 
Deshalb gelinge es nicht immer, die mit Brei von transluciden 
Tuberkeln geimpften Meerschweinchen zu inficiren. N. wollte in 
seiner Arbeit demonstriren, dass auch die transluciden Tuberkel 
zu den Lungenläsionen des Pferderotzes gezählt werden müssen. 

N. hatte noch angeführt, dass es leicht sei, ein gesundes 
Pferd zu inficiren, dass alle Impfmethoden hierzu gut sind. Wenn 
man aber bei der Section von auf irgend welche Weise inoculirten 
Thieren rotzige Lungenläsionen findet, so sind es keine Miliar¬ 
tuberkel, wie bei der natürlichen Krankheit, sondern mehr oder 
weniger ausgedehnte Infarcte, gewöhnlich begrenzte Herde von 
rotziger Bronclio-Pneumonie, mehr oder weniger analog denjenigen, 
welche bei Eseln beobachtet werden, die zur Ueberimpfung von 
verdächtigen Producten gedient haben. N. erwähnt, dass allein 
die Ingestion virulenter Rotzproducte die Bildung von Miliar¬ 
tuberkeln auf dem Wege des Experiments gestatte. Zum Beweise 
dieser für die Prophylaxe des Rotzes so eminent wichtigen Tliat- 
sache hatte N. in seiner Arbeit von 1896 21 Versuche erwähnt, 
die alle dasselbe Resultat hatten. 

In einer am 15. November 1897 im „Reeueil“ ver¬ 
öffentlichten Arbeit (cf. B. T. W. 1897, No. 48 Seite 587) konnte 
Prof. Nocard 35 solche Versuche erwähnen, die alle 
öffentlich stattfanden, davon 18 unter der Leitung und der Con- 
trole der beim französischen Kriegsministerium bestehenden 
Commission militaire d’hygiene et de mödecine vötörinaires, deren 
amtlicher Bericht mit der detaillirten Wiedergabe der Versuche 
demnächst veröffentlicht werden wird. Es erschien wünschens¬ 
wert^ um den von Nocard eingenommenen Standpunkt zu prä- 
cisiren, das vorhergehende Resumö seiner Arbeiten zu bringen. 
Die nun folgende von Nocard verfasste Analyse der Schütz’schen 
Arbeit ist wörtlich übersetzt und N. folgt dabei den 6 von 
Schütz aufgeBtellten Conclusionen (vergl. B. T. W. No. 17). 

1. Der primitive Lungenrotz entwickelt sich nicht 
infolge der Injection (sagt Schütz). 

Man könnte im ersten Augenblick glauben, dass Schütz mit 
diesem Satz dieResultato meiner Versuche über dielngestion rotziger 
Producte bestreitet. Aber im Gegentheil, Schütz hat auch fünf 
Pferde (lungen-)rotzig gemacht, dadurch, dass er die Culturen von 
Rotzbacillen ingeriren liess. Was Schütz bestreitet, ist, dass diese 


Digitized by LjOOQie 


12. Mai 1*98. BEHLINEU TUIEUARZTL1CUE WOCHENSCHRIFT. ooj 


Rotzläsiouen der Lunge primär seien, er behauptet, dass sie 
immer auf rotzige Läsionen des Darmes oder der Mesenterial¬ 
drüsen folgen. 

Ich muss zunächst bemerken, dass ich nicht glaube, dass 
ich jemals die Behauptung aufgestellt habe, dass die Lungen¬ 
knötchen, die sich bei meinen Versuchsthieren entwickelten, 
primäre Läsionen seien. Der einzige Punkt, an welchem ich 
festhielt, war die Demonstration, dass, in der übergrossen Mehr¬ 
zahl der Fälle, der Rotz des Pferdes nach der Ingestion von 
rotzigen Producten entsteht. Die Versuche von Schütz be¬ 
stätigen die meinigen; es ist dies in specie die Hauptsache. 

Nach dieser Feststellung muss ich erklären, dass, im Gegen¬ 
satz zu Schütz, ich nicht ein einziges Mal bei meinen Versuchs¬ 
thieren rotzige Läsionen der Darmmucosa vorgefunden habe, 
obwohl ich sie mit Hartnäckigkeit gesucht habe, wenigstens zu 
Anfang, weil ich hoffte, hier ein wichtiges Argument finden zu 
können, um denjenigen zu opponiren, die behaupten, dass das 
Mallein eine Reaction bewirke bei Pferden, deren Lungen bei der 
Section gesund befunden werden. 

Wie können ähnliche Versuche so verschiedene Resultate 
gegeben haben? Es ist dies, weil die betreffenden Versuche nur 
dem Anscheine nach identisch sind. 

Schütz wollte die von mir vorgebrachte Thatsache controliren; 
er hat aber geglaubt, in anderer Form als ich Vorgehen zu müssen. 
Anstatt eine kleine Quantität von virulenter Rotzbacillencultur (’/i, 

'/ s odqr das Ganze einer Kartoffelcultur) sorgsam in einer grossen 
Menge Wasser anfzulösen und diese Mischung den Versuchsthieren 
zu trinken zu geben, glaubte er besser zu thun, grosse Quantitäten 
von Rotzculturen (40 Culturen in einem Fall, 42 in einem an¬ 
deren!) in einer .Gelatinekapsel einzuschliessen und diese dem 
Thiere wie eine Pille einzugeben. 

Es ist nur zu erklärlich, dass die bewirkten Resultate ganz 
andere waren: Im Schütz’schen Falle werden da, wo sich die 
Gelatinekapsel öffnet, eine enorme Menge von Rotzbacillen an j 
der Oberfläche der Darmmucose abgelagert; die Bacillen häufen 
sich in den Drüsenzwischenräumen und in den Krypten der 
Follikel in so grosser Zahl, dass die Leukocyten nicht genügen, 
um sie zu umgeben und sie zu transportireu und im ganzen 
Organismus zu vertheilen. Es entstehen am Platze selbst rotzige 
Herde, von welchen aus die generelle Infection vorgeht. Es er¬ 
klärt dies die Häufigkeit jener weisslichen und erweichten Knötchen 
in der Leber, in der Milz und in den Lungen, die in der Grösse 
zwischen einer Erbse und einer Haselnuss von Schutz beobachtet 
worden sind. Es sind dies nicht die Miliartuberkel der Lunge, 
welche den natürlichen Rotz characterisiren; die erzielten Re- 1 
sultate sind vielmehr denen identisch, welche durch die subcutane 
oder submucöse Injection irgendwelchen rotzigen Productes erzielt 
werden. 

Prof. Gratia in Brüssel sagt sehr richtig im Februarheft der 
Annales de mödecine vötärinaire, „dass die Bedingungen der 
Schütz’schen Versuche sich in praxi nicht verwirklichen, 
da das Krankheitsvehikel, Getränk oder Nahrungsstoff, stets nur eine 
kleine Zahl der infectiösen Mikroben enthalt. Ist es deshalb nicht 
möglich, dass, wie bei der Tuberculose, die Läsionen in erster 
Linie in den mehr oder weniger entfernten Organen, wie z. B. 
den Lungen auftreten und die Darmeingeweide verschonen, die 
zuerst der Infection ausgesetzt waren ?*‘ 

In meinen Versuchen werden die wenig zahlreichen und sorg¬ 
sam in viel Wasser suspendirten Bacillen auf die ganze Ober¬ 
fläche der Darmmucosa vertheilt, wo sie leicht von den Leukocyten 
umgeben und in den ganzen Organismus getragen werden, ohne 
dass es möglich ist, auf der Darmschleimhaut die Eingangspforte, 
nicht einmal die geringste Spur ihres Passirens zu finden. 


Warum ist aber Schütz, der meine Versuche 
controliren wollte, nicht so vorgegangen, wie ich es an¬ 
gab? Er findet meine Versuche mangelhaft; sie besitzen seiner 
Ansicht nach nicht die in diesen Sachen wünschens wer. he Rigorosität. 

Er sagt nämlich: 

„Wenn man in Moorrüben oder im Trinkwasser ent¬ 
haltene Rotzbacillen ingeriren lässt, ist man nie sicher, dass 
diese Bacillen direct in den Magen oder in den Darm gelangen, 
selbst wenn man die Thiere nach der Ingestion eine grosse 
Menge reines Wasser trinken lässt; es ist sehr wahrscheinlich, 
dass viele Mikroben zwischen den Zähnen bleiben oder in 
den zahlreichen Buchten der Maul- und Schlundkopfschleim¬ 
haut. Nocard gesteht, dass „bei beinahe allen“ seinen 
Versuchsthieren man nach einer gewissen ZeitAnschwellungen 
rotziger Natur der Lymplnlrüsen beobachten konnte; es er¬ 
hellt hieraus, dass bei „fast allen“ seinen Pferden der 
Pharynx krank war und dass die Rotzinfection zur Evidenz 
von den ersten Digestionswegen ausging.“ 

Die von Schütz gebrachte Objection verträgt die Prüfung 
nicht, wenigstens so weit sie sich auf meine Versuche bezieht, 
in welchen, in weitaus den zahlreichsten, die Rotzcultur nach 
Auflösung im Trinkwasser ingerirt wurde. In der Tliat ist, 
wenn man sorgsam in 6 Liter Wasser ein Viertel, ein Halb oder 
das Ganze einer Rotzcultur auf Kartoffel auflöst, die Auf¬ 
machung so, dass das Wasser vollständig klar ist, und dass 
man nicht immer eine C'ultur erzielt, wenn man einen 
Tropfen dieser Auflösung auf Peptonebouillon oder auf Kartoffel 
aussäet. Wenn das Thier seit 24 Stunden nicht getränkt worden 
ist, so trinkt es hastig, in weniger als einer Minute den halben 
Eimer aus, den man ihm vorhält. Ebenso hastig wird der ihm 
gleich nachher angebotene ganze Eimer reines Wasser ans¬ 
getrunken. Was kann nach dieser veritablen Iriigation von der 
zuerst verabreichten Rotzauflösung noch auf der Maul- und 
Schlundkopfschleimhaut bleiben? Wenn ich die Menge der der 
Schleimhaut nach der ersten Injection adhärirenden Diluiions¬ 
menge auf 10 Cubikcentimeter schätze, bin icli jedenfalls weit über 
der Richtigkeit. Der halbe Eimer enthielt G Liter, es bleibt somit 
Vöoö der Culturmenge auf der Schleimhaut des Maules und des 
Schlundkopfes haften. Das reine Wasser, das sofort nachher in 
mindestens gleicher Menge absorbirt wird, schwemmt gewisser- 
massen die verunreinigten Schleimhäute ab; diese zweite Dilution 
ist jedenfalls ebenso verdünnt wie die erste, man sieht also dass, 
was an der pharyngealen Schleimhaut haften bleibt, jedenfalls 
weniger als 1/360000 der ingerirteu Cultur ist. Ist es vernünftig, 
die Infection dieser unendlich kleinen Virusquantität zuzuschreiben, 
wenn die Darmschleimhaut 360000 Mal mehr erhalten hat? 

Aber, wird Schütz sagen, der Beweis, dass die Infection 
trotzdem auf diese Weise entstanden ist, ist, dass „bei fast allen“ 
Versuchsthieren rotzige Laesionen der Kehlgangslymph- 
drüsen und selbst der Nasenhöhlenschleimhaut constatirt wurden. 

Ich muss zunächst bemerken, dass dieses „fast alle“ nicht 
richtig ist. In meiner Notiz vom 12. März 1896 sagte ich, dass 
13 Pferde von 21 clinische Rotzerscheinungen gezeigt haben; die 
8 anderen, die kein äusseres Rotzsymptom hatten, hatten aber 
rotzige Laesionen der Lungen. In meiner Mittheilung auf dem 
Moskauer Congress gab ich folgende Zahlen: Von 35 Versuchs¬ 
thieren haben 17 niemals irgend welches äussere Symptom gezeigt. 
Ich füge bei dass von den 18 Pferden, die mit Symptomen rotzig 
wurden, 13 es nur später wurden; mehr oder weniger lange Zeit, 
nachdem die Malleinreaction erlaubt hatte, die Existenz von 
Lungenlae8ionen, die sich zuerst entwickelt hatten, zu bejahen. 
Endlich habe ich nur in einem einzigen Falle zwei Ulcerationen 
auf der Schlundkopfschleimhaut gefunden. Es war dies bei einem 


Digitized by 


Google 



222 

Maulesel, bei welchem die Schleimhaut der Nasenscheidewand, 
der Drüsen, des Kehlkopfes und der Luftröhre buchstäblich mit 
specifischen Ulcerationen gespickt war. 

Zeigen diese Erläuterungen nicht die Grundlosigkeit (inanite) 
der von dem Berliner Gelehrten ausgesprochenen Befürchtungen? 

2. Die grauen und transluciden Granulationen in der 
Pferdelunge sind nicht rotzig; es sind inflammatorische, 
durch einen Parasiten verursachte Läsionen. 

Es ist eine W. Schütz besonders liebgewordene Ansicht, 
dass die transluciden Tuberkel in der Pferdelunge parasitärer 
Natur sind. Im Recueil sind schon mehrere sehr interessante 
Artikel analysirt worden, die von ihm oder seinen Schülern, Olt 
und Künnemann, diesem Gegenstand gewidmet worden sind. 

Er kommt in seiner neuen Arbeit sehr ausführlich hierauf 
zurück, und es wird mir in keiner Weise schwer, anzuerkennen, 
dass er in derselben in unbestreitbarer Weise demonstrirt, dass 
die Pferdelnnge parasitäre Tuberkel enthalten kann. 

Das Factum ist an sich nicht überraschend: solche parasitäre 
Nodositäten in der Lunge sind schon lange beim Schaf, beim 
Kalb und beim Schwein bekannt, weshalb sollten keine solchen beim 
Pferde existiren? Was aber sicher ist, ist, dass diese parasitären 
Tuberkel, die in einzelnen Gegenden Deutschlands so häufig sind, 
dass Olt sie bei 70 pCt. der in Stettin geschlachteten Pferde 
finden konnte, in Frankreich sehr selten sind; unsere Schlachthaus¬ 
inspectoren hätten sie sicher nicht übersehen und Neu mann er¬ 
wähnt dieselben nicht in seinem so solid documentirten Lehrbuch. 
In Frankreich sind also diese Laesionen selten, man kann sie 
aber doch antreffen; für meinen Theil habe ich in den letzten 
zwei Jahren vier Fälle gesehen. Es handelte sich um Lungen, 
die im Schlachthause von Villejuif als rotzverdächtig beschlag¬ 
nahmt worden waren. Der Schlachthausinspector hatte Zweifel 
über die Natur der Laesionen und deshalb würde ich cbnsultirti 
Beide Lungen waren mit feinen Miliarknötchen infiltrirt, von 
denen die meisten in der centralen Partie verkalkt waren. Eine 
aufmerksame Prüfung gestattete jedoch, sie schon mit dem blossen 
Auge von Rotztuberkeln zu differenziren: 1. Einzelne dieser 
Knötchen waren noch vollständig durchsichtig; wenn man sie mit 
der scharfen Nadel zerriss, konnte man wahrnehraen, dass sie 
aus einer dünnen, fibrösen und widerstandsfähigen Hülle be¬ 
standen, die einen amorphen Inhalt einschloss; in den transluciden 
Rotztuberkeln aber ist niemals eine Hülle vorhanden, sondern die 
ganze Masse ist homogen. 2. Bei vielen anderen Knötchen war 
die undurchsichtige centrale Partie noch von einer durchsichtigen 
Zone umgeben; aber die undurchsichtige Partie, anstatt einfach 
undurchsichtig zu sein und sich leicht zerdrücken zu lassen, wie 
es bei Rotzknötchen ähnlichen Ansehens der Fall ist, war schon 
verkalkt und nur schwer zwischen zwei Glasplatten zu zer¬ 
drücken. 3. Die vollständig undurchsichtigen Tuberkel waren 
endlich alle verkalkt, aber diese Verkalkung war sehr ver¬ 
schieden von derjenigen, die man bisweilen bei Rotztuberkeln 
beobachtet; die Masse ist sehr hart; sie ist sehr schwer zwischen 
zwei dicken Glasplatten zu zerdrücken, man könnte an ein Kiesel¬ 
fragment glauben; im Rotztuberkel dagegen verändert die Ver¬ 
kalkung (die unzweifelhalt stattfindet, was auch Schütz dagegen 
sagen mag) den käsigen Inhalt des Tuberkels zu einer kreidigen 
Substanz, die sich zwischen den Fingern zerreiben lässt und das 
Gefühl eines Kittes erweckt, in welchen man Kieselsand gemengt hätte. 

Man sieht, dass man, bei einiger Aufmerksamkeit, schon mit 
dem blossen Auge die parasitären Lungenknötchen des 
Pferdes von denjenigen unterscheiden kann, die rotziger 
Natur sind. 

Die histologische Studie dieser parasitären Knötchen ist von 
Meisterhand, und Schütz giebt bis in die kleinsten Details die 


_Ao. 19 . 

anzuwendende Technik au, um die Nematoden zur Evidenz zu 
bringen. 

Die von Schütz gebrachte Conclusion ist nun aber, 
dass jedes translucide Knötchen parasitärer Natur ist 
und dass allein die grauen, in ihrem centralen Theil undurchsichtigen 
oder mit einer rötlilichen, mehr oder weniger ausgedehnten Aureole 
umgebenen Knötchen als Rotzknötchen zu betrachten sind. 

Diese Conclusion zeigt, dass beiSchütz der Logiker bei 
Weitem nicht auf der Höhe des pathologischen Anatomen 
steht. Um dies festzustellen, wird es genügen, an den im Recueil 
1897, S. 683 (cf. B. T. W. 1897, No. 48) bekanntgegebenen Versuch 
zu erinnern, bei welchem G Pferde eines rotzfreien Regiments 
nur 4 Rotzculturen in einem halben Eimer Wasser erhielten, 
während zwei als Controlthiere behalten wurden. Bei der Section 
hatten die vier injicirten Pferde die Lungen gespickt mit einer 
grossen Anzahl von Miliartuberkeln in allen Stadien ihrer Ent¬ 
wicklung, darunter viele von weicher Beschaffenheit und trans- 
luciiem Ansehen oder centrale Erweichung und ohne Gewebs- 
verdickung an der Peripherie. Die beiden Controlthiere dagegen hatten 
die Lungen ganz gesund; sie enthielten keine Knötchen, weder 
translucide noch andere. 

Ich könnte auch noch daran erinnern, dass die Cultur und 
die Ueberimpfung die rotzige Natur dieser transluciden Tuberkel 
bewiesen haben, nicht nur in meinen Händen, sondern bei Kitt 
(Münchener Jahresbericht 1895, S. 56) und Thomassen (Bulletin 
de la Societü centrale de mdd. vöterinaire 1894, S. G5), aber 
Schütz spricht diesem Argument jeden Werth ab; die Tuberkel 
hätten sich so verhalten, weil sie von Pferden stammten, die 
rotzig waren; die ganz zufälligen Läsionen hätten Rotzbacillen 
enthalten können, weil er selbst gezeigt hat, dass das Blut des 
rotzkranken Pferdes mitunter Bacillen enthält.' 

• Dass Schütz Bacillen im-B’lfrt -der rotzkranken Pferde ge¬ 
funden hat, muss ihm geglaubt werden, weil er es sagt. W as er aber 
nichtsagtundwas 6 ehr interessant zu wissen wäre, ist, wie 
oft er dies constatirt hat. Ich habe für meinen Theil eine sehr 
grosse Anzahl von ähnlichen Versuchen vorgenommen; niemals 
fand ich das Blut virulent und niemals habe ich mit demselben 
Culturen erzielen können. Ich behaupte deshalb, dass das von 
Schütz citirte Factum nar ganz ausnahmsweise stattfindet und 
dass es nicht gegen die von mir angeführten augerufen werden 
kann. Ich kann infolge dessen nur die von Gratia in dem 
schon angeführten Artikel der Annales veröffentlichten Be¬ 
merkungen unterzeichnen. 

„Ja, es existiren beim Pferde tuberkelförmige Läsionen der 
Lunge, die, trotz des äusseren Scheines, nicht zur Tuberculose 
und nicht zum Rotz gehören; zu diesen Läsionen zählen wir, 
mit Schütz, die transluciden oder kreidigen parasitären 
Nodositäten. Aber andererseits halten wir fest, weil wir es 
constatirt haben, dass beim Lungenrotz im Evolutionsstadium 
Knötchen in den verschiedenen Entwickelungsstadien angetroffen 
werden können; die jüngsten sind klein, grau, hyalin und halb¬ 
durchsichtig; die ältesten sind vereitert oder verkäst und oft von 
einer fibrösen Hülle umgeben. Wir glauben also mit Nocard, 
dass es translucide Rotztuberkel giebt, und dass die Versuche 
unseres Collegen aus Alfort dies genugsam beweisen.“ 

3. Der Rotztuberkel ist eine noduläre Hepatisation, 
der eine besondere Desagregation erleidet; 

4. er verkalkt nicht. 

In meiner Note von 1896 verglich ich, um das Warum der Trans- 
lucidität des entstehenden Rotztuberkels zu erläutern, denselben 
einem neugebildeten Narbengewebe und sagte, dass er wie dieses 
aus einer Anhäufung von Leukocyteu gebildet sei, die durch ibre 
Reactiou auf Färbungsmittel ihre vollständige Vitalität zeigen. 


BERLINER TU 1ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 






12. Mai 1898. 


BEHLINEU TUIEHÄHZTL1CHE WOClIENSCllUIET. 


223 


Schütz protestirt heftig gegen diese, übrigens ganz 
schematische Definition des entstehenden Rotztnberkels, and 
beschreibt weitläufig seine pathologische Anatomie. Aber, soll 
ich es sagen, dieser ganze, übrigens sehr exacte und sehr 
interessante Theil der Schütz’schen Arbeit lehrt uns nicht viel 
Neues. Wir wussten schon durch die Arbeit von Leclainche 
und Montane (Annales de lTnstitnt Pasteur, 1893, S. 481), 
von welcher übrigens Schütz kein Wort sagt, dass der Rotz¬ 
tuberkel essentiell aus einem Herd von fibrinös-haemorrhagischer 
Pneumonie besteht, in welchen rasch Leukocyten einwandern; so 
lange diese Leukocyten leben bleiben, bleibt der Herd hyalin und 
translucid; er wird undurchsichtig, erst wenn die Zellen durch das 
Rotztoxin getödtet sind. War es also eine Ketzerei, wenn ich 
sagte, dass der junge Rotztuberkel hauptsächlich aus einer 
Leukocytenanhüufung besteht? 

Der einzige wirklich neue Punkt der Schütz’schen Abhand¬ 
lung, und ich kann dessen Richtigkeit bestätigen, ist der ganz 
besondere Character der Necrose der Tuberkelelemente. Das 
Chromatin des Kernes erhält sich intact mit allen seinen Affini¬ 
täten für Färbemittel, auch nach der vollständigen Zersetzung 
der Zelle und des Kernes. In allen anderen Formen von Ne¬ 
crose wird das Chromatin rasch zerstört. Diese Form der Des¬ 
integration des Kernes in den Rotzläsionen ist zuerst von Unna 
beobachtet worden, der ihr den Namen „Chromatotexis“ gegeben 
hat. Für Schütz ist dies ein sicheres Criterium der Rotzläsion. 
Ich gestatte mir jedoch ihm zu bemerken, dass sie identisch in 
den Lungeninfarcten der Schafpocken beobachtet wird. 

Schütz bestreitet auch, dass der Rotztuberkel verkalken 
könne; er behauptet, dass die Secretion des Rotzbacillus wegen 
ihrer sauren Reaction die Ablagerung von Kalksalzen verhindere. 
Ich nehme diese Hypothese gern an, dafür begehre ich von 


gemachten ErfaJiruugen wurde besonders eine Lösung vonögNatrium 
bicarbonicum in einemLiter lauwarmen Wassers eineStundevordem 
Decken in die Scheide der betreffenden Stuten eiuzuspritzen 
gerathen. Grabensee hatte nun angeordnet, dass auf den 
Königlichen Beschälstationen der Provinz Hannover bei wieder¬ 
holt vergeblich gedeckten Stuten Versuche nach dieser Richtung 
hin gemacht werden sollten, wenn die Züchter damit einver¬ 
standen wären. 

Nach den jetzt vorliegenden Berichten sind im vorigen Jahre 
bei 4G3 Stuten Natrium bicarbonicum-Injectionen ausgeführt 
worden. 277 dieser Stuten sind tragend geworden, 145 blieben 
unbefruchtet und bei 14 Stuten ist das Resultat noch unbestimmt. 
Rechnet man nun von diesen 14 noch unbestimmten Fällen 7 zu 
den tragenden und 7 zu den güsten, so ergiebt sich, dass nahezu 
zwei Drittel der Stuten (66 pCt) tragend geworden sind. Kann 
dieses Resultat schon bei normalen Stuten in vielen Gegenden als 
ein gutes bezeichnet werden (in der Provinz Hannover wurden in 
den letzten Jahren von den Königl. Hengsten durchschnittlich 
71 pCt. befruchtet), so ist es um so überraschender, wenn man 
bedenkt, diesen Erfolg bei solchen Stuten erzielt zu haben, welche 
bis dahin meist güst geblieben oder gar nicht tragend geworden 
waren. Grabensee hält es durchaus nicht für zweifelhaft, dass 
bei weiterer Vervollkommnung der iDjectionsinstrumente etc. noch 
bessere Ergebnisse zu verzeichnen sein werden. Besonders 
empfehlenswerth ist es, keine gewöhnliche Clystierspritze zur 
Erfüllung zu benutzen, sondern einen Trichter mit Gummisclilauch 
zu verwenden, an dessen Ende verschiedene Mundstücke (nach 
Art einer Mutterspritze) angebracht sind, damit die Salzlösung 
alle Theile der Scheidenschleimhaut trifft. 

Die eingegangenen Berichte enthalten folgende interessante 
Einzelheiten. So wurden in 


Schütz; dass «r mit mir annehme, dass das Absterben des Bacillus 
seine saure Secretion snspendiren muss nnd dass dann die 
kalkige Infiltration des Tuberkelinhalts möglich wird. Dann er¬ 
hält die käsige Substanz des Tuberkels die Beschaffenheit, die 
zwischen den Fingern das Gefühl eines Kittes erweckt, in welchen 
Kieselsand gemengt worden wäre. Dann kann man aber auch 
sicher sein, dass der Tuberkel jede Virulenz verloren hat. Die 
von Comüny im Bulletin der Socidtö centrale (1897, S. 122) ver- 


>. Station Balge 19 Stuten iujicirt, davon 14 tragend, 

„ LandesbergenÖ „ „ „ 4 „ 

„ Mandelsloh 6 „ ., ,. 5 „ 

,, Oeste 8 ,, ,, ,, 4 „ 

von diesen ist eine Stute 22, eine 20, eine 16 Jahr alt; die 
vierte Stute ist erst 8 Jahre alt, hatte aber noch kein Füllen 
gebracht, obwohl sie 3 Jahre gedeckt war. 

Station Brietlingen 17 Stuten iujicirt, davon 14 tragend, — unbest. 


öffentlichte Mittheilung ist in dieser Beziehung sehr demonstrativ. 

ff 

Gestow 

8 

ff 

ff 

„ 7 

ff 

— 


Ich hätte, am vollständig zu sein, noch von einer zweiten Arbeit 

tt 

Isernhagen 

35 

ff 

ff 

„ 26 

ff 

— 

ff 

zu sprechen, die Schütz in derselben Nummer des Archivs veröffent¬ 

tt 

Altenbruch 

14 


'f 

„ 10 

ft 

— 

ff 

licht und in welcher er das Resultat seiner „Untersuchungen 

M 

Baden 

12 

ff 

P 

„ 9 

ff 

— 

ff 

über den Werth des Malleins“ auseinandersetzt. Seine Con- 

V 

Hechthausen 19 

ff 

ff 

„ 16 

• < 

1 

ff 

clusion ist, dass das Mallem keinen diagnostischen Werth besitzt. 

M 

Ihlienworth 

15 

t* 

>» 

„ 9 

»> 

3 

ff 

Da aber Schütz nur mit Preusse’schem Mallein gearbeitet 

n 

Kehdingbruch 11 

ff 

ft 

7 

ft 

2 

ft 

hat und ich selbst keine persönliche Erfahrung über dieses Mallein 

9) 

Nordholz 

44 

ff 

ff 

„ 29 

ff 

2 

ff 

besitze, beschränke ich mich mit Gratia in den belgischen Annalen 

ff 

Otersen 

26 

ff 

ft 

16 

P 

— 

f> 

zu wiederholen, dass in Frankreich, wie in Belgien und wie in 

V 

Altharen 

13 

ff 

ff 

„ 10 

ff 

1 

ff 

England das Mallein aus dem Institut Pasteur „zur grössten Zu- 

ff 

Stedebergen 10 

ff 

ff 

„ 5 

ff 

1 

ff 


friedenheit Jedermanns“ verwendet wird. 

Einwirkung auf die Befruchtung schwer tragend¬ 
werdender Stuten durch Injection von Natrium bicar- 
bonienm-Lösungen vor der Bedeckung. 

Von Landstallmeister Grabensec. 

(Deutsche Uudwirthsch. Presso No. 34.) 

Ausgehend von der bekannten Thatsache, dass Spermatozoen 
in alcalischen Lösungen längere Zeit lebensfähig bleiben als in 
sauren, hat man schon vor Jahren, um den nicht selten sauer 
reagireuden Vaginalschleim bei Stuten und Kühen alcalisch zu 
machen, Iojectionen von Natrium bicarbonicum-Lösungen in die 
Scheide vorzunehmen empfohlen. Nach günstigen in Frankreich 


Unter den 5 tragenden ist eine siebenjährig, welche bis dahin 
güst geblieben war. 

Eine neue Septicämie der Kälber. 

Von Thomassen. 

i (Anal, de l'Institut Pasteur 1897, T. 11, No C, pag. 623.) 

In der „Dtsch. thierärztl. Wschr.“ findet sich ein Referat der 
oben genannten Quelle, aus dem hier Folgendes wiedergegeben 
werden soll. In den Frühjahren 1896 und 1897 trat in der Um¬ 
gegend von Utrecht eine verheerende Kälberkrankheit auf, meist 
5—8 Tage nach der Geburt, seltener nach einigen Wochen. Die 
Thiere liegen beständig, haben sehr beschleunigten Atliem nnd 
Puls und eine Temperatur von 40—41. Der Appetit ist ziemlich 
erhalten: der öfter in kleinen Quantitäten abgesetzte Urin ist 


Digitized by 


Google 







224 


BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


trübe, und wenn er mit Kalilauge gekocht wird, bildet sich ein 
rother Bodensatz. Ausserdem enthält er Eiweiss etc., bisweilen 
treten cerebrale Störungen hinzu, Tod in der Regel nach 
5—6 Tagen. Die Therapie konnte nicht viel leisten. Sections- 
befund: Brustorgane normal, im Herzen flüssiges Blut, Ecchy- 
mosen auf dem Endoc u dium. Subserosa infiltrirt, Bronchialdrüsen 
hypertrophisch mit punktförmigen Blutungen. In der Peritoneal¬ 
höhle bernsteingelbe Flüssigkeit, Blutflecke auf der Darmserosa 
Milz auf das Fünf- bis Sechsfache vergrössert, schwarzblau, blut¬ 
reich und weich. An den Nieren stets parenchymatös hämor¬ 
rhagische Entzündungen. Im Blasenharn Bacillen, Blasenschleim¬ 
haut gleichmäS8ig braunroth oder fleckig und streifig gerötliet. 
Mesenterialdrüsen wie die Bronchialdrüseu. Labmagenschleimhaut 
auf der Höhe der Falte hämorrhagisch. Peyer’sche Haufen oft 
geschwollen. Leber kaum verändert. Wo bei Lebzeiten cere¬ 
brale Entzündungen bestanden hatten, fand sich Basilanneningitis mit 
trübem Exsudat, Bacillen enthaltend. Mikroskopisch zeigte sich 
in den Nieren pralle Capillarfüllung, zwischen den Harn- 
canälchen Leukocyten und Exsudat. In denselben das Epithel 
theilweis necrotisch, theilweis das Lumen dadurch verstopft. 
Thomassen konnte aus dem Blut und der Peritonealflüssigkeit 
einen specifischen Bacillus züchten und wirksam übertragen. 
Derselbe ähnelt dem Colibacterium, unterscheidet sich aber von 
ihm vielfach, wächst auf gewöhnlichen Nährböden bei Zimmer¬ 
temperatur, zeigt Eigenbewegung, färbt sich mit den gewöhnlichen 
Anilinfarben, entfärbt sich nach Gram. Den Culturen fehlt Indol, 
Phenol und der üble Geruch. Milch bringt der Bacillus nicht zum 
Gerinnen. Gegen Uebertragung erwiesen sich Kälber als sehr 
empfänglich. Auf 1 ccm trat eine Erkrankung und nach 4 bis 
6 Tagen der Tod ein unter demselben Obductionsbefund wie oben 
beschrieben. Auch Kaninchen und Meerschweinchen waren 
empfänglich, Hunde und Pferde nicht. 

Das Tropon, ein neues Nahrungseiweiss. 

Von Prof. Finkler. 

(D. Mod. Wocb. 17,98.) 

Dem Bonner Hygieniker ist es gelungen, aus in der Natur 
vorgebildetem Eiweiss ein Nahrungsmittel, ein Nahrungseiweiss, 
herzustellen, das mit der denkbar höchstgesteigerten Ausnutzungs¬ 
fähigkeit durch die menschlichen Verdauungsorgane die Vorzüge 
der erwüaschten leichten Verdaulichkeit und einer sehr grossen 
Billigkeit verbindet. Es ist F. gelungen, das in dem Fleisch 
sowohl wie in den Pflanzen vorhandene Eiweiss von allen Ver¬ 
unreinigungen, oder besser gesagt von allen irgendwie gearteten 
fremdstofflichen Beimengungen fast vollständig zu befreien und es 
in eine der menschlichen Ernährung zweckdienliche Form zu 
bringen. Das ist von ungemeiner volkswirtschaftlicher Be¬ 
deutung, denn auf diese Weise ist es nunmehr möglich geworden, 
gerade die eiweissreichen Pflanzen, nämlich die Hülsenfrüchte, 
ungleich stärker als bisher in die regelmässige Volksernährung 
einzuführen, ohne dass man Gefahr zu laufen braucht, die 
unvermeidlichen Schäden einer derartigen Volksernährung mit in 
den Kauf zu nehmen. Dieses „Tropon“ genannte Nahrungs¬ 
eiweiss kann, wie ausgedehnte Versuche beim Menschen bereits 
erwiesen haben, dauernd genossen werden, ohne Widerwillen 
an dieser Nahrung zu erregen; es wird leicht verdaut, fast voll¬ 
ständig ausgenutzt und stellt sich im Vergleiche zu den Kosten 
des Eiweisses von frischem Fleisch um 40—50 pCt. billiger. Es 
hat daher einen grossen Werth als Ersatzmittel Für die wirklich 
theuren Stoffe einerseits und den Vorzug vor den billigeren 
Eiweissträgern andererseits dadurch, dass es gut haltbar ist, 
keinen eigenen Geschmack besitzt und daher allen Nährstoffen 
und Speisen zugesetzt werden kann, dass es ferner ungemein 
leicht verdaulich ist und in grossen Mengen sowohl unvermischt 


als auch mit anderen Stoffen gemengt genossen werden kann. 
Nach Finklers bestimmter Aussage ist das von ihm hergestellte 
Tropon der billigste aller bisher fäbricirten reinen Eiweissstotfe. 
Nach seinen Angaben sind bereits die mannigfachsten Tropon- 
Nährmittel, also Tropon-Brot, -Zwieback etc., hergestellt und mit 
bestem Nutzen verwendet worden. Auch in der Krankenkost 
findet Tropon seine glücklichste Verwendung. F. ist der Ansicht, 
dass mit diesem neuen Nahrungseiweiss eine erfolgreiche Reform 
der Ernährung durchgeführt werden kann. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Deutschlands Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten 1896. 

Der im Verlage von Jnlius Springer-Berlin erschienene 
11. Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im 
Deutschen Reiche giebt, wie alljährlich, zugleich eine Uebersicht 
über Einfuhr und Ausfuhr von Vieh etc., der diesmal Folgendes 
zu entnehmen ist: 

Pferde wurden eingeführt 104 343, etwa eben soviel als 1895, 
aber erheblich mehr als in den Voijahren. Davon lieferte 
Russland rund 31800, Belgien 21,500, Dänemark 15 900, Oester¬ 
reich-Ungarn 11C00, Holland 7700, Frankreich 6800, Amerika 
4285, England 2600. Die Ausfuhr betrug 9894, etwas mehr als 
in den beideu Vorjahren. 

Die Rindereinfuhr umfasste 82 882 Kühe, 59 387 Stiere und 
Ochsen, 65 876 Stück Jungvieh, 9660 Kälber unter 6 Wochen, 
zusammen 217 805 Stück gegen 291000, 380000, 198000,276000, 
276 000, 200 0C0 in den Vorjahren bis 1890 einschliesslich, also 
gegen das Voijabr um 26 pCt., gegen 1894 um 43 pCt. weniger. 
An der Einfuhr waren (abgesehen von Frankreich mit einigen 
Hundert Thieren) 4 Staaten betheiligt, nämlich Oesterreich mit 
zusammen 92 303 Stück, Dänemark mit 101459 (namentlich Kühe 
and Jungvieh), die Schweiz mit 19 893 und Schweden mit 12 272. 
— Ausgeführt wurden nur 1209 Stück nach Oesterreich und 
11 626 nach der Schweiz, d. h. weniger als in den Voijahren. 

Die Schweineeinfuhr betrug 106000 gegen 347 000, 
715 000, 840000, 987 000, 936 000, 596 000 in den Vorjahren bis 
1890 einschliesslich. Ungarn ist ganz weggefallen wegen des 
schon 1895 gegen die Mastanstalten gerichteten Verbotes. 
Ungarn hat auch 1896 selber 670000 Schweine an Schweine¬ 
seuche verloren und hätte gar nicht exportiren können. 
Russland lieferte 89 775 Stück, Schweden 8700, Oesterreich 6000, 
die Schweiz 1400. Die Ausfuhr betrug 23 946 Stück nach Oester¬ 
reich und 8194 nach der Schweiz. 

Schafe wurden 1000 aus England eingeführt, 223 600 aus¬ 
geführt gegen 334 000, 382 000, 432 000, 317 000, 231000, 398COO 
in den Vorjahren bis einschliesslich 1890. Frankreich nahm 
113 000, Belgien 48000, England 42 000, die Schweiz 17 00O. 

Ein- und Ausfuhr von thierischen Producten in Doppelcentnern: 

Kalbfelle; Rindshäute; Rosshäute; 

Einfuhr 120 700 628 000 122 351 

Ausfuhr 50 000 240 700 25 552 

Ziegen- und Schaffelle; Haare, Hörner etc.; Schafwolle; 
Einfuhr 127 020 114 000 1 702 446 

Ausfuhr 35000 54 500 90 866 

Die Fleischeinfuhr (nur frisches bezw. gesalzenes oder 
geräuchertes) betrug 266 958 Doppelcentner gegen 331 900, 
259 000, 148 000, 261000, 173 000, 242 000 in den Vorjahren bis 
1890 einschliesslich. 

Als Importeure von Vieh kommen also in Betracht Oesterreich- 
Ungarn, Dänemark, Belgien, Russland (wenig Holland, Schweden, 
Schweiz, Frankreich, Amerika). Während aber noch 1894 Oester¬ 
reich 636 000 und Dänemark 240000 Thiere importirten, ist der 


Digitized by 


Google 




12. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


225 


Import aus diesen Ländern jetzt auf 109 000 bezw. 117 200 herab - 
gedrückt. Russland schickt mehr als Oesterreich-Ungarn und 
Dänemark, nämlich 121000 Thiere (Pferde und Schweine) und 
steht jetzt an der Spitze der Importeure. 

Berechnet man (unter Bezugnahme auf vom statistischen 
Amt anfgestellte Einzelsätze und die auf dem Berliner Viehhof 
angenommenen Dnrchschnittssätze) den Geldwerth derVieheinfuhr, 
so ergiebt sich nach massigem Anschlag (Pferd zu 325, Rind zu 
200, Jungvieh zu 100, Kalb zu 30, Schwein zu 70 M.) ein Werth 
für die Pferdeeinfuhr von rund 34 Millionen, für die Rindereinfuhr 
von 35^ Millionen, für die Schweineeinfnhr von 7*/ a Millionen, 
zusammen ein Vieheinfuhrwerth von rund 76$ Millionen, dem ein 
Ausfuhrwerth von 11$ Millionen gegenübersteht, so dass sich ein 
Einfuhrüberschuss von 65 Millionen ergiebt. 

Der Einfuhrüberschuss betrug aber für 1894 nach denselben 
Sätzen berechnet noch 1*20 Millionen, so dass eine Besserung 
des Verhältnisses um 46% seit zwei Jahren eingetreten ist. 
Das Bild ist ein sehr erfreuliches bei der Rindereinfuhr und Schweine¬ 
einfuhr, die einen so ausserordentlich starken Rückgang zeigen. 

Ganz besonders erfreulich und nützlich aber ist 
grade in gegenwärtiger Zeit, wo vielleicht die Be¬ 
schränkung der dänischen Einfuhr Anlass zu Dis- 
cussionen giebt, der durch diese Statistik für 1896 und 
ebenso durch die Viehzählung von 1897 gelieferte, in solchem 
Masse kaum zu erwartende Beweis, dass die deutsche 
Rindviehzucht die Verminderung der Einfuhr spielend 
zu überwinden im Stande ist und den Bedarf an Schlacht¬ 
rindern selbst zu erzeugen vermag, denn obwohl die 1895er und 
1896er Verminderung der Einfuhr auch 1897 angehalten, hat sich am 
Schluss dieses Jahres bekanntlich doch ein erheblicher Zuwachs des 
Rinderbestandes, gegen 1892 um % Millionen Haupt ergeben. 
(B. T. W. No. 15.) 

Noch eclatanter ist der Beweis, dass uns die heimische Vieh- 
production von der Einfuhr unabhängig machen kann, bei den 
Schweinen, denn, obwohl hier die Einfuhr seit 18P5 auf ein 
Siebentel hernntergegangen ist, ist der Schweinebestand gegen¬ 
über dem von 1892 um 1,7 Millionen, d. h. über 20 pCt. grösser 
geworden. 

Beachtung erfordert aber noch die Höhe der Fleischeinfuhr, 
welche an Geldwerth etwa ein Viertel der Höhe der gesararaten 
Einfuhr lebender Thiere und fast die Hälfte des Einfuhrwertes 
der lebenden Schlachtthiere erreicht. 


Tagesgeschichte. 

Protokoll Aber die General-Versammlung des Vereins 
Rheinpreussischer Thierärzte 

am 23. April im Zoologischen Garten in Cöln. 

An der Versammlung betheiligten sich 41 Collegen aus den 
verschiedenen Theilen der Provinz; es war eine Einladung an 
alle Thierärzte ergangen, also auch an Nichtmitglieder, damit 
allen Gelegenheit gegeben werde, sich über die „Reform¬ 
bestrebungen der Kreisthierärzte“ zu äussern. 

Nach Begrüssung der Erschienenen durch den Vorsitzenden, 
Herrn Departementsthierarzt Dr. Schmidt, fand zunächst Punkt I, 
Vereins- und Standesangelegenheiten, seine Erledigung durch ein 
kurzes Referat seitens des Vorsitzenden, wobei er Mittheilung 
machte von dem Ableben unseres Ehrenmitgliedes, des Herrn 
Professor Dr. Pütz, des Herrn Professor Dr. Rabe und des 
Herrn Lies in Braunschweig. Nachdem die grossen Verdienste 
dieser Herren um Wissenschaft und Stand hervorgehoben, erhob 
sich die Versammlung zu deren ehrenden Andenken von den 
Sitzen. — Sodann erinnerte Dr. Schmidt an den im nächsten 


Jahre in Baden-Baden stattfindenden internationalen thierärzt¬ 
lichen Congress nnd hofft auf eine rege Betheiligung seitens der 
Collegen. 

Eine recht eingehende Besprechung fand Punkt II der Tages¬ 
ordnung, zu welcher als Referent Kreisthierarzt Schmidt, 
Meyen, ein recht ausführliches Referat erstattete, das bereits in 
dieser Zeitschrift zur Veröffentlichung gelangt ist. Nachdem die 
Collegen aus den verschiedenen Regierungsbezirken ihre Ansicht 
zum Ausdruck gebracht hatten, stellte der Vorsitzende die fol¬ 
genden zwei Anträge der Cölner Collegen, die Kreisthierarzt 
Bongartz formulirte, zur Abstimmung. 

Die Versammlung beschliesst: 

1. Es ist eine Dienstaufwandsentschädigung von 1200 M. 
mit Alterszulagen von 150 M , steigend von 4 zu 4 Jahren, 
bis 1800 M. zu erstreben; 

2. Eine Pensionsberechtigung auf Grundlage der ad 1 auf¬ 
geführten Dienstanfwandsentschädigung und dem durch- 
schnitt8-staatlichen Dienst einkoramen sämmtlicher preus- 
sischen Kreisthierärzte nach Massgabe der für Staats¬ 
beamte allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen. 

Dann einigte sich die Versammlung noch auf einen dritten 
Antrag: 

3. Eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. ist gleichfalls 
zu erstreben. 

Sämmtliche Punkte wurden mit grosser Majorität angenommen. 

Von einer Beantragung der Versetzung in die VI. Rang¬ 
klasse der Beamteten wurde aus den in dieser Zeitschrift hin¬ 
länglich erörterten Gründen abgesehen. — Es soll eine kurze 
Denkschrift über die Frage ausgearbeitet und dem Herrn 
Regierungspräsidenten eingehändigt werden. 

Nunmehr wurde zu Punkt III, „Beschlussfassung in Betreff 
des Ehrenrathcs“, geschritten. Nachdem der Vorsitzende, Dr. 
Lothe8 und Bongartz sich dahin ausgesprochen hatten, dass 
der im Jahre 1893 beschlossene Ehrenrath thatsächlicli noch nicht 
constitnirt sei, dass auch glücklicher Weise in den früheren 
Jahren seine Nichtexistenz sich nicht fühlbar gemacht habe, viel¬ 
mehr die wenigen Fälle, die zu einem Einschreiten Veranlassung 
gegeben, auch durch den Vorstand erledigt werden konnten, wurde 
einstimmig beschlossen, den Ehrenrath aufzuheben. 

Dem letzten Punkte der Tagesordnung: „Mittheilungen aus 
der Praxis“, konnte leider wegeD vorgerückter Zeit nicht mehr 
soviel Aufmerksamkeit geschenkt werden, als er seiner Wichtig¬ 
keit wegen verdient, jedoch soll dies in der Herbst-General- 
Versammlung, die in Düsseldorf abgehalten werden wird, thun- 
lichst nachgeholt werden. Es berichteten mehrere Herren über 
die günstige Wirkung des Jodkali gegen Milchfieber, unter An¬ 
derem hatte College Ohle gute Erfolge erzielt. — Im Anschluss 
hieran bespricht Dr. Lothes die letzte Sitzung des Veterinär¬ 
raths, und bezeichnete den Gesammteindruck als einen sehr 
günstigen, besonders auch schon durch die officielle Betheiligung 
der Behörden, wie es in den bezüglichen Berichten von Professor 
Dr. Schmaltz ja ausführlich hervorgehoben worden sei. Der 
Redner glaubte, es würde sich auch in Bezug auf die Sitzungen 
unseres Vereines empfehlen, die Einladungen nicht jtflein der 
Fachpresse, sondern auch dem Herrn Regierungs-Präsidenten und 
den politischen Tagesblättern zugehen zu lassen. 

Nunmehr berichtet Kreisthierarzt Wessendorf über den 
Stand der Kasse, welcher ein günstiger zu nennen ist: 

Restbestand im Anfang des letzten Rechnungsjahres 135,20 M. 

Einnahmen des letzten Rechnungsjahres . . . . . 584,80 „ 

Summe 620,— M. 

Ausgaben im Laufe des Jahres. . . 50,95 ,. 

Bleibt Restbestand. 569,05 M. 


Digitized by CjOOQie 





226 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 1.9. 


Dio zu Revisoren ernannten Herren Dr. Flatten nnd 
Schmidt beantragten nach geschehener Prüfung die Entlastung 
des Kassirers, die demselben unter dem Ausdrucke des Dankes 
fiir seine Mühewaltung ertheilt wurde. 

Damit war die Tagesordnung erledigt, und schloss der Vor¬ 
sitzende die Verhandlungen, um beim gemeinschaftlichen Mittags¬ 
mahl auch der heiteren Unterhaltung Raum zu gewahren. Wie 
gewöhnlich, wurde nach dem Ess°n der Garten eingehend be¬ 
sichtigt und Abends eine Zusammenkunft in Cöln beliebt, die dem 
Tage einen befriedigenden Abschluss gewährte. N. 

Plenarversammlung der technischen Deputation fiir das Veterinärwesen. 

In der am 2. und 3. Mai stattgehabten Sitzung wurde be¬ 
züglich des wichtigsten Gegenstandes, der einheitlichen Bekämpfung 
der Schweineseuchen, übereinstimmend anerkannt, dass die 
Schweineseuchen sowohl ihrer wirthscbaftlichen Bedeutung nach 
als im Hinblick auf das Ziel ihrer erfolgreichen Einschränkung 
unter das Yiehsenchengesetz gestellt werden müssen. Ebenso 
wurde der Grundsatz angenommen, dass die Schweinepest und 
Schweineseuche gemeinsam vom Rothlauf zu trennen sind, dass für 
letzteren modificirte Massregeln in Betracht kommen und unter 
die gesetzlichen Bekämpfungsmassregeln auch die Zwangsimpfung 
(§ 23 d. R. V. G.) aufzunehmen ist. 

Patriotische Feste in Drssden. 

Der 70. Geburtstag Sr. Majestät des Königs Albert von 
Sachsen, der zugleich als 25jähriges Regierungsjnbiläum ge¬ 
feiert wurde, ist, wie alle Zeitungen berichtet haben, mit glanz¬ 
vollen Festen nnd begeisterten Ovationen verherrlicht worden. 
Auch die thierärztliche Hochschule zu Dresden hat daran den ihr 
gebührenden Antheil gehabt. Se. Majestät geruhte, die Herren 
Ellenberger, Pusch und Baum als Abordnung des Lehrer¬ 
collegiums behufs persönlicher Entgegennahme einer Beglück¬ 
wünschung zu empfangen. In der Aula der Hochschule fand ein 
weihevoller Festact statt, bei welchem Obermedecinalrath 
Dr. Ellen b erg er und Dr. Edelmann Festvorträge hielten. 
Ausserdem war die Studentenschaft an den Festen betheiligt, 
welche von der Universität Leipzig, der technischen und thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Dresden, der sächsischen Forst- und 
Berg-Akademie gemeinsam veranstaltet wurden und von einem 
Studentenausschuss aller dieser Hochschulen vorbereitet waren. 
Dieselben bestanden in einem Commers, an dem über 2000 Mann 
theilnahmen und einer prunkenden Auffahrt am nächsten Tag 
Se. Majestät liess den farbenschimmernden Zug am Schlosse'vor 
sich defiliren und Aufstellung nehmen und empfing sodann eine 
Studenten-Deputation, der auch Stud. Heyck von der thieriirzt- 
lichen Hochschule angehörte. Diese Deputation erhielt auch eine 
Einladung zum Hofball. 

Anzeige der Civilpraxis der Miiitärrosefirzte. 

In No. 23 der B. T. W. von 1897 finden sich über die 
Pflicht der Militärrossärzte, den Beginn ihrer Civilpraxis dem 
zuständigen Kreisthierarzt anzuzeigen, Betrachtungen, die den 
einschlägigen Bestimmungen nicht entsprechen und daher durch 
letztere zu berichtigen sind. 

Die kriegsministerielle Verfügung vom 8. Januar 1876, betr. 
die Civil-Praxis der Militär-Aerzte und -Rossärzte (Armee-Ver- 
ordnnngs-Blatt Seite 11) lautet folgendermassen: 

„Nach einer Mittheilung des Herrn Ministers der geist¬ 
lichen Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten und des 
Herrn Ministers für die landwirtschaftlichen Angelegenheiten 
ist von dem hiesigen Polizeipräsidium eine Verordnung für die 
Polizei-Bezirke Berlin und Charlottenburg erlassen worden, 


nach welcher Aerzte und Thierärzte, die in den genannten 
Städten die Praxis ausüben wollen, dies vor Beginn derselben 
dem Stadtphysikus bezw. dem Departementsthierarzt zu melden 
haben. — Der Erlass ähnlicher Polizei-Verordnungen bezw. die 
Erneuerung etwa bereits ergangener steht Seitens der Königl. 
Regierungen bevor. — Dies wird mit dem Bemerken zur Kennt- 
niss gebracht, dass jene Polizei-Verordnungen auch auf 
diejenigen Militär-Aerzte und -Rossärzte Bezug haben, welche 
Civil-Praxis ausüben wollen.“ 

Die erwähnte Polizei-Verordnung für Berlin nnd Charlotten- 
bnrg sagtim § 3: „Thierärzte, welche in Berlin oder Charlottenburg 
die Praxis ausüben wollen, haben dies vor Beginn derselben dem 
Departeraent8thierarzt unter Vorlegung der Approbation 
und Angabe ihrer Wohnung zu melden und gleich¬ 
zeitig demselben die erforderlichen Notizen hin¬ 
sichtlich ihrer Personal-Verhältnisse anzugeben.“ 

Die betr. von den verschiedenen Bezirksregierungen auf 
Grund ministerieller Weisung vom 11. December 1875 erlassenen 
Polizei-Verordnungen haben im Wesentlichen den Wortlaut des 
angeführten § 3, nur ist statt des Departementsthierarztes für 
die einzelnen landräthlichen Kreise der zuständige Kreisthier¬ 
arzt angegeben, dem die Meldungen etc. zu machen sind. (Vgl. 
z. B. die Pol.-V. für den Regbz. Münster vom 3. Januar 1876, 
Amtsblatt S. 16.) 

An die Beachtung dieser Bestimmungen hat der Kriegs¬ 
minister durch folgende Verfügung vom 18. November 1882 
(Armee-Verordnungsblatt S. 11) erinnert: „Es ist darüber 
Klage geführt worden, dass die Verordnung, nach welcher Aerzte 
und Thierärzte, die Civilpraxis ausüben wollen, dies vor Beginn 
derselben dem betr. Kreisphysikus bezw. Kreisthierarzt an- 
znzeigen haben, seitens der Militärärzte und namentlich der 
Militärrossärzte nicht überall beachtet wird. Per diesseitige 
Erlass vom 8. Januar 1876 wird daher den Betreffenden in 
Erinnerung gebracht.“ Dr. Steinbach. 

Stimmung der Laodwlrthe betreffe der Verbessere g der Veterinär- 
beamteneteiiung. 

Nach einer Mittheilung der Dtsch. thierärztl. Wschr. wurde 
auf der Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Proviuzial- 
vereins für die Provinz Starkenburg (Hessen) einstimmig betont, 
dass die Landwirthe eine Verbesserung der Stellung der Thier¬ 
ärzte wünschten. Die Mehrausgabe für eine Reform des Veterinär¬ 
wesens käme den Vortheilen gegenüber nicht in Betracht. Auch 
von anderer Seite ist ausgesprochen worden, dass die Reform 
des Veterinärwesens viel wesentlicher erscheint als die Reform 
des Medicinalwesens. 

Frühjahrs-Versammlung des Vereins der Sohlaohthofthierärzte der 
Rheinprovinz 

am 19. Mai er., Vormittags ll'/a Uhr, 
zu Köln a. Rh. im Hotel Bristol, Comödienstr. 14. 

Tagesordnung: 1. Geschäftliches. 2. Besprechung des 
Ministerial-Erlasses vom 18. November 1897 betreffend Finnen. 
3. Die Einführung der allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau 
und die Ausbildung der Laienfleischbeschauer, Schenk- Düssel¬ 
dorf. 4. Ueber Freibänke, Koch- Barmen. 5. Verschiedenes. 

Nach der Sitzung findet ein gemeinschaftliches Mittagsmahl 
(ä Gedeck 2 Mark) statt. Um recht zahlreiches Erscheinen wird 
gebeten. 

Barmen, im Mai 1898. 

Der Vorstand. 

I. A.: Koch, I. Schriftführer. 


Digitized by LjOOQie 







12. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


227 


Oeffentllches Veterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Henche^statistik und Veterinärpolizei. 

Reg.-Bez. Llegnitz. Unterm 29. März d. Js. wird behufs Ab¬ 
wehr und Unterdrückung der Schweineseuchen verordnet, dass 
das Verbot des Handels mit Schweinen im Umherziehen in den 
Kreisen Grünberg, Freystadt, Glogau, Lüben, Liegnitz, Jauer, 
Bolkenhain, Landeshut, Schönau, Goldberg-Haynau, Löwenberg und 
Hirschberg bis zum 1. October d. Js. in Kraft bleibt. Der Handel mit 
Schweinen von festen Verkaufsstätten aus ist in diesen Kreisen ge¬ 
stattet, doch muss der Ortspolizeibehörde von der Errichtung einer 
solchen Verkaufsstätte vor Beginn des Verkaufes Anzeige gemacht 
und bei jeder Neueinführung von Schweinen das Controlbuch 
zur Revision vorgelegt werden. Die in die Verkaufsstätten ein¬ 
geführten Schweine dürfen nicht in eine andere überführt oder 
vor dem Verkaufe aus derselben entfernt werden. 

Schweiz. Infolge der Grenzsperre gegen ausländische Schlacht- 
thiere hat sich gezeigt, dass derBestand einheimischer schlachtreifer 
Schweine der Nachfrage bei weitem nicht mehr genügt. Mit 
Rücksicht hierauf ist unterm 11. Februar d. Js. gestattet worden 
dass lebende Schlachtschweine aus Frankreich, Oesterreich und 
Italien nach Orten eingeführt werden dürfen, welche mit Eisen¬ 
bahnstationen versehen sind und über ein öffentliches Schlacht¬ 
haus verfügen. Es sind Vorkehrungen zu treffen, welche jede 
directe oder indirecte Berührung des importirten Viehs mit dem 
einheimischen ausschliessen. Die zum Transport benutzten Bahn¬ 
wagen und Fuhrwerke müssen nach jeder Verwendung unter 
thierärztlicher Aufsicht desinlicirt werden. 

Schweden: Die Regierung macht unterm 25. Februar d. Js. 
bekannt, dass die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen see- 
und landwärts aus Ländern, die als von der Maul- und Klauen¬ 
seuche befallen erklärt worden sind, verboten wird. Diese unterm 
16. März d. Js in Kraft tretende Bestimmung findet gleichfalls 
Anwendung auf die Thiere der genanuten Art, bei denen an¬ 
genommen werden kann, dass sie — obwohl sie nicht von einem 
verseuchten Platze kommen — in den letzten 8 Wochen vor der 
Ausfuhr oder während des Transportes mit einem von Maul- und 
Klauenseuche verseuchten Ort, oder mit kranken, oder der An¬ 
steckung verdächtigen Thieren in Berührung gewesen sind. 

Russland, Finiaod: Wegen der in Schweden, Dänemark und 
den Niederlanden aufgetretenen Maul- und Klauenseuche und des 
in letzterem Lande festgestellten Rotzes ist die Einfuhr von 
lebendem Rindvieh und lebenden Schweinen, sowie Blut, Fleisch, 
Eingeweiden, nnzubereiteten Häuten, Haaren, Klauen, Hörnern 
und anderen Rohstoffen von genannten Thieren, wie auch von 
Pferden aus den Niederlanden nach Finland von Anfang Fe¬ 
bruar d. Js. ab verboten worden. 


Flelschschan und Viehverkehr. 

Berlin: Auszug aus den Fleisohsohauberloht für Monat April 1898. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe | 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

11794 , 

14 944 

32562 

54 556 

Ganz beanstandet. 

188 

38 

3 

386 

Ueberhaupt mit Tuberculose 
behaftet. 

2975 

25 


2 281 

Davon gänzlich verworfen . 

51 

1 

— 

70 

„ sterilisirt und verwerthet 

76 

3 

— 

221 

„ theilweise verworfen . . 

17 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2 831 

21 

—. | 

1990 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 1 

8 

Mit Finnen behaftet .... 

57 

— 

— 

32 



Rinder 

Kälber 

| Schafe ] 

Schweine 

Stark finnig, technisch ver¬ 
werthet . 

3 



15 

Finnig und wässerig, tech¬ 
nisch verwerthet .... 



_ ! 

. 

Schwach finnig und gekocht 
verwerthet. 

54 



17 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 
gekocht verwerthet . . . 




32 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5386 Stück, bei Kälbern 85 Stück, bei Schafen 1850 Stück, 
bei Schweinen 8516 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

19006 

16422 1 

3267 

13188 

Beanstandet. 

Wegen Tuberculose wurden 

44 

45 

4 

3 

beanstandet. 

31 

— 

— 

— 

Davon sind Bterilis. verwerthet 

3 

— 

— ; 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

28 

— 

_ 1 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet .... 
Davon schwach finnig und 

4 

— 

— 

( ~ 

gekocht verwerthet . . . 

4 

— 

— 

— 

Unter dem eingefllhrteu 

Fleisch waren 3673 dänische Rinder- 


viertel, 14 dänische Kälber und 32 Wildschweine. 


Von verschiedenen Schlachthöfen. 

Der Magistrat von Königsberg hatte es für nicht erforderlich 
erachtet, dass eine tägliche veterinärpolizeiliche Revision des 
Schlachthofes stattfinde, und sich geweigert, die täglichen Ge¬ 
bühren von 9 M. zu bezahlen. Der Regierungspräsident hatte 
darauf die Bezahlung im Wege der Zwangsetatisirung verfügt. 
Die dagegen beim Oberverwaltungsgericht erhobene Klage wurde 
abgewiesen. Es wurde begründend ausgeführt, dass hier das 
Polizeikostengesetz vom 20. April 1892 nicht zur Anwendung 
komme und dass die Frage, ob die Ausführung der veterinär¬ 
polizeilichen Aufsicht über den Schlachthof über die Grenzen des 
Nothwendigen und Zweckmässigen hinausgehe, nicht der richter¬ 
lichen Prüfung unterliege. 

Aut dem Viehhof zu Magdeburg ist zur Vereinfachung des 
Geschäftsganges ein Veterinärpolizeibüreau eingerichtet worden, 
wie ein solches auch auf dem Berliner Viehhofe besteht. Alle 
Anfragen und Benachrichtigungen sind direct an dieses zu richten. 

In Nordhausen ist der Streit um die lebenslängliche An¬ 
stellung wieder einmal acut geworden. Der bisherige Schlacht¬ 
hofvorsteher, Thierarzt Vömel, klagt gegen den Magistrat auf 
lebenslängliche Anstellung und weigert sich die Dienstwohnung 
des Schlachthofes zu räumen. 

Fleischer contra Bauer. 

So sehr sich, wie auch im Landtage neulich hervortrat, die 
Landwirthe bemühen, die Interessen des Fleischergewerbes mit 
den ihrigen zu vereinen, so scharf treten wenigstens in manchen 
Grossstädten die Schlachter den Landwirthen gegenüber. Die 
Hamburger Fleischer-Innung macht folgende „Zusatz-Anträge zum 
Antrag Ring“: 

„Als Aequivalent für die Einführung der zwangsweisen Fleisch¬ 
beschau“ sind für alle einzuführenden Fleischwaaren die 
Grenzsperre, sowie die Erschwerungsmassregeln gegen die Ein¬ 
fuhr lebenden Viehs aufzuheben. Ferner ist die Tuberculin- 


Digitized by LjOOQie 













228 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 19. 


Impfung der Thiere, welche zum Zwecke der sofortigen Schlachtung 
eingeführt werden, als zwecklose Maassnahme abzuschaffen. — 
Man muss sagen, dieser Antrag ist alles Mögliche, sowohl 
in Bezug auf Logik, als auf Gerechtigkeit. Also weil im Inlande 
alle Fleischwaaren einer Zwangsbeschau unterworfen werden 
sollen, deswegen sollen fortab alle ausländischen Fleischwaaren 
ohne Beschau (denn die sog. Untersuchung ausgeschlachteten 
Fleisches ist eine Spiegelfechterei) eingeführt werden. Weiter 
könnte dann der Gegensatz zwischen der Behandlung des ein¬ 
heimischen und des ausländischen Prodnctes allerdings nicht 
mehr getrieben werden. Ein „Aequivalent“ für die obligatorische 
einheimische Fleischschau wäre die ungehinderte Einfuhr von 


Fleisch und Fleischwaaren in einer etwas uneigentlichen Be¬ 
deutung jenes Wortes allerdings insofern, als dadurch der Nutzen 
der einheimischen Fleischschau ausgeglichen, d. h. annullirt 
würde. In dem Anträge ist aber wohl das Wort „Aequivalent“ 
etwas anders, etwa im Sinne von Entschädigung, gemeint. Ja, 
wer hat denn dann für die allgemeine Fleischschau ein Aequivalent 
zu beanspruchen? Die Fleischer doch nicht etwa, die die Verluste der 
Fleischschan doch nicht bezahlen, sondern die Landwirthe, die allein 
jene Verluste, mittelbar oder unmittelbar, tragen. Denen würde 
man allerdings ein Aequivalent zusprechen können, aber das würde 
doch wohl grade in entgegengesetzterRichtung von dem, was jener 
famose „Antrag“ als Aequivalent bezeichnet, zu suchen sein. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Ellenberger-Baum: Topographieche Anatomie des Pferdes, in 3Theilen: 
Gliedmassen, Kopf und Hals, Rumpf. 60 Bogen mit Ober 200 Text- 
Abbildungen und 8 Tafeln. Berlin bei Paul Parey, 1893—1897. 

Das verflossene Jahr hat den Abschluss des genannten um¬ 
fangreichen Werkes mit dem Erscheinen von dessen 3. Theil ge¬ 
bracht. Dasselbe ist einheitlich für einen bestimmten Zweck ge¬ 
schaffen, ein Specialwerk im besten Sinne und als solches eine 
Zierde der Veterinärliteratur. Es wäre ebenso unausführbar 
als ungerecht, ein solches Werk an Einzelheiten kritisiren 
zu wollen. Es ist ausschliesslich als Gesammtleistung zu be- 
urtheilen und da darf man sagen: Mit jedem folgenden Theil 
haben die Verfasser ihre Aufgabe immer besser zu meistern 
verstanden. Wenn bei der Lösung derselben im ersten Theil, 
ich möchte sagen, das System des Querschnitts zu Behr in den 
Vordergrund gerückt schien, so zeigte schon im zweiten 
Theil die Natur des ObjecteB den Verfassern den richtigen Mittel¬ 
weg, der alle Seiten des Stoffes berührt und veranschaulicht. 
Der zweite Theil brachte zugleich die schönen Specialunter¬ 
suchungen über die Kopfkohlen des Pferdes. Der' zülöfzt 
erschienene Theil, welcher den Rumpf und damit die Lage der 
Eingeweide der grossen Körperhöhlen behandelt, schliesst, sowohl 
was das Princip der Beschreibung als die Einzeldarstellung an¬ 
belangt, das Werk auf das vortrefflichste ab. Ein glänzender 
Vorzug des Werkes besteht in seinem Schatz von Abbildungen. 
Neben den zahlreichen, ihrer Natur nach in der Manier einfach 
gehaltenen Querschnitten finden sich viele meisterhafte Holz¬ 
schnitte und im letzten Theil acht sehr schöne, namentlich den 
Situs der Bauchorgane veranschaulichende Lichtdrucktafeln. 
Dieser Bilderschmuck macht das Buch auch zu einem Pj-acht- 
werk. In Anbetracht dessen ist der Preis von 45 M. ein durch¬ 
aus angemessener. Schmaltz. 

Personalien. 

Ernennungen: Der Prosector am anatomischen Institut der Uni¬ 
versität Tübingen Dr. med. Disselhorst ist zum Leiter des Veterinär- 
Instituts der Universität Halle ernannt worden. 

Zum Kreisthierarzt: Thierarzt W. Hettenhausen-Reiffen¬ 
hausen interimistisch für den nördlichen Theil des Kreises Mörs mit 
Wohnsitz in Xanten; Thierarzt Pötting desgl. für den Kreis Pader¬ 
born; Schlachthofinspector Prieur zu Barth zum commisBarischen 
Kreisthierarzt des Kreises Jarotschin; Thierarzt P o c z k a desgl. 
für den Kreis Cammin. — Zum Bezirksthierarzt Oberrossarzt 
a. D. Deich-Grimma in Oelsnitz (Sachsen). 

Es sind gewählt worden: Thierarzt G. Litfass-Angerburg 
zum Schlachthofdircctor in Finsterwalde, Schlachthofthierarzt R. 
Ulrich-Hamburg und Thierarzt Schragenheim zu Schlachthof¬ 
thierärzten in Breslau, Thierarzt A. Stiehl er-Radeberg und Thior- 
arzt Ed. Rösslcr-Köthen zu Hilfsthierärzten bei der städtischen 
Fleischschau in Dresden. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Arnold Grabe, 'Paul 
Schulte, Joh. Zalewski. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 


arzt L. Neumann-Dresden nach Radeberg, Thierarzt 0. Uhlmann- 
Dresden nach Donaueschingen als Assistent des Bezirksthierarztes 
daselbst. — Thierarzt Prayon hat sich in Stolberg b. Aachen, 
Thierarzt A Steil in Niemegk (R.-B. Potsdam), Thierarzt 0. Pflueg 
in Marne (Holstein), Thierarzt P. Hohl in Eisfeld (Sachs.-Mein.) — 
niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zu Einj.-Unter>-083ärzten im Garde-Train- 
Bat die Einj.-Freiw. Schriewer, Saur, Zeinert. 

Todesfälle: Professor a. D. Dr. Lustig-Hannover. Thierarzt 
Thiessen - Tetenbüll (Schleswig-Holstein). Kreisthierarzt a. D. 
Meyer-Boppard. _ 

Yacanzen. 

Krelsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Frankfurt: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Kassel: 
Httnfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. 
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). —Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

Sanitätsthierarztstelieii a)Neu a usgesch riebenes teilen: 
Elbing; Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Aachen: Schlachthofthierarzt.— Cob 1 enz: Schlacht¬ 
hof-Hilfsthierarzt. — Norderney: Schlachthof - Inspector zum 
1. Juli. — Ostrowo: Schlachthofinspector.— Schlawe (Pommern): 
Schlachthofinspector. 

Privatsteilen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): 
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch 
Max Arnsdorf!. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬ 
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — 
Drengfurt. — Gleschendorf(Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen 
(R.-B. Cassel). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemeinde¬ 
rath. — PitBchen: Näheres Magistrat. — Po Unow: (Fixum 300 M., 
Einnahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat — 
Schwarzenau: (800 M. für Fleischscbau). Näheres Magistrat — 
Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt 
gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬ 
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli. 
Bew. an Magistrat. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt 
Bolle-Magdeburg (Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer 
Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt 
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken 
(Ostpr.). — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
500 M.). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat - Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.).— Schlawa 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim: 
Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 600 M.) Bew. an den 
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres 
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren 
aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das 
„Amt“ daselbst. 

Besetzt: Staatsstellen: Cammin, Jarotschin. Sanitätsthier¬ 
arztstellen: Breslau, Finsterwalde. Privatstelle: Niemegk. 


V.-nntwortllch fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schmält» lu Berlin. — Verla* und Ei*enthum von Richard Schoett in Berlin. — Druck von W. Bttxenstein, Berlin. 


Digitized by LjOOQie 






Original bei träge werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt 
Alle Mannicrlpte, Mitthellangen und redMtlonellen An¬ 
fragen beliebe man zn senden an Prof. Dr. Sebmaltz, 
Berlin, thlerirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen sin die Verlagsbuchhandlung. 

Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Scjimaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berfin NW., Luisenstrasse 36. 

- -- - - n - -— ‘- - 

M 20 . Ausgegeben am 19. Mai. 


Inhalt: Kabitz: B e i tr a g z nr B e u rt h e i lu n g d er Tu b er cu 1 o sie. — Referate: Geiss: Ueber die sogenannte Strahlfiiule.— 
Bosso: Ueber eine neue Infeetionskrankheit des Rindviehs: — Aus dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht über die 
preussisclie Armee, Rapportjahr 1896. — P o p p e r t: Ueber Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen zur aseptischen Wund¬ 
behandlung. — Therapeutische Notizen. — TagesgeschichtC: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen: 
Srfuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Jahrgang 1898. 


Dl. „Berliner Thlerirztliche Wochenschrift“ erscheint 
wOehentllch ln Stlrke von mindestens 17 , Bogen. Dieselbe 
ist zu beziehen durch den Buehbändel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstnuse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 



Dr. Hermann Joseph Theodor Pitz 

weiland ordentlicher Honorar-Professor der Veterinärmedicin 
an der Universität Halle-Wiltenberg 
geh. 26. März 1829, 
gest. 4. März 1898. 


Beitrag zur Beurtheilung der Tuberculose. 

Von 

H. Kabitz, 

II. Thierarzt am Schlachthof Hannover. 

Vor noch nicht gar langer Zeit pflegten tuberculöse Processe, 
die wir heute nach ihrem Bilde als abgelaufene bezeichnen, ohne 
Unterschied wie frische Eruptionen behandelt zu werden. Be¬ 
sonders der Laie empfand den heftigsten Widerwillen vor dem 
Genuss von Fleisch, welches z. B. von einem mit hochgradiger 
Serosentubercnlose behafteten Thiere stammte. Auch mancher 
Sachverständige fand sich veranlasst, die Beurtheilung eines 
Falles nach dem Grade bezw. der offensichtlichen Grösse der Aus¬ 
breitung des tuberculösen Processes zu bemessen, und nicht 
minder dürfen die bezüglichen ministeriellen Erlasse als Ausdruck 
der Schwankungen angesehen werden, welchen die Ansichten der 
berufenen Vertreter nnserer Wissenschaft unterlagen. Hat sich 
nun mehr die Erkenutniss durchgerungen, dass alte, abgeheilte 
Veränderungen tuberculöser Natur mildere Massnahmen bei Be¬ 
urtheilung der Sclilachtwaare erheischen und lässt die Verfügung 
vom 126. März 1892 dem Sachverständigen unter Umständen einen 
äusserst weiten Spielranm zu freier Beurtheilung, so bleibt es 
nicht aus, dass dieselbe eine grössere Nachsicht erfährt als ihr 
im Vergleich mit anderen pathologischen Processen meines Er¬ 
achtens znkommt. Wir sind hierorts in der angenehmen Lage, 
im grösseren Procentsatz gut genährtes Schlachtvieh zu besitzen 
wohingegen das zum Verkauf importirte, magere, mit irgend 
welcher chronischen Krankheit behaftete Schlachtvieh in der 
Richtung nach Cöln abgeschoben zn werden pflegt. Daraus allein 
ergiebt sich unstreitig schon, dass an solchen Orten, wo viel 
Magervieh zur Schlachtung eingeführt wird, die subjective Auf¬ 
fassung von chronischen Krankheitsprocessen eine weniger scharfe 
wird als dort, wo der Procentsatz tubercnlöser Thiere sich 
effectiv niedriger zeigt. Man mag einwenden, was man will — die 
subjective Auffassung z. B. von schweren tnberculösen Processen 
in einem Gebiet, wo solche als ganz gewöhnliches Vorkommniss 
erscheinen, wird milder als an Orten, wo solche seltener dem Be¬ 
schauer sich bieten — wie das stete Umgehen mit Gefahren gegen 
die Gefahr gleichgültiger macht. Solchem Einfluss untersteht 
allgemein gültigen Erfahrungen zufolge auch der-gewissenhafteste 
Fachmann. . _ 


Digitized by LjOOQie 






230 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN8CHRIFT. 


No. 20. 


Vergleicht man die Tuberculose der beiden namentlich in 
Betracht kommenden Thierarten, des Schweines und des Rindes 
so fällt anf, dass die Erkrankung der Lungen sich weitaus 
häufiger beim Rinde als beim Schweine findet. Die bronchopneu- 
monische Form der Tuberculose lässt sich ja fast bei jedem 
älteren Stück Grossvieh fesstellen, insbesondere bei den der 
Milchproduction wegen gehaltenen Kühen. Der Procentsatz bei 
Schweinen vermindert sich für diese Form der Erkrankung schon 
desshalb, weil diesen Thieren durchweg ein nicht gar langes 
Leben bescheert zu sein pflegt und damit auch die Gelegenheit, 
sich durch Infection des Respirationstractus jene tubercnlöse 
Affection zu acquiriren, die als Primftrherd gelten darf, ohne 
weiteres procentuarisch sich vermindern muss. 

Wenn man allerdings die Lungentuberculose beider Thier¬ 
gattungen nach den Zahlenwerthen der stattgehabten Schlachtuhgen 
bemisBt, so ist natürlich einzuräumen, dass sich häufiger noch 
beim Schwein Lungentuberculose findet als beim Rind; denn der 
Verbrauch an Schweinen als Schlachtvieh übersteigt um ein 
Vielfaches den des Grossviehs. 

Suchen wir zunächst nach dem Grunde der so häufigen 
Affection der Lungen. Die Hast, die Gefrässigkeit, mit welcher 
Schweine der Nahrungsaufnahme obliegen, ist allgemein bekannt, 
und dieses Ungestüm bedingt es, dass leichter als bei einem 
anderen Thiere minimale Futterpartikelchen mit tuberculösem 
Virus in die Trachea und Bronchien gelangen, um, von den 
Lympbgelässen aufgenommen, zunächst eine Erkrankung der znr 
Lunge gehörenden Drüsen zu veranlassen. Dazu kommt, dass 
bei manchem Thierhalter die Unsitte znr Gewohnheit wurde, die 
Schweineställe in der Nähe der Aborte anzulegen und den Thieren 
Gelegenheit zu geben, durch Wühlen im Düngerhaufen mannig¬ 
fache Infectionserreger von dort aufzunehmen, durch welche die 
Vegetation des Tuberkel-Bacillus begünstigt wird. — Es hähdelt 
sich also beim Schwein vorzüglich um Fütternngstuberculose, um 
Processe, die sich im Bereich des Verdauungsschlauches abspielen. 
Wir finden deshalb in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen 
zunächst pathologische Veränderungen im Bereich der Lymph- 
ganglien des Kopfes. Fast ausnahmslos sind die submaxillaren 
mit erkrankt, wenn man Tuberculose der Lungen bezw. Lungen¬ 
drüsen feststellt. Hierbei möchte ich jedoch zu bemerken nicht 
unterlassen, dass bereits von anderer Seite darauf hingewiesen 
ist, dass es sich bei pathologischen Processen am Kopf nicht 
jedesmal um Tuberculose handelt, sondern dass auch Actinomykose 
nicht selten angetroffen wird, ausserdem aber noch Misch- 
infectionen die Erkrankung jener Lymphganglien bedingen. Es 
müssen aber nicht immer die submaxillaren erkrankt sein — 
auch die übrigen, der Untersuchung weniger leicht zugänglichen 
Lymphdrüsen (die subparotidealen und retropharyngealen) können 
ohne offensichtliche Betheiligung der genannten sich pathologisch 
unverändert erweisen. Bei dem Kau- und Schluckact werden 
leicht an sich geringfügige Verletzungen geschaffen, von denen 
aus die Bacillen in die Lymphgefässe der Maul- und Rachenhöhle 
aufgenommen und dann den Lymphknoten zugeführt werden. 

Die ausgedehnteste Eintrittspforte für difr Tuberkel - Bacillen 
und die für die Fleischbeschau wichtigste Untersuchungsstelle 
wird gebildet von den Lymphganglien des Darmes und denen der 
grossen Eingeweidedrüsen, insbesondere von der Leber. Da nur 
in seltenen Fällen die Darmwand so tief greifende tuberculöse 
Veränderungen zeigt, dass diese bei der üblichen Besichtigung 
des tractus oder bei Palpation desselben schon sich diagnosti- 
ciren liesse, und weil überdies die Innenfläche des Darmes einer 
exacten, nachträglichen Beschau entgeht, da diese Organe eine 
sofortige Verwerthung finden, sobald im Bereich derselben grobe 
pathologische Processe nicht wahrgenommen werden, so ist natur¬ 


gemäss die Beschau der mesenterialen Lymphganglien mit be¬ 
sonderer Sorgfalt auszuführen. 

Gelingt es den mit dem Speisebrei eingeführten Bacterien, 
die Darmwand zu passiren, so werden sie bei normaler Function 
jener Ganglien in diesen aufgefangen. Hier entspinnt sich der 
Kampf zwischen den Lymphknoten und den Eindringlingen, 
welcher zu reactiven Veränderungen der ersteren führt, die 
ihren Ausdruck finden in Vergrösserung, Schwellung, Verkäsung 
der filtra. Hierin ist der Grund zu suchen, dass man — physiologi¬ 
sche Vergrö8serungen der Drüsen abgerechnet — gerade in den 
Mesenterialen wichtige tuberculöse Veränderungen zu Gesicht 
bekommt Erst später, wenn die Lymphganglien unterliegen 
und wenn die Bacillen den Terminalsinus passirt haben, um 
weiter fortgeführt zu werden, vermag die Tuberculose in anderen 
Organen sich zu etabliren. Verkalkte Mesenterialganglien sind 
jedoch nicht ohne Weiteres vollgiltiger Beweis, dass der tuber¬ 
culöse Process abgelaufen wäre. 

Zunächst ist also die Tuberculose localisirt, erst später wird 
sie disseminirt (durch die Lymphbahnen) oder generalisirt (durch 
das Blut). 

Nun hat beim Grossvieh der Volksmnnd für tuberculöse 
Processe einen Ausdruck gewählt, dem die landesgewohnte Be¬ 
zeichnung ein Körnchen Wahrheit nicht absprechen kann: als 
„fette Franzosen“ hört man zuweilen Mastvieh bezeichnen, welches 
mit Tuberculose behaftet ist. Während einer gewissen Periode 
soll die Tuberculose einen Einfluss auf die Oxydationsvorgänge 
im Körper austiben, die Respiration würde vermindert und damit 
sinke der 0-Verbrauch. Sobald die tuberculösen Processe aber 
in ein anderes Stadium träten, ihre Ausbreitung vorwärtsschreite, 
sich verallgemeinere, erfolge der Rückschlag: der 0-Verbrauch 
steige, die Thiere magern ab. Das ist aber eine Hypothese; 
wissenschaftliche .Untersuchungen über den Einfluss der Tuber¬ 
culose auf die Respiration liegen bis jetzt nicht vor, und so lange 
für jene Annahme ein Beweis nicht erbracht ist, darf man sich 
an eine andere Erklärung halten, die vollständig ausreicht, um 
die Abmagerung bei Tuberculose zu begründen. Im Allgemeinen 
muss man daran festhalten: Die Abmagerung ist anzutreffen: 

1. bei hochgradiger Primäraffection des Respirationstractus 
(leichte Allgemeininfection). Im Lungenparenchym tritt bekannt¬ 
lich das Blut in directen Contact mit der Luft. Bei diesem 
Gasaustausch liegt die Möglichkeit des Eindringens von Tuberkel¬ 
bacillen aus der Luftbahn in die Blutbahn vor. Pleuritis 
tuberculosa verursacht intensive Schmerzen, Unlust zur Nahrungs¬ 
aufnahme, oberflächliche Respiration (=ungenügende O-Zufuhr), 
Abmagerung. 

2. Bei Infection an sich mageren Viehes, gleichviel von 
welcher Einbruchsstelle aus die Bacterien wirken. Hier ist es 
schwer, das Kriterium für Magerkeit und Abmagerung zu finden. 
Besteht bei solchem Thiere ausgedehnte Serosentubercnlose, so 
wird dadurch schon der Anschein von Abmagerung erweckt, 
während wir doch wissen, dass der Mastzustand trotz starker 
Serosentubercnlose ein ganz vortrefflicher sein kann. 

3. Bei ausgedehnter Affection des Tractus (schwere Allgemein¬ 
infection). Anszuscheiden hiervon ist die Serosentuberculose; 
denn selbst bei Ueberschwemmnng des Peritonealraumes mit 
Bacillen braucht Abmagerung nicht vorzuliegen. 

Demnach handelt es sich immer 

a) um Abmagerung aus physiologischen Gründen, 

b) um solche nach secundär erfolgter Allgemeininfection. Die¬ 
selbe wird erleichtert infolge zahlreicher directer Anastomosen 
zwischen den zu- und abführenden Lymphgefässen (^anatomische 
Prädisposition). 

Am hervorragendsten interessirt uns bei der Beschau der 


Digitized by LjOOQie 




19. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


231 


Darmtractns. Denn so lange derselbe seine Function ausreichend 
zu versehen vermag, die Assimilation des Fettes normal bleibt, 
so lange noch genügend Chylus dem Lymphstrom zufliesst und 
der Chymus gut ausgenutzt wird, verschlechtert sich der Zustand 
des Thieres nicht. Anders aber, wenn die in der Darmwand ge¬ 
legenen Lymphdrüsen ihren Dienst einzustellen gezwungen 
werden. Dann bleibt ein Theil der Ingesta unausgenutzt, der 
Darminhalt behält hohen Flüssigkeitsgehalt (wässrige Fäces), der 
Chylusstrom nimmt ab, die relative Virulenz der Bacillen erhöht 
sich, da ihnen weniger Widerstand vom Gewebe geleistet wird, 
und damit vermehren sich auch die Stoffwechselproducte der 
Infectionserreger und sie selbst. Die unausbleibliche Folge ist 
der Rückgang in der Ernährung des Thieres, das Darmfett („der 
Kragen“) verliert sich, durch die schlechtere Verdauung wird die 
Zufuhr von Ersatzmaterial für das Körpergewebe verringert — 
das Thier magert ab. So hat sich aus dem anfänglichen Local¬ 
leiden ein Allgemeinleiden entwickelt. Bei einem Allgemeinleiden 
irgendwelcher Art verliert sich aber auch der Fettansatz inner¬ 
halb des pannicul. adipös. 

Ist nun bei vorhandener Darmtubercnlose die Fettschicht auf 
dem Rücken eines Schweines z. B. eine noch beträchtliche, so 
hat sicher der Process noch nicht solche Bedeutung gewonnen, 
dass in Betreff des Fleischconsums die Beurtheilung vom 
hygienischen Standpunkte eine schwerwiegende sein müsste. 
Quod ad carnem kann mau also laut Ministerial- Verfügung die 
Sache relativ noch als Localleiden auffassen, das Fleisch event. als 
vollwerthig freigeben ohne Rücksicht darauf, ob die Lympli- 
ganglien des Darmes frisch erkrankte Herde zeigen oder als ab¬ 
geheilt gelten dürfen. Eine nebenbei vorhandene Tuberculose 
der Leber kann auf zweierlei Weise entstanden sein: durch die 
nutritive Leberarterie und durch die Pfortader. 

Nicht selten findet man bei Schweinen eine ganze.Anzahl- 
von Erkrankungen der Rückenwirbel bezw. ihrer einzelnen 
Theile ohne sichtbare Mitbetheiligung anderer Organe. Aber 
auch Uebergreifen des Processes auf die Umgebung (Rücken¬ 
markscanal, umgebendes Muskelgewebe) konnte ich sehen, ohne 
dass der Nährzustand des Schlachtthieres den Grad der Mittel- 
mässigkeit erreichte, geschweige unter diesem lag; nein, oftmals 
war der Nährzustand bei Knochentuberculose geradezu als vor¬ 
züglich zu bezeichnen. So ist denn der gute Mastzustand solcher 
Thiere ein deutlicher Beweis, dass die reine Tuberculose sehr 
langsam verläuft. 

So hoch auch der Procentsatz von Rindertuberculose sich 
belaufen mag, so kommt doch die Knochentuberculose bei dieser 
Thiergattung weit seltener vor als beim Schweine. Bedenkt man 
nun weiter, dass die Lebensdauer des Rindviehes sich über einen 
weit längeren Zeitraum erstreckt als die der Schweine, so ergiebt 
sich, dass das Rindvieh verhältnissmässig resistenter gegenüber 
der Tuberculose sich erweist als die Schweine. Die fast speci- 
fische Art der Rindviehtuberculose, die „Perlsucht“, beweist ja selbst 
die Resistenz der Gattung bos: die Tuberkelbacillen bedingen die 
Entstehung der Knötchen und Knoten. Der Körper beweist seine 
Activität durch den Aufbau des bindegewebigen Tuberkels, 
welcher in seinem Innern die Infectionserreger beherbergt. Diese 
Abkapselung bedeutet nichts Anderes als den Versuch, die 
Bacterien unschädlich zu machen, sie zu tödten. Dass in einer 
grossen Anzahl von Fällen der thierische Körper sein Ziel er¬ 
reicht, sehen wir daran, dass z. B. alte Milchkühe bei der 
Schlachtung sich stark tuberculös erweisen, während bei Leb¬ 
zeiten nicht einmal der Verdacht der Tuberculose erweckt wurde, 
ferner aber daran, dass die tuberculösen Massen der Verkalkung 
anheim fielen. Die Gewebe und Gewebssäfte des Rindes besitzen 
also einen verhältnissmässig hohen Grad der Widerstands¬ 


fähigkeit. Die Bacterien werden durch die natürliche Immunität 
des Thierkörpers unschädlich gemacht, so dass das zu mästende 
Vieh sehr wohl an Körpergewicht zunehmen kann und den Be¬ 
sitzer resp. Reflectanten durch seine Wohlbeleibtheit besticht. 
Findet sich dann nach dem Schlachten eine stark ausgebreitete 
Serosentuberculose, so ist der Laie mit dem Urtheil über die 
Qualität des Fleisches von solch „fettem Franzosen“ bald fertig. 
Gerade die colossalen Knoten imponiren und bringen dem hier 
reflectirenden Gewerbetreibenden guten Gewinn; der Landwirth 
hat sich mit eigenen Augen von der Grösse der Tuberculose bei 
seinem Schlachtthiere überzeugen können, e r mag für seinen 
Haushalt solches Fleisch nicht und schlägt es für ein billiges 
Geld um jeden Preis los. Wird die Seröse aber sauber los¬ 
geschält, an der Brustwand der fehlende Glanz durch Fett¬ 
abreibung in berechnender Absicht (zur Täuschung des Sach¬ 
verständigen) wiederhergestellt, so gelangt dann solche Waare 
als „Prima-Qualität“ in den Handel. 

Wir wissen aus Experimenten und Erfahrungen, dass die 
Einwanderung von Tuberkelbacillen erst dann Bedeutung gewinnt, 
wenn dieselbe in gewaltigen Quantitäten oder zu wiederholten 
Malen, als Nachschübe, erfolgte und wenn der natürliche Selbst¬ 
schutz des thierischen Körpers nicht mehr ausreicht, um die 
Wirkungen der Bacterien und ihrer Stoffwechselproducte, der 
specifischen Toxine, zu paralysiren — oder aber, wenn der 
Körper, an und für sich schon geschwächt, die Production von 
Antitoxinen nicht mehr zu leisten vermag. Beide Momente, die 
schlechte Function der Organe und die Ueberschwemmung des 
Säftestromes mit Tuberkelbacillen und Toxinen, können sich nun 
combiniren und den Thierkörper durch reine Tuberculose zur 
Abmagerung bringen. Ungleich schneller aber noch geht der 
Nährzustand zurück, wenn andere Schizomyceten die Wirkung 
der K^uberkelbacillen unterstützen. Solche Alischinfection führt 
in der Regel bald zur Dissemination in allen Organen, zur all¬ 
gemeinen, acuten Miliartuberculose, der auch seltener befallene 
Organe bezw. Theile zum Opfer fallen. Hierzu gehört die 
Gehirntuberculo8e und die Einschmelzung von Knochengewebe. 

Gerade die Knochentuberculose ist es, welche den Sachver¬ 
ständigen in manchen Fällen zu milderer Beurtheilung veranlassen 
könnte. 

Den höchsten Marktpreis erzielt vollwerthige Waare. Die 
Vollwerthigkeit aber wird in erster Reihe bedingt durch den 
Nährzustand des Schlachtthieres. Ist bei tubercnlöser, eiterartiger 
Einschjnelzung von Knochengewebe allein oder bei gleichzeitigem 
Bestehen tubercnlöser Processe in anderen Organen — ob die¬ 
selben alt, ob frisch, bliebe sich gleich — der Mastzustand ein 
guter, so müsste doch bei Acceptirung des Princips des 
Tuberculose-Erlasses gerade die gute Entwicklung des Thieres 
als Bevyeis dafür gelten können, dass in manchen Fällen von 
Knochentuberculose die Entfernung der kranken Theile genüge, 
um das Fleisch nicht nur für die Freibank im rohen Zustande 
brauchbar, sondern sogar als vollwerthig erscheinen zu lassen. 
Findet man also Knochentuberculose allein, ohne jegliche andere 
Organerkrankung, so könnte man zu dem Schlüsse gelangen, es 
handle sich um ein Localleiden und die Entfernung der erkrankten 
Theile reiche aus, um das Thier als „bankwürdig“ zu recht- 
fertigen. Diese Ansicht erscheint mir nicht acceptabel und das 
Verfahren nicht zu billigen. 

Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft ist die tubercu- 
löse Erkrankung der Knochen stets als eine Allgemeininfection 
zu betrachten, denn es liegt bislang kein Beweis dafür vor, dass 
durch Anastomosen von Lymphbahnen, welche zwischen zu¬ 
fuhrenden und abführenden Gefässen seitlich bestehen können, 
vermittelst dieser die Schizomyceten auf einem weit kürzeren 


Digitized by LjOOQie 




232 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


Wege, anstatt ira betreffenden Lymphganglion aufgehalten zn 
werden, direct in die Knochen gelangen sollten. 

Der logische Schluss ist demnach: weil selbst die Knochen 
erkrankt sind, müssen die Tuberkelbacillen und ihre chemischen 
Producte in allen Blutbahnen in reichlicher Menge und mit hoher 
Virulenz ausgestattet vorhanden sein — es muss also jeder 
Körpertheil als inficirt gelten. 

Lassen sich makroskopische Veränderungen am Drüsen¬ 
apparat nicht feststellen — der mikroskopische Nachweis eventuell 
vorhandener Riesenzellen kann meist nicht benutzt werden, wo 
es sich um schnelle Entscheidung handelt —, so bleibt immer 
noch die nicht unberrechtigte Annahme, dass die Lymphfilter des 
Darmes entweder aus anatomischen Gründen durchlässig waren 
oder ihre Function zeitweise eingestellt hatten und so den 
Bacterien Gelegenheit gaben, mit dem Säftestrom in andere Bahnen 
zu gelangen, oder dass ferner die Bacillen zu geringe Virulenz 
besassen, um in den Filtern eine deutliche Reaction zu veran¬ 
lassen, und diese somit passiren konnten. Immerhin ist es 
wunderbar, dass die Infectionserreger einen so weiten 
Weg zurücklegen konnten, bis sie endlich in dem betreffenden 
Knochen dauernden Sitz und bessere Bedingungen für ihre 
Vegetation fanden. 

Es muss nun auffallen, warum wir verhältnissmässig viel 
häufiger Tuberkulose der Wirbel, Rippen, des Brustbeines fest¬ 
stellen als solche der Gelenke. Die Anzahl der durch den 
Untersuchungsgang erforderlichen Eröffnungen von Gelenken ist 
aber eine recht beschränkte. In den vier Jahren meiner hiesigen 
Thätigkeit habe ich nur 5 Mal tuberkulöse Oelenkerkrankungen 
zu sehen Gelegenheit gehabt; ich zweifle aber nicht, dass diesse 
Affection doch häufiger vorkommt, als der Statistik nach an¬ 
zunehmen ist, weil eben für den Thierarzt zu selten die Veran¬ 
lassung vorliegt, die verschiedenen Gelenke zu öffnen, während 
die durchgehauene Wirbelsäule sonder Mühe pathologisch^ Ver¬ 
änderungen erkennen lässt. 

Durch die Einführung des Sterilisations - Verfahrens ist 
dem Thierarzt an vielen Orten ein Mittel in die Hand 
gegeben, welches ihn der Verpflichtung überhebt, selbst 
hochgradige Tuberkulosefälle der technischen Ausnutzung zu 
überweisen. Leider ist das Dämpfen des Fleisches nicht aller¬ 
orten eingeführt: kleine Betriebe lassen selbstständige Anlagen 
wegen der zu geringen Rentabilität des angelegten Capitals nicht 
zu. Mit privater Fabrikanlage diese Einrichtung zu verbinden, ist 
im Interesse der Verwerthung des Materials durchaus gerecht¬ 
fertigt, sofern nur der Transport der Waare unter polizeilicher 
Aufsicht geschieht und die dem Dampfranm einverleibten Stücke 
durch Plombe unzugänglich gemacht werden. Auf flachem Lande 
mit obligatorischer Beschau wird man meist mit dem einfachen 
Kochen vorlieb nehmen müssen. Welches auch das Verfahren 
sein mag, das von einer Verwaltung eingeführt wird, ob Kochen, 
ob Dämpfen — es ist stets gerechtfertigt vom national¬ 
ökonomischen Standpunkte. Die Nationalökonomie erachtet 
es als eine Pflicht, eine Vergeudung noch brauchbaren Materials 
im Interesse der Volkswirtschaft zu verhindern, eine technische 
Ausnutzung nur dann zuzulassen, wenn sich absolut keine Mög¬ 
lichkeit bietet, ein Thier wirtschaftlich noch besser verwerten 
zu können als bisher. 

Sehr häufig deckt sich diese Forderung mit der, welche die 
Beurteilung der Schlachtwaare vom landwirthschaftlichen 
Standpunkt erfährt. Im Privatiuteresse der Landwirthe allein 
liegt es, sich vor Schaden zu bewahren, welchen eine obliga¬ 
torische Fleischbeschau notgedrungen bereiten muss. Die 
Producenten haben ihr Bemühen nur darauf gerichtet, ihre Wirt¬ 
schaft möglichst rentabel zu machen. Soll die Landwirtschaft 


aber bei der heutigen geringen Bodenrente und der Ueberschul- 
dung des Grundbesitzes den höchstmöglichen Ertrag abwerfen, 
so ist besonderes Augenmerk auch auf die Viehhaltung und 
Viehausnntznng zu legen Dieses Bestreben seitens der Oeko- 
nomen tritt in der Viehhaltung recht deutlich hervor, nur werden 
vielfach unzweckraässige Massnahmen getroffen. Die so häufig 
in Erscheinung tretende Degeneration von Thierbeständen ist 
wohl zum Theil als Folge der möglichst „rationellen 1 ' Ausnutzung 
von Abfällen des technischen Gewerbes zu erkennen. 

Die verschlechterten Verhältnisse in der Widerstandsfähigkeit 
der Bausthiere in einzelnen Wirthschaftsbetrieben sind es, welche 
die Empfänglichkeit für Tuberculose unbedingt erhöhen müssen 
und damit zu der regionär verschiedenen, im Ganzen aber hohen 
Zahl von Beanstandungen im Schlachthausbetriebe führen Das 
Schlachthaus bildet gewissermassen den Scheidepnnkt zwischen 
dem Thierarzt als Interessenten der Landwirtschaft einerseits und 
als Vertreter der Hygiene andererseits. Auf die Landwirtschaft 
ist der practicirende Thierarzt angewiesen, er hat nicht allein die 
curative Praxis zu überwachen — obwohl selbst noch „bessere“ 
Landwirthe trotz guter Ausbildung der Pfuscherei Vorschub 
leisten —, sondern er hat als Berater zu einer möglichst lucra- 
tiven Ausbeute in der Hausthierhaltung das Sonderinteresse der 
Landwirtschaft zu vertreten und zu fördern. 

Anders verhält es sich mit dem Thierarzt als Hygieniker, 
als Sanitätsbeamter. Die Aufgaben, welche ihm hier erwachsen, 
erfordern ganz andere Interessenvertretung. Der ganz ent¬ 
schieden einseitige Standpunkt des auf die Landwirtschaft an¬ 
gewiesenen practic. Thierarztes kommt auf diesem Gebiete nicht 
in Frage, er hat im Gegentheil in erster L'nie die allgemeine 
Wohlfahrt im Auge zu behalten und erst in zweiter Linie das 
Specialinteresse eines einzelnen Standes zu berücksichtigen. Ans 
dieser grundverschiedenen Auffassung der Thätigkeit des Thier¬ 
arztes ergiebt sich auch der häufige Gegensatz der vertretenen 
Anschauungen im Fachgebiet und vor Gericht, so oft es sich 
z. B um Beurteilung der Tuberculose haudelt. Bei manchen 
Fragen rein thiermedicinisclier Natur wird die Antwort leider 
dictirt unter einseitiger Bevorzugung der Interessen der Land¬ 
wirtschaft. Das Specialinteresse, welches letzte verfolgt, über¬ 
trägt sich ganz von selbst auf jeden Thierarzt, der von vorn¬ 
herein seine Existenz in der landwirtschaftlichen Thierhaltung 
begründet sah. Tauscht solcher College seine Stellung gegen die 
eines Beamten im Dienste der Hygiene ein, so wird er im An¬ 
fänge viel weniger leicht sich mit einer strengen Behandlung des 
auf dem neuen Gebiete ihm vor Augen kommenden Materials 
befreunden können, als wenn er von vornherein in dieser Richtung 
tätig gewesen wäre. 

Der allzu enge Connex mit der Landwirtschaft bedingt auch 
als ganz natürliche Folge bei besonders dazu Veranlagten das 
Streben, von dieser unstreitig einflussreichen Kaste duich mög¬ 
lichstes Entgegei kommen ruhmvolle Anerkennung ob ihrer Be¬ 
flissenheit zu ernten. Diese s Moment ist von unserer Schwester¬ 
wissenschaft, der Medicin, längst erkannt und daher auch ihr 
emsiges Bestreben, die kraftvoll sich auf eigene Füsse stützende 
Richtung in der Veterinärmedicin matt zu setzen. Als die „allein 
berechtigten“ Veitreter der Hygiene bemühen sich die Mediciner, 
den ihre Wege kreuzenden Sanitätsthierarzt „wohlwollend“ unter 
ihre Fittige zu nehmen. Um aber die tierärztliche Selbst¬ 
ständigkeit auch auf dem ihr neu erschlossenen Gebiete der 
Hygiene zu wahren, ist es eine Nothwendigkeit, dass die bez. 
Vertreter vor Allem die Hygiene ihrer Mitmenschen im Auge 
haben. Die Anerkennung der Veterinärmedicin ist errungen; 
durch starkes, unparteiisches und unbestechliches, männliches Ver¬ 
halten die Fortentwicklung za fördern — dazu vermag derThier- 


Digitized by UjOOQie 






19. Mai 1898. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


233 


arzt der Sanitätspolizei nicht am wenigsten beizutragen. Und dies 
geschieht allein durch streng sachliche Beurtheilung der zu 
untersuchenden Fleischkost des Menschen unter dominirender 
Berücksichtigung der Hygiene. Neigt ein Sanitätsthierarzt zu 
leicht nach der landwirtschaftlichen Richtung, die sich nnschwer 
durch nationalökonomische Betrachtungen acceptabler gestalten 
lässt, so wird dem „Hygieniker von Beruf*, dem Menschenarzt, 
auf die beste Art, ohne sein besonderes Zuthun, Beweismaterial 
vom Thierarzt selbst dafür in die Hand gedrückt, dass die 
Interessen der Hygiene ihm ferner liegen als die der Landwirt¬ 
schaft und dass es demnach angezeigt sei, die Function der 
Sanitätsthierärzte der Aufsicht von Menschenärzten zu unter¬ 
stellen. Bei der einflussreichen Geltung, welche den Menschen¬ 
ärzten vor den Thierärzten vorzugsweise im Norden unseres 
Reiches staatlich verliehen ist, dürfte es unter Umständen nicht 
gar zu schwer halten, der mit Mühe unlängst flügge gewordenen 
Veterinärmedicin die Schwingen kräftig zu beschneiden. 

Zu solcher Nachsicht bei Beurtheilung des Fleisches fordert 
geradezu die Tuberculose heraus. In neuerer Zeit besonders 
sucht sich die Anschauung Bahn zu brechen, bei Tuberculose 
eines Thieres möglichste Milde walten zu lassen. Wohl ist durch 
den ministeriellen Erlass die Grundlage gegeben, nach welcher 
der Sachverständige sein Urtheil bemessen soll, wohl ist einer 
Willkür vorgebeugt — der Rahmen jedoch, innerhalb dessen die 
Entscheidung zu treffen ist, lässt sich gar sehr erweitern. Es 
ist einzuräumen, dass solche Verfügung bestehen muss, bildet sie 
doch eine durchaus schätzenswerthe und nothwendige Grundlage 
im Rechtsstreit. In solchen ist die objective und correcte Angabe 
des Befundes durch den Sachverständigen von principieller Be¬ 
deutung, sie bildet die Grundlage des richterlichen Erkenntnisses — 
subjectiv aber bleibt in weitaus der Mehrzahl der Fälle die Be¬ 
urtheilung der Schwere, der Wichtigkeit des tuberculösen 
Processes, mit welcher ein Gegengutachter unter Würdigung 
derselben ministeriellen Anordnung seine Ansicht darlegt, ohne 
denselben Standpunkt zu iheilen, welchen sein College einnimmt, 
trotzdem sie beide das richterliche Urtheil klärend unterstützen 
sollen. Aus derart verschiedenartiger Auffassung des Verlaufs 
des betr. tuberculösen Processes ergeben sich denn auch die so 
zahlreich eingeforderten Obergutachten und machen Viehprocesse 
zu den vielgefürchteten, weil die entstehenden Kosten stark 
anschwellen. 

Auf diesem Gebiete treten daher mehr als anderswo die 
agrarpolitischen Verhältnisse vielfach in Gegensatz zu den 
Bestrebungen zur Erhaltung der Volkswohlfahrt: Mag der Ver¬ 
brauch an Schlachtvieh irgendwo grösser sein als die Aufzucht 
im Inlande, so steigt das Vieh im Preise. Die unabhängigen 
Nationalökonomen befürworten dann die Fleischeinfuhr vom 
Auslande her, weil die ausländischen Producenten billiger zu 
liefern im Stande sind und weiten Volkskreisen die Möglichkeit 
billiger Fleischnahrung geboten wird. Das Fleisch wird also 
billiger, das einheimische Schlachtvieh sinkt im Preise auf Kosten 
der Viehzüchter. Ueberwiegt aber der Einfluss der Landwirth- 
schaft, so erfolgt ein Einfuhrverbot nach dem andern unter dem 
so leicht verliehenen Deckmantel veterinärpolizeilicher Interessen 
zu Gunsten der Landwirthe, gegen das Interesse der Allgemein¬ 
heit. Als Beispiel hierfür dient die Einfuhr australischen 
Fleisches, die Grenzsperre in Oberschlesien (Import von 
Schweinen.) 

Vom rein hygienischen Standpunkte müsste die Beurtheilung 
der Tuberculose eine weitaus strengere sein. So lange der blosse 
Verdacht nicht völlig entkräftet ist, dass durch das Schlachtvieh 
die Tuberculose auf den Menschen infolge Fleischgennsses über¬ 
tragen werden kann, ist eine strengere Beurtheilung gerechtfertigt. 


Nur dann darf der Consum rohen Fleisches tuberculöser Thiere 
unter Berücksichtigung einer pecuniär verbesserten Ausnutzung 
für zulässig erklärt werden, wenn die absolute Garantie gegeben 
ist, dass solches Fleisch dem Menschen keinen Schaden zufügt 

Nichtsdestoweniger hat der Sanitätsthierarzt auch die Pflicht, 
unbeschadet der Interessen der Allgemeinheit jene der Landwirthe, 
wenn angängig, zu fördern. Im Speciellen ist dies vielleicht 
möglich aut dem Gebiete der Kleischverwerthung beanstandeter 
Thiere. 

Die Sterilisation durch Dampf begünstigt zwar eine im All¬ 
gemeinen bessere Verwerthung tuberculöser Thiere, doch ist, 
genau genommen, der Erlös von solcher Waare verhältnissmässig 
zu gering. Glage’s in kleinem Massstabe an finnigem Fleisch 
ausgeführte Versuche mit elektrischen Strömen ermuntern zu 
ähnlichem Vorgeben mit tuberculösem Material. 

Bleiben bezügliche Erfolge nicht aus, so erwächst daraus 
sowohl den Forderungen der Nationalökonomie als auch dem 
Sonderinteresse der Producenten Gewinn durch Vermehrung der 
Einnahme für das beanstandete Material. Denn eine solche muss 
eintreten, weil alsdann durch ev. Rohverkauf unter Declaration 
eine vielseitigere Zubereitung ermöglicht wird. Es ist ja gerade 
die verhältnissmässig einseitige Verwendbarkeit gekochten bezw. 
gedämpften Fleisches, welche den Preis dieser Waare drückt. 

Dass tnberculös erkrankte Organe einer strengeren Beur¬ 
theilung Seitens der Sachverständigen unterliegen, als wenn es 
sich um das ausgeschlachtete Thier selbst handelt, halte ich schon 
deshalb für gerechtfertigt, weil der Verlust eines Theiles weniger 
fühlbar wird als der des ganzen Thieres. Wie schon erwähnt, lässt 
die z. Z. im Allgemeinen mildere Anschauung betr. des Consumes 
tuberculöser Thiere diese humane Regung zu Guusten der Pro¬ 
ducenten selbst bei schweren Fällen mit scheinbar wissenschaft¬ 
licher Begründung gerechtfertigt erscheinen. Man argumentirt 
dann etwa folgendermassen: Befindet sich ein tuberculöses Thier 
in gutem Nährznstande, so wäre anzunehmen, dass der Einfluss 
der Bacillen und ihrer chemischen Producte nicht ausgereicht 
habe, den lebenden Organismus erheblich zu schädigen. Die 
gute Constitution des Thieres behielt das Uebergewicht, daher 
ist der Rohverkauf solchen tuberculösen Fleisches zum Consum 
zu gestatten. Würde die Erkrankung von Knochen als ein¬ 
schneidend für die Existenz des Körpers anzusehen sein, so 
müsste das Fettgewebe gewaltig reducirt erscheinen; denn da 
bisher die Knochentuberculose als typisches Beispiel eines tuber¬ 
culösen Allgemeinleidens galt, müsste unter Berücksichtigung 
der schweren Alteration sämmtlicher Gewebe die Oxydation aufs 
höchste Ma<=s gestiegen sein. Weil aber die Thiere in vielen 
Fällen sich wohl befinden, Appetit und Verdauung gut sind, der 
Speck ganz vortreffliche Höhe erreichen kann, so trägt hierbei 
die Tuberculose den Stempel eines Allgemeinleidens nicht an 
sich. Dazu kommt noch ein anderer Beweisversuch: Bekanntlich 
sind die relativ gesündesten Thiere solche, welche über ein 
grosses Blutquantum verfügen. Trainirte Pferde verfügen über 
eine weit höhere Arbeitskraft als solche, welche bei guter Stall¬ 
pflege und gutem Futter nur wenig Arbeit leisten müssen. 
Kugelrunde Wagenpferde imponiren dem Laien wegen ihrer 
vollen Formen, wohingegen der Fachmann Gewicht auf die Aus¬ 
bildung der Muskelgruppen legt; „es steckt Blut in den Thieren“, 
so hört man sagen und damit trifft er das Richtige. Der reich¬ 
liche Fettansatz bedingt eine Verminderung der Blutmenge auf 
Kosten der bisher möglichen Arbeitsleistung und der Widerstands¬ 
fähigkeit gegen alle Einflüsse, welche das Gleichgewicht des 
thieri8chen Organismus irritiren (Verfettung der Parenchyme). 
Ermittelt ist, dass bei fetten Schweinen die Blntmenge auf 2 pCt. 
des Körpergewichtes zurückzugehen vermag (bei mageren Thieren 


Digitized by LjOOQie 





234 


BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT. 


No. 20. 


beträgt dieselbe 8 pCt.!). Daraus ergiebt sich, dass in eben¬ 
solchem Verhältnis die Widerstandsfähigkeit des Körpers ganz 
wesentliche Verminderung erfährt. Als Beweis hierfür ist die 
bekannte Thatsache anzuführen, dass auf dem Markt gekaufte 
Schweine, die beim Aufladen sich heftig sträubten, vermöge der 
geringeren Resistenz ihres Herzens den ungewohnten An¬ 
strengungen synkoptisch erliegen. Die Section ergiebt regel¬ 
mässig eine Dilatation des Herzens. — Ebenso wenig wie nun 
solch fettes Schwein den physischen Anstrengungen sich ge¬ 
wachsen zeigt, ebenso wenig würde anzunehmen sein, dass solcher 
Organismus den Schizomyceten erfolgreich zu widerstehen ver¬ 
möchte. Würde also die Tuberculose thatsächlich die Bedeutung 
haben, welche man ihr zuschreibt, so müsste das Schlachtthier 
sich entschieden in der Mehrzahl der Fälle nicht in so exquisitem 
Nährzustande zeigen, in welchem man es in sehr vielen Fällen 
zu sehen bekommt. Ausserdem aber mögen die Käufer sich 
selbst schülzen durch Vermeidung von Genuss rohen Fleisches 
(conform dem Hinweis von Prof. Schmaltz betr. finnigen Rind¬ 
fleisches. B. T. W. 1895). 

Solche Folgerungen sind nicht allzu schwer zu widerlegen. 
Sie widersprechen den Absichten der vom Staate mit so 
gewaltigen Kosten ins Leben gerufenen und in noch weiterer 
Entwicklung begriffenen Fleischbeschau. Wenn der Consument 
sich schützen soll — wozu bedarf es der Trichinenbeschau, 
da die Siedehitze auch die Trichinen tödtet? Ausserdem aber ist 
die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Organismus nicht 
nach dem eines Thieres zu bemessen, sodass für das Thier nicht 
virulente Schizomyceten auch für den Menschen unschädlich 
wären. 

Vor allen Dingen erfordert die Stellung des Schlachthof¬ 
thierarztes volle Wahrung der sanitären Interessen. Doch einzig 
deshalb haben seine Mitmenschen ihm diesen Vertrauensposten 
übertragen, um nur tadellose, vollwerthige Waare dem Markt¬ 
verkehr zuzuführen, ohne Rücksicht auf die SonderinteresBen 
Einzelner. Der Schlachthausbeamte soll unabhängig sein von den 
Producenten und ihren Vertretern, deren pecuniärer Vortheil sein 
Urtheil nicht tangiren darf. 

Wird doch jeder Gewerbetreibende bestraft, wenn die von 
ihm vertriebenen Nahrungsmittel nicht den Anforderungen ent¬ 
sprechen, welche der Reflectant beim Kauf an sie stellt. Der 
Käufer, welcher vollwerthige Münze zahlen muss im guten 
Glauben, ebenso reelle Waare dafür einzutauschen, darf die Er¬ 
wartung hegen, vom Sanitätspersonal sich unterstützt zu sehen. 
Warum besteht die staatliche Münze? Nur deshalb, weil Gleich- 
werthigkeit erzielt und garantirt werden soll. Und was beginnt 
der Staat mit denen, welche auf eigene Faust, zum Schaden des 
Nationalvermögens, minderwerthiges Geld umsetzen? Ist der 
Landwirth geneigt, sein tuberculöses Vieh zu verzehren, wenn 
der Schlächter dasselbe ihm zur Verfügung stellt? Für den Con- 
sumenten in der Stadt wird aber von tuberculösen Thieren her¬ 
rührendes Fleisch ex officio als vollwerthige Waare zngelassen. 
Will der Landwirth gut verdienen, so muss er wie jeder andere 
Gewerbetreibende gute Waare liefern; er muss eine thierärztliche 
Untersuchung ebenso wenig scheuen wie eine sachgemässe Vieh¬ 
haltung — sonst hat er den Schaden zu tragen. Nur gering¬ 
gradige, locale Tuberculose darf zum Verkauf roh auf der Frei¬ 
bank zugelassen worden, der freie Marktverkehr bedingt tadel¬ 
lose Waare. 

Hygiene und Nationalökonomie haben zwar beide die Volks¬ 
wohlfahrt im Auge, doch gehen ihre Wege auseinander. 

Fleisch tuberculöser Thiere zum Consum zuzulassen — da¬ 
gegen wird vom sanitären Standpunkt nie Einwendung erhoben 
werden, wofern nur die Garantie geschaffen ist, dass das 


Nahrungsmittelgesetz voll und ganz gewürdigt wird. Dem 
strömenden Dampf ist es gewiss gleich, welcher Art der tuber- 
culöse Prozess ist; er sterilisirt floride Tuberculose ebenso 
sicher gahr wie locale Tuberculose, im Gegentheil wird die 
Sterilisation bei letzterwähnter Art erleichtert, weil der Dampf 
die jüngsten bindegewebigen Elemente, Granulationen rascher 
auflöst als alte Abkapselungen, deren Structur dem Narbengewebe 
gleichkommt. In demselben Verhältniss wird nun auch die 
Einwirkung des Dampfes auf die Bacterien bei frischer Tuber¬ 
culose verlängert. 

Durch das Dämpfverfahren kommt man dem Interesse der 
Landwirthschaft wieder ein guteB Stück weiter. So oft also das 
beanstandete tuberculöse Thier die Kosten des z. Z. üblichen 
Dämpf- oder Kochverfabrens noch lohnt, erschiene es angebracht, 
das Fleisch nach der Sterilisation zum Consum noch zu ver- 
werthen! Aber aach diese Deduction erscheint mir zu weit¬ 
gehend. Zwar sterben durch genügend lange Einwirkung des 
Dampfes die Bacterien ab, aber das Fleisch behält die von den 
Mikroben bereits gelieferten Stoffwechselproducte ungeschwächt, 
ja, es kommt noch eine Quantität Tuberculin durch die zersetzten 
Bacillen hinzu. 

Da die Versuche ergeben haben, dass das Tuberculin 
stomachal nicht wirken, dasselbe also in nicht wirkende Ver¬ 
bindungen durch den Succus entericus übergeführt wird, liegt 
kein Grund vor, solche gedämpfte Waare als „gesundheitsschädlich“ 
zu bezeichnen, sicher aber kommt ihr das Epitheton „hochgradig 
verdorben“ zu, da sie Stoffe (Gifte) enthält, welche nicht zur 
normalen Zusammensetzung gehören. 

Es ergiebt sich also daraus: Die Sterilisation tuberculöser 
Thiere tödtet zwar die Bacterien, doch vermehrt sie den Gehalt 
des Fleisches an Toxinen. Das Fleisch solcher Thiere ist zum 
Mindesten „hochgradig verdorben“ und auf Grund des % 367 des 
Strafgesetzbuches vom Consum auszuschliessen, es dürfte nur 
geeignet sein zur Fabrikation von Hundekuchen. 

Steht auch in Zukunft eine Verschiebung in den Zahlen- 
werihen der Tuberculose-Beanstandungen zu erwarten, weil die 
Molkereiabfälle etc. bei der Verfütterung vorsichtiger zur Ver¬ 
wendung gelangen werden, so wird dennoch stets — namentlich 
für kleinere Wirtschaften — die Versicherung der Thiere ge¬ 
boten sein. Für die Thierzucht und Veterinärpolizei — wo 
solche in Betracht käme — bleibt aber die Schlachtbank das 
sicherste Reagens auf die Diagnose der Praktiker nach der 
Taberculinprobe. 


Referate. 

Ueber die sogenannte Strahlfäule. 

Von Docent Geiss-Hannover. 

(Dtach. thierärztl. Wschr. 1897.) 

G. stimmt in manchen Punkten mit der gewöhnlichen Er¬ 
klärung der Strahlfäule nicht überein. Allgemein beschuldigt 
man unreinliche Haltung und Feuchtigkeit. Dass durch faulendes 
Ausjauchen das Sohlenhorn zerfällt, ist bekannt. Aber gerade der 
Hornstrahl erweist sich widerstandsfähiger dagegen als das 
Sohlenhorn und namentlich als das Horn der weissen Linie. Das 
Strahlhorn zerfällt oft genug oberflächlich bei solchen Pferden, 
die Tage lang im Stall stehen und die ein festgetretenes Polster 
unter der Sohle hatten. Man müsste doch die Strahlfäule am 
häufigsten bei solchen Pferden finden, deren Hufe niemals ge¬ 
waschen oder gereinigt würden. In Wirklichkeit besteht fast 
das gerade Gegentheil; denn am reinlichsten werden unzweifelhaft 
die Hufe der Militairpferde gehalten, und gerade hier ist die Strahl¬ 
fäule am häufigsten. Jedes 5. Pferd, in manchen Ställen jedes 2. 
ist damit behaftet; im Winter häufiger als im Sommer, am 


Digitized by 


Google 




19. Mal 1898. 

häufigsten gegen Winterende nnd am seltensten am Manöver- 
schluss. Die Strahlfäule ist also am häufigsten in der Zeit, wo 
die Pferde am meisten im Stalle stehen, und verschwindet, wenn 
die Pferde herauskommen. Andererseits sieht man z. B. bei den 
Pferden, die vor Stein- nnd Ziegelwagen gehen nnd deren Hufe 
so schlecht wie möglich gehalten werden, niemals Strahlfäule. 
Ans diesem Vergleich ergiebt sich, dass die unreinliche nnd 
feuchte Haltung des Hufes mindestens die Hauptursache der 
Strahlfäule nicht ist. Es liegt derselben vielmehr in erster Linie 
Mangel an genügender Bewegung zu Grunde. Oft erkranken die 
Thiere schon nach einer Stallruhe von mehreren Wochen, während 
sie früher das Uebel nie gezeigt haben. — Als zweite Ursache 
kommt in Betracht Zwanghuf, hohe Trachten und Stollenbeschlag. 
Beim Zwanghuf ist die Strahlfäule secundäres Leiden, nicht die 
Ursache des Zwanghufes. Sie verschwindet in dem Maasse, wie 
der Zwanghuf unter dem Expansiveisen sich bessert. Flachhufe 
mit Strahlfäule werden niemals Zwanghufe. Bei hohen Trachten 
und Stollenbeschlag handelt es sich meist zugleich um Pferde, 
die nicht viele Bewegung haben, Luxuspferde etc. — Drittens 
aber haben unzweifelhaft gewisse Pferde eine Neigung zur 
Strahlfäule, wie gewisse Menschen zum Schweissfuss. Bei solchen 
Thieren ist die Strahlfäule sehr hartnäckig und oft mit Erkrankung 
der Ballenhaut, der Haut in der Köthe und mit Hufgeschwüren 
vereint Hier handelt es sich um die Constitution der Haut 
Auch der Fleischsaum ist dabei öfter erkrankt, und dieser Er¬ 
krankung verdanken die schrägen Ringe ihre Entstehung, welche 
als ein Kennzeichen hartnäckiger Strahlfäule sich mit den ge¬ 
wöhnlichen, der Krone parallel laufenden Ringen im spitzen 
Winkel kreuzen. 

Bei der Strahlfäule soll nun das Horn durch Fäulniss zer¬ 
stört werden. Man kann aber das Wesen des Processes nur in 
seinem Entstehen betrachten. Bei Pferden, die etwa krankheits¬ 
halber wochenlang im Stall stehen, kann der Strahl völlig 
intact erscheinen; aber schon macht ein specifischer Geruch auf 
das Vorhandensein der Fäule aufmerksam und aus dem höchsten 
Punkt der Mittellinie zwischen den Ballen lässt sich eine zähe, 
käsige, weissliche Masse herauspressen. Durch Sondenuntersuchung 
kann man feststellen, dass sich ein Theil des Strahles von der 
Huflederhaut abgelöst hat, und dass in dem Zwischenraum jene 
Zerfallsmasse liegt. 6—8 Wochen später kann man dann den 
Strahl einfach abheben und findet darunter dann, wenn das Pferd 
inzwischen in Bewegung gekommen ist, bereits wieder eine ge¬ 
sunde Hornschicht. Die Erklärung dieser Thatsache ist einfach 
die, dass die jüngsten zur Hornerneuerung bestimmten Zellen 
nicht verhornt, sondern zerfallen sind, und in diesem Vorgänge 
liegt das Wesen der Strahlfäule. Das Bild derselben wird bei 
andauernder Einwirkung der Ursache dadurch ein anderes, dass 
der einmaligen Erkrankung eine Reihe von Recidiven folgt. Es 
kommt dann namentlich in der Mittellinie gar kein festes Horn 
mehr zu Stande. Der Process ist aber nicht auf der ganzen 
Fläche derselbe und dadurch erhält der Strahl sein zerfetztes 
Aussehen, was durch die Reibung auf dem Boden natürlich noch 
verstärkt wird. Der krankhafte Process ist keineswegs eine 
specielle Eigentümlichkeit des Strahles, sondern veranlasst auch 
am Sohlenrand die sogenannten Hufgeschwüre, aus denen beim 
Einschneiden eine dünnflüssige, graue, übolriechende Jauche sich 
entleert. Diese häufig genug an unbeschlagenen Hufen vor¬ 
kommenden Hufgeschwüre sind von wirklichen Eiterungen, wie 
sie durch Vernagelung etc. entstehen, wohl zu unterscheiden, 
heilen auch viel rascher. Die Strahlfäule ist also nicht ein 
wirkliches Verfaulen des fertigen gesunden Hornstrahls, sondern 
ist ein krankhafter Vorgang an den jüngsten Hornersatzschichten, 
welche nicht verhornen, sondern zerfallen. 


235 


Ueber eine nene Infectionskrankheit des Rindviehs. 

(Aus dem Laboratorium des Prof. E. P e r o n c i t o.) 

Von Dr. Giuseppe Bosso, Assistenten. 

(CcDtralbl. f. B*ct. 1897, H. 18/19.) 

In der Gegend von S. Dona di Piave, Provinz Venedig, 
herrschte im Anfang des vergangenen Jahres eine Krankheit 
unter den Rindern, die immer mit tödtlichem Ausgang endete. 
Veterinärarzt Dr. Silvio Manzioli berichtet über die Symptome 
folgendes: „Temperatur 39° C., das Wiederkauen wird langsam 
und hört fast auf, Appetitlosigkeit, immer mehr zunehmende 
Schwäche des Hintertheiles und der Lumbalgegend, unsicherer, 
schwankender Gang; die Thiere stützen sich auf die Gelenke 
(Knie) mit Krümmung des Rückens, halten den Schwanz ziem¬ 
lich hoch und gekrümmt, haben Drängen wie zur Defäcation; 
man sieht die Schleimhaut des Mastdarms wenig hervorstehen. 
Die Haltung ähnelt der einer Kuh in Geburtswehen. Der Urin 
behält bis zum letzten Augenblick seine natürliche Farbe. Die 
Thiere zeigen, dass sie schwer leiden, magern stark ab. In 
3—4 Tagen schwinden die Kräfte; in den ersten Tagen erheben 
sie sich noch mit grosser Schwierigkeit, um sich sogleich wieder 
niederzulegen und können zuletzt wegen Paraplegie nicht wieder 
aufstehen. Nach ungefähr 3—4 Tagen sterben sie. Es ist auf¬ 
fallend, dass sie in den letzten Tagen starkes Gebrüll ausBtiesen, 
das man weithin hören konnte (2—3 Kilometer), was den Bauern 
und allen, die es hörten, grosse Furcht einfiösste. Die kranken 
Thiere behielten ihr intelligentes Aussehen bis zuletzt, blickten 
die sie umgebenden Personen an, als wenn sie um Hilfe bäten, 
und man sah, dass sie grosse Schmerzen litten.“ Soweit die 
wörtliche Wiedergabe des nicht ganz verständlichen und etwas 
ausgeschmückten Krankheitsberichtes. Die Beobachtung, dass die 
Krankheit immer zum Tode führte, veranlasste die Eigentümer, 
dift.,Bjüke beim Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen zu 
schlachten und das Fleisch als minderwertig zu verkaufen. Zum 
Glück verhinderte der Präfect von Venedig diesen Unfug. Denn 
es ist wohl sicher, dass das Fleisch sonst in Form appetitlicher 
Salami in den Verkehr gelangt wäre. Es ist überhaupt für den 
Fremden nicht empfehlenswert in Italien, wo die Fleischschau 
verhältnissmässig noch wenig entwickelt ist, Salami zu essen. 

Die fragliche Rinderkrankheit kam namentlich an feuchten, 
niedrigen Orten vor, die durch fortdauernde Regengüsse über¬ 
schwemmt wurden. 

Auch die Thierärzte Dr. Bernardo in Oderzo und Dr. 
Sanfelice in Mestre hatten Gelegenheit diese Krankheit zu be¬ 
obachten. An 15 überlebenden Thieren wurde das Stecken der 
Gillwnrzel ausgeführt. 

Dr. Manzioli hielt die Krankheit für eine acute infectiöse 
Nephritis oder Myelitis. 

Die an das Laboratorium eingeschickten Organe: Herz, Milz, 
Niere®, Gehirn und Rückenmark kranker Rinder wurden vom 
Verf. , untersucht. Er stellte fest, dass das Herz an seiner ganzen 
Oberfläche unter dem Epicard sehr zahlreiche Ekchymosen von 
der Grösse einer Stecknadelspitze bis zu der eines Nagelkopfes 
aufwies. Dieselben waren an gewissen Stellen scharlachroth, an 
anderen schwarzroth, ein Fingerzeig, dass sie arteriellen und 
venösen Ursprung hatten. Das Herzblut war geronnen. Das 
Myocard zeigte keine Veränderungen. Endocard diffus rötblick 
gefärbt. Lymphgefässe des Herzens sehr deutlich. Milz um das 
Doppelte vergrössert, blutreich. Nieren sehr hyperämisch, dunkel- 
roth ins Violette und Schwärzliche spielend. Rückenmark und 
Gehirn nicht verändert. 

Die mikroskopische Untersuchung des Blutes und des Milz¬ 
gewebes ergab das Vorhandensein einer geringen Anzahl von 
Bacterieo, die ihrer Form nach an die Gruppe der hämorrhagischen 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 





236 


Septicäraie erinnerten. Dieselben sind bewegungslos, können eine 
Grösse von 1,5/« X 0,5—0,8 /i erreichen. Die Bacterien wachsen 
in Gelatine, Agar, Fleischbrühe mit Glycose und Glycerin, Milch, 
auf Kartoffeln und bewirken durch subcutane Injection von Rein- 
cultnren den Tod bei Meerschweinchen und Kaninchen in 18 bzw. 
18—24 und bei Mäusen in 18 Stunden. In den Organen der ge¬ 
fallenen Thiere insbesondere in Milz, Nieren und im Blut sind 
die fraglichen Bacterien in grösster Menge vorhanden. 

Die histologische Untersuchung der Nieren erfolgte nac' 1 
Härtung kleiner Nierenstückchen in gesättigter wässeriger Sub- 
limatlüsung, Waschung und Durchgang durch verschieden starke 
Alcohole, Einschluss in Paraffin, Zerlegung in feine Schnitte, 
Färbung mit Carmin und Hämotoxylin. Die Bacterien wurden 
nach den Methoden von Gram und Kühne gefärbt. Die an den Nieren 
festgestellten mikroskopischen Veränderungen stellen das Bild einer 
infectiösen Glomerulo-Nephritis dar. Die beschriebenen Bacterien 
lagen in grossen Mengen in den Blnt- und Lymphgefässen. 

B. folgert aus seinen Untersuchungen, dass sich die gedachte 
Rinderkrankheit als eine Art Septicämie charakterisirt mit vor¬ 
wiegender Localisation in den Nieren. Der gefundene, die Krank¬ 
heit erzeugende Mikroorganismus ist der Gruppe der hämorr¬ 
hagischen Septicämie Hueppe zuzuzählen. 

Aas dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht über 
die prenssische Armee, R&pportjahr 1896. 

Von 76 575 Dieostpferden kamen 28148 = 36,75 pCt. zur 
Behandlung. Seit 1885 hat dieser Procentsatz zwischen 31 und 47 
geschwankt. Im Berichtsjahr schwankten die Fälle innerhalb 
eines Armeecorps zwischen 1306 und 2453, innerhalb der Garnison 
zwischen 10 pCt. und 90 pCt. des Gesammtbestaudes. 

Was die einzelnen Krankheiten anlangt, so kam von Rotz 
nur 1 Fall vor. Einen breiten Raum nimmt in dem Bericbfe wie 
immer die Brnstsenche ein, über deren Character stets werth¬ 
volle Erfahrungen beigebracht werden. Es erkrankten daran 
2377 Pferde (3,10 pCt. des Bestandes) und es starben 38 pCt. 
der Erkrankten. Betroffen wurden von der Brustseuche im 
Ganzen 55 Trnppentheile bezw. 44 Garnisonen. 

Was die Erfahrungen über die Brustseuche anlangt, so wird 
in den Berichten zunächst übereinstimmend hervorgehoben; wie 
wenig man es in der Hand hat, behufs Beschleunigung des 
Senchenganges die Infection anf natürlichem Wege zu begünstigen. 
Das Durchseuchenlassen findet so ziemlich allgemein jetzt eine 
abfällige Beurtheilung. So wenden sich die Corpsrossärzte des 
dritten und fünften Armeecorps dagegen. Auch Corpsrossarzt 
Hell warnt sehr davor, die noch gesunden Pferde durch 
Zusammenstellen mit kranken absichtlich durchseuchen zu lassen. 
Dieses rücksichtslose Durchsenchenlassen dürfte sich in einem 
seit Jahren seuchenfreien Truppentheil sehr schwer rächen, weil 
hier (mangelnde natürliche Immunität) zahlreichere und gefähr¬ 
lichere Erkrankungen auftreten, als wenn man die erkrankten 
Pferde separirt. Nach Hell und auch nach Straube gelingt es 
ebenso wenig, die Seuche zu cupiren, wie andrerseits den 
Seuchengang durch Durchseuchenlassen zu beschleunigen. Die 
Hauptaufgabe bleibt, der Seuche einen möglichst milden Character 
zu bewahren. Zu diesem Zwecke sollen die Kranken behufs 
besserer Verpflegung bis zu Ablauf des fieberhaften Stadiums 
abgesondert werden, an den Gesunden regelmässig die Temperatur 
gemessen und dieselben, so lange sie gesund sind, zum 
Dienste verwandt werden. Fast alle Berichterstatter sind der 
Ansicht, dass sich die Behandlung der Seuche im Wesentlichen 
auf derartige Maassnahmen beschränken müsse. Das Verbleiben 
der Kranken im Escadronstall übt nach Schwarznecker einen 
sehr ungünstigen Einfluss auf das Befinden der Schwerkranken 


No. 20. 

aus. Corpsrossarzt Wenzel betont, dass nicht allein die gute 
Luft, sondern namentlich auch Ruhe in der Umgebung, also inner¬ 
halb abgesonderter Räume, günstig auf die Erkrankten wirkt. 
Neben der guten Luft, welche von allen Seiten als die Haupt¬ 
sache bezeichnet worden ist, ist besonders auf eine tadellose 
Streu, richtige Diät und richtige Stallpflege zu halten. An Nach¬ 
krankheiten wurden Sehnenscheiden- und Sehnenentzündungen 
46 mal und innere Augenentzündung 17 mal beobachtet. 

Die Pferdestaupe kam bei 930 Pferden vor, von denen nur 
3 = 0,3 pCt. starben. Die schwarze Harnwinde befiel 59 Pferde, 
von denen 38 = 64 pCt. geheilt wurden. Betreffs der Behandlung 
wird mitgetheilt, dass Aderlässe, Nalr. bicarb. in grossen Mengen, 
Eserin, Priessnitz’sche Umschläge oder hantreizende Mittel an 
der Nierengegend zur Anwendung kamen. Oberrossarzt Lorenz 
hatte 23 Fälle, von denen nur 4 ungünstig verliefen. Die Er¬ 
krankungen waren alle schwer. Als ersten Eingriff empfiehlt er 
stets einen ausgiebigen Aderlass mindestens von 5 1. und zwar 
nicht aus der Jugularis, sondern aus den Arterien und Venen 
des Schweifes. Während der Zeit des Aderlasses erhalte das 
Pferd einen Einguss von 100—150 g Natr. bicarb. mit gleichen 
Theilen Natr. sulf. in l — I'/j 1 Wasser; im Verlaufe der nächsten 
drei Stunden 2 mal je 100 g Natr. bicarb. und Natr. sulfuric. In 
dieser Zeit wird wiederholt der Versuch gemacht, das Pferd auf 
die Beine zu bringen. Daneben Lagerung auf gute Streu, Be¬ 
deckung, noch eine Eserininjection und Einreibungen von 
erwärmtem Essig auf Lende, Kruppe und Schenkel. Der Ader¬ 
lass und die Eingüsse werden event. sofort an dem im Freien 
liegenden Pferde vorgenommen; doch muss es dann schleunigst 
in den Stall. — Am Starrkrampf erkrankten 35 Pferde, von 
denen 71 pCt. starben. Das Tetanusantitoxin kam im Berichts¬ 
jahr noch nicht zur allgemeinen Anwendung. — Von Nerven¬ 
lähmungen ist hervorzuheben, dass eine Lähmung der BlaBe, des 
Mastdarms, des Schweifes und einzelner Kruppenmuskeln der 
rechten Seite durch eine Fettgeschwulst an der Austrittstelle des 
zweiten Kreuznerven bewirkt wurde. 25 mal war der Nervus 
radialis gelähmt, meistens unvollständig. Hierfür war eine directe 
Entstehungsursache nicht zu ermitteln. Auch von einer Lähmung 
des Unterschulternerven, angeblich durch plötzliches Abweichen 
der Schulter nach aussen wird berichtet. — Der Hitzschlag 
betraf 2 Pferde, welche bei einer Temperatur von 32° R., nach¬ 
dem sie 20 km im Galopp zurückgelegt hatten, unter schwerster 
Athemnoth niederstürzten. Nach 25 Minuten vermochten sie sich 
zu erheben, taumelten sehr stark und konnten erst nach % Stunde 
unter Dach 'gebracht werden. Hier legten sie sich bald nieder 
und starben nach 5—12 Stunden. Bei der Zerlegung fanden sich 
Leber, Milz und Nieren dunkelroth, Lungen dunkel zum Theil 
schwarzrotli, Herzkammern prall, mit schwarzrothem, theerartigem 
Blute gefüllt, die Gefässe der Hirnhaut überfüllt. — Eine eigen¬ 
tümliche Massenerkrankung an Bronchialkatavrh beobachtete 
Oberrossarzt Wassersleben. Am ersten Marschtage bei rauher 
Witterung versagte plötzlich der grösste Theil der Pferde einer 
Batterie das Futter. 20 Pferde hatten erhebliche Temperatur¬ 
steigerung, grossentheils über 40 u . Am nächsten Morgen hatten 
alle bis auf drei ihre Morgenration verzehrt und normale 
Temperatur. Von den drei Pferden war das eine am vierten 
Tage gesund, eins starb nach neun Tagen an Brustwassersucht 
und eins erkrankte an schwerer Bronchitis. Wie alljährlich 
waren vor dem Ansrücken die Matratzen aus den Ställen ent¬ 
fernt worden. Bei der betroffenen Batterie war dies schon zwei 
Tage vorher geschehen, und die Pferde hatten so lange in der 
schlechten Luft gestanden. Dies dürfte die Ursache gewesen 
sein, da die rauhe Witterung bei den übrigen Batterien keine 
Wirkung geäussert hatte. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 




19. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


237 


lieber Seidenfadeneiternng 

nebst Bemerkungen znr aseptischen Wundbehandlung. 

Von Prof. Popport. 

(D. Med. Wochongchr. <!),!>7 ) 

Bei der Wundheilung hat man bis vor Kurzem der „Catgut- 
infection“ eine wichtige Rolle bei dem Eintreten von unange¬ 
nehmen Zufällen znertheilen wollen; Verf. hat jedoch gezeigt, 
dass das vorschriftsmässig desinficirte Catgut infectiöse, gefähr¬ 
liche Entzündungen nicht zu veranlassen vermag. Die bislang 
so räthselhafte Catguteiterung hat vielmehr eine ganz andere 
Aufklärung gefunden; Verf. hat nachgewiesen, dass die hier 
und da beobachtete Eiterung des sterilisirten Catgnts 
nicht auf der Anwesenheit von Bacterien beruht, 
sondern ein chemischer Vorgang ist, für den der 
Chirurg nicht verantwortlich gemacht werden kann. 
Verf. hat nun auch bei der Benutzung von Seidenfäden 
eine Eiterung beobachtet, die ebenfalls ganz unab¬ 
hängig von Bacterien und bei völlig aseptischem 
Wnndverlauf angetroffen wird. Diese Beobachtung 
betrifft die Ausstossung der versenkten Seidenfäden 
bei der Radicaloperation des Leistenbruchs. Der Ver¬ 
lauf ist gewöhnlich folgender: Die Wunde heilt zunächst an¬ 
scheinend per primam; dann ca. am 10. Tage schwellen die 
Wundränder ein wenig an, die junge Narbe wird breiter und 
röthet sich, schliesslich bricht sie an einer Stelle durch und es 
entleert sich eine Menge schleimähnlicher, seröser Flüssigkeit. 
Diese seröse Absonderung bleibt 8 Tage bestehen, dann wird sie 
eitrig, die Wunde bricht weiter auf und die Seidenfäden stossen 
sich aus. Eine Erklärung für diese Eiterung konnte lange Zeit 
nicht gefunden werden. Endlich kam Verf. auf die Vermnthung, 
dass das allzufeste Znschnüren der versenkten Seiden¬ 
fäden eine Ernährungsstörung der Gewebe mit nachfol¬ 
gend er Necrose bedinge und diese Necrose alsdann Anlass 
zurSecretbildung undzum AufbruchderWundegebe. Es 
wurden daher bei allen späteren Radicaloperationen die 
Nähte nicht allzu fest zusammengeschnürt und auch 
nicht zu dicht gelegt. Die Folge war, dass alle 30 Fälle 
von Radicaloperationen des Leistenbruches glatt, ohne 
die geringste Störung znr Heilung kamen. Die Erklärung 
für das Zustandekommen der „Fadeneiterung“ bietet Dach diesen 
klinischen Erfahrungen wohl keine ernstliche Schwierigkeit mehr. 
Das fibröse, gefässarme, der Bruchpforte angrenzende Gewebe, ins¬ 
besondere die Aponeurose der Bauchmuskeln und das Poupart’sche 
Band wird durch die zahlreichen, festgeschnürten Nähte in seiner 
Lebensfähigkeit so geschädigt, das6 es an den Druckstellen der 
Necrose anheimfällt. Es entwickelt sich nun eine sogenannte 
demarkirende Entzündung, die die Losstossnng des abgestorbenen 
Gewebes an der Grenze des gesunden herbeitührt. Sind nun 
auch die Resorptionsverhältnisse wie in dieser Gegend nngünstig, 
dann kommt es rasch zur Fistelbildung und zur Infection mit 
Bacterien, die dann die Eiterung veranlassen. 

Abgesehen von dem nicht unerheblichen praktischen Interesse, 
das der „Seidenfadeneiterung ‘ znkommt, darf diese auch eine 
gewisse principielle Bedeutung beanspruchen, stellt sie doch 
ebenso wie die „Catguteiterung“ eine Complication des Wund- 
verlanfs dar, die nicht an die Gegenwart von Bacterien ge¬ 
knüpft ist. Während aber die Catguteiterung einen chemischen 
Vorgang darstellt, ist es hier die Schädigung der Gewebe 
durch rein mechanische Ursachen. 

Therapeutische Notizen. 

Arecslln. 

Districtsthierarzt Korb hat bei einigen an Hufrhehe 
erkrankten Pferden das Arecolin in Gaben von 0,07 — 0,1 g, 


eventuell am nächsten Tage wiederholt, angewendet und gute 
Wirkungen erzielt. 

Behandlung des Kalbtfiebers nach Schmidt. 

In der Dtsch. tbierärztl. W.beschreibt Dr. Künnemann einen 
Fall von Kalbefieber, den er nach der Schmidt’sehen Methode (vgl. 
B.T.W. 1897, 621; 1898,14) behandelte und wobei er ebenfalls guten 
Erfolg erzielte. Die betr. Knh war am folgenden Tage gesund. 

Insectenstiche. 

Um Pferde vor Fliegenstichen zu schützen, wird in 
Anacker’s „Thierarzt“ empfohlen: Einreibung von Sassafras-Oel 
1 Theil und Alkohol 5 Theile, was etwa 3—4 Stunden lang wirk¬ 
sam bleiben soll. 

Tagesgeschichte. 

Das nachstehende Schreiben ist dem Präsidenten des Deutschen 
Veterinärrathes zugegangen als Antwort auf einen Glückwunsch, 
den er für den Veterinärrath anlässlich der Creirung der thier¬ 
ärztlichen Hochschule zu Wien an den Verein der Thierärzte in 
Oesterreich gerichtet hatte: 

Euer Hochwohlgeboren! 

Hochgeehrter Herr Präsident! 

Das gefertigte Präsidium des Vereins der Thierärzte in 
Oesterreich hat das geehrte Schreiben vom 20. v. M., mit welchem 
demselben von Euer Hochwohlgeboren namens des Deutschen 
Veterinärrathes anlässlich der Erhebung der österreichichen Thier¬ 
arzneischulen zu Hochschulen die Sympathien und Glückwünsche 
ansgedrückt werden, demCentralausschusse des genannten Vereines 
in der Sitzung vom 29. v. M. vorgelegt. 

Der Centralansschuss hat den Inhalt des Schreibens mit 
Freude zur Kenntniss genommen und das gefertigte Präsidium 
beauftragt, Euer Hochwohlgeboren und damit dem gesammten 
Deutschen Veterinärrath für die warme Antheilnabme der deutschen 
Collegen an der Entwickelung des österreichischen Veterinärwesens 
auf das Beste zu danken. 

Gestatten Euer Hochwohlgeboren zugleich die Versicherung, 
dass auch die österreichischen Thierärzte die berechtigten Forde¬ 
rungen der deutschen Collegen und insbesondere auch die werth¬ 
volle Thätigkeit des Deutschen Veterinärrathes mit Aufmerksam¬ 
keit beobachten und jeden Erfolg derselben als ihren eigenen Be¬ 
strebungen nicht minder förderlich begrüssen. 

Belieben Euer Hochwohlgeboren zur Kenntniss zu nehmen, 
dass Ihr von collegialera Geiste durchwehtes Schreiben den 
österreichischen Thierärzten im Wege des „Thierärztlichen Cen¬ 
tralblattes“ mitgetheilt wurde, und den Ausdruck meiner aus¬ 
gezeichnetsten Hochachtung und meines persönlichen Dankes zu 
genehmigen. 

Wien, am 12. April 1898. 

Euer Hochwohlgeboren 
ergebenster 
Anton Toscano, 

Präsident des Vereins der Thierärzte in Oesterreich, 
städt. Amtsthierarzt. 

Jahresbericht Ober die Veteriniraoademie za Budapest 1896/97. 

Das Profe8soren-Colleginm besteht aus den Herrn Hntyra 
(Director) Pathologie, Veterinärpolizei, Liebermann (Chemie), 
von Nädaskay (Anatomie), Monostori (Thierzucht, Geburts¬ 
hülfe), vonRätz (path. Anatomie), Tangl (.Physiologie), Preisz 
(Bacteriologie), Kössa (Pharmakologie), Plösz (Chirurgie, 
gerichtl. Thierheilknnde). Dazu treten 15 Hilfslehrer und Assi¬ 
stenten. Die Zahl der Studirenden betrug 313 ordentliche Civil- 
hörer, 16 Militärhörer und 20 sonstige Hörer des höheren Cursus, 
sowie 38 Kurschmiede. Das Gros der Theilnehmer des höheren 
Cursus hat die VI. Classe einer höheren Lehranstalt absolvirt 


Digitized by LjOOQie 









238 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


(Obersecnndareife). Approbirtwurden52Herren.—Im pathologischen 
Institut wurden 197 Pferde und 378 andere Thiere secirt. — 
In der inneren Klinik (Hutyra) wurden 1023 Pferde, 8 Rinder, 
. 7 Esel, 3 Kameele und 4 Ziegen eingestellt. (Verluste 179 Stück.) 
Von 623 Kolikern starben 14 pCt. 291 Pferde (52 pCt.) wurden 
mit Chlorbarium behandelt, davon jedoch 1(X) per os, 191 durch 
intravenöse Injection. Von diesen Thieren waren 46 Gestorbene 
mit unheilbaren Veränderungen behaftet, während von den ver¬ 
bleibenden 245 Pferden 12 = 4,8 pCt. gestorben sind. Das 
Resultat wird, namentlich, da die schwereren Fälle zur Chlor¬ 
bariumbehandlung ausgesucht wurden, als ein günstiges bezeichnet. 
In die Abtheilung für kleine Thiere gelangten 689 Thiere, von 
denen ca. 30 pCt. starben bezw. beseitigt wurden. Ambulatorisch 
wurden 425 Thiere behandelt. — In der chirurgischen Klinik 
wurden 408 grosse und 275 kleine Thiere aufgenommen und 
ambulatorisch 447 Thiere behandelt — Der Unterrichtscursus 
auf dem Krongute zu Gödöllö, diese eigenartige ungarische 
Einrichtung, hat sich auch dieses Jahr bewährt. Hier wird Pferde¬ 
zucht, Rinderzucht (600 Haupt), Schweine-, Schaf- und Geflügel¬ 
zucht (Landeszuchtanstalt) betrieben. Die Hörer werden unter¬ 
wiesen in der practischen Thierzucht (Bonitirung, Auctionen), 
Geburtshülfe bei Pferden und Rindern, in der gesammten Thier- 
Haltung und -Fütterung, Mastviehpflege, Melkwesen, Stall¬ 
einrichtung, Jungvieh-Aufzucht, Pusztenwirthschaft, Castrationen, 
Abstempelungen, Bahnverladung etc. Man muss gestehen, dass 
eine vielseitigere practische Unterweisung kaum möglich ist und 
muss dieser nützlichen Einrichtung allen Beifall zollen. 

Aus dem badisohen Etat 1898 und 1899. 

Für 57 Bez.-Thierärzte sind 76800 M. Gehalt und 8700 M. 
Wohnungsgeld, 1140 M. Büreauaversen ausgeworfen. 12000 M. 
sind verfügbar für Zuschüsse an Gemeinden, welche Thierärzte 
anstelle» wollen. Die Kosten der b&zirkstirieiärztlichen Ver¬ 
richtungen bei Bekämpfung der Thierseuchen sind in einem anderen 
Etatsposten mit einbegriffen und betragen jährlich 30—40 000 M. 
Bei der Universität Freiburg ist am hygienischen Institut und 
unter Leitung des Directors desselben eine thierhygienische Ab¬ 
theilung mit einem Etat von 5060 M., wovon 2560 M. als Gehalt 
des Abtheilungsvorstehers, errichtet worden. Für Pferdezucht¬ 
zwecke sind 117000 M. und tür die Hufbeschlagsschule 13000 M. 
ausgeworfen. Die Hauptposition ist die Förderung der Rindvieh¬ 
zucht Hier sind zur Prämiirung von Zuchtvieh, Unterstützung 
von Zuchtgenossenschaften, zur Farrenhaltung, für Jungviehweiiden, 
als Beihilfe zur Anschaffung von Zuchtthieren, namentlich 
Stieren, im Ganzen 14000 M. ausgeworfen. Die Prämiei* für 
Stiere betragen 75—150 M., wogegen der Empfänger sich 
schriftlich verpflichtet, dieselben bis zum Ablauf des 4. Lebens¬ 
jahres zur^Zucht zu verwenden. Die Prämien für Kühe betragen 
50—IOC M. Sie müssen in 2 folgenden Jahren zur Zucht ver¬ 
wendet werden. Ausserdem werden Diplome, Preisbilder, Aner¬ 
kennungen und Wegegelder zuerkannt. Damit das beste, junge 
weibliche Zuchtmaterial nicht fortwährend nach dem Ausland 
verkauft werde, hat sich eine im Ministerium des Innern ,1895 
zusammenberufene Commission dafür ausgesprochen, dass auch 
Kalbinnen künftig prämiirt werden sollen. Auch soll künftig die 
Ausfolgung der Prämie an den Nachweis einer Zuchtleistung inso¬ 
fern geknüpft werden, als die prämiirten Kühe im nächsten Jahr 
mit den von ihnen stammenden Kälbern vorgeführt werden sollen. 
Alles dies soll bewirken, dass die guten Zuchtthiere auch wirklich bei¬ 
behalten werden. Es ist auch derVorschlaggemacht, event.einefteihe 
von Jahren für ein und dasselbe Thier, sofern seine Zucktfäkig- 
keit erwiesen ist, gleich hohe Prämien zu bewilligen. Die 
prämiirte Kuh ist pflichtgemäss einem gekörten Farren der 
gleichen Rasse zur Deckung zuznführen. Ausserdem sind 


2 Rinderstammzuchtstationen, eine für das Simmenthaler Vieh, 
eine für das Wäldervieh, errichtet worden mit dem Zweck, deren 
Producte rationell aufzuzüchten und den Viehhaltern im zucht¬ 
reifen Alter als Stammthiere zu überlassen, damit auf diese 
Weise stets ein Stamm vorzüglicher Thiere im Lande selbst 
vorhanden sei: 1899 sollen die ersten Thiere abgegeben werden. 
Es ist die Errichtung 2 weiterer Simmenthaler Zuchtstationen in 
Aussicht genommen worden, wofür 50000 M. gefordert werden. 

Die Aerzte Deutschlands im Jahre 1897. Die Zahl der Aerzte im 
Deutschen Reich ist gegen das Vorjahr um 873 = 3,5 pCt. ge¬ 
stiegen, so dass wir im Jahre 1897 deren 24 873 zählen. In 
Preussen waren 606 Aerzte mehr als 1896, nämlich 14 987, das 
ist eine Zunahme von 4,2 pCt. Im Jahre 1876 betrug die Zahl 
der preussiscken Aerzte 7956, im Jahre 1887 9284, mithin ist sie 
seitdem um 87 pCt. bezw. um 61 pCt. gewachsen. Elsass-Lothringen 
besass im Jahre 1897 nur 9 Aerzte mehr als 1896, nämlich 731. 
In Hessen waren 655 Aerzte, in Hamburg 519 (506). 

Von den preussiscken Provinzen zählt, wie in den Voijahren, 
die Rheinprovinz die meisten Aerzte 2355 (1896: 2208). An zweiter 
Stelle steht der Stadtkreis Berlin mit 2196 Aerzten. Die Zu¬ 
nahme im letzten Jahre betrug hier 111 = 5,7 pCt. Im Jahre 
1887 gab es in Berlin 1104 Aerzte, das bedeutet eine Vermehrung 
um 99 pCt. während des verflossenen Jahrzehntes. Gleichfalls 
wie in den Vorjahren folgt von den übrigen Provinzen Schlesien, 
das 1656 Aerzte (1896 : 1566) aufzuweisen hatte. Demnächst: 


1897 1896 1897 1896 

Brandenburg. . . . 1379 1303 Ostpreussen .... 612 678 

Sachsen. 1189 1133 Pommern. 595 603 

Hessen-Nassau . , . 1166 1154 Posen. 494 499 

Hannover.1153 1111 Westpreusseu . . . 451 449 

Westfalen. 1060 1027 Sigmaringen .... 25 25 

Schiesw.-Holstein . . 626 619 

" ' Von den Städten mit über 100 000 Einwohnern kat^n/Aerzte: 

1897 1896 1897 1896 

München. 543 523 Halle.178 167 

Breslau. 461 447 Magdeburg .... 163 160 

Dresden. 381 354 Stettin.189 135 

Leipzig. 375 368 Danzig. 142 118 

Köln. 300 257 Aachen. 107 95 

Frankfurt. 295 292 Altona. 80 85 

Charlottenburg . . 254 212 Elberfeld. 73 71 

Königsberg .... 236 218 Barmen. 62 61 

Hannover. 223 215 Krefeld. 61 50 

Auf 10000 Einwohner kommen Aerzte: 

Im Deutschen Reich . . . 4,75 Hessen.6,30 

Preussen . 4,68 Meklenb.-Scbweriu .... 4,47 

Bayern.4,64 Elsass-Lothringen .... 4,45 

Sachsen.4,84 Hamburg.7,61 

Württemberg.4,01 Bremen ........ 6,77 

Baden.5,49 Lübeck.7,92 


In Berlin entfallen auf 10000 Einwohner 13,09 Aerzte 
(1887:8,70; 1891:10,09; 1896:12,38). 

Generalversammlung des thlerärztiiohen Vereins im Herzogth. Braunschwelg, 

am 5. Juni er., Vormittags 11 Uhr, 
im Restaurant Ulrici zu Braunschweig. 
Tagesordnung: 

1. Berichterstattung und Rechnungslegung. 

2. Wahl des Vorstandes und eines Delegirten für den Veterinärrath. 

3. Aufnahme neuer Mitglieder. 

4. Der VH. internationale thierärztliche Congress zu Baden-Baden 
im Jahre 1899. 

5. Beratlmng über die Feier des 25jähr. Bestehens unseres Vereins. 

6. Besprechung über die am 1. October er. in Kraft tretende 
obligatorische Fleischbeschau. 

7. Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis. 

Der Vorstand. 


Digitized by 


Google 

































19. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


239 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 



Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
im April 1898 


Schleswig 


Marienw$rder 


rom 


lünebun 


unter l f 


Dsnabruck) j Hannover 


Potsdam 


erseburg 


Breslau 


Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender 
Scala) an,wie viel pro mille der vorhandenen 
Gemeinden verseucht waren. 


unter 4: Frankfurt, Stettin, Oppeln, Schleswig- Stade, Münster, Minden, Arnsberg, Cassel. 

4—10: Marienwerder, Potsdam, Bromberg, Breslau, Liegnitz, Merseburg, Hildesheim, Lüneburg, Coblenz. 
10—20: Posen, Wiesbaden, Düsseldorf, Cüln, Trier. 

20—30: Magdeburg, Aachen. 


Oie Verbreitest! der Maul- e. Kiaeeneeuohe in Prassen. Ende April 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen Gemeinden 
(Qntsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutabez.) 

waren 

verseucht 

Marienwerder 



5 

17 

7,56 

Potsdam . . . 



7 

15 

5,79 

Frankfurt . . . 



6 

8 

2,94 

Stettin .... 



4 

7 

3,73 

Posen .... 



15 

31 

10,31 

Bromberg. . . 



7 

18 

8,08 

Breslau . . 



9 

31 

8,13 

Liegnitz . . . 



7 

21 

7,46 

Oppeln .... 



2 

2 

0,70 

Magdeburg . . 



9 

41 

28,47 

Merseburg. . . 



7 

14 

6,05 

Schleswig . . . 



2 

2 

0,93 

Hildesheim . . 



3 

4 

5,52 

Lüneburg . . . 



2 

10 

6,78 

Stade .... 



1 

1 

1,37 

Münster . . . 



1 

1 

1,78 

Minden .... 



2 

2 

8,92 

Arnsberg . . . 



2 

2 

2,35 

Cassel .... 



4 

4 

2,39 

Wiesbaden . . 



6 

12 

12,82 

Coblenz . . . 



5 

10 

9,56 

Düsseldorf. . . 



7 

8 

18,60 

Köln. 



3 

3 

10,13 

Trier .... 



6 

15 

13,30 

Aachen . . . 



2 

8 

20,52 


Summa 

124 

290 

_ 


i Nacbweiaung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 30. April 1898. 

Es waren am 30. April in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise nnd Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Königsberg t (1). Stadtkreis Berlin 1. 

[ R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 2 (3). 

R.-B. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslan 4 (4). 
j R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (4). Bayern: R.-B. Ober- 
! bayern 1 (1). Sachsen: Kreisbauptm. Dresden 1 (1). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 1 (1). Jagstkreis 1 (1). Donankreis 3 (3). 
Brannschweig: 1 (1). 

B, von Maul- nnd Klauenseuche (excl. Prenssen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 12 (38). R.-B. Niederbayern 4(5). 
R.-B. Pfalz 7 (13). R.-B. Oberpfalz 6 (8). R.-B. Oberfranken 7 (7). 
R.-B. Mittelfranken 15 (36). R.-B. Unterfranken 7 (9). R.-B. 

Schwaben 14 (49). Sachsen: Kreisbanptm. Bantzen 1 (3). 
Kreisbauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 

Württemberg: Neckarkreis 15 (42). Scbwarzwaldkreis 3 (4). 
Jagstkreis 12 (28). Donankreis 11 (28). Baden: Landescomm. 
Constanz 2 (2). Landescomm. Freibnrg 2 (4). Landescomm. 
Karlsruhe 4 (5). Landescomm. Mannheim 10 (27). Hessen: 
Provinz Starkenburg 4 (7). Provinz Rheinhessen 2 (4). Sachsen- 
Weimar: 2 (2). Brannschweig: 2(11). Sachsen-Meiningen: 
1 (1). Sachsen-Altenbnrg: 1 (1). Sachsen-Cobnrg-Gotha: 
Herzogth. Coburgl(l). Anhalt:3(4). Schwarzbnrg-Sonders- 
hansen: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lotbringen: Bez. 
Unter-Elsass 5 (16). Bez. Ober-Elsass 5 (11). Bez. Lothringen 2 (4). 


Digitized by LjOOQie 


























BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 20. 


240 


C. von Lungenseuche: 

Preusseu: R.-B. Stettin (1) 1. R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. 
Magdeburg 3 (11). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis- 
liauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1). 

Fleischschau and Yiehverkehr. 

Neue Verwerthang der Magermiloh. 

(Technische Rundschau ) 

Die Magermilch hat bisher noch nicht in dem Maasse aus¬ 
genutzt werden können, wie es ihr hoher Nährwerth wünschens- 
werth macht. Nur zum kleinen Theil wird sie getrunken, ein 
grösserer Theil wird, allerdings zu einem minderwerthigen Pro- 
ducte verkäst, die Hauptmenge wird zur Viehmast verwendet. 
In Anbetracht des Umstandes, dass von den 9 pCt. festen Bestand¬ 
teilen, welche sie enthält, etwa 0,7 pCt. Fett, 4,5 pCt. Milch¬ 
zucker und 4 pCt Eiweissstoffe sind, muss jeder einigermassen 
Erfolg verheisBende Vorschlag, sie als menschliches Nahrungs¬ 
mittel brauchbar zu machen, mit Aufmerksamkeit betrachtet 
werden. E. Utscher in Hamburg hat sich kürzlich ein Ver¬ 
fahren patentiren lassen, die Magermilch, allerdings unter Daran¬ 
gabe eines Theils ihrer Nährstoffe, nämlich des Milchzuckers, 
mit Mehl zu Brot zu verarbeiten, und zwar nachdem er sie vorher 
einer Gäbrung unterworfen hat, durch welche der Milchzucker 
grösstentheil8 in Alcohol und Kohlensäure tibergeht. Das Brot 
soll, nach der Behauptung des Erfinders, nicht nur nährstoffreicher 
als gewöhnliches Brot, sondern auch von ganz besonderem Wohl¬ 
geschmack sein. Das Verfahren zur Herstellung dieses Brotes 
ist folgendes: Etwa 20 1 Magermilch werden in einer constanten 
Temperatur von 26—30° C. mit 100 g Hefe und ICO g Sauerteig 
angesetzt und unter wiederholtem Umiühren 24—36 Stunden bei 
Seite gestellt Es entsteht dabei aus der Magermilch ein säuer¬ 
liches, schwach weiniges Getränk von angenehmem Geschmack 
und Aroma. Zu diesem kumysähnlichen Milchwein wird Qpggen- 
mehl geknetet event. auch etwas Weizenmehl und der fertige Teig, 
nachdem er kurze Zeit gelegen, zu Brot geformt und gebacken. 

Der Erfinder sagt, dass in der vorstehend gekennzeichneten 
Weise nicht nur eine zweckmässige Verwerthung der Magermilch, 
sondern auch eine beschleunigte Reifung des Teiges und eine 


j Vereinfachung der Teigbereitung erzielt wird. Während man 
sonst einen Brotteig zur Herstellung eines wirklichen wohl¬ 
schmeckenden Brotes von heller Beschaffenheit und leichter Ver¬ 
daulichkeit durch wiederholtes Nachgiessön von Wasser und Zu¬ 
kneten von Mehl zu dem Sauerteig bezw. zu dem mit Sauerteig 
hergestellten 5—6 Stunden gesäuerten Teig einwirken muss, 
bevor der Teig gereift und backfertig wird, ist' bei dem vor¬ 
stehend beschriebenen Verfahren die Reifung bereits in der Milch 
erfolgt, die dann nach dem Zukneten von Mehl einen reifen, back¬ 
fertigen Teig liefert 

Eine neue Pökelmethode. 

Nach einer Mittheilung der „Fleischer-Ztg.“ ist dänischen 
Zeitungsnachrichten zufolge von dem Zoologen August Fjeistrup 
eine neue Pökelmethode in Anwendung gebracht worden, welche 
den grossen Vorzug besitzen soll, den ganzen Pökelprocess auf 
wenige Minuten zu beschränken. 

Das durch Pökeln zu conservirende Schlachtthier wird mit 
einer Schlachtmaske versehen, und erhält dann einen Schuss in 
! die Stirn mit einem Revolver, der mit „Hagelkörnern“ geladen 
i ist, damit nicht die Hirnschale zerschmettert werde. Ist das Thier 
| auf diese Weise betäubt und umgesunken, so wird das Herz (?) 
geöffnet, und nachdem das Thier verblutet ist, mittels einer 
grossen Injectionsspritze Salzlake vom Herzen aus durch die Ge« 
fässe des ganzen Körpers getrieben. Nach diesem in wenigen 
| Minuten beendeten Process soll das Thier so gut mit Salz prä- 
parirt sein, wie es nach der bisherigen Pökelung erst in Tagen 
zu erreichen war. Die zu injicirende Salzlösung bann natürlich 
l den besonderen Zwecken entsprechend concentrirter oder 
j schwächer angewendet werden. Ist das Thier dann in der ge- 
| wohnlichen Weise zerlegt, so ist es sofort zum Versand oder 
zur Räucherei fertig. 

Diese Methode soll vom Erfinder im letzten Winter mit ent¬ 
schiedenem Erfolge an mehreren Hundert Stück Vieh in der 
Genossenschaftsschlächterei zu Odense erprobt worden Bein. Alle 
Berichte über die Güte des auf diesem Wege gepökelten Fleisches 
sollen sehr günstig lauten und Fjelstrup soll bereits ein Patent 
auf seine Methode in allen Staaten genommen haben. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Hinniger zu 
Greifenhagen für den Kreis Greifenhagen, Thierarzt Melchert zu 
Naugard für den Kreis Naugard. 

Thierarzt Glage, bisher Assistent am hygienischen Institut der 
thierärztlichen Hochschule in Berlin ist zum Polizeithierarzt und 
Vorsteher des hygienischen Institutes bei der Fleischschau in 
Hamburg ernannt worden. 

Eb sind gewählt worden: Thierarzt Goslar-Hemmingen 
zum 2. Schlachthofthierarzt in Aachen, Thierarzt R. Lägel zum 
städtischen Thierarzt am Schlachthof in Dresden. , 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen, etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Janssen-Wesselburen nach Flensburg, Tbierarzt Andresen- 
Kappeln nach Wesselburen, Thierarzt Vos s h ag c - Jever nach Schönberg 
MeCklbg.), Thierarzt Axe-Schledehausen nach Roda (Sachs^Altbg.). 


Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel: 
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. 
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise27000 Stück). — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
FleischBchaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

Sanit&tsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magiet 


— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: C o b 1 e n z: Schlachthof-Hilfsthierarzt. — Norderney: 
Schlachthofinspector zum 1. Juli. — Ostrowo: Schlachthofinspector. 

— Schlawe (Pommern): Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). — 
Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck).— Gux¬ 
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn.—Pitschen. — 
Pollno w. — Schwarzenau. —W al db r ö 1. — 1898 bekannt 
gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬ 
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli. 
Bew. an Magistrat. —Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt 
Bolle-Magdeburg (Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer 
Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt 
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken 
(Ostpr.). — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
500 M.). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat. — Obermars.chacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa 
i. Scbles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim: 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 600 M.) Bew. an den 
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres 
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren 
aus einzuführender FleiBchschau ca. 2000 M.). Näheres durch das 
„Amt“ daselbst. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Aachen. 


Verantwortlich lUr den Inhalt (excL Inaeratenthell) Prof. Dr. Schmält* lu Berlin. — Verlag und EUenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxenateln, Berlin. 


Digitized by LjOOQie 



Dl« „Berliner ThiertraUleb« Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln Stlrke von mindestens 1 */» Bogen. Dieselbe 
Ist su bcsiehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Itichard 
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum l’reise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origtnalbellrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturcn, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. II. Schmaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 21 . Ausgegeben am 26. Mai. 


Inhalt: Professor Dr. Lustig f. — Schmaltz : Statistisches Facit aus den Betriebs res ultaten der preussi- 
sehen Schlachthäuser fllr 18‘J6. — Kissu'.h: Instrument zur Oeffnung von Milzbrandcadavern. — 
Hugendubel: U eher Erbrechen beim Pferde. — Dralle: Prolapsus vaginae. — Pflanz: Nachtrag zum Ope¬ 
rationstisch.— Referate : Königshöfer: Die Geschichte der vergleichenden Augenheilkunde, insbesondere ihre Ent¬ 
wicklung unter dem Einfluss der Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. — Schneider: Aus der geburtshilflichen Praxis. — 
B e i c h o 1 d : Zur Diagnose der Lebercirrhose beim Pferd. — Sabatino: Beitrag zur Casuistik der Leberabscesse. — Thier- 
haltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Festbericht* über die Jubiläumsfeier von Herrn Prof. Dr. Esser. — 
Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬ 
verkehr. — Personalien. — Vacanzen. • 



Dr. August Lästig 

weil. Professor an der thierärztlichen Hochschulo 
zu Hannover. 


t 

Professor Dr. Lustig. 

Die Nachricht von dem am 29. April d. J. erfolgten Heimgange des 
Professors an der thierärztlichen Hochschale za Hannover, Dr. med. 
vet. August Lustig hat die Angehörigen des thierärztlichen 
Berufs im deutschen Reiche and im Ansland schmerzlich berührt. 
Mit der dankbaren Anerkennung der Verdienste Lnstig’s um 
die .Erweiterung der Erfahrungen in der practischen Thierarznei- 
knnde und nm die Ausbildung der Thierärzte mischen sich die 
wehmtithigen Empfindungen seiner zahlreichen Schüler über den 
frühen Tod des vortrefflichen Lehrers. Aus persönlicher Neigung 
hatte -er sich der thierärztlichen Laufbahn gewidmet und aus dem¬ 
selben Beweggründe hat er später das Amt eines Lehrers der 
practischen Thierärzte übernommen. 

Lustig war geboren zn Glatz in Schlesien am 27. August 1837 
und erhielt seine Bildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt. 
Im Frühjahr 1856 trat er beim 6. Artillerie - Regiment in den 
Militärdienst, am im Herbst 1857 als Militär-Stndirender in die 
damalige Thierarzneischnle zn Berlin anfgenommen za werden. 
Nachdem er im Frühjahr 1861 die thierärztliche Staatsprüfung 
mit ^änszeichnnng bestanden hatte, genügte er zunächst seinen 
militärischen Dienstverpflichtungen in Bonn. Im Jahre 1864 be¬ 
stand Lustig die kreisthierärztliche Prüfung nnd 1866 schied er 
aus <dem activen Militärdienst. In Bonn hatte er seine ihn jetzt 
überlebende Gemahlin kennen gelernt, die ihm 31 Jahre lang in 
glücklichster Ehe als treue Lebefisgefährtin zur Seite ge¬ 
standen und seiner erfolgreichen Thätigkeit stets die lebhafteste 
Förderung entgegengebracht hat. 

Ende 1866 übernahm Lustig das Amt des Kreistliierarztes 
zu Saarbarg im Regierungsbezirk Trier. Zugleich wirkte er als 
Docent an der Ackerbanschnle in Roscheid bei Trier und der 
landwirtschaftliche Verein übertrug ihm die Leitung der Section 
„Viehzucht“ im dortigen Regierungsbezirk. 

Unter dem 23. Juli 1870 erfolgte die Berufung Lustig’s als 
Repetitor am anatomischen Institut der thierärztlichen Lehr¬ 
anstalt in Berlin. Doch verhinderte ihn der deutsch-französische 
Krieg, welchen er mitmachte, zunächst, der Berufung zu folgen. 
Seine Uebersiedelung nach Berlin fand am 1. April 1871 statt. 
Im folgenden Jahre war er als Repetitor der Klinik in Berlin 


Digitized by LjOOQie 






242 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


beschäftigt. Die beiden Jahre seines Aufenthaltes daselbst be¬ 
nutzte er znr Vervollkommnung seiner Kenntnisse in der wissen¬ 
schaftlichen Medicin, wobei ihm vornehmlich die demonstrativen 
Kurse Virchow’s in der pathologischen Anatomie und die 
klinischen Vorträge von Frerichs und Traube fesselten und das 
vergleichende Studium der klinischen Untersuchungsmethoden bei 
den Krankheiten des Menschen in Anspruch nahm. 

Im August 1873 wurde Lustig als Docent an der thier¬ 
ärztlichen Lehranstalt in Hannover angestellt und mit der Leitung 
der stationären Klinik beauftragt. Seine Ernennung zum Professor 
erfolgte 1878. 

Lustig ist ein erfolgreicher akademischer Lehrer gewesen. 
Seine Vorträge, durch Klarheit, Objectivität und fesselnde Be¬ 
handlung des Themas ausgezeichnet, erfreuten sich des allge¬ 
meinen, lebendigen Interesses bei den Studirenden. Seine wissen¬ 
schaftlichen Arbeiten liegen vorwaltend auf dem Gebiete der 
inneren Krankheiten des Pferdes, aus welchem er namhafte Bei¬ 
träge zur besseren Beurtheilung der Krankheiten der Nieren, 
des Herzens und der Blutgefässe in den Jahresberichten der 
thierärztlichen Hochschule zu Hannover veröffentlicht hat. 
Daneben förderte er die physikalische UntersughuDg zur 
Diagnostik der Brustkrankheiten und die chemische Untersuchung 
des Harnes. 

Als Lustig vor drei Jahren von dem Unglück betroffen 
wurde, in Folge eines Schlaganfalls schwer zu erkranken, gaben 
seine Schüler und Freunde die Hoffnung auf die Erhaltung des 
von Natur sehr kräftigen Mannes nicht auf. Und doch hatte das 
Schicksal anders bestimmt; wiederholte Schlaganfälle fesselten den 
beliebten Lehrer an das Krankenzimmer und zwangen ihn, 
aus dem Amte sich zurückzuziehen. Seiner Familie, ' wie 
seinen Freunden blieb nur das tröstende Bewusstsein, dass der 
Kranke von körperlichen Schmerzen frei war und fortdauernd 
sich im Besitze der geistigen Frische befand, die ihn befähigte, 
mit seiner Gemahlin und seinen Kindern, wie mit den ihn be¬ 
suchenden Freunden der Unterhaltung zu pflegen. Aber der Ver¬ 
lauf der Krankheit war trotz der aufmerksamsten Pflege nicht 
zu ändern. In Folge eines erneuten schweren Schlaganfallfc ist 
Lustig am 29. April d. J. verschieden. 

Ich kann diese kurzen biographischen Notizen nicht beenden, 
ohne des vornehmen, liebenswürdigen und loyalen Characters zu 
gedenken, welcher den heimgegangenen Freund und Collegen aus¬ 
zeichnete. Wegen seiner treuen Gesinnung, der Offenheit und 
Geradheit seines Wesens und der Lauterkeit seines Denkens fänd 
Lustig überall im Kreise seiner Freunde und Bekannten die 
grösste Anerkennung. Möge Ihm die Erde leicht sein! Alle, die 
ihm im Leben näher standen, werden seinem Andenken bis in 
die fernste Zukunft die Verehrung, Liebe und Freundschaft be¬ 
wahren. Dieck erhoff. 

Statistisches Facit aus den Betriebsresultaten der 
preussischen Schlachthäuser für 1896. 

Von 

Prof. Sohmaltz. 

Die tabellarische Uebersicht über die Betriebsresultate von 
allen einzelnen Schlachthäusern Preussens ist bereits in No. 5 
der B. T. W. d. J. veröffentlicht worden. Die bisher stets von 
mir an die Tabelle geknüpfte statistische Aufrechnung konnte 
damals aus Mangel an Raum nicht beigegeben werden und erst 
heute einen Platz in der B. T. W. finden. 

Zunächst bleibt nach wie vor zu bedauern, dass die sehr 
werthvolle Tabelle doch noch nicht nach allen Richtungen be¬ 
friedigenden statistischen Aufschluss giebt. Wir erfahren nicht, 
wie mit den tuberculös befundenen Schweinen, Kälbern und 


Schafen verfahren worden ist; auch die Rubrik „Tuberculöse 
Rinder, theilweise verworfen“ lässt verschiedenen Auslegungen 
Raum. Die Beanstandungen, in denen es sich bloss um kranke 
Theile handelte, sind nicht berücksichtigt; bloss für Tuberculöse 
lassen sie sich berechnen. Auch die doch verschiedene Be¬ 
handlung der finnigen Schweine ist nicht zu ersehen. Endlich 
wären Angaben darüber, wie viel gekocht (sterilisirt, gepökelt) 
und wie viel noch auf der Freibank verkauft wurde, dringend 
nöthig. 

Die Zahl der öffentlichen Schlachthäuser ist von 307 
auf 321 gestiegen. 50 davon haben keine Freibank. Die Zahl 
der Freibänke hat sich demnach auf 271, d. h. um 23 gegen 1895 
und um 127 gegen 1894 gesteigert, ein Zeichen, dass diese 
rationelle Einrichtung sich Bahn bricht und der Widerstand da¬ 
gegen im Allgemeinen überwunden ist. Von den Schlachthäusern 
fallen 177 auf den Osten, wo viel mehr für Verallgemeinerung 
der Schlachthansbauten gethan ist, als im Westen. Hier zeichnen 
sich eigentlich nur die Bezirke Arnsberg und Düsseldorf durch 
25 bezw. 17 Schlachthöfe aus; auch Cassel hat über 10 Schlacht¬ 
höfe, Trier, Münster und Magdeburg je 8. Die Provinz Schleswig 
hat immer noch bloss ein einziges Schlachthaus in Kiel, die 
grosse Provinz Hannover hat nur 19 und die Provinz Sachsen 
17 Schlachthäuser. Dagegen haben Schlesien 51, die rel. kleine 
Provinz Posen 31, Ostprenssen 37, Westpreussen 26, Pommern 
20 Schlachthäuser. 

Von den in jenen 321 Schlachthäusern geschlachteten 
726 824 Rindern sind als ganz verworfen aufgeführt 
3716 = 0,51 pCt. aller geschlachteten gegen 0,75 im Voijahr. 
Im letzteren waren die Vernichtungen auch ausserordentlich 
zahlreich gewesen, während sie schon in den vier vorhergegangenen 
Jahren von 0,75 pCt ständig bis auf 0,57 herabgegangen waren. 
1896 hat also diesen Rückgang wieder fortgesetzt. Rechnet man 
freilich die 1810 finnigen, durch Kochen sämmtlich so gnt wie ver¬ 
nichteten Rinder hinzu, so steigt der Procentsatz auf 0,76 pCt (Vor¬ 
jahr 0,9 pCt), und ausserdem sind unzweifelhaft unter den übrigen 
als theilweise verworfen aufgezählten Rindern noch eine Anzahl 
der Kochvernichtung anheimgefallen, sodass der Procentsatz der 
Ganzverluste sich immerhin auf etwa 0,9 belaufen dürfte. In 
Berlin sind diesmal einschliesslich der finnigen und sonst ge¬ 
kochten überhaupt nur 1389 Rinder verworfen, d. s. nur 0,95 pCt. 
gegen 2 pCt. im Voijahre — ein erfreuliches Ergebniss. — Als 
theilweise verworfen sind — ausschliesslich der finnigen Rinder — 
aufgezählt 4315 Stück = 0,6 pCt., erheblich mehr als im Voijahre 
(was mit der Abnahme der Totalverwerfungen wohl in Zusammen¬ 
hang steht). Im Ganzen ist also das Fleisch ganz verworfen, 
gekocht, bezw. auf der Freibank verkauftvon9844Rindern=l,35pCt. 
aller geschlachteten. 

Von 1088 784 Kälbern unter 6 Wochen ist das Fleisch ganz 
oder theilweise verworfen worden 3563 Mal; d. s. 0,32 pCt. der 
Fälle. Es bedeutet das gegen die Vorjahre eine allmähliche aber 
stetige Steigerung. Die ganz verworfenen (unter Zurechnung 
aller als tuberculös verzeichneten) waren etwa 3100 = 0,28 pCt. 
aller geschlachteten (Voijahr 0,23 pCt). 

Unter 1096 997 Schafen und Ziegen wurde das Fleisch 
ganz oder theilweise verworfen von 3549 Stück = 0,32 pCt. der 
geschlachteten gegen 0,2 pCt. im Vorjahre. Davon wurden (unter 
schätzungsweiser Zurechnung von % der wegen Tuberculöse 
beanstandeten) ganz verworfen 1022 = 0,09 pCt. der geschlachteten. 
Schweine wurden geschlachtet 3018 367 Stück. Als mit Tuber- 
culose behaftet sind 54 558 aufgeführt, wobei aber nicht angegeben 
ist, wie mit ihnen verfahren wurde. In Bayern wurden von den 
tuberculösen Schweinen 3,5 pCt. vernichtet (einschl. sterilisirt 
und ausgeschmolzen), roh auf der Freibank verkauft 29,8 pCt., 


Digitized by VjOOQie 




26. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 243 


freigegeben 66 pCt.; in 25 sächsischen Schlachthäusern desgl. 
15 pCt., 10 pCt. und 75 pCt.; in Leipzig allein 33 pCt., 0,7 pCt., 
66,3 pCt. Nimmt man ans diesen Zahlen, die so ziemlich die 
milden nnd scharfen Gepflogenheiten einschliessen werden, das 
Mittel, so ergiebt sich für Vernichtung (Sterilisation, Aus¬ 
schmelzung) ein Satz von 17 pCt., für Freibank verkauf desgl. 
13,5 pCt., für völlige Freigabe 69,5 pCt. Schätzt man daher nach 
diesen anderweitig sich ergebenden Sätzen die Verwendung der 
in Preussen tuberculös befundenen 54 558 Schweine ab, so würden 
sich ergeben als vernichtet 9274, als t heil weise verworfen (d. h. 
auf der Freibank verkauft) 73. 5. Zu den ganz verworfenen 
treten noch die trichinösen 880, sowie schätzungsweise (incl. der 
gekochten) p /io der finnigen mit 2520; ausserdem sind als aus 
anderen Gründen ganz verworfen angeführt 3654. Mithin würden 
die Totalverluste betragen 9274 + 880 + 2520 -t- 3654 = 16 328 
Stück oder 0,54 pCt. der geschlachteten. Theilweise verworfen 
sind ausser den oben berechneten 7365 tuberculösen noch etwa 
630 wegen Finnen und aus anderen Gründen 1825, zusammen 
9820 = 0,32 pCt. der geschlachteten. Ganz oder theilweise ver¬ 
worfen zusammen genommen ist also das Fleisch von schätzungs¬ 
weise 26 148 Schweinen = 0,82 pCt. der geschlachteten, d. h. 
etwa ein ebenso hoher Procentsatz, als bei den Rindern. 

Die Tuberculose allein ergiebt folgende Zahlen: Von den 
geschlachteten 726 824 Rindern waren überhaupt mit Tuberculose 
behaftet 104 272 oder 14,3 pCt. gegen 12,7 pCt., 10.09 pCt., 
8,9 pCt., 8,6 pCt. in den Vorjahren. Die Zunahme der Rinder¬ 
tu berculose zeigt also ein ständiges Ansteigen in den letzten 
3 Jahren durchschnittlich um 16 pCt. jährlich, im Berichtsjahre 
um 12,5 pCt. der Zahl der Fälle. Gegen das Berichtsjahr 
1893 (mit8,9pCt. tuberculoser) hat sich die Tuberculose 
um 60 pCt der Fälle gesteigert — ein erschreckendes, dringend 
zum Kampf ge.gen. diesen. Feind herausforderndes 
Resultat. Ganz verworfen wurde das Fleisch von 2704 Thäeren 
= nur 2,6 pCt. aller tuberculösen, theilweise verwoifen von 
2914 = 2,8 pCt. (gegen 4,5 bezw. 1,7 pCt. in 1895 nnd 4,4 bezw. 
3,8 pCt. in 1894). Das Verhältniss der Verwerfungen und 
namentlich der TotalverwerfuDgen hat sich also gebessert. Ganz 
dem freien Verkehr überlassen wurden daher (nach Entfernung 
der kranken Theile) 98 554 = 94,5 pCt., ein günstiger Procent¬ 
satz. Es sind auch tr- tz der allgemeinen Steigerung der Tuber¬ 
culose von 8ämmtlichen geschlachteten Rindern diesmal nur 
0,37 pCt. wegen Tuberculose ganz verworfen worden gegen 0,58 
bezw. 0,44 pCt. in den Vorjahren. Es kann also, was schon im 
Vorjahre zu bemerken war, nach dem Ergebniss des Berichts¬ 
jahres constatirt werden, dass die gemässigten Anschauungen 
betr. die Schlachtviehtnberculose in Preussen jetzt, wie schon 
längere Zeit in Süddeutschland, mehr und mehr die Oberhand 
gewonnen haben, und dass der prenssische Ministerialerlass betr. 
Behandlung des Fleisches tuberculöser Rinder im Verein mit den 
Lehren der jetzigen Autoritäten in der Fleischschau vortrefflich 
gewirkt hat. Bezüglich der Verbreitung der Tuberculose in den 
einzelnen Regierungsbezirken zeigen sich folgende Verschieden¬ 
heiten. 

Die Procentsätze schwanken zwischen 3 und 39 pCt. Mit 
letzterem Procentsatz steht das allerdings nur durch ein einziges 
Schlachthaus vertretene Kiel obenan. Es folgen die Reg.-Bez. 
Stralsund mit 29 pCt., Danzig mit 28 pCt., Aachen mit 25,5 pCt., 
Cöslin mit 23 pCt., Bromberg und Lüneburg mit je 21 pCt-, 
Magdeburg, Merseburg*) und Berlin mit je 19 pCt. In den Re¬ 
gierungsbezirken Königsberg, Marienwerder, Potsdam, Stettin, 
Aurich und Coblenz mit 16,5, 16 und 15,8 pCt., Frankfurt, 
Oppeln, Erfurt, Hildesheim, Arnsberg und Wiesbaden waren 
über 10—14,5 pCt.. in den Bezirken Posen, Breslau, Liegnitz, 


Hannover, Stade, Osnabrück 10 pCt., Cassel, Düsseldorf, Trier 
und Münster 6—10 pCt. der Rinder tuberculös. Die weitaus 
günstigsten Sätzeha tten Cöln mit 3,7 pCt., Minden nnd Gumbinnen 
mit 3 pCt. Am stärksten durch die Rindertuberculose verseucht 
ist also, wie schon bekannt, Schleswig und Pommern; auch die 
Provinz Sachsen ist allgemein stark betroffen. Auffällig ist die 
isolirte Höhe im Reg.-Bez. Aachen; hier sind in der Stadt Aachen 
39 pCt. der Rinder tuberculös befunden, ein sonst nur noch in 
Kiel beobachteter Procentsatz. In denjenigen Bezirken, wo ein 
sehr grosser Schlachthof sich befindet, beeinflusst derselbe stark 
den ermittelten Procentsatz und sofern dorthin eine starke Einfuhr 
von anderen Bezirken stattfindet, braucht die für den Bezirk er¬ 
mittelte Zahl den Tuberculosestand der einheimischen Bestände 
nicht genau wiederzugeben. Um so überraschender ist trotz der 
starken Einfuhr von verschiedenen Gegenden nach Cöln der für 
den gleichnamigen Regierungsbesirk sich ergebende niedrige 
Procentsatz. 

Was die Schweinetuberculose anlangt, so wurden von 
3 018 367 geschlachteten 54 558 überhaupt mit Tuberculose be¬ 
haftet gefunden. Das sind 1,88 pCt. gegen 1,35 pCt., 0,68 pCt., 
0,66 pCt. in den Vorjahren. Auch hier zeigt sich also die 
stetige erhebliche Steigerung, denn die Zahl der 
Tuberculosefälle ist gegen 1895 um 38 pCt. gewachsen 
und hat sich gegen 1894 nm 176 pCt. vermehrt. Die 
Schweineiuberculose wächst also, wenn auch die absoluten Zahleu 
noch viel kleiner sind, viel rapider als die Rindertuberculose. 
Freilich fällt dabei erheblich ins Gewicht, dass früher viel mehr 
thatsächlich vorhandene Fälle übersehen worden sein mögen 
als heute. 

Innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke schwanken die 
Procentsätze zwischen 0,01 und 6,7 pCt. Mit dem letzteren 
Procentsatz steht wiederum Schleswig allen anderen weit voran, 
zumal, da hier von fremder Einfuhr weder bei Rindern noch 
bei Schweinen die Rede ist, ein Beweis, wie sehr die Dichtigkeit 
der Schweinetuberculose dem Stande der Rindertuberculose pro¬ 
portional ist. Wenn dies Verhältniss nicht in allen Bezirken mit 
gleichmässiger Schäl fe hervortritt, so dürfte das grösstentheils 
mit daran liegen, dass ein stärkerer Import, sei es von Rindern 
oder von Schweinen, in den Regierungsbezirk (bezw. einen 
grossen Schlachthof desselben) stattfindet. Es folgen auf 
Schleswig mit seinen 67 pCt Danzig mit 4 pCt. (Rindertuberculose 
entsprechend), Stade mit 13,6 pCt. (bei geringer Rindertnberculose), 
Berlin mit 3,5 pCt., Marienwerder mit 3,3 pCt. (Rindertuberculose 
entsprechend); Lüneburg 3,2 pCt. (desgl.); Stettin und Merse¬ 
burg je 3 pCt. (desgl.), Königsberg, Bromberg und Aachen je 
2,7 pCt, (desgl.), Potsdam, Cöslin, Posen mit 2—2,3 pCt. (Rinder¬ 
tuberculose für Cöslin entsprechend, für Posen unverhältnissmässig 
viel Schweinetuberculose, auch für Potsdam relativ viel); Han¬ 
nover, Hildesheim, Magdeburg, Stralsund 1,2 -1,7 pCt. (der 
Rindertuberculose im Allgemeinen entsprechend, nur für Magde¬ 
burg und namentlich für Stralsund relativ wenig Schweine¬ 
tuberculose). Die Regierungsbezirke Frankfurt, Breslau, Liegnitz, 
Oppeln, Cassel und Coblenz zeigen einen Procentsatz von 0,7—0,9 
(im Allgemeinen der Rindertuberculose entsprechend, nur in 
Frankfurt und namentlich in Coblenz relativ wenig Schweine¬ 
tuberculose); die Regierungsbezirke Erfurt, Aurich, Wiesbaden, 
Düsseldorf, Trier, Münster, Minden und Arnsberg 0,2—0,4 pCt. 
(Erfurt, Aurich, Wiesbaden, Arnsberg haben dagegen starke 
Rindertuberculose.) Weniger als 1 pro Mille endlich, nämlich 
0,07 und 0,05 pCt. weisen Gumbinnen und Cöln auf, (wiederum 
genau entsprechend ihrem ebenfalls auf der niedrigsten Stufe be- 

*) In der Tabelle ist Pag. 52 die Zahl der geschlachteten Rinder 
in Halle a. S. falsch angegeben; cs muss 13000 statt 3000 heissen. 


Digitized by 


Google 




244 

Südlichen Stand der Rindertuberculose.) In Osnabrück hat sich 
unter rund 10 000 Schweinen (in 2 Schlachthäusern) ein tuber- 
culöses gefunden, d. h. 0,01 pCt. bei 10 pCt. Rindertuberculose; 
dies ist bei einem so kleinen Material möglicherweise ein Zufall. 

Von 1088 784 Kälbern sind 1257, d. h. 0,11 pCt. der ge¬ 
schlachteten, tuberculös, gegen 0,08 pCt., 0,05 pCt., 0,04 pCt. in den 
Vorjahren. Also hier dasselbe Bild, wie bei derSchweinetuberculose. 
Bei noch nicht erheblichen absoluten Zahlen sieht man doch die 
Gefahr für die Rinderaufzucht in stärkstem Masse wachsen, indem 
die Tuberculo8efälle sich gegen 1895 um 37 pCt. und gegen 1894 
um 120 pCt. vermehrt haben. 

Rinderfinnen sind in 1810 Fällen, 749 Mal oder um 70 pCt. 
mehr als im Vorjahre gefunden worden. Der dadurch, da sämmt- 
liche Rinder gekocht werden mussten, angerichtete Schaden ist auf 
etwa 400 000 M. zu beziffern (in 1894/93/92 waren nur 710 bezw. 
686 bezw. 567 Stück finnigbefunden worden). Es waren demnach fast 
genau 0,25 pCr. aller geschlachteten Rinder finnig (gegen 0,16 
bezw. 0,1 in den Vorjahren). In Berlin wurden 465 finnige 
Rinder (0,32 pCt. der dort geschlachteten) ermittelt, d. h. etwa 
ein Viertel aller Fälle. Im Vorjahr kamen noch fast ein Drittel 
der Fälle auf Berlin, ein Beweis, dass jetzt allgemeiner genau 
auf Finnen untersucht wird. Die Verbreitung der Rinderfinnen 
scheidet sich nicht so in Ost und West, wie die der Schweine¬ 
finnen. Die Regierungsbezirke rangiren mit folgenden Procent¬ 
sätzen: Schleswig (einziges Schlachthaus zu Kiel) 0,9, Stettin 0,8 
(Stadt Stettin 0,9), Oppeln 0,65 (Neisse mit 6,7 pCt., Grottkau 
mit 6 pCt.), Königsberg, Danzig, Lüneburg 0,6, Erfurt 0,5, 
Marienwerder, Hannover, Hildesheim 0,4; Frankfurt, Bromberg, 
Breslau, Magdeburg, Potsdam, Cablenz, Aachen 0,3; Merseburg, 
Posen, Trier, Liegnitz, Cöslin 0,25—0,1; Stade, Aurich, Arnsberg, 
Cassel mit 0,05 -0,09; Gumbinnen, Minden, Wiesbaden, Düssel¬ 
dorf, Cöln 001—0,04; Stralsund, Osnabrück, Münster, Sigma¬ 
ringen mit 0. In Osten sind also schwach betroffen ein grosser 
Theil von Pommern, Niederschlesien, Gumbinnen, nicht stark 
auch Brandenburg und Posen. Dagegen sind im Westen verhält- 
nissmässig stark betroffen Provinz Schleswig, Sachsen und der 
grösste Theil von Hannover, sowie Trier und Aachen. Es kam 
ein finniges Rind in Neisse und Grottkau auf je 17, in Oels auf 
je 22, in Schneidemühl auf je 35, in Zeitz und Harburg auf je 50, 
in Lissa auf 71, in Kiel und Stettin auf 111; ferner ein finniges 
Rind auf 120—200 in den Regierungsbezirken Stettin, Oppeln, 
Königsberg, Danzig, Lüneburg, Erfurt; 1 auf 250—350 in Pro¬ 
vinz Brandenburg (einschl. Berlin), Magdeburg, Merseburg, 
Hannover, Hildesheim, Marienwerder, Bromberg, Breslau, Coblenz, 
Aachen; 1 auf 500—1000 in Posen. Liegnitz, Cöslin. Stade, 
Aurich, Cassel, Arnsberg, Trier; in den übrigen Bezirken 1 auf 
mehr als 1000. Der Durchschnitt betrug für die Provinzen Ost- 
preussen, Westpreussen, Pommern, Posen, Schlesien, Branden¬ 
burg, Sachsen, Schleswig, Hannover 0,38 pCt., d. h. ein finniges 
auf 257 Rinder. In den Provinzen Westphalen, Hessen und der 
Rheinprovinz betrug er nur 0,14 oder 1 auf 710. Der Gesammt- 
durchschnitt war 0,249 pCt. oder ein finniges Rind auf 401 Rijider. 

Schweinefinnen wurden 3159 gefunden, d. h. wenig über 
0,1 pCt. gegen 0,13 pCt, im Vorjahre. Es zeigt sich also, wie 
schon im Vorjahre, dass die Rinderfinne bei der genaueren Suche 
2% Mal so häufig sich zeigt als die Schweinefinne. Die ehemals 
räthselhafte Häufigkeit der Taenia inermis ist vollkommen erklärt, 
ein Verdienst des verstorbenen Fleischschandirector Dr. Hertwig, 
der zuerst den Fundort der Rinderfinnen entdeckte. Es zeigt 
sich aber ferner auch, dass die Häufigkeit der 
Sch weiuefinnen in constanter und rapider Abnahme 
begriffen ist, was sowohl der verbesserten Haltung 
derSchweine, als auch namentlich der seit Jahrzehnten 


No. 21. 


durchgeführten Ausrottung der Taenia solium eben 
durch die Fleischschau zuzuschreiben ist. Die Abnahme 
wird durch folgende Zahlen beleuchtet. Es kommt im Gesammt- 
durchschnitt 1 finniges auf 955 geschlachtete Schweine 
gegen 768, 407, 284 in den Vorjahren. In den einzelnen Re¬ 
gierungsbezirken stellen sich folgende Zahlen heraus: Oppeln 
1:204; Posen 1:216; Marienwerder 1:284; Königsberg 1:332, 
Bromberg 1:440; Danzig 1:503; Minden 1:600; Osnabrück 
1:712; Hannover 1:763; Gumbinnen 1:915; Merseburg 1:976. 
— 1 auf 1200—1950 kam in Berlin, Regierungsbezirk Breslau, 
Schleswig, Hildesheim, Stade, Cas9el, Coblenz, Cöln. 1:2000 bis 
3600 in Potsdam, Frankfurt, Stettin, Liegnitz, Wiesbaden, Arns¬ 
berg, Düsseldorf. 1:7000 —8000 in Cöslin, Münster, Aachen. 
1:11 000—19 500 Trier, Lüneburg, Magdeburg, Stralsund. In 
Erfurt, Aurich und Sigmaringen wurden überhaupt keine Finnen 
gefunden. An der Spitze stehen also die fünf Regierungbezirke 
Oppeln, Marienwerder, Königsberg, Posen und Bromberg. Aber 
auch hier ist z. B. in Marienwerder in den Vorjahren 1 finniges 
auf 123 bezw. 64 bezw. 28 (!) geschlachtete Schweine gekommen. 
Auch in Oppeln kam im Vorjahr 1 finniges auf 121 (in Posen 
allerdings 1:295, in Königsberg 1:308). Die Schweinefinnen 
sind im Osten stets viel häufiger gewesen als im Westen, unter 
den östlichen Bezirken zeichnen sich aber durch geringe Finnen¬ 
verbreitung aus Stralsund und Cöslin (haben auch auffallend wenig 
Rinderfinnen); einen mässigen Stand haben auch Stettin, Liegnitz, 
Breslau, ganz Brandenburg. Dagegen stehen von den westlichen 
Bezirken Minden, Osnabrück und Hannover sogar über der 
durchschnittlichen Häufigkeit und auch Merseburg, Hildesheim, 
Stade, Cassel, Coblenz, Cöln und Schleswig haben relativ viele 
Finnen. 

Der Durchschnitt in den östlichen Provinzen Ostpreussen, 
Westpreussen, Pommern, Posen, Brandenburg, Schlesien beträgt 
1 : 683 oder 0,14 gegen 1 :444 oder 0,22 pCt. in 1895 (und 
1:319 bezw. 1:197 in den vorhergehenden JahreD). Diese 
Zahlen zeigen zur Genüge, wie ausserordentlich und 
stetig die Verminderung der Schweinefinnen in dem 
früher davon so sehr heimgesuchten Os ten ist— eine 
in ihrer Wechselwirkung auf Bandwurmhäutigkeit und 
Fleisch werth gewiss vortreffliche und eclatante Wirkung 
der längere Zeit gehandhabten rationellen Bekämpfung 
durch die Fleischschau. In den Provinzen Sachsen, West¬ 
phalen, Rheinland, Schleswig, Hannover und Hessen war der 
Durchschnitt 1:1890 oder 0,053 pCt. gegen 1:1794 oder 0,055 pCt. 
im Voija^re (bezw. 1:700—800 in den vorherigen Jahren). Auch 
im Westen ist also eine Abnahme zu verzeichnen, die aber 
relativ geringfügig ist. Die Schweinefinnen sind jetzt im Osten 
nur noch etwa 2% Mal so häufig als im Westen, während im 
Vorjahr das Verhältniss noch 1:4 stand. 

Trichinen wurden bei 880 Schweinen ermittelt; d. h. 1 auf 
3430 geschlachtete oder 0,029 pCt., die Finnen des Schweines 
sind also nur noch 3$ Mal so häufig (früher 10 Mal) wie die 
Trichinen. Die Häufigkeit der letzteren hält sich ziemlich 
constant auf 1:3000. — Keine Trichinen wurden gefunden in 
den Reg.-Bez. Aachen (Sigmaringen), Trier, Cöln, Coblenz, Wies¬ 
baden, Minden, Münster, Aurich, Osnabrück, Stade, Erfurt und 
Stralsund. Auf ein trichinöses Schwein kamen 20000 und mehr 
geschlachtete in Trier, Düsseldorf, Cassel. — Ferner war das 
Zahlenverhältni8S 1:10 000—16 500 in Arnsberg, Lüneburg, 
Hannover, Magdeburg. — 1:5000—7000 in Potsdam, Frankfurt, 
Merseburg, Hildesheim. — 1 : 3000—4600 in Stettin, Cöslin, 
Breslau, Liegnitz, Oppeln, Schleswig, Berlin. — 1:1200—2100 in 
Gumbinnen, Danzig, Königsberg. — In Marieuwerder endlich 
kam schon auf 940, in Bromberg schon auf 600 und in Posen 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


i 

S 

A 

ai 

vc 

de 

vc 

ru 

rei 


iva 

Her 

ln«. 


war 

W oi 


tfnei 
der |, 

„ 1 

Hülfe) 

'[%| 

kt i 

Di 

H* 


Hn 

S 

>v 

%e 


Digitized by LjOOQie 


26. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


245 


entsetzlicher Weise gar auf 192 geschlachtete Schweine ein trichi¬ 
nöses. — In Posen waren die Trichinen viel häufiger als die 
Finnen (ebenso übrigens in Liegnitz, wo jedoch nur relativ wenig 
Finnen vorkamen). So gut wie ganz trichinenfrei sind tliat- 
sächlich die Rheinprovinz (nur in Düsseldorf einige Funde), 
Hessen-Nassau, Westphalen excl. Arnsberg und die drei hannover¬ 
schen Bezirke Auricb, Stade, Osnabrück. Im Osten ist der 
Reg.-Bez. Stralsund auch von Trichinen verschont. Er hat 
sozusagen überhaupt keine thierischen Parasiten der 
schlachtbareu Hausthiere, denn es wurden hier weder Trichinen 
noch Rinderfinnen und nur ein Mal Schweinefinnen (unter 19000) 
gefunden. So parasitenfrei ist kein anderer Bezirk. Gut stehen 
auch Sachsen und Brandenburg; Schleswig unter den westlichen 
Provinzen am schlechtesten. Erschreckend ist die Häufigkeit der 
Trichinen in der Provinz Posen.*) Der Durchschnitt stellt sich 
für die sechs östlichen Provinzen auf 1:2137 oder 0,046 pCt., 
auf die westlichen sechs Provinzen (incl. Sachsen) 1:20 449 oder 
nicht ganz 0,005 pCt Von sämmtlichen Trichinenfällen kamen 
,0 /n auf die östlichen Provinzen. 

Die oben gegebenen Berechnungen zeigen, dass die 
Schlachthaustabellen nicht allein für eine Tuberculosestatistik, 
sondern auch z. B. für die Controle der Parasitenverbreitung von 
praktischer Bedeutung sind und sehr wichtige, interessante 
Schlüsse gestatten. 

Instrument zur Oelfnung von Milzbrandcadavern. 

Von 

Kissuth-Guhrau, 

Thler*rzt. 

Die Eröffnung der Bauchhöhle von Milzbrandcadavern ist 
wegen des starken Gasgehaltes in derselben bei Anwendung eines 
gewöhnlichen Messers für den Obducenlen keine ungefährliche 
Arbeit. Wenn auch ein jeder den ersten Einstich in den stark 
aufgetriebenen Hinterleib mit möglichst abgewandtem Gesicht 
vornehmen wird, um namentlich die Augen vor Berührung mit 
den durch den Gasdruck der Einstichstelle entströmenden, und 
von dieser aus zuweilen mit Blut vermischten Darminhaltsmassen 
zu schützen, so ist doch eine Beschmutzung der Hand und des 
rechten Aermels unvermeidlich. 

Beides lässt sich leicht vermeiden durch Anwendung des 
unten beschriebenen Instrumentes, vermittelst dessen ich einige 
zwanzig Milzbrandsectionen ausgeführt habe. Ich kann den 
Herren Collegen, die häufig mit Milzbrand zu thun haben, das 
Instrument, welches jeder Messerschmied anfertigt, nur empfehlen. 

An einer mit Holzgriff versehenen polirten, seitlich zu- 
8ammengedrtickten (wegen leichteren Gewichtes) Stahlstange von 
50 cm Länge befindet sich am vorderen Ende ein 5 cm langes 
und 2 cm breites scharfes und sehr spitzes Messer, welches in 
einem Stück aus der Stahlstange herausgeschmiedet ist und zu 
der letzteren im rechten Winkel steht. 

Mit diesem langgestielten Messer kann man in genügender 
Entfernung, unter Vermeidung jeder Infectionsgefahr, an der ge¬ 
spanntesten Stelle der Banchdecken einen Einbieb und im selben 
Zuge einen langen Schnitt, welcher einen Theil des Bauchinhaltes 
freilegt, über die Bauchdecken machen. 

Der nachfolgende Theil der Section kann nun, soweit dieselbe 
überhaupt zur Feststellung der Diagnose „Milzbrand“ ausgedehnt 

*) Es ist nicht anzunehmen, dass die russischen Schweine viel 
seltener Trichinen haben als die posener. Diejenigen, welche die 
gegenwärtige Beschränkung der freihändigen Schweinefleisch¬ 
einbringung aus Russland (welches keine Trichinenschau hat) am 
liebsten ganz beseitigt sähen, möchten sich daher doch wohl die 
Frage vorlegen, wie das eigentlich mit der heimischen kostspieligen 
Trichinenschau zasammenpasBt. 


wird, ohne Gefahr bequem mit dem gewöhnlichen Messer aus¬ 
geführt werden. Nach vollzogener Desinfection des Messers, 
welche sehr einfach ist, wird über die kurze Messerklinge eine 
passende, mit Knopf oder Schnalle versehene Lederscheide ge¬ 
zogen. 

Ueber Erbrechen beim Pferde. 

Von 

Hugendubel-München, 

atfidr. Thierarzt. 

Dass das spontane Erbrechen beim Pferde nicht immer, wie 
vielfach angenommen wird, das Anzeichen einer Magenruptur ist, 
beweist folgender Fall: 

Ich wurde zu einem Pferde gerufen, unter dem Vorbericht, 
dass dasselbe sich Nachts losgorissen habe, über die Haferkiste 
gerathen sei und jetzt, nachdem es sich toll und voll gefressen, 
Kolikerscheinungen zeige. Ich untersuchte das Thier und konnte 
vor Allem eine sehr starke Anfüllung der Gedärme mit Futter¬ 
massen constatiren. Während der Untersuchung hörte ich plötz¬ 
lich das charakteristische Brechgeränseh und sah beim Näher¬ 
treten, dass das Pferd aus Maul und Nase circa 1^ 1 schleimiger 
Flüssigkeit entleerte. 

Das Thier hatte eine halbe Stunde vorher einen Einschütt 
bekommen und denselben, in Folge der starken Anfüllung des 
Magens und Darmes mit Futtermassen, wieder erbrochen. Das 
Erbrechen wiederholte sich im Laufe des Tages noch ein Mal 
in gleicher Weise. Tags darauf sistirte die Kolik nach der 
Entleerung gewaltiger Kothmassen. Vierzehn Tage später ver¬ 
endete das Pferd an einer Fremdkörperpneumonie, deren Einsetzen 
jedenfalls auf das Erbrechen zurückzuführen ist, da der Einschütt 
von einem erfahrenen und zuverlässigen Wärter gemacht wor¬ 
den war. 

Prolapsus vaginae. 

Von 

Dralle-Helmstedt, 

Thiorarzt. 

Einen sowohl in seiner Ursache als in seiner beträchtlichen 
Ausdehnung seltenen Scheidenvorfall hatte ich im vorigen Frühjahr 
Gelegenheit zu beobachten. Ich wurde zu einer Kuh mit 
dem Vorbericht gerufen, dieselbe hätte sich die Tracht ausgedrängt, 
obwohl Bie zwar erst in 8 Tagen kalben musste und von dem 
Kalbe auch noch nichts zu sehen sei. Ich fand bei meiner An¬ 
kunft die ganze Scheide sammt Muttermund vorgestülpt, aus dem 
Muttermunde hing ein glasiger fingerdicker Strang. Ich brachte 
den Vorfall zurück, und hierbei fühlte ich einen Schenkel des 
Kalbes links in der Beckenhöhle oberhalb des Muttermundes, ich 
drückte nun vorsichtig die Scheidenwandung gegen den Schenkel, 
worauf das Kalb ihn plötzlich zurückzog. Nun legte ich zur Vor¬ 
sicht die von mir bereits B. T. W. No. 11 ds. Jg. beschriebene 
Bandage an, die aber anderen Tages, da die Kuh nicht mehr 
drängte, abgenommen wurde. Die Kuh hat dann 8 Tage später 
nornial gekalbt und nie wieder bis heute die Scheide herausgedrängt 

Einige Tage nach diesem Fall wurde ich zu einem hoch¬ 
trächtigen Rinde gerufen, weil dasselbe angeblich kalben wolle, 
aber an das Kalb mit der Hand nicht zu gelangen sei. Ich fand 
das Thier heftig drängend, doch den Muttermund geschlossen, 
aber über demselben fühlte ich deutlich die Klauen eines Schenkels, 
der durch sanften Druck verschwand, das Drängen hörte sofort auf 
und das Rind kalbte 14 Tage später normal. Da dieses Thier 
am Orte war, so bin ich eben noch zur rechten Zeit zu Hilfe 
gerufen, sonst würde wohl auch hier durch den Reiz des bis an 
den Muttermund vorgestreckten Schenkels ein prolapsus vaginae er¬ 
folgt sein. 


Digitized by 


Google 



246 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


Nachtrag zum Operationstisch. 

Von 

Pflanz. 

Za meinem Artikel über den Operationstisch ist Folgendes zu 
ergänzen. 

Es ist einige Male vorgekommen, dass Pferde, bei denen der 
Kopf und der Schweif nicht fest genng an den Tisch herangezogen 
wurden, vor demselben zusammenbrachen. Diesem Uebelstand 
habe ich sehr leicht dadurch abgeholfen, dass ich um die Brust 
des Pferdes einen Gurt lege, welcher in der Widerristgegend 
mit einem Ringe versehen ist. In diesen Ring wird ein Strick 
geschleift und derselbe an einen Ring des oberen Rahmens vom 
Tische festgebunden. Will man ganz sicher gehen, so kann man 
auch noch den Kopf und Schweif am oberen Rahmen festbinden. 
Durch diese Vorsichtsmassregeln werden derartige Vorkommnisse 
sicher vermieden, wie ich mich jetzt durch zahlreiche Versuche 
auch bei sehr unruhigen Pferden überzeugt habe. 

Referate. 

Die Geschichte der vergleichenden Augenheilkunde, 
insbesondere ihre Entwicklung unter dem Einfluss 
der Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. 

Festrede zum Geburtstage Sr. Majestät des Königs von Württemberg 
am 25. Februar 1897. 

Von Sanitätsrath Dr. Königshöfer. 

(ZelUctir. f Thlermedlcin 1898, H. 2) 

Die Thierärztliche Hochschule in Stuttgart kann mit Recht 
für sich in Anspruch nehmen, die vergleichende Augenheilkunde 
neu begründet zu habeo, denn erst durch Berlin’s grundlegende 
Arbeiten ist diese bis in die 70er Jahre vernachlässigte Disciplin 
der Medicin zur gedeihlichen Entwicklung gebracht worden. 

Die Augenleiden der Hausthiere sind in der früheren Zelt 
mehr oder weniger unberücksichtigt geblieben, weil diese Krank¬ 
heiten im Allgemeinen eine erhebliche Beeinträchtigung der 
Gebrauchsfähigkeit dieser Thiere nicht bedingen. In der Gleich¬ 
giltigkeit gegen diese Leiden der Thiere erblickt der Redner zu¬ 
treffend eine unbewusste Grausamkeit oder unbewussten Egoismus 
des Menschen. Nur insoweit wusste er die Gesundheit der Thiere 
zu schätzen, als die Gebrauchsfähigkeit nicht in Frage kam, und 
er war unempfänglich gegen die Leiden derselben, wenn diese 
Gebrauchsfähigkeit nicht wesentlich beschränkt wurde. 

Die ältesten Aufzeichnungen über Augenerkrankungen fand 
Redner im ersten Jahrhundert bei PI in ius. Derselbe erzählt, dass 
einige Lastthiere beim Zunehmen des Mondes Augenübel be¬ 
kommen. Auch glaubt Plinius, dassSchielen nur beim Menschen 
vorkomme. Dieser Schriftsteller hat schon eine vergleichende 
Anatomie und Physiologie des Auges zusammengestellt. Die 
Beschreibung der Augenbrauen steht zuerst. Dieselben werden 
dem Menschen allein zugeschrieben und ihre Bedeutung für den 
Gesiebtsausdruck und den Ausdruck der Affecte gewürdigt. Bei 
Betrachtung des Auges selbst wird erwähnt, dass die Augen der 
Insecten und Weichthiere sich anders verhalten als die der 
Wirbelthiero. Ferner ist daselbst die Rede von dem Augen¬ 
leuchten, dem Zweck der Thränenflüssigkeit, den Wimpern u. s. w. 
Galen hat ebenfalls anatomische Studien an den Augen der 
grossen Thiere gemacht. Vegetius Renatus von Volteria be¬ 
richtet in seiner Ars veterinaria (450 n. Chr.), dass es im alten 
Rom Heilkünstlbr gab, welche auch die Augenkrankheiten der 
Thiere behandelten. In dem Buche sind diesem Gegenstände 
mehrere Capitel gewidmet. Unter Andern werden beschrieben die 
Mondblindheit der Pferde, das Staphylom, die Hornhautfleckeu. Ein 
Capitel handelt von der Paracentese des Augapfels, ein anderes 
von Staaroperationen. 


Diese und andere Kenntnisse über die Augen und Augen¬ 
krankheiten aus einer frühen Epoche unserer christlichen Zeit¬ 
rechnung bildeten einen erfreulichen Anfang der gedachten 
Wissenschaft, doch in den nächsten Jahrhunderten blieb der 
Fortschritt aus, und erst, mit dem 16. Säculum ist wieder eine 
fortschreitende Bewegung bemerkbar. Der Redner schildert in 
lebendiger Form, dass die Ungunst äusserer Verhältnisse, die 
tiefen Zerrüttungen im staatlichen Leben, der lähmende Druck 
religiöser Dogmen auf dem geistigen Leben der Völker lastete 
und auch dem weitern Aufbau der Naturwissenschaften und der 
Medicin hemmend entgegentrat. 

Die reiche Erbschaft, welche aus dem Alterthum in der 
griechischen Medicin den Aerzten hinterlasseD, wurde zwar noch 
von den Arabern gepflegt aber nicht vermehrt. Die Medicin und 
speciell die Augenheilkunde sank im Abendlande zum Handwerk 
herab, welches von Staarstechern und Wundärzten betrieben 
wurde. Die Thierheilkunde übten meist Schmiede und 
Schäfer aus. 

Erst im 18. Jahrhundert begann die Medicin wieder auf¬ 
zuleben. Die moderne vergleichende Augenheilkunde beginnt erst 
mit dem Jahre 1807. Um diese Zeit entstand auch das erste 
Werkchen der Thieraugenheilkunde: „Ueber die Natur- und 
Heilung der Augenentzündung der Pferde“ von dem bayerischen 
Rossarzt Ammon, welches auf der Höhe der humanen Medicin 
seiner Zeit stand. Hierauf folgte Anfang der zwanziger Jahre 
eine Monographie „Von den Ursachen der Blindheit bei den 
Pferden“ von Toggio. Das vollständigste und beste Buch jener 
Zeit (1824), welches über die Augenkrankheiten der haupt¬ 
sächlichsten Hausthiere geschrieben wurde, ist von dem Franzosen 
Leblanc. Die Arbeit wurde mit der goldenen Medaille gekrönt. 
In Deutschland erschien erst 20 Jahre später ein Handbuch der 
Veterinär-Ophthalmologie für Thierärzte“ von Johann 
Friedrich Müller. 

Diese Bücher veralteten indessen sehr schnell nach den 
grossen Entdeckungen eines Graefe und Helmholtz. Die 
Thierärzte machten sich jedoch die neuen Errungenschaften 
(Entdeckung des Augenspiegels u. s. w.) zunächst nicht zu Nutze, 
bis die Thierarzneischule in Stuttgart die Initiative ergriff. Mit 
der Berufung Berlin’s an diese Anstalt (im Jahre 1875) war ein 
officieller Lehrauftrag für vergleichende Augenheilkunde verbunden. 

Die wissenschaftlichen Arbeiten und das Beispiel dieses 
Gelehrten wirkten überaus anregend und brachten neues Leben 
in diese Disciplin. 1877 referirte Berlin über vier Arbeiten, 
welche im Laufe des Jahres über Veterinär-Ophthalmologie er¬ 
schienen waren. Sein Nachfolger im Referat, Eversbusch, 
konnte 1882 schon über 43 und Schleich 1895 über 64Arbeiten 
referiren. Nach dem Vorgänge Stuttgarts wurden auch an 
anderen Thierärztlichen Hochschulen specielle Lehraufträge für 
vergleichende Augenheilkunde ertheilt, welche zumeist humanen 
Ophthalmologen übertragen wurden. Redner bedauert, dass sich 
in neuerer Zeit ein Rückgang bemerkbar mache insofern, als die 
vergleichende Augenheilkunde an einigen Hochschulen nicht mehr 
als Specialfach, sondern als Nebenfach behandelt würde. Es ist 
ja nicht zweifelhaft, dass ein Specialist mehr leisten kann, jedoch 
würde derselbe im vorliegenden Falle wohl immer ein Menschen¬ 
arzt sein, denn Specialärzte für Augenheilkunde wird es bei uns 
kaum jemals geben. Die Lehrfächer an den Thierärztlichen 
Hochschulen müssen aber logischer Weise mit Thierärzten besetzt 
werden. Andererseits sind auch da, wo die vergleichende Augen¬ 
heilkunde von Thierärzten als Nebenfach gelehrt wurde, gute 
Arbeiten entstanden, wie der Redner selbst hervorhebt. Bayer 
gab einen vergleichenden ophthalmologischen Atlas heraus und 
Möller schrieb ein Lehrbuch der Augenheilkunde für Thierärzte. 

e 





26. Mai 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 247 


Der Festredner scbliesst seinen interessanten Vortrag mit 
dem Wunsche, dass der Eifer für die vergleichende Augen¬ 
heilkunde, welcher sich jetzt allenthalben bethätige, nicht 
erkalten möge, welchem Wunsche wir uns mit Wärme an- 
schliessen. 

Aas der geburtshilflichen Praxis. 

Von Dr. Georg Schneider, Lehrer an der kaiserl. landwirthschaftl. 

Schule in Rufach (Obereisass). 

(Oesterr. Monataschr. 1898 H 1.) 

Mittheilungen aus der geburtshilflichen Praxis sind ver- 
hältnissmässig selten. Es ist wiinschenswerth, dass die Er¬ 
fahrungen geübter Geburtshelfer bekannt und gesammelt werden, 
um die in der Veterinär-Geburtshilfe vielfach noch bestehenden 
Lücken auszufüllen. Der Verf. ist der unbedingt richtigen 
Ansicht, dass von dem Können und von der Geschicklichkeit in 
geburtshilflichen Dingen das Ansehen des praktischen Thierarztes 
in vielen Gegenden abhängig sei. Als Grundbedingung zu einem 
erfolgreichen Wirken auf diesem Gebiete sei zunächst 
schnelles Erscheinen am Operationsorte erforderlich. Aus diesem 
Grunde wird die Benutzung des Velocipedes empfohlen, wo es 
irgend angängig ist. An die Lenkstange dieses modernen 
Vehikels befestigt S. eine Tasche, deren Inhalt aus vier 3 m 
langen glatten Stricken, einem Paar stumpfer Augenhaken, einem 
Paar spitzer Haken, einem Fingermesser, einem Irrigator (Gummi¬ 
schlauch mit Trichter) und 50 g Lysol besteht. Ausserdem findet 
noch das Marggrafsche Stemmeisen seinen Platz in der Längs¬ 
richtung am Bade (?). Mit diesem einfachen Instrumentarium 
ist Verf. in seiner umfangreichen Praxis stets ausgekommen. 
Wenn auch die Erscheinung eines mit dem Marggrafschen 
Stemmeisen bewaffneten und mit einer grossen Tasche aus¬ 
gerüsteten Radlers grade kein erhebendes Bild sein mag, so 
kann doch die Zweckmässigkeit der Benutzung des Zweirades in 
dem gedachten Falle nicht bestritten werden. 

Nach dem möglichst schnell bewirkten Eintreffen auf dem 
Schauplatz der geburtshilflichen Thätigkeit hat der Sachver¬ 
ständige nun zunächst den Umständen nach die bekannten Vor¬ 
bereitungen zu treffen. Liegenden Pferden sind meist die Hinter- 
fös8e mit den Vorderfüssen zusammenzubinden. Es ist weiter 
unerlässlich, grossen Thieren bei starkem Drängen ein Narcoticum 
zu verabreichen. Ist Morphium nicht zur Hand, so leistet das 
Eingeben von 1—2 Schoppen Branntwein vorzügliche Dienste. 
Nachtheile wurden von diesem Mittel nicht beobachtet. Das 
Hochlegen des Hintertheils durch Unterschieben von Strohbündeln 
ist in vielen Fällen erforderlich, weil hierdurch das Junge nach 
vorn gleitet. Dieser Vorgang ist noch leichter und vollständiger 
zu erreichen, wenn Stricke an den Hinterbeinen angeschleift und 
di-s Hinterhand emporgezogen wird. Bei diesem Verfahren soll 
die Geburtskrücke vollständig überflüssig sein. 

I't bei eintretenden Wehen der Muttermund noch geschlossen, 
so soll ruhig abgewartet werden, bis die freiwillige Eröffnung 
erfolgt. Ut aliquid fiat wird zur Beruhigung des Thierbesitzers 
eine Salbe, bestehend aus gleichen Theilen Extr. Belladonnae und 
Ugt Hydrarg. ein. zum mehrfachen Bestreichen des Muttermundes 
verordnet. Nicht selten täuschen die Erscheinungen einer 
Indigestion bei hochträchtigen Kühen frühzeitige Wehen vor. 
Die Kühe trippeln hin und her, sehen sich um und schlagen mit 
den Füssen nach dem Bauche. Der Koth ist klein geballt und 
übelriechend; es besteht Verstopfung. Dieselbe ist durch Clystire, 
viel flüssige Nahrung und durch Eingeben von Leinsamenab¬ 
kochungen zu bekämpfen. 

Unter den mannigfachen Geburtshindernissen kommt nicht 
selten der Fall vor, dass das Hintertheil des Jungen nicht folgt, 


wenngleich das Vordertheil aus dem mütterlichen Becken heraus¬ 
gezogen ist. Die Ursache der Stockung schreibt S. dem Um¬ 
stande zu, dass die äusseren Darmbeinwinkel des Jungen sich 
gegen den Beckengürtel der Mutter stemmen. Das Junge muss 
in diesem Falle zurückgestossen und der Beckeneingang gehörig 
eingeölt werden. Führt diese Manipulation nicht zum Ziele, so 
erübrigt nur noch die Embryotomie, welche hier in der Exen¬ 
teration der Baucheingeweide des Jungen und Durchstossung der 
Schambeinsymphyse desselben besteht. 

Plötzlicher Tod des Mutterthieres nach beendeter Schwer¬ 
geburt soll häufig mit einer inneren Verbluiung Zusammenhängen. 
In einem solchen Falle zeigte ein Pferd Anämie der Augenbinde¬ 
haut und Maulschleimhaut, ferner bekundete dasselbe vor dem 
Tode schwindelartige Anfälle. Bei der Obduction wurde eine 
Ruptur von hochgradig varicös degenerirten Gefässen in den 
hinteren Abschnitten des Uterus festgestellt. Bauchhöhle und 
Uterus waren mit Blut gefüllt. 

Bei allen Geburten mit Hindernissen sind zunächst die Beine 
des Jungen zu suchen und hervorzuziehen. Bei einem stehenden 
Mutterthiere ist eine Lageberichtigung der Beine, namentlich 
wenn dasselbe stark drängt, nicht leicht, hat jedoch meist keine 
Schwierigkeiten, wenn das Thier auf dem Rücken liegt und hinten 
hochgebettet ist 

Die Infusion von desinficirenden Flüssigkeiten in den Uterus 
nach erfolgter Schwergeburt hält S. für unerlässlich. Derselbe 
bevorzugt für diesen Zweck die Lysollösungen. 

Die Reposition einer vorgefallenen Gebärmutter wird an¬ 
geblich dadurch bedeutend erleichtert, dass dieselbe eine Zeit 
lang mit kaltem Wasser übergossen wird, wodurch sich der Uterus 
auf die Hälfte zusammenziehen soll. Der Grund wird zuerst 
reponirt. Der Wurf wird mit starken Bändern zugenäht. 
Zwisohen den Nähten hindurch ist der Uterus täglich mehrmals 
mit starker Alaun- und Lysollösung auszuspritzen. Die Nähte 
werden nach 5—6 Tagen entfernt. Zerreissungen der Uterus¬ 
wand. heilen häufig, weil durch die ausserordentliche Contractilität 
der Uterusmusculatur die Wundränder sich eng aneinander- 
schliessen. 

Epizootisches Verwerfen bei trächtigen Stuten hat S. im 
nördlichen Lothringen und in den anstossenden Bezirken der 
Rheinprovinz beobachtet; namentlich verfohlten in der Ortschaft 
Merschweiler 70 pCt. der trächtigen Stuten. Aeltere Stuten, die 
im 5.-7. Trächtigkeitsmonate abortirten, zeigten keine Krankheits¬ 
erscheinungen; dagegen trat bei denen, die später verfohlten eine 
bedeutende Alteration des Allgemeinbefindens auf: Puls und 
Athmung beschleunigt, Temperatur in manchen Fällen 41°, extre- 
mitale Theile bald kalt, bald heiss, Zittern; tödtlicher Ausgang 
nicht selten. Die Symptome verschwanden bei eintretender Ge¬ 
nesung in 3—4 Tagen. Als Ursache der Krankheit will S. einen 
Infectionsstoff nicht anerkennen, vielmehr beschuldigt er regneri¬ 
sches Wetter und schlechtes Futter. 

Zar Diagnose der Lebercirrhose beim Pferd. 

Von Bez.-Thierarzt B eich old. 

(W. f. Thlerhlkd. u. Viehs.) 

Die Lebercirrhose oder Schweinsberger Krankheit ist im 
Bezirk Pfaffenhofen sehr häufig. Von 122 in 2 Jahren zur 
Schlachtung gebrachten Pferden hatten 22 die Cirrhose, und 
dazu kommen noch die direct an der Krankheit gestorbenen. Das 
klinische Bild ist bekannt. Zuerst auffällig wird bekanntlich der 
verminderte Appetit. Bei fieberfreiem Zustande erfolgt eine 
auffallend rasche Abmagerung. Dann kommen die pyämischen 
Störungen, die kollerartigen Zustände und die oft mit Fieber ver¬ 
bundenen hochgradigen Reizungs- und Depressionserscheinungen. 
Trotz dieser bekannten Erscheinungen ist es oft nicht so leicht, 


Digitized by 


Google 





248 

die Cirrhose zu diagnosticiren. Schwieriger ist schon die Auf¬ 
gabe, frisch gekaufte Pferde zu untersuchen, für welche sich der 
Käufer ausdrücklich Garantie gegen Lebercirrhose ausbedungen 
hat, und die eben nur schlecht fressen. Auch die Unterscheidung 
vom Dummkoller ist oft nicht leicht. 

B. hat nun gefunden, dass der Urin solcher Pferde (aller¬ 
dings hat er nur fieberfreie untersucht) eine specifische Be¬ 
schaffenheit besitzt. Die Reaction war immer auffallend stark 
alkalisch, die Farbe oft geradezu lehmgelb, weil die starke 
Sedimentbildung die normale rothbraune Farbe verschleiert. Das 
Sediment bestand ganz aus kohlensaurem Kalk. Diese Erscheinung 
ist um so auffallender, als man bei dem Magen - Darmkatarrh und 
dem verminderten Appetit sowie der starken Abmagerung eher 
einen sauer oder nur schwach alkalisch reagirenden Harn 
erwarten sollte. Wenn nun auch an und für sich ein stark 
alkalischer Harn beim Pferde keine diagnostische Bedeutung hat, 
so meint B. doch, dass unter diesen Umständen die alkalische 
Reaction und die Sedimentbildung wohl zu beobachten sei. Ausser¬ 
dem hat aber B. stets einen leichteren oder stärkeren Eiweiss¬ 
gehalt des Harns bei der Lobercirrhose feststellen können, und 
dieser Eiweissgehalt dürfte sich auch differential-diagnostisch 
zur Unterscheidung des Dummkollers von der Cirrhose verwenden 
lassen. Es kann ja sein, dass unter Umständen einmal diese 
Merkmale fehlen; aber in der Regel sind sie vorhanden. 

Was übrigens die Entstehung der Cirrhose anlangt, so sah 
auch B. die Ansicht, dass die Schweinsberger Krankheit eine 
Bodenkrankheit ist und durch das auf bestimmten Stellen 
wachsende Futter herbeigeführt wird, durch einige Thatsachen 
bestätigt. Auch in seinem Bezirk kam die Krankheit am 
häufigsten und um so häufiger da vor, wo die an den Flüssen 
liegenden Wiesen besonders sumpfig und moorig waren. Wie 
vorsichtig man sein muss, wenn man den Stall als solchen an 
dem Entstehen der Krankheit für betheiligt ansieht, lehrt 
folgender Fall: Ein grösserer Grundbesitzer hatte 30 Jahre hin¬ 
durch fast alljährlich eins bis drei Pferde an der Cirrhose ver¬ 
loren und schätzte diesen seinen Verlust auf 40000 M. Derselbe 
besitzt 70 Tagwerk Wiesen, von denen zehn an einem Bache 
liegen. Vor fünf Jahren wurde dieser Bach regulirt, und seitdem 
haben die Verluste aufgehört. 

Bezirks-Thierarzt Kotz kann dieser letzteren Ansicht B.’s 
nicht zustimmen. Er glaubt, dass es sich nur um einzelne auf¬ 
fällige Vorkommnisse handelt, wenn die Krankheitsursache auf 
feuchten Wiesen etc. zu liegen scheint. Nach seiner Erfahrung 
hängt die Ursache nicht mit dem W’asserstand zusammen ; 
denn sie ist oft stationär in solchen Gegenden, wo fast nur aus¬ 
gezeichnetes Futter gebaut wird. Die Krankheitsursache ist eben 
zur Zeit überhaupt unbekannt. Dass der Stoff im Boden ent¬ 
halten ist und sich dort vermehrt, ist mit Sicherheit anzunehmen. 
Die Krankheit verbreitet sich ähnlich wie die Kleeseide auf den 
Kleeäckern; sie frisst sich allmählich im Terrain weiter. Auch 
die Schweinsberger Krankheit hat allmählich in Südbayem eine 
enorme Ausdehnung erlangt. Die vorbeugenden und Heilungs¬ 
mittel sind natürlich noch in Dunkel gehüllt. Wir müssen das 
Leideu gegenwärtig als unheilbar auseheu, schon weil es zu 
spät möglich ist, es sicher zu erkennen. Bei frühzeitiger Er¬ 
kennung könnte man vielleicht an Versuche mit der Organo¬ 
therapie bezw. mit der Serumtherapie denken. 

Beitrag zur Casuistik der Leberabscesse. 

Von Dr. Sabatino de Benedictis. 

(Cünica vet. J897, II. 47). 

Die klinische Untersuchung bietet bei Thieren, welche an 
einer purulenten Hepatitis leiden, nichts Charakteristisches. 

Eine vom Verf. untersuchte und p. m. mit Leberabscessen 


No. 21. 

behaftet gefundene Kuh zeigte folgende Erscheinungen: Panni- 
culus adiposus und Muskulatur schwach entwickelt. Sichtbare 
Schleimhäute anämisch, Hauttemperatnr ungleichmässig vertheilt, 
Haut hart. 90 kleine Pulse in der Min., Mastdarmtemperatur 
40° C., Maul heiss, Appetitlosigkeit, Wiederkauen unterbrochen, 
Fäces hart. Frühmorgens pflegte sich in diesem Krankheitsbild 
eine geringe Besserung zu zeigen. Der Besitzer berichtete, dass 
gegen Mitternacht das Fieber unter dem Auftreten eines all¬ 
gemeinen Schweissausbruches nachlasse und dass darnach die 
Kuh allmählich ein munteres Verhalten annehme. Dieser Wechsel 
in den Krankheitserscheinungen wiederholte sich täglich. Die 
Kuh abortirte im fünften Monat unter günstigen Bedingungen, 
und es wurde nunmehr eine gründliche Besserung des Krank¬ 
heitszustandes erwartet. Dieselbe trat jedoch nicht ein. Etwa 
50 Tage nach der Untersuchung fand Verf. die Kuh in einem 
geradezu beklagenswerthen Zustande. Dieselbe war stark ab¬ 
gemagert und so schwach, dass sie nur einige Schritte zu gehen 
vermochte. Schleimhäute ganz blass, Körpertemperatur 41° C. 
P. 100 Schläge in der Min. Jugularvenen gefüllt, Venenpuls, 
Herztöne sehr schwach; Herzdämpfung bedeutend zugenommen 
an Ausdehnung. 40—50 Athemzüge. In Anbetracht der Unheil¬ 
barkeit dieses Zustandes wurde die Kuh geschlachtet. Der 
Sectionsbefund ergab Folgendes: Magen und Darm zeigten 
Spuren eines leichten Katarrhs. Milz etwas grösser als normal, 
ihre Ränder abgerundet, ihre Consistenz leicht vermehrt. Auf 
die Oberfläche des Durchschnitts ergoss sich aus der verhärteten 
Pulpa eine braunrothe Flüssigkeit. Milzkapsel etwas verdickt. 
Inmitten der Milz und an der Basis derselben befand sich je 
ein etwa pomeranzengrosser rundlicher Abscess, welcher von 
dem umgebenden Milzgewebe durch eine granulirende Schicht 
abgeschlossen war. Die Abscesshöhlen enthielten dichten, 
sahneartigen, graugelben Eiter, der sich bei mikroskopischer Be¬ 
trachtung als streptokokkenhaltig erwies. Die Leber wog 
5300 g; der Leberüberzug war vollständig undurchsichtig, von 
gelbgrauer Farbe und an einigen Stellen mit fibrinösem Exsudat 
bedeckt, die Ränder waren vollständig abgerundet; in den ober¬ 
flächlichen Schichten des Organs bemerkte man hier und dort 
kleine Ansammlungen von gelbem Eiter. Die Gallenblase war 
bis zu zwei Drittel mit einer fadenziehenden schleimigen Galle 
gefüllt. Ein Schnitt durch die Leber deckte eine mit übel¬ 
riechendem Eiter gefüllte Abscessböble auf. Das die Höhle um¬ 
gebende Gewebe war eiterig infiltrirt. Der Eiter aus der Leber 
enthielt Colonien von den erwähnten Eitermikroben. 

Nieren und Herz befanden sich im Stadium der fettigen 
Degeneration. 

Verf. beklagt, dass wir nicht im Stande sind, Leberabscesse 
bei den Thieren mit Sicherheit klinisch zu erkennen. 

Die von Lafosse, Williams und Spinola angegebenen 
Kennzeichen dieser schweren Veränderungen in dem gedachten 
Organ sind nicht characteristisch. 

Eine gewisse Beachtung verdient das Auftreten von Pepton 
im Blut und Harn derjenigen, welche an Eiterungen der inneren 
Organe leiden (Hofmeister), und in neuester Zeit habe Weiss 
die Aufmerksamkeit auf die reiche Menge von Glycogenkörnchen 
in den Leukocyten solcher Patienten hingelenkt. 

Thierhaltung und Thierzucht. 

Fruchtbarkeit bei Maulthieren. 

Tegetmeier und Sutherland vertreten in ihrem Werke 
„Horses and Mule Breeding“ die Ansicht, dass Maulthiere beider 
Geschlechter steril sind. Die Verff. geben jedoch zu, dass ihnen 
andererseits vielfach Umstände aufgefallen seien, die für die 
Fruchtbarkeit der Maulthierstuten sprechen. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 





26. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


249 


Ein solcher Fall wird T. von einem Correspondenten Mr. A. 
B. Urinston ans Mexico mitgetheilt. 

Einer der ältesten und reichsten Rancheros in Mexico, St. 
Luis Terrazas in Chihuahua unterhält auf seinem 3000000 Acres 
umfassenden Besitzthum über 180000 Haupt Rindvieh und 
mehrere Tausende von Pferden und Maulthieren. Der alte Don 
Luis, ein Achtziger, hat sein ganzes Leben unter seinen Herden 
zugebracht und ist einer der berühmtesten Züchter Mexicos. Er 
hatte niemals eine tragende Maulthierstute gesehen. Vor einem 
Jahre machte ihm jedoch einer seiner Vacqueros die Mittheilung, 
dass sich eine Maulthierstute anscheinend im trächtigen Zustande 
auf einer seiner Besitzungen befinde. Don Alberto, der Bruder 
des Besitzers, kam bei einer näheren Besichtigung des Maul- 
thieres zu derselben Annahme und liess es einfangen und nach 
Chihuahua (Stadt) bringen, wo dasselbe nach Verlauf von einem 
Monate fohlte. 2 Monate und 16 Tage nach der Geburt frass 
das bisher ganz gesunde Fohlen zuviel Alfalfagras, trieb auf und 
starb. Don Alberto hat von dem Fohlen Photogramme an¬ 
fertigen lassen, welche er dem Gewährsmann zur Verfügung 
stellen will. 

Das oft erwähnte fruchtbare Maulthier im Jardin d’Acclima- 
tisation in Paris hält T. nicht für ein Maulthier sondern für eine 
Eselstute mit pferdeartigem Aussehen, wahrscheinlich ein Beispiel 
für Telegonie. (Vet. Record 1897, pg. 487.) 

Ungarns Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten 1896. 

Es wurden eingeführt: 57 481 Rinder (einschl. Kälber), 
darunter 47 800 Ochsen; 101000 Schafe und Ziegen (einschl. 
Lämmer) 40 346 Schweine, 315 Pferde. Die Schlachtochsen und 
-Kühe kamen fast ausschliesslich aus Serbien (über 54000 Stück 
Rinder), welches auch 33 000 Schafe und 35000 Schweine lieferte, 
mithin für Ungarn der einzige bedeutende Viehlieferant ist. 

Die Ausfuhr betrug 230500 Rinder, darunter 179 767 Schlacht¬ 
ochsen, 7969 Kälber, 260371 Schafe, Ziegen und Lämmer, 
255 753 Schweine, 36 685 Pferde, darunter 1239 Rennpferde, 
243 Zuchtstuten, 806 Fohlen, der Rest Wagen- und Reitpferde. 
— Der Hauptabnehmer ist Oesterreich. Es gingen dahin fast 
sämmtliche Schweine. 128 767 Schafe, 203 800 Rinder, 4200 Kälber, 
1200 Renn- und 14420 Wagen- und Reitpferde. Am Pferdeexport 
sind ausserdem wesentlich betheiligt Italien mit 11 258, und 
Rumänien mit über 4000 Stück. Schafe nahm Frankreich 95000 
und Rumänien 21000. Nach Deutschland gingen 876 Pferde, 
2833 Schweine, 15 592 Schlachtochsen und 1100 andere Rinder. 

An thierischen Producten wurden eingeführt rund 54 000 kg 
Rindshäute, 1093 000 kg Schaffelle und 1740000 kg Lammfelle; 
7,8 Millionen kg Fleisch, 72 000 kg Speck, 98 600 Käse, 12 500 kg 
Butter, 29 600 kg Milch, 121 000 kg Thierhaare, 19 000 kg Federn, 
121000 kg Hörner und Hufe, 128 000 kg Knochen, 1 240 558 kg 
Wolle; im Ganzen rund 12'/» Millionen kg. 

Die Ausfuhr thierischer Producte betrug: 1,1 Million kg 
Rindshäute, 24 000kg andere Häute, 1500 kg Fleisch, 9000 kg Speck, 
1700 kg Fett, 13 600 kg Talg, 1700 kg Butter, 4600 kg Haare, 
172 000 kg Wolle, zusammen rund 1370000 kg. 

Ungarn hat mithin nur eine erhebliche Ausfuhr von Rinds¬ 
häuten, in allen anderen Producten führt es ausschliesslich oder 
ganz überwiegend ein. Es überrascht namentlich die sehr grosse 
Einfuhr von Fleisch und Speck, ferner die erhebliche Einfuhr von 
Käse, Butter und Milch, der fast keine Ausfuhr gegenübersteht. 
Der Import von Schaf-und Lammfellen beträgt 2 833100 kg (Aus¬ 
fuhr 0), der von Schafwolle überwiegt um 1,06 Millionen kg, der 
von Haaren und Borsten um 116 000 kg die Ausfuhr. 


Tagesgeschichte. 

Festbericht über die Jubiläumsfeier 
von Herrn Prof. Dr. Esser. 

Wennschon die zahlreichen Anmeldungen vor dem Festessen, 
das gelegentlich der Jubiläumsfeier von Herrn Prof. Dr. Esser 
in Aussicht genommen war, darauf schliessen Hessen, dass die 
Betheiligung eine überaus grosse würde, so wurden die Er¬ 
wartungen an dem Festtage selbst noch bedeutend übertroffen. 
Der 18. Mai, der von dem Fest-Ausschuss zur Feier bestimmt 
worden, war, wenn wir Alles in Allem zusammenfassen, ein Ehren¬ 
tag für den Jubilar, wie er wohl selten gefeiert wird und wie 
er nur dann stattfinden kann, wenn sich hervorragende Verdienste 
mit allgemeiner Beliebtheit die Hand reichen. So schwer es 
sonst ist, sich durch seiö Streben und Wirken in zwei Jahr¬ 
zehnten in den verschiedensten Kreisen allgemeine Anerkennung 
der wissenschaftlichen und praktischen Leistungen zu erwerben 
und dabei jedem Einzelnen gerecht zu werden, so ist doch dem 
Jubilar durch seine hervorragenden persönlichen Eigenschaften 
im vollen Masse gelungen, was anderen Sterblichen kaum mög- 
Hch erscheinen mag. War die Freude der Freunde und Ver¬ 
ehrer von Herrn Prof. Dr. Esser, ihm durch das Arrangement 
eines Festes ein kleines Zeichen der allgemeinen Verehrung und 
Dankbarkeit zu geben, schon vor dem Feste eine grosse, so 
wuchs dieselbe, als am Jubeltage selbst die entfernter stehenden 
Kreise in ihren Beglückwünschungen mit einander wetteiferten. 

Schon am frühen Morgen des 18. Mai begannen die Deputationen 
ihre Ehrungen und Glückwünsche dem Jubilar in seinem Hause 
entgegenzubringen. Den Reigen eröffneten ehemalige Schüler, 
welche dem Jubilar unter der Versicherung der Verehrung und 
Dankbarkeit ein kunstvoll gearbeitetes Album mit den Bildern 
Bämmtlicher früheren Schüler (250) überreichten. Im Namen der 
Universität erschien Herr Curator Geh. Reg.-Rath Dr. Hopfner 
und aus dem engeren Kreise seiner Collegen die Professoren des 
Landwirtschaftlichen Instituts der Georgia Augusta. Hieran 
schloss sich der Ausschuss der Studentenschaft, der Vorstand des 
Landwirtschaftlichen Hauptvereins Göttingen-Grubenhagen, die 
Chargirten des Akad. Landw. Vereins, die Vertreter des Vereins 
der Thierärzte der Provinz Hannover, die Delegirten des hiesigen 
Landwehrvereins, die dem Jubilar gleichzeitig die Urkunde als 
Ehrenmitglied überreichten, eine Abordnung seiner früheren 
Assistenten, die Vertretung der Kreisthierärzte des Reg.-Bezirks 
Hildesheim und ausserdem politische und persönliche Freunde. 
Von auswärts, auch aus fremden Erdteilen liefen gegen 300 Tele¬ 
gramme und Glückwunschschreiben an dem Jubeltage ein. Gross 
und zum Theil überraschend durch die künstlerische Ausstattung 
ist die Zahl der Geschenke, mit denen man den Jubilar über¬ 
raschte. So wurde von Morgens früh bis Mittags derselbe mit 
Beglückwunschungen in der verschiedensten Form und Gestalt 
überschüttet. 

Das Festessen selbst, wozu gegen 300 Theilnehmer aus Fern 
und Nah und aus allen Schichten der Bevölkerung zusammen¬ 
geströmt waren, begann Nachmittags 4 Uhr im Gesellschaftshause 
Union. Unter den Festgästen erwähnen wir die Repräsentanten 
der hiesigen Universität in Gestalt des Prorector magnificus und 
einer grossen Anzahl Professoren, die Vertreter der Staats¬ 
regierung und zwar die Landräthe der Kreise Göttingen, Nort¬ 
heim, Einbeck, Uslar, Duderstadt, Münden, die Stadtverwaltung, 
vertreten durch den Bürgermeister, Magistrat und das Bürger¬ 
vorstehercollegium, RegimentBcommandeur Oberst Kohlhoff mit 
anderen Repräsentanten des hiesigen Officiercorps, Professoren 
der Thierärztlichen Hochschule Hannover, die Assistenten vom 
Jahre 1877 bis jetzt, sämmtliche Kreisthierärzte des Regierungs- 
Bezirks Hildesheim, viele praktische Thierärzte, zahlreiche 


Digitized by 


Google 









250 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 21. 


jetzige und frühere Hörer, Landwirthe aus Süd - Hannover, 
die Delegirten des Südhannoverscheu Kriegerbundes und Mit¬ 
glieder der Kriegervereine aus Göttingen, eine grosse Zahl 
politischer Parteigenossen nebst vielen sonstigen Freunden. 
Von Letzteren erwähnen wir Herrn Geh. Rath Professor Dr. med. 
König und Professor Dr. Möller, die Beide aus Berlin gekommen 
waren. Herr Justizrath Dr. Eckels eröffnete die Reihe der Trink¬ 
sprüche, indem er eine kurze Lebensgeschicbte des Jubilars gab und 
insbesondere der vielseitigen Thätigkeit und Verdienste desselben 
sowie Beiner persönlichen Beliebtheit gedachte. Das stürmisch auf¬ 
genommene Hoch auf den Jubilar, mit dem der Fest-Vorsitzende 
seine Rede schloss, gab Herrn Professor Dr. Esser wohl den 
schönsten Beweis, dass alle Theilnehmer mit ganzem Herzen er¬ 
schienen waren, nicht etwa um einer Form der Höflichkeit zu 
genügen, sondern den eigensten Gefühlen der Anhänglichkeit be¬ 
geisternd Ausdruck zu verleihen. Herr Professor Dr. Esser 
dankte, sichtbar gerührt, für die ihm gewordene Ehrung und ge¬ 
lobte aufs Neue Treue der Georgia Augusta, der Stadt Göttingen 
mit ihrer Umgebung, wo er die glücklichsten Stunden seines 
Lebens verbracht und Freundschaft durch Freundschaft erworben 
habe. Sein Hoch galt der Stadt Göttingen. Der Bruder des 
Jubilars, Herr Dr. med. Esser aus Neuss am Rhein, dankte im 
Namen der Familie far die Ehrenbezeugungen und fachte mit 
echt rheinischem Humor die festlichgestimmten Gemüther zu 
neuem Jubel an. Neben anderen Rednern heben wir haupt¬ 
sächlich Dr. Brücher aus Hannover hervor, der als 
Vertreter der Thierärzte die fachmännischen Verdienste des 
Jubilars und sein organisatorisches Talent im Vereinswesen be¬ 
tonte. Vor Allem rühmte er an dem Jubilar, dass er nie, so 
hoch er auch im Ansehen gestiegen sei, die Interessen des thier¬ 
ärztlichen Standes aus dem Auge gelassen habe, dass er früher 
und jetzt mit Wort und That für den Stand der Thierärzte als 
echter, treuer College eingetreten sei, und kein Opfer scheue, 
wenn sie für das Wohl des gesammten thierärztlicben Standes 
nothwendig erscheinen sollten. Er feierte den Jubilar als den 
Förderer der thierärztlichen Wissenschaft, als hervoi ragenden 
Praktiker und als den tapferen Kämpfer für die Hebung unseres 
Standes, dem er auch fernerhin als Vorsitzender des Deutschen 
Veterinärratbs, der Centralvertretung der preustischen Thierärzte 
und des Hannoverschen ProvinzialvereinB sein reges Interesse 
erhalten möge. 

Hubert Jacob Esser, wurde am 21. Juli 1843 zu 
Neuss geboren und besuchte daselbst das Gymnasium; wo 
er im Jahre 1864 die Maturitätsprüfung machte. Von 1864 
bis 1868 studirte er in Berlin Thierheilkunde und erlangte 
daselbst seine Approbation als Thierarzt. Bis zum Jahre 1870 
studirte er in Berlin und Halle Medicin. 1871 legte er das 
Examen als beamteter Thierarzt ab und wurde 1872 in Halle 
auf Grund seiner Inauguraldissertation über „die Geschichte des 
Aderlasses“ zum Dr. med. promovirt. Im Jahre 1870 wurde er 
als Rossarzt im II. Reserve - Husaren - Regiment eingezogen, 
machte den Feldzug gegen Frankreich mit und wurde noch 
während desselben mit dem Eisernen Kreu* ausgezeichnet. Von 
1871—1873 wirkte er als Repetitor an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Hannover, von wo aus er 1873 als Lehrer der Thier¬ 
heilkunde an das Königliche Thierarznei-Institut der Universität 
GöttiDgen berufen wurde. Im October 1875 wurde er zum ausser¬ 
ordentlichen Professor der philosophischen Fakultät und im 
April 1890 zum ordentlichen Honorar-Professor der medicinischen 
Fakultät ernannt. 

In Folge seiner regen Theilnahme an den politischen Er¬ 
eignissen wurde er im Jahre 1887 von der nationalliberalen 
Partei als Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Göttingen, 


Duderstadt-Münden gewählt und gehörte dem Reichstag bis zum 
Jahre 1890 an. 

Während der 25 Jahre seiner Berufsthätigkeit in Göttingen 
hat er im Thierarzneiinstitut Wandlungen geschaffen, die den 
Fortschritten der Wissenschaft entsprechen, und sich während 
dieser Zeit den Ruf eines ausgezeichneten Chirurgen erworben. 

Litterarische Arbeiten Essers sind veröffentlicht in: 
1. Enlenburg’s Handbuch der Sanitätspolizei“. 2. „Dammer’s 
Handwörterbuch der Hygiene“. 3. „Conrad, Elster, Lexis, 
Leuning’s Handbuch der Staatswissenschaften“. 4. „Fleisch¬ 
mann, Lehmann, von Seelhorst Tollen’s Journal für 
Landwirtschaft“. 

Ausserdem sind kleinere Artikel für landwirtschaftliche 
und thierärztliche Zeitschriften zu verzeichnen u. a.: „Die 
Anwendung der Anästhesie bei Operationen“; „Ueber Cocain 
als locales Anästheticum fürs Auge“; „Ueber Harnverhaltung 
beim Ochsen“; „Ueber Actinomycose beim Rinde“; „Ueber Brust¬ 
beulen beim Pferde“; „Ueber Pferdefleisch als Nahrungsmittel 
beim Menschen“; „Ueber Gewährleistung beim Viehhandel“. 

Für sein ständiges Streben, den tierärztlichen Stand sowohl 
wissenschaftlich als auch gesellschaftlich zu heben, zeugen die 
beiden Artikel: „Die Organisation der Thierarzneischulen“ und 
„Ueber die Forderung der Maturität zum Studium der Thierheil¬ 
kunde“. Dass sein segensreiches Wirken nicht nur von Seiten der 
Staatsregierung, sondern auch von seinen Berufsgenossen und von 
andern Kreisen anerkannt worden ist, beweisen die zahlreichen 
Auszeichnungen, die ihm in Form von Ehrenzeichen Seitens der Be¬ 
hörden, und Ernennungen zum Ehrenmitgliede in den verschieden¬ 
sten thierärztlicben und landwirtschaftlichen Körperschaften zu 
Theil geworden sind Als Zeichen besonderen Vertrauens und 
der Anerkennung seiner Verdienste um die Hebung des tier¬ 
ärztlichen Standes ist der Umstand anzusehen, dass der Jubilar 
schon seit einer Reihe von Jahren zum Vorsitzenden des deut¬ 
schen Veterinärraths und der Centralvertretung des thierärzt¬ 
lichen Vereins des preussischen Staates gewählt worden ist und 
nunmehr auch den Vorsitz in dem tierärztlichen Generalverein 
der Provinz Hannover führt. 

Durch öffentliche Vorträge nnd Belehrungen in landwirt¬ 
schaftlichen Versammlungen hat er weit über die Grenzen seines 
Praxisbezirkes hinaus sich die Dankbarkeit und Verehrung der 
Landwirthe erworben. 

Auch bekleidet er schon seit Jahren das Amt des Vorsitzenden 
im Südhann overEchen Kriegerbunde und in Folge seines regen 
Interesses an den politischen Tagesfragen ist er von seinen 
politischen Parteigenossen wiederum als Reichstagskandidat für 
die bevorstehende Wahl aufgestellt worden. 

VI. Plenarversammlung der Central-Vertretung der thierärztiichen Vereine 

Preussens 

am 21. und 22. Mai 1898. 

Es waren alle Vereine mit 54 Stimmen vertreten. Es 
kostete Mühe, das reichliche Material in zwei Sitzungen zu er¬ 
ledigen. 

Heute sollen hier nur die Beschlüsse mitgetheilt werden: 
zur Stellungnahme der beamteten Thierärzte. Die Forde¬ 
rung der Vollbesoldung unter Verbot der Privatpraxis wurde ein¬ 
stimmig abgelehnt. 

Die Nothwendigkeit einer Pensionsberechtigung und Relicten- 
versorgung unter Zugrundelegung eines angemessenen fingirten 
Einkommens wurde einstimmig anerkannt. 

Die Versammlung lehnte jedoch ab, eine Summe als Höhe 
dieses Einkommens zu nennen. 

Das Grundgehalt solle auf 1200—1800, das Tagegeld auf 9 M. 
im Sinne des jetzt gütigen Gesetzes vom 9. März 1872 er- 


Digitized by CaOOQie 




26. Mai 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


251 


höht werden. Die Gebühren für gerichtliche Angelegenheiten 
sollen ebenso hoch wie diejenigen für veterinärpolizeiliche Ge¬ 
schäfte bemessen werden. 

Es soll endlich gebeten werden, die Kreisthierärzte in die 
6. Klasse mit Vorrang in derselben zn versetzen, einen Theil der 
älteren Kreisthierärzte den Rang der 5. Klasse und den Depar¬ 
tementsthierärzten nach ihrem Dienstalter den persönlichen Rang 
der Räthe IV. Klasse zu verleihen. 

Auf einen Vortrag von Peters-Bromberg wurde ohne Dis- 
cussion beschlossen, eine officielle Anerkennung der thierärztlichen 
Vereine bezw. eine corporative Vertretung des thierärztlichen 
Standes im Sinne der Aerztekammern zu erstreben. 

Das Andenken der drei grossen Lehrer der Veterinärwissen¬ 
schaft Gurlt, Hertwig und Spinola soll durch Aufstellung 
ihrer Büsten in der Aula zu Berlin geehrt werden. Der Aus¬ 
schuss der Centralvertretung fungirt als Comitö. 

Die Gründung eines thierärztlichen UnterstQtzungsvereins 
wird beschlossen und der vorgelegte Statutenentwurf vorbehaltlich 
behördlicher Genehmigung angenommen. Der Verein constituirt 
sich sofort Vereinsvorstand wird der Ausschuss der Centralver¬ 
tretung, auf dessen Ersuchen noch Preusse- Danzig in den Vorstand 
des Unterstützungsvereins gewählt und mit dessen Vorsitz beauftragt 
wird. Der Beitritt (Jahresbeitrag 5 M.) steht jedem deutschen 
Thierarzt offen. Offtcielle Betheiligung der Vereine in corpore 
ist nicht verlangt. 

Der Abschluss günstiger Bedingungen für Thierärzte mit 
einer Unfallversicherungsgesellschaft wird Professor Ostertag 
übertragen. 

Die Centralvertretung beschliesst, eine Petition an die be¬ 
theiligten preussischen Herren Minister einzureichen, dahingehend, 
dass gelegentlich der gesetzlichen Regelung der Fleischschau 
auch das Dienstverhältnis der Sanitätsthierärzte und die Schlacht¬ 
hausverwaltung gesetzlich geregelt werde. 

Der Herr Minister für Landwirtschaft soll gebeten werden, 


die Mitwirkung der Thierärzte bei der Thierzucht durch bestimmte 
Massnahmen zu unterstützen. 

Eine Beschlussfassung betr. Stellung der Thierärzte zur Ge¬ 
werbeordnung und zum Kurpfuschereiverbot wurde zurückgestellt. 

Der bisherige Ausschuss wurde wiedergewählt bis auf Prof. 
Leonhardt, der die Annahme einer Wiederwahl abgelehnt hatte. 
Neu hineingewählt wurde Professor Malkmus. Präsident blieb 
nach einstimmiger Wiederwahl Prof. Esser. 

Einladung zu der 37. Sitzung des thierärztHoben Vereint 
in Westpreuuen 

am 12. Juni 1898, Vorm. 11 Uhr, 
in Danzig, Schlachthofrestaurant. 

Tagesordnung: 1. Geschäftliches. 2. Rechnungslegung. 3. 
Statutenänderung. 4. Bericht über die Plenarversammlung der 
Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens am 
21. Mai 1898. 5. Die Bekämpfung der Tuberculose nach 

Bang’schem Verfahren. Ref. Herr Kreisthierarzt Nolte-Berent. 

2 Uhr Dampferfahrt nach Zoppot. 4 Uhr Diner im Kurhaus 
in Zoppot. 

Um Theilnahme der Damen an der Dampferfahrt und an dem 
Diner wird ergebenst gebeten. 

Danzig, im Mai 1898. 

Der Vereins-Vorstand. L A. Preusse. 

Kleine Notizen. 

Professor Anacker feiert sein öQjähriges Jubiläum als 
Thierarzt. Als Herausgeber der Zeitschrift „Der Thierarzt“ hat 
er das Verdienst, zuerst den Werth der Referate ans der gesammten 
Literatur betont und dem durch den Charakter seiner Zeitschrift 
Rechnung getragen zu haben. 

Professor Schmaltz ist bis 12. Juni verreist Eine G'or- 
respondenzerledigung ist während dieser Zeit nicht möglich. 

V. in H. Ein Recht, nach der Verabschiedung die Uniform 
weiter zu tragen, wird weder Civil- noch Militär beamten, 
sondern nur Officieren verliehen. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senchenstatistik und Teterinftrpolizei. 

Thieroeuohen im Ausland. IV. Quartal 1897. Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand 
October 12, November 12, December 16; Rotz im October 1; 
Maul- und Klauenseuche im October 1; Schafräude im November 
und December je 1; milzbrandartige Rose (Rothlauf der Schweine) 
October 405, November 314, December 168; Rückenmarkstyphus 
der Pferde im October 2, November 3, December 1; bösaitiges 
Katarrhfieber des Rindviehs im October 2, November 6, December 5. 

Belgien. 

Zahl der Krankheitsfälle an Milzbrand 93, Rauschbrand 98, 
Tollwuth 30, darunter 1 Katze, 1 Rind und 1 Pferd, Rotz und 
Wurm 13, ausserdem wurden 17 Pferde in Schlachthäusern als 
rotzkrank befunden, darunter 9 aus England eingeführte. Die 
Maul- und Klauenseuche herrschte im October in 92, im November 
in 49, im December in 90 Gemeinden. Die bösartige Klauenseuche 
der Schafe wurde bei einem Schaf festgestellt; die Lungenseuche 
und Schafräude sind nicht aufgetreten. 

Niederlande. 

Milzbrand in 62 Fällen, Rotz in 44, Maul- und Klauenseuche 
in 347000, Räude der Einhufer und Schafe in 10158; Schweine¬ 
rothlauf und Schweineseuche in 192 und bösartige Klauenseuche 
der Schafe in 148 Fällen. 


Italien. 

Milzbrand wurde festgestellt bei 495 Thieren, Rauschbrand 
bei 117 Thieren. An Tollwuth erkrankten 21 Hunde und 5 andere 
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 113 Fällen zur Anzeige, Maul¬ 
und Klauenseuche in 3291 und in mehreren zahlenmässig nicht 
näher angegebenen Fällen in zusammen 11 Gemeinden, Lungen¬ 
seuche in 1, Schafpocken in 12, Schweineseuchen in 74 t, an¬ 
steckender Milchmangel bei Schafen in 110, bei Ziegen in 15 
und Büffeldruse in 6 Fällen. 


Flelsch8chaa and Viehverkehr. 

Fleisohsohau am Sohlaohthof in Leipzig 1897. 

(ZelUcbr. f. Fl.- o. MUchh. Märe 1898.) 

Es wurden geschlachtet 27 647 Rinder, 69 991 Kälber, 
56 794 Schafe und 137 893 Schweine. Hiervon wurden 
beanstandet 880 Rinder gleich 3,2 pCt., davon gänzlich 
verworfen 228 Rinder, auf der Freibank verkauft roh 
171 und sterilisirt oder gekocht 481. Von den Kälbern wurden 
192 beanstandet, davon 132 gänzlich verworfen, 7 gekocht, 
53 auf der Freibank verkauft. Von den Schweinen wurden 
1670 beanstandet, davon gänzlich verworfen 41, ausgeschmolzen 294 
und sterilisirt bezw. gekocht 1220. Von den ganz verworfenen 
Thieren wurden wegen Tuberculose verworfen 163 Rinder, 
79 Kälber und 304 Schweine. Bei den als nicht bankwürdig er. 


Digitized by GjOOQle 





252 


klärten war Tuberculose der Anlass bei 5G8 Rindern, 7 Kälbern 
nnd 1174 Schweinen. 

Was die Feststellung und Ausbreitung der Tuberculose über¬ 
haupt anlangt, so wurden ermittelt bei Rindern überhaupt 
9899 Fälle. Hiervon waren 664 generalisirt, wobei 128 mal die 
Fleischlymphdrüsen, 54 mal die Knochen, 93 mal das Euter mit¬ 
betroffen waren. Die übrigen 9235 Fälle waren locale Tuberculose, 
die sich 7018 mal auf ein Organ und ausserdem 339 mal auf 
mehrere Organe einer Körperhöhle beschränkte. Bei Kälbern 
wurde die Tuberculose 139 mal, darunter 86 mal generalisirt 
festgestellt; bei Schafen im ganzen 8 mal. Tuberculose Schweine 
wurden 3679 ermittelt. Bei 2202 handelte es sich um locale 
Tuberculose, die jedoch 1343 mal mehrere Körperhöhlen und 
859 mal eine Körperhöhle betraf. Bei den 1477 mit generalisirter 
Tuberculose behafteten Thieren waren 173 mal die Fleisch¬ 
lymphdrüsen, 161 mal die Knochen und 140 mal das Euter be¬ 
troffen. Die Milz war in der grossen Mehrzahl der Fälle mit¬ 
erkrankt, nämlich 1368 mal. Die Zahl der wegen Tuberculose 
beseitigten Organe betrug bei Rindern ca. 16 500 nnd bei 
Schweinen ca. 12 000, darunter 3400 RindB- und 3650 Schweine¬ 
lebern. Ausserdem wurden 6718 kg Rindfleisch und 1328 kg 
Schweinefleisch theils vernichtet, theils auf der Freibank verwerthet. 

lieber die Einwirkung des Räuoherns auf das Leben von Im Schlacht* 
fleische befindlichen Tuberkelbaoillen. 

Von Förster. 

(D. Med. Woch. 117.8.) 

F. hatte voy Jahren in gemeinsam mit Freitag aus¬ 
geführten Versuchen gezeigt, dass unter der Einwirkung des 


No. 21. 

üblichen Salzens und Räucherns von Fleischstücken, welche mit 
Perlknoten durchsetzt waren, die in diesen anwesenden Tuberkel¬ 
bacillen ihre Entwicklungsfähigkeit und Virulenz nicht verloren. 
Diese Versuche setzte Verfasser im Verein mit Dr. de Man fort 
und fand, dass wiederholte Räucherung auf in Perlknoten befind¬ 
liche Tuberkelbacillen zerstörend einw'irkt Als grosse, mit 
Knötchen besetzte Rippenstücke von perlsüchtigen Rindern, statt 
nur einmal, wie das bei der gewöhnlichen Bereitung des Rauch¬ 
fleisches stets geschieht, zweimal nacheinander an verschiedenen 
Tagen einer drei- bis fünfstündigen Einwirkung von Holzrauch 
ausgesetzt wurden, ergaben nicht alle damit gemachten Impfungen 
bei Meerschweinchen Impftuberculose. Von den Versuchsthieren, 
welche mit dreimal hintereinander geräucherten Perlknoten 
(intraperitoneal) geimpft wurden, erkrankte kein einziges mehr. 
Aber auch die Perlknoten von nur einmal geräuchertem Fleische 
verloren ihre Virulenz, wenn dieses nach dem Räuchern einige 
Zeit in einem trockenen Raume aufbewahrt wurde. Wie lange 
es dauert, bis der Virulenzverlust eintritt, ist von einer Reihe von 
Umständen abhängig, z. B. Trockenheit der Kammer, in welcher 
das Fleisch aulbewahrt wurde, etc. 1 1 , 3 Monat und länger nach 
dem Räuchern war die Virulenz verloren gegangen; Thiere, die 
nunmehr geimpft wurden, blieben auf die Dauer gesund. Während 
also die in Perlsuchtknoten eingeschlossenen Tuberkelbacillen dem 
Schnellräucherungsverfahren einige Zeit lang Widerstand bieten 
können, gehen sie zu Gründe, wenn wiederholtes Räuchern auf 
sie einwirkt oder wenn das sie enthaltende geräucherte Fleisch 
mindestens l 1 /,—2 Monate in einer Trockenkammer aufbewahrt 
wird. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Veterinärassessor und Landesthierarzt 
Pirl zu Dessau wurden die Ritterinsignien II. Kl. des Anhaitischen 
Hausordens Albrecht des Bären, dem Sanitätsrath Dr. Essberg, 
früher Privatdocent für Augenheilkunde an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule in Hannover, der Rothe Adlerorden IV. Kl. — verliehen. 

Ernennungen: Der Leiter des Veterinärinstituts der Universität 
Halle, Dr. Disselhorst, ist zum ausserordentlichen Professor 
in der philosophischen Facultät der Universität Halle ernannt 
worden. — 

Der Rossarzt Matzki aus Königsberg i. Pr. ist zum Grenz- 
thierarzt-Assistenten in Eydtkuhnen, Thierarzt Dr. Schmutzer- 
Straubing zum DistrictBthierarzt in FUrstenzell ernannt worden. 

Es sind gewählt worden: Thierarzt Wisnefsky zum 
Schlachthofthierarzt in Stettin, Thierarzt Diedr. Fokken zum 
Schiachthofinspector in Norderney. Thierarzt Heyne zum Schlacht- 
hausinspector in Barth (Pommern). 

Approbationen: München: Die Herren Herrn. Kroyer und 
Herrn. Schmid. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Gerhardt-Dresden nachCalbe a. S.,Thierarzt F i s ch e r-Nusse 
nach Reinfeld i. H., Thierarzt He rmey er-Jemgum nach Wald- 
broel (R.-B. Köln). Thierarzt Häfner hat sich in StrasBkirchen 
niedergelassen. 

In der Armee: Versetzt Unterrossarzt Gaertner vom Ul.-Regt. 
No. 13 zum Drag.-Reg. No. 16. — Rossarzt H e d 1 e r vom Hus.-Regt. 
No. 13 und Oberrossarzt d. Landw. Mälzer ist der Abschied be¬ 
willigt worden. 

Todesfälle: Stadtthierarzt Sch u st- Waiblingen, Oberamtsthier¬ 
arzt Kelim -Laupheim, Thierarzt Dietri ch- Jestetten (Baden). 

Vacanzen. 

Kreisthierarztotellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. F rankfurt: Königsberg N.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel: 
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. 
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27(XX) Stück). —Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschangebühren). 


b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — 
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

Santtfitsthlerarztotelieu a)NeuausgescbriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist 

— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, 
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Coblenz: Schlachthof - Hilfsthierarzt — Ostrowo: 
Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). — 
Dre ngfurt — Gleschendorf (FürstentLum Lübeck).— Gux¬ 
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitschen. — 
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: 
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthofj. — Kemberg: Thierarzt (städtischerZuschuss 300 M.). 
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 
1800M. garantirt). AuskunftKlaadat, Tulpeniken(Ostpr.). — Moringen 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis 10.Mai 
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht 
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬ 
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim: 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den 
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres 
durch Gutsbes. Penner in Freienbaben bei Schönbaum. — Stras¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren 
aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das 
„Amt“ daselbst. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Norderney. Privatstelle: 
Waldbroel. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (oxcL Inseratenteil) Prot Dr. Schmalu in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard SchoeU In Berlin. — Druck von W. Büxenstein, ßorlin. 


Digitized by LjOOQie 






Dl« „Berliner Thler&ntllche Wooheneehrift“ enebelnt 
wOehentllob ln StÄrke ron mindesten* 1% Bogen. Dieselbe 
lat an belieben durch den Buchbandel, die Poat (No. 10311 
oder durch die Verlagabucbhandlung von Richard 
8 c h o e t z, Berlin NW., Luiaenttraaae 36, zum Preiae von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Hlttheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW„ Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. E. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 22 . 


Ausgegeben am 2. Juni. 


Inhalt: Höhne: Das Schlachten nach jüdischem Ritus unter Anwendung deB K o p f h a 11 e - A p p ar a t e s. — 
Wulf: Tannoform. — Schmaltz: Bemerkungen über die Gefässe des Penis beim Pferde. — Referate: Vogt: 
Die Ueberbeine an den Gliedmassen des Pferdes. —Eber: Ueber Temperaturmessungen bei grossen Hausthieren. —Dupuy: 
Zur Epidemiologie der Psittacosis (Papageienkrankheit). — v. Zilah: Ueber den schädlichen Einfluss von Mikroorganismen auf 
die künstliche Forellenzucht. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: 
Reise-Erinnerungen. — 0 effe ntli ches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und 
Viehverkehr. — Bücher-Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Das Schlachten nach jüdischem Ritus unter An¬ 
wendung des Kopfhalte-Apparates. 

Von 

Höhne, 

Schlachthoflnapector. 

Ist es nicht verwunderlich, dass, wo sonst allgemein in den 
Schlachthöfen der Thierquälerei beim Schlachten mit allen Mitteln 
zu Leibe gegangen wird, man grade beim Schächten so wenig 
darauf bedacht ist, diese nicht mehr zeitentsprechende Schlacht¬ 
methode überall möglichst zu einer in sittlicher Beziehung 
weniger anstosserregenden zu machen? Ich sage überall; denn 
nicht an allen Schlachthöfen besteht die Polizeiverordnung, 
dass das Schächten nur unter Anwendung eines Kopfhalte- 
apparates stattfinden darf; auch wird nicht überall da, wo 
eine solche Verordnung vorhanden ist, ein derartiger Apparat 
benutzt. Eine Umfrage bei mehreren Schlachthofverwaltnngen 
über den praktischen Werth eines Kopfhalteapparates hatte das 
überraschende Resultat, dass man wohl verschiedene Arten 
empfahl; über den Gebrauchswerth aber keine Auskunft geben 
konnte, da ein solcher nirgends dort, wo angefragt wurde, znr 
Anwendung kam. Es ist dies, nochmals gesagt, verwunderlich. 
Niemand kann behanpten, dass der Anblick eines geschächteten 
Rindes, welches im Moment der stärksten Muskelcontraction mit 
Gewalt seinen Kopf den Händen des Haltenden entrissen hat und 
dann mit voller Wucht denselben auf den harten Erdboden auf- 
schlägt, so dass mitnnter die Hörner des Thieres abbrechen und 
das Blut ans der Wunde heransströmt, gerade zu den angenehmen 
gehört. Man wird darauf entgegnen: „So etwas darf eben nicht 
Vorkommen. Ja, eigentlich nicht. Es kommt aber bei der jetzigen 
noch üblichen Art des Kopf haltens zum Schächten leider vor, ohne 
dass einem der dabei Beschäftigten ein Vorwurf gemacht werden 
könnte. Es gehört manchmal eine ganz ungeheure Kraft¬ 
anstrengung dazu, den Kopf des Schlachtthieres am Boden fest¬ 
zuhalten; namentlich beim Schächten eines Bullen. Gerade bei 
letzterem habe ich den praktischen Werth eines Kopfhalte¬ 
apparates erkennen können. Während es in einem Falle ohne 
einen solchen Apparat absolut unmöglich war, den Schächteact 
vorznnehmen, konnte es hingegen mit Hülfe eines solchen leicht 
und sicher ansgeführt werden. Trotz der heftigsten, wider¬ 
strebenden Bewegungen des Bnllen mit den Gliedmassen konnte 


der Kopf vor, während und nach dem Schächtact vollständig 
unbeweglich gehalten werden. Muskelkraft brauchte dabei der 
Haltende gar Dicht anzuwenden; mit dem eigenen Körpergewicht 
war er im Stande, den Kopf des Thieres derartig znm Erdboden 
niederzudrücken, dass auch nicht die geringste Beweglichkeit 
mehr möglich war. Bei Anwendung des Kopfhalteapparates geht 
der Schächtact selbst sicherer und schneller von Statten. Sieht 
der den Schächtschnitt ansfnhrende jüdische Beamte, dass ein 
Loslassen des Kopfes absolut unmöglich ist, dann bekommt er 
selbst, die znr Ausführung so sehr nöthige Sicherheit und ruhige 
Besonnenheit. Wie ängstlich sieht eB nicht ans, wenn der 
Schächter mit einer gewissen Unruhe bald denjenigen, der den 
Kopf ‘hält, bald das Schlachtthier selbst mustert, um gewisser- 
massen zu bemessen, welche Gefahren hierbei für seine edle 
Persönlichkeit selbst mit verbunden sein könnten. Er scheint 
sich ?u fragen, ist auch die Kraft des Haltenden gross genug, um 
den Schnitt sicher, ohne sich selbst zu verletzen, aasführen zn 
können? Dieses fällt Alles fort; mit Ruhe und Besonnenheit führt 
der Bpamte vorschriftsmässig den Schnitt aus. Es kann beim 
Kopfhalter nicht Vorkommen, dass durch etwaiges Loslassen des 
Kopfes der Schnitt unvollkommen wird, und somit die Thier¬ 
quälerei zu einer geradezu barbarischen wird. 

Was nun den Apparat selbst anbetrifft, so sind mir nur 
zwei Systeme bekannt; und zwar das von Thielemann-Halber- 
stadt nnd das von Winkler-Gotha construirte. Der Thiele- 
mann’8che Kopfhalter hat die Mängel, dass er sich nur am 
liegenden Thier anbringen lässt, andrerseits bei hornlosen Rindern 
überhaupt nicht angewandt werden kann, da die Hauptbefestigung 
hier an den Hörnern stattflndet Der Winkler’sche — von der 
Firma Beck & Henkel - Cassel zu beziehende — dagegen ist 
änsserst praktisch. Derselbe wird gleich im Stall, wie es hei den 
Schlacbtma8ken geschieht, dem Thier aufgesetzt und kann bei 
jedem Rinde, ob es Hörner hat oder nicht, gebraucht werden. 
Auch ist derselbe der Grösse des Kopfes entsprechend verstellbar. 
Eine ausführliche Beschreibung hier hinzuzufdgen, ist nicht 
nöthig^ da genannte Firma eine solche nebst Abbildung jederzeit 
znr Verfügung stellt. 

Es ist wohl an der Zeit, dass von Seiten der Regierung 
überay dort, wo das Schächten ohne vorhergehende Betäubung 
in öffentlichen Schlachthänsem noch gestattet ist, eine Vorschrift 


Digitized by LjOOQie 






254 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


erlassen wird, die das Schlachten nach jüdischem Ritus zum 
Mindesten nur noch unter Anwendung eines Kopfhalteapparates 
zulässt. Hierbei würde nun die Frage entstehen: „Wer ist zur 
Anschaffung eines solchen Apparates verpflichtet, die jüdische 
Gemeinde oder der Eigenthümer des Schlachthofes?“ Ich bin der 
Meinung, dass dieses Sache des Schlachthofinhabers ist. Ebenso 
wie es zur Schlachthofeinrichtung gehört, Betäubungsapparate 
den Schlachtenden zur Verfügung zu stellen und in Stand zu 
halten, so ist es auch recht und billig, dass da, wo das Schächten 
ohne Betäubung gestattet ist, zum Schlachthof in ventar auch ein 
Kopfhalteapparat gehören müsste. Namentlich, wo die Stadt 
Eigenthüraerin eines Schlachthofes ist, wäre es um so mehr Pflicht 
derselben, einen solchen Apparat auf ihre Kosten anzuschaffen. 
Macht die Stadt keinen Unterschied, wenn es sich um Steuer¬ 
zahlung handelt, ob es ein Jude oder ein Christ ist; müssen Beide 
gleiche Lasten der Stadt gegenüber tragen, dann ist es auch 
billiges Verlangen, dass Beide, Jude wie Christ, dieselben Rechte 
haben, und in einem öffentlichen Institut, wie es der Schlachthof 
ist, jedem die vorgeschriebenen nothwendigen Apparate zur Ver¬ 
fügung stehen. 


Tannoform. 

Von 

Kreisthierarzt Wulf-Bitburg. 

Im August 1897 erhielt ich von der Firma E. Merk, 
Darmstadt einige Packete Tannoform zu Versuchszwecken. 

Das Tannoform, CjgHaoOjs, welches nach J. v. Mering 
(Americ. Med. Jury, Bullet. 1896 pag. 137) in Wasser unlöslich, 
vollkommen geruch- und geschmacklos ist, wird von den Schleim¬ 
häuten des Mundes und des Magens vortrefflich vertragen, da es 
auch in angesäuerten Flüssigkeiten unlöslich und nur im Darm¬ 
safte löslich ist. 

Tannoform soll nach den Erfahrungen der Humanmedicin als 
Adstringens auch antiseptische Eigenschaften besitzen. Ich 
wandte selbiges deshalb mehrfach bei Durchfällen des Jungviehes, 
welche im hiesigen Bezirke häufig beobachtet werden, an. Auf 
dem Gehöfte des Mühlenbesitzers M. in B. sah ich am 9. Sep¬ 
tember vorigen Jahres ein Zwillingskalb, welches seit 14 Tagen 
an Durchfall leiden sollte. Nach Aussage des Besitzers ent¬ 
wickelten sich beide Zwillingskälber bis zu ihrer sechsten 
Lebenswoche egal gut. Vom 24. August vorigen Jahres aber litt 
fragliches Kalb an starkem wässrigen Durchfall, geringer Fress¬ 
lust und magerte immer mehr ab, so dass es am 9. September 
nur das reine Skelett war; seit einigen Tagen war der Durchfall 
blutig und die Fresslust bei dem Thiere vollständig aufgehoben. 

Der Besitzer hatte jede Hoffnung, fragliches Thier zu retten, 
aufgegeben und überliess es mir gerne zu Versuchen mit Tanno¬ 
form. Am 9. und 10. September erhielt das Kalb täglich 4 mal 
je einen Theelöffel voll Tannoform mit Wasser gemischt. Da 
hiernach die Faeces breiig und hellgelb wurden, gab man dem 
Kalbe am 11. und 12. täglich nur 3 mal je einen Theelöffel voll 
Tannoform mit Wasser. Am 12. war der Dünger normal und die 
Fresslust eine ziemlich rege. Am 20. September berichtete der 
Besitzer, dass fragliches Kalb an Fleisch gut zagenommen habe 
und normalen Appetit zeige. Bei meiner Besichtigung am 
18. October zeigten die beiden Zwillingskälber keinen Unter¬ 
schied im Wachsthum und Ernährungszustände. 

Mehrere Kälber im Alter von 8 bis 14 Tagen erhielten bei 
wässerigem Durchfalle pro Tag je 2 Theelöffel voll Taunoform 
und waren nach zweitägiger Verabreichung der Arznei gesund. 

Ein 9 Monate altes Fohlen litt schon seit 5 Monaten an 
leichtem Durchfall und war im Nährzustande znrtickgegangen 
Verschiedene Arzneien, von einem Collegen verordnet, hatten 


nicht geholfen. Dem Fohlen wurde drei Tage hindurch täglich 
3 mal je ein Esslöffel voll Tannoform in Wasser gegeben; es 
gingen am dritten Tage zahlreich Spulwürmer ab, der Durchfall 
war noch nicht vollständig gehoben. Erst nachdem noch drei 
Tage lang Tannoform in gleicher Dosis verabreicht worden war, 
trat vollständige Heilung des Thieres ein. — Auch bei dem Ohr¬ 
wurm des Hundes rief Tannoform nach sechstägiger Behandlung, 
bestehend in täglich einmaligem Einblasen von reinem Tannoform, 
Heilung hervor. — Bei Hautwunden der Thiere habe ich dieses 
neue Arzneimittel häufiger angewandt und zwar mit sehr gutem 
Erfolge, da es wie Prof. Fröhner in No. 13 der B. T. W. an- 
giebt, stets gute Schortbildung erzeugt. 

Tannoform kostet in Blasen zu 100 gr nur 70 Pfg. und kann 
somit für die Veterinär-Medicin als ein billiges und sehr gut 
wirkendes Arzneimittel empfohlen werden, um so mehr, da es 
den Appetit nicht stört, wie andere Präparate so leicht thun. 


Bemerkungen Uber die Gefässe des Penis beim 
Pferde. 

Von 

Professor Dr. Sohmaltz. 

Die Blutversorgung des corpus cavernosum penis, des bulbus 
und corpus spongiosum urethrae, sowie der glans ist durch sorg¬ 
fältige Injectionen, namentlich von Hau smann*) und Kobelt**), 
genau ermittelt worden. Um diese feinere Darstellung der Ge- 
fässgebiete im Penis handelt es sich hier nicht. Ich möchte nur 
einige Bemerkungen machen über die Anordnung der Gefässe 
ausserhalb des Penis, mit Rücksicht auf die hiervon in den ana¬ 
tomischen Handbüchern gegebenen Beschreibungen. 

Am Penis sind als m. o. w. selbstständige Gefässgebiete drei 
Theile zu unterscheiden: 1) der RutheDschwellkörper (corpus 
cavernosum penis); 2) der Schwellkörper des Ruthenstückes (pars 
cavemosa) der Harnröhre (bulbus urethrae und corpus spon- 
giosum); 3) die Eichel (glans). 

An der Blutzufuhr sind beim männlichen Pferde bekanntlich 
dr ei Arteri e n betheiligt, die arteria pudendaexterna, obturatoria 
und pudenda interna (s. a. d. Skizze). 

In den anatomischen Handbüchern liegen darüber folgende 
Beschreibungen vor: 

Ellenberger-Müller-Baum: Die pudenda externa 
giebt Zweige an die Leistendrüsen, den Hodensack, namentlich an 
den Schlauch und ausserdem die art. dorsalis penis ab. Letztere 
läuft in einer Rinne am Dorsalrand der Ruthe mit einem Aste rück¬ 
wärts, mit einem anderen bis zur Eichel; ihre Zweige durchbohren 
die fibröse Haut des schwammigen Körpers und verbreiten sich in 
letzterem (diese Angabe ist wörtlich aus Gurlts Anatomie V. Aufl. 
übernommen). Von der arteria obturatoria iBt nur gesagt, dass 
von ihr ein Zweig in den schwammigen Körper der Ruthe trete. Die 
arteria penis von der art. pudenda interna spaltet sich sogleich 
in die art. dorsalis und art. profunda penis. Die art dorsalis ist nur 
kurz und verbindet sich am dorsalen Rand der Ruthe mit dem an 
letzterem laufenden Ast der obturatoria. Die art. profunda geht in 
den Körper der Harnröhre und dringt mit kleinen Gefässen in die 
Wurzel des corp. cavernorum penis (wörtlich auch so schon in Gurlt, 
V. Auflage dargestellt). 

Frank-Martin: Die äussere Schamarterie (pudenda - 
externa) theilt sich in zwei Hauptäste. Von dep Zweigen der¬ 
selben geht einer an den Hodensack, mehrere an den Schlauch. 
Einer wird zur art. dorsalis penis inferior und anastomoBirt mit der 
oberen Ruthenarterie (vgl. art obturatoria). Art obturatoria: 
der mediale Ast theilt sich am hinteren Sitzbeinrand in folgende 
Aesten 1) die art. co* poris cavernosi penis, welche, den Gesässbein- 
ruthenmuskel durchsetzend, in den cavernösen Körper der Ruthe 

*) Ueber die Zeugung und Entstehung des wahren weiblichen 
Eis. Hannover 1840. 

**) Die männlichen und weiblichen Wollustorgane des Menschen 
und einiger Säugethiere. Freiburg i Br. 1844. 


Digitized by 


Google 


2:-Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


255 


eindringt; 2) die obere RUckenarterie der Ruthe, art. dorsalis penis 
Superior, geht in eine Rinne bis über den Hodensack und anasto- 
mosirt dort mit der art dorsalis inferior. Die art. p u d e n d a 
interna giebt ab die art. bulbosa (art. profunda penis Gurlts); 
diese dringt in die Harnröhrenzwiebel ein. 

Ch auveau-Arloing: Artftre honteuse externe: 
l'artäre dorsale antöricure de la verge gagne le bord supörieur du 
p6nis (aprös avoir fourni une ou deux branches scrotales) etsepar 
tage en deux rameaux: Tun, postörieur, rencontre la dorsale caver- 
neuse de la verge et anastomose avec eile; l’autre, antörieur suit le 
bord dorsal (du pönis) jusqu’A son extremitö antöricure et se plonge 
dans le tissu örectile (de cette exti emitö = glandis penis). A r 16 r e 
obturatrice: il en est deux ou trois (branches), qui se portent 
Bur les racines du pönis pour se plonger dans le tissu 6rectile du corps 
caverneux; l'une (Teiles, beaucoup plus importante, est d6signe sous 
le nom d’artere caverncuse, Ce vaisseau—atteint la racine du corps 
caverneux et s'y plonge par plusieurs rameaux, aprös s’avoir fourni — 
Tariere dorsale posterieure de la verge. Celle ci — va s'anastomoser 
avec le rameau postörienr de la dorsale antörieure. Art 6 re 


betheiligt wird. Bei den Thieren ohne Eichel liefert die pudenda 
interna ausschliesslich die Versorgung auch des Ruthenendes. 

Die arterielle Versorgung des Penis beim Pferde ist demnach 
eine ganz besondere. 

Ich habe an einer Anzahl von Injectionen den Verlauf der 
oben citirten Arterien geprüft und gefunden, dass die in den 
Anatomien gegebene Beschreibung, namentlich diejenige von 
Gurlt-Ellenberger-Müller, einiger Modificationen bedarf. Die 
Anordnung der drei Arterien des Penis ist folgende: 

Die arteria pudenda interna geht beim Pferde neben 
dem Beckenstück der Harnröhre vorbei, jederseits zwischen der 
glandula bulbo-urethralis(Cowperi) und dem mnsc. ischio-cavernosus 
in den bulbus urethrae. Sie versorgt also diesen für die Erection 
sehr wichtigen Theil des Harnröhrenschwellkörpers. Sie ist des¬ 
halb auch bereits von Frank-Martin und Chauveau-Arloing 
zutreffend als arteria bulbosa (bulbeuse) bezeichnet und auch 



bulbus u reib rar 

a rteria 
! b,u I b i 


I.tutf iler Harnröhre 


Sittbeinhaciitr 


Harn 

blase 


Poramen 

nh/uruturn 


Jnnstunmsr d .obturatoria 
u.pudenda interna 


arteria 

profunda 

.penis 


& u pudtndOi 


honteuse interne: Quant ä 16xtr6mit6 terminale du vaisseau, 
eile s’intinue sous le rauscle acc616rateur et se partage immödiate- 
raent en une multitude de ramuscules, qui se plongent au milieu du 
tissu 6rectile du bulbe urätral. Quelque fois la bulbeuse donne seule- 
ment la dorsale postörieure de la verge. 

Schliesslich seien zum Vergleich die Verhältnisse beim 
Manne hier angeführt: Hier scheiden art pudenda externa und 
öbturatoria überhaupt aus. Die Zufuhr besorgt die arteria 
pudenda interna allein. Dieselbe giebt an den Penis 
drei Hauptäste: eine arteria bulbi urethrae in die Harn röhre n- 
Zwiebel, eine arteria profunda penis in die Wurzel der corpus 
cavernosum penis und eine arteria dorsalis penis, welche von der 
Peniswurzel her auf der Rückenfläche des Penis entlang bis zur 
Biohel zieht 

Beim Hunde verhalten sich die Arterien übrigens ganz ähnlich 
wie beim Manne, d. b. die art pudenda interna ist das Hauptgefass, 
giebt die art. bulbr ab und spaltet sich in profunda penis und 
dorsalis penis, letztere anastomosirt jedoch (nach E 11 e n b e r g e r) 
mit der art pudenda externa, so dass diese an der Blutzuleitung 


richtig beschrieben worden. Nach dem neuen Nomenclator ana- 
tomicus hom. wird der Name jedoch in arteria bnlbi urethrae 
umzuwandeln sein. Ihre Darstellung und Benennung in der 
Anatomie von Gurlt-Ellenberger-Müller ist demnach nicht 
richtig. Sie kann weder arteria profunda penis genannt werden, 
noch spaltet sie sich in diese und die arteria dorsalis penis. Ihr 
Stamm geht vielmehr ganz in den bulbus urethrae. Sie giebt 
jedoch constant einen langen, aber dünnen Zweig ab, welcher mit 
der art. obturatoria anastomosirt. Als eine Spaltung des Stammes 
kann <Rese einfache und relativ schwache Anastomose ebensowenig 
beschrieben werden, wie der anastoraosirende Ast als arteria 
dorsalis penis, da er das dorsum penis gar nicht erreicht (obwohl 
er den nervus dorsalis penis bis an die Ruthenwurzel begleitet). 

Die arteria obturatoria zieht mit dem hier in Betracht 
kommenden Ast an der Unterfläche des Sitzbeins bis zum 
hinteren Sitzbeinrand (arcus ossium ischii) und dringt durch den 


Digitized by 


Google 




256 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


hier entspringenden mnsc. iscbio-cavernosus jederseits in das crus 
corporis cavernosi penis. Ein schwacher Ast von ihr geht noch 
einige cm weit auf dem Penis (auf der der Harnröhre entgegen¬ 
gesetzten zum dorsum penis werdenden Fläche) entlang, uip sich 
dann ebenfalls ins corpus cavernosum penis einzusenken. Dieser 
Ast bildet eine nur etwa in der Hälfte der Fälle vorhandenen 
Anastomose mit einem der hinteren Aeste der arteria pudenda 
externa (die Anastomose ist eventuell auch nur einseitig). Ein 
anderer Zweig dieses Astes bildet die schon beschriebene 
constante Anastomose mit der arteria pudenda interna. (Einmal 
fand sich auch ein Zweig, der von der arteria obturatoria 
schon oberhalb des foramen obturatum abgegeben worden war 
und, in der Beckenhöhle bis zum hinteren Sitzbeinrand gelaufen, 
ebenfalls in die Anastomose mit der arteria pudenda interna ein¬ 
trat). Die arteria obturatoria versorgt also, wie überall zutreffend 
angegeben ist, die Wurzel des Ruthenschwellkörpers. Dieser 
Hauptast ist die arteria profunda penis hom. Die bisherige 
Benennung arteria corporis cavernosi muss dementsprechend umso¬ 
mehr geändert werden, als durch diesen Namen der Anschein 
erweckt werden kann, als ob sie die einzige oder Haupt-Arterie 
des corpus cavernosum sei, was gar nicht der Fall ist Wie die 
arteria pudenda interna, giebt auch die arteria obturatoria auf 
die Oberfläche des Penis nur eine mässige Anastomose, die noch 
dazu häufig fehlt, ab. Dieselbe ist in den oben citirten Quellen als 
arteria dorsalis penis superior (dorsale posterieure) genannt 
worden. Dieser Name kann, wie ich meine, um so eher eine un¬ 
zutreffende Vorstellung erzeugen, als der Ast ganz kurz ist und 
gar nicht unmittelbar auf dem Penis entlang läuft; es ist eben 
ein einfacher ramus anastomoticus*). Ellenberger-Müller er¬ 
wähnen ihn nur als Anastomose mit der arteria pudenda interna, 
nicht aber seine Anastomose mit der pudenda externa und be¬ 
zeichnen ihn deshalb auch nicht als hintere Rückenarteriev Als 
solche nennen diese Autoren vielmehr, wie schon oben erwähnt, 
den ramus anastomoticus der arteria pudenda interna. 

Die acteria pudenda externa giebt, aus dem Leistencanal 
hervorgetreten, lange Zweige an den Schlauch. (Allgemein wird 
angegeben, dass sie auch Aeste an den Hodensack giebt. Ich 
habe bei ein em Hengst keinen solchen gefunden, was aber natürlich 
die bisherigen Angaben nicht widerlegt) Der Stamm der pudenda 
erreicht den Penis überhaupt nicht, sondern theilt sich vorher in 
ein vorderes und ein hinteres Büschel Aeste, welche langgestreckt 
nach dem Penis ziehen. Die Stellen, wo sie den Penis erreichen, 
liegen meist (mit einer Ausnahme, wo die Aeste mehr auf einen 

*) Bei dieser Gelegenheit möchte ich eine andere nicht un¬ 
wichtige Anastomose der arteria obturatoria erwähnen, welche nicht 
beschrieben ist. Im foramen obturatorium entspringt ein Ast (X), 
der somit innen und hinten am Pfannengelenk zu liegen kommt. 
Dieser Ast bildet 2 Paar Anastomosen, nämlich: , 

1) — nicht constant — a) Eine Anastomose mit der obturatoria 
der anderen Seite. Diese Queranastomose liegt unter den rami 
superiores (Querästen) des Schambeins hinter den ligamenta 
accessoria, d. h. der von der Sehne des graden Bauchmuskels zu 
den Oberschenkelköpfen tretenden Sehnenschenkels, b) Aus diesem 
Gefässbogen jederseits eine Anastomose zur arteria pudenda externa 
und zwar zu dem an den Penis gebenden Ast. 

2) Eine doppelte Anastomose mit der arteria circumflexa femoris 
medialis (posterior), a) Die eine Anastomose geht unmittelbar'neben 
der Pfanne aus dem foramen obturatum in die circumflexa, bezw. 
noch in den Stamm der a. femoris profunda, welche sich hier zwischen 
Pfannengelenk und rausc- ilio-psoas zur hinteren Fläche des femur 
wendet b) Der fortlaufende (oben mit X. markirte) primäre Ast 
giebt Zweige an die untere und hintere Fläche der Pfannengelenks- 
Kapael (während die obere und vordere Fläche derselben von der 
arteria circumflexa femoris lateralis versorgt wird), geht dann vom 
caput femoris lateral gegen den trochanter major, dann am lateralen 
Rand der Hinrerfläche des femur herab ebenfalls in die circumflexa 
posterior. 


Fleck, etwa in der Mitte des Penis herantraten) weit von einander. 
Die hinteren Aeste laufen, ohne sich dem Penis anzulegen, bis 
gegen die Peniswurzel und dringen an Rücken- bezw. auch 
Seitenflächen ins corpus cavernosum penis. In etwa der Hälfte 
der Fälle kommt zwischen einem derselben und der art. obtu¬ 
ratoria die oben erwähnte Anastomose zu Stande. Die vorderen 
Aeste dringen etwa von der Mitte des Penis ab ebenso in die 
vordere Hälfte der corpus cavernosum penis. Einer dieser Aeste 
legt sich von der Mitte bezw. vom Beginn des vordersten Ruthen¬ 
drittels ab der dorsalen Penisfläche auf und läuft auf ihr in die 
Eichel. Diese Arterie (von der nur wenige Aestchen ins corpus 
cavernosum sich abzweigen) ist verhältnissmässig schwach, war 
in einem Falle sogar nur einseitig. Eine Verbindung zwischen 
ihr und den in den hinteren Theil des Penis gehenden Aesten 
der pudenda externa in Gestalt einer den dorsalen Rand des 
Penis von der Wurzel ab begleitenden Rückenarterie existirt 
nicht. Es giebt mithin beim Pferde keine eigentliche 
arteria dorsalis penis, wie beim Menschen. Der Lage nach 
könnte man nur den nach der Eichel gehenden Ast als die arteria 
dorsalis inferior (anterior) anerkennen. Da aber diese der art dorsalis 
penis hominis nur zum Theil entspricht, so wäre vielleicht der 
Name arteria dorsalis besser fallen zu lassen und jener Ast, 
seiner einzigen Bestimmung entsprechend, als arteria glandis 
zu bezeichnen. Im Uebrigen ergiebt sich, dass die arteria pudenda 
externa keineswegs blos diese arteria dorsalis anterior, sondern 
sehr zahlreiche lange rami corporis cavernosi abgiebt (s. d. Skizze), 
welche sich in den anatomischen Beschreibungen nicht erwähnt 
finden. Dieselben sind regelmässig vorhanden, bisweilen auf der 
einen Seite zahlreicher als auf der ande-en. Die art pudenda 
externa giebt also nicht blos die Arterie für die Eichel, sondern 
ist eine der obturatoria (profunda penis) ebenbürtige Versorgerin 
des. Ruthenschwellkörpers, den sie, von aussen betrachtet, in 
seiner ganzen Länge beschickt, während die obturatoria sich auf 
die Wurzel beschränkt 

Zusammenfassung: Die Eichel erhält (abgesehen von dem 
aus dem Harnröhren schwellkörper ihr zuströmenden Blut), aus 
der arteria pudenda externa eine directe arterielle Zufuhr, welche 
als arteria glandis (arteria dorsalis penis anterior s. inferior 
der Autoren) zu bezeichnen ist. Der Ruthenschwellkörper 
erhält 1) in seiner ganzen Länge eine Anzahl Aeste von der art 
pudenda externa (rami corporis cavernos. oder arteriae 
superficiales penis) und 2) den Hauptast der arteria obturatoria, 
welcher in die Penis-Wurzel dringt und die arteria profunda 
penis hom. bildet (art. corporis cavernosi der Autoren). Der Harn¬ 
röhrenschwellkörper wird von dem ganzen Endstarara der 
art. pudenda interna als arteria bulbi urethrae (bnlbosa) 
versorgt.*) 

Beim Manne existirt ein genau entsprechender Ast. Als art. 
profunda penis darf das Ende der art. pudenda interna nicht 
bezeichnet werden, weil die profunda penis hom. nicht in den 
bulbus urethrae, sondern in das crus penis geht. Die profunda 
ist vielmehr beim Pferde, wie gesagt, das Ende der obturatoria. 

Beim Menschen und ähnlich bei den anderen Hausthieren 
versorgt die art. pudenda interna den Penis allein; sie giebt die 
arteria bulbi ab und spaltet sich dann in eine art. profunda und 
art. dorsalis penis. Beim Pferde endet die pudenda interna schon 
als art. bulbi. Sie kann sich daher auch nicht in eine arteria 
profunda und dorsalis spalten (vgl. Gurlt-Ellenberger-Müller). 

*) Uebrigens hat Hausmann (s. pg. 254, Anm.) durch seine 
feinen Injectionen festgestellt, dass zwischen dem Gefässgebiet des 
Harnröhren- und Ruthenschwellkörpers (art bulbi und art profunda 
penis) Anastomosen bestehen. Es giebt auch, von aussen betrachtet, 
die art. bulbi Zweigehen an die Ruthenwurzel und die art obturatoria 
desgl. an den bulbus urethrae. 


Digitized by LjOOQie 






2. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


257 


Diese Aeste werden von der art. obturatoria und pudenda externa 
abgegeben; und zwar bildet die Obturatoria die profnnda penis; die 
pudenda externa schickt diejenigen Zweige ins corpus cavernosura, 
welche beim Menschen aus der art. dorsalis entspringen, vertritt 
also die letztere. Eine eigentliche auf dem dorsalen Rand des Penis 
von der Wurzel aus entlang laufende art. dorsalis existirt 
beim Pferde überhaupt nicht Nur das vordere (auch beim 
Manne in die Eichel gehende) Stück der art. dorsalis penis hom. 
ist als arteria glandis (dorsalis anterior) — ebenfalls ein Ast der 
pudenda externa — vertreten.*) 

Die drei beim Pferde den Penis versorgenden Arterien 
bilden in der Nähe der Peniswurzel eine Tripel- 
Anastomose, indem sich einer der hinteren Aeste der pudenda 
externa mit einem oberflächlichen Zweige der obturatoria und 
dieser wieder mit einem aus dem Becken tretenden Zweige der 
pudenda interna verbindet. Doch ist nur die Anastomose 
zwischen obturatoria und pudenda interna constant, die zwischen 
letzteren beiden und der pudenda externa nicht. [Dagegen 
bildet die obturatoria eventuell schon unter dem vorderen Scham¬ 
beinrand eine Anastomose mit d.em pudenda externa — s. Anm.] 

Schliesslich mögen hier folgende Bemerkungen über die 
Venen angehängt werden. Der ganze Rücken des Penis ist von 
einer Venenmasse lose bedeckt. Man kann in der Hauptsache 
etwa 4 mächtige Langstämme (mit Klappen) unterscheiden, welche 
durch zahlreiche Anastomosen verbunden sind. Dieselben ent¬ 
stehen vorn aus dem schotenförmigen fingerlangen Fortsatz, 
welchen der Eichelscbwellkörper auf das dorsum penis schickt. 
Sie bilden also den Abzug für das Eichelblut und nehmen auch 
die Venen des Ruthenschwellkörpers auf. Auf der hinteren Hälfte 
des Penis wird die Venenmasse erheblich schwächer und voll¬ 
ständig geflechtartig. Die Abflüsse sind folgende: 1. Den 
weitaus stärksten Abfluss bildet die vena pudenda externa, welche 
etwa in der Mitte des Penis aus der Venenmasse (die von hier 
ab nach der Ruthen-Wurzel zu oben deshalb erheblich schwächer 
wird) entsteht, eine mächtige Queranastomose mit der der anderen 
Seite bildet und bekanntlich unter dem Schambeinrand nach 
hinten ziehend, hinter dem musc. pectineus in den Schenkelkanal 
(canalis adductorius, nach dem nomenclator anatomicus) eindringt, 
während ein nur schwacher Ast die Arterie vor dem Schambein¬ 
rand in den Leistencanal begleitet. 

2. Am musc. ischio-cavernosus geht aus dem schwächer ge¬ 
wordenen Venengeflecht jederseits ein (injicirt etwa bleistiftstarker) 
Ast hervor, welcher durch den musc. ischio-cavernosus auf die 
Unterfläche des Sitzbeins nach dem Lauf der art. obturatoria 
geht und zur vena obturatoria wird. 

3. Aus dem bulbus urethrae kommt eine verhältnissmässig 
recht schwache Vene, welche die art. pudenda interna begleitet 
[Der Hauptast der vena pudenda interna geht durch ein Loch 
des ligamentura sacro-spinosum et-tuberosum aussen um den 
äusseren Sitzbeinast (ramus superior) herum auf die Unterfläche 
des Sitzbeins und anastomisirt da mit der vena obturatoria.] 

Eine Vene, welche etwa am hinteren Rand des Sitzbeins 
durch den musc. ischio-cavernosus von der Unterfläche zur Ober¬ 
fläche des Sitzbeins, d. h. von der dorsalen Venenmasse (bezw. 

*) Was die Blutversorgung des weiblichen Penis, d. h. der 
Clitoris betrifft, so scheidet die pudenda externa (weil ihr Oefäss- 
gebiet der Unterbauch ist) selbstverständlich aus. Es sind nur 
pudenda interna und obturatoria betheiligt, welche am hinteren 
Sitzbeinrande anastomosiren. Aus der jederseitigen Anastomose geht 
eine art dorsalis clitoridis bis zur glans clitoridia. Es kann jedoch die 
eine Arterie die andere völlig vertreten. Ja es kommt sogar vor, 
dass auf der einen Seite lediglich ein Ast der pudenda interna, auf 
der anderen nur ein solcher der obturatoria in die Clitoris eintritt. 


von der vena obturatoria) in das Becken zur vena pu4enda interna 
ginge, 1 existirt nicht. 

Demnach kann bei der Erection bezw. bei der an derselben 
mitwirkenden Stauung der hintere Venenabfluss (2 und 3) bezw. 
dessen Sperrung nur eine Nebenrolle spielen. Eine eigentliche 
venöse Stauung kann erst eintreten bei Sperrung des vorderen 
Abzuges, d. h. der äusseren Schamvenen. Diese findet, wie schon 
Günther sen. betont hat, erst bei der Begattung, und zwar als 
einfache Folge der Stellung des Hengstes statt, durch welche die 
venae pudendae gegen den Schambeinrand zusammengepresst 
werden. Hierdurch erklärt es sich einfach, warum die Eichel 
während der Begattung einen so ausserordentlichen Umfang an¬ 
nimmt, während sie vor dem Einspringen mässig gefüllt erscheint. 

Referate. 

Die Ueberbeine an den Gliedmassen des Pferdes. 

Von Vogt 

(W f. Th. und Vlehz. 7—9, 98) 

Die Ueberbeine an den Pferdefüssen führt man hauptsächlich 
auf mechanische Einwirkungen zurück. Auch die meisten Sports¬ 
leute und hippologischen Schriftsteller glauben, dass die Ueber¬ 
beine durch Anschlägen entstehen. Der alte Havemann erklärt 
sich gegen diese Theorie und bringt das Auftreten von Osteophyten 
am Metacarpus mit dem Bau des Carpus zusammen. Auch 
Dieckerhoff hat die anatomische Einrichtung zur Erklärung der 
Entstehung der Ueberbeine herangezogen. Er weist darauf hin, 
dass die fascia antibrachii an der Volarfläche jederseits mit einem 
Schenkel am Griffelbein endige, dass diese Fascienschenkel be¬ 
lastet würden, namentlich der mediale, und dass durch abnorme 
Belastung hier Veränderungen entstünden. Dieckerhoff nennt die 
so entstehenden Ueberbeine spontane. Auch die Vererbung wird 
in Betracht gezogen. 

Vogt wendet sich nun gegen die Anschauung Havemann’s. 
Dieser hatte darauf hingewiesen, dass das os multangulum minus 
ausschliesslich auf dem medialen Griffelbein liege und bei un¬ 
gleicher Belastung der Vorderfusswurzel Verschiebungen des 
medialen Griffelbeins bedinge, wodurch es zu Zerrungen des 
Periosts zwischen Griffelbein und Metacarpus und zu Knochen¬ 
auftreibungen komme. Dagegen ist einzuwenden, dass Exostosen 
an den correspondirenden Stellen aussen am Metacarpus auf- 
treten, dass der Bau der Vorderfusswurzel dagegen spricht und 
dass Entzündungsprocesse am Carpalgelenk beim Auftreten von 
Ueberbeinen fehlen. Der Druck der Körperlast fällt zunächst 
auf das os radiale, und zwar nach dessen medialer Seite, also 
mehr »in die Mitte des Gelenks. Ein einseitiger Druck auf das 
os multangulum minus fällt deswegen weg. Ausserdem 
ist dasselbe mit den anderen Knochen so innig verbunden, dass 
eine Verschiebung nicht in Frage kommen kann. Es müssten mit 
einer solchen Verschiebung auch nothwendig sich pathologische 
Processe am Carpus vereinigen. Bänderzerrungen können nicht 
ohne nachtheiligen Einfluss auf die fraglichen Gelenke bleiben 
und solche Bänderzerrungen müssen doch der Verschiebung des 
genannten Knochens vorangehen. Wenn, was allgemein an¬ 
genommen wird, das Sprunggelenk auf Bänderzerrungen mit 
bleibender Lahmheit und Knochenneubildung reagirt, so könnte der 
gleiche Vorgang auf das Carpalgelenk nicht ohne Wirkung 
bleiben. Damit fällt die Havemann’sche Anschauung und auch 
8ämmtliche Ansichten, welche sich auf dieselbe stützen. 

Anders verhält es sich mit der Di eck erhoff sehen An¬ 
schauung, welcher Zerrungen der Carpalbinde als Ursache be¬ 
zeichnet. Nach Vogt’B Anschauung kommt diese Auffassung 
dem wirklichen Sachverhalt am nächsten. Nur glaubt V. nicht, 


Digitized by CjOOQie 




258 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


dass der Einfluss der Zerrungen sich hauptsächlich an den 
Fascienschenkeln bemerklich mache und sich vom subfascialen 
Bindegewebe aus auf das Periost ausdehne; denn da könnten 
entsprechend der jeweiligen Ausdehnung der Exostose immer nur 
eine beschränkte Zahl Fascienfasern gezerrt und entzündet 
gewesen sein. Eine Zerrung würde sich vielmehr auf den ganzen 
Fascienschenkel erstrecken. Die Fascienschenkel setzen sich an 
den volaren Rand der Griffelbeine an und gehen von hier in 
dünner oberflächlicher Lage in das angrenzende Gewebe über. 
Wenn sich ein Entzündungsprocess in den Carpalbinden abspielen 
würde, so müssten Knochenneubildungen zunächst am hinteren 
Rand der Griffelbeine auftreten und von da seitlich übergreifen, 
wir würden dann hinten die ältesten und vorn die jüngeren Ver¬ 
änderungen treffen. Man findet aber, dass die Knochenneu¬ 
bildung gleicbmässig vom Metacarpus und vom Griffelbein aus¬ 
geht. Es muss mithin ein Reiz eingewirkt haben, der an zwei ein¬ 
ander gegenüberliegenden Punkten eingesetzt hat. Vogt gelangt 
daher zu der Ansicht, dass die Bildung der Exostose mit der 
Verknöcherung der ursprünglichen bindegewebigen Verbindung 
zwischen Griffelbein und Metacarpus aufs engste zusammenhängt. 
Diese Verknöcherung ist bereits erblich geworden. Sie tritt bei 
Bämmtlichen Pferden nach dem ersten Lebensjahre mehr oder 
weniger ausgedehnt auf und wird vielleicht später einmal schon 
bei der Geburt ausgebildet sein. Am frischen Präparat kann 
man sich überzeugen, dass bei Belastung der Gliedmassen durch 
die Carpalbinde ein beträchtlicher Zug auf die Griffelbeine aus¬ 
geübt wird, der um so stärker ausfällt, je mehr der Carpalwinkel 
sich öffnet, d. h. je mehr sich das Stützbein der abstemmenden 
Stellung nähert. An der medialen Seite bekommt der betreffende 
Bindenschenkel noch einen Zuzug vom flexor carpi ulnaris. 
Durch diesen Zug nun werden beim jungen Thiere die Griffel¬ 
beine vom Metacarpus abgezogen, und zwar medial Btärkqr als 
lateral. Dadurch wird das ligamentum interosseum gespannt, und 
fia es von beiden Seiten in das Periost übergeht, so tritt hiermit 
die Möglichkeit einer Reizwirkung auf das Periost des Metacarpus 
und des Griffelbeins ein. Es führt dies zunächst zur Ver¬ 
knöcherung des Zwischenknochenbandes. Diese Verknöcherung 
ist an den Vordergliedmassen innen immer stärker als aussen. 
An den Hintergliedmassen ist die Verknöcherung nicht so 
stark ausgeprägt; auch hier aber ist die Verknöcherung innen 
stärker. 

Der Reiz nun, welchen die physiologische Verknöcherung 
zwischen Metacarpus und Griffelbein herbeiführt, die eigentlich 
in ihrem Anfang auch pathologisch ist, wird nun ab und zu 
durch stärkere Anspannung zu einem pathologischen werden. Es 
wird sich dann eine Periostitis ossificans einstellen. Die Ueber- 
beine sind demnach nichts Anderes als eine abnorme Ver- 
grös8erung einer normalen Verknöcherung zwischen Mittelfuss 
und Griffelbein. Dass höher aufwärts am Griffelbein noch ein 
zweites Ueberbein entstehen kann, wenn weiter abwärts schon 
eins sich gebildet hat, erklärt sich leicht; denn so lange nicht 
völlige Verknöcherung erfolgt ist, bleibt immer oberhalb Be¬ 
wegungsmöglichkeit. Auch die Entstehungszeit der Exostosen ist 
mit der Vogt’schen Anschauung in Einklang zu bringen, denn 
wenn erst die normale Verknöcherung zwischen den Fussknochen 
vollendet ist, tritt nie mehr ein spontanes Ueberbein auf. Deren 
Entwicklung ist somit auf das jüngere Lebensalter beschränkt. 
Unter diesen Umständen können auch die bisher zur Verhütung 
der Ueberbeine empfohlenen Massnahmen, wie Bandagiren 
u. dergl., nichts nützen. Ebenes Auftreten, Schonen der Trachten, 
alle Vorkehrungen, welche die Zerrungen abschwflchen können, 
könnten noch am meisten nützen. 


lieber Temperatnrmessnngen bei grossen Hausthieren. 

Von Professor W. Eber-Berlin. 

(ZelUchr. f. Thlermed. 1898 H. 1) 

Bei einer früheren Gelegenheit hat E. bereits darauf hin¬ 
gewiesen, dass bei der Temperaturmessung unserer grossen 
Hausthiere leicht Fehler in der Feststellung der Körperwärme 
entstehen, wenn nicht gewisse Vorschriften inne... gehalten 
werden. 

Vergleichende Messungen haben ergeben, dass die laugen 
Thermometer (18—20 cm) die unzuverlässigsten Resultate geben 
und meist 0,2—0,4° weniger anzeigen als die kurzen Thermometer. 
Als Ursache dieser Abweichung wird angenommen, dass die Queck¬ 
silberkugel bei den langen Thermometern entweder frei in den 
ampullenartig erweiterten Mastdarm hineinragen oder auch irr 
einen Kothballen versenkt werden kann. Die kleinen Thermo¬ 
meter werden dagegen von Sphincter- oder Mastdarmschleimhaut 
fest umschlossen. Letztere haben weiter den Vorzug, dass:'-sich 
störrische Thiere dem Einfuhren nicht so sehr widersetzen als bei 
der Verwendung langer Thermometer und deshalb auch weniger 
zerbrochen werden. 

E. empfiehlt daher bei Tuberculinproben das auf seinen Vor¬ 
schlag verbesserte Kaninchen-Thermometer Hauptner’s zu ver¬ 
wenden. Die Verbesserung besteht in der Entfernung der ge¬ 
wöhnlichen Metallkappe, die sich nach einer grösseren Anzahl 
von Messungen stets lockert. Die Glasröhre wird jetzt oben zu¬ 
geschmolzen und etwa 2 cm unterhalb des oberen Endes eine ring¬ 
förmige Furche zur Befestigung des Fadens angebracht. 

DieseForm des Thermometers führt dieBezeichnungHauptner’s 
Reformthermometer. 

Verf. macht noch darauf aufmerksam, dass auch eine Steige¬ 
rung der Temperatur um 0,4° erzeugt werden könne, wenn das 
Thermometer zur wiederholten Controlle des Temperaturstandes 
öfter herausgezogen und zurückgeschoben werde. Diese Mani¬ 
pulation verursache eine Hyperämie im Anus und somit eine 
künstliche Erhöhung der Temperatur. 

Die Differenzen von 0,4° nach oben und nach unten müssen 
aber vermieden werden, wenn bei den Tuberculosetilgungsver- 
suchen ein sicheres Resultat erzielt werden soll. 

Zar Epidemiologie der Psittacosis (Papageienkrankheit). 

Von D up uy. 

(Progrfc* medical 41|43 97). 

Die Psittacosis wurde zum ersten Male im Jahre 1892 in 
Paris beobachtet und hat seitdem fast jedes Jahr kleine Epide¬ 
mien veranlasst. Mit den zwei Fällen, welche D. in diesem Jahre 
beobachtete, ergaben sich im Ganzen 70 Fälle, wovon 24 mit 
tödtlichem Ausgange. Diese relativ hohe Sterblichkeit (über 
34 pCt.) macht es erklärlich, warum Aerzte und Behörden der 
Papageienkrankheit eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken. 
Nachdem auch der Krankheitserreger bacteriologisch erwiesen 
ist, stellt sie sich als eine ganz specifische Infectionskrankheit dar, 
welche von Thier auf Mensch, von Mensch auf Mensch, so¬ 
wie auch von den durch die Thiere verunreinigten Gegenständen 
auf diesen übergehen kann. Dem in der Abhandlung beschriebenen 
Symptomenbilde schliessen sich die ausführlich dargelegten 
prophylactischen Massregeln an, welche sich theilweiBe schon aus 
der Aetiologie ergeben. (Münch. Med. Woch. 47/97). 

Ueber den schädlichen Einfluss von Mikroorganismen 
auf die könstliche Forellenzucht. 

Von Andreas v. Zilah. Aus dem k. k. embryologischen - 
Institute des Prof. Schenk in Wien. 

(Oeaterr. Moualwchr. f. Thlerhlk. 189 H. 10) 

Verf. bemerkt einleitend, dass es die Fische im Kampfe um 
das Dasein nicht leicht haben. Eine grosse Anzahl Sohädlich- 


Digitized by LjOOQie 





2. Juni 1898. 

keiten drohen ihren Keimen nnd den entwickelten Fischen. Für 
den Fischzüchter hat es ein besonderes Interesse, die Feinde der 
Fische und ihrer Brat zu kennen. Aus dem Thierreich stellen den 
Fischen nach die Fischottern, die Wasservögel der verschiedensten 
Art, Frösche, Salamander, Schlangen nähren sich von Fischbrut 
und vertilgen junge Fische. Wasserinsecten, die Schwimm- und 
Wasserkifer, Tauchkäfer (Dycticidae), weiter die Karpfenlaus ge¬ 
hören zu den gefährlichsten Feinden der Fische. Nicht zu ver¬ 
gessen sind schädliche Einflüsse chemischer und mechanischer 
Art, die oft den Fischreichthum von Bächen oder kleinen Flüssen 
zerstören. Chemische Stoffe, welche aus Fabriken in die fliessen¬ 
den Gewässer abgeleitet werden, richten oft die Fischzucht zu 
Grunde. Manche fischreiche Gebirgsbäche sind andererseits 
dadurch fischarm geworden, dass Holzsflgespäne ans Sägemühlen 
ins Wasser gelangten, sich in die Kiemen der Fische festsetzten 
und hier als fremde Körper wirkend die Circulation behinderten, 
bis die Fische endlich zu Grunde gingen. 

Ofb sind es auch Pilze, die eine schädliche Wirkung auf die 
Fische, noch'mehr auf die Fischbrut ausüben. 

Der Verf. beobachtete bei seinen Studien über die Ent¬ 
wickelung der Fische, dass Forelleneier öfters ohne äussere Ver¬ 
anlassung in grossem Wässern trübe wurden und abstarben. Als 
Ursaehe dieser Erscheinung, wies er den Bacillus fluorescens 
liquefaciens nach. Das Brutwasser, oder die aus demselben 
herausgenommenen Eier, gaben auf Gelatine- und Agarplatten die 
characteristischen grünlich fluorescirenden Culturen, welche den 
Nährboden schnell verflüssigen. Auch aus Membranstückchen und 
Dotterpartikelchen todter Eier konnte der Mikroorganismus ge¬ 
züchtet werden. Es besteht also kein. Zweifel, dass der sonst 
als nicht pathogen bekannte Bacillus Forelleneier vernichten kann. 
Zuweilen wurde gleichzeitig der B. fluorescens non liquefaciens 
gefunden. Die Einwanderung der kleinen Bacillen in die Forellen- 
efcer kann leicht vor sich gehen, denn die Eihülle ist von verhält- 
nissmässig grossen radiär verlaufenden Poren durchbrochen. 

; Die Erfahrung, dass nicht zu den pathogenen zählende Mikro¬ 
organismen tödtlich auf Keime während der Entwicklung ein¬ 
wirken, hat schon Lederer bei seinen Versuchen an Hühner¬ 
eiern gemacht. 

Kleine Mittheiluugen. 

Zar Verhütung des Prolapsus uteri. 

NU88 schreibt in der Dtsch. tbierärztl. W.: Das Vernähen 
der Schamöffnung, um einen Prolapsus zu verhüten, ist an und 
für sich ein sehr unsicheres Mittel. Auch setzen die zurück¬ 
bleibenden Narben den Verkaufswerth der Thiere herab. N. hat 
daher nicht die leicht zerreisslichen Schamlippen, sondern die 
Haut bei den Gesässbeinhöckern in eine Naht fest zusammen¬ 
gezogen, wodurch eine Ausdehnung der Scheide unmöglich 
gemacht wird. Diese Nähte sitzen wegen der Derbheit jener 
Haut sehr gut und reissen nie aus. Die Narben werden durch 
die Haare verdeckt. Das Durchstechen der Haut ist allerdings 
ziemlich schwer, sodass man am besten eine am Heft sitzende 
Nadel verwendet. 

Uterusverdrehung bei der Stute. 

Bezirksthierarzt Siecheneder theilt in der Wschr. f. Thier- 
heilkunde, März 1898, Folgendes mit: 

Nach Frank soll die Uterustorsion beim Pferde sehr selten 
sein. Auch S. hat nach 20jähriger Praxis zum-ersten Male eine 
solche beobachtet. Die 9jährige Fuchsstute wies alle Anzeichen 
der nähem Geburt auf, war aber mit Schweiss bedeckt und sehr 
unruhig. Sie zeigte schon seit drei Viertel Tag beunruhigende 
-Erscheinungen und der Besitzer hatte auf Kolik geschlossen. 
Die manuelle Untersuchung durch die Scheide ergab eine reicli- 


259 

liehe halbe Drehung des Uterus. Mit grosser Mühe nur konnte 
ein Finger in den Gebärmutterhals eingeführt werden. Es wurde 
nun ein genügender Platz zurecht gemacht, Vorder- und Hinter- 
fü8se je für sich zusammengebunden und mit 5 Mann die Wälzung 
des Mutterthieres vollzogen, was beim Pferde freilich recht schwer 
ist. Nach lOmaliger Umdrehung gelang die Lösung vollständig 
und nach einer halben Stunde wurde die Geburt eingeleitet, 
wobei das sehr schwere Junge auch noch in fehlerhafter Haltung 
sich befand. Nachtheilige Folgen traten nicht ein. 

Warzenpooken bei einer Kuh. 

Nach einer Mittheilung von Heichlinger in der W. f. Th. 
hatte eine 4jährige Kuh auf allen Eutervierteln stecknadelkopf- 
bis erbsengrosse hellrothe, feste, schmerzhafte Knötchen, sowie 
erbsen- bis haselnussgrosse gelbliche bis bläulichweisse, im 
Centrum eingedrückte, rothumränderte Bläschen mit serös¬ 
trübem Inhalt oder mit Eiter gefüllt. Andere Pusteln waren 
verschorft. Nach 14 Tagen war die Eruption im Ganzen ab¬ 
geheilt. Irgend welche Ursache dieser pockenartigen Hautkrank¬ 
heit war nicht zu ermitteln. Weder ein anderes Thier noch ein 
Mensch zeigte ähnliche Krankheitserscheinungen. Als H. nach 
6 Monaten die Kuh wieder besah, fanden sich an Stelle der ehe¬ 
maligen Pusteln kegelförmige, braune, 7—8 mm hohe papillöse 
Wucherungen, welche gleich nach dem Eintrocknen der Blasen 
aufgetreten waren. Hiernach handelte es sich also um eine nicht 
infectiöse unechte Pocke, die ans einer Papillarkörperentzündung 
hervorgegangen war, welche dann in Wucherungen ausartete. 

Wirkung der wilden Tamarinde, Leuoaena glauca, auf Nicht-Wiederkäuer. 

Dr. Moris hat im Journal of comp. med. and veter. arch. 
November 1897 eine in der Dtsch. thierärztl. W. referirte Arbeit 
veröffentlicht, der kurz Folgendes zu entnehmen ist. Jene an 
den FlusBufern des tropischen Amerikas wachsende Pflanze hat 
eine eigentümliche Wirkung auf Nicht-Wiederkäuer, die ihre 
Blätter, Hülsen und Samen verzehren. Den Thieren des Pferde¬ 
geschlechts gehen Mähnen- und Schweifhaare aus, Schweine 
werden ganz nackt. Pferde erhalten, wenn man ausschliesslich 
Korn und Heu füttert, die Haare wieder; doch sind sie oft anders 
gefärbt und nicht so hart. In einem Falle schuhte ein Pferd 
aus. Bei Wiederkäuern zeigte sich eine ähnliche Wirkung nicht; 
die wilde Tamarinde wird vielmehr als Futter für Rinder, Schafe 
und Ziegen verwendet. 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Erneute Gerichtsentscheidung betr. die Privatzuchtgenossenschaften. 

In der Strafsache gegen die Besitzer etc. (folgen 12 Namen) 
hat auf die von der Königlichen Staatsanwaltschaft gegen das 
Urtheil der III. Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu 
Gnesen vom 9. October 1897 eingelegte Revision der Strafsenat 
des Königlichen Kammergerichts in der Sitzung vom 14. Februar 
1898, für Recht erkannt: 

Auf die Revision der Königlichen Staatsanwaltschaft wird 
das Urtheil der dritten Strafkammer des Königlichen Land¬ 
gerichts in Gnesen vom 9. October 1897 aufgehoben und die 
Saohe zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch 
über die Kosten der Kevisionsinstanz, an das Berufungsgericht 
zurückverwiesen. 

Gründe: 

Der Revision der Königlichen Staatsanwaltschaft, welche 
Verletzung des § 17 der Polizei-Verordnung vom 20. Juni 1893 
durch Nichtanwendung und des Genossenschaftsgesetzes vom 
1. Mai 1889 durch unrichtige Anwendung rügt, konnte der Erfolg 
nicht versagt werden. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 








260 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 22. 


Der Ausführung des Vorderrichters, dass das Verbot des 
§ 17 der Polizei-Verordnung des Regierungs-Präsidenten zu 
Bromberg vom 20. Juni 1893, unter Androhung einer Strafe? von 
30 bis 60 Mark eine fremde Stute von seinem nicht gekörten 
Hengste, und seine Stute von einem fremden ungekörten Heigste 
decken zu lassen, und die Bestimmung, dass auch den Besitzer 
eines im Miteigentlium stehenden ungekörten Hengstes, Welch' 
ersterer seine eigene Stnte von dem Hengste hat decken lassen, 
ohne dem Landrathsamte als der hierzu berechtigte, bezeichnet 
zu sein, eine gleiche Strafe treffe, der Rechtsgiltigkeit ent¬ 
behre, weil diese Vorschrift mit dem durch das Genossenscliafts- 
gesetz vom 1. Mai 1889 gewährleisteten Rechte, Genossenschaften 
zum Halten von Zuchtstieren zu bilden, im Widerspruch stehe, 
kann nicht beigetreten werden. 

Die gedachte Polizei-Verordnung ist formell und materiell 
giltig. Sie ist im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu 
Bromberg von 1893 Seite 306 bis 308 verkündet. Die materielle 
Rechtsgiltigkeit der im Wege der Polizeiverordnung erlassenen 
Körordnungen ist vom Kammergericht in fortdauernder Recht¬ 
sprechung (Jahrbuch der Entsch. Bd. 8 S. 237, Bd. 16 S. 480 
und 482) anerkannt worden in der Erwägung, dass sie zu dem 
Zwecke erlassen sind, im öffentlichen Interesse die Verschlechterung 
der Pferderacen durch Benutzung untauglicher Deckhengste zu 
verhüten und daher in dem § 6 Buchstaben a und c des Gesetzes 
über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 ihre gesetzliche 
Begründung finden. Die in Rede stehende Polizeiverordnung ist 
daher, weil sie im besonderen Interesse des Regierungsbezirks 
Bromberg mit Zustimmung des Bezirksausschusses vom Regierungs¬ 
präsidenten erlassen ist nach §§ 6 Buchstaben a und i, 12 a. a. 0. 
und §§ 137 und 138 des Gesetzes über die allgemeine Landes¬ 
verwaltung vom 30. Juli 1883 rechtsgiltig. Allerdings wird durch 
die Bestimmungen der §§ 1 und 17 der Polizeiverordnung die 
durch das Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889 eingeräumte 
Befugnis, Genossenschaften zum Halten von Zuchtthieren zu 
bilden, erheblich beschränkt. 

Allein die Beschränkung des Eigenthums, also auch des 
Miteigenthums der Genossenschaften, kann nach §§ 29 bis 32 
Theil I Titel 8 A. L. R. im Wege der Gesetzgebung im Interesse 
des öffentlichen Wohls beschränkt werden. Dass dies durch 
Polizeiverordnungen geschehen kann, ist in den §§ 6 und 12 des 
Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 aus¬ 
gesprochen und zum Erlass solcher Polizeiverordnungen für den 
Umfang eines Regierungsbezirks ist der Regierungspräsident 
nach §§ 137 und 188 des Gesetzes über die allgemeine Landes¬ 
verwaltung vom 30. Juli 1883 mit Zustimmung des Bezirksaus¬ 
schusses befugt. Die Einwendungen gegen die Notwendigkeit 
und Zweckmässigkeit der Körordnung entziehen sich nach § 17 
des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 der 
Prüfung des Gerichts. 

Das Urtheil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben. 
Sogleich zu erkennen erschien nicht zweckmässig, da einige 
Angeklagte Veijährung eingewendet haben und bezüglich des 
Angeklagten Kaebelmann mehrere strafbare Handlungen zur 
Anklage stehen, der Berufungsrichter aber in die Prüfung 'dieser 
Fragen nicht eingetreten ist. 

Gemäss § 394 der Strf-Prz.-Ordnung war daher die Sache 
zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die Vorinstanz 
zurückzuverweisen, der auch die Entscheidung über die kosten 
der Revisionsinstanz vorzubehalten war. 

AuBgefertigt, 

Berlin, den 21. Februar 1898. 


Tagesgeschlchte. 

Reise-Erinnerungen. 

Von 

Dr. Arndt-Oppeln, 

DepartemenUthierarzt 

Während meiner vorjährigen Sommerreise hatte ich Gelegen¬ 
heit bei einem Aufenthalte in Bukarest der dortigen thierirztlichen 
Hochschule einen Besuch abzustatten. Obschon zu meinem Be¬ 
dauern sowohl der Director, Herr Prof. Locusteanu, wie die 
meisten Professoren abwesend waren, — dieselben hatten während 
der Ferien die heisse Stadtluft mit den Sommerfrischen am 
Schwarzen Meere vertauscht, — wurde es mir doch möglich, unter 
der liebenswürdigen Führung eines der anwesenden Herren einen 
Einblick in das Institut zu thun und seine Einrichtungen kennen 
zu lernen. 

Die scöla superiöra de medicinä veterinariä dinBucuresci ist 
eine noch jange Anstalt. Gleichwohl überrascht dieselbe sowohl 
durch die Trefflichkeit und Vollkommenheit ihrer Anlagen, wie 
auch durch die unter den gegebenen Verhältnissen sehr zweck¬ 
mässige Organisation. Die im Westen der Stadt belegene Hoch¬ 
schule nimmt ein erhebliches Terrain ein. An der vorderen 
Strassenfront steht das Hauptgebäude mit seinen Auditorien, 
Dienstwohnungen etc.; an dasselbe schliesson sich rechter- und 
linkerseits in der Richtung von vorn nach hinten die in sehr 
grosser Zahl vorhandenen Institute, klinischen- und Wirthschafts- 
gebäude an, welche durch breite, freie Zwischenräume von 
einander getrennt sind. 

Bei einem Rundgange gelangt man, von dem Hauptgebäude 
zunächst absehend, rechterseits nach einer allerdings sehr klein 
und dürftig ausgestatteten Apotheke, in ein Stallgebäude zur Auf¬ 
nahme grösserer Hausthiere. In der vorderen Abtheilung der¬ 
selben stehen Pferde und Büffel, dre zu Untersuchungszwecken 
bzw. wegen innerer Krankheiten eingestellt sind. Die hintere 
Abtheilung ist für äusserliche Krankheiten bestimmt und enthält 
nur Pferde. Ein besonderer Abschnitt dieses Stalles enthält vier, 
verschiedenen therapeutischen Zwecken dienende Boxen und zwar: 
eine boxa obscura für augenkranke, eine boxa capitonata für 
gehirnkranke Pferde, eine b. pentru irrigatione für Lahmheiten 
und eine b. de bai für Vollbäder. Die letztere, eine nur in 
Kliniken mögliche, für die Praxis werthlose Spielerei, besteht 
aus einer versenkbaren eisernen Platte, auf welche das betr. Pferd 
gestellt wird; nach dem Versenken wird in den cementirten Raum 
Wasser bis zu beliebiger Höhe eingelassen. 

Der Aufnahmepreis für Pferde in den Kliniken beträgt 3 Lei 
(3 fr.) pro Tag. 

Auf diese Boxen folgen Stallräume für Zwecke der Schul¬ 
ökonomie, in denen einige Arbeits-Ochsen und -Pferde unter- 
gebracht sind. Dann gelangen wir in die Lehrschmiede 
— potcovaria —, die einem sehr gut besoldeten Lehrschmiede¬ 
meister unterstellt ist, (250 fr. pro Monat neben freier Woh¬ 
nung pp.) In einer sehr grossen und zweckmässig eingerichteten 
Halle wird der Beschlag, wie ich mich überzeugt habe, in 
ein wandsfreier Weise und Exactheit ausgeführt. Bei dem durch¬ 
schnittlich sehr werthvollen Pferdematerial der Hauptstadt, auf 
welches ich weiter unten noch mit ein paar Worten zurück¬ 
kommen werde, kann dies kaum überraschen. Mustergiltig ist 
die Sammlung von Hufeisen, Instrumenten, anatomischen und 
pathologischen Hufpräparaten und namentlich reichhaltigen Gyps- 
modellen. 

Ein grosses Gebäude, Laboratorium für Physik und 
Chemie mit amphitheatralisch aufgebautem Auditorium beendet 
im ersten Hofe die Gebäudereihe der rechten Seite. Im 
zweiten Hofe schliesst sich an derselben Seite zunächst ein 


Digitized by LaOOQie 





2. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


261 


kleinerer Bau an, der Sammlungen der verschiedensten Art ent¬ 
hält: Schädelpräparate, Schafwollen, Sämereien, Modelle für Pferde- 
beschirrnng etc. Darauf folgt ein Stallgebäude für kleine Thiere, 
und zwar zunächst für Kaninchen aller Arten: kleine Ställe mit 
vielen, mannshoch mit Blech verschalten Abtheilungen; ferner 
geräumige Geflügelställe für Gänse, Enten, Hühner und Tauben 
mit Bassins, Taubenhaus u. dgl. Auch für Versucbshunde ist hier 
eine lange Stallabtbeilung mit einzelnen Ställen angefügt. zu jedem 
der letzteren gehört ein langer Laufzwinger. 

Als weiteres Gebäude schliesst sich hieran ein grosser Zucht- 
bezw. Rassen-PferdeBtall, der mit geräumigen Boxen (zu jeder 
ein Tummelplatz im Freien) versehen und vorzüglich ventilirtist. 
In demselben ist das rumänische Landpferd durch drei Stuten 
mit Fohlen vertreten; ferner stehen hier russische und ungarische 
Stuten sowie solche des kaltblütigen Schlages, theils trächtig, 
theils mit Fohlen, auch ein, in seiner Güte zwar nicht gaoz ein¬ 
wandsfreier, schwerer kaltblütiger Hengst. (Die Zuchtställe 
haben zweifellos einen grossen Werth für die Ausbildung der 
Studirenden. Giebt es doch bei uns nicht wenig Thierärzte, die 
schon seit Jahren approbirt sind, aber weder vom Geburtsact 
noch von der Aufzucht der Fohlen aus eigener Anschauung 
Kenntniss haben.) 

Das folgende Gebäude enthält etwa 16 grosse und trefflich 
angelegte Schweineställe, ein jeder mit einer im Freien liegenden 
Bucht und einem peinlich sauber gehaltenen Badebassin ver¬ 
bunden. Neben Landschweinen sind auch englische, französische 
und deutsche Schweinerassen vertreten. 

Der nicht allzu geräumige aber zweckmässig angelegte 
Bindvieh-Zucht- und -Rassenstall enthält vorwiegend Thiere 
rumänischer Land- sowie der Schweizer Rassen, darunter drei 
bis vier Bullen verschiedenen Alters; in einem Ausbau dieses 
Stalles sind Schafe, Merinos sowie rumänische Landschafe und 
Kreuzungen untergebracht. An den Kuhstall schliessen sich sehr 
grosse Laufgärten (Weiden) an, auf denen sich das Jungvieh 
(etwa zehn bis zwölf Stück zur Zeit) tummelt. 

Den Abschluss der Gebäude nach hinten zu bildet das Impf¬ 
institut, versehen mit modernsten Einrichtungen, namentlich sehr 
zweckmässigen kleinen Kälberställen, die musterhaft sauber ge¬ 
halten sind. Das Institut dient nur zur Gewinnung animalischer 
Pockenlymphe; jeden Morgen von acht bis neun Uhr werden 
daselbst Kinder gratis geimpft. (Das Pasteur-Impfinstitut ist an 
anderer Stelle in Bukarest untergebracht) 

Während die letzt beschriebenen Gebäude den zweiten Hof¬ 
raum ausfüllen, befindet sich an der linken Seite des ersten Hofes 
im hinteren Theile noch zunächst ein botanisches Gewächshaus 
von nur mässigem Umfange. Darauf folgt das Spital für 
Seuchenkrankheiten — ein besonders abgeschlossener Hof- bezw. 
Gebäude-Complex. Derselbe war zur Zeit angeblich wegen einer 
klauenseuchekranken Kuh gesperrt Die Absperrung wurde in 
für die Sache anerkennenswertber Weise sehr streng überwacht, 
soda88 es mir — bei der Abwesenheit des Dirigenten —» nicht 
möglich wurde, diesen Hof zu betreten. 

Das originell angelegte Hundespital — spitalu kainilor — 
folgt hierauf. Ein Vorraum, der zu Operations- und Demonstrations¬ 
zwecken dient, ist durch eine grosse Glaswand von den dahinter 
befindlichen Zwingern getrennt; die letzteren (24 an Zahl) sind 
hoch und geräumig und liegen im nach vorn offenen Halbkreis in 
zwei Etagen übereinander; zu jedem der unteren Zwinger gehört 
noch ein nach hinten gelegener freier Sommerzwinger (Garten¬ 
platz). Der Aufnahmepreis für Hunde beträgt 1 fr. für Luxus- 
und 0,50 fr. für gewöhnliche Hunde. Als Futter wird Milchfleisch¬ 
suppe verabreicht. 

Die hierauf folgende Operationshalle für grosse Hausthiere 


liegt etwas isolirt. Dieselbe steht in unmittelbarer Verbindung 
auf ,der einen Seite mit den Zimmern für die Instrumenten¬ 
sammlung, auf der anderen, durch einen breiten Gang getrennt, 
mit einzelnen Ställen zur Aufnahme der zu operirenden Thiere. 
In einem der letzteren befand sich eine eben erst per vaginam 
castrirte Kuh. Hengste kommen sehr viel zur Castration. Zum 
Niederlegen der Thiere wird eine auf einem niedrigen, fahrbaren 
Tisch befindliche Matratze benutzt, die aufzustellen und nieder- 
zulegen ist. Die Instrumentensammlnng ist sehr reichhaltig, 
namentlich bezüglich der Zahninstrumente, — hier ist der Einfluss 
französischer Anstalten unverkennbar. Brenneisen älterer Methode 
werden nicht angewendet, dagegen wird sehr viel mit dem 
Paqijielin gearbeitet. 

Weiter nach vorn liegt ein grosses Laboratorium für Anatomie 
und Physiologie mit Präparirsälen, sehr sauber. Im Erdgeschoss 
befinden sich einige Hundezwinger (anscheinend zu Lehi zwecken) 
auch als Kuriosität ein brauner Bär, ein mächtiger Geselle, an 
einer Kette liegend. Letzterer hatte sich acht Tage zuvor noch 
sehr unliebenswürdig gezeigt; er war Nachts ausgebrochen und 
hatte einen vor dem Hause in einer Decke schlafenden Rumänen 
mit fortgescbleppt, der dieser peinlichen Umarmung nur dadurch 
entgangen war, dass er beim Weiterlaufen aus der von dem 
Tbiere umklammerten Decke herausglitt 

Mehr nach der Mitte zu gelegen ist die sehr grosse, gut be¬ 
lichtete Reitbahn, in welcher täglich von 8—12 Uhr Poliklinik 
abgehalten wird. 

Den Schluss nach vorn macht ein grosses elegantes Gebäude, 
das histologische und pathologisch-anatomische Laboratorium. 

Das zu Anfang erwähnte Hauptgebäude liegt mit seiner 
langen Vorderfront durch einen kleinen Garten getrennt nach 
der Strasse zu, zwei Seitenflügel erstrecken sich nach hinten. 
Im Parterre liegen die Auditorien mit Fussböden aus Steiufliesen 
(staubfrei!). In der ersten Etage befinden sich nach vorn die 
Bibliothek- und Sammlungszimmer, während die Seitenflügel die 
Wohnungen der Studirenden enthalten, grosse Schlafsäle je zu 
etwa 18 Betten, sowie gemeinsame Waschräume u. dgl. 

I 

Bezüglich des Studiums und der Studirenden sind folgende 
Einzelheiten vielleicht von Interesse. Für die Studirenden besteht 
ein Internat. Man unterscheidet „Bursiers“ und „Solventen“. Die 
erstgenannten sind mittellose Studirende, die Alles frei haben, 
während die Solventen einen bestimmten Beitrag bezahlen müssen. 
Die Bnrsiers müssen Rumänen sein und sich verpflichten, beim 
ev. Zurücktreten vom Studium dem Staate alle Auslagen zu 
ersetzen. 

Als Solventen studiren auch Ausländer, namentlich Bulgaren. 
Zur Aufnahme in das Institut ist an Ausweisen neben dem Geburts¬ 
und IT aufschein ein Absolvirungszeugniss von mindestens vier 
Gymnasialklassen erforderlich. Im Uebrigen ist aber die Aufnahme 
noch an das Bestehen einer Vorprüfung gebunden; hierdurch ist 
es möglich, die besten unter den sich Meldenden auszuwälilen 
und die Gesammtzahl in bestimmten gleichmässigen Grenzen zu 
halteif. Von dieser Vorprüfung sind Abiturienten ausgenommen. 
Die Splventen müssen beim Eintritt eine beglaubigte Verpflichtung 
der Eltern zur Zahlung von 600 Lei (fr.) pro Jahr des Studiums 
vorlegen. Dafür erhalten dieselben — ebenso wie die Bursiers — 
freie Wohnung, vollständige Verpflegung, freies Studium, freien 
Arzt j u. dgl. — die Bekleidung (eine einfache, aber kleidsame 
Uniform) wird für alle Studirenden vom Staate geliefert 

Die Hausordnung für die Studirenden ist eine sehr strenge. 
Sowohl zum Aufstehen des Morgens und zu den gemeinschaftlichen 
Mahlzeiten, wie zum Beginn der Vorlesungen wird geläutet. 
Ausser am Sonntag Nachmittag darf in der Woche noch zweimal 
ausgegangen werden. Für die Verpflegung ist ein besonderer 


Digitized by 


Google 



262 


BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 2* 


Oekonom angestellt, der täglich in Begleitung eines Studirenden 
zum Einkauf der erforderlichen Lebensmittel zur Stadt ttezw. 
zum Markt fÄhrt. Der Einkauf derselben, wie überhaupt aller 
für die Anstalt erforderlichen Utensilien und Gegenstände, erfolgt 
ausschliesslich gegen Bons. Die Anstalt untersteht auch bezüglich 
der Verwaltung unmittelbar dem Ackerbauministerium. Auch ein 
Ordonanzdienst besteht für die Studirenden, welcher abwechselnd 
für die Dauer von 24 Stunden versehen wird. \ 

Auf Pünktlichkeit und Pflichterfüllung, namentlich auf genaue 
Innehaltung der Vorlesungen und Dienststunden sowohl seitens 
der Studirenden als auch der Professoren wird streng gesehen. 
Ueber vorkommende Verspätungen, auch seitens der Docenten, 
wird ein kurzes Protokoll aufgenommen (process verbal); dem 
Betreffenden wird dafür pro poena ein Gehaltsabzug gemacht 
(von 5 fr. und mehr). Ich habe selbst eine solche Verhandlung 
gelesen, die gegen den derzeitigen Director gerichtet war. Wenn 
auch eine solche Art der Bestrafung für viele sehr schmerzlich 
wirkt, so ist doch die Gleichmässigkeit des Verfahrens gegen 
Lehrer und Studirende Behr wohl dazu angethan, die Härten, 
die das Internatswesen mit sich bringt, leichter erträglich zu 
machen. 

Die Studiendauer beträgt 5 Jahre, dazu kommt nach Ablauf 
derselben in der Regel noch ein Semester zur Anfertigung der 
sog. „These“, der schriftlichen Prüfungsarbeit, die gedruckt 
werden muss und nach Art und Umfang regelmässig eine 
Monographie darstellt. Nach jedem Jahre des Studiums wird ein 
Examen abgelegt; das Hauptexamen, — ein eigentliches 
Repetitionsexamen, in welchem alle DiBciplinen gefragt werden — 
erst nach Vollendung der Studienzeit. Ist auf der einen Seite 
die Zahl der Examina eine beklemmend grosse, so kann andrer¬ 
seits doch der Studiosus das Staatsexamen unbegrenzt, so oft er 
will wiederholen. Z. Zt. befanden- sich 116 Studirende öü hl der 
Anstalt. Hospitanten gibt es nicht und sog. „2. Klasse-Tbier- 
ärzte“ oder Pfuscher werden nirgends ausgebildet. 

Einschliesslich des Directors, dem die Anstalt unterstellt ist, 
und der neben freier Wohnung pp. ein Monatsgehalt von 700 frs. 
bezieht, gehören zum Lehrkörper 8 Professoren, ferner 7 Chefs 
der einzelnen Abtheilungen (Docenten) und 4 sog. Conferentiere 
(etwa Hilfslehrer). Für die Anstellung der jungen Thierärzte 
übernimmt der Staat gewisse Garantie. Nach erlangter Approbation 
(Diplomirung) werden die betreffenden zunächst irgendwo unter¬ 
gebracht, in einer kleinen Stadt zur Ausübung der Praxis^ oder 
als Assistenten an irgend einem (auch Nahrungsmittelunter- 
8uchung8-)Institut, mit einem Anfangsgehalt von 300 frs. pro 
Monat. Bei eintretender Vacanz erfolgt die feste Anstellung für 
den Staatsdienst, etwa als Districtsthierarzt für einen bestimmten 
Landbezirk mit 400 frs. Gehalt monatlich. Im letzteren Amte 
sind bestimmte, regelmässige Inspectionsreisen zu machen, deren 
Ausführung von dem Primär (Ortspolizeibehörde) controlirt wird 
Im Uebrigen ist der veterin.-polizeiliche Dienst ähnlich dem 
unsrigen. 

Der Gesammteindruck, den man bei der Besichtigung der 
rumänischen thierärztlichen Hochschule, wie bei der Orientirung 
über die bestehenden Einrichtungen erhält, ist ein vorzüglicher; 
besonders hervorheben muss ich noch einmal die ausserordent¬ 
liche, minutiöse Sauberkeit, die man in allen Instituten und An¬ 
lagen antrifft. Man ist, wie in Allem, so auch hierin auf das 
Angenehmste überrascht, wenn man die culturellen Verhältnisse 
in den andern Balkanländern mit denen Rumäniens vergleicht. 
Hier hat man überall die Empfindung, dass man es mit einem 
kräftig aufblühenden Gemeinwesen zu thun hat, in welchem 
namentlich den Schulen eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu¬ 
gewendet wird, — das Studium an den Landesuniversitäten zu 


Bukarest und Jassy ist kostenfrei, — auch prächtig eingerichtete 
Volksschulen entstehen allerorts; die letzteren fallen auch in 
kleinen Landgemeinden durch ihre baulich und hygienisch treff¬ 
liche Einrichtung als kleine Schulpaläste in die Augen. Der Ein¬ 
fluss des Hohenzollernfür8ten in der Verwaltung ist unverkennbar. 

Schliesslich möchte ich noch einige Bemerkungen über das 
Pferdematerial und die Fuhrwerke der rumänischen Hauptstadt 
anschliessen. Eine der auffälligsten Erscheinungen für jeden 
Besucher Bukarests ist, dass dort ausserordentlich viel und vor¬ 
züglich gefahren wird: vor Allem nehmen die Öffentlichen Fuhr¬ 
werke das Interesse gefangen. Der Wiener Fiaker hat gewiss 
sein „Zeugl“ im Schuss, aber mit der Eleganz der Bukarester 
Droschken und vor Allem mit dem Fahren daselbst kann er einen 
Vergleich nicht annähernd aushalten. Der Unterschied fällt um 
so mehr auf, wenn man aus Siebenbürgen kommt, wo mit relativ 
guten Pferden im Allgemeinen recht schlecht gefahren wird. — 
Die Droschken in Bukarest sind meist hochelegante Halbchaisen 
oder Landauer vorzüglichster Ausstattung, die Beschirrung ist 
russisch und überall reich mit Silber plattirt. Die grossen und 
kräftigen Pferde, durchweg Russen und zum grössten Tbeil 
Hengste, sind nicht nur sehr gut gehalten und gepflegt, sondern 
auch im Durchschnitt von grosser Schönheit der Formen und 
Leistungsfähigkeit. Man findet vielfach Traber aus den besseren 
und besten Gestüten Russlands und es ist durchaus nichts Un¬ 
gewöhnliches, dass der Bukarester Fiaker für seine beiden 
Pferde 4000 fr. und darüber anlegt. Der Kutscher, der zugleich 
Besitzer ist, sitzt wie ein Pascha auf dem Bock; man sieht einem 
jeden den Stolz auf sein Vehikel an. Er trägt die rassische 
Tracht aber nicht von der zweifelhaften Beschaffenheit, wie ich 
sie in Kiew oder Moskau ausnahmslos gefunden habe, sondern 
von peinlichster Sauberkeit und Güte; der lange Kaftan von 
dunklem^ glänzendem Sammet und die breite seidene Schärpe 
darüber von grüner oder rother Farbe, stets wie neu. Nicht 
ohne Interesse dürfte die mir von verschiedenen glaubwürdigen 
Personen gemachte Mittheilung sein, dass noch ein grösserer 
Theil der Bukarester Kutscher Castraten sind. Dieselben gehören 
einer russischen Secte an, bei welcher gewisse männliche Mit¬ 
glieder, nachdem sie sich verheirathet und wieder einen männ¬ 
lichen Nachkommen erzielt haben, sich castriren Hessen. Seit 
mehreren Jahren soll indessen hiergegen behördlicherseits piit 
Energie eingeschritten worden sein Thatsächlicb kann man die 
Betreffenden unschwer an ihrem Habitus erkennen. 

Das Fahren selbst findet bezüglich seiner Schnelligkeit und 
Exactheit auf dem Continent — ausser in Petersburg — nicht 
Beines Gleichen. Trotz des ausserordentlichen Wagenverkebrs 
kommen Unglücksfälle kaum vor. Die Kutscher fahren auf den 
Millimeter an einander vorbei. Jedem, der auf dem Bocke zu 
Hause ist, lacht das Herz im Leibe, wenn er die eleganten 
Gespanne in scharfer Gangart im Gewühl des Corso auf der 
sogen. „Allee“ hart an einander vorüber sausen sieht. Dass die 
Eleganz der Privatfuhrwerke wie die Güte der Pferde, welche 
im Besitz der reichen Kaufleute oder Bojaren in der Hauptstadt 
gefahren werden, die der Bukarester Droschken noch übertrifft, 
braucht nicht erwähnt zu werden. 

Im Gegensatz zu den in der Hauptstadt für den Wagendienst 
gehaltenen Pferden steht freilich das im Land fast überall in 
gleicher Beschaffenheit anzutreffende rumänische Landpferd: ein 
kleines, meist schlecht gehaltenes Thier, mit hässlichem Kopf, 
magerem Hals, häufig säbelbeinig, aber mit langem Widerrist 
und mit breiter und fest geschlossener Niere. Der fiühere 
Moldauische Pferdeschlag ist verschwunden oder doch entartet. 
Gleichwohl ist dieses unansehnliche kleine Pferd sehr leistungs¬ 
fähig. Auf dem Rücken von Thieren, wie man sie bei uns nur 


Digitized by LjOOQle 




2. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


263 


mit verächtlichem Blick streifen würde, noch dazn bei nnglanblich 
roher nnd nnzweckmässiger Sattelung, wird man in den rumäni¬ 
schen, wie auch siebenbürgischen Karpathen ohne Schwierigkeit 
den ganzen Tag hindurch auf die höchsten Berge getragen. 
Wenn man den Abstieg etwa aus Mitleid mit den kleinen Thieren 


oder zum eigenen Trainiren zu Fuss zurücklegt, wird man in 
der Regel noch erleben, dass sich der rumänische Bauer, welcher 
den Führer machte, auf eben dasselbe Pferd setzt und haar¬ 
sträubender Weise im Trabe die abschüssigen Gebirgspfade 
zurückreitet. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senehenstatistik und Veterinärpolizel. 

Thierseuchen im Auslande. 

Oesterreich L Quartal 1898. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den ein¬ 
zelnen Monaten des Berichtsquartals auf 20, bezw. 12, bezw. 23 
beim Milzbrand, auf 1, bezw. 0, bezw. 1 beim Rauschbrand, auf 
64, bezw. 44, bezw. 73 bei der Wuth, auf 55, bezw. 66, bezw. 63 
beim Rotz und Wurm, auf 2948, bezw. 1278, bezw. 510 bei der 
Maul- und Klauenseuche, auf 32, bezw. 28, bezw. 58 beim 
Bläschenausschlag, auf 32, bezw. 41, bezw. 57 bei der Räude, 
auf 46, bezw. 45, bezw. 71 beim Rothlauf der Schweine, auf 425, 
bezw. 297, bezw. 349 bei der Schweinepest (Schweineseuche). 
Lnngensenche und Rinderpest sind im Berichtsquartal nicht auf¬ 
getreten. 

Ungarn I. Quartal 1898. 

Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach 
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an: 



Januar 

Februar 

März 

Milzbrand. 

26—41 

26—32 

22—32 

Wuth. 

79—112 

107—128 

128—132 

Rotz und Hautwurm . . 

90—98 

87—91 

90—109 

Maul- und Klauenseuche 

69—81 

36—57 

22—29 

Lungenseuche .... 

3-6 

1—2 

0—2 

Blattern. 

19—22 

13—17 

8—10 

Bläschenausschlag . . 

1 

4 

6-9 

Räude. 

20—25 

26-40 

51—78 

Rothlauf der Schweine . 

40-49 

39—44 

30-38 

Schweineseuche . . . 

640—740 

480—555 

367-423 


Norwegen I. Quartal 1898. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Januar 29, 
im Februar 40, im März 28; bösartiges Katarrbaifieber des Rind¬ 
viehs im Januar 21, im Februar 21, im März 31; Rothlauf der 
Schweine im Januar 44, im Februar 29, im März 21; ausserdem 
wurden im Februar 2 Fälle und im März 1 Fall von Rauschbrand 
und im Februar 2, im März 12 Fälle von Bradsot der Schafe 
gemeldet. 

Die Riederpest und die sibirische Pest (Milzbrand) In Russland 
im III. Quartal 1897.. 

Getödtet wurden wegen Rinderpest im III. Quartal 1897 
1076 Stück Rindvieh. Es fielen während dieser Zeit 1731 Rinder. 
Die Zahl der durch sibirische Pest (Milzbrand) verseuchten 
Gouvernements und Gebiete betrug 183. Als gefallen an Milz¬ 
brand wurden gemeldet 17 203 Thiere. 

Frankreich IV. Quartal 1897. 

Von Lungenseuche wurden im October, November und 
December je 12 Gemeinden betroffen. Geimpft wurden 364 Rinder. 
Milzbrand herrschte im October in 56, im November in 55, im 
December in 27 Ställen. 239 Pferde wurden wegen Rotz 
getödtet. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde belief sich 
auf 131, bezw. 153, bezw. 140 Maul- nnd Klauenseuche trat im 
October in 27, im November in 30, im December in 16 Gemeinden 
auf. In 40, bezw. 43, bezw. 27 Heerden wurden Schafpocken, 
in 37, bezw. 39, bezw. 58 Heerden Schafräude festgestellt Rausch¬ 
brand trat im October in 138, im November in 209, im December i 


in 151 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 23 bezw. 
12, bezw. 12 Departements beobachtet. In 14, bezw. 10, bezw. 
8 Beständen wurde die ansteckende Lungen- und Darmentzündung 
der Schweine festgestellt - 

Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrug im 
October 851, im November 414, im December 333, die der 
getödteten im October 146, im November 598, im December 552. 
Der Gesammtverlust belief sich also auf 2924 Thiere 
Als an sibirischer Pest (Milzbrand) gefallen wurden ge¬ 
meldet im October 1135, im November 762, im December 
580 Thiere. Der Gesammtverlust belief sich also auf 2477 Thiere 
gegen 2060 Thiere im Vorjahre. 

Rinderpest In Deutsch-SGdwest-Afrika. 

Nachrichten vom 15. December 1897 zufolge sind im Bezirke 
Gibeon Schutzimpfungen gegen die Rinderpest mit gutem Erfolge 
vorgenommen worden. Etwa 90 pCt. der Thiere sollen gerettet 
sein. Von 207 Thieren bei 3 Besitzern sind bis zum 20. Tage 
nach der Blutimpfung nur 8 verendet. In einem Bestände auf 
ZubgBus, wo einen Tag an der Gallenimpfung eine Seuchen¬ 
einschleppung infolge Unachtsamkeit der Besitzer erfolgte, sind 
von 433 Thieren etwa 20 pCt. verloren gegangen. Im Bezirke 

Keetmanshoop sollen Impfstationen eingerichtet werden. 

- 

Fleischschan and Yiehverkehr. 

lieber des Minderwerth eines Thleres mit looaler Tuberoulose. 

Ostertag theilt in der Ztscbr. f. Fl. u. Milchh. ein von der 
thierärztlichen Hochschule zu Berlin erstattetes Gutachten mit, 
welches folgenden Inhalt hat: 

Der Kläger behauptete, dass die Kuh, welche er für 210 M. 
gekauft hatte, wegen Tuberculose nur einen Wertb von 150 M. 
hätte. Thierärztlich ist festgestellt, dass sich Tuberkeln an 
Lunge, Leber, Milz und Darm gefunden haben. Das Fleisch war 
nach Entfernung der Brusthaut frei gegeben, die erkrankten 
Theile vernichtet worden. Das Fleisch war weder für voll- 
werthig, noch für minderwertig erklärt worden. Der klagbar 
gewordene Schlächter bezeichnete den Werth der vernichteten 
Theile mit ungefähr 10 M., behauptete aber ausserdem, dass das 
Fleisch um 8—10 Pfg. minderwertig gewesen sei; dass er 
weniger als 210 M. erlöst habe, glaube er nicht. Das Gut¬ 
achten führt ans: Die Verwerthung des Fleisches war nach der 
Freigabe desselben in keiner Weise beschränkt; die festgestellte 
Tuberculose war mithin auf den Werth des Fleisches ohne Ein¬ 
fluss und die Behauptung, dass dasselbe 8—10 Pfg. pro Pfund 
weniger werth gewesen sei, unbegründet, wie sich auch aus dem 
bezeugten Erlös ergiebt. Von dem Werthe der Sciachtkuh geht 
also nur der Werth der vernichteten erkrankten Theile ab, der 
aber ganz unerheblich ist, da dieselben nicht 10 M., sondern nur 
4% M. werth sind, nämlich die Lunge 20—25 Pfg., die Leber 
3 M., d,er Darm 1,25 M. und die Milz 10 Pfg. 

Auch lässt sich die Frage, ob die Kuh geringer bezahlt 
worden, wäre, wenn der Käufer von der Tuberculose derselben 
gewusst hätte, nicht mit Sicherheit entscheiden. Jedenfalls ist 
nicht ausgeschlossen, dass der Käufer für die streitige Kuh auch 


Digitized by 


Google 














264 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22. 


den Preis bezahlt hätte, wenn er das Vorhandensein einer den 1 
Flei8chverkaof nicht beeinträchtigenden Tobercnlose gewusst hätte. 

Krankhafte Beschaffenheit amerikanischer Rinderdärme. 

Lorenz und Rievel haben in der Ztschr. f. Fl. und MÜlchh. | 
mitgetheilt, dass sich in eingeführten amerikanischen Rinderdärmen 
verkäsende Knötchen vorfanden. Nach der Mittheilung Rivels 
wurden Parasiten darin nicht nachgewiesen. Das ganze Bild 
war dasjenige der Darmtubercnlose. Bei einem wegen Zurück¬ 
nahme der gelieferten Därme angestrengten Processe behauptete 
die Hamburger Grossfinna, dass diese Veränderungen normale, 
den amerikanischen Rindern eigentümliche Gebilde seien, von 
denen die Thierärzte im Binnenlande keine Kenntniss haben 
könnten. Auch dürfe wegen der Geringfügigkeit der ganzen 
Sache die Einfuhr von Därmen aus Amerika nicht durch das 
Verbot des Verkaufs solcher Därme gehemmt werden, da die 
Darmeinfuhr einen enormen Aufschwung genommen und die betr. 
Finna in den letzten Jahren allein für 6 Millionen importirt habe. 
Ostertag fügt hinzu, dass in der That diese Knötchendärme so ! 
häufig seien, dass sie eine besondere minderwertige Klasse I 
bildeten. I 


Prüfung du Büchsenfleisches 

Nach einem Referat in der Zeitschrift für Fl - u. Milchh. ist 
die Büchse vor dem Oeffnen darauf zu untersuchen, ob sie ver¬ 
letzt oder ihr Boden vorgewölbt ist. Lässt sich der vorgewölbte 
Boden zurückdrängen, um wieder vorzuspringen, so beweist das 
die Anwesenheit Gas erzeugender Bacterien. Fischiger Geruch, 
scharfer oder charakteristisch fader Geschmack hat ebenfalls 
Beanstandung zur Folge. Sehr verdächtig ist, wenn die Gallerte 
in der Büchse verflüssigt oder trübe aussieht Die Mulkelfasern 
sind mikroskopisch auf Querstreifung zu untersuchen. Ebenso 
ist der Nachweis von Bacterien mittelst Färbungen zu versuchen. 
Das Vorhandensein nur einzelner Bacterien hat keine Bedeutung. 

Altersbutimmung bei Karpfen. 

Das Alter der Karpfen soll man folgendermassen nach der 
Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. bestimmen können. Man nimmt eine 
Seitenschuppe, reinigt sie sorgfältig in Alkohol und hält sie gegen 
das Tageslicht. Zeigt die Mitte der Schuppe einen glänzenden 
hellen Punkt, so ist der Karpfen einsömmrig. Beim zwei- 
Bömmrigen Karpfen ist der Punkt mit einem Ring umgeben, beim 
dreisömmrigen mit zwei Ringen u. s. w. 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Neue Eingänge. 

(Besprechung Vorbehalten.) 

Behrens : Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen 
Arbeiten. 3. Auflage. Braunschweig bei Harald Bruhn. 
1898. 6 M. 

Weiohselbaum : Parasitologie. Jena bei G. Fischer. 
1898. 6 M. 

Leisering: Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen 
Hausthiere. Neu herausgegeben von Ellenberger-Öaum. 
Lieferung 1. Leipzig bei Teubner. 9 Lieferungen ä M. 6. 


Personalien. 

Ernennungen: 

Es sind gewählt worden: Schlachthof-Assistenzthierarzt 
Dr. Carl K ick- Frankfurt a. M. zum Schlachthofinspector in Bocken- 
heim-Frankfurt a. M., Thierarzt Klieber zum Schlachthof-HillS' 
tbierarzt in Coblenz, Schlachthofthierarzt Kupfer aus Dresden • 
zum städtischen Thierarzt in Fürstenberg a. 0. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: Thierarzt Melde-Marburg, Thierarzt Max Jostes- 

Marienwerder, Rossarzt B a r k o w - Schlawe, RossarztDr. Go Idbe o k. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Alwin Mann und Franz 
Brinkmann. 

Wohnsitzverflnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen:- Thier- < 
arzt Wolfsberg - Hamburg nach Kappeln a. d. Schlei, Thierarzt ' 
E. L'an ge-Meissen nach Leipzig. — Thierarzt Mildenberg hat sich i 
in Witten niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: Rossärzte Rein- ; 
län der vom Drag.-Rgt. No. 19, Goer'te von der Militär-Lehrschmiede in I 
Berlin unter Versetzung zum Hus.-Rgt No. 15. — Befördert zu Ross¬ 
ärzten: Unterrossärzte Plath vom Feld-Art.-Rgt. No. B5, Traeger 
vom Leib-Hus.-Rgt. No. 1 unter Versetzung zum Hus.-Rgt. No. 6, 
Kuske vom Hus.-Rgt. No. 6 unter Versetzung zum Drag.-Rgt No. 12.— 
Befördert zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte 1 
der Reserve Ooblenzer, v. Wahlde, v. Werder. — Versetzt die 
Oberrossärzte Schatz vom Ul.-Rgt. No. 1 zum Feld-Art.-Rgt. No. 5, I 
Littmann vom Hus.-Rgt. No. 15 zum Ul-Rgt No. 1, die Rossärzte 
Draegert vom Feld-Art.-Rgt. No. 24 zur Militär-Lehrsclimiede in 
Berlin, Rautenberg vom Drag.-Rgt. No. 11 zum Hus-Rgt. No. 3, | 
Eicke vom Drag.-Rgt. No. 12 zum Drag.-Rgt. No. 11. 

Todesfälle: Departementsthierarzt a. D. Gips-Kolberg, Bezirks¬ 
thierarzt Ross-Achern (Baden). 


Yacanzen. 

KrelstblerarztstellM : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel: 
Htinfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. 
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). —Neustadt 
j (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. 
Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — 
I R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. 

Sanitätsthierarztstellen a) N eu a us ge s c hr i e b e n e S te 11 en: 
I Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist 
i — H ir s c h b e r g i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, 
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): 
Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). — 
Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬ 
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitschen. — 
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: 
Argenau: Tbierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 800 M.). 
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 
1800M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken(Ostpr.). — Moringen 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 M.). Meldungen bis 10.Mai 
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — 0 b e r m a r s c h a c h t 
(Elbe). — Rodacli (Herzogth. Coburg): Tbierarzt für Stadt- und 
Amtsbezirk (Fixum 1700 M.). Meid, an Magistrat. — Satow 
(Mecklbg - Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.- 
Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg. - Schw.). — Schlawa 
i. Schics.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim: 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den 
Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Tbierarzt. Näheres 
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1600 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren 
aus einzufühlender FleiscliBchau ca. 2000 M.). Näheres durch das 
„Amt“ daselbst. 


Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Coblenz. 

VerantwortUch fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schmält* ln Berlin. — Verla« und Klsrenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von W. BQxenstein, Berlin. 


Digitized by CjOOQie 





Die „Berliner Thlertrztllehe Woebeneehrlft“ eraeheint 
wöchentlich ln Starke von mindestem 1'/« Bogen. Dieselbe 
ist so bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder dnrch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetx, Berlin NW., Luisenstraese 36, cum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrtge werden mit 60 Hk. Ar den Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen and redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW„ Lulsenstraase 56. 
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 23 . Ansgegeben am 9. Jnni. 


Inhalt: Zwicker: R a d i c a 1 o p e r a t i o n eines Nabelbruchs bei einem einjährigen F o h I e n. — Loweg: B e m e r k u n ge n 
zur Geburtshilfe. — Hugendubel: Complete periphere Facialis-Paralvse. — Dralle: Perosomus 
elumbns. — Ma>zef: Beiträge zur allgemeinen Anästhesie einiger Hausthiere. — Referate : Fröhner: 
Beste Methode der Kryptorchidencastration. — Olt: Fettgewebsnecrose bei den Haussieren. — Langd on: Impfversiiche an 
Kälbern mit dem menschlichen Tuberkelbacillus. — Lewin: Der Uebertritt von festen Körpern und Luft aus der Blase in 
die Nieren und entferntere Körperorgane. — Laache: Ueber die Anwendung des Aderlasses bei Uraemie. — Ehrmann: 
Ueber Pigmentbildung, Melanose. Blutbildung und Haarwechsel. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thier¬ 
zucht. — Tagesgeschichte: Die 25jährige Jubelfeier des Semesters 1870/73. — Verschiedenes. — Oeffentliches 
Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — 
V acanzen. 


Radicaloperation eines Nabelbruchs bei einem 
einjährigen Fohlen. 

Von 

S. Zwicker-Prachatitz, 

Stadt- und Beiirkathierarst. 

Am 16. April 1898 kam der Pferdezüchter Franz Grosser 
ans Haberles mit dem Ansuchen zu mir, ich möge ihm ein mit 
einem Nabelbruche behaftetes einjähriges Fohlen, schweren 
Schlages, operiren. Es müsste, meinte der Mann, die Operation 
gleich vorgenommen werden, weil das Fohlen fast täglich in 
Folge Einklemmung des Bruches an Kolik erkranke und dem¬ 
selben immer erst durch längeres Kneten und endliches Zürück- 
schieben des Bruchinhaltes geholfen werden könne. Nach 
weiteren Angaben wurde alles mögliche bereits früher versucht, 
zuerst scharfe Einreibungen, Abbinden, dann das Abkluppen, 
ohne dass ein Erfolg zu verzeichnen gewesen wäre. Bei der 
Untersuchung des Fohlens fand ich einen Nabelbrach von mehr 
als Apfelgrösse und rundlicher Form. Der Inhalt liess sich in 
die Bauchhöhle zurückschieben. Der Brachring war sehr deutlich 
abfühlbar, fast kreisrund mit einem Durchmesser von 6 cm. Nach 
Rücksprache mit dem Pferdebesitzer entschloss ich mich, mit 
dessen Einverständnis die Radicaloperation mit Eröffnung des 
Bruches und Vernähung des Bruchringes vorzunehmen. Mein 
Plan war folgender: Nach vorhergehender strenger Diät durch zwei 
Tage, Niederlegen des Pferdes, hierauf Chloroformnarcose, dann 
peinlichste Desinfection und Reinigung des Braches sammt Um¬ 
gebung, Rasiren der Haare daselbst, hierauf unter strengsten 
antiseptischen Cautelen Eröffnung der Haut, Zurückschieben des 
vorsichtig abzulösenden Bruchsackes in die Bauchhöhle und Ver¬ 
nähen des Brachringes. 

Ueber die Durchführung dieses Planes kann ich Folgendes be¬ 
richten. Das Fohlen erhielt durch zwei Tage nur flüssiges Futter 
und zwar einige Male des Tages laues Wasser mit gut abge¬ 
brühter Kleie in geringer Menge. Am dritten Tage um 7 Uhr 
früh wurde das Fohlen in einem vorher gut gelüfteten lichten 
Gewölbe niedergelegt. Hierauf wurden in die vorher gut ein¬ 
gefetteten Nasenöffnungen je ein mit Chloroform getränkter asepti¬ 
scher Schwamm eingeführt, die von ei' em Gehilfen leicht mit 
den Zeigefingern in dieser Lage erhalten wurden, und auf welche 
während der Operation noch Chloroform nachgeträufelt wurde. 


Jetzt kam das Waschen des Bruches und dessen ganzer Um¬ 
gebung, zuerst mit Seife durch 10 Minuten, darauf ausgiebige Des- 
infection mit Sublimatlösung, Einseifen und Rasiren der Haare 
und nochmalige Desinfection. Instrumente waren alle in pein¬ 
lichster Weise desinficirt, ebenso hatten ich and mein Assistent 
Hände und Arme durch 15 Minuten gewaschen, vollkommen ge¬ 
reinigt nnd desinficirt. Ich ging nun daran und machte den 
Hautschnitt in der ganzen Ausdehnung des Bruches genau ent¬ 
sprechend der Längsachse des Hautbeutels. Nach Durchtrennung 
der Haut löste ich dieselbe vollkommen von dem Bruchsacke ab, der 
nunmehr nach Zurückschieben der den Bruchinhalt darstellenden 
Gedärme in die Bauchhöhle die Form eines an der Oberfläche 
mehrfach gefalteten derben, fibrösen Beutels zeigte. Die Wan¬ 
dungen dieses Beutels waren in Folge vorhergegangener Ent¬ 
zündungen bedeutend verdickt und schwartenartig. Ich war des¬ 
wegen gezwungen, um zur Bruchpforte zu gelangen, auf den 
Bruchsack einzuschneiden. Diesen fixirte an der Basis und 
machte entsprechend der Lage und Form des Bruchringes am 
Grunde des Bruchsackes einen kreisförmigen Schnitt durch die 
ganze Dicke der Wand langsam und vorsichtig bis an das die 
innerst gelegene Haut darstellende eigentliche Bauchfell vor¬ 
dringend. Nun begann wieder sehr vorsichtig mit Pincette und 
Messer einerseits, andererseits mit dem Finger das Baucbfell von 
der übrigen bedeutend verdickten Wand des Bruchsackes abzu¬ 
lösen. Diese Arbeit, die unter Carbolspray vor sich ging, war 
der schwierigste Theil der Operation. Nachdem das Bauchfell 
zum grössten Theile abgelöst war, wobei ich gestehe, dass es 
trotz grösster Vorsicht zur Eröffnung der Bauchhöhle kam, ent¬ 
fernte den abgetragenen Beutel und schob das Baucbfell nach 
ausgiebiger Desinfection und Abtupfen mit Carboiwattetampons 
in die Bauchhöhle zurück. Darauf untersuchte die Ränder des 
Bruchriuges, die etwas verdickt waren. Ich schacte dieselben mit 
den Bistouris ein wenig ab, um dann mit der Anlage einer Knopf¬ 
naht zu beginnen. Als Material verwendete Nähseide, die eine 
viertel Stunde in Via» Sublimatlösung gekocht, hierauf durch 
24 Standen in einer solchen Lösung aufbewahrt und endlich 
durch Vs Stunde in abs. Alcohol gelegt wurde. Die Naht voll¬ 
führte ich mit eiuer gewöhnlichen Heftnadel. Trotz der 
runden Form der Ränder legten sich dieselben ganz gut an¬ 
einander , nur muss hierbei bemerken, dass die Assistenz 


Digitized by LaOOQie 








266 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHKIFT. 


No. 23. 


schwierig ist, weil sich die Wundränder in Folge Spannung 
und Festigkeit der Bauchdecke sehr schwer mit den Fingern und 
Pincette heben lassen. Es machte auf mich schon während der 
Anlage der Naht den Eindruck, dass es viel besser war, den 
grossen Theil des ausgestülpten Bauchfelles, welches nun unter 
der Wunde lag, zuröckgeschoben zu haben, weil dadurch die ge¬ 
nähte Bauchdeckenwunde einen recht guten Schutz nach innen 
fand, was hei vollständiger Exstirpation des Bruchsackes nicht 
der Fall gewesen wäre. Nach Anlage der Naht und ausgiebiger 
Desinfection musste ich von den Wundrändern der allgemeinen Haut 
je ein ziemlich grosses Stück wegschneiden, um dann dieselben 
durch eine Kürschnernaht zu deren Unterstützung eine Ent¬ 
spannungsnaht mit Drainageröhren beitrug, zu vereinigen. An 
der tiefsten und zugleich vordersten Stelle wurde ein gut desin- 
ficirtes, gefenstertes Drainagerohr eingelegt. Hierauf Bestreichen 
mit Jodoformcollodium und Andrücken einer Schichte Carbolwatte. 
Das Niederlegen wurde durch Hinaufbinden verhindert. Binden 
wurden keine angelegt. Die Anlage der Entspannungsnähte 
machte zum grossen Theile allein die Anwendung von Binden, 
deren Gebrauch an dieser Stelle sehr umständlich gewesen wäre, 
überflüssig und bewirkte mit der Kürschnernaht, dass die Höhle 
zwischen Bauchdecke und Haut ganz klein blieb und sich in 
auffallend rascher Zeit durch gesunde Granulationen füllte. Die 
Nachbehandlung geschah streng nach den Regeln der antisep¬ 
tischen Wundbehandlung. Die Reaction auf das Allgemeinbefinden 
des Fohlens nach der Operation war zu meiner Verwunderung 
unmerklich; in den nächsten Tagen auch nicht die mindeste 
Temperaturerhöhung. Das Fohlen erhielt als Getränke frisches 
Wasser und jedesmal in dasselbe einen Löffel Bittersalz, ausserdem 
einige Ma'e des Tages etwas gutes Heu. Nachdem Anfangs 
der Kothabsatz verzögert war, wurden den nächsten Tag früh 
und Nachmittags Seifenclystiere gesetzt, worauf dann Entleerung 
eintrat. Darauf fand keine Störung im Befinden mehr statt. Der 
Heilungsprocess der Wunde ging sehr rasch von statten. Eiterung 
war gering. In den ersten Tagen wurde die Wunde mit Lysol¬ 
lösung ausgespritzt, hierauf am 7. Tage an Stelle des Drainage¬ 
rohres Jodoformtampons eingeführt. Am 8. Tage wurden die 
Entspannungsnähte, am 11. Tage die Nähte der allgemeinen 
Decke entfernt. Fieber fehlte vollkommen. Vom 7. Tage an 
wurde das Thier Vor- und Nachmittags je eine halbe Stunde be¬ 
wegt. Am 3. Mai, also in 17 Tagen, konnte kein Tampon mehr 
eingeführt werden An diesem Tage wurde das Fohlen dem Be¬ 
sitzer übergeben und als Nachbehandlung Reinhaltung der Nabel¬ 
stelle und Bestreichen mit Zinksalbe empfohlen. Am 15. Mai 
wurde das Fohlen wieder vorgeführt, dasselbe war vollkommen 
gesund, die Wunde ganz abgeheilt. 

Bemerken möchte ich zum Schlüsse Folgendes: Die Narcose 
hat mir bei dieser Gelegenheit recht gute Dienste geleistet, und 
war die Wirkung derselben ganz gut, so dass ich fast ohne 
Widerstand arbeitete. 

Ausserdem muss ich gestehen, dass der Erfolg der Operation 
für mich überraschend war, nachdem ich glaubte, dass durch die 
Reizung des Bauchfelles, noch dazu bei eröffneter Bauchhöhle, 
es jedenfalls zu einer schweren Bauchfellentzündung oder Sepsis 
kommen würde. Ich schreibe den Erfolg dem gewissenhaft durch¬ 
geführten antiseptischen Vorgänge bei der Operation zu. 
Nachdem auch eine Adhäsiou der Ränder des Bruchringes in 
verhältnissmässig kurzer Zeit stattfand, so werde ich mich nicht 
scheuen, bei einem zweiten, bereits angemeldeten Falle wieder 
zur Radicaloperation zu schreiten, weil ich der Ansicht zu¬ 
stimme, dass die Furcht vor Eröffnung der Bauchhöhle und 
Reizung des Bauchfelles infolge angeblich übermässiger 
Empfindlichkeit des letzteren bei Pferden nicht ganz berechtigt 


ist, vorausgesetzt, dass unter strengster Antisepsis und Asepsis 
gearbeitet wird. 


Bemerkungen zur Geburtshilfe. 

Von 

Loweg- Herborn. 

Thierarzt. 

In No. 5 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift brachte 
Herr Thierarzt Dralle-Helmstedt einen Artikel über torsio uteri, 
auf welchen ich erst durch eine kurze Entgegnung des Herrn 
Thierarztes Haase-Hohenmölsen in No. 7 obiger Zeitschrift auf¬ 
merksam wurde. Herr Dralle empfiehlt in demselben die 
Günther’sche Kopfschlinge aus einem Stricke hergestellt, zum 
Gebrauche bei Geburtshilfe. Herr Haase will dieselbe aber 
aus Leinwand oder Geflecht hergestellt wissen. Neuerdings tritt 
nun Herr Dralle in No. 11 mit besonderem Interesse für seine 
Empfehlung ein und versucht es, durch eine eingehendere Er¬ 
örterung die Meinung des Herrn Haase, als könne eine solche 
aus einer Leine z. B. Pflugleine augefertigte Schlinge Ver¬ 
letzungen hervorrnfen, zu entkräften. Dass Herr Dralle damit 
aber allgemeine Zustimmung findet, möchte ich sehr bezweifeln. 
Ich halte mit Herrn Haase die Befürchtung, dass eine Leine ver¬ 
letzen könnte, für sehr berechtigt. Dieselbe ist nach meiner 
Ansicht durchaus keine theoretische Schlussfolgerung, sondern 
das naturgemässe Resultat practischer Erfahrung. Ich selbst 
habe mit der Schlinge nach Dralle construirt, schlechte Er¬ 
fahrungen gemacht Es lässt sich eben nicht immer eine Ver¬ 
letzung vermeiden, denn es wird wühl Niemand im Stande sein, 
eine Leine, an der mehrere Personen ziehen, stets in passender 
Richtung zu halten. Auch nicht volles Zutrauen habe ich zu einer 
Schlinge, die aus Leinwand hergestellt ist Aus diesem Grunde 
habe ich mit einem Lederriemen Versuche angestellt und mit 
demselben in langjähriger Praxis ausgezeichnete Erfahrungen 
gemacht Ein solcher Lederriemeu ist zwei Meter lang und 
1 cm breit; die beiden Enden sind fest zusammengenäht. Auf 
dem so entstandenen Doppelriemen ist ein Schieber angebracht 
Die Ränder des Riemens sind schön abgerundet und geglättet. 
Diesen Riemen, den ich vorher gut einöle, führe ich leicht über 
den Kopf eines Kalbes, schiebe den Schieber fest vor und lasse 
am äusseren Ende ziehen. Dieses Geburtsinstrument hält eine 
bedeutende Zugkraft aus und eine Verletzung ist vollständig 
ausgeschlossen. Ausserdem habe ich noch gefunden, dass man 
einen solchen Lederriemen leichter über den Kopf eines Kalbes 
führen kann, wie einen Strick, der, soviel ich erfahren habe, 
trotz Einölung bedeutend zuiückhalt 

Ferner räth Herr College Dralle in No. 5, bei Geburtshilfe 
möglichst viel die Hand zu gebrauchen und möglichst wenig zur 
Embryotomie zu schreiten. Ich halte den Rath in dieser All¬ 
gemeinheit aus manchen Gründen für uupractisch. Herr Dralle 
findet es z. B. schon verwunderlich, dass man bei seitwärts ver¬ 
schlagenem Kopfe zum Messer greife und hält es im Interesse 
des Thieres für angebracht, viel die Hand zu gebrauchen. Ich 
bin nun im Gegentheil der Meinung, dass ich gerade im Interesse 
des Thieres handele, wenn ich auch schon bei einer solchen 
Lage unter häufigen Umständen zum Messer greife Zufälliger¬ 
weise habe ich gestern noch bei der Geburt eines Fohlens, wo 
der Kopf seitwärts lag, beide Vorderbeine abgetrennt und zwar 
aus dem Grunde, weil ich sab, das ich höchstens nach längerer 
Arbeit ohne Messer vielleicht zum Ziele gekommen wäre. Damit 
habe ich doch ganz entschieden das Mutterthier geschont, indem 
ich ihm eine lange andauernde Quälerei ersparte, die vielleicht 
noch ohne Erfolg geblieben wäre. Und so mag es in manchen 
Fällen sein, wo Herr Dralle vielleicht einige Zeit sich abmüht, 


Digitized by kjOOQie 



Jubiläumi kiällitäs. Böcs 1898. 

Mäjus- October. 



müszergyärtmänyainak kiällitäsa. 


XV csoportozat „Veterinärwesen“. 

A földmivelesi csoportozatnak inditö czölja e jubiläumi kidllitason, hogy mindazon 
elörehaladdst szembe tüntesse, melyeket a földmiveles az utolsö 50 öv folyaman tett. 

A kidllitdsnak „Veterinärwesen“ nevü XV. csoportozata örömteljesen fog a neki 
szdnt munka vögzedehez, mert az dlattan öppen az utolsö 50 öv folyamdn kivdlö ös 
szembetünö sikert aratott. Kiindulva azon szempontbol, hogy „a tudomdny nöpközi“, a 
kidllitds igazgatösdga szives volt a vildg minden nemzetseget meghivni, hogy a „Veterinär¬ 
wesen“ csoportozatot megküldje. Az aldzattal alulirt czeg — Hauptner H, Berlin NW — 
köszönettel fogadta ezen meghivöt es legujabb müszergydrtmdnyait a földmiveles es 
dlattan terön a- „Veterinärwesen“ nevü XV. csoportozatban kidllittotta mög pedig a czelbol, 
hogy megmutassa, mily nagy elörehaladdst tett müszergyara az dlattan teren. Gydrom 
ugyanis 40 övi fenndlldsa öta mindig csakis az dlattani müszereket különös szakmakönt 
kösziti ös mig a többi hasonlö gydr az efföle müszereket csak mellökelve gydrtmdnyozza, ön 
kizarölagosan az dlattani müszereket keszitem. Persze inagdtol örtetödik aztdn, hogy 
gydrom az egy es ugyanazon tdrgygyal valö folytonos foglalkozdsa folytdn a mechanika 
elörehaladdsdval lepöst tart es övröl evre reszint egösz uj taldlmdnyokat hozok, reszint meg 
rögibb szerkezetü gydrtmdnyaim javuldst nyernek. Söt meg több. Gydrom — persze az 
aseptikus jelieg megörzese mellett — arra is ügyel, hogy az egy es orszdgok mily alakü 
ös mily szerkezetü müszereket haszndlnak ös a tisztelt dllatorvos urak ebbeli kivdnatait 
mindig örömmel teljesitem. Gydrtmdnyaim a kidllitasnak jelzett czoportozatdban külön, 
belsö ös külsö disze dltal feltünö kioszkban 57 osztdlyba osztva lathatök. 

Mindenki, a ld gyartmdnyaimat övatosan vizsgdlja, meggyözödhetik arröl, hogy 
mily nagy gondossdggal van minden darab el köszitve, de mindenkinek egyszersmind 
szemebe is tünik az egösz instrumentdrium külseje, mely valödi dlanyozds következtöben 
ezüstfehör fönyt öbreszt. E valödi dlanyozds gydrom több sajdtsdgdnak egyike, mely a 
legtöbb orezdgban kidllitds alkalmdval a legnagyobb ördemjegyekkel lett kitüntetve. 

A kioskban fekvö köpes katalogus segelyövel az egynehdny ezer darabböl dllö 
kidllitdsom könnyen atnezhetö. A gydrtdsi mödrol is egyes müszerek köszülesük külön- 
bözö stadiumdban, azonkivül 24 nagyobb fönykep ad felvilagositdst. Ez utöbbiak mög 
külön szintön a.,kioskban fekvö Jeirdsok dltal vannak megmagyarazva. Gyaromban, mely 
mög mindig nagyobbodik, jelenleg több mint 150 ember dolgozik; külön teremben a rendelesek 
kieszközöltetnek ös külföldre szdnt küldemenyeknel a rendelök különfele elönyöre fek- 
tetünk sülyt Az Osztrdk-Magydrorszagban ölö dllatorvos urakröl mög oly formdn is 
gondoskodtam, hogy pl. levelezöket tartok az orszdg minden nyelvöre, a rendelesek 
vdmmente8en eszközöltetnek ös ez egybekötve czegem ismert alapteteleivel — minden 
darabert jöt dllok, pröbadarabokat küldök ös kicserelek — t. vevöimnek nagy mörvü 
biztonsagot nyujt. 

Czögem arra törekedett, hogy a jelenlegi kidllitdson oly dlattani müszertdrt mutasson, 
melyet e tökeletessögben eddigelö nem ldttak, kerem tehdt a t. dllatorvos urakat, tessek 
megldtogatdsukkal megszerencseltetni. 

Kivdlö tisztelettel 

Hauptner H. 

BERLIN N.W. 
























Die Ausstellung H. Hauptner, Berlin NW., 
in der Gruppe XV «Veterinärwesen“ der 
Jubiläums - Ausstellung Wien 1898 besteht 
aus folgenden 57 Gruppen: 

Instrumente zur Anatomie 
Instrumente und Utensilien zur Mikroskopie und 
Bakteriologie 

Utensilien zur Fleischbeschau 
Instrumente zur Physiologie 
Zwangsmittel und Apparate zum Narkotisiren 
Instrumente zur Percussion und Auscultation 
Thermometer 
Beleuchtungsapparate 
Apparate zur Harnuntersuchung 
Lancetten, Bistouris, Scalpells, scharfe Löffel 
Schoeren 

Pincetten, Zangen, Haken 
Sonden 

Haarseilnadeln 

Nähinstrumente 

Aderlass- und Scariflcations-Instrumente 
Instrumente zur Compression, Unterbindung u. Ligatur 
Ecraseure 

Instrumente zur Anwendung des Feuers, der Elektri¬ 
zität und Acupunctur 
Trocare 

Impf-Instrumente 

Instrumente zur Injection und Aspiration 
Irrigations-, Kühl- und Klystier-Apparate, Utensilien 
zur Desinfeetion 
Sterilisationsapparate 

Zerstäuber für Flüssigkeiten u. Pulver, Aetzmittelträger 
Verbandtaschen 
Aseptische Taschenbestecke 
Verbandstoffe, Verband- und Arzneikästen, Waagen 
zum Recepturgebrauch 
Instrumente zur Trepanation 
Au gen i ns tru m ente 
Zahninstrumente 

Instrumente zur Kehlkopfoperation 
Instrumente für Operationen an der Luftröhre 
Instrumente für Schlundoperationen und zum Ein¬ 
geben von Medicamenten 
Instrumente zu Bruchoperationen 
Instrumente zu Operationen am Euter 
Instrumente zu Operationen an den Harnorganen 
Instrumente zur Castration 
Instrumente zur Geburtshilfe 
Instrumente zu Operationen an den Gliedmassen 
Instrumente zum Englisiren und Coupiren 
Instrumente zu Operationen am Huf 
Rotten's Huflederkitt zur Herstellung eines natur- 
gemässen Hufbeschlages 
Instrumente zum Beschneiden der Klauen 
Bandagen und Apparate zur Thierpflege 
Apparate gegen Unarten 
Hornleiter, zum Richten der Rindviehhörner 
Messbänder und Messstöcke 
Scheerapparate 

Tätowir- und Kerbzangen zum Kennzeichnen von 
Thieren 

Ohrmarken in 9 verschiedenen Constructionen zum 
Kennzeichnen von Thieren 
Instrumente zum Bonitiren der Wolle 
Schaf- und Kuhgeläuto 
Betäubungsapparate für Schlachtthiere 
Lehrmittel für thierärztliche und landwirtschaftliche 
Unterrichtsanstalten 
Apparate zur Milchuntersuchung 
Fabrikationsstadien scharfer und stumpfer Instrumente 
zur Erläuterung der Fabrikationsmethode. 



Die Ausstellung 

dor 

Instrumenten-Fabrik H. Hauptner, Berlin NW. 


in der 

Gruppe XV „Veterinärwesen“ 


der 


Jubiläums-Ausstellung Wien 1898. 

Digitized by Google 


J 




























Hauptner H, Berlin NW, 

müszergyärtmänyainak kiallitasa 

jubiläumi kiällitäsnak 

„"Veterinärwesen“ nevü XV csoportozatäban. 

Becs 1898. 


Hauptner H, Berlin NW. 

Ki&llitÄsa a jubiläumi kiällitäson — Becs 
1808 — a „Veterinärwesen“ nevü XV. csopor- 
tozatban a következö 57 csoportböl üll: 

Boncztani eszközök, 

mikroskopikus 6s baktoriologiai szerek 6s eszközök, 
eszközök a hüs megvizsgaläsdhoz, 
szerv61ettani müszerek, 
böditö eszközök, 
megfigyelösi szerek, 
hömörök, 
vildgitö szerek, 

k6szül6kek a hügy megvizsgdldsdra, 
gerelyek, szikek, 61es kanalak, 
ollök, 

csipeszek, fogök, 
liorgok, 

szörköteles tük, 
varröszerek, 

eret vdgö es karczolö szerek, 
össze-6s lekütu szerek, 

köszülökek a tüz 6s villanyossäg alkalmazäsdra, 
csaptük es csapk6sek, 
oltötük 6s köszülökek, 
lohezösi k6szü!6kek, 

öntözösi, hiivösltö 6s klystölyi k6szül6kek, 
magtalanitö k6sziil6kek, 
sebkötöszerek, gyögyszorszekrenyek, 
mörlegek, 

16kezesi es zközök, 
szem 6sfogszerek, 

eszközök a torok, 16gcsö 6s g6ge gyögymetsz6s6hez, 
k6szül6kek orvossdg beaddsdra, 
k6szül6kek töredök gyögymetsz6s6re, 
k6szül6kek a tölgy gyögymetsz6s6re, 
her616si köszülökek, 
szül6szeti szerek, 

k6sziil6kek a vögtagok gyögymetsz6s6re, 
köszülökek a pata gyögyraetszösöre, 
Itottenuek pataragasza term6szetes patkö elöallitdsdra, 
patametsz6si k6sziilekek, 
kütöszerek, 

k6szülekek mindennemü csintalansdg ollen, 
lötrdk a szarv kiegyenlt6s6re, 
mörökötelek 6s botok, 
hajvdgö köszülökek, 

rovö fogök az ällatok megismertet6s6re, 

0 kiilönbözöszerkezotüszeraz ällatokmegisraertet6s6re, 
gyapjü tisztltö köszülökek, 
tehön 6s birkaesengetyiik, 
böditö szerek az ällatok levägäsdnäl, 
dlattani 6s foldmlvelösi tanszerek, 
töjvizsgälö szerek, 

Öles es tompa szerek egyes gyartdsi stadiumokban a, 
gydrtdsi möd megmagyärdzdsdra. 


Digitized by VaOOQie 





















Jubiläums -^ussfellung U3ien 1898. 



Die Ausstellung 

der 

Ifistrameöteö-Fabrik H- Hauptöer, Berlin ]4W. 

in der Gruppe XV „Veterinärwesen“. 

Die Fortschritte auf dem Gebiete der Landwirtschaft während der letzten 50 Jahre 
zur Schau zu bringen, ist der leitende Gedanke für die landwirtschaftliche Abteilung 
der Jubiläumsausstellung Wien 1898. 

Die Gruppe XV „Veterinärwesen“ darf an die ihr zufallende Mitarbeit zur Er¬ 
füllung dieser Aufgabe mit freudigem Gefühl gehen, da gerade in den letzten 50 Jahren 
die tierärztliche Wissenschaft hochbedeutende, entscheidende Erfolge erzielt hat. In 
Würdigung des Grundsatzes: „Die Wissenschaft ist international“ sind zur Beschickung 
der Gruppe „Veterinärwesen“ alle Nationen eingeladen worden. Diesem Rufe ist die 
Instrumenten-Fabrik für Thiermedicin und Landwirtschaft von H. Hauptner, Berlin NW. 
gefolgt, um von den Fortschritten auf dem Gebiete der tierärztlichen Instrumententechnik 
Zeugniss abzulegen. Seit mehr als vier Jahrzehnten betreibt die Firma H. Hauptner, 
Berlin, die Fabrikation tierärztlicher Instrumente als Specialität. Während tierärztliche 
Instrumente im Allgemeinen in den Werkstätten für human-chirurgische Instrumente nur 
nebenher erzeugt werden, verwendet die genannte Firma ihre ungeteilte Aufmerksamkeit 
ausschliesslich auf das tierärztliche Instrumentarium. Welche Erfolge dieser Geschäfts¬ 
grundsatz gezeitigt hat, lässt die Ausstellung der Firma H. Hauptner in der Gruppe 
„Veterinärwesen“ erkennen. In einem besonderen Kiosk, dessen innerer und äusserer 
Schmuck andeutet, welche Sorgfalt auf die Erfüllung der gestellten Aufgabe verwendet 
wird, sind in 57 Gruppen die Erzeugnisse in einer überraschenden Mannigfaltigkeit aus¬ 
gestellt. Der internationale Charakter der Gruppe XV offenbart sich auch in dem Kiosk 
H. Hauptner durch die den verschiedenen Ländern eigenen Formen und Constructionen 
von Instrumenten, welche unter steter Wahrung des aseptischen Princips den Thierärzten 
aller Länder von der Firma H. Hauptner dargeboten werden. 

Lässt die genaue Besichtigung der Fabrikate die Sorgfalt erkennen, mit welcher 
jedes einzelne Instrument gearbeitet ist, so erstrahlt das Aeussere des gesammten In¬ 
strumentariums in dem silberweissen Glanze einer besonders gediegenen Vernickelung, die 
eine der vielen Eigenheiten Hauptner’scher Instrumente bildet. Letztere haben wieder¬ 
holt den Prüfungen durch Preisgerichte auf Ausstellungen verschiedener Länder unter¬ 
standen und sind mit den höchsten Preisen ausgezeichnet worden. 

An der Hand des illustrirten Instrumenten-Kataloges, der im Kiosk aufliegt, lässt sich 
die aus einigen Tausend Instrumenten bestehende Ausstellung leicht übersehen. Auch über 
die Fabrikationsmethode geben Instrumente in verschiedenen Fabrikationsstadien sowie 
24 grössere Photographien aus dem Fabrikbetriebe Aufschluss, die durch eine ebenfalls 
aufliegende Schilderung erläutert werden. Der in stetem Wachsen befindliche Betrieb be¬ 
schäftigt zur Zeit über 150 Personen; eine Versandabtheilung bewirkt die Expedition der Fabri¬ 
kate nach allen Ländern der Welt, wobei auf besondere Vortheile für die Abnehmer im Aus¬ 
lande Hauptwerth gelegt wird. Für die Herren Thierärzte in Oesterreich-Ungarn sind im 
Verkehr mit der Firma H. Hauptner die denkbarsten Erleichterungen vorgesehen, z. B. 
Correspondenz in allen Sprachen Oesterreich-Ungarns, zollfreier Versand etc., wodurch in 
Verbindung mit den allgemeinen Geschäftsgrundsätzen der Firma — Garantie für jedes 
Stück, Probesendung und Umtausch — eine schätzenswerthe Sicherheit für den Käufer 
gewährleistet wird. 

Die Firma H. Hauptner ist bemüht gewesen, durch ihre Ausstellung in der Gruppe 
„Veterinär wesen“ auf der Jubiläums-Ausstellung ein thierärztliches Instrumentarium in 
einer noch nicht gesehenen Vollkommenheit vorzuführen; an die Herren Thierärzte richtet 
die Firma die Bitte, den Kiosk H. Hauptner mit einem Besuche zu beehren. 


Druck von Albert Damcke, Berlin SW. 12. 


Digitized by 


Google 



















BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


267 


9. Juni 1898. 

ich aber das Messer gebrauchen würde. Zudem ist es doch auch 
ein nicht zu unterschätzender Umstand, mit seinen eigenen 
Kräften etwas rationell umzugehen, besonders, wenn man hei 
Geburtshilfe vielfach in Anspruch genommen ist. Ein eigenartiger 
aber immerhin doch ein Grund, geburtshilfliche Instrumente an- 
znwenden, ist auch das Uebergewicht über den Pfuscher, der 
einem gerade bei Geburtshilfe am meisten in die Quere kommt. 
Denn handliche Fertigkeit haben die meisten Pfuscher sich schon 
erworben, dagegen an die Embryotomie wagen sie sich nicht 
heran. 


Complete periphere Facialis-Paralyse. 

Von 

Hugendubel-München, 

■tJtdiücher Thierarzt. 

Bei einem, an einer heftigen Kolik erkrankten Luxuspferde, 
das den Kopf aus dem Halfter gezogen hatte und heftig um sich 
6chlug, war eine thierärztliche Hilfeleistung erst möglich, nach¬ 
dem man das Pferd hochgebracht, mittelst Gurten befestigt und 
den Kopf mit dem Halfter hochgebunden hatte. Kaum hatte ich 
eine Morpbiuminjection gemacht, als das Pferd, das vollständig 
erschöpft war, zusammenbrach. Dies erfolgte so plötzlich, dass 
die Schleife, mit der das Halfter an der Raufe befestigt war, nicht 
sofort aufgezogen werden konnte, wodurch in Folge des Zugs des 
schweren Körpers, der Bacbenriemen des Halfters, wie ich deutlich 
beobachten konnte, eine heftige Quetschung auf die Umbiegungs¬ 
stelle des nervus facialis ansübte. Kurze Zeit hierauf bemerkte 
ich, dass die Unterlippe des Pferdes, die bei der einige Minuten 
zuvor vorgenommenen Untersuchung sich völlig intact gezeigt 
hatte, beiderseits vollständig gelähmt herabhing. Augenlider 
und Ohrmuskeln zeigten keine Spur von Lähmung, ein Beweis, 
dass die Lähmung keine centrale, sondern durch die kurz vor¬ 
hergegangene starke Quetschung entstanden war. Ueber den 
weiteren Verlauf ist nichts bekannt, weil das Pferd bald darauf 
mit Tod abging. 


Pero8omus elumbus. 

Von 

Dralle-Helmstedt, 

Thierarzt 

Glücklicherweise kommt diese Abnormität ziemlich selten vor, 
bis jetzt war ich erst ein Mal genöthigt, ein Perosomus elumbus 
zu entwickeln. Bei der betreffenden Kuh war das Fruchtwasser 
zwei Stunden vor meinem Erscheinen abgelanfen und vergebens 
von einem Laien die Geburt versucht. Bei meiner Untersuchung 
stellte ich fe6t, dass eine Steissgeburt in Rückenlage vorlag, 
wobei die Schenkel des Kalbes nach oben und vorn standen. Ich 
suchte durch Druck gegen die Sitzbeine das Kalb zurückzu¬ 
schieben, um Platz zum Strecken der Schenkel zu gewinnen, doch 
stieg das Hintertheil dadurch nach oben und vorn und ich fühlte 
nun unter dem Hintertheil einen Stumpf, sodass ich eine dem 
Schistosoma reflexnm ähnliche Missgeburt vor mir zu haben 
glaubte. Ich versuchte nun die Hinterschenkel zu strecken, doch 
war dies trotz grosser Kraftanstrengung unmöglich, da sämmtliche 
Gelenke steif und unbeweglich waren ; desshalb entschloss ich mich 
schnell, ehe der Uterus sich noch mehr zusammenziehen konnte, 
zur Embryotomie. Nachdem ich den linken Hinterschenkel des 
Kalbes beinahe abgetrennt hatte, versuchte ich ihn herauszudrehen; 
bei dieser Manipulation drehte sich auf ein Mal das ganze Hinter¬ 
theil hernm, sodass ich beide Beine in die Geburt bekam und 
nun das Kalb ganz leicht entwickeln konnte. Nun sah ich erst, 
mit was für einer Missgeburt ich zu thun gehabt hatte. 


Beiträge zur allgemeinen Anästhesie einiger 
Hausthiere. 

Von 

Professor M. Malzef-Charkow (Russland). 

(An» dom RufislschoD Uberseiet) *) 

Bei unseren Hausthieren ist das Chloroform allein kein voll¬ 
ständig zuverlässiges anästhetisches Mittel; für gewisse Thiere, 
wie z. B. für Katzen und Schafe, erscheint das Chloroform sogar 
gefährlich, weil tödtlich. Desshalb strebten und streben viele 
Thierärzte danach, das Chloroform durch irgend ein zuverlässigeres 
und zugleich gefahrloses anästhetisches Mittel zu ersetzen oder 
sie bedienen sich einer gemischten Narkose. Wir haben 
während unserer chirurgischen Praxis und an Versuchsthieren, bei 
Ausführung von Laparotomie an den letzteren, zum Zwecke der 
Erreichung einer allgemeinen Anästhesie, uns vor Allem des 
Chloroforms, des Aethers, Morphiums und Chloralhydrates be¬ 
dient. Die von uns festgestellten Facta in dieser Richtung sind 
folgende: 

Das Chloroform, in fünf Fällen bei Hunden angewendet, um 
bei ihnen eine allgemeine Anästhesie zu erzielen, ergab in zwei gar 
keine Narkose, obgleich die Chloroformirung mehr als eine 
Stunde dauerte. In zwei Fällen trat der Schlaf zwar ein, war 
aber weder fest noch lang. Und nur in einem Falle gelang es, 
einen festen Schlaf zu erhalten, der 24 Minuten dauerte. Nach 
der Chloroformirung wurde an allen Hunden entweder eine be¬ 
deutende Unruhe oder ein deprimirter Zustand mit Merkmalen 
einer allgemeinen Zerrüttung bemerkt. 

In 22 Fällen wandte mau bei Hunden Morphium und Chloro¬ 
form zusammen an. Ersteres wurde 5 -12 Minuten vor dem Chloro- 
formiren, unter die Haut ein geführt, in der Menge von 0,02 
bis 0,06 Gramm, je nach der Grösse des Hundes. Der Schlaf 
trat nach 6—12 Minuten ein und nur bei einem Hunde nach 
22 Minuten. Es war gerade derselbe Hund, bei welchem man 
durch Chloroform allein keine allgemeine Anästhesie erzeugen 
konnte. 

In allen Fällen trat vollständig fester Schlaf ein, der 30—70 
Minuten dauerte. Die Menge verbrauchten Chloroforms, nach vorher¬ 
gehender Morphium - Injection, betrug 8—25 Kubikcentim. Eine 
Aufregung vor dem Schlafeintritt wurde nicht beobachtet; nur in 
einigen Fällen bemerkte man eine unbedeutende Salivation. Nach 
der Morphium-Einspritzung trat bei denjenigen Hunden, welche 
man vor der Operation nicht in Diät gehalten hatte, Er¬ 
brechen ein. 

Nach einer wirklichen gemischten Narkose zeigten sich bei 
den Hunden gar keine anormalen Erscheinungen, und nur in zwei 
Fällen wurde ein deprimirter Zustand beobachtet, der nicht be¬ 
sonders lange währte. 

Es fanden einzelne Versuche statt, eine allgemeine Anästhesie 
bei den Hunden hervorzurufen durch Aether allein, Morphium 
allein, Aether mit Chloroform in gleichen Theilen. Da es aber 
einzelne Fälle waren, welche dazu noch gar keine besonders 
guten Resultate ergaben, so beabsichtigen wir, uns über sie nicht 
weiter auszulassen. 

Auf solche Weise kann bei Hunden, auf Grund des eben Ge¬ 
sagten, als ein vollständig zuverlässiges anästhesirendes Mittel, 
das rasch einen festen und andauernden Schlaf hervorruft, ohne 
alle Komplikationen die Kombination von Morphium und Chloro¬ 
form dienen. 

Mit der festgestellten Thatsache rechnend, dass die Katzen 
bei der Chloroform-Narkose nmkommen infolge des eingeathmeten 

*) Das russische Original dieses Artikels erschien im December- 
hefte 1897 der Petersburger Monatsschrift „Archiv für Veteriuär- 
wissenschaften.“ 


Digitized by AaOOQie 





268 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 23. 


Chloroforms, und nachdem wir uns auch durch eigene Erfahrung 
überzeugt hatten (von 5 chloroförmirten Katzen verendeten drei 
während der Einathmung von Chloroform), versuchten wir eine all¬ 
gemeine Anästhesie bei Katzen durch Aether zu erreichen. Das 
Resultat war aber, dass es in allen 6 Fällen nicht gelang, mittels 
der Aetherisirnng, die 20—60 Minuten lang dauerte, bei den 
Katzen eine vollständige allgemeine Anästhesie zu erreichen. 
Sie schliefen nicht ein und offenbarten keinen Verlust von Empfind¬ 
samkeit. 

An 8 Katzen wurde Aether mit Chloroform in gleichen Theilen 
erprobt. Bei allen 8 Katzen trat der Schlaf infolge dieser ge¬ 
mischten Narkose rasch ein, in 5—15 Minuten. Er war voll¬ 
ständig fest und währte 15—70 Minuten. Die Mischung wurde 
in der Quantität von 14—31 Kubikcent. verbraucht. Vor Eintritt 
einer allgemeinen Anästhesie wurde in 4 Fällen eine unbedeutende 
Salivation beobachtet, sowie eine nicht besonders starke Auf¬ 
regung; in den übrigen 4 wurden solche Erscheinungen nicht be¬ 
merkt. Nach dem Erwachen zeigten die Katzen gar keine anor¬ 
malen Erscheinungen. 

Also: bei Katzen kann als ein vollständig zuverlässiges und 
ganz gefahrloses anästhesirendes Mittel die Mischung von Aether 
mit Chloroform in gleichen Theilen dienen. 

Bei 10 jungen Ochsen, im Alter von 9 Monaten bis zu zwei 
Jahren, bediente man sich, um eine allgemeine Anästhesie zu er¬ 
halten, einer gemischten Narkose — des Morphiums und Chloro¬ 
forms. Das Morphium wurde im Gebiete des Halses unter die 
Haut eingeführt in der Quantiät von 0,12—0,2 Gramm. 3—12 
Minuten nach der Morphiuminjection begann man das betreffende 
Thier zu chloroformiren und erzeugte dadurch nach 10—40 
Minuten in 7 Fällen einen festen und ruhigen Schlaf, mit einer 
Aufregung geringsten Grades. In 6 Fällen dauerte der Schlaf 
50—55 Minuten und in einem Falle nur 5 Minuten. 

In den übrigen 3 Fällen gelang es nicht, eine vollständige 
Anästhesie zu erreichen, trotzdem die Chloroformirung lange 
— ca. eine Stunde — dauerte. Zur Erreichung einer allgemeinen 
Anästhesie und zur Festhaltuog derselben während eines gewissen 
Zeitraumes wurden 15—68 Kubikcent. Chloroform verbraucht. 
Nach Erwachen vom Schlaf offenbarten die jungen Ochsen gar 
keine anormalen Erscheinungen. An einem 2jährigen Kalbe 
wurde der Versuch gemacht, mittelst Aethers eine vollständige 
Anästhesie hervorzurufen. Die Aetherisirung dauerte 45 Minuten, 
wobei 90 Kubikcent. Aether verbraucht wurden; es misslang aber 
nicht nur eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen, sondern das 
Tbier verlor sogar seine Empfindsamkeit nicht. 

Beim Rindvieh können das Morphium und Chloroform nicht 
immer ein positives Resultat ergeben. Von zehn jungen Ochsen 
gelang es (wie gesagt) bei dreien nicht, eine allgemeine Anästhesie 
hervorzurufen, weshalb die vorliegende Kombination nicht als 
vollkommen zuverlässig gelten kann, um beim Rindvieh eine 
Anästhesie zu erreichen. Andererseits aber kann man auch nicht 
den Umstand ignoriren, dass bei drei jungen Ochsen, bei 
welchen es nicht gelang eine complete Anästhesie zu erzeugen, 
die Empfindsamkeit immerhin soweit verloren ging, dass man die 
Operation ohne jedes Hinderniss von Seiten des Thieres durchführen 
konnte. 

ln acht Fällen gebrauchten wir bei Pferden zu einer all¬ 
gemeinen Anästhesie Morphium und Chloroform. Das erstere 
wurde unter die Haut im Hals-Gebiet in der Quantität von 
0,12—0,18 Gramm eingeführt. 

5—15 Minuten nach der Morphiura-Injection begann man 
das Thier zu chloroformiren. Zur erfolgreichen Hervorrufung 
einer allgemeinen Anästhesie, wie bei Pferden so bei anderen 


Thieren, befolgen wir alle Regeln, welche zu diesem Zwecke 
empfohlen werden. 

Das mit Chloroform durchtränkte Netz wurde nur an einem 
Nasenloche des Thieres festgehalten, das andere blieb vollständig 
offen, um der Luft freien Zutritt zu gestatten. Um die Reizung 
der Schleimhaut durch Chloroform zu verhüten, wurde die Um¬ 
gebung des Nasenloches von innen und aussen mit Vaseline ein¬ 
geschmiert. Bei 4 von 8 Pferden gelang es nach 10—25 Minuten, 
ohne jede Aufregung, eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen. 
Der Schlaf war fest und dauerte 40—75 Minuten; Chloroform 
wurde dabei 46—90 Kubikcent. verbraucht. Das Alter dieser 
Pferde betrug wie folgt: bei einem Pferde 6 Monate, bei einem 
anderen 8, beim dritten 1 Jahr und beim vierten 22 Jahre. Bei 
den übrigen' vier Pferden — im Alter von 4, 22, 23, und 24 
Jahren — gelang es nicht, eine vollständige Anästhesie zu 
erreichen. Bei diesen letzten vier Pferden wurde während der 
Chloroformirung eine unbedeutende Aufregung bemerkt, und 
nach Erwachen offenbarten alle 8 Pferde einen deprimirten Zu¬ 
stand und eine gewisse Schwäche, die bald vorüberging.. 

Noch bei 4 Pferden, im Alter von 2, 13, 16 und 22 Jahren, 
benutzten wir folgende gemischte Narkose. Zuerst führten wir 
im Clystier Chloralhydrat ein und zwar: 

Rp. Chloral. hydrati 30,0 
Gummi arabici 15,0 
Aq. de8tillatae 60,0 
M. ds. 

Darauf führten wir unter die Haut Morph, muriat. 0,25 ein 
und nach 12—15 Minuten begannen wir mit der Chloroformirung. 
Bei den ersten zwei Pferden trat ein fester Schlaf nach 9—11 
Minuten ein und währte mehr als eine Stunde (64 bezw. 72 Min.) 
Chloroform wurde 68 bezw. 81 Kubikcent. verbraucht. Bei den 
zwei übrigen Pferden trat ebenfalls Schlaf ein und zwar nach 
22—36 Minuteo, aber er war nicht so fest und dauerte nicht so 
lang wie bei den ersten zwei Pferden. 

Auf solche Weise kann man aus den hier angelührten That- 
sachen über die Anästhesie bei Pferden nicht umhin, zu bemerken, 
dass es bei ihnen ziemlich schwierig ist, eine vollständige all¬ 
gemeine Anästhesie zu erreichen. Besonders schwer unterliegen 
der Narkose erwachsene Pferde. Bei ihnen erreichte man das 
beste Resultat nach einer gemeinsamen Einwirkung von Morph, 
muriat., Chloral. hydrat. und Chloroform. Aber auch hier war das 
Ergebniss nicht in solchem Grade gut, in welchem man es ge¬ 
wünscht hätte. Als einen Mangel der hier erwähnten complizirten 
gemischten Narkose muss man hauptsächlich die Erscheinungen 
betrachten, welche sich nach derselben entwickeln. Das Thier 
bleibt einen bedeutenden Zeitraum hindurch offenbar in einem 
deprimirt-er8chlafTten Zustande und ist, wenigstens im Laufe einer 
halben Stunde, nicht imstande, sich auf die Beine zu er¬ 
heben. 

Bei 7 Schafen versuchten wir durch eine Injection von Morph, 
muriat. unter die Haut eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen. 
Bei zwei jungen, nicht grossen Schafen führte man unter die 
Haut je 0,12 Gramm von Morphium muriat. ein. Die Empfind¬ 
samkeit bei diesen Schafen ging nicht verloren: sie reagirten 
während der Operation (Laparotomie). Bei einem Schafe, welchem 
man unter die Haut 0,2 Gramm Morphium eingeführt hatte, wurde 
auch eine Reaktion bemerkt, aber bereits eine schwache. Bei vier 
Schafen verschwand die Empfindsamkeit ganz: sie offenbarten 
nicht die geringste Reaktion. Morphium war ihnen unter die 
Haut in folgenden Dosen eingeführt worden: 0,25; 0,3; 0,35 und 
0,4 Gramm. Eine allgemeine Anästhesie gelang es aber in keinem 
von den 7 Fällen durch Morphium allein zu erreichen. 

In 6 Fällen versuchten wir bei Schafen eine allgemeine 


Digitized by 


Google 





9. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


269 


Anästhesie durch Chloroform allein zu erreichen. Fröbner er¬ 
wähnt in seinem Lehrbuche der Pharmakologie nur eine Dose 
von Chloroform 5,0—10,0 Gramm als zur Erreichung einer all¬ 
gemeinen Anästhesie bei Schafen angeblich ausreichend. Prei- 
pitsch*), im Gegentheil, berichtet, auf Grund seiner Unter¬ 
suchungen, dass die Schafe nach der Ckloroformirang um¬ 
kommen infolge der sich bei ihnen entwickelnden Broncho¬ 
pneumonie. 

Sechs Schafe, die man der Chloroform-Narkose unterzog, 
wnrden während 20 — 37 Minuten chloroformirt, wobei 
18—30 Kubikcent. von diesem Betäubungsmittel verbraucht 
wurden. Bei 3 Schafen trat nach 5 bezw. 8 und 15 Minuten 
Schlaf ein, mit einem vollständigen Verluste der Empfindsamkeit 
im Gebiete der Hornhaut, aber dieser Schlaf war sehr kurz — 
nur 4 beiw. 8 und 10 Minuten. Nach Erwachen trat der Schlaf 
nicht wieder ein, obgleich die Chloroformirung jedesmal noch 
einige Minuten dauerte. Pei den übrigen 3 Schafen gelang es 
während der ganzen Periode der Chloroformirung nicht, den 
Schlaf hervorzurufen. Während der. Chloroformirung äusserteu 
die Schafe keine Unruhe, aber sehr bald wurden die Athem- 
bewegungen häufiger und erreichten die Zahl von ICO in einer 
Minute, darauf aber wurden sie selten und beschwerlich. In den 
folgenden Tagen nach der Chloroformirung waren fünf Schafe 
sehr krank. Die Erscheinungsformen der Krankheit sind: das 
Thier liegt die ganze Zeit hindurch; der Zustand ist deprimirt; 
der vollständigste Appetitsverlust; das Athmen ist beschwerlich, 
häufiger und oberflächlich, auf Entfernung hörbar; es findet ein 
Ausfluss aus den Nasenlöchern statt, der zu Rinden vertrocknet; 
die Temperatur beträgt 39,7°—40,4° C. 

Von diesen fünf Schafen verendeten vier im Laufe von 
1—5 Tagen nach der Chloroformirung. Ein Schaf erholte sich 
wieder nach einer sehr prägnanten fünftägigen Krankheit. Das 
sechste Schaf, welches die kleinste Chloroformdose, 18 Kubikcent. 
erhalten batte, offenbarte keine Krankheitserscheinungen. 

Die Obduction der vier verendeten Schafe zeigte in all¬ 
gemeinen Zügen, dieselben pathologisch - anatomischen Ver¬ 
änderungen. 

Das Blut ist flüssig, wässerig, färbt die Finger nicht und 
verändert seine Farbe an der Luft nicht. Die Nasenlöcher sind 
mit einer schleimig-eitrigen Flüssigkeit und mit Rinden be¬ 
schmutzt. Die Schleimhaut der Nasenhöhlungen ist blass- 
grau, dicker als gewöhnlich und angeschwollen. Der Schlund¬ 
kopf ist mit einer blutig-schäumenden Flüssigkeit vollständig an¬ 
gefüllt. Die Schleimhaut ist geschwollen, diffus-roth, von der 
Oberfläche lässt sich eine schleimig-eiterige Flüssigkeit abkratzen. 
Die ganze Trachea ist mit einer blutig-schäumenden Flüssigkeit 
angefüllt Die Schleimhaut ist geschwollen, verdickt, fleckig- 
roth. In der Brusthöhle befindet sich eine bedeutende Quantität 
transsudativ-blutiger Flüssigkeit (circa 2 Gläser). Die Pleura ist 
glatt, glänzend. Die Lunge erweist sich beim Betasten als com¬ 
pact, mit bläulicher Schattirung. Beim Durchschneiden der 
Lunge lässt sich vom Schnitt eine bedeutende Menge einer blutig- 
schäumenden Flüssigkeit abkratzen. Die Lunge ist ödematös. 
Im Herzbeutel befindet sich ebenfalls eine bedeutende Menge von 
transsudativer Flüssigkeit. 

Auf solche Weise ergiebt sich aus den erhaltenen Thatsachen 
vollständig klar die Unbrauchbarkeit von Choroform zur Erhaltung 
einer allgemeinen Anästhesie bei Schafen. Dasselbe erzeugt bei 
ihnen in solchem Grade bedeutende krankhafte Erscheinungen in 
den Athemwegen, dass die Chloroformirung am häufigsten mit 
dem Tode des Thieres endigt; und zugleich ist das Chloroform 

(* Berliner thierärztliche Wochenschrift, 1996, No. 16, S. 187—188. 


kein zuverlässiges Präparat im Sinne der Hervorrufung einer 
allgemeinen Anästhesie bei Schafen. 

Dies sind die wenigen Thatsachen, welche uns gelungen 
ist, bei der allgemeinen Anästhesie einiger von unseren Haus- 
thieren festzustellen. 


Referate. 

Beste Methode der Kryptorchidencastration. 

Von Prof. Fröhner. 

(Mth. f. Thierfalk , Bd. 9, H. 8.) 

F. hat an 24 Klopphengsten die vier bekannten Methoden, 
die dänische, die belgische von Degive, die französische von 
Cadiot und die Methode Günther untersucht. Es waren unter 
den Hengsten 17 abdominale und 7 inguinale Kryptorcbiden, 
dreimal mit doppelseitigem Kryptorchismus. Die dänische, 
belgische und französische Methode sind nur Variationen einer 
Grundform, indem bei allen von der Leistengegend aus vor¬ 
gedrungen wird, während im Gegensatz dazu Günther eine 
gewissermassen ventrale Methode einschlägt, indem er von den 
Bauchdecken ausgeht. In Dänemark, dem Stammlande der 
Kryptorchidencastration, wurde früher der Flankenschnitt aus¬ 
geführt und später erst von Stockfleth ab die inguinale Methode 
eingeschlagen. Winter und Sand operiren ähnlich wie in Belgien 
mittelst Perforation des Bauchfells am hinteren Rand des inneren 
schiefen Baucbmuskels. In Deutschland hat Möller zuerst die 
inguinale Methode empfohlen. 

P'röhner hat nun zwanzigmal nach der inguinalen Methode 
und viermal nach der ventralen Methode castrirt. Nach seiner 
Erfahrung ist die erstere der letzteren vorzuziehen. Von den 
einzelnen Modificationen der ersteren hat jede ihre besonderen 
Vortheile. F. zieht die belgische Methode vor, wonach nicht 
der innere schiefe Baucbmnskel, sondern das Bauchfell in der 
Nähe des Anulus vaginalis etwas lateral von demselben perforirt 
wird (welche Methode auch Sand in Kopenhagen und Töpper 
in Deutschland ansführen. Von den 20 danach operirten Pferden 
ist nur eins verloren gegangen. 

Was die Vortheile der einzelnen Methoden anlangt, so ist 
die eigentliche dänische Methode am leichtesten auszuführen, weil 
die Hand am wenigsten tief einzudringen hat. Darmvorfälle sind 
bei ihr aber am ehesten zu erwarten. F. begegnete ein solcher 
Fall, wobei allerdings die Reposition ohne weitere Nachtheile 
ausführbar war. Bei der belgischen Methode sind Darmvorfälle 
wenig zu befürchten und bei ihr entspricht die Perforationsstelle 
am meisten der anatomischen Lage des in der Bauchhöhle 
liegenden Hodens, welche gewöhnlich in der Nähe des Anulus 
vaginalis (Eingang in den Scheidenhautbeutel) sich befindet. Die 
französische Methode soll wegen der Lage der Perforationsstelle 
in der Lendengegend am ehesten einem Darmvoifall Vorbeugen. 
F. hat jedoch gerade hierbei einen tödtlichen Vorfall beobachtet. 
Ein Nachtheil ist, dass die Perforationsstelle von der Einschnitt¬ 
stelle weit entfernt ist, die Handbewegung gehindert wird und 
der Hode sich schwerer auffinden lässt. Bei den Inguinal- 
kryptorchiden ist selbstverständlich eine Perforation überflüssig. 
Hier giebt es keine besondere dänische etc. Form, sondern es 
wird nach allen Formen übereinstimmend bis zum Anulus vaginalis 
vorgedrungen. Diese Fälle sind mittelst der ventralen Methode 
überhaupt nicht zu operiren. Ein eingehendes Studium der Be¬ 
schreibung der Autoren über ihre Methode ist für den Operateur 
unerlässlich. Es ist hierbei namentlich auf die Cadiot’schen 
Abbildungen im Bd. 4 der Fröhner’schen Monatshefte hin¬ 
zuweisen. Die Operation muss am Cadaver eingeübt werden. 
Es sind dabei besonders die Fragen zu beachten: wie ist der 
Kryptorchismus zu diagnosticiren ? wie soll man das Pferd vor- 


Digitized by 


Google 



270 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


bereiten? wie ist die sicherste Asepsis zu erzielen? ist die 
Narcose empfelilenswerth? wie soll der Hautschnitt angelegt 
werden? soll die Wnnde genäht werden? ist ein Verband anznlegen? 
welche Nachbehandlung ist einzuleiten? wann kann das Pferd 
wieder gebraucht werden? 

„Zur Diagnose gehört eine gewisse Uebnng. Die Rectal¬ 
untersuchung erfordert Vorsicht. Der Hode ist von der Bauch¬ 
höhle her möglichst gegen die Beckenhöhle zu schieben. Er 
fühlt sich als ein schlaffes, plattes, verschiebliches, in der Form 
unveränderliches Gebilde an, wie ein mit Quecksilber gefülltes 
Säckchen, wie Sand sagt. Das Fehlen einer Castrationsnarbe 
auf der betreffenden Seite ist insofern nicht beweisend, als beide 
Hoden durch eine Castrationswunde entfernt werden können. 
Andererseits beweist eine Narbe nicht, dass das Pferd castrirt 
ist, was viel häufiger der Fall ist. Auch wird statt des Hodens 
bisweilen nur ein Nebenhoden entfernt. Aeusserungen von Ge¬ 
schlechtstrieb sind kein zuverlässiges Kennzeichen, da echte 
Wallache oft ausgesprochene Hengstnatur zeigen. 

Nach den Erfahrungen dänischer Thierärzte können Kryptor- 
chiden oft ohne besondere Vorbereitungen wie gewöhnliche 
Hengste castrirt werden. Ist Zeit vorhanden, wird eine solche 
immerhin zweckmässig sein, namentlich bei fetten Pferden eine 
8tägige Diät. Auch lässt F. für Darmentleerung sorgen und ver¬ 
hindert daB Streufressen durch Maulkorb bezw. lässt kein Rauh¬ 
futter verabreichen. Drei Tage lang Schwächung vor der Ope¬ 
ration ist nicht empfehlenswert!!, da die Pferde längere Zeit 
nachher stehen müssen. Das Werfen ist nach der dänischen 
Methode zu vollziehen. 

Dieser Punkt ist sehr wichtig, weil beim dänischen Abwerfen 
ein bequemes Operationsfeld geschaffen wird. F. empfiehlt ohne 
Narcose zu operiren. Er giebt L a b a t Recht, dass infolge Er¬ 
schlaffung der Bauchdecken durch das Oloroformiren die Ent¬ 
stehung von Darmvorfällen, namentlich bei der dänischen Methode, 
begünstigt wird. Morphium ist auch nicht zu empfehlen. 

Eine sorgfältige Asepsis ist die wichtigste Grundbedingung 
für das Gelingen der Operation; möglichst gründliche Desinfection 
des Operateurs, des Pferdes und der Instrumente. Leistengegend, 
Schlauch, Bauchdecken, Schenkelinnenfläche und Hufe werden 
gründlich mit Sublimat und Creolinwasser abgespült, die Hinter¬ 
hufe mit aseptischen Leinwandlappen verbunden und die Leisten¬ 
gegend noch mit öprocentigem Alkohol, l%o Sublimat desinficirt; 
Instrumente, Handtücher etc. vorher ausgekocht; Hände und 
Arme 10 Minuten lang abgeseift und gebürstet, mit warmem Sub- 
liraatwasser bespült und mit 50 pCt. Alkohol übergossen. Bei 
der Operation verfährt F r ö h n e r wie folgt: Anlegen eines 
10—12 cm langen Hautschnittes über dem leicht fühlbaren 
äusseren Leistenring und in dessen Längsachse, Unterbindung 
oder Abdrehung blutender Gefässe nach Durchschneidung der unter 
der Haut liegenden Fascie. Jetzt wird das Messer weggelegt 
und nur noch mit den Fingern operirt Es wird der (bei den 
abdominalen Kryptorchiden leere bezw. mit lockerem Binde¬ 
gewebe gefüllte) Weg, den sonst der normale Leistencanal nimmt, 
gebahnt, indem der musc. obliquus internus vom Poupart’schen 
Band (gleich Aponeurose des obliqu. extern.) in Form eines 
Canals in der Richtung gegen den inneren Leistenring bezw. 
Scheidenring getrennt wird. Die Richtung des Canals geht nach 
unten, aussen und vorn auf den äusseren Darmbein¬ 
winkel zu. Die Länge beträgt etwa 20 cm. Am 
Grunde des Canals fühlt man deutlich den scharfen Rand 
des obliqu. intern. Nun wird das Bauchfell etwa handbreit 
entfernt vom Rande des inneren schiefen Bauchmuskels durch- 
stossen in raschem Ruck mit dem Zeigefinger, worauf Mittel¬ 
finger oder Daumen nachgefdhrt wird. Man sucht zunächst nach 


dem Samenleiter oder dem sehr langen Schweife des Nebenhodens 
bezw. Hodengekröse, die von Darmschlingen leicht genug zu 
unterscheiden sind; indem man sie hervorzieht, zieht man die 
Hoden nach. Wird versehentlich eine Darmschlinge hervorgezogen, 
so schadet das durchaus nicht, wenn sie gehörig wieder versenkt 
wird. Den Hoden selbst sucht man erst dann, wenn die anderen 
genannten Theile nicht zu finden waren, wobei man dann aller¬ 
dings oft die Oeffnung im Bauchfell vergrössern und mit der 
ganzen Hand in die Bauchhöhle eingehen muss, auch manchmal 
längere Zeit bis >/, Stunde zu suchen hat. In einzelnen Fällen 
ist er nach Degive’s Angaben seiner Kleinheit wegen überhaupt 
nicht zu finden. Endlich wird dann der Hode entfernt, der 
Samenstrang versenkt (Anlegen einer Castrirzange, Unterbindung 
des Samenstranges in 2 Theilen mit sterilisirter Seide, Abschneiden 
des Hodens unter den Ligaturen). Die Wunde wird vernäht, 
nachdem mittelst sterilisirter Tupfer das Wundsecret aus dem 
Canal entfernt ist. Drainage ist nicht nothwendig. Die Naht 
muss aber exact sein und wird mit Airolpaste ein gerieben. Ein 
Verband, der. nur schwer, anzulegen wäre, ist- dann nicht nath- 
wendig. Als Nachbehandlung wird das Pferd 6—8 Tage hoch¬ 
gebunden und auf hinten stark erhöhte Streu gestellt. Seiten¬ 
bewegungen werden durch Lattirbäume verhindert Das Hinten¬ 
hochstellen ist ganz ausgezeichnet, um einen Darmvorfall zu 
verhindern. Etwas Weiteres ist, abgesehen von sorgfältiger 
Ueberwachung, nicht nothwendig. Die meisten Kryptorchiden 
waren dauernd fieberfrei; kleine Steigerungen bis zu 39V» sind 
belanglos. Mit einer Ausnahme heilten alle Fälle per primam. 
Die Pferde konnten durchschnittlich nach 14 Tagen zum Gebrauch 
zurückgegeben werden. Doppelseitige Kryptorchiden hat Fr ohne r 
in 2 Operationen mit 4 wöchentlicher Zwischenpause castrirt. 
Das Gewicht der Hoden schwankte zwischen 9 und 175 g. 

Vor der ventralen Gtinther’schen Methode warnt Fröhner. 
Sie ist unpraktisch und unsicher und 2 von den 4 danach operirten 
Pferden starben. — Günther hat Beine Methode übrigens auch nur 
an einem einzigen Pferde ausgeführt. — In den beiden tödtlich 
verlaufenen Fällen trat einmal der Samenstrang aus der nach 
Günther’s Rath weitläufig genähten Wunde hervor und es folgte 
eine Bauchfellentzündung. Im zweiten Falle trat trotz sorg¬ 
fältigsten Vernähen8 ein Darmvorfall mit septischer Peritonitis 
ein. Die genähte gelbe Bauchhaut war an den genähten Stellen 
durch den Druck der Eingeweide eingerissen. In den beiden 
andern Fällen, wo infolge dieser Erfahrungen Fröhner Bauch¬ 
fell, Muse, rectus, Tunica flava und schliesslich die Haut je für 
sich sorgfältig vernäht hatte, war der Verlauf allerdings ein 
günstiger, was angesichts mangelnder Vortheile und der Un¬ 
sicherheit und Schwierigkeit jedoch nicht zur Empfehlung der 
Methode führen kann. 


Fettgewebsnecrose bei den Haosthieren. 

Von Dr. Olt. 

(Dttch thierfntl. W. 9«, 11.) 

1882 machte Baiser (Virchow’s Arch. Bd. 90) auf eine 
Affektion des Pankreas beim Menschen aufmerksam, wobei 
necrotische Herde im Fettgewebe zwischen den Drüsenläppchen 
auftreten. Ponfick sah ähnliche Veränderungen im Fettmark 
der Röhrenknochen. Bei den Hausthieren bat zuerst Ostertag 
die Fettgewebsnecrose beschrieben und Mareck in der Dtsch. 
Ztschr. f. Thiermed. 1897 eine eingehende Untersuchung geliefert. 
Dazu kommt die Fettgewebsnecrose namentlich bei ungarischen 
Schweinen in Form mohnsamengrosser circumscripter glanzloser 
und graugelber Knötchen zwischen normalem Drüsen- und Fett¬ 
gewebe vor. Die Herde bestehen aus abgestorbenen Fettzellen, 
zwischen denen das Bindegewebe theils noch erhalten, theils 
geschwunden ist In den Fettzellen liegen Fettsäure, Crystalle 


Digitized by 


Google 



9. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


271 


and körnige Massen. Diese von Mareck beschriebenen Herde 
breiten sich nun oft über weite Strecken unter den serösen 
Häuten, über das Fettgewebe der ^Bauchdecken aus. Die Necrose 
setzt sich auch in das intermu9culäre Fettgewebe, ergreift selbst 
das Muskelgewebe. Olt fand necrotische Muskelbündel im 
necrotischen Fett an der Zwischenrippenmuskulatur. Beim Rinde 
finden sich gelegentlich umfangreiche necrotische Zustände 
namentlich am Gekröse und im Nierenfett. Davon verschieden 
sind N»crose im Fettgewebe vor dem Brustbein, welche Tendenz 
zur Verkalkung zeigen. Mitunter ist das ganze Fettgewebe des 
Dickdarmgekröses höckrig derb, auf der Schnittfläche trübe und 
rauh und schwielig. Es zeigen sich verwaschene Flecke von 
wei8B bis orangefarben, und wallnuss- bis hühnereigrosse, an 
normales Fett grenzende Herde. Die Uebergangszonen sind 
grauroth, die ältesten Herdtheile citronengelb und pigmenthaltig. 
Die Fettzellen sind trübe durch massenhafte Fettsäurecrystalle. 
Bei Schwefelsäurezusatz wird Stearin- und Palmitinsäure aus¬ 
gefällt; auch Calciumsulfatcrystalle sind zu beobachten. Das 
Bindegewebsgerüst ist vermehrt - (bildet jene Schwielen). Von 
dem interstitiellen Gewebe strahlen feine Zellausläufer in das 
Lager der Oelkugel. Dem Schwund des Fettes entspricht also 
eine Vermehrung des Bindegewebes. Das Letztere ist durchaus 
nicht betroffen, sondern nur die eigentlichen Fettzellen. 

Die Bezeichnung „Fettgewebsnecrose“ ist daher für das 
Rind insofern nicht zutreffend, als es sich nur um eine Necrose 
(Schwund?) der Fettzellen handelt, welche eine productive Ent¬ 
zündung im Gefolge hat. 

Die im prästernalen Fettgewebe beim Rinde vorkommenden 
eigentümlichen Verkalkungen beruhen, wie schon Ostertag an¬ 
gegeben, wahrscheinlich auf mechanischen Läsionen; mit den hier 
beschriebenen Vorgängen haben jene Verkalkungen nichts gemein. 

Am meisten unter den Haustieren ist für Fettgewebsnecrose 
das Schaf veranlagt. Die Herde sind jedoch linsengross, rein 
weiss und nach dem Erkalten des Talges kaum vom normalen 
Fettgewebe zu unterscheiden, entziehen Bich deshalb oft 
der Beobachtung. Erwärmt man jedoch den Talg bis zur durch¬ 
scheinenden Beschaffenheit, so fallen die opaken Herde sofort auf, 
wie dies auch beim frischen Talg der Fall ist. Manchmal ist das 
ganze abdominale Fett erkrankt. Beim Schafe sind nicht nur 
die Fettzellen betroffen, sondern es stirbt auch das Binde- 
gewebsgerüst ab. Hier ist es also eine Necrose des ganzen 
Gewebes. 

Olt hat auch zwei entsprechende Fälle beim Hunde beob¬ 
achtet, welche an Vergiftung gestorben waren. Es fanden sich 
im Gekrösfett grieskorn- bis linsengrosse circumscripte Herde, 
die knötchenartig derb waren. Viele Fettzellen waren gänzlich 
geschwunden. Dafür fand sich zahlreiches Granulationsgewebe. 
In den Fettzellen lagen Fettsäurecrystalle und homogene Massen, 
wie sie Baiser bei der Fettgewebsnecrose des Menschen sah. 
Diese Massen fand Olt auch besonders reichlich im necrotischen 
Fettgewebe des Geflügels. Sie sind resistent gegen Säuren, 
Basen, Alkohol und fettlösende Mittel. Beim Geflügel ist die 
Fettgewebsnecrose überhaupt häufig oft über das ganze abdominale 
Fett verbreitet Die necrotischen Herde sind verschieden gross, 
honiggelb und scharf umgrenzt Nach den bisherigen Unter¬ 
suchungen Olt’s, die derselbe vervollständigen will, ist die Fett 
gewebsnecrose durch eine unbekannte Ursache veranlasst, welche 
nutritive Störungen macht In den Oeltropfen der Fettzellen voll¬ 
zieht sich eine regressive Metamorphose, wobei chemisch 
unbekannte Degenerationsproducte abgespalten werden und Fett¬ 
säuren entstehen, die zum Theil an Calcium gebunden werden. 
Das Bindegewebsgerüst kann absterben oder, wie beim Rind, 
proliferiren. 


Impfversuche an Kälbern mit dem menschlichen 
Tuberkelb&cillus. 

Von Dr. Langdon-Frothingham, 

Assistent am pathol. Institut der Harvard Veterinärschule 
zu Boston. 

(Deutsche Zeitlichr. f. Thlermed. Neue J olge 1897, H. 5) 

Nach dem biologischen und auch morphologischen Ver¬ 
halten der Tuberkelbacillen verschiedener Thierarten muss an¬ 
genommen werden, dass es verschiedene Varietäten dieses Bacillus 
giebt. Morphologische und biologische Unterschiede bestehen 
bekanntlich zwischen dem Bacillus der Vögel- und Säugethier- 
tuberculose. Der Bac. tuberculi des Rindes ist für Meerschwein¬ 
chen bedeutend virulenter als der des Menschen. 

Uebertragungsversuche des menschlichen Tuberkelbacillus auf 
Thiere sind bisher verhältnissmässig wenig ausgeführt worden. 
Fr. erwähnt nur 3 Autoren (Bollinger, Crookshank und Theobald 
Smith), die derartige Versuche angestellt haben. 

In einer 1. Versuchsreihe experimentirtc der Verfasser mit 
1 Monat alten Reinkulturen des menschlichen Tuberkelbacillus, 
der auf Blutserum gezüchtet war und etwa die 20. Generation 
einer Origioal-Cultur darstellte. Mit Aufschwemmungen dieser 
Cultur in sterilisirtera Wasser wurden Kälber geimpft, deren 
Mütter oder die selbst vorher der Tuberkulinprobe unterzogen 
worden waren und bei denen keine Reaction beobachtet wurde. 
Zur Ernährung der Kälber wurde Milch von Kühen verwendet, 
die ebeufalls nach Einspritzung von Tuberkulin keine wesentliche 
Temperatursteigerung erkennen liessen. Jedem Versuchskalbe 
wurde 1 ccm der Aufschwemmung eingeimpft. Ein 3 Monate 
und ein 3 Wochen altes Kalb erhielten die Tuberkelbacillen- 
Aufschwemmung in die Bauchhöhle. Eine 5 Wochen später voi- 
genommene Tuberculinprobe hatte bei beiden Kälbern ein positives 
Ergebniss und nach der 6 Wochen bezw. 5 Monate nach der 
Impfung vorgenommenen Tödtung derselben, wurde durch Sektion 
u. mikroskopische Untersuchung die Erkrankung an Tuberkulose 
mit Bestimmtheit nachgewiesen. 

Von zwei anderen Kälbern, denen der Infektionsstoff in die 
Luftröhre eingespritzt wurde, erkrankte nur eins an Tuberkulose. 

Im Allgemeinen lässt sich über die erfolgreichen Infektionen 
noch bemerken, dass die deutlichsten Veränderungen in der 
Umgebung der Impfstelle vorhanden waren bei der Injektion 
in die Bauchhöhle im Netz und im Peritoneum, bei der intra¬ 
trachealen Impfung in den Muskeln des Halses und in den 
Lymphdrtisen der gleichen Seite. 

Alle andern Veränderungen im Körper waren so gering, dass 
sie nur durch mühevolles Suchen zu finden waren. Dagegen 
erkrankte ein als Controlthier dienendes intratracheal geimpftes 
Meerschweinchen an allgemeiner Tuberkulose. 

Eine zweite Reihe von Versuchen wurde mit Tuberkelbacillen 
haltigem Sputum angestellt. Dasselbe wurde mit destillirtem 
Wasser verrieben und subcutan bezw. intratracheal inflcirt. 
Ein subcutan geimpftes Kalb blieb gesund während zwei intra¬ 
tracheal geimpfte Kälber nach 4 Monaten tuberkulöse Ver¬ 
änderungen aufwiesen. Ein zur Controle ebenfalls in die 
Luftröhre geimpftes Meerschweinchen zeigte nach 5$ Wochen 
bei der Sektion generalisirte Tuberkulose. 

Die Versuche lehren, dass Kälber für menschliche Tuberkel¬ 
bacillen nicht sehr empfänglich sind. 

Der Uebertritt von festen Körpern und Lnft ans der 
Blase in die Nieren und entferntere Körperorgane. 

Von L. Lewin. 

(D. Med. Wochen lehr. 52/97.) 

Entgegen der früheren Annahme, dass ein Rückstrom von 
Blaseninhalt in den Harnleiter wegen des eigenthümlichen Ver- 


Digitized by 


Google 



272 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


Schlusses der Uretermündung unmöglich sei, wiesen L. und 
Goldschmidt nach, dass bei contractionsfähiger Blase sowohl 
bald nach Injection von Flüssigkeit in dieselbe, als auch durch 
künstliche Retention der Aufstieg von Blaseninhalt oft experi¬ 
mentell direct zur Anschauung zu bringen ist. Die Druck¬ 
verhältnisse in der Blase selbst sind bei gut scliliessender vesicaler 
Ureteröffnung für das Zustandekommen dieses Phänomens nicht 
ausschlaggebend, denn auch bei weniger als mittlerer Blasen¬ 
füllung kann die Rückfluth erfolgen, und andererseits kann sie 
bei maximalem Blasendruck ausbleiben. Der Uretermund muss 
sich bei der Rückfluth öffnen; aus welchen Gründen und wann 
er dies timt, ist bis jetzt jedoch vollkommen unbekannt. Verf. 
suchte nun, um die Materie möglichst vollkommen zu ergründen, 
folgende drei Fragen zu erledigen: 

1) Können auch feste Körper nach Einbringung in die Blase 
in die Nieren gelangen, und zwar bald nach der Einspritzung 
und unter verschiedenem Binnendruck der Blase respective nach 
Retention? 

2) Welche Wege der Verbreitung nehmen ev. diese Körper 
in der Niere? 

3) Gehen unter verschiedenen Versuchsbedingungen fremder 
Inhalt des Nierenbeckens respective feste, in ihm vertheilte 
Körper in das Blut und von dort in entfernte Körpertheile über? 

Zu den Versuchen wurde in Wasser verriebenes grünes oder 
blaues Ultramarin benutzt 

ad 1) Wie die Versuchsordnung auch getroffen wurde, fand 
sich Farbstoff im Nierenbecken. Der Blasendruck konnte auch 
jetzt nicht für die Rückfluth verantwortlich gemacht werden. Es 
muss vielmehr angenommen werden, dass der Blaseninhalt, un¬ 
abhängig vom Druck, auf den Ureter einen Reiz ausübt, der zur 
Oeffnung des Uretermundes führt. 

ad 2) Für die in das Nierenbecken gelangten Farbstoff- 
theilchen stehen drei Canalräume für ein eventuelles centralwärts 
gerichtetes Weiterdringen zur Verfügung: die Harncanälchen, 
die Lymphräume und die Blutgefässe. In allen drei Systemen 
fand L. den fremden, farbigen Inhalt des Nierenbeckens. Es 
scheint aber, dass ein directer Eintritt des Nierenbeckeninhaltes 
in die Blutgefässe nicht stattfindet; es kommen hierfür nur die 
Harncanälchen und ganz besonders die Lymphgefässe in Betracht. 
Stellenweise liess sich eine vollkommene Ausfüllung der Lymph- 
bahnen nachweisen. 

ad 3) Das Vorhandensein von Farbstoff in den Nieren- 
gefässen lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass man ihn auch 
in entfernteren Körpertheilen finden würde, um so mehr, als es 
schon Poirier gelungen war, nach Ipjection von Wasser in den 
Ureter dieses aus der Vena renalis wieder herausfliessen zu sehen. 

Durch diese Versuche ist der Weg gekennzeichnet, auf dem 
Fremdkörper und in viel leichterer Weise belebte, pilzliche 
Wesen denselben Weg zurücklegen können, und damit ist auch 
etwas Licht gebracht in das Entstehen mancher infectiöser All¬ 
gemeinerkrankung, deren Ausbildung bisher dunkel war. 

Ueber die Anwendung des Aderlasses bei Uraemie. 

Vortrag, gehalten von Professor L a a c h e auf dem internation. 
med. Congr. zu Moskau. 

(D. Mod. Woch. 9/98) 

Verf. berichtet im ganzen über drei Fälle von Anurie resp. 
Uraemie, wo ein ausgiebiger Aderlass sofort oder in ganz kurzer 
Zeit alle bedrohlichen Symptome beseitigte. In dem Falle von 
Anurie bestand dieselbe bereits volle sechs Tage, ohne dass irgend 
ein Mittel die Secretion herbeiführen konnte. Einige Stunden 
naoh dem Aderlass war die Secretion nicht allein in vollem 
Gange, sondern sie wurde sogar überaus reichlich. In den beiden 


anderen Fällen handelte eB sich neben vollkommener Anurie um 
heftige uraemische Krämpfe. In dem einen Falle hörten die Krämpfe 
fast momentan nach dem Aderlass auf und die Diurese stieg bis 
zu 8 1 den Tag an; im anderen Falle schwanden die Krämpfe 
erst einige Stunden nach dem Aderlass. 

Da es sich bei der Uraemie um eine Autointoxication handelt, 
so glaubt Verf., dass durch ihn eine depurative Entleerung von 
Schlackenproducten, eine „Reinigung des Blutes“ vorgenommen 
wird; wahrscheinlich kommt aber noch in Betracht, dass durch 
die Blntentleernng gewisse mechanische Hindernisse für die 
Circulation beseitigt werden. Obwohl Verf. im Aderlass kein 
Universalheilmittel gegen die Uraemie sieht, so glaubt er doch 
zu einem Versuch in geeigneten Fällen rathen zu müssen. 

Heber Pigmentbildung, Melanose, Blotbildong and 
Haarwechsel. 

Von Dr. Ehrmann. 

(Jasper referirt in der Dtsch. thierärztl. W. über die als 
Broschüre erschienene Arheit, Ehrmannn’s, welche der Er¬ 
forschung der bisher noch immer nicht genügend erklärten 
Pigmentbildung gilt Die Schlusssätze sind folgende: Der 
Pigmentbildung dienen besondere Zellen, die Melanoblasten. 
Diese sind Abbildungen des mittleren Keimblattes, welche in die 
Epidermis einwachsen und eine selbstständige Existenz führen. 
Das von ihnen verarbeitete Material entstammt dem Blut und ist 
Hämoglobin, welches in starker Verdünnung in den Gewebssäften 
enthalten ist. Die Entstehung von melanotischem Pigment, aus 
Kcrnbestandtheilen oder Umwandlung farbloser Protoplasmatheile 
ist unbewiesen, ebenso die extracelluläre Bildung von Pigment. 
Was nach Blutungen als extracelluläres Pigment beobachtet 
wurde, sind hämatische Schollen. Echtes melanotisches Pigment 
kann nur beim Zerfall pigmentirter Zellen extracellulär liegen. 
Das Pigment soll sich durch protoplasmatische Strömungen auf 
Protoplasmafäden übertragen, welche die Melanoblasten mit den 
Epithelzellen verbinden. Kurz nach seiner Entstehung ist das 
Pigment ein in zähflüssiger Substanz gelöster Körper. 


Kleine Mittheilungen. 

Der 6rad der Empfänglichkeit der Klauenthiere für Maul- und 
Klauenseuche. 

Aus einer in Baden aufgestellten Statistik ergiebt sich, 
nach einer Mittheilung von Fehsenmeier in der „Dtsch. 
thierärztl. W.“ No. 17, für die Jahre 1888 bis 1897 Folgen¬ 
des: Von den in den verseuchten Beständen aufgestelRen 
Thieren erkrankten folgende Procentzahlen: Von 12447 Rindern 
86 pCt., von 323 Schweinen 68 pCt., von 136 Ziegen 87 pCt. und 
von 1140 Schafen 68 pCt. Demnach sind die Ziegen mindestens 
ebenso empfänglich wie die Rinder, und Schafe und Schweine 
haben eine gleichmässig geringere Empfänglichkeit. Die Versuche 
im Kaiserlichen Gesundheitsamt über künstliche Erzeugung der 
Maul- und Klauenseuche hatten bekanntlich ein anderes Ergeb¬ 
nis, indem hier Rinder und Schweine gleich gut reagirten, wäh¬ 
rend bei Ziegen und Schafen, selbst mit grossen Mengen viru¬ 
lenter Lymphe, ausgesprochene Erscheinungen nicht hervorgerufen 
werden konnten. 


Unterscheidung der sporadischen Lungenentzündung und der 
Lungenseuche beim Rind. 

Ein Bericht des Dr. Smith an das Agricultur-Departement 
der Vereinigten Staaten enthält Folgendes: Die sporadische 
Pneumonie ist eine Bronchopneumonie, die wohl meist durch den 
Eintritt von Flüssigkeit beim Trinken verursacht wird, manchmal 
auch an die Tuberculose sich anschliesst. Im weiteren Fall ist 


Digitized by 


Google 




9. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


273 


sie natürlich besonders charakterisirt. Andernfalls kann dadurch, 
dass Emphysem and interlobuläre Exsudation sich anschliessen, 
das Bild der Lungenseuche vorgetäuscht werden. 

(Referat von Vogel in der „Dtsch. thierärztl. W.“) 


Thierhaltung und Thierzucht. 

Ueber die Aufbesserung der Ziegenzucht durch Import. 

Schon mehrfach ist von practischen Züchtern der Ratli ge¬ 
geben worden, die rationelle Ziegenzucht durch Verbesserung des 
einheimischen Materials zu bewirken, und es ist davor gewarnt 
worden, ohne Weiteres die Schweizer Saanenziegen, welche so 
sehr in Mode gekommen waren, zu verwenden; denn dieses an¬ 
scheinend sehr bequeme Mittel ist nicht bloss kostspielig, 
sondern auch gefährlich, weil es sehr fraglich ist, ob die 
Saanenziege die deutschen Verhältnisse verträgt und ihre Vor¬ 
züge in denselben bewahrt, ob sie sich zur Haltung 
seitens kleiner Leute eignet, weil ferner unter diesen Thieren 
verheerende Krankheiten beobachtet sind, und weil endlich 
namentlich das gegenwärtig von der Schweiz verkaufte Zucht¬ 
material grossentheils sehr minderwertig ist. Auf diesen Um¬ 
stand weist anch Dr. Willsdorf auf Grund seiner Beobachtungen 
im Racenstall der Universität Leipzig und neuerdings nach einer 
Mittheilung der Dtsch. thierärztl. Wschr. Dr. Hertzog aus 
Colmar hin. Der gesammte Ziegenbestand des Saanenthals be¬ 
trägt nur wenig über 2000 Stück. Die besten Exemplare werden 
sowieso nicht abgegeben, und was exportirt wird, ist grössten- 
tbeils nur Schlachtwaare. Dabei hatte der Export im Jahre 1893 
allein einen Werth von 40000 M. Uebrigens kommen bei den 
Ziegenlämmern oft Missbildungen der Gescblechtstheile vor, die 
natürlich untauglich zur Nachzucht machen. 

Melasse als Milchfuttermittel für Kühe. 

Prof. Ramm in Bonn hat nach einem Referat der Dtsch. 
thierärztl. Wschr. aus den Landw. Jahrb. von 97, H. 4 u. ft, aus¬ 
gedehnte Fütterungsversuche mit verschiedenen Melassepräparaten 
namentlich unter Berücksichtigung von deren Wirkung auf die 
Milchergiebigkeit aogestellt. Es wurden 8 kg Melasse resp. Prä¬ 
parate davon pro 1000 kg Lebendgewicht verabreicht. Torf¬ 
melasse und Palmkernmelasse verursachten bei einigen Kühen 
leichte Blähungen. Gegen die Melassepulpe zeigten einige Thiere 
eine gewisse Abneigung, und es konnten davon nicht mehr als 
3,8 kg pro 1000 kg Lebendgewicht verfüttert werden. Eine von 12 
Versuchskühen vertrug überhaupt die Melasse schlecht. Die 
Thiere giugen im Körpergewicht ein wenig zurück; nur die 
MelasBeschnitzel bewirkten erhebliche Gewichtszunahme. Dagegen 
bewirkte die Melasse eine erhebliche Erhöhung des prozentischen 
Fettgehaltes in der Milch. An erster Stelle standen die Melasse¬ 
schnitzel Fast ebensogut war die flüssige Melasse — letztere 
hat, verglichen mit dem Gerstenmehl, das beste pekuniäre Er¬ 
gebnis geliefert. Dann folgen Torfmelasse und MelaBseschnitzel. 
In letzter Linie erst Palmkernmelasse und Melassepulpe. Der 
Zuckergehalt der Milch wurde nicht berührt. Die von der Milch 
gewonnenen Molkereiproducte waren vollwert big. Zwei Hoch¬ 
tragende Kühe wurden in den letzten Monaten und auch nach 
der Geburt ebenfalls mit den Melasserationen gefüttert, ohne 
irgend einen Nachtheil erkennen zu lassen. Die Melasse ist 
demnach ein billiges, wohlbekömmliches und in seiner Wirkung 
auf die Milch sehr gutes Futtermittel. 

Die Vererbung der Haarfarbe beim Pferd. 

Nach den in den landwirthschaftL Jahrbüchern mitgetheilten 
Untersuchungen von Wilkens (Referat aus Koch’s „Rev. 
f. Thierhlkd.“ und Anacker’s „Thierarzt“) ergab sich bei 1000 


Paarungen gleichfarbiger Vollblutpferde 856 Mal die Vererbung 
der Haarfarbe. Bei Farbenkreuzungen erbten unter 1000 437 
Fohlen die Farbe des Vaters, 508 die der Mutter (also im Grunde 
gleiche Vertheilung); 55 wurden andersfarbig. Bei Farbenrein¬ 
zucht überträgt sich die Fuchsfarbe am häufigsten, 976 Mal unter 
1000. Bei Farbenkreuzungen dagegen überwiegt die braune 
Farbe, während die Rappfarbe am seltensten sich vererbt, indem 
unter 1000 Paarungen bei Rapphengsten 116, bei Rappstuten nur 
92 Rappfohlen gezählt wurden Aueh bei englischen Vollblut¬ 
pferden wird bei Farbenreinzucht die Fachsfarbe weitaus am 
häufigsten (946: 1000), bei Farbenkreuzungen dagegen am 
leichtesten die braune Farbe übertragen und die Rappfarbe nur 
spärlich vererbt. Araberpferde, Vollblut und Halbblut, vererben 
in 1000 Fällen bei gleichfarbigen Eltern 837 Mal die Haarfarbe, 
bei Farbenkreuzungen war vererbt unter 1000 313 Mal die Farbe 
des Vaterthieres, 566 Mal die Farbe der Mutter, 121 Mal traten 
andere Farben auf. Bei Farbenreinzucht überträgt sich hier am 
häufigsten die Schimmelfarbe ( 9 /, 0 ) und ebenso bei Farbenkreuzungen 
(729 unter 1000); daran schliesst sich die braune Farbe. Auch 
hier wird die Rappfarbe am seltensten vererbt. Unzweifelhaft 
überträgt sich also im Allgemeinen die Fuchsfarbe am leichtesten, 
die Rappfarbe am schwersten. Das Geschlecht spielt insofern 
eine Rolle, als Stuten, namentlich mit brauner Farbe, ihre Farbe 
besser vererben als Hengste. 

Tagesgeschichte. 

Die 25jährige Jubelfeier des Semesters 1870/73. 

Der Anregung des einladenden Comlt^s zur Theiluahme einer 
Feier des 25jährigen thierärztlichen Jubiläums waren 15 Theil- 
nehmer gefolgt: 

Cleve-Cassel, Felisch-Inowrazlaw, Fleischer-Relliehausen 
Gaedtke-Darmstadt., Heyne-Posen, Hildebrandt-Ludwigslust, 

| Höhne-Giünberg, Koesters-Berlin, Nagler-Berlin, Martens- 
Sangerhau8en,Peter8-Bromberg, Sager-Laugszargen, Scharmer- 
Liegnitz, Virchow-Potsdam, Willutzki-Wehlau. 

Das Semester bestand seinerzeit aus 30 Militär- und 11 
Civilstudirenden; davon hatten 3 das Studium vor dem Examen 
anfgegeben. 11 hatte der unerbittliche Tod bereits dahin ge¬ 
rafft, Born, Domke, Groening, Hahn, Hansen Kapelke, 
Lehnhardt, Niescotta, Schröder, Wilmsen und Todt. 
Die Uebrigen waren am Erscheinen verhindert. 

Am 23. Mai, nachdem die Sitzung der Centralvertretung 
Mittags beendet war, fanden sich die zur Feier erschienenen 
Abends mit ihren Damen im Rheinischen Hof zasammen, wozu 
Bich noch die „Reste“ der Central Vertretung gesellten. 

Die herzliche Freude des Wiedersehens nach 25 Jahren 
hatte sichtlich jeden Einzelnen ergriffen. Der Austausch von 
dem während der 25 Jahre erlebten Wohl und Wehe verbunden 
mit dem Prosit des Wiedersehns, die Erinneruug an Erlebnisse 
und Jugendstreiche aus dem studentischen Leben vor 25 Jahren 
und das Gedenken der Abwesenden und der Gestorbenen Hessen 
die Stunden im Nu verfliegen. 

Am 24. Mai Nachmittags 4 Uhr fand das Festessen im 
Englischen Hause statt. Ausser dem als Vertreter des Lehr¬ 
körpers geladenen derzeitigen Rector der thierärztlichen Hoch¬ 
schule, Geh. Reg.-Rath Dr. Dieckerhoff waren noch Verwandte 
eines Collegen und fast sämmtliche Frauen der Jubilare er¬ 
schienen. 

Das soleune Mahl und da« ganze Fest verlief in feierlich 
gehobener, freundschaftlicher Stimmung. Es wäre, wie in der 
Begrüssungsrede hervorgehoben wurde, keine demonstrative Jubel- 


Digitized by 


Google 





BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


274 

feier vorgesehen, sondern die Feier sollte dem Wiederfinden 
alter engverbnndener Frennde, die vor 25 Jahren sich das Ver¬ 
sprechen gegeben hätten, nach 25 Jahren sich in Berlin wieder 
zu sehen, geweiht sein. Dass das Semester von 1870/73 von 
jeher so eng unter einander verbunden gewesen sei, läge in dem 
Zusammenschluss während des grossen Jahres 1870/71. Denn 
trotz aller Anstrengungen sei es nicht zu erreichen gewesen, an 
dem Kampfe gegen den Feind persönlich Theil zu nehmen. 
Durch das von dem Kriegsminisler v. Roon mitgetheilte Königs¬ 
wort: „Jeder Mann auf den ihm angewiesenen Posten“ — wäre 
das Semester vom Feldzuge fern gehalten und noch vor Beginn 
der eigentlichen Studienzeit enger zusammengefiibrt und zum 
Ausharren in Berlin gezwungen, woselbst es andererseits allerdings 
Zeuge grosser Ereignisse geworden sei. Iudess sei dadurch 
Entsagung und Erziehung zum Pflichtgefühl geübt — Tugenden, 
die als beste Mitgift der Jugend diesem Semester mit auf den 
Weg gegeben seien. 

Weitere Reden: Begrüssung des Rectors und dessen Ant¬ 
wort, welche in einem Hoch auf die thierärztliche Wissenschaft 
ansklang, — eines anwesenden Gastes, der als Jurist das 
Zusammenwirken der Rechtsprechung mit der Thierheilkunde 
pries8 — ferner das Hoch auf die Damen, dem der Schwedische 
Ausdruck „Hustrue“ Haustreue für Hausfrau untergelegt war 
u. 8. w., u. 8. w. würzten das Maid und riefen die heiterste 
Stimmung hervor. Es wurde dann auch der Beschluss gefasst, 
nicht erst nach 25, sondern schon wieder nach 10 Jahren die 
Feier zu wiederholen. An die offlcielle Feier schloss sich eine 
ziemlich weit ausgedehnte Fidelitas. 

Am nächsten Tage wurde ein Ausflug nach Potsdam unter 
der sachkundigen Führung von Collegen Virchow und Gattin 
unternommen, welcher seinen Abschluss in einer reizenden 
Dampferparthie auf den Havelseen fand. 

Die Feier wird jedem der Theilnehmer Dach eigenster Ver¬ 
sicherung unvergesslich bleiben. Möge es allen Theilnehmern 
und Theilnehmerinnen vergönnt sein, die ferneren Jubiläen in 
ungetrübter Gesundheit zu erleben — zum ersten Male also nach 
zehn Jahren auf Wiedersehen! P. 

Nachruf. 

Am 24. Mai er. hat in Kolberg nach langem, schwerem Leiden 
im Alter von 65 Jahren der 

Königliche Departements-Thierarzt a. D. 

Herr Karl Friedrich Wilhelm Gips 
die Augen zum ewigen Schlafe geschlossen. 

Mit dem Verewigten ist ein ehrenwerther Vertreter der 
Thierheilkunde aus dem Leben geschieden. Voller Hingebung 
für seinen Beruf, schlicht, offen und freundlich im Verkehr mit 
Jedermann, nachsichtig und milde in der Beurtheilung der 
Fehler und Schwächen seiner Mitmenschen ist er durchs Leben 
gewandert. 

Andauernde schwere Krankheit nöthigte ihn, sich am 1. No¬ 
vember 1896 in den Ruhestand zurückzuziehen, bei welcher 
Gelegenheit er in Anerkennung seiner Verdienste um den Verein 
der Thierärzte im Reg.-Bez. Köslin — er war Mitbegründer des 
Vereins und leitete diesen 13 Jahre — zum Ehrenvorsitzenden 
desselben ernannt wurde. 

Wir verlieren in ihm einen Collegen, der in allen Fragen des 
Amts und des Berufes jederzeit mit Rath und That zu helfen 
bereit und vielen, die ihm nahe standen, ein wahrer Freund war. 
Wir werden deshalb noch über das Grab hinaus ihm ein treues, 
ehrendes Andenken bewahren 

Die Mitglieder des Vereins der Thierärzte 
im Reg.-Bez. Köslin. 

LA.: Brietzmann. 


Das spanische Milltärveterlntrcorps. 

Der spanische Militärveterinär Serrano publicirt im Bulletin 
vötörinaire (Aug. 1897) folgende Angaben über das spanische 
Militärveterinärcorps. Dasselbe ist durch Kgl. Edict vom 
3. Februar 1897 neuorganisirt worden und besteht aus: 

1 Veterinärunterinspector 1. Classe (Oberst), 

2 Veterinärunterinspectoren 2. Classe (Oberstlieutenant), 

9 Veterinärmajore (Major), 

73 Veterinäre 1. Classe (Rittmeister), 

87 „ 2. „ (Premierlieutenant), 

63 „ 3. „ (Secondelieutenant). 

Von diesen 235 Thierärzten befinden sich 1 Veterinärmajor, 
11 Veterinäre 1. CI., 45 2. CI., 27 3. CI. auf Cuba; 2 Veterinäre 
1. CI., 5 2. CI., 2 3. CI. auf den Philippinen; 2 Veterinäre 1. CI., 
2 2. CI. auf Portorico. 

Der Veterinärunterinspector 1. CI. ist dem Kriegsministerium 
zugetheilr (Remonte und Hauptdepotabtheilung), von den beiden 
Veterinärunterin8pectoren2.Cl. gehört einer zum Kriegsministerium, 
wo er die Personalien des Veterinärcorps verwaltet, der zweite 
ist Consulent für das Veterinärwesen. Die acht in der Metropole 
verbliebenen Veterinärmajore dienen als Chef des Veterinärdienstes 
bei den Armeecorps. — Die Veterinäre 1., 2. und 3. CI. sind den 
Truppentheilen, Remontedepots, Hauptdepots und Schulen über¬ 
wiesen. 

Die spanischen Militärveterinäre sind den Truppenoffizieren 
in allen Beziehungen (Rang, Vorrechte, Gehalt etc.) vollständig 
gleichgestellt. Die pecuniären Competenzen betragen pro Jahr: 


Veterinär 3. CI. 2100 

Pesetas 

= 1680 M.. 

2. CI 2400 

V 

-= 1920 

ff 

1. CI. 3000 

ff 

= 2400 

ff 

Veterinärmajor 5000 

ff 

-- 4000 


Unterinspector 2. CI. 6000 

ff 

— 4800 

ff 

„ 1. CI. 8000 

ff 

“ 6400 

ff 


Alle Gehälter (mit Ausnahme desjenigen des Unterinspectors 
1. CI.) steigen jährlich um 20 Pesetas - 16 M., bis dass die 
nächstfolgende Gehaltsstufe erreicht ist. 

Sämmtliche Veterinäre haben Anspruch auf ein Chargenpferd 
und einen Burschen. 

Die Uniform besteht aus einem Shako von weissem Filz mit 
schwarzem Rand, silbernen Rangstreifen und weissem Haarbusch, 
ev. blaue Tuchmütze mit Rangstreifen. Blauer Waffenrock mit 
Silberstickerei am Kragen, Ranginsignien auf den Aermeln. Diese 
bestehen bei den Stabsoffizieren aus 12 mm breiten Silberborten 
und Sternen mit 8 Spitzen, drei Sterne und drei Borten beim 
Unterinspector 1. Cl-,.Z.wei Sterne und zwei Borten beim Unter¬ 
inspector 2. CI., eine Borte und zwei Sterne (1 Gold, 1 Silber) 
beim Major. Die Subalternofficiere tragen schmälere (6 mm) Silber¬ 
borten und Sterne mit sechs Spitzen, und zwar drei Borten und 
drei Sterne bei den Veterinären 1. CI., zwei Borten und zwei 
Sterne bei den Veterinären 2 CI., eine Borte und zwei Sterne 
(1 Gold, 1 Silber) bei den Veterinären 3 CI. Beinkleid aus blauem 
Tuch mit rotliem Band. Achselstücke aus Silber nebst silberner 
Fouragirleine. Bandolier mit Verbandtasche. Als Mantel dient 
ein Pelzattila, als Waffe der Degen. Der Unterinspector 1. CI. 
und die Corpsveterinäre haben ausserdem das Recht einen 
Commandostab zu tragen. 

Die Altersgrenze ist für die Veterinäre 3. bis 1. CI. auf 60, 
für die Majore und Unterinspectoren 2. CI. auf 62, für den Unter¬ 
inspector 1. CI. auf 64 Jahre noimirt. Pensionsberechtigt sind 
die Veterinäre vom 20. Dienstjahre ab, die Pension steigt bis zum 
35. Dienstjahre nnd beträgt dann 90 pCt. des Gehalts. Die Studien¬ 
jahre gellen als Dienstjahre. Das Wittwen- und Waisengeld, das 
nach zwölfjähriger Dienstzeit ausbezahlt wird, beträgt 25pCt. des 
Gehalts des betr. Offiziers. 


Digitized by 


Google 



9. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


275 


Zahl der Aerzte zu der Bevölkerung in den Gressstädten. 

Es kommt ein Arzt in 


Charlottenburg 

auf 

624 

Einw. 

Biaunschweig auf 1203 Einw. 

Halle 


684 


Düsseldorf 

ff 

1227 

tf 

München 

M 

778 

yy 

Cöln a. Rh. 

yy 

1250 

ft 

Frankfurt a. M. 

1» 

785 

yy 

Hamburg 


1284 

ft 

Königsberg 

yy 

792 

yy 

Nürnberg 

it 

1336 

ft 

Berlin 


807 

ff 

Magdeburg 

tf 

1339 

ff 

Stuttgart 

ti 

810 


Bremen 

tf 

1364 

•f 

Breslau 

V 

834 

ff 

Dortmund 

ft 

1566 

ff 

Dresden 

tt 

943 

yy 

Altona 

yy 

1752 

•y 

Hannover 

>i 

974 

yy 

Elberfeld 

f } 

1960 

tt 

Stettin 

tt 

1042 

yf 

Chemnitz 

ff 

1987 

ff 

Danzig 

yy 

1064 

ff 

Barmen 

yy 

2082 


Leipzig 

yy 

1082 

ft 

Crefeld 

ft 

2145 

n 

Aachen 

ff 

1162 







Hierbei sind die nicht prakticirenden Aerzte mit einbegriffen, 
wodurch sich das Verhältnis etwas verschiebt; auf einen Arzt 
kommen danach etwas mehr Einwohner, als die vorstehenden 
Zahlen angeben. Ganz besonders kommt dies für Berlin in Be¬ 
tracht, wo eine grosse Zahl junger Aerzte sich Studien halber 
aufhält und eine ebenfalls grössere Anzahl älterer Aerzte sich zur 
Ruhe gesetzt hat; auch die grosse Zahl der Militärärzte ist hierbei 
in Betracht zu ziehen. Trotzdem bleibt das Verhältnis der Zahl 
der Aerzte zn der der Einwohner in den Grossstädten sehr ungünstig. 

Kreisthierärztliches Examen In Berlin. 

Professor Dr. Kaiser von der Tierärztlichen Hochschule in 
Hannover ist zum Mitgliede der Commission für die krcisthier- 
ärztliche Prüfung in Preussen ernannt worden. 


Ausstellung der deutschen Landwirthschafts-Besellschaft In Dresden. 

Aus Anlass der in den Tagen vom 30. Jnni bis 5. Juli d. J. 
in Dresden stattfindenden Ausstellung der deutschen Landwirth- 
scbaft8-Gesell8chaft hat der Dresdner thierärztliche Verein einen 
thierärztlichen Ausschuss gewählt, welcher sich aus den Unter¬ 
zeichneten zusammensetzt. 

In der sicheren Erwartung, dass diese Ausstellung auch von 
Thierärzten zahlreich besucht werden wird, hat der Unterzeichnete 
Ausschuss sich die Aufgabe gestellt, den die Ausstellung be¬ 
suchenden Herren Collegen in der Beschaffung von Wohnungen 
behülflich zu sein, Auskünfte jeder Art zu ertheilen und Vor¬ 
kehrungen auch für gesellige Veranstaltungen in und ausserhalb 
der Ausstellung zu treffen. 

Die Unterzeichneten stellen sich daher, ein jeder für sich, 
allen Herren Collegen, welche die Ausstellung zu besuchen ge¬ 
denken. bereitwilligst zur Verfügung behufs Auskunftsertheilung etc., 
bitten aber, Bestellungen auf Wohnungen unter genauer Angabe 
von Zeit, Bettenzahl, Hotel und Privatwohnung und sonstigen 
Ansprüchen möglichst bald aufgeben zn wollen, da schon jetzt 
solche in grosser Zahl bei dem von der Ausstellungsleitung 
eingerichteten Wobnungsbureau eingehen. Letzterem, welchem 
Wohnungen jeder Grösse und Preislage zur Verfügung stehen, 
wird auch von den Unterzeichneten, unter ihrer persönlichen 
Mitwirkung, die Vermittelung von Wohnungen für die Herren 
Collegen übertragen werden müssen. 

Dresden, den 26. Mai 1898. 

Otto Beier, Bezirksthierarzt, Dresden-Neustadt, Königs- 
brückerstr. 47. Max Redlich, Amtsthierarzt, Dresden-Altstadt, 
Amalienstr. 23. Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-Neustadt, 
Bischofsweg 18. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Seuchenstatistik nnd Veterin&rpolizei. 

Thierseuchen im Auslande. I. Quartal 1898. 

Grossbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 151 Ausbrüchen 243 Thiere, 
wovon 140 auf England, 96 auf Schottland und 7 auf Wales 
kamen. Die Tollwuth betraf 6 Thiere (und zwar nur Hunde in 
England); 63 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausserdem 
getödtet worden. An Rotz erkrankten in England 267, iu Schott¬ 
land 114 Pferde. Die Zahl der wegen Schweinelieber geschlachteten 
bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen Schweine betrug 
11 783, wovon auf England 10 359, auf Wales 399 und auf 
Schottland 1025 kamen. Der Lungenseuche ansteckungsverdächtig 
sind in England 220 Rinder erachtet worden, ausserdem ist ein 
seucheverdächtiges Thier polizeilich getödtet, aber seuchefrei 
befanden worden. 

Schweden. 

Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 12, der 
an Rauschbrand 4, der an Maul- und Klauenseuche und Schweine- 
souche (Schweinepest) je 3. 

Serbien. 

Die Zahl der Erkranbungsfälle betrug: Milzbrand 8; Toll- 
wnth 1; Maul- und Klauenseuche 334 Rinder und 54 Schafe; 
Schafpocken 374; Schweinepest 37. 

Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand 
Januar 18, Februar 12, März 17; Rothlauf der Schweine (Milz¬ 
brandartige Rose) Januar 126, Februar 120, März 89; Rücken¬ 
markstyphus der Pferde im Januar 2, Febrnar 1, März 2; bös- 


Veterinärbeamte.) 

artiges Katarrhfieber des Rindviehs im Januar 3, Februar 5, 
März 7; chronische Schweinediphtherie im Januar 3, Februar 3, 
März 1. 

Ergebnisse der Tuherculln-Impfungen In den Seequarantfiaeanstalten. 

Im IV. Quartal 1897 wurden in den Seequarantäneanstalten 
zu Kiel, Altona - Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Hvidding, 
Tönning, Warnemünde-RoBtock, Lübeck und Hamburg eingeführt 
19 939 dänische und 2 363 schwedische Rinder, von denen der 
Tuberculinprobe unterworfen wurden 21 750 Stück. Von diesen 
wurden durch die Re&etion verdächtig 7197 -=» 33,08 pCt, davon 
wurden nach dem Abschlachten als tuberculös befunden durch¬ 
schnittlich 85 pCt. 

Während des Jahres 1897 wurden über die genannten See¬ 
quarantäneanstalten eingeführt 70097 dänische und 6981 schwe¬ 
dische Rinder, von denen der Tuberculinprobe unterworfen 
wurden 74 813 Stück. Von diesen wurden durch die Reaction ver¬ 
dächtig 23 085 = 30,85 pCt. Nach dem Abschlachten wurden 
hiervon als tuberculös befunden durchschnittlich 85 pCt, 

Vernichtung des Centrifugenschlammes. 

Die zur Verhütung der Verbreitung der Maul- und Klauen¬ 
seuche angeordnete Vernichtung des Centrifugenschlammes ist 
ausser in den bereits genannten Regierungs-Bezirken Bron.berg, 
Königsberg, Danzig, Breslau und Lie^niiz (B. T. W. pg 72 und 
Beilage No. 3 und 5.) auch in folgenden Bezirken durchgeführt: 
Potsdam, Stralsund, Posen, Bromberg, Berlin, Merseburg, Erfurt, 
Schleswig, Hildesheim, Magdeburg, Lüneburg, Stade, Osnabrück, 
Aurich, Münster, Minden, Arnsbeig, Cassel, Coblenz, Trier, 
Aachen, Sigmaringen. 


Digitized by LaOOQle 











276 

Dänemark und Norwegen. Unterm 25 April bezw. 7 Mai d. J. 
haben die Regierungen in Dänemark und Norwegen wegen Auf¬ 
tretens der Maul- und Klauenseuchen in Schweden die Einfuhr 
von Hornvieh, Schafen und Ziegen, sowie von Milch, Heu und 
Stroh aus Schweden bis auf Weiteres verboten. 

Schweden: Unterm 7. Mai d. Js. ist jegliche Ausfuhr von 
Rindern und Schweinen ans den Provinzen Malmöhns und 
Christianstadt bis auf Weiteres verboten. 

Fleischschan and Yiehverkehr. 

Wie lange hält sich das Fleisch bei gewöhnlicher Aufbewahrung? 

Genauere Angaben über diese so wichtige Frage finden sich 
bisher nur in einem alten Werke von Johann Peter Frank 
„System einer vollständigen medicinischen Polizei“, Manheim 1804. 
Hiernach beträgt im Sommer, allerdings nicht bei Gewitter¬ 
schwüle, die Haltbarkeit beim Wildpret nnd Wildgeflügel 4 Tage, 
bei Hasen jedoch nur 3, beim Wildschwein und Auerhahn 6. 
Rebhühner sollen sich nur 2 Tage halten. Unter den Hans- 
thieren haben das haltbarste Fleisch die Truthühner und Gänse 
4 Tage; Hühner-, Rind- und Schweinefleisch hält sich 3 Tage, 
alles übrige nur 2 Tage. Im Winter beträgt die Haltbarkeit 
bei Auer-, Birk-, Fasanenhähnen 10 Tage, beim Auerhahn 
speciell 14. Ebenfalls 10 Tage beim Wildschwein, 6 Tage beim 
Hasen, 8 Tage beim Rothwild. Truthühner, Gänse, alte Hühner, - 
Kapaunen, Rind- und Schweinefleisch halten sich 6 Tage, jnnge 
Hühner, Tauben, Kälber und Lämmer 4 Tage, Schöpse nur 3 Tage. 

Lungenflnnen beim Rind. 

Nach der Clinica veter. Januar 1897 fanden D e 1 c i d i und 
C o t o 1 d i bei einem 56 Tage alten Kalbe ausser dem Herzen 


No. 23. 

und wenigen in der Zunge nnd in den Kaumuskeln, sowie in 
einigen anderen Muskeln eine grosse Zahl von Finnen in Lunge 
und Leber. 

Ebenso fand im Schlachthof zu Troyes nach dem Rec. de 
m£d. v£t, 97, 2, Morot bei einer ca. 16jäh)igen Kuh 45 theils 
durchscheinende, theils trübe Bläschen in den Lungen, die sich 
als Cysticercus inermis erwiesen. Die hierauf untersuchten 
LymphdrÜ8en, Herz-, Kaumuskeln und anderen Muskeln wurden 
frei von Finnen gefunden. 

Finnen beim Reh. 

Bei einer ^jährigen Ricke war die gesammte Muskulatur 
hochgradig mit Finnen durchsetzt, die einen Unterschied von 
Cysticercus cellulosae nicht erkennen Hessen. An den Ein- 
geweiden soll sich nichts gefunden haben. Die Finnen waren 
roggenkorngrosB und intact. 

(Dr. Aronsohn, Ztschr. f. Fl. n. Milchh.) 

Vorgehen gegen die Eutertubercoioee. 

Nach einer Mittheilung in der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. ist in 
Schweden unter dem 15. October 1897 bereits eine Verfügung 
erlassen worden, welche Folgendes bestimmt: Jeder Thierarzt, 
der beim Rindvieh Eutertuberculose wahrnimmt, hat es an- 
euzeigen. Die Behörde hat die Abschätzung und Abschlachtung 
anzuordnen. Der Besitzer wird entschädigt unter Anrechnung 
der noch verwerthbaren Theile des Thieres. 

Der rechtliche Begriff „Kindermilch“. 

Das Reichsgericht hat in einer Strafsache gegen den Director 
einer elsässischen Molkereigenossenschaft entschieden, dass die 
Bezeichnung gewöhnlicher Milch als Kindermilch strafbar sei. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Oberrossarzta. d. Schmidt- 
Elbing für den Kreis Elbing, Thierarzt H a n s - Nordhausen für den 
Kreis Nordhausen, Thierarzt Assenmacher -Heinsberg für den 
Kreis Heinsberg, Thicrarzt A. Blume- Stallupönen für den Kreis 
Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning, Thierarzt Meyerstrasse- 
Othfresen für den Kreis HUnfeld. 

Kreisthierarzt Schmitt- Cleve ist zum commiss. Departements¬ 
thierarzt für den Reg.-Bez. Düsseldorf ernannt worden. 

Es ist gewählt worden: Thierarzt R. L i n d e - Osnabrück 
zum Schlachthuf-Inspector in Bielefeld. 

Promotion : Rossarzt Hengs- Paderborn von der philosophischen 
Facultät der Universität Leipzig. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Katschinski und 
Wieler. — Hannover: Die Herren Bambauer, Lüne¬ 
mann, Türk und V o i t m a n n. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt G. Cieslik - Steinau O.-S. nach Breslau-Pöpelwitz, Thierarzt 
J. Graf - Oschersleben nach Fraulautern b. Saarlouis, Thierarzt 
H. Sieber- Berleburg nach Zabrze, Thierarzt H. Wulf- Klempau 
nach Othfresen b. Goslar a. H., Schlachthofvorsteher Vömel- 
Nordhausen nach Langelsheim (Braunschweig), ThierarztEdm. Otto- 
Wiehe nach Stotternheim b. Erfurt 

Todesfälle: Rossarzt Schultz- Stallupönen, Bezirksthierarzt 
Reimer- Schönberg (Mecklenburg-Str.), Thierarzt Samplebe- 
Schöppenstedt. _ 

Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln: 
Falkenbcrg 0 /S. zum L Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). 
— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 
300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablau fder Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 


Sanitätsthierarztstellen • a) NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magi st 

— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt (2160 M.). Bew. bis 10. Juni 
an Verwaltung. — Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M.i 
freie Wohnung, Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch anbesetzte 
Stellen: Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): 
Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). — 
Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck).— Gux¬ 
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitseben. — 
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: 
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat. 

— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg 
(Schlachthof,. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). 
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 
1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Moringen 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis 10.Mai 
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht 
(Elbe). — Rodach (Herzogth. Coburg): Thierarzt für Stadt- und 
Amtsbezirk (Fixum 1700 M.). Meid, an Magistrat. — Satow 
(Mecklbg. - Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in Gr.- 
Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg. - Schw.). — Schlawa 
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat — Schlotheim: 
Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den 
Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres 
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬ 
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). 
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren 
aus einzufühiender Fleischschau ca. 2000 M ). Näheres durch das 
„Amt“ daselbst. 

Besetzt: StaatBstelle : Eiderstedt, Hünfeld. 


Verantwortlich nir den Inhalt (excl. InseraieD'.heil) Prof. Dr. Scbmaltt tu Berlin. — Verlag und Klirenthum von Richard Sclioota in Berlin. — Druck von Vf. BOxenateln. Berlin. 


Digitized by kjOOQie 










OrlfkuUbdtiftm worden mit M Hk. ftr den Bogen honorirt 
Alle Manuseripte, Mltthellonren nnd redeetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu «enden an Prof. Dr. Sehmaltx, 
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luiienstraaxe .16. 
Oorrecturen, Receniiom- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Die „Berliner ThieriLratUche Woehena« hrlft“ erscheint 
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe 
ist xu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Klchara 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstnsse SG, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Jahrgang 1898. M 24. Allsgegeben am 16. Juni. 


Inhalt: DleokerhofT: Obergatachten Uber den Fehler des Beissens and Schlagens bei einem Pferde — 
Truelsen: Tuberculose beimPferde. — Schultz: Einführung der I mp fung mit Tuberculinum Kochii und 
Anderes. — Knoll: Mastitis mit septischen Erscheinungen. — Referate :01t: üeber die entozoischen Follicular- 
erkrankuugen im Sc'iweinedarm. — Tartakowsky: Der afrikanische Rotz der Pferde. — Höflich: Zur Bekämpfung der 
Schweinepest. — Matthies: Hämaturie der Rinder. — Strobel: Fruchthältervorfall bei der Stute. — Ueber Erkrankungen 
nach dem Genüsse der Milch von Kühen, welche mit Kupfersalzlösung besprengtes Weinlaub als Futter erhielten. — N u 11 a11: 
Zur Aufklärung der Rolle, welche stechende Insecten hei der Verbreitung von Infectionskrankheiten spielen. — Stutzer und 
Hartleb: Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche. — Bowhil: Eine neue Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei 
Gebrauch einer OroeYnbeize. — Beck: Ueber die histologischen Unterschiede zwischen Blastomyceten und hyaliner Degene¬ 
ration. — Kleine therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thier¬ 
ärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mpi 1898. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Obergutachten über den Fehler des Beissens und 
Schlagens bei einem Pferde. 

Von 

DleokerhofT. 

In der Rechtssache des Gerbermeisters St. zu W. gegen den 
Bierverleger E. zu Berlin ertheile ich in Erledigung des Gerichts¬ 
beschlusses vom 3. December v. J. das nachstellende Gut¬ 
achten : 

Beweisfrage. 

Ob nach dem Ergebnisse der Beweisaufnahme, insbesondere 
nach dem Attest des Kreisthierarztes Er. vom 27. September 1897 
angenommen werden muss, dass das streitige Pferd be¬ 
reits am 7. September 1897 die Untugend des Beissens und 
Schlagens gehabt hat? oder ob diese von dem Kläger bezw. 
dessen Leuten an dem Pferde wahrgenommenen Untugenden 
durch eine unsachgeraässe Behandlung des Pferdes hervorge- 
rnfen siud? 

Thatbestand: 

Auf dem Markte zn Charlottenburg am 7. September 1897 
schlossen die Parteien das Kaufgeschäft, durch welches das hier 
streitige Pferd zum Preise von 310 M. in den Besitz des Klägers 
überging, ln der Klageschrift wird behauptet, dass das Pferd 
zur Zeit der Uebergabc die Untugend des Beissens nnd Schlagens 
gehabt habe. Dagegen bemerkt der Beklagte, dass das Pferd 
bis znr Uebergabe am 7. September kein Beisser und Schläger 
gewesen sei. Wenn dasselbe im Besitze des Klägers ein Beisser 
und Schläger geworden sei, so könne dies nur durch sachwidrige 
Behandlung des Pferdes verschuldet sein. 

Nach Blatt 9—11 d. A. hat der Kreisthierarzt Er. das 
streitige Pferd am 22. September 1897 in einem Ausspannnngs- 
stalle zu J. untersucht. Dasselbe (Fuchsstute, 7—8 Jahre alt) 
stand in einem kleinen Stalle mit einem zweiten Pferde. 
Zwischen beiden befand sich eine feste hölzerne Wand. Das 
Pferd bekundete keine Krankheitserscheinongen nnd verhielt sich 
auch scheinbar gleichgültig bei der Annäherung fremder Personen. 
Sobald sich aber.die Personen der hölzernenWand nähern, wendet es 
plötzlich und unerwartet den Kopf nach der Seite oder springt 
direct auf die Personen los und sucht dieselben mit den Zähnen 
zu fassen. Gleichzeitig drängt es mit der Hinterhand gegen die 
Holzwand au und schlägt mit den Hinterfüzsen gegen die letztere, 


in der Absicht, die sich nähernden Personen zn treffen. Dieses 
Benehmen hat sich wiederholt, soj oft sich Jemand dem Pferde 
näherte. 

Das_Herausnehmen des Pferdes war gleichfalls mit erheb¬ 
lichen Schwierigkeiten verknüpft nnd gelang nur dadurch, dass 
der Kätscher in die Krippe stieg und die Halfterbänder löste, 
nachdem das Pferd vorher fest am Halfter gepackt war. 

piernach erachterEr., dass die Stute mit der Untugend des 
BeisSens und Schlagens in hohem Grade behaftet und dass des¬ 
halb die Benutzung derselben für den Besitzer mit Gefahren ver¬ 
banden sei. 

Durch die Beweisaufnahme sind folgende Zeugenaussagen 
gerichtlich festgestellt worden: 

1. Gerbergeselle Sch. (Bl. 21). Ich stehe seit etwa fünf 
Jahren bei dem Kläger im Dienste, woselbst ich die Pferde 
füttere nnd putze. Am Tage nach der Ablieferung der streitigen 
Fuchsstnte wollte ich dieselbe im Stalle des Klägers pntzen. 
Sofort schlug das Thier mit den Vorderfüssen nach mir, ging 
auf mich zu und machte Miene, mich zn heissen, indem es mit 
den Zähnen mich zu fassen suchte. Das Pferd ist ausserordent¬ 
lich empfindlich. Man darf ihm im Stalle mit der Striegel nicht 
zu nahe kommen, da es sonst sofort zu schreien anfängt und 
anf den Mann, der es pntzen will, losgeht. Ausserhalb des 
Stalles ist das Patzen nur ausznführen, wenn das Pferd durch 
eine andere Person gehalten wird. Auch dann kann dies nur 
mit grösster Vorsicht geschehen, da das Pferd sich an den 
Banchtheilen nur schwer ankommen lässt. Das Pferd ist von 
mir und, soviel ich gesehen, vom Kläger stets gut und ruhig 
behandelt worden. Aach beim Anfschirren und namentlich beim 
Znschnallen des Bauchriemens versucht das Pferd zu beissen 
nud zn schlagen. 

2. Händler Z. (Bl. 32). Anf dem Markte zu Charlottenburg 
war ich zugegen, als der Kläger mit dem Beklagten wegen der 
Fnchsstnte verhandelte and dieselbe kaufte. Die State war ein 
gespannt. Beklagter setzte sich anf den Wagen und fuhr nach 
dem Gasthofe. Hier spannte der Beklagte das Pferd aus und 
nahm ihm das Geschirr ab. Hierauf forderte mich der Kläger 
auf, dem Pferde die Decke 'aufzulegen und den Gurt nmzn- 
schnallen. Als ich im Begriff war, das letztere zn thnn, sprang 
das Pferd in die Höhe und schrie auf. 


Digitized by 


Google 








BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24 


278 

3. Kätscher K. zu Berlin (Bl. 50). Seit Frühjahr 1896 
habe ich die fragliche Fuchsstute ein- und zweispännig gefahren 
und gefüttert. Ich habe niemals bemerkt, dass das Thier 
gebissen oder ausgeschlagen hat. Ich habe nur wahrgenom men, 
dass das Pferd, wenn es mit der Striegel unter dem Bauch und 
an den Hinterfüssen geputzt wurde, hochgesprungen ist und 
gejauchzt hat. 

4. Kellerarbeiter B. (Bl. 51). Seit Juli 1897 bin ich in dem 
Geschäfte des Beklagten. Ich habe niemals wahrgenommen, dass 
das fragliche Pferd gebissen oder geschlagen hat. Auf mich hat 
es den Eindruck gemacht, dass es sich gut leiten lässt. 

5. Schmied M. zu Berlin (Bl. 51). Ich habe die fragliche 
Fuchsstute mehrere Male beschlagen, aber niemals wahrgenommen, 
dass dieselbe beisst oder schlägt. Im August 1897 holte ein 
kleiner Junge das Pferd aus der Schmiede ab. Dasselbe war 
immer willig. 

Gutachten. 

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass das streitige Pferd 
einen unleidlichen Charakter besitzt und infolgedessen bei dem 
gewöhnlichen Putzen mit einer Striegel am Bauche oder am 
Hinterschenkel in die Höhe springt und aufschreit (Zeuge Kr.). 
Ebenso verhält sich das Pferd beim Anlegen eines Brust¬ 
oder Bauchgurtes, wie der Zeuge Zw. am Tage des Kaufes 
constatirt hat. Hiermit stimmen die Wahrnehmungen überein, 
welche der Zeuge Sch. in der Besitzzeit des Klägers, und zwar 
am Tage nach der Uebergabe und in der Folgezeit bei dem 
Pferde gemacht hat. 

Aus den eidlich erhärteten Beobachtungen der vorgenannten 
Zeugen geht hervor, dass das streitige Pferd zur Zeit der Ueber¬ 
gabe nicht die gewöhnliche Frömmigkeit eines guten Arbeits¬ 
pferdes gehabt hat, sondern mit einem abnorm erregbaren 
Temperament behaftet ist und deshalb gegen das Putzen und 
Anschirren durch fremde Personen sich widerspenstig benimmt. 
ErfahrungsgemäsB kommt bei solchen Pferden die Untugend des 
Beissens und Schlagens sehr leicht zur vollständigen Ausbildung. 
Dass das streitige Pferd schon zur Zeit der Uebergabe Personen 
durch Beissen und Schlagen angegriffen habe, geht aus den 
Acten nicht hervor. Wohl aber ist als actenmässig festgestellt 
anzusehen, dass derselbe Temperaraentsfehler, der bei der Unter¬ 
suchung des Pferdes am 22. September 1897 sich durch den Ver¬ 
such des Beissens und Schlagens gegen Personen äusserte, in 
einem niedrigen Grade schon vor der Uebergabe bei dem Pferde 
vorhanden gewesen ist. 

Durch den Untersuchungsbericht des Kreisthierarztes Er. 
wird dargethan, dass das Pferd im Stalle auf Personen direct 
losBprmgt und dieselben mit den Zähnen zu fassen sucht, sowie 
dass es im Stalle mit den Hinterfussen gegen Personen schlägt. 
Hiernach muss angenommen werden, dass das Pferd fremde Per¬ 
sonen, welche ihm nahekommen, gefährdet, dass hierdurch die Ver¬ 
wendung des Pferdes erschwert wird und dass der Werth desselben 
deshalb erheblich verringert ist. Die Meinung, dass diese Un¬ 
tugend durch eine nicht sachgemässe Behandlung des Pferdes 
erst in der Besitzzeit des Klägers hervorgerufen sei, wird durch 
das Ergebniss der Beweisverhandlnngen widerlegt Denn zu den 
Symptomen des bei dem streitigen Pferde bestehenden fehler¬ 
haften Temperamentes gehört sowohl das von dem Zeugen Kr. 
schon vor der Uebergabe constatirte Hochspringen und Jauchzen 
beim Striegeln, wie das am Tage der Uebergabe vom Zeugen Z. 
beobachtete Springen und Schreien beim Anlegen des Bauch¬ 
gurtes. 

Demnach hat das Pferd zur Zeit der Uebergabe die beim 
Ankauf von Arbeitspferden gewöhnlich vorausgesetzte Frömmigkeit 
nicht gehabt. Es war vielmehr gegenüber der Stallpflege, ins¬ 


besondere der gewöhnlichen Reinigung der Haut mit einer 
Striegel, sowie gegenüber dem Anlegen des zum Geschirr ge¬ 
hörenden Brustgurtes infolge einer abnormen Reizbarkeit der 
Haut von widersetzlichem Charakter und deshalb mit einem 
Mangel behaftet, welcher bei der zum Abschlüsse von Pferdekauf- 
geschäften üblichen Aufmerksamkeit für Laien nicht erkenn¬ 
bar ist. 

Die Schlussfolgerung, dass das streitige Pferd ein fehler¬ 
haftes Temperament besitzt, wird durch die Aussagen der Zeugen 
Kr., B. und M. nicht widerlegt. Denn nach der Erfahrung ver¬ 
halten sich viele Pferde, welche wie das hier streitige Pferd 
ein unleidliches Temperament besitzen, unter der Führung des 
bekannten Kutschers oder Dienstknechtes in der Arbeit willig 
und folgsam. Es ist auch nicht auffallend, dass das streitige 
Pferd von einem kleinen Jungen aus der Schmiede abgeholt 
werden konnte. Denn hierbei brauchte eine Berührung der Haut 
am Bauche oder an den Hinterschenkeln oder das Anlegen eines 
Arbeitsgeschirrs nicht zu erfolgen. Mangelhaft ist das streitige 
Pferd aber dadurch, dass dasselbe gegenüber fremden Personen 
nicht stallfTomm ist und insbesondere nicht von einem gewöhn¬ 
lichen, in der Pferdepflege wenig geübten Kutscher oder Dienst¬ 
knecht ohne Gefahr geputzt und angeschirrt werden kann. Ein 
derartiges Pferd kann zwar bei geschickter Führung die gewöhn¬ 
lichen Dienstarbeiten ebenso gut verrichten wie ein mangelfreies 
Pferd von gleicher Bauart; es lässt sich aber im Handelsverkehr 
der Regel nach nur zu einem erheblich geringeren Preise ver¬ 
kaufen. 

Aus vorstehenden Gründen ertheile ich das geforderte Gut- 
( achten dahin: 

Nach dem Ergebniss der Beweisaufnahme, insbesondere nach 
dem Attest des Kreisthierarztes Er. ist anzunehmen, dass das 
streitige Pferd bereits bei der Uebergabe am 7. September 1897 
im Stalle und beim Anschirren nicht die gewöhnliche Frömmigkeit 
eines guten Arbeitspferdes besessen hat. Dasselbe war vielmehr 
mit einem erheblichen Mangel — mit der Untugend des Beissens 
und Schlagens — behaftet. 

Berlin, den 6. Januar 1898. 

Dr. Dieckerlioff. 


Tuberculose beim Pferde. 

Von 

T ruelsen - Schweidnitz, 

Thierarzt. 

So reich wie die Litteratur der Tuberculose der Rinder ist, 
ebenso arm sind wir an Mittheilungen von wirklich einwands- 
freieu Tuberculosefällen bei Pferden. Aus dem Grunde ist es 
meines Erachtens eine grobe Unterlassungssünde, derartige 
Krankheitsgeschichten dem allgemeinen Interesse vorzuenthalten. 

Während man bei Kühen die Diagnose der Tuberculose 
intra vitam oft — auch ohne die jetzt üblichen Tuberculin- 
iqjectionen — mit ziemlicher Sicherheit stellen kann, ist das 
Krankheitsbild der Pferdetuberculose kein charakteristisches. 
Entgegen der Beobachtung des Herrn Prof. Dr. Dieckerlioff, 
dass „der Entwicklung tuberculöser Krankheitszustände nur alte 
Pferde unterworfen zu sein scheinen und ihm kein Fall bekannt 
ist, der bei Fohlen oder jungen Pferden festgestellt wäre“, spielte 
sich der in Folgendem mitgetheilte tuberculöse Process bei einem 
circa 5 Jahre alten Pferde ab. 

Ein hiesiger Zimmermeister hatte im Februar 1897 von 
einem Landwirthe ein Pferd gekauft, welches am Abend des 
Kauftages unter den Erscheinungen der Druse erkrankte. In den 
nächsten 14 Tagen complicirte sich diese mit einer acuten 
Laryngopharyngitis und beiderseitigen Pneumonie. Im Verlauf 


Digitized by LjOOQie 




16. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


379 


von weiteren zwei Wochen waren die KrankheitserBcheinungen 
im Re8pirationBtractu8 zurückgetreten, und zeigte das Pferd 
ausser einer etwas gesteigerten Athemfrequenz (20 Athemzüge in 
der Minute im Stande der Ruhe!) nichts Krankhaftes mehr. Die 
Temperatur betrug 38,0° C., Puls 46—50 in der Minute. 

Auf meine Veranlassung wurde darauf das Pferd zu leichten 
Fuhren eingespannt. Indess noch am selbigen Tage musste hier¬ 
von Abstand genommen werden, da das Thier plötzlich starken 
Schweissausbruch, dyspnoisches Athmen und leichte kolik¬ 
artige Erscheinungen zeigte. In den folgenden Wochen hatte 
ich Gelegenheit, das erkrankte Pferd, welches der Besitzer auf 
mein Ersuchen in meine Stallung einstellte, täglich zu beobachten. 
Trotzdem sich in den Lungen weder durch Auscultation, noch 
durch Percussion krankhafte Veränderungen nachweisen 
Hessen, war die Athmung immer angestrengt und vermehrt. Der 
Appetit war wechselnd, in der Regel und besonders gegen Ende 
der Krankheit oft ganz verschwunden. Ab und zu traten leichte 
Kolikerscheinungen sowie zunehmende Schwäche in der Hinter¬ 
hand auf, und es ging das Thier in seinem Nährzustand von 
Woche zu Woche sichtlich rapide zurück. Das Deckhaar wurde 
glanzlos und struppig, die Flanken fielen ein. die Kopfschleim¬ 
häute erblassten — das typische Bild einer chronischen Cachexie! 

Obgleich ich bei diesem Befunde den Zustand für unheilbar 
hielt, liess ich doch von Seiten des Besitzers dem tödtlichen 
Verlaufe nicht vorgreifen, theils ans Neugier über die weitere 
Krankheitsentwicklung, theils aus Vorsicht, um bei einem event. 
Process gegen den Vorbesitzer wegen Rückzahlung der Kauf- 
summe den Fall nicht unnöthig zu erschweren. Am 5. Mai 1897 
endlich unter heftigen, zwei Tage andauernden Kolikerscheinungen 
Exitus letalis. 

Bei der Section, die der College Herr Rossarzt Pittier hier 
auf meine Bitte mit mir zusammen vornahm, konnten wir folgenden 
Befund feststellen: 

Die Lungen waren nicht verändert, Luftröhre und Nasen¬ 
schleimhaut normal. 

In der Bauchhöhle befand sich circa % Eimer grau- 
rothe, blutige, trübe Flüssigkeit. Das Peritoneum viscerale et 
parietale verdickt und stellenweise mit kleinen, fadenartigen 
Wucherungen sammetartig besetzt 

Die Milz war fast um das Dreifache vergrössert, höckerig, 
mit 7—8 wallnuss- bis mannesfaustgrossen Tumoren durchsetzt. 
Der Milzüberzug von gelblichweissem, glänzendem Aussehen, an 
den prominirenden Stellen schwartig, bis auf einen Zoll verdickt und 
mit der Milzpulpa durch reichliche, neugebildete Bindegewebs- 
massen fest verwachsen. Die einzelnen Tumoren bestanden aus 
einem Conglomerat von vielen kleineren (hirsekorn- bis erbsen- 
grossen) Knötchen, die, mit einer Art bindegewebiger Kapsel 
umgeben, theils von einer dickflüssigen, schmierigen, gelben 
Masse, theils von einer kalkartigenbröcklichen Einlagerung angefüllt 
sind. An ihrem ganzen äusseren Rande ist die Milz durch dicke Binde- 
gewebsstränge mit dem angrenzenden Peritoneum verwachsen. 

Die Bauchspeicheldrüse ist vergrössert und mit zahlreichen 
kleineren und grösseren Abscessen durchsetzt 

Die Leber ist parenchymatös entzündet; die portalen Lymph- 
drüsen, ebenso wie die Leisten- und Lendendrüsen sind stark 
vergrössert und käsigen, kalkartigen Inhalt*. Eine gleiche patho¬ 
logische Veränderung zeigen die rosenkranzartig angeschwollenen 
Jdesenterialdrüsen, die stellenweise die Starke eines GänseeieB 
erreichen. 

Die beiden Nierenkapseln sind theilweise zu einer dicken, 
schwartigen Wand umgewandelt. Die Nieren selbst, welche auf 
dem Durchschnitt fleckige Röthung zeigen, sind vergrössert und 
von weicher Consistenz. ! 


Beim Durchschneiden derselben entleert sich aus dem Nieren¬ 
becken ein gelber rahmartiger Eiter. 

In dem aus diesem Material hergestellten, nach der Koch» 
Ehrlich’schen Tinctionsmethode präparirten Ausstrichen liessen 
sich Tuberkelbacillen in grossen Mengen nachweisen. Herr Prof. 
Dr. Schütz hatte die Liebenswürdigkeit, auf Grund der Unter¬ 
suchung einiger von uns an das pathologische Institut der Hoch¬ 
schule zu Berlin eingesandter Tumoren die Richtigkeit unseres 
mikroskopischen Befundes und unserer Diagnose zu bestätigen. 

Es handelt sich in diesem Falle zweifelsohne um eine von 
der Darmschleimhaut — in der zwar keine tubercnlösen Ver¬ 
änderungen mehr nachgewiesen wurden — ausgehende Primär- 
affection, von wo aus sich der Krankheitsprocess auf dem Wege 
der Lymphbahnen über die Organe der Bauchhöhle verbreitet 
hat, und glaube ich der Theorie Bang’s, welcher derartige In- 
fectionen auf Genuss von Milch tuberculöser Kühe zurückführt, als 
für diesen Fall ätiologisch besonders passend beipflichten zu 
müssen, zumal hier in Schlesien, wo die Tuberculose sich einer 
stark ausgedehnten Verbreitung erfreu», Fohlen häufig mit roher 
Kuhmilch ernährt werden. 

Die unmittelbare Folge dieses Sectionsbefundes war, dass 
der vom letzten Besitzer des verendeten Pferdes auf 
Herauszahlung des Kaufpreises und der erwachsenen Unkosten 
gegen den Vorbesitzer angestrengte Process zu Gunsten des Ersteren 
entschieden wurde, da den oben beschriebenen pathologischen 
Veränderungen — nach Analogie der bei der Rindertuberculose 
üblichen Beurtheilungsweise — mit Fug und Recht eine Ent- 
wicblung8dauer bis zu 6 Monaten zugestanden werden musste. 


Einführung der Impfung mit Tuberculinum Kochii 
und Anderes. 

Von 

Schnitz-Schlüchtern. 

Komm. Krelaihiorarst. 

Im Kreise Schlüchtern, in dem sehr vieles und schönes Vieh 
gezüchtet wird — meist Simmenthaler Kreuzung, zum Theil mit 
Einführung der echten Zuchtbullen aus dem Simmenthal und aus 
oberbadischen und andern bewäbiten Zuchtgenossenschaften —, 
gelang es mir, als Mitglied der Körungscommission durch¬ 
zusetzen, dass kein Zuchtbulle zum Sprung verwendet, und seit 
circa l 1 /* Jahren auch, dass kein Bulle überhaupt zur Körung 
gebracht werden darf, der nicht zuvor von mir mit Tuberculin 
geimpft und unverdächtig befunden wurde. 

Den wohlmeinenden Absichten des Ministenums, der Tuber- 
culinimpfung bei den Viehbesitzern Eingang zu verschaffen» 
wird, wie die Herren Collegen mir zustimmen werden, trotz 
aller Mühe aussichtslos sein. Ich wenigstens konnte trotz 
aller belehrenden und vom Landrath eindringlichst unterstützten 
VortrSge im landwirtschaftlichen Verein und in mehreren 
von mir angeregten Versammlungen nichts weiter erreichen, als 
dass unter Verzicht auf alle Gegenleistungen teitens der Vieh¬ 
besitzer sich endlich eine Gemeinde dazu verstand, ihr Vieh auf 
Kreiskosten zum Theil mit Tuberculin impfen zu lassen. Trotz¬ 
dem diese Gemeinde, nach den Verlusten der hier bestehenden 
Kreisviehversicherung gerechnet eine der voraussichtlich von 
Tuberculose am meisten verschonten ist, ergab die Impfung, dass 
15 bis 16pCt. der geimpften Thiere reagirten, also immer noch 
bedeutend mehr als die aus den Schlaclithausresultaten ge¬ 
wonnenen Ergebnisse, die für den Reg.-Bez. Cassel 8—10 pCt 
feststellen. 

Ein Hinderniss, das kaum sachgemäss widerlegt werden 
kann, findet die Impfung in der gegründeten Furcht des Eigen- 
thÜrners vor dem Bekanntwerden der Resultate und den unver- 


Digitized by 


Google 



280 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


»eidlichen nachtheiligen Folgen, unter denen dann die Ver- 
äusserung des betr. Schlacht- und Zuchtviehs leidet. Zu Schutzvor¬ 
richtungen etc., wie sie vom Ministerium mit Recht als Aequivalent 
für die Gratisirapfung gefordert werden, versteht sich der Land¬ 
mann nun erst gar nicht; die Antworten derselben, die ich in 
Versammlungen etc. zu hören bekam, waren oft sehr drastische. 
Doch darüber stand schon in der Thierärztl. Wochenschrift zu 
lesen. — Eher, wie gesagt, lässt sich eine Impferlaubniss er¬ 
langen, wenn ohne Verbindlichkeit zu Gegenleistungen, etwa auf 
Kosten des Kreises, geimpft wird. Die Resultate sind allerdings 
dann bloss von statistischem Werth. Da aber nun dieses auch 
für den Kreis zu kostspielig wäre, so haben wir hier dadurch 
Abhilfe zu schaffen gesucht, dass von mir eine Anzahl (16) von 
in den verschiedenen Gemeinden (besonders den entfernter ge¬ 
legenen) wohnhaften, geeigneten Leuten, fast durchweg Trichinen¬ 
schauer, im Gebrauch des Thermometers und der Technik 
sowolil der Taberculin-Impfung, als auch der Rothlauf-Impfung 
(Lorenz’sches Verfahren) unterrichtet und als vereidete Impf¬ 
beamten ausgebildet und geprüft werden. Dadurch, dass der 
Impfstoff stets durch meine Vermittlung bezogen wird und ich 
Bericht über die Resultate erhalte, bleibt die Sache immer unter 
Gontrole des beamteten Thierarztes. Ich werde später berichten, 
wie sich die Einrichtung bewährt. 

Erwähnen will ich noch, dass ich bei den hier häufig tor¬ 
kommenden Processen wegen Tubercnlose stets vor der Ob* 
duction resp. Schlachtung aus eigener Initiative die Impfting 
der Processthiere vornahm, die bis jetzt stets mit dem Ergebnisse 
der Obduction übereinstimmte. Das spricht sich sehr rasch 
hemm und es wurde schon mancher kostspielige Process dadurch 
vermieden, dass der Eigenthtimer die Währschaftsklage erst vom 
Ausfälle einer vorherigen Impfung abhängig machte, andererseits 
der Verkäufer auf Grund des Impfresultats sich zur RttckiiShfae 
des Thieres ohne Process verstand. 

Zum Schlüsse will ich noch eine in meinem Kreise vor 
Kurzem erlassene Kreisverordnung erwähnen, die zur Unter¬ 
drückung der Verheimlichung von Viehseuchen sehr sichtlich bei¬ 
getragen bat und sich auch als wirksames Mittel darstellt, bei 
Heerdeerkrankungen die Entfernung verdächtiger und erkrankter 
Thiere (z. B. bei Räude der Schafe) unter dem Vorwände, als 
seien solche Thiere verendet, zu verhindern. Der Eigentümer, 
Fleischbeschauer, sowie der Hirt sind unter Strafe verpflichtet, 
von jedem verendeten vierfnssigen Hansthiere innerhalb 24 Stunden 
der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen, die ihrerseits ver¬ 
pflichtet ist, darüber Buch zu führen und fflr die Vergrabung auf 
dem Gemeindeanger unter polizeilicher Ueberwachung, event. für 
Requirirung des beamteten Thierarztes in verdächtigen Fällen 
Sorge zu tragen. 

Mastitis mit septischen Erscheinungen. 

Von 

Knoli-Prenzlau, 

Schlachihoflnipector. 

Auf den Schlachthof wurde eine abgemagerte Kuh eingeführt. 
Nach dem äusseren Eindruck der ungleichmässig vertheilten 
Körperwärme, den heissen und kalten Ohren war augenscheinlich 
Fieber vorhanden. Die Besichtigung ergab ausserdem, dass das 
Euter ca. um das vierfache des Volumens eines solchen von 
mittlerem, normalem Umfange vergrössert war. Nach der 
Schlachtung und dem Enthäuten des Körpers wurde die weitere 
Untersuchung vorgenommen und zuerst das Euter abgetrennt. 
Dasselbe war stellenweise fest, theilweise weich. Die festen 
Stellen entsprachen harten, sehnenartigen Bindegewebssträngen, 


die weichen einer leicht zerdrückbaren und mit dem Finger leicht 
zu durchstossenden Substanz. Die letztere Masse nahm etwa zu 
dreiviertel Theilen des Ganzen ein. Der Durchschnitt zeigte 
eine röthlich-braune Farbe. Nach dem Oeffhen der Bauchdecken 
und dem Dnrchtrennen des Schambeins fielen sofort die enorm 
vergrösserten Lymphdrüsen der Beckenhöhle in die Augen. Zwei 
Lymphdrüsen waren etwa kindskopfgross und hatten jede den 
Harnleiter ihrer Seite mehr oder weniger verlegt, so dass be¬ 
sonders der eine gut in Daumenstärke hervortrat. Auch alle 
übrigen Lymphdrüsen der Beckenhöhle waren sehr stark vergrössert, 
ferner die Lymphdrüsen der Bauchhöhle, wie Gekrösdrtisen, und 
die am Ueberzuge des Darms, am Mesenterium. Der Durchschnitt 
der grösseren zeigte überall eine röthlich-braune Farbe und mürbe 
Consistenz, bei den kleineren war nur mehr die Randzone ge- 
röthet. Eiterung war weder im Euter noch auch in den vorer¬ 
wähnten kindskopfgrosBen Gebilden nachzuweisen. Die Milz war 
nnr wenig verändert, die Follikel erschienen etwas stärker, da¬ 
gegen war die Leber geschwollen und von weisslich-hellgrau- 
durchBchimmernden Herden durchsetzt, dieselben waren etwa 
Stecknadelkopf- bis nicht ganz erbsengross, von hellgrauer Farbe 
und mäasig derber Festigkeit. 

Das Herzfleisch, besonders die Vorkammerwände und Herz¬ 
ohren in ihrem ganzen Umfange hatten eine blasse, wachsartige 
Farbe angenommen. In der jpshten Herz- oder Lungenkammer 
ein derartiger etwa htthnereigrosser Herd, in der Aortenkammer 
mehrere kleinere Herde sichtbar. Das Bindegewebe der Lungen 
war verbreitert, die Bronchial- und Mediastinaldrüsen ganz be¬ 
deutend vergrössert, auf dem Durchschnitt von saftiger, weicher 
Beschaffenheit. 

Referate. 

Ueber die entozoischen Follikalarerkrankangen im 
Schweinedarm. 

Von Dr. Olt 

(Zuohr. f. PI. u. Mllchh., April 1898.) 

In der Darmschleimhaut des Schweins zeigen in der Regel 
mehrere Solitärfollikel Veränderungen. In einem etwa linsen¬ 
grossen gerötheten Hof befindet sich eine 1 mm weite krater¬ 
förmige Vertiefung, unter welcher der geschwollene, an der Ober¬ 
fläche ulcerirende Follikel sitzt ln den Wintermonaten ver¬ 
schwinden diese Erscheinungen meistens, während sie sich im 
Sommer fast bei allen Schweinen finden u. zw. bei manchen 
Thieren in grosser Zahl. 0. fand einen Schweinedarm, der mit 
solchen Flecken völlig übersät war, namentlich im Rectum und 
Colon, im Dünndarm spärlicher. Vielfach lässt sich aus diesen 
kleinen Knoten eine graue käsige Masse beranspressen, in welcher 
sich ein geschlängelter Rundwurm befindet, der sich beim Schneiden 
des Herdes in Paraffin stets nachweisen lässt, während er beim 
Zerzupfen meist zerrissen wird. Die Würmer sind 1,7 mm lang, 
0,1 mm dick, manchmal auch grösser, und stellen Larven von 
Strongyliden dar, für welche Ostertag dem Verfasser den Namen 
Strongylus follicularis vorgeschlagen hat Wenn auch solche 
Follikulargeschwüre gewöhnlich leicht abheilen, so können sie 
doch zu infektiösen Darmerkrankungen disponiren. 

0. hat gefunden, dass der Wurm vom Darmlumen aus in den 
Follikel eindringt, nnd dass, wenn er denselben verlassen hat, die 
zurückbleibende Zerfallsmasse in den Darm abgeschoben wird, 
worauf Vernarbung eintritt Unzweifelhaft gehen aber die käsigen 
Darmerkrankungen bei der Schweineseuche gern von solchen 
Follikulargeschwüren aus. Die sporadisch auftretenden Ver¬ 
käsungen im Darm des Schweins finden in manchen Fällen eine 
ungezwungene Erklärung. 


Digitized by LjOOQie 





16. Juni 1898. 


BERLINER THIERARZTLICflE WOCHENSCHRIFT. 


281 


Der afrikanische Rotz der Pferde. 

48 8titen mit 7 Tafeln (Ratilsrh). 

Von M. G. Tartakowsky-Petersburg 1897. 

(Centralbl. für Bact 1897, 8. »4-25.) 

Nach dem Referat von ücke. 

In Afrika kommt unter den Pferden eine Krankheit vor, 
welche in seltenen Fallen auch in Italien nnd Frankreich nnd 
auch im europäischen Russland beobachtet wurde, während die¬ 
selbe in Deutschland und Nordeuropa vollständig unbekannt ist. 
Die Krankheit ist ansteckend und kann wegen ihrer Aehnlicbkeit 
mit Malleus leicht Veranlassung zu Verwechselungen geben. 

Im Sommer 1896 wurde in ein Dorf des Gouvernements 
Nowgorod ein mit der fraglichen Krankheit behaftetes Pferd ein¬ 
geführt, welche sich im December desselben Jahres bereits auf 
16 und im März 1897 auf 26 Pferde des Dorfes verbreitet hatte. 
Auch im benachbarten Gouvernement Olonetz kam die Epizootie 
später zur Feststellung. 

Die krankhaften Veränderungen entwickeln und lokalisiren 
sich bei den betroffenen Pferden in der Haut nnd Nasenschleimhaut 
Epidermis, Cutis und Snbcutis weisen verschiedengrosse Knötchen 
und Knoten auf, welche beim Durchschneiden einen grünlich¬ 
gelben zähen eiterartigen Inhalt entleeren. Bei Knoten mit 
grösseren Höhlen ist der Inhalt durch beigemengtes Blut bräunlich 
gefärbt. Die Knötchen sind von einem straffen weisslichen Ge¬ 
webe umgeben. Nach Durchbrach des eitrigen Inhaltes heilen 
die Höhlen durch Granulationsbildung aus. Euter und Präputium 
bilden Prädilectionssitze für den Krankheitsprocess, doch kommt 
derselbe auf der ganzen Körperoberfläche vor. Da die tiefer ge¬ 
legenen Gewebe und die inneren Organe stets frei von Krankheits¬ 
herden sind, so ist das Allgemeinbefinden der erkrankten Pferde 
nicht gestört. 

Bei Erkrankung der Nasenschleimhaut sind auch die sub- 
inaxillaren Lymphdrüsen VergVössert. *'Die Beschaffenheit der 
Knötchen bietet genug Charakteristisches, um dieselben von 
rotzigen Veränderungen unterscheiden zu können. In Er¬ 
mangelung jeden entzündlichen Reizes in der Umgebung fehlt 
auch der Nasenausfluss. Weiter ergiebt die MalleYuprobe ein 
negatives Resultat, und im Eiter liessen sich keine Rotzbacillen 
nachweisen. Verf. fand vielmehr in dem Eiter die ovalen noch 
nicht genau bestimmten Gebilde, welche Rivolta unter dem Namen 
Kryptokokkus farciminosus zuerst beschrieben hat, und die einer¬ 
seits zu den Coccidien, anderseits zu den Hefen gestellt 
worden sind. 

Zar Bekämpfung der Schweinepest. 

Von Höflich. 

(Wichr. f. TfalerhUc. 42, No. 14.) 

Höflich hat einen Versuch, die Schweinepest mit Blutserum¬ 
anwendung zu bekämpfen, gemacht. Auf einem grösseren Gute 
waren 1895 mehrere Schweine eingeführt worden, und in der 
Folge traten eine grössere Zahl von Erkrankungen auf, weshalb H. 
im Juni 1896 zu Rathe gezogen wurde. Von 14 Mutterschweinen 
waren 4 krank. Im October bekam eins derselben Junge, die 
sämmtlich binnen zwei Monaten verendeten, indem sie meist in 
einem Alter von 14 Tagen bis 3 Wochen krank wurden. Aber 
auch die Ferkel der anderen scheinbar noch gesunden Mutter¬ 
schweine erkrankten in der Mehrzahl und gingen ein. Kein 
Wurf blieb verschont. Der miteingeführte Eber, bei dem schon bald 
nach der Ankunft Husten beobachtet worden war, zeigte Fieber 
und Husten, sonst nichts. Dass er die Pest eingeschleppt hatte, 
war nicht zu bezweifeln. Die Seuche wüthete bis Anfang 1897. 
Nun wurde ein Impfversuch gemacht bei einem Wurf von elf 
Ferkeln, die am 19. März geworfen waren. Der oben genannte 
2 Centner schwere Eber wurde geschlachtet. Er erschien vor 


der Schlachtung gesund, was sich auch bei der Section erwies. 
Das in der bekannten Weise gewonnene Serum wurde nun zehn 
der genannten Ferkel, und zwar dem einen 4 ccm, den andern 
je 2 ccm am 4. Tage nach ihrer Geburt iujicirt. 3 Tage später 
wurden sie noch einmal mit je 6 ccm von dem noch wohl- 
erhaltenen Serum geimpft und von demselben wurden einem neu 
angekommenen 2 Ctr. schweren Eber im Ganzen 65 ccm ein- 
gespritzt. Impfnachtheile traten nicht ein. Die geimpften Ferkel 
blieben völlig gesund, der Eber desgleichen. Aber auch das un- 
geimpft gebliebene Ferkel ist nicht erkrankt. Den Versuch 
weiter fortzusetzen war leider nicht möglich. 

Ganz sicher ist das Resultat, wie man sieht, nicht. Von den 
10 geimpften Schweinen wurden 3 nach 5 Monaten geschlachtet 
und mit Serum von denselben wiederum die Ferkel von drei 
neueren Würfen geimpft, die ebenfalls gesund blieben. Eine 
Wirkung des Serums kann das letzte Resultat kaum ge¬ 
wesen sein. 

Häinatorie der Rinder. 

Von M a 11 h i e s-Lyon. 

Nach Beobachtungen von Prof. Matthies in Lyon geht die 
Hämaturie aus einer chronisch ulcerativen und hämorrhagischen 
Entzündung der Blase hervor. Die Ulcerationen, oft nur steck¬ 
nadelkopfgross, entstehen aus kleinen Knötchen und veranlassen 
Blutungen in die Blase. Die Zerstörung kann durch das sub- 
mucöse Bindegewebe bis in die Muskelschicht dringen. In erster 
Linie bedeckt sich die Schleimhaut mit kleinen graurothen 
Knötchen, die zu Himbeerformen zusammenfliessen können, leicht 
zerreisslich sind und hauptsächlich aus Capillaren bestehen. 
Danp zeigt die Blasenschleimhaut katarrhalische Schwellung, 
wird höckerig, ist mit Schleim- nnd Blutcoagulis bedeckt. Das 
8ubmucöse Bindegewebe zeigt Jugendform. Die Harnröhre ist 
ofyigiehr oder weniger durch Blutcoagula gefüllt, event. so ver¬ 
stopft, dass es zur Blasenruptur kommt (?). Die Blase ist oft 
erweitert, desgl. die Harnleiter und die Nieren hydro-nephrotisch. 
Die Drainage der feuchten Wiesen und Düngungen mit Kalk 
und Phosphorsäure bringen öfter die Hämaturie zum Schwinden. 
Detroye will in dem Harn einen pathogenen Mikrokokkus 
gefanden haben. Galtier fand zwar verschiedene Bacterien, 
aber sie waren nicht pathogen. Eine Distomatose ist nicht die 
Ursache der Hämaturie; denn dieselbe entsteht auch bei distomum- 
freien Thieren. 

(Echo vdtdr. No. S; Anacker’s „Thierarzt“.) 

Fr ochth älter Vorfall bei der Stute. 

Von S t r e b e 1-Freiburg. 

Strebei schreibt im Schw. Arch. Bd. 39,6 Folgendes: Der 
Profapsus uteri ist bei Stuten selten. In der thierärztlichen 
Literatur ist darüber wenig enthalten. Strauss sah unter 5300 
Geburten nur zwei Vorfälle. Violette und St. Cyre konnten im 
Ganzen aus der Literatur 25 Fälle sammeln. S. hat im Ganzen sechs 
zu behandeln Gelegenheit gehabt, von denen fünf durch brutale 
Eingriffe bei der Geburt veranlasst waren, weil in jener Gegend 
der Missbrauch herrschte, die Nachgeburt loszureissen, wenn die¬ 
selbe nicht binnen zwei oder drei Stunden abgegangen war. Ein 
Thierarzt hatte in einem Fall den Uterus schleunig sammt der 
Placenta reponirt, worauf eine langwierige Metroperitonitis, aller¬ 
dings mit schliesslicher Genesung, folgte. Der nicht durch ein 
solches Verschulden bewirkte Uterusvorfall kommt nach S.’ An¬ 
sicht bei der Stute ebenso wie bei der Kuh hauptsächlich dadurch 
zu Stande, dass während der Geburt das trächtige Uterushorn in 
sich selbst hineingezogen wurde und dass diese Einstülpung ein 
heftiges Drängen veranlasste. Was die Behandlung anlangt, so 
haben einige Autoren die Chloroformirung vorgeschlagen. Strebei 


Digitized by LjOOQie 




282 

widerspricht dem. Par et and Schneider Hessen die sehr 
widerspenstigen Stuten an den Sprunggelenken hochbinden, 
worauf die Reposition ohne grosse Mühe vollzogen werden konnte. 
In allen den sechs Fällen, die Str. behandelte, hatte der Uterus 
schon 3—4 Stunden Vorgelegen. S. liess die Stute einfach hinten 
hochstellen und bremsen. In dieser Stellung gelang es trotz 
starken Drängens, die Reposition zu bewirken. Ungünstige Aus¬ 
gänge traten dabei nicht ein. Dagegen berichten die französischen 
Antoren von vielen ungünstigen Ausgängen. S. findet die Repo¬ 
sition bei der Stute leichter als bei der Kuh: 1. weil die volu¬ 
minösen Cotyledonen fehlen, 2. weil der Uterus weicher und ge¬ 
schmeidiger ist und 3. weil die Stute eben ein grösseres Becken 
hat. Um die Abschwellung des vorgefallenen Uterus zu bewirken, 
leisten anhaltende Kaltwasserbegiessungen Vorzügliches. Bei 
solchen Stuten, die bösartig und die nicht zum Aufstehen zu 
bringen sind, wird allerdings die Aether-Chloroformnarcose sowie 
das Aufwinden der Hinterhand nothwendig sein. 

Heber Erkrankungen nach dem Genüsse der Milch von 
Kühen, welche mit Kupfersalzlösang besprengtes Wein- 
l&ab als Futter erhielten. 

Nach den Mittheilungen des „Oesterreichischen Sanitäts- 
wesens“ haben im vergangenen Jahre mehrere Aerzte auf Grund 
ihrer Beobachtungen berichtet, dass Nahrungs- und Genussmittel, 
zu deren Einhüllung Blätter des WeiDstockes benutzt wurden, 
welche zur Bekämpfung der Peronospora mit Kupfersalzlösungen 
besprengt worden waren, Krankheitserscheinungen bei Menschen 
veranlassen könnten. Auch soUten Kühe, welchen solche Blätter zur 
Nahrung gedient hatten, gesundheitsschädliche Milch liefern. Ins¬ 
besondere war über diarrhoische Erkrankungen bei Säuglingen be¬ 
richtet worden, welche Milch getrunken hatten, die von Kühen her- 
rührte,die mit Kupfersalzlösungen besprengtes Weinlaub, als 
bekommen hatten. 

Das Ministerium des Innern stellte hierauf in den öster¬ 
reichischen Kronlilndern über diese Frage Erhebungen an; gleich¬ 
zeitig wurden am pathologisch-chemischen Institut der Wiener 
Universität Kühe versuchsweise mit Weinlaub gefüttert und die 
Milch chemich untersucht. 

Die Versuche ergaben: „1. Milch nach Verfütterung von 
Weinlaub, das mit Kupfervitriol besprengt war, enthält eine eben 
noch erkennbare Spur von Kupfer. 2. Milch nach Verfütterung 
von reinem Weinlaub war frei von Kupfer.“ 

Die in den Ländern angestellten Ermittlungen lieferten 
wenig positives Material: Im Bezirke Oberhollabrunn (Nieder¬ 
österreich) wurden im Juni 1896 bei einer grossen Anzahl von 
Kindern im Alter von 2—14 Monaten heftige Magen- und Darm¬ 
katarrhe beobachtet, an welchen 5 Kinder starben. Alle erkrankten 
Kinder hatten Milch von Kühen genossen, denen man mit Kupfer¬ 
salzlösungen besprengtes Weinlaub gefüttert hatte. In diesem 
Falle kann die Möglichkeit, dass das Kupfer die Erkrankungen 
hervorrief, nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Auch in 
einem anderen Bezirk dieses Landes, Gross-Enzersdorf, erkrankten 
zwei Kinder nach dem Genüsse solcher Milch, genasen aber 
wieder, als andere Milch verabreicht wurde. Aus Böhmen wird 
berichtet, dass Gänse eingingen, welche zwischen Weinstöcken 
stehendes Unkraut gefressen hatten, das beim Besprengen der 
ersteren mit Kupfersalzlösung ebenfalls benetzt worden war. Ein 
Fall von diarrhoischer Erkiankung bei Säuglingen, welche ver- 
muthlich der fraglichen Ursache zuzuschreiben war, wurde noch in 
Krain beobachtet. 

Es ist immerhin sehr fraglich, ob diese Erkrankungen von 
einem schädlichen Kupfergehalt der Milch herrühren In der 
Umgebung von Bozen ist Bchon vor der Verwendung von Kupfer- 


No. 24. 


Salzlösungen zur Besprengung des Weinlaubes bekannt gewesen, 
dass bei Kindern häufig Dmchfall entsteht, wenn sie mit Milch 
ernährt werden, welche von Kühen während der Weinlaubfütterung 
geliefert wird. Als wahrscheinliche Ursache dieser schädlichen 
Einwirkung wurde der reiche Gehalt an Pflanzensäuren 
angenommen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.) 

Zar Aafklärang der Bolle, welche stechende Insekten 
bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten spielen. 

Aus dem hygienischen InBtitut von Berlin. Von George H. F. N uttal I, 
Dr. med. et phil. 

(Centralbl. f Bakt. 1898 H. 15.) 

Die Ansicht, dass Fliegen von Milzbrandkadavern den Milz¬ 
brand auf Menschen übertragen können, ist im Volke weit ver¬ 
breitet. In den Aufsätzen über die Pestepidemie in Bombay 
wurde auch in wissenschaftlichen Kreisen als Verbreitungsweg 
der Seuche die Uebertragung durch Bettwanzen angenommen. 
Durch die im Centralbl. f. Bakt. früher (Bd. XXII. 1897) ver¬ 
öffentlichten Versuche Nuttall’s ist es jedoch als unwahrschein¬ 
lich hingestellt, dass eine solche Weiterverbreitung der Pest 
vorkommt. Die im Wanzenleibe befindlichen Pesterreger gehen 
vielmehr aUmälig zu Grunde. 

Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich nun mit Infektions¬ 
versuchen an Mäusen durch Wanzen und Flöhe, welche mit Milz¬ 
brand, Hühnercholera und Mäuseseptikämie inficirt wurden. 

Die Insekten wurden mit an dieser Seuche sterbenden oder ver¬ 
endeten Mäusen zusammengebracht, bis sie sich nachweislich 
voll Blut gesogen hatten, und darauf zu gesunden Mäusen gesperrt. 
In keinem einzigen Falle kam jedoch durch die Stiche der in der 
angegebenen Weise inficirten Wanzen und Flöhe eine Erkrankung 
zustande. Die mit Wanzen- und Flohinhalt gemachten Kultur- 
und Impfversuche und die mikroskopische Untersuchung beweisen, 
dass die Infektionserreger in den Insekten zu Grunde gehen. 
Es kann hiernach als festgestellt erachtet werden, dass eine Ver¬ 
breitung von Seuchen durch Insekten zu den Ausnahmen gehört. 

Abdecker sollen sich bei der Zerlegung von Milzbrand¬ 
kadavern besonders vor Fliegenstichen in Acht nehmen, aus 
Furcht vor einer Infektion. Dieselbe dürfte jedoch weniger durch 
UebertragUDg des Ansteckungsstoffes von Fliegen als vielmehr 
dadurch zustande kommen, dass infolge eines Fliegenstiches an 
den Händen, bei ev. Besudelung dieser kleinen Wunde mit Milz¬ 
brandblut, die Bacillen vom Cadaver aus direkt in den Körper 
gelangen können. 

Das Bacteriam der Maul- and Klauenseuche. 

Von 

Dr. Stutzer und Dr. H a r 11 e b. 

(Arch. f. Hygiene BJ. 30) 

Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche will bereits 
eine grössere Anzahl von Forschern entdeckt haben; ein Theil 
derselben wie z. B. S i e g e 1 ist jedoch von selbst davon ab¬ 
gekommen, das von ihm entdeckte Bacterium noch weiter für den 
Erreger der Maul- und Klauenseuche zu halten. Die Autoren 
haben nun ebenfaUs über den Erreger der Seuche Untersuchungen 
angesteUt und in dem Schleim des Maules, in der Flüssigkeit der 
Blasen und in der Milch erkrankter Thiere eine ganz bestimmte 
Bacterienart in sehr grosser Menge gefunden. Ganz eigentümlich 
ist dieser Bacterienart, dass Bie sich sehr leicht den verschieden¬ 
sten Nährmedien anpasst, dabei jedoch nicht selten eine Ver¬ 
änderung der äusseren Form erleidet. Dieser Umstand veranlasst 
die Verff. anzunehmen, dass sie, van Niessen, Siegel und 
andere ein und denselben Mikroorganismus bei der Seuche 
beobachtet haben, dass derselbe jedoch in Folge der ungleichen 
Züchtung8metboden geringe morphologische Veränderungen zeigte. 
Pathogen erwies sich das Bacterium gegen Mäuse und Meer- 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 


16. Jnni 1898. _ BERLINER THIERARZTLICHE W0CHEN8CHEIFT. 283 

8chweinchen, indem es diese Thiere unter ganz Charakter- Kleine therapeutische Notizen. 


istischen Erscheinungen tödtete, Schafe, Schweine und Hühner 
waren indifferent gegen dasselbe, bei Kälbern veranlasste es 
Fieber. Als Hauptaufgabe stellen die Autoren die Forderung 
auf, die Physiologie und nicht die Morphologie des Erregers der 
Maul- und Klauenseuche zu erforschen. 

Eine neue Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei 
Gebrauch einer Orceinbeize 
empfiehlt Bowhil in der Hyg. Rundschau. 

Zunächst sind zwei Lösungen anzufertigen: 

Lösung 1. Lösung 2. 

Orceln 1,0 Gerbsäare 8,0 

Alkohol, absolut 50 ccm Aqu. destill. 40 ccm 

Aqu. destill. 44 ccm (Säure durch Erwärmen zu 

lösen.) 

Gleiche Theile von Lösung 1 und 2 werden vor dem Gebrauch 
gemischt und filtrirt. 

Methode: 1. Die aus einer frischen Cultur auf Agar stammen¬ 
den Bacterien werden in einem Reagenzglas in abgekochtem 
deBtillirten Wasser suspendirt 2. Nachdem die Flüssigkeit 
5 Min. ruhig gestanden hat, wird ein Tropfen der Bacteripu- 
Suspension auf ein reines Deckglas gebracht und an der Luft 
getrocknet. 3. Das Deckglas, zwischen den Fingern gehalten 
(damit es nicht zuviel erhitzt wird), wird in der Flamme tixirt 
4. Etwas Orceinbeize wird in ein Uhrschälchen gethan und das 
Deckglas, mit der Bacterienseite nach unten, darauf zum 
Schwimmen gebracht. Die Beize wird gelinde erwärmt und das 
Präparat 10—15 Min. deren Wirkung ausgesetzt 5. Das Prä¬ 
parat wird auf übliche Weise mit Wasser abgespült und ge¬ 
trocknet, darauf 6. mit Ehrl ich’s Anilinwasser-Gentianaviolett 
gefärbt, indem aus einem Filter ein Tropfen des Farbstoffes 
darauf gebracht und bis zur Dampfbildung erwärmt wird. 

7. Das Präparat wird abgesptilt, getrocknet und in Xylol¬ 
balsam eingeschlossen. 

Mit der Methode wurden dargestellt die Geisseln von B. 
typhi abdom., Spirill. cholerae asiatic., Prot, vulg., B. subtilis. 

(Centralbl. f. Bact 1898, H. 15.) 

Ueber die histologischen Unterschiede zwischen 
Blastomyceten und hyaliner Degeneration. 

Vortrag, gehalten von Beck in der biologischen Abtheilung d. 
ärztl. Ver. zu Hamburg. 

(Manch. Med. Woch S3T.H ) 

Beck bespricht nur Beobachtungen, die Pelagatti bei 
seinen Untersuchungen im Laboratorium Dr. Unna’s machte. 
Er verglich Reinculturen von Blastomyceten mit denjenigen Ge¬ 
bilden, welche man in malignen Tumoren, besonders Carcinomen 
und chronischen GrannlationsgeschWülsten findet, und welche auf 
Grund morphologischer Aehnlichkeit von vielen, zumeist von 
italienischen Antoren ebenfalls als Blastomyceten betrachtet 
worden sind. Die Untersuchungen ergaben, dass diese Gebilde 
nicht mit Blastomyceten zu identificiren sind, weil sie sich be¬ 
züglich ihrer Färbbarkeit grundverschieden von den Blastomyceten 
verhalten. Während nämlich die letzteren bei Anwendung der 
Unna’ sehen combinirten Hyalinfärbungsverfahren sich nicht 
specifi8ch färben lassen, sondern eine Mischung von benutzten 
Farben annehmen, zeigen die ähnlichen Gebilde in den ver¬ 
schiedensten pathologischen Gebilden nur zu einem der nach¬ 
einander angewandten Farbstoffe Affinität und geben alle 
Reactionen des Hyalin. Die Körperchen stehen in keiner 
ätiologischen Beziehung zu den neugebildeten Geweben, in welchen 
sie zu finden sind, sie sind vielmehr als ein Degenerationsproduct 
der Zellen aufzufassen. 


Antiseptische Seifen. 

Curcio prüfte die Wirksamkeit der Seifen auf Eitererreger: 
17oo Sublimatseife wirkungslos, 10 proc. Carbolseife wirkungslos, 
dagegen 3 proc. Salicylsäure oder 5 proc. Borsäure in den Seifen 
von thatsächlicker antiseptischer Wirkung, die sich schon nach 
5 Minuten äussert. 

Nach einem Artikel im Arch. f. Hyg. wurden in gleicher 
Richtung gewöhnliche Schmierseife, weisse Mandelseife und feste 
Patentkaliseife geprüft. Mit 10 proc. Lösung dieser Seifen wurden 
Choleravibrionen in einer halben Minute getödtet und mit 5 bezw. 
2 1 /,proc. Gemischen nach 5 Minuten. Wäsche, Kleider etc. können 
also durch Einlegung in Seifenlösung und ebenso können die 
Hände durch einfaches Waschen rasch und völlig von Cholera¬ 
keimen befreit werden. Eine gleich hohe Wirksamkeit zeigten 
die Seifen gegen Typhusbacillen und das Bacterium coli in 10 proc. 
Lösung und bei 1 Minute langer Einwirkung. Gegen Eiter¬ 
erreger versagen auch diese Seifen völlig. Die Lysolseife erwies 
sich als viel weniger wirksam wie eine reine Lysollösung von 
gleichem Procentsatz. Dasselbe galt von der Carbolsäureseife. 
Hieraus ergiebt sich, dass die Herstellung von Seifen mit Zusatz 
eines speciellen Desinfectionsmittels nicht rationell ist und dass 
man die Hände zunächst am besten mit der Seife und dann mit 
dem Desinfectionsmittel behandelt. 

Hexamethylen-tetramln. 

Das H. ist ein Condensationsproduct von Tanuin und 
Urotropin, dem Tannalbin in Wirkung und Anwendung sehr 
ähnlich. 

Eosot und Geosot 

E. und G. sind nach Dr. Wend die valeriansauren Salze 
des Kreosot und Gutyakol. Dosis des G. 0,9 bis 5 g pro Tag. 
Turnisirender Effect auf Herz und Nervensystem und Appetit¬ 
anregung. Flüssige Arzneiform geeignet bei Lösung in 4 Theilen 
95 pOt. Alkohol und Verabreichung mit Milch. In kleinen Dosen 
erfolgreich bei Diarrhoe, auch gegen Brechreiz. 

Sanoform. 

Das Sanoform ist Dyodsalicylsäuremethyläther mit 62 pCt. 
Jodgehalt Ein unzersetzüches Pulver, das leicht in Alkohol und 
Aether, auch in Vaseline löslich ist und von Arnheim als Ersatz¬ 
mittel für Jodoform empfohlen wird. 

Tumenol. 

Das T. ist von Ne iss er schon 1891 empfohlen, aber nicht 
viel verwendet worden. Mit Ausnahme der allerersten Stadien 
bewährt es sich bei der Ekzembehandlung, namentlich im 
nässenden Stadium als gut austrocknend und die Ueberhornung 
befördernd. Auch bei Verbrennungen ersten und zweiten Grades 
emplehlenswerth als 5—10 proc. Zusatz zu gewöhnlicher Ziukpaste 
oder als 10 proc. Lösung in Aetherspiritus oder Glycerinwasser. 

Phesin und Cosaprin. 

Ph. und C. sind nachVamocci und Fengoessy brauchbare 
Antipyretica, und zwar Sulfoderivate des Phenacetin bezw. 
Antifebrin. Sie sollen im Vergleich zu diesen beiden Grund¬ 
präparaten unschädlich sein, sind ausserdem in Wasser sehr leicht 
löslich und ermöglichen bequeme subcutane Injection. Ihre 
Wirkung ist jedoch von kurzer Dauer. Es sind die doppelten 
Dosen der Grundpräparate erforderlich. 

Aatifebrin als Verbandmittei. 

Idanoff empfiehlt das Antifebrin als Ersatz für Jodoform 
als secretionsvermindernd u. s. w. 


Digitized by LaOOQie 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Tagesgeschlchte. 

VI. Plenar^Versaminlang der Centralvertretung der 
thierärztlichen Vereine Prenssens 

za Berlin am 21. and 22. Mai 1898. 

Die Versammlung gehörte der Tagesordnung nach za den 
arbeitsreichsten und wichtigsten und war ihrer Bedeutung ent¬ 
sprechend besucht 

Bereits bei der am Vorabend der ersten Sitzung stattfindenden 
gegenseitigen Begrüssung hatte der Präsident Professor Dr. Esser 
der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, dass es unmöglich sei, das 
vorliegende Berathungsmaterial an einem Tage zu erledigen. Es 
waren daher eine Sonnabend- und Sonntag-Sitzung in Aussicht ge¬ 
nommen und deren Beginn auf 9 Uhr früh festgesetzt worden. 

I. Sitzung. 

Die Feststellung der anwesenden stimmberechtigten 
Vereinsdelegirten ergab, dass 17 Vereine mit 54 Stimmen ver¬ 
treten waren, und zwar folgende: 

Die Provinzial vereine für 

Ostprenssen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte 
Dr. Mehrdorf und Regenbogen und den Kreisthierarzt 
Dr. Augstein. 

Westpreussen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Preusse. 
Brandenburg (6 Stimmen) durch Prof. Scbmaltz, Kreisthierärzte 
Claus und Kieckhäfer, Schlachthofdirectoren Wulff 
und Schräder und Oberrossarzt a. D. Brandt. ' 

Posen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Heyne und 
Peters und Kreisthierarzt Dr. Felisch. 

Schlesien (6 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Dr. Arndt 
und Scharmer und Schlacbthofdirector Hentschel. 
Sachsen (5 Stimmen) durch die Kreisthierärzte Th u necken-und 
Liebener. 

Westphalen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Dr. Steinhach. 
Rheinprovinz (4 Stimmen) durch die Departementsthierärzte 
Dr. Lothes und Koll. 

Schleswig (4 Stimmen) durch Kreisthierarzt Eid er-Flensburg und 
Schlacbthofdirector Ruser-Kiel. 

Hannover (8 Stimmen) durch die Professoren und Departements¬ 
thierärzte Dr. Esser und Dr. Malkmus. 

Ferner die Vereine von 

Pommern-Stettin-Stralsund (3 Stimmen) durch Schlachthofdirector 
Falk. 

Pommern-Cöslin (1 Stimme) durch Departementsthierarzt Brietz¬ 
mann. 

Berlin (3 Stimmen) durch Prof. Oster tag, Oberrossarzt a. D. 

Luchau und Thierarzt Rietzei. 

Erfurt und Thüringen (1 Stimme) durch Departementsthierarzt 
Wallmann. 

Reg.-Bez. Düsseldorf (2 Stimmen) durch den jetzigen Departementa- 
tbierarzt Schmidt-Düsseldorf. 

Kurhessen (1 Stimme) durch Veterinär-Assessor Tietze-Cassel. 
Reg.-Bez. Wiesbaden (1 Stimme) durch Kreisthierarzt Pitz- 
Eltville. 

Ohne Vertretung geblieben waren nur der thierärztliche 
Verein für das Saargebiet und der Verein der Schlachthaus- 
thierärzte im Reg.-Bezirk Arnsberg. 

Der Präsident Prof. Esser eröffnet die Sitzung mit folgender 
Rede: 

Hochverehrte Herren und liebe Collegen! 

Die C.V. der thierärztlichen Vereine des Preussischen Staates 
ist bereits in das zweite Decennium ihrer Thätigkeit eingetreten. 
Dieselbe constituirte sich am 1. Februar 1886 und hat bislang fünf 


Plenarversammlungen abgehalten. Heute wollen wir die sechste be¬ 
ginnen. Als zeitiger Vorsitzender habe ich die Ehre, die Herren 
Delegirten und die Herren Gäste im Namen des ständigen Aus¬ 
schusses zu begrüssen und herzlich willkommen zu heissen. 

Meine Herren! Wenn wir die Thätigkeit unserer Körper¬ 
schaft während des abgelaufenen Decenniums überblicken, so 
dürfen wir ohne Ueberhebung sagen, dass wir unsere Ziele 
mit Einmtithigkeit und Beharrlichkeit verfolgt haben. Wenn 
wir auch nicht immer unsere Bestrebungen von Erfolg ge¬ 
krönt sahen, so haben wir doch Vieles erreicht, was wahrschein¬ 
lich heute noch frommer Wunsch für uns wäre, wenn wir uns 
nicht fest aneinander geschlossen und unser Ziel mit dem ganzen 
Gewicht der Gesammtheit verfolgt hätten. 

Meine Herren! Nicht mit fanatischer Rücksichtslosigkeit 
suchen wir unseren berechtigten Ansprüchen bezüglich Besserung 
unserer Standesinteressen Geltung zu verschaffen, sondern mit 
ruhiger Klarheit über das Erreichbare, mit unerschütterlicher Pflicht¬ 
treue in unserem Berufe und im felsenfesten Vertrauen auf den 
hochherzigen Fürsten, der mit klarem Blick die Aufgaben der 
Gegenwart erfasst hat und sich der ernsten Pflicht der Herrscher 
voll bewusst ist nach dem Wahlspruche der Hohenzollern „Suum 
cuique“, unser Staatsschiff durch die Brandung widerstreitender 
Anschauungen und Interessen ungefährdet hindurcbzuBteuern. 

Wir Thierärzte bilden zwar nur eine kleine Zahl unter den 
preussischen Staatsbürgern, aber wir stehen hinter keiner Berufs¬ 
klasse zurück in unserer Bereitwilligkeit mit Allem, was wir haben 
und was wir können, in aller Freudigkeit dem Gemeinwohle zu 
dienen. Meine Herren! Unser allergnädigster König und Kaiser hat 
in einer bald zehnjährigen Regierungszeit gezeigt, dass er in 
seiner unermüdlichen Pflichttreue und in seiner hervorragenden 
geistigen Begabung der würdige Nachfolger seiner grossen Vor¬ 
gänger ist. Wie jene, so hat auch er sich die Liebe und Treue 
seines Volkes erworben. Und wir hier versammelten preussischen 
Thierärzte folgen nicht dem äusseren Zwange der Pflicht, sondern 
einem starken inneren Verlangen, wenn wir unsere Berathungen 
mit dem aus treuerfülltem Preussenherzen kommenden dreifachen 
Jubelruf beginnen: Unser allergnädi gster Kaiser, König 
und Herr, Wilhelm II., er lebe hoch — hoch — hoch. 

(Die Versammlung erhebt sich und stimmt freudig ein.) 

Der unerbittliche Tod hat in einer kurzen Spanne Zeit zwei 
der hervorragendsten Vertreter unseres Faches, der mannhaftesten 
Vertheidiger unserer Bestrebungen für Besserung unserer 
Standesangelegenheiten dahingerafit. 

Am 22. Februar d. J. verschied unser College Professor Dr. 
Rabe, welcher bereits in der constituirenden Versammlung 
unserer Körperschaft erfolgreich mitwirkte und in keiner späteren 
Plenarversammlung fehlte. Wir Alle habon seinen belehrenden, 
überzeugenden Worten gern gelauscht, wir Alle verehrten den 
vornehmen, charakterfesten, uneigennützigen, streng wahrheits¬ 
liebenden Mann. Wenn in unseren Reihen mit hartnäckiger 
Beharrlichkeit di vergütende Ansichten verfochten wurden, gelang 
es dem Verewigten oft, durch seine mit köstlichem Humor 
gewürzten Reden, die stets in gewähltester, vornehmster Form 
vorgetragen wurden, die Gegensätze auszugleichen und Dis¬ 
harmonien fernzuhalten. 

Professor Dr. Pütz, der frühere Präsident unserer Körper¬ 
schaft, folgte Rabe am 4. März d. J. nach in die Ewigkeit. 
Soll ich zu Ihnen noch ein Wort reden, wie Pütz für die 
Förderung der thierärztliohen Standesinteressen thätig gewesen? 
Der Name Pütz ist mit unvertilgbaren, goldenen Lettern in den 
Annalen unserer Körperschaft verzeichnet. Noch steht er vor 
unserm geistigen Auge, der Jüngling im Silberhaar, dem man 


Digitized by LaOOQie 





16. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


nnr den einen Vorwurf machen könnte, dass er in blinder Liebe 
zn seinem Fache und zu seinen Fachgenossen oftmals zu ungestüm 
und stürmisch auf sein Ziel zueilte. 

Nicht ist hier der Ort, davon zu reden, was ein Rabe und 
ein Pütz für die thierärztliche Wissenschaft geleistet haben; hier 
aber wollen wir es dankerfüllten Herzens aussprechen, dass die 
prenssischen Thierärzte aufrichtig trauern über den Verlust der 
beiden charakterfesten Förderer der thierärztlichen Standes¬ 
interessen, dass ihr Andenken stets in höchsten Ehren bei uns 
bleiben wird. Möchten die theuren Entschlafenen der jüngeren 
Generation ein Vorbild sein und bleiben zur treuen, uneigen¬ 
nützigen Arbeit in ihrem Geiste! 

Wir aber, verehrte Herren Collegen, wollen uns zum äusseren 
Zeichen unserer Dankbarkeit, Verehrung und Liebe, die wir 
für die beiden verschiedenen Heroen unseres Standes im Herzen 
tragen, von den Sitzen erheben. (Geschieht.) 

Meine Herren! Der ständige Ausschuss wurde 1893 im 
Februar auf drei Jahre gewählt; derselbe ist also eigentlich seit 
1896 nur noch interimistisch im Amte (cf. § 4 al. 4 unseres Statuts). 
Wir werden demnach heute vor Allem die Wahl des ständigen 
Ausschusses vorzunehmen haben. 

Die Beschlüsse unserer letzten Versammlung sind ausnahms¬ 
los ausgeführt worden. Einen Erfolg haben wir bislang nicht 
erzielt mit unserer Petition für das Prtifnngsrecht der Kreisthier¬ 
ärzte betreffend Trichinenschauer und ebensowenig betreffend 
Pensionsberechtigung und Rangänderung der beamteten Thier¬ 
ärzte. Dagegen hat unsere Petition an den Kriegsminister 
betreffend die Militär-Rossarzt-Aspiranten die Wirkung gehabt, dass 
denselben die Bezeichnung „Rossarzt-Aspiranten“ zur Unter¬ 
scheidung von den Mannschaften verliehen worden ist und dass 
dieselben auch Schnüre tragen, ähnlich wie die der Einjährigen. 

' Besonders möchte ich auch noch das glänzende Gelingen der 
Ueberreichung einer Ehrengäbe an den im Jahre 1896 aus seinem 
Amte ausgeschiedenen Geheimrath Beyer erwähnen, worüber 
zur Zeit in der „B. T. W.“ eingehend berichtet wurde. 

Möchten auch unsere heutigen Berathungen zu gutem Erfolge 
führen. (Fortsetzung des Berichts folgt.) 

Karzer Berioht Ober die am 5. Juni a. or. abgehaltene 24. ordentllohe 

Generalversammlung des thierärztllchen Vereins Im Herzogthum 
Braunsohwelg. 

Vorsitzender: Kreisthierarzt S aake-Wolfenbüttel, 
Schriftführer: Thierarzt L ö h r-Königslutter. 

Die Versammlung war von 16 Mitgliedern besucht Als Gast 
war der Thierarzt Römer aus Mascherode erschienen. 

Nach einer herzlichen Begrüssung der Anwesenden eröffnete 
der Vorsitzende 11 % Uhr die Versammlung mit einer Anrede, in 
welcher er besonders die Bedeutung und den Werth der thier¬ 
ärztlichen Vereine und deren Centralisirung für gemeinsame Ver¬ 
tretung der thierärztlichen Interessen hervorhob. 

I. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass der Verein 
35 Mitglieder zählt. Neu aufgenommen wurde der Thierarzt 
K ö r n e r-Holzminden. Freiwillig ausgeschieden ist der Director 
N a h d e. Durch Tod ausgeschieden sind die Mitglieder Thier¬ 
arzt Fritz Samplebe - Schöppenstedt, Medicinalassessor 
Heinrich Lies-Braunschweig und das Ehrenmitglied Prof. 
P ü t z-Halle. Zugleich wurde gedacht der verstorbenen Pro¬ 
fessoren Dr. Rabe und Lustig in Hannover. Der Vorsitzende 
widmete den Verewigten warme Worte der Anerkennung. Zum 
ehrenden Angedenken an dieselben erhoben sich die Anwesenden 
von ihren Sitzen. 

Die Einnahmen des Vereins betrugen 132 M., die Ausgaben 
82 M. 42 Pf. Es bleibt ein Kassenbestand von 339 M. 19 Pf. 
Nachdem die Kassenrevisoren Hilpert und Witte die 


285 

Rechnung für richtig befunden hatten, wurde dem Kassenführer 
Entlastung ertheilt. 

H. Bei der erfolgten Neuwahl des Vorstandes wurde der bis¬ 
herige Vorstand per acclamationem wiedergewäblt. Als Stellver¬ 
treter für den Präsidenten wurde der Kreisthierarzt Schräder- 
Helmstedt, für den Schriftführer der Kreisthierarzt Dr. Bertram 
gewählt. Die Wahl eines Delegirten für den Deutschen Veterinär¬ 
rath fiel auf den Vorsitzenden. 

HI. Es wurde beschlossen zu den Kosten des im nächsten 
Jahre nach Baden-Baden einzuberufenden VH. internationalen 
thierärztlichen Congresses 100 M. zu bewilligen und für ein 
event. sich ergebendes Deflöit mit einem Geldbeträge bis zu 
100 M. einzutreten. 

IV. Für die im Juni nächsten Jahres stattfindende Feier des 
25jährigen Bestehens des Vereins wurde ein Fest-Comitö ge¬ 
wählt, welches besteht aus den Herren Hilpert, Bake und 
Frede. Demselben wurde für das Arrangement der Feier ein 
unbegrenzter Credit gewährt. 

V. Als Mitglied des Vereins wurde aufgenomraen der Thier¬ 
arzt List aus Calvörde. 

VI. Eine Besprechung über die im October d. Js. im Herzog- 
thum einzuführende allgem. obligator. Fleischbeschau hatte mehr 
ein locales Interesse. 

Der letzte Gegenstand der Tagesordnung „Mittheilungen aus 
der Praxis“ gab zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Kreis¬ 
thierarzt Schräder besprach ausführlich die Entfernung der 
Fremdkörper aus der Rachenhöhle und dem Schlunde. Thierarzt 
Meyer-Lesse referirte über das Kalbefieber und dessen 
Therapie mit Jodkaliuminjectionen in das Euter. Ueber den 
Werth dieser Behandlung waren die Ansichten sehr getheilt. 

Schluss der Sitzung 2^ Uhr. Darauf gemeinsame Tafel mit 
Damen. 

Versammlung beamteter Thlerlrzte des Reg.-Bez. Breslau. 

Ih Anwesenheit des Regierungs-Präsidenten Dr. von Heyde- 
bränfi und der Lasa fand unter dem Vorsitz des Departements- 
tliierarztes Dr. Ulrich am 2. April d. J. im Sitzungssaale des 
Regierüngsgebäudes eine Conferenz der Kreisthierärzte des Bres¬ 
lauer Bezirkes statt, an welcher auch die Regierungs-Assessoren 
Landmann und Hauk theilnahmen. — Vor Beginn der Ver¬ 
handlungen hielt der Herr Regierungs-Präsident eine Ansprache 
über den Zweck der Conferenz, welche ihm Gelegenheit gäbe, 
die beamteten Thierärzte persönlich kennen zu lernen und ihre 
Ansichten über die neuerdings im Einverständnis mit den 
Regierungen von Liegnitz und Oppeln geschaffenen landers¬ 
polizeilichen Anordnungen zu hören. In letzteren seien zur 
besseren und sicheren Abwehr und Unterdrückung der die Land¬ 
wirtschaft so Bchwer schädigenden Viehseuchen einzelne Mass- 
regelü verschärft, andere ganz neu geschaffen, aber auch nicht 
unbedingt notwendige Härten gemildert oder ganz beseitigt 
worden. — Die neuesten Bestimmungen stellten erhöhte An¬ 
sprüche an die Leistungen der beamteten Thierärzte, welche im 
Bewusstsein ihrer grossen Verantwortlichkeit sich zu bestreben 
hätten, allgemeine wie Sonderinteressen nach jeder Richtung hin 
zu wahren. Sodann aut die Rechtfertigung des Departements¬ 
thierarztes Dr. Ulrich durch das landwirthschaftliche Ministerium 
gegenüber dem Beschlüsse des Ehrenraths des „Vereins schle¬ 
sischer Thierärzte“ übergehend, hob er hervor, dass nach ein¬ 
gehender Prüfung des eingeforderten gesammten Actenmaterials 
das Ministerium zu diesem Urtheilsspruche gekommen sei. — 
Dem Herrn Regierangs - Präsidenten dankte hierauf der Vor¬ 
sitzende Dr. Ulrich in warmen Worten für die Ehre, welche 
der Präsident der Versammlung durch sein Erscheinen in der 
Conferenz habe zu THeil 1 werden lassen. 


Digitized by LjOOQie 



















16. Juni 1898. 


BERLINER THiERÄKc ny 



SchJes\yi£ 


Stade 


Liinebu 


nabruck. 


rseburg; 


Arnsber* 


Kassel 


Die Verbreitung der Maul- u. 


Regierungsbezirk 


Marienwerder. 

Potsdam. 

Frankfurt. 

Stettin. 

Posen. 

Bromberg. 

Breslau. . •. 

Liegnitz. 

Magdeburg. 

Merseburg. 

Erfurt. 

Schleswig. 

Hannover . 

Hildesheim. 

Lüneburg . 

Münster. 

Arnsberg . 

Cassel. 

Wiesbaden. 

Coblenz. 

Düsseldorf. 

Köln. 

Trier. 

Aachen . 

Sigmaringen . . . . . . 

Summa 


Klauenseuche in Preussen. Ende Mai 1898. 


Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen Gemeinden 
(Gntsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

2 

4 

1,76 

9 

19 

7,33 

6 

17 

6,24 

3 

5 

2,66 

10 

22 

6,67 

5 

10 

4,49 

6 

, 17 

4,47 

5 

1 9 

3,19 

10 

25 

17,35 

3 

7 

3,02 

1 

1 

1,70 

4 

( 5 

2,34 

1 

i 1 

1,58 

2 

5 

6,90 

1 

1 

0,67 

1 

2 

7,46 

3 

3 

3,52 

1 

2 

1,19 

7 

7 

7,47 

6 

11 

10J>2 

6 

8 

18,60 

4 

5 

16,89 

9 

1 28 

24,84 

1 

1 

2,56 

1 

1 

7,18 

107 

216 

— 


Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 31. Mai 1898. 

Es waren am 31. Mai in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgonde Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Königsberg 1 (1). R.-B. Gumbinnen 1 (l). 
R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R-B. Potsdam 
3 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 
6 (9). R.-B. Broraberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (4) R.-B. Liegnitz 
2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 2 (2). R.-B. Köln 
1 (1> Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishaopun. 
Dres4en 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Braun - 
schweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (oxcl. Preussen): 

Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (70). R.-B. Niederbayern 1(1) 
R.-B. Pfalz 7 (20). R.-B. Oberpfalz 5 (7). R.-B. Oberfranken 5 (7) 
R.-B. Mittelfranken 10 (22). R.-B. Unterfranken 9 (15). R.-B 

Schwaben 19 (37). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 2 (4) 
Württemberg: Neckarkreis 11 (29J. Schwarzwaldkreis 4 (7) 
Jagstkreis 12 (34). Donaukreis 16 (43). Baden: Landescomm 
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm 
Karlsruhe 6 (17). Landescomm. Mannheim 4 (6). Hessen 
Provinz Starkenburg 2 (3). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz 
Rheinhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin 1 (1). Sachsen 
Weimar: 2 (2). Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 1. Braun 
schweig: 3(7). Sachsen-Meiningen: 3 (7). Sachsen-Alten 
bürg: 2(2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1) 


Oeffentlichen V 

(Mittheilungen f ft t v 

1 * \ i 

Seuchenstatistik und 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
im Mai 1898. 


Origloalbeitrkge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirl 
Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaetionellen An. 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält/., 
Berlin, thlvrkrztlicbe Hochschule, NW., Luiaenatraaae 56. 
Correclnren, Recenaiona-Kxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


henschrift 


hes. 


'•5 IOO 


WO - ICO 


eben am 23. Juni. 


eher unsicht- 
L ’entralvertretung 


j Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 200 

Hohen^^ I Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen über 200 
Gemeinden verseucht waren 


Digitized by LjOOQie 


















































BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


widerspricht dem. Par et und Schneider Hessen die sehr 
widerspenstigen Stuten an den Spmnggelenken hochbinden, 
worauf die Reposition ohne grosse Mühe vollzogen werden konnte. 
In allen den sechs Fällen, die Str. behandelte, hatte der Uterns 
schon 3—4 Standen Vorgelegen. S. liess die State einfach hinten 
hochstellen and bremsen. In dieser Stellung gelang eB trotz 
starken Drängens, die Reposition zu bewirken. Ungünstige Aus¬ 
gänge traten dabei nicht ein. Dagegen berichten die französischen 
Autoren von vielen ungünstigen Ausgängen. S. findet die Repo¬ 
sition bei der Stute leichter als bei der Kuh: 1. weil die volu¬ 
minösen Cotyledonen fehlen, 2. weil der Uterus weicher und ge¬ 
schmeidiger ist und 3. weil die Stute eben ein grösseres Becken 
hat. Um die Abschwellung des vorgefallenen Uterus zu bewirken, 
leisten anhaltende Kaltwasserbegiessungen Vorzügliches. Bei 
solchen Stuten, die bösartig und die nicht zum Aufstehen zu 
bringen sind, wird allerdings die Aether-Chloroforranarcose sowie 
das Aufwinden der Hinterhand nothwendig sein. 

Geber Erkrankungen nach dem Genuese der Milch von 
Kühen, welche mit Knpfersalzlöeung besprengtes Wein- 
lanb als Futter erhielten. 

Nach den Mittheilungen des „Oesterreichischen Sanitäts¬ 
wesens“ haben im vergangenen Jahre mehrere Aerzte auf Grund 
ihrer Beobachtungen berichtet, dass Nahrungs- und Genussmittel, 
zu deren Einhüllung Blätter des Weinstockes benutzt wurden, 
welche zur Bekämpfung der Peronospora mit Kupfersalzlösungen 
besprengt worden waren, Krankheitserscheinungen bei Menschen 
veranlassen könnten. Auch sollten Kühe, welchen solche Blätter zur 
Nahrung gedient hatten, gesundheitsschädliche Milch liefern. Ins¬ 
besondere war über diarrhoische Erkrankungen bei Säuglingen be¬ 
richtet worden, welche Milch getrunken hatten, die von Kühen her- 
rübrte,die mit Kupfersalzlösnngen besprengtes Weinlaub, als Jettet; 
bekommen hatten. 

Das Ministerium des Innern stellte hierauf in den öster¬ 
reichischen Kronlandern über diese Frage Erhebungen an; gleich¬ 
zeitig wurden am pathologisch-chemischen Institut der Wiener 
Universität Kühe versuchsweise mit Weinlaub gefüttert und die 
Milch chemich untersucht. 

Die Versuche ergaben: „1. Milch nach Verfütterung von 
Weinlaub, das mit Kupfervitriol besprengt war, enthält eine eben 
noch erkennbare Spur von Kupfer. 2. Milch nach Verfütterung 
von reinem Weinlaub war frei von Kupfer.“ 

Die in den Ländern angestellten Ermittlungen lieferten 
wenig positives Material: Im Bezirke Oberhollabrunn (Nieder- 
ÖBterreich) wurden im Juni 1896 bei einer grossen Anzahl von 
Kindern im Alter von 2—14 Monaten heftige Magen- und Darm¬ 
katarrhe beobachtet, an welchen 5 Kinder starben. Alle erkrankten 
Kinder hatten Milch von Kühen genossen, denen man mit Kupfer¬ 
salzlösungen besprengtes Weinlaub gefüttert hatte. In diesem 
Falle kann die Möglichkeit, dass das Kupfer die Erkrankungen 
hervorrief, nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Auch in 
einem anderen Bezirk dieses Landes, Gross-Enzersdorf, erkrankten 
zwei Kinder nach dem Genüsse solcher Milch, genasen aber 
wieder, als andere Milch verabreicht wurde. Aus Böhmen wird 
berichtet, dass Gänse eingingen, welche zwischen Weinstöcken 
stehendes Unkraut gefressen hatten, das beim Besprengen der 
ersteren mit Kupfersalzlösung ebenfalls benetzt worden war. Ein 
Fall von diarrhoischer Erkiankung bei Säuglingen, welche ver- 
muthlich der fraglichen Ursache zuzuschreiben war, wurde noch in 
Krain beobachtet. 

Es ist immerhin sehr fraglich, ob diese Erkrankungen von 
einem schädlichen Kupfergehalt der Milch herrühren In der 
Umgebung von Bozen ist Bchon vor d^r Verwendung von Knpfer- 


salzlösungen zur Besprengung des Weinlaubes bekannt gewesen, 
dass bei Kindern häufig Duichfall entsteht, wenn sie mit Milch 
ernährt werden, welche von Kühen während der Weinlaubfütterung 
geliefert wird. Als wahrscheinliche Ursache dieser schädlichen 
Einwirkung wurde der reiche Gehalt an Pflanzensäuren 
angenommen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.) 

Zor Aufklärung der Bolle, welche stechende Insekten 
bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten spielen. 

Aus dem hygienischen Institut von Berlin. Von George H. F. Nuttall, 
Dr. med. et phil. 

(CentralM. t. B»kt. 1898 H. 15.) 

Die Ansicht, dass Fliegen von Milzbrandkadavern den Milz¬ 
brand auf Menschen übertragen können, ist im Volke weit ver¬ 
breitet In den Aufsätzen über die Pestepidemie in Bombay 
wurde auch in wissenschaftlichen Kreisen als Verbreitungsweg 
der Seuche die Uebertragung durch Bettwanzen angenommen. 
Durch die im Centralbl. f. Bakt. früher (Bd. XXII. 1897) ver¬ 
öffentlichten Versuche Nuttairs ist es jedoch als unwahrschein¬ 
lich hingestellt dass eine solche Weiterverbreitung der Pest 
vorkommt. Die im Wanzenleibe befindlichen Pesterreger gehen 
vielmehr allmälig zu Grunde. 

Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich nun mit Infektions- 
versnchen an Mäusen durch Wanzen und Flöhe, welche mit Milz¬ 
brand, Hühnercholera und Mäuseseptikämie inficirt wurden. 

Die Insekten wurden mit au dieser Seuche sterbenden oder ver¬ 
endeten Mäusen zusammengebracht, bis sie sich nachweislich 
voll Blut gesogen hatten, und darauf zu gesunden Mäusen gesperrt 
In keinem einzigen Falle kam jedoch durch die Stiche der in der 
angegebenen Weise inficirten Wanzen und Flöhe eine Erkrankung 
zustande. Die mit Wanzen- und Flohinhalt gemachten Kultur- 
und Impfversuche und die mikroskopische Untersuchung beweisen, 
dass die Infektionserreger in den Insekten zu Grunde gehen. 
Es kann hiernach als festgestellt erachtet werden, dass eine Ver¬ 
breitung von Seuchen durch Insekten zu den Ausnahmen gehört 

Abdecker sollen sich bei der Zerlegung von Milzbrand¬ 
kadavern besonders vor Fliegenstichen in Acht nehmen, aus 
Furcht vor einer Infektion. Dieselbe dürfte jedoch weniger durch 
Uebertragung des Ansteckungsstoffes von Fliegen als vielmehr 
dadurch zustande kommen, dass infolge eines Fliegenstiches an 
den Händen, bei ev. Besudelung dieser kleinen Wunde mit Milz¬ 
brandblut, die Bacillen vom Cadaver aus direkt in den Körper 
gelangen können. 

Das Bacterium der M&ul- und Klauenseuche. 

Von 

Dr. Stutzer und Dr. H a r 11 e b. 

(Arch. f. Hygiene BJ. SO) 

Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche will bereits 
eine grössere Anzahl von Forschern entdeckt haben; ein Theil 
derselben wie z. B. S i e g e 1 ist jedoch von selbst davon ab¬ 
gekommen, das von ihm entdeckte Bacterium noch weiter für den 
Erreger der Maul- und Klauenseuche zu halten. Die Autoren 
haben nun ebenfalls über den Erreger der Seuche Untersuchungen 
angestellt und in dem Schleim des Maules, in der Flüssigkeit der 
Blasen und in der Milch erkrankter Thiere eine ganz bestimmte 
Bacterienart in sehr grosser Menge gefunden. Ganz eigenthümlich 
ist dieser Bacterienart, dass sie sich sehr leicht den verschieden¬ 
sten Nährmedien anpasst, dabei jedoch nicht selten eine Ver¬ 
änderung der äusseren Form erleidet. Dieser Umstand veranlasst 
die Verff. anzunehmen, dass sie, van Niessen, Siegel und 
andere ein und denselben Mikroorganismus bei der Seuche 
beobachtet haben, dass derselbe jedoch in Folge der ungleichen 
Züchtungsmethoden geringe morphologische Veränderungen zeigte. 
Pathogen erwies sich das Bacterium gegen Mäuse und Meer- 


Digitized by LjOOQie 



16. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


283 


schweinchen, indem es diese Thiere unter ganz charakter¬ 
istischen Erscheinungen tödtete, Schafe, Schweine und Hühner 
waren indifferent gegen dasselbe, bei Kälbern veranlasste es 
Fieber. Als Hauptaufgabe stellen die Autoren die Forderung 
auf, die Physiologie und nicht die Morphologie des Erregers der 
Maul- und Klauenseuche zu erforschen. 

Eine neue Methode der Baeterien-Geisselfärbung bei 
Gebrauch einer Orceinbeize 
empfiehlt Bowhil in der Hyg. Rundschau. 

Zunächst sind zwei Lösungen anzufertigen: 

Lösung 1. Lösung 2. 

Orceln 1,0 Gerbsäure 8,0 

Alkohol, absolut 50 ccm Aqu. destilL 40 ccm 

Aqu. deBtill. 44 ccm (Säure durch Erwärmen zu 

lösen.) 

Gleiche Theile von Lösung 1 und 2 werden vor dem Gebrauch 
gemischt und filtrirt. 

Methode: 1. Die aus einer frischen Cnltur auf Agar stammen¬ 
den Bacterien werden in einem Reagenzglas in abgekochtera 
destillirten Wasser suspendirt 2. Nachdem die Flüssigkeit 
5 Min. ruhig gestanden hat, wird ein Tropfen der Bacteripu- 
Suspension auf ein reines Deckglas gebracht und an der Loft 
getrocknet. 3. Das Deckglas, zwischen den Fingern gehalten 
(damit es nicht zuviel erhitzt wird), wird in der Flamme Üxirt. 
4. Etwas Orceinbeize wird in ein Uhrschälchen gethan und das 
Deckglas, mit der Bacterienseite nach unten, darauf zum 
Schwimmen gebracht. Die Beize wird gelinde erwärmt und das 
Präparat 10—15 Min. deren Wirkung ausgesetzt. 5. Das Prä¬ 
parat wird auf übliche Weise mit Wasser abgespült und ge¬ 
trocknet, darauf 6. mit Ehrlich’s Anilinwasser-Gentianaviolett 
gefärbt, indem aus einem Filter ein Tropfen des Farbstoffes 
darauf gebracht und bis zur Dampfbildung erwärmt wird. 

7. Das Präparat wird abgespült, getrocknet und in Xylol¬ 
balsam eingeschlossen. 

Mit der Methode wurden dargestellt die Geissein von B. 
typhi abdom., Spirill. cholerae asiatic., Prot, vulg., B. subtilis. 

(Centralbl. f. Bact. 1898, H. 15.) 

Ueber die histologischen Unterschiede zwischen 
Blastomyceten und hyaliner Degeneration. 

Vortrag, gehalten von Beck in der biologischen Abtheilung d. 
ärztl. Ver. zu Hamburg. 

(MOnch. Med. Woch WM ) 

Beck bespricht nur Beobachtungen, die Pelagatti bei 
seinen Untersuchungen im Laboratorium Dr. Unna’s machte. 
Er verglich Reinculturen von Blastomyceten mit denjenigen Ge¬ 
bilden, welche man in malignen Tumoren, besonders Carcinomen 
und chronischen Granulationsgeschwülsten findet, und welche auf 
Grund morphologischer Aehnlichkeit von vielen, zumeist von 
italienischen Autoren ebenfalls als Blastomyceten betrachtet 
worden sind. Die Untersuchungen ergaben, dass diese Gebilde 
nicht mit Blastomyceten zu idenlificiren sind, weil sie sich be¬ 
züglich ihrer Färbbarkeit grundverschieden von den Blastomyceten 
verhalten. Während nämlich die letzteren bei Anwendung der 
Unna’ sehen combinirten Hyalinfärbungsverfahren sich nicht 
specifisch färben lassen, sondern eine Mischung von benutzten 
Farben annehmen, zeigen die ähnlichen Gebilde in den ver¬ 
schiedensten pathologischen Gebilden nur zu einem der nach¬ 
einander angewandten Farbstoffe Affinität und geben alle 
Reactionen des Hyalin. Die Körperchen stehen in keiner 
ätiologischen Beziehung zu den neugebildeten Geweben, iu welchen 
sie zu finden sind, sie sind vielmehr als ein Degenerationsproduct 
der Zellen aufzufassen. 


Kleine therapeutische Notizen. 

Antiseptlsohe Seifen. 

Curcio prüfte die Wirksamkeit der Seifen auf Eitererreger: 

17 «, Sublimatseife wirkungslos, 10 proc. Carbolseite wirkungslos, 
dagegen 3 proc. Salicylsäure oder 5 proc. Borsäure in den Seifen 
von thatsächlicher antiseptischer Wirkung, die sich schon nach 
5 Minuten äussert. 

Nach einem Artikel im Arcb. f. Hyg. wurden in gleicher 
Richtung gewöhnliche Schmierseife, weisse Mandelseife und feste 
Patentkaliseife geprüft. Mit 10 proc. Lösung dieser Seifen wurden 
Choleravibrionen in einer halben Minute getödtet und mit 5 bezw. 
2'/jproc. Gemischen nach 5 Minuten. Wäsche, Kleider etc. können 
also durch Einlegung in Seifenlösung und ebenso können die 
Hände durch einfaches Waschen rasch und völlig von Cholera¬ 
keimen befreit werden. Eine gleich hohe Wirksamkeit zeigten 
die Seifen gegen Typhusbacillen und das Bacterium coli in 10 proc. 
Lösung und bei 1 Minute langer Einwirkung. Gegen Eiter¬ 
erreger versagen auch diese Seifen völlig. Die Lysolseife erwies 
sich als viel weniger wirksam wie eine reine Lysollösung von 
gleichem Procentsatz. Dasselbe galt von der Carboisäureseife. 
Hieraus ergiebt sich, dass die Herstellung von Seifen mit Zusatz 
eines speciellen Desinfectionsmittels nicht rationell ist und dass 
man die Hände zunächst am besten mit der Seife und dann mit 
dem Desinfectionsmittel behandelt. 

Hexamethyleo-tetramin. 

Das H. ist ein Condensationsproduct von Tannin und 
Urotropin, dem Tannalbin in Wirkung und Anwendung sehr 
ähnlich. 

Eosot und Geosot 

E. und G. sind nach Dr. Wend die valeriansauren Salze 
des Kreosot und Gutyakol. Dosis des G. 0,9 biB 5 g pro Tag. 
Turnisirender Effect auf Herz und Nervensystem und Appetit¬ 
anregung. Flüssige Arzneiform geeignet bei Lösung in 4 TUeilen 
95 pCt. Alkohol und Verabreichung mit Milch, ln kleinen Dosen 
erfolgreich bei Diarrhoe, auch gegen Brechreiz. 

Sanoform. 

Das Sanoform ist Dijodsalicylsäuremethyläther mit 62 pCt. 
Jodgehalt Ein unzersetzliches Pulver, das leicht in Alkohol und 
Aether, auch in Vaseline löslich ist und von Arnheim als Ersatz¬ 
mittel für Jodoform empfohlen wird. 

Tumenol. 

Das T. ist von Neisser schon 1891 empfohlen, aber nicht 
viel verwendet worden. Mit Ausnahme der allerersten Stadien 
bewährt es sich bei der Ekzembehandlung, namentlich im 
nässenden Stadium als gut austrocknend und die Ueberhornung 
befördernd. Auch bei Verbrennungen ersten und zweiten Grades 
emplehlenswerth als 5—10 proc. Zusatz zu gewöhnlicher Zinkpaste 
oder als 10 proc. Lösung in Aetherspiritus oder Glycerinwasser. 

Phesin und Cosaprin. 

Ph. und C. sind nachVamocci undFengoeeay brauchbare 
Antipyretica, und zwar Sulfoderivate des Phenacetin bezw. 
Antifebrin. Sie sollen im Vergleich zu diesen beiden Grund¬ 
präparaten unschädlich sein, sind ausserdem in Wasser sehr leicht 
löslich und ermöglichen bequeme subcutane Injection. Ihre 
Wirkung ist jedoch von kurzer Dauer. Es sind die doppelten 
Dosen der Grundpräparate erforderlich. 

Aatifehiin als Verbandnittel. 

Idanoff empfiehlt das Antifebrin als Ersatz für Jodoform 
als secretionsvermindernd u. s. w. 


Digitized by LjOOQie 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Tagesgeschichte. 

YI. Plenar-Versammlung der Central Vertretung der 
thieiärztlichen Vereine Preussens 

zn Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

Die Versammlung gehörte der Tagesordnung nach zu den 
arbeitsreichsten und wichtigsten und war ihrer Bedeutung ent¬ 
sprechend besucht 

Bereits bei der am Vorabend der ersten Sitzung stattfindenden 
gegenseitigen Begriissung hatte der Präsident Professor Dr. Esser 
der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, dass es unmöglich sei, das 
vorliegende Berathungsmaterial an einem Tage zu erledigen. Es 
waren daher eine Sonnabend- und Sonntag-Sitzung in Aussicht ge¬ 
nommen und deren Beginn auf 9 Uhr früh festgesetzt worden. 

I. Sitzung. 

Die Feststellung der anwesenden stimmberechtigten 
Vereinsdelegirten ergab, dass 17 Vereine mit 54 Stimmen ver¬ 
treten waren, und zwar folgende: 

Die Provinzialvereine für 

Ostpreussen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte 
Dr. Mehrdorf und Regenbogen und den KreiBthierarzt 
Dr. Augstein. 

Westpreussen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Preusse. 
Brandenburg (6 Stimmen) durch Prof. Schmaltz, Kreisthierärzte 
Claus und Kieckhäfer, Schlachthofdirectoren Wulff 
und Schräder und Oberrossarzt a. D. Brandt. ' 

Posen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Heyne und 
Peters und Kreisthierarzt Dr. Fe lisch. 

Schlesien (6 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Dr. Arndt 
und Scharmer und Schlach.thofdirector Hentschel. 
Sachsen (5 Stimmen) durch die Kreisthierärzte Thu neck*».-und 
Liebener. 

Westphalen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Dr. Steinbach. 
Rheinprovinz (4 Stimmen) durch die Departementsthiefärzte 
Dr. Lothes und Koll. 

Schleswig (4 Stimmen) durch Kreisthierarzt Eider-Flensburg und 
Schlachthofdirector Raser-Kiel. 

Hannover (8 Stimmen) durch die Professoren und Departeraents- 
thierärzte Dr. Esser und Dr. Malkmus. 

Ferner die Vereine von 

Pommern-Stettin-Stral8und (3 Stimmen) durch Schlachthofdirector 
Falk. 

Pommern-CÖBlin (1 Stimme) durch Departementsthierarzt Brietz¬ 
mann. 

Berlin (3 Stimmen) durch Prof. Oster tag, Oberrossarzt a. D. 

Luch au und Thierarzt Rietzei. 

Erfurt und Thüringen (1 Stimme) durch Departementsthierarzt 
Wallmann. 

Reg.-Bez. Düsseldorf (2 Stimmen) durch den jetzigen Departements¬ 
thierarzt Schmidt-Düsseldorf. 

Kurhessen (1 Stimme) durch Veterinär-Assessor Tietze-Caspel. 
Reg.-Bez. Wiesbaden (1 Stimme) durch Kreisthierarzt Pitz- 
Eltville. 

Ohne Vertretung geblieben waren nur der thierärztliche 
Verein für das Saargebiet und der Verein der Schlachthaus¬ 
thierärzte im Reg.-Bezirk Arnsberg. 

Der Prisident Prof. Esser eröffnet die Sitzung mit folgender 
Rede: 

Hochverehrte Herren und liebe Collegen! 

Die C.V. der thierärztlichen Vereine des Preussischen Staates 
ist bereits in das zweite Decennium ihrer Thätigkeit eingetreten. 
Dieselbe constitnirte sich am 1. Februar 1886 und hat bislang fünf 


Plenarversammlungen abgehalten. Heute wollen wir die sechste be¬ 
ginnen. Als zeitiger Vorsitzender habe ich die Ehre, die Herren 
Delegirten und die Herren Gäste im Namen des ständigen Aus¬ 
schusses zu begrüssen und herzlich willkommen zu heissen. 

Meine Herren! Wenn wir die Thätigkeit unserer Körper¬ 
schaft während des abgelaufenen Decenniums überblicken, so 
dürfen wir ohne Ueberhebnng sagen, dass wir unsere Ziele 
mit Einraüthigkeit und Beharrlichkeit verfolgt haben. Wenn 
wir auch nicht immer unsere Bestrebungen von Erfolg ge¬ 
krönt sahen, so haben wir doch Vieles erreicht, was wahrschein¬ 
lich heute noch frommer Wunsch für uns wäre, wenn wir uns 
nicht fest aneinander geschlossen und unser Ziel mit dem ganzen 
Gewicht der Gesammtheit verfolgt hätten. 

Meine Herren! Nicht mit fanatischer Rücksichtslosigkeit 
suchen wir unseren berechtigten Ansprüchen bezüglich Besserung 
unserer Standesinteressen Geltung zu verschaffen, sondern mit 
ruhiger Klarheit über das Erreichbare, mit unerschütterlicher Pflicht¬ 
treue in unserem Berufe und im felsenfesten Vertrauen auf den 
hochherzigen Fürsten, der mit klarem Blick die Aufgaben der 
Gegenwart erfasst hat und sich der ernsten Pflicht der Herrscher 
voll bewusst ist nach dem Wahlspruche der Hohenzollern „Suum 
cuique", unser Staatsschiff durch die Brandung widerstreitender 
Anschauungen und Interessen ungefährdet hindurcbzusteuern. 

Wir Thierärzte bilden zwar nur eine kleine Zahl unter den 
preussischen Staatsbürgern, aber wir stehen hinter keiner Berufs¬ 
klasse zurück in unserer Bereitwilligkeit mit Allem, was wir haben 
und was wir können, in aller Freudigkeit dem Gemeinwohle zu 
dienen. Meine Herren! Unser allergnädigster König und Kaiser hat 
in einer bald zehnjährigen Regierungszeit gezeigt, dass er in 
seiner unermüdlichen Pflichttreue und in seiner hervorragenden 
geistigen Begabung der würdige Nachfolger seiner grossen Vor¬ 
gänger ist. Wie jene, so hat auch er sich die Liebe und Treue 
seines Volkes erworben. Und wir hier versammelten preussischen 
Thierärzte folgen nicht dem äusseren Zwange der Pflicht, sondern 
einem starken inneren Verlangen, wenn wir unsere Berathungen 
mit dem aus treuerfülltem Preussenherzen kommenden dreifachen 
Jubelruf beginnen: Unser allergnädigster Kaiser, König 
und Herr, Wilhelm II., er lebe hoch — hoch — hoch. 

(Die Versammlung erhebt sich und stimmt freudig ein.) 

Der unerbittliche Tod hat in einer kurzen Spanne Zeit zwei 
der hervorragendsten Vertreter unseres Faches, der mannhaftesten 
Vertheidiger unserer Bestrebungen für Besserung unserer 
Standesangelegenheiten dahingerafft. 

Am 22. Februar d. J. verschied unser College Professor Dr. 
Rabe, welcher bereits in der constituirenden Versammlung 
unserer Körperschaft erfolgreich mitwirkte und in keiner späteren 
Plenarversammlung fehlte. Wir Alle haben seinen belehrenden, 
überzeugenden Worten gern gelauscht, wir Alle verehrten den 
vornehmen, charakterfesten, uneigennützigen, streng wahrheits¬ 
liebenden Mann. Wenn in unseren Reihen mit hartnäckiger 
Beharrlichkeit divergirende Ansichten verfochten wurden, gelang 
es dem Verewigten oft, durch seine mit köstlichem Humor 
gewürzten Reden, die stets in gewähltester, vornehmster Form 
vorgetragen wurden, die Gegensätze auszugleichen und Dis¬ 
harmonien fernzuhalten. 

Professor Dr. Pütz, der frühere Präsident unserer Körper¬ 
schaft, folgte Rabe am 4. März d. J. nach in die Ewigkeit. 
Soll ich zu Ihnen noch ein Wort reden, wie Pütz für die 
Förderung der thierärztliohen Standesinteressen thätig gewesen? 
Der Name Pütz ist mit unvertilgbaren, goldenen Lettern in den 
Annalen unserer Körperschaft verzeichnet. Noch steht er vor 
unserm geistigen Auge, der Jüngling im Silberhaar, dem man 


Digitized by LjOOQie 


16. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


nur den einen Vorwurf machen könnte, dass er in blinder Liebe 
zn seinem Fache und za seinen Fachgenossen oftmals za nngestüm 
and stürmisch anf sein Ziel zneilte. 

Nicht ist hier der Ort, davon zu reden, was ein Rabe and 
ein Pütz für die thierärztliche Wissenschaft geleistet haben; hier 
aber wollen wir es dankerfüllten Herzens anssprechen, dass die 
preussischen Thierärzte aufrichtig trauern über den Verlast der 
beiden charakterfesten Förderer der thierärztliohen Standes¬ 
interessen, dass ihr Andenken stets in höchsten Ehren bei uns 
bleiben wird. Möchten die thearen Entschlafenen der jüngeren 
Generation ein Vorbild sein and bleiben znr treuen, uneigen¬ 
nützigen Arbeit in ihrem Geiste! 

Wir aber, verehrte Herren Collegen, wollen ans znm äusseren 
Zeichen unserer Dankbarkeit, Verehrung und Liebe, die wir 
für die beiden verschiedenen Heroen unseres Standes im Herzen 
tragen, von den Sitzen erheben. (Geschieht.) 

Meine Herren! Der ständige Ausschuss wurde 1893 im 
Februar auf drei Jahre gewählt; derselbe ist also eigentlich seit 
1896 nnr noch interimistisch im Amte (cf. § 4 al. 4 unseres Statuts). 
Wir werden demnach heute vor Allem die Wahl des ständigen 
Ausschusses vorzunehmen haben. 

Die Beschlüsse unserer letzten Versammlung sind ausnahms¬ 
los ausgeführt worden. Einen Erfolg haben wir bislang nicht 
erzielt mit unserer Petition für das Prtifnngsrecht der Kreisthier- 
ärzte betreffend Trichinenschauer und ebensowenig betreffend 
Pensionsberechtigung und Rangänderung der beamteten Thier¬ 
ärzte. Dagegen hat unsere Petition an den Kriegsminister 
betreffend die Militär-Rossarzt-Aspiranten die Wirkung gehabt, dass 
denselben die Bezeichnung „Rossarzt-Aspiranten“ zur Unter¬ 
scheidung von den Mannschaften verliehen worden ist und dass 
dieselben auch Schnüre tragen, ähnlich wie die der Einjährigen. 

' Besonders möchte ich auch noch das glänzende Gelingen der 
Ueberreichnng einer Ehrengäbe an den im Jahre 1896 aus seinem 
Amte ausgeschiedenen Geheimrath Beyer erwähnen, worüber 
znr Zeit in der „B. T. W.“ eingehend berichtet wurde. 

Möchten auch unsere heutigen Berathnngen zu gutem Erfolge 
führen. (Fortsetzung des Berichts folgt.) 

Karzer Beriobt über die am 5. Jani a. er. abgebaitene 24. ordeatllohe 

Generalversammlung des thierärztliohen Vereins im Herzogthum 
Braunsohwelg. 

Vorsitzender: Kreisthierarzt S a a k e-Wolfenbüttel, 
Schriftführer: Thierarzt L ö hr-Königslutter. 

Die Versammlung war von 16 Mitgliedern besucht. Als Gast 
war der Thierarzt Römer aus Mascherode erschienen. 

Nach einer herzlichen Begrüssnng der Anwesenden eröffnete 
der Vorsitzende Il5( Uhr die Versammlung mit einer Anrede, in 
welcher er besonders die Bedeutung und den Werth der thier- 
ärztlichen Vereine und deren Centralisirnng für gemeinsame Ver¬ 
tretung der thierärztliohen Interessen hervorhob. 

I. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass der Verein 
35 Mitglieder zählt. Neu aufgenommen wurde der Thierarzt 
Körner-Holzminden. Freiwillig ausgeschieden ist der Director 
N a h d e. Durch Tod ausgeschieden sind die Mitglieder Thier¬ 
arzt Fritz Samplebe - Schöppenstedt, Medicinalassessor 
Heinrich LieB-Braunschweig und das Ehrenmitglied Prof. 
P ü t z-Halle. Zugleich wurde gedacht der verstorbenen Pro¬ 
fessoren Dr. Rabe nnd Lustig in Hannover. Der Vorsitzende 
widmete den Verewigten warme Worte der Anerkennung. Zum 
ehrenden Angedenken an dieselben erhoben sich die Anwesenden 
von ihren Sitzen. 

Die Einnahmen des Vereins betrugen 132 M., die Ausgaben 
82 M. 42 Pf. Es bleibt ein Kassenbestand von 339 M. 19 Pf. 
Nachdem die Kassenrevisoren Hilpert und Witte die 


Rechnung für richtig befunden hatten, wurde dem Kassenführer 
Entlastung ertheilt. 

n. Bei der erfolgten Neuwahl des Vorstandes wurde der bis¬ 
herige Vorstand per acclamationem wiedergewählt. Als Stellver¬ 
treter für den Präsidenten wurde der Kreisthierarzt Schräder- 
Helmstedt, für den Schriftführer der Kreisthierarzt Drt Bertram 
gewählt. Die Wahl eines Delegirten für den Deutschen Veterinär¬ 
rath fiel auf den Vorsitzenden. 

HI. Es wurde beschlossen zu den Kosten des im nächsten 
Jahre nach Baden-Baden einzuberufenden Vü. internationalen 
thierärztlichen Congresses 100 M. zu bewilligen nnd für ein 
event. sich ergebendes Defiöit mit einem Geldbeträge bis zu 
100 M. einzutreten. 

IV. Für die im Juni nächsten Jahres stattfindende Feier des 
25jährigen Bestehens des Vereins wurde ein Fest-Comitö ge¬ 
wählt, welches besteht ans den Herren Hilpert, Bake und 
Frede. Demselben wurde für das Arrangement der Feier ein 
unbegrenzter Credit gewährt. 

V. Als Mitglied des Vereins wurde aufgenoraraen der Thier¬ 
arzt List aus Calvörde. 

VI. Eine Besprechung über die im October d. Js. im Herzog- 
thmn einzuftihrende allgem. obligator. Fleischbeschau hatte mehr 
ein locales Interesse. 

Der letzte Gegenstand der Tagesordnung „Mittheilungen aus 
der Praxis“ gab zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Kreis¬ 
thierarzt Schräder besprach ausführlich die Entfernung der 
Fremdkörper aus der Rachenhöhle und dem Schlunde. Thierarzt 
Meyer -Lesse referirte über das Kalbefieber und dessen 
Therapie mit Jodkaliuminjectionen in das Euter. Ueber den 
Werth dieser Behandlung waren die Ansichten sehr getheilt 

Schluss der Sitzung 2^ Uhr. Darauf gemeinsame Tafel mit 
Damen. 

Versammlung beamteter Thierärzte des Reg.-Bez. Breslau. 

Ih Anwesenheit des Regierungs-Präsidenten Dr. von Heyde- 
bränll und der Lasa fand unter dem Vorsitz des Departements- 
thierarztes Dr. Ulrich am 2. April d. J. im Sitzungssaale des 
Regierüngsgebäudes eine Conferenz der Kreisthierärzte des Bres¬ 
lauer Bezirkes statt, an welcher auch die Regierungs-Assessoren 
Landmann und Hank theilnahmen. — Vor Beginn der Ver¬ 
handlungen hielt der Herr Regierungs-Präsident eine Ansprache 
über den Zweck der Conferenz, welche ihm Gelegenheit gäbe, 
die beamteten Thierärzte persönlich kennen zu lernen und ihre 
Ansichten über die neuerdings im Einverständniss mit den 
Regierungen von Liegnitz und Oppeln geschaffenen landes- 
polizeilichen Anordnungen zu hören. In letzteren seien zur 
besseren und sicheren Abwehr und Unterdrückung der die Land- 
wirthschaft so schwer schädigenden Viehseuchen einzelne Maas- 
regeln verschärft, andere ganz neu geschaffen, aber auch nicht 
unbedingt nothwendige Härten gemildert oder ganz beseitigt 
worden. — Die neuesten Bestimmungen stellten erhöhte An¬ 
sprüche an die Leistungen der beamteten Thierärzte, welche im 
Bewusstsein ihrer grossen Verantwortlichkeit sich zu beBtreben 
hätten, allgemeine wie Sonderinteressem nach jeder Richtung hin 
zu wahren. Sodann aut die Rechtfertigung des Departements¬ 
thierarztes Dr. Ulrich durch das landwirthschaftliche Ministerium 
gegenüber dem Beschlüsse des Ehrenraths des „Vereins schle¬ 
sischer Thierärzte“ übergehend, hob er hervor, dass nach ein¬ 
gehender Prüfung deB eingeforderten gesammten Actenmaterials 
das Ministerium zu diesem Urtheilsspruche gekommen sei. — 
Dem Herrn Regierungs - Präsidenten dankte hierauf der Vor¬ 
sitzende Dr. Ulrich in warmen Worten für die Ehre, welche 
der Präsident der Versammlung durch sein Erscheinen in der 
Conferenz habe zu Theil' werden lassen. 


Digitized by VjOOQie 



286 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Die Tages-Ordnung umfasste folgende Punkte: 

I. Polizeiliche Verordnungen über Maul- und Klauenseuche, 
über Schweineseuche und deren Wirkungen. 

II. Zeitweise Untersagung des Hausirhandels mit Schweinen. 

III. Unschädliche Beseitigung des Milzbrandcadavers. Ab¬ 
deckereiwesen. 

IV. Diagnose der Tollwuth. 

V. Geflügelcholera. — Einsendung der Cadaver an die Kreis¬ 
thierärzte. 

VI. Anträge aus der Mitte der Versammlung. 

Bei Besprechung des Punktes I war die Debatte lebhaft, und 
es wurde über mehrere aus der Versammlung heraus ge¬ 
stellte kritische Fragen bereitwilligst von den Herren der 
Regierung eingehendste Auskunft ertheilt. Dieselben be¬ 
trafen insbesondere Einbruchsstationen, Viehtransporte und deren 
Unternehmer, die Untersuchungszeiten, Nachuntersuchung der 
Transporte, Gebühren, Ueberwachung des Hausirhandels mit 
Schweinen u. s. w. 

Zu Pankt II der Tagesordnung gab der Herr Regierungs¬ 
präsident die Erklärung ab, dass vom Standpunkte der Gewerbe¬ 
ordnung nur ein zeitweises Verbot des Hausirhandels möglich 
sei, während vom Standpunkte des Viehseuchengesetzes und zur 
Hebung der einheimischen Schweinezucht eine dauernde Unter¬ 
sagung erforderlich wäre. Bei der günstigen Wirkung dieses 
Verbots sei in mehreren Kreisen des Bezirks eine Verlängerung 
desselben angeordnet worden. Nach Erledigung des Punktes Hl 
der Tagesordnung mussten wegen der vorgerückten Stunde die 
weiteren Verhandlungen abgebrochen werden. 

Es wurde nur noch beschlossen, eine Vereinigung der 
beamteten Thierärzte des Regierungs-Bezirks Breslau unter dem 
Vorsitz des Departeraentsthierarztes Dr. Ulrich zu gründen und 
in jährlich zwei Mal stattflndenden Zusammenkünften, welchen 
der Herr Regierungs-Präsident auch weiter seine Aufmerksamkeit 
zu schenken versprach, wichtige veterinärpolizeiliche Fragen. an 
der Hand praktischer Erfahrung zu erörtern. 

L A.: 

Dr. Schulz. 

Versammlung der beamteten Thlerftrzte des Reg.-Bez. Breslau. 

In Folge der an die beamteten Thierärzte des Regierungs- 
Bezirkes BreBlau von dem Königlichen Departementsthierarzt 
Dr. Ulrich zum 14. Mai 1898 ergangenen Einladung hatten Bich 
Nachmittags vier Uhr im Pschorrbräu folgende Collegen ein¬ 
gefunden: Dr. Ulrich, Koschel, Becker - Breslau, Frauen- 
holz-Brieg, Hocke - Frankenstein, Kissuth-Guhrau, Gückel- 
Münsterberg, Wittlinger - Neumarkt, Dr. Schulz - Nimptsch, 
Schwintzer - Oels, Klingmüller - Strehlen, Scharsich- 
Striegau, Knauff-Trebnitz, Wittenbürk-Waldenburg, HäKel- 
Wartenberg, Dr. Söhngen - Wohlan. 

Die Tagesordnung lautet: 

1. Constituirung der Vereinigung. 

2. Besprechung der Tagesordnung der am 21. d. M. in Berlin 
stattfindenden Plenar-Versammlung der Central-Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Preussens, insbesondere: Reform der 
Stellung der Kreisthierärzte. 

3. Sonstige Mittheilungen. 

Zu Punkt 1 erwähnt Dr. Ulrich eingangs der Versammlung, 
dasB diese, wie schon am 2. April d. J. besprochen, den Zweck 
haben soll, Sonderinteressen der beamteten Thierärzte in jährlich 
zwei Mal stattfindenden Zusammenkünften zur Sprache zu 
bringen und zu vertreten. Vereinsvermögen durch jährliche Bei¬ 
träge zu erwerben, würde nicht beabsichtigt. Die Repartition 
aller dem Verein erwachsenden Unkosten sei nach der Kopfzahl 
der Mitglieder vorzunehmen. Hierauf constituirt sich die 


Versammlung als Vereinigung der beamteten Thierärzte des 
Regierungs-Bezirks Breslau und es wird Dr. Ulrich - Breslau 
zum Vorsitzenden, Becker - Breslau zum Schriftführer und 
Frauenholz - Brieg zum Rendanten gewählt. 

Bei Besprechung des Punktes 2 der Tagesordnung, welcher 
eine lebhafte Debatte hervorruft, wird beschlossen, der als 
Delegirter zur Plenar - Versammlung bestimmte Vorsitzende 
Dr. Ulrich möge für Folgendes eintreten: 

1. Das Grundgehalt der Kreisthierärzte sei festzusetzen auf 
1800—2400 Mark. 

2. Die eventuelle Pension, eine Relicten-Versorgung etc. sei 
zu normiren nach dem fingirten Gehalt von 3600—4800 Mark. 

Bezüglich des anderen Programms wolle sich der Delegirte 
der Minorität anschliessen, für das Erreichen der Maturitas solle 
er aber warm eintreten, da die Versammlung der Ueberzengung 
ist, dass sich alle Fragen durch Gewährung dieser am besten 
von selbst regeln werden. 

Nachdem noch des Weiteren über Unterstützungskassen, 
Theilnahme der Thierärzte an Prämiirungscommissionen etc. Be¬ 
schlüsse gefasst worden, wird die Versammlung nach sieben Uhr 
geschlossen, da ein geselliges Zusammensein mit Damen verab¬ 
redet ist, welches die Theilnehmer noch recht lange bei ein¬ 
ander hielt 

Dr. Ulrich, Becker, 

Vorsitzender. Schriftführer. 

Rethlaufsohutzserum Lorenz. 

Obermedicinalrath Dr. Lorenz hat sich sein Verfahren zur 
Herstellung des Rothlaufschutzserums nunmehr patentiren lassen. 
(D. R.-P. 11380). Unbeschadet der von der Landwirthschafts- 
kammer der Provinz Brandenburg erworbenen Rechte bildet sich 
eine Gesellschaft zur Ausnutzung dieses Patentes mit dem Sitz 
in Berlin. Diese Gesellschaft übernimmt die Herstellung des 
Impfmaterials ausserhalb Preussens (wo nach wie vor allein von 
der Anstalt zu Prenzlau geliefert wird) bezw. Deutschlands. 

t 

Am 12. Juni starb in Insterburg infolge einer schnell ver¬ 
laufenden Lnngenbru8tfellentzündung der Nestor der beamteten 
Thierärzte des Regierungsbezirkes Gumbinnen, der Königl. Kreis¬ 
thierarzt 

Herr Carl Heinrich Friebel 
im 69. Lebensjahre. 

Der Verstorbene hat die Kreisthierarztstelle der Kreises 
Insterburg seit dem Jahre 1877 treu und gewissenhaft verwaltet 
und mit seltener Schaffensfreudigkeit und Pflichttreue, in voller 
Hingebung für seinen Beruf die thierärztliche Praxis während 
33 Jahren dort ausgeübt. Ausgerüstet mit einem reichen Masse 
von thierärztlichem Wissen, das er durch fleissiges Studium der 
neuen Errungenschaften auf der Höhe der Zeit zu erhalten 
wusste, von edelster Gesinnung, offen und freundlich im Verkehr 
mit Jedermann, hatte er es verstanden, sich die allgemeine 
Achtung und Verehrung in einem ungewöhnlichen Grade zu 
erwerben. 

Den Standesangelegenheiten brachte er stets das regste Inter¬ 
esse entgegen; er war ein eifriger und muthiger Verfechter 
derselben. 

Der thierärztliche Stand verliert in dem Verstorbenen einen 
mustergiltigen Vertreter, wir aber betrauern einen lieben, guten 
Freund, Berather und Berufsgenossen. Möge er in Frieden ruhen; 
wir werden ihm noch über das Grab hinaus ein treues, ehrendes 
Andenken bewahren. 

Im Namen der beamteten Thierärzte 
des Regierungsbezirks Gumbinnen: 

Regenbogen, Departements-Thierarzt. 


Digitized by LjOOQle 






16. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


287 


Oeffentliches Teterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

Seochenstatistik und Teterinärpolizei. 



ssmm 


W’Xw! 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
im Mai 1898. 


mmbinnei 


SchJesvyi^ 


Marienwerder 


unter V 


nabruck)/hannoyG? 


Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 
Scala) an. wie viel pro mille dervorhandenen 
Gemeinden verseucht waren 


Die Verbreitung der Maul- u. Kiauenseuohe in Prassen. Ende Mal 1898. ! Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen Gemeinden 
(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Marienwerder. 

2 

4 

1,76 

Potsdam. 

9 

19 

7,33 

Frankfurt. 

ü 

17 

6,24 

Stettin. 

3 

5 

2,66 

Posen. 

10 

22 

6,67 

Bromberg. 

5 

10 

4,49 

Breslau . . •. 

6 

17 

4,47 

Liegnitz. 

5 

9 

3,19 

Magdeburg. 

10 

25 

17,35 

Merseburg. 

3 

7 

3,02 

Erfurt. 

1 

1 

1,70 

Schleswig. 

4 

i 5 

2,34 

Hannover . 

1 

1 

1,58 

Hildesheim. 

2 

5 

6,90 

Lüneburg . 

1 

l 

0,67 

Münster. 

1 

2 

7,46 

Arnsberg . 

3 

3 

3,52 

Cassel. 

1 

2 

1,19 

Wiesbaden. 

7 

7 

7,47 

Coblenz. 

6 

11 

10,52 

Düsseldorf. 

6 

8 

18,60 

Köln. 

4 

5 

16,89 

Trier. 

9 

28 

24,84 

Aachen . 

1 

1 

2,56 

Sigmaringen. 

„-1 

1 

1 

7,18 


am 31. Mai 1898. 

Es waren am 31. Mai in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Königsberg 1 (1). R.-B. Gumbinnen 1 (1). 
R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R-B. Potsdam 
3 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen 
6 (9). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (4) R.-B. Liegnitz 
2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 2 (2). R.-B. Köln 
1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishanptm. 
Dres4en 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Braun- 
schweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (oxcl. Preussen): 

Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (70). R.-B. Niederbayern 1(1) 
R.-B. Pfalz 7 (20). R.-B. Oberpfalz 5 (7). R.-B. Oberfranken 5 (7) 
R.-B. Mittelfranken 10 (22). R.-B. Unterfranken 9 (15). R.-B 

j Schwaben 19 (37). Sachsen: Kreisbanptm. Dresden 2 (4) 
Württemberg: Neckarkreis 11 (29). Schwarzwaldkreis 4 (7) 
Jagstkreis 12 (34). Donaukreis 16 (43). Baden: Landescoram 
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm 
Karlsruhe 6 (17). Landescomm. Mannheim 4 (6). Hessen 
Provinz Starkenburg 2 (3). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz 
Rheinhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin 1 (1). Sachsen 
j Weimar: 2 (2). Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 1. Brann 
schweig: 3 (7). Sachsen-Mein i ngen: 3 (7). Sachsen-Alten 
bürg: 2(2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (L 


Digitized by LjOOQie 


























288 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 24. 


Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt: 1(2). Sch warzburg-Rudol- 
stadt: 1 (3). Waldeck: 1 (1). Bremen: 1 (2). Elsass- 
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 6 (17). Bez. Ober-Elsass 6 (14). 
Bez. Lothringen 2 (9). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. StralBund 1 (1). R.-B. Posen 1 (1). R.-B. 
Magdeburg 3 (8). R.-B. Merseburg 2 (2). Sachsen: Kreis- 

hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1). 


Fleischschan and Yiehverbehr. 

Berlin: Auszug nun dem Flelscbeohauberloht für Monat Mai 1898. 
A. Schlacbthof. 


B. UntersuchungSBtationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

17 057 

11345 

1901 

11598 

Beanstandet. 

25 

22 

— 

2 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

6 



1 

Davon sind sterilis. verwertbet 

4/4 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen 

2 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 


— 

Mit Finnen behaftet .... 

5 

— 


— 

Davon schwach finnig and 
gekocht verwerthet . . . 

4 

— 

— 

— 


Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 1719 dänische Rinder¬ 


viertel, 22 dänische Kälber und 84 Wildschweine. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet and untersucht . 

11349 

15116 

30136 

55 689 

Ganz beanstandet. .... 

173 

35 

5 

395 

Ueberhaupt mit Tnberculose 





behaftet. 

3081 

52 

— 

2 513 

Davon gänzlich verworfen . 

39 

2 

_ 

65 

„ sterilisirt und verwerthet 

65 

3 

l 

229 

„ theilweise verworfen . . 

35 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2 942 

47 

1 

2219 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

6 

Mit Finnen behaftet .... 

58 

3 

— 

26 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet . 

1 

— 

— 

8 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig and gekocht 





verwerthet . 

57 

3 

— 

18 

Aasserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen n. b.w. sind 




| 

gekocht verwerthet . . 

— 

| — 

— 

31 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 5831 Stück, bei Kälbern 142 Stück, bei Schafen 2175 Stück, 
bei Schweinen 8872 Stück. 


Das Fleleoh abgehetzter Thlere. 

Villain hat im Echo v^tdr. No. 8 einen Aufsatz über ge¬ 
hetztes Fleisch geschrieben. Danach ist dasselbe dunkelroth, 
Bchneidet sich wie Gummi, klebt an der Messerklinge, ist trocken 
in seinen Fasern und enthält keinen Muskelsaft, während das 
Fleisch von stark fiebernden Thieren viel Flüssigkeit trans- 
sudiren lässt und auch aus den gesunden Muskeln sich ein röth- 
licher Saft ergiesst. Ausserdem hat das gehetzte Fieisch einen 
widerlichen, säuerlichen, öfter einen ätherartigen Geruch. Die 
Spongiosa der Knochen solcher Thiere ist dunkel, das Mark 
hämorrhagisch, die Lymphdrüsen injicirt, das Fett, besonders 
da\ Nierenfett, stellenweise röthlich. Zwischen den Hals- und 
Schenkelmuskeln blutig seröse Ergiessungen, unter der Schulter 
Injection, die Venen strotzend gefüllt. Thiere, welche eine lange 
Reise oder Eisenbahntransport hinter sich haben, zeigen eben¬ 
falls ein alterirtes dunkleres und trockenes Fleisch, was jedoch 
nicht der Fall ist, wenn vor dem Schlachten Ruhezeit gewährt 
wird. Solches Fleisch verdirbt leicht, giebt eine schlecht riechende 
! Fleischbrühe und einen zähen, unschmackhaften Braten. Das 
| Fleisch enthält 10 Mal mehr Creatin als normal und Producte 
der Zersetzung zeitiger Elemente. Es ist ausserdem nicht gehörig 
ausgeblutet. (Anacker’s „Thierarzt“.) 


Personalien. 

Ernennungen: Roßsarzt a. D. Matzke zu Königsberg ist zum 
Grenzthierarzt - Assistenten in Eydtkuhnen und Districtsthierarzt 
Jos. Mitteldorf - Schwabmünchen zum Bezirksthierarzt für das 
Bezirksamt Donauwörth ernannt worden. 

Versetzt sind: Districtsthierarzt F ä u s 11 e-Egling nach Krai- 
burg (Oberbayern), Districtsthierarzt P o n a d e r- Kraiburg nach 
Aibling Bezirksthierarzt S. B e i c h o 1 d - Pfaffenhofen nach Bruck. 

Thierarzt P r o f 6 ist zum Assistenten am hygienischen Institut 
der thierärztlichen Hochschule in Berrlin ernannt worden. 

Schlachthausinspector H i s s b a c h-Finsterwalde ist zum Schlacht¬ 
hausinspector in Ostrowo, Bezirksthierarzt Z a h n - Wiesloch desgl. 
zum Schlachthofinspector in Heidelberg gewählt und Schlachthof¬ 
inspector B i 11 n e r-Neustrehlitz zum Scnlachthofdirector ernannt 
worden. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Jos. Kelle r-München nach Jestetten, Thierarzt Scherwitz- 
Bruchsal nach Ebingen. 

In der Armee: Rossarzt Bongert vom 2. Garde Art.-Rgt. ist 
zum hygienischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin 
commandirt worden. 

Todesfall : Thierarzt Reissmann - Strassburg U -M. 


Vacanzen. 

Kreisthiera*ztotellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Meid, bis 11. Juli an Reg.-Präsident — 
R.-B. Düsseldorf:J^Clove Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsident. — 
R.-B.F r a n k fu r t: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln: 
Falkenberg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). 
— Neustadt (Herzogtbum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 
300—400 M. Fleiscbschaugebührenl. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 


Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanititsthlerarztatellen : a) NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Osnabrück: 2. Schiachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, 
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen:LUbeck: Schlachthofhilfsthierarzt. — Scb 1 awe(Pommern): 
Schlachthofinspector. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 

— Creuzburg (Werra). — Drengfurt. — Gleschendorf 

i Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Regierungs-Bezirk Cassel.) — 
’itschen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: 
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat. 
— Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thicrarzt — Eddelak (Holstein): 
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov. 
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof;. — 
Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an 
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
600 Mark). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat — Nüsse 
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Römhild: 
Thierarzt (1140 M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. Berlin S. 0. 
Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt Auskunft 
L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). 
— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat — 
Scblotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.600M.) 
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬ 
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. 
— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬ 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Ostrowo. Privatstellen: 
Bartenstein, Butzbach, Maulbronn, Lasdehnen, Pollnow, Rodach, 
Strassburg. 


Verantwortlich Ar den Inhalt (excl. IimerateDthell) Prof. Or. Schmält* In Berlin. — Verla« und Eleentlium von Richard Schoet* ln Berlin. — Druck von W. Böxenateln, Berlin. 


Digitized by LjOOQie 














Dl* „Berliner ThlerirxUiche Wochenschrift“ erscheint Oriffiaalbeltrige werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt 

wöchentlich ln St&rke yon mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe Alle Manuicripte, Mittheilnngen und redaetionellen An¬ 
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 10311 ■ M | • fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltx, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard Ave I v vv /VBA Berlin, thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstraase 56. 

Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■ ^ ■ ■ ■ ■ ■ Ä-B ■ Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da- 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. ^ W M B B B I 1 gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 25 . Ansgegeben am 28. Juni. 


Inhalt: Brauer: Peroccphalus aprosopus synotus. — Hugendubel: Zahnanomalie. — Hoehne: Ueber unsicht¬ 
baren Spat der Pferde. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — VI. Plenar-VersammliiDg der Centralvertretung 
der tierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Oeffentliches Veterinärwesen: 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vaoanzen. 


Perocephalus aprosopus synotus. 

Von 

Brauer-Seeunderabad (Ostindien), , 

Thierarzt. 

Es wurde mir ein neugeborener todter Hund weiblichen Ge¬ 
schlechts gebracht, welcher einen komischen Anblick gewährte. 
Der Körper des Hundes war vollständig ausgebildet, das Gewicht 



desselben betrug 235 g. Die Mutter ist eine schwarze Pariah- 
Hündin und hat nur dies eine Junge zur Welt gebracht. 

Vom Kopfe des Jungen ist nur der Cranialtheil, und zwar 
sehr verkümmert, vorhanden. Die Ohren stossen ventralwärts 
zusammen; die äusseren Gehörgänge sind als knorpelige Stränge 
unter der Haut fühlbar. Augenlider sied nicht angedeutet, auch 
sind keine Augenhöhlen im Schädel fühlbar. Oeffnungen an 
Stelle des Maules und der Nase sind nicht vorhanden. Unter den 
Ohren bildet die Haut eine weite Falte, wie aus der beigefügten 


Abbildung ersichtlich. Nachdem das Fell von Kopf und Hals 
entfernt worden war, konnte ich Folgendes constatiren: „In der 
von den Ohren caudalwärts gelegenen Falte liegt eine kleine 
Zange, welche mit Zungenbeinen ausgestattet ist, und deren 
Grund sich am Keilbein, vor der Insertionsstelle der Kopfbeuger 
anheftet. Ein Schlundkopf fehlt. Oesophagus und Trachea enden 
blind hinter dem Znngengrnnde; der Kehlkopf ist gnt ausgebildet. 


Direct über der Zunge sind zwei blasenförmige, knorpelige Ge¬ 
bilde, die lose in entsprechend grossen Vertiefungen des Schädels 
sitzen. Auf dem Durchschnitte kann man deutlich vordere und 
hintere Augenkammer unterscheiden. Die Gesichtsknochen sind 
durch einen hufeisenförmigen Knochen, der sich direct über und 
nach innen von den Augen an die Stirnbeine anheftet, an¬ 
gedeutet. Ein spitzer, dreikantiger Knoipel, der sich zwischen den 
Schenkeln des hufeisenförmigen Gebildes anheftet, stellt die 
Nasenscheidewand dar. Hinterhauptbein, Schläfen-, Scheitel- und 



Digitized by LaOOQie 












290 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25 


Stirnbeine sowie Keilbein bilden zusammen eine ziemlich ver¬ 
knöcherte Capsel von der Grösse einer sehr kleinen Haselnuss. 
Eine weiche, graue, durchscheinende Masse ohne Furchung füllt 
die Capsel aus. Die Halswirbel und der übrige Körper sind 
normal ausgebildet. 

Zahnanomalie. 

Von 

Hugendubel-MUnchen, 

Stäili. Tlmr»rz\ 

Die Schneidezähne einer 18—20jährigen Kuh zeigten folgende 
Eigenthümlichkeiten, die auf der beigegebenen Zeichnung leicht 
ersichtlich sind. 

Der eine J, ragt in einer Länge von cm aus dem Zahn¬ 
fleisch heraus, sein Kronrand ist defect; medial ist ein Stück des 
Zahnes abgesprungen. An Stelle des andern J, und der beiden 
J 4 sind rundliche Geschwülste vorhanden, von denen die erstere 
nussgross, die beiden andern haselDUssgross sind; ausserdem 
haben alle eine weissgelbe Farbe und eine fibromähnliche Con- 
sistenz. Beim Durchschneiden dieser Neubildungen stösst das 
Messer öfters auf verkalkte Gewebspartien, die vom theilweisen 
Uebergaug des fibromartigen Gewebes in Zahnbeingewebe zeugen. 

Dem ganzen Befund 
nach sind diese 
Geschwülste den 
weichen Odontomen 
zuzuzählen. Die J* 
fehlen in dem Kiefer 
völlig, an ihrer 
Stelle ist eine weite 
Lücke. Die J 3 sind 
beide noch gut er¬ 
halten; sie sehen 
nur mit der Krone 
aus dem Zahnfleisch 
heraus. Der eine 
J 3 hat noch einen ganz intacteu Kronrand und besitzt eine 
schmale facettenförmige Kaufläche. Der Kronrand rundet sich 
seitlich ab und hat keine scharfen Winkel. Der andere J 3 
unterscheidet sich von ihm nur durch einige kleine Ein¬ 
kerbungen am Kronrand. Die Beschaffenheit und Form der 
beiden J 3 , sowie der Umstand, dass sie mehr als einen Centimeter 
kürzer sind als der oben beschriebene J,, beweist, dass letzterer nicht 
der gleichen Zahnungsperiode angehören kann, wie die beiden Jj, 
sondern sicher den einzig übrig gebliebenen ersten Ersatzzahn 
darstellt, während die J 3 als zweite Ersatzzähne, an Stelle der aus¬ 
gefallenen ersteD, getreten sind. Die Odontome sind sehr wahr¬ 
scheinlich nur modificirte Zahnneubildungen, die erst im hohen 
Lebensalter der Kuh entstanden und deren weiches ursprüngliches 
Gewebe, jedenfalls der mangelnden Kalksalze wegen, nicht mehr 
die nöthige Energie besaes, sich in Zahngewebe umzubilden und 
so seinen anfänglichen Charakter beibehielt, und sich nur durch 
Zubildung von Bindegewebe vergrösserte. 

Ueber unsichtbaren Spat der Pferde. 

Von 

Hoehne-Grünberg, 

Krelaihierarat. 

In No. 21 Jahrgang 1897 d. B T. W. S. 243 giebt Meine eine 
„neue Methode zur radicalen Behandlung des Spats“ bekannt. 
Seine Ausführungen veranlassen mich, über obiges Thema noch¬ 
mals zu schreiben. Ich glaubte in der Tliat, dass das, was ich 
in No. 7, Jahrgang 1892, d. B. T. W. schrieb, in thierärztlichen 
Kreisen nicht wirkungslos verpufft sei. weil ich seit jener Zeit 


von neuen Methoden der Spatbehandlung weder etwas gehört 
noch gelesen, während bisher wohl in keinem Jahrgange einer 
periodischen Zeitschrift „neue Spatbehandlungen“, „neue Mittel 
zur radicalen Beseitigung des Spat“ fehlten. Vorgenannter 
Artikel aber, sowie Discussionen mit älteren und jüngeren 
Collegen, als auch die Nachuntersuchung von hinkenden Pferden, 
welche von Collegen als spatlahm erklärt und darauf behandelt waren, 
d. h. indem in der Regel ein intactes Sprunggelenk mit Ferrum 
candens bea) beitet wurde, nöthigten mir die Ueberzengung auf, dass 
nach wie vor die tliierärztliche Welt an der Ueberlieferung fest¬ 
hält: das andauernde Hinken der Pferde mit einem Hinterfuss 
sei bedingt durch Spat, jener geheimnissvollen Entzündung des 
Sprunggelenks, welche Monate lang als „unsichtbarer Spat“ ohne 
jede Spur einer nachweisbaren Veränderung oder Verletzung der 
Linien eines Sprungrelenks besteht, oder es sei bedingt andern¬ 
falls durch das Hervortreten des Spatknochens, jener ebenso sehr 
gefürchteten Knochenwucherung, weil alle bisher bekannten 
Methoden diese chronische Panaithritis mit Erfolg zu behandeln 
und zu beseitigen nur zu häufig im Stich Hessen und somit die 
Spatbehandlungen zu einem wahren Lotteriespiel machten. 

Dass eine unter Umständen so räthselhafte Lahmheit, wie 
der Spat es gewesen, das Interesse der thierärztlichen Welt er¬ 
regen musste, geht aus der ziemlich umfänglichen Literatur 
hervor, welche Dieckerhoff (Spat der Pferde, Berlin 1875) in 
seiner berühmten Monographie vorführt. Das Erstaunen des un¬ 
befangenen Lesers dieser Schrift wächst mit der Auhäufung des 
Stoffes, den der Spat sowohl für Theoretiker als auch Praktiker 
geliefert hat, und schliesslich fragt sich Letzterer, wie ist es 
möglich, dass altbewährte Heilmethoden meistens versagen bei 
Angriffen auf das Sprunggelenk, obgleich Letzteres für therapeu¬ 
tische Angriffe mindestens ebenso günstig liegt wie die Vorder- 
fusswurzel, und obgleich die hier häufig auftretenden Ent- 
j Zündungen, welche in ihrer Art denen de6 Sprunggelenks voll- 
I kommen gleichen, durch eben dieselben Methoden erfolgreich 
j behandelt werden können? Ziehe ich aber die Belastungsverhält- 
1 nisse zwischen Vorder- und Hinterfüssen in Vergleich, so ergiebt 
sich für das Sprunggelenk, dass dieses sich in unbedingt 
günstigerer Lage befindet, weil der Schwerpunkt des Körpers 
den Vorderfüssen näher liegt und das Sprunggelenk das weniger 
belastete erscheint. 

Nach diesen Erwägungen müsste ein Entzündungsprocess 
am Sprunggelenk, der in der Folge den Spatknochen erzeugt, 
sicherer zu beseitigen sein, als ein solcher am correspondirenden 
Gelenk des Vorderbeins; nach bisherigen thierärztlichen An¬ 
schauungen soll dies aber nicht der Fall sein. Alle hierfür 
geleisteten Erklärungsversuche entbehren der überzeugenden 
Kraft und thun z. Th. den natürlichen Verhältnissen Gewalt an. 
Die pathologischen Veränderungen am spatigen Sprunggelenk 
sind dieselben, die man an anderen complicirten Gelenken findet, 
an denen solche Zustände zum Abschluss kommen, so dass sie 
Lahmheiten nicht mehr bedingen. Nach meinen Erfahrungen 
ist der Spat weder etwas Specifisches noch Geheimnissvolles, 
sondern eine chronische Gelenkentzündung und heilbar im 
selben Masse wie jede andere Gelenksentzündung. Lässt eine 
Spatbehandlung — scharfe Einreibung oder Brennen neben 
längerer Ruhe — im Stich, d. h. bleibt Lahmheit be¬ 
stehen, so liegt stets ein Diagnosenfehler vor; das 
Leiden war dann nicht im Sprunggelenk, sondern anderwärts 
zu suchen. Jede Entzündung an einem Knochen markirt 
sich durch eine Umfangsvermehrung — Knochenauftreibung, 
Ueberbeine —, welche nach kurzer Entzündungszeit sichtbar 
werden. Viel eher aber als dem Auge machen sich solche Ent- 
' Zündungen der Hand durch erhöhtes Wärmegefühl bemerkbar. 



Digitized by 


Google 





23. Juni 1898. 

Jede noch so kleine unscheinbare Entzündnng am Knochen, welche 
zunächst durch Störung der Linie nicht sichtbar ist, wird durch 
erhöhte Wärme für die tastende Hand an einer Stelle nachweis¬ 
bar, und zwar nm so sicherer, wenn man die zu untersuchenden 
Theile mit kaltem Wasser wäscht. Ich lasse zu dem Zweck den 
lahmen und den anderseitigen gesunden Fuss in gleicher Höhe 
mit kaltem Wasser waschen, bis die Haare durchtränkt sind und voll¬ 
ständig glatt anliegen. Durch Abstreichen mit der Hand wird 
das überflüssige Wasser entfernt und das Haar glatt gestrichen. 
Nach einigen Minuten macht sich eine umschriebene Entzündung 
am Knochengelenk etc. durch erhöhte Wärme der langsam über¬ 
streichenden Hand unzweifelhaft bemerkbar; die Feststellung wird 
gesichert, wenn am gesunden Bein an correspondirender Stelle die 
Wärmeerhöhung fehlt; später auftretende Exostosen bestätigten 
bisher stets die Richtigkeit meiner Beobachtung. Dies Verfahren 
hat mich bisher nie getäuscht, sobald es sich um Feststellung 
häufig recht geringfügiger Knochenentzündungen an den unteren 
Beintheilen handelte, welche, wenn auf der Streckseite gelegen, 
bei oberflächlicher Untersuchung nur zu oft neben negativem 
Befunde und charakteristischer Bewegung des Beins Schulterlahm- 
heit vortäuschten. Im letzten Jahrzehnt meiner praktischen 
Thätigkeit ist mir nie eine Schulterlahmheit (ausser der durch 
Verletzung erzeugten) zu Gesicht gekommen, namentlich nicht 
rheumatische, welche ältere Collegen so oft sahen und wofür sie 
einen mindestens ebenso mannigfachen Heilapparat bereit hielten 
wie für die Spatbehandlung. Wer die ältere Literatur, nament¬ 
lich die periodische, noch kennt, wird gefunden haben, dass die 
so sehr gefürchtete rheumatische Schulterlahmheit der Pferde ein 
häufig wiederkehrender Gegenstand der Betrachtung war; die 
neuere Literatur kennt diesen Stoff für Abhandlungen nicht mehr. 
Dass diese Art von Lahmheiten seltener geworden wäre, ist 
nicht anzunehmen; ich kann nur vermuthen, dass die jetzige 
Generation von Thierärzten infolge exacterer Untersuchungen 
die Ursache von Lahmheiten in anderen auffindbaren Zuständen 
feststellt und behandelt; man kommt nicht mehr so leicht in 
die Lage, nach eingehender, namentlich manueller Untersuchung 
mit der Wasserprobe an den unteren Extremitäten vor einem 
negativen Befunde zu stehen und die Verlegenheitsdiagnose 
„Schulterlahmheit“ aussprechen zu müssen. 

Was für die älteren Thierärzte die so oft gesehene 
Schulterlahmheit war, mag für die derzeitigen Thier¬ 
ärzte noch der oft gesehene Spat sein — eine Ver¬ 
legenheitsdiagnose. Mir ist auB der Studienzeit noch erinner¬ 
lich, dass bei andauerndem Hinken auf einem Hinterfüss die 
Diagnose unbedenklich auf „unsichtbaren Spat“ gestellt wurde, 
sobald neben Muskelschwund am lahmenden Bein die sonstige 
Untersuchung einen negativen Befund ergab oder sobald das 
Pferd bei den erste.i Tritten aus dem Stalle heraus hinkte und 
die Lahmheit bei der Bewegung verschwand. 

Ich habe in der Folge Pferde mit unsichtbarem Spat Jahre 
lang beobachtet; in einem Falle lahmte das Pferd — im Fuhr¬ 
werksdienst thätig, sodass ich es beim Selbstgebrauch fast all¬ 
wöchentlich vor dem Wagen sah — über 8 Monate, ohne dass 
auch nur die geringste Abweichung am Sprunggelenk wahr¬ 
zunehmen war, nach dieser Frist bildete sich im geringen Grade 
Schaale aus und erst viel später markirte sich an der innern 
Seite des Sprunggelenks „verletzte Linie“ und es trat der Spat¬ 
knochen vor. 

Ich habe Pferde mit „unsichtbarem Spat“ wiederholt der 
Kaltwasserprobe unterworfen, habe aber nie am Sprunggelenk, 
spec. am Sitz des Spatknochens, eine Entzündung, die sich durch 
vermehrte Wärme hätte äussern müssen, wahrgenommen. 

Es widerspricht aber allen Erfahrungen, dass eine schmerz- 


291 

hafte und somit Lahmheit verursachende Knochen- oder Gelenks- 
entzündnng Monate lang bestehen könnte, ohne sie sich 
durch erhöhte Temperatur oder durch Knochenauftreibung und 
Ueberbeinbildung nach aussen hin bemerkbar machen sollte. 

Ich bin ferner wiederholt in die Lage gekommen, diese 
von Collegen gestellte Diagnose auf ihre Richtigkeit prüfen zu 
können; in jedem Falle handelte es sich zunächst um ein voll¬ 
ständig intactes Sprunggelenk. Ich habe in solchen Fällen die 
Ursache der Lahmheiten in krankhaften Veränderungen eines 
andern Gelenks gefunden. 

Es wurde schliesslich bei mir Gepflogenheit, jeden am Hinter- 
fuss lahmenden Gaul, sobald er für mich erreichbar war, zu 
untersuchen, und das Resultat dieser fortgesetzten Untersuchungen 
ist dies, dass ich selten einen Lahmen fand, bei 
dem nicht das Kniegelenk Sitz von krankhaften 
Veränderungen gewesen wäre. 

Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist das 
Kniegelenk sowohl bei Pferden als auch Rindern 
am häufigsten Sitz von Lahmheit verursachen¬ 
den krankhaften Veränderungen; dann folgt 
das F e b s e 1 - und Kronengelenk; in dritter Linie 
das Hüftgelenk und erst in vierter Linie das 
Sprunggelenk. 

Man wird mir entgegen halten: Wie ist es möglich, dass das 
Gros der Thierärzte bisher anderer Meinung gewesen? Die 
Antwort ist nicht schwer. 

Bisher galt es als Dogma, was von den Jüngern der Kunst 
gläubig hingenommen wurde, dass der Spat die an Hinterfüssen 
am häufigsten vorkommende Lahmheit sui; der Glaube daran 
wuselte so fest, dass die Diagnosen „mit d-m Krückstock ge¬ 
stellt“ wurden. Das Kniegelenk ist ausserdem für die Unter¬ 
suchung Bchwer zugänglich, es liegt zu sehr versteckt; man 
kennt von ihm nur einen krankhaften Zustand: die deutlich und 
sichtbar vortretende Kniegalle. Diesen beiden Umständen ist es 
zuzuschreiben, dass Veränderungen am Kniegelenk bisher so 
wenig und selten beobachtet wurden. 

Bei der chronischen Kniegelenksentzündung erkrankt zunächst 
in nachweisbarer Art der innere Knorren am Kniegelenkskopf 
des Unterschenkelbeins. Die Feststellung des Entzündungsherdes 
hat anfänglich ihre Schwierigkeiten; da das Gelenk ziemlich ver¬ 
deckt liegt, so bedarf es öfterer Palpationen von Kniegelenken, 
namentlich der inneren Seite, bevor die tastende Hand in erster Linie 
das richtige Gefühl für gesunde, normale Verhältnisse sich aneignet; 
in zweiter Linie macht sich eine gewisse Uebung im Umfassen 
des Kniegelenkskopfes des Unterschenkels nothwendig, um das 
richtige Gefühl für Abmessungen des von der Hand umspannten 
Theiles zu erhalten; endlich ist es erforderlich, dass die innerj 
Handfläche geübt ist, thermische Abweichungen nach oben hin 
leicht zu ermitteln; alsdann macht die Feststellung einer 
chronischen Kniegelenksentzündung keine allzugrossen Schwierig¬ 
keiten. 

Jede Kniegelenksentzündung raarkirt sich zunächst dadurch, 
dass der innere Kniegelenksknorren des Unterschenkelbeins 
schärfer hervortritt; verglichen mit derselben Stelle am gesunden 
Bein, erweckt er häufig das Gefühl, als ob daselbst ein Ueberbein 
sitze; im ferneren Verlauf tritt eine Umfangsvermehrung des 
ganzen Gelenkkopfes ein; sie macht sich dadurch kenntlich, dass 
die unterhalb der Kniescheibe den kranken Theil umfassende 
Hand verglichen mit der gesunden Seite das Gefühl der grösseren 
Fülle hat. Vermehrung des Gelenksinhalts äussert sich dadurch, 
dass die Kapsel unterhalb der Kniescheibe, auch häufig nach der 
äussern Seite hin, gespannter und voller erscheint, was für Ge¬ 
sicht und Gefühl leicht wahrnehmbar ist; endlich machen sich auch am 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 





292 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


äussern Gelenkknorren Knochenauftreibungen für Gesicht und 
Gefühl bemerkbar, wie denn im späteren Verlauf eine auffallende 
Umfangs Vermehrung der ganzen Kniegelenkspartie auftritt. 

Die chronische Gelenksentzündung äussert sich dadurch, dass 
die damit behafteten Pferde bei beginnender Bewegung, 
namentlich die ersten Schritte aus dem Stalle heraus, 
hinken; die Lahmheit verschwindet bei anhaltender Be¬ 
wegung; recht bald stellen sich die Anzeichen eines an¬ 
haltenden schmerzhaften Leidens ein — Schwund der Kruppen- 
rausculatur. Die Lahmen suchen das ergriffene Gelenk 
zu schonen und ausgiebige Bewegungen zu vermeiden; sie er¬ 
reichen dies dadurch, dass sie das Kniegelenk möglichst fteiren 
und den so entstehenden Ausfall an Bewegung durch erhöhte 
Beugung und Streckung anderer Gelenke auszngleichen suchen. 
Vornehmlich fällt diese Aufgabe dem Sprunggelenk zu. Dieses 
erfahrt bei der Vorwärtsbewegung des Beins eine ausgiebigere 
Beugung und nach dem Fassen wird es sammt dem Fessel¬ 
gelenk in stärkere Streck Stellung gebracht. Diese der Natur der 
Sache entsprechende eigentümliche Bewegung wurde früher als 
ein Characteri8ticum des unsichtbaren Spats erachtet! Welche 
Verirrung! Hat man schon ein Lebewesen gesehen, das den 
krankhaften Zustand eines Gelenks dadurch markirt, dass es er¬ 
höhte Anforderungen an dasselbe stellt und grössere Leistungen 
von ihm fordert, indem es übermässige Bewegungen und 
Streckungen mit demselben vollführt? Ich bis jetzt noch nicht 

Die Folgen dieser erhöhten Inanspruchnahme der compen- 
satorisch tätigen Gelenke drücken sich im ferneren Verlauf 
durch chronisch entzündliche Veränderungen an diesen aus. Das 
Fesselgelenk reagirt am ersten; es nimmt eine steilere Stellung 
an; man hat einen struppirtenFessel vor sich, um mit den Hippo¬ 
logen zu sprechen. Als nächste Folge tritt eine Entzündung des 
Kronengelenks ein, desjenigen Gelenkes, welches bekanntlich am 
losesten verbunden ist; Knochenauftreibungen und Ueberbein- 
bildungen erzeugen eine merkliche Umfangsvermehrung und so¬ 
mit ein Sichtbarwerden der Schaale; in gleicher Weise reihen 
sich hieran örtliche Veränderungen am Fesselgelenk. Endlich 
wird dann das Sprunggelenk auch ergriffen; der Spat¬ 
knochen tritt heraus und aus dem „unsichtbaren Spat“ ist 
struppirter Fessel, Schaale und nunmehr sichtbarer Spat ge¬ 
worden, und das erst, nachdem der Patient monatelang, auch 
jahrelang gehinkt hat! 

Dies ist die Reihenfolge der localen krankhaften Verände¬ 
rungen, welche andauerndes Hinken am Hinterfuss bei Pferden 
erzeugt. Zwischen dem kaum nachweisbaren Beginn des Hinkens 
und den ersten greifbaren Veränderungen am Kniegelenk können 
Wochen liegen; regelmässig aber vergehen viele Monate, bevor 
greifbare Veränderungen an den unteren Gelenken deB 
Hinterbeins auftreten. Diesen Verlauf habe ich nunmehr schon 
seit Jahren beobachtet, und zwar mit einer Constanz der Folge, 
dass ich gezwungen bin, hierin eine Rege] zu erblicken. 

Mit dem Einsetzen der Lahmheit macht sich Schwund der 
Kruppeurausculatur an dem lahmen Hinterbeine bemerkbar. Der 
Schwund sieht im geraden Verhältnisse zur Schmerzhaftigkeit 
des Leidens und zur Dauer desselben. Nach meinen Erfahrungen 
kann man schleichende Lahmheiten am Hinterfuss, welche durch 
besondere locale Veränderungen noch nicht hervortreten, sicher 
an den Linien der Kruppe erkennen. Man hat an der Ver¬ 
gleichung der Krnppenmusculatur links und rechts entschieden 
den sichersten Anhalt, wenn es sich um die Beurtlieilung 
eines Pferdes I andelt, ob dasselbe derzeit an einer versteckten 
Lahmheit leidet oder gelitten hat. Es kommt nicht selten 
versteckte Lahmheit an einem der Hinterfüsse und zuweilen 
an beiden Hinterfüssen gleichzeitig vor; auch dann giebt 


der Schwund der Krnppenmusculatur den sichersten Aufschluss 
darüber, was man vor sich hat. Ich habe Pferde gesehen, welche 
sonst gut genährt waren, und bei denen eine gewisse Dürftigkeit 
in der Krnppenmusculatur ausgesprochen war; letztere stand in 
eiuem durchaus nicht richtigen Verhältnis zur sonstigen Massig¬ 
keit und Rundung der übrigen Körperformen des Pferdes. Als 
charakteristisch ist mir stets bei solchen Pferden einmal das be¬ 
sondere Hervortreten der Hüftknochen, welche sich durch Ein¬ 
sinken der Musculatur an diesem selbst besonders markirten, auf¬ 
gefallen, dann aber auch der Gang solcher Thiere, welche, wie 
der praktische Sprachgebrauch sich ausdrückt, einen sogenannten 
Hammeltrab gingen. Ich habe derartige Abweichungen besonders 
gesehen bei jungen Pferden, welche vorzeitig angestrengt wurden; 
als Ursache dieser Abweichung ermittelte ich regelmässig eine 
Eutzündung im Kniegelenk. 

Es ist mir bisher stets gelungen, diese Zustände neben ge¬ 
eigneter Behandlung und vor allen Dingen anhaltender Ruhe 
dauernd zu beseitigen. 

Als ferneres Zeichen von versteckten Lahmheiten am Hinter¬ 
fuss ermittelte ich bei unbeschlagenen Pferden das Abschleifen 
der Hufrehen. Dasselbe ist bedingt durch eine zu weni< aus¬ 
giebige Beugung in den Gelenken, vorherrschend des Kniege¬ 
lenks. Ich habe bei Pferden Abschleifungen der Hufzehen ge¬ 
sehen, welche noch nicht lahmten, und welche zur Zeit der Unter¬ 
suchung einen einwandsfreien, tadellosen Eindruck machten. Der 
Gebrauch in der Folge belehrte, dass es sich sicher auch um 
versteckte Lahmheit handelte, denn in wenig Wochen trat eine 
charakteristische Entzündung des Kniegelenks auf, welche soge¬ 
nannten unsichtbaren Spat vortäuschte. 

Meine Bemühungen gingen nun darauf hin, die pathologischen 
Veränderungen im Kniegelenk kennen zu lernen. Ich habe auf 
Abdeckereien und in Rossschlächtereien seit Jahren alle mir zur 
Verfügung stehenden Kniegelenke geöffnet und recht wenig ge¬ 
funden. Ausser Verdickungen an der Gelenkcapsel, namentlich 
derjenigen unterhalb der Kniescheibe, und ausser einigen blumen¬ 
kohlartigen Knochengewächsen, welche die Kniegelenksköpfe 
des Oberschenkels umsäumten, sodass diese das Aussehen 
einer Rehkrone bekamen, fiel die Untersuchung ergebnisslos aus. 
Die durch Palpationen intra vitam festgestellte Umfangsvermehrung 
und Vergrösserung der Kniegelenksköpfe nötkigte mir die Ueber- 
zeugung auf, dass die krankhaften Zustände, welche zu den 
chronischen Lahmheiten der Hinterfüsse führten, und deren Sitz 
im Kniegelenk ist, in der Veränderung des Knochens selbst 
zu suchen sein müssen. Zu dieser Annahme wurde ich gedrängt, 
nachdem ich das Werk des Herrn Professor Eichbaum, „Beiträge 
zur Statik und Mechanik des Pferde-Skeletts“, Berlin 1890, ge¬ 
lesen. Darnach ist der Kniegelenkskopf des Unterschenkelbeines 
beim Pferde und jedenfalls aucli bei andern Hausthieren von $atnr 
besonders prädisponirt für Läsionen, welche durch Druck, Stoss 
uni Abscheerung im Knochen erzeugt werden. Normalmässig 
breitet sich im Kniegeleukskopf die Compacta fächerförmig, ge- 
wissermassen in Form eines Gitterwerks, welches dem einer 
Eisenconstruction einer Brücke nicht unähnlich ist, nach der 
Kniegelenkfläche zu auB. Die Compacta löst sich in eine viel¬ 
gestaltige Spongiosa auf. Der Gedanke, wie sich Läsionen an 
dieser Spongiosa ausgleichen könnten, führte zu folgenden Be¬ 
trachtungen: Bei jeder Knochenfractur bildet sich unter Ein¬ 
schmelzung der der Bruchstelle benachbarten Knochenpartien ein 
Callus, welcher später der Verknöcherung unterliegt, womit dann 
die Heilung vollzogen ist. Der Vorgang selbst ist ein äusserst 
schmerzhafter; selbst nach vollzogener Heilung ist die ansgeheilte 
Bruchstelle gegen Belastung, Druck und Abscheerung noch äusserst 
empfindlich, wie wir das bei Thieren sehen und durch das subjective 


Digitized by CjOOQie 



23. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


293 


Gefühl beim Menschen ermitteln können. Denkt man sich nun 
eine Läsion der Spongiosa im Kniegelenbskopf des Unterschenkels, 
so werden sich dort folgende Zustände abspielen müssen: Es tritt 
eine Einschmelznng der verletzten Knochenbalken ein mit Callus- 
bildang und nachfolgender Verknöcherung (Eburnatiou). Dass 
solcher Vorgang genau wie an jedem Röhrenknochen ein äusserst 
schmerzhafter sein muss, dürfte keinem Zweifel unterliegen; er 
wird um so mehr schmerzhaft sein, als die starre Nachbarschaft 
die so nothwendige Anschwellung der verletzten Theile absolut 
verhindert Wir finden hier einen ähnlichen Zustand, wie einen 
gewöhnlichen Entzündungsvorgang mit Eiterung in der Hufcapsel 
des Pferdes, welche ja bekanntlich auch colossal schmerzhaft 
sind. Die Spongiosa am Kniegelenk ist aber besonders geeignet 
für Fortleitung von Entzündungen, und dass solche fast bei jeder 
geringfügigen Entzündung dortselbst stattfinden müssen, dafür 
zeugt, dass diese krankhaften Zustände intra vitam recht bald 
durch Betasten der Hand und Umfangsvermehrung des Kniegelenks¬ 
kopfes festgestellt werden können. Dass auch hier ein Ausgleich, 
eine restitutio ad integTum stattfinden kann, ist selbstverständlich, 
wie solche an jedem verletzten und gebrochenen Knochen sich 
unfehlbar vollzieht 

Es handelte sich bei meinen weiteren Untersuchungen darum, 
ob sich diese rein theoretischen Erwägungen durch Untersuchung 
pathologischer Präparate verwirklichen würden. 

Anhalt zur Beurtheilung der am Knochen sich abspielenden 
Vorgänge kann nur das Knochengerüst selbst geben, und somit 
war der nächstliegende Weg gegeben, durch Ausglühen und 
Weissbrennen der Knochen und Anlegen von Sägeschnitten durch 
dieselben von den Vorgängen im Knochen selbst Kenntniss zu 
nehmen. Da der ausgeglühte Knochen bei Sägeschnitten zer¬ 
splittert und keine glatte Schnittfläche lieferte, so liess ich die 
frischen Gelenkenden mit Sägeschnitten nach verschiedenen 
Richtungen hin versehen, und sie dann ins Feuer bringen. Auf 
Grund jahrelanger Untersuchungen bin ich zu folgendem Resultat 
gelangt: 

1. Der Kniegelenkskopf, vielmehr die Spongiosa des Unter¬ 
schenkels dortselbst, ist in Betreff seiner Architectur beziehungs¬ 
weise Stärken Verhältnisse der einzelnen Balken vom Beginn eines 
anhaltenden Gebrauchs des Pferdes an in fortwährender Um¬ 
änderung begriffen, die sich dahin präcisiren lässt, dass die 
einzelnen Knochenbalken von Jahr zu Jahr an Stärke und Dicke 
zunehmen, so zwar, dass bei alten 18jährigen Pferden, welche 
pathologische Abweichungen an ihren Gelenken und Knochen 
überhaupt nicht zeieen, statt der Spongiosa eiue Compacta im 
Kniegelenkskopf des Unterschenkels sich bildet, welche an der 
Gelenkoberfläche die Dichtheit einer Compacta erreicht und nach 
unten zu allmählich sich in ein verjüngendes Gitterwerk ausdehnt. 

2. Bei Pferden, welche an einer Entzündung des Kniegelenks 
leiden (unsichtbarer Spat), bilden sich kegel- oder kugelförmige 
Eburnationskerne in der Spongiosa des Kniegelenkskopfes, deren 
Basis der Gelenksfläche zugekehrt ist und in der Regel die Stelle 
umschreibt, auf welcher von Seiten der Oberschenkelköpfe der 
ausschliessliche und vorherrschende Druck und Stoss auf die 
unterliegenden Gelenksflächen ausgeübt wird. Der Eburnationskern 
ist in seiner Dichtheit verschieden gestaltet; in der Regel zeigt 
die Basis die stärkste Eburnation, während die Spitze sich 
successive in das normal gestellte Gitterwerk der Spongiosa 
auflöst. Die während des Lebens festgestellte Umfangsvennehrung 
des Unterschenkelkopfes ist auch nachträglich durch vergleichende 
Messungen festzustellen. Mit dem Tasterzirkel gemessen vom 
innern zum äussern Condylus beträgt die Vergrösserung nicht 
selten bis zu 1 cm. Statt der Eburnationskerne findet man 
häufig, vorherrschend am inneren CondyluB, lediglich eine Ver¬ 


stärkung und dichtere Lagerung namentlich der senkrecht nach 
unt-n, d. h. von der Gelenksfläche schräg zur Corticalis verlaufenden 
Knochenbalken. 

Bei eingehender Würdigung aller vorausgeschickten Ver¬ 
hältnisse dürfte dem Eingeweihten wohl die Ueberzeugung auf- 
zunöthigen sein, dass Krankheitsprocesse beschriebener Art am 
Kniegelenkskopf zn denjenigen gehören, welche einen überaus 
chronischen, häufig kaum abzuseheuden Verlauf nehmen müssen; 
und wer die Geschichte des Spats kennt mit seinem überaus 
unsicheren Verlauf, der wird in diesen Verhältnissen die Auf¬ 
klärung finden für Manches, was bisher schlechterdings unerklär¬ 
lich schien, solange man den Sitz des unsichtbaren Spats im 
Sprunggelenk suchte. 

Die überaus werthvollen Directiven und Fingerzeige, welche 
Professor Dieckerhoff in seinem classischen Werke „Spat der 
Pferde“ gegeben hat, passen ganz genau auf Alles, was man bei 
der Beobachtung vorwürfiger Lahmheit zu sehen bekommt. Der 
College, der einmal eine Monographie über unsichtbaren Spat, 
bedingt durch die Entzündung des Kniegelenks, schreiben wird, 
kann sich wörtlich an das anlehnen, was Professor Dieckerhoff 
über den Spat überhaupt schreibt. 

Nun zur Heilung: Die Heilung der Kniegelenksentztindung 
erfordert in erster Linie anhaltende absolute Ruhe, welche nicht 
zu kurz bemessen sein darf; daneben haben sich scharfe Ein¬ 
reibungen des Kniegelenks, innen sowohl, wie aussen, soweit die 
localen Verhältnisse das zulassen, nach meinen Erfahrungen bis¬ 
her stets als wirksam erwiesen, und das ist nichts Neues; denn 
aus der Spatbehandlung ist längst bekannt, dass neben scharfen 
Einreibungen und Brennen Ruhe der Hauptheilfactor ist. 
Wieviel Wochen bezw. Monate ein im Kniegelenk lädirtes Pferd 
zu .seiner Heilung bedarf, richtet sich nach der Jugend des 
Thieres und nach der Länge und dem Bestehen des Leidens. 
Ich habe gefunden, dass junge Thiere, welche zu frühzeitig an¬ 
gestrengt wurden und an Läsionen des Kniegelenks litten, bereits 
nach vier bis sechs Wochen langer Ruhe die alte Actionsfähigkeit 
ihrer Hintergliedmassen wieder erworben hatten, und dass auch 
einseitige Lahmheiten während der Zeit schon verschwunden 
waren. Dass bei älteren Pferden und bei längerem Bestehen der 
Entzündung die Aussichten auf Heilung geringer bezw. schwieriger 
werden, ist selbstverständlich. Eine volle Heilung ist aber 
immer zu erwarten, genau so wie an jedem andern entzündeten 
und lädirten Gelenk, mit Hilfe von Ruhe und Rast. 

Schluss: Es liegt immer ein Diagnosenirrthum vor, wenn 
man von verdecktem oder unsichtbarem Spat spricht; Spat 
kommt als Ursache von Lahmheit, kommt überhaupt erst 
dann in Frage, wenn am Sprunggelenke die Erscheinungen 
einer Entzündung — erhöhte Wärme, Urafangsvermehrung 
— deutlich sich markiren. Hierauf fussend, wird der Prak¬ 
tiker selten in die Lage kommen, Sitz und Ursache einer 
Lahmheit im Sprunggelenk zu ermitteln — ausgenommen 
Rehbein, Hasenhacke — um einen therapeutischen Angriff 
auf dasselbe zu veranlassen. 

Das sog. praeservative Spatbrennen der Engländer und 
deren Nachahmer war die grösste Thorheit, die zu denken 
ist. Die Bezeichnung unsichtbarer Spat muss aus der thier¬ 
ärztlichen Nomenclatur verschwinden; es sei denn, dass 
man die vorstehend beschriebene Entzündung des Knie¬ 
gelenks als Ursache anhaltenden Hinkens für die Folge 
damit zu bezeichnen gedächte. 


Digitized by LjOOQie 



294 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Tagesgeschichte. 

t 

Ara 12. d. M. ist der Senior des thierärztlichen Vereins für 
die Provinz Brandenburg, Thierarzt H. Reissmann zu Stras¬ 
burg in der Uckermark, gestorben. Fast 53 Jahre ist der Ver¬ 
storbene als Thierarzt thätig gewesen, und in das Grab folgt ihm 
der Dank seiner Collegen für die Tüchtigkeit und Treue, mit 
der er, ein untadelhafter Ehrenmann, den thierärztlichen Beruf 
wahrgenommen und an der Stätte seines Wirkens in Ansehen 
erhalten hat. Eine tiefe Wehmuth, die eine von Bangigkeit 
nicht freie Frage an die Zukunft einschliesst, bewegt, uns, wenn 
wir Mann für Mann die Alten von uns scheiden sehen, die noch 
jenen unglaublich kleinen Anfang des ihierärztlichen Standes 
mitgesehen und mitgemacht haben, deren Vorbildung und wissen¬ 
schaftliche Ausbildung mehr als mangelhaft war und die doch so 
ausgezeichnete Vertreter ihres Standes geworden sind, indem sie 
brave Männer waren, den Beruf des Arztes im engeren Sinne 
mit hohem Ernste auffassten und mit staunenswerter Energie 
es, trotz umfangreicher praktischer Thätigkeit, verstanden, den 
gewaltigen Fortschritten ihrer Wissenschaft zu folgen, die Lücken 
ihrer Kenntnisse nicht bloss durch praktische Erfahrung, 
sondern auch durch Nachstudien zu füllen. Der alte Reissmann 
gehörte zu diesen Männern. Sein wissenschaftliches Interesse 
war, wie sein praktischer Fleiss, rege bis zum Tode. Ein wie 
guter Beobachter er war, zeigt die Thatsache, dass er über die 
eigentümliche Uebertragung der Pferdestaupe, die später durch 
eine grössere Arbeit dänischer Forscher (vergl. B. T. W. 1894) 
bestätigt worden ist, als der erste vorher im Brandenburger 
Verein berichtet hat. Noch in letzter Zeit publicirte er eine 
Mitteilung. In den Vereinsversaramlungen fehlte er fast nie. Und 
wenn er erschien, so ruhten die Augen mit Verehrung auf dem 
feinen Greisengesicht. Denn er erfüllte die schöne Aufgabe des 
Alters, ein ehrwürdiges Vorbild zu sein den Jüngeren. Wer 
wollte einen Todten beklagen, dem das Glück beschieden war, 
sein Leben in nützlicher und anerkannter Thätigkeit zu solcher 
Höhe zu führen und dann, von Siechthum verschont, sai.fr hin¬ 
überzuschlummern. R. i. p. 

Für den tierärztlichen Verein der 

Provinz Brandenburg: 

Schmaltz. 

t 

In der Nacht zum 12. d. M. verschied zu Insterburg in nicht 
ganz vollendetem 69. Lebensjahre nach kurzem schweren Leiden 
an Lungen- und Brustfellentzündung unser langjähriges ge¬ 
schätztes Mitglied, 

der Königliche Kreisthierarzt des Kreises Insterburg 
Herr Carl Heinrich Friebel. 

Länger als 33 Jahre hindurch hat der Verewigte mit nie 
erlahmender Schaffensfreudigkeit und mit ungewöhnlich grossem 
Erfolge daselbst die thierärztliche Praxis ausgeübt. Im Besitze 
umfassender Fachkenntnisse, die er bis an sein Lebensende den 
Fortschritten der Wissenschaft entsprechend duich fortgesetztes 
Studium zu erweitern und zu vertiefen suchte, ist es ihm ver¬ 
möge seiner Befähigung und durch unermüdlichen Fleiss bei 
pflichtgetreuer Erledigung seiner beruflichen Obliegenheiten ge¬ 
lungen, sich in seinem Wirkungskreise nicht allein reiche persön¬ 
liche Sympathien, sondern bei allen Betheiligten auch ein un¬ 
begrenztes Vertrauen und in seltenem Masse die Anerkennung 
seiner Leistungen zu erwerben. Sein warmes Herz für alles 
Edle und Gute, sein grader fester Sinn, sein liebenswürdiges und 
entgegenkommendes Wesen, wie überhaupt seine reichen Geistes¬ 


und Herzensgaben, die er selbstlos zum Wolile des Ganzen über¬ 
all einzusetzen pflegte, haben ihm ausserdem selbst über seinen 
Geschäftskreis hinaus allgemeine Achtung und zahlreiche treue 
und aufrichtige Freundschaften gesichert. 

Unser Verein verdankt sein Dasein zum nicht geringen Theile 
der energischen Initiative des Verblichenen, stets hat er bereit¬ 
willigst seine reichen Erfahrungen in den Dienst desselben ge¬ 
stellt, und nimmer müde wurde er in seinen Bemühungen, die 
Vereinsangelegenheiten zu fördern, mochten sich gegen die Er¬ 
füllung seiner Bestrebungen noch so grosse Schwierigkeiten 
mannigfacher Art aufthürmen. Wir verlieren mit ihm eins unserer 
treuesten, strebsamsten und uneigennützigsten Mitglieder. 

Auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins 
bezw. als dessen Stellvertreter und als Delegirter zu den Ver¬ 
sammlungen der Centralvertretung der preussischen thierärzt¬ 
lichen Vereine, zu welchen Ehrenämtern er durch das Vertrauen 
der Vereinsgenossen zeitweise berufen wurde, ist der Heim¬ 
gegangene für die Interessen des Standes stets aufs Wärmste 
und nach besten Kräften eingetreten, und seinen Herzenswunsch, 
zur Hebung desselben und zur Förderung seiner Angelegenheiten 
für seinen Theil mit beizutragen, hat er jeder Zeit mit Umsicht 
und, wo es Noth tliat, mit Thatkraft und Nachdruck in die Wirk¬ 
lichkeit überzuführen gesucht. 

Tiefschmerzlich beklagen wir seinen Verlust, der in unsere 
engere Gemeinschaft eine so tiefe Lücke gerissen hat, dass wir 
sie lange Zeit schwer nachempfinden werden. 

Sein Andenken wird bei uns ein unverlöschlich gesichertes 
und gesegnetes bleiben. Möge Er in Frieden ruhen! 

Königsberg, den 17. Juni 1898. 

Der Verein ostpreussischer Thierärzte. 

I. A.: Dr. Mehrdorf. 

f 

Professor Wilhelm Eber. 

Die thierärztliche Hochschule zu Berlin steht vor einem tief- 
schmerzlichen Ereigniss. Der Professor Wilhelm Eber hat sich 
in geistiger Umnachtung mit einer Sublimatlösung vergiftet und 
ist nach mehrtägigem qualvollen Leiden am 22. er. gestorben. 

Wilhelm Eber war 1863 in Hannover geboren, studirte 
dort auf der damaligen Thierarzneischule und verrieth schon 
dabei unermüdlichen Fleiss und grosse Begabung. Nachdem er 
1884 die Approbation erworben, kam er 1886 als Assistent an 
die medicinische Klinik der thierärztlichen Hochschule zu Berlin, 
folgte dann, nachdem er eine Zeit lang Kreisthierarzt in Berlin ge¬ 
wesen, einem Rufe als Medicinalassessor und Docent nach Jena. 
Von hier wurde er 1895 nach Berlin als Lehrer der Pharmakologie 
und Leiter der Klinik für kleine Hausthiere berufen. 

Ebers Specialgebiet war die praktische Chemie. Während 
seiner Assistentenzeit trat er mit einer Arbeit über Eseridin 
hervor, welcher sehr exacte, in thierärztlichen Kreisen weniger 
bekannt gewordene chemische Untersuchungen folgten. Praktisch 
werthvoll wurden seine auf die Nahrungsmitteluntersuchung be¬ 
züglichen Arbeiten. Schon in Jena und fortgesetzt in Berlin 
studirte er die Aetiologie gewisser Krankheiten, welche nach 
seinen Forschungen als Automtoxicationen zu deuten waren, und 
bei der diesjährigen Feier des Geburtstages Sr. Majestät hielt 
er noch eine sehr eindrucksvolle Rede über diesen Gegenstand. 

Der Verstorbene war ein echter Gelehrter von unermüdlichem 
Eifer. Eine etwas phantastische Neigung, welche früher sein 
Arbeiten beherrschte, begann mehr und mehr zu weichen und 
einer Art des Denkens und Forschens Platz zu machen, welche 
zu den besten Hoffnungen berechtigte. Dabei war Eber ein 
sorgsamer, klarer und erfolgreicher Lehrer. 


Digitized by CjOOQie 



23. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


295 


Eine gewisse Versonnenheit und eine Neigung zur Melancholie 
machten sich jedoch schon an dem Studenten bemerkbar und 
steigerten sich unter der aufreibenden Arbeit seines Berliner 
Amtes. Es fing ihn an der Gedanke zu ängstigen, dass er seiner 
Aufgabe nicht gewachsen sei und seiner Lehrpflicht nicht ge¬ 
nüge. Schon 1896 war er schwer niedergedrückt, erholte sich 
aber durch eine kurze Zeit der Schonung. Seit einiger Zeit je¬ 
doch verfiel er in eine unverkennbare, tiefe Schwermuth und 
Willensschwäche, so dass seine Freunde ihm mehrfach erfolglos 
riethen, seine Thätigkeit zu unterbrechen. . 

Schliesslich beging er die That, der er erlegen ist. Wenn 
es eines Beweises bedürfte, dass er in völliger geistiger Um¬ 
nachtung gehandelt hat, so wäre er schon allein dadurch er¬ 
bracht, dass er, der kundige Pharmakologe, durch ein so grauen¬ 
volles Gift sein Leben beschloss. 

So darf sich kein Urtheil heranwagen an diese traurige That, 
die 6 Kinder zu hülflosen Waisen machte. Von reinem Mitleid 
erfüllt dürfen wir tieferschüttert um dieses in der Blüthe ver¬ 
nichtete Leben trauern und das Andenken des Todten in Ehren 
bewahren. S c h m a 11 z. 

Versuche zur Heilung der Rindertuberculose. 

In No. 16 der B. T. W. ist über den Vortrag Behring’s auf 
dem Congress berichtet worden, worin B. die Aussicht auf eine 
Heilung der Rindertuberculose eröffnete. 

Die darauf abzielenden Versuche werden auf der Tierärzt¬ 
lichen Hochschule zu Berlin von Geheimrath Schütz vorgenommen 
werden, und es sind hierfür namhafte Staatsmittel zur Verfügung 
gestellt worden. 

VI. Plenar-Yersammlnng der Central vertreten g der 
tierärztlichen Vereine Prenssens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Zur Geschäftsordnung stellt der Präsident Folgendes fest: 
Nach der von der letzten Versammlung beschlossenen Statuten- 
Aenderung tritt jetzt zum ersten Mal der Fall ein, dass Delegirte 
anwesend sind, welche mehrere Stimmen vertreten. Es ist daher 
der Modus der Stimmenberechnung festzusetzen. 

Bei allen Zettelabstimmungen (Wahlen) kann natürlich jeder 
Zettel nur eine Stimme repräsentiren, da einem Stimmenden 
mehrere Stimmen nur dann zugemessen werden können, wenn 
der Name des Stimmenden bekannt und dadurch die Richtigkeit 
der von ihm beanspruchten Stimmenzahl controlirbar ist. Bei 
allen wichtigen Abstimmungen kann namentliche Abstimmung 
beantragt werden, und hierbei vertritt jeder Delegirte die ihm 
znkommende Stimmenzahl. Es werden für diese Fälle Stimmen¬ 
zähler zu ernennen sein, zur raschen und sicheren Feststellung 
des Ergebnisses. Wenn die namentliche Abstimmung nicht bean¬ 
tragt ist und Abstimmung durch Handaufheben etc. vorgenommen 
wird, also bei weniger wichtigen Fragen, so richtet sich die 
Stiminenzahl einfach nach der Personenzahl, wie früher. 

Der Präsident schlägt ferner vor, den Punkt V der Tages¬ 
ordnung, welcher wohl der wichtigste sei und vielleicht die ein¬ 
gehendste Berathung erfordere, zuerst zu behandeln. 

Die Versammlung stimmt dem zu und ernennt ausserdem 
zwei Stimmenzähler. 

Die Reform der Stellung der Kreisthierärzte. 

(Punkt V der Tagesordnung.) 

Der erste Referent, Kreisthierarzt, Oberrossarzt a. D. 
Bermbach, vertrat in gewandter und eindringlicher, auch durch 
ihre Form ansprechender Rede seinen Standpunkt mit etwa 
folgenden Ausführungen: 

Die Privatpraxis der beamteten Thierärzte stellt eine eherne 


Fessel für unser gesammtes Staatsveterinärwesen dar. Dies lehrt 
ein Ueberblick über die Thätigkeit der beamteten Thierärzte, 
welche sich mit der Privatpraxis nicht mehr vereinen lässt 

Der Kreisthierarzt hat seine 8 bis 10 Meilen Landweg täglich 
zu bewältigen. Er soll ja nicht blos die Thatsache des Aus¬ 
bruchs einer bestimmten Seuche feststellen, sondern Herkunft 
und Ursache ermitteln und genau prüfen, wie im Specialfall die 
Massregeln, namentlich auch hinsichtlich der Desinfection, aus- 
znführen sind. Das Alles beansprucht doch sehr viel Zeit. Und 
nun kommen dazu die Obductionen; die Nothwendigkeit, 
Diagnosen in den meisten Fällen mit dem Mikroskop, sehr häufig 
auch noch durch Cultur und Impfung sicherzustellen; dann die 
oft langen und oft schwierigen Berichte darüber. Wieviel Sorg¬ 
falt erfordert das Alles. Man denke nur an die Verantwortung 
bei Feststellung der Tollwuth, wenn ein Mensch gebissen worden 
ist. Die grosse Aufgabe des Schutzes der Thierbestände ist 
eben heute eine ganz andere geworden und legt ganz andere 
Pflichten auf, als früher. Es ist heut ein nobile officium z. B., die 
Seuchendiagnose auch auf bacteriologischer Basis zu begründen. 

Was macht ferner die Ueberwachung der Märkte für Arbeit; 
sie erfordert ca. 60 Tage im Jahr. Neuerdings müssen auch 
noch die Tagegelder für eine Dienstreise und die Marktüber¬ 
wachungsgebühr an demselben Tage zu einer einfachen Gebühr 
zusammengezogen werden. In des Redners Wirkungskreise sind 
etwa 90 Gastställe, welche möglichst gelegentlich anderer Dienst¬ 
reisen 8 bis 10 Mal im Jahre revidirt werden sollen. Die Eisen¬ 
bahnen sollen ebenfalls kostenlos revidirt werden. Die Geflügel¬ 
cholera muss neuerdings im Hause festgestellt werden. 

Es giebt also Geschäfte ohne Zahl. Und wie misslich ist es 
andererseits, wieviel Unzufriedenheit erregt es auch, wenn sich 
gelegentlich vorgenommener Revisionen der Kreisthierarzt von dem 
revidirten Händler oder Fleischer seine Bezahlung ausbitten muss. 

Eine Reform ist also unbedingt erforderlich, und zwar eine 
gründliche. Die Kreisthierärzte sind so lange in eine untergeord¬ 
neten Stellung geblieben, weil man sie eben nur als halbe Be¬ 
amte betrachtet hat und betrachten konnte, ihrer Privatpraxis 
wegen. Daher muss die Privatpraxis fallen. 

Dazu kommt, dass eine ausgedehnte Privatpraxis der Be¬ 
kämpfung der Viehseuchen auch deswegen nachtheiiig wird, weil 
der beamtete Thierarzt in seiner Privatpraxis nicht so gegen 
Uebertretungen des Seuchengesetzes Vorgehen kann. 

Die Klagen wegen der Ohnmacht der Viehseuchenbekämpfung 
mehren sich und sind ganz berechtigt. Aber nicht das Gesetz 
i't schuld, sondern einzig und allein die Zwitterstellung der 
Kreisthierärzte, die nicht aus freien Stücken, sondern weil sie es 
nöthig haben, Praxis treiben. 

Nun macht man den Einwand, viele Kreisthierärzte würden 
mit amtlichen Angelegenheiten allein zu wenig beschäftigt sein. 
Erstens ist das kaum richtig; heute hat kein Kreisthierarzt über 
Mangel an Beschäftigung zu klagen. Andererseits aber wäre das 
auch gar kein Gegengrund. Die Obersteuercontroleure in den 
Rübengegenden u s. w. haben ja auch nur im Winter Beschäfti¬ 
gung. Auch könnte man übrigens Kreise mit geringer amtlicher 
Thätigkeit Zusammenlegen. Alle Eingaben, welche von Kreis¬ 
thierärzten gemacht sind, motiviren ja die Gehaltserhöhung 
gerade mit der starken Beschäftigung. 

Was nun den Besoldungsmodus anbetrifft, so wäre die Art, 
wie eben alle Beamten besoldet werden, die beste. L's käme 
dann allerdings zu einer gänzlichen Umgestaltung der Verhält¬ 
nisse, aber die thut uns eben gerade Noth. Denn auf die blosse 
Erhöhung der Einnahmen um einige hundert Mark kommt es am 
wenigsten an. DieHöhe der Einnahmen ist nicht das Entscheidende 
für dieGeltnng unserer Stellung. Denn sonst würde ja andererseitsdie 


Digitized by 


Google 




296 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Geringfügigkeit unserer Besoldung die doch unzweifelhaft schon 
vollzogenen Fortschritte unserer Stellung aufgehalten haben, was 
sich nicht gezeigt hat. Durch die gänzliche Umgestaltung unserer 
Verhältnisse würde unzweifelhaft auch die Stellung der 
Departementsthierärzte gewinnen. Es wäre nach diesem Modus 
eine Besoldung von 3000—4800 M. für die angemessene zu halten. 

Will man aber für die Kreisthierärzte eine besondere Be¬ 
soldungsform beibehalten, so wäre neben den jetzigen Reisekosten 
und Tagegeldern ein Gehalt von 1500 steigend bis 2400 M. zu 
gewähren. Es wäre jedoch die zuerst angeführte Lösung der 
Frage diesem letzteren Auskunftsmittel weit vorzuziehen. 

In jedem Falle müsste neben der Besoldung eine ent¬ 
sprechende Dienstaufwandentschädigung gegeben werden. Andere 
Beamte bezahlen nicht eine Stahlfeder und die Kreisthierärzte 
müssen gegenwärtig sehr erheblich gewordene Auslagen ohne 
jede Entschädigung machen. 

Der Redner schliesst mit einer nochmaligen dringenden Auf¬ 
forderung, seinen Standpunkt anzunehmen und giebt entschieden 
der Ueberzeugung Ausdruck, dass amtliche Thätigkeit und Privat¬ 
praxis sich nicht länger vereinigen Hessen. 

Referent Veterinärassessor Dr. Steinbaoh: 

Die Verbesserung der KreisthierarztsteUen ist nicht bloss ein 
dringender Wunsch der Stelleninhaber, sondern auch die Land- 
wirthe sind durchaus bereit, diesen Wunsch zu unterstützen. 

Die Geschäfte haben sich ausserordentUch vermehrt. Vieles 
muss unentgeltlich geleistet werden. In Seuchenzeiten liegt 
überdiess aus leicht verständlichen Gründen die Privatpraxis ganz 
darnieder. Manche Kreisthierärzte müssen nach einer länger 
dauernden Epizootie wieder ganz von vorn anfangen, sich eine 
Praxis zu erwerben. 

Ueber die Nothwendigkeit der Verbesserung besteht also, 
weit über den Kreis der Berufsgenossen hinaus, Uebereinstimmung. 
Nur über die Art des Vorgehens stimmen die Meinungen auch 
unter uns nicht allseitig überein. Der Westfälische Verein hat 
sich für ein Gehalt vou 1200—1800 M. ausgesprochen. Die 
Privatpraxis muss den Kreisthierärzten belassen bleiben. Eine 
Vollbesoldung wird erst dann erstrebt werden können, wenn der 
Geschäftskreis der Veterinärpolizei bezw. der Kreisthierärzte 
erheblich erweitert und abgeschlossen sein wird. Dies wird der 
Fall sein, wenn die Seuchentilgung im Kreise, die Oberaufsicht 
über die Fleischschau und eine wesentliche Mitwirkung bei der 
Thierzucht dem Kreisthierarzt übertragen sein wird. Dann wird 
man 2100—4800 M. Gehalt erwarten dürfen. Dann wird natürlich 
auch der Ein wand, manche Kreisthierärzte seien dafür nicht 
genügend beschäftigt, wegfallen. Schon jetzt könnte man übrigens 
aUerdings manche Kreise, wo wenig vorzukommen pflegt, Zu¬ 
sammenlegen. 

Mit dem, was jetzt an Verbesserungen erbeten und erhofft 
werden kann, braucht aber auch nicht etwa auf den Abschluss 
der Medicinalreform gewartet werden. Die Gewährung einer 
Pensionsberechtigung ist eigentlich etwas selbstverständliches. 
Der Noth, in die gegenwärtig Hinterbliebene gerathen können, 
muss möglichst bald gesteuert werden. Darum haben wir übrigens 
schon mehrfach, 1893 und 1895, in Eingaben an das Vorgesetzte 
Ministerium gebeten. Die Frage, wie und nach welchem Gehalts¬ 
satz die Pension resp. Relictenversorgung bemessen werden soll, 
wird allerdings nicht ohne Schwierigkeiten zu lösen sein. 

Neben der oben schon erwähnten Erhöhung des Grundgehaltes 
ist eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. im Sinne des Gesetzes 
vom 9. März 1872 zu erstreben. Namentlich die niedrigen Ge¬ 
bühren in gerichtlichen Angelegenheiten müssen beseitigt werden, 
denn sie erschüttern gradezu das Ansehen der Kreisthierärzte. 
Wenn, was beabsichtigt scheint, dieses Gesetz geändert 


bezw. aufgehoben wird und wenn das allgemeine Gesetz über 
Tagegelder und Reisekosten der Beamten von 1873/1897 in An¬ 
wendung kommen soll, sind 12 M. Tagegelder zu erstreben, 
welche bei eintägigen Reisen, wie sie die Kreisthierärzte aus¬ 
führen, nach letzterem Gesetz ebenfaUs auf 9 M. sich ermässigen. 

Dieser Tagegeldersatz entspricht der sechsten Rang¬ 
klasse. Ebendeshalb weil bei einer etwaigen gesetzlichen 
Neuregelung der Tagegelder der Rang wesentlich mitspricht, 
muss aber vorher auch die Rangstellung geregelt sein. Diese 
Angelegenheit darf daher von uns nicht vertagt werden. Das 
wäre an sich unmotivirt, aber namentlich aus dem angeführten 
Grunde ein schwerer tactischer Fehler und ein Hemmniss für die 
ErfüUung auch der übrigen Wünsche. Dieser Gesichtspunkt wird 
auch diejenigen Collegen zu einer Aenderung ihrer Meinung 
bringen, welche in diesem Punkte noch für das Aufschieben ein¬ 
genommen sind. Die Rangfrage ist von der ganzen Reform 
keinesfalls zu trennen. 

Im Uebrigen brauchen wir in dieser Beziehung nur einen Schritt 
zu wiederholen, den wir schon vor 10 Jahren gethan haben. Schon 
1888 hat nämUch die Central Vertretung eine Petition an den da¬ 
maligen Herrn Minister v. Lucius gerichtet um Regelung der 
Rangverhältnisse. 

Damals wurde gebeten, es möchten die Kreisthierärzte in 
die VI. Klasse versetzt und ihnen innerhalb dieser Klasse ein 
Vorrang von den in derselben Klasse befindlichen nicht academisch 
gebildeten Beamten eingeräumt werden. Einem Theil der älteren 
Kteisthierärzte sollte noch als Auszeichnung persönUch in irgend 
einer Form der Rang der Räthe V. Klasse verliehen werden. 

Auf den Boden dieser Petition von 1888 können wir uns 
auch heute stellen. Was wir wollen, ist dann also gar nichts Neues. 

Es sollten aber auch die Departementsthierärzte berück¬ 
sichtigt werden. Die Besoldung derselben ist jetzt ausreichend, 
wenn noch das Gehalt einer Kreisthierarztstelle mit dem der 
Departeraentsthierarztstelle verbunden ist. Dagegen sollte ihnen 
wenigstens der persönliche Rang der Räthe vierter Klasse offen¬ 
stehen. Das ist wohl nicht zuviel, wenn man bedenkt, dass 
ehemalige Oekonomiecommissare mit dem Einjährig - freiwilUgen- 
Zeugniss als Oekonomierätbe undKreisschuHnspectoren mit semina¬ 
ristischer Bildung als Schulräthe in die vierte Klasse gelangen. 

Man mag über den Werth der Rangordnung denken, wie 
man will. Solauge aber aUe andern Beamten Werth auf Rang 
legen, müssen die beamteten Thierärzte das erst recht thun. 

Der Referent formulirt seinen Standpunkt in Anträge, die er 
dem Präsidenten überreicht 

Referent Kreisthierarzt Kieokhfifer. 

Der Referent berichtet zunächst über die Versammlung, 
welche die Kreisthierärzte der Provinz Brandenburg abgehalten 
haben, um ein Vorgehen zu berathen. Mit allen Stimmen gegen 
eine haben sich die Versammelten auf gewisse Grundsätze ge¬ 
einigt und beschlossen, dieselben in einer Eingabe dem Herrn 
Minister unverzüglich zu unterbreiten. 

Der Referent giebt Erklärungen dafür, warum die Brandenburger 
Kreisthierärzte es für unumgänglich nothwendig gehalten hätten, 
ohne Verzug ihre Eingabe zu überreichen und warum sie desshalb zu 
einem scheinbar isolirten Vorgehen sich hätten entschliessen müssen. 

Im Uebrigen bewegen sich die Ausführungen des Redners in 
der Richtung der von den Brandenburger Kreisthierärzten dem 
Herrn Minister überreichten Petition*), und er begründet die dort 
aufgestellten Forderungen: Pensionsberechtigung, Relictenver¬ 
sorgung, Grundgehalt von 1800—2400 M. und 9 M. Tagegelder, 
sowie einen angemessenen Rang. Die Rangclasse zu benennen, 
haben die Brandenburger Kreisthierärzte vermieden. 

•) Vergl. „B. T. W.“ No. 10. 


Digitized by 


Google 



23. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Referat des Kreisthierarzt Thuneoke. 

(Wörtlich nach dem Manuscript.) 

Durch die eingehenden Vorträge der geehrten Herren Vor¬ 
redner, wie auch durch die zahlreichen Artikel in der Fachpresse 
werden selbst auch diejenigen von den hier anwesenden Herren, 
welche über die augenblickliche Stellung der Kreisthierärzte nicht 
gehörig informirt waren, nun doch zu der Ueberzeugung ge¬ 
kommen sein, dass es unbedingt nöthig ist, in der jetzigen 
Stellung der Kreisthierärzte Wandel zu schaffen, und dass wir 
versuchen, dies sobald als möglich zu erringen und nicht auf die 
Maturitätsreife warten. Wir haben viel zu lange an unserem 
eigenen Körper und an unseren Familien gesündigt, und hätten 
schon viele von den bereits verstorbenen Collegen bei ihren Leb¬ 
zeiten die Vortheile geniessen müssen, die wir jetzt erstreben; 
ich bin der Ueberzeugung, dass für uns die Aussicht, die Ma¬ 
turitätsreife werde als Vorbildung zum thierärztlichen Studium 
gefordert, jetzt weiter entfernt liegt als je zuvor, und daher bitte 
ich Sie heute von dem Grundsatz auszugehen, dass jetzt etwas 
gethan werden muss, um die absolut nicht mehr zeitgemässe 
Stellung der Kreisthierärzte zu bessern. Es können ja auch nur 
noch ganz vereinzelt Collegen wünschen, dass an der augen¬ 
blicklichen Stellung nicht gerüttelt werden dürfe. — Wir müssen 
aus den geschilderten Verhältnissen schliessen, dass einzelne 
Collegen in ihrer jetzigen Stellung den Anforderungen, die an 
sie gestellt werden, nicht genügen können, ohne dass sie in ihren 
persönlichen Verhältnissen geschädigt werden. Es wird, wie 
schon erwähnt, verlangt, dass wir in die Tilgung der Viehseuchen 
kräftig mit eingreifen sollen; man begnügt sich nicht mehr damit, 
dass wir nur feststellen, „hier herrscht eine Seuche*', sondern 
wir sollen geeignete Vorschläge machen, in welcher Weise die¬ 
selbe event. auf ihren Herd beschränkt und getilgt werden kann. 
Auch werden von uns zeitraubende Untersuchungen und Versuche 
verlangt und hierüber wieder eingehende Berichte. Es ist keine 
Frage, und dies ist ja auch von allen Vorrednern schon an¬ 
geführt, dass die amtliche Thätigkeit der meisten Kreisthierärzte 
sich in den letzten zehn Jahren um das Zehnfache vermehrt hat. 
Wenn wir uns nun aber auch sämmtlich darüber einig sind, dass 
eine Aenderung in unserer Stellung nöthig ist, so gehen die An¬ 
sichten der Herren Collegen, in welcher Weise eine solche Aende¬ 
rung — und sagen wir eine Verbesserung — stattfinden möge, 
so weit auseinander, dass man annehmen möchte, es wäre gar 
keine Einigung zu erzielen. Einige wünschen eine völlige Re¬ 
form des Civil-Veterinärwesens; andere wollen nur, dass die 
Kreisthierärzte keine Privatpraxis betreiben sollen, damit sie un¬ 
abhängig von den Viehbesitzern dastehen, und wieder andere 
möchten bei Beibehaltung des jetzigen Modus hauptsächlich eine 
Verbesserung ihrer pecuniären Lage, damit sie den an sie in ihrer 
Eigenschaft als Kreisthierarzt gestellten Anforderungen besser 
genügen können. Diese verschiedenen Ansichten entspringen 
aber unzweifelhaft den in den einzelnen Kreisen stark ver¬ 
schiedenen gegebenen Verhältnissen. Während einige Collegen 
derart jetzt schon amtlich und nebenamtlich beschäftigt sind, 
dass sie zur Ausübung ihrer Privatpraxis sich ein oder zwei 
Assistenten halten müssen, welche nebenbei sie auch noch in 
ihren schrifiliehen Arbeiten unterstützen, und in Folge dieser 
amtlichen Thätigkeit recht gern auf die Ausübung der Privat¬ 
praxis verzichten möchten —, haben andere nur so wenig amt¬ 
lich zu thun, dass sie diese Beschäftigung nur als nebensächlich 
ansehen können. Man findet diesen Unterschied schon in ein 
und demselben Regierungsbezirk derartig ausgeprägt, dass ein 
College in einem Monat zehn Journalnummern und der andere 
College in demselben Bezirk in demselben Monat 120 hat. Die 
hierüber von mir eingezogenen Zahlen diffeiiren in den einzelnen 


297 


Regierungsbezirken wie in den einzelnen Provinzen. Leider 
konnte ich die Zahl von allen Regierungsbezirken nicht erhalten, 
wohl aber habe ich von ziemlich 300 Collegen die Journalnummer 
und auch die amtliche Thätigkeit aus den Tagebüchern zu er¬ 
mitteln versucht und bin dabei zu folgendem Resultat gekommen. 

Es differiren die Journalnummern zwischen 60 und 1700 
und die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit zwischen 100 Mark 
und 6500 Mark pro Jahr, und zwar in der Weise, dass etwa 
20 pCt. bis zu 200 Journalnummern, dann weitere 40 pCt. bis 
zu 500 Journalnummern, dann wieder 20 pCt. bis zu 800 Jourual- 
nummern, hierauf 10 pCt. bis zu 1000 und 10 pCt. über 1000 
Journalnummern haben. Dem entsprechend ist auch ohngefälir 
die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit. 

Sie sehen, wie sehr verschieden die Kreisthierärzte heute 
amtlich beschäftigt sind, und werden mir nun zugeben müssen, 
dass sie unter solchen Verhältnissen nicht überall zu denselben 
Wünschen berechtigt sind. 

Einige möchten die Privatpraxis los sein, die anderen köunen 
dieselbe nicht entbehren. Desshalb wird es auch sehr schwer 
halten, Beschlüsse zu fassen, die jedem Einzelnen Zusagen. 

Ich stehe persönlich auf dem Standpunkt, dass die Kreis¬ 
thierärzte nur dann voll und ganz ihre Schuldigkeit bei der 
Tilgung der Viehseuchen thun können, wenn sie völlig unabhängig 
von den Viehbesitzern dastehen und wenn sie Reisen und Unter¬ 
suchungen vornehmen können, ohne jedes Mal erst ängstlich in 
Erwägung ziehen zu müssen, ob nicht die Vorgesetzte Behörde 
in dieser Reise oder aus diesem Vorschläge den Verdacht schöpfen 
könne, es geschehe dies lediglich im Interesse des eigenen Ver¬ 
dienstes. Viele von den Herren Collegen werden schon über 
solchen unwürdigen verletzenden Verdacht empört gewesen sein, 
und doch geht es bei der jetzigen Methode nicht anders, wir 
müssen reisen, und wir müssen von diesen Reisen unsere Existenz 
sichern, und ist es uns häufig nicht möglich, besondere Rücksicht 
auf die Staatskasse zu nehmen, da wir auch von unseren 6 Mark 
Diäten noch unsere Familie zu Hause ernähren sollen. 

Wenn wir nun in unserer amtlichen Thätigkeit derart 
beschäftigt werden, dass uns nur sehr wenig Zeit zur Privat¬ 
praxis bleibt, wenn wir zur Tilgung der Viehseuchen unabhängig 
von den Viehbesitzern dastehen sollen, und wenn wir den Verdacht, 
die Staatskasse unnöthig zu belasten, stark entgegen treten 
wollen, so bleibt uns allerdings nur der Ausweg, der Privatpraxis 
zu entsagen und dahin zu streben, dass wir vollbesoldete Staats¬ 
beamte werden. Ich habe auch in der Versammlung der Kreis¬ 
thierärzte der Provinz Sachsen diesen Standpunkt vertreten, und 
wurde derselbe von allen Collegen als völlig richtig anerkannt, 
trotzdem wurde aber einstimmig erklärt, das9 wir auf die Privat¬ 
praxis nicht verzichten könnten, weil dieselbe bei der grossen 
Mehrzahl der Collegen die Haupteinnahme bedinge und sicher 
nicht annähernd aus der Staatskasse entschädigt werden würde. 
In der Provinz Sachsen, welche mit Bezug auf ihren Viehreichthum. 
Handel und Gewerbe, und demzufolge auch Viehseuchen, nicht 
untenan steht, würden von den 39 Kreisthierärzten nicht 10 in 
ihren Kreisen derart amtlich beschäftigt, dass sie ihre Zeit 
damit voll und ganz ausfüllen, und was sollen nun die übrigen 
30 beginnen? 

Ziehe ich hieraus und unter Zuhiilfenahme der gesammelten 
Journalnummern einen Schluss auf die Gesammtheit der Collegen, 
so würden jetzt wohl ca. 20pCt. voll beschäftigt werden, und diese 
hätten dann auch Anspruch auf eine angemessene Besoldung. 
80 pCt. dagegen würden in ihrer jetzigen amtlichen Thätigkeit 
allein keine volle Befriedigung finden, und von diesen 80pCt. 
hätte sicher die Hälfte so wenig zu thun, dass es ihnen 
unbequem sein müsste, selbst wenn ihnen ein angemessenes Ge- 


Digitized by LaOOQie 



296 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 25. 


Geringfügigkeit unserer Besoldung die doch unzweifelhaft schon 
vollzogenen Fortschritte unserer Stellung aufgebalten haben, was 
sich nicht gezeigt hat. Durch die gänzliche Umgestaltung unserer 
Verhältnisse würde unzweifelhaft auch die Stellung der 
Departementsthierärzte gewinnen. Es wäre nach diesem Modus 
eine Besoldung von 3000—4800 M. für die angemessene zu halten. 

Will man aber für die Kreisthierärzte eine besondere Be¬ 
soldungsform beibehalten, so wäre neben den jetzigen Reisekosten 
und Tagegeldern ein Gehalt von 1500 steigend bis 2400 M. zu 
gewähren. Es wäre jedoch die zuerst angeführte Lösung der 
Frage diesem letzteren Auskunftsmittel weit vorzuziehen. 

In jedem Falle müsste neben der Besoldung eine ent¬ 
sprechende Dienstaufwandentschädigung gegeben werden. Andere 
Beamte bezahlen nicht eine Stahlfeder und die Kreisthierärzte 
müssen gegenwärtig sehr erheblich gewordene Auslagen ohne 
jede Entschädigung machen. 

Der Redner schliesst mit einer nochmaligen dringenden Auf¬ 
forderung, seinen Standpunkt anzunehmen und giebt entschieden 
der Ueberzeugung Ausdruck, dass amtliche Thätigkeit und Privat¬ 
praxis sich nicht länger vereinigen liessen. 

Referent Veterinärassessor Dr. Steinbach: 

Die Verbesserung der Kreisthierarztstellen ist nicht bloss ein 
dringender Wunsch der Stelleninhaber, sondern auch die Land- 
wirthe sind durchaus bereit, diesen Wunsch zu unterstützen. 

Die Geschäfte haben sich ausserordentlich vermehrt. Vieles 
muss unentgeltlich geleistet werden. In Seuchenzeiten liegt 
überdiess aus leicht verständlichen Gründen die Privatpraxis ganz 
darnieder. Manche Kreisthierärzte müssen nach einer länger 
dauernden Epizootie wieder ganz von vorn anfangen, sich eine 
Praxis zu erwerben. 

Ueber die Nothwendigkeit der Verbesserung besteht also, 
weit über den Kreis der Berufsgenossen hinaus, Uebereinstimmung. 
Nur über die Art des Vorgehens stimmen die Meinungen auch 
unter uns nicht allseitig überein. Der Westfälische Verein hat 
sich für ein Gehalt von 1200—1800 M. ausgesprochen. Die 
Privatpraxis muss den Kreisthierärzten belassen bleiben. Eine 
Vollbesoldung wird erst dann erstrebt werden können, wenn der 
Geschäftskreis der Veterinärpolizei bezw. der Kreisthierärzte 
erheblich erweitert und abgeschlossen sein wird. Dies wird der 
Fall sein, wenn die Seuchentilgung im Kreise, die Oberaufsicht 
über die Fleischschau und eine wesentliche Mitwirkung bei der 
Thierzucht dem Kreisthierarzt übertragen sein wird. Dann wird 
man 2100—4800 M. Gehalt erwarten dürfen. Dann wird natürlich 
auch der Einwand, manche Kreisthierärzte seien dafür nicht 
genügend beschäftigt, wegfallen. Schon jetzt könnte man übrigens 
allerdings manche Kreise, wo wenig vorzukomraen pflegt, Zu¬ 
sammenlegen. 

Mit dem, was jetzt an Verbesserungen erbeten und erhofft 
werden kann, braucht aber auch nicht etwa auf den Abschluss 
der Medicinalreform gewartet werden. Die Gewährung einer 
Pensionsberechtigung ist eigentlich etwas selbstverständliches. 
Der Noth, in die gegenwärtig Hinterbliebene gerathen können, 
muss möglichst bald gesteuert werden. Darum haben wir übrigens 
schon mehrfach, 1893 und 1895, in Eingaben an das Vorgesetzte 
Ministerium gebeten. Die Frage, wie und nach welchem Gehalts¬ 
satz die Pension resp. Relictenversorgung bemessen werden soll, 
wird allerdings nicht ohne Schwierigkeiten zu lösen sein. 

Neben der oben schon erwähnten Erhöhung des Grundgehaltes 
ist eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. im Sinne des Gesetzes 
vom 9. März 1872 zu erstreben. Namentlich die niedrigen Ge¬ 
bühren in gerichtlichen Angelegenheiten müssen beseitigt werden, 
denn sie erschüttern gradezu das Ansehen der Kreisthierärzte. 
Wenn, was beabsichtigt scheint, dieses Gesetz geändert 


bezw. aufgehoben wird und wenn das allgemeine Gesetz über 
Tagegelder und Reisekosten der Beamten von 1873/1897 in An¬ 
wendung kommen soll, sind 12 M. Tagegelder zu erstreben, 
welche bei eintägigen Reisen, wie sie die Kreisthierärzte aus¬ 
führen, nach letzterem Gesetz ebenfalls auf 9 M. sich ermässigen. 

Dieser Tagegeldersatz entspricht der sechsten Rang¬ 
klasse. Ebendeshalb weil bei einer etwaigen gesetzlichen 
Neuregelung der Tagegelder der Rang wesentlich mitspricht, 
muss aber vorher auch die Rangstellung geregelt sein. Diese 
Angelegenheit darf daher von uns nicht vertagt werden. Das 
wäre au sich nnmotivirt, aber namentlich aus dem angeführten 
Grunde ein schwerer tactischer Fehler und ein Hemmniss für die 
Erfüllung auch der übrigen Wünsche. Dieser Gesichtspunkt wird 
auch diejenigen Collegen zu einer Aenderung ihrer Meinung 
bringen, welche in diesem Punkte noch für das Aufschieben ein¬ 
genommen sind. Die Rangfrage ist von der ganzen Reform 
keinesfalls zu trennen. 

Im Uebrigen brauchen wir in dieser Beziehung nur einen Schritt 
zu wiederholen, den wir schon vor 10 Jahren getban haben. Schon 
1888 hat nämlich die Centralvertretung eine Petition an den da¬ 
maligen Herrn Minister v. Lucius gerichtet um Regelung der 
Rangverhältnisse. 

Damals wurde gebeten, es möchten die Kreisthierärzte in 
die VI. Klasse versetzt und ihnen innerhalb dieser Klasse ein 
Vorrang von den in derselben Klasse befindlichen nicht academisch 
gebildeten Beamten eingeräumt werden. Einem Theil der älteren 
Krei8thierärzte sollte noch als Auszeichnung persönlich in irgend 
einer Form der Rang der Räthe V. Klasse verliehen werden. 

Auf den Boden dieser Petition von 1888 können wir uns 
auch heute stellen. Was wir wollen, ist dann also gar nichts Neues. 

Es sollten aber auch die Departementsthierärzte berück¬ 
sichtigt werden. Die Besoldung derselben ist jetzt ausreichend, 
wenn noch das Gehalt einer Kreisthierarztstelle mit dem der 
Departementsthierarztstelle verbunden ist. Dagegen sollte ihnen 
wenigstens der persönliche Rang der Räthe vierter Hasse offen¬ 
stehen. Das ist wohl nicht zuviel, wenn man bedenkt, dass 
ehemalige Oekonomiecommissare mit dem Einjährig - freiwilligen- 
Zeugniss alsOekonomieräthe und Kreisschulinspectoren mit semina¬ 
ristischer Bildung als Schulräthe in die vierte Klasse gelangen. 

Man mag über den Werth der Rangordnung denken, wie 
man will. Solauge aber alle andern Beamten Werth auf Rang 
legen, müssen die beamteten Thierärzte das erst recht thun. 

Der Referent formulirt seinen Standpunkt in Anträge, die er 
dem Präsidenten überreicht. 

Referent Kreisthierarzt Kieckh&fer. 

Der Referent berichtet zunächst über die Versammlung, 
welche die Kreisthierärzte der Provinz Brandenburg abgehalten 
haben, um ein Vorgehen zu berathen. Mit allen Stimmen gegen 
eine haben sich die Versammelten auf gewisse Grundsätze ge¬ 
einigt und beschlossen, dieselben in einer Eingabe dem Herrn 
Minister unverzüglich zu unterbreiten. 

Der Referent giebt Erklärungen dafür, warum die Brandenburger 
Kreisthierärzte es für unumgänglich nothwendig gehalten hätten, 
ohne Verzug ihre Eingabe zu überreichen und warum sie desshalb zu 
einem scheinbar isolirten Vorgehen sich hätten entschlossen müssen. 

Im Uebrigen bewegen sich die Ausführungen des Redners in 
der Richtung der von den Brandenburger Kreisthierärzten dem 
Herrn Minister überreichten Petition*), und er begründet die dort 
aufgestellten Forderungen: Pensionsberechtigung, Relictenver¬ 
sorgung, Grundgehalt von 1800—2400 M. und 9 M. Tagegelder, 
sowie einen angemessenen Rang. Die Rangclasse zu benennen, 
haben die Brandenburger Kreisthierärzte vermieden. 

•) Vergl. ,,B. T. W.“ No. 10. 


Digitized by 


Google 



23. Juni 1898. 

Referat des Kreisthierarzt Thuneoke. 

(Wörtlich nach dem Manuscript.) 

Durch die eingehenden Vorträge der geehrten Herren Vor¬ 
redner, wie auch durch die zahlreichen Artikel in der Fachpresse 
werden selbst auch diejenigen von den hier anwesenden Herren, 
welche über die augenblickliche Stellung der Kreisthierärzte nicht 
gehörig informirt waren, nun doch zu der Ueberzeugung ge¬ 
kommen sein, dass es unbedingt nöthig ist, in der jetzigen 
Stellung der Kreisthierärzte Wandel zu schaffen, und dass wir 
versuchen, dies sobald als möglich zu erringen und nicht auf die 
Maturitätsreife warten. Wir haben viel zu lange an unserem 
eigenen Körper und an unseren Familien gesündigt, und hätten 
schon viele von den bereits verstorbenen Collegen hei ihren Leb¬ 
zeiten die Vortheile geniessen müssen, die wir jetzt erstreben; 
ich bin der Ueberzeugung, dass für uns die Aussicht, die Ma¬ 
turitätsreife werde als Vorbildung zum thierärztlichen Studium 
gefordert, jetzt weiter entfernt liegt als je zuvor, und daher bitte 
ich Sie heute von dem Grundsatz auszugeben, dass jetzt etwas 
gethan werden muss, um die absolut nicht mehr zeitgemässe 
Stellung der Kreisthierärzte zu bessern. Es können ja auch nur 
noch ganz vereinzelt Collegen wünschen, dass an der augen¬ 
blicklichen Stellung nicht gerüttelt werden dürfe. — Wir müssen 
aus den geschilderten Verhältnissen schliessen, dass einzelne 
Collegen in ihrer jetzigen Stellung den Anforderungen, die an 
sie gestellt werden, nicht genügen können, ohne dass sie in ihren 
persönlichen Verhältnissen geschädigt werden. Es wird, wie 
schon erwähnt, verlangt, dass wir in die Tilgung der Viehseuchen 
kräftig mit eingreifen sollen; man begnügt sich nicht mehr damit, 
dass wir nnr feststellen, „hier herrscht eine Seuche*', sondern 
wir sollen geeignete Vorschläge machen, in welcher Weise die¬ 
selbe event. auf ihren Herd beschränkt und getilgt werden kann. 
Auch werden von uns zeitraubende Untersuchungen und Versuche 
verlangt und hierüber wieder eingehende Berichte. Es ist keine 
Frage, und dies ist ja auch von allen Vorrednern schon an¬ 
geführt, dass die amtliche Thätigkeit der meisten Kreisthierärzte 
sich in den letzten zehn Jahren um das Zehnfache vermehrt hat. 
Wenn wir uns nun aber auch sämmtlich darüber einig sind, dass 
eine Aenderung in unserer Stellung nöthig ist, so gehen die An¬ 
sichten der Herren Collegen, in welcher Weise eine solche Aende¬ 
rung — und sagen wir eine Verbesserung — stattfinden möge, 
so weit auseinander, dass man annehmen möchte, es wäre gar 
keine Einigung zu erzielen. Einige wünschen eine völlige Re¬ 
form des Civil-Veterinärweseos; andere wollen nur, dass die 
Kreisthierärzte keine Privatpraxis betreiben sollen, damit sie un¬ 
abhängig von den Viehbesitzern dastehen, und wieder andere 
möchten bei Beibehaltung des jetzigen Modus hauptsächlich eine 
Verbesserung ihrer pecuniären Lage, damit sie den an sie in ihrer 
Eigenschaft als Kreisthierarzt gestellten Anforderungen besser 
genügen können. Diese verschiedenen Ansichten entspringen 
aber unzweifelhaft den in den einzelnen Kreisen stark ver¬ 
schiedenen gegebenen Verhältnissen. Während einige Collegen 
derart jetzt schon amtlich und nebenamtlich beschäftigt sind, 
dass sie zur Ausübung ihrer Privatpraxis sich ein oder zwei 
Assistenten halten müssen, welche nebenbei sie auch noch in 
ihren schrifiliehen Arbeiten unterstützen, und in Folge dieser 
amtlichen Thätigkeit recht gern auf die Ausübung der Privat¬ 
praxis verzichten möchten —, haben andere nur so wenig amt¬ 
lich zu thun, dass sie diese Beschäftigung nur als nebensächlich 
ansehen können. Man findet diesen Unterschied schon in ein 
und demselben Regierungsbezirk derartig ausgeprägt, dass ein 
College in einem Monat zehn Journalnummern und der andere 
College in demselben Bezirk in demselben Monat 120 hat. Die 
hierüber von mir eingezogenen Zahlen diffeiiren in den einzelnen 


297 


Regierungsbezirken wie in den einzelnen Provinzen. Leider 
konnte ich die Zahl von allen Regierungsbezirken nicht erhalten, 
wohl aber habe ich von ziemlich 300 Collegen die Journalnnmmer 
und auch die amtliche Thätigkeit aus den Tagebüchern zu er¬ 
mitteln versucht und bin dabei zu folgendem Resultat gekommen. 

Es differiren die Journalnummern zwischen 60 und 1700 
und die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit zwischen 100 Mark 
und 6500 Mark pro Jahr, und zwar in der Weise, dass etwa 
20 pCt. bis zu 200 Journalnummern, dann weitere 40 pCt. bis 
zu 500 Journalnnmmern, dann wieder 20 pCt. bis zu 800 Journal¬ 
nummern, hierauf 10 pCt. bis zu 1000 und 10 pCt. über 1000 
Journalnummern haben. Dem entsprechend ist auch ohngefähr 
die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit. 

Sie sehen, wie sehr verschieden die Kreisthierärzte heute 
amtlich beschäftigt sind, und werden mir nun zugeben müssen, 
dass sie unter solchen Verhältnissen nicht überall zu denselben 
Wünschen berechtigt sind. 

Einige möchten die Privatpraxis los sein, die anderen köunen 
dieselbe nicht entbehren. Desshalb wird es auch sehr schwer 
halten, Beschlüsse zu fassen, die jedem Einzelnen Zusagen. 

Ich stehe persönlich auf dem Standpunkt, dass die Kreis¬ 
thierärzte nur dann voll und ganz ihre Schuldigkeit bei der 
Tilgung der Viehseuchen thun können, wenn sie völlig unabhängig 
von den Viehbesitzern dastehen und wenn sie Reisen und Unter¬ 
suchungen vornehmen können, ohne jedes Mal erst ängstlich in 
Erwägung ziehen zu müssen, ob nicht die Vorgesetzte Behörde 
in dieser Reise oder aus diesem Vorschläge den Verdacht schöpfen 
könne, es geschehe dies lediglich im Interesse des eigenen Ver¬ 
dienstes. Viele von den Herren Collegen werden schon über 
solchen unwürdigen verletzenden Verdacht empört gewesen sein, 
und doch geht es bei der jetzigen Methode nicht anders, wir 
müssen reisen, und wir müssen von diesen Reisen unsere Existenz 
sichern, und ist es uns häufig nicht möglich, besondere Rücksicht 
auf die Staatskasse zu nehmen, da wir auch von unseren 6 Mark 
Diäten noch unsere Familie zu Hause ernähren sollen. 

Wenn wir nun in unserer amtlichen Thätigkeit derart 
beschäftigt werden, dass uns nur sehr wenig Zeit zur Privat¬ 
praxis bleibt, wenn wir zur Tilgung der Viehseuchen unabhängig 
von den Viehbesitzern dastehen sollen, und wenn wir den Verdacht, 
die Staatskasse unnöthig zu belasten, stark entgegen treten 
wollen, so bleibt uns allerdings nur der Ausweg, der Privatpraxis 
zu entsagen und dahin zu streben, dass wir vollbesoldete Staats¬ 
beamte werden. Ich habe auch in der Versammlung der Kreis¬ 
thierärzte der Provinz Sachsen diesen Standpunkt vertreten, und 
wurde derselbe von allen Collegen als völlig richtig anerkannt, 
trotzdem wurde aber einstimmig erklärt, dass wir auf die Privat- 
praxis nicht verzichten könnten, weil dieselbe bei der grossen 
Mehrzahl der Collegen die Haupteinnahme bedinge und sicher 
nicht annähernd aus der Staatskasse entschädigt werden würde. 
In der Provinz Sachsen, welche mit Bezug auf ihren Viehreichthum. 
Handel und Gewerbe, und demzufolge auch Viehseuchen, nicht 
untenan steht, würden von den 39 Kreisthierärzten nicht 10 in 
ihren Kreisen derart amtlich beschäftigt, dass sie ihre Zeit 
damit voll und ganz ausfüllen, und was sollen nun die übrigen 
30 beginnen? 

Ziehe ich hieraus und unter Zuhülfenahme der gesammelten 
Journalnummern einen Schluss auf die Gesammtheit der Collegen, 
so würden jetzt wohl ca. 20pCt. voll beschäftigt werden, und diese 
hätten dann auch Anspruch auf eine angemessene Besoldung. 
80 pCt. dagegen würden in ihrer jetzigen amtlichen Thätigkeit 
allein keine volle Befriedigung finden, und von diesen 80pCt. 
hätte sicher die Hälfte so wenig zu thun, dass es ihnen 
unbequem sein müsste, selbst wenn ihnen ein angemessenes Ge- 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



298 

halt gezahlt würde. Wenn der Kreisthierarzt vollbesoldeter 
Staatsbeamter werden soll, so muss er auch eine seiner Stellung 
nach volle Beschäftigung haben, und dass in einzelnen 
Kreisen solche Beschäftigung erst gesucht werden soll, ist nicht 
rathsam. Wenn ich auch den Ideen einzelner Collegen, — Berm¬ 
bach, Gueckel, Höhne etc. viel Sympathie entgegenbringe, so 
bin ich aber stark dagegen, dass wir versuchen, jetzt schon eine 
völlige Reform des Veterinairwesens herbeizuführen, denn ich 
glaube, wir finden bei der Staatsregierung hier sehr wenig Gehör 
und würden wir noch recht lange darauf warten können, dass 
wir dadurch eine Verbesserung unserer jetzigen Stellung bekämen. 
Wir wissen ja aus Erfahrung, wie wenig energisch die Staats¬ 
regierung für eine Reform des Veterinairwesens eintritt, denn 
es sind heute noch 6 bis 7 Departementsthierarztstellen so unselbst¬ 
ständig, dass die Herren Departementsthierärzte kaum erfahren, 
welche Seuchen in ihren Bezirken herrschen. Dies ist doch 
sicher der Staatsregierung bekannt, und hätte dieselbe, wenn sie 
das Bedürfniss dafür anerkennen wollte, schon Abhülfe geschaffen. 
Wie viel weniger wird sich die Staatsregierung nun darauf ein¬ 
lassen, die Kreisthierarztstellen jetzt schon zu vollbesoldeten 
Beamtenstellen einzurichten, namentlich da doch nur verhältniss- 
mässig wenig solche Stellen, wo der Beamte vollbeschäftigt 
sein würde, vorhanden sind. Bringt die Zeit mehr Beschäftigung 
für alle Kreisthierärzte, so wird allerdings dadurch entsprechend 
die Zeit zur Ausübung der Privatpraxis beschränkt und müssen 
wir desshalb heute schon darauf Rücksicht nehmen, dass bei den 
Collegen, welche durch ihre amtliche Thätigkeit in ihrer Privat¬ 
praxis geschädigt werden, auch eine entsprechende Erhöhung des 
Einkommens aus der amtlichen Thätigkeit erzielt werden kann. 
Durch diese klargelegten Verhältnisse musste auch ich mich 
überzeugen lassen, dass das Verbot der Ausübung der Privat¬ 
praxis siel} nur für verhältnissmässig wenig Kreisthierarztstellen 
eigne, und mich desshalb für die Beibehaltung der Privatpraxis 
erklären. Vielleicht könnte es sich empfehlen, einzelne Kreis¬ 
thierarztstellen, wo sich die Nothwendigkeit herausstellt, analog 
der Grenz- oder Departementsthierarztstellen derart einzurichten, 
dass dort den Inhabern die Betreibung der P’rivatpraxis untersagt 
und sie für den Ausfall derselben entschädigt würden. 

Es ist nun also die Frage zu beantworten: Wie ist bei der 
Beibehaltung der Privatpraxis eine Verbesserung unserer 
Stellung zu ermöglichen? In erster Linie muss ein jeder Kreis¬ 
thierarzt in den Stand gesetzt sein, auf seine amtliche Thätigkeit 
auch die genügende Zeit verwenden zu können, ohne gleich einen 
Ausfall in seinen weiteren Einnahmen befürchten zu müssen; er 
muss für jede amtliche Thätigkeit genügend bezahlt werden; und 
denken wir zunächst an die Beschäftigung, die der Kreisthierarzt 
in seinem Wohnorte resp. in seinem Hause hat, namentlich an 
die vielen Berichte etc., so ist es ohne Frage, dass dafür die 
Besoldung von 600 Mark, wie wir sie bisher erhalten haben, 
nicht mehr ausreicht, da dieselbe doch auch für die Beschaffung 
der für jeden Kreisthierarzt nöthigen Instrumente etc. gezahlt 
wird. Wir müssen daher um Erhöhung dieses Grundgehaltes 
bitten. 

Wenn nun den Collegen der Provinz Sachsen der Vorwurf 
allzu grosser Bescheidenheit in der Feststellung dieser Erhöhung 
gemacht und ihnen Mangel an Selbstvertrauen vorgeworfen ist, 
so muss ich Letzteres entschieden zurückweisen. Bescheiden sind 
wir gewesen und wollen es auch bleiben, und von dem Grundsätze 
ausgehend, dass das Gehalt nur ein Theil der Einnahmen der 
Kreisthierärzte sein soll, wofür \ der Gesammtheit nur verhältniss¬ 
mässig wenig zu thun hat, so glauben die Kreisthierärzte der 
Provinz Sachsen, dass eine Erhöhung auf 1000 Mark, die von 
zwei zu zwei Jahren um 100 Mark steigt, bis zum Höchstbetrage 


No. 25. 

von 1500 Mark eine genügende Entschädigung für die Arbeits¬ 
leistung, welche wir in unserem Wohnorte haben, sein wird. 
Aber um eine Erhöhung unseres Grundgehalts auf 2400 Mark 
oder wohl gar auf 3000 Mark zu bitten, halte ich für unrichtig; 
denn diejenigen Collegen, welche täglich amtlich beschäftigt sind 
und dafür ihre Tagegelder beziehen, auch zeitweise noch Ueber- 
schüsse aus den Reisekosten haben, werden ja dann auch ge¬ 
nügend besoldet, wenn ihnen neben dem auf etwa 1500 Mark 
erhöhten Grundgehalt auch noch eine Erhöhung der Tagegelder 
bevorsteht, und desshalb muss zweitens hauptsächlich danach 
gestrebt werden, dass die Kreisthierärzte für die Zeit, in der sie 
amtlich beschäftigt sind, genügend entschädigt werden durch die 
Erhöhung der Tagegelder. Völlig unzureichend sind sechs Mark. 
Wenn wir den ganzen Tag, auch wohl noch die Nacht unterwegs 
sein müssen, der Entfernung wegen die Eisenbahn benutzen und 
unser Fuhrwerk desshalb zu Hause lassen, so weiss ich nicht, 
was ich mit den sechs Mark bezahlen soll, ob meine Ver¬ 
pflegung, die Verpflegung meiner Familie oder mein Gespann zu 
Hause. Hier würde ich auf dem Standpunkt stehen und behanpten, 
zwölf Mark Tagegelder wären nicht zuviel. Denn dies ist doch 
hauptsächlich die Bezahlung für die Leistung der Kreistliierärzte, 
und muss denjenigen Collegen, die stark beschäftigt sind, mehr 
zu statten kommen als denjenigen, welche ihre Zeit auf die 
Privatpraxis verwenden können. Um aber nicht unbescheiden zu 
erscheinen, fassten die Kreisthierärzte der Provinz Sachsen den 
Beschluss, nur um die Erhöhung der Tagegelder auf neun Mark 
zu bitten. Hierbei kommt nun sogleich die Rangfrage in Be¬ 
tracht. Im Grossen und Ganzen sind ja die Kreisthierärzte stets 
bescheiden gewesen, und es ist, im Grunde genommen, wohl 
ziemlich gleich, in welcher Rangclasse wir stehen, da alle 
Collegen wohl durch ihr persönliches Auftreten sich ihre 
Stellung in der Welt derart gemacht haben, wie wir es nur ver¬ 
langen können. Aber schon mit Rücksicht auf die Erhöhung 
der Tagegelder, welches meiner Meinung nach die Hauptsache 
ist, und dann auch auf diejenigen Personen, durch deren Hände 
stets unsere Berichte gehen und umgekehrt die Verfügungen zu 
uns kommen, halten wir es für geboten, gleichzeitig um die Ver¬ 
setzung in eine höhere Rangclasse zu bitten. Denn nur dadurch 
können wir eine Erhöhung der Tagegelder erstreben. Da die 
Departementsthierärzte jetzt in der fünften Rangclasse stehen, so 
glaube ich, würde es uns als Ueberhebung angerechnet werden 
können, wenn wir auch diese Classe forderten; es bleibt uns 
also, um ein erreichbares Ziel vor Augen zu haben, nur übrig, 
für die Einreihung in die sechste Classe zu bitten; möchte aber 
dringend davon abrathen, hierbei die Stellung der Regierungs¬ 
und Kreissecretaire zu berühren. 

In unserer jetzigen Stellung steht es uns nicht zu, eine 
höhere Rangclasse zu fordern, und würde es für uns viel 
unangenehmer sein, wenn öffentlich erklärt würde: „Ihr überhebt 
Euch, Ihr gehört nur in die sechste Rangklasse“, deshalb lassen 
Sie uns doch auch nur das fordern, wozu wir voll berechtigt sind. 
Werden mal höhere Anforderungen an uns gestellt, so bleibt es 
uns resp. unseren Nachfolgern unbenommen, dann auch wieder um 
eine Erhöhung ihres Ranges zu bitten. 

Meine Herren! Hier muss ich nochmals darauf zurückkoramen, 
dass Sie sich nicht der Hoffnung hingeben wollen, es werde die 
Maturitätsreife als Vorbildung für das thierärztliche Studium in 
absehbarer Zeit gefordert. Aus Mittheilungen, welche mir von 
eingeweihten Personen gemacht sind, ist daran vorläufig gar nicht 
zu denken, und um mit Recht die Forderung der Erhöhung der 
Tagegelder etc. stellen zu dürfen, müssen wir wohl auch gleich¬ 
zeitig die Forderung auf Versetzung in eine höhere Rangclasse 
stellen. 


BERLINER TH 1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 






23. Juni 1898 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


295) 


Die letzte Forderung, „Gewährung einer angemessenen Pen¬ 
sion“, wird ja auch von allen Betheiligten gestellt, und ist wohl voll 
berechtigt. So wenig wie ein Kreisthierarzt, namentlich in seinem 
Amte, auf seine Gesundheit Rücksicht nehmen kann und so vielen 
Gefahren, wie sein Körper stets ansgesetzt ist, ist wohl bei 
keiner andern Beamtenkategorie zu finden, und wenn wir nun 
bedenken, wie tlieuer der Lebensunterhalt einer Familie jetzt ist, 
und wie gering die Kreisthierärzte bisher besoldet sind, so ist 
hieraus sofort die Unmöglichkeit zu folgern, dass die Kreis¬ 
thierärzte in der kurzen Zeit, wo sie in ihrer vollen Kraft thätig 
sein können, so viel erübrigen, dass sie davon in ihren alten 
Tagen zu leben haben, daher ist j t auch wohl diese Forderung 
schon als berechtigt anerkannt. Es handelt sich augenblicklich 
nur um die Form und Höhe, welche wir erbitten wollen. Auch 
hier wieder möchte ich zur Mässigung ratlien; ich meine, es ist, 
doch ein Unterschied darin zu machen, ob wir vollbeschäftigte 
Beamte sind, oder ob wir neben unserer privaten B schäftigung 
noch ein Amt haben; uni wenn wir bedenken, dass wir bisher 
gar keine Pension haben, so glaube ich, sollen wir ursere 
Forderungen auch hierin nicht zu hoch stellen. Viele selbst mit 
Maturitätsreife versehene Beamte haben nur ein Anfangsgehalt 
von 240'i M. steigend bis etwa 5200 M. Da in Preussen in der 
Regel die Pensionsberechtigung erst nach Ablauf von 10 Jahren 
mit »/« des derzeiten Gehaltes beginnt, das Höchstgehalt aber 


j erst nach ca. 20 Jahren erreicht wird, so kann auch eine 
! Pensionirung der Kreisthierärzte von einem bestimmten fingirten 
Gehalt nicht stattfinden, und haben die Kreisthierärzte Sachsens 
b-i ihrem Beschlüsse im Auge gehabt, dass die Summe von 
3600 M. etwa einem Gehalt entsprechen solle, welches die 
Beamten der Kategorie, die mit 2400 M. Gehalt beginnen, nach 
Ablauf von 15 Jahren haben würden. Ich möchte desshalb hier 
den Antrag dahin präcisiren, dass die Kreisthierärzte bitten, von 
einem fingirten Gehalt in Höhe von 3000—4000 M. nach Mass- 
gabe der übrigen Staatsbeamten pensionirt zu werden. 

Ich schliesse nun mit dem bestimmten Anträge des tl ierfirzt- 
lichen Vereins der Provinz Sachsen, Anhalts und der Thüringischen 
Staaten und bitte die Ceutral-Vertretung der thierärztlichen 
Vereine Preussens, sobald als thunlich an zuständiger Stelle in 
geeigneter Weise dahin vorstellig zu werden, dass den Kreis¬ 
thierärzten Preussens 

1. eine Erhöhung des Grundgehalts auf 1000 M., steigend in 
Zwischenzeiten von je 2 Jahren um 100 M. bis zum Höchst¬ 
betrage von 1500 M.; 

2. die Versetzung aus der 8. in die 6. Rangklasse unter 
Zubilligung von 9 M. Tagegeldern, und 

3. eine Pensionirung unter Zugrundelegung des Modus für 

alle Staatsbeamte von einem fingirten Gehalt von 3000 bis 
4000 M. gewährt werde. (Forts, d. Berichts folgt.) 


Oeffentliches Yeterinarwesen. 


(Mittheilungen für 

Senchenstatistik and Yeterinärpolizei. 

Tuberculingewöhnung. 

Nocard hat festgestellt, wie lange Zeit eine erfolgte Tuber- 
culininjection das Eintreten der Reaction bei Wiederholung der 
Injection verhindern kann. Es ergiebt sich, dass diese Zeit etwa 
1 Monat beträgt. Nach dem Kauf von Rindern sollte daher 
1 Monat vergehen, bevor man eine Tuberculinprobe mit sicherem 
Resultat vornehmen kann. Dementsprechend würde auch eine 
30tägige Quarantäne an der Grenze erforderlich sein, die natürlich 
unmöglich ist. Nun soll aber Roux schon vor der Entdeckung 
des Tuberculins durch Koch verschiedene Impfstoffe in unbekannter 
Manier hergestellt haben, deren Wirkung durch eine vorher¬ 
gegangene Tuberculininjection nicht beeinflusst werden soll. N. 
empfiehlt, diesen Roux’schen Impfstoff an der Grenze zu ver¬ 
wenden, und glaubt damit betrügerische vorherige Injection fest¬ 
stellen zu können. 

Aenderung des Seuchennachrichtendienstes. 

Der deutsche Landwirthschaftsrath hatte, wie s. Z. auch in 
der B. T. W. mitgetheilt worden ist, verschiedene Ausstellungen 
an dem bisherigen Seuchennachrichtendienst gemacht und 
beschlossen, um einige Aenderungen zu bitten. 

Die hierauf behördlicherseits angestellten Erhebungen haben 
zu einer Vorlage beim Bundesrath geführt, welche derselbe 
kürzlich angenommen hat. 

Die neuen Bestimmungen dehnen die Berichterstattung auch 
auf Schweineseuche und Schweinepest aus. Die von den 
beamteten Thierärzten dem Kais. Gesundheitsamt einzusendenden 
Seuchenmeldungen sollen alle 14 Tage erstattet und veröffentlicht 
werden. Für Maul- und Klauenseuche soll ein eigner Meldedienst mit 
Berücksichtigung der grossenViehhandelsplätze eingerichtet werden, 
dessen specielle Anordnung den Landesregierungen überlassen wird. 

- Fleisehschan und Vieh verkehr, 
lieber die Blutmengen, welohe bei den verschiedenen Schlachtmethoden 
gewonnen werden. 

Von Schlachthof director Goltz-Halle. 

(Ztachr. f. Fl.- u. Mllchhyg. Mal 9S.) 

Gegenüber den Behauptungen des Herrn Dembo, eines 


Veterinärbeamte.) 

russischen Arztes, der ganz besonders für das Schächten eintritt 
hat Herr Goltz umfassende Untersuchungen angöstellt. Dembo 
hat anscheinend nur an den Kaninchen einige wenige Versuche 
gemacht, aus denen er folgerte, dass geschachtete Thiere im 
Allgemeinen viel mehr Blut verlören als vorher betäubte. Die 
völlige Unhaltbarkeit dieser Behauptung weist Goltz an einer 
grösseren Reihe von Untersuchungen, die an schlachtbaren Haus¬ 
sieren, namentlich an Rindern, aber auch an Kälbern und 
Schafen gemacht worden sind, nach. Die aus den Versuchen 
schliesslich gewonnene exacte Tabelle erstreckt sich auf 17 Rinder, 
8 Kälber und 9 Schafe. Bei Rindern wurden danach im Durch¬ 
schnitt gewonnen beim Schächten 3,24, bei der Schussmaske 3,20 
und bei der Schlagmaske 2,89 pCt. des Lebendgewichts. Die Ver¬ 
suche an Kälbern ergaben eine gewonnene Blutmenge von 4,91 
bezw. 4,90 bezw. 5,7 pCt. beim Schächtschnitt, dem gewöhnlichen 
Fleischerhalsschnitt und dem Keulenschlag. Bei Schafen endlich 
ergab der Schächtschnitt 4,15, der Halsstich 4,31 und der Kenlen- 
schlag 4,35pCt. des Lebendgewichts. 

Hieraus ergiebt sich, dass bald bei der einen Methode, bald 
bei der andern etwas mehr oder etwas weniger Blut gewonnen 
wird, dass es aber im Ganzen hinsichtlich der Ausblutung völlig 
gleichgiltig ist, ob jüdisch rituelles Schlachten stattfindet oder 
eine Betäubung der Blutentziehung vorausgeht. Wenn die von 
Dembo an Kaninchen gewonnenen Resultate auch richtig sein 
mögen, so lassen sie sich doch mindestens nicht auf Schlacht- 
thiere übertragen. Die Versuche sind auf Schweine nicht aus¬ 
gedehnt worden, weil bezügl. dieser Thiere noch Niemand die 
Behauptung riskirt hat, dass sie schlechter ausbluteten, wenn sie 
betäubt worden sind, als ohne Betäubung. 

Ueber Entschädigungsansprüche bei Beanstandung einzelner Organe. 

Amtsthierarzt Augst macht über diesen lästigen Punkt der 
Fleischschau in der Ztschr. f. Fl.- und Milchhyg. folgende Be¬ 
merkungen. Dass die Fleischer wegen Beanstandungen einzelner 
Organe oft ungebührlich hohe Ersatzansprüche an den produciren- 
den Landwirth stellen, darüber wird vielfach geklagt. Meistens 
scheuen sich die Landwirthe, dagegen Front zu machen, weniger 
aus Scheu vor den Kosten der Untersuchung oder aus Misstrauen 


Digitized by 


Google 




3C0 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 25. 


gegen den untersuchenden Thierarzt, als weil der Landwirth 
zweierlei vermeiden will: einmal die ihm zur Verfügung gestellten 
Thiere selber zu verwerthen und zweitens, das Vorkommen der 
Tuberculose in seinem Viehstand bekannt werden zu lassen. 
Bei schweren Stücken oder im Sommer ist der Verkäufer so wie so 
in einer Zwangslage. Wenn hier der Bauer nicht thut, was der 
Schlächter will, so riskirt er, dass dieser ihm das Stück über¬ 
haupt zur Verfügung stellt und ihm womöglich noch eine Rechnung 
macht, bei der, in Sachsen wenigstens, die Summe von 
50—80 M. herauskommen kann, indem er ein Entgelt für Geschäfts¬ 
schädigung, Ersatz der Schlachtsteuer, Arbeitslohn etc. etc. ver¬ 
langt. Dann soll der Bauer das Rind nach Hause fahren, soll es 
dort ausbieten, dabei auch noch einen Hausschlächter engagiren. 
Das ist Alles gar nicht möglich. 

Unter diesen Umständen befürwortet Augst, und zwar mit 
grossem Recht, dass bei der gesetzlichen Regelung der Fleisch- 
schau der Werth der einzelnen Organe festgesetzt werde, und 
dass bei sonst vollwertigem Fleisch die Entschädigungsansprüche 
lediglich hiernach gestellt werden können. Eine derartige Werthliste 
ist auch von der Berliner Fleischerinnung aufgestellt und mit den 
auf dem Berliner Schlachthof versichernden Schlachtvieh¬ 
versicherungsgesellschaftenvereinbartworden. Was diesen gegen¬ 
über geht, muss natürlich auch den Landwirthen gegenüber gehen. 


Wird eine derartige Massregel getroffen, so würden sich auch die 
Landwirt he sehr bald allgemein mit der Fleischschau aussöhnen. 

Fleischbeschau in Baden 1897. 

Während des Berichtsjahres sind im Ganzen nachweislich 
492 826 Stück Schlachtvieh geschlachtet worden, d. i. eine Ab¬ 
nahme der Schlachtungen nm 16,42 pCt. gegen das Voijahr. 
Von den 492 826 geschlachteten Thieren sind 9057 rntli- 
ge8chlachtet worden. Diese Zahlen vertheilen sich auf folgende 
Thiere: 120131 Rinder (6995),*) 122 328 Kälber (1084), 32 999 
Schafe und Ziegen (68), 216151 Schweine (874) und 1217 Pferde 
(36). Von den geschlachteten Thieren wurden 1392 = 0,28 pCt. 
(gegen 0,26 pCt. im Vorjahre) ganz und von einer nicht 
ermittelten Zahl von Schlachtthieren 15 4.4 Theile (darunter 
7575 Lungen und 5118 Lebern) als ungeniessbar befunden. Von 
diesen gewerbsmässig betriebenen Schlachtungen kommen für die 
Volksernährung noch etwa 208 529 häusliche Schlachtungen 
in Betracht, so dass sich ungefähr ein Gesammt-Fleischverbraiuh 
von 699 963 Thieren (gegen 796 498 im Vorjahre) ergiebt. Bei 
einem durchschnittlichen Schlachtgewicht dieser Thiere mit 
71554 000 kg entfallen auf den Kopf der Bevölkerung 42,1 kg 
(gegen 47,9 kg im Jahre 1893). 

*) Die Zahlen in Klammern geben die Nothscblachtungen an. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Engel vom Feld-Art.-Rgt. 
No. 5 und dem Oberrossarzt a. D. Weishaupt in Bremen wurde 
der Rothe Adler-Orden IV. Klasse verliehen. 

Ernennungen: 

Der Kreisthierarzt des Kreises Guhrau, Haunschild, ist aus 
dem Staatsdienst geschieden, und der Thierarzt Kissuth aus Grau- 
denz zum Kreisthierarzt des Kreises Guhrau ernannt, desgl. Thierarzt 
Gasteiger-Kissingen zum Bezirksthierarzt in Pfaffenhofen (Ober¬ 
bayern); Rossarzt a. D. Nickel zum Schlacht!.ofinspektor in Schlawe 
gewählt. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Wilhelm Belitz, Jacob Gold¬ 
stein, Hugo Meier, Kurt Lehmann. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
R. Karnahl-Pegau nach Zwenkau (b Leipzig). — Tbierarzt Scharr 
hat sich in Kletzke (Brdbg.) niedergelassen. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Dr. Bertram-Braunschweig, Professor 
Wilhelm Eber-Berlin, Kreisthierarzt Friebel Insterburg, Thierarzt 
König-Moringen, Rossarzt Schultz-Stallupönen. 

Yacanzen. 

Kreis'hierarztsteilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsident. — 
R.-B. Düsseldorf: Cleve Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsident. — 
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln: 
Falkenberg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbcstand im Kreise 27000 Stück). 

— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 
300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. anMagist 

— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M. 
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist. 

— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, 
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.) 

— Creuzburg (Werra). — Drengfurt. — Gleschendorf 
(FUrstenthum Lübeck). — Guxhagen (Regierungs-Bezirk Cassel.) — 
Pitschen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: 
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat 

— Dassuw (Mccklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): 


Thierar/.t. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov. 
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bollö-Magdeburg (Schlachthof . — 
Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. au 
Magistrat— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
500 Mark). — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). 

— Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. 
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt 
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.- 
Schw.).— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat. — 
Schlotheim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M. > 
Hew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬ 
arzt Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbanm. 

— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬ 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Schlawe (Pommern). 

Ausstellung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in Dresden. 

Der Unterzeichnete Ansschuss giebt hiermit bekannt, dass als 
Standquartier für die Herren Thierärzte während der in den 
Tagen vom 30. Jnni bis 5. Juli d. J. in Dresden stattfindenden 
Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts - Gesellschaft das 
Restaurant „Redlichhaus“ an der Carolabrücke bestimmt 
worden ist 

Ferner wird bekannt gegeben, dass am Sonnabend den 
2. Juli er. die Landsmannschaft „Alemannia“ im Saale des Musen¬ 
hauses and die Landsmannschaft „Saxonia“ in Helbig’s Restaurant 
an der Elbe, ihre Stiftungscommerse, beide nm 8 Uhr Abends be¬ 
ginnend, abhalten werden, wozu die genannten Landsmannschaften 
die zu dieser Zeit hier anwesenden Herren Thierärzte hiermit 
ergebenst einladen. 

Für einen am Montag den 4. Juli in Begleitung mit Damen 
in Anssicht genommenen Ansflug nach der Bastei wird das Nähere 
durch Anschlag im thierärztlichen Bureau auf dem Ausstellungs- 
platze, woselbst Auskünfte jeder Alt, soweit dies möglich ist, 
immer und gern ertheilt werden, noch bekannt gemacht werden. 
Dresden, den 14. Juni 1898. 

Otto Beier, Bezirksthierarzt. Dresden-N., Königsbrückerstr. 47. 
Max Redlich, Amtstbierarzt, Dresden-A., Amalienstr. 23. 

Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-N., Bischofsweg 18. 


Ich bin von meiner Reise zurückgekebrt. 

Schmaltz. 

Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratepihell) Prof. Dr. Schmält» ln Berlin. — Verlag und Eieenttaum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstciu. Berlin. 


Digitized by AjOOQle 









Dl« „Berliner ThierinUiehe Wochenschrift" erscheint 
wöchentlich ln Stftrke von mindestens l'/t Bogen. Dieselbe 
Ist in bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoett, Berlin NW., Luisenstrasse 36, um Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeltrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man sn senden an Prof. Dr. 8chmaltz, 
Berlin, thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

i 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 26 . Ansgegeben am 30. Jani. 


Inhalt: Tdpper: Die Castration der Cryptorchiden. — Referate: Sud er: Ueber das eintägige Fiebern beim Pferde. — 
Nocard: Die Lungenseuche beim Rinde.— Therapeutische Notizen. —Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung 
der Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Verschiedenes. — 
Oeffentliches Veterinärwesen: Senchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Perso¬ 
nalien. — Vacanzen. 


Die Castration der Cryptorchiden. 

Vortrag, gehalten in der Versammlung des Brandenburger Vereins 

Von 

Dr. Töpper-Berlin. 

Oberrossarzt der König). Marsttlle. 

Die Castration der Cryptorchiden ist eine Operation der Neu¬ 
zeit. Trotzdem besitzen wir über dieselbe schon eine ansehnliche 
Litteratur, die ich am Schlüsse des Vortrages für diejenigen 
Herren, die sich speciell für die Operation interessiren, anführen 
will. Die dänischen Thierärzte waren die ersten, die die Operation 
mit Erfolg aiisführten. "‘Stockfleth, Hogar, Barford. 
Sonken, G. Jensen veröffentlichten in der Tidskrift for Veterin. 
im Jahre 1856 bemerkenswerthe Artikel, denen solche von 
C. Jensen nnd den erwähnten anderen dänischen Forschern im 
Jahre 1867, von H. Jensen 1869, Petersen 1872, R. Jensen 
1878, Bagge und Stelkens 1881, Silfverkjelm nnd Abergh 
im Jahre 1882 nnd endlich von Bang in dem Handbuch der 
thierärztlicheu Chirnrgie von Stockfleth und Steffen folgten. 
Augenblicklich sind es hauptsächlich Professor Sand-Kopenhagen, 
der die meisten Cryptorchiden in Seeland, und Thierarzt Winter, 
der fast alle Cryptorchiden in Jütland operirt. In Norwegen und 
Schweden ist die Operation von Lindqnist, Vennerholm ge¬ 
macht und beschrieben worden. In Frankreich wurde die 
Operation bereits im Jahre 1846 von Marrel eingeführt und 
später von Capon und dessen Assistenten Jacoulet im 
Jahre 1878 und 1886, ferner von Mauri nnd Trasbot gelehrt. 
Einen sehr guten Artikel über die Castration der Cryptorchiden 
hat Cadiot geschrieben. Derselbe findet sich, übersetzt von 
Prof. Dr. Fröhner, in den „Monatsheften für practische Thier¬ 
heilkunde“ im IV. Band und 9. Hefte. 

In Belgien waren es van Haelst und van Seymortier, 
welch letzterer die erste Beschreibung der inguinalen Operations¬ 
methode giebt. Namen wieBrogniez, Diericx, ganz besonders 
aber Degive sind es, die bei Operation der Cryptorchiden einen 
sehr guten Klang haben. 

In Deutschland wurde von der Operation in den alten 
Veterinär-Chirurgien von Hering, Hertwig etc. abgerathen, 
da die meisten Pferde nach derselben starben. Departements¬ 
thierarzt Schmidt - Aachen, der Professor Degive bei 
drei Castrationen assistirte, beschrieb die Operation im Jahre 


1885 im „Archiv für Thierheilknode“. Professor Möller ver¬ 
öffentlichte ira Jahre 1888 einen trefflichen Artikel in den 
„Monatsheften für Thierheilknode“ von Fröhner. Ostermann 
und Peters vervollkommneten die Methode des Flanken Schnittes 
durch Antiseptik. Günther veröffentlichte einen grösseren 
Artikel über die Cryptorcbidenoperation bei Pferden in der 
„Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift“ 1894, Seite 61 und 
plaiilirt für eine eigene Operations-Methode vom Bauche aus. 
Nachdem dieser Vortrag bereits gehalten, schrieb Professor 
Fröhner in den „Monatsheften für practische Tbierheilkunde“, 
üXl' Band, 8. Heft einen Aufsatz: „Welche Methode der 
Cryptorcbidenoperation ist die beste?“ 

Die sehr werthvollen Erfahrungen Fröhner’s habe ich an 
einzelnen Stellen des Vortrags zum Ausdruck gebracht. 

Im Jahre 1896 assistirte ich Professor Möller bei sieben 
Cryptorchidenoperationen in Ostpreussen. Professor Sand, der 
im Juli 1896 das Hauptges üt Trakehnen besuchte, hatte die 
Liebenswürdigkeit, mich einzuladen, nach Kopenhagen zu kommen, 
um unter Beiner Aufsicht und Anleitung die Cryptorcbidenopera¬ 
tion auszuführen. Ich will nicht verfehlen, Herrn Professor 
Sand hiermit meinen öffentlichen Dank auszusprechen. In der 
uneigennützigsten Weise demonstrirto mir Herr Professor Sand 
die Operation nnd gestattete, dass ich dieselbe unter seiner Auf¬ 
sicht bei acht, darunter zwei beiderseitigen abdominalen Cryptor- 
ebiden ausführte. Nach mündlicher Mittheilung hatte Herr Pro¬ 
fessor Sand in den letzten sechs Jahren 250 Cryptorchiden 
castrirt und hierbei nur einen Verlust zu verzeichnen. Bei zwei 
Cryptorchiden konnten die Hoden nicht entfernt werden, da sie 
verwachsen waren, bei zwei Cryptorchiden worden die Hoden 
nicht gefunden. 

Die angeführten, theilweise ausgezeichneten Veröffentlichungen 
über dies Thema, die Versicherung verschiedener Specialisten 
bezüglich der Einfachheit dieses Verfahrens werden kaum die 
Unentschlossenheit vieler Thierärzte beseitigen und bewirken, 
dass sie die Operation vornehmen. Dennoch wäre es jetzt an 
der Zeit, wo wir mit der Anti- nnd Asepsis besser Bescheid 
wissen wie früher, wenn mehr Thierärzte versuchten, die Opera¬ 
tion vorzunelimen. Fröhner sagt: „Eine sorgfältige Asepsis 
ist die wichtigste Grundbedingung für die Operation“. Möller, 
Cadiot, Degive versichern, dass neben absoluter Asepsis nur 


Digitized by LaOOQie 






302 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


anatomische Kenntnisse, Geschicklichkeit und Uebung nothwendig 
sind, nra die Operation mit Erfolg auszuführen. Professor Sand 
behauptet in seiner bescheidenen Weise, dass die Operation von 
den Dänen nur deshalb besser und mit grösseren Erfolgen, als 
in Deutschland ausgeführt würde, weil durch das Hinwerfen und 
durch die Befestigung der Füsse der Pferde nach dänischer 
Methode das Operationsfeld klar und bequem zur Anschauung 
gebracht wird und die Operation hierdurch bedeutend erleichtert 
wird. Wer direct ungeschickt ist, soll nicht operiren. 

Bevor ich die Operation beschreibe, will ich einige Er¬ 
fahrungen, die ich über den Cryptorcbismus in Ostpreussen bei 
meinen Operationen gesammelt habe, voransschicken. 

Unter Cryptorchismus (von xqvtxthv verbergen und og/ji der 
Hoden) versteht man denjenigen Zustand bei männlichen Thieren, 
bei dem der eine oder sogar beide Hoden den Bauchring nicht 
passiren, um in den Hodensack zu gelangen, sondern in der 
Bauchhöhle Zurückbleiben. Degive betrachtet als echte 
Cryptorchiden nur Thiere, bei denen ein oder beide Hoden in der 
Bauchhöhle liegen oder bei denen der verborgene Hoden so 
wenig entwickelt ist, dass er auf keine Art genau in seinem Sitze 
festgestellt werden kann. Liegen die entwickelten Hoden im 
Leistenkanale und sind also fühlbar, dann handelt es sich um 
einen Pseudo-Cryptorchismus, der gerichtlich nicht als Cryptor¬ 
chismus bezeichnet werden sollte. Bekanntlich entwickeln sich 
die Hoden aus dem mittleren Keimblatte und zwar aus den 
Urnieren oder den Wolff’schen Körpern. In einer vor¬ 
geschrittenem Periode des Foetallebens beginnt der Hoden, der 
ursprünglich unter den Lendenwirbeln in der Nähe der Nieren 
liegt, seine Lage zu wechseln und rückt nach dem Becken herab, 
um von dem Hodensacke, einem Anhangsgebilde der Leibeshöhle 
aufgenommen zu werden. Dieser Vorgang ist als Des- 
census te8ticulorum bekannt. Tritt der Hoden nicht in den Hoden¬ 
sack, sondern bleibt im Bauche liegen, so werden ihm auch die 
Hüllen felilen, denn die Hüllen des Hodens entsprechen gemäss 
ihrer Entwicklung den einzelnen Schichten der Leibeswand. Ich 
mache deshalb hierauf aufmerksam, damit, falls Sie einer Castration 
von Cryptorchiden beiwohnen, Sie sich nicht täuschen lassen. 
Stösst der Operateur mit den Fingern in den Leistenkanal und 
bringt einen Hoden hervor, der von der tunica vaginalis communis 
umgeben ist, so ist es immer ein inguinaler, nie ein abdominaler 
Cryptorchide gewesen. Oder mit andern Worten: muss der 
Operateur, um zum Hoden zu gelangen, erst die Häute mit dem 
Messer öffnen, so lag der Hode im Leistenkanal, bringt er dagegen 
den Hoden ohne Häute zum Vorschein, so war der Operateur 
mit den Fingern in der Bauchhöhle und der Cryptorchide 
abdomiual. Manchmal kommt es vor, dass der Hoden abdominal liegt. 

Cadiot *) behauptet, dass der Hoden beim Pferde gewöhnlich 
gegen das Ende des sechsten Monats nach der Geburt im Hoden¬ 
sacke anlangt. Ich habe daraufhin im Hauptgestüt Trakehnen 
sowohl wie in meiner Privatpraxis in Ostpreussen viele neu¬ 
geborene Fohlen untersucht, konnte aber nur feststellen, dass bei 
den meisten Fohlen gleich nach der Geburt die Hoden sich schon 
im Hodensacke befinden. Mein früherer Assistent Dr. Bernhard 
in Trakehnen castrirte 1 Fohlen, ich selbst 3 Fohlen im Alter 
von 14 Tagen resp. 3 Wochen. Allgemein wird ferner behauptet, 
dass diese Anomalie in den Ländern des Nordens, wie Dänemark, 
Belgien, Holland, England häufiger vorkäme als in Frankreich, 
am seltensten soll sie in Deutschland, Italien, Russland und im 
Orient nach Angabe der dortigen Schriftsteller Vorkommen.. 

Nach meinen Erfahrungen kommen in Ostpreussen fast eben- 

*) De la castration du cheval cryptorchide. Par P. J. Cadiot, 
Professeur ä l’6cole v6t6rinaire d’Alfort. Avec II figures dans le 
texte. Paris, Asselin et Ilouzeau 1893. 


so viele Cryptorchiden vor als in Dänemark. Vom November 1896 
bis zum October 1897 habe ich in Ostpreussen 21 Cryptorchiden 
castrirt. Ausserdem hatten mich 10 Besitzer gebeten, die 
Operation vorzunehmen, zogen aber den Auftrag zurück, weil 
ihnen dieselbe zu theuer war. Da die Operation meist nur 
an werthvollen Pferden in Ostpreussen, besonders nur zukünftigen 
Remonten ausgeführt wird, erhält man von den minderwerthigen 
Cryptorchiden selten Kenntniss, besonders wenn, wie es-vorkommt, 
bei täglicher Arbeit die Klopphengste ruhig sind. In dem kleinen 
Dorfe Trakehnen und einem Nachbardorfe von Trakehnen be¬ 
fanden sich vier Cryptorchiden, von denen ich erst hörte, als ich 
mich näher erkundigte. Ein Castrirer aus Detmold castrirte in 
meiner Gegenwart allein auf einem Rittergute bei Trakehnen 

5 und in zwei naheliegenden Dörfern 2, also im Ganzen in 
zwei Tagen 7 Hengste; Prof. Möller im Jahre 1895 einen und 
1896 in Ostpreussen 5 Cryptorchiden. 

Man unterscheidet einen abdominalen Cryptorchismus, wenn die 
Hoden sich im Bauche, einen inguinalen Cryptorchismus, wenn 
der Hoden sich im Leistencanale befindet Manchmal kommt es 
vor, dass im processus vaginalis, der bekannten Ausstülpung des 
Peritoneums, der Nebenhoden liegt und beim Zuge an demselben, 
vorausgesetzt, dass der Scheidencanal weit genug ist, der Hoden 
aus der Bauchhöhle herausspringt. Ist eine Hode verlagert, so 
spricht man von einfachem Cryptorchismus oder Monorchismus; 
sind beide Hoden in der Bauchhöhle geblieben, so nennt man es 
Cryptorchismus im eigentlichen Sinne, endlich kann er auf einer 
Seite abdominal und auf der anderen inguinal sein. Pferde, welche 
mit der Verlagerung der Hoden behaftet sind, nennt man Klopp¬ 
hengste, Spitzhengste, Cryptorchiden. Falsche Spitzhengste 
heissen diejenigen, bei denen der Hoden im Leistencanal liegt. 
Die beste Bezeichnung für die beiderseitigen Cryptorchiden hat man 
in Dänemark. Man nennt sie „Urbengste.“ Dies bedeutet, dass 
der Hengst in Betreff der Hoden in seinem Urzustände ver¬ 
blieben ist. 

Der Monorchismus kommt rechts und links nicht in 
gleicher Häufigkeit vor. Von den 22 von mir castrirten Crypt¬ 
orchiden waren 9 inguinal und 13 abdominal, dabei zwei beider¬ 
seitig, 5 rechtsseitig, 15 linksseitig. Möller fand von 13 Fällen 

6 rechts, 4 links, 3 beiderseitig. Cadiot hat von 15 Fällen 
10 linksseitig, Trasbot unter 12 neun, Degive unter 37 
34 linksseitig, Donals von 46 sogar 45 linksseitig constatirt 
Wie 68 scheint, überwiegt die Verlagerung des Hodens in der 
linken Seite. Der Hoden der Cryptorchiden behält in der Regel, 
ganz egal, wo er verlagert ist, foetale Eigenschaften, d. h. er 
ist meistens klein, schlaff und bei abdominalen Cryptorchiden in 
der Regel 10—15 cm vom Schwänze des Nebenhodens entfernt. 
In drei Fällen beobachtete ich, dass der in der Bauchhöhle 
liegende Hoden zwar schlaff und welk war, dass er aber voll¬ 
ständig die Grösse eines normalen Hodens besass. Mikroskopisch 
war ich auch im Stande, Samenfäden bei diesen drei Hoden 
nachzuweisen. Diese in der Banchhöhle verlagerten Hoden, die 
von normaler Grösse waren, gehörten Pferden an, die ein Alter 
von 7 resp. 8 Jahren besassen, und bei denen der eine Hoden 
bereits, als die Pferde ljährig waren, weggeDommen war. 

Das Gewicht der Hoden beträgt 20—50 g, bei einem von 
Möller castrirten Hengste hatte der Hoden ein solches von 146,5 
und ein anderer wog sogar 222,5 g, (bei den oben erwähnten drei 
Hoden differirte das Gewicht zwischen 120—150 g.). Jacoulet*) 
fand einen zurückgebliebenen Hoden 420 g schwer und von Kinds¬ 
kopfgrösse. Diese abnorm grossen Hoden, ganz besonders aber 
patholog. entartete Hoden, setzen der Operation die grössten 
Schwierigkeiten entgegen. Bei den 22 von mir castrirten 

*) Jacoulet, Repertoire de police sanit v6t 


Digitized by LjOOQie 



30. Juni 1898. BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 303 


Cryptorchiden habe ich nie einen krankhaft entarteten Hoden ge¬ 
funden. 

Der verlagerte Hoden ist fast immer frei, beweglich, manch¬ 
mal zwischen Darmschüngen liegend, meistens liegt er auf der 
Bauchwand ein wenig vor dem vorderen Beckenrande. Der 
Hoden ist aufgehängt an einer Bauchfelldnplicatur, Hodengekröse 
(Mesorchium) genannt, das sich von der Gegend der Lendensäule 
einerseits zur oberen Fläche der Blase und andererseits nach der 
Leistengegend zieht. Das Hodengekröse besitzt zwei freie Ränder, 
einen vorderen Rand, der die Blutgefässe des Hodens, einen 
hinteren Rand, welcher den Samenleiter und Nebenhoden enthält 
(siehe Abbildung). Bei einem vollständigen abdominalen Cryptor- 
chiden fehlt die Scheidenhaut vollständig. Oft befindet Bich ein 
Fortsatz derselben, der Scheidenfortsatz (processus vaginalis) im 
Leistencaual. In diesem Scheidenfortsatz befindet sich dann das 
Hunter’sche Leitband und der Schweif des Nebenhodens. Der 
Hoden selbst liegt oft in der Lendengegend, steht aber immer 
du rchdas Leitband und den Nebenhoden mit dem Gründe 
des Processns vaginalis in Verbindung. Ausgezeichnet 
sind diese anatomischen Verhältnisse, die für die Castration der 
Cryptorchiden von der grössten Wichtigkeit sind, beschrieben 
im Frank (Handbuch der Anatomie der Hausthiere II. Auflage) 
pag. 680 und 681 und in der 6chon erwähnten Abhandlung von 
Cadiot 1. c. pag. 390 nnd 391. Hierbei will ich Folgendes 
voransschicken. Fragen wir uns, meine Herren, wie ist der 
Cryptorchismns zu erklären? Unter dem „Hunter’sehen Leit¬ 
bande“ versteht man einen mit glatten Muskelzellen ansgestatteten 
Bindegewebsstrang, der den Grund des Scheidenfortsatzes mit 
dem Hoden und Nebenhoden verbindet. Dies Band schwindet 
beim Pferde nie vollständig, selbst beim Ciyptorchiden nicht. 
Nach Eichbanm (Untersuchungen über den Descensns testicu- 
lorum Koch’s Revue für Thierheilkunde und Thierzucht pag. 1 
Jahrgang 1883) verschwindet das Gubernaculum Hunteri allmälig 
bis auf einen kleinen Rest, welcher das Nebeuhodenband darstellt. 
Früher glaubte man nämlich, dass das Hunter’sche Leitband 
auf die Hoden einen Zug ausübe, wobei man auf die in ihm ent¬ 
haltenen Muskelfasern hinwies, oder eine Verkürzung des Binde- 
gewebsstranges durch allmälige Schrumpfung annahm. (cf. Eich¬ 
baum 1. c.). Diese Erklärung hat man neuerdings verworfen. 
Man erklärt den Descensus testiculorum sich jetzt durch un¬ 
gleiche Wachsthumsvorgänge. Während die in der Lenden- und 
Beckengegend gelegenen Theile mit ihrer Musculatnr sich 
strecken und das Hunter’sche Leitband nicht mitwächst, 
sondern klein bleibt, so muss es, da sein eines Ende in der Haut 
der Leistengegend, das andere an dem Hoden festgeheftet ist, 
den Hoden als den verschiebbaren Theil nothwendigerweise nach 
unten herabziehen; es zieht ihn zuerst allmälig in die Becken¬ 
höhle und schliesslich, wenn die anderen Theile noch grösser 
geworden sind, wenn dabei auch die Bauchwand um ein Viel¬ 
faches dicker geworden ist, in die Nähe des Leistenringes. 
Bleibt der Descensus testiculorum ein unvollständiger, 60 dass 
der Hoden in der Bauchhöhle zurückbleibt, resp. im oberen Theile 
des Leistencanals seine Lage nimmt, so bezeichnen wir diesen 
Zustand als Cryptorchismus. Vom Standpunkte der Embryologie 
bezeichnet man derartige Anomalien als Hemmungsmissbildungen, 
da sie ihre Erklärung in Entwicklungsvorgängen finden, welche 
nicht zu ihrem regelrechten Abschluss gelangt sind. (Dr. Oscar 
Hertwig, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen 
nnd der Wirbelthiere pag. 290—292). 

Beim inguinalen Cryptorchismus befindet der Hoden sich immer 
im Leistenkanal und ist immer von der gemeinschaftlichen 
Scheidenhaut umschlossen. Der Leistenkanal ist manchmal gross, 
in der Regel aber bei den inguinalen Cryptorchiden sehr klein, 


sodass Stockfleth behauptet, dass er viel kleiner sei, wie beim 
abdominalen Cryptorchismus. 

Ist der Hals des Scheidenkanals weit und besitzt der Hoden 
eine bestimmte Beweglichkeit, so kann dadurch, dass der Hoden 
in die Bauchhöhle zurücktritt, abwechselnd abdominaler nnd 
inguinaler Cryptorchismus Vorkommen. 

Nach den Beobachtungen von Paugone, Degive u. A. 
vererbt sich der Cryptorchismus. Beiderseitige Cryptorchiden 
sollen fast immer unfruchtbar sein. Bei Monorchiden wies 
Möller in zwei Fällen lebende, bewegliche Spermatozoen nach, 
bei 3 Hengsten fand ich auch vollständig ausgebildete Sper¬ 
matozoen. 

Der schwierigste Theil bei der Castration der Cryptorchiden 
war anfänglich für mich die Diagnose, an welcher Seite der 
Hoden verlagert ist. Oft ist dies sehr leicht, oft aber auch sehr 
schwer. In der Regel wird man nur zur Operation aufgefordert, 
wenn das betreffende Thier viel schreit, sich hengstig geberdet und 
schon castrirt ist. Diejenigen Besitzer in Ostpreussen, die ihre 
Remonten 1- resp. 2jäbrig ankanfen, werden erst durch die 
Hengstmanieren des Fohlens aufmerksam gemacht. Sie haben 
zwar das Thier als Wallach gekauft, sich aber nicht davon über¬ 
zeugt, ob das Thier thatsächlich an beiden Seiten castrirt ist. 
Diejenigen Besitzer, die ihre Remonten als halbjährige Fohlen 
ankanfen, wissen zwar, dass dem Fohlen bei der Castration nur 
ein Hoden genommen wurde, können aber in der Regel nicht mit 
Sicherheit angeben, an welcher Seite dies geschehen ist. Kann 
der Besitzer nun diejenige Seite, an welcher das Fohlen castrirt 
ist, nicht bestimmt angeben, so bitte ich ihn, mir Nichts zn 
sagen, sondern verlasse mich nur auf die Untersuchung der 
Geschlechtsorgane. 

Ist der Hoden an einer Seite thatsächlich entfernt, so ist 
eino Narbe vorhanden, die denjenigen Narben gegenüber, die nur 
gemacht sind, um Täuschung hervorznrufen, eine besondere Be¬ 
schaffenheit hat. Diese Narbe ist immer eingezogen, trichter¬ 
förmig und im Umkreis des Trichters mit Falten versehen. 
Bewegt man die Volarfläche der Finger an der Seite des 
Schlauches von vorne nach hinten, so findet man fast immer 
einen griffel- bis kleinfingerdicken Strang unter den Fingern hin- 
und hergleiten. Diesen Strang kann man dann bis znm unteren 
Leistenring verfolgen. Es ist der Stnmpf des Samenstranges. 
An der Seite, wo der Hoden verlagert ist, findet man niemals die 
charakteristische Beschaffenheit der Narbe und den Samenstrang¬ 
stumpf. An Stelle des letzteren befindet sich eine fast dreieckige 
Grube, die man besonders bei mageren Pferden sehen kann, da 
die Haut sich dann straff an den Schlauch anlegt. Jedoch ist 
man Täuschungen manchmal ansgesetzt. Ist z. B die Leisten¬ 
portion des Gubernacnlnm Hunteri sehr stark entwickelt, so 
kann sie wohl einen Saraenstrangstumpf vortänschen. Es fehlt 
dann aber immer die Narbe. Hat man festgestellt, an welcher 
Seite der Hoden nicht entfernt ist, so kommt es darauf an: hat 
man einen inguinalen oder abdominalen Cryptorchiden vor sich. 
Für die Operation ist dies ohne praktische Bedeutung, da der 
Anfang der Operation bei beiden Arten von Cryptorchiden 
derselbe ist. Zur sicheren Feststellung, ob der Hoden im Leisten¬ 
kanal sich befindet, gehört Uebung. Hat man dieselbe, so ist es 
eigentlich sehr leicht. Man spitzt die Finger der einen Hand 
conisch zn und dringt bis zum unteren Leistenring vor. Liegt 
der Hoden im Leistenkanal, so findet man einen rundlichen, 
dicken Körper, der sehr beweglich ist. Will man sich genauer 
überzeugen, so betastet man per anura vergleichshalber beide 
Leistenringe und findet dann den inneren Leisten ring von einem 
dünnen Strang durchzogen. 

Wi'l man mit Sicherheit feststellen, ob es sich um einen 


Digitized by CaOOQie 




301 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


inguinalen Monorcbiden oder Castraten handelt, empfiehlt Ries*) 
folgendes Verfahren. Man sucht mit der in den Mastdarm ein¬ 
geführten Hand sich den inneren Leistenring der fraglichen Seite 
auf, legt die Beere des Zeigefingers darauf und lässt durch einen 
Gehilfen einen Zug auf den Hodensack ausüben. Ist es ein 
Castrat, so gleitet der Samenstrang unter dem Zeigefinger, ist es 
ein inguinaler Monorchide so fühlt man keine Bewegung. 

Ist es ein abdominaler Cryptorchide, so findet man bei der 
Untersuchung keinen Hoden im Leistencanal. Oft liegt der Hoden 
am vorderen Rande des Schambeins und ist dann leicht durch 
Untersuchung per anum festzustellen. Die beste Methode zur 
Feststellung des abdominalen Cryptorchiden, die zu gerichtlichen 
Zwecken oft von der grössten Wichtigkeit ist, giebt Möller 
an. Möller empfiehlt folgendes Verfahren: Man suche mit der 
ira Mastdarm befindlichen Hand den vorderen Rand des Scham¬ 
beins auf. Dicht vor diesem oder etwa 10—15 cm neben der 
linea alba breite man die Finger soweit wie möglich aus und 
lege die Hand hier auf die untere Bauchwand. In der Regel 
fühlt man den halbrunden, weichen Hoden unter der Hand und 
kann ihn mit den Fingern betasten. Zuweilen gelingt der Nach¬ 
weis des Hodens erst bei einer wiederholten Untersuchung, und 
nachdem der Mastdarm durch Abführmittel oder Clystire entleert 
ist. Bei einiger Uebung aber fällt es meist leicht, nicht nur den 
Hoden, sondern auch seine Grösse einigermassen festzustellen. 
Findet man den Hoden nicht, so räth Möller das Degive’sche 
Verfahren anzuwenden, das darin besteht, mit der in den Mast¬ 
darm eingeführten Hand an der Seitenwand der Bauchhöhle von 
oben nach unten zu gleiten. 

Uebt man auf den Hoden einen Druck aus, so vermag man 
oft hierdurch characteristische Erscheinungen hervorzurufen, wie 
Lenglen, R. Jensen, Bang und Möller bewiesen. 

In Graditz untersuchte College Wagner-Jonastlial einen, ab¬ 
dominalen Cryptorchiden per anum. Bei jedem Druck auf den 
Hoden fing der Hengst an zu wiehern. (Mündliche Mittheil, des 
Herrn Grafen Lehndorff). 

Fröhner 1. c. pag. 342 und 343 empfiehlt mit Bang, den 
Hoden mit der flachen Hand von der Bauchhöhle her nach hinten 
gegen die Beckenhöhle zu schieben, wo er leichter mit den Fingern 
fixirt und betastet werden kaDn. Im Gegensatz zu den derben, 
rundlichen, plastisch knetbaren und dabei indolenten Kothballen 
fühlt er sich als ein schlaffes, plattes, wohl begrenztes, sehr 
leicht verschiebbares, seine Form immer beibehaltendes, bei Druck 
mitunter empfindliches Gebilde an. Sehr treffend, sagt Fröhner, 
erscheint mir eine Bemerkung von Sand, wonach sich der Hoden 
wie ein Säckchen anfühlt, das mit Quecksilber ge¬ 
füllt ist. 

Die Dänen untersuchen zum Zwecke der Castration per anum 
überhaupt nicht. Sie thun es nur, wenn es sich um die Diagnose 
bei gerichtlichen Streitfällen handelt. Auch Möller unter¬ 
sucht neuerdings nicht mehr zum Zweck der Castration per anum. 
(Mündliche Mittheilung.) 

Es hat die Untersuchung per anum vorher für die Operation 
auch wenig Zweck, denn wenn ich selbst den Hoden an einer 
bestimmten Stelle finde, so kann derselbe, durch das Hinlegen oder 
die Darmperistaltik veranlasst, bei der Operation ganz wo anders 
seine Lage genommen haben. Anderntheila ist es schwer, die 
Hand, mit der ich die Untersuchung vorgenommen, falls dieselbe 
kurz vorher geschehen ist, so zu reinigen, dass ich aseptisch 
operiren kann 

Die Operation ist in allen den Fällen von Cryptorchisraus 
angezeigt, wo sich die Thiere schwierig behandeln lassen, 

* Ries, Note sur Ie diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de 
möd. vtH. 18!>2. 


schreien und Geschlechtstrieb zeigen. Ist dies nicht der Fall, so ist 
die Operation auch nicht nothwendig. Von der Operation bei 
Fohlen vor dem dritten Lebensjahre rathe ich ab. Einestheils 
ist es möglich, dass der Hoden bis zu dieser Frist in den Hoden¬ 
sack herabsteigt, anderntheils sind die Gewebe des Fohlens so 
wenig widerstandsfähig, weich, dass bei einer Operation leicht 
der vordere Winkel des unteren Leistenringes beschädigt wird 
und hierdurch die Operation nicht ungefährlich ist. Nach meinen 
Erfahrungen kann man zu jeder Zeit operiren, jedoch ist das 
Frühjahr und der Herbst die beste Zeit hierzu. Möller castrirte 
Anfang August in der grössten Hitze, die im Sommer 1896 in 
Ostpreussen herrschte, sechs Cryptorchiden. Alle heilten per 
primam intentionem. Im August 1897 castrirte ich drei Klopp¬ 
hengste, die ebenfalls per primam intentionem heilten, ebenso im 
Februar bei 2—5° Kälte. Wichtig ist es, nie in einem Bestände 
von Pferden zu castriren, in denen Druse oder Brustseuche herrscht, 
denn jeder Thierarzt kennt den schlechten Einfluss dieser Krank¬ 
heiten auf die Operations-Wunden. 

Vorbereitung zur Operation. Hierbei kommt es auf den 
Ernährungszustand des Pferdes an. Nielsen sagt: „Je magerer 
das zu operirende Pferd ist, desto sicherer und leichter ist die 
Operation. 

Möller, der diesem Satze zustimmt, lässt 8—14 Tage 
voluminöses Futter vermeiden, vollleibige Pferde regelmässig 
bewegen, und giebt ihnen eine Aloepille und einige Stunden vor 
der Operation Wasserclystiere. Nach Cadiot hält man die 
Thiere 5—6 Tage vor der Operation diät, indem man sie aus¬ 
schliesslich mit Stroh und Kleie füttert, welcher man eine 
kleine Meuge Glaubersalz beimengt, um den Darminhalt zu ent¬ 
leeren. Degive legt der medicamentösen Vorbereitung einen 
grossen Werth bei. Eine Woche lang erhalten die zu operirenden 
Pferde täglich 60 g einer Mischung von Arnicatinctur und Carbol- 
sänre (300:50). Andere geben Naphthol, Salicylsäure, Alcohol. 
Die Gabe von Medicamenten ist überflüssig. I6t das Pferd mager 
oder nur im massigen Ernährungszustände, so ist eine Vorbereitung 
vollständig unnöthig. Prof. Sand-Kopenhagen lässt die Pferde 
gar nicht zur Operation vorbereiten, er ordnet nur an, dass die 
Pferde am Operationstage kein Fntter erhalten. Ich lasse höchstens 
die Pferde 18—24 Stunden hungern, eine längere Zeit halte ich 
für unnöthig, ja bei der Castration normaler Hengste sogar für 
schädlich. Bei sämmtlichen Cryptorchiden, unter ihnen drei 
Pferde, die fett waren, war keine andere Vorbereitung geschehen. 
Sehr zweckmässig ist es, den Mastdarm der Pferde */a Stunde 
vor dem Werfen durch leichte Bewegung der Pferde zu entleeren. 

Fröhner entzieht den Pferden mehrere Tage hindurch die 
Streu (Maulkorb) und einen Theil des Rauhfutters, verordnet 
ihnen drei Tage vor der Operation je eine Arecolininjection und 
lässt sie unmittelbar vor der Operation bewegen. Dagegen ver¬ 
meidet Fröhner Clystiere vor der Operation und lässt sie höchstens 
eine Nacht vorher hochbinden, damit nicht eine allzu starke 
Schwächung und Ermüdung der meist kaltblütigen Pferde statt- 
findet. — 

Die Operation der abdominalen Cryptorchiden hat man nach 
fünf Methoden vorgenommen. 

Diese Methoden kann man eintheilen: 

A. in solche, wo man entweder von der Flanke aus oder von 
der unteren Bauchwand in die Bauchhöhle gelangt, 

B. in solche, bei denen man vom Leistencanal in die Bauch¬ 
höhle eindringt: dies ist die dänische, belgische und 
französische Methode. 

Fröhner verwirft sehr richtig die Benennung der einzelnen 
Methoden nach der Nationalität, da in den genannten Ländern 
zu verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Methoden in Anwendung 


Digitized by LjOOQie 




30. Juni 1898. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


305 


kamen, and schlägt vor, nnr zwei Hauptformender Cryptor- 
chidenoperation zu unterscheiden, nämlich die inguinale und die 
ventrale. 

Die Operation von der Flanke aus ist die älteste Operations- 
Methode. Zu ihren Anhängern gehören Ostermann, Peters, 
Schoeberl, Marks, Angerstein u. Andere. Ostermann und 
Peters haben dieselbe modificirt und sie unter aseptischen 
Cantelen ansgeführt. Sehr interessant ist die Operation von 
Angerstein. Angerstein operirte einen rechtsseitigen in¬ 
guinalen Cryptorchiden mittelst Flankenschnittes. Der hühnerei¬ 
grosse Hoden lag im Leistencanal, war 4 cm vom inneren Bauch¬ 
ring entfernt. Seine Verwachsung mit der Wand des Leisten¬ 
canals wurde getrennt, der Hoden zwischen Zeige- und Mittel¬ 
finger genommen und nach aussen gezogen. Die Operation 
dauerte zwei Stunden. Nach Entleerung eines Abscesses vom 
Leistencanal aus, Heilung des Patienten in 24 Tagen. Hätte 
Angerstein vom Leistencanal aus operirt, so hätte selbst ohne 
Assistenz die Operation höchstens \ Stunden gedauert und bei der 
Geschicklichkeit, die College Angerstein bei der Operation 
selbst bekundet hatte und der guten Desinfection, wäre jedenfalls 
die Heilung per primam erfolgt, während, wenn es nicht zur 
Abscedirung gekommen wäre, der Patient gestorben wäre. Die¬ 
ser eine Fall genügt vollständig, um die ganze Operations-Methode 
mittelst Flankenschnittes zu verurtheilen. 

Im Jahre 1893 operirte Günther einen abdominalen Cryptor¬ 
chiden als alter Herr mit grossem Geschick, durch Oeffnung der 
Bauchhöhle von der unteren Bauchgegend aus. Die Operations¬ 
stelle liegt 5—6 cm von der Mittellinie entfernt, neben dem 
Schlauche. Auf Grund dieser einen Operation und des 
guten Erfolges plaidirt Günther für Anwendung dieser 
Methode bei der Operation abdominaler Cryptorchiden und sieht 
sich veranlasst zu einem grossen Artikel „Die Cryptorchiden- 
Operation beim Pferde ', den er in der Deutschen thierärztlichen 
Wochenschrift II. Jahrgang, No. 8—12 veröffentlicht. Günther 
bezeichnet das Vorgehen bei den anderen Operations-Methoden 
als planlos und glaubt, dass das Auffinden des Hodens mehr 
dem Zufälle überlassen ist. Hätte Günther nur einige Male 
nach der dänischen oder belgischen Methode operirt, so wäre er 
wohl bald zu der Einsicht gelangt, dass diese Methoden der 
von ihm vorgeschlagenen sowohl was Orientirung in der 
Bauchhöhle anbetrifft als auch der grossen Einfachheit wegen 
bedeutend vorzuziehen sind. Sieht man ab von der harten Kritik, 
die Günther den anderen Methoden zollt und die nebenbei 
gesagt, gar nicht begründet ist, so kann man den Artikel von 
Günther Jedermann, der die Absicht hat, sich mit der Operation 
der Cryptorchiden zu beschäftigen, nur empfehlen. Er wird in 
demselben neben ausgiebiger Litteratur viel Wissenswert lies finden. 
Um ein sicheres Urtheil über eine Methode zu gewinnen, ist es 
nothwendig, selbst dieselbe in Anwendung zu bringen. Der 
Assistent Th. Schmidt-Wien operirte nach der Günther’schen 
Methode einen rechtsseitigen bösartigen Abdominal-Cryptorchiden 
mit Erfolg. Heilung per primam intentionem und Ingebrauch¬ 
nahme des Pferdes nach 22 Tagen (Thierärztliches Centralblatt 
1897, No. 21). Professor Fröhner veröffentlicht (1. c. pag. 349) 
seine Erfahrungen mit der ventralen (Günther’schen) Methode 
und warnt vor derselben, da sie unsicher und unpractisch ist. 
Von vier nach dieser Methode operirten Pferden verlor Fröhner 
zwei. Die Mortalitätsziffer betrug darnach 50 pCt. 

Bei der Eröffnung der Bauchhöhle vom Leistencanale aus 
kommen die dänische und belgische und französische Methode in 
Betracht. 

Die dänische Methode ist zuerst von Stockfleth beschrieben 
und von Bang modificirt worden. Sie wird von Nielsen, 


Möller, Petersen, vielen dänischen und deutschen Thierärzten 
mit grossem Erfolge ausgeführt. 

Die belgische Methode besitzt ihren hauptsächlichsten Ver¬ 
treter in Degive, der diese Methode auch ausgezeichnet be¬ 
schrieben hat. Van Seymortier, Diericx, Capon, Jacoulet, 
Donald, Mauri, Trasbot, Cadiot sind die Namen derjenigen 
Operateure, die nach dieser Methode operirt haben. Nach 
Cadiot (1. c. pag. 409) gebührt ohne Zweifel der belgischen 
Methode in allen Fällen der Vorzug vor der anderen Methoden. 

Nach der dänischen Methode erfolgt der Hautschnitt genau 
über dem äusseren Leistencanal, das Eindringen in die Bauch¬ 
höhle beruht auf der Perforation des kleinen schiefen Bauch¬ 
muskels in der Längenrichtung seiner Fasern, wodurch, wie 
Möller angiebt, eine Knopflochwunde entsteht, die durch ihren 
Verschluss einen Vorfall der Baucheingeweide verhindert. 

Bei der belgischen Methode geschieht der Einschnitt auf 
dem Scrotnm, es erfolgt Aushöhlung des Leistencanals und Ein¬ 
dringen in die Bauchhöhle an dem hinteren Rande des kleinen 
schiefen Bauchmuskels, indem man nur einfach das Peritoneum 
durchstösst. 

Die Methode nach Professor Sand in Kopenhagen stellt eine 
Combination der dänischen und belgischen Methode dar. Ganz 
in ähnlicher Weise operirt der dänische Thierarzt Winter in 
Silkeborg. Die Dänen, die anfänglich ihre Pferde gern ver¬ 
sicherten, thun dies jetzt gewöhnlich nicht mehr, da ein Todes¬ 
fall in Folge der Cryptorchidenoperation bei den beiden geübten 
hervorragenden Operateuren nur zur Seltenheit gehört. 

Letztere Methode unterscheidet sich von der belgischen dadurch, 
dass der Hautschnitt oberhalb des äusseren Bauchringes und nicht 
am Scrotnm angelegt wird, von der dänischen dadurch, dass bei dem 
Eindringen in die Bauchhöhle nicht die Fasern der kleinen 
schiefen Bauchmuskeln durchbohrt werden, sondern das Peritoneum 
am hinteren Rande des kleinen schiefen Banchmuskels durch¬ 
brochen wird. Die Perforation an dieser Stelle hat den Vorzug, 
dass man mit den Fingern circa 2—3 cm mehr nach hinten in 
die Bauchhöhle gelangt, als bei dem Durchstossen des m. obliquus 
internus. Da der Samenleiter, die GefäsBe des Hodens oder des 
Gubernaculum Hunten aber fast immer nach hinten und aussen vor 
der Durchbruchsstelle liegen, so hat man den Vortheil, die 
genannten Theile von hier aus leichter zu erreichen und 
ist nicht gezwungen, mit der ganzen Hand, sondern nur mit 
2 Fingern in der Bauchhöhle zu operiren. 

Die Veranlassung zur Operation meinerseits geschah durch 
folgende Umstände. Die ersten Cryptorchidenoperationen voll- 
führte ich als Kreisthierarzt des Regenwalder Kreises im 
Jahre 1885. Der erste Hengst, den ich operirte, war ein drei¬ 
jähriger inguinaler Cryptorchide, bei dem der Hoden tief im 
Leistencanale lag. Einschnitt am Scrotum, Einbohren mit drei 
Fingern in den Leistencanal, Hervorziehung des Hodens, Oeffnung 
der Scheidenhaut und Abtragen des Hodens vermittelst des 
Chassignac’scheu Ecraseurs. Heilung durch Eiterung in vier 
Wochen. Die zweite Operation betraf einen sehr bösartigen 
Cryptorchiden, der acht Tage vorher einem Manne den Arm ge¬ 
brochen und zerbissen hatte. College Biernacki-Schivelbein 
hatte die Freundlichkeit, mir zu assistiren. Vorher Morphium- 
injection von 0,5, theilweises Chloroformiren schon im Stande, 
da es lebensgefährlich war, an den Hengst heranzukommen. 
Daun Abwerfen des Hengstes und tiefe Chloroformnarcose, die 
noch eine Stunde nach der Operation anhielt. Desinfection des 
Operationsfeldes, Eindringen in die Bauchhöhle vom Leistencanal 
aus, erst mit drei Fingern, dann mit dem ganzen Arm, planloses 
UmherBUchen in der Bauchhöhle, wobei der Hoden nicht gefunden 
wurde. Hervortveten des Dünndarms während der Operation in 


Digitized by CjOOQie 



301 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


inguinalen Monorcbiden oder Castraten handelt, empfiehlt Ries*) 
folgendes Verfahren. Man sucht mit der in den Mastdarm ein- 
geführten Hand sich den inneren Leistenring der fraglichen Seite 
auf, legt die Beere des Zeigefingers darauf und lässt durch einen 
Gehilfen einen Zug auf den Hodensack ausüben. Ist es ein 
CaBtrat, so gleitet der Samenstrang unter dem Zeigefinger, ist es 
ein inguinaler Monorchide so fühlt man keine Bewegung. 

Ist es ein abdominaler Cryptorchide, so findet man bei der 
Untersuchung keinen Hoden im Leistencanal. Oft liegt der Hoden 
am vorderen Rande des Schambeins und ist dann leicht durch 
Untersuchung per anum festzustellen. Die beste Methode zur 
Feststellung des abdominalen Cryptorchiden, die zu gerichtlichen 
Zwecken oft von der grössten Wichtigkeit ist, giebt Möller 
an. Möller empfiehlt folgendes Verfahren: Man suche mit der 
im Mastdarm befindlichen Hand den vorderen Rand des Scham¬ 
beins auf. Dicht vor diesem oder etwa 10—15 cm neben der 
linea alba breite man die Finger soweit wie möglich aus und 
lege die Hand hier auf die untere Bauchwand. In der Regel 
fühlt man den halbrunden, weichen Hoden unter der Hand und 
kann ihn mit den Fingern betasten. Zuweilen gelingt der Nach¬ 
weis des Hodens erst bei einer wiederholten Untersuchung, und 
nachdem der Mastdarm durch Abführmittel oder Clystire entleert 
ist. Bei einiger Uebung aber fällt es meist leicht, nicht nur den 
Hoden, sondern auch seine Grösse einigermassen festzustellen. 
Findet man den Hoden nicht, so räth Möller das Degive’sche 
Verfahren anzuwenden, das darin besteht, mit der in den Mast¬ 
darm eingeführten Hand an der Seitenwand der Bauchhöhle von 
oben nach unten zu gleiten. 

Uebt man auf den Hoden einen Druck aus, so vermag man 
oft hierdurch cbaracteristische Erscheinungen hervorzurufen, wie 
Lenglen, R. Jensen, Bang und Möller bewiesen. 

In Graditz untersuchte College Wagner-Jonasthal einen, ab¬ 
dominalen Cryptorchiden per anum. Bei jedem Druck auf den 
Hoden fing der Hengst an zu wiehern. (Mündliche Mittheil, des 
Herrn Grafen Lehndorff). 

Fröhner 1. c. pag. 342 und 343 empfiehlt mit Bang, den 
Hoden mit der flachen Hand von der Bauchhöhle her nach hinten 
gegen die Beckenhöhle zu schieben, wo er leichter mit den Fingern 
fixirt und betastet werden kann. Im Gegensatz zu den derben, 
rundlichen, plastisch knetbaren und dabei indolenten Kothballen 
fühlt er sich als ein schlaffes, plattes, wohl begrenztes, sehr 
leicht verschiebbares, seine Form immer beibehaltendes, bei Druck 
mitunter empfindliches Gebilde an. Sehr treffend, sagt Fröhner, 
erscheint mir eine Bemerkung von Sand, wonach sich der Hoden 
wie ein Säckchen anfühlt, das mit Quecksilber ge¬ 
füllt ist. 

Die Dänen untersuchen zum Zwecke der Castration per anum 
überhaupt nicht. Sie thnn es nur, wenn es sich um die Diagnose 
bei gerichtlichen Streitfällen bandelt. Auch Möller unter¬ 
sucht neuerdings nicht mehr zum Zweck der Castration per anum. 
(Mündliche Mittheilung.) 

Es hat die Untersuchung per anum vorher tür die Operation 
auch wenig Zweck, denn wenn ich selbst den Hoden an einer 
bestimmten Stelle finde, so kann derselbe, durch das Hinlegen oder 
die Darmperistaltik veranlasst, bei der Operation gauz wo anders 
seine Lage genommen haben. Anderntheils ist es schwer, die 
Hand, mit der ich die Untersuchung vorgenommen, falls dieselbe 
kurz vorher geschehen ist, so zu reinigen, dass ich aseptisch 
operiren kann 

Die Operation ist in allen den Fällen von Cryptorchismus 
angezeigt, wo sich die Thiere schwierig behandeln lassen, 

* Ries, Note sur le diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de 
möd. v6t. 18!'2. 


schreien und Geschlechtstrieb zeigen. Ist dies nicht der Fall, so ist 
die Operation auch nicht nothwendig. Von der Operation hei 
Fohlen vor dem dritten Lebensjahre rathe ich ab. Einestheils 
ist es möglich, dass der Hoden bis zu dieser Frist in den Hoden¬ 
sack herabsteigt, anderntheils sind die Gewebe des Fohlens so 
wenig widerstandsfähig, weich, dass bei einer Operation leicht 
der vordere Winkel des unteren Leistenringes beschädigt wird 
und hierdurch die Operation nicht ungefährlich ist. Nach meinen 
Erfahrungen kann man zu jeder Zeit operiren, jedoch ist das 
Frühjahr und der Herbst die beste Zeit hierzu. Möller castrirte 
Anfang August in der grössten Hitze, die im Sommer 1896 in 
Ostpreussen herrschte, sechs Cryptorchiden. Alle heilten per 
primam intentionem. Im August 1897 castrirte ich drei Klopp¬ 
hengste, die ebenfalls per primam intentionem heilten, ebenso im 
Februar bei 2—5 0 Kälte. Wichtig ist es, nie in einem Bestände 
von Pferden zu castriren, in denen Druse oder Brustseuche herrscht, 
denn jeder Thierarzt kennt den schlechten Einfluss dieser Krank¬ 
heiten auf die Operations-Wunden. 

Vorbereitung zur Operation. Hierbei kommt es auf den 
Ernährungszustand des Pferdes au. Nielsen sagt: „Je magerer 
das zu operirende Pferd ist, desto sicherer und leichter ist die 
Operation. 

Möller, der diesem Satze zustimmt, lässt 8—14 Tage 
voluminöses Futter vermeiden, vollleibige Pferde regelmässig 
bewegen, und giebt ihnen eine Aloepille und einige Stunden vor 
der Operation Wasserclystiere. Nach Cadiot hält man die 
Thiere 5—6 Tage vor der Operation diät, indem man sie aus¬ 
schliesslich mit Stroh und Kleie füttert, welcher man eine 
kleine Menge Glaubersalz beimengt, um den Darminhalt zu ent¬ 
leeren. Degive legt der medicamentösen Vorbereitung einen 
grossen Werth bei. Eine Woche laug erhalten die zu operirenden 
Pferde täglich 60 g einer Mischung von Arnicatinctur und Carbol- 
säure (300:50). Andere geben Naphthol, Salicylsäure, Alcohol. 
Die Gabe von Medicamenten ist überflüssig. Ist das Pferd mager 
oder nur im massigen Ernährungszustände, so ist eine Vorbereitung 
vollständig unnöthig. Prof. Sand-Kopenhagen lässt die Pferde 
gar nicht zur Operation vorbereiten, er ordnet nur an, dass die 
Pferde am Operationstage kein Futter erhalten. Ich lasse höchstens 
die Pferde 18—24 Stunden hungern, eine längere Zeit halte ich 
für unnöthig, ja bei der Castration normaler Hengste sogar für 
schädlich. Bei sämmtlichen Cryptorchiden, unter ihnen drei 
Pferde, die fett waren, war keine andere Vorbereitung geschehen. 
Sehr zweckmässig ist es, den Mastdarm der Pferde ’/a Stunde 
vor dem Werfen durch leichte Bewegung der Pferde zu entleeren. 

Fröhner entzieht den Pferden mehrere Tage hindurch die 
Streu (Maulkorb) und einen Theil des Rauhfutters, verordnet 
ihnen drei Tage vor der Operation je eine Arecolininjection und 
lässt sie unmittelbar vor der Operation bewegen. Dagegen ver¬ 
meidet Fröhner Clystiere vor der Operation und lässt sie höchstens 
eine Nacht vorher hoclibinden, damit nicht eine allzu starke 
Schwächung und Ermüdung der meist kaltblütigen Pferde statt- 
findet. — 

Die Operation der abdominalen Cryptorchiden hat man nach 
fünf Methoden vorgenommen. 

Diese Methoden kann man eintheilen: 

A. in solche, wo man entweder von der Flanke aus oder von 
der unteren Bauchwand in die Bauchhöhle gelangt, 

B. in solche, hei denen man vom Leistencanal in die Bauch¬ 
höhle eindringt: dies ist die dänische, belgische und 
französische Methode. 

Fröhner verwirft sehr richtig die Benennung der einzelnen 
Methoden nach der Nationalität, da in den genaunten Ländern 
zu verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Methoden in Anwendung 


Digitized by 


Google 






30. Juni 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


305 


kamen, und schlägt vor, nur zwei Hauptformen der Cryptor- 
cliidenoperation zu unterscheiden, nämlich die inguinale und die 
ventrale. 

Die Operation von der Flanke aus ist die älteste Operations- 
Methode. Zu ihren Anhängern gehören Ostermann, Peters, 
Schoeberl, Marks, Angerstein u. Andere. Ostermann und 
Peters haben dieselbe modificirt nnd sie unter aseptischen 
Cautelen ansgeführt. Sehr interessant ist die Operation von 
Angerstein. Angerstein operirte einen rechtsseitigen in¬ 
guinalen Cryptorchiden mittelst Flankenschnittes. Der hühnerei- 
grosse Hoden lag im Leistencanal, war 4 cm vom inneren Bauch¬ 
ring entfernt. Seine Verwachsung mit der Wand des Leisten¬ 
canals wurde getrennt, der Hoden zwischen Zeige- und Mittel¬ 
finger genommen und nach aussen gezogen. Die Operation 
dauerte zwei Stunden. Nach Entleerung eines Abscesses vom 
Leistencanal aus, Heilung des Patienten in 24 Tagen. Hätte 
Angerstein vom Leistencanal aus operirt, so hätte selbst ohne 
Assistenz die Operation höchstens \ Stunden gedauert und bei der 
Geschicklichkeit, die College An gerstein bei der Operation 
selbst bekundet hatte nnd der guten Desinfection, wäre jedenfalls 
die Heilung per primam erfolgt, während, wenn es nicht zur 
Abscedirung gekommen wäre, der Patient gestorben wäre. Die¬ 
ser eine Fall genügt vollständig, um die ganze Operations-Methode 
mittelst Flankenschnittes zu verurtheilen. 

Im Jahre 1893 operirte Günther einen abdominalen Cryptor¬ 
chiden als alter Herr mit grossem Geschick, durch Oeffnnng der 
Bauchhöhle von der unteren Bauchgegend aus. Die Operations¬ 
stelle liegt 5—6 cm von der Mittellinie entfernt, neben dem 
Schlauche. Auf Grund dieser einen Operation und des 
guten Erfolges plaidirt Günther für Anwendung dieser 
Methode bei der Operation abdominaler Cryptorchiden und sieht 
sich veranlasst zu einem grossen Artikel „Die Cryptorchiden- 
Operation beim Pferde *, den er in der Deutschen thierärztlichen 
Wochenschrift II. Jahrgang, No. 8—12 veröffentlicht. Günther 
bezeichnet das Vorgehen bei den anderen Operations-Methoden 
als planlos und glaubt, dass das Auffinden des Hodens mehr 
dem Zufalle überlassen ist. Hätte Günther nur einige Male 
nach der dänischen oder belgischen Methode operirt, so wäre er 
wohl bald zu der Einsicht gelangt, dass diese Methoden der 
von ihm vorgeschlagenen sowohl was Orientiruug in der 
Bauchhöhle anbetrifft als auch der grossen Einfachheit wegen 
bedeutend vorzuziehen sind. Sieht man ab von der harten Kritik, 
die Günther den anderen Methoden zollt und die nebenbei 
gesagt, gar nicht begründet ist, so kann man den Artikel von 
Günther Jedermann, der die Absicht hat, sich mit der Operation 
der Cryptorchiden zu beschäftigen, nur empfehlen. Er wird in 
demselben neben ausgiebiger Litteratur viel Wissenswert lies finden. 
Um ein sicheres Urtheil über eine Methode zu gewinnen, ist es 
nothwendig, selbst dieselbe in Anwendung zu bringen. Der 
Assistent Th. Schmidt-Wien operirte nach der Günther’schen 
Methode einen rechtsseitigen bösartigen Abdominal-Cryptorchiden 
mit Erfolg. Heilung per primam intentionem und Ingebrauch¬ 
nahme des Pferdes nach 22 Tagen (Thierärztliches Centralblatt 
1897, No. 21). Professor Fröhner veröffentlicht (1. c. pag. 349) 
seine Erfahrungen mit der ventralen (Günther’schen) Methode 
und warnt vor derselben, da sie unsicher und unpractisch ist. 
Von vier nach dieser Methode operirten Pferden verlor Fröhner 
zwei. Die Mortalitätsziffer betrog darnach 50 pCt. 

Bei der Eröffnung der Bauchhöhle vom Leistencanale aus 
kommen die dänische nnd belgische und französische Methode in 
Betracht. 

Die dänische Methode ist zuerst von Stock fl et h beschrieben 
und von Bang modificirt worden. Sie wird von Nielsen, 


Möller, Petersen, vielen dänischen und deutschen Thierärzten 
mit grossem Erfolge ausgeführt. 

Die belgische Methode besitzt ihren hauptsächlichsten Ver¬ 
treter in Degive, der diese Methode auch ausgezeichnet be¬ 
schrieben hat. Van Seymortier, Diericx, Capon, Jacoulet, 
Donald, Mauri, Trasbot, Cadiot sind die Namen derjenigen 
Operateure, die nach dieser Methode operirt haben. Nach 
Cadiot (1. c. pag. 409) gebührt ohne Zweifel der belgischen 
Methode in allen Fällen der Vorzug vor der anderen Methoden. 

Nach der dänischen Methode erfolgt der Hautschnitt genau 
über dem äusseren Leistencanal, das Eindringen in die Bauch¬ 
höhle beruht auf der Perforation des kleinen schiefen Bauch¬ 
muskels in der Längenrichtung seiner Fasern, wodurch, wie 
Möller angiebt, eine Knopflochwunde entsteht, die durch ihren 
Verschluss einen Vorfall der Baucheingeweide verhindert. 

Bei der belgischen Methode geschieht der Einschnitt auf 
dem Scrotum, es erfolgt Aushöhlung des Leistencanals und Ein¬ 
dringen in die Bauchhöhle an dem hinteren Rande des kleinen 
schiefen Bauchmuskels, indem man nur einfach das Peritoneum 
durchstösst. 

Die Methode nach Professor Sand in Kopenhagen stellt eine 
Combination der dänischen und belgischen Methode dar. Ganz 
in ähnlicher Weise operirt der dänische Thierarzt Winter in 
Silkeborg. Die Dänen, die anfänglich ihre Pferde gern ver¬ 
sicherten, thun dies jetzt gewöhnlich nicht mehr, da ein Todes¬ 
fall in Folge der Cryptorchidenoperation bei den beiden geübten 
hervorragenden Operateuren nur zur Seltenheit gehört. 

Letztere Methode unterscheidet sich von der belgischen dadurch, 
dass der Hautschnitt oberhalb des äusseren Bauchringes und nicht 
am Scrotum angelegt wird, von der dänischen dadurch, dass bei dem 
Eindringen in die Bauchhöhle nicht die Fasern der kleinen 
schiefen Bauchmuskeln durchbohrt werden, sondern das Peritoneum 
am hinteren Rande des kleinen schiefen Bauchmuskels durch¬ 
brochen wird. Die Perforation an dieser Stelle hat den Vorzug, 
dass man mit den Fingern circa 2—3 cm mehr nach hinten in 
die Bauchhöhle gelangt, als hei dem Durchstossen des m. obliquus 
internus. Da der Samenleiter, die Gefässe des Hodens oder des 
Gubernaculum Hunteri aber fast immer nach hinten und aussen vor 
der Durchbruchsstelle liegen, so hat man den Vortheil, die 
genannten Theile von hier aus leichter zu erreichen und 
ist nicht gezwungen, mit der ganzen Hand, sondern nur mit 
2 Fingern in der Bauchhöhle zu operiren. 

Die Veranlassung zur Operation meinerseits geschah durch 
folgende Umstände. Die ersten Cryptorchidenoperationen voll¬ 
führte ich als Kreisthierarzt des Regenwalder Kreises im 
Jahre 1885. Der erste Hengst, den ich operirte, war ein drei¬ 
jähriger inguinaler Cryptorchide, bei dem der Hoden tief im 
Leistencanale lag. Einschnitt am Scrotum, Einbohren mit drei 
Fingern in den Leistencanal, Hervorziehung des Hodens, Oeffnung 
der Scheidenhaut und Abtragen des Hodens vermittelst des 
Chassignac’schen Ecraseurs. Heilung durch Eiterung in vier 
Wochen. Die zweite Operation betraf einen sehr bösartigen 
Cryptorchiden, der acht Tage vorher einem Manne den Arm ge¬ 
brochen und zerbissen hatte. College Biernacki-Schivelbein 
hatte die Freundlichkeit, mir zu assistiren. Vorher Morphium- 
injection von 0,5, theilweises Chloroformiren schon im Stande, 
da es lebensgefährlich war, an den Hengst heranzukommen. 
Daun Abwerfen des Hengstes und tiefe Chloroformnarcose, die 
noch eine Stunde nach der Operation anbielt. Desinfection des 
Operationsfeldes, Eindringen in die Bauchhöhle vom Leistencanal 
ans, erst mit drei Fingern, dann mit dem ganzen Arm, planloses 
Umhersuchen in der Bauchhöhle, wobei der Hoden nicht gefunden 
wurde. Hervortveten des Dünndarms während der Operation in 


Digitized by AaOOQie 



306 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26 


die Wunde, Zurückbringen desselben und Zunähen der äusseren 
Hautwunde. Nach der Operation traten die Baucheingeweide 
nicht mehr vor. Tod nach drei Tagen. Der Hoden lag, wie ich 
später hörte, in der Lendengegend. Nach dieser missglückten 
Operation wagte ich mich nicht mehr, bis zum Jahre 1896, wo 
ich in Dänemark war, an eine neue heran. 

Im Frühjahre des Jahres 1895 liess das Rittergut Szirgupoenen 
sich einen Castrirer aus Detmold kommen, dessen Sohn einige 
Jahre vorher in Ostpreussen mit Glück verschiedene Cryptorcbiden 
operirt hatte. Der Sohn soll die Operation in Amerika von 
einem Professor der Thierarzneischule in New-York gelernt 
haben. Als dieser Detmolder Castrirer starb, übernahm sein 
alter Vater, ein Mann von 60 Jahren, gewissermassen als Ver- 
mächtniss, die Operation, die der Sohn ihm gezeigt hatte. Der 
Administrator hatte die Liebenswürdigkeit mich zu der Operation 
einzuladen. Dieselbe war für mich in vieler Beziehung ganz 
besonders in Betreff des Wurfzeuges und der Desinfection 
interessant. Der Castrirer machte anf mich den Eindruck eines 
soliden Mannes mit guten Manieren. Sein Wurfzeug, die In¬ 
strumente, Seide, Creolin trug er in einer Ledertasche bei sich. 
Die Instrumente bestanden nur ans einem einfachen Klappmesser 
und 1 Bündel strohhalmdicker weisser Seide. Das Wurfzeug 
war eine Art ungarisches. Ein Lederriemen ähnlich wie ein 
Kummet wurde dem Pferde um den Hals gelegt. An beiden 
Seiten des Lederriemens waren eiserne Oesen angebracht, in 
welchen 2 kleine ebenfalls eiserne Rollen sich befanden. 

Ausser diesem Riemen gehörten zu dem Wurfzeug noch zwei 
Fesselriemen, an deren vorderer Fläche sich ebensolche Oesen 
mit Rollen wie am Lederriemen befanden. Zwei Stricke gingen 
von der vorderen Fläche der Hinteifessel nach den Oesen am 
Lederriemen und liefen hier wie an der Fessel in den angeführten 
Rollen. Die Hinterfüsse wurden den zu werfenden Pferden 
einfach unter dem Bauch weg nach vorne an den Lederriemen 
gezogen. Das Pferd legte sich meistens langsam hin. Dadurch 
aber, dass die Vorderfüsse zuerst garnicht befestigt wurden, 
sprang das Pferd oft verschiedene Male auf, schob sich dabei 
den Riemen vom Hals herunter und war frei. Bei drei Pferden 
gelang es erst nach zwei Versuchen die Pferde niederzuschnüren. 
Nachdem die Stricke, die die Hinterfüsse an den Lederriemen 
gezogen hatten, geknotet waren, wurden die Vorderfüsse einfach 
mit Stricken zusammen gebunden und das Pferd auf den Rücken 
gelegt. 

Zur Desinfection verwandte der Castrirer Creolin. Mit einer 
3 pCt Creolinlösung reinigte er oberflächlich das Operationsfeld, 
wusch sich dann die völlig entblössten Arme ebenfalls mit der 
Lösung und begann die Operation, indem er den Hautschnitt am 
Scrotum anlegte. Dann bohrte er mit der ganzen Hand, indem 
er die Finger spitz zusammenlegte, und drehende Bewegungen 
machte, in den Leistencanal hinein. Bei den zuerst operirten 
zwei einjährigen Fohlen lag der Hoden im Leistencanal. Er 
holte ihn heraus, schnitt die Scheidenhaut auf und ur terband den 
Samenstrang mit einer dicken Seidenschnur, die er, nachdem der 
Hoden unterhalb der Ligatur abgeschnitten war, aus der Wunde 
heraushängen liess. Der dritte füo(jährige Cryptorchide sollte 
ein abdominaler sein. Das Pferd war verkauft gewesen und 
musste zuiückgenommen werden. Da die Leute, die bei der 
ersten Castration zugegen waren, behaupteten, dass der Hoden 
an der linken Seite fehle, ging der Castrirer mit der 
Hand bis zur Mitte des Unterarmes in die Bauchhöhle, 
suchte V* Stunde in derselben herum, und erklärte, dass im 
Bauche keinHoden vorhanden wäre. Jetzt griff er nach der rechten 
Seite. Hier lag der sehr kleine Hoden dicht unter der Haut am 
äusseren Bauchringe, so dass er denselben wie bei der gewöhn¬ 


lichen Castration wegnehmen konnte. Die Wunde an der linken 
Seite wurde nicht geheftet Als das Pferd 10 Minuten im Stalle 
stand, kam der Wäiter heraus und berichtete, dass aus der 
Wunde ein Stück Darm heraushänge. Das Pferd wurde wieder 
geworfen und nun versuchte der Castrirer, den Darm hinein¬ 
zustopfen. Als ihm dies nicht gelang, ging ich mit der linken 
Hand in den Mastdarm und zog den Darm mit Leichtigkeit in 
die Bauchhöhle. Auf den unteren Leistenring wurde ein Tampon 
von Jodoformgaze gelegt und die Haut darüber geheftet; Tod 
nach 24 Stunden durch Peritonitis. Der letzte 4jährige Crypt¬ 
orchide war ebenfalls ein abdominaler. Die Operation wurde in 
derselben Weise, wie eben beschrieben, ausgeführt. In circa fünf 
Minuten brachte der Castrirer den Hoden zum Vorschein. Die 
Hautwunde wurde ebenfalls nicht genäht Am nächsten Tage 
war das Thier munter, frass gut, hatte 40 Pulse und 38,3° C. 
innere Körpertemperatur. Dieser Zustand blieb so acht Tage, 
dann trat plötzlich Fieber ein, der Hengst frass schlecht, magerte 
ab und starb nach drei Wochen. Bei einem 1jährigen Fohlen, 
das der Castrirer l / 4 Meile von Szirgepoenen einem anderen Be¬ 
sitzer operirte, traten, als derselbe kaum 10 Minuten vom Hofe 
war, ebenfalls die Eingeweide hervor. Der Besitzer liess es 
sofort tödten. Aus Obigem sehen wir, wie selbst der Laie bei 
grosser Geschicklichkeit Fiasco macht, obwohl er nicht die Regeln 
der Asepsis kennt. 

Kurze Zeit hierauf operirte dann Professor Dr. Möller in 
Goeritten in Gegenwart von 4 Collegen einen abdominalen 
Cryptorcbiden mit solcher Eleganz und Geschicklichkeit, dass der 
Besitzer, ein Landtags-Abgeordneter, überall mit der grössten 
Hochachtung und Verehrung den Ruf Möllers in Ostpreussen 
verbreitete. Iin Sommer 1896 operirte Möller mit demselben 
Erfolge noch weitere 6 Cryptorcbiden. Sämmtliche heilten per 
priniam intentionem. 

Im Sommer 1896 besuchte Prof. Sand-Kopenhagen Trakehnen 
und gestattete mir auf meine Bitte, unter seiner Leitung, die 
Cryptorchidencastration zu studiren. Ich operirte in Dänemark 
8 Cryptorchiden, darunter 2 Urhengste. 

Bevor ich die Operation selbst beschreibe, will ich noch in 
aller Kürze einige anatomische Bemerkungen über die Gegend 
des Leistencanals vorausschicken, deren Kenntniss zur Operation 
nothwendig ist. Der Leistencanal, der schief von oben nach 
unten, von aussen nach innen und schwach von vorne nach hinten 
verläuft, bildet einen engen Raum zwischen dem kleinen schiefen 
Bauchmuskel und dem Poupart’schen Bande, der Eingang in 
den Leistencanal wird repraesentirt vom unteren oder äusseren 
Leisten ring. Derselbe wird von zwei Faserzügen des grossen 
schiefen Bauchmuskels gebildet, hat eine eiförmige Gestalt und 
zeigt in seinem grossen Durchmesser eine schiefe Richtung. Man 
unterscheidet am unteren Leistenring 2 Ränder und 2 Winkel. 

(Schluss folgt). 


Referate. 

Ueber das eintägige Fiebern beim Pferd. 

Von Unterrossarzt S u d e r. 

(ZUchr. f. Veierinirkd , Dccember 1897 ) 

Anknüpfend an einen Artikel von Malkmus, der auch in 
der B. T. W. (Jahrg. 1897 No. 21 pag. 245) referirt worden ist, 
theilt S. seinerseits 7 in dieses Gebiet schlagende Fälle mit. Am 
25. Januar erkrankte ein Pferd an Kolik, welche nach einer 
Eserininjection wich. Am 28. Januar hatte die Stute Morgens 
nicht gefressen und stark gezittert; sie hatte bei 52 Pulsen 
40° Temperatur. Am nächsten Tage war sie gesund. — Am 
21. April verschmähte ein Escadronpferd, ohne vorher irgendwie 
krank gewesen zu sein, jegliche Nahrungsaufnahme. Es zeigte 


Digitized by kjOOQie 


30. Juni 1898. 

am ganzen Körper starke clonisclie Krämpfe, das Haar war 
aufgebürstet, die Obren waren eiskalt, das Benehmen apathisch 
und die Körpertemperatur stand auf 39,8. Am Abend war das 
Thier völlig gesund. Es wurde bis zum 29. April nur auf 
dem Reitplatz bewegt und ging an diesem Tage mit zum Exer- 
ciren. Mittags rührte es das Futter nicht mehr an. Es zeigte 
Schüttelfrost, kalte Extremitäten, während der Rumpf brennend 
heiss war, und eben solches Fieber bei 60 Pulsen. Das Fieber 
stieg um 4 Uhr Nachmittags auf 40,7 und stand Abends um 6 Uhr 
auf 40,2. Am Abend verzehrte das Pferd schon theilweise sein 
Futter und war am nächsten Tage gesund. Ein Anfall ist nicht 
wieder eingetreten. — Ein anderes Pferd hatte nach dem Ein¬ 
rücken noch ruhig Heu verzehrt und Mittags völlig das Futter 
verweigert. Auch hier zeigten sich starke clonische Krämpfe, 
Temperatur 39,6. Abends war das Pferd gesund — Ein anderes 
Pferd war am 11. Juni Abends an Kolik erkrankt und musste 
zwei Eserininjectionen erhalten. Am 12. Morgens frass das Pferd 
regelmässig und zeigte sich munter. Es wurde auf dem Reitplatz 
bewegt. Mittags versagte es das Futter, hatte heftige clonische 
Krämpfe am ganzen Körper, war ganz apathisch, die Extremi¬ 
täten eiskalt, der Rumpf brennend heiss, das Haar anfgebürstet, 
die Conjunctivalschleimhaut schmutzig gelblichroth. Die Tem¬ 
peratur stand auf 39,8 und stieg bis auf 41. Der Puls stieg 
allmälig bis auf 100. Dem Pferde wurde ein Senfbrei gelegt, 
der vier Stunden liegen blieb. Die Temperatur stand Abends 
noch auf 40,4 bei 72 Pulsen. Am 13. Juni Morgens war das 
Pferd viel munterer, hatte ziemlich guten Appetit, hustete häufig 
und zeigte nur noch 38,7. Die Temperatur fiel im Laufe des 
Tages auf 38,1. Der Puls beruhigte sich binnen 24 Stunden. — 
Ein andres Escadronpferd war scharf eingerieben und gebrannt 
worden wegen einer Sehnenentzündung. Zehn Tage später ver¬ 
sagte es ohne vorausgegangene Krankheit das Futter, hatte 
Schüttelfrost und über 40°. Am nächsten Morgen betrug die 
Temperatur nur noch 38,8 bei 56 Pulsen, und Mittags war das 
Pferd gesund. — Bei einem andern Pf«-rde, das ebenfalls wegen 
des gleichen Leidens in gleicher Weise behandelt war, trat 
sechs Tage später ein ganz ähnlicher Anfall auf. Die Stute eines 
ländlichen Besitzers erhielt wogen Kolik am 30. eine Aloepille, 
wurde am 31. eingespannt und nach der Stadt gefahren. Hier 
erkrankte sie wieder an Kolik, genass jedoch am ersten. Am 
zweiten wurde das Pferd wieder gefahren, blieb auf halbem Wege 
plötzlich stehen, zitterte stark, athmete beschleunigt und waj- 
sehr hinfällig. Es wurde nach Hause geführt. Ara nächsten Tag 
war das Pferd völlig gesund. 

Von den aufgeführten Pferden hatten also drei vorher Kolik¬ 
anfälle gehabt. Hier dürfte die Einwirkung reizender Stoffe auf 
die Digestionsschleimhaut die Krankheitserscheinungen hervor¬ 
gerufen haben. Zwei Pferde wurden nach dem Exerciren krank, 
nachdem sie noch bei der Ankunft im Stalle gefressen hatten 
Hier dürfte es sich um eine Erkältung, vielleicht durch Zug im 
Stalle, handeln. In zwei Fällen endlich waren die Pferde vorher 
eiogerieben worden, obwohl sich hier die Krankheitserscheinungen 
erst 5 bezw. 10 Tage später einstellten. In allen mitgetheilten 
Fällen war übrigens auch die Athmung beschleunigt. Häufig be¬ 
stand etwas Nasenausfluss bezw. leichter Hustenreiz. 

Die Langenseache beim Binde. 

Vortrag, gehalten von Nocard auf dem IX. internation. Congress 
für Hygiene und Demographie zu Madrid. 

(MQnch Med. Woch. 18/98.) 

Schon seit fünfzig Jahren weiss man, dass man durch die 
gelbliche subpleurale Lymphe aus den Lungen frisch geschlachteter 
oder getödteter Thiere die Krankheit auf andere übertragen kann. 
Man weiss, dass die Thiere, wenn die Impfung an der Schwanz- 


307 

spitze erfolgt, sich nach der Impfung bald erholen, sonst aber zu 
Grunde gehen. Die Schwierigkeit, Thiere durch Schwanzimpfung 
zu immunisiren, bestand nur darin, dass Impflymphe nur durch 
fortwährende Uebertragung des Virus von Kalb zu Kalb erlangt 
werden konnte. Alle Bemühungen, den Erreger der Krankeit 
ausserhalb des Thierkörpers zu züchten, misslangen bis in die 
jüngste Zeit. Metschnikoff gab nämlich neuerdings eine Methode 
an, durch die es gelingt, die Erreger der Krankheit zu züchten. 
Er brachte in die Bauchhöhle eines Kaninchens ein Säckchen aus 
Collodium, nachdem es mit Bouillon gefüllt, mit einer Spur des 
auf Mikroorganismen zu untersuchenden Serums geimpft und unter 
antiseptischen Cautelen wieder verschlossen war. Der klare Inhalt 
des Säckchens trübte sich nach 15 bis 20 Tagen ein wenig, es 
diffandirte eine Spur Eiweiss hinein, doch gingen weder Mikro¬ 
organismen heraus, noch Phagocyten hinein. Mikroskopisch er¬ 
kannte man sogar bei 16—1800facher Vergrösserung nichts 
Genaues; kleinste rundliche und längliche Organismen Hessen sich 
färben, ohne dass über ihre Formen genaue Angaben möglich 
sind. Die Kaninchen mit solchen Säckchen in der Bauchhöhle 
magerten ab, litten also offenbar durch ein Toxin, das hinaus 
diffundirte. Lange wollte es nicht gelingen, in Nährlösungen 
ausserhalb des Thierkörpers die analoge Opalescenz durch Ent¬ 
wicklung des Orgauismus zu erzielen, — endlich fand sich in 
einer 4 pCt. Serum enthaltenden Peptonlösung ein geeigneter 
Nährboden, und jetzt gelingt die Cultur in vitro sehr gut. Die 
Cultur in vitro ist von conslanter hoher Virulenz, während die 
Culturen aus der Bauchhöhle nur eine abgeschwächte Virulenz 
besitzen, sich aber zu Schutzimpfungen zu eignen scheinen. Es 
ist durch diese Untersuchungen gezeigt, dass die negativen 
Resultate, welche die bisherigen Untersuchungen bei so vielen 
Infectionskraukheiten lieferten, z. Th. nur darin ihren Grund 
haben dürften, dass die specifischen Organismen zu klein sind, 
um sich deutlich erkennen zu lassen und an die Nährböden An¬ 
forderungen stellen, die wir noch nicht genügend kennen. 

Therapeutische Notizen. 

Erfolgreiche Anwendung des Nocard’schen Antitetanusserume. 

In der dtsch. thierärztl. Wschr. No. 1, 1898 theilt Kreisthier¬ 
arzt Mulotte die Erkrankung eines Pferdes mit, welches sich 
14 Tage vor der Untersuchung einen Nagel eingetreten hatte 
und bei Hinzukommen des Sachverständigen am Morgen nach 
dem Auftreten sichtbarer Kranklieitserscheinungen ausgesprochenen 
Starrkrampf zeigte. Es wurden sofort 50 ccm Serum anti- 
tetanique, aus dem Institut Pasteur bezogen, eingespritzt und 
am 3., 4. und 5. Tage von neuem je 20 ccm iujicirt. Am 6. Tage 
war eine Besserung bemerkbar. Die Genesung nahm noch etwa 
18 Tage in Anspruch. In einem zweiten Falle wurden am 1. Tage 
50 cdin und in den folgenden Tagen noch je 20 bezw. 10 ccm in- 
jicirt. Auch hier trat Genesung ein. 

i 

Berichtigung betr. Tannoform. 

Die Firma Merck-Darmstadt sandte folgende Mittheilung 
ein: In Nummer i2 Ihrer geschätzten Zeitung sehe ich aut 
Seite 254, dass Herrn Kreisthierarzt Wulf in Bitburg in seinem 
Aufsatze über „Tannoform“ am Schlüsse desselben insofern ein 
Irrthum unterlaufen ist, als er angiebt, dass mein Tannoform in 
„Blasen“ zu ICO g 70 Pt. koste. Es ist auf diese Preisangabe 
bei Bestellungen schon wiederholt Bezug genommen worden. 
Leider ist es mir aber nicht möglich, das Präparat zu diesem 
geringen Preise zu liefern. Das Tannoform kommt übrigens 
nicht, wie Herr Wulf in seinem Artikel angiebt, in „Blasen“ zu 
100 g, sondern in Originalbeuteln zu 25 g in den Handel. Der 
Preis für einen solchen Beutel beträgt aUerdings 70 Pf. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



308 


Tagesgeschichte. 

TI. Plenar-Versanimlung der Centralvertretnng der 
thierärztlichen Vereine PrenssenH 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Präsident: Ich danke den Herrn Referenten für ihre fleissigen 
und wohldurchdachten Referate, durch welche diese wichtige 
Frage von allen Seiten beleuchtet und zurBeratlmng aufs Beste 
vorbereitet worden ist. 

Ich muss jedoch gegenüber dem Herrn Kreisthierarzt Kieck- 
liäfer, der gelegentlich seines Referates das gesonderte Vorgehen 
der Kreisthierärzte von Brandenburg zu begründen versucht hat, 
den Standpunkt unserer gemeinsamen Organisation wahrnehmen. 

Von diesem Standpunkt aus kann ich jenen Schritt einer 
einzelnen Gruppe, deren Mitglieder doch wohl alle einem Verein 
und mit diesem der Centralvertretung angehören, nicht für richtig 
und dem Ganzen dienlich halten. Dass dann noch ein grosser 
Verein, derjenige der Provinz Schleswig, sich angeschlossen hat, 
ändert natürlich an dieser meiner Ansicht nichts. M. H., ich bin 
ja überzeugt, dass die Herren in bester Absicht, auch gegenüber 
der Gesammtheit, gehandelt haben und dass sie glaubten, durch 
besondere Umstände zur Eile veranlasst zu sein. Aber wie auch 
immer die augenblicklichen Verhältnisse liegen mögen, niemals 
dürfen sie Veranlassung zu Zersplitterungen geben oder auch 
nur die Gefahr einer solchen herbeiführen. Die preussischen 
thierärztlichen Vereine haben sich freiwillig zu einer einheitlichen 
Organisation zusammengeschlossen; sie ha v >en die Central¬ 
vertretung zur Vertretung ihrer Standesinteressen gewählt; die 
Centralvertretung ist keine selbstständige neben den Vereinen 
stehende Körperschaft, sondern sämmtliche Vereine bilden sie, 
indem sie ihre besten Kräfte in die Centralvertretung delegiren. 
Angelegenheiten, die gemeinsame Interessen berühren, müssen da¬ 
her durch die Centralvertretung gehen, und es kann nicht als 
zulässig gelten, wenn ein einzelner Verein oder eine Gruppe von 
Vereinsmitgliedern für sich handelt, ohne vorher eine gemein¬ 
same Verständigung anzubahnen. M. H., wir sind insgesammt 
nur eine kleine Zahl. Wenn wir Eindruck erzielen wollen und 
wenn wir etwas erreichen wollen, dann muss der eine Grundsatz 
über alle gehen: Wir müssen geschlossen handeln. (Allseitige Zu¬ 
stimmung.) 

Schmaltz (zur Geschäftsordnung). Wir sind keine öffentliche, 
sondern eine geschlossene Versammlung. Wir haben jetzt eine 
der wichtigsten Fragen zu berathen. Ueber einige Punkte sind 
auch unter uns die Meinungen getheilt. Wir müssen uns hier 
unter uns mit voller Deutlichkeit aussprechen können. Es kann 
dabei nicht jedes Wort ängstlich gewogen werden, und es werden 
auch Dinge zur Sprache kommen, die rein häusliche Angelegen¬ 
heiten sind. Ich beantrage einen Beschluss, dass über diese 
Discussion nichts in die Oeffentlichkeit, namentlich nicht in die 
Presse gebracht werden darf. Sämmtliche Delegirte sind an 
einen Majoritätsbeschluss in diesem Sinne gebunden. Ich sehe 
auch einige Collegen als Gäste. Diese erkennen dadurch, dass 
sie im Saale bleiben, die ihnen durch einen solchen Beschluss 
auf erlegte Verpflichtung ebenfalls an. 

Die Versammlung beschliesst einstimmig, dass die 
Discussion über den in Rede stehenden Gegenstand der 
Tagesordnung als geheim zu behandeln ist Alle Ab¬ 
stimmungen sollen namentlich sein. 

Nach Schluss der ebenso eingehend als sachlich geführten 
Discussion lässt der Präsident zunächst die Versammlung zu 
zwei einander gegenüberstehenden Principien durch Abstimmung 
Stellung nehmen. 

Die sich aus dem Referat des (als Referent, aber nicht als 


No. 26. 

stimmberechtigter Delegirter anwesenden) Kreisthierarztes Berm¬ 
bach ergebende Frage: 

Sollen die Kreisthierärzte, unter Umwandlung 
ihrer Stellen in vollbesoldete Beamtenstellen, die 
Befugniss zur Privatpraxis verlieren? 
wird mit allen Stimmen verneint 
Hierauf wird der Grundsatz einstimmig angenommen: 

Bei der anzustrebenden Verbesserung der kreis¬ 
thierärztlichen Stellung ist, unter Erhöhung ge¬ 
wisser Dienstbezüge, das Hauptgewicht auf die Ge¬ 
währung von Pensionsberechtigung und Relicten- 
versorgung zu legen. 

Die Versammlung beschliesst mit 34 von 54 Stimmen 

den Herrn Minister zu bitten, den Kreisthierärzten An¬ 
spruch auf eine angemessene Pension und Hinterbliebenen- 
Versorgung zu gewähren (Antrag Schmaltz - Scharmer). 
Andere Anträge, welche bezweckten, die Höhe eines fingirten Ge¬ 
halts*) zu bezeichnen, nach dem die Pension bemessen werden sollte, 
oder überhaupt bestimmte Vorschläge zur Pensionsberechnung 
zu machen, waren damit, dass die Versammlung dem allgemeinen 
Ausdruck „angemessen“ zustimmte, gegenstandslos geworden. 

Dagegen nahm die Versammlung bezügl. der Erhöhung des 
derzeitigen Grundgehaltes, die im Princip einmüthig für noth- 
wendig erklärt wurde, nicht denselben Standpunkt ein. Ein An¬ 
trag, auch hierbei nur um eine Erhöhung ohne Angabe einer Summe 
zu bitten, wurde gegen 8 Stimmen abgelehnt. 

Es gelangte schliesslich, unter Ablehnung aller übrigen 
auf die Gehaltsböhe bezüglichen Vorschläge, der Antrag Felisch 
mit 34 Stimmen zur Annahme, 

Den Herrn Minister um eine Erhöhung des Grundge¬ 
haltes auf 1200 steigend bis 1800 Mark zu bitten. 
Widerspruchslos wurde auch der Antrag Lothes genehmigt, als 
Zusatz zu dem letztgenannten Beschluss hinzuzüfügen: 

Ausserdem ist die Gewährung einer Büreaukosten-Ent- 
schädigung erforderlich. 

Die Versammlung schliesst sich ferner mit sehr grosser 
Majorität der Ansicht an, dass die Rangverhältnisse zugleich 
geregelt werden müssen, und fasst mit der gleichen Majorität, 
gemäss dem Antrag Steinbach, den Beschluss: 

Den Herrn Minister zu bitten, festzustellen, dass die Kreisthier¬ 
ärzte der VI. Beamtenklasse angehören, ihnen innerhalb dieser 
Klasse den Vorrang einzuräumen und für eine Anzahl 
älterer Kreisthierärzte die Verleihung des RaDges der 
Räthe V. Klasse als persönliche Auszeichnung vorzusehen. 
Ueber die Nothwendigkeit der Erhöhung der Tagegelder 
herrscht keine Meinungsverschiedenheit. Ein Antrag, in der Ein¬ 
gabe an den Herrn Minister nur von „dem Range angemessenen“ 
Tagegeldern zu sprechen, wird abgelehnt. Dagegen wird der 
Antrag (Felisch) angenommen: 

Den Herrn Minister um eine Erhöhung der Tagegelder auf 
9 Mk. im Sinne des Gesetzes vom 9. 3. 72 zu bitten. 
Scharmer-Schmaltz beantragen selbstständig neben der Bitte 
um Erhöhung der Tagegelder den Grundsatz aufzustellen: 

Die Gebühren für gerichtliche Angelegenheiten bedürfen 
besonders der Abänderung und sollen jedenfalls auf die 
Höhe der Gebühren für veterinärpolizeiliche Geschäfte 
gebracht werden. 

*) Bemerkt werden darf liier aus der Discussion die sachliche 
und den allermeisten neue Mittheilung eines Delegirten, dass es be¬ 
reits eine Beamtenclasse giebt, deren Pension unter Zugrundelegung 
eines fingirten Einkommens berechnet wird. Das sind die im 
Wesentlichen auch für die einzelnen Dienstgeschäfte bezahlten Ge¬ 
richtsvollzieher. Die Berechnung der Pension der Kreis¬ 
thierärzte nach einem fingirten Gehalt wäre also nichts neues und 
daher auch nicht so schwierig. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



30. Juni 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


309 


Der Antrag wird mit grosser Majorität angenommen. 

Der von Steinbach gestellte Antrag: 

Den Herrn Minister zu bitten, zu veranlassen, dass den 
Departementsthierärzten bei einem entsprechenden Dienst¬ 
alter der Character als Veterinärrath und der persönliche 
Rang der Räthe IV. Classe verliehen werde, 
wird mit grosser Majorität angenommen. Damit ist Punkt V der 
Tagesordnung erledigt 

Stiftung einer Büste des Professors Dr. Hertwig anlässlich seines 
hundertjährigen Geburtstages. 

(Punkt X der Tagesordnung.) 

Referent Kreisthierarzt Liebener: 

Ein einflussreicherer und beredterer Mann wollte die An¬ 
gelegenheit vor Ihnen vertreten. Als vor Kurzem die Fachzeit¬ 
schriften die Mittheilung brachten, dass am 10. Januar der 
100jährige Geburtstag des am 19. Juli 1881 verstorbenen Medi- 
cinalratbs Professors Dr. med. Hertwig war, verhandelte der 
damalige Vorsitzende des thierärztlichen Central-Vereins für die 
Provinz Sachsen, Anhalt und Thüringen, Professor Dr. Pütz 
gelegentlich eines Zusammentreffens mit mir, wies darauf hin, 
welch hervorragender thierärztlicher Lehrer Hertwig gewesen 
sei, nud veranlasste mich bei dem Verein eine Ehrung Hertwig’s 
anlässlich seines 100jährigen Geburtstages zu beantragen. Er 
wollte den Antrag befürworten und näher begründen. Bald darauf 
starb Pütz. Der Antrag ist in der Frühjahrs-Versammlung des 
Vereins eingebracht und es ist in derselben einstimmig beschlossen 
worden: „Das Andenken Hertwig’s möglichst durch Aufstellung 
seiner Büste in der Aula der thierärztlichen Hochschule in Berlin 
zu ehren und bei der Central-Vertretung der thierärztlichen Ver¬ 
eine Preussens die weiter erforderlichen Schritte zu thun.“ 

Da ich weiss, dass ich einem der letzten Wünsche des Pro¬ 
fessors Pütz, des um die Hebung unseres Standes so hoch ver¬ 
dienten Mannes willfahre, habe ich in dieser hochansehnlichen 
Versammlung gern das Referat übernommen. 

Karl Heinrich Hertwig wurde am 10. Januar 1798 zu 
Ohlau, wo seine Eltern eine Brauerei besassen, geboren. Bis 
zu seinem 13. Jahre besuchte er die Schule in seiner Vaterstadt; 
sein Wunsch nach Absolvirung der Stadtschule ein Gymnasium 
zu besuchen, konnte nicht erfüllt werden, da Ohlau ein solches 
nicht besass und seine Eltern infolge ihrer Verluste bei der 
französischen Occnpation im Jahre 1806 ausser Stande waren, 
ihm die Mittel zum Unterhalt in einer anderen Stadt zu gewähren. 
Glücklicherweise fanden sich zwei wohlwollende Männer, ein 
Mediciner und ein Philologe, die sich des jungen Hertwig an- 
nahmen und ihn durch Privatunterricht so weit brachten, dass 
er 1815 in die Prima des Gymnasiums in Brieg aufgenommen 
werden konnte. Nach Erlangung des Maturitäts-Zeugnisses 
studirte Hertwig unter grossen Entbehrungen 2 1 /, Jahre am 
chirurgischen Institut in Breslau, erlangte die Approbation als 
Chirurgns und ging dann mit Staatsstipendien nach Wien, studirte 
unter Veith, Waldinger u. A. drei Semester Thierheilkunde 
und setzte dabei auch seine medicinischen Studien fort. Im 
Herbst 1820 siedelte Hertwig nach München über, studirte bei 
der dortigen Thierarzneischule zwei Semester, besuchte dann 
auch noch die übrigen deutschen thierärztlichen Lehranstalten 
und kam im Herbst 1821 behufs Vollendung seiner thierärztlichen 
Studien nach Berlin. 

Ein Jahr später bestand er hier die Prüfung als Thierarzt 
Michaelis 1823 wurde Hertwig Repetitor an der damaligen 
Thierarzneischule und lehrte an derselben mit kurzen Unter¬ 
brechungen, die er zu wissenschaftlichen Reisen nach Frankreich, 
England und Russland benutzte, 53j£ Jahre, ein Zeitraum, wie 


nur sehr Wenige an so schwieriger Stelle zu wirken im Stande 
sind. Und wie erfolgreich war seine Thätigkeit! Er hatte, wie 
selten einer, hervorragend die Gabe, aus seinem reichen Wissen 
und seinen Erfahrungen zu geben und mitzutheilen und tüchtige 
praktische Thierärzte zu bilden. In Berlin vollendete Hertwig 
dann auch sein medicinisches Studium und legte 1827 die Staats¬ 
prüfung als Arzt und Wundarzt ab, nachdem er bereits im 
Februar 1826 zum Doctor medicinae promovirt war. 30 Jahre 
leitete Hertwig fast ununterbrochen die Klinik für grössere 
Hausthiere, die sich unter ihm so hob, dass bereits Mitte der 
dreissiger Jahre 80—90 Patienten in den Ställen standen. Kein 
Assistent half ihm, jeden Tag war er 5 Stunden in der Klinik 
beschäftigt und wurde bei Eingang eines schwerkranken Thieres 
auch noch Nachts gerufen. Ausserdem hatte er wöchentlich 
9 Stunden Vorlesungen. Wiederholt wurde Hertwig auch 
die Leitung des Spitals für kleine Hausthiere übertragen, 1859 
übernahm er die ambulatorische Klinik, die er mehr als ein 
Jahrzehnt behielt, auch besorgte er während dieser Zeit die kreis¬ 
thierärztlichen Geschäfte in den Kreisen Niederbarnim, Osthavel¬ 
land und Teltow. 

Hertwig wurde 1829 zum Oberlehrer, 1833 zum Professor 
und 1837 zum Veterinärassessor ernannt und als er 1870 aus 
dieser Stellung schied, erhielt er den Charakter als Medicinal- 
rath und wurde commissarisch Departementstbierarzt für Potsdam, 
welche Stellung er bis 1875 bekleidete. 1855 wurde er auch als 
Lehrer der Pferdekenntniss an der allgemeinen Kriegsschule an- 
geBtellt. 

Hertwig hat fast unausgesetzt specielle Chirurgie, Operations¬ 
lehre und Arzneimittellehre, sehr wichtige Fächer, gelesen und 
auch als thierärztlicher Schriftsteller und Forscher hervorragendes 
geleistet. 

Schon 1829 gab er sein classisches Werk: „Beiträge zur 
näheren Kenntniss der Tollwnth der Hunde“ heraus, eine Arbeit, 
die allein schon genügt hätte, ihm einen Platz unter den Be¬ 
gründern unserer Wissenschaft zu sichern. Sein „Handbuch der 
Arzneimittellehre“ ist ferner von grosser Bedeutung und beweist 
den enormen Fleiss bei Ausführung zahlloser Versuche; noch 
heute ist dasselbe eine Zierde jeder thierärztlichen Bibliothek. 
Ferner schrieb Hertwig das „Praktische. Handbuch der 
Chirurgie für Thierärzte“, „Die Krankheiten der Hunde und 
deren Heilung und die „Operationslehre“, die er gemeinschaftlich 
mit G n r 11 verfasste. Er gab das Taschenbuch der gesammten 
Pferdekunde heraus und hat in verschiedenen Zeitschriften, ins¬ 
besondere im Magazin für die gesammte Thierheilkunde“, welches 
er gemeinschaftlich mit G u r 11 1835 gründete und bis 1884 her¬ 
ausgab, viele werthvolle Arbeiten veröffentlicht. 

Hertwig war eben ein hervorragender Thierarzt, ein bevor¬ 
zugter thierärztlicher Lehrer und ein erfolgreicher Schriftsteller 
und Forscher und ich beantrage daher: 

„Die Centralvertretung der tierärztlichen Vereine Preussens 
wolle beschlossen, ihn anlässlich seines hundertjährigen Geburts¬ 
tages möglichst durch Aufstellung seiner Büste in der Aula der 
thierä'ztlichen Hochschule in Berlin zu ehren und die dazu er¬ 
forderlichen Massnahmen in die Wege leiten.“ 

Die Aufbringung der erforderlichen Mittel dürfte bei der oft 
bewiesenen Opferfreudigkeit der thierärztlichen Vereine und der 
Thierärzte nicht schwierig sein und ein Appell an dieselben nicht 
im Stich lassen. 

Scbmaltz: Der Gedanke, einem verstorbenen verdienten Lehrer 
der Veterinärwissenschaft eine pietätvolle Ehrung zu erweisen, 
kann mir nur von Herzen lieb sein. Trotzdem kann ich dem Herrn 
Referenten nur unter einer ganz bestimmten Bedingung zu¬ 
stimmen. 


Digitized by CjOOQie 





310 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


Meine Herrn! Ihren wissenschaftlichen Weltruf verdankt 
die alte Berliner Thierarzneischule einem leuchtenden Dreigestirn: 
Gurlt, Hertwig, Spinola. In diesem gebührt aber der erste 
Platz nicht Hertwig, sondern unbedingt Gurlt. Gurlt war 
nicht Thierarzt, sondern Arzt, aber einer der wenigen Aerzte, 
denen das Veterinärwesen etwas, ihm sehr viel sogar verdankt. 
Dieser Dank darf nicht vergessen werden, und es würde mir als 
Vertreter des Gurlt’sclien Lehrfaches, als Nachfolger Gurlts 
schlecht anstehen, wenn ich nicht für diese Dankespflicht ein- 
treten wollte. 

Schon als zuerst der Gedanke auftauchte, Gerl ach ein 
Denkmal zu setzen, habe ich im Honnoverschen Verein da¬ 
gegen gesprochen, dass Gurlt übergangen werden sollte. Erst 
dann habe ich dem Gerlach-Denkmal freudig zugestimmt, als 
ich eingesehen hatte, dass das Denkmal garnicht den Director 
Gerlach, auch nicht den Verfasser der gerichtlichen Thierheil¬ 
kunde verherrlichen sollte, sondern dass es fast zu einer Allegorie der 
Entwicklungskraft, Widerstandsfähigkeit und Kampfesfreude 
des thierärztlichen Standes wurde, jedenfalls nur Gerlach dem 
Rufer im Streite galt. Da natürlich konnte keiner neben ihm 
in Frage kommen, Gurlt ebensowenig wie Hertwig. 

Aber als Lehrer und Förderer der Wissenschaft steht Gurlt 
an erster Stelle. Bedenken Sie, was er gethan. Er hat die 
Veterinäranatomie erst wirklich begründet, er hat sie gleichmässig 
auf alle Hausthiere erstreckt. Er hat sie vor Allem angeschlossen an 
die Menschen-Anatomie. Er hat damit die wissenschaftliche Ver¬ 
bindung der Thiermedicin mit der Menschenmedkin herangebildet 
und der Thierarzneikunde wissenschaftliche Bahnen gewiesen. 
Seine Thätigkeit geht ja noch viel weiter, sie umfasst namentlich 
auch die Physiologie. Lassen Sie es mich kurz sagen: Gurlt ist der 
Schöpfer der wissenschaftlichen Grundlage, auf welcher sich die 
practische Veterinärmedicin wissenschaftlich entwickeln konnte. 

In diesem Verdienst kommt ihm auch’ Hertwig nicht gleich’." 
Wollen Sie also Ihre Pietät erweisen, so ehren Sie beide ver¬ 
dienten Männer. Dann stimme ich freudig zu 

Liebener: Ich nehme die Ausführungen des Vorredners als 
eine wünschenswerte Ergänzung meiner Bestrebung auf und 
erweitere meinenAntrag dahin, dass Gurlt, Hertwig und Spinola 
Büsten, zur Aufstellung in der Aula der Tierärztlichen Hoch¬ 
schule in Berlin, gewidmet werden mögen. 

Nach kurzer unerheblicher Discussion beschliesst die Central¬ 
vertretung, die Stiftung der Büsten von Gurlt, Hertwig und 
Spinola nach Kräften zu fördern, und beauftragt ihren Aus¬ 
schuss, als Comite für diese Stiftung zu fungiren, alle Vor¬ 
arbeiten selbstständig zu erledigen und demnach die Sammlungen 
einzuleiten. (Fortsetzung des Berichts folut.) 

Reichsfleischschau - Gesetz. 

Eine Conferenz zur Vorberathung der reichsgesetzlichen 
Regelung der Fleischbeschau wird schon in allernächster Zeit im 
Kaiserlichen Gesundheitsamt zusammentreten. 

Thierärztliche Hochschule zu Dresden. 

Die PersoDalveränderungen, von denen schon längere Zeit 
gesprochen wurde, sind in der Hauptsache perfect geworden. 
Geheimrath Siedamgrotzky, dessen Geschäfte als Landes¬ 
thierarzt durch die jüngst angenommenen Gesetze betr. Fleisch¬ 
schau und Viehversicherung (B. T. W. No. 1 Beil. 1) ihn ganz in An¬ 
spruch nehmen und der schon vor einigen Jahren den Vorsitz 
in der Direction niedergelegt hatte, scheidet aus seinem Hanpt- 
lehramt als Leiter der Klinik aus, behält jedoch gewiss« Vor¬ 
lesungen bei. Als klinischer Lehrer ist der Bezirksthierarzt 
Dr. Röder berufen worden. Anatomie und Physiologie, die noch 
immer unter Leitung des zugleich die Directionsgeschäfte führen¬ 


den Obermedicinalraths Ellenberger vereinigt sind, dürften in 
Bälde definitiv in zwei Ordinariate geschieden werden. Professor 
Baum hat neben der Anatomie noch Zoologie und Geschichte der 
Thierheilknnde zu lesen. Die dem physiologischen Ordinariat 
unterstellte Stelle eines Chemikers, welche früher Hoffmeister, 
nach diesem Dr. Seeliger innehatte, wird durch einen Thierarzt 
neu besetzt 

Uebrigen8 werden an der Hochschule auch umfangreiche Er- 
weiterungs- und Neubauten vorgenommen. 

Besoldung der beamteten Thierärzte in Hessen. 

Wie früher in der B. T. W. mitgetheilt worden ist, hatte 
die Grossherzoglich Hessische Regierung eine Vorlage betr. Er¬ 
höhung der Bezüge der Kreisveterinärärzte auf 1600 — 3600 M. 
eingebracht. Die zweite Kammer hat nicht nur dem Entwurf zu¬ 
gestimmt, sondern dabei das Anfangsgehalt noch auf 2400 M. er¬ 
höht. Nunmehr hat auch die erste Kammer dem Entwurf zu¬ 
gestimmt, so dass derselbe nunmehr Gesetz geworden ist, und 
zwar mit Geltung vom 1. April 1897. Bravo! 

Jubiläum. 

Dr. med. vet. Anacker, ehemals Professor an der Thier- 
arzneisclmle in Bern, auch preussisclier Departementsthierarzt, 
seit 1892 ausser Dienst, hat am 22. Mai sein 50jähriges Jubiläum 
als Thierarzt feiern können. Der Jubilar, der jetzt zu Binger¬ 
brück lebt, hat sich namentlich um die periodische thierärztliche 
Literatur ein Verdienst erworben, indem er als der erste 1864 
eine thierärztliche Zeitschrift herausgab, welche das Princip ver¬ 
folgte, durch kurze, die gesammte medicinische Wissenschaft 
berücksichtigende Referate den Leser allgemein zu orientiren. 
Diese Zeitschrift erscheint bekanntlich heute noch unter dem 
Titel „Der Thierarzt“. 

-...t.-... 

Am 22. er. verschied unser allverehrter College 
Herr Prof. Wilhelm Eber. 

Ein frühzeitiger Tod im besten Mannesalter hat seinem 
Schaffen nnd Streben ein baldiges Ziel gesetzt. Wie der Ent- 
1 schlafene in wissenschaftlicher Beziehung gewirkt, und was er 
geleistet hat, ist an anderer Stelle gewürdigt worden. Wir wollen 
hier aber in dankbarer Erinnerung Zengniss ablegen von seiner 
Treue und Hingabe für unseren Verein. Zweimal im Laufe der 
Jahre ist der Dahingeschiedene in amtlicher Stellung hier tbätig 
gewesen und beide Male ist er als Mitglied unserem Verein bei¬ 
getreten. Durch Vorträge und rege Betheiligung an den Ver¬ 
handlungen hat er belehrend und belebend auf uns eingewirkt, 
namentlich gab er Anregung zur Anwendung und Erprobung neuer 
Arzneimittel in der Praxis. 

Wir betrauern sein Hinscheiden um so mehr, als wir in ihm 
einen hochgeschätzten und liebenswürdigen Collegen verlieren, 
der sich durch sein schlichtes, biederes Wesen die Achtung, Ver¬ 
ehrung und Liebe der Vereinsmitglieder in hohem Masse er¬ 
worben hat. 

Das Andenken an den Verstorbenen wird bei uns in Ehren 
bewahrt werden. 

Berlin, den 27. Juni 1898. 

Der Verein practischer Thierärzte zu Berlin. 

Rietzei. 

Zenker f 

Nach Zeitung8meldnog ist im Alter von 73 Jahren Albert 
von Zenker gestorben, der die Trichinenkrankheit entdeckte 
und damit vielleicht die ganze heutige Fleischschau in erster 
Linie veranlasst hat. Bekanntlich war die Trichine selbst längst 
gefunden. Man wusste nur nicht, dass sie beim Menschen pathogen 


Digitized by 


Google 



30. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


311 


war. Die häufig vorkommenden Fälle von Trichinose und Massen¬ 
erkrankungen daran wurden für Typbus oder für Vergiftungen 
gehalten; die letztere Annahme führte sogar mehrfach dazu, dass 
Unschuldige des Giftmordes bezichtigt wurden. Da fand Zenker 
1860 in den Muskeln einer angeblich an Typhus verstorbenen 


Person die Trichinen und erkannte sie als die Krankheitsursache. 
Dies war natürlich die wichtigste Thatsache. An der Erforschung 
des Lebensganges der Trichine haben sich auf Grund der Zenker- 
schen Entdeckung dann andere Gelehrte betheiligt, darunter auch 
V i r c h o w und G e r 1 a c h. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(M i 11 h e i 1 u n g e n für 

Seuchenstatistik und Yeterln&r polizei. 

Thierseuchen Im Ausland. 

I. Quartal 1898. 

Bulgarien. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug: Milzbrand 12; 
Rauschbrand 1; Tollwuth 24; Rotz 8; Maul- und Klauenseuche 6; 
Schaffrocken 58; Räude der Schafe 46; Räude der Rinder und 
Ziegen je 1; Schweineseuche 2. 

Italien. 

Milzbrand wurde festgestellt bei 293 Thieren, Rauschbrand 
bei 80 Thieren. An Tollwuth erkrankten 53 Hunde und 6 andere 
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 59 Fällen zur Anzeige, Maul¬ 
und Klauenseuche in 15709 und ausserdem in mehreren zahlen- 
mässig nicht näher angegebenen Fällen in 108 Gemeinden, 
Schweineseuchen in 603 Fällen, ansteckender Milchmaugel bei 
Schafen in 1020, Büffeldruse in 3 Fällen. 

Belgien. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: beim Milzbrand 111, 
beim Rauschbrand 61, bei der Tollwuth 56 Hunde und 1 Schaf, 
beim Rotz 59; ferner werden 83 Fälle von bösartiger Klauen¬ 
seuche der Schafe und 206 Fälle von Schafräude berichtet. Die 
Maul- und Klauenseuche ist in 195 Gemeinden, die Lungenseuche 
gar nicht aufgetreten. 

Veterinärpollzelllche Verordnungen im In- und Auslande. 

Sachsen. 

Da die Tollwuth unter den Hunden im Königreich Sachsen 
nicht nur nicht nacblässt, sondern in einzelnen Gegenden sogar zu¬ 
nimmt, wird unterm 13. Mai d. J. in den Amtshauptmannschafieu 
Zittau, Pirna und Dresden angeordnet, dass Hunde nur dann frei 
umherlaufen dürfen, wenn sie mit einem sichern Maulkorb ver¬ 
sehen sind. 

Württemberg. 

Hinsichtlich der andauernden Verbreitung der Maul- undKlauen- 
seuche wird unterm 28. Mai d. J. das Feilbieten von Rindvieh und 
Schweinen im Umherziehen bis zum 30. September d. J. verboten. 

Niederlande. 

Vom 6. Mai d. J. ab sind die am 19. Juli, 9. August und 
2. November 1897 erlassenen Verordnungen zur Bekämpfung der 
Maul- und Klauenseuche aufgehoben. 

Schweden. 

Die unterm 7. Mai d. J. (S. 276) verbotene Ausfuhr von Rindern, 
Schweinen und andern Einhufern aus den Provinzen Malmöhus 
und Christianstadt ist vom 23. Mai d. J. ab wieder gestattet. 

Schweiz. 

Unterm 20. Mai d. J. ist die Einfuhr von Klauenvieh aus 
Spanien bis auf Weiteres verboten. 

Anzeigepflioht für Geflügeloholera. 

Laut Verfügung des Herrn Reichskanzlers vom 16. Juni er. 
ist für das Königreich Sachsen die Anzeigepflicht für die Ge¬ 
flügelcholera eingeführt worden. 

Schwelnefl 6 l 80 h-Einfahr aus Russland. 

Die Regierungspräsidenten der russischen Grenzbezirke de- 


Veterinärbeamte.) 

clariren mit Genehmigung des Ministers für Landwirtschaft, 
Domainen und Forsten die den Grenzbewohnern erteilte Er¬ 
laubnis zur Einführung von ungekochtem Schweinefleisch bis 
zum Gewicht von 2 kg dahin, dass sich diese ErlaubnisB nur auf 
Schweinefleisch im engeren Sinne, nicht aber auf Blasen, Därme 
und andere gewöhnlich nicht zum menschlichen Genuss dienende 
Bestandteile geschlachteter Schweine erstreckt (Reg. Präs. 
Gumbinnen vom 20. Juni 1898, etc.) 

Bezirke, welobe als an Maul- und Klauenseuche verseuoht gelten. 

Als Seuchenbezirke, aus denen Vieh nur unter den bekannten 
Controlmassregeln eingeführt werden darf, bezeichnet eine Ver¬ 
fügung des Reg. Präs, von Bromberg folgende: 

1. Aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬ 
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬ 
schaften Bautzen, Dresden, Leipzig, 4. aus den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarz waldkreis, Jagstkreis, Donaukreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬ 
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogtum 
Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum Oldenburg, 9. aus 
dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzogtum Sachsen- 
Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 12. aus 
dein Herzogtum Sachsen-Coburg-Gota, 13. aus dem Herzogtum 
Anhalt, 14. aus dem Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen, 
15. aus dem Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, 16. aus dem 
Fürstentum Waldeck, 17. aus dem Fürstentum Reuss ältere 
Linie, 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen. 

Fleischschan und Vieh verkehr. 

Ministerialerlass betr finniges Rindfleisch. 

Den Regierungspräsidenten ist über die Unterscheidung von 
schwachfinnigem und starkfinnigem Rindfleisch folgender Ministerial¬ 
erlass zugegangen: 

Die mit Runderlass vom 18. November v. J. — M. d. g. A. 
M. 7841 II, M. f. Landw. I G. 8775, M. d. Inn. H 15859 — be¬ 
kannt gegebenen Grundsätze für das gesundheitspolizeiliche Ver¬ 
fahren bei finnigen Rindern und Kälbern haben ihrer Bestimmung 
über die schwach- und starkfinnigen Thiere durch eine Abhand¬ 
lung des Professors Dr. Ostertag in der „Zeitschrift fürFleisch- 
und Milchhygiene“, Januar 1898, Heft 4, Seite 64, eine Auslegung 
dahin erfahren, dass für die Zählung der Finnen nur diejenigen 
in Betracht kommen, welche die beim Schlachten zu Tage tretende 
Musculatur, insbesondere die äusseren und inneren Kaumuskeln, 
die Zunge und das Herz entalteo und nicht etwa auch diejenigen, 
welche bei der Zerlegung der Cadaver in 2 Vi kg schwere Stücke 
nachträglich gefunden werden. 

Dieser Darlegung gegenüber heben wir hervor, dass eine 
derartige Begriffsbestimmung von schwach- und starkfinnigen 
Thieren nicht zutreffend und insbesondere auch mit den gutacht¬ 
lichen Aeusserungen der Königlichen Wissenschaftlichen Deputation 
für das Medicinalwesen unvereinbar ist. Nach den mitgetheilten 
Grundsätzen sollen vielmehr bei der Berechnung der Zahl der in 
den geschlachteten Thieren Vorgefundenen Finnen alle lebens- 


Digitized by LjOOQle 








312 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 26. 


fähigen Finnen in Betracht gezogen werden, welche vor der 
Abkochung, vor der Pökelung oder vor dem Aufhängen des 
Fleisches in den Kühlräumen überhaupt in einem Schlachtthier 
ermittelt worden sind, gleichviel an welchen Stellen und zn 
welcher Zeit, ob während des Schlachtens oder bei der weiteren 
Zerlegung des Fleisches. Erreicht die Gesammtzahl aller auf¬ 
gefundenen Finnen die Zahl von mehr als zehn, so ist das 
Schlachtthier als ein starkfinniges zu bezeichnen und zn be¬ 
handeln. 


Hiernach sind die zuständigen Behörden und betheiligten Kreise 
unverzüglich mit der erforderlichen Mittheilung zu versehen. 
Berlin, den 16. Juni 1898. 

Der Minister Der Minister 

der geistlichen, Unterrichts- und für Landwirtschaft, Domänen 
Medicinal-Angelegenheiten. und Forsten. 

Im Aufträge: Förster. In Vertretung: Sterneberg. 
Der Minister des Innern. 

Im Aufträge: von Bitter. 


Personalien. 

Auszeichnungen : Dem Thierarzt A1 b r ec h t- Crefeld wurde der 
Kronen-Orden IV. Classe verliehen. 

Ernennungen eto.: Der Thierarzt Deubel aus Hechingen zura 
preussischen Bezirksthierarzt für die Oberamtsbezirke Hechingen und 
Haigerloch ernannt, desgl. zu bayerischen Bezirksthierärzten Thierarzt 
S p a e t h - Waldshut in Achern, Districtsthierarzt Pröls -Windsbach 
in Neustadt und Thierarzt S c h a i bl e - Zell a. H. in Eppingen. 

Thierarzt 0. Schneider - Taubenheira zum Schlachthof¬ 
vorsteher in Sagan, Thierarzt Kopp-München zum Schlachthaus¬ 
inspector in Metz, Thierarzt Lohgee -Pieschen zum Schlachthof- 
Assistenzthierarzt in Hirschberg (Schles.) gewählt. 

Versetzt sind: Bezirksthierarzt Fehsenmeier - Konstanz 
nach Rudolfzeli, Bezirksthierarzt P f i s t n e r - Oberkirch nach Schopf¬ 
heim, Bezirksthierarzt Dotter - Waldkirch nach Konstanz, Bezirks- 
tbicrarzt Sauter - Schopfheim nach Wiesloch, Bezirksthierarzt 
Bechtold Eppingen nach Oberkirch. 

Der Kreisthierarzt des Kreises Falkenberg in Oberschlesien, 
G1 o k k e, ist aus dem Staatsdienst geschieden, desgl. der bayerische 
Bezirksthierarzt May in Bamberg. 

Examina: Approbirt wurden in Berlin: Die Herren August 
Graening, Wilhelm Glasomersky, Georg Lux, Georg Schwebs. 
In München: die Herren Hans Gutbrod, Wilhelm Haberl, 
Max Madel und Fritz Wunder. 

Das Examen alsbeamteteThierärzte bestanden 
in Berlin: Thierarzt R e i c h s t e i n - Königsberg (Brdbg.), Thier¬ 
arzt G rube-Crefeld, Schlachthofinspector S t ö c ke r - Lüben, 
Oberrossarzt L ü b k e - Tilsit, Thierarzt J u s t - Schkölen, Thierarzt 
K1 a e g e r - Loitz, Thicrarzt L o e w e 1 - Langensalza. '■ 

In der Armee (XIII A.-C.): Befördert Rossarzt Breitschuh im 
29. Art.-Rgt zum Oberrossarzt; Unterrossirzt Völker , unter Ver¬ 
setzung vom 20. Ulan.-Rgt. z. 29. Art.-Rgt, zum Rosfarzt Gloz, 
Unterrossarzt der Landwehr, zum Rossarzt. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier- 
aizt Wisnefsk y-Stettin nach Wismar (Mecklbg), Thierarzt Krexa- 
Reinfeld nach Lübeck. — Thierarzt N i e m e r - Paderborn hat sich 
in Ahlen (Westf.), Thierarzt Meyer in Erxleben niedergelassen 

Todesfälle: Schlachthof-Assistenzthierarzt W i n te r-Hirschberg 
(Scbles.) _ 

Yacanzen. 

Kreis'hiera'Ttstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsidcnt. — 
R.-B. Düsseldorf: Cleve Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsidcnt. — 
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).-- R.-B. Gum¬ 
binnen: Insterburg (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Oppeln: 
Falkenbcrg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). 

— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 
300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitfitsthierarzt8telien a)Neuausgescl<ricbeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (PrivatpraxiB gestattet). Bew. an Magist 
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung, 
Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Scblachthofhilfsthierarzt. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 

— Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — 
Guxhagen (Regierungs - Bezirk Cassel.) — Pitseben. — 
Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Argenau: 
Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat. 

— D a s s o w (Mecklbg.-Scbw.): Thierarzt. — E d d e 1 a k (Holstein): 


Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov. 
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof). — 
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. 

— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). 

— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — 
Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. 
Berlin S. O. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. 
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.- 
Schw.). — Schl awa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat— 
Schlotheim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500M.) 
Bew. an den Stadtratb. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬ 
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. 

— Wetter (Ruhr): Thicrarzt (Gebühren aus einzuführender Fleiscb- 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Hirschberg (Schles). — 
Privalstelle: Ahlen (Westf). 

Aufruf an die Collegen. 

Ein tragisches Geschick hat das Leben des Professors an 
der tbierärztlichen Hochschule zu Berlin, Wilhelm Eber ge¬ 
endet. Der Verstorbene ist nur 34 Jahre alt geworden. Früh 
verwaist und ohne Vermögen hat er 8. Z. mit Hülfe fremder 
Mittel seine Studien- und seine Dienstzeit absolviren müssen. 
Er ist dann eine Reihe von Jahren in Stellungen gewesen, deren 
Einkünfte nur eben für den Lebensunterhalt seiner rasch an¬ 
wachsenden Familie ansreichten. In der kurzen Zeit, in welcher 
er sein Amt an der hiesigen Hochschule versehen konnte, ist es 
ihm daher nicht möglich gewesen, seine Verhältnisse soweit zu 
verbessern, dass er auch die Zukunft seiner Familie hätte sicher¬ 
stellen können. 

Neben der Wittwe blieben 6 Kinder im Alter von 7 Jahren 
bis zu wenigen Monaten ohne eigene Hülfsmittel zurück. Da 
der Verstorbene kaum die Pensionsberechtigung erlaDgt hatte, 
so können die Wittwenpension und die Erziehungsgelder auch 
bei grösstem Wohlwollen der Vorgesetzten Behörde nur so gering 
ausfallen, dass private Hülfe nicht zu entbehren ist. 

Das Lehrercollegium der Berliner thierärztlichen Hochschule 
wird in besonderer Weise seiner Ehrenpflicht, helfend einzu- 
greifeu, nachkommen; doch genügt diese Hülfe nicht. Im Ein- 
verständniss mit den übrigen Mitgliedern des Collegiums wenden 
sich die Unterzeichneten daher bittend an den weiteren Kreis 
aller Collegen. 

Es handelt sich vor Allem darum, die Erziehung der 6 Waisen 
zu sichern. Die einkommenden Beiträge sind ausdrücklich zu 
diesem Zwecke bestimmt und werden mit dieser Bestimmung dem 
Vormund ausgehändigt werden. 

Die Herren Collegen werden herzlich gebeten, Beiträge an 
einen der Unterzeichneten einzusenden. 

Dr. E. Fröhner. Dr. R. Schmaltz. Dr. R. Ostertag. 

Professoren an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin. 


Bitte. 

Die Herren Collegen werden gebeten, rotzkranke und zur 
Tödtung bestimmte Pferde vor der Tödtung mit einem von 
mir nach neuerer modificirter Methode hergestellten und zu 
diesem Zweck kostenlos und portofrei zur Verfügung Btehenden 
Mallein zu impfen und mir ihre Wünsche mitzutheilen. 

Dr. Foth, 

Kreisthierarzt in Wresclien (Prov. Posen). 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prot Dr. Sohmalti in llcrlin. — Verla* und Eifrenthum von Richard Schoet* in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 










Die „Berliner Thlerftrstllche Woehemi hrift“ eraehelnt 
wöchentlich in 8tirke von mindeitem l 1 /. Bogen. Dleeelbe 
lat an belieben durch den Buchhandel, die Poat (No. 1031) 
oder durch die Verlagabuchbandlung von Richard 
Seboetz, Berlin NW., Luiaenatraaae 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalheitrige werden mit U Mk. fttr den Bogen honorirt 
Alle Manuacripte, Mltthellnngen und redaetionellen An¬ 
fragen beliebe man au senden an Prof. Dr. Sohmalu, 
Berlin, thierkratllcbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenalona-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 27 . Ausgegeben am 7. Juli. 

Inhalt: Tripper: Die Castration der Cryptorchiden. — Referate: Michaelis: Ueber die Vorgänge bei der Milch- 
secretion. — Almy: Traumatische Hydronephrose beim Hunde. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar¬ 
versammlung der Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Perso¬ 
nalien. — Vacanzen. 


Die Castration der Cryptorchiden. 

Vortrag, gehalten in der Versammlung des Brandenburger Vereins 

Von 

Dr. Tripper-Berlin. 

Oberrossarzt der Königl. Marstklle- 

(Schlass.) 

Befestigung des Pferdes, Vorbereitung znr Operation, Instrumente. 

Die Operation geschieht, wenn es die Witterung erlaubt, im 
Freien. Am besten eignet sich liierzn eine mit Gras bewachsene 


fenchte Wiesenfläche, die etwas weich ist Das Pferd wird dann i 
ohne Strohunterlage geworfen. Als Tageszeit wählt man am 
gflnstigsten die Morgenstunden, wo noch die Grasflächen vom 
Thau feucht sind. Ist es windig, so muss da88 Pferd so placirt 
werden, dass der Wind vom Hintertheil des Pferdes nach vom 


weht. Wäre es umgekehrt der Fall, so würden Haare nnd Unrein¬ 
lichkeiten des Körpers leicht die Operationswunde verunreinigen. 
Ebenso ist es von Vortheil, wenn das Hintertheil des Pferdes 
höher als das Vordertheil zu liegen kommt Ist dies nicht mög¬ 
lich, so kann man sich dadurch helfen, dass man unter das Kreuz 
ein Bündel Stroh legt Ist man gezwungen, im Stalle zu operiren, 
so lasse ich das Stroh durch eine Giesskanne mit Wasser be¬ 
feuchten. Prof. Sand legt auf diese Kleinigkeiten grosses Ge¬ 
wicht und auch mit Recht. Das Pferd wird auf die entgegen- 


i gesetzte Seite gelegt, an welcher der Hoden verlagert ist. Das 
Werfen geschieht mit dem dänischen Wnrfzeuge. Repetitor 
W. Pfeiffer-Berlin hat in den Monatsheften für praktische 
Thierheilkunde IX. Band, Heft 6, pag. 262 bis 269, die 
dänische -Wurfmethode beschrieben und dieselbe für die 


Abbildung 1 



Pferd mit dänischem Wurfxeug niederyelegt. 


Digitized by LjOOQie 









314 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Verhältnisse der Berliner 
chirurgischen Klinik pas¬ 
send abgeändert. Bekannt¬ 
lich ist das dänische Wurf¬ 
zeug zuerst von Abild- 
gaard construirt und von 
Seiten vieler Thierärzte 
abgeändert. In Dänemark 
habe ich allein drei solcher 
Abänderungen gesehen. 

Am besten jedoch gefällt 
mir die Abänderung von 
Prof. Sand-Kopenhagen, 
und zwar deshalb, weil 
dieselbe am einfachsten ist. 

Je einfacher ein Instru¬ 
ment, desto praktischer ist 
es in der Regel. Mein 
Wurfzeug ist genau nach 
Angaben des Professor 
Sand in Trakehnen an¬ 
gefertigt und genannter 
Herr hatte die grosse 
Liebenswürdigkeit, mir an 
einem Ackerpferd in Trakehnen die Auwendung des Wurfzeuges ; 
genau zu zeigen. Ich musste dann so lange das Werfen wieder¬ 
holen, bis ich es genau konnte. Das dänische Wurfzeug besteht 
aus einem 2,20 m langen Brustgurt, angefertigt aus zwei doppelten 
Lederlagen. Die Breite der unteren Lederlage beträgt 14 cm, die 
der oberen 10 cm. An dem einen Ende befindet sich eine grosse 
aus Schmiedeeisen gefertigte Schnalle. Von dieser Schnalle 50 cm 
entfernt ist zwischen den beiden Lederlagen ein grosser schmiede¬ 
eiserner Ring angebracht und wird ebenso wie der andere von 
diesem ein Meter entfernte Ring durch vier starke Niete be- i 
festigt. Der letztere Ring ist vom Ende des Gurtes 70 cm ent¬ 
fernt. Der eine Ring kommt auf dem Rücken, der andere am 
Brustbein zu liegen. Beide Ringe liegen mit ihren Ringöffnungen 
von vorn nach hinten, im Gegensätze zu dem Wurfzeug, das 
Pfeiffer beschrieben, an welchem der obere Ring die Ringöffnung 
von einer zur andern Seite besitzt. Damit der Gurt sich nicht 
nach hinten verschieben kann, habe ich zwei verschiebbare 
Schlaufen am Gurt anbringen lassen, die in je einen Riemen 
auslaufen. Diese Riemen werden über die Vorderbrust geschnallt, 
und zwar so, dass die Schnalle immer auf die Aussenseite des 
Pferdes zu liegen kommt. 

Je nachdem man das Pferd auf die rechte oder linke Seite 
legt, verschiebt man die Schlaufen und bekommt, auf diese Weise 
immer die Schnalle nach oben zu liegen. Ausserdem gehören zu 
dem dänischen Wurfzeug vier Fesselriemen. An dem Ringe 
zweier Fesselriemen befindet sich je ein ca. 11 m langer runder 
Hanfstrick. Legen wir z. B. das Pferd auf die linke Seite, so 
dient der eine mit einem Hanfstrick versehene Fesselriemen als 
Hanptfessel und wird um den rechten Vorderfessel befestigt. 
Von diesem wird der Strick durch den Ring des linken Vorder¬ 
fesselriemens und von hier durch den Ring des linken Hinter¬ 
fesselriemens geführt und geht dann durch den am Brustbein 
liegenden grossen Ring des Brustgurtes von hinten nach vorn. 
Der andere mit einem Hanfstrick versehene Fesselriemen wird 
um den rechten Hinterfessel gelegt und dann der Hanfstrick 
durch den am Rücken befindlichen Ring des Brustgurtes nach 
der linken Seite des Pferdes geführt. Drei Gehülfen, die an der 
linken Seite des Pferdes stehen, erfassen den durch den Rücken- ! 
ring gehenden Strick, — drei Gehilfen, an der rechten Seite stehend, | 


den Strick, der durch den 
Brustbeinring geht Ein 
Mann steht an der linken 
Seite des Kopfes und er¬ 
fasst mit der linken Hand 
das linke Ohr, mit der 
rechten Hand die über den 
oberen Rand des Halses 
gelegten, straff angezoge¬ 
nen Zügel. Lässt man nun 
zu gleicher Zeit die Ge¬ 
hilfen beide Stricke und 
den Mann am Kopfe die 
Zügel anziehen, so legt 
sich das Pferd sanft auf 
die linke Seite. Der rechte 
Hinterfuss wird nun bis 
auf ca. einen Fuss an den 
Rückenring gezogen, der 
Strick zweimal um ‘ das 
Fesselbein geschlungen und 
dann nach hinten (das 
Pferd liegend gedacht) 
unterhalb des Schienbeins 
um den Unterschenkel gelegt. Indem man den Strick wieder nach 
vorn nach dem Fesselbein führt, beschreibt man mit demselben 
Achtertouren, die sich unterhalb des Schienbeins kreuzen. Man 
hat darauf zu achten, dass die um den Unterschenkel geführten 
Touren immer höher nach dem Pferdekörper, während die Touren 
am Fessel immer mehr nach der Hufspitze zu gelegt werden und 
der Strick bei jeder Tour angezogen wird. Jetzt wird das Ende 
des Strickes einfach in der Mitte des Schienbeins einige Male um 
das Schienbein und die Kreuzungsstelle der Achtertouren gewunden, 
geknotet und einem GeLilten in die Hand gegeben. (Siehe Ab¬ 
bildung.) Auf diese Weise wird die ausgiebigste Beugestellung 
sämmtlicher Gelenke des rechten Hinterschenkels herbeigeführt. 
Die drei anderen Beine werden fest bis an den Brustbeinring ge¬ 
zogen und zur besseren Befestigung das Ende des Strickes 
nochmals durch den Ring hindurcbgeführt. Indem man nun den 
Strick zweimal um den Fessel wickelt, beschreibt man ebenso wie 
am rechten Hinterfuss Achtertouren um den Unterschenkel und 
Huf des linken Hinterfusses und bekommt so den linken Hinter- 
fnss ebenfalls in starke Beugestellung sämmtlicher Gelenke. 

Will man das Pferd, wie es bei der Cryptorchidencastration 
nothwendig ist, auf den Rücken legen, so hebt man dasselbe 
einfach an und schiebt unter das Schulterblatt der rechten Seite 
einen mit Häcksel festgestopften Sack. Dann befindet sich die 
Vorderhand des Pferdes in der halben Seitenlage, die Hinterpartie 
in der Rückenlage. Für Kliniken hat das von Pfeiffer be¬ 
schriebene Kissen entschieden die von ihm erwähnten grossen 
Vortheile und ist zu empfehlen. Für die Landpraxis genügt aber 
vollständig ein mit Häcksel oder Stroh festgestopfter Sack. In 
der Abhandlung über das dänische Wurfzeug von Pfeiffer ist 
auf Seite 267 Zeile 4 jedenfalls ein Druckfehler vorgekommen, 
denn hier ist sicher nicht der linke, sondern rechte Hinterbnf 
gemeint. Damit der Schweif bei der Operation nicht im Wege 
ist, schlingt man um denselben einen Strick und befestigt denselben 
an dem am Brustgurte befindlichen Rückenring. Ist die Operation 
beendet, so geschieht die Entfesselung dadurch, dass man zunächst 
die Achtertouren beider Hinterfüsse löst, dann die Fessel sowohl 
der Hinter- wie Vorderfüsse aufschnallt. Dann wird vom Rücken 
aus der Brustgurt wie der denselben in der Lage haltende über 
die Brust laufende Riemen gelöst. Manchmal ist es mir passirt, 


Abbildung 2. 



Pferd mit anyelelegtem dänischen 1 Vurfxeuy. 


Digitized by VjOOQie 





7. Juli 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


315 


dass das Pferd ehe die Fesselriemen anfgeschnallt werden konnten, 
aufsprang. Es stand dann in der Regel anf allen 4 Füssen, und 
wurden die Fesseln wie die Gurte nachträglich im Stehen ab¬ 
genommen. 

Diese Wurfmethode hat für die Cryptorchidencastration 
zunächst den grossen Vortheil, dass bei der Beugestellung sämmt- 
licher Gelenke der Hinterschenkel mehr Raum zur Operation 
vorhanden ist und der Leistenkanal weiter wird. Ausserdem 
gelangt durch das Abziehen des Hinterschenkels die ganze 
Leistengegend so bequem zur Anschauung, dass man bequem 
operiren kann. 

Ich war zuerst der Meinung, dass nur die. dänischen Pferde 
mit ruhigerem Temperamente so still bei der Operation lägen. 
Dies ist aber nicht der Fall. Sehr empfindliche ostpreussische 
Pferde sowie Vollblutpferde liegen ebenso ruhig wie die 
dänischen. Die Pferde sind einfach ohnmäcntig, sie sind nicht im 
Stande, sich viel zu rühren. Dies ist aber auch leicht erklärlich. 
Durch die excessive Beugestellung sämmtlicher Gelenke der 
Hinterschenkel ist das Pferd nicht im Stande seine ganze Kraft 
zu entwickeln und auf die Rückenmuskeln zu übertragen. Wendet 
es aber wirklich noch mit den am unteren Brustring befestigten 
Beinen genügend Kraft an, so muss es einen Stützpunkt haben, 
und dieser liegt am Brustring. Es wird versuchen, die Vorder- 
und Hinterbeine zu strecken und zieht hierdurch den Brustring 
nach unten, biegt dabei die Wirbelsäule nach unten und nähert 
somit die Ansatzpunkte der langen Rückenmuskeln einander, 
wodurch dieselben nicht mehr im Stande sind, auf die Wirbel 
selbst zu wirken und diese zu zerquetschen. Ich bin daher ganz 
der Ansicht von Prof. Sand, dass bei dieser Wurfmethode weder 
Wirbel- noch Oberschenkelbrüche Vorkommen können. In Dänemark 
sind solche, wenn nach dieser Methode geworfen wurde, nie 
beobachtet. In der Klinik in Kopenhagen wird je nachdem, 
wo operirt wird, entweder das dänische oder auch das Berliner 
Wurfzeug angewandt. Im Jahre 1897 habe ich 150 Pferde mit 
dem dänischen Wurfzeuge geworfen und ist mir nie ein Nachtheil 
bei Anwendung desselben passirt. Wie Pfeiffer schon sehr 
richtig erwähnt, kommt es bei grösseren Operationen, bei denen 
die Hinterschenkel des Pferdes in der Beugestellung sämmtlicher 
Gelenke längere Zeit verharren müssen, vor, dass die Pferde mit 
denjenigen Hinterschenkel, der an den Rückenring gezogen war, 
Überköthen. Zweimal habe ich dies Ueberköthen an beiden 
Hinterfesseln beobachtet, meistens aber nur an dem oben erwähnten. 
Es hat dies aber gar nichts zu bedeuten, nach 6-8 Tritten be¬ 
lasten die Pferde in der Regel den Schenkel wieder ordnungs- 
mässig. 

Wegen der Unfähigkeit der Pferde, bei dieser Wurfmethode 
sich viel zu rühren, chloroformiren die Dän^n in den meisten Fällen 
nicht. Sämmtliche acht von mir in Dänemark operirten Cryptorchiden 
wurden nicht chloroformirt. Die ersten acht in Ostpreussen 
operirten Pferde chloroformirte ich. Das neunte Pferd starb in Folge 
Erbrechens und Aspiration von Futterstoffen in die Luftröhre 
nach der Chloroformnarkose. Seit dieser Zeit chloroformire ich 
nicht mehr, sondern injicire den Pferden nur 0,5 Morphinum 
hydrochlor. und beginne mit dem Werfen schon % Stunde nach 
der Injection. Bei inguinalen Cryptorchiden operire ich immer 
ohne vorherige Morphiuminjection. So hält Mass die Narkose 
für überflüssig, Bang, Trasbot und Cadiot halten die Narkose 
zwar bei erregbaren Pferden für nützlich, sonst aber auch nicht 
für nothwendig. Möller lässt die Pferde in der Regel cbloro- 
formiren. Cadiot narkotisirt mit Aether. Fröhner empfiehlt 
ohne Narkose zu operiren. 

An Instrumenten werden zur Operation gebraucht: 1 geballtes 
Bistouri, 1 Scheere, mehrere Schieberpincetien (ich gebrauche 


jetzt nur noch die Pean’schen Pincetten), die Sandwehe Castrir- 
zange, 1 kleine Hakenzange und neben Heftnadeln Strohhalm dicke 
Seideufäden, die vorher 1 Stunde in öprocent. Carbolsäurelösung 
gekocht sind und in öprocent. Carbolwasser aufbewahrt werden. 
Ausserdem müssen 5—6 Pack sterilisirter Watte ä 50 g und 
2 reine Bürsten vorhanden sein. Die Dänen verwenden sowohl 
zur Desinfection des Operationsfeldes und der Hände als auch 
zur Aufbewahrung der Instrumente während der Operation 
Lysollösnng. Ich benutze 3 Schüsseln mit lauwarmem Wasser; 
in der einen befindet sich entweder 3procent. Lysolwasser oder 
lpromill. Sublimatlösung und eine Bürste, in der anderen die In¬ 
strumente in 4procent. Carbolsäurelösung, in der dritten 1 promill. 
Chinosolwasser, das ich zum Abspülen der Hände gebrauche. 
Das Operationsfeld wasche und bürste ich mit Sublimat- oder 
anderer gewöhnlicher Seife, spüle dann mit 3procent. Lysol oder 
lpromill. Sublimatlösung ab und reibe so lange mit Tampon aus 
sterilisirter Watte die Haut, bis ich keine Unreinlichkeit mehr 
bemerke, dann erfolgt Abreibung mit absolutem Alkohol oder 
Aether und nochmaliges Abspülen mit lpromill. Chinosolwasser. 
Die oberen Partien der Hinterschenkel, besonders ihre Innenfläche, 
werden mit Lysolwasser befeuchtet, die beiden Hinterhufe mit 
einem mit Lysollösung befeuchteten Lappen umwickelt und in 
den ebenfalls gereinigten Schlauch ein Pack sterilisirter Watte 
gelegt. Der Operateur muss mit einem reingewaschenen 
Operationsmantel ohne Aermel bekleidet sein. Die Hände und Arme 
wasche ich sauber mit Seife, bürste sie dann mit 2- oder 3 procent. 
Lysollösung, reinige genau die Fingernägel, reibe mit einem 
reinen wollenen Lappen, der mit absolutem Alkohol getränkt ist, 
die Hände ab und spüle sie dann 3—5 Minuten in lpromill. Chinosol¬ 
wasser. Das Chinosolwasser ist mir deshalb sehr angenehm, 
weil es die Haut der Hände etwas adstringirt. Wer viele 
Cryptorchiden castrirt, thut gut, die Nägel der Zeige- und Mittel¬ 
finger zu pflegen, dieselben etwas lang zu lassen und so zu 
schneiden, dass der Nagel in der Mitte scharf und spitz ist. Die 
Perforation des Peritoneums geschieht mit etwas scharfen 
Fingernägeln sehr viel leichter. 

Genau oberhalb und in der Mitte des äusseren Leistenringes 
wird die äussere Haut in einer Länge von 10 cm durchschnitten, 
dann folgt allmälig und vorsichtig die Durchschneidnng der 
Tunica dartos und der Fascia. Kommen Blutgefässe zum Vor¬ 
schein, so werden dieselben doppelt unterbunden und dann durch¬ 
schnitten; dann zerreisst man behutsam mit beiden Zeigefingern 
oder Daumen das lockere Bindegewebe bis zum unteren Leisten¬ 
ring. Bis zu diesem Punkte ist die Operation inguinaler und 
abdominaler Cryptorchiden gleich, und daher versäume man 
nicht, genau den unteren Leisteoring und diese Gegend zu 
untersuchen, ob sich nicht in derselben oder im Leistencanale der 
verkümmerte Hoden befindet. Man fühlt ihn dann als eine rund¬ 
lich eiförmige, sich weichlich aufühlende Masse. Um ihn zu er¬ 
greifen, gehe ich mit dem Zeigefinger der linken Hand in den 
Leistencanal und berühre ihn mit der Beere des Fingers. An 
diesem Finger entlang führe ich mit der rechten Hand eine kleine 
Hakenzange bis zur Spitze des Fingers, fasse mit der Zange 
zu und hole die gemeinschaftliche ScheMenhaut mit dem in der¬ 
selben befindlichen Hoden hervor. Neben der Zange schneide 
ich die gemeinschaftliche Scheidenhaut weit auf, worauf der 
Hoden sofort hervortritt. Nachdem die Scheere fortgelegt, er¬ 
fasst man den Hoden und beseitigt auch die Hakenzange. Mit 
den Fingern trennt man den Samenstrang nebst Samenleiter von 
dem Nebenhodenbande, schiebt dann in diesen Spalt dieSand’sche 
Castrirzange, schliesst dieselbe und durchschneidet dann das 
Nebenhodenband dicht am Hoden mit der Scheere oder dem 
Messer. Jetzt dreht man den Hoden langsam ab, wobei es nicht 


Digitized by ÄjOOQie 



316 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


nöthig ist, einen grösseren Stumpf zu lassen. Der % bis 1 cm lange 
Stumpf genügt vollständig, es tritt nicht die geringste Blutung 
ein. Damit beim Abdrehen die Flügelschraube nicht hindert, 
muss die letztere so angelegt werden, dass die Schraube nach 
dem Leistencanal sieht. Nach dem Abdrehen des Hodens tupfe 
ich den Samenstrangstumpf sowie die ganze Wunde mit asepti¬ 
schen Tupfern ab und reibe den Samenstrangstumpf mit Glutol 
ein. Dann nehme ich die Zange ab und der Samenstrang stumpf 
zieht sich zurück. In die Wunde schütte ich dann noch reich¬ 
lich Glutol und nähe die Hautwunde durch 4—5 Hefte. Es näht 
sich am besten, wenn man den vorderen und hinteren Winkel 
der Hautwunde von einem Assistenten halten und anziehen lässt, 
damit die Wundränder sich genau aneinander legen. Die ge¬ 
nähten Wundränder bestreue und reibe ich dann mit Glutol ein. 
Hierauf werden die Stricke und Fesseln gelöst, damit der Hengst 


aussen mit einem geknöpften Bistouri und zog den Hoden hervor. 
Sicherer und besser ist, den Processus vaginalis unberücksichtigt 
zu lassen und die Operation wie folgt auszuführen. 

Es kommt jetzt der schwierigste Theil der Operation, denn 
von der richtigen OefFnung der Bauchhöhle hängt am meisten 
der Erfolg ab. Sand benutzt zur Operation der rechten Seite 
(das Pferd stehend gedacht) die linke Hand, zur Operation der 
linken Seite die rechte Hand, Möller und Cadiot machen es 
umgekehrt. Da Sand mein Lehrer bei der Cryptorchidenoperation 
war, so mache ich es genau so wie er. Wenn man hinter 
dem auf dem Rücken liegenden Pferde steht, so passt die rechte 
Hand besser zur Operation der linken Seite. Diese will ich be¬ 
schreiben. Man legt den Zeige- und Mittelfinger fest zusammen, 
die Volarfläche der Finger nach oben gerichtet, und stösst die¬ 
selben mit einem kurzen Ruck, und indem man mit den Fingern 


Abbildung 3. 

Harnblase Mastdarm 


Hoflengekröse 


innerer Jjeistenring 
Samenleiter 

Hoden 



Hodengekröse 


innerer Leistenring 

processus vaginalis*) 

Samenleiter 

Hoden 


äusserer Leistenring grader Bauchmuskel äusserer I^eistenring 
Ansicht der Gegend der Leistenkanäle von innen mit in der Bauchhöhle liegenden Hoden (nach Cadiot). 


aufstehen kann. Den inguinalen Cryptorchiden lasse ich in 
seinen gewöhlichen Stand stellen und leicht mit Weizenkleie und 
Heu füttern. 

Findet man den Hoden nicht, so kommt es manchmal vor, 
dass sich der Processus vaginalis im Leistencanal befindet. 
Bang und Möller rathen mit Recht, denselben nicht zu berück¬ 
sichtigen, sondern einfach die Operation weiter auszuführen. 
Gleich beim zweiten von mir castrirten beiderseitigen Cryptor¬ 
chiden fand ich denselben an beiden Seiten im Leistencanal, 
zog ihn heraus, öffnete die gemeinschaftliche Scheidenhaut und 
übte einen Zug auf den Samenleiter aus. Da hier der Scheiden¬ 
canal (Schmaltz) weit genug war, kam sogleich der in der 
Bauchhöhle befindliche Hoden zum Vorschein, und ich brauchte 
nicht mit den Fingern in die Bauchhöhle einzudringen. Solches 
Glück hat man aber sehr selten. In der Regel ist der 
Scheidencanal so eng, dass der Hoden nicht passiren kann. 
Möller spaltete zweimal mit Erfolg den Leistencanal nach 

*) Der processus vaginalis steckt im inneren 
schiefen BaucIimuBkel durchschimmerte. 


! eine drehende Bewegung macht, wobei die Dorsalfläche der Finger 
| nach oben kommt, in den Leistencanal. Der Weg und die 
| Führung der Hand sind bei dem Eindringen in den Leistencanal 
I genau vorgeschrieben. Man lege den Ellenbogen fest an den 
I Körper und operire nur im Handgelenk. Die Finger dringen 
| nach aussen, unten und vorn in den Leistencanal ein, die obere 
Fläche der Finger stütze man am Poupart’schen Bande, die 
Fingerspitzen richte man genau nach aussen unten und vom 
gerade auf den äusseren Darmbeinwinkel zu. Durch bohrende 
Bewegung der Finger sucht man dann weiter zu kommen, bis 
man zum hinteren Rand des kleinen schiefen Bauchmuskels ge- 
! langt Durch das noch nicht perforirte Peritoneum fühlt man 
deutlich die Darmschlingen. Jetzt hat man nur noch nöthig daB 
Peritoneum zu durchstossen. Dies geschieht am besten durch 
eine drehende kurze Bewegung des Zeige- oder Zeige- und 
I Mittelfingers. In der Regel stosse ich nur den Zeigefinger durch 
1 das Peritoneum und zwänge dann behutsam auch den Mittel- 


Leistenring bezw. Leistenkanal und ist hier so gezeichnet, als ob er durch den kleinen 


Digitized by 


Google 






7. Juli 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


finger durch das Loch. Durch die kurze drehende Bewegung 
wird das Peritoneum gespannt und eine Abhebung des¬ 
selben auf eine grössere Fläche hin vormieden. Man 
hüte sich, einen Druck auf die innern oder äusseren Winkel 
des Leistencanals auszuöben und vermeide mit grösster Sorgfalt 
das ZerreisBen des inneren Winkels. Zerreisst derselbe, so 
kommen auch in der Regel die Darmeingeweide zum Vorschein. 
Der Verschluss des gebohrten Ganges zwischen Poupart’schem 
Bande und dem kleinen schiefen Bauchmusbel kommt dadurch 
zu Stande, dass die Baucheingeweide, wenn das Pferd steht, den 
inneren schiefen Bauchmuskel gegen das Poupart’sche Band 
drücken und so wieder einen luftdichten Vepscblussder Bauch¬ 
höhle herbeiführen. Ist der innere Winkel des äusseren Leisten¬ 
ringes aber aufgerissen und klappt das Poupart’scbe Band nach 
unten, so fallen die Darmschlingen leicht vor. 

Befindet man sich mit den Fingern in der Bauchhöhle, so 
sucht man nach drei Gegenständen, nämlich: 

1. nach dem Samenleiter, der die Stärke eines Strohhalms 
oder Gänsekiels besitzt und sich hart wie Bindfaden anfßhlt. 
Er liegt in der Regel nach aussen und hinten von der Oeffnung 
(siehe Abbildung), oder 

2. nach dem Hodengekröse. Es liegt sehr oft genau an 
der Durchbruchstelle des Peritoneum auf den Dünndärmen. Es 
ist weicher wie der Darm, flottirend und hat grosse Neigung, 
sofort dem Zuge der Finger zu folgen, worauf Cadiot besonders 
aufmerksam macht; 

3. nach dem Hunter'sehen Leitbande, das sehr schwer zu 
finden ist und dessen Aufsuchen grosse Uebung verlangt, weil 
es sehr klein ist. 

Auch Fröhner empfiehlt pag. 347: „Man suche zunächst 
nicht nach dem Hoden, sondern nach dem Samenleiter, dem 
meist sehr langen Schweif des Nebenhodens oder dem Hoden¬ 
gekröse. Man fasse überhaupt alles Verdächtige, was zwischen 
die Finger kommt und ziehe es in den Wundcanal hinein. 

Ich muss mich diesen Rathschlägen Fröhner’s voll¬ 
ständig anschliessen, denn zieht man selbst eine Darmschlinge 
hervor, so schadet dies absolut nicht, wenn sie nur gehörig 
tief — wie sich Fröhner ausdrückt — wieder versenkt wird. 
Ist man einmal in der Bauchhöhle, so ziehe man die Finger erst 
dann wieder zurück, wenn man ziemlich sicher ist, dass man 
eines der genannten Gebilde erfasst hat. Bei einiger Uebung er¬ 
kennt man dies sehr bald. Es kommt beim wiederholten Ein¬ 
dringen in die Bauchhöhle vor, dass man die Oeffnung im Peri¬ 
toneum nicht mehr findet und man gezwungen ist, wie es mir 
anfänglich zwei Mal passirte, nochmals das Peritoneum zu durch- 
stossen. Es war dies zwar ohne jeglichen Nachtheil geschehen, 
ist aber, wenn möglich, zu vermeiden, da auch bei wiederholtem 
Eindringen in die Bauchhöhle leichter eine Infection herbei¬ 
geführt wird. 

Bei einem 8iährigen abdominalen Cryptorchiden, bei dem der 
Hoden sehr gross war, erfasste ich das Hodengekröse, das so 
stark entwickelt war wie bei einem normalen Hengste, so dass 
ich sicher glaubte, es wäre der Darm. Zieht man eins der oben 
genannten Gebilde hervor, so orientire man sich erst genau, was 
man vor sich bat. Man erkennt den Samenleiter an der glänzend 
wei6sen Farbe, das Hodengekröse an den blaugefärbten grossen 
Blutgefässen. Uebt man jetzt einen allmäligen langsamen Zug 
auf diese Gebilde aus, so springt in der Regel der Hoden heraus. 
Es ist dies aber nicht immer sofort der Fall. Da man nicht 
weiss, an welcher Seite des erfassten Samenstranges der Hoden 
liegt, so ziehe man zuerst langsam nach der einen Seite hin. 
Stösst man hier auf Widerstand, so ziehe man nach der anderen 


317 

Seite. An der Seite, die nachgiebt, hängt in der Regel an dem 
langen Hodengekröse der Hoden. 

Sehr oft findet man, hat man erst einige Uebung, die oben¬ 
genannten Gebilde sehr bald, oft gleich nach dem Durchstossen 
des Peritoneum. Manchmal muss man aber auch bis '/* Stunde 
suchen; ich taste dann die ganze Umgebung, die mit den beiden 
Fingern erreichbar ist, sorgfältig, ruhig und langsam ab, indem 
ich, soweit irgend möglich, vermeide, das Loch im Peritoneum zu 
vergrössern. Finde ich dann nicht eines der genannten Gebilde 
oder den Hoden, so vergrössere ich behutsam die Oeffnung im 
Peritoneum, indem ich mit der ganzen Hand eindringe. Es 
kommt vor, dass man den Hoden dann leicht findet. Ist dies 
aber nicht der Fall, so gehe man mit der Hand auf die Blase, 
versuche den Samenleiter zwischen Zeige- und Mittelfinger zu 
erfassen und verfolge ihn bis zum Nebenhoden. Die Vorschrift 
ist zwar sehr einfach, doch ist dies nicht so leicht auszuführen, 
da zwischen den Dünndärmen der Samenleiter leicht aus den 
Fingern schlüpft. In einigen wenigen Fällen kommt es vor, dass 
der Hoden seiner Kleinheit wegen überhaupt nicht aufzufinden ist, 
oder er existirt gar nicht. So konnte Degive in vier Fällen, Sand in 
zwei Fällen den Hoden nicht finden. Hoden von enormer Aus¬ 
dehnung oder Hoden von anderer pathologischer Beschaffenheit 
sind mir bei den 30 operirten Chryptorchiden nicht vorgeboramen. 

Bei abdominalen Cryptorchiden ist der Samenstrang zäher 
und lässt sich schwerer abdrehen. Daher unterbinde ich den 
Samenstrang, und zwar durch Anlegen von zwei Seidenligaturen. 
Die Seide, die ich hierzu benutze, ist strohhalmdick und wird 
vorher in 5 procentiger wässeriger Carbolsäurelösung eine Stunde 
lang gekocht und in derselben Flüssigkeit aufbewahrt. Die eine 
Ligatur lege ich um den Samenstrang, die andere um den Samen¬ 
leiter. Die Ligaturen sind sehr fest anzulegen, wovon man sich 
vorsichtshalber durch Befühlen mit den Fingern überzeugen muss. 
Die Enden der Seidenligaturen behalte ich noch in der Hand 
und schneide dann 1 cm unterhalb der Ligatur den Samenstrang 
und Samenleiter ab. Mit aseptischen Tupfern entferne ich dann 
von dem Stumpfe das Blut, bestreue denselben mit Glntol, 
schneide dann die Enden der Seidenligaturen ab und lasse den 
Samenstrang in die Bauchhöhle schlüpfen. Jetzt überzeuge ich mich, ob 
kein Darmtheil eingeklemmt ist, und schiebe, hat der Samenstrang¬ 
stumpfsich nicht in die Bauchhöhle zurückgezogen, denselben hinein» 
In die Wunde streue ich noch Glutol- Schleich und vernähe die¬ 
selbe, wie bei Castration der inguinalen Cryptorchiden beschrieben, 
durch 4 oder 5 Seidenhefte. Die Naht wird dann mit Glutol-Schleich 
bestreut und eingerieben, wodurch ein luftdichter Verschluss 
hergestellt wird. Nachdem das Wurfzeug gelöst und das Pferd 
aufgestanden ist, stelle ich dasselbe in einen Stand, dessen Boden 
mit feuchtem Sand bestreut ist. Der Sand ist hinten einen Fnss 
höher zu schütten, damit das Pferd mit seinem Hintertheil hoch- 
gestellt werden kann. Zur Vermeidung von Seitenbewegungen 
wähle ich einen Kastenstand oder lasse vorher denselben her- 
stellen, was auf dem Lande sehr bald gemacht ist. Dadurch, 
dass das Hintertheil des Pferdes viel höher steht, sinken die 
Eingeweide nach vorn und wird ein Darmvorfall am besten 
vermieden. Die Athmung der Pferde wird anfänglich durch 
Behinderung des Zwerchfells etwas erschwert, doch gewöhnen 
sie sich sehr bald hieran und athmen ruhiger. Ist das 
Pftrd in den nach obiger Angabe hergerichteten Stand ge¬ 
bracht, so überzeuge ich mich regelmässig durch Besichtigung 
der vernähten Wunde, ob eine Geschwulst an dieser Stelle ein¬ 
getreten ist. Ist dies der Fall, so handelt es sich in der Regel 
um einen Darravorfall. Ich gehe dann in den Mastdarm mit der 
rechten Hand ein, wenn die Operation an der linken Seite ge¬ 
schehen ist, und umgekehrt mit der linken Hand, ist sie an der 


Digitized by LjOOQle 




318 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


rechten Seite ansgeführt. Vom Mafitd&nn ans suche ich mir die 
im Peritoneum gemachte Oeffnung. Befindet sich eine Dünndarm¬ 
schlinge in der Oeffnung, so übe ich vom Mastdarm ans einen 
Zug anf dieselbe ans und unterstütze den Zng mit der anderen 
gut desinficirten Hand, indem ich von aussen die Geschwulst nach 
oben schiebe. Geschieht dies bald nach der Operation, so ist die 
Diinndarrasclilinge noch nicht eingeklemmt und die Reposition 
gelingt leicht. Schiebt man die Dünndarmschlinge weit nach vorn 
in die Bauchhöhle, so kommt es sehr selten vor, dass sie wieder, 
da das Pferd hinten hoch steht, hervortritt. Zweimal passirte 
mir dieser Fall, nnd zwar bei dem letzten in Dänemark operirten 
Pferde und bei dem ersten in Ostpreussen. In Dänemark brachte 
Professor Sand in der eben beschriebenen Weise den Darm 
zweimal zurück, worauf er dann auch in der Bauchhöhle 
blieb. Nach füuf Minuten stellte sich ein kleines 
Oedera an der Operationsstelle ein, das naturgemäss den Darm¬ 
vorfall verhinderte. Bei beiden Pferden trat Heilung per primam 
intentionem ein. Es ist zur eigenen Beruhigung überhaupt sehr 
vortheilhaft, wenn man, bevor man den Patienten verlässt, sich 
durch eine Untersuchung per anum überzeugt, dass an der 
Operationsstelle Alles in Ordnung ist. Professor Sand thut dies 
fast regelmässig, ehe er den Patienten dem Wärter allein über¬ 
lässt. Im Stande wird der Patient hochgebnnden und ihm, damit 
er Beschäftigung hat, etwas Heu vorgelegt, was er in der Regel 
auch frisst. Ausserdem wird eine Wache aufgestellt, die die 
ersten 21 Stunden ununterbrochen beim Patienten bleibt. Der 
Wärter bekommt den Auftrag, hin nnd wieder sich die operirte 
Stelle, die man demselben zeigt, anzusehen und den Besitzer 
sofort zu benachrichtigen, sollte sich plötzlich an dieser Stelle 
eine Geschwulst zeigen. Bei fast sämmtlichen von mir operirten 
Pferden assistirte mir derjenige Thierarzt, der auf dem Gute die 
Praxis hatte. Den Besitzer bat ich, falls die oben beschriebene 
Geschwulst eintreten sollte, sofort den Thierarzt zu requiriren. 
Im Uebrigen wurde bei den Patienten täglich die innere Körper¬ 
temperatur festgestellt, wobei sich ergab, dass die Thiere immer 
fieberlos waren. Am sechsten Tage lasse ich die Nähte lösen, 
das Pferd 10—15 Minuten Schritt führen und dann täglich zwei 
Mal die Wunde mit lauwarmer 2 procent. Creolinlösung aus¬ 
spülen. Oft entleert sich bei der Herausnahme der Hefte eine 
grosse Quantität hellgelber klarer Flüssigkeit. 

Die Patienten werden dann täglich i / l — 1 / a Stunde im Schritte 
bewegt nnd hiernach die Ausspülung der Wunde gemacht. Die 
vollständige Heilung erfolgt in der Regel nach 14 Tagen bis 
3 Wochen. 

In Ostpreussen wurden vom October 1896 bis October 1897 
von mir an 16 Orten 22 Cryptorchiden operirt. Bei 21 Cryp- 
torchiden erfolgte die Heilung per primam. Ein 3jähriger Fuchs- 
hengst starb in Folge von Chloroformnarkose, trotzdem das Pferd 
nur 20Gramm Chloroform erhalten hatte. Herr College Karschat- 
Nordenburg schreibt mir hierüber wörtlich Folgendes: „Wie 
Herr H. Lingwarowen Ihnen bereits mitgetheilt, ist der letzt- 
castrirte Fuchs in der Nacht nach der Castration eingegangen. 
Ich bin am Charfreitag in L. gewesen und habe die Section 
gemacht und die Todesursache fi.-stgestellt. Doch ich will den 
Sectionsbericht der Reihe nach mittheilen. Zunächst öffnete ich 
die Bauchhöhle, um eine genaue Besichtigung der Operationsstelle 
vorzunehmen. Die Besichtigung ergab, dass eine Einklemmung 
eines Darmtheiles in die Operationswunde nicht bestand. Die 
Wunde selbst sah vorzüglich aus und wäre ohne Frage gut 
geheilt. Die übrigen Erscheinungen waren postmortale. Die 
Palpation des Schlundes ergiebt, dass derselbe voll gefüllt ist 
von Futtermassen, was nach Durchschneidung des Schlundes be¬ 
stätigt wird. Somit war der Fingerzeig gegeben, wo die Todes¬ 


ursache zu suchen sei. Die Luftröhre ist mit Schaum und 
Schleim gefüllt, die Schleimhaut stark entzündet und geschwollen. 
Die Lunge in allen ihren Theilen hochgradig entzündet; die 
kleineren und kleinsten Bronchien mit Futterstoffen gefüllt!! 
Somit ist die Todesursache ohne jede Frage: Fremdkörper- 
Pneumonie, so entstanden zu denken, dass das gegen Chloroform 
so empfindliche Thier in Folge der Nachwehen der Narkose 
erbrochen hat (was ja erwiesen ist), wobei die erbrochenen 
Futtermassen durch Aspiration in die Luftröhre und Lunge gelangt 
sind und dort die tödtliche Lungenentzündung hervorgerufen 
haben. Erwähnen will ich noch, dass sich im Herzbeutel etwa 
v, Liter Flüssigkeit befand. Ob das Pferd einen Herzfehler 
besessen oder aber, ob die Flüssigkeit sich erst während der 
Krankheit gefunden, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls bedauere 
ich sehr, dass die so gut angelegte und ausgeführte Operation 
einen solchen Ausgang gehabt hat. 

Literatur. 

H. D’Arboval, art. Castration du Dictionuaire de m6d. v6t., 
2. ddit., 1838. — Brogniez, Castration des chevaux pifs, 
Journal v^tärinaire et agricole de Belgique, 1845. — Marrel, 
Mömoires de la Soci£t6 vöt. de Vaucluse, 1846. — Van Haelst, 
Note sur la caslration des chevaux monorchides et anorchides, 
Recueil de möd vöt., 1846. — Goubaux, Quelques mots au 
snjet de la note sur la castration des chevaux monorchides et 
anorchides, par Van Haelst, Recueil de m6d. vöt 1847. — Dispo¬ 
sition anatomique dutesticule chez les chevaux cryptorchides, Bullet, 
de la Soc. centr. de möd. v£t., 1850. — Hilm er, Cryptorchiden 
bei Pferden, auch Ur- oderSpitzhengste, Zeitschrift für Thierheilk. 
u. Viehzucht, 1848. — Paugoud, Note sur les chevaux 
anorchides et monorchides. Recueil de med. vet.. 1852. — 
Meerwald, Castration der Cryptorchiden, Adam’s Wochen¬ 
schrift. 1853. — Stockfleth, Hogar, Barford, 

Sonken, G. Jensen, Castration der Cryptorchiden, Tids- 
skrift for Veterin., 1856, et Annales de möd. vdt., 1857. — 
Goubaux et Follin, Memoire sur la cryptorchidie chez l’homme 
et les principaux auimanx domestiques, Recueil de m6t. vdt., 1856. 

— Hengewald, Castration der Cryptorchiden, Repertor. 1857. 

— Gourdou, Trait6 de la castration des animaux domestiques. 
Paris 1860. — D i e r i c x , Castration des chevaux cryptorchides, 
Annales de möd. vdt., 1864. — Zundel, Castration d’un 
monorchide, Journal de Lyon, 1867. — C. Jensen, Castrat. d. 
Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin., 1867. — C. Jensen, Hoyer. 
Barford, Sonken, Operationsweise bei den Cryptorchiden, 
Tidsskrift for Veterin., an in Repertor., 1868. — Stockfleth, 
Ueber Cryptorchismus, Reportor., 1868. — H. Jensen, 
Castration der Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin., 1869. — 
Annales de med. v£t., 1870. — Hering, Anat. und physiol. 
Betrachtungen über Cryptorchiden, Repertor., 1872.— Petersen, 
Castration der Cryptorchiden, ibid., 1873. — J. Dessart, 
Opdrations pratiquöes sur des animaux non malades; Compte 
rendu de la clinique de l’lcole de m6d. vdt. de l’etat pendant 
l’annde scolaire 1870—71, Annales de mdd. v6t., 1872. — 
Zundel, Operation de la cryptorchidie, quand le testicule est 
flottant dans la cavite abdominale, Recueil de mdd. vöt., 1873. 

— Degive, Castration du cheval cryptorchide; Compte rendu 
de la clinique de l’ecole de mdd. v6t. de l’dtat pendant l’annee 
1871—72, Annales de m£d. vdt., 1873; Castration des animaux 
cryptorchides, Ibid., 1875; Cryptorchidie fausse ou atrophique, Ibid., 
1878. — Lenglen, Castration de chevaux crytorchides, 
Recueil de mäd. v^t., 1874. — A b a d i e, Ibid., 1875. — 
R. Jensen, Castration der Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin., 
1878. — Bagge, Castration der Cryptorchiden von der Flanke. 
Kopenhagen 1881. — Stelkens, Castration der Cryptorchiden, 


Digitized by CjOOQie 


7. Juli 1898. 

Thierarzt 1881. — Silfverkjelm und Abergh, Tidsskrift for 
Veterin., 1882. — Till mann, Zur Castration der Hengste, 
Thierarzt, 1883. — Bassi, Sopra la castrazione di un cavallo 
cryptorchido, II med. vet., 1883. — Lindqvist, Tidsskrift de 
Stockholm, 1883. — Bailey, Castration of the stallion and cryptorch 
with and without restraint, Americ. vet. Rev., 1884. — Nielsen, 
Die Castration von Spitzhengsten, Zeitschr. f. Thierheilk., 1884. — 
Schmidt-Aachen Die Castration der Cryptorchiden, Berliner 
Archiv 1885, Seite 77. — Munn, Castration of Cryptorchid. liorses 
The vet. Journal 1886, Bd. XXII pag. 399. — Gresswell, On 
certain pathological conditions in the testicles of horses, The 
vet. Journ. 1886. — Degive, Le diagnostic de la cryptorchidie 
coDsidöree au point de vue lögal, Annales de med. vet. 1886. — 
Degive, castration du clieval cryptorchide, Annales belgics 
pag. 473, Particularitös de deux cas de castration de crypt- 
orchides, ibid. 1888. — Jacoulet, Castration de clievaux crypt- 
ocbides Recueil de möd. vöt. 1886 pag. 348. — Peuch et 
Toussaint, Precis de Chirurgie veterinaire, 2. ödit. Paris 1887.— 
Ostermann u. Peters, Berliner thierärztl. Wochenschrift 1889, 
pag. 178. — Thomassea, Accident consecutif, ä la castration 
d’un cheval cryptorchide, Annales de med. v6t. 1889 pag. 629. — 
Bergstrand, Operat. of Klapphingßt, Tidsskrift f. Veterin. 1889. — 
Bang, Castration der Cryptorchiden, Handbuch der thierärztlichen 
Chirurgie von Stockfleth u. Steffen, Leipzig 1889. — Becker, 
Jörgensen, Petersen, Winter, Beiträge zur Castration der 
Cryptorchiden (citirt nach Bang). — Möller, Zur Castration der 
Cryptorchiden, Monatshefte für praktische Thierheilkunde 1890, — 
Andersen, Castration der Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin. 
1890. — Pütz, Castration der Cryptorchiden, Stuten und Kühe, 
Deutsche Zeitschrift für Thiermedicin, pag. 192, 1890. —Derselbe, 
Ueber die Castration der Cryptorchiden, Tageblatt der Naturforscher- 
Versammlung, 1891. — Cagny, castration des chevaux crypt- 
orchides Rec. Bull. pag. 404. — Degive, Pseudohernie inguinale et 
hydrocele vaginale chez le cheval cryptorchide et chez le cheval 
hongre, Annal.de med. vet, 1891.— Schoeberl, Castration eines 
Cryptorchiden durch den Flankenschnitt, Wochenschrift für Thier¬ 
heilkunde und Viehzucht 1891. — Marks, Cryptorchidencastration 
mit Flankenschnitt, Berlin, thierärztl. Wochenschrift 1891, pag. 
258. — Donald, The Castration of cryptorchids, Journ. of com. 
path. and therap. 1891, Vol. IV. pag 139. — Baldonie e Lanzi- 
lotti-Buonsanti, Castrazione di un cavallo cryptorchido, Clinica 
vet. 1891, XIV. pag 122. — Mauri, La castration des chevaux 
cryptorchides, Revue vötörinaire 1891—92, pag. 508, 617. — 
Ries, Note sur le diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de möd. 
vöt. 1892. — Ries, Die Castration der Cryptorchiden, Recueil 
de möd. vöt. No. 6, pag 187. — Trasbot, Note sur la castration 
par la voie inguinales des chevaux cryptorchides, Recueil de med. 
vöt. 1892, pag 129. — Queen, Castration of a double cryptorchid. 
The veterin. 1892, LXV, pag 1. — Mauri, La castration des chevaux 
cryptorchides, Paris. — Derselbe, Ueber die Castration der 
Cryptorchiden, Revue vötör. pag. 1; — derselbe, Noch ein Wort 
zur Castration der Cryptorchiden, Rev. vet. pag. 124. — 

Degive, Castration du cheval cryptorchide; Ryste sereux 
d’un fort volume dans le testicule; proced^ opöratoire 
simple et efficace, Annal. belg., 42. Jahrgang pag 12. — Cadiot, 
Ueber die dänische Art der Castration der Cryptorchiden. 
Recueil Bull. 510,— Peuch, F., Castration eines Cryptorchiden, 
Lyon, Journ. p. 139. — Petersen, Zur Cryptorchiden - Castration, 
Berliner thierärztl. Wochenschr. S. 196. — Jacoulet, Cryptor- 
chidencastration, Repertoire de police sanit. vet. — Solimani, 
Francesco, Castrazione di un cavallo cryptorchide, Clin. vet. XIX, 
pag. 319. — Angerstein, Castration eines rechtsseitigen Cryptor¬ 
chiden durch Flankenschuilt, Monatshefte für' Thierheilkunde, 


319 

V. Bd. S. 529. — Donald, J., Die Castration von Cryptorchiden, 
Journ. of comp. path. and therap. VII, pag. 355. — Elnaes, A., 
On Castration of cryptorchide. — Raaner, Norweg. Tidsskrift für 
Vet. 1893, Bd. V, pag. 36. — Günther, Ueber Cryptorchiden- 
operation bei Pferden, Deutsche thierärztliche Wochenschr. II, 
S. 65. — Vennerholm, Castration of Kryptorchiden T. f. Vet. 
Med. XIII, pag. 93. — Th. Schmidt, Wien, Thierärztl. Central¬ 
blatt 1897, No. 21. — Fröhner, Welche Methode der Cryptor- 
chidenoperation ist die beste? Monatshefte für prakt. Thierheil¬ 
kunde., IX. Bd., 8. Heft, pag. 337. — Pfeiffer, ebenda Heft 6. 


Referate. 

Ueber die Vorgäuge bei der Milchsecretion. 

Von Dr. Michaelis. 

In der Ztschr. f. Fl.- u. Milclih. Mai 1898 referirt Dr. Dissel¬ 
horst über die obengenannte Arbeit, welche im Institut des 
Prof. Hertwig-Berlin angefertigt und von der medicinischen 
Fakultät preisgekrönt wurde. 

Das Resultat der meisten bisherigen Versuche geht dahin: 
das secernirende Epithel der Milchdrüse ist einschichtig. Kern- 
theiluDgen Anden darin während der Lactation sehr wenig statt. 
Die Fetttropfen bilden sich in den Epithelzellen und werden in 
das Lumen der Acini ergossen. — Zweifelhaft haben die bis¬ 
herigen Versuche Folgendes gelassen: 1. ob die stete Form¬ 
veränderung des Drüsenepithels von der Secretionsthätigkeit oder 
von dem Füllung.<grad des Lumens der Acini abhängig ist; 2. ob 
ein Zerfall von Epithelkernen stattfindet und auf welche Weise 
diese Kerne ersetzt werden; 3. welchen Antheil an der Milch¬ 
bildung die Leukocyten haben und 4. ob das in den Drüsen¬ 
zellen auftreteude Fett Degenerations- oder Secretionsproduct sei. 

Diese Fragen hat Michaelis zum Gegenstand seiner Unter¬ 
suchung gemacht an Kühen, Meerschweinchen und Mäusen. 
Die Milchdrüse besteht aus Gängen, an denen beerenförmige 
laterale und terminale Ausbuchtungen, die Drüsenalveolen bezw. 
Acini, sich befinden. Im Uebrigen enthalten die Acini dasselbe 
Epithel wie die Gänge. Bei der Secretion gehen an beiden 
Epithelien dieselben Veränderungen vor sich. Im Lumen der 
Alveolen tragender Thiere fanden sich mächtige Leukocyten in 
amöboider Bewegung, welche nur einen Kern besitzen. Ausser¬ 
dem sind in den Alveolen und im interstitiellen Gewebe massen¬ 
hafte mehrkörnige Lymphkörperchen beobachtet, ebenso grosse 
Mengen eosinophiler Zellen. Die durch vier Wochen fortgesetzte 
Untersuchung des Drüseuinhalts trächtiger Meerschweinchen 
ergab häufig alternirendes Auftreten von Leukocyten und 
Colo8trumkörperchen und von Uebergangsformen zwischen beiden. 
M. folgert daraus, dass, entgegen allen früheren Ansichten, die 
Colostrumkörperchen aus Leukocyten bestehen, und zwar aus den 
einkernigen, welche Milchkügelchen in sich dauernd aufnehmen. 
Durch fettige Degeneration von Leukocyten kommen sie nicht 
zu Stande, da sie amöboide Bewegungen zeigen. Die mehr¬ 
kernigen Leukocyten dagegen unterliegen einem Zerfall, dem 
eine lebhafte amitotische Kerntheilung vorangeht. Ueber 
das weitere Schicksal der Colostrumkörperchen konnte M. 
zu keiner festen Ansicht gelangen. Eine Zurückwanderung 
derselben in die Lymphbahn ist schon ihrer Grösse wegen 
unwahrscheinlich. Alle diese Erscheinungen zeigen sich an der 
Drüse des trächtigen Thieres. Die des säugenden bietet ein 
total verändertes Bild. Das interstitielle Bindegewebe reducirt 
sich auf ein Minimum, Lymphkörperchen sind darin nicht mehr 
vorhanden. Die acidophilen Zellen verschwinden, und im Secret 
finden sich haufenweise freie Kerne, die den Kernen der Epithel¬ 
zellen gleichen. Dies ist schon früher beobachtet, aber wegen 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 





320 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


des Mangels an Kerntheilungserscheinungen stets für den rätsel¬ 
haftesten Pankt bei der Milchsecretion angesehen worden. Jeden¬ 
falls enthält die secernirende Drüse mehr Kerne als die nicht 
secernirende. M. konnte dies ans der Thatsache erklären, dass 
er mehrkernige Epithelzellen fand und directe amitotische Kern¬ 
teilungen beobachtete. Die gleich nach der Geburt massenhaft 
in das Lumen ausgestossenen Kerne kommen also aus den 
Epithelzellen, in denen sie durch directe Kernteilungen ent¬ 
stehen; sie gehen jedoch durch Chromatolyse zu Grunde und 
sind daher in der fertigen Milch nicht mehr entalten. Die 
Drüsenepitelien selbst sind bei der Lactation erst cubisch, dann 
knppenförmig, dann wieder cubisch und schliesslich platt Mög¬ 
licher Weise ist das Milcheiweiss ein Product der Zellkuppen. 
Bezüglich der Entstehung des Milchfettes liegt die Annahme 
nahe, dass es sich wie bei den Talgdrüsen um ein Product zer¬ 
fallender Drüsenzellen handelt. Dies wäre aber nur bei Zwei¬ 
schichtigkeit des secernirenden Epithels überhaupt möglich. Das 
Fett bildet sich daher nicht durch Degeneration, sondern durch 
Infiltration — eine Bethätigung der höchsten Lebensfähigkeit 
des Zellorganismus und kein ZerstörungsVorgang. 

Michaelis bestätigte ferner die Feststellung Kehrers, dass 
die Milchkügelchen eine Hüllmembran nicht besitzen. Das 
Casein setzt sich aus den von den Zellen abgesonderten und aus 
dem durch den Zerfall gebildeten Eiweiss zusammen. Der Kern¬ 
zerfall erklärt den Nuclei'ngehalt der Milch. Daraus erklärt sich 
auch, dass die Colostrummilch, welche fast gar keine Kerne ent¬ 
hält, mehr Albumin, die normale Milch mehr Nucle'in enthält. 
Das Secret eines hochträchtigen Meerschweinchens ist von dem 
eines seit einem Tage nicht mehr säugenden Thieres nicht zu 
unterscheiden. Nach dem Entfernen der Jungen erfolgt die 
Rückbildung der Drüse sehr bald unter bedeutender Verkleinerung 
der Alveolen und Zunahme des interstitiellen Bindegewebes. 

Die wichtigsten Ergebnisse sind also die: Das Milchfett ist 
kein Zerfallsproduct, sondern ein Secret der Zellen. Das Eiweiss 
bildet sich theils aus Zellsecret, theils aus zerfallenen Kernen. 
Die Colostrumkörperchen entstehen aus grossen einkörnigen 
amöboiden Leukocyten. An der Milchbildung haben die Leuko- 
cyten keinen Antheil. 

Traumatische Hydronephrose beim Hunde. 

Von A1 m y • AlforL 

(Recuell, SO. XI. 97.) 

Ein dreijähriger, sehr magerer Hund trägt einen enormen 
Abdominaltumor. Eine secundum artem vorgenommene Explorativ- 
laparotomie lässt den Tumor aufdecken; er ist fluctuirend, 
elastisch, adhaerirend an der Lende und an seiner Basis in Ver¬ 
bindung mit den grossen Bauchgefässen. 

Eine Punction mit dem Aspirator giebt mehr als einen Liter 
einer trüben Flüssigkeit. Nach der Punction wird eine Jod¬ 
waschung vorgenommen. Drei Monate später geht das Thier 
ein infolge neuer Ansammlung und Entleerung in die Peritoneal¬ 
höhle. 

Bei der Section findet man, dass der Tumor eine kindskopf¬ 
grosse Nierencyste war. Sie hat eine dünne fibröse Rinde und 
enthält eine gelbe übelriechende Flüssigkeit. Die Nephrectomie 
war wegen der Verbindung mit den Gefässen nicht möglich ge¬ 
wesen. 

Kleine Mittheilungen. 

ChlorbarlumwirkuitQ. 

Imminger-Donauwörth theilt in der W. f. Thierhlkd. mit, 
dass die Anwendung des Chlorbariums ihn vollkommen befriedigt 
habe, indem nach seiner Erfahrung kein Mittel eine gleich 
prompte Wirkung ausübt Er hat nie über 0,5 g gegeben und 


bei Pferden, die hohes Fieber zeigten, oder bei denen wegen der 
schon längere Zeit bestehenden Symptome eine Darmverlagerung 
angenommen werden musste resp. Zeichen von Herzschwäche be¬ 
standen, die Chlorbariumanwendung unterlassen. Einen letalen 
Ausgang als Folge des Chlorbariums hat er nicht beobachtet. 
Ganz prompt wirkt auch das Chlorbarium beim Rind. 4—8 g, je 
nach Alter und Grösse, in destillirtem Wasser aufgelöst, per os 
eingegeben, hatten eine exacte Wirkung innerhalb einer Stunde, 
wobei auch Wanstbewegungen und Wiederkauen stark angeregt 
wurden. 

Auch Ammerschläger-Aschaffenburg theilt in derselben 
Nummer mit, dass bei einer seit 3 Tagen an Indigestion leidenden 
Kuh 16 g Chlorbarium, in Leinsamenschleim innerhalb 2 Stunden 
auf 2 Mal bei gleichzeitiger Anwendung von warmen Priessnitz- 
umschlägen gegeben, schon Dach einigen Stunden stärkere Wanst¬ 
bewegungen und Abgänge von Gasen und Excrementen zur Folge 
hatten. Nach 24 Stunden wurde das Mittel wiederholt. Es trat 
darauf Diarrhoe ein, und die Kuh wurde recht hinfällig, genas 
aber nach 3 Tagen. — Auch Merkle-Wollnzach hat in 8 Fällen 
von Chlorbariumanwendung eine prompte Wirkung beobachtet, 
während Bezirksthierarzt Hauch eine ungleichmässige, in manchen 
Fällen gar keine Wirkung beobachtete und in allen Fällen der 
SubcutaniDjection (also keine intravenöse Anwendung) eine starke 
Schwellung eintreten sah. 

Orthoform. 

Klaussner (Dtsch. med. Wschr. 46, 97) hat in der chirur¬ 
gischen Poliklinik mit dem 0. ausgezeichnete Erfahrungen ge¬ 
macht. Nach Art des Jodoforms löst es sich sehr langsam und 
ist gänzlich ungiftig. Der Erfolg ist sicher überall, wo es aut 
offene Wunden, Geschwüre u. s. w., also auf freiliegende Nerven¬ 
endigungen einwirken kann. Bei Verbrennungen zweiten und 
dritten Grades, bei Zahncaries u. s. w. tritt Schmerzlosigkeit in 
wenigen Minuten auf, ob nun ein Pulver oder eine 10—20proc. 
Salbe verwendet wird. Die Dauer der anästhesirenden Wirkung 
ist etwa 30 Stunden, manchmal mehrere Tage. Secretions- 
beschränkungen stets nachweisbar. Es wurde meist die Base 
verwendet; das salzsaure Orthoform schmerzt unmittelbar nach 
der Application eine kurze Zeit. Die Ungiftigkeit ergiebt sich 
daraus, dass in einem Fall 60 g ohne Nachtheil verwendet 
wurden. 

Morphium und Cocain bei Krebs. 

Schow will bei fortgesetzter Anwendung von Morphium und 
Cacai'n eine fast specifische Wirkung auf Krebswucherungen 
gesehen haben, indem wenigstens bei beginnenden Recidiven die 
Entwicklung gehemmt wurde. 

Uraniumnitrai 

Samuel West empfiehlt gegen Diabetes das Uraniuranitrat 
bei Menschen in Dosen von 0,3—0,6 g. Die Wirkung zeigt sich 
erst allmählich. 

Jodtinctur mit starkem Jodgehalt. 

Ricci benutzt eine 20proc. alkoholische Jodlösung, die das 
Wachsthum der Granulation in ausgezeichneter Weise beför¬ 
dern soll. 

Protargol. 

Nach Neisser (Dermatol. Ctrbl. 97) ist das P. eine 
chemische Verbindung von Silber mit einem ProteYnstoff, ein in 
kaltem und heissem Wasser unter Umschütteln lösliches Pulver 
ohne jede reizende Wirkung. N. prüfte es bei Gonorrhoe, drei 
Mal täglich ipjicirt. Die Wirkung soll rasch eintreten. 

Cocainbase. 

Die Cocainbase (Merckl empfiehlt Unna als Hautanaestheticum 
. bei juckenden Hautkrankheiten mit unverletzter Haut, bei denen 


Digitized by LjOOQie 





7. Juli 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


821 


die sonst verwendeten CocaYnsalze wirkungslos sind, da sie die 
Hornschicht nicht durchdringen. Solche Affectionen sind: Pruritus 
senilis, Ekzema prurigiuosum, Lichen planus. Natürlich hat 
daneben die eigentliche Behandlung dieser Krankheiten statt¬ 
zufinden. Als Anwendungsformen werden angegeben: 

Cocai'ni puri Merck 1,0— 2,0 Cocai'ni puri Merck . . 1,0 


Spiritus aetherei . 50,0 Sapon. ungninosi Mielk ad 50,0 

Collodii. 1,0 

Cocaini puri Merck.1,0 

01. Amygdal.50,0. 

(D. med. Woch.) 

Formalin. 


Zwar nicht als radicales Heilmittel, aber als gutes Sympto- 
maticum empfiehlt Unna Formalin gegen Hyper- und Osmidrosis 
der Achseln und Hände und zwar entweder als Kühlsalbe 
Adipis lanae .... 20,0 

Solut. Formalin. . . 10,0—20,0 

Vaselini. 10,0 

oder als 5proc. überfettete Formalinseife, die auch als desodorirendes 
Waschmittel für die Hände nach Beschäftigung mit putriden 
Stoffen brauchbar ist. (D. med. Woch.) 


Tagesgeschichte. 

VI. Plenar-Versammlnng der Central Vertretung der 
thieiärztlichen Vereine Preussens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Die Nothwendlgkeit einer officieil anerkannten thlerirztlichen Standes¬ 
vertretung. 

(Punkt VII der Tagesordnung.) 

Referent der Antragsteller, Departementsthierarzt Peters- 
Brom berg: 

Der Gedanke zu diesem Anträge entsprang der Wahrnehmung, 
dass auf der Tagesordnung des Veterinärrathes schon mehrfach, 
selbst mit Intervallen von Jahrzehnten, Gegenstände berathen sind, 
deren Beschlüsse an massgebenden Stellen zur Kenntniss gebracht 
wurden, ohne dass sie Beachtung gefunden hätten. 

Die Absicht indess, im October v. Jahres den hier gedachten 
Antrag im Veterinärrathe einzubringen, wurde dadurch vereitelt, 
dass ich für Bayern die von mir in Aussicht genommene Anregung 
bereits vorfand. 

Da demnach für den Veterinärrath als Gesainmtvertretung 
der Thierärzte Deutschlands dieser Antrag hinfällig wurde, so 
richte ich ihn an die thierärztliche Centralvertretung Preussens, 
wo höchst wahrscheinlich doch in kürzerer Zeit bedeutende 
Veränderungen für uns bevorstehen und wo künftighin die thier¬ 
ärztlichen Aufgaben noch mancher Erweiterungen bedürfen. Eine 
festere Anlehnung an die massgebenden Behörden würde demnach 
nicht nur im allgemeinen Interesse, sondern auch in unserm 
eigenen Interesse durchaus nützlich und sogar nothwendig sein. 

Nichts liegt mir im Uebrigen ferner, als die grossen Ver¬ 
dienste der massgebenden Behörden und unsere allgemeinen und 
specielleren Corporationen für unsere Sache nicht anzuerkennen 
oder zu schmälern. Aber es gilt auch hier das Wort: Rasten 
ist Rosten! 

Meine Herren! Zum bessern Verständniss für das, was ich 
mir Ihnen vorzuschlagen erlaube, schicke ich einen Vergleich 
mit anderen Kreisen voraus. Die Einrichtung von Corporationen, 
welche mit dem Aehnlichkeit haben, was ich beabsichtige, 
ist in den staatlich anerkannten Zusammenschlüssen der Land¬ 
wirtschaft, des Handels, der Aerzte, der Rechtsanwälte und zum 
Theil auch der Apotheker bereits in Preussen geschaffen. 


Die älteste dieser Einrichtung ist die von Frankreich über¬ 
kommene Einrichtung der Handelskammer, deren Anfänge 
bis zum Beginn dieses Jahrhunderts (in Cöln und Frankfurt a. M.) 
zurückzudatiren sind, obgleich schon Commerz-Collegien 1738 in 
Schleswig-Holstein vorhanden waren. Durch eine Königl. Ver¬ 
ordnung wurde dann 1848 die Errichtung der Handelskammer ge¬ 
schaffen, deren Verbesserung durch das Gesetz vom 24. Februar 
1870 vorgenommen wurde. 

Im § 4 der Verordnung von 1848 war als Zweck der Handels¬ 
kammer angegeben: 

Auf Verlangen der Provinzial- und Cetitralbehörden Berichte 
und Outachten über Handel- und Gewerbe-Angelegenheiten xti er¬ 
statten, aber auch nach eigenem Ermessen Mittel und Wege 
anxugeben, durch welche Handel und Gewerbe gefördert werden. 

Die vielen Bedenken, die gegen eine derartige einzelnen 
Erwerbsständen durch gesetzliche Organe zugesicherte Stellung 
laut geworden sind, wurden nach und nach beseitigt. Selbst der 
Landwirtschaft wurden Vorwürfe gemacht, dass sie aus dem 
Rahmen der freien Vereinigung, deren Anfänge auch für sie bereits 
bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurückreichen, nicht 
herauskam und sich die Erfolge und Erfahrungen der Handels¬ 
kammern nicht nutzbar machte. 

Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, auf andern als dem 
den Handelskammern zugewiesenen Wege der Landwirtschaft zu 
helfen: Zunächst 1811 durch das Landes-Cultur-Edict, dann 1842 
durch Gründung des Landes-Oekonomie-Collegiums; 1850 wurde 
alsdann von letzterm mit dem landwirtschaftlichen Central- 
Verein der Preuss. Monarchie über die Anbahnung gemeinsamer 
Interessenvertretung berathen, ohne aber zu einem greifbaren Re¬ 
sultate zu kommen; ferner die Bildung des Congresses norddeutscher 
Landwirte der sechsziger Jahre, die des deutschen Landwirth- 
schaftsrathes 1873 u. s. w. — sie alle erreichten aber einen für 
die Landwirtschaft greifbaren Nutzen nicht. 1884 wurde dann 
die Frage über Neubelebnng der landwirtschaftlichen Vereine 
vom Landes-Oekonomie-Collegium zur Discussion gestellt. Ein 
Erfolg wurde aber nicht erreicht. Erst als nun 1890 der land¬ 
wirtschaftliche Central-Verein der Provinz Sachsen einen Antrag 
auf Errichtung eines der Handelskammer ähnlichen Institutes für 
Landwirtschaft beim Landes-Oekonomie-Collegium einbrachte, 
wurde am 16. November 1892 beschlossen, an den Herrn Land- 
wirthschaftsminister die Bitte zu richten, die Bildung von 
Landwirtschaftskammern anzubahnen, und so ist das Gesetz vom 
30. Juni 1894 entstanden. 

Der Zweck der Landwirthschaftskammern ist im § 2 an¬ 
gegeben: 

Ihre Bestimmung im Allgemeinen ist, die Gesummt-Interessen 
der Ijand- und Forstwirtschaft wahrxunehmen , alle auf Hebung 
des lätidlichen Grundbesitzes abxielenden Einrichtungen xu fördern. 
Sie haben das Recht, selbstständige Anträge xu stellen, die Ver¬ 
waltungsbehörden durch Gutachten xu unterstützen, über Mass- 
regeln der Gesetzgebung und Vertcaltung sich nicht nur xu äussem, 
sondern auch mitxuwirken und technische Fortschritte xu fördern. 

Es ist auch für die Landwirtschaft nicht leicht gewesen, 
eine auf gesetzlicher Basis begründete Interessenvertretung zu 
erreichen; wie es scheint, ist aber die Mühe nicht verloren. 

Die Anwaltskammer hat sich in gleicher Vorstufe der 
Entwickelung befunden. Auch vor dieser Einrichtung bestanden 
freie Vereinigungen und diesen (Juristentag, Anwaltstag) ist es 
wohl wesentlich zuzuschreiben, dass das Gesetz vom 1. Juli 1878, 
welches die Bildung von Anwaltskammern vorschreibt, zu Stande 
kam. Wenngleich auch die Anwaltskammern wesentlich Disciplinar- 
rechten dienen sollen, so ist ihnen doch in den §§ 49 und 50 die 
Berechtigung zugesprochen: 

Vorstellungen und Anträge, welche das Interesse der Rechtspflege oder 
der Rechtsanwaltschaft betreffen, an die LandesvsrwalUtng xu richten. 


Digitized by LjOOQie 







322 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Die Aerztekammer ist nicht durch Gesetz, sondern durch 
Königl. Verordnung vom 25. Mai 1887 betreffend die Ein¬ 
richtung einer ärztlichen Standesvertretung errichtet, nachdem 
die freie Vereinigung der Preuss. Aerzte schon lange darauf 
gedrängt hatte. Wesentlich wurden ihre Wünsche dadurch 
unterstützt, dass in Baden seit 1864, in Sachsen seit 1865 und in 
Bayern seit 1871 eine staatliche Organisation für Aerzte bestand. 
Die Königliche Verordnung betreffs Errichtung der Aerztekammern 
bestimmt für jede Provinz eine Kammer, deren Geschäftsbereich 
besteht in: 

Erörterung aller Fragen und Angelegenheiten, welche den ärzt¬ 
lichen Beruf oder das Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege 
betreffen — oder auf Wahrnehmungen und Vertretung der ärztliehe/i 
Standesinieressen gerichtet sind. Die Aerztekammern sind befugt , 
innerhalb ihres Geschäftskreises Vorstellungen und Anträge an die 
Staatsbehörden zu richten und die letzteren sollen geeigneten Falls, 
insbesondere auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege den 
Aerztekammern Gelegenheit geben , sich über einschlägige Fragen gut¬ 
achtlich zu äussem. *) 

Nachträglich ist die Königl. Verordnung noch durch einen 
Nachtrag vom 6. Januar 1896 (G. S. S. 1) dahin ergänzt, dass 
ein Aerztekammer-Ausschuss gebildet ist. 

Der corporative Zusammenschluss der Apotheker reicht bis 
in die Anfänge dieses Jahrhunderts zurück. 1820 entstand der 
Apotheker-Verein für Westfalen, der sich bald über die Grenzen von 
Westfalen ausdehnte und 1821 zum Apotheker-Verein im nörd¬ 
lichen Deutschland aufschwang. In demselben Jahre übernahm der 
Preuss. Cultusminister das Protectorat und 1869 erhielt der Verein 
die Rechte einer juristischen Person. Nach der Gründung des 
Deutschen Reichs erfolgte 1872 die Verschmelzung der süd¬ 
deutschen und norddeutschen Apotheker - Vereine zu einem 
deutschen Apothekerverein, der 1873 die landesherrliche Ge¬ 
nehmigung erhielt, wie sie früher der norddeutsche Apotheker¬ 
verein hatte. Der deutsche Apothekerverein beruht jetzt auf 
den durch Allerhöchsten Erlass vom 17. April 1893 bestätigten 
Satzungen. Letztere umfassen: 

Die Fortbildung der Pharmacie, die Wahrung der sittlichen , 
gesellschaftlichen und materiellen Interessen des Apothekerstandes 
und die Unterstützung von hülfsbedürfügen Fachgenossen. 

Die Thierärzte Preussens befinden sich noch im Stadium der 
freien Vereinigung. Ausser Bayern hat meines Wissens kein 
Bundesstaat eine staatlich anerkannte Vertretung der Thierärzte 
eingerichtet. In Bayern aber haben die thierärztlichen Vereine 
eine seit 20 Jahren schon bestehende Interessenvertretung, und 
zwar durch Allerhöchste Verordnung vom 11. Februar 1877 
erlangt: 

Die Kreis vereine (lieg.-Bezirks- Ver.) sind hiernach als die zur 
Vertretung der Interessen der Thierärxte des betreffenden Itegicrungs- 
Bczirks bei der Staatsregierung zuständigen Organe anerkannt, sie 
können sowohl vom Staatsministerium des Innern, sowie von der 
Kammer des Innern zur Abgabe von Gutachten über Gegenstände 
des Vetcrinärwesens aufgefordert werden, insbesondere über Fragen 
und Angelegenheiten, welche sich auf die. thicrärxtlichcWissenschaft als 
solche, oder auf die Veterinär-Polizei oder auf die. Entwicklung der 
Hausthierzucht und die allcnfalsigcn Mittel zu ihrer Verbesserung 
oder auf die öffentliche Gesundheitspflege oder auf die Wahrung 
der Stamlcsintcrcssen der Thierärxte beziehen. Die genannten 
Vereine sind auch befugt, aus eigener Initiative auf das Veterinär¬ 
wesen bezügliche Anträge an die Staatsregierung zu richten. 

Der etwaige Einwand gegen meinen Antrag, dass die Handels¬ 
kammern und Landwirthschaftskammern u. s. w. ungleich grössere 
Gebiete umschlössen als das uns zngewiesenc, ist nicht berechtigt, 
denn unser Gebiet ist keineswegs so unbedeutend, und bekanntlich 
soll man mit fremdem Eigenthum gewissenhafter verfahren wie 

•) Beiträge können durch die Aerztekammern nicht zwangsweise 
erhoben werden, weil sie nicht durch ein Gesetz gebildet sind. 
Erlass vom 19. Mai 1894. 


mit eigenem: das trifft aber für uns gegenüber den vorerwähnten 
Kreisen am meisten zu; endlich ist auch das Allgemeinwohl 
des Staates an der Sache nicht unwesentlich interessirt. 

Das Gleichartige nun, was meinen Antrag mit den Ein¬ 
richtungen der vorerwähnten Corporationen verbindet, ist lediglich 
in dem Zweck derselben begründet. Ich habe die Motive schon 
bei den einzelnen Corporationen hervorgehoben; er ist bei allen 
— trotz der ausserordentlichen Verschiedenheit der Stellung z. B. 
der Aerzte und der Landwirthschaftskammern; der Rechtsanwalt¬ 
kammern gegenüber den Apothekern — derselbe und einem 
anderen Zwecke soll auch dieser Antrag nicht dienen als: 

1. Die gesetzlich gewährte Theilnahme an den uns ob¬ 
liegenden Aufgaben; und 

2. die Interessen unseres Standes durch anerkannte Ver¬ 
tretung zu schützen und zu fördern. 

Meine Herren! Bislang drehte sich die Aufgabe der Thier¬ 
ärzte vornehmlich um zwei Aufgaben, welche auch wohl immer¬ 
hin das Wesentlichste unseres Thuns bleiben werden: Die Be¬ 
handlung kranker Thiere und die Bekämpfung von Seuchen, wo¬ 
zu als dritte die Fleischschau, bezw. das hygienische Gebiet hin- 
zngekommen ist. 

Wenn es aber wahr ist — und es wird ja von allen Seiten, 
selbst in den gesetzgebenden Körperschaften, anerkannt und hervor¬ 
gehoben — dass uns der ausserordentlich werthvolle Viehbestand 
als Nationalvermögen anvertraut ist, dann lösen wir unsere Auf¬ 
gabe nicht, wenn wir uns nur auf die Beseitigung von Krank¬ 
heiten und Seuchen beschränken, sondern wir haben unsere Auf¬ 
gabe auch wesentlich darin zu suchen, das uns anvertrante Gut 
zu erhalten, zu verbessern und zu vermehren. 

Um diese grossen Aufgaben aber zu verwirklichen und uns 
nützlich für das Allgemeinwohl zu machen, können wir uns nicht 
darauf beschränken, zu warten, bis uns auf Umwegen etwas zu- 
gewiesen wird, sondern hier kann nur eigene Initiative von Erfolg 
sein. Eine erfolgreiche Initiative wird aber nur dann eintreten, 
wenn sie aus gesetzlich anerkannten Körperschaften entspringt — 
das ist nun einmal eine Conseqnenz unseres intensiv regierten 
Vaterlandes! 

Der einzelne Mann ist machtlos; die Thätigkeit der frei¬ 
willigen Vereinigungen findet kaum Beachtung. Wie viel vor¬ 
treffliche Rathschläge sind nicht lange vor Anbahnung der 
Seuchengesetze aus den Kreisen der im öffentlichen Leben 
stehenden Thierärzte allein zur Bekämpfung von Seuchen ge¬ 
geben, sowohl ans amtlichen Anlässen, wie aus eigener Initiative 
und auch in regelmässigen Berichten, ohne dass sie je Beachtung 
gefunden hätten. Wie viel vortreffliche Rathschläge werden heute 
nicht noch in Tinte und Druckerschwärze umgesetzt und wandern 
den Weg allen Staubes. 

Gegenüber diesen Thatsachen geht aber aus den Erfolgen 
und der Bedeutung der Eingangs erwähnten Corporationen deut¬ 
lich der Unterschied hervor, wie ganz anders die Wirkung amt¬ 
lich anerkannter Corporationen ist, z. B. solche der Handels¬ 
kammern. Selbst in unser Gebiet hat sie mit Erfolg wiederholt 
eingegriffen. War es doch die Handelskammer von Hanau, die 
durch ihre Eingabe das Handelsministerium veranlasste, auf Be¬ 
seitigung oder Aendernng des § 24 des Preuss. Gesetzes vom 
12.3.81 hinzuwirken. Glaubt man etwa, der „kaufmännische 
Verein“ von Hanau hätte trotz derselben Mitglieder ein Preuss. 
Handelsministerium in Bewegung setzen können? 

Selbst das junge Institut der Landwirthschaftskammern hat 
schon so bedeutende Erfolge aufzuweisen. Ich erinnere hier nur 
an die Rothlauf-Impfung. Oder glaubt man, ein landwirt¬ 
schaftlicher Verein hätte dasselbe fertig gebracht? Dann 
bitte ich, hiermit die an sich sehr gut gemeinten, aber doch 


Digitized by CjOOQie 






7. Juni 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


etwas schwächlichen früheren Versuche mit der Lungenseuche- 
Impfnng in Sachsen zu vergleichen. 

Es hat ja in Prenssen schon lange ein Bedürfnis der Mit¬ 
wirkung der im öffentlichen Leben stehenden Thierärzte Vor¬ 
gelegen, das ist bei uns draussen am Ende eines Apparates viel fühl¬ 
barer als anderswo. Aber wenn bislang als einzige sachverständige 
Behörde die Deputation für das Veterinärwesen fungirte, so lag 
das daran, dass in Prenssen die allgemeine Bekämpfung der Seuchen 
im Vordergründe stand nnd hierauf das wesentlichste Augenmerk 
gerichtet wurde, während sonst Vieles unterblieben ist. 

Der Apparat muss aber für die Zukunft versagen, weil es sich 
künftighin nicht mehr um die an sich einheitlich zu bekämpfenden 
ausgedehnten Seuchen handelt, sondern vornehmlich um andere, den 
örtlichen Verhältnissen angepasste Massregeln und andere Zweige 
der thierärztlichen Aufgaben. Die ausserordentlich grosse Ver¬ 
schiedenheit im Osten und Süden, Norden und Westen der 
Monarchie auf fast allen Gebieten unserer Thätigkeit, die 
Verschiedenheit der Führung der Landwirtschaft, der Thierzucht, 
des Viehbandeis bezügl. des Exports und Imports, der Bedürf¬ 
nisse des grossen und kleinen Landwirtes, der Fleischschau, 
Viehversicherungen u. s. w. zwingen, von beratenden Centralen 
auf locale Berather überzugehen. 

Es sei fern, eine Kritik zu üben; aber der Mangel anKennt- 
niss der verschiedenen Bedürfnisse hat doch auch schon zu Vor¬ 
schlägen geführt, die das Ziel nicht getroffen haben. Ich erinnere 
hier nur an das Gutachten über Einrichtung der Viehhöfe; damit 
ist doch ausserhalb Berlins kaum etwas anzufangen. Hierzu 
kommt, dass unserer ersten Vertretung das lähmende Moment 
einer consultativen Behörde anhafiet; sie hat keine Initiative 
und rangirt damit in der Stellung aller übrigen Deputationen in 
den Ministerien (Medicin, Pharmacie u. s. w.), die nur antworten, 
wenn sie gefragt werden. 

Endlich gestatte ich mir noch, auf einen Punkt hinzuweisen, 
nämlich den, dass bei der demnächst eintretenden Verjüngung der 
Deputation und bei der bislang geübten Gepflogenheit, statt Fach¬ 
leuten aus dem öffentlichen Leben nur Gelehrte in diese zu schicken, 
eine Calamität für die Deputation selbst entstehen muss. 

Käme es zur Verwirklichung meines Vorschlages, so wäre 
es zweckmässig, nach dem Sinne der preuss. Aerztekammern oder 
nach dem Vorgänge der Allerhöchsten Verordnung für Bayern 
vom 11. Februar 1877 für die thierärztlichen Vereine Bayerns, je 
einen Vertreter der Vereine in die Deputation zu entsenden. 

Gleiche Verhältnisse wie in Preussen mit der Deputation 
bestehen auch im Reiche beim Reichsgesundheitsamte. 

Ein weiterer Grund, den im öffentlichen Leben stehenden 
ThierSrzten eine Initiative für unsere Sache zu gewähren, liegt 
in dem Umstande, dass in unsern gesetzgebenden Körperschaften 
kein Abgeordneter unseres Standes vorhanden ist. Die dort oft 
mit bester Absicht angerührten Punkte verrathen oft eine grosse 
Unkenntniss. Ein paar Worte eines fachmännischen Abgeordneten 
in den Commissionen oder im Plenum würden mit Leichtigkeit 
bei der oft schwierigen und unbekannten Materie meist mehr 
leisten, wie ein ganzes Ries Papier und lange Reden. 

Es sind ja freilich einmal in der Commission zur Berathung 
der Abänderung des Reichsviehseuchengesetzes in der neunten 
Legislatur-Periode 1893/94 (No. 189 der Drucksachen) thierärzt¬ 
liche Sachverständige zugezogen, aber die Commissionsmitglieder 
sind mit ihren Anträgen mehr den im praktischen Leben stehen¬ 
den Thierärzten gefolgt. In dieser Commission wurde auch ver¬ 
sucht, dem § 12 des Reichsviehseuchengesetzes einen Zusatz zu 
geben, der die Anordnung zur Verhängung von allgemeinen 
Massregeln — in eiligen Fällen schon vor polizeilichem Ein¬ 
schreiten — nicht nur über kranke und verdächtige Thiere, durch 


beamtete Thierärzte ermöglichen sollte. Aber <tu 
Regierung erachteten es für bedenklich, den beamteten 
eine derartige Befugniss einzuräumen. Nun, man we. 
dieser Mangel des § 12 der Bekämpfung der Maul- und Kla. 
seuche schadet. 

Viele dem gegenwärtigen Verfahren der Vorbereitung von 
gesetzlichen Massnahmen anhaftende Mängel würden beseitigt 
werden, wenn derartige gesetzliche Massnahmen einer vorher¬ 
gehenden sachverständigen Prüfung unterzogen würden, wie es 
auch in andern Zweigen sich bereits eingebürgert hat, z. B. bei 
den Aerztekammern, bei den Pharmaceuten, Handwerkerorgani¬ 
sationen n. s. w. 

Der zweite Theil meines Antrages bezweckt, die Interessen 
unseres Standes durch amtliche Anerkennung unserer Vereine zu 
schützen nnd zu fördern. 

Was den Aerzten Preussens von Sr. Majestät dem König von 
Preussen und den Thierärzten Bayerns durch Allerhöchste Ver¬ 
ordnung als nützlich zugewiesen ist, sollte den Thierärzten 
Preussens nicht vorenthalten werden. 

Es handelt sich bei dem Antrag darum, die Interessen der 
Thierärzte auf gesetzlichem Wege vertreten zu wissen und das 
Wohl unseres Standes selbst zu schützen. Der freien Vereinigung 
der Thierärzte würde nach dem bis heute üblichen Verfahren ein 
Recht der Selbstbethätigung nicht zugestanden werden, selbst bei 
den eingreifendsten Veränderungen nicht. Dass hierbei wiederum 
die technische Deputation als einzig vorhandene Corporation in 
die Lücke einspringen müsste, ergiebt sich von selbst. Ob sie, 
die nicht einmal in ihrem engem Rahmen aus Thierärzten allein 
zusammengesetzt ist, für alle derartigen Fragen aber genügen 
würde, muss an sich und nach dem Modus der Heranziehung 
aller übrigen Deputationen bestritten werden, denn ans welchem 
andern Grunde sind jetzt die Aerztekammern, Apothekerrath u. b. w, 
eingerichtet, als dass sie in eigener Angelegenheit trotz ihrer 
Deputationen mitwirken sollen — schliesslich ist bei den Depu¬ 
tationen alle, ja auch schon in ihrer Bezeichnung „wissen¬ 
schaftliche Deputationen“ der Umfang ihres Geschäftskreises 
gekennzeichnet. 

Wie die heutige Verhandlung zeigt, stehen wir vor dem Anfang 
einschneidender Veränderungen. Nothwendig ist auch die Ab¬ 
änderung des thierärztlichen Liquidations - Wesens durch Be¬ 
seitigung des stellenweise nicht mehr gültigen Gesetzes vom 
21. Juni 1815, bei denen die Stimmen der im öffentlichen Leben 
stehenden Thierärzte mehr Geltung haben dürften, wie jede andere 
Meinung. Soll aber eine Mitwirkung an derartig einschneidenden 
Fragen erlangt werden, so kann das nur geschehen auf dem 
Wege der gesetzlichen Anerkennung unserer Corporationen. Wer 
das bezweifelt, den bitte ich die Stellung und Erfolge der Ein¬ 
gangs von mir erwähnten Corporation vor und nach ihrer 
amtlichen Anerkennung zu studiren. 

Mein Antrag, den ich mir erlaube, Ihnen zur Beschlussfassung 
zu unterbreiten, geht nun dahin: 

1. Die Centralverwaltung der thierärztlichen Vereine Preussens 
erkennt die Nothwendigkeit der gesetzlich geregelten Mit¬ 
wirkung der Thierärzte an den ihnen zufallenden Aufgaben 
durch amtliche anerkannte Vertretung etwa nach der Ein¬ 
richtung der Preuss. Aerztekammern oder der thierärzt¬ 
lichen Vereine Bayerns an; 

2. Die Centralvertretung beschliesst durch eine Commission 
dem Herrn Landwirthschaftsminister die Bitte zu unter¬ 
breiten, den Punkt 1 zu verwirklichen. 

Meine Herren! Ich begleite meinen Antrag mit der auch oft 
anderweitig an uns gerichteten Mahnung, jederzeit wachsam auf dem 


Digitized by LjOOQie 




824 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 27. 


Posten za stehen; es könnte sonst leicht kommen, dass wir 
dnrch die von allen Seiten versackte Cernirong aaf ein kleines 
Arbeitsfeld zusammengedrückt werden. 

Aus der Gestüts-Carr iere sind wir schon herausgedrängt, 
dort soll ein abgegangener Militär mehr leisten, wie ein durch¬ 
gebildeter Veterinär Ob das in der Tliat der Fall ist, muss ich 
nach allen Beobachtungen bezweifeln; es muss erst noch durch 
die bis jetzt fehlende fruchtbringende Thätigkeit bewiesen werden. 

Die Aerzte knüpfen an ihre demnächstige Ueberweisung an 
ein anderes Ministerium besonders auf dem Gebiete des Fleisch¬ 
schauwesens und der Hygiene grosse Hoffnung; besonders nach 
der Ueberweisung an das Ministerium der inneren Verwaltung. 

Die Nahrungsmittelchemiker und Apotheker haben 
in ihrem Studiengange Ausbildungen genossen, durch welche sie 
sich berufen fühlen, auf unser Gebiet sich auszudehnen; die 
qiarktpolizeilichen Untersuchungen von Fisch und Fleisch und 
andere tbierischen Nahrungsmittel werden ihnen vielfach schon 
jetzt zugewiesen. 

Den Landwirthschaftskammern scheint bereits die Be¬ 
kämpfung der Tuberculose und der Schweineseuchen in den 
Schoss gefallen zu sein; wer will ihnen wehren, statt der Thierärzte 
Bacteriologen oder andere Personen für diese Thätigkeit zu ver¬ 
wenden. Das Zuchtgebiet nimmt die Landwirthschaftskammer 
vollauf für sich in Anspruch, wer wird ihr auch hier wehren, 
statt Thierärzte Landwiithe oder nach dem Vorgänge des Staates 
abgegangene Officiere für Zuchtkunde zu verwenden V Ein ein¬ 
zelner gegenteiliger Fall erobert noch nicht das ganze Gebiet 
für den Stand. 

Selbst guf dem Gebiete der Thierseuchen scheint das Ver¬ 
trauen zu den Thierärzten und thierärztlichen Lehranstalten ge¬ 
litten zu haben, wie die Heranziehung anderer Institute zur 
Untersuchung von Thierkrankheiten beweist. Vielfach kommt 
das auch davon, weil uns Rückgrat fehlt; wir suchen viel zu 
viel Anlehnung an andere Institute und geben damit die Karten 
aus der Hand. Hat es uns Thierärzte doch nicht wenig ver¬ 
letzt, einen unserer Professoren nur als thierärztlichen Berather 
in der Commission zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche 
im hygienischen Institute zu sehen; in allen Kreisen wurde man 
darauf angefasst. Dazu bedurfte es doch nicht eines unserer 
hochverdienten Lehrer; diese Stellung konnte auch der jüngste 
Thierarzt ausfüllen. 

Wir haben, meine Herren, alle Veranlassung toujours en ve- 
dette zu stehen. Ich hoffe, nach der Erfüllung dieses Antrages 
wird manches in bessere Wege geleitet werden. 

(Allseitiger Beifall) 

Auf Antrag Mehrdorf’s wird von einer Discussion abgesehen 
und einstimmig beschlossen, dass der Anregung des Referenten 
Seitens der G'entralveitretung Folge gegeben werden soll. Dem 
Ausschuss werden die zunächst nothwendigen vorbereitenden 
Schritte überlassen. (Fortsetzung des Berichts folgt). 

Personalien. 

Ernennungen etc.: Kreisthierarzt Klebba-Halle i>t zum 
Departementsthierarzt für den Reg.-Bez. Potsdam unter Anweisung 
seines Wohnsitzes in Potsdam ernannt worden. — 

Thierarzt Taubert- Heldburg zum Amtsthierarzt in Rodach, 
Schlachthofthierarzt Carl- Karlsruhe zum Bezirksthierarzt in 
Neckargemünd, Thierarzt Griesow-Naumburg, commiss. zum Kreis¬ 
thierarzt des Kreises Naumburg. 

Tuierarzt H e n g e n - Rülzheim zum Zuchtinspector des Verbandes 
für die Zucht des Glan-Donnersberger Viehs in Kaiserslautern, Thier¬ 
arzt M ü 11 e r - Fürstenberg a. 0. zuin Assistenten an der Rothlauf- 
lmpfanstalt der brandenburgischen Landwirthschaftskammer zu 


Prenzlau, Amtsthierarzt E. Möbius- Lengenfeld zum Amtsthierarzt 
bei der städtischen Fleischbeschau in Dresden, Tbierarzt Dr. 0. 
Müller-Hvidding zum Hilfsthierarzt bei der städt. Fleischbeschau 
in Dresden, Thierarzt R ö s s 1 e - Langenburg zum Stadtthierarzt in 
Waiblingen — gewählt. 

Versetzt sind: Bezirksthierarzt W e h r 1 e - Neckargemünd 
nach Moshaoh, Bezirksthierarzt V a e t h - Mosbach nach Heidelberg^ 
Bezirksthierarzt Hotz-Stetten nach Zell a. H. 

Geheimrath Prof. Dr. Dieckerhoff ist von der nebenamtlich 
verwalteten Stelle deB Departementsthierarztes bei der Regierung 
zu Potsdam entbunden worden. 

Approbationen : Hannover: Die Herren Heinrich N e f f g e n , 
Carl N e n h a u s, Erich R u p p e r t. 

Wohn8ltzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen sind die 
Thierärzte Lehmann-Callies nach Barmstedt (Holstein), Hansen 
von Steinbergkirche nach Schöllkrippe, Brinkmann von Würzbnrg 
nach Kissingen, Gutfeld von Heidelberg nach Bruchsal. — Thierarzt 
Rosenplenter hat sich in Adenstedt bei Peine niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt: Rossarzt Paul 
vom Feld-Art.-ltgt. No. 35 unter Versetzung zum Drag.-Rgt No. 4. — 
Befördert zum Rossarzt: Unterrossarzt J a r m a t z vom Drag.-Rgt. 
No. 6 unter Versetzung zum Feld-Art.-Rgt. No. 34. — Befördert zu 
Rossärzten des Beurlaubtenstandes: Unterrossärzte der Reserve 
Assenmacher und Büttner. — Versetzt: Oberragsarzt 
Füchsel vom Drag.-Rgt No. 4 zum Leib-Garde-Hus.-Rgt., Robs- 
arzt Schmidt vom Leib-Kür.-Rgt No. 1 zum 2. Garde-Feld-Art- 
Rgt. — Oberrossarzt D i s c h e r e 11 auf seinen Antrag mit Pension 
in den Rahestand versetzt. 

Todesfälle : Thierarzt K r o s c h - Erxleben; Tuierarzt Beck¬ 
mann- Schledehausen._ 

Yaeanzen. 

Kreis*hieraritstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsident. — 
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Gum¬ 
binnen: Insterburg (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt 
(Herzogthnm Coburg): Amtsthierarztstelle (500M. und 300—400 M. 
Fleischschangebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Gumb inn e n: 
Stallupönen (Assistent des Grenzthierarztes). — R.-B. Oppeln: 
Falkenberg O./S. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanltitsthlerarztoteileo :a)NeuausgesohriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist— 
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, Heizung, 
Beleuchtung). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthof hilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra): 
Thierarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — 
Drengfurt: Auskunft Gutsbes. Baranowsky, Fürstenhof b. Dreng- 
furt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck): Auskunft J. Prahl, 
Grakau b. Gleschendorf. — Guxhagen (Regierungs - Bezirk 
Cassel): Auskunft Apotheker Klingestein. — Pitschen. — 
Schwarzenau.— 1898 bekannt gegebene: Argenau: 
Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. — 
Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — Eddelak (Holstein): 
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov. 
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthofi. — 
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Floisch- 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. 

— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). 

— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschaoht (Elbe). — 
Römhild: Thierarzt (U40M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. 
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt 
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienbagen bei Gerdshagen (Mecklbg.- 
Schw.). — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat— 
Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) 
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thier¬ 
arzt Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Sohönbaum. 

— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬ 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. InReratentbeil) l*rof. Ür. Schmält» in Berlin. — Verlag und Uitrcntlium von Uichard Schoctz ln Berlin. — Druck von W. Büxengteln. Berlin. 


Digitized by 


Google 





Dl* „Berliner Thlerirztllche Wochemchrift“ erecbeint Origiaalboitr&ge werden mit 50 Hk. flir den Bogen bonorlrt 

wöchentlich in Stärke von mindeitem l'/t Bogen. Dleielbe Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaetionellen An¬ 
ist mu beziehen durch den Iiucbh*ndel, die Poet (No. 1031) I M "■ 0 fragen beliebe man zu eenden an Prof. Dr. Schmaltx, 

oder durch die Verlagebucbliandlung von Richard ma ■ /\-*a Berlin, thierärztliche Hochachule, NW., Luieenetraeae 56. 

Schoetz, Berlin NW., l.uieenatraete 36, cum Preiee von ||M ■ I I ■ ■ ■ Correcturen, Reeenelona-Exemplare und Annoncen da- 

Mk. 5 , — pro Vierteljahr. M W ™ J ■ M m I I t^l gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 28 . Ausgegeben am 14. Jnli. 


Inhalt: Meyerstrasse: Zur Behandlung gewisser Lahmheiten mit Atropin- Morphium-Lösung. — Aronsohn: Zur 
Aetiologie der primären Pleuritis. — Wandt: Behandlung der Haemoglobinaemie mit Veratrin. — 
Prayon: Zur Anwendung des Arecolins bei Hufrliehe. — Referate : F1 o c a r d: Ueber die Castration der Kühe. — 
Rexilius: Blutharnen beim Pferde. — Roger: Ueber die Bedeutung des Netzes als Schutzorgan des Bauchfelles. — Thera¬ 
peutische Notizen — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preiissens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Oeffentliches Veteriuärwesen: 
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur Behandlung 

gewisser Lahmheiten mit Atropin-Morphium-Lösung. 

Von 

Meyerstrasse-Hünfeld, 

KreUlbierarzt. 

Wie die Veröffentlichung einer Reihe von Fällen, in denen 
gewisse Lahmheiten durch Injection von Atropin - Morpliinm- 
Lösnng geheilt worden sind, beweist, sind hierbei anch zuweilen 
Erscheinungen der Atropinvergiftung beobachtet worden In 
No. 17 (S. 198) dieser Wochenschrift ist die Meinung aus¬ 
gesprochen, dass es sich dabei wohl um eine Idiosynkrasie handeln 
möchte. Dass die Empfindlichkeit der Pferde gegen Atropin eine 
sehr verschiedene und keineswegs allein abhängig ist von dem 
Körpergewichte, beweisen die Fälle, in denen ich zur Heilung 
bestimmter Lahmheiten von der erwähnten Lösung Gebrauch 
machte. Ich habe die Atropin-Morphium-Lösung in 11 Fällen 
lahmen Pferden injicirt, seitdem ich von der günstigen Wirkung 
derselben nach der ersten Veröffentlichung Kenntniss erlangt 
hatte. Bei drei Pferden von sehr verschiedenem Körpergewichte 
und Alter machten sich die Erscheinungen der Atropinvergiftung 
in beängstigender Weise bemerkbar und ich verfehle nicht, 
meine diesbezüglichen Beobachtungen zur allgemeinen KenntnisR 
zn bringen, wobei es mir zunächst, gestattet sein möge, einiges 
über die erzielten Erfolge vorausznschicken. 

Die Erfolge von der Atropin-Morphinm-Behandlung waren je 
nach Art der Lahmheit sehr verschieden. Einige Lahmheiten 
wurden dauernd geheilt, während andere nur vorübergehend 
gebessert und endlich manche gar nicht beeinflusst wurden. 

Was nun zunächst die erste Gruppe anbelangt, so versnehte 
ich das Mittel zuerst bei einem ca. 700 kg schweren dänischen 
Fuchswallach, der nachweislich schon seit 9 Jahren auf dem 
linken Vorderfusse stark lahmte und mit den verschiedensten 
Einreibungen monatelang erfolglos behandelt worden war. Das 
einzige zur Zeit noch wahrnehmbare Symptom war eine Ver¬ 
kürzung der Schrittlänge der betreffenden Vordergliedmasse, 
wobei das Thier häufig mit der Zehe anstiess, da der Fuss nicht 
genügend gehoben wurde. Schwellungen etc. im Bereiche der 
oberen Gelenke waren nicht zu constatiren. Eine Atrophie der 
Schultermuskulatnr war nicht vorhanden. Es bestand bei der Be¬ 
wegung im Schritt starke und dauernde Lahmheit. Zum Traben 


war das Pferd überhaupt nicht zu bewegen. Mit dieser Lahm¬ 
heit behaftet hatte es jahrelang die äusserst geringe Arbeits¬ 
leistung nur mühsam verrichten können. Seit etwa einem Jahre 
hatte sich auch eine Lahmheit auf dem rechten Hinterbeine 
bemerkbar gemacht, die ohne nachweisbare Ursache plötzlich 
entstanden war. Fraglicher Fnss wurde im Stande der Ruhe 
nicht belastet, im Fesselgelenk gar nicht oder nur unvollständig, 
oft in mehreren Absätzen durch getreten. Schwellung und ver¬ 
mehrtet Wärme waren im Bereiche des Fesselgelenkes nicht zu 
constatiren. Auch äusserte das Thier bei Drehbewegungen des 
Gelenkes keine Schmerzen. Die weitere Untersuchung des be¬ 
treffenden Hinterschenkels ergab einen negativen Befand. An¬ 
dauernde Ruhe und eine längere Zeit hindurch fortgesetzte Be¬ 
handlung mit Kühlen, Einreibungen nnd Priessnitz-Umschlägen 
hatte keine nennenswerte Besserung zur Folge. Das Thier war 
in diesem Zustande werthlos und sollte zum Schlachten abgegeben 
werden. In dieser Zeit wurde mir die erfolgreiche Behandlung 
der chronischen Schulterlahmheit mit Atropin-Morphium-Lösung 
bekannt Eine von mir znbereitete Lösung von Atropinura sulfuric. 
0,0b und Morphinnm hydrochloric. 0,2 in 20,0 destillirtem Wasser 
injicirte ich dem Tliiere frühmorgens in die Unterbaut der linken 
Schultergegend und Hess den Stall tagsüber möglichst dunkel 
halten. Nach Aussage des Besitzers hat das Pferd einige Zeit 
nach der Injection mit den Vorderfüssen etwas gescharrt nnd 
Mittags das Futter versagt. Weitere Erscheinungen sind ihm 
nicht aufgefallen. Am folgenden Morgen Hess ich das Pferd 
ans dem Stalle bringen und eine kurze Strecke führen, wobei 
die Lahmheit auf dem rechten Hinterfusse bereits vollständig 
verschwunden war und sich vorn schon bedeutend gebessert 
hatte. Das Pferd verblieb noch drei Tage im Stalle nnd hat dann 
einen Weg von 15 km fast ganz im Trabe znrückgelegt, ohne 
nur im geringsten zu lahmen. Der Besitzer erklärte mir auch, 
dass das Pferd ein sehr lebhaftes Temperament gezeigt habe, 
i was er bei demselben früher nicht bemerkt hätte. Das Thier 
arbeitet nun schon seit dem 8. November vorigen Jahres wieder, 

! sowohl auf hartem Wege als auch auf dem Acker, ohne je wieder 
i lahm gewesen zu sein. 

Der zweite Fall betrifft das Pferd eines Hofbesitzers, welches 
periodisch auf dem linken Hinteifusse lahmte und wegen dieser 
i Lahmheit regelmässig thierärztlich behandelt worden ist. Patien 


Digitized by LaOOQie 










326 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHEN SCHRIET. 


zeigte folgende Erscheinungen: Im Fesselgelenk wird nicht ge¬ 
nügend, ab und zu, besonders bei der Wendung, ruckweise in 
mehreren Absätzen durch getreten. Weitere locale Erscheinungen 
sind nicht zu constatiren. Auch konnte mit Rücksicht auf die 
früheren Anfälle sowie durch die weitere Befnnderhebung eine 
andere Lahmheit mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden. 
Meinen Vorschlag, dem Thiere eine Atropin - Morphiumlösung zu 
injiciren, nahm der Besitzer an. Ich beabsichtigte, die Ipjection 
in die lockere Unterbaut der Kniegelenksgegend zu machen. 
Nach der Abendfütterung nahm ich die Einspritzung vor. Trotz¬ 
dem das Thier gebremst war, zeigte es sich derartig aufgeregt 
beim Einstechen der Hohlnadel, dass ich die Injection notli- 
wendigerweise an der seitlichen Halsfläche vornehmen musste. 
Am folgenden Morgen um 5 Uhr zeigte dies Thier die Er¬ 
scheinungen einer hartnäckigen Verstopfungskolik, welche trotz 
Behandlung bis zum Abend dauerte. Die Lahmheit ist seitdem 
verschwunden, und nach Aussage des Besitzers hat das Pferd 
während der ganzen Frühjahrsbestellung angestrengt gearbeitet, 
ohne zu lahmen, und mehr leisten können als je zuvor. Auf die 
Vergiftungserscheinungen werde ich später znrückkommen. Bei 
diesem Thiere hat demnach keine locale Behandlung mit der 
Atropin - Morphiumlösung stattgefundeu, sondern die Injection 
wurde an der seitlichen Halsfläche gemacht, trotzdem ist die 
Lahmheit geheilt. 

Im dritten Falle handelt es sich um ein Pferd, welches seit 
mehreren Jahren an Schulterlahmheit litt. Die Lahmheit trat 
besonders stark bei anstrengender Arbeit hervor. Das lahme 
Bein wurde dann nur halb so weit vorgeführt als das gesunde. 
Andere Erscheinungen waren nicht vorhanden. Auch waren an 
der betreffenden Gliedmasse keine anderweitigen Veränderungen 
zu constatiren, welche als Ursache der Lahmheit gelten konnten. 
Bei diesem Pferde, welchem die Atropin-Morphiumlösung in der 
gewöhnlichen Dosis injicirt wurde, war nach einigen Tagen eine 
dauernde Heilung zu constatiren. Der Besitzer hat keine auf¬ 
fallenden Erscheinungen, abgesehen von der stets zu beobachtenden 
vorübergehenden Appetitstörung, der Trockenheit des Maules und 
der Zunge, dem Auskauen von trockenen Heuballen etc. neben 
einer gewissen Unruhe, bemerkt. 

Ein ähnlicher Fall kam ebenfalls noch zur Behandlung, nur 
mit dem Unterschiede, dass die Schulterlahmheit erst kurze Zeit 
bestand. Die Lahmheit war angeblich durch Stossen der Deichsel 
gegen das Gelenk entstanden. Es waren zunächst die Zeichen 
der acuten Entzündung zu constatiren. Als letztere nach mehr¬ 
tägiger Ruhe und Behandlung verschwunden waren, iujicirte ich 
dem Thiere Abends vor dem Füttern 15 Gramm! der erwähnten 
Lösung. Ich nahm schon wegen des geringen Körpergewichts 
(ca. 450 kg) an und für sich, wie auch wegen des schlechten 
Nährzustandes von der vollen Dosis Abstand. Trotzdem ist dies 
Pferd am folgenden Tage ziemlich schwer an Kolik erkrankt, so 
dass der Besitzer es bestimmt zur Behandlung geschickt hätte, 
wenn er von mir nicht vorher auf die event. eintretenden Er¬ 
scheinungen aufmerksam gemacht worden wäre. Das Thier ist 
ohne Behandlung gewesen, auch war keine Lahmheit später mehr 
zu constatiren. 

In den angeführten Fällen von Lahmheiten, von denen drei 
chronisch und rheumatischer Natur waren, eine dagegen acut und 
höchst wahrscheinlich durch mechanischen Insult entstanden war, 
ist dauernde Heilung durch die Atropin-Morphiurawirkung herbei¬ 
geführt worden. Bei zwei der behandelten Thiere trat eine un¬ 
angenehme Nebenwirkung des Atropins ein. 

Interessant ist noch die Wirkung der Atropin-Morphiumlösung 
bei einem 20jährigen Pferde, das mehrere Jahre an einseitiger 
Hiift^elenksenizündung gelitten hat und deswegen mit Haarseil 


No. 28. 

J und verschiedenen Einreibungen behandelt worden ist. Das Thier 
war sehr lahm, führte den lahmen Fnss nur wenig vor und 
konnte damit nicht über die Stallschwelle treten. Wurde es zum 
Uebertreten über die Schwelle gezwungen, so führte es den ge¬ 
sunden Schenkel dicht vor dieselbe und brachte dann mit einer 
hüpfenden Bewegung desselben die Hinterhand über die Schwelle 
hinweg. Obgleich ich kaum einen Einfluss der Atropin-Morphium- 
lösnng auf die veraltete und hochgradige Lahmheit annehmen 
durfte, spritzte ich dem Pferde dennoch die Lösung ein. Nach 
einigen Tagen war eine Besserung zu beobachten. Das Thier 
setzte den Schenkel freier vor und konnte ihn auch ohne be¬ 
sondere Anstrengung über vorgelegte Gegenstände und die Stall¬ 
schwelle heben. Die Besserung war aber keine dauernde, denn 
als das Pferd wieder anstrengende Arbeit verrichten musste, kehrte 
die Lahmheit in dem früheren Grade zurück. 

Eine vorübergehende Besserung konnte ich auch noch bei 
einem in Folge chronischer Kniegelenksentzüudung hochgradig 
lahmen Pferde constatiren. Das Pferd, ein Amerikaner, magerte 
trotz guter Fütterung bei leichter Dienstleistung ab, was 
| besonders wohl darin begründet ist, dass sich das Thier niemals 
freiwillig hinlegt, sondern nur dann liegt, wenn es vor grosser 
Ermüdung umfällt lind sich dann oft bis zum starken Schweiss¬ 
ausbruche abarbeitet, wenn ihm nicht gleich durch geeignete 
Unterstützung das Aufstehen ermöglicht wird. Bei diesem 
Pferde traten am Tage nach der Injection heftige Vergiftungs¬ 
erscheinungen hervor, welche sich nach Aussage des Besitzers 
bis zu kollerartigen Erscheinungen steigerten. Da ich den 
Patienten nicht sofort besuchen konnte, waren bei meiner An- 
i kunft, etwa zwei Stunden später, die Erscheinungen bereits 
i wieder verschwunden, nur war das Thier noch über und über 
mit Schweiss bedeckt, frass aber schon wieder das vorgelegte 
Futter. Die Vergiftungssymptome wurden erst am Tage nach 
der Injection beobachtet. Während einiger Wochen war die 
Lahmheit geringer geworden, das bei diesem Patienten stets 
beobachtete fast permanente Hochziehen des lahmen Schenkels 
an den Hinterleib liess aber durch die Atropiu-Morphiumwirkung 
nicht nach. 

Ebenso war der Erfolg nur ein vorübergehender bei einem 
schweren hannoverschen Pferde, das plötzlich vor dem Wagen 
nach einem Seitensprunge sehr stark auf dem linken Hinter- 
fusse lahmte. Die wahrnehmbaren Symptome liessen auf eine 
Kniegelenkslahmheit schliessen. Da ich das Pferd schon wegen 
ausgebreiteter rheumatischer Erkrankung früher einmal behandelt 
hatte, hielt ich es nicht für ausgeschlossen, dass es sich auch 
jetzt um eine rheumatische Lahmheit handeln könnte. Einige 
Tage nach der Injection der Atropin-Morphiumlösung schwand 
die Lahmheit vollständig, diese Besserung hielt aber nur wenige 
Tage an, denn bei dem Arbeiten im gepflügten Lande lahmte das 
Pferd ebenso hochgradig wie früher. 

Bei vier anderen lahmen Pferden, bei denen in zwei Fällen 
die Ursache der Lahmheit innerhalb der Hufkapsel lag, in den 
anderen im Kronengelenke bezw. einer Sehnenscheide, trat auch 
keine vorübergehende Besserung ein. Letztere Pferde waren 
sämmtlich sehr gut genährt und bei keinem traten Vergiftungs¬ 
erscheinungen auf, obwohl eins derselben nur ein leichtes ost- 
preussisches Wagenpferd war, dem ich 18 ccm von der fraglichen 
Lösung injicirt hatte. 

Bezüglich der Vergiftungserscheinungen muss ich hervor¬ 
heben, dass solche bei drei Pferden auftiaten, und zwar äuaserten 
sich dieselben hauptsächlich als Kolikerscheinungen, welche ca. 
8—10 Stunden nach der Injection der Atropin-Morphiumlösung 
auftraten. In dem einen Falle dauerte die hartnäckige Ver¬ 
stopfungskolik ungelähr 12 Stunden. Das Thier war sehr unruhig, 


Digitized by kjOOQie 


f4. Juli 1898. 

wälzte sich im Stalle fortwährend nnd zeigte Athembeschwerden. 
Eine erhebliche Pulsverändernng ist mir nicht anfgefallen. Es 
war tympanitisch aufgetrieben, wobei die Darmperistaltik gänz¬ 
lich si8tirte. Das Pferd drängte häufig, entleerte aber nur 
schleimige Massen. Es wurde zur Anregung der Darmbewegung 
eine Aloepille gegeben und häufige Einfüllungen von Wasser in 
den Mastdarm gemacht. Nachdem die Kolik gehoben war, hat 
das Thier wieder lebhaften Appetit gezeigt Da ich bei diesem 
Pferde die Injection nach der Abendfütterung gemacht hatte, wo 
also der Magendarmkanal mit Futtermassen angefüllt war, wollte 
ich dies in Zukunft vermeiden. Deshalb spritzte ich den Thieren 
später die Lösung erst dann ein, wenn dieselben einen halben 
Tag gehungert hatten. Diese Methode bot keine wesentlichen 
Vortheile, denn bei dem nächsten auf die beschriebene Weise 
vorbereiteten Pferde wurden dennoch Kolikersclieinungen be¬ 
obachtet. Dieses Thier war ein leichtes hannoversches Pferd 
und sehr mager, erhielt deshalb nur 17 Gramm! der Lösung 
injicirt. Nach dem Berichte des Besitzers waren die Er¬ 
scheinungen ziemlich hochgradige, eine Behandlung ist nicht 
eingeleitet worden. Ueble Folgen sind ebenfalls nicht beobachtet. 

Auch das amerikanische Pferd, welches sehr hochgradige 
VergiftungBerscheinungen, Tobsucht etc. zeigte, war gleich dem 
zuletzt besprochenen sehr mager, hatte aber doch ein Körper¬ 
gewicht von ca. 550 kg. Eine Behandlung ist auch bei diesem 
Patienten nicht eingeleitet worden, trotzdem verloren sich die 
Vergiftungssymptome nach ca. dreistündigem Bestehen voll¬ 
ständig. 

Es ist demnach in den drei von mir beobachteten Fällen, in 
denen üble Nebenwirkungen auftraten, auffällig, dass gerade 
zwei sehr schlecht genährte Pferde davon betroffen wurden, während 
von den übrigen solche, die sich in einem sehr guten Nähr¬ 
zustande befanden, deren Lebendgewicht aber niedriger war, 
keine Vergiftungserscheinungen zeigten, obwohl ihnen eine 
gleiche bezw. etwas höhere Dosis eingespritzt wurde. 

Es ist daher vielleicht anzunehmen, dass gerade die etwas 
heruntergekommenen, abgemagerten Pferde am empfindlichsten 
gegen die Atropinwirkung sind. Weitere Beobachtungen werden 
diese z. Zt. noch offene Frage zweifellos aufklären. Wenn nun 
auch auf Grund der bereits veröffentlichten sowie der von 
mir beobachteten Fälle kein Anlass zu Befürchtungen übler 
Folgen bis dahin vorliegt, da die Vergiftungserscheinungen selbst 
dann, wenn sie sehr hochgradig waren und dennoch unbehandelt 
blieben, regelmässig nachliessen, so wird es sich für den Thier¬ 
arzt immerhin empfehlen, die Besitzer auf die ev. Folgen auf¬ 
merksam zu machen. Vielleicht gelingt eB auch, einen Modus 
ausfindig zu machen, um die Empfänglichkeit der Thiere für das 
Gift herabzusetzen, ohne aber andererseits die günstige Wirkung 
des Mittels auf die fragliche Lahmheit zu beeinträchtigen. 
Wünschenswerth wäre dies schon aus dem Grunde, dass das 
vorzügliche Mittel bei den Besitzern wegen der ev. unangenehmen 
Nebenwirkung nicht in Misscredit geräth, andererseits ist aber 
auch nicht ausser Acht zu lassen, dass durch die bei der Ver¬ 
giftung regelmässig auftretende Unruhe der Thiere der Heil¬ 
vorgang ungünstig beeinflusst werden kann. 

Zur Aetiologie der primären Pleuritis. 

Von 

Dr. Aronsohn-Köbel (i. Meckl.), 

Thierarzt. 

Als ursächliches Moment für das Zustandekommen einer 
primären Pleuritis gelten vorzugsweise ungünstige atmosphärische 
Einflüsse (rheumatische Pleuritis); inwieweit Infectionsstoffe 
hierbei eine Rolle spielen, und ob letztere für sich allein in 
jenen Fällen, wo eine Erkältung ausgeschlossen werden muss, 


327 


eine primäre Brustfellentzündung bewirken können, ist mit Sicher¬ 
heit nicht festgestellt. 

Auf hämatogenem Wege kommt nach Dieckerhoff (spec. 
Pathologie und Therapie, Bd. I, pg. 792) eine primäre Entzündung 
der Pleura wahrscheinlich nicht zu Stande. 

Folgende zwei im Frühjahre des vorigen und dieses Jahres 
von mir beobachteten Krankheitsfälle scheinen mir geeignet, die 
Aufmerksamkeit auf eine andere in der Litteratur bisher noch 
nicht erwähnte Ursache für die Entstehung einer primären 
Brustfellentzündung hinzulenken. 

Da die beiden Fälle bei zwei acht Wochen alten, von der¬ 
selben Mutterstute stammenden Saugefohlen in durchaus überein¬ 
stimmender Weise verliefen, so beschränke ich mich auf die 
Schilderung des zuletzt beobachteten Krankheitsverlaufes. 

Am ersten Krankheitstage bemerkte der Besitzer an dem 
acht Wochen alten Fohlen nur einen etwas verminderten Appetit 
und vermisste die sonst an demselben gewohnte Munterkeit. 

Als ich am zweiten Tage zu Rathe gezogen wurde, stellte 
ich Folgendes fest: 

T. 40,6°, P. 124 Mal. p. M. an der Maxillararterie schwach 
fühlbar; beide Herztöne rein; Conjunctiva schmutzig roth. 

Die Athmuug geschieht sehr angestrengt, 60 Mal in der 
Minute, mit oberflächlicher Bewegung der Rippen und forcirter 
in- und exspiratorischer Anspannung der Bauchdecken unter 
gleichzeitiger Erweiterung der Nüstern. 

In den unteren Dritteln beider Brustseiten ist das Athem- 
geräusch fast vollkommen unterdrückt, in den übrigen Theilen 
hört man Bronchialathmen bezw. verschärftes in- und exspira- 
torisches Vesiculärgeräusch. 

Der Percussionsschall ist in den unteren Dritteln beider 
Brustwandungen gedämpft; es lässt sich ausserdem eine horizon¬ 
tale Dämpfungslinie deutlich nachweisen. 

Einem Druck gegen die Brustwand weicht das Fohlen aus 
und äussert dabei durch Stöhnen lebhaften Schmerz. 

Husten wird nicht gehört. 

Das Fohlen hält den Kopf mit halb geschlossenen Augen¬ 
lidern gesenkt oder stützt ihn zeitweise auf die Krippe oder 
gegen die StaUwand und bekundet eine starke Eingenommenheit 
des Bewusstseins und heftigen Kopfschmerz. 

Der Gang ist gespannt und unsicher, der Appetit vollständig 
geschwunden. 

Diagnose: Pleuritis exsudativa. 

Die sofort eingeleitete Behandlung — eine Punction des 
Thorax wurde nicht ausgeführt — konnte in beiden Fällen den 
tödtlichen Ausgang, welcher am dritten resp. vierten Krankheits¬ 
tage eintrat, nicht abwendeu. 

Bei der Section fand sich in beiden Pleurasäcken ein grau- 
rüthliches, trübes, wässeriges Exsudat, sowie ein über 1 cm 
dicker fibrinöser fester Belag auf der Pleura costalis und eine 
nach Entfernung desselben zu Tage tretende ausgebreitete Blut- 
gefässinjection des Brustfelles. 

Die Lungen waren bei beiden Fohlen gesund; auch die üb¬ 
rigen Organe zeigten ausser parenchymatöser Degeneration keine 
bemerkeuswerthen pathologischen Veiänderungen. 

Was nun die ätiologische Erklärung dieser beiden Fälle 
einer primären Pleuritis betrifft, so ist eine ungünstige Ein¬ 
wirkung atmosphärischer Einflüsse als Ursache ausgeschlossen. 
Die gut genälirten Fohlen befanden sich mit der Mutterstute in 
einer geräumigen, gut ventilirten, zugfreien Boxe und kamen 
nur bei gutem Wetter für kurze Zeit des Tages ins Freie. 

Gegen eine rheumatische Brustfellentzündung spricht auch 
das Fehlen irgend eines anderen Symptoms einer Erkältung, so¬ 
wie der schnelle tödtliche Verlauf, der auf eine ganz besondere 
Schädlichkeit hinweist. 

Auf infectiösen Ursprung lässt sich die Erkrankung aus dem 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRITT. 


Digitized by kjOOQie 




328 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


Grunde kaum zurückführen, weil sonst wohl auch das eine oder 
andere der übrigen Thiere des Besitzers Gelegenheit zur Auf¬ 
nahme des Infectionsstoffes gefunden hätte. 

Näher liegt folgende Erklärung: 

Die Mutterstute erhielt sowohl im vorigen wie in diesem 
Jahre ausser Hafer ein Drittel der Ration an Wicken, weissen 
und schwarzen, 6 Pfund täglich. Etwa 10—12 Tage vor Be¬ 
ginn der Erkrankung hatten nachweislich beide Fohlen aus der 
Krippe von dem der Stute eingegebenen Futter nennenswerthe 
Mengen mitgefressen. 

Nun hat die Erfahrung gelehrt, dass Wickenfütterung, be¬ 
sonders bei jüngeren Thieren, durch Reizung der Hirnhäute und 
der Huflederhaut Gehirnentzündung bezw. Rhehe erzeugen 
kann. 

Nach eingehender Würdigung aller in Betracht kommenden 
Fragen glaube ich nun mit Recht behaupten zu dürfen, dass 
durch die in den Wicken präformirte oder sich aus denselben 
im Körper bildende Schädlichkeit nicht bloss, wie schon all¬ 
gemein bekannt war, Gehirn und Huflederhaut, sondern auch 
die serösen Häute, insbesondere das Brustfell, betroffen werden 
können, und dass die hierdurch verursachte Brustfellentzündung 
einen besonders schweren und schnell tödtlichen Verlauf nimmt. 


Behandlung der Haemoglobinaemie mit Yeratrin. 

Von 

Wundt-Linx (Baden), 

Thieraizt. 

Angesichts der frappirenden Erfolge, die in letzter Zeit bei 
der Behandlung des Kalbefiebers resp. der Schulterlahmheit mit 
betr. Arzneimitteln erzielt werden, möchte ich mir gestatten, hier 
einen Fall von Haeraoglobinämie anzufnhren, bei dem sich die 
subcutane Injection von Veratrinum sulfnric. von gleicher 
frappirender Wirkung erwies. 

Im Winter, bei strenger Kälte, wurde ich eines Mittags von 
einem hiesigen Besitzer gerufen, der angab, sein Pferd (schwere 
Elsässer Schimmelstute) wäre beim Holzholen plötzlich um¬ 
gefallen und läge nun, & Stunde von hier entfernt, auf freiem 
Felde, vollständig gelähmt, so dass es unmöglich sei, das Thier 
znm Aufstehen und heim zu bringen. Ich fuhr mit einem „Dielen¬ 
wagen“ an Ort und Stelle und fand dort das Pferd mit einem 
anscheinend schweren Anfall von Haemoglobinämie seit ca. 
% Stunden auf dem blanken, kalten Boden liegend, unfähig, die 
geringste selbstständige Bewegung anszuführen. Ich liess daher 
kurzer Hand das Pferd auf den mitgebrachten Wagen laden und 
heimfahren. (MitHülfedes uatürlich zahlreich aus dem nächsten Dorfe 
erschienenen Publikums wurde, nachdem die Hinterräder vom 
Wagen entfernt und das Pferd auf diesen hinaufgezogen war, 
Beides hochgehobeu und die Räder wieder angebracht. Ebenso 
wurden die „Dielen“ aufgestellt, damit das Pferd nicht seitlich 
herunterfallen konnte.) Während des ganzen Transportes lag 
das Thier — halb in Rückenlage, alle vier Beine aufwärts —- 
ohne sich zu rühren; ebensowenig versuchte es die geringste Be¬ 
wegung während des Abladens und In-den-Stall-Schleifens. Der 
Besitzer nahm sich unter sothanen Umständen das Schlimmste 
vor, und meine Prognose konnte ihm nichts Gutes versprechen. 

Ich liess nun das Pferd, in reichliche Streu verbracht, vor 
Allem tüchtig frottiren und machte — ehe ich an das an¬ 
genehme (?) Geschäft des In-die-Gnrte-Hängens ging — zur 
Probe eine Injection von Veratrinum sulfuric. 0,1. 

Als ich unmittelbar darauf in’s Haus gegangen, an moiner 
Injectionsspritze reinigte, hörte ich schon draussen rufen: er 
steht, er steht! Zu meinem eigenen, nicht geringen Erstaunen 
fand ich das Pferd aufrecht; es gerieth darauf ziemlich stark in 


Schweiss und bald nachher nahm es Heu und Kleientrank auf. 
Am Abend zeigte es, nachdem es mehrmals dunkelrothen Urin 
abgesetzt hatte, ausser einer geringen Vermehrung der Pulszahl 
nichts Abnormes mehr. 

Ich habe seitdem keine Gelegenheit mehr gehabt das Vera¬ 
trinum in ähnlichem Falle anzuwenden, werde dies aber event. 
sofort thun. Abgesehen von einer möglicherweise günstigen 
Wirkung des Arzneimittels auf den Verlauf der Krankheit über¬ 
haupt, animirt doch gewiss schon die Aussicht, das Pferd so in 
die Höhe zu bringen, znr Wiederholung des obigen Experiments. 


Zur Anwendung des Arecolins bei Hufrhehe. 

Von 

Prayon-Stolberg (Rbld.), 

Thierarzt. 

Die unter „Therapeutische Notizen“ in Nummer 20 
der B. T. W. gemachte Mittheilung über die Anwendung des 
Arecolin bei Hufrebe veranlasst mich, mehrerer Fälle von 
schwerer Hufrehe Erwähnung zu thun, in denen ich die Wirkung 
des Arecolin zu erproben Gelegenheit hatte. Neben einem 
sofortigen starken Aderlass, kalten Umschlägen um die Hufe 
(resp. Stehen der Thiere in eiskaltem Wasser). Priessnitz’schen 
Umschlägen und Laxantien wurde jeden zweiten Tag eine sub¬ 
cutane Injection von Arecolin. hydrobrom. 0,06—008 gemacht 
und in allen Fällen auffallend schnelle Heilung erzielt. In einem 
Falle hatte eine Behandlung, welche versuchshalber nur in 
Arecolin-Injectionen, verbunden mit kalten Umschlägen um die 
Hufe bestand, denselben schnellen Erfolg. 


Referate. 

Ueber die Costration der Kühe. 

Von Flocard-Genf. 

iRef. von Degive und Heul ln Annales de med. vet. April 1898 und von Le bla ne. 
ln Journal de Lyon, Mai 1898.) 

F. berichtete der Soci^te nationale d’ agriculture de France 
am 12. Januar 1898 über seine Wahrnehmungen bei der Castration 
der Kühe. Von 1879 bis 1888 hat er 1950 Kühe castrirt, die 
Mortalität war , / a pCt., von 1888 bis Ende November 1897 hat 
er 2505 Kühe operirt, ohne einen Todesfall vermerken zu müssen. 
F. giebt die ökonomischen Vortheile an, welche die Operation 
zur Folge hat, nämlich: Verlängerung der Dauer derMicliserection, 
Verbesserung der Milch in Bezug auf Qualität, Erleichterung der 
Mast, Verbesserung der Qualität des Fleisches; es soll, nach den 
in Genf gemachten Beobachtungen das Fleischgewicht der 
castrirten Kühe gegenüber dem Lebendgewicht um 6 pCt. höher 
sein als dasselbe Verhältniss bei nicht castrirten Kühen. Das 
Fleischgewicht betrug 60 pCt. des Lebendgewichts. 

Diese Feststellungen, die auf einer so grossen Zahl von 
Fällen basirt sind, haben gewiss eine« Werth und zeigen, dass 
die Operation unter Umständen von Vortheil ist. 

Prof. Reul bestreitet diesen Vortheil. Nach einer längeren 
Darlegung der Geschichte der Ovariotomie giebt er die Relation 
einer Castration, die er vor acht Jahren verfolgt hat, und aus 
dieser einzigen Beobachtung schliesst er „dass diejenigen, die 
Milchwirtschaft treiben, einsehen werden, dass die Vortheile 
nicht auf der Seite der Operation sind.“ Prof. Reul bemerkt am 
Schlüsse seines Referats, dass dieVerallgemeinerung der Castration 
der guten Milchkühe als sicheres Resultat das Verschwinden 
der guten Producte haben würde, und dass eine Hebung der 
Rindviehzucht damit vereitelt wäre. Nach Leblanc stellt sich 
aber Reul hierbei nicht auf den richtigen Standpunkt, denn es 
sei evident, dass die Castration keinen Zweck habe bei den 
meisten guten Milchnerinneu, dass sie aber absolut augezeigt 


Digitized by CjOOQie 







14. Juli 1898. 


sei bei älteren Kühen, bei welchen die Productionskraft nach- 
lasse, und bei den Reiterinnen. 

Prof. Degive glaubt, dass der Operationsmodus eine grosse 
Einwirkung auf das Resultat der Castration habe. Die Ovariotomie 
sei immer mit einer mehr oder weniger grossen Blutung in die 
Peritonealhöhle verbunden, die die unregelmässigen und unvoll¬ 
ständigen Resultate erkläre, die bei Kühen erzielt werden, welche 
mit dem Ecraseur operirt sind. Diese Blutung, glaubt 
Leblanc, könne aber nur gering sein, wenn das Ecrasiren, wie 
Flocard es tliut, ganz langsam geschieht. 

Blntharnen beim Pferde. 

Von Ober - Rossarzt Rexilius. 

(Zuchr. f, Veterinärkd , Juci 1898) 

Dass das bei Rindern häufige Blutharnen auch bei Pferden 
auftrete, ist in der Litteratur bisher nicht erwähnt. R. hat aber 
einige Fälle davon beobachten können. Dieselben ereigneten 
sich meist selbständig, einige Male jedoch als Complication der 
Druse. Die Erscheinungen waren in den ersten 8—10 Tagen 
sehr unauffällig. Die Pferde zeigten grossen Appetit, im Gang 
eine geringe, sich bald verlierende Spannung. Die Conjunctiven 
waren hochroth und glasig, die Herzthätigkeit war verstärkt, die 
Temperatur nicht erhöht. Harndrang bestand nicht, auch keine 
Schmerzäusserung beim Urioiren. Der Urin war wässrig und 
burgunderroth, in einigen Fällen bis schwarzroth und dicklich. 
Die Excremente waren gelbgrau und weich, beim Druck auf die 
Lenden bogen die Pferde nicht den Rücken durch. 

Nach 8—10 Tagen jedoch konnten die Pferde nicht mehr 
stehen, fielen um und waren auch nicht mehr in die Höhe zu 
bringen. Sie lagen ruhig und behielten ihren Appetit Die 
Empfindlichkeit der Gliedmassen war herabgesetzt Nach 
1—3 tägigem Liegen trat der Tod ein. Die ganze Krankheits¬ 
dauer belief sich somit auf 13—14 Tage in den tödtlich ver¬ 
laufenen Fällen. 

Die Section eines der eingegangenen Pferde ergab Folgendes: 
Noch nach 11 Stunden hochgradige Todtenstarre bei Stall¬ 
temperatur; Hantvenen wenig gefüllt; Musculatur graurotb und 
mürbe, besonders an den Leodeomuskeln, welche fast grauweiss 
waren, Darmkanal normal, Nierenkapsel leicht abziehbar, Nieren¬ 
rinde dunkelblauroth, weich; Markstrahlen sehr deutlich; im 
Nierenbecken dunkelrothe schleimig eitrige Massen; in der Harn¬ 
blase etwas braunrother Harn; die übrigen Organe normal. 

Die Krankheitsursache war nicht genau festzustellen, ist 
jedoch wohl im Futter zu suchen, umsomehr, als ein Futter¬ 
wechsel heilsam wirkte. Es war anscheinend gutes, mit Klee 
gemischtes Wiesenheu verfüttert worden, welches jedoch mit 
Mehlthau befallen gewesen sein soll; in einem andern Falle 
etwas feuchtes Kleestroh, von dem ein Rest sich jedoch auch als 
befallen erwies. Das von derselben Wiese in den vorigen Jahren 
gewonnene Heu hatte keine Nachtheile herbeigeführt, das mit 
demselben Kleestroh gefütterte Rindvieh zeigte keine Gesundheits¬ 
störungen. Die Behandlung bestand in Futterwechsel und Ver¬ 
abreichung von Ferrum sulfuricum mit Natrium bicarbonicum 
3 stündlich esslöffelweise mit Leinsamenschleim. Bei den ge¬ 
nesenen Pferden erfolgte die Heilung am 4.-6. Tage. 

Bei eiDem der letzten zur Behandlung gelangten Pferde hatte ein 
Knecht heimlich Wicken verfüttert. Am nächsten Morgen frass 
das Pferd weniger gut, versagte schliesslich vollständig das Futter 
und konnte sich schon Mittags nicht mehr erheben. Die Hinterglied¬ 
massen waren völlig gelähmt, der Puls schlug 76 mal, die 
Temperatur stand auf 38,6. Zahl der Athemzüge 38, CoDjunctiven 
dunkelroth. Schon um 5 Uhr Nachmittags trat der Tod ein, 
wobei sich aus der Scheide eine grosse Menge dunkelbraunrothen 


329 

wässerigen Urins entleerte. Die Section ergab keinen Anhalt für 
eine Organerkrankung. 

Ueber die Bedeutung des Netzes als Schutzorgan des 
Bauchfelles. 

Vortrag, gehalten von Roger in der Sociötö de biologie. 

(i». Mod. Wochenschr. 9,88.) 

Da die Lymphdrüsen auf Grund klinischer Thatsachen als 
Schutzorgane gegen Mikroben anzusehen sind, und da nach 
Ranvier das Netz als eine flächenförmige Lymphdrnse betrachtet 
werden kann, so versuchte Roger die Richtigkeit dieser Auf¬ 
fassung auf experimentellem Wege zu prüfen. Er exstirpirte zu 
diesem Zwecke einigen Kaninchen und Meerschweinchen das 
Netz möglichst vollständig. 1 oder 2 Monate nachher injicirte er 
denselben und gleichzeitig Vergleichsthieren, von welchen einige 
vorher ohne Netzresection laparotomirt worden waren, einige 
Tropfen einer Cultur von Staphylokokkus aureus in die Bauch¬ 
höhle oberhalb des Nabels. Während die Vergleichsthiere am 
Leben blieben, starben die anderen sämmtlich im Verlauf von 
1—3 Tagen. Roger glaubt sich somit zu dem Schlüsse be¬ 
rechtigt, dass das Netz der Bauchhöhle als Schutzorgan gegen 
Bacterieninfectionen diene. Die Darmbacterien haben demnach, 
wenn sie den Gesammtorganismus befallen wollen, nach allen 
Wegen Schutzvorrichtungen zu überwinden; auf dem Lymph- 
wege sind es die Lymphdrüsen, auf dem Blutwege der Portal¬ 
vene die Leber und bei Bacterieninvasionen durch die Darmwand 
hindurch das Netz. 

Therapeutische Notizen. 

Chlorbariumanwendung Ir der Armee. 

Nach einer Mittheilung der „Ztschr. t. Veterinärkd.“ (Mai 1898) 
ergeben die Berichte aus dem 4. Quartal vorigen Jahres, dass das 
Cblorbarium in der Armee viel angewandt wird und mehr und mehr 
an Boden gewinnt. Die Berichte lauten diesmal fast überein¬ 
stimmend günstig. Ueber schlimme Ausgänge wird nicht berichtet. 
Fast alle Berichterstatter stimmen darin tiberein, dass endovenöse 
Application der von Dieckerhoff zuletzt bestimmten fractionirten 
Dosen ungefährlich ist 

Veratrio. 

Qneyron hat bei Löserverstopfungen, Tympanitis, acutem 
Gastro -Iutestinal-Katarrh das Veratrin mit einem viel grossem 
Erfolge angewandt als Pilocarpin und Physostigmin. Das Veratrin 
übt besonders wegen seiner die Muskelfasern contrahirenden 
Wirkung gegen die Erschlaffung der Magenwandungen einen 
vortrefflichen Einfluss aus. Dasselbe wird von Qu. hypoder- 
matisch applicirt und zwar in einer Weinsäurelösung. 
10 cg. Veratrin. sulfuric. werden in Aqua und Acid. tartaric. q. s. 
gelöst und eingespritzt. Nach kurzer Zeit pflegt das Rind 
unruhig zu werden und später Futtermassen aus dem Pansen 
auszuwerfen. Die früher von Qu. gebrauchte Lösung des 
Veratrins in Alkohol gab meist Abscesse an der Injectionsstelle, 
welche bei der beschriebenen Anwendung nicht entstanden. 

(Progrös vütörin. u. Oesterr. Monatsschrift 1898 H. 2.) 

Tannalblnum veteriqarlum Knoll. 

In der Wschr. f. Th. findet sich eine Zusammenstellung von 
Mittheilungen, die allerdings von der Fabrik Knoll u. Co. in 
Ludwigshafen a. Rh., jedoch auf Grund der Urtheile von 14 Thier¬ 
ärzten znsammengestellt sind. Hiernach empfiehlt sieb das Mittel 
bei Durchfällen der Thiere sehr. Als Dosen sollen verwendet 
werden: bei Fohlen 8—15 g täglich als Pulver mit Honig etc. 
oder in Pillen mit Opiumzusatz; bei Kälbern 3—5 g mehrmals 
täglich bis 15 g pro Tag in Schleim oder Syrup, bei Kälberrnhr 
mit einem Zusatz von Salicylsäure; bei Pferden und Rindern 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 






330 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


6—10 g mehrmals täglich mit ähnlichem Zusatz, Tagesdosis für 
Pferde 20—30 g. 

Resorcin. 

Thierarzt Heng empfiehlt in der Wschr. f. Th. das R. in 
schwachen Lösungen zur innerlichen Verabreichung bei abnormen 
Gäliruugszuständen. In der Bienenwirthschaft wurde dasselbe 
prophylaktisch gegen die gefürchtete Ruhr angewendet, indem 
es schon bei der Spätjahrfütterung zugesetzt wurde. Erfahrene 
Imker empfehlen daher schon jetzt das Resorcin als bestes 
Ruhrmittel vor den bisher verwendeten Salicylpräparaten. 

Extractum Hydrastis fluidum 

Gestütsthierarzt Diem (Wschr. f. Th.) hat das Extract 
fünf Mal beim Zurückbleiben der Nachgeburt angewandt und 
niemals die nachgerühmte Wirkung erzielt, trotzdem er 50—60 g 
auf ein Mal gab. 

Jedpräparate. 

Die (Wsch. f. Th.) empfiehlt reines Jod 3 g, Kaliumjodat 
5 g und Jodtinctur 30 g als zuverlässigstes Mittel gegen Ueber- 
beine, täglich einzupinseln unter Druckverband. Bei Uterus¬ 
entzündungen verwendet er verdünnte Lugol’sche Lösung, auf 
einen Liter einen Esslöffel voll. Irgend welche Nebenerscheinungen, 
namentlich das lästige Drängen traten nicht auf. Lei bänger 
behandelte ein an allen vier Füssen schwer am Strahlkrebs 
leidendes Pferd dadurch erfolgreich, da^s er vier Wochen lang nach 
Entfernung der erweichten Masse Einschnitte in den Strahl machte, 
welche täglich zweimal mit Jodtinctur ausgepinselt und unter 
Druckverband gehalten wurden. 

Alkoholverband. 

Thierarzt Steger macht in der Wschr. f. Th. No. 26 
folgende Mittheilungen. Ein Wallach war seit ä Jahre vergeblich 
an einem Hufleiden behandelt. Es bestand Auftreibung des 
medialen Ballens, an dem sich zwei Fisteln öffneten und wahr¬ 
scheinlich Mitaffection des Knorpels. Die Fisteln wurden mit 
20procentiger Zinkchloratlösung ausgespritzt und ein anti¬ 
septischer Gaze verband aufgelegt. Später, als der Eiter geringer 
wurde, kam Liquor villati zur Anwendung. Nach drei Wochen 
bestand merkliche Besserung, aber noch lange keine Heilung, 
indem sich neue Fisteln bildeten und der Ballen nicht abschwoll. 

Nun wurden alle 2—3 Tage Sublimatbäder gemacht, die Aus¬ 
spritzungen fortgesetzt und ein Alkoholverband angelegt 
(chemisch reine Watte mit Spiritus vini getränkt und darüber 
gefensterter Guttaperchataffet; das Ganze mit Mullbinde befestigt). 
Der Verband wurde alle 24 Stunden erneuert. Nach zehntägiger 
Behandlung vollständige Heilung; die Fisteln gesc ssen, die 
Ballenauftreibung kaum noch kenntlich, die Belastung der Glied¬ 
masse sehr gut. Das Pferd konnte beschlagen werden. Ein Re- 
cidiv trat nicht ein. 

Soda-Umschläge bei Eiterung. 

Georgewski empfiehlt im „Wratsch“ zur Verhinderung und 
Beschränkung der Eiterbildung Umschläge mit gewöhnlichen 
Soda, die bei circumscripter oder diffuser Phlegmone vorzüglich 
wirken sollen. Die Sodalösung muss aber in directe Berührung 
mit dem entzündeten Gewebe kommen. Man würde also bei 
Abscessen in der Unterbaut einen Abscess spalten, den Eiter 
entleeren und dann erst den Sodaverband appliqiren. Auf diese 
Weise sollen diffuse Eiterungen noch am selben Tage zum Still¬ 
stand gebracht werden. Eine Erklärung für die überraschend 
prompte Wirkung vermag Verfasser nicht zu geben. Sehr grosse 
Vortheile sind neben der prompten Wirkung das Fortfallen der 
Drainage der Eiterhöhlen, die sehr viel grössere Ruhe für den 
Patienten, Reinlichkeit, Geruchlosigeit und schnellere Heilung. 


No. 2«. 

Glutol-Schleich. 

Thomalla empfiehlt in den therap. Mtsh. das Glutol, 
namentlich bei Riss- und Lappenwunden, die nicht genäht werden 
können, wo es Eiterung absolut verhindert. Bei eiternden 
Wunden, wo infolge von Höhlenbildungen genügender Abfluss 
fehlte, tritt Erfolg nur dann ein, wenn bei jedem Verbandwechsel 
der Glutolschorf entfernt wird. Wenn dann frisches Glutol auf¬ 
gestreut wird, so schwindet die Eiterung in wenigen Tagen. 
Besonders gut fand T. das Glutol bei Brandwunden bewährt. 
Hier entfernt man den Schorf zunächst, und findet sich keine 
Eiterung, so bleibt der Schorf liegen, worauf glatte narbenfreie 
Heilung erfolgt. Ferner ist das Glutol empfehlenswert bei allen 
Wunden, wo ein Verband nicht angelegt werden kann. Es wird 
eingestreut, Collodium darüber gegossen und noch eine Schicht 
aufgestreut, wodurch ein undurchdringlicher Verband erzielt wird. 
T. bezeichnet das Glutol als das beste Antisepticum. 


Tagesgeschichte. 

VI. Plenar-Versammlung der Central Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Preussens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Oie Errichtung einer Unterstfitzungskasse für Thierärzte. 

(Punkt III der Tagesordnung.) 

Zu diesem Gegenstand lag ein von Professor Schmaltz 
ausgearbeiteter 80 Paragraphen umfassender Statuten-Entwnrf 
vor, welcher allen Delegirten bereits mit der Einladung zur Ver¬ 
sammlung behufs Prüfung zugestellt worden war. 

Referent Preusse: Die Centralvertretung hat Ig95 die Be¬ 
gründung einer Unterstützungskasse für Thierärzte Preussens, 
nicht Deutschlands beschlossen. Eine Commission, zu der ich 
gehörte, sollte einen Statutenentwurf ansarbeiten. Ich hatte ein 
Statut von 15 Paragraphen entworfen, an der Commissions- 
beratlmng jedoch nicht theilgenommen. Ich war nun erstaunt, 
jetzt ein Statut von 80 Paragraphen zu erhalten. Wir sind gar- 
nicht befugt, ein solches Statut zu berathen. Das kann nur eine 
Versammlung von Kassenmitgliedern. Wir sollen nur Grundzüge 
feststellen. Auf Grund derselben muss die Gründung der Kasse 
erfolgen und eine danach einzuberufende erste Versammlung von 
Kassenraitgliedern kann dann das Statut selbst festsetzen. Dieses 
Statut bedarf unbedingt der ministeriellen Genehmigung, da die 
Unterstützungskasse unter den Begriff der Versicherungsanstalt 
fällt, für die nach dem Strafgesetzbuch die Genehmigung ein- 
znholen i6t Auch aus einer Oberverwaltungsgerichtsentscheidung 
geht ganz klar hervor, dass unsere Kasse der Genehmigung be¬ 
dürfen würde (Redner verliesst die Entscheidung). Der 
Schmaltz’sche Entwurf hat keine Aussicht auf Genehmigung, 
schon desshalb nicht, weil er auch nichtpreussische Thierärzte 
zulassen will. Eine solche Kasse könnte der preussische Minister 
des Innern gar nicht genehmigen. Ausserdem ist das Statut 
viel zu lang. 

Redner bemängelt dann einzelne Punkte des Inhalts des 
Statutes und beantragt, nochmals eine Commission zu wählen, 
welche einen geeigneteren Statuten-Entwurf bearbeiten soll, und 
die definitive Beschlussfassung einer ersten Versammlung der 
Kassenmitglieder zu überlassen. 

Feilsch erklärt ebenfalls den Statuten-Entwurf für unannehmbar. 
Die Genehmigung der Kasse müsse unter allen Umständen nach¬ 
gesucht werden. Erst müsse natürlich ein annehmbarer Statutenent¬ 
wurf ausgearbeitet werden. 

Der Präsident spricht sich dahin aus, dass jedenfalls in der 
gegenwärtigen Sitzung eine Berathnng des Statutenentwurfs nicht 
werde durchgeführt werden können. 


Digitized by 


Google 




14. Juli 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 331 


Sohmaltz: Die Angelegenheit spielt nun schon seit 1893. 
Herr College Felisch regte damals die Gründung der Kasse an. 
Ich war ein Gegner derselben, weil ich sie für undurchführbar 
hielt. Nachdem sich aber einmal die Versammlung von 1895 für 
die Gründung einer Kasse mit facultativem Beitritt ausgesprochen 
hat und ich in die Commission geschickt worden bin, habe ich 
für die Sache das Meinige thun zu müssen geglaubt. Die 
Commission bestand ans Kampmann, Mehrdorf, Preusse, 
Steinbach und mir. Bei der mündlichen Berathnng erschien 
Herr College Preusse nicht, hatte aber seinen Entwurf ein- 
gesandt, der übrigens keineswegs blos Grundzüge, sondern auch 
schon Details enthielt. Die Commission war nun doch nicht ge¬ 
halten, sich an den Preusse'schon Entwurf zu binden. Wir 
stimmten mit dessen Fassung nicht überein, hielten namentlich eine 
Vervollständigung für nothwendig. Dem Commissionsbeschluss 
entsprechend habe ich den heutigen Entwurf ausgearbeitet. Wenn 
Sie der Ansicht Preusse’s folgen würden, dass nur eine Ver¬ 
sammlung von Kassenmitgliedern ein Statut berathen könne, so 
wüsste ich nicht, warum die Commission 1895 beauftragt worden 
wäre, der Centralvertretung ein Statut vorzulegen. Das ist doch 
geschehen, damit die Centralvertretung das Statut beräth, 
nicht, um sich nun für incompetent zur Berathnng zu erklären. 

Wenn die Herren Preusse und Felisch meinen Entwurf 
für unannehmbar erklären, so ist das ihre persönliche Ansicht. 
Die Versammlung wird hoffentlich deswegen nicht von einer 
näheren Prüfung abstehen. Uebrigens bestreite ich, dass wir 
eine genehmigungspflichtige Kasse gründen. Es handelt sich 
nicht um eine Versicherungsanstalt, denn dazu gehört, dass 
Jemand gegen gewisse Zahlungen rechtlich begründete Ansprüche 
erhält. Bei uns erhält Niemand Ansprüche. Unsere Kasse ist 
einem Verein gegen Verarmung und Bettelei zu vergleichen; der 
Vergleich ist zwar nicht schön, aber treffend. Ein solcher Verein 
braucht keine Genehmigung und kann sich ungehindert über die 
ganze Welt ausbreiten. Als Beispiel nenne ich Ihnen den 
Buchhändler-Unterstützungsverein, der Mitglieder selbst in Amerika 
hat. Doch die Frage der Genehmigungspflicht, die auch ich nicht 
competent beantworten kann, ist heute Nebensache. Jedenfalls 
müssen wir auch behufs eventueller Einholung einer Genehmigung 
eben erst ein Statut berathen haben. Wollen Sie meinen Ent¬ 
wurf in Statut und Geschäftsordnung zerlegen, so ist das gewiss 
möglich und empfehlenswerth. Einzelne streitige Puncte lassen 
sich ja beseitigen. Es ist eben ein Entwurf, nicht ein fertiges 
Statut. Ich erwarte ja nicht dessen Annahme en bloc, aber 
ebensowenig kann man ihn en bloc für unannehmbar erklären. 
Vor Einem warne ich jedenfalls Alle, die die Kasse wollen. Ver¬ 
schieben Sie die Sache nicht nochmals. Dies ist die dritte Ver¬ 
sammlung, die sich mit der Angelegenheit befasst. Fällt dieselbe 
auch diesmal unerledigt unter den Tisch, so findet sich meiner 
Ueberzeugung nach keine Versammlung, die sie wieder hervorholt. 

Ostertag und Malkmns sprechen sehr entschieden für Erledigung 
der Angelegenheit. Ostertag beantragt, die Centralvertretung 
wolle sogleich die Begründung einer Unterstützungskasse be- 
Bchliessen nach Massgabe der in dem vorgelegten Statutenentwurf 
niedergelegten Grundsätze und vorbehaltlich der Genehmigung 
der zuständigen Behörde. Malkmus empfiehlt die Beschluss¬ 
fassung auf die morgige Sitzung zu vertagen und heute eine 
Commission zu ernennen, die bis zur morgigen Sitzung eine 
Prüfung des Entwurfs vorzunehmen habe. 

Die Verhandlung stimmt diesen Anträgen zu und ernennt 
zunächst eine Commission bestehend aus den Delegirten Felisch, 
Lothes, Malkmus, Mehrdorf, Ostertag, Preusse, Schmaltz. 

Diese Commission trat am nächsten Morgen zusammen und 
erledigte in l'/s ständiger Berathnng ihre Aufgabe vollständig. 


Nach Beginn der 2. Sitzung am 22. Mai um 9# Uhr Vormittags, 
referirte Malkmus über diese Commissionsberathung. Die 
Commission habe den Entwurf in Statut und Geschäftsordnung 
zerlegt. Die zu letzterer gehörigen Paragraphen könnten für 
eine spätere Berathung zurückgestellt werden. Die in das Statut 
die aufzunehmenden Paragraphen des Entwurfs seien von der 
Commission mit nebensächlichen Aenderungen einstimmig gebilligt 
worden. Der Referent empfiehlt, die Kasse sofort zu constituiren 
und das Statut in der Commissionsfassung en bloc anzunehmen. 

Das Statut wird einstimmig angenommen und die Kasse als 
constituirt erklärt mit folgenden Delegirten als ersten Mitgliedern: 
Heyne, Steinbach, Preusse, Mehrdorf, Tietze, Schmidt- 
Düsseldorf, Regenbogen, Augstein, Wulff, Wallmann, 
Felisch, Hentschel-Oels, Koll, Brand, Claus, Luchhan, 
Falk, Malkmus, Lothes, Peters, Scharmer, Arndt, 
Eiler, Pitz, Kieckhäfer, Thunecke, Klebba, Esser, 
Schmaltz. 

Das Statut lautet wie folgt: 

Statut des Unterstützungs-Vereins für Thierärzte. 

§ 1 . 

Der „Unterstützungs-Verein für Thierärzte“ wird be¬ 
gründet von der „Centralvertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens“ mit dem Sitze in Berlin. 

Er beginnt seine Thätigkeit am 1. Januar 1899. 

Mitgliedschaft. 

§ 2 . 

Die Mitgliedschaft können alle deutschen Tbierärzte er¬ 
werben durch Anzeige bei dem Vorsitzenden und Zahlung der 
Beiträge nach § 3. 

§ 3. 

Die Mitgliedschaft wird erworben durch Zahlung eines jähr¬ 
lichen Beitrages von 5 Mark oder durch eine einmalige Zahlung 
von 100 Mark. Die letztere Art des Erwerbs wird auf der jedem 
Mitglied zu ertheilenden Mitgliedskarte bescheinigt. 

§ 4 . 

Mitglieder, welche gröblich gegen Bestimmungen des Statuts 
verstossen oder welche Mitglieder des Vereinsvorstandes wegen 
ihrer Thätigkeit in diesem beleidigen, können auf Antrag des 
Vorstandes durch eine Versammlung der Vereinsmitglieder aus 
der Mitgliederliste gestrichen werden. 

§ 5. 

Die Mitglieder sind gleichberechtigte alleinige Eigentümer 
des VereinsveFmögens. Das Verfügungsrecht der Eigentbümer ist 
jedoch durch die Bestimmungen dieses Statutes begrenzt. 

§ 6 . 

Solange die im § 1 genannte Centralvertretung besteht, 
sind Versammlungen der Vereinsmitglieder im Anschluss 
an jede Versammlung der Centralvertretung abzuhalten. Falls die 
Centralvertretung nicht mehr bestehen sollte, sind besondere 
Versammlungen nach Berlin einzuberufen. In jedem Falle hat 
mindestens alle 3 Jahre eine Versammlung von Vereinsmitgliedern 
stattzufinden. Die Vereinsraitglieder sind hierzu rechtzeitig unter 
Mittheilung der Tages-Ordnung durch die thierärztliche Presse 
einzuladen. 

Die Versammlung der Vereinsmitglieder, in der jedes Mit¬ 
glied eine Stimme hat, fasst ihre Beschlüsse mit einfacher 
Majorität, sofern das Statut nicht für gewisse Beschlüsse andere 
Bestimmung trifft (vgl. §§ 36, 37). Bei Wahlen entscheiden die 
höchsten erreichten Stimmenzahlen.' 

Eine ordnungsmässig eiuberufene Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mit¬ 
glieder beschlussfähig. 


Digitized by AaOOQle 




332 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28. 


§ 7. 

Die Mitglieder des Unterstützungs-Vereins haben 

a) in erster Linie Aussicht auf Gewährung von Vortheilen 
aus der Vereins-Kasse nach Massgabe der Bestimmungen 
des Statuts und der verfügbaren Mittel; 

b) das alleinige Recht, Statutenänderungen zu beschliessen, 
soweit dieselben nach dem bei der Gründung der Unter¬ 
stützungskasse beschlossenen Statut zulässig und rechts¬ 
verbindlich sind (§ 17 u. 3t»); 

c) das Recht, die Mitglieder des Vereinsvorstandes zu 
wählen, soweit dieselben nach Massgabe des Statuts 
nicht anderweitig zu ernennen sind (§ 9); 

d) das Recht, gelegentlich jeder Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder von dem Vereinsvorstand einen vollständigen 
Rechenschaftsbericht einzufordern, denselben durch eine 
von den Versammelten zu wählende Commission, welche 
einen sachverständigen Revisor zuziehen kann, prüfen 
zu lassen und über Ertheilung der Entlastung zu ent¬ 
scheiden, sowie ausserordentliche Commissionen zur 
Prüfung aller Angelegenheiten zu ernennen; 

e) principielle Directiven bezüglich der Zuwendung von 
Unterstützungen (unbeschadet der §§ 25—35) zu geben 
(Entscheidung über Einzelfälle siehe § 30—31); 

f) das Recht auf sofortige Einberufung einer Versammlung, 
sobald 10 pCt. der Vereinsmitglieder diese verlangen. 

Vorstand. 

§ 8. 

Die Verwaltung untersteht, unbeschadet der den Mitgliedern 
vorbehaltenen Rechte, einem Vereinsvorstand mit mindestens 5 
bis höchstens 8 Mitgliedern. 

§ 9. 

Solange die im § 1 genannte Centralvertretnng besteht, gehört 
der Ausschuss der Centralvertretnng bezw. fünf von demselben 
zu bestimmende Mitglieder desselben eo ipso zum Vorstand 
und der Vorsitzende der Central Vertretung ist zugleich Vor¬ 
sitzender des Vorstandes des Unterstützungsvereins. 

Die Mitglieder des Ausschusses der Centralvertretnng können 
jedoch den Eintritt in den Vorstand ablehnen. 

§ 10 . 

Soweit die Zahl der zum Vorstand gehörigen Mitglieder 
des Ausschusses der Centralvertretung einschliesslich des Vor¬ 
sitzenden die statutenmäs8ige Mindestzahl der Vorstandsmit¬ 
glieder nicht erreicht, sind Ergänzuugswahlen aus der Zahl der 
Vereinsmitglieder vorzunehmen. 

Eine Verstärkung des Vorstandes, bis zur statutenmässig 
höchsten Mitgliederzahl, ist sowohl auf Antrag des Vorstandes 
als auch in Folge eines Beschlusses der Vereinsmitglieder zu 
bewirken. 

§ 11. 

Der Vorstand kann, unbeschadet der Bestimmungen des 
Statuts, eine Geschäftsordnung, sowie die Vertheilnng der Ge¬ 
schäfte unter sich vereinbaren. 

Die in Bezug auf die Geschäftshandhabung gefassten Be¬ 
schlüsse sind in einem Protokollbuch zur Orientirung künftiger 
Vorstände zu sammeln. 

Jedes mit laufender Correspondenz, Buchführung und Kassen¬ 
geschäften beauftragt Vorstandsmitglied kann für die genannten 
ihm obliegenden Geschäfte Scbreibhülfe und andere Unterstützung 
requiriren und liquidiren. Die Prüfung der Angelegenheit der 
Liquidationen steht dem Gesammtvorstande zu. 

§ 12. 

Alle Beschlüsse des Vorstandes erfolgen durch einfache 


Majorität der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit ent¬ 
scheidet die Stimme des Vorsitzenden. 

§ 13. 

Die wichtigsten Aufgaben des Vorstandes sind nutzbringende 
Vermögensverwaltung und zweckmässige Vertheilnng der Unter¬ 
stützungen. 

Vermögensverwaltung. 

§ 14 . 

Der Vorstand ist in dem Vertrauen gewählt, dass er die 
Verwaltung des Vermögens nach besten Kräften und mit äusserster 
Vorsicht führen werde. Eine Haftbarkeit für Verluste ruht auf 
dein Vorstande nur in soweit, als Verluste 1. durch Verfehlungen 
im Sinne des Strafrechtes entstehen sollten, oder 2. die nach¬ 
weislichen Folgen der Nichtbeobachtung ausdrücklicher Be¬ 
stimmungen dieses Statutes sind. 

§ 15. 

. Der Unterstützungsverein muss bestrebt sein, ein festes Ver¬ 
mögen (Stammcapital) zu sammeln. In jedem Falle sind: 

a) Die Zinsen des in Werthpapieren oder Hypotheken 
(Grundstücken) anzulegenden Stammcapitals so lange 
zum Capital zu schlagen, bis dasselbe die Summe von 
100 (XK) M. erreicht hat. 

Von diesem Zeitpunkt ab ist von jeder Versammlung 
der Vereinsmitglieder besonderer Beschluss über die Ver¬ 
wendung der seit der letzten Versammlung angewachsenen 
Zinsen zu fassen. 

b) Von den eingehenden Mitglieds-Beiträgen 10 pCt., zum 
Stammcapital zu schlagen bis dieses 10000 M. beträgt. 

c) die nach § 3 eingehenden Mitgliedsbeiträge von 100 M. 
immer dem Stammkapital zuznführen. 

§ 16 . 

Grössere Zuwendungen, Schenkungen und Vermächtnisse sind 
stets dem Stammcapital znzuführen, wenn die Geber dies nicht 
ausdrücklich anders bestimmen. 

Solche Zuwendungen im Betrage von mindestens 3000 M. 
können als besondere Stiftungen mit dem Namen des Gebers für 
alle Zeiten verbunden werden, bilden aber im Uebrigen Theile des 
gesammten Stammcapitals. 

§ 17. 

Das Stammcapital ist für alle Zeiten unangreifbar. Ein 
Beschluss, es anzngreifen, kommt einem Auflösungsbeschluss gleich 
und hat unmittelbar dessen Folgen (§ 37). 

Die zum Stammkapital gehörigen Werthstücke sind von allen 
übrigen Beständen ausdrücklich zu scheiden. 

Ein Beschluss, Werthstücke in das Stammcapital überzuführen, 
kann nicht znriickgenoramen werden. 

§ 18. 

Eine Verpflichtung zur Verausgabung der verfügbaren Ein¬ 
nahmen besteht nicht. 

Jedoch sollen wirklich begründete Unterstützungsgesuche 
nicht, um aus den verfügbaren Mitteln Ersparnisse zu machen, 
zurückgewiesen werden. 

§ 19 . 

Von den Mitgliederbeiträgen sind, abgesehen von den Ab¬ 
gaben an das Stammkapital, 10 pCt. zu einem Reservefonds bis 
znr Höhe von 3000 M. anzusammeln. 

§ 20 . 

Sobald das Stammcapital die Höhe von 100000 M. erreicht 
hat, können die Zinsen (soweit nicht deren anderweitige Ver¬ 
wendung beschlossen wird nach § 15, a, Abs. 2) sowie die nicht 
anderweitig zu verwendenden Mitgliedsbeiträge zur Erhöhung des 
Reservefonds über 3000 Mk. hinaus verwendet werden. 


Digitized by LjOOQie 





14. Juli 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


333 


§ 21 . 

Der Reservefonds kann bei anssergewöhnlicher Häufung der 
Unterstätzungsgesuche mit Genehmigung einer Versammlung der 
Vereinsmitglieder zu Unterstützungen mitverwendet werden, 
soweit dies unumgänglich erforderlich scheint. 

Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann bei länger 
dauernder Calamität die Genehmigung zu derartiger Verwendung 
von Theilen des Reservefonds auf Jahre hinaus ertheilen. 

§ 22. 

Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann, falls die Höhe 
des Reservefonds dies zu gestatten scheint, die Ueberfülirung von 
Theilen desselben zu dem Stammcapital beschliessen. 

§ 23. 

Alle Sparkassenbücher, Staatspapiere und geldwerthige Docu- 
mente sind unter für die Verwaltung und Sicherheit des Vereins¬ 
vermögens geeigneten Bedingungen principiell bei der Reichsbank 
zu deponiren. 

Falls solche Bedingungen mit Reichsbankstelleu nicht zu 
erlangen sind, kann durch Beschluss des Vorstandes die Auf¬ 
bewahrung bei einem oder mehreren anderen Bankinstituten 
unter obigen Bedingungen erfolgen, wodurch die Vorstands¬ 
mitglieder ebenso von etwaiger Verantwortung, wie bei Auf¬ 
bewahrung auf der Reichsbank, entlastet werden. Diese Banken 
gelten dann als Reichsbankstellen im Sinne des Statuts. 

§ 24. 

Am Jahresschluss ist die Jahresrechnung und der Vermögens¬ 
stand aufzunehmen und durch mindestens 2 Vorstandsmitgl eder, 
welche an der Kassenführung nicht betheiligt sind, zu revidiren. 

Das Ergebniss des Jahresabschlusses ist durch die thier¬ 
ärztliche Presse zur Kenntniss der Vereinsmitglieder zu bringen. 

Unterstützungen. 

§ 25. 

Die Ertheilung von Unterstützungen erfolgt durch Beschluss¬ 
fassung des Vorstandes, unbeschadet der in § 7e, 21, 31, 34 be¬ 
stimmten Einschränkungen und innerhalb der Grenzen der für 
Unterstützungen nach MasBgabe der Einnahmen und des § 15 
verfügbaren Mittel. 

§ 26. 

UnterBtützung8gesnche sind stets dem Vorsitzenden schriftlich 
einzureichen. Die Gesuche können sowohl von den Unterstützungs¬ 
suchenden als auch für diese von anderen Personen eingereichtwerden. 

§ 27. 

Der Unterstützungsvereiu hat folgende, in der hier ge¬ 
gebenen Reihenfolge nach einander zu berücksichtigende Zwecke: 

1. Unterstützung vorübergehend oder dauernd arbeitsunfähig 
gewordener Vereinsmitglieder. 

2. Unterstützung von Vereinsmitgliedern in besonderen 
Nothlagen. 

3. Unterstützung von Hinterbliebenen der Vereinsmitglieder. 
Als Hinterbliebene gelten solche Personen, deren gegen¬ 
über das Mitglied eine gesetzliche oder moralische Unter¬ 
haltungspflicht hatte. 

4. Unterstützung von Wittwen und Waisen solcher Thier¬ 
ärzte, welche nicht Vereinsmitglieder waren. 

§ 28. 

In jedem Falle ist der Nachweis dringender Bedürftigkeit 
die Vorbedingung für die Gewährung jeder Unterstützung. 

§ 29. 

Alle Vereinsmitglieder sind verpflichtet, wahrheitsgetreue 
Auskunft zu ertheilen bezw. ihnen an Ort und Stelle vom Vereins- 
Vorstand übertragene Ermittelungen vorzunebmen. 

§30. 

Ueber die Gewährung einmaliger Unterstützungen entscheidet 
endgültig der Beschluss des Vorstandes. 


Die Versammlungen der Vereinsmitglieder haben nicht das 
Recht, an solchen Beschlüssen irgend welche Kritik zu üben. 

§ 31. 

Ablehnung von Unterstützungsgesuchen wird ebenfalls durch 
Beschluss des Vorstandes ausgesprochen. 

Gegen einen solchen ablehnenden Beschluss kann jedoch 
Protest erhoben werden. 

Wenn der Protest von mindestens 50 Vereinsmitgliedern 
unterzeichnet ist, muss der Vorsitzende, in anderen Fällen 
kann der Vorsitzende dem Vorstande die Sache zur nochmaligen 
Beschlussfassung unterbreiten. 

Falls die Majorität des Vorstandes bei ihrer Ablehnung ver¬ 
bleibt, muss der Fall der nächsten Versammlung der Vereinsmit¬ 
glieder zur Entscheidung vorgelegt werden, falls der Protest von 
50 Mitgliedern des Vereins unterzeichnet gewesen ist. In allen 
andern Fällen kann nur seitens einer gegen die Ablehnung 
votirenden Minorität von Vorstandsmitgliedern die Entscheidung 
der Versammlung der Vereinsmitglieder verlangt werden. 

Die sofortige Einberufung einer Versammlung der Vereins¬ 
mitglieder zum Zwecke der Entscheidung über die Ablehnung eines 
Unterstützungsgesuches kann nur imFalle des § 7f verlangt werden. 

Die Beschlussfassung der Versammlung der Vereinsmitglieder 
ist jedenfalls eine endgültige. 

Falls ein Unterstützungsgesuch, dessen Ablehnung von der 
Versammlung der Vereinsmitglieder bestätigt worden ist, erneuert 
wird und dann der Vorstand zu der Entscheidung kommt, dass eine 
Veränderung der Verhältnisse nicht vorliege und eine aber¬ 
malige Ablehnung zu erfolgen habe, so ist gegen diese Ent¬ 
scheidung ein Protest nicht zulässig. 

§ 32. 

Der Vorstand kann beschliessen, alle Gesuche, deren Be¬ 
gründung ihm zweifelhaft und deren Erledigung nicht absolut 
dringend erscheint, zurückzustellen und erst beim Jahres¬ 
abschluss unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und 
unter objectiver Vergleichung der verschiedenen zur Erledigung 
vorliegenden Gesuche eine Entscheidung zu treffen. 

§ 33. 

Die Höhe der einzelnen Unterstützungen hat der Vorstand 
zu bemessen. 

§ 34. 

In jedem Falle (excl. § 35,3) darf die Unterstützung inner¬ 
halb eines Jahres nicht die Summe von 1000 M. übersteigen. 

§ 35. 

Ueber die Verwendung der nach Abschluss der Jahres¬ 
rechnung verbleibenden und nach § 15—21 zu Unterstützungs¬ 
zwecken eventuell verfügbar bleibenden Mittel beschliesst der 
Vorstand spätestens im Januar des folgenden Jahres. 

Dieselben können verwendet werden: 

1. zur Gewährung noch unerledigter Gesuche. 

2. zur nachträglichen Bewilligung abschläglich beschiedener 
Gesuche. 

3. zur Nachzahlung an im Laufe des vergangenen Jahres bereits 
unterstützte Personen, wobei der § 34 ausser Betracht bleibt, 

4. zur Vermehrung der zu Unterstützungszwecken verfüg¬ 
baren Mittel des nächsten Jahres durch Uebertragung auf 
neue Rechnung, 

5. zu Ueberweisungen an das Stammkapital oder gemäss § 20 
an den Reservefond. 

Besondere Bestimmungen. 

§ 36. 

Statutenänderungen können nur von einer Versammlung 
der Vereinsmitglieder und nur dann beschlossen werden, wenn die 
darauf abzielenden Anträge bei der Berufung der Versammlung 


Digitized by LjOOQie 





BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 28 


334 

wörtlich bekannt gemacht worden sind. Aendernng der § 15—17 
und 37 erfordert % Minorität. 

§ 37. 

Die Auflösung des Unterstützungsvereins kann nnr 
mit 4 /j Majorität auf einer Vereinsversammlung beschlossen werden. 

Ein Beschluss, das Stammvermögen anzugreifen, ist einem 
Anflösnngsbeschluss gleich zn achten (vergl. § 17). 

Die Annahme einer Aendernng dieses Paragraphen 37 kommt 
ebenfalls einem Anflösungsbeschlusse gleich. 

Das Stammvermögen der aufgelösten Kasse füllt einer an¬ 
erkannten, für Thierärzte nützlichen bezw. einer wohlthätigen 
Einrichtung zu. (Fortsetzung des Berichts folgt.) 


VII. Internationaler thierärztlicher Congress vom 9. bis 14. August 1899 
zu Baden-Baden. 

Zu den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des 
Congresses erhielt der Cieschäftsausschuss, abgesehen von den 
beträchtlichen Unterstützungsgeldern aus dem Dispositionsfonds 
des Herrn Reichskanzlers (10000 M.) und aus der Grossherzogi. 
bad. Staatskasse (2000 M.), von nachstehenden thierärzt¬ 
lichen Vereinen Deutschlands, deren Bezeichnung kurz 
nach dem Lande, nach der Provinz oder nach der Stadt erfolgt, 
die Zusage von Zuschüssen im unten angegebenen Betrage: 






Bestimmt 

Zuschuss 
für den 





zugesagter 

Zuschuss 

Falleines 

Deficits 

Thierärztlicher Verein 

in Baden .... 

1200 

M. 


Verein prakt. 

Thierärzte 

in Berlin . . . 

200 

yy 


Thierärztlicher Verein 

in 

Brandenburg . . 

200 

yy 

800 M. 

yy 

yy 

yy 

Braunschweig. . 

100 

yy 

100 „ 

yy 


yy 

Hamburg-Altona . 

200 

yy 


yy 

yy 

yy 

Mecklenburg . . 

100 

yy 


yy 

yy 

yy 

Mittelfranken . . 

100 

yy 

100 „ 

yy 

yy 

yy 

Oberfranken . . 

200 



yy 

yy 

yy 

Oldenburg . . . 

200 



yy 

yy 


Rheinbayern . . 

200 

yy 


yy 

yy 

yr 

Schwaben-Neuburg 

100 

yy 


yy 

yy 

yy 

Thüringen . . . 

100 

.. 


yy 

yy 

yy 

Westpreussen. . 

200 

yy 


yy 

yy 


Württemberg . . 

500 

yy 



3600 M. 1000 M. 

Der Geschäftsausschuss dankt den verehrliclien Vereinen 
für die gef. Zusagen bestens. Nach dem sorgfältig aufgestellten 
und mehrmals nachgeprüften Kostenvoranschlag sind im Zu¬ 
sammenhalt mit den derzeitig zugesagteu Unterstützungen noch 
12 500 M. aufzubringen, um die Congresskosten zu decken. 
Wenn es gelingen sollte, 600 zahlende Mitglieder zu gewinnen, 
so würde sich der angegebene Fehlbetrag auf 5300 M. ver¬ 
mindern. Die genannte Summe muss durch freiwillige Beiträge 
aufgebracht werden. Wir bitten daher die deutschen thierärzt¬ 
lichen Vereine dem Beispiel der oben genannten Vereine recht 
bald zu folgen und es auf diese Weise zu ermöglichen, dass der 
Geschäftsausschuss den aufgestellten Plan zur Abhaltung eines 
allgemein nützlichen Weltkongresses unverkürzt auszuführen in 
die Lage komme. Sämmtliche Kassengeschäfte besorgt die 
Filiale der Rheinischen Creditbank in Baden-Baden. 

Baden-Baden, den 11. Juli 1898. Der Geschäftsausschuss. 

Kleine Mittheilungen. 

In Tübingen ist der Zoologe Professor Eimer gestorben. 
Wie der Tod Leuckarts so bedeutet auch deijenige Eimers 
für die Thierärzte einen schweren Verlust. Denn bei beiden 
Zoologen fanden die Thierärzte weitgehendes Entgegenkommen 
und freundlichste Aufnahme. In den Laboratorien zu Tübingen wie 
zu Leipzig bildeten junge Thierärzte einen festen Stamm von 


gros8entheils recht erfolgreichen Arbeitern. Bei den Schwierig¬ 
keiten, welche an vielen Stellen den Thierärzten, die promo- 
viren wollen, gemacht werden, sind solche ihnen gern geöffnete 
Freistätten wissenschaftlichen Arbeitens von besonders hohem 
Werth. Wie Leuckart, so sind auch Eimer die Thierärzte 
Dank schuldig und nicht bloss die, welche bei ihm gearbeitet 
haben. Prof. Gmelin-Stuttgart, der zu den Schülern Eimers 
gehört, widmet Letzterem einen warmen Nachruf in der Deutsch. 
Thierärztl. Wochenschrift und fuhrt zugleich 14 in Eimers 
Laboratorium von Thierärzten ausgefübrte Arbeiten an. Darunter 
befindet sich eine gekrönte Preisschrift über die Athmungswerk- 
zeuge der Vögel (1896) von Dr. M. Baer, der z. Zt. Assistent 
am zoologischen Institut zu Tübingen ist. 

Nach einer Mittheilung der Deutsch. Thierärztl. Wochenschr. 
ist der in einem württembergischen Wahlkreise gewählte Reichs¬ 
tagsabgeordnete Hoffmann der Professor Hoffmann von der 
thierärztlichen Hochschule. Sehr zu bedauern bleibt es, dass 
der Präsident des Deutschen Veterinärrathes und der preuss. 
Centralvertretung, Prof. Esser, in Göttingen nicht gewählt worden 
ist. Es ist übrigens unbegreiflich, wie bei dem notorisch grossen 
Einfluss, den Thierärzte in gewissen Wahlkreisen haben, nicht 
wenigstens einige Vertreter des thierärztlichen Standes unter den 
Abgeordneten sich befinden, wenn man andererseits die grosse 
Zahl von Aerzten im Reichs- und Landtage bedenkt. Dieser 
Mangel ist für den thierärztlichen Stand ebenso nachtheilig, wie 
andererseits die Anwesenheit von thierärztlichen Abgeordneten 
für die Landwirthe von Vortheil sein müsste, namentlich bei der 
bevorstehenden Entscheidung wichtiger, überwiegend demVeterinär- 
wesen angehöriger Fragen. 

Die durch den Tod des Professor Wilkens frei gewordene 
thierärztliche Stelle an der Hochschule für Bodencultur zu Wien 
wird in zwei Ordinariate, eins für Thierzucht und eins für Thier¬ 
physiologie, zerlegt. Das erstere ist bereits dem Professor 
Adametz aus Krakau übertragen worden. Das letztere ist zur 
Zeit noch unbesetzt 

Der am 1. Juli unter Verleihung des Kronen - Ordens 
III. Klasse aus dem Staatsdienst geschiedene Departementsthier¬ 
arzt Renner zu Düsseldorf (approb. 1856) ist der erste beamtete 
Thierarzt in Preussen, der den Vortheil der Pensionsberechtigung 
geniesst. Bei der Berechnung der sich auf über 1200 Thaler be¬ 
laufenden Pension ist die gesammte kreisthierärztliche und 
Militär-Dienstzeit zur Anrechnung gelangt 

Zur Aufklärung der vielen gehässigen Angriffe, die Ende 1896 
und Anfang 1897 in zwei Zeitungen des Münsterlandes gegen 
den Departemeut8thierarzt und Veterinärassessor Dr. Steinbach 
unternommen wurden, hat das Ministerium für Landwirthschaft etc. 
eine Disciplinaruntersuchnng wider Dr. Steinbach geführt. 
Die sehr umfangreiche Beweisaufnahme hat ergeben, dass die 
Angriffe auf den gemeinsten Verleumdungen beruhen. Das Disci- 
plinarverfahren ist eingestellt worden. 

Versammlung der beamteten Thierfirzte des Reg-Bez. Posen. 

Ara 3. Juli er. fand unter dem Vorsitze des Herrn Departements¬ 
thierarztes Heyne zu Posen eine Versammlung der beamteten 
Thierärzte des Reg.-Bez. Posen statt, an welcher die Herren 
Kreisthierärzte Bauer-Obornik, Berterlt-Ostrowo, Dr. Foth- 
Wreschen, Frick-Rawitsch, Huebner-Kosten, Jacob-Posen, 
Jacobi - Pieschen, Liesenberg-Meseritz, Lorenz-Kempen, 
Ohl mann-Schildberg, Prieur-Jarotschin, Schwanke-Birnbauni, 
Rauschert-Opalenitza, Reinemann-Krotoschin, Roempler- 
Schrimm, Roskowski-Fraustadt, Schnibbe-Schmiegel und 
Szymanski -Gostvn theilnahmen. 

Nach Begrüs8ung der Anwesenden durch den Vorsitzenden 


Digitized by AjOOQle 






BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


335 


14. Juli 1898. 


wurde zunächst in eine Besprechung der demnächst einzu¬ 
reichenden Nachweisung, betreffend die Einkonnnensverhültnisse 
der Kreisthierärzte aus ihrer amtlichen Stellung während der 
letzten 5 Jahre, eingetreten und sodann noch eine Reihe anderer 
amtlicher Angelegenheiten erörtert. 


Schliesslich wurde einstimmig beschlossen, aus Anlass des 
„Aufruf an die Collegen“ in No. 26 der Berliner Thierärztlichen 
Wochenschrift einen Beitrag von 100 Mark einzusenden. 

Nach der Sitzung fand ein Diner statt, an welchem die 
Mehrzahl der Versammelten Theil nahm. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

SenchenStatistik und Veterinärpolizei. 


(Siehe di< 

.Fleischschan und Yiehverkehr. 

Kann daa Inland den Fleischbedarf allein decken? 

Zu dieser in letzter Zeit oft angeregten und von den ver¬ 
schiedenen Interessenten widersprechend beantworteten Frage 
giebt Oeconomierath Boysen in No. 42 der „Deutschen Land¬ 
wirtschaftlichen Presse“ an der Hand der hier folgenden Tabellen 
interessante Berechnungen. 

Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die deutsche 
Landwirtschaft im Stande ist, den Bedarf der im Wachsen be¬ 
griffenen Bevölkerung an Fleisch zu decken, ohne eine Steigerung 
der Preise befürchten zu müssen, — denn diese würde notwendig 
eine Einschränkung des Fleischconsums der weniger gut situirten 
Bevölkerung nach sich ziehen, — gestaltet sich um so schwieriger, 
als der Fleischbedarf zu verschiedenen Zeiten verschieden ist. 
Eine einigermassen zutreffende Antwort kann hier nur in Berück¬ 
sichtigung der wirtschaftlichen Lage im Allgemeinen gegeben 
werden. Da nun im Laufe der letzten Jahre, insbesondere im 
Jahre 1897, unsere Industrie und der Handel einen erfreulichen 
Aufschwung genommen und sich im gleichen Masse die Wohl¬ 
fahrt und damit auch die Kaufkraft des ganzen Volkes gehoben 
hat, dürfte sich der Versuch rechtfertigen, an der Hand der Ein- 
und Ausfuhrlisten des Jahres 1897 einen Ueberblick darüber zu 
gewinnen, in welchem Grade ein Bedürfniss für die Einfuhr 
lebenden Viehes, bezw. von Fleischwaaren vorliegt. So 
zeigt zunächst die Tabelle I, welche Anzahl lebender Thiere 
1897 ein- bezw. ausgeführt worden ist, ferner deren Fleisch¬ 
gewicht und endlich den wirklichen Einfuhr- und Ausfuhrüber¬ 
schuss der Stückzahl bezw. dem angenommenen Gewicht nach. 


Tabelle I. 


Gattung 

u 

! 

w 

Stück 

<- 

•a 

00 

3 

Stück 

Ueberschuss 

b 1 b 

t ! 1 

a ; ® 

3 < 

Stück j Stück 

39 

S 

E Ü.H 

|_P 

e o u 

« 03 

Es- 

kg 

Ueberschuss 

- 1 J; 

.= «2 

T! 00 

3 ◄ 

1 

dz 1 dz 

Rinder . . . 

202970 

12125 

190845 

_ 

250 

477112 

_ 

Kälber . . . 

14597 

455 

14142 

— 

25 

3535 

— 

Schweine . . 

89826 

4592 

85234 

— 

60 

51140 ! 

— 

Ferkel . . . 

2051 

2298 

— 

244 

10 

— j 

24 

Schafe . . . 

1988 

199295 

— 

197307 

30 


59192 

Lämmer. . . 

431 

17651 

— 

17220 

10 

— i 

1722 





Zusammen dz 

531787 

60938 


Einfuhr-Ueberschuss. 531787 dz 

Au8fulir-Ueber8chu88 . 60 938 „ 


Melireinfuln-Ueberschuss 470 849 dz 
Tabelle II zeigt die Ein- und Ausfuhr von frischem und 
conservirtem Fleisch bezw. von Wurstwaaren. Gleich¬ 
zeitig ist hier versucht worden, die nach Gewicht eingeführten 
Fleischquantitäten auf lebende Thiere zu reduciren, um zu be¬ 
weisen, welche Anzahl lebender Thiere an Stelle der Fleisch¬ 
waaren nöthig gewesen wäre. 


Beilage.) 


Tabelle II . 


Gattung 

!■< 

•1 

M 

dz 

u 

-C 

.3 

Hi 

3 

dz 

Ueberi 

*b 

3 

3 

dz 

O 

S* Ausfuhr g 

CD 

00 W 

®.2j4 

B « 'S 

ijs=° 

<= o u 
VS« 

sps &. 

◄3 

kg 

Ueberschuss 

- ' 1 

«5 1 

3 1 < 

Stück Stück 

Rindfleisch 








1 

(auch Kalb- 









fleisch) . . 


44990 

11194 

33796 

— 

250 

13520 

1 

Schweine- 








i 

fleisch . . 

Ci 

ot 

112113 

754 

111359 

i — 

60 

185595 

! _ 

Hammel- 

* 








fleisch . . 


865 

1590 

— 

725 

30 

— 

2415 

sonstiges 









Fleisch . . 


82 

11 

71 

_ 

_ 

_ 

, _ 

Rindfleisch 









(auch Kalb- 









fleisch) . . 


21705 

921 

20784 

— 

200 

10392 

_ 

Schweine- 

& 








fleisch, 

t 








Schinken, i 

& 








Speck und 

.C 








Würste . . 


264278 

2383ä 

240443 

— 

40 

601107 

_ 

sonstiges 









Fleisch . . 


1463 

134 

1329 

— 

_ 

_ 


Büchsen- 









fleisch . J 


34544 

881 

33063 

— 

200 

16831 


Zusammen dz | 

441445 

, 725 



Einfuhr-Ueberschuss. 441 445 dz 

Ausfuhr-Ueberschu8s. 725 „ 

Mehreinfuhr-Ueberschuss 440 720 dz 

Bei einer Einwohnerzahl des Deutschen Reiches von 52 Mil¬ 
lionen entfällt von dem Einfuhr-Ueberschuss der Tabelle II auf 
den Kopf der Bevölkerung ein Quantum von 0,85 kg im Jahre 1897. 
Im Vergleich hierzu kam z. B. in England in demselben Jahre 
ein Quantum von 13,60 kg auf den Kopf der Bevölkerung, 
d. i. genau das Sechszehnfache. Rechnet man den Einfuhrüber¬ 
schuss beider Tabellen zusammen, so ergiebt sich ein Quantum 
von 911569 dz, oder pro Kopf der Bevölkerung 1,75 kg im 
Jahre 1697. 

In der Annahme, dass der für Berlin im Jahre 1895 ermittelte 
Durchschnittsfleischverbrauch von 73,5 kg pro Kopf der Einwohner 
im Allgemeinen für Deutschland zutreffend ist, so ergiebt sich, 
dass im Jahre 1897 im Ganzen 2,38 pCt. des Fleischverbrauchs 
vom Auslande hat bezogen werden müssen. Hiermit ist aber 
auch das Verhältnis gegeben, um welches zur vollen Befriedigung 
des Inlandbedarfs die deutsche Viehzucht zu vermehren bezw. 
die Production zu steigern wäre. 

An der Hand der beiden Tabellen ist ferner leicht festzu. 
stellen, welche Anzahl lebender Thiere hätte eingeführt werden 
müssen, wenn die Einfuhr frischen oder conservirten Fleisches 
etwa verboten gewesen wäre. Der Einfuhrüberschuss würde sich 
dann im Jahre 1897 auf 231 588 Stück Rinder und 871 936 Stück 
Schweine stellen; diesen Zahlen steht aber ein Ausfuhrüberschuss 


Digitized by LjOOQie 








336 

von 199722 Stück Schafen gegenüber. Zieht man nun in Betracht 
dass 1892 — also fünf Jahre früher — der Einfuhrüberschuss an 
Rindern 245 414 und an Schweinen 980 528 Stück betragen hat, 
und dass im letztgenannten Jahre ausserdem 212 816 dz frisches 
und conservirtes Fleisch (gleich 500 000 Stück lebende Schweine) 
mehr eingeführt als ausgeführt worden sind, so dürfte damit ein 
klarer Beweis dafür erbracht sein, dass trotz der Futternoth des 
Jahres 1893 die deutsche Viehzucht sich gehoben hat und weiterer 
Ausdehnung fähig erscheint. Im Jahre 1897 hat sich der vom 
Auslande bezogene Fleischantheil auf 1,75 kg pro Kopf der Be¬ 
völkerung gestellt, 1892 aber (bei 2 Millionen Einwohnern weniger 
als 1897) noch auf 2,65 kg. 

Im Jahre 1892 betrug der Einfuhrüberschuss an lebendem 


No. 28. 

Vieh und eingeführtem Fleisch nach Abrechnung des Ausfuhr¬ 
überschusses für die Schafe 1 325 126 dz Fleisch. Angenommen, 
dass die Bevölkerung von 1892 bis 1897 nicht um 2 Millionen 
oder 4 pCt. gestiegen wäre, so wäre bei einem Durchschnitts ver¬ 
brauch von 58,65 kg pro Kopf schon im Jahr 1897 ein Ueber- 
8chnss bei dem Stande unserer Viehzucht zu verzeichnen gewesen, 
denn der Fleischbedarf von 2 Millionen Köpfen ä 58,65 kg pro 
Jahr beträgt 1 173 000 dz. Bei gleich gebliebener Bevölkerungs¬ 
ziffer 1892 und 1897 hätte letzteres Quantum 1897 also entbehrt 
werden können, der Einfuhrüberschuss des letzten Jahres stellt 
sich aber nur auf 911 369 dz, und hieraus folgt, dass ein Posten 
von ca. 100 COO dz überflüssig gewesen wäre, wenn die Be¬ 
völkerung den an sich erfreulichen Zuwachs nicht erfahren hätte. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Aufzeichnungen : Dem Departementsthierarzt Renner- Düssel¬ 
dorf wurde bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst.der Kö iigl. 
Kronen-Orden III. Classe verliehen. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Fried- . 
rieh- Halle für den Saalkreis, Thierarzt Hummel- Znin für den | 
Kreis Znin, Thierarzt D ft w e 11 - Blumenthal commiss für den Kreis 
Bluuienthal.— Thierarzt H eg er- Heidelberg zum Grenzthierarzt 1 
in Waldshut, Thierarzt Dörr Wächter - Endlagen zum Verbands- 
Inspector bei dem badischen Viehversicherungs-Verbande. 

Berichtigung: In No. 27 musste es heissen: Krtli. Griesor, 
nicht Griesow. 

Gewählt: Thierarzt A g e r t h - Friedland zum Schlachthaus- 
In.'pcctor in Neu-Brandenburg. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Emil Gail u s , Hermann 
Kettner, Otto K i e s e 1, Wilhelm K o 1 a n u s , Paul Simon, 
Max Richter, Andreas Schütt. Hannover: Die Herren 
August Bock, Conrad Ilerbig, Göttlich Knolle. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier- 
aizt L. Wundt-Linx nach Endingen, Thierarzt Fr 6 e s c-Moftng'eii 
nach Einbeck. 

In der Armee: Befördert zu Untenossärzten: die Thierärzte 
Belitz im Art.-Regt. No. 33, Glasomersky im Drag -Regt. 
No. 23, Gröning im Kür-Regt. No. 4, Lehmann im Ul.-Regt. 
No. 1], Sch web s im Art.-Rcgt. No. 5 — Unterrossarzt Ras sau 
im Feld - Art. - Regt No. 14 zur Schntztruppc in Kiautschou über¬ 
getreten. — Oberrossarzt Ruttkowski vom Feld-Art.-Regt. No. 21 
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt 

Todesfälle: Kreisthierarzt W i 11 u t z k i - Wehlau (Ostpr.). De¬ 
partementsthierarzt Pech- Trier. 

Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
K.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cas-el. — 
R.-U. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil;.— R.-B. Gum¬ 
binnen: Insterburg. Bew. an Reg.-Präsident in Gumbinnen.— 

K -B. Königsberg: Welilau. — R.-B. Trier: Daun (1800 M.) Bew. 
an Reg.-Präsident in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): \ 
Amtsthierarztstclle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebührenl. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
S teilen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes).— R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitätsthierarztstellen a) NeuausgeschriebeneS teilen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist.— 
Düsseldorf: Schlachthof-Assistenzthierarzt (2100 M.) zum 1. Oct. [ 
Bew. bis 20. Juli er. an Oberbürgermeister Lindemain. — 
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, Heizung, 
Beleuchtung). Bew. an Magist. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
— Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬ 
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. —Schwarzenau. — 


1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht seihst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thier¬ 
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. 

— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher 
R. Lau. — Friedland (Mecklbg.): Thierarzt. — Hermeskeil: 
Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. bis 28. Juli an Bürgermeister. — 
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Fleisch- 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. 

— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Marki. 

— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — 
Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. 
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. 
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.- 
Schw.). — Schl awa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat. — 
Kchlothcim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) 
bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬ 
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaun). 

— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬ 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Privatstelle: Einbeck. 

Unter8tü!zunflsverein für Th-erärzte. 

Bei Gelegenheit der Delegirtenversammlung der Central- 
Vertretnng der thierärztlichen Vereine Preussens am 22. Mai 
d. J. ist auf Grund früherer Beschlüsse ein Unterstützungsverein 
für Thierärzte gegründet worden, welchem sämmtliche an¬ 
wesende Delegirten beigetreten sind. Letztere haben den in dem 
Bericht der Centralvertretung (siehe pg. 331 ff.; mitgetheilten 
Statutenentwurf angenommen, welcher noch der behördlichen 
Bestätigung bedarf. Der Vorstand des Unterstützungsvereins 
fordert nun sämmtliche deutschen Thierärzte zum Beitritt zu 
diesem Verein auf. Die Zwecke und Ziele desselben, sowie die 
Rechte und Pflichten der Mitglieder sind aus dem mitgetheilten 
Statutenentwurf ersichtlich. Meldungen zum Beitritt sind an 
den Unterzeichneten Vorsitzenden, Departementsthierarzt Preusse 
in Danzig, Schleusengasse 11, zu richten. 

Der Vereins- Vorstand 
I. A.: Preusse. 

Deutscher Veterinärkalender. 

Behufs rechtzeitiger Vollendung und genauer Richtigstellung 
des Persoaalverzeichnisses des Deutschen Veterinärkalender s 
bitte ich alle Herreu Collegen, gefä'ligst die sie selbst betreffenden 
Angaben in dem genannten Verzeichniss auf deren Richtigkeit 
hin prüfen und etwaige Correcturen möglichst umgehend an die 
Verlagsbuchhandlung von R. Schoetz einsenden zu wollen. 

Dr. Schmaltz. 

Dieser Nummer der B. T. W. liegt der von R. Schoetz auf¬ 
gestellte Katalog der neuen Literatur des Veterinftrwesens und ver¬ 
wandter Gebiete von 1. Apr. 1889 —1. Juli 1898 als Gratisbeilage bei 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Imeratemheil) Prof. Dr. Schmaltz iu Berlin. — Verlag uud Eigcnthuin von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BUxenstein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 









Dt« »Berliner ThlarftratUeha Woohenxihrift“ anehelnt 
wöchentlich in Stärke von mindeiten* 1*/« Bogen. Dieselbe 
tat an bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richara 
Schoets, Berlin KW, Lnisenttrasse 86, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt 
▲Ile Manuscripte, Mittheilungen und redaotionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, KW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 29 . Allsgegeben am 21. Jnli. 


Inhalt: Meyer : Ursache und Behandlung der Gebärparese nach Schmidt-Kolding. — Kubasohewskl: Behänd- 
lnng der Gebärpareee nach Schmidt-Kolding. — Zinke: Poudre uterine. — Referate : Sennner: Mallein 
und Tuberculin. — Winkler: Lungenentzündung bei Rindern. — Cliauvrad: Apoplexie der Cerebralmeningen. — Weiterer 
Bericht Robert Koch’s über das Texasfieber. — Paese: Die Büffelseuche. —TageBgeschichte: VI. Plenar-Versammlung 
der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Verschiedenes.— 
Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh verkehr. — Bücher- 
Anzeigen und 'Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen 


Ursache und Behandlung der Gebärparese nach 
Schmidt-Kolding. 

Von 

W. Meyer - Lesse (Braunschweig). 

(Vortrag, gehalten im thierärztlichen Verein zu Braunschweig.) 

Am Ende des vorigen Jahres erschien in der Berl. Thier- 
ärztlichen Wochenschrift ein kurzes Referat, nach welchem 
Schmidt-Kolding die Ursache der Gebärparese in das Euter ver¬ 
legt und durch Einfüllung von ca. einproc. Jodkalinmlösung in 
das Euter in ca. 90 pCt. der Erkrankungsfälle Heilung erzielte. 
Wohl von einem jeden Thierarzte, welcher viel mit qu. Krank¬ 
heit zu thun hat, wurde diese Mittheilung freudig begrüsst, und 
die Behandlungsweise mit mehr oder weniger Erfolg an¬ 
gewandt. 

Ich hatte nun im Anfang dieses Jahres ziemlich viele Fälle 
von Gebärparese und wandte, um die Wirkung der Behandlungs¬ 
methode besser beurtheilen zu können, abwechselnd die von 
Schmidt-Kolding empfohlene — Kal. jodat. und Aloe — und 
meine alte Theraphie — Tart. stib. und Caffee mit Wein — an. 

Die Resultate waren ganz überraschende. 

Von fünf mit Tart. stib. behandelten Thieren wurden zwei 
während der Krankheit, zwei nach überstandener Krankheit 
wegen einer sich entwickelnden Fremdkörperlungenentzündung 
geschlachtet und ein Thier genas vollständig. Von den mit 
Jodkalium behandelten fünf Thieren genas kein einziges, alle 
wurden während der Krankheit geschlachtet, eins vielleicht zu 
früh. Von einem Collegen wurden mir noch drei Fälle mit- 
getheilt, welche mit Jodkalium behandelt waren. Von diesen 
genas ein Thier. Bemerken will ich noch, dass die Schlachtungen 
9 bis 48 Stunden nach Beginn der Krankheit vorgenommen sind, 
und dass die Behandlung theilweise schon eingeleitet wurde, 
wenn die Thiere noch standen. 

Durch diese Ergebnisse waren meine Erwartungen natürlich 
sehr getäuscht, und ich sachte nach Gründen, welche diese Miss¬ 
erfolge hervorgerufen hatten. Dieselben konnten nun eingetreten 
sein einmal durch fehlerhafte Application des Jodkaliums, dann 
konnte aber auch angenommen werden, dass die Toxine, welche 
die Gebärparese hervorrufen sollen, durch das Jodkalium nicht 
paralysirt oder überhaupt nicht im Euter gebildet werden. 

Was nun die Behandlungsmethode anbelangt, so habe ich 
ach bestem Wissen und Können dieselbe nach den Angaben 


von Schmidt-Kolding ausgeführt. Ich Hess das Euter voll¬ 
ständig ausmelken, führte dann nach gründlicher Reinigung des 
Euters mit Sodawasser und Lysolwasser durch die Strichöffnung 
einen Katheter ein, durch welchen mittelst Glastrichters und 
2 m langen Gummischlauches ein Liter einer 0,8- bis 1 proc. Jod¬ 
kaliumlösung infundirt wurde. Das Wasser, in welchem das 
Jodkalium aufgelöst wurde, war frisch aufgekocht und auf ca. 
40° C. abgekühlt; Schlauch und Trichter hatten während der 
Zeit, also ca. eine viertel Stunde, in Lysolwasser gelegen. 
Während und einige Zeit nach der Einfüllung wurde das vorher 
gut ausgeraolkene Euter kräftig massirt; auch gelangte Luft mit 
in das Euter, so dass alle Bedingungen erfüllt waren. An der 
Art der Anwendung konnte also der Misserfolg nicht liegen; es blieb 
nur die zweite Möglichkeit, eine Unwirksamkeit des Jodkaliums 
auf die Toxine oder eine andere Bildungstätte derselben übrig. 

Zur Beleuchtung dieser Möglichkeit muss ich etwas näher 
auf die Gründe, welche Schmidt zu seiner Annahme veranlassten, 
und auf die Vorgänge bei der Milchsecretion, soweit sie in Be¬ 
tracht kommen, eingehen. 

Nach einem Referat in No. 14 der Berliner Thierärztlichen 
Wochenschrift sagt Schmidt: „Es dürfte sich also bei dem plötz¬ 
lich erhöhten Stoffwechsel im Euter ein giftig wirkendes 
Spaltungsproduct entwickeln, welches in den Blutstrora übergeht 
und eine Autointoxication erzeugt. Während der Colostrum¬ 
periode wird eine bedeutende Menge von Enterdrüsenzellen mit 
ausgeschieden. Dabei werden voraussichtlich auch andere und 
eventuell toxische Stoffwechselproductc später gebildet. S. 
ist der Meinung, dass es sich um eine Art von Reinigungs- 
process bei der Abstossung der alten Zellen handelt.“ 

Die Ursache — ein Toxin — als erwiesen angenommen, 
würde vielmehr anf einen anderen Entstehungsort hinweisen als 
auf das Euter. Hierfür sprechen einmal die Drüse als Excretions- 
organ und dann die Vorgänge bei der Milchsecretion. 

Die Annahme, dass das im Euter sich bildende Toxin in 
die Blutbahn gelangt, muss jedenfalls als eine ganz willkürliche 
bezeichnet werden. Ich habe wenigstens nirgend gefunden, dass 
vom intacten Euter aus irgend welche Stoffe dem Körper ein¬ 
verleibt werden können. Es werden vielmehr entsprechend 
seiner Bestimmung durch dasselbe fremde Substanzen, z. B. 
Arzneien, resorbirte Zersetzungsprodukte bei zurückgebliebener 
Nachgeburt, aus dem Organismus ausgestossen. Hiernach kann 


Digitized by LaOOQie 






338 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


viel leichter angenommen werden, dass, wenn Toxine im Enter 
oder in der Milch nachgewiesen werden sollten, diese sich nicht 
hier gebildet haben, sondern erst nach Passiren der Blutbahn 
dorthin gelangt sind. Aus den angeführten Gründen kann auch 
das in das Euter eingeführte Jodkaliuni keine Wirkung haben, 
weil eine Aufnahme in die Blutbahn ausgeschlossen ist und die 
im Euter sich findenden Gifte so wie so schon unschädlich sind. 
Ob eine Verminderung der Milchsecretion bei dieser Anwendungs¬ 
weise eintritt, kann ich nicht beurtheilen, da mir eine gesunde 
Knh zn Versuchszwecken nicht zur Verfügung gestanden hat. 
Einen Schluss auf die Wirkung des Jodpräparats ans der ver¬ 
minderten Milchsecretion bei an Gebärparese erkrankten Thieren 
zu ziehen, ist jedenfalls sehr gewagt, da in den meisten Fällen 
die Euterthätigkeit mit Beginn der Krankheit herabgesetzt ist. 
In einem Falle konnte ich die Secretion nicht durch Kal. jodat. 
vermindern, was mir sehr unangenehm war, da ich den Besitzer 
vorher auf ein Verschwinden der Milch aufmerksam gemacht 
hatte. Als Jodkaliumwirkung wird noch das alsbaldige Ansteigen 
der Temperatur angeführt. Auch dieses Argument ist nicht 
einwandsfrei. Ich habe jedesmal kurze Zeit nach Einleitung der 
Behandlung eine Temperaturerhöhung von ca. 0,5° C. beobachtet, 
einerlei, ob Jodkalium eingeführt war oder nicht. Diese Wärme- 
zunahme muss zurückgeführt werden auf das Frottiren des 
Rückens mit spirituösen Mischungen und die hierdurch ver¬ 
mehrte Hautthätigkeit. Da ich diese Beobachtung aber nur nach 
der jedesmaligen ersten Einreibung gemacht hatte, so machte 
ich den Versuch, um einen Irrthum zu vermeiden, bei einem 
gesunden Ochsen. Vor der Application von Spirit, camphorat., 
01. Tereb. und Liq. Ammon, caust. ää betrug die Temperatur 
des Versuchstliieres 38,4° C., 10 Minuten nach derselben 39,1° C. 

Nach diesen Erw'ägungen muss man zu dem Schluss kommen, 
dass eine Beeinflussung des Krankheitsverlaufs durch Jodkaliura 
vom Euter aus und die Bildungsstätte des Toxins in demselben 
zum mindesten anzuzweifeln ist. Für dieses Letztere sprechen 
auch die Vorgänge bei der Milchsecretion speziell bei Bildung 
der Colostrumkörperchen. 

Schmidt steht auf dem Standpunkte Haidenhains, welcher 
die Colostrumkörperchen ans abgestossenen Epithelzellen sich 
bilden lässt, wie aus der Aeusserung hervorgeht: „dass es sich 
um eine Art von Reinigungsprocess bei der Abstossung der 
alten Zellen handelt.“ Nun ist aber in neuerer Zeit von 
Michaelis im Laboratorium von Prof. 0. Hertwig in Berlin 
nachgewiesen, dass das Epithel in den Alveolen und kleineren 
Milchgängen einschichtig ist und die Hauptbestandteile der 
Milch, das Fett und zum Theil das Casein, liefert. Es müsste 
also, wenn eine Abstossung dieses einschichtigen Epithels statt¬ 
fände, eine Behinderung oder Veränderung in der Milchsecretion 
die nothwendige Folge sein. Das vom Euter gelieferte Product 
würde dann nicht mehr die Beschaffenheit der Milch haben, 
sondern müsste dem Secrete ähnlich sein, wie es sich bei 
Mastitis parenchymatosa findet. 

Von demselben Forscher ist aber auch nachgewiesen, dass 
die Epithelien mit der Bildung der Colostrumkörperchen nichts 
zu thun haben. Dieselben entstehen vielmehr aus Leukocyten, 
welche vermöge ihrer amöboiden Bewegungen Milchkügelchen 
in sich aufnehmen und auf diese Weise die bekannten brombeer- 
artigen Körperchen hervorbringen. Diese Gebilde sind mit der 
Geburt gar nicht unzertrennlich verbunden, denn sie entstehen 
auch bei der secernirenden Milchdrüse, wenn die Säguung unter¬ 
lassen wird, also Milchstauung eintritt. 

Wenn nun nach diesen Erwägungen angenommen werden 
muss, dass die Bildungsstätte des Toxins nicht das Euter ist, so 
drängt sich die Frage auf, wo findet die Bildung des Giftes 
statt? Ich meine die Antwort kann nur lauten: im Uterus. Es 
ist diese Behauptung schon früher aufgestellt und deshalb ange- 


zweifelt, weil Ausspülungen der Gebärmutter bei an Gebärparese 
erkrankten Kühen nicht die gewünschten Resultate gehabt 
hatten. Man muss aber in Betracht ziehen, dass nicht die 
Toxine, welche sich noch im Uterus finden, die Krankheit hervor- 
rufen, sondern diejenigen, welche von der wunden Schleimhaut 
aufgenommen sind und im Körper kreisen, also durch die ein¬ 
gefüllten Desinficientien nicht mehr erreicht werden. 

Wodurch in Dänemark so günstige Resultate erzielt sind, 
kann ich nicht beurtheilen, bemerken will ich nur noch, dass 
wahrscheinlich die Witterung einen Einfluss auf den Verlauf 
der Krankheit ausübt, derart, dass bei sinkendem Luftdruck ein 
letaler Ausgang, bei steigendem Luftdruck dagegen Genesung 
zu erwarten steht. Diese Beobachtung habe ich bei 13 Fällen 
gemacht. Wenn auch das vorliegende Material ein noch zu 
geringes ist, um daraus einen Schluss zu ziehen, so hat diese 
Mittheilung vielleicht doch den Wert, dass auch andere Collegen 
das Barometer beobachten und ihre Erfahrungen veröffentlichen. 
Es ist doch immerhin schon etwas, wenn man bei einer so heim¬ 
tückischen Krankheit, wie die Gebärparese ist, eine einiger- 
massen sichere Prognose stellen kann. 

Bei der nun folgenden Debatte ist Kreisthierarzt Saake. 
Wolfenbüttel der Meinung, dass als Bildungsstätte für das 
Krankheitsgift das Euter nicht in Betracht kommen könne, da 
bei der Bildung von Toxinen immer Bacterien zugegen sein 
müssten. Diese hätten aber bei dem festen Zitzenverschluss 
während der Zeit, in welcher die Kühe trocken stehen, gar 
keine Gelegenheit in das Euter einzuwandern. Ausserdem sei 
es überhaupt noch zweifelhaft, ob die Gebärparese durch ein 
Toxin hervorgerufen würde; dasselbe müsste sich doch auf irgend 
eine Art nachweisen lassen, was bisher weder durch Impfung 
noch mit Hülfe der Chemie geschehen sei. Was nun die 
günstigen Resultate in Dänemark anbelange, so beeinflussen 
dort vielleicht dieselben Umstände die Krankheit /vyie.in Olden¬ 
burg. Dort habe er bei Behandlung mit Crotonoel von mehreren 
hundert Erkrankungsfällen im Durchschnitt jedesmal die 18. Kuli 
verloren, obgleich die einzelnen Fälle scheinbar ungleich schwerer 
aufgetreten seien wie hier. Auch habe er dort die Beobachtung 
gemacht, dass Gebärparese nur bei niedrigem Luftdruck und 
feinem Staubregen auftrete. Diese für die dortige Gegend 
geltenden Erscheinungen träfen hier in Braunschweig, speciell 
Wolfenbüttel, nicht zu, wesslialb er sich der Ansicht zuneige, 
dass locale Einflüsse auf den Verlauf und Ausgang der Krank¬ 
heit vorhanden sein müssten. In Betreff der Behandlung halte 
er es mit Viborg, welcher einmal gesagt habe: „Manchmal 
hilfts Alles, manchmal hilft Nichts“. 

Als entschiedener Anhänger der Jodkalium-Euter-Infusionen 
erweist sich der College Reinbold-Meine. Er begründet seine 
Ueberzeugung durch eine Gegenüberstellung der Erfolge bei 
seiner früheren und jetzigen Behandlungsmethode, welche auf 
seinen Wunsch im Folgenden etwas genauer geschildert werden 
soll. Nachdem R. in längerer Ausführung die Symptome der 
Krankheit geschildert hat, geht er auf die von ihm angewandten 
Behandlungsweisen und die hierdurch erhaltenen Erfolge über. 
Während ihm sonst bei dem Eingeben per os nur sehr wenig 
Thiere gesund wurden, änderte sich dies bei raschem Hinzu¬ 
gezogenwerden und schleunigster Injection von 0,1 Eserin in 
10,0 möglichst warmen Wassers gelöst. Ausserdem gab er bei 
noch vorhandenem Schluckvermögen gut warmen durchgesiebten 
Thee von Carum Carvi und Fol. Veronic. Aeusserlich verordnet« 
er: Einreiben des Rückens mit 01. Tereb. etc., dann warm Ein¬ 
decken, Entleeren des Mastdarms und der Blase, Einfüllen von 
l‘/2 proc. kaltem Lysolwasser in den Uterus, Hochrichten und 
Kühlen des Kopfes und häufiges Ausmelken mit Massage des 
Euters. Auch blieb er längere Zeit dort, um ein zu frühzeitiges 
Schlachten bei etwa eintretendeu Unruheerscheinungen zu ver- 


Digitized by 


Google 







339 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


21. Juli 1898. 


hindern. Bei dieser Behandlung erzielte er in 66 pCt. Genesung. 
Nach Einführung der Jodkalium-Euter-Infusionen hat er obige 
Behandlung im Grossen und Ganzen bis auf die Massage des 
Enters beibehalten. Er hat bis jetzt 10 Kühe behandelt. Von 
diesen ist eine Kuh kurz nach Beginn der Krankheit und eine 
nach ca. 20 Stunden geschlachtet, obgleich bei dieser scheinbar 
alle Gefahr vorüber war; ein Thier blieb gelähmt und eins ging 
an einer Fremdkörperlungenentzündung zu Grunde, 6 >vurden 
vollständig in Zeit von 10 bis 30 Stunden gesund. 

Indem er zum Schluss auf die guten Resultate hinweist, 
betont er nochmals die Nothwendigke.it der möglichst frühzeitigen 
Einleitung der Behandlung und des längeren Verweilen« beim 
Patienten. 

Kreisthierarzt Schräder-Helmstedt verlegt die Bildungs¬ 
stätte des Toxins in den Uterus. Desslialb hat er auf einem 
Gute, wo vielfach Gebärparese vorkam, sofort nach dem 
Kalben die Gebärmutter mit desinficirenden Mitteln ansspülen 
lassen. Die Krankheit ist danach nicht wieder aufgetreten. 

Wegen der vorgeschrittenen Zeit wird hiermit die Debatte 
geschlossen. 

Behandlung der Gebärparese nach Schmidt-Kolding. 

Von 

Kubaschewski-Angerburg. 

Krelsthierarxt. 

Angeregt durch die Mittheilung des Herrn Collegen C. Tempel 
in No. 18 der „B. T. W.“, möchte auch ich über die beiden von 
mir behandelten Fälle von Gebärparese berichten: 

Der erste Fall betraf eine sehr gut genährte Holländer Kuh, 
welche Tags nach dem Kalben an Gebärparese erkrankte. Ich 
gelangte ca. sechs Stunden nach dem Einsetzen der Krankheits¬ 
erscheinungen, Mittags 12 Uhr zur Behandlung. 

Status praesens: 110 drahtförmige kleine Pulse. Die 
Temperatur musste sich unter 35° C. bewegen, denn die 
heruntergeschlagene Quecksilbersäule des sonst zuverlässigen 
Thermometers blieb auf ihrem niedrigsten Stande. Darmperi¬ 
staltik liegt völlig darnieder. Stöhnen bei jedem Athemzuge, der 
Kopf wird meist weit zurück in die Flanke gelegt. Starke Ein¬ 
genommenheit des Bewusstseins; ab und zu Husten, was durch 
die vorher von dem Besitzer vorgenommenen Eingiessungen von 
Kamillenthee zu erklären war, welche bei der schon eingetretenen 
Schlucklähmung tbeilweise in die Lungen gerathen sein mussten. 

Nach diesen Befunden musste besonders rücksichtlich des 
wider Erwarten niedrigen Standes der Temperatur meine 
Diagnose sehr ungünstig lauten. Behandlung: Infusion von 
10,0 Kal. jodat. in einem Liter Wasser gelöst in die vier Euter¬ 
viertel na<h den vorhergegangenen bekannten Vorbereitungen. 
Frottiren des ganzen Körpers mit Bürsten. Injection von 
0,2 Eserin, sulf. und 5,0 Coffein, natr-benz., zweistündl. Wasser- 
clystire. 

Nach dem späteren Berichte des Besitzers war bereits in 
der folgenden Nacht eine entschiedene Besserung in dem Be¬ 
finden der Kuh eingetreten, das Stöhnen hatte aufgehört, der 
Blick wurde lebhafter, es erfolgte Kothabsatz. An dem darauf¬ 
folgenden Vormittag hatte die Kuh lebhaftes Verlangen nach 
Futter und machte vorläufig nutzlose Aufstehversuche. Am Nach¬ 
mittage stand die Kuh von selbst auf. 

In dem zweiten Falle handelte es sich um eine Kuh, zu 
deren Behandlung ich bereits drei bis vier Stunden nach der 
Erkrankung kam. 

Patientin konnte sich in meiner Gegenwart nicht mehr von 
selbst erheben. P. 90 A. beschleunigt und oberflächlich, Darm¬ 
peristaltik noch vorhanden, aber träge. Vollständige Inappctenz 
und Stöhnen. 


Behandlung wie im Fall eins; nur statt Eserin wurden 
100,0 Aloepulver per os gegeben. Schon acht Stunden danach 
hatte die Kuh Aufstehversuche gemacht und nach weiteren vier 
Stunden war dieselbe genesen. 

Ein Ausbleiben der Milch trat in beiden Fällen nicht ein. 

Sehr beachtenswerth ist der Umstand, dass das behandelte 
Euter nicht zu früh, d. h. nicht vor Ablauf von 18 
bis 24 Stunden ausgemolken werden darf. Auf die Nicht¬ 
beachtung dieses Umstandes ist mit Sicherheit ein Misserfolg 
zurflckzuführen, den eio College hatte, nachdem er schon wenige 
Stunden nach der Application das Euter ausmelken Hess. 

Wir Thierärzte aber haben allen Grund, dem Herrn Collegen 
Schmidt für das Resultat seiner Forschungen dankbar zu sein, 
namentlich alle Diejenigen, welche, wie ich, bisher dieser heim¬ 
tückischen Krankheit machtlos gegenüber gestanden haben. 


Poudre uterine. 

Von 

Zinke-Weissenfels, 

RoHint. 

In letzter Zeit hatte ich Gelegenheit, die Wirkung des Poudre 
Utdrine zu beobachten. Früher habe ich das Pulver zu jenen 
wohl empfohlenen aber nichtsdestoweniger werthlosen Mitteln 
gezählt, mit welchen der Praktiker nur gebrandschaizt wird. 
Erst als ich mehrmals von Besitzern um das Pulver ersucht 
wurde, zog ich bei Landwirthen, welchen Poudre Uterine von 
Herrn Rossarzt a. D. Steinmeyer verordnet war, Erkundigungen 
ein. Die Besitzer waren ausnahmslos mit dem Pulver zufrieden. 

Hierauf habe ich das Pulver in verzögerten Fällen ebenfalls 
angewandt. Da ich annahm, dass der therapeutische Werth des 
Pulvers noch von vielen Herrn angezweifelt wird, gestatte ich 
mir die Resultate kurz mitzutheilen. 

Das Poudre utdrine ist das beste und ein sicheres Mittel 
znm Abtreiben der Nachgeburt. 

Das Allgemeinbefinden bessert sich in wenigen Tagen, selbst 
wenn das Thier bereits hochgradig erkrankt war. 

Da die Ordination des Poudre Uterine für den Arzt bequem, 
ihn auch gegen lästige Infektionen schützt, kann ich das Pulver 
nur empfehlen. 

Um eine Schädigung unserer Interessen zu verhüten, hat 
HerrSteinmeyer contractlich sichergestellt, dass Poudre uterine 
von Apothekern nur anf thiei ärztliches Recept abgegeben 
werden darf. 


Referate. 

Möllern and Tabercalin. 

Von Prof. E. Semmer, St. Petersburg. 

Oetlerr. Mon*U.ch>. 1898, H. O 

S. hebt nicht nur den diagnostischen Werth des Tuberculins 
bei der Tnberculose der Rinder hervor, sondern er ist auch der 
Ansicht, dass das Mittel heilkräftig gegen diese Krankheit wirken 
kann. Diese Folgerung sei aus der Thatsache abzuleiten, dass 
vielfach in den mit Tuberculin behandelten Heerden nach der 
ersten Injection die Zahl der reagireuden Thiere eine grössere 
war als nach späteren Tubercnlininjectionen. Die von Sachs 
in Russland angestellten Untersuchungen zeigten, das bei der 
zweiten, dritten und vierten Tuberculineinspritzung nach zwei, 
fünf und sechs Monaten die Zahl der Reactionen sich progressiv 
verminderte. Die Schlachtung von Thieren, die bei der ersten 
Ipjection stark und bei der dritten nicht mehr reagirten, ergab, 
dass in einzelnen inneren Organen nur noch total verkalkte 
Knötchen gefunden wurden. Bang in Dänemark hat ähnliche 
Resultate gehabt. 


Digitized by UjOOQie 



340 BERLINER TI11ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 29. 


Im kaiserlichen Institut für Experimentalmedicin in St. Peters¬ 
burg wurde ermittelt, dass durch snbcutane Application allmälig 
gesteigerter Dosen voo Tubercnlin (Kälber erhielten im Laufe 
von 2—3 Monaten 75—100 g, erwachsene Rinder 2C0—300 g 
Tubercnlin) Immunität gegen Impfung mit virulenten Tuberkel¬ 
bacillen und tuberculö86m Material erzielt wurde. Das ver¬ 
wendete Tubercnlin ist vollständig frei von giftigen Neben- 
producten. Es wird in dem genannten Iustitut mittelst fort¬ 
gesetzter Züchtung virulenter Tuberkelbacillen in Bouillon bei 
37—38° C. bis zur vollständigen Erschöpfung des Nährbodens 
und Aufzehrung sämmtlicher Albuminate und stickstoffhaltigen 
Bestandteile gewonnen. Dieses Präparat ist erwachsenen ge¬ 
sunden Rindern und Pferden in subcutanen Dosen bis zu 50 g 
absolut unschädlich. Dasselbe soll in nächster Zeit auch bei der 
menschlichen Tuberculose versucht werden. 

Dieselben Wirkungen, welche das Tuberculin bei der Tuber- 
cnlose auszuüben vermag, vindicirt S. dem Maliern in seinem 
Einfluss auf rotzkranke Pferde. Bei Anwendung des Malleins 
zur Diagnose der Rotzkrankheit habe er in Nordrussland in 
allen Fällen mit typischer Reaction bei der Section rotzige Ver¬ 
änderungen nachweisen können (meist in den Lungen, Luftwegen 
und Lymphdrüsen). Rotzfreie Pferde zeigten nie eine typische 
Reaction. Bei chronischer veralteter Rotzkrankheit manifestire 
sich oft eine geringere Reaction als bei frischen Fällen mit ge¬ 
ringgradigen Läsionen (gleich der Tuberculose). Diese Er¬ 
fahrungen sind an einer umfangreichen Anzahl von Beobachtungen 
(etwa 1000 Pferden) gewonnen worden. 

In Südrussland zeigten von ca. 700 mit Mallein behandelten 
Pferden, unter denen 60 ausgesprochene Rotzfälle vorgekommen 
waren, etwa 50 pCt. eine typische Reaction. 22 dieser Pferde 
wurden getödtet, und bei allen Pferden durch die Section in 
Lungen, Lymphdrüsen, Nase nur wenig ausgesprochene B#tz- 
processe (Narben und kleine Geschwürchen, verkalkte oder ver¬ 
käste Knötchen, die nicht mit den Knötchen entozooischer 
Herkunft identisch waren) festgestellt. Impfungen mit diesen 
Knötchen an kleinen Thieren und Aussaaten auf Kartoffeln, 
Bouillon, Agar ergaben negative Resultate. Nur in einem Falle 
gelang es im Institut für Experimentalmedicin mit Nasenansfluss 
eines mit der chronischen Rotzkrankheit behafteten Pferdes eine 
Katze zu inficiren. Das Impftbier verendete an Rotz. Aber die 
aus der Katze gewonnenen Reinculturen von Rotzbacillen waren 
so abgeschwächt, dass sie bei Pferden, Katzen und Meerschweinchen 
nach der Verimpfung ausgesprochenen Rotz nicht mehr zu er¬ 
zeugen vermochten. Das Pferd, welches das Impfmaterial lieferte, 
lebt heute (nach 2 Jahren) noch und zeigt keine Erscheinungen 
der Rotzkrankheit mehr. Ebenso verhalten sich die oben er¬ 
wähnten 350 Pferde (50 pCt. von 700), welche 1893 und 1894 geimpft 
worden waren und typisch reagirt hatten. Hiernach Hesse sich 
nicht von der Hand weisen, dass es gutartige, heilbare Fälle von 
Rotz gebe, wie es heilbare Fälle von Tuberculose und von 
Lues giebt. 

Durch allmälig gesteigerte subcutane Gaben von Maliern 
können Pferde immun gemacht werden. Mit kleinen Mengen 
beginnend, kann die einmalige subcutane Einspritzung bis auf 
100 g gesteigert werden. Die Pferde waren gegen die virulentesten 
Rotzbacillen und gegen virulentes Rotzmaterial geschützt nach 
allmäliger Einverleibung von ca. 500 g Mallein. 

„Blutserum rotzimmuner Pferde verleiht nur vorübergehende 
Immunität, seine Einwirkung auf virulente Rotzbacillenculturen 
vermindert aber progressiv deren Virulenz und hebt sie schHesslich 
ganz auf.“ 

S. bemerkt schliesslich, dass dieses Veifahren der Mitigation 
von Koch zur Abschwächung des Rinderpestcontagiuras benutzt 


worden sei, und dass er selbst im Jahre 1893 im Poltavaschen 
Gouvernement bereits ähnliche Versuche mit dem Rinderpest- 
contagium angestellt habe. 

Diese Versuche sind leider nicht zum Abschluss gekommen, 
weil, wenn wir recht unterrichtet sind, dem unermüdlichen Forscher 
keine ausreichenden Mittel bewilligt wurden. 

Lungenentzündung bei Rindern. 

Von Bez.-Thierarzt Winkler. 

(Wochenschrift f. Tbierhlkd.) 

In einem Stalle begannen plötzlich sämmtliche Rinder zu 
husten. Die Untersuchung ergab hochgradige Lungenentzündung 
bei einem Ochsen und zwei Kühen, während die übrigen acht 
Thiere nur beschleunigt athmeten und schmerzhaften schwachen 
Husten zeigten. Die Erstgenannten genasen nach mehreren 
Tagen. Bei der Auscultation und Percussion konnte ein er¬ 
krankter Lungentheil nicht nacbgewiesen werden. An Lungen¬ 
seuche konnte nicht gedacht werden, schon wegen des Fehlens 
hepatisirter Stellen nicht. Bezüglich der Ursache stellte sich 
aber Folgendes heraus: Zur Einstrea war Haferstroh und Spreu 
verwendet, die dicht mit Schimmelpilzen besetzt waren. Die 
massenhafte Inhalation von Schimmelpilzen dürfte also eine 
mykotische Pneumonie hervorgerufen haben. Nach Entfernung 
dieses Streumaterials verloren sich allmälig die pneumonischen 
Erscheinungen. Dagegen zeigte ein junges Rini einige Tage 
später Lähmung des Schlundes und der Gliedmassen und starb. 
Auch in einem andern Stalle erkrankten von drei Rindern zwei, 
nachdem sie Häcksel von stark verschimmeltem Haferstroh ver¬ 
zehrt hatten, und zwar das eine Thier an Lähmung des Schlundes 
und der Gliedmassen, das andere an Nierenentzündung. 

Apoplexie der Cerebralmeniiigeii« * 

Von C'hauvrad, Militürthicrarzt in Batua (Algerien). 

(Iti-cuoil du inüd. vüt. 30. XI. 1897.1 

Nach einem kurzen, nicht anstrengenden Ritt bei kaltem 
und regnerischem Wetter zeigt ein zehnjähriges Pferd plötzlich 
Aengstlichkeit, Speichelfluss und Kopfschütteln. Bald darauf 
dreht es den Kopf nach links, schwankt und fällt auf die rechte 
Seite. Der Kopf bleibt nach links abgebogen, ebenso die Lippen 
und die Nase. Die Speichelung ist sehr stark. 

Das Pferd wird aufgehoben; es zeigt wieder Schwindel, 
fällt wieder auf die rechte Seite und bleibt mehr als 20 Minuten 
am Boden liegen. Die Glieder zeigen Zuckungen; die Athmung 
bleibt langsam und regelmässig. Alternativ ist das Thier auf¬ 
geregt und schläfrig. Man beobachtet auch Kreisbewegungen 
im Schritt und im Trab.. Schüttelfrost, Contractionen der Kiefer, 
automatische fo. twährende Schluckbewegungen, Retraction oder 
convulsive Erschlaffung der Bauchmuskeln mit nachfolgender 
unwillkürlicher Defäcation. Das Sehvermögen ist aufgehoben. 

Nach zwei Tagen ging das Thier nach einem ziemlich 
langen comatösen Stadium ein. 

Bei der Section fand C. als hauptsächliche Laesion eine 
sehr starke Hämorrhagie der rechten Arachnoidea und der 
rechten Pia inater. Die Hirnhäute sind dunkelroth, das extra- 
vasirte Blut theilweise geronnen, ockergelb gefärbt durch Trans¬ 
fonnation des Hämoglobins. Das Innere des Gehirns ist fast 
blutleer. 

Weiterer Bericht Robert Kocli’s über 
das Texasfieber. 

(Am dem DUcli. Colonialbl. No. 7) 

Dass die Erreger des Texasfiebers durch Zecken übertragen 
werden, ist bekanntl'ch von den Entdeckern dieser Erreger, den 
Herren Smith und Kilborne, schon festgestellt worden. Koch 


Digitized by AjOOQle 




21. Juli 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


341 


bat ergänzende Untersuchungen angestellt, die sich in folgender 
Richtung bewegten. Von Thieren ans einer mit Texasfieber 
inficirten Heerde, die aber gesund schien, wurden Zecken ent¬ 
nommen, in ein Glas gesetzt und unter Watteverschlnss auf¬ 
bewahrt. Ebenso wurden von einem hochgradig texasfieber¬ 
kranken Kalbe Zecken abgenommen. Nach wenigen Tagen be¬ 
gannen die Zecken in den Gläsern ihre Eier abzulegen, und es 
gelang Koch während eines zweiwöchigen Marsches Hunderte 
junger Zecken lebend zu erhalten Dieselben wurden auf Rinder 
gesetzt, die aus dem Innern stammten und nie mit Texasfieber 
in Berührung gekommen waren, und zwar auf 2 Thiere Zecken 
von den scheinbar gesunden Rindern und auf 2 andere Thiere 
die Zecken von dem kranken Kalbe. In 3 Wochen waren einige 
Zecken schon zur vollen Grösse herangewachsen, die übrigen 
zeigten noch alle Abstufungen bis zur Mohnkorngrösse herab. 
An jedem Versuchsthier sassen hundert und mehr Zecken. Auf¬ 
fallende KrankheitserBcheinungen zeigte kein Thier. Aber am 
22. Tage ergab die Blutuntersuchung zum ersten Male das Vor¬ 
handensein des Pyrosoma bigeminum in den ausserordentlich 
charakteristischen birnenförmigen Form des erwachsenen Para¬ 
siten bei denjenigen beiden Rindern, denen die Zecken des 
kranken Kalbes angesetzt waren. Die beiden andern Rinder, 
welchen die Zecken von den anscheinend gesunden Thieren an¬ 
gesetzt waren, blieben ihrerseits dauernd gesund. Der Verlauf 
der Infection bei den erstgenannten Thieren entsprach also der 
leichten Form des Texasfiebers, obwohl die Erreger von einem 
schweren Fall (dem kranken Kalbe) genommen waren. 

Nunmehr wurden mit dem Blute des einen inficirten Thieres 
4 andere gesunde Rinder geimpft (20 ccm defibrinirtes Blut 
unter die Haut). Sämmtliche Thiere bekamen am 5. Tage Temperatur¬ 
steigerung und schienen schwer krank, und schon von diesem 
Tage ab fanden'Sich Pyrosumem • in viel grösserer Zahl, hielten 
sich aber nur etwa 10 Tage lang. Jetzt wurden 2 frischen 
Kindern und ausserdem jenen 4 ersten Rindern, denen die Zecken 
ursprünglich angesetzt worden waren, je 20 ccm Blut ein¬ 
geimpft. Die beiden frischen Thiere und die beiden andern, 
welche bei jenem ersten Versuch Licht erkrankt waren, erkrankten 
in der zuletzt beschriebenen Weise. Die beiden Rinder dagegen, 
welche durch das Ansetzen der Zecken inficirt worden waren 
und eine leichte Krankheitsform überstanden hatten, blieben voll¬ 
kommen gesund, und in ihrem Blute konnte kein Parasit auf¬ 
gefunden werden. Sie waren also vollkommen immun. 

Hiermit ist also folgendes erwiesen: 1. Junge Zecken, 
welche selber mit kranken Rindern nicht in Berührung gekommen 
sind, aber von Zecken abstammen, die an kranken Rindern ge¬ 
sessen haben, vermögen ihrerseits das Texasfieber zu erzeugen; 
2. das Ueber8tehen des Texasfiebers auch in leichter Form ver¬ 
leiht völlige Immunität. 

Die schwere und schnell tödtliche Form des Texasfiebers 
durch die Uebertragung zu erzielen war nicht gelungen. 

Die Versuche sollen noch in der Weise fortgesetzt werden, 
dass geprüft wird, ob die oben erwähnten durch die Versuche 
immunisirten Thiere sich auch im Seuchengebiet gegen natürliche 
Infection immun erweisen, und wie sich dieselben gegen Ein¬ 
spritzung solchen Blutes verhalten werden, welches die Jugend¬ 
fora des Texasfieberparasiten enthält. 

Die Bfiffelseoche. 

Von Vet-Capt H. T. Pease, F. Z. S., 

Director des Veterinary College in Labore. 

(Yeteriuarian 1898 S. 5?).) 

Die Büffel in den indischen Besitzungen Englands werden 
häufig von einer Seuche befallen, welche im südlichen Panjab mit 


dem Namen Ghotwa, Gharra oder Galghotu belegt und von den 
Sachverständigen früher dem Milzbrand zugerechnet wurde. Auch 
in anderen Gegenden mit Büffelhaltung, wie in Italien und Ungarn, 
ist die fragliche Seuche bekannt und ist u. A. von Oreste und 
Armanni, Sanfelice, v. Rätz beschrieben wortlen. Meistens 
werden junge Büffel befallen, welche sich in einem guten Nähr¬ 
zustande befinden. Auch Rinder und Schweine werden spontan 
von der Krankheit ergriffen. Der Ansteckungsstoff wird wahr¬ 
scheinlich durch die Haut oder durch die Verdauungswege auf¬ 
genommen. Die wesentlichsten Symptome der Seuche sind: hohes 
Fieber, starke Depression, Anschwellung im Kehlgang, im Gesicht, in 
Schulter und Hals, Abfluss von Speichel aus dem Maul, frequenter 
(62—80 p. M.) später kaum fühlbarer Puls. Athembeschwerden mit 
Dilatation der Nasenöffnungen, Rasselgeräusche, Nasenschleimhaut 
cyanotisch. Die Zunge uud die umgebenden Theile schwellen 
derart an, dass das Maul offen gehalten wird und die Zunge heraus¬ 
hängt. Der Dung ist oft hart, röthlich gefärbt und mit Schleim 
gemischt. Im letzten Stadium der in 90—96 % der Fälle tödt- 
lichen Krankheit liegen die Thiere am Boden, athmen dypnoisch 
und sterben unter suffocatorischen Erscheinungen. 

Der Krankheitsverlauf beträgt oft nur 6—7, in den meisten 
Fällen 12—24 Stunden, in einzelnen Fällen dauert die Krankheit 
2 oder 3 Tage. 

P. beschreibt einen Bacillus, welchen er bei den gefallenen 
Büffeln im Blut gefunden hat und der morphologisch mit den von 
Oreste und Armanni bei der gleichen Krankheit entdeckten 
Mikroben identisch ist. Die Bacillen ähneln denen der Hühner¬ 
cholera. Sie sind 0,9—1,8 n lang und 0,6/< dick und färben sich 
mit Gentianaviolett oder Methylenblau besonders gut an den Polen, 
während die Mitte ungefärbt bleibt. In Agar oder Glycerinagar 
entwickeln sie ein üppiges Wachsthum. Durch Uebertragung der 
C-alturmasse oder des Blntes erkrankter Büffel sind gesunde Büffel, 
weiter Rinder, Pferde, Schweine, Meerschweinchen, Kaninchen, 
weisse und graue Mäuse und Tauben leicht zu inficiren. Hunde 
und Schafe zeigen eine grosse Resistenz gegen die Seuche. 
Kaninchen sind für den Spaltpilz sehr empfänglich und erkranken 
schon, wenn sie mit kranken Büffeln in demselben Raume gehalten 
werden. 


1 Tagesgeschichte. 

YI. Plenar-Yersammlang der Centralvertretang der 
thierärztlichen Vereine Prenssens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Nachdem in der ersten Sitzung die Besprechung der Gründung 
einer Unterstützungskasse durch Annahme des Antrags auf Be¬ 
schlussfassung in der zweiten Sitzung beendet war, kam noch in der 
ersten Sitzung der verwandte Gegenstand IV zur Erledigung. 
Ueber Unfallversicherungen flir Thierfirzte. 

Referent: Dr. Ostertag: Die letzte Versammlung der Central¬ 
vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens hat unter Anderem 
beschlossen, eine Umfrage bei versicherten Collegen darüber an¬ 
zustellen, welche von den zur Zeit bestehenden Unfallversicherungs¬ 
gesellschaften zum Abschluss bezüglicher Versicherungen am 
meisten empfohlen werden kann. Das Ergebniss dieser Umfrage 
sollte unter Umständen die Grundlage dafür bilden, mit derjenigen 
Gesellschaft, welche die günstigsten Bedingungen unter der 
Voraussetzung bester Gewähr der Solidität bietet, ein Abkommen 
zu treffen, durch das den Angehörigen der bei der Central- 


Digitized by LaOOQie 




342 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Vertretung vertretenen thierärztlichen Vereine noch besondere 
Vergünstigungen erwirkt werden sollten. 

Zur Veranstaltung und Bearbeitung der Umfrage sind die 
Herren Departementsthierarzt Heyne, Dep.-Thierarzt Wallmann, 
Schlacht-Viehhofdirector Colberg und Schlachthofdirector Falk 
und endlich icli selbst gewählt worden. Von den Herren 
Heyne, Wallmann, Colberg, Falk und von mir selbst sind 
Umfragen innerhalb der thierärztlichen Vereine in der Provinz 
Posen, Halle und Thüringische Staaten, Provinz Sachsen 
Provinz Pommern, Provinz Brandenburg und der Stadt Berlin 
angestellt worden. Das Material habe ich zusammengestellt 
und übersichtlich bearbeitet. Dasselbe befindet sich bei den 
Acten der Centralvertretung und ist, soviel ich weiss, auszugs¬ 
weise in der B. T. W. mitgetheilt worden. Aus dem Ergebnis 
der Umfrage kann ich nach dem Gedächtniss Folgendes mittheilen. 

Es war festzustellen, dass ein grosser Theil der in der Praxis 
thätigon Collegen gegen Unfall versichert ist. Die Versicherung 
war bei den verschiedensten Gesellschaften abgeschlossen. Be¬ 
sonders bevorzugt war, soweit ich mich entsinne, keine. 

Die versicherten Collegen rühmten z. Th. die prompte Er¬ 
ledigung der Entschädigung durch die Versicherungen. Die 
Mehrzahl der Versicherungsnehmer beklagte sich aber über die 
hohe Gefahrenklasse, in welche die Thierärzte eingereiht werden, 
und darüber, dass die Versicherungsgesellschaften in verschiedenen 
Fällen nach Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches 
einfach den Versicherungsvertrag kündigten. 

Ausschliessliches Lob oder ausschliesslicher Tadel war auch 
hier summarisch keiner Versicherungsgesellschaft zu ertheilen. 
Am meisten wurden noch die Schweizer Gesellschaften wegen des 
entgegenkommenden und prompten Entschädigungsverfahrens 
gelobt. 

Weiter stellte sich heraus, dass die Zahl der Unfälle, welche 
von den versicherten Collegen angemeldet wurden, eine recht 
kleine im Verhältnis zu der Zahl der versicherten Herren war; 
ferner dass schwerere Unfälle, welche ganze oder theilweise 
Invalidität bedingten, ganz fehlten. 

Dann wurde aber auch ein sehr wichtiger Punkt festgestellt, 
der die ganze Unfallversicherungs-Angelegenheit in einem neuen 
Lichte erscheinen liess. Ich selbst bin seit dem Jahre 1891 bei 
der Berliner Victoria versichert und empfahl die Versicherung 
angelegentlichst auch Bekannten, unter dem Hinweis auf die 
hohe Summe, die dem Versicherten beim Eintritt der Erwerbs¬ 
unfähigkeit durch Unfall gegen eine verhältnissmässig geringe 
Prämie zustelie. Die Frau eines dieser Bekannten übte die Vor¬ 
sicht, zunächst die Statuten durchzulesen, was ich seiner Zeit 
unvorsichtiger Weise nicht gethan hatte. Die Statuten ergaben, 
dass dem Versicherten beim Eintritt ganzer Invalidität nicht die 
versicherte Summe, sondern lediglich eine entsprechende Rente 
ausbezahlt wird. Dies war für mich eine hohe Ueberraschung, 
denn beim Abschluss der Versicherung war mir, soweit ich mich 
entsinne, von dem Versicherungsagenten gesagt worden, dass nur 
im Falle der Invalidität durch Unfall die ganze in der Ver¬ 
sicherungspolice genannte Summe ansbezahlt werden solle. In 
der Versicherungspolice steht auch auf der Abschlussseite ledig¬ 
lich die impouirende Unfallssumme, nicht aber, dass von dieser 
Summe nur die Rente bezahlt wird. Letzteres ist erst in den 
umfangreichen und wegen des Kleindrucks sehr schwer lesbaren 
Versicherungsbedingungen ausdrücklich gesagt. Ich will nun mit 
dem Angeführten keinen Vorwurf erheben, denn wer etwas 
unterschreibt, hat dies zuvor gründlich durchznlesen. Aber das 
Eine will ich constatiren, dass mit der Entdeckung, dass im Falle 
eines Unfalls nicht die ganze Summe, sondern nur eine Rente 
bezahlt wird, die ganze Unfallversicherung für mich hinfällig 


wird. Denn die Veranlassung, eine Unfallversicherung abzu- 
schliessen, war für mich einzig und allein der Wunsch, im Falle 
eines Unfalles, der mich zum Krüppel machte, ein Capital in die 
Hände zu bekommen, mit dem ich etwas Anderes anfangen 
könnte oder das ich meinen Angehörigen zur Begründung irgend 
eines nutzbringenden Unternehmens zu hinterlassen im Stande 
war. Eine Rente, wie sie nach den Statuten der Versicherungs¬ 
gesellschaften bezahlt wird, etwa 60 bis 100 M. pro 1000 M., je 
nachdem der Versicherte 30 bis 60 Jahre alt ist, hätte mich 
nicht veranlassen können, in eine Unfallversicherung zu gehen, 
ebensowenig wie die Ausbezahlung von Tagegeldern oder die 
Versicherung gegen Todesfall in Folge Unfalls. Denn gegen 
Todesfall ist die allgemeine Lebensversicherung viel zweck¬ 
mässiger, und wer im Staude ist, die Unfallversicherungsprämie 
zu bezahlen, kann es auch einmal auskalten, wenn er einige 
Tage oder selbst einige Wochen seinem Berufe nicht nach¬ 
zugehen vermag Mithin bleibt das Wichtigste die Versicherung 
gegen solchen Unfall, der uns direct invalid macht, dass wir 
unserem Berufe nicht mehr nachgehen können. 

Als ich mich bei versicherten Collegen darnach erkundigte, 
welche Auffassung sie über die Invaliditätsversicherung besussen, 
fand ich, dass die Mehrzahl im gleichen Irrthum befangen war 
wie ich. 

Ich nahm nun zunächst mit einem Generalagenten der „Vic¬ 
toria“ Rücksprache, wobei mir erklärt wurde, es sei rechnerisch 
absurd, gegen die statutengemäss gezahlten Prämien die Aus¬ 
bezahlung der normirten Invalidilätssumme zu verlangen. 

Von meinem Bruder war mir aber mitgetheilt worden, dass 
er bei einer schweizerischen Versicherung versichert sei und das 
Alternativrecht habe, zwischen Rente und Invaliditätssumme zu 
wählen. 

Hieraufhatte ich Gelegenheit, mit den Vertretern verschiedener 
Unfallversicherungsgesellschaften in Unterhandlungen darüber zu 
treten, unter welchen Umständen die Gesellschaften bereit wären, 
statt der Invaliditätsrente die Invaliditätssumme auszubezahlen. 
Von deu deutschen Versicherungsgesellschaften, mit denen ich in 
Beziehung treten konnte, zeigte sich zuerst nur der Stuttgarter 
Versicherungsverein geneigt, mit unB den Versuch zu machen, 
das Versicherungscapital statt der Rente auszubezahlen, und zwar 
gegen einen Zuschlag von 33'/ 3 pCt. zu der Jahresprämie. Ans 
diesem Grunde war der Stuttgarter Versicherungsverein zu em¬ 
pfehlen. Indessen kamen in jüngster Zeit, wohl infolge des Stutt¬ 
garter Angebots, noch bessere Anerbietungen. Die „Wilhelma“ in 
Magdeburg erbot sich durch Schreiben vom 24. Januar 1898 zur 
Capitalszahlung gegen einen Zuschlag von 100 pCt. zur Invaliditäts- 
prämie. Dies bedeutet in Wirklichkeit unter Umständen weniger 
als die 33>/ 3 pCt., welche der Stuttgarter Verein zur Gesammt- 
prämie erhebt. Wenn ich mich beispielsweise mit 30000 M. 
gegen Tod, 30000 M. gegen Invalididät und 15 M. Tagegeld ver¬ 
sichere, so habe ich nach den allgemeinen Wilhelma - Sätzen 
282 M. pro Jahr zu bezahlen, 51 M. für die Versicherung gegen 
Tod, 75 M. für die Versicherung gegen Invalidität und 81 M. für 
die Versicherung gegen vorübergehenden Unfall. Als Zuschlag 
würde ich nach dem Stuttgarter Angebot 94 M. zu bezahlen 
haben, nach dem der „Wilhelma“ dagegen nur 75 M. 

Ferner bezahlt der Stuttgarter Verein im Todesfälle die ver¬ 
sicherte Summe nur dann ganz, wenn die verunglückte Person 
Ehegatten oder eheliche Kinder hinterlasseu hat. An andere 
Erben wird nur die Hälfte der versicherten Summe ausbezahlt. 
Die „Wilhelma“ entrichtet die volle Versicherungssumme an alle 
empfangsberechtigten Personen. 

Der Stuttgarter Versicherungsverein anerkennt weiter nur 
3 Grade der Invalidität, vollständige, halbe und ein Drittel, die 


Digitized by LjOOQle 






21. Juli 1898- BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 343 


Wilhelma dagegen jeden durch ärztliches Gutachten bescheinigten 
Grad. 

Vor allem aber ist der Stuttgarter Verein ein Gegenseitigkeits- 
institut, so dass die Möglichkeit von Nachschus-prämien besteht. 
Einem solchen Institut gegenüber ist eine Versicherungs-Actien- 
gesellschaft vorzuziehen. 

Die „Wilhelma“ wäre nun bereit, 10 pCt. Prämienrabatt von 
vornherein zu gewähren und nach Ablauf von je 3 Jahren weitere 
10 pCt für jede volle 20 pCt. Reingewinn der betreffenden Ver¬ 
sicherungsperiode. Die Wilhelma würde, um dies zu ermöglichen, 
die Versicherung der Mitglieder der thierärztlichen Vereine 
Preussens als eine besondere Abtheilung behandeln. 

Meine Herren! Dies ist ein Angebot, das deswegen sehr 
einladend ist, weil wir an dem aus unseren Versicherungen sich 
ergebenden Gewinn betheiligt werden und ausserdem einen 
Anhalt dafür bekommen, in welche Gefahrenklasse die Thierärzte 
thatsächlich eingereiht werden müssen, wenn die Versicherungen 
dabei bestehen bleiben sollen. 

Es kam aber ein noch günstigeres Angebot. 

Die Unfall- und Haftpflichtversicherungs-Aktiengesellschaft 
Zürich erbietet sich zur Capitalsausbezahlung bei 
1,90 M. Prämie pro 1000 M. auf Todesfall, 

2,20 „ ,. „ 1000 „ „ Invaliditätsfall, 

5,10 ,, „ pro Mark täglicher Entschädigung. 

Die Wilhelma verlangt dagegen 

1,70 M. pro 1000 M. auf Todesfall, 

3,75 „ „ 1000 „ „ Invalidität, 

5,40 „ pro Mark tägliche Entschädigung. 

Dies ist also erheblich mehr, wenn wir au h an dem Rein¬ 
gewinn betheiligt werden. Es wäre wünschenswerth im Interesse des 
Abschlusses möglichst vieler Versicherungen, wenn die Wilhelma 
ihre Prämiensätze etwa auf die Höhe der Züricher reducirte. 

Die Wilhelmasätze sind an und für sich relativ hoch. Sie 
betragen bei Rentenzahlung 

1,70 M. pro 1000 M. für den Todesfall, 

2,50 „ „ 1000 „ „ Invalidität, 

5,40 ,. für jede Mark täglicher Entschädigung bei vorüber¬ 
gehendem Unfall. 

Die Kölnische Unfallversicherungsgesellschaft verlangt hier¬ 
gegen nur 1,30 M., 2 M. und 3,20 M. als entsprechende Sätze. 

Ich möchte nun die Herren Delegirten bitten, zuerst sich 
darüber zu äussern, was ihnen über die Leistungsfähigkeit und 
Güte der Wilhelma und der Zürich, die uns annehmbare An¬ 
gebote gemacht haben, bekannt ist. Ich bin dafür, wenn möglich 
das Abkommen mit einer deutschen Gesellschaft zu treffen. Wenn 
den Herren die Wilhelma als eine gut fundirte Gesellschaft 
bekannt ist, werde ich beantragen: 

Die Centralvertretung beschliesst, 
den Vorsitzenden der Centralvertretung zu beauftragen, mit 
einer leistungsfähigen UnfallversicherungsgesellBchaft ein 
Abkommen auf Grundlage des Angebots der „Wilhelma“ 
vom 24. Januar 1898 unter möglichster Reduction der Prämien¬ 
sätze etwa zur Höhe der von der „Zürich“ angebotenen 
Sätze dahin zu treffen, dass den Mitgliedern der thierärzt¬ 
lichen Vereine Preussens die in dem Abkommen zu fixiren- 
den Begünstigungen zu Theil werden. 

Die Centralvertretung verpflichtet sich in dem Abkommen, 
von letzterem den Mitgliedern der Vereine Kenntniss zu 
geben und dieselben zum Abschluss von Versicherungen 
mit der betreffenden Gesellschaft aurzufordern. Ausserdem 
überreicht die Centralvertretung der Gesellschaft jährlich 
ein VerzeichDiss sämmtlicher in Frage kommenden Vereins¬ 
mitglieder. 


In dem Abkommen ist auch ein Schiedsgericht vor¬ 
zusehen bei Beschwerden gegen den Ausschluss versicherter 
Vereinsmitglieder von weiterer Versicherung sowie bei Be¬ 
schwerden gegen die Festsetzung des Grades der Invalidität 
und die Erledigung anderer Ansprüche der versicherten 
Vereinsmitglieder an die versichernde Gesellschaft. 

Die Versammlung bekundet dem Referenten allseitig ihren 
Dank für die von ihm bewirkten werthvollen Aufklärungen und 
giebt ihm Vollmacht, die Verhandlung mit derjenigen Gesellschaft 
zu Ende zu führen, welche ihm weiterhin die besten und sichersten 
Bedingungen zu gewähren scheint. 

Der Referent erkärt sich zur Uebernahme der weiteren 
Schritte bereit. 

Es folgte noch die Rechnungslegung. 

Die Rechnung der Centralvertretungskasse ist zuletzt am 
19. Februar 1893, also bei unserer vorletzten Generalversammlung, 
geprüft worden. Damals blieb ein Baarbestand von 155 M. 
45 Pf. Es wurde damals beschlossen, dass jeder Verein für jedes 
seiner Mitglieder einen einmaligen Betrag von 75 Pf. an die 
KasBe der Centralvertretung einzusenden habe. Dieser Beitrag 
ist bisher nur von drei Vereiuen — dem ehemaligen Verein 
beamteter Thierärzte des Regierungsbezirks Magdeburg, dem 
Verein der Thierärzte Ostpreusseus und dem Verein des 
Regierungsbezirks Köslin - geleistet worden. Der Baarbestand 
von 1893 und die Beiträge der drei genannten Vereine ergeben 
eine Gesammteinnahme von 211 M. 70 Pf. Dieser steht eine 
Gesammtausgabe von 103 M. 40 Pf. gegenüber, so dass uns 
gegenwärtig noch ein Baarbestand von 108 M. 30 Pf. verbleibt 
Gerade mit Rücksicht auf das noch vorhandene Vermögen, und 
da in den letzten Jahren auch mancherlei sonstige Aufwendungen 
seitens der Einzelvereine bezw. ihrer Mitglieder zu machen waren, 
habq ich bisher von einer nachdrücklichen Beitreibung der rück¬ 
ständigen Beiträge abgesehen, ich möchte aber heute an den 
Herrn Vorsitzenden die Bitte richten, die Vertreter der Vereine 
daran zu erinnern, dass nunmehr die aus dem Jahre 1893 rück¬ 
ständigen Beiträge alsbald an mich einznsenden seien. 

Für die schon vorher auf Antrag des Präsidenten ernannten 
Revisoren referirt Ostertag und beantragt die Ertheilung der 
Decharge. Die Versammlung beschliesst demgemäss. 

Der Präsideut ersucht die anwesenden Delegirten, bei ihren 
resp. Vereinen dafür zu sorgen, dass der noch ausstehende ein¬ 
malige Beitrag nunmehr geleistet werde. 

Schluss der ersten Sitzung. 

(Fortsetzung des Berichts folgt.) 

Kleine Mittheilungen. 

Die Rothlauf-Serum-Gesellschaft für den Vertrieb des paten- 
tirten Lorenz'sehen Serums im Auslande, von deren Gründung 
neulich berichtet wurde, hat ihre Serumgewinnungsstation im 
Schlachthause zu Landsberg a./W. gegründet und die wirth- 
schafilich-technische Leitung dem Kreisthierarzt Graffun der 
übertragen, während das Laboratorium von dem bisherigen 
Assistenten des Prof. Johne-Dresden, Thierarzt Dr. Schreiber 
übernommen wird. 

Am Berliner Institut für Infectionskrankheiten ist eine Ab¬ 
theilung für Tollwuth-Studien und Tollwnth-Irapfung nach Pasteur 
eröffnet worden. Bisher bestand in ganz Deutschland noch kein 
solches Impfinstitut. Viel zu thun wird es bei uns auch nicht 
haben. 

Nach einer Mittheilnng der „Landw. Presse“ soll Dr. med. 
Weissenberg zu Tichau in Oberschlesien das Bacterium der 
Kälberruhr und zugleich ein ausgezeichnetes Mittel dagegen ent¬ 
deckt haben. Wir bemerken gegenüber dem Herrn „Entdecker“, 
wovon vielleicht auch die „Landw. Presse“ Notiz nimmt, dass 


Digitized by LjOOQie 




344 

das Bacterinm längst von dem Prof. Jensen an der Thierärzt¬ 
lichen Hochschule zu Kopenhagen entdeckt ist. Bezüglich des 
Heilverfahrens bleiben nähere Mittheilungen abzuwarten. 

t 

Am 8. Juli 1898 starb zu Trier an den Folgen eines Unfalles, 
welchen er sich in Ausübung seines Berufes beim Aussteigen 
aus einem Wagen zugezogen hatte, 

der Königliche Departementsthierarzt 
Herr Robert Leopold Pech 
im 64. Lebensjahr. 

Der Verstorbene verwaltete die Departementsthierarztstelle 
des Regierungsbezirks Trier seit dem Jahre 1889, nachdem er 
vorher 10 Jahre lang in Orteisburg, in Hamm bezw. Meschede- 
Brilon als Grenz- bezw. Kreisthierarzt tliätig war. 

Mit seltener Energie und Schaffensfreudigkeit erfüllte er bis 
zuletzt in treuer Hingabe an das übernommene Amt seinen 
schweren Beruf. Mit eisernem Fleisse und festem Willen suchte 
er die im Interesse des Veterinärdienstes für nöthig erachteten 
Massnahmen durchzuführen, wofür er allseitig reiche Anerkennung 
erntete. Als College vertrat er mit Eifer die Standesangelegen¬ 
heiten und wurde nicht müde, wo es galt für die Interessen 
unseres Berufes einzutreten. Durch sein reiches Wissen, sein 
fleissiges Streben verstand er das in der Wissenschaft Neu¬ 
errungene praktisch zu verwerthen. Offen und ehrlich war sein 
Thun und Handeln. Frei und unerschrocken äusserte er seine 
wohlerwogene Meinung. 

Die Achtung und Verehrung, welche er bei seiner Behörde 
und vornehmlich bei seinen Collegen genoss, sichern ihm weit 
über das Grab hinaus ein ehrendes Andenken. 

Alle, die ihm näher standen, betrauern in dem nunmehr 
Heimgegangenen einen treuen Freund und Berather, der^u jdder 
Zeit bereit war, mit Rath und That beizustehen; wir aber ver¬ 
lieren in ihm einen unermüdlichen Mitarbeiter und wohlwollenden 
Collegen. 

Möge er in Frieden ruhen, sein Andenken wird uns unaus¬ 
löschlich sein. 

Im Namen 

der beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Trier.' 

A. M ette, Kreisthierarzt. 

t 

Kaum hat sich das Grab über der sterblichen Hülle unseres 
verehrten Berufsgenossen F r i e b e 1 zu Insterburg geschlossen, 
da werden wir nach des Allmächtigen unerforschlichem Rath- 
schlusse aufs Neue an die Bahre eines anderen, nicht minder ge¬ 
schätzten Collegen und Vorstandsmitgliedes unseres Vereins gestellt 

Am 6. d. M., Vormittags 6 Uhr, verschied im kräftigsten 
Mannesalter von 49 Jahren, nachdem er am Tage zuvor unter 
der Einwirkung des anstrengenden Dienstes bei Beaufsichtigung 
des grossen Sommer-Pferde- und Viehmarktes zu Wehlau in¬ 
mitten seines rührigen Schaffens und Wirkens einen Schlaganfall 
erlitten hatte, dortselbst der 

Kreisthierarzt Herr Hermann Willutzki. 

Seine thierärztliche Laufbahn begann der Verstorbene vor 
nun bald 25 Jahren, und nahezu 17 Jahre sind jetzt verflossen, 
dass er die Kreisthierarztstelle des Kreises Wehlau verwaltet 
hat. Während dieser Zeit ist derselbe in seinem Fache unermüd¬ 
lich praktisch tliätig gewesen und hat seine Berufs- und Amts¬ 
obliegenheiten mit regem Eifer und nicht ohne Erfolg wabr- 
genommen; immer ist er den rastlosen Fortschritten auf dem 
Gebiete der Thierheilkuude auch nach der wissenschaftlichen 
Seite hin gefolgt. 


No. 29. 

Indem der Verblichene hierdurch in jeder Beziehung seine 
für den Zweck erforderlichen praktischen und theoretischen 
Kenntnisse unablässig zu vervollständigen suchte, war er für 
die ihm übertragene Stellung als beamteter Thierarzt in seltenem 
Masse qualificirt, und in der That ist er den zeitweise ausser- 
gewöhnlich schweren Pflichten, die dieses Amt ihm auferlegte, 
stets treu und mit regem Eifer nachgekommen. 

In wie hohem Ansehen der Dahingeschiedene in der Stadt 
und im Kreise Wehlau stand, hierüber sowie über das Mass von 
Achtung, Verehrung und Liebe, welches er in letzterem sich in 
weiten Schichten der Bevölkerung erworben hat, legen wohl vor 
aller Augen ein sprechendes Zeugniss ab die aussergewöhn- 
lich grosse Zahl der Leidtragenden, die trotz der Ungunst der 
Witterung am Bestattungstage von allen Seiten herbeigeeilt waren, 
um ihn durch ihr Geleit zur ewigen Ruhestätte in letzter Stunde 
noch zu ehren, und ausserdem die reiche Fülle von Kränzen, Palm¬ 
wedeln und sinnreichen Blumenarrangements, die auf dem dicht 
bedeckten Sarge nur zum geringsten Theile Platz finden konnten. 

Wenn es dennoch unserem Willutzki auch im Laufe der 
Jahre nicht vollkommen hat gelingen wollen, unter den Land- 
wirthen seines Wirkungskreises allgemein die wirklich verdiente 
Anerkennung zu finden, so dürfte dies vornehmlich in der ihm 
eigenen, durch sein stark cholerisches Temperament bedingten, 
übergrossen und mancherorts wenig angebrachten Empfindlichkeit 
begründet gewesen sein, aus deren Rückwirkung ihm leider Gegner 
von nicht zu unterschätzender Bedeutung und in ansehnlicher 
Zahl erwachsen sind. Der Werthschätzung seiner Person im All¬ 
gemeinen aber vermochte auch dieser Umstand keinerlei Beein¬ 
trächtigung zuzufügen. 

Besonders regen Antheil nahm der Entschlafene an der 
Gründung unseres Vereins; bis zu seinem unerwarteten Ableben 
Jiat er stets selbstlos und mit peinlichster Gewissenhaftigkeit ia 
demselben die Kassengeschäfte verwaltet, und es ist keine seiner 
Versammlungen vorübergegangen, zu der er nicht persönlich er¬ 
schienen wäre und in welcher er an den Verhandlungen keinen 
Antheil genommen hätte. Vor Allem war seine Mitgliedschaft 
gekennzeichnet durch Treue und Hingabe an den Verein, so dass 
er hierin jedem jüngeren Collegen zu einem nachahmungswerthen 
Vorbilde dienen kann. 

Für uns Alle war aber der Verblichene durch sein heiteres 
Wesen, den offenen biederen Sinn und durch seinen ehrenwerthen 
Charakter ein aufrichtiger liebevoller College und ein braver 
Freund geworden. 

Dem Unterzeichneten gegenüber sprach derselbe noch in den 
letzten Wo-, heu wiederholt aus tiefempßndendera Gemüthe von den 
freudigen und erfrischenden Eindrücken, die er von der Zusammen¬ 
kunft mit seinen Semestercollegen gelegentlich der Feier des 
25jährigen Jubiläums am 23. Mai d. J. aus Berlin in die Heimath 
mitgenommen habe, und dass er durch persönliche Aussprache 
mit den Freunden und Bekannten aus der Zeit seiner Studien zn 
erneuter Schaffensfreudigkeit gekräftigt worden sei. 

In unserem engeren Gesellschaftskreise aber betrauern wir 
mit der hinterbliebenen Wittwe und seinen noch recht hilfs¬ 
bedürftigen drei Söhnen den Heimgang eines treuen und lieben 
Mitgliedes und unseres theuren Freundes. 

Weit über das Grab hinaus wollen wir ihm ein ehrendes und 
dankbares Gedächtniss bewahren. 

Dass dem Entschlafenen die verdiente Ruhe beschießen sein 
möge, die er im Leben vergeblich ersehnt hat, ist unser aus 
tiefstem Herzen entspringender Wunsch, den wir hierdurch zum 
Ausdruck bringen. 

Der Verein der Thierärzte für die Provinz Ostprcnssen. 

Mehrdorf - Königsberg. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 








21. Jali 1898. 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHEN SCHRIFT. 


345 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

Seachenstatistik and Yeterinärpolizei. 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
im Juni 1898. 



Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preussen. Ende Juni 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Marienwerder. 

1 

1 

0,44 

Potsdam. 

4 

13 

5,02 

Frankfurt. 

4 

9 

3,30 

Stettin. 

2 

2 

1,06 

Stralsund. 

1 

1 

1,12 

Posen. 

11 

21 

6,37 

Bromberg. . 

3 

4 

1,79 

Breslau. 

8 

11 

2,89 

Liegnitz. 

3 

4 

1,42 

Oppeln. 

1 

1 

0,35 

Magdeburg . 

1) 

19 

13,19 

Merseburg. 

3 

3 

1,29 

Schleswig. 

2 

6 

2,81 

Hannover . 

1 

1 

1,58 

Lüneburg . 

1 

1 

0,67 

Münster. 

3 

3 

9,-4 

Arnsberg . 

1 

1 

1,17 

Cassel. 

4 

5 

2,99 

Wiesbaden. 

7 

22 

23,50 

Coblenz. 

9 

28 

24,88 

Düsseldorf. 

6 

9 

20,93 

Köln. 

2 

2 

6,78 

Trier. 

8 

32 

28,39 

Aachen . 

3 

4 

10.26 

Sigmaringen. 

1 

1 

7,18 

Summa 

98 

2U2 

— 


Naohwelsung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 30. Juni 1898. 

Es waren am 30. Juni in nachstehenden Regierungs- 
i bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 1 (1). 
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 4 (4). R.-B. Frankfurt 1 (3). 
R.-B. Stettin 1 (3). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Bromberg 1 (1). 
R.-B. Breslau 4 (6). R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (4). 
R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Köln 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬ 
bayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishauptm. 
Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 2 (3). Württemberg: 
Neekarkreis 1 (1). Schwarzwaldkreis 1 (1). Donaukreis 3 (3). 
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1). Braunschweig: 1. Schwarz¬ 
burg-Rudolstadt: 1. 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (53). R.-B. Niederbayern 3 (5). 
R.-B. Pfalz 5 (15). R.-B. Oberpfalz 5 (9). R.-B. Oberfranken 3 (5). 
' R.-B. Mittelfranken 5 (17). R.-B. Unterfranken 9 (14). R.-B. 

Schwaben 15 (44). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 2 (3). 
t Kreishauptm. Zwickau 1 (2). Württemberg: Neckarkreis 11 (19). 
Schwarzwaldkreis 3 (4). Jagstkreis 10 (25). Donaukreis 13 (27). 
Baden: Landescomm. Constanz 2 (5). Landescomm. Freiburg 1 (1). 
Landescomm. Karlsruhe 6 (15). Landescomm. Mannheim 3 (4). 
Hessen: Provinz RbeinhesBen 5 (5). Sachsen-Weimar: 2 (2). 
Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 2. Sachsen-Mein i ngen: 1 (1). 
Sachsen-Coburg-Gotha: Herzog!h. Coburg 1 (2). Herzogth. 
Gotha 1 (2). Anhalt: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Bremen: 1 (4). 


Digitized by LjOOQie 












































346 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Elsass-Lothringeu: Bez. Unter-Elsass 4 (7). Bez. Ober-Elsass 
4 (7). Bez. Lothringen 3 (13). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stralsnnd 1 (1). R.-B. Poßen 2 (4). R.-B. 
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis- 

hauptra. Leipzig 1 (1). Kreishanptm. Zwickau 1 (1). 


Preusien. Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft etc. an 
s&mmtllche Regierungspräsidenten betr. Verbot des Treibens von Geflügel. 

Vom 11. Juni 1898. 

Die Berichte über die Ausbreitung der Geflügelcholera im 
Jahre 1897 lassen erkennen, dass die Seuche häufig durch von 
Ort zu Ort getriebene Geflügelheerdeo, die den Ansteckungsstoff 
auf Land- und Dorfstrassen, an Tränkplätzen und sonstigen Rast¬ 
stellen hinterlassen haben, verschleppt worden ist 

Unter Hinweis auf meinen Erlass vom 22. August 1897 — 
I. G. 6968, 6992 — ermächtige ich Eure Hochwohlgeboren daher die 
zur Bekämpfung der Geflügelcholera ergangenen landespolizei¬ 
lichen Anordnungen auf Grund des § 20 Abs. 2 des Reichs-Vieh¬ 
seuchengesetzes vom nn( * des § 56 b Abs. 3 der 

l. Mai ltm 


Gewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1896 
(R.-G.-Bl. S. 685) dahin zu ergänzen: 

Dass das Treiben von Geflügel zu anderen als zu Weide¬ 
zwecken verboten wird und im Uebrigen die Beförderung nur in 
Wagenkäfigen, Körben etc. erfolgen darf, deren Einrichtung das 
Herabfallen von Koth und Streu verhindert. 

Zugleich empfiehlt es sich, anzuordnen, dass die Geflügel¬ 
wagen und sonstigen Behältnisse nach jeder Benutzung zur Be¬ 
förderung von Handelsgeflügel sorgfältig gereinigt w'erden 
müssen. 

Der Zweck des Verbotes wird im Wesentlichen erreicht 
werden, wenn die unmittelbare Berührung von getriebenem Ge¬ 
flügel mit Ortschaften, Dorfteichen, Dorfstrassen oder solchen 
Wegen und Plätzen verhindert wird, die vom Geflügel sonst be¬ 
nutzt zu werden pflegen. 

Zur Vermeidung von unnöthigen Härten werden daher Aus¬ 
nahmen von dem Verbote für solche Fälle zugelassen sein, in 
denen Geflttgeltransporte auf dem Fussmarsche stattfinden können, 
ohne dass ansteckungsgefährliche Berührungen zu befürchten 
sind. 


Eure Hochwohlgeboren wollen sowohl bei Erlass der landes¬ 
polizeilichen Anordnung erwägen, ob und in wieweit eine Be¬ 
schränkung des Verbotes durch die örtlichen Verhältnisse des 
dortigen Bezirks von vornherein gerechtfertigt erscheint, als auch 
künftig etwa hervortretende Milderungsrücksichten in dem ge¬ 
dachten Sinne walten lassen. 

Die Anordnung ist nicht vor dem 22. Juni d. J. zu veröffent¬ 
lichen und erst am 15. Juli d. J. in Kraft zu setzen, damit den 
Geflügelhändlern etc. Zeit gelassen wird, sich auf die veränderten 
Transportbedingungen einzurichten. 

gez. von Hammerstein. 


Auf Grund dieses Erlasses ist in den Regierungsbezirken das 
Nöthige veranlasst worden (vgl. auch letzte Nummer, Beilage). 

Nach Meldungen der Tagespresse bemüht sich die russische 
Regierung gegenüber dieser Massregel gewisse Erleichterungen 
für den Import russischer Gänse zu erlangen. Diese Erleich¬ 
terungen würden darin bestehen sollen, dass den russischen 
Gänsetransporten gestattet wird, gewisse der Grenze zunächst 
liegende deutsche Eisenbahnstationen zu Fuss zu erreichen. 

Damit im Zusammenhang steht folgende Verfügung des Re¬ 
gierungspräsidenten von Oppeln. 


„Mit Ermächtigung des Herrn Ministers für Landwirthschaft, 
Domänen und Forsten wird hierdurch in Ergänzung der Ver¬ 
ordnung vom 25. Juni 1898 angeordnet: 

Der Fusstransport (das Treiben) von Gänsen aus 
Russland wird auf der Wegstrecke von den russischen Grenz¬ 
übergängen bei Zawisna, Kreis Rosenberg O.-S., und Herby, 
Kreis Lublinitz, bis zu den Bahnhöfen in Landsberg bezw. 
Herby gestattet“. 

Oppeln, den 18. Juli 1898. Der Regierungs-Präsident. 


Fleischsch&a and Yiehverkehr. 

Berlin: Auszug aus dem Flelschscbauberioht für Monat Juni 1898. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

10841 

13 808 

39196 

52141 

Ganz beanstandet. .... 

199 

52 

14 

458 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

2323 

41 

— 

2173 

Davon gänzlich verworfen . 

62 

7 

— 

54 

., sterilisirt und verwerthet 

57 

11 

— 

272 

„ theilweise verworfen . . 

20 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

2184 

23 

— 

1847 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

11 

Mit Finnen behaftet .... 

63 

3 

— 

24 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

1 

2 

— 

4 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

62 

1 

— 

20 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

1 

2 

, ...29 


, o ■ , 

An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 4682 Stück, bei Kälbern 86 Stück, bei Schafen 2458 Stück, 
bei Schweinen 9582 Stück. 


B. Untersuchnngsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

16 726 

8432 

3380 

9 357 

Beanstandet. 

67 

12 

1 

9 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

36 



3 

Davon sind sterilis. verwerthet 

12 

— 

— I 

3 

Mithin gänzlich verworfen . 

24 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

1 

Mit Finnen behaftet .... 

7 

— 

— 

l 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

7 1 

— 

— 

1 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1606 dänische Rinder¬ 
viertel, 18 dänische Kälber, 5 dänische Schafe und 73 Wildschweine. 


Ueber die Gefährlichkeit des Fleisohes bei Schweiaeseucbe. 

Zschokke schreibt im Schw. Arch. Bd. 29: Schon von 
Silberschmied, Pouch et wurden gewisse durch Schweinefleisch 
erzeugte Verg ftungen mit der vorher bestandenen Schweine¬ 
seuche in Zusammenhang gebracht. Nach Beobachtungen Z’s. 
erkrankten Mitte April 1897 neun Personen 10—36 Stunden nach 
dem Genuss von Schweinefleisch an Durchfall, Erbrechen, Mattigkeit 
und hohem Fieber. Die Erscheinungen verschwanden nach 6 bis 
8 Tagen, dauerten bei zwei Patienten jedoch wochenlang. 
Nur zwei Personen von denen, die das Fleisch genossen hatten, 
blieben gesund Gegessen worden war ein Schinken, welcher 
14 Tage lang in Salz gelegen hatte und drei Tage geräuchert 
war. Von demselben war etwas roh, das meiste jedoch gekocht 
gegessen worden. Aus den Resten konnte Z. Bacterien isoliren, 


Digitized by LjOOQie 











21. Juli Ibab. 


BERLINER THIERÄKz.TLlChE WOCHENSCHRIFT. 


347 


die mit denen der Sch weineseuche tibereinstimmten und für 
Kaninchen tödtlich waren. Z. kommt dadurch zu der Ansicht, 
dass die Infection mit Schweineseuchebacterien den Grund zur 
Fleischvergiftung gegeben habe; doch bestreitet er auch selbst 
nicht, dass die Möglichkeit einer anderen Ursache der Vergiftung 
nicht ausgeschlossen sei. Ostertag erklärt es in der Ztschr. f. 
Fl.- u. Milchh. für wahrscheinlich, dass eine Salpetervergiftung 
Vorgelegen habe, wofür auch die tausendfältige Erfahrung spricht, 
dass das Fleisch von schweineseuchekranken Thieren ohne Nach- i 
theil genossen worden ist. 

Verein der Fleltchwaaren-Importeure. 

Am 21. Juni ist, wie die „Deutsche Fleischer-Zeitung“ be- j 
richtet, in Köln ein „Verein zur Wahrung der gemeinsamen ' 
Interessen des deutschen Handels und der Industrie von Fleisch- ! 


und Fettwaaren“ gegründet worden. Der Verein will den „Ver¬ 
dächtigungen aller ausländischen Fleisch- nnd Fettwaaren“, 
welche geeignet sind diese dem Publicum zu verekeln, entgegen¬ 
arbeiten; er hofft sein Ziel in folgenden Richtungen zu er¬ 
streben: 1. Aufklärung der Behörden über alle seinen Handels¬ 
zweig betreffenden Fragen und Anstrebnng von Verordnungen, 
die ebenso das hygienische Bedürfnis rechtfertigen, wie den 
breitesten Volksschichten eine bessere Ernährung durch Bezug 
billiger Fleisch- und Fettwaaren ermöglichen; 2. Abwehr un¬ 
berechtigter Angriffe auf ausländische Fleisch- und Fettwaaren 
nnd Richtigstellung irriger Mittheilungen über deren Herstellung 
und Qualität; 3. Befürwortung in den Productionsländern einer 
immer mehr vervollkommnten Behandlung der Waaren, damit 
deren Güte den Anfeindungen böswilliger oder kurzsichtiger 
Gegner jeden Boden entzieht. (!!) 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Hofmann und Beisswaenger, Regierungsräthe: Die Viehseuohengesetze 
mit den zu ihrer Ausführung im Reich und in Württemberg ergangenen 
Vorschriften. Im Aufträge des Kgl. württembergischen Ministerium 
des Innern zusammengestellt und erläutert. Ueber 600 Seiten 
Octav. Stuttgart bei Kohlhammer 1897. 

Juaglnger, Bezirksthierarzt: Das Civilveterinärwesen Bayerns. Er- 
ginzungsband. Würzburg bei Stüber 1897. 

Toscano und Postolika, k. k. Amtsthierärzte zu Wien: Handbuoh der 
Thierseuchrngesetzgebung. Gesetze, Verordnungen, Erlasse etc. für 
Thierärzte, Behörden und Richter. Zweite durchgesehene und ver¬ 
mehrte Auflage. Wien bei Moritz Perles 1897. 

Die Entwicklung der Viehseuchengesetzgebung, die Häufung 
der Vorschriften innerhalb der deutschen Einzelstaaten, die inter¬ 
nationalen Beziehungen des Viehhandels und damit der Veterinär¬ 
polizei machen es ebenso nothwendig, dass den Veterinärbeamten 
vollständige' und übersichtliche mit zuverlässigen Erläuterungen 
versehene Sammlungen der Gesetze und Verordnungen des eignen 
Landes zur Verfügung stehen, als andrerseits den Veterinär¬ 
beamten erwünscht ist, sich durch solche Werke über die veterinär¬ 
polizeilichen Sonderverhältnisse der einzelnen Bundesstaaten und 
des Auslandes orientiren zu können. 

Was Deutschland anlangt, so sind in dem ersten und ältesten 
in vierter Auflage vorliegenden Werke von B. Beyer neben der 
Reichsgesetzgebung speciell die preussisclien Landesgesetze und 
Verordnungen berücksichtigt. Ausserdem existiren Specialwerkc 
über das sächsische, bayerische und württerabergische Veterinär¬ 
wesen. 

Das vorliegende Werk von Hofmann und Beisswaenger be¬ 
handelt das württembergische Veterinärwesen in sehr gründlicher 
und übersichtlicher Form. Es ist in sechs Abschnitte getlieilt: der 
erste betrifft das Reichs-Viehseuchengesetz und alle in Verfolg 
desselben erlassenen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen, 
der zweite die Entschädigung für Milzbrand, Rauschbrand und 
Maul- und Klauenseuche, der dritte die Rinderpest, der vierte 
die Vorschriften über den Verkehr mit lebendem Vieh gegenüber 
dem Auslande und im Inlande, der fünfte die Beseitigung von 
Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen und die Ueberwachung 
des Eisenbahnverkehrs, der sechste endlich die Thierseuchen¬ 
statistik. In einem Anhang zum ersten Abschnitt sind die Seuchen 
behandelt, welche Massregeln unterliegen, ohne schon in das Gesetz 
aufgenommen zn sein; auch hat hier die Regelung des „Klee¬ 
meistereiwesens“ Platz gefunden. 

Alle Abschnitte, und namentlich der erste, enthalten neben 
dem Wortlaut der Gesetze und Verordnungen eine grosse Fülle 
ergänzender Belehrungen, Erläuterungen und Entscheidungen von 
^Behörden und Gerichten über Einzelfragen. Zahlreiche Hin¬ 


weise verbinden die verschiedenen Capitel und erleichtern die 
Lectüre. 

Der Orientirung im Stoff dient wesentlich auch ein chrono¬ 
logisches Verzeichniss aller aufgeführten Gesetze und Verord¬ 
nungen. In einem Anhang sind endlich auch gewisse nicht 
eigentlich veterinärpolizeiliche Theile des Veterinärwesens berück¬ 
sicht, so die thierärztlichen Prüfungen, die Bestimungen über den 
Verkehr mit Fleisch uud die Bestimmungen über die Organisation 
des thierärztlichen Vereins. 

Das Beisswaenger’sche Buch sei allen deutschen Veterinär¬ 
beamten nicht blos zur Orientirung über die Württembergische 
Veterinärpolizei, sondern auch als ein werthvoller Commentar zur 
Reichsgesetzgebung empfohlen. 

Das Civil veterinärwesen Bayerns hat bekanntlich Bezirks¬ 
thierarzt Junginger in ähnlicher Weise behandelt. Der vor¬ 
liegende Ergänzungsband bringt alle seit der Herausgabe des 
Hauptwerkes neuerschienenen Gesetze und Verordnungen 
resp. Veränderungen früherer Bestimmungen uud bildet einen 
integrirenden Theil des Ganzen. Es genügt, die Besitzer des 
Hauptwerkes darauf zu verweisen. 

Das Werk der österreichischen Autoren Toscano und Postolka 
endlich ist bereits seit längerer Zeit bekannt und liegt in zweiter 
Auflage vor. Die Art des Inhalts ist dieselbe, wie in dem zuerst 
genannten Werke. In acht Theilen sind benannt: Das allgemeine 
Viehseuchengesetz vom 29. Februar 1880, unter welches in 
Oesterreich auch schon Rothlauf (seit 1885) und Schweinepest 
(seit J895) fallen: das besondere Lungenseuchetilgungsgesetz; 
das Rinderpestgesetz; Gesetz, betreffend Viehtransporte auf Eisen¬ 
bahnen und Schiffen; Gesetze betr. Viehversicherungen; die 
Vet^rinärpolizei in den einzelnen Kronländern; Instruction betr. 
Abfassung von Seuchenberichten und sonstigen thierärztlichen 
Schriftstücken; endlich Beschreibung der unter das Gesetz fallen¬ 
den Seuchen. Auch hier ist ein chronologisches Verzeichniss 
aller Gesetze und Verordnungen beigefügt. 

Bei den mannigfachen Beziehungen, welche die deutsche 
Veterinärpolizei zu derjenigen Oesterreichs hat, wird das Werk 
auch vielen deutschen Veterinärbeamten willkommen sein. 


Personalien. 

Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt A. Harde- 
Badbergen für den Kreis Bersenbrück. — Amtsthierarzt Spürer- 
Rodach zum Distriktsthierarzt in Wolfstein (Pfalz), Distriktsthier¬ 
arzt P 1 e t z n e r - Pfaffenhausen zum Distriktsthierarzt in Schwab- 
münChen. 

Kreisthierarzt Schlitzberger -Grebenstein in die Kreis- 
thierarztstelle des Stadtkreises Cassel versetzt. (Der Landkreis 
Cassel verbleibt in der Verwaltung des Departementsthierarztes.) 

Promotion: Thierarzt Hans Davids aus Pritzwalk von der 
inedic. Facultät der Universität Giessen zum Dr. med. vet. 


Digitized by CjOOQie 






348 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 29. 


Approbationen: München: die Herren Gottlieb B e r n h a r d, 
Franz Mayer, Joseph Sepp, Johann Wucherer, Armin Fe ser, 
Heinrich Jakob. 

Wobnslbverfinderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬ 
arzt Glaser-Dölitz nach Liebenwalde, Thierarzt Türk nach 
Meiningen als Assistent des Amtathierarztes daselbst, Thierarzt 
Scherwitz -Ebingen nach Stetten (Baden), Thierarzt Haber 1 - 
Regensburg nach Tölz als Assistent des Bezirksthierarztes daselbst, 
desgl Thierarzt M a d e 1 - Ichenhausen nach Bruck. — Thierarzt 
Harder hat sich in Römhild, Thierarzt Lame he in Oranienburg 
niedergelassen. 

In der Armee: Ernannt zum Unterrossarzt Thierarzt Mann im 
Hus.-Rgt. No. 10. — Versetzt: Unterrossarzt Münsterberg vom 
Ul.-Rgt. No. 12 zum Leib-Garde-Hus.-Rgt., Unterrossarzt Rode vom 
Leib-Garde-Hus.-Rgt. zur Feldart-Schiessschule. 

Todesfille : VeterinärasBessor Dr. Ulrich- Br< slau, Kreisthier¬ 
arzt Aug. S a e z 1 e r - Görlitz. 


Vacanxen. 

Krelsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg -Präsident in Cassel. — 
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).— R.-B. Gum¬ 
binnen: Insterburg. Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident in 
Gumbinnen. — R.-B. Königsberg: Wehlau (nicht ausgeschrieben).— 
R.-B. Trier: Daun (1800 M.) Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident 
in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtstbierarztstelle 
(600 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. O. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes).—R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

Saattfitsthlerarztsteliea a)Neuausgeschriebene8tellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist— 
Düsseldorf: Schlachthof-Assistenzthierarzt (2100 M.) zum 1. Oct. 
Bew. bis 20. Juli er. an Oberbürgermeister Lindemann. — 
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung, 
Beleuchtung). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 

— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬ 
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. - Schwarzenau. - 
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬ 
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt 

— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher 
R. Lau. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. bis 
28. Juli an Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt zum 
25. Juli. (Einnahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Pplizei- 
Vcrwaltung. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). 
Bew. an Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus 
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse b. Mölln i. L. — Ober¬ 
marschacht (Elbe). — S a t o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt 
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.- 
Schw.), und Thierarzt Hallier-Rostock. — Schlawa i. Schles.: 
Thierarzt. Auskunft durch Magistrat — Schlot heim: Thierarzt 
(Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den Stadtrath. — 
Schönbaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Pennerin Freienhaben bei Schönbaum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt 
(Gebühren aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres 
durch das „Amt“ daselbst 

Besetzt: Privatstelle: Römhild. 


Erste Quittuag 

über Beiträge za dem Fonds für die Waisen des Professor Eber. 

Bis zum 15. Juli waren bei uns von folgenden Herren Beträge 
eingegangen: 

Je 3 Jt von Höhne-Neustadt, Schuman-Naumburg, Witte- 
Quedlinburg. — Je 4 Jt von Schmey-Beutheu, Marcus-Liebstadt — 
Je 5 Jt von Beiss-Detmold; cand. med. vet Gallus-Brrlin; Joseph- 
Wriezen; Maier-Neckarbischofsheim; Piroth-Prüm; Schaaf-Freiburg 
i. Sachsen; Schlake-Königsberg; Schüler-Potsdam; Storch-Schmal¬ 


kalden; Weidefeld-Rügenwalde; Ziegfeld-Bant (bei Wilhelmsbafen). — 
Je 6 Je, Gostar & Sprenger in Aachen; Hansen-Hollehitt (bei Sörup); 
Krankowski-Hammerstein; Queitsch-Aachen; Röbert-Annaberg i. S. — 
8 Jt. Siegert-Tarnowitz. Zusammen 110 Jt 

Je 10 Jt Dr. Aronsohn-Röbel (Mecklenburg); Bass-Graetz; Bens- 
Breslau; Becker-Hanau; Dr. Bernhardt-Trakehnen; Bockeimann- 
Aachen; Bolle-Magdeburg; Bongert-Berlin; Brohmann-Burg bei 
Magdeburg; Prof, de Bruin Utrecht; Büsing-Naarden (Holland); 
Buhmann-Magdeburg; Dick-Zülpich; Dlugay-Filebne; Elschner-Kolmar 
(Posen) jEnders-WeissenfelB; Fisch-Heiligenbeil; Fischöder-Mohrungen; 
Freigang-P ätsch kau; Friedrich-Halle; Gabbey-Ohlau; Gaedke-Magde- 
burg; Götzke-Bemau; Dr. Goldbeck-Hofgeismar; Göroldt-Hammera- 
leben; Graul-Kattowitz; Grashorn-Ovelgönne; Güttlich-Namslau; 
Gützlaff-Guben; Gundelach-Magdcburg; Haas-Metz; Haas-Zerbst; 
Haase-Hohenraölsen; (Schlachthausthierarzt) Hertz-Harburg a. E.; 
Hirschland-Essen; Hinrichsen-Osnabrück; Hogrefe-Wesel; Jensen- 
Itzehoe; Dr. Jess-Charlottenburg; (Oberrossarzt) König-Berlin; 
Kissuth-Guhrau; Kubaschewski-Angerburg; Lebmann-Kalau; Lewin- 
Verden; Levy-Brühl; Matthias-Trakehnen; Dr. Meyer-Barmen; 
Möbius-Plauen i. Sachs.; Naumann-Halberstadt; Neubarth-Züllichau ; 
Nolte-Berent; Ostermann-Hcrford; Ostertag-Gmünd; Pasch-Benken- 
dorf; Pauly-Teltow; Dr. Peter-Berlin; Plessow-Ballenstedt; Pflanz- 
Canth; Profö-Berlin; Richter-Landsberg, Richter-Siegburg; Rogge- 
Potsdam; Rüstow-Magdeburg; Schiel-Wandsbeck; Schlieper-Ortels- 
burg; Dr. Schmidt-Aachen; Schulz-Genthin; Schultz-Schlüchtern; 
Seemann-Zell a. M.; Siebert-Caloar; Siemsen-Krappitz; Stein-Bern¬ 
burg; Stier-Wesel; Premier-Lieutenant v. Stephanitz-Berlin; Tiede- 
mann-Skaisgirren; Türks-Hagen i. W.; Uhde-Kalbe a. M.; Warncke- 
Drossen; v. Wedel-Jerichow; Werner-Lübeck; Winkel-Berlin; 
Zahn-Bernstadt; (Corpsrossarzt) Zorn-Magdeburg; Ungenannte W. L. 
Berlin, Grevenbroich, Güsten. — Zusammen 860 Jt 

Je 12 Jt Protzen-Wusterhausen; Dr. Schwarz-Stolp ; Sieker- 
Neustadt O./S. — Je 15 Jt ßrietzmann-Cö8lin; Holtzhauer-Lüneburg; 
John-Haynau; von den Rossärzten des 19. Dragoner-Regiments; 
von den Rossärzten des 8. Kürassier-Regiments. — 18 Jt Brost- 
Münster. Zusammen 129 Jt. 

Je 20 Jt Dr. Achilles-Wernigerode; Altfeld-Bochum; Bartke- 
Stettin; Behrens-Peine; Behm-Gnoien (Mecklenburg); Borchardt- 
Cölleda; Buch-Frankfurt a. 0; Bürger-Stargard i. Pom.; Decker- 
Meisenheim ; Dove-Lingen; v. Drygalski-Lyck; Gabbey-Pless: 
(Oberrossarzt) Giesecke-Berlin ; Hell-Altona; Heyne-Posen ; Hummel- 
Znin ; Jacobi - Pieschen; Jostes - Marienwerder; Kläger-Loitz; 
Dr. Keuten-Geldern; Klipstein-Jauer; Knebel-Gramzow; Koll Coblenz ; 
Lappöhn-Cranz; Lau-Gelsenkirohen; Leistikow-Magdeburg; Liebener- 
Delitsch; Dr. Lorenz-Darmstadt; Lorenz-Kempen ; Lübke-Tilsit; 
LUtkemUUer-Lublinitz, Marks-Posen; Dr. Marks-Ohlau; Müller- 
Horneburg (Hannover); Müller-Seelow; Pauli-Berlin ; Peschke- 
Rastenburg; Rautenberg-Gerdauen; Rietzei-Berlin; Rust-Königsberg; 
Schirmer-Gemünd (Eifel); Dr. Scbuberth-Horka; Schröder-Berlin; 
Schulze-Burg b. Magdeburg; Spitzer-Dramburg; Dr. Vaerst-Meiningen; 
Voliers-Altona; Wenke-Pillkallen; Wermbter-Pr.-Holland, Winkler- 
Marie nwerder; Ziegenbein-Wolmiratedt; Rossärzte des Truppen¬ 
übungsplatzes Münster (10. Art-Brig.); Ungenannt-Berlin; T.-Berlin: 
S.-Charlottenburg; Trier. Zusammen 1120 Jt 

Dr. Bondi-Berlin 25 Jt. ; Ruhs-Massow 25 Jt; van Straaten und 
Morgenstern-Dinslaken 25 Jt ; Niemer-Paderborn, Steinkühler und 
Wilkens-Warendorf 25 Jt —- Bolle-Eberswalde, Griesor-Naumburg, 
Oberrossarzt a. D. Ibscher-Guhrau und Rossarzt Ibscher-Züllichau 
gemeinsam, Klebba-Potsdam, Meinickmann-Bossolt, Nutt-Brackel, 
RUckner-Glatz, Departementsthierarzt a. D. Steffen-Gr.-Lichterfelde> 
Ungenannt-Stuttgart, je 30 Jt — Dr. Klee-Leipzig 33 Jt — Lohsee- 
Hirschberg 40 Jt ; Dr. Mebrdorf-Königsberg 40 Jt; Dr. Diehn und 
Wirth-Frankfuit a. M. 40 Jt; Breslauer Veterinärbüreau (Schilling, 
Becker, Koschel, Sporleder) 40 Jt — Ungenannt 50 Jt.; Ungenannt 
50 Jt; Ungenannt 50 Jt; Oeconoraierath Grub 50 Jt; Sächsische 
Vieh-Versicherungs-Gesellschaft 50 Jt.; Bertelt-Ostrowo 75 Jt Zu¬ 
sammen 888 Jt. 

Kgl. Inspection für das Militärveterinärwesen 100 Jt; Commerzien- 
rath Bolle-Berlin 100 Jt; Verein pract. Thierärzte zu Berlin 100 Jt; 
Versammlung der beamteten Thierärzte der Provinz Posen 100 Jt 
Oberrossarzt a. D. Seyderhelm-Strassburg i. E. 200 Jt 
Gesammtsumma: 3707 Jt. 

Herzlichen Dank! 

Dr. Frühner. Dr. Schmaltz. Dr. Ostertag. 


Verantwortlich lUr den Inhalt (excl. Imeratentheil) Prof. L)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eiirenthum von Richard Schoets in Berlin. — Druck von W. Bdxenateln, Berlin. 


Digitized by LaOOQie 









DI« „Berliner Thlerkrstliche Wochenschrift“ encheinl 
wöchentlich ln Stärke ron mindestens 1'/* Bogen. Dieselbe 
ist in bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung Ton Richard 
Schoets, Berlin NW„ Luisenstrasse S6, zum Preise von 
Mk. 5,— pro VierteljaJtr. 

Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 80. Ausgegeben am 29. Jnli. 

I n li a 11 : Müller: Wirkung des Jodkali um s bei Septicaemie. — Kalteyer : Vereidete Impfbeamte des c. Kreis¬ 
thierarztes Schultz in Schlüchtern. — Referate : E b e r 1 e i n: Begriff und Formen der Pododermatitis beim Pferd. 
— Wohlgemuth: Ueber die locale Anaestbesie. — Hoffmann: Ueber Arsenikbehandlung bei Otitis externa der Hunde 
und sogenanntes Ausbrennen des Gebörganges. — Liönaux: Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmnscularis beim 
Hunde als Ursache einer persistirenden Diarrhöe. — Perforation des Dünndarms verursacht durch Strongylns tetracanthns- — 
Noch zwei Gase in der Atmosphäre. — Therapeutische Notizen. — Thierhaltung und Thierzucht — Tages¬ 
geschichte: VL Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Prenssens zu Berlin am 21. und 
22. Mai 1898. (Fortsetzung.)— Verschiedenes.—Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 
— Fleischschau und Viehverkehr. — Gerichtsentscheidungen. — Bücher-Anzeigen und .Besprechungen. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Wirkung des iodkaliums bei Septicaemie. 

Von 

F. L. W. Müllar-Homeburg (Hann.), 

Thierarzt 

Wenn man sich die Wirkung des Jods und seiner Salze bei 
den verschiedenen Erkrankungen, bei denen es mit Erfolg an¬ 
gewandt wird, vergegenwärtigt und sich zu erklären sucht, so 
drängt sich einem der Gedanke auf, als ob Jod im Organismus 
eine desinficirende Rolle spiele und bei der Herstellung der 
sog. Schutzstoffe innerhalb des Körpers gegen von anssen ein- 
dringende Schädlichkeiten verwandt werde. Von dieser Voraus¬ 
setzung ausgehend, habe ich Jodkali angewandt bei Septicaemie, 
ausgehend von einer Infection der Geburtswege im Anschluss 
an die Geburt, welcher Zustand hier zu Lande allgemein als 
kalter Brand bezeichnet wird, und der auffälliger Weise in 
diesem Jahre häufiger als in früheren Jahren von mir beobachtet 
wurde. Erfahrungsgemäss gingen die davon befallenen Thiere 
mit wenigen Ausnahmen in kurzer Zeit zu Grunde, auch wenn 
in exakter Weise eine frühzeitige locale Behandlung eingeleitet 
wurde. 

ad 1. Vorbericht: Zweieinhalbjährige Kuh; dieselbe hat vor 
36 Stunden ziemlich schwer gekalbt, Nachgeburt einige Stunden 
nach der Geburt abgegangen. Die bislang vollständig munter ge¬ 
wesene Kuh ist plötzlich sehr krank und hinfällig geworden, dabei 
ist auffälliger Weise nach Angabe des Besitzers die bis dahin 
starke Geschwulst des Euters vollständig verschwunden und statt 
deren eine derbe Anschwellung der Scheide eingetreten. 

Befund: Trauriger Gesichtsausdruck, Augen liegen tief in 
den Höhlen, Haarkleid rauh. Grosse Schwäche, aber klares Be- 
wnsstsein, ca. 90 kleine hüpfende Pulse. Athmung ruhig. 
41,8° C. Mastdarmtemperatur. Am Respirations- und Digestions¬ 
apparat nichts, was man als Krankheitsursache ansehen könnte. 
Scheide sehr heiss, hart, schmerzhaft und geschwollen. Beim 
Oeffnen derselben fallen einige gelblichgrüne necrotische Ge- 
websfetzen auf der Schleimhaut auf. 

Diagnose: Septicaemie. Prognose: Schlecht. Therapie: 
Tiefe Scarificationen und nachfolgende Sublimatwasserbäder. 
Innerlich 2 Mal 6,0 Jodkali. 

Am andern Morgen anscheinend geringgradige Besserung, 
Temperatur 41,5°. Am Abend desselben Tages verendete die Kuh. 

ad 2. Zweieinvierteljährige Kuh hat vor ca. 30 Stunden 



Berliner 


Orlgtnalbeltrige werden mit 60 Hk. (Ur den Bogen honorirt 
Alle Mannsoripte, Mitthellangen and redeetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu «enden an Prot Dr. Scbmaltx, 
Berlin, thierirztliebe Hochschule, NW, Laisenslrasae S6. 
Correcturen, Receniiom-Exemplare and Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Digitized by 






350 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


ziemlich schwer gekalbt, Nachgeburt rechtzeitig abgegaDgen, ist 
plötzlich sehr schwer erkrankt. 

Befund: Augen halb geschlossen, liegen tief in ihren Höhlen, 
der Kopf wird auf die Lagerstatt gestützt. Bewusstsein jedoch 
klar. Haarkleid rauh; über hundert Pulse, klein, unregelmässig 
und bereits aussetzend, an der Maxlliaris unfühlbar; 41,9° C. 
Mastdarmtemperatur. Mit Mühe erhebt sich das Thier. Es 
macht den Eindruck, als ob der Tod bald einträte. Die Scheide 
mannBkopfgross, hart, heiss, sehr schmerzhaft, blauroth. Schleim¬ 
haut zeigt gelbgrüne Stränge. 

Diagnose: Septicaemie. Prognose: Sehr schlecht. Therapie: 
Tiefe Scariflcationen der Scheide und Sublimatwasserbäder. 
Ausserdem innerlich sofort 12,0 Jodkali und sechs Stunden 
später nochmals 12,0 Jodkali. 

Vier Stunden nach Verabreichung der ersten Dosis eine 
deutliche Steigerung des Kraftgefühls, von da ab sichtbar zu¬ 
nehmende Besserung des Allgemeinbefindens. Befund 16 Stunden 
nach der ersten Untersuchung: Allgemeinbefinden bedeutend 
besser, die Augen blicken frei und füllen die Augenhöhlen aus, 
ca. 60 Pulse, 39,3° C. Mastdarmtemperatur. 

Nochmals 6,0 Jodkali. 48 Stunden später leichtes Abführ¬ 
mittel. Nach ca. zehn Tagen wurde ein ca. mannskopfgrosser, 
necrotischer Theil aus der Scheide entfernt, danach vollständige 
Genesung. 

ad 3. Acht Tage später zweijährige Kuh, hat vor ca- 
28 Stunden schwer gekalbt, ist sonst munter gewesen, liegt 
seit einigen Stunden und ist anscheinend sehr krank, dabei 
drängt sie in kurzen Zwischenpausen auf die Geburtswege. 
Besitzer ist der Meinung, dass noch ein Kalb zurück sei. 

Befund: Kuh sieht recht krank aus, die Augen liegen tief 
in den Höhlen, sie sind halb geschlossen. Haarkleid rauh. ca. 
100 Pulse pro Minute, elend, klein und unregelmässig 41,7° C. 
Mastdarmteinperatur. Athmung ruhig. Scheide hart, blaufoth 
und schmerzhaft, Innenseite mit gelbgrünen Striemen belegt. 

Diagnose: Septicaemie. Prognose: Schlecht. Therapie: 
Vorsichtige Oelinfusionen in die Scheide, innerlich 12,0 Jodkali» 
nach sechs Stunden nochmals 12,0 Jodkali. 

24 Stunden später Allgemeinbefinden bedeutend besser. 
Gesichtsausdruck frei. Ab und zu wiederkaut die Kuh bereits. 
Deutliche Besserung soll nach ca. sechs Stunden bemerkbar 
gewesen sein. Ab und zu drängt das Thier noch auf die Geburts¬ 
wege, Pulse ca. 70, bedeutend kräftiger. Mastdarmtemperatur 
39,8° C., nochmals 6,0 Jodkali, locale Behandlung hört auf. 
Fortschreitende Besserung. Leichtes Abführmittel. Nach zehn 
Tagen Ausstossung eines Brandschorfes und vollständige Genesung. 

ad 4. Vier Wochen später zweijährige Kuh, hat ziemlich 
leicht gekalbt, Scheide ist aber sehr succulent gewesen. 
36 Stunden nach der Geburt plötzlich sehr krank und hinfällig. 
Hin- und Hertrippeln, Schweifwedeln und häufiges Harnlassen. 

Befund: Die Kuli hat anscheinend sehr grosse Schmerzen, 
Athmung etwas vermehrt, ca. 120 kleine, hüpfende Pulse, 41,9° C. 
Temperatur, Scheide mässig geschwollen. In kurzen Intervallen 
wird ein röthlicher, mit gelblichen Flocken untermischter Urin 
in kleinen Quantitäten abgesetzt. Die Harnröhre fühlt sich als 
ein harter, derber Strang an; die Innenseite der Scheide mit 
gelbgrünen, streifigen Striemen belegt. Leichtes Drängen auf 
die Scheide. 

Diagnose: 1. Septicaemie. 2. Entzündung der Harnröhre 
und wahrscheinlich auch der Blase. Prognose: Sehr schlecht. 
Therapie: Zwei Mal 12,0 Jodkali innerhalb sechs Stunden. 

Nach zehn Stunden 41,8° C. Mastdarmtemperatur, nach 
weiteren zehn Stunden 40,3° C. und Allgemeinbefinden besser. 
Urinabsatz mit grossen Schmerzen verbunden. Nochmals 12,0 Jod¬ 
kali. In den nächsten drei Tagen sinkt die Temperatur auf 
39,5. Allgemeinbefinden bessert sich geringgradig. Nach ca. 


sieben Tagen werden mit dem Urin grössere Mengen von gelblich¬ 
grünen Fetzen und Flocken ausgeschieden. Leichtes Abführ¬ 
mittel. Allgemeinbefinden bessert sich. Nach ca. 16 Tagen 
vollständige Restitutio ad integrum. Eine locale Behandlung der 
Scheide, Harnröhre und Blase hat nicht stattgefunden, weil be¬ 
fürchtet wurde, es könnten dabei Verletzungen der Organe Vor¬ 
kommen, die leicht verhängnissvoll hätten werden können. 

Beim Rückblick auf diese hier kurz geschilderten Krankheits¬ 
fälle ist die Wirkung des Jodkaliums als eine ganz augenfällige 
zu bezeichnen, da es sich um schwere Allgemeinerkrankungen 
handelt, die erfalirungsgemäss in weitaus den meisten Fällen in 
kurzer Zeit letal endigen. Die örtliche Behandlung, die in drei 
Fällen stattgefunden hat, ist nach meinem Urtheil belanglos 
gewesen, in Rücksicht darauf, dass sie früher allein angewandt, 
im Stiche gelassen hat, und in Rücksicht auf die letzte sehr 
schwere Erkrankung der Harnröhre und Blase, bei der gar keine 
örtliche Behandlung eingeleitet wurde. Eine unangenehme 
Wirkung oder Nachwirkung der hohen Jodkalidosen in der 
schnellen Aufeinanderfolge ist nicht beobachtet worden. Die 
letzte Kuh soll sich zeitweise sehr besorgnisserregend geberdet 
haben, doch ist dies wohl auf das sehr schmerzhafte Blasen¬ 
leiden zurückzuführen. Auf denselben Umstand ist der protrahirte 
Verlauf und das länger dauernde Fieber bei dieser Patientin in 
Anrechnung zu bringen. Ich habe diese vier Fälle veröffentlicht, 
um zu weiteren Versuchen in dieser Richtung anzuregen und 
bitte gegebenen Falles an dieser Stelle über etwaige weitere 
Erfolge und, nicht zu vergessen, Misserfolge zu berichten. 


Vereidete Impfbeamte des c. Kreisthierarztes Schultz 
in Schlilchtern. 

Von 

Kalteyer - Eschwege, 

Krelittaierarst 

Die Mittheilungen des Herrn Collegen Schultz in Schlüchtern 
in No. 24 der B. T. W. über Einführung der Impfung mit 
Tuberculinum Kochii haben mich in ein solches Erstaunen ver¬ 
setzt, dass ich nicht umhin kann, Einiges hierauf zu entgegnen, 
zumal ich durch Ausführung sehr zahlreicher Privatimpfungen in 
den letzten Jahren und durch Leitung eines staatlichen Tuber- 
culose-Tilgungsversuches auf der Domäne Niederhone glaube über 
eine hinreichend grosse praktische Erfahrung über den Werth 
und die Ausführung solcher Impfungen zu verfügen. 

Es dürfte wohl jedem Collegen, der sich mit Tuberculose- 
Tilgungsver8uchen beschäftigt hat, hinreichend bekannt sein, 
dass eine Tuberculose-Tilgung, sei es auch nur in einem ein¬ 
zelnen Rindviehbestande, eine ausserordentlich schwierige Sache 
ist. Niemals wird dieselbe aber gelingen können, wenn nicht, wie 
Herr College Schultz sich ausdrückt „Schutzvorrichtungen etc. 
oder Gegenleistungen seitens der Landwirthe“ gefordert werden, 
d. h. wenn nicht das Bang’sehe Verfahren auf das Gewissen¬ 
hafteste und mit aller Strenge durchgeführt wird. Insbesondere 
möchte ich hier betonen die Bildung von Gruppen der Thiere des 
Bestandes: 1. solche Thiere, welche äussere Erscheinungen der 
Tubercnlose zeigen, 2. solche Thiere, welche auf die Einspritzung 
von Tuberculin reagirt haben, und 3. solche Thiere, welche auf 
die Einspritzung von Tuberculin nicht reagirt haben; dann räum¬ 
liche Trennung dieser Gruppen, sorgfältigste Desinfection der 
betr. Stallungen, Ernährung der Kälber mit sterilisirter Milch, 
Wiederholung der Impfung in Zwischenzeiten von je 6 Monaten 
bei Thieren der Gruppe 3 etc. 

Mit der Impfung allein und der durch dieselbe erlangten 
Kenntniss, dass das Thier reagirt hat oder nicht, ist es doch 
wahrlich nicht gethan, sondern diese Kenntniss ist eben erst die 
Grundlage, auf der sich das ganze weitere Verfahren und über- 


Digitized by 


Google 



28. Juli 189*- 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


351 


hanpt die Möglichkeit der Tilgung aufbaut. Es müssen daher 
von den betr. Besitzern die vorhin kurz anfgeführten nnd vom 
Ministerium geforderten Anordnungen auf jeden Fall streng 
durchgeführt werden, soll überhaupt ein Erfolg erzielt werden, 
einerlei, ob das Verfahren auf Staatskosten, Kreiskosten oder auf 
Kosten des Besitzers selbst eingeleitet und ausgeführt wird. Dass es 
für einen Besitzer eine sehr schwierige Sache ist, auf diese Be¬ 
dingungen einzugehen und dieselben gewissenhaft zu erfüllen, 
dass auch nicht unbedeutende Geldopfer unter Umständen gebracht 
werden müssen, ist sicher. Aber wer die Unbequemlichkeiten und 
Kosten scheut, wird sich eben gedulden müssen, bis der Staat 
helfend eingreift, insbesondere bis für tuberculöse Thiere, welche 
bei der Schlachtung gänzlich verworfen oder minderwerthig be¬ 
funden werden, eine Entschädigung, sei es vom Staate, sei es 
von einer Zwangsversicherung, gewährt wird. 

Denn die halbe Durchführung eines Verfahrens ist Zeit- und 
Geldverschwendung und leider nur allzusehr geeignet, das ganze 
Verfahren in Misscredit zu bringen. 

Ich komme nun zu dem zweiten Theile der Schultz’sehen 
Mittheilungen, und zwar zu der Ausführung der Impfung durch ver¬ 
eidete Impfbeamte. 

Ich persönlich bin thatsächlich aufs äusserste überrascht, 
dass ein Sachverständiger, ein Thierarzt auf die Idee verfallen 
konnte, Laien in der Impftechnik zu unterrichten, dieselben als 
vereidete Impfbeamte auszubilden und zu prüfen. Herr College 
Schultz muss demnach zu schliessen, das mannigfache Impf¬ 
verfahren bei unseren Haussieren für eine sehr einfache Sache 
halten, dass er glaubt, Laien so ausbilden zu können, dass die¬ 
selben Impfungen von Thieren, sowohl Tuberuclin-Impfungen als 
auch Rothlauf-Impfüngen (Lorenz’sches Verfahren) exact und 
lege artis ausführen können. Ich — und ich glaube mit mir alle 
Herren Collegen, die Impfungen, insbesondere Impfungen mit 
Tuberculin Kochii bei Thieren ausgeführt haben, sind ganz ent¬ 
gegengesetzter Ansicht. 

Herr College Schultz meint, dass dadurch, dass der Impf¬ 
stoff stets durch seine Vermittelung bezogen wird und er die Be¬ 
richte über die Resultate erhält, die Sache immer unter Controle 
des beamteten Tbierarztes bleibt. Ich muss sagen, ich verstehe 
unter Controle, wenigstens unter sachverständiger Controle einer 
Impfung doch etwas ganz Anderes. Ich gehe bei der Controle 
der von mir selbst ausgeführten Impfungen sogar so weit, dass ich 
jede einzelne Messung der geimpften Thiere selbst vornehme, 
denn schon ein ganz geringer Irrthum beim Ablesen der Tempe¬ 
raturen führt doch zu den grössten Trugschlüssen. Ich kenne 
überhaupt kein Verfahren, bei dem es so gerade sehr darauf an¬ 
kommt, die Temperaturen auf das Genaueste festzustellen, wie bei 
der Impfung mit Tuberculinum Kochii. 

Noch viel mehr Sorgfalt und wirkliche Sachkenntnis ist 
aber absolut nöthig bei der eigentlichen Ausführung der Impfung. 
Ich will nur kurz Folgendes erwähnen. Zunächst die Auswahl 
der Thiere, ob sie überhaupt geeignet sind zur Impfung. Z. B. 
Ausschluss solcher Thiere von der Impfung, bei denen bereits 
durch die klinische Untersuchung Erscheinungen der Tuberculöse 
festgestellt werden können, oder fieberhaft erkrankter Thiere etc. 
Weiter Berücksichtigung der Temperaturschwankungen gesunder 
Thiere, die peinlichste Reinlichkeit der zur Impfung nothwen- 
digen Instrumente, Desinfection derselben, Reinigung und Des- 
infection der Impfstelle, die Ausführung der Einverleibung des 
Impfstoffes durch Einstich etc. etc. Wenn Herr College Schultz 
dies alles Laien überlassen zu können glaubt, so habe ich da¬ 
gegen die schwersten Bedenken und muss mich entschieden da¬ 
gegen erklären. 

Abgesehen aber davon, dass meiner Meinung nach ein Laie 


niemals im Stande ist, Impfungen exact ausznführen, so ist das 
Verfahren des Collegen Schultz auch desslialb anfechtbar, weil 
es thatsächlich darauf hinauskommt, immer noch mehr Pfuscher 
heranzubilden. Denn anders wie als Pfuscher kann ich solch 
einen Laien, und wenn er noch so gut unterrichtet ist, doch nicht 
bezeichnen. Ich meine, wir hätten in unserm Berufe doch wahr¬ 
lich schon mit Pfuschern genug zu thun, ich erinnere nur an 
Schäfer, Schmiede und alle mögliche anderen Personen, die Thier¬ 
heilkunde in jeglicher Art und Weise ausüben, Geburtshelfer, 
deren es in jedem Orte einen oder gar mehrere giebt, Fleisch¬ 
beschauer mit allen möglichen Befugnissen, Viehcastrirer für jeg¬ 
liche Thiergattung vom Schwein bis zum Pferd etc. Und da 
sollen wir uns selbst auch noch Impfpfuscher heranbilden für 
Tuberculin-, Rothlauf- und wer weiss was noch alles für Impfungen! 
Ich muss offen gestehen, diesen Vorschlag aus Fachkreisen hätte 
ich nicht für möglich gehalten. 

Ist denn den Aerzten schon jemals der Gedanke gekommen, 
die Schutzpockenimpfung beim Menschen, die doch gewiss viel 
einfacher ausführbar ist als eine Impfung mit Tuberculinum 
Kochii mit ihren ziemlich genauen Temperaturmessungen, Laien, 
vereideten Impfbeamten zu übertragen und sich solche Leute 
selbst heranzubilden? 

Wenn Herr College Schultz sich in seinem Kreise solche 
Leute herausbildet, so ist das ja freilich zunächst sein Nachtheil 
und seine Sache. Ich fürchte auch nicht etwa, dass sich Collegen 
bewogen finden könnten, ihm das nachzumachen. Aber 
etwas anderes fürchte ich, wenn die Landwirthe in 
benachbarten Gegenden von den schönen, billigen Tuberculin- 
impfungen im Kreise Schlüchtern hören, so könnten sie besonders 
mit Rüqksicht auf die grosse Billigkeit des Verfahrens leicht 
dazu kommen, diese Einrichtung auch in ihrer Gegend zu be¬ 
antragen. 

Desshalb hat diese Sache eine Bedeutung, welche über den 
Kreis Schlüchtern hinausreicht und es darf desshalb, auch mit 
Rücksicht auf landwirtschaftliche Kreise nicht verschwiegen 
werden, wie andere Sachverständige darüber urtheilen. 

Im Uebrigen darf man sehr gespannt sein auf die von Herrn 
Collegen Schultz in Aussicht gestellten weiteren Mitteilungen, 
wie sich die neue Einrichtung bewährt hat. 


Referate. 

Begriff und Formen der Pododermatitis beim Pferd. 

Von Eberl ein. 

(Mt8h. f. Thlerhlkd., Bd. 9, H. 10.) 

Vatel hat schon 1829 versucht, verschiedene Formen der 
Huflederhautentzüudung zu unterscheiden, und zwar die Ent¬ 
zündung der zottigen und die der blättrigen Papillen (Fleisch¬ 
blättchen) von der Entzündung der tieferen Bindegewebsschichten 
(Podophlegmatitis). Möller hat im Allgemeinen in Ueber- 
einstimmnng damit die beiden ersteren Formen als Pododerma¬ 
titis superficialis zusammengefasst und die Entzündung der tieferen 
Schichten als P. parenchymatosa bezeichnet. Ausserdem hat er 
Werth auf die Unterscheidung zwischen acuter und chronischer 
Entzündung gelegt. Hertwig hat dagegen nach der Ursache 
eine traumatische, rheumatische und metastatische Form differen- 
zirt. Anker endlich empfiehlt, die Entzündung nach ihrem 
Charakter und Umfang einzutlieilen. 

E. findet zunächst, dass diese Eintheilungen der heutigen 
Kenntniss von Bau und Verhalten der Huf haut nicht mehr ent¬ 
sprechen. Er schlägt vor, zunächst eine Pododerm. acuta und 
chronica zu unterscheiden, und bei der acuten Entzündung eine 
seröse und eine hämorrhagische Form, die gleichzeitig aseptisch 
sind, sowie eine suppurative und eine gangränöse, die zugleich 


Digitized by A.ooQie 





352 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


infectiös sind, anzunehmen, während die chronische P. in eine 
hyperplastische und suppurativ eitrige Form zerfällt. 

Hiernach acceptirt also E. zunächst die von Möller ein- 
geführte, unzweifelhaft berechtigte Unterscheidung zwischen 
acuten und chronischen Hufhaut-Entzündungen und unterscheidet 
dann, also in Anlehnung an das Anker’sche Princip, nach dem 
Charakter der Entzündung. 

Das Wesentliche ist die von ihm gegebene Begründung 
dafür, dass eine oberflächliche und eine tiefere Form nach der 
Art des Entzündungsvorganges nicht unterschieden werden kann. 
Er fand nämlich ausnahmslos, dass die Entznndungserscheinungen 
ihren Ausgang nicht von den oberflächlichen Schichten der Cutis 
nehmen, sondern vielmehr von dem Stratum vasculosum, welches 
den eigentlichen Bindegewebskörper der Huflederhaut darstellt, 
im Gegensatz zu dem Papillarkörper einerseits und zu den den 
Knochen direct aufgelagerten also periostalen Schichten anderer¬ 
seits. Von dem Stratum vasculosum greifen erst im Verlauf des 
Processes die entzündlichen Vorgänge auf den Papillarkörper, 
d. h. auf die oberflächlichen Theile über. Demnach würden die 
Entzündung in den tieferen Schichten die leichtere Form und ent¬ 
zündliche Veränderungen in den oberflächlichen Schichten bereits 
eine Coinplication bezw. eine schwerere Form darstellen, während 
man bisher geneigt war, unter den oberflächlichen Entzündungen 
die leichter verlaufenden Processe zu verstehen. Bei chronischer 
Entzündung der Huflederhaut findet man übrigens ebenfalls die 
schwersten und ältesten Veränderungen stets im Stratum vascu¬ 
losum; die Heftigkeit der productiven Entzündung nimmt nach 
der Oberfläche der Fleischblättchen hin ab. Es ist übrigens schon 
aus mechanischen Gründen leicht erklärlich, dass Entzündungsreize 
in erster Linie das Stratum vasculosum beeinflussen; denn es sitzt 
sozusagen zwischen zwei festen Flächen, nämlich zwischen den 
periostalen Schichten und den in der Hufcapsel eingekeilten 
Fleischblättchen. Zerrungen und dergl. werden also das Stratum 
vasculosum betreffen. 

Ueber die locale Anaesthesie. 

Vortrag, gehalten von W r ohlgemuth im Verein für innere Medicin. 

(Allg. med. Centr. Zig.) 

Nach den Ausführungen des Verfassers haben wir drei 
Grundformen der Localanaesthesie: die Compression, die Kälte 
und die local-medicamentöse Anaetbesie. Die Compression ist 
schon seit sehr langer Zeit bekannt, und schon vor 100 Jahren 
führte James Moore unter Anwendung des Bügelcompressoriums 
schmerzlos eine Amputatio femoris aus. Die Compression als 
solche allein findet aber heute keine Anwendung mehr. Auch 
die Anwendung der Kälte zum Zwecke der localen Anaesthesie 
ist lange bekannt. Rietschhausen war der Erste, der durch 
künstliche Zerstäubung von Aetlier hohe Leistungen erzielte. 
Der Aetherspray wird auch heute noch verwendet; in neuerer 
Zeit ist ihm im Aethylchlorid ein Rivale erwachsen. Es hat den 
Vortheil vor dem Aether, dass es grössere Kälte erzeugt. 
Während ersteres bis — 18° erzielt, erzielt man mit letzterem 
Temperaturen bis — 36°. Beide Mittel empfehlen sich nicht bei 
sehr stark gefalteter Haut; entzündete Gewebe bieten der Ein¬ 
wirkung der Kälte auch kein günstiges Feld: denn die grosse 
Kälte bringt zunächst grossen Schmerz bei der Application zu 
Stande; nicht zu empfehlen ist das Verfahren auch in der Nähe 
von Auge, Mund und Nase, überhaupt nicht auf Schleimhäuten. 
Die Kälte wirkt endlich nur oberflächlich. 

Weitaus das grösste Gebiet der localen Anaesthesie ist das 
der medicaraentösen Anaesthesie. Bis jetzt lief das CocaYn allen 
anderen Mitteln den Rang ab; ein ungeahntes Gebiet der localen 
Cocain-Anaethesie ist neuerdings durch die S chl ei ch’sche 
Methode eröffnet worden. Aber auch dieser Methode haften 
Mängel an, und zwar: PaDaiitien und Phlegmonen an Hand und 


Fus8 können nicht gut anaesthetisch gemacht werden, weil die 
Injectionen in die straff gespannte Haut ziemlich schmerzhaft 
sind, und weil man unter Umständen, wenn die Hohlnadel in die 
Absces8höhle geräth, den Druck der Eiterhöhle noch erhöht und 
enorme Schmerzen hervorruft; ferner kann die Methode nicht an¬ 
gewendet werden bei straff gespannter Haut, bei physiologischer 
wie pathologischer Verdickung der Haut. Dagegen ist die 
Schleich’sche Methode bei grossen Operationen, Laparotomien, 
Oophoritis etc., namentlich wenn der Allgemeinzustand schlecht 
ist, nicht mehr gut zu umgehen. Um bei Phlegmonen Anaesthesie 
zu erzeugen, haben Corning und dann Obevitt eine Methode 
angegeben; sie umschnüren z. B. die Basis des Fingers mit 
einem Gummidrain und spritzen in die Eintrittsstelle der Nerven- 
stämme ‘/a g einer lproc. Cocainlösung. Es ist dies ein voll¬ 
kommenes Verfahren, dessen Gebiet aber sehr begrenzt ist. 

Die Ersatzmittel haben bis jetzt das Cocain nicht ersetzen 
können: Eucaln B hat zwar auf Schleimhäuten dieselbe Wirkung, 
für die subcutane Injection eignet es sich aber viel weniger; eB 
macht auch nicht dieselbe Gefässverengerung und Anaesthesie 
wie das Cocain. Das Orthoform wirkt nur auf entblösste Gewebe 
energisch anaesthetisch; zu subcutanen Zwecken ist es nicht zu 
gebrauchen. Ueber Aneson und Anesin giebt W., obwohl einige 
Versuche günstige Resultate ergaben, kein abschliessendes Urtheil. 
Nach des Autors Ansicht ist aber die Anaesthesie überhaupt 
noch in den Kinderschuhen und hat noch eine grosse Entwicklung 
vor sieb. 

(Jeber Arsenikbehandlung bei Otitis externa der Hunde 
nnd sogenanntes Ansbrennen des Gehörganges. 

Von Prof. H offmann-Stuttgart. 

(Oe*terr. Mon*ts*clir f. TLlerblk. 1838, H 5.) 

Die weit verbreitete chronische Entzündung des äusseren 
Gehörganges des Hundes ist ein hartnäckiges Uebel. Dasselbe 
besteht in einer katarrhalischen Erkrankung der Schleimhaut des 
äusseren Gehörganges mit reichlicher Absonderung der in die 
Schleimhaut eingebetteten Talg- und Schweissdrüsen (Ohrenfluss), 
welche braun, dicklich oder grau oder dünnflüssig gelblich eiter¬ 
ähnlich und übelriechend ist. Die Mündung des Gehörganges 
nach aussen im Grunde der Ohrmuschel ist gerötliet, vermehrt 
warm und meist wenig geschwollen. 

Um das Symptomenbild vollständig zu machen, ist diesen Er¬ 
scheinungen noch das andauernde charakteristische Schütteln mit 
dem Kopfe hinzuzufügen. 

Die Schwierigkeit, mit welchen dieses Leiden zu beseitigen 
ist, setzt die Geduld des behandelnden Thierarztes und des Hunde¬ 
besitzers oft auf eine harte Probe. Ein dauernder Erfolg wird 
bei inveterirten Fällen mit den jetzt bekannten Behandlungs¬ 
methoden gewöhnlich nicht erzielt. 

H. berichtet zunächst über ein Heilverfahren, welches ein 
bulgarischer Student der Thierheilkunde in Stuttgart vorzeigte 
Dasselbe lässt nach den Angaben des Verf. ebenfalls im Stiche, 
verdient aber seiner Originalität wegen weiter bekannt zu werden. 
Ein quadratisches Stückchen feiner Leinwand von 30 cm Seite 
wird in geschmolzenes Wachs eingetaucht und darauf während 
des Erkaltens des Wachses in eine spitze Düte aufgerollt. Die 
Spitze bleibt offen und wird dem auf dem Tisch liegenden Hunde 
tief in den äussern Gehörgang eingeführt. Hierauf wird der 
Rand der Wachsdüte angezündet und bis an den Kopf des Hundes 
abgebranDt. Nach dem Auslöschen der Flamme zieht man den 
Rest der Düte aus dem Gehörgang hervor, der jetzt mit einem 
weisslichen trockenen Pulver oder mit einer breiigen Masse an¬ 
gefüllt ist. Der Gehörgang soll ein völlig reines Aussehen dar¬ 
bieten. Die Reinigung soll sich in der Weise vollziehen, dass 
durch die kreisförmig am Dütenrande herabbrennende Flam 


Digitized by kjOOQie 







BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


353 


28. Juli 180& 

eine sangende Wirkung am offenen spitzen Ende der Düte ent¬ 
stellt^ welche die daselbst vorhandenen Absondernngsproducte an¬ 
saugt. Heilerfolge hat H. mit diesem „Ausbrennen“ des äussern 
Gehörganges (eine Bezeichnung, die der Beschreibung nach nicht 
zutrifft) nicht gewonnen. 

Erfolgreicher war eine von dem Verf. versuchte medicamen- 
töse Kur mit Arseniklösung. 

Bei fortgesetzter sorgfältiger localer Behandlung mit den 
empfohlenen Mitteln ist dem Hunde in verdünnter Milch tropfen¬ 
weise Sol. Fowleri sechs Wochen lang zu verabreichen. Die 
Nahrung darf dabei nur aus ca. 1 Liter verdünnter Milch und 
wöchentlich ein- bis zweimal etwas Weissbrot bestehen. Der 
Hund ist während der Kur vor Erkältung zu schützen und darf 
nicht auf die Jagd gehen. Treten infolge der Behandlung Ver¬ 
giftungserscheinungen (Appetitlosigkeit, Erbrechen) aut, so ist die 
Medicin vorübergehend auszusetzen, nach dem Verschwinden der 
Krankheitssymptome aber gleich wieder fortzugeben. 

H. empfiehlt 30 g Sol. Arsenicalis Fowleri in einem Tropf¬ 
glase zu verordnen und dem kranken Hunde am ersten Tage drei 
Tropfen nach Aufnahme seiner Milchnahrung in etwa zwei Ess¬ 
löffeln voll verdünnter Milch darzureichen. An den folgenden 
Tagen erhält der Hund steigend je 1 Tropfen mehr, bis nach 
20 Tagen die Zahl von 20 Tropfen erreicht ist, alsdann geht es 
in absteigender Scala Tag um Tag wieder bis auf 3 Tropfen 
zurück. Zur Vermeidung von Verwechselungen in der an den 
aufeinander folgenden Tagen zu verabreichenden Tropfenzahl 
soll eine Tabelle angefertigt werden, auf welcher die steigenden 
Tropfenzahlen täglich einzutragen sind. 

Mit diesem Verfahren hat H. mehrfach vollkommene Heilungen 
erzielt. 

Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmuscularis 
beim Hunde als Ursache einer persistirenden Diarrhöe. 

Von Repetitor L i 6 n a u x-Brüssel. 

(Annalea Je möd. v6t, Febr. 1809.) 

Ein vieljähriger Setter wurde getödtet, weil er seit einigen 
Monaten an einer unbezwingbaren Diarrhöe erkrankt ist. Die ver¬ 
abreichte Nahrung geht in demselben Zustand ab, das ingerirte 
Fleisch ist kaum alterirt. 

Die Section zeigt, dass der Magen das erkrankte Organ ist; 
derselbe ist dilatirt, seine grosse Curvatur misst 50 Centimeter, 
er ist hart und widersteht dem Druck. Die Mucosa ist glatt, 
weniger gefaltet als im normalen Zustand, sie ist verdünnt und 
adhaerirt stark an der Muscularis, die ihrerseits sehr stark ver¬ 
dickt ist und an der Cardia und an der grossen Curvatur 28, 
beim Pylorus 20 und an der kleinen Curvatur bei der Cardia 
11 Millimeter misst. Die Magenöffnungen und die Serosa sind gesund. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass es sich um 
eine Sclerose der Muscularis handelt, die Mucosa ist normal ge¬ 
blieben mit Ausnahme der tieferen Schichten, die von fibrösem 
Gewebe durchsetzt ist. 

Die Veränderung der Magenmusculatur hatte eine Insufficienz 
der mechanischen Thätigkeit der Magenverdauung zur Folge, die 
ihrerseits eine unvollständige Darmverdauung verursachte. Patient 
zeigte nie Erbrechen, weil der rigide Magen nur unter der Ein¬ 
wirkung der Bauchmusculatur comprimirt werden konnte. 

Die Pathogenie dieser Laesion blieb unbekannt. Es war 
keine functionelle Hypertrophie, weil kein Hinderniss in der 
Pylorusgegend existirte. 

Perforation des Dünndarms verursacht durch 
Strongylus tetracanthus. 

(Vet. Rec. 19-J8. H. 511 ) 

Eine zwölfjährige Halbblutstute erkrankte an einem heftigen 
Kolikanfall und ging nach 24stündiger erfolgloser Behandlung ein. 


Bei der Obduction wurden in der Bauchhöhle 2—3 Quart 
einer leicht rothgefärbten Flüssigkeit gefunden, welche mit Darm¬ 
inhalt gemischt war. Zwischen den Darmschlingen wurden 
gleichfalls Ingeste beobachtet. Die Eingeweide hatten bis auf 
das Ilium ein normales Aussehen. Dasselbe war stark entzündet 
und mit schwarzen Flecken bedeckt. An acht oder neun Stellen 
war dieser Darmtheil perforirt. Die Löcher hatten eine ver¬ 
schiedene Grösse, von der eines Steckuadelkopfes bis etwa zur 
Grösse eines silbernen Zwanzigpfennigstücks. 

Die Schleimhaut des Coecums und Colons war von einer 
grossen Zahl von Strongylus tetracanthus bedeckt, Tausende 
lagen tief in die Schleimhaut selbst eingebettet. Im Ueum waren 
viele Exemplare des gedachten Rundwurms zu beobachten, theils 
frei, theils mit ihrem Saugapparat der Schleimhaut anhaftend, 
theils in ihrem Gewebe eingeschlossen. 

Neben den vorhererwähnten Perforationsstellen, welche 
augenscheinlich durch eine allmälige Verdünnung der Darmwand 
von innen her verursacht worden waren, zeigte die Schleimhaut 
zahlreiche rundliche Ulcera mit scharfen Rändern von der Grösse 
einer Erbse. Einzelne Geschwürchen sassen flach, andere waren 
tiefer bis in die Submucosa und Muscularis vorgedrungen und 
standen bereits in Begriff die Darmwand zu durchbrechen. Die 
Wand der Art. mesenteric. ant. enthielt einige gut entwickelte 
Exemplare von Str. armatus und in der Ven. mesenteric. ant. 
fand sich ein Coagulum (?), welches den gleichen Parasiten in 
grösserer Anzahl einschloss. 

Noch zwei Gase in der Atmosphäre. 

Den vor zwei Jahren entdeckten Bestandtheilen der Luft 
Argon und Helium hat der Mitentdecker beider, Prof. Ramsay, 
noch zwei weitere hinzugefügt, welche er vorher für eins hielt 
und mit dem Namen Crypton bezeichnete. Die spärlichen Mit¬ 
theilungen darüber besagen, dass die Entdeckung gemacht wurde, 
als Ramsay flüssiges Argon verdampfte. Eins von den beiden 
neuen Gasen blieb in crystallisirtem Zustande zurück. Bei lang¬ 
samer Verdampfung zeigte sich die Gasnatur. Es zeigte ein dem 
Argon ähnliches Spectrum. Prof. Ramsay nennt es daher 
„Metargon“. Das andere Gas zeigte Lichterscheinungen beim 
Durchgang der electrischen Entladung. Es besitzt ein schönes, 
rothes und gelbes Spectrum. Die Dichte ist wahrscheinlich 
etwa 12—13, eher geringer .Die Zahl würde eine leere Stelle in 
der Reihe der Elemente ausfüllen. Das letztere Gas hat Prof. 
Ra msey „Neon“ getauft. Es bildet einen unendlich kleinen Tlieil 
der Atmosphäre. 

Es erheben sich nun zwei Fragen, nämlich ob das Argon 
wieder aus der Reihe der Elemente zu streichen und ob das 
Crypton mit dem Gemisch von Metargon und Neon identisch ist. 
Werden sie bejaht, so haben wir es vorläufig mit drei neuen 
Gasen zu thun, mit Helium, Metargon und Neon, sonst aber 
vielleicht mit fünf! Die Experimentaluntersuchungen gehören zu 
den schwierigsten und kostspieligsten, welche je geführt wurden. 
Ramsay arbeitet mit seinem Assistenten Morris Travers zu¬ 
sammen. (Techn. Rundsch.) 

Therapeutische Notizen. 

Tenalin. 

Tenalin ist ein neues Präparat der namentlich in der 
Veterinärpraxis, als Wurmmittel angewandten Arecanuss, welcher 
die anthelminthisch wirkenden Alcaloide, Arecain, Arecaldin und 
Guvacin enthalten und frei sein sollen von dem toxisch wirkenden 
Arecolin. Prof. F. Hobday, welcher das Mittel in mehr als 
60 Fällen bei Thieren versucht hat, bezeichnet es als ein vor¬ 
züglich wirkendes Vermifugum sowohl gegen Bandwürmer als 
auch gegen Ascariden. Da das Mittel die Peristaltik und die 


Digitized by 


Google 








BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


354 


Secretion der Darmschleimhant anregt nnd flüssige Entleerungen 
hervorruft, ist die gleichzeitige oder nachfolgende Anwendung 
eines Laxans überflüssig. Die Dosis beträgt ein Tropfen pro 
Pfand Körpergewicht und wird zweckmässig mit der gleichen 
Menge Wasser vermischt verabreicht. Ohne Schaden kann die 
Dosis verdoppelt werden. Die einzige beobachtete Wirkung ist 
die vermehrte Peristaltik, Kolikschmerzen und dünnflüssige Ent¬ 
leerungen. Dass jedoch das Tenalin nicht ganz ungiftig ist, gebt 
ans einem Versuche hervor, bei welchem ein etwa 4 Pfund 
schwerer Terrier nach subcutaner Injection von einer Drachme 
Tenalin nach 15 Minuten unter Bewusstlosigkeit, Abnahme der 
Respiration verendete. Zur subcutanen Injection eignet sich 
das Mittel nicht. (Ther. Monatsh.) 

Apooynum cannabinum gegen Wassersucht. 

Alekscjew stellte fest: Das Mittel wirkt durch Stärkung des 
11er zmuskels und ist, daher der TroikaranWendung überlegen. Es ist 
indidrt bei Herzklappenfelilern und uncompensirter Herzthätigkeit. 
Die Wirkung zeigt sich schon am zweiten oder dritten Tage. 
Die Anwendung grosser Dosen ist unnöthig. Beim Menschen 
M—5 Tropfen 11-4 Mal täglich; grössere Dosen machen Störungen. 
Das Mittel wirkt diuretisch, ebenfalls durch Hebung der Herz- 
thlltlgkoit und kann längero Zeit gebraucht worden. 

Auch Kloptowitzsch macht auf die günstige Wirkung bei 
verschiedenen Herzkrankheiten nufmorksam. Schon nach Gaben 
von 10 15 Tropfen tritt starke Diurese ein, der Puls wird 
langsamer und voller. Als Ersatzmittel der Digitalis sehr zu 
empfehlen. 

Sallgenla und Amlnoforn gegen Blökt. 

Nach Walter (Münch, med. W6chr. 98,10) eignen sich die 
Mittel an Stelle der Salieylsänre, die bisher vorzugsweise an¬ 
gewendet wurde, aber wegen Ihres widerlichen Geschmacks und 
ihrer Nebenwirkungen wenig geeignet ist. Das S. hat diese 
Uobolstttnde nicht und das A. hat dieselbe Wirksamkeit gegen 
gichtische akute Gelenkentzündungen und scheint sogar als Prophy- 
laktieum gegen die gichtische Diathese *n wirken. Nikolaier 
nennt das Aminoform Urotropin. Gichtige, welche täglich einen 
gestrichenen Kaffeelöffel Aminoform nahmen, ohne dass dadurch 
übrigens unangenehme Zustände hervorgerofen wurden, blieben 
von den Anfällen verschont. 

Auwtuduug des BruststioM NI Nr Brustswohe. 

Aus einem Bericht über die Brustseuche im Regiment Gardes 
du l'orps in der /.«sehr. f. Yeterinärkd. ist folgender Einzelfall 
t\\ entnehmen. Boi einem Pferde wurde der Thorax an beiden 
Seiten troiearirt, sechsmal in Zwischenräumen von je 3 Tagen, 
dreimal rechts und links, zweimal links und einmal rechts. Es 
wurden das erst* Mal ü,\ l, drei Tage später 15 1. drei Tage 
später links l'.' und wiederum nach drei Tagen rechts 13 1 und 
endlich die beiden letzten Male an der linken Seite 14 nnd 10 1, 
im Gänsen 89 l Kvsudat entfernt. Während de* Abflusses 
wurde» Pansen nicht eingelegt, der Pols wurde genau controlirt, 
und je mehr Wasser ahtioss, um so kräftiger wurde er nnd am 
so mnntetvr der Angx'nausdruck. Allerdings xvurxie der dünne 
Bauptnevsche Brusttrvücar xerxxcndet, nnd es dauerte recht 
lange, ehe damit ein Kimer gefüllt werxien konnte. Das Pferd 
statb fteilich schhesshch doch am 31. Tage der Erkrankung. 

OmfeMtiMi m feältratfeaaaaaeatNafe uM OrtNferm 

Die 8cMeu'h‘sche Methode der Anaesthesirung au Operation*- 
»weehen hat steh langsam, aber sicher l*ahn gehrxvheu. Ein 
***4gev Nachtheil derselben besteht darin, das* die aas wuudor- 
y»e gtvnxcndc ( nemptindhchkxMt der behandelte* Partien sehen 
**0 " ' ■ »ten xvvschxx indet ja sogar manchmal einem 


emündlichen Nachschmerz Platz macht. Diesen Nachtheil zn ver¬ 
meiden, ist nach Dreyfass die Combination der Schleich'schen 
Anaesthesie mit Orthoformanwendung sehr geeignet Verf. fand, 
dass bei Personen, die mit Schleich’scher Anaesthesie operirt 
waren und nachher grosse Schmerzen empfanden, jeder Schmerz anf- 
hörte, sobald Orthoform anf das Operationsterrain gebracht wurde. 
Seit dieser Zeit bringt Verfasser auf jede Operationswunde 
Orthoform und hat niemals wieder Patienten über Schmerzen 
nach der Operation klagen hören. 

(Münch, med. Wochenschr. 97/98.) 

Blausäure als Antidot bei Cbloroformasphyxle. 

Hobday hat durch Thierversuche festgestellt, dass dieleicht 
resorbirbare Blausäure ein rasch and kräftig wirkendes nnd 
den Strychnininjectionen überlegenes Stimulans der Athemthatig- 
keit nnd daher Antidot bei Chloroformasphyxie ist. Anznwenden 
mittels graduirter Tropfstäbchen in entsprechender Verdünnung 
auf dem Zungenrücken. (Lancet, Januar 98.) 

Ueber Folia digital!*. 

Dr. Strahler (Therapeut. Mtsh. 6, 96) betont gegenüber 
gewissen gelegentlich ungünstigen Erfahrungen mit der Ver¬ 
wendung von Folia digital« die Abhängigkeit der Wirksamkeit 
von dem Umstande, dass die Blätter von den im Aufblühen 
begriffenen Pflanzen im Monat Juli nnd August eingesammelt 
sind, an einem schattigen Orte getrocknet werden, von den Blatt¬ 
stielen und Rudimenten des Zellengewebes befreit sind, bald 
geschnitten, in gnt verschlossenen Blechbüchsen anfbewahrt nnd 
jährlich erneuert werden. Auch ist es wirknngswidrig, wenn, 
wie in Apotheken häoüger geschieht, ein Infusnm concentratum 
vorräthig gehalten wird. Freilich ist auch das Wetter von 
Einflass auf die Wirksamkeit. Alle diese Umstände haben zn 
den Versuchen geführt, das Wirksame aus den Blättern zu 
isoliren. Doch sind die so gewonnenen Präparate alle so wenig 
genügend, dass ihnen die Blätter selbst immer noch vor¬ 
zuziehen sind. 


Thierhaitang and Thierzncht 

Die Ziegenxacht im oberen KQglitzthale. 

Von Amtsthierant Angst i. L. 

(Sic*». UadwtntMokaft] 

Die Zucht der lange Zeit so gänzlich vernachlässigten Ziege, 
der „Kuh des kleinsten Mannes“, zum Gegenstand allgemeiner 
Aufmerksamkeit und rationeller Pflege zn machen, ist ein 
erfreulicher Weise sieh erfolgreich ausbreitende* Bestreben. 
Und noch erfreulicher ist es, dass zugleich mehr und mehr die 
Ansicht sich Bahn bricht, dass in unseren heimischen Schlägen 
ein sehr verbesserungsfähiges und treffliches Material zu finden 
ist, so dass es zur Hebung der deutschen Ziegenzucht durchaus 
nicht erforderlich ist, für importirtes, unseren Verhältnisse* gar 
nicht entsprechendes Zuchtmaterial grosse Summen ins Ausland 
fliessen zu lassen, und an Stelle unserer einheimischen Thiere die 
weichliche, hornlose, hässliche Saasenziege zu setzen. 

Dass in Deutschland in vielen Gegenden sehr brauchbare 
einheimische Stämme existiren. zeigt aach der Aufeatz des Herr* 
Augst über die Ziege* im obere* Mägiitzthal (Laueastein, Gemng, 
Alteabergl im Bereich des laadwhrthsehaftüehea Kreisvereins 
Dresden. Freilich hat man aach hier, zam Theil mH sehr 
«weifelbaften Erfolg, einige Schweizer Bücke angeführt. 

Di« Ziegen sind im Besitz von Arbeitern m. s. er. Sie 
werxien im Herbst fest ausnahmslos aaf die Weide getrieben. 
Die Luft ist gut. di« Dampfeesea etc. feh l e n , die Witterung, der 
Höhenlage entsprechend, jedoch oft rank Die Ziegen nnd daher 
•ehr abgehärtet. Neben guten Weid e ti c ke n gieh* es auch viel 


Digitized by 


Google 





BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


855 


28 Jn\i 189 8 - 

moorige Stellen. Die Stallhaltung der Ziegen ist leider die 
denkbar schlechteste. 

Die Merkmale des ursprünglichen Landschlages, den man 
seit 1894 auch angefangen hat, mit Schweizer Ziegen zn kreuzen, 
sind etwa folgende: Farben rehbraun, Grauschimmel, Schecken 
und schwarz mit weissen Augenstreifen. Haai Qualitäten sehr 
verschieden. In allen Färbungen giebt es ungehörnte (Schafziegen) 
und gehörnte, unter den rehbraunen im Allgemeinen die schönsten 
Thiere. Die Hörner eines dreijährigen Bockes wogen 2 kg, hatten 
eine senkrechte Höhe von 24 cm, eine Länge an der äusseren 
Krümmung von 66 cm und eine Spitzenentfernung von ca 70 cm. 
Die Böcke sind meist noch gut gehörnt; vier und sechs Hörner 
kommen vor. Der Schopf ist nur beim Bock, hier stark ent¬ 
wickelt, so dass er oft fast die Augen verdeckt. Der Wuchs ist 
im Allgemeinen kräftig, die Form befriedigend, namentlich, Dank 
dem Weidegang, gut in der Brust. An den Gliedmassen kommen, 
unbeschadet guter Bemuskelung, öfter gewisse Fehler vor. Nicht 
selten sind Voibiegigkeit der Vorderfusswurzelu (Bockbeinigkeit) 
und Kuhhessigkeit. Letztere, gepaart mit starker Durchtrittigkeit, 
ist auf angeborene Fehler zurückzuführen. Im Uebrigen aber 
würden viele Stellungsfehler vermieden werden können, wenn 
während der Stallhaltung die Klanen öfters beschnitten würdeu 
(Hutmesser, gewöhnliches Messer, auch sogen. Kosen-Scheere), 
während sie meist ganz vernachlässigt werden. So kommt es, 
dass das Wandhorn nach vorn über das Sohlenhorn zu einer 
schnabelschuhähnlichen Spitze zusammenwächst, oder dass die 
Hornwand sich nach aussen biegt und ein förmlicher Gänsetuss 
entsteht Das Euter soll eine breite Basis haben, rund uud rein in 
Haut und Haar, sowie mit kurzen konischen Strichen versehen 
sein; lange, baumelnde Euter sind nicht blos unschön, sondern 
auch erfahrungsgemäss nicht so gut, obwohl sie übrigens häufig 
Vorkommen. Ausgeglichenheit des Schlages besteht im Allgemeinen 
nicht (wird aber durch Schweizer Kreuzungen wohl am wenigsten 
erreicht werden. D. Ref.). 

Die ausgezeichnetste Eigenschaft ist die Milchergiebigkeit, 
über welche Dr. Kohlschmidt*) ausgiebige Untersuchungen 
angestellt hat. Von 27 Ziegen, darunter drei Jährlingsziegen, 
betrug der durchschnittliche Jalirest-rtrag 725 Liter, alle 24 ältere 
Ziegen gaben über 600, acht über 800 und davon drei über 1000; 
der Durchschnitt für die 24 älteren Ziegen allein betrug 778 Liter. 
Bei den Jährlingsziegen schwankte der Ertrag zwischen 328 und 
642 Litern. Die Ergiebigkeit erhält sich drei Monate nach Be¬ 
ginn der Lactation auf der Höhe, um dann allmälig zu sinken. 
Der Fettgehalt beträgt durchschnittlich 3,4 pCt. 

Das Körpergewicht der weiblichen Ziegen schwaukt zwischen 
56 und 118 Pfund. Die Ziegen sind auch als Schlachtthiere ge¬ 
schätzt. Die Ziege liefert 30—40, der Bock 50—80, ein Cast rat 
60—70 Pfund Fleisch. Ziegenlämmer sind am schmackhaftesten, 
wenn man sie drei bis vier Wochen hat säugen lassen. Erwachsene 
Ziegen liefern das beste Fleisch mit vier bis fünf Jahren, Schnitt¬ 
böcke mit zwei Jahren. Auch Bockfleisch schmeckt sehr gut. 
Der Bock wird meist um Johanni geschlachtet, weil dann der 
Bocksgeruch am schwächsten ist; auch muss das Fleisch luftig 
hängen und gehörig auskühlen; es ist endlich üblich, dem Bock 
nach dem Betäuben, jedoch vor dem Ausbluten, beide Hoden 
wegzuschneiden. Ausserdem liefert eine Ziege sechs bis acht 
Pfund Talg im Durchschnitt, die Haut gilt etwa drei Mark. 

Der Ziegenbestand beträgt in sechs Ortschaften 1244 im 
Werthe von ca. 23000 M. Deren Gesammtertrag wird auf 
jährlich 104000 M. geschätzt, wovon 98500 M. auf die Milch 
kommen, deren Gesammtmenge bei 966 Milchziegen auf 703000 

*) Untersuchungen Uber die Milohergiebigkeit des im östlichen 
Erzgebirge verbreiteten Ziegeusclilages. 


Liter a 14 Pf. geschätzt wird. Uebrigens vertritt Amtsthierarzt 
Augst durchaus nicht die oben ausgesprochene Ansicht, dass eine 
Verbesserung des einheimischen Materials ohne Schweizer 
Kreuzung angestrebt werden solle, redet Letzterer vielmehr das 
Wort für den Fall, dass weitgehende Inzucht unter den Kreuzungs- 
producten vermieden wird. 

Der Vortheil der Ziegenhaltung für die Arbeiterbevölkerung 
liegt auf der Hand. Die Ziege ist leicht zu lüttem und zu halten. 
Sie liefert die Milch für eine ganze Familie. Wird sie krank, 
so schützt ihre baldige Abschlachtung vor grösserem Verlust, 
denn zwischeu Fleisch- und Zuchtwerth besteht keine zu grosse 
Differenz. Eine neue Ziege endlich kann auch der Aermere baar 
bezahlen, während er eine Kuh auf Credit nimmt, sie über Gebühr 
bezahlen muss, in Wuchererhände geräth und bei Verlust häutig 
genug ruinirt ist. 

Pinzgauer Stiermarkt. 

Die Redaction ist ersucht, mitzutheilen, dass am 7. September 
er. zu Zell am See zum 3. Male der neugeschaflene Pinzgauer 
Stiermarkt abgehalteu wird. Es sollen hauptsächlich 1—2 jährige 
Stiere aus den bäuerlichen Stammzuchten mit eiugerichteter Zucht- 
buchtührung und von den Juugstier-Alpgenossenschafteu in 
St Johann im Pongau und Niedersill im Pinzgau, z. Th. sehr 
edler Qualität, im Ganzen 150—200 Stück zum Auftrieb gelangen. 
Weibliche Rinder, alles Händlervieh, sowie fremde, d. h. nicht 
aus dem Pinzgau oder Pongau stammende Thiere sind unbedingt 
ausgeschlossen. Nähere Auskunft ertheilt die k. k. Landwirth- 
schaftsgesellschaft Salzburg und die Gemeindevorstehung in 
Maishofen. Letzteres liegt eine Stunde von Zell am See, hat 
Telegraphen- und Eisenbahnstation. 


r . , Tagesgeschichte. 

t 

Am 17. d. Mts. verschied zu Breslau der Königl. Departemeuts- 
thierarzt und Veterinär-Assessor Herr Dr. Carl Ulrich im 
Alter von 77‘/ a Jahren nach längerem, schwerem Leiden. 
Ulrich war am 20. December 1820 in Saalfeld, Bez. Königsberg 
geboren. Die thierärztliche Approbation erlangte er im Mai 1842. 
Schon im Jahre 1843 wurde ihm die Verwaltung der Kreis¬ 
thierarztstelle des Kreises Ziegenrück übertragen, ein Jahr t-päter 
erhielt er eine Berufung als Lehrer an die Laudwirthschaftliche 
Academie zu Müglin, und im Nebenamte die Kreisthierarztstelle 
zu Wrietzen. 1853 wurde er Repetitor in Berlin uud 1854 
Departementsthierarzt in Liegnitz. Im Jahre 1868 wurde er als 
solcher nach Berlin berufen uud 1871 nach Breslau versetzt. 

Der Entschlafene hat im Jahre 1853 den Verein schlesischer 
Thierärzte mitbegründet und — mit nur kurzer Unterbrechung — 
fast 38 Jahre hindurch geleitet. Ganz besonders unter den 
schwierigen Verhältnissen der ersten Lebensjahre des jungen 
Vereins, als die Thierärzte im öffentlichen Leben noch nicht die 
Stellung von heute bekleideten, hat es Ulrich verstanden, in 
einer fest zusammenschliessenden Vereinsthätigkeit das innere 
Leben der Thierärzte Schlesiens zu einem gedeihlichen, anregen¬ 
den und belebenden zu gestalten. 

Wenn sich auch der Verstorbene infolge besonderer Umstände 
bewogen fühlte, im vorigen Jahre aus dem Verein auszutreten, 
so wird doch sein langjähriges, erfolgreiches Wirken in demselben 
unvergessen bleiben und ihm ein ehrendes Andenken bewahrt 
werden. 

Möge er in Frieden ruhen! Arndt. 

In dem am 17. Juli in dem hohen Alter von 77 Jahren zu 
Breslau verstorbenen Veteriuärassessor Dr. Ulrich betrauert 


Digitized by LjOOQie 







352 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


infectiös sind, anzunehmen, während die chronische P. in eine 
hyperplastische und suppurativ eitrige Form zerfällt. 

Hiernach acceptirt also E. zunächst die von Möller ein- 
geführte, unzweifelhaft berechtigte Unterscheidung zwischen 
acuten und chronischen Hufhaut-Entzündungen und unterscheidet 
dann, also in Anlehnung an das Anker’sche Princip, nach dem 
Charakter der Entzündung. 

Das Wesentliche ist die von ihm gegebene Begründung 
dafür, dass eine oberflächliche und eine tiefere Form nach der 
Art des Entzündungsvorganges nicht unterschieden werden kann. 
Er fand nämlich ausnahmslos, dass die Entziindnngserscheinungen 
ihren Ausgang nicht von den oberflächlichen Schichten der Cutis 
nehmen, sondern vielmehr von dem Stratum vasculosum, welches 
den eigentlichen Bindegewebskörper der Huflederhant darstellt, 
im Gegensatz zu dem Papillarkörper einerseits und zu den den 
Knochen direct aufgelagerten also periostalen Schichten anderer¬ 
seits. Von dem Stratum vasculosum greifen erst im Verlauf des 
Processes die entzündlichen Vorgänge auf den Papillarkörper, 
d. h. auf die oberflächlichen Theile über. Demnach würden die 
Entzündung in den tieferen Schichten die leichtere Form und ent¬ 
zündliche Veränderungen in den oberflächlichen Schichten bereits 
eine Complication bezw. eine schwerere Form darstellen, während 
man bisher geneigt war, unter den oberflächlichen Entzündungen 
die leichter verlaufenden Processe zu verstehen. Bei chronischer 
Entzündung der Huflederhaut findet man übrigens ebenfalls die 
schwersten und ältesten Veränderungen stets im Stratum vascu¬ 
losum; die Heftigkeit der productiven Entzündung nimmt nach 
der Oberfläche der Fleischblättchen hin ab. Es ist übrigens schon 
aus mechanischen Gründen leicht erklärlich, dassEntzündnngsreize 
in erster Linie das Stratum vasculosum beeinflussen; denn es sitzt 
sozusagen zwischen zwei festen Flächen, nämlich zwischen den 
periostalen Schichten und den in der Hufcapsel eingekeilten 
Fleischblättchen. Zerrungen und dergl. werden also das Stratum 
vasculosum betreffen. 

Ueber die locale Anaesthesie. 

Vortrag, gehalten von Wohlgemuth im Verein für innere Medicin. 

(Allg. med. Centr. Zig.) 

Nach den Ausführungen des Verfassers haben wir drei 
Grundformen der Localanaesthesie: die Compression, die Kälte 
und die local-medicamentöse Anaethesie. Die Compression ist 
schon seit sehr langer Zeit bekannt, und schon vor 100 Jahren 
führte James Moore unter Anwendung des Bügelcompressoriums 
schmerzlos eine Amputatio femoris aus. Die Compression als 
solche allein findet aber heute keine Anwendung mehr. Auch 
die Anwendung der Kälte zum Zwecke der localen Anaesthesie 
ist lange bekannt. Rietschhausen war der Erste, der durch 
künstliche Zerstäubung von Aether hohe Leistungen erzielte. 
Der Aetherspray wird auch heute noch verwendet; in neuerer 
Zeit ist ihm im Aethylchlorid ein Rivale erwachsen. Es hat den 
Vortheil vor dem Aether, dass es grössere Kälte erzeugt. 
Während ersteres bis — 18° erzielt, erzielt man mit letzterem 
Temperaturen bis — 36°. Beide Mittel empfehlen sich nicht bei 
sehr stark gefalteter Haut; entzündete Gewebe bieten der Ein¬ 
wirkung der Kälte auch kein günstiges Feld: denn die grosse 
Kälte bringt zunächst grossen Schmerz bei der Application zu 
Stande; nicht zu empfehlen ist das Verfahren auch in der Nähe 
von Auge, Mund und Nase, überhaupt nicht auf Schleimhäuten. 
Die Kälte wirkt endlich nur oberflächlich. 

Weitaus das grösste Gebiet der localen Anaesthesie ist das 
der medicamentösen Anaesthesie. Bis jetzt lief das Cocain allen 
anderen Mitteln den Rang ab; ein ungeahntes Gebiet der localen 
Cocain-Anaethesie ist neuerdings durch die S chl ei ch’sche 
Methode eröffnet worden. Aber auch dieser Methode haften 
Mängel an, und z\*ar: Panaiitien und Phlegmonen an Hand und 


Fass können nicht gut anaesthetisch gemacht werden, weil die 
Injectionen in die straff gespannte Haut ziemlich schmerzhaft 
sind, und weil man unter Umständen, wenn die Hohlnadel in die 
Abscesshöhle geräth, den Druck der Eiterhöhle noch erhöht und 
enorme Schmerzen hervorruft; ferner kann die Methode nicht an¬ 
gewendet werden bei straff gespannter Haut, bei physiologischer 
wie pathologischer Verdickung der Haut. Dagegen ist die 
Schleich’sche Methode bei grossen Operationen, Laparotomien, 
Oophoritis etc., namentlich wenn der Allgemeinzustand schlecht 
ist, nicht mehr gut zu umgehen. Um bei Phlegmonen Anaesthesie 
zu erzeugen, haben Corning und dann Obevitt eine Methode 
angegeben; sie umschnüren z. B. die Basis des Fingers mit 
einem Gummidrain und spritzen in die Eintrittsstelle der Nerven- 
stämme '/a 8 einer lproc. Cocainlösung. Es ist dies ein voll¬ 
kommenes Verfahren, dessen Gebiet aber sehr begrenzt ist. 

Die Ersatzmittel haben bis jetzt das Cocain nicht ersetzen 
können: Eucain B hat zwar auf Schleimhäuten dieselbe Wirkung, 
für die subcutane Injection eignet es sich aber viel weniger; es 
macht auch nicht dieselbe Gefässverengerung und Anaesthesie 
wie das Cocain. Das Orthoform wirkt nur auf entblösste Gewebe 
energisch anaesthetisch; zu subcutanen Zwecken ist es nicht zu 
gebrauchen. Ueber Aneson und Anesin giebt W., obwohl einige 
Versuche günstige Resultate ergaben, kein abschliessendes Urtheil. 
Nach des Autors Ansicht ist aber die Anaesthesie überhaupt 
noch in den Kinderschuhen und hat noch eine grosse Entwicklung 
vor sich. 

Ueber Arsenikbehandlang bei Otitis externa der Hunde 
und sogenanntes Ausbrennen des Gehörganges. 

Von Prof. Hoffmann-Stuttgart. 

(Oeaterr. Monatsaclir f. TLierblk. 1898, II 5.) 

Die weit verbreitete chronische Entzündung des äusseren 
Gehörganges des Hundes ist ein hartnäckiges Uebel. Dasselbe 
besteht in einer katarrhalischen Erkrankung der Schleimhaut des 
äusseren Gehörganges mit reichlicher Absonderung der in die 
Schleimhaut eingebetteten Talg- und Schweissdrüsen (Ohrenfluss), 
welche braun, dicklich oder grau oder dünnflüssig gelblich eiter¬ 
ähnlich und übelriechend ist. Die Mündung des Gehörganges 
nach aussen im Grunde der Ohrmuschel ist geröthet, vermehrt 
warm und meist wenig geschwollen. 

Um das Symptomenbild vollständig zu machen, ist diesen Er¬ 
scheinungen noch das andauernde charakteristische Schütteln mit 
dem Kopfe hinzuzufügen. 

Die Schwierigkeit, mit welchen dieses Leiden zu beseitigen 
ist, setzt die Geduld des behandelnden Thierarztes und des Hunde¬ 
besitzers oft auf eine harte Probe. Ein dauernder Erfolg wird 
bei inveterirten Fällen mit den jetzt bekannten Behandlungs¬ 
methoden gewöhnlich nicht erzielt. 

H. berichtet zunächst über ein Heilverfahren, welches ein 
bulgarischer Student der Thierheilkunde in Stuttgart vorzeigte 
Dasselbe lässt nach den Angaben des Verf. ebenfalls im Stiche, 
verdient aber seiner Originalität wegen weiter bekannt zu werden. 
Ein quadratisches Stückchen feiner Leinwand von 30 cm Seite 
wird in geschmolzenes Wachs eingetaucht und darauf während 
des Erkaltens des Wachses in eine spitze Düte aufgerollt. Die 
Spitze bleibt offen und wird dem auf dem Tisch liegenden Hunde 
tief in den äus9ern Gehörgang eingeführt. Hierauf wird der 
Rand der Wachsdüte angezündet und bis an den Kopf des Hundes 
abgebrannt. Nach dem Auslöschen der Flamme zieht man den 
Rest der Düte aus dem Gehörgang hervor, der jetzt mit einem 
weiselichen trockenen Pulver oder mit einer breiigen Masse an¬ 
gefüllt ist. Der Gehörgang soll ein völlig reines Aussehen dar¬ 
bieten. Die Reinigung soll sich in der Weise vollziehen, dass 
durch die kreisförmig am Dütenrande herabbrennende Flam 


Digitized by AjOOQie 




28. Juli 1898. 


Berliner thierärztliche Wochenschrift. 


353 


eine saugende Wirkung am offenen spitzen Ende der Düte ent¬ 
stellt^ welche die daselbst vorhandenen Absonderungsproducte an¬ 
saugt. Heilerfolge hat H. mit diesem „Ausbrennen“ des äussern 
Gehörganges (eine Bezeichnung, die der Beschreibung nach nicht 
zutrifft) nicht gewonnen. 

Erfolgreicher war eine von dem Verf. versuchte medicamen- 
töse Kur mit Arseniklösung. 

Bei fortgesetzter sorgfältiger localer Behandlung mit den 
empfohlenen Mitteln ist dem Hunde in verdünnter Milch tropfen¬ 
weise Sol. Fowleri sechs Wochen lang zu verabreichen. Die 
Nahrung darf dabei nur aus ca. 1 Liter verdünnter Milch und 
wöchentlich ein- bis zweimal etwas Weissbrot bestehen. Der 
Hund ist während der Kur vor Erkältung zu schützen und darf 
nicht auf die Jagd gehen. Treten infolge der Behandlung Ver- 
giftüngserscheinungen (Appetitlosigkeit, Erbrechen) aut, so ist die 
Medicin vorübergehend auszusetzen, nach dem Verschwinden der 
Krankheitssymptome aber gleich wieder fortzugeben. 

H. empfiehlt 30 g Sol. Arsenicalis Fowleri in einem Tropf¬ 
glase zu verordnen und dem kranken Hunde am ersten Tage drei 
Tropfen nach Aufnahme seiner Milchnahrung in etwa zwei Ess¬ 
löffeln voll verdünnter Milch darzureichen. An den folgenden 
Tagen erhält der Hund steigend je I Tropfen mehr, bis nach 
20 Tagen die Zahl von 20 Tropfen erreicht ist, alsdann geht es 
in absteigender Scala Tag um Tag wieder bis auf 3 Tropfen 
zurück. Zur Vermeidung von Verwechselungen in der an den 
aufeinander folgenden Tagen zu verabreichenden Tropfenzahl 
soll eine Tabelle angefertigt werden, auf welcher die steigenden 
Tropfenzahlen täglich einzutragen sind. 

Mit diesem Verfahren hat H. mehrfach vollkommene Heilungen 
erzielt. 

Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmascolaris 
beim Hände als Ursache einer persistirenden Diarrhöe. 

Von Repetitor L i 6 n a u x-Brüssel. 

(Annalea <le m6d. vit, Febr. 1898.) 

Ein vierjähriger Setter wurde getödtet, weil er seit einigen 
Monaten an einer unbezwingbaren Diarrhöe erkrankt ist. Die ver¬ 
abreichte Nahrung geht in demselben Zustand ab, das ingerirte 
Fleisch ist kaum alterirt. 

Die Section zeigt, dass der Magen das erkrankte Organ ist; 
derselbe ist dilatirt, seine grosse Curvatur misst 50 Centimeter, 
er ist hart und widersteht dem Druck. Die Mucosa ist glatt, 
weniger gefaltet als im normalen Zustand, sie ist verdünnt und 
adhaerirt stark an der Muscularis, die ihrerseits sehr stark ver¬ 
dickt ist und an der Cardia und an der grossen Curvatur 28, 
beim Pylorus 20 und an der kleinen Curvatur bei der Cardia 
11 Millimeter misst. Die Magenöffnungen und die Serosa sind gesund. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass es sich um 
eine Sclerose der Muscularis handelt, die Mucosa ist normal ge¬ 
blieben mit Ausnahme der tieferen Schichten, die von fibrösem 
Gewebe durchsetzt ist. 

Die Veränderung der Magenmusculatur hatte eine Insufficienz 
der mechanischen Thätigkeit der Magenverdauung zur Folge, die 
ihrerseits eine unvollständige Darmverdauung verursachte. Patient 
zeigte nie Erbrechen, weil der rigide Magen nur unter der Ein¬ 
wirkung der Bauchmusculatur comprimirt werden konnte. 

Die Pathogenie dieser Laesion blieb unbekannt. Es war 
keine functionelle Hypertrophie, weil kein Hinderniss in der 
Pylorusgegend existirte. 

Perforation des Dünndarms verursacht durch 
Strongylus tetracanthns. 

(Vet. Rec. 1898. H. 511 ) 

Eine zwölfjährige Halbblutstute erkrankte an einem heftigen 
Kolikanfall und ging nach 24stündiger erfolgloser Behandlung ein. 


Bei der Obduction wurden in der Bauchhöhle 2—3 Quart 
einer leicht rothgefärbten Flüssigkeit gefunden, welche mit Darm¬ 
inhalt gemischt war. Zwischen den Darmschlingen wurden 
gleichfalls Ingeste beobachtet. Die Eingeweide hatten bis auf 
das Ilium ein normales Aussehen. Dasselbe war stark entzündet 
und mit schwarzen Flecken bedeckt. An acht oder neun Stellen 
war dieser Darmtheil perforirt. Die Löcher hatten eine ver¬ 
schiedene Grösse, von der eines Stecknadelkopfes bis etwa zur 
Grösse eines silbernen Zwanzigpfunnigstücks. 

Die Schleimhaut des Coecums und Colons war von einer 
grossen Zahl von Strongylus tetracanthns bedeckt, Tausende 
lagen tief in die Schleimhaut selbst eingebettet. Im Ileum waren 
viele Exemplare des gedachten Rundwurms zu beobachten, theils 
frei, theils mit ihrem Saugapparat der Schleimhaut anhaftend, 
theils in ihrem Gewebe eingeschlossen. 

Neben den vorhererwähnten Perforationsstellen, welche 
augenscheinlich durch eine allmälige Verdünnung der Darmwand 
von innen her verursacht worden waren, zeigte die Schleimhaut 
zahlreiche rundliche Ulcera mit scharfen Rändern von der Grösse 
einer Erbse. Einzelne Geschwürchen sa9sen flach, andere waren 
tiefer bis in die Submucosa und Muscularis vorgedrungen und 
standen bereits in Begriff die Darmwand zu durchbrechen. Die 
Wand der Art. mesenteric. ant. enthielt einige gut entwickelte 
Exemplare von Str. armatus und in der Ven. mesenteric. ant. 
fand sich ein Coagulum (?), welches den gleichen Parasiten in 
grösserer Anzahl einschloss. 

Noch zwei Gase in der Atmosphäre. 

Den vor zwei Jahren entdeckten Bestandtheilen der Luft 
Argon und Helium hat der Mitentdecker beider, Prof. Ramsay, 
noch zwei weitere hinzugefügt, welche er vorher für eins hielt 
und mit dem Nameu Crypton bezeichnete. Die spärlichen Mit¬ 
theilungen darüber besagen, dass die Entdeckung gemacht wurde, 
als Ramsay flüssiges Argon verdampfte. Eins von den beiden 
neuen Gasen blieb in crystallisirtem Zustande zurück. Bei lang¬ 
samer Verdampfung zeigte sich die Gasnatur. Es zeigte ein dem 
Argon ähnliches Spectrum. Prof. Ramsay nennt es daher 
„Metargon“. Das andere Gas zeigte Lichterscheinungen beim 
Durchgang der electrischen Entladung. Es besitzt ein schönes, 
rothes und gelbes Spectrum. Die Dichte ist wahrscheinlich 
etwa 12—13, eher geringer .Die Zahl würde eine leere Stelle in 
der Reihe der Elemente ausfüllen. Das letztere Gas hat Prof. 
Ra msey „Neon“ getauft. Es bildet einen unendlich kleinen Theil 
der Atmosphäre. 

Es erheben sich nun zwei Fragen, nämlich ob das Argon 
wieder aus der Reihe der Elemente zu streichen und ob das 
Crypton mit dem Gemisch von Metargon und Neon identisch ist. 
Werden sie bejaht, so haben wir es vorläufig mit drei neuen 
Gasen zu thun, mit Helium, Metargon und Neon, sonst aber 
vielleicht mit fünf! Die ExperimentaluntersuchuDgen gehören zu 
den schwierigsten und kostspieligsten, welche je geführt wurden. 
Ramsay arbeitet mit seinem Assistenten Morris Travers zu¬ 
sammen. (Techn. Rundsch.) 

Therapeutische Notizen. 

Tenalin. 

Tenalin ist ein neues Präparat der namentlich in der 
Veterinärpraxis, als Wurmmittel angewandten Arecanuss, welcher 
die anthelminthisch wirkenden Alcaloide, Arecain, Arecaldin und 
Guvacin enthalten und frei sein sollen von dem toxisch wirkenden 
Arecolin. Prof. F. Hobday, welcher das Mittel in mehr als 
GO Fällen bei Thieren versucht hat, bezeichnet es als ein vor¬ 
züglich wirkendes Vermifugum sowohl gegen Bandwürmer als 
auch gegen Ascariden. Da das Mittel die Peristaltik und die 


Digitized by 


Google 





854 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


Secretion der Darmschleimhaut anregt und flüssige Entleerungen 
hervorruft, ist die gleichzeitige oder nachfolgende Anwendung 
eines Laxans überflüssig. Die Dosis betrügt ein Tropfen pro 
Pfund Körpergewicht und wird zweckmässig mit der gleichen 
Menge Wasser vermischt verabreicht. Ohne Schaden kann die 
Dosis verdoppelt werden. Die einzige beobachtete Wirkung ist 
die vermehrte Peristaltik, Kolikschmerzen und dünnflüssige Ent¬ 
leerungen. Dass jedoch das Tenalin nicht ganz ungiftig ist, geht 
aus einem Versuche hervor, bei welchem ein etwa 4 Pfund 
schwerer Terrier nach subcutaner Injection von einer Drachme 
Tenalin nach 15 Minuten unter Bewusstlosigkeit, Abnahme der 
Respiration verendete. Zur subcutanen Injection eignet sich 
das Mittel nicht. (Ther. Monatsh.) 

Apocynum cannabinum gegen Wassersuoht 

Aleksejew stellte fest: Das Mittel wirkt durch Stärkung des 
Herzmuskels und ist daher der Troikaranwendung überlegen. Es ist 
indicirt bei Herzklappenfehlern und tincompensirter Herzthätigkeit. 
Die Wirkung zeigt sich schon am zweiten oder dritten Tage. 
Die Anwendung grosser Dosen ist unnötbig. Beim Menschen 
3—5 Tropfen 3-4 Mal täglich; grössere Dosen machen Störungen. 
Das Mittel wirkt diuretisch, ebenfalls durch Hebung der Herz¬ 
thätigkeit und kann längere Zeit gebraucht werden. 

Auch Kloptowitzsch macht auf die günstige Wirkung bei 
verschiedenen Herzkrankheiten aufmerksam. Schon nach Gaben 
von 10—15 Tropfen tritt starke Diurese ein, der Puls wird 
langsamer und voller. Als Ersatzmittel der Digitalis sehr zu 
empfehlen. 

Saligenin und Aminoform gegen Gloht. 

Nach Walter (Münch, med. Wschr. 98,10) eignen sich die 
Mittel an Stelle der Salicylsäure, die bisher vorzugsweise an¬ 
gewendet wurde, aber wegen ihres widerlichen Geschmacks und 
ihrer Nebenwirkungen wenig geeignet ist. Das S. hat diese 
Uebelstände nicht und das A. hat dieselbe Wirksamkeit gegen 
gichtische akute Gelenkentzündungen und scheint sogar als Prophy- 
lakticum gegen die gichtische Diathese zu wirken. Nikolaier 
nennt das Aminoform Urotropin. Gichtige, welche täglich einen 
gestrichenen Kaffeelöffel Aminoform nahmen, ohne dass dadurch 
übrigens unangenehme Zustände hervorgerufen wurden, blieben 
von den Anfällen verschont. 

Anwendung des Bruststiohs bei der Brustseuohe. 

Aus einem Bericht über die Brustseuche im Regiment Gardes 
du Corps in der Ztschr. f. Veterinärkd. ist folgender Einzelfall 
zu entnehmen. Bei einem Pferde wurde der Thorax an beiden 
Seiten troicarirt, sechsmal in Zwischenräumen von je 3 Tagen, 
dreimal rechts und links, zweimal links und einmal rechts. Eä 
wurden das erste Mal 25 1, drei Tage später 15 1, drei Tage 
später links 12 und wiederum nach drei Tagen rechts 13 1 und 
endlich die beiden letzten Male an der linken Seite 14 und 10 1, 
im Ganzen 89 1 Exsudat entfernt. Während des Abflusses 
wurden Pausen nicht eingelegt, der Puls wurde genau controlirt, 
und je mehr Wasser abfloss, um so kräftiger wurde er und um 
so munterer der Augenausdruck. Allerdings wurde der dünne 
Hauptner’sche Brusttroicar verwendet, und es dauerte recht 
lange, ehe damit ein Eimer gefüllt werden konnte. Das Pferd 
starb freilich schliesslich doch am 31. Tage der Erkrankung. 

Combination von Inflltrationsanaeathesie und Orthoform. 

Die Schleich’sche Methode der Anaesthesirung zu Operations¬ 
zwecken hat sich langsam, aber sicher Bahn gebrochen. Ein 
einziger Nachtheil derselben besteht darin, dass die ans wunder¬ 
bare grenzende Unempfindlichkeit der behandelten Partien schon 
nach 20 Minuten verschwindet, ja sogar manchmal einem 


emfindlichen Nachschmerz Platz macht. Diesen Nachtheil zn ver¬ 
meiden, ist nach Dreyfuss die Combination der Schleich*sehen 
Anaesthesie mit Orthoformanwendung sehr geeignet Verf. fand, 
dass bei Personen, die mit Schleich’scher Anaesthesie operirt 
waren und nachher grosse Schmerzen empfanden, jeder Schmerz auf¬ 
hörte, sobald Orthoform auf das Operationsterrain gebracht wurde. 
Seit dieser Zeit bringt Verfasser auf jede Operationswunde 
Orthoform und hat niemals wieder Patienten über Schmerzen 
nach der Operation klagen hören. 

(Münch, med. Wochenschr. 97/98.) 

Blausäure als Aatidot bei Chloroformasphyxie. 

Hobday hat durch Thierversucbe festgestellt, dass die leicht 
resorbirbare Blausäure ein rasch und kräftig wirkendes und 
den Strychnininjectionen überlegenes Stimulans der AthemthStig- 
keit und daher Antidot bei Chloroformasphyxie ist. Anzuwenden 
mittels graduirter Tropfstäbchen in entsprechender Verdünnung 
auf dem Zungenrücken. (Lancet, Januar 98.) 

lieber Folia digitalls. 

Dr. Strahler (Therapeut. Mtsh. 6, 96) betont gegenüber 
gewissen gelegentlich ungünstigen Erfahrungen mit der Ver¬ 
wendung von Folia digitalis die Abhängigkeit der Wirksamkeit 
von dem Umstande, dass die Blätter von den im Aufblühen 
begriffenen Pflanzen im Monat Juli und August eingesammelt 
sind, an einem schattigen Orte getrocknet werden, von den Blatt¬ 
stielen und Rudimenten des Zellengewebes befreit sind, bald 
geschnitten, in gut verschlossenen Blechbüchsen aufbewahrt und 
jährlich erneuert werden. Auch ist es wirkungswidrig, wenn, 
wie in Apotheken häufiger geschieht, ein Infusum concentratura 
vorräthig gehalten wird. Freilich ist auch das Wetter von 
Einfluss auf die Wirksamkeit. Alle diese Umstände haben zu 
den Versuchen geführt, das Wirksame aus den Blättern zu 
isoliren. Doch sind die bo gewonnenen Präparate alle so wenig 
genügend, dass ihnen die Blätter selbst immer noch vor¬ 
zuziehen sind. 


Thierhaltung und Thierzucht 

Oie Ziegenzncht im oberen ■üglitzthale. 

Von Amtsthierarzt Augst i. L. 

(Sich«, landwlnbichaftl Zelinng.) 

Die Zucht der lange Zeit so gänzlich vernachlässigten Ziege, 
der „Kuh des kleinsten Mannes“, zum Gegenstand allgemeiner 
Aufmerksamkeit und rationeller Pflege zu machen, ist ein 
erfreulicher Weise sich erfolgreich ausbreitendes Bestreben. 
Und noch erfreulicher ist es, dass zugleich mehr und mehr die 
Ansicht sich Bahn bricht, dass in unseren heimischen Schlägen 
ein sehr verbesserungsfähiges und treffliches Material zu finden 
ist, so dass es zur Hebung der deutschen Ziegenzucht durchaus 
nicht erforderlich ist, für importirtes, unseren Verhältnissen gar 
nicht entsprechendes Zuchtmaterial grosse Summen ins Ausland 
fliessen zu lassen, und an Stelle unserer einheimischen Thiere die 
weichliche, hornlose, hässliche Saanenziege zu setzen. 

Dass in Deutschland in vielen Gegenden sehr brauchbare 
einheimische Stämme existiren, zeigt auch der Aufsatz des Herrn 
Augst über die Ziegen im oberen Müglitztbal (Lauenstein, Geising, 
Altenberg) im Bereich des landwirthschaftlichen Kreisvereins 
Dresden. Freilich hat man auch hier, zum Theil mit sehr 
zweifelhaftem Erfolg, einige Schweizer Böcke eingeführt. 

Die Ziegen sind im Besitz von Arbeitern u. s. w. Sie 
werden im Herbst fast ausnahmslos auf die Weide getrieben. 
Die Luft ist gut, die Dampfessen etc. fehlen, die Witterung, der 
Höhenlage entsprechend, jedoch oft rauh. Die Ziegen sind daher 
sehr abgehärtet. Neben guten Weideflächen giebt es auch viel 


Digitized by LjOOQie 




2 8 3u\i 1»9 8- 

moorige Stellen. Die Stallhaltung der Ziegen ist leider die 
denkbar schlechteste. 

Die Merkmale des ursprünglichen Landschlages, den man 
seit 1894 auch angefangen hat, mit Schweizer Ziegen zu kreuzen, 
sind etwa folgende: Farben rehbraun, Grauschimmel, Schecken 
und schwarz mit weissen Augenstreifen. Haai Qualitäten sehr 
verschieden. In allen Färbungen giebt es ungehörnte (Schafziegen) 
und gehörnte, unter den rehbraunen im Allgemeinen die schönsten 
Thiere. Die Hörner eines dreijährigen Bockes wogen 2 kg, hatten 
eine senkrechte Höhe von 24 cm, eine Länge an der äusseren 
Krümmung von 66 cm und eine Spitzenentfernung von ca 70 cm. 
Die Böcke sind meist noch gut gehörnt; vier und sechs Hörner 
kommen vor. Der Schopf ist nur beim Bock, hier stark ent¬ 
wickelt, so dass er oft fast die Augen verdeckt. Der Wuchs ist 
im Allgemeinen kräftig, die Form befriedigend, namentlich, Dank 
dem Weidegang, gut in der Brust. An den Gliedmassen kommen, 
unbeschadet guter Bemnskelung, öfter gewisse Fehler vor. Nicht 
selten sind Voi biegigkeit der Vorderfusswurzelu (Bockbeinigkeit) 
und Kuhhessigkeit. Letztere, gepaart mit starker Durchtrittigkeit, 
ist auf angeborene Fehler zurückzulühren. Im Uebrigen aber 
würden viele Stellung^fehler vermieden werden können, wenn 
während der Stallhaltung die Klauen öfters beschnitten würdeu 
(Hufmesser, gewöhnliches Messer, auch sogen. Kosen-Scheere), 
während sie meist ganz vernachlässigt werden. So kommt es, 
dass das Wandhorn nach vorn über das Sohlenhorn zu einer 
schnabelschuhähnlichen Spitze zusammenwächst, oder dass die 
Hornwand sich nach aussen biegt und ein förmlicher Gänsef'uss 
entsteht Das Guter soll eine breite Basis haben, rund uud rein in 
Haut und Haar, sowie mit kurzen kouischen Strichen versehen 
sein; lange, baumelnde Euter sind nicht blos unschön, sondern 
auch erfahrungsgemä8s nicht so gut, obwohl sie übrigens häufig 
Vorkommen. Ausgeglichenheit des Schlages besteht im Allgemeinen 
nicht (wird aber durch Schweizer Kreuzungen wohl am wenigsten 
erreicht werden. D. Ref.). 

Die ausgezeichnetste Eigenschaft ist die Milchergiebigkeit, 
über welche Dr. Kohlschmidt*) ausgiebige Untersuchungen 
angestellt hat. Von 27 Ziegen, darunter drei Jährlingsziegen, 
betrug der durchschnittliche Jahresertrag 725 Liter, alle 24 ältere 
Ziegen gaben über 600, acht über 800 und davon drei über 1000; 
der Durchschnitt für die 24 älteren Ziegen allein betrug 778 Liter. 
Bei den Jährlingsziegen schwankte der Ertrag zwischen 328 und 
642 Litern. Die Ergiebigkeit erhält sich drei Monate nach Be¬ 
ginn der Lactation auf der Höhe, um dann allmälig zu sinken. 
Der Fettgehalt beträgt durchschnittlich 3,4 pCt. 

Das Körpergewicht der weiblichen Ziegen schwankt zwischen 
56 und 118 Pfund. Die Ziegen sind auch als Schlachtthiere ge¬ 
schätzt. Die Ziege liefert 30—40, der Bock 50—80, ein Caslrat 
60—70 Pfund Fleisch. Ziegenlämmer sind am schmackhaftesten, 
wenn man sie drei bis vier Wochen hat säugen lassen. Erwachsene 
Ziegen liefern das beste Fleisch mit vier bis fünf Jahren, Schnitt¬ 
böcke mit zwei Jahren. Auch Bockfieisch schmeckt sehr gut. 
Der Bock wird meist um Johanni geschlachtet, weil dann der 
Bocksgeruch am schwächsten ist; auch muss das Fleisch luftig 
hängen und gehörig auskühlen; es ist endlich üblich, dem Bock 
nach dem Betäuben, jedoch vor dem Ausbluten, beide Hoden 
wegzuBchneiden. Ausserdem liefert eine Ziege Bechs bis acht 
Pfund Talg im Durchschnitt, die Haut gilt etwa drei Mark. 

Der Ziegenbestand beträgt in sechs Ortschaften 1244 im 
Werthe von ca. 23000 M. Deren Gesammtertrag wird auf 
jährlich 104000 M. geschätzt, wovon 98500 M. auf die Milch 
kommen, deren Gesammtmenge bei 966 Milchziegen auf 703000 

*) Untersuchungen Uber die Milohergiebigkeit des im östlichen 
Erzgebirge verbreiteten Ziegeuschlages. 


355 

Liter ä 14 Pf. geschätzt wird. Uebrigens vertritt Amtsthierarzt 
Augst durchaus nicht die oben ausgesprochene Ansicht, dass eine 
Verbesserung des einheimischen Materials ohne Schweizer 
Kreuzung angestrebt werden solle, redet Letzterer vielmehr das 
Wort für den Fall, dass weitgehende Inzucht unter den Kreuzungs- 
producten vermieden wird. 

Der Vortheil der Ziegenhaltung für die Arbeiterbevölkerung 
liegt auf der Hand. Die Ziege ist leicht zu lüttern und zu halten. 
Sie liefert die Milch für eine ganze Familie. Wird sie krank, 
so schülzt ihre baldige Abschlachtung vor grösserem Verlust, 
denn zwischen Fleisch- und Zuchtwerth besteht keine zu grosse 
Differenz. Eine neue Ziege endlich kann auch der Aermere baar 
bezahlen, während er eine Kuh auf Credit nimmt, sie über Gebühr 
bezahlen muss, in Wuchererhände geräth und bei Verlust häutig 
genug ruinirt ist. 

Pinzgauer Stiermarkt. 

Die Redaction ist ersucht, mitzutheilen, dass am 7. September 
er. zu Zell am See zum 3. Male der neugeschafiene Pinzgauer 
Stiermarkt abgehalten wird. Es sollen hauptsächlich 1—2 jährige 
Stiere ans den bäuerlichen Stammzuchten mit eingerichteter Zucht¬ 
buchführung und von den Jungstier -Alpgenossenschaften in 
St. Johann im Pongau und Niedersill im Pinzgau, z. Th. sehr 
edler Qualität, im Ganzen 150—200 Stück zum Auftrieb gelangen. 
Weibliche Rinder, alles Händlervieh, sowie fremde, d. h. nicht 
aus dem Pinzgau oder Pongau stammende Thiere sind unbedingt 
ausgeschlossen. Nähere Auskunft ertheilt die k. k. Landwirth- 
schaftsgesellschaft Salzburg und die Gemeindevorstehung in 
Maishofen. Letzteres liegt eine Stunde von Zell am See, hat 
Telegraphen- und Eisenbahnstation. 


► . Tagesgeschichte. 

t 

Am 17. d. Mts. verschied zu Breslau der Königl. Departements¬ 
thierarzt und Veterinär-Assessor Herr Dr. Carl Ulrich im 
Alter von 77‘/ a Jahren nach längerem, schwerem Leiden. 
Ulrich war am 20. December 1820 in Saalfeld, Bez. Königsberg 
geboren. Die thierärztliche Approbation erlangte er im Mai 1842. 
Schon im Jahre 1843 wurde ihm die Verwaltung der Kreis¬ 
thierarztstelle des Kreises Ziegenrück übertragen, ein Jahr später 
erhielt er eine Berufung als Lehrer an die Laudwirthschaftliche 
Academie zu Möglin, und im Nebenamte die Kreisthierarztstelle 
zu Wrietzen. 1853 wurde er Repetitor in Berlin und 1854 
Departementsthierarzt in Liegnitz. Im Jahre 1868 wurde er als 
solcher nach Berlin berufen uud 1871 nach Breslau versetzt. 

Der Entschlafene hat im Jahre 1853 den Verein schlesischer 
Thierärzte mitbegründet und — mit nur kurzer Unterbrechung — 
fast 38 Jahre hindurch geleitet. Ganz besonders unter den 
schwierigen Verhältnissen der ersten Lebensjahre des jungen 
Vereins, als die Thierärzte im öffentlichen Leben noch nicht die 
Stellung von heute bekleideten, hat es Ulrich verstanden, in 
einer fest zusammenschliessenden Vereinsthätigkeit das innere 
Leben der Thierärzte Schlesiens zu einem gedeihlichen, anregen¬ 
den und belebenden zu gestalten. 

Wenn sich auch der Verstorbene infolge besonderer Umstände 
bewogen fühlte, im vorigen Jahre aus dem Verein auszutreten, 
so wird doch sein langjähriges, erfolgreiches Wirken in demselben 
unvergessen bleiben und ihm ein ehrendes Andenken bewahrt 
werden. 

Möge er in Frieden ruhen! Arndt. 

In dem am 17. Juli iu dem hohen Alter von 77 Jahren zu 
Breslau verstorbenen Veterinärassessor Dr. Ulrich betrauert 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LaOOQie 





356 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30 


nicht nur der Verein schlesischer Thierärzte, sondern auch der 
thierärztliche Verein für die Provinz Brandenburg seinen Be¬ 
gründer. Während seiner Thätigkeit als Departementsthierarzt 
von Berlin hat der Verstorbene die Thierärzte der Provinz 
Brandenburg 1869 zur Gründung eines Vereins anzuregen 
gewusst, den er zugleich in freundliche Persoualbezielmngen zu 
dem bereits bestehenden Berliner Verein zu bringen verstand. 

Dass der Verstorbene ein tüchtiger Veterinärbeamter gewesen 
ist, der das Vertrauen seiner Regierung in hohem Masse besass, 
das hat er bis in die letzte Zeit bewiesen. Noch im Greisen- 
alter hat er das selbstständige Decernat für das Veteriuärwesen 
übernommen und zur vollen Zufriedenheit verwaltet. 

Aber die Begründung thierärztlicher Vereine in zwei land¬ 
wirtschaftlich hervorragenden Provinzen zeigt, in welcher 
Richtung das hauptsächliche Verdienst liegt, welches der Ver¬ 
storbene sich auch um den thierärztlichen Stand erworben hat. 

Unsere ältesten Vereine sind wenig über 5U Jahre alt. Die 
Vereinsorganisation war, als Ulrich seine einflussreiche Thätig¬ 
keit begann, noch sehr lückenhaft. Dass heute die Thierärzte 
aller Provinzen in Vereinen gesammelt und diese wieder unter 
sich zusammengeschlossen sind, das ist wesentlich mit des alten 
Ulrich Werk gewesen. Und dieses Werk ist kein geringes. Denn 
ohne die Wirksamkeit unserer geschlossenen Vereinsorgauisation 
überschätzen zu wollen, muss doch der objective Kenner der letzten 
fünfzig Jahre sagen, dass die thierärztlichen Vereine an allen 
Fortschritten eifrig mitgearbeitet, viele angebahnt, manche allein 
herbeigeführt haben und jedenfalls an der Entwicklung des thier¬ 
ärztlichen Standes einen sehr bedeutenden Antheil besitzen. 

Der Verstorbene hat sein Verständniss und Interesse nicht 
nur durch Gründung zweier Vereine bethätigt, er hat sich das¬ 
selbe auch zeitlebens bewahrt. Er hat nicht nur im Kreise seines 
Vereins gewirkt, sondern er hat auch allen grösseren Cor- 
porationen angehört. Auf den Versammlungen des Veterinär¬ 
raths, der preussischen Centralvertretung, auf den internationalen 
Congressen, überall war der alte Ulrich eine nie fehlende, 
typische Erscheinung, und oft hat er bei den Verhandlungen, ohne 
sich hervorzudrängen, doch namhaft eingegriffen. In dieser 
Weise ist er ein thätiger, erfolgreicher und für die Jüngeren 
aneifernder, ein verdienstlicher Standesvertreter gewesen. 

Dje preussischen Thierärzte werden dieses Verdienst, 
der brandenburger Verein wird seinen Begründer nicht ver¬ 
gessen. 

Namens des thierärztlichen Vereins 
für die Provinz Brandenburg 
der Vorsitzende 
Schmaltz. 

VI. Pleuar-Versammlang der Central Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Preussens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Zweite Sitzung. 

Utber die Nothwendigkeit, bei Erlast eines Fleischschau - Gesetzes die 
Stellung der Sohlachthofbeamten gesetzlich zu regeln. 

(Punkt VI der Tagesordnung.) 

Referent: Schlachthofdlreotor Schrader-Brandenburg. 

Schon seit längerer Zeit besteht in den Kreisen der Sanitäts¬ 
thierärzte eine gewisse Beunruhigung und Unzufriedenheit, da 
alle Bemühungen derselben, auf legalem Wege ihre Anstellungs¬ 
und Dienst-Verhältnisse so zu ordnen, wie sie es nach dem be¬ 
stehenden Rechte verlangen können und wie es ja auch eine 
grosse Zahl derselben durch das lobenswertho Entgegenkommen 
ihrer Magistrate erlangt hat, gescheitert sind. 


Man strebt jetzt darnach, die Fleischschau zu verallgemeinern, 
ja völlig gleich zu gestalten durch ein Reichs-Fleischschau-Gesetz, 
dessen Emanation nach einer Mittheilung des Herrn Reichs¬ 
kanzlers im Parlamente bestimmt bevorsteht. Dann wird die 
Vieh- und Fleischschau, sonst eine nur auf communalem Gebiet 
getriebene und gross gewachsene Disciplin, unter die direkte 
Aufsicht des Staates kommen. Der commnnale Schlachthofbeamte 
wird zweien Herren dienen müsseD. Er soll als einziger, com- 
petenter thierärztlicher Berather der Gemeinde dafür sorgen, dass 
reichs- und landesgesetzliche, communale und polizeiliche Be¬ 
stimmungen genau und exact gehandhabt werden; dass die hohen 
und unteren Mitmenschen so nützlichen, leider auch zu oft so 
sehr nnbequemen Forderungen dev Hygiene auf dem Schlachthofe 
erfüllt werden. Nehmen wir nun einmal an, und viele Vor¬ 
kommnisse berechtigen dazu, dass aus allen möglichen Gründen 
die Interessen der Staatsverwaltung mit denen der Gemeinde, die 
oft recht weit gehenden Wünsche der Gewerbetreibenden mit den 
veterinären und sanitären Ansprüchen in Widerstreit gerathen! 
wer wird bei dem Widerspiel der divergirenden Kräfte gar zu 
leicht in eine schiefe, ja ganz unhaltbare Lage kommen und 
sogar seine mit vieler Mühe wohlgegi ündete Stellung scheitern 
sehen?! — Der jederseit kündbare Sanitäts-College, während 
der definitiv angestellte zum allgemeinen Wohle nicht nach 
rechts noch links schauen braucht und lediglich nach seinem 
eigenen Wissen und Gewissen für das Richtigste und Beste 
wacker eintreten kann. 

Ist es doch vorgekommen, dass ein Schlachthof-Inspector 
einen Brief des Bürgermeisters, ohne vorherige Anhörung des 
Magistrats, erhielt, in dem folgender Passus vorkam: „Augesichts 
dieses Schreibens sind Sie Ihrer Stellung enthoben!“ Zugleich 
war damit die Aufforderung verbunden mitten im Winter in ganz 
kurzer Zeit seine Wohnung zu räumen. Auf Beschwerde setzte 
die Regierung den Collegen wieder ein. 

Wo bleibt bei solchen Stellungen die Achtung der übrigen 
Städtischen Beamten vor unserem wissenschaftlichen Berufe?! 
Kann nicht der unkündbare Nuntius, der definitiv angestellte 
Polizei - Beamte mit Wohlbehagen auf die Sanitätsthierärzte 
herabblicken, wenn ihre Stellungen so unsicher sind? 

Zur Characteristik der ganzen Lage will ich noch einen Fall 
aus einer sehr grossen Stadt anführen: dort war ein College 
17 Jahre in der Fleischschau thätig, acquirirte die Tuberculose 
und siechte langsam dahin. Acht Tage vor dem Weihnachtsfeste 
lag unter Hinweis auf seine Dienstuntauglichkeit der Brief mit 
seiner einfachen Entlassung (ohne Pension) vor ihm. 

Eine bittere Enttäuschung war es nun, als die ausgezeichnet 
begründete Petition der Schlachthof-Directoren: Wulff, Falk, 
Goltz und Ibscher vom 19. Juni 1897 insofern ohne Erfolg 
blieb, als vier Ministerien den Bescheid erliessen, die Sanitäts¬ 
thierärzte möchten sich von Fall zu Fall an ihre Magistrate 
wenden. Dass das nicht so Erfolg versprechend ist, mag man 
daraus entnehmen, dass ein allgemein bekannter und sehr 
tüchtiger College dreimal abschlägig, auch nach einer Beschwerde 
bei der Regierung, beschieden wurde, das letzte Mal mit der 
Motivirung, dass er ein reicher Mann sei und eine definitive 
Stellung darum nicht nöthig habe. Auch vor kurzer Zeit ist eine 
Petition der Berliner Schlachthof-Collegen von den Städtischen 
Behörden rund abgeschlagen worden. 

Der Klageweg ist nach der ganzen Lage der Sache wohl 
ausgeschlossen, da es Jahre dauern kann, bis alle Instanzen 
erschöpft sind und wie soll ein vermögensloser oder siecher und 
darum vielleicht entlassener College es möglich machen, solche 
Klage wirklich mit Energie dnrchzuführen? 


Digitized by CjOOQie 


28. JaW 189 »- 

Die vielen nnd guten Gründe, welche in den letzten Petitionen 
angegeben sind, will ich bei der schon langen Dauer unserer 
Verhandlungen hier nicht wiederholen, da ich annehmen darf, 
dass dieselben aus der Fachpresse bekannt sind. Ich möchte 
nur, und darauf ist wohl in den Petitionen nicht energisch genug 
hingewiesen, noch darlegen, dass das klare formale Recht auf 
Seiten der städtischen Thierärzte steht. 

Die Städte-Ordnnng sagt kurz nnd bändig nnd ohne jede 
Einschränkung im § 56 6 : „Die Anstellung der Gemeinde-Beamten 
erfolgt, soweit es sich nicht um vorübergehende Dienstleistungen 
handelt, auf Lebenszeit Viele Communen sagen nun, die 
Schlachthofbeamten sind keine Gemeindebeamten, da sie nur an 
einer gewerblichen Unternehmung der Gemeinde thätig sind 
und auf diese sich die Städte-Ordnnng nicht bezieht. Wir 
Sanitätsthierärzte sind nun ganz anderer Meinung über die 
Kategorie, in welche ein Schlachthof gehört. 

Eine gewerbliche Unternehmung kann man nur dahin 
deflniren, dass dieselbe eine auf die Hervorbringung von Gütern 
einer bestimmten Art und auf den Zweck des Gewinnes ge¬ 
richtete Vereinigung von Capital und Arbeit ist, wobei das 
öffentliche und sanitäre Interesse hinter dem der Gewinnerzielung 
zurücktritt. Legt man diese Definition an unsere Schlachthof- 
Verhältnisse an, so kann man zu einem zweifelhaften Schlüsse 
gar nicht kommen. Es giebt sogar einen Gesetz-Passus aus der 
neuesten Zeit, der unsere Ansichten vorzüglich unterstützt. Im 
Artikel 3, Abs. 2 der Anweisung zur Ausführung des Communal- 
Abgaben-Gesetzes vom 14. Juli 1893 (Ges. Samml. Seite 152) 
heisst es: Zu den gewerblichen Einrichtungen (der Communen) 
gehören im allgemeinen alle privatwirtschaftlichen Unternehmungen, 
deren Betrieb als solcher auf die Erzielung von Gewinn gerichtet 
ist und den Mitgliedern (der Gemeinde) eine Nöthigung zur 
Benutzung nicht auferlegt. 

Darnach sind also die Schlachthöfe, besonders, sobald der 
Schlachtzwang eingeführt ist, keine gewerblichen Unter¬ 
nehmungen, und somit die Schlachthof-Thierärzte rechtlich öffent¬ 
liche Gemeinde-Beamte. 

Viele sind nun der Ansicht, dass ein Staud, der sich seine 
Rechte verkümmern lässt, nicht werth sei, solche zu besitzen, 
und dass der ganze thierärztliche Stand die Pflicht habe, für die 
bedrängten Special-Collegen ganz und voll einzutreten. 

Soll man nun in der Presse vor der Uebernahme solcher 
kündbarer Stellen warnen oder sollen wir auf gemeinsame Kosten 
Klagen durchführen? Ich meine, so lange nicht alle anderen, 
milderen Wege versucht sind, muss so etwas unterbleiben. 

Die Regierungen sagen nun auf unsere Petitionen, dass es 
ihnen leider an der gesetzlichen Grundlage fehle, auf Grund 
deren sie die Städte zur festen Anstellung der Thierärzte anhalten 
können. Es dürfte nun bei der Schaffung des neuen Reichs- 
Fleischschau-Gesetzes die Gelegenheit gekommen sein, die Ein¬ 
bringung eines Passus über die Dienst- und Anstellungs-Ver¬ 
hältnisse des Fleischschan-Beamten anzustreben. Ich sage mit 
Absicht: Fleischschau-Beamte im Allgemeinen, da ich der Ansicht 
bin, dass auch der Laienfleischbeschaner mit einem guten Beamten- 
Rückgrat ausgestattet werden muss, damit die Ausführung der 
Fleischscbau auch auf dem Lande gesichert wird. Für die Laien¬ 
fleischbeschauer sowie für die Collegen, welche in Orten ohne 
Schlachthof thätig sind, muss verlangt werden, dass ihre Be¬ 
stallungen nur mit Genehmigung des zuständigen Regierungs¬ 
präsidenten und auch nur bei Fahrlässigkeit zurückgenommen 
werden dürfen. 

Ein fernerer erheblicher Mangel ist es, dass an manchen 
Schlachthöfen die Leiter derselben nicht zu der über das Wohl 


357 

nnd Wehe desselben verfügenden Verwaltungs-Deputation gehören, 
während man häufig findet, dass die den Schlachthof benutzenden 
Gewerbetreibenden eine tüchtige und ausgiebige Vertretung darin 
besitzen und einen grossen Einfluss ausüben. Wir haben hier 
dann den wohl einzig dastehenden Fall, dass der zu beauf¬ 
sichtigende Gewerbetreibende zugleich zu den Vorgesetzten des 
die Aufsicht führenden Beamten gehört. Die Gründe, welche 
Herr Departements-Thierarzt Peters gestern für die Theilnahme 
der Thierärzte an der Gesetzgebung anführte, mache ich auch 
sinngemäss zu den meinen, für die Theilnahme der Sanitäts- 
Thierärzte an den Berathungen der Gemeinde-Organe, soweit sie 
sich auf Fleischschau beziehen. 

Auch wäre es durchaus zu wünschen, dass an dem neuen 
Fleischschau-Gesetz in der Praxis stehende Sanitäts-Thierärzte 
nnd Schlachthof- Directoren mitarbeiten könnten, damit dabei die 
Erfahrungen der Praxis und die Kenntniss lokaler Eigen¬ 
tümlichkeiten genügend verwerthet werden. 

Ich bitte daher die Plenar-Versammlung, zu beschliessen, 
dass der ständige Ausschuss bei den zuständigen Ministerien in 
Form einer Petition für folgende Grundsätze eintreten möge: 

1. Zur Sicherung einer exacten Ausführung des neuen Fleisch¬ 
schau-Gesetzes sind die Fleischschau-Bearaten in Städten 
mit Schlachthöfen als Gemeindebearate definitiv anzustellen, 
die Bestallungen der Fleischschaubearaten in Orten ohne 
Schlachthof dürfen nur bei grober Fahrlässigkeit und nur 
mit Genehmigung des Regierungs-Präsidenten zurückgezogen 
werden. 

2. Bei Schaffung des neuen Fleischschaugesetzes ist die Mit¬ 
wirkung der Sanitätsthierärzte in weitem Umfange zuzu¬ 
lassen. 

3. Der leitende Schlachthofthierarzt hat an den Sitzungen der 
Verwaltungs-Deputation Theil zu nehmen und hat ebenfalls 
Sitz und Stimme, sobald ein Vertreter der Händler oder 
solche Fleischer besitzt. 

Die Ditcusslon ergab sachlich keine Meinungsverschieden¬ 
heit, und es wurde nur die Form des Vorgehens besprochen, 
namentlich auch die Frage, ob Eingaben an die Reichs- oder 
die Landesbehörden, nnd an welches preussische Ministerium sie 
zu richten seien. 

Schliesslich wurde ohne Widerspruch ein Vermittlungs- 
Antrag (Schm altz) angenommen: Die Centralvertretung be- 
schliesst, eine Petition an die betheiligten preussischen 
Herrn Minister einzureichen, dahin gehend, dass ge¬ 
legentlich der gesetzlichen Regelung der Fleischbeschau 
auch das Dienstverhältniss der Sanitätsthierärzte und 
die Schlachthausverwaltung geregelt werde. 

Nunmehr wurde die Wahl des Vorstandes statutenmässig 
mittelst Stimmzetteln vorgenommen. 29 gültige Zettel wurden 
abgegeben. Es erhielten im ersten Wahlgange Esser als Vor¬ 
sitzender 29 Stimmen, ferner als Beisiter Schm altz 29, 
Heyne 27, Steinbach 18, Malkmus 12, Lothes und Fetisch 
je 8 Stimmen (13 Stimmen zersplittert.) Esser, Schmaltz, 
Heyne und Steinbach haben somit die absolute Majorität und 
sind gewählt. Zur Wahl des fünften Ausschussmitgliedes ist 
eine Stichwahl zwischen Malkmus, Fetisch und Lothes 
erforderlich, wobei ersterer bei 15 von 29 Stimmen gewählt 
wird. 

Hierauf folgte die schon mitgetheilte Schlussberathung über 
die Begründung des Unterstützungsvereins und die Constituirung 
desselben. Nach § 9 des beschlossenen Statuts ist der Ausschuss 
der Centralvertretung Vorstand des Unterstützungsvereins, falls 
seine Mitglieder dies nicht ausdrücklich ablehnen. Die eben ge¬ 
wählten Ausschussmitglieder erklären sich bereit, in den Vor- 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 



358 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


stand des Unterstützungsvereins einzutreten, lehnen es jedoch 
sämratlicb ab, das besonders wichtige Amt des Vorsitzenden im 
letzteren Verein zn übernehmen. Hieraus ergiebt sich die Noth- 
wendigkeit der Ergänzung des Vorstandes durch Wahl eines 
Vorsitzenden. Auf allgemeines Ersuchen erklärt sich Veterinär¬ 
assessor Preusse bereit, den Vorsitz des Unterstützungsvereins zu 
übernehmen und wird durch Zuruf gewählt. 

(Fortsetzung des Berichts folgt.) 

Veränderungen der Besoldung der Kreisthierärzte. 

Es ist bekannt geworden, dass bei den Kreisthierärzten eine 
behördliche Umfrage angestellt worden ist, erstens zur Ermittelung 
der Höhe ihrer Einnahmen aller Art, zweitens um die Stellung 
derselben zur etwaigen Gewährung von Pauschalentschädigungen 
an Stelle der Tagegelder und Reisekosten kennen zu lernen. 

Wir kommen in nächster Nummer darauf zurück. 

Apothskerkammern. 

Nach Zeitungsmeldungen sind im prenssischen Cultus- 
ministerium die Vorarbeiten ira vollen Gange, um den Apothekern 
eine Standesvertretnng in Form von Apothekerkammern nach 
dem Muster der Aerztekararaern einzurichten. 

Dann würden also auch die Apotheker auf dem besten Wege 
sein, als Medicinalpersonen an den Thierärzten vorbeizngehen. 
Man sieht, wie ausserordentlich zeitgemäss die vom Departements- 
tbierarzt Peters auf der letzten Plenarversammlung gegebene 
Anregung war, dass sich auch die Thierärzte in Preussen endlich 
eine offlciell anerkannte Standesvertretung sichern sollten. 


Naturforsoher-Vorsammlung zu Düsseldorf. 

Die Naturforscherversammlung findet bekanntlich in diesem 
Jahre zn Düsseldorf, und zwar vom 19. bis 24. September statt. 
Für die allgemeinen Sitzungen sind folgende Vorträge bestimmt: 
Geheimrath Kl ein-Göttingen: Universität und technische Hoch¬ 
schule; Medicinalrath Tillmann-Leipzig: Hundert Jahre Chirurgie; 
Geheimer Baurath Intze-Aacben: Ueber Thalsperren und deren 
wirtschaftliche Bedeutung; Professor Martins-Rostock: Krank¬ 
heits-Ursachen und -Anlagen; Professor van t’Hoff-Berlin: Die 
zunehmende Bedeutung der anorganischen Chemie; Dr. Mendel¬ 
sohn-Berlin: Bedeutung der Krankenpflege für die wissenschaft¬ 
liche Therapie; eventuell Virchow über ein vorbehaltenes 
Thema. Für die Abtheilungssitzungen haben sich bereits 400 
Redner angemeldet. Im Anschluss an die Versammlung sind eine 
wissenschaftlich-photographische und andere Ausstellungen, ferner 
ein Ball, ein Fest in dem berühmten Malkasten, Ausflüge nach 
allen Seiten u. A. auch zu der Müngster Riesenbrücke u. a. m. 
geplant. 

Frequenzen der tierärztlichen Hochschulen S. S. 1898. 

Die Zahl der Studirenden an der thierärztlichen Hochschule 
zu Berlin beträgt innerhalb der ersten sieben Semester 486, 
einschliesslich 95 an die thierärztliche Hochschule commandirten 
Militär-Rossarzt-Eleven. Dazn kommen noch eine grössere Anzahl 
Studenten älterer Semester, welche als Hospitanten gerechnet 
werden. 

An der thierärztlichen Hochschule zu Mönchen stndiren 
207 Bayern und 36 Nichtbayern, zusammen 243. 


Oeffentliches Veterinär wesen 


(Mittheilungen für 

SenchenHtatistik und Yeterinärpolizei. 

Massregeln gegen die Geflügelcholera. 

Bezüglich des für ganz Preussen (cf. vorige No. der B. T. W.) 
in Kraft gesetzten Verbotes des Fusstransportes von Handels- 
geflngel haben nunmehr die Präsidenten sämmtlicher an Russland 
grenzenden Regierungsbezirke Verordnungen in der Fassung er¬ 
lassen, dass an bestimmten Grenzstellen Fusstransporte von 
Gänsen passiren und bis zur nächsten prenssischen Bahnstation 
getrieben werden können. In Bromberg ist es zu diesem Zwecke 
dem Landrath überlassen, Ausnahmen da zu gestatten, wo der 
Fusstransport ohne Berührung von Ortschaften, Dorfteichen und 
von sonstigem Geflügel zn benutzenden Wegen und Plätzen aus¬ 
geführt werden kann. In den anderen Bezirken sind bestimmte 
Passagen bezeichnet worden (cf. Oppeln in voriger No. der 
B. T. W.) 

Fletachschan und Yiehyerkehr. 

Jahresbericht über den Vieh- und Schlachthof zu Berlin 1896/97. 

Aus dem letzten Jahresbericht seien folgende bis jetzt wegen I 
Raummangel nicht veröffentlichte Angaben zum Vergleich mit j 
den Berichten früherer Jahre (vgl. B. T. W. 1897, pg. 59) kurz , 
mitgetheilt. 

Auf den Viehmarkt wurden aufgetrieben 205 310 Rinder, i 
170 684 Kälber, 585 083 Schafe und 894 885 Schweine. Davon 
wurden lebend wieder ausgeführt 58 7C0 Rinder, 28 000 Kälber, 
200 000 Schweine = 22 pCt. des Auftriebes und 189 000 Schafe ! 
= 32 pCt. des Auftriebes (gegen 230,247 und 373 Tausend in 
den Vorjahren). Der Fleischverbrauch von Berlin (bei welchem 
nicht nur die Einwohnerschaft, sondern der sehr starke, 1896 
durch die Gewerbeausstellung gesteigerte Fremdenstrom zu 


Veterinärbeamte.) 

berücksichtigen ist) berechnet sich unter Abzug jener Wiederaus¬ 


fuhr und sonstiger Abgänge, wie folgt: 

Rindfleisch (das Rind zu 235 kg und geschlach¬ 
tet eingeführt zu 150 kg) . •. 42 870 715 kg 

Schweinefleisch (das Schwein zu 82 kg und ge¬ 
schlachtet eingeführt zu 64 kg). 65 760 984 „ 

Kalbfleisch (Kalb zu 58 bezw. 30 kg) .... 12 135 310 „ 

Hammelfleisch (Schaf zu 20 kg). 8 579 794 „ 


129 346 803 kg 

Die Einfuhr des Fleisches, welches nicht über die Unter- 
suchnngsstationen ging, einschl. Conserven wird auf 8 Millionen, 
das Gewicht der essbaren Eingeweide und Abfälle der geschlach¬ 
teten Thiere auf 5.3 Millionen kg geschätzt, wozu noch 
7 538 Pferde mit 1 696 050 kg Fleisch kommen. Die Gesaramt- 
fleischraenge, ohne Wild, Geflügel und Fische, beläuft sich daher 
auf ca. 145 Millionen kg = 84 kg auf den Kopf der ein¬ 
gesessenen Bevölkerung, die dies aber, wie gesagt, nicht allein 
aufisst. 

In den städtischen Schlachthäusern wurden geschlachtet 
145 000 Rinder, 141762 Kälber, 393 159 Schafe und 690025 
Schweine. 

Davon wurden beanstandet an ganzen Thieren 2 677 Rinder, 
566 Kälber, 123 Schafe und 4 445 Schweine. Von diesen bean¬ 
standeten Thieren wurden der Abdeckerei überwiesen 991 bezw. 
487 bezw. 123 bezw. 1423; sterilisirt resp. gekocht 1686 bezw. 
79 bezw. 0 bezw. 3022. Die Verluste durch diese Beanstandungen 
betragen von den Schlachtungen bei Rindern 1,8; bei Kälbern 0,4; 
bei Schafen 0,03; bei Schweinen 0,64; durchweg etwas mehr als 
im Vorjahre. 

Ausser den ganz beanstandeten Thieren wurden an Organen 
und Theilen beschlagnahmt und vernichtet 128 535, und zwar 


Digitized by LjOOQle 






28. Juli \m 


BERLINER TH1ERÄRZTLICBE WOCHENSCHRIFT. 


359 


45 762 von Rindern, 276 von Kälbern, 23115 von Schafen und 
58140 von Schweinen. Darunter waren 4900 Rinds-, 12 950 
Schweins-, 50 Kalbs- und 5875 Schafslebern, zusammen 23 775 
Lebern und über 82000 Lungen. 

Tuberculös wurden befunden: 

Rinder 30 291 = 20,6 pCt. Davon wurden 92 pCt. ganz 
freigegeben, 1105 ganz vernichtet und 1182 sterilisirt. Gesammt- 
verlust also 2287 Stück = 7 pCt. der tuberculösen und 1,5 pCt. 
der überhaupt geschlachteten. 

Schweine 24419 = 3,5 pCt. Davon ganz freigegeben 21302 
= 87 pCt., vernichtet 554, sterilisirt 2583. Gesammtverlust 3137 
= 12,8 pCt der tuberculösen und 0,4 pCt. der überhaupt ge¬ 
schlachteten. 

Ferner wurden tuberculös befanden 205 Kälber (0,14 pCt.) 
und 18 Schafe (0,0046 pCt). 

Wegen Finnen sind 559 Rinder, 15 Kälber und 509 Schweine 
beanstandet = 0,38 bezw. 0,004 bezw. 0,074 pCt. Die Häufigkeit 
des Finnenfundes beim Rind ist also jetzt fünfmal so gross wie 
beim Schwein. Davon sind 552 Rinder, 15 Kälber und 258 
Schweine gekocht worden. 7 Rinder und 251 Schweine nur 
technisch verwerthet. Unter den finnigen Rindern waren 491 
einfinnige. Bei der Zerlegung etc. wurden nur bei 28 Rindern 
Finnen noch in anderen Organen als in den Kaumuskeln gefunden. 
Darunter im Herzen allein lOmal, 18mal auch in anderen Muskeln. 

Wie man sieht, verursachen jetzt die Rinderfinnen ein Viertel 
soviel Verluste wie Tuberculose. 

Ueber die städtischen UntersuchuDgsstationen gingen 194 050 
Rinderviertel, 132 616 Kälber, 35 432 Schafe und 141 884 Schweine. 

Laboratorium zur Untersuchung von Nahrungsmitteln In Berlin. 

Die Stadt Berlin beabsichtigt, ein Laboratorium, in erster 
Linie zur Untersuchung von Nahnungsmitteln zu errichten, 
welches zugleich eine Universalanstalt für alle chemischen, 
mikroskopischen und verwandten Untersuchungen werden soll. 

Oekonomieratli Haus bürg constatirt in dem Bericht, dass 
die Mastviehpreise gesunken sind, trotz Verminderung der 
Rindereinfahr um 30 pCt. und der Schweineeinfuhr um 69 pCt, 
und knüpft daran den Satz: Wir sehen, wie wenig die agrarische 
Hoffnung auf ein Steigen der Mastviebpreise durch Erschwerung 
der Einfuhr erfüllt worden ist. Sehr richtig! Nun ziehe man 
aber auch gefälligst die sich von selbst ergebende Schluss¬ 
folgerung: Wir sehen daraas, wie unberechtigt es ist, gegen die 
Beschränkungen der Vieheiofuhr fortwährend mit dem Feld¬ 
geschrei von der „unerträglichen Fleischvertheuerung“ zu agitiren. 

Fleischvergiftung. 

In Altona sind bekanntlich Soldaten eines Regiments in 
grosser Zahl, glücklicherweise nicht lebensgefährlich, erkrankt. 
Nach Zeitungsmeldungen hat die Untersuchung ergeben, dass die 
Erkrankung durch den Genuss von zu Fricandellen verarbeiteten 


Schweinefleisch hervorgerufen ist. DiesesFleisch soll amerikanischer 
Import gewesen und von den Lieferanten noch vor dem Erlass 
des Einfuhrverbotes in das Hamburger Kühlhaus eingelagert 
worden sein. Ganz abgesehen von der Verdorbenheit des 
Fleisches soll der Lieferant dadurch seinen Contract verletzt 
haben, nach welchem nur die Lieferung von Fleisch in Hamburg 
oder Altona geschlachteter Schweine zulässig war. 


Gerichtsentscheidungen über thierärztliche Gebühren¬ 
forderungen. 

I. Zum Vorzugsrecht Im Concursverfahren. 

Kreisthierarzt M. hatte in einer Streitsache wegen Bevor¬ 
rechtigung seiner Forderung an einer Concursmasse ein ob¬ 
siegendes amtsgerichtliches Urtheil erstritten. 

Auf die Berufung des Concursverwalters hin bat das Land¬ 
gericht zu Stendal am 20. Mai 1898 jenes erste Erkenntniss auf¬ 
gehoben und die Forderung als nicht bevorrechtigt erklärt. In 
der Begründung wird Folgendes ausgeführt: Namhafte Commen- 
tatoren, wieSarwey, Wilmowsky, Völderndorf, Petersen- 
K1 ein fei ler haben allerdings die Ansicht, dass dem Thierarzt 
das den Aerzten im § 54 4 der Concursordnung zugebilligte Recht 
ebenfalls zustehe, weil im § 29 der Gewerbeordnung die Thier¬ 
ärzte zu den Aerzten gerechnet seien und weil auch bei Er¬ 
krankung von Thieren wie beim Menschen, Sitte und Menschlich¬ 
keit die Hülfeleistung erfordern. Fitting und Dernburg haben 
die entgegengesetzte Ansicht, welche namentlich überzeugend in 
einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg von 1897 
(„Anwaltszeitung“ pg. 104) begründet sei und die sich auch das 
Berufungsgericht zu eigen gemacht habe. 

Aus der Fassung des § 54 4 der Concursordnung, wo neben 
den Aerzten die Wundärzte, ferner Hebammen und Kranken¬ 
pfleger besonders aufgeführt seien, gehe hervor, dass eben nur 
diese besonders aufgeführten Kategorien den Aerzten in qu. Be¬ 
ziehung gleichgestellt werden sollten. Im § 29 der Gewerbe¬ 
ordnung seien ferner ersichtlich die Thierärzte nur deswegen zu 
zu den Aerzten gerechnet, weil sie, wie diese, der Approbation 
bedürften. Endlich spreche die Entstehung des § 54 4 der Reichs- 
Concursordnung gegen die Zurechnung der Tbierärzte, denn in 
den Motiven sei gesagt, dass die Vorrechte, welche die preussische 
Concursordnung gewährt habe, aus Gründen der Sitte und Sitt¬ 
lichkeit anerkannt bleiben müssten, obwohl ein Zwang zur Hilfe¬ 
leistung nicht mehr bestehe. Hierbei könne nur Hilfe bei mensch¬ 
lichen Krankheiten gemeint worden sein, da bei Zuziehung thierärzt¬ 
licher Hilfeleistung in erster Linie der öconomische Werth der Thiere, 
Grundsätze der Sittlichkeit und Menschlichkeit aber nur in sehr 
geringem Grade massgebend seien. Weder aus den Worten noch 
aus der Begründung des Gesetzes lasse sich daher die Ueber- 
zeugung gewinnen, dass der Gesetzgeber den Thierärzten das 
Vorrecht ebenfalls habe gewähren wollen. 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Leiserlng’s Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen Haus- 
thiere. HI. Auflage unter Mitwirkung von Prof. Or. Baum 
in erweiterter Form neu herausgegeben von Ober¬ 
in edicinalratli Dr. Ellenberger. Für Thierärzte, Studirende, 
Landwirthe, Pferdeliebhaber und Künstler in 54 Tafeln mit Text, 
9 Lieferungen zu 6 M. Erste und zweite Lieferung Tafel 1—12. 
Leipzig bei B. G. Teubner 1898. 

Der Leisering’sche Atlas war mit Recht an die Stelle des 
Gurlt’schen Atlas getreten und blieb dann Jahrzehnte lang das 
einzige, einer vollständigen Darstellung der Anatomie namentlich 
des Pferdes dienende Bildwerk. Er ist in dieser Zeit so verbreitet 


worden, dass er der Mehrzahl der deutschen Thierärzte bekannt 
sein dürfte. 

Ein Atlas ist nicht wie der Text eines Buches beliebig ver¬ 
änderlich, sondern die ehemals fertig gestellten Original¬ 
zeichnungen, Holzschnitte, Steinzeichnungen und dergl. stellen 
ein Capital dar, welches bei späteren Auflagen natürlich ver¬ 
werthet werden muss. So ist auch der Herausgeber der vor¬ 
liegenden Auflage des Leisering’schen Atlas an das Vorhandene 
gebunden gewesen. Der Charakter des ganzen Werkes, das 
neben grossen Vorzügen auch Seiten aufweist, wo vielleicht 
principielle Aenderungen in Frage zu ziehen wären, ist daher 
der alte geblieben. Auch die meisten Tafeln werden voraus- 


Digitized by CjOOQie 





860 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 30. 


Bichtlich unverändert übernommen werden. Abgesehen von einer 
Vermehrung der Tafeln hat aber der Herausgeber offensichtlich 
eine sehr genaue Prüfung der Tafeln vorgenommen, welche viel¬ 
fach zu Veränderungen von Einzelheiten geführt hat. 

Die vorliegenden zwölf Tafeln entsprechen den Tafeln 1—11 
der ersten Auflage und enthalten Knochen, Bänder und Körper¬ 
muskeln. Eine Tafel ist neu zngefügt. Dieselbe bietet instructive 
Abbildungen der Kopfhöhlen des Pferdes, welche mit einer Aus¬ 
nahme bereits in der „topographischen Anatomie des Pferdes“ 
von denselben Autoren veröffentlicht worden sind und hier eine 
sehr passende Ergänzung bilden. Die Tafeln 1, 4, 5, 9 und 10 
sind unverändert. Erwünscht wäre es vielleicht gewesen, wenn 
auch die Figur 4 auf Tafel 11 und namentlich Figur 6 auf 
Tafel 10, die zu den schwächsten Darstellungen des Leisering- 
schen Atlas gehört, eine Umwandlung erfahren hätten. Auf 
Tafel 2 ist Figur 11 durch Einzeichnungen der Gehirnnerven in 
die Schädelbasis ergänzt. Auf Tafel 6 ist Figur 2a, Darstellung 
des Ellbogengelenks von innen, neu und Figur 3 etwas verändert 
Auf Tafel 8 ist die Innenansicht der Vordergliedmasse bis zum 
Huf vervollständigt; die alten Figuren 8 und 11 fehlen und dafür 
ist ein Querschnitt durch den Unterarm und einer durch den Fuss 
neugezeichnet. Auf Tafel 11 ist eine Ansicht der Zusammen¬ 
spannung von Knie- und Sprunggelenk neu eingefügt, desgl. auf 
Tafel 12 eine Abbildung der Kniekehle. Der bessernde Stift des 
Zeichners hat ansserdem überall kleine Auffrischungen etc. her¬ 
beigeführt; dagegen hat der Druck gegenüber der ersten Auflage 
vielfach gelitten. 

Der Herausgeber hat sioh jedenfalls durch die sorgfältige 
Ergänzung und Verbesserung des Bilderschatzes um die neue 
Auflage ein thatsächliches Verdienst erworben. Schmaltz. 

Personalien. 

Ernennungen : Dr. Bruno Hofer, Docent für Fischkunde an der 
thierärztlichen Hochschule in München, zum ausserordentlichen Pro¬ 
fessor für Zoologie und Fischkunde an der genannten Hochschule. 
Thierarzt H. Dexler, Adjunkt au der thierärztlichen Hochschule 
in Wien, zum ausserordentlichen Professor der Thierseuchenlehre 
und Veterinärpolizei an der deutschen Universität in Prag. — Dem 
Lehrer für Hufbeschlag und Vorstand der Lehrschmiede an der 
thierärztlichen Hochschule in München, F. Gutenäcker, wurde 
der Titel Professor verliehen. 

Bezirksthierarzt S. B e i c h o 1 d - Bruck zum ausserordentlichen 
Mitgliede für thierärztliche Angelegenheiten des bayer. Ober- 
medicinalauBschusses. 

Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Spitzer-Dramburg für 
den Kreis Dramburg, Thierarzt Diedrichs, bisher Assistent am 
patholog. anatom. Institut der thierärztlichen Hochschule in Hannover, 
für den Kreis Münster i. W. — Thierarzt Popp, bisher Assistent an 
der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, zum Oberamtsthierarzt 
in Mergentheim. 

Thierarzt Dr. S e y b o 1 d, bisher klinischer Assistent an der 
thierärztlichen Hochschule in Hannover, zum Assistenten im pathol.- 
anatom. Institut daselbst, Thierarzt M ö g e I e - Cannstatt zum 
klinischen Assistenten an derselben Hochschule. 

Approbationen: Berlin: die Herren Emil Krüger, Max 
Eggebrecht, Jacob Seegmüller. — Hannover: die Herren 
Carl Klein, Hermann K o t h e, Eduard Maier. 

Wohn8itzverindernngen, Niederlassungen etc.: Thierarzt Suckow, 
bisher in Berlin, hat sich in Stadthagen (Schaumburg-Lippe) nieder¬ 
gelassen. Verzogen: Thierarzt E g g e 1 i n g - Berlin nach Stettin. 

In der Armee: Rossarzt Schmidtke vom Art.-Regt. No. 30 
und Rossarzt Patschke vom Feld-Art-Rgt. No. 36 auf ihren 
Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Yacanzen. 

Krelsthlerarxtstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
r.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. — 


R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Gum¬ 
binnen: Insterburg. Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident in 
Gumbinnen. — R.-B. Königsberg: Wehlau (nicht ausgeschrieben).— 
R.-B. L1 e g n i t z: Görlitz (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Trier: Daun (1800 M.) Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident 
in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle 
(500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes).—R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

SanKfitsttilerarztstelleo: a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist — 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. — 
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung, 
Beleuchtung). Bew. an Magist 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum 

1. Oct — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatsteileo: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 

— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). —Gux¬ 
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. — Schwarzenau. — 
1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬ 
arzt Bew. an Magistrat. — Dassov (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt 

— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher 
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde- 
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an 
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — 
Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). — 
Nüsse b. Mölln i. L. - Obermarschacljt (Elbe). — Satow 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nien- 
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.), und Thierarzt Hallier- 
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬ 
strat. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
500M.) Kew. an den Stadtrath. — Schönbaum(DanzigerNehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst 


Bericht des deutschen Veterinärrathes. 

Die Berichte über die letzte Plenar-Versammlung des Deutschen 
Veterinärrathes sind bereits vor Monaten versendet worden. Durch 
eine Anfrage hat sich jetzt herausgestellt, dass der ca. 70 Mitglieder 
zählende tbierärztliclie Verein von Oberbayern das die Berichte ent¬ 
haltende Postpacket nicht erhalten hat. Der Verbleib lässt sich nicht 
mehr feststellen. Ebenso ist es unmöglich, aus vorhandenen Rest¬ 
beständen den Verlust zu ergänzen, da nur eben soviel Exemplare, 
als nöthig, hergestellt worden sind. 

Unter diesen Umständen wende ich mich mit einer Bitte an die 
geehrten Vereins-Vorstände. Es werden vielen Vereinen einige 
Exemplare mehr, als sie Mitglieder zählen, zugegangen Bein. Ebenso 
werden vielfach Exemplare unvertheilt geblieben sein. Endlich 
werden viele Thierärzte als Mitglieder zweier Vereine Doubletten 
besitzen. 

Ich bitte nun darum, diesen Ueberschuss an Exemplaren mir 
ütigst zusenden zu wollen, damit ich dem Verein für Oborbavern 
ie ihm zukommenden Exemplare noch aushändigen kann. Das Porto 
wird erstattet werden. 

Der Schriftführer des Deutschen Veterinärrathes. 

Schm altz. 


Sammlung zum Fonds für die Waisen des Professors Eber. 

Da die Herren Prof. Fröhner nnd Prof. Oster tag in der 
nächsten Woche verreisen, so wird gebeten, alle Beiträge an 
Prof. Schmaltz zn senden nnd zwar gütigst bis 12. September, 
von wo ab auch letztgenannter verreist ist. 

L A.: Schmaltz. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excL Insera tenthell) Prot Dr. Schmält* in Berlin. — Verla« und Eieenthum von Richard Schoet* in Berlin- — Druck von W. BQxenitein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 




Dlo „Berliner rfHer&rztllclie Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln Stlu-Ve von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe 
ist su besiehen durch den Uuclihandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 3u, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbcilr&go werden tuiiöOHk. für den Bogen Uonorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx, 
Berlin, thlcrarztllcho Hochschule, NW., Luisenstrasse 50. 
Correcturcn, ltecensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 31 . Ausgegeben am 4 Angust. 


Inhalt: Moeblus : Zur Ursache und Behandlung der Gebärparese naeh Schmidt-Kolding. — Sohrader: Ueber 
Entfernung von Fremdkörpern aus dem Schlunde des Rindes. — Referate : Eber: Die Aulointoxicationen 
der Thiere. — Albrecht: Ueber Leberabscesse bei Pferden. — Magnin: Beitrag zum Studium der Asphyxie durch Strangn- 
lation. — Joshua A. Nunn: Intravenöse Injection von Chlorbarium nach Dieckerhoff bei einem Fall von intestinaler 
; Obstruction. — Koorevaar: Hypoderma bovis und ihre jüngsten Larven. — Biedl und Kraus: Ueber die Ausscheidung 
von Mikroorganismen durch drüsige Organe. — Frantzius: Die Galle toller Thiere als Antitoxin gegon Tollwuth. — Tages- 

S eschichte: Ueber die Form der Bezahlung der Dienstverrrchtungen der beamteten Thierärzte. — VI. Plenar-Versammlung 
er Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Oeffent- 
liches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Zur Ursache und Behandlung der Gebärparese 
^ nach Schmidt-Kolding. 

Von 

PHoebiiw-Plauen. 

In der Berliner Wochenschrift No. 14/1898 ist von Schmidt- 
Kolding der Behandlung der Gebärparese Erwähnung getlian 
und genannte Krankheit in Verbindung gebracht worden mit 
einer Toxinbildung im Colostrum bez. in der Milch. Als heilend 
wird empfohlen: das Euter der Kühe aoszumelken und bis 10 g 
Jodkalium in 1 Liter heissen Wassers gelöst, das bis 40° C. ab¬ 
gekühlt ist, in alle 4 Zitzen des Euters zu infnndiren. Schmidt 
nahm hierzu einen Infusionspparat, bestehend ans einem l l /. { m 
langen Kautscliuckschlauclie und einem Glastrichter. Das Euter 
wurde während des Infundirens massirt. 

Der von mir näher anfgezeichnete Krankeitsfall, bei welchem 
ich die Schmidt’sche Behandlung anwendete, ist folgender: 

Am 19. Mai d. J., Morgens 6 Uhr, wurde ich auf das Ritter¬ 
gut Reinsdorf, 20 Minuten von liier, zu einer Kuh mit „Kalbe¬ 
fieber“ gerufen. Dieselbe, eineWilster, hatte am 17. Mai d. J. 
leicht gekalbt und sich gereinigt und war am 19. Mai d. J. 
früh, als die Schweizer fütterten, plötzlich unter Brüllen hin¬ 
gefallen. 

Das Thier lag bewusstlos da, die Inneutemperatur betrug 
37° C., die Haut fühlte sich kühl an. Dabei bestand Speicheln 
und leichtes Aufblähen. Der Kopf wurde nach hinten geworfen. 
Im Uebrigen zeigte das Thier vollständige Apathie und Gefühl¬ 
losigkeit bei Nadelstichen in den Rücken. 

Die Behandlung bestand in Injection der betreffenden 
Jodkaliumlösung ins Euter, 10 g in einem Liter kochenden 
Wassers gelöst, das auf 40° C. abgekühlt war. Hiernach Massage. 
Ich verwendete zum Einverleiben der Flüssigkeit eine Injections- 
spritze von Hauptner, weil mir Anderes nicht zur Verfügung 
stand. Vorher wurde das Euter ausgemolken. Behilflich war mir der 
Besitzer der Kuh, Herr Rittergutspächter Schattelius. Wir 
führten die Behandlung mit Vorsicht und Genauigkeit aus. Wir 
fanden, dass die Einführung der Injectionsnadel in die Enge der 
stark hyperämischen Strichei ziemliche Schwierigkeiten bereitete, 
und ich fürchte, dass sich das Einbringen von Röhrchen in die 
Strichei nicht in allen Fällen gut durchfuhren lassen wird. Was 


den Druck anlangt, der durch die Injectionsspritze erzielt wurde, 
so war derselbe vielleicht noch stärker wie hei der Infusion der 
Flüssigkeit ins Enter. Innerlich erhielt Patient 30 g Aloe 
capensis pulv. mit Althääpulver als Trank. Der Frnchthälter 
nnd der Mastdarm wurden mit Schlauch und Trichter ausgespfllt. 
Diese Behandlung zeigte nach mehreren Standen nicht die ge¬ 
ringste Besserung. Darauf wurde der Rücken des Thieres ge¬ 
plättet und Rothwein eingegeben, eine sonst hier übliche Be¬ 
handlung. Alles vergebens! Schon am I Uhr Mittags am 
19. Mai musste die Knh, welche verendet wäre, geschlachtet 
werden. 

Die Section. Lunge emphysematos, Leber und Milz fast 
gewöhnlich, etwas blutreicher. Fruchthälter rerhältnissmässig 
abgeschwollen und rein. Das Enter hatte infolge der Injection 
stark gelitten, es war blntig-serös infiltrirt, sogar in den Milch¬ 
venen. Fleisch als geniessbar erklärt. 

Ein Patient mit Gebärparese konnte nicht schneller behandelt 
werden and doch hatte ich mit der Schmidt’schen Behandlung 
keinen Erfolg. Ich vermuthe nur, dass die abführende Behandlung 
in manchen Fällen von günstigem Einfluss gewesen ist. 

Wenn ich auf den Zweck der Behandlung, „die Zerstörung 
der Toxine im Euter“, zurückkomme, so erscheint mir diese 
Theorie zweifelhaft. Bei dem sogenannten „Milchschuss“ der 
Kühe, der in dem Eintritte eines höchst milchreichen, entzündlichen 
Euters nach der Geburt und bei hohem Fieber besteht, könnte 
man eine Toxinbildung eher annehmen and dennoch leidet kein 
dergl. Patient an Lähmung nnd Bewusstlosigkeit, sondern an 
Schmerzen, und bei der Schlachtung findet man Lungenödem. 
Es ist wohl eher anznnehmen, dass die Ursache der Gebärparese 
„Gehirnödem“ ist, das infolge Stauung des Blutes vor und 
nach der Geburt entsteht. Der Eintritt des Kalbefiebers be¬ 
kundet sich durch eine Ohnmacht. Die Ohnmacht aber wird sehr 
leicht bei dem reizbaren Hirn durch eine Erkältung hervorgerufen. 
Auch im Reinsdorfer Falle bemerkte ich, wie iu früheren Fällen 
schon oft, dass die Kuh Zugluft bekommen hatte Ich liess zwar 
früh sofort das qu. hohe Stallfenster schliessen, leider zu spät, es 
hatte während der Nacht offen gestanden. — Kftlberkühe sind 
für Zugluft sehr empfindlich, das beweisen die oft nach dem 
Kalben eintreteuden entzündlichen Enter. 

Auch der Toxinbildung im Fruchthälter bei Kalbefieber gegen- 


Digitized by LjOOQie 





362 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31; 


über, welcher Theorie ich früher vollständig beipflichtete, bin 
ich etwas misstrauischer geworden, da ich in Schlachtefällen den 
Frnchthälter rein und verhältnissmässig gut zusammengezogen 
fand. Das zeitweilig plötzliche Verschwinden der Lähmungs- 
erscheinunge^ erklärt nicht die Entfernung eines Giftes ans dem 
Körper. Ein Oedem des Gehirns kann nach dem Grade eben 
auch schnell verschwinden. Wenn die Gebärparese nur bei 
Kühen vorkommt, die schon geboren haben, so finde ich gerade 
hierin eine Erklärung für das Vorhandensein eines Gehirnödems, 
als bei wiederholten Geburten, erst solche Gefässerweiternngen 
entstehen, die za Darchschwitzangen in den Geiässen führen. 
Gifte sind erfahrnngsgemäss sehr schwer ans dem Körper zn 
bringen, ich erinnere nur an Schlangen- und Leichengift. 

Das Gehirnödem können wir bei an „Kalbefieber“ ge¬ 
schlachteten Kühen leider nur sehr selten nachweisen, da die 
Patienten ausnahmslos erst durch Kopfschlag betäubt werden. 


Ueher Entfernung von Fremdkörpern aus dem 
Schlunde des Rindes. 

Von 

Sohrader-Helmstedt, 

Krcitthlorarzt. 

(Au* den Verhandlungen de* Thlerärttllchcn Vereins zu Braunscliwulg.) 

Das Steckenbleiben von Fremdkörpern — Rübenstücken und 
Rübenköpfen, Kartoffeln, hier nnd da anch Obst, Maiskolben etp. — 
im Schlunde ist ein recht häufiges Vorkommniss. Die Methoden 
zur Entfernung derselben sind so vielfach beschrieben und die 
Erscheinungen so bekannt, dass es überflüssig erscheinen könnte, 
darüber noch Worte zu verlieren, dennoch möchte ich nicht unter¬ 
lassen, meine Erfahrungen bekannt zu geben. 

Sollte Würgen und Speicheln aus dem Manie anfgehört haben 
nnd die Diagnose zweifelhaft sein, so lasse ich eine Fläche 
Wasser eingeben und beobachte, ob das Wasser wieder aus¬ 
gewogen wird oder nicht. 

Zunächst möchte ich bemerken, dass der Tliierarzt frische 
Fälle ausnahmsweise zu sehen bekommt; erst wenn der Fremd¬ 
körper nach oft stundenlangem Bemühen Seitens verschiedener 
„Sachverständiger“ nicht von der Stelle zn bewegen war und 
Gefahr im Verzüge liegt, wird der Thierarzt zngezogen. Diesem 
gelingt nun das Zurückdrängen des Fremdkörpers in die Maul¬ 
höhle nnd das Zerdrücken in der Regel nicht mehr. Die An¬ 
wendung von Zangen und Bohrer ist als gefährlich zu verwerfen; 
anch die Anwendung der Schlundsonde hat nicht immer Erfolg. 
In der Hand des Laien ist Letztere ein nicht ungefährliches In¬ 
strument; die Schlnndsonde darf nur mit Vorsicht applicirt werden, 
weil bei zu starkem Druck nicht selten der Schlund durchbohrt 
wird nnd die Sonde tief in das Zellgewebe eindringt. Die Gefahr 
wird als beseitigt betrachtet, aber bald stellt sich am Halse ein 
mehr oder weniger umfangreiches Emphysem ein, und das Ende 
vom Liede ist schlachten. 

Seit Decennien wende ich nun folgendes Verfahren an: 

Solange sich der Fremdkörper noch in den Halspartien des 
Schlundes befindet und von aussen zu fühlen ist, entferne ich 
denselben mit der Hand und zwar nicht nur, wenn er im Sclilund- 
kopfe oder nnmittelbar dahinter, sondern auch wenn er tief im 
Schlunde sitzt. 

Zu diesem Zwecke wird das fragliche Thier mit dem Hinter¬ 
kopfe an das Joch oder einen Pfosten gut befestigt und nun das 
Maulgatter eingesetzt, welches von zwei Personen gehalten wird. 
Ich ergreife die Zunge und gehe mit der Hand resp. dem Arme 
oft bis an die Schulter in den Schlund ein, lasse den Fremd¬ 
körper, wenn ich mit den Fingern darauf stosse, durch einen 
Gehilfen von aussen in der Richtung nach dem Schlundkopfe zu 


fixiren, ergreife den Fremdkörper nnd fördere ihn zn Tage. 
Faustgrosse Kartoffeln und Rübenköpfe von 6—7 cm Durchmesser, 
also einer Peripherie von etwa 20 cm, habe ich auf diese Weise 
aus dem Schlunde entfernt. Der Schlnnd des Rindes ist ausser¬ 
ordentlich ausdehnungsfähig, man kann mit der Hand resp. dem 
Arme tief in den Schlund eingehen und hat bei einiger Vorsicht 
Verletzungen nicht zu befürchten. Die ganze Operation dauert 
wenige Minuten und wird in der Regel im Stehen ansgefuhrt, 
nur in einem Falle wurde wegen grosser Unruhe des Thieres 
das Niederlegen nothwendig. Diese Methode dürfte wohl als die 
beste zu bezeichnen sein, weil das Uebel schnell, sicher nnd ohne 
irgend welche Nachtheile gehoben wird. 

Befindet sich der Fremdkörper bereits in der Brustpartie 
des Schlundes, ist er also mit der Hand nicht mehr zu erreichen, 
so wird das Hinabstossen mittelst der Schlundröhre in vorsichtiger 
Weise versucht 

Führt auch das nicht zum Ziel, tritt erhebliche Aufblähung 
ein, so wird der Pansenstich gemacht. Die Trocarhülse bleibt 
liegen, bis der Fremdkörper aus dem Schlunde verschwunden ist, 
was in der Regel innerhalb 12 Stunden geschieht. 

In der sich anschliessenden Discnssion stellte sich herans, 
dass manche Thierärzte sich um den Fremdkörper gar nicht 
kümmern, sondern trocariren und den Erfolg abwarten — ein 
Verfahren, welches den Vorzug bat, recht bequem zu sein. 

Bei meinem Verfahren habe ich in einer 34jährigen Praxis 
nicht nötliig gehabt, den Schlundschnitt zu machen. 

Obgleich sowohl der letztere als auch der Pansenstich keine 
schwierigen und meistens ungefährlichen Operationen sind, so bin 
ich doch der Meinung, dass, ähnlich wie in der Geburtshilfe, 
auch hier die Hand das beste Instrument ist. Aber der Schlund¬ 
schnitt ist nicht absolut ungefährlich, die Heilung und damit die 
völlige Genesung erfordert mqhr oder wepiger Zeit; selbst der 
Pansenstich hat zuweilen Verklebungen des Pansens mit der 
inneren Banchwand nnd Abscessbildnng zur Folge. 

Französische Tbierärzte — cfr. Guittard path. bov. — 
empfehlen bei Vorhandensein von Fremdkörpern in der Brust¬ 
partie die subcutane Zerkleinerung und auch die Oeffnung des 
Schlundes und nun das Herausholen der Fremdkörper mit einer 
geeigneten Zange oder das Hinabstossen. 

Nahe der Cardia festsitzende Fremdkörper sollen durch die 
Gastrotomie entfernt werden. Hierüber, sowie über die subcutane 
Anwendung von Arecolin (Fröhner) und Apomorphin und Pilo- 
carp. (Mölter-Immelmann) habe ich keine Erfahrung. 

Der Zweck meiner Zeilen ist, darauf hinzuweisen, dass die 
Entfernung der Fremdkörper aus dem Schlunde mittelst der 
Hand das schnellste, sicherste nnd gefahrloseste Verfahren ist, 
welches in erster Linie und mehr als bisher Anwendung finden 
sollte und wodurch operative Eingriffe — Schlundschnitt, Trocart, 
Schlundrohr — in vielen Fällen vermieden werden könnten. 

Viel seltener ist das Steckenbleiben von Fremdkörpern in 
der Rachenhöhle des Rindes; mir ist nur ein einziger Fall zur 
Behandlung gekommen. 

Ein etwa lfcjäliriges Rind konnte Flüssigkeiten schlucken, 
kaute aber festes Futter zusammen nnd liess es wieder aus dem 
Maule fallen. Als ich nach mehrtägiger Dauer dieses Zustandes 
zugezogen wurde und eine Untersuchung der Maul- und Rachen¬ 
höhle vornahra, fand ich in der letzteren einen 9—10 cm langen 
holzigen Stengel von Tanalet. vulg. stecken, welcher sich tief 
in die Seitenwände eingebohrt hatte, aber sofort entfernt werden 
konnte. 

Auch von einem Pferde kann ich über einen ähnlichen Fall 
berichten. Dasselbe verweigerte das Futter, streckte den Kopf 
uud zeigte bei Druck auf die Kehle heftige Schmerzen. Bei 


Digitized by LjOOQie 



4. AnguBt 


BERLINER TII1EKÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


363 


Untersuchung der Rachenhöhle fand ich einen Zweig von 
Crataegus, dessen Stacheln sich in die Schleimhaut eingebohrt 
hatten. Nach Entfernung des Zweiges verschwanden die Er¬ 
scheinungen sofort. 


Referate. 

Die AutointoxicatioDen der Tbiere. 

Festrede, gehalten am Geburtstage Seiner Majestät des Kaisers und 
Königs in der Aula der Thierärztlichen Hochschule in Berlin 
von Professor W. Eber. 

(Archiv f. wiMOimcb. TUerhlkd. 1S98. H. 3 u. 4.) 

Der Vortrag beginnt mit einer kurzen Erläuterung des Be¬ 
griffes „Autointoxication“ und mit dem Hinweis, dass das Wesen 
dieser Krankheitsgruppe an die Vorstellung erinnere, welche sich 
schon die Griechen (nach dem Inhalt der Krasenlehre) von den 
Krankheitsursachen gemacht hätten. Die Vorstellung von der 
abnormen Säftemischung habe sich durch den Wandel der medici- 
nischen Anschauungen bis auf deu heutigen Tag erhalten, weil 
sie eine Wahrheit enthielt. 

Die Betrachtung der in der Thierheilkunde vorkommenden 
Autointoxicationen wird mit der Selbstvergiftung durch Kohlen¬ 
säure eröffnet. Die COa-Autointoxication kann gleichsam als 
Paradigma für die gedachte Krankheitsgruppe dienen, denn die 
chemische Zusammensetzung und Wirkung des die Rolle spielenden 
Giftes ist bekannt, ebenso lassen sich die Bedingungen seiner 
Bildung und Ausscheidung ziemlich gut tibersehen. Wenn die 
Ausscheidung der Kohlensäure durch die Lungen aufgehoben 
wird, tritt bekanntlich Erstickungstod ein. Wir beobachten diese 
Art der COa-Autointoxication bei Verschluss der luftführenden 
Wege durch Fremdkörper oder durch entzündliche Schwellung 
der Respirationsschleimhant. Selbstvergiftungen durch Kohlen¬ 
säure kommen nuu andrerseits auch zu Stande, wenn keine groben 
Hindernisse in den Respirationswegen bestehen. Die hierbei 
thätigen Einflüsse sind keineswegs geklärt. Das Rind ist wegen 
seiner verhältnissmässig kleinen Lunge für die COa-Autointoxication 
prädisponirt. Athmungsgifte, wie das Physostigmin, können des¬ 
halb beim Rinde nur mit grosser Vorsicht gebraucht werden. 
Schon kleine Dosen erzeugen Athemnoth, welche durch gleich¬ 
zeitig einwirkende Nebenumstände physiologischer Natur (Zunahme 
des Pansenumfanges durch Gase oder Futterstoffe, Trächtigkeit) 
bis zur Lebensgefahr gesteigert werden kann. Weiter können 
COa-Intoxicationen begünstigt werden durch Märsche und Trans¬ 
porte infolge Steigerung der COa-Bildung und der ungewöhnlichen 
Anforderungen an die Respirationsapparate und Behinderung der 
COa-Abgabe. Chronische Lungenleiden vermögen in Verbindung 
mit den erwähnten arzneilichen und hygienischen Einflüssen die 
CO,-Ausscheidung so stark zu hemmen, dass der Tod eintreten 
kann. Bekannt sind die COj-Intoxicationen der Wiederkäuer in¬ 
folge mechanischer Behinderung des Zwerchfells bei Tympanitis 
und fetter Schweine, welche bei grosser Hitze transportirt 
werden. 

Die Selbstvergiftungen, welche eine Folge von Störungen 
der Nierenthätigkeit sind, haben in der Thierheilkuude eine 
geringe Bedeutung. Das „Urämiegift 1 ist seiner chemischen Zu¬ 
sammensetzung nach nicht bekannt. Die bisher genannten Auto¬ 
intoxicationen lassen sich unter dem Namen Retention st oxicosen 
znsammenfassen. Der Begriff' soll aber nicht nur die Krankheiten 
umfassen, welche durch verminderte Ausscheidung schädlicher 
Stoffe entstehen, sondern auch diejenigen, welche durch eine 
Hemmung des Stoffwechsels (der Oxydation, Reduction, Hydroxy- 
lirung, Bildung von Doppelverbindungen etc.) hervorgerufen 
werden und zn Selbstvergiftungen führen. 

Der Gruppe der Retentionstoxicosen stehen die „Pro- 


ductionstoxicosen“ gegenüber, bei welchen die Selbstvergiftung 
durch Bildung von dem normalen Stoffwechsel fremder Substanzen 
zu Stande kommt. So bilden eich beim Diabetiker neben der 
Anhäufung von Traubenzucker im Blute, noch Producte des 
rapiden Eiweisszerfalles (Oxybuttersäure etc), Welche sonst 
nur bei den schwersten Formen der Cachexie angetroffen 
werden. Der Tod des Diabetikers wird auf Säureintoxication 
zurückgeführt. 

,Zu den Productionstoxicosen der Thiere dürften die „schwarze 
Harnwinde“ und das „Kalbefieber“ gehören. Bei der erstem 
Krankheit wird angenommen, dass sich durch die Ruhe und 
intensive Ernährung des Pferdes ein Gift im Muskel anhäuft. 
Kältereiz und Arbeit sollen dann das latente Stadium in ein 
actiyes überführen. Für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen 
verschiedene Thatsachen: 1. Die Krankheit kann vermieden 
werden, wenn die schweren Arbeitspferde, welche der Regel nach 
betroffen werden, an den arbeitsfreien Tagen weniger intensiv 
gefüttert werden, und wenn die Stallruhe durch kurzes Bewegen 
unterbrochen wird. 2. Die Muskeln, welche beim Ziehen die 
grösste Arbeit haben, erkranken am stärksten. Hierbei würde 
die Vorstellung Platz greifen müssen, dass die Menge der hypo¬ 
thetischen, giftigen Substanz, welche das Product der gesteigerten 
Zellentliätigkeit sein soll, proportional dem Stoffwechsel in deu 
durch Arbeit besonders belasteten Muskeln zugenommen hat. 
3. vfrird die Annahme einer Autointoxication unterstützt durch die 
erfolgreiche Behandlung der Krankheit mittels grosser Dosen 
doppeltkohlensauren Natrons. Diese Therapie setzt voraus, dass 
es sich bei der schwarzen Harnwinde um eine allgemeine Säure¬ 
inlokication handle, eine Annahme, die jedoch noch des ex¬ 
perimentellen Nachweises bedarf. 

Ebenso hat die Hypothese einer Autointoxication beim Kalbe- 
flehter - zu einem Heilverfahren geführt, welches bereits die 
günstigsten Erfolge aufgewiesen hat. Schwerkranke Kühe, die 
bisher der Regel nach dem Tode verfallen waren, genesen binnen 
wenigen Stunden durch Infundiren einer halb- bis einprocentigen 
Jodkaliumlösung in die MUchcisternen des Euters. Das Gift 
dürfte sich demnach nicht, wie allgemein angenommen wurde, in 
der Gebärmutter, sondern in der Milchdrüse bilden. Schliesslich 
wird noch kurz der Verdauungstractus als Quelle der Intoxi- 
catibnen in die Betrachtung anfgenommen. Hier sind es weniger 
die Producte, welche ans der Thätigkeit der lebenden thierischen 
Zellte, als vielmehr die der Gährung durch Fermente oder Mikro- 
orgänismen, welche mit der Autointoxication im ursächlichen Zu¬ 
sammenhang stehen. Nur diejenigen Krankheiten, welche durch 
die Wirkung saprophytischer Spaltpilze erzeugt werden, lassen 
sich noch in das Gebiet der Autointoxication einbezieheD. Denn 
die Schädlichkeit bildet sich durch die Veränderung todten Ma¬ 
terials. Krankheitsprocesse dagegen, welche durch das Schmarotzer- 
thutb von Parasiten in lebenden Geweben verursacht werden, 
charakterisiren sich als Infection. 

Hiernach unterscheiden sich auch Prophylaxe uud Therapie 
diesbr Krankheitsgruppen. Ueber diese Unterschiede bemerkt 
Redner zum Schluss seines lehrreichen Vortrags Folgendes: „Die 
Prophylaxe der Intoxicationen heisst: Verhütung der Aufnahme 
des Giftes; die Prophylaxe der Autointoxicationen: Verhütung 
der Zurückhaltung oder Bildung des Giftes durch Beeinflussung 
def physiologischen Körperfunctionen; die Prophylaxe der Seuchen 
und Infectionskrankheiten: Verhinderung der Aufnahme des be¬ 
lebten Krankheitsgiftes durch die Isolirung erkrankter Thiere 
und Desinfection derjenigen Stoffe, welche Träger des Contagiums 
sein können. 

Die Therapie der Autointoxicationen ist angewandte Toxi- 
therapie im weitesten Sinne des Wortes: Entleerung des In- 


Digitized by AjOOQle 



364 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


testinaltractus, Neutralisation des Giftes, Erregung aller Secretionen, 
insbesondere der Haut-, Speicheldrüsen- und Nierenthätigkeit, 
Erhöhung oder Erniedrigung des Stoffwechsels des gesaramten 
Körpers oder einzelner Organe. Für die Pharmacotherapie er- 
giebt sich die*Regel, der Autointoxication bei der Dosirung und 
Auswahl der Mittel gerecht zu werden.“ 

Ueber Leberabscesse bei Pferden. 

Von Professor A 1 b r e c h t. 

(W»chr. f. Th. u. Vieha., No. I u 2.) 

Die Leberkrankheiten sind beim Pferde sehr schwer zn 
diagnosticiren. Der vorhandene Icterus lässt keineswegs immer 
auf Erkrankung der Leber schliessen. Leberabscesse scheinen 
bei Pferden sehr selten vorzukoramen und sind gewiss am 
schwersten festzustellen. A. hat nur einmal ein Pferd mit Leber- 
abscessen behandelt. In einem Stall war die Druse aufgetreten. 
Eins der Pferde fing fünf Wochen nach dem Auftreten der 
Krankheit an schlechter zu fressen und zeigte einen leichten 
Kolikanfall. Bei der Untersuchung fand man es abgemagert. 
Die Schleimhäute nicht gelb, der Puls etwas beschleunigt und 
mässig voll. Die Peristaltik träge, der Koth kleingeballt und 
ziemlich hell, aber keineswegs acholisch. Der Harn spielte ins 
Braune, war leicht sauer und enthielt auch Eiweiss. Der Rumpf 
wurde auffallend steif gehalten. Die Temperatur schwankte 
zwischen 40 und 41. Oft trat ein matter Husten ein. Dabei 
waren die Luftwege gänzlich gesund. Der Verdacht auf einen 
pyämischen Process lag nahe. Den Sitz desselben anzugeben, 
war unmöglich. Das Pferd ging unter steigender Abmagerung 
und stärkerer Beschleunigung des Pulses nach 12 Tagen zu 
Grunde. Sectionsergebniss: Am Respirationsapparat keine Ab¬ 
normitäten. In der Bauchhöhle 1 1 röthlicb trüber Flüssigkeit. 
Verdauungsapparat normal, ebenso die Gekrösdrüsen. In' der 
Leber ein grosser und zahlreiche kleine Abscesse. Der erstere 
fingerlang, von einer etwa 1 mm dicken Wand nmgeben. Die 
kleinen Abscesse bis wallnussgross. Die Milz um ein Drittel ver- 
grössert. 

Brieflich wurde dem Verf. folgender Fall miigetheilt. Eine 
6jährige robuste Stute war seit drei Jahren nie krank gewesen. 
Plötzlich zeigte sie Unlust zum Fressen und nahm nur noch 
Heu und Stroh zu sich. Sie fieberte und hustete öfter, sonst 
war nichts Krankhaftes zu finden. Nach einiger Zeit wurde das 
Pferd vorübergehend besser, frass dann fast gar nichts mehr. 
Der Husten hatte aufgehört, aber aus dem Wiehern des Pferdes 
war ein Hauchen geworden. Der Puls schlug 70—80 mal und 
war leidlich kräftig. Die Temperatur stand trotz grosser 
Antifebrindosen auf 40—11. Bei der Section fand sich ein 
faustgrosser, verkäster Abscess in der Leber, die ausserdem 
mit einer grossen Zahl kleinerer Eiterherde durchsetzt war. 
Fleisch und Fett leicht icterisch. Der Athmungsapparat ganz 
normal. 

Als auffällige Erscheinungen traten also hervor: Appetit- 
losibkeit, Fieber, Husten, grosse Schwäche und steife Bewegungen. 
Der Husten kann nur als Reflex erklärt werden. Auffällig war 
in beiden Fällen das Fehlen icterischer Erscheinungen auf den 
Schleimhäuten. Die Symptome sind also ziemlich spärlich und 
keineswegs charakteristisch. Ausser dem hohen und der Be¬ 
handlung trotzenden Fieber scheint der reflectorische Husten bei 
Normalität des Athmungsapparates charakteristisch und würde 
namentlich Verdacht erwecken, wenn eine Druse vorhergegangen 
ist. Man muss annehmen, dass der Infectionsstoff von den Kopf- 
lymphdrüsen aus in die Leber gelangt ist, wobei freilich auffällig 
genug ist, dass die Lungen intact blieben. 


Beitrug zum Studium der Asphyxie durch Strangulation. 

Von Militärveterinär Magnin-Tours. 

(Recueil de mdd vdt. SO. 1. 897.) 

Die Strangulation wird verursacht durch die Constriction der 
grossen Gefässe der Nerven der Halsgegend und der Trachaea, 
resp. des Larynx und hat den raschen Tod zur Folge. Sie 
unterscheidet sich vom Aufhängen dadurch, dass dieses noch eine 
Zerrung der Halswirbel und eine Verlängerung des Bulbes mit 
sich bringt. 

M. schildert die Laesionen, die er bei mehreren strangulirten 
Pferden vorfand. 

In sämmtlichen Fällen war das Blut schwarz, flüssig, un¬ 
geronnen. Die oberen Regionen des Kopfes und des Halses waren 
stark congestionirt; die Jugularis war stark gespannt, die anderen 
Gefässe geschwollen und vergrössrt; die Muskeln, das Bindegewebe 
der Parotisgegend, der Zunge und der Kehle waren ecchymosirt 
und infiltrirt. Die Luftröhre enthielt eine spumöse, röthliche 
Flüssigkeit; die Lungen fallen nur wenig nieder; sie sind mit 
schwarzem, flüssigem Blut vollgepfropft; ihre Oberfläche ist mit 
ecchymotischen Flecken bedeckt, die man auch auf dem Zwerchfell 
findet. In der Bauchhöhle ist nichts Bemerkenswerthes zu finden. 

Die Cerebralmeningen sind regelmässig stark congestionirt; 
auf der Schädelbasis findet man haemorrhagische Herde, die 
reichlich vorhandene Hirnflüssigkeit ist dunkelroth gefärbt. In 
keinem Falle fand M. cerebrale Haemorrhagien, sowie Fracturen 
der Trachaea, des Kehlkopfes oder der Zungenbeine. 

M. schlieBst mit der Ansicht, dass die strangulirten Thiere 
durch Asphyxie und Congestion der Häute des Centralnerven¬ 
systems verenden. 

Intravenöse Injeetion von Chlorbarium nach DieckerhofT 
bei einem Fall von intestinaler Obstroction. 

Von Joshua A.Nunn F. R. C. V. S., F. R. G. S., C. I. E. D. S. 0, 
Vet.-Major A. V. D. 

(Vet Record l l 98, H. 617 ) 

Eine zehnjährige Stute des in Kensington garnisonirenden 
Truppentheils erkrankte am Morgen des 27. Mai an schwerer 
Kolik. Die von dem Fahnenschmied eingegebenen Mittel blieben 
ohne Wirkung. AlsN. die Stute untersuchte, bekundete dieselbe 
starke'Hinterleibsschmerzen und entleerte unter heftigemDrängen ver¬ 
einzelte, von einer dicken Schleimschicht bedeckte Kothballen von 
harter Beschaffenheit. Durch manuelle Untersuchung wurde fest¬ 
gestellt, dass das Rectum leer war, dagegen war das Colon durch 
teste Ingesta angefüllt und ausgedehnt. Die Application eines 
Senfbreies auf die Bauchdecken, weiter Bähungen, Infusionen in 
den Mastdarm und die Einverleibung verschiedener Medicamente 
verschafften der Stute keine Linderung. Vielmehr trieb der 
Bauch tympanitisch auf, die Schleimhäute zeigten Inject onsröthe 
und der Puls wurde schwach und schnell. Hierauf wurde in die 
rechte Jugalarvene eine Einspritzung von Chlorbarium ( , / a Drachme) 
gemacht, welche alsbald ihre Wirkung manifestirte, indem unter 
heftigem Drängen enorme Mengen von Fäces (etwa eine halbe 
Stall karre voll) ausgestossen wurden. In % Stunden wurden 
etwa 30 Entleerungen beobachtet. Die ersten waren sehr hart, 
die letzten fast flüssig. Die Genesung der Stute trat hiernach 
in kurzer Zeit ein. 

Der Verf. hat die Dieckerhoff’sche Kolikbehandlung 
(Dieckerhoffs treatment) schon in Indien mit Erfolg angewendet. 
Er empfiehlt, das Chlorbarium in den Krankheitsfällen möglichst 
frühzeitig und nicht erst als extrema ratio, wenn die Kräfte des 
Thieres bereits erschöpft sind, zu gebrauchen. 

Zu diesem sehr verständigen Rathschlag ist nur noch hinzu¬ 
zufügen, dass auch die von Dieckerhoff dringend anempfohlene, 
fractionirte Dosirung stets berücksichtigt werden möge. Der 


Digitized by LjOOQie 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


365 


4. Ang\iBt ^ ^8. 

Verfasser dieBer Mittheilung hat die Hälfte einer Drachme 
= 1,875 g auf ein Mal dem kolikkranken Pferde in die Vene 
eingespritzt. Die Anwendung einer so grossen Dosis ist höchst 
gefährlich und kann unter Umständen den Tod des Pferdes auf 
der Stelle verursachen. Solche Fälle sind natürlich geeignet, 
dieses ausgezeichnete Kolikmittel in Misscredit zu bringen. 

Hypoderma bovis and ihre jüngsten Larven. 

Von P. Koorevaar, Thierarzt am Schlachthof zu Amsterdam. 

(Centralbl. f. Bact. 1898, H. 80.) 

Ruser und auch Hinrichsen haben 1896 die Ansicht aus¬ 
gesprochen, dass die Larven von Hypoderma bovis durch die 
Maulhöhle in den Rinderkörper gelangten. Verf. wollte die 
Richtigkeit dieser Annahme prüfen und ging von der Ueberlegung 
aus, dass, wenn die Larven thatsächlich durch die Maulhöhle auf- 
genommeu würden, dieselben auch kurz nach dem Anfang des 
Schwärmens der Rinderbremse in den obersten Verdauungswegen 
gefunden werden müssten. Die Schwarmzeit der Dasselfliege 
wird von Juni bis September angegeben, deshalb empfiehlt es 
sich bereits im Juni die Rachenhöhle der Rinder auf Larven zu 
untersuchen. In Wirklichkeit fand auch K. Ende Juni bei einem 
Kalbe von etwa drei Monaten in der Oesophaguswand sehr kleine 
glashelle Larven von 2 —i mm Länge. Dieselben lagen im 
lockern Bindegewebe zwischen Muscularis und Mucosa. 

Im Juli waren die Larven bereits durch die Muskelschicht 
hindurch in die Adventitia des Schlundes gewandert. Mitte 
August wurden bereits Exemplare im epiduralen Fett des Wirbel¬ 
kanals angetroflen, besonders wenn Schlund und Mediastinum von 
einer grossen Anzahl der Schmarotzer besetzt war. In den Herbst¬ 
monaten kamen wohl noch ausgewachsene Larven (5—13 mm 
lang) in der Schlundwand vor, die Mehrzahl derselben fand sich 
jedoch zu dieser Jahreszeit im Wirbelcanal. Nicht selten wurden 
in der Zeit vom October bis Januar 40 spirale Larven bei einem 
Thier angetroffen. Ein junges Rind hatte 57 Larven im epiduralen 
Fett und noch 34 Stück im Schlund. Derselbe sah wegen seiner 
stark infiltrirten Wand „wie eine dicke Wurst“ aus. Schmutzig¬ 
braune Oedeme erstreckten sich in einem proliferirenden Binde¬ 
gewebe bis unter den Pharynx und hinter die Cardia. In den 
Wintermonaten ist das Vorkommen der Larven gleichzeitig im 
Oesophagus, epiduralen Fett und in der Subcutis keine Seltenheit 

Verf. nimmt an, dass die jungen Lärvchen, welche ans den 
auf die Haut abgesetzten Eiern der Dasselfliegenweibchen ans¬ 
geschlüpft sind, durch ihr Kriechen Juckreiz verursachen. Das 
mit den Larven behaftete Rind beleckt die juckenden Hautstellen 
und bringt hierdurch die kleinen Larven in die Maulhöhle, welche 
im Pharynx die Mucosa durchbohren und von hier aus in die 
Wand der Speiseröhre Vordringen, von wo aus später die weitere 
Wanderung erfolgt K. stellt über Zeit und Ort des Vorkommens 
der Oestruslarven bei den Rindern folgende Regeln auf: Von 
im Juni schwärmenden Rinderbremsen werden die Larven an¬ 
getroffen : 

Juli — September im Oesophagus, 

September — Januar im Wirbelcanal, 

Januar — Mai in der Subcutis und in der Haut. 

Von den im September fliegenden Bremsen: 

October — December im Oesophagus, 

September — Januar im Wirbelcanal, 

April — August in der Subcntis und in der Haut. 

Die jüngern Rinder sind am häufigsten und auch am stärksten 
mit Hypodermalarven behaftet. 

Die Infection von Kälbern kann im Jnni mit dem ersten 
Weidet? ang statthaben. 


Ueber die Ausscheidung der Mikroorganismen durch 
drüsige Orgaue. 

Von DDr. B i e d 1 und Kraus. 

(ZelUehr. t. Hygiene n Infectiomkr. Bd. XXVI, S.) 

Seitdem durch eine Reihe von Untersuchungen schon vor 
längerer Zeit festgestellt wurde, dass die im Blute kreisenden 
Mikroorganismen unter gewissen Umständen nicht nur die ge¬ 
schlossene Kreislaufbahn verlassen und in die verschiedenen 
Gewebe eintreten, sondern speciell bei den drüsigen Organen 
zusammen mit den Secretionsproducten in die Aussenwelt 
gelangen können; seitdem ferner auch beim Menschen in einer 
grossen Anzahl von Infectionskrankheiten die spec. Krankheits¬ 
erreger in den Se- und Excreten vorgefunden werden konnten, 
besteht wohl keine Meinungsdifferenz mehr darüber, dass ein Aus¬ 
tritt der in die Blutbahn eingedrungenen Mikroorganismen aus 
dem Körper möglich ist und in vielen Fällen auch thatsächlich 
erfolgt. Die Meinungsdifferenz tritt erst zu Tage bei der Frage 
über den Modus des Ueberganges der Mikroben in die Secrete. 
Ein Theil der Autoren nimmt an, dass der Austritt von Mikro¬ 
organismen aus dem Blute und der Uebergang derselben in die 
Secrete nur möglich ist, wenn bereits gröbere Gewebsläsionen 
bestehen; der andere Theil der Autoren konnte dagegen in zahl¬ 
reichen Untersuchungen nachweisen, dass gröbere Gewebsläsionen 
zum Austritt von Mikroorganismen aus dem Blute absolut unnöthig 
sind; trotzdem nahm aber auch diese Gruppe an, dass die 
Bacterien vor ihrem Austritt aus den Gefässen an diesen be¬ 
stimmte, noch nicht nachweisbare Veränderungen herbeiführen. 
Diese Veränderung wird die „moleculäre“ Alteration genannt. 
Die Elimination der Mikroorganismen aus dem inficirten Körper 
kommt also nach beiden Anschauungen nur durch pathologisch 
verändertes Gewebe zu Stande Diesen Anschauungen gegen¬ 
über haben die Verf. schon früher nachgewiesen, dass die im 
Blute kreisenden Mikroorganismen durch die vollkommen intacte 
Niere infolge ihrer physiologischen Function durchtreten können, 
dass demnach eine wirkliche Ausscheidung möglich sei und 
thatsächlich erfolge. Verf. dehnten nun ihre dementsprechenden 
Untersuchungen auch auf die Leber, Speichel- und Schleimdrüsen 
sowie das Pancreas aus und fanden: Bei der Ausscheidung von 
Mikroorganismen durch drüsige Organe ist vor Allem als fest¬ 
stehend zu betrachten, dass von den beiden bei diesem Processe 
betheiligten Factoren, nämlich den eingedrungenen Mikro¬ 
organismen und dem eliminirenden Organismus, dem letzteren die 
Hauptrolle zugeschrieben werden muss. Die früheren An¬ 
schauungen, nach welchen die Art, Form, Grösse und Beweglich¬ 
keit der Bacterien, ferner deren Pathogenität und Virulenz vor 
Allem entscheidend wären und der Organismus selbst sich nahezu 
passiv verhielte, können den durch Experimente erwiesenen That- 
sachen gegenüber nicht mehr aufrecht erhalten werden. Es liegen 
vielmehr Anhaltspunkte vor, welche die Annahme gestatten, dass 
sich die Mikroorganismen in dieser Richtung ebenso verhalten, 
wie leblose geformte Körperchen, dass sie in Bezug auf die erste 
Zeit der Ausscheidung nur als sonstige im Blute kreisende 
corpusculäre Elemente betrachtet werden können. Dass die 
Mikroorganismen späterhin bei länger bestehender Blutinfection 
vermöge ihrer specifisch deletären Wirksamkeit auf den 
Organismus sich besondere Wege zu bahnen im Stande sind, ist 
natürlich nicht ausser Acht zu lassen. Für die wirkliche Aus¬ 
scheidung ist in erster Reihe das Verhalten des inficirten Körpers 
bezw. seiner secernirenden Organe massgebend. Bezüglich dieses 
Factors wissen wir, dass: 

1. die normale, unveränderte Gefässwand von im 
Blute kreisenden Mikroorganismen auf dem Wege der 
Diapedese passirt werden kann, 


Digitized by LaOOQie 


366 

2. dass auch das intacte Gewebe der Passage kein 
Hinderniss entgegenstellt, dass aber 

3 die Elimination der Mikroorganismen dennoch 
im Wesentlichen an den Ban und die specifische 
Leistung der betreffenden Drüsen geknüpft ist. — In 
diesem Sinne ist das Erscheinen der Mikroorganismen 
in den Drüsensecreten als wirkliche physiologische 
Ausscheidung zu betrachten. 

Drüsige Organe, bei welchen das Vorkommen einer 
solchen Ausscheidung nachgewiesen wurde, sind: Niere 
und Leber, während Speichel- (Schleim-) Drüsen und 
Pancreas de norma keine Mikroorganismen aus- 
scheiden. 

Die Galle toller Thiere als Antitoxin gegen Tollwuth. 

Von E. J. Frantzius-Tiflis. 

(Centralbl. für Bact 1868, H. 18) 

Die Erfolge Robert Koch’s mit der subcutanen Verwendung 
der Galle pestkranker Rinder gegen die Rinderpest brachten den 
Verf. auf den Gedanken, zu versuchen, ob sich die Galle nicht 
auch als Heilmittel gegen die Tollwuth bewähre. Nachdem F. 
bei verschiedenen Impfungen von Versuchskaninchen und Meer¬ 
schweinchen bemerkt hatte, dass die Galle tollwuthkranker Thiere 
that8ächlich eine neutralisirende Kraft auf das Lyssagift aus¬ 
zuüben im Stande sei, stellte er folgendes Experiment an. In 
einem sterilisirten Glase wurden 0,2 g Lyssagalle mit 0,0 g 
starker Emulsion der an Virus fixe eingegangenen Thiere ge¬ 
mischt und gesunde Kaninchen mit kleinen Mengen dieser 
Mischung snbdural geimpft. Neun in dieser Art behandelte Thiere 
blieben am Leben, während neun nur mit giftiger Markemulsion 
monilirte Controlthiere an Rabies starben. 

Aus der Gesammtheit seiner Versuche leitet Verf. mithin 
das Ergebniss ab, dass die gesunde Galle der Ochsen, Schweine, 
Schafe etc. keine antitoxischen Eigenschaften besitzt, während 
die Galle der an Tollwuth eingegangenen Thiere ein Antitoxin 
enthält, dass an Kraft alle bis jetzt beschriebenen Rabiesantitoxine 
übertrifft. 

Durch die Arbeit ist ein neuer Beweis geliefert, dass die 
Galle inficirter Thiere neutralisirend auf das Gift der ent¬ 
sprechenden Infectionskrankheit wirken kann, wie die Galle 
giftiger Schlangen gegen die durch den Schlangenbiss bedingte 
Vergiftung heilkräftigen Einfluss ausübt. 

Tagesgeschiclite. 

Ueber die Form der Bezahlung der Dienstverrichtungen 
der beamteten Thierärzte. 

Von S c h m al tz. r 

Die Frage der Besoldung oder richtiger der Bezahlung der 
Kreisthierärzte ist Vorjahren aufgetaucht und seither nicht inehr 
aus den Erörterungen verschwunden. 

Die Aufrollung dieser Frage ist Seitens der Thierärzte 
erfolgt. Ganz ohne Bedenken war das nicht. Denn, abgesehen 
von allen Hindernissen und Schwierigkeiten, die ja eben durch 
ein Vorgehen beseitigt werden sollen und bei dem Entschluss 
dazu daher keine Rolle spielen können, hatte diese Angelegenheit 
von vornherein zwei heikle Seiten. 

Einmal die Ungleichheit der Interessen unter den Kreisthier¬ 
ärzten selbst. 

Es giebt eine Anzahl unter den heutigen Verhältnissen 
wirklich guter Kreisthierarztstellen, obwohl diese Zahl wohl nicht 
so gross ist, als man vielleicht manchmal glaubt. Es mag sogar 
einige aussergewöhnlich gute Stellen geben, welche man auch 
als fette Pfründen bezeichnet hat, obwohl sie wohl alle auf¬ 
reibende Arbeit kosten und deshalb eine Pfründe nicht genannt i 
werden können. Die Inhaber solcher Stellen können, das ist ^ 


No. 31. 

ganz klar, bei jeder Neuregulirung nach der rein pecuniären 
Seite hin nur verlieren. 

Die wohl grosse Mehrzahl aber bilden die Kreisthierärzte, 
welche thatsächlich zum grossen oder grössten Theil auf Privat¬ 
praxis angewiesen blieben, deren amtliche Einnahmen, von vor¬ 
übergehendem Anschwellen gelegentlich eines Seuchenganges 
abgesehen, gering waren und die natürlich ein dringendes 
Interesse hatten, eine Erhöhung des für ihr Einkommen erheb¬ 
lichen Grundgehaltes und eine Revision der einzelnen zu niedrigen 
Gebührensätze, noch besser aber einfach eine vollbesoldete Staats¬ 
beamtenstellung zu erreichen. Dipse stellten auch die, wenigstens 
die ersten, Redner für die Reorganisation. Der unläugbare Inter¬ 
essengegensatz war die eine heikle Seite. 

Die andere aber lag in eitler Allen gemeinsamen Gefahr. 
Dieselbe besteht darin, dass bei dem Klagen über die Gesainmt- 
höhe der Kosten der Veterinärpolizei einerseits und bei dem 
Klagen über die Niedrigkeit der Einzelsätze andrerseits schliess¬ 
lich eine gänzliche Umwandlung des ganzen Bezahlungsprincips 
herauskommen könnte, welche sehr wenig dem entspräche, was 
die, welche die Bewegung anregten, eigentlich wollten. Wenn 
man einzelne Aeusserungen hörte von Kreisthierärzten, „es sei 
der gegenwärtige Bezahlungsmodus nicht richtig, denn jetzt 
hätten die Kreistbierärzte ja ein Interesse an vielen Seuchen" 
und dergleichen, so konnte man sich nicht verhehlen, dass solche 
Auffassungen eine grosse Gefahr in sich schlossen, dass sie das 
Gespenst der Zukunft, das Pauschquantum, geradezu herauf¬ 
beschworen. 

Dazu kam noch etwas Anderes. Die Kreisthierärzte bezogen, 
und das hat sich immer mehr gesteigert, nur einen Theil ihrer 
Einnahmen aus Amtsgeschäften vom Staate, einen anderen Theil 
von Communen- und Privatleuten. Letztere Einnahmen waren 
und sind in einer Anzahl von Stellen sogar recht eiheblich, und 
man wird wohl sagen dürfen, dass die Qualität der oben erwähnten 
guten Stellen durchweg in solchen Einnahmen begründet ist. 
Diese Bezahlung von zwei oder drei Stellen aus, die mit einander 
in keinerlei Connex stehen, hatte natürlich einen gewissen Vor¬ 
theil. Es war zehn gegen eins zu wetten, dass eine Reorgani¬ 
sation der amtlichen Bezüge und die dabei angestellten Er¬ 
mittelungen zu einer Aenderung speciell dieses vortheiIhaften 
Verhältnisses führen würden. 

Diese Angelegenheit, hat sich nun so entwickelt, wie voraus¬ 
zusehen war und wie ich vorausgesagt habe. 

Es Bind zwei Anfragen an die Herren Regierungspräsidenten 
ergangen: 

1. wie die zu vielen Unzuträglichkeiten Anlass bietende 
Einrichtung zu beseitigen sein möchte, dass die beamteten 
Thierärzte für eine Reihe von amtlichen Geschäften Ge¬ 
bühren unmittelbar von den Zahlungspflichtigen zu er¬ 
heben haben, deren Betrag überdies der Vereinbarung 
überlassen bleibt? 

2. ob und unter welchen Bedingungen die Gewährung einer 
Pauschalvergütung für Reisen in veterinärpolizeilichen 
Geschäften anstelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen 
an die Kreisthierärzte für möglich und zweckmässig zu 
halten wäre? 

Es sind diese Fragen wohl Seitens der Regierungen allen 
Kreisthierärzten zugestellt worden, und es sind dieselben zugleich 
veranlasst worden, die den Regierungen unbekannte Höhe der 
Einnahmen aus den nicht von der Staatskasse bezahlten Geschäften 
abzuschätzen. 

Dass diese Umfrage getheilte Empfindungen erweckt, ist 
sicher und geht aus den wenigen bisher laut gewordenen Aeusse¬ 
rungen hervor. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 






4 AuguBt 1Ö98. 

In der deutschen Thierärztlichen Wochenschrift sind zwei 
Aeusserungen vom Departementsthierarzt Dr. Malkmus und 
eine vom Departementsthierarzt Hinrichsen (No. 29, 30 und 31 
erschienen). 

Dr. Malkmus erklärt sich zunächst gegen die Uebernahme 
der jetzt den Unternehmern zur Last fallenden Kosten auf die 
Staatskasse (ad 1). Er führt — gewiss zutreffend — aus, dass 
die Einnahmen der Kreisthierärzte sich dadurch verringern 
würden und dass andererseits mit dem jetzigen Zustand weder 
eine Belastung der Staatskasse noch dienstliche Unzuträglich¬ 
keiten verbunden seien. Denn der Kreisthierarzt brauche diese 
Gebühren nicht direct vom Unternehmer zu erhalten, sondern 
könne sie durch die Behörde beitreiben lassen. Auch für die Unter¬ 
nehmer sei der gegenwärtige Zustand vorteilhaft, weil dieselben 
gegen Erlegung der Gebühr Ort nnd Zeit der Untersuchung nach 
ihrem Interesse wählen können, während der Staat aus Ersparniss- 
rücksichten allerlei einschränkende und drückende Vorschriften 
werde erlassen müssen. 

Bezüglich der Umwandlung der aus der Staatskasse zu 
zahlenden Einzelliquidationen in Pauschal Vergütungen hat 
Dr. Malkmus ebenfalls gerechtfertigte Bedenken, — nament¬ 
lich die Schwierigkeit der gerechten Abmessung bei den 
Schwankungen der veterinärpolizeilichen Geschäfte, selbst inner¬ 
halb der einzelnen Kreise, sowie die Befürchtung, dass der Kreis¬ 
thierarzt ganz anders werde in Anspruch genommen worden, 
wenn das Einzelgeschäft nichts koste. Er hält aber die Schwierig¬ 
keiten für nicht unüberwindlich unter der Voraussetzung, dass 
das Grundgehalt erhöht werde, dass das Pauschquantum für jeden 
Kreis besonders und in mehrjährigen Zwischenräumen wieder er¬ 
neut nach Massgabe der Tagebücher festgesetzt werde, wobei 
etwa sechs Classen zu schaffen wären, und dass endlich eine 
Dienstinstruction erlassen werde. Er meint, dass die Kreis- ' 
thierärzte dadurch in nähere Beziehungen zum Staate kommen 
könnten und die Gewährung von Pensionsberechtigung, Be¬ 
messung der Pensionen etc. sich leichter vollziehen würde. Er 
erklärt also unter gewissen Bedingungen Pauschalvergütungen 
ans der Staatskasse für möglich und zweckmässig. 

Departementsthierarzt Hinrichsen ist bezüglich der von 
den Unternehmern zu tragenden Gebühren etwas anderer Meinung 
als Malkmus. Er meint, dass Unzuträglichkeiten bestehen und 
die Uebernahme auf die Staatskasse gerechtfertigt sei, namentlich 
bei Revisionen von Gast- und Händlerställen und Privatschlacht¬ 
häusern, kurz bei solchen Anlässen, wo einzelne Personen die 
Kosten tragen müssen. Er fürchtet allerdings auch eine Ver¬ 
ringerung der Einnahmen nnd namentlich die Möglichkeit, dass 
den Kreisthierärzten möglichst viele solche Verrichtungen 
„gelegentlich“ aufgetragen werden würden. Er schlägt vor, unter 
Erhöhung des Grundgehalts und der Diäten auf 9 M., die 
Revisionen der Gast- und Händlerställe und Privatschlachthäuser 
auf die Staatskasse zu übernehmen, während alle übrigen im 
öffentlichen Interesse erwachsenden Kosten vorläufig weiter von 
Unternehmern unmittelbar erhoben werden sollten. Der Zukunft, 
die eine weitere Steigerung der amtlichen Thätigkeit bringen 
werde müsse es Vorbehalten bleiben, eine Pauschalvergütung im 
Allgemeinen an Stelle des jetzigen Liqnidationswesens zu setzen. 
Soweit die bisher veröffentlichten Aeusserungen. 

Man könnte vielleicht meinen, dass ja alle einzelnen be¬ 
amteten Thierärzte Gelegenheit erhalten hätten, ihre Meinung 
zu äussern, und dass daher eine literarische Besprechung über¬ 
flüssig sei. Auch sind vielleicht nur die beamteten Thierärzte 
völlig competent, diese Sachlage zu beurtheilen. Nachdem eine 
Aeusserung von solchen nun aber hier nicht eingegangen ist, 
halte ich es, vollends, nachdem in der Presse die Discussion eröffnet 


367 

ist, für berechtigt, auch meinerseits dieser Frage eine Betrachtung 
zu widmen. 

Es könnte zunächst angesichts der sich jetzt bietenden 
Perspective, die Frage auftauchen, ob es nicht vielleicht besser 
gewesen wäre, an der Besoldungsfrage überhaupt nicht zu rühren. 
Diese Frage ist mit Nein zu beantworten. Von einigen weniger 
geeigneten Aeusserungen abgesehen, war das Vorgehen der be¬ 
amteten Thierärzte richtig und nothwendig. Namentlich ist es 
nur vorteilhaft, dass erst ganz kürzlich auf der Central- 
Vertretung völlige Klarheit über die tatsächlichen . Wünsche 
der Kreisthierärzte geschaffen wurde. Dort hat sich gezeigt, 
dass nicht blos die Inhaber schlechter Stellen, sondern auch die¬ 
jenigen guter Stellen einmütig den gegenwärtigen Zustand für 
verbesserungsbedürftig halten. Die letzteren werden sich darüber 
klar geworden sein, dass eine Reorganisation zugleich ein Ni¬ 
vellement bringen kann, welches ihnen in manchen Punkten Opfer 
auferlegt. Sie müssen demnach sich in die Ueberzeugung ein¬ 
gelebt haben, dass diese Opfer durch gewisse der Gesammtheit 
zu gewährende Vortheile aufgewogen werden können. 

In der Tbat wäre es nicht richtig gewesen, ans Be¬ 
sorgnis vor der Verringerung gewisser Vorteile sich in Still¬ 
schweigen zu hüllen, wenn auf der andern Seite — dies aller¬ 
dings vorausgesetzt — grössere und allgemeinere Vorteile zu 
erlangen sind. 

Die beamteten Thierärzte haben um so weniger Grund, die 
durch sie erfolgte Umfrage zu bereuen, als bei der Beurteilung 
der jetzigen Umfrage zweierlei jedenfalls feststeht. 

Erstens ist das die Gewissheit, dass die leitende Staats¬ 
behörde, wenn sie eine Umwandlung unternimmt, nicht beab¬ 
sichtigt, auf der einen Seite zu geben, um auf der andern 
mindestens ebensoviel zu nehmen. Man darf vielmehr das feste 
Zutrauen haben, dass die einmal begonnene Reorganisation in 
ihrer Gesammtwirkung eine tatsächliche grosse Förderung 
werden wird, selbst wenn zugleich manches aufgegeben werden 
müsste. Die Energie, mit welcher die Umwandlung der Departements¬ 
tierarzt stellen, die noch vor 10 Jahren ein frommer Wunsch schien, 
durchgeführt ist, lässt in Bezug auf die bestehenden Absichten 
und die Triebkräfte ihrer Verwirklichung keinen Zweifel zu. 

Zweitens ist der gewählte Weg der Umfrage bei den Re¬ 
gierungen, und mittelbar bei den Kreisthierärzten, der denkbar 
beste, um über die Verhältnisse und Wünsche wirkliche Auf¬ 
klärung zu erhalten. Denn die Befragung einzelner Techniker oder 
einzelne öffentlich laut werdende Stimmen geben oft kein richtiges 
Bild. So hätte man z. B. auch aus der reichlichen Pressdiscussion 
den Schluss ziehen können, dass die Anhänger der „Vollbesoldung 
untef Beseitigung der Privatpraxis“ mindestens eine starke Partei 
bildeten, und ich gestehe, dass ich selbst überrascht gewesen bin, 
als dann bei der mündlichen Berathung der Centralvertretung 
sich Einstimmigkeit für den gegenteiligen Standpunkt ergab. 

Die Antworten der Kreisthierärzte werden also die wirk¬ 
liche allgemeine Meinung ja in unmittelbarer Treue zum Aus¬ 
druck bringen. Wie diese Antworten ausgefallen sein mögen, 
ist mir nicht bekannt. 

Dass bezweifle ich aber nicht; das Pauschquantum ist etwas 
Unheimliches wohl für die Mehrzahl. Und die misstrauische Be¬ 
trachtung dieses Gebildes hat unzweifelhaft ihren Grund. Man 
begrdft sie, wenn man an die Ansichten denkt, die früher hier 
und da hervorgetreten sind darüber, was etwa den Thierärzten 
angemessen sei. Man ist zwar zu dem Schluss berechtigt, dass 
die Anschauungen sich geändert haben, ob dies aber allseitig der 
Fall gewesen ist, darüber ist man doch noch nicht sicher. Und 
dann denkt man auch an die Erfahrungen, welche die bayerischen 
Colle^en mit dem Pauschquantum gemacht haben. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by GjOOQle 



368 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


Trotzdem also diese Bedenklichkeit mindestens erklärlich ist, 
so wäre es doch weder thnnlich noch richtig, den Gedanken des 
Pauschquantums a limine abzuweisen. Es bedarf doch vielmehr 
näherer Prüfung, ob nicht ein Pauschquantum innerhalb gewisser 
Grenzen zweckmässig bezw. erträglich wäre für gewisse Aequi- 
valente und unter bestimmten Voraussetzungen. Es handelt sich 
nur darum, über eben diese Voraussetzungen keinen Zweifel anf- 
kommen zu lassen. 

Dasselbe gilt hinsichtlich der anderen Frage, ob die Staats¬ 
kasse die' Auszahlung gewisser jetzt von den Unternehmern be¬ 
zahlten Gebühren selbst übernehmen soll. Auch hier handelt es 
sich um die Erwägung von Voraussetzungen und Aequivalehten. 

Selbstverständlich ist, dass durch die Einführung der beiden 
Neueinrichtungen, auf welche sich die Anfragen des Ministeriums 
beziehen, eine ganz andere Sachlage geschaffen würde, als die¬ 
jenige war, welche die Centralvertretung bei ihren Beschlüssen 
in Betracht ziehen konnte. Auf dieser neuen Basis würden die 
Beschlüsse vielleicht theilweise anders lauten. Es ist also nicht 
ausgemacht und bleibt zu untersuchen, ob die Gewährung der 
dort ausgesprochenen Wünsche die Voraussetzungen schaffen 
würde, unter denen jene Neueinrichtungen für die Thierärzte 
zufriedenstellend würden. (Schluss folgt.) 

VI. Plenar-Yersammliiiig der Central Vertretung: der 
thierärztlichen Vereine Prenssens 

zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

(Fortsetzung.) 

Mitwirkung der Thierärzte bei der Thierzucht. 

Antrag des Vereins schlesischer Thierärzte. 

Die Central Vertretung wolle beschliessen, den Herrn 
Minister zu bitten, er möge die Mitwirkung der Thier¬ 
ärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen'* dnd 
die Gewährung von Staatsbeiträgen zu Thierschauen, 
Stutenmusterungen and ähnlichen landwirtschaftlichen 
Veranstaltungen von der Voraussetzung abhängig 
machen, dass den Prämiirungs - Commissionen je ein 
Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied angehöre. 
(Punkt 8 der Tagesordnung). 

Referent: Departementsthierarzt Dr. Arndt. 

Der vorliegende Antrag ist in der Herbstsitzung des Vereins 
schlesischer Thierärzte gestellt worden, und zwar einerseits in 
Erwägung der wie anderwärts so besonders in Schlesien hervor- 
tretenden Thatsache, > 

dass den Thierärzten in allen thierzüchterischen Angelegen¬ 
heiten im Allgemeinen kein oder doch ein ganz unzureichen¬ 
der Einfluss eingeräumt wird; dass hierdurch den Thier¬ 
ärzten ein ihnen zukommendes und dankbares Arbeitsfeld 
entzogen bleibt und ihr Ansehen nach dieser Richtung eine 
grosse Einbusse erleidet, 
andererseits 

in der Erwägung, dass nach dem Beispiel anderer Staaten 
die Thierzucht gerade durch die Mitwirkung der Tbierärzte 
eine wirksame Förderung erfährt. 

Wie die Verhältnisse bei uns bis zur Gegenwart noch liegen, 
ist zu bekannt, als dass ich mich ausführlich darüber verbreiten 
müsste. Mit wenigen Ausnahmen werden fast überall nicht nur 
die Körgeschäfte, sondern auch alle andern landwirtschaftlichen 
Veranstaltungen im Interesse der Thierzncht — wie Stuten- und 
Fohlenausstellungen und Thierschauen nebst Prämiirungen — der 
Regel nach ohne Zuziehung oder mitentscheidende Thätigkeit der 
Thierärzte abgehalten. < 

ln Süddeutschland dagegen, vor Allem in dem durch den i 
Aufschwung seiner Viehzucht berühmt gewordenen Grossherzog- I 


thum Baden, ist der Thierarzt der berufene Sachverständige, 
dessen Mitwirkung die erzielten Erfolge nicht zum geringsten 
Theile zu verdanken Bind. 

Wenn nun auch zur Erklärung dieser Gegensätze bezw. der 
bevorzugten Stellung der süddeutschen Collegen in der Thier¬ 
zucht die grossen und beispiellosen Verdienste des Altmeisters 
Lydtin obenan gestellt werden müssen, so kommen des 
Weiteren doch noch sehr wesentlich die wirthschaftlichen Ver¬ 
hältnisse der Länder sowie die Verwaltung derselben in Betracht. 

Dass die wirthschaftlichen Verhältnisse von besonderem Ein¬ 
fluss auf die Heranziehung der Thierärzte in der vorliegenden 
Frage sind, ergiebt sich ohne Weiteres daraus, dass auch bei 
uns in Norddeutschland in einzelnen, allerdings sehr begrenzten 
Gebieten die thierärztliche Mitwirkung in der Viehzucht sich er¬ 
möglicht und nutzbringend entwickelt hat. Thierärzte, wie der 
mir persönlich befreundete College Faller in Simmern, wie auch 
der hier anwesende College Sch armer in seinem früheren 
Wirkungskreise und gewiss noch viele Andere haben sich Namen 
und Ansehen dadurch verschafft. Es sind jedoch Ausnahmen und 
betreffen Gegenden mit vorwiegend bäuerlichem bezw. kleinem 
Grundbesitz, namentlich gewisse Theile der westlichen Provinzen 
(Rheinland, Hessen, Schleswig-Holstein) u. dgl. Der kleine 
Mann mit seinen bescheidenen Mitteln und seinem beschränkteren 
Gesichtskreise kann sich zum selbständigen Züchter nicht heraus¬ 
bilden, er bedarf der Anlehnung und Führung. 

Wo aber der Grossgrundbesitz zu Hause ist oder auch nur 
die führende Stelle einnimmt, da ist der Thierarzt bisher nicht 
nur entbehrlich erschienen, seine Mitwirkung ist sogar nicht ge¬ 
wünscht und als ein Eindringen in ihm nicht zustehende Gebiete 
angesehen worden. 

Gerechterweise wird man ja ohne Weiteres zugeben müssen, 
dass unsere Grosslandwirthschaft in ihrer heutigen Entwickelung 
die Fragen der Thierzucht zu einem beträchtlichen Theile ihrer 
Vertreter in mustergiltiger Weise beherrscht; gestehe ich doch 
unumwunden ein, dass ich meine Kenntnisse der Materie in der 
Hauptsache dem Verkehr mit thierzüchterisch tüchtigen, ge¬ 
bildeten Landwirthen verdanke. 

Es ist aber auch nicht zu verkennen, dass oft ein gewisser 
Dünkel unserer adeligen Grossgrandbesitzer, namentlich der 
früheren Cavallerie-Officiere, dem Thierarzt die Betheiligung an 
der Viehzucht, insonderheit der Pferdezucht erschwert oder ganz 
unmöglich macht. 

Thatsächlich dominirt nun in dem weitaus grössten Theile 
Deutschlands der Grossgrundbesitz. 

Auch in der Art der Landesverwaltung liegen Schwierig¬ 
keiten für eine gedeihliche Bethätigung der Thierärzte. 

In einem kleineren Lande oder Gebiete mit einfacher Ver¬ 
waltung, wie etwa in Baden, musste es einem vorzüglich be- 
anlagten Thierarzte gelingen, einen hervorragenden Einfluss auf 
die Zucht zu erlangen; anders in einem grösseren Staate oder 
anch nur in einer Provinz, in welcher verschiedene Verwaltungen 
neben einander laufen und sich nicht selten entgegen arbeiten. 

Sehr fühlbar ist dies unlängst erst hervorgetreten bei dem 
Erlass der Zwangskörordnung für die Provinz Schlesien vom 
4. April d. J. 

Nachdem unter dem 19. August v. J. für die Provinzen 
Schlesien und Hessen-Nassau das sogenannte Bollenhaltungsgesetz 
erlassen worden war, welches die Gemeinden zur Haltung einer, 
dem Bedürfnis entsprechenden Zahl Ballen verpflichtet, wurde 
in nothwendiger Ergänzung desselben die Einführung des Kör¬ 
zwanges in die Wege geleitet. 

Im Regierungsbezirke Oppeln, in welchem bereits einige gut 
functionirende Kreiskörordnungen bestehen, war man sich dar- 


Digitized by 


Google 





4. August 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


369 


über einig, dass der Kreisthierarzt neben den vom Kreisansschuss 
bezw. der Landwirthschaftskammer zn bestimmenden Mitgliedern 
ebenfalls ein ständiges Mitglied der Körcommissionen sein müsse. 
Es wurde dies auch in dem diesbezüglichen Entwürfe zu einer 
Körordnung zum Ausdruck gebracht. In der Motivirung des¬ 
selben wurde die Zugehörigkeit des Kreisthierarztes zur Com¬ 
mission als unerlässlich bezeichnet und darauf biügewiesen, dass 
derselbe mehr als jeder Andere Gelegenheit finde, in die Ställe 
und Wirtschaften auch der kleineren Viehbesitzer des Kreises zu 
kommen und deren Bedürfnisse kennen zu lernen; auch werde er 
als Commissionsmitglied leicht eine nutzbringende ständige Con- 
trole über die Haltung der Bullen in den Gemeinden ausüben 
können. 

Ich hatte erwartet, dass diese Auffassung bezüglich der 
Zusammensetzung der Körcommission überall die gleiche sein 
würde, es ist aber anders gekommen. 

In der Ober-Präsidial-Verordnung vom 4. April lautet der 
über die Bildung von Körcommissionen handelnde § 3: 

Für jeden Körbezirk wird eine Körcommission gebildet. 

Dieselbe besteht, je nach der Anordnung des Kreis- 
ausschusses aus 3 bis 5 Mitgliedern. 

Die Mitglieder sind vom Kreisausschuss nach Anhörung 
der Kreiscommission der Landwirthschaftskammer zu wählen. 

Der Kreisansschuss bestimmt den Vorsitzenden und seinen 
Stellvertreter. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu 
wählen. Die Wahl erfolgt auf 6 Jahre. Die Mitglieder 
haben jedoch ihr Amt bis zum Eintritt ihrer Nachfolger weiter 
zu führen. 

Der Thierarzt ist also darin zunächst ganz unberücksichtigt 
geblieben. Allerdings findet sich in dem dazu ergangenen Aus¬ 
führungserlasse am Schlüsse folgender Passus: 

„Schliesslich bemerke ich, dass die Körordnung über die 
Betheiligung des Kreisthierarztes an den Körterminen 
nichts enthält. Es wird jedoch hierdurch die Befugniss des 
Landraths nicht ausgeschlossen, im Veterinär-polizeilichen 
Interesse die Theilnahme desselben an einzelnen Kör¬ 
terminen anznordnen, wie es andrerseits auch zulässsig und 
vielfach auch erwünscht sein wird, dass der Kreis-Thier¬ 
arzt zum Mitgliede der Körkommission gewählt wird.“ 

Was diesem Wunsche bei den bekannten Tendenzen der in 
Schlesien dominirenden Grossgrundbesitzer für eine Bedeutung 
zuznmessen ist, liegt nahe. 

Ein analoges Beispiel, wie schwierig es ist, im Verordnungs¬ 
wege allgemeine Massregeln für ein grösseres Verwaltungsgebiet 
einzufdhren, liefert die beabsichtigte Einführung der allgemeinen 
Fleischschau. Das, was sich in einem Regierungs-Bezirk 
(Oppeln) spielend durchführen liess, gestaltete sich ausserordentlich 
schwierig, als es sich um die Einführung für die ganze Provinz 
handeln sollte. 

Jedenfalls ist die Mitwirkung der Thierärzte Schlesiens am 
Körgescbäft durch die angeführte Verordnung sehr aussichtslos 
geworden. 

Da auch anderwärts sich bezüglich der Betheiligung der 
Thierärzte an der Körung vielfach dieselben Schwierigkeiten 
entgegenstellen werden, scheint es zweckmässig, zunächst davon 
abzusehen, diese Frage in den dem Herrn Minister event. zu 
unterbreitenden Antrag hineinznziehen. 

Dagegen erscheint es n. m. A. nicht aussichtslos, das zu 
erstreben, was z. Z. wenigstens erreichbar ist; das sind die iu 
dem Antrag gestellten Forderungen, dass die Gewährung von 
Staatsbeiträgen zu Thierschauen etc. an die Bedingung geknüpft 
ist, dass je ein Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied den 
Prämiirungscommissionen angehöre. 


Bei der Begründung dieses Antrages wird, neben dem Hin¬ 
weise darauf, dass die bisherige Stellung der preussischen Thier¬ 
ärzte in thierzüchterischen Fragen ihrem Ansehen nicht entspricht, 
znm mindesten nicht förderlich ist, in erster Linie der Nutzen 
zu betonen sein, welcher nicht nur der kleinen, sondern auch der 
grossen Landwirtbschaft aus einer Betheiligung der Thierärzte 
an allen die Thierzucht betreffenden Fragen erwächst. Bei aller 
Würdigung der Befähigung der Landwirthe zur Beurtheilung der 
zur Zucht qualificirenden Eigenschaften eines Thieres im All¬ 
gemeinen, ist doch der thierärztliche Sachverständige eben nicht 
ganz zu entbehren. Man muss es mit angesehen haben, wie oft 
bei Thierschauen, namentlich bei Stutenmusterungen oder Fohlen¬ 
schauen, Thiere mit thatsächlich schon vorhandenen vererbbaren 
Lahmheiten oder auch Augenfehler, ja nicht selten der Dämpfig¬ 
keit (Kehlkopfpfeifen), bezw. mit der unverkennbaren Anlage zu 
bestimmten groben Mängeln prämiirt oder mit freiem Deckschein 
u. s. w. ausgestattet worden sind. 

Hier ist der Thierarzt unentbehrlich, und 
auf diese Seite der Thätigkeit d e s s e 1 b e n wi r d 
der Schwerpunkt zu legen sein, in höherem Masse 
jedenfalls, als auf die Fähigkeit, die Thiere nach Rassereinheit, 
Leistungsvermögen für bestimmte Zwecke u. dergl. in. zu be¬ 
urteilen. 

Bezüglich der letzteren Fähigkeit darf man sich allerdings 
der Erkenntniss nicht verschliessen, dass die preussischen Thier¬ 
ärzte zum grösseren Theile ausreichende Kenntnisse nicht besitzen, 
theils in Folge einer bedauerlichen Lücke in der thierärztlichen 
Ausbildung, theils auch eben deshalb, weil nur wenige Thierärzte 
Gelegenheit haben, sich durch die Praxis in rein thierzüchterischen 
Fragen fortzubilden. Giebt es doch manchen schon Jahre lang 
thätjgen Thierarzt, der den Geburtsakt aus eigner Anschauung 
nicht kennt; und nun erst der Anfänger; durch die harmloseste 
Frage aus dem Gebiete der Aufzucht junger Thiere wird er 
nicht selten in die grösste Verlegenheit gebracht. 

Man wird aber auch weiter noch zugeben müssen, dass es 
unter den jüngeren Collegen, manch Einem, wenigstens in den 
ersten; Jahren seiner Thätigkeit noch sehr daran gebricht, auch 
den rein thierärztlichen Theil in der Frage der Vieh¬ 
zucht gründlich zu bestreiten. Vom thierärztlicben Stand¬ 
punkte ist das wohl zn begreifen, es fällt eben kein Meister vom 
Himmql, und zur Fertigkeit in der Praxis reicht die kurze 
Studienzeit nicht aus. 

Der Landwirth begreift dies jedoch nicht und lächelt über¬ 
legen Uber den Thierarzt, der bei einem notorisch spatlahmen 
Pferde die Lahmheit am rechten oder linken Vorderfusse sucht. 
Ich möchte es an dieser Stelle nicht unausgesprochen lassen, dass 
namentlich eine Reihe verantwortlicher Stellen, Kreisthierarzt¬ 
stellen mit zu jungen Collegen besetzt werden, nicht selten mit 
solchen, die eben von der Hochschule bzw. der Assistenten¬ 
zeit kommen und noch mit keinem Fusse in der Praxis ge¬ 
wesen. sind. 

Mit Rücksicht auf die mangelnde Routine Einzelner ist auch 
bei Besprechung des Antrages im schlesischen Verein davon ab¬ 
gesehen worden, die Zuziehung der beamteten Thierärzte zu fordern; 
es ist als nützlich nod erforderlich hingestellt worden, dass über¬ 
haupt nur ein Thierarzt zugezogen werde. 

Bei dieser weiteren Fassung und bei der heute schon ziem¬ 
lich dichten Verbreitung der Thierärzte dürfte es wohl überall 
möglich sein, einen für die Beurtheilung der Thiere nicht nur 
wissenschaftlich, sondern auch praktisch hinlänglich geschulten 
Thierarzt erlangen zu können. 

Ich bitte demnach den Antrag des Vereins schlesischer 
Thierärzte: annehmen bezw. darüber beschliesseu zu wollen. 


Digitized by LjOOQie 



370 


BERLINER THLERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


Der Präsident dankt dem Referenten nnd bemerkt, dass die 
thierärztliclien Körperschaften die Beschäftigung der Thierärzte 
mit der Thierzucht niemals aus den Augen verloren hätten und 
dass auch der Deutsche Veterinärrath sich in seiner Berliner | 
Sitzung damit befasst habe. In der Sache selbst bestehe wohl 
Einmiithigkeit. 

Maikimi8 stimmt den Ausführungen Arndt’s zu, wünscht aber 
in der Eingabe an den Herrn Minister, dass mit der Nothwendigkeit 
der Mitwirkung der Thierärzte an der Thierzucht zugleich begründet 
werde die Nothwendigkdt eines weitergehenden Unterrichts in 
der Thierzucht an der thierärztlichen Hochschule. Die thier¬ 
ärztliche Hochschule in Hannover erhalte bei ihrem Neubau nicht 
einmal einen Rassestall, während die Berliner allerdings einen 
besitze. Eine solche Einrichtung sei für den Unterricht vom 
höchsten Werth. Sie ermögliche nicht allein die Rassenkenntniss, 
die Lehre von der Haltung der Thiere, den Unterricht in der , 
Handhabung des Messstockes u. s. w. wesentlich zu unterstützen, 
sondern gewähre zugleich den Anschauungsunterricht in der j 
Geburtshülfe. In beiden Disciplinen, Thierzucht wie Geburtshülfe, 
sei eine practischere Ausbildung der Studirenden nicht länger zu 
entbehren. 

Schmaitz vermag den Werth des Rassestalles nicht anzu¬ 
erkennen. Der Berliner Rinderstall stifte mehr Aerger als Nutzen. 
Der Ankauf unter Berücksichtigung dt-r Mittel sei so schwierig, 
dass von einer wirklichen vollständigen Sammlung von Vertretern 
der interessanten Rassen nicht die Rede ^ei. Der Geburtshülfe 
diene der Stall nun schon gar nicht, denn die wenigen Geburten 
bei einem bis anderthalb Dutzend Standkühen vollzögen sich 
meist des Nachts. Er erinnere sich nicht eines Falles, wo die 
Studirenden eine Geburt im Rassestall hätten mit ansehen können. 
Thierzucht könue seiner Ansicht nach überhaupt nicht auf der 
Academie, sondern nur in practischer Bethätigung gelernt werden. 
Abgesehen davon aber empfehle er aus tactischen Gründen, die 
ganze AusbiMungsfrage in der Eingabe nicht zu erwähnen. Denn 
wenn man über die mangelhatte Ausbildung der Thierärzte klage, 
so gebe man ja gewissermassen den Landwirthen Recht, welche 
sagen: „Wir wollen die Thierärzte nicht in den Körcommissionen, 
denn sie verstehen davon nichts.“ Der Hauptzweck der Eingabe 
werde also durch die Verbindung mit der Ausbildungsfrage eher 
gefährdet als unterstützt. 

Scharmer und Arndt sprechen sich dahin aus, dass allerdings 
der Unterricht ein anderer, viel weitergehender und practischer 
werden müsse. 

Lothes betont, dass die Körorduungen schuld an dem ganzen 
Uebelstand seien. Die alten Körordnungen seien viel besser ge¬ 
wesen. Im Rheinland waren früher die Kreisthierärzte Mitglieder 
der Körcommissionen. Nach der neuen Körordnung seien sie es 
nicht mehr. Den Thierärzten werde somit jede Gelegenheit zu 
officieller Betheiligung bei thierzüchterischen Angelegenheiten 
entzogen. Dies sei die Wurzel des Uebels. 

Esser erkennt an, dass auch an der Ausbildung der .'Thier¬ 
ärzte in der Thierzucht nnd Geburtshülfe noch manches zu bessern 
sei Ob aber die thierärztlichen Hochschulen, selbst mit noch so 
vortreftliehen Einrichtungen, wie Rassestall u. dergl., überhaupt 
im Stande seien, alles zu bieten, was noth thue, scheine zweifel¬ 
haft. Der academische Unterricht könne nicht alles leisten. 
Uebrigens stehe aber ja dem nichts entgegen, dass in der Ein¬ 
gabe an den Herrn Minister auch auf die möglichste Ausgestaltung 
des Unterrichts hingewiesen werde. 

Einem Antrag auf Schluss der Debatte wird zugestimmt. 
Der Antrag des schlesischen Vereins wird angenommen. 

(Schluss des Berichtes folgt.) 


Mitwirkung der Thierärzte bei der Pferdezucht 

Der Centralvorstand des rheinpreussischen landwirtschaft¬ 
lichen Vereins hat den Thierärzten in Pferdezucht-Angelegenheiten 
eine Vertretung eingeiäumt, in dem er in den Ausschuss für 
Preisvertheilung bei Pferdeschau den Departementsthierarzt 
Dr. Lothes zu Cöln als Mitglied und den Veterinärassessor 
Koll-Coblenz als Stellvertreter gewählt hat. 

Aus den Hundstagen? 

Für eine Hundstagsnachricht muss man wohl folgende Mit¬ 
theilung der „Kieler neuesten Nachrichten“ vom 13. Juli halten, 
die aber doch, weil einmal veröffentlicht, hier nicht unerwähnt 
bleiben kann. Der Ausschuss für Rinderzucht der Landwirth- 
8chaftskammer für die Provinz Schleswig bezw. die Kammer 
auf Antrag jeneB Ausschusses soll nämlich nach dem genannten 
Blatte beschlossen haben: „Da bei Feststellung von Seuchen 
Irrthümer untergelaufen seien, wodurch das Vertrauen zu der 
Zuverlässigkeit der jetzigen Seuchenfeststellung erschüttert werde, 
so solle die Staatsregierung ersucht werden, die endgültige Ent¬ 
scheidung in Form eines Obergutachtens einem Collegium zn 
übertragen, welches aus einem Docenten einer thierärztlichen 
Hochschule, dem Veterinärpliysicus und einem in dem betreffenden 
Kreise ansässigen Landwirthe zu bestehen habe. 

Wir können die Nachricht, wenigstens in dieser Form, un¬ 
möglich für richtig halfen. Es läge doch eine zu groteske Selbst¬ 
überschätzung iu der Idee: „Die Kreisthierärzte können keine 
Seuchen feststellen; das können nur Departementsthierärzte und 
Professoren; aber auch die können es nicht allein, sondern müssen 
dazu noch einen Landwirth als Beirath haben, nnd solche Land¬ 
wirthe, die mithin mehr verstehen müssen als sämmtlicke Kreis¬ 
thierärzte, und mindestens soviel, wie ein Professor, findet man 
unter -den Eingesessenem jedes.Kreises“ .„.Wozu. in...aller ..Welt 
würde man eigentlich noch Thierärzte ausbilden, wenn sie blos 
Dinge lernen, die sozusagen jeder Bauer besser weiss Ausser¬ 
dem aber liegt die gänzliche Unausführbarkeit und Unüberlegtheit 
eines solchen Antrages zu unzweifelhaft klar, als dass man 
glauben könnte, eiue officielle landwirthschaftliche Vertretung 
könne es für richtig finden, an den Herrn Minister für Landwirt¬ 
schaft mit einem derartigen Ansinnen überhaupt ernsthaft heran¬ 
zutreten. Wir halten also die Zeitungsmeldung für falsch. 

Im Uebrigen sei bemerkt, dass diagnostische Irrthümer in derge- 
sammten Medicin unvermeidlich sind, dass Klagen daher nur berech¬ 
tigt sind, wenn solche Irrthümer sich häufen sollten, und dass über 
häutige Fehldiagnosen beiThierseuchen noch niemals geklagtwerden 
konnte, gewiss auch nicht in Schleswig, wo ein Belir tüchtiger 
Stamm einheimischer Thierärzte sitzt, die sonst mit den Land¬ 
wirthen sich immer in bestem Einvernehmen befunden haben, so 
dass auch gerade aus dieser Provinz ein derartiges landwirtschaft¬ 
liches Misstrauensvotum besonders unwahrscheinlich klingt. 

Sieg des Frauenstudiums. 

Bekanntlich hat der Aerztetag neuerdings wieder mit 
grosser Majorität und einem Schwall von Gründen gegen das 
medicini8che Studium der Frauen Stellung genommen. Dass die 
Aerzte die weibliche Concurrenz fürchten, wird zwar zurück¬ 
gewiesen, der Gedanke an sich, ohne ihn als Motiv jener Stellung¬ 
nahme bezeichnen zu wollen, liegt aber nahe genug. Denn in den 
Städten wird vielleicht einst der weibliche Hausarzt überwiegen: 
Frauen und Kinder bilden ja das Gros der „leichten Patienten" 
und alles Andere wird mehr und mehr der Specialist besorgen. Im 
Streit gegen die Anerkennung der weiblichen Collegen werden 
die heutigen Aerzte so sicher unterliegen, wie die alten boch- 
mögenden Mediciner gegenüber den einst auch aus ihrem Ge- 
lehrtenkreise ausgeschlossenen Chirurgen. Denn die Zulassung 


Digitized by LjOOQie 






371 


4. August 1898. 


BERLINER Till ER ÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT. 


weiblicher Aerzte ist nicht bloss eine Forderung der Gerechtigkeit 
den Frauen gegenüber, welche studiren wollen, sondern sie ist 
in der Gesammtheit unserer sittlichen Anschauungen begründet 
und ist bloss deshalb nicht längst hervorgetreten, weil die Vor¬ 
bedingung, die studirenwollende Frau, fehlte. Es ist mit unsern 
Anschauungen und Gefühlen, nicht bloss mit denen der Franen, 
sondern auch mit denen der Männer, unvereinbar, es ist geradezu 
empörend, dass Frauen sich in intimen Angelegenheiten an Männer 
wenden müssen, die nicht ihre Ehemänner sind. Wem das noch 
nicht zum Bewusstsein gekommen ist, der hat eben noch nicht 
darüber nachgedacht oder nicht nachdenken wollen. Man hat 
sich bis jetzt abgestumpft gefügt, weil es nicht anders ging. 
Jetzt aber, wo sich die Möglichkeit einer Aenderung zeigt, wo 
auch das breitere Publikum anfängt nachzudenken, wird es nicht 
lange dauern und ein Sturm der öffentlichen Meinung wird die 
Hindernisse wegfegen, die jetzt noch gerade in Deutschland diesem 
Fortschritt bereitet werden. Andere Staaten sind schon weiter 
und es ist soeben das Fräulein Dr. Katharina von Tuschen - 
broeck zum Professor der Gynäkologie ernannt worden, nicht 
etwa in Petersburg oder Zürich, sondern in — Utrecht. Ist das 
deutsche Publikum wirklich noch schwerfälliger als der biedere 
Holländer? Denn die Volksstimmung muss hier den Wandel 
schaffen. Es hiesse den Aerzten zuviel zumuthen, wenn man 
erwarten wollte, dass von ihnen eine Förderung des Medicin- 
studium8 der Frauen ausgehen sollte; sie sind in dieser Frage 
nothgedrungen Partei. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

Fleischschau und Viehverbehr. 

Viehbestand und Fleischverbrauch in England im Jahre 1897. 

Der eben herausgegebene, von Mtyor Craigil erstattete 
Jahresbericht des englischen landwirtschaftlichen Ministeriums 
für das Jahr 1897 giebt Aufschluss über den Viehbestand und den 
Fleischverbrauch in England. 

Was zunächst die Fleischpreise betrifft, so sind allerdings 
die Durchschnittspreise nicht nach einem einheitlichen System, 
wie z. B. bei den Kornpreisen aufgenommen worden, es sind in¬ 
dessen die Notirungen der verschiedenen Märkte zusammengestellt 
und ist hiernach der Durchschnitt berechnet worden. Für die 
letzten fünf Jahre stellt sich der Durchschnitt folgendermassen: 



Britisches Rindvieh 

Britische Schafe 


per 

Cent. 

per 

Cent. 


8. d. 

bis 

s. d. 

s. d. 

bis s. d. 

1893 

39,8 

ff 

66,6 

51,4 

„ 75,10 

1894 

33,10 

ff 

63,0 

50,2 

„ 81,8 

1895 

37,4 

ff 

63,0 

54,10 

,. 82,10 

1896 

32,8 

ff 

61,10 

45,6 

„ 75,10 

1897 

33,10 

ff 

63,0 

51,4 

„ 79,4 


Die Preise haben demnach gegen das Vorjahr eine Steigerung 
erfahren, wenn auch die hohen Fleischpreise vom Jahre 1893 
nicht wieder erreicht worden sind. Bei der Berechnung der 
Preise ist das Schlachtgewicht der Thiere zu Grunde gelegt. Bei 
dem inländischen Schlachtvieh stellten sich die Preise am Londoner 
Viehmarkt auf 33/10 bis 63/10, am Liverpooler Markt auf 35/0 
bis 49/0, am Glasgower Markt auf 35/0 bis 53/8. Am Londoner 
Fleischmarkt, wo auch das gekühlte und gefrorene Fleisch, sowie 
das Fleisch von den Thieren gehandelt wird, welche lebend irn- 
portirt werden, sind die Preise niedriger 30/4 bis 57/2. Beim 
importirten frischen Rindfleisch ist als Durchschnittspreis für 1897 
per Cent. 38 s. 5 d. angegeben. Bei jeder Gattung Rindfleisch 
waren die Preise im Berichtsjahre höher als 1896. 

Das Schaffleisch, welches von inländischen Schafen stammt, 
ist ebenfalls gegen das Vorjahr im Preise gestiegen, am Londoner 


Viehmarkt wurde notirt per Cent. 51/4 bis 79/4, am Londoner 
Fleischmarkt 23/4 bis 67/8, am Liverpoolmarkt 42/0 bis 70/0, am 
Glasgower Markt 47/10 bis 65/4, dagegen zeigt das gefrorene 
Hammelfleisch einen weiteren Preisabfall auf 30/3. Seit dem 
Jahre 1882, wo zuerst 9500 Tons gefrorenes Hammelfleisch ein¬ 
geführt wurden, die durchschnittlich 67 b. per Cent, erzielten bis 
zum Jahre 1897, wo 160000 Tons eingeführt wurden, die durch¬ 
schnittlich 30 s. 3 d. erzielten, ist der Preis um 55 Procent ge¬ 
fallen. 

Der Handel nach Lebendgewicht bricht sich nur lang¬ 
sam in England Bahn. Von 11150C0 Stück Rindvieh, die 1897 
in 19 Städten zum Verkauf gestellt waren, wurden nur 112 000 
(10 pCt.) gewogen gegen 92000 von 1219 000 Thieren im Jahre 
1893. 78 000 Stück sind 1897 nach Lebendgewicht gehandelt 
worden (1893 57 000 Stück). Als Durchschnittspreis für 100 Pfund 
(engl.) Lebendgewicht wurden notirt: 

London Liverpool Newcastle 



I. Qual. 

II. Qual. 

I. Qual. 

II. Qual. 

I. Qual. 

II. Qual. 


s. d. 

8. d. 

8. d. 

8. d. 

8. d. 

s. d. 

1893 

39,4 

35,0 

34,6 

29,4 

35,10 

31,4 

1894 

38,6 

34,0 

32,4 

28,4 

35,4 

34,0 

1895 

38,0 

34,4 

33,8 

27,10 

35,4 

33,0 

1896 

37,0 

32,0 

32,4 

28,4 

33,10 

30,4 

1897 

38,10 

33,8 

32,8 

30,0 

36.2 

30,8 

' 

Aberdeen 

Dundee 

Edinburgh 


I. Qual. 

II. Qual. 

I. Qual. 

H. Qual. 

I. Qual. 

II. Qual. 


s. d. 

s. d. 

s. d. 

s. d. 

8. d. 

s. d. 

1893 

37,4 

33,2 

35,4 

33,2 

36,0 

33,8 

1894 

36,3 

32,3 

34,2 

31,10 

34,8 

33,4 

1895 

36,8 

32,9 

35,3 

33,2 

35,1 

34,6 

1896 

34,10 

31,6 

33,6 

31,4 

33,4 

32,6 

1897 

36,0 

33,0 

35,0 

32,6 

35,8 

33.10 


Für III. Qualität sind Lebendgewichtspreise nicht zu geben, 
weil diese zu wenig nach Lebendgewicht gehandelt werden. Man 
sieht aber doch, dass auch die Lebendgewichtspreise gegen das 
Vorjahr eine Steigerung erfahren haben. 

Die Einfuhr von lebenden Thieren, Fleisch, Molkerei- 
producten, Eiern und Geflügel hat im Jahre 1897 ebenfalls zu¬ 
genommen. Der Werth der Einfuhr dieser Producte stellte sich auf 
71500000 £. Gegen 1896 hat der Werth der Einfuhr des leben¬ 
den Viehes um rund 1000 000 £, des Fleisches um 2 500000 £. 
und der Molkereiproducte um 1800 0GO £. zugenommen. 

Die Einfuhrzahlen im Berichtsjahre sind für Rinder 
618 000 Stück, für Schafe 612 000 Stück. Diese Thiere repräsen- 
tiren -einen Fleischwerth von 4 500 000 Cent., während das ein¬ 
geführte Rindfleisch, Hammelfleisch, Speck, Schinken und präservirte 
Fleisch über 14 700000 Cent, ausmacht. Gegen 1896 ergiebt sich somit 
ein Ueberschuss von 1 650 000 Cent. Auf den Kopf der Bevölkerung 
kommen 1897 54 Pfund eingeführtes Fleisch gegen 40 Pfund im 
Jahresdurchschnitt 1891/95. Da die Zahlen für das einheimische 
Fleisch nahezu dieselben geblieben sind, hat der Fleisch¬ 
verbrauch in England wiederum zugenommen. Rechnet man 
den einheimischen Fleischverbrauch schätzungsweise hinzu, so 
entfällt auf den Kopf der Bevölkerung pro Jahr 131 Pfund Fleisch 
gegen 122 Pfund pro Jahr in der Zeitperiode 1891/95. Der 
Fleischbedarf ist demnach vom Inlande nur mit 59 pCt. gedeckt 
worden, während vom Auslande 41 pCt. der Fleischnahrung heran¬ 
gezogen sind. 

Unter den Quellen der Fleischversorgung von auswärts 
nehmen die Vereinigten Staaten den ersten Platz ein. Zwei 
Drittel der lebend eingeführten Rinder kommen von diesem Lande. 
Argentinien hat mehr Schafe lebend eingefdhrt als irgend ein 
anderes Land. Das eingefuhrte Fleisch ist mehr als zur Hälfte 


Digitized by CjOOQie 




372 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 31. 


ans Amerika bezogen. Drei Viertel des frischen Rindfleisches 
und mehr als zwei Drittel des eingeführten Specks und Schinkens 
sind amerikanischen Ursprungs. Die zweite Stelle nimmt Australien 
ein. Mehr als zwei Drittel des eingeführten Hammelfleisches 
kamen von diesem Erdtheil. 

Der Lebendviehbestand Englands zeigt ira Jahre 1897 
einige bemerkenswerthe Veränderungen. Die Rinder haben be¬ 
sonders in Schottland zugenommen, namentlich der Bestand von 
älteren Thieren. Im Westen und Südwesten Englands zeigt der 
Viehbestand eine Abnahme. Für den Totalbestand stellen sich 
die Zahlen folgen dermassen: 

Rindvieh. 



Kühe 

2 Jahr alt 
und darüber 

1—2 Jahr 
alt 

Unt. 1 Jahr 
alt 

Zusammen 

1893 

2 355 000 

1580 000 

1355000 

1211000 

6 701000 

1894 

2460000 

1517 000 

1217 000 

1153000 

6 347000 

1895 

2 466 000 

1432 000 

1 190 000 

1247 000 

6 335 000 

1896 

2 512000 

1385000 

1306 000 

1311000 

6 494000 

1897 

2 532 000 

1323000 

1361000 

1284000 

6500 000 


Der Schafbestand hat hinsichtlich der Zuchtschafe um 
81000 Stück zugenommen. Lämmer waren 237 000 Stück weniger 
vorhanden. Ein Jahr und darüber alte Schafe haben um 209 000 
abgenommen. 

Schafe. 



ZuchtBchafe 

Andere 

ält. Schafe 

Zusammen 

Schafe 

Lämmer 

Schafe u. 

Lämmer 

1893 

10 129 000 

6 911000 

17040 000 

10041000 

27 231000 

1894 

9 668 000 

6 343 000 

16011000 

9 851000 

25 862 000 

1895 

9 663000 

6 334 000 

15 997 000 

9 795 000 

25 791 000 

1896 

9 226000 

6 428 000 

16 354000 

10 352000 

26 706000 

1897 

10007000 

6219000 

16 226 000 

10115 000 

26 341000 


Der Schweinebestand zeigt auffallende Aenderungen in den 
letzten Jahren, wie nachfolgende Zahlen ergeben. 

Schweine. 



Zachtschweine 

Andere Schweine 

Zusammen 

1893 

309 000 

1805 000 

2114 000 

1894 

351000 

2 039 000 

2 390000 

1895 

415 000 

2 469 000 

2 884000) 

1896 

394 000 

2 485 000 

2 879 000' 

1897 

334000 

2008000 

2 342 000 


Fassen wir die Einzelheiten des Berichtes zusammen, so er- 
giebt sich vor allen Dingen die Thatsache, dass der Fleischver¬ 
brauch in England im Steigen begriffen. Die Veranlassung des 
Mehrverbrauchs muss darin gesucht werden, dass die Einfuhr von 
Fleisch ständig zugenommen und die Preise für das eingeführte 
Fleisch ständig niedriger geworden sind. Die Zunahme der 
Lebendvieheinfuhr ist aber ein deutlicher Fingerzeig dafür, dass 
das Publikum dem in England geschlachteten Fleisch den Vorzug 
giebt. Deshalb behaupten sich auch die Preise für da^ ein¬ 
heimische Vieh nicht nur, sondern sind sogar gestiegen? Der 
brittische Landwirth wendete sich aus diesem Grunde wieder 
mehr und mehr seinem eigentlichen Berufe, dem der Vieh¬ 
züchtung und Viehmästnng zu, wie die Zunahme der Rinder und 
Schafe erweisen. Die Schweinezucht und -Mästung zeigt wohl 
aus dem Grunde einen Rückgang, weil sie unter den Swine fever- 
Bekämpfungsmassnahmen sehr zu leiden hat 

_ Kübnan. 

Personalien. 

Ernennungen : Thierarzt Dr. Kaspärek-Wien zum ausser¬ 
ordentlichen Professor der Thierseuchenlehre und Veterinärpolizei 


Neustadt a. d W. N. in Weiden (Oberpfalz), Thierarzt Joh. Aigner- 
Bruck in Pfaffenbausen (Schwaben!. 

Gewählt: Thierarzt Vortmann zum 2. Schlachthofthierarzt 
in Osnabrück, Thierarzt Miesen er zum städt Thierarzt in Berlin. 

Promotion: ThierarztR. Schmidt-Elbing zum Dr.rer. nat von 
der naturwissenschaftl. Facultät der Universität Tübingen. 

Approbationen: Berlin: die Herren Fritz Guhrauer, Arthnr 
Hellmuth, Friedrich Otto, Willy Pitt, Hugo Schröter, 
Heinrich L o h b e c k. 

Wohnsitzveränderongen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt A. B o k e m ü 11 e r - Sontra (Hessen-Nassau) nach Cassel, Thier¬ 
arzt 0. Schmidtke-Rastatt nach Halle a. S., Thierarzt Jos. 
Z i s s 1 e r - Stepperg nach Ising (Oberbayern), Thierarzt Sigm. 
S ette 1 e-Ising nach Pasing, Thierarzt Hugo Heiss-Pasiog 
nach Straubing. — Thierarzt J. Dahms hat sich in Stargard i. 
Pom. niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt an der Militär-Lehr¬ 
schmiede in Berlin Rossarzt Krüger vom Train-Bat. No. 4, zum 
Rossarzt: UnterroBsarzt G a u c k e vom Ul.-Rgt No. 4, zu Rossärzten 
des Beurlaubtenstandes: Die Unterrossärzte der Res. Wertheim 
und T r o p s. — Versetzt: Oberrossarzt Hönscher von der Militär- 
Lehrschmiede in Berlin zum Feld-Art..-Rgt No. 21, Rossarzt 
M i c h a 1 s k i vom Hus.-Rgt No. 4 zum Train-Bat. No. 4. — Rossarzt 
Matzki vom Kür.-Rgt. No. 8 auf seinen Antrag mit Pension in 
den Ruhestand versetzt. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Kruckow-Rosenberg (Marienwerder), 
KreiBthierarzt a. D. Vormeng -Neustadt (Westpr.). 

Berichtigung: Die Herren Seybold undMögele sind Assistenten 
an der thierärztlichen Hochschule zu Stuttgart, (nicht, wie in 
No. 30 verschrieben war, zu Hannover). 

Vacanzen. 

Krelsthlerarrtstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. — 
R.-B. Königsberg: Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Liegnitz: Görlitz (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Marien¬ 
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen-: R.-B. Br e*« Tau: «tdlnaint. 0.‘ — R:-B."DlTs s e 1 <förf: 
Cleve. — R. - B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — 
R.-B. Gumbinnen: Insterburg. Stallupönen (Assistent des Grenz¬ 
thierarztes). — R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. — Neustadt 
(Herzogthum Coburg): Amtstbierarztstelle. 

Sanitätsthlerarztstelien :a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.— 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum 

1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 

— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬ 
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. — Schwarzenau.— 
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thier¬ 
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt 

— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher 
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde¬ 
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an 
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch- 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat — 
Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). — 
Nus8e b. Mölln i. L. - Obermarschacht (Elbe). — Satow 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nien- 
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.), und Thierarzt Hallier- 
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi¬ 
strat. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
600M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Sanitätsthierarztstelle Osnabrück. 


an der böhmischen Universität in Prag. 

Zu Distriktsthierärzten: Thierarzt Max Spiegler- 

Verantwortlich fflr den Inhalt (excl. InseratODthell) Prof. Dr. Schmälte ln Berlin. — Verla* und Eiirenthum von Richard Schoete ln Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 


Dl* „BaUaar Thlarftrvtlleh« W<xshen«chrift“ eraohetnt 
wöchentlich ln Stftrk« ron mlndeiten« 1'/« Bogen. Dleielbe 
Ut so bestehen durch den Buchhsndel, die Po*t (No. 1081} 
oder durch die Verlegabuebbandlung ron Rieh erd 
Bchoets, Berlin NW, Luiiemtruae 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierte 1Jehr. 


Berliner 


Originalbeltrlge werden mit SO Hk. für den Bogen honorirt 
Alle Manutcripto, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man tu «enden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Lniienetrasse 56. 
Correctnren, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagabuehhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 32 . Ausgegeben am 11. August. 


Inhalt: Schnaltz: Ueher die Form der Bezahlung der Dienstverrichtungen der beamteten Thierärzte.— 
Referate : Merkt: Die Trepernation der Schädelhöhle beim Rind. — flobday: Ueber die therapeutirchen und toxicologisczen 
Wirkungen des Chinosols. — Basch und Wekminsky: Ueber die Ausscheidung von Mikroorganismen durch die thätige 
Milchdrüse. — Galli: Der gegenwärtige Stand der Krage Uber die Indentität der Diphtherie des Menschen und der Vögel. — 
Schwartz: Ueber Ganglienzellen am Herzen der Säugethiere. — Petrone: Sichtbarmachung der Kerne der rothen Blut¬ 
körperchen. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versaramlung der Central Vertretung der thier- 
ärztlichen Vereine Prenssens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Schluss.) — Verschiedenes. — Oeffentliches Vete¬ 
rinärwesen: Fleiechschau und Viehverkehr. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Gerichtsentscheidungen. — B üc h e r • 
Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber die Form der Bezahlung der Dienst¬ 
verrichtungen der beamteten Thierärzte. 

Von 

Sohnaltz. 

(Schluss.) 

Zweierlei muss man, wenn es sich um Beurtheilung 
der gegenwärtigen Einkommensverhältnisse der Kreis¬ 
thierärzte handelt, vorausBchicken. 

Zunächst ist von dem Gesammteinkommen der Kreisthierärzte 
ein hoher Betrag für thatsächliche Unkosten abznziehen. 

Wenn aber auch ein Kreisthierarzt 6000 M. netto einnimmt, 
so hat er noch lange nicht das Einkommen eines Staatsbeamten 
mit 6000 M. Gehalt. Denn letzterer bekommt Pension und 
WohnangBgeldznschuss. Ersterer muss das Wohnungsgeld ab- 
ziehen und dann noch soviel erübrigen, dass er ein Capital j 
sammelt, welches eine der Höhe der Pension entsprechende Leib- I 
Rente giebt Erst was danach bleibt, ist dasjenige Einkommen, 
welches er ebenso gut, wie der peusionsberechtigte Staatsbeamte, 
verwenden kann und was mit dessen Gehalt in Vergleich tritt. 

Rechnen wir den Fall, das der Staatsbeamte X. mit 10 Dienst- 
Jahren im 40. Lebensjahr dienstunfähig würde, so hat er von 
6000 M. Gehalt 1500 M. Pension. Wenn er 60 Jahr alt wird, 
also noch 20 Jahre die Pension bezieht, so sind das 1500x20 M.= 
30000 M. Nachzahlungen. Der Kreisthierarzt N. würde, um in 
gleichem Falle 20 Jahre hindurch eine jährliche Rente von auch 
nur 1000 M. (entsprechend einem Gehalt von 4200 M.) zu haben, 
sich von seinem Diensteinkommen in den 10 Dienstjahren jährlich 
1300 Mark (Zins auf Zins gerechnet) haben zurücklegen müssen, 
wozu noch ein Abzug von rund 500 M. für Wohnungsgeld kämen. 

In Wirklichkeit hätte also der Staatsbeamte X. 6000 M. zu 
verzehren, Kreisthierarzt N. 6000—1800 = 4200 M. 

Oder ein anderes Beispiel: Ein Beamter mit 6000 M. geht 
in Pension mit 60 Jahren nnd wird anch nur 70 Jahre alt. Er 
hat 30 Jahre Dienstzeit Das giebt eine Pension von 3700 M. (incl. 
Pensionsquote vom Wohnungsgeld) oder 10 X 3700 = 37 000 M. 
Nachzahlungen. Gesetzt den Fall, ein Kreisthierarzt hätte mit 
30 Jahren ein Netto-Elinkommen von 6000 M., was gar nicht 
möglich ist and behielte es 30 Jahre. So würde er, um auf 
10 Jahre eine Rente von auch nur jährlich 3150 M. (Pensions¬ 


satz von 5000 M.) zu haben, jährlich (Zins auf Zins gerechnet) 570 M. 
erspart haben müssen. Von seinem Einkommen wären also jährlich 
570 M. - 4 - 500 M. Wohnungsgeld = 1070 M. abgegangen und 
dasselbe wäre in der That nur einem pensionsfähigen Einkommen 
von 4950 M gleichgekommen. 

Nehmen wir zwischen beiden Fällen das Mittel, so ergiebt 
sich für den Vergleich des Einkommens eines pensionsberechtigten 
Staatsbeamten und eines Kreisthierarztes, dass man erstens von 
demTetztereii etwa 500 M. statt Wohnungsgeldzuschusses in Abzug 
bringen muss nnd dass von dem Rest der Kreisthierarzt 
durchschnittlich jährlich etwa 18 %, d. h. fast ein Fünftel zurück¬ 
legen muss, nm eintretenden Falls eine Pension zu haben, welche 
einem peusionsfähigen Gehalt in Höhe von etwa drei Vierteln 
seines Einkommens entsprechen würde. Das Einkommen eines 
beamteten Thierarztes ist also einem in der Summe gleichen 
Gehalt eines pensionsberechtigten Beamten im Werthe nicht 
gleich, sondern nur gleich etwa drei Vierteln davon, weil der 
Kreisthierarzt kein Wohnungsgel bezieht und ihm die Pensions¬ 
berechtigung fehlt. 

Dies muss doch erwogen werden, wenn man unter den 
heutigen Verhältnissen die heutigen Einkünfte eines Kreisthier¬ 
arztes mit denen eines pensionsberechtigten Staatsbeamten ver¬ 
gleicht 

Andrerseits würde natürlich umgekehrt die Verleihung der 
Pensionsberechtigung ein Viertel der heutigen Einkünfte auf¬ 
wiegen. 

Ebenso, wie das pensionslose Einkommen mit pensions* 
fähigem Gehalt nicht zu vergleichen ist, sind zweitens die Tage¬ 
gelder der Kreisthierärzte etwas ganz Anderes als die 
Tagegelder der übrigen Staatsbeamten. Die letzteren 
werden für ihre Dienstleistung bezahlt durch ihr Gehalt'; das 
Tagegeld ist nur ein noch hinzukommender Ersatz für die durch 
den Aufenthalt ausser dem HanBe entstandenen Auslagen und, so¬ 
weit ein Ueber8chn88 bleibt, für die Mühwaltung der Reise an sich. 

Für den Kreisthierarzt ist das Tagegeld nicht blos Tage¬ 
geld in diesem Sinne, sondern zu gl eich Gehalt Es stellt seine 
Bezahlung für die tägliche Dienstleistung selbst dar. Denn das 
sogenannte Grundgehalt ist seiner Geringfügigkeit nach sowie 
nach ausdrücklicher Bestimmung nur eine Bezahlung fdr die 
Verrichtungen am Wohnort. Daran würde sich auch nichts 


Digitized by tjOOQie 






BE EILINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 82. 


374 

ändern, wenn das jeteige Grundgehalt eine geringe Aufbesserung 
erfahren sollte. Demnach sind im Tagegeld der Kreisthier¬ 
ärzte thatsächlich zwei ganz verschiedene Bestandteile 
versteckt, und damit sie erkennbar werden, wäre es richtig, 
entweder statt des Tagegeldes zwei verschiedene Gebühren zu 
zahlen oder vor allen den Namen Tagegeld ganz zu be¬ 
seitigen, damit der Irrthum verschwinde, als ob diese „Tage¬ 
gelder“ mit den Tagegeldern der übrigen Staatsbeamten innerlich 
verglichen werden könnten. 

Diese Erwägung müsste natürlich ganz entscheidend ins Ge¬ 
wicht fallen, wenn es sich einmal darum handeln sollte, Pausch- 
quanten und überhaupt neue Einheitssätze unter veränderten 
Verhältnissen festzustellen. 

Stellen wir einmal eine Rechnung aut, wieviel ein voll¬ 
besoldeter Beamter täglich ausser etwaigem Tagegeld erhält. 
Nehmen wir einen mittleren Beamten mit 4500 M. Gehalt und 
300 M. Wohnnng8geldzu8chuss an. Das sind auf den 
Tag 13 M. Die Rechnung modificirt sich jedoch etwas. 
Das Jahr hat 365 Tage, wovon rund 65 Feiertage. Ausserdem 
erhalten Beamte durchschnittlich 4 Wochen Urlaub. Es bleiben 
also überhaupt nur 270 Arbeitstage im Jahre übrig. Auf diese 
Arbeitstage muss das Gehalt vertheilt werden, denn auch der 
Kreisthierarzt bekommt nur dann etwas, wenn er beschäftigt ist. 

4800 

Da ergeben sich = 18 M. täglich. Reist ein mittlerer Be¬ 
amter, so erhält er ausserdem 9 M. Tagegelder, macht für einen 
Reisetag 27 M. excl. Reisekosten. 

Wieviel soll nun ein Kreisthierarzt an einem Arbeitstage 
erhalten? 

Dass dem Kreisthierarzt die Möglichkeit bleiben muss, bei 
zuerkannter Pensionsberechtigung 4500 M. und den Betrag eines 
massigen Wohnungsgeldes jährlich netto zu verdienen, nehme ich 
als feststehenden Satz an. (Ohne Pensionsberechtigung würde 
dieser Satz nach obiger Berechnung auf 6000 M. steigen.) 
Wollte man dies Einkommen für die Stellung des Kreisthierarztes 
noch zu hoch finden, so muss bedacht werden: erstens, dass dieses Ein- 
kommenihm nicht festgezahlt wird, wie anderenBeamten, sondern dass 
er nur sozusagen ein Tagesgehalt ausgezahlt erhält an jedem 
Tage, an dem er beschäftigt ist; zweitens, dass, wenn er im Dienst ist, 
dieser Dienst mit dem der Bureaubeamten, denen man ihn etwa 
gleichstellen möchte, nicht zu vergleichen ist, weder nach den 
körperlichen und sonstigen Anforderungen, noch in der Regel 
auch nach der Zahl der Arbeitsstunden. 

Also nehmen wir 4500 M. + 300 M. Wohnungsgeld = 4800 M. 
als berechtigtes Nettoeinkommen eines pensionsberechtigten 
Kreisthierarztes an, so muss er bei 270, ich möchte sagen etats- 
mässigen, Arbeitstagen täglich also 18 M. netto verdienen. Dazu 
kommen ein persönlicherTagesaufwand bei Reisen von 5 M.,*) macht 
23 M.; endlich die tägliche Quote für Unterhaltung von Kutscher, 
Wagen und zwei Pferden (mit denen man oft kaum ausreicht); 
Diese Quote ist mit 7 M. täglich sicher nicht zu hoch ver¬ 
anschlagt. Da aber die Reisekosten nur eben für Reisetage 
gezahlt werden, Kutscher und Pferde aber tägliches Geld kosten, 
so muss dieser Aufwand auf die wirklichen Reisetage (die auch 
nicht 270 betragen werden) vertheilt werden. Dann erhöht sich 
der Satz für einen Reisetag auf 10—12 M. (Miethsfnhrwerk wäre 
noch theuerer). 


•) Von dem Tagegeld von 9 M. würden also 4M. übrig bleiben, 
die mit in den Netto-Verdienst einzurechnen sind, obwohl bei anderen 
Beamten auch dieser Ueberschuss neben dem Gehalt (alias Netto¬ 
verdienst) herläuft. Da der KreiBtbierarzt aber sehr viel reist, so 
stellt jener Ueberschuss eine laufende Einnahme dar, welche also in 
der Netto-Einnahme eine Rolle spielt. 


Es muss also für einen Arbeitstag auf Reisen eine Brutto- 
Einnahme von 33—35 M. herauskommen, wenn ein pensionsbe¬ 
rechtigter Kreisthierarzt einen Beamten mit 1500 Thaler gleich 
gestellt sein soll. 

Ein nicht pensionsfähiger Thierarzt (bezw. Kreisthierarzt), 
der sich, im Gegensatz zu Beamten, eine die Pension vertretende 
Rente heraussparen muss und demnach noch 1500 M. mehr netto 
verdienen muss, würde eine Bruttoeinnahme von ca. 40 M. haben 
müssen. 

An den Tagen, wo der Kreisthierarzt staatlich nicht in An¬ 
spruch genommen ist, muss er zusehen, wie er sich durch Privat¬ 
praxis sein Tageseinkommen verdient. 

An dem Tage, wo ihn der Staat in Anspruch nimmt, 
muss ihm aber auch der Staat sein Tagesgehalt ge¬ 
währen. 

Rechnet man die sachlichen Unkosten durchschnittlich als durch 
die Reisekosten gedeckt, so wären noch 23 M. (einschliesslich 
des persönlichen Reiseaufwands) für einen vollen im Staats¬ 
interesse ausserhalb des Wohnortes verwendeten Tag zu zahlen. 
Am Wohnort selbst müssten 18 W. gezahlt werden (wofür das 
Grundgehalt entsprechend anzurechnen wäre). 

Wenn die Kreisthierärzte gegenwärtig 6 M. Tagegelder er¬ 
halten, und selbst wenn sie 9 M. erhielten, so arbeiten sie that¬ 
sächlich, mit anderen Beamten verglichen, fast umsonst, denn sie 
bekommen bei Dienstreisen blos das, was andere Beamte ausser 
ihrem Gehalte erhalten und wovon gegenwärtig den Kreis- 
thierärzten nur eine Kleinigkeit übrig bleibt 

Wenn das bisher nicht hervorgehoben worden ist, wenn man 
stillschweigend acceptirt hat, dass die sogenannten Tagegelder 
der Kreisthierärzte mit den Tagegeldern besoldeter Beamten ver¬ 
glichen wurden, obwohl sie factisch eine ganz andere Bedeutung 
haben, wenn noch neulich die Kreisthierärzte um eine Erhöhung 
dieser „Tagegelder“ auf blos 9 Mk. erbeten haben, so hatte das 
seinen Grund in Verhältnissen, welche eine radicale Umwandlung 
erfahren, sobald jene beiden an die Regierungen gerichteten Um¬ 
fragen im bejahenden Sinne beantwortet werden sollen. 

Früher, als noch wenig veterinärpolizeilich zu thun war, da 
war der Kreisthierarzt eben einfach Privatmann; ein Thierarzt 
der ein für alle Mal mit staatlichen Aufträgen bedacht wurde, 
ebenso wie ein Localblatt ein für allemal die amtlichen Annoncen 
erhält. Das nicht hohe Entgelt war eine angenehme Nebenein¬ 
nahme. Pferd und Wagen hatte man doch nötig, der Privatpraxis 
wegen; die Privatpraxis war durch die amtliche Thätigkeit so gut 
wie gar nicht behindert. Was man an Tagegeldern und Reise¬ 
kosten einstrich, war baarer Nettoverdienst. 

Mit der Zeit hat sich das sehr verändert. Die amtlichen Ge¬ 
schäfte sind mehr und mehr Hauptsache geworden. Das Ver- 
bältniss wurde ein umgekehrtes. Man mu s ste Pferd und Wagen 
für die amtliche Thätigkeit halten und konnte die curative 
Privatpraxis nur noch nebenbei erledigen. Zu gewissen Zeiten 
musste man diese curative Privatpraxis ganz vernachlässigen. 
Dadurch wurde die Rechnung schon ganz anders. 

Jedoch abgesehen davon, dass mit der kreisthierärztlichen 
Function andererseits auch indirecte Vortheile für die curative 
Privatpraxis verbunden waren, so wurde ein Ausgleich 
namentlich durch einen anderen Umstand herbeigeführt. 

Es entwickelte sich nämlich eine andere, ich möchte sagen, eine 
polizeithierärztliche Privatpraxis. Während die curative 
nothwendiger Weise ebenso einschrumpft, als die veterinärpolizei¬ 
liche Beschäftigung sich ausdel.nt, hatte diese neue Privatpraxis 
den Vortheil, in ganz demselben Masse zu steigen. Sie hatte ferner 
das Gute, dass sie in Kreisen, wo curativ nicht viel zu thun 
das war, sich gauz ebenso entwickelte. Sie verwandelte daher 


Digitized by LaOOQie 




11. August 1898. 

viele bisher ganz schlechte Stelleu in leidliche und hat einige, wie 
schon oben erwähnt, ganz ungewöhnlich gute Stellen geschaffen. 

Diese „polizeiliche Privatpraxis“ besteht eben in jenen Ein¬ 
nahmen ans amtlichen Verrichtungen, welche die Unternehmer etc. 
(also jedenfalls nicht die Staatskasse) bisher zu tragen haben. 
Dieselben haben sich mehr und mehr zu Haupteinnahmen, an 
Stelle der früheren curativen Privatpraxis, entwickelt. Die Ein¬ 
nahmen aus der Staatskasse blieben nach wie vor Nebenein¬ 
nahmen. Jene Privateinnahmen allein haben es bewirkt, dass den 
Kreisthierärzten bisher noch nicht zum Bewusstsein gekommen ist, 
dass sie eigentlich aus der Staatskasse keine Bezahlung für ihre 
Dienstleistungen erhalten und dass die Tagegelder eine Bolche 
Bezahlung nicht sind.*) 

Wenn nun diese recht beträchtliche halbamtliche (oder wie 
man es nennen will) Privatpraxis verstaatlicht werden soll und 
damit staatliche Bezahlungsgrundsätze Platz greifen, so ist die 
entscheidende Voraussetzung ganz klar: Dann müssen eben 
auch die bisherigen Grundsätze der staatlichen Be¬ 
zahlung der Kreisthierärzte sich ändern. 

Wenn man auch diese Privatpraxis aufhebt und damit die 
bisherige Ausnahmestellung des Kreisthierarztes unter den Be¬ 
amten beseitigt, so muss man auch seine Ausnahmestellung in 
der BeBoldnng beseitigen, d. h. man muss ihm auch ein Gehalt 
zahlen und muss aufhören, die Tagegelder, die andere Beamte 
neben dem Gehalt beziehen, als genügende Bezahlung zu be¬ 
trachten. 

Wie man dieses Gehalt zahlt, ist dabei Nebenfrage, wenn nur 
überhaupt eins gezahlt wird. Man könnte dem Kreisthierarzt ein 
festes Jahresgehalt zahlen oder man kann ihm Tagesgehälter für 
die Tage, an denen er beschäftigt ist, also etwa eine Beschäftigungs¬ 
gebühr zahlen. Das Erstere wird nicht in der Absicht liegen. 
Das Letztere ist das bessere für beide Theile, für die Staatskasse, 
die nichts umsonst zu geben braucht, und für den Beamten, der 
das angenehme Bewusstsein hat, dass seine Einnahmen sich ganz 
nach seinen Leistungen richten. 

Diese Tagesgehälter oder Beschäftigungsgebühren müssten 
also neben den Tagegeldern in gewöhnlichem Sinne gezahlt 
werden. 

Es kann m. A. n. gar keine Rede davon sein, dass den 
Kreistbierärzten statt ihrer bisherigen Einnahmen aus jenen 
von den Unternehmern etc. zu bezahlen den Geschäften etwa blos die 
staatlichen Tagegelder geboten werden könnten, selbst wenn die¬ 
selben auf 9 oder 12 M. erhöht würden. 

Es müssen den Kreisthierärzten Gebühren gezahlt werden, 
welche nicht unter dem Namen „Tagegelder“ einbegriffen werden 
dürfen, damit nicht der unrichtige Vergleich dieser Tagegelder 
mit den Tagegeldern anderer (im Genüsse eines vollen Gehaltes 
befindlicher) Beamter für die Bemessung jener Gebühren mass¬ 
gebend bleibt. 

Diese Gebühren würden für den vollen Arbeitstag ca. 15 M. 
betragen, bei Reisen neben 9 M. Tagegeldern und den Reise¬ 
kosten, welche wohl künftig nach dem allgemeinen Gesetz über 
Reisekosten etc. berechnet werden dürften. 

Üb man bei kurzdauernden Geschäften die Gebühren nur 
halb (jedoch bei vollem Tagegeld) auszahlen sollte und dergl., 
das sind Details, worauf es hier nicht ankommt. 

Ebenso mag dahingestellt bleiben, ob diejenigen veterinär¬ 
polizeilichen Geschäfte, welche bisher aus der Staatskasse bezahlt 

*) Bei der Verschiedenartigkeit der Stellen und der Beschäftigung 
trifft das natürlich nicht für alle Verhältnisse zu. Eb giebt auch 
Stellen, wo die 6 M .Tagegelder täglich und in so kurzer Zeit bezw. 
ohne Aufwand verdient werden, dass sie eine Bezahlung darstellen 
Dies ist aber die Ausnahme. 


375 


wurden, gegen ermässigte Gebühren oder auch ferner gegen aller¬ 
dings erhöhte Tagegelder geleistet werden könnten. Hierbei könnte 
ja als Aequivalent die Möglichkeit betrachtet werden, dass der Kreis¬ 
thierarzt sich mit curativer Privatpraxis noch etwas verdient. 
Freilich darf diese Möglichkeit nicht hoch angeschlagen werden, 
denn die amtlichen Geschäfte wachsen immer mehr und würden 
rapide wachsen, wenn die besprochenen Umwandlungen sich voll¬ 
ziehen sollten. Und wenn der Kreisthierarzt noch Privatpraxis 
ausübt, so thut er es sicher nnter einem Aufwand von Arbeit 
und Zeit, der den eines gewöhnlichen amtlichen Arbeitstages er¬ 
heblich übersteigt. 

Jedoch dies sind, wie gesagt, vorläufig Nebenfragen. Die 
Hauptsache lässt sich in dem Satz zusammenfassen: Die Ein¬ 
nahmen der Kreistkierärzte aus den bisher nicht aus 
der Staatskasse bezahlten dienstlichen Verrichtungen 
dürfen nicht durch einfache, wenn auch erhöhte Tage¬ 
gelder abgelöst werden. Es müssen vielmehr neben 
den Tagege Idem Gebühren für die amtlichen Geschäfte, 
auch am Wohnorte, gezahlt werden, deren ungefähre 
Höhe nach den obigen Ausführungen zu veranschlagen wäre. 

Ein zweites kommt noch hinzu. Wenn durch jene Um¬ 
wandlung die Kreistkierärzte noch mehr als bisher den übrigen 
Beamten gleich werden und wenn sie dabei unstreitig gewisser 
Vortheile verlustig gehen, so wird der Anlass auch noch 
dringender als bisher, ihnen auch den Hauptvorzug der Beamten¬ 
stellung, die Pension und Relicten-Versorgung, zuzuwenden, 
über deren Bemessung hier nicht von Neuem gesprochen zu 
werden braucht. Dies wäre die zweite Voraussetzung, deren Er¬ 
füllung auch wohl sicher beabsichtigt ist. 

Wenn aber diese beiden Voraussetzungen einträfen, so 
würde ich nicht sehen, welche stichhaltigen Gründe man gegen 
das Princip einwenden könnte, dass der beamtete Thierarzt für 
amtliche Verrichtungen auch ausschliesslich auf amtlichem Wege 
seine Bezahlung erhält.*) 

Man muss diese Massregel nicht einseitig vom pecuniären 
Interessenstandpunkt, sondern man muss sie auch vom Stand¬ 
punkt der Organisation des Beamtenthums aus betrachten. Der 
Geschäftsmann und Gewerbetreibende stellt sich mit Recht bloss 
auf den ersteren Standpunkt. Für den Beamten ist der zweite 
sogar der wesentlichere. Die Kreisthierärzte wünschen selbst 
möglichste Annäherung an die übrigen Beamten. Also müssen 
sie auch hier die Consequeuz ziehen. 

Vom ersteren Standpunkt aus ist eine gewisse Besorgniss 
ja gerechtfertigt. Eine Verringerung der Einnahmen ist trotz 
der oben befürworteten Voraussetzungen wahrscheinlich. 

Aber einmal würde diese Verringerung zu einem guten Theil 
aufgewogen durch die Vortheile der Pensionsberechtigung. 

Io Anbetracht dieses Vortheils erscheint es zweitens 
fraglich, ob die Gesammtheit oder nur die Mehrzahl sehr 
erheblichen pekuniären Nachtheil (immer unter den beiden 
obigen Voraussetzungen) haben würde. Jene Einnahmen sind 
sehr verschieden und nur, wo sie jetzt sehr hoch sind, würden 

*) Es ist nicht unsere Sache, zu untersuchen, ob die Staatskasse 
jene recht erheblichen Kosten Übernehmen oder sich ihrerseits durch 
Abgaben der Interessenten schadlos halten sollte. Man sollte 
aber meinen, dass für die Staatskasse um so weniger Grund be¬ 
steht, Bich hierbei zu belasten, als dadurch speciell den Landwirthen 
eine Erleichterung nicht oder wenigstens nicht zunächst gewährt 
würde. Denn diese Gebühren betreffen iin Wesentlichen den Vieh¬ 
handel, der dieselben doch wohl nur theilweise auf die Landwirthe 
abzuladen vermag. Es ist überdies auch ein Mittel, die Händler etc. 
zur Sorgfalt zu veranlassen, wenn ihnen event. directe Kosten er¬ 
wachsen Für die Kreisthierärzte wäre cs natürlich, wie leicht er¬ 
sichtlich, ein Vortheil, wenn die Staatskasse die Kosten in irgend 
einer Form von den Interessenten einzöge. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 




BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


376 

sie dann allerdings sehr erheblich zasammenschrumpfen. Das 
sind aber doch nur wenige besonders bevorzugte Stellen. Wenn 
es zutrifft, dass es einige Kreisthierarztstellen giebt, welche gute 
Viehuntersuchungsstationen umfassen und bei dem heutigen 
SjBtem daraus Nettoeinnahmen von 10000 M. abwerfen, so muss 
man nicht nur billiger Weise zugeben, dass diese Einnahmen 
eben verhältnissmässig zu hoch sind, sondern man muss auch 
fragen: Welches Interesse hat denn die Gesammtheit der Kreis¬ 
thierärzte an dem Fortbestand einzelner solcher Stellen? Wenn 
die Gesammtheit der (mit durchschnittlich sehr viel geringeren 
Einnahmen versehenen) Kreisthierärzte von einer Veränderung 
einen Vortheil hat, so könnte die Einbusse der augenblicklichen 
Inhaber einzelner Ausnahmestellen demgegenüber gar nicht ins 
Gewicht fallen. 

Und einen Vortheil hat die Gesammtheit, wenn man die 
Frage von dem Standpunkt des Beamten betrachtet. 

Denn dass mit der Bezahlung eines Beamten durch Privat¬ 
personen Unzuträglichkeiten verbunden sind, ist kaum abzu¬ 
weisen; das giebt auch Hinrichsen zu. 

Man muss füglich anerkennen, dass dieser Zustand in der 
Organisation des Beamtenstandes etwas Ausnahmsweises ist und 
nicht recht hineinpasst. Die Gerichtsvollzieher befinden sich in 
ähnlicher Lage; mit ihnen werden sich aber die Kreisthierärzte 
nicht vergleichen wollen. 

Der Ausweg, dass der Landrath die Liquitation einkassiren 
lässt, vermeidet nur das äusserlich Peinliche der directen In¬ 
empfangnahme von dem übellaunigen Privatmann. An dessen 
Gefühlen ändert Bich nichts, von wem ihm auch die Rechnung 
für die jedesmalige Anwesenheit des Kreisthierarztes präsentirt 
wird. Auch kann man vom Staat nicht wohl verlangen, dass er 
Privalgelder einkassirt. Das wäre wohl ebenfalls ein Unicum. Ent¬ 
weder es sind Privateinnahmen, und dann braucht die Behörde 
nicht ihre Autorität zu ihrer Beitreibung herzuleihen; oder es 
sind StaatBgelder, dann zahlt eben die Staatskasse die Gebühren 
nach ihren Grundsätzen, d. h. dann tritt der Zustand ein, dessen 
Für und Wider hier besprochen wird.*) 

Für das persönliche Ansehn und die Beamtenstellung des 
Kreisthierarztes kann es nur ein Vortheil sein, wenn er jeden¬ 
falls nicht, was auch Hinrichsen besonders betont, Einnahmen für 
amtliche Verrichtungen von einzelnen Personen zu beziehen 
braucht, die dann seine Leistung gegen ihre Zahlung abfällig ab¬ 
zuschätzen sich erlauben. Gegen Bezüge aus Communalkassen 
ist ja in dieser Beziehung nichts einzuwenden. 

Hiernach muss zugegeben werden, dass die Veterinärver- 
waltung ein Interesse daran hat, den jetzigen Zustand in 
gewissem Masse zu ändern. Es will auch scheinen, dass diese 
Aenderung unter den oben besprochenen beiden Voraussetzungen 
den Kreisthierärzten im Allgemeinen (von einzelnen abgesehen) 
keinen effectiven Nachtheil bringen, dass vielmehr eine eventuelle 
Einbusse durch die Pensionsberechtigung und andere Vortheile 
reichlich aufgewogen werden würde. 

Die zweite Frage, welche aufgeworfen worden ist 
und mit dem bisher besprochenen Gegenstand nur indirect 
znsammenhängt, betrifft die ganze oder theilweise Ersetzung der 
Einzelliquidationen durch ein Pauschquantum. 

Wenn diese Frage so gestellt werden sollte: „Ist es an- 
gezeigt, den Kreisthierärzten für ihre Gesammtdienstverrich- 

*) Will ein Händler usw. die Untersuchung in seinem Interesse 
an besonderem Ort und zu besonderer Stunde, so wird er dies nach 
wie vor gegen besondere Bezahlung erlangen können. Einem 
solchen Verlangen des Interessenten nachzugeben, wird dem Kreis¬ 
thierarzt jedentalls gestattet werden können. 


tungen ein Pauschquantum zu zahlen“, so wäre diese Frage¬ 
rn. E. n. mit einem runden „Nein“ zu beantworten. 

Es ist hier schon öfters betont worden, dass bei der in ihrem 
Mass so ausserordentlich schwankenden thierärztlichen Thätigkeit 
das einzig gerechte Prinzip in der Bezahlung der Einzelleistung 
zu suchen ist. An dieser Ansicht kann die jetzt gestellte Frage 
nichts ändern. 

Bei Zahlung eines Pauschquantums schlichtweg hat immer ein 
Theil Nachtheil und demnach Verdruss. Die Verwandlung der kreis- 
thierärztlichen Einnahmen in eine Pauschsumme ist mit der Zu¬ 
weisung eines Pauschquantums für Reisen an die Obersteuer¬ 
controleure z. B. ja auch gar nicht zu vergleichen. Denn für 
Letztere ist es bloß Dienstaufwandsentschädigung neben ihrem 
festen Gehalt. Für die Kreisthierärzte wäre es zugleich mindestens 
der Haupttheil ihres Gehalts. Dies ist bei den Tagegeldern 
schon besprochen. 

Wenn man aber die ganze an Stelle des Gehalts stehende 
Einnahme des Kreisthierarztes in eine Pauschsumme verwandeln 
und ihm zugleich davon die Pensionsberechtigung ertheilen 
wollte, so wäre es ja einfacher, das Pauschquantum einfach Gehalt 
zu nennen, aus dem Kreisthierarzt also einen vollbesoldeten 
Beamten zu machen, ihm eine Dienstaufwandsentschädigung zu 
geben und der verschiedenen Arbeitslast der Stellen durch Stellen¬ 
zulagen Rechnung zu tragen. 

Dann käme es also auf etwas ganz Anderes heraus, als was 
von Seiten der Thierärzte und wahrscheinlich auch von Seiten 
der Verwaltung gemeint wird. 

Das Pauschquantum würde voraussichtlich keine Befriedigung 
erwecken. Denn entweder die betreffenden Sätze werden hoch¬ 
gegriffen, dann hat der Staat sicher eine höhere Ausgabe als 
jetzt. Oder sie werden unter dem Durchschnitt der bisherigen Ein¬ 
nahmen bemessen, dann würden die Kreisthierärzte nicht zufrieden 
sein können. Wenn das Pauschquantum für jede Stelle besonders 
und in kurzen Zwischenräumen neu festgesetzt werden sollte, so 
wäre dies Verfahren ebenso complicirt, wie das bisherige System, 
und doch nie so gerecht im Einzelnen. 

Wenn also das Generalpauschquantum inFrage steht, so 
giebt es nur zweierlei: 

Entweder es soll nicht Ersparnisse bewirken, sondern blos 
das Liquidationswesen verbessern. Dann bietet es keine nennens¬ 
werten Vortheile, wohl aber sicher den Nachtheil, dass Leistung 
und Gegenleistung nicht mehr in so genauem Verhältnis berechnet 
werden. Dann wäre die einfache feste Besoldung vorznziehen. 

Oder das Pauschquantum soll die Aufwendungen deß Staates, 
also die Einnahmen der Kreisthierärzte vermindern. Dann muss 
eingewendet werden, dass eine solche Verminderung für die Kreis¬ 
thierärzte schon durch die Verstaatlichung der „amtlichen Privat¬ 
einnahmen“ bewirkt wird. 

Eine von beiden Einbussen kann durch die Pensions¬ 
berechtigung ausgeglichen werden, beide zugleich nicht. 
Die Wirkung deß Pauschquantums in diesem Sinne würde also 
den Kreisthierärzten statt der erhofften Verbesserung eine unaus¬ 
geglichene Beeinträchtigung ihrer Lage bringen. 

Indessen ein solches Pauschquantum für alle Geschäft« ohne 
Unterschied kommt vielleicht gar nicht in Frage, ist jedenfalls 
nicht allein in Betracht zu ziehen. 

Es kann vielmehr sehr wohl für gewisse Geschäfte 
die Einzelliquidation beibehalten, für andere aber das 
Pauschquantum eingeführt werden. 

Es ist klar, welche Geschäfte sich zur Zahlung eines Pausch¬ 
quantums eignen. Es sind einerseits diejenigen, deren Umfang 
sich annähernd vorausbestimmen lässt bezw. die von vornherein 


Digitized by LjOOQie 



11. August 1898. 




>rliner Thierärztlichen Wochenschrift. 


feststehen. Andrerseits sind es solche, bei a 
eilige Erledigung ankommt. 

Für Marktrevisiouen sind seit lange 
hart; die Zahl und Zeit dieser Revisionen siehv 
Städte zahlen Für die Beaufsichtigung ihrer Viehhöfe 
Pauschquantum. Warum sollte nicht ebenso ein Paus, 
gezahlt werden dafür, dass der Kreisthierarzt au t, 

Tagen zu bestimmten Stunden auf einer Eisenbalmst 
wesend ist und das hier einkommende Vieh untersuc. 
das — und so noch manches Andere — ist ein nach H; 
und Zeit genau vorauszubestimmendes Geschäft. 

Sehr gut angängig wäre es ferner, ein Pauschquai 
gewähren für sämmtliche Revisionen von Schlachthäusern, >" 
Ladeplätzen etc., die so und so viele Male im Jahre 
werden müssen, ohne dass es dabei auf den Tag des 1 
ankommt, wobei sich also der Kreisthierarzt eine ihm p 
Gelegenheit aussuchen kann. 

Die Beispiele Hessen sich wohl noch vermehren, 
sieht aber schon, dass vorzugsweise solche Verrieb 
die Vorbedingungen für das Pauschquantum in sich t 
deren Kosten bisher dem Unternehmer zur Last 
Wenn diese Vorrichtungen seiner Zeit bei der 
kasse liquidirt werden sollten, so würde die Umwandlung 
Liquidationen in Pauschquanten gerechtfertigt sein, vorausg' 
dass der Abmessung der Summen jene ungefähre Höhe von '1 
geschäftsgebübr zu Grunde gelegt wird, welche oben berechnet 
worden ist. 

Dagegen kann man nur, aus vollster Ueberzeugung und 
keineswegs blos des pekuniären Interesses wegen, dagegen sprechen, 
dass ein Pauschquantum festgesetzt werde für jene Geschäfte, 
welche den Kern der alten Veterinärpolizei bildeten, die man 
etwa unter dem Namen „Seuchenfeststellung und -Tilgung in 
landwirthschaftlichen Gehöften“ oder „Thätigkeit bei Seuchen- 
ausbrücben“ zusamnienfassen könnte und die so ungefähr die 
Hauptsumme dessen ausmachen, was jetzt der Staat bezahlt. 

Auch bei reichlicher Bemessung (die doch wohl sehr fraglich 
wäre) wäre hier das Pauschquantum ungeeignet. Denn diese 
Leistungen lassen sich ihrem Umfange nach nicht annähernd vorher 
bestimmen und erfordern eiligste Erledigung in jedem Falle, stehen 
also in beiden Punkten im Gegensatz zu den obengenannten Vor¬ 
bedingungen für ein Pauschquantum. Das Pauschquantum kann 
hier nie dem augenblickli chen Umfang der Leistung Rechnung 
tragen und doch wäre dies gerade hier richtig und wichtig. 
Denn die Einzelbezahlung erhöht das Interesse an der einzelnen 
Verrichtung, spornt zur prompten Erledigung an und lässt vor 
Allem Missmuth bei der Häufung solcher Verrichtungeu nicht 
aufkommen. Wenn aber die Vergütung feststeht, so würde nicht 
allein die Pünktlichkeit leiden (denn man würde einzelne 
Reisen zu verschieben suchen) sondern man würde auch von 
Missmuth ergriffen werden, wenn sich die Arbeit plötzlich über¬ 
mässig häuft. Dieses ganz natürliche Gefühl würde unbeschadet 
voller Pflichtreue Platz greifen und würde trotz letzterer jenen 
wichtigsten Theil des Dienstes beeinträchtigen. 

Zusam menfassung. 

a) Es ist vom Beamtenstandpunkt aus gerechtfertigt, wenn 
die Bezahlung beamteter Thierärzte für amtliche Verrichtungen 

durch Privatpersonen aufhört. 

b) Die Ablösung dieser Einnahmen durch blosse Tagegelder 
wäre aber unbillig, weil diese Tagegelder, die andere Beamten 
neben ihrem Gehalt erhalten, eine Bezahlung nicht darstellen. 
Es wäre vielmehr eine Geschäftsgebühr von etwa 15 M. auf den 
Arbeitstag, neben dem Tagegeld von 9 M. bei Reisen, angemessen. 

c) Gewisse Dienstgeschäfie, welche nach Häufigkeit und 


für Veterinärbeamte. 


hlreioher Departements- und Landesthierärzte 
Nummern. 


^898. 


M 9. 


rankte Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen 

r iigniss zur amtlichen Untersuchung des Schweinc- 
hinen und Finnen wird von der Ortspolizeibehörden, 
Vorbehalte des Widerrufes, erteilt. 

"«teilenden Trichinen- und Finnenschaiter richtet 

n Bedürfnisse. Hierbei ist in Erwägung zu 
■ geeignete Stellvertretung gesorgt werde, 
Trichinen- und Finnenschauer an einem 
uchungen die Anzahl von 10 Schweinen 
in der Regel nicht überschreiten, 
an öffentlichen Schlachthäusern an- 
11 haben auf die Untersuchung der 
•hproben 15—20 Minuten, auf die 
es 5— lOMinuten zu verwenden. 
Hier werden von den Orts- 
-fÜhrung ihres Gewerbes 
1 r öffentlichen Kenntniss 
kus und Kreisthierarzt 
eilen. 

er stempelpflichtig 
h auszusprechen, 
des § 36 der 
'e angestellt 


schmerzen zeigen. F er ne r aui 
laufen stets im kleinen Kreise nach 
nach der entgegengesetzten Seite drehen od 
hobenem Kopf geradeaus tappen, endlich n „ r 
Thiereil, bei denen der Sitz der Blase festgestellt 
und dieser Sitz durch die Richtung des Drehens ein.- j> 
erfährt. Dann wird man keine Misserfolge haben 


ersonen 






Operation erst im Publikum mehr eingeführt, so kam 

der »Uz T, 


schliesslich auch Thiere Irepaniren, bei denen 
Blase nicht zu finden ist, oder die plötzlich hochgradige Störung,., 
zeigen. Zur Feststellung des Blasensitzes wird an dem ent 

sprechend gehaltenen Thiere mit einem Hammer die Stirnwand 
abgeklopft, jedesmal zwei leise Schläge von der Medianlinie aus¬ 
gehend, und ebenso genau an der entgegengesetzen Seite. Wenn 
der Hammer dumpfer auffällt und man dabei das Gefühl be¬ 
kommt, als ob an der betr. Stelle ein Tuch aufläge, so ist da¬ 
durch der Sitz der Blase angezeigt. Diese Stelle wird durch 
Haarscheereu vermerkt. Nun lässt man das Thier frei laufen, 
wobei es von hinten her zum Geradeausgehen angetrieben wird. 
Wenn es sich dann dreht und die Drehung nach der Seite 
erfolgt, wo die Blase sitzt, so ist dao it die vorherige Unter¬ 
suchung bestätigt, Weichheit des Schädelknocheus beim Druck 
hat M. nie gefunden, Auftreibung nur 2 oder 3 Mal. Entstehen beim 
Percutiren Krämpfe, so ist die Prognose ungünstig. Bei der 
Operation ist daranf Werth zu legen, dass das Thier nach der¬ 
selben mehrere Stunden ruhig liegen bleibt und auch nach dem 
Aufstehen auf seinem Platze verbleiben kann. Der Kopf wird 
genau wie beim Percutiren so gehalten, dass die Nase auf den 
Boden fixirt ist. Der Operateur kniet vor dem Kopf. Es wird 
ein Schnitt 4 cm lang parallel der Medianebene und 1 cm davon 
entfernt geführt, der nicht zu hoch aufwärts begonnen werden 
darf. Dazu wird rechtwinklig ein 2% cm langer Querschnitt 
geführt und dann ein zweiter Längsschnitt. Der so abpräparirte 
Hautlappen wird nach hinten gehalten, das Periost sauber ent¬ 
fernt und eine Trepanationsöffnung von l 1 /, cm Durchmesser 
angelegt. Nun liegt oft die innere Stirnplatte mit der äusseren 
Platte zusammen oder ist auch manchmal resorbirt. Ist dies 
nicht der Fall, so kann man diese Platte mit dem Trepan- 


Digitized by UjOOQie 



BERLINER TH TER ÄRZ TLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


374 

ändern, wenn das jetzige Grundgehalt eine geringe Aufbesserung 
erfahren sollte. Demnach sind im Tagegeld der KreiBtkier- 
ärzte thatsächlich zwei ganz verschiedene Bestandteile 
versteckt, und damit sie erkennbar werden, wäre es richtig, 
entweder statt des Tagegeldes zwei verschiedene Gebühren zu 
zahlen oder vor allen den Namen Tagegeld ganz zu be¬ 
seitigen, damit der Irrthum verschwinde, als ob diese „Tage¬ 
gelder“ mit den Tagegeldern der übrigen Staatsbeamten innerlich 
verglichen werden könnten. 

Diese Erwägung müsste natürlich ganz entscheidend ins Ge¬ 
wicht fallen, wenn es sich einmal darum handeln sollte, Pausch- 
quanten und überhaupt neue Einheitssätze unter veränderten 
Verhältnissen festzustellen. 

Stellen wir einmal eine Rechnung aut, wieviel ein voll¬ 
besoldeter Beamter täglich ausser etwaigem Tagegeld erhält. 
Nehmen wir einen mittleren Beamten mit 4500 M. Gehalt und 
300 M. WohnungsgeldzuschuBS an. Das sind auf den 
Tag 13 M. Die Rechnung modißcirt sich jedoch etwas. 
Das Jahr hat 365 Tage, wovon rund 65 Feiertage. Ausserdem 
erhalten Beamte durchschnittlich 4 Wochen Urlaub. Es bleiben 
also überhaupt nur 270 Arbeitstage im Jahre übrig. Auf diese 
Arbeitstage muss das Gehalt vertheilt werden, denn auch der 
Kreisthierarzt bekommt nur dann etwas, wenn er beschäftigt ist. 

4800 

Da ergeben sich = 18 M. täglich. Reist ein mittlerer Be¬ 
amter, so erhält er ausserdem 9 M. Tagegelder, macht für einen 
Reisetag 27 M. excl. Reisekosten. 

Wieviel soll nun ein Kreisthierarzt an einem Arbeitstage 
erhalten ? 

Dass dem Kreisthierarzt die Möglichkeit bleiben muss, bei 
zuerkannter Pensionsberechtigung 4500 M. und den Betrag eines 
mässigen Wohnungsgeldes jährlich netto zu verdienen, nehme ich 
als feststehenden Satz an. (Ohne Pensionsberechtigung würde 
dieser Satz nach obiger Berechnung auf 6000 M. steigen.) 
Wollte man dies Einkommen für die Stellung des Kreisthierarztes 
noch zu hoch finden, so muss bedacht werden: erstens, dass dieses Ein¬ 
kommen ihm nicht fest gezahlt wird, wie anderenBeamten, son dem dass 
er nur sozusagen ein Tagesgehalt ausgezahlt erhält an jedem 
Tage, an dem er beschäftigt ist; zweitens, dass, wenn er im Dienst ist, 
dieser Dienst mit dem der Bureaubeamten, denen man ihn etwa 
gleichstellen möchte, nicht zu vergleichen ist, weder nach den 
körperlichen und sonstigen Anforderungen, noch in der Regel 
auch nach der Zahl der Arbeitsstunden. 

Also nehmen wir 4500 M. + 300 M. Wohnungsgeld = 4800 M. 
als berechtigtes Nettoeinkommen eines pensionsberechtigten 
Kreisthierarztes an, so muss er bei 270, ich möchte sagen etats- 
mässigen, Arbeitstagen täglich also 18 M. netto verdienen. Dazu 
kommen ein persönlicher Tagesaufwand bei Reisen von 5 M.,*) macht 
23 M.; endlich die tägliche Quote für Unterhaltung von Kutscher, 
Wagen und zwei Pferden (mit denen man oft kaum ausreicht); 
Diese Quote ist mit 7 M. täglich sicher nicht zu hoch ver¬ 
anschlagt. Da aber die Reisekosten nur eben für Reisetage 
gezahlt werden, Kutscher und Pferde aber tägliches Geld kosten, 
so muss dieser Aufwand auf die wirklichen Reisetage (die auch 
nicht 270 betragen werden) vertheilt werden. Dann erhöht sich 
der Satz für einen Reisetag auf 10—12 M. (Miethsfnhrwerk wäre 
noch thenerer). 


•) Von dem Tagegeld von 9 M. würden also 4 M. übrig bleiben, 
die mit in den Netto-Verdienst einzurechnen sind, obwohl bei anderen 
Beamten auch dieser Ueberschuss neben dem Gehalt (alias Netto¬ 
verdienst) herläuft. Da der Kreisthierarzt aber sehr viel reist, so 
stellt jener Ueberschuss eine laufende Einnahme dar, welche also in 
der Netto-Einnabme eine Rolle spielt. 


Eb muss also für einen Arbeitstag auf Reisen eine Brutto- 
Einnahme von 33—35 M. herauskommen, wenn ein pensionsbe¬ 
rechtigter Kreisthierarzt einen Beamten mit 1500 Thaler gleich 
gestellt sein soll. 

Ein nicht pensionsfähiger Thierarzt (bezw. Kreisthierarzt), 
der sich, im Gegensatz zu Beamten, eine die Pension vertretende 
Rente heraussparen muss und demnach noch 1500 M. mehr netto 
verdienen muss, würde eine Bruttoeinnahme von ca. 40 M. haben 
müssen. 

An den Tagen, wo der Kreisthierarzt staatlich nicht in An¬ 
spruch genommen ist, muss er zusehen, wie er sich durch Privat¬ 
praxis sein Tageseinkommeu verdient 

An dem Tage, wo ihn der Staat in Anspruch nimmt, 
muss ihm aber auch der Staat sein Tagesgehalt ge¬ 
währen. 

Rechnet man die sachlichen Unkosten durchschnittlich als durch 
die Reisekosten gedeckt, so wären noch 23 M. (einschliesslich 
des persönlichen Reiseaufwands) für einen vollen im Staats¬ 
interesse ausserhalb des Wohnortes verwendeten Tag zu zahlen. 
Am Wohnort selbst müssten 18 M. gezählt werden (wofür das 
Grundgehalt entsprechend anzurechnen wäre). 

Wenn die Kreisthierärzte gegenwärtig 6 M. Tagegelder er¬ 
halten, und selbst wenn sie 9 M. erhielten, so arbeiten sie that¬ 
sächlich, mit anderen Beamten verglichen, fast umsonst, denn sie 
bekommen bei Dienstreisen blos das, was andere Beamte ausser 
ihrem Gehalte erhalten und wovon gegenwärtig den Kreis¬ 
thierärzten nur eine Kleinigkeit übrig bleibt 

Wenn das bisher nicht hervorgehoben worden ist, wenn man 
stillschweigend acceptirt hat, dass die sogenannten Tagegelder 
der Kreisthierärzte mit den Tagegeldern besoldeter Beamten ver¬ 
glichen wurden, obwohl sie factisch eine ganz andere Bedeutung 
haben, wenn noch neulich die Kreisthierärzte um eine Erhöhung 
dieser „Tagegelder“ auf blos 9 Mk. erbeten haben, so batte das 
seinen Grund in Verhältnissen, welche eine radicale Umwandlung 
erfahren, sobald jene beiden an die Regierungen gerichteten Um¬ 
fragen im bejahenden Sinne beantwortet werden sollen. 

Früher, als noch wenig veterinärpolizeilich zu thun war, da 
war der Kreisthierarzt eben einfach Privatmann; ein Thierarzt, 
der ein für alle Mal mit staatlichen Aufträgen bedacht wurde, 
ebenso wie ein Localblatt ein für allemal die amtlichen Annoncen 
erhält. Das nicht hohe Entgelt war eine angenehme Nebenein¬ 
nahme. Pferd und Wagen hatte man doch nötig, der Privatpraxis 
wegen; die Privatpraxis war durch die amtliche Thätigkeit so gut 
wie gar nicht behindert. Was man an Tagegeldern und Reise¬ 
kosten einstrich, war baarer Nettoverdienst. 

Mit der Zeit hat sich das sehr verändert. Die amtlichen Ge¬ 
schäfte sind mehr und mehr Hauptsache geworden. Das Ver- 
hältniss wurde ein umgekehrtes. Man mu s ste Pferd und Wagen 
für die amtliche Thätigkeit halten und konnte die curative 
Privatpraxis nur noch nebenbei erledigen. Zu gewissen Zeiten 
musste man diese curative Privatpraxis ganz vernachlässigen. 
Dadurch wurde die Rechnung schon ganz anders. 

Jedoch abgesehen davon, dass mit der kreisthierärztlichen 
Function andererseits auch indirecte Vortheile für die curative 
Privatpraxis verbunden waren, bo wurde ein Ausgleich 
namentlich durch einen anderen Umstand herbeigeführt. 

Es entwickelte sich nämlich eine andere, ich möchte sagen, eine 
polizeithierärztliehe Privatpraxis. Während die enrative 
nothwendiger Weise ebenso einschrumpft, als die veterinärpolizei¬ 
liche Beschäftigung sich ausdel-nt, hatte diese neue Privatpraxis 
den Vortheil, in ganz demselben Masse zu steigen. Sie hatte ferner 
das Gute, dass sie in Kreisen, wo curativ nicht viel zu thun 
das war, sich gauz ebenso entwickelte. Sie verwandelte daher 


Digitized by LjOOQie 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


375 


11. August 1898. 

viele bisher ganz schlechte Stellen in leidliche und hat einige, wie 
schon oben erwähnt, ganz ungewöhnlich gute Stellen geschaffen. 

Diese „polizeiliche Privatpraxis“ besteht eben in jenen Ein¬ 
nahmen aus amtlichen Verrichtungen, welche die Unternehmer etc. 
(also jedenfalls nicht die Staatskasse) bisher zu tragen haben. 
Dieselben haben sich mehr und mehr zu Haupteinnahmen, an 
Stelle der früheren curativen Privatpraxis, entwickelt. Die Ein¬ 
nahmen aus der Staatskasse blieben nach wie vor Nebenein¬ 
nahmen. Jene Privateinnahmen allein haben es bewirkt, dass den 
Kreisthierärzten bisher noch nicht zum Bewusstsein gekommen ist, 
dass sie eigentlich aus der Staatskasse keine Bezahlung für ihre 
Dienstleistungen erhalten und dass die Tagegelder eine solche 
Bezahlung nicht sind.*) 

Wenn nun diese recht beträchtliche halbamtliche (oder wie 
man es nennen will) Privatpraxis verstaatlicht werden soll und 
damit staatliche Bezahlungsgrundsätze Platz greifen, so ist die 
entscheidende Voraussetzung ganz klar: Dann müssen eben 
auch die bisherigen Grundsätze der staatlichen Be¬ 
zahlung der Kreisthierärzte sich ändern. 

Wenn man auch diese Privatpraxis auf hebt und damit die 
bisherige Ausnahmestellung des Kreisthierarztes unter den Be¬ 
amten beseitigt, so muss man auch seine Ausnahmestellung in 
der Besoldung beseitigen, d. h. man muss ihm auch ein Gehalt 
zahlen und muss aufhören, die Tagegelder, die andere Beamte 
neben dem Gehalt beziehen, als genügende Bezahlung zu be¬ 
trachten. 

Wie man dieses Gehalt zahlt, ist dabei Nebenfrage, wenn nur 
überhaupt eins gezahlt wird. Man könnte dem Kreisthierarzt ein 
festes Jahresgehalt zahlen oder man kann ihm Tagesgehälter für 
die Tage, an denen er beschäftigt ist, also etwa eine Beschäftigungs¬ 
gebühr zahlen. Das Erstere wird nicht in der Absicht liegen. 
Das Letztere ist das bessere für beide Theile, für die Staatskasse, 
die nichts umsonst zu geben braucht, und für den Beamten, der 
das angenehme Bewusstsein hat, dass seine Einnahmen sich ganz 
nach seinen Leistungen richten. 

Diese Tagesgehälter oder Beschäftigungsgebühren müssten 
also neben den Tagegeldern in gewöhnlichem Sinne gezahlt 
werden. 

Es kann m. A. n. gar keine Rede davon sein, dass den 
Kreisthierärzten statt ihrer bisherigen Einnahmen aus jenen 
von den Unternehmern etc. zu bezahlen den Geschäften etwa blos die 
staatlichen Tagegelder geboten werden könnten, selbst wenn die¬ 
selben auf 9 oder 12 M. erhöht würden. 

Es müssen den Kreisthierärzten Gebühren gezahlt werden, 
welche nicht unter dem Namen „Tagegelder“ einbegriffen werden 
dürfen, damit nicht der unrichtige Vergleich dieser Tagegelder 
mit den Tagegeldern anderer (im Genüsse eines vollen Gehaltes 
befindlicher) Beamter für die Bemessung jener Gebühren mass¬ 
gebend bleibt. 

Diese Gebühren würden für den vollen Arbeitstag ca. 15 M. 
betragen, bei Reisen neben 9 M. Tagegeldern und den Reise¬ 
kosten, welche wohl künftig nach dem allgemeinen Gesetz über 
Reisekosten etc. berechnet werden dürften. 

Üb man bei kurzdauernden Geschäften die Gebühren nnr 
halb (jedoch bei vollem Tagegeld) auszahlen sollte und dergl., 
das sind Details, worauf es hier nicht ankommt. 

Ebenso mag dahingestellt bleiben, ob diejenigen veterinär¬ 
polizeilichen Geschäfte, welche bisher aus der Staatskasse bezahlt 

*) Bei der Verschiedenartigkeit der Stellen und der Beschäftigung 
trifft das natürlich nicht für alle Verhältnisse zu. Es giebt auch 
Stellen, wo die 6 M .Tagegelder täglich und in so kurzer Zeit bezw. 
ohne Aufwand verdient werden, dass sie eine Bezahlung darsfellen 
Dies ist aber die Ausnahme. 


wurden, gegen ermässigte Gebühren oder auch ferner gegen aller¬ 
dings erhöhte Tagegelder geleistet werden könnten. Hierbei könnte 
ja als Aequivalent die Möglichkeit betrachtet werden, dass der Kreis¬ 
thierarzt sich mit curativer Privatpraxis noch etwas verdient. 
Freilich darf diese Möglichkeit nicht hoch angeschlagen werden, 
denn die amtlichen Geschäfte wachsen immer mehr und würden 
rapide wachsen, wenn die besprochenen Umwandlungen sich voll¬ 
ziehen sollten. Und wenn der Kreisthierarzt noch Privatpraxis 
ausübt, so thut er es sicher unter einem Aufwand von Arbeit 
und Zeit, der den eines gewöhnlichen amtlichen Arbeitstages er¬ 
heblich übersteigt. 

Jedoch dies sind, wie gesagt, vorläufig Nebenfragen. Die 
Hauptsache lässt sich in dem Satz zusammenfassen: Die Ein¬ 
nahmen der Kreisthierärzte aus den bisher nicht aus 
der Staatskasse bezahlten dienstlichen Verrichtungen 
dürfen nicht durch einfache, wenn auch erhöhte Tage¬ 
gelder abgelöst werden. Es müssen vielmehr neben 
den Tagege Idem Gebühren für die amtlichen Geschäfte, 
auch am Wohnorte, gezahlt werden, deren ungefähre 
Höhe nach den obigen Ausführungen zu veranschlagen wäre. 

Ein zweites kommt noch hinzu. Wenn durch jene Um¬ 
wandlung die Krei8tkierärzte noch mehr als bisher den übrigen 
Beamten gleich werden und wenn sie dabei unstreitig gewisser 
Vortheile verlustig gehen, so wird der Anlass auch noch 
dringender als bisher, ihnen auch den Hauptvorzug der Beamten¬ 
stellung, die Pension und Relicten-Versorgung, zuzuwenden, 
über deren Bemessung hier nicht von Neuem gesprochen zu 
werden braucht. Dies wäre die zweite Voraussetzung, deren Er¬ 
füllung auch wohl sicher beabsichtigt ist. 

Wenn aber diese beiden Voraussetzungen einträfen, so 
würde ich nicht sehen, welche stichhaltigen Gründe man gegen 
das Princip einwenden könnte, dass der beamtete Thierarzt für 
amtliche Verrichtungen auch ausschliesslich auf amtlichem Wege 
seine Bezahlung erhält.’ 11 ) 

Man muss diese Massregel nicht einseitig vom peenniären 
Interessenstandpunkt, sondern man muss sie auch vom Stand¬ 
punkt der Organisation des Beamtenthums aus betrachten. Der 
Geschäftsmann und Gewerbetreibende stellt sich mit Recht bloss 
auf den ersteren Standpunkt. Für den Beamten ist der zweite 
sogar der wesentlichere. Die Kreisthierärzte wünschen selbst 
möglichste Annäherung an die übrigen Beamten. Also müssen 
Bie auch hier die Consequenz ziehen. 

Vom ersteren Standpunkt aus ist eine gewisse Besorgniss 
ja gerechtfertigt. Eine Verringerung der Einnahmen ist trotz 
der oben befürworteten Voraussetzungen wahrscheinlich. 

Aber einmal würde diese Verringerung zu einem guten Theil 
aufgewogen durch die Vortheile der Pensionsberechtigung. 

In Anbetracht dieses Vortheils erscheint es zweitens 
fraglich, ob die Gesammtheit oder nur die Mehrzahl sehr 
erheblichen pekuniären Nachtheil (immer unter den beiden 
obigen Voraussetzungen) haben würde. Jene Einnahmen sind 
sehr verschieden und nur, wo sie jetzt sehr hoch sind, würden 

*) Es ist nicht unsere Sache, zu untersuchen, ob die Staatskasse 
jene recht erheblichen Kosten übernehmen oder sich ihrerseits durch 
Abgaben der Interessenten schadlos halten sollte. Man sollte 
aber meinen, dass für die Staatskasse um so weniger Grund be¬ 
steht, sich hierbei zu belasten, als dadurch Bpeciell den Landwirthen 
eine Erleichterung nicht oder wenigstens nicht zunächst gewährt 
würde. Denn diese Gebühren betreffen im Wesentlichen den Vieh- 
bandel, der dieselben doch wohl nur theilweise auf die Landwirthe 
abzuladen vermag. Es ist überdies auch ein Mittel, die Händler etc. 
zur Sorgfalt zu veranlassen, wenn ihnen event. dirccte Kosten er¬ 
wachsen Für die Kreisthierärzte wäre cs natürlich, wie leicht er¬ 
sichtlich, ein Vortheil, wenn die Staatskasse die Kosten in irgend 
einer Form von deu Interessenten einzöge. 


Digitized by LjOOQie 


No. 32. 


sie dann allerdings sehr erheblich zusammenschrumpfen. Das tnngen ein Panschquantum zu zahlen“, so wäre diese Frage¬ 
sind aber doch nur wenige besonders bevorzugte Stellen. Wenn m. E. n. mit einem runden „Nein“ zu beantworten, 

es zutrifft, dass es einige Kreisthierarztstellen giebt, welche gnte Es «t hier schon öfters betont worden, dass bei der in ihrem 

Viehuntersuchungsstationen umfassen und bei dem heutigen Mass so ausserordentlich schwankenden thierärztlichen Thätigkeit 
System daraus Nettoeinnahmen von 10000 M. abwerfen, so muss das einzig gerechte Prinzip in der Bezahlung der Einzelleistung 
man nicht nur billiger Weise zugeben, dass diese Einnahmen zu suchen ist. An dieser Ansicht kann die jetzt gestellte Frage 

eben verhältnissmässig zu hoch sind, sondern man muss auch nichts ändern. 

fragen: Welches Interesse hat denn die Gesammtheit der Kreis- Bei Zahlung eines Pauschquantums schlichtweg hat immerein 

thierärzte an dem Fortbestand einzelner solcher Stellen? Wenn Theil Nachtheil und demnach Verdruss. Die Verwandlung der kreis- 
die Gesammtheit der (mit durchschnittlich sehr viel geringeren thierärztlichen Einnahmen in eine Pauschsumme ist mit der Zu- 
Einnahmen versehenen) Kreisthierärzte von einer Veränderung Weisung eines Pauschquantums für Reisen an die Obersteuer¬ 
einen Vortheil hat, so könnte die Einbusse der augenblicklichen controleure z. B. ja auch gar nicht zu vergleichen. Denn für 

Inhaber einzelner Ausnahmestellen demgegenüber gar nicht ins Letztere ist ob blos Dienstaufwandsentschädigung neben ihrem 
Gewicht fallen. festen Gehalt. Für die Kreisthierärzte wäre es zugleich mindestens 

Und einen Vortheil hat die Gesammtheit, wenn man die der Haupttheil ihres Gehalts. Dies ist bei den Tagegeldern 

Frage von dem Standpunkt des Beamten betrachtet. schon besprochen. 

Denn dass mit der Bezahlung eines Beamten durch Privat- Wenn man aber die ganze an Stelle des Gehalts stehende 

personen Unzuträglichkeiten verbunden sind, ist kaum abzu- Einnahme des Kreisthierarztes in eine Pauschsumme verwandeln 

weisen; da9 giebt auch Hinrichsen zu. un d Z nglei C h davon die Pensionsberechtigung ertheilen - 

Man muss füglich anerkennen, dass dieser Zustand in der wollte, so wäre es ja einfacher, das Pauschquantum einfach Gehalt 

Organisation des BeamtenBtandes etwaB Ausnahmsweises ist und ZQ nennen, auB dem Kreisthierarzt also einen vollbesoldeten 

nicht recht hineinpasst. Die Gerichtsvollzieher befinden sich in Beamten zu machen, ihm eine Dienstaufwandsentschädigung zu 
ähnlicher Lage ; mit ihnen werden sich aber die Kreisthierärzte geben und der verschiedenen Arbeitslast der Stellen durch Stellen- 
nicht vergleichen wollen. Zulagen Rechnung zu tragen. 

Der Ausweg, dass der Landrath die Liquitation einkassiren Dann käme es also auf etwas ganz Anderes heraus, als was 

lässt, vermeidet nur das äusserlich Peinliche der directen In- von Seiten der Thierärzte und wahrscheinlich auch von Seiten 

empfangnabme von dem übellaunigen Privatmann. An dessen der Verwaltung gemeint wird. 

Gefühlen ändert sich nichts, von wem ihm auch die Rechnung Das Pauschquantum würde voraussichtlich keine Befriedigung 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


für die jedesmalige Anwesenheit des Kreisthierarztes präsentirt 
wird. Auch kann man vom Staat nicht wohl verlangen, dass er 
Privalgelder einkässirt. Das wäre wohl ebenfalls ein Unicum. Ent¬ 
weder es sind Privateinnahmen, und dann braucht die Behörde 
nicht ihre Autorität zu ihrer Beitreibung herzuleihen; oder es 
sind Staatsgelder, dann zahlt eben die Staatskasse die Gebühren 
nach ihren Grundsätzen, d. h. dann tritt der Zustand ein, dessen 
Für und Wider hier besprochen wird.*) 

Für das persönliche Ansehn und die Beamtenstellung des 
Kreisthierarztes kann es nur ein Vortheil sein, wenn er jeden¬ 
falls nicht, was auch Hinrichsen besonders betont, Einnahmen für 
amtliche Verrichtungen von einzelnen Personen zu beziehen 
braucht, die dann seine Leistung gegen ihre Zahlung abfällig ab¬ 
zuschätzen sich erlauben. Gegen Bezüge aus Communalkassen 
ist ja in dieser Beziehung nichts einzuwenden. 

Hiernach muss zugegeben werden, dass die Veterinärver¬ 
waltung ein Interesse daran hat, den jetzigen Zustand in 
gewissem Masse zu ändern. Es will auch scheinen, dass diese 
Aenderung unter den oben besprochenen beiden Voraussetzungen 
den Kreisthierärzten im Allgemeinen (von einzelnen abgesehen) 
keinen effectiven Nachtheil bringen, dass vielmehr eine eventuelle 
Einbusse durch die Pensionsberechtigung und andere Vortheile 
reichlich aufgewogen werden würde. 

Die zweite Frage, welche aufgeworfen worden ist 
und mit dem bisher besprochenen Gegenstand nur indirect 
zu8amitfenhängt, betrifft die ganze oder theilweise Ersetzung der 
Einzelliquidationen durch ein Pauschquantum. 

Wenn diese Frage so gestellt werden sollte: „Ist es an¬ 
gezeigt, den Kreisthierärzten für ihre Gesammtdienstverrich- 

*) Will ein Händler uaw. die Untersuchung in seinem Interesse 
an besonderem Ort und zu besonderer Stunde, so wird er dies nach 
wie vor gegen besondere Bezahlung erlangen können. Einem 
solchen Verlangen des Interessenten nachzugeben, wird dem Kreis¬ 
thierarzt jedenfalls gestattet werden können. 


erwecken. Denn entweder die betreffenden Sätze werden hoch¬ 
gegriffen, dann hat der Staat sicher eine höhere Ausgabe als 
jetzt. Oder sie werden unter dem Durchschnitt der bisherigen Ein¬ 
nahmen bemessen, dann würden die Kreisthierärzte nicht zufrieden 
sein können. Wenn das Pauschquantum für jede Stelle besonders 
und in kurzen Zwischenräumen neu festgesetzt werden sollte, so 
wäre dies Verfahren ebenso complicirt, wie das bisherige System, 
und doch nie so gerecht im Einzelnen. 

Wenn also das Generalpauschquantum inFrage steht, so 
giebt es nur zweierlei: 

Entweder es soll nicht Ersparnisse bewirken, sondern blos 
das Liquidationswesen verbessern. Dann bietet es keine nennens- 
werthen Vortheile, wohl aber sicher den Nachtheil, dass Leistung 
und Gegenleistung nicht mehr in so genauem Verhältnis berechnet 
werden. Dann wäre die einfache feste Besoldung vorzuziehen. 

Oder das Pauschquantum soll die Aufwendungen des Staates, 
also die Einnahmen der Kreisthierärzte vermindern. Dann muss 
eingewendet werden, dass eine solche Verminderung für die Kreis¬ 
thierärzte schon durch die Verstaatlichung der „amtlichen Privat¬ 
einnahmen“ bewirkt wird. 

Eine von beiden Einbussen kann durch die Pensions¬ 
berechtigung ausgeglichen werden, beide zugleich nicht. 
Die Wirkung des Pauschquantums in diesem Sinne würde also 
den Kreisthierärzten statt der erhofften Verbesserung eine unaus¬ 
geglichene Beeinträchtigung ihrer Lage bringen. 

Indessen ein solches Pauschquantum für alle Geschäfte ohne 
Unterschied kommt vielleicht gar nicht in Frage, ist jedenfalls 
nicht allein in Betracht zu ziehen. 

Es kann vielmehr sehr wohl für gewisse Geschäfte 
die Einzelliquidation beibehalten, für andere aber das 
Pauschquantum eingeführt werden. 

Es ist klar, welche Geschäfte sich zur Zahlung eines Pausch¬ 
quantums eignen. Es sind einerseits diejenigen, deren Umfang 
I sich annähernd vorausbestimmen lässt bezw. die von vornherein 


Digitized by LaOOQie 




11. August 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


377 


feststeheD. Andrerseits sind es solche, bei denen es nicht auf 
eilige Erledigung ankommt. 

Für Marktrevisionen sind seit lange Pauschquanten verein¬ 
bart; die Zahl and Zeit dieser Revisionen steht fest. Grosse 
Städte zahlen für die Beaufsichtigung ihrer Viehhöfe längst ein 
Pauschquantum. Warum sollte nicht ebenso ein Pauschquantum 
gezahlt werden dafür, dass der Kreisthierarzt an bestimmten 
Tagen zu bestimmten Stunden auf einer Eisenbahnstation an¬ 
wesend ist und das hier einkommende Vieh untersucht. Auch 
das — und so noch manches Andere — ist ein nach Häufigkeit 
und Zeit genau voranszubestimmendes Geschäft. 

Sehr gut angängig wäre es ferner, ein Pauschquantum zu 
gewähren für sämmtliche Revisionen von Schlachthäusern, Ställen, 
Ladeplätzen etc., die so und so viele Male im Jahre besucht 
werden müssen, ohne dass es dabei auf den Tag des Besuches 
ankommt, wobei sich also der Kreisthierarzt eine ihm passende 
Gelegenheit aussuchen kann. 

Die Beispiele Hessen sich wohl noch vermehren. Man 
sieht aber schon, dass vorzugsweise solche Verrichtungen 
die Vorbedingungen für das Pauschquantum in sich tragen, 
deren Kosten bisher dem Unternehmer zur Last fallen. 
Wenn diese Vorrichtungen seiner Zeit bei der Staats¬ 
kasse liquidirt werden sollten, so würde die Umwandlung dieser 
Liquidationen in Pauschquanten gerechtfertigt sein, vorausgesetzt, 
dass der Abmessung der Summen jene ungefähre Höhe von Tages- 
geschäftsgebtthr zu Grunde gelegt wird, welche oben berechnet 
worden ist. 

Dagegen kann man nur, aus voUster Ueberzeugung und 
keineswegs blos des pekuniären Interesses wegen, dagegen sprechen, 
dass ein Pauschquantum festgesetzt werde für jene Geschäfte, 
welche den Kern der alten Veterinärpolizei bildeten, die man 
etwa unter dem Namen „SeuchenfeststeUung und -Tilgung in 
landwirtschaftlichen Gehöften“ oder „Thätigkeit bei Seuchen¬ 
ausbrüchen“ zusammenfassen könnte und die so ungefähr die 
Hauptsumme dessen ausmachen, was jetzt der Staat bezahlt. 

Auch bei reichlicher Bemessung (die doch wohl sehr fraglich 
wäre) wäre hier das Pauschquantum ungeeignet. Denn diese 
Leistungen lassen sich ihrem Umfange nach nicht aunähernd vorher 
bestimmen und erfordern eiligste Erledigung in jedem Falle, stehen 
also in beiden Punkten im Gegensatz zu den obeugenannten Vor¬ 
bedingungen für ein Pauschquantum. Das Pauschquantum kann 
hier nie dem augenblicklichen Umfang der Leistung Rechnung 
tragen und doch wäre dies gerade hier richtig und wichtig. 
Denn die Einzelbezahlung erhöht das Interesse an der einzelnen 
Verrichtung, spornt zur prompten Erledigung an und lässt vor 
Allem Missmath bei der Häufung solcher Verrichtungen nicht 
aufkommen. Wenn aber die Vergütung feststeht, so würde nicht 
aUein die Pünktüchkeit leiden (denn man würde einzelne 
Reisen zu verschieben suchen) sondern man würde auch von 
Missmuth ergriffen werden, wenn sich die Arbeit plötzlich über¬ 
mässig häuft. Dieses ganz natürliche Gefühl würde unbeschadet 
voller Pflichtreue Platz greifen und würde trotz letzterer jenen 
wichtigsten Theil des Dienstes beeinträchtigen. 

Zusammenfassang. 

a) Es ist vom Beamtenstandpunkt aus gerechtfertigt, wenn 
die Bezahlung beamteter Thierärzte für amtliche Verrichtungen 
durch Privatpersonen aufhört. 

b) Die Ablösung dieser Einnahmen durch blosse Tagegelder 
wäre aber unbillig, weil diese Tagegelder, die andere Beamten 
neben ihrem Gehalt erhalten, eine Bezahlung nicht darstellen. 
Es wäre vielmehr eine Geschäftsgebühr von etwa 15 M. auf den 
Arbeitstag, neben dem Tagegeld von 9 M. bei Reisen, angemessen. 

e) Gewisse Dienstgeschäfte, welche nach Häufigkeit und 


Zeit voraus bestimmbar sind, bezw. sich zur gelegentlichen Er¬ 
ledigung eignen, können durch ein Pauschquantum bezahlt werden. 

d) Bei den durch Seuchen-Ausbrüche bedingten Geschäften 
ist es dringend wünschenswert!^ die Einzelbezahlung der Einzel¬ 
leistung beizubehalten. 

e) Die Verleihung der Pensionsberechtigung wäre geeignet, 
die nach a und b zu erwartende pecuniäre Einbusse au 8 zu- 
gleichen. Eine materielle Verbesserung würde demnach 
in einer Erhöhung des Grundgehalts und der gegenwärtigen 
Tagegelder zu suchen sein. Die Verleihung der Pensions¬ 
berechtigung und die unter a genannte Massregel lassen aber 
andrerseits auch einen ideellen Vortheil hinsichtlich der Beamten¬ 
stellung der Kreisthierärzte erwarten. 


Referate. 

Die Trepanation der Schädelhöhle beim Bind. 

Von Bez.-Thierarzt Merkt. 

(W. t Thlerhlkd. n. Vieht.) 

M. weist darauf hin, dass die Trepanationen bei der Dreh¬ 
krankheit zu selten ausgeführt werden und dass er bei der 
Hälfte der operirten Thiere seit 30 Jahren einen guten Erfolg 
hat. Sehr gut genährte Thiere, die als Schlachtthiere voU Ver- 
werthung finden können, operirt er aUerdings auch nicht. Man 
versuche die Operation nur bei mageren und übrigens Nutzen 
in Aussicht steUenden Thieren, die noch keine schweren Kopf¬ 
schmerzen zeigen. Ferner nur bei solchen, die beim Freiumher- 
laufen stets im kleinen Kreise nach derselben Seite, niemals 
nach der entgegengesetzten Seite drehen oder mit hoch ge¬ 
hobenem Kopf geradeaus tappen, endlich nur bei solchen 
Thieren, bei denen der Sitz der Blase feBtgestellt werden kann 
und dieser Sitz durch die Richtung des Drehens eine Bestätigung 
erführt. Dann wird man keine Misserfolge haben. Ist die 
Operation erst im Publikum mehr eingeführt, so kann man 
schliesslich auch Thiere trepaniren, bei denen der Sitz der 
Blase nicht zu finden ist, oder die plötzUch hochgradige Störungen 
zeigen. Zur Feststellung des Blasensitzes wird an dem ent¬ 
sprechend gehaltenen Thiere mit einem Hammer die Stirnwand 
abgeklopft, jedesmal zwei leise Schläge von der Medianlinie aus¬ 
gehend, und ebenso genau an der entgegengesetzen Seite. Wenn 
der Hammer dumpfer auffällt und man dabei das Gefühl be¬ 
kommt, als ob an der betr. Stelle ein Tuch aufläge, so ist da¬ 
durch der Sitz der Blase angezeigt. Diese Stelle wird durcli 
Haarscheeren vermerkt. Nun lässt man das Thier frei laufen, 
wobei es von hinten her zum Geradeausgehen angetrieben wird. 
Wenn es sich dann dreht und die Drehung nach der Seite 
erfolgt, wo die Blase sitzt, so ist da » it die vorherige Unter¬ 
suchung bestätigt. Weichheit des Schädelknochens beim Druck 
hat M. nie gefunden, Auftreibung nur 2 oder 3 Mal. Entstehen beim 
Percutiren Krämpfe, so ist die Prognose ungünstig. Bei der 
Operation ist darauf Werth zu legen, dass das Thier nach der¬ 
selben mehrere Stunden ruhig liegen bleibt und auch nach dem 
Aufstehen auf seinem Platze verbleiben kann. Der Kopf wird 
genau wie beim Percutiren so gehalten, dass die Nase auf den 
Boden fixirt ist. Der Operateur kniet vor dem Kopf. Es wird 
ein Schnitt 4 cm lang parallel der Medianebene und 1 cm davon 
entfernt geführt, der nicht zu hoch aufwärts begonnen werden 
darf. Dazu wird rechtwiokUg ein 2% cm langer Querschnitt 
geführt und dann ein zweiter Längsschnitt. Der so abpräparirte 
Hautlappen wird nach hinten gehalten, das Periost sauber ent¬ 
fernt und eine Trepanationsöffnung von l 1 /* cm Durchmesser 
angelegt. Nun Hegt oft die innere Stirnplatte mit der äusseren 
Platte zusammen oder iBt auch manchmal resorbirt. Ist dies 
nicht der Fall, so kann man diese Platte mit dem Trepan- 


Digitized by AjOOQle 




378 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


schwer erreichen und M. hat stets mit leichtem Meissei oder 
noch besser mit der Knochenschraube und einer starken Korn¬ 
zange dieselbe entfernt. (Es ist überhaupt zu empfehlen, sobald 
das trepanirte Knochenstück sich locker zeigt, die Knochen¬ 
schraube auznsetzen.) Alle kleinen dünnen Knochenreste müssen 
mit der Kornzange sauber entfernt werden. Es darf auch nicht 
eher trepanirt werden, als bis die Hautblutung aufgehört hat. 
Ist die Durchbohrung hergestellt, so drängt sich das Gehirn 
gegen die Knochenöffnung und durch einen Kreuzschnitt in die 
harte Hirnhaut tritt die gefüllte Blase hervor. 

Nun muss der Kopf so gelegt werden, dass die betr. Hirn¬ 
seite tief liegt, was den Austritt der Blase begünstigt. Platzt 
sie, so wird sie mit der Pincette ergriffen und vorsichtig und 
langsam herausgezogen, die Flüssigkeit durch eine eingeführte 
Hohlsonde abgeleitet. Dann wird alles sauber gereinigt und der 
Hautlappen wieder aufgelegt. Die Wunde heilt stets durch Ver¬ 
klebung. Die Behandlung erstreckt sich nur auf Sorge für 
völlige Ruhe. Der Raum wird geschlossen. Alle Personen ent¬ 
fernen sich bis auf zwei. 

Eb folgt ein förmlicher Betäubungszustand und das Thier 
wird erst entfesselt, wenn es aufstehen will und namentlich 
den Kopf frisch trägt. Oft ruhen die Thiere 12 Stunden lang 
und das ist viel besser, als wenn sie gleich aufspringen wollen. 
Es wird dann im Stalle so angebunden, dass es verkehrt steht, 
zwischen zwei Stangen, an die es durch Stricke befestigt ist, 
welche von einem um den Hals gelegten Sack ausgehen. Es 
kann sich dann am Kopfe, wenn es nach vorwärts schiebt, nicht 
beschädigen. In den ersten Tagen werden ihm ausserdem die 
Augen zugebunden. 

Ungünstige Umstände bei der Operation sind folgende: 
Wenn die innere Stirnbeinplatte thatsächlich vorhanden und von 
der äusseren ziemlich weit entfernt ist, so ist die Operation schon 
viel schwieriger. Wenn die Blase nicht ganz oberflächlich im 
Gehirn liegt, sondirt M. vorsichtig mit einem Messingdraht. Das 
Aufflnden tiefer Blasen unter Schonung des Gehirns ist eine 
Hauptkunst; denn schon geringe Blutungen sind in der Regel 
tödtlich. Ist die Blase klein, so sind sicher mehrere vorhanden, 
und dann ist die Prognose bedenklich; ebenso, wenn die Wurm¬ 
blase am Grunde ein etwas gelbliches Aussehen hat. Wenn die 
Percussion kein sicheres Resultat ergeben hat, so bleibt die 
Blase oft unerreichbar. Nur einmal kam es vor, dass die Blase 
auf der entgegengesetzten Seite lag, nach welcher das Thier 
drehte. In keinem Fall ergab sich noch nach dem siebenten Tage 
eine Nothwendigkeit zur Schlachtung. Meist waren es Thiere von 
115 bis 5 Jahren, welche trepanirt wurden; nur in einem Falle 
eine 8jährige Kuh, bei der selbstverständlich die Percussion 
keinen Anhalt gewähren konnte. Manchmal zeigen die Thiere 
nach 2—3 Tagen plötzlich Convulsionen oder Überhaupt be¬ 
unruhigende Symptome. Ist in einem solchen Falle der stets 
concave Hautlappen gewölbt, dann hat sich meistens Serum 
darunter angesammelt und kann mit der Hohlsonde entfernt 
werden. 

Im Anschluss an die Ausführungen Merkt’s macht Imminger 
darauf aufmerksam, duss beim Simmenthaler Vieh der Sitz der 
Blase ein ungünstiger ist, was von anderer Seite als nicht all¬ 
gemein giltig hingestellt wurde. Districtsthierarzt Lehn er theilt 
mit, dass er nach den Merkt’schen Angaben operirt und den 
besten Erfolg erzielt habe. Es handelte sich um einen Bullen. 
Nach Durchschneidung der Dura mater trat die Blase nicht sofort 
hervor. Dies geschah aber, nachdem der Kopf des Thieres stark 
gebeugt wurde und der Bulle pustete. Bei Herausnahme der 
Blase wurde er bewusstlos. Erst nach 28 Stunden hob er den 


Kopf, schlief dann wieder ein und versuchte, nach einer Stunde 
aufzustehen. Die Wunde heilte per primam. 

lieber die therapeutischen nndtoxicologischen Wirkungen 
des Chinosols. 

Von F. Hobday F. R. C. V. S., Prof, der Pkarmacologie am 
Royal Veterinary College, London. 

(Jonrn. of Comp. P«th and Therap. 1898, Vol. XI, Thl 1.) 

Der Verf. hat das Chinosol äusserlich und suboutan bei einer 
grösseren Anzahl von Hunden und Katzen versucht und folgende 
Ergebnisse gewonnen: 

1. Chinosol hat, in bestimmten Verhältnissen angewendet, eine 
gute antiseptische, desinficirende und desodorirende Wirkung. 

2. Die Wirkung des Präparates ist stärker in Lösung als in 
Pulverform. 

3. Das Pulver ist auf frischen Wunden nicht geeignet, vor¬ 
ausgesetzt, dass es nicht auf irgend eine Weise verdünnt wird. 

4. Bei der Desinfection von Instrumenten müssen concentrirte 
Lösungen vermieden werden. 

5. Das Mittel besitzt toxische Eigenschaften. 

6. Subcutaner Gebrauch in zu concentrirter Form verursacht 
locale Entzündung und Schwellung. Die zu subcutanen In- 
jectionen für die Behandlung von Menschen empfohlenen Lösungen 
von 1:600 bis 1:200 sollten auch in der Thierheilkunde nicht 
überschritten werden. 

7. Die Katze ist gegen das Präparat empfindlicher als der 
Hund, und es düifen bei Katzen zur Vermeidung von Vergiftungen 
nur die niedrigsten Dosen in Anwendung kommen. 

8. Von der unverletzten Haut wird Chinosol langsam ab- 
sorbirt, und es können mehrere Tage hindurch sogar ziemlich 
concentrirte Lösungen auf die Haut desselben TbiereB applicirt 
werden, ohne dass Entzündung und Schorfbildung eintreten. 

9. Die hauptsächlichsten Symptome der Vergiftung sind: 
Niesen und Husten, vermehrte Absonderung eines zähen Speichels, 
subnormale Temperatur, schwankender Gang, beginnende Läh¬ 
mung der Hinterhand, starker Kräfteverfall und schliesslich Tod 
durch Herzlähmung. 

10. Bei der Obduction tritt der charakteristische Geruch nach 
Chinosol an einzelnen Organen hervor; ausserdem ist auch noch 
das Vorhandensein von schaumigem Speichel im Pharynx, Oeso¬ 
phagus oder Magen ein Kennzeichen der Chinosolvergiftung. 

Ueber die Ansscheidnog von Mikroorganismen durch 
die thätige Milchdrüse. 

Von Dr. Basch und Dr. Wekminsky. 

(Ber). Klln. Wochen »ehr. 45/97.) 

Die gegenwärtig herrschende Anschauung über die Aus¬ 
scheidung von Infectionserregern mit der Milch geht im 
Allgemeinen dahin, dass alle Keime, die im Blute kreisen, durch 
die thätige Milchdrüse abgesondert werden können. Bagenau 
fand i. J. 1895, dass durch die Milchdrüse nur bei schwerer und 
lange dauernder Etkrankung wahrscheinlich infolge Degeneration 
der Gefässwände Mikroorganismen ausgeschieden werden können. 
Verff. stellten Versuche über diese Frage an, zunächst mit nicht 
pathogenen Mikroorganismen, dann auch mit pathogenen 
(Bacillus antbracis). In allen Fällen blieb die Milch steril. 
Eine andere Stellung nimmt dagegen der Bac, pyocyaneus 
ein. Verff. injicirten '/»—2 Oesen einer 1—3 tägigen Pyocyaneus“ 
cultur fünf Bangenden Meerschweinchen intravenös. In allen 
Fällen konnten sie den Pyocyaneus nach 5—8 Stunden in der 
Milch nachwemen. Sie glauben dieses dem Anthrax entgegen¬ 
gesetzte Verhalten auf die Haemorrhagien beziehen zu dürfen, 
die in verschieden starkem Grade regelmässig eintraten; durch 
sie werden nicht nur die Keime aus den Gefässen in die Gewebe 


Digitized by LjOOQie 



Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift, 


Mitteilungen fftr Veterinärbeamte. 

Dieselben erseheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthierärzte 

in zwanglosen Nummern. 

VI. Serie. 11. August 1898. M 9. 


Regierungsbezirk Cöln. 

Polizei-Verordnung betreffend die Untersuchung des 
Schweinefleisches auf Trichinen und Finnen. 

Auf Grund der. §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes Uber die Polizei- 
vcrwaltung vom 11. März 1850 (G.-S. S. 205) und in Gemässheit des 
§ 137 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom 
30. Juli 1883 (G.-S. S 195) wird unter Zustimmung des Bezirksaus¬ 
schusses für den Umfang des Regierungsbezirks Cöln folgende 
Polizeiverordnung erlassen. 

§ 1. Ein Jeder, der ein Schwein schlachtet oder schlachten lässt, 
ist verpflichtet, dasselbe nach Herausnahme der Eingeweide, jedoch 
vor der Zerlegung in mehr als zwei Tlieile durch den hierzu amtlich 
bestellten Beschauer auf Trichinen oder Finnen untersuchen zu lassen. 

Die Brusteingeweide nebst Zwerchfell und Leber sind im Zu¬ 
sammenhang herauszunehmen und bis zur beendigten Untersuchung 
thunlichst in unmittelbarer Nähe des Schweines aufzubewahren. 

Vor stattgehabter Untersuchung und abgegebener Erklärung 
des amtlichen Beschauers, dass das Schwein trichinen- und tinnenfrei 
befunden sowie vor ausgeführter Bezeichnung des Schweines mittels 
des Stempels darf das Fleisch zum Genuss für Menschen weder ver¬ 
kauft, zubereitet oder verarbeitet, noch an Andere überlassen werden. 

§ 2. Kaufleute und Händler, welche Schweinefleisch oder daraus 
bereitete Fleischwaaren zum Verkauf führen, desgleichen alle Fleisch- 
waarenfabrikanten dürfen eingeführte Fleischwaaren weder auslegen 
noch feilhalten, noch verkaufen, bevor letztere durch einen von einer 
deutschen Polizeibehörde vorschriftsmässig bestellten, für den Unter¬ 
suchungsort zuständigen Trichinenhauer untersucht und trichinen- 
und fiimenfrei befunden worden sind. 

§ 3. Jeder, der gewerbsmässig Fleischwaaren oder Schweine¬ 
fleisch feilbietet, verkauft oder sonst an andere überlässt, hat ein 
vorschriftsmässig eingerichtetes Fleischw.mienbuch zu führen. Das 
letztere hat den Vermerk, oder bei eingeführten S< hweinefleisch- 
waaren den Belag (Zeugniss des Trichinenschauers) über die ge¬ 
schehene amtliche Untersuchung zu enthalten. Das Fleischwaaren- 
buch und die hierzu gehörigen Beläge sind ein Jahr lang, von der 
letzten Eintragung ab gerechnet, aufzubewahren und der Polizei¬ 
behörde auf Verlangen vorzulegen. 

Von den Bestimmungen dieses Paragraphen sind die Metzger 
der Orte mit öffentlichen Schlachthäusern dann ausgenommen, wenn 
dieselben ausschliesslich Schweinefleichwaaren führen, die von 
Thieren herrühren, die in dem betreffenden Schlachthause geschlachtet 
sind. 

§ 4. Wird durch den angestellten Trichinenschauer in Schweine¬ 
fleisch oder den daraus bereiteten Fleischwaaren das Vorhandensein 
von Trichinen oder Finnen festgestellt, so hat sowohl der Sachver¬ 
ständige als auch der Besitzer des Schweines oder der Fleischwaaren 
der Ortspolizeibehörde ohne Verzug hiervon Anzeige zu machen. Der 
Besitzer hat zunächst für sichere Aufbewahrung des betreffenden 
Schweines oder der Fleischwaaren Sorge zu tragen und die weitere 
Anordnung der Polizeibehörde abzuwarten. 

§ 5. Sowohl rohes wie verarbeitetes Schweinefleisch, das 
trichinen- und finnenhaltig befunden wird, ist nebst den zugehörigen 
ausgeweideten Theilen nach den von der Ortspolizei zu treffenden 
Anordnungen und unter deren Aufsicht unschädlich zu machen. 
Ebenso sind diejenigen Fleischwaaren, bezüglich deren der Nach¬ 
weis, dass dieselben trichinen- und finnenfrei sind, mit der erforder¬ 
lichen Sicherheit nachträglich nicht mehr erbracht werden kann, un¬ 
schädlich zu machen. 

§ 6. Für die Ausführungen dieser Polizeiverordnung wird der 
Regierungs-Präsident eine besondere Anweisung erlassen. 

§ 7. Die in den vorstehenden §§ 1 bis 5 einschliesslich ent¬ 
haltenen Vorschriften finden auf erlegte Wildschweine und deren 
Theile sinngemässe Anwendung. 

§ 8. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Ver¬ 
ordnung werden, soweit nicht nach Massgabe des Strafgesetzbuches 
eine höhere Sirafe eintritt, mit einer Geldbusse bis zu 60 Mark für 
jeden Uebertretungsfall oder mit verhältnissmässiger Haft geahndet. 

§ 9. Die Polizei-Verordnung tritt am 1. Juli 1898 in Kraft. D : e 
Polizeiverordnung vom 7. Oktober 1878 (Amtsblatt S. Ic5) und die 
hierzu erlassene Ergänzungs-Verordnung vom 14. Juni 1892 (Amts 
blatt S. 286) werden mit dem gleichen Tage aufgehoben. 

Cöln, den 12. Mai 1898. Der Regierungs-Präsident 

Freiherr von Richthofen. 

Ausführungs-Anweisung. 

Unter Bezugnahme auf § 6 der vorstehenden Polizei-Verordnung 
erlasse ich hiermit nachfolgende Anweisung zur Ausführung der 
Polizei-Verordnung vom 12. April 1898 betreffend die zwangsweise 


uneingeschränkte Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen 
und Finnen. 

1. Die Befugniss zur amtlichen Untersuchung des Schweine¬ 
fleisches auf Trichinen und Finnen wird von der Ortspolizeibehörden, 
und zwar mit dem Vorbehalte des Widerrufes, erteilt. 

Die Zahl der anzustellenden Trichinen- und Finnenschauer richtet 
sich nach dem örtlichen Bedürfnisse. Hierbei ist in Erwägung zu 
ziehen, dass überall für geeignete Stellvertretung gesorgt werde, 
sowie dass die von einem Trichinen- und Finnenschauer an einem 
Tage auszuführenden Untersuchungen die Anzahl von 10 Schweinen 
oder 50 Fleiscliwaarenstiicken in der Regel nicht überschreiten. 
Ausgenommen hiervon sind die an öffentlichen Schlachthäusern an- 
gestellten Trichinenschauer. Diese haben auf die Untersuchung der 
einem Schweine entnommenen Fleischproben 15—20 Minuten, auf die 
Untersuchung eines Fleischwaarenstückes 5—lOMinuten zu verwenden. 

2. Die anzustellenden Trichinenschauer werden von den Orts¬ 
polizeibehörden zur gewissenhaften Ausführung ihres Gewerbes 
eidlich verpflichtet Ihre Namen werden zur öffentlichen Kenntniss 
gebracht und sind dem zuständigen Kreisphysikus und Kreisthierarzt 
durch die Ortspolizeibehörde besonders mitzutheilen. 

ln der den Trichinenschauern kostenfrei, aber stempelpflichtig 
auszuhändigenden Anstellungsurkunde ist ausdrücklich auszusprechen, 
dass sie lediglich als Gewerbetreibende im Sinne des § 36 der 
R.-G.-O., und zwar auf Widerruf, nicht aber als Beamte angestellt 
werden. 

3. Als Trichinen- und Finnenschauer können nur solche Personen 
angcstellt werden, welche 

a) das 21. Lebensjahr vollendet haben, 

b) die vorgeschriebene Fachprüfung (vergl. Ziffer 4 dieser An¬ 
weisung) bestanden haben und 

c) den Nachweis der Unbescholtenheit durch polizeiliches, sowie 
der körperlichen Befähigung durch ärztliches Attest (insbesondere 
über normale Sehschärfe) erbringen. 

Haus- und Bankschlächter dürfen als Trichinenschauer nicht 
bestellt werden. 

Befreit von der Ablegung der Fachprüfung sind nur approbirte 
Aerzte sowie beamtete und diejenigen npprohirten Thierärzte, welche 
die thierärztliche Prüfung auf Giund des Prüfungsreglements vom 
25. September 1869 bestanden haben, oder vor dieser Zeit in Berlin 
oder Hannover auf Grund der abgelegten Prüfung für befähigt 
erachtet worden sind, in gerichtlichen und polizeilichen Fällen Gut¬ 
achten abzugeben und bei Massregeln gegen Verbreitung von Thier¬ 
seuchen mitzuwirken. 

4. Die unter Ziffer 3 dieser Anweisung vorgeschrie¬ 
bene Fachprüfung wird vor einer, aus dem zuständigen 
Kreisphysikus und Kreisthierarzt bestehenden Kom¬ 
mission abgelegt und findet am Wohnsitz dieser Beamten statt. 

Zweck dieser Prüfung ist, zu ermitteln, ob der Prüfling sich in 
theoretischer und praktischer Hinsicht im Besitze aller behufs zu¬ 
verlässiger Ausübung der Trichinen- und Finnenschau erforderlichen 
Kenntnisse und Fertigkeiten befindet. Hierzu gehört auch eine 
genaue Kenntniss der bezüglich der Trichinen- und Finnenschau 
geltenden Polizeivorschriften. 

Treten in der Kommission Meinungsve rschieden- 
heitenüber das Ergebniss der Prüfung bei einem 
oder mehreren Prüflingen auf, so haben sich die 
Letzteren einer weiteren Prüfung vor dem zustän¬ 
digen Departementsthierarzt zu unterziehen. 
Diese Prüfung findet amWohnorte dieses Beamten 
statt, ist kostenlos und giebt injedemFalle den 
Ausschlag. 

Besteht der Prüfling die Prüfung, so erhält er von der vor- 
bezeichneten Commission beziehungsweise vom Dcpartementsthier- 
arzt ein stempelpflichtiges PrüfungszeugniBS über seine Befähigung, 
als amtlicher Trichinen- und Finnenschauer thätig zu sein. 

Dieses Prüfungszeugnis darf nur solchen Personen ausgehändigt 
werden, welche sich im Besitze eines nach dem Gutachten der 
prüfenden Beamten für die Zwecke der Trichinen- und Finnenschau 
völlig geeigneten Mikroskopes befinden. Ein hierauf bezüglicher 
Vermerk ist in das Prüfungszeugniss aufzunehmen. 

Ausgenommen hiervon sind aie an solchen öffentlichen Schlacht¬ 
häusern zu beschäftigenden Trichinen- und Finnenschauer, an denen 
die Mikroskope von der Verwaltung gestellt werden. 

5. Auch die ohne das Erforderniss einer Fachprüfung anzu- 
stellenden Trichinen- und Finnenschauer (vergl. Ziffer 3 dieser 
Anweisung) müssen durch ein Zeugniss des Kreisphysikus oder 
Kreisthierarztes den Besitz eines für die Zwecke der Trichinen- und 
Finnenschau völlig geeigneten Mikroskopes nachweisen. 

6. Sämmtliche Trichinen- und Finnenschauer 
unterstehen in technischer Beziehung der dienst- 


Digitized by LjOOQle 





2 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


No. 9. 


liehen Aufsicht des Kreisphysikus und des Kreis- 
thierarztes, im Uebrigen der Aulsicht der Anstellungsbehörde. 
Die genannten Beamten haben deshalb die Thätig- 
keit eämmtlicher Trichinenschauer ihres Ver¬ 
waltungsbezirks, so oftsich dazu eine passende 
G e 1 e g e n h e i t b i e te t, z u b e a u f s i c h t i g e n , indem sie 
dieselben u n v e r m u t h e t i n ihren Geschäftsräumen 
aufsuchen. Die PrUfung hat sich hierbei insbesondere auf die 
Beschaffenheit der Mikroskope und aut die ordnungsmässige Führung 
der Schaubücher (vergl. Ziffer 18 dieser Anweisung) zu erstrecken. 
Von etwaigen Mängeln, Unregelmässigkeiten oder Nachlässigkeiten 
hat der revidirende Beamte unverzüglich der Ortspolizeibehörde 
zur weiteren Veranlassung Anzeige zu machen. 

7. Jeder auf Grund einer Prüfung bestellte Trichinen- oder 
Finnenscbauer hat sich, sofern derselbe nicht an einem öffentlichen 
Schlachthause thätig ist, alle 3 Jahre einer Nach prttlung 
zu unterziehen, für welche die Bestimmungen unter No. 4 dieser 
Anweisung massgebend sind. 

Die Terminstunden zu den Nachprüfungen Bind so anzusetzen, 
dass die auswärts wohnenden Trichinen- und Finnenschauer möglichst 
an demselben Tage den Hin- und Rückweg zurücklegen könne». 

Die Auswahl derselben ist derartig zu treffen, dass einzelnen 
Gegenden am Prüfungstage nicht sämmtliche Trichinen- und Finnen¬ 
schauer entzogen werden. 

In den Naciiprüfungsterminen haben die Trichinen- und Finnen¬ 
schauer ihre Prüfungszeugnisse (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung), 
ihre Anstellungsurkuuden, ihre Mikroskope nebst Zubehör, sowie 
ihre Schaubücher (vergl. Ziffer 18 dieser Anweisung) vorzuzeigen. 

Die Ortspolizeibehörden haben dafür Sorge zu tragen, dass kein 
auf Grund einer Prüfung bestellter Trichinen- und Finnenschauer 
sich der vorgeschriebenen Nachprüfung innerhalb der dreijährigen 
Frist entzieht. 

Trichinen- und Finnenschauer, die bei der Nachprüfung ein 
ungenügendes Wissen zeigen oder im Besitze unbrauchbarer In¬ 
strumente befunden werden, sind nach erfolgloser Belehrung der 
Ortspolizeibebörde behufs Erwägung des Widerrufes der Anstellung 
anzuzeigen. 

Diejenigen, welche ohne begründete Entschuldigung zur Nach¬ 
prüfung nicht erscheinen, sind der Ortspolizeibehörde namhaft zu 
machen und, wie die entschuldigt fehlenden, zu einem neuen Termine 
zu laden. Wiederholtes unentscbuldigtes Ausbleiben ist der Orts¬ 
polizeibehörde zur weiteren Veranlassung anzuzeigen. 

Wer gemäss der Vorschrift unter Ziffer 4 dieser Anweisung auf 
Grund bestandener Prüfung ein Prüfungszeugniss über seine Be¬ 
fähigung als Trichinen- una Finnenscbauer erworben hat und nicht 
binnen drei Jahren nach erfolgter PrUfung als solcher bestellt wird, 
darf nur angestellt werden, wenn er die in Vorstehendem vor¬ 
geschriebene Nachprüfung mit Erfolg abgelegt hat 

Die an öffentlichen Schlachthäusern thätigen Trichinen- und 
Finnenschauer haben sich alle 3 Jahre einer Nachprüfung vor einer 
Kommission zu unterziehen, die aus dem Departemeu'sthierarzt als 
Vorsitzenden und dem zuständigen Kreisthierarzt sowie einem vom 
Regierungs-Präsidenten Für jede dieser Nachprüfungen besonders zu 
bezeichnenden Schlacbthoftnierarzte als Beisitzer besteht. 

8. Der Trichinen- und Finnenschauer ist verpflichtet, jedem 
Anträge auf mikroskopische Untersuchung von Schweinefleisch oder 
dergleichen Waaren am selben Tage oder spätestens im Laufe des 
Vormittags des folgenden Tages nachzukommen und die zur Unter¬ 
suchung erforderlichen Fleischproben selbst zu entuehmen. ln 
öffentlichen Schlachthäusern dürfen die Fleischprobeu durch von der 
Ortspolizeibehörde hierzu eidlich verpflichteten Personen (Probe¬ 
nehmern) entnommen werden. Zu letzteren dürfen nur durchaus 
zuverlässige und hierzu besonders unterrichtete Leute verwendet 
werden, die die Fachprüfung (Ziffer 4 dieser Anweisung) be.-tanden 
haben. 

9. Behufs der Untersuchung sind jedem geschlachteten Schweine 
wenigstens 6 fettfreie Fleischproben, jede von der Grösse einer 
Wallnuss zu entnehmen, und zwar: 

je 1 Probe aus dem rechten urd linken Zwerchfellpfeiler, 

je 1 Probe aus den beiderseitigen Zwerchfellmuskeln (Rippen- 

theil des Zwerchfelles), 

je 1 Probe aus den Kehlkopfmuskeln. 

Diese Proben sind möglichst nahe den sehnigen Ansätzen zu 
entnehmen. 

Der Trichinenschauer hat alsdann aus jeder vorbezeichneten 
Fleiscbprobe 3, mithin im Ganzen 18 haferkorngrosse Stücke zu 
entnehmen und hieraus saubere und so durchsichtige Präparate 
anzufertigen, dass durch dieselben hindurch Druckschrift deutlich 
gelegen werden kann. 

10. Behufs Untersuchung eines Schinkens oder eines anderen 
einzelnen Fleischstückes sind mindestens 3 möglichst tief gelegene, 
fettfreie, _ etwa bohnengrosse Fleischproben von verschiedenen 
Stellen, jedoch in thunlichster Nähe der sehnigen Ansätze, zu ent¬ 
nehmen. 

Auf jeder dieser Fleischproben hat der Trichinenschauer 3, 
mithin im Ganzen 9 Präparate von der unter Ziffer 9 dieser An¬ 
weisung bezcichneten Art anzufertigen. 

Bei Würsten sind zum Zwecke der Untersuchung drei dünne 
Scheiben für jedes Kilogramm in entsprechender Vertheilung heraus¬ 
zuschneiden. Von jeder dieser Scheiben sind je zwei Präparate von 
der unter Ziffer 9 angegebenen Art aus denjenigen Fleischstückchen 
anzufertigen, welche anscheinend aus Schweinefleisch bestehen. 

11. Sämmtliche Fleischproben sind in Blechkästen mit num- 
merirten Fächern oder in weissen Papierbeuteln aufzubewahren, 


auf denen die Nummer und Stückzahl des Schweines und der Name 
des Besitzers oder Antragstellers deutlich aufgeschrieben ist. 

Desgleichen sind die Theile des Schweines, aus denen die Proben 
entnommen sind, sowie die Eingeweide durch Einschneiden und 
Nummerireu derart deutlich zu kennzeichnen, dass eine Verwechse¬ 
lung ausgeschlossen ist. 

12. Die mikroskopische Untersuchung der angeferligten Prä- 

f iarate geschieht in der Weise, dass jedes Präparat langsam, gründ- 
ich und vorsichtig und zwar methodisch von rechts nach links und 
von oben nach unten durchmustert wird. 

Bei zweifelhaftem Befunde sind so viele Fleischproben zu ent¬ 
nehmen, und aus denselben so viele Präparate anzufertigen und zn 
untersuchen, als zur völligen Aufklärung erforderlich sind. 

13. Findet der Beschauer die von ihm untersuchten Fleisch¬ 
proben trichinenfrei, so hat er oder der verpflichtete Probenehmer 
vor der Abstempelung das ausgeschlachtete Thier bezw. die ihm 
vorgelegten einzelnen Fleischstücke auf Finnen zu untersuchen. 

Hierbei sind die Bauchmuskeln nach Entfernung des Bauchfettes 
(Pflomen oder Lünte<, die Einwärtszieher des Hinterschenkels (Muskeln 
am sogenannten Schluss), die muskulösen Theile des Zwerchfelles, 
die Zwischenrippenmuskeln, die Brustbeinmuskeln, die Halsmuskeln, 
die Vorarmstrecker (Muskeln über der sogenannten Hacke), das 
Herz, die untere Fläche der Zunge und die Kaumuskeln zu berück¬ 
sichtigen. Herz und Kaumuskeln sind zu diesem Zwecke an¬ 
zuschneiden. 

14. Die Abstempelung der bei der Untersuchung trichinen- und 
finnenfrei befundenen Schweine bezw. Fleischstücke hat durch die 
Trichinenschauer, in öffentlichen Schlachthäusern eventuell durch 
den Probenehmer zu erfolgen. Zur Abstempelung, die beim Schweine 
6 fach, und zwar an den Schinken, den Speckseiten und Schulter¬ 
blättern beider Seiten zu bewirken ist, sindFaib-, Stich- oder Brenn¬ 
stempel zu verwenden, die Namen und Wohnort des untersuchenden 
Trichinenschauers nachweisen. Die Stempel sind durch die Orts- 

f iolizcibehörden erstmalig zu beschaffen und in der Folge erforder- 
ichen Falles auf Kosten des betreffenden Trichinen- und Finnen¬ 
schauers zu erneuern. Als Stempelfarben dürfen nur unschädliche 
Farbstoffe benutzt werden. 

15. Ueber das Ergebniss der Untersuchung des in den Regierungs¬ 
bezirk Cöln eingeführten Schweinefleisches hat der Trichinenschauer 
ausserdem je nach Wahl desjenigen, auf dessen Antrag die Unter¬ 
suchung stattgefunden hat, ein Attest auszustellen oder in das von 
dem Antragsteller nach dem in der Anlage A angegebenen Muster 
anzulegende Fleischwaarenbuch (§ 3 der Polizeiverordnung) die er¬ 
forderlichen Eintragungen zu machen. 

16. Findet der Trichinen- und Finnenschauer in den untersuchten 
Fleischproben Trichinen oder Finnen, so hat er sofort 

a) demjenigen, auf dessen Antrag die Untersuchung stattgefunden 
hat, hiervon unter Hinweis auf die Vorschriften in § 4 der 
Polizeiverordnung Kenntniss zu geben; 

b) ebenso der Ortspolizeibehörde unter Angabe des Sachverhalts 
Anzeige zu erstatten; in öffentlichen Scnlachtbäusern tritt an 
die Stelle der Ortspolizeibebörde der mit der technischen 
Aufsicht betraute Thierarzt; 

c) die trichinen- und finnenbaltig befundenen Präparate wohl 
verkittet, oder in anderer Weise gut erhalten und deutlich 
bezeichnet, behufs etwaiger Nachuntersuchung drei Monate 
lang unter sicherem Verschlüsse aufzubewahren und alsdann 
zu verbrennen. 

Nach Massgabe der vorstehend unter a und b aufgefUhrten Vor¬ 
schriften hat der Trichinen- oder Finnenschauer auch dann zu ver¬ 
fahren, wenn er zwar Trichinen oder Finnen in den untersuchten 
Fleischproben nicht auffindet, jedoch an dem Schweine oder der 
Flei8chwaaro eine sonstige Veränderung wahrnimmt, die seiner 
Meinung nach darauf schliessen lässt, dass der Genuss des Fleisches 
geeignet sei, die menschliche Gesundheit zu schädigen. 

17. Für die Ausnutzung und Vernichtung trichinenhaltiger oder 
finniger Fleiscliwaaren sind folgende Bestimmungen massgebend: 

1. Trichinenbaltiges Schweinefleisch oder dergleichen Fleisch- 
waaren dürfen nur zu gewerblichen, niemals aber zu Nahruugs- 
zwecken für Menschen oder Thiere verwendet werden. Ge¬ 
stattet sind folgende Ausnutzungen zu gewerblichen Zwecken: 
1. das Abhäuten (Abschwarten) und das Entfernen der Borsten, 
sowie freie Verwerthung der Haut und der Borsten; 

2. nach vorheriger Zerstückelung und mindestens 8 Stunden 
lang bei wenigstens 100° C. — insoweit erforderlich unter 
Wasserzusatz — fortgesetztem Durchkochen der Fleisch- und 
Fetttheile dürfen die hierbei ausgeschlossenen Fettmengen 
zu gewerblichen Zwecken benutzt werden. Die übrig ge¬ 
bliebenen Bestandtheile (Fleisch, Knochen, Eingeweide u. 8. w.) 
sind zu verbrennen; 

3. die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife 
und Leim; 

4. die chemische Bearbeitung des ganzen trichinenhaltigen 
Schweines bezw. der Fleiscnwaaren. 

Wird eine zulässige Ansnutzung vom Eigenthümer nicht 
gewünscht, oder ist eine solche überhaupt nicht durchführbar, so ist 
der ganze trichinenhaltige Gegenstand zu verbrennen. Derselbe 
darf unter keinen Umständen vergraben werden. 

Ila. Strakfinniges Schweinefleisch oder dergleichen Fleischwaaren 
(d. h. bei denen sowohl an der Oberfläche als auch an den 
verschiedenen Durcbschnittflächen auf einem etwa handteller¬ 
grossen Theile der Fläche sich mehr als eine Finne findet) 
unterliegen den bei I gegebenen Vorschriften. 


Digitized by 


Google 




11. August 1898. 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE. 


8 


Nachgelassen wird jedoch: 

1. die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen ge¬ 
wonnenen Fettes zu Nahrungszwecken för Menschen und 
Thiere; 

2. das Vergraben des ganzen finnigen Gegenstandes. Derselbe 
ist vor dem Vergraben mit Petroleum oder roher Carbol- 
säure zu übergiessen. Die Grube ist an einer geeigneten 
Stelle so tief anzulegen, dass die Oberfläche des Thierkörpers 
von einer unterhalb des Randes der Grube mindestens 
1 m starken Erdschicht bedeckt wird. 

Ilb. Schwachfinniges Schweinefleisch oder dergleichen Fleisch- 
waaren dürfen zu Nahrungszwecken benutzt werden, wenn die 
mageren Fleischtheile in Stücke von höchstens acht Centi- 
metern Durchmesser zerkleinert und vollständig gar gekocht 
sind. Bei dem erst dann zulässigen Verkaufe derartigen 
Fleisches ist anzugeben, dass dasselbe mit Finnen behaftet ist. 

Die Ausnutzung und Vernichtung trichinen- oder finnenhaltiger 
Schweine oder trichinen- oder finnenhaltiger Fleischtheile muss stets 
unter Aufsicht der Ortspolizeibehörde geschehen. 

18. Sind in Fleischproben durch den Trichinenschauer Trichinen 
oder Finnen vorgefunden und entstehen Zweifel an der Richtigkeit 
dieses Befundes, so hat die Ortspolizeibehörde auf Antrag des Be¬ 
theiligten oder von Amtswegen zu veranlassen, dass der Trichinen¬ 
schauer diejenigen mikroskopischen Präparate, auf welche er seine 
Ansicht gründet, nebst einigen Fleischproben des untersuchten 
Schweines oder der Fleischwaaren dem am schnellsten zu erreichen¬ 
den Kreisphysikus oder Kreisthierarzt des Regierungsbezirks behufs 
nochmaliger Untersuchung auf sichere Weise unter sicherem Ver¬ 
schlüsse sofort übermittelt Werden durch diese Untersuchung die 
Zweifel nicht beseitigt, so entscheidet in letzter Instanz der zustän¬ 
dige Departementsthierarzt 

19. Jeder Trichinenschauer hat ein Geschäftsbuch nach dem in 
Anlage B näher bezeichneten Muster zu führen. 

Die Seiten des Schaubuches sind mit fortlaufenden Nummern 
zu versehen. Die Anzahl der Seiten ist von der Ortspolizeibehörde 
auf der ersten und letzten Seite zu bescheinigen. Jede Unter¬ 
suchung muss der Zeitfolge nach in das Buch eingetragen werden. 

Das abgeschlossene Schaubuch, sowie das Schauhuch, welches 
sich bei dem Dienstaustritt eines Trichinen- oder Finnenschauers 
im Besitze desselben befindet, ist der Ortspolizeibehörde zur Auf¬ 
bewahrung zu übergeben. 

Trichinen- oder Finnenschauer, welche in öffentlichen Schlacht¬ 
häusern Untersuchungen des Schveinefleisches auf Trichinen und 
Finnen vornehmen, sind von der Führung des Schaubuches befreit, 
falls ein von der Verwaltung des Schlachthauses geführtes Register 
die nach Vorstehendem für die Schaubücher der Trichinen- und 
Finnenschauer vorgeschriebenen Angaben enthält. 

20. Die Trichinen- und Finnenschauer haben den Gebrauch der 
in Gemässheit des § 3 der Polizeiverordnung zu führenden Fleiscb- 
waarenbücher zu überwachen und insbesondere darauf zu achten, 
dass alle nach den §§ 1 und 2 der Polizeiverordnung der Unter¬ 
suchungspflicht unterliegenden Schweine und Fleischwaaren zur 
Untersuchung gelangt sind Dieselben haben jede zu ihrer Kenntniss 
gelangende Zuwiderhandlung der OrtspolizeiDehörde anzuzeigen. 

21. Die Prüfungscommission ist für die in Gemässheit der Ziffer 
3 und 4 dieser Anweisung erforderliche Fachprüfung eines Tiichinen- 
und Finnenschauers, einschliesslich der Ausstellung des Prüfungs- 
zeugnisseB und der Prüfung des Mikroskopes, sowie der betreffs des 
letzteren in das Prüfungszeugniss aufzunehmenden Bescheinigung, 
ausser dem gesetzlichen Stempel eine Gebühr von 10 Mark von dem 
Geprüften zu entrichten. Dieser Betrag wird unter die Mitglider 
der Commission gleichmässig vertheilt. Die Gebühr für den von einem 
Kreisphysikus oder beamteten Thierarzt oder einem thierärztlichen 
Schlachttiofleiter den Trichinen- und Finnenschauer ertheilten 
theoretisch-praktischen Unterricht wird auf 10 Mark festgesetzt. 

22. Für die in Gemässheit der Ziffer 7 dieser Anweisung er¬ 
forderliche Nachprüfung eines Trichinen- und Finnenschauers ein¬ 
schliesslich der Prüfung des Mikroskops hat derselbe eine Gebühr 
von 3 Mark zu zahlen, welcher Betrag gleichmässig unter die Mit¬ 
glieder der Prüfungscommission vertheilt wird. 

Die Mitglieder der an Schlachthäusern prüfenden Commissionen 
erhalten bei Prüfungen am Wohnorte Tagegelder, ausserhalb des 
Wohnortes ausserdem Reisekosten nach den Bestimmungen des 
Gesetzes vom 9 März 1872. Die Gebühren für die Nachprüfung ge¬ 
hören zu den Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung und fallen 
daher demjenigen zur Last, der diese Kosten zu tragen hat Die 
Ortspolizeibehörde ist jedoch befugt, diesen Gebührenbetrag von 
dem Trichinen- und Finnenschauer wieder einzuziehen, wenn in 
Folge von Nachlässigkeit Unwissenheit oder sonstigen eigenen 
Verschuldens desselben eine Wiederholung der Nachprüfung inner¬ 
halb eines kürzeren als dreijährigen Zeitraumes nothwenaig ge¬ 
worden ist. 

23. Dem Trichinen- und Finnenschauer stehen für die amtliche 
Untersuchung eines Schweines je nach den örtlichen Verhältnissen 
50—80 Pfennige zu. Innerhalb dieser Grenzen werden die Unter¬ 
suchungsgebühren in den Landkreisen durch den Kreistag, in den 
Stadtkreisen durch die Stadtverordneten-Versammlung festgesetzt 

Für die Untersuchung von Fleischstücken bis zu einem Gewicht 
von 5 kg sind 15 Pfennige, für solche von Uber 5 kg 25 Pfennige 
an Schaugebühren zu entrichten. Unter die festgesetzten Gebühren 
darf der Trichinenschauer nicht herabgehen. 

Sind zur Vornahme der Untersuchung Wege in einer Entfernung 
von mehr als 2 km zurückzulegen, so sind vom Besitzer des 
Schweines oder der Fleischwaaren für jeden weiteren Kilometer bis zu 


einer Gesammtentfernung von einschliesslich 4 km 20 Pf, für jeden 
demnächst weiteren Kilometer 10 Pf. zu zahlen. Der angefangene 
Kilometer wird mitberechnet. Streitigkeiten über die Kilometerzahl 
entscheiden die Ortspolizeibehörden. 

In öffentlichen Schlachhäusern können die Trichinenschauer 
mit einer von der Verwaltung festzuBetzenden Renumeration ab¬ 
gefunden werden. Eine derartige Regelung der Gebührenfrage be- 
dar in jedem Falle der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. 

24. Für eine in Gemässheit der Ziffer 18 dieser Anweisung er¬ 
forderte Nachuntersuchung mikroskopischer Präparate auf Trichinen 
und Finnen hat der zugezogene Kreisphysikus oder beamtete Thier¬ 
arzt eine Vergütung von 3 Mark zu beanspruchen, ln diesem Be¬ 
trage ist die Gebühr für die Ausstellung eines Befundscheines über 
das Ergebniss der Nach-Untersuchung einbegriffen. 

25. Von dem bei der Anstellung der Trichinen-Finnenschauer in 
Gemässheit der Ziffer 1 dieser Anweisung vorzubehaltenen Wider¬ 
rufsiechte ist in der Regel Gebrauch zu machen: 

a) bei Pflichtwidrigkeit; 

b) wenn ein Tricninenschauer in den Dienst von Schweine¬ 
schlächtern oder Schweinehändlern tritt, oder von diesen 
Geschenke annimmt, oder den Handel mit Schweinefleisch- 
waaren gewerbsmässig betreibt oder Agent einer Versicherungs¬ 
gesellschaft gegen Trichinen oder Finnen wird; 

c) wenn er weniger oder mehr als die vorgeschriebene Unter¬ 
suchungsgebühren erhebt; 

d) wenn er der unter Ziffer 7 dieser Anweisung vorgeschriebenen 
Nachprüfung sich entzieht oder wenn durch die Nachprüfung 
oder auf sonstige Weise dargethan wird, dass er sich nicht 
mehr im Besitz der zur Ausübung der Trichinen- und Finnen¬ 
schau erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten oder eines 
brauchbaren Mikroskopes befindet. 

In den bei a und b erwähnten Fällen hat der Trichinen- und 
Finnenschauer ausser der sofortigen Entlassung auch die Zurück¬ 
nahme des Prüfungszeugnisses (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung) zu 
gewärtigen. 

Die erfolgte Entlassung und die Zurücknahme des Prüfungs¬ 
zeugnisses wird von der Ortspolizeibehörde öffentlich bekannt gemacht. 

Erstmalige Verstösse gegen die Bestimmungen zu 8 können 
seitens der Ortspolizeibehörden durch Ordnungsstrafen geahndet 
werden. 

26 Die Ausführungsverordnung zur Untersuchung des Schweine¬ 
fleisches auf Trichinen und Finnen vom 7. October 1878 verliert mit 
dem 1. Juli 1898 ihre Gültigkeit. 

Cöln, den 12. Mai 1898. Der Regierungs-Präsident 

Freiherr von Richthofen. 


Anlage A- 


Fleischwaaren buch. 


1. 

2. 1 3. | 4. | 5. | 6. 

7. 

Lau¬ 

fende 

No. 

Tag des 
Eingangs 

Bezeichnung 

der 

Waare 

Oewii-bt 

der¬ 

selben 

in 

kg 

Bezugsort 

und 

Verkäufer 

Zeit und Art 
der 
Unter¬ 
suchung 

Ergeb¬ 
niss der¬ 
selben 

Anlag 

B B. 

Ges 

c. h ä f 

18 b n c h. 



a. 

b. 

c. 

d. 

e. 

f. 

© 

5 

rs 

a 

«2 

3 

ca 

Name und 
Wohnort des 
Eigenthümer8 
des Schweines 
bezw. der 
Fleischwaaren 

Bezeichnung 
des Schweines 
(Alter, Ge¬ 
sell leebt) bezw. 
der 

Fleischwaaren 

Tag und 
Stunde 
der 
Unter¬ 
suchung 

Ergebniss 

der 

Unter¬ 

suchung 

Bemer¬ 

kungen 




1 



Regierungsbezirk Bromberg. 

Polizei-Verordnung betreffend die mikroskopische Unter¬ 
suchung des Schweinefleisches auf Trichinen und Finnen. 

Auf Grund der §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes über die Polizei- 
Verwaltung vom 11. März 1850 ^Gesetz-Sammlung Seite 265) in Ver¬ 
bindung mit §§ 137 und 139 des Gesetzes über die allgemeine 
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz - Sammlung Seite 195) 
wird mit Zustimmung des Bezirksausschusses für den Umfang des 
Regierungsbezirks Folgendes verordnet: 

§ 1 - 

Jeder, der einSchwein schlachtet oder schlach¬ 
ten lässt, ist verpflichtet, dasselbe vor der Zerlegung und ehe 
Fleisch oder Fett von dem Schweine getrennt werden, durch den 
von der Ortspolizeibehörde für den betreffenden Bezirk bestellten 
Trichinenschauer auf Trichinen und auf Finnen untersuchen zu 
lassen. 

§ 2 . 

Schweinefleisch oder die unter Verwendung 
von Schweinefleisch bereiteten Lebensmittel, 
welche von ausserhalb des Regierungsbezirks 
aber innerhalb des Deutsehen Reiches geschlachteten 
Schweinen stammen, dürfen im Regierungs¬ 
bezirk nur dann verkauft oder im Gast- oder 


Digitized by LaOOQie 










4 


No. 9. 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


Speise wirth sc haftsbetriebe verwendet werden, 
wenn das Fleisch oder die Lebensmittel am Ursprungsorte 
innerhalb des Deutschen Reiches ' on einem amt¬ 
lichen Trichinenschauer untersucht und tricliinen- und finnenfrei 
befunden worden sind. 

Wer Schweinefleisch oder Schwein efleisch- 
waaren einführt, deren Ursprung ausserhalb des 
Deutschen Reiches gelegen ist, ist verpflichtet, die Waaren durch den 
von der Ortspolizeihehürde für den betreffenden Bezirk bestellten 
Trichineuschauer auf Trichinen und Finnen untersuchen zu lassen.*; 

Nun gewinnt es zwar den Anschein, als ob ausländische 
Schweinefleischwaaren zweimal untersucht werden müssten, 
wenn sie in den Rgb. Bromberg eiugeführt werden. Dem ist aber 
nicht so; wer dieses vermeiden will, hat die Auslandswaare im 
Transitverkehr der Seehäfen direct nach einem inländischen Zoll- 
amte (Bromberg etc.) zu senden, wo er den Einfuhrzoll erledigen 
und die Untersuchung auf Trichinen erstmalig und einmalig vor¬ 
nehmen lassen kann. 

Solche Waare allerdings, die bereits einmal in den Seehäfen 
oder anderswo untersucht war, muss ohne Weiteres noch einmal im 
Rgb. Bromberg untersucht werden. Gründe hierfür sind den Ein¬ 
geweihten nicht unbekannt. 

Es fehlt nun noch die Declaration der ausländischen Waaren 
im Detail-Handel, denn ausländischer Speck wird allerorts anstands¬ 
los für inländischen verkauft — die Vortheile erhalten die Im¬ 
porteure und Kaufleute, nicht aber die Consumenten und Produ¬ 
centen; geräucherter amerikanischer Speck soll 26 Pf. in Chicago 
kosten — hierorts kostet jeder geräucherte Speck 70—80 Pf. 

§ 3. 

Erst, wenn auf Grund der Untersuchung von dem Trichinen¬ 
schauer eine Bescheinigung darüber ausgestellt ist, dass die Unter¬ 
suchung auf Trichinen und Finnen erfolgt ist und dass die unter¬ 
suchten Theile trichinen- und finnenfrei befunden sind, ist es ge¬ 
stattet, das Schwein weiter auszuschlachten oder die daraus bereiteten 
Lebensmittel im Gast- oder Speisewirthschaftsbetriebe zu verwenden 
oder weiter zu verkaufen. 

§ 4. 

Wer gewerbsmässig Schweine schlachtet oder schlachten lässt, 
um mit diesen in rohen oder verarbeiteten Zustand Handel zu treiben, 
hat, sofern nicht die Bestimmungen des § 6 Platz greifen, ein 
Fleischbuch mit folgenden Spalten zu führen: 

1. Laufende Nummer, 

2. Tag des Schlachtens, 

3. Bezeichnung des Schweines, 

4. Angabe des Bezugsortes und des früheren Besitzers, 

5. Tag und Ort der mikroskopischen Untersuchung, 

6. Bescheinigung des Trichiuenschauers über das Ergebniss 
der Untersuchung und dessen Namensunterschrift, 

7. Bemerkungen. 

Die 4 ersten Spalten des Buches sind vor dem Schlachten aus- 
zutüllen und das Buch ist sodann dem Trichinenschauer bei der 
mikroskopischen Untersuchung zur weiteren Ausfüllung vorznlegen. 

Denjenigen, welche nicht gewerbsmässig ein Schwein schlachten 
oder schlachten lassen, bleibt es freigestellt, ein gleiches Fleisch¬ 
buch zu halten. Anderenfalls müssen sie sich von dem Trichinen¬ 
schauer vibtr jedes ausgeschlachicte Schwein eine besondere Be¬ 
scheinigung ausstellen lassen, welches die den Spalten des Fleisch¬ 
buchs entsprechenden Angaben enthält. 

§ 5. 

Beziehen die im § 4 Absatz 1 genannten Personen das Schweine¬ 
fleisch oder die unter Verwendung von Schweinefleisch bereiteten 
Lebensmittel von auswärts, so sind sie verpflichtet, ein Fleisch- 
waarenbuch mit folgenden Spalten zu führen: 

1. Laufende Nummer, 

2. Tag des Bezuges, 

3. Bezeichnung der Waare nach Zahl, Art und Gewicht, 

4. Ort des Bezuges, 

5. Nachweis der Untersuchung am deutschen Ursprungsort, 

6. In Fällen, wo nach § 2 der Polizei-Verordnung am Einfuhr¬ 
orte eine Untersuchung erforderlich {jeworden ist, — unter¬ 
schriftliche Bescheinigung des Trichincnschauers über das 
Ergeh niss, 

7. Bemerkungen. 

§ 6. 

ln Gemeinden, in welchen ausschliesslich zu be¬ 
nutzende öffentliche Schlachthäuser bestehen 
und das Ergebniss der Untersuchung in dem amtlichen Schlacht¬ 
hausregister vermerkt wird, sind die gewerbsmässig Schlachtenden 
von der Führung des Fleischbuches hinsichtlich der im Schlacht¬ 
haus untersuchten Fleischwaaren befreit. 

Die gewerbsmässig Schlachtenden und deren Gesellen, Gehilfen 


*) Massgebend für diese neue, wohl das erste Mal zur Durch¬ 
führung gebrachte Anordnung war wohl das wiederholte Auffinden 
von Trichinen in a u s 1 ä n d i s c h e n Fleischwaaren und der Um¬ 
stand, dass bis jetzt nirgends eine allgemeine Bestimmung über die 
Untersuchung ausländischer Fleischwaaren beim Eintritt ins Deutsche 
Reich bestand. Es war auch anzunehmen, dass in den Seehäfen¬ 
städten die Importeure nur einzelne Sendungen untersuchen Hessen, 
andere nicht, wodurch leichtes Durchschlüpfen von trichinöser 
Waare begünstigt wurde. Diesbezügliche Fälle sind dann auch in 
der Zeitschrift für Fleischschau und Milch mehrfach mitgetheilt 
worden. Beim Landtransport ausländischer Waare bedurfte 
es ebenfalls einer Untersuchung. 


und sonstige Angestellte und sofern der Schlachtzwang durch Ge¬ 
meindebeschluss aut Privatpersonen ausgedehnt ist, auch diese und 
deren Stellvertreter, sind verpflichtet, den Trichinenschauern und 
den Schlachthofbeamten die für die Eintragung ins Schlachthaus¬ 
register erforderliche Auskunft vor dem Schlachten pünktlich und 
Wahrheitsgemäss zu geben. 

§ 7. 

Die Fleischbücher und besonderen Bescheinigungen (§ 4 und 
§ 5) sowie die Fracht- und Liefet uncsscheino über die von auswärts 
bezogenen Waaren sind mindestens ein Jahr lang aufzubewahren und 
der Ortspolizeibehörde oder deren Organen auf Verlangen jederzeit 
vorzuzeigen. 

§ 8 . 

Sobald durch die vorgenommeneUntersuchung das Vorhandensein 
von Trichinen oder Finnen festgestellt ist, hat der Trichinenschauer 
den, welcher das Schwein oder die Waaren untersuchen zu lassen 
verpflichtet war, hiervon unverzüglich zu benachrichtigen und der 
Ortspolizeibehörde schriftlich Anzeige zu machen. 

ln öffentlichen Schlachthäusern, in welchen der Schlachthaus- 
verwalter ein approbirter Thierarzt ist, genügt die Anzeige an 
Letzteren. 

§ 9 - 

Nachdem die im § 8 bezeichnete Mittheilung gemacht worden 
ist, hat derjenige, welcher das Schwein oder die Waare untersuchen 
zu lassen verpflichtet war, diese abgesondert und unter Verschluss 
aufzubewahren und sich bis zur erfolgten Anordnung seitens der 
Polizeibehörde jeder Verfügung darüber zu enthalten. 

§ 10 . 

Ergeben sich im Falle des § 8 Zweifel an der Richtigkeit des 
Befundes oder wird Seitens eines Betheiligten bei der Polizeibehörde 
darauf angetragen, so findet eine Nachuntersuchung durch der. 
Kreisphysikus statt, ln denjenigen Orten jedoch, in w-elchen sich 
öffentliche Schlachthäuser befinden, oder wo die obligatorische all¬ 
gemeine Fleischschau eingeführt ist, erfolgt die Nachprüfung nach 
Massgabe der im Schlachthausregulativ oder in besonderen Polizei- 
Verordnungen hierfür ergangenen Bestimmungen. 

Erklärt der betreffende Beamte auf Grund der Nachprüfung das 
Schwein für trichinen- und finnenfrei, so hat die Polizeibehörde 
dasselbe freizugebon. 

§ 11 . 

Wird das Vorhandensein von Trichinen oder Finnen festgestellt, 
so ist gemäss der zur Ausführung dieser Polizeiverordnung 'erlassenen 
Anweisung zu verfahren. 

§ 12. 

Die in den vorstehenden Paragraphen enthaltenen Vorschriften 
finden auf Wildschweine und deren Theile sinngemässe Anwendung. 

§ 13. 

Zuwiderhandlungen ge^en die Vorschriften dieser Polizeiver¬ 
ordnung werden, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen 
höhere Strafe verwirkt i^t, mit Geldstrafe bis zu 60 Mark, im Un¬ 
vermögensfalle mit Haft bestraft. 

§ 14. 

Die Polizeiverordnung tritt am 1. Januar 1898 in Kraft. 

Mit demselben Tage werden die Polizeiverordnung vom 28. Sep¬ 
tember 1886 nebst dem dazu unter dem gleichen Datum ergangenen 
Reglement und der Instruction für die Fleischbeschauer (Arntsbl. 
S. 343 ff) sowie die Polizei-Verordnung vom 29. August 1889 
(Amtsbl. S. 292) und vom 1. Juli 1890 (Arntsbl. S. 221 ff.) auf¬ 
gehoben. 

§ 15. 

Soweit die Untersuchung frischen Schweinefleisches auf Trichinen 
und Finnpn in Orten mit öffentlichen Schlachthäusern gemäss § 2 
des Gesetzes, betreffend die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich 

zu benutzender Schlachthäuser, vom bereits anderweit 

’ 9. Marz 1891 

geregelt worden ist, findet die Polizei-Verordnung keine Anwendung 

Bromberg, den 1. November 1897. 

Der Regierungs-Präsident 
von Tie dem an n. 

Anweisung zur Ausführung obiger Polizeiverordnung. 

Schau bezirke. 

1. Die Befugniss zur amtlichen Untersuchung des Schweine¬ 
fleisches auf Trichinen und Finnen wird von den Ortspolizeibehörder, 
und zwar unter Vorbehalt des Widerrufs, ertheilt. 

Zum Zwecke der Ausführung der Trichinen- und Finnenschau 
werden Schaubezirke gebildet. Die Ortspolizeibehörde bestimmt — 
in den Landkreisen unter Zustimmung des Landraths —, ob eine 
Ortschalt einen oder mehrere Schaubezirke bilden soll oder ob 
mehrere Ortschaften zu einem Schaubezirke zu vereinigen sind. 

Die Zahl der für einen besiimmten Schaubezirk anzustellenden 
Trichinenschauer richtet sich nach dem örtlichen Bedürfniss, wobei 
überall für geeignete .Mellvertretung zu sorgen ist. Ausset halb des 
ihm zugewiesenen Bezirks darf ein Trichinenschauer amtliche Unter¬ 
suchungen von Schweinefleisch auf Trichinen und Fii.nen nicht vor¬ 
nehmen. 

Anstellung der Trichinenschau-er. 

2. Die an/.ustellenden Triebinenschauer werden von der Orts- 
polizoibchörde zur gewissenhaften Ausübung ihres Gewerbes eidlich 
verpflichtet. Ihre Namen werden unter Angabe des Wohnortes und 
des ihnen zngewiesenen Schaubezirks von der Ortspolizeibehörde in 
orisüblichor Weise bekannt gemaenr. In gleicher Weise erfolgt die 
Bekanntmachung der emtretenden Aenderungen. 


Digitized by AjOOQle 








MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


11. August 1898. 


In der den TricMnenscliauern auszuhändigenden Anstellungsur¬ 
kunde ist ausdrücklich auszusprechen, dass die Trichir.enschauer 
lediglich als Gewerbetreibende im Sinuc des § 36 der R.-G.-O. und 
zwar auf Widerruf, angestellt sind. 

Fachprüfung. 

3. Als Trichincnschauer können nur solche Personen angestellt 
werden, welche 

a) die vorgeschriebene Fachprüfung (vergl. Ziffer 4 dieser 
Anweisung) bestanden haben und 

b) den Nachweis der Unbescholtenheit durch polizeiliches, 
sowie der körperlichen Befähigung — insbesondere nor¬ 
male Sehschärfe — durch amtsärztliches Attest er¬ 
bringen. 

Unbedingt ausgeschlossen von der Zulassung als Trichincnschauer 
sind Fleischer, Hausschlächter, sowie alle diejenigen, welche Fleisch 
von Haus- oder Wildschweinen oder Zubereitungen davon gewerbs¬ 
mässig verkaufen, sowie Personen, welche im Dienste von Fleischern 
und Fleischändlern stehen, ferner alle Agenten von Versicherungs¬ 
anstalten gegen Trichinen und Finnen. 

Befreit von der Ablegung der Fachprüfung (vergl. Ziffer 3 
unter a) sind Personen, welche als Arzt, Thierarzt oder Apotheker 
vorschriftsmässig approbirt sind. 

4. Die unter Ziffer 3 vorgeschriebene Fachprüfung wird vor 
dem zuständigen Kreisphysikus, und zwar an dessen Wohnsitz, 
abgelegt. 

Zweck dieser Prüfung ist, zu ermitteln, ob der Prüfling sich in 
theoretischer und praktischer Hinsicht im Besitze aller, behufs zu¬ 
verlässiger Ausübung der Trichinen- und Finnenschau erforderlichen 
Kenntnisse und Fertigkeiten befindet. 

Zu den erforderlichen Kenntnissen gehört auch eine Kenntniss 
der für die Trichinen- und Finnenschau geltenden Polizeivorschriften. 

Besteht der Prüfling die Prüfung, so erhält er von dem Kreis¬ 
physikus ein Prüftingszeugniss über seine Befähigung zum amtlichen 
Trichinen- und Finneuschaucr. 

Dieses Prüfungszeugniss darf nur solchen Personen ausgehändigt 
werden, welche sich im Besitze eines nach dem Gutachten des Kreis¬ 
physikus für die Zwecke der Trichinen- und Finnenschau völlig ge¬ 
eigneten Mikroskopes befinden. Ein Vermerk hierüber ist in das 
Priifungszeugniss aufzunehmen. 

Als geeignetes Mikroskop gilt ein solches, welches bei genauer 
Centrirung, sowie genügend grossem Objekttische und genügend 
grossem Gesichtsfelde die Trichinen klar und deutlich in scharfen 
Umrissen zeigt. 

5. Auch die ohne das Erforderniss einer Fachprüfung anzu¬ 
stellenden Trichinenschauer (vergl. den letzten Absatz der Ziffer 3 
dieser Anweisung) müssen sich im Besitz eines für die Zwecke der 
Trichinen- und Finnenschau völlig geeigneten Mikroskopes be¬ 
finden. 

Beaufsichtigung und Nachprüfung. 

6. Sämmtliche Trichinenschauer unterstehen in technircher 
Beziehung der Aufsicht des zuständigen Kreisphysikus, im l'ebrigen 
der Aufsicht der Anstellungsbehörde. 

Der Kreisphysikus hat desshalb die Thätigkeit sämmtlicher 
Trichinenschauer, auch unaufgefordert, so oft sich dazu eine passende 
Gelegenheit bietet, zu beaufsichtigen, indem er die Trichinenschauer 
unvermuthet in ihren Geschäftsräumen aufsucht. Die Prüfung hat 
sich hierbei insbesondere aut die Beschaffenheit der Mikroskope und 
auf die ordnungsmässige Führung der Schaubücher (vergl. Ziffer 19 
dieser Anweisung) zu erstrecken. Von etwaigen Mängeln, Unregel¬ 
mässigkeiten oder Nachlässigkeiten hat der Kreisphysikus unver¬ 
züglich der Ortspolizeibehörde zur weiteren Veranlassung Anzeige 
zu machen. 

7. Jeder auf Grund einer Prüfung bestellte Trichinenschauer 
hat sich, so lange er nicht an einem unter thierärztlicher Leitung 
stehenden Schlachthaus beschäftigt ist, alle zwei Jahre einer Nach 
prüfung vor dem zuständigen Kreisphysikus zu unterziehen. 

Die an einem solchen Schlachthaus beschäftigten Trichinen- 
schauer haben an Stelle der Nachprüfung dem Kreisphysikus eine 
Bescheinigung darüber einzureichen, dass sie noch am Schlachthaus 
beschäftigt sind und zur Zufriedenheit des thierärztlichen Leiters 
ihren Dienst versehen haben. 

Die Nachprüfungen sind in der Regel am Wohnsitze des Kreis¬ 
physikus abzuhalten. 

Die Terminsstunden zn den Nachprüfungen sind so anzusetzen, 
dass die auswärts wohnenden Trichinenschauer möglichst an dem¬ 
selben 'läge den Hin- und Rückweg zurücklegen können. 

Die Trichinenschaucr sind so zn laden, dass einzelnen Gegenden 
am Prüfungstage nicht sämmtliche Trichinenschauer entzogen 
werden. 

ln den Nachpriifungsteiminen haben die Trichinenschauer ihre 
Prüfungfzcugnisse (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung), ihre Anstellungs- 
urkundon. ihre Mikroskope nebst Zubehör, sowie ihre Schaubücher 
(vergl. Ziffer 19 dieser Anweisung) vorzulegen. 

ln den Nachprüfungen ist festzustellen, ob der Nachzuprüfende 
sich noch im Besitze der bei seiner Anstellung als Trichinenschaucr 
vorausgesetzten, für die Ausübung der Trichinen- und Finnenschau 
erforderlichen Kenntnisse uud Fertigkeiten, sowie im Besitze der 
normalen Sehschärfe befindet; auch ist jedes Mikroskop darauf zu 
untersuchen, ob es noch geeignet ist. 

Die Kreisphysiker haben dafür Sorge zu tragen, dass kein auf 
Grund einer Prüfung bestellter Trichinenschaucr ►ich der vorge- 
geschriebenen Nachprüfung innerhalb der zweijährigen Frist 
entzieht 


Trichinenschauer, die bei der Nachprüfung ein ungenügendes 
Wissen zeigen oder im Besitze ungeeigneter Instrumente befunden 
werden, haben rieh innerhalb 6 Wochen einer nochmaligen Prüfung 
vor dem Kreisphysikus zu unterwerfen. Bei abermaligem unge¬ 
nügenden Ausfall der Prüfung ist die Berechtigung zur amtlichen 
Untersuchung des Schweinefleisches zu entziehen. Innerhalb des 
vorgedachten Zeitraums zwischen der nicht bestandenen ersten und 
zweiten Nachprüfung hat sich der Trichincnschauer der Ausübung 
der Trichinen- und Finnenschau zu enthalten. 

Wer gemäss der Vorschrift unter Ziffer 4 dieser Anweisung auf 
Grund bestandener Prüfung ein Prüftingszeugn-ss über seine Be¬ 
fähigung als Trichinen und Finnenschaner erworben hat und nicht 
binnen Jahresfrist nach erfolgter Prüfung zum Trichinenschaucr 
bestellt wird, darf als solcher nur angestellt werden, wenn er die 
vorgeschriebene Nachprüfung für Tricliinenschauer mit Erfolg ab¬ 
gelegt hat. 

Dienstobliegenheiten. 

8. Der Trichinenschauer ist verpflichtet, innerhalb seines Schau¬ 
bezirkes jedem Anträge auf mikroskopische Untersuchung von 
Schweinefleisch oder unter Verwendung von Schweinefleisch be¬ 
reiteten Lebensmitteln möglichst sofort nachzuk<>mmen und die 
zur Unteisuchung erforderlichen Fleischproben selbst zu entnehmen. 
Im Verhinderungsfälle sind die Nachsuchenden von dem zuständigen 
Trichincnschauer sogleich an den ernannten Stellvertreter (siehe 
Ziffer 1) zu verweisen. 

In öffentlichen Schlachthäusern dürfen die Fleischproben durch 
von der Ortspolizeibehörde hierzu eidlich verpflichtete Personen 
(Probenehmer) entnommen werden. Zu Letzt* ren dürfen nur durch¬ 
aus zuverlässige und hierzu besonders unterrichtete Leute, welche 
das Pri.fungs/.eugniss als Trichincnschauer erlangt haben, ver¬ 
wendet werden. 

9 Der Trichinenschauer hat jede bei Ausübung seines Amtes 
zu seiner Kenntniss gelangende Zuwiderhandlung gegen die Be¬ 
stimmungen der Polizeiverordnuug der Ortspolizeibehörde anzu¬ 
zeigen. 

Widerruf der Anstellung. 

10. Von dem bei der Anstellung der Trichinenschauer in Ge- 
mässheit der Ziffer 1 dieser Anweisung vorzubehaltenden Wider¬ 
rufungsrechte ist Gebrauch zu machen. 

a) bei wiederholten Zuwiderhandlungen gegen die Polizei¬ 
verordnung oder diese Ausführungsanweisung, 

b) wenn ein Trichinenschauer in den Dienst von Schweine¬ 
schlächtern oder Schweinehändlern tritt, oder von diesem 
Geschenke annimmt, oder das Schlachten von Schweinen 
oder den Handel mit Schweinefleischwaaren gewerbs¬ 
mässig betreibt, oder Agent einer Versicherungsge¬ 
sellschaft gegen Trichinen und Finnen wird, 

c) wenn er der unter Ziffer 7 dieser Anweisung vorgeschrie¬ 
benen Nachprüfung sich entzieht oder wenn durch die 
Nachprüfung oder auf sonstige Weise dargethan wird, 
dass er sich nicht mehr im Besitze der zur Aus¬ 
übung der Trichinen- nnd Finnenschau erforderlichen 
Kenntnisse und Fertigkeiten oder der gehörigen Seh¬ 
schärfe befindet, 

d) wenn im Uebrigen aus Handlungen oder Unterlassungen 
des Trichinenschauers der Mangel derjenigen Eigen¬ 
schaften klar erhellt, welche bei der Anstellung nach 
den Vorschriften der Polizeiverordnung und dieser 
Ausführungsanweisung vorausgesetzt werden mussten. 

Die erfolgte Entlassung und die Zurücknahme des Prüfungs- 
Zeugnisses wird von der Ortspolizeibehörde in ortsüblicher Weise 
bekannt gemacht. 

Verfahren bei der Untersuchung auf Trichinen 
und Finnen. 

11. Behufs der Untersuchung sind von jedem geschlachteten 
Schweine wenigstens 4 fettfreie Fleischproben, jede von der Grösse 
einer Haselnuss, zu entnehmen und zwar: 

2 Proben aus dem Zwerchfell 

a) vom Nierenzapfen, 

b) vom Kronenfleisch, 

1 Probe aus den Zungenmuskeln, 

1 Probe aus den Kehlkopfmuskeln. 

Die Proben sind möglichst nahe den sehnigen oder Knochen- 
Ansätzen zu entnehmen. 

Der Trichinenschauer hat aus jeder der vorstehend bezeichneten 
Fleischproben je 5, mithin im Ganzen 20 Präparate von je einem 
Quadratcentimeter Grösse sauber und so durchsichtig anzufertigen, 
dass durch dieselben hindurch Druckschrift deutlich gelesen 
werden kann. 

12. Behufs Untersuchung eines Schinkens oder eines anderen 
einzelnen Fleischstückes sind mindestens 3 möglichst fettfreie, etwa 
haseliiussgrosse Fleischproben von verschiedenen Stellen, jedoch in 
möglichster Nähe der seimigen oder Knochen-Ansätze zu entnehmen. 

Aus jeder dieser Fleischproben hat der Tricliinenschauer je 4, 
mithin im Ganzen 12 Präparate von der unter Ziffer 11 dieser An¬ 
weisung bezeichneten Art anzufertigen. 

Behufs der Untersuchung von Würsten sind aus jeder Wurst 
3 dünne Scheiben für jedes Kilogramm in entsprechender Ver¬ 
keilung 1 erauszuschneiden. 

Von jeder dieser Scheibpn sind je 4 Präparate, im Ganzen also 
12 Präparate von der unter Ziffer 11 bezeichneten Art aus den¬ 
jenigen Fleischstücken an/.ufertigon, welche anscheinend aus 
Schweinefleisch bestehen. 


Digitized by LjOOQie 



6 


MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 


No. 9. 


13. Sämmtliche Fleischproben sind in Blechkasten mit nume- 
rirten Fächern oder in weissem Pergamentpapier aufzubewahren; 
auf den Behältern ist die Nummer des Schweines und der Name 
des Besitzers oder Antragstellers deutlich zu notiren. 

Desgleichen sind die Theile des Schweines, aus denen die 
Proben entnommen sind, sowie die Eingeweide durch Einschneiden 
und Numeriren derart deutlich zu kennzeichnen, dass eine Ver¬ 
wechslung ausgeschlossen ist. 

14. Die mikroskopische Untersuchung der angefertigten Prä¬ 
parate geschieht in aer Weise, dass jedes Präparat langsam und 
sorgfältig und zwar methodisch von rechts nach links und von oben 
nach unten durchmustert wird. 

Bei zweifelhaften Befunden sind so viele Fleischproben zu ent¬ 
nehmen und aus denselben so viele Präparate anzuiertigen und zu 
untersuchen, als zur völligen Aufklärung erforderlich sind. 

Die mikroskopische Musterung der von einem Schweine her- 
rührenden Präparate hat mindestens 20 Minuten zu dauern. 

Abstempelung. 

15. Findet der Trichinenschauer die von ihm untersuchten 
Fleischproben trichinen- und finnenfrei, so hat er das Schwein oder 
die Fleischwaaren vorschriftsmässig — siehe Ziffer 16 —abzustempeln 
und ausserdem — im Falle des§4 letzter Absatz der Polizei-Verordnung 
— nach Wahl desjenigen, auf dessen Antrag die Untersuchung statt¬ 
gefunden hat, entweder eine Bescheinigung Uber das Untersucnungs- 
ergebniss auszustellen oder in das Fleischbuch (Schlachtbuch) oder 
in das Fleischwaarenbuch das Erforderliche einzutragen. Vergl. 
§§ 4 und 5 der Polizeiverordnung. 

16. Die Abstempelung (vergl. Ziffer 15 dieser Anweisung) ist 
mittelst viereckigen Farbenstempels, welcher den Namen und erfor¬ 
derlichenfalls die Nummer des Schaubezirks enthält, mindestens 
sechsfach (auf beiden Schinken, Speckseiten und Schulterblättern) 
deutlich und haltbar auszuführen. Als Stempelfarben dürfen nur 
unschädliche Farbstoffe verwendet werden. 

Verfahren bei Trichinen- oder Finnenbefund. 

17. Findet der Trichinenschauer in den untersuchten Fleisch¬ 
proben Trichinen oder Finnen, so hat er sofort 

a) demjenigen, auf dessen Antrag die Unter.'Uclung statt¬ 
gefunden hat, hiervon unter Hinweis auf die Vor¬ 
schriften in § 8 der Polizei-Verordnung Kentniss zu 

§ eben, 

er Ortspolizeibehörde unter Angabe des Sachverhalts 
Anzeige zu erstatten, 

c) die trichinen- oder finnenhaltig befundenen Präparate, 
wohl verkittet oder in anderer Weise gut erhalten und 
deutlich bezeichnet, behufs etwaiger Nachuntersuchung 
drei Monate lang unter sicherem Verschlüsse aufzube¬ 
wahren und dann zu verbrennen, 
d) die Fleischproben, aus denen die trichinös befundenen 
Präparate berriihren, sofort zu verbrennen. 

Nach Massgabe der vorstehend unter a und b aufgeführten 
Vorschriften hat der Trichinenschauer auch dann zu verfahren, wenn 
er zwar Trichinen oder Finnen in den untersuchten Fleischproben 
nicht auffindet, jedoch an dem Schweine oder der Fleischwaare eine 
sonstige Veränderung wahrnimmt, die seiner Meinung nach darauf 
schliessen läst, dass das Thier an einer Seuche eikrankt gewesen 
oder der Genuss des Fleisches geeignet sei, die menschliche Ge¬ 
sundheit zu schädigen. 

Verwendung trichinenhaltiger oder finniger 
Fleischwaaren. 

18. Für die Ausnutzung und Vernichtung trichinenhaltiger oder 
finniger Fleischwaaren sind folgende Bestimmungen massgebend: 

L Trich inen h a 11 i ges Schweinefleisch oder 
trichinen haltige Fleischwaaren dürfen nur zu gewerb¬ 
lichen, niemals aber zu Nahrungszwecken für Menschen oder Thiere 
verwendet werden. 

Gestattet sind?folgende Ausnutzungen: 

a) das Abhäuten und das Entfernen der Borsten, sowie freie 
Verwerthung der Haut und der Borsten, 
b) die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife 
und Leim, 

c) die chemische Verarbeitung des ganzen trichinenhaltigen 
Gegenstandes. 

Die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und Aus¬ 
kochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für Menschen und 
Thiere ist gestattet. 

Wird eine zulässige Ausnutzung vom Eigentümer nicht ge¬ 
wünscht oder ist eine solche überhaupt nicht durchführbar, so ist 
der ganze trichinenhaltige Gegenstand nach vorheriger Zerstücke¬ 
lung mindestens 8 Stunden lang bei wenigstens 100 0 C — insoweit 
erforderlich unter Wasserzusatz — zu durchkochen. 

11a. S t a r k fi n n i g e s Schweinefleischoderstark- 
finnige Fleischwaaren, d. h. solche, bei denen sowohl an 
der Oberfläche, als auch an den verschiedenen Durchschnittsflächen 
auf einem etwa handtellergrossen Theile der Fläche sich mehr als 
eine Finne findet, unterliegen den bei I gegebenen Vorschi iften. 
Nachgelassen wird jedoch: 

1. die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und 
Auskochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für 
Menschen und Thiere; 

2. im Falle der nicht gew ünschten Ausnutzung das Vergraben 
des ganzen finnigen Gegenstandes. 

Derselbe ist vor dem Vergraben mit Theer oder Petroleum oder 


roher Karbolsäure zu übergiessen. Die Grube ist an einer geeigne¬ 
ten Stelle so tief anzulegen, dass die Oberfläche des Thierkörpers 
von einer mindestens 1 Meter starken Erdschicht bedeckt wird. 

II b. Schwach finniges Schweinefleisch oder 
schwach finnige Fleischwaaren dürfen zu Nahrungs¬ 
zwecken benutzt werden, wenn die mageren Fleischtheile in Stücke 
von höchstens acht Centimeter Durchmesser zerkleinert und voll¬ 
ständig gar gekocht sind. Hei dem erst dann zulässigen Verkaufe 
derartigen Fleisches ist anzugebeu, dass dasselbe mit Finnen durch¬ 
setzt ist. Die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und 
Auskochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für Menschen 
und Thiere ist gestattet 


19. Jeder 
Spalten zu Führen: 


Schaubüche r. 

Trichinenschauer hat ein Schaubuch mit folgenden 

• y 


!5X— « 

Cot 
3 « 

3 ® J 

-e % * 

w .5 — 

'5 *4» y 
n £ ■- 

« 3 « 

« öE 

«5^ 


« 


« 


® ©Sc, 

tx 

PT3 c « 
G 

25 ©<; 

« 

■c 


fcc 


6X 3 

03 

« Ö 

H 3 


Dauer 

der Untersuchung 


bis 


a 

© 

t» 

h 

W 


Die Seiten des Schaubuches sind mit fortlaufenden Nummern za 
versehen. Die Anzahl der Seiten ist von der Ortspolizeibehörde auf 
der ersten Seite zu bescheinigen. Jede Untersuchung muss der 
Zeitfolge nach sofort in das Buch eingetragen werden. 

Das abgeschlossene Scbaubuch. sowie das Schaubuch, welches 
sich bei dem Dienstaustritte eines Trichinenschauers im Besitze des¬ 
selben befindet, ist der Ortspolizeibehörde zur Aufbewahrung zu 
übergeben. 

Trichinenschauer, welche in öffentlichen Schlachthäusern Unter¬ 
suchungen auf Trichinen und Finnen vornehmen, sind von der 
Führung des Schaubuches befreit falls ein von der Verwaltung des 
Schlachthauses geführtes Register, die nach Vorstehendem für die 
SchaubUcber der Trichinenschauer vorgeschriebenen Angaben 
enthält. 

Gebühren und Vergütungen. 

20. Dem Kreisphysikus ist Für die in Gemässheit der Ziffer 3 
und 4 dieser Anweisung vorgeschriebene Fachprüfung eines Trichinen¬ 
schauers, einschliesslich der Ausstellung des Prüfungszeugnisses 
über die Befähigung als amtlicher Trichinen- und Finnenbeschauer 
und einschliesslich der Prüfung des Mikroskops, sowie der betreffs 
des letzteren in das Prüfungszeuguiss aufzunehaoenden Bescheinigung, 
eine Gebühr von 6 Mark von dem Geprüften zu entrichten. 

21. Nachprüfungen der Trichinenschauer sind gebührenfrei. 

22. Für jede mikroskopische Untersuchung der zu einem 
Schweine gehörigen Fleischtheile und für die Ausstellung des 
Attestes hat der Besitzer des ausgeschlachteten Schweines an den 
Trichinenschauer den Betrag von zusammen einer Reichsmark zu 
zahlen, für die Untersuchung u. s. w. einzelner Fleisch heile oder 
Fleischwaaren sind je 0,25 Mark zu erheben. 

Die Ortspolizeibehördn ist ermächtigt — in den Landkreisen 
mit Zustimmung des Landraths — diese Gebühr bis auf 0,50 Mark 
zu erhöhen. 

Der Trichinenschauer erhält ferner von dem Besitzer des 
Schweines eine Vergütung von 0,30 Mark für jeden über 2 Kilometer 
von seinem Wohnorte zur Untersuchung des Schweines, bezw. zur 
Entnahme der Probe zurückgelegten Kilometer Weges mit der Mass¬ 
gabe, dass bei Berechnung der Kilometerzahl nur der Hin- oder 
Rückweg berücksichtigt wird. Eine Reisevergütung ist nicht zu ge¬ 
währen. wenn dem Trichinenschauer der Besitzer des Schweines 
einen Wagen zur unentgeltlichen Benutzung gestellt hat oder hat 
stellen lassen. 

B romberg, den 1. November 1897. 

Der Regierungs-Präsident, 
von Ticuemann. 

Nr. 2345 G. T. M. lb. 


Polizei-Verordnung, betreffend den Verkehr mit Milch, 
insbesondere mit Kuhmilch. 

Auf Grund der §§ 5 und 6 der Verordnung über die Polizei- 
Verwaltung in den neu erworbenen Landestheilen vom 20. September 
1867 und der §§ 142, 143 und 144 des Gesetzes über die Allgemeine 
Landesverwaltung vom 30. Juli 1«83 wird mit Zustimmung des 
Magistrats der Stadt Frankfurt a. M. und des Kreis-Ausschusses des 
Landkreises Frankfurt a. M. tiir don S adt- und für den Landkreis 
nachstehende Polizei-Verordnung erlassen. 


Digitized by LjOOQle 




11. Anglist 1898. MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 7 


§ 1. In dem Stadt- und Landkreise Frankfurt a. M. wird die 
Kuhmilch nur in zwei Beschaffenheiten zugelassen, und 
zwar: 

a) als unveränderte ganze Milch — Vollmilch — 

b) mit der einzigen Veränderung durch Abrahmen als — ab¬ 
gerahmte Milch. — 

Mischungen von Vollmilch mit abgerahmter Milch sind verboten. 

§ 2. Vom Handelsverkehr ist im gesundheitspolizeilichen Inter¬ 
esse diejenige ganze oder abgerahmte .Milch ausgeschlossen, welche 
abstammt 

1. von kranken, insbesondere von euterkranken Thieren, sowie 
von solchen, welche husten und abmagern, oder welche 
mit krankhaften Ausflüssen vornehmlich in Folge zurück 
gebliebener Nachgeburt behaftet sind, 

2. von Thieren, welche mit einer Seuche behaftet sind, es sei 
denn, dass der Verkauf solcher Milch durch die einschlägigen 
gesetzlichen Bestimmungen anderweitig geregelt ist. 

3. von Kühen innerhalb der ersten sechs Tage nach dem 
Kalben. 

Vom Handelsverkehr ist ferner ausgeschlossen: jede bittere, 
schleimige, abnorm gefärbte, oder sonst ekelerregende, verdorbene 
Milch, sowie Milch, welche fremdartige Stoffe, Kuhhaare, Stallschmutz 
und dergleichen, oder sogenannte Conservirungsraittel irgend welcher 
Art enthält. 

§ 3. Voraussetzungen für die Zulässigkeit (Marktfähigkeit) der 
Vollmilch im Handelsverkehr ist, dass dieselbe bei einer Temperatur 
von 15 Grad Celsius ein specifisches Gewicht von 1,028 bis 1,031, 
sowie einen Mindest-Fettgehalt von 3 pCt hat 

Die für den Verkauf bestimmte abgerahmte Milch ist als 
solche in der Weise zu bezeichnen, dass dieselbe in Gelassen aut- 
bewahrt, bezw. feilgeboten wird, welche an ihrem oberen Theile 
mit einem festgelötheten, rings umlaufenden gelben Messingreifen 
— mindestens 5 cm breit — versehen sind, aut dem mit deutlichen 
Buchstaben die Bezeichnung: 

„Abgerahmte Milch“ 

steht 

Unter Milch ohne nähere Bezeichnung, auch unter dem Namen 
Hausbaltung6milch, frische Milch und dergleichen wird immer nur 
Vollmilch verstanden. 

Die Milchverkäufer sind verpflichtet, die Milch vor jeder Ent¬ 
nahme gehörig umzuschüttelu. Die Einrede, dass der Fettgehalt 
durch das Ausmessen vermindert sei. schützt nicht vor Bestrafung. 

§ 4. Der Händler hat sich von der Güte der angekauften Milch 
zu überzeugen. 

§ 5. Mit dem Melken, Transportiren, Verkaufen der Milch oder 
sonst welcher Behandlung derselben, sowie mit dem Reinigen der 
Geschirre und der Aufbewahrungsräume (Verkaufsräume) dürfen 
Personen nicht betraut werden, welche mit ansteckenden oder ekel¬ 
erregenden Krankheiten behaftet sind, ferner auch solche nicht, 
welche mit derartigen Kranken in Berührung kommen. 

§ 6. Transport und Aufbewahrung, bezw. Verarbeitung der 
Milch muss in einer Weise geschehen, dass dadurch deren Geniess- 
barkeit und Haltbarkeit nicht beeinträchtigt wird. 

Die Milchverkaufs- und Verarbeitungsräume müssen stets aufs 
Sorgfältigste rein gehalten und ausgiebig gut gelüftet werden. 
Wohn- und Schlafräume dürfen hierzu niemals dienen. 

§ 7. Die zur Aufbewahrung, zum Transport, zum Verkauf und 
zum Ausmessen der Milch bestimmten Gefässe dürfen zu anderen 
Zwecken nicht verwendet werden. 

In Getässen von Zink, Kupfer oder Messing, in Thongefässen 
mit schadhafter oder schlechter Glasur oder in gusseisernen Gefässen 
mit bleihaltiger Emaille darf die Milch nicht aufbewahrt oder feil¬ 
geboten, bezw. ausgeraessen werden. Alle derartigen Geräthschaften 
müssen so beschaffen sein, dass sie weder an die Milch irgend welche 
Bestandtheile abgeben, noch die Beschaffenheit der Milch in irgend 
einer Weise verändern können. 

§ 8. Als Kur- und Kindermilch darf nur eine solche Milch be¬ 
zeichnet werden, welche den hygienischen Ansprüchen genügt, die 
für Produktion, Aufbewahrung und Transport einer Kur- und Kinder¬ 
milch massgebend sind. 

Der Verkauf von Kur- und Kindermilch, oder auch sterilisirter 
Milch muss polizeilich angemeldet und begründet sein. 

§ 9. Andere Sorten als wie die Kuhmilch (Ziegen-, Schaf- und 
Eselsmilch) sind als solche zu bezeichnen und nach analogen Grund¬ 
sätzen zu behandeln und zu beurtheilen. 

§ 10. Sogenanntes Gespül und Küchenabfälle, sowie andere 
faulige oder leicht faulende Gegenstände dürfen auf dem Milch¬ 
wagen nur in einem von den Milchgefässen vollkommen abge¬ 
schlossenen Theile des Wagens und nur in verschlossenen Gefässen 
mit dichtscbliessenden Deckeln mitgeführt werden. 

§ 11. Die zum Verkauf eingeführte oder sonst feilgehaltene 
Milch unterliegt jederzeit der Untersuchung der von Seiten des 
Polizei-Präsidiums beauftragten Organe. Dieselben sind berechtigt, 
aus jedem Gefässe Proben Dis zu einem Liter behufs der Unter¬ 
suchung zu entnehmen, wofür auf besonderes Verlangen Ent¬ 
schädigung in Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten ist Der 
Verkäufer ist befugt, von den revidirenden Beamten eine versiegelte 
Gegenprobe zu verlangen, sowie sich eine Bescheinigung über die 
Entnahme der Milch und die Zeit, zu welcher diese Entnahme erfolgt 
ist, ausstellen zu lassen. 

§ 12. Die Milch Verkäufer sind verpflichtet, ein Exemplar dieser 
Polizei-Verordnung in ihren Verkaufsräumen sichtbar auszuhängen. 

§ 13. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser 
Polizei-Verordnung unterliegen einer Bestrafung von 5 Dis 30 Mark, 


falls nicht die in dem Reichsgesetze vom 14. Mai 1819, bezw. im 
Strafgesetzbuche vorgesehenen höheren Strafen einzutreten haben. 

§ 14. Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem 1. Februar 1898 
in Kraft. 

Frankfurt a. M., den 24. Dezember 1897. 

Der Polizei-Präsident. I. V.: v. Wehrs. 


Preussen. Regierungsbezirk Bromberg. 

Verordnung, betreffend die Maul- und Klauenseuche. 

Vom 6. Januar 1898. 

Wiederholte und zum Tbeil nicht unbegründete Klagen Uber die 
Einrichtung der Sperrzonen bei der Bekämpfung der Maul- und 
Klauenseuche geben mir die Veranlassung, zur Erreichung einer 
gleichmässigen, richtigen und zweckentsprechenden Auwendung der 
betreffenden Bestimmungen Folgendes zu bemerken: 

Die in der neuen Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895 zum 
Reichsviehscuchengesetze vorgesehene Sperrzone hat den Zweck, 
einer Weiterverbreitung der Seuche auch dadurch vorzubeugen, dass 
neben der in verseuchten Orten verhängten Stallsperre, Gehöfts¬ 
sperre, Orts-, Weide- und Feldmarkssperre, auch Gehöfte und Ort¬ 
schaften in die Schntzmassregel bezw. Sperren mit eingeschlossen 
werden, in denen die Seuche noch nicht herrs ht. 

Wegen der überaus leichten Uebertragbarkeit des Ansteckungs¬ 
stoffes, wegen der Neigung mancher Viehbesitzer, die Anzeige des 
Seuchenverdachtes zu unterlassen und wegen der oft geringen 
äus8ern Erkennbarkeit der Seuche, insbesondere bei Schafen, 
Schweinen und Ziegen, ist es unbedingt notwendig, bei ineinander- 
geschobcnen Ortschaften, unmittelbar benachbarten Guts- und 
Geraeinde-Hezirken, bei unbekanntem Ursprung der Seuche und 
endlich bei unbekannter Begrenzung derselben, eine Sperrzone zu 
schaffen. 

Andererseits kann bei verseuchten Ortschaften, wenn sie isolirt 
und von anderen Ortschaften in einer gewissen Entfernung und ohne 
gegenseitigen Verkehr liegen, ein Anlass zur Bildung einer Sperr 
zone überhaupt nicht gegeben sein, sofern Ursprung der Seuche und 
ihre Begrenzung bekannt sind. 

Sache der Behörden wird es also in jedem Falle sein, den Um¬ 
fang und die Abgrenzung der Sperrzone nach den vorstehend 
aufgefübrten Gesichtspunkten und den örtlichen, besonders den 
Verkehrsverbältnissen, zweckmässig su bemessen und in jedem 
einzelnen Falle dabei sorgfältig zu prüfen, dass durch die Ein¬ 
richtung von Sperren der zulässige \ iehverkehr nicht weiter als 
nothwendig gehemmt wird, ln letzterer Beziehung sind nicht un¬ 
berechtigte Klagen seitens der Viehbesitzer erhoben worden. 

Es sind z. B. Orte, in denen sämmtliche Thiere zu Anfang der 
Seuchenperiode durchgeseucht hatten, monatelang wegen benach 
harter neuer Seuchenausbrüche unter der Sperrzone gehalten worden. 

Ferner ist die Ausfuhr von Schlachtthieren bei durchseuchten 
(§ 69 der B. I.), aber noch in der Sperrzone befindlichen Beständen 
sehr häufig von der Beibringung eines thierärztlichen Attestes ab¬ 
hängig gemacht worden (§ 59, Abs. 7), während in diesen Fällen die 
Ausfuhr ohne jede Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche nach 
§ 64 der B.-i. ohne thierärztliches Attest hätte geschehen 
können. 

In manchen Fällen ist überhaupt jede Ausfuhr von Schlacht¬ 
thieren trotz des thierärztlichen Attestes selbst bei durchgeseuchten 
Beständen verweigert worden. 

Nicht selten ist auch den Besitzern durchgeseuchter und bereits 
esund befundener t§ 69 der B.-I.) aber noch in der Sperrzone be- 
ndlicher oder durch neue benachbarte Seuchenausbrüche wieder 
hineingebracht**r Bestände aufgegeben worden, nur gekochte Milch 
abzugeben. 

Die Genehmigung zur Ausfuhr von Sperrvieh zum Schlachten 
ist vielfach davon abhängig gemacht worden, dass der Besitzer 
in jedem einzelnen Falle die im §59, Abs. 7, Ziffer 2a der 
Bundesrath-Tnstruktion vorgesehene Genehmigung der Polizei-Behörde 
des Schlachtortes zu der Einführung der Thiere beibringt, während 
es sich empfehlen würde, sofern eine bestimmte Gegend ihren regel¬ 
mässigen Schlachtviehabsatz nach einem bestimmten benachbarten 
Schachthause bat, die Erlaubniss zur Einfuhr von Schlachtthieren 
zwischen den Polizeibehörden der Ausfuhrorte und den Polizei¬ 
behörden des Schlachtortes, sobald der erste Antrag auf die Ausfuhr¬ 
genehmigung gestellt wird, gleich allgemein für die Dauer einer 
Seuchenperiode zu vereinbaren. 

Unerlässlich ist dabei aber allerdings in jedem Einzelfalle die 
rechtzeitige Anmeldung und bestimmte Zeitangabe des Eintreffens 
der Sperrthiere am Schlachtorte und die Controle der Isolirung der 
Thiere während des Transportes. 

Bei keiner anderen Thierseuche ist den Behörden eine so weit¬ 
gehende Befugniss eingeräumt worden, die Ausnutzung von Thieren 
mit den polizeilichen Schutzmassregeln abzuwägen, wie bei der 
Maul- und Klauenseuche. Umsomehr ist aber auch jede schablonen- 
mässige Anwendung von Schutzmassregeln, besonders die Ab¬ 
grenzung der Sperrgebiete nach der geographischen Umgebung ohne 
Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse, zu vermeiden. 

Die event. Abgrenzung und Verhängung der Sperrzonen muss 
sofort nach Feststellung der Seuche geschehen und nicht allein 
durch das oft nur zweimal in der Woche erscheinende Kreisblatt, 
sondern durch directe Bekanntmachung in den gesperrten Orten 
zur Kenntniss der Betheiligten gebracut werden, weil die dem 
Seuchenfalle benachbarten Besitzer anderenfalls aas abzugebende 


Digitized by LjOOQie 



No. 9. 


8 MITTHEILUNGEN FÜR 


Vieh schleunigst verkaufen und dadurch die Seuchenverbreitung 
unterstützen. 

Unbequemlichkeiten und Härten für den einzelnen Besitzer 
lassen sich leider nicht umgehen, sie können aber dadurch ver¬ 
mindert werden, dass die Betheiligten auch ihrerseits nach Möglich¬ 
keit für die baldige Unterdrückung der Seuche durch Selbstschutz 
Sorge tragen und den Behörden in der Aufdeckung jedes Seuchcn- 
falles bellillflicli sind. 

Der Herr Minister für Landwirtschaft hat jetzt für den dies¬ 
seitigen Bezirk den Kunderlass vom 16. November 181)3 — I, 24Ö10— 
mitgetheilt durch meine Verfügung vom 4 Dezember 1893 — No. 1934 
T lb. — insofern ausser Kraft gesetzt, als die Verpachtung der 
Behörden zur Anwenduug der darin bezeichneten schärferen Mass¬ 
regeln aufgehoben, die Ermächtigung hierzu aber belasset ist. 
Dadurch haben die Polizeibehörden die Befugniss erhalten, je nach 
Lage des Falles, die schäiferen oder die weniger scharfen Massregeln 
anzuwenden, sowie auch Erleichterungen in der Ausnutzung von 
Thieren zu erreichen, wozu besonders die §§59 59a und 64 der B.-I. 
eine entsprechende Handhabe bieten 

Selbstverständlich dürfen die vorstehenden Directiven nicht An¬ 
lass zu einer laxeren Handhabung der Schutzmassregelu bieten. 
Vielmehr erwarte ich, dass gerade jetzt im Winter während des 
geringeren Verkehrs von Personen und Vieh energisch vorgegangen 
wird, um die Seuche zu unterdrücken, und dadurch eine grössere 
Ausbreitung derselben im Frühjahr bei regerem Personen- und 
Viehverkehr zu verhindern. 

Die Kreisthierärzte haben von dieser Verfügung mit dem Auf¬ 
träge Kenntniss erhalten, die Polizeibehörden mit entsprechenden 
Vorschlägen gegebenenfalls zu unterstützen. 

Ueberdruck-Exemplare erfolgen als Anlage. 

I. V.: v. Barnekow. 

An 8ämmtliche Herren Landräthe des Bezirks und die städtische 
Polizeiverwaltung in Bromberg. 

Abschrift erfolgt zur Kenntnissnahme mit dem Ersuchen, die 
Polizeibehörden gegebenenfalls mit entsprechenden Vorschlägen zu 

unterstützen. 

Unterschrift wie oben. 

An 8ämmtliche Herren Kreisthierärzte des Bezirks. 


Landespolizeiliche Anordnung. 

Behufs Abwehr und Unterdrückung der bei den Schweinen auf¬ 
tretenden Seuchen ordne ich auf Grund der §§ 17, 19 ff. des Reichs- 
Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 (R.-G.-B1. 1880 
S. 153 ff./1894 S. 409 ff.) in Verbindung mit § 1 des preussischen 
Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 ( G.-S. 1881 S. 128) und § 1 
der Bumtesrathslnstiuction vom 27. Juni 1895 iR.-G.-BI. 1895 S. 357) 


VETERTNÄRBEAMTE. 


mit Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen 
und Forsten hiermit Folgendes an: 

§ 1. Sofern in den für den Hausirhandel mit Schweinen ge¬ 
sperrten Kreisen des Bezirks der Handel mit Schweinen von festen 
Verkaufsstätteu aus stattfiuden soll, ist der Ortspolizeibehörde von 
der Errichtung einer solchen Verkaufsstätte vor Beginn des Ver¬ 
kaufs Anzeige zu erstatten. Bei jeder Neueintührung von Schweinen 
in die Verkaufsstätte ist der Ortspolizeibehörde das Controlbuch 
zur Revision vorzulegen. Von der Aufgabe der Verkaufestätte nach 
erfolgter Räumung ist der Ortspolizeibehörde gleichfalls Anzeige zu 
erstatten. 

Als feste Verkaufsstätten im Sinne der vorstehenden Vorschriften 
sind nur sulche Verkaufsstellen zugelassen, welche von den Schwarz¬ 
viehhändlern nicht lediglich zum Zweck des Absatzes vereinzelter 
Transporte, sondern auf längere Dauer in Benutzung genommen 
werden. 

§ 2 . Die in der Verkaufsstätte (§ 1) befindlichen Schweinebestände 
sind wöchentlich einmal durchden beamtetenoderdeninseinerBehinde- 
rung vom Landrath beauftragten Thierarzt auf ihren Gesundheitszustand 
zu untersuchen. Derselbe hat über die stattgehabte Untersuchung 
und den Befund einen Vermerk in das Controlbuch, welches ihm 
wie der Ortspolizeibehörde jederzeit auf Verlangen vorzulegen ist, 
einzutragen. Die Bestimmung im § 6 der landespolizeilichen An¬ 
ordnung zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche vom 18. Ja¬ 
nuar 1898 (R-A.-Bl. S. 49) findet auf die in den Verkaufsstätten (§ 1) 
befindlichen Schweinebestände keine Anwendung. 

§ 3. Die in eine Verkaufsstätte (§ 1) cingeführten Schweine 
dürfen nicht in eine andere überführt oder vor dem Yerk^pf ap#.. 
derselben entfernt werden... 

§ 4. Die von einer festen Verkaufsstätte (§ 1) aus verkauften 
Schweine dürfen nach ihrem neuen Bestimmungsorte nicht genieben 
werden. 

§ 5. Die Vorschriften der Polizei-Verordnung, betreffend die 
Reinigung der Gastställe, Futterkrippen und Stalluteusilien, vom 
12. März 1883 (R.-A.-Bl. S. 84) der Polizeiverordnung, betreffend die 
Instandsetzung und Desinfection der zum Einstell« n von Handels¬ 
vieh benutzten Stallungen, vom 25. Juli 1886 (R-A.-Bl. S. 301, 302) 
bezw. des § 15 der landespolizeilichen Anordnung, betreffend Mass¬ 
regeln gegen Schweineseuchen, vom 18. Januar 1898 (R.-A.-BI. S. 52, 
53) finden auf die feoten Verkaufsstätten (§ 1) entsprechende An¬ 
wendung. 

§ 6. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Vorschriften werden, 
soweit nicht deu bestehenden Strafgesetzen zulolge eine höhere 
Strafe verwirkt ist, gemäss § 66 Ziffer 4 des Reichs-Viehseuchen- 
Gesetzes bestraft. 

§ 7. Diese Anordnung tritt mit dem Tage ihres Erscheinens im 
Regierungsamtsblatt in Kraft. 

Breslau, den 13. Juli 1898. 

Der Regierungspräsident. 

Dr. von Heydebiand und der Lasa. 


Berlin, Druck von \V. BQxenstein 


Digitized by LjOOQie 




11. August 1898. 


BERLINER TH 1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


verschleppt, sondern es wird in der Milchdrüse auch die schützende 
Decke der Epithelien zerstört and die Keime in das. Lumen der 
DrÜBengänge gebracht, von wo sie als mechanische Beimengung 
in die Milch gelangen. Man muss also annehmen, dass nnr solche 
Keime mit der Milch ansgeschieden werden, die Haemorrhagien 
verursachen. Im Widerspruch damit scheint die Rindertuber- 
culose zu stehen; ungefähr V» der perlsüchtigen Kühe, in deren 
Milch Tuberkelkeime gefunden worden, hat scheinbar keine Local¬ 
erkrankung des Euters. Doch weisen die Verff. darauf hin, wie 
leicht bei einem so grossen Organ, wie es das Euter einer Kuh 
ist, ein oder der andere kleine Herd der Untersuchung entgehen 
kann. 

Der gegenwärtige Stand der Frage Aber die Identität 
der Diphtherie des Menschen nnd der Yögel. 

Von Dr. Bruno Galli - Valerio, 

Professor an der medicinischen Facultät zu Lausanne. 

(Centralbl. f. Bakt. 1897, H. 18/19.) 

Der Streit über die Identität der Diphtherie des Menschen 
mit der der Vögel ist noch nicht entschieden. Noch immer 
stehen die Unisten, Fachgelehrte, welche beide Krankheiten auf 
einen Mikroben zurückführen wollen, den Dualisten gegenüber, 
die für jede Form eine besondere parasitäre Ursache in Anspruch 
nehmen möchten. Die Frage ist nicht nur vom wissenschaft¬ 
lichen, sondern auch vom practischen Standpunkt wichtig, denn 
von der Identität beider Diphtherieformen hängen gewisse sanitäre 
Massnahmen ab. 

Der Verf. versucht nun durch eine Kritik der bezüglichen 
Publicationen, welche, chronologisch geordnet, aufgeführt werden. 
die Stellung darzulegen, welche die Sanitätspolizei bis zur 
weitern Klärung der Sache nothwendiger Weise einzunehmen 
habe, und kommt zu folgenden Schlusssätzen: 1. Mit dem Namen 
Diphtherie werden bei den Vögeln verschiedene Krankheitsformen 
bezeichnet. 2. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass unter 
diesen die echte, durch den Bacillus Klebs - Löffler verursachte 
Diphtherie vorhanden ist, die auf den Menschen übergehen kann. 

3. Es giebt sicher auch noch andere Formen, welche, wie die von 
Loir und Dncloux beobachtete, beim Menschen pseudo- 
diphtheritische Anginen erzeugen können. 

Hiernach müsse die Sanitätspolizei jeder Vogeldiphtherieform 
misstrauisch gegenüberstehen und Massregeln treffen, eine mög¬ 
liche Uebertragung auf den Menschen zu verhüten. 

Ueber Ganglienzellen am Herzen der Säugethiere. 

Von Dr. Schwartz. 

(D. med. Woch 30 |!I8). 

Da über die Lage der Herzganglien bisher eine Einigung 
nicht erzielt werden konnte, so unternahm er von Neuem, nach 
dieser Richtung hin Untersuchungen anzustellen. Um von den 
Nervenstämmen und -Fasern unabhängig zu sein, wählte Verf. 
eine FSrberaethode, welche für die Ganglienzellen ausserordent¬ 
lich geeignet ist, nämlich die Thioninmethode, bei der sich die 
Ganglienzellen, nicht aber die Nervenfasern färben; um auch 
möglichst keine Stelle des Herzens ununtersucht zu lassen, 
hat Verf. Serienschnitte in drei Richtungen gemacht, in sagittaler, 
frontaler und transversaler Richtung. Jeder fünfte Schnitt wurde 
gefärbt, später auch die Zwischenschnitte. Bei dieser gewiss 
gründlichen Methode fand Sch. Folgendes: 

1. Die Ganglienzellen kommen im Herzen der Säugethiere 
nur auf einem beschränkten Gebiete vor. 

2. Das Gebiet befindet sich auf der Hinterfläche der Vor¬ 
höfe, liegt zwischen den hinteren Endigungen der Herzohren 
mehr links als rechts um den Sinus herum und erstreckt sich 
nach unten bis zum Sulcus coronarius transversns. Sie sind 
unter dem Epicard gelagert. 


379 

3. Ausser den Ganglienzellen findet man auf der Oberfläche 
des Herzens noch eine Art von Zellen — die Mastzellen —, 
welche wie unter dem Pericard, so auch im Myocard verbreitet 
sind und wie den Gefässen, so auch den Nerven folgen. 

4. Weder an drr Oberfläche, noch im Myocard der Ventrikel, 
noch im Myocard der Vorhöfe findet man echte Ganglienzellen. 

5. Die Untersuchungen stehen mit den Angaben, wie sie 
His jnn. für die Embryonen machte, im Einklänge. 

Sichtbarmachung der Kerne der rothen Blutkörperchen. 

Von P e t r o n e. 

(Xaturw. Akud. zu Catania. MQuoli. med. Woch £8 98) 

Petrone empfiehlt zur Sichtbarmachung des Kerns der 
rothen Blutkörperchen Lugol’sche Lösung und demnach Gold¬ 
chlorid oder Argentum nitricum. Die specifische Reaction auf 
diese Medien, welche den rothen Blutkörperchen nicht nur vor 
den Leucocyten. sondern vor allen anderen Zellen eigenthüralich 
ist, macht es mehr als wahrscheinlich, dass es das Eisen des 
Blutkörperchenkernes ist, welches Bie veranlasst. Das Hämoglobin 
enthält viel weniger Eisen. Dem Kern der Leucocyten fehlt das 
Eisen gänzlich, während im Protoplasma derselben sich Spuren 
zeigen. Bei Oligäraien ergiebt die chemische Reaction einen viel 
geringeren Eisengehalt des Kernes der rothen Blutkörperchen als 
in normalen Zuständen. 

Therapeutische Notizen. 

Die Tetanusbehaudlung nach Bacoelll. 

Die Tetanusbehandlung nach Baccelli, das ist die subcutane 
Injection von 2 bis 3 pCt. Carboisäurelösung (3 bis 4 cg pro 
Dosi und bis 35 cg Carbolsäure in 24 Std.), erfreut sich in 
Italien noch grosser Anerkennung. Die Carbolsäure soll auf das 
im Blute circulirende Tetanusgift sicherer wirken als das Te¬ 
tanusheilserum, ausserdem auch auf die schon vom Gift ge¬ 
troffenen Nervenelemente. Diese Behandlung ist für den practischen 
Arzt leicht ausführbar und wenig kostspielig; in allen Fällen 
sollte sie wenigstens die Sernmbehandlung begleiten. Ascoli hat 
über die mit dieser Methode erlangten Resultate eine Mittheilung 
an die Academia medica zu Rom gemacht. 

Das Verhältnis der Todesfälle zu den Heilungen bei den 
verschiedenen Behandlungsarten soll sich folgendemassen stellen: 
Nach Baccelli’schen Methode 1: 30, 

Tizzoni’8 Serum . . . . 8:40, 

Behring’s Serum No. I. . 4 :11, 

„ „ „ H. . 2: 9. 

Die ganz wunderbare Thatsache, dass so grosse Mengen 
Carbolsäure ohne jede Intoxikationserscheinungen dem Organismus 
einverleibt werden konnten, erklärt Verf. durch eine besondere 
Resistöns der Tetanischen gegen das Gift. 

(Münch, med. Woch. u. Dtsch. med. Ztg.) 

Ueber antlenzymische Wirkung des Blutserums. 

Das Blutserum hat ausser den bactericiden, agglutimirenden 
und antitoxischen Eigenschaften noch eine dritte Kraft, welche 
Enzyme (Trypsin) inactiv zu machen im Stande 
ist. Die antienzymische Wirkung hat F. im Jahre 1894 ent¬ 
deckt, als er versuchte, das Schicksal der Enzyme im Körper 
zu verfolgen. Dabei stellte sich heraus, dass das Trypsin weder 
durch den Harn noch durch den Darm eliminirt wurde. Es 
musste deshalb im Organismus zerstört werden. Wennn frische 
Organstücke, Muskelfleisch, Milz, Leber, Nieren fein zerhackt und 
mit Trypsin vermischt wurden, war dasselbe nach 24 Stunden in 
der. Mischung nicht mehr nachweisbar. Dasselbe Resultat ent¬ 
stand, wenn das Trypsin der Wirkung des Blutserums und des 
Blutes unterworfen wurde. Bei der Erwärmung verliert das 
Serum seine antienzymische Kraft. (Aus dem Institut der Königl* 


Digitized by LaOOQie 



380 

Universität Rom. Von Dr. C. Fermi. Centralbl. f. Bact. 1897. 
Bd. XXn, H. I.) 

La poudre uterine de Roux. 

In den Nummern 4 und 5 des schweizerischen Bulletins 
über ansteckende Krankheiten werden verschiedene Geheim¬ 
mittel empfohlen, unter denen sich auch das Roux’sche Pulver 
gegen das Zurückbleiben der Nachgeburt befindet. 

Nun hat sich die Vereiniguug der schweizerischen Thierärzte 
bei der Agricultur-Abtheilung in Bern über diese Anpreisungen 
beschwert. Die Beschwerde wird besonders damit begründet, 
dass ein Packet von 150 g Pulver (Roux) für den theuern Preis 
von 5 Francs (4 Mark) verkauft wird, während dasselbe nach 
einer amtlichen Analyse nur aus Fenchelsamen, kleinen 
Quantitäten von Secale cornutum, Samen von Foenum 
graecum und aus Asa foetida bestehe. 

Der Minister Deucher hat angeordnet, dass ähnliche Inserate 
nicht mehr in diese officiellen Mittheilungen aufgenommen werden. 

(Clin. vet. 1898, H. 25.) 

Gegen puerperale Eklampsie. 

Gordon erzielte beim Menschen durch subcutane Injection 
von 5 Tropfen des Fluidextractes von Rhizoma Veratri viridis 
prompten Erfolg. Die arterielle Spannung und Pulsfrequenz 
wurde vermindert; Convulsionen traten nicht wieder auf. 

Dtsch. med. Wschr. 2,98.) 

Menthol bei Hautkrankheiten. 

10—20 pCt. Mentholkollodium 1—2 Mal täglich mindert bei Con- 
tusionen den Schmerz sehr rasch und fördert durch den Kollodium¬ 
druck die Resorption. Gegen aufgesprungene Hände ist empfehlens¬ 
wert!^ Menthol 0,5, Oleum Olivar. 1, Lanolin 50. 

Thlol. 

Wirz (Dtsch. med. Wschr. 97, 27) verwendet statt Ichthyol 
Thiol mit bestem Erfolge unter den mannigfaltigsten Verhältnissen. 
Bei Entzündungen schmerzlindernd und resorbirend, bei 
Eiterungen den Durchbruch befördernd. Phlegmonen bilden sich 
in wenigen Tagen zurück. Bei Typhlitis, Peri- und Parametritis, 
Otitis externa etc. ebenfalls empfehlenswerth. Anwendung am 
besten als Tbiolum liquidum purum in dem dickflüssigen 
Fabrikationszustand, nicht in der von den Apothekern mit Wasser¬ 
zusatz bewirkten dünnen Lösung, weil jede Verdünnung Abnahme 
der Wirksamkeit bedingt. Geruchlosigkeit, Billigkeit und gute 
Wirksamkeit sind Vorzüge des Thiols gegenüber dem Ichthyol. 

Chirurgischer Verband mittelst Baisamum peruvianum und Oleum Riclni. 

Gal laut hebt den Werth beider Substanzen als chirurgische 
Verbandraittel hervor, gestützt auf 29 000 probirte Fälle. Blut 
und Eiter werden resorbirt. Am besten wird reines Ricinusöl 
in Verbindung mit 6—10 proc. Perubalsam verwendet, die Mischung 
mittelst Sprayapparat auf Gaze gebracht, diese in mehreren 
Lagen auf die Wunde gelegt, mit Guttapercha etc. bedeckt 
und befestigt. Bei grösseren Wundflächen kann vorher Jodoform 
und Aehnliches aufgepudert werden. Stärkere Concentration 
von Perubalsam ist reizend. Der beschriebene Verband saugt 
wie ein Schwamm die Secretion auf. Sterilisation beider Substanzen 
überflüssig. Der Verband wurde bei Verbrennungen, Biss- und 
Schusswunden, Abscessen, Geschwüren etc. verwandt; er braucht 
nur zweimal wöchentlich erneuert zu werden. 

Heftklammern für Wunden. 

Wach8mann benutzte bei Wunden, welche hätten genäht 
werden müssen, Wundklaramern zum Verschluss. Es sind ver¬ 
nickelte, gerade, öhrlose Nadeln, deren beide scharf geschliffenen 
Spitzen einen Winkel von 45° mit einander bilden. 

(Berl. klin. Wschr. 96, 45.) 


No. 32. 

Geronnenes Oel bei Nenrektomle. 

Nach Corning (Mödical record) ist sowohl in der Menschen¬ 
ais der Thierheilkunde zur Ausführung der Neurektomie die An¬ 
wendung geronnenen Oeles empfehlenswerth und von ihm probirt, 
um die Wiedervereinigung durchtrennter Nerven zu verhindern. 
Das Mittel hat den Vortheil, dass statt der Neurektomie die ein¬ 
fache Neurotomie genügen soll. Durch Schmelzen von Theo¬ 
brominöl im Wasserbade und Hinzufügen von soviel Paraffin, 
dass der Schmelzpunkt über 41° C. liegt, stellt er eine Masse 
her, die mit gewöhnlicher Pravaz’spritze um die zu durch¬ 
trennende Nervenstelle injicirt wird. Die Masse bildet einen 
festen Wall zwischen den Nervenenden, der eine Wiederver¬ 
einigung unmöglich machen soll. 

Tagesgeschichte. 

VI. Plenar-Versammluiig der Central Vertretung der 
thierärztlichen Vereine Prenssens 
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. 

.(Schluss.) .. 

Der letzte Gegenstand der Tagesordnung, „Stellungnahme der 
Thier&rzte bez&glloh des Erlasses eines Knrpfusoherei-Verbotes“, ge¬ 
langte nicht zur Erledigung. 

Der Referent, Schlachthofdirector, Oberrossarzt a. D. Wulff, 
hatte die Angelegenheit seiner Zeit im Brandenburger Verein zur 
Sprache gebracht. Angesichts der Bestrebungen der Aerzte um 
Ausscheidung aus der Gewerbeordnung und Wiederherstellung 
des ehemaligen Kurpfuscherei-Verbotes gelangte der Verein zu 
der Ansicht, dass eine Besprechung des Gegenstandes in der 
Centralvertretung wünschenswert sei und stellte bei letzterer 
einen entsprechenden Antrag. 

Der Referent Wulff trat entschieden für die Notwendigkeit 
eines Kurpfuscherei-Verbotes ein und belegte diese Forderung mit 
drastischen Beispielen aus dem Pfuscherthum, betonte auch, dass 
thatsächlich nicht einmal die Bezeichnung als Thierarzt aus¬ 
reichend geschützt sei. Die Versammlung war in der Beurteilung 
der Schäden des Pfuscherthums einig, Oberrossarzt Luch au hielt 
aber ein Verbot nicht tür durchführbar. 

Auch der Präsident wies auf die Schwierigkeiten hin, welche 
der gesetzlichen Verhütung der Pfuscherei entgegenstehen, und 
teilte mit, dass die Aerztekammeru beschlossen hätten, bis auf 
Weiteres das Vorgehen für ein Pfuschereiverbot zu vertagen. 

Unter diesen Umständen war die Stimmung der Versammlung 
nicht für eine Verfolgung dieser Angelegenheit. Es wurde daher 
ein Antrag (Schmaltz) angenommen: Die Centralvertretung 
stellt eine Beschlussfassung über die Stellung der 
Thierärzte in der Gewerbeordnung und über das Ver¬ 
bot der Kurpfuscherei zurück, bis die Stellungnahme 
der Aerzte in dieser Frage feststeht. 

Damit sind die Verhandlungen beendet. 

Der Präsident dankt den erschienenen Delegirten, stellt mit 
Genugtlmung fest, dass die gründlichen und sachlichen Verhand¬ 
lungen zur Aufklärung und Einigkeit in schwierigen Fragen ge¬ 
führt hätten und fordert die anwesenden Vertreter aller Vereine 
in warmen Worten auf, weiter treu festzuhalten an der segens¬ 
reich wirkenden festen Gesammtorganisation, Absonderungen 
einzelner Gruppen und alle sonstigen den Keim einer Zersplitterung 
in sich tragenden Vorgänge zu vermeiden und immer eingedenk 
zu bleiben, dass es keine Sachlage gebe, die es rechtfertigen 
könne, etwas zu thun, was zum Schaden der Gesammtheit aus- 
schlagen könne. (Beifall.) 

Veterinärassessor Dr. Mehrdorf dankt dem Präsidenten und 
bringt ein Hoch auf denselben aus, welches von der ganzen Ver¬ 
sammlung lebhaft aufgenommen wird. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 





11. August 1898. 

Das nachfolgende Diner gab dem Professor Schmaltz Ge¬ 
legenheit, daran zu erinnern, dass der allverehrte Präsident 
der Centralvertretuug vor Kurzem sein 25jähriges Jubiläum als 
Mitglied der Universität Göttingen gefeiert habe. Der Redner 
sprach dem Jubilar die herzlichsten Glückwünsche der Ver¬ 
sammlung aus und feierte ihn als ausgezeichneten Repräsentanten 
seines Berufes, als treuen Thierarzt und erfolgreichen Führer 
seines Standes. 

Der Jubilar stehe an einem Platze, an dem eine aus¬ 
gezeichnete Vertretung für den thierärztlichen Stand ganz be¬ 
sonders bedeutungsvoll sei. Und er fülle diesen Platz als Ver¬ 
treter seiner Wissenschaft und als Mensch in so hervorragender 
Weise aus, dass man wohl sagen könne: Wenn wir überall auf 
wichtigen Posten so vertreten wären, würden wir im Sturm¬ 
schritt vorwärts kommen. Der Jubilar habe alle Gesellschafts¬ 
kreise, hoch und niedrig, die Vertreter der Wissenschaft wie 
Bürger, Bauern und alte Soldaten für sich gewonnen. Das habe 
das Fest bewiesen, welches ihm die Göttinger Bevölkerung unter 
der Aegide der Universität zu seinem Jubiläum bereitet habe. 

Die Thierärzte müssten ihm aber nicht allein dafür dankbar 
sein, dass er ein ausgezeichnetes, sondern viel mehr noch dafür, 
dass er ein treues Mitglied ihres Standes sei. Wie viele, die an 
einen Platz gestellt sind, wo seien repräsentiren und nützen könnten, 
hätten nichts eiliger zu thun, als sich selbst und Fernstehende 
vergessen zu machen, dass sie noch Thierärzte seien. Und wie 
nahe sei es grade dem Professor Esser gelegt, aus dem thier- 
ärztlichen Kreise herauszutreten, als ordentlicher Professor einer 
Universität, dessen Thätigkeit ihn mit Tbierärzten gar nicht 
in Fühlung halte. Trotzdem sei er uns treu geblieben, habe er 
Überall, in Worten und Thaten, sich als Thierarzt gefühlt und 
gegeben, als College gedacht und gehandelt. 

Und er sei nicht allein ein treues Mitglied des thierärzt¬ 
lichen Standes geblieben. Er sei auch dessen Führer geworden. 
Mit Ehrenämtern überladen, hahe er auch das schwere Amt der 
thierärztlichen Standesvertretung bereitwillig auf sich genommen. 
Die Thierärzte wüssten, was sie seinem offnen entschiedenen 
Auftreten, seinem Einflass und seiner Bereitwilligkeit verdankten. 
Selten sei ein Vorsitzender, der so die Eigenschaften der Liebens¬ 
würdigkeit, Geistesgegenwart, Würde und Entschiedenheit in 
sich vereinige. Wenn man auch um sich blicke, es sei keiner, 
der ihn hier ersetzen und keiner, der sich in diesen seinen Ver¬ 
diensten um den thierärztlichen Stand derzeit mit ihm messen 
könne. 

Die Versammlung gab am Schluss der Rede ihren Sympathien 
für den Gefeierten sehr lebhaften Ausdruck. 

Schmaltz. 

t 

Durch den unerbittlichen Tod hat der Verein der Thierärzte 
in Westpreussen in kurzer Zeit zwei Mitglieder verloren, die zu 
den eifrigsten und thätigsten desselben gehörten. 

Am 27. v. Mts. starb nach längerem Leiden der Königliche 
Kreisthierarzt Herr Heinrich Kruckow in Rosenberg W.-Pr. 
im 56. Lebensjahre. Seit einer Reihe von Jahren im Kreise 
Rosenberg W.-Pr. thätig, hat sich der Verstorbene allseitige 
Liebe und Achtung zu erwerben gewusst. Im rüstigsten Mannes- 
alter hat er dahinscheiden müssen; sein Tod hat eine unersetz¬ 
liche Lücke in unsere Reihen gerissen. Wer den Collegen 
Kruckow gekannt hat, wird dies wohl zu würdigen wissen. Er 
besass eine selten veranlagte Natur. Neben tüchtigem Wissen 
und praktischem Können verfügte Kruckow über einen un¬ 
verwüstlichen Humor, der ihn selbst in trüben Stunden nicht ver- 
liess. Er war ein sehr eifriger Besucher unserer Vereins- 


381 

Versammlungen und bildete darin ein äusserst belebendes Element. 
Sein oft derber, selbst auch sarkastischer Witz vermochte auch 
den trockendsten Stoff zu einem anregenden und unterhaltenden 
zu machen. Wir verdanken dem liebenswürdigen Wesen unseres 
Kruckow so manche fröhliche und heitere Stunde. Ihm soll 
weit über das Grab hinaus ein treues Angedenken bewahrt bleiben. 

Am 1. d. Mts. starb plötzlich der Königliche Kreisthierarzt 
Herr Friedrich Schmidt in Elbing im 62. Lebensjahre. Auch 
dieser College befand sich noch in rüstigem Mannesalter, als ihn 
der Tod abrief. Sein Hinscheiden wird allseitig auf das tiefste 
bedauert. Seit fast 30 Jahren in Elbing thätig, hatte er es ver¬ 
standen, die Liebe und die Achtung nicht nur seiner Collegen, 
Bondern auch der ihm ferner stehenden Kreise zu erwerben; er 
nahm in Folge dessen in Elbing eine hochgeachtete Stellung ein. 
Bis 1886 Oberrossarzt im Ostpr. Ulanen-Regiment No. 8, welches 
damals in Elbing garnisonirte, übte er, nachdem er den von ihm 

erbetenen Abschied erhalten hatte, in Elbing eine sehr thätige 

und erfolgreiche Privatpraxis au3. Nach dem Tode des Kreis- 
thierarztes Oldendorf im April 1897 wurde er zum Kreisthierarzt 
ernannt und ihm die Elbinger Kreisthierarztstelle übertragen. 
Er sollte dieselbe nur kurze Zeit innebaben. Mit der Familie 
stehen die näheren Freunde und Collegen tiefbetrübt an dem 
Sarge dieses hochachtbaren Mannes, dessen liebenswürdiges, stets 
hilfsbereites Wesen unser aller Herzen eingenommen hatte. 
Unser Verein speciell verliert in dem Verstorbenen ein sehr 
tbätiges, verdienstvolles Mitglied. Er ist Jahre lang Vorstands¬ 
mitglied in demselben gewesen und gehörte zu seinen Mit¬ 

begründern. Bei den Vereinsversammlungen hat er selten ge¬ 
fehlt und hat stets ein grosses, thätiges Interesse für die Förderung 
unserer Wissenschaft und unseres Standes an den Tag gelegt. 
Auch ihm werden wir ein dauerndes Angedenken in unseren 
Herzen bewahren. 

Danzig, den 2. August 1898. 

Preusse, 

Vorsitzender des Thierärztlichen Vereins 
in Westpreussen. 

Naturforscher-Versammlung In Düsseldorf. 

Zu der 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte, 
welche vom 19.—24. September 1898 in Düsseldorf tagt, wird 
seitens des hierzu berufenen Central-Comit£s eine rege Thätig¬ 
keit entfaltet, um die Versammlung neben der Reichhaltigkeit 
des Stoffes eine glänzende Aussenseite zu sichern. Es möge 
diese Thatsache dazu Anregung geben, dass seitens der Vertreter 
der thierärztlichen Wissenschaft Alles aufgeboten werden müsse, 
um den übrigen auf der Versammlung vertretenen Wissenschaften 
ebenbürtig zu erscheinen. Es bedarf wohl kaum eines Hinweises, 
dass vorgenannter Zweck nur durch möglichst zahlreiches Er¬ 
scheinen der Fachgenossen, Bowie durch die Reichhaltigkeit fach- 
und gemeinwissenschaftlicher Vorträge erreicht werden kann. 
Von der medicinischen Hanptgruppe, zu welcher die Abtheilung 
Thierheilkuude gehört, ist der Arbeitsplan bereits festgestellt. 
Es ist im Allgemeinen die Vorkehrung getroffen, dass Vormittags 
die einzelnen Abtheilungen ihre Vorträge halten, dagegen sind 
die Nachmittage bestimmt zu gemeinwissenBchaftlichen Vorträgen 
und zu Vergnügungen, wie Ausflüge, Besichtigung der Sehens¬ 
würdigkeiten von Düsseldorf und Umgegend u. s. w. 

Zur Beantwortung etwaiger Anfragen sind die Unterzeiclmeten 
gern bereit. 

Die bereits angemeldeten Vorträge werden wie auch spätere 
Anmeldungen, durch nachträgliche Veröffentlichung zur Kenntniss 
gebracht. 

Renner. Junker. Frisch. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



382 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 32. 


Aus SchleswigHolstein. 

In No. 31 war eine Zeitungsmeldung mitgetheilt, betreffend 
einen angeblich in der Schleswigschen Landwirtbschaftskammer 
verhandelten bezw. angenommenen Antrag, welcher so geartet 
war, dass man an der Richtigkeit jener Meldung zweifeln musste. 

Wie uns mitgetheilt wird, ist aber tliatsächlich ein dem Sinne 
nach gleichlautender Antrag von einem Ausschuss der Kammer 
gestellt worden. Es ist im Plenum jedoch nicht zur Verhandlung 
gelangt, sondern (nach einem Bericht im landwirtschaftlichen 
Wochenblatt) in Folge eines Bescheides des Herrn Oberpräsidenten 
von Köller zurückgezogen worden. 

Rothlaufserum. 

In der Versammlung der Vereinigung deutscher Schweine¬ 
züchter vom 1. Juli er. wurde von Neuem allseitig festgestellt, 
dass das Lorenz’sche Verfahren der Schutzimpfung gegen den 
Schweinerothlauf alle Erwartungen befriedige. Die meisten Mit¬ 
glieder verfügen über ein reiches jErfahrungsmaterial; so hat 
Rittergutsbesitzer Bernsten allein 2000 Schweine ohne jeden 
Fehlschlag impfen lassen. Dabei wurde aber bittere Klage 
darüber geführt, dass die Serum-Gewinnnngsanstalt zu Prenzlau 
das Bednrfniss nicht befriedigen könne und dass die Beschränkung 
des Bezuges auf diese Stelle daher sehr lästig und nachtheilig 
sei. Auf Antrag des Zuchtdirectors Marks-Posen wurde be¬ 
schlossen, den Herrn Minister für Landwirthschaft zu bitten, den 
Bezug von Lorenz’schem Serum aus staatlichen Impfanstalten 
preiswerth zu ermöglichen. 

Aus Deutsoh Süd west- Afrika. 

Zu Folge' directer Mittheilungen sind im Süden der Colonie 
folgende Resultate zu verzeichnen: In der Bezirkshauptmannschaft 
Gibeon stellt sich der Verlust bei den Rinderpestimpfnngen auf 
13,6 pCt. In der Bezirkshauptmannschaft Keetmanshoop bestehen 


vier „GallenBtationen“, welche mit Verlusten von 5,5 pCt., 
7,6 pCt., 12,7 pCt. und ca. 5 pCt. arbeiten. In der Capcolonie 
schwanken die besten Resultate zwischen 10 bis 15 pCt. Man 
muss dabei bedenken, dass bei der Undnrchführbarkeit einer 
vollständigen Sperre häufig in schon inficirten Beständen ge¬ 
arbeitet wird, dass die Desinfectionsanstalten nur schwer den 
Anforderungen anzupassen sind und dass die Sorglosigkeit der 
Eingeborenen Alles ausserordentlich erschwert Wenn die Um¬ 
stände noch etwas günstiger werden, so wird die K o c h’sche 
Gallen-Impfmetbode mit 5 pCt. Verlust arbeiten können. Das 
bedeutet, dass die K o c h’sche Methode alle anderen Methoden 
hinter sich lässt und ein ausserordentlicher Segen für die anf 
Viehzucht angewiesene Colonie ist 

Der Krebspesterreger. 

Nach einer Zeitungsmeldung hat der Professor für Zoologie 
und Fischkunde an der thierärztlicheu Hochschule zu München 
Dr- Hofer den Bacillus der Krebspest entdeckt und wird seine 
Resultate dem VII. deutschen Fischerreitag zu Schwerin (18. biö 
21. August) vorlegen. Man kann nur hier auch sagen: Was 
nutzt der Bacillus, wenn er nicht zu tödten ist. Ob die Ent¬ 
deckung irgend ein praktisches Ergebniss haben wird, bleibt 
daher abzuwarten. 

Frequenzen thierärztlicher Hoohsohulen Sommer-Semester 1898. 

Dresden: 219 Hörer einschliesslich 27 Hospitanten; darunter 
63 Sachsen, 57 Prenssen, 21 Bayern, 33 ans anderen Bundesstaaten, 
18 Ausländer. 

Giessen: 63 an der Universität studirende Veteriuärmediciner. 

Hannover: 218 Studirende und 20 Hospitanten, davon 197 aus 
PreusseD, 8 Süddeutsche, 31 aus Mittel- und Norddeutschen 
Bundesstaaten (11 Braunschweiger) 2 Ausländer. 

Stuttgart: 90 Studirende. 


Oeffentliches YeterinSrwesen. 


(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 
(Vergleiche auch die Beilage zu dieser Nummer.) 


Fleischschan und TiehYerkehr. 

Berlin: Auszug aus dem Flelsobschauberioht für Monat Juli 1898 

A. Schlachthof. 



Rinder ! 

Kälber 

Schafe | 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

11280 

11830 

39463 

47 466 

Ganz beanstandet. 

200 

49 

3 i 

444 

Ueberhanpt mit Tuberculose 





behaftet. 

2127 

37 i 


2 370 

Davon gänzlich verworfen . 

60 

1 

— | 

57 

„ sterilisirt und verwerthet 

65 i 

16 

— | 

250 

„ theilweise verworfen . . 

io ! 

— 

— ! 

— 

Also vollständig freigegeben 

1992 

20 

— 

2063 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

7 

Mit Finnen behaftet .... 

61 

4 


33 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

1 

1 

— ■ 

6 

Finnig und wässerig, tech- 


1 



nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

60 

3 

— 

27 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementcn, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s. w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

— 

— ' 

11 


An einzelnen Organen and Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 3821 Stück, bei Kälbern 60 Stück, bei Schafen 2482 Stück, 
bei Schweinen 8703 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 


Untersucht. 

18 359 

7124 

3404 

WLm 

Beanstandet. 

58 

6 

— 

19 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

29 


_ 

3 

Davon sind sterilis. verwerthet 

15 

— 

— 1 

3 

Mithin gänzlich verworfen . 

14 ! 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet .... 

7 

— 

— 

1 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

7 

— 

— 

1 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1944 dänische Rinder¬ 
viertel, 20 dänische Kälber, 2 dänische Schafe nnd 73 Wildschweine. 


Senchenstatistik and Veterinärpolizei. 

Ma8sregeln gegen Geflügelcholera. 

Durch Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 
21. Juli bezw. 3. August er. ist die Anzeigepflicht für Geflügelcholera 
eingeführt in den Grossherzogthümern Mecklenburg-Schwerin und 
Baden bezw. Hessen. 

Im Anschluss daran hat das grossh. mecklenb.-schwerinsche 
Ministerium eine Verordnung erlassen, welche mit der in vielen 
preussischen Regierungsbezirken schon 1897 erlassenen (vergl. 
B. T. W. 1897, pg. 418) wörtlich übereinstimmt, und ausserdem 


Digitized by LjOOQie 
















11. Angast 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


383 


das nenerdings anch in Preossen ergangene ergänzende Verbot des 
Treibens von Geflügeltransporten nnd die dazu gehörigen Be¬ 
stimmungen über Transportgefässe (vergl. B. T. W. 1898, No. 29 
pg. 346) enthält. Eine gleichlautende Verfügung ist am 25. Juli 
für den R.-B. Aachen ergangen. 

Belgischer Seuchenberioht für 1896. 

Der Rotz (Wurm) ist in 116 Fällen, zusammen in 22 Ge¬ 
meinden (1895:49) aufgetreten. Der Gesammtverlust beträgt 
116 Pferde, 2 gefallene, 45 getödtete erkrankte und 69 getödtete 
verdächtige. Ueber 10 Pferde sind in folgenden Provinzen ge- 
tödtet worden: Brabant 63, Hennegau 27. Ausserdem ist der 
Rotz bei 131 im Schlachthause getödteten Pferden festgestellt, 
von denen 63 auB dem Auslande eingeführt waren. 

Die Lnngensenche ist in einer Gemeinde der Provinz Lüttich 
bei 3 Rindern eines Viehhändlers beobachtet worden. Ausser 
diesen sind 42 Rinder wegen Ansteckungsverdacht getödtet 
worden. Der stete Rückgang der Seuche von 1890—1896 ergiebt 
sich anB nachstehenden Zahlen: 893, 655, 470, 256, 147, 115, 
3 Fälle. 

Die Tollwuth wurde in den Provinzen Antwerpen, Brabant, 
Westflandern, Ostflandern und Hennegau festgestellt. Der 
Gesammtverlust an gefallenen und getödteten Thieren betrug 96 
(87 im Voijahre), davon 65 Hunde, 2 Rinder, 1 Ziege, 
2 Schweine nnd 3 Katzen erkrankt getödtet, 19 Hunde, 1 Ziege 
und 3 Katzen wegen Verdachts getödtet. Die Mehrzahl der 
wuthkranken Hnnde ist aus der Provinz Westflandern (28) ge¬ 
meldet. 

Der Verlust an Thieren durch Milzbrand betrug 330, davon 
waren 2 Pferde und 328 Rinder. Die Milzbrandfälle vertheilen 
sich auf 257 Gemeinden aller Provinzen. Die meisten Thiere 
fielen in den Provinzen: Westflandern (90) und Lüttich (67). 
Rauschbrand ist bei 244 (193 im Vorjahre) Thieren festgestellt 
worden. Der Verlust vertheilt sich auf 142 Gemeinden in allen 
Provinzen; in Westflandern kamen allein 113 Fälle zur Anzeige. 

Die Maul- und Klauenseuche wurde aus allen Provinzen bei 
2561 Thieren (1895 :14 879) gemeldet Die meisten Erkrankungs¬ 
fälle betrafen die Provinz Hennegau (534) die wenigsten Luxem¬ 
burg (22). Die bösartige Klauenseuche der Schafe ist in 4 Pro¬ 
vinzen an 64 Thieren festgestellt worden. Die Räude trat im 
Berichtsjahr nicht auf. 

Die Tuberculose unter dem Rindvieh wurde aus allen Pro¬ 
vinzen berichtet. Von 19 004 der Tnberculinimpfung unterworfenen 
Thieren reagirten 9289 = 48,88 pCt. 

An Entschädigungen wurden gezahlt für 6184 aus Anlass der 
Tuberculose getödtete Rinder 721 584,47 Fr., für an Milzbrand 
gefallene Rinder 53 353,04 Fr. 

Thlerteuchen In Auslande. I. Quartal 1898. 

Frankreich. 

Von Lnngensenche wurden 28 Gemeinden der Depar¬ 
tements Nord, Oise, Seine, Haute-Garonne betroffen. Zur Schlach¬ 
tung kamen 75 Rinder. Die Impfung wurde an 150 Rindern 
angewandt. Der Milzbrand herrschte über 44 Departements in 
96 Ställen. 

Die Rotz- und Wurmkrankheit kam in 54 Departements 
zur amtlichen Kenntniss. Die Zahl der getödteten Pferde betrog 
313. Eine ebenso grosse Ausbreitung als im I. Quartal des 
Vorjahres nahm die Tollwuth. Die wuthkranken Hunde ver¬ 
theilten sich in den drei Monaten des Berichtsquartals, der Reihen¬ 
folge entsprechend, auf 76, 84, 109 Gemeinden in 34, 29, 
37 Departements. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde beträgt 
139 bezw. 148 bezw. 175 = 462 (470 im Vorjahre). Die Maul- 
und Klauenseuche wurde in 46 Departements mit 747 Gemeinden 


festgeBtellt (in 53 bezw. 586 im Vorjahre). Die Schafpocken 
herrschten im Januar in 36, im Februar in 15, im März in 
12 Heerden von 8, 5, 6 Departements. Die Schafräude wurde 
constatirt im Januar in 16 (70 im Vorjahr) Heerden von 8 Depar¬ 
tements, im Februar in 18 (41 im Vorjahr) Heerden von 7 Depar¬ 
tements nnd im März in 19 (134 im Vorjahr) Heerden von 
15 Departements. Der Rauschbrand wurde beobachtet im Januar 
in 103 Ställen von 25 Departements, im Februar in 79 von 27 
und im März in 80 von 24 Der Rothlauf der Schweine trat 
auf in 8, 9, 3 Departements, die ansteckende Lungen-Darm- 
entzündung der Schweine in 7, 11, 13 Beständen von 5, 8, 
10 Departements. Seuchenfälle sind nicht gemeldet aus 7, 7, 13 
Departements. 

Schweiz. 

Die Zahl der ErkrankungsfÄlle betrog: Milzbrand Januar 29, 
Februar 18, März 28; Ranschbrand Januar 9, Februar 5, März 12; 
Wuth Januar 18, Februar und März je 3; Rotz und Hautwurm 
Januar 1, Februar 2, März 3; Maul- und Klauenseuche Januar 
2191, Februar 977, März 1261; Rothlauf der Schweine und 
Schweineseuche Januar 78, Februar 85, März 42; Räude der 
Schafe Januar 153, Februar 65, März —. 

Niederlande. 

Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 94, Rotz nnd Wurm 9, 
Maul- und Klauenseuche 1466, Räude der Einhufer und Schafe 
1075, Schweinerothlauf nnd Schweinesenche 30, bösartige Klauen¬ 
seuche der Schafe 17. 

Die Rinderpest nnd die sibirische Pest in Russland. 

Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrog im 
Januar 476, im Februar 53, im März 56, die der getödteten im 
Januar 114, im Februar 8, im März 2. Der Gesammtverlust 
belief sich also auf 709 Thiere. Als an sibirischer Pest (Milz¬ 
brand) gefallen wurden gemeldet im Januar 532, im Februar 699, 
im März 794 Thiere. 

Gerichtsentscheldnngeii etc. 

MInlsterlalbesoheld betr. Wahrung des Abdeokerel-Prlvlleglums. 

In Mecklenburg-Schwerin hatte sich ein Abdecker beschwerde¬ 
führend an das Ministerium des Inneren gewendet, deswegen, weil 
der Thierarzt T. ausserhalb der Abdeckerei gefallene Thiere, 
welche dem Abdecker abzuliefern waren, obducirt habe. Das 
Grossherzogliche Ministerium hat hierauf den Bescheid ertheilt, 
dass Obdnctionen gefallener Thiere ausserhalb der Abdeckerei 
nicht ohne Weiteres das Abdeckerei-Privilegium verletzen h dass 
es dem Abdecker übrigens, wenn er sich im Einzelfalle geschädigt 
glaube, überlassen bleiben müsse, auf gerichtlichem Wege vor¬ 
zugehen, falls er sich davon Erfolg verspreche. 

Nichtanwendung des Gesetzes auf einen thierärztllohen Sachverständigen 
vom 9. März 1872. 

Das Königliche Amtsgericht zu A. batte den Professor 
Dr. Esser, der zugleich Departementsthierarzt für denReg.-Bez. 
Hildesheim ist, in einer Strafsache als Sachverständigen ver¬ 
nommen. Derselbe hatte die ihm als Departementsthierarzt 
zustehenden Gebühren liqnidirt. Das Gericht änderte die 
Liquidation ab mit der Begründung, dass Professor Esser 
nicht als Departementsthierarzt, sondern lediglich als Sach¬ 
verständiger vernommen sei. Der Unterschied betrug beiläufig 
1 M.; das Gericht hatte also nicht etwa den Satz für Kreisthier- 
ärzte in Anwendung gebracht, sondern nach dem Reichsgesetz 
betreffend die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen die 
Liquidation bemessen. 

Diese Auffassung erscheint mit den gesetzlichen Bestimmungen 
als unvereinbar, denn das Reicbsgesetz bestimmt ausdrücklich, 
dass, wenn für einzelne Kategorien von Sachverständigen irgend' 


Digitized by LjOOQle 







884 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 32. 


wo besondere Bestimmungen in Kraft sind, diese nach Wahl des 
Sachverständigen znr Anwendung kommen müssen. In Preussen 
besteht das Gesetz für Medicinalbearate, welches ausdrücklich die 
Gebühren für diese als Sachverständige vor Gericht ganz im 
Allgemeinen festsetzt, ohne dass eine ausnahmsweise Nicht¬ 
anwendung des Gesetzes für gewisse Fälle vorgesehen wäre. 


Ausdrücklich ist ferner gesagt, dass Aerzte und Thierärzte die¬ 
selben Gebühren wie Medicinalbeamte zu beanspruchen haben. 
Nach der Fassung des Gesetzes kommt es also nur darauf an, 
dass der Medicinalbeamte bezw. Tbierarzt überhaupt als Sach¬ 
verständiger vernommen wird, nicht aber darauf, welcher Art 
das von ihm verlangte Sachverständnis gewesen ist. 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Biroh - Hirschfeld. Lehrbuch der pathologischen Anatomie. 
Fünfte völlig umgearbeitete Auflage. I. Band. Theil 1 und 2. 
1896/97. 

Das Birch - Hirsch fei d’sche Lehrbuch ist zweifellos für 
den Thierarzt dasjenige Werk, welches ihm zum Studium der 
pathologischen Anotomie am nächsten liegt. Dem offen zu Tage 
liegenden Bedürfnis der Veterinärmedicin nach einem pathologisch¬ 
anatomischen Handbuch ist gerade im Birch - Hirschfeld 
dadurch Rechnung getragen, dass schon in einigen früheren Auf¬ 
lagen die Pathologie der Thierkrankheiten von Prof Johne be¬ 
arbeitet und im Text des Buches verflochten wurde. 

Die dem Werke einverleibten Illustrationen, welche zum Theil 
farbig und in denjenigen Farbenunterschieden gehalten sind, wie 
sie der Untersncher in den Präparaten erblickt, erleichtern das 
Verständniss sehr, zumal dieselben in hervorragender Schönheit 
wiedergegeben sind. Die zweite Hälfte des ersten Bandes bildet 
einen gesonderten Theil und handelt zunächst von den thierischen 
und pflanzlichen Parasiten der Menschen und Hausthiere; auch 
hier ist das für den Thierarzt so bedeutsame Feld in ausführ¬ 
lichster und dabei doch übersichtlicher und klarer Weise von 
Johne bearbeitet Für demjenigen aber, welcher selbst Studien 
machen will, ist die bezügl. Literatur an den betreffenden Stellen 
im Text vermerkt. Der bacteriologische Abschnitt enthält für 
den Thierarzt alles Wissenswerthe in gedrängter Kürze, auch 
finden sich farbige Darstellungen bacteriologischer Präparate, 
welche in wohlgelungener Weise Contrastfärbungen wiedergeben. 
In einem Anhang sind von Dr. Schmorl die pathologisch¬ 
histologischen Untersnchungsmethoden bearbeitet In dem Rahmen 
einer kurzen Besprechung ist es nicht möglich, besondere Vorzüge 
und Verbesserungen zu registriren, man wird aber das Birch- 
Hirschfeld’sche Lehrbuch, welches sich fortlaufend bemüht, auf 
der Höhe der Wissenschaft zu stehen und nicht nur für die 
Mediciner, sondern auch besonders für die Veterinärpathologen 
den Schatz an Erfahrungen zusammenträgt, nicht aus der Hand 
legen, ohne die Ueberzeugung erlangt zu haben, dass dieses 
Lehrbuch für den Thierarzt und Studirenden der Thierheilkunde 
unentbehrlich ist _ Dr. Jess. 

Personalien. 

Auszeichnungen, Ernennungen etc.: Der Vorsitzende des Deutschen 
Veterinärrathes Prof. Dr. Esser wurde vom thierärztlichen Verein 
für Württemberg zum Ehrenmitglied; der Sanitätsrath Dr. Königs¬ 
dörfer, Lehrer der Augenheilkunde an der thierärztlichen Hoch¬ 
schule zu Stuttgart wurde zum Professor und der Kgl. Bayr. Kreis- 
thierarzt Jmminger zum Mitglied des Unterfränkisclien Kreis- 
medicinal-Ausschusses ernannt; dem Thierarzt Bisch off zu Stadt¬ 
hagen in Schaumburg-Lippe, ernannt zum Kreisthierarzt in Falken¬ 
berg 0. S. wurde das Fürstlich Schaumburg-Lippe’sche silberne 
Verdienstkreuz verliehen. — Promovirt wurden: Bezirksthierarzt 
F a m b e r g zum Dr. pbil. in Basel und Thierarzt P r o f 6 zum 
Dr. phil. zu Greifswald. — Dem Oberrossarzt a. D. Eichhorn- 
Pirna wurde die Bezirksthicrarztstelle Rochlitz; dem Rossarzt a. D. 
Matzki wurde die Grenzthierarzt-Assistentenstelle zuStallupönen 
und dem Thierarzt Voogdt zu Wipperfürth die einstweilige Ver¬ 
waltung der neuerrichteten Kreisthierarztstelle des gleichnamigen 
Kreises übertragen. 


Wohnsitzverisderunges, Niederlassungen eto.: Versetzt wurden der 
Kgl. Bayer. Bezirkzthierarzt Huber von Staffelstein nach Pfaffen¬ 
hofen und Humann von Ebern nach Bamberg. — Als Tbierarzt 
für Fleischbeschau wurde angestellt: Amtsthierarzt C. Krause in 
Lengefeld i. V. — Verzogen sind die Thierärzte S c h 1 a t h ö 1 1 e r 
und E b e 1 i n g von Hannover nach Werl in Westphalen bezw. 
Schledehausen; G r u p e von Stolzenau nach Strasburg i. d. Ucker¬ 
mark; Schaaf von Zwickau nach Glauchau; Both von Berlin 
nach Altdamra; Schermer von Herxheim nach Rülzheim (Bayern). 

Examina: Approbirt wurden in Berlin die Herren: Hock, 
Fischer, Junack, Neumann (Paul), Budnowski, Mozer, Platschek; 
in Hannover die Herren Schlathölter, Brandt, Braun, Müller 
(Wilhelm); in Stuttgart die HerrenBenkendörfer,Blümer, Braun, 
Bruchbacher, Kiesel, Mögele, Schach aus Württemberg, Enz aus 
Baden, Rick und Thieme a. d. Eisass, Bock aus Bitburg (Preussen'. 

Todesfälle: Kreisthierarzt, Oberrossarzt a. D. S c h m i d t-Elbing, 
Tbierarzt Bombach -Bochum, Rittmeister in Schkeuditz, 
Kreisveterinärarzt Köster in Alzey. 


Yacanzen. 

Krellthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. — 
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Königsberg: Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Marienwerder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — 
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: 
Daun. 

Sanltfitsthlerarztstellen a)NeuauBgeschriebeneSteIlen: 
Elbing: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magist. — 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum 
1. Oct. — Lübeck: Scblachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra)- 

— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). —Gux¬ 
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitscheju —Suhwa-rzenau. — 
1898 bekannt gegebene: Argenau: Tbierarzt (nicht selbst 
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬ 
arzt. Bew. an Magistrat. — Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. 

— Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher 
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde¬ 
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an 
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch- 
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg: 
Thierarzt (städtischer Zuschuss 800 M.). Bew. an Magistrat — 
Moringen: Tbierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). — 
Neukirch (Ostpr.) Auskunft Adler-Apotheke. — Nüsse bei 
Mölln i. L. — Obermarsch acht (Elbe).— Satow (Mecklbg.- 
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen 
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier- 
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬ 
strat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
600M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung) : 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Sohön- 
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Grenzthierarztstelle Stallupönen. 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil) Pro t Dr. Sohmalti in Berlin. — Verlag and Eigentham von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin. 


Digitized by 


Google 




Die „Berliner 'l^ilirHr/ ülehe Wochenichrlft“ eraebelni Originklbeltrtge werden mit 60 Hk. fOr den Bogen honorlrt 

wöohentllch ln ö^rke von mindestem 1'/» Bogen. Dieselbe _ Alle Menuscripte, Mitthellungen und redaettonellen An¬ 
ist tu bexietaen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) ■ M ■ • fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Scbmalta, 

oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard A"V I -wt /Vf* Berlin, thiertrztliehe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 

Schoeta, Berlin NW., Luisenstraase 36, tum Preise von ■ I ■ ■ ■ ■ Correcturen, Recenslons-Kxemplare und Annoncen da* 

Mk. 5,— pro Vierteljahr. B »1 / M 1 U I 1 \ y M gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstraase 36. 


Jahrgang 1898. M 33 . Ausgegeben am 18. August. 


Inhalt: Buch: DergegenwärtigeStandderLehrevonderlmmunität. — Referate: Rosolino: Ueber die Empfind¬ 
lichkeit der Rinder gegen Quecksilberpräparate. — Cadöac: Beitrag zur physikalischen Diagnostik der Pneumonie. — 
Schindelka und Latschen berger: Die französische Hühnerschlachtmethode. — Connochie: Erbrechen beim Pferde 
infolge Embolie in der Vena mesenterica anterior. — Maffucxi und Sirleo: Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger 
bei bösartigen Tumoren. — Grassert: Die Plasmodien des Kopfes. — Busse: Ueber die durch pathogene Hefen hervor¬ 
gerufenen Tumoren. — Sobernlieim: Ueber Immunisirung gegen Milzbrand. — Therapeutische Notizen. — Tages- 
geschichte: Aenderung der Concursordnung bezüglich der Bevorrechtigung thierärztlicher Forderungen. — Nochmals das 
Pauschquantum. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Das neue französische „Feldpolizeigesetz“. — 
Personalien. — Vacanzen. 


Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität. 

Von 

Buch, 

Departements thierarzt. 

Unter Immunität im Allgemeinen versteht man die Un¬ 
empfindlichkeit gegen nachtheilige Einflüsse bezw. einen auf 
normaler Organisation beruhenden natürlichen Schutz gegen äussere 
Einwirkungen. 

Man unterscheidet aber zwischen natürlicher und erworbener 
Immunität. 

Sowohl die natürliche wie die erworbene Immunität in 
unserem Sinne setzen voraus, dass das betreffende Individuum gegen 
Infections- und gegen Intoxicationskrankheiten sicher geschützt 
ist. Schon im Alterthum waren beide Arten der Immunität be¬ 
kannt. Aber erst der neueren Zeit ist es Vorbehalten gewesen, 
die Lehre der Immunität auf Grund der genaueren Kenntniss der 
Infections- und Intoxicationskrankheiten soweit zu fördern, dass 
wir heute einen verhältnissmässig klaren und weiten Einblick in 
die überaus complicirten Vorgänge haben. Die Fülle des Dar¬ 
gebotenen war gross, so dass eine Theilnng der Arbeit noth- 
wendig wurde, die dadurch eine ungewöhnlich schnelle und gründ¬ 
liche Förderung erfahren hat. 

Die Erforschung der Ursachen der Immunität bildet ein 
Gebiet, das weit über den Rahmen des früheren Gebietes der 
Bacteriologie binauBragt. 

Aus dem grossen Gebiete der Lehre von der Immunität sind 
in der nachstehenden Erörterung nur diejenigen Versuche auf¬ 
geführt und diejenigen Ansichten der Autoren wiedergegeben, die 
zum Verständnisse der vielen complicirten Vorgänge nicht ent¬ 
behrt weiden können. 

Einleitend sei hervorgehoben, dass von Infectionserregern 
verursachte Krankheiten als „Inf e ctionsk rank hei ten“, die 
durch gewisse Gifte erzeugten Krankheiten aber als „In¬ 
toxicationskrankheiten“ bezeichnet werden. Die Infections- 
erreger machen den Körper entweder durch ihr Eindringen in 
denselben an sich krank oder sie bilden Gifte (Toxine), die als 
solche den Körper beschädigen. Viele Bacterien rufen septi- 
cämische Erscheinungen, andere dagegen, die stark wirkende 
Toxine abscheiden, wie die Tetanus- und Diphtheriebacillen, 
heftige Vergiftungen hervor. 


Eine natürliche Immunität gegen Infectionserreger und gegen 
Gifte von Infectionserregern besitzt der menschliche und thierische 
Organismus nur in beschränktem Masse. Gegen Alkaloide nnd 
gegen Gifte, wie beispielsweise gegen das Schlangengift, ist der 
höher organisirte Organismus „natürlich“ nicht geschützt, dagegen 
kann eine gewisse Immunität auch gegen diese Gifte erworben 
werden. 

Die erworbene Immunität gegen Gifte wird bedingt durch 
allmälige Angewöhnung der Körperzellen an kleine Dosen der 
Gifte, so dass man, wenn auch häufig eine vollständige Immunität 
gegen grosse Dosen nicht erreicht wird, in gewissem Sinne doch 
von einer erworbenen Immunität zu sprechen berechtigt ist; denn 
man weiss durch die tägliche Beobachtung, dass Menschen und 
Thiere, die allmälig stufenweise an grosse Dosen Gifte orga¬ 
nischer und anorganischer Natur gewöhnt werden, schliesslich 
sonst tödtiiche Dosen derselben anfzunehmen vermögen, ohne sich 
zu vergiften. Die snccessive Aufnahme von Arsenik und Morphium 
und die dadurch erworbene Abstumpfung gegen diese Gifte ist 
hierfür ein eclatantes Beispiel. 

Für uns kommen aber hauptsächlich diejenigen Giftstoffe in 
Betracht, die von Infectionserregern innerhalb des menschlichen 
oder thierischen Organismus oder bei deren künstlicher Züchtung 
abgeschieden werden und die man allgemein als „Toxine* be¬ 
zeichnet. 

Nachdem das Diphtherie- und Tetannstoxin entdeckt und die 
erworbene Giftfestigkeit einer wissenschaftlichen Bearbeitung 
unterzogen worden war, versuchte man Thiere mit diesen 
Toxinen gegen die natürliche Wirkung der im Körper selbst von 
den Diphtherie- und Tetanusbacillen producirten Toxine zu 
schützen. Anfangs wollten die nach dieser Richtung hin an- 
gestellten Versuche nicht gelingen, weil die Versuchstiere an 
chronischer Vergiftung zu Grunde gingen. C. Fränkel und 
Behring liessen daher eine gewisse Zersetzung der Toxine ein- 
treten, um deren Wirkung bei Vornahme der Immunisirung ab- 
znschwächen. Dies wurde erreicht, indem die Toxioe höheren 
Temperaturen ausgesetzt oder indem ihnen chemische Substanzen, 
wie das Jodtrichlorid, zugesetzt wurden. Vertrugen die so vor¬ 
behandelten Versuchstiere tödtiiche Dosen davon leicht, so 
wurden ihnen die reinen unzersetzten Toxine verabfolgt, womit 
ihre Giftfestigkeit erhöht wurde. 


Digitized by LjOOQie 






386 

Bald sollte es gelingen, die Methode zu vereinfachen, indem 
Behring and Andere das richtige Mass der Dosirung und 
Verabfolgung der Toxine in gewissen bestimmt abgegrenzten 
Zeiträumen fanden, wodurch die Verwendung der unzersetzten 
und unabgeschwächten Toxine zum Zwecke der Immunisirung 
möglich geworden ist. 

Die Arbeiten wurden nunmehr eifrig gefördert von Pasteur 
und Behring und deren Schülern, sowie von Kitasato und 
Anderen. 

Behring fand, dass das Blutserum von künstlich gift¬ 
befestigten Thieren die Eigenschaft besitzt, andere frische Thiere 
gegen die betreffenden Toxine sicher zu schützen. Das Blut¬ 
serum giftbefestigter Thiere besitzt mithin ein ausgesprochen 
antitoxisches Vermögen gegen das entsprechende Gift; es enthält 
demnach einen Körper, den man das Antitoxin nennt. Die 
Natur des Antitoxins, sowie seine Entstehungsart sind noch ein 
Problem, das zu erforschen augenblicklich die Aufgabe der 
Bacteriologen bildet. 

Ueber die speciellen Versuche, die nach dieser Richtung hin 
ausgeführt wurden, und über die Ansichten der Erklärung des 
Problems der einzelnen Forscher sei das Wichtigste hier mit- 
getheilt. Einen grossen bahnbrechenden Gedanken verwirklichte 
auf Grund gründlichster und sachgemässester Versuche Behring, 
indem er das in dem Blutserum giftimmunisirter Tbiere befind¬ 
liche Antitoxin direct auf das Toxin einwirken liess. Er ipjicirte 
antitoxinhaltiges Blutserum zusammen mit dem entsprechenden 
Toxin nichtiramunen Thieren in die Blutbahn bezw. in die Sub¬ 
cutis, wobei die so behandelten Thiere nach der Einverleibung 
tödtlich wirkender Dosen des unzersetzten und nicht abge¬ 
schwächten Giftstoffes gesund blieben, während die Controlthiere 
starben. Behring fand auch, dass wenn das Toxin und das 
antitoxische Blutserum getrennt und in nicht allzu weit ,ausr 
einander liegenden Zeiträumen eingespritzt wird, eine immuni- 
sirende Wirkung auf nicht immune Thiere ausgeübt wird. Dabei 
machte er die wichtige Entdeckung, dass, wenn das antitoxin- 
haltige Blutserum eine gewisse Zeit vor dem Toxin iqjicirt 
wird, das Serum eine vorbeugende Wirkung ausübt, während 
bei der getrennten Einverleibuog der beiden Substanzen in um¬ 
gekehrter Reihenfolge dasselbe eine mehr oder weniger heilende 
Wirksamkeit besitzt. 

Anf diese Versuche stützen sich alle weiteren Versuche, weil 
jene das Fundament der Serumtherapie bilden. , 

Ehrlich stellte eine Reihe Versuche an, die sich auf die 
Wirkung schon bekannter Gifte nicht bacteriellen Ursprungs, 
wie das Ricin, Robin und Abrin, bezogen. Er fand, dass die 
Versuchsthiere durch Verfüttern steigender Quantitäten dieser Gifte 
gegen nachher verabreichte tödtliche Dosen derselben stark imipun 
waren. Auch mit dem Schlangengift wurden in dieser Hinsicht 
positive Resultate erzielt. 

Die weitgehende Entdeckung Behring’s regte nunmehr zu 
weiteren Versuchen mit bacteriellen Toxinen an, wobei das 
Problem des Zustandekommens der Immunisirung von den 
einzelnen Forschern verschieden gedeutet wurde. Behring und 
Ehrlich sprachen Anfangs der antitoxischen Eigenschaft des 
Blutes den wahren Grund der erworbenen Immunität zu. Künst¬ 
lich geschützte Thiere sollten nach der Ansicht dieser Forscher 
giftfest sein, weil das Blnt solcher Thiere im Stande sei, das 
eingeführte Toxin zu entgiften. 

Man unterschied zwischen einer natürlichen und einer 
erworbenen Immunität. Die natürliche Immunität kann an 
sich eine durch besondere Eigenschaften des Körpers bedingte 
Immunität sein. Aber auch die erworbene Immunität kann eine 
natürliche Bein, wenn sie beispielsweise entstanden ist durch das 


No. 33. 

Ueberstehen einer Infectionskrankheit, die Immunität zurücklässt; 
eine künstlich erworbene ist sie aber dann, wenn sie auf künst¬ 
lichem Wege erworben wurde, wie beispielsweise durch Ein¬ 
verleibung infectiöser Substanzen zum Zwecke der Erzeugung 
einer theilweisen oder ganzen Immunität. Von Ehrlich wurde 
auch die Bezeichuung active und passive Immunität in die 
Wissenschaft eingeführt. Unter ersterer soll nur verstanden 
werden, das dass betreffende Thier durch Ueberstehen der In- 
fection mit abgeschwächten Bacterien oder der Toxinen einen 
natürlichen Schutz gegen diejenige Infection erwirbt, die durch 
die betreffenden Bacterien oder deren Toxine sonst hervor¬ 
gerufen wird. Unter passiver Immunität versteht man da¬ 
gegen diejenige Eigenschaft des Körpers, die erst durch Ein¬ 
verleibung von Körpertheilen (Serum, Lymphe etc.) entsteht, die 
activ immuni8irten Thieren entnommen sind. Bei der passiven 
Immunität wird demnach die Immunität durch einfache Ueber- 
tragung der bei der activen Immunität vorhandenen fremden 
Giftfestigkeit hergestellt. Die von activ geschützten Thieren 
entnommenen Gegengifte (Antikörper und Antitoxine) führen dem 
frischen Organismus ein gewisses Mass von fremden Gegen¬ 
giften zu, die diesen in den Stand setzen, die fremden Elemente 
fflr sich gelegentlich der Einverleibung entsprechenden Infections- 
materials mobil und dadurch letzteres unwirksam zu machen oder 
wenigstens so zu schädigen, dass es eine Infections- oder 
Intoxicationskrankheit der gleichen Art auszulösen nicht mehr 
im Stande ist. Wie sich die Vorgänge hierbei eigentlich ab¬ 
spielen, ob auf chemischem oder physiologischem Wege, ist noch 
nicht genügend bekannt. 

Mit der anfänglichen Anschauung von Behring und Ehrlich, 
wonach künstlich geschützte Thiere einfach dadurch giftfest sein 
sollen, dass ihr Blut das Vermögen besitze, das Toxin zu ent¬ 
giften)' musste man- bald brechen, zumal durch Versuche von 
Vaillard gezeigt wurde, dass „eine künstliche Immunität 
wohl vorhanden sein kann, ohne dass dabei das Blut 
eine antitoxische Wirksamkeit entfaltet.“ Und umgekehrt 
wurde durch die weiteren Versuche von Roux und Vaillard 
festgestellt, dass das Blut eine starke antitoxische Eigenschaft 
besitzen kann, ohne dass der Organismus selbst gegen das be¬ 
treffende Gift geschützt ist. Behring kam daher auf Grund 
weiterer Versuche zu der Ansicht, dass ausser der antitoxischen 
Eigenschaft des Blutes, die Zellelemente des Körpers 
einen wesentlichen Antheil an dem Zustandekommen der Im¬ 
munität bezw. an der Bildung der antitoxischen Substanzen haben 
müssten. Versuchsthiere, die ein hochgradig antitoxisches Blut 
lieferten, besassen gleichzeitig eine überaus grosse Empfänglichkeit 
gegen die Toxine. Die Zellelemente des Körpers nehmen danach 
grossen Antheil an dem Zustandekommen der künstlichen Gift- 
immunität; denn bei den durch eine Giftbehandlung immunisirten 
Thieren verschwindet das Antitoxin aus dem Blute — Ab¬ 
scheidung durch Harn, Milch etc. — ohne dass die Im¬ 
munität aufhört. „Lebende Theile des Organismus, die vorher 
giftempfindlich waren, sind jetzt unempfiudlich“, sagt Behring 
Behring nimmt an, dass die künstliche active und passive Gift¬ 
immunität eine Blutimmunität — hämatogene Immunität — sei, 
während nur die natürliche Immunität gegen Toxine als Zellen¬ 
giftimmunität — histogene Immunität — bezeichnet werden müsse. 
Die künstliche Giftimmunität soll demnach aus¬ 
schliesslich auf der „antitoxischen Wirkung derKörper- 
flüssigkeiten“ beruhen. 

Metschnikoff aber ist der Meinung, dass gegen diese An¬ 
nahme die Abnahme der Giftempfindlichkeit der Zellen künstlich 
immunisirter Thiere spreche; auch die Versuche von Vaillard, 
wonach gegen Tetanus geschützte Kaninchen trotz der Immunität 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 


18 August 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 38? 


kein antitoxisches Blut Latten, müsste in diesem Sinne gedeutet 
werden. Er stellt daher den Satz auf: „dass bei der künst¬ 
lichen Giftimmunität eine Abstumpfung der Gift¬ 
empfindlichkeit stattfindet, folglich, dass diese Art 
der Immunität, der früheren Ansicht Behring’s gemäss, 
zur Kategorie der histogenen Immunität zugerechnet 
werden müsse.“ 

Zur weiteren Erklärung der Fragen, wo und wie die Anti¬ 
toxine im Organismus entstehen, dienten die Versuche von 
Calmette und Delüarde, die nachwiesen, dass die kaltblütigen 
Wirbelthiere nicht im Stande sind, antitoxisches Blut (Serum) 
gegen Abrin und Schlangengift zu liefern. Diese Versuche unter¬ 
stützten die Annahme, dass das Fieber im Zusammenhänge mit 
der Antitoxinbildung stehe, insbesondere, da man gefunden hatte, 
dass Säugethiere, die Toxine eingespritzt erhalten, in der Regel 
eine fieberhafte Reaction auslösen. Metschnikoff nimmt aber 
an, dass das Fieber nicht als ein nothwendiger Factor für das 
Zustandekommen der Antitoxine anzusprechen sei. Er fand 
beispielsweise, dass das Krokodil wirksame Antitoxine schnell zu 
bilden im Stande ist, obwohl es keine fieberhafte Reaction auslöst. 
Metschnikoff sagt in seiner classischen Abhandlung über Im¬ 
munität — Handbuch der Hygiene von Wey 1 — hierüber Folgendes: 
„Schon in 24 Stunden nach der Einspritzung des Tetanustoxins 
und in 6 Tagen nach der Einführung des löslichen Choleragiftes 
wird sein Blut (des Kroko iils) antitoxisch gegenüber diesen 
Giften, gegen welche das Krokodil überhaupt äusserst un¬ 
empfindlich ist. Diese Versuche weisen noch darauf hin, dass 
die Antitoxinbildung eine ganz eigenartige Function darstellt, 
welche weder mit dem Fieber, noch mit der Immunität in einem 
nothwendigen Zusammenhänge 6teht. Junge Krokodile und 
Schildkröten sind ebenfalls sehr unempfindlich gegen das 
Tetanustoxin, von welchem sie wahrhaft enorme Dosen vertragen; 
und doch bilden diese Thiere sehr langsam (junge Krokodile) 
oder gar keine (Schildkröten) Antitoxine.“ Er nimmt daher an, 
dass die Antitoxine (Antikörper) wahrscheinlich zum grössten 
Theil eine Modification der Toxine darstellen, die von gewissen 
zeitigen Elementen gebildet und dann in die Blutflüssigkeit ab¬ 
geschieden werden. Sie sollen nach seiner Ansicht im Blut¬ 
plasma und in der Lymphe circuliren und auch schliesslich in 
die Abscheidungen des Körpers, wie in die Odemflüssigkeit, in 
die Milch etc. und sogar in den Humor aqueus gelangen. Wie 
die Vorgänge aber in Wirklichkeit hierbei im Körper verlaufen, 
ist noch nicht genügend bekannt; soviel Bteht jedoch fest, dass 
sie bei den verschiedenen Thieren sich nicht unter einheitlichem 
Bilde abspielen, wodurch das Problem noch schwieriger zu lösen 
ist. Man weiss noch nicht bestimmt, welchen Zellen die Haupt¬ 
rolle aufgetragen ist. So wird das tetanustoxinhaltige Blut des 
Scropions in kurzer Zeit von diesem Gifte befreit, während das 
Gift monatelang an die Leber gebunden bleibt, ohne sich dabei 
zu verändern. 

Auch in zelligen Elementen des Körpers wurde das Antitoxin 
aufgefunden, so von F. Klemperer im Eigelb des Eies. Die 
Frage, ob der Antikörper vom Blute aus dorthin abgeschieden 
wird, oder ob er sich in der Eizelle selbst bildet, ist noch 
nicht entschieden. 

Zn erörtern bleibt nunmehr noch bei der Untersuchung über die 
künstliche Immunität gegen Toxine die Frage, wie, um mit 
Metschnikoff zu sprechen, „die Wirkung der Antitoxine 
bei der sogenannten passiven Immnnisation des 
Organismus zu deuten ist.“ 

Ursprünglich glaubte Behring, dass die Vernichtung oder 
Unschädlichmachung' des vorhandenen oder einverleibten Toxins 
durch das Antitoxin nach Art einer chemischen Reaction zu 


Stande komme. Gegen diese Annahme erheben sich aber Be¬ 
denken, nachdem Wassermann und Calmette bei Ver¬ 
suchen mit Schlangengift gefunden hatten, dass eine Mischung 
von Toxin und Antitoxin des Pyocyaneus durch Kochen ihre 
Ungiftheit verliert, nachdem die Mischung sich vorher als neutral 
erwies. Das Antitoxin war mithin durch das Kochen zerstört 
worden, während das Toxin in Wirksamkeit blieb. Wasser¬ 
mann stellte daher die Hypothese auf, dass nicht das Antitoxin 
unmittelbar auf das Toxin einwirke, sondern dass erst nach 
Vermittelung des lebenden Körpers aus dem Antitoxin 
eine active Verbindung frei werde, die als solche das 
Toxin vernichte bezw. unschädlich mache. Die ausserhalb 
des lebenden Körpers nach dieser Richtung hin angestellten 
Versuche decken sich nicht mit den im lebenden Körper sich ab¬ 
spielenden Vorgängen, so dass noch manches Unerklärte einer 
wissenschaftlichen Aufklärung bedarf. 

Weitere Versuche ergaben, dass es Thiere giebt, die zwar 
ein ausgesprochen antitoxisches Serum haben, selbst aber keines¬ 
wegs gegen die betreffende Infection geschützt sind. 

Ein eclatantes Beispiel hierfür liefert das normale Blut 
vom Flusskrebse, das eine intensive antitoxische Wirkung ent¬ 
faltet gegen die Vu-giftung der Mäuse durch Scorpioneugift. 
Wälirend eine tödtliche Dosis Scorpionengift, das mit einer ge¬ 
ringen Menge Krebssernm vermischt wurde, die damit injicirten 
Mönse nicht beschädigt, sind die das Blut bezw. Serum liefernden 
Krebse selbst gegen die geringsten Dosen dieses Giftes sehr 
empfindlich. 

Das Krebsserum vermag daher seine Wirkung nur zu ent¬ 
falten, wenn es den Mäuseorganismus passirt; dem Flusskrebse 
selbst injicirt, hat es keinerlei Wirkung bei etwaiger Vergiftung 
mit Scorpionengift. Das Antitoxin des Krebsserums wirkt daher 
nicht direct auf Toxine, sondern auf den prädisponirten Organismus. 
Seine Wirkung ist demnach eine indirecte auf Gifte und eine 
directe aut den Organismus bezw. auf die Zellelemente. So 
complicirt die Vorgänge an und für sich auch sind, sie liefern 
doch den Beweis, dass man in solchen Fällen eigentlich nicht 
von einer passiven Immunität sprechen kann, denn die Antitoxine, 
die sich im Blute so vorbehandelter Thiere befinden, wirken nicht 
passiv, sondern durch „eine active Vermittelung des 
Organismus auf Toxine ein. (Metschnikoff, Immunität.) 

Wie ist die natürliche Immunität gegen Bacterien- 
gifte, sowie gegen organische Gifte im Allgemeinen 
zu erklären? 

Die natürliche Giftimmunität trifft man bei weitem seltener an 
als die natürliche Iummunität gegen die Giftbildner selbst. Es 
giebtBacterien, gegen die der Organismus eine natürliche Immunität 
besitzt. Häufig geht der Organismus aber trotzdem zu Grunde, 
weil die Bacterien Capillargefässe wichtiger Organe verstopfen 
oder weil der Organismus an den Folgen der Ermattung der 
Bacterien auf seine Körpersäfte erschlafft. 

Die natürliche Immunität gegen Toxine beruht offenbar auf 
einer antiinfectiösen Eigenschaft des Blutes des betreffenden 
Individuums, wobei eine antitoxische Eigenschaft nicht ange¬ 
nommen werden kann. In dem Blute natürlich geschützter Indi¬ 
viduen gegen Bacteriengifte müssen daher besondere Kräfte auf¬ 
gespeichert sein, die bei passender Gelegenheit in Action treten. 
Wo diese besonderen Kräfte gebildet werden, ist bis jetzt noch 
nicht erforscht; jedenfalls muss angenommen werden, dass es 
sich dabei um eine active Betbeiligung lebender Körpertheile 
(Zellen) handelt. Diese Art der Immunität bezeichnet Behring des¬ 
halb „histogene Immunität“. 

Zu der Schlussfolgerung, dass es sich dabei um eine active 
Betheiligung der zelligen Elemente des Körpeis handeln müsse, 


Digitized by 


Google 



388 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33 


gelangte man auf Grund der au niederen Thieren gemachten Be¬ 
obachtungen in Folge des Experiments. 

Bald nach der Auffindung des Tetanustoxins, und nach Fest¬ 
stellung der speciellen Eigenschaften desselben im Verhalten zu 
den verschiedenen Thierarten, wurde ermittelt, dass Schildkröten 
und Nashornkäferlarven immun sind gegen das Tetanusgifr. 
Wurde diesen 'I liieren das Gift der Tetanusbacillen einverleibt, 
so erzeugte deren Blut mehrere Monate hindurch bei anderen 
Thieren ausgesprochenen Tetanus, während die Blutlieferauten 
selbst völlig gesund blieben. 

Das Blut muss demnach die Fähigkeit haben, das Gift zu 
conserviren, ohne dass es selbst bei dem betreffenden Individuum 
eine giftige Wirkung auszulösen im Stande ist. 

Die Immunität der Schildkröten und Nasliornkäferlarven 
gegen Tetanusgift beruht daher nicht auf den bereits fertigen 
oder im Körper durch die Einverleibung des Giftes erst künst¬ 
lich erzeugten Antitoxinen, sondern lediglich auf einer ange¬ 
borenen Unempfindlichkeit der Zellelemeute. 

Da das Tetauustoxin bei den in Rede stehenden Thieren 
nur sehr langsam und erst nach längerer Zeit ausgeschieden 
wird, so kann die natürliche Giftimmunität in solchen Fällen 
nicht in der raschen Zerstörung oder Ausscheidung der Toxine 
beruhen. 

Es muss für das Zustandekommen der natürlichen Giftim¬ 
munität demnach lediglich die Sensibilität der Körperzellen 
in Anspruch genommen werden. Mit Recht wurde dieser Zustand 
daher als ein „histogener“ bezeichnet. 

Um einen Einblick in die vielen überaus interessanten und 
lehrreichen Experimente, die zur Herbeiführung der Lösung der 
schwebenden Frage nach der eigentlichen Ursache der natür¬ 
lichen Immunität von verschiedenen Forschern ausgeführt w'urden, 
zu gewinnen, seien in Nachstehendem die wichtigsten Resultate 
derselben mitgetheilt. 

Bald nach Inangriffnahme der Arbeiten wurde gefunden, 
dass Tetanustoxin, das bekanntlich das stärkste der bekannten 
Toxine ist, für mehrere Vogelarten, sowie für Insecten, Scorpione 
und Spinnen so gut wie unwirksam ist. Krokodile und Schild¬ 
kröten können sehr grosse Mengen davon vertragen, während 
andere Reptilien gänzlich immun sind. 

Das Schlangengift wirkt bei vielen Schlangen, sowie beim 
Igel, beim Schweine und beim Ichneumon überhaupt nicht. 
Wunderbar erscheint die Thatsache, dass Scorpione gegen ihr 
eigenes Gift immun sind. Das Diphtherietoxin ruft bei Ratten 
gar keine und bei Mäusen nur eine geringe Reaction hervor. 
Bei Krokodilen wirkt es sehr heftig, obwohl diese Thiere gegen¬ 
über vielen Infectionserregeru vollständig immun sind. 

Zu erwähnen sind noch besonders die von Metschnikoff 
in seiner Abhandlung über Immunität (S. 21 und 22) angeführten 
Versuche, die überaus instructiv sind. Metschnikoff sagt 
darüben Folgendes: „Unter den Thieren, welche gegenüber 
bacteriellen Giften natürlich, und zwar hochgradig immun sind, 
müssen verschiedene wirbellose, namentlich Arthropoden, citirt 
werden. So sind die Larven des Nashornkäfers natürlich immun 
gegen grosse Dosen von Diphtherie-, Tetanus- und Choleragift. 
Frösche sind dagegen sehr empfindlich für beide letztgenannten 
Gifte. Spritzt man den Nashornkäferlarven und kleinen grünen 
Fröschen (R. esculenta) desselben Gewichtes die gleiche Quantität 
(0,5 ccm) löslichen Choleragiftes ein, so bleiben die ersteren 
dauernd gesund, während die letzteren binnen einer Stunde an 
Vergiftung sterben. Wenn man dagegen, statt des fertigen 
Giftes, den beiden genannten Thierarten lebende Choleravibrionen 
(je Vi* Agarcultur) einspritzt, so gehen die Nashornkäferlarven 
au allgemeiner Choleravibriouensepsis zu Grunde, während die 


Frösche gesund bleiben. Die Ursache dieses verschiedenen Ver¬ 
haltens liegt darin, dass die Leucocyten der Frösche gierig die 
Choleravibrionen auffressen und sie in ihrer Giftproduction ver¬ 
hindern, während die Leucocyten der Käferlarven diese Batterien 
unberührt lassen, sodass diese ungestört den ganzen Larven¬ 
organismus erfüllen und dadurch zu Grunde richten“. 

Damit wären wir zu dem Capitel über die sogenannte 
Bacterienimmunität gelangt, die ebenso wie die Giftim¬ 
munität eine natürliche und eine künstliche erworbene sein kann. 

Das Wesen der Bacterienimmunität ist wie das der Giftim- 
raunität von vielen Vorgängen in dem Organismus abhängig, die 
zum Theil auch bei der Giftimmunität einen wesentlichen Factor 
für das Zustandekommen der Immunität darstellen. 

Als wichtigstes Moment für das Zustandekommen der Bacterien¬ 
immunität muss das zeitige Element, müssen die Körperzelleu 
selbst, die Leucocyten, angesprochen werden. Diese Art der Im¬ 
munität ist daher in ausgesprochenem Masse eine „liistogene^ 
Immunität, weil sich die Körperzellen activ an ihrem Zustande¬ 
kommen betheilen 

Der Organismus hat es mit seinem Heer von beweglichen 
und freien Zellelementen in der Hand, sich fremder Eindringlinge 
zu erwehren, indem die Zellen die eingedmngenen Bacterien 
direct oder indirect vernichten. Viele Bacterienarten werden 
von den Zellen einfach verschluckt und somit unschädlich beseitigt 

Zuerst ist demnach an der Hand der bisherigen Forschung 
die Frage zu erörtern: 

Auf welche Weise macht der natürlich immune 
Körper die eingedrungenen Bacterien unschädlich und 
wie verhindert er im Allgemeinen ihre krankmachende 
Wirkung im Organismus? 

Diese Fragen können nur beantwortet werden, wenn ein 
Ueberblick über die in dieser Richtung angestellten Arbeiten 
gegeben wird, durch die man nach und nach zur Erkenntniss 
der soeben augeführten, jetzt fast allgemein anerkannten An¬ 
schauung gelangte. 

Die natürliche Immunität gegenüber pathogener 
Bacterien wurde von Flügge in chemischen Eigenschaften des 
Blutes und der Körpersäfte vermuthet, während Behring glaubt, 
dass beispielsweise die milzbrandabtödtende Wirkung des von 
gegen Milzbrand immunen weissen Ratten stammenden Blutes auf 
dem Vorhandensein einer organischen Base bernhe. Indessen 
nahm Büchner im Blute natürlich immuner Thiere sogenannte 
Alexine an. Es sollten dies albuminoide Stoffe sein, deren chemische 
Zusammensetzung noch nicht bekannt ist. 

Das wirksame Princip der bactericiden Säfte (Blutserum etc.) 
sollte in diesen Alexinen zu suchen seiu. Im Widerspruch mit 
der Lehre von den Alexinen stand aber die Thatsache, dass 
gerade Kaninchen für Milzbrand sehr empfänglich sind, obschon 
ihr Blut eine ausgezeichnete bactericide Fähigkeit (Fähigkeit 
zur Unschädlichmachung der Bacterien) für Milzbrandbacillen 
besitzt. Andererseits haben die sonst gegen Milzbrand immunen 
Hunde ein Blut, in dem die Milzbraudbacillen sich gut fort¬ 
entwickeln. 

Die meisten Forscher haben daher ihre Ansicht von der 
rein humoralen Theorie der bactericiden Wirkung der Körper- 
säfie als Erklärung der natürlichen Immunität aufgegeben und 
nehmen auf Grund der Versuche von Büchner, Halm und 
Bordet an, dass die Leucocyten bactericide Stoffe (bactericide 
Antikörper) an das Blut abgebeu. Die Menge der Leucocyten 
soll daher für die bacterientödtende Wirkung des Blutes ein 
wesentlicher Factor sein. 

Metschnikoff, der ein hohes Verdienst um die Erklärung 
des Zustandekommens der natürlichen Bacterienimmunität 


Digitized by VjOOQie 


18. August 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


389 


hat, legt der Phagocytose eine hervorragende Bedeutnng bei. 
Er lässt so wohl bewegliche wie ffste Phagocyten sich an der 
Wirkung betheiligen, zti denen die ein- und mehrkörnigen Leuco- 
cyten, sowie die Endotbelieu, die Pulpazellen der Milz und des 
Knochenmarks, zum Theil auch die Nervenzellen seiner 
Ansicht nach gehören. 

Die Phagocyten sollen danach am Orte der Einwandnng der 
Bacterien sich deren bemächtigen und sie auffressen. An den 
Orten, wo die Zellen zur Bewältigung der Bacterien nicht hin¬ 
reichend verhanden sind, wandern die Phagocyten hin (Entzündungs- 
process) und überwältigen die Bacterien. 

Auch das Schicksal der Bacterien innerhalb des Zellleibes 
der Phagocyten ist bereits eingehend erforscht. Danach ver¬ 
nichten diese die Bacterien, indem sie deren Weiterentwicklung, 
sowie Bildung von Sporen und von Toxinen verhindern. Die Ver¬ 
nichtung bezw. Hemmung der Entfaltung der Wirkung der 
Bacterien geschieht durch frisch gebildete chemische Stoffe inner¬ 
halb der Phagocyten. Wagner fand, dass Hühner, die gegen 
Milzbrand immun sind, ihrer natürlichen Immunität durch starke 
Einwirkung von Kälte beraubt werden können. Die Phagocyten 
des Huhns müssen datier durch die Einwirkung der Kälte stark 
beschädigt werden, wodarch sie ihre Fähigkeit verlieren, sich 
der Milzbrandbacillen zwecks ihrer Unschädlichmachung zu be¬ 
mächtigen. Das Huhn wird in der That wie Pasteur und 
Tobert nachgewiesen haben, bei starker Kälteeinwirkung 
empfänglich Für Milzbrand. Seiner natürlichen [mmnnifät ist es 
demnach auf künstliche Weise beraubt worden. 

Die natürliche Immunität gegen Bacterien kann auch auf¬ 
gehoben werden, wenn die bereits mit der Arbeit der Vernichtung 
der Bacterien beschäftigten Leucocyten zu Grunde gehen, wo¬ 
durch die Bacterien wieder frei werden. Sind die chemischen 
Einflüsse der Leucocyten noch keine stark schädigenden für 
die Bacterien gewesen, so werden sie noch eine volle oder ge¬ 
schwächte Wirksamkeit auf den Organismus auszuüben ver¬ 
mögen. Andererseits ist es einleuchtend, dass unter normalen 
Verhältnissen eine grosse Anzahl in der Production von sogen. 
Antikörpern (Alexine) begriffenen Zellen zu Grunde gehen, wo¬ 
durch diese Körper der Körperflüssigkeit (Blutserum, 
Lymphe etc.) beigemischt werden. Diese Antikörper 
entfalten dann lür sich eine gewisse Wirkung auf die 
Bacterien, die eine verschiedene sein kann. 

Wie kommt nun die natürlich erworbene und die künst¬ 
lich erworbene Immunität gegen Bacterien zu Stande? 

Bei der Erörterung über das Wesen der künstlich erwoibenen 
Immunität soll das diese Art der Immunität bedingende Schutz¬ 
impfungsverfahren näher erörtert werden. 

Die natürlich erworbene Immunität, die zuletzt besprochen 
werden soll, entsteht, um es gleich vorweg zu erwähnen, nach 
dem Ueberstehen von Infectionskrankheiten. Sie hat demnach 
eine ganz natürliche Entstehung. 

Um die natürliche sowie die natürlich erworbene Immunität 
ganz zu verstehen, muss man die wichtigsten Versuche kennen, 
durch die man das Wesen der künstlich erworbenenlmmunität aufzu¬ 
klären unternommen hat. Die Versuche gipfeln in den be¬ 
kannten Schutzimpfnngsverfahren, durch die die Immunitätsfrage 
im Allgemeinen, wenn auch noch nicht in ihrem innersten Wesen, 
so doch in einzelnen Vorgängen unserem Verständnisse wesentlich 
näher gerückt ist. 

Das Verfahren, Thiere und Menschen gegen die krank¬ 
machende Wirkung der Bacterien und deren Toxine sowie der 
Gifte im Allgemeinen zu schützen, ist nicht neuen Ursprungs. Die 
empirischen Versuche nach dieser Richtung hin, durch die der 
Weg gezeigt wurde — es sei nur au die Schutzimpfung gegen 


Pocken erinnert — begannen schon zu einer Zeit, in der die 
Kenntnis der Bacterien noch in weiter Ferne lag. 

Die wissenschaftliche Erforschung der erworbenen Immu¬ 
nität beginnt eigentlich erst mit der Entdeckung Pasteurs, dass 
nach dem Einverleiben abgeschwäcliter Bacterien ein sicherer 
Schutz gegen vollvirulente Bacterien erzielt werden kann. Die 
ersten Versuche in dieser Hinsicht machte Pasteur mit dem 
Hühnercholerabacillus. 

Diese neue Entdeckung regte eine grosse Zahl von Forschern 
an, das überaus complicirte Wesen der künstlichen Schutzimpfung 
genauer zu erforschen. 

Mit Substanzen, die nicht von Bacterien stammen, wurden 
schon früher Versucho angestellt 

Issneff fand, dass nach dem vorherigen Einspritzen von 
physiologischer Kochsalzlösung, Bouillon, Harn, normalem Serum 
etc. die experimentelle Choleraperitonitis bei Versuchsthieren ver¬ 
hindert wird. Der Vorgang bei diesem Experiment spielt sich 
folgendermassen ab: Sobald die nicht specifische Substanz in 
den Peiitonealsack gelangt, vermindern sich die Leucocyten 
in der Peritoneallymphe in auffallender Weise. Sie gehen der 
neuen Zusammensetzung der Lymphe aus dem Wege, sie ver¬ 
einigen sich zu Haufen und viele ziehen sich aus der Peritoneal¬ 
lymphe ganz zurück. Am meisten werden dabei die grossen 
einkernigen Leucocyten angegriffen, während die Lymphocyten 
am wenigsten beeinflusst werden. Nach einer gewissen Zeit 
kehren die Leucocyten aber wieder zurück, weil sie sich an die 
neue Substanz gewöhnt haben. Diesen Vorgang hat Stahl auch 
an ausserhalb der Thierkörper vorgenommenen Versuchen mit 
Plasmodium der Myxomyceten festgestellt. Diese Schleirapilze 
ziehen sich sofort von der Oberfläche eines Wasserspiegels 
zurück, wenn dem Wasser eine 1- oder 2 proc. Traubenzucker- 
lösnng zugesetzt worden ist. Die Schleimpilze accomodiren sich 
aber bald an die neue Zusammensetzung des Wassers und kehren 
deshalb in dasselbe wieder zurück, ohne Schaden erlitten zu 
haben. 

Auch die Leucocyten kehren bald in die Peritoneallymphe 
zurück, wobei sie oft eine höhere Thätigkeit entfalten als zuvor. 
Das Zurückziehen der Leucocyten aus der Lymphe bezeichnete 
Metschnikoff als Phagolyse. 

Gelangen gerade zu der Zeit, in der die Leucocyten zurück¬ 
kehren, Bacterien in die Bauchhöhle, so werdensie, da die Leucocyten 
eine vermehrte Lebensenergie besitzen, diese sich der fremden Ein¬ 
dringlinge bemächtigen und sie durch Verschlucken vernichten. 

Einen besonders instructiven Versuch machte Pierallini. 
Er injicirte flüssige Tusche Meerschweinchen in die Peritoneal¬ 
höhle. Die dort vorhandenen Leucocyten bemächtigten sich aber 
nur weniger Körnchen Tusche. Einem anderem Meerschweinchen 
injicirte er darauf eine physiologische Kochsalzlösung. Applicirte 
er nun dem so vorpräparirten Meerschweinchen dieselbe Menge 
Tusche, so wurde die ganze Masse der Tusche von den Leucocyten 
verschluckt, wobei die Leucocyten nicht nur an Zahl vermehrt 
wurden, sondern auch eine erhöhte Function derselben statt¬ 
fand. Metschnikoff sagt daher: „Die künstliche Immunität 
durch einfach zusammengesetzte Schatzflüssigkeiten 
wird folglich durch eine Steigerung der phagocytären 
Reaction ermöglicht.“ (Schluss folgt). 

Referate. 

Heber die Empfindlichkeit der Kinder gegen (Jnecksilber- 

Präparate. 

(C in. vit. 189*, II. 1 i.) 

Dr. Rossi Pilo Rosolino in S. Matteo beliebtet über 
mehrere Fälle von Quecksilbervergiftungen bei Rindern, die 
folgende Entstehung haben: 


Digitized by VjOOQie 



390 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


No. 33. 


Einige Ställe, in welchen der seuchenhafte Abortns herrschte, 
worden znra Zwecke der Desinfection mit Kalkmilch ansgespriUt, 
der 5 promille Sublimat zngesetzt worden war. Es wurde sorg¬ 
fältig vermieden, diese Lösung mit den Krippen oder mit den 
Stellen der Mauer und des Fussbodens in Berührung zu bringen, 
welche von den Kühen beleckt werden konnten. Weiter kamen 
täglich Morgens und Abends Waschungen der Vulva mit einer 
einpromill. Sublimatlösung zur Anwendung. In einem Stalle hatte 
dieses Verfahren keineNachtheile im Gefolge und tilgte das seuchen¬ 
hafte Verwerfen. 

In zwei andern Fällen traten dagegen Quecksilbervergiftnngs- 
erscheinungen bei den Rindern ein. Als bei dem einen Besitzer 
die Thiere (16 Kühe, vier Ochsen und einige Kälber) in dem 
frisch desinficirten Stalle untergebracht waren, zeigten sie Dyspnoe 
und wollten nicht fressen. Nach einer halben Stunde verschwand 
die Athemnotli und das Futter wurde wie gewöhnlich anf- 
genommen. Sieben Tage später wurde R. benachrichtigt, dass 
sich von neuem Vergifiungserscheinungen eingestellt hätten. 
Die Untersuchung des Bestandes ergab, dass fast sämmtliche 
Kühe husteten und drei derselben hochgradige Dyspnoe, blasse 
Schleimhäute, sehr kleinen Puls und eine Temperatur von 40,1 
bis 40,5° zeigten. Der Koth war trocken und mit Schleim über¬ 
zogen. Im zweiten Falle bezogen 19 Kühe erst nach drei Tagen 
den in der gedachten Weise desinficirten Stall und erkrankten 
acht Tage nach Ausführung der Desinfection. Die Erscheinungen 
waren denen des vorhergehenden Falles im Allgemeinen gleich. 
Einige Kühe frassen gar nicht, während andere eine Art 
Gefräs6igkeit zeigten. Ptyalismus kam nur bei einem Rind zur 
Beobachtung, während bei zwei Kühen leichtgraliges mercurielles 
Eczem an der Vulva aufirat. Es wurden ferner festgestellt: 
Leichter Tliränenflnss bei einzelnen Individuen und als prädomi- 
nirendes Symtom Verstopfung. Durchfall zeigte sich nur. bei 
einer Kuh kurz vor ihrem Tode. Die Obduction ergab folgende 
Veränderungen: Gastroenteritis mit zahlreichen Eccbymosen in 
der Wand der Magenabtheilungen, speciell des Labmagens, 
Zellenblase gefüllt, Wände (Schleimhaut?) derselben im Congestiv- 
zustande, Leber fester als normal, Milz leicht geschwollen. 
Das Herz mit zahlreichen Petechien bedeckt. Die Lungen tragen 
die Kennzeichen einer inteusiveu Bronchitis. Drei weitere Kühe, 
welche in Folge der Vergiftungen eingingen, und eine vierte Kuh, 
die getödtet wurde, hatten nur eine leichte Gastroenteritis, da¬ 
gegen starken Bronchialcatarrb oder Lungengangrän. 

Die Kraukheit8dauer bis zum letalen Ausgang betrug bei 
einigen Kühen 22 Tage. Diejenigen, welche gesund wurden, 
verloren den Husten erst innerhalb eines Monats. 

In welcher Weise die Vergiftung zu Stande kommen konnte, 
vermochte R. nicht zu erklären. 

Bei der Lösung von HgCl, in Ca(OH) 3 bildet sich Qoeck- 
silberoxyd, welches nicht flüchtig ist. 

Hg CI, -f Ca(OH), ^ CaCl, + HO -f H,0. 

Auch die Einwirkung des in den Stallgaseu enthaltenen N H, 
bedingt die Entstehung einer festen, nicht flüchtigen Quecksilber¬ 
verbindung. 

Hg CI, + NH, = HCl H HgNH,Cl. 

Es müsse daher die Entwickelung noch einer andern Queck¬ 
silberverbindung vermuthet werden, deren Auffindung Verf. der 
Wissenschaft überlässt. 

Beitrag zur physikalischen Diagnostik der Pneumonie. 

Von Prof Cadeac-Lyon. 

(Jouru. de Lyon, Juli lByS.) 

Bei yielen Pferden beginnt die iufectiöse Pneumonie plötz¬ 
lich ohne charakteristische Erscheinungen; nur zwei Symptome, 
die Beschleunigung der Athmungsbewegungen und die Erhöhung 


der Temperatur, lassen das Eintreten einer schweren Affection der 
Lungen vermuthen. 

Es ist nothwendig, so früh wie möglich die localen Störungen 
zu erkennen, welche es ermöglichen, diese Vermutlmng zur Sicher¬ 
heit zu machen. Unter den hierzu verwerthbaren Symptomen 
giebt C. dem pulmonalen Blasengeräusch als frühzeitiges Anguika 
einer Lungenalteration einen besonderen Werth. Um seine Be¬ 
deutung zu verstehen, müsse man sich den Zustand der Lunge 
bei den meisten infectiösen Pneumonien vergegenwärtigen. Leicht 
congestimirt in den vorderen Theilen und in den unteren Rändern, 
sei das Lungenparenchym nicht fest genug, um ein tubäres 
Geräusch zu erzeugen; die erkrankten Theile sind zu tiefliegend 
oder liegen zu weit nach vorn, um hinter der Schulter und oben 
die charakteristischen Erscheinungen der Pneumonie erkennen zu 
lassen, man kann höchstens in dieser Höhe ein verstärktes 
bronchiales Athmen hören. In diesen Fällen kann das von C. 
erwähnte Symptom dienlich werden. 

Um es zu finden, muss der Vorderfuss, der linke mit Vorzug, 
vorgezogen werden, als wenn man das Herz auscultiren wollte. 
In der Nähe des Herzens hört man dann ein doppeltes, exclusiv 
pulmonäres Blasengeräusch, das durch die Herzbewegungen ver¬ 
ursacht wird. Bei jeder Systole werden die leicht congestio- 
mirten Lungenpartien comprimirt und erhalten so die nöthige 
Solidität, um die Resonanz der in den Bronchien enthaltenen 
Luft zu sichern. Nach Potain wird dieses blasende Geräusch 
verursacht durch die plötzliche Aspiration einer gewissen Luft¬ 
quantität in die zwischen Herzkammern und Brusthöhle befind¬ 
liche Lungenpartie. 

Dieses Geräusch, dessen Charaktere dem tubären Blasen 
ähnlich sind, unterscheidet sich von ihm durch seine Kürze; man 
merkt, dass es offenbar in Bezug auf seine Dauer mit den Herz¬ 
bewegungen und nicht mit den langsameren Athmungsbewegungen 
in Conclation steht. Dieses blasende Geräusch wird zwei oft bis drei 
Tage, mitunter noch früher, vor dem tubären Geräusch gehört. 
Letzteres kann übrigens während der ganzen Kranheitsdauer 
feilten. 

Die französische Hühnerschlachtmethode. 

Von Prof Dr Schind elka und Prof. Dr. Latsch enberger. 

(Tblerirzll. Centralbl. 1898, H. 18.) 

Das Schlachtverfahren nimmt nach den Angaben der Verff. 
folgenden Verlauf: Der Schlächter fasst das Huhn mit der linken 
Hand beim Kamme am Kopfe, biegt diesen und den Hals gegen 
den Rücken des Thieres und legt dasselbe in Rückenlage auf 
den Handrücken, so dass die Beine nach aufwärts und der Kopf 
nach abwärts gerichtet sind. Mit einem cylindrischen, 4 cm 
dicken und etwa 50 cm langen Holzstücke werden einige kräftige 
Schläge gegen den Kopf an der Schnabelwurzel des Huhnes 
geführt. Die linke Hand, welche bisher den Kopf fixirte, öffnet 
nunmehr den Schnabel und die rechte Hand dringt mit einer 
passenden scharfen Scheere durch den Schnabel bis zur hintern 
Rachenwand und durchschneidet daselbst alle grossen Halsgefässe. 
Aus dem geöffneten Schnabel lässt man hierauf das Blut in ein 
Gefäss ablaufen. Nach dem Aufhören der Verblutungskrämpfe 
werden die Hühner sofort gerupft. Die Scheere hat die Form 
einer mittelgrossen Nähscheere. Die Verff., welche zu unter¬ 
suchen hatten, ob die Scblachtmethode thierquälcrisch sei, kamen 
zu dem Resultate, dass sie eine weit geringere Thierquälerei sei, 
als das Verfahren mit offenem Halsschnitt. Denn das Huhn wird 
durch seine Lagerung auf den Rücken und seine Kopfhaltung in 
hypnotischen Zustand versetzt (Experimentum mirabile Kircheri), 
sodass es ohne Gegenwehr die Schläge empfängt, welche die 
Betäubung erzeugen. Dieselbe ist so vollständig; dass beim 
Oeffnen des Schnabels und beim Durchschneiden der Gefässe 


Digitized by LjOOQie 




18. August 1898. 

keine Bewegung beobachtet wird. Erst nach der Verblutung 
treten die durch Hirnanämie hervorgerufenen bekannten Ver¬ 
blutungskrämpfe ein, welche den Eindruck der Schmerzens- 
äusserungen machen. Die Erscheinung ist jedoch bei jeder Ver¬ 
blutung zu beobachten und hat mit der Schlachtmethode nichts 
zn thun. 

Erbrechen beim Pferde infolge Embolie in der Vena 
mesenterica anterior. 

Von J. Connochie, M. R. C. V. S. 

(Vetericary Journal 1898, H. 275) 

Ein Hackney-Füllen im Alter von drei Jahren zeigte seit 
zwei Tagen wenig Fresslust, am dritten Tag äusserte dasselbe 
Kolikerscheinnngen, indem es sich wiederholt niederwarf, wälzte 
und auf dem Rücken eine Zeit lang liegen blieb. Verf. beob¬ 
achtete weiter am Oesophagus eine peristaltische Bewegung und 
gleichzeitig am Halse eine spasmodische Contraction der Muskeln, 
welche Erscheinungon er als Brechanstrengungen deutete. Nach 
Verlauf von drei Stunden entleerte das Pferd durch die Nüstern 
eine schmutzige, übelriechende, strohfarbene Flüssigkeit, die mit 
Heupartikelchen etc. gemischt war. Das Erbrechen währte un¬ 
ausgesetzt neun Stunden lang, in welcher Zeit enorme Quanti¬ 
täten von Ingesta ausgeworfen wurden. Einige Stunden vor dem 
Tode sistirte diese Erscheinung. 

Bei der Section des Füllens wurde im Wesentlichen Folgendes 
festgestellt: Das Pankreas hat eine grüne Farbe, der Darm ist 
stark geröthet, die Mesenterialvenen sind strotzend gefüllt, dass 
man dieselben bis in ihre kleinsten Verzweigungen deutlich ver¬ 
folgen kann. In einem gleichen Zustande befanden sich die 
Lymphgefässe, und das Mesenterium hat infolge dessen seine 
transparente Beschaffenheit verloren und ist sehr dick und schwer 
geworden. Die starke Iojection des Venen- und Lymphsystems 
gab efn interessantes anatomisches Bild ab. Als Ursache dieser 
Veränderung wurde ein Embolus in der Vena mesenterica anterior 
angesprochen. Derselbe hatte ein blasses Aussehen, bröckelige 
Beschaffenheit und adhärirte der Intima ziemlich fest. Es war 
hiernach anzunehmen, dass die Verstopfung der Vene eine Stasis 
des Venenstromes bedingt hatte. Das vor dem Ende des Thieres 
beobachtete Erbrechen erklärt C. als Reflexbewegungen, welche 
durch Venendruck auf die nervösen Elemente zum Plexus solaris 
und von hier auf Anastomosen zum Pneumo-gastricus übergeleitet 
wurden. 

Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger bei 
bösartigen Tumoren. 

Von Maffucci und Sirleo. 

(ZeiUchr. f. Hygiene u. Infrctionskr XXVII, 1) 

Die Verfasser kommen zu folgenden Schlüssen: 

1. A priori halten wir viele bösartigen Tumoren für in- 
fectiösen Ursprungs. 

2. Diese infectiöse Ursache ist vorläufig noch nicht genügend 
durch biologische und experimentelle Beweise festgestellt. 

3. Die For.-chung nach der infectiösen Ursache bei Tumoren 
darf sich nicht auf eine Parasitenklasse beschränken. 

4. Bis jetzt haben unsere Untersuchungen über Blastorayceten 
festgestellt, dass sich einige unter ihnen von pathogenem Ver¬ 
mögen befinden. 

5. Die bis jetzt von Blastomyceten hervorgehobenen Processe 
zeigen keineswegs eine Form der Neubildung, welche der 
anatomischen Bildung des Krebses oder des Sarkoms gleichkommt. 

6. Bis jetzt rufen die Blastomyceten bei Menschen und 
Thieren Septicämie, Eiterung und chronische entzündliche Neu¬ 
bildung hervor nach Art der Granulome. 

7. Die Blastomyceten, welche bis jetzt dem Krebs des 


391 

Menschen entnommen wurden, haben nur gewöhnliche Ent¬ 
zündungen bei den Thieren hervorgerufen, welche für krebsartige 
Neubildungen empfänglich sind. 

8. Die Blastomyceten beim Krebs und Sarcom des Menschen 
lassen sich nicht immer durch histologische Untersuchungen oder 
Cultur anffinden. 

9. Die Blastomyceten finden sich leichter bei bösartigen 
verschwärten Tumoren des Menschen. 

10. Die topographische Vertheilung der Blastomyceten in 
verschwärten Tumoren lässt annehmen, dass eine Infection zum 
Tumor hinzugekommen ist. 

11. Wir schliessen nicht aus, dass Blastomyceten Krebs und 
Sarcom hervorrufen können, aber vorläufig haben wir dafür noch 
nicht den experimentellen Beweis. 

12. Wir verneinen nicht, dass die Psorozoaren das Vermögen 
zur Neubildung besitzen, das beweist das Papillom durch Coc- 
cidium, aber bis jetzt haben wir noch nicht den experimentellen 
Beweis, dass sie Krebs und Sarcom in den Thieren hervorrufen 
können, die für diese Läsionen empfänglich sind. 

I 

i Die Plasmodien des Kropfes. 

Von G ra sse t. 

j (Acadömic dea Sciences. Münch. Med. Wooh. 30 58.) 

Grasset stellte seine Beobachtungen in einer Gegend am 
wo. am stärksten von ganz Frankreich der Kropf endemisch ist. 
Er. glaubt, dass derselbe nicht eine locale, sondern eine allgemeine 
Krankheit ist, deren Hauptsymptome die Struma darstellt. Ebenso 
wie die Milzvergrösserung als ein Charakteristicum der Malaria 
anzusehen ist, ebenso verhalte es sich bezüglich der Schilddrüsen- 
vergrösserung beim Kropf. Die Parallele bei beiden Krank¬ 
heiten sei übrigens merkwürdig; beide haben eine specielle 
geographische Verbreitung, beide Drüsen eine sogenannte innere 
Sepretion und in beiden Fällen ist der äusserste Grad der Er¬ 
krankung eine Kachexie, in dem einen der Cretinismus, in dem 
anderen die Malariakachexie. Von der infectiösen Natur der 
Struma überzeugt, untersuchte Gr. seit 1897 das Blut der 
Kranken und fand bei älteren Fällen keine abnormen Bestand¬ 
teil in demselben, bei 8 Personen aber, 6 Frauen und 2 Männern, 
welche erklärten, ihr Kropf datire erst seit 10—14 Tagen, 
spezielle parasitaire Elemente. Es Bind das rundliche Körper, 
grösser wie die rothen Blutkörperchen, ohne Kern und rothe 
Pigmentkörperchen enthaltend, mit einer lebhaft beweglichen 
Geissei, deren Länge viermal grösser als der Durchmesser eines 
Blutkörperchens ist, und um welche die Blutkörperchen rasch 
und ungeordnet sich bewegen. Ausserdem fanden sich noch 
eckige Körperchen, angehäuft oder vereinzelt und einer mit un¬ 
regelmässigen Formen. Die verschiedenen Elemente erinnnern 
an die Malariaplasmodien, von welchen sie durch die rothe 
Färbung der Pigmentkörner und die Abwesenheit von Wachs- 
thum8tiguren sich unterscheiden. Keiner der untersuchteu Kranken 
way jemals mit Malaria behaftet. 

lieber die durch pathogeue Hefen hervorgerufenen 

Tumoren. 

Von Busse. 

(D. Med. Woch. 30,99.) 

Pathogene Hefen sind erst seit 1894 bekannt. Die seit dieser 
Zeit angestellten Untersuchungen haben uns eine grosse Anzahl 
pathogener Hefen aus der Classe der Blastomyceten kennen 
lassen. Die nakten Formen der Hefen umgeben sich im Thier¬ 
körper mit einer mehr oder minder breiten Kapsel, die oft eine 
concentrische Schichtung erkennen lässt. Diese Kapsel ist 
charakteristisch und verleiht den Blastomyceten eine grosse 
Aehnlichkeit mit vielen von den Formen, die in Geschwülsten 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



392 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


als Zelleinschüsse beschrieben und abgebildet sind und als Para¬ 
siten und Erreger der Tumoren ausgegeben werden. Die Hefen 
für die Aetiologie derselben in Anspruch zu nehmen, liegt um 
so näher, weil dieselben dem Thierkörper einverleibt, thatsächlich 
geschwulstartige Bildungen hervorbringen. Bei mikroskopischer 
Untersuchung erkennt man, dass diese scheinbaren Tumoren sich 
in keine der bekannten Geschwulstarten ihrem histologichen Bau 
nach einordnen, sondern vielmehr nur Riesencolonien der Pilze 
im thieri8chen Organismus darstellen. Das Gewebe verhält sich 
an der Stelle sowohl, wo die Injection der Hefen stattgefunden 
hat, als auch in anderen Organen, vollkommen passiv gegenüber 
der massenhaften Invasion der Parasiten. Werden aber ganz 
alte Culturen injicirt, dann findet eine sehr beträchtliche 
Wucherung des benachbarten Gewebes statt. In der Lunge 
bildeten sich dann sogar Riesenzellen in grosser Zahl. Aehnliche 
entzündliche Wucherungen des Gewebes wie Verf. haben auch 
einige italienische Experimentatoren bei Injection ihrer Hefen 
erhalten und als künstlich erzeugte maligne Tumoren beschrieben. 
Es ist aber bisher noch nicht gelungen, durch Injection von 
Blastorayceten Sarcome zu erzeugen, es ist aber nicht unmöglich, 
dass wir noch einmal dahin kommen werden, nämlich dann, wenn 
es gelingt, die Virulenz der Hefen weiterhin so zu verändern, 
dass nur wenige Blastomyceten erhebliche Gewebswucherungen 
hervorrufen. 

lieber Inimanisirang gegen Milzbrand. 

Von Sobernheim. 

(MQnch. Med. Woch. 4/98.) 

S. suchte die Frage zu beantworten, ob mit dem Blute milz- 
brandimmuner Thiere andere Thiere vor Milzbrand geschützt 
werden können. Rinderblut hat in keinem Falle irgend welche 
schützende Substanzen enthalten. Blut von Schafen, welche 
hochgradige Immunität erworben haben, besitzt schützende 
Eigenschaften. Kanninchen eignen sich zum Nachweis dieser 
schützenden Eigenschaften nicht, da sie unsichere Resultate 
ergeben. Schafe erhalten sicheren Impfschutz durch das Serum 
immuner Schafe. Es ist jedoch nöthig, die Menge des Schutz¬ 
stoffes genau zu dosiren und zu berücksichtigen, dass das Serum 
nur kurze Zeit beständig bleibt, mithin ist die Verwendung eine 
beschränkte. Praktische Erfahrungen sprechen bis zu einem 
gewissen Grade dafür, dass das Serum auch gegen die Iufection 
vom Magendarmkanal aus Schutz verleiht. 

Therapeutische Notizen. 

Wirkung der Mydriatica und Myotica. 

Schulz (Dtsch. med. Wschr. 48, 97) prüfte an Katzen, auf 
welche Weise die Wirkung von Atropin, Cocain, Eserin und 
Muscarin zustande kommt. Das Atropin wirkt mydriatisch durch 
Lähmung der Nervenendigungen im Spliincter pupillae, lähmt 
aber nicht die sympathischen Fasern. Demgegenüber wirkt Cocain 
mydriatisch durch Reizung des Sympathicus und in starken 
Lösungen (5 proc.) zugleich durch Lähmung der Verengerer. 
Eserin wirkt myotisch durch Reizung der Nervenenden des 
Sphincter, ist also reiner Antagonist des Atropin. Dasselbe gilt 
vom Muscarin. 

Ausschälung des Hygroms auf dem Tuber Calcanel beim Pferde. 

Nach der Klin. veter. hat Professor Lanzillotti öfter diese 
Operation mit gutem Erfolg ausgeführt. Nach exacter Des- 
infection wird auf dem Hygrom ein etwa 10 cm langer eiförmiger 
Einschnitt nach der Länge des Calcaneus gemacht, um das Hy¬ 
grom mit dem Messer aus seiner Umgebung lösen zu können. 
Die Wunde wird drainirt, mit einer Knopfnaht geheftet, am 
nächsten Morgen irrigirt und dann alle 24 Stunden mit einer 


ätherischen Jodoformlösung befeuchtet. Nach einigen Tagen kann 
das Drainrohr entfernt werden und die Wunde heilt per primam. 

(Anacker’s „Thierarzt“.) 

„Pural“ ein neues Desinfectionsmittel für den täglichen Gebrauch. 

Das von Heumann-Berlin hergestellte und Pural benannte 
Desinfectionsmittel besteht aus pulverisirter Holzkohle, welche 
mit Acidum carbolicnm liquefaetnm, Menthol und Acidum ben- 
zoicum imprägnirt ist. Durch Corapression ist diese Kohle in 
eine cylindrische, handliche Form gebracht worden. Die Be¬ 
nutzung des Mittels ist eine sehr einfache. Es wird mittelst 
eines Streichholzes oder eines Lichtes an seinem weissen Rande 
zum Glühen gebracht und dann mit der glühenden Seite nach 
unten auf einen gewöhnlichen Teller gelegt. Es entwickeln sich 
dann sofort die desinficirenden Dämpfe. Diese Dämpfe beein¬ 
trächtigen nach den Untersuchungen von Piorkowski das 
Wachsthum der ortsüblichen Luftkeime und Spaltpilze, üben aber 
keinen schädigenden Einfluss auf die Laboratoriumsthiere ans. 
Rosenthal versuchte das Pural am Krankenbett. Er fand, dass 
dem Pural in erster Reihe eine hohe luftreinigende und des- 
odorirende Wirkung zukommt. Es genügte im Zimmer, wo sich 
Kranke mit Lungengangrain, zerfallenden Carcinomen etc. auf¬ 
hielten, zwei bis dreimal am Tage das Pural zu verwenden, um 
eine geruchfreie Luft zu erhalten. Mit guten Erfolgen wurde 
das neue Desinfectionsmittel bei Keuchhusten verwendet. Endlich 
erleichtern die Puraldämpfe auch die dyspnoi6chen Anfälle der 
Asthmatiker. (Deutsch, med. Ztg. 43/98.) 

Loretln. 

Diem (Wschr. f. Th.) konnte bei einer Schlagwunde, wo er 
sowohl das Pulver als eine wässrige Emulsion anwandte, eine 
Wirkung nicht erzielen. Es trat eine phegmonöse Erkrankung 
des Unterschenkels ein. Dagegen leistete das L. bei pustulösen 
und nässenden Ekzemen des Schweins ganz vorzügliche Dienste, 
wobei andere Mittel versagt hatten. 

Mutterpech. 

Diera verwendet 01. Ric. 50 und Hydrarg. chlor, mite 3 
neben Oelklystiren bei Nicht-Abgang von Mutterpech mit sehr 
gutem Erfolge. 

Jodoformal. 

Reuth er (Dt9ch. med. Wschr. 97, 32) fand, dass das Jodo¬ 
formin stärker antibakteriell wirkt und dass das Jodoformal noch 
stärker wirksam ist. Letzteres wandte R. als Streupulver, 
Emulsion, Salbe und mit Collodium au. Erfolge bei eiternden 
Wunden sehr gut; ebenso bei Mastitis, Erysipel, Furunculose etc. 
Anwendung bei eiternden Wunden rein oder mit Talcum oder 
Borsäure Salbe keiuesfalls über 10 pCt., weil dann reizend, 
schon l pCt. ausreichend. Jodoformal ist leider nahezu unlöslich, 
daher mit Collodium schwer zu verwenden. Abgesehen von der 
höheren bakteriziden Wirkung riecht es nur sehr schwach. Die 
fehlende Giftigkeit, die stärkere Austrocknung bei langsamer 
Lösung sind ebenfalls Vorzüge vor dem Jodoform. 

Benzosol. 

Go fron empfiehlt das B. als Ersatzmittel des Creosot; eB ist 
chemisch reines Guajakolbenzoat mit 54 pCt. Guajakol, passirt 
unverändert den Magen und wird durch den alkalischen Darmsaft 
in Benzoesäure und Guajakol zerlegt. 

Tagesgeschichte. 

t 

Am 13. d. Mts. schloss der Kreisthierarzt a. D. Herr 
Hermann Glocke zu Falkenberg O.-S. die Augen zum ewigen 
Schlafe. Mit seinem Hinscheiden hat der Verein Schlesischer 
Thierärzte, dessen Ehrenmitglied der Entschlafene war, einen 


Digitized by CjOOQie 





18. August 1898. 


BERLINER THIEBARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


393 


schmerzlichen Verlust erlitten. Noch vor einem halben Jahre 
stand der alte Herr trotz seiner 76 Jahre ungebeugt an Geist 
und Körper mit eiuer bewundernswerthen Frische in seiner 
vollen Berufsthätigkeit, bis ihn im März ein tückischer Schlag¬ 
anfall auf das Krankenlager warf, von dem er sich nicht wieder 
recht erholen sollte. — Glocke erfreute sich als Mensch wie 
insbesondere auch als Thierarzt einer ausserordentlichen Be¬ 
liebtheit und hohen Achtung. Wenn auch aus der alten Schule, 
gehörte er doch zu denjenigen Thierärzten, die eben wegen der 
geringen technischen Hilfsmittel ihrer Zeit sich zn besonders 
scharfen Beobachtern und vorzüglichen Diagnostikern heraus¬ 
bildeten. Dabei war Glocke noch bis in sein hohes Alter 
wissenschaftlichen Fortschritten mit regem Interesse gefolgt und 
staunenswerth war die Schärfe, mit welcher er noch unlängst 
mit mir gelegentlich eines Besuches einige neue Entdeckungen 
auf bacteriologischem Gebiete besprach. — Ein warmes, für den 
thierärztlichen Stand und dessen Interessen lebhaft pulsirendes 
Herz, ein grader, unbestechlicher Sinn, eine edle, vornehme 
Denkart und goldene Treue zeichneten den sonst so schlicht und 
bescheiden auftretenden Collegeu aus. Dazu besass Glocke 
einen köstlichen Humor, mit dem er oft im engeren Kreise der 
Oberschlesischen Thierärzte den Frohsinn der Anwesenden zu 
beleben wusste. Er war es, der den Alten die Grillen ver¬ 
scheuchte, zu dem die Jüngeren mit Begeisterung aufsahen, den 
Alle mit Stolz und Freude den Ihrigen nannten. Wer hätte dem 
„alten Glocke“ nicht gern die Hand gedrückt. 

Der Verein wird seiner stets als „eines seiner Besten“ ge¬ 
denken. Arndt. 

Aenderung der Conctirsordiiung bezüglich der Bevor¬ 
rechtigung thierärztlicher Forderangen. 

Der § 54, 4 der alten Reichsconcursordnnng hat nach seinem 
Wortlaut bekanntlich stets zu Zweifeln und selbst zu sich wider¬ 
sprechenden Gerichtsentscheidungen geführt, darüber, ob das dort 
den ärztlichen Forderungen eingeräumte Vorzugsrecht auch auf 
Thierärzte sinngemässe Anwendung finden müsse. Noch in No. 30 
der B. T. W. ist eine (wohl die letzte) Entscheidung mitgetheilt, 
welche diese Frage verneinte. 

Der deutsche Veterinärrath hatte auf Anregung des Vereins 
mecklenburger Thierärzte diesen Gegenstand auf die Tagesordnung 
seiner letzten Sitzung zu Cassel gesetzt, woselbst Veterinärrath 
Peters- Schwerin das Referat erstattete. 

Im Sinne dieses Referates wurde beschlossen, um eine 
Aenderung jenes Paragraphen in einem den Thierärzten günstigen 
Sinne oder wenigstens eine klarere Fassung dieses Paragraphen 
vorstellig zu werden, da die Berathuug einer Novelle zur Reichs- 
concursordnung bevorstand. 

Der Ausschuss des Veteriuärrathes hat dementsprechend zur 
gelegenen Zeit der für die Vorbereitung der Concursordnung 
eingesetzten Reichstags-Commission eine jenen Wunsch be¬ 
gründende Petition übersandt. 

Dieselbe hat den erfreulichen Erfolg gehabt, dass nicht allein 
die Klarstellung, sondern die für die Thierärzte günstige Ent¬ 
scheidung erreicht ist. 

In der nunmehr Gesetz gewordenen neuen Reichscoucurs- 
ordnung von 1898 lautet der an Stelle des alten § 54 getretene 
§ 61 betr. Concursgläubiger wie folgt. 

Die Concursforderungen werden nach folgender 
Rangordnung, bei gleichem Range nach dem Verhältniss 
ihrer Beträge berichtigt: 

1. die Forderungen der Dienstboten etc. für das letzte Jahr; 

2. die Forderungen des Fiscus etc., ebenfalls vom letzten Jahr; 

3. die Forderungen der Kirchen, Schulen etc. desgl.; 


4. die Forderungen der Aerzte, Wundärzte, Thierärzte, 
Apotheker, Hebammen und Krankenpfleger wegen 
Kur- und Pflegekosten aus dem letzten Jahre 
vor der Eröffnung des Verfahrens, insoweit der Betrag der 
Forderungen den Betrag der taxmässigen Gebührnisse 
nicht übersteigt; 

5. Forderungen der Kinder, Mündel und Pflegebefohlenen; 

6. alle übrigen Concursforderungen. 

Damit ist diese leidige Streitfrage endlich zu Gunsten der 
Thierärzte entschieden. 

Nochmals das Pauschquantum. 

In No. 32 der B. T. W. war ausgeführt wordeu, dass ein 
Pauschquantum wohl für gewisse, der Zeit, Zahl und Art nach 
vorausbestimmbare Geschäfte eingeführt werden könne, dass aber 
für die Thätigkeit bei Seuchenausbrüchen, also für die Haupt¬ 
masse der jetzt aus der Staatskasse bezahlten Dieustgeschäfte, 
die Einführung eines Pauschquantums ganz unmöglich sei, weil 
bei dieser schwankenden Thätigkeit jeder Massstab dafür fehlen 
würde. 

Es war dort namentlich darauf hingewiesen wordeu, dass 
notlnvendiger Weise bei den Kreisthierärzten sich ein gewisser 
Missinuth einstellen werde, wenn diese Geschäfte sich zu manchen 
Zeiten ausserordentlich häufenund die Kreisthierärzte für ihre Mehr¬ 
arbeit nicht nur keine Mehreiunahme haben, sondern jene sogar 
mit einer Ein b us se bezahlen würden, indem in solchen Zeiten ihnen 
eine Privatpraxis ganz unmöglich gemacht wird. 

Es hätte dabei gleich noch ein anderer Grund gegen das 
Pauschquantum, der nur angedeutet wurde, besonders in den 
Vordergrund geschoben werden können. Nicht nur das ist es näm¬ 
lich, dass in Folge des Pauschquantums vielleicht der Eifer der 
Kreisthierärzte zum Nachtheil der Seuchenvertilgung sich verändern 
könnte, sondern auch die Anforderungen der requirirenden Be¬ 
hörden würden sich und zwar sehr zum Nachtheil der Kreisthier- 
ärzfe verändern. Wenn nicht mehr jede Requisition Geld kostet, so 
würden sich die Requisitionen nur so jagen. Der Kreisthierarzt 
würde gar nicht mehr zu Athem kommen; dabei würde natürlich 
schleunigste und directeste Ausführung aller Dienstgeschäfte verlangt 
werden. Niemand würde dem Kreisthierarzt irgend eine Gewähr und 
nöthigeu Falls einen Schutz geben können, dass auch seine Inter¬ 
essen thunlichst berücksichtigt werden. Es ist doch Thatsache, 
dass sich in sehr vielen Kreisen der Landrath um diese Dinge 
gar nicht kümmert, sondern dass sie ausschliesslich der Herr 
Kreissecretär bearbeitet. Es ist auch bekannt, dass ein Theil 
unserer Subalternbeamten ein gewisses Behagen daran empfindet, 
Anderen das Leben — sagen wir — nicht zu erleichtern. Gewiss 
würde mancher dieser „stellvertretenden Laudräthe“ etc. mit grossem 
Vergnügen einem Kreisthierarzt, der am Morgen nach X. gefahren 
ist, am Nachmittag noch einmal Veranlassung geben, dorthin 
zurückzukehren. Mau kann Vieles so oder so einrichten, ohne 
dass irgend ein Verstoss gegen eine Vorschrift vorliegt. Zu 
machen ist dagegen gar nichts. 

Die beamteten Thierärzte brauchen daher bei den hier be¬ 
sprochenen Dieustgeschäften die Eiuzelbezahlung zum Schutz 
gegen ungebührliche Anforderungen untergeordneter Verwaltungs¬ 
organe. 

Welche Erfahrungen aber anderwärts auch mit derBeme ssuug 
des Pauschquantums gemacht wordeu sind, das zeigen z. B. aueh 
die Verhältnisse in Elsass-Lothringen. 

Dort hat man — übrigens ganz unerklärlicher Weise — 1872 
das Pauschquantum eingeführt, obwohl es damals in Frankreich 
eine unbekannte Einrichtung war und auch heute noch ist, also im 
Eisass keineswegs ortsüblich und doch auch in Deutschland nicht 


Digitized by kjOOQie 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33. 


394 


gebräuchlich war. Die Kreise sind dort durchschnittlich grösser 
als in Prenssen. Die Pauschqnanten wurden auf *200 bis 450 M. 
bemessen. Das war allerdings vor der Einführung des Viehseuchen¬ 
gesetzes, wo also auch noch wenig und blos nebenher amtlich 
zu thun war. 

Als nun das Reichs-Viehseuchengesetz eingeführt wurde und 
nun die Kreisthierärzte erst eigentlich anfingen, amtlich be¬ 
schäftigt zu werden, hätte man meinen sollen, dass das Pausch¬ 
quantum eine gänzliche Veränderung hätte erfahren müssen, da 
doch die verlangte Leistung eine ganz andere wurde (dies noch 
um so mehr, als 1876 bezw. 1883 auch die obligatorische Fleisch¬ 
schau im ganzen Reichslande zu Einführung gelangte). 

Das war aber durchaus nicht der Fall. Nach langen Ver¬ 
handlungen wurde das Pauschquantum, statt vervierfacht, auf 
500—700 M. gebracht, etwa ein Fünftel dessen, was den Kreis¬ 
thierärzten zukommen würde, wenn sie Reisegebühren erhielten, 
wie andere Beamte, die überdies ausser ihren Reisegebühren ihr 
Gehalt beziehen. Dabei giebt es in Folge des Pauschquantums 
so viel Requisitionen, dass die Privatpraxis ganz zur Nebensache 
wird. 

Es kann nicht genug hervorgehoben werden, dass die 
Verhältnisse sich radical geändert haben, dass der Kreisthierarzt 
früher in seiner Privatpraxis nicht behindert war und die Amts¬ 
gebühren nebenbei verdiente, während heute Dienst, Dienst und 
nochmals Dienst kommt, ehe an die Praxis gedacht werden darf. 
Dann muss aber eben auch der Dienst seinen Mann ernähren, 
oder wovon soll denn eigentlich der reichsländische Kreisthierarzt 
leben? von 200 Thalern Gehalt und 200 Tlialern Pauschquantum 
als einzige Bezahlung seiner ganzen Dienstgeschäfte doch wohl 
nicht? 

Inzwischen ist in den Reichslanden den Kreisthierärzten 
natürlich auch die Bekämpfung der Schweineseuchen etc. neu- 
aufgetragen worden, wieder ohne Erhöhung der Bezüge. Was 
würde man in jedem anderen Arbeitsverhältniss (etwas Anderes 
ist es ja nicht, da es sich nicht um pensionsfähige Beamte handelt) 


dazu sagen, wenn der eine Theil schliesslich das Doppelte and 
Dreifache an Leistung verlangen würde und der andere sich 
„unentwegt“ dieselbe Bezahlung dafür sollte gefallen lassen. Man 
würde in jedem anderen Falle ein solches Ansinnen einfach 
wunderlich finden. Was aber in privaten Verhältnissen für 
unmöglich gilt, das sollte doch in öffentlichen Verhältnissen auch 
nicht existiren. 

Deshalb sollte man in Elsass-Lothringen auch endlich einmal 
ernstlich an eine radicale Aenderung denken, und man sollte das 
um so eher, als man das gute Beispiel so nahe hat, von Strass¬ 
burg aus blos über die Rheinbrücke hinüber. 

Andererseits beweisen aber diese Verhältnisse zur Genüge, was 
das Pauschquantum mit sich bringen kann und mutatis mutandis 
fast unfehlbar mit sich bringt. Es kann den preussischen Thier- 
ärzten nicht verdacht werden, wenn sie sich mit Offenheit und Ent¬ 
schiedenheit gegen das allgemeine Pauschquantum erklären. S. 

Besetzung des erledigten Ordinariates an der Berliner thierSrztlicbea 

Hochschule. 

Die durch den Tod des Professors Eber erledigte Lehr¬ 
kanzel, welche die Vorträge über Arzneimittellehre und allgemeine 
Therapie sanirat der Leitung des Spitals für kleine Hausthiere 
umfasst, ist dem Departementsthierarzt Regenbogen in Gum¬ 
binnen unter vorläufiger Ernennung zum commissarischen Lehrer 
übertragen worden. 

Departementsthierarzt Regenbogen hat sich als Assistent 
des verstorbenen Prof. Rabe in Hannover mit der Leitung einer 
Klinik für kleine Hausthiere vertraut gemacht und ist für die 
von ihm zu übernehmenden Vorträge nach der pharmakologischen 
Seite hin durch seine ursprüngliche Zugehörigkeit zum Apotheker¬ 
beruf, nach der therapeutischen Seite durch eine fast 20jährige 
practi&cbe Thätigkeit besonders vorbereitet. Er ist 1878 approbirt 
und war lange Jahre Kreisthierarzt in Schlesien, bis er 1895 
Nachfolger des nach Hannover berufenen Prof. Malkmus in der 
Departementsthierarztstelle zu Gumbinnen wurde. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Das neue französische „Feldpolizeigesetz.“ 

Unterm 21. Juni 1. J. ist in Frankreich ein neues Feld- 
polizeigesetz erlassen worden, das in seinen ersten drei Ab¬ 
schnitten gewissermassen eine Umarbeitung des Seuchengesetzes 
von 1881 darstellt. 

Die §§ 1 bis 13 enthalten allgemeine Bestimmungen über die 
Zuständigkeit der einzelnen Verwaltungsorgane etc. 

§ 14 handelt von den auf gefährliche (bösartige) Thiere 
anzuwendenden Massnahmen; § 15 von solchen für herrenlose 
Thiere. 

§ 16 bestimmt, dass Hunde ein Halsband mit Namen und 
Wohnort ihres Besitzers tragen müssen. Herrenlose Hunde und 
solche, die ohne dieses Halsband auf Landstrassen oder auf dem 
Felde getroffen werden, sind einzufangen und nach einer Frist 
von 48 Stunden, wenn sie nicht reclamirt werden, zu tödten. 
Hunde mit Halsband oder mit Marke müssen bis zu acht Tagen 
gehalten werden. 

Die Bürgermeister können anordnen, dass die Hunde dauernd 
an der Leine zu führen sind oder dauernd einen Maulkorb tragen 
müssen. Frei umherlaofende Hunde sind wie herrenlose Hunde 
zu behandelu. 

§§17 bis 26 haben keinen directeu Bezug auf das Veterinär- 
weseu. 


Veterin&rbeamte.) 

§ 27 schreibt vor, dass das Fleisch von an irgend welcher 
Krankheit verendeten Thieren nicht verkauft und zum Consum 
zugelassen werden kann. 

An nicht ansteckenden Krankheiten verendete Thiere müssen 
innerhalb 24 Stunden nach einer regelmässig concessionirten 
Abdeckerei transportirt oder in derselben Frist entweder durch 
chemische Mittel zerstört oder verbrannt werden, oder mindestens 
100 Meter von jeder Wohnung verscharrt werden, so dass sie mit 
mindestens einem Meter Erde bedeckt werden. Es ist verboten, 
todte Thiere in Wälder. Bäche, Flüsse, Teiche etc. zu werfen oder 
an Orten zu verscharren, die den obigen Bestimmungen nicht 
entsprechen. § 28 macht die Bürgermeister für die Beachtung dieser 
Bestimmungen auf die Cadaver herrenloser Thiere verantwortlich. 

§ 29 bestimmt die anzeigepflichtigen Seuchen. Es sind dies: 

Tollwuth bei allen Hausthieren; 

Rinderpest bei allen Wiederkäuern; 

Lungenseuche, Rauschbrand und Tuberculose beim Rind; 

Pocken und Räude beim Schaf und der Ziege; 

Maul- und Klauenseuche beim Rind, Schaf, Ziege und Schwein; 

Rotz, Wurm uud Beschälseuche beim Pferd, Esel und ihren 

Kreuzungen; 

Milzbrand beim Pferd, Rind, Schaf und Ziege; 

Rothlauf und Schweineseuche beim Schwein. 

§ 30 gestattet die Ausdehnung der Anzeigepflicht durch 


Digitized by LjOOQie 







18. August lös«. 


BERLINER THIERARZTLICBE WOCHENSCHRIFT. 


395 


Decret deß Präsidenten der Republik und die Anordnung von 
Massregeln auch auf andere Seuchen. 

Nach § 31 sind zur Anzeige verpflichtet der Besitzer und 
alle Personen, denen Thiere zur Obhut und Pflege überliefert 
sind, sowie Thierärzte. An Seuchen erkrankte oder einer Seuche 
verdächtige Thiere müssen sofort, noch vor dem Einschreiten 
der Polizei, abgesperrt und abgesperrt gehalten werden von allen 
Thieren, die für die betreffende Krankheit empfänglich sind. Es 
ist verboten, vor Ankunft des beamteten Thierarztes solche Thiere 
oder deren Cadaver zu entfernen. 

Der Bürgermeister hat nach § 32 die Beachtung der vor¬ 
erwähnten Bestimmungen zu erwirken und den beamteten Thier¬ 
arzt zu benachrichtigen. Dieser hat auf diese Nachricht hin die 
Untersuchung vorzunehmen, die nothwendigen Massregeln alsbald 
vorzuschreiben und dem Präfecten (Regierungspräsidenten) Be¬ 
richt zu erstatten, welcher die von dem beamteten Thierarzt an¬ 
geordneten Massregeln bestätigt. 

§ 33 bestimmt, dass eine detaillirte Instruction für die ein¬ 
zelnen Seuchen zu erlassen ist. Diese Maassregeln können sein: 

1. Die Isolirung, Sequestration, Untersuchung, Zählung und 
Markirung der Thiere und Heerden eines bestimmten Districts; 

2. die Interdicirung dieses Districts; 

3. das momentane Verbot oder die Einschränkung der Vieh- 
märkte, des Transports oder der Circulation von Thieren; 

4. die Desinfection der Stallungen, Wagen und Transport¬ 
mittel; die Desinfection, unter Umständen die Vernichtung der 
Gerätschaften etc., die mit verseuchten Thieren in Berührung 
kamen, und aller Gegenstände, die als Contagionsvehikel dienen 
könnten. 

Die §§ 34 und 35 handeln von der Rinderpest. Erkrankte, 
seuchenverdächtige und ansteckungsverdächtige Thiere sind nach 
Abschätzung auf daB Gutachten des beamteten Thierarztes hin 
sofort zu tödten. Schafe und Ziegen, die der Ansteckung aus¬ 
gesetzt waren, sind besonderen Absperrungsmassregeln zu unter¬ 
werfen. 

Nach § 36 sind Thiere, die an constatirtem Rotz, Wurm oder 
Tuberculose leiden, zu tödten. 

Für Lungenseuche schreibt § 37 vor, dass die Diagnose durch 
den Departementsthierarzt festzustellen ist, und dass zwei Tage 
nach dieser Feststellung die erkrankten Thiere abzuschlachten 
und die Rinder in dem inficirten Rayon zu impfen sind. Diese 
Impfung kann nachgelassen werden bei Thieren, deren Be¬ 
sitzer sich verpflichten, dieselben innerhalb drei Wochen nach 
dem Bekanntwerden des Seuchenausbruchs schlachten zu lassen. 
Die Abschlachtung der geBammten Bestände kann vom Minister 
für Landwirthschaft angeordnet werden. 

Bei Tollwuth findet sofortige Tödtung auch der verdächtigen 
Thiere statt (§ 38) 

Bei Pocken kann die Impfung, wenn sie der Besitzer nicht 
freiwillig vornehmen lässt, angeordnet werden (§ 39). Die 
Impfung gesunder Thiere, wenn keine Seuchenfälle vorgekommen 
sind, bedarf der Genehmigung durch den Präfecten. 

Nach § 40 i8 1 die Ausübung der Thierheilkunde 
bei an ansteckenden Krankheiten leidenden Thieren 
Jedermann verboten, der nicht approbirter Thier¬ 
arzt ist. 

§ 41 verbietet sodann den Verkauf, das Anbieten zum Ver¬ 
kauf und die Ausstellung von seuchekranken oder seuche¬ 
verdächtigen Thieren. Die Besitzer solcher Thiere dürfen die¬ 
selben nur in den zu der Seucheninstruction vorgeschriebenen 
Bedingungen und Terminen aus der Hand geben. 

§ 42 bestimmt, dass die Cadaver der an ansteckenden Krank¬ 
heiten verendeten oder wegen solcher getödteten Thiere inner¬ 


halb 24 Stunden auf chemischem Wege oder durch Verbrennung 
zerstört werden müssen, oder dieselben müssen mit ungelöschtem 
Kalk verscharrt und mit einer mindestens einen Meter hohen 
Erdschicht überdeckt werden. Die Haut der an Rinderpest, 
Milzbrand und Rauschbrand erkrankt gewesenen Thiere muss vor 
der Verscharrung zerschnitten werden. 

Das Fleisch von wegen Rinderpest, Rotz, Wurm, Milzbrand, 
Rauschbrand, Rothlauf und Tollwuth getödteten Thieren darf 
nicht zum Consum zugelassen werden. 

Die Seucheninstruction soll genaue Vorschriften über den 
Transport, die Zerstörung oder die Verscharrung der Cadaver 
enthalten. 

§ 43 schreibt vor, dass das Fleisch von wegen Lungenseuche 
Tuberculose und Schweineseuche getödteten Thieren nur nach 
schriftlich motivirter Begutachtung durch den beamteten Thier¬ 
arzt zum Consum zugelassen werden darf. Die Eingeweide sind 
gemäss § 42 zu zerstören. Der Bürgermeister hat für Beachtung 
der Anordnungen zu sorgen und dem Präfecten sofort eine Be¬ 
scheinigung über die Ausführung zu übersenden. Das schon er¬ 
wähnte Seuchenreglement soll die Fälle specificiren, in welchen 
Fleisch von an obengenannten Seuchen erkrankten Thieren zum 
Consum zugelassen werden kann. 

Auch für die der Ansteckung verdächtigen Thiere muss bei 
Rinderpest der beamtete Thierarzt die Consumfähigkeit des 
Fleisches begutachten (§ 44); die Häute und Abgänge können 
aber nur nach Desinfection aus dem Schlachtlocal entfernt 
werden. 

§ 45 behandelt die Desinfection der zum Transport von 
Thieren bestimmten Eisenbahnwagen, Schiffe, Fuhrwerke etc., 
sowie der Stallungen, Rampen, Höfe etc., in welchen die trans- 
portirten Thiere sich aufgehalten haben. 

.,§46 bestimmt, dass die Entschädigung für wegen Rinderpest 
getödtete Thiere drei Viertel des Werthes zu betragen hat. 

Bei Lungenseuche beträgt die Entschädigung: 
die Hälfte des Werthes, wenn die Section die Diagnose be¬ 
stätigt; 

drei Viertel des Werthes bei angesteckten Thieren; 

deq vollen Werth, wenn die Thiere in Folge der Impfung um- 

gestanden sind. 

Der volle Werth darf 800 Francs (640 M.) nicht übersteigen. 

Nach § 47 ist bei Lungenseuche keine Entschädigung zu 
zahlen, wenn die Thiere vor weniger als drei Monaten nach 
Frankreich eingeführt sind. Nach § 48 gehört der Erlös aus 
Thieren, deren Fleisch oder sonstige Abgänge verkauft werden 
dürfen, dem Eigenthümer. Ist dieser Erlös höher als der dem 
Besitzer zur Last fallende Werthantheil, so wird die Differenz 
von der Entschädigung abgezogen. 

Die Abschätzung geschieht durch den Departementsthierarzt 
und einen von dem Besitzer bezeichneten Experten; versäumt 
der Besitzer die Bezeichnung eines Experten, so operirt der 
Departementsthierarzt allein. Der Entschädigungsanspruch muss 
innerhalb dreier Monate dem Minister für Landwirthschaft unter¬ 
breitet werden; Nichtbeachtung der sanitären Vorschriften hat 
den Verlust des Entschädigungsanspruches zur Folge. Die 
Entscheidung trifft der Minister, dem Besitzer steht das Recht 
der Berufung an den Staatsrath zu (§§ 49 bis 51). 

§ 52 macht die Gewährung von Entschädigungen für Tuber¬ 
culose von der Beachtung der sanitären Massnahmen (Tuberculin- 
probe, Isolirung der erkrankten und verdächtigen Thiere von den 
nicht reagirenden, getrennte Aufzucht der Kälber etc.) abhängig. 

Die §§ 53 und 54 ordnen die Schaffung besonderer Seuchen¬ 
rasenplätze an, verbieten den Weidegang auf diesen Plätzen und 
die Verwendung des auf denselben gewonnenen Futters. 


Digitized by LjOOQle 



396 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 33 


Die §§ 55 und 56 schreiben die Untersuchung der auB dem Aus- | 
lande importirteuThiere vor. §57 und §60 ermächtigen die Regierung, 
die Einfuhr und Ausfuhr von Thieren zu verbieten, sowie eine 
Quarantäne für Thiere und von Gegenständen, welche eine Ver¬ 
seuchungsgefahr mit sich bringen, die Abschlachtung ohne Ent¬ 
schädigung aller kranken oder verdächtigen Thiere und endlich 
alle Massregeln anzuordnen, die die Befürchtung der Ein¬ 
schleppung einer Seuche nöthig erscheinen liesse. 

§ 58 bestimmt, dass die sanitären Massregeln an der Grenze 
durch die zuständigen Beamten nach Begutachtung durch den 
Grenzthierarzt zu ergreifen sind und dass die Zollbeamten zur 
Ausführung requirirt werden können. 

Die §§ 59 und 61 schreiben die Anlage von Auslade- und 
Qnarantänestatioien in den Seehäfen, sowie die Kostenabrechnug 
der Tödtungs-, Versicherungs-, Transport-, Quarantäne- und 
Desinfectionskosten vor. 

Die §§ 62 bis 63 bestimmen weiter, dass in jedem Departement 
der Veterinärsanitätsdienst auf Kosten des Departements statt¬ 
findet, dass die Beaufsichtigung der Viehmärkte, Schlachthäuser 
und Waarenplätze Zwangsausgaben für die Gemeinden sind. 

§ 64 handelt vom Comitd consultativ des epizooties (Seuchen¬ 
rath), der beim LandwirthschaftBministerium eingerichtet ist 

§ 65 verbietet die Thierquälerei. § 66 schreibt vor, dass 
auf dem Transport (zu Wasser und zu Land) befindliche Thiere 
mindestens alle 12 Stunden getränkt und gefüttert werden müssen, 
dass der Transportunternehmer (Eisenbahngesellschaft etc.) hierfür 
verantwortlich ist und auch, wenn die Thiere begleitet werden, 
die zur Tränkung und Fütterung nothwendigen Geschirre sowie 
das Wasser unentgeltlich zu liefern hat. 


§ 67 überlässt es den Präfecten, die von den Bürgermeistern 
erlassenen Vorschriften über die Ueberführung von Thieren nach 
den Schlachthäusern und über die Schlachtung für ihre De¬ 
partements einheitlich zu regeln. 

§ 68 bestimmt, dass sofort nach jedem Markte die sämmt- 
lichen von Thieren berühiten Localitäten zu reinigen und zu 
desinficiren sind, und zwar unter Verantwortung des Bürger¬ 
meisters. 

§ 69 schreibt die periodische Besichtigung der Marktplätze, 
Markthallen, Verlade- und Ausladestationen, Gastställe etc. durch 
die beamteten Thierärzte vor. Dieselben haben nach § 70 und 71 
über ihren Befund Bericht zu erstatten und haben die Präfecten, 
wenn die Bürgermeister den Aufforderungen des beamteten Thier¬ 
arztes keine Folge geleistet haben, die Ausführung in bestimmter 
Frist anzuordnen. 

§ 72 schreibt vor, dass vom Tage der Zustellung an die 
Verwendung eines den sanitären Anforderungen nicht ent¬ 
sprechenden Locales verboten ist. 

Die übrigen Paragraphen haben für das Veterinärwesen 
keine directe Bedeutung. 

Erlasse. 

Geflügelcholera. Im Herzogthum Anhalt ist durch Bekannt¬ 
machung des Herrn Reichskanzlers vom 5. August er. die An¬ 
zeigepflicht für Geflügelcholera eingeführt. 

Finnen. Unter dem 21. Juli er. ist von den drei Ministerien 
der Medicinalaugelegenheiten, für Landwirthschaft und des Inneren 
verfügt worden, dass bei Untersuchung von nicht über 6 Wochen 
alten Saugkälbern von den Schnitten durch die Kaumuskeln ab¬ 
gesehen werden kann. 


Personalien. 

Auszeichnungen, Ernennungen eto.: Der Departementsthierarzt 
Regenbogen zu Gumbinnen ist commissarisch zum Leiter der 
Klinik fUr kleine Hausthiere und Lehrer für Pharmakologie etc und 
allgemeine Therapie an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin; 
der Kreistiiierarzt Bongartz zu Bonn ist nebenamtlich zum 
Lehrer der Thierarzneikunde an der landwirtschaftlichen Academie 
zu Poppelsdorf — ernannt worden. — Der Departementsthierarzt a. D. 
Schell hat sein Lehramt zu Poppelsdorf niedergelegt. — Der 
Kreisthierarzt des Landkreises Breslau, K o s c h e 1, wurde zum 
commissarischen Departementsthierarzt des Reg.-Bez. Breslau 
ernannt und der Kreisthierarzt Rust zu Königsberg in die Kreis¬ 
thierarztstelle des Landkreises Breslau versetzt. — Dem Kreisthierarzt 
Schultz zu Schlüchtern wurde die bisher commissarisch verwaltete 
Kreisthierarztstelle und dem Thierarzt Bartels die Kreisthierarzt¬ 
stelle Nienburg und Neustadt a. R. definitiv übertragen. 

In der Armee: Zu Unterrossärzten ernannt: Simon iO. Art.-Reg; 
Kettner 8 Hus -Reg; S c h’ ü 11 15 Art.-Reg; Richters. Art- 
Reg.; Hellmuth 24. Drag -Reg.; Guh rauer 2. Art.-Reg.; Egge¬ 
brech t 9. Art - Reg.; K r i'i g e r 12. Ulan.-Reg.; Seegmüller 
14. Art. - Reg. — Unterrossarzt Freude vom 24. (Giosbü Hess) 
Drag.-Reg. zum Königs-Ulan.-Reg. versetzt. — Rossarzt B a r t e 11 
vom 14. Drag.-Reg. pensionirt. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Thierarzt Eis n er 
von Falkeuberg nach Steinau a. 0.; Thierarzt Komm nach Lauen¬ 
burg i. Pomm. 

Approbationen: In Berlin die Herren Hitze, Sturhan, Dudzus 
und B i e r m a n n. 

Todesfälle: Kreisthierarzt G 1 o k k e - Falkenberg 0. S; Kreis¬ 
thierarzt Mcnske, bisher zu Steinau a. 0. 


Yacanzen. 

Krelsthlerarztsteilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. — 
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). 


— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht aus¬ 
geschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Tlieil). -- 
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. 

Sanitätsthierarztsteilen a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bewan Magist.— 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Geroeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum 

1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfurt. — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Casse ). — Pit- 
seben. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Kr. Krüger. — Callies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. — Dassow 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt. 
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt. 
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. 
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimstahl: Thierarzt (Ein¬ 
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. 

— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬ 
gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
500 Mark). — Nenkirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse 
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg - 
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen 
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier- 
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi¬ 
strat. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
500 M.) I!ew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzutührender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Grenzthierarztstelle Stallupönen. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (czcl. l»»eratentlieil) l’rof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und ICisenthum von Hichard äclioclz in Berlin. — Druck von W. BQzenatein. Berlin 


Digitized by LjOOQie 





Die „Berliner Tfclerärxtllch« Wochenschrift“ ereehelnt 
wßohenUleh ln Bl*rke von mindesten* 1*/» Bogen. Dieselbe 
ist eu beilehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetx, Berlin NW., Luisenstrasse S6, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbcitrfcge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*, 
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliehe Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 34 . 


Altsgegeben am 25. August. 


Inhalt: Buch : Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität. — Storch: Ueber seuchenartig auf¬ 
tretende Gangrae n der Vulva bei Kühen. — Referate : K 1 i m m e r: Ist Zucker ein normaler Bestandteil des Harns 
unserer Säugethiere? und Zwei neue klinische Methoden der quantitativen Zuckcrbestimmung im Harn. — Schmidt: Das 
Püanz’sche Embryotom. — Bournay: Sarcomatöso Pseudo-Tuberculose beim Hunde. — Saenger: Ueber die Schutzimpfung 
einer gesunden Nase gegen Schädlichkeiten in der Inspirationsluft. — Loewit: Ueber die Beziehung der Leucocyten zur 
bactcriciden Wirkung und zur alcalischen Reaction des Blutes und der Lymphe. — Hirschfeld: Beiträge zur vergleichenden 
Morphologie der Leucocyten. — Therapeutische Notizen. — Tage sge s c h i c h te: Bericht über die Versammlung der be¬ 
amteten Thierärzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm. 11$ Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftsbaus zu Lüneburg. — 
0 effe n tlich es Veteri n är wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Flcischschau in 
Dänemark. — Personalien. — Vacanzen. 


Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität. 

Von 

Buch, 

Depnrtetnentsthierarzt. 

(Fortsetzung statt Schluss.) 

Wie bereits erwähnt, beginnen die Immunisirungsversnche 
mit abge8cliwächten oder vollvirulenten Coltaren oder deren Pro¬ 
dukten, den Toxinen, mit der Entdeckung Pasteur’s, dass ein 
Impfschutz gegen Hühnercholera nach vorheriger planmässer 
Einverleibung von Culturen des Hühnercholerabacillus erzielt 
werden kann. Die Versuche wurden mit Milzbrand- und Roth- 
laufbacillen in derselben Weise ausgefühlt und das frühere Ver¬ 
fahren modificirt. Die bekannten Schutzimpfungsverfahren gegen 
Milzbrand und Rothlauf der Schweine basiren anf diesen Ver¬ 
suchen. 

Durch Büchner, Huhn und Bordet wurde bewiesen, dass 
die Leucocyten gewisse Stoffe bilden uud diese an das Serum 
abgeben (bactericide Stoffe sog. Antikörper), die tödtend 
oder lähmend auf die eingedrungenen Bacterien ein¬ 
wirkten. Die bacterientödtende bezw. bacterienlähm ende 
Wirkung des Blutes wird somit um so grösser sein, 
je mehr Leucocyten im Blute vorhanden sind. 

Die Leucocyten verschlucken daher nicht allein die ein¬ 
gedrungenen Bacterien, sondern sie geben auch in ihrem natür¬ 
lichen und in ihrem künstlich gereizten Zustande Stoffe an das 
Blut ab, die ihrerserseits wiederum eine vernichtende Wirkung 
entweder auf die Bacterien selbst oder auf deren Toxine aus¬ 
üben. Diese Extracelluläre Bacterienvernichtung entzog 
sich bis auf die letzte Zeit fast gänzlich der Beobachtung. 

Während einige Forscher, wie Emmerich und Pfeiffer, 
die extracellnläre Abtödtung der Bacterien auf Grund eingehender 
Versuche anuehmen, weisen andere Forscher darauf hin, dass das 
Pfeiffer'sehe Phänomen keine allgemeine Erscheinung der er¬ 
worbenen Immunität darstellt, da es zuweilen nur in der Bauch¬ 
höhle beobachtet wird. 

Pfeiffer fand nämlich mit Issaöff, dass das Absterben der 
Bacterien in der Peritoneallymphe ausserhalb der Leucocyten er¬ 
folgt, wenn die Bacterien gegen die betreffende Infectionskrank- 
heit künstlich gut geschützten Thieren eingespritzt wird. Die 


Versuche wurden zuerst mit Cholera- und später im Verein mit 
Kolle mit Typhusbacillen angestellt, wobei wabrgenommen 
wurde, dass die Bacillen sich in kleine Kügelchen verwandeln 
und in diesem Zustande zu Grunde gehen. Andere Forscher, 
Wassermann und vor allem Voges, welch’ Letzterer ähnliche 
Versuche betreffs der erworbenen Immunität der Meerschweinchen 
i gegen den Schweineseuchebacillus anstellte, haben das Pfeiffer¬ 
sche Phänomen nicht beobachtet. Demnach ist sogar für die 
Bauchhöhle nicht bewiesen, dass dieses Phänomen auf einem all¬ 
gemeinen Gesetze basirt, sondern lediglich nnr häufig vorkommt. 
Andererseits wurde von Gr über und Durham behauptet, dass 
die agglutinirende Wirkung des Blutserums keineswegs 
nur bei immunen Thieren vorkomme, sondern auch bei nicht 
immunen Thieren, weshalb Metschnikoff die agglutinirende 
Wirkung des Blutes geschützter Thiere nicht für die Ursache 
der Immunität, sondern nur für eine Nebenwirkung derselben 
erklärt. 

Bei den Versuchen von Chavrin und Roger wurde bemerkt, 
um dies noch zu erwähneu, dass die Bacillen des blauen Eiters 
sich im Blutserum ungeschützter Thiere vertheilen, wodurch die 
Nährflüssigkeit gleichmässig getrübt wird, während diese Bacterien 
im Serum geschützter Thiere auf den Boden des Glases fallen, 
wo sie sich zu Klumpen vereinigen (agglutiniren). Metschnikoff 
konnte dieses Verhalten für den Bacillus pyocyaneus, den B. 
Metschnikowi und den Pneumococcus des Menschen bestätigen. 

Hochwichtig und höchst interessant ist die Entdeckung 
Metschnikoff’s, dass das Blut auch an uud Für sich Eigenschaften 
hat, die man als antiinfectiöse Eigenschaft bezeichnet hat, 
die aber weder mit der antitoxischen, noch mit der bactericiden 
Eigenschaft desselben etwas gemein hat; denn nach Fränkel 
und Sobernheim kann das Choleraserum präventiv wirken, 
obschon es durch Erwärmen auf 60° seine bactericideu Eigen¬ 
schaften verliert. Die antiinfectiöse Eigenschaft des Blutserums 
ist demnach etwas ganz Eigenartiges, dessen innerstes Wesen 
nicht bekannt ist. Das Merkwürdigste ist, dass das Serum ge¬ 
sunder, nicht geschützter Individuen auch antiinfectiöse Eigen¬ 
schaften hat, wie Issaeff vom Blutserum gesunder Menschen 
Meerschweinchen gegenüber bei der Injection von Cliolerabacillen 
in die Bauchhöhle nachwies. Voges gelangen Versuche mit 
Blutserum von gegen Schweineseuche nicht immuner Thiere 


Digitized by LjOOQie 



398 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 84. 


bei der Injection der Bacillen der Schweineseuclie in den Peri¬ 
tonealsack. 

Es ist demnach feststehend, dass ähnlich wie die Bouillon 
eine antiinfectiöse präventive Wirkung auf Bactericn ausznüben 
vermag, obschon diese in ihr selbst gut fortkommen, auch das 
Blutserum von empfänglichen Thieren frische Thiere schützen 
kann, obwohl in ihnen selbst die betreffenden Bacterien gut ge¬ 
deihen. 

Das Blutserum enthält daher eine antiinfectiöse Substanz, 
die darin aufgelöst ist. Sie geht ebenso wie die Antikörper 
in die Körpersecrete über. Die Hauptrolle spielen aber bei der 
künstlichen Immunität nach Ansicht Metschnikoff’s die zelligen 
Elemente. Diese sind es, die die eingedrungenen Bacterien 
in ihrem Zellleib abtödten. Sobald das Blutserum gleichzeitig 
bactericid wirkt, erstreckt sich dieser abtödtende Einfluss niemals 
auf die Gesaramtheit der Bacterien, sagt Metschnikoff. Die 
Pliagocytose spielt nach diesem Forscher bei der künstlich er¬ 
worbenen Immunität die Hauptrolle; sie ist bei geschützten Thieren 
viel lebhafter als bei empfänglichen, worauf eine gewisse Sensi¬ 
bilität der Phagocyten bei künstlich geschützten Individuen ge¬ 
schlossen wird. Die Phagocyten geschützter Thiere nehmen 
lebende Bacterien auf, die ihre volle Virulenz haben. Die An¬ 
sicht, dass durch humorale Einflüsse erst eine gewisse Ab- 
schwächnng der Virulenz eintreten müsse, bevor die Bacterien 
von den Phagocyten angenommen werden, bat sich als unhaltbar 
erwiesen, nachdem für Milzbrandbacillen und für die Bacterien 
der Schweineseuche nachgewiesen worden war, dass diese von den 
Phagocyten aufgenommenen Bacterien ihre volle Virulenz andern 
Versuchstieren gegenüber bewahrt hatten. Es steht auch ausser 
Frage, dass bei Versuchen, die sich ausserhalb des Körpers ab¬ 
spielen, leicht falsche Schlüsse gezogen werden können, da die 
Phagocyten bei der Entfernung aus dem Körper sicher erheblich 
beschädigt werden und mithin einen grossen Theil ihrer Lebens¬ 
energie einbüssen. Die unbeschädigten, im Organismus befind¬ 
lichen Leucocyten haben die künstlich und natürlich geschützten 
Thiere gegen eingedrungene Bacterien, gegenüber denen das 
betreffende Individuum geschützt wurde, eine gesteigerte Sensi¬ 
bilität, die sie zur Aufnahme der Schädlinge veranlasst. Die Ab- 
tödtung bezw. Hemmung der Entwicklung erfolgt in den im 
Körper befindlichen Leucocyten in energischer Weise, bei den 
beschädigten ausserhalb des Körpers befindlichen Leucocyten 
können z. B. Milzbrandbacillen sich im Zellleib weiter entwickeln 
und nach dem Platzen der Zelle eine ungeschwächte Virulenz 
anderen ungeschützten Thieren gegenüber entfalten. 

Einige Forscher wollten der agglutinirenden Eigenschaft des 
Blutes eine hohe Bedeutung bei der Unschädlichmachung viru¬ 
lenter Bacterien in geschützten Organismen znsprechen, indem 
sie glaubten, dass die agglutinirende Eigenschaft des Blutes erst 
die Bacterien zur Aufnahme vorbereiten. 

Die Fähigkeit zur Aufnahme und Vernichtung der Bacterien 
kann durch einfache indifferente Substanzen, durch Bouillon-, Koch¬ 
salzlösung erhöht werden, was Metschnikoff zu der Annahme 
veranlasste, dass das antiinfectiöse Serum nur als Stimulans bei 
der Aufnahme der Bacterien zu betrachten sei. Die im Blute 
circulirenden Agglutinine und die antiinfectiöse Substanz unter¬ 
stützen nur die Phagocyten in ihrer Thätigkeit bei der Ver¬ 
nichtung lebender und virulenter Bacterien in geschützten Indi¬ 
viduen. 

Metschnikoff ist der Ansicht, dasB die bactericiden, im 
Serum befindlichen Substanzen — Antikörper, Antitoxine — in 
geschützten Thieren nach ihrer Bildung in den Leucocyten erst 
frei werden, wenn letzere eine gewisse Beschädigung erleiden. 

Dieser Ansicht widersprechen mehrere Forscher, neuerdings 


ganz besonders van de Velde auf Grund von Versuchen mit 
Staphylococcus pyogenes, van de Velde (Centr. Bl. f. Bact. 
III. Bd.) behauptet, wobei er eine diesbezügliche Arbeit von 
Bail bespricht, dass die bactericide Kraft in Exsudaten her¬ 
stamme von lebenden secretirenden Leucocyten, und dass die 
Versuche von Büchner, Hahn, Schattenfroh und Bail 
Mos beweisen, „dass die den Exsudaten entnommenen Leuco¬ 
cyten noch eine grosse Menge bactericider Substanzen enthalten, 
welche man durch Zerstörung dieser Leucocyten zur Erscheinung 
bringt/ 4 

Sobald die Leucocyten aus dem Körper entnommen und in 
Serum gebracht werden, unterbrechen sie nach van de Velde 
merkwürdigerweise ihre Secretion, auch wenn sie durch Bacterien- 
toxine, gegen die sie äusserst empfindlich sind, einen Reiz er¬ 
fahren. Die Gründe hierfür sind gänzlich unbekannt. Es müssen 
demnach uds noch unbekannte Gesetze im Spiele sein, denen die 
Secretion unterworfen ist. 

Wie Eingangs darauf hingewiesen wurde, spielen die Gift¬ 
wirkungen der Antitoxine bei der Immunisirungsfrage eine 
wesentliche Rolle. Es giebt Antitoxine, die direct auf die Leuco¬ 
cyten einwirken, van de Velde machte die wichtige Entdeckung, 
das pyogene Staphylococcen durch ihre Product» die Leucocyten 
schädigen und sie tödten. Dieses die Leucocyten vernichtende 
Gift belegte er mit dem Namen Leucocytin. Wurden Kaninchen 
aber gegen Staphylococcen geschützt, so enthielt ihr Blutsernm 
eine Substanz, die die Wirkung des Leucocytins aufbebt. Er 
nannte diese Substauz Antileucocytin. Nach Metschnikoff 
handelt es sich daher „bei der künstlichen Immunität um die 
Bildung dieses Antitoxins, welches die Leucocyten vor der Gift- 
wirknng schützt und ihnen dadurch erlaubt, die Staphylococcen 
aufzunebmen und abzutödten.“ 

Für andere pathogene Bacterien haben, die mit dieser Frage 
sich beschäftigenden Forscher nachgewiesen, dass gegen diese 
Bacterien geschützte Thiere dennoch gegen deren Toxine em¬ 
pfindlich bleiben. So hat Behring gefunden, dass Thiere, die 
gegen Diphtheriebacillen geschützt sind, noch nicht geschützt 
sind gegen das Toxin dieser Bacillen. Es muss daher eine be¬ 
sondere Immunisation mit dem betreffenden löslichen Toxinen 
noch stattflnden, wenn die Thiere auch gegen die Toxine ge¬ 
schützt sein sollen. Für die Bacterien der Cholera wurde diese 
Thatsache übereinstimmend von mehreren Forschern festgestellt. 
Wassermann, der mit dem Bacillus pyocyaneus experimentirte, 
stellt den Satz auf, dass die so mit lebenden Bacterien vorbe- 
handelten Thiere nur gegen die Bacterien, aber nicht gegen das 
Toxin geschützt sind, während die mit dem Toxin vorbehau- 
delten Thiere gleichzeitig mit dem Giftschutz auch gegen die 
Bacterien geschützt sind. Es ist mithin bei der erworbenen 
wie bei der natürlichen Immunität möglich, dass die 
betreffenden Thiere immun sind gegen die Infections- 
erreger, während sie noch eine hohe Empfindlichkeit 
gegen die entsprechenden Toxine haben. 

Was nun die natürlich erworbene Immunität betrifft, ist 
zu bemerken, dass die natürlich erworbene Immunität unter den 
gleichen Voraussetzungen zustande kommt, wie die durch künstliche 
Immunisirung erworbene Immunität. Demnach befinden sich im 
Blute von an Infectionskrankheiten genesenen Menschen und 
Thieren Antikörper, die aber zuweilen nicht nachweisbar sind, 
weil sie häufig bald wieder aus dem Blute verschwinden. That¬ 
sache ist es, dass man nach dem Ueberstehen des Abdominal¬ 
typhus, der Diphtherie und der Cholera des Menschen antitoxi¬ 
sche, antiinfectiöse und agglutinirende Wirkungen des Blutes 
walirgenommen hat. Bei der natürlich erworbenen Immunität spielt 
aber die individuelle Beschaffenheit des Individuums eine so 


Digitized by kjOOQie 


25. August 1898. 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


399 


grosse Rolle, dass die Gesetzmässigkeit wie bei der künstlich 
erworbenen Immunität vielfach nicht nachznweisen ist. Das Blnt 
von Kindern beispielsweise, die nie an Diphtherie erkrankt waren, 
wnrde häufig stärker antitoxisch angetroffen, als das Blut von 
Kindern, die in der Genesung begriffen waren. Unzweifelhaft 
harrt anf diesem Gebiete noch manches der wissenschaftlichen 
Aufklärung. 

Bei der natürlich erworbenen Immunität interessirt uns auch 
die Vererbung erworbener Immunität. Und dabei können wir 
Thatsachen anführen, die als feststehende nicht mehr angezweifelt 
werden können, die aber ebenso wie das grossd Gebiet der 
Immunität im Allgemeinen noch weiter durch systematische 
Forschungen bekräftigt und erklärt werden müssen. In erster Reihe 
hat sich Behring bemüht, den Problemen der durch Vererbung 
erworbenen Immunität näher zu treten. Er fand dabei, dass die 
Immunität nur von der mütterlichen Seite auf die Nach¬ 
kommen tibergeht Er bewies auch, dass vom künstlich im- 
munisirten Vater aus eine Uebertragung der Immunität auf das 
Junge nicht erfolgen kann. 

Ehrlich nimmt an, dass die Nachkommen dadurch immun 
werden, dass sie Antikörper aus dem Blute der immunen Mutter 
in sich aufnehmen, wodurch die Jungen passiv immun würden. 

Willard glaubt aber, dass es sich hierbei nicht um eine 
passive Immunität handle, da diese erworbene Immunität meist 
mehrere Monate dauere, wogegen die passive Immunität, die 
durch Einverleibung des Serums immunisirter Thiere entstehe, 
nur wenige Wochen bestehen bliebe. Er nimmt daher auch für 
die durch Vererbung erworbene Immunität an, dass sich an ihrem 
Zustandekommen die Zellenelemente betbeiligen, wodurch eine 
celluläre Immunität der Nachkommen entstehe. Auf die Zell¬ 
elemente wirkten, so erklärt sich Vaillard den Vorgang, während 
der ganzen Zeit der Schwangerschaft die von der Mutter an das 
Junge abgegebenen Antikörper ein. 

Ehrlich machte darauf aufmerksam, dass die Antikörper 
der Mutter auch durch die Milch bei der Säugung direct auf das 
Junge übertragen werden. Dass aber eine Immunität bei allen 
Thierarten durch die Säugung von immunen Müttern anf die 
Jungen verpflanzt werde, ist nicht anzunebmen, da Vaillard 
beispielsweise der Milch der Kaninchen und der Meerschweinchen 
diese Eigenschaft auf Grund von einwandsfreien Versuchen 
abspricht. (Schluss folgt) 


Ueber seuchenartig auftretende Gangraen der Vulva 

bei Kühen. 

Von 

Storch - Schmalkalden, 

coram KreUthicrarxL 

Am 2. April d. J. untersuchte ich die einzige, plötzlich 
schwer erkrankte Kuh des Nagelschmiedes M. in dem zum hiesigen 
Kreise gehörigen Dorfe Herges-Hallenberg. Dieselbe hat angeblich 
vor 4 Tagen gekalbt; die Geburt, bei welcher der Kuhhirte des 
Ortes Hilfe geleistet hat, ist rasch und leicht von statten ge¬ 
gangen; seit dem gestrigen Abende jedoch, bis zu welchem das 
Befinden des Thieres ein ungetrübtes gewesen ist, soll sich 
eine immer mehrzu nehmende Anschwellung des Wurfes bemerkbar 
machen. 

Die Untersuchung hatte folgendes Ergebnisse Die ungefähr 
6 Jahre alte, gelbrothe, dem fränkischen Schlage angehörende 
Kuh liegt und steht erst nach wiederholtem Antreiben auf. Ohr¬ 
muscheln eisig kalt. Flotzmanl trocken. Die Augäpfel stecken 
tief in ihren Höhlen. Pulsus tremulis. Athmung mässig be¬ 
schleunigt. Hungergruben eingefallen. Der ganze Wurf zeigt 
unförmige, doppelmannskopfgrosse Schwellung. Die Haut der 


Schamlippen ist gespannt, glänzend, diffus blauroth gefärbt; 
letztere fühlen sich kühl an, sind teigig und aufDruck unempfindlich 
Unter der Epidermis der rechten Schamlippe befindet sich nahe 
der oberen Commissur eine apfelgrosse Gasblase (Brandblase). 
Ein knisterndes Geräusch entsteht beim Ueberstreichen der ge¬ 
schwollenen Partien mit den Fingern nicht. Im unteren Scham¬ 
winkel befindet sich ein pfenniggrosses, seichtes Geschwür. Die 
Schleimhaut des Scheidenvorhofes ist düster geröthet und blau 
gestreift. Beim Einschneiden in die Schamlippen verräth Patient 
nicht den geringsten Schmerz. Von der verhältnissmässig 
trockenen Schnittfläche fliesst nur eine geringe Menge röthlichen, 
geruchlosen Serums ab; Gasblasen befinden sieb in dem durch¬ 
schnittenen Gewebe nicht. 

Die eingeleitete Behandlung bestand in tiefen Incisionen in 
die geschwollene Vulva, sowie stündlich wiederholten Be¬ 
rieselungen der Schnittflächen und der Scheidenscbleimhaut mit 
Creolinemnl8ion. 

In dem aus den Einschnitten abgeträufelten Gewebssafte 
fanden sich bei der mikroskopischen Untersuchung, welche wegen 
des bestehenden Milzbrandverdachtes alsbald vorgenommen wurde, 
keine Anthraxbacillen, wohl aber Diplo-, Tetra-, Strepto- und 
Staphylococcen in massiger Menge, sowie ganz vereinzelt 
Bacillen vom Aussehen des Oedembacillus. 

Im Laufe des' folgenden Vormittages verendete die Kuh. 
Section wurde nicht gemacht. 

Am 25. April erhielt ich die telegraphische Aufforderung, 
eine unter gleichen Erscheinungen erkrankte Kuh des Strassen- 
wärters A. zu untersuchen. Derselbe besass ausser dem erkrankten 
Thiere noch eine hochträchtige Kuh. Patient hatte am 23. April 
gekalbt. Der erwähnte Hirte hatte auch im vorliegenden Falle 
Geburtshilfe geleistet. Die linke, grauroth gefärbte Schamlippe 
deß Thieres war zweifaustgross geschwollen und blau gefleckt. 
Verletzungen der hochgerötheten Vaginalschleimhaut waren nicht 
zu constatiren. Puls klein, Pulsfrequenz 84 in der Minute. 
Temperatur 39,20. Im Uebrigen waren die krankhaften Er¬ 
scheinungen die gleichen wie bei der zuerst erkrankten Kuh. 

Trotz der alsbald eingeleiteten Behandlung, die in tiefen 
Einschnitten, Auswischen der Schnittflächen mit lOproc. Chlor¬ 
zinklösung und Creolininfusionen bestand, trat auch in diesem 
Falle nach 24 Stunden Exitus letalis ein. 

Bei der^ wenige Stunden nach dem Tode ausgeführten Section 
fand sich — kurz resumirt — Folgendes: Schnittfläche der kopf¬ 
gross geschwollenen, teigigen, linken Schamlippe relativ trocken, 
grauroth, von schwarzen Blutpunkten durchsetzt, ohne Gasblasen. 
Subcutis an den Innenflächen der Hinterschenkel sulzig infiltrirt. 
Magendarmcanal ohne Veränderungen. Milz nicht geschwollen, 
Kapsel runzelig, Parenchym schwarzroth, breiig, nicht ausfliessend. 
Leber lehmfarbig, mürbe. Nierenparenchym getrübt. Oberfläche 
des gut contrahirten Uterus glatt, glänzend, grau-rosa. Im 
rechten Gebärmutterhorn ca. V* Liter rötlilich-gefäi bte, schleimige 
geruchlose Flüssigkeit; Schleimhaut grau-weiss bis grau-roth, 
grubig, es bestehen nirgends Geschwüre, Wunden oder Blutungen ; 
Cotyledonen hasel- bis wallnussgross und von fester Consistenz. 
Linkes Horn stark zusammengezogen, ohne Veränderungen. Unter 
dem Rippenfell der linken Seite zahllose Blutpunkte. Lunge 
überall lufthaltig. Herzmuskel getrübt, fleckig. Unter dem Endo- 
card der linken Kammer mehrere strichförmige Hämorrhagien. 
Die bacteriologische Untersuchung des von den Schnitt flächen der 
Schamlippen abgestricbenen Saftes hatte dasselbe Resultat wie 
bei der ersten Kuh. In Ausstrichpräparaten, die aus dem Milz- 
und Leberparenchyme angefertigt wurden, fanden sich ausser 
vereinzelten Bacillen des malignen Oedems keine Bacterien, ins¬ 
besondere keiue Anthraxstäbchen. 


Digitized by LjOOQie 





400 

Da die Ställe, ia denen ich die beiden gleichartigen Krank¬ 
heitsfälle festgestellt batte, im Dorfe ziemlich weit von einander 
entfernt lagen, and weder die Thiere noch die Insassen der zwei 
Gehöfte mit einander in Berührung gekommen waren, erschien 
die Annahme berechtigt, dass der erwähnte Hirte bei der den 
Thieren geleisteten Geburtshilfe die Infection verursacht habe. 
Ich ertheilte deshalb den Rath, letzteren zur Hilfeleistung bei 
Geburten vorläufig nicht wieder zu verwenden oder ihn erst dann 
Geburtshilfe leisten zu lassen, nachdem er Hände und Arme in 
der von mir beschriebenen Weise mit Seifenwasser und Creoljn- 
emulsion sorgfältig gereinigt und desinficirt, Wurf und Scheide 
der gebärenden Kühe mit Creolinlösung irrigirt habe. 

Am 30. April wurde die Erkrankung dreier weiteren Kühe 
gemeldet Bei meiner Ankunft waren bereits zwei derselben ver¬ 
endet, die dritte lebte noch, starb aber auch im Laufe des Tages. 
Sämmtliche drei Kühe waren von dem Kuhhirten entbunden 
worden. Die eine hatte — wie diejenige des Strassenwärters A. 
— am 23. April gekalbt und war am 27. erkrankt Die beiden 
anderen Thiere hatten am 26. April geboren und am 28. bezw. 29. 
die ersten Krankheitssymptome gezeigt Es waren bei diesen 
Kühen angeblich die von mir empfohlenen DesinfectionBmass- 
regeln ausgeführt worden. Die aufgenommenen klinischen und 
pathologisch-anatomischen Befunde waren den vorher beschriebenen 
analog. Verletzungen in der Scheide waren nicht aufzufinden. 

Dass der Hirte Zwischenträger des Infectionsstoffes sein 
musste, erschien nunmehr zweifellos; denn es hatten seit Auf¬ 
treten des ersten Krankheitsfalles eine Anzahl von Kühen im Orte 
ohne Hilfe des Hirten gekalbt, und alle diese Thiere — wie¬ 
viele , konnte nicht genau festgestellt werden — waren ge¬ 
sund geblieben, während von den innerhalb der letzten 14 Tage 
vom Hirten entbundenen acht Kühen sechs Stück verendet 
waren.; > « i 

Ich ertheilte aus diesem Grunde der Ortspolizei den R£th', 
dem Hirten bis auf Weiteres jegliche Geburtshöfe zu verbieten 
und die Ställe, in denen Krankheitsfälle aufgetreten waren, genau 
so zu desinficiren, wie es für Milzbrand vorgeschrieben ist. 

Im Stalle des Strassenwärters A., in welchem entgegen den 
von mir ertheilten Rathschlägen das Feldsteinpflaster nicht 
aufgebrochen und die durchfeuchtete Erdschicht nicht 
abgegraben worden war, erkrankte die noch darin befind¬ 
liche, Eingangs erwähnte Kuh, welche ohne Hilfe des Hirten 
am 6. Mai gekalbt hatte, am 9. Mai ebenfalls am beschriebenen 
Leiden und verendete nach zweitägiger Krankheitsdauer. 

Nachdem nach Ablauf von 4 Wochen keine weiteren Fälle 
beobachtet worden waren, trotzdem mehrere Kühe gekalbt hatten, 
wurden die sämmtlichen Kleider des Hirten, die er bei Vornahme 
der verschiedenen Geburtshilfen getragen hatte, durch Auskochen 
desinficirt und demselben wieder gestattet, bei normalen Geburten 
Hilfe zu leisten. Es sind seitdem keine Fälle von Vulvagangraen 
wieder aufgetreten. 

Letztere erscheinen in dreifacher Beziehung interessant. 
Erstens zeigen sie von Neuem, welche schlimme Rolle der Ge¬ 
burtshelfer als Zwischenträger von Infectionsstoffen spielen katan. 
Zweitens sind sie wiederum ein Beweis für die Wichtigkeit der 
Stalldesinfection zur Verhütung puerperaler lnfectionen. Drittens 
sind wohl die beobachteten, nach Ablauf von 1—2 Tagen letal 
verlaufenden Krankheitsfälle an und für sich bemerkenswerth, 
da ein vollständig gleiches Leiden meines Wissens nach bisher 
nicht beschrieben worden ist; denn es bandelt sich weder um die 
von de Bruin geschilderte „puerperale Phlegmone“, noch um die 
als „Geburtsrauschbrand“ bezeichnete Infectionskrankheit, da 
eine Ansammlung von Gasen in den Schamgeschwülsten nicht 
vorhanden war. Am meisten Aehnlichkeit noch dürfte die beob- 


No. 84. 

achtete Krankheit mit dem von Froehner-Hünfe Id beschriebenen 
„gangraenescirenden Oedem der Rinder und Schafe“ besitzen. 

Ich will noch erwähnen, dass Tauben und Kaninchen nach 
subcutaner Einimpfung des Schnittflächensaftes der erkrankten 
Vulva nicht verendeten. 

Referate. 

Ist Zocker ein normaler Bestandtheil des Harns unserer 
S&ngethiere? 

und 

Zwei nene klinische Methoden der quantitativen Zucker- 
bestimmong im Harn. 

Von Thierarzt Martin Klimmer,. 

(ZelUchr. f. Thlermod. 1838 H. Z.) 

Im Blute und in den Organen der Thiere ist Traubenzucker 
nachgewiesen worden. Consequenter Weise ist dieser Körper 
auch in den Se- und Excreten des Körpers zu erwarten. Ueber 
das Vorkommen des Traubenzuckers als normaler Bestandtheil 
des Harns unserer Haussäugethiere sind bis jetzt nur unzureichende 
Angaben gemacht worden. Um diese Lücke in der vergleichenden 
Biologie auszufttllen, hat der Verf. mit der Untersuchung des 
Rinder- und Schweineharns den Anfang gemacht. 

Im Allgemeinen kommt hier von den Zuckerarten hauptsächlich 
der Traubenzucker in Betracht, die übrigen Zuckersorten spielen 
eine ganz untergeordnete Rolle. 

Die Methoden, welche zur Zuckerbestimmung im normalen 
Harn benutzt werden, zerfallen bekanntlich in zwei Gruppen. 
Entweder wird der Zucker zuerst ausgefällt und im Niederschlag 
durch die gewöhnlichen Reactionen bestimmt, oder derselbe wird 
direct im Harn nachzuweisen gesucht. 

Am meisten werden die Reductionsproben nach der zweiten 
Gruppe benutzt. Aber auch dorch diese Methoden wird kein 
sicheres Resultat gewonnen, denn dieselben geben mit anderen 
Harnbestandtheilen, welche nicht zur Zuckergruppe gehören, 
ähnliche Reactionen. Vor einem Irrthum kann man sich zwar 
in der Weise bewahren, dass die Probe nach demVergähren des 
Harnzuckers wiederholt wird und beide Resultate vor und nach dem 
Vergähren verglichen werden; ein geringer Zuckergehalt lässt 
sich inde88 auch durch diese Methode nicht erkennen. 

Dem Verf. gelang es nun, durch Versetzen der FehliDg’scben 
Flüssigkeit mit alkalischer Guaninlösung ein Verfahren zu finden, 
welches feinere Reactionen giebt. Es verbindet sich nämlich, wie 
Balke festgestellt hat, ein Molekül Guanin mit einem Molekül 
Knpferoxydul zu einem weissgefärbten flockigen voluminösen 
Salze von der Formel C s H 5 N % 0. Cu 3 0, welches in Ammoniak, 
Creatinin, Creatin, Pepsin u. s. f. unlöslich ist. Bei Gegenwart 
von Guanin im Harn fällt hiernach sämmtliches Kupferoxydul aus, 
was sonst nicht der Fall ist, weil Ammoniak und Körper, die 
beim Erhitzen mit Kali Ammoniak liefern, ferner Pepton, Pepsin, 
Creatin und Creatinin zuweilen ganz erhebliche Mengen in 
Lösung halten. Hierin liegt auch die Ursache, weshalb in vielen 
namentlich in dunkelgefärbten Harnen, kein Zucker nach¬ 
zuweisen ist 

Dagegen hat nach dem Verf. der Zusatz von alkalischer 
Guaninlösung zur Fehling’schen Lösung den Vortheil, dass der 
bei der reducirenden Einwirkung des Zuckers sich bildende 
voluminöse Niederschlag von Kupferoiydul-Guanin alle Stoffe mit 
niederschlägt welche die schmutzig grünlichbraune Trübung ver¬ 
ursachen. Die Voluminosität und die weisse Farbe des Guanin- 
Kupferoxyduls lässt eine stattgehabte Reduction in der blauen 
Fehling’schen Lösung leichter erkennen. 

Mit Hilfe dieser modificirten Trommer’schen Probe hat K. 
festgestellt, dass der Traubenzucker ein normaler Bestandtheil 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by tjOOQie 






55. August 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


401 


des Harnes von Rindern und Schweinen ist. Während sich mit 
der parallel ausgeführten Nylander’schen Probe bei Rindern 
ca. 12 pCt., bei Schweinen in 10 pCt Zucker im normalen Harn 
nachweisen liess, hatte das neue Verfahren in 25 pCt. bezw. 
20 pCt. aller Fällen positive Resultate. 

Die beiden neuen klinischen Methoden znr quantitativen 
Zuckerbestimmung im Harn beruhen ebenfalls auf dem Gebrauch 
der Fehling’sehen Lösung mit einem Zusatz von alcalischer 
Guaninlösung. Die Anwendung der Methoden ist in einem 2. Ab¬ 
schnitt genau beschrieben. 

Nach den Untersuchungen des Verf. schwankt der Trauben¬ 
zuckergehalt im Harn des Rindes zwischen 0,005—0,062 pCt., im 
Harn des Schweines zwischen 0,004—0,06 pCt. Diese Zahlen 
stimmen mit dem im menschlichen Harn gefundenen Zuckergehalt 
überein. 

Verf. glaubt also auf Grund seiner Untersuchungen annehmen 
zu können, dass in jedem normalen Harn von Rindern und 
Schweinen Zucker vorhanden ist „Seine Menge ist jedoch zumeist 
so gering, dass er mit den heutigen Methoden noch nicht in 
allen Fällen sicher nachgewiesen werden kann. Nur dann ist 
jetzt seine Gegenwart zu constatiren, wenn er sich dem physiologi¬ 
schen Maximum nähert.“ 

Die Annahme, dass der Zucker in jedem Harn vorkomme, 
wird damit begründet, dass derselbe ein normaler Bestandtheil 
des Blutes und aller Organe ist und dass er zu den Stoffen ge¬ 
hört, die thierische Membranen leicht durchdringen. 

Das Pflanz’sche Embryotom. 

Vom Departements-Thierarzt Schmidt-Buxtehude. 

(Dtsch. TblorKrztl. Wschr. M, 1898.) 

Departements-Thierarzt Schmidt schreibt über das seiner 
Zeit in der B. T. W. beschriebene Embryotom Folgendes: 

In den Geestbezirken kommen seit einer Reihe von Jahren 
namentlich bei erstgebärenden Thieren, da, wo Holländer Bullen 
eingestellt sind, Schwergeburten vor in Folge zu grosser Kälber. 
Denn es sind hier Kälber von 120 Pfund Gewicht bei den ver- 
hältnissmässig schmalen Geestkühen häufig, und Sch. bat schon 
Kälber von 140 Pfund gesehen, die allerdings nur durch die 
Embryotomie stückweise herausbefördert werden konnten, während 
dagegen bei den breiteren Kühen der Marschbezirke meist nur 
Kälber von 80—100 Pfund beobachtet werden. 

Die Embryotomie muss daher häufig angewandt werden, und 
S. hat dabei das Pflanz’sche Embryotom erprobt. Vorzüglich be¬ 
währt sich dasselbe beim Durchschneiden der hinteren Hälfte des 
Kalbes in der Beckenfuge, nachdem das Vordertheil entwickelt 
und abgeschnitten ist. Das Kettenmesser ist hierbei leicht anzu¬ 
legen, Verschiebung und Flachlegen desselben leicht zu verhüten. 
Sehr gute Dienste leistet da9 Embryotom ferner bei der Steiss- 
lage. Die Kette lässt sich hierbei leicht um die unter dem Bauche 
liegenden Hinterschenkel legen. Man durchschneidet zunächst 
den einen und dann den andern, doch muss das Oberschenkelbein 
möglichst nahe am Hüftgelenk abgeschnitten werden, da sonst die 
Extraktion doch noch Schwierigkeiten macht. 

Schwieriger ist es, wenn bei einem zu grossen Kalbe die 
Hinterschenkel nicht unter dem Bauche liegen, sondern in die 
Scheide getreten sind. Hierbei ist es S. nicht gelungen, die Ent¬ 
fernung durch das Embryotom zu bewerkstelligen, da das Ketten¬ 
messer abglitt. Er hat deshalb in solchen Fällen wieder zu der alten 
Methode zurückgegriffen, die Hinterschenkel aus der Haut heraus¬ 
zuziehen, was jedoch an diesen viel mehr Arbeit macht wie an 
den Vorderfüssen. 

Bei abnormen Kopflagen, wenn sie nicht anders zn beseitigen 
sind oder das Kalb schon todt ist. ist das Pflanz’sche Embryotom 
wieder sehr zu empfehlen. — Querlagen sind S. noch nicht vor¬ 


gekommen, seit er das Jnstrument besitzt; doch hält er es auch 
hierbei für sehr verwendbar. 

Ganz vorzügliche Dienste leistet das Embryotom aber bei 
Durschneidungen der Vorder- bezw. Hinterschenkel, anFusswurzel- 
und Sprunggelenk, bei Beugestellung derselben. Hierbei sucht 
sich das Messer sozusagen von selbst die richtige Stelle 
und durchschneidet die Gelenke sehr leicht, indem es zwischen 
den Knochenreihen hindurchgeht. Das ist besonders bei den langen 
Extremitäten der Füllen von grossem Werth, wobei die früher 
verwandten Instrumente sehr mangelhaft funktionirten. — S. hält 
daher das Pflanz’sche Embryotom für ein sehr empfeblenswerthes 
Instrument. 

Sarcomatöse Psendo-Tabercnlose beim Hände. 

Von Prof. Bournay-Toulouse. 

(Revue vet., Pebr. 1898.) 

Eine 7jährige Bracke frass unregelmässig und magerte seit 
zwei Monaten stark ab. In den letzten vierzehn Tagen hatte sie 
ausserdem fünf oder sechs epileptiforme Anfälle. Die Unter¬ 
suchung ergab: die schon erwähnte starke Abmagerung, die Haut 
adbärirend, die Schleimhäute blass, die Augen tief, die Crotophiten 
atrophisch sowie ein ausgesprochenes canceröses Aussehen. Die 
Brust schien weit, dilatirt; die Rippen waren wie beim Hydrothorax 
vortretend, die Anscultation und Percussion Hessen jedoch nichts 
Anormales in der Lunge finden. Die Herzschläge sind sehr 
stark, 120 in der Minute, die Auscultation lässt ein systolisches, 
an der Herzbasis localisirtes blasendes Geräusch erkennen. Die 
Palpation des Abdomen lässt nichts finden. Eine Tuberculin- 
injection hat kein Ergebnis. 

Nach 10 Tagen ging Patient ein. 

Bei der Section fand B. die Leber auf ihrer ganzen Ober¬ 
fläche und im Innern mit gelblichen, gut abgegrenzten Knötchen 
besetzt, die fest, isoUrt oder confluirend, erbsen- bis Unsengross 
und aus einem homogenen fibrösen Gewebe gebildet waren. Die 
Nieren, das Mesenterium, die Wand des Duodenum, die Lunge, 
das Pericardium und die Pleura Bind mit solchen Knötchen dicht 
besetzt. Einzelne umgeben den Ansatz der grossen Gefässe an 
der Herzbasis, zwei comprimiren und verengern die Aorta. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab die Anwesenheit von 
Sarcomen; es wurden keine Bacillen gefunden und waren auch 
Impfversuche erfolglos. 

Ueber die Schotzwlrkang einer gesunden Nase gegen 
Schädlichkeiten in der Inspirationslnft. 

, Von S a e n g e r. (XVI. Cong. f. innere Medicin 14/98.) 

(PorUehr. d. Medicin.) 

, Die eingeathmete Luft nimmt auf dem Wege durch die 
Nasenhöhlen Wärme und Feuchtigkeit auf, und zwar in dem 
Masse, dass sie, selbst wenn sie ursprünglich sehr kalt und 
trocken ist, in genügend erwärmtem und angefeuchtetem Zustande 
in den Rachen, den Kehlkopf und in die tieferen Luftwege 
gelangt. Beim Aufenthalt in Btaubiger Luft bleibt der ein- 
gepthmete Staub zum allergrössten Theil auf der feuchten 
N^sensclileimhaut haften. Etwa in der Inspirationsluft enthaltene 
krankmacheude Mikroorganismen werden, wie die Forschungen 
in der jüngsten Zeit ergeben haben, durch die Berührung mit 
normalem Nasensecret abgetödtet bezw. unschädlich gemacht. 
Diese Schutzwirkungen der Nase fehlen selbstverständlich, wenn 
in Folge krankhafter Zustände der letzteren oder des Nasen¬ 
rachenraums die Athmung durch die Nase unmöglich ist und 
durch die Mundathmung ersetzt wird. Die Schntzwirkungen 
können aber auch trotz des Unbehindertseins der Nasenathmung 
fehlen oder wesentiieb abgeschwächt sein, wenn die Nasenhöhlen 
von abnormer Weite sind. Die Schleimhaut ist «<ann zur Er- 


Digitized by 


Google 



402 


BERLINER THIERARZTLICHE W0CHEN80HRIFT. 


No. 84. 


Wärmung und Anfeuchtung der durchstreich enden Luft nicht 
geeignet, sie ist anämisch, trocken oder mit dem angetrockneten 
Secret - bedeckt; sodann gelangt die Luft auch in weniger 
-innige Berührung mit der Schleimhaut und ihrem Secrete. 
Meist ist dann auch das Secret von abnormer Beschaffenheit. 
Gerade aber eine abnorme Weite der Nasenlöcher ist eine sehr 
häufige Erscheinung. Fehlt aber die Schutzwirkung der Nase, 
dann kommt es leicht zu catarrhalischen und bactericiden Er¬ 
krankungen der Luftwege. 

TTeber die Beziehung 

der Lencocyten zur bactericiden Wirkung und zur 
alcalischen Beaclion des Blutes und der Lymphe. 

• Von Loewit 

(Zleglcr'a Beiträge z pfttbol. Anatomie u allg. Pathologie) 

Bekanntlich stehen sich die Untersuchungen H. Buchner’s 
und Emm er ich’s über das Zustandekommen der bactericiden 
Wirkungen des Blutserums unvermittelt gegenüber. Büchner 
knüpft dieselben an das Vorhandensein der Alexine im Serum 
und fasst letztere als ein Secretion 'product der weissen Blut¬ 
körperchen auf, während Emmerich >n eine indirecte Wirkung 
der weiss°n Blutkörperchen denkt, indem von den weissen Blut¬ 
körperchen ein Impuls ausgehe — in den Versuchen war es ein 
freies Alcali —, welcher die Serumkräfte znr Activität brächte. 
Um diese strittige Frage der Lösung naher zu bringen, hat 
Loewit die Aorta von Kaninchen unterbunden und gefunden, 
dass dadurch, wenn auch nicht im parallelen Verhältnisse, die 
Zahl der Leucocyten und der Alcalescpnzgrad des B'utes sehr 
bedeutend sinken kann. In den Fällen hochgradiger Herab¬ 
setzung der Lencocytenzahl sank nun auch die bactericide 
Wirkung des rj u.oerums bis zum Erlöschen. Da die mehr¬ 
kernigen Leucocyten am meisten von der Verminderung be¬ 
troffen waren, liegt es nahe, gerade diese als Quelle der 
bactericiden Kraft des SerumB anzusehen. Trotz der beobachteten 
Alcalescenzverminderung glaubt L., dass dieselbe nicht das 
Wesen der Abscbwächung der bacterientödtenden Wirkung aus¬ 
mache. Ebenso spricht er sich gegen die Möglichkeit aus, dass 
Auflösung rother Blutkörperchen, Eindicknng des Blutes oder 
andere Dingen dieser letztem zuzuschreiben sei. Loewit hat 
durch Zerreibung von serumbefreiten Lencocyten eine bacterien- 
tödtende, hitzebeständige Substanz in denselben entdeckt, 
welche sich durch diese letztere Eigenschaft von den hitze- 
unbeständigen Alexinen Buchner’s unterscheidet L. bringt 
dieselbe in Verbiniung mit Nuclei'n und Nuclelnsänre, möchte 
sich jedoch vor der Hand darauf beschränken, seine Entdeckung 
einfach zu registriren. Andere Versuche ergaben, dass das 
Lymphserum zwar nicht, wie Neisser angegeben, bactericider 
Fähigkeiten bar ist, dieselben jedoch aus einem nicht bekannten 
Grunde in weit geringerem Masse besitzt als das Blutserum. 

Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Lencocyten* 

Von H. Hirschfeld. 

(Vircb. Arcb 149.) 

Um über die Frage, inwieweit das Vorkommen und Ver¬ 
halten der Granula in den Lencocyten für verschiedene Tliiere 
charakteristisch sei, Aufschluss zu erlangen, untersuchte H. mit 
den von Ehrlich angegebenen Methoden das Blut von Schaf, 
Ziege, Rind, Schwein, Kaninchen, Meerschweinchen, Pferd, 
weisser Maus, Ratte, Hund und Katze. Es trat eine sehr grosse 
Mannigfaltigkeit in der Structur der Lencocyten zu Tage, ohne 
dass sich indessen besondere Ordnungs- oder Gattungscharaktere 
aufstellen Hessen. Nur die einkernigen Elemente zeigen bei 
allen Thieren constante Eigenschaften, was um so auffallender 


ist, als diese ja die Stammformen für die übrigen so vielgestaltete, 
Leucocyten sein sollen. Neutrophile Granula von der Grösse 
Anordnung und tinctoriellen Beschaffenheit der menschlichen 
kommen bei keinem der bis jetzt untersuchten Thiere vor; acido- 
pliile Granula finden sich bei allen Thieren, eine besondere 
Groppe, die indulinophilen Zellen, findet sich bei Meerschweinchen. 
Eine neue Form stellen die aurantiophilen Zellen dar, die ein 
Gemisch saurer Farben (Eosin und Aurantia) zu gleicher Zeit 
aufnehmen; amphophile Zellen können zweierlei Art sein, ent¬ 
weder sich mit sauren und neutralen oder mit sauren und 
basischen färben; letztere kommen nur bei Kaninchen vor. Bei 
einigen Thieren hat die Mehrzahl der multinucleären Zellen 
keine Granula, vielleicht vermitteln diese denUebergang von den 
mononucleären zu den polynucleären Zellen. Das Verhältnis der 
einzelnen Leucocytenarten zu einander ist bei den einzelnen 
Thierspecies grossen Schwankungen unterworfen. 

Therapeutische Notizen. 

Natriumsiilfat In kleinen Dosen als Haemostatlcum. 

Prof. Reverdin hat in einer Anzahl von Fällen capillärer 
Blutung, die den gewöhnlichen äusserlichen Mitteln getrotzt batten, 
mit dem Natriumsulfat glänzende Erfolge erzielt. Nach der Vor¬ 
schrift Kussmanl’s giebt er stündlich 0,1 mmg. Inden erfolgreich 
behaudelten Fälllen handelte es sich theils um Epistaxis, tbeils 
um Metrorrhagien, theils um Operationswunden, aus denen keine 
grössere Gefässblutung, sondern eine Blutung „wie aus einem 
Schwamm“ erfolgte. In einigen Fällen Hess das Mittel ira Stich. 
Was die Erklärung der blutstillenden Wirkung anlangt, so glaubt 
Verf., dass dieselbe in einer rascheren Gerinnung des Blutes zu 
suchen sei. Nach dieser Richtung hin angestellte Thierversuche 
ergaben bei extravenöser Einverleibung und Verfütterung des 
Natriumsulfhts überwiegend positive Resultate, während subcutäfie 
Injection eher Gerinnung verzögerte. (D. Med. Zig.) 

lieber Antipyrin als wehenbeftfrderades Mittel. 

Eberson berichtet in No. 26/1898 der Medico üherAntipyrin als 
wehenbeförderndes Mittel. Vor mehreren Jahren wurde er zu 
einer Wöchnerin aufs Land berufen, die vor 36 Sturden ein ge¬ 
sundes Kind geboren hatte und die bis zur Stunde die Nach¬ 
geburt wegen Mangel an Wehen noch nicht ausgestossen hatte. 
Muttermund vollkommen verschlossen, nicht einmal für den Finger 
durchgängig. Verf. beabsichtigte künstliche Erweiterung des 
Uterusmundes mit nachfolgender manueller oder instrumenteller 
Lösung der Placenta; er gab der Wöchnerin, die über Kopf¬ 
schmerzen klagte, drei Antipyrinpulver ä 1 g; die Placenta sollte, 
es war in der Nacht, am nächsten Tage losgelöst werden. In der 
Frühe wurde Verf. durch die Nachricht überrascht, die Nach¬ 
geburt sei glatt unter Wehen, die sich bald nach Einnahme der 
Pulver eingestellt hätten, vollständig abgegangen. 

Seit der Zeit benutzte er das Antipyrin in halbstündigen 
Dosen a 0,3 in mehreren Fällen von Wehenschwäche mit gutem 
Erfolge. 


Tagesgeschichte. 

Bericht Aber die Versammlung der beamteten Thier- 
ftrzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm, 
llfc Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftsbaus zu Lfineburg. 

Tagesordnung. 

1. BegrÜ88ung der Erschienenen durch den Vorsitzenden, 
Departementsthierarzt Holzhauer. 

2. Allgemeines über Viehseuchen: Statistik und kurze Be. 


Digitized by LjOOQle 



25. August 1898. 

sprechung der seit der October-Versammlung ergangenen 
Verfügungen. — Referent: Der Vorsitzende. 

3. Der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Verbreitung 
von Thierseuchen und die zweckmässigste veterinär¬ 
polizeiliche Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen 
und Verordnungen, unter besonderer Berücksichtigung 
der Verhältnisse des diesseitigen Regierungsbezirks. — 
Referent: Kreisthierarzt Matthiesen - Celle. 

4. Die öffentlichen Viehverkäufe, Auctionen u. s. w. und 
die veterinärpolizeiliche Ueberwachung derselben. — 
Referent: Der Vorsitzende. 

5. Die Stellung der beamteten Thierärzte und die Beschlüsse 
der Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. — Referent: Der Vorsitzende. 

6. Allgemeines. 

Die Versammlung, zu welcher sämmtliche Kreisthierärzte des 
Bezirks erschienen waren und an der sowohl auf eigenen Wunsch 
als auch auf Veranlassung des stellvertretenden Herrn Regierungs¬ 
präsidenten der Decernent der Veterinär - Angelegenheiten Herr 
Regierungs-Assessor von Wussow theilnahm, wurde vom Vor¬ 
sitzenden mit begrässenden Worten eröffnet und dem Herrn De- 
cernenten der Dank der Versammlung für sein Erscheinen ans¬ 
gesprochen. Es wurde nochmals auf die Zweckmässigkeit solcher 
periodischen Zusammenkünfte zur Besprechung und Berathung 
dienstlicher Angelegenheiten und veterinär-technischer Fragen für 
die isolirt stehenden Veterinärbeamten hingewiesen und der 
Wunsch für die Beibehaltung dieser Einrichtung allseitig zum 
Ausdruck gebracht 

Zu Punct 2 der Tagesordnung werden vom Vorsitzenden 
einige allgemeine Bemerkungen betreffs der sorgfältigen Auf¬ 
stellung der Viehseuchen-Statistik gemacht und um möglichst 
frühzeitige Einsendung der im Juli fälligen Statistik für April- 
Juni, und zwar bis spätestens 10. Juli, gebeten, da die 
königl. technische Deputation mehrfach den Wunsch ausge¬ 
sprochen hat, das Material dieses Quartals möglichst frühzeitig 
zu erhalten. 

Im Anschluss daran werden die seit der letzten Versammlung 
vom 23. October a. c. zu Celle in veterinärpolizeilichen und 
dienstlichen Angelegenheiten ergangenen Verfügungen kurz be¬ 
sprochen und theilweise erläutert. Hierbei kam auch der 
Ministerial-Erlass betr. die Abänderung der landespolizeilichen 
Anordnung zur Bekämpfung der Geflügelcholera zur eingehenden 
Discussion. Der Herr Decernent theilte den Erlass mit und 
forderte die Kreisthierärzte zur Mittheilung ihrer Ansicht über 
Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit der darin empfohlenen 
Massnahmen hinsichtlich des Handels mit Treibgänsen auf Grund 
der in ihren Kreisen gewonnenen practischen Erfahrungen auf. 

Es wird bei der Discussion im Allgemeinen festgestellt, dass 
eine ziemlich bedeutende Einfuhr sogen. Treibgänse von den 
grossen Gänsemärkten in Rummelsburg bei Berlin in die süd¬ 
lichen und östlichen Kreise des Bezirks, Gifhorn, Bergdorf, Isen¬ 
hagen, Lüchow, Dannenberg und Bleckede, und zwar nach der 
Ernte, in den Monaten August und September stattfindet, während 
die Kreise Harburg, Winsen, Fallingbostel, Soltau und auch 
Lüneburg und Uelzen für eine solche Einfuhr wenig oder gar 
nicht in Betracht kommen. In den erstgenannten Kreisen soll 
nach Ansicht der Kreisthierärzte Röttger, Matthiesen, 
Oelkers, Nitzschke und Ehling diese Zufuhr von Magergänsen 
für die landwirthschaftliche Bevölkerung von grosser Bedeutung 
sein, insofern, als diese Gänse hauptsächlich der Federn wegen 
und bei den verhältnissmässig billigen Preisen, zu denen sie zu 
haben sind, mit grosser Vorliebe fast in allen Höfen gekauft und 
unter guter Ausnutzung der Stoppelfelder zur Mästung gebracht 


403 


werden. Die genannten Kreisthierärzte glauben, dass durch die 
Einführung eines Verbotes des Treibens dieser Magergänse der 
Handel mit denselben sehr erheblich erschwert und wesent¬ 
lich vertheuert würde, wodurch für die bäuerliche Bevölkerung 
dieser Kreise zweifellos nicht unerhebliche Nachtheile entständen. 
Diese wirtschaftlichen Nachtheile würden im Hinblick auf die 
bisher in den genannten Kreisen in sehr geringem Umfange zur 
Beobachtung gekommenen Fälle von Einschleppung der Geflügel- 
cbolera durch solche Treibgänse für erheblicher gehalten als 
eine eventuelle Einschleppung der Seuche selbst, um so mehr als 
Ausbrüche der Seuche bei der jetzt bestehenden Anzeigepfiicht 
baldigst zur Kenntniss der Behörden kämen und zur Ergreifung 
zweckentsprechender Tilgungsmassregeln führten. Die Mehrzahl 
der anwesenden beamteten Thierarzte hält zudem die Durchführ¬ 
barkeit des Fahrens dieser grossen Gänseherden für sehr 
schwierig und fast unmöglich. Unter Berücksichtigung des Um¬ 
standes, dass die Thiere zeitweise behufs Wartung und Pflege 
die Transportwagen verlassen müssten, hierbei auch in den seitens 
der Händler dazu ausgewählten Ortschaften Gelegenheit zur Ein¬ 
schleppung des etwa vorhandenen Ansteckungsstoffes gegeben 
wäre und dass ferner bei der Ausübung des Handels selbst eine 
Berührung der Thiere mit den Dorfstrassen kaum zu verhindern 
sein dürfte, auch die völlige Sicherung der Transportwagen gegen 
Herabfallen von Excrementen u. s. w. nicht einwandfrei zu er¬ 
reichen wäre, wurde einstimmig anerkannt, dass bei der schwer 
einschneidenden Massnahme doch die genügende Sicherung gegen 
die event. Seucheneinschleppung nicht gegeben sei. Eine Controle 
dieser Gänsetriebherden wurde indessen für zweckmässig er¬ 
achtet, jedoch gingen die Ansichten über die Ausführung der¬ 
selben auseinander. Während von einer Seite verlangt wurde, 
dass die Händler ein Geschäftsbuch bei sich führen, beim Be- 
..tyjeten eine* Ortschaft dem Ortsvorsteher die Stückzahl ihrer 
Herde nachweisen und beim Verlassen der Ortschaft wiederum 
den- Abgang durch Verkauf u. s. w. feststellen lassen müssten, 
hält man von anderer Seite eine Untersuchung der Treibherde 
durch den beamteten Thierarzt beim Eintritt in den Kreis für 
zweckmässig. Nachdem Seitens des Vorsitzenden auf die 
Schwierigkeit und Unzuverlässigkeit solcher summarischen Unter¬ 
suchungen unter besonderer Berücksichtigung des Auftretens und 
Verlaufs der Geflügelcholera beim Wassergeflügel aufmerksam 
gemacht worden war, wurde dieser Gegenstand als genügend 
geklärt betrachtet und zu Punct 3 der Tagesordnung über¬ 
gegangen. 

' Kreisthierarzt Matthiesen erstattete in höchst eingehender 
und sachlicher Weise das Referat Aus demselben ist hervor¬ 
zuheben, dass der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Aus¬ 
breitung von Thierseuchen, besonders für die Tuberculose der 
Rinder und Schweine und für die Maul- und Klauenseuche durch 
die i bisher gewonnenen Erfahrungen einwandfrei feststeht und 
als sehr erheblich bezeichnet werden muss. Diese Erkenntniss 
hat, denn auch bereits bei der Bearbeitung der Novelle zum 
Reichsviehseuchengesetz vom 1. Mai 1894 und der dazu erlassenen 
Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Einführung von 
Massnahmen geführt, durch die die Ausbreitung besonders der 
Mafil- und Klauenseuche durch die aus den Sammelmolkereien 
in die verschiedenen Wirtschaften zurückgehende, mit Infectiona- 
keimen beladene Magermilch verhütet werden soll. Die Sicher¬ 
heit dieser Massnahmen, die das Erhitzen der Magermilch aut 
90 bezw. 100° C. anordnen und dadurch Abtödtung der Keime be¬ 
zwecken, kann aber nur dann als einwandsfrei angenommen werden, 
wenn in allen Sammelmolkereien genügende Einrichtungen zur 
Durchführung derselben vorhanden sind und diese auch zweck¬ 
entsprechend gehandhabt werden. Nachdem der Referent die 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by AjOOQle 







404 


BERLINER THIERÄ BZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


„/» «iner Anordnung als wttnschenswerth bezeichnet hatte, 

«ÄlS v-ww. - h ihrer E1 "“ efer "” g ln 

Molkerei dem Sterillsationsverfshren zu unterwerfen wäre, 
und er weiter die zur Zeit vorhandenen, zu diesem Zweck mein 
oder wenitter geeigneten technischen Apparate erklärt und be- 
Utlgllch Ihrer Brauchbarkeit krltisirt hatte, wobei die Schritte, 
nie »eiten, de. landwirth.chafttlol.en Ministerium» bereit, gethsn 
Ulnd und die Stellungnahme der bei der Frage wesentlich e- 
thelligten landwlrthschaftllchen Kreise mltgethellt wurden, kam 
er auf die zur Zelt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und 
erlassenen Verordnungen behufs Verhütung der Verbreitung der 
Maul- und Klauenseuche durch die Magermilch aus Sammel¬ 
molkerelen zurück und erörterte die zweckmässlgste Handhabung 
derselben unter Berücksichtigung der Verhältnisse des diesseitigen 
Bezirks. Nachdem Referent noch die verschiedene Art der 
Ilurchführung der Erhitzung der Magermilch in den verschieden 
eingerichteten Molkereien des Bezirks geschildert und erläutert 
hatte, fasste er zum Schlüsse seiner Ausführungen die zweck- 
massigste Handhabung dahin zusammen, dass 

1. die Anordnung der gesetzlich gegebenen Befugnisse 
(§ 44a deB Ges. und § Gl der Instr.) möglichst frühzeitig, 
d. h. schon beim ersten Ausbruch der Seuche und unab¬ 
hängig davon getroffen würde, ob das betreffende Gehöft 
einer Sammelmolkerei angeschlossen ist oder nicht, und 
dasB diese Massnahme (§ 44a Abs. 2) gleich für einen 
grösseren Umfang des Verwaltungsbezirkes (Kreis oder nach 
Lage der Verhältnisse benachbarte Kreise u. s. w.) an¬ 
geordnet würde; 

2. die Oontrole der Einrichtungen der von dieser An¬ 
ordnung betroffenen Molkereien und der Erhitzung der 
Magermilch dem beamteten Thierarzt übertragen werde, 
wobei derselbe sein Augenmerk gleichzeitig aufdie Reinignng 
und De&infection der Milchkannen und Milchwagen zu 
richten und sich zu überzeugen haben würde, dass die 
landespolizeiliche Anordnung betreffend Vernichtung des 
Ceutriftigenschlammes richtig beobachtet werde; 

ft, die Anordnung dieser Massnahmen mit grösster Eile unter 
thunlichster Zuhilfenahme des Telegraphen oder Telephons 
zu erfolgen habe. 

ln der hieran anschliessenden Discussion wurde den Aus¬ 
führungen des Referenten in Allgemeinen allseitig beigesümmt 
und die Einführung einer gesetzlichen Bestimmung znr Sterilisation 
sänuntlicher in die Molkereien gelangenden Vollmilch für durchaus 
forderlich erachtet. 

Die Schlusssätze 1 und ft fänden gleichfalls einstimmig An¬ 
nahme. Zu 2 wurde die Unmöglichkeit betont, dass der Kreis¬ 
thierarzt überall die Oontrole der Erhitzung u. s. w. ausführen 
könnte, und es wurde für richtiger gehalten, wenn bei der ersten 
Besichtigung der betreffenden Molkereien durch den Kreisthierarzt 
dem Molkereileiter protokollarisch die sorgsamste Durch¬ 
führung der Erhitzung in der aufgegebenen Weise auf- 
eliegt würde. Polizeiliche Oontrole müsste dann die Durch¬ 
führung überwachen. Per Molkereileiter wäre im Contra venüons- 
falle mit hoher Geldstrafe zu belegen. 

Zu l'unkt 4 der Tagesordnung theilte der Vorsitzende 
zunächst mit. dass seinerseits im Anschluss an die Mai- 
x >rsammlung im vorigen Jahre dem Herrn Regierungspräsidenten 
ausführlicher Bericht über die im Bezirk bestehenden un- 
frieichen Verhältnisse bezüglich der Beaufsichtigung der Vieh¬ 
märkte und öffentlichen Yiehverkäufb erstattet worden sei. Im 
AnsukUs* hieran sei den Polizeibehörde® aafgegebe® worden, 
ihr* gv\»ste Sorgfalt der veterinärpoliieiHohen Ueberwaehnng 
Viehmärkte, insbesondere der Schweine- und Ferkelmärkt« 


im Hinblick auf die Gefahr der Schweinesenche, »» 

und auch die Bestimmungen der Landes-Pelineiverordnong v m 

25. September 1882 betr. die öffentlichen Viehverkilufe mogl cte 

zur Durchführung zu bringen. Gleichzeitig £**?£££ 

darüber angestellt worden, ob sich bei den öffentlic 

von nicht zusammen gebrachtem Vieh einzelner Züc ter nn 

wirthe Missstände herausgestellt hätten, die eine Ab^dening der 

Polizeiverordnnng erforderlich erscheinen liessen. 

eine Hälfte der Polizeibehörden nach der Richtung hin ® ,n ® 

stände beobachtet hat und eine Abänderung nicht für e or 

hielt, hatte die andere Hälfte entweder in der Tbat Fälle vo 

Seuchenverschleppungen (Schafräude) durch solche 

öffentliche Verkäufe festgestellt oder hielt eine obb f a ‘°" 8 “ 

Beaufsichtigung »ämmtlicher öffentlicher ' ieh ^ e ! kftU ( ? fl d n “f' n 

beamtete Thierärzte aus allgemeinen vetermärpolizeilichen 

für erforderlich. ,, a» 

In der Discussion dieser Angelegenheit kam der B gn 
öffentlichen Viehverkäufe im Sinne des § 17 des ReicbngeseU« 
znr eingehenden Besprechung und es wurde besonders von Sei es 
des Herrn Decernenten ausgeführt, dass es sich bei er 
führurg der Beaufsichtigung öffentlicher Viehverkäu e, e 
Ermessen des Herrn Regierungspräsidenten anheimgegeben sei, 
immer auf Grund dieses § 17 um zusammengebrachte Vieh¬ 
bestände handle. Sollten auch bei den Verkäufen private 

Züchter etc., wo nur eigene Viehstücke zum ****** 
Verkauf gestellt würden, sich derart erhebliche Gefahren 
herausstellen, die veterinärpolizeiliches Einschreiten erforder¬ 
lich machten, so könnten solche Beaufsichtigungen nur nach 
entsprechender Abänderung des § 17 angeordnet werden. Eine 
solche Abänderung dieses in seiner jetzigen Fassung so auss 
ordentlich wichtigen Paragraphen wurde danach allersei s 
nicht wünschenswert angesehen. Da es nur im Interesse 
beamteten Thierärzte hegen kann, wenn die Bestimmungen er 
landespolizeiliehen Anordnung vom 25. September 1882 u e 
einheitlich und gleichmässig beobachtet würden, so wurde es am 
Schlüsse der Discussion als erforderlich erachtet, dass je er 
beamtete Thierarzt des Bezirks diese öffentlichen Verkäufe m 
seinem Kreise sorgfültigst beobachtet und Contraventionen gegen 
die Untersuchnngsbestimmungen unnachsichtlich znr Anzeige bringt- 
Bei Punkt 5 der Tagesordnung referirt der Vorsitzende über 
die seit ungefähr zwei Jahren mehr in Fluss gekommene Be¬ 
wegung znr Verbesserung der Stellung der beamteten Wr- 
ärzte. Wenngleich die letzteren schon längst die Unhaltbar ei 
ihier Stellung im Vergleich zu den nach der Entwicklung 
der Veterinärgesetzgebung an sie gestellten Forderungen er*aM 
hätten, hofften sie immer auf die Fürsorge der höheren Be o 
und verhielten sich schweigsam. Erst als in den V erhan ungen 
des preussischen Abgeordnetenhauses gelegentlich der ^ 
sprechungen der Viehseuchenangelegenheiten in den beiden letzten 
Jahren die Organisation der Veterinärpolizei und ihrer Beam e “ 
znr Sprache kam. wurde auch die Stellung der beamteten * r 
ärzte in den Kreis der Betrachtungen gezogen, erst nachdem er 
Herr Landwirthschaltsminister unter ausdrücklicher Anerkennt 
der Leistungen dieser Beamtenkategorie ausgefuhit halte, ' 

: er ebenfalls die Stellung dieser Beamten hinsichtlich ihrer 
1 soldungsVerhältnisse für mangelhaft hielte, ihm aber Kl*«*** 
den Kreisen derselben noch nicht zu Ohr« gekommen 
regte es sich auch in den Reihen der beamteten Thieriizt« 
es erschienen in den Fachzeitschriften Artikel, die sich 
einer Reform der Stellungen beschäftigten. Nachdem . 

verschiedenen thierämlieben Vereine in den Provinze* d»e ^ 
angenommen hatten, wurde dieselbe in der Versammle * 

( Central Vertretung der thierärxükhen Vereine Preuzseu» 


Digitized by 


Google 


25. August 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 405 


Mai d. J. auf die Tagesordnung gebracht. Die hier gefassten 
bekannten Beschlüsse wurden vom Referenten nochmals verlesen 
und eingehend beleuchtet. 

Nachdem die Motive zu diesem Vorgehen in längerer Dis- 
cussion besprochen waren und die seitens der Centralvertretung 
aufgestellten Punkte als richtig und massvoll, der Entwicklung 
der Stellung der beamteten Thierärzte und der an sie gestellten 
Anforderungen und von ihnen gegebenen Leistungen entsprechend 
allseitig anerkannt waren, wurde seitens des Decernenten der 
Erlass des Herrn Ministers betr. die Erhebungen über die Ein- 
kommensverbältnisse der Kreisthierärzte mitgetheilt und auf die 
möglichst sorgfältige Aufstellung des Formulars hingewiesen. 
Hierbei wurde auch die in dem Erlass gestellte Frage bezüglich 
der Zweckmässigkeit der Gewährung eines Pauschalsatzes für 
Gebühren an Stelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen zur 
Discussion gebracht und es wurde ein solcher Besoldungsmodus 
für den diesseitigen Bezirk bei der Verschiedenheit der dienst¬ 
lichen Thätigkeit der Kreisthierärzte in den einzelnen Kreisen 
als unzweckmässig und kaum möglich bezeichnet. 

Der zweite Punkt des Erlasses, der Vorschläge wünscht über 
die Beseitigung der zu Unzuträglichkeiten Anlass bietenden Ein¬ 
richtung, dass die beamteten Tbierärzte für amtliche Geschäfte 
von den Zahlungspflichtigen Gebühren nach Vereinbarung zu er¬ 
heben haben, kam ebenfalls zur Discussion. Es wurde allseitig 
anerkannt, dass bei gewissen amtlichen Verrichtungen, die auf 
besondere allgemeine Anordnung auszuführen und für welche auf 
Grund des § 24 des preuss. Ausführungsgesetzes von den Be¬ 
theiligten die Kosten zu tragen seien — wie Revisionen der Vieh¬ 
händler- und Gasthofsställe, — die Einführung der Erhebung der 
Gebühren durch diejOrtspolizeibehörde wünschenswert!) sei. Anderer¬ 
seits wäre dieser Modus bei den Untersuchungen der zum öffentlichen 
Verkauf zu stellenden Thiere, die durch die landespolizeiliche An¬ 
ordnung vom 25. September 1882 im Bezirk eingeftthrt sind, 
nicht richtig, da es bei der Verschiedenheit des Umfanges dieser 
Amtsgeschäfte nicht möglich sei, feste Sätze für die einzelnen 


Fälle aufzust.ellen und auch den Handeltreibenden hierdurch 
eine grosse Erschwerung auferlegt werden würde. Hierbei wird 
es für richtig gehalten, dass der Kreisthierarzt je nach Umfang 
des jeweiligen Amtsgeschäftes seine Gebühr vom Beantrager der 
Untersuchung in gleicher Weise erhebt, wie er es auch in der 
Privatpraxis und bei Ausstellung von Attesten über Gewährs- 
mängel beim Vieh tliun muss. 

Nachdem die Tagesordnung in dreieinhalbstündiger Sitzung 
erledigt war, schloss der Vorsitzende die Versammlung mit dem 
Ausdruck der Hoffnung, dass die hohen Behörden, die auf allen 
Gebieten bestrebt sind, ausgleichende und zweckmässige Ordnung 
der Verhältnisse der Staatsbeamten herbeizuführen, und die auch 
dem thierärztlichen Stand und seinen beamteten Vertretern jeder¬ 
zeit und in hohem Masse Wohlwollen gezeigt hätten, auch diese 
berechtigten und massvollen Forderungen derselben gewähren 
mögen. 

Das sich anschliessende Diner hielt die Theilnehmer der Ver¬ 
sammlung noch bis zum Abgang der Züge in fröhlichster Stimmung 
zusammen. Es wurde Gelegenheit genommen, dem Herrn Decer¬ 
nenten nochmals Dank für seine rege Theilnahrae an den Tages- 
fragen ausznsprechen, worauf auch er seiner besonderen Freude 
Ausdruck gab, Gelegenheit gehabt zu haben, die einzelnen be- 
amteteten Herren des Bezirks kennen zu lernen und in der Be¬ 
ratung und Besprechung wichtiger dienstlicher Fragen offene, 
vom praktischen und fachmännischen Standpunkt dictirte Aeusse- 
rnngen zu hören. 

Auf Wunsch des Herrn Regierungspräsidenten ist vom Vor¬ 
sitzenden über die Versammlung in einer eingehenden Registratur 
berichtet worden, worauf derselbe die Anlegung besonderer Acten 
über die jährlichen Versammlungen der beamteten Thierärzte des 
Bezirks zur Verwertung des daraus gegebenen Materials verfügt 
hat:.. Es dürfte dies eine Bestätigung für die Zweckmässigkeit 
und Wichtigkeit solcher periodischen Zusammenkünfte und ein 
Ansporn zur baldigen Wiederholung sein, wenn auch dem Ein¬ 
zelnen mehr oder weniger grosse Opfer dadurch auferlegt werden. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für 
Senchenstatistik and Veterinfirpolizei. 
fiefllgelcholera. 

Die Anzeigepflicht ist durch Bekanntmachung des Reichs¬ 
kanzlers vom 17. er. auch für die Fürstentümer Waldeck uud 
Pyrmont eingeführt wordeD. 

Verletzungen von Menschen durch toliwüthige Thiere. 

In einer Ministerialverfügung, welche bezüglich der Ver¬ 
schärfung der Tollwuthbekämpfnng neulich an die Regierungs¬ 
präsidenten der östlichen Grenzbezirke ergangen ist, findet sich 
die Angabe, dass im Jahre 1897 in Preussen 152 Personen von 
tollen oder der Tollwut dringend verdächtigen Thiere gebissen 
worden sind, eine Zahl, die vielen überraschend gross erscheinen 
wird. Gestorben sind nur 5 — 3,3 pCt., ein wieder überraschend 
geringer Procentsatz. Von den Gestorbenen waren 2 gar nicht, 

2 unzweckmässig (Wundnaht mit Jodoformverband) behandelt. 
Acht der Gebissenen gingen in ausländische Pasteur-Institute. 
Die Mehrzahl wurde an Ort und Stelle einfac h mit Ausbrennen 
und Ansätzen der Wunde behandelt. Die Bisse rührten von 
2 Katzen und 102 Hunden; bei 77 der letzteren war die Tollwut 
unzweifelhaft festgestellt. An den Fällen sind die drei schlesischen 
und die beiden ostpreussischen Bezirke mit 110 beteiligt; Marien¬ 
werder, Danzig, Posen und Bromberg mit je 4 bis 9 Fällen; die 
übrigen kommen vereinzelt vor in Stettin, Merseburg, Schleswig 
und Frankfurt. 


Veterinärbeamte.) 

NaobwelsuM Ober den Stand der Vieheeaehen In Deutschen Reiohe 
an 31. Juli 1898. 

Es waren am 31. Juli in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1) R.-B. Marienwerder 1 (1). 

Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (3). 
R.-B. Köslin 1 (1). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Breslau 3 (4). 
K.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (5). R.-B. Düsseldorf 1 (1). 
R-B. Trier 3 (5). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2(2). Kreis- 
hanptm. Leipzigl (2). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 
3 (4). Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (2). 

Ö. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R-B. Oberbayern 16 (54). R.-B. Niederbayern 2(3). 
R.-B. Pfalz 5 (9). R-B. Oberpfalz 2 (4). R.-B. Oberfranken 2 (2). 
R.-B., Mittelfranken 7 (20). R.-B. Unterfranken 10 (18). R-B. 

Schwaben 12 (19). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1) 
Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreishauptm. Zwickaul (1). Württe m- 
berg: Neckarkreis 10 (14). Schwarz waldkreis 4 (4). Jagstkreis 9(32). 
Donankrei8 13 (19). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3). 
Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm. Karlsruhe 7 (17). 
Landescomm. Mannheim 4 (4). Hessen: Provinz Rheinhessen 3 (5). 
Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenth. Birkenfeld 1. 
Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Meiningen: 1 (2). Sachsen- 
Coburg-Gotha: Herzogth.Gotha 3 (6). Anhalt: 2 (5) Waldeck: 
2 (9). Bremen: 7. Elsass-Lotbringen: Bez. Unter-Elsass 1(6). 
Bez. Ober-Elsass 3 (6). Bez. Lothringen 4 (10). 

C. von Lungenseucbe: 

Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B. 
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis- 

haupim. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1). 


Digitized by 


Google 




400 

Da die Ställe, in denen ich die beiden gleichartigen Krank¬ 
heitsfälle festgestellt hatte, im Dorfe ziemlich weit von einander 
entfernt lagen, and weder die Thiere noch die Insassen der zwei 
Gehöfte mit einander in Berührung gekommen waren, erschien 
die Annahme berechtigt, dass der erwähnte Hirte bei der den 
Thieren geleisteten Geburtshilfe die Infection verursacht habe. 
Ich ertheilte deshalb den Rath, letzteren zur Hilfeleistung bei 
Geburten vorläufig nicht wieder zu verwenden oder ihn erst dann 
Geburtshilfe leisten zu lassen, nachdem er Hände und Arme in 
der von mir beschriebenen Weise mit Seifenwasser und Creoljn- 
emulsion sorgfältig gereinigt und desinfleirt, Wurf und Scheide 
der gebärenden Kühe mit Creolinlösung irrigirt habe. 

Am 30. April wurde die Erkrankung dreier weiteren Kühe 
gemeldet. Bei meiner Ankunft waren bereits zwei derselben ver¬ 
endet, die dritte lebte noch, starb aber auch im Laufe des Tages. 
Sämmtliche drei Kühe waren von dem Kuhhirten entbunden 
worden. Die eine hatte — wie diejenige des Strassenwärters A. 
— am 23. April gekalbt und war am 27. erkrankt. Die beiden 
anderen Thiere batten am 26. April geboren und am 28. bezw. 29. 
die ersten Krankheitssymptome gezeigt. Es waren bei diesen 
Kühen angeblich die von mir empfohlenen Desinfectionsmass- 
regeln ausgeführt worden. Die aufgenommenen klinischen und 
pathologisch-anatomischen Befunde waren den vorher beschriebenen 
analog. Verletzungen in der Scheide waren nicht aufzufinden. 

Dass der Hirte Zwischenträger des Infectionsstoffes sein 
musste, erschien nunmehr zweifellos; denn es hatten seit Auf¬ 
treten des ersten Krankheitsfalles eine Anzahl von Kühen im Orte 
ohne Hilfe des Hirten gekalbt, und alle diese Thiere — wie¬ 
viele , konnte nicht genau festgestellt werden — waren ge¬ 
sund geblieben, während von den innerhalb der letzten 14 Tage 
vom Hirten entbundenen acht Kühen sechs Stück verendet 
waren., - i « 

Ich ertheilte aus diesem Grunde der Ortspolizei den Rdth', 
dem Hirten bis auf Weiteres jegliche Geburtshöfe zu verbieten 
und die Ställe, in denen Krankheitsfälle aufgetreten waren, genau 
so zu desinficiren, wie es für Milzbrand vorgeschrieben ist. 

Im Stalle des Strassenwärters A., in welchem entgegen den 
von mir ertheilten Rathschlägen das Feldsteinpflaster nicht 
aufgebrochen und die durchfeuchtete Erdschicht nicht 
abgegraben worden war, erkrankte die noch darin befind¬ 
liche, Eingangs erwähnte Kuh, welche ohne Hilfe des Hirten 
am 6. Hai gekalbt hatte, am 9. Mai ebenfalls am beschriebenen 
Leiden und verendete nach zweitägiger Krankheitsdauer. 

Nachdem nach Ablauf von 4 Wochen keine weiteren Fälle 
beobachtet worden waren, trotzdem mehrere Kühe gekalbt hatten, 
wurden die sämmtlichen Kleider des Hirten, die er bei Vornahme 
der verschiedenen Geburtshilfen getragen hatte, durch Auskochen 
desinfleirt und demselben wieder gestattet, bei normalen Geburten 
Hilfe zu leisten. Es sind seitdem keine Fälle von Vulvagangraen 
wieder aufgetreten. 

Letztere erscheinen in dreifacher Beziehung interessant. 
Erstens zeigen sie von Neuem, welche schlimme Rolle der Ge¬ 
burtshelfer als Zwischenträger von Infectionsstoffen spielen kahfl. 
Zweitens sind sie wiederum ein Beweis für die Wichtigkeit der 
Stalldesinfection zur Verhütung puerperaler lnfectionen. Drittens 
sind wohl die beobachteten, nach Ablauf von 1—2 Tagen letal 
verlaufenden Krankheitsfälle an und für sich bemerkenswerth, 
da ein vollständig gleiches Leiden meines Wissens nach bisher 
nicht beschrieben worden ist; denn es bandelt sich weder um die 
von de Bruin geschilderte „puerperale Phlegmone 0 , noch um die 
als „Gebartarauschbrand 0 bezeichnete Infectionskrankheit, da 
eine Ansammlung von Gasen in den Schamgeschwülsten nicht 
vorhanden war. Am meisten Aehnlichkeit noch dürfte die beob- 


No. 84. 

achtete Krankheit mit dem von Froehner-Hünfeld beschriebenen 
„gangraenescirenden Oedem der Rinder und Schafe 0 besitzen. 

Ich will noch erwähnen, dass Tauben und Kaninchen nach 
subcutaner Einimpfung des Schnittflächensaftes der erkrankten 
Vulva nicht verendeten. 

Referate. 

Ist Zocker ein normaler Bestandtheil des Ilarns unserer 
Säogethiere? 

und 

Zwei nene klinische Methoden der quantitativen Zocker¬ 
bestimmung im Harn. 

Von Thierarzt Martin Klimmer,. 

(ZeiUchr. f. Thlenned. 1838 H. 8.) 

Im Blute und in den Organen der Thiere ist Traubenzucker 
nachgewiesen worden. Consequenter Weise ist dieser Körper 
auch in den Se- und Excreten des Körpers zu erwarten. Ueber 
das Vorkommen des Traubenzuckers als normaler Bestandtheil 
des Harns unserer Haussäugethiere sind bis jetzt nur unzureichende 
Angaben gemacht worden. Um diese Lücke in der vergleichenden 
Biologie auszufüllen, hat der Verf. mit der Untersuchung des 
Rinder- und Schweineharns den Anfang gemacht. 

Im Allgemeinen kommt hier von den Zuckerarten hauptsächlich 
der Traubenzucker in Betracht, die übrigen Zuckersorten spielen 
eine ganz untergeordnete Rolle. 

Die Methoden, welche zur Zuckerbestimmung im normalen 
Harn benutzt werden, zerfallen bekanntlich in zwei Gruppen. 
Entweder wird der Zucker zuerst ausgefällt und im Niederschlag 
durch die gewöhnlichen Reactionen bestimmt, oder derselbe wird 
direct im Harn nachzuweisen gesucht. 

Am meisten werden die Reductionsproben nach der zweiten 
Gruppe benutzt. Aber auch durch diese Methoden wird kein 
sicheres Resultat gewonnen, denn dieselben geben mit anderen 
Harnbestandtheilen, welche nicht zur Zuckergrnppe gehören, 
ähnliche ßeactionen. Vor einem Irrthum kann man sich zwar 
in der Weise bewahren, dass die Probe nach dem Vergäbren des 
Harnzuckers wiederholt wird und beide Resultate vor und nach dem 
Vergähren verglichen werden; ein geringer Zuckergehalt lässt 
sich indess auch durch diese Methode nicht erkennen. 

Dem Verl gelang es nun, durch Versetzen der Fehling’schen 
Flüssigkeit mit alkalischer Guaninlösung ein Verfahren zu finden, 
welches feinere Keactionen giebt. Es verbindet sich nämlich, wie 
Balke festgestellt hat, ein Molekül Guanin mit einem Molekül 
Kupferoxydul zu einem weissgefärbten flockigen voluminösen 
Salze von der Formel C 4 H 5 N * 0. Cu s 0, welches in Ammoniak, 
Creatinin, Creatin, Pepsin u. b. f. unlöslich ist. Bei Gegenwart 
von Guanin im Harn fällt hiernach sämmtliches Kupferoxydul ans, 
was sonst nicht der Fall ist, weil Ammoniak und Körper, die 
beim Erhitzen mit Kali Ammoniak liefern, ferner Pepton, Pepsin, 
Creatin und Creatinin zuweilen ganz erhebliche Mengen in 
Lösung halten. Hierin liegt auch die Ursache, weshalb in vielen 
namentlich in dunkelgefärbten Harnen, kein Zucker nach- 
zuweisen ist 

Dagegen hat nach dem Verf. der Zusatz von alkalischer 
Guaninlösung zur Fehlin g’schen Lösung den Vortheil, dass der 
bei der reducirenden Einwirkung des Zuckers sich bildende 
voluminöse Niederschlag von Kupferoxydul-Guanin alle Stoffe mit 
niederseblägt, welche die schmutzig grünlichbraune Trübung ver¬ 
ursachen. Die Voluminosität und die weisse Farbe des Guanin- 
Kupferoxyduls lässt eine stattgehabte Reduction in der blauen 
Fe hl in g’schen Lösung leichter erkennen. 

Mit Hilfe dieser modificirten Trommer'sehen Probe hat K- 
festgestellt, dass der Traubenzucker ein normaler Bestandtheil 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 




55. August 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 401 


des Harnes von Rindern und Schweinen ist. Während sich mit 
der parallel ausgeführten Nylander’schen Probe hei Rindern 
ca. 12pCt., bei Schweinen in lOpCt. Zucker im normalen Harn 
nachweisen Hess, hatte das nene Verfahren in 25 pCt. bezw. 
20 pCt. aller Fällen positive Resultate. 

Die beiden neuen klinischen Methoden zur quantitativen 
Zuckerbestimmung im Harn beruhen ebenfalls auf dem Gebrauch 
der Fehling'schen Lösung mit einem Zusatz von alcalischer 
Guaninlösung. Die Anwendung der Methoden ist in einem 2. Ab¬ 
schnitt genau beschrieben. 

Nach den Untersuchungen des Verf. schwankt der Trauben¬ 
zuckergehalt im Harn deB Rindes zwischen 0,005—0,062 pCt., im 
Harn des Schweines zwischen 0,004—0,06 pCt. Diese Zahlen 
stimmen mit dem im menschlichen Harn gefundenen Zuckergehalt 
überein. 

Verf. glaubt also auf Grund seiner Untersuchungen annehmen 
zu können, dass in jedem normalen Harn von Rindern und 
Schweinen Zucker vorhanden ist „Seine Menge ist jedoch zumeist 
so gering, dass er mit den heutigen Methoden noch nicht in 
allen Fällen sicher nachgewiesen werden kann. Nur dann ist 
jetzt seine Gegenwart zu constatiren, wenn er sich dem physiologi¬ 
schen Maximum nähert.“ 

Die Annahme, dass der Zucker in jedem Harn vorkomme, 
wird damit begründet, dass derselbe ein normaler Bestandtheil 
des Blutes und aller Organe ist und dass er zu den Stoffen ge¬ 
hört, die thierische Membranen leicht durchdringen. 

D&8 Pflanz’sche Embryotom. 

Vom Departements-Thierarzt Schmidt-Buxtehude. 

(Dtsch. Tblor&rztl. Wscbr. *8, 1898.) 

Departements-Thierarzt Schmidt schreibt über das seiner 
Zeit in der B. T. W. beschriebene Embryotom Folgendes: 

In den Geestbezirkeu kommen seit einer Reihe von Jahren 
namentlich bei erstgebärenden Thieren, da, wo Holländer Bullen 
eingestellt sind, Schwergeburten vor in Folge zu grosser Kälber. 
Denn es sind hier Kälber von 120 Pfund Gewicht bei den ver- 
hältni8smässig schmalen Geestkühen häufig, und Sch. hat schon 
Kälber von 140 Pfund gesehen, die allerdings nur durch die 
Embryotomie stückweise herausbefördert werden konnten, während 
dagegen bei den breiteren Kühen der Marschbezirke meist nur 
Kälber von 80—100 Pfund beobachtet werden. 

Die Embryotomie muss daher häufig angewandt werden, und 
S. hat dabei das Pflanz’scbe Embryotom erprobt. Vorzüglich be¬ 
währt sich dasselbe beim Durchschneiden der hinteren Hälfte des 
Kalbes in der Beckenfuge, nachdem das Vordertheil entwickelt 
und abgeschnitten ist. Das Kettenmesser ist hierbei leicht anzu¬ 
legen, Verschiebung und Flachlegen desselben leicht zu verhüten. 
Sehr gute Dienste leistet das Embryotom ferner bei der Steiss- 
lage. Die Kette lässt sich hierbei leicht um die unter dem Bauche 
liegenden Hinterschenkel legen. Man durchschneidet zunächst 
den einen und dann den andern, doch muss das Oberschenkelbein 
möglichst nahe am Hüftgelenk abgeschnitten werden, da sonst die 
Extraktion doch noch Schwierigkeiten macht 

Schwieriger ist es, wenn bei einem zu grossen Kalbe die 
Hinterschenkel nicht unter dem Bauche liegen, sondern in die 
Scheide getreten sind. Hierbei ist es S. nicht gelungen, die Ent¬ 
fernung durch das Embryotom zu bewerkstelligen, da das Ketten¬ 
messer abglitt. Er hat deshalb in solchen Fällen wieder zu der alten 
Methode zurückgegriffen, die Hinterschenkel aus der Haut heraus¬ 
zuziehen, was jedoch an diesen viel mehr Arbeit macht wie an 
den Vorderfüssen. 

Bei abnormen Kopflagen, wenn sie nicht anders zu beseitigen 
sind oder das Kalb schon todt ist, ist das Pflanz’sche Embryotom 
wieder sehr zu empfehlen. — Querlagen sind S. noch nicht vor¬ 


gekommen, seit er das Jnstrument besitzt; doch hält er es auch 
hierbei für sehr verwendbar. 

Ganz vorzügliche Dienste leistet das Embryotom aber bei 
Durschneidungen der Vorder- bezw. Hinterschenkel, an Fusswurzel- 
und Sprunggelenk, bei Bengestellnng derselben. Hierbei sucht 
sich das Messer sozusagen von selbst die richtige Stelle 
und durchschneidet die Gelenke sehr leicht, indem es zwischen 
den Knochenreihen hindurchgeht. Das ist besonders bei den langen 
Extremitäten der Füllen von grossem Werth, wobei die früher 
verwandten Instrumente sehr mangelhaft funktionirten. — S. hält 
daher das Pflanz’sche Embryotom für ein sehr empfehlenswerthes 
Instrument. 

Sarcomatöse Pseudo-Tube rculose beim Hunde. 

Von Prof. Bournay-Toulouse. 

(Revue vet., Febr. 1898.) 

Eine 7jährige Bracke frass unregelmässig und magerte seit 
zwei Monaten stark ab. In den letzten vierzehn Tagen hatte sie 
anBserdem fünf oder sechs epileptiforme Anfälle. Die Unter¬ 
suchung ergab: die schon erwähnte starke Abmagerung, die Haut 
adbärirend, die Schleimhäute blass, die Augen tief, die Crotophiten 
atrophisch sowie ein ausgesprochenes canceröBes Aussehen. Die 
Brust schien weit, dilatirt; die Rippen waren wie beim Hydrothorax 
vortretend, die Auscultation und Percussion Hessen jedoch nichts 
Anormales in der Lunge finden. Die Herzschläge sind sehr 
stark, 120 in der Minute, die Auscultation lässt ein systoUsches, 
an der Herzbasis localisirtes blasendes Geräusch erkennen. Die 
Palpation des Abdomen lässt nichts finden. Eine Tuberculin- 
injection hat kein Ergebniss. 

Nach 10 Tagen ging Patient ein. 

Bei der Section fand B. die Leber auf ihrer ganzen Ober¬ 
fläche und im Innern mit gelblichen, gut abgegrenzten Knötchen 
besetzt, die fest, isolirt oder confluirend, erbsen- bis linsengross 
und ans einem homogenen fibrösen Gewebe gebildet waren. Die 
Nieren, das Mesenterium, die Wand des Duodenum, die Lunge, 
das Pericardium und die Pleura sind mit solchen Knötchen dicht 
besetzt. Einzelne umgeben den Ansatz der grossen Gefässe an 
der Herzbasis, zwei comprimiren und verengern die Aorta. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab die Anwesenheit von 
Sarcomen; es wurden keine Bacillen gefunden und waren auch 
Impfversuche erfolglos. 

Ueber die Schadwirkung einer gesunden Nase gegen 
Schädlichkeiten in der Inspirationsluft 

, Von S a e n g e r. (XVI. Cong. f. innere Medicin 14/98.) 

(Fortsehr. d. Medicin.) 

l 

Die eingeathmete Luft nimmt auf dem Wege durch die 
Nasenhöhlen Wärme und Feuchtigkeit auf, und zwar in dem 
Masse, dass sie, selbst wenn sie ursprünglich sehr kalt und 
trocken ist, in genügend erwärmtem und angefeuchtetem Zustande 
in den Rachen, den Kehlkopf und in die tieferen Luftwege 
gelangt. Beim Aufenthalt in staubiger Luft bleibt der ein- 
ge^ithmete Staub zum allergrössten Theil auf der feuchten 
Nasenschleimhaut haften. Etwa in der Inspirationsluft enthaltene 
krankmachende Mikroorganismen werden, wie die Forschungen 
in der jüngsten Zeit ergeben haben, durch die Berührung mit 
normalem Nasensecret abgetödtet bezw. unschädlich gemacht. 
Diese Schutzwirkungen der Nase fehlen selbstverständlich, wenn 
in Folge krankhafter Zustände der letzteren oder des Nasen¬ 
rachenraums die Athmung durch die Nase unmöglich ist und 
durch die Mundathmung ersetzt wird. Die Schutzwirkungen 
können aber auch trotz des Unbehindertseins der Nasenathmung 
fehlen oder wesentlich abgeschwächt sein, wenn die Nasenhöhlen 
von abnormer Weite sind. Die Schleimhaut ist öann zur Er- 


Digitized by 


Google 


402 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84. 


wärmnng und Anfeuchtung der durchstreichenden Luft nicht 
geeignet, sie ist anämisch, trocken oder mit dem angetrockneten 
Secret' bedeckt; sodann gelangt die Luft auch in weniger 
innige Berührung mit der Schleimhaut und ihrem Secrete. 
Meist ist dann auch das Secret von abnormer Beschaffenheit. 
Gerade aber eine abnorme Weite der Nasenlöcher ist eine sehr 
häufige Erscheinung. Fehlt aber die Schutzwirkung der Nase, 
dann kommt es leicht zu catarrhalischen und bactericiden Er¬ 
krankungen der Luftwege. 

Feber die Beziehung 

der Leucocyten zur bactericiden Wirkung und zur 
alcalischen Reaclion des Blutes und der Lymphe. 

• Von Loewit 

(Ziegler'* Beiträge z pathol. Anatomie u allg. Pathologie) 

Bekanntlich stehen sich die Untersuchungen H. Buchner’s 
und Emmerich’8 über das Zustandekommen der bactericiden 
Wirkungen des Blutserums unvermittelt gegenüber. Büchner 
knüpft dieselben an das Vorhandensein der Alexine im Serum 
und fasst letztere als ein Secretion -product der weissen Blut¬ 
körperchen auf, während Emmerich >n eine indirecto Wirkung 
der weis8°n Blutkörperchen denkt, indeu von den weissen Blut¬ 
körperchen ein Impuls ausgehe — in den Versuchen war es ein 
freies Alcali —, welcher die Serumkräfte zur Activität brächte. 
Um diese strittige Frage der Lösung näher zu bringen, hat 
Loewit die Aorta von Kaninchen unterbunden und gefunden, 
dass dadurch, wenn auch nicht im parallelen Verhältnisse, die 
Zahl der Leucocyten und der Alcalescenzgrad des B'utes sehr 
bedeutend sinken kann. In den Fällen hochgradiger Herab¬ 
setzung der Leucocytenzahl sank nun auch die bactericide 
Wirkung des ivuioerums bis zum Erlöschen. Da die mehr¬ 
kernigen Leucocyten am meisten von der Verminderung be¬ 
troffen waren, liegt es nahe, gerade diese als Quelle der 
bactericiden Kraft des Serums anzusehen. Trotz der beobachteten 
Alcalescenzverminderung glaubt L., dass dieselbe nicht das 
WeBen der Abschwächung der bacterientödtenden Wirkung aus¬ 
mache. Ebenso spricht er sich gegen die Möglichkeit aus, dass 
Auflösung rother Blutkörperchen, Eindickung des Blotes oder 
andere Dingen dieser letztem zuzuschreiben sei. Loewit hat 
durch Zerreibung von serurabefreiten Leucocyten eine bacterien- 
tödtende, hitzebeständige Substanz in denselben entdeckt, 
welche sich durch diese letztere Eigenschaft von den hitze- 
unbeständigen Alexinen Buchner’s unterscheidet. L. bringt 
dieselbe in Verbindung mit Nuclei'n und Nuclelnsäure, möchte 
sich jedoch vor der Hand darauf beschränken, seine Entdeckung 
einfach zu registriren. Andere Versuche ergaben, dass das 
Lymphserum zwar nicht, wie Neisser angegeben, bactericider 
Fähigkeiten bar ist, dieselben jedoch aus einem nicht bekannten 
Grunde in weit geringerem Masse besitzt als das Blutserum. 

Beiträge znr vergleichenden Morphologie der Leacocyten* 

Von H. Hirschfeld. 

(VIrch. Arcb 149.) 

Um über die Frage, inwieweit das Vorkommen und Ver¬ 
halten der Granula in den Leucocyten für verschiedene Thiere 
charakteristisch sei, Aufschluss zu erlangen, untersuchte H. mit 
den von Ehrlich angegebenen Methoden das Blut von Schaf, 
Ziege, Rind, Schwein, Kaninchen, Meerschweinchen, Pferd, 
weisser Maus, Ratte, Hund und Katze. Es trat eine sehr grosse 
Mannigfaltigkeit in der Structur der Leucocyten zu Tage, ohne 
dass sich indessen besondere Ordnungs- oder Gattnngscharaktere 
aufstellen Hessen. Nur die einkernigen Elemente zeigen bei 
allen Thieren constante Eigenschaften, was um so auffallender 


ist, als diese ja die Stammformen für die übrigen so vielgestaltete, 
Leucocyten sein sollen. Neutrophile Granula von der Grösse 
Anordnung und tinctoriellen Beschaffenheit der menschlichen 
kommen bei keinem der bis jetzt untersuchten Thiere vor; acido- 
phile Granula finden sich bei allen Thieren, eine besondere 
Gruppe, die indulinophilen Zellen, findet sich bei Meerschweinchen. 
Eine neue Form stellen die aurantiophilen Zellen dar, die ein 
Gemisch saurer Farben (Eosin und Aurantia) zu gleicher Zeit 
aufnehmen; amphophile Zellen können zweierlei Art sein, ent¬ 
weder sich mit sauren und neutralen oder mit sauren und 
basischen färben; letztere kommen nur bei Kaninchen vor. Bei 
einigen Thieren hat die Mehrzahl der multinucleären Zellen 
keine Granula, vielleicht vermitteln diese den Uebergang von den 
mononucleären zu den poljnucleären Zellen. Das Verhältnis der 
einzelnen Leucocytenarten zu einander ist bei den einzelnen 
Thierspecies grossen Schwankungen unterworfen. 

Therapeutische Notizen. 

Natriumsulfat in kleinen Dosen als Haemostaticum. 

Prof. Reverdin hat in einer Anzahl von Fällen capillärer 
Blutung, die den gewöhnlichen äusserlichen Mitteln getrotzt hatten, 
mit dem Natriumsulfat glänzende Erfolge erzielt. Nach der Vor¬ 
schrift Kussm an l’s giebt er stündlich 0,1 mmg. Inden erfolgreich 
behaudelteu Fälllen handelte es sich theils um Epistaxis, theils 
um Metrorrhagien, theils um Operalions wunden, aus denen keine 
grössere Gefässblutung, sondern eine Blutung „wie aus einem 
Schwamm“ erfolgte. In einigen Fällen Hess das Mittel im Stich. 
Was die Erklärung der blutstillenden Wirkung anlangt, so glaubt 
Verf., dass dieselbe in einer rascheren Gerinnung des Blutes zu 
suchen 6ei. Nach dieser Richtung hin angestellte Thierversuche 
ergaben bei extravenöser Einverleibung und Verfütterung des 
Natriumsulfats überwiegend positive Resultate, während subcutane 
Injection eher Gerinnung verzögerte. (D. Med. Ztg.) 

Ueber Antipyrin als wehenbefdrderades Mittel. 

Eberson berichtet in No. 26/1898 der Medico äberAntipyrin als 
wehenbeförderndes Mittel. Vor mehreren Jahren wurde er zu 
einer Wöchnerin aufs Land berufen, die vor 36 Sturden ein ge¬ 
sundes Kind geboren hatte und die bis zur Stunde die Nach¬ 
geburt wegen Mangel an Wehen noch nicht ausgestossen hatte. 
Muttermund vollkommen verschlossen, nicht einmal für den Finger 
durchgängig. Verf. beabsichtigte künstliche Erweiterung des 
Uterusmnndes mit nachfolgender manueller oder instrnmenteller 
Lösung der Placenta; er gab der Wöchnerin, die über Kopf¬ 
schmerzen klagte, drei Antipy rinpulver k lg; die Placenta sollte, 
es war in der Nacht, am nächsten Tage losgelöst werden. In der 
Frühe wurde Verf. durch die Nachricht überrascht, die Nach¬ 
geburt sei glatt unter Wehen, die sich bald nach Einnahme der 
Pulver eingestellt hätten, vollständig abgegangen. 

Seit der Zeit benutzte er das Antipyrin in halbstündigen 
Dosen a 0,3 in mehreren Fällen von Wehenschwäche mit gutem 
Erfolge. 


Tagesgeschichte. 

Bericht Ober die Versammlung der beamteten Thier¬ 
ärzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm, 
llfc Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftshaus zu Lüneburg. 

Tagesordnun g. 

1. Begrtissung der Erschienenen durch den Vorsitzenden, 
Departementsthierarzt Holzhauer. 

2. Allgemeines über Viehseuchen: Statistik und kurze Be. 


Digitized by LaOOQie 



25. AuguS^ 1898. 

sprechung der seit der October-Versammlung ergangenen 
Verfügungen. — Referent: Der Vorsitzende. 

3. Der Einfluss der Sammelraolkereien auf die Verbreitung 
von Thierseuchen und die zweckmässigste veterinär¬ 
polizeiliche Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen 
und Verordnungen, unter besonderer Berücksichtigung 
der Verhältnisse des diesseitigen Regierungsbezirks. — 
Referent: Kreisthierarzt Matthiesen - Celle. 

4. Die öffentlichen Viehverkäufe, Auctionen u. s. w. und 
die veterinärpolizeiliche Ueberwachung derselben. — 
Referent: Der Vorsitzende. 

5. Die Stellung der beamteten Thierärzte und die Beschlösse 
der Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine 
Preussens. — Referent: Der Vorsitzende. 

6. Allgemeines. 

Die Versammlung, zu welcher sämmtliche Kreisthierärzte des 
Bezirks erschienen waren und an der sowohl auf eigenen Wunsch 
als auch auf Veranlassung des stellvertretenden Herrn Regierungs¬ 
präsidenten der Decernent der Veterinär - Angelegenheiten Herr 
Regierungs-Assessor von Wussow theilnahm, wurde vom Vor¬ 
sitzenden mit begrüssenden Worten eröffnet und dem Herrn De- 
cernenten der Dank der Versammlung für sein Erscheinen aus¬ 
gesprochen. Es wurde nochmals auf die Zweckmässigkeit solcher 
periodischen Zusammenkünfte zur Besprechung und Berathung 
dienstlicher Angelegenheiten und veterinär-technischer Fragen für 
die isolirt stehenden Veterinärbeamten hingewiesen und der 
Wunsch für die Beibehaltung dieser Einrichtung allseitig zum 
Ausdruck gebracht. 

Zu Punct 2 der Tagesordnung werden vom Vorsitzenden 
einige allgemeine Bemerkungen betreffs der sorgfältigen Auf¬ 
stellung der Viehseuchen-Statistik gemacht und um möglichst 
frühzeitige Einsendung der im Juli fälligen Statistik für April- 
Juni, und zwar bis spätestens 10. Juli, gebeten, da die 
königl. technische Deputation mehrfach den Wunsch ausge¬ 
sprochen hat, das Material dieses Quartals möglichst frühzeitig 
zu erhalten. 

Im Anschluss daran werden die seit der letzten Versammlung 
vom 23. October a. c. zu Celle in veterinärpolizeilichen und 
dienstlichen Angelegenheiten ergangenen Verfügungen kurz be¬ 
sprochen und theilweise erläutert. Hierbei kam auch der 
Ministerial-Erla8s betr. die Abänderung der landespolizeilichen 
Anordnung zur Bekämpfung der Geflügelcholera zur eingehenden 
Discussion. Der Herr Decernent theilte den Erlass mit und 
forderte die Kreisthierärzte zur Mittheilung ihrer Ansicht über 
Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit der darin empfohlenen 
Massnahmen hinsichtlich des Handels mit Treibgänsen auf Grund 
der in ihren Kreisen gewonnenen practischen Erfahrungen auf. 

Es wird bei der DiscusBion im Allgemeinen festgestellt, dass 
eine ziemlich bedeutende Einfuhr sogen. Treibgänse von den 
grossen Gänsemärkten in Rnmmelsburg bei Berlin in die süd¬ 
lichen und östlichen Kreise des Bezirks, Gifhorn, Bergdorf, Isen¬ 
hagen, Lüchow, Dannenberg und Bleckede, und zwar nach der 
Ernte, in den Monaten August und September stattfindet, während 
die Kreise Harburg, Winsen, Fallingbostel, Soltau und auch 
Lüneburg und Uelzen für eine solche Einfuhr wenig oder gar 
nicht in Betracht kommen. In den erstgenannten Kreisen soll 
nach Ansicht der Kreisthierärzte Röttger, Matthiesen, 
Oelkers, Nitzschke und Ehling diese Zufuhr von Magergänsen 
für die landwirtschaftliche Bevölkerung von grosser Bedeutung 
sein, insofern, als diese Gänse hauptsächlich der Federn wegen 
und bei den verhältnissmässig billigen Preisen, zu denen sie zu 
haben sind, mit grosser Vorliebe fast in allen Höfen gekauft und 
unter guter Ausnutzung der Stoppelfelder zur Mästung gebracht 


403 


werden. Die genannten Kreisthierärzte glauben, dass durch die 
Einführung eines Verbotes des Treibens dieser Magergänse der 
Handel mit denselben sehr erheblich erschwert und wesent¬ 
lich verteuert würde, wodurch für die bäuerliche Bevölkerung 
dieser Kreise zweifellos nicht unerhebliche Nachteile entständen. 
Diese wirtschaftlichen Nachteile würden im Hinblick auf die 
bisher in den genannten Kreisen in sehr geringem Umfange zur 
Beobachtung gekommenen Fälle von Einschleppung der Geflügel¬ 
cholera durch solche Treibgänse für erheblicher gehalten als 
eine eventuelle Einschleppung der Seuche selbst, um so mehr als 
Ausbrüche der Seuche bei der jetzt bestehenden Anzeigepfiicht 
baldigst zur Kenntniss der Behörden kämen und zur Ergreifnng 
zweckentsprechender Tilgungsmassregeln führten. Die Mehrzahl 
der anwesenden beamteten Thierärzte hält zudem die Durchführ¬ 
barkeit des Fahrens dieser grossen Gänseherden für sehr 
schwierig und fast unmöglich. Unter Berücksichtigung des Um¬ 
standes, dass die Thiere zeitweise behufs Wartung und Pflege 
die Transportwagen verlassen müssten, hierbei auch in den seitens 
der Händler dazu ausgewählten Ortschaften Gelegenheit zur Ein¬ 
schleppung des etwa vorhandenen Ansteckungsstoffes gegeben 
wäre und dass ferner bei der Ausübung des Handels selbst eine 
Berührung der Thiere mit den Dorfstrassen kaum zu verhindern 
Bein dürfte, auch die völlige Sicherung der Tran Sportwagen gegen 
Herabfallen von Excrementen u. s. w. nicht einwandfrei zu er¬ 
reichen wäre, wurde einstimmig anerkannt, dass bei der schwer 
einschneidenden Massnahme doch die genügende Sicherung gegen 
die event. Seucheneinschleppung nicht gegeben sei. Eine Controle 
dieser Gänsetriebherden wurde indessen für zweckmässig er¬ 
achtet, jedoch gingen die Ansichten über die Ausführung der¬ 
selben auseinander. Während von einer Seite verlangt wurde, 
dass die Händler ein Geschäftsbuch bei sich führen, beim Be- 
. treten einejj Ortschaft dem Ortsvorsteher die Stückzahl ihrer 
Herde nachweisen und beim Verlassen der Ortschaft wiederum 
den Abgang durch Verkauf u. s. w. feststellen lassen müssten, 
hält man von anderer Seite eine Untersuchung der Treibherde 
durch den beamteten Thierarzt beim Eintritt in den Kreis für 
zweckmässig. Nachdem Seitens des Vorsitzenden auf die 
Schwierigkeit und Unzuverlässigkeit solcher summarischen Unter¬ 
suchungen unter besonderer Berücksichtigung des Auftretens und 
Verlaufs der Geflügelcholera beim Wassergeflügel aufmerksam 
gemacht worden war, wurde dieser Gegenstand als genügend 
geklärt betrachtet und zu Punct 3 der Tagesordnung über¬ 
gegangen. 

Kreisthierarzt Matthiesen erstattete in höchst eingehender 
und sachlicher Weise das Referat. Aus demselben ist hervor¬ 
zuheben, dass der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Aus¬ 
breitung von Thierseuchen, besonders für die Tuberculose der 
Rinder und Schweine und für die Maul- und Klauenseuche durch 
die; bisher gewonnenen Erfahrungen einwandfrei feststeht und 
als sehr erheblich bezeichnet werden muss. Diese Erkenntniss 
hat, denn auch bereits bei der Bearbeitung der Novelle zum 
Reichsviehseuchengesetz vom 1. Mai 1894 und der dazu erlassenen 
Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Einführung von 
Massnahmen geführt, durch die die Ausbreitung besonders der 
Maiul- und Klauenseuche durch die aus den Sammelmolkereien 
in die verschiedenen Wirtschaften zurückgehende, mit Infections- 
keimen beladene Magermilch verhütet werden soll. Die Sicher¬ 
heit dieser Massnahmen, die das Erhitzen der Magermilch auf 
90 bezw. 100° C. anordnen und dadurch Abtödtung der Keime be¬ 
zwecken, kann aber nur dann als einwandsfrei angenommen werden, 
wenn in allen Sammelmolkereien genügende Einrichtungen zur 
Durchführung derselben vorhanden sind und diese auch zweck¬ 
entsprechend gehandhabt werden. Nachdem der Referent die 


BERLINER THlEgÄ^TLlCHE WOCHENSC HRIFT. 


Digitized by LjOOQie 




404 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 34. 


Einführung einer Anordnung als wünschenswerth bezeichnet hatte, 
nach welcher die gesammte Vollmilch nach ihrer Einliefernng in 
die Molkerei dem Sterilisationsverfahren zu unterwerfen wäre, 
und er weiter die zur Zeit vorhandenen, zu diesem Zweck mehr 
oder weniger geeigneten technischen Apparate erklärt und be¬ 
züglich ihrer Brauchbarkeit kritisirt hatte, wobei die Schritte, 
die seitens des landwirthschafttichen Ministeriums bereits gethan 
sind, und die Stellungnahme der bei der Frage wesentlich be¬ 
theiligten landwirtschaftlichen Kreise mitgetheilt wurden, kam 
er auf die zur Zeit bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und 
erlassenen Verordnungen behufs Verhütung der Verbreitung der 
Maul- und Klauenseuche durch die Magermilch aus Sammel¬ 
molkereien zurück und erörterte die zweckmässigste Handhabung 
derselben unter Berücksichtigung der Verhältnisse des diesseitigen 
Bezirks. Nachdem Referent noch die verschiedene Art der 
Durchführung der Erhitzung der Magermilch in den verschieden 
eingerichteten Molkereien des Bezirks geschildert und erläutert 
hatte, fasste er zum Schlüsse seiner Ausführungen die zweck¬ 
mässigste Handhabung dahin zusammen, dass 

1. die Anordnung der gesetzlich gegebenen Befugnisse 
(§ 44a des Ges. und § 61 der Instr.) möglichst frühzeitig, 
d. h. schon beim ersten Ausbruch der Seuche und unab¬ 
hängig davon getroffen würde, ob das betreffende Gehöft 
einer Sammelmolkerei angeschlossen ist oder nicht, und 
dass diese Massnahme (§ 44a Abs. 2) gleich für einen 
grösseren Umfang des Verwaltungsbezirkes (Kreis oder nach 
Lage der Verhältnisse benachbarte Kreise u. s. w.) an¬ 
geordnet würde; 

2. die Controle der Einrichtungen der von dieser An¬ 
ordnung betroffenen Molkereien und der Erhitzung der 
Magermilch dem beamteten Thierarzt übertragen werde, 
wobei derselbe sein Augenmerk gleichzeitig auftdie Reinignng 
und Desinfection der Milchkannen und Milchwagen zu 
richten und sich zu überzeugen haben würde, dass die 
landespolizeiliche Anordnung betreffend Vernichtung des 
Centrifugenschlammes richtig beobachtet werde; 

3. die Anordnung dieser Massnahmen mit grösster Eile unter 
thunlichster Zuhilfenahme des Telegraphen oder Telephons 
zu erfolgen habe. 

In der hieran anschliessenden Discussion wurde den Aus¬ 
führungen des Referenten in Allgemeinen allseitig beigestimmt 
und die Einführung einer gesetzlichen Bestimmung zur Sterilisation 
sämmtlicher in die Molkereien gelangenden Vollmilch für durchaus 
forderlich erachtet. 

Die Schlusssätze 1 und 3 fanden gleichfalls einstimmig An¬ 
nahme. Zu 2 wurde die Unmöglichkeit betont, dass der Kreis¬ 
thierarzt überall die Controle der Erhitzung u. s. w. ausführen 
könnte, und es wurde für richtiger gehalten, wenn bei der ersten 
Besichtigung der betreffenden Molkereien durch den Kreisthierarzt 
dem Molkereileiter protokollarisch die sorgsamste Durch¬ 
führung der Erhitzung in der aufgegebenen Weise auf¬ 
erlegt würde. Polizeiliche Controle müsste dann die Durch¬ 
führung überwachen. Der Molkereileiter wäre im Contraventions- 
falle mit hoher Geldstrafe zu belegen. ? 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung theilte der Vorsitzende 
zunächst mit, dass seinerseits im Anschluss an die Mai¬ 
versammlung im vorigen Jahre dem Herrn Regierungspräsidenten 
ein ausführlicher Bericht über die im Bezirk bestehenden un¬ 
gleichen Verhältnisse bezüglich der Beaufsichtigung der Vieh¬ 
märkte und öffentlichen Viehverkäufe erstattet worden sei. Im 
Anschluss hieran sei den Polizeibehörden aufgegeben worden, 
ihre grösste Sorgfalt der veterinärpolizeilichen Ueberwachung 
der Viehmärkte, insbesondere der Schweine- und Ferkelmärkte 


im Hinblick auf die Gefahr der Schweineseuche, zu schenken 
und auch die Bestimmungen der Landes-Polizeiverordnung vom 
25. September 1882 betr. die öffentlichen Viehverkäufe möglichst 
zur Durchführung zu bringen. Gleichzeitig sind Erhebungen 
darüber angestellt worden, ob sich bei den öffentlichen Verkäufen 
von nicht zusammengebrachtem Vieh einzelner Züchter und Land- 
wirthe Missstände herausgestellt hätten, die eine Abänderung der 
Polizeiverordnung erforderlich erscheinen Hessen. Während die 
eine Hälfte der Polizeibehörden nach der Richtung hin keine Miss¬ 
stände beobachtet hat und eine Abänderung nicht für erforderUch 
hielt, hatte die andere Hälfte entweder in der That Fälle von 
Seuchenverschleppungen (Scbafräude) durch solche uncontrolirte 
öffentliche Verkäufe festgestellt oder hielt eine obligatorische 
Beaufsichtigung sämmtlicher öffentlicher Vieh Verkäufe durch 
beamtete Thierärzte aus allgemeinen veterinärpolizeilichen Gründen 
für erforderUch. 

In der DiscusBion dieser Angelegenheit kam der Begriff der 
öffentlichen Viehverkäufe im Sinne des § 17 des Reichsgesetzes 
zur eingehenden Besprechung und es wurde besonders von Seiten 
des Herrn Decernenten ausgeführt, dass es sich bei der Ein¬ 
führung der Beaufsichtigung öffentiicher Viehverkäufe, die dem 
Ermessen des Herrn Regierungspräsidenten anheimgegeben sei, 
immer auf Grund dieses § 17 um zusammengebrachte Vieh¬ 
bestände handle. Sollten auch bei den Verkäufen privater 
Züchter etc., wo nur eigene Viehstücke zum öffentlichen 
Verkauf gestellt würden, sich derart erhebliche Gefahren 
herausstellen, die veterinärpolizeiliches Einschreiten erforder¬ 
lich machten, so könnten solche Beaufsichtigungen nur nach 
entsprechender Abänderung des § 17 angeordnet werden. Eine 
solche Abänderung dieses in seiner jetzigen Fassung so ausser- 
ordentHch wichtigen Paragraphen wurde danach allerseits als 
nicht wünschenswerth angesehen. Da es nur im Interesse der 
beamteten Thierärzte liegen kann, wenn die Bestimmungen der 
landespolizeilichen Anordnung vom 25. September 1882 überall 
einheitlich und gleichmässig beobachtet würden, so wurde es am 
Schlüsse der Discussion als erforderlich erachtet, dass jeder 
beamtete Thierarzt des Bezirks diese öffentlichen Verkäufe in 
seinem Kreise sorgfältigst beobachtet und Contraventionen gegen 
die Untersuchungsbestimmungen unnachsichtlich zur Anzeige bringt 

Bei Punkt 5 der Tagesordnung referirt der Vorsitzende über 
die seit ungefähr zwei Jahren mehr in Fluss gekommene Be¬ 
wegung zur Verbesserung der Stellung der beamteten Thier¬ 
ärzte. Wenngleich die letzteren schon längst die Unhaltbarkeit 
ihrer Stellung im Vergleich zu den nach der Entwicklung 
der Veterinärgesetzgebung an sie gestellten Forderungen erkannt 
hätten, hofften sie immer auf die Fürsorge der höheren Behörden 
und verhielten sich schweigsam. Erst als in den Verhandlungen 
des preussischen Abgeordnetenhauses gelegentlich der Be¬ 
sprechungen der Viehseuchenangelegenheiten in den beiden letzten 
Jahren die Organisation der Veterinärpolizei und ihrer Beamten 
zur Sprache kam, wurde auch die Stellung der beamteten Thier¬ 
ärzte in den Kreis der Betrachtungen gezogen, erst nachdem der 
Herr Landwirthschaftsminister unter ausdrücklicher Anerkennung 
der Leistungen dieser Beamtenkategorie ausgeführt hatte, dass 
er ebenfalls die Stellung dieser Beamten hinsichüich ihrer Be¬ 
soldungsverhältnisse für mangelhaft hielte, ihm aber Klagen aus 
den Kreisen derselben noch nicht zu Ohren gekommen seien, 
regte es sich auch in den Reihen der beamteten Thierärzte and 
es erschienen in den Fachzeitschriften Artikel, die sich mit 
einer Reform der Stellungen beschäftigten. Nachdem auch die 
verschiedenen tierärztlichen Vereine in den Provinzen die Frage 
aufgenommen hatten, wurde dieselbe in der Versammlung der 
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens im 


Digitized by CjOOQie 



26. August 1898. 

Mai d. J. auf die Tagesordnung gebracht. Die hier gefassten 
bekannten Beschlüsse wurden vom Referenten nochmals verlesen 
und eingehend beleuchtet. 

Nachdem die Motive zu diesem Vorgehen in längerer Dis- 
cussion besprochen waren und die seitens der Central Vertretung 
aufgestellten Punkte als richtig und massvoll, der Entwicklung 
der Stellung der beamteten Thierärzte und der an sie gestellten 
Anforderungen und von ihnen gegebenen Leistungen entsprechend 
allseitig anerkannt waren, wurde seitens des Decernenten der 
Erlass des Herrn Ministers betr. die Erhebungen über die Ein¬ 
kommensverhältnisse der Kreisthierärzte mitgetbeilt und auf die 
möglichst sorgfältige Aufstellung des Formulars hingewiesen. 
Hierbei wurde auch die in dem Erlass gestellte Frage bezüglich 
der Zweckmässigkeit der Gewährung eines Pauschalsatzes für 
Gebühren an Stelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen zur 
Discussion gebracht und es wurde ein solcher Besoldungsmodus 
für den diesseitigen Bezirk bei der Verschiedenheit der dienst¬ 
lichen Thätigkeit der Kreisthierärzte in den einzelnen Kreisen 
als un zweckmässig und kaum möglich bezeichnet. 

Der zweite Punkt des Erlasses, der Vorschläge wünscht über 
die Beseitigung der zu Unzuträglichkeiten Anlass bietenden Ein¬ 
richtung, dass die beamteten Tbierärzte für amtliche Geschäfte 
von den Zahlungspflichtigen Gebühren nach Vereinbarung zu er¬ 
heben haben, kam ebenfalls zur Discussion. Es wurde allseitig 
anerkannt, dass bei gewissen amtlichen Verrichtungen, die auf 
besondere allgemeine Anordnung auszuführen und für welche auf 
Grund des § 24 des preuss. Ausführungsgesetzes von den Be¬ 
theiligten die Kosten zu tragen seien — wie Revisionen der Vieh¬ 
händler- und Gasthofsställe, — die Einführung der Erhebung der 
Gebühren durch dieJOrtspolizeibehördewünschenswerthsei. Anderer¬ 
seits wäre dieser Modus bei den Untersuchungen der zum öffentlichen 
Verkauf zu stellenden Thiere, die durch die landespolfeeilicbe An¬ 
ordnung vom 25. September 1882 im Bezirk eingeführt sind, 
nicht richtig, da es bei der Verschiedenheit des Umfanges dieser 
Amtsgeschäfte nicht möglich sei, feste Sätze für die einzelnen 


405 

Fälle aufzustellen und auch den Handeltreibenden hierdurch 
eine grosse Erschwerung auferlegt werden würde. Hierbei wird 
es für richtig gehalten, dass der Kreisthierarzt je nach Umfang 
des jeweiligen Amtsgeschäftes seine Gebühr vom Beantrager der 
Untersuchung in gleicher Weise erhebt, wie er es auch in der 
Privatpraxis und bei Ausstellung von Attesten über Gewährs- 
mängel beim Vieh thun muss. 

Nachdem die Tagesordnung in dreieinhalbstündiger Sitzung 
erledigt war, schloss der Vorsitzende die Versammlung mit dem 
Ausdruck der Hoffnung, dasB die hohen Behörden, die auf allen 
Gebieten bestrebt sind, ausgleichende und zweckmässige Ordnung 
der Verhältnisse der Staatsbeamten herbeizufnhren, und die auch 
dem thierärztlichen Stand und seinen beamteten Vertretern jeder¬ 
zeit und in hohem Masse Wohlwollen gezeigt hätten, auch diese 
berechtigten und massvollen Forderungen derselben gewähren 
mögen. 

Das sich anschliessende Diner hielt die Theilnehmer der Ver¬ 
sammlung noch bis zum Abgang der Züge in fröhlichster Stimmung 
zusammen. Es wurde Gelegenheit genommen, dem Herrn Decer¬ 
nenten nochmals Dank für seine rege Theilnahme an den Tages¬ 
fragen auszusprechen, worauf auch er seiner besonderen Freude 
Ausdruck gab, Gelegenheit gehabt zu haben, die einzelnen be- 
amteteten Herren des Bezirks kennen zu lernen und in der Be- 
rathung und Besprechung wichtiger dienstlicher Fragen offene, 
vom praktischen und fachmännischen Standpunkt dictirte Aeusse- 
rungen zu hören. 

Auf Wunsch des Herrn Regierungspräsidenten ist vom Vor¬ 
sitzenden über die Versammlung in einer eingehenden Registratur 
berichtet worden, worauf derselbe die Anlegung besonderer Acten 
über die jährlichen Versammlungen der beamteten Thierärate des 
Bezirks zur Verwerthung des daraus gegebenen Materials verfügt 
hatu Es dürfte dies eine Bestätigung für die Zweckmässigkeit 
und Wichtigkeit solcher periodischen Zusammenkünfte und ein 
Ansporn zur baldigen Wiederholung sein, wenn auch dem Ein¬ 
zelnen mehr oder weniger grosse Opfer dadurch auferlegt werden. 


BERLINER THIEBARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(M i 11 h e i 1 u n g e n für 
Senchenstatistik and Yeterinärpolizei. 
fieflügeloholera. 

Die Anzeigepflicht ist durch Bekanntmachung des Reichs¬ 
kanzlers vom 17. er. auch für die Fürstenthümer Waldeck und 
Pyrmont eingeführt worden. 

Verletzungen von Menschen durch tollwüthlge Thiere. 

In einer Ministerialverfdgung, welche bezüglich der Ver¬ 
schärfung der Tollwuthbekämpfang neulich an die Regierungs¬ 
präsidenten der östlichen Grenzbezirke ergangen ist, findet sich 
die Angabe, dass im Jahre 1897 in Preu6sen 152 Personen von 
tollen oder der Tollwuth dringend verdächtigen Thiere gebissen 
worden sind, eine Zahl, die vielen überraschend gross erscheinen 
wird. Gestorben sind nur 5 = 3,3 pCt., ein wieder überraschend 
geringer Procentsatz. Von den Gestorbenen waren 2 gar nicht, 

2 unzweckmässig (Wundnaht mit Jodoformverband) behandelt. 
Acht der Gebissenen gingen in ausländische Pasteur-Institute. 
Die Mehrzahl wurde an Ort und Stelle einfach mit Ausbrennen 

■c 

und Ausätzen der Wunde behandelt. Die Bisse rührten von 
2 Katzen und 102 Hunden; bei 77 der letzteren war die Tollwuth 
unzweifelhaft festgestellt. An den Fällen sind die drei schlesischen 
und die beiden ostpreussischen Bezirke mit 110 betheitigt; Marien¬ 
werder, Danzig, Posen und Bromberg mit je 4 bis 9 Fällen; die 
übrigen kommen vereinzelt vor in Stettin, Merseburg, Schleswig 
und Frankfurt 


Veterinärbeamte.) 

Nacbweliung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiohe 
am 31. Juli 1898. 

Es waren am 31. Juli in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Danzig 1 (1) R.-B. Marienwerder 1 (1). 

Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (3). 
R.-B. Köslin 1 (1). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Breslau 3 (4). 
K.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (5). R.-B. Düsseldorf 1 (1). 
R.-B. ; Trier 3 (5). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2(2). Kreis- 
hanptm. Leipzigl (2). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 
3 (4). Braunscbweig: 1 (1). Waldeck: 1 (2). 

B. von Maul- und Klauenseuche fexcl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (54). R.-B. Niederbayern 2(3). 
R.-B. Pfalz 5 (9). R.-B. Oberpfalz 2 (4). R.-B. Oberfranken 2 (2). 
R.-B., Mittelfranken 7 (20). R.-B. Unterfranken 10 (18). R.-B. 

Schwaben 12 (19). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1) 
Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreishauptm. Zwickaul (1). Württem¬ 
berg: Neckarkreis 10 (14). Schwarzwaldkreis 4 (4). Jagstkreis 9(32). 
Donankrei8 13 (19). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3). 
Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm. Karlsruhe 7 (17). 
Landescomm. Mannheim 4 (4). Hessen: Provinz Rbeinhessen 3(5). 
Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenth. Birkenfeld 1. 
Braunscbweig: 1 (1). Sachsen-Meiningen: 1 (2). Sachsen- 
Coburg-Gotha: Herzogth.Gotha 3 (6). Anhalt: 2 (5) Waldeck: 
2 (9). Bremen: 7. Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass 1(6). 
Bez. Ober-Elsass 3 (6). Bez. Lothringen 4 (10). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B. 
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis- 

liaupim. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwicaau 1 (1). 


Digitized by 


Google 






Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 


mmbinnei 


Schleswig 


Marienwerder 


Bromberg 


unter 


Liineburi 


nabrück. 


Hannover 


Frankfurt 


Münster 


Breslau 


Kassel 


Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender 

Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen 

Gemeinden verseucht waren. 


Hohen^ 

zolleriv 


40« 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 84. 


Digitized by 


Google I 


die 80er Jahre hinein als vorzüglicher Abnehmer für die 
dänische Ueberproduction erwiesen. Ein gefährlicher Con- 
current entstand den Dänen um diese Zeit in Amerika und 
weiter auch in Australien. Beide Erdtheile traten als Mitbewerber 

am englischen Vieh- und Fleischmarkt auf und bedrängten die 
dänische Einfuhr immer mehr und mehr. Dänemark wandte des¬ 
halb seine Blicke zuerst nach Deutschland. Deutschland erwies 
sich denn auch als ein vorzüglicher Markt, wo der Ueberschuss 
an Schweinen und die Absatzkühe sowie Bullen zu Gelde ge¬ 
macht werden konnten. Die Schweine wurden in den nordischen 
Einfuhrplätzen, namentlich Hamburg, sortirt, die schweren 
Schweine gingen in die Wurstfabriken nach Mittel- und Süd- 
deutschlaud und die leichten Schweine (Sengschweine) wurden 
in den Sengschlächtereien zu Speck verarbeitet und gingen in 
diesem Zustande uach England. Die Bullen wurden ebenfalls 
für die Wursfabriken gebraucht und die Absatzkühe gingen nach 
den Industriestädten des Rheingebietes. 

Eine unliebsame Störung erfuhr der Viehhaudel mit Däne¬ 
mark durch das wegen des Ausbruchs der Schweinepest in 
Dänemark am 29. November 1887 erlassene Verbot der Ein¬ 
fuhr von Schweineu, Schweinefleisch und Würsten aus Dänemark. 

Dänemark suchte nun zunächstseine Schweine lebend nach Eng¬ 
land zu versenden und es wurden wöchentlich über 1000 Schweine 
von Esbjirg aus nach verschiedenen Plätzen Englands verschifft. 
Das Risiko und die erzielten niedrigen Preise veranlassten aber 
die Dänen, selbst Sengschlachtereien (sogenannte Antheils- 
schlaclitereien) zu errichten. Auch die deutschen Seng¬ 
schlachtereien, welche nach Inkrafttreten des Verbotes ihren 
Betrieb einstellen mussten, siedelten nach Dänemark über. Mit 
Hülfe dieser Schlachtereien schafften sich die Landwirthe einen 
directen Absatz nach England. Die Ausfuhr von Speck und Schinken 
stieg enorm, war doch die Netto-Ausfuhr 1888 fast 48 Mill. Pfund 
grösser als die Ausfulir im Durchschnitt der letzten fünf Jahre. 

Die Gestattung der Wiedereinfuhr von Schweinen nach 
Deutschland im Jahre 1890 unter gewissen Bedingungen konnte 
; dem neu entstandenen Industriezweige nicht viel Schaden zu- 


Die Verbreitung der Maul u. Klauenseuche in Preussen. Ende Juli 1889- 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen i Gemeinden 

| (Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutshez.) 
waren 

verseucht 

Marienwerder. 

2 

2 

0,88 

Berlin. 

1 

1 

— 

Potsdam. 

2 

4 

1,54 

Frankfurt. 

3 

8 

2,94 

Stettin. 

1 

1 

0,53 

Posen. 

14 

27 

7,18 

Bromberg. 

3 

4 

1,79 

Breslau. 

6 

7 

1,84 

Liegnitz. 

1. 

4 

1,42 

Magdeburg . 

9 

11 

7,«3 

Merseburg. 

3 

4 

1,73 

Erfurt. 

2 

2 

3,10 

Schleswig. 

1 

1 

0,46 

Hildesheim. 

1 

1 

1,38 

Lüneburg . 

2 

2 

1,34 

Münster. 

2 

2 

7,46 

Arnsberg . 

2 

6 

7,04 

CasBel. 

2 

4 

2,39 

Wiesbaden. 

9 

23 

24,45 

Coblenz. 

10 

39 

37,32 

Düsseldorf. 

4 

1 8 

18,60 

Köln. 

6 

14 

47,29 

Trier. 

9 

25 

22,19 

Aachen . 

1 

2 

5.13 

Summa 

9o 

202 

— 


Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark 

von Kühnau-Hamburg. 

Dänemark ist infolge seiner Lage und Bodenbeschaffenheit 
auf Landwirtschaft und Viehzucht angewiesen. Der Bedarfs¬ 
überschuss au Vieh und landwirtschaftlichen Producten ist des¬ 
halb von jeher ein sehr erheblicher gewesen und Dänemark musste 
für diesen Ueberschuss Absatzgebiete im Auslande suchen. Eng¬ 
land kam hierbei in erster Linie in Frage und hat sich bis in 






































25. August 189b. 

fügen. In der Hauptsache gelangten nur schwere Schweine nach 
Deutschland. 

Wenn nun auch die Schweineeinfuhr nach Deutschland ab¬ 
genommen hatte, so trat dafür die Einfuhr von Rindvieh mehr 
und mehr in den Vordergrund, zumal als England im Jahre 1890 
die Einfuhr von lebenden Rindern aus Dänemark verboten 
hatte. 

Nicht allein Absatzkühe und Bullen, sondern auch eine 
grosse Menge reifgemästetes Jungvieh gelangte nach Deutschland. 
Das Auftreten der Maul- und Klauenseuche in Jütland im Jahre 
1892 führte zu einer Beschränkung der Einfuhr von Wiederkäuern 
und Schweinen, insofern als durch die erlassenen Bestimmungen 
die Einfuhr per Eisenbahn anfhörte. Die Thiere gelangten auf 
dem Seewege in die verschiedenen Einfuhrhäfen und mussten 
hier abgeschlachtet werden. Die Einfuhr von Magervieh war 
nach Abwartung einer siebentägigen Quarantaine gestattet. 

Am 1. October 1895 traten die vom Bundesrath beschlossenen 
Bestimmungen über die aus dem Auslande auf dem Seewege zur 
Einfuhr gelangenden Wiederkäuer und Schweine in Kraft. Die 
Thiere aus Dänemark und Schweden-Norwegen mussten hiernach, 
bevor sie in den Verkehr gelangten, erst eine lOtägige Quaran¬ 
taine abwarten. Das Auftreten des Rothlaufes unter den 
Schw’einen in verschiedenen Quarantaineanstalten führte am 
18. December 1895 zum Verbot der Einfuhr von Schweinen und 
frischem Schweinefleisch aus Dänemark. Eine Verschärfung er¬ 
fuhren die Vorschriften über die Seequarantainen dadurch, dass 
vom 1. März 1897 ab alle Rinder einer Tuberculinimpfung unter¬ 
zogen werden mussten und die Thiere, welche auf die Impfung 
reagirten, in den öffentlichen Schlachthäusern der Quarantaine- 
städte abgeschlachtet werden mussten. 

Der Bundesrathsbeschluss im Februar 1898 führte, eine 
weitere Verschärfung herbei, indem er bestimmte, dass die 
Rinder, welche auf die Tuberculinimpfung reagirten, von der 
Einfuhr zurückzuweisen seien, und die übrigen Thiere in öffent¬ 
lichen Schlachthäusern, unter gleichen Bedingungen wie das 
österreichisch-ungarische Schlachtvieh, abzuschlachten sind. 

Diese letzten Bestimmungen haben die Einfuhr von 
Rindern so erschwert, dass wöchentlich nur noch einige 
Hundert Rinder aus Dänemark nach Deutschland eingeführt 
werden. 

Die Dänen mussten deshalb auf eine andere Verwerthuug 
ihres Viehüberschnsses Bedacht nehmen und haben denn auch 
in einer grossen Anzahl von Plätzen Rinderexportschlachtereien 
errichtet, um das überschüssige Rindvieh in geschlachtetem 
Zustande auszuführen. 

Wenn nun auch schon früher gesalzenes und frisches Rind¬ 
fleisch aus Dänemark in Deutschland eingeführt wurde, so hat 
diese Einfuhr erst seit diesem Frühjahr beträchtliche Dimen¬ 
sionen angenommen und zu lebhaften Erörterungen in der Fach- 
und Tagespresse geführt. 

Um nun ein persönliches Urtlieil über die entstandene 
Fleischindustrie Dänemarks, sowie die hierbei zur Ausführung 
gelangende Fleischschau zu haben, unternahm ich im Juni d. J. 
eine Studienreise nach Dänemark und habe die Hauptplätze, an 
denen Exportschlachtereien errichtet sind, besucht. 

Der Unterschied zwischen Deutschland und Dänemark fällt 
jedem Reisenden sofort auf, sowie die Grenze passirt worden 
ist. In Deutschland vorwiegend Körnerbau, in Dänemark vor¬ 
wiegend Weideland und Wiesen, und dabei diese rationelle Aus¬ 
nutzung der Weiden. Alle Rinder, Schafe und Pferde, mit Aus¬ 
nahme der ganz jungen Thiere, sieht man getüdert, so dass sie 
sich nur in einem bestimmten Kreis bewegen können. Dasselbe 
Bild in Jütland, auf Fühnen, auf Seeland und den anderen Inseln. 
Die Thiere werden dadurch gezwungen, einen bestimmten Theil 
der Rasenfläche^ abzufreBsen. Ist dies [geschehen, werden sie 


407 


vorgeschoben und so fort, bis sie am Ende der Weide angelangt 
sind. Inzwischen ist am Anfang der Weide soviel nach¬ 
gewachsen, dass hier von Neuem mit dem Weiden begonnen 
werden kann. Durch diese Art des Weidegan^s und nicht durch 
Zoll beschwerte Einfuhr von Futterstoffen ist der dänische Land- 
wirth in der Lage, sein Vieh billig erhalten und mästen zu 
können. Die Gehöfte liegen auch in den Dörfern nicht dicht 
zusammen, sondern inmitten seines Landes wohnt der dänische 
Bauer und kann so nach allen Theilen seines Landes bequem 
hinkommen. Nur wenig grössere Plätze trifft man. Esbjerg 
ist die erste grössere Stadt, und wir finden in dieser nicht 
weniger als vier Exportschlachtereien. Esbjerg, früher ein kleines 
Fischerdorf, jetzt eine rasch im Aufblühen begriffene Hafenstadt, 
welcher das Nordseebad Fanoe gegenüberliegt, vermittelt haupt¬ 
sächlich den Verkehr nach England und nach den Nordseehäfen 
Deutschlands. Infolge dieser günstigen Lage finden wir hier 
auch einen Hauptauegangspunkt des dänischen Vieh- und Fleisch¬ 
exports. Wöchentlich strömt hier das Vieh aus Jütland zusammen, 
entweder ungeimpft oder bereits mit Tuberculin geimpft. Am 
Balmhof und am Hafen sind Stallungen vorhanden, in denen 
das Vieh untergebracht wird. Die Ställe, von denen jeder etwa 
200 Rindern Aufnahme gewähren dürft«, sind von einfacher 
Fachwerkconstruction, aber mit undurchlässigem Fussboden aus¬ 
gestattet. Die Krippen befinden sich in Mundhöhe der Thiere 
und ruhen auf Pfeilern, zwischen denen, von dem die ganze 
Länge der Ställe durchtheilenden Futtergange ans den Thieren 
Heu zugesteckt wird. Die Stallungen am Bahnhof dienen gleich¬ 
zeitig als Markt; der letztere findet Mittwochs statt und werden 
hier die Rinder sortirt. Die, welche nicht auf die Impfung 
reagirt haben — die Atteste mit der Temperaturtabelle sind zur 
Stelle — werden zum Export nach Deutschland angekauft, 
während die Rinder, welche reagirt haben oder die überhaupt 
nicht geimpft worden sind, in die Exportschlachtereien wandern. 
Die Jmpfung mit Tuberculin in Dänemark wird bei dem 
zum Export bestimmten Vieh genau conform der Impfung, wie 
sie in den Quarantaine-Anstalteu gebräuchlich ist, gehandhabt. 
Auch hier gilt 1,5° C. Temperaturerhöhung als Reaction. Weiter 
schliesst man aber auch noch alle Thiere vom Export aus, die 
eine anhaltende Temperaturerhöhung von 1° C. und darüber 
gehabt haben. Die der Tuberculose nicht verdächtigen Rinder 
werden nun gegen eine in der Quarantaine-Anstalt dennoch auf¬ 
tretende Reaction versichert, verschifft und den bestimmten See- 
quarantaine-Anstälten in Deutschland zugeführt. Die übrigen 
zum Export bestimmten Schlachtrinder werden nun in den 
Exportschlachtereien abgeschlachtet. In den beiden 
Schweineexportschlachtereien sind hierfür Räume hergerichtet, 
ferner dient diesem Zweck die Schlachtstätte eines Schlachters 
in der Stadt und das eigentlich zum Hammelschlachten bestimmte 
Schlachthaus am Hafen. An Stelle dieser provisorischen Schlacht¬ 
häuser soll ein neues Exportschlachthaus für Rindvieh nebst 
Kühlhaus erbaut werden. Ich wohnte in dem Schlachthaus am 
Hafen der Abschlachtnng von 17 Rindern bei, die aus der Hois- 
dinger Quarantaine-Anstalt stammten und von der Einfuhr nach 
Deutschland zurückgewiesen waren, weil sie auf die Impfung 
mit Tuberculin reagirt hatten. Aus der genannten für Mager¬ 
vieh bestimmten Quarantaine-Anstalt nimmt Dänemark das Vieh 
zurück, während es die Wiedereinfuhr von dem Vieh, welches 
in den Seequarantaine-Anstalten reagirt hat, verboten hat. Die 
Schlachtung der Rinder erfolgte durch dänische Schlachter¬ 
gesellen, während man sonst in den Schweineexportschlachtereien 
vielfach deutsche Schlachter antrifft. Die Organe und Kopf der 
geschlachteten Thiere wurden in einem benachbarten Raume auf¬ 
gehängt. Damit Verwechselungen nicht Vorkommen können, 
werden die Tlieile mit derselben Nummer wie das Schlachtstück 
versehen. Jedes Thier wird registrirt und mit einer Numme r 


BERLINER THlER ARZTLI CBE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 




408 


versehen. Die Nummer befindet sich auf einer Metallplatte, die 
an einem zugespitzten Eisenstift hängt, welcher durch das Olir 
gestossen und eingebogen wird. Sobald vom Thier nach der 
Schlachtung die Haut getrennt, wird die Nummer auf einen 
Zettel geschrieben und dieser mittelst Bindfaden an das Schlacht¬ 
stück befestigt. Für die Besitzer der Thiere ist hierdurch die 
Identität genau gewahrt und haben die Einsender die amtliche 
Abrechnung über jedes einzelne Thier. 

Da alles zum Export bestimmte Fleisch thierärztlich unter¬ 
sucht werden muss, so war es mir vergönnt, die Art und 
Weise der Untersuchung, sowie auch gleichzeitig das 
Ergebnis der Tuberculin-Impfung bei den 17 Rindern in Augen¬ 
schein zu nehmen. Der untersuchende dänische Thierarzt nahm 
die Fleischschau sehr gewissenhaft vor. Einige Thiere, die 
geringartige tuberculöse Veränderungen zeigten, wurden mit dem 
II. Klassenstempel versehen und nicht zum Export zugelassen, 
während die übrigen den I. Klassenstempel und damit die 
Erlaubnis zum Export bekamen. Bei eingehender Untersuchung 
konnten bei fast allen Thieren tuberculöse Veränderungen, be¬ 
sonders in den Bronchiallymphdriisen, wenn auch meist sehr 
geringfügiger Natur, aufgefunden werden. Da es sich um knapp 


No. 34 


2jährige Thiere handelte, will ich diesen Befund nicht unerwähnt 
lassen, zeugt er doch wiederum für den Werth der Tuberculin- 
Impfung als Diagnosticum der Rindertuberculose. 

Das Fleisch wird nach Deutschland in gut ventilirten Wagen 
exportirt, nach England gehen ebenfalls wöchentlich Schiffs¬ 
sendungen ab. Die Schiffe sind mit besonderen Hängeräumen 
für das Rindfleisch ausgestattet. Die Sendungen nach England 
werden jedesmal von jungen dänischen Veterinärbeamten be¬ 
gleitet, die über die sorgfältige Behandlung des Fleisches wachen 
müssen, sowie über etwaige in England erfolgende Beschlag¬ 
nahmungen Bericht erstatten müssen. Welche Alt der Ver¬ 
sendung nach Deutschland die beste ist, ob einfach veiiti- 
lirte Wagen, oder mit Eiskühlung versehene Wagen, oder mit 
Eiskühlung und Ventilation versehene Wagen, ist noch Streit¬ 
frage, und man sucht sich durch sorgfältige Messungen der 
Temperatur im Innern des Fleisches vor, während und nach 
dem Eisenbahntransport hierüber Klarheit zu verschaffen. 
Diese Untersuchungen erfolgen durch Functionäre der dänischen 
Regierung und man kann daran ermessen, wie die Regierung 
bestrebt ist, dem Fleischexport mit allen Mitteln zu Hilfe zn 
kommen. tFortsetzung folgt). 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen, Ernennungen etc.: Zu Ehrenmitgliedern deB thier- 
ärztlichen Vereins für Württemberg wurden noch ernannt: Ober- 
medicinalrath Dr. Lorenz-Darmstadt, Prof. Dr. Fröhner-Bcrlin, 
Prof. Klunzinger-Stuttgart, Oberamtsthierarzt Ostertag-Gmünd. 

Dem Thierarzt Kissuth in Guhrau wurde die commissarische 
Verwaltung der Kreisthierarztstelle in Guhrau und dem Thierarzt 
H cy zu BernstadtdieSchlachthausinspectorstelle in Namlau übertragen. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Die Thierärzte 
Loweg von Leipzig nach Ahlen (Westf.), Hei nick von Dyhern- 
furth nach Xions (Posen), Eggert von Lehesten nach Prenzlan, 
Weid es von Nürnberg als Assistent d. Bez.-Th. Hermann nach 
Münchert verzogen. Thierarzt Gebhardt hat sich in Könitz, Tltier- 
arzt Zissler in Isen am Inn (Bayern) niedergelassen. 

Todesfälle: Kreisthierarzt a. D. Eberhardt-Fulda; Bezirksthier¬ 
arzt a. D. Hübner-Dresden; Stabsveterinär a. D. Hofbauer- 
Bamberg. 


Yacanzen. 

Kreiithierarztotelleu : a) Neu ausgeschriebene Stellen 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. — 
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). 

— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht aus¬ 
geschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. —- R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — 
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. 

Sanitätothierarzt8tellen a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist.— 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum 

1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngf ur t — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit- 
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. — D ass o w 
(Mecklbg.-Scbw.): Tbierarzt — Eddelak (Holstein): Thierar/.t. 
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thicrarzt. 
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. 
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimstahl: Thierarzt (Ein¬ 
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. 

— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬ 


gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbesclinn 
500 Mark). — Neukirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse 
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg.- 
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen 
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Ilallicr- 
Iiostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi 
strat. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
500 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrungi: 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Scliün- 
baum. — Wetter (Ruhr): Thicrarzt (Gebühren aus einzuführender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 


Nochmalige Bitte um Uebersendung von Aphthen-Lymphe. 

Herr College Hecker, der Leiter des bacteriologischen 
Laboratoriums der sächsischen Landwirthschaftskammer, hat 
schon mehrfach darum gebeten, ihm frischen Blaseninhalt zn 
übersenden (vergl. B. T. W. No. 18. Alle Auslagen etc. werden 
mit 3 M. pro Kubikcentimeter erstattet. Der Blaseninhalt ist 
mittelst einer durch Auskochen oder mit Alkohol nnd Aether 
sterilisirten Pravaz-Spritze aaszuziehen, die Bläschen selbst sind, 
wenn möglich vorher mit Alkohol zu reinigen. Auch kleinste 
Quantität, namentlich auch von Schafen, sind willkommen. Adresse: 
Landwirthschaftskammer Halle a. S., Karlstr. 16). Er schreibt, 
dass mit einer einzigen Ausnahme seine Bitte bisher vergeblich 
gewesen sei. Da an Manl- nnd Klauenseuche bisher in Deutsch¬ 
land immer noch kein Mangel ist, so liegt die Möglichkeit das 
gewünschte Material zu beschaffen, unzweifelhaft in vielen 
Fällen vor. Ich wiederhole daher an dieser Stelle nochmals die 
Bitte des Herrn Hecker, nnd möchte mir erlauben, die Herrn 
Collegen daran zu erinnern, dass es sich hier um Versuche 
handelt, die bestimmt sind und geeignet erscheinen, eine uns von 
Medicinern gemachte Concurrenz aus dem Felde zu schlagen, 
deren Unterstützung also nicht blos eine Gefälligkeit gegen einen 
Einzelnen, sondern ein Standesinteresse ist. Schmaltz. 


Originalartikel für die B. T. W. z. Z. eingelaufen und bis zn 
No. 34 incl. noch nicht pnblicirt von S . . . h in H . .. e; S. • • z 

in S . . . n; F . . . r in L . . . k; K . . . g in C . . . 1; V..■ 1 

in K . . . k; P . . . z in C . . . h; H . . . e in H . . . n; W. 

L . . . n in N.-Y.; Sch . . . 1 in M. H ... d; H ... n in B .. • 

W . . . y in S . . . n. — Verbindlichsten Dank; die Veröffent¬ 
lichung wird baldmöglichst erfolgen. Die Redaction^ 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. InnerateDthell) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentbum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOzenrtein. Bert* 8- 


Digitized by LaOOQie 




Dl« „Berliner ^^® r ^r«tUche Woohenn brift“ erscheint 
wöchentlich ln Jon mindestens l'/s Bogen. Dieselbe 

Ist sn bestehen A or ®“ den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die *,® r '*8>buchhandlung von Richard 
Schoetx, Berlin "W., Luisenstrasae Sti, rum Preise von 
M*. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltr&ge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt 
Alle Hanuscripte, Mittheilungen und redaetionellen An¬ 
fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltz. 
Berlin, thierkrstllche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 35 . Ansgegeben am 1. September. 

Inhalt: Buch: Der gegenwärtige Stand der Le h re von der Immunität. — Referate: Cadöac: Extraction einer 
Glasröhre aus der Brusthöhle eines PferdeB. — Alb recht: Ueber abnorme Haltung der Hintergliedmassen bei Fohlen¬ 
geburten. — Bonaretti: Behandlung der Schweineseuche. — Chelmonski: Ueber die Erkältung als Krankheitsursache. 
— Sanarelli: Das myxomatogeue Virus. — Kressin: Heilung eines komplizirten Fesselbeinbruch s. — Barn ick: Be¬ 
merkungen über das Hochbinden der Pferde. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Ordentliche General¬ 
versammlung des thierärztlichen Vereins von Schleswig im Bahnhofshötcl zu Neumünster. — Verschiedenes. —Oeff ent¬ 
lieh es Veterinär wesen: Scuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark 
— Personalien. — Vacanzen. 


Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität. 

Von 

Buch, 

Departementsthierarzt 

(Schluss.) 

Nach diesen Ausführungen, die sich an die von Metschni- 
koff in seiner Abhandlung über Immunität in grossen Zügen be¬ 
handelten Fragen über das Zustandekommen der Immunität an¬ 
bahnen, sollen auch diese Fragen, die über diesen Gegenstand 
von dem deutschen Forscher „Behring“ neuerdings wieder 
anfgerollt wurden, geziemend berücksichtigt werden. Obschon 
es dabei unvermeidlich ist, dass Wiederholungen entstehen, so 
ist die knrze Rekapitulirung des Stoffes im Sinne Behring’s 
aber schon aus dem Grande von hohem Interesse, weil der 
deutsche Forscher sich in mehrfacher Beziehung in Meinungs¬ 
verschiedenheiten über das Zustandekommen der Immunität mit 
Metschnikoff und Anderen befindet. Jedenfalls dürfte es aber 
an nnd für sich zur Vollständigkeit dieser Erörterungen gehören, 
auch die neueste Ansicht Behring's, die er klar und unter 
grossem Beifall gelegentlich des diesjährigen Geburtstages Seiner 
Majestät des deutschen Kaisers in der Aula der Universität 
Marburg zum Ausdruck gebracht hat, hier wiederzngeben, soweit 
dies der engbegrenzte Rahmen dieser Abhandlung gestattet. 

Einen nicht minder klaren Einblick in das Wesen der Im¬ 
munität gewährt die Abhandlnng von Voges und Schütz im 
Band 24 des Archivs über im Aufträge des Herrn Landwirth- 
schaftB - Ministers angestellte Versuche zur Auffindung 
eines neuen Schutzimpfungsverfahrens gegen Schweinerothlanf 
und zur Prüfung der in die Praxis eingeführten Impfverfahren 
von Pasteur, Lorenz und dem Mannheimer Farbwerk 
Friedrichsfeld. Auch diese gross angelegte und hoch interessante 
Arbeit wird, insoweit das darin enthaltene „Neue“ in Frage 
kommt, eine entsprechende Berücksichtigung an dieser Stelle 
finden. 

Anknüpfend an das ätiologische nnd isopathische Heilprincip 
erörtert Behring die Wirkung des Chinins als Specificum bei 
Malaria. Das Chinin wirkt direct auf die Malariaamöbe, wodurch 
die Krankheitsursache unschädlich gemacht wird nnd die 
Schädigungen, die dieselbe hervorgemfen hat, nunmehr vom 
Organismus durch eigene Kräfte beseitigt werden können. Das 


Tetanus- und Diphtherieantitoxin wirken ähnlich. Das von den 
Bacillen gebildete Gift wird von dem Antitoxin der entsprechenden 
Bacillen nentralisirt. Die an bestimmten Localisationsstellen des 
Organismus festBitzenden Tetanns- nnd Diphtheriebacillen ver¬ 
lieren dadnreh ihre vernichtende Macht. Sie werden an ihrer 
Existenz behindert nnd verfallen dann durch die natürlichen Kräfte 
des Organismus der Vernichtung. 

Das isopathische Heilprincip läuft demnach darauf hinaus, eine 
vermehrte Antitoxinbildung im Körper zu bilden. Die Organ¬ 
therapie, die Jenner’sche Schutzpockenimpfang, die Pasteur’sche 
Tollwnthbehandlnng und die im Vordergründe stehende Tuberculin- 
behandlnng nach Koch liegen diesem Principe zu Grunde. 
Behring, dessen Heilversnche gegen Rindertubercnlose seiner 
Zeit durch einen in Spanien gehaltenen Vortrag dem grossen 
Publikum bekannt wurden, giebt in Marburg das Verfahren an, 
durch das es ihm in der That gelangen ist, Heilungen bei 
Taberculose der Rinder zu erzielen. Er gelangte zu 
diesem Erfolge durch Einverleibung immer steigender Giftmengen 
des Tubercelbacillns, die zuletzt das tausend- nnd mehrfache 
(etwa 1 Liter) deijenigen Dosis Tubercnlin betrugen, die man 
zum Zwecke der Ermittelung der Tnberculose den Thieren ein¬ 
zuverleiben gewohnt ist. Die auf diese Weise dem Organismus 
zugeführten Gifte regen diesen zu energischer Bildnng von Anti¬ 
toxinen (Antikörpern) an, die sich im Verhältnisse zu den ein¬ 
verleibten Toxinen gradatim den flüssigen Bestandteilen des 
Körpers beimischten. Meerschweine sind durch die Behandlung 
mit Blut von auf diese Weise vorbehandelten Rindern bei der Ein¬ 
verleibung sicher tödtlicher Tnberculosegiftdosen völlig gesund 
gebljaben. Das Tnbercnloseantitoxin fängt die von den Tnbercel- 
bacillen stetig abgesonderten Giftmengen ab, neutralisirt sie 
nnd verhindert die krankmachende Zellenvergiftung, sagt 
Behring. 

Ehrlich erklärt in neuester Zeit das Entstehen einer In- 
fectionskrankheit mit der Einwirkung der von den Bacterien 
gebildeten Toxine auf bestimmte dafür empfängliche 
Organe. Er verweist im Besonderen hierbei auf das Tetanus¬ 
toxin, das speciell anf das Nervensystem wirkt. In den be¬ 
troffenen Organen giebt es nach Ehrlich’s Ansicht bestimmte 
Zellen, die speciell für das betreffende Gift empfind- 
liQh sind. 


Digitized by LjOOQie 







410 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


In den Zellen selbst sind es aber wieder ganz bestimmte 
Substanzen, die specifisch empfänglich sind. Das Gift wird von 
diesen Substanzen aufgenommen und an sie gebunden. Dass 
dieser Vorgang eine stürmische Reaction in der Zelle hervorruft, 
dürfte ohne Weiteres verständlich sein. Hierbei entsteht also in 
der Zelle selbst ein Verlust an Material, der durch Neubildung 
wieder ersetzt werden muss. Bei dem Versuche der defecten 
Zelle, die verlorene Substanz wieder zu ersetzen, was übrigens 
naturgemä88 bei jeder lebenden Zelle nach einer Defectivität ein- 
tritt, leistet die betreffende Zelle einen gewissen Ueberschuss der¬ 
selben Art der verlorenen Substanz. Diejenige Zelle, die dennoch 
auf Tetanustoxin in dieser Weise zu reagiren gezwungen wird, 
wird bei dem Versuch der Regeneration auf die Lädirung durch 
das Toxin des Tetanusbacillus hin eine überschüssig gebildete 
Substanz, das specifische Material produciren, welches in ver¬ 
wandtschaftlichem Verhältnisse zu dem Toxin steht, und das ist 
das specifische Antitoxin gegen das Toxin des Tetanusbacillus. 
Die Zellen liefern mithin auf eine etwas ungestüme Einwirkung 
des Toxins hin das specifische Antitoxin, das als überschüssiges 
Material von der Zelle in die Blutflüssigkeit abgeschieden wird. 
Gelangt in ein solches mit Antitoxin geschwängertes Blut das 
Toxin des entsprechenden Microorganismus, bo wird dieses Toxin 
von den Antitoxinen, schon bevor es auf die Zellen wirkt, un¬ 
schädlich gemacht. 

Es ist mithin keine Frage, dass im lebenden gesunden Körper 
schon Kräfte aufgespeichert sind, die specifisch auf das betreffende 
einverleibte Gift wirken. Diese aufgespeicherten latenten Substanzen, 
die unzweifelhaft, selbst Gifte (inactive) sind, sind daher unter 
normalen Verhältnissen die Bedingung und auch die Voraussetzung 
einer Vergiftung, während sie, wenn sie in die Blutflüssigkeit 
abgeschieden werden, im Blute als antitoxische Substanzen Ur¬ 
sache der Heilung der betreffenden Krankheit sind. Wird daher 
dem Organismus unter bekannten Bedingungen nach und nach 
eine gewisse Menge Toxin einer bestimmten Bacterienart, gegen 
die der Organismus immunisirt werden soll, einverleibt, so sammelt 
sich allmälig im Blute des betreffenden Individuums eine grosse 
Menge Antitoxin an, das die eingedrungenen Bacterien entgiftet 
und somit unschädlich macht. 

Bei langsam verlaufenden Krankheiten, wie bei derTubercu- 
lose (der chronischen Schweineseuche), findet nur eine geringe 
Giftbildung der Bacterien statt. Die vorher erwähnten Zellen 
vermögen aber unter dieser Voraussetzung ihre giftbindende 
Substanz nicht in dem Masse zu vermehren, dass sie überschüssige 
Substanz (Antitoxin) an das Blut abgeben können. 

Bei acuten InfectionBkrankheiten wird dagegen wegen des 
stürmischen Verlaufes bezw. der energischen Einwirkung des 
reichlich vorhandenen Toxins an den Zellen eine entsprechend 
grosse Antitoxinmenge an das Blut abgeführt, wodurch die 
weiteren Toxine und somit auch die Bacterien selbst vernichtet 
werden. Es tritt Heilung der Krankheit ein. Andererseits kann 
aber bei acuten Infectionskrankheiten das von den Bacterien 
producirte Toxin so gross sein, dass es die Zellen tödtet, wodurch 
die Production von Antitoxin (Antikörpern) aufgehoben ist. Der 
Organismus wird in solchem Falle zu Grunde gehen. 

Würde der behandelnde Arzt bei diesen acuten Zuständen 
eine vermehrte Antitoxinbildung erstreben, also das isopathische 
Heilprincip anwenden, so würde er die Krankheit ungünstig 
beeinflussen und sogar den letalen Ausgang herbeiführen 
können. Hier ist daher die unmittelbare Zuführung des Antitoxins 
am Platze. 

Bei der Tuberculose, sowie bei allen andern chronisch ver¬ 
laufenden Infectionskrankheiten besteht oft schon au sich ein 
abnorm hoher Reizzustand. Die Patienten fiebern zuweilen in 


reichlichem Masse. Wollte man hier das isopathische Heilprincip 
anwenden, also durch Tuberculinbehandlung einen hohen Reiz¬ 
zustand der Gewebszellen behufs reichlicher Production von Anti¬ 
toxin hervorrufen, so würde man die Zellen entweder schädigen 
oder gänzlich zum Absterben bringen. Das Tuberculin ist daher, 
wie auch Koch vorschreibt, in solchen Fällen als Heilmittel nicht 
zu verwenden. „Die Zellenvergiftung und Zellenreizung bei der 
tuberculöBen Infection reicht blos aus zur Vermehrung von gift- 
bindender Substanz innerhalb der giftempfindlichen Gewebe, was 
durch die erhöhte Reactionsfähigkeit gegenüber dem Tuberculin 
zum Ausdruck kommt. Tuberculose Kranke sind, wie wir uns 
ausdrücken, überempfindlich gegenüber dem Tuberculosegift, sagt 
Behring. 

Würde dagegen solchen Patienten eine genügende Menge 
bereits anderwärts fertig gebildeter Antitoxine einverleibt werden, 
so wäre das Heilprincip für diese gefunden. 

Bei nicht fieberhaft erkrankten tuberculösen Thieren hat 
Behring versucht, die Antitoxiubildung unbeschadet der Gesund¬ 
heit des Individuums allmälig und so enorm zu steigern, dass 
dadurch eine Heilung erzielt wird. 

Behring legte sich selbst bei der Inangriffnahme der Ver¬ 
suche die Frage vor: „wie es möglich sei, dass durch ein Plus 
von demselben Gifte, welches wir als die Ursache der allgemeinen 
Krankheitserscheinungen der Tuberculose und der Hundswuth 
ansehen, ein Heileffect erzielt werden kann.“ Er erklärte seine 
Erfolge damit, dass er annahm, der zwar schon vorhandene, aber 
für eine reichliche Antitoxinproduction zu geringe Giftreiz würde 
durch die Steigerung des Giftreizes (Zufuhr von allmälig ge¬ 
steigertem Toxin — Tuberculin bei Tuberculose —) vermehrt 
und die Production von Antitoxin im Blute eine so genügende 
werden, dass das von den Krankheitserregern, beispielsweise der 
Hundswuth und der Tuberculose, gebildete Gift zerstört werde. 

Wie bereits erwähnt, ist aber die Anwendung des iso- 
pathischen Heilverfahrens nicht allein bei acuten, sondern vielfach 
auch bei chronisch verlaufenden Infectionskrankheiten aus dem 
Grunde nicht anwendbar, weil die lebenden Zellen oft nicht ohne 
einen gewissen Grad der Erzeugung einer Vergiftung zur Neu¬ 
bildung und Abgabe giftbindender Substanz (Antitoxin) gebracht 
werden können. 

Für die Praxis ist daher die Herstellung eineB genügend 
starken Tuberculinantitoxins der springende Punct, wenn Heil¬ 
erfolge bei der Tuberculose erzielt werden sollen. Für die Be¬ 
handlung der chronischen Schweineseuche und Schweinepest 
kommen meiner Ansicht nach dieselben Principien in Frage. 

Voges und Schütz gaben in oben genannter Arbeit Ueber- 
blicke über die drei gebräuchlichen Impfverfahren gegen Roth- 
lauf der Schweine. Alle drei Verfahren beruhen auf dem 
Princip, Schweine mittelst abgeschwächter Rothlaufbacillen zu 
immunisiren. 

Erläuternd sei vorausgeschickt, dass es zwei Arten von 
Bacteriengiften giebt, die das Krankheitsbild bei Infections¬ 
krankheiten bedingen. Man unterscheidet Bacteriengifte, die in 
Wasser löslich sind, und solche, die an die Bacterienzellen ge¬ 
bunden sind, sogenannte: Zellgifte. Zu ersterer Gruppe gehören 
die Diphtherie- und Tetanusbacillen, der Bacillus des Botulismus 
und der Bacillus pyocyaneus, zu letzterer gehören Bacterien, wie 
der Cholerabacillus, der Rothlaufbacillus, die Bacterien der 
Schweineseuche und der Geflügelcholera. 

Viele Bacterien wirken im Körper zunächst nur durch ihre 
localen Zerstörungen. Erst nach ihrem Absterben werden die 
Zellgifte frei und verursachen die allgemeine Vergiftung. Ein 
gutes Beispiel hierfür liefert der Ciiolerabacillus, der, obwohl er 
an die Darmgegend gebunden ist, eine allgemeine Vergiftung 


Digitized by CjOOQie 


1. September 1898. 

verursacht Das Experiment gab über dieses scheinbar abnorme 
Verhalten des Cholerabacillus die gewünschte Aufklärung. Man 
fand nämlich beim Filtriren der in Bouillon gezüchteten Cholera¬ 
bacillen die rückständigen Bacillen dann giftig, wenn sie ab- 
getödtet und einem Versuchstiere (Meerschweinchen) in die 
Bauchhöhle eingespritzt wurden, während das Filtrat selbst un¬ 
giftig war. Unzweifelhaft geben daher die Cholerabacillen nur 
Gifte ab, wenn sie zerstört werden. Der Körper besorgt diesen 
Vorgang, indem er die Hüllen der Bacillen auflöst und die 
Bacterienzelle selbst resorbirt. Die resorbirte Zelle ist aber 
giftig, woraus sich die Vergiftungserscheinungen bei den be¬ 
troffenen Individuen erklären. 

Andere Bacterien, wie die Tetanusbacillen, scheiden in die 
Flüssigkeiten, in denen sie cultivirt werden, Gifte ab. Es bedarf 
daher hier weder der Abtödtung noch der künstlichen oder 
natürlichen Zerstörung der Bacterienhülle mit darauffolgender 
Resorption der Zelle selbst, um Vergiftungen hervorzurufen. 

Die Rothlaufbacillen verhalten sich ähnlich wie die Cholera¬ 
bacillen in Bezug auf die Giftigkeit der Bacterienzelle. Sie 
produciren daher kein Toxin beim Züchten in gewissen Nähr¬ 
medien oder durch Behandlung mit Wasser. Sie zeigen ein 
eigentümliches Verhalten, das sich von dem des Cholerabacillus 
in mancher Hinsicht unterscheidet durch die wachsartige Hülle, 
die die Bacterien fest umgiebt. Hierdurch sind die Rothlauf¬ 
bacillen ungemein widerstandsfällig sowohl resorbirenden Sub¬ 
stanzen des Körpers gegenüber, als auch der lebenden Natur 
gegenüber, die durch Austrocknung etc. eine Zerstörung nicht 
herbeizuführen vermag. 

Der lebende Körper beseitigt aber den Mantel der lebenden 
Bacterienzelle. Die Auflösung desselben erfolgt durch die Thätig- 
keit des einen oder anderen Körperorganes. Das bactericide 
Serum greift die in der Theilung begriffenen Jugendformen des 
Bacillus an, bevor sich an der Theilungstelle die feste Hülle 
gebildet hat. Die Zerstörung des Bacterienleibes erfolgt daher 
durch bactericid wirkendes Blutserum. 

Die Immunisirung der Schweine gegen Rothlauf ist in praxi 
zur Zeit nur möglich durch Einverleibung abgeschwächter, mit 
nachfolgender Einverleibung vollvirulenter Rothlaufbacillen- 
culturen. 

Abgetödtete Rothlaufculturen machen beim Schwein Immu¬ 
nität, sobald sie direct in die Blutbahn injicirt werden, was prak¬ 
tisch nicht ausführbar ist. Im subcutanen Gewebe verhalten 
sich die abgetödteten Culturen völlig indifferent, da sie vom sub¬ 
cutanen Gewebe aus nicht resorbirt werden, wodurch sie nicht 
in die Blutbahn und mithin auch nicht an die Bildungsstätte der 
Rothlaufschutzstoffe gelangen können. 

Die resorbirten lebenden Rothlaufbacillen überschwemmen 
das Blut, worin sie 6 bis 10 Tage nachweisbar sind. Die ab- 
geschwächten Bacillen — bezw. deren Protoplasmainhalt —, die 
nach und nach in die Blutbahn eintreten, regen zur Bildung der 
Antikörper an, die um so reichlicher gebildet werden, je plan- 
mässiger die Injectionen ausgeführt werden. Ein solch präpa- 
rirtes Serum ist geeignet, passive Immunität für eine kurze Zeit 
bei anderen Thieren zu erzeugen. 

Warum bei der massenhaften Ueberschwemmung des Blutes 
mit Rothlaufbacillen die Thiere in den meisten Fällen völlig ge¬ 
sund erscheinen, ist noch nicht aufgeklärt. Der Grund, dass das 
Gift an die Bacterienzelle selbst gebunden ist, ist hierfür nicht 
allein ausschlaggebend; jedenfalls ist das Gift in der Rothlanf- 
bacterienzelle in geringerer Menge vorhanden als in den Bacillen¬ 
leibern der Schweineseuche und der Hühnercholera. 

Bei den Versuchen über die Erzeugung einer dauernden 
Immunität wurden viele interessante Thatsachen ermittelt, die 


411 

mancherlei Aufschluss über bisher läthselhafte Vorgänge 
geben. 

Wie bereits erwähnt, ist es nicht gelungen, Antitoxin durch 
Injection des Zellgiftes beim Rothlauf zu erzeugen. Das Blut 
immunisirter Schweine enthält keine Spur von Antitoxin. 

Auffallend war allerdings die Thatsache, über die schon 
Emmerich und Mastbaum berichten, dass, wenn man Versuchs- 
thieren Rotblaufschutzserum und Rothlaufbacillencultur gleich¬ 
zeitig einspritzt, die Rothlaufbacillen schon nach wenigen Stunden 
verschwinden. Das Serum von immunisirten Thiere hat daher 
unzweifelhaft eine bacterienvernichtende Wirkung, die auf sehr 
widerstandsfähigen bactericiden Antikörpern beruht. Diese Anti¬ 
körper wirken aber nicht direct, sondern durch Vermittelung des 
lebenden Körpers auf die Bacillen; sie sind daher in inactiver 
Form im Blutserum aufgespeichert und werden erst durch Ver¬ 
mittelung des lebenden Körpers in die active Form übergeführt. 
Der Körper verfügt daher an sich oder durch die künstlich 
erzeugte Immunität über einen gewissen Vorrath von Antikörpern, 
die ans dem inactiven Zustande mit Hülfe der Körperzellen in 
den activen Zustand bei der Einwanderung der Rothlaufbacillen 
verwendet werden. Bei der natürlichen Infection mit Rothlauf¬ 
bacillen wird der ungeschützte Körper nur so lange Stand halten 
können, als die Körperzellen im Stande sind, die activen Anti¬ 
körper gegen die Infectionserreger ins Feld zu führen. Kann 
dies nicht mehr geschehen, so werden die Zellen selbst durch die 
Infectionserreger erkranken, wodurch meist der letale Ausgang 
besiegelt ist. Interessant ist die Thatsache, dass im Rothlauf- 
schutzserum nicht alle Antikörper in der inactiven Form ent¬ 
halten sind. Geringe Quantitäten sind vielmehr wie die Ver¬ 
suche ergeben haben, auch in activer Form darin enthalten. Die 
Antikörper werden beim Rothlauf der Schweine nur langsam ge¬ 
bildet. Oft werden nur soviel gebildet, um den eigenen Körper 
gegen eine Infection zu schützen. Sollen aber mehr Antikörper 
aufgespeichert werden, so bedarf es einer häufigen und plan- 
mäsBigen energischen Reizung der abscheidenden Zellen durch 
wiederholte Einfuhr von Infectionserregern. Dass der Körper 
noch über andere Abwehrkörper verfugt, über die aber noch 
nicht genügend Licht verbreitet ist, ist Eingangs bereits er¬ 
wähnt worden. Gedacht wird dabei an die sogenannten anti- 
infectiösen Substanzen — die LeucocytOBe, überhaupt an die ver¬ 
mehrten Bactericiden —, die zum Theil einen unbestimmten Be¬ 
griff involviren. Schütz und Voges bezeichnen diesen Factor 
als „Resistenz“. Auf ihr soll die Widerstandsfähigkeit der ver¬ 
schiedenen Schweinerassen gegen Rothlauf beruheu. Die natür¬ 
liche Resistenz ist daher für die ganze Frage der Benrtheilung 
des Auftretens deB Rothlaufs ein Factor von weittragender Be¬ 
deutung. 

Die Immunität, die nach dem Pasteur’schen Verfahren — 
das Porcosan soll hier wegen seiner dem Pasteur’schen Ver¬ 
fahren ähnlichen, aber weniger sicheren Wirkung nicht besonders 
berücksichtigt werden — erzielt wurde, ist eine rein active, die 
auf der intensiven Bildung von Antikörpern und Abscheidung der¬ 
selben in das Blut des betreffenden Individuums beruht. Der hierbei 
sich abspielende Vorgang ist durch die vorstehenden Erörterungen 
hinreichend aufgekärt worden. Nur soviel soll noch erwähnt 
werden, dass die durch das Pasteur’sche Verfahren erzeugte 
künstliche Immunität durch allmäliges Ausscheiden der Anti¬ 
körper in die den Körper verlassenden Flüssigkeiten nach einer 
gewissen Zeit wieder verloren geht. Die nach Pasteur immu¬ 
nisirten Thiere sind daher nur für eine gewisse Zeit immun, aber 
vollständig immun gegen die natürliche Infection mit Rotlauf¬ 
bacillen. Die bei der Pasteur'schen Methode hervorgerufenen 
häufigen Erkrankungen und Verluste an Schweinen beruht nach 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOoq le 



412 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Schütz und Voges auf der mangelhaften Resistenz der be¬ 
treffenden geimpften Schweine. Danach werden feine weniger wider¬ 
standsfähige R.gen ebenso wie unter natürlichen Verhältnissen 
bei Impfungen nach dem Pasteur’schen Verfahren eher durch 
die Impfung erkranken als die resistenten Ra^en, wozu das 
„Landschwein“ im Gegensatz zu den sogenannten „feinen Racen“ 
gehört. 

DievonSchütz und Voges gegebenen wissenschaftichen Erklä¬ 
rungen für das Zustandekommen der künstlichen Immunität nach dem 
Lorenz’schen Verfahren sind so interessant und lehrreich, dass 
sie an dieser Stelle eine etwas eingehendere Besprechung ver¬ 
dienen. 

Ueber welche bactericiden Abwehrkräfte das Serum, das nach 
einem bestimmten Verfahren den mit abgeschwächten Rothlauf- 
culturen vorbebandelten Schweinen genommen ist, verfügt, ist 
bereits erörtert worden. 

Stellen wir uns nun vor, einem mit Schutzserum vorge¬ 
impften Thiere würden virulente Rothlaufbacillen in die Subcutis 
geimpft. Durch die vorherige Zufuhr des Serams verfügt der 
Organismus dann über eine gewisse Menge passiver bactericider 
Substanzen. Die von der Subcutis aus nach und nach in das 
Blut aufgenommenen Bacillen werden von den in die active Form 
umgewandelten bactericiden Schutzstoffen angegriffen nnd über¬ 
wältigt, gleichzeitig werden aber auch die durch das Serum „ge¬ 
weckten“ übrigen „Abwehrkräfte“ des Organismus, die Schütz 
und Voges als „Resistenzkräfte“ bezeichnen, sich an der Ver¬ 
nichtung der Bacillen betheiligen. Voges sagt weiter: „Die 
Combination beider Factoren bedingt eine Abtödtung etwa ein¬ 
dringender lebender Rothlaufkeime. Der Grad der Abtödtung ist 
aber abhängig von der Grösse der Abwehrkräfte nnd der Menge 
der zu vernichtenden Keime“. Voges stellt drei Möglichkeiten 
auf, die bei der Lorenz’schen Schutzimpfung, theoretisch ge¬ 
dacht, eintreten können. 

1. Sind soviel Schutzstoffe vorhanden, dass die injicirten 
lebenden Rothlaufbacillen relativ sehr schnell abgetödtet werden, 
so vermögen die die Bildung activer Antikörper im Körper an¬ 
regenden Bacillen dies nur in geringem Masse oder gar nicht 
auszuführen; die Folge davon ist, dass, da die durch das Serum 
hervorgerufene passive Immunität verbraucht ist oder bald 
ganz verloren geht und das Thier über weitere active Anti¬ 
körper nicht mehr verfügt, die Immunität entweder gar nicht 
oder nur in geringem Grade zu Stande kommt. 

2. Die sämmtlichen Abwehrkräfte des vorbehandelten Orga¬ 
nismus reichen überhaupt nicht aus, die Bacillen nach und nach 
zu vernichten. Die nicht vernichteten Bacillen vermehren sich 
dann und verursachen eine Rothlauferkrankung. 

3. Der grösste Theil der injicirten Bacillen wird getödtet; 
nur ein ganz geringer Theil bleibt im lebensfähigen Zustande 
im Unterhautgewebe zurück. Zur Abtödtung der grossen Masse 
der Bacillen sind die im injicirten Serum enthaltenen Schutzstoffe 
verbraucht worden. Auf Grund dessen muss der Körper auf die 
übrigen Abwehrkräfte zurückgreifen, um den Bacillenrest zu 
überwältigen und das sind die an den Platz der Aufspeicherung 
der Bacillen vom Körper abgesandten „resistenzauslösenden 
Kräfte.“ Reichen diese Kräfte nicht aus zur Bewältigung der 
Bacillen, so vermehren sich die Bacillen und machen das Thier 
krank (siehe No. 2), werden die Bacillen aber von diesen Kräften 
zerstört, so „kommt die Immunität in Folge der bekannten 
Rcaction zu Stande.“ 

Voges nimmt daher an, dass der Hanptfactor für das Zu¬ 
standekommen der Immunität die natürlich oder künstlich ge¬ 
steigerte „Resistenz“ des Organismus sei. Da nun aber die 
Resistenzwirkung bei den einzelnen Individuen verschieden ist, 


so sei es auch nicht möglich, vor dem Immunisirungsverfahren 
die Resistenz einesThieres festzustellen. Bei dem Lorenz’schen 
Impfverfahren müsste daher mit einer unbestimmten Resistenz 
bei jedem einzelnen Individuum gerechnet werden, die ausschlag¬ 
gebend für den Erfolg des Verfahrens wäre. 

Soweit die theoretischen Erwägungen. 

Die praktischen Versuche haben Folgendes gelehrt: 

Die in die Subcutis injicirten Rothlaufbacillen dringen all- 
mälig in die Blutgefässe ein und gelangen somit in die Blutbahn. 
Je virulenter sie sind, desto schneller erfolgt das Eindringen, 
bei hochvirulenten Bacillen schon nach zwei bis drei Tagen, bei 
weniger hoch virulenten Culturen, wiebei derL o r e n z 'sehen, aber erst 
acht bis zehn Tage nach der Impfung, wenn vorher kein Schatz¬ 
serum injicirt worden ist Die aus Backsteinblattern gezüchteten 
Bacillen treten nach der Verimpfung verhältnismässig erst spät 
im Blute auf. Das späte Auftreten der Bacillen im Blute ist 
aber für das Zustandekommen der Immunität ein wesentlicher 
Factor, wie wir im Folgenden sehen werden. Lorenz ver¬ 
wendete daher zu seinen Injectionen aus Backsteinblattern ge¬ 
züchtete Culturen und erreichte damit, dass durch das späte 
Auftreten der Bacillen im Blute der Organismus Zeit gewann, 
„Beine Abwehrkräfte zu sammeln und zum Schutze gegen die 
Infection zu verwerthen.“ 

Schweine, denen BackBteinblatternculturen ohne Weiteres 
injicirt werden, sterben nicht an der Iojection, sondern erkranken 
nur leicht. Die Verfasser sind daher der Ansicht, dass gerade 
dass späte allmälige Uebertreten der Bacillen in die Blutbahn 
für „den Erfolg des Lorenz’schen Verfahrens offenbar von 
grösserer Bedeutung sei als die Serumbehandlung“. 

Da die langsame Invasion der Bacillen in die Blutbahn der 
entscheidende Punkt ist, die Culturen aber auf bestimmte 
Schweinerasen eine ungleiche Wirkung ausüben, je nach der 
Resistenz der betreffenden Rase, so verwendete Lorenz, um 
diesem Uebelstande abzuhelfen, das Schutzserum, das bezw. 
dessen baderidicide Antikörper, „in einen Kampf mit den inji¬ 
cirten Culturen treten.“ 

Wie spielt sich nun der Vorgang nach der Injection viru¬ 
lenter Rothlaufculturen bei einem mit Schutzserum vorbehandelten 
Thiere eigentlich ab? 

Die im Unterhautgewebe befindlichen Bacterien bleiben zu¬ 
nächst an der Injectionsstelle liegen, wo sie mit dem „Säftestrom 
des Körpers“, in dem das Schutzserum vertheilt ist, in Berüh¬ 
rung kommen. Eine kleine Menge Serum wird in Folge dessen 
ständig mit den Bacterien an der Injectionsstelle in Berührung 
treten. Die im Serum aufgespeicherten Antikörper vernichten so¬ 
dann dieBacterienzellen. Vernichtet werden aber nur in derTheilung 
begriffene Bacterien, und zwar die Jugendforraen derselben. 
Voges ist der Ansicht, dass die übrigen Bacillen vom Serum 
überhaupt nicht angegriffen werden. Nach und nach werden die 
an der Injectionsstelle befindlichen Antikörper verbraucht; da 
aber inzwischen die Bacillen sich vermehren, strömen auf dem 
Wege der Diffusion neue Antikörper der Injectionsstelle zu, um 
dort in Wirksamkeit zu treten. Schliesslich werden sämmtliche 
durch das Schutzserum eingeführte und in den Körpersäften auf¬ 
gespeichert gewesene Antikörper verbraucht sein. 

Inzwischen hat sich der Organismus aber auf diesen Moment 
vorbereitet, indem er selbst präparirte Antikörper auf den 
Kampfplatz sendet und gleichzeitig noch einen solchen Ueber- 
schuss von Antikörpern in seinen Säftestrom aufspeichert, dass 
der Körper dadurch immun wird. 

Veranlasst werden die Zellencomplexe, durch die die Immu¬ 
nität bedingt wird, Antikörper zu produciren, wahrscheinlich 
durch das Verschwinden der mit dem Schatzserum eingefiihrten 


Digitized by VjOOQie 




1. Septemt> er 1898. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


Antikörper, welches sie als chemischen Reiz empfinden, vielleicht 
auch durch Reize, die durch Substanzen ausgelöst werden, deren 
Entstehung auf die Verbindung der Antikörper mit den Bacterien- 
giften zuriickzufuhren ist und von der Injectionsstelle aus in das 
Blut gelangt und die betreffenden Zellen reizen. Da die Anti¬ 
körper beim Schwein nur langsam gebildet werden, gelingt es 
vielen Bacterien in die Blutbahn zu gelangen, was aber, wenn 
dies langsam und spät erfolgt, ohne Bedeutung ist, da die Zellen- 
complexe inzwischen soviel Antikörper an das Blot absenden, dass 
die Bacillen unschädlich gemacht werden. Sind aber noch nicht 
genügend Antikörper zur Stelle, während das Blut schon mit 
Bacillen überschwemmt ist, so wird der Organismus bis zum 
Eintreffen derselben sich seiner Resistenzkräfte bedienen und 
mit deren Hilfe sich der Bacillen eine Zeit lang erwehren. 

Nach der Methode von Lorenz zieht sich daher der Immn- 
nisirungsvorgang acht Tage lang hin. An den betreffenden 
Schweinen werden aber Krankheitserscheinungen nicht wahrge¬ 
nommen. 

Da bei dem zur Zeit gebräuchlichen Impfverfahren lebende 
Rothlaufculturen zur Immunisirnng verwendet werden, so sind 
Voges und Schütz der Ansicht, dass durch Verschütten der 
Culturen der Rothlanfbacillus in sonst rothlauffreie Räume ver¬ 
pflanzt werden könne. Auch trage der Umstand eventuell zur 
Verbreitung des Rothlaufs bei, dass, da das Blut der geimpften 
und scheinbar gesunden Thiere tagelang mit virulenten Bacillen 
überschwemmt sei, die durch Verletzungen der Haut (Schrunden), 
oder durch die lädirten Nieren (Blutungen), oder den lädirten 
Darmcanal (Darmkatarrh mit Desquamation des Epithels) nach 
aussen gelangten Bacillen sich weiter entwickelten. 

Lorenz, sowie diejenigen Thierärzte, welche das von ihm 
empfohlene Schutzimpfungsverfahren in der Praxis angewendet 
und dessen Erfolge zu beobachten Gelegenheit gehabt haben, 
legen diesen theoretischen Möglichkeiten, mit denen übrigens bei 
dem Pasteur’schen Verfahren wegen der Verwendung virulenter 
Culturen ebenso zu rechnen wäre, keine praktische Bedeutung 
bei. Lorenz sagt in einem in Frankfurt a. M. im Jahre 1896 
gehaltenen Vortrage darüber, dass bei vorsichtiger Anwendung 
sein Verfahren eine Verbreitung des Rothlaufs herbeizufflhren 
nicht im Stande wäre, und dass Thiere, die man nach Anwendung 
einer genügenden Serumdosis mit Rothlaufkeimen inficirt, solche 
Keime nicht ausscheiden; das hätten die Praxis und seine Versuche 
bewiesen. Jedenfalls ist, wenn man die ausserordentlich günstigen 
Erfolge des Lorenz’schen Schutzimpfungsverfahrens berücksichtigt 
und wenn man erwägt, dass durch dessen Anwendung bis jetzt 
über Schädigungen directer oder indirecter Art nichts bekaunt 
geworden, das Schutzimpfungsverfahren nach Lorenz für die in 
Deutschland gezüchteten Schweinerasen als das zur Zeit sicherste 
Schutzmittel gegen die natürliche Infection mit Rothlaufbacillen 
anznsehen und dessen Anwendung iu Orten, wo der Rothlauf 
ständig oder spontan herrscht, oder wo in Gehöften (Mästereien etc.) 
die Gefahr des Ausbruchs des Rothlaufs besteht, nur zu em¬ 
pfehlen 

Schütz und Voges versuchten, von abgetödteten Bacilleu 
Schutzstoffe zu gewinnen. Diese Versuche sind aber misslungen. 
Die immunisirende Substanz, die an den Zellleib gebunden is*t, 
lässt sich aus der Bacterienzelle nicht extrabiren, weil der wachs¬ 
artige Mantel der Zelle durch Zerreiben der Bacterienmasse nicht 
beseitigt werden kann, und weil die einzige, den Mantel zum 
Theil lösende Substanz, die Lauge, auch die immunisirenden 
Substanzen zerstört. Die subcutane Einverleibung abgetödteter 
Rothlaufbacillen bleibt, wie bereits erwähnt, wirkungslos, weil 
die Bacillen sich im subcutanen Gewebe völlig indifferent ver¬ 
halten. 


419 

Im Interesse der Veterinärpolizei müsste übrigens bei der 
Rothlauf-Impfung zweierlei verlangt werden. Es müsste verboten 
werden, die Rothlanf-Culturen resp. das Porcosan Laien in die 
Hand zu geben. Deon das Verschütten der Culturen kann 
in der That zur Verbreitung der Rothlaufseuche beitragen und 
die nöthige Vorsicht kann nur bei Sachverständigen vorausgesetzt 
werden. Ausserdem müssten die Privatthierärzte, welche impfen, 
veranlasst werden, das Ergebniss den beamteten Thierärzten 
mitzutheilen. Eine gewisse Staatscontrole wäre also am Platze, 
um möglichst Missbränche und Nachtheile zu verhüten, was 
wiederum verhindern würde, dass die Impfung durch irgend einen 
Zufall in Misscredit gebracht wird. 


Referate. 

Extraction einer Glasröhre ans der Brusthöhle 
eines Pferdes. 

Von Prof. C a d 6 a c - Lyon. 

(Journal do Lyon, Juli 1MH ) 

Ein an doppelseitiger Pleuritis erkranktes Militärpferd war 
mit frühzeitigen Punctionen auf beiden Brustseiten behandelt 
worden. Als auf der linken Seite die Flüssigkeit purulent wurde, 
öffnete der behandelnde Thierarzt (Blin, vom 11. Dragoner-Rgt.) 
den Pleuralsack. Zu diesem Zwecke wurde die Haut oberhalb 
der Sporader in einer Länge von 10 Centimeter zwischen der 
7. und 8. Rippe gespalten, die Intercostalmuskel durchgeschnitten 
und die Pleura mit dem Finger durchbohrt. Mit dem Finger 
konnte man flottirende, harte Membranen durchfühlen, die sich 
zu organisiren begannen. Die Entleerung erfolgte rasch, ein 
dicker Drain wurde eingelegt und vermittelst eines Verbandes 
festgehalten. Einige Stunden später wurde eine Waschung mit 
einem Syphon vorgenommen. 

Zu den Waschungen wurden die Antiseptica wiederholt ge¬ 
wechselt. Bei einer Waschung wurde aber das gläserne Ende 
des Syphons durch eine brüske Bewegung des Thieres abgebrochen 
und blieb in der Brusthöhle liegen. Trotzdem verminderte sich 
die Pleuraleiterung und die Wunde vernarbte. 

Des Interesses halber gab das Kriegsministei iura das Pferd 
der Lyoner Klinik. Bei seiner Ankunft war das Thier gesund, 
die Temperatur betiug 38°; man fand nur an der Operationsstelle 
des Empyems eine narbige Depression und einen sehr engen 
Fistelgang. Normale Athmungsgeräusche waren beiderseits und 
auf der ganzen Höhe zu hören, nur im linken unteren Drittel 
war ein sehr ausgesprochenes pleuritisches Reibungsgeräusch 
wahrnehmbar. Nach einigen Minuten im Trabe war eine Zwei¬ 
theilung des Flankenschlages bemerkbar. C. beschloss, die in der 
Brusthöhle gebliebene Glasröhre zu extrahiren. 

Das Thier wurde auf die rechte Seite gelegt, die linke Brust 
wurde geschoren und das ganze Operationsfeld mit Sublimatlösung 
desinflcirt. Es wurde senkrecht genau auf der Narbe der ersten 
Operation eingeschnitt- n, aber die Wunlräuder näherten sich so 
stark unter der Einwirkung der Bewegungen, dass es nicht 
möglich war die Fistelöffnung zu erreichen. Ein senkrecht zum 
ersten und hauptsächlich nach vorn gerichteter neuer Einschnitt 
gestattete, die 7. und 8. Rippe, den Intercostalmuskel und die 
Fistelöffnung frei zu legen. Die Fistelöffnung wurde leicht er¬ 
weitert, damit der Finger eingeführt werden konnte, mit welchem 
das dicht unter der Oeffnung liegende Zwerchfell zurückgeschobeu 
wurde. Die Hauptschwierigkeit der Operation bestand in der 
Schonung dieses Muskels bei der beabsichtigten Anlage eines 
Fensters in der Brustwand. 

Die 7. Rippe wnrde 3 Centimeter oberhalb der Fistelöffnung 
durchgesägt, die beiden Enden leicht auseinander gehalten, so 
dass zuerst zwei Finger, dann die ganze Hand in das Innere der 


Digitized by 


Google 



414 


BERLINER THIERÄKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


Eiterhöhle, welche den Fremdkörper enthielt, eingeführt werden 
konnte. Diese Höhle war 35 Centimeter tief; sie ging nach vorn 
und nach oben gegen das obere Drittel der Schulter; sie war 
15 bis 20 Centimeter breit; die Hand konnte ohne Schwierigkeit 
überall hin gelangen; man konnte mit ihr deutlich die Oberfläche 
des Herzens fühlen und fand vor diesem Organ inmitten einer 
erheblichen Kitermenge die Glasröhre. Dieselbe war 9 Centimeter 
lang und 5 Millimeter dick. Nach sorgfältiger Desinfection der 
Eiterhöhle mit Sublimat wurde die Wunde zur Erleichterung des 
Eiterausflusses offen gelassen und das Thier zum Aufstehen 
gebracht. 

Die Folgen dieser Operation waren gelind. Das Thier hörte 
nicht auf zu fressen, die Temperatur stieg auf 38,9, ging aber 
bald anf 38,5 zurück. Die Vernarbung der äusseren Wunde er¬ 
folgte rasch bei antiseptischen Waschungen. Ein Monat nach 
der Operation schien die Verwachsung der durclsägten Rippe 
erzielt zu sein; man bemerkte nur noch eine enge Fistel, aus 
welcher ein reichlicher, weisser, dicker Eiter floss. Die Grösse 
der Eiterhöhle schien stark vermindert, die eingeführte Sonde 
führte kaum halb so weit als früher. Die häufig wiederholten 
Injectionen von ein pro inilliger Sublimatlösung oder von con- 
centrirter Picrinsäurelösung hatten die eiternde Fläche bedeutend 
reducirt. Da die Vernarbung Stillstand, Hess C. irritirende Jod- 
tincturinjection zu 30 pCt. vornehmen und wiederholte dieselben 
alle 8 Tage einen Monat lang. Als auch die Fistel stationär 
blieb, wurde am 1. Mai eine Iujection von reiner Jodtinctur vor¬ 
genommen. Eine Stunde nachher war reine generalisirte 
Schwellung der ganzen Gegend zu bemerken, die Umgebung der 
Fistel war Leiss und sehr schmerzhaft, die Temperatur stieg auf 
40°. Am nächsten Tage ging die entzündliche Schwellung zurück, 
die Temperatur ging um einen Grad zurück, aus der Fistel floss etwas 
seröser Eiter. Die Menge dieses Eiters nahm progressiv ab, Jiüch 
vierzehn Tagen war sie sehr gering. 

Eine am 15. Mai vorgenommene Sondirung ergab wesentliche 
Fortschritte, eine neue Injection von reiner Jodtinctur beschleunigte 
dieselbe uoch mehr, am 1. Juni war die Ausdehnung der Eiter¬ 
höhle kaum ein Viertel der Grösse vom 1. Mai. 

Das Pferd konnte als nahezu geheilt betrachtet werden und 
sollte dasselbe wieder seinem Regiment zurückgeschickt werden, 
als es wegen eines Unfalles (Fractur des rechten Hinterfusses) 
getödtet werden musste. Die Obdaction ergab eine fast perfecte 
Pleuralsymphyse der ganzen Seite; die Lunge ist überall absolut 
intact, die viscerale Pleura ist auf der ganzen Obei fläche an 
das parietale Blatt angelöthet, nur in der Nähe der Fistel findet 
sich noch eine 2 bis 3 Centimeter breite, 6 Centimeter tiefe 
Stelle, an welcher die Eiterung noch nicht vollständig auf¬ 
gehört hat. 

Die Pleuritis des Pferdes kann somit chirurgisch behandelt 
werden durch weite Oeft’nungen der Brustwand; C. glaubt, dass 
es nützlich ist, frühzeitig chirurgisch einzuschreiten, damit die 
Lungen nicht atelectatisch werden und dieses Organ durch seine 
Bewegungen die sich bildenden falschen Membranen zerstört 

Leber abnorme Haltnng der Hintergliedmaeseu bei 
Fohlengeburten. 

Von Prof. A 1 b r o c h t. 

(W»cbr. f Tblerblkd. 23, 1898.) 

Unregelmässige Haltung der Hintergliedmassen ist schon im 
Allgemeinen schwer zu beseitigen; ganz besonders aber beim 
Fohlen. Hier ist die Berichtigung der reinen Steisslage ohne 
Gefahr für die Mutter überhaupt nur bei einem kleinen Fötus 
möglich, vorausgesetzt noch, dass gleich nach Beginn der Geburt 
eingegriffen werden kann, ln andern Fällen versucht A. die 


Berichtigung gar nicht mehr. Kleine Früchte können ohne 
Schaden für die Stute in der reinen Steisslage ausgezogen 
werden. Ist man sich nicht klar darüber, so ist ein Versuch für 
die Stute ungefährlich. Lässt sich der Fötus durch einen Zug 
von 4—5 Personen an der Soeke'sehen Schlinge nicht ent¬ 
wickeln, so löst man eine Hintergliedmasse aus. Es ist das 
besser, als wenn ein zu verstärkter Zug angewendet wird. 

Unter Umständen ist die Auslösung der unter den Leib ge¬ 
schlagenen Gliedmassen allerdings schwierig. Eine tiefbauebige 
Pinzgauer Stute, welche schon seit drei Tagen augenscheinlich 
Abfluss von Fruchtwasser gezeigt hatte, wurde nach der tier¬ 
ärztlichen Hochschule gebracht, bereits mit septischen Symptomen. 
Der Fötus befand sich in Beckenendlage, war sehr gedunsen, 
das linke Hinterbein war völlig unter den Leib geschoben, das 
rechte mit dem Sprunggelenk vorgetreteu. Da die Streckung des 
rechten Hinterbeins nicht gelang, so wurde dasselbe im Sprung- 
gelenk abgesägt. Als auch jetzt die Geburt noch nicht zu be¬ 
werkstelligen war, wurden die Reste der Hintergliedmasse im 
Pfannengelenk entfernt und die Baucheingeweide herausgenommen. 
Auch jetzt war die Extraction noch nicht möglich. Es musste 
also auch die linke Hintergliedmasse im Pfannengelenk, und 
zwar- möglichst subcutau, gelöst werden. 

Es war aber unmöglich, von der Innenseite der Gliedmasse 
her an das obere Schenkelende zu gelangen und A. musste sich 
eutschliessen, zuerst das ganze Becken zu entfernen. Haut und 
Musculatur wurden vorn bis über die Darmbeine und nach hinten 
bis auf die Sitzbeine soviel als möglich vom Becken abgetrennt, 
vorzugsweise mit der Hand. Dana wurde die Beckenfüge durch¬ 
stemmt uud dasselbe mit den beiden inneren Darmbeinwinkeln 
am Kreuzbein vorgenommen. Dann wurde mit einem in das 
foramen obduratum gesetzten Haken zunächst die rechte Becken¬ 
hälfte herausgezogefi. Hiernach wurde dasselbe bei der linken 
Hälfte versucht, die noch mit der verlagerten Hintergliedmasse 
in Verbindung stand. Dabei riss das Sitzbein durch. Nun 
wurde der Haken am vorderen Rande des Darmbeins angesetzt, 
und es Hess 6ich auch die linke Beckeuhälfte entfernen. Der 
Oberschenkel lag frei und konnte jetzt herausgezogen werden. 
Dabei stürzte jedoch die Stute zusammen und verendete. Trotz 
der langen und gefährlichen Arbeit war der Uterus völlig intact. 
Der emphysematische Fötus wog 108 Pfund. 

Was die eingetretene bezw. vorgetretene Sprunggelenks¬ 
haltung anbetrifft, wie Harms die Haltung mit gebeugtem 
Sprunggelenk, je nachdem sie schon in den Beckenraum ein¬ 
getreten ist oder sich noch vor dem Scbambeinrand befindet, 
nennt, so ist es nach Albrecht’s Erfahrungen am zweckmässigsten, 
bei todten Fohlen das betreffende Bein einfach im Sprunggelenk 
abznsägen oder mit dem Meissei abzuspalten. Es gelingt dies 
auch dann, wenn das Sprunggelenk nur vorgetreten ist, obwohl 
hierbei seine Lage nicht fixirt erscheinen sollte. Das Sägen ist 
übrigens besser als das Stemmen. Die Kettensäge verdient 
überhaupt eine viel grössere Beachtung und Verwendung, als sie 
bis jetzt gefunden hat. Bei der Gelenktrennung bleiben am 
besten das Spruogbein und Fersenbein am Unterschenkel. 

Behandlung der Schweinesenche. 

Von Dr. Vaifro Bonaretti - Pavia. 

(Cllnic. vet. 189«, H. 31.) 

Dr. Giovanni Marenghi, Privatdocent der allgemeinen 
Pathologie und Director des Serum-Instituts in Pavia, hat erfolg¬ 
reiche Experimente in der Behandlung der Schweineseucbe ge¬ 
macht, welchen Bonaretti beigewohnt hat und deren Resultate 
er in der genannten Fachzeitung zur allgemeinen Kenntnis 
bringt. Die mit der Seuche behafteten Schweine standen in einem 
Alter von 7 Monaten und waren 25 Tage nach der Gebort 


Digitized by 


Google_ J 




1. September 1898. BERLINER TÜ1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. __ _415 


präventiv mit Peroncito-Bruscliettini’scher Lymphe geimpft 
worden. Die Schweine zeigten sämmtlich eine Körpertemperatur 
von mehr als 41°, husteten hin und wieder, einige atbmeten mit 
Anstrengung. Die Faeces waren fast schwarz gefärbt und sehr 
übelriechend. Einige Schweine liessen die Ohren herabhängen, 
andere bekundeten Schwäche in den Füssen. 

Die fragliche Behandlung besteht in intravenösen Injectionen 
folgender Lösung: 

Hydrar. bichlorat. 

Natr. chlorat. ää 1,0, 

Aq. destill. 1000,0. 

Subcutane oder peritoneale Injectionen sind wirkungslos, und 
tracheale lassen sich kaum anwenden. 

Die anzuwendende Dosis beträgt 1,5 bis 3 ccm Lösung. Die 
Injection wird bei grossen Schweinen an einer Ohrvene, bei 
kleinen an einer Bauchvene vorgenommen. Bei sehr dicker Haut 
ist vor dem Einstechen der Nadel ein Hautschnitt zn machen. 
Die auf die Injection folgende Blutung kann man durch leichte 
Compression der Vene und Auftröpfeln von Collodium auf die 
Einstichstelle stillen. 

Von den behandelten Schweinen (die Zahl ist nicht an¬ 
gegeben) ging nur eins zu Grunde, dessen Ende bereits vor der 
Behandlung zu prognosticiren war. Die Autopsie dieses Schweines 
ergab, dass es einer schweren Nephritis erlegen war. Die 
übrigen Schweine wurden in kurzer Zeit gesund. 

Weitere Nachrichten über die Behandlungsweise sind ab¬ 
zuwarten. 

Das Mittel ist einfach; nur dürfte die Injection desselben in 
die verhältnissmässig kleinen Venen, besonders bei dicker Haut, 
einige Schwierigkeiten machen. 

Ueber die Erkältung als Krankheitsursache. 

Von Chelmonski. 

(D. Arch. f. k'.in. Med.) 

Die „Erkältung“, die vielfach als Krankheitsursache angesehen 
wird, ist uns ihrem Wesen nach nicht bekannt. Zahlreiche der 
experimentellen und theoretischen Abhandlungen, die sich mit 
derselben befassten, berücksichtigten nur die Einwirkung sehr 
niedriger Temperaturen auf den Organismus. Eine grosse Reihe 
alltäglicher Erfahrungen aber lehrt uns, dass man sich wohl 
unter gewissen Verhältnissen erkälten kann, dass jedoch die Ein¬ 
wirkung einer sehr niedrigen Temperatur das allein ausschlag¬ 
gebende Moment nicht darstellt. Die hohen Kältegrade veran¬ 
lassen im Gegentheil meistens keine Erkältungskrankheit, da 
ihnen als sehr starken Hautreiz leicht eine Reaction folgt, wo¬ 
gegen mittlere Kältegrade, die es entweder gar nicht oder doch 
nur erst spät zu einer Reaction (Hauthyperämie) kommen lassen, 
weit eher zu manchen Krankheiten disponiren. Hierbei spielen 
individuelle Eigenschaften im Verhalten gegen thermische Ein¬ 
flüsse eine Rolle. Eine Erkältung kann aber als ein lediglich 
gewisse Circulationsstörungen hervorrufender Factor an und für 
sich keine Entzündung hervorrufen; sie wirkt nur als disponi- 
rendes Moment. Um über die Disposition zu Erkältungskrank¬ 
heiten Aufschluss zu bekommen, untersuchte Ch. bei 42 Kranken 
die Reactionsfähigkeit auf einen gegebenen Kältereiz. Seine 
Beobachtungen fasst er, wie folgt, zusammen: 

1) Die Erkältung im üblichen, bis jetzt herrschenden Sinne 
existirt nicht 

2) Im Allgemeinen spielt die Erkältung als äetiologisches 
Moment eine sehr untergeordnete Rolle; in entzündlichen Krank¬ 
heiten kann die Erkältung blos als disponirendes Moment hervor¬ 
treten. 

3) Die Erkältung beruht auf der Einwirkung der thermischen 


Agentien, welche meistens nicht zu vermeiden sind, d. i. anf Ein¬ 
wirkung vor allem sehr geringer Kältegrade. 

4) Der Grad der Hautreaction auf den gegebenen thermischen 
Reiz weist darauf hin, ob das gegebene Individuum unter ge¬ 
wissen Verhältnissen sich erkälten kann. 

5) Der Grad der Disposition bildet keine constante Eigen¬ 
schaft des gegebenen Individuums. 

6) Individuen in höherem Alter, Fiebernde, Nierenkranke 
scheinen mehr zu Erkältungskrankheiten disponirt zu sein. 

7) Es existirt zwischen der Disposition zu einer Erkältungs¬ 
krankheit einerseits und dem Ernährungszustände und der 
Temperaturempfindung andererseits kein Zusammenhang. 

8) Die gegen Erkältung allgemein applicirten Vorsichtsmass- 
regeln sind nicht nur von einem direct entgegengesetzten Erfolge 
begleitet, sondern setzen vielmehr den Organismus einer viel 
ernsteren Gefahr aus, als dies von der Erkältungskrankheit zu 
erwarten wäre. 

9) Man kann sich vor Erkältungskrankheiten lediglich dadurch 
schützen, dass man die Reactionsfähigkeit auf thermische Reize 
durch geeignete Uebungen zur Entwicklung bringt. 

Das myxomatogene Virus. 

Beitrag zum Studium der Krankheitserreger ausserhalb des 
Sichtbaren. 

Von Prof. G. Sanarelli, Direktor des hygien. Instituts in 
Montevideo. 

(Contralbl. f. Bact. 1808, H. JO) 

Es giebt eine Reihe von infektiösen Krankheiten, die sich 
durch ihren Verlauf und ihre ungewöhnliche Physiognomie von 
denen unterscheiden, welche durch Microben verursacht werden 
oder von welchen wir eine solche Entstehung vermuthen. Zu 
dieser Klasse von virulenten Krankheiten zählt Verf. u. a. die 
Rabies und die Syphilis. Da wir jedoch nach dem klinischen und 
pathologisch-anatomischen Krankheitsbild dieser beiden Krank¬ 
heiten ebenfalls ein pathogenes Agens organisirter Natur an¬ 
nehmen müssen, so dürfte es sich in diesen Fällen um Krank¬ 
heitserreger handeln, die so klein sind, dass sie auch für das 
bewaffnete menschliche Auge nicht sichtbar sind. An der Grenze 
j der Sichtbarkeit liegt das von Pocard und Roux nacbgewiesene 
I Bacterium der Peripneumonie (Lungenseuche). 

Bei der myxomatösen Krankheit der Kaninchen blieb 
jede bacteriologische Forschung unter Anwendung aller Kunst¬ 
griffe, die heute im Laboratorium üblich sind, erfolglos, obwohl 
die Krankheit sich unbeschränkt von einem Kaninchen auf das 
andere durch einen Tropfen Blut, durch das Bruchstück eines 
Tumors, durch eine Spur Augenlidsekretion übertragen liess. 
Hiernach gelangt Verf. zu der Schlussfolgerung, „dass das ätio¬ 
logische Agens keinem jener organisirten Wesen augehört, welche 
wir gegenwärtig als die Ursache specifischer Krankheiten anzu¬ 
sehen gewohnt sind“. 

Die myxomatöse Krankheit der Kaninchen beginnt mit einer 
katarrhalischen Blepharo-Conjunctivitis an beiden Augen, welche 
nach 24—48 Stunden eine so hochgradige Schwellung der Augen¬ 
lider verursacht, dass der Augapfel in den Grund der Orbita 
zurückgedrängt wird. Gleichzeitig entwickeln sich an verschiedenen 
Körpertheilen kleine subcutane Tumoren von verschiedener 
Grösse. Der Kopf des Kaninchens verändert nunmehr seine 
Gestalt; Maul und Nase verdicken sich so sehr, „dass sie ein 
löwenartiges Aussehen annehmen“. Ausser den neoplastischen 
Tumoren zeigen diese Kaninchen einen hyperplastischen Vor¬ 
gang an den Stellen, an welchen das Hautgewebe in die Schleim¬ 
haut übergeht (Oeffnungen des Afters, der Geschlechts- und Harn¬ 
organe etc.). Nach diesem Krankheitsstadium tritt innerhalb 
2—5 Tagen der Tod ein. Sectionsresultat: Sehr gefässreiche 


Digitized by LaOOQie 



41<i 


BEKLINEK THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


elastische, subcutane Tumoren. Hypertrophie der Lymphdrüsen, 
Orchitis, Anschwellung der Milz. 

Uebertragungen der Krankheit auf andere Thiere gelangen 
nur bei einem Hunde. Einspritzungen von Blutserum eines 
erkrankten Kaninchens bei Menschen bedingen Congestions- 
erscheinungen in der Bindehaut des Auges mit ödematöser 
Schwellung und Schmerzen des Augapfels. 

Zwei Kaninchen, welche die Krankheit nach der künstlichen 
Infection überstanden, wurden immun gegen Injectionen einer 
reichlichen Menge virulenten Blutes. Dagegen ist eine Vacci- 
nation eines Kaninchens gegen das myxomatöse Virus nicht ge¬ 
lungen. 

Heilung eines complicirten Fesselbeinbruehs. 

Von Rossarzt K r e s s i n. 

(Zeitschrift f. VcterinSrkundf, Juli 1898.) 

Eine werthvolle tragende Stute zog sich einen complicirten 
Bruch des Fesselbeins zu. An der äusseren Seite war die Haut 
durch mehrere Knochensplitter durchbohrt; drei waren lose und 
wurden herausgezogen. Nach gründlicher Desinfection wurde 
mittelst dicker Wattelagen, Binden und Holzschienen ein Verband 
angelegt, der 8 Tage ohne merkliche Verschiebung liegen blieb. 
Beim Verbandwechsel zeigte die Wunde ein gutes Aussehen. 
Nach 6 Wochen war der Verband nicht mehr nothwendig, und 
das Pferd konnte aus dem Hängegurt herausgenommen werden. 
Von nun an lag es viel und stand nur zur Futteraufnahme auf. 
Die Wunde war geheilt, das Fesselbein hatte die normale 
Richtung, war jedoch um das Doppelte verdickt. Nach dem 
zweiten Monat wurde die Gliedmasse mehr belastet. 4 Monato 
später warf die Stute ein gut entwickeltes Fohlen. Die Anfangs 
sehr starke Lahmheit nahm von Tag zu Tag ab. 6 Monate 
später war es im Schritt nicht mehr zu bemerken. Von jetzt al> 
konnte das Pferd zu schwerer Arbeit herangezogen werden. 

Bemerkungen über das Hochbinden der Pferde. 

Von Oberrossarzt Barn ick. 

(Ztachr. f. Vetorlnürkd., Juli »8.) 

Ein Pferd war an der äusseren Seite des Kniegelenkes ge¬ 
schlagen worden; die Wunde reichte bis zum Gelenk und ent¬ 
leerte Synovia. Das Pferd wurde hochgebunden und entsprechend 
behandelt. Am 4. Tage fing es an zu husteu und mangelhaft zu 
fressen. Die Temperatur stand auf 40,3. Bei starkem Nasen- 
ansfluss hustete das Pferd häufig scharf und augenscheinlich 
schmerzhaft. Die Untersuchung ergab eine beginnende Lungen¬ 
entzündung. Das Pferd wurde in den Hängegnrt gestellt und 
lang gebunden, war am nächsten Tage fieberfrei, zeigte sich bei 
Appetit; der Nasenausfluss war geringer, der Husten häufig nnd 
locker. 

B. glaubt, dass es sich um eine beginnende Lungenentzündung 
gehandelt habe, die durch das tagelange Hocbbinden verursacht 
war. Er hat auch sonst schon Beobachtungen gemacht, dass 
Pferde, die einige Tage hochgebunden wurden, ganz ähnliche 
Erscheinungen zeigten. Es dürfte das so zu erklären sein, dass 
nicht alle Pferde, die hochgebunden sind, energisch genug husten 
können, um den sich in den Luftwegen ansammelnden Schleim 
zu entfernen. Die Schleimanhäufung stellt dann eine Schädlichkeit 
dar, welche weitere Folgen nach sich zieht. 

Therapeutische Notizen. 

Das Protargol gegen eitrige Augenentzündungen. 

Nach Davied besitzt das Protargol die Fähigkeit, rasch 
eitrige Augenentzündungen, besonders die schwerste derselben, 
die blennororagische, zur Heilung zu bringen. Es hat den Vor¬ 


theil, keine oder fast keine ätzende Wirkung, selbst in 50pro- 
centiger Lösung und rein als Pulver aufgestreut, auf Conjunctiva 
und Cornea auszuüben. Für die leichteren Fälle genügt eine 
öprocentige Lösung, welche der Patient selbst zwei- bis viermal 
täglich instilliren kann, für die schwereren muss der Arzt selbst 
von der 20- bis 50procentigen allmälig in zweimal täglichen Ein¬ 
träufelungen hinaufgehen, um bei Abnahme der Secretion die¬ 
selben in grösseren Pausen vorznnehmen. Man darf aber nicht 
sofort die Behandlung sistiren, wenn die Secretion, was oft sehr 
schnell der Fall ist, aufgehört hat. 

Das Xeroform in der Augenheilkunde. 

Das Xeroform hat Professor Wicherkiewicz (Krakau) mit 
gutem Erfolge aus mannigfaltigen Indicationen in der Augenheil¬ 
kunde verwendet. Er hat es theils als Pulver zu Einstäubungen, 
theils als öproc. oder lOproc. Salbe bei nässendem Lideczem, 
folliculärer und pustulöser Conjunctivitis gegeben. Gegen acute 
Conjunctiviten mit erheblicher Absonderung ist es nicht erheblich 
wirksam, dagegen leistet es bei chronischen Conjunctiviten, be¬ 
sonders alter Leute, in Form der Einstäubung ganz vorzügliche 
Dienste, und hat diese Behandlung als Vorbehandlung in einigen 
Fällen die gefahrlosen Ausführungen der Staarextraction bei alten 
Leuten überhaupt erst ermöglicht. Den grössten Vortheil ge¬ 
währt das Xeroform dadurch, dass es, ohne Zersetzung befurchten 
zu müssen, durch Erhitzung sterilisirt werden kann, so dass die 
Gefahr der Infection nicht besteht. Wolffberg benutzte mit Er¬ 
folg Xeroform bei Ulcus corneae. (Alig. Med. Centr.-Ztg.) 

Neue Silbersalze In der Augenheilkunde. 

Das Argentum nitricnm ist bei allen secretorischen Con¬ 
junctiviten ein wahres Specificum. Indess hat dasselbe den Nach¬ 
theil, dass es zu ätzend wirkt. Darier macht deshalb den Vor¬ 
schlag, das Arg. nitric. durch organische Salze zu ersetzen. 
Hierzu eignet sich besonders das Protagol, welches bacteiicide 
Wirkung besitzt, nicht reizt und sich in Lösung nicht verändert. 
Das Protagol fällt ausserdem nicht aus in Gegenwart von Albumin, 
Alkalien und Sulfuraten. Es kann auch mit Cocain verordnet 
werden. (Jonrn. de Med. Vöt. et de Zoot. u. Clin. vet. 1898, H. 15.) 

Jodoform und Perubalsam zur Fiotelbehandlung. 

Nach Georgiewsky muss die Mischung wie folgt zusammen¬ 
gesetzt sein: Jodof. pulv. 20,0, Bals. Peruv. 4,0, Vaselin. 6,0, 
01. Menth, pip. gutt. No. V. 

(Clin. vet. 1898. Heft 15.) 


Tagesgeschichte. 

t 

Nach kurz dauernder Erkrankung starb heute der Thierarzt 
Wilhelm Junkers in Düsseldorf. Mit ihm ist einer von den 
wenigen thierärztlichen Veteranen aus dem Leben geschieden, 
die unter ungünstigen Verhältnissen sich dem thierärztlichen 
Stande gewidmet und bei ihrer weiteren wissenschaftlichen Ent¬ 
wicklung fast ausschliesslich auf sich selbst angewiesen gewesen 
sind. In diesem Streben hat der Verblichene nach dem Urtheile 
Aller, die ihn näher gekannt haben, sich rühmlichst ausgezeichnet. 
Ausser Anderem spricht hierfür die Thatsache, dass seinen Be¬ 
strebungen es mit zu verdanken gewesen ist, dass die Thierärzte 
des Reg.-Bez. Düsseldorf vor ca. 25 Jahren den zur Zeit blühenden 
thierärztlichen Verein ins Leben gerufen haben. Seinem Vor¬ 
schläge gemäss hat der genannte Verein eine Unterstützungs¬ 
kasse für die Hinterbliebenen von Thierärzten vor ungefähr 
3 Jahren gegründet, der mit wenigen Ausnahmen sämmtliche 
Collegen des Bezirks beigetreten sind. 


Digitized by 


Google 



1. September 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 417 


Als Mensch und als Thierarzt hat Junkers sich in hohem 
Grade der Achtung seiner Mitbürger zu erfreuen gehabt Ins¬ 
besondere war er hinsichtlich seiner Leistungen als practischer 
Thierarzt den Besten des Standes zuzuzählen. 

Ein ehrendes Andenken ist ihm gesichert. 

Düsseldorf, den 27. August 1898. 

Renner Schmitt 

Depart.-Thierarzt a. D. comm. Depart.-Thierarzt. 

Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen 
Yereins von Schleswig im Bahnhofshotel zn Neomiinster. 

Erster Tag, Sonnabend den 9. Ootober 1897. 

Der Vorsitzende, Herr Kreisthierarzt Voliers-Altona, er- 
öffnete um 8$ Uhr Abends die Verhandlungen, nach dem die An¬ 
wesenden — gegen 40 Collegen — begrüsst und der Vorschlag 
gemacht, den zweiten Punkt der Tagesordnung — Mittheilungen 
aus der thierärztlichen Praxis — zuerst zu nehmen, womit ein¬ 
verstanden. 

Herr Koch-Borby erbittet das Wort und erwähnt eines 
eigenthümlichen Krankheitsfalles bei einem Pferde. Das Thier 
will oder kann nicht ziehen, ist für buglahm auf beiden Vorder¬ 
beinen erklärt; er habe dasselbe nach den Erscheinungen als mit 
dem Dumkoller behaftet angesehen und die Diagnose sei von 
College Eggeburg bestätigt. Die Behandlung ist dement¬ 
sprechend mit Verabfolgung von Laxantien eingeleitet und hat 
das Pferd unbehelligt die volle Saatzeit im Frühjahre hindurch 
gearbeitet. Nachdem dasselbe dann 14 Tage auf der Weide 
gegangen, haben sich Kolleranfälle bei demselben eingestellt. 
Um es zu untersuchen, wird eine Halfter angelegt, anstatt aber 
vorwärts gebracht zu werden, legt es sich straff in den Zügel 
rückwärts, fällt um und ist todt. Bei der Section wird zwischen 
den Hemisphären des Grossgehirns eine Neubildung vorgefunden 
von der Grösse eines Fingers, so hart, wie Sehnenmasse, und die 
Untersuchung in Berlin hat ergeben, dass sie aus Bindegewebe 
mit eingelagerten Cholestearincrystallen bestand. Referent findet 
es eigenthümlich, dass das Thier, welches diesen Fehler doch 
schon gehabt haben muss, inzwischen ganz gesund erscheinen konnte- 
Herr Völlers macht auf einen ähnlichen Fall aufmerksam, 
wo im Gehirn eine Sandgeschwulst, Psammo, vorgefunden wurde 
Bargum-Pinneberg stellte bei einem Pferde, welches kurz- 
athmig war und nicht fressen wollte, zunächst Laryngitis fest, 
nach einigen Tagen war es fast allgemein gelähmt, konnte nicht 
aufstehen, die Zunge hing aus dem Maule und da sich stinkender 
NasenausflusB eingestellt, wurde eitrige Gehirnentzündung an¬ 
genommen. Der Tod trat bald ein und wurde bei der Section 
ein wallnussgrosser Abscess im Gehirn vorgefanden, der geplatzt 
war, auch das Siebbein war einseitig nekrotisch. 

Ein ähnlicher Fall ist beobachtet mit Necrotisirung des 
ersten Halswirbels. In Anlehnung an diese Fälle entspinnt sich 
eine Meinungsverschiedenheit über den Begriff „Dummkoller“. 
Während einerseits davon ausgegangen, dass nicht die chronische 
Gehirnwa8sersncht als alleinige Ursache zu gelten habe, wird 
andererseits — Schröder-Preetz — das bisherige Princip fest- 
gehalteD, da Neubildungen im Gehirne Vorkommen, die von 
Dummkollerer8cheinnngen nicht begleitet sind. Hansen-Haders¬ 
leben führt die neue Behandlung des Milchfiebers mit Jodkalium 
vor. Eine Lösung von 10 g in 1 Liter lauwarmen Wassers 
wird innerhalb 12 Stunden mittelst einer Spritze in die vier 
Striche gedrückt und wenn erforderlich, ist die Hälfte zu wieder¬ 
holen. Die Erfolge sind günstig gewesen, denen Struwe-Sonder- 
burg nach seinen gemachten Versuchen beistimmt. 

Die Verhandlungen werden vorläufig abgebrochen und zu¬ 
nächst auf den Punkt 


1. der Tagesordnung „Praktische Demonstrationen mittelst des 
Projectionsapparates über verschiedene Pilze, Milzbrandbacterien 
etc.“ übergegangen. 

Herr Voliers-Altona erläutert die einzelnen, ausgezeichnet 
dargestellten Bilder, macht namentlich auf den Heubacillus 
wegen seiner Aehnlichkeit mit dem Milzbrandbacillus aufmerk¬ 
sam und weist auf den grossen Unterschied zwischen diesem und 
dem Rauschbrandbacillus hin. Die Darstellungen finden all¬ 
gemeine und befriedigende Anerkennung. 

Hiernach wird in den praktischen Mittheilungen weiter fort- 
gefahren. 

Koch-Borby ist zu einer Kuh gerufen, die über Einzäunungs¬ 
draht gehangen, in Folge dessen anscheinend aufgebläht sei, 
indem die linke Hungergrube hoch gefüllt, aber hart anzufühlen 
gewesen. Die Untersuchung ergiebt, dass bei dem hochtragenden 
Thiere das Kalb mit der Gebärmutter nach links hinüber? 
geschoben und die Blase sehr stark gefüllt ist. Nachdem das 
Wasser abgenommen und durch die Scheide mit der Hand das 
Kalb wieder nach rechts geschoben war, kalbte die Kuh normal 
am anderen Tage. 

Völlers-Altona bringt die Uebertragung des Milzbrandes 
auf Menschen zur Sprache, führt einen Fall aus der Quarantäne 
an, indem eine Kuh Nachts nothgeschlachtet, aber bei der Section 
mit dem Milzbrände behaftet befunden ist. Nach 8 Tagen zeigte 
sich am Arme des Knechtes, der die Abhäntung besorgte, eine 
dunkelblaue Stelle von der Grösse eines Fünpffeunigstückes, trock- 
ner Karbunkel. Im Krankenhause ist die Stelle ausgeschnitten, 
behandelt und nach 3—4 Wochen Genesung eingetreten. Zwei 
andere Personen, die in einer Gerberei inficirt worden sind, 
starben. 

Fenner-Lübeck führt zwei Fälle an, in denen Menschen 
dtrirch Enthäuten eines milzbrandkranken Cadavers inficirt wurden, 
pastula maligna in bester Form zeigten und starkes Fieber 
hatten, die Pusteln sind ausgeschnitten, gebrannt und mit Carbol 
gewaschen. In einem anderen Falle stirbt plötzlich ein Thier; 
der Mann, der es abhäutete, bekam eine Karbunkel am Nasen¬ 
flügel, und fand der Kreisphysikus nach acht Tagen Milzbrand- 
bacillen in dessen Blut, an dem Thiere waren auch makrosko¬ 
pische Erscheinungen vorhanden gewesen. Dem Manne ist der 
linke Nasenflügel necrotisch abgefallen. 

Völlers hebt hervor, dass Milzbrand gar nicht so selten 
vorkommt, dem Struwe zustimrat; auch er habe im letzten Jahre 
fünf Milzbrandfälle zu Gesicht bekommen, und sind sieben Per¬ 
sonen inficirt gewesen. Struwe bestreitet die Bodeninficirung 
und nimmt hier eine Einschleppung durch Futterstoffe an. 

Fenner bezweifelt dagegen die Richtigkeit von Struwe’s 
Angaben und glaubt, dass Sporen hier ebenso gut vorhanden 
sein können, wie anderswo, aber die EntwicklungsVerhältnisse 
sind vielleicht weniger günstige. Hierzu bemerkt Völlers, dass 
die Milzbrandsporen bei 12° keimen, und wenn die Theile genügend 
vergraben werden, kann ein Ausbruch nicht leicht anftreten. In 
Bahrenfeld ist die Krankheit jedenfalls durch das Heu einge- 
schlefppt und Struwe fügt hinzu, dass der Boden im Hannover¬ 
schen jedenfalls inficirt sei, somit auch die dort gewonnenen 
Futterstoffe gefährlich werden könnten. Ruser-Kiel nimmt an, 
dass auch hier Milzbrand aus dem Boden hervorkommen kann, 
meistens aber durch Futterstoffe eingeschleppt werde, da auch 
im Gegenden, wo die Seuche epidemisch auftrete, die Sache sich 
ganz verschiedentlich gestalte und an einzelnen Stellen viele 
Todesfälle Vorkommen. 

Schlüter-Kiel hat vor etlichen Jahren mehrere Krankheits¬ 
fälle bei Menschen zu beobachten Gelegenheit gehabt, so ein 
Mädchen mit einer Karbuukel am Arme, das blos eine Thierhaut 


Digitized by 


Google 



418 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


zur Seite gelegt hatte, ist gestorben, — an einer andern Stelle 
starben drei Pferde an Kolik, der Arbeiter häutete sie ab, bekam 
Carbunkel am Arme, ist aber geheilt, — eine des Morgens im 
Stalle todt Vorgefundene Kuh wurde vom Knechte und Tage¬ 
löhner zum Theil abgehäutet, da sie aber zu schlecht aussah, 
Hessen sie davon ab. Als ich nach acht Tagen das Thier unter¬ 
suchte, hatten die Leute angeschwollene Hände mit necrotischen 
Stellen, die ausfielen, und stellte bei dieser Gelegenheit fest, dass 
auf der betreffenden Landstelle ab und zu bald das eine, bald 
das andere Thier gestorben war, die Cadaver nur oberflächlich 
verscharrt wurden und hier ein stationärer Seuchenherd vorlag. 
Koch citirt einen Fall, wo eine Kuh auf der Weide verendet, 
nach Hanse zum Abhäuten geschleppt, der Cadaver auf den 
Dünger geworfen und darnach 47 Schweine, die davon gefressen, 
gestorben sind; vor vielen Jahren ist auf derselben Stelle eine 
Seuche gewesen. Fenner-Lübeck fragt an, wie die Häute be¬ 
handelt werden sollen, es handelt sich um ausländische, die ja 
angefeuchtet sein müssen. 

Koch hat in einem Falle das Tetanusantitoxin mit Erfolg 
verwendet, die Einspritzung ist aber sehr schwierig. 

Kreutzfeld-Eutin referirt über plötzliche Todesfälle bei 
Jungvieh, welches bei recht guter Fresslust an starkem Durch¬ 
falle litt, der auch auf dem Stalle beigeblieben sei, und 20 seien 
bis zu einem cachectischen Zustande abgemagert. Die Section 
hat Erkrankung des Labmagens und des Zwölffingerdarmes er¬ 
geben. Drews-Ahrensbnrg hat beim Jungvieh auf dem Stalle 
Durchfall beobachtet, der leicht zu Krämpfen führte; er beschul¬ 
digt schlechte Ventilation und hat von Creolin gute Wirkung 
gesehen. 

Fock-Ahrensboek bringt das Milchfieber wieder zur Sprache, 
da er in einem landwirtschaftlichen Blatte gelesen, dass das 
seltene Melken die Krankheit verhüte; so soll es in den ersten 
vier Tagen vermieden werden, welches doch übertrieben scheint. 

Schlüter-Kiel ist nicht für das Melken vor der Geburt, 
nach derselben ist es natürlich, da das Kalb saugt, ob das genügt, 
ist fraglich, er gebe nichts auf das Melken nebenbei. 

Struwe-Sonderburg meint, dass die Behandlung des Milch¬ 
fiebers mit Jodkalium etwas für sich habe, wenn auch die ver¬ 
schiedenen Hypothesen mangelhaft begründet wären, so könne 
doch ebenso gut angenommen werden, dass eine Vergiftung vom 
Euter aus stattfinde und er könne nur zur weiteren Prüfung des 
Verfahrens rathen. 

Fenner-Lübeck findet, dass, wenn eine Ptomaine als Ur¬ 
sache gelten solle, das Gift durch solche Mittel nicht wegzubringen 
sei. Schlüter ist für ein energisches Eingreifen mit inneren 
Mitteln und zweifelt daran, dass eine Vergiftung die Ursache ist. 
Fenner nimmt nicht an, dass das Milchfieber vor dem Kalben 
auftreten kann. Fock ist auch stets derselben Ansicht gewesen, 
bis er vor zwei Jahren von dem Gegentheile überzeugt worden 
sei. Schlüter und Schröder sind auch der Ansicht, dass es 
vordem Kalben Vorkommen kann, und Franzenberg-Schleswig 
macht darauf aufmerksam, dass auch Fälle für Milchfieber ge¬ 
halten würden, die es nicht wären. 

Koch-Borby räth von der Anwendung der Hoffmann’schen 
Methode der Castration ab, da er schlechte Erfahrungen damit 
gemacht, indem mehrere Thiere drei bis vier Wochen nachher an 
Bauchfellentzündung gestorben seien. 

Mayfart-Lensahn berichtet über eine Rinderkranheit, die 
an einigen Tagen viele Thiere, namentlich Ochsen, die mit 
Zuckerrübenschnitzel gefüttert, ergriffen hätte, mit hochgradigem 
Fieber — 41,5° — einherging und heftigen Catarrh der Luftwege 
bei vorgenommener Nothschlachtung constatirt wäre, bei guter 
Lüftung sind die Thiere in zwei Tagen gut. 


Fenner giebt an, schon früher über diose Krankheit ge¬ 
schrieben zu haben, er habe sie contagiösen Catarrh genannt, der 
sich durch hohes Fieber, irougöse Ablagerungen auf der Nasen¬ 
schleimhaut ausgezeichnet habe. 

Masch-Wilster klagt über die Pfuscherei in der Ausübung 
der Castrationen. Ein Stier, der von einem Schlächter geschnitten, 
sei unterm Bauche längs bis an die Vorderbeine angeschwolleu 
gewesen, er habe grosse Fetzen herausgeschnitten, später sei der 
Schwanz und das eine Hinterbein necrotisch geworden und ab¬ 
gefallen. 

Drews-Oldesloe erwähnt eines Falles, in dem bei einer Kuh 
nach überstandenem Milchfieber der Fessel necrotisch ab¬ 
gestorben sei. 

Schröder-Preetz berichtet über Netzvorfall nach der 
Castration; hat selbiges, wie auch Drews-Oldesloe, einfach ab¬ 
geschnitten ohne nachtheilige Folgen. 

Um 11'/, Uhr Abends werden diese Besprechungen mit einem 
Danke an Herrn Völlers jun. für die ausgezeichnete Vorführung 
der Photogramme geschlossen. (Schluss folgt). 

Naturforscher-Versammlung zu DOsseldorf. 

In den allgemeinen Sitzungen werden Vorträge gehalten: 
Prof. Tillmanns über „Hundert Jahre Chirurgie“, Prof. Intze 
(Aachen) über „Thalsperren“, Prof. Krohn über „Brückenbauten“, 
Prof. Frey über „Die Thätigkeit des Herzens in ihren physio¬ 
logischen Beziehungen“, Prof. Thoma über „Die Erkrankungen 
der Gefässwandungen als Ursachen und Folgen von Circulations- 
störungen“, Prof. Krehl über „Die Vorgänge am Herzen und 
im Gefässsystem unter pathologischen Bedingungen“, Prof. 
Martins über „Krankheitsursachen und Krankheitsanlagen“, 
Prof, van t’Hoff über „Die zunehmende Bedeutung der an¬ 
organischen Chemie“, Dr. Mendelssohn über „Die Bedeutung 
der Krankenpflege für die wissenschaftliche Therapie“. 

Der Vortrag des Herrn v. Oefele über den Veterinärpapyrus 
von Kahon findet im Gewerbemuseum am Dienstag Morgen um 
9 Uhr statt. 

Thierfirzte als Militlranwärter? 

Uns wirdeine aus Stuttgart datirte Zeitungsmittheilung über¬ 
sandt, wonach das Ministerium des Innern in der Liste der den 
Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen Folgendes veröffentlicht 
haben soll: „An den Landgestüten sind für MilitäranWärter Vor¬ 
behalten die Stellen als Verwalter, Thierärzte, Aufseher, Schmiede 
und Knechte.“ 

Seit die Rossärzte obere Militärbeamte sind, kann es un¬ 
möglich noch als Thierärzte approbirte Militäranwärter geben. 
Deshalb können Militäranwärtern auch keine Thierarzt st eilen an 
staatlichen Anstalten Vorbehalten sein. Augenscheinlich ist es 
lediglich übersehen worden, diesen aus älterer Zeit herrührenden 
Passus aus der betreffenden Liste Beiner Zeit zu beseitigen. Dies 
dürfte daher nachznholen sein. 

Verurtheilong wegen Führung eines thierärztllohen Titels. 

Ein Butterhändler (!) war beschuldigt, sich in der Umgegend 
von Koblenz widerrechtlich als Thierarzt bezeichnet zu haben. 
Er pfuschte gewerbsmässig, und die Köpfe seiner Receptformulare 
trugen die Aufschrift „Oberbeschlag- und Kurschmied“. Der 
Pfuscher war thatsächlich gelernter Schmied, aber auch nicht 
Fahnenschmied. Derselbe wurde zu 60 Mark Strafe verurtheilt. 
Der Staatsanwalt führt aus, dass die Bezeichnung Kurschmied 
zu den den Thierärzten vorbehaltenen Titeln gehöre. Dies ist 
unzweifelhaft sachlich zutreffend, wenn auch formell wohl etwas 
anders auszudrücken. So wenig die Thierärzte selbst geneigt 
sein werden, den Titel „Kurschmied“ zu den ihrigen zu rechnen, 


Digitized by LjOOQie 





1. September 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


419 


so bat derselbe doch bis Anfang der sechziger Jahre als dienst¬ 
liche Bezeichnung der Militärthierärzte bestanden. Ira Publikum 
ist damals diese Bezeichnung allgemein bekannt gewesen und 
dementsprechend würde auch heute noch durch die Bezeichnung 
Kurschmied der Irrthum erweckt werden können, der Betreffende 
habe eine thierärztliche Qnalification. 

Die Bezeichnung Kurschmied gehört daher zwar glücklicher¬ 
weise nicht mehr zu den „den Thierärzten vorbehaltenen“ Titeln, 
aber zu denjenigen Bezeichnungen, welche geeignet sind, dem 
nicht unterrichteten Publikum vorzutäusclien, dass ihr Inhaber 
eine geprüfte Medicinalperson sei. 

Verurtheilung eines Thierarztes. 

Die Ferienstrafkammer zu Kiel hat am 2. August den Thier¬ 
arzt Dr. Ehlers zu einem Monat Gefängniss verurtheilt aus 
folgenden Gründen: Ein Ochse war verendet und der Besitzer 
hegte Verdacht auf Milzbrand. Dr. E. war nicht der Meinung, 
dass Milzbrand vorliege, sandte Blutproben an das pathologische 
Institut zu Hannover und erhielt angeblich von dem Assistenten i 
desselben eine Bescheinigung, dass keine Milzbrandbacillen ge- l 


funden worden seien. Er übergab diese Bescheinigung dem Be« 
sitzer. Nun sind aber Zweifel an der Echtheit dieses Bescheides 
entstanden; das Cadaver war auch von anderen Thierärzten 
untersucht worden, welche Milzbrandsymptome gefunden hatten, 
und man hegte Verdacht, dass Dr. E. den Bescheid des 
Assistenten verfälscht habe, um seine Ansicht aufrecht zu er¬ 
halten. Es wurde daher die Anklage wegen Urkundenfälschung 
und Uebertretung der Vorschriften bezüglich Bekämpfung des 
Milzbrandes (Unterlassung der Anzeige) erhoben. Die Be¬ 
scheinigung konnte nicht mehr zur Stelle gebracht werden. Das 
Gericht kam aber zu der Ueberzengung, dass Dr. E. den Bescheid des 
Assistenten des pathologischen Instituts verfälscht habe. Der Be¬ 
scheid sei, weil nicht von einem Beamten ausgestellt, keine öffentliche, 
wohl aber eine zum Beweise von Rechten und Rechtsverhältnissen 
erhebliche Privaturkunde gewesen. Als strafmildernd wurde in 
Betracht gezogen, dass Dr. E. nicht aus Gewinnsucht, sondern 
anscheinend nur aus Hartnäckigkeit gehandelt habe. Wegen 
der Unterlassung der auch für Milzbrandverdacht vorgeschriebenen 
I Anzeige wurde auf 30 M. Geldstrafe erkannt. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Seuchenstatistik and Veteriniirpolizei. 

Geflügelcholera. 

Die Anzeigepflicht für Geflügelcholera ist für das Herzogtlmm 
Sachsen-Meiningen durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 
20. August er. eingeführt worden. 

Lande8polizolliche Anordnung. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬ 
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur 
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend 
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬ 
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus 
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬ 
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die 
Vorschriften der vorbezeichneten landespolizeilicben Anordnung 
sich auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 

1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter- 
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬ 
schaften Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus der hessischen Provinz Rheinhessen, 
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Gross¬ 
herzogthum Oldenburg, 9 aus dem Herzogthum Braunschweig, 
10. aus dem Herzogthnm Sachsen-Meiningen, 11. aus dem 
Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthnm 
Anhalt, 13. aus dem Fürstentum Waldeck, 14. aus den Reichs¬ 
landen Elsass-Lothringen im Regierungsbezirk Bromberg zur 
Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf 
weiteres beschränken. 

Bromberg, den 9. August 1893. 

Der Regierungs-Präsident. 

Der Yiehverkehr und die Fleischschan in Dänemark. 

Von Kühnau-Hamburg. 

(Fortsetzung.) 

Von den beiden Schweineexportschlächtereien Esb- 
jergs habe ich mir die eine angesehen. Dieselben sind ganz 
nach dem Princip wie die ehemaligen Hamburger Sengschlach¬ 


tereien eingerichtet. Die Schweine werden hochgewunden, 
dann gestochen, bluten ab, laufen dann an Ueberhauptschienen 
hängend zum Brühbottich, werden abgeborstet, durchlaufen den 
Sengofen, werden nun gereinigt, ausgeweidet, gewogen, geteilt 
und kommen in die Kühlräume, wo sie bei 2—4° C. durch¬ 
kühlen, um alsdann gesalzen zu werden und in den Salzkellern 
bis zur Versendung nach England zu lagern. Die Seng¬ 
schlachtereien sind gleichzeitig mit einer Wurstfabrik ver¬ 
bunden, in der der Schweinefleischabfall zu Wurst verarbeitet 
wird. Das Kopffleisch der Rinder wird hierzu ebenfalls benutzt 
und ausserdem schlachten die Schlachtereien auch noch meist 
nach Bedarf Bullen und Kühe. Die Schweineexportschlachtereien 
in Esbjerg sind einer staatlichen Fleischschau nicht unter¬ 
worfen. Demnach findet eine tierärztliche Untersuchung der 
geschlachteten Schweine nicht statt, trotzdem viel Wurst nach 
Deutschland exportirt wird. Im Gegensatz hierzu ist zum Bei¬ 
spiel für das in den Kopenhagener Wurstfabriken zur Ver¬ 
arbeitung gelangende Schweinefleisch eine Untersuchung vor¬ 
geschrieben. 

Die werthvolleren Fleischabfälle, wie z. B. die Mürbe¬ 
beeten (Filets) werden an Ort und Stelle verkauft und kann 
man frisch gebratene Schweinsmürbebraten in den Schlächter¬ 
läden, das Stück zum Preise von 50 Oere bekommen. Auch 
sonst bleibt manches gute Fleischstück im Lande, und ich konnte, 
mich hiervon an der Mittags- und Abendtafel in meinem 
Hotel „Spangsberg“, Bes. G. Olsen, überzeugen. Dank der 
billigen Preise für Fleisch, landwirtschaftliche Producte, Fische 
u. s. w. sind die Speisetafeln in Dänemark überhaupt so reichlich 
besetzt, wie man es in Deutschland bei der Anlegung des gleichen 
Preises nie finden wird. 

Nachdem ich noch dem Nordseebad Fanoe einen Besuch 
abgestattet und auch hier wieder gefunden hatte, in wie sorg¬ 
fältiger Weise jeder Grasfleck zwischen den Dünen durch 
Schafe, die alle gefudert sind, ausgenützt wird, verliess ich 
Jütland, wo noch in Holding, Horsens, Fredrikshavn, Aarhus, 
Ronders u. s. w. gleiche Exportschlachtereien errichtet sind, 
um dem Odenseer Schlachthaus auf Fühnen eine Besichtigung 
zu widmen. 

Odense, eine Stadt von 25000 Einwohnern, besitzt einen 
Viehmarkt und ein sehr schönes Schlachthaus, welches ganz 
nach deutschem Vorbild eingerichtet ist. Der Viehmarkt be- 


Digitized by LjOOQie 




420 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 35. 


findet sich in der Stadt und wird im Freien abgehalten, während 
das Schlachthaus sich ausserhalb der Stadt am Bahnhof befindet. 
Auf dem Markt mochten an dem Tage wohl ca. 400 bis 500 
Rinder aufgetrieben sein. Im Gegensätze zu dem schwarzweiss 
und grauweiss gefleckten, jütischen Vieh, sieht man hier das 
grosse braunrothe Vieh der dänischen Inseln rein oder mit 
Shorthorn gekreuzt. Auf dem vorzugsweise mit Milchvieh be¬ 
schicktem Markte waren viele schöne Kühe zu sehen. Gutes 
breites Becken, kräftiges Euter, gut gebildetes Vordertheil 
und feiner Knochenbau zeigten eine grosse Anzahl der Thiere. 
Einige ausgemästete Bullen und Kühe standen ebenfalls zum 
Verkauf. 

Der Schlachthof, welcher früher der Firma Dessau & 
Küster gehörte, ist von' diesen an eine bäurische Genossen¬ 
schaft verkauft worden. Es sind Schlachthallen für Rinder, 
Schweine und Kleinvieh vorhanden, nebst Kühlhaus und den 
erforderlichen Nebenräumen, ferner ein Schauamt für das von 
auswärts eingeführte Fleisch. An das für die Stadt bestimmte 
Schlachthaus gliedert sich eine Schweineexportschlachterei 
und eine sehr praktisch eingerichtete Wurstfabrik an, in der 
ebenfalls deutsche Schlachter das Wurstmachen besorgen. Die 
fertige Wurst ist in prachtvollen Hängeräumen untergebracht 
und trocknet hier, bis sie zum Räuchern fertig ist, oder bis sie 
als Dauerwaare versandt werden kann. Vorn am Schlachthof 
befindet sich ein geräumiger Fleischerladen, in dem der Ab¬ 
fall der Exportschlachtungen an die städtische Bevölkerung 
verkauft wird. Für die Sterilisation des minder- 
werthigen Fleisches ist ein Rohrbeck’scher Apparat und zur 
technischen Ausnutzung der Confiscate ein Podewills’scher 
Apparat aufgestellt. Hier in Odense hatte ich auch Gelegenheit 
das neue dänische Schnellsalzverfahren kennen zu lernen. 
Der Erfinder, Herr A. Fjelstrup, war selbst zugegen und führte 
mir seine Methode vor. Ein dem Zweck dienender Bulle wurde 
mittelst Schussmaske, wie auch alle übrigen Rinder im Schlacht¬ 
hofe, niedergestreckt. Die mit der Anwendung des Schuss¬ 
apparates verbundene Knallerei ist durch eine von dem Ober¬ 
thierarzt des Schlachthauses, Herrn Andersen construirte Ver¬ 


stärkung des Mantels des Schiessapparates wesentlich ver¬ 
mindert worden. Das Niederstrecken der Thiere mittelst des 
Schussapparates ging ausserordentlich schnell und sicher 
vor sich, und sollte man diese Betäubungsart auch in 
unseren deutschen Schlachthäusern mehr und mehr einführen. 

Der niedergestreckte Bulle blieb so lange liegen, bis die 
Reflexzuckungen vorbei waren. Dann wurde das Thier auf den 
Rücken gelegt, Haut und Brustbein durchtrennt und die Brust¬ 
höhle eröffnet. Um die Beschmutzung der Costalpleura mit 
Blut zu verhindern, wurden mehrere Eimer Wasser in die Brust¬ 
höhle hineingegosssen, das Herz aus dem Herzbeutel heraus¬ 
genommen, die linke Herzkammer eröffnet, ein Schlauch in die 
Aorta hineingeschoben und letztere auf dem Schlauchansatz 
festgebunden, zum Schluss wurde die rechte Herzkammer ge¬ 
öffnet. Aus einem Behälter strömte nun die Salzlösung unter 
einem Druck, der ebenso stark gewählt ist wie der Blutdruck, 
in die Aorta hinein und wurde mit dem Einspritzen der Salz¬ 
lösung so lange fortgefahren, bis aus der rechten Kammer die 
klare Salzlösung herauslief. Der Apparat wurde nun abgestellt 
und das Thier ausgeschlachtet. 

Am ausgeschlachteten Thier machte sich eine etwas 
feuchtere Beschaffenheit des Unterhautbindegewebes bemerkbar, 
der Ton des Fleisches zeigte einen Stich ins Graurothe, die 
Knochen waren etwas mehr ausgewaschen, Milz und Leber 
bedeutend durch Flüssigkeit aufgeschwellt. Das Rippenfell 
durch den Wassereinguss und Blut verwaschen roth. Ueberdie 
Conservirung und die Haltbarkeit des Fleisches sind die Er¬ 
fahrungen noch nicht abgeschlossen, der Fleischverbrauch des 
Fleisches bringt aber einen erheblichen Uebelstand mit sich, der 
je deutlicher hervortritt, je mehr Salpeter zur Salzlösung ge¬ 
geben ist. Wird das Fleisch gekocht, so wird es nicht grau, 
sondern behält eine rothe Farbe. Das Publikum, hieran un¬ 
gewohnt, trägt gegen den Genuss derartigen Fleisches Be¬ 
denken, und sind daraus schon unliebsame Weiterungen ent¬ 
standen. Infolgedessen hat man auch das Spritzverfahren für 
frisches Fleisch in Odense wieder einstellen müssen. 

(Schluss folgt.) 


Personalien. 

Wohnsitzveränderungen: Verzogen sind in Bayern: Districtsthier- 
arzt Hauck von Schönenberg nach Pasing, Districtsthierarzt 
Lallinger von Hollfeld in gleicher Eigenschaft nach Windsbach, 
Assistenzthierarzt Bl ahn von Nürnberg nach München zur Assistenz 
des Bczirksthierarztes Schneider bei der Vertretung des auf ein 
Jahr beurlaubten Bezirksthierarztes Drechsler. 

In Preussen: Thierarzt Helfers von Frankfurt a. 0. an die 
Rothlautserum - Anstalt nach Prenzlau. Thierarzt Schache aus 
Elberfeld zum Assistenzthierarzt am Sc'dachthof zu Düsseldorf. 

In der Armee: XII. Armeecorps. Kunze, Rossarzt vom Garde- 
Reiter-lteg. zum Oberrossarzt im 28. Art.-Reg. und Eberhardt, 
Unterrossarzt vom 12. Art.-Reg. zum Rossarzt im Gai de-Reitcr-Reg. 
— befördert. — Eichhorn, Oberrossarzt vom 28. Art.-Reg-, und 
Krause, Rossarzt vom 1. Ulan.-Reg. zur Landwehr 2. Aufgebots 
übergetreten bezw. pensionirt. 

Vakanzen. 

Kreisthierarz «teilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Cassel: Hofgeismar. — R.-B. Danzig: Elbing. Bcw. bis 
22. Sept. — R.-B. Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch 
nicht ausgeschrieben). — R.-B. Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 
1. October. — R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht 
ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — 
R.-B. Os nabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. 

Sanitätsthierarztstellen a)Neu ausgeschriebeneStellen: 


Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist— 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bcw. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: — Lübeck: .Schlachthof hilfsthierarzt. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra;. 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfurt — Gleschendorf 
(FUrstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pü¬ 
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. —Cal lies: Thierarzt Bew. an Magistrat. — Dassow 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt. 
Näheres Gemeinde-Vorsteher lt. Lau. — Elsterberg: Thierarzt. 
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. 
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Ein¬ 
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. 
— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬ 
gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 
500 Mark). — Neukirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse 
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg.- 
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen 
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier- 
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬ 
strat — Schlotheim: Tbierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 
500M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum(DanzigerNehrung): 
Tbierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — Wetter (Ruhr): Tbierarzt (Gebühren aus einzuführender 
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 
Besetzt: Assistenzthierarzistelle in Düsseldorf. 


Verantwortlich JUr den Inhalt (excL InseratentheU) Prof. Dr. Schmaltx in Berlin. — Verla« und Eisrenthum von Richard Schoet* ln Berlin. — Druck von W. BOxemteln. Berlin. 


Digitized by VjOOQie 



Die „Berliner TM® r ^ r *tUcho Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich InSvirW® Von mindesten* 1'/, Bogen. Dieselbe 
ist su bestehen durch aen Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Kicbara 
Scboets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, sum Preise von 
Mb. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeihr&ge werden mit 60 Mb. flir don Bogen honorirt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen nnd rcdaciionellen An¬ 
fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thlerftrxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correoturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. DieckerhofF, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 36 . Ausgegeben am 8. September. 


Inhalt: An unsere LeBer. — Nevermann: Zur Jodkali-Behandlung des Kalbe fi eher s. — Hell: Ueber Fehler 
beim Hufbeschlage. — Referate: Karl: Ausgebreitete Actinomycose beim Schwein. — Herzaffection als Nachkrankheit 
bei Maul- und Klauenseuche. — Bosso: Septicaemia haemorrhagica beim Rind. — Perdoni: Modification der Schmidt’schen 
Methode in der Behandlung des Michfiebers. — Festes Diphtheriehellserum. — Tagesgeschichte: Ordentliche General¬ 
versammlung des thierärztlichen Vereins von Schleswig im Bahnhöfshötel zu Neuraünster. — Verschiedenes. — Oeff ent¬ 
lieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark.— 
Personalien. — Vacanzen. 


An unsere Leser. 

Am 6. September 1888 ist die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ zum ersten Mal vor 
die Thierärzte getreten mit folgendem Programm: 

„Die Redaction wird sich unablässig bemühen, für die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ Originalarbeiten 
tüchtiger und bewährter Fachgenossen zu erwerben und so derselben einen nach jeder Hinsicht werthvollen Inhalt zu 
sichern, der geeignet ist, dem Bedürfniss der Leser nach wissenschaftlichem Fortschreiten zu genügen und ihnen 
practischen Nutzen zu gewähren. 

t Die Redaction ist sich indessen wohl bewusst, dass sie allein nicht im Stande ist, dies Ziel zu erreichen, 
ohne die werkthätige Hülfe der Herren Collegen, sie wendet sich daher an alle, denen gleich ihr die Fortentwicklung 
der thierärztlichen Wissenschaft und deren Betätigung nach aussen am Herzen liegt, mit der Bitte, soweit dies die 
Verhältnisse gestatten, die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ nach Kräften zu unterstützen. 

Sie erblickt diese Unterstützung in erster Linie in der Uebersendung wissenschaftlicher Beiträge, denn nur 
damit kann die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ inhaltlich vollkommen gestaltet werden; wird dies aber erreicht, 
so braucht eine anderweite Unterstützung, d. h. die durch Abonnement zu gewährende, nicht erbeten zu werden, 
sie wird sich von selbst ergeben. 

Die Redaction hält es für ihre wichtigste Aufgabe, den Interessen der Mehrzahl ihrer Leser streng Rechnung 
zu tragen, indem sie bestrebt ist, solche Publicationen zu bringen, welche von thatsächlichem Werth für die Er¬ 
weiterung der thierärztlichen Wissenschaft, von Einfluss für die practische Anwendung derselben oder sonst in erster 
Linie dem die Praxis ausübenden Thierarzt nützlich und erwünscht sein dürften. 

t Solche Arbeiten können aber nicht allein aus Instituten und Laboratorien hervorgehen, sondern sie selbst 
oder die Anregungen dazu müssen zum guten Theil als Resultate aus der practischen Anwendung unserer Wissen¬ 
schaft sich ergeben und deshalb aus den Reihen der practischen Thiferärzte selbst kommen. 

Die Herren Collegen wollen versichert sein, dass die iRedaction jeden, noch so kleinen Beitrag zur Be¬ 
reicherung des thierärztlichen Erfahrungsschatzes und der pathologischen Casuistik dankbar willkommen heissen wird; 
sie ist gern bereit, ihr übersandte diesbezügliche Notizen, zu deren Ausarbeitung dem Herrn Einsender vielleicht die 
Zeit mangelt, selbst zur Veröffentlichung fertig zu stellen und andrerseits ersten literarischen Versuchen wohlwollendste 
Prüfung und weitgehendste Unterstützung zu Theil werden zu lassen. 

: Dass sie übrigens auch sonst jederzeit zu Rath und Unterstützung bereit ist, darf als selbstverständlich gelten. 

In Berücksichtigung des Umstandes, dass die Mehrzahl der Leser nur e i n wissenschaftliches Blatt zu halten 
in der Lage sind, wird die Redaction der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift nicht ermangeln, durch kurze Referate 
über die einschlägige Literatur ihre Leser von allen gemachten Fortschritten zu unterrichten und ihnen so jederzeit 
ein Bild von dem Stande der gesammten medicinischen Wissenschaft zu verschaffen. 

Bei dem regen Trieb nach weiterer Entwickelung der Organisation des gesammten Veterinärwesens, bei 
den Veränderungen, die im Gefüge derselben die kommenden Jahre noch bringen dürften und in Anbetracht der 
noch ungelösten bedeutungsvollen Fragen ist es weiterhin als eine der vornehmsten Aufgaben jedes Fachblattes zu 
betrachten, diesen mit dem Wohl und Gedeihen des thierärztlichen Standes innig verknüpften Fragen eine stetige 
Aufmerksamkeit und ihrer praktisch durchführbaren und heilsamen Lösung eine energische Unterstützung zu Theil 
werden, zu lassen. 


Digitized by VjOOQie 







422 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 36 

Die Redaction der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift ist sich dieser Ehrenpflicht vollkommen bewusst und 
wird für dieselbe mit allen Kräften eintreten im Sinne eines stetigen, gesunden, den Verhältnissen Rechnung tragenden 
Fortschreitens. Im Bewusstsein, dass ein solches Ziel nicht durch Unbesonnenheit und Gehässigkeit, aber auch nur 
durch Entschiedenheit und Festigkeit zu erreichen ist, wird sie niemals eine unklare und planlose Agitation, aber 
jede thatkräftige, auf einen guten und greifbaren Zweck gerichtete Bestrebung unterstützen. 

In voller und dankbarer Anerkennung der grossen Fortschritte, die sich in letzter Zeit haben vollziehen 
können, wird sie sich begnügen, noch bestehende Uebelstände sachlich zu constatiren, nicht um einen Streit herbei¬ 
zuführen. sondern um dieselben zur Kenntniss zu bringen und womöglich Abhülfe zu veranlassen. 

Sie würde es zwar bedauern, wenn sie dabei in thierärztlichen Kreisen Gegner fände, niemals aber würde 
sie sich aus Rücksicht auf solche von der Verfolgung eines Zieles abhalten lassen, dessen Erreichung von der öffent¬ 
lichen Meinung als für das Wohl der Gesammtheit nothwendig erkannt ist. 

Dem für die Einigung aller Fachgenossen hochwichtigen Vereinswesen wird die Redaction der „Berliner 
Thierärztlichen Wochenschrift“ stets warmes Interesse entgegenbringen. 

Die. Redaction ist beim Antritt ihrer Thätigkeit nur von dem Wunsche beseelt, die vorgesteckten Ziele 
erreichen und dadurch nutzbringend für die thierärztliche Wissenschaft und den thierärztlichen Stand wirken 
zu können. 

Möchte sie dabei die Zustimmung und Hülfe der Fachgenossen finden“. 


Ob ich jenes, vor 10 Jahren von mir entworfene Programm gehalten habe, brauche ich mich — das kann 
ich mit Freude heut aussprechen — nicht zweifelnd zu fragen. 

Die Antwort haben mir bereits im Laufe des Decenniums die Thatsachen ertheilt, und der Umstand, dass 
die B. T. W. mehr als drei Viertel der überhaupt in Deutschland wohnenden Thierärzte zu ihren Abonnenten, zu 
Lesern also wohl noch ein wenig mehr, zählt, schafft mir die Gewissheit, dass ich das Richtige in der Hauptsache 
getroffen habe. 

Wenn ich von den drei Hauptpunkten jenes Programms die publicistische Behandlung der Standes¬ 
angelegenheiten als das mir am bedeutsamsten Erscheinende an erster Stelle betrachte, so darf ich in Anspruch 
nehmen, dass die B. T. W., in der hierbei meine Feder ganz allein tliätig gewesen ist, ihre vor zehn Jahren aus¬ 
gesprochenen Vorsätze bis zum Buchstaben getreu erfüllt hat. Sie hat „ niemals eine unklare und planlose Agitation, 
aber jede thatkräftige auf einen guten und greifbaren Zweck gerichtete Bestrebung “ verfochten und durchführen helfen. 
Ich habe das unabhängig nach allen Seiten und namentlich gänzlich unbekümmert um Einfluss, Meinung und 
Sonder-Interessen thierärztlicher Grössen gethan. Ich halte die Alleinherrschaft Einzelner in einem Stande, wie der unsrige 
ist, für einen Fehler; mir ist dies immer als die drückendste und gefährlichste Art der Abhängigkeit erschienen, uud 
die B. T. W. darf sich einiges Verdienst zuschreiben, wenn heute bei uns von einer solchen Abhängigkeit nicht 
gesprochen werden kann. Wenn mir dabei hier und da Gegner erstanden sind, so bedauere ich das in der That. 
Aber ich kann es nicht ändern und es kan« mich nicht ändern. 

Was die wissenschaftliche Seite der B. T. W. anlangt, so ist sie der vor zehn Jahren programmatisch ge¬ 
kennzeichneten Richtung gefolgt. Sie hat sich hinsichtlich der Originalartikel bemüht, die practischen Interessen in 
den Vordergrund zu stellen und die practischen Thierärzte zur Mitarbeit heranzuziehen. Es ist ihr einmal der Vor¬ 
wurf gemacht worden, dass das im Programm verheissene Wohlwollen gegenüber literarischen Versuchen aus der 
Praxis hier und da zu weit getrieben werde. Ich muss bemerken, dass dies mit voller Absicht geschehen ist. Es 
ist eine wesentliche Aufgabe, die jüngeren Collegen in der Praxis zu Publicationen zu erziehen; ein strenges Mäkeln 
an Einzelheiten würde diesem Zweck nur entgegen wirken, und alten verdienten Herren gegenüber wäre es erst recht 
nicht am Platze. Es steckt auch in unscheinbarer Schale oft ein brauchbarer Kern, und darauf kommt es an. Ein 
besonderes Bedürfniss ist es mir aber, an dieser Stelle auf den hohen practischen und erzieherischen Werth der 
zahlreichen Artikel Dieckerhoffs, namentlich auch aus der gerichtsthierärzlichen Praxis, besonders hinzuweisen. 

Das Hauptgewicht hat die B. T. W. auf die Verwirklichung des Satzes gelegt: ln Berücksichtigung des 
Umstandes , dass die Mehrzahl der Leser nur ein wissenschaftliches Blatt zu halten (bezw. zu lesen) im Stande sind , wird 
die B. T. W. nicht ermangeln, durch Referate über die einschlägige Literatur ihre Leser von allen gemachten Fortschritten 
zu unterrichten und ihnen so jederzeit ein Bild von dem Stande der gesammten medicinischen Wissenschaft zu verschaffen. 

Ich glaube, dass auch dieser Vorsatz voll erfüllt worden ist und diss den Lesern der B. T. W. nichts 
Wesentliches entgangen ist, was in der thierärztlichen Wissenschaft und den damit Fühlung nehmenden Zweigen 
der practischen Humanmedicin sich entwickelt hat. Hierbei bin ich von einer Anzahl sehr thätiger Mit¬ 
arbeiter in dankenswerthester Weise unterstützt. Um der Fülle des Materials Genüge leisten zu können, hat sich 
inzwischen eine erhebliche Vergrösserung der B. T. W. herausgebildet. 

Mit der Durchführung dieses Vorhabens, eine wissenschaftliche und practische Gesammtübersicht zu bieten, 
hat die B. T. W. eine Neuheit geschaffen, die auch in der Medicin in dieser Vollständigkeit nicht vorhanden 
war (und ist). 

Beide Aufgaben, die wissenschaftlichen Referate und die publicistische Behandlung der Tagesereignisse 
Hessen sich nur erfüllen im Rahmen einer grossen wöchentlich erscheinenden Zeitschrift. Die bereits vorhandenen 
so sehr verdienstvollen Zeitschriften ähnlicher Richtung (die Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht und 
die referirende Monatsschrift Anackers) waren aber ihres geringen Umfanges wegen nicht im Stande, allen Auf¬ 
gaben gleichzeitig und so umfassend gerecht zu werden. 

Es ist ein Verdienst des Herrn Verlegers der B. T. W., dass er vor dem Risiko der Begründung einer 


Digitized by LaOOQie 








8. September 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 423 

thierärztfichen Wochenschrift im grossen Styl, die sich den grossen medicinischen Blättern an die Seite stellen 
konnte, nicht zurückgeschreckt ist, dieselbe vielmehr in thatkräftigster Weise in die Hand genommen hat. Es hat 
sich freilich bald genug gezeigt, dass das tliier-ärztliche Fach ein sehr geeignetes Feld für eine solche Wochenschrift war. 

Seitdem hat die periodische thierärztliche Literatur eine völlige Umgestaltung, und zwar in durchaus 
practischer Richtung, und mehrfache werthvolle Bereicherung erfahren. Die Monatshefte für practische Thierheilkunde, die 
Zeitschrift für Veterinärkunde, Organ für die Rossärzte der Armee, die Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene 
und die Deutsche thierärztliche Wochenschrift sind neu hinzugetreten. 

Die B. T. W. kann mit einer gewissen Genugthuung auf die Thatsache zurückblicken, dass sie diese neue 
Zeit und neue Richtung eingeleitet hat. 

Sie hatte in ihrer Special-Anlage und -Bestimmung als Wochenschrift kein Vorbild. Die Thatsache, dass 
das später zunächst als Gegensatz zu ihr geschaffene Organ (die Verhältnisse und Personen haben inzwischen ge¬ 
wechselt und ich kann diese lediglich retrospective Bemerkung wohl machen) nicht besseres zu tliun wusste, als in 
der ganzen Anlage der B. T. W. möglichst ähnlich zu werden, ist mir als die beste Anerkennung in dieser Beziehung 
erschienen, die ich erhalten konnte. 

Für dieses „Ich“ bin ich schliesslich meinen verehrten Lesern noch eine Erklärung schuldig. Jene vor 
zehn Jahren erschienene erste Nummer ist nicht von mir, sondern von einem unserer thierärztlichen Veteranen, dem 
Herrn Oberrossarzt a. D. Grosswendt gezeichnet. Gleichwohl ist die B. T. W. durch eine besondere Verkettung 
von Umständen von Anbeginn an von mir redigirt. 

Mein Verleger, der eine andere thierärztliche Zeitschrift erworben hatte, war plötzlich in die Lage versetzt, 
einen neuen Redacteur suchen zu müssen und wandte sich an mich. Ich konnte mich dazu jedoch nicht entschlossen, 
nicht weil ich mich vor der Verantwortung gescheut hätte, sondern weil meine Erziehung und Gesinnung mir eine 
tiefe Abneigung gegen die Presse und Alles, was damit zusammenhängt, eingeflösst hat, die ich auch heute noch 
nicht überwunden habe, obwohl mich die Verhältnisse selber jener in die Arme führten. 

Da ein Aufschub nicht möglich war, so übernahm Herr College Grosswendt freundlichst die Repräsentation, 
ich, durchaus vorläufig, die Arbeit und ausserdem die Suche nach einem Redacteur, denn nur eine jüngere Kraft 
konnte das Unternehmen durchführen. Ich habe keinen gefunden und habe mich denn schliesslich und namentlich, 
als später Herr Professor Dieckerhoff sich zur Mitübernahme der Repräsentation entschloss, bestimmen lassen, dabei 
zu bleiben. 

Ich bin heut weit entfernt davon, den Werth auch der Fachpresse zu verkennen; ich habe manchen Erfolg, manch’ 
freundliche Zustimmung und viel innere Befriedigung dabei gewonnen. Aber unbequem ist mir das Zeitungschreiben 
auch heute noch. 

Wenn ich gleichwohl „der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Triebe“, auch ferner in der B. T. W. die 
Feder zu Führen mich anschicke, so liegt diese Nöthigung für mich glücklicherweise nicht in äusseren Umständen. 
Aber ich habe je länger je mehr eingesehen, dass man mit der publicistischen Vertretung der Bedürfnisse und 
Interessen unserer Gemeinschaft, wenn man auch eigene Irrthümer und fremde Angriffe mit in den Kauf nehmen muss, 
doch nützen kann, und mich zwingt das Bewusstsein, dass Jeder die einfache Verpflichtung hat, an seinem Platz und 
mit den ihm gegebenen Mitteln sich in den Dienst öffentlicher Interessen zu stellen. 

Ich habe an der Schwelle des zweiten Jahrzehnts nur den Wunsch, dass es mir ebenso, wie im ersten, ge¬ 
lingen möge, den Ton zu treffen, der auch in der Brust der grossen Mehrzahl meiner Collegen eine gleichgestimmte 
Saite erklingen macht. Schmaltz. 


Zur iodkali-Behandlung des Kalbefiebers. 

Von 

Nevermann-Bremervörde. 

KreUtblerarxt. 

Im Nachstehenden soll kurz über eine Reihe Kalbefieber- 
erkranknngen berichtet werden, welche ich mit Kal. jodat. be¬ 
handelt habe. Wenn es richtig ist, dass diese Krankheit in den 
verschiedenen Gegenden von wechselnder Heftigkeit ist, so ge¬ 
hört der hiesige Kreis nebst Umkreis zu den Bezirken, wo das 
Milchfieber sehr bösartig auftritt. Meine frühere Behandlungsweise 
theils mit Tart. stibiat. (Harms), theils mit Eserin, Coffein, Kaffee- 
aufguss, Einreibung sowie mit antiseptischen Ausspülungen des 
Uterus hat nur in einem recht geringen Procentsatz Heilung her¬ 
beiführen können. 

Um so freudiger überrascht bin ich von der prompten Wirk¬ 
samkeit des Kal. jodat. Die Art und Weise der Application ist 
in allen Fällen genau die von Schmidt-Kolding angegebene ge¬ 
wesen. Stets sind 10,0 Kal. jodat in 1000,0 frisch V* Stunde ge¬ 
kochten Wassers gelöst, mittelst Glastrichter, Gummischlauch und 
metallenem Milchkatheter infundirt worden, welche durch 2proc. 
LysollÖBung sterilisirt waren. Daneben habe ich mehrfach 


Coffein natrio - benzoYc. 5,0 subcutan gegeben. Die einzelnen 
Krankheitsgeschichten sind folgende: 

L Kuh des Brennereibesitzers B. in Bremervörde. Grosse, 
gut genährte Kuh, ostfriesischer Abstammung, mit sehr stark 
entwickeltem Euter, hat vor 24 Stunden gekalbt, soll vor etwa 
zwei Stunden erkrankt sein. 

Status praesens: Kuh liegt mit ausgestreckten Beinen auf 
der Seite, völlig besinnungslos and fühlt sich über die ganze 
Körperoberfläche kühl an. Begiessen des Kopfes mit kaltem 
Wasser, Aufrichten und Hochheben des Kopfes lassen das Thier 
ohne Reaction. Mastdarmtemperatur 37,2° C., 90 schwache 
Pulse, Athmung geschieht röchelnd etwa 20mal in der Minute. 

Es werden sofort 10,0 Kal. jodat. infundirt, subcutan 5,0 
Coffein natrio-benzoi'c.; Abreiben des Körpers mit Branntwein 
reichliches Belegen mit wollenen Decken. 

Nach etwa drei Stunden steht die Mastdarmtemperatur auf 
38,3° C. Die Kuh hat den Kopf seitlich an die Brustwand ge¬ 
legt i Körperoberfläche unter den Decken warm anzufühlen. Nach 
sechs Stunden erwacht die Kuh bei der Erneuerung der kalten 
Kopfumschläge. Nach zwölf Stunden wird die Kuh im Stalle 
stehend gefunden. Sie wird jetzt zum ersten Male seit der Iu- 


Digitized by LaOOQie 





424 

fusion wieder gemolken, nnd etwa ein Liter normal anssehender 
und süss schmeckender Milch gewonnen. 

Am nächsten Morgen (20 Standen nach der ersten Behandlung) 
frisst die Kuh etwas Heu und trinkt '/? Eimer Brotwasser. Aus 
beiden Nasenlöchern entleert sich in reichlicher Menge ein 
schleimiger, leicht weisslicher Ausfluss. Die Kuh prustet öfters. 
Es besteht profuser Durchfall Am nächsten Tage 6—7 Liter 
Milch; Allgemeinbefinden gut. Die Milchsecretion steigt in 
8 Tagen wieder auf 12—15 Liter pro Tag. 

II. Kuh des Hofbesitzers und Müllers St. in Basdahl. Sehr 
grosses, mässig genährtes Thier hat angeblich vor 3 Tagen 
gekalbt, hat vor etwa 3 Stunden beim Melken nicht mehr stehen 
können. 

Status praesens: Das Thier kann sich trotz vieler An¬ 
strengungen nicht mehr erheben; arbeitet sich fortwährend im 
Stalle umher. Temperatur 38° C., 60 Pulse, 24 Athemzüge. 

Behandlung: 10,0 Kal.jodat., 5,0 Coffein, ratrio-benz. subcutan. 
Kuh steht nach 6 Stunden wieder auf. Am Tage darauf ist das 
Thier völlig gesund, giebt aber nur die halbe Milch. Nach 
4 Tagen Milchproduction auf normaler Höhe. 

III. Kuh des Bäckermeisters B. in Bremervörde soll vor 
2 Tagen gekalbt haben, hat morgens noch „einen Eimer“ Milch 
gegeben und kann jetzt nicht mehr aufstehen. 

Status praesens (vormittags 10 Uhr): Grosse, mässig ge¬ 
nährte Kuh, ostfriesischer Rasse mit ganz gewaltig entwickeltem 
Euter. Das Thier liegt auf dem Brustbein mit an die Brustwand 
gelehntem Kopfe; Augen fast geschlossen, Cornea leicht trübe. 
Temperatur 37,5° C., 60 Pulse, 12 Athemzüge. 

Behandlung: 10,0 Kal. jodat., 5,0 Coffein, natrio-benzoi'c. 
subcutan. Am nächsten Morgen steht die Kuh wieder, nimmt 
etwas Getränk, aber kein Futter. Reichlicher schleimiger Nasen¬ 
ausfluss, profuser Durchfall. Im Laufe des Tages stellt sich der 
Appetit wieder ein. Nach 3 Tagen giebt die Kuh schon wieder 
12 Liter Milch. 

IV. Kuh des Altentheilers B. in H. hat angeblich vor 4 Tagen 
gekalbt, kann jetzt nicht mehr stehen, versucht aber noch vorn 
sich zu erheben. 

Behandlung: 10,0 Kal. jodat. 

Nach 5 Stunden steht das Thier wieder auf und ist am 
nächsten Tage ziemlich gesund. Milchsecretion aber noch etwa 
eine Woche mässig, steigt in der zweiten Woche wieder auf die 
alte Höhe. 

V. Kuh des Häusling G. in Altwistedt soll vor 4 Tagen 
gekalbt haben und liegt bei meiner Ankunft schon seit l'/ 2 Tagen 
— ich war durch Krankheit verhindert — völlig besinnungslos 
am Boden. Durch den Besitzer sind bereits mehrere Flaschen 
voll Leinöl und Schmalz zu gleichen Theilen eingegeben worden, 
sowie Glaubersalz insgesammt etwa 2 Pfund. 

Status praesens: Grosses, gut genährtes Thier liegt auf der 
Seite mit ausgestreckten Beineu nnd Halse; 18—20 laut röchelnde 
Athemzüge, 100 Pulse. Temperatur 37° C. Körperoberfläche 
fühlt sich kalt an. Milch fast ganz versiegt. 

Behandlung: Infusion von 10,0 Kal. jodat., 5,0 Coffein sub¬ 
cutan. Nach 18 Stunden steht das Thier wieder auf, frisst etwas 
und nimmt auch etwas Brotwasser. Am folgenden Tage stellt 
sich Athemnoth ein, die Fresslust nimmt ab. Am dritten Tage Noth- 
schlachtung wegen hochgradiger Athemnoth. Bei der Fleisch¬ 
beschau findet sich eine ausgebreitete Fremdkörperpneumonie, 
sonst keine krankhaften Veränderungen. 

VI. Kuh des Vorstehers K. in Mehedorf, gut genährt, soll 
vor zwei Tagen gekalbt haben und hat angeblich am Morgen 
nur mit Mühe aufstehen können. Milch sehr wenig geworden. 

Status praesens: Kuh steht, schwankt aber im Hiutertheil, 


No. 36. 


schlägt öfter mit den Hinterbeinen, macht zackende Bewegungen 
mit denselben und trippelt hin und her. 

Behandlung: Es werden versuchsweise 10,0 Kal. jodat. 
per os gegeben. Nach einigen Stunden sind alle krankhaften 
Erscheinungen verschwunden. Die Milchsecretion steigt in den 
nächsten Tagen wieder auf die gewohnte Literzahl. 

VII. Kuh des Gastwirths H. in Mulsum soll vor drei Wochen 
gekalbt haben und vor drei Stunden erkrankt sein. Milchsecretion 
liegt darnieder. 

Status praesens: Gut genährtes Thier, liegt auf der Seite, 
vermag aber noch anfzustehen. Im Stehen hält das Thier die 
Vorderbeine gespreitzt, schwankt mit dem Htntertheil hin und 
her und fällt mehrfach um. Die Körperoberfläche fühlt sich kalt 
an. Temperatur 37,3 0 C., 60 Pulse, 20 Athemzüge. 

Behandlung: 10,0 Kal. jodat werden in das Euter infandirt. 

Am anderen Morgen steht die Kuh sicher auf den Beinen, 
nimmt aber noch kein Futter. Die Besserung schreitet rasch 
fort, sodass nach drei Tagen die Milchproduction die alte Höhe 
erreicht. 

VIII. Kuh des Schiffseigeuthümers M. in Ottendorf hat an¬ 
geblich drei Tage vorher gekalbt und soll vor 19 Stunden die ersten 
Krankheitssjmptome gezeigt haben: Schwanken im Hintertheil, 
beschwerliches Aufstehen; liegt seit sechs Stunden unbeweg¬ 
lich fest. 

Status praesens: Ziemlich gut genährtes Thier liegt auf der 
Seite mit ausgestreckten Beinen und Halse; versucht man den 
Kopf aufzurichten, so fällt er wieder kraftlos in seine frühere 
Lage zurück. Die Augen sind geschlossen, die Cornea ist ge¬ 
trübt. Körperoberfläche kalt, Temperatur 37,0 0 C., Puls schwach 
und etwa 100 Mal in der Minute zu fühlen, Athmung ober¬ 
flächlich, kaum sichtbar, 24 Mal in der Minute zu zählen. Milch- 
prodnction sehr gering. 

Behandlung: Infusion von 10,0 Kal. jodat und 5,0 Coffein, 
subcutan. 

Fünf Stunden nach der Behandlung (vier Uhr Nachmittags) 
drehte sich das Thier auf die andere Seite, um 4 y, Uhr hob es 
schon den Kopf, um 5'/j Uhr bekam es zu trinken, um sieben 
Uhr zum zweiten Male, um acht Uhr stand es auf und frass 
Gras. 

Was den Fall VI anbetrifft, so bemerke ich, dass die Be¬ 
handlung lediglich ein Versuch war, aus dem ich vor der Hand 
keinerlei Folgerungen ziehen möchte. Derartig rasche Genesungen 
kommen bei leichten Erkrankungen an Milchfieber auch ohne jede 
Behandlung nicht selten vor. 

Dagegen geben die übrigen 7 Fälle ein in ihrem Verlaufe ganz 
gleiches Bild. In allen Fällen konnte die einige Stunden nach 
der Behandlung einsetzende, stetig fortschreitende Besserung 
constatirt werden, welche das „Milchfieber“ stets zur Heilung 
brachte. Die im Falle V erfolgte Nothschlachtung hatte mit der 
ursprünglichen Erkrankung nichts mehr zu schaffen, sondern ist 
die Folge des Eingebens von ganz unzweckmäSBigeu und neben¬ 
bei schlecht zu schluckenden (Schmalz und Leinöl) Hausmitteln, 
wie der Krankheitsverlauf schon diagnosticiren liess und die 
Section klar vor Augen führte. 

Für mich unterliegt es keinem Zweifel, dass der günstige 
Ausgang in den 7 Fällen nicht Zufallssache, sondern Folge der 
Jodkali-Behandlung ist. Dabei sind unangenehme Neben¬ 
erkrankungen niemals nachzuweisen gewesen, speciell sind keine 
Euterentzündungen aufgetreten. Die erste nach der Behandlung 
gemolkene Milch hatte in keinem Falle irgendwelche Gerinnsel 
aufzuweisen, vielmehr war Farbe, Geruch und Geschmack normal. 

Um so mehr musste es auffallen, dass in der B. T. W. 1898 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 





8. September 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


425 


No. 29 und 31 sich zwei abfällige Urtheile über Schmidt’sclie 
Behandlung fanden. 

Es liegt sicherlich im Interesse der Sache, etwas genauer die 
Begründung dieser Urtheile anzusehen. 

Meyer-Leese hat 5 Fälle mit Jodkalium behandelt und 
keine Genesung zu verzeichnen, sondern 5 Nothschachtungen. 
Bei einem Thier gibt M. za, dass die Nothschlachtung vielleicht zu 
früh vollzogen wurde. Ich meine, dass bei Milchfieber aus Noth- 
schlachtangen überhaupt kein Urtheil sich gewinnen lässt. 
Die richtige Zeit der Nothschlachtung ist bei dieser Erkrankung 
m*. E. überhaupt nicht recht zu bestimmen. Die von mir aufge- 
führten Fälle 1 und 8 waren gewiss so hochgradige Erkrankungen, 
dass man eine Genesung kaum erwarten konnte, und dieselbe ist 
doch eingetreten. Die Nothschlachtung hätte mithin hier zu einem 
gänzlich falschen Urtheil geführt. Es erscheint daher sehr rath- 
sam, Noth8chlachtungen nicht direct gegen den Werth des Jod¬ 
kali zu verwenden, sondern sie höchstens als unentschiedene 
Behandlnngsversnche gelten zu lassen, sie weder pro noch contra 
anzurechnen. 

Was die Mittheilung von Moebius-Plauen anbelangt, so ist 
dieser einzige Fall doch zu einem Urtheile wohl kaum zu ver- 
werthen. Das Thier soll beim Füttern plötzlich „unter Brüllen 
hingefallen sein“. Es bestand Speicheln, leichtes Autblähen, Be¬ 
wusstlosigkeit , vollständige Apathie und Gefühllosigkeit bei 
Nadelstichen in den Rücken. Der Krankheitsfall ist, wenn man 
ihn unter Gebärparese einreihen will, mindestens aussergewöhnlich. 
Ich habe bei der Gebärparese niemals gewisse Vorboten ver¬ 
misst: Schwanken, Trippeln, eigen thümliche zuckende Be¬ 
wegungen mit den Hinterfüssen, rasche und bedeutende Abnahme 
der Milchsecretion. Beim Lesen der Mittheilnng von Moebius 
hat sich mir der Gedanke aufgedrängt, ob nicht am Ende 
doch etwas Anderes als Milchfieber Vorgelegen hat. Ich 
gebe aber gern zu, dass die knappen Mittheilungen M.’s über 
die Krankheitserscheiuungen hier störend eingewirkt haben 
können. 

Den Werth der neuen Behandlungsmethode beweisen auch 
die bisher veröffentlichten Krankenberichte von C1 a u s s e n*)- 
Bergedorf, Ehling*), H o 1 m*), K a i s e r*), Dr. Künneman n*), 
K u b asch e ws k i**), S c h m i d t*)-Buxtehude, C. Tempel**). 
Rechnet man dazu die oben von mir besprochenen 7 Fälle, so 
umfassen diese Berichte 65 Fälle mit 56 Heilungen, 7 Todes¬ 
fällen und 2 Nothschlachtungen, was einen Verlust von 13,8 pCt. 
ergeben würde. 

Nun müssen aber 4 Fälle ausgeschieden werden, bei denen 
durch die Obdnction Fremdkörperpneumonie nnd Blutungen in 
die Medulla oblongata nachgewiesen worden sind, bezw. bei denen 
eine durch steigendes Fieber (40 und 41°) sich anzeigende Misch- 
infection bestanden hat. Dann ergeben sich unter 61 Fällen nur 
5 Verluste gleich 8,2 pCt. 

Es würde danach höchst wahrscheinlich bei Zugrundelegung 
einer grossen Zahl von Erkrankungen die Verlustziffer sich auf 
etwa 10 pCt. stellen wie in Dänemark (500 Fälle; 90 pCt. 
Genesungen). 

Freilich ist eins unbedingt nöthig: Die Nothschlachtung muss 
bis aufs Aeusserste beschränkt werden, sonst kommen sofort ganz 
andere, freilich falsche Resultate heraus, wie das die Mit¬ 
theilungen von Husfeld-Wandsbeck und Meyer-Leese ergaben. 
Beide haben zusammen 18 Fälle behandelt, wovon 9 Thiere 
geheilt und 9 Thiere nothgeschlachtet sind. Verlust 50 pCt. 

Es ist danach eine wesentliche Aufgabe des Thierarztes, nicht 
nur die Kühe, sondern auch die Besitzer zu „behandeln“. Bei 

*) Deutsche Thierärztliche Wochenschr. No. 15, 23, 28, 31. 

**) B. T. W. No. 18, 29. 


den schlechten. Erfolgen der bisherigen Behandlungsmethoden 
sind die Viehbesitzer nur zu geneigt, zum Messer zu greifen. 
Hier gilt es von vornherein auf das Neue der Behandlungs¬ 
weise aufmerksam zu machen und zu betonen, dass nicht eine 
sofortige Besserung zu erwarten ist, sondern dass ein geduldiges, 
stundenlanges Zuwarten am Platze. 

Ich lasse endlich jede theoretische Erwägung über die 
Wirkung der Behandlung und die Ursache des Milchfiebers ganz 
aus meiner Betrachtung heraus, halte auch derartige durchweg 
(Schmidt-Kolding eingeschlossen) nur auf sehr schwachen 
Gründen aufgebaute Betrachtungen zur Zeit für äusserst inopportun! 
Es handelt sich vor der Hand lediglich darum, festzustellen, ob 
Schmidt-Kolding uns — wie ich glaube — mit einem Heilmittel 
der Gebärparese beschenkt hat. Diese Untersuchung hat zu 
geschehen auf Grund statistischen Materials. Ich bin auch der 
Ansicht, dass die Zeit zu einer Umfrage bei den Thierärzten 
schon jetzt gekommen ist; denn es unterliegt keinem Zweifel, 
dass eine bei Weitem grössere Zahl von Erkrankungen an 
Gebärparese schon jetzt der Behandlung mit Jodkalium unter¬ 
zogen ist, als wie die thierärztliche Literatur sie nacbweist. 
Ich denke mir eine solche Sammlung der gemachten Erfahrungen 
in der Weise, dass ein Fragebogen aufgestellt und an 
eine möglichst grosse Zahl von Thierärzten verschickt 
wird. Das so erhaltene Material müsste dann zusammengestellt 
und veröffentlicht werden. 

Zu einer solchen Bearbeitung der eingesandten 
Beobachtungen erkläre ich mich gerne bereit. 

Ich habe zu dem Zwecke am Schlüsse hiermit einen Frage¬ 
bogen entworfen, von welchem die Buchhandlung von 
Schoetz Separatabzüge den Herren Collegen auf 
Wunsch zur Verfügung stellen wird. Die ausgefüllten Frage¬ 
bogen wären dann etwa bis zum 1. October dieses Jahres an 
mich einzusenden, worauf die Bearbeitung und Veröffentlichung 
des eingesandten Stoffes alsbald erfolgen würde.*) 

In die Tabelle habe ich drei inzwischen behandelte Fälle 
(die Tabelle ist nach Einsendung der übrigen Arbeit aufgestellt) 
eingetragen, um die Art der Eintragung verständlicher zu machen. 
Für die oben gegebene Statistik sind diese drei Fälle noch nicht 
verwerthet 


Zur Statistik der Jodkali-Behandlung des Milchflebers 

gesammelt von. 


c 

,a» 

<— 

5 

i-3 

No. 

Hat gekalbt 
vor ? Tagen | 

Zur Zeit der 
Behandlung 
krank seit 
? Stunden 

Behandlung 
? Jodkali 

'S 

3 

bL 

0> 

ü 

iS 

o 

CO 

i. 

U 

c 

0/ 

s- 

O 

CO 

<U 

tu 

Wann hat 
das Thier 
sich wieder 
erhoben? 

Bemerkungen: 

1. ob schwer er¬ 
krankt 

2. event. Obduc- 
tionsbefund. 

3. ob Complicatio- 
nen vorhanden. 

1. 

3 

24 Stunden 

10,0 

1 

— 

- 

Nach 

8 Stunden 

mittelschwer 

krank. 

2. 

1 

10 Stunden 

10,0 

1 

— 

— 

12 „ 

schwerkrank:liegt 

bewegungslos. 

3. 

2 

4 Stunden 

10,0 

1 

— 

— 

? 

Anfangsstadium. 


*) Durch solche Umfragen, wie sie oben der Herr College 
Neverraann in sehr practisclior Weise anregt, haben die dänischen 
Thierärzte schon öfters wichtige Fragen, die sich anders gar nicht be¬ 
antworten lassen, statistisch entschieden. Diese bewährte Methode 
verdient auch bei uns Aufnahme zu finden, und ich bitte die Herren 
Collegen auch meinerseits, der Anregung des Herrn Verfassers nach¬ 
zukommen. Fragebogen sind von R. Schoetz gratis zu beziehen 
(unter gefl. Angabe, wie gross ungefähr der Bedarf). 

Schmaltz. 


Digitized by 


Google 






426 


Ueber Fehler beim Hufbeschlage. 

Von 

Hell, 

Corpiroaaarzt. 

Vortrag im Verein der Thierärzte von Schleswig. 

(Bericht siehe unter Tagesgeschichte.) 

„Kein Fass, kein Pferd!“ Dieser von dem alten Lafosse 
herrährende Satz behält noch jetzt seine volle Berechtigung. 
Am Fass ist ja der Huf der wichtigste Theil, da er die vom 
Erdboden empfangenen Erschütterungen schmerzlos aufnehmen 
soll zum Schutz der in ihm und über ihm liegenden Knochen 
und Weichtheile. Er muss deshalb in hohem Masse widerstands¬ 
fähig und elastisch sein und durch Hufpflege und Hufbeschlag 
so erhalten bleiben. 

Die Hufpflege ist besonders bei dem heranwachsenden 
Pferde von Werth, findet leider bei dem Züchter noch lange nicht 
genug die ihr gebührende Beachtung, häufig wird er erst durch 
den materiellen Schaden, der ihm beim Verkauf eines mit 
schlechten Hufen versehenen Pferdes erwächst, darauf aufmerksam 
gemacht, dass zu einem guten Pferde auch gute Hufe gehören. 
Der Händler setzt sich auch noch zu oft über mangelhafte Be¬ 
schaffenheit der Hufe hinweg, er kauft die „Blender“ in der 
sicheren Voraussetzung, dass er schon einen Abnehmer finden 
wird, der den Vortheil eines festen Hufes nicht zu schätzen 
versteht, ja selbst auf die Warnung des Sachverständigen nicht 
allzugrossen Werth legt. So lange das Pferd beim Züchter auf 
der Weide oder auf weichem Boden und bei ruhiger Arbeit rieh 
befindet, merkt man in der Regel nichts von dem Nachtheil einer 
vernachlässigten Hufpflege oder eines schlechten Beschlages, die 
Eisen liegen ja bekanntlich nicht selten 2—3 Monate auf dem 
Hufe, ohne dass Dienstpferde lahm werden. Anders aber beim 
Wechsel, wenn das Pferd Tag für Tag Pflaster treten und dabpj 
noch schnell laufen oder schwere Lasten ziehen soll. Aus dem 
frischen Pferde mit den flotten geräumigen Gängen wird gar bald 
ein stumpfer Gaul, der bald links bald rechts lahmt, oder doch 
wenigstens klamm geht, und wenn jetzt der Schmied nicht sein 
Handwerk versteht, so ist und bleibt das Pferd pflastermüde. 

Das Bedürfniss eines guten Hufbeschlages liegt somit in 
vollem Masse vor; dass es von den Behörden anerkannt ist, 
beweist die Errichtung der Lehrschmiede sowie die Bestimmung 
über die Prüfung der Beschlagschmiede. Aber trotzdem sieht es 
mit dem Hufbeschlage stellenweise noch recht traurig aus Die 
Schmiede fallen selbst bei guten theoretischen Kenntnissen oder 
practiscber Geschicklichkeit gar zu leicht in ihren alten bequemen 
Schlendrian zurück; das, was ihnen mit vieler Mühe in der Lehr¬ 
schmiede beigebracht ist, vergessen sie, sobald sie sich selbst 
überlassen sind. Sieht man sich den Gang des Beschlages in 
einer Privatschmiede genauer an, so fällt in der Regel auf, dass 
den wichtigeren Theil, das Beschneiden, der Unerfahrene oder 
Mindergeschickte, ein Lehrling oder Geselle, besorgt, während 
der Meister sich mit dem Zupassen des Eisens begnügt. Beide 
arbeiten selten Hand in Hand, sondern vielmehr jeder nach seinem 
Kopfe oder auch ohne Gedanken. Was der Eine vielleicht noch 
gut macht, verdirbt der Andre. 

Ein anderer Uebelstand beim Hufbeschlage ist der, dass der 
Hufschmied dem Wunsche oder den Anordnungen des Besitzers 
oder .Kutschers gern oder ungern sich fügen muss, wenn anders 
er nicht seine Kundschaft verlieren will. Der Griff und die hohen 
Stollen an den Vordereisen sind erfahrungsgemäss beim Fehlen 
der Glätte überflüssig und meistens nachtheilig und doch sieht 
man in grossen Städten noch die meisten Zugpferde so beschlagen. 

Von den mannigfachen Fehlern beim Hufbeschlage mögen 
hier nur die wichtigsten hervorgehoben werden: 


No. 36. 

1. Beim Zubereiten des Hufes. Wenn der Hutbeschlag den 
Zweck haben soll, den Huf gegen das zu starke Abnutzen zu 
schützen, ohne dass dabei seine natürliche Form und Beweglichkeit 
besonders beeinträchtigt wird, so muss sich für den denkenden 
Hufschmied von vornherein der Grundsatz ergeben, dass bei dem 
häufigen Beschlagwechsel das zu starke Behauen, Be¬ 
schneiden und Beraspeln ein Fehler ist. Eher den Huf 
zu gross lassen, als zu klein machen, eher Sohle und Strahl gar 
nicht beschneiden, als zu weich machen, sollte für jeden Hof¬ 
schmied Regel sein. Aber in Wirklichkeit ist es anders. Die 
Hornwand wird mit der Hauklinge rücksichtslos bearbeitet, dabei 
die Trachten in der Regel gegen die Zehe zu niedrig gehalten, 
oder es werden Löcher ausgebauen, welche erst durch Btarkes 
Aufbrennen des Hufeisens beseitigt werden können. Die Eck¬ 
streben werden häufig zu tief ausgeschnitten und dabei gleich¬ 
zeitig zwischen Trachteuwand und Strahl ordentlich „Luft" 
gemacht. Ein grober Fehler ist das zu dünne Beschneiden der 
Sohle an der Zehe, wo sie gerade am empfindlichsten ist und 
doch das Aufbrennen oder den Druck des Eisens leiden kann. 
Viele Schmiede schneiden die Sohle bis über die weisse 
Linie hinaus hohl, sodass der Tragerand zu schmal 
wird und Huf und Eisen eine zu geringe Berührungsfläche 
haben. Die Hauklinge ist ein gefährliches Iostrument in der 
Hand des ungeschickten und gedankenlosen Schmiedes, das Huf¬ 
messer und die Raspel sollten in den meisten Fällen zum Zu- 
bereiten des Hufes ansreichen. Die Raspel wird aber gewöhnlich 
zu wenig bei Egalisirung des Tragerandes und zu viel bei 
Glättung der Hornwand benutzt. 

2. Beim Zurichten und Aufpassen des Hufeisens. Hierbei 
wird häufig der Fehler gemacht, dass das Eisen nicht nach der 
Hufform gerichtet ist Ein zu kurzes Eisen sucht der Schmied 
gerne dadurch passend zu machen, dass er die Zehenwand im 
Bereich des Aufzuges zu stark verkürzt; ausserdem werden die 
Eisen an dem Zehentheil häufig zu eng gehalten. Dieser Fehler 
fällt besonders an den Vorderhufen der schweren Zugpferde auf. 
Aus der von Natur weiten fast kreisrunden Form entwickelt sich 
unter der Hand des Schmiedes allmälig ein fast dreieckiger 
Huf, ähnlich dem Hinterhuf. Denkt man sich auf einem derartig 
verstümmelten Hufe ein schmales Eisen mit hohem Griff und 
hohen Trachten, so kann man sich nicht wundern, dass das 
Pferd schlechter von der Schmiede kommt, als es hingiDg. 
Durch das Zuenggerichten der Eisen und der Zehen und durch 
das zu starke Beraspeln der Zehen- und Seitenwand wird haupt¬ 
sächlich die Entstehung des bröckligen Hufes, der Wandfäule 
und der hohlen Wand begünstigt. 

Während der Zehentheil des Eisens zu spitz oder zu eng, 
wird umgekehrt der Trachtetheil häufig zu weit gehalten; manche 
Schmiede suchen etwas darin, den äussern Eisenschenkel lyra¬ 
förmig nach aussen nmzubiegen. sodass die starke gesunde Tracht 
zollaug freiliegt und die angrenzende Seitenwand abgezerrt wird. 

Ein weiterer grober Fehler ist das Aufbrennen des zu stark 
oder ungleich erwärmten Eisens. Durch das Aufbrennen eines 
stark erhitzten Eisens kann die Sohle, besonders am Zehentheil, 
leicht verbrannt werden, ausserdem wird das Eisen in Folge des 
späteren Abkühlens zu eng. Durch das Aufpassen eines ungleich 
erwärmten Eisens wird der Tragerand nngleichmässig gebrannt, 
das abgekühlte Eisen liegt beim Aufschlagen nicht fest auf, 
sondern wackelt. 

3. Fehler beim Aufschlagen des Eisens. Anstatt das Eisen 
mit den beiden Zehennägel lose aufzuheften und dann zur Con- 
trole der Lage des Eisens das Pferd mit dem Fass vorsichtig 
auftreten zn lassen, begehen viele Schmiede den Fehler, die 
ersten Nägel sofort mit aller Kraft einzuschlagen, sodass das 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 





427 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8. Septem^ r 1898. 

etwa nothwendig werdende Vorschieben des Eisens nur durch 
gewaltsames Gegen schlagen nnd Abbiegen möglich wird, dem 
Thiere mithin unnöthige Schmerzen und an Horn- und Weich- 
theilen mehr oder weniger starke Zerrungen nnd Trennungen ver¬ 
ursacht werden. 

Der Nagel soll der Regel nach in die weisse Linie ein- und 
dnrch die Mitte der Dicke der Hornwand in entsprechender 
Höhe durchdringen. Defecte Hornstellen sollen vermieden werden. 
Dadurch dass die gebräuchlichen Eisen nur 6—8 Naggellöcher 
haben, kommen die Nagellöcher des neuen Beschlages in der 
Regel in nächster Nähe der alten Nagellöcher, wodurch die Wand 
bei der häufigen Beschlagerneuerung vernagelt ist und bei 
sprödem rissigen Horn bald ihre Haltbarkeit verliert. Die in der 
preussischen Armee gebräuchlichen Eisen haben dagegen 14—20 
Nagellöcher, lassen daher eine beliebige Auswahl zu Gunsten einer 
sicheren Befestigung des Eisens zu. 

Die Folgen der Beschlagfehler machen sich durch 
schmerzhafte Zustände am Hufe selbst oder an den benachbarten 
Gelenken, Sehnen und Bändern bemerkbar. Im geringeren Grade 
geht das Pferd klamm oder blöde, im höheren Grade aber 
wirklich lahm. Der unnütze Beschlag mit hohen Stollen ruft bei 
jungen Pferden, die bisher auf weichem Boden gingen, sobald sie 
auf Pflaster kommen, leicht Trachtenzwang hervor, da der Strahl 
vom Erdboden entfernt ist. Das ungleiche Beschneiden der 
Wände führt zn schmerzhaften Zerrungen nnd Dehnungen der 
Fleischwand, der Bänder und Sehnen. 

Die Steingallen sind bekanntlich eine regelmässige Folge 
des Hufbeschlages, ohne dass in jedem Falle ein Beschlagfehler 
vorliegt; viele Hufe neigen dazu. Aber ein grosser Fehler ist es, 
die Steingallen, selbst wenn sie nicht Ursache einer Lahmheit 
sind, übermässig tief bis aufs Blut auszuschneiden und das Eisen 
übermässig stark an die Trachten schweben zu lassen; hierdurch 
wird die Steingalle nur unterhalten und nicht selten aus der ein¬ 
fachen unschuldigen Art ein eiterige geschaffen, die dann schwer 
zu heilen ist. 

Gegen ein mässiges Schweben der Trachten bei schmerz¬ 
haften Zuständen derselben lässt sich nichts einwenden, bei den 
gesunden Hufen hält es Referent nicht für nothwendig; die 
Trachten sollen tragen, selbst wenn sie bei hoch gehobenem 
Fusse nicht das Eisen berührten, bei der Belastung senken sie 
sich doch herab und mit dem Nachwachsen des Hornes wird die 
dauernde Berührung mit dem Eisen bald wieder hergestellt. 

Zu den Folgen der Beschlagfehler gehört ferner die lose 
und die hohle Wand. Beide Hufübel haben verschiedene Ur¬ 
sachen. Bei der losen Wand spielen mechanische Verhältnisse 
eine Hauptrolle; in der Regel rücken die Trachten unter der 
schädlichen Einwirkung des Beschlages nach vorne, die Seiten¬ 
wände biegen sich dadurch ab und trennen sich mehr weniger 
von der weissen Linie. Bei der hohlen Wand wirken Fäulniss- 
erreger, vielleicht specifischer Art, ein. Sind die widerstands¬ 
fähigen oberen Schichten der Wand beim Beschläge zu stark 
weggeraspelt, sodass die grössere weichere Schicht frei liegt, so 
würde diese unter dem Einfluss des Dunges und der Jauche 
mürbe und bröcklig und zerfällt allmälig in grosser Ausdehnung. 
Heilung ist hier nur durch gründliche, längere Zeit fortgesetzte 
Desinfection des Hufes möglich. Die Vorbeuge ist aber ein 
rationeller Beschlag, bei dem die feste Schutzschicht, die Wand, 
über dem Eisen vollständig erhalten bleibt. 

Die Entstehung der Hornspalte, soweit es sich um Kronen¬ 
wandspalten bandelt, ist, wenn auch nicht immer, so doch in 
manchen Fällen auf schlechten Beschlag zurückzuführen, Stollen¬ 
eisen, starkes Schwebenlassen der Trachtenwand, verkehrter 
Tragerand der Eisen an der eingezogenen Wand, ungleich- 


mässiges Beschneiden der Wände sind die Hauptfehler. Gerade 
bei der Beseitigung einer Hornspalte zeigt sich die Tüchtigkeit 
der Hufschmiede und event. auch des praktischen Thierarztes. 
Die Behandlung der Hornspalte hat zwei wichtige Indicationen: 
Beseitigung der Ursache und Erzielung eines gleichmässig auf 
Wand, Sohle und Strahl wirkenden Bodendrucks. 

Am Schlüsse seines Vortrages rätli der Referent besonders 
den jüngeren Collegen, bei den anderweitigen Fortschritten der 
thierärztlichen Wissenschaft die Kenntnisse über Hufbeschlagkunst 
und Hufkrankheiten nicht zu nebensächlich, die sogenannte 
schwarze Kunst nicht als ein unangenehmes Anhängsel unserer 
Beruf8thätigkeit betrachten zu wollen. Der im Hufbeschlage 
und in Hafkrankheiten erfahrene Thierarzt, der das Hnfmesser 
geschickt führen kann, ist in der Regel auch nach anderer 
Richtung hin tüchtig, vor allem auch ein geschickter Operateur. 


Referate. 

Aiisgebreitete Actinomycose beim Schwein. 

Von K a r 1 - Karlsruhe. 

(Dtich. thlerKrztl. W. 5, 98.) 

Beim Schwein sind einige Fälle generalisirter Actinomycose 
von H e r t w i g und K n o 11 beobachtet Bank fand die Acti¬ 
nomycose im Schweineeuter in 3 Monaten 52 mal; selten dagegen 
ist bei den Hausthieren Actinomycose des Darms, und zwar nur 
in einigen Fällen beim Rinde von Jensen beobachtet worden. 
In Karlsruhe wurde nun eiu Bmonatiges anscheinend ganz ge¬ 
sundes Schwein geschlachtet. Bei der Oeffnung desselben zeigte 
sich die linke Niere von einer grauweissen, speckigen Binde- 
gewebsmasse umhüllt, welche mit einer Dicke von 3 cm bis zum 
Beckeneingang reichte, und in der verschiedene nnssgrosse Abs- 
cesse von verschiedener Consistenz eingelagert waren. Lenden-, 
Darmbein-, Kreuzbein- und Leistendrüsen sind in eine gelblich 
breiige Masse umgewandelt. In der Castrationsnarbe sass ein 
kirschgrosser Abscess, ein ebenso grosser in der Spitze der 
Milz, die sonst intact war. In allen diesen Abscessen waren 
schon mit blossem Ange die bekannten kleinen schwefelgelben 
Körnchen festzustellen, in denen die Actinomycesrasen, allerdings 
meist nicht so schön keulenförmig wie beim Rinde, ansgebildet 
waren. An der Anssenwand des Magens sass ein mehrere centi- 
metergro8ser Knoten in der Serosa, in dessen maschigem Ge¬ 
webe Actinomycesrasen sich befanden. In der Darmwand sassen 
im Ganzen 38 mindestens bis wallnussgrosse Actinomycome. 
Meist war die Serosa über denselben verdickt und umhüllte eine 
bröcklige Masse. Der Process hatte durch die Muse ilaris auf 
die Mucosa übergegriffen und diese nach innen knotenartig vor¬ 
getrieben, ohne dass die Schleimhautobei fläche selbst erkrankt 
war. Bei einzelnen Knoten war nur die Serosa ergriffen, bei 
zwei anderen wiederum war der Process nach innen durch¬ 
gebrochen und ein actinomycotisches Geschwür entstanden. Im 
Dickdarm herrschte stellenweis ein anderer Charakter vor. Hier 
war die Infection nachweisbar vom Darmlumen aus nach aussen 
gegangen, wobei ersichtlich die Infection durch die Follikel, 
welche z. T. erbsen- bis kirschgross waren, eingedrungen war. 
Die Mesenterial- und Magendrüsen sind sind z T. abscedirt. 
Im grossen Netz zwei bohnengrosse Actinomycome, vier ähnliche 
auf und in der Leber. Am Rande einer Lunge zwei actinomy- 
cotische Anhängsel. 

Karl meint aus dem Umstande, dass in der Bauchhöhle die 
schwersten Veränderungen sich befanden, und zwar nicht aus 
dem Innern des Darms heraus, sondern von aussen in denselben 
hinein, schliessen zu dürfen, dass von der Castrationswnnde aus 
das Bauchfell inficirt worden sei. Die Verschleppung der Acti- 
nomyces muss mit den Lymphbahnen stattgefanden haben. Sie 


Digitized by CjOOQie 




428 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 36. 


sind von der Serosa des Dünndarms ans gegen das Innere des¬ 
selben vorgedrungen, an zwei Stellen durcbgebrocben, und nun¬ 
mehr konnten sie im Dickdarm vom Darmlumen aus eine In- 
fection bewirken. 

Herzaffection als Nachkrankheit bei Hanl- und 
Klauenseuche. 

(Wochemebr. fUr Thlerhellkd und Viehzucht.) 

Bei dem ungeheuren Seuchenzug der Maul- und Klauen¬ 
seuche hat sich dieselbe nicht allein direct als diejenige Krank¬ 
heit gezeigt, welche die finanziell bedeutungsvollste ist, sondern 
sie hat auch eine ganze Reihe von Nachkrankheiten lierbei- 
geführt. Unter diesen gelangten zur Beobachtung: Verlust der 
Klauen, Geschwnrsbildungen in den Muskeln und bei der letzten 
Invasion in hunderten von Fällen eine früher nur vereinzelt 
beobachtete Herzerkrankung. Dieselbe bestand in einer passiven 
Herzerweiterung, trat besonders bei Kühen auf und machte 
dieselben oft Monate lang zu jeder Arbeit unfähig, führte zu 
starker Einschränkung der Milchsecretion und unterbrach die 
Mastfähigkeit. Solche Tliiere wurden bald müde, hatten struppiges 
Haar, hochgradige Athembeschwerden ohne Husten, die sich bei 
der Bewegung zur Dyspnoe steigerten, beiderseitig fühlbaren 
schlaffen Herzschlag mit kleinem weichen Puls, hundert Schläge 
in der Minute, sowie Magendarmkatarrh infolge der venösen 
Stauungen. Ganz erholten sich diese Thiere nie. Bei einigen 
nothgescblachteten fanden sich: der Herzmuskel blass und mürbe, 
die rechte Kammerwand verdünnt und deren Raum erweitert. 
Bekanntlich führt die bösartige Maul- und Klauenseuche häufig 
zum Tode durch Herzlähmung und Lungenödem. — Die hier 
beobachteten Fälle von Herzerkrankung dürften eine leichtere 
Form der bösartigen Maul- und Klauenseuche darstellen. 

Septic&emia haemorrhagica beim Rind. 

Von B o s s o. 

(Annall della akademia d’agrikulture dl Tnrino. Bd. 40. — Dtach th. W»clir. 59, 98.) 

In der Provinz Venedig herrschte eine seuchenartige tödtliche 
Krankheit unter dem Rindvieh, die weder Milzbrand noch Rinder¬ 
seuche war, sie trat plötzlich auf, charakterisirte sich durch zu¬ 
nehmende Schwäche im Hintertheil, Krümmung des Rückens, 
heftiges Drängen ohne Kotabsatz, Benehmen fast wie bei einer 
Geburt. Die Thiere haben offenbar heftige Schmerzen, magern 
in 3—4 Tagen deutlich ab, liegen schliesslich wie gelähmt am 
Boden, brüllen vor dem Tode furchtbar, bleiben aber bis zum 
Ende bei Bewusstsein und sterben in 3—4 Tagen. Die Krank¬ 
heit trat nur in niedrigen Sumpfgegenden auf. Bosso konnte 
nur Organe verendeter Thiere untersuchen. Das Herzfleisch 
erwies sich als normal, zeigte jedoch unter Endo- und Epicardium 
zahlreiche Blutungen. Die Milz war auf das Doppelte vergrössert; 
die Nieren sehr blutreich; am nervösen Ceutralorgan nichts 
Abnormes. Im Blut und in der Milz ergab die bacteriologische 
Untersuchung zahlreiche ovoide Bacterien mit Einschnürung und 
hellem Fleck in der Mitte, die dem Bacterium der Septicaemia 
liaemorrhagica-Hüppe vollkommen glichen. Kaninchen reagirten 
auf subcutane Impfungen nicht, wenn das Material direkt vom 
Rinde stammte, dagegen bei Reinculturimpfungen und bei intra¬ 
peritonealen Impfungen stets. Der Obductionsbefund an ihnen ist 
unbeständig. Weisse Mäuse sterben. In den Gefässen und 
Lymphspalten der Nieren fanden sich massenhafte Microben. 
Die Kerne der Endothelzellen der Capillaren in den Glomerulis 
sind vermehrt, die Epithelien der Kapsel abgestossen, die Inter- 
stitien zwischen den Harnkanälchen infiltrit. Eine Verwechselung 
mit anderen bisher beschriebenen Nierenentzündungen (Pyelo- 
Nephritis bacillosa und der von Thomassen beschriebenen 
Nephritis der Kälber) hält B. für ausgeschlossen. — In einem 
anderen Falle konnte er aus einem Herzstück ovoide Bacterien 


mit hellem Centrum isoliren, welche ein etwas abweichendes 
Verhalten zeigten, die er aber gleichwohl für identisch mit den 
Bacterien der Septicaemie hält. 

Modiflc&tion der Schmldt’schen Methode in der 
Behandlung des Milchflebers. 

Von Dr. Ettore Perdoni. 

(Clinlca veteriaaria 1898 87.) 

Perdoni versuchte an Stelle der etwas umständlichen In- 
jection von Jodkaliumlösung in die Milchcysternen des Enters 
nachstehendes Verfahren : Möglichst vollständige Entleerung des 
Euters, Abwaschen desselben mit warmem Seifenwasser, nach¬ 
haltiges Frottiren der Milchdrüse mit 100 g einer lOproc. Jod¬ 
kaliumsalbe. Innerliche Verabreichung von 20 g Jodkaliuni, 
gelöst in einem Gentianadekokt (50:1000 Aq.) und zwar alle 
zwei Stunden % der Lösung. Sechs Kühe, welche in den ersten 
zwölf Stunden der Krankheit in der angegebenen Weise be¬ 
handelt wurden, heilten vollkommen. Eine andere Kuh, bei 
welcher nach 24 stündiger Krankheit die paralytischen Zustände 
schon zu weit vorgeschritten waren, konnte durch diese Kur¬ 
methode nicht gerettet werden. 

Festes Diphtherieheilserum. 

Nachdem es gelungen ist, festes Diphtherieheilserum her¬ 
zustellen, hat der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten 
auf Grund des Ergebnisses kommissarischer Berathungen, welche 
im kaiserlichen Gesundheitsamt stattgefunden haben, sowie von 
Besprechungen, welche mit Vertretern der in Preussen befindlichen 
Fabrikationsstätten gepflogen worden sind, über die Prüfung und 
den Vertrieb des festen Diphtherieheilserums Folgendes bestimmt: 

1. Das feste Diphtherieheilsernm unterliegt ebenso wie das 
flüssige der staatlichen Controle, welche in dem Kgl. Institut für 
Serumforschung und Serumprüfung in Steglitz nach der für 
dieses geltenden Anweisung auszuführen ist. 

2. Das feste Diphtherieheilserum soll in 1 g mindestens 
5000 Immunisirungseinheiten besitzen; ferner soll es gelbe durch¬ 
sichtige Blättchen oder ein gelblichweisses oder weisses Pulver 
darstellen, welches sich in zehn Theilen Wasser zu einer in 
Farbe und Aussehen dem flüssigen Serum entsprechenden 
Flüssigkeit lösen muss; endlich soll es vollkommen keimfrei sein 
und darf keinerlei antiseptische Zusätze oder sonstige differente 
Substanzen enthalten. 

Die Fläschchen sind in lichtdichter Verpackung auf¬ 
zubewahren und abzugeben. Jedem Fläschchen ist eine Ge¬ 
brauchsanweisung beizugeben, welche genaue Angaben darüber 
enthält, wie die Lösung zu erfolgen hat. 

3. Der Vertrieb des geprüften und plombirten Serums darf 
nur in den Apotheken geschehen. Das Mittel darf von den 
Apothekern an Nichtärzte nur auf schriftliche, mit Datum und 
Unterschrift versehene Anweisung eines Arztes und, soweit auf 
dem Recept nicht anders vorgeschrieben ist, nur in Lösung ver¬ 
abfolgt werdeu. Die Lösung soll mittels destillirten sterilisirten 
Wassers von 1 ccm auf je 250 Immunisirungseinheiten in dem 
Originalfläschchen jedesmal frisch bereitet werden; Bie soll bis 
auf kleine Eiwi issflöckchen von klarem Aussehen sein und in den 
Originalfläschchen abgegeben werden. 

4. Der Preis des festen Diphtherieheilsernm wird bis auf 
Weiteres auf höchstens 2 M. für eine Dosis von 250 und auf 
höchstens 8 M. für eine solche von 1000 Immunisirungseinheiten 
festgesetzt. Eine Preisermässigung für Krankenhäuser, Kassen etc. 
findet bis auf Weiteres nicht statt. Dem Apotheker stehen für 
die Lösung und den Vertrieb des festen Diphtherieheilserums 
75 Pfennig für ein Fläschchen mit 250 und 1,25 M. für ein 
solches mit 1000 Immunisirungseinheiten zu. 


Digitized by LjOOQie 



8 September 1898. 


BERLINER THtEKARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


429 


Tagesgeschichte. 

Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins von Schleswig im Bahnhofshotel zn Neomünster. 

(Schluss.) 

Zweiter Tag. Sonntag, den 10. Ootober 1897. 

Um 9'/* Uhr eröffnet der Vorsitzende die von reichlich 
40 Mitgliedern besuchte Versammlung mit einem Danke für das 
Erscheinen. 

Tagesordnung. 

ad 1. Geschäftliche Mittheilungen Der Herr Vor¬ 
sitzende referirt, dasB die Vereinsthätigkeit für das verflossene 
Jahr nicht viel geboten, dass die Mitgliederzahl wegen der Fern¬ 
haltung der Hamburger Thierärzte auf 86 znrückgegangen und 
dass vier, nämlich die Collegeu Dr. Iwersen, Andrews, 
Tallich sen. und Göttsche mit Tode abgegangen seien und 
bittet das Andenken durch Erheben von den Sitzen zn ehren, 
welches geschieht. Es haben sich einige Herren zur Aufnahme 
in den Verein gemeldet, und zwar Herr Bo ge-Kaltenkirchen, 
v. Werder-Kiel, Wessel-Wilster und J. Voliers-Lübeck; Ein¬ 
wendungen werden nicht erhoben und sind sie als Mitglieder zu 
verzeichnen. 

Um die milde Beurtheilung des durch den Druck verviel¬ 
fältigten Protokolls vom Voijahre wird gebeten, da sich recht 
viele und erhebliche Fehler eingeschlichen hätten, die bei der 
Correctnr wegen Mangel an Zeit übersehen sind. 

ad 2. Rechnungslegung. Der Vorsitzende ertbeilt dem 
Kassirer das Wort Die Kassenverhältnisse werden in grossen 
Umrissen klargelegt, und es ergiebt sich ein Bestand von 163,22 M. 
der Vereinskasse und ein solcher von 46,07 M. der Hilfskasse, 
das Grundcapital der letzteren beträgt 2902,28 M., nachdem im 
Vorjahre 247 M. hinzukamen. Es sind vier Unterstützungen 
ä 50 M. gewährt und wird um die Einwilligung zur Gewährung 
einer Unterstützung an die Schwester eines verstorbenen Collegen, 
der allerdings nicht Mitglied gewesen, aber die Verhältnisse 
liegen trübe, gebeten, er schlägt vor, 50 M. jährlich auf drei 
Jahre. Dem Vorstande wird überlassen, das Nöthige zu besorgen. 
Der Vorsitzende bemerkt zum Schlüsse, dass sämmtliche Rech¬ 
nungen und Bücher von den Herren Ruser und Schröder 
revidirt nnd nichts zu erinnern gefunden ist, er nehme deshalb 
Anlass, dem Kassenverwalter für dessen Mühewaltungen besonders 
zu danken und wenn Niemand noch etwas zu erinnern habe, ge- 
geschieht nicht, ertheile er im Namen des Vereins hiermit dem¬ 
selben Decharge. 

ad 3. Berathung des neuen Statuts - Geschäfts¬ 
ordnungs-Entwurfs, sowie Beschlussfassung darüber. Der 
Vorsitzende hebt hervor, dass allen Mitgliedern die Entwürfe im 
Drucke zugegangen seien; einzelne Paragraphen, die wesentlich 
seien, könnten ja berathen werden, wenn verlesen. Zu § 2 wird 
bemerkt, dass anstatt des letzten Absatzes — sowie das ehemalige 
Herzogthum und Fürstenthum Lübeck — einzuschieben sei. § 7 
wird abgeändert und erhält die ursprüngliche Fassung wieder, 
nämlich: einen Vorsitzenden, dessen Stellvertreter, einen Schrift¬ 
führer, dessen Stellvertreter und einen Kassirer. § 9 ist zu 
theilen in der Weise, dass die ersten drei Absätze — bis „fest¬ 
gesetzt“ — in demselben verbleiben, der übrige Theil desselben 
als neuer Paragraph— 10 — gilt; demgemäss §§ 10 und 11 die 
Nummern §§ 11 und 12 erhalten. Im Uebrigen wird das ganze 
Statut angenommen. 

Der Herr Geh. R.-R. Petersen - Schleswig ist mittlerweile 
eingetreten und wird vom Vorsitzenden begrüsst. 

Die Veränderungen im Statute sind auch auf die einzelnen 


Artikel der Geschäftsordnung zu übertragen. Ueber diese ent¬ 
spinnt sich eine lebhafte Discussion, namentlich bezüglich der 
Reisekosten und Tagegelder, sowie über die Führung des Kassen¬ 
wesens, deshalb diese zur Erledigung wieder vorzulegen ist. 

ad 4. Vorstandswahlen. Dem neuen Statute entsprechend 
wird zur Wahl des Vorstandes geschritten, Zettelwahl, zum Vor¬ 
sitzenden wird gewählt Völlers - Altona mit 30, als dessen 
Stellvertreter Struwe-Sonderburg mit 14, zum Schriftführer 
Eil er-Flensburg mit 28, als dessen Stellvertreter Ruser - Kiel 
mit 12 und zum Kassirer Schlüter-Kiel mit 29 Stimmen; die 
Wahl wird angenommen. 

ad 5. Erfahrungen über Milzbrand und mikroskopische 
Demonstrationen über Färbung mittelst eines neuen Färbemittels 
wird in der Weise erledigt, dass Schlüter-Kiel das Mikroskop 
einstellt und Jeder sich das mit Safranin gefärbte Milzbrand¬ 
präparat ansehen kann. 

ad 6. Praktische Uebung mit dem Embryotom vom 
Thierarzt Pflanz in Canth. Herr Wessel-Wilster demonstrirt 
den zur Stelle befindlichen Apparat, er hat ihn praktisch weiter 
verwerthet. Masch-Wilster glaubt nicht, dass dieses Iustrument 
sich einbürget n werde, er habe vielfach eine Kettensäge ge¬ 
braucht, die alte Form sei aber unpraktisch, indem sie zu breit 
und zu flach, sich voll Haare setze und so nicht mehr functionire. 
Deshalb habe er ein Gliedermesser anfertigen lassen, womit die 
Haut zu durchschneiden sei, um darnach eine viel schmälere 
Säge, die wie eine Holzsäge gestellt, anzuwenden und sehr leicht 
zu handhaben ist. Wessel hebt zum Schlüsse hervor, dass das 
Embryotom meistens unzweckmässig, zu kurz und zu schwer ist 
und empfiehlt auch die Kettensäge. Der Vorsitzende schlägt vor, 
die Punkte 7 und 9 von der Tagesordnung abznsetzen, womit 
einverstanden und ertbeilt zu Punkt 8, fehlerhafter Hufbeschlag, 
das Wort dem Corps-Rossarzt Hell-Altona. 

(Der Vortrag ist unter den Originalartikeln xum Abdruck 
gebracht). 

Der Herr Vorsitzende dankt dem Referenten für den klaren 
Vortrag und stellt denselben zur Discussion. 

Fenner-Lübeck interessirt, dass der peripherische Sohlen- 
theil mittragen kann, entgegen der früheren Meinung im Militär, 
die Folge dieser Ansicht war, dass die Hufe zu lang gelassen 
wurden nnd sich das Streichen einstellte; eine grössere Anzahl 
Nägel halte auch er für zweckmässig, er warnt jedoch vor dem 
Gebrauche von Torfstreu, die Zwanghuf veranlasse. Eil er fügt 
diesem hinzu, dass überhaupt die Ernährung der Unterextremitäten 
dadurch gestört werde. Völlers ist dagegen der Ansicht, dass 
Torfstreu nicht austrocknet, dass das Ausgefälltsein zwischen 
Eisen den Zwanghuf verhindere. 

Koch benutzt 3 / 4 Eisen bei Steingallen, Schlüter hatNach- 
theile nicht davon gesehen, wenn im Falle von Steingallen das 
Eisen an den Trachten nicht anliegt. Hell erwidert, dass seine 
Hinweise sich auf den Beschlag von gesunden Hufen bezögen, die 
Sache läge bei vorhandenen Steingallen anders; am besten sei, 
solche Thiere etwas ohne Eisen gehen zu lassen, sonst 3 / 4 - oder 
halbmondförmig. Wenn der Beschlag an und für sich Uebel- 
stände genug mit sich bringt, werden sie noch häufig dadurch 
übertrumpft, dass durch besonders hohe Stollen ein wackelndes 
Auftreten, eia Festklemmen in Rillen und Schienen, sowie das 
Streichen begünstigt werde. Letzteres werde auch noch dadurch 
erheblich befördert, dass der Schmied glaubt, gut zu thun, die 
innere Zehenwand recht zu beschneiden, auch sind die soge¬ 
nannten Streicheisen meistens ohne Nutzen, weil die meisten 
Pferde mit der Zehe streichen. 

Hiermit wird die eigentliche Tagesordnung abgeschlossen. 
Herr Fenner-Lübeck schlägt vor, ein Telegramm an den z. Zt. 


Digitized by 


Google 





430 

io Kassel tagenden Veterinärrath mit Beglückwünschung zum 
guten Erfolge der Verhandlung und Gross, ebenfalls ein Tele¬ 
gramm an Veterinärphysikus Wedekind-Altona gelangen zu 
lassen mit Gross der Versammlung und Wunsch, ihn bald wieder 
genesen zu wissen von dem schweren Unfälle. 

Schliesslich werden zwei Delegirte für die Centralvertretung 
in den Veterinärrath gewählt, nämlich die Herren Fenner-Lübeck 
und Ruser-Kiel, die unter sich losen können. Bei dieser Ge¬ 
legenheit bringt Fenner zur Sprache, dass die in der Geschäfts¬ 
ordnung festgesetzten Entschädigungen für solche Reisen zu 
niedrig seien und wurde beschlossen, 12 Mark Tagegelder sowie 
zweite Classe Eisenbahn zu gewähren. 

F. All hier, Schriftführer. 

Thierärztllche Hochschule in Hannover. 

Die Hochschule ist in dem eben abgelaufenen Sommersemester 
von 218 Studirenden und 22 Hospitanten, insgesammt von 
240 Hörern besucht worden. Von diesen stammen 197 aus den 
verschiedenen Provinzen Preussens, 41 aus den übrigen Staaten 
des Deutschen Reiches, 2 ans dem Auslande. — Der Unterricht 
hat durch die Einschaltung seuchenklinischer Demonstrationen 
eine Erweiterung erfahren, was sich wegen der in Folge der Er¬ 
leichterung des Verkehrs immer mehr zunehmenden Ausbreitung 
der Thierseuchen als dringlich erwies. Desgleichen ist eine Aus- 


No. 36. 

dehnung der praktischen Unterweisung der Studirenden in der 
Fleischbeschau in Aussicht genommen. Die grosse Zahl von 
Thierärzten, welche durch die fortgesetzt steigende Zahl öffent¬ 
licher Schlachthäuser absorbirt werden, und die bevorstehende 
Einführung einer allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau im 
Reiche machen diese Massnahme unerlässlich. — Die neue, Dank 
der Einsicht der Staatsregierung mit allen modernen Hülfsmitteln 
ausgestattete Hochschule ist ihrer Vollendung nahe und wird im 
kommenden Jahre bezogen werden. 

Einladung zur Herbst-General-Versammlung des Vereins Rhein- 
preusslscher Tbierärzte 

am Donnerstag, den 22. September er., Vormittags 11 Uhr im 
Hotel Heck, Blumenstrasse 16—18 in Düsseldorf. 
Tagesordnung: 

1. Vereins- und Standesangelegenheiten. 

2. Vortrag des Herrn Departementsthierarzt Koll-Coblenz, 
Thema Vorbehalten. 

3. Referat des Herrn Departementsthierarzt Dr. Lothes 
über die Berathungen der Centralvertretung. 

4. Mittheilungen aus der Praxis. 

Aachen, den 4. September 1898. 

Der Vorsitzende des Vereins 
Dr. Schmidt. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark. 

Von Kühnau-Hamburg. 

(Schluss.) 

Die Fleisch schau wirb in Odense von dem Oberthierarzt, 
und zwei Thierärzten ausgeübt und hat im letzten Jahre folgendes 
Ergebniss gehabt. 


Uebersicht über die im Jahre 1897 untersuchten Thiere: 


Ochsen 

Pferde Schweine 

Fette 

Kälber 

Magere 

Kälber 

Schafe 

und 

Lämmer 

Im öffentlichen 






Schlachthaus 3528 

461 

2446 

2241 

1027 

3857 

In der Unter¬ 
suchungsstation 
f. eingef. frisch. 

Fleisch . . . 2636'/ a 
In den Export¬ 

214 % 

3275 

3526 

7848 

5336 

schlachtereien 1770 

— 

64000 

46 

— 

78 

Zusammen 7934 ’/ a 

675% 

69721 

5813 

8875 

9271 

Hiervon ex- 
portirt . . . 2591 

In der Stadt 


61000 

46 

— 

78 

verblieben . . 5343% 

675% 

5721 

5767 

8875 

9195 


Von den im öffentlichen Schlachthause geschlachteten 
Thieren wurden mit Tuberculose behaftet befunden 1076 
Rinder (30,5 %), 1 Pferd, 104 Schweine (4,2 %), 5 Kälber (0,1 %) 
und keine Schafe. Von dem eingeführten Fleisch waren tuber- 
culös 616 Rinder (23,3%), 84 Schweine (2,6%) und 12 Kälber 
(0,1%). In den Exportschlachtereien wurde Tuberculose ermittelt 
bei 374 Rindern (21,1%) und 2136 Schweinen (3,3%). 

Von den mit Tuberculose und anderen Leiden behafteten 
Thieren wurden ausser den erkrankten Organen im öffentlichen 
Schlachthaus 25 Rinder, 3 Pferde, 12 Schweine und je ein fettes 
Kalb, mageres Kalb und Schaf gänzlich vernichtet, 44 Rinder 
und 4 Schweine wurden gekocht und 186 Rinder, 8 Pferde, 


Veterinärbeamte.) 

55 Schweine, 7 fette, 4 magere Kälber und 2 Lämmer mit 
dem 2. Classe-Stempel versehen. Von dem eingeführten Fleisch 
wurden ausser den Organen 26 Rinderviertel, 14 Pferdeviertel, 
13 halbe Schweine und 6 nüchterne Kälber vernichtet. 28 
Rinderviertel wurden gekocht und 836 Rinderviertel, 37 Pferde¬ 
viertel, 193 halbe Schweine, 31 fette, 147 nüchterne Kälber und 
9 Schafe als minderwertliig abgestempelt. Von den Export¬ 
schlachtungen wurden ausser Organen 4 Rinder und 34 Schweine 
gänzlich vernichtet, 6 Ochsen und 14 Schweine gekocht und 48 
Rinder, sowie 31 Schweine mit dem 2. Classe-Stempel versehen. 

Das Fleisch, welches mit dem 2. Klasse - Stempel 
abgestempelt worden ist, darf zur Fabrikation von Nahrungs¬ 
mitteln, die ganz oder theilweise aus zertheiltem Fleische be¬ 
stehen und die zum Verkauf bestimmt sind, nicht verwendet 
werden. 

Der ganze Fleischverkehr in der Stadt Odense wird geregelt 
durch die Bekanntmachung des Stadtraths über Einführung 
von öffentlicher Schlachtung und Fleischcontrole in der Stadt 
Odense vom 19. März 1896, und enthält dieselbe nicht nur Be¬ 
stimmungen über die Untersuchung und Behandlung der Fleisches 
sondern auch Bestimmungen über die Einrichtung und Be¬ 
schaffenheit des Verkaufsstätten für frisches Fleisch und der 
Wurstfabriken. 

Ausser in Odense, habe ich noch in Slagelse anf Seeland 
eine Genossenschaftsschlachterei besichtigt. Diese unter 
Leitungvon Director Jacobsen arbeitende Exportschlachterei 
„Dana“ ist von kleineren Dimensionen, aber ausserordentlich 
praktisch und meisterhaft angelegt. Bei der Besichtigung betritt 
man zunächst den Sch lach träum, in dem vier Rinder zu¬ 
gleich bearbeitet werden können. Sind diese hochgewunden, 
ausgeweidet und durchgespalten, werden sie in den Hänge- 
raum geschoben, der sich hinter dem Schlachtraura befindet. 
Derselbe ist an beiden Seiten mit Holzjalousien ausgestattet, so- 
dass frische Luft imunterbrochen hindurchströmen kann. An¬ 
gegliedert an die Rinderschlachterei befindet sich eine Schweine- 
Schlachterei und neuerbaute Wnrstfabrik. Bei der Aus- 


Digitized by kjOOQie 


8. September 1898. 


BEHLINEU THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


431 


Schlachtung: der Thiere wird die Fleisch sch au durch einen 
regierungsseitig bestellten Thierarzt wahrgenommen. Die 
Schlachterei besitzt eine eigene Schweine- und Bullen¬ 
mästerei, ausserdem werden die Thiere zum Schlachten an- 
gekanft. An dem Besuchstage sah ich ausgesucht schönes Vieh 
schlachten. In der Bullenmästerei waren zur Zeit 200 see¬ 
ländische Bullen zur Mast aufgestellt, darunder recht wohl¬ 
gebildete Exemplare. In der Mästerei sah ich auch eine Anzahl 
castrirter Küche, und erklärte mir der führende Thierarzt, Herr 
Möller, dass die Castration der Kühe in Dänemark recht 
oft ansgeführt wird und hinsichtlich der Verlängerung der 
Lactationsperiode recht beachtenswerthe Resultate ergeben hat. 
Die Castration erfolgt von der Scheide aus mittelst des 
Ecraseurs. Die grosse Anzahl der Bullen in Dänemark 
erklärt sich aus der isolirten Lage der einzelnen Gehöfte. Die 
Schlachterei vertreibt ihr Fleisch nach England und Deutsch¬ 
land, namentlich nach Hamburg, und ist hier die Marke „Dana“ 
ein gesuchter Artikel. Die Abfälle gehen ebenfalls nach 
Deutschland oder England oder werden in den Schweine¬ 
mästereien aufgefüttert. Die Art und Weise des Betriebes liefert 
so recht ein Beispiel, wie die Dänen trotz der vielen Schwierig¬ 
keiten gelernt haben, ihren Viehüberschuss zu verwerthen. 

Von Slagelse wandte ich mich nach Kopenhagen, stattete 
dort der thierärztlichen Hochschule unter Führung von Prof. 
Dr. Bang einen Besuch ab, und besichtigte den Viehmarkt, 
Schlachthof und Fleischmarkt. Die Kopenhagener Hoch¬ 
schule ist als Musterinstitut bekannt, und hat die Regierung 
diese Anstalt zum Nutzen des Landes recht opulent ans- 
gestattet. 

Auf dem Viehmarkt fand ich das dänische Vieh in allen 
seinen Schlägen und Kreuzungen vertreten und wurde auch hier 
viel Vieh, besonders von einer Berliner Firma zum Export an¬ 
gekauft. Frappirend wirkte auf dem Viehmarkt der colossale 
Antrieb von Lämmern. Es mochten an dem Tage wohl 2000 
Stück aufgetrieben sein. Die Dänen sowohl wie die Kopen¬ 
hagener im Besonderen haben eine Vorliebe für junges Schlacht¬ 
vieh und sieht man in den Schlächterläden neben den Lämmern 
auch viele junge l'/ 2 - bis 2-jährige Rinder. Die dänische Fleisch¬ 
speisen sind denn auch von einer Zartheit, wie man sie sonst 
recht selten nur findet. 

Der Schlachthof ist älteren Datums und weist eine ganze 
Reihe von Anbauten auf. In der Einrichtung weicht er nicht 
wesentlich von dem bekannten Typus der deutschen Schlacht¬ 
höfe, die mit Hallensystem ausgestattet sind, ab. Die Fleisch¬ 
schau steht unter Leitung eines Oberthierarztes und sieht man 
auch hier Fleisch, welches mit 1. Classe-Stempel, und solches, 
welches mit 2. Classe-Stempel versehen ist. Das eingeführte 
Fleisch zeigt wieder verschieden geformte Stempel und ver¬ 
schiedene Stempelfarbe. Auffallend in den Schlachthallen waren 
mir lose Hakengestelle für die Organe, die je nach Bedarf 
benutzt werden können. 

Am Fleischmarkt sieht man ausserordentlich viel in ge¬ 
schlachtetem Zustande eingeführte Schweine, die vielfach, von 
der Grösse unserer Blockschweine, doch zu dem billigen Preise 
von 35 Oere pro Pfund verkauft wurden. 

Nachdem noch Malmoe in Schweden und das dänische Bad 
Clampenborg besucht worden war, ging’s wieder über Korsoer- 
Kiel nach Deutschland, und kann ich am Schlüsse meines Be¬ 
richts nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass die Dänen 
trotz der Schwierigkeiten, welche ihnen immer wieder in den 
Weg geworfen sind, es verstanden haben, sich den veränderten 
Verhältnissen anzupassen. Sie haben eine Verwertlmng ihres 
Viehüberschusses ermöglicht, haben eine blühende Fleischindustrie 
ins Leben gerufen, unterstützt dabei durch weise Massnahme 
der Regierung, die bestrebt gewesen ist, durch Einführung der 


Fleischschau für das zum Export gelangende frische Fleisch 
die Einwände gegen die Einfuhr von dänischem Fleisch zu ent¬ 
kräften und den Absatz von Fleisch nach dem Auslande zu 
sichern. 


Seuchenstatistik und Yeteriniirpolizei. 

Thierseuchen in Deutschland im I. Quartal 1898. 


Staaten 

bezw. 

Landestheile 

« 
u. E 
se 
S g 

lö-g 

5! 

Ji 

So 

a 

Laul- 1 M 
..lauen -1 br 
uche 1 

U 1\ iO 

Ui 11 

- 2-0 0 18 B 

-Sil •!§ 
I&“ i!« 

«d R » 12 

'•) 4 ) 

11 [fl; l 
’-'jiii 

Bläschen. 

ausschlag 

® 1 

a c a 

m m 2 

ö-S'jj ® 

2-2; g * 

S « 1 fl *2 

l|i° H 

a 1 

S( 

ri 

T ) 

8 

® 

*75 

■§ 

a 

S 

,haf- 

lude 

— SO 
a 9 ® 8 
«88« 
M fc|g| 

— • u JE 

Prov 

. Ostpreussen . . . 

4 

31 lj 21 

29 

— 

— 

6 

73 


— 

»1 

Westpreussen . . . 

88 

28 068' 19 

22 

2 

34 

6 

10 


— 

77 

Brandenburg . . . 

115 

20 064 73 

108 

3 

10, 19 

43 

— 

— 

71 

Pommern. 

8 

820 ; 6 

7 

— 


1 

3 

— 

— 

77 

Posen . 

254 

60 342 42 

60 

2 

13 

— 

— 


— 

77 

Schlesien . 

183 

27 506jl60 

240 

8 

19 

3 

30 

— 

— 

71 

Sachsen . 

234 

66 017, 49 

76 

2 

5 

20 

64 

27 

2 979 

77 

Schleswig . . . . 

6 

320; 8 

14 


— 

18 

88 

— 

— 

77 

Hannover. 

47 

6 6.35 22 

50 



16 

56 

50 

1 971 

>7 

Westfalen . . . . 

60 

1 898,' 48 

74 

— 

— 

9 

11 

41 

2 715 

77 

Hessen . 

112 

6 689 30 

31 

— 

— 

46 

312 

42 

2 778 

71 

Rheinprovinz . . . 

298 

14 242:109 

127 

— 

— 

20 

46 


153 

77 

Hohenzollern . ■ 

4, 

331 5 

6 


— 

5 

29 


— 


Preussen zusammen 
Bayern . . . 

Sachsen . . 
Württemberg 
Baden . . , 

Hessen . . . 
Mecklenburg-Schwerin 
Sachsen-Weimar . 
Mecklenburg-Strelitz 
Oldenburg . . . 
Braunschweig . . 
Sachsen-Meiningen 
Sachsen-Alten bürg 
Sachsen-Coburg-Gotha 

Anhalt. 

Schwarzburg-Sondersh. 
Schwarzburg- Rudolstadt 
Waldeck . . . 

Reuss ä. L. . . 

ReuSB j. L. . . 
Schaumburg-Lippe 
Lippe .... 

Lübeck .... 

Bremen . . . 
Hamburg . . . 
Elsass-Lothringcn 


1413232963592 
690, 44 604 53| 
57; 5805! 89, 
3491 26 398 48| 
103 3 946 18 
C2, 4 202| 21 


937 j - 1 

2 431 26 
944j - 
530 1 

3 280 23 
356 1 
305' 16j 

2 4911 2 

3 113: 12| 


844 17 
62 -! 

93, lj 
52j 2| 

20 -! - 
23 - 


32 — 


189o! 1 
92 
562 
45 
179 


153 
813 
114l 4 257 


1 

25! 

1 

19 l 

3j 

121 

1 

21 

1 

1 

61 


11 1 

1 1 

191 21 


_ — 1 30 731 51 

|2994340 296935!1222 20114445,2252*)! 292) 


86 168, 765; 
—j 46 367 
24] 4j 151 
4 93 346 i 
49 262 
19| 107 
j 

j 12; 143 

lj _3 

i Ol 61 

I 3' 10 
I 4-' 85 

! 2i 4 


3; 8 

2! 3 


171 10 596 
30, 1112 

Jj 1028 

llj 698 
3 340 

6j 249 
10 442 


282 

598 


632 


14 


i: 350 


122 


16463 


') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬ 
findlichen Bestände umfassten 165 529 Rinder, 126 643 Schafe, 
lö^Ziegen, 46436 Schweine. Davon kamen auf Preussen 94 934 Rinder, 
108635 Schafe, 807 Ziegen, 28 587 Schweine. 

*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 36 Pferde, 
1091 Kinder. 71 Schafe, 22 Schweine, 2 Ziegen. Auf Preussen kamen 
34 Pferde, 725 Rinder, 63 Schafe, 21 Schweine und 1 Ziege. 

*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 30 Gemeinden (da¬ 
von 21 in Preussen, 4 in Bayern, 2 in Württemberg und je 1 in Sachsen, 
Sachsen-Weimar und Braunschweig). Am Schluss des Quartals blieben 
verseucht 25 Gemeinden (davon i9 in Preussen, 4 in Württemberg, 
je 1 in Sachsen und Braunschweig). 

*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch 
des Besitzers getödtete Thiere. 

*) In einem vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenherd. 

•) Davon 2084 Rinder, 168 Pferde (in PreusBen 716 Rinder, 
49 Pferde. 

7 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal 
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus 
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden 
blieben betroffen am Quartalsschluss 221 (davon 127 in Preussen, 
23 in Bayern, 17 in Braunschweig, 11 in Württemberg, 10 in Baden, 
8 in Sachsen-Coburg-Gotha, 7 in Sachsen-Weimar, 5 in Mecklenburg- 
Schwerin je 4 in Oldenburg und Elsass-Lothringen.) 3 in Hessen, je 1 
in Reuss ä. L. und Lippe). 


Digitized by kjOOQie 

































432 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


An Ranschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten: | 
Preussen (Reg.-Bez. Königsberg, Danzig, Erfurt, Schleswig, 
Hannover, Stade, Aurich, Münster, Minden, Arnsberg, Kassel, 
Wiesbaden, Coblenz, Düsseldorf, Aachen, Sigmaringen) 65 Rinder, 
— Schafe, — Pferde (davon 14 im Reg.-Bez. Münster, 9 im Reg.- 
Bez. Düsseldorf, 8 im Reg.-Bez. Aachen, je 5 in den Reg.-Bez. 
Schleswig, Coblenz, Sigmaringen, 4 im Reg.-Bez. Arnsberg, je 3 in 
den Reg.-Bez. Aurich, Cassel, Wiesbaden, 2 im Reg.-Bez. Erfurt, 
je 1 in den Reg.-Bez. Königsberg, Hannover, Stade, Minden), 
Bayern 37 Rinder, Baden 13 Rinder, Württemberg 8 Rinder, 
Hessen 6 Rinder und 5 Schafe. Elsass-Lothringen 4 Rinder, 
Sachsen und Sachsen-Meiningen je 1 Rind. 

Von der Tollwuth wurden betroffen in 6 Staaten 280 Ge¬ 
meinden, und zwar in Preussen 247 (davon in Schlesien 80, 
Ostpreussen 59, Westpreussen 39, Posen 38, Pommern 20, 
Brandenburg 5, Sachsen 4, Westfalen 2), in Sachsen 28, in 
Reuss ä. L. 2, in Württemberg, Sachsen-Altenburg und Reuss j.L. 
je 1. Getödtet wurden im Ganzen 248 Hunde, 4 Pferde, 12 Rinder, 

2 Schweine, 2 Katzen, ausserdem 648 ansteckungsverdächtige 
Hunde, 23 Katzen und 89 herrenlose, wuthverdächtige Hunde, 
zusammen 1026 Thiere. 

Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor. 
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Stettin, Stralsund, 
Magdeburg und Merseburg. In Magdeburg waren verseucht, 

6 Gemeinden, neu betroffen wurden 10, es blieben verseucht 9. 
In Merseburg, Stettin und Stralsund waren je 1 Gemeinde ver¬ 
seucht, es blieben verseucht je 1 Gemeinde in Stettin und i 


No. 30 


Stralsund, in Merseburg wurde 1 Gemeinde neu betroffen, es 
blieben verseucht 2. In Sachsen war verseucht 1 Gemeinde in 
Zwickau, neu betroffen wurde keine, in Zwickau erlosch die 
Seuche im Berichtsquartal. 

Die Pferderäude befiel 208 Pferde und 1 Esel. Von dieser 
Zahl fallen auf Preussen 180 Pferde und 1 Esel, auf Bayern 
12 Pferde, auf Anhalt 7, auf Württemberg 6 und auf 
Sachsen 3. 

An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in 
folgenden Staaten: Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Mecklen¬ 
burg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, 
Reuss j. L. und Hamburg 2362 Schweine, davon sind gefaUen 
oder getödtet 1854 Schweine, auf Preussen kommen 2202 erkrankte 
und 1733 verloren gegangene. Verluste durch Geflügelcholera 
sind nur aus Preussen und Hamburg berichtet worden. In 
Preussen erkrankten 2190 Hühner, 144 Gänse, 116 Enten, 225 
Tauben und 106 andere Geflügelarten, hiervon sind gefallen oder 
getödtet 2094 Hühner, 138 Gänse, 107 Enten, 195 Tauben und 
99 andere Geflügelarten, zusammen 2633 Vögel. In Hamburg er¬ 
krankten 3 Hühner, welche der Seuche erlagen. 

Das Auftreten der Rothlaufseuche wird aus folgenden 
Staaten angegeben: Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Mecklen¬ 
burg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt, 
Reuss j. L., Lübeck und Elsass-Lothringen. Als erkrankt 
wurden gemeldet: 1692 Schweine, davon allein in Preussen 1590, 
gefallen oder getödtet sind im Ganzen 1593 Schweine, davon 
1499 in Preussen. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem ordentlichen Honorar-Professor in der 
medizinischen Facultät der Universität Göttingen, Dr. Esser ist 
der Character als Geheimer Medizinalrath, dem Geheimrath 
Dr. D a m m a n n das Ehrenkreuz 3. Klasse des lippeschen Haus- 
ordens und ‘dem Landstallmeister Dr. Grabensee der kgl. bayer. 
Michaelordcn 3. Klasse verliehen worden. 

Ernennunsen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt Albert 
E gg e 1 i n g - Wernigerode für den Kreis Randow mit Amtssitz in 
Stettin. 

Zum Districtsthierarzt: Thierarzt Haus Gutbrod- 
München in Mitterfels (Niederbayern). — Thierarzt D i m pf 1-Nürnberg 
und Militär-Veterinär a. D. K u c h t n e r-Landshut zu Vorstehern 
der Hufbeschlagschulen in Nürnberg bezw. Landshut. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Karl Gasteiger -Pfaffenhofen nach Erding (Oberbayern), 
Thierarzt M a h i r • München nach Egling, Thierarzt Marder- Zinten 
nach Römhild. — Thierarzt Freiberger hat sich in Oberstdorf, 
Thierarzt Wu n d e r- Bamberg in Weyhern (Oberbayern) —- nieder¬ 
gelassen. 

In der Armee: Bayern: Befördert zu Veterinären im activen 
Heere die Unterveterinäre Georg Costa im 2. schweren Reiter-Rgt. 
und Emil R o s s m U 11 e r im 1. Ul.-Rgt. 

Veterinär* K u c h t n e r im 1. Feld-Art.-Rgt. auf seinen Antrag 
mit Pension in den Ruhestand versetzt 


Yacanzen. 

Krelsthierarz(stellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Danzig: Elbing. Bew. bis 22. Sept. — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B 
Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October.— R.-B. Marien¬ 
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Clevo. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — 
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. 

Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen : 
Elbing: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew.an Magistrat. 1 


— Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde filr städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatsteilen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit- 
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker 
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. — D ass o w 
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt 
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt 
Auskunft Stadtgeraeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. 
Fixum). Bewerb, an Bürgermeister. — Ke mb erg: Thierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Moringen: 
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). — Neukirch 
Ostpr.): Auskunft Adler-Apotheke. — Nüsse bei Mölln i. L. — 
Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin): 
Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen bei Gerds¬ 
hagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Ha liier-Rostock. 

— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat — 
Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.). 
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — S c h ö n fl i e b s (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimsthal. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren auB einzu¬ 
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt 4 - 
daselbst. 

Besetzt: Kreisthierarztstelle Hofgeismar. 


Obwohl die vorige Nummer der B. T. W. am Donnerstag 
wie gewöhnlich zur Post gegeben wurde, ist nur ein Theil der 
Kreuzbandsendungen an diesem Tage abgestempelt und expedirt 
worden. Der andere Theil der Sendungen trägt den Stempel 
Freitag zwischen 10—11 Uhr expedirt. 

Ich habe bereits wegen dieser verspäteten Expedition bei 
der Kaiserl. Ober-Post-Direction Beschwerde erhoben. 

Richard Schoetz. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (ezcl. Inieratentheil} Prof. Dr. Schmaltt in Berlin. — Verla« und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOzenzteln. Berlin. 


Digitized by LaOOQie 




öl«, ÄÄ?«-'». Wochenn-hrifl“ «rtcholct 
wöcbentUch m atirke von minde.ten. l 1 /, Bogen. Dieselbe 
lat an . ur P,“ den Bnchhandel, die Poat (No. 1031) 

oder durch Qie Verlag.buchhandlung von Richard 
Schoetx, Benin Nw^ Luiaenatraaae 36, »um Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origiualbeiirige werden mit 60 Mk. für den Bogen bonorlrt 
Alle Manuicripte, Mittbeilnngen and redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Scbmaltz, 
Berlin, thler&rztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasxe Mi. 
Correcturen, Hecenaions-Kzempiare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 37 . Ausgegeben am 15. September. 


Inhalt: Sohultz: Vereidete Impfbeamte des Kreises Schlüchtern — Lellmann: Ein Fall von multipler Scle- 
rose des Gehirns und Rückenmarks bei einem Hunde. — Stletenroth : Zur Schraidt-Koldingschen 
Behandlungsmethode des Kalbefiebers. — Referate : Sauer: Zur Behandlung der Gebärparese. — Fröhner: 
Tödtlicbe Myositis parenchymatosa in Folge Abwerfens beim Pferd. — Olt: Strongylus paradoxus in der Schweinelunge.— 
Weidmann: Silber als äusseres und inneres Antisepticum. — Scarpinato: Ueber die Wirkung der Purgantien von der 
Hautaus. — Schmidt: Didymchlorid als Desinfectionsmittel. — Normann: Dürfen wir aus den Reactionen niederer Thiere auf das 
Vorhandensein von Schmerzemptindungen schliessen. — Kleine Mittheilungen. —Thierhaltung und Thierzucht. — 
Tagesgeschichte: DasCominunalbeamtengesetz. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchen¬ 
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Gerichtsentscheidung in Gebührensachen. — Bücher¬ 
anzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen. 


Vereidete Impf beamte des Kreises Schlüchtern. 

Von 

Sohultz-Schlüchtern, 

commias. Kreisthierarzt. 

Um die Kritik des Herrn Collegen Kalteyer-Eschwege 
(No. 30 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 1898) nicht 
zn lange unbeantwortet zu lassen, will ich heute bereits referiren, 
wie sich die Einrichtung des Systems der Impfgehilfen im Kreis 
Schlüchtern bewährt hat. 

Beabsichtigt war die Heranbildung and Benutzung von 
Impfgehilfen zur Tuberculininjection, sowie zur Lorenz'schen 
Impfnng gegen Schweinerothlauf. Die Letztere wurde sofort — 
schon vor Erscheinen meiner Bekanntgabe in No. 24 der Berliner 
Thierärztlichen Wochenschrift, die sich verspätet hatte — fallen 
gelassen, die Gründe pro et contra bedürfen also keiner Er¬ 
wähnung mehr. Dagegen hat sich das Institut der Impfgehilfen 
bei der Tuberculinimpfung bis jetzt bewährt. Eine Wiedergabe 
der ganzen Dienstanweisung für diese Impfbeamten, die vom 
Landrathe als Vorsitzenden des Kreisansschnsses und dem Kreis¬ 
thierarzte erlassen ist, würde zu weit führen. Es genügt zu 
bemerken, dass die sämmtlichen Impfgehilfen ans der Zahl der 
Trichinen- resp. Fleischschauer entnommen und vom Kreisthier¬ 
arzte in dem Gebrauche des Thermometers und in der Impf¬ 
technik eingehend unterrichtet und geprüft wurden. Die Impf- 
gehilfen haben die Messungen der Vortemperatnr sowie die 
Tabercolin-Injection selbstständig zu besorgen, die Abnahme der 
Nachtemperatur und die Beurtheilung derselben bleibt dem Kreis¬ 
thierarzt Vorbehalten, durch den allein anch der Impfstoff bezogen 
wird. Eine Impfung ohne Mitwirkung des Kreisthierarztes ist 
also ansgeschlossen. Die Dienstanweisung enthält noch die 
Höchsttemperatur, bei der überhaupt geimpft werden darf, die 
Form der durch die Impfgehilfen zu führenden Tabellen u. s. w. 

Ich kann bis jetzt mittheilen, nachdem die Einrichtung in 
nnserem Kreise seit 1. Februar dieses Jahre besteht: 

1. Die Impfgehilfen haben bis jetzt zur vollen Zufrieden¬ 
heit gearbeitet. Ihre Aufzeichnungen, die ich mehrmals 
controllirte, waren augenscheinlich richtig und das anf Grund 
ihrer Vorarbeiten von mir ermittelte Resultat kann ich inso¬ 
fern ein zuverlässiges nennen, als es bereits öftere Male durch 
das Schlachtresultat bestätigt wnrde. 


2. Die Impfgebilfen haben sich geradezu als Agenten in 
der Propaganda für die Tuberculinimpfung erwiesen. 

Es sind mehr denn hundert Thiere bereits geimpft resp. zur 
Impfung nach Vollendung der Erntearbeit angemeldet und zwar 
durch Vermittelung der Impfbeamten. 

Weiteres kann für die kurze Zeit seit 1. Februar dieses 
Jahres nicht erwartet werden. 

Bemerken will ich hier, dass die im Kreise Schlüchtern 
obligatorische Tuberculinimpfung der Zuchtbullen vor deren 
Körung dem Kreisthierarzte völlig Vorbehalten ist. 

Ich habe schon früher erwähnt, dass die Impfresultate vor¬ 
läufig im Grossen nnr statistischen Werth haben; das ist jeden¬ 
falls schon an und für sich werthvoll; jedoch werden, falls die 
geimpften Thiere der Kreisviehcasse angehören, diejenigen, die 
Reaction zeigen, znm Schlachten gebracht, und dasselbe thnt 
auch der Nicht-Versicherte in vielen Fällen, wenn auch nicht 
allgemein. Die Ausbildung von Impfgehilfen aber geschah, eines- 
theijs um Stimmung für das Impfen zu machen, anderntheils um, 
sobald die vom Veterinärrathe und der Landwirtschaft verlangte 
allgemeine Tuberculoseimpfung in Angriff genommen werden soll, 
die nöthigen, geschulten Hilfskräfte zur Verfügung zu haben, 
j und nicht zuletzt, um anch das Verfahren billiger gestalten zu 
können. Die Notwendigkeit und Möglichkeit der Verwendung 
von zn unterrichtenden Laien beim Impfgeschäfte hat in der 
letzten Sitzung des Veterinärrates in Cassel, in der ich zugegen 
war, Herr Hans Edler zu Putlitz betont und sie blieb nicht nur 
unwidersprochen, sondern erhielt in der Discnssion von Peters- 
Bromberg geradezu Unterstützung. Ueber das Wie lässt sich 
ja reden, nnr nicht im Tone des Herrn Collegen Kalteyer. 
Das wird wohl zunächst von den Verhältnissen in jedem einzelnen 
Kreise abhängen, and ich glaube, dass man die Vormessnng und 
Impfnng selbst recht wohl Leuten anvertrauen kann, denen viel 
Schwierigeres und viel Wichtigeres anvertraut ist, nämlich der 
Schutz der menschlichen Gesundheit vor trichinösem oder sonst¬ 
wie verdorbenem, gesundheitsschädlichem Fleische. 

Man wird zugeben müssen, dass man diesen Leuten das 
Zutrauen schenken darf, dass sie das eine Amt so gewissenhaft 
verwalten als das andere. 

Es handelt sich also nur um die Frage, ob die Handhabung 
des Thermometers eine so schwierige ist, dass man das Ablesen 


Digitized by LjOOQle 







434 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


desselben einen Trichinensebaner nicht lehren kann und ob 
die Technik der Injection eine so difflcile ist, dass sie ein Laie 
nicht exact ausführen kann, denn um Weiteres als diese mecha¬ 
nischen Hilfeleistungen, durch die gleichwohl mehrfache Besuche 
des Thierarztes erspart werden, handelt es sich absolut nicht; 
die Beurtheilung resp. Abnahme der Reactionstemperatur, die 
Beurtheilung des klinischen Zustandes im Vergleich zu den 
gewonnenen Thermometerresultaten, die eventuelle Anordnung 
und Durchführung von Tilgungsmassregeln bleibt völlig Sache 
des Thierarztes. — Collegen gegenüber, die alle ja selbst Sach¬ 
verständige sind, brauche ich das Folgende nicht erst zu docu- 
mentiren, aber auch in Laienkreisen hat die Berliner Thierärzt¬ 
liche Wochenschrift ihre Leser, und desshalb sei es gesagt: Das 
richtige Einlegen und nachherige Ablesen eines Maximalthermo¬ 
meters ist um keinen Deut schwieriger zu erlernen, als seine 
Taschenuhr aufzuziehen und richtig lesen zu können. 

Dass der Impfgehilfe das mechanische Zurückschleudern der 
Quecksilbersäule vor oder nach jedem Gebrauche fertig bringt, 
wird wohl Niemand bezweifeln; dass bei einer gefundenen 
Temperatur über 39,5° C. vom Impfen Abstand genommen 
wird, ist eine Vorschrift, die ausser dem richtigen Ablesen des 
Thermometers weiter keine Kenntnisse voraussetzt. 

Und nun das Impfen selbst. Die Technik ist so einfach, 
dass meine Impfgehilfen ohne Ausnahme sowohl das Einstethen 
der Hohlnadel unter die Haut als auch das Füllen der Spritze 
mit Tuberculin und Entleeren derselben durch die Hohlnadel in 
das Unterhantbindegewebe schon bei der ersten Probe völlig zu¬ 
friedenstellend ausführten. i 

Man bedenke doch nur, dass das Tuberculin in der Dosis 
von 0,5 Gramm mit 4,5 Gramm J$proc. Carbolwasser verdünnt, 
von den Apotheken der thierärztlichen Hochschulen fix und fertig 
geliefert wird und dass die Injectionsspritze gerade diese Quan¬ 
tität von 5 Gramm Flüssigkeit aufzunehmen im Stande ist, und 
man muss sich sagen, ein Fehlgriff in der Quantität der einzu¬ 
spritzenden Flüssigkeit ist ausgeschlossen. 

Wer übrigens sich das sehr empfehlenswerthe Büchlein von 
Dr. A. Eber „Tuberculinprobe etc. beim Rinde“ Berlin, Patey, 
1898, einmal angesehen hat, kann auf Seite 11 finden, dass selbst 
die zehnfache Dosis Tuberculin den Rindern nichts schadete. 
Und sollte durch Unvorsichtigkeit von dem Tuberculin elwas 
verschüttet werden, so hat dies ausser dem Verluste des Tuber- 
culins nichts zu bedeuten, denn das Tuberculin enthält ja keine 
Lebewesen mehr, die eine Vermehrung herbeiführen könnten. 

r 

Es wäre noch die so sehr betonte Desinfection zu betrachten. 
Den Impfgehilfen wird Reinigen der Hände und Desinficirung 
der Nadel und Spritze sofort nach dem Gebrauche durch Aus¬ 
spülen resp. Ausspritzen derselben mit Alkohol und Nachspülen 
mit Brunnenwasser zur Pflicht gemacht und von diesen auch 
befolgt. 

Weiteres, wie Abscheeren der Haare, Desinfection der Haut, 
ist völlig entbehrlich. Ich verweise wiederum auf die Broschüre 
von Dr. A. Eber, Seite 9 und 10, indem ich hinzufüge, dass ich 
bei mehr als 200 von mir ohne vorherige Präparation der In- 
jectionsstelle geimpfter Rinder niemals einen Abscess oder gar 
Phlegmone entstehen sah. Es leuchtet dies aber auch sofort ein, 
wenn man bedenkt, dass der Impfstoff ja nicht verunreinigt, 
sondern selbst deBinficirt, da er mit der neunfachen Menge 
Carbolwasser verdünnt ist. Das Res um 6 dieser Betrachtung 
lautet: 

1. Wir brauchen bei umfangreicheren Tuberculinimpfungen 
Laienhilfe, da die Zahl der Thierärzte nicht ausreicht und die 
Kosten sich erheblich verringern. 


2. Es ist völlig unbedenklich, die Vormessungen und die 
Impfung selbst dazu ausgebildeten Laien zu übertragen, wodurch 
die grössere Hälfte der Arbeit dem Thierarzte von den Schultern 
genommen wird. Die Vorkenntnisse sind derart einfache, dass 
überall Leute zu finden sind, die genügend Intelligenz zur Er¬ 
lernung derselben besitzen. 

3. Die Laiengehilfen bringen die Tuberculinimpfung keines¬ 
wegs in Misscredit, sie können vielmehr geradezu als Agenten 
für die Impfung bezeichnet werden, die der allgemeinen Ein¬ 
führung der Tuberculinimpfung, die doch die erste Etappe des 
Tuberculosetilgungsverfahrens bildet, die Bahn ebnen. 

Da ich das hier Ausgeführte nur stets wiederholen könnte, 
so werden spätere Mittheilungen sich nur noch auf die Zahl der 
vorgenommenen Impfungen, den Procentsatz der reagirenden 
Thiere und die zur Tilgung getroffenen Massnahmen beschränken. 

Herr College Kalteyer muss sehr schlechte Erfahrungen in 
seinem Kreise gemacht haben. Ich kann demgegenüber nur 
constatiren, dass durch Ausbildung der öffentlichen Trichinen- 
und Fleischbeschauer im Kreise Schlüchtern die Zahl der Kur¬ 
pfuscher nicht vermehrt, sondern eher vermindert ist; ich glaube 
sogar die Beobachtung gemacht zu haben, dass, je mehr Laien 
über die physiologischen Vorgänge im Thierkörper wirklich 
unterrichtet werden, um so mehr die Neigung in der Laien¬ 
bevölkerung, sich an Kurpfuscher zu wenden, abnimmt. — Dem 
sei aber wie ihm wolle. Wer den Kampf gegen die Tuberculose 
ernstlich will, der kommt an der Verwendung von Laiengehilfen 
nicht vorüber, was wohl allgemein anerkannt ist. Da nun bei 
der rapiden Vermehrung der Tuberculose unter dem werthvollen 
Viehstand meines Kreises der Kampf nothwendig aufgenommen 
werden musste, so war die Ausbildung von Gehilfen für mich 
einfach ein Gebot der Noth und keineswegs ein Act blos freier 
EntsChliessung. Hätte ich wirklich nach-dem WiHen fies Herrn 
Collegen Kalteyer aus Vorurtheil oder einseitigem Standes¬ 
interesse abgelehnt, so würde der landwirtschaftliche Kreisverein 
längst einen Arzt gewonnen haben, der die Ausbildung von 
Impfern übernommen hätte, da gesetzliche Hindernissgründe be¬ 
kanntlich nicht entgegenstehen. Ich habe statt dessen alle ein¬ 
seitigen Bedenken fallen lassen und den Versuch gewagt. Der¬ 
selbe ist nach den bisher vorliegenden Erfahrungen gelungen, 
und ich habe, was mir im thierärztlichen Interesse besonders 
wichtig erscheint, die Sache in der Hand behalten, deren Leitung 
mir sonst entfallen wäre. Ich glaube deshalb, dass Herr College 
Kalteyer durch seine entgegengesetzten, etwas voreiligen Vor¬ 
schläge gerade dem thierärztlichen Interesse recht wenig ge¬ 
dient bat. 

Zum Schlüsse möchte ich die Gegenfrage an den Herrn 
Collegen richten: 

War es wirklich opportun, Herr College, in einem Augen¬ 
blick, wo die Reicksregierung damit umgeht, das Institut der 
obligatorischen Trichinen- und Fleischbeschau, wie es in der Provinz 
Hessen-Nassau seit länger als 10 Jahren mit Erfolg besteht, im 
Reich allgemein einzuführen und damit die Heranbildung un¬ 
gezählter Laienhilfskräfte in die Wege zu leiten — allen diesen 
zukünftigen Hilfskräften des Medicinaldienstes den Vorwurf 
„Pfuscher“ im Voraus an den Kopi zu schleudern? Wollten Sie 
diese Hilfskräfte im Voraus in der öffentlichen Meinung dis- 
creditiren? Oder etwa nur die Hochachtung vor unserem Stande 
in der Laienwelt durch Ihre absprechenden Aeusserungen ver¬ 
mehren? Beides wird Ihnen nicht gelungen sein. Zum Trichinen- 
und Fleischbeschauer sowie zum Impfer gehört nicht grosses 
Fachstudium, sondern ein tüchtiger Lehrmeister und strenge 
Gewissenhaftigkeit, und ich kann nicht einsehen, warum 


Digitized by CjOOQie 



15. September 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


435 


diese Eigenschaft bei Laien seltener sein sollte als bei Tbier- 
ärzten. Wir mQssen uns nur gegenwärtig halten, dass hier, 
wie so häufig, das Beste eben der Feind des Guten ist. 


Ein Fall von multipler Sclerose des Gehirns und 
Rückenmarks bei einem Hunde. 

Von 

Wllfred Lellmann. 

Dr. mod. ve*. ProfeMor at New York College of Veterlaary Sargeona. 

Wenn ich diesen Fall der Oeffentlichkeit übergebe, so geschieht 
es allerdings mit einer gewissen Zurückhaltung, da ich leider 
trotz grössester Bemühung den hier in Frage stehenden Hund 
zum Zwecke einer Obduction nicht erhalten konnte, nicht für 
Geld und gute Worte. Da es sich aber um einen äusserst 
interessanten Fall von Lähmung handelt, so kann ich nicht umhin, 
denselben zu veröffentlichen. Die Diagnose, welche ich in diesem 
Falle gestellt, mag vielleicht bei Diesem oder Jenem nicht vollen 
Anklang finden; indess gemäss einer gründlichen Untersuchung 
und einer genauen Anamnese scheint mir über die Diagnose dieses 
Falles kaum ein Zweifel zu bestehen. Im September vorigen 
Jahres wurde ich gebeten, einen Mopshund zu untersuchen, der 
nach Aussage der Besitzerin im Verlaufe eines halben Jahres 
allmälig gelähmt worden sei. Auf genaues Befragen erfuhr ich 
von der Besitzerin des Thieres etwa Folgendes: 

Das Erste, was sie bemerkt, vor circa einem halben Jahre 
sei ein zeitweise sehr starkes Zittern in den Extremitäten ge¬ 
wesen; allmälig hätten sich schwankende Bewegungen in den 
Hinterextremitäten bemerkbar gemacht, bis schliesslich Lähmung 
eingetreten sei; die Vorderextremitäten seien auch schwächer ge¬ 
worden. hauptsächlich aber die rechte. Der Hund, welcher gut 
dressirt sei und manche Kunststücke früher gemacht habe, schien 
alle bis auf eines völlig vergessen zu haben. Der Besitzerin 
war ferner aufgefallen, dass der Hund sehr schlecht sehen könne. 
Der Appetit sei bis vor Kurzem gut gewesen. Ferner fügte die 
Besitzerin hinzu, komme ihr das Gesicht des Thieres verstellt 
vor. Der Hund habe in letzter Zeit fast nur flüssige Nahrung 
zu sich genommen und es habe der Besitzerin geschienen, als ob 
er nicht so gut mehr habe schlucken können. Auf Befragen, wie 
es sich mit dem Stuhlgänge und Urin verhalte, versicherte mir 
die Dame, dass sie keine Störungen so weit bemerkt habe. 

Meine Untersuchung ergab folgendes Resultat: Männlicher 
Mopshund, ca. 6 Jahre alt, übermässig stark genährt, Haarkleid 
matt glänzend, die sichtbaren Schleimhäute erscheinen anaemisch. 
Der Puls ist klein, unregelmässig und ca. 100 mal per Minute 
fühlbar, an den beiden Brachialarterien gefühlt, erscheint er nicht 
gleichzeitig. Temperatur per rectum gemessen, beträgt 102° F. 

Der Herzstoss erscheint abgeschwächt und ist nur an der 
linken Seite des Thorax schwach tühlbar. Percussion der Herz¬ 
gegend ergiebt vergrösserte Dämpfungslinien. Bei der Aus- 
cultation hört man den ersten Herzton ziemlich deutlich, während 
der zweite erheblich geschwächt, kaum hörbar und verändert er¬ 
scheint Fast gleichzeitig mit der Diastole des Herzens lässt sich 
ein schwaches abnormes Geräusch wahrnehmen. Nach dem Befunde 
der Herzuntersuchung konnte es sich nur um eine Insnfficienz 
der Semilunarklappen oder um eine Erweiterung der Aorta 
ascendens handeln oder um eine Combination beider. Ferner 
war auch wohl eine Dilatation des linken Ventrikels mit ziem¬ 
licher Sicherheit anzunehmen. 

Percussion der Thoraxwandungen ergab ausser der ver- 
grÖ88erten Herzdämpfung nichts Abnormes. Auscultation der 
Lungen ergab trockene bronchiale Rasselgeräusche. Die Unter¬ 
suchung des Digestionsapparates ergab nichts wesentlich Abnormes; 
ein leichter Darmkatarrh war vorhanden. Störung in der Function 


des Sphincter ani war nicht zugegen. Die Function des Urogenital¬ 
apparates erschien nicht gestört, ausgenommen, dass Eiweiss im 
Urin nachgewiesen wurde und die Prostata ziemlich stark ver- 
grössert war. 

Die Psyche des Thieres war nicht völlig frei. Der Hund 
zeigte deutlich Apathie. Die genaue Untersuchung der Augen 
ergab erhebliche Erweiterung der Pupille, partielle Atrophie der 
Papilla optici, kleine aber nicht wesentliche Trübungen der 
Linsen. 

Die Hinterextremitäten sind fast völlig gelähmt und werden 
beim Versuche, zu gehen, nachgeschleppt. In den Vorder¬ 
extremitäten machen sich schon paretische Symptome bemerkbar, 
die rechte Vorderextremität ist entschieden schwächer. 

Blasen- und Mastdarmstörungen sind noch nicht zugegen, 
ebenso keine wesentlichen Muskelatrophien des Rumpfes und der 
Extremitäten; geradezu verblüffend ist die Atrophie der beiden 
Schläfenmuskeln. 

Beim Versuche zu gehen, tritt erhebliches Zittern in den 
Extremitäten auf, hauptsächlich in den Vorderbeinen; während 
der Ruhe verschwinden diese zitternden Bewegungen vollständig. 
Die Sensibilität erscheint nicht wesentlich gestört; dagegen sind 
die Sehnen und Periostreflexe deutlich gesteigert. 

An den hinteren Extremitäten macht sich auch deutlich 
erhöhter Patellarreflex und intensives Fussphaenomen bemerkbar 
Die Muskeln der Hinterextremitäten hauptsächlich befinden sich 
in einer Art tonischer Starre; der Gang ist paretisch - spastisch. 
Die .passiven Bewegungen sind erschwert. Die Hautreflexe 
verhalten sich normal. Trophische Störungen der Haut sind 
nicht zugegen. Obgleich das Thier noch in übermässig gutem 
Ernährungszustände sich befindet, versichert die Besitzerin doch, 
dasq der Hund wesentlich im Körperumfange abgenommen. Auf 
mqji), Ersuchen wird dem Thiere etwas Milch vorgesetzt, welche 
auch theilweise aufgenommen wird; dabei bemerke ich, dass sich 
leichte Störungen im Schlucken zeigen. Die Unterlippe hängt 
etwas nach links herunter; es ist mir nicht möglich, positive 
Veränderungen an der Zunge festzustellen. Die Stimme des 
Hundes ist ebenfalls etwas verändert. Diese Thatsache wurde 
mir übrigens auch schon von der Besitzerin mitgetheilt. Diese 
zuletzt genannten Erscheinungen lassen sich nur auf pathologische 
Herdp in der Medulla zurückfuhren, während die Atrophie der 
Papilla optici von cerebralen Veränderungen herrühren dürfte; 
die Paraplegie der Hinterextremitäten ist wahrscheinlich Folge 
von ^clerotischen Herden in den Seiten- und Vorderstrangbahnen 
des Rückenmarks. Es ist ja leicht erklärlich, dass das klinische 
Bild einer multiplen Sclerose des Gehirns und Rückenmarks ein 
äusserst variables sein kann, je nach dem Sitze der Herde. In 
dem concreten Falle beschränkt sich die Localisation der Herde 
hauptsächlich auf die Occipitallappeu des Grosshirns und wahr¬ 
scheinlich auch auf den Thalamus opticus, auf die Medulla und 
das Rückenmark im Verlaufe des Brust- und Lendenmarks. 

Der Grund meiner Diagnose auf Sclerose ist evident, da 
nicht der geringste Verdacht auf irgend welche Neubildung vor¬ 
lag; diese Annahme war auch schon a priori durch den langsamen 
Verlauf ausgeschlossen. Filarien im Blute waren ebenfalls ausser 
Frage gestellt.*) 

Da die Prognose als absolut schlecht zu bezeichnen war, so 
wurde der Hund auf meinen Rath hin mit Chloroform getödtet. 

Was nun die Aetiologie dieses jedenfalls seltenen Falles an¬ 
betrifft, so möchte ich annehmen, dass die sclerotischen Herde 
vielleicht die Folge von Gefässveränderungen waren, etwa fettige 
Degeneration der Muscnlaris feiner Arterien oder auch arterio- 

*) N&chkrankheit oder Rückbleit sei von Staupe war ebenfalls 
ausgeschlossen. 


Digitized by VjOOQie 



436 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


sclerotische Veränderungen, gefolgt von Thrombose und Embolie 
feinster Arterien des Centralnervensystems. 

Die Annahme solcher Veränderungen wird bekräftigt durch 
den Ernährungszustand und die Lebensweise des Patienten, ferner 
durch das Ergebniss der Auscultation des Herzens und die Be¬ 
schaffenheit des Pulses. Dieselben ergaben Veränderungen am 
Herzen und auch zweifelsohne der Aorta, hauptsächlich Insufficienz 
der Semilunarklappen und wahrscheinlich auch Veränderungen 
anderer Arterien. (Ungleichzeitiger Puls beider Brachialarterien.) 

Die Verkalknngsherde in den Linsen mögen die Kette der 
Verdachtsgründe scbliessen. 

Der hier kurz beschriebene Fall ist jedenfalls eine Lähmung, wie 
sie nur selten beobachtet wird. Ob ähnliche Fälle oder ein ähn¬ 
licher Fall schon in unserer Literatur beschrieben wurde, möchte 
ich fast bezweifeln. Soweit es mir möglich war, habe ich mich 
davon zu überzeugen gesucht, indess erfolglos. Natürlich wäre 
es weit zufriedenstellender für mich gewesen, wenn ich in der 
Lage wäre, hier einen genauen postmortalen Befund sowohl 
makroskopisch als auch mikroskopisch über die Veränderung des 
Gehirns und Rückenmarks zu veröffentlichen. Leider, wie ich 
Eingangs dieser Veröffentlichung erwähnte, war es mir nicht 
möglich, das Cadaver für Geld und gute Worte zu bekommen. 


Zur Schmidt-Koldingschen Behandlungsmethode des 
Kalbefiebers. 

Von 

Stietenroth-Halle i. Br. 

Thiernrrt 

Als zu Anfang dieses Jahres die neueste Behandlungsmethode 
des Kalbefiebers von Schmidt- Holding pnblicirt wurde, ver¬ 
säumte ich nicht, mir den dazu nöthigen Schlauch sowie äuch 
die betreffenden Medicamente anzuschaffen, um bei einem dies¬ 
bezüglichen Erkrankungsfalle die Methode in Anwendung bringen 
zu können. Diese neue Therapie war für mich um so will¬ 
kommener , weil ich stets mit Unlust an die Behandlung von 
Kalbefieber herantrat, da ich fest von der Nutzlosigkeit der¬ 
selben überzeugt war. 

Es sind in meiner Praxis seitdem drei solcher Erkranldungs- 
fälle vorgekommen, wovon der eine nicht zur Behandlung kommen 
konnte, weil Patient bei meiner Ankunft bereits eingegangen war. 

Die zuerst behandelte Kuh war ein schweres, sehr gut ge¬ 
nährtes Thier, holländer Rasse. Bei derselben hatte man Nachts 
um 1 Uhr schon einige Mal Brüllen gehört und Neigung • zum 
Umfallen bemerkt. Um 5 Uhr Morgens waren dann die Sym¬ 
ptome des Kalbefiebers zum Vorschein gekommen. Zwei 
Stunden später fand ich die Kuh liegend, stark stöhnend, in 
vollständiger Lethargie vor. Ueber den ganzen Körper war die¬ 
selbe gegen Nadelstiche unempfindlich, Schaum stand vor dem 
Maule, der Kopf wurde auf den Boden gestreckt und mitunter in 
die Seite gelegt. Der gut fühlbare Puls wurde 85 Mal in der 
Minute gezählt. 

Die Schmidt-Koldingsche Kur wurde genau nach Vorschrift, 
bei sorgfältiger Desinfection eingeleitet und nebenbei auch zwei 
Mal innerlich 1 Pfund Natr. sulf. mit 80,0 Aloe verabreicht. 

Schon während des Infundirens der Jodkalium-Flüssigkeit in 
das Euter nahm das Stöhnen ab und trat ruhigeres Athmen ein. 
Dies bessere Befinden hielt bis gegen Mittag an, worauf die 
Paroxysmen sich erneuerten. Nach einer zweiten Infundirung 
von 10,0 Jodkalium um 12 Uhr Mittags liess sofort das starke 
Stöhnen nach und um 2 Uhr Nachmittags erhob sich das Thier 
schon wieder und nahm Nahrung zu sich. Ein Einfluss auf die 
Milchsecretion liess sich ebenso wenig, wie eine Enterentzündung, 
nach weisen. 


Auf gleiche Weise wurde erst kürzlich wieder von mir eine 
starke rothbunte Kuh, ostfriesischer Rasse, behandelt, welche den 
dritten Tag nach dem Kalben an Gebärparese erkrankt war. 
Auch dieses Thier reagirte über dem ganzen Körper nicht auf 
Nadelstiche und legte stets den Kopf in die Seite. Das Thier 
konnte schon vier Stunden nach Infundirung den Kopf hoch halten 
und vermochte sich an demselben Tage zu erheben. Das Wieder¬ 
käuen stellte sich allerdings erst nach zwei Mal 24 Stunden ein. 

Zweifellos verdient die neue Behandlungsmethode Vertrauen. 
Ob die Auffassung des dänischen Collegen, dass ein Gift, Leuco- 
main genannt, das im Euter durch Zerfall von Drüsenzellen 
entstehen soll, die Parese bewirke, richtig ist, bleibt gleich¬ 
gültig. Es ist vorläufig erst die Hauptsache, dass die nach dieser 
Hypothese ausgedachte Behandlung Erfolg hat. Beim Lesen des 
Artikels „Wirkung des Jodkaliums bei Septicaemie“ von Müller- 
Horneburg in Nummer 30 der B. T. W. bin ich auf den Ge¬ 
danken gekommen, ob es nicht ebenso rathsam wäre, die 
Schmidtsche Jodkaliumflüssigkeit gleich in das subcut&ne Ge¬ 
webe am Halse oder Bonst am Körper zu infundiren, da es 
immerhin möglich ist, dass dadurch Infectionsstoffe in das Euter 
gelangen und eine Mastitis erzeugt werde könne, ein Ereigniss, 
das gerade nicht zur Empfehlung der Methode dienen würde. 
Würde der Schlauch auf eine Hohlnadel geschoben, so fände der 
Abfluss von einem Liter Flüssigkeit unter die Haut ebenso rasch 
statt, wie in die Milchcysternen des Euters. Auch ohne Massiren 
würde die Flüssigkeit in kurzer Zeit resorbirt. Auf den richtigen 
Wärmegrad kommt es auch beim Infundiren in das Euter nicht 
an, auf 40 Grad kann man das Wasser während der Zeitdauer 
der Procedur nicht halten. Träte eine Heilung der Gebärparese 
auch bei dieser Application ein, so wäre die Hypothese, dass die 
Infection durch den Uterus stattfände, schon mehr berechtigt. 

Um eine richtige Statistik zu schaffen, ist es zweckmässig, 
dass nach Behandlung von 50 oder 100 Fällen Berichte in der 
Fachpresse veröffentlicht werden. 


Referate. 

Zur Behandlung der Gebärparese, 

nach Schmidt- Holding. 

Thierarzt Sauer- Neustadt a. H. veröffentlicht in der 
Wschr. f. Thierhlkd. 98 No. 30 ebenfalls seine Beobachtungen. 
Der erste Fall misslang. Eine zweite Kuh war seit 24 Stunden 
krank. Es wurde Lugol’sche Lösung, 75 g mit 130 g Wasser 
verdünnt, in die Zitzen gespritzt. Nach 12 Stunden waren die 
Erscheinungen des Kalbefiebers verschwunden, doch hatte die 
Behandlungsweise den Patienten angegriffen. Das Euter war rot. 
das Melken schmerzhaft, die Milch schmeckte dem Kalbe auch 
2—3 Tage nicht. Ausserdem zeigte die Kuh einen Jodschnupfen, 
Conjunctivitis, auffallende Fettabnahme, Muskelzittern und einige 
Tage wechselnden Appetit. — In einem dritten Fall hatte die 
Krankheit schon 14 Tage nach der Geburt sehr heftig eingesetzt. 
Es wurden 85 g Lugol’sche Lösung mit V« 1 Wasser auf 3 Mal 
innerhalb 6 Stunden angewandt. Die Aussichten waren bei der 
Art der Krankheit schlecht. Gleich nach der ersten Injection 
war eine deutliche Besserung wahrzunehmen; nach 3 Stunden 
aber trat ein soporöser Zustand ein, nach 24 stündiger Dauer 
der Behandlung war S. vom ungünstigen Ausgang überzeugt. 
Mehr um des Besitzers willen verabreichte er 4 gr Coffein als 
Einguss. Die Kuh wurde dann ziemlich aufgeregt, beruhigte 
sich schliesslich und sprang nach 32 stündiger Behandlung auf. 
um an der Krippe nach Futter zu suchen. Auch hier zeigte sich 
aber die Jodwirkung in einem leichten Nasenkatarrh, Magen¬ 
darmkatarrh, Euterentzündung und Muskelschwäche. Das Kalb 
sog ohne Schädigung an der Kuh. 


Digitized by 


Google 



15 September 1898. 


BERLINER TH1EKARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


437 


Wegen der unangenehmen Nebenwirkungen des Jods wurden 
bei einem neuen Fall Jod 0,1, Kal. jodat. 8, aqu. dest. 150 an¬ 
gewendet. Die Injection fand 9 Stunden nach dem Eintritt der 
Krankheit statt Das vorher wie tot daliegende eisig kalte 
Thier erhob sich nach l*/ 9 Standen und war gerettet. Das Euter 
war diesmal nur in geringem Grade gerötet Der Jodschnupfen 
trat wieder auf, wenn auch nur für einen Tag. Sonstige Nach¬ 
theile wurden nicht bemerkt. 

Es ist die Frage berechtigt, ob das Fleisch eines mit Lugol- 
scher Lösung behandelten Thieres geniessbar ist. Schädliche 
Folgen für den Consnraenten können wohl nicht entstehen; doch 
ist die officinelle Lugol’sche Lösung (1:5: 100) entschieden zu 
concentrirt. S. hält daher für besser, mit Rücksicht auf eine 
eventuelle Nothschlachtung vom Jod ganz abzusehen und nur 
Jodkalium 10 : aqua 200 zu verwenden. 

Was die ätiologische Frage anbetrifft, so scheint dieselbe 
auch durch die Bewährung der neuen Behandlung dem Verfasser 
nicht gelöst. Er führt aus, dass das Jodkalium ein Specificum 
gegen Exsudate sei, speciell für Gehirnapoplexie; da sich die 
Wirkung nach der Einspritzung in’s Euter auf den ganzen Orga¬ 
nismus erstreckt, so sei man zu der Annahme berechtigt, dass 
eben das Gehirnödem zur Heilung gebracht werde. Freilich 
müsste man dann auch bei innerlicher Verabreichung ein an¬ 
nähernd ähnliches Resultat erreichen. 

Ausserdem weist S. noch auf Folgendes hin. Der Ausgang 
der Fälle von Gebärparese zeigt den Jahren nach erhebliche 
Schwankungen. Auf einen Zusammenhang der Krankheit mit 
den Luftdrnckverhältnissen ist ja auch früher schon von anderer 
Seite hingewiesen worden. Dies ist bei den Resultaten, die etwa 
mit einer Behandlung erzielt werden, wohl zu beachten. 

Ueber durchweg günstige, überraschende Erfolge ohne unan¬ 
genehme Nebenwirkungen berichten Thierarzt Graf (Wschr. f. 
Thierhlkd.) 1 Fall, Thierarzt H e n g e n ebenda 2 Fälle. 

Todtliche Myositis parenchymatosa iu Folge Abwerfens 
beim Pferd. 

Fröhner hat schon früher darauf hingewiesen, dass in 
Folge des Niederlegens beim Pferde acute Muskelerkrankun¬ 
gen eintreten können. Im 11. Heft des 9. Bandes seiner 
Monatshefte beschreibt er einen neuen Fall. — Ein 18 Jahre 
altes Pferd, schwerer Belgier, wurde wegen einer Samenstrang¬ 
fistel eingestellt. Es handelte sich um ein enormes, sechsmanns¬ 
kopfgrosses Botryomykom des Schlauches und Samenstranges. 
Die Operation wurde trotz geringer Aussicht auf Erfolg auf 
Wunsch vorgenommen. Sie verlief normal ohne Chloroform. Der 
Uebelstand war nur das auffallend heftige Sträuben des riesen¬ 
haften, 184 cm hohen Pferdes. Nach der Operation Mittags 
12 Uhr wurde das Pferd in den Stall geführt und gefüttert. Um 
fünf Uhr stürzte es plötzlich hinten zusammen, konnte zunächst 
wieder auf die Beine gebracht werden, brach aber wieder¬ 
holt zusammen und starb binnen $ Stunde unter allgemeiner 
Lähmung und Herzlähmung. Die Section ergab: Der Herz¬ 
muskel auf dem Durchschnitt grauroth, trocken, trübe und sehr 
brüchig. Die Lendendarmbeinmuskeln und mehrere Kruppenmnskeln 
grauroth, auf der Schnittfläche trocken, trübe und sehr brüchig. 
Die mikroskopische Untersuchung ergab körnige Trübung der 
Muskelfasern. Sonstige Veränderungen, auf die der Tod hätte 
bezogen werden können, waren nicht vorhanden. Hiernach 
handelte es sich also nm eine acute Degeneration der Lenden- 
und Kruppenmuskeln und des Herzens als Folge der übermässigen 
Anstrengung des Pferdes bei seiner Gegenwehr gegen das 
Werfen. 


Strongylns paradoxus in der Schweinelange. 

Von Dr. 0 11. 

(Dl*ch. Th. W. 1896, 0.) 

Die Erkrankungen der Schweinelnnge werden am häufigsten 
durch Strongylus paradoxus herbeigeführt. Ueber die dadurch 
bedingten Veränderungen haben bereits Bollinger und Müller 
genauere anatomische Studien veröffentlicht. Die Veränderungen 
erstrecken sich in erster Linie auf die Bronchialwände. Die 
Würmer bilden bekanntlich ganze Ballen und können die Bron¬ 
chien verlegen. Chronische Bronchitis, Verdickungen der Bronchial¬ 
wand und Bronchiectasie sind die gewöhnlichen Folgen. Auch 
eine geringe Anzahl von Parasiten kann bereits solche Ver¬ 
änderungen herbeiführen. Die erweiterten Bronchien kann 
man bis fast an die Spitze der Lungenlappen aufschneiden und 
schon beim äusseren Betasten kann man die Verdickungen der 
Bronchienwände feststellen. Auch mikroskopische Präparate 
erweisen namentlich eine auffällige Hyperplasie der tubulösen 
Drüsen, welche zwischen der Muscularis und den Knorpelinseln 
eine mächtige Schicht bilden. Diese Drüsen sind vielfach cystisch 
erweitert und mit Schleim gefüllt. Dazu kommt eine Proliferation 
des peribronchialen Bindegewebes und Hepatisation des un¬ 
mittelbar angrenzenden Lungenparenchyms, wodurch bis hasel¬ 
nussgrosse Knoten, Peribronchitis chronica nodosa, entstehen. 
Die von der Bronchialschleimhaut ausgegangenen Granulationen 
werden von ungewöhnlich breiten Zügen glatter Musculatur 
umrahmt. Die Dicke dieser Muskelzüge erreicht das Zehnfache 
der Norm. Die Hypertrophie der Musculatur ist äugen cheinlich 
auf deren erhöhte Thätigkeit behufs Fortbeförderung der Para¬ 
siten zurückzuführen. Zwischen der Musculatur finden sich 
Inseln von Granulationsgewebe, welche sich in dem vermelirten 
peribronchialen Bindegewebe fortsetzeu. In demselben können 
sich» Riesenzellen finden, welche oft als umfangreiche Plasma¬ 
massen einen grossen Theil des Wurmes umlagern und Ausläufer 
aussenden, oft mehrere hundert Kerne enthalten, andrerseits aber 
auch» mehr den Formen gleichen, die bei der Tuberculose, Acti- 
nomycose und in alten Rotzknötchen gefunden werden. Die 
Kerne liegen in der Regel an der Seite, die dem Parasiten ab¬ 
gekehrt ist. Der Fremdkörper ist — das findet man nicht bloss 
bei Parasiten, sondern überall, auch bei Actinomycesrasen etc. 
etc. t— ein Attractionspunkt für Plasma, nicht dagegen für die 
Kerne. An den Bronchien, von welchen die knotenförmigen Ver¬ 
dickungen ausgehen, finden sich beim Abpräpariren des Lungen¬ 
gewebes zahlreiche peribronchiale und perivasculäre graue durch¬ 
scheinende Knötchen, die bei alten Wurminvasionen dem an sich 
schon verdickten Bronchius massenhaft aufsitzen und an Lyrnph- 
follikel erinnern, aber nicht so scharf umschrieben sind. Es sind 
dies kleinzellige Infiltrationsherde, von denen manche Parasiten 
enthalten, andere aber nicht. Es handelt sich hier unzweifelhaft 
um lymphatisches Gewebe und die Frage nach der Entstehung 
dieser kleinzelligen Infiltrate deckt sich mit der Frage nach 
dem Ursprung der lymphoiden Zellen bei entzündlichen Vor¬ 
gängen überhaupt. Ribbert hat kürzlich in Vircho w’s Archiv, 
Bd. 150, H. 3, die Ansicht vertreten, dass die lymphoiden ein¬ 
kernigen Zellen der kleinzelligen Infiltrate nicht im Zusammen¬ 
hang mit den mehrkernigen Leukocyten stehen und nicht wie 
letztere aus den Blutgefässen auswandern. Jene Lymphoidzellen 
sollen vielmehr aus lymphatischen Herden stammen, die im 
normalen Gewebe vorwiegend die Gefässe umgeben und bei Ent¬ 
zündungen eine Zellvermehrung erfahren. Auch hierbei ent¬ 
stehen jene zeitigen Infiltrationen, welche von den aus den 
Gefässen wandernden Leukocyten streng zu scheiden sind. Auch 
durch Färbungen lässt sich die Differenz erweisen. Lymphoide 
Knötchen, die nicht ganz so scharf umschrieben sind wie die 


Digitized by 


Google 


438 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


Darmfollikel kommen ja auch in normalen Organen vor und 
Arnold (Virchow’s Archiv, Bd. 80) hat auch im peribronchialen 
Gewebe solche nachgewiesen. Unzweifelhaft gehen die klein¬ 
zelligen Infiltrationen bei der Strongylose der Lungen von jenen 
Arnold’schen lymphatischen Apparaten des peribronchialen 
Bindegewebes aus. 

Endlich findet man noch eine Gruppe von Knötchen im 
Lungenparenchym scharf umschrieben, hirsekorn- bis erbsengross, 
röthlich-grau, von intactem Lungengewebe umgeben oder an die 
Blutherde angrenzend Stets findet sich im Centrum ein 
Strongylus paradoxus immer nur ein einzelnes Exemplar, niemals 
tritt ein Bronchius an das Knötchen heran. Unzweifelhaft ist die 
Entwickelung des Knötchens vom Lungengewebe ausgegangen 
und der Strongylus muss sich also hier in das Parenchym verirrt 
haben. Diese Knötchen zeigen Uebereinstimmung mit den parasi¬ 
tären Knötchen in der Pferdelunge, in welchen Grips und Olt 
1895 einen Rundwurm entdeckten. 

Die Angabe Müller’s, dass sich der Strong. nie im Lungen¬ 
gewebe selbst finde, ist dagegen nicht haltbar. An den Knötchen 
kann man unterscheiden die Kapsel, das Gerüst, das Stroma. 
Das Ganze ist von follikulärem Aussehen. Der Wurm ist 
lebendig oder eventuell zerfallen bezw. verkalkt. Die männliche 
Spicula erhält sich am längsten. Geschlechtsreife Würm- 
exemplare befanden sich jedoch nie in solchen Knötchen, sondern 
nur in den peribronchitischen Knoten. Hiernach scheinen in das 
Lungengewebe nur Parasiten in frühem Entwickelungsstadium zu 
gelangen. 

Was das Eindringen der Würmer in die Lungen überhaupt 
anbetrifft, so nehmen viele Autoren an, die Brut werde aspirirt, 
erwiesen ist es jedoch nicht. Leuckart ist es nicht gelungen, 
eine Invasion herbeizuführen. Es ist daher anzunehmen, dass 
noch unbekannte Entwickelungsformen dieselbe einleiten. Ge¬ 
wöhnlich vertheilen sich die Strongyli herdweise auf die 
Bronchien einzelner Lungenlappen, namentlich an der Spitze der 
Lungen. Das hinter dem Sitz der Parasiten liegende Lungen- 
gewebe ist natürlich beeinflusst Die Alveolen füllen sich mit 
Flüssigkeiten und Epitlielien, die erkrankten Lungenläppchen 
werden grauroth, ein Theil der Alveolen bleibt allerdings luft¬ 
haltig. Auch atelektatische Stellen finden sich. Besteht ein 
dauernder Verschluss des zufübrenden Bronchius, so folgen 
schliesslich bindegewebige Indurationen der Loboli und an den 
Lagerstätten der Parasiten Verkalkung. 

Bekanntlich kommen in den Schweinelungen häufig käsige 
Knoten vor, die durch keine charakteristischen, auf die Herkunft 
deutenden Merkmale ausgezeichnet sind. Zum Theil sind sie 
sicher auf Strong. parad. zu beziehen, doch nur ihre Lage in¬ 
mitten alter, durch Wurmbrut bedingter pneumonischer Herde 
rechtfertigt diese Annahme. In diesen Knoten finden sich stets 
Bacterienformen, welche mit der Verkäsung augenscheinlich in 
Zusammenhang stehen, darunter auch ovoide, den Schweine- 
seuchebacterien ähnliche Formen. 

Silber als äusseres und inneres Antisepticnm. 

Von A. Weidmann, K. K. Bezirks-Thierarat. 

(Oecterr. Monatlich! - . 1898, H. 8.) 

In der Silberwundbehandlung wurden mit gutem Erfolg ver¬ 
wendet: 1. Das milchsaure Silber-Actol (Arg. lact. puriss.). 
Dieses Präparat bewährte sich bei erstmaligen Desinfectionen 
und insbesondere bei Uterusausspülungen. Zur Uterusbehandlung 
wurden Actollösungen von 1 : 1000 Aq. dest. oder eine Actol- 
t&blette auf 200 g Aq. dest. verwendet und Heilung in den Fällen 
erzielt, in welchen bereits Peritonitis, hochgradiges Fieber und 


jauchiger Ausfluss bestand. Diese Heilwirkung schreibt Verf. 
den bactericiden Eigenschaften des metallischen Silbers zu. 

2. Das citronensaure Silber (Arg;, citr. pnriss.) Itrol, 
Über dessen therapeutischen Werth W. schon im Decemberheft 97 
der Oesterr. Monatsschr. referirt hat, ist hanptsächlich als 
Wundstreupulver zu gebrauchen, wozu Actol seiner ätzenden 
Eigenschaft wegen nicht anwendbar ist Die Wunden sind mit 
dem Streupulver nur ganz dünn zu bestäuben. Um einen zu 
grossen Verbrauch des Mittels zu verhüten, bat der Erfinder der 
Silberwnndbehandlung, Hofrath Cred£, dem Verf. geratben, das¬ 
selbe mit Milchzucker zu mischen, 1,0 Itrol zu 9,0 Milchzucker. 

3. Argentum Credö ist fast metallisches Silber, löst sich 
1 : 100 in destillirtem Wasser und wird entweder subcutan bei 
phlegmonösen Processen oder in Form von: 

4. Unguentum Credä bei Lymphangitis, Phlegmone und allen 
septischen Processen angewendet. Bei der hartnäckigen Otitis 
der Hunde wurde mit Actol-Ausspülungen und darauffolgendem 
Belegen der erkrankten Stellen mit Unguentum Credd schnelle 
und dauernde Heilung erzielt. 

Ueber die Wirkung der Purgantien von der Haut ans. 

Von G. Scarpinato. 

‘Nach einem Ref. ln der D. Med. Ztg) 

Ueber die Wirkung der Purgantien von der Haut, auf 
8ubcutanem oder cutanem Wege, ist bisher nichts bekannt 
geworden. S. fand, dass die salinischen Abführmittel, in kleinen 
Dosen subcutan verabfolgt, eine wenn auch unbedeutende 
purgirende Wirkung haben. Am geeignetsten erwies sich das 
Magnesium sulfuricum, und zwar in Dosen von 0,12 — 0,15 g 
pro kg Körpergewicht. In grösseren Dosen verursachen alle 
salinischen Abführmittel Verstopfung. Aloin, Citrullin, Colocyn- 
thin und Cathartinsäure wirken von der Haut aus sogar noch 
langsamer als vom Magen, selbst wenn bei Weitem grössere 
Dosen verwendet wurden. Dagegen konnte immer mit 6 bis 
10 Tropfen Crotonöl auf 20 g Olivenöl von der Haut aus eine 
abführende Wirkung erzielt werden. In höheren Concentrationen 
blieb diese Wirkung aus und es erfolgte heftige örtliche 
Reaction. Diesen Einreibungen mit Crotonöl ist Verf. geneigt, 
eine Verwendbarkeit in der Praxis für manche Fälle einzuräumen. 

Didymchlorid als Desinlectionsmlttel. 

Von Schmidt- Dresden. 

(DUch. Th. W«chr. ?8, 1898.) 

Die Firma Drossbach & Co. bringt unter dem Namen 
Didymchlorid, D. R. P. 94739, eine Flüssigkeit in den Handel, 
welche in Wirklichkeit eine 25 bis 30pCt. Lösung der genannten 
Substanz ist. Das Mittel soll angeblich in einer Verdünnung von 
1 : 2000 die Bildung von Stapbylococcen verhindern. S. machte 
daher Versuche mit Bacillus cyanogenus subtilis, Rothlaufbacillen, 
Milzbrandbacillen undBacterium coli sowie mit faulendem Fleisch. 
Die Lösung betrug etwa 1 : 500 und der Erfolg blieb aus. Selbst 
der empfindliche Rothlaufbacillus gedieh noch sehr gut; die 
sporenbildenden Milzbrandbacillen wurden Überhaupt nicht be¬ 
einflusst. Hiernach ist eine Verwendung des Mittels in der 
Veterinärpraxis vorläufig nicht zu empfehlen. 

Dürfen wir ans den Keactionen> niederer Thiere auf das 
Vorhandensein von Sehmerzentpfindnngen schli essen! 

Von Prof. Normann. 

(Pflüger'» Aroh. t d. ge». Phyalol.) 

Schneidet man einen Regenwurm in der Mitte durch, so zeigen 
nicht etwa beide Hälften die bekannten windenden, schlagenden 
Bewegungen, sondern nur die hintere Hälfte, die vordere kriecht 
weiter. Es wäre nun sonderbar, dass gerade die hintere gehirn¬ 
lose Hälfte eines Regenwurms Schmerzempfindnngen darbieten 


Digitized by 


Google 


15. September 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


489 


sollte, während die vordere Hälfte keine derartigen Reactionen 
zeigt. Verf. erweiterte nach einem Referat in der deutschen 
Medicinal Zeitung die oben berichtete, schon von Friedländer 
und Loeb beobachtete Thatsache und fand, dass, wenn man mit 
der Theilung der Stücke fortfährt und sie mehrmals wiederholt, 
jedesmal nur das hintere Stück windende Bewegungen bei der 
Durchschneidung zeigt, während das vordere keine Reactionen 
darbietet, die im Sinne einer Schmerzhypothese zu deuten wären. 
Vom anthropomorphen Standpunkte aus müsste man hiernach zu 
der unmöglichen Ansicht kommen, dass immer nur die hintere 
Hälfte eines Wurmes oder eines beliebig aus ihm geschnittenen 
Stückes der Schmerzempfindung fähig sei, während die vordere 
Hälfte keine Schmerzempfindungen habe. Zu schliessen ist aber 
aus den Versuchen nur, dass eine durch einen Schnittreiz aus¬ 
gelöste Erregung sich in anderer Form nach rückwärts, als nach 
vorwärts ansbreitet; bei der Ausbreitung nach rückwärts scheinen 
unregelmässige Contractionen der Längsmuskulatur hervorgerufen 
zu werden, bei der nach vorwärts scheint es mit zu geordneten 
Locomotionen zu kommen. 

Kleine Mittheilungen. 

Die SohBtz’eohen Pneumoniebacterien und der Streptococcus der Druse. 

Lignieres zieht im Rec. de med. vet. No. 12, 1897, aus 
seinen Untersuchungen folgende Schlüsse: Die Schütz’sche 
Bacterie ist ein Streptococcus, der nichts Anderes ist als der 
Streptococcus der Druse. Dasselbe gilt von dem Streptococcus 
vonDelamotte und Chantemesse und dem Str. anteriditis von 
Galtier und Violet. Alle färben sich nach der Gram'sehen 
Methode. 

Die Streptococcen sind in zwei grosse Gruppen, die des 
Erysipels und die der Druse, zu trennen. Man findet den 
Schntz’schen Str. in den Organen und pathologischen Producten 
deijenigeir Pferde, welche verendet sind an Pneumonia a frigore, 
infectiöser Stall- und drüsiger Pneumonie, Pneumo-Enteritis, 
Pleuro-Pneumonie, Pleuresie, Broncho-Pneumonie oder Influenza. 
Er existirt häufig im Darrainhalt, im Mist, in der Streu, im 
Rauhfutter. Nach einer Impfung des Drusestreptococcus haftet 
eine zweite Impfung schwer, ohne jedoch eine solide Immunität 
zu Stande zu bringen. Die Einhufer bleiben immer dafür 
empfänglich. Die reelle pathologische Rolle des Schütz’schen 
Streptococcus in der Pneumonie bleibt daher noch zu bestimmen. 

(Anacker's „Thierarzt“.) 

Weber den Ursprung des sogenannten Lurtblasengekröses beim Schwein. 

Thierarzt Dupraz hat im Juniheft des Journ. de med. vet. 
von 1897 folgende Ansicht ausgesprochen. Es soll sich um eine 
proliferirende Lympbanitis handeln, wobei sich unter dem Ein¬ 
fluss von Mikroorganismen Gascysten bilden. Der Ursprung bzw. 
die stärkste Entwickelung des Emphysems weist stets auf Zu¬ 
sammenhang mit den P e y e r 'sehen Plaques hin. Zugleich be¬ 
stehen Ecchymosen mit vielfachen Schleimhauterosionen, welche 
wahrscheinlich den Mikroorganismen als Eingangspforte dienen. 
Es fanden sich in den Cysten Colibacillen und ein Coccus lique- 
faciens, der als das wirksamste Agens anzusehen sein soll und 
durch dessen Culturen beim Meerschweinchen und Hunde eben¬ 
falls Bildung von Gascysten bewirkt wurde. Der Autor meint, 
die Mikroorganismen sollen in den Lymphgefässen Embolien 
bilden, dadurch die Circulation der Lymphe hindern und das Ge- 
fäss erweitern. Die erweiterten Stellen werden durch Gasbildung 
zu Cysten. 

Gehlrneutzfludung in Folge geschlechtlicher Aufregung. (?) 

Ein 2 3 / 4 jähriger Hengst zeigte sich auf der Weide mit den 
anderen Pferden zusammen im Zustand fortgesetzter geschlecht¬ 
licher Aufregung und gebärdete sich so unbändig, dass ihm der 


Schweiss in Strömen herablief. Der thierärztliche Rath, das 
Pferd zu isoliren, wurde mit der züchterischen Erfahrung zurück¬ 
gewiesen, dass solche Pferde sehr schneidige Deckhengste würden. 
Der Hengst war Anfang Mai auf die Weide gekommen und er¬ 
krankte im Juni an subacuter Gehirnentzündung. Sofortige 
Pilokarpineinspritzungen, leichte Laxantien, Einstellung in 
luftigen Stall brachten ihn so weit, dass er kastrirt werden konnte. 
Auf diese Operation hin änderte sich das ganze Befinden des 
Hengstes und es liess sich keine krankhafte Erscheinung mehr 
nachweisen. (Wschr. f. Thieihkd.) 

Zur Verminderung der Keime in der Milob. 

Im Heft 2 des Berichts des Landwirtschaftlichen Instituts der 
Universität Königsberg (Berlin 1898), hat Prof. Backhaus Unter¬ 
suchungen veröffentlicht, die kurz folgendes Resultat haben. Frische 
Milch hatte einen Keimgehalt von 6600 imCubikcentimeter. Schüttete 
man sie nach einander in sechs sehr sorgfältig gereinigte Gefässe, 
so stieg diese Menge auf 23000 bis 162 000. Hieraus folgt der 
Grundsatz: man verwende möglichst wenige Gefässe. Sorgfältiges 
Putzen und Waschen des Euters reducirt den Keimgehalt der 
Milch ausserordentlich. Die reinlichste Milch wird beim Melken 
im Freien erzielt. Dem kommt am nächsten ein gut gehaltener 
Stall. Bei Verwendung von Torfstren beträgt der Keim¬ 
gehalt nur die Hälfte wie bei der Verwendung von 
Strohstreu. Wesentlich ist es auch, die ersten 3 bis 6 Züge 
wegzumelken, da die erste Milch immer am stärksten bacterien- 
lialtig ist. Emaille- und Blechgefässe sind besser als hölzerne 
Melkkübel. Die Gefässe werden am besten mit einer '^proc. 
warmen Natronlauge ausgebürstet, darauf mit kaltem Wasser ge¬ 
spült (event. Dampfsterilisation). Das sogenannte nasse Melken 
ist zu vermeiden. 

(Referat von Dr. Nörner in der Dtsch. thierärztl. W.) 

Rhehe bei Lämmern. 

In einem Stalle, wo bisher Aehnliches nicht beobachtet war, 
erkrankte fast die Hälfte der Lämmer, und zwar diejenigen, die 
auf der Südseite des Stalles standen, während die andere Hälfte 
ganz gesund blieb. Die Lämmer lagen und konnten nicht 
stehen. Das Futter hatte aus Heu und Maisschrot bestanden. 
Die Fussschmerzen wiegen auf Rhehe. Es wurde die Zehenwand 
verdünnt und der Fuss in kaltes Wasser getaucht, was augen¬ 
scheinlich wohlthat. Nach acht Tagen genasen alle Thiere. 

Thierhaltung und Thlcrzucht 

Neue Thierzeichenmarke für Vertlcheruugszwecke. 

Unter den verschiedenen Ohrmarken zum Kennzeichnen der 
Thiere unterscheidet man solche, bei welchen sich die Zeichen 
auf den mit dem Verschlussmechanismus versehenen Knöpfen 
befinden, und solche, bei denen die Verschlussknöpfe mit be¬ 
sonderen Platten unlösbar verbunden sind. Während die erste 



Sorte nur während der Fabrication mit Zeichen versehen werden 
kann, können Marken mit besonderer Zeichenplatte jeder Zeit, 
also auch kurz vor dem Gebrauch, gestempelt werden. Marken 
mit besonderer Zeichenplatte haben auch den Vortheil, dass die 
Zeichenplatte mit den Verschlusstheilen unlösbar verbunden ist, 


Digitized by 


Google 





440 

so dass Betrügereien durch Verwendung des das Zeichen tragenden 
Markentheiles ausgeschlossen sind. Während die unlösbare Ver¬ 
bindung der Zeichenplatte mit dem Verschlussknopf (Hauptner’s 
D. R. G. Muster 61 254) bisher hauptsächlich bei Marken an¬ 
gewendet wurde, die durch Vernietung der beiden Markentheile 
am Thierohr befestigt werden, ist jetzt dieselbe Einrichtuug auch 
an der Art von Ohrmarken angebracht worden, welche von der 
Perleberger Viehversicherung benutzt wird. Wie bei der be¬ 
kannten Hauptner’schen Marke Signum A, ist der Feder- 
Verschlussknopf mit der Zeichenplatte durch Ineinanderkapseln 
zu einem Ganzen unlösbar verbunden worden, wodurch erreicht 
wird, dass die zweimalige Benutzung der Zeichenplatte unmöglich 
wird, nachdem die beiden Markentheile durch den Feder¬ 
mechanismus verbunden worden sind. Die neue Marke wird von 
der Firma H. Hau ptner-Berlin fabricirt. 

Wirkungen des Radsports auf den Pferdehandel. 

In Amerika hat der Radsport eine so grosse Ausdehnung 
gewonnen, dass eine Reihe Gewerbe, welche ihre Einnahmen aus 
anderen Sportzweigen herleiten, beträchtlichen Schaden erleiden. 
Am empfindlichsten wird aber der Pferdehandel getroffen. In 
dem westlichen Territorium von Washington sollen die Pferde 
ganz werthlos sein und heerdenweise umherlaufen, ohne dass 
sich die Besitzer um dieselben kümmern. Auf dem Markte in 
Tacoma wird das Stück für 3—15 Dollars verkauft. 

Tagesgeschichte. *) 

Das Co mmunalbeamtengesetz. , 

In dem Anzeiger für Gemeindebeamte vom 0. September 
findet sich der „Entwurf eines Gesetzes betr. die Rechtsverhält¬ 
nisse der Communalbeamten“, welcher im Aufträge des Herrn 
Ministers des Innern ausgearbeitet ist. 

Dieser Entwurf bestimmt u. A. ungefähr Folgendes: 

§ 9. Die Anstellung deijenigen städtischen Beamten, welche 
nicht zum Magistrat u. s. w. gehören, erfolgt auf 
Lebenszeit. 

§ 10. Bei lediglich vorübergehenden Dienstleistungen kann 
die Annahme der Beamten zur Vorbereitung oder auf 
Probe erfolgen. 

§ 11. Bestimmungen, welche von dem Grundsätze der lebens¬ 
länglichen Anstellung abweichen, können nur mit Ge¬ 
nehmigung des Bezirksausschusses durch Ortsstatut 
u. s. w. festgesetzt werden. 

Die Genehmigung kann auf Widerruf ertheilt 
werden. 

Auf die Beamten der städtischen Betriebsverwaltungen findet 
der Grundsatz der Anstellung auf Lebenszeit nur insoweit An¬ 
wendung, als die Stadtgemeinden dies beschliessen. 

Während im § 12 bestimmt wird, dass die Städte befugt 
sind, die zu technischen oder zu mechanischen Dienstleistungen 
erforderlichen Kräfte im Wege des privatrechtlichen Vertrags 
einzustellen, aber mit der Einschränkung, sofern den Ein¬ 
zustellenden obrigkeitliche Befugnisse nicht übertragen werden 
sollen, wird durch das geplante Gesetz den Beamten der Betriebs¬ 
verwaltungen jeder Anspruch auf lebenslängliche Anstellung einfach 
abgeschnitten. 

Hierzu ist zu bemerken: 

Der Ausdruck Betriebsverwaltung ist ein zweideutiger. Dass 
eine Gasanstalt, ein Electricitätswerk, ein Wasserwerk eine 
Betriebsverwaltung ist, ist klar, ebenso, dass deren Beamte 
mangels obrigkeitlicher Funktionen einer lebenslänglichen An- 

*) In No. 36 ist bei dem Bericht über die Versammlung des 
Vereins der Thierärzte von Schleswig der am Schluss Unterzeichnete 
Name deB Schrifttührers, Herrn Kreisthierarztes Eiler verdruckt 
worden. 


No. 37 

Stellung weniger bedürfen; sehr zweifelhaft erscheint es aber ob 
ein öffentliches Schlachthaus, ein Krankenhaus u. s. w. als Betriebs¬ 
verwaltung betrachtet wird. 

Ein Betrieb dürfte wohl sein eine gewerbliche Einrichtung 
zwecks Production irgend welcher Objecte. 

Beamte solcher Betriebsverwaltungen sind gewerbliche An¬ 
gestellte. 

Ganz anders liegen die Verhältnisse in einem städtischen 
Schlachthause. 

Aus vorwiegend sanitären Gründen ist dasselbe eingerichtet. 
Die Verwaltung verfolgt keine gewerblichen Zwecke, producirt 
nichts, sie stellt die Räume mit zweckmässigen Einrichtungen zur 
Verfügung und überlässt es den Gewerbetreibenden, ihre gewerb¬ 
lichen Geschäfte selbst zu besorgen. 

Die städtischen Schlachthäuser sind öffentliche Anstalten, in 
denen auf Grund erlassener Schlachthaus-Polizei-Verordnungen, 
Ortsstatute von Seiten der Schlachthausbeamten der Verkehr zu 
überwachen, Sicherheit, Reinlichkeit, Ordnung aufrecht zu er¬ 
halten ist. 

Dem Schlachthofvorsteher und den übrigen Aufsichtsbeamten 
ist im Schlachthofe Gehorsam zu leisten; ersterer hat das Recht 
und die Pflicht, Verstösse zu rügen, zur Bestrafung anzuzeigen, 
Widerspenstige, Ruhestörer u. s. w. entfernen zu lassen. 

Als Schlachthau8tbierarzt hat er hauptsächlich die Aufgabe, 
gesundheitsschädliches oder verdorbenes Fleisch zu beanstanden 
und zu beschlagnahmen. Er ist in erster Linie städtischer 
Sanitätsbeamter, hat in starkem Masse polizeiliche Funktionen 
auszuüben und dabei ist ihm die sachliche Verwaltung der An¬ 
lage, die Beaufsichtigung resp. Leitung der meist aber nicht 
nothwendiger Weise damit verbundenen Betriebe, wie des Kühl¬ 
hauses u. s. w., übertragen. 

Der Schlachthofvorsteher hat so bedeutende QbrigkfiiUiv.ke 
Befugnisse, dass er des Rückenhaltes der lebenslänglichen An¬ 
stellung nicht entbehren kann, viel weniger als irgend ein 
städtischer Bureaubeamter. 

Die das öffentliche Schlachthaus regelmässig benutzenden 
Fleischer, Händler, Gesellen zeichnen sich vielfach durch besondere 
Rücksichtslosigkeit und Dreistigkeit aus, da die Fleischer meistens 
Angehörige ihres Standes in den Stadtverordneten-Versammluugen, 
Schlachthaus-Commissionen haben, auch sonst im Allgemeinen es 
verstehen, die städtischen Verwaltungen zu beeinflussen, so liegt 
es klar zu Tage, dass ein pflichttreuer Schlachthofvorsteher nach 
dem geplanten Gesetze mit einer Kündigung seiner Stelle dauernd 
bedroht ist. 

In letzter Zeit haben die zuständigen Regierungsbehörden 
wiederholt darauf hingewirkt, dass die Schlachthausdirectoren 
u. 8. w. lebenslänglich angestellt werden, weshalb will man 
mittelst des in Aussicht genommenen Gesetzes das Erreichte 
wieder in Frage stellen. 

Es empfiehlt sich, unverzüglich geeignete Schritte zwecks 
Abänderung des Gesetzentwurfs zu thun, ehe es zu spät wird. 

Ronneberger. 

Unterstützungsverein für Thierärzte. 

Wie sich aus dem Bericht der Centralvertretung ergiebt, ist 
nach vielen Mühen der Unterstütznngsverein für Thierärzte end¬ 
lich ins Leben getreten. Das Verdienst der Anregung einer der¬ 
artigen Einrichtung gebührt dem westpreussischen Verein. 
Ursprünglich war eine Kasse mit obligatorischem Beitritt aller 
preussischen Vereine bezw. Vereinsmitglieder geplant. Diese 
Idee musste aufgegeben werden, da mehrere Vereine sich ent¬ 
schieden gegen eine Verpflichtung der Vereine als solcher aus- 
sprachen und der Zusammenhalt aller Vereine selbstverständlich 
um keinen Preis gelockert oder gefährdet werden durfte. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



15. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 441 


So wählte man die jetzt festgestellte freiere Form, indem 
zugleich der Beitritt allen deutschen Thierärzten geöffnet wurde. 
Dass nicht von vornherein der Verein als deutsches Unternehmen 
unter Führung des deutschen Veterinärrathes angebahnt wurde, 
hatte mehrere entscheidende Gründe. Einmal war eine deutsche 
Unterstützungskasse schon durch Herrn Geheimrath Dr. Dammann 
begründet worden, ohne dass freilich die bisherige Entwicklung 
den Hoffnungen ganz entsprochen hätte. Es wäre somit eine 
schwer zu lösende Concurrenz entstanden. Sodann besitzen die 
Thierärzte des zweitgrössten Bundesstaates, Bayerns, bereits eine 
reich fundirte und ausgezeichnet wirkende Unterstütznngskasse 
und können sich daher gar nicht an anderer ähnlicher Einrichtung 
betheiligen. Es war daher das einzige Mögliche, dass man in 
Preussen für sich die Initiative ergriff. Wenn dabei den deutschen 
Thierärzten insgesammt der Beitritt anheim gestellt wurde, so 
geschah dies mit Rücksicht auf die in den kleineren Bundes¬ 
staaten wohnenden Collegen, welche in ihren weniger zahlreichen 
Kreisen eigne derartige Einrichtungen kaum dürften begründen 
können und wollen. 

Der Verein ist begründet wesentlich mit der Absicht, die 
bisher in einzelnen dringenden Nothfällen ins Werk gesetzten 
öffentlichen Sammlnngen durch eine andere Form der Hülfe- 
leistung zu ersetzen. So sehr diese Sammlungen bisher immer 
dem Wohlthätigkeits- und GemeiDsinn der Thierärzte ein glän¬ 
zendes Zeugniss ausgestellt haben, so empfindet man doch auch 
ziemlioh allgemein ihre peinlichen Seiten, von anderen Schwierig¬ 
keiten abgesehen. 

Daher ist der dem Unterstützungsverein zu Grunde liegende 
Gedanke gewiss ein guter, dass die Collegen, anstatt durch einzelne 
Hülferufe in Anspruch genommen zu werden, in Zukunft ihrer 
Menschenfreundlichkeit durch regelmässige, verhältnissmässig 
geringe Jahresbeiträge genügen und dass diese von einer C •ntral- 
stelle aus mehr im Stillen vertheilt werden können. 

Um diesen Zweck erreichen zu können, ist freilich eine 
möglichst allgemeine Betheiligung erforderlich. Der Verein wird 
in der angebenen Richtung erst zu wirken im Stande sein, wenn 
er mindestens 600 Mitglieder hat. Im Verhältniss zur Zahl, auch 
allein der preussischen Thierärzte, sollte eigentlich eine derartige 
Mitgliederzahl nicht schwer zu erreichen sein. Es sei daher 
allen Collegen der Beitritt*) dringend ans Herz gelegt. 

Schmaltz. 

*) Anmeldungen desselben sind bekanntlich an den Vorsitzenden 
des Unterstützungsvereins, Herrn Veterinärassessor Preusse in 
Danzig, Straussgasse, zu richten. 


Frequenz der deutschen medioinischen Facuitäten. 



Winter 1897/98 

Sommer 1898 

In¬ 

länder 

Aus¬ 

länder 

Summa 

In¬ 

länder 

Aus¬ 

länder 

Summa 

Berlin. 

921 

439 

1360 

783 

307 

1090 

Bonn. 

249 

15 

264 

318 

19 

337 

Breslau .... 

330 

15 

345 

350 

14 

364 

Erlangen . . . 

173 

167 

340 

140 

176 

316 

Freiburg. . . . 

88 

231 

319 

82 

364 

446 

Giessen .... 

91 

127 

218 

86 

143 

229 

Göttingen . . . 

189 

47 

236 

175 

50 

225 

Greifswald . . . 

274 

19 

293 

298 

25 

323 

Heidelberg . . . 

49 

154 

203 

55 

217 

274 

Halle. 

217 

48 

265 

200 

45 

245 

Jena. 

51 

147 

198 

59 

153 

214 

Kiel. 

192 

71 

263 

306 

122 

428 

Königsberg. . . 

210 

25 

235 

220 

29 

249 

Leipzig .... 

327 

343 

670 

299 

287 

586 

Marburg .... 

203 

46 

249 

224 

50 

274 

München .... 

485 

661 

1146 

458 

724 

1182 

Rostock .... 

59 

47 

1C6 

54 

45 

99 

Strassburg . . . 

169 

160 

329 

163 

161 

324 

Tübingen . . . 

136 

119 

225 

133 

145 

278 

Wttrzburg . . . 

196 

478 

674 

176 

451 

627 

Zusammen 

4609 

3359 

7968 

4579 

3527 

8106 


Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. 

Die Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen giebt im 
8. Heft ihrer Zeitschrift bekannt, dass die vom Vorstand ihres 
bacteriologischen Laboratoriums, Thierarzt Hecker, ange- 
stellten Schutzimpfungs-Versuche zum Abschluss gelangt sind und 
durchweg günstige Resultate ergeben haben. Es sollen nunmehr 
practische Versuche im Grossen vorgenommen werden, und die 
Viehbesitzer in verseuchten Gegenden werden ersucht, Stallungen 
mit Ochsen, Mast- oder Jungvieh zur Vornahme von Impfungen 
zur Verfügung zu stellen. Das betreffende Vieh muss noch 
seuchenfrei und auch noch nicht verseucht gewesen sein. Für 
eventuellen Schaden infolge der Impfung kommt die Landwirth¬ 
schaftskammer auf. Im Uebrigen sind aber bisher irgend welche 
: Schädigungen durch die Impfung noch nicht hervorgetreten. An- 
i fragen sind zu richten an die Landwirthschaftskammer für die 
! Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstrasse 16. 

Zur Verurtheilung eines Thierarztes (No. 35 der B. T. W.). 

: Herr Tbierarzt Dr. Ehlers theilt mit, dass er gegen seine 
Verurtheilung Berufung eingelegt hat und dass eine Ergänzung 
! der Beweisaufnahme in Aussicht steht. 


Oeffcntliches Veterinär wesen, 


(Mittheilungen fti 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 

Erlass belr. Schutzimpfungen gegen die Tollwuth. 

Die Minister der Medicinalangelegenheiten, für Landwirt¬ 
schaft und des Inneren haben an sämmtliche Regierungspräsidenten 
einen Erlass (22. Juli) gerichtet, der die Einrichtung einer 
Abteilung für Schutzimpfungen gegen die Tollwut bei dem 
Königlichen Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin NW. 
Charitöstrasse 1 mittheilt und Folgendes bestimmt: 

In dem Institut können Gebissene behandelt werden. Die 
Behandlung, welche 20—30 Tage in Anspruch nimmt, besteht in 
einer täglichen Einspritzung. Die Aufnahme des Patienten in 
das Institut ist daher in der Regel nicht erforderlich und ist, 
wenn sie ambulatorisch erfolgt, unentgeltlich. Doch kann, 
mangels geeigneter Unterkunft in Berlin, die Aufnahme in das 
Institut erfolgen. Verletzte sind von der Ortspolizeibehörde 


• Veterinärbeamte.) 

j schriftlich oder telegraphisch anzumelden. Diese Behörde hat 
i auch nach Ablauf eines Jahres über den Ausgang an das Institut 
' zu berichten. 

Kopf und Hals der wegen Tollwuth bezw. wegen des Ver- 
i dachte getöteten Thiere sind von der Polizeibehörde, im Sommer 
möglichst in Eis verpackt, mit Eilpost, nebst einer Abschrift des 
Obductionsprotokolls, dem Institut einzusenden. Dieses theilt 
seinerseits dem Regierungspräsidenten das Ergebniss seiner 
! Untersuchung mit und erstattet im übrigen einen Jahresbericht 
i an den Minister der Medicinalangelegenheiten. Für das Bekaant- 
werden des Erlasses unter der Bevölkerung ist möglichst Sorge 
zu tragen. 

Anzeigepflicht für Influenza. 

Für die Provinz Ostpreussen ist die Anzeigepflicht bei In¬ 
fluenza der Pferde eingeführt worden. (Zeitungsmeldung). 


Digitized by 


Google 










442 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


No. 37. 




Schleswig 


Marienwerder 


Hannover 


Frankfurt 


Munster- 


deshm 


lersebur^ 

O O 


Arnsberg 

o 


Kassel 


lesbädfen 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche in Preussen 
im August 1898. 


.. • 


—V>XAurich 


unter l t 


20 - .30 


.30 - W 


•tO - 60 


50 - 15 


15 - WO 


00-150 


150-200 


Die Schraffierungen £eben .(nach nebenstehender 
Scala) an, wie viel pro mille dervorhandenen über 200 
Gemeinden verseucht waren, 


Pie Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preueteu. Ende August 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Marienwerder. 

2 

4 

1,76 

Potsdam. 

6 

6 

2,24 

Frankfurt. 

2 

2 

0,72 

Posen. 

13 

34 

10,31 

Bromberg. 

4 

6 

2,69 

Breslau. 

4 

7 

1.84 

Liegnitz. 

2 

4 

1,42 

Magdeburg . 

8 

12 

8.33 

Erfurt. 

1 

1 

1,70 

Hildesheim. 

1 

1 

1,38 

Lüneburg . 

1 

1 

0,67 

Münster. 

2 

6 

18,48 

Minden. 

1 

1 

1,96 

Arnsberg . 

2 

2 

2,35 

Cassel. 

3 

3 

1,78 

Wiesbaden. 

7 

19 

20,2!) 

Coblenz. 

12 

76 

72,72 

Düsseldorf...... 

3 

3 

6,97 

Cöln. 

9 

33 

111,48 

Trier. 

9 

29 

25,73 

Aachen . 

6 

16 

41,04 

Summa 

93 

266 

— 


Naobweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe 
am 31. August 1898. 

Es waren am 31. August in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Prpnssen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Stettin 1 (3). R.-B. Köslin 1 (1). I 


K.-B. Posen 2 (3). K-B. Bromberg 1 (1). K.-B. Breslau 2 (3). 
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Düsseldorf 1 (1) 
R.-B. Trier 2 (5). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: 
Kreishanptm. Bautzen 3 (4). Kreishanptm. Leipzig 1 (2). 

Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 3 (4). Braun- 
8cliweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Be¬ 
zirk Lothringen 1 (1). 

B. von Hanl- nnd Klauenseuche (excL Preussen): 

Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (49). R.-B. Niederbayern 3 (3) 
R.-B. Pfalz 7 (16). R.-B. Oberpfalz 3 (10). R.-B. Oberfranken 1(1). 
R.-B. Mittelfranken 8 (18). R.-B. Unterfranken 12 (24). R.-B. 
Schwaben 13(36). Sachsen: Kreishanptm. Leipzig 2 (3). Kreis¬ 
hauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Neckarkreis 8 (13). 
Schwarzwaldkreis 8 (20). Jagstkreis 11 (45). Donaukreis 10 (16). 
Baden: Landescomm.Constanz3(3).Landescomm. Karlsruhe2(6). 
Landescomm. Mannheim 3 (3). Hessen: Provinz Oberhessen 1(1). 
Provinz Rheinhessen 4 (14). Sachsen-Weimar 1 (1). Olden¬ 
burg: Herzogth. Oldenburg 1 (3). Fürstenth. Birkenfeld 1 (8). 
Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Meiningen: 3 (3). Sachuen- 
Coburg-Gotha: Herzogth. Gotha 2(3). Schwarburg-Rudol- 
stadt: 1 (1). Waldeck: 2 (6). Bremen: 1 (4). Elsass- 
Lotbringeu: Bezirk Unter-Elsass 2(2). Bezirk Ober-Elsass 1 (2). 
Bezirk Lothringen 2 (9). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (5). R.-B. 
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis- 

hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1). 


/ 

f 


Digitized by 


Google 






























BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


443 


15. September 1898. 


Fletechschau and Viehverkehr. 

Berlin: Auszug aus dem Fleisohsohauberloht für Monat August 1898. 

A. Schlachtbot. 



Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

11814 

11961 

41890 

47 815 

Ganz beanstandet. .... 

154 

49 

11 

416 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

2002 

40 

— 

2411 

Davon gänzlich verworfen . 

38 

— 

— 

47 

„ sterilisirt und verwerthet 

42 

8 

1 

235 

„ theilweise verworfen . . 

9 

— 

— 

— 

Also vollständig freigegeben 

1913 

32 

1 

2129 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

6 

Mit Finnen behaftet .... 

66 

1 

— 

35 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

— 

— 

— 

16 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

66 

1 

— 

19 

Ausserdem wegen Behaftung 
mitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 





gekocht verwerthet . . . 

— 

2 

1 

39 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 2422 Stück, bei Kälbern 64 Stück, bei Schafen 1 Stück, bei 
Schweinen 3126 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

17 540 

6314 

3236 

9306 

Beanstandet. 

Wegen Tubercnlose wurden 

48 

14 

2 

19 

beanstandet. 

17 

— 

— 

— 

D^vpn sind sterilis. verwerthet 

7 

— 

—. 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

10 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet .... 
Davon schwach finnig und 

12 

— 

— 

— 

gekocht verwerthet . . . 

12 

— 

— 

— 

Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 24 dänische Kälber, 
85 Wildschweine sowie 1269 dänische Rinderviertel. 


Ergebnisse der Trlohlnen- und Finnensohau In Preussen 1897. 

Laut einem Nachweis in den Veröffentlichungen des Kais. 
Gesundheitsamtes wurden in Preussen im Jahre 1897 in Schlacht¬ 
häusern und auf dem platten Lande zusammen 8 320 405 Schweine 
untersucht. Davon wurden trichinös befunden 1558 Stück = 
0,018 pCt. oder 1,8 von 10 000, (ausserdem erwiesen sich 502 ame¬ 
rikanische Schinken und Speckseiten trichinös) und finnig 5646 
= 0,067 pCt. oder 6,7 von 10C00, also 4 Mal soviel als trichi¬ 
nöse. Die Zahl der beschäftigten Fleischbeschauer betrug 27 441. 
Gar keine Trichinen wurden gefunden in den Regierungsbezirken 
Osnabrück, Aurich, Koblenz und Aachen, dagegen in Posen 
498 = 0,21 pCt., also das 10 fache des Durchschnittes. 

Bayern. 

Uebersicht über das Vorkommen und die sanitätspolizeiliche 
Behandlung tubercnlöser Schlachtthiere in den öffentlichen 
Schlachthöfen Bayerns im Jahre 1897. 

(Im Aufträge des K. Staatsministeriums des Innern zusammen¬ 
gestellt.) 

Die Zahl der Schlachtungen betrug: 

233 865 Rinder, 

479 983 Kälber, 

690 757 Schweine, 

125 049 Schafe und Ziegen, 
in Summa: 1 529 654 Thiere. 


Hiervon waren tuberculös: 

12 209 Rinder (5,2 pCt.), 

233 Kälber (0,05 pCt.), 

1816 Schweine (0,26 pCt.), 


32 Schafe und Ziegen (0,03 pCt.), 


in Summa: 14 290 Thiere (0,93 pCt.). 


Hiervon sind 

auf der Freibank 

vernichtet 

freigegeben 

verkauft 

worden 

Rinder. . 8 187 (67,1 pCt) 

3 690 (30,2 pCt.) 

332 (2,7 pCt) 

Kälber . . 35 (15,0 „ ) 

190 (81,6 „ ) 

8 (3,4 „ ) 

Schweine 1 105 (60,8 „ ) 

664 (36,6 „ ) 

47 (2,6 „ ) 

Schafe und 

Ziegen 23 (71,9 „ ) 

4 (12,5 „ ) 

5 (15,6 „ ) 

Gesammt- 

zahl . . 9 350 (65,4 ,. ) 

4 548 (31,8 „ ) 

392 (2,8 „ ) 


Gerichtsentscheidung in Gebfihren-Sachen. 

Departements- oder kreisthierärztliche Gebühren. 

In einer Privatstreitsache um ein Pferd hatte der Departe¬ 
mentsthierarzt K o 11 zu Koblenz verschiedene Verrichtungen, 
darunter auch Reisen nach Neuwied etc. im Aufträge des Ge¬ 
richtes ausgeführt. Hierfür hatte ihm das Landgericht zu 
Neuwied nur kreisthierärztliche Reisekosten und Tagegelder zu¬ 
gewiesen unter der Begründung, dass er departeraentsthierärzt- 
liche Gebühren nur zu beanspruchen haben würde, wenn er im 
besonderen Aufträge seiner Vorgesetzten Behörde thätig ge¬ 
wesen sei. 

Das Oberlandesgericht zu Frankfurt a. M. hat am 2. März er. 
diese Entscheidung aufgehoben und ihm departementsthierärzt- 
lig^S (Gebühren zugebilligt. In der Begründung wird ausgeführt, 
dass die Departementsthierärzte die ihrer Stellung zukommenden 
Gebühren zu erhalten hätten in allen Fällen, welche nicht einen 
Gegenstand ihrer kreisthierärztlichen Thätigkeit betreffen. Im 
vorliegenden Processe habe aber die Untersuchung des streitigen 
Pferdes und die Begutachtung zu Neuwied weder sachlich 
noch örtlich mit der Thätigkeit des Sachverständigen als des 
Kreisthierarztes des Kreises Koblenz in Berührung gestanden. 
Die Ansicht (Albrecht Verordnungen und Ergänzungen betr. 
die Rangverhältnisse; 1889, S. 143), dass Departementsthierärzte 
in gerichtlichen Angelegenheiten überhaupt nur ausnahmsweise 
die höheren Gebühren liqnidiren könnten, wenn sie in besonderem 
Aufträge ihrer Vorgesetzten Behörde thätig gewesen seien, stehe 
mit den Bestimmungen des Gesetzes vom 9. März 1872 nicht im 
Einklang. Die höheren und niedrigen Sätze haben vielmehr bei 
allen von Gerichten den Departementsthierärzten aufgetragenen 
Verrichtungen unterschiedslos Anwendung zu finden, je nachdem 
es sich um Reisen innerhalb oder ausserhalb des kreis¬ 
thierärztlichen Bezirkes handelt. In letzterem Falle sind al 60 
jedesmal departementsthierärztliche Gebühren zu bewilligen. 

Meiner Meinung nach ist dieser letztere Grund nicht ent¬ 
scheidend. Es entscheidet vielmehr die Art der Thätigkeit. 
Denn nach der durch die Kgl. Verordnung vom 17. September 1876 
abgeänderten Fassung des § 2 erhalten die Departementsthier¬ 
ärzte die höheren Gebühren in gerichtlichen Angelegenheiten bei 
Verhandlungen, welche nicht einen Gegenstand ihrer kreisthier¬ 
ärztlichen Thätigkeit betreffen. 

Die Untersuchung bezw. gerichtliche Begutachtung eines 
Processpferdes im Währschaftsstreite ist nun niemals ein Gegen¬ 
stand kreisthierärztlicher Thätigkeit, mag sie im Kreise oder 
ausserhalb desselben stattfinden. Es ist lediglich eine im Privatr 
interesse vorgeuommene Handlung, die mit dem Amte des be- 


Digitized by kjOOQie 















444 


BERLINER THIERÄKZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 37. 


treffenden Kreisthierarztes schon deswegen keine Beziehung hat, 
weil das Gericht auch jeden Privatthierarzt damit beauftragen 
könnte. Da die Handlung also nicht kreisthierärztlich ist, so 
greifen in jedem Falle die departementsthierärztlichen Gebühren 
Platz nach der Fassung des § 2, welche alle nicht kreisthier¬ 
ärztlichen (also auch die durch Privatinteresse veranlassten) 
Verrichtungen den kreisthierärztlichen gegenüberstellt 

Demnach ist dieser Fassung gegenüber auch der Einwand 
hinfällig, dass der betreffende, wenn nicht als Kreisthierarzt, so 
auch nicht als Departementsthierarzt gehandelt habe. Letzteres 
i st gar nicht nöthig; entscheidend ist nur, dass er nicht als 


Kreisthierarzt functionirt hat. Aber selbst, wenn man dem 
Einwand stattgeben wollte, so wäre der Erfolg nur der, dass der 
Betreffende dann eben als Privatthierarzt thätig gewesen ist. 
Privatthierärzten stehen aber dieselben Gebühren zu, wie den 
beamteten Thierärzten. Ein Departementsthierarzt würde also 
auch in seiner Function als Privatthierarzt departementsthier¬ 
ärztliche Gebühren beanspruchen können, weil er eben die Stellung 
eines solchen hat, sofern er nicht ein kreisthierärztliches Geschäft 
vertreten hat. Es bleibt also bei jeder Auffassung dasselbe: 
Departemontsthierärzte haben in privaten Rechtsstreitigkeiten in 
jedem Falle auch als Departementsthierärzte zu liquidiren. 


Biichcranzeigen und Kritiken. 

Parasitologie. 

Von Dr. A. Weichselbaum, o. ö. Prof, der pathol. Anatomie 
in Wien. Verlag von G. Fischer, Jena 1898, 284 S. 78 Abb. 
Preis 6 M. 

Die vorliegende Abhandlung bildet die 36. Lieferung jenes 
grossen Handbuchs der Hygiene von Th. Weyl. Da die Arbeit 
nur für den Humanmediciner geschrieben ist, so erklärt es sich, 
dass hauptsächlich nur die Parasiten berücksichtigt wurden, 
welche für den menschlichen Organismus von Wichtigkeit sind. 
Von den Parasiten der Thiere konnten nur die kurz Beachtung 
finden, welche direct oder indirect zu Erkrankungen des Meuschen 
führen. Gewisse Theile der Parasitologie, wie Epidemiologie, 
Immunitätslehre, Schutzimpfungen u. s. w, welcho in anderen 
Abschnitten des Handbuches behandelt werden, blieben gleichfalls 
fort. Die Einschränkungen lassen es erklärlich erscheinen, dass 
die Arbeit für den Veterinärmediciner nur von geringerer Be¬ 
deutung sein kann. 

An sich zeichnet sich die Abhandlung vor Allem durch seine 
übersichtliche und präcise Darstellung aus, welche alles über¬ 
flüssige Beiwerk vermeidet. Die Abbildungen sind ausreichend 
und sehr anschaulich. Besonders werthvoll wird das Buch durch 
die sorgfältige und reiche Bearbeitung der Literatur 

Zu der Bemerkung über Rothlauf, pag. 228: 

,. Ucher den praktischen Erfolg der bisher im Gebrauch stehenden 
Schutzimpfungsmethoden , der älteren von Pasteur und Thui liier 
und der neueren von Lorenz , sind aber die Meinungen noch getheilt. 
Nach Voges genügt keine dieser Methoden den Anforderungen der Praxis “, 

erwidert Ref., dass die Meinung der ausschlaggebenden Fachleute 
— der prakticirenden Thierärzte — wohl keineswegs mehr als 
„noch getheilt“ zu bezeichnen ist. Die praktischen Erfolge 
sind entschieden grössere bei Methode Lorenz wie bei Methode 
Pasteur, und in diesem Sinne genügt sie auch vollkommen 
den „Anforderungen der Praxis!“ Bei den Kritiken für Methode 
Pasteur vergisst man so häufig die beschränkte und bedingte 
Anwendung, welche Alter der Thiere, Jahreszeit, bereits 
herrschende Epidemie u. s. w. auferlegen, — ganz abgesehen von 
den Bedenken über stets gleichmässige Stärke der gelieferten 
Vaccins. Selbst die Gefahr der Verwechselung der Vaccins 
Seitens der Laboratorien scheint vorhanden! 

(Hierzu cf. Voges und Schütz, Impfungen gegen den Roth¬ 
lauf der Schweine, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVIII, 1. Heft pag. 67.) 

Ref. Hecker-Halle a. S. 

Personalien. 

Versetzt: Veterinär - Assessor und Departementsthierarzt Dr. 
8 t e i n b a c h-Münster in die Departementsthierarztstelle des Reg.- 
Bez. Trier, Kreisthierarzt J o h n-Haynau in die Kreisthierarztstelle 
des Kreises Görlitz, Kreisthierarzt W a n c k e-Freystadt in die 
Kreisthierarztstelle des Kreises Haynau. 


Gewählt: Thierarzt 0. ß ä r 11 i n g-Hannover zum Schlachthaus- 
Assistenzthierarzt in Erfurt. 

Wohnsitzveränderungea, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬ 
arzt N e u m a n n-Darkehmen nach Neukirch (Ostpr.), Thierarzt 
M o r d-Mainz nach Stommeln, Thierarzt K. Mülle r-Prenzlau nach 
Frankfurt a. 0., Thierarzt Kypke-Daun nach Trier. 

In der Armee: Befördert zum Rossarzt im Drag.-Reg. No. 14 der 
Unterrossarzt Brohl vom Drag.-Rgt. No. 8, zum Rossarzt des 
Beurlaubtenstandes der Unterrossarzt d. R. Dolle. — Versetzt: 
Rossarzt Kösters vom Hus.-Rgt. No. 13 zum Ul-Rgt. No. 11, 
Rossarzt Franke vom Feld.-Art.-Rgt No. 7 zum Hus.-Rgt. No. 13. 

Auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt die 
Rossäi zte Zimmermann vom Drag.-Rgt. No. 1 und I b s c h e r 
vom Ul.-Rgt. No. 10. 

Todesfälle: Kreisthierarzt Grasnick-Kattowitz (0. S.), Bezirks¬ 
thierarzt a D. Jos. W i 11 m a n n - Pöcking (Bay.). 


Yacanzen. 

Kreisthierarz («teilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Danzig: Elbing. Bew. bis 22. Sept — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. 
Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October. — R.-B. Marien¬ 
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).— 
R.-B.Osnabrück:Meppen(800M.Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. 

Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStellen: 
Elbi ng: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew.an Magistrat. 

— Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendort 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit- 
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt. Bew. an Magistrat — 
Dassow (Mccklbg.-Schw.): Thierarzt — Eddelak (Holstein): 
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel: 
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann. 

— Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — 
Geringswalde: Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Gross- 
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Bew. 
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kernberg: Thierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat — M a s s o w 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1GOO M.). 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans 
Fleischbeschau 600 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬ 
marschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin): Thier¬ 
arzt — Schlawa i. Sohles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat 

— Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.). 
Bew. an den -Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutabes. Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimsthal. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus Fleisch- 
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst. 

Besetzt: Privatstelle: Neukirch (Ostpr.). 


Verantwortlich Air den Inhalt (excl. Inneratenthell) Prot Dr. SchmalU in Berlin. — Verla« und Ei«enthum von Richard 8choett in Berlin. — Druck von W. Böxen*tein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 






Die „Berliner Ttlerlrxülche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in ö“rfce von mindestens )*/* Bojen. Dieselbe 
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Bchoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origtnalbeitrfcge werden mit 50 Uk. fUr den Bogen honorin 
Alle Manuscripte, Mittheilnngen und redaetionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Kzemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 38 . Ansgegeben am 22. September. 


I n lial t: Pflanz: Ue b e r M o rp h i u m - A t r o p i n - E i n s p ri tzu n ge n bei Schulterlahmheiten. — Haase: Ein Fall von 
G c li i r n t u b e rc u 1 o s e. — Wisnefsky: Schusswunden. — Referate: Schwarznecker: Keratitis punctata. — 
Imrainger: Therapeutische Mittheilungen. — Früh n er: Der Nervenschnitt beim Spath nach Bosi. — M ft n z e r: Die Dürre, 
ihr Einfluss auf die Viehhaltung und einige Folgekrankheiten derselben, nebst therapeutischen Bemerkungen. — Williams: 
Myotomie des Schweifes und Klitoridektomie. — Katzke: Alopecia symptomatica, ein Beleg für Quecksilbervergiftung beim 
Pferde durch therapeutische Dosen grauer Salbe. — Petruschky und Hinz: Ueber die Desinfection von Kleidungsstücken 
mittelst strömenden Formaldehyds. — Cyon: Ueber die Function der Hypophysis ccrebri. — Unger: Das Colostrum. — 
Therapeutische Notizen. — T h i e r h a 1 1 u n g und T h i e r z tt c h t. -—Tagesgeschichte: Landwirthschaft und Veterinär¬ 
wesen. — Ein Wort an die Schlacht haustlderärzte. — Verschiedenes. — Oeffentliches V e t e ri n ä rw e s e n : Seuchen¬ 
statistik und Veterinärpolizei. — Flcischscl au und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Ueber Morphium-Atropin-Einspritzungen bei 
Schulterlahmheiten. 

Von 

Pflanz - Canth, 

TLiersrzt 

Injectionen von Morphium-Atropin sind von mir in letzter 
Zeit in drei Fällen vorgenommen worden, von denen zwei recht 
charakteristisch sind, weshalb ich mich entschlossen habe, die¬ 
selben zu veröffentlichen. 

1. Eins meiner Wagenpferde wurde unterwegs plötzlich vorn 
rechts lahm. Die Lahmheit wurde in kurzer Zeit so stark, dass 
das Pferd nur mühsam die letzten fünf Kilometer bis zu meiner 
Wohnung znrücklegen konnte. 

Die Untersuchung des Hufes, der Gelenke etc. ergab ein 
negatives Resultat. 

Beim Vorführen wurde der Fass stark nachgeschleppt, die 
Belastung war unvollkommen, auch bekundete das Thier starken 
Schmerz beim Hervorziehen des Fusses nach vorn, sodass die 
Diagnose „S c h u 11 e r 1 a h m h e i t“ leicht zu stellen war. 

Ich Hess das Pferd in den Stall führen und eine halbe Stunde 
rnhen. Als es nach dieser Zeit wieder herausgenommen wurde, 
war die Lahmheit so stark ansgebildet, dass der kranke Fass 
kaum die Hälfte der Schrittlänge ansführen konnte wie der ge¬ 
sunde. 

Es wurde noch am selben Nachmittag 0,03 Atropin, 0,2 Mor¬ 
phin. und 20,0 Aqu. dest. injicirt und das Pferd gnt in warme 
Decken eingehüllt. 

Als ich am nächsten Morgen den Patienten vorführen Hess, 
war die Lahmheit vollständig geschwunden. Ich gab dem Pferde 
noch zwei Tage Ruhe und habe es seitdem wieder zu allen grossen 
Touren benutzt, ohne dass bisher die geringste Spnr einer Lahm¬ 
heit wieder aufgetreten wäre. 

Es sind seitdem mehr als drei Monate verstrichen. 

2. Ein Pferd war von mir anf beiden Hinterfüssen am Strahl¬ 
krebs operirt worden. Die Operation nahm, da die Zerstörungs- 
processe an beiden Hufen sehr weit vorgeschritten waren und 
auch grössere Theile der Wand mit entfernt werden mussten, 
längere Zeit in Anspruch. Die Operation war unter Narcose ans 
geführt worden, wodurch ebenfalls noch einige Zeit verstrichen 


war, sodass der Patient über zwei Stunden in den Fesseln ge¬ 
legen hatte. 

Als das Pferd aufstand, war eine complette Radialislähmnng 
des linken Vorderfusses eingetreten. Das Pferd belastete zeit¬ 
weilig den Fuss, knickte aber nach einigen Secunden immer 
wieder nach vorn über. Ich Hess das Thier in den Nothstand 
stellen und durch Bauchgurte unterstützen. Anfangs schien sich 
der Zustand auch bessern zu wollen, sodass icli schon meinte, es 
läge nur eine starke Compression und Lähmung der Musculatur vor. 

Nach etwa zwei Stunden jedoch war die Lähmung eine voll¬ 
ständige, sodass überhaupt keine Belastung mehr erfolgte. 

In den folgenden sechs bis sieben Tagen wurde täglich zwei 
Mal je eine halbe Stunde Massage angeordnet, jedoch ohne jeden 
Erfolg, ebenso blieben Injectionen von Veratrin ohne Wirkung. 

Da das Pferd auf beiden Hinterfüssen ebenfalls grosse 
Schmerzen hatte, so konnte es sich nur mit Mühe aufrecht er¬ 
halten, und es war der tägliche Verbandwechsel mit grossen 
Schwierigkeiten verknüpft. 

Als nach acht Tagen noch keine Besserung der Lähmung ein¬ 
getreten war, gab ich subcntan Morphin. 0.2, Atropin 0,05 and 
Aqu. dest. 20,0. Am nächsten und übernächsten Tage war der 
Zustand unverändert. 

Als ich jedoch am dritten Tage in den Stall kam, sah ich zu 
meiner Frende, dass die Lähmung vollständig gehoben war. 
Das Pferd belastete den linken Vorderfuss genau so gut wie 
den rechten, auch bei der Bewegung war keine Störung mehr be¬ 
merkbar. Ein Recidiv ist bis hente nicht eingetreten. 

3. Der dritte Fall betraf ein Pferd mit Sehnenscheidenent¬ 
zündung. Es war dies nur ein Versuch, von dem ich mir von 
vornherein nichts versprach. Selbstredend blieb die Injection 
in diesem Falle ohne Wirkung. 

Unangenehme Nebenwirkungen traten bei keinem der drei 
Pferde auf. 

Ein Fall von Gehirntuberculose. 

Von 

C. Haase-Hohenmülsen. 

Thierarzt. 

Am 13. Mai wurde ich von einem Landwirthe eines benach¬ 
barten Dorfes anfgefordert, eine seiner Kalben zu untersuchen, 
da dieselbe heute plötzlich niedergefallen sei und Krämpfe zeige 


Digitized by 


Google 




44G 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3H 


Dieselbe habe schon 14 Tage znvor solchen Anfall von kurzer 
Dauer gehabt. Als ich am 14. früh der Aufforderung nachkam, 
fand ich das Thier gerade in einem Anfalle vor. Es lag auf der 
rechten Seite, hatte den Kopf und Hals in der Weise gedreht, 
dass Kehlgegend und Unterkiefergegend schräg nach oben 
zeigten. Dabei bestanden andauernd Gesichtskrämpfe, Verdrehen 
und Rollen der Augen, krampfhafte Zuckungen der Lippen, 
Knirschen mit den Zähnen unter Stöhnen, Speicheln, so dass die 
Maulspalte durch schaumigen Speichel zum Theil verdeckt war. 
Ferner wurden die Gliedmassen in anhaltenden Krämpfen ständig 
vor und zurück bewegt. Die Athmung war freqnent und ange¬ 
strengt. Wie mir der Besitzer mittheilte, hatte das Thier 
w'ährend der Nacht mehrere solcher Anfälle gehabt, welche von 
krampffreien Pausen unterbrochen waren. An dem Thiere, 
welches sich in gutem Ernährungszustände befand, waren andere 
Abweichungen, welche zur Erklärung des Zustandes herangezogen 
werden konnten, nicht zu finden; jedoch war es entsprechend 
seinem Alter etwas klein und im Wachsthum zurückgeblieben. 

Diagnose: Gehirnkrämpfe, deren Ursache unbekannt. 

Ich rieth zur Nothschlachtung, welche dann auch sofort, noch 
während des Anfalles, vollzogen wurde. Vor der vollständigen 
Abhäutung wurde der Kopf vom Halse zwischen Hinterhauptsbein 
und Atlas getrennt. Dabei lag das Thier auf dem Rücken und 
war der Kopf, auf der Stirn liegend, auf dem Boden ausgestreckt. 
Nachdem alle Organe an der ventralen Halsseite durchschnitten 
waren, wurde das untere Verstopfungsband, sowie die beiden 
Kapselbänder zwischen Hinterhauptsbein und Atlas an der ven¬ 
tralen Seite mit einigen vorsichtigen Zügen durchschnitten und 
somit der Raum zwischen beiden vollständig freigelegt. Es fiel 
sofort eine ganz klare, wasserhelle Flüssigkeit auf, mit welcher 
der Subduralraum an dieser Stelle prall angefüllt war*). 

Bei vollständiger Trennung des Kopfgelenks und Qurch- 
schneidung des Rückenmarks floss diese Flüssigkeit in ziemlich 
bedeutender Menge ab; leider war ich nicht vorbereitet, dieselbe 
anfzufangen. 

Die weitere Autopsie ergab dann generalisirte Tuberculose, 
in Folge deren das Fleisch ungeniessbar war. 

Die Veränderungen des Gehirns waren speciell folgende: 

Pia mater an der Basilarfläche und dem unteren Theil der 
nach den Seiten der Hemisphäre aufsteigenden Furchen mit zahl¬ 
reichen grieskorngrossen weissgrauen Tuberkeln besetzt, welche 
perlschnurartig den Furchen und Gefässen entlang angeordnet 
sind. Viele solcher Knötchen befinden sich in der Pia mater des 
Balkens zwischen beiden Hemisphären. Das kleine Gehirn ist 
frei von tuberculösen Veränderungen, während die Basilarfläche 
der Medulla nahezu vollständig bedeckt ist mit Tuberkeln gleicher 
Grösse und Beschaffenheit. 

Nach beendigter Section dräugte sich mir die Frage auf: 
Sind die bei Lebzeiten des Thieres beobachteten Krampfanfälle 
durch die Anwesenheit des Transudats in den Subduralräumen 
und Kammern des Gehirns verursacht oder durch die Tuberkeln? 
Ich beantwortete mir dieselbe dahin: Durch die Anwesenheit des 
Transudats und durch Druck desselben auf das Gehirn, denn die 
Anfälle wurden, mit Ausnahme von einem früheren, in den letzten 
12—18 Stunden beobachtet. Dieselben mussten also durch eine 
kurz zuvor eingetretene Veränderung bedingt sein. Diese Ver¬ 
änderung kann jedoch nur die gradatim zunehmende Ausscheidung 

•) Meiner Ansicht nach dürfte diese Stelle am Geeignetsten sein 
zur Beurtheilung der Frage, ob sich ein pathologisches Transudat 
und in welcher Menge an der Basilarfläche des Gehirns und der 
Medulla befindet, und auch zur Punktion und Aufsaugung des Tran¬ 
sudats mit Pravatz’scher Spritze etc. will mir diese Stelle am 
Passendsten erscheinen; natürlich in gestreckter Dorsallagc des 
Cadavers. 


des Vorgefundenen Transudats sein. Wären die Krampfanfälle 
durch die Tuberkeln verursacht, so hätten solche schon längere 
Zeit zuvor zur Beobachtung gelangen müssen, und hätten dann 
durch die ganze Zeit bis zum Tode des Thieres andauern müssen. 
Da wir den am Gehirn Vorgefundenen tuberculösen Veränderungen 
jedoch ohne jeden Zweifel ein bei weitem höheres Alter als 
18 Stunden beimessen müssen — dieselben dürften mindestens 
einige Wochen alt sein —, und da in der Zwischenzeit, vom 
ersten Anfalle bis zu demjenigen am 13. Mai beobachteten das 
Thier vollständig gesund erschien, so ist es ausgeschlossen, dass 
die Krampferscheinungen durch die Tuberkeln an und für sich 
hervorgerufen sein könnten. 

Ist aber erwiesen, dass die Krampferscheinungen durch die 
Anwesenheit des Transudats verursacht sind, so sehe ich in der 
mitgetheilten Beobachtung einen Beweis für die Richtigkeit der 
von mir mitgetheilten Behauptung, dass die bei der Cerebrospinal¬ 
meningitis epidemica des Pferdes beobachteten Krampf- und 
Unruheerscheinungen lediglich und allein durch die Anwesenheit 
eines Transudats und Druck desselben auf das Parenchym des 
Gehirns ausgelöst werden. (Siehe „B. T. W.“ 1896. p. 603 und 
folgende.) 

Schusswunden. 

Von 

Wisaefsky-Stettin, 

Tliienrit. 

Schu8sverletznngen mit tödtlichem Ausgang gehören, ab¬ 
gesehen von einzelnen Fällen, die bei Jagdhunden durch Schrotkörner 
verursacht werden, in Friedenszeiten zu den Seltenheiten. Der 
vorliegende Fall verdient um so mehr Interesse, als es sich dabei 
um die böswillige Tödtung eines Pferdes durch einen Schuss 
handelt. Gelegentlich eines Besuches in F. wurde ich von dem 
Halbbauer G. zu F. aufgefordert, ein demselben gehöriges Pferd 
zu besichtigen, welches nach seiner Angabe in der Nacht vom 
16. zum 17. Januar d. J. von seinem Gehöft gestohlen sein sollte 
und welches er am anderen Morgen todt aufgefunden hatte. Nach 
seiner Meinung sollte das Pferd erschossen worden sein. 

Ich begab mich in Folge dessen von F. nach G. und fand das 
Pferde ca. eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt, halb auf der 
rechten Seite in einem Wassergraben liegend. 

Nährzustand des Thieres gut, Todtenstarre eingetreten, Zahn¬ 
reihen fest geschlossen. Blutausfluss ans den natürlichen Körper¬ 
öffnungen nicht vorhanden. Sichtbare Schleimhäute anämisch, 
ebenso die Zange, die aus dem linken Maulwinkel heraushing. 

Im unteren Drittel der linken Brustwand ein kreisrundes, 
haselnussgrosses, glattrandiges und tiefes Loch. Die Haare in 
der Umgebung dieses Loches sowie die Wundränder selbt waren 
nicht verbrannt. Auf der rechten Brustwand eine Gegenöffnung 
in der Grösse eines Apfels, die tiefer lag als diejenige der linken 
Seite und deren Wundränder stark zerrissen waren. Es handelte 
sich also wahrscheinlich um die Tödtung durch einen Schuss und 
bei der am folgenden Tage beim Abdecker zu N. vorgenommenen 
Section stellte ich nun Folgendes fest: 

Beim Abledern der Haut bemerkte man auf der linken Brust¬ 
seite, dass das Unterhautbindegewebe im Umkreise von Hand¬ 
flächen um die Einschussöffnung blutig infiltrirt war. Beim Ein¬ 
fuhren des Fingers in dieselbe erweiterte sich das Loch nach 
seinem Durchtritt durch die Schnlteraponeurose und ausserdem 
fühlte man in der Tiefe zerrissene Musculatur. Die um die 
Schussöffnung liegenden Muskeln waren im Bereich des Brust¬ 
kastens nach hinten ungefähr bis zur 9. Rippe, nach vorn bis zum 
Ansatz des Halses blutig infiltrirt Beim Abtrennen des Schulter¬ 
blattes trat flüssiges, dunkelroth gefärbtes Blut ans der Schuss¬ 
wunde hervor, und ich konnte nun feststellen, dass der Schuss 


Digitized by AjOOQle 




447 


22. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


zwischen der 3. und 4. Rippe, uugefälfr 20 cm über dem Brust¬ 
bein, durchgegangen war. Die zwischen den Rippen befindliche 
Oefihung war von der Grösse einer starken Wallnuss. 

Am unteren Rand des linken vorderen Lungenlappens zeigte 
sich ein faustgrosser „Substanzverlust“ mit sehr stark zerfetzten 
Rändern. Nach Eröffnung des Brustkastens entleerte sich etwa 
ein Eimer theils geronnenen, theils flüssigen schwarzroth ge¬ 
färbten Blutes. Der Herzbeutel war prall gefüllt, beim Ein¬ 
schneiden entleerten sich grosse Klumpen dunkelroth gefärbter 
Coagula. Bei Herausnahme des Herzens aus dem Herzbeutel 
liess sich ein Kanal feststellen, der quer durch die rechte Herz¬ 
kammer ging. Die Oeffnung, die sich auf der linken Seite des 
Herzens befand, war etwa pflaumengross und zeigte zerrissene 
Wundränder; die der rechten Seite war apfelgross und hatte sehr 
zerfetzte Wundränder. Die Oeffnung linkerseits lag an der Kranz¬ 
furche, ungefähr 3 cm von der linken Längsfurche entfernt, die 
der rechten Seite etwa in der Mitte der rechten Kammer, dicht 
unter der Kranzfurche. 

Die Lungenarterie war beim Eintritt in den rechten Ventrikel 
zerrissen, ebenso waren auch die Tricuspidalklappen zerfetzt. 

Die linke Herzkammer war theilweise mit geronnenem Blut 
angefüllt. 

Der vordere rechte Lungenlappen war blutig infiltrirt. Der 
vordere Rand der rechten Rippe zeigte einen pflaumengrossen 
Substanzverlust mit stark zerrissenen Rändern. 

Die rechte Körperseite war nach hinten bis zur 9. Rippe, 
nach vorn etwa bis zur Mitte des Halses sulzig und blutig in¬ 
filtrirt. Die übrigen Theile der Brustorgane waren blassroth 
gefärbt. In der Bauchhöhle befand sich eine kleine Menge seröser | 
Flüssigkeit. 

Die Bauchorgane, insbesondere Magen und Darm, waren sehr 
blass und blutleer, ebenso auch das Gekröse. Die Milz zeigte 
eine graublaue Farbe. 

Der mittlere und rechte Lappen der Leber waren durch 
Hypostase dunkelroth gefärbt, während der linke Lappen ein 
lehmfarbenes, ausgewässertes Aussehen hatte. Die gesammte 
Musculatur des Cadavers zeigte eine blassrothe Farbe. 


Referate. 

Keratitis punctata. 

Von Corpsrossarzt Schwarznecker. 

(Zuchr. f. Veterlo&rkd., M*1 1898.) 

Schwarznecker hat schon früher hervorgehoben, dass einer 
späteren inneren Augenentzündung oft eine Erkrankung der 
Cornea vorangeht, welche zahlreiche kleine, scharf begrenzte 
Trübungen enthält und offensichtlich mit der inneren Augen¬ 
entzündung Zusammenhänge S. hat in den letzten Jahren bei 
zwei preuBsischen und zwei österreichischen Pferden eine ähnliche 
Form von Hornhanterkrankung beobachtet. Entzündliche Er¬ 
scheinungen bestanden nicht. Beide Augen wurden gleichmässig 
gut geöffnet. Von der Seite schien die Cornea glatt und spiegelnd, 
aber bei guter Beleuchtung von der Seite und bei durchfallendem 
Licht zeigten sie unzählige kleine punktförmige, grauweisse, 
scharf begrenzte Trübungen. In den Abständen derselben war 
das Gewebe völlig klar. Die meisten Punkte sassen peripher. 
Bei dem ersten zufälligen Fund waren Gefässbildungen am Rande 
noch nicht vorhanden, ebensowenig innere Augenveränderungen 
nachzuweisen. 

Der weitere Verlauf gestaltete sich nun verschieden. Bei 
dem ersten Pferde waren die Veränderungen erst auf dem linken, 
14 Tage später auf dem rechten Auge entstanden. Die Punkte 
vergrösserten nnd vereinigten sich. Am Rande trat Gefässbildnng 
auf. Am oberen und unteren Rande entstanden flache Hervor¬ 


wölbungen, dagegen trat weder Lichtscheu noch Thränenfluss 
ein. Eine vier monatliche Behandlung verminderte zwar die 
Trübungen im Centrum; am Rande blieben sie aber bestehen und 
wurden pigmentirt. Sehvermögen fast aufgehoben. 

In zwei Fällen beschränkte sich die Erkrankung auf das 
linke Auge, das rechte blieb während fünfmonatlicher Beobachtungs¬ 
zeit gesund. Die punktförmigen Trübungen flössen nur an wenigen 
Stellen zusammen und blieben auf den Rand beschränkt. Bei 
einem Pferde entstand auch eine graugelbe Hervorwölbung vom 
Durchmesser einer Erbse. Durch Tuschiren mit dem Höllen¬ 
steinstift wurde die Trübung grösstentheils beseitigt. 

Im vierten Falle bestanden zahlreiche Punkte auf dem rechten 
Auge. Innere Veränderungen ergaben sich nicht, 4 Monate lang 
blieb der Zustand still stehen. Dann war eine merkliche Steigerung 
der Trübung festzustellen, die einen Einblick ins Augeninnere 
nicht mehr gestattete. Die Behandlung führte zu einer Ver¬ 
minderung der Trübung. 

Das Leiden, über welches bisher nur vereinzelte Mittheilungen 
gemacht sind, ist unzweifelhaft bedenklich und zeichnet sich 
durch seinen chronischen Verlauf aus. Die Gefässbildung 
am Rande der Cornea konnte erst nach Ablauf von 4 Wochen 
nachgewiesen werden. Sitz der Erkrankung ist derBindegewebs- 
theil der Cornea, während das Epithel auch in den schweren 
Fällen intact bleibt. Ueber die Ursache des Leidens konnte nichts 
ermittelt werden, da die Pferde neu gekauft waren. In Bezug 
auf die gerichtliche Begutachtung kann diese Erkrankung der 
Hornhaut der periodischen Augenentzündung ziemlich gleich¬ 
gestellt werden. 

Therapeutische Mittheilungen. 

Von Kreisthierarzt Imminger. 

(Woohr. f. Th. Bd. 42, No. SS—$5.) 

Die Sommerräude der Pferde macht manchem Praktiker viel 
zu schaffen. Das Ekzem breitet sich bekanntlich über den ganzen 
Körper aus und die Thiere benehmen sich wie bei der Räude. 
Der nicht übertragbare Charakter zeigt sich daran, dass die mit 
demselben Putzzeug gereinigten Nachbarpferde nicht erkrankten. 
Imminger hat gegen dieses schwierig zu behandelnde Leiden 
nur folgendes Mittel bewährt gefunden: Er reibt die Pferde nur 
einmal, aber gehörig an den erkrankten Stellen ein mit 50 g 
sublimirtem Schwefel, in einer Reibschale mit 5 g metallischem 
Queksilber vermischt, bis das Pulver eine dunkelgraue Farbe 
bekommt; dazu 20 g feinst gepulverte Canthariden gleichmässig 
vertheilt und das Ganze mit 400 g amerikanischer Vaseline ver¬ 
bunden. Bei sehr ausgebreitetem Ekzem dürfen nicht alle Stellen 
gleichzeitig eingerieben werden, und es empfiehlt sich, die 
Geschirrlage zuerst zu behandeln. Nach 2 Tagen ist die ein¬ 
geriebene Stelle mit Wasser und Seife gut zu reinigen, worauf 
dann an anderen Stellen fortgefahren werden kano. Bei sen- 
sibeln Pferden muss man die erkrankte Partie in kleine Abschnitte 
theilen. Wenn der Kopf ergriffen ist, erfordern die Augen Vor¬ 
sicht. Es kann Vorkommen, dass einzelne Stellen übersehen 
werden; der weiter bestehende Juckreiz zeigt das an, nnd hier wird 
etwas nachgerieben. Einige Tage später sind die Pferde wieder¬ 
holt mit Seife und warmem Wasser zu waschen, um die Ab¬ 
schuppung zu beseitigen. Auch ist das Putzen einige Zeit mit 
Schonung vorzunehmen. Mit derselben Salbe können übrigens 
auch räudekranke Pferde mit Erfolg behandelt werden. Auch 
beim Mähnengrind ist der Erfolg ein sehr guter. Hier muss man 
aber eventuell innerhalb 2—3 Tagen wiederholt einreiben, auch 
die an den erkrankten Stellen noch vorhandenen langen Haare 
abscheeren. Dabei darf acht Tage lang kein Kummetgeschirr 
aufgelegt werden. Auch der öfter bestehende Juckreiz am Schwanz 
ist, von der Reinlichkeit abgesehen, eventl. mit jener Salbe zu 


Digitized by LjOOQie 



448 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 3a 


behandeln. Vorsicht für die angnnzenden feinen Hautpartieu 
ist erforderlich. Bei sehr edlen Pferden würde die Salbe hier zu 
verdünnen sein. Auch bei Hnnden hat sich die Salbe bewährt. 

Ein fast vergessenes Mittel ist das sogenannte Binz'sehe 
Liniment, welches gegen Brustbenlen schon von Hertwig 
empfohlen und von Iversen etwas modificirt ist. Letztere 
Modification empfiehlt Imminger. Die Zusammensetzung ist: 
Hydrarg. bichlorat. corros. 3,75 Pulv. cantharid. und Gummi 
euphorb. pulv. aa. 655, Acid. nitric. fumans 10,3, Acid. sulfur. 
concent. 14,05. — Es empfiehlt sich, die Arzneistoffe erst unmittel¬ 
bar vor der Anwendung zu mischen. Die Säuren werden für 
sich gemischt; die Pulver in einer Reibschale innig zusammen¬ 
gerieben und dann die Säure zugesetzt. Nach dem Zugiessen ist 
das Pulver rasch umzurühren, und zwar mit langem Pistill, da 
die Masse unter Hitzeentwickelung und Dampf aufbraust (Alles 
am besten im Freien). Die Masse wird so warm als möglich 
aufgetragen, nachdem vorher die Umgebung mit Tischlerleim ein¬ 
gestrichen ist. Das Mittel empfiehlt sich bei derben Schwellungen 
verschiedener Art, wo sich die Wirkung sehr bald bemerklich 
macht. So hatte ein Arbeitspferd an der linken Vorderbrust eine 
schmerzlose stetig wachsende Geschwulst von 45 : 35 cm Durch¬ 
messer und 15 cm Tiefe, die schon nach 2 bis 3 Wochen ge¬ 
schwunden war. Die eigentliche Brustbeule behandelt Imminger 
jedoch stets operativ. Auch bei alten harten Stollbeulen, bei 
denen sich die Operation in der Praxis nicht empfiehlt, ist die 
Wirkung des Binz’schen Liniments vorzüglich. Auch bei harten 
bindegewebigen Verdickungen im Bereich des Bandapparates der 
Kniescheibe sind Erfolge zu erzielen, wobei die Pferde 2 bis 3 
Wochen lang Ruhe haben müssen. Eben so empfiehlt Imminger 
das Liniment beim Spat. Es ruft eine lange derbe, gleichmässige 
Entzündung hervor und bringt die sichtbaren Knochenauftreibungen 
zum Schwinden. Auch hier müssen die Pferde 2 bis 3 Wochen 
lang stehen. Imminger trägt das Liniment dabei an einer hand¬ 
tellergrossen Stelle auf, deren Umgebung auch wieder mit Leim 
bestrichen ist. Das Pferd ist 24 Stunden lang hoch zu binden. 

Die Fowler’sche Lösung ist ebenfalls ein Mittel, welches 
bei verschiedenen Leiden zur Anwendung gebracht zu werden 
verdient. Es wird ganz in der Zusammensetzung der Pliarma- 
copoe auf das Futter gegeben oder im Getränk verabreicht. 
Gegen Spulwürmer der Pferde ist der Erfolg ausgezeichnet. 
Fohlen haben oft sehr viel Ascariden, ohne dass ein Wurm ab¬ 
ginge; welche fressen schlecht und magern ab, andere wieder 
zeigen regen Appetit und guten Nährzustand. Der Thierarzt 
wird aber gerufen, weil das Fohlen nicht mehr so leicht auf¬ 
stehen kann, so dass der Besitzer einen Kreuzschaden vermuthet. 
Man würde dabei au alles Andere eher als an das Vorhanden¬ 
sein von Würmern denken. Die Kreuzschwäche wird aber immer 
stärker. Es tritt Fieber, plötzliche Abmagerung und Tod ein, 
und es finden sich dann ungeheuere Mengen von Würmern. Es 
scheint, als ob die Ascariden im Darm einen giftigen, lähmenden 
Stoff fabriciren. Ist steifer Gang mit etwas steifer Haltung des 
Halses verbunden, so kann fast mit Bestimmtheit auf das Vor¬ 
handensein der Parasiten geschlossen werden. Das Arsenik darf 
nicht in Pulverform gegeben werden, weil dadurch leicht An¬ 
ätzungen entstehen. Man gebe Fohlen im Alter von 3 bis 6 
Monaten täglich 1 bis 2 Kaffeelöffel Arseniklösung. Vorsicht ist 
erforderlich, da manche Thiere sehr empfindlich sind. Treten 
heftige Diarrhoen auf, so wird 1 bis 2 Tage ausgesetzt Sind 
übrigens erst Lähmungserscheinungen aufgetreten, so hilft die 
Beseitigung der Würmer nichts mehr. Aelteren Pferden kann man 
täglich Früh und Abends je 2 Esslöffel geben. Die Würmer 
gehen meistens am 3. und 4. Tage ab. Auch Leberegel der 
Rinder können, wenn noch nicht eine völlige Kachexie ausgebildet 


ist, mit dem Liquor, kafc arsen. abgetrieben werden. Grosse 
Rinder erhalten täglich früh und Abends je 2, kleinere je 1 Ess¬ 
löffel im Getränk. Nach 8 bis 10 Tagen finden sich zahlreiche 
Egel im Kotb. Bei chronischem Magen- und Darmkatarrh, sowie 
bei infectiösem Katarrh ist die Fowler’sche Lösung ebenfalls 
bewährt. Bricht letztere Krankheit im Stalle aus, so gebe man 
den noch gesunden Pferden sofort Arseniklösung ins Futter, 
älteren Thieren täglich | Esslöffel 8 bis 10 Tage lang, jüngeren 
weniger. Sehr wirkungsvoll ist eine 14tägige Arsenikkur bei 
Fohlen, welche mit Fremden zusammen auf Weiden gebracht 
werden Collen, weil dadurch die Widerstandsfähigkeit gegen 
infectiöse Katarrhe gehoben wird. Ueber die Art der Arsenik¬ 
wirkung hat Dr. Hans Büchner (München 1883) eine inter¬ 
essante Arbeit veröffentlicht. 

Das Jodkalium ist schon längst als erstes Mittel bei Actinomy- 
cose der Rinder empfohlen. Die neuerdings von Schmidt- 
Kolding eingeführte Therapie der Gebärparese hat einen ganz 
vorzüglichen Erfolg, den Imminger jedoch früher schon durch 
innerliche Gaben von Jodkalium erzielen konnte, wie überhaupt 
bei allen noch sehr dunkeln Futter- und anderen Vergiftungs¬ 
formen das Jodkalium in täglich dreimaligen Gaben von 10 g 
frappante Dienste leistet. Nachzuprüfen empfiehlt Imminger 
die Wirkung des Mittels bei malignem Oedem. Er konnte bei 
frühzeitiger Verwendung immer einen Stillstand in der Weiter¬ 
entwickelung des Krankheitsprocesses besonders beim Rinde 
beobachten (4 bis 6 Tage lang, täglich drei Mal 8 bis 10 g). 
Seine Versuche sind jedoch noch nicht zahlreich genug. Es 
empfiehlt sich im Uebrigen aber bei Anwendung des Jodkaliums 
den Besitzer darauf aufmerksam zu machen, dass nach wenigen 
Tagen, namentlich bei Dürrfütterung, über den ganzen Körper 
ein Jodausschlag auftritt, verbunden mit Husten und Nasen- 
ausfiuss. 

Der Nervenschiiitt beim Spath nach Bosi. 

Von Prof. Fröhner. 

(Mtsb. f. Tblerblkd., Bd. 9, 9.) 

Bosi hat, wie auch in der B. T. W. No. 18 referirt worden 
ist, die gleichzeitige Durchschneidung des Nervus peroneus und 
tibialis empfohlen. F. hat dieses Verfahren an einem spathlabmen 
Pferde nachgeprüft. Das Pferd war ein Jahr lahm; es bestand 
erhebliche Lahmheit und starke Exostose. Die Diagnose war un¬ 
zweifelhaft. Es wurde zunächst in der bekannten Weise die 
Neurectomie am Tibialis vorgenommen, dann das Pferd über den 
Rücken gewälzt, der Peroneus etwa in gleicher Höhe zwischen 
dem langen und seitlichen Zehenstrecker aufgesucht und durch¬ 
schnitten. Schon als das Pferd sich erhob und herumgefflhrt 
wurde, war die Lahmheit verschwunden. Als das Pferd am 
5. März im Schritt und Trab vorgeführt wurde, war die Lahm¬ 
heit vollständig beseitigt und blieb es auch. Dieser Erfolg er¬ 
muntert zu weiteren Versuchen. 

Fröhner weist jedoch daraufhin, dass die Doppelneurotomie. 
auch wenn sie sich bewährt, die Anwendung des perforirenden 
Spathbrennens nicht ausschliesst. Das letztere ist ein so aas¬ 
gezeichnetes und einfaches Mittel, dass eB in der Praxis deD 
Vorrang vor der Neurotomie behaupten wird. Aber es hilft nicht 
in allen Fällen, und in diesen würde als ultima ratio die Neuro¬ 
tomie an der Innen und Aussenseite Beachtung verdienen. 

Die Dörre, ihr Einfluss auf die Viehhaltung und einig® 
Folgekrankheiten derselben, nebst therapeutischen 
Bemerkungen. 

Von Hugo Münzer, Bezirkstbierarzt in Plan. 

(Oeilerr. MouaUichr. f. Thlkd. 1898, H. 6.) 

Im Sommer 1893 hatte der politische Bezirk Plan, d er 
Wohnsitz des Verf., unter grosser Dürre und Trockenheit z“ 


Digitized by LjOOQie 





22. September 1898. 

leiden. Es entstand in Folge dessen ein äusserst empfindlicher 
Mangel an Fntter und Stroh für das Vieh. Grossgrundbesitzer 
und Bauer mussten ihre Bestände vielfach um die Hälfte redu- 
ciren. Und die übrig bleibenden Thiere litten an Krankheiten, 
welche durch das kärglich gewonnene minderwerthige Futter 
bedingt wurden. 

Eine weit verbreitete Erscheinung bei dem unter der Miss¬ 
ernte leidenden Vieh war Schwäche und Steifheit in den Füssen- 
Weiter kam epizootisch Fragilitas ossium vor, welche Verf. 
nicht lediglich dem Mangel an Kalksalzen in den Futterpflanzen 
zuBchreibt, sondern noch auf andere Einflüsse, verdorbene Futter¬ 
mittel etc. zurückführt. 

Gleichzeitig mit dem Auftreten der Knochenbrüchigkeit 
wurden Verletzungen der Zunge beobachtet, die durch das E-n 
stechen rauher, harter Futtertheile erzeugt wurden. Auftällig 
häufig entstanden die Verletzungen an der Zungenwulst bei 
denjenigen Thieren, bei denen sich dieser Theil im scharfen Ab¬ 
satz über den Rücken der Zunge emporhebt, während die Indi¬ 
viduen mit ebener Zungenoberfläche an diesen Nachtheilen nicht 
litten. Infolge der Verwundung entwickelte sich an der Zungen¬ 
wulst eine Art Geschwür, womit starkes Geifern und Schluck- 
beschwerden verbunden waren. Das Leiden wird in jener 
Gegend mit der Bezeichnung „Wolf' belegt. 

Zungenactinomycose hat der Verf. in seiner bujatrischen 
Praxis in anderen Jahren nur selten beobachtet, im Herbste 
1893 gelangte die Krankheit nicht weniger als 14 Mal zu seiner 
Kenntniss und Behandlung. Glänzende Erfolge lieferte hierbei 
die von Prof. Thomasken empfohlene Jodkalibehandlung. 

Von andern Krankheiten nahmen noch acute und chronische 
Magen- und Darmkatarrhe überhand, ferner kamen mehr als 
sonst Fremdkörper im Magen vor. Das eingeführte gepresste 
Stroh und Heu waren mit Draht gebunden. Theile dieses 
Drahtes gelangten ins Futter und wurden von den Rindern häufig 
mit abgeschluckt. 

Myotomie des Schweifes and Klitoridektomie. 

Von W. L. Williams, D. V. S, Ithaca. 

Aus d. Chirurg, und geburtahilfl. Klinik des New York State 
Veterinary College. 

(Vet. Journal 189< H 277.) 

Jn der periodischen Literatur ist mehrfach mitgetheilt worden, 
dass bei kitzlichen mit der Untugend des Leinenfangens und 
Strangschlagens behafteten Stuten durch die Exstirpation der 
Klitoris das fehlerhafte Temperament beiseitigt oder gebessert 
worden sei. Einen gleichen Erfolg will Verf. auch in zwei 
Fällen erzielt haben durch die Myotomie des Schweifes. Eine 
gut gezogene Traberstute und eine kleine, schon bejahrte Stute 
des amerikanischen Landschlags hatten die üble Gewohnheit, mit 
dem Schweif nach der Leine zu greifen und dann hinten auszu¬ 
schlagen, sodaBS der Kutscher jedesmal in Gefahr gerieth. Verf. 
trennte nun bei den Pferden die Mm. coccygei infer. und schnitt 
gleichzeitig ein 5 Zoll langes Muskelstück aus. Nach Heilung 
der Wunden hatten die Pferde angeblich ihre Untugenden ver¬ 
loren. 

Alopecia symptomatica, ein Beleg für Quecksilber¬ 
vergiftung beim Pferde durch therapeutische Dosen 
graner Salbe. 

Von Rossarzt Katzke. 

(ZUchr. f. Veterln&rkd. Juni 1898.) 

Nach neueren Untersuchungen in der Menschenheilkunde ist 
die Alopecia areata specifisch infectiös. Dagegen wird die 
A. symptomatica übereinstimmend als Theilerscheinung irgend 
einer Allgemeinerkrankung aufgefasst. Es ist nicht immer leicht, 
die Ursache des Allgemeinleidens ausfindig zn machen. In den 


449 

verschiedenen Artikeln, betreffend Beobachtungen beim Pferde, 
enthalten sich daher die Autoren einer Aeusserung über die 
Ursache der Krankheit. — Ein Pferd war von K. wegen einer 
wallnu88grosBen verhärteten Anschwellung am linken Fersenbein 
behandelt worden. Zur Unterstützung der übrigen Behandlung 
war eine Salbe von Unguentum kalii jodati und Unguentum 
hydrargyri cinerei zu gleichen Theilen täglich in etwa bohnen¬ 
grossen Quantitäten zur Anwendung gelangt. Etwa 14 Tage 
später zeigte das Thier bei einem Besuch Schweissausbruch am 
Halse. An der Innenseite der betr. Gliedmasse war eine kahle 
Stelle entstanden. Von der Salbe waren bisher 15 g verbraucht. 
Einige Tage später war der betr. Hinterfuss sehr dick geworden, 
ohne dass irgend eine Quetschung etc. nachgewiesen werden 
konnte. Drei Wochen nach dem Beginn der oben erwähnten Be¬ 
handlung endlich sollte das Pferd unter dem Reiter schlaff ge¬ 
worden sein. Im Stalle war das Pferd wie gewöhnlich munter 
und lebhaft, beim Vortraben jedoch war es weniger frisch. An 
beiden Gesichtshälften und Halsseiten, an den Ellenbogengegenden 
und Kniefalten, an der Innenfläche beider Hinterschenkel und der 
Schweifwurzel bestand Epidermisabschuppung. Der Pferdepfleger 
will dieselbe am Tage vorher zuerst bemerkt haben. Alle 
vier Füsse mässig geschwollen, Verletzungen nirgends nachweisbar. 
Die Haut an der linken Halsseite lag in Falten, war warm und 
empfindlich. Es bestand Juckreiz. Die Haare lassen sich 
büschelweise ausziehen. An den Wurzeln kleben eine Menge 
Schuppen. Die haarlos gemachten Hautstellen nehmen leichte 
Fingereindrücke an. Die Körpertemperatur war ein wenig 
erhöht. Das Pferd wurde ausser Dienst gestellt, sorgfältig 
gepflegt und mehrmaliges Putzen täglich empfohlen. K. ver- 
muthete, dass das Pferd in etwa 8—14 Tagen kahl werden 
würde. Der Verlauf entsprach dieser Vermutlmng aber nicht. 
Die ödematöse Schwellung und die Abschuppung steigerte sich 
in deh nächsten Tagen; die Temperatur wurde normal; die kahlen 
Stellen an den Gliedmassen vergrössern sich allmälig. 14 Tage 
später waren im Allgemeinen nur an den mittleren Gliedmassen- 
partieu die Haare noch vollständig, an den übrigen Körper¬ 
teilen mehr oder weniger gelichtet. Die zuerst behandelte 
kahle Stelle zeigte einen Flaum neuer Härchen. Von da ab 
steigerte sich der Haarausfall nicht mehr. Die früher gelockerten 
Haare waren erhalten geblieben und sämmtliche kable Stellen 
zeigten einen neuen Flaum. 

Bezüglich der Ursache schien K. die Anwendung der Queck¬ 
silbersalbe verdächtig (denn das Jodkalium konnte nicht in Frage 
kommen). 

Fröhner, der im Uebrigen angiebt, dass Mercurialismns bei 
Pferden nicht beobachtet sei, zählt als Symptome derselben, die 
jedoch nicht immer alle zugleich beobachtet werden, auf: etwas 
Athembeschwerde, Ekzema squamosnm, starkes Jucken, Haut¬ 
verdickung und -Schwellung Haarausfall, lähmungsartige Schwäche, 
geringe oder keine Temperatursteigerung. Diese Symptome be¬ 
standen zum grössten Theile bei dem streitigen Pferde, und mit 
nichts Anderem wie mit der Quecksilbervergiftung stimmen die 
beobachteten Erscheinungen überein. — Etwa einen Monat später 
wurde bei demselben Pferde dieselbe Salbe gegen dasselbe Grund¬ 
übel zur Anwendung gebracht. Schon nach zwei Tagen bewegte 
das Pferd die linke Hintergliedmasse unter dem Reiter schwer¬ 
fälliger, und das Bein schwoll an. Der Versuch konnte natürlich 
nicht weiter fortgesetzt werden. Immerhin spricht der Wieder¬ 
eintritt gewisser Erscheinungen ebenfalls für die Annahme, dass 
bei dem fraglichen Pferde eine individuelle Empfindlichkeit be¬ 
züglich der grauen Salbe bestand; denn dass eine derartige Reaction 
auf so geringe Mengen grauer Salbe bei Pferden etwas ganz Aus- 
nahrasweises ist, kann nicht bezweifelt werden. Dass übrigens 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



450 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


andrerseits auch nicht alle Kinder gleich empfindlich für die 
Quecksilbersalbe sind, hat neulich erst Lucet im Rec. 1896 
(ß. T. W. 1897, pag. 6) hervorgehoben. Nach dessen Angabe 
würde es sich auch beim Rind nur um eine individuelle, wenn 
auch sehr viel häufiger aufrretende Disposition für Quecksilber¬ 
wirkung bandeln. 

Ueber die Desinfection von Kleidnngsstftcken mittelst 
strömenden Formaldehyds. 

Von Dr. Petruschky und Hinz. 

(D. Med. Woch. 83/98.) t 

Verff. unternahmen es in dankenswerter Weise, die auch 
für Thierärzte wichtige Frage zu prüfen, ob mit Hilfe von 
Formaldehyd Kleidungstücke leicht und sicher desinficirt werden 
könnten. Die Lösung dieser Frage ist von grosser practischer 
Bedeutung, da ja Kleidungsstücke, Ledersachen etc. durch Darapf- 
desinfection beschädigt oder gar vernichtet werden. Die Frage 
musste in befriedigender Weise gelöst werden, wenn es gelang, 
das Formaldehyd zum Eindringen in die Gegenstände, in ihre 
Falten und Taschen zu bringen. Alle Versuche, die in dieser 
Beziehung bisher gemacht wurden, Hessen erkennen, dass dem 
Formaldehyd nur ein ganz geringes Penetrationsvermögen zu¬ 
kommt. Die Verff. versuchten nun, analog den grundlegenden 
Versuchen Koch’s über die Wirkungen „strömenden“ Wasser¬ 
dampfes, durch strömendes Formalin jene Schwierigkeit zu be¬ 
seitigen. Die Desinfectionsversuche wurden nun mit Hilfe eines 
Trillat’schen Apparates, der das Formalingas mit einem Druck 
von drei Atmosphären ausströmen lässt, angestellt. Ein Kleider¬ 
schrank wurde zunächst mit alten Operationsmänteln vollgehängt, 
in deren Taschen die Desinfectionsmittel, noch in Fliesspapier 
eingeschlagen, untergebracht wurden, ferner wurde in einen der 
unteren Winkel des Schrankes ein offenes Schälchen mit -Des- 
infectionsobjecten gestellt. Zu weiteren Versuchen wurden auch 
wollene Kleider, sowie ein Besen und ein langschäftiger Leder¬ 
stiefel verwendet. Die Desinfectionsobjecte bestanden aus Seiden¬ 
fäden mit Milzbrandsporen, Leinwandläppchen mit Diphterie- 
culturen, endlich aus Reagensgläschen mit schrägen Agarflächen, 
die mit Typhus oder Milzbrand besät waren. In die Rückwand 
des Schrankes wurde ein Loch gebohrt und auf diese Weise das 
FormaUngas in den Schrank eiDgeleitet. Nach einstündiger 
Einwirkung des Trillat’schen Apparates waren alle in 
den Taschen untergebrachten, sowie auch die im unteren 
Winkel des Schrankes aufgestellten Objecte sterilisirt. 
Die zwischen den Borsten des Besens angebrachten Milzbrand¬ 
fäden zeigten nach einstündiger Forraalineinwirkung partielles, 
sehr verzögertes Wachsthum. In den 1,5 cm weiten Reagens¬ 
röhrchen war nach einstündiger Einwirkung die Abtödtung bis 
zu 13 cm Tiefe erfolgt, während die noch tiefer gelegenen Stellen 
im Brutschrank noch Wachthum zeigten. Die in der Fussspitze 
des langen Lederstiefels untergebrachten Milzbrandsporen waren 
auch nach einstündiger Einwirkung des strömenden Gases noch 
nicht abgetödtet. Hier zeigte sich wieder die grosse Wirkung 
„todter Winkel“. Immerhin erscheint es den Verff. nach diesen 
vorläufigen Versuchsergebnissen als zweifellos, dass die Des¬ 
infection von Kleidern auf diesem Wege mit ziemlicher Leichtig¬ 
keit gelingt. 

Ueber die Fnnctioneu der Hypophysis cerebri. 

Vortrag, gehalten voti de Cyon in der Acadfemie des Sciences. 

(Münch med. Woch. 23/98.) 

Die Untersuchungen von de Cyon bestanden in intravenöser 
Injection des wässerigen Extractes der vorher getrockneten und 
pulverisirten Hypophysis, in electrischer oder mechanischer Er¬ 


regung und in Exstirpation dieses Organes. Eingeschlossen in 
einer Höhle mit starren Wänden und in dem meist geschützten 
Theile des knöchernen Schädels, durch das Infundibulum in Ver¬ 
bindung mit der dritten Hirnkammer stehend, überreich mit Blut¬ 
gefässen versorgt und ausBerdem von mächtigen Venensinus um¬ 
geben, ist die HypophyBis besonders geeignet, durch Druck¬ 
schwankungen des Liquor cerebrospinaUs oder des Blutes beein¬ 
flusst zu werden. Jeder ganz geringe Druck auf die Hypophysis 
bekundet sich in der That durch einen raschen Wechsel der 
Blutspannung und durch beträchtliche Verlangsamung der Herz¬ 
schläge, deren Stärke gleichzeitig beträchtlich vermehrt wird; 
noch intensiver sind diese Erscheinungen durch electrische Reizung, 
selbst mit ausserordentlich schwachen Strömen. Ausser dieser 
rein mechanischen hat die Hypophysis noch eine chemische RoUe : 
sie producirt eine Substanz, welche dazu bestimmt ist, die entere 
Function zu erleichtern. Das Organextract, Thieren intravenös 
injicirt, hat auf Herz- und Blutdruck dieselbe Wirkung wie 
mechanische oder electrische Reizung der HypophyBis. Die active 
Substanz ist eine organische Phosphorverbindung, für welche 
de Cyon den Namen Hypophysin oder Phosphorhypophysin vor¬ 
schlägt. Auf die vagi wirkt diese Substanz in analoger Weise 
wie das Jodothyrin auf das vasomotorische System verschieden 
von dem letzteren. Die Resultate dieser Untersuchungen können 
also erklären, wie die Hypophysis bei Abwesenheit oder auf¬ 
gehobener Function der Schilddrüsen diese ergänzen kann. Einer¬ 
seits ersetzt das Hypophysin die Wirkung des Jodothyrins auf 
die Herznerven, andererseits verursacht der directe Einfluss der 
Bypophysis auf die vagi und das sympathische System noch so 
bedeutende Veränderungen im Blutkreisläufe, um beim Fehlen 
der Schilddrüsen das Gehirn gegen die Gefahren plötzUcben Blut- 
zuflusses zu schützen. Die Hypertrophie der Hypophysis, welche 
z. B. beim Kaninchen nach Exstirpation der Schilddrüsen constant 
ist, beweist deutlich die vermehrte Arbeit, welche sie nach dieser 
Operation leisten muss. 

Das Colostrum. 

Von Unger. 

(Virch. Arch. Kd. 161.) 

Unger’s Untersuchungen über das Colostrum führten un¬ 
gefähr zu denselben Ergebnissen wie die von Czerny und werden 
ungefähr wie folgt zusammengefasst. Die Erklärung, dass die 
Colostrumkörper für die Erstlingsmilch charakteristisch sind, ist 
unhaltbar; sie treten in den verschiedensten Perioden der 
Lactation auf, vor Allem, wenn nicht gestillt wird, also die Ent¬ 
leerung der Drüse eine unvollkommene ist, sie sind nichts An¬ 
deres als Leucocyten, die bei fehlender Abführung der Milch 
durch die Ausführungsgänge in die Brustdrüsenräume eindringen. 
die unverbrauchten Milchkügelchen aufnehmen, zerteilen und be¬ 
hufs weiterer Rückbildung in die Lymphbahnen abführen, wie 
dies die histologischen Befunde beweisen. Neben diesen mit Fett 
beladenen Leucocyten findet sich noch eine zweite Art von Zellen, 
die die Fettreaction geben, und die offenbar verfettete Epitlielien 
von Talgdrüsen sind, welche ganz dicht neben den Milchkanälchen 
münden und in Folge grösserer, durch die Lactation bedingter 
Blutzufuhr auch erhöhte Secretion zeigen. Die Mastzellen, die 
während der Lactation ebenfalls vermehrt sind, und zwar gleich¬ 
falls, „wenn zwar Milch gebildet, aber nicht entleert wird“, sind 
auch Leucocyten und stellen nur einen besonderen Functions¬ 
zustand derselben dar; in ihnen finden sich neben den Granulis 
grössere und kleinere Fetttröpfchen; die Mastzellen komm en 
überall im Gewebe neben den gewöhnlichen Leucocyten vor und 
betheiligen sich an dem Fetttransport zu den Lymphbahnen. 
(Vergl. auch Michaelis B. T. W. No. 27). 


Digitized by LaOOQie 


22. September 1898. 

Therapeutische Notizen. 

Urticaria. 

Gaucher empfiehlt zur Beseitigung des Juckreizes bei Urti¬ 
caria die Anwendung einer Waschung oder eines Sprays fol¬ 
gender Lösung: Menthol. 5,0, Chloroform, Aether sulfuric., Spiritus 
camphor. ää 15,0. Die benetzten Stellen sind darauf mit Wund¬ 
streupulver oder Zinkoxyd einzupudern. (Münch, med. Wochen¬ 
schrift.) Von anderer Seite wird folgendes Recept empfohlen: 
Cocain, mnriat. 1,0, Chloral 0,6, Aq. Lauroceras. 6,0, Aq. dest. 
ää 50,0. 

Resoroin bei Hautkrankheiten. 

Hartzell empfiehlt in der Allg. Med. Centr.-Ztg. das Resorcin 
gegen Ekzem, Ulcus chronicum crnris und Psoriasis. Bei nassem 
Ekzem haben sich folgende Recepte bewährt: Resorcin. 0,6 bis 
1,0, Aq. dest. 30,0, Natr. chlorat. 0,15, mehrmals täglich aufzu¬ 
streichen, oder: Resorcin. 0,6—1,0, Dermatol. 2,0, Glycerin 
Gutt. X, Aq. calcis 30,0. Ist die Haut trocken geworden, so 
ordinirt H. Resorcin 1,0, Amyl., Zinc. oxyd. ää 8,0, Vaseline 15,0. 

Bei Favus wird Resorcin in folgender Zusammensetzung em¬ 
pfohlen: Resorcin. Lanol. ää 3,5, Vaselin. Zinc. oxyd. Amyl. ää 
0,8. Bei Alopecia areata lässt Brocy folgende Salbe einreiben: 
Resorcin. 0,1, Chin. bydrochl. 0,2, Vasel. pur. 30,0. Diese soll 
aber nur auf eine kleine Stelle auf einmal eingerieben werden. 
Dauert der Haarausfall fort, so können 15—20 Tropfen Cantha- 
ridentinctur zugesetzt werden oder Schwefel, z. B. Resorc. 0,2, 
Chin. hydr. 0,3, Sulfur, praecip. 2,0, Vaselin, pur. 30,0. Bei sehr 
starker Reizung wird diese Salbe eine Zeit lang durch Borax¬ 
vaseline ersetzt (2 :10). 

Kupferoxyd als Bandwurmittel. 

Von Hager stammen zwei Recepte, die auch Filatow sehr 
empfiehlt. Für Erwachsene: 

I. Rp. Cnpri oxydati nigr. 6,0, Cretae praep. 2,0, Argillae 
albae pulv. 12,0, GlyceriDi 10,0, M. f. pil. No. 120. 

D. S. Erste Woche viermal tägl. 2 Pillen; zweite Woche 
viermal tägl. 3 Pillen bis 50 bis 60 Pillen, dann Ricinusöl. 

H. Cupri oxydat. nigri 5,0, Cretae praep., Magnes. alb. 
Tragacanth. ää 10,0, Glycerini 5,0, Sacch. albi. 40,0, M. f. 
trochisci No. 50. 

D. S. Für Kinder bis 7 Jahren viermal tägl. */a Plätzchen, 
von 8 bis 12 Jahren 2 bis 3 Stück pro Tag. 

Kohlencaicium gegen Hufkrebs. 

Das Kohlencalcium ist eine im elektrischen Ofen gewonnene 
Mischung von Kalk und Kohle und giebt in Berührung mit 
Wasser das Acetylengas. Mesnard benutzte es zur Behandlung 
des Strahlkrebses, zunächst in einem Falle, der schon lange 
anderer Behandlung getrotzt hatte. Nach Abtragung der 
kranken Theile wurde eine gepulverte Mischung von 20 g 
Kohlencalcium, 5 g essigsaurem Kupfer und 5 g Jodürstärke- 
mehl aufgetragen. Leichter Druckverband mit täglicher Er¬ 
neuerung und Entfernung der unvollständig adhärirenden Krusten. 
Nach zehn Tagen war die kranke Fläche trocken und mit dünner 
Hornschicht bedeckt. 

lohtbyol bei Krankheiten der Athmungsorgane. 

Die Ztschr. f. Veterinärkd. referirt eine Mittheilung des Dr. 
Lataneur in den Wiener med. Bl. (97, 48). Danach hat der 
Autor seit zwei Jahren bei chronischen Lungenkrankheiten, in 
neuerer Zeit aber auch in acuten Fällen, das Ichthyol mit gutem 
Erfolg angewendet in gelatinirten Kapseln ä 0,25 g 8—12 St. pro 
die, Monate lang hintereinander. Das Mittel wird gut vertragen, 
trockener Bronchialkatarrh wird günstig beeinflusst, der Husten 
vermindert. Auch bei eitrigen Katarrhen bewährte sich die Be¬ 
handlung. Bei acuter Bronchitis hörte der Husten oft schon 


451 

nach drei Tagen auf. Auch der Allgemeinezustand wurde ge¬ 
bessert. Der Appetit nahm gewöhnlich zu, wärend er bei 
Guajakol oft abnimmt. Hierzu wird bemerkt, dass in der Thier¬ 
heilkunde Rabe das Ichthyol innerlich bei Hundestaupe an¬ 
gewandt hat. _ 

Thierhaltung und Thierzucht 

Von der Ausstellung der Deutschen Landwlrthschafts-Gesellschaft In 

Dresden. 

In Dresden war, wie Professor Pusch in der„Dtsch.thierärztl. 
Wschr.“ rnittheilt, die Ziegenabtheilung reichhaltiger beschickt, 
und zwar mit 62 Thieren aus Sachsen sowie mit 43, die aus 
Alzey, Heppenheim und Pfungstadt von der Hessischen Genossen¬ 
schaft bezw. von Engelbrecht aus Sonneborn in Sachsen-Coburg- 
Gotha ausgestellt waren. Die hessischen Ziegen sind hauptsäch¬ 
lich aus der Schweiz importirt; von im Inland gezogener Nach¬ 
zucht war nicht viel zu sehen. In Sachsen haben sich seit 1894 
20 Ziegenzucht-Genossenschaften gebildet; drei Genossenschaften 
im Erzgebirge züchten rehgraue Ziegen, die jedoch mit Böcken 
der Saanenrasse gekreuzt werden. Die Milchergiebigkeit der 
sächsischen Ziegen beläuft sich nach Untersuchungen von 
Dr. Kohlschmidt an 27 Thieren auf 600 bis 1000 Liter. PuBch 
empfiehlt daher, mit der Einführung anderer Schläge zu Kreuzungs¬ 
zwecken vorsichtig zu sein, da die Milchleistung die Hauptsache 
ist. Bei der Preisbewerbung siegten allerdings die hessischen 
Genossenschaften mit ihrem importirten hochwerthigen Material. 

Es wäre vielleicht richtig, da es keine Kunst ist, mit impor¬ 
tirten Qualitäten grosse Erfolge zu erreichen, andererseits aber 
gerade bei der Ziegenzucht es werthvoll erscheint, dass das vor¬ 
handene einheimische Material verbessert wird, da die Besitzer 
kleine Leute sind — wenn bei der Concurrenz speciell die mit 
einheimischem Material erreichten Resultate, wenn sie auch an 
Qualität noch zurüokstehen, eine besondere Berücksichtigung er¬ 
führen und für sie besondere Preise ausgesetzt würden. 

Trabrennlflistuag kaltblütiger Pferde. 

Nach einer Mittheilung derCentralztg. für Thierzucht wurde bei 
Gelegenheit der diesjährigen Rennen des Jülicher Rennvereins 
am 21. August von rheinisch-belgischen Pferden folgende Leistung 
von einer siebenjährigen Stute erzielt: Trabreiten über 15C0 Meter 
2 Min. 30 Sek. = 1 Kilometer in 1 Min. 40 Sek. Dasselbe 
Pferd ging einige Minuten nach dem Trabrennen im Sulky über 
eine Strecke von 2000 Meter in 3 Min. 36 Sek. — 1 Kilometer 
1 Min. 48 Sek. Gewicht der Stute 634 kg. Drei nach dieser in 
bestem Zustand eingelaufenen Stute folgende rheinisch-belgische 
Pferde liefen im Dogcart den Kilometer in 2 Minuten. 


Tagesgeschichte. 

Landwirtschaft and Yeterinärwesen. 

Von Bermbach-Schroda. 

In letzter Zeit wurde in der antiagrarisch gesinnten Tages- 
presse so häufig das Verhältniss zwischen Landwirthschaft und 
Veterinär-Polizei berührt, dass es in der That verlohnt, dieses 
Verhältniss auch einmal vom thierärztlichen Standpunkte etwas 
näher zu beleuchten. Es handelte sich bei diesen Press- 
äusserungen in erster Linie um die momentan brennend ge¬ 
wordene Frage der Grenzsperre, namentlich gegen die Einfuhr 
von Schweinen, wobei des Oefteren betont wurde, dass die Grenz¬ 
sperre verhängt worden sei resp. aufrecht erhalten würde, trotz¬ 
dem die Sachverständigen diese Massregel nicht für erforder¬ 
lich hielten. 

Zunächst muss hervorgehoben werden, dass diejenigen Thier¬ 
ärzte — denn etwas Anderes kann man sich unter den Sachver¬ 
ständigen doch wohl kaum denken — für recht merkwürdige 


BERLINER THIER ÄRZ TLICHE WOCHEN SCHR IFT. 


Digitized by LjOOQie 



452 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


Sachverständige gelten müssen, die der Ansicht sind, dass die 
Schliessung der Grenze gegen Schweineeinfuhr eine überflüssige 
Maassregel sei. 

Die erste nnd vornehmste Aufgabe der Tbierheilkunde in 
allen ihren Zweigen besteht darin, der Landwirtschaft zu helfen 
und die landwirtschaftliche Viehhaltung nach Kräften zu fordern 
und sie möglichst auf der Höhe zu erhalten. Die Interessen der 
Landwirtschaft und Thierheilkunde sind so eng miteinander 
verknüpft, dass die letztere ohne die erstere überhaupt nicht 
denkbar sein würde. Schon diese einfache und naheliegende 
Erwägung müsste jeden Unbefangenen daran bindern, zu be¬ 
haupten, dass die Veterinär-Polizei irgend etwas für überflüssig 
hielte, was im vitalsten Interesse der deutschen Schweinehaltung 
dringend geboten ist. Die Thierheilkunde würde damit nichts 
Anderes tun, als was jener Beelzebub that, der sein eignes Reich 
zerstörte! Die Thierheilkunde hat heute nicht mehr allein die 
Aufgabe, kranke Thiere zu heilen, sondern ihr liegt ferner die 
viel wichtigere Aufgabe ob, Krankheiten, insbesondere Seuchen, 
von unseren Haustieren fern zu halten, und ausserdem ist es 
ihr unbestrittenes Recht und ihre Aufgabe, dem Landwirt in 
allen Fragen, welche die Viehzucht und Thierhaltung im All¬ 
gemeinen anbetrefien, als Rathgeber und erfahrener Sachver¬ 
ständiger zur Seite zu stehen. 

Es muss daher auch dem Veterinärwesen schwere Sorgen 
bereiten, zu sehen, wie die einheimische Schweinezucht, die ehe¬ 
mals einen blühenden Zweig der landwirtschaftlichen Viehhaltung 
darstellte, so sehr ermattet am Boden darniederliegt, und sie 
muss sich deshalb die Frage vorlegen, durch welche Mittel der¬ 
selben wieder aufgeholfen werden kann. 

Die Beantwortung dieser Frage, die von vornherein gewisse 
Schwierigkeiten bietet, wird um so einfacher, je mehr man dem 
Kern der Sache naherückt und je öfter man Gelegenheit bäh,-die- 
Verhältnisse aus eigner Anschauung kennen zu lernen. Wer 
sollte aber competenter sein, die Verhältnisse bis in die kleinsten 
Details hinein zu übersehen, als der beamtete Tbierarzt, der in 
Folge seiner amtlichen Thätigkeit doch fast tagtäglich Gelegen¬ 
heit hat, den Niedergang der einheimischen Schweinezucht und 
die Ursachen, durch welche derselbe herbeigeführt wird, aus 
nächster Nähe kennen zu lernen? 

Und klar in die einschlägigen Verhältnisse hineinsehen zu 
können, ist vor allen Dingen nöthig, festzustellen, dass die 
deutsche Schweinezucht infolge der niedrigen Preise, welche die 
reife Waare wegen der grossen Zufuhr von aussen in den 
letzten Jahren nur erzielte, und dann wegen der grossen 
Verluste, welche die Bestände durch Seuchen erlitten, sehr 
sehr rapide zurückgegangen ist, so zwar, dass heute die in¬ 
ländische Production allerdings nicht im Stande ist, den Bedarf 
vollkommen zu decken. Volkswirthschaftlich bedeutet das einen 
nicht zu unterschätzenden Rückgang im nationalen Wohlstände, 
der noch dadurch sehr bedenklich gesteigert wird, dass ein 
grosser Theil des deutschen Capitals, um den Bedarf zu be¬ 
friedigen, ins Ausland strömt. 

Wie kann nun diesen thatBächlichen Uebelständen am besten 
ab geholfen werden? 

Das erste und wirksamste Mittel, der einheimischen 
Schweinezucht wieder aufzuhelfen, besteht in der 
dauernden Schliessung der Grenzen gegen jede Zufuhr 
von Schweinen und von Schweinefleisch im rohen, ge¬ 
pökelten oder geräucherten Zustande. 

Es ist nicht zu verkennen, dass durch eine derartige Mass- 
regel die Preise für Schweinefleisch sehr schnell in die Höhe 
geschraubt werden, aber in diesem Umstande liegt gerade die 
Garantie dafür, dass die Schweinezucht sich in kürzester Zeit 


wieder bedeutend heben wird. Denn wenn der Landwirthschaft 
die Gewissheit geboten ist, dass die einheimische Waare nicht 
wieder durch übermässige Zufuhr von aussen einen unnatürlichen 
Preisdruck erleiden wird, so wird sie sehr bald ihr volles Inter¬ 
esse der Schweinezucht wieder zuwenden. Bei den Preisen, wie 
sie bis vor kurzer Zeit waren, war die Schweinezucht nur mit 
Verlusten verknüpft, namentlich wenn man die häufigen und sehr 
erheblichen Schäden durch Seuchen in Rechnung zieht Es lohnte 
in der That bis dahin nicht, irgend etwas für die Schweinezucht 
aufzuwenden, und in diesem Umstande liegt nicht zum kleinsten 
Theile die Schuld, dass die Schweineseuchen so erheblich an 
Ausdehnung gewinnen konnten. Wenn aber die Schweinezucht 
einen lohnenden Betrieb darstellt, so wird der Züchter natur- 
gemäss eher geneigt und auch in der Lage sein, die Einrichtung 
seiner Ställe den Anforderungen der Hygiene entsprechend zu 
gestalten, und die unmittelbarste Folge davon wäre, dass die 
Seuchen sich zum Rückzuge bequemen müssen. 

Auf der andern Seite darf man aber auch nicht übersehen, 
dass die Preissteigerung für Schweinefleisch, wie sie z. B. momen¬ 
tan in Folge der Grenzsperre besteht, nur eine vorübergehende 
ist, da die Landwirtschaft, wie oben ausgeführt, sehr bald der 
Schweinezucht wieder ihre vollste Aufmerksamkeit znwenden 
wird, so dass die Production in kurzer Zeit für den Bedarf ans¬ 
reicht und die Preise eine gleichmässige normale Höhe behalten 
werden. Für jeden Einsichtsvollen, der mit den Verhältnissen 
bewandert ist, steht es fest, dass die vorübergehende Preis¬ 
erhöhung im Interesse der deutschen Schweinezucht, die einen 
ganz wesentlichen Theil unseres Nationalvermögens ausmachen 
sollte, ertragen werden muss. Das deutsche Volk ist auch wohl 
in der Lage, für kurze Zeit etwas höhere Preise für Schweine¬ 
fleisch zu zahlen, denn Handel und Industrie stehen vollauf in 
Blüthe, die Löhne sind allgemein erheblich gestiegen und die 
Beamtengehälter durchweg nicht unbedeutend gewachsen. 

Der Vortheil der Grenzsperre beruht auch noch in einem 
zweiten sehr wichtigen Moment: 

Wir Alle sind uns darüber klar, dass die Schweineseuchen 
vom Auslande her nach Deutschland eingeschleppt worden sind. 
W'er aus eigner Anschauung weiss, wie viel Millionen von 
Bacterien in einem seuchekranken Schweinekörper vegetiren, und 
wer eine Ahnung davon hat, auf wie mannigfache Weise diese 
Seuchen verschleppt werden können, der weiss auch ganz genau 
zu beurtheilen, wie unsäglich viel Schaden ein von aussen ein¬ 
geführtes seuchekrankes Schwein unter den Beständen einer bis 
dahin von der Seuche verschonten Gegend anzurichten vermag, 
da doch bekanntlich das allergeringste Theilchen eines inficirten 
Schweinekörpers genügt, um einen ganzen Bestand zu verseuchen. 
Um das Unheil aber in seinem ganzen Umfange zu übersehen, 
muss man daran denken, dass die bei Weitem am meisten ver¬ 
breitete Schweineseuche, d. i. der Rothlauf, wie von mir bereits 
in einem früheren Aufsatze hervorgehoben (vergl. No. 14 Jahr¬ 
gang 1897 der Berl. thierärztL Wochenschrift), vornehmlich als 
eine Bodenseuche angesehen werden muss, und dass die Rothlauf- 
erreger sich jahrelang im Boden lebensfähig erhalten. 

Nun muss man zwar anerkennen, dass ein nicht unerheblicher 
Theil unseres deutschen Vaterlandes schon mit den ansteckenden 
Schweinekrankheiten verseucht ist, aber um so mehr muss Vor¬ 
sorge getroffen werden, dass diese Seuchen nicht noch weiter an 
Ausdehnung gewinnen, und dazu ist in erster Linie erforderlich 
dass keine kranken Schweine von aussen zugeführt werden. 

Man wird zwar billigerweise einwenden können, dass an den 
Grenzen Vorkehrungen getroffen seien resp. in erhöhtem Fasse 
getroffen werden könnten, dass keine kranken Schweine eingefübrt 
würden. Das ist allerdings leicht gesagt, aber schwer gethan.- 


Digitized by LjOOQie 



22 September 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


453 


Bei dem rapiden Verlauf der Schweineseuchen können die Thiere 
beim Ueberschreiten der Grenze noch ganz gesund erscheinen 
und nach einer Stunde vielleicht schon setzen die ersten Krank¬ 
heitserscheinungen ein. Hiergegen kann auch die eingehendste 
Untersuchung durch den erfahrensten und gewissenhaftesten 
Sachverständigen nicht schützen, da bekanntlich zwischen dem 
Moment der Absteckung und dem Ausbruch der Krankheit ein 
Zeitraum von 1—3 Tagen liegt, während welcher Zeit die Thiere 
scheinbar völlig gesund sind. 

Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, muss die 
Veterinär-Polizei die dringende Forderung stellen, die 
Grenzen gegen jede Einfuhr abzuschliessen. 

Ein zweites, nicht weniger wirksames Mittel, der 
einheimischen Schweinezucht zu helfen, bestände darin 
dass da, wo Schweinezucht in grösserem Massstabe be¬ 
trieben wird, den Deputat-Leuten nicht mehr gestattet 
würde, Schweine zu halten. So merkwürdig es auch von 
vornherein klingen mag, der Schweinezucht zu helfen, indem man 
einem erheblichen Theil des schweineziehenden und -mästenden 
Publikums die Schweinehaltung unterbindet, so richtig ist dieser 
Ausspruch! Der ländliche Arbeiter glaubt nicht an die grosse 
Gefahr, welche die Schweineseuchen mit sich bringen, er weist 
jede Belehrung in dieser Hinsicht mit der Frage, woher denn 
das erste Schwein krank geworden sei, von sich und glaubt einen 
hohen Grad von Frömmigkeit zu bezeugen, indem er es dem 
lieben Gott ganz allein überlässt, dafür zu sorgen, dass sein 
Schwein von Seuchen verschont bleibt. Er zeigt auch verbält- 
nissmässig selten die Seuche an und thut auch sonst Nichts, da¬ 
mit die Seuche nicht weiter um sich greift, weil er eben nicht 
an die Uebertragbarkeit der Seuchen glaubt. Dabei treiben sich 
seine Schweine meist an den Landstrassen umher, und die 
Händler und Fleischer verkehren immerzu in seinem Stalle. In. 
Folge dieser Umstände wütlien die Seuchen am meisten unter den 
Schweinen der sogenannten kleinen Leute und finden von hier 
in der Regel den Weg zu den Schweinebeständen der Gutsherr- 
scbaft. Wenn daher auf denjenigen Gütern, wo eine nennens- 
werthe Schweinehaltung betrieben wird, den Deputat-Leuten die 
Schweinehaltung nicht mehr gestattet wird, so werden — wenn 
sonst keine Vorsichtsmassregel ausser Acht gelassen wird — 
dort die Schweineseuchen ganz erheblich an Häufigkeit einbüssen. 

Ich verkenne dabei nicht, dass die Durchführung der vor- 
geBcblagenen Massregel an manchen Stellen zu mancherlei Un¬ 
zuträglichkeiten Veranlassung geben wird, aber dort, wo sie 
geboten ist, erwachsen der Gutsherrschaft durch dieselbe so 
grosse Vortheile, dass dieselbe sich sehr wohl dazu verstehen 
kann, den Arbeiter in anderer Weise hierfür schadlos zu halten. 

Der Arbeiter kann bei diesem Handel nur gewinnen, denn 
unter den heutigen Verhältnissen büsst er sein kleines Vermögen, 
welches er besitzt, sehr schnell durch das Schweinesterben wieder 
ein, und wer öfters Gelegenheit gehabt hat, das herzzerreissende 
Weh, welches einer armen Arbeiterfamilie durch die Schweine- 
seucben zugefügt wird, mit anzusehen, wird sich der Einsicht 
nicht verscbliessen, dass in der von mir erwähnten Massregel — 
vorausgesetzt, dass der Arbeiter auf andere Art hierfür schadlos 
gehalten wird — für diesen nur eine Wohlthat liegen würde. 

Das dritte Mittel, durch welches die inländische 
Schweinezucht wirksam gefördert werden kann, beruht 
in der Impfung. Ueber den Nutzen der Impfung ist soviel 
gesprochen und geschrieben worden, dass ich davon absehen 
kann, noch etwas zu ihrer Empfehlung anzuführen. Ich möchte 
jedoch hier erwähnen, dass die Klagen der Landwirthe, dass der 
Lorenz’sche Impfstoff nur sehr spärlich oder auch meist garnicht 
zu erhalten ist, immer mehr und mehr zunehmen. Wenn die 


Impfung überhaupt den erhofften Erfolg haben soll, dann muss 
Vorsorge getroffen werden, dass die Impfung jeder Zeit und in 
jeder Quantität stets frisch zu erlangen ist, und es müssen des¬ 
halb genügend Anstalten vorhanden sein, in denen die Herstellung 
desselben betrieben wird. In den östlichen Theilen des deutschen 
Reiches müsste mindestens in jeder Provinz eine derartige An¬ 
stalt vorhanden sein, und es wäre für die in Frage kommenden 
Landwirtschaftskammern eine dankbare Aufgabe, sich dieser 
Sache tbatkräftig anzunehmen. 

Wenn ich so die Frage, durch welche Mittel der deutschen 
Schweinezucht in wirksamer Weise wieder aufgeholfen werden 
kann, in den Rahmen der vorliegenden Abhandlung hiueingezogen 
habe, so geschah dies nicht zum Wenigsten deshalb, weil es 
nützlich scheint, angesichts der vielfachen in der antiagrarisch 
gesinnten Presse gemachten gegenteiligen Aeusserungen das 
enge Verhältniss zwischen Landwirtschaft und Thierheilkunde 
in das richtige Liebt zu stellen. Was an der Thierheilkunde 
liegt, der Landwirtschaft zu nützen, ist im vollsten Umfange 
geschehen, und das Streben jedes einsichtsvollen Thierarztes ist 
darauf gerichtet, die heimischen Viehbestände, soviel er nur kann, 
vor Schäden durch Seuchen zu bewahren. 

Zum Schluss noch Eins. 

In jüngster Zeit ist in der Münch. Medicin. Wochenschrift 
und auch in politischen Zeitungen wieder die Ansicht vertreten, 
dass es dem Ansehen und der Bedeutung des Medicinalwesens 
entspräche, ein besonderes Medicinal - Ministerium zu errichten. 
Angesichts dieser Vorgänge kann nicht oft und nicht eindringlich 
genug darauf hingewiesen werden, dass Landwirthschaft und 
Veterinär-Wesen nicht nur technisch, sondern auch in der Ver¬ 
waltung aufs Engste Zusammenhängen, und dass eine Lostrennung 
des letzteren vom landwirthschaftlichen Ministerium für beide in 
Be$rapht kommende Theile eine bedenkliche Schädigung herbei-- 
führen würde. Die Mediciner mögen ein so schönes und grosses 
Ministerium haben, wie sie nur wünschen, aber wir wollen damit 
nichts zu schaffen haben. 

Ein Wort an die Schlaehthausthierärzte. 

Schreibe ich: An die Schlaehthausthierärzte, so meine ich 
hier speciell an diejenigen, welche kleineren oder mittleren Be¬ 
trieben vorstehen und mit den Fleischern resp. den Leuten der¬ 
selben direct in Berührung kommen; vor Allem jedoch die jungen 
Schlaehthausthierärzte, welchen es häufig genug recht schwer 
wird, den Leuten gegenüber, mit denen sie dienstlich zn thun 
haben, den richtigen Verkehrston zu treffen. 

Specielle Veranlassung zu diesen Zeilen wurde mir schon 
vor einiger Zeit gegeben durch recht traurige Vorkommnisse, 
die sich an einigen Schlachthöfen kleineren Betriebes abgespielt 
haben. 

In einem Falle ist der betreffende Schlachthausthierarzt von 
den Schlächtergesellen misshandelt worden. Im anderen Falle, 
war der Schlachthausthierarzt in einem ebenfalls kleinen Be¬ 
triebe in einer ganz unglaublichen Art und Weise vom Aufseher 
mit Worten und Drohungen angegriffen worden, und hatte es 
denn auch vorgezogen, schon nach vier Wochen wieder zu ver¬ 
schwinden. 

Solche Vorkommnisse dürfen sich nun und nimmer ereignen. 
Mögen auch im Schlächtergewerbe vielfach rohe Elemente thätig 
sein, so muss umsomehr hauptsächlich der Thierarzt auf Ver¬ 
meidung solcher Fälle von vornherein Beine ganze Sorgfalt und 
Aufmerksamkeit richten. Vor Allem muss er wohl beim Antritt 
seiner Stellung genau die Frage erwägen: Was soll ich thun 
und was kann ich dann von den mir Untergebenen erwarten 
resp. verlangen! 


Digitized by LaOOQie 





454 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 38. 


Es kommt aber doch auch vor, dass der Thierarzt zu viel 
verlangt, ohne seine eigenen Verpflichtungen peinlich zu erfüllen, 
wozu gerade in kleineren Betrieben eine gewisse Gefahr vorliegt. 
Die Bureaustunden werden nicht genau eingehalten, die Unter¬ 
suchungen nicht zur Zeit erledigt, die Fleischer müssen warten, 
haben pecuniären Schaden und werden natürlich schwierig. 

Was für Schaden ein Fleischer infolge von Nachlässigkeiten 
von Seiten des Schlachthofthierarztes haben kann, weiss nur der, 
welcher sich die Sache mal klar gemacht hat, statt gedankenlos 
darüber hiuwegzugehen. In Büchern kann dies natürlich nicht 
geschrieben stehen. 

Oder es wird Dieses oder Jenes beanstandet, vielleicht ohne 
genügende Ueberlegung, und dann auf Bitten wieder freigegeben. 
Wie sehr die wirkliche Autorität des Schlachhofthierarztes dar¬ 
unter leidet, wird den Betreffenden oft zu spät klar. 

Genaue Untersuchung, reifliches Erwägen, dann erst den 
Entschluss fassen, und dann soll das entscheidende Wort fallen, 
welches auch, einen genügenden Wissensschatz vorausgesetzt, das 
richtige sein wird. 

Solche Widerrufe von Beanstandungen können sehr leicht den 
Verdacht der Parteilichkeit erzeugen und sehr böses Blut machen, 
was noch schlimmere Folgen haben kann, als dass durch diese 
Widerrufe bei den Fleischern Zweifel an der wissenschaftlichen 
Fähigkeit des Thierarztes erweckt werden; der leitende Grund- 
satz des Schlachthofthierarztes muss sein: 

Schütze das Publikum vor Gefahr und vor Betrug, wahre 
aber auch nach Kräften die Interessen der Fleischer! 

Beides ist auch, richtig angefangen, durchzufübren gar nicht 
schwer für den, der es sich zum Grundsatz macht, vor allen 
Dingen auch sich selbst nichts zu schenken, sich selbst nicht 
über Sachen hinwegzutäuschen, wenn es ihm vielleicht gerade so 
bequem sein sollte. 

Wenn ich hier besonders die jungen Collegen im Auge habe, 
so geschieht das nur aus dem Grunde, dass denselben, frisch vom 
Studium bezogen, häufig noch alle Lebenserfahrungen, ich möchte 
sagen, das volle Verständniss für den Ernst auch kleiner Dinge 
abgehen. 

Ich muss hier an die Worte des allverehrten Prof. Rabe 
denken, des Meisters der pathologischen Anatomie, dem wir 
Schlachthausthierärzte, die wir in Hannover dem Studium obgelegen 
haben, ja zu ganz besonderem Danke verpflichtet sind. 

Er sagte bei einer Gelegenheit: „So lange ich noch mit am 
Ruder bin, werde ich es zu verhindern wissen, dass Subjecte in 
die Praxis gelangen, die unserem Stande Schande machen werden!“ 

Diese Worte des nunmehr Entschlafenen sind hart, doch 
gerecht! 

Doch sind sie so leicht nicht durchführbar, denn wo die 
Kenntnisse auch genügen, sogar gut sind, wo die Approbation 
deshalb erfolgen muss, ist nicht immer auch die moralische Reife 
vorhanden. Dafür giebt es leider Beispiele. 

Und wenn solche Vorkommnisse sich ereignen können, deren 
ich Anfangs Erwähnung that, so ist zwar hier nicht gerade von 
Unehre zu reden, ich bin sogar fest überzeugt, dass keineswegs 
seitens der betroffenen Thierärzte ein halbwegs genügender Anlass 
dazu gegeben worden war; indessen, hübsch ist es keinesfalls, 
anhören zu müssen, dass zwischen dem Schlachthausthierarzt und 
den Schlächtergesellen eine Prügelei auf Tod und Leben statt- 
gefunaen hat Man erröthet unwillkürlich bei solchen Mit- 
theilnngen. 

Der Schlachthausthierarzt ist stets in der Lage, Uebergriffe 
von Seiten der Schlächter auf Grund der bestehenden Verord¬ 
nungen anzuzeigen und zur Bestrafung zu bringen und sich da¬ 
durch, wenn er nicht selbst die Besonnenheit verliert, auch seine 


Stellung zu wahren. Es bedarf dazu weder der Grobheit noch 
der Handgreiflichkeit. 

Ebenso verkehrt ist es nun auch, in das Gegentheil zn ver¬ 
fallen und vertrauliche Annäherungen zu machen oder zu dulden' 

Hiervor kann gar nicht genug gewarnt werden, denn solche 
freundliche und vertrauliche Annäherungen kommen meist an die 
falsche Adresse, die Allerwenigsten wissen sie in der richtigen 
Weise zu schätzen. 

Also auch hier ist der goldene Mittelweg der beste, sich gleich 
zu bleiben, weder zu streng noch zu freundlich sein — aber immer 
gerecht! 

In solchen Momenten, wo, ich gebe gern zu, einem häufig 
„die Galle überlaufen möchte“, ist es die Selbstdisciplin, die 
Selbstbeherrschung des geistig Ueberlegenen, der die Oberhand 
behalten und gewinnen muss. Ein Colleg hierüber kann man 
leider nicht belegen. Hier sind das Leben und die erfahrenen 
Widerwärtigkeiten allein Lehrmeister. 

Durchaus liegt es mir fern, schulmeistern zu wollen, das 
mögen ältere und berufenere Leute thun, auch ist es zu undankbar 
aber ich meine doch, es ist bequemer, eine gute Lehre, die die 
Erfahrung Anderen gezeitigt hat, sich mühelos freiwillig zu Nutze 
zu machen, ohne erst selbst in Folge eigener Erlebnisse, die, 
wie es sich zeigt, oft der traurigsten Art sind, sich zu dem 
Besitz derselben durchzuarbeiten. 

Ich für meine Person, und ich glaube, jeder sich nicht für 
unfehlbar haltende College denkt für seinen Theil ebenso, wäre 
herzlich froh gewesen, seiner Zeit bei Antritt meiner Stelle eine 
leitende Freundeshand zu besitzen. Ich hätte dann so manchen 
Stein vermieden, an den ich so oft anstossen musste, ehe ich ihn 
mir aus dem Wege räumen konnte. 

Programm der ordentlichen Generalversammlung des thlerirztllche» 
Vereins In Schleswig-Holstein 

am 24. und 25. September 1898 im Bahnhofshotel zu Neumünster. 

Tagesordnun g. 

1. Tag, den 24 September, Abends 8 Uhr. 1. Ueber Haemo- 
globinuria. Referent Kreisthierarzt Franzenburg-Schleswig. 
2. Atropin-Morphium - Einspritzungen gegen chronische Lahm 
heiten. Referent Kreisthierarzt Struwe-Kiel. 3. Mittheilungen 
aus der thierärztlichen Praxis. Zunächst Discussion über die 
Behandlung des Milchfiebers (Gebärparese) mit Jodkalium. 

2. Tag, den 25. September, Vormittags 9 Uhr. A. Vereins¬ 

angelegenheiten. 1. Geschäftsbericht. 2. Aufnahme neuer Mit¬ 
glieder. 3. Bericht über die Verhandlungen der Central- 
Vertretung preussischer Thierärzte. 4. Rechnungslegung über die 
Vereins-Hilfskasse, Unterstützungsangelegenheiten und Budget¬ 
aufstellung. 5. Abänderung des § 4 im Statut und Annahme 
der Geschäftsordnung. 6. Wahlen: eines Vorstandsmitglieds 
eines Revisors und der Delegirten. B. Vorträge'. 7. Ueber 
Fleischbeschau bei Nothschlachtungen. Referent Kreistbierarzt 
Jenseu-Itzehoe. 8. Ueber die verschiedenen Grade und Formen 
der Rothlaufseuche bei Schweinen. Referent Kreisthierant 
Struwe-Kiel. 9. Der Staar bei Pferden in forensischer Be- 
Ziehung. Referent Corps-Rossarzt Hell-Altona. 10. Verschiedene» 
und Anträge. Der Vorstand. 

I. A.: Ei ler, Schriftführer. 

Bericht über die 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerrte 
in Düsseldorf 

vom 19. bis 24. September 1898. 

Als Theilnehmer zu der vorbezeichneten Versammlung, 
welche wir später noch eingehend berichten werden, hatten 
bis zur Drucklegung dieser Nummer bei der Section 35 


Digitized by LjOOQie 


22. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 455 


Veterinär - Medicin — eingeschrieben: Die Schlachthof- 
directoren Albert-Iserlohn und Bockelmann-Aachen, Thier¬ 
arzt Braselmann und Kreisthierarzt Eckardt-Neuss, Thier¬ 
arzt Frisch-Düsseldorf, Kreisthierarzt Imminger-Wiirzburg, 
Thierarzt Kraus-Odenkirchen, Departementsthierarzt Dr. Lothes- 
Köln a. Rh., cand. med. vet. Sch eurer-Berlin, Departements¬ 
thierarzt S ch mi tt-Düsseldorf, Oberrossarzt Dr. Schulz- 
Düsseldorf. 

Die constituirende Abtheilungs-Sitzu ng wurde am 19. Sep¬ 


tember, Nachmittags drei Uhr durch den Einführenden Schmitt- 
Düsseldorf eröffnet und nach Feststellung der Tagesordnung 
Dr. Lothes-Köln zum Vorsitzenden für die zweite auf 
den 20. September 11 Uhr Vormittags anberaumte Abtheilungs- 
Sitzung gewählt. Vor letzterer nahmen die Collegen einer Ein¬ 
ladung der 34. Section — Geschichte der Medicin und Natur¬ 
wissenschaften — folgend, an deren Sitzung theil, in welcher 
I Dr. von 0 efele-Neuenahr einen sehr anziehenden Vortrag,, Ueber 
! den Veterinär-Papyrus von Kahun'* hielt. 


Oeffentliches Veterinärwesen. 


(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Seochenstatistik und Veterinärpolizei. 
Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die alt Influenza der Pferde 
bezelchneten Krankheiten.*) 

Vom 3. September 1898. (R.-A. No. 211) 

Auf Grund des § 10 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die 

Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom ^ j^i* 1894 

(Reicbs-Gesetzbl. 1894, S. 409) bestimme ich: 

Für die preussische Provinz Ostpreossen wird vom 1. Oktober 
d. J. ab bis auf Weiteres für die als Influenza der Pferde be- 
zeichneten Krankheiten (Pferdestaupe und Brustseuche) die An¬ 
zeigepflicht im Sinne des § 9 des erwähnten Gesetzes eingeführt. 
Berlin, den 3. September 1898. 

Der Reichskanzler. 

I. V.: Graf von Posadowsky. 


Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die 
Schweinepest'und den Rothlauf der Schweine. 

Vom 8. September 1898. (R.-A. No. 213.) 


Auf Grund des § 10 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die 
Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, vom 


.(Reichs-Gesetzbl. 1874, S. 409) bestimme ich: 

Für den ganzen Umfang des Reiches wird vom 1. Oktober 
d. J. ab bis auf Weiteres für die Schweinesenche, die Schweine¬ 
pest und den Rothlauf der Schweine die Anzeigepflicht im Sinne 
des § 9 des erwähnten Gesetzes eingeführt. 

Durch diese Bestimmung werden die bisher für einzelne 
Bundesstaaten und Gebietstheile erlassenen Bekanntmachungen 
gleichen Inhalts ersetzt. 

Berlin, den 8. September 1898. 

Der Reichskanzler. 

I. V.: Graf von Posadowsky. 


Holländischer Seuchenbericht für 1896. 

Die Lungenseuche ist im Berichtsjahr in den Niederlanden 
j nicht anfgetreten; ebenso blieben die Niederlande frei von 
| Rinderpest, Schafpocken und der Trichinenkrankheit der Schweine. 

Die Maul- und Klauenseuche herrschte in 1289 Beständen in 
! allen 11 Provinzen unter 11542 Rindern; am stärksten war 
Gelderland betroffen. Schafe erkrankten 4671 in 62 Gemeinden, 
Zdegen 94 in 31 Gemeinden und Schweine 2750 in 101 Gemeinden. 
An Rotz erkrankten 99 Pferde (gegen 43 im Vorjahre). Räude 
1 wurde festgestellt bei 13 Pferden und 155 Schafneerden (gegen 
110 im Vorjahre). An Milzbrand starben 249 Rinder, 3 Schafe, 

1 2 Ziegen, 5 Pferde, 4 Schweine, zusammen 263 Thiere. Tollwnth 
wurde bei 1 Hunde festgestellt. An Schweinerothlauf erkrankten 
3056 Thiere, von denen 961 fielen, 1422 geschlachtet wurden, 
| 331 genasen; von 342 ist der Ausgang der Krankheit nicht nach- 
1 gewiesen. Die Schweinesenche wurde an 7 Schweinen constatirt, 
von denen 5 der Krankheit erlagen, während bei 2 Thieren der 
; Verlauf unbekannt geblieben ist. Der Schutzimpfung gegen 
; Milzbrand wurden unterworfen 661 Rinder, 35 Pferde, 242 Schafe, 
3 Ziegen und 27 Schweine. Sämmtliche Thiere wurden zweimal 
; geimpft und haben die Impfung gut überstanden mit Ausnahme 
I von einem Schweine und einer Ziege, welche nach der ersten 
Impfung an Milzbrand fielen. Von 77 (gegen 202 im Vorjahre) 
gegen Rothlauf geimpften Schweinen im Alter von 7 bis 12 Wochen 
gingen 19,5% zu Grunde, 35,1 % wurden minderwertbig und 
45,5 % überstanden die Impfung ohne Nachtheil (gegen 82 % im 
Vorjahre). 

.Was die Ein- und Ausfuhr anlangt, so betrug die Einfuhr 
15449 Pferde, davon 5939 aus Preussen, 583 Rinder, 45 448 Schafe, 
56 Schweine, 28 Ziegen, zusammen 61564 Thiere (gegen 23 372 
im Vorjahr); dagegen die Ausfuhr nach Preussen: 6671 Pferde, 
230 Rinder und 60 Schafe. 


Geflügeicholera. 

Die Anzeigepfiicht für Geflügelcholera ist für das Gross¬ 
herzogthum Sachsen Weimar und das Herzogthum Braunschweig 
vom 15. September d. J. ab bis auf Weiteres dnreh Bekannt¬ 
machung des Reichskanzlers vom 6. September er. eingeführt 
worden. 

Regelung dee Abdeokereiwesens in Baden. 

Nach einer Mittheilung der Dtscb. Th. Wschr. 98, No. 27, 
ist der badischen Kammer ein Gesetzentwurf betreffend Regelung 
des Abdeckereiwesens zugestellt worden, in dem die Grundsätze 
enthalten sind, die der Deutsche Landwirthschaftsrath in seiner 
letzten Sitzung (vgl. B. T. W. No. 12) sich angeeignet hatte. 

*) cfr. B. T. W. No. 37, S. 441. 


Thierseuohen im Auslande. II. Qsartal 1898. 

Italien. 

Milzbrand wurde festgestellt bei 357 Thieren, Rauschbrrand 
bei 84 Thieren. An Tollwuth erkrankten 44 Hunde und 9 andere 
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 78 Fällen zur Anzeige, Maul- 
und Klauenseuche in 21 289 Fällen und ausserdem in zahlreichen 
j ziffernmäS8ig nicht näher angegebenen Fällen in 188 Gemeinden, 
Schafräude in 1153 (und vielen nicht näher angegebenen Fällen) 
und Schweineseuche in 1141 Fällen. 


Flelschschau und Viehverkehr. 

Australiens Ausfuhr an gefrorenem Fleisch. 

Was die Ausfuhr von gefrorenem australischem Fleisch an¬ 
betrifft, so ist ein Rückgang in diesem Artikel zu constatiren. 


Digitized by GjOOQle 



1 


456 

Dieser Rückgang ist ebenso wie der geringe Wollertrag auf die 
im vergangenen Jahre herrschende Trockenheit zurückzuführen. 
1897 worden 250000 Schafe und Lämmer weniger als im Vorjahr 
exportirf, und in diesem werden die Zahlen noch geringer sein. 
Trotzdem blieb der Durchschnittspreis in London gleich niedrig, 
denn der Ausfall von Australien wurde durch einen erhöhten 
Export von 480000 Stück aus Neuseeland und 300000 Stück von 
Südamerika mehr als reichlich ausgeglichen. 

Die ganze Quantität gefrorenen Fleisches, die 1897 in Gross¬ 
britannien eingeführt wurde, bestand aus 6 184 000 Schafen und 
Lämmern, sowie 468 000 Rindvieh. Hierzu kommen noch 
622 000 lebende Schafe und 626 000 Stück lobendes Rindvieh. 
Diese Zahlen beweisen, dass der Handel mit gefrorenem Fleisch 
sich hauptsächlich auf Schafe erstreckt. Der Export lebenden 
Viehs aus Australien ist bis jetzt wenig erfolgreich gewesen, da 
die Tliiere durch die lange Seereise zu sehr leiden. Soweit die 
jetzigen Erfahrungen reichen, wird Australien nicht im Stande 
sein, hierin mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika und 
mit Argentinien zu concurriren, und muss sich, bis nicht bessere 
Einrichtungen getroffen sind, auf den Export gefrorenen Fleisches 
beschränken. 

Nachfolgende Zahlen zeigen die Zunahme des Exports an 
gefrorenen Schafen aus Australien von Beginn dieses Handels 
im Jahre 1880 bis heute: Im ersten Jahre wurden 400 Carcases 
exportirt, im folgenden schon 17 275 Carcases. Von da an nahm 
der Export regelmässig zu und erreichte 1896 seinen Höhepunkt 
mit 1 643 243 Carcases. Im letzten Jahre ist, wie schon bemerkt, 
ein Rückgang eingetreten und wurden nur 1 394 513 Carcases 
exportirt. Neuseeland allein exportirte zuerst im Jahre 1882 
£889 Stück. Die Ausfuhr stieg rapide und erreichte im letzten 


No. 38, 

Jahre die enorme Höhe von 2 696 137 Carcases. Neuseeland hat 
damit Argentinien bereits überflügelt, das im letzten Jahre nnr 

2 068 039 Carcases verschiffte. 

Nachfrage nach gefrorenem Fleisch hat mit der Zufuhr 
hierin nicht Schritt gehalten, und sind die Preise zurückgegangeD, 
| Für australisches Fleisch stellten sie sich auf 2 I /J bis 2^ Penre 
i pro Pfund, Neuseeländer wird durchschnittlich 1 Pence höher be- 
: zahlt, was seinen Grund in der besseren Verschiffung und Hand¬ 
habung findet. Zur Zeit sind 101 Schiffe, nämlich 97 Dampfer 
und 4 Segelschiffe mit Gefrierapparaten versehen, die den Fleisch¬ 
export zwischen England und Australien vermitteln. Sie können 

3 955 000 Carcases laden, sie sind also im Stande, im Jahre 

9 850 000 Carcases zu verschiffen. (D. Landw. Pr.) 

I 

Jahresbericht des Schlachthofes zu Nürnberg 1897. 

Geschlachtet wurden 20 347 Rinder, 29 73t Kälber, 23897 
Schafe, 102 604 Schweine und 475 Pferde. Ausserdem wurden 
| geschlachtet eingeführt 14 542 Kälber, 1694 Schafe, 2507 Schweine. 
Davon ganz beanstandet und vernichtet 9 Rinder, 26 Kälber, 

10 Schafe, 77 Schweine und 9 Pferde. Als noch geniessbar. je¬ 
doch minderwerthig, wurde der Feibank überwiesen das Fleisch 

| von 160 Rindern, 289 Kälbern, 109 Schafen, 1 Ziege und 781 
| Schweinen. Zur Beanstandung ganzer Tliiere führte die Tuber- 
J cnlose in 23 Fällen, Gelbsucht in 7, Wassersucht in 4, Rotklaof 
der Schweine in 21, Finnen in 7, Trichinen in 23, Abmagemog in 5 . 
Pyämie und Septicämie in 9 Fällen. Die Procentzahl der gänz¬ 
lich vernichteten bezw. der auf die Freibank verwiesenen Tliiere 
belief sich bei Rindern auf 0,04 bezw. 0,78 pCt., bei Schweinen 
i auf 0,07 bezw. 0,74 pCt., bei Pferden auf 1,89 pCt. (Bericht 
über die Betriebsergebnisse des Schlacht- und Viebhofes der Stadt 
' Nürnberg für 1897 von Rogner.) 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Den Oberrossärzten Herbst von der Militär- 
Lelirsclimiede in Hannover, Mittmann vom Ul.-Rgt. No. 5, 
R o s c n f e 1 d vom Ilus.-Regt. No. 17 und Wassersleben vom 
Feld-Art-Rcgt. No. 10 ist der Königl. Kronen-Orden IV. Klasse, dem 
Docenten für Thierheilkunde an der Landwirtschaftlichen Akademie 
in Poppelsdorf, Departementstliierarzt a. D. A. 8 c li e 11 das Prädikat 
„Professor“ — verliehen worden. 

Ernennungen: Thierarzt W. D 11 r r b e c k - München zum I. Assi¬ 
stenten an der Seuchen-Versuclisstation der thicrärztl. Hochschule 
zu München für den von dieser Stelle zurückgetretenen Thierarzt 
K. Höflich, Thierarzt A. Vosshage -Hannover zum klinischen 
Assistenten an der Thierärztl. Hochschule in Hannover. — 

Thierarzt K y p k e - Trier zum Kreisthierarzt-Assistenten in Trier, 
Thierarzt E. Reichsten)- Königsberg zum conim. Kreisthierarzt 
für den Kreis Königsberg N.-M., Districtsthierarzt Sperling- 
Langenau zum Oberamtsthierarzt in Laupheim. 

Gewählt: Thierarzt U. L u ft - Cottbus zum Schlachthof-Thierarzt 
in Mainz, Thierarzt Dr. R. Schmidt zum Schlachthof-Assistcnz- 
Thierarzt in Elbing. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Gerhardt- Sandertlcben nach Alslebcn a. S, Thierarzt 
J. Zissler-Iscn nach Taufkirchen (bei Erding). 

In der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Petersen vom Rc- 
montedepot Jurgaitschen nach Remontcdepot Mecklenhorst, Hoss¬ 
arzt Pelka vom Feld-Art.-Regt. No. 25 nach Remontedepot Jur¬ 
gaitschen.— Pensionirt: Oberrossarzt Pichei vom Remonte¬ 
depot Mecklenhorst. 


Vacanzen. 

Kreitthier arztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht aus¬ 
geschrieben). — R.-B. Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October. 
— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben), 
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 

Verantwortlich für den Inhalt (excl. In.eratenthell) Prof. Dr. Schmalta in Berlin. — Ve 


Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Danzig: 
Eibing. — R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitätsthierarztstellen :a)NeuauBgeschriebeneStelleo: 
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.). 
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindcaostalten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Crenzburg (Wem 
Auskunft Bürgermeister Wcirich. — Drengfurt. — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pb' 
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt Bew. au Magistrat. - 
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — E d d e 1 a k (Holstein:: 
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel: 
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann, 
i — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. - 
| Geringswalde: Thierarzt AuskunftBürgermeister — Gross 
schönau: Thierarzt (Fixum 1590 M.) zum 1. Jan. 1899. Be«- 
bis 15. Oclober an Gemeinderath. — H e r in e s k e i 1 :• Thierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt 
' (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masso»' 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.i 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus 
i Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober- 
marschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin): Thier 
arzt. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat- 
! — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. WO M.)- 
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung : 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schön- 
] bäum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimsthal. — Stoppenborg (bei Essen): Thierarzt Näheres 
| durch den Bürgermeister. — Wetter (Rohr): Thierarzt (Gebühren 
aus Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst 
Besetzt: Staatsstellen: Königsberg N.-M , Daun. Sanitäts¬ 
thierarztstelle: Elbing. 

lag und Bieenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxen»tein. Berlin 


Digitized by 


Google 





D1 * v"®.Ä fSä" 1 "«*» Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich ln HUrk® yon minderten. 1'/, Bogen. Die.elbe 
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Po«t (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung »on Richard 
ßchoeu, Benin NW^ Luiaermnuise Stf, iura Preise ron 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltr&ge werden mit SO Hk. fflr den Bogen honorlrt 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu «enden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW., I.uiienitraase 36. 
Correcturen, Kecenaiom- Kxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 39 . Ausgegeben am 29. September. 


I n li a 11 : Vogel: Aneurysma der Arteria facialis und ihrer Ve r /. weig lingen bei einer Kuh. — Jess: Todesfall 
bei Atropin-Morphium-lnjection gegen Schulterlahm lieit. — Kosmag: ZurCblorbaryumbehandlung 
d e r K o 1 i k. — Jahrbuch der Deutschen Landwirtlischafis-Gese.Isclialt Hcransgegt-ben vom Directoiium. Band 12, 1897. — 
Referate: Fröhner: Falsche und echte ZaMifiateln beim Pferd. — Glage: Zur Differentialdiagnose der Knochentuberculose 
beim Schwein. — Strecker: Ein Fall von Magenzerreissung beim Pferd. — Fab er: Zur bösartigen Form der Maul- und 
Klauenseuche. — Mahony: Erfolgreiche Behandlung des verstopften Thränenkanals beim Pferde. — Wulfsohn: Ueber die 
Arbeit der Speicheldrüsen. — S e i z: Ueber Täuschungen durch Röntgen-Bilder. — Kleine Mitheilungen. — Tagesgeschichte: 
Die Veterinär-Organisation im Gouvernement Moskau. — Verschiedenes. — Oeftentliches Veterinärwesen: Seuchen- 
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vichverkehr. — Bücheranzeigen uud Kritiken. — Personalien. 
— Vacanzen. 


Aneurysma der Arteria facialis und ihrer Ver¬ 
zweigungen bei einer Kuh. 

Von 

Dr. Vogel-Kreuznach, 

Thicrzrzt 

Anfangs Jnni d. J. hatte ich Gelegenheit, ein merkwürdiges, 
die Berichterstattung wohl werthes, multiples Aneurysma der 
rechtsseitigen Arteria facialis und ihrer Verzweigungen bei einer 
mir zur Untersuchung vorgeführten schweren Simmenthaler Kuh j 
zn constatiren. 

Soweit die Arterie unter der Haut verfolgbar war, erwies sie 
sich nämlich durchgehends, aber sehr ungleichmässig, mehrfach 
buchtig und sackartig erweitert, und zwar vomGefäss-Ausschnitt des 
Unterkiefers, wo die Arteria facialis sich vom Kehlgang auf das 
Gesicht amschlägt an bis auf die Stirn oberhalb des rechten 
Auges, d. h. also im Verlauf der Augenwinkelarterie. Vom Ge- ! 
fä88-Ausschnitt nach vorn und aufwärts befinden sich zwei etwa j 
haselnussgrosse Anschwellungen, weiter oben und nach vorwärts, 
der Nase zu, wo sich die Arteria facialis verzweigt, ist eine stärkere 
längliche ungleichmässig daumendicke Erweiterung resp. Hervor- 
ragung. Die stärkste, hühnereigrosse Erweiterung aber liegt auf 
der Stirne oberhalb des rechten Auges, also am Ende der Angen¬ 
winkelarterie, wo sie mit einem stumpfen Sack abschliesst. Die 
sträng- und geschwulstartigen Dilatationen fühlen sich in ihrem 
ganzen Verlaufe elastisch, fluctuirend und kräftig pnlsirend an; 
stellenweise ist die Pulsation sichtbar, und beim Anlegen des 
Ohres hört man sehr deutlich die regelmässig pulsirenden 
schwirrenden resp. zischenden Geräusche, zumal an den hervor- I 
ragendsten Geschwülsten. Die Pulse (80 pro Minute) sind syn¬ 
chron mit den Herzschlägen. Beim Einstechen mit einer 
Injectionsnadel in das dickste oberste Aneurysma ergiesst sich ! 
hellrothes arterielles Blut. Die oberflächlich sichtlichen Blut¬ 
gefässe des rechten Augapfels sind stark gefüllt und die Sclerotica 
mehrfach diffus blutunterlaufen; das Auge wird indess gut offen 
gehalten und zeigt keine entzündlichen Erscheinungen, auch soll 
das Thier sonst munter und wohl sein. 

Die Kuh war erst vor etwa vierzehn Tagen angeschafft 
worden. Die Anschwellungen sollen damals lange nicht so 
stark gewesen seien, doch ist diese Angabe des Besitzers nicht i 


ohne Weiteres als richtig anzunehmen, denn seine mir etwa vier¬ 
zehn Tage nach meiner ersten Untersuchung ausgesprochene 
Meinung, dass die Geschwülste wieder viel dünner geworden 
seien, hat sich mir bei einer gelegentlichen Augenscheinnahme 
als falsch erwiesen; sie waren noch ebenso wie früher, aber 
die blutigen Färbungen des Augapfels waren verschwunden. 

Ende August hatte ich wiederum Gelegenheit, die Kuh zu 
sehen. Die aneurysmatischen Auftreibungen sind stärker, be¬ 
sonders diejenige oberhalb des rechten Auges ist fast faustgross 
geworden, und es lassen sich dieselben jetzt deutlich von da 
weiter bis zum Grand der rechten Ohrmuschel verfolgen; die 
Blutgefässe der Sclerotica am rechten Auge sind strotzend gefüllt 
und von bläulichem Aussehen. 

Im Anschlüsse hieran möchte ich noch ein eigenartiges 
Aneurysma resp. Varice beschreiben, welches ich vor vielen 
Jahren bei einem Pferde sab. An der Jugularis der unteren 
Halshälfte linkerseits befand sich eine stark haselnussgrosse 
Ausbuchtung, welche sich bei jedem Puls bewegte und ein 
stark schwirrendes Geräusch vernehmen liess. Es lag hier offen¬ 
bar eine Verbindung zwischen Jugularis und Carotis vor, ent¬ 
standen durch einen angeblich vor einiger Zeit vorgenommeuen 
fehlerhaft ausgeführten Aderlass, welcher an zu tiefer Stelle er¬ 
folgt war und nach Durchschlagung der jenseitigen Wandung 
der Jugularis auch die Carotis verletzt hatte, sodass an der 
Verletzung eine Verwachsung mit Anastomose der Arterie und 
Vene entstand. _ 

Todesfall bei Atropin-Morphium-lnjection gegen 
Schulterlahmheit. 

Von 

Dr. iess- Charlottenburg. 

Des Oefteren habe ich Gelegenheit gefunden, die Atropin- 
Morphiumlösung gegen die sehr lästigen und auf anderweite 
therapeutische Massnahmen nicht reagireuden Schulterlahmheiten 
anzuwenden. Ich will vorweg registriren, dass der Erfolg that- 
sächlich in einigen Fällen ein geradezu frappanter, nnd ich kann 
auch hinzufügen, anhaltender war. Die Anwendung geschah in 
der von Schmidt-Dresden beschriebenen (B. T. W. 98 p. 219) 
Weise: Morph. 0,2, Atropin 0,05 an drei aufeinanderfolgenden 
Tagen je '/a- 


Digitized by LjOOQie 





458 


No. 39. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


Hei edleren Pferden Labe ich stets eine sehr unangenehme 
Kolik nach dieser nahezu homoeopathischen Dosis beobachtet; 
in einem Falle hatten die zu Tage tretenden Erscheinungen 
mehr die Natur von Gehirnsymptoraen, das Thier ging wörtlich 
die Wände hoch, schlug andauernd mit den Vorderextremitäten 
und schwankte erbeblich mit dem Hintertheil. Nach einsttindigem 
Umherführen hatten sich, bis auf eine nicht unbedeutende Er¬ 
schöpfung, wesentliche Symptome verloren. Auch bei allen 
Uebrigen, mit Ausnahme der schweren belgischen und dänischen 
Arbeitspferde, waren Kolik-Erscheinungen zu beobachten, in allen 
Fällen trieb der Darm auf, die Peristaltik sistirte oder war sehr 
verlangsamt Ich wäre nicht auf den Gedanken gekommen diese 
unwesentlichen Beobachtungen der Oeffentlichkeit bekannt zu 
machen, weil dieselben im diesjährigen Jahrgang der B. T. W, 
Behr zahlreich berichtet sind und schliesslich von Jedermann 
jeden Augenblick demonstrirt werden können. Es entzieht sich 
meiner Kritik auch gänzlich, ob jemand werthvolle Pferde in 
die bei Kolik entschieden vorhandene Gefahr bringt, um eine 
Lahmheit vielleicht zu heben. Schliesslich ist doch der Begriff 
Schulterlahmheit ein Sammelbegriff, der alle möglichen Gelenk¬ 
veränderungen, Veränderungen der Bänder, Sehnen etc. involvirt. 
Eine chronische Arthritis oder eine Veränderung der Muskel¬ 
substanz wird genau so unverändert bleiben, wie bei Injectionen 
von NaCl und Veratrin. Wenn man mit absoluter Sicherheit 
nachweisen könnte, in dem betr. Falle liegt jene obscure Krank¬ 
heit — rheumatische Schulterlahmheit — vor, und wenn man 
nicht einfach empirisch vorzugehen brauchte, sondern eine Er¬ 
klärung für die Wirkungsweise dieser Composition hätte, dann 
erst scheint es mir, könnte der Thierarzt es verantworten, diese 
Medication bei den ihm anvertrauten Thieren anzuwenden. 

Von gewisser Wichtigkeit erschien mir die Beobachtung, 
welche ich bei einem leichten Pferde des Besitzers X. in Y. nach 
Injection von V 3 d. A.-M.-Lösung machte. Das qu. Pferd bekam 
prompt seine Kolik, aber ziemlich spät; das Stallpersonal war 
ausserhalb beschäftigt, und wie man am Abend wiederkehrte, war 
der Patient todt. Das Cadaver war ganz enorm aufgetrieben. 
Möglicherweise hatte sich das Pferd heftig niedergelegt und war 
entweder an Erstickung infolge Atherabehinderung durch Be¬ 
lastung des Zwerchfells oder an Zerreissung verendet, leider 
konnte ich keine Section machen. 

Das Pferd batte Erhaltungsfutter Kleie und Heu erhalten, 
wie ich es stets vor und während der Behandlung mit A.-M.- 
Lösung verordne, um schon Kolik zu vermeiden. — Ich halte es 
für meine Pflicht, diesen Fall hier anznfübren. Im Allgemeinen 
kann man das Urtheil über A.-M.-Lösung dahin zusammenfassen: 

1. Die Wirkungsweise derselben ist völlig unbekannt 

2. Es kommen thatsächlich einige Heilungen vor bei Lahmheiten 
der vorderen Extremitäten, welche sonstigen Medicationen trotzten. 

3. Durch die Anwendung dieser Mittel kommt das Thier in 
Lebensgefahr, und der verantwortliche Thierarzt muss den Besitzer 
hiervon vor Anwendung benachrichtigen, um dessen ausdrückliche 
Einwilligung zur Vornahme dieser versuchsweisen Medication 
nach Darlegung aller event. eintretenden Zufälle zu erlangen 
(so muss dem Besitzer bekannt sein, dass event. Kolik eintritt, 
dass das Pferd bewacht werden muss etc.). 


Zur Chlorbaryumbehandlung der Kolik. 

Von 

Kosmag-Cassel, 

UoterroRaarst im Haa&ren-Regtraent No. 14. 

In Anbetracht des noch vielfach vorhandenen Misstrauens 
gegenüber der Wirkung des zur Behandlung der Kolik von Geh. 
R.-R. Dr. Dieckerhoff eingeführten Chlorbaryums möchte ich 


versuchen, durch einige Zahlen den Beweis zu erbringen, wie 
wenig gefährlich — oder besser vielleicht sogar: wie viel un¬ 
gefährlicher dieses Mittel ist als die bisher angewandten sub- 
cutanen: Eserin, Pilocarpin, Eserin-Pilocarpin ää und Arecolin. 

Ich habe seit mehr denn zwei Jahren Gelegenheit gefunden, 
das Chlorbaryum anzuwenden, und greife wohl nicht zn hoch, 
eher zn niedrig, wenn ich die Zahl der von mir mit Chlor¬ 
baryum behandelten Kolikpatienten auf 50 angebe. Es sind dies 
alles Erkrankungen, die auf jeden Fall ein medicamentöses Ein¬ 
greifen nöthig machten, während die schon durch einfaches Frot- 
tiren des Hinterleibes, Priessnitz’sehen Umschlag und Kalt¬ 
wasserinfusionen zur Heilung gekommenen Erkrankungen gar 
nicht in Betracht gezogen sind. 

Anfangs wandte ich die Dosis von 0,5—0,7 an, ging aber 
bald darauf auf 0,35 ad 10,0 aqu. herab, welche Menge ich mir 
stets selbst dispensire und davon mehrere Pulver immer bei 
mir trage. Gleich ist es nun — soweit ich Gelegenheit batte, 
dies zu beobachten — ob zur Lösung kaltes oder Bluttemperatur 
besitzendes Wasser verwendet wird; wo es irgend angängig war 
wurde selbstverständlich letzteres vorgezogen. 

Die Anwendung des CblorbaryumB erfolgte in den qu. Fällen 
immer erst dann, wenn ich durch die oben erwähnten Mass¬ 
nahmen innerhalb einiger Zeit nichts erreicht hatte und nun zu 
einem Arzneimittel gegriffen werden musste. In den ersten von 
mir behandelten Erkrankungen nahm ich keine Rücksicht auf 
ev. Herzaffectionen, erst als mir durch die Zeitschriften mehrere 
tödtliche Ansgänge infolge der endovenösen Injection bekannt 
wurden, vergewisserte ich mich regelmässig durch Auscnltation 
des Herzens und Palpation der Maxillaris von dem Fehlen irgend¬ 
welcher erheblicher Herzleiden. Ich nahm jedoch nicht Anstand, 
die Injection auszuführen, wenn sich der Puls aussetzend oder 
doppelschlägig erwies. 

Da es mir bei der Unruhe der Pferde in seltenen Fällen möglich 
wurde, die Einstichstelle vorher zu desinficiren, so wurde nur die 
Nadel in etwas Creolinwasser gereinigt. 

In vielen Fallen injicirte ich nach Verlauf von etwa 1'/* bis 
2 Stunden — wenn der Erfolg auszubleiben schien — auf der 
anderen Halsseite noch einmal 0,35 Chlorbaryum ad 10,0 aqu. 
Bei einem Pferde gelangten sogar drei Dosen innerhalb eines 
Tages zur Anwendung, wobei zwischen der zweiten und dritten 
Injection demselben noch Pulv. Extr. Aloes 30,0, Bar. chlorat. 10,0, 
Natr. bicarb. 25,0 per os verabreicht wurden. Hierauf trat Ge¬ 
nesung ein. Bemerkt sei noch, dass betr. Patient ein habitueller 
Koliker war, bei dem ein anderer Kolikanfall erst nach zwei 
Chlorbaryum- und einer Eserin-Injection sowie obigem Pulver ge¬ 
hoben wurde. 

Erwähntes Pulver, ev. mit der Abänderung von Aloes 20—25 
und Bar. Chlor. 8 sowie Natr. sulfuric. bezw. Magn. sulfuric., 
wurde nach der Chlorbarynm-Injection wohl in einem Drittel der 
Fälle verordnet und, in warmem Wasser gelöst, applicirt. 

Niemals habe ich eine irgendwie nachtheilige Wirkung be¬ 
obachten können. Nach den meisten Injectionen trat innerhalb 
weniger Minuten Flähmen der Lippen, starkes Drängen auf den 
Mast darin, sowie Absatz einiger Fäces ein. Einige Patienten 
8tiessen mehrmals helle, wiehernde Töne aus und zeigten einige 
Augenblicke lang ein gewisses Angstgefühl. 

Von allen derart behandelten Patienten gingen nur drei ein. 
Diese Todesfälle auf die Chlorbarynmwirkung zu setzen, schliesst 
wohl der Sectionsbefund aus wie auch der ganze Krankheits¬ 
verlauf. Zu allen drei Patienten kam ich erst nach 12—24 Stunden, 
nachdem sich dieselben inzwischen verschiedene Male geworfen 
und gewälzt hatten. Die bei zweien sofort gegebene Morphium¬ 
dosis hatte eine zeitweise Beruhigung zur Folge, wonach ich zur 


Digitized by LjOOQie 




29. September 1898. 

Injection des Chlorbaryams schritt. Dieses wie alle anderen noch 
angewandten Mittel konnten den exitus letalis nicht abwenden. 
Die Obduction ergab einmal eine etwa '/» m lange Invagination 
des Dünndarms in sich, das andere Mal eine wohl fünffache 
Drelmng einer Dünndarmschlinge um das Gekröse, Volvnlus. Im 
dritten Falle fand sich eine Umknicknng (Drehung um die Quer¬ 
achse) des Blinddarmes mit Perforation der Blinddarmspitze und 
verschiedene ulceröse Herde in deren Umgebung. 

Im Vergleich hierzu sei bemerkt, dass unter den zehn ledig¬ 
lich mit Eserin bezw. Eserin-Pilocarpin ää von mir behandelten 
Pferden ebenfalls ein Todesfall, und zwar infolge Achsendrehung 
des Grimmdarms, zu verzeichnen war. 

Es ergiebt dies also bei etwa 50 in der Hauptsache mit 
Cblorbaryum behandelten Fällen 3 Todte = 6 pCt. und bei 10 haupt¬ 
sächlich mit Eserin behandelten 1 Todten = 10 pCt. Trotzdem 
soll ausser Frage gestellt bleiben, wie viele der angegebenen 
Fälle auch ohne die Anwendung des Chlorbaryums oder erst durch 
das eine oder andere der noch darauf angewandten Mittel sowie 
auch durch den vorgenommenen Darmstich (der bei dem schon 
oben erwähnten habituellen Koliker nicht weniger denn dreimal 
bei verschiedenen Anfällen ausserdem noch zur Anwendung kam) 
zur Heilung gelangt wären — es soll dies ja nicht der Zweck 
meiner Zeilen sein, sondern es soll nur hierdurch gezeigt 
werden, dass jegliche Gefahr bei einiger geringer Vorsicht aus¬ 
geschlossen ist. Auch das zufällige Einströmen von Luftblasen 
in die Blutbahn bei endovenöser Injection mit nicht völlig ge¬ 
füllter Spritze kann ich nicht als unbedingt gefahrvoll betrachten, 
da mir dies in der Eile und bei ungenügender Beleuchtung in 
drei Fällen mit unterlief, ohne dass ich unangenehme Zufälle be¬ 
merkt habe. 

Was Grösse und Alter der behandelten Pferde betrifft, so 
waren diese sehr verschieden. Ein Theil derselben bestand ans 
Cavalleriepferden, schwere Cürassier- und leichte Husarenpferde, 
und ein Theil aus Arbeitspferden, den verschiedensten Schlägen 
angehörig. Eben so mannigfach waren auch die Ursachen der 
Erkrankungen. 

Ein gänzliches Ausbleiben einer Wirkung nach der Injection 
ist mir nicht zu Gesicht gekommen. Mindestens zeigte sie sich 
durch Anheben bezw. Lebhafterwerden der verringerten Peristaltik 
sowie Absetzen einiger Fäces. 

Nach all dem Angeführten komme ich zu dem Schluss, dass 
eine Gefahr bei der Anwendung des Chlorbaryums — auf 
keinen Fall mehr als bei den subcutanen Mitteln — vorliegt, 
dass sich mit dem so viel billigeren Chlorbaryum wohl 
dasselbe erzielen lässt wie durch obige Medicamente, dass 
ferner das Chlorbaryum ein Präparat ist, welches den 
Händen des Besitzers nicht anvertraut werden kann und 
darf, und so in etwas dem Pfuscherthum der so gerne 
namentlich Kolik selbstbehandelnden Besitzer entgegentritt, 
und last not least, dass die Operation der endovenösen 
Injection auf den Laien einen grösseren Eindruck macht 
und ihm viel schwieriger, chirurgischer und kunstgeraässer 
erscheint als die einfache subcutane Injection. 

Jahrbuch der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft. 
Heraasgegeben vom Directorium. Band 12, 1897. 

Mit der Pünktlichkeit des Erscheinens bringt das Jahrbuch 
der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft wiederum eine Fülle 
des Interessanten. 

Dem einleitenden Geschäftsbericht, der die Thätigkeit der 
Gesellschaft vom 1. October 1896 bis dahin 1897 umfasst, ent¬ 
nehmen wir zunächst, dass die Zahl der Mitglieder am 1. October v. J. 
11773 betrug; es hat eine Znnahme von 688 stattgefunden. 


459 

Dieser Zuwachs ist in den Zeiten des Darniederliegens der 
Landwirtschaft als ein erfreulicher zu betrachten, beweist er 
doch, dass die Landwirthe mit dem obersten Grundsätze der 
Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft, dem der Selbsthilfe 
vollständig einverstanden sind. Wenn auch, wie es ferner im 
Geschäftsbericht heisst, der Cassenbestand mit einem Minus ab- 
Bchliesst, so ist doch eine Znnahme infolge des günstigen Aus¬ 
falls der Hamburger Ausstellung zu erwarten. 

Auch im Winter 1896/97 fand eine Hauptversammlung sowie 
anch solche der einzelnen Abtheilungen (Dünger-, Ackerbau-, 
Thierzucht-Abtheilung n. s. w.) verbunden mit Vorträgen, statt. 
In der uns hier speciell interessirenden Sitzung der Thierzncht- 
Abtheilnng wurde über die Zugprüfung für Pferde und Rinder 
auf den Ausstellungen der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft 
gesprochen. Es wurde empfohlen, an Stelle der Leistungs- 
prtifungen Gebrauchsprüfungen zu setzen. Ein weiterer Vortrag: 
„Ueber die Auswahl der Kühe nach dem Fettgehalt der Milch“, 
ist als Stück 5 der „Mittheilungen“ des laufenden Jahrgangs zur 
Veröffentlichung gelangt. 

Den Hauptinhalt und damit auch das Hauptinteresse nimmt, 
wie immer, die Darstellung der Wanderausstellung der Deutschen 
Landwirthschafts-Gesellschaft in Anspruch. Die 1897er Aus¬ 
stellung fand bekanntlich in Hamburg statt. Dem daselbst er¬ 
statteten Bericht über die Thätigkeit der Thierzucht-Abtheilung 
entnehmen wir, dass das grosse Werk über die deutschen 
Rinderscbläge in Angriff genommen worden ist. Dasselbe wird 
wahrscheinlich im laufenden Jahre zum Abschluss kommen. Auf 
Veranlassung des Sonderausschusses für Pferdezucht wurden 
durch einen Beauftragten im Berichtsjahre sämmtliche Land- 
bescbäler in Preussen gemessen und gewogen. Aus der 
Zusammenstellung dieser Ergebnisse dürfen wir eine Erweiterung 
unserer Kenntnisse auf dem Gebiete der Pferdezucht erwarten. 

Im Interesse der Kostenersparnis sowohl als auch besserer 
Uebersichtlichkeit sollen in Zukunft die Thierausstellungen der 
Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft beschränkt werden. 
Weiter wurde die grundsätzliche Bestimmung getroffen, dass bei 
jedem Thier, das zur Ausstellung gebracht wird, der Züchter 
nachgewiesen sein muss. Ferner sollen nur solche Thiere zu¬ 
gelassen werden, die sich nicht nur sechs Monate im Besitze des 
Ausstellers befunden haben, sondern auch auf dessen Wirtschaft 
tatsächlich eingestellt gewesen sind. Man sucht sich dadurch 
gegen die Ausstellung von Thieren, die eigens zu Ausstellungs¬ 
zwecken gekauft worden sind, zu schützen.' Diese Bestimmungen 
sollen sich also hauptsächlich gegen Händler richten. 

Der Sonderausschuss für Thierabbildungen war bestrebt, 
nicht nur das Aufnehmen der Thiere auf den Ausstellungen 
weiter auszubilden, sondern auch Anregung zu ausgedehnterer Ver¬ 
breitung der Thierbilder zu geben. Als Erfolg dieser Bestrebungen 
ist zu erwähnen, dass in Zukunft Mappen mit den auf den Aus¬ 
stellungen der Deutschen Landwirtschaft^ - Gesellschaft ge¬ 
nommenen Bildern auf kleinen Thierschauen im Königreich 
Preussen als Preise ausgegeben werden. 

Der Sonderausschuss zur Bekämpfung von Thierkrankheiten 
beschäftigte sich n. A. mit der Frage der Tilgung der Tuberculose 
und der Rothlaufseuche. 

Ueber die Beschickung der Ausstellung selbst kann ich hin¬ 
weggehen, da in dieser Zeitschrift seinerzeit darüber schon berichtet 
worden ist. Wie bei allen Ausstellungen der Deutschen Land¬ 
wirthschafts-Gesellschaft, so war auch in Hamburg die Heimat- 
provinz am stärksten vertreten. Sie umfasste diesmal die 
beiden Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck. 
Ausgestellt waren: 606 Pferde (die grösste Anzahl auf allen bis¬ 
herigen Wanderausstellungen), 1189 Rinder, 479 Schafe, 523 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 



460 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


Schweine and 89 Ziegen. Die Rindviehausstellung bot hinsicht¬ 
lich der Niederuugsrassen das Vorzüglichste, das je gesehen 
w tide. Aach in Hamburg wurden an Schweinen wiederum 
Messungen vorgenommen. 

In dem allgemeinen Aasstellungsbericht wird wiederum des 
vorzüglich organisirteu veteriuärpolizeilichen Dienstes auf der 
Ausstellung lobende Erwähnung gethan. 

Jeder Besucher kann dies nur bestätigen. Interessant sind 
ferner die von hervorragenden Sachkennern auf der Haupt¬ 
versammlung gehaltenen Vorträge über den Stand und die Ent¬ 
wicklung der Landwirtschaft in oben genannten Provinzen 
(Gau 4); nameutli h sind die thierzflckterischen Darstellungen 
sehr anziehend und von grosser volkswirtschaftlicher Anregung. 

Von dem im Berichtsjahre erschienenen und uns hier inter- 
essirenden „Arbeiten“ der Deutschen Landwirthschafts - Gesell¬ 
schaft, die im Jahrbuche nur auszugsweise wiedergegeben werden, 
seien hier erwähnt: 

Prof. Dr. Ramen-Bonn: „Viehzuchtbetrieb im Allgemeinen, 
Stand der Aufzucht und der verschiedenen Nutzungsrichtungen.“ 

Prof. Dr. Hansen: „Bäuerliche Viehwirtschaft.“ 

Prof. Dr. Lehmann: „Ernährungs- und Futtermittellehre.“ 

Rittergutsbesitzer Brödermann: „Züchtungsgrundsätze und 
Züchter-Vereinigungswesen.“ 

Prof. Dr. Fleischmann: „Ueber die gegenwärtige Lage der 
Milchwirtschaft“ 

Regierungsrath Beisswänger: „Ueber Seuchenbekämpfung.“ 

Ministerialdirector Dr. Thiel: „Oeffentliche Mittel zur 
Förderung der Viehzucht; Ausstellungswesen.“ 

Oeconomierath Johannsen: „Molkerei-Absatz und Genossen¬ 
schaftswesen.“ 

Aus Vorstehendem ersehen wir, wie die Deutsche Landwirt¬ 
schafts-Gesellschaft auf allen Gebieten fördernd und nutzbringend 
vorgeht. 

Am Schlüsse des Jahrbuchs findet sich das Namensverzeichniss 
der Leitung der Gesellschaft vom 1. October 1897 bis 30. Sep¬ 
tember 1898 vor. Der ThierzuchtabtheiluDg wären wohl noch 
mehr in practischer Thätigkeit befindliche Thierärzte zu 
wünschen. Vielleicht gehen gerade auf diesem Gebiete die 
preussischen Landwirtschaftskamraern anregend vor. 

Schliesslich sei noch erwähnt, dass 1898 die Wanderaus¬ 
stellung der Deutschen Landwirtschaftlichen - Gesellschaft in 
Dresden, 1899 in Frankfurt a. M. und 1900 in Posen stattfinden 
wird. 

Das Jahrbuch, das sich in jeder Hinsicht seinen Vorgängern 
würdig anreiht, ist im Buchhandel für 6 M. zu haben. Die 
Mitglieder der Gesellschaft erhalten dasselbe neben den anderen 
Drucksachen gratis. Es kann dem Thierarzt, der sich für die 
Thätigkeit der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft 
interessirt, nur aufs Beste empfohlen werden. 

Ad. Maier- Neckarbischofsheim. 


R © f e r at e. 

Falsche and echte Zahnflsteln beim Pferd. 

Von Prof. Frilhncr. 

(Muh. f. Tü. Bd. 9, 11 9) 

F. weist darauf hiu, dass das Wort „Zahnfistel“ vielfach 
nicht correct angewendet werde, indem sehr häufig nicht eine 
echte Zahnfistel, sondern eine Knochenfistel am Kiefer bestehe, 
die er „falsche Zahnfistel“ nennt. 

Die echte Fistel wird durch einen kranken Zahn veranlasst, 
complicirt sich allerdings mit Knochenfisteln und ist eine ge¬ 
wöhnlich durch Zahncaries bedingte eitrige Alveolarperiostitis. 
Es besteht, also die Knochenfistel und ausserdem die Zahnkrank¬ 


heit. Die echte Zahnfistel ist natürlich häufiger bei älteren 
Pferden. Sie kommt namentlich am Oberkiefer auch an den 
Molaren vor, während die reine Knochenfistel besonders die Prä¬ 
molaren betrifft. Meist wird bei der echten Zahnfistel die Knochen¬ 
auftreibung eine viel erheblichere; auch findet man längere 
Fistelkanäle, reichlicheres und übelriechendes Secret. Zur Fest¬ 
stellung des ZuBtandes ist unbedingt die Untersuchung des Hanls 
erforderlich. Die Prognose ist nicht so günstig, die Entwicklung 
meist eine spontane und sehr langsame. Neben der Entfernung 
des Zahnes ist auch die Behandlung der Knochenfistel an sich 
erforderlich. 

Die falsche Zahnfistel, d. h. die reine Knochenfistel, ent¬ 
wickelt sich meist aus traumatischen Gründen. Sie findet sich 
besonders häufig bei Fohlen bezw. jüngeren Pferden. Die Zähne 
sind gesund, Kaustörung fehlt also. Die Knochenauftreibung wird 
nur taubenei- bis gänseeigross, der Fistelkanal nur wenige Centi- 
meter lang; doch kann er auch länger sein. Oft sind mehrere 
Fistelkanäle vorhanden, in deren Tiefe necrotische Knochenstucke 
sitzen. Die Prognose ist viel günstiger. Die einfache Knochen¬ 
fistel dürfte einen erheblichen Fehler nicht darstellen, die gründ¬ 
liche Behandlung ist nur durch Necrotomie, d. h. Anfmeisseln 
und Auskratzen des Fistelkanals und gründliche Entfernung der 
Sequester, zu bewerkstelligen. 

Das Ausbrennen und Ansätzen der Kanäle ist nicht sehr Er¬ 
folg versprechend, es kann auch, wenn Sequester vorhanden sind, 
gar nichts nützen. Das Ausziehen eines Zahnes beim Vorhanden¬ 
sein einer solchen falschen Zahnfistel ist natürlich falsch und 
geradezu schädlich, weil dadurch die einfache Knochenfistel oft 
in eine Zahnfistel umgewandelt wird. 

Bei der Operation muss das Pferd geworfen werden. DieHaare 
werden rasirt, in den Fistelkanal wird eine Sonde eingefdhrt und 
entsprechend der Richtung ein senkrechter Hautschnitt bis auf 
den Knochen geführt, die Fistelöffnnng spindelförmig Umschnitten. 
Dann wird die Haut zurückpräparirt, die Knochenauftreibung 
von den Weichtheilen befreit und der Kanal entweder mit einem 
Hohlmeissei bis zu seinem Ende freigelegt oder es wird mit 
einem graden Meissei zu beiden Seiten des Kanals gemeisselt. 
Sequester und Granulationsgewebe wird ausgekratzt, die Knochen¬ 
kohle mit Jodoformgaze gefüllt uud zunächst eine Hautnaht an¬ 
gelegt, um das Ausfallen der Tampons zu verhindern. Nach 
einigen Tagen werden Tampons und Nähte entfernt. Die Wunde 
wird offen behandelt. 

Zar Differenti&ldiagnose der Knochentuberculose beim 

Schwein. 

Von Glage. 

(Z'*chr. f. PI. n. Milchh. Sept. 1804.) 

Bei der Behandlung der Knochentuberculose der Schweine 
können in erster Linie Geschwülste die Tuberculose Vortäuschen. 
Die von Pflug und Glage beobachteten Sarcome sind zu selten, 
um eine praktische Bedeutung zu haben. Häufiger dürfte zu 
Verwechselungen Veranlassung geben das Lipom, welches 
Glage öfter in den Wirbelkörpern gefunden hat. Es bildet 
erbsen- bis haselnussgrosse scharfumschriebene, runde, weiche 
Geschwülste, die von einer dünnen Knochenkapsel mit glatten 
Wänden umschlossen sind. Die mikroskopische Untersuchung 
zeigt spärliches Bindegewebe 'und grosse Fettzellen. Mit der 
Bildung von Fettmark hat diese Veränderung nichts gemein 
Die Knochenkapseln stehen in der Regel durch einen Kanal mit 
dem Wirbelkanal in Verbindung. Die mit Fett ausgefüll leD 
Höhlen dürften daher Erweiterungen der Havers’schen Kanäle 
sein, an denen man auch andernfalls oft genug bauchige Er¬ 
weiterungen findet. Die Verwechselung mit Tuberculose lieg* 
besonders dann nahe, wenn bei dem behufs Zerlegung üblichen 


Digitized by LaOOQie 



29. September 1898. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


461 


Spalten der Wirbelsäule die Neubildung aus der Knoclienkapsel 
herausfällt und letztere leer zurückbleibt. Die platte nicht aus¬ 
gebuchtete und nicht zerfressene Wand und das Fehlen jeder 
äus8erlichen Deformität am Wirbel geben schon einen gewissen 
Anhaltspunkt. 

Ein Fall von Magenzerreissung beim Pferd. 

Von Corpsrossarzt a. D. S t r e c k e r - Hannover. 

(Zttch f. V.'ieiiuärkd, Auf — Scpt. 1898.) 

Eine 17 Centn^r schwere belgische Stute war seit vier Wochen 
6ckulterlahm. Es wurde ihr eine combinirte Morphium - Atropin- 
Injection gemacht (0,2 Morph., 0,05 Atropin). Bei der nach- 
herigen Untersuchung zeigte das Pferd etwas Muskelzittern, 
einige Tropfen Schweiss, massig beschleunigten Puls und etwas 
Unruhe. Acht Stunden später wurde das Pferd unruhiger, warf 
sich wiederholt nieder, sprang schnell wieder auf, fing plötzlich 
an aufzutreiben und verendete in einer Stunde. Bei der Section 
fanden sich: In der Bauchhöhle 61 blutig gefärbter Mageninhalt; 
der Magen an der grossen Krümmung von einem Ende bis zum 
andern total zerrissen; in der Nähe des Risses ein grosses Blut- 
coagulum; der aus Hafer, Heu und Häcksel bestehende Magen¬ 
inhalt wog 34 kg, wozu noch die in die Bauchhöhle ergossene 
Flüssigkeit gerechnet werden muss. Demnach war der Magen 
mit etwa 30 kg belastet, und wahrscheinlich ist er in Folge dessen 
bei dem wiederholten Niederwerfen zerrissen. Selbstverständlich 
ist dies ein Fall, der der Behandlung mit Atropin nicht zur Last 
gelegt werden kann. Da aber solche Unruhe nach Atropin er¬ 
klärlich ist, so dürfte es sich empfehlen, die Atropin - Morphium- 
Einspritzung nach 12—24 stündigem Fasten vorzunehmen oder 
noch besser, dem Pferde 1—2 Tage vorher eine Aloepille zu 
verabfolgen. 

Zar bösartigen Form der Manl- and Klauenseuche. 

Von F a b e r - Durlach. 

(Dlicb. th. W«chr. No 3->.) 

Die seit mehreren Jahren gutartige Maul- und Klauenseuche 
trat in den letzten Monaten recht bösartig auf. 9 Stück fielen; 
bei allen war bereits Besserung eingetreten, als plötzlich ein 
Rückschlag erfolgte. Meist am fünften und sechsten Tage zeigten 
die Thiere grosse Hinfälligkeit, stürzten zusammen, lagen theil- 
nahmslos und zeigten überhaupt alle Erscheinungen schwerster 
Erkrankung. Unter Zunahme der Symptome gingen sie sehr 
rasch ein. Bei der Obduction fanden sich immer neben den 
bereits in Heilung begriffenen Erosionen am Zahufleisch ge- 
schwürige Veränderungen der Magen- und Darmwand, in einem 
Falle bis thalergrosse Flächen. Besonders der Pansen und der 
Psalter sowie der Dünndarm waren betroffen. Leber und Milz 
schienen vergrössert, die Lungen ödematös, das Myokardium wie 
gekocht. Am Zwischenklauenspalt fanden sich nässende Stellen. 
Hieraus ergiebt sich, dass bei der bösartigen Form der Maul¬ 
und Klauenseuche eine hochgradige Darmerkrankung die Haupt¬ 
sache darstellt. — F. liess den schwerkranken Thieren zweimal 
täglich 1 1 kuhwarme Milch von gesunden Kühen einschütten, 
welche sich beim Einstreichen von Geifer erkrankter Kühe vor¬ 
her als immun erwiesen hatten. Das Verfahren hatte immer eine 
recht günstige Wirkung und F. giebt dem Gedanken Raum, dass 
die Milch der gegen Manl- und Klauenseuche immunen Kühe 
einen speciell wirksamen Stoff enthalten könnte. Er macht 
schliesslich darauf aufmerksam, dass es nothwendig ist, die Ein¬ 
güsse zu überwachen, da die an der bösartigen Maul- und 
Klauenseuche erkrankten Thiere immer an Schlingbeschwerden 
leiden. 


Erfolgreiche Behandlung des verstopften Thrftnenkanals 
beim Pferde. 

Von James Mahony. 

(VeL Journal 1898, H *77.) 

Bei einem dreijährigen Cob sammelte sich in einem Augen¬ 
winkel eine so grosse Menge von Materie an, dass das Pferd 
hierdurch sehr stark belästigt wurde, und da«s das Auge wegen 
des verursachten Reizes unterwegs beim Fahren alle 3—4 Meilen 
gereinigt werden musste. Die Untersuchung ergab, dass das 
Auge ganz gesund war. Bei Besichtigung der Nase stellte sich 
heran«, dass der Ductus ad nasum fehlte. Verf. stellte nun 
einen künstlichen Kanal in folgender Weise her: Das Pferd 
wurde niedergelegt und das Thränenbein an der Stelle trepanirt, 
an welcher der Kanal liegen musste. Hierauf wurde von der 
Trepanationsstelle aus mit einer zugespitzten Stahlsonde bis zu 
den Thränenpunkten aufwärts und nach der Nase abwärts in der 
Richtung des Thränenkanals eine Passage hergestellt und durch 
dieselbe ein feines Drainrohr vom inneren Augenwinkel bis in 
die Nähe der unteren Nasenöffnung gelegt. Der dünne Gommi- 
schlauch blieb 10 Tage in dem künstlichen Kanal und wurde 
zweimal täglich hin- und herbewegt. Nach der Operation trat 
eine starke Entzündung des Auges ein, welche aber bei zweck¬ 
mässiger Behandlung bald vorüberging. Nach Entfernung des 
Drains wurde von Zeit zu Zeit eine Gummisonde in den Kanal 
geschoben. Derselbe blieb in der Folge ohne weitere Behandlung 
offen und erfüllte seinen Zweck vollständig. Denn das Pferd 
wurde ohne Wiedeikehr der geringsten Spuren des Leidens von 
seinem Besitzer noch 3 Jahre gefahren und dann auf dem Markte 
in Thurles gesund verkauft. 

lieber die Arbeit der Speicheldrüsen. 

Vortrag, gehalten von Wulfsohn in der Gesellschaft der 
russischen Aerzte. 

W. untersuchte einerseits die Submaxillar- und die Sublingual¬ 
drüsen zusammen und andererseits die Ohrspeicheldrüse. Sowohl 
die beiden ersteren, wie auch die letzteren sondern bei Einnahme 
von trockener Nahrung mehr Speichel ab, als bei der Einnahme 
von wasserreicher Nahrung; ebenso produciren die beiden ersteren 
bei Einführung von geniessbaren Substanzen dichten und mucin- 
reichen Speichel, bei der Einführung von ungeniessbaren Sub¬ 
stanzen fliesst dagegen nur einförmiger wässriger Speichel. Die 
Ohrspeicheldrüse, deren Secret kein Mucin enthält, reagirt sowohl 
auf geniessbare wie auf ungeniessbare Substanzen mit ein¬ 
förmigem, an festen Substanzen armem Speichel. Die Hanpt- 
be8timmung der Ohrspeicheldrüse ist somit die, trockene Nahrung 
zu befeuchten. Ausserdem hat diese Drüse scheinbar die Eigen¬ 
schaft, Säuren zu binden, da sie auf verschiedene Säuren mit 
eiweissreicherem Speichel reagirt. Fernere Experimente zeigten, 
dass der Speichel nur dann fliesst, wenn er eine bestimmte Auf¬ 
gabe zu verrichten hat: kein isolirter mechanischer oder Wärme¬ 
reiz vermag, eine Speichelsecretion herbeizuführen. Zu weiterem 
Verständnis der Physiologie der Speichelabsonderung muss man zur 
Psychologie dieser Absonderung znrückgreifen. Vom Standpunkte 
des psychologischen Einflusses können sämmtliche Substanzen 
welche Speichelsecretion herbeiführen, in zwei Klassen getheilt 
werden: in geniessbare und ungeniessbare; zwischen diesen zu 
wählen und somit die Arbeit der Speicheldrüsen zu bestimmen, 
ist die Aufgabe der Psyche. Die Theilnahme der letzteren wird 
dadurch bestätigt, dass die Resultate, welche bei directer Be¬ 
rührung der verschiedenen Substanzen mit der Mundhöhle heraus¬ 
kommen, auch dann erzielt werden, wenn das Thier mit diesen 
Substanzen blos geneckt wird. Die Function der Speichel¬ 
drüsen zeigt somit eine strenge Zweckmässigkeit und ein be- 


Digitized by 


Google 





462 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


deutender Theil der Aufgabe, diese Zweckmässigkeit zu verwirk¬ 
lichen fällt der Psyche zu. (Allg. med. Centr.-Ztg.) 

Ueber Tän schlingen durch Röntgen-Bilder. 

Von Dr. Seiz. 

(Ther. Monat.-h. 8, 98 ) 

Ohne die grosse Bedeutung der Röntgen-Strahlen und ihrer 
Eigenschaften für die Heilkunde zu verkennen, glaubt S. sowohl 
aus verschiedenen Aeusserungen anderer Aerzte als auch aus 
seinen eigenen Erfahrungen nachweisen zu können, dass die 
Rönten-Bilder nicht immer eine ganz richtige Anschauung zu 
geben vermögen. Die Mängel bestehen zunächst in Folgendem: 
Bei Verwundungen ist zwar der Sitz des Geschosses meist zu 
erkennen, nicht aber das Vorhandensein von Holzsplittern, Tuch¬ 
fetzen, Ledertheilen etc., die etwa mit dem Geschoss in den Körper 
eingedrungen sind und für sich Eiterungen veranlassen und ufater- 
halten können. Aber auch die Lage des Geschosses geht aus dem 
Röntgen-Bilde nicht immer mit der nöthigen Deutlichkeit hervor, 
nicht einmal auf der Röntgen - Photographie, während die Be¬ 
obachtung auf dem fluroscirenden Schirm noch weniger zuverlässig 
ist. Es sind zwar bereits vor einer ganzen Reihe von Monaten 
sowohl von deutschen als auch von ausländischen Forschern 
Mittel zur Erzielung von stereoscopischen Röntgen - Bildern 
angegeben worden, durch die die Lage eines Fremdkörpers voll¬ 
kommen deutlich erscheinen müsste, jedenfalls aber haben sich 
diese Verfahren noch nicht in der ärztlichen Praxis eingebürgert. 
Aus seiner eigenen Berufstätigkeit führt Dr. S. einen Fall an, 
in dem die Röntgen - Photographie eines verrenkten Ellenbogen- 
Gelenkes ziemlich deutlich ein abgesprengtes Knochenstück zu 
zeigen schien, während die sonstigen äusseren Erscheinungen für 
diese Annahme gar keinen Halt boten, so dass dieselbe als 
unzutreffend betrachtet werden musste. In einem anderen Falle 
war. auf der Photographie eines gebrochenen, Oberschenkels-von. 
einem Knaben, der die ganz normale Heilung durch Unvor¬ 
sichtigkeit verhindert hatte, eine derartige Verschiebung des 
Knochens zu sehen, als ob das Bein wenigstens um 7 cm kürzer 
geworden sein müsste als das gesunde, während die wirkliche 
Verkürzung nur 2V, cm betrug. S. schliesst aus diesen und 
ähnlichen Fällen, dass Röntgen - Photographien stets eine sehr 
vorsichtige Prüfung verlangen und besonders immer mit dem 
übrigen Krankheitsbilde verglichen werden müssten. 

Kleine Mittheilnngen. 

Fibrom im Herzen einer Kuh. 

Bez.-Thierarzt Henninger schreibt in der Dtsch. Thieräztl- 
W. 97, 46: Eine stets gesund gewesene Kuh, welche zum Ziehen 
benutzt worden war, versagte plötzlich die Arbeit und zeigte so 
hochgradige Athemnoth, dass sie auf freiem Felde geschlachtet 
werden musste. Das ganze linke Herz war hypertrophisch, die 
linke Vorkammer erweitert. Es fanden sich in der linken Herz¬ 
hafte mehrere Geschwülste, die meist den Fleischbalken mit 
kurzen festen Stielen aufsassen. An der Mitralis sass mit mark¬ 
stückgrosser Basis eine Geschwulst von der Größse eines Pferde, 
hodens. Die Klappen waren verdickt. Im linken Herzohr eine 
hühnereigrosse Neubildung. Die Geschwülste waren derb und 
erwiesen sich als Fibrome. Die Mitralgeschwnlst hatte sich an 
der Basis losgerissen und war derartig in die Aorta hinein¬ 
getrieben, dass sie deren Wände ausbuchtete. Dies erklärt die 
plötzliche schwere Athemnoth Der Fall ist durch seinen Aus¬ 
gang jedenfalls eigenartig. Das Vorkommen von Fibromen im 
Herzen ist schon von Kitt erwähnt. 

Herzabscess bei einer Kuh. 

Eine Kuh hatte eines Tages grosse Mattigkeit und Frösteln 
gezeigt, das Futter versagt. Die Temperatur stand auf 40,8, der 


Puls war regelmässig und pochend. Der ganze Befund deutete 
auf eine Erkrankung des Herzens. Es wurde die Schlachtung 
empfohlen. Der Herzbeutel war unversehrt und enthielt nur die 
gewöhnliche Flüssigkeitsmenge. Auch das Herz fühlte sich 
äusserlich gesund und fest an. Der vermuthete Fremdkörper 
Bchien demnach nicht vorhanden. Bei der Eröffnung des Herzens 
waren alle Klappen gesund. Ziemlich nahe der Herzspitze fand 
sich eine haselnussgrosse Geschwulst, die nach innen geplatzt 
war und Eiter enthalten hatte. Der Eiter war jedoch nicht mehr 
vorhanden und war augenscheinlich mit dem Blute fort¬ 
geschwemmt. Daher auch die plötzliche allgemeine Erkrankung. 

Multiple Abtces8e im Kuhherzen. 

Bezirks-Thierarzt Möller berichtet in der „Dtsch. Thier- 
ärztl. Wschr.“: Eine secbyährige Kuh, die bisher nicht krank 
gewesen war, erkrankte eines Tages plötzlich unter grossen] 
Angstgefühl und hochgradiger Athemnoth, weshalb sie geschlachtet 
wurde. Das Herz war um die Hälfte vergrössert An der 
Herzspitze fand sich eine mannsfaustgrosse fluctuirende Ge¬ 
schwulst, die sich als ein Abscess mit 7a cm dicker schwartiger 
Wand erwies, der beinahe bis zur linken Herzkammer vordrang. 
Aehnliche Abscesse fanden sich in der Musculatur der Vorhöfe 
sowie im Septum ventriculorum. Ein fanstgroBser Abscess hatte 
sich auf die rechte Atrioventricularklappe gelagert, wodurch 
allmählich Stenose bewirkt worden war. Auch in der linken 
Niere fanden sich zwei apfelgrosse Abscesse. Die betreffende 
Kuh war ein Jahr vorher schwer an Maul- und Klauenseuche 
erkrankt gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass die erwähnten 
Abscesse von damals her metastatisch entstanden sind. 

Leberegel Im Herzen. 

Nach einer Mittheilung imProgr. vetdr. fand Cohn bei einer 
Kuh, weicheplötzlich grosse Störungen in der Athmungund Circulation 
zeigte, einen Thrombus, der vom rechten Herz in die Lungenarterie 
sich erstreckte und ein lebendes Distomum beherbergte. 

(Anacker’8 „Thierarzt“) 

Endocarditis ulcerosa bacteridica bei einem Saugkalbe. 

Professor Albrecht schreibt in der „Wschr. f. Tliierh.“ 
No. 29, 98: Das Herz eines 5 Wochen alten, 80 Pfund schweren 
Kalbes wog 260 g. An Epicard und Myocard keine wesentlichen 
Veränderungen, nur die Papillarmuskeln streifig gelb gefärbt. 
Im rechten Ventrikel ein fast hühnereigrosser Thrombus, der fest 
der Wand anhaftet. In seiner Umgebung das Endocardium ge¬ 
trübt, mit mehreren kleinen thrombotischen Auflagerungen ver¬ 
sehen, welche in entsprechenden ulcerösen Defecten liegen. Der 
geschwürige Zerfall reicht bis an die Muscularis. Die Tricus- 
pidalis ist verdickt. Mikroskopisch Hessen sich in der nekrotischen 
Geschwürfläche reichliche Coccenhaufen nachweisen, die sich je¬ 
doch nicht in Streptococcen-, sondern eher in Staphylococcenform 
zeigten. Es handelte sich also um eine Endocarditis ulcerosa. 
Bei der Geburt des Kalbes war die Nabelschnur nicht gerissen 
und daher abgeschnitten und mit Bindfaden unterbunden worden. 
Das Kalb gedieh zunächst ganz gut, fing dann an zu kränkeln. 
Bei der Section erwiesen sich die Gelenke als gesund; auch be¬ 
stand nirgends Wasseransammlung. Die Leber war auffallend 
braun-gelb und blutleer. Die Nabelvenen erschienen verdickt und 
enthielten einen Abscess. Es handelte sich also um eine Infection 
vom Nabel aus mit Verschleppung des infectiösen Materials durch 
die Lebervenen iu die rechte Herzhälfte. 

Neubildung am Sohafherzen. 

Messner fand nach einer Mittheilung in der Ztschr. f. Fl' n - 
Milchh. im Herzen eines 2 jährigen englischen Schafes Folgendes. 
In der bedeutend erweiterten rechten Herzkammer war & m °* ,erea 


Digitized by 


Google 





29. September 18 98. 

Drittel der Scheidewand eine Geschwulst angewachsen, die z. Th. 
noch in die rechte Vorkammer ragte. Die Mündungen der Hohl¬ 
venen und der Arteria pnlmonalis waren frei. Die Tricuspidalis 
dagegen war vollkommen verschoben. Die ganze Neubildung 
war birnenförmig, waudte dem Kammerraum eine glatte Ober¬ 
fläche zu, schien mit dem Endocardium überzogeu und bestand 
ans einer gleichförmigen derben Masse, die sich als lipomatös 
erwies. 

Zwei vordere Hohlvenen Im Pferdeherzen. 

Prof. Böter-Hannover beschreibt in der Dtsch. Tbierärztl. 
W. No. 16 das Herz eines bei den Präparirübungen verwendeten 
Anatomiepferdes, welches zwei vordere Hohlveuen besass. Jede 
derselben hatte einen Durchmesser von etwa 3 cm. Die rechte 
verlief ziemlich gerade zum Herzen nach dem cranialen Ende des 
rechten Atriums, die linke ging seitwärts an der Arteria pulmo- 
nalis vorbei, dann unter dieser hinweg, umfasste die candale 
Wand des linken Atriums und verlief im Sulcus coronarius bis 
zum rechten Atrium, wo sie mit der hinteren Hohlvene zusammen 
mündete. 

Eine Missbildung am Herzen. 

Bezirksthierarzt Möbius schreibt in der Dtsch. Thierärztl. 
W. 3, 98: Bei einem Kalbe war das Herz breiter als lang, 
575 g schwer (Normalgewicht desHerzens eines gleichaltrigen Kalbes 
300 g) und die Wände beider Kammern nicht unerheblich verdickt. 
Das Foramen ovale war, während es sonst bei einem dreiwöchigem 
Kalbe meist schon geschlossen ist, noch mit dem Zeigefinger 
passirbar; die Aorta aber entsprang — und hierin beruht die 
interessante Abnormität — über einem freien Bande des Septum 
mit je einer fingerdicken Oeffnung sowohl aus dem linken, als 
aus dem rechten Ventrikel. Die halbmondförmige Klappe war 
so gestellt, dass bei ihrem Schluss der Fluss nach beiden Kammer¬ 
öffnungen verhindert wurde. Die Pulmonalarterien entsprangen 
dicht neben der betreffenden rechten Aortaöffnung und waren nur 
für einen dünnen Bleistift passirbar, während sie normalerweise 
ein grösseres Lumen als die Aorta hatten. Die Atrioventricular- 
klappen functionirten nicht genügend. Der Effect der seltenen 
Abnormität musste sein, dass bei der einen der Pulmonalarterien 
überhaupt zu wenig arterielles Blut ins Herz kam und dass 
andererseits sowohl aus der linken Kammer arterielles, wie aus 
der rechten Kammer gleichzeitig venöses Blut als gemischtes 
Blut in die Aorta gelangte. 


Tagesgeschichte. 

Die Veterinär-Organisation im Gouvernement Moskau. 

Dass auch unser Nachbarreich Russland fleissig an dem Aus¬ 
bau seines Veterinärwesens arbeitet, wird durch eine kleine in 
französischer Sprache geschriebene Brochüre unter vorstehendem 
Titel belegt. Dieselbe enthält in übersichtlicher Darstellung die 
Entwickelung und den gegenwärtigen Stand der gesammten thier¬ 
ärztlichen Thätigkeit im Gouvernement Moskau. 

•Bis zum Jahre 1864 bestand das Veterinär-Personal des 
Gouvernements nur aus einigen staatlich angestellten Thierärzten, 
deren ausschliessliche Funktion war, das für die Hauptstadt er¬ 
forderliche Schlachtvieh zu untersuchen. Die Bekämpfung der 
Thierseuchen in den Distrikten des Gouvernements lag den 
Aerzten ob. 

Der Fürsorge eines Zemstwo, der überhaupt für die Volks¬ 
wohlfahrt sehr thätig war, ist es zu danken, dass vom Jahre 1864 
ab in den 34 Gouvernements Russlands provinzielle Institutionen 
ins Leben gerufen wurden, welche die Tilgung der Seuchen 
fördern sollten. Um diese Zeit erschienen auf dem platten Lande 
die ersten Thierärzte, die der Bevölkerung bis dahin gänzlich 


463 

unbekannt waren. So wurde Zemstwo der Begründer einer 
thierärztlichen Wirksamkeit in der Provinz. 

Die Verluste, welche die Rinderpest unter dem Vieh des 
grossen Reiches hervorrief, veranlasste weiter die Provinzialstände, 
das Veterioärpersonal zu vermehren. Jedes Gouvernement erhielt 
vier Veterinäre nnd mehrere Gehilfen (Feldschere). 1883 wurde 
ein Veterinär-Amt gegründet und als dessen Chef der Thierarzt 
und Dr. med. M. V. Nagorsky ernannt. 

Mit der Einrichtung des Amtes nimmt das Veterinärwesen 
nioht nur im Gouvernement Moskau, sondern auch in vielen 
anderen Gouvernements einen lebhaften Aufschwung. In jedem 
Gouvernement sind jetzt 19 Thierärzte und 14 Feldschere an¬ 
gestellt, welche nunmehr die Tilgung der ansteckenden Tliier- 
krankheiten mit dem besten Erfolge durchführen. Die Pest, 
welche noch im Jahre 1881 im Gouvernement Moskau einen be¬ 
deutenden Schaden anrichtete (es fielen 11000 Rinder im Werth 
von beinahe 1000 000 Frcs.) ist seit 1887 vollständig getilgt 
worden. Die Bekämpfung der Rinderpest ist in Russland durch 
ein Reichsgesetz geregelt, während die Tilgung der übrigen Vieh- 
seuohen den Provinzialbehörden überlassen wird. Die Regierung 
des Gouvernements Moskau steht im Begriff, sanitätspolizeiliche 
Vorschriften gegen den Rotz, die Wuth, die Lungenseuche, Tuber- 
culose, den Milzbrand, die Maul- und Klauenseuche auszuarbeiten. 
Bei den vier ersten Seuchen sollen die erkrankten Thiere ge- 
tödlet werden. Der Besitzer soll eine Entschädigung erhalten, 
die im Fall von Rotz, Tuberculose und Lungenseuche drei Viertel 
des Werthes des betreffenden Thieres beträgt, bei Kühen jedoch 
die Summe von 125 Frcs. und bei Pferden von 150 Frcs. nicht 
übersteigen darf. Bei Thieren, die wegen Wuthkrankheit getödtet 
worden sind, wird nur der Werth für die Haut entschädigt. 

Nach Beendigung der Seuohenorganisation wurde auch den 
übrigen Zweigen der thierärztlichen Thätigkeit eine grössere 
Aufmerksamkeit zugewendet. In erster Linie übernahmen die 
Provinzialthierärzte die Beaufsichtigung der Schlachthäuser und 
der technischen Betriebe, in denen die Rohproducte von Thieren 
verarbeitet wurden. Endlich in neuester Zeit hat das thierärzt¬ 
liche Personal auch Gelegenheit gefunden, einen grossen Theil 
seiner Zeit der Praxis bezw. der Behandlung der nicht contagiösen 
Krankheiten zu widmen. 

In Russland giebt es in der Provinz kaum einen Privat- 
thierarzt. Die Behandlung und Castration der Thiere wird in 
den Dörfern ausschliesslich von Bauern besorgt, die „Conovals“ 
genannt werden. Bis zur Einrichtung des amtlichen Veterinär¬ 
dienstes in der Provinz kannte die Bevölkerung keine Thierärzte, 
und die Art, in welcher diese ihre Funktionen begannen (nämlich 
die Massenabschlachtung des Viehes während der Pest), trug nicht 
dazu bei, ihnen bei dem Landvolke Sympathien zu erwecken. 
Im Gegentheil; da dasselbe wusste, dass bei Ankunft des Thier¬ 
arztes immer ein grösserer Theil des Viehes abgeschlachtet wurde, 
empfing es denselben mit feindlicher Gesiunung und suchte den 
Ansbruch der Seuche mit allen Mitteln zu verheimlichen. Erst 
durch Einführung der Viehversicherung gewann die Bevölkerung 
Vertrauen zu den Thierärzten. Diese Institution wurde gleich 
nach Errichtung des Veterinäramtes eingeführt. Dieselbe umfasst 
jetzt 60000 Haupt, d. h. 27 pCt. des gesammten Viehstandes des 
Gouvernements. 

Neben dem Veterinärdienst in der Provinz (Service vdtdri- 
naire de Zemstwo) erhielt 1888 die Stadt Moskau ihre besondere 
Veterinär - Organisation. In diesem Jahre wurde ein grosses 
städtisches Schlachthaus gegründet, welches zur Zeit die Rolle 
einer Sanitäts - Station nicht nur für Stadt und Gouvernement 
Moskau spielt, sondern auch für einen ausgedehnten Theil der 
russischen Monarchie. 1889 entstand weiter das erste Hospiz für 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



464 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39. 


die unentgeltliche Behandlung von Thieren. Der Thierarzt dieses 
Institutes ward zugleich betraut mit der Bekämpfung der Rotz¬ 
krankheit in der Stadt. 1890/91 wurden noch drei Veterinär- 
Hospize eingerichtet, denen gleiche Functionen zngewiesen wurden. 
Ausserdem haben die daselbst angestellten Thierärzte oder deren 
Gehilfen (Feldschere) alle Pferde zu untersuchen, welche nach 
Moskau gebracht werden. Innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren 
(1894—96) sind durchschnittlich jährlich 89 314 Pferde untersucht 
worden. 187 Stück waren mit ansteckenden Krankheiten behaftet. 
Rotz und Räude wurden je 19 Mal, Druse 22 Mal, Brustseuche 
17 Mal, Stomatitis pustulosa 5 Mal constatirt. 

In einem besonderen Abschnitt beschreibt der Verfasser den 
Viehmarkt, das städtische Schlachthaus und die thierärztliche 
Beaufsichtigung desselben. In Bezug auf Lage und Einrichtung 
des Schlachthauses sei nur bemerkt, dass es nordöstlich und 
einige km von Moskau entfernt liegt. Es bedeckt einen Flächenraum 
von 18'i ha. Der westliche Theil umfasst den Markt und der 
östliche die Schlachthallen, beide Theile sind durch eine steinerne 
hohe Mauer von einander getrennt. 

An jedem Montag, Mittwoch und Freitag findet Grossvieh¬ 
markt statt. Das Vieh stammt hauptsächlich aus Südrussland 
und Sibirien, von wo es durch Händler herbeigeschafft wird, die 
in Russland „prassols“ genannt werden. Diese verkaufen das 
Vieh durch Vermittelung von Commissionären an die Gross- 
schlächter (tueurs), welche die ausgeschlachteten Thiere an die 
Ladenschlächter (boutiquiers) Wiederverkäufen. 

Krankes oder seucheverdächtiges Vieh wird an einem be¬ 
sonderen Orte untergebracht, der durch eine hohe Steinmauer 
nach allen Seiten abgeschlossen ist. In dieser Abtheilung sind 
auch noch die Apparate De-la-Croix aufgestellt, die zur technischen 
Verarbeitung des Fleisches dienen, das nach der Schlachtung der 
Thiere als schädlich für die menschliche Gesundheit erkannt’'und 
beschlagnahmt worden ist. 

Die Fleischbeschau wird ausschliesslich durch diplomirte 
Thierärzte ausgefrihrt. Während des Beschaudienstes wird der 
Thierarzt stets von einem Schreiber begleitet, welchem die Be¬ 
funde an kranken Organen direct in die Feder dictirt werden. 
Dank dieses Systems wird im Schlachthause zu Moskau ein 
reiches und genaues statistisches Material über Sitz und Aus¬ 
breitung verschiedener Krankheiten wie Tuberculose, Actino- 
mycose u. s. w. gesammelt. 

Von der Stadt sind 8 Thierärzte angestellt, denen 6 Trichinen¬ 
schauer beigegeben sind. Die Beaufsichtigung des Viehmarktes 
wird ausserdem von 8 beamteten Thierärzten ausgeübt, sodass 
insgesammt 16 Thierärzte am Schlacht- und Viehhof von Moskau 
thätig sind. 

Ueber den Umfang des Betriebes und des Beschaudienstes 
im Schlachthause geben folgende Zahlen, welche den jährlichen 
Durchschnitt von 3 Jahren (1894—1896) darstellen, ein übersieht 
liches Bild: 



Durchschnitt von 3 Jahren (1894- 

-1896) 

Geschlachtet 

Mit krank¬ 
haften Ver¬ 
änderungen 
behaftet 

Verworfen 

«tanze 

Thiere 1 heilc 

Organe 

Grossvieh .... 

177 407 

123612 

549 1 577 

30081 

Jungvieh (Ochsen u. 



I 


Färsen) .... 

2013 

62 

_ _ 

— 

Schweine .... 

29 977 

16 763 

494 19 

0 781 

Kälber. 

42122 

412 

11 — 

124 

Schafe. 

21013 

1092 

— — 

— 

Zusammen: 

272519 

141941 

— — 

— 


Von der Summe des geschlachteten Grossviehs war behaftet 
mit Tuberculose 7,7 pCt.., mit Actinomycose 4,1 pCt. Von 


den %-hweinen waren 3,3 pCt. mit Tuberculose, 1,8 pCt. mit 
Schweineseuche, 4 pCt. mit Finnen, 0,04 pCt. mit Trichinen be¬ 
haftet. 

Innerhalb der dreijährigen Periode wurden ausserdem con¬ 
statirt: Rauschbrand in 7 Herden (10 Erkrankungen), Lungenseuche 
in 63 Herden (510 erkrankte Rinder auf eine Gesammtzabl von 
2977 Haupt), Maul- und Klauenseuche in 92 Herden (307 anf 
4086 Stück). 

Die Felle der mit ansteckenden Krankheiten behafteten Thiere 
(Tuberculose, Lungenseuche etc.), deren Verkauf gesetzlich nicht 
verboten ist, wurden vor dem Verlassen des Schlachthofes in einer 
Sublimatlösung (1:1000) desinficirt. 

Die Leitung des Schlachthofes trennt sich in eine ökonomische, 
thierärztliche und technische Abtheilung, welche unabhängig von 
einander und der städtischen Verwaltung unterstellt sind. 

Das Schlachten der Thiere wird von städtisch angestellten 
Fleischern und nicht von den Fleischladenbesitzern selbst besorgt 

Durch diese Einrichtung soll verhindert werden, dass letztere 
in die Versuchung kommen, Theile aus den geschlachteten Thieren 
auszuschneiden, die Krankheitsherde enthalten. 

Bericht Ober die 53. Versammlung des Vereins Thüringer Thierä'zte, 

abgehalten am 3. Juli 1898 zu Erfurt im Hotel „Weisses Ross“. 

Tagesordnung: 1. Geschäftliches (Eingänge, Aufnahme neuer 
Mitglieder, Vertheilung der Berichte des Veterinärraths etc.). 

2. Verlesung und eventuelle Genehmigung des Protokolls der 
52. Versammlung. 

3. Beschlussfassung über Aufhebung des Ehrenrathes und 
Statutenänderung. 

4. Bericht über die Plenarversammlung der Centralvertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens am 21. und 22. Mai d. J. 
in Berlin (Ref. Wallmann). 

5. Vortrag des Collegen Dr. Ellinger über „Die Bedeutung 
der Genitalausflüsse bei unseren Hausthieren“. 

6. Vorstands wähl. 

Um 11 Uhr wurde die Sitzung durch den Vorsitzenden, 
Herrn Departementsthierarzt Wallmann, eröffnet; anwesend 
waren 18 Mitglieder und 2 Gäste. 

Entschuldigungsschreiben batten gesandt die Collegen Conze, 
Dr. Lungershausen und Traut. 

Zunächst giebt der Herr Vorsitzende bekannt, dass der 
Verein leider den Tod eines Ehrenmitgliedes, des Herrn Pro¬ 
fessors Dr. Pütz-Halle a. S., zu beklagen hat, und widmet dem 
Andenken des Verstorbenen, unter Hervorhebung seiner grossen 
Verdienste um die thierärztliche Wissenschaft, einen ehrenden 
Nachruf. In gleicher Weise wurde des leider so früh verstorbenen 
ehemaligen Vereinsmitgliedes, Herrn Professors Eber-Berlin, ge¬ 
dacht. Zur Ehrung der Entschlafenen erhoben sich die An¬ 
wesenden von den Sitzen. 

Zur Tagesordnung übergehend, wird zunächst von Seiten des 
Vorsitzenden Mittheilung über deu Verlauf der Festsitzung des 
thierärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, ‘der 
thüringischen und anhaitischen Staaten, zur Feier seines 
20jährigen Bestehens gemacht. Sodann wurde ein Einladungs¬ 
schreiben des Organisationscomites des in den letzten Tagen 
des Juli oder Anfang August 1899 in Baden-Baden stattfindenden 
thierärztlichen Congresses verlesen. Der Mitgliederbeitrag ist 
auf 12 M. (Damenkarten 6 M). festgesetzt. Die Anmeldung 
zur Theilnahme hat bis zum 1. Juli 1899 zu erfolgen. 

Zu den auf 26—27 000 M. veranschlagten Kosten sind von 
Seiten der deutschen Reichsregierung 10 000 M., von der badischen 
und württembergischen Regierung 2000 bezw. 500 M. Zuschuss 
bewilligt worden. 


Digitized by CjOOQie 







29. September 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


465 « 


Der Verein badischer Thierftrzte wird 1200 M. beisteuern. 
Die übrigen Kosten sollen durch die thierärztlichen Vereine auf¬ 
gebracht werden. 

Es wird deshalb darüber beratlien, ob ein Beitrag vom 
Verein geleistet werden und wie hoch dieser sein soll. Auf 
Antrag des Vorsitzenden werden 100 M. für diesen Zweck be¬ 
willigt. 

Die Collegen Wall mann, Dr. Ellinger und Zeeb beab¬ 
sichtigen, am Congress theilzunehmen. 

Als Delegirter des Vereins wird der Vorsitzende gewählt 
welcher zu Gunsten der Vereinscasse auf einen Reisezuschuss 
Verzicht leistet. Im Verhinderungsfälle tritt ein anderes sich am 
Congress betheiligenies Mitglied ein. 

Es sollen alsdann, analog der in der 52. Versammlung ge¬ 
fassten Entschliessung (betr. Entsendung von Delegirten zu den 
Sitzungen des Deutschen Veterinärraths), solche Mitglieder als 
Delegirte entsendet werden, welche bereits von Seiten ihrer Re¬ 
gierungen dazu ausersehen sind. 

Ferner wird noch hierzu mitgetheilt, dass die Delegirten Bei¬ 
trag zahlender Vereine kein Eintrittsgeld (12 M.) zu entrichten 
haben. 

Es wurden sodann folgende Collegen in den Verein auf¬ 
genommen: Rettig-Nordhansen, Taubert-Rodach und Zeeb- 
Langensalza. 

Hierauf stellte College Dr. Ellinger einen Antrag auf Unter¬ 
stützung der Hinterbliebenen des auf so tragische Weise aus 
dem Leben geschiedenen Professors W. Eber-Berlin. In An. 
erkeunung der in einem öffentlichen Aufrufe ausgesprochenen 
Nothlage der Familie wird beschlossen, durch Sammlung frei¬ 
williger Beiträge unter den Mitgliedern diesem Anträge zu ent¬ 
sprechen. Die Beiträge sind bis spätestens 1. August d. J. an 
den Vorsitzenden einzusenden und dieser Beschluss soll den Mit¬ 
gliedern durch Circular bekanntgegeben werden. 

Hierauf fand die Vertheilung der Berichte über die 8. Pleuar- 
ver8ammlung des Deutschen Veterinärrathes statt. 

Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf die Ver¬ 
lesung des Protokolls der 52. Versammlung, welches genehmigt 
wurde. 

Zn Punkt 3 der Tagesordnung: 

„Beschlussfassung über Aufhebung des Ehrenraths und 
Statutenänderung“, giebt zunächst College Wallmann eine 
Erklärung über die Veranlassung zur Anregung dieser Frage ab. 

Ueber diesen Punkt der Tagesordnung entwickelte sich eine 
lebhafte Debatte. Es wurde zunächst mitgetheilt, dass bereits 
der thierärztliche Verein Hannover den Ehrenrath aufgehoben 
habe. 

Hierauf stellte College Dr. Ellinger folgenden Antrag: 
„Der Verein Thüringer Thierärzte erklärt, in Anbetracht eines 
Erlasses des preussischen Ministeriums, dass die den Vereinen 
ungehörigen beamteten preussischen Thierärzte den Bestimmungen 
des Vereinsehrenrath es nicht mehr unterliegen sollen; im Uebrigen 
sollen die Bestimmungen für die anderen Mitglieder bestehen 
bleiben. 

College Dr. Vaerst entgegnet: man solle, da man in 
anderen Vereinen Strafbestimmungen habe, diese auch hier be¬ 
stehen lassen. Es bleibe zwar den preussischen beamteten 
Thierärzten keine Wahl, er könne jedoch wegen der geforderten 
Ausnahmestellung der beamteten Thierärzte den Privatthierärzten 
gegenüber dem Antrag nicht zustimmen. 

College Löwel ist der Ansicht,, dass §8 der Vereinsstatuten 
ohne Bedenken gestrichen werden könne, da es sehr wohl mög¬ 
lich sei, ein missliebiges Vereinsmitglied auch ohne diesen 
Paragraphen zum Ausscheiden aus dem Vereine zu veranlassen. 


Nach diesen Ausführungen zieht College Dr. Ellinger seiuen 
Antrag zurück. 

Hierauf wird vom Collegen Maximilian die Aufhebung des 
Ehrenrathes beantragt und dieser Antrag findet die Zustimmung 
der Versammlung um so eher, als der Ehrenrath des Vereins seit 
seinem Bestehen (23. October 1887) erfreulicherweise noch nie 
in Function zu treten Gelegenheit hatte. 

Den § 8 der Vereinsstatuten betreffend, befürwortet College 
Dr. Vaerst, denselben fortbestehen zu lassen, da es das Recht 
einer jeden Corporation sei, gegebenen Falls Mitglieder aus- 
zuschliessen. 

Die gleiche Ansicht äussert College Maximilian mit dem 
Hinzutügen, dass es nur nöthig sei, aus dem § 8 die Worte 
„nach vorheriger Anhörung des Ehrenraths“ zu streichen. Die 
Versammlung beschliesst demgemäss und beauftragt den Schrift¬ 
führer, dem König! Regierungspräsidenten in Erfurt von der 
Aufhebung des Ehrenrathes Mittheilung zu machen. 

Darauf ergriff College Wallmann das Wort zu seinem 
Referat über die VI. Plenarversammlung der Centralvertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens und berichtete, dass 
17 Vereine mit 54 Stimmen vertreten gewesen sind. 

Auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände eingehend, wies 
Referent besonders auf die Gründung einer Unterstützungskasse 
für deutsche Thierärzte hin, worüber das ausführliche Protokoll 
wie auch der Statutenentwurf bereits in der Berliner thierärzt¬ 
lichen Wochenschrift veröffentlicht worden sind. Es genügt des¬ 
halb kurz das Wichtigste davon anzufübren. Die Mitglied¬ 
schaft kann durch einen jährlichen Beitrag von 5 M. oder durch 
eine einmalige Zahlung von 100 M. erworben werden. Der 
Beitritt aller Tbierärzte zum Unterstützung sverein ist sehr 
wünschenswert!), um fortgesetzte Einzelsammlungen zu ver¬ 
hindern. 

College Loewel beantragt, diesen Punkt auf die nächste 
Tagesordnung zu setzen, und spricht für „zwangsweise“ Bethei¬ 
ligung. 

Dagegen erklärt sich College Dr. Vaerst, welcher wünscht, 
dass der Beitritt freigestellt bleibe. 

College Dr. Ellinger zweifelt nicht daran, dass die gut 
gestellten Collegen, wo es erforderlich ist, gern helfend ein- 
greifen, aber er möchte doch die Zwangsbetheiligung empfehlen, 
um zu verhindern, dass die öfteren Aufrufe zur Unterstützung in 
die Oeffentlichkeit dringen. 

Nachdem die Collegen Loewel, Maximilian nnd Dr. Vaerst 
theils für, theils gegen die zwaugsweise Betheiligung gesprochen 
haben, wird schliesslich der Antrag Loewel, die weitere Be¬ 
schlussfassung über ev. zwangsweisen Beitritt der Vereinsmit¬ 
glieder auf die nächste Tagesordnung zu setzen, angenommen. 

College Loewel glaubt, dass durch den Zusatz „zwangs¬ 
weise“ ein zahlreiches Erscheinen der Collegen veranlasst werde. 

Zu Punkt 4 der Tagesordnung erstattet der Vorsitzende 
College Wallmann des Weiteren Bericht über die Verhand¬ 
lungen betreffend die Besoldung der beamteten Tbierärzte, die 
Entziehung der Privatpraxis u. s. w. Er bemerkt, dass 
1200—1800 M. Gehalt und angemessene Pension neben einem 
Dienstauslagenzuschuss beantragt worden seien, und weist dabei 
auf die sehr verschiedene amtliche Beschäftigung der Kreisthier¬ 
ärzte hin. 

Er macht ferner die Mittheilung, dass der Antrag auf ein 
Verbot der thierärztlichen Kurpfuscherei vorläufig fallen gelassen 
worden sei. 

Hierauf giebt er der Versammlung davon Kenntniss, dass 
die Verhandlungen des Herrn Professors Dr. Ostertag mit ver¬ 
schiedenen Versicherungsgesellschaften bezüglich Ermässigung 


Digitized by 


Google 


466 

der Unfallprämie der Thierärzte bezw. Auszahlung des Capitals 
anstatt der Invaliditätsrente ein ziemlich günstiges Resultat 
ergeben haben, so dass der Abschluss eines Vertrags mit einer 
gutfundirten Gesellschaft in allernächster Zeit zu erwarten steht. 

Herr Professor Dr. Ostertag will weitere Verhandlungen 
und Erhebungen einleiten und das Resultat veröffentlichen. Es 
wird daher denjenigen Collegen, deren Versicherung in nächster 
Zeit abläuft, gerathen, nicht wieder bei einer Privatgesellschaft 
eine Einzelversicherung einzugehen, sondern sich die Vortheile 
der Verbandsversicherung zu Nutze zu machen. 

College Wallraann erklärte sich bereit, etwaige Anträge 
auf Versicherung entgegenzunehmen. 

Wegen vorgeschrittener Zeit musste Punkt 5 der Tagesord¬ 
nung: Vortrag des Kollegen Dr. Ellinger „Ueber das Verkält- 


No. 3!'. 

niss vom Bläschenansschlag zur pustulösen Scheidenentzündun; 
ausgesetzt und bis zur Rerbstversammlung vertagt werden. 

Es wurde darauf zur Vorstandswahl geschritten und 
dabei der bisherige Vorstand wiedergewählt (Präsident: 
Wallmann-Erfnrt; Vice-Präsident: Hepke-Weimar; Schrift 
führer: Steuding-Gotha; Stellvertreter: Kölling II-Sömmerda: 
Kassirer: Oppel-Arnstadt). 

Nach Schluss der Versammlung fand ein gemeinschaftliches 
Essen unter Betheilung einer grösseren Anzahl von Damen statt. 

Toaste und musikalische Vorträge würzten das Mahl nnd e? 
blieben auch uach Beendigung desselben die Anwesenden ia 
fröhlichster Stimmung bis zum Abend vereint 

Wallmann. Steuding. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


0 öffentliches Yeterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senchenstatlstik and Veterinär polizei. 

Bekanntmachung betr. den Nachrichtendienst in Viehseuchen 
Angelegenheiten. 

Preussen. Allgemeine Verfügung des Ministeriums für 
Landwirtschaft etc. Vom 30. Juli 1898*). 

An die sämmtlichen Herren Regierungs-Präsidenten und den 
Herrn Polizei-Präsidenten in Berlin. 

Der Bundesrath hat am 16. v. Mts. beschlossen, dass der Nach¬ 
richtendienst in Viehseuchenangelegenheiten vom 1. Oktober d. J. 
ab nach den anliegenden Bestimmungen geregelt werden solle. 

Diese Bestimmungen treten an Stelle der mit dem Erlasse vom 
27. März 1894 (I. 6112) übersandten Bestimmungen vom 8. März 1894, 
von denen sie in folgenden Punkten abweichen: 

a) Unter die Krankheiten, deren Ausbrüche den Polizeibehörden 
der Nachbargemeinden anzuzeigen (Ziffer 1) und dem Kaiserlichen 
Gesundheitsamte durch Postkarte mitzutheilen sind (Ziffer 3', ist die 
Schweineseuche neu aufgenommen Es handelt sich dabei nicht nur 
um die Schweineseuche im engeren Sinne, sondern um alle' unter 
dem Sammelnamen „Schweineseuclie“ im weiteren Sinne begriffenen 
Krankheiten, insbesondere auch um die Schweinepest. Um auf diese 
Bedeutung der Bezeichnung Schweineseuche hinzuweisen, ist in 
Klammern hinzugefügt (einschliesslich Schweinepest). 

b) Die Anzeigen über die Seuchenausbriiche an die benachbarten 
Polizeibehörden verlieren an Werth, wenn Bie nicht unverzüglich 
erfolgen. Es ist daher in Ziffer 1 ausdrücklich darauf hinge»lesen, 
dass zu diesen Anzeigen thunlichst der-Telegraph oder das Telephon 
zu benutzen ist. 

c) Die beamteten Thierärzte haben nach Ziffer 3 die Postkarten 
mit den Angaben über den Seuchenstand künftig nicht nur am 
letzten Tage, sondern auch am 15. Tage jeden Monats an das 
Kaiserliche Gesundheitsamt abzusenden; erstmalig also, da die neuen 
Vorschriften am 1. Oktober in Kraft treten, am 15. Oktober d. J. 

d) Ueber den Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und 
Klauenseuche auf Viehmärkten und Viehhöfen soll ein besonderer 
Nachrichtendienst eingerichtet werden (Ziffer 4). Die Regelung ist 
den Landesregierungen überlassen, jedoch ist in Absatz 1 der Ziffer 4 
bestimmt, dass die Seuchenausbrüche auf den „der grössere^ Aus¬ 
fuhr dienenden“ Viehmärkten und Viehhöfen durch die Veterinär¬ 
polizeibehörde sofort dem Kaiserlichen Gesundheitsamt telegraphisch 
mitzutheilen sind. 

Sie wollen mir innerhalb 6 Wochen anzeigen, von welchen der 
in ihrem Bezirke vorhandenen Viehmärkte und Viehhöfe in der 
Regel eine grössere Ausfuhr, sei es von Zucht- oder von Schlacht¬ 
vieh, stattfindet. Dabei ist nur eine solche Ausfuhr grösseren Um¬ 
fanges zu berücksichtigen, die die Grenzen der Provinz überschreitet. 
Findet von den Märkten ein regelmässiger Viehverkehr nach Märkten 
in anderen Provinzen oder Bundesstaaten statt, so ist dies besonders 
auzugeben. Pferdemärkte bleiben, da es sich nur um die Maul- und 
Klauenseuche handelt, ausser Betracht 

c) Neben diesen Mittheilungen an das Kaiserliche Gesundheits- 

*) Der wesentliche Inhalt des Erlasses ist bereits in der B. 
T. W. mitgetheilt worden. 


amt (Ziffer 4 Abs. 1) und den Mittheilungen an die Polizeibehörden 
der Nachbargemeinden (Ziffer 1) hat, wie ich zur Ausführung des 
Absatzes 2 Ziffer 4 hiermit bestimme, die Polizeibehörde von jedem 
Ausbruche der Maul- und Klauenseuche auf einem Viehmarkte oder 
in einem Viehhofe, Bowie von dem Erlöschen der Seuche in dem 
Marktorte dem Landrathe des Marktortes und den Landrätlien aller 
Kreise, deren Grenzen weniger als 50 km von dem Marktorte entfern: 
sind, sofort Kenntnlss zu geben. Die Landräthe haben für die 
schleunige Veröffentlichung der Mittheilung in den von Landwirtlien 
und Viehhändlern gelesenen Blättern Sorge zu tragen. 

Der Zweck der Benachrichtigung: Die Viehbesitzer auf die 
Möglichkeit der Seuchenübertragung durch das von dem Markte 
abgetriebene Vieh oder durch den sonstigen Marktverkehr anf- 
merksam zu machen, kann nur erreicht werden, wenn die Veröffcnt 
Hebungen ohne jeden Verzug erfolgen. 

Euer . Hochgeboren beuche ich, die naebgeordueten Be 
tlochwohlgeboren 

hörden mit Anweisung zu versehen. 

Bekanntmachung 2 

Die Postkarten für die beamteten Thierärzte werden in der 
erforderlichen Anzahl rechtzeitig übersandt werden. 

I. V.: Sterneberg. 

An die Herren Ober-Präsidenten. 

Abschrift lasse ich Ihnen unter Bezngnachme auf den Erlass 
vom 27. März 1894 ergebenst zugehen. 

Unterschrift wie oben. 

Anlage. 

Bestimmungen über den Nachrichtendienst in 
Vieh seuchenangel eg enheite n. 

1. Die Polizeibehörde hat jeden in ihrem Bezirke festgestelltcn 
ersten Ausbruch von 

Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel, Maul¬ 
und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und 

Schweine, und Lungenseuche des Rindviehs, 

(§ 10, Ziffer 3, 4 und 5 des Viehseuchengesetzes vom 

'l MaM894^’ Reichs-Gesetz-Blatt 1894 Seite 410), 

sowie von Schweineseuche (einschliesslich Schweinepest: 
Sofort den Polizeibehörden aller dem Seuchenorte benach¬ 
barten deutschen Gemeinden auf mündlichem oder schriftliche® 
Wege, wo thunlich unter Benutzung des Telegraphen oder Telephon« 
mitzutheilen, welche ihrerseits den Seuchenausbruch auf ortsübliche 
Weise zur Kenntniss der Ortsbewohner zu bringen haben. 

2. Ist nach erfolgter Feststellung der Maul- und Klauenseuche 
in einem Orte der beamtete Thierarzt zur Feststellung weiterer 
Infectionen von bisher noch nicht betroffenen Gehöften nicht zu- 
gezogen worden (§ 15 des Viehseuchengesetzes), so hat die Police 1 ' 
behörde demselben von jedem solchen Falle sofort Mittheilung zn 
machen. 

3. Jeder Kreis- (Amts- u. s. w.) Thierarzt hat am 15 uni ^ 
letzten Tage jeden Monats für seinen Amtsbezirk auf einer Postkarte' 
eine Mittheilung an das Kaiserliche Gesundheitsamt abzusenden, 
aus welcher sich ergiebt, in wie viel Gemeinden (Stadtge Bie ' n ^ en ’ 


! 


Digitized by LaOOQie 








29. September 1898. 

Landgemeinden, Gutsbezirken) und Gehöften des Amtsbezirkes an 
jenem Tage die oben unter 1 genannten Seuchen herrschten, d. h. 
nach den geltenden Vorschriften noch nicht für erloschen erklärt 
werden konnten. Das Nichtvorhandensein einer Seuche ist durch 
eine Null kenntlich zu machen. Umfasst der Amtsbezirk des Thier¬ 
arztes mehrere Kreise (Aemter u. s. w.), so ist ftlr jeden Kreis u. s. w. 
eine besondere Postkarte zu verwenden. 

4. Jeden Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauen¬ 
seuche auf den der grösseren Ausfuhr dienenden, von den Landes¬ 
regierungen zu bezeichnenden Viehmärkten und Viehhöfen haben 
die dort mit der Handhabung der Veterinärpolizei betrauten Organe 
sofort dem Kaiserlichen Gesundheitsamt auf telegraphischem Wege 
mitzutheilen. 

Im Uebrigen bestimmen die Landesregierungen, in welcher 
Weise der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche 
auf Viehmärkten und Viehhöfen zu veröffentlichen ist. 


Fleischschan and Viehyerkehr. 

Flelschoonservirung mit Formalingas. 

Stroese bemerkt über die Conservirung des Fleisches in 
der Thierärztl. Wsclir. No. 29 Folgendes: 

Die Pökelung hat den grossen Nachtheil, dass das Fleisch 
eine erhebliche Einbusse an Nährstoffen erleidet, so dass es 
geradezu minderwerthig ist. Der Gebrauchswerth dieses Fleisches 
ist ein geringer und überdies ist der Salpeterzusatz nicht un¬ 
bedenklich. Das Räuchern kann eben nur für Herstellung von 
Räucherwaaren in Frage kommen, nicht aber für Koch- und 
Bratfleisch. Borsäure, schweflige Säure und Salicylsäure sind für 
den menschlichen Organismus nicht ganz indifferent und machen 
das Fleisch nicht sehr haltbar; sie finden im Fleischereibetriebe 
auch nnr für Hackfleisch und Würste Anwendung. Das Büchsen- 
fleisch ist mit Hitze conservirt, die Anwendung jedoch ist eine 
beschränkte, da die Conserven, welche zubereitete Fleischspeisen 
enthalten, sehr theuer sind. Der Eisschrank hat für die Fleisch¬ 
erbaltung bekanntlich wesentliche Mängel, weil seine Unterhaltung 
einmal nicht billig ist, andererseits aber Fleisch, das im Eis¬ 
schrank gewesen ist, ausserhalb desselben dann sehr rasch ver¬ 
dirbt. Die maschinellen Kühlanlagen, welche das Fleisch wochen¬ 
lang frisch erhalten, sind natürlich für kleine Quantitäten nicht 
anwendbar. Die Schering’schen Lampen zur Entwicklung von 


467 

Formalingas, in den gewöhnlichen Vorrathskammern angewandt, 
erhalten das Fleisch mehrere Tage frisch. Dieses einfache Ver¬ 
fahren hat gewiss einen grossen Nutzen; da man aber in einem 
Raum, der von Personen betreten wird, nicht sehr bedeutende 
Formalinmengen entwickeln kann, so genügt dies Verfahren eben 
nur, wenn es sich um Conservirung auf wenige Tage handelt. 
Auch der luftdicht abgeschlossene Schrank ist für Fleischconser- 
virung mit Formalin weniger geeignet. Es ist also gegenüber 
dem Fehlen einer im Haushalt wirklich gut verwendbaren 
Conservirungsmethode ein Apparat, der eine solche Conservirung 
ermöglicht, erwünscht. Stroese hat einen solchen construirt. 
Es ist ein hölzerner Schrank, in dem das Fleisch aufgehängt 
werden kann. Er besitzt verschiedene Ventilationsöffnungen und 
ein Abzugsrohr, welches durch ein Wandloch oder Fenster ins 
Freie geführt werden kann. Am besten hält sich in dem Schrank 
Fleisch, welches höchstens drei Tage alt ist, da sich bei älterem 
Fleisch bereits Bacterien auf der Oberfläche finden, die durch 
Forinaün nicht vernichtet werden. Die Conservirung in dem 
Schrank wird durch Formalin besorgt Die Einrichtung ist der¬ 
artig, dass zu jeder beliebigen Zeit die Schrankthür geöffnet und 
Fleiscbtheile aus dem Schrank entnommen werden können. Die 
genauere Gebrauchsanweisung hier zu geben, hat keinen Zweck. 
Die. Bedienung des Schrankes erfordert allerdings eine gewisse 
Uebung, die sich jedoch leicht gewinnen lässt. Wie lauge sich 
das' Fleisch in dem Schranke hält, vermag Stroese noch nicht 
vollständig zu beantworten. So viel ist aber schon festgestellt, dass 
selbst zur Sommerzeit und unter ungünstigen Wittern ngsverhält- 
nissön Fleisch (ganze Viertel) 4—6 Wochen lang sich conser- 
viren lässt, dass es sich ferner in Bezug auf seinen Gebrauchs¬ 
werth nicht verschlechtert Die Kosten der Conservirung sind 
dabei sehr gering, eine Formalinpastille 3 Pf. Für die Bedürf¬ 
nisse des Fleischers, Wildhändlers u. s. w. sowie der privaten 
Consumenten genügen diese Leistungen jedenfalls. Dag Wäre 
ja namentlich für Oberförstereien eine ausgezeichnete Errungen¬ 
schaft. Vielleicht macht Herr Dr. Stroese specielle Versuche 
damit, wie sich frisches Wild in seinem Schranke conserviren 
lässt und welche Dimensionen der Schrank haben müsste, um 
einen Rehbock bezw. eine Anzahl Hühner darin unterzubringen. 


BERLINER T0IERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 

i ■ - 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Vorlesungen über Bacterien von Dr. Alfred Fischer, a. o. 
Prof, der Botanik in Leipzig, Verlag G. Fischer, Jena 1897. 
Mit 29 Abb., 186 Seiten, Preis 4 M. 

Fischer’s Vorlesungen sind zur Einführung in die gesammte 
Bacteriologie bestimmt, nicht besonders für den Mediciner sondern 
hauptsächlich für den Studirenden der (allgemeinen) Natur¬ 
wissenschaften, der Pharmacie und der Landwirtschaft. 

Grade dass das Buch von einem Botaniker geschrieben ist, 
gieht demselben durch die eigene Behandlung des Stoffes einen 
besonderen Reiz. Leider verbietet es der Raum, hier näher auf 
die einzelnen Vorlesungen einzngehen. Nur Einiges aus der 
Anordnung und einige besonders interessante Stellen mögen 
angeführt werden. 

In den ersten Vorlesungen behandelt F. die Morphologie der 
Bacterien. Seine Darstellungen über Plasmolyse, d. h. Ab¬ 
lösung des Protoplasmas von der Zellwand durch den osmotischen 
Druck der die Zellwand umspülenden Flüssigkeiten sollen uns 
zeigen, dass bei den Färberaethoden ganz andere Bilder entstehen 
als sie in Wirklichkeit die lebende Natur darbietet. Beim Ein¬ 
trocknen wird das Bacterium plasmolysirt, die später sichtbaren, 
gefärbten Polkörperchen u. s. w. sind daher Kunstprodnkte. 


I)en Leib des ’Bacteriuras betrachtet F. als kernlosen*) 
Protoplasten, welcher von einer Membran umgeben ist. Die 
„Cbromatinkörperchen“ sind als Reservestoffe zu betrachten. Die 
intensivere und festere Färbung dieser Bacterienkörperchen wie 
auch' der Zellkerne ist auf die grössere Dichte und daraus 
folgend auf ein grösseres Absorptionsvermögen zu rückzuführen. 
Es sind daher nicht chemische, sondern physikalische Eigen¬ 
schaften die Ursache, dass die Kerne die Farbstoffe stärker auf¬ 
speichern als das Protoplasma, das Vorhandensein von Kernfarb¬ 
stoffen folglich ein Mythus. 

Von Kapseln sollte man nach F. nur da reden, wo that- 
sächlich ein scharf umschriebener Gallerthof die Zelle umgiebt 
Die Kapseln verschiedener Bacterien (z. B. Milzbrandbacillen, 
Pnenmococcen) sind als Artefacte anzusehen, welche entstanden 
sind durch Einschrumpfung der Bacterien beim Trocknen nach 
Anlagerung des Ueberzuges aus den Stoffen gebildet, in denen 
die Bacterien eingebetet lagen (z. B. Serum, Blut u. s. w.\ 

Besonders als Systematiker sucht F. Neues zu schaffen. Nach 
Anordnung der Geissein theilt F. die Bacterien ein in mono¬ 
triche mit einem Geisselfaden, in lopotriche mit einem Büschel 

*) In neuester Literatur sucht R Wagner-Mühlheim den 
Nachweis von Zellkernen bei Bacterien zu führen, cf. C. f. Bajct 
Bil. XXIIT, No. 11 u. 12. -// H. 


Digitized by 


Google 



468 


BERLINER THIERÄKZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 39 


von Geissein an einem Ende, und in peritriche, bei denen die 
Geissein an der ganzen Oberfläche entspringen. 

Die Streitfrage über den Werth der Bacterienspecies fasst F. 
in zwei Schlagwörter zusammen: 

Pleomorphie oder morphologische Wandelbarkeit und 
Pleogenie oder physiologische Wandelbarkeit. F. bekämpft 
entschieden die Ansicht, dass aus einem Coccus ein Bacillus, 
eine Spirille u. s. w. und vice versa entstehen kann.*) 

Sehr beachtenswerth ist die Systematik der Bacterien mit 
Zugrundelegung der Cohn’schen nach folgenden Gesichtspunkten: 
Eintheilung in Ordnungen, ob einzellige oder Fadenbacterien, und 
in Familien, bei Coccen nach Art der Theilung, bei den Bacillen 
nach Zahl und Anordnung der Geissein und nach der Form dej 
sporenbildenden Stäbchen, bei den Spirillen nach der Stärke der 
Krümmungen. 

Nach ihrer Lebensweise theilt F. die Bacterien in drei 
biologische Gruppen, in 

1. prototrophe, welche ganz oder theilweise ohne organische 
Nahrung gedeihen können; 

2. metatrophe, welche organische Nahrung verlangen, 
(facultative Parasiten); 

3. paratropbe, die nur als echte Parasiten leben. 

Für die Differentialdiagnose ähnlicher Bacterien sehr werthvoll 
sind die Untersuchungen und Tabellen über das Wachsthum der 
metatrophen Bacterien in Nährlösungen mit verschiedenen Kohlen¬ 
stoff- und Stickstoffquellen. F. giebt uns eine Eintheilung in 
Pepton-, Amido-, Ammoniak- und Nitrobacterien. 

In seiner Vorlesung über die Einwirkung von Physikalien 
bezweifelt F. eine Abtödtung der Bacterien durch Röntgen¬ 
strahlen; die neuesten exacten Versuche von H. Rieder (Münch, 
med. Wochenschr. 1898 No. 4) beweisen das Gegentheil. 

Sehr anregend sind seine Vorlesungen über die Thätigkeit der 
Bacterien auf den drei grossen Gebieten in der Natur. Sie umfassen: 

1. den Kreislauf des Stickstoffes, 

2. den Kreislauf der Kohlensäure, 

3. die Krankheitserregung in anderen Organismen, besonders 
beim Menschen und den warmblütigen Thieren. 

An der klaren und schönen Darstellung von 1 und 2 sehen wir, 
wie sehr hier Verfasser zu Hause ist. Auf dem 3. Gebiete, der 
Krankheitserregung, deren Schluss eine Erklärung der Serum¬ 
therapie und Immunität durch die Fähigkeit der Giftgewöhnung 
bildet, wird wohl F. zur Zeit schwerlich den ungeteilten Beifall 
der Bacteriologen gewinnen. 

Der Ideengang der Abhandlung ist ein derart anregender, 
dass sie allen den Collegen zu empfehlen ist, welche ein Bild 
der heutigen Bacteriologie in grossen Zügen gewinnen 
wollen, ohne sich durch das Aufzählen von Laboratoriums¬ 
versuchen und Methoden ermüden zu lassen. Da Fiseber 
häufig freilich seinen eigenen Gedanken und Systemen zu weit 
folgt, wird es dem Anfänger mitunter schwer werden, den Ver¬ 
fasser stets kritisch zu begleiten. 

Die Zahl der Abbildungen ist eine ausreichende. Nur 

*) Dr. Arkövy will es gelungen sein, den von ihm beschriebenen 
Bac. gangraenae pulpae ständig auf Gelatine in Bacillenform, auf. 
Agar als Coccus zu züchten und umzuzüchten. C. f. Bact. XXIII, 
pag. 921. (Vielleicht handelt es sich um Symbiose zweier Bacterien.) 
Auch jenes famose Bacterium der Maul- und Klauenseuche von 
A. Stutzer und R. Hartleb Arch. f. Phys. Bd. XXX, pag. 372, 
lässt an Vielseitigkeit nichts zu wünschen übrig, bald ist es ein 
Coccus, bald ein Bacillus u. s. f. Es leidet sogar an so starkem 
Pleomorphismus, „dass aus den Bacterien und deren Umuandlungs- 
formen eine Strcptothrix und aus letxterer ein Fadcnpilx gexüchtet 
werden kann .“ (pag. 385.) (!) 


möchte ich an dieser Stelle auch für andere Werke den Herren 
Verlegern empfehlen, dass allen den Werken mit nur wenigen 
Abbildungen ein Verzeichniss deiselben beigegeben werde. 
Es ist für den Leser äusserst störend, wenn z. B. auf Seite :i 
auf Figur 28 hingewiesen wird, welche man endlich nach langem 
Suchen auf Seite 144 findet. Hecker. 

Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Max Bisclioff 
Warrabrunn commiss. für den Kreis Falkenberg O. S., Thierara 
G. Rösler, Rossarzt a. D., commiss. für den Kreis Lübbecke, Thier¬ 
arzt Otto Schultz-Gehrden für den Kreis Hofgeismar. 

Zum Bezirksthierarzt: Districtsthierarzt Ludwig Werk 
meister-Volkach für das Bezirksamt Staffelstein (Oberfranken). 

Der approb. Arzt und Privatdocent Dr. A. Knorr-Marburg zum 
Docenten für Hygiene an der tierärztlichen Hochschule in München. 
Tbierarzt C. Bauermeister-Hannover zum Assistenten am pathoL- 
anat. Institut an der thierärztl. Hochschule in Hannover. 

6ewählt: Schlachthofinspector Lund-Wismar zum Schlaclithol- 
inspector in Lübeck, Thierarzt Lüdtke-Metz zum Gamison- 
Schlachhofinspector daselbst. 

Wohnsitzfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierara 
F. Schti mann-Landeck nach Liebstadt bei Pirna i. S., Thierarzt 
Rauer-Hohnstein nach Quaritz, Thicrarzt Hoppe-Zachan nach 
Dölitz (Pom.). — Thierarzt Erich Ruppert-Hirschberg i. S. tritt 
zum 1. October als Einj.-Freiw. beim Feld Art.-Rgt. No. 6 ein. - 
Dr. Joest, Director der llothlauf-Impfanstalt zu Prenzlau, ist zur 
Ableistung seines Militärdienstes auf 1 Jahr nach München beurlaubt 
und wird während dieser Zeit von dem seitherigen ersten Assistenten, 
Thierarzt Helfers-Prenzlau, vertreten. 

Todesfälle: Schlacht hausdirector Reh bock-Zeitz. 

Yacanzen. 

Krelsthlerarztstillen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. R.-B. Marien werden 
Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf: 
Cleve. — R.-B. Liegnitz: Freystadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen 
(800 M. Zuschuss). 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Zeitz: Sclilachthofdirector (2400—3000 M.,350 M. Wohnungszuscboss). 
Be w. sofort an Magistrat, b) Nach Ablauf d e r M e Idefrist 
noch unbesetzte Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra. 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D re ngfurt. — Gleschendort 
(Fürstentum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — P' 1- 
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. - 
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein): 
Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel: 
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann 

— Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderatb. - 
Ge ri n gsw al d e : Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Gross¬ 
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Be», 
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Tbierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masso* 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M) 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus 
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober 
marschacht (Elbe). — Sato w (Mecklenburg - Schwerin): Tbier¬ 
arzt. — Schlawa i. Schles.: Tbierarzt. Auskunft durch Magistrat. 

— Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. Ö00 
Hew. an den Stadtratli. — Schönbaum (Danziger Nehrung)- 
Tbierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schön¬ 
baum. — S c h ö n f 1 i e s s (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näh erCS 
durch den Bürgermeister. 

Besetzt: Staatsstellen: Insterburg, Wehlau. Sanität» 
thierarztstelle: Lübeck. Privatstelle: Wetter (R u r, ‘ 


*) No. 38 S. 41G Zeile 3.) lies statt ganz klare „glanzklare“. 


Verantwortlich für den Inhalt (exel. Inseratenteil) Prof. Dr. Scbmaltz ln Berlin. — Verlag und Eisrenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von IV. Büxenstciö' 


. Bert*“- 


Digitized by LjOOQie 





wh p ntfich° in Wochenschrift“ erscheint 

U, h Ih n dnli* J 0n “ ,nd ' 8 'e» 1'/. Bogen. Dieselbe 

U * Üh dis v. ? 6n ® u °bbandel, die Post (No. 1031) 

oder durch de Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoete, Berlin N>V., Lulsensirassc Sti, tum Preise von 
Mk. n,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 50 Mk. für den Bogen honorirt. 
Alle Mannscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man au sendeh an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensloris-Rzemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


H erausgegeben 


von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


•Jahrgang 1898. _ M 40 Ausgegeben am 6. October. 

Inhalt: DieokerhofT: Obergutachten über ein mitder Untugend des Fr eikoppens behaftetesPferd. — Fenner- 
l“T e / k /, hrbr r g r < J- e J A \ ,C T> h von tub * rc ulösen und tuberculoseverdäohtigen Kühen. - Anaerstefn: 
Be Handlung der Kolik mit B ary u m c h 1 o r a t. — Referate : S m i t h: Infectiöse Tumoren bei Hunden. - Kon- 
£5” J® r: Darmperforation bei einem kolikkranken Pferde durch Spulwürm. r-Peritonitis.- Mc. D o n a 1 d: Erkrankung des Ovariums 
S/I ? ¥' -Brunn er: Zur Frage der praktischen Vei wendbarkeit der Mäusetyphusbacillen, insbesondere des Löfflerschen 
Bacillus typhi munum. - Puna und h lorentim: Neuer Beitrag zur Morphologie und Biologie des pathogenen Protozoon 
7 *K 0taD i 0eba a P btb °£ e *) e8 ) der Maul- und Klauenseuche. — A. r k ö v y: Experimentelle Untersuchungen über Gangrän in der 
Zahnpulpa und Wundgangrän. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oe ff e n tl ich e s 
Veterinärwesen: Scuchenstatistik und Vetennärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Obergutachten Uber ein mit der Untugend des 
Freikoppens behaftetes Pferd. 

Von 

Dieckerhoff. 

In Sachen der Handlung Br. zu Ste. gegen den Pferdehändler 
B. zn G. ertheile ich nach Einsicht der Acten das vom König¬ 
lichen Amtsgericht G. beschlossene Gutachten nachstehend: 

Nach dem Gerichtsbeschluss Bl. 212 d. A. hat sich das Gut¬ 
achten darüber zn erstrecken: 

1. Ob ein Pferd, für welches ein Kaufpreis von nur 165 Mk. 
gezahlt wird, durch den Fehler des Lnftschnappens nicht minder- 
werthig wird, auch wenn die in den Schlnndkopf aufgenommene 
Luft in den Magen gelangt? 

eventuell: 

2. Ob die Anssage des Sachverständigen N vom 22. Jnni 1896 
(Bl. 201 d. A.) nicht ausreichend begründet erscheint, um anzu¬ 
nehmen, dass das streitige Pferd atmosphärische Luft nicht bloss 
in den Schlundkopf aufnahm, sondern dass diese Luft auch in den 
Magen des Pferdes gelangte? 

3. Ob der Fehler des Lnftschnappens ein namentlich für 
Pferdehändler in die Angen fallender ist? 

Bei der Begutachtung dieser Beweisfragen soll auch berück¬ 
sichtigt werden, inwieweit die vom Beklagten Bl. 209 d. A. noch 
in die Wissenschaft von Zengen gestellten Behauptungen die 
Sachlage beeinflussen könuen. 

Thatbestand. 

Auf dem Pferdemarkte in S. am 17. Juli 1894 hat die kläge- 
rische Firma vom Beklagten das streitige Pferd für 165 Mk. 
käuflich erworben. In dem Klagevortrage wird das Pferd be¬ 
mängelt, weil es mit dem Fehler desKoppens oder Krippensetzens 
behaftet sei. 

Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass das Pferd 
schon vor dem Verkauf ein Krippensetzer gewesen sei. Er be¬ 
hauptet aber, dass dieser Fehler die Verwerthang des Pferdes 
nicht behindere. Vom Beklagten wird dem Eigenthümer K. in 0., 
von welchem das Pferd am 13. Juli 1894 gekauft sei, der Rechts¬ 
streit verkündet. 

Bl. 29 der Beiacten befindet sich die protokollarische Aus¬ 
sage des Sachverständigen N. vom 14. Jannar 1895, ans welcher 
hier Folgendes anzuführen ist: Am 28. Angnst 1894 brachte mir 


die Klägerin das streitige Pferd zur Untersuchung. Es war ein 
branner Wallach, etwa 16 Jahre alt. Ich fand, dass es ein sog. 
Luftschnapper oder Krippensetzer war. Solche Pferde ver¬ 
schlucken zn viel Luft und leiden infolgedessen an Kolik¬ 
schmerzen. Das fragliche Pferd hatte die Krankheit im höchsten 
Grade. Der Fehler ist nicht offensichtlich, insbesondere nicht 
bei dem fraglichen Pferde, weil bei demselben die Schneidezähne 
nicht abgerieben waren Das Pferd hatte nur einen Werth von 
allerhöchstens 60 Mk. Seit dem 28. August 1894 habe ich das 
Pferd nicht wieder gesehen. 

Die Acten enthalten Bl. 168 in Abschrift das von N. unter 
dem 31. August 1894 ausgestellte Attest, in welchem der Sach¬ 
verständige augiebt, dass er die Untersuchung am 29. August 
1894 vorgenommen habe. „Das mittelmässig gut genährte Pferd 
stand vor gefüllter Krippe und verzehrte mit bestem Appetit das 
Futter. Krankheitserscheinungen waren nicht vorhanden. An 
der linken Hüfte befand sich eine von Haaren entblösste, mit 
einem Schorf bedeckte Hautstelle, darunter eine längliche frische 
Narbe, die von Verletzungen herrühren sollte, welche sich das 
Pferd bei einer Kolik zugezogen habe. Nachdem ich das Pferd 
etwa 10 Minuten beobachtet hatte, trat es von der Krippe zurück, 
machte unter Anstrengung der Muskeln des Halses, der Brnst 
und des Bauches eine nickende Bewegung mit dem Kopf, wobei 
unter einem dem Rülpsen ähnlichen Laut eine gewisse Menge 
Luft verschluckt wurde. Danach wurde das Kangeschäft wieder 
aufgenoramen, bis nach einigen Minuten das Lnftschnappen in 
ganz gleicher Weise sich wiederholte. In einem Zeitranm von 
15 Minuten wurde das Rülpsen viermal gehört. Es trat auch 
hervor, nachdem das Pferd ans dem Stalle geführt war.“ 

Hiernach bescheinigt N., dass das Pferd mit dem Fehler des 
Koppens (Krippensetzen, Koken, Windschnappen) behaftet sei, 
dass dieser Fehler oftmals die Ursache zn Verdannngstörungen 
und Koliken gebe, und dass sich andere, namentlich jüngere 
Pferde in dem Stalle, in welchem das fragliche Pferd unter¬ 
gebracht werde, den Fehler leicht aneignen. 

Bei seiner gerichtlichen Vernehmung (Bl. 179 d. A.) hat N. 
deponirt: „die Bezeichnungen Krippensetzer und Luftschnapper 
sind insofern identisch, als bei dieser Untugend durch Ver¬ 
schlucken eine Menge Luft in den Magen geführt wird. Das 
streitige Pferd verschlackte die Luft, ohne dabei mit den Zähnen 


Digitized by LaOOQie 








470 


BERLINER TH FF, R ÄR ZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


aufzusetzen. Der Fehler ist nicht immer sofort in die Angen 
fallend und kann auch oft von den Pferdehändlern nicht bemerkt 
werden. Er lässt sich auch durch Manipulationen, namentlich 
durch Bestrafung und Bedrohung des Pferdes mit der Peitsche 
zeitweilig verdecken. 

Vom Thiererzt R. ist Bl. 188 d. A. deponirt worden, dass 
der Fehler des Luftschnappens oder Koppens nicht immer augen¬ 
fällig sei. Wenn mit der Untugend keine Luft in den Magen 
gelange, so werde die Gesundheit des betreffenden Pferdes durch 
das Koppen nicht geschädigt. 

Sachverständiger N. hat bei seiner nochmahligen Vernehmung 
Bl. 201 d. A. erklärt: Meines Erachtens hat das streitige Pferd 
den Fehler des Luftschnappens derartig gehabt, dass es atmo¬ 
sphärische Luft in den Schlundkopf aufnahm und diese Luft in 
den Magen gelangte. Der ziemlich stark hervortretende Fehler 
des Luftschnappens hat den Werth des Pferdes erheblich be¬ 
einträchtigt. Nach meinem Erachten hat deshalb das Pferd einen 
Werth von höchstens 60 M. gehabt. 

Vom Beklagten wird in dem Schriftsatz Bl. 209 d. A. unter 
Beweis gestellt, dass das Pferd den Fehler des Koppens von 
jeher gehabt, aber deshalb keine Krankheitserscheinungen ge- 
äussert und insbesondere eine Kolik nie gezeigt habe. Es sei 
stets gesund und gut genährt gewesen. 

Gutachten. 

Das „Koppen“ ist eine Untugend, bei welcher die Pferde 
zeitweise den unteren Theil des Kopfes stark gegen den Hals 
heranziehen und atmosphärische Luft schneller und heftiger als 
beim gewöhnlichen Einathmen in die Rachenhöhle und den Kehl¬ 
kopf saugen. Durch das kurze und eigenartige Einathmungsspiel 
kommt hierbei im Kehlkopf ein Geräusch zu Staude, welches in 
der Pferdekunde als „Koken“, von den Laien auch zuweilen 
als „Rülpsen“ bezeichnet wird. Nach ihrer Genesis 
characterisirt sich die Untugend als eine Spielerei, welche einzelne 
Pferde sich nach und nach angewöhnen. 

Hinsichtlich der Art, in welcher die Pferde das Koppen aus¬ 
üben, wird die Untugend unterschieden: 

1. Als Krippensetzen, Aufsetzen (von den Laien auch Krippen- 
beissen genannt), wobei die Pferde den Kopf mit den Schneide¬ 
zähnen oder mit dem Kinn gegen den vorderen Rand der Krippe 
oder auf einen auderen festen Gegenstand stützen und bei 
starker Beugung der Genickpartie atmosphärische Luft durch 
kurze und heftige Einathmung zur Erzeugung des kökeuden Ge¬ 
räusches in den Kehlkopf saugen; 

2. Als Freikoppen, Luftkoppen (von den Laien auch wohl 
Luftschnappen, Windschnappen genannt), wobei die Pferde den 
Kopf, ohne ihn mit den Schneidezähnen oder mit dem Kinn auf 
einen festen Gegenstand zu stützen, in der Genickpartie beugen 
und im Uebrigen durch eigentümliche Muskelcontractionen, 
wie in dem Falle zu 1 das kökende Geräusch im Kehlkopf 
erzeugen. 

Es ist oft in der tierärztlichen Litteratur behauptet worden, 
dass alle mit dem Koppen behafteten Pferde bei der Ausübung 
der Untugend Luft verschlucken sollen. In Wirklichkeit ergiobt 
aber die sorgfältige und sachkundige Beobachtung, dass in der 
grossen Mehrzahl der Fälle beim Koppen keine atmosphärische 
Luft in den Magen der betreffenden Pferde gelangt. Nur bei 
eiutm kleinen Theil von den mit der Untugend behafteten 
Pferden erfolgt während des Koppens eine Aspiration von atmos¬ 
phärischer Luft in den Magen, wie ich an einem grossen Be- 
obachtung8material festgestellt habe. Sowohl bei dem ad 1. vor¬ 
stehend definirten Krippensetzen, wie bei dem ad 2. erklärten 
Freikoppen (Luftkoppen, Luftschnappen) kann Luft verschluckt 
werden. In den überwiegend häufigsten Fällen wird aber sowohl 


in dem Falle ad 1. wie in dem Falle ad 2. der obigen Definition 
keine Luft in den Magen aspirirt. 

Einen erheblichen Nachtheil für die Gesundheit und die 
Gebrauchstüchtigkeit der Pferde hat das Koppen nur dann, wenn 
atmosphärische Lnft verschluckt wird. Denn hierdurch wird eine 
mangelhafte Ernährung oder auch wohl die Erkrankung an einer 
schwer heilbaren oder tödtlichen Kolik des betreffenden Pferde« 
bedingt. Dagegen erleiden die Pferde, welche beim Koppen 
(Krippensetzen oder Freikoppen) keine Luft in die Speiseröhre 
und den Magen aspiriren, auch keine Beeinträchtigung ihrer 
Gesundheit und Diensttauglichkeit zu der gewöhnlichen Arbeits¬ 
leistung. 

Mehrfach und zwar besonders in der älteren thierärztlichen 
Literatur ist behauptet worden, dass die Untugend des Koppen« 
deshalb, weil die betreffenden Pferde bei ihrer Betätigung 
gelegentlich der Futteraufnahme einen kleinen Theil des Hafer« 
verstreuen, die Eigenschaft eines erheblichen Mangels besitzen 
soll. Diese Ansicht deckt sich aber mit der allgemeinen Auf¬ 
fassung der Pferdebesitzer nicht Das Verstreuen von Futter 
beim Koppen ist erfahrungsgemäss unwesentlich, nnd es wird 
demselben für die Ausnutzung der Leistungen eines Gebranchs¬ 
pferdes keine Bedeutung beigelegt. 

In der Literatur wird auch bisweilen die Meinung aus¬ 
gesprochen, dass, wenn ein mit dem Koppen behaftetes Pferd im 
Stalle zwischen anderen und namentlich jüngeren Pferden stehe, 
letztere sich durch Nachahmung die Untugend aneignen sollen. 
Auch diese Meinung ist nicht begründet und steht insbesondere 
mit der thatsächlichen Erfahrung nicht im Einklänge. Ich habe 
sehr oft in grösseren und kleineren Pferdebeständen sowohl bei 
städtischen Eigentümern wie bei Gross- und Kleingutsbesitzern 
beobachtet, dass ein das Koppen in der Art des Krippensetzens 
oder in der Art des Freikoppens oft und leidenschaftlich aus¬ 
übendes Pferd mehrere Jahre hindurch mit jungen oder älteren 
Pferden in demselben Stalle stand, ohne dass bei einem der letzt¬ 
gedachten Pferde sich die Untugend später ausgebildet hat 

Nach der Anschauung der meisten Besitzer gelten aber 
werthvoUe Pferde, welche sich das Koppen angewöhnt haben, 
deshalb als mangelhaft, weil in Folge des bei der Untugend er¬ 
zeugten lauten kökenden Geräusches den Interessenten das Ver¬ 
gnügen an dem Besitz solcher Thiere verleidet wird. Entsprechend 
dieser allgemein verbreiteten Ansicht erleiden diejenigen Pferde, 
welche wegen ihrer Vorzüge, insbesondere wegen der Schönheit 
ihrer Körperformen in hohem Preise stehen und neben ihrem 
Gebrauchswerte noch einen Luxuswerth besitzen, eine erheblich« 
Werthminderung. 

Wenn aber der Werth eiues Pferdes sich lediglich oder doch 
in der Hauptsache nach der Leistungsfähigkeit beim Gebrauch 
als Lastpferd, Ackerpferd, Wagenpferd oder Reitpferd bestimmt, 
so beeinträchtigt die etwaige Untugend des Koppens bei dem¬ 
selben, sofern keine Luft in die Verdauungswege eingesogen 
wird, weder den ordentlichen Dienstgebrauch noch die entgeltliche 
Veräusserung. Dagegen ist eine wesentliche Verminderung des 
Werthes auch bei solchen Pferden dann vorhanden, wenn eie 
beim Koppen atmosphärische Luft in den Magen bringen. 

Das hier streitige Pferd ist für 165 M. an die Klägerin ver¬ 
kauft worden. Regelmässig werden im Handel und Verkehr zu 
diesem relativ geringen Preise nur Pferde veräussert, welche zum 
Arbeitsdienste Verwendung finden sollen und einen besonderen 
Luxuswerth nicht besitzen. Demnach kann sich durch die Un¬ 
tugend des Koppens, welche Bchon zur Zeit des Kaufes und der 
Uebergabe vorhanden war, der Werth des in Rede stehenden 
Pferdes nicht verringern. Wenn aber nachgewiesen wäre, das« 
die von dem Pferde in die Rachenhöhle aufgenommene Luft theil- 


Digitized by LaOOQie 


6. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


471 


weise in den Magen verschluckt wird, so müsste allerdings ange¬ 
nommen werden, dass der gemeingewöhnliche Werth des Pferdes 
durch die Untugend des Koppens (Lnftschnappens) wesentlich 
beeinträchtigt worden ist. 

Nach den Untersnchnngsberichten des Sachverständigen N. 
liat das hier streitige Pferd bei der Ausübung des Koppens den 
Kopf nicht auf einen festen Gegenstand, insbesondere nicht auf 
den vorderen Rand der Krippe festgestellt. Dasselbe war dem¬ 
nach mit der Untugend des Freikoppens (Luftschnappen, Wind¬ 
schnappen, Luftkoppen) behaftet. Dass das Pferd aber bei der 
Untugend Luft in den Magen herabgeschluckt hat, lässt sich ans 
den Angaben des Sachverständigen nicht schliessen. Denn beim 
Verschlucken von Luft treibt gewöhnlich der- Darm durch die 
sich ansammelnden Gase auf; der Bauchumfang vergrössert sich 
bis zu dem Grade, dass auch den Laien die Erscheinung auffällt. 
Aoch äussern die Pferde nach dem Verschlucken von Luft 
polternde DarmgeräuBche mit reichlicher Entleerung von Gasen 
aus dem Mastdarm, gewöhnlich auch Kolikschmerzen mit Ver¬ 
stopfung des Darmes und Auftreibung (Meteorismns) des Bauches. 
Die Bekundungen des N. besagen indess nicht, dass bei dem 
streitigen Pferde eine der vorgedachten Erscheinungen beobachtet 
worden ist. Aus der Bethätignng des Koppens für sich allein 
schon folgern zu wollen, dass die betreffenden Pferde Luft aus 
dem Schlundkopf in den Magen bringen, ist nicht berechtigt 

Die vom Beklagten in dem Schriftsätze vom 29. Juni d. J. 
(Bl. 209) behauptete Thatsache, dass das streitige Pferd trotz der 
seit langer Zeit vorhandenen Untugend des Koppens bis zum 
Verkaufe niemals an einer Krankheit gelitten und insbesondere 
keine Kolik gezeigt habe, würde, wenn sie erwiesen wäre, ge¬ 
eignet sein, dem schon nach Lage der Sache ausreichend be¬ 
gründeten Gutachten von der Unerheblichkeit des Lnftschnappens 
(Koppens) eine weitere objective Unterstützung zu verleihen. 

Die Untugend des Koppens, und zwar sowohl des Krippen¬ 
setzens, wie des Freikoppens, wird nur zeitweise von den Pferden 
bethätigt. Es können mehrere Stunden darüber vergehen, bevor 
die betreffenden Pferde dieselbe äussern. In der Zwischenzeit 
ist aber nicht zu erkennen, dass sich ein Pferd das Koppen an¬ 
gewöhnt hat. Selbst bei dem eigentlichen Krippensetzen, bei 
welchem das Schneidezahngebiss des Oberkiefers oder des Ober¬ 
und Unterkiefers sich am vorderen Rande der Krippe abschleift, 
giebt es keine characteristische Erscheinung. Denn das Ab¬ 
schleifen der Zähne kommt auch vor bei Pferden, welche die 
Spielerei des „Wetzens“ oder des „Nagens“ sich angewöbnt 
haben uud keine Krippensetzer sind. Der Befund von ab¬ 
geschliffenen Schneidezähnen kann deshalb wohl den Verdacht 
des Koppens erregen, das Vorhandensein der Untugend aber nicht 
mit Sicherheit dartbun. Bei dem hier streitigen Pferde, bei 
welchem nach der Aussage des Sachverständigen N. die Untugend 
des Luftschnappens (Freikoppen) besteht und das Schneidezahn¬ 
gebiss keine Anomalie zeigt, war demnach nicht einmal der Ver¬ 
dacht des Koppens erkennbar. 

Hiernach lässt Bich die allgemeine Behauptung, dass der 
Fehler des Luftschnappens für einen Pferdehändler in die Augen 
fallend sei, nicht rechtfertigen. Offensichtlich ist für letzteren 
der Fehler nur dann, wenn er die Ausübung der Untugend bei 
dem betreffenden Pferde beobachtet. Aus den Acten ergiebt sich 
aber nicht, dass der Bevollmächtigte der Beklagten, wenn er die 
gemeingewöhnliche Aufmerksamkeit nicht ausser Acht liesB, 
gelegentlich des Ankaufes auf dem Markte zu S. bei dem streitigen 
Pferde die Untugend des Freikoppens oder Luftschnappens hat 
wahrgehmen können. 

Ich re8umire mein Gutachten dahin: 

1. Der Regel nach ist ein Pferd, für welche sein Kaufpreis von 


nur 165 M. gezahlt wird, durch den Fehler des Lnftschnappens 
(Koppen, Freikoppen, Luftkoppen) nicht minderwertig; 

2. Wenn aber ein solches Pferd bei der Ausübung des Lnft¬ 
schnappens Luft in den Magen verschluckt, so wird der Werth 
desselben durch die Untugend erheblich beeinträchtigt; 

3. Aus den Bekundungen des Sachverständigen N., ins¬ 
besondere aus der protokollarischen Erklärung desselben vom 
22. Juni 1896 (Bl. 201 D. A.) lässt sich nicht schliessen, dass 
das streitige Pferd bei der Ausübung des Luftschnappens atmo¬ 
sphärische Luft in den Magen herabgeschlnckt hat; 

4. Es kann aus den Acten nicht erwiesen werden, dass der 
Fehler des Luftschnappens bei dem streitigen Pferde gelegentlich 
der Kaufverhandlungen für einen Pferdehäudler offensichtlich 
gewesen ist. 

Berlin, den 18. September 1896. Dr. Di eckerhoff. 


Inverkehrbringen der Milch von tuberculösen und 
tuberculo8everdächtigen Kühen. 

Von 

Fenner - Lübeck, 

Polizei-Tblerarxt. 

Als erwiesen ist zu betrachten, dass aus dem Euter einer 
„gesunden Kuh“ keimfreie Milch ansgeschieden wird. Ebenfalls 
ist festgestellt, dass die Kuhmilch als vorzüglicher Nährboden 
für Keime verschiedenster Art ausserhalb des Euters Krankheits¬ 
keime aufnimrat und dann als Träger dieser Krankheitsstoffe 
durch den Genuss gesundheitsschädlich werden kann. Abgesehen 
von der grossen Unsauberkeit, mit welcher leider das Milch¬ 
geschäft heute noch betrieben wird, wodurch Schmutz und 
sonstige im Kothe befindlichen Infectionsstoffe in die Milch 
gerathen und durch den Genuss die menschliche Gesundheit 
beschädigen können, dürften als durch Milch übertragbare 
Menschenkrankheiten insbesondere zu nennen sein: „Typhus, 
Cholera, Scharlach, Diphtherie, Masern.“ Die Erreger letzterer 
Krankheiten werden mit der Milch durch directe Berührung mit 
kranken Menschen oder infectiösen Gegenständen, durch die 
Luft und durch infectiöses Wasser übertragen und offenbaren 
nun ihre Gesundheitsschädlichkeit. Gegen diese Art der Fort¬ 
pflanzung von Krankheitskeimen durch die Milch ausserhalb des 
Kuheuters lassen sich leichter durchgreifende Massregeln zur 
Verhütung von Seuchen treffen als bei den Krankheitserregern, 
welche der Milch schon im Euter der Kuh anhaften, also in 
den Fällen, wo die Milch schon im Euter der Kuh in Folge der 
Erkrankung des Thieres inficirt ist. Ich gehe nicht näher auf die 
Milch ein, die von mit Maul- nnd Klauenseuche, Milzbrand, 
Lungenseuche, Wuth und mit sonstigen Krankheiten behafteten 
Kühen stammt, sondern komme sogleich auf die Milch von tuber¬ 
culösen nnd tuberculoseverdächtigen Kühen zu sprechen. 

Es ist bekannt, dass nicht allein die Kuhmilch, welche In- 
fectionBkeime ausserhalb des Euters aufgenommen hat, sondern 
auch die schon im Enter inficirte Milch meistentheils in keiner 
Weise ihr Aussehen und ihren Geschmack ändert. So lange also 
die Milch nicht ein unverändertes Aussehen hat, wird sie an¬ 
standslos als Nahrungsmittel für Menschen in den Verkehr 
gebracht. Hierin liegt aber gerade die grosse Gefahr in Betreff 
Inficirung der Menschen durch Rindertuberculose, weil weder 
der Sachverständige noch der Laie der frischen Kuhmilch 
makroskopisch anseben kann, ob sich Tuberkelkeime in ihr 
befinden oder nicht; ebensowenig lassen sich durch Geschmack 
oder Geruch der Milch diese Krankheitserreger erkennen. 

Durch den von Koch erbrachten Nachweis der Identität der 
Rindertubercnlose mit der Tuberculose des Menschen wird ganz 
besonders in letzterer Zeit auf Grund der erschreckenden Tuber- 


Digitized by ijOOQie 



472 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


culoseverseuchung des deutschen Rindviehbestandes die Frage 
immer besorgnisserregender, inwieweit der Mensch die Taber- 
calose durch den Genuss roher Kuhmilch erwerben kann. 

Obwohl Gerlach schon durch Fütternngsversuche die Ueber- 
tragbarkeit der Rindertuberculose durch rohe Milch bewiesen 
hat und nach ihm sehr viele Forscher zu demselben Resultate 
gekommen sind, mehrere sogar die Milch tuberculöser Kühe für 
eine Ursache der primären Darmtuberculose der Kinder erklären, 
so ist es heute als zweifellos zu betrachten, dass die Tuber- 
culose der Kühe auf Menschen durch den Milchgenuss übertrag¬ 
bar ist. Gustav Petersen theilt in „Thiermedicinische Vor¬ 
träge von Schneidemühl 1892, S. 13“ mit, dass Hirschberger 
die Frage auf experimentellem Wege zu lösen suchte, wie oft 
tuberculöse Kühe tuberculöse Milch liefern und ob dieses nur bei 
genereller oder auch bei localer Tuberculöse der Fall ist. Bei 
Injectionen tuberculöser Milch in die Bauchhöhle von Meer¬ 
schweinchen trat in 55 pCt. allgemeine Tuberculöse der Bauch¬ 
organe ein. Milch von Kühen mit localisirter Tuberculöse war 
in 33 pCt., dagegen Milch von Thieren mit allgemeiner Tuber- 
culose fast stets infectiös. Bei der mikroskopischen Untersuchung 
der injicirten Milch konnte er nur in einem Falle Tuberkel¬ 
bacillen — es lag Eutertuberculose vor — nach weisen, woraus 
er schliesst, dass nicht allein durch die Bacillen, sondern auch 
durch die Sporen die Infectiosität der Milch bedingt wird. 
Hirschberger resultirt weiter, dass die Gefahr der Infection 
durch tuberculöse Milch perlsüchtiger Kühe eine sehr grosse ist 
und sowohl bei localisirter wie genereller Tuberculöse besteht. 
Obwohl dieses Experiment in der Praxis dadurch herabgemindert 
wird, dass der Magen- und Darmsaft eine zerstörende Wirkung 
auf die mit der Milch eingeführten Tuberkelbacillen ausüben 
kann, so ist aber anznnehmen, dass bei der dem Magen einver¬ 
leibten tuberculösen Milch nicht sämmtliche Bacillen zu Grunde 
gehen oder aber die Sporen durch die Magensäure sehr wenig 
angegriffen werden, weil die Erfahrung lehrt, dass unendlich 
viele Kälber und Schweine durch die ungekochte Milch, welche 
sie als Nahrung erhalten, die Tuberculöse acquiriren. Da nun 
aber nach den neuesten Untersuchungen die Milch auch Tuberkel¬ 
bacillen enthalten kann, ohne dass Eutertuberculose vorliegt, 
jedenfalls man aber der Milch einer anscheinend gesunden Kuh 
nichts Krankhaftes ansehen kann, so dürfte es geboten sein, das 
Inverkehrbringen der Kuhmilch als Trägerin und Verbreiterin 
der Tuberculöse in andere Bahnen zu lenken, zumal die schon 
vor vielen Jahren von Bollinger ausgesprochene Vermuthung 
mit der jetzigen Erfahrung übereinstimmt, dass der Begriff 
„Heredität“ in Bezug auf Tuberculöse theilweise auf Milchinfection 
bei Säuglingen zurückzuführen ist. 

Wenn auch in letzterer Zeit nach grossen Anstrengungen 
von Seiten der Thierärzte in mehreren Provinzen und Bundes¬ 
staaten der Centrifugenschlamm als Träger von Tuberkelkeimen 
unschädlich beseitigt wird, und viele Rindvieh- und Schweine¬ 
züchter endlich so weit gekommen sind, den Kälbern und 
Schweinen zwecks Verhinderung derTuberculoseübertragung durch¬ 
gekochte Milch als Nahrung zu geben, so haben aber die fort¬ 
gesetzten Belehrungen, dass alle Menschen (junge und alte) 
Milch nur in sterilisirtem oder gut durchgekochtem Zustande ge¬ 
messen möchten, nicht genügend gefruchtet. 

Die Kuhmilch geniessenden Menschen noch länger mit schönen 
und ermahnenden Redensarten zwecks Selbsthilfe hinzuhalten, 
dürfte durchaus zwecklos sein, denn trotz aller Belehrungen 
müssen viele Sachverständige wahrnehmen, dass unzählige 
Menschen täglich die ungekochte Milch und somit nicht selten 
Tuberkelkeime gemessen, ohne zu wissen, dass Viele hiermit dann 
ihren Todeskeim trinken. Es ist an der Zeit, gegen dieses Un¬ 


wesen Front zu machen, auch in dem Bewusstsein, dass zweck¬ 
entsprechende Massregeln sehr tief in die Interessen der milch- 
producirenden Bevölkerung eingreifen. 

Bei der Benrtheilung der Milch betreffs Tuberculöse mnss 
dem Thierarzte aber jede Parteilichkeit fernstehen, weil er pflicht¬ 
gemäss seine Wissenschaft nicht allein im Interesse der Milch¬ 
viehbesitzer, sondern auch im Interesse der Milchgeniesser practisch 
zu verwerthen hat. 

Meiner Meinung nach kann, so lange die Tuberculöse unserer 
Hausthiere nicht dem Viehseuchengesetze unterworfen ist, in 
Betreff des Inverkehrbringens von Milch nur allein das Reichs¬ 
gesetz betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und 
Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 die rettende Hand 
bieten, und wird sich mit Hilfe dieses Gesetzes jeder Mensch, der 
die in der Kuhmilch liegende grosse Ansteckungsgefahr erkennt, 
sein Recht verschaffen können, damit er vom Verkäufer für sein 
gutes Geld eine gesunde d. h. im gegebenen Falle tuberkelkeim- 
freie Milch erhält, die nicht geeignet ist, die menschliche Ge¬ 
sundheit zu beschädigen oder sogar zu zerstören. Der Milch¬ 
käufer ist stets in dem Glauben, eine Milch von gesunden resp. 
von tuberculosefreien Kühen zu bekommen, und kann sich nicht 
vorstellen, dass eine Milch, an der äusserlich nichts Abnormes 
wahrgenommen wird, Krankheitskeime in sich beherbergen kann, 
die seine Gesundheit beschädigen können. Der Consument muss 
also vom Verkäufer unter allen Umständen eine Milch empfangen, 
die weder „verdorben“ noch „gesundheitsschädlich“ ist, denn 
geradeso wie der Käufer ein verdorbenes oder gesundheitsschäd¬ 
liches Stück Fleisch oder ein sonstiges fehlerhaftes Nahrungs¬ 
oder Genussmittel als vollwerthige Waare mit seinem guten Gelde 
nicht bezahlen braucht, hat auch der Milchkäuter nicht nöthig, 
tuberkelkeimhaltige oder tuberculoseverdächtige Kuhmilch als 
vollwerthig zu bezahlen und als gesund anzunehmen. Der Milch¬ 
viehbesitzer ist bis jetzt durchaus nicht geneigt, den Beweis der 
Tuberkelkeimfreiheit seiner in den Verkehr gebrachten Milch an¬ 
zutreten, sondern er umgeht diesen wunden Punkt in der Milch- 
wirthschaft am liebsten mit Stillschweigen. 

Jeder in der Rindviehpraxis thätige Thierarzt wird es nicht 
selten erfahren, dass ein Milchviehbesitzer die Milch tuberculöser 
oder tuberculoseverdächtiger Kühe roh in den Verkehr bringt, 
obwohl von ihm als Rath ertheilendem Sachverständigen die Ab¬ 
gabe der Milch nur im gekochten Zustande erlaubt wurde. Nach 
dem heutigen Ergebnisse der Tuberculinprobe wird der Thierarzt 
jede typisch reagirende Kuh als tuberculoseverdächtig erklären 
müssen, auch wenn sie äusserlich absolut keine Merkmale der 
Tuberculöse erkennen lässt, woraus gefolgert werden muss, dass 
auch jede auf die Tuberculin-Injection reagirende Kuh Milch liefert, 
die verdächtig ist, Tuberkelkeime zu enthalten. Nicht etwa will 
ich hiermit gesagt haben, dass der Schwerpunkt zwecks Begut¬ 
achtung der Milch in der Tuberkulinprobe liegt, sondern ich stehe 
auf dem Standpunkte, dass zur Erklärung einer tuberkelkeimfreien 
Kuhmilch gehört: 

1. die clinisclie Untersuchung der Kuh, 

2. die Tuberculinprobe, 

3. die bacteriologische Untersuchung der Milch und 

4. im Zweifelfalle die Impfung von Meerschweinchen mit der 
Milch. 

Ist der Milchviehbesitzer bei dem Inverkehrbringen der Kuh¬ 
milch diesen gestellten vier Bedingungen nachgekommeu, und sind 
die Untersuchungen negativ ausgefallen, alsdann kann er erst 
mit gutem Gewissen die Milch als eine tuberkelkeimfreie resp. 
bankfähige Waare abgeben. Wurde aber durch diese Unter¬ 
suchungen, die im engen Zusammenhänge mit einander nnr von 
einem Thierarzte vorzunehmen sind, bei dem Thiere Tuberculöse 


Digitized by LjOOQie 







6. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


473 


oder Tuberculoseverdacht festgestellt, so ist es auch Pflicht des 
Milchviehbesitzers, die zu liefernde Milch von dieser Kuh als eine 
verdorbene oder gesundheitsschädliche Waare anzusehen und sie 
nur in gut gekochtem Zustande (mindestens 85 0 C.) unter Decla¬ 
ration in den Verkehr zu bringen. 

Lässt sich bei einer Tuberkelkeime enthaltenden Milchlieferung 
die Kuh nicht sogleich ausfindig machen, von welcher die kranke 
Milch stammt, so sind alle Kühe des Milchviehbestandes oder 
sämmtlicher Bestände obiger Untersuchung zu unterwerfen, um 
dann mit der Milch jeder einzelnen Kuh sachgemäss zu verfahren. 
Deijenige Milchviehbesitzer aber, der Mischmilch resp. Sammel¬ 
milch abgiebt und seinen Rindviehbestand einer Untersuchung zu 
unterstellen sich nicht bewogen fühlt, kann sich dem Nahrungs- 
mittelgesetze gemäss nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft 
nicht anders vor Unannehmlichkeiten schützen, als dass er die 
Milch seines ganzen Milchviehbestandes, bevor er sie in den Ver¬ 
kehr bringt (Abgabe an die Meierei ist schon Inverkehrbringen!) 
mindestens auf 85 0 C. erwärmt hat und als solche abgiebt. 


Behandlung der Kolik mit Baryum chlorat 

Von 

C. Angersteln-Sternberg, 

Tbierarzt 

Meinen früheren Veröffentlichungen über dies Thema (cfr. 
B. T. W. 1895 : 30 ; 42; 1897: 31) möchte ich folgende Serie von 
Beobachtungen anreihen. 

Verwendet wurde in allen Fällen Bar. chlorat. solut. sterilis., 
bezogen von der Firma Bengen & Co., Hannover. Eine von 
mir dieser Firma zur Verfügung gestellte Dosis, welche mir durch 
ihre röthliche Färbung auffiel, enthielt, wie die Untersuchung 
ergab, eine Beimischung von Eisenchlorid. Infolge dieses Um¬ 
standes verwendet die Firma, wie sie mir mittheilte, zum Füllen 
der Gläschen jetzt Glascanülen, um Eisenbeimischungen, welche 
infolge Röstens der Stahlcanülen eintreten können, zu verhindern. 

Die Applicirung erfolgt in gebrochener Dosis, in Zwischen¬ 
räumen von 8—10—15 Minuten, die Vene wird bei der jedes¬ 
maligen Application frisch angestochen. Zur Hebung von Ver¬ 
stopfungskolik benöthigte ich bei einem schon 2 Tage kranken 
Thier 0,3 -f- 0,4 Ba. In 3 weiteren Fällen je 0,4 -f- 0,3 -+- 0,3; 
in 2 Fällen je 0,4 + 0,3 + 0,3 4- 0,25. Eine ältere Stute, seit 
mehreren Jahren auf dem linken Auge blind, ist seit 12 Stunden 
krank, steht ruhig, liegt zuweilen. Der Puls ist elend, kaum 
fühlbar, Peristaltik sistirt. Das Thier hat 2 Pillen und Clystiere 
bekommen. Es wurde 0,3 + 0,3 f 0,3 + 0,35 Ba. gegeben. 
Da nur geringgradiger Kothabsatz erfolgt, gab ich etwa eine Stunde 
nach der letzten Ba-Gabe 0,1 Arecolin. hydrobromic. subcutan, 
worauf die Darmentleerung, unter starkem Speichelfluss, ergiebiger 
wurde. Etwa eine Stunde später liess ich dem Thier eine Pille 
(Aloe, Tart. stib. und Hydrg. chlorat. mit. in Gelatinekapsel) 
eingeben. Hierbei trat grosse Unruhe ein; als das Pferd bewegt 
werden soll, zeigt es tappenden Gang, stösst mit dem Kopf gegen 
die Stallwände. Das rechte, bis dahin normale Auge zeigt eine 
extensive Erweiterung der Pupille und milchige Trübung der 
Linse. Nach etwa einer Stunde ist der Gang wieder regelmässig, 
die Pupille hat sich etwas verengert, die Linsentrübung ist nicht 
mehr auffallend (Augenspiegel war nicht zur Hand). Ich ver- 
ordnete, da der Zustand des Thieres sich gebessert, Priessnitz- 
umschlag, Clystiere und Eingeben einer Pille nach etwa zwei 
Stunden. Nach acht Tagen erhielt ich den Bericht, das Thier sei 
beim Eingeben der Pille wieder sehr unruhig geworden, hätte 
wieder einen tappenden, watenden Gang gezeigt, sich dann 
niedergelegt und sei nach etwa */a Stunde verendet. Eine Er¬ 
klärung dieser Erscheinungen durch die Section ist mir zu 


meinem Bedauern nicht möglich gewesen. Ich muss daher 
die Frage offen lassen, ob das Arecolin vielleicht hierbei be¬ 
theiligt ist. 

Bei der Behandlung von Wurmkoliken erfolgte einmal nach 
0,4 -4- 0,3 Ba. Entleerung zahlreicher Parasiten; in einem 
anderen Falle bedurfte es nach 0,3 4- 0,4 4- 0,3 Ba. noch 
0,1 Eserin, sulf. 

Bei Windkoliken bewirkte in einem Fall 2 X 0,35 genügende 
Entleerung von Darmgasen. In 3 Fällen mussten je 0,4 -1- 0,3 
+ 0,3 gegeben werden. Eine hochgradige Windkolik wurde 
durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 -j- 0,25 geheilt. Ein stark aufgetriebenes 
Pferd musste nach 0,4 4- 0,3 -f- 0,3 Ba. mittels Trokar behandelt 
werden und erhielt dann noch 0,08 Arecolin, nach Verlauf einiger 
Stunden 0,1 Eserin und später drei Pillen. 

Ueberfutterungskolik wurde zweimal mit je 0,3 Ba. gehoben, 
fünfmal bedurfte es je 0,4 4- 0,3 4- 0,3 und einmal 0,4 -|- 0,3 
-f- 0,3 4- 0,2. Zwei Koliken, verursacht durch Verfütterung von 
frischen, zu Häcksel geschnittenen Roggengarben, wurden durch 
je 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba. gehoben. Ein dritter Fall bei einem 
dreijährigen Füllen, welches vor meinem Eintreffen drei Pillen 
erhalten, bedurfte 0,5 4- 0,35 4- 0,3; danach, weil keine be¬ 
friedigende Wirkung eintrat, noch 0,08 Arecolin. 

Grimmdarmverstopfungen wurden folgende ausschliesslich mit 
Ba. gehoben: 1 Fall durch 0,3 4-0,2; 2 Fälle durch 0,3 4- 0,3; 
2 Fälle durch 0,4 4- 0,3; 8 Fälle durch 0,4 4 - 0,3 -4- 0,3; 1 Fall 
durch 0,5 4- 0,5 (Pferd mit hochgradigem Lungenemphysem!); 
2 Fälle durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,25; 1 Fall durch 0,4 4- 0,3 
4- 0,3 4-0,3; 1 Fall durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,3. Ein 
älterer Wallach erhielt 0,4 4- 0,35 Ba., musste dann mit 0,1 Es. 
weiter behandelt werden, da er sich der Manipulation des Ein¬ 
stechens der Hohlnadel durch Beissen, Schlagen mit den Vorder¬ 
füssen und Niederwerfen widersetzte. Ueberhaupt habe ich des 
öfteren Pferde gefunden, welche bei wiederholtem Einführen der 
Nadel in die Vene dies durch festes Herannehmen des Kopfes zu 
verhindern suchten. 

Ein Pferd erhielt 0,4 4- 0,3 4 - 0,3 Ba. und musste noch 
0,1 Es. subcutan erhalten; ein anderes erhielt dieselben Gaben 
Ba. am ersten Krankbeitstag, am zweiten 3 Pillen und am dritten 
0,1 Es. Eine weitere Grimmdarmverstopfung erforderte 0,4 4- 0,3 
-f- 0,55 Ba. und 0,1 Es. 

Eine alte Stute ist seit zwei Tagen krank, die Beckenflexnr 
ist mit festen, harten Massen angefüllt; da auf 0,3 4- 0,4 + 0,3 Ba. 
nur einzelne kleine Kothballen folgen, wird 0,1 Es. injicirt, hierauf 
erfolgt Abgang von Sandmassen, Torfgrus, Kohlenstückchen, 
Steinen in erheblichen Mengen. Es werden in den nächsten 
24 Stunden neben Klysma 4 Pillen gegeben; dann nach nochmals 
0,4 4- 0,3 Ba. Genesung. 

Ein älterer belgischer Hengst erhielt 0,4 4- 0,5 4- 0,55 Ba., 
darauf nach 4 Stunden 0,1 4-0,1 Es. (zweistündige Zwischenzeit) 
und nach weiteren 18 Stunden 0,3 4- 0,4 4- 0,3 Ba. 

Eine neunjährige Stute ist schon 2 Tage krank, erhält 
0,3 4- 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba. ohne befriedigenden Erfolg, darauf 
2 Pillen, die Darmentleerungen sind nur mässig, der Zustand 
des Thieres bessert sich vorübergehend. 2 Tage lang werden 
Priessnitzumschläge gemacht und Clystier gegeben, am 6. Tag 
injicirte ich 0,08 Arecolin mit gutem Erfolg. 

Ein Ponywallach ist schon mit 0,1 Es. vorbehandelt, die 
Beckenflexnr ist mit harten Kothmassen gefüllt; da das Thier 
schon alt und der Puls äusserst elend und beschleunigt, versuchte 
ich 0,1 -f 0,2 4- 0,3 4- 0,4 Ba., es wurden nur einzelne kleine 
Kothballen von harter Consistenz abgesetzt; nun wurden 2 Pillen, 
Priessnitzumschlag, Clystiere verordnet. Erfolg negativ; 18 Stunden 
nach der ersten Ba.-Injection gab ich 0,1! Arecolin. Der Erfolg 


Digitized by CjOOQie 


474 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


war beängstigend; wässrige Kotbmassen wurden aus dem Mast¬ 
darm förmlich herausgeschlendert und füllten im Lauf der Zeit 
8! Stalleimer, daneben starker Speichelfluss. Das Thier bedurfte 
zu seiner Wiederherstellung 3 Wochen sorgsamster Pflege. Es 
war dies der erste Fall, in dem ich Arecolin. hydrobromic. an- 
wandte, um bei dem meiner Meinung nach unheilbaren Thier die 
Wirkung kennen zu lernen, die dann auch nach etwa 8 Minuten 
eintrat, nachdem schon 2 Minuten nach der Injection der 
Speichelfluss begann. Schweissausbruch habe ich bisher in 
allen Fällen, wo ich 0,08 bezw. 0,1 Arecolin anwandte, nicht 
beobachtet. 

Bei einer vierzehnjährigen, schon 4 Tage kranken Stute war 
vollständige Darmlähmung eingetreten. Auf 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba. 
schwache Peristaltik und geringfügige Entleerung, am folgenden 
Tag 0,1 Es., am nächsten 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba., beide Male zeit¬ 
weise Belebung der Darmbewegung und etwas Dung. Das Thier 
stirbt am 10. Krankheitstag. 

Ein älterer starker Wallach, längere Zeit mit 3 Mais: 1 Hafer 
gefüttert, erkrankt; es werden 0,3 4- 0,4 -t- 0,3 4- 0,25 Ba. 
injicirt. Tod 2 Stunden nach der letzten Injection. Sections- 
ergebniss: Magenruptur, intra vitam waren keine Symptome 
derselben wahrnehmbar. 

Ein neunjähriger Wallach erkrankt plötzlich, Symptome: 
Hacken, starker Schweissausbruch, beschleunigter Puls, geringe 
Peristaltik. Aut 0,3 4- 0,3 4- 0,4 Ba. wird viel dünnbreiiger 
Koth entleert, das Thier wird ruhig. 10 Minuten nach der letzten 
Injection stürzt es plötzlich zusammen und verendet. Das 
Section8ergebniss ist vollständig negativ. 

In mehreren Fällen, wo nach dem Verhalten des Patienten 
auf eine Lageveränderung im Darm zu schliessen war, gab ich 
versuchsweise Ba.: 

Ein zehnjähriger Pony erhielt 0,3 4- 0,3, stirbt nach zwanzig- 
stündigem Kranksein. 

Ein Pferd erhielt 0,5 4- 0,5; ein anderes 0,3 4- 0,4 4- 0,3 
und 0,1 Es. 3 Pferde 1,25 Ba. in fractionirter Dosis; ein Hengst 
1,3 Ba. 

Ein Patient neben 1,4 Ba. noch 0,1 Es. 0,5 Morphium und 
0,1 Es. Ein weiterer Todescandidat 1,0 Ba., am 2. Tag 2 Pillen, 
am 3. Tag 1,55 Ba. 

In oben angeführten 63 Fällen genügte in 48 Fällen die 
alleinige Anwendung des Baryum in Gesammtdosen von 0,3—1,6. 
In den übrigen 15 Fällen mussten neben einer Gesammtdosis 
von 0,7—2,55 Ba. noch Eserin, Arecolin und andere Medicamente 
angewandt werden. 

Ausser 10 unheilbaren Patienten starben von den übrigen 
53 Kolikern 2, nämlich das Pferd mit den Erblindungserscheinungen 
und der plötzlich verendende Wallach. 

Somit ist der Erfolg der Ba.-Behandlung als ein äusserst 
günstiger zu bezeichnen. Auffällig ist nur die so sehr schwankende 
Dosirung und ich glaube des Räthsels Lösung gefunden zu 
haben: Bei genauer Besichtigung der einzelnen Gläschen fand 
ich des öfteren, dass dort, wo die Marke zum Abbrechen der 
zugeschmolzenen Spitze sich befindet, feine Risse im Glase vor¬ 
handen sind. Einige solche Gläschen habe ich längere Zeit auf¬ 
bewahrt und gefunden, dass an diesen Rissen sich ein weisser 
Belag bildete, während die Flüssigkeitsmenge abnahm. Bei der 
Verwendung des Inhaltes solcher Gläser habe ich nun gerade 
grössere Mengen injiciren müssen und kann mich somit nicht 
enthalten, die Aufmerksamkeit der Herren Collegen auf diesen 
Umstand zu richten. 


Referate. 

Infectiöse Tumoren bei Händen. 

Von Bellingham Smith M. B., B. S., u. J. W. Washbourn, M. D. 

(Journ. of Comp. Path. and Terap. 1898. Vol. XL Thl. 1.) 

Als Beitrag zur Uebertragbarkeit von Tumoren veröffent¬ 
lichen die Verff. ihre Beobachtungen, welche sie über diese 
wichtige Frage bei Hunden gemacht haben. Die Infection fand 
beim Begattungsact statt. Ein Hund, welcher am Penis mit 
einem Gewächs behaftet war, begattete zwölf Hündinnen und infi- 
cirte von diesen elf Stück. Nach Verlauf von vier Wochen 
hatte sich in jedem Falle eine Geschwulst in der Wand der 
Scheide gebildet, welche ungefähr einer Stachelbeere ähnelte. 
Die Geschwülste nahmen allmälig zu und erreichten in einigen 
Fällen die Grösse einer Orange. Die Hündinnen waren ver¬ 
schiedenen Alters, die jüngeren weniger stark betroffen als die 
älteren. Die älteste Hündin musste der Krankheit wegen ge- 
tödtet werden. 

Sämmtliche Thiere hatten Blutungen aus der Vagina, in 
keinem der Fälle bestand eitriger Ausfluss. 

Die Entfernung der Geschwülste auf operativem Wege hat 
keinen bleibenden Erfolg, da dieselben recidivirten. Ein gesnnder 
Hund, welcher die afficirten Hündinnen begattete, zog sich die 
gleiche Geschwulstbildung am Penis zu und steckte zwei ge¬ 
sunde Hündinnen beim Begattungsact an. Alle Hunde gehörten 
einem Besitzer. 

Die Geschwülste waren einfach oder multipel. Ihr Prädilec- 
tionssitz bei Hündinnen war die Umgebung des Orificium urethrae, 
sie bildeten sich jedoch auch an anderen Stellen der Scheide ans. 

Wenn die Geschwülste einige Monate alt sind, haben sie 
gewöhnlich das Aussehen gelappter, an der Basis etwas ein¬ 
geschnürter Massen von gelblicher oder purpurrother Färbung. Die 
Consistenz ist weich bis fest, niemals hart. In der Regel hinten 
sie leicht bei der Berührung, wenn sie die Grösse einer Maul¬ 
beere ereicht haben. Auf dem Durchschnitt zeigen die Gewächse 
eine gleichmässige, weissliche Oberfläche. Bei mikroskopischer 
Untersuchung ergiebt sich, dass dieselben hauptsächlich aus ziem¬ 
lich regelmässigen Zellen mit rundlichen Kernen bestehen, ln 
einzelnen Geschwülsten, vermutlich in den schneller gewachsenen, 
sind die Zellen lose geschichtet und haben ihre runde Gestalt 
bewahrt, in andern liegen sie enger aneinander und haben eine 
polyedrische Form angenommen. Ist bei der letzten Art das 
Stroma stark entwickelt und werden durch dasselbe irreguläre 
Alveolarräume gebildet, in welchen die Zellen liegen, so haben 
die Geschwülste das Aussehen epithelialer Neubildungen. In 
vielen Fällen haben sie Aehnlichkeit mit den Alveolar-Sarcomen 
der menschlichen Haut. Zahlreiche Blutgefässe finden sich in 
der Gerüstsubstanz, aber auch zwischen den Zellen. Protozoen 
oder andere Mikroorganismen wurden bei der Untersuchung nicht 
gefunden. 

Metastasen nach den inneren Organen konnten die Verff. 
bei den Sectionen, welche sie an zwei mit den Geschwülsten 
behafteten Hunden gemacht haben, nicht nachweisen. 

Die Behandlung hat nur Erfolg, wenn die Gewächse und ihre 
bereits veräuderte Umgebung in der Schleimhaut excidirt wurden. 

Ueber die bisher gewonnenen künstlichen Uebertragungs- 
versuche wird berichtet, dass die Tumoren nicht nur in die 
Schleimhaut der Geschlechtsorgane, sondern auch in das subcotane 
Bindegewebe verpflanzt werden können. Die durch Inoculation ent¬ 
standenen Tumoren können nach Verlauf einiger Monate ver¬ 
schwinden. 

Die Geschwülste sollen mit demjenigen infectiösen Neu¬ 
bildungen der Haut identisch sein, welche Geissler, Wehr, 
sowie Duplay und Cazin beschrieben haben. 


Digitized by 


Google 




6. October 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 475 


Darniperforation bei einem kolikkranken Pferde durch 
Spulwörmer-Peritonitis. 

Von Docent Franz Konhäuser-Wien. 

(ThlerSntl Centrulbl. 1898, H. J8.) 

Dieser seltene Fall wurde in dem pathologischen Institute 
der Wiener Hochschule beobachtet. Bei Eröffnung des Cadavers 
zeigten sich die Veränderungen einer Peritonitis. Als Ursache 
derselben liess sich Folgendes feststellen: Am Uebergang des 
Zwölffingerdarms in den Leerdarm liegt zwischen den beiden 
Gekrösblättern eine mannskopfgrosse Geschwulst, welche bis an 
den Darm heranreicht. Die Gefässe des Gekröses in der Um¬ 
gebung der Geschwulst sind stark injicirt und am Gekrösansatze 
finden sich in der Serosa des Darmes Blutergüsse. In dem 
breiigen Inhalte des Dünndarmes sind zahlreiche Spulwürmer 
enthalten, und in der Nähe der Geschwulst haben sich die Würmer 
zu einem festen Knäuel zusammengeballt. An der der Geschwulst 
benachbarten Stelle der Darmwand sitzt eine erbsengrosse Oeff- 
nung, welche in die Geschwulst führt und in der ein Spulwurm 
steckt. Die Geschwulst enthält dünnbreiigen Darminhalt und 
mehrere Spulwürmer. Ausser diesem Befunde bestand noch chro¬ 
nischer Magen- und Darmkatarrh. 


inficirten Brodtstückchen werden an Arbeiter (wozu auch Schul¬ 
kinder verwendet werden können) vertbeilt, welche colonnenweise 
über die Felder gehen und die frischen Mäuselöcher mit je einem 
Stückchen beschicken. Das Auslegen der Köder geschieht am 
besten vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang oder bei 
bedecktem Himmel, da das Sonnenlicht die Bacillen vernichtet. 
Eisenbahndämme, Feldraine, Strassengräben müssen ebenfalls 
mit belegt werden, denn hier führen die Mäuse ein noch un¬ 
gestörteres Dasein als im Acker. Die beste Zeit der Mäuse¬ 
tilgung ist das Frühjahr oder der Spätherbst, in welchen 
Jahreszeiten Futtermangel die Mäuse zwingt, das Brod zu 
fressen. 

Werden diese Vorschriften berücksichtigt, so ist der Mäuse¬ 
typhusbacillus ein sicher wirkendes Mittel zur Bekämpfung der 
Feldmäuseplage. 

Neuer Beitrag zur Morphologie und Biologie des 
pathogenen Protozoon (Protamoeba aphthogeues) der 
Manl- und Klauenseoche. 

Von Dr. Gian Piötro Piana und Dr. Angelo Fiorentini 

in Mailand. 


Erkrankung des Orarinms bei einer Stute. 

Von Inv. Mc. Donald M. R. C. V. S., Dufftown. 

(VeterinarUn 1898 H. 590.) 

Ein 15 Jabre altes schweres Arbeitspferd bekam am 15. Fe¬ 
bruar nach Beendigung der Tagesarbeit Kolikschmerzen. Pols 
ziemlich schwach und frequent (60 p. M.), Schleimhäute etwas 
mehr geröthet als normal. Fresslust unterdrückt. Fäces hart 
und mit Schleim bedeckt. Die Stute wurde hiernach sympto¬ 
matisch behandelt. Am folgenden Tage wurden noch hin und 
wieder Hinterleibschmerzen beobachtet. P. 70, A. und T. normal. 
Medication: Infusionen von warmem Wasser in den Mastdarm. Die 
Rectaluntersuchung ergab, dass eine Ob6truction nicht vorlag, 
dagegen liess sich ein umfangreicher Tumor fühlen, welcher sich 
an das Ende des linken Gebärmutterhornes anschloss. Am 
20. Februar ging die Stute ein. Bei der Section stellte sich 
heraus, dass die bei Lebzeiten des Pferdes festgestellte Ge¬ 
schwulst ein entarteter Eierstock war. Derselbe hatte ein Ge¬ 
wicht von 16 Pfund. Die histologische Untersuchung des Ge¬ 
wächses, welche im Laboratorium des Prof. Stockmann aus¬ 
geführt wurde, ergab, dass es vorwiegend fibrösen Character 
hatte. An einzelnen Stellen hatten sich deutlich verknöcherte 
Platten gebildet. Hiernach ist der Tumor zur Klasse der Tera¬ 
tome zu zählen. 

Zur Frage der practischen Verwendbarkeit 
der Mäusetyphnsbacülen, insbesondere des Löifler’sehen 
Bacillus typhi murium. 

Aus dem bact. Laborat. am 'K. K. Thieiarznei-Institut in Wien 
Von Dr. med. F. Brunner. 

(Centrulbl f. B«cU 189«, H. 2.) 

Der Autor berichtet, dass das Mäusetilgungsverfahren nach 
Löffler in Nieder-Oesterreich vielfach mit gutem Erfolge in An¬ 
wendung gekommen sei. Derselbe hänge insbesondere von der 
richtigen Ausführung des Verfahrens ab, weshalb es durcli 
intelligenterePersönlichkeiten überwacht werden müsse. DerLandes- 
aus8chu88 von Nieder-Oesterreich delegire hierzu meistens einen 
Thierarzt. Es empfehle sich, dass sich die Besitzer einer oder 
mehrerer Gemeinden zu gemeinsamer Action zusammenthun. 
Zur Verdünnung der Agarculturen sei aufgekochtes und wieder 
abgekühltes Wasser zu verwenden und als Köder dienen hasel¬ 
nussgrosse Würfel gedörrten Brotes. Mit einem Liter verdünnter 
Cultur lassen sich 2000^ Brodstückchen^durchtränken. Die 


(Centralbl f Bakt. 1898 H 8.) 

Das ergebnislose Suchen nach dem Erreger der Maul- und 
Klauenseuche unter den Schizomyceten hat zur Folge gehabt, 
dass auch Protozoen, welche im Aphtheninhalt nicht selten Vor¬ 
kommen, als Ursache der Krankheit betrachtet worden sind. 
Den Beweis der specifischen Pathogenität dieser Gebilde sind die 
Vertreter der Protistentheorie bis jetzt ebenfalls schuldig ge¬ 
blieben. Man darf wohl auch Forschern wie Löffler und Frosch 
Zutrauen, dass sie auch diese Befunde bei ihren umfassenden 
Untersuchungen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen haben. 

Der 8pecifische Erreger der Seuche ist nach wie vor unbe¬ 
kannt Die Annahme, dass der im vorliegenden Aufsatz be¬ 
handelte animalische Mikroparasit im ursächlichen Zusammenhang 
mit der Maul- und Klauenseuche stehe, bat nach alleu Erfahrungen 
wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Auch gelang es den Verff. 
nicht, zur Stütze ihrer Ansicht die Mikroparasiten zu isoliren 
und mit einer Reincultur derselben die Krankheit zu erzeugen. 
Wenn dieselben die Erfüllung dieser Bedingungen selbst nicht 
für nothwendig erachten, so werden doch die meisten andern 
Vertreter dieser Wissenschaft entgegengesetzter Meinung sein. 

Durch frühere „Untersuchungen über die Aetiologie der epizooti¬ 
schen Aphthe“ (Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII. 1895) haben die 
Verff. schon festgestellt, dass in der Aphthenflüssigkeit und in 
den angrenzenden Geweben Körperchen von äusserst va¬ 
riabler Grösse zu finden sind. Dieselben haben eine homo¬ 
gene Substanz, welche sich schwer färben lässt, und erreichen 
kaum den Umfang eines rothen Blutkörperchens vom Rind oder 
Schaf. Im Innern der Protoplasmaklümpchen werden nicht selten 
stark lichtbrechende Kernchen wahrgenommen. Bei Zimmer¬ 
temperatur zeigen die Gebilde eine äusserst lebhafte Bewegung. 

Die Autoren fassen die Ergebnisse ihrer neuen Untersuchungen 
in folgenden Sätzen zusammen: 

1. Im virulenten Materiale der epizootischen Aphthe finden 
sich constant Körperchen, die sowohl von den Elementen des 
Organismus als auch von den Schizomyceten unterschieden werden 
können. 

2. Diese Körperchen können in folgenden Formen beobachtet 
werden: 

a) als winzige Körperchen aus hyalinem Material; färbbar 
mit den in der Histologie zur Tinction der Kerne mit oder 
ohne Vacuole gebräuchlichen Mitteln (nicht ausgenommen die ge¬ 
wöhnlichen Carminlösungen); 


Digitized by kjOOQie 




476 


b) als weniger winzige Körperchen ans fein punktirtem 
Material wie die vorigen färbbar; 

c) als Körperchen aus hyaliner oder punktirter Substanz mit 
oder ohne Vacnolen, grösser als die vorigen, sodass einige 
den Durchmesser eines rothen Blutkörperchens erreichen oder 
sogar übertreffen, fähig lebhafter amöboider Bewegungen auch bei 
einer Temperatur von 15° C.; 

d) als hyaline Körperchen, die im Innern ein oder mehrere 
kleine Körperchen enthalten, welche sich durch grösseres Brech¬ 
vermögen des Lichtes und bedeutendere Aufnahmekraft der 
Farbstoffe unterscheiden; 

e) als Körperchen mit im Innern vollständig segmentirter 
Substanz; 

f) als ovoide Körperchen, von einer Kapsel begrenzt, die in 
frischen Präparaten eine Doppelumrandung, in getrockneten und 
gefärbten eine starke Farbenzone zeigen. 

3) Die mit a, b, c bezeichneten Körperchen finden sich 
constant und zahlreich in den durch Aphthen gesetzten Gewebs¬ 
veränderungen, während die Schizomyceten gänzlich fehlen 
können. 

4. die im Exsudate der epizootischen Aphthe vorfindlichen 
Schizomyceten werden durch eine 15 Minuten dauernde Er¬ 
wärmung bei einer Temperatur von 50—52° C. nicht getödtet, 
wenngleich das aphthöse Virus all seine Activität einbüsst. 

5) Wegen Mangels eines constant in diesen Körperchen 
nachweislichen Kernes müssen dieselben als Moneren classificirt 
werden. Sie schieben wie die primitive Protamöbe Lappen statt 
Pseudopoden vor und vermehren sich wie die Protomyxa aurantiaca 
durch endogene Sporen. 

6. Da die genannten Körperchen das einzige constante parasi¬ 
täre Element in den von der Aphthe befallenen Thieren vor- 
stelleu, müssen sie als die wahren und specifischen Erreger der 
Krankheit angesehen werden. Es könnte demnach die von ihnen 
gebildete Art als Protamoeba aphthogenes bezeichnet werden. 
Dass der pathogene Mikroorganismus der epizootischen Aphthe 
thatsächlich ein Protozoon sei, ist durch die geringe Resistenz 
desselben gegen hohe Temperaturen erhärtet. 

Experimentelle Untersuchungen über Gangrän in der 
Zahnpnlpa und Wandgangrän. 

Von Dr. Joseph Arkövy, Prof, an der Universität in Budapest. 

(Centralbl. f. B»ct l8»8, H. *1 u. »2 ) 

Beim Menschen tritt bekanntlich an den Fundi alveolares 
sehr häufig ein umschriebener cariöser Process auf, der in der 
stomatologischen Pathologie mit der Bezeichnung Abscessus 
alveolaris chronicus belegt wird. Die Ursachen dieser hart¬ 
näckigen Krankheit waren trotz vieler Untersuchungen noch 
immer in Dunkel gehüllt. Durch zeitraubende und mühsame 
Arbeiten ist es dem Verf. nachzuweisen gelungen, dass die 
Krankheit durch einen Bacillus verursacht wird, welchem er den 
Namen Bac. gangraenae pulpae gegeben hat. Der Mikro¬ 
parasit ist dem Formenwechsel unterworfen. Auf Gelatine 
bildet er gewöhnlich 4 lange Stäbchen mit scharf geschnittenen 
Enden, einzeln auftretend oder in Kettenform aneinandergereiht. 
Charakteristisch ist das häufige Vorkommen von paarigen Stäbchen, 
die einen stumpfen Winkel mit einander bilden (Wttrstelform). 
Zuweilen beobachtet man gegliederte Fadenformen. Auf Agar 
bildet sich aus der Stäbchenform eine Kettenform, welche auf 
Gelatine rückgeimpft wieder Stäbchenformen erzeugt Die Stäbchen 
haben eine vorwärtsschreitende, fischartige Bewegung. Die Ba¬ 
cillen tragen zuweilen je eine glänzende, stark lichtbrechende Spore. 

Der Bacillus färbt sich leicht nach Gram, die Kokkenform 
nimmt Methylenblau nur in den Conturen an. Auf Gelatineplatten 
sind 24 Stunden nach der Aussaat kleine weisse Colonien ge- 


No. 40. 

wachsen, welche mikroskopisch wie Mehlstanb aussehen; in 
30 Stunden wird die Platte verflüssigt, wobei ein stinkender käse¬ 
artiger Geruch bemerkbar ist. Die Reaction ist stark alkalisch. 
Bei Luftabschluss im Gelatinestich bleibt die Verflüssigung ans. 
Der Bacillus ist facultativ anaerob, sein Temperatnroptimum liegt 
bei 37,5—39,5°. 

Am besten gedeiht der Bacillus auf der Zahnpulpa, wobei 
auch der spec. Gangrängeruch entsteht, welcher auf anderen Nähr¬ 
böden anders geartet ist. 

Werden Zähne von lebenden Menschen mit dem Bac. 
gangraenae pulpae geimpft, so bilden sich die charakteristischen 
gangränösen Veränderungen der Pulpa unter Ver¬ 
breitung des charakteristischen Gangrängernchs aas. 

Der Bacillus vermag auch in die harte Zahnsnbstanz ein¬ 
zudringen. Am 26. September 1894 wurden drei extrahirte, 
cariesfreie Incisivi in eine Agarcultur von Bac. gangraenae 
pulpae gebracht. Am 25. November 1895 war die Cementsubstanz 
dieser Zähne cariesartig erweicht und bräunlich gefärbt. Die 
Dentincanälchen waren erweitert und mit dem Bac. gangraenae 
pulpae besetzt. 

Dieselben B icillen wurden vom Verf. auch bei Wundgangrän 
und Decubitus uacbgewiesen. Gemäss seinen morphologischen 
und biologischen Eigenschaften ist der Parasit zur Proteusgruppe 
zu stellen. 

Sollte der Bac. gangraenae pulpae nicht die einzige Ursache 
der Pulpagangrän und des Abscessus alveolaris cbron. sein, so 
ist doch festgestellt, dass er diese Kraokheitsprocesse ohne Mit¬ 
wirkung anderer Parasiten oder Einflüsse erzeugen kann. Der 
Therapie dieser fatalen Zahnleiden ist daher durch die Unter¬ 
suchungen des Verf. eine bestimmte und klare Richtung gegeben. 

Kleine Mittheilnngen. 

Gehirnerkrankung hol Rindern. 

Districtsthierarzt Berndorfer (W. f. Thierhlkd. No. 17) 
wurde 23mal zur Behandlung einer Gehirnaffectiou bei Rindern 
gerufen, während wohl noch mehr Fälle ausser Behandlung 
blieben, weil die Eigenthümer die Krankheit allgemein für die 
Drehkrankheit hielten. Die Fälle ereigneten sich sämmtlich im 
Juli und August. Die Thiere frassen einige Tage schlechter, 
dann hielten sie plötzlich den Kopf unter den Barren und wollten 
ihn nicht mehr emporheben. Ein Auge wurde trübe und begann 
zu thränen. Die Symptome hörten plötzlich auf. Die Thiere 
wurden wieder ganz munter, um nach 5—6 Tagen in den alten 
Zustand zurückzufallen. Die Therapie hatte wenig Erfolg- 
Nach dem 2. Anfall wurden die Thiere meist geschlachtet. Trotz 
aufmerksamster Oeffnung des Gehirns konnten Wurmblasen nicht 
gefunden werden. Eine allgemeine Hyperämie war das einzige 
Merkmal. 

Das Leben losgetrennter Gewebe. 

Busse hat bei der Untersuchung von Nasenpolypen wiederholt 
beobachtet, dass selbst bis 18 Tage nach der Exstirpation 
die FJimmerepithelien noch Bewegung zeigten. Auch rothe Blut¬ 
körperchen, Leukocyten, Muskeln erhalten längere Zeit ihr Leben. 
An Spermatozoen sah Busse nach 14 Stunden, nachdem sie der 
Samenblase eines todten Meerschweinchens entnommen waren, 
Bewegung. (Med. Ctrlbl. No. 42; Anacker’s Thierarzt) 

Otorrhoe beim Pferde. 

Im Sommer wurde bei mehreren Pferden Otorrhoe beobachtet. 
Es bestand eiterähnlicher Ausfluss aus der Ohrmuschel. Der 
Process heilte in 14 Tagen bei einfachem Ausspülen mit Borsättr« 
und Alaunlösung. (Wschr. f. Thierhlkd.) 

Gelenkrheumatismus bei Schweinen. 

In einer Schweinezucht trat im Monat Mai bis August bei 
8ämmtlichen Sauen binnen zwei Tagen nach dem Ferkeln trotz 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQle 



6. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


477 


ungehinderten Abganges der Nachgeburt Gelenkrheumatismus 
auf. Der Uterus wurde ausgespült und es wurden Gaben von 
Natrinmsalicylicum verabreicht. Vom August ab wurde pro¬ 
phylaktisch sämmtlichen trächtigen Sauen täglich 5 g acid. 
salicyl. gegeben, worauf weitere Fälle nicht vorkamen. Eins 
der am Rheumatismus erkrankt geweseneu Schweine zeigte im 
October einen neuen Anfall. Als man ihm dabei etwas eingeben 
wollte, stürzte es vor Aufregung todt zu Boden. Bei der 
Section ergab sich: Riss in der Lungenarterie, Herz fast um das 
Doppelte vergrössert mit ausserordentlicher Vergrösserung und 
Wucherung der Tricuspidalis, die so gross war, dass sie die 
rechte Vorkammer ganz ansfüllte. Ausserdem bestand eine 
eitrige Nieren- und Nierenbeckenentzündung, und diese letztere, 
sowie auch Klappenwucherungen des Herzens fanden sich bei 
allen krank gewesenen Schweinen, die im Laufe der nächsten 
Zeit geschlachtet wurden. (Wschr. f. Thierhlkd. 22, 1898.) 

Tagesgeschichte. 

Protokoll 

über die Herbst-Generalversammlung des Vereins Rhein- 
preussischer Thierärzte am 22. September in Düsseldorf. 

Mit Rücksicht auf die Tagung der Naturforscher- und Aerzte- 
Versammlung hatte der Verein beschlossen, seine Herbst-General¬ 
versammlung iu Düsseldorf abzuhalteu. An der Versammlung 
nahmen 37 Collegen Tlieil, unter denen sich auch Herr Geheim¬ 
rath Prof. Dr. Esser, Ehrenmitglied des Vereins, sowie Herr 
Kreisthierarzt Imminger aus Würzburg befanden. 

Der Vorsitzende, Departementsthierarzt Dr. Schmidt, er- 
öffnete die Versammlung und begrüsste die Erschienenen auf das 
Herzlichste. Sodann macht er Mittheiluug von dem Ableben der 
Mitglieder, Departementsthierarzt Pech-Trier und Junkers- 
Düsseldorf, deren unerwartetes Hiuscheiden von Allen auf das 
Tiefste bedauert wurde, und ersuchte die Anwesenden, sich zum 
ehrenden Andeukeu an die verdienten Collegen von ihren Sitzen 
zu erheben. 

Der Vorsitzende erinnerte nunmehr daran, dass im nächsten 
Jahre der internationale thierärztliche Congress in Baden-Baden 
tagen werde, der ohne Zweifel reichlicher Geldmittel zu seinen 
Vorbereitungen bedürfe. Schon hätten von allen Seiten die 
Vereine Beiträge gezeichnet, und es dürfte an der Zeit sein, dass 
auch wir uns schlüssig machten, ob und welchen Beitrag wir be¬ 
willigen wollten. Auf Antrag Dr. Lothes beschliesst der Verein 
einen Beitrag von 200 Mk. zu bewilligen. 

Das Referat zu Punkt II der Tagesordnung hatte Departements¬ 
thierarzt Koll übernommen, war jedoch am Erscheinen verhindert 
und hat sich bereit erklärt, in der nächsten Versammlung sein 
Versprechen zu erfüllen. 

Dr. Lothes nimmt nun das Wort und führte aus, dass Koll 
die Absicht gehabt hätte, über die Stellung der Thierärzte bei 
der Pferdezucht zu sprechen. Wie s. Zt. in der Berliner Thier¬ 
ärztlichen Wochenschrift mitgetheilt worden sei, habe der Aus¬ 
schuss für Pferdezucht ihn (Redner) als ständiges Mitglied bei 
den Pferdeschauen- und Präraiirungen — und den Departements¬ 
thierarzt Koll als Stellvertreter ernannt. Wenn berücksichtigt 
würde, wie wir Thierärzte bis jetzt grundsätzlich aus den Kör- 
coramissionen als vollwertbige Mitglieder ausgeschlossen gewesen 
seien, müsse diese Thatsache als ein erfreulicher Schritt zur An¬ 
bahnung besserer Verhältnisse bezeichnet werden. Er habe sich 
überzeugt, dass bei vielen Züchtern nicht immer die nötbigen 
Fachkenntnisse vorhanden seien, und ersucht alle Collegen, bei 
thierzüchterischen Fragen sich in den Dienst der Landwirtschaft 
zu stellen, wie es der Ausschuss als Gegenleistung erbeten habe. 

Bongartz betonte, das Errungene könne freudig begrüsst 


werden, aber nur im Sinne einer Abschlagszahlung. Wir dürften 
nicht eher ruhen, bis die Thierärzte in den Körcommissionen 
stimmberechtigte Mitglieder seien und bei allen thierzüchterischen 
Fragen als Sachverständige zngezogen würden. Wie die Ver¬ 
hältnisse in dem grössten Theile der Provinz einmal lägen, gäbe 
es bei dem zerstückelten Grundbesitz wenig grössere Züchter, so 
dass es bei den meisten Landwirthen an der erforderlichen Er¬ 
fahrung auf dem Gebiete der Thierzuckt fehle. Er habe sich oft 
überzeugt, dass dieselben sehr geneigt seien, die Rathschläge er¬ 
fahrener Thierärzte entgegen zu nehmen und zu verwertken. 
Wir müssten danach streben, einen ähnlichen Einfluss auf die 
Thierzucht zu gewinnen, wie die Thierärzte in Süddeutschlaud. 

Nachdem Dr. Lothes hervorgehoben, dass auch er das Er¬ 
rungene nicht für ausreichend halte, vielmehr der Meinung sei, 
man müsse danach streben, allmälig weiter zu kommen, wurde 
zu dem dritten Punkte der Tages-Ordnung, „Referat über die 
Sitzung der Centralvertretung“, übergegangen. 

Referent Dr. Lothes erstattet ausführlichen Bericht und freut 
sich, mittheilen zu können, dass die Beschlüsse sich fast decken 
mit dem Resultat der Berathungen in der Frühjahrs- 
Generalversammlung. Nur in Bezug auf die Erhöhung der 
Tagegelder und die Versetzung der Kreisthierärzte in die sechste 
Rangklasse sei die Centralvertretung weiter gegangen. So viel 
bis jetzt bekannt geworden, dürften wir auf Entgegenkommen 
seitens der Königlichen Staatsregierung hoffen. 

Von grosser Wichtigkeit sei auch die Gründung einer 
Unterstützungskasse für Thierärzte. Herr Pro fessorDr. Sch m alt z 
habe zu diesem Zweck einen Statutentwurf mit grosser Sorgfalt 
ausgearbeitet, der mit einigen geringen Aenderungen angenommen 
worden sei. Endlich habe die Centralvertretung sich auch be¬ 
fasst mit der Frage, wie den Thierärzten die Unfall- und Haft¬ 
pflicht-Versicherung billiger zugänglich gemacht werden könne 
und wie die Stellung der Sanitätsthierärzte gesetzlich zu regeln 
sei. (Da die „Thierärztliche Wochenschrift“ hierüber ausführlich 
berichtet hat, muss der Raumersparnis halber darauf verwiesen 
werden.) 

Der Vorsitzende dankte dem Redner für das ausführ¬ 
liche Referat und ging nun zum letzten Punkte der Tages- 
Ordnung über: „Mittheilungen aus der Praxis“. 

Zunächst theilen mehrere Collegen ihre Erfahrungen bezüg¬ 
lich der Jodkaliumbehandlung beim Kalbefieber mit, die durch¬ 
weg erkennen lassen, dass die Resultate günstig gewesen sind; 
denn im Ganzen kommen etwa 50 bis 70 pCt. Heilungen heraus, 
während Nachtheile nicht beobachtet wurden. Ebenso günstig 
waren die Ergebnisse der Atropin-Morphium-Einspritzungen bei 
Schulter- und Hüftlahmheiten. In Bezug auf die Chlorbaryum- 
verwendung bei Kolik lagen Erfahrungen über mehr als 100 Fälle 
vor, die durchweg gute Ergebnisse geliefert hatten. Zum 
Schlüsse bringt Stelkens - Straelen eine eigene Art des 
Castrirens der Kühe zum Vortrag; er benutzt zur Erweiterung 
der Scheide den Gerlach'sehen Dilatator und schneidet den 
Eierstock mit einer eigens dazu construirten geballten Scheere 
ab, wobei keinerlei Blutung vorkommt. 

Da eine Einladung der städtischen Schlachthof-Verwaltung 
zur Besichtigung der neuen Schlachthofanlagen vorlag, schloss 
der Vorsitzende die Sitzung und es wurde nunmehr zum 
Mittagessen geschritten, das unter reger Damenbetheiligung 
einen animirten Verlauf nahm. Bei demselben brachte der Vor¬ 
sitzende den mit Begeisterung aufgenommenen Kaisertoast aus, 
Imminger brachte in launiger süddeutscher Art ein Hoch auf 
die Damen. Bongartz feierte die Ehrengäste, insbesondere den 
um den thierärztlichen Stand so hochverdienten Geheimrath 
Dr. Esser. Letzterer dankte und trank 'auf das Wachsen und 


Digitized by LjOOQie 




478 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Blähen des Vereins. Damit hatte die officielle Sitzung ihr Ende 
erreicht nnd der Nachmittag wurde zur Besichtigung der 
Schlachthofanlagen verwandt. Bongartz. 

Protokoll 

über die 37. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen 
am 12. Juni 1898 zu Danzig. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches. Der Verein bewilligt einem in Noth 
gerathenen Collegen 50 Mk. Unterstützung und für die Kosten 
des thierärztlichen Congresses zu Baden 200 Mk. 

2. Rechnungslegung. 

3. Statutenänderung. Der § 20 der Statuten, betreffend 
Einrichtung eines Ehrenrathes, wird einstimmig aufgehoben. 

4. Bericht über die Plenarversammlung der Centralvertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens am 21. Mai 1898. 

Referent: Herr Departementsthierarzt Preusse. 

5. Die Bekämpfung der Tuberculose nach Bang’schem Ver¬ 
fahren. 

Der Referent Herr Kreisthierarzt Nolte-Berent berichtet 
über die von ihm mit Herrn Departementsthierarzt Preusse 


zusammen ausgefdbrte Tilgung der Tuberculose auf einem Gute 
mit 31 Rindern am 27. 10. 1897. 

Entsprechend der Reaction und sichtbaren Krankheits¬ 
erscheinungen wurden die Thiere in drei streng isolirte Gruppen 
geschieden. Die Kälber erhielten nur gekochte Milch. Die ver¬ 
dächtigen Thiere wurden geschlachtet, bei vier Thieren konnte 
eine Untersuchung nach der Schlachtung vorgenommen werden, 
1 war gesund, drei tuberculös. Im December fanden sich noch 
vier tuberculose Kälber, 14 später geimpfte waren alle gesund, 
und der Viehstand konnte nach Entfernung der verdächtigen 
Thiere als tuberculosefrei angesehen werden. 

In der Discussion wurde die Abneigung der Besitzer gegen 
die strengen Massregeln des Bang’schen Verfahrens, besonders 
die Isolirung, hervorgehoben und zahlreiche Fälle mitgetheilt, in 
denen sehr heftige Reactionen nach der Impfling auftraten, so 
NasenausflusB, Appetitlosigkeit und Durchfälle, die bis 14 Tage 
lang dauerten. 

Als Ort der nächsten Sitzung wurde Danzig gewählt. 

Preusse, Felbaum, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senchenstatistik nnd Veterinärpolizei. 

Influenza In Bayern. 

Es waren 1897 überhaupt betroffen 29 Bezirksämter und un¬ 
mittelbare Städte, 34 Gemeinden und 66 Gehöfte. Es erkrankten 
im Ganzen an Brustseuche 242, an Pferdestaupe 17, an Skalma 
26, zusammen 285 Pferde (gegen 126 im Vorjahre), wovon 17 
starben. 


Influenza nnter den Pferden der preuselsohen Civilbevölkerung im 

Jahre 1897. 

In den einzelnen Monaten waren von der Seuche befallen: 


b i « 
w a 
2 1 2 
2 1 
>(x< 


s 

a 


o. 

C 


3 j 5 

1-5 I 


B 

u 

p 

< 


CO 


4 ) ja 

| § 

« ' > 

° I 


Kreise .... 
Gemeinden (Gutsbezirke)| 
Gehöfte .... 


47' 42 53 
83 75105 


48 : 


39 38 35 


90 73 65, 61 


138111158163120125115 


37; 28 40 52 62 
61 37 59100116 
111 771081-18221 


Die Verluste betrugen in den Regierungsbezirken Königs¬ 
berg 44, Gumbinnen 47, Danzig 52, Marienwerder 33, Berlin 61, 
Potsdam 20, Frankfurt 1, Stettin 32, Köslin 26, Stralsund 18, 
Posen 3, Breslau 6, Liegnitz 3, Oppeln 12, Magdeburg 11, Merse¬ 
burg 15, Erfurt 3, Schleswig 7, Hannover 1, Hildesheim 3, Lüne¬ 
burg 2, Stade 8, Aurich 6, Kassel 17, Wiesbaden 2, Köln 8, 
Trier 4, Aachen 2, Sigmaringen 12, zusammen 459 Pferde gegen 
267 im Voijahre. 


Thierseuchen im Au3lande. II. Quartal 1898. 

Frankreich. 

Von Lungenseuc he wurden 18 Gemeinden der Departements 
Nord und Seine betroffen. Zur Schlachtung kamen 56 Rinder. 
Die Impfung wurde an 164 Rindern angewandt. Der Milzbrand 
herrschte über 34 Departements in 92 Ställen. 

Die Rotz- und Wurmkrankheit kam in 51 Departements 
zur amtlichen Kenntniss. Die Zahl der getödteten Pferde betrug 
216. Eine noch grössere Ausbreitung als im H. Quartal des Vor¬ 
jahres nahm die Tollwuth in diesem Berichtsqnartal. Die wuth- 
kranken Hunde vertheilen sich in den 3 Monaten des Quartals, 


der Reihenfolge entsprechend, auf 96, 103, 106 Gemeinden in 36, 
35, 37 Departements. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde 
beträgt 181 bezw. 216 bezw. 278 = 675 (gegen 599 im Vorjahre). 
Die Maul- und Klauenseuche wurde in 46 Departements mit 
500 Gemeinden festgestellt (im Voijahre in 168 Gemeinden). Die 
Schafpocken herrschten im April in 8, im Mai in 11, im Juni 
in 43 Heerden von 4, 4, 6 Departements. Die Schafräude wurde 
conBtatirt im April in 66 Heerden von 13, im Mai in 46 Heerden 
von 9, im Juni in 61 Heerden von 13 Departements. Der 
Rauschbrand wurde beobachtet im April in 56 Ställen von 
20 Departements, im Mai in 81 Ställen von 27 und im Juni in 
57 Ställen von 28 Departements. Der Rothlauf der Schweine 
trat auf in 6, 13, 13 Departements, die ansteckende Lun ge n- 
und Darmentzündung der Schweine in 18, 15, 10 Beständen 
von 10, 9, 8 Departements. Seuchenfälle sind nicht gemeldet aus 
0, 1, 1 Departements. 

Niederlande. 

Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 65; Rotz und Wurm 14: 
Maul- und Klauenseuche 538; Räude der Einhufer und Schafe 393; 
Schweinerothlauf und Schweineseuche 105; bösartige Klauenseuche 
der Schafe 46. 

Schweiz. 

Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: Milzbrand April 29, 
Mai 27, Juni 26; Rauschbrand April 16, Mai 39, Juni 108; Wuth 
April 35, Mai 4, Juni 1; Rotz und Hautwurm April 4, Mai 2, 
Juni 5; Maul- und Klauenseuche April 1080, Mai 1052, Juni 7082; 
Rothlauf der Schweine und Schweineseuche April 54, Mai 194, 
Juni 142; Räude der Schafe April 0, Mai 2, Juni 351. 

Rumänien. 

Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 7; Wuth 28 Hunde, 
10 Rinder, 1 Pferd, 1 Schwein; Rotz (Wurm) 28; Maul- und 
Klauenseuche 32; Räude der Ziegen 45; Schweineseuche 205. 

Belgien. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: beim Milzbrand 114, 
beim Rauschbrand 65, bei der Tollwuth 47 Hunde, 2 Katzen und 
2 Schafe, beim Rotz 11, ausserdem wurden 46 Pferde in Schlacht¬ 
häusern für rotzkrank befunden, darunter 39 aus England im- 
portirte; ferner wurden 13 Fälle von bösartiger Klauenseuche 


Digitized by LjOOQie 











6. October 1898. 

der Schafe und 1 Fall von Schafräude gemeldet. Die Maul- und 
Klauenseuche ist in 35 Gemeinden, die Lungenseuche gar nicht 
aufgetreten. 

Norwegen. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im April 53, 
im Mai 45, im Juni 32; bösartiges Katarrhalfleber des Rindviehs 
im April 44, im Mai 22, im Juni 30; Rothlauf der Schweine im 
April 47, im Mai 39, im Juni 34; ausserdem wurden im April 2, 
im Mai 5, im Juni 2 Fälle von Rauschbrand und im April 7, im 
Mai 5 und im Juni 16 Fälle von Bradsot der Schafe gemeldet. 

Bulgarien. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug: Milzbrand 9, 
Rauschbrand 1, Tollwuth 26, Rotz 22, Maul- und Klauen¬ 
seuche 340, Schafpocken 67, Räude der Schafe 5, Räude der 
Pferde 2, Rothlauf der Schweine 2, Schweineseuche 4. 

Die Rinderpest und die sibirische Pest in Russland. 

Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrug im 
April 28, im Mai 48, im Juni 455, die der getödteten im April 34, 
im Mai 49, im Juni 142. Der Gesammtverlust belief sich also 
auf 756 Thiere. Als an sibirischer Pest (Milzbrand) gefallen 
wurden gemeldet im April 820, im Mai 3003 und im Juni 7133. 

Nachrichtendienst in Vlehseuohen-Angelegenheiten. 

Dem Sinne nach der in der B. T. W. No. 39 S. 466 ver¬ 
öffentlichten Bekanntmachung betreffend den Nachrichtendienst in 
Viehseuchen-Angelegenheiten für das Königreich Preussen gleich¬ 
lautende Bekanntmachungen sind erlassen worden für die Gross- 
herzogthümer Baden, Sachsen-Weimar, Mecklenbnrg-Strelitz und 
die Herzogtümer Braunschweig und Anhalt. 


Fleisehschan and Yiehyerkehr. 

Die Leberegel und Bandwürmer der Rinder, Sohafe und Sohweine In 
besonderer Rücksioht auf die Fielsohsohau. 

Von Ch. Wardell Stiles, Ph. D., Zoologist of the Bureau of Animal 
Industry, U. S. Department of Agriculture. (The Veterinarian 1898. 

June and July.) 

Die Abhandlung von Stiles „The Ankes and tapeworms of 
cattle, sheep and swine, with special reference to the inspection 
of meats“ ist in erster Linie bestimmt, die Fleischschauer über 
alles Wissenswerte zu orientiren, um der Weiterverbreitung der 
Wurmkrankheiten vorzubengen und um die dadurch bedingten 
Veränderungen sicher von anderen Krankheiten, wie z. B Tuber- 
culose, unterscheiden zu können. Ferner soll der Viehbesitzer 
auf die ihm durch die Wurmkrankheiten seines Viehs drohenden 
Verluste hingewiesen werden, damit er sich bequemt, Mittel zur 
Abwehr dieser Verluste anzuwenden. Drittens wendet sich der 
Bericht an die Schlächter in den Städten, wo eine Fleisch¬ 
schau nicht ezistirt, damit dieselben ebenfalls ihr Theil zur Aus¬ 
rottung der Wurmkrankheiten beitragen. 

Bei der Anlage der Arbeit waren demnach folgende 
Punkte zu berücksichtigen: 1. Classification und Kennzeichen 
der verschiedenen Würmer, um die Natur derselben bestimmen 
zu können. 2. Zusammenstellung der bekannten verschiedenen 
Bezeichnungen der einzelnen Parasiten, wie sie in den einzelnen 
Werken gegeben sind. 3. Lebensgeschichte der Würmer, um an 
der Hand derselben Mittel zur Verhütung feststellen zu können, 
und 4. Beschreibung der pathologischen Veränderungen, welche 
sie im Thierkörper hervorrnfen und ihre Unterscheidung von 
anderen Krankheiten zusichern. 

Bei der Bearbeitung hat Stiles ausser seinen persönlichen 
Erfahrungen Zürn (1882), Blanchard (1885—95), Neumann 
1892), Rail)iet (1893), Ostertag (1895) und andere zu Rathe 
gezogen. 


479 

Zu den allgemeinen Massnahmen der Verhütung der 
Parasiten-Krankheiten rechnete Stiles: 

1. Die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern. 
Die Privatschlachtstätten in den Dörfern und Städten sind als 
Quelle der Verbreitung nicht nur der Wurmkrankheiten, sondern 
auch von anderen Krankheiten, als Schweineseuche, Tuberculose 
u. s. w., bekannt. In erster Linie ist es desshalb notbwendig, die 
Zahl der Infectionsorte zu vermindern. Für die sämmtlichen 
Schlächter eines Ortes ist die Benutzung eines öffentlichen 
Schlachthauses obligatorisch zu machen. Dieses Schlachthaus 
muss aus dauerhaftem Mauerwerk hergestellt sein. Je weniger 
Holz, desto leichter ist der Platz rein zu halten. Der Fussboden 
muss undurchlässig hergerichtet sein. 

2. Gesundheitliche Ueberwachung der Schlacht¬ 
häuser. Die Leitung eines jeden Schlachthauses sollte einem 
thierärztlichen Sachverständigen unterstellt sein. Dessen und 
seiner Assistenten Aufgabe wäre es, Gebäude und Platz propre 
zu halten und die Verarbeitung der Abfälle sorgfältig zu über¬ 
wachen. Der nicht brauchbare Abfall sollte am besten zu Dung¬ 
pulver verarbeitet werden. Auch besteht kein Bedenken, den Ab¬ 
fall von gesunden Rindern und Schafen an Schweine zu ver¬ 
füttern, aber Schweineabfall sollte unter keinen Umständen an 
andere Schweine verfüttert werden, es sei denn in vollkommen 
gargekochtem Zustande. 

3. Fleischschau. In jedem Schlachthause sollte eine thier¬ 
ärztliche Untersuchung des sämmtlichen Fleisches stattfinden, 
bevor es das Schlachthaus verlässt. 

4. Fernhaltung von Hunden und Ratten. Hunde dürfen 
Schlachthäuser und Fleischerläden nicht betreten, herrenlose 
Hunde sollten sämmtlich getödtet werden. Dies an und für sich 
würde schon zur Verhütung von einer ganzen Reihe von gefähr¬ 
lichen Krankheiten beitragen. Ratten sind gewöhnliche Factoren 
bei der Verbreitung von Krankheiten aus Schlachthäusern, wenn 
sie auch bei dieser Abhandlung nicht in Betracht kommen. 

5. Halten und Mästen von Schweinen und anderem 
Vieh in Schlachthöfen ist zu verbieten. Auch schädigt 
sich jeder Landwirth selbst, der von dem Schlächter den Abfall 
zu FütteruDgszwecken abnimmt. 

6. Säuberung eingegangener Schlächtereien. Die bei 
der Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern leer werdenden 
Schlachtstätten sollten sorgfältig gesäubert werden, besonders 
sollte die Vertilgung der Ratten ins Werk gesetzt werden, damit 
sie nicht Krankheiten nach nachbarlichen Grundstücken ver¬ 
schleppen. 

7. Kein Hausthier sollte Zutritt zu menschlichen Excrementen 
oder Jauchegruben, welche mit Aborten u. 8. w. in Verbindung 
stehen, haben. 

Neben den prophylaktischen Massnahmen ist auf eine Be¬ 
handlung der parasitären Krankheiten Bedacht zu nehmen. 
Die Behandlung unterscheidet Stiles in: 

1. eine vorbeugende, welche bei dem Finnenzustand der 
Bandwürmer und den Leberegeln allein in Frage kommt, da eine 
wirksame arzneiliche Behandlung nicht bekannt ist; 

2. eine arzneiliche, die sich bei den ansgebildeten Band¬ 
würmern und Darmegeln als wirksam erwiesen hat. Die Lebens¬ 
geschichte der meisten dieser Würmer ist noch nicht genügend 
erforscht, um zweckentsprechende vorbeugende Massnahmen treffen 
zu können. 

Die Beurtheilung und Behandlung des mit Para¬ 
siten behafteten Fleisches richtet sich nach der Be¬ 
schaffenheit desselben, dem Stadium der Erkrankung und der 
Schädlichkeit der Parasiten. 

Das Vergraben des beschlagnahmten Fleisches verwirft 


BERLINER THlERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 


480 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 40. 


Stil es, weil hierdurch die Gelegenheit einer Infection > nicht 
gänzlich ausgeschlossen ist. Ebenso ist das Verbrennen der 
Confiscate, weil es den vollständigen Verlust zur Folge hat, als 
irrationell zu bezeichnen. 

Dagegen sind drei Methoden offen, die Wahl derselben hängt 
ab: 1. von der Natur, Ausbreitung oder Stadium der Krankheit 
und 2. von den Einrichtungen, welche zur Hand sind. 

Diese Methoden sind: 

1. Nutzbarmachung als Düngpulver, 2. Unschädlich¬ 
machung des Fleisches durch Abkühlung, Kochen oder 
Präserviren und nachherige Verwerthung auf dem Markt 
und 3. Verkauf des Fleisches unter Deklaration des 
Fehlers. 

Die Herrichtung zu Düngpulver durch Sterilisatoren ist 
die sicherste Methode, weil den hierbei zur Anwendung ge¬ 
langenden Temperaturen kein Parasit Widerstand leisten kann, 
indessen kann diese technische Verwerthung nur als berechtigt 
vorgeschlagen werden bei schwerer Infection oder weit vorge¬ 
schrittener Krankheit 

Bei geringgradiger Behaftung mit Parasiten ist eine der¬ 
artige Vernichtung des Fleisches mit dem nationalökonomischen 
Standpunkt nicht zu vereinbaren. Fehlerhafte würde es allerdings 
sein, die zum Beispiel mit Finnen behafteten Fleischstücke 
herauBzuschneiden und das übrige in den freien Verkehr gelangen 
zu lassen. Es besteht alsdann immer noch die Gefahr der 
Infection, weil in dem freigegebenen Fleisch noch Finnen ver¬ 
borgen sein können. Diese Gefahr muss unter allen Umständen 
vorerst durch eine Vorherbehandlung des Fleisches beseitigt 
werden. 

Am wenigsten eingreifend in dieser Beziehung ist das Kühl¬ 
verfahren. Versuche haben ergeben, dass die Rinderfinne zwei 
bis drei Wochen nach dem Tode ihres Wirthes abgestorben ist. 


Drei Wochen Aufbewahrung in einem geeigneten Kühlhaus 
machen also leicht finniges Fleisch unschädlich, so dass es zur 
Nahrung ohne Gefahr verwandt werden kann. Die Schweine¬ 
finnen leben allerdings länger als einen Monat nach dem Tode 
des Wirthes, darum muss hier die Vorherbehandlung sorg 
faltiger sein. 

Viele Schlachthäuser haben desshalb das Kochverfahren 
für derartiges Fleisch in Anwendung gebracht. Die Rinderfinne 
stirbt bereits bei fünf Minuten langer Einwirkung einer Temperatur 
von 55° C. ab. Das Kochverfahren, wie es für die Herstellnnz 
deB Büchsenfleisches in Anwendung kommt, ist durchaus geeignet, 
eine Verwerthung des leicht finnigen Fleisches zu ermöglichen. 

Auch bei den Trichinen empfiehlt sich diese Art der Ver¬ 
werthung. Die Trichine kann einer Temperatur von 70° C. nicht 
widerstehen; wird das trichinöse Schweinefleisch so lange gekocht 
bis das Stück diese Temperatur überall aufweist, was an der 
grauen Verfärbung des Fleisches zu erkennen ist, so ist die 
Krankheit auf den Menschen nicht übertragbar. 

Durch Pökeln lässt sich ebenfalls die Unschädlichkeit de* 
Fleisches herbeiführen. Rinderflnnen sterben in einer Salzlösung 
innerhalb 24 Stunden ab. In keinem Falle überstehen, wie 
Stiles gefunden hat, die Trichinen ein vier Monat langes Pökeln. 
Die Länge der Zeit, die das Pökeln in Anspruch nimmt, hängt 
von der Dicke der einzelnen Fleischstücke ab. 

Zum Schluss kommt Stiles noch auf den Verkauf de* 
Fleisches unter Declaration und die Einrichtung der Frei 
bänke in Deutschland zu sprechen. Er redet der Einrichtung 
von Freibänken das Wort, doch steht er auf dem Standpunkt, 
dass alles dort zum Verkauf gelangende Fleisch nur in voll 
kommen gar gekochtem Zustande oder nachdem es auf ander? 
Art unschädlich gemacht ist, abgegeben werden sollte. 

Kühnan. 


Personalien. 

Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Oberrossarzt a. D. Fuchs- 
Bernca8tel für den Kreis Berncastel. 

Thierarzt E. Meister-Weingarten (Pfalz) zum Zucht-Inspector 
der Herdbuch-Gesellschaft für das Scheckvieh in Oberfranken mit 
Wohnsitz in Bayreuth. 

Promotion: Unterrossarzt J. Hock-Demmin von der med. Facultät 
der Universität Giessen zum Dr. med. vet. 

Approbationen: Berlin: Die Herren Georg Spänglcr, Karl 
Loeb, Willy Müller, Willy Juckcl, Carl Mietbe, Paul Luchhau, 
Georg Biscboff, Otto Purtzel, Heinr. Nabel, Ernst Grix, Fried. 
Rahnenführer. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Carl Raus eher-Rothenburg a. T. nach Rosenheim als Assistent 
des Bezirkstbierarztes, Rossarzt a. D. lbsch er-Züllichau nach 
Berlin, Brunnenstr. 82, Tbierarzt G. Hien tsc h - Berlin nach 
Jerichow a. Elbe, Thierarzt M. Müther-Vallendar nach Andernach, 
Thierarzt Paul Schlathölter-Werl nacli Vallendar, Oberrossarzt a.D. 
Kempa-Friesack nach Gleiwitz 0. S., Thierarzt Strohn-Rostock 
nach Jatzthum b. Schmenzin (Pm), Thierarzt Neumann-Schlochau 
nach Wartenburg O.-Pr., Thierarzt Rottke-Teterow nach Tessin 
(Meckl.), Thierarzt Heineraann-Wolfenbüttel nach Braunschweig 
als Einj.-Freiw. im Hus.-Regt No. 17. 

In der Armee: von Keller, Major & la suite vom Ul.-Regt. No. 8, 
Vorstand der Militärschmiede in Berlin, in den Ruhestand versetzt. — 
Unterrossarzt Klinner vom Hus.-Regt. No. 9 zum Hus-Regt. No 6, 
Rossarzt Schulze von der Militär-Lehrschmiede in Dresden zum 
Karab.-Regt, Rossarzt Schmidtchen vom Karab.-Regt zur Militär- 
Lehrschmiede in Dresden — versetzt 

Todesfälle: Corpsstabsveterinär a. D. Merz-MUnchen 

Yacanzen. 

Krelsthierarztstsllea : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 


Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Liegniti: Frey¬ 
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen 
Zeitz: Schlachthofdirector(2400—3000 M.,3ö0 M. Wohnungszuscboüi. 
Bew. sofort an Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetitt 
Stellen: Lübeck: ScblachthofhilfsthierarzL 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Wem. 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendor- 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pi' 
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Art 
genau: Thierarzt. — Callies: Thierarat Bew. an Magistrat. - 
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein:: 
Tbierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel: 
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann 
— Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath. - 
Ge ringswalde: Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Grosi- 
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Bew 
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Tbierarn 
;800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierant 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masnow 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M-i 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme 
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬ 
mars c ha c h t (Elbe). — P lat he (Pom.): Thierarzt (Einnahme am 
Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen 
burg-Schwerin): Thierarzt — Scblawa i. Schles.: Thierarat A» 
kunft durch Magistrat. — Schlothei m: Thierarzt (Einnahme 
aus Fleischscbau ca. 600 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön¬ 
baum (Danziger Nehrung): Thierarat. Näheres durch Gutabea 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönf 1 iesc (hen- 
mark): Näheres Thierarat Kühn- Joachimsthal. — Stoppenber? 
(bei Essen): Thierarat Näheres durch den Bürgermeister. 

Besetzt: Saatsstellen: Elbing. Rosenberg, Steinau a.J> 

W. Bttxenitein. Berü“- 


Verantwortlich für den Inhalt (excl. In«erateotheil) Prot Dr. Sohmalu in Berlin. — Verla« und Kicenthum ron Richard Schoet* in Berlin. — Druck von 


Digitized by LjOOQie 







Wochcnsohrtft“ erscheint 
wöchentlich ln Starke von mindesten« 1'/, Bojen. Dieselbe 
Kt *u beslehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoets, Berlin NW, Lnisenstrasse St>, cum Preise von 
Mk. 6,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrtge werden mit KO Mk. für den Bogen honorlrt 
Alle Mannscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man cu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierireUlche Hochschule, NW, Lnisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbachhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 


Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 




M 41 . 


Au8gegeben am 13. October. 


In halt: Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1897. — Referate : Baum und 
Seeliger: 1. Die chronische Kupfervergiftnng. Ellenberger: 2. Ueber die physiologischen Wirkungen des Kupfers und 
und die chronische Kupfervergiftung. — R u z i c k a: Zur Frage der inneren Structur der Mikroorganismen. — Scott: 
Congenitaler Hydrocephalus bei einem Kalbe. — Fröhner: Bursitis subpatellaris beim Pferd. — V o g t: Ueber Sattelzwang. — 
Oster tag: Zur Tuberculinanwendung bei Rindern. — Kempner und Schepilewsky: Ueber antitoxische Substanzen 
gegenüber dem Botulismusgift. — Andrejew: Rasche Färbung von tuberculösen Sputis. Einzeitiges und complementäres Nach¬ 
färben des Grundes bei der Ziehl-Neelsen’scben Methode. — Munk: Zur Chemie der glatten Muskeln. — Thierhaltung und 
Thierzucht: Zur Rindviehversicherung in Baden. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches 
Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischscnau und Viehverkehr. — Per »ona 1 ien. — Vacanzen. 


n Jahre 1897. — Referate : Baum und 
»hysiologischen Wirkungen des Kupfers und 
Jtructur der Mikroorganismen. — Scott: 


Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1897 

nach der im Ministerium für Landwirthsohaft etc. zusammengestellten Tabelle. 
A Ausweis über das in den öffentlichen Schlachthäusern geschlachtete Vieh. 



Namen 

der Städte etc, 
in welchen sich 
öffentliche 2 a l,l 

Schlachthäuser ^ g C _ 
befinden. sclilach- 

(Die mit * teten 

bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 


Allenstein . 
Bartenstein. 
Bisciiofsburg 
Braunsberg. 
Cranz* . . . 
Gerdauen . . 
Gnttstadt . . 
Heiligenbeil 
Heilsberg . . 
Pr. Holland 
Königsberg i.p 
Labiau . . . 
Mohrungen . 
Nordenburg 
Orteisburg . 
Osterode . . 
Rastenburg. 

Kössel.... 
Seeburg. . . 
Sold au . . . 
Tapiau . . . 
Wartenburg 
Wehlau . . . 
Wormditt. . 
Angerburg* 
Darkehmen* 
Goldap . . . 
Gumbinnen. 
Insterburg . 
Johannisburg 
Lötzen . . . . 
Marggrabowa 


Rinder 

beanstandete 

mit 

Tuberculose 


Kälber unt. 6 Woch. 

beanstandete 


be- I 
haftete 


davon 

Fleisch 

verworfen 


aus andern 
Gründen 
das 

Fleisch 

verworfen 


Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 


aus andern 
Gründen 
das 

j Fleisch 
verworfen 


Schafe 


Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 


u. Zieg en 
beanstandete 

aus andern 
© ! Gründen 


© verworfen 
3 I i . o 


Schweine 


beanstandete 


der ge- i2 
scblach- o 


| aus andern 
l Gründen 
das 

Fleisch 

verworfen 


Marggrabowa* 

Pillkallen . . . 

Ragnit* .... 

Sensburg . . . 

Stallupönen . 

Tilsit. 

Berent. 

Danzig .... 

Dirschau . . 

Elbing .... 

NeustadtWpr. 1 ) 

Pr. Stargard . 

JSoppot .... 

') Seit 4. August 1897 eröffnet 


S | 4 | 5 

6 

7 1 

8 | 9 

10 i 1 U il2 1 . IS 

14 | i5 | 

10 

|7 

18 

1» 1 20 1 S!1 

1677 

10 

10 


— 

_ _ 

1 627 ' - -I 

4 004 — 1 

_ 

_ 

3 523 

- 1 19! 

3 

563 

32 

3 

2 

8 

— — 

1 263 - —1 - 

2 690 | - 

1 

— 

2 506 

13: 3 


361 | 

—I 

_ 


2 

1 2 

693 — 1 — 

1971 — 

l 

— 

1099 

1 2 

ll 

415 

12 

_ 

3 1 

— 

— 1 

511 - 2 

1 246 - 

— 

— 

1655 

1. 10 

— 

181 

90 

_ 

90 

— 

— — 

249 7 —1 — 

340 -1 

— 

62 

351 

42 — 

— 

317 

18 

2 

1 

—1 

_i — 

461 12 -1 — 

1 172 22 

— 

— 

1 430 

70; 2 

— 

437 

11 

1 

6 

—1 

3' 5 

598 ll — 2 

1450 — 

2 

3 

911 

5; 6 

1 

312 

21 

2 

_ 

— 1 

1 — 

648 2 14 — 

1013 2 

— 

— 

2086 

61, 4 

— 

437 

6 

1 

1 

— 

-1 4 

597 — 1 3 

1 959 — 

— 

— 

1619 

2 11 

— 

505 

33 

— 

2 

— 

—: — 

1233 2 2 — 

611 —| 

— 

- 

1578 

10 2 

2 

13317 

3 218 

36 

— 

186 

24| — 

17 416 22 23 - 

22 504 3 

7 

— 

55 440 

2679 203) 

13 

520 

19 

1 

18 

— 

— 29 

782 3 2 5 

991 — 

— 

13 

2 048 

46 1 

1 

224 

6 

2 

4 

— 

— 13 

892 - 16 

763 — 

— 

1 

1 261 

— 2 

— 

122 

3 

4 

_ ; 

_ 

—! 8 

191 1 — U 

757 1 — 

— 

5 

1 019 

— 2 


611 

53 

1 

— 

22 

5; — 

1409 2 39 — 

2 221 — 

— 

2 

1819 

35 32 

4 

405 

127 

5 

48 

— 

4 12 

700 4 18 2 

1044 — 

1 

1 

2210 

42 2 

ll 

971 

52 

1 

51 

_ 

2 — 

1350 1 — — 

3162 — 

_ 

— 

4 077 

5 5 

5 

315 

5 

2 

— 

1 

\ — 

288 — 41 — 

941 — 

— 

— 

1143 

ll 1 

i! 

362 

— 

— 

_ 

— 

_ — 

371 — 1 — 

944 — 

1 

— 

734 

—1 1 

— 

434 

6 

_ 

1 

5 

2 8 

372 — 1 6 

1 184 4 

1 

3 

1510 

4 1 22' 

4 

642 

70 

1 

1 

3 

— 3 

623 3 3 — 

965 2i 

— 

— 

2 010 

35 1 

— 

700 

9 

5 

4 

— 

1 7 

1055 — 1 2 

1925 —| 

— 

— 

1365 

- 5 

1 

632 

181 

2 

— 

_| 

_ — 

1 125 ll — — 

2172 — 

— 

— 

2 564 

6 5 

— 

419 

12 

— 

1 

— 

—i — 

434 2 — — 

985 — 

— 


l 408 


2 

301 

_] 

_ 

_ 

_ 

_ _ 

307 — — — 

2122 - 

— 


1 418 

3 I 

1 

456 

38 

_ 

8 

1 

— 

338 1 — — 

1621 — 

— 


1502 


— 

1 181 

2 

— 

8 


3 2 

964 — 3 — 

4 477 1! 

— 


3 573 

- 6 

21 

1 935 

49 1 

7 


_ 

_ — 

1 472 — — — 

4 007 1 -1 

— 

— 

6122 

5 4 

1 

2226 

246, 

5 

38 

19! 

7 33 

3 521 — 2 31 

6 472 — 

1 

9 

8641 

58 31 

9 

265 

22 

2 

— 


_ — 

615 — — — 

1847 — 

— 

— 

1316 

1 22 

2 

629 

38 

4 

24 

_ 

— 3 

763 — — 5 

2 619 — 

— 

— 

2495 

- 31 

4 

443 

29 

1 

_ 

4 

6 1 

625 2i 1 3 

3136 — 

1 

— 

2 521 

6 10 

1 

356 

18 

— 

— 

—| 

_ — 

335 — 21 — 

1447 - 

— 

— 

1648 

4 1 

— 

208 

9 


_ 

_ 

_ — 

463 1 — — 

1072 1 —] 

- 

— 

1 6 >2 

— — 

— 

393 

8 

2 

6 

_ 

_ — 

636 — — — 

2 228 —| 

— 

— 

1523 

— 2 

— 

803 

8 

_ 


_ 

_ _ 

830 — 1 — — 

2 556 , —| 

— 

— 

2857 

1 4 

1 

2 615 

97 

4 

— 


il — 

2 836 l| — - 

2 736 | — 

— 


9 728 

5 16 

— 

526 

95 

_ 

_ 

2 

i i 

586 1 2 - 

1679 | 16 

— 

— 

946 

201 — 

— 

9 636 

3093| 

21 

| _ 

6!' 

5j — 

10111 48 12 — 

18 787 205 

12 

— 

49 811 

2 203 56 

16 

999 

251 

4 

5 

1 

Hl — 

1 749 4> 8 — 

1 025 | 7 

— 

— 

5 002 

159: 14j 

2 I 

3132 

699 

11 

24 

26 

5 2 

7 030 18| 16 3 

3631 12 

2 

1 

13514 

645 79 

1 

411 

22 

_ 

_ 

_ 

21 - 

345 |—|6 — 

806 — 

— 

— 

933 

6 ! “1 

— 

719 

1601 

9 

1 

6 

1 “ 

1 472 291 4< — 

1975 5 

: 

— 

2907 

77 2 

8 1 

857 

i3o; 

5 

— 

4 

2 — 

1 101 2, —1 — 

1307 — 


1 — 

4319 

50i 2 

2| 


2 _ 
1 — 
1 — 
4 - 

4 — 

3 36 

7 — 

3 3 


6 — 
8 1 

30 — 

7 — 

33 117 
2 5 

2 1 

4| - 


Digitized by LjOOQie 




















Cöslin Stettin Frankfurt Potsdai 


482 


BERLINER THIERARZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 



s 

3 


Namen 

der Städte etc., 
in welchen sich 
öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 


03 


1 


(Die mit * 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 

2 


ü 

ci 

S 


Briesen . . . . 
Christburg . . 

Culm. 

Cu lmsee. . . . 
Dt. Eylau . . . 
Dt Krone* . . 
Flatow . . . . 
Graudenz. . . 
Jastrow* . . . 

Könitz. 

Landeck . . . 

• Lübau . 

.Marienwerder 

Mewe. 

Neu markt. . . 
Pr. Friedland* 
Riesenburg . . 
Rosenberg . . 
Schlochau . . 
Schönsee . . . 

Stuhm. 

Thorn. 

Tuchei. 


Berlin*:') 

a) . . 

b) . . 


Angermünde . 
Brandenburga.il. 
Eberswalde . 
Perleberg. . . 
Potsdam . . . 
Prenzlau* . . 
Pritzwalk . . . 
Rathenow. . . 
Neu-Ruppin . 
Schwedt a. 0. 
Spandau. . . . 
Wittenberge . 

Cottbus* . . . 
Küstrin .... 
Finsterwalde 3 ) 
Forst i. L* . . 
Frankfurt a.O. * 
Guben .... 
Landsberg a w. 
Schwiebus . . 
Sommerfeld . 
Sorau N.-L. . . 
Spremberg . . 
Züllichau . . 


Anklam . . . 
Deinmin* . . 
Naugard . . 
Pasewalk* . 
Stargard i. P 
Stettin .... 
Swinemiinde 


Belgard . . 
Bütow . . . 
Falkenburg 
Cöslin . . . 
Colberg . 
Lauenburg* 
Neustettin 
Schlawe . 
Stolp ... 

§ [ Barth . . . 
JS { Greifswald 
2 I Stralsund 
öS Wolgast* . 


Rinder 

Kälber unt 6 Woch. 

Schafe 

u. 

Ziegen 


Sch 

weine 




Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

_ 

beanstandete 


mit 

Tuberculose 

davon 

bc- Fle,sch 

verworfen 

haftete , „ 

G I *£ •£ 
u> | 5 

finnige 

aus andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

N — S 

u — £ 

aus andern 
® Gründen 
12 das 

o Fleisch 

— 

O) verworfen 
Xl 

— K — S 

" - s 

tuberculose 

aus andern 
Gründen 
das 

Fleisch 

verworfen 

S 

£ , 5 t 

tuberculöse 

finnige 

o 

03 

iO 

• S 
IS 

’E 

aus andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

i i! 

3 

4 

5 

6 

7 

H 

9 

10 

11 | 1 z 

13 

14 

15 

16 

17 

18 

19 

Kl 

21 

| 22 


495 

19 

1 

2 


2 

3 

401 

- 2 


682 

3 

2 


1800 

7 

2 



4 


254 

59 

2 

— 

— 

2 

— 

69 S 

6 8 

— 

583 

— 

— 


1228 

30 

a 

— 


3 

_ 

972 

121 

8 

1 

1 

1 

1 

1578 

— 4 

— 

755 

— 

2 


3 787 

115 

l 

j — 


5 

2 

682 

87 

9 

4 

— 

3 

5 

922 

4 7 

— 

403 

1 

4 


3399 

197 

— 

— 


3 

7 

525 

58 

4 

3 

— 

2 

5 

808 

2 3 

1 

1488 

7 

2 

2 

1742 

13 

l 

* 4 

« 


9 

4 

519 

69 

3 

66 

— 

1 

2 

1 324 

- £ 

7 

1 255 

1 

1 

5 

1474 

5 

— 

I 


— 

6 

315 

33 

5 

9 

— 

2 

3 

537 

1 11 

— 

926 

— 

— 

— 

993 

2 

— 

1 _ 


2 

_ 

2821 

417 

15 

— 

4 

4 

1 

3 297 

15 13 

2 

3 791 

26 

3 

— 

10997 

772 

17 4 

13 

_ 

222 

40 

2 

— 

— 

1 

— 

477 

1 2 

— 

1 138 

— 


— 

1 189 

33 


— 


4 

1 

591 

156 

3 

— 

— 

1 

— 

1 354 

5 3 

— 

2 594 

7 


— 

1595 

49 

1 

— 


5 

_ 

24 

1 

— 

_ 

— 

— 

— 

82 

— — 

— 

469 

— 

— 

— 

104 

— 

— 

' — 


_ 

_ 

561 

30 

3 

4 

— 

1 

— 

624 

1 

— 

867 

— 

1 

— 

1 304 

7 

7 

4 


1 

— 

1063 

226 

7 

— 

8 

1 

— 

1907 

10 15 

1 

1 399 

9 

1 

— 

9 967 

178 24 

2 


3 

_ 

302 

58 

2 

— 

— 

— 

— 

444 

2 1 

— 

264 

6 

1 

— 

1266 

23 

4 

4 


2 

— 

82 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

40 

— — 

— 

87 

— 

— 

— 

148 

— 

— 

■ — 


1 

_ 

52 

_ 

— 

_ 

— 

— 

— 

97 

— — 

— 

332 

— 


— 

158 

1 

— 

_ 


- 

1 

284 

15 

5 

10 

— 

3 

5 

670 

— 6 

2 

821 

1 

3 

1 

1082 

2 

— 



1 

14 

231 

5 

2 

3 

— 

— 

1 

849 

_ _ 

— 

368 

— 

— 

— 

1 156 


— 

_ 


1 

— 

361 

5 

4 

1 

— 

— 

4 

929 

—! — 

— 

1661 

— 

— 

— 

1 831 


— 


- 

- 

— 

248 

22 4 

— 

1 

— 

— 

346 

1 6 

— 

279 

4 

6 

— 

1084 

31 

1 

3 


2 

— 

379 

18 

— 

18 

— 

— 

5 

574 

— 1 

5 

418 

— 

1 

5 

925 

26 

1 

2 


2 

32 

3 859 

580 

9 

114 

32 

8 

1 

5619 

2 6 

— 

5026 

14 

1 

1 

12 307 

320 

35 34 


5 

— 

316 

25 

1 

— 

1 

— 

— 

694 

— — 

— 

1 281 

— 

— 

— 

1228 

27 

1| — 


4 

— 

1 675 

480 

184 


i 

16 112 


48 

— 28 


691 


137 


2 045 

26 



40 

_ 

149 451 

28 354 

695 

20 

697 117 

11 

136 816 

2ü4 379 

o 

401 652 

8 

99 

3 

673097 

26 907 

533193 

i 

771 

1» 

440 

66 

5 — 

_ 

_ 

_ 

1164 

3 — 

_ 

1022 

1 

2 

_ 

2 873 

42 

_ 

_ 


2 

— 

3021 

438 

14 

_ 

14 

2 

— 

4 284 

1 39 

— 

4 502 

1 

2 

— 

15 476 

183 

7 

— 

20 

— 

1 132 

234 

8 

5 

2 

2 

3 

2 3i9 

1 4 

2 

1873 

10 

5 

1 

5806 

55 

1 

2 


2 

17 

502 

121 

— 

_ 

— 

— 

— 

772 

1 1 

— 

1 580 

1 

— 

— 

3 067 

12 

— 

_ 


i 

— 

2 828 

932 

4 

1 

8 

3 

1 

3 976 

20 3 

— 

6 217 

5 

2 

— 

13 282 

994 

23 

7 

20 

— 

1 125 

14 

14 

_ 

— 

8 

— 

2 808 

— 14 

— 

2 586 

— 

10 

— 

6 655 

29 

1 

— 


6 

— 

351 

104 

5 


— 

1 

— 

455 

— 2 

— 

902 

— 

— 

— 

1 713 

12 

— 

— 

3, 

— 

1053 

148 

4 

3 

7 

— 

1 

2 083 

1 3 

— 

1572 

— 

— 

— 

5215 

93 

4 

— 


6 

— 

992 

448 

8 

— 

2 

— 

— 

2 031 

3 — 

— 

2 282 

— 

— 

— 

4 792 

140 

U - 

- 

- 

— 

500 

67 

2 

4 

2 

1 

— 

1093 

1| 2 

— 

882 

1 

— 

— 

2183 

61 

1 

— 

- 


— 

3 330 

30 

23 

7 

15 

4 

3 

4 928 

2 11 

— 

5 989 

1 

3 

— 

17149 

15 

17 

13 



7 

723 

158 

7 

2 

— 

7 

1 

1 041 

1 15 

— 

1 550 

1 

2 

1 

5355 

4 

~ 


7 

— 

3 577 

297 

4 

293 

1 

1 

_ 

6 289 

1 1 

2 

3 454 

4 

_ 

_ 

14 799 

37 

5 

1 


«1 

7 

1023 

161 

3 

1 

11 

2 

— 

1714 

5 2 

— 

2 952 

14 

— 

— 

4 562 

162 

3 

1 



— 

753 

40 

1 


— 

— 

— 

726 

1 1 

2 

654 

1 

1 

1 

2 202 

— 

— 

— 

1; 

— 

2 777 

376 

6 

16 

12 

2 

— 

5 625 

6 — 

1 

2 8110 

5 

— 

4 

13164 

92 

10 


8 

1 

3 930 

541 

2 

— 

1 

1 

— 

6 406 

—; 3 

— 

9 773 

2 

1 

— 

17 596 

162 

27 

12 

29 

— 

2013 

198 

10 

8 

18 

4 

— 

6 224 

3 1 

— 

2 161 

1 

2 

— 

14 945 

118 

2 

3 

13| 

— 

2231 

261 

10 

17 

4 

18 

7 

5 276 

3 14 

4 

2 523 

4 

2 

_ 

18 602 

197 

5 

1 

1 


16 

715 

62 

2 

_ 

14 

1 

2 

2 390 

3 1 

— 

1 142 

1 

1 

— 

4 039 

68 

5 

3 

3 

— 

861 

94 

2 

2 

9 

— 

_ 

•2 299 

5 1 

— 

2 139 

— 

2 

— 

5126 

56 

— 

1 

2 

— 

1607 

334 

5 

— 

— 

3 

— 

3 749 

11 7 

— 

1623 

2 

4 

— 

6 209 

112 

2 

2 

11 


— 

1 102 

124 

4 

_ 

— 

— 

_ 

2 486 

1 2 

— 

1252 

— 

— 

— 

5192 

95 

— 

— 

— 


— 

542 

25 

1 

1 

— 

— 

1 

1457 

6 2 

— 

636 

2 

2 

— 

2 409 

35 

— 

— 



1 

639 

118 

12 

_ 

_ 

1 

_ 

1722 

3 13 

_ 

1772 

_ 

2 

_ 

3713 

224 

_ 

_J 



— 

771 

142 

5 

9 

— 

1 

— 

1984 

1 16 

— 

1 534 

2 

1 

2 

3 846 

109 

1 

— 



6 

255 

52 

2 

50 

— 

— 

47 

712 

4 — 

8 

1459 

2 

— 

107 

1 168 

8 

— 

1 



143 

845 

76 

10 

66 

— 

— 

104 

884 

— — 

22 

1 418 

— 

— 

85 

2 552 

4 

— 

2 

— 

3UZ 

2193 

230 

25 

3 

12 

3 

— 

2 824 

7| 6 

— 

5172 

4 

3 

— 

8 983 

142 

2 

— 

21 


—■ 

11432 

1548 

34 

— 

150 

7 

2 

14 391 

33 20 

— 

26 943 

12 

1 

— 

48 718 

930 

2 

1 

63 


— 

494 

83 

— 

2 

— 

— 

1 

821 

1 - 

— 

679 

— 

— 

— 

2 403 

1 

— 


1 


— 

473 

93 

2 

_ 

_ 

2 

_ 

1 119 

— 5 

_ 

1655 

_ 

3 

_ 

2 250 

4 

_ 

1 



- 

525 

124 

1 

123 

1 

1 

27 

1 130 

6 5 

21 

2 468 

3 

1 

67 

1572 

68 

— 

— 



67 

a 

188 

20 

2 

18 

_ 

— 

18 

576 

— — 

— 

1 241 

1 

— 

52 

1146 

1 

1 

— 

— 


0 

1049 

183 

— 

— 

— 

2 

8 

2 535 

2 3 

— 

2 878 

— 

1 

_ 

6 259 

46 

— 

— 

2 



1229 

268 

5 

6 

3 

6 

2 

2813 

43 8 

2 

3 698 

2 

1 

— 

5524 

154 

— 

2 

9 


& 

o 

829 

131 

5 

31 

— 

1 

1 

1533 

3 4 

— 

3 188 

2 

2 

— 

3 280 

34 

2 


1 


0 

(V) 

511 

79 

7 

9 

1 

3 

8 

1734 

3 9 

11 

1969 

1 

4 

4 

2 509 

10 

— 


7 


22 

464 

32 

— 

— 

— 

— 

1 

623 

2 2 

— 

1 329 

— 

1 

— 

1 638 

7 

— 

1 

— 



1587 

508 

4 

_ 

1 

1 

— 

1817 

1 6 

— 

4 787 

— 

— 

— 

8 191 

211 

3 

—• 




320 

105 

8 

4 

_ 

3 

2 

1 241 

14 11 

1 

596 

_ 

_ 

2 

1950 

138 

_ 

1 

1 


6 

1596 

465 

6 

— 

1 

8 

— 

4 644 

8 - 

— 

4 880 

— 

3 

— 

6 945 

201 

— 

— 

7 


01 

1963 

618 

46 

— 

1 

6 

18 

1472 

43 5 

— 

5 470 

1 


3 

8 121 

234 

— 

— 

12 


t 

355 

17 

5 

7 

— 

2 

4 

1282 

3 5 

2 

674 

— 


— 

1426 

5 


— 

n 


1 


Unter a) sind die auf Grund von Krankheitserscheinungen lebend in das Polizeischlachthaus verbrachten und dort geschlachteten 
Thiere, unter b) die im Schlachthof geschlachteten Thiere aufgetührt. — *) Seit 1. Juli 1897 eröffnet 


Digitized by 


Google 








































13. October 1898. 


berliner thierarztliche Wochenschrift. 


483 


Regierungsbezirk 1 

Namen 

derSlädte etc., 
in welchen sich 
öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 

(Die mit • 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 


R i n 

der 




Kälber 

unt 

6 Woch. 

instandcte 

Schafe 

u. 

Ziegen 


Schweine 

- — 


Zahl 

der ge¬ 
schlach¬ 
teten 


beanstandete 


Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

bcs 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 


beanstandete 

mit 

Tuberculose 

davon 

Flel-ch 

verworfen 

haftete , . „ 

S 1 1® 

* 1 5 s 

finnige 

aus andern 
| Gründen 
das 

Fleisch 

verworfen 

i i | li 

tuberculöse 

aus andern 

Orllnden 

das 

Fleisch 

verworfen 

! „ , ® 

; 5 55 

tuberculöse 

i 

aus av dem 
Gründen 

d >s 

Fl lach 
verworfen 

i! 11 

© 

oo 

o 

s 

o 

J- 

© 

x> 

3 

« 

fec 

’S 

s 

■-a 

trichinöse 

aas 

GrO 

Fl« 

vorv 

D 

t 

andern 

ndeu 

as 

lieh 

rorfeu 

J. ® 
11 

i 

8 

:» 

4 

5 

6 

7 

1 8 

9 

10 

ii 

li 

13 

14 

15 

16 

1 17 

IS 

19 

*0 

21 


23 


Adelnau 1 ) . . . 

46 

_ 



1 



30 

_ 

_ 

_ 

50 


| _ 

| 

148 

1 

1 


1 



Gostyn. 

333 

26 

3 

_ 

— 

— 

1 — 

1 200 

2 

1 

— 

1052 

2 

— 

I _ 

1850 

11 

1( 

3 

— 

— 


Graetz’) .... 

173 

43 

_ 


1 

_ 

_ 

509 

— 

2 

— 

461 

4 


— 

1232 

45 

6 

3 

_ 

_ 


Jarotscbin. . . 

347 

47 

— 

1 

— 

— 

— 

1002 

1 

1 

— 

558 

2 

! _ 

— 

1320 

170 

1( 

15 

IS 

_ 


Kempen .... 

1 126 

11 

_ 

11 

— 

— 

13 

564 

— 

— 

1 

204 


! — 

— 

1799 


5 

— 

— 

5 


Koschmin . . . 

400 

37 

1 

— 

2 

— 

1 

1539 

— 

2 

— 

340 

— 


— 

1 712 

6 

1 

13 

1 

— 


Kosten. 

330 

3C 

3 

_ 

1 

_ 

1 

1 148 

— 

— 

— 

918 

24 

* — 

— 

1 992 

4 

£ 

5 

1 

_ 


Krotoschin . . 

873 

15 

9 

3 


2 

2 

2 260 

2 

2 

1 

1236 

3 

— 

2 

3 692 

6 

13 

19 

6 

3 


Kurnik. 

461 

25 

1 

24 

— 

_ 

22 

626 

— 

— 

— 

598 

— 

— 

3 

1452 

— 

£ 

4 

_ 

18 

c 

Lissa i. P.. . . 

1 076 

309 

_ 

_ 

15 

1 

— 

2 228 

8 

7 

— 

1329 

4 

— 

_ 

4 942 

411 

4: 1 

6 

1 


Miloslaw . . . 

216 

2 

1 

1 

— 

2 

— 

546 

— 

2 

— 

738 

— 

i 

— 

1125 

— 

4 

2 

£ 

_ 

o 

0-, 

Mixstadt .... 

44 

1 

1 

_ 

— 

1 

_ 

163 

— 

— 

— 

68 

— 

— 

— 

354 

— 

— 

— 

— 

_ 


Obornik .... 

296 

3 

_ 

3 

_ 

_ 

2 

515 

— 

— 

3 

528 

— 

— 

— 

1241 

_ 

5 

1 

4 

11 


Ostrowo .... 

870 

7 

3 

4 

— 

_ 

— 

2 721 

— 

1 

— 

808 

— 

— 

— 

4 341 

— 

34 

11 

2 

— 


Pieschen .... 

493 

68 

6 

21 

22 

£ 

11 

25 

11 

22 

4 

35 

— 

7 

16 

2 663 

57 

14 

— 

35 

5 


Rawitsch . . . 

985 

103 

1 

— 

1 

1 

1 

2158 

1 

3 

— 

1080 

1 

— 

— 

5 695 

23 

2 

— 

2 

— 


Rogasen .... 

461 

74: g 

71 

1 

_ 

21 

801 

— 

1 

7 

893 

— 

1 

27 

2005 

32 

3 

£ 

7 

60 


Samter. 

384 

18 

— 

18 

1 

2 

38 

873 

— 


5 

579 

— 

— 

83 

1943 

3 

5 

3 

4 

68 


Schmiegel. . . 

333 

37 

1 

2 

9 

£ 

4 

1706 

io; i4 

— 

880 

21 

3 

— 

2 376 

100 

2 

2 

3 

— 


Schrimm .... 

311 

32 - 

21 

— 

— 

11 

990 

— 

— 

2 

825 

— 

— 

— 

1 440 

— 

3 

13 

— 

— 


Wreschen . . . 

544 

107 

— 

107 


— 

79 

1243 

7 

— 

15 

1044 

4 

1 

19 

3187 

52 

8 

14 

14 

131 


Bromberg . . . 

5 010 

1441 

22 

40 

8 

11 

_ 

9 586 

13 

3 

_ 

9297 

17 

_ 

_ 

19369 

671 

25 

11 

9 

. 


Crone a. B. . . 

448 

25 

— 

8 

— 

— 

— 

574 

— 

1 

1 

1091 

— 

— 

— 

1449 

— 

— 

— 

— 

— 


Exin. 

297 

— 

2 

_ 

— 

— 

— 

616 

£ 

1 

— 

598 

— 

_ 

_ 

1 471 

— 

— 

— 

1 

— 


Gnesen. 

1491 


14 

5 

_ 

2 

— 

2657 

3 

6 

— 

3368 

— 

1 

_ 

4 519 

194 

38 

3C 

5 

51 


Janowitz.... 

95 

— 

— 

— 

— 


— 

103 

— 

— 

— 

262 

— 

— 

— 

467 

— 

— 

— 

— 

— 


Inowrazlaw . . 

1714 

527 

21 

3 

— 

£ 

2 

3 189 

7 

11 

— 

2 068 

5 

1 

_ 

8585 

622 

17 

7 

7 

— 


Kolmar i. P. . 

406 

24 

2 


_ 

_ 

— 

569 

— 

— 

— 

566 

— 

— 

_ 

20C0 

19 

1 

— 

1 

— 

u. 

Labischin . . . 

326 

56 

2 

2 

— 

_ 

— 

247 

2 

— 

— 

543 

5 

1 

— 

923 

41 

2 

— 

— 

2 

pO 

Lobsens .... 

200 

42 

2 

— 

— 

— 

— 

443 

1 


— 

873 

2 

— 

— 

1022 

9 

— 

— 

— 

— 

a 

Mogilno .... 

230 

24 

5 

7 

_ 

1 

— 

497 

1 


— 

860 

— 

— 

— 

11C6 

4 

— 

1 

1 

— 

Ut 

Nakel . 

789 

113 3 

_ 

_ 

3 

13 

1353 

2 

4 

3 

1720 

83 

— 

_ 

3 626 

— 

— 

1 

1 

6 

« 

Schneidemühl 

1321 

191 

2 

'c 

43 

— 

3 

1582 

— 

5 

— 

1 291 

— 

— 

— 

4 780 

121 

2 

— 

1 

— 


Schubin .... 

324 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

329 

— 

— 

— 

388 

1 

1 

_ 

1191 

— 

1 

— 

1 

— 


Strelno. 

413 

81 

6 

7 

1 

_ 

— 

819 

1 

12 

— 

891 

13 

2 

— 

1964 

5 

6 

4 

— 

— 


Tremessen . . 

148 

15 


— 

— 

— 

— 

129 

— 


— 

564 

3 

— 

_ 

543 

17 

1 

— 

— 

— 


Wirsitz .'.... 

146 

5 

1 

7 

— 

_ 

4 

276 

2 

4 

1 

325 

— 

— 

2 

105 

5 

2 

— 

1 

1 


Wongrowitz. . 

415 

3 

3 

— 

— 

— 

1 

555 

— 

— 

— 

743 

— 

— 

— 

2009 

— 

1 

5 

6 

— 


Znin. 

252 

20 

— 

16 

— 

4 

— 

565 

2 

2 

— 

826 

— 

— 

— 

1361 

— 

1 

3 

— 

— 


Breslau .... 

24 £30 

8482 

57 

_ 

144 

20 

—* 

55105 

162 

31 

_ 

33 680 

8 

4 

_ 

105283 

4386 

199 

29 

122 

2 


Bricg. 

1 876 

93 

2 

— 

3 

4 

— 

4 002 

— 

8 

— 

2327 

4 

1 

— 

9065 

14 

— 

— 

4 

— 


Frankenstein . 

587 

169 

— 

_ 

6 

— 

— 

1673 

1 

— 

— 

639 

— 

— 

— 

2 036 

138 

— 

— 

3 

— 


Freiburg i.Schl. 

786 

199 

2 

2 

11 

— 

— 

1 642 

3 

4 

— 

980 

4 

1 

— 

3142 

54 

2 

1 

1 

— 


Guhrau. 

394 

24 

i 

1 

3 

— 

— 

1047 

18 

1 

— 

550 

15 

2 

— 

2 381 

181 

— 

— 

1 

— 


Münsterberg . 

556 

75 

1 

— 

2 

1 

— 

1330 

— 

1 

— 

822 

— 

— 

— 

2 517 

45 

— 


1 

— 


Namslau . . . 

765 

24 

— 

_ 

1 

4 

— 

1788 

— 

2 

1 

836 

— 

1 

— 

3 681 

9 

— 

— 

1 

1 

s 

Neumarkt . . . 

594 

97 

1 

— 

5 

2 

— 

1172 

4 

1 

— 

1250 

— 

— 

— 

2 941 

64 

1 

— 

— 

— 


Neurode .... 

717 

75 

— 

68 

1 

1 

37 

1 620 

— 

_ 

2 

435 

1 

— 

24 

1 657 

3 

3 

— 

— 

36 

<o 

Oels. 

1052 

183 

1 

10 

16 

2 

— 

1442 

4 

l 

2 

993 

— 

— 

— 

3633 

131 

4 

— 

3 

3 

« 

Ohlau. 

802 

137 

— 

_ 

4 

2 

— 

1508 

5 

4 

— 

766 

— 

— 

— 

4 886 

79 

1 

— 

1 

— 


Reichenbach . 

846 

90 

3 

— 

— 

— 

— 

1 885 

4 

3 

— 

999 

2 

1 

— 

4359 

42 

1 

— 

— 

5 


Schweidnitz. . 

1877 

345 

5 

_ 

— 

_ 

1 

4 269 

4 

4 

2 

2491 

4 

1 

— 

8014 

83 

7 

1 

3 

— 


Strehlen .... 

690 

71 

7 

— 

1 

2 

— 

1009 

1 

2 

— 

448 

1 

1 

— 

3 703 

56 

— 

1 

1 

— 


Striegau .... 

827 

30 

— 

2 

— 

— 

— 

2 245 

2 

1 

1 

1085 

— 

— 

1 

4 006 

15 

— 

1 

2 

— 


Trachenberg 3 ) 

277 

19 

— 

— 

1 

1 

— 

814 

1 

1 

— 

477 

1 

— 

— 

1626 

44 

— 

— 

— 

— 


Trebnitz . . . 

598 

4 

1 

3 

— 

— 

— 

1114 

— 

— 

— 

441 

— 

— 

— 

2902 

4 

— 

— 

— 

— 


Waldenburg 4 ). 

1303 

130 

1 

2 

— 

1 

1 

3 749 

— 

1 

— 

— 

— 

— 

— 

4815 

41 

9 

6 

6 

3 


Bunzlau .... 

1191 

401 

4 

__j 

5 

6 

2 

2 987 

6 

10 

5 

1352 

9 

4 

_ 

4 362 

216 

3 

_ 

8 

4 


Glogau. 

1680 

1, 

1 

_ 

— 

_ 

— 

2 967 

6 

6 

— 

1367 

1 

1 

— 

5434 

— 

3 

1 

1 

3 


Golaberg . . . 

550 

98 

— 

98 

— 

2 

37 

1534 | 

— 

3 

4 

1116 

— 

2 

33 

2613 

18 

— 

— 

4 

16 


Görlitz. 

4 992 

38 

15 

— 

— 

2 

— 

17 674 

— 

1 

— 

9346 

— 

— 

— 

18 649 

7 

5 

5 

11 

— 


Grünberg . . . 

981 

33 

1 

— 

— 

6 

— 

2 581 

2 

8 

— 

1503 

11 

8 

— 

5 775 

59 

3 

11 

6 

4 


Haynau .... 

717 

95 

2 

13 

— 

5 

— 

1310 

6 

7 

— 

1163 

2 

3 

— 

3 8.15 

79 

— 

3 

5 

— 

p 

Hirschberg . . 

1642 

97 

6 

2 

3 

2 

4 

5817 

4 

— 

7 

887 

7 


6 

6 241 

18 

— 

— 

— 

— 

& 

Jauer . 

1088 

376 

7 

8 


2 

6 

2 849 

— 

5 

15 

1348 

— 

— 

— 

4 476 

12 

2 

2 

— 

12 

3 

Landeshut. . . 

1044 

62 

1 

5 

2 

— 

1 

1 920 

— 

5 

2 

464 

— 

2 

1 

3 503 

20 

— 

1 

— 

2 


Lauban. 

1225 

42 

4 

38 


_ 

17 

2810 j 

— 

1 

— 

799 

9 


11 

3330 

16 

3 

1 

3 

17 


Liegnitz .... 

4 015 

1068 

16 

5 

3 

7 

4 

9134 

6 

37 

— 

4 335 

16 

3 

1 

17 391 

324 

2 

3 

3 

5 


Lüßen . 

528 

63 

8 

— 

3 

3 

— 

1404 

6 

5 

— 

911 

— 

— 

— 

2 651 

35 

4 

— 

4 

— 


Sagan* . 

1065 

34 

3 

31 

_ 

— 

12 

2950 

— 

1 

1 

1513 

— 

_ 

— 

5504 

— 

— 

— 

2 

4 


Sprottau* . . . 

668 

20j 

2 

15 ! 


1 


1343 

1 




810 




2908 

21 


1 

1 



*) Seit 18. October 1897 eröffnet. *) Seit 10. Juni 1897 eröffnet. 3 ) Seit 12. April 1897 eröffnet. 4 ) Kälber, Schafe und Ziegen 
zusammengefasst. 


Digitized by LjOOQie 












































484 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


— 

Namen 


Rinder 


— 


Kälber unt. 

6 Woch. 

Schafe 

u. 

Ziegen 


Schweine 

— 



der Städte etc., 



beanstandete 



beanstandete 


beanstandete 


beanstandete 


ä-< 

‘3 

in welchen sich 
öffentliche 

Zahl 

mit 

Tuberculose 


au« audcri’ 

Gründen 

Zahl 


am andern 

Grün deii 

das 

Fleisch 

verworfen 

-HC 

§ ' 1 i 

Zahl 

<u 

aus andern 
Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

N ' — ® 

g ! «'S 

Zahl 




aus andern 

Gründen 

das 

Fleisch 

verwerfen 

m 

ao 

bc 

s 

1— 

<U 

'So 

a> 

« 

Schlachthäuser 

befinden. 

(Die mit * 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank) 

der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

be¬ 

haftete 

davon 

1 lubcli 

verworfen 

K u 

a x 'S 

SC £ 

u 

hO 

'S 

c 

<& 

da* 

FleUch 

verworfen 

N j ^ Ü 

S | J j 

der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

2 

3 

<u 

x 

3 

der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

•© 

’s 

o 

t. 

Oi 

X 

3 

der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

so 

© 

<u 

X 

B 

® 

sc 

‘H 

•Ja 

<u 

« 

© 

a 

15 

o 

* 

_ 

1 

s 1 

3 

4 

f. 

r. 

V 

8 

9 

10 

II 

12 

13 

14 

m 

16 

17 

18 

19 

so 

KU 

feil 

t.-.i 


Bcuthen .... 

5414 

998 

7 

1 

2 

2 


2 616 

2 

1 


2 538 

i 



30 642 

33 

239 


1 



Cosel*. 

691 

93 


— 

— 


2 

1 261 

2 

4 

— 

457 

— 

1 

— 

2899 

12 

— 

— 

l 

— 


Gleiwit/. .... 

3491 

410 

1 

4 

2 


9 

4 956 

4 

2 

— 

1250 

1C 

_ 

— 

8438 

38 

9 

3 

4 

— 


Ober-Glogau*. 

717 

53 

1 

— 

5 

2 

5 

1537 


— 

1 

314 

2 

— 

— 

2282 

17 

— 

— 

— 

i 


Grottkau.... 

45') 

15 

— 

15 

— 

— 

15 

766 


1 

6 

334 

5 

— 

6 

2 392 

22 3 

— 

1 

22 


Kattowitz . . . 

6 561 

1732 

— 

— 

5 

— 

— 

2 648 

2 

1 

_ 

633 

— 

— 

_ 

27 827 

848 

285 

3 


— 


Kreuzburg. . . 

901 

55 

5 

3 

— 

— 

4 

2 394 

3 

o 

4 

577 

1 

— 

1 

4157 

15 

3 

— 

4 

4 


Lcobschütz . . 

1 119 

146 

— 

1 

— 

3 

4 

2 469 

17 

3 

1 

812 

18 

— 

2 

4 8«2 

180 

— 

— 

— 

6 

c 

Myslowitz* . . 

785 

186 

1 

— 

— 

1 

— 

304 

— 

— 

— 

84 

2 

1 


14 430 

196 

138 

5 

1 

— 

<u 

Neisse. 

2423 

Gi >5 

3 

2 

82 

— 

— 

3 727 

9 

4 

— 

927 

3 

1 

— 

5624 

140 

— 

— 

2 

— 


Neustadt 0. S. 

1443 

141 

3 

K 

3 

3 

8 

3 837 

5 

3 

1 

667 

— 

— 

— 

5622 

68 


— 


12 

O 

Nicolai* .... 

757 

142 

— 

142 

— 

— 

13 

844 

— 

— 

V 

12 

_ 

— 

_ 

1494 

15 

3 

— 

1 

11 


Oppeln* .... 

2 533 

311 

4 

— 

2 

1 

2 

4 817 

4 

2 

— 

1454 

— 

— 

— 

10659 

135 

5 

— 


2 


Patschkau . . . 

605 

114 


— 

2 

— 


1540 

1 

2 

— 

187 

2 

1 

— 

1793 

15 

— 

— 

— 

— 


Pless* . 

225 

23 


— 

— 

1 

— 

537 

— 

2 

— 

113 

— 

_ 

_ 

644 

— 

11 

1 

1 

3 


Ratibor .... 

3 293 

157 

6 

23 

8 

2 

12 

5 882 

8 

10 

8 

969 

— 

— 

— 

11940 

27 

1 

— 

4 

16 


Rybnik. 

1022 

141 

— 

— 

4 

— 

— 

1 264 

— 

2 

— 

150 

— 

_ 

_ 

3 029 

61 

17 

1 

— 

— 


Gross-Strelitz* 

1255 

80 

1 

— 

— 

— 

1 

2U59 

3 

2 

1 

461 

2 

_ 

_ 

3126 

5 

— 

— 

— 

1 


Tarnowitz. . . 

1090 

312 

2 

— 

1 

— 

— 

1 207 

1 

1 

— 

611 

2 

— 

_ 

8 979 

154 

99 

1 

— 

1 


Ziegenhals* . . 

843 

105 

3 

— 

5 

1 

— 

1763 

— 

1 

— 

198 

— 

1 

— 

2080 

35 

1 

— 

— 

— 


Aschersleben 1 ) 

202 

79 

— 

1 

6 

— 

_ 

385 

3 

— 


259 

— 

_ 

_ 

1873 

63 

2 

1 

4 

1 


Gardelegen . . 

424 

68 

2 

4 

3 

1 

3 

858 

2 

3 

m 

583 

— 

— 

— 

18(>5 

17 

— 

— 

3 

7 

tL 

Halberstadt. . 

2932 

237 

7 

— 

1 

5 

_ 

4 153 

13 

4 

■ 

4 494 

— 

1 

_ 

10 964 

101 

10 

— 

6 

— 

a 

Magdeburg . . 

14 964 

3 619 

36 


62 

25 

_ 

19 293 

58 

39 

— 

21 193 

13 

14 

— 

63 484 

1804 

36 

1 

16 

— 

<D 

Quedlinburg . 

1216 

2*2 

3 


9 

2 

— 

2 060 

4 

2 

— 

2174 

4 

3 

— 

6 861 

267 

6 

— 

— 

— 

MJ 

Salzwedcl . . 

948 

33 

1 

— 

1 

— 

_ 

1954 

— 

4 

— 

831 

— 

1 

— 

3 409 

17 

6 

— 

4 

— 


Stassfurt. . . . 

1006 

336 

3 

— 

— 

1 

— 

1 138 

— 

3 

— 

1380 

15 

1 

— 

5014 

118 

2 

— 

11 

— 


Stendal .... 

1670 

239 

9 


— 

2 

— 

3 599 

1 

6 

— 

3 276 

1 

2 

— 

8 084 

76 

— 

— 

2 

1 


Tangermünde 

595 

57 

— 

1 

3 

1 

— 

949 

— 

— 

— 

1285 

2 

— 

— 

3 487 

94 

— 

— 

3 

— 


Eisleben .... 

1100 

290 

1 

— 

25 

1 

3 

1790 

5 

1 

— 

1493 

51 

_ 

_ 

6272 

225 

23 

— 

3 

1 


Halle a. S.. . . 

8 574 

2 433 

26 

— 

4 

7 

6 

15 371 

34 

6 

— 

15372 

16 

— 

_ 

35927 

1627 

34 

5 

3 

— 

X> 

Naumburg a.S. 

1717 

531 

3 

— 

2 

1 

— 

3 583 

— 

1 

— 

3099 

14 

1 

— 

6 325 

168 

— 

— 

1 

— 

00 

Torgau. 

909 

248 

4 

— 

1 

1 

— 

1 672 

5 

1 

— 

1462 

4 

1 

— 

4358 

24 

— 

— 

1 

— 


Weisscnfels . . 

1 697 

412 

11 

_ 

1 

2 

_ 

2 707 

8 

7 

_ 

2 232 

— 

1 

_ 

7 034 

39 

1 

4 

1 


a 

Zeitz.. 

1570 

598 

4 

— 

26 

3 

— 

2 549 

17 

6 

— 

2411 

5 


— 

6 496 

378 

— 

— 

4 

1 


Erfurt. 

7 410 

847 

20 

_ 

2 

8 

_ 

9 199 

1 

4 

_ 

11 239 

4 

4 

_ 

25 458 

96 

— 

1 

-p- 

_ 

*- 

Langensalza 3 ;. 

141 

11 

1 

— 

2 

— 

— 

218 

— 

— 

— 

274 

3 

— 

— 

1 111 

2 

— 

— 

— 

— 

u 

Nordhausen . . 

2346 

17 

3 

14 

39 

— 

— 

4 312 

2 

— 

3 

4 470 

— 

_ 

4 

10 863 

12 

3 

— 

5 

— 

w 

Suhl. 

1 121 

198 

2 

— 

11 

1 

— 

2 077 

1 

— 

— 

2175 

1 

— 

— 

2417 

52 

— 

— 

4 


Schleswig: Kiel* . 
Hannover: 

10 550 

5080 

104 

— 

71 

12 

1 

16050 

225 

80 

— 

9 325 

— 

1 

— 

22 858 

1286 

8 

11 

23 



Hameln .... 

1077 

230 

1 

2 

24 

2 

3 

2 766 

— 

3 

1 

1225 

2 

2 

— 

5 471 

97 

— 


3 

— 


Hannover* . . 

14 412 

1464 

14 

_ 

37 

5 

_ 

18 703 

3 

46 

— 

15 567 

1 

8 

_ 

62 881 

942 

102 

1 

171 

— 


Linden . 

2080 

237 

1 

2 

1 

— 

1 

2 815 

— 

3 

— 

2 168 

3 


— 

15339 

258 

15 

1 

18 

— 

3 

Göttingen . . . 

2164 

151 

8 

7 

8 

4 

_ 

5 767 

1 

5 


4 549 

— 

1 

_ 

1 10072 

197 

1 


10 

— 


Goslar . ... 

1057 

59 

— 

11 

— 

1 

7 

2 938 

1 

4 


1905 

— 

4 

— 

4638 

24 

— 

— 

8 

2 


Hildesheim . . 

3 068 

415 

6 

5 

26 

6 

3 

6 266 

— 

21 

HA- 

5 705 

— 

2 

— 

13060 

344 

1 

— 

8 

— 


Münden .... 

816 

78 

1 

1 

— 

— 

1 

1703 

— 

3 

_ 

839 

— 

1 

_ 

2 741 

2 

— 

— 

1 

— 


Northeim . . . 

656 

18 

3 

— 

— 

2 

— 

1429 

— 

— 

— 

659 



— 

3150 

6 

— 

— 

1 

— 

s 

Liir 

Osterode(Harz) 

ebnrg: 

670 

63 

1 

— 

2 

— 

— 

1372 

— 

1 


776 


— 

— 

2271 

33 

— 

— 

1 

— 


(\dle. 

2 760 

513 

6 

4 

18 

5 

4 

614 

6 

2 

2 

3 069 

5 

2 

3 

7156 

561 

5 

1 

34 

16 


Harburg* . . . 

2175 

274 

2 

— 

21 

— 

— 

2 843 

5 

4 


5 034 

— 

1 

_ 

12 759 

212 

7 

— 

11 

— 


Lüneburg . . . 

1331 

459 

5 

— 

2 

1 

— 

1559 

47 

2 

-- 

3 594 

— 

1 

— 

8181 

221 

4 

— 

11 

— 

Stade: Stade 

1 141 

123 

2 

_ 

8 

— 

— 

1399 

34 

4 


1456 

— 

1 

_ 

3 246 

148 

— 

_ 

— 

5 

Verden. 

Osnabrück: 

559 

65 

4 

2 

1 

3 

1 

847 

5 

2 

1 

1197 

2 

1 

— 

3205 

71 

6 

1 

5 

2 


Lingen. 

570 

2 

2 

— 

— 

2 

— 

1252 

— 

4 

— 

604 



_ 

2066 

— 

4 

— 

1 

— 


Osnabrück . . 

3 586 

62 

7 

55 

— 

8 

7 

5 779 

— 

4 

— 

853 

— 


— 

6 853 

7 

2 

— 

8 

9 


f Aurich* .... 

634 

34 

7 

5 

1 

_ 


910 

— 

3 


2 007 

1 

1 

_ 

1603 

4 

_ 

_ 

_ 

_ 


Borkum*)*. . . 

519 

3 

3 

— 

— 

_ 

— 

3 

— 


— 

296 

— 

— 

_ 

7 

— 

— 

— 

— 

— 

Sh 

Emden. 

1372 

305 

9 

296 

— 

1 

358 

1 834 

— 

4 

17 

11457 

— 

4 

1430 

2927 

14 

— 

— 

4 

93 


Norden. 

82(5 

123 

4 

1 

— 

_ 


657 

— 


— 

1631 

— 

_ 

_ 

1303 

7 

— 

. _ 

— 

1 


\ Norderney*). . 

49 

10 


— 


— 


17 

— 

— 

— 

3U 

— 

— 

— 

250 

13 

— 

— 

— 

— 


Burgsteinfurt. 

733 

14 

3 

— 

— 



622 

— 


— 

6.'2 

— 

_ 

_ 

812 

_ 

— 

_ 

— 

— 


Coesfeld .... 

697 

2 

— 

2 

— 

2 

2 

1044 

— 

3 

2 

213 

— 

2 

_ 

1799 

_ 

— 

— 

1 

— 


Gronau i. W. . 

379 

31 

— 

— 

— 

_ 

— 

367 


— 

— 

146 

— 

— 

_ 

860 

— 

— 

_ 

— 

— 

aJ 

Ibbenbüren . . 

505 

7 

4 


— 

_ 

_ 

789 

— 

_ 

_ 

83 

_ 

_ 

_ 

498 

_ 

_ 

_ 

— 

— 

00 

a 

•3 

Münster i. W.. 
Reckling- 

5158 

178 

9 

— 

— 

2 

6 

8 551 

— 

4 

1 

4158 

— 

1 

1 

16190 

8 

— 

— 

7 

— 

a 

hausen . . . 

1 825 

276 

— 

2 


2 

2 

1 851 

— 

1 


245 

_ 


_ 

5120 

98 

1 

1 

2 

— 


Rheine. 

783 

109| 3 

— 

— 

_ 

42 

1435 

— 

1 


169 

_ 


_ 

1662 

_ 

_ 

_ 

— 

10 


Warendorf . . 

663 

2 

2 

— 

— 

2 

— 

636 

— 

1 

mt 

141 

— 

1 

_ 

651 

— 

—- 

— 

_ 

l 


') Seit 12. October 1897 eröffnet. — -) Seit 2. November 1897 eröffnet. — 3 ) Der Schlachthausbetrieb beschränkt sich auf die Badezeit. 
— */ Seit 25 September 1897 eröffnet. 


Digitized by LjOOQle 










































13. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


485 


bo 

o 

Ch 


Namen 

der Städte etc., 
in welchen sich 
öffentliche 
Schlachthäuser 
befinden. 

(Die mit * 
bezeichneten 
haben keine 
Freibank.) 


R i n ( 

e r 



1 

Kälber unt. 6 Woch. 1 

Schafe 

u. 

liegen 1 

Schweine 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

beanstandete 


beanstandete 


beans:andete 


mit 

Tuberculose 

davon 

Klei ch 

1.0- 

venvorfen 

haftete 

N © 

finnige 

au* andern 

Grtindon 

da« 

Fleuch 

verworfen 

N Li ä 

5 J-3 

tubcrculöse 

aus andern 
Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

N 1 a 

5 Ig-S 
“ |C ■: 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

tubereuiöse 

aus andern 
Gründen 

das 

Fleisch 

verworfen 

N 1 j, ® 

§ jj'S 

n i 

Zahl 
der ge¬ 
schlach¬ 
teten 

tubereuiöse 

,tX 

'S 

S 

VS 

o 

o 

= 

’E 

aus andern 

Gründen 

da* 

Fleisch 

verworfen 

* 1 - % 

S 8* 

fco 1 > 


s 

4 

.'» 

6 

; 

s 

il 

10 

n 

IS 

KO 

H 1 1 

16 | 

17 

18 1 

19 1 

so 

Kl 

iS 

a.» 

Bielefeld. . . . 

4 713 

34 

10 

_ 

_ 

1 

1 

5133 

_ 

_ 

_ 

871 

_ 

_ 

— 

9 634 

6 

13 

_ 

2 

_ 

Herford .... 

1 661 

7 

4 

1 

— 

1 

— 

2 216 

— 

2 

— 

366 

— 

— 

— 

1 773 

1 

2 

.— 

4 

— 

Höxter. 

660 

48 

5 

— 

1 

— 

— 

1421 

1 

9 

— 

805 

3 

2 

— 

1512 

62 

— 

2 

4 

1 

Minden .... 

1 965 

201 

5 

— 

— 


— 

4 380 

— 

4 

— 

1 597 

— 

1 

— 

4 311 

17 

13 

— 

12 

— 

Oeynhausen 

400 

20 

2 

— 

— 


— 

1190 

— 

3 

— 

692 

— 

— 

— 

497 


— 

— 

1 

— 

Paderborn. . . 

2 325 

178 

7 

37 

12 


1 

5 361 

— 

1 

i 

1316 

— 

— 

— 

3843 

4 

1 

— 

5 

4 

Warburg . . . 

599 

11 

6 

& 

— 

— 

1 

962 

— 

— 

— 

349 

— 

— 

— 

689 


— 

— 

— 

— 

Altena. 

1 232 

382 

_ 

1 

— 

— 

— 

944 

1 

— 


145 

— 

— 

— 

1 900 

— 

1 

1 

3 

— 

Arnsberg . . . 

701 

184 

_ 

_ 

— 

— 

1 

1 552 

— 

— 

— 

444 

_ 

— 

— 

1552 

4 

— 

— 

— 

— 

Bochum . . . 

6 305 

803 

4 

8 

5 

5 

14 

6 260 

5 

12 

— 

2 896 

— 

15 

— 

18 204 

72 

7 

1 

16 

82 

Camen. 

667 

87 

2 

5 


2 

10 

621 

— 

3 


246 

— 

— 

— 

3 268 

37 

— 

— 

3 

26 

Castrop. . . . 

1 139 

10 

2 

_ 

— 

— 

— 

744 

— 

2 

— 

88 

— 

— 

_ 

2 877 

7 

4 

7 

2 

— 

Dortmund . . 

10 645 

954 

28 

_ 

14 

12 

32 

11 780 

— 

15 

i 

3 577 

— 

6 

— 

32 554 

100 

11 

1 

21 

— 

Oelsenkirchen 

3 509 

310 

11 

3 

1 

5 

5 

2 946 

5 

— 

— 

1 140 

— 

— 

— 

10 008 

28 

9 

— 

14 

— 

Hagen. 

4 488 

1426 

1 


15 

3 

1 

4 516 

1 

1 

i 

848 

3 

— 

— 

9 625 

23 

— 

— 

3 

— 

Hamm. 

1 962 

212 

2 

10 

— 

2 

2 

3 971 

— 

6 

— 

1026 

— 

— 

— 

8 ‘928 

48 

— 

— 

10 

— 

Haspe. 

794 

1 

1 

— 

— 

— 

— 

673 

— 

1 

— 

113 


— 

— 

1 941 

— 

— 

— 

— 

— 

Hattingen . . . 

1141 

8 

8 

— 

— 

— 

— 

1 175 

— 

1 

— 

157 


— 

_ 

2 490 

2 

2 

— 

2 

— 

Hörde. 

2 459 

364 

2 

— 


— 

— 

2 653 

1 

3 

9 

440 

— 

1 

— 

5 622 

27 

2 

1 

1 

6 

Hohenlimburg 

1015 

27 

— 

— 

— 

1 

— 

664 

— 

2 

— 

281 

— 

3 

— 

1 393 

2 

— 

— 

— 

1 

Iserlohn .... 

2 869 

204 

2 

— 

— 

2 

— 

3 551 

— 

3 

— 

1551 

— 

10 

— 

5 762 

25 


— 

1 

— 

Lipostadt . . . 
Lüdenscheid . 

1 125 

51 

3 

— 

2 

2 

7 

1 178 

— 

1 

1 

331 

— 

— 

_ 

2 341 

6 

— 

— 

5 

4 

2 441 

261 


34 

4 

1 

6 

2 614 

— 

1 

— 

237 

— 

1 

— 

3 184 

25 

3 

— 

6 

7 

Menden .... 

763 

88 

_ 

13 

— 

— 

— 

643 

— 

— 

— 

132 

21 

— 

_ 

2039 

5 

— 

— 

1 


Meschede* . . 

291 

2 

1 

— 

— 

— 

1 

553 

— 

— 

— 

143 

— 

— 

— 

469 

1 

— 

— 


— 

Niedermarsbg. 

410 


— 

2 

_ 

— 

2 

502 

— 

2 

1 

144 

— 

— 

— 

1 152 

1 

— 

— 

2 

2 

Schwerte . . . 

909 

60 

3 

— 

— 

1 

— 

912 

— 

1 

1 

287 

— 

— 

— 

2 514 

16 


— 

2 

— 

Siegen .... 

2 353 

242 

6 


— 

2 

— 

5 236 

— 

3 

— 

1204 

— 

6 

— 

7 934 

36 

2 

— 

2 

— 

Soest. 

1276 

62 

2 

— 

— 

2 

6 

2 619 

3 

2 

3 

722 

2 

7 

7 

3 605 

24 

— 

— 

4 

6 

Unna* . 

1157 

219 

1 

— 

1 

— 

— 

1 606 

— 

1 

— 

365 

— 


— 

4198 

4 


— 

— 

— 

Wattenscheid. 

1 799 

346 

13 

— 

i 

2 

— 

614 

— 

2 

— 

157 

— 

1 

— 

5068 

6 

4 

— 

13 

— 

Witten. 

2 831 

966 

5 

— 

— 

— 

— 

2 719 

1 

— 

— 

703 

1 

— 

— 

7 775 

61 

— 

1 

5 

— 

Cassel*. 

7 517 

406 

22 

384 

18 

12 

443 

14 261 

— 

4 

42 

11 421 

— 

1 

471 

22 827 

171 

5 

2 

12 

779 

E8chwege . . . 

1 009 

87 

4 

3 

— 

— 

— 

1 952 

— 

1 

— 

1 565 

— 

1 

— 

2 880 

8 

1 

— 

1 

— 

Fulda. 

2 181 

26 

10 

7 

2 

4 

— 

3 308 


2 

— 

1451 

— 

— 

— 

6 259 

3 

2 

1 

— 

— 

Gelnhausen . . 

1083 

36 

12 

4 

— 

— 

— 

730 

— 

1 


913 

— 


_ 

3 975 

4 

— 

— 

3 

— 

Hanau. 

3 192 

268 

6 

— 

— 

— 

— 

4 852 

5 

— 


1891 

— 

— 

_ 

11 455 

214 

— 

— 

27 

— 

Hersfeld .... 

897 

73 

2 

14 

7 

1 

2 

1470 

— 

1 

3 

1 086 

— 

1 

1 

2 959 

31 

1 

— 

1 

1 

Marburg .... 

2 606 

99 

6 

— 

— 

3 

— 

5046 

2 

8 

— 

1 115 

4 

— 

_ 

5 807 

14 

3 

2 

17 

— 

Melsungen . . . 

474 

5 

— 

5 

— 

- 

2 

4 297 

1 

1 

4 

2 145 

— 

1 

3 

3 293 

1 

— 

1 

— 

5 

Rinteln* .... 

310 

3 

— 

— 

— 


3 

1233 

— 

*— 

— 

251 

— 


_ 

686 

2 

— 

— 

1 

1 

Schmalkalden 

871 

141 

— 

— 

1 

1 

— 

949 

— 

1 

— 

654 

1 


— 

2 939 

40 

— 

1 

— 

— 

Wetter* .... 

110 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

23 

— 

— 

— 

29 

— 

— 

— 

71 

— 

— 

— 

— 

— 

Gladenbach . . 

467 

9 

1 

8 

_ 

_ 

_ 

385 

— 

3 

_ 

24 

— 

_ 

_ 

450 

— 

— 

— 

1 

1 

Frankfurt a. M. 

26 994 

5 391 

177 

— 

2 

30 

6 

62 726 

4 

10 

1 

28 613 

— 

2 

_ 

84 198 

207 

37 

1 

7 

24 

Frankfurt- 

















20 





Bockenheiin 

3 023 

841 

11 

— 

— 

3 

— 

2 336 

— 

1 

— 

810 

— 


_ 

V 

— 

— 

1 

— 

Oberrad .... 

719 

13 

3 

— 

— 

— 


728 

— 


— 

355 

— 

— 

_ 

2 850 

11 


— 

1 

— 

Wiesbaden . 

8419 

196 

29 

— 

4 

3 

9 

18 4:30 

_ 

10 

2 

8 378 

— 

— 

— 

35103 

29 

5 

— 

19 

11 

Coblenz 1 ) . . 

5 792 

1 414 

10 

_ 

46 

1 

_ 

12 653 

— 

3 

— 

3 667 

1 

— 

— 

13 863 

228 

4 

— 

1 

— 

Kreuznach . . 

2195 

585 

5 

580 

11 

1 

45 

5 282 

2 

1 

21 

812 

4 


449 

5 600 

126 


— 

3 

205 

Mayen. 

2 694 

353 

2 

— 

8 

4 

— 

2 103 

— 

— 

— 

802 

1 

2 

— 

3021 

15 

4 

— 

2 

— 

Neuwied .... 

1460 

105 

5 

1 

— 

— 

— 

4 106 

3 

— 

— 

561 

— 

— 

— 

2 967 

7 

— 

— 

— 

— 

Wetzlar .... 

1579 

60 

8 

— 

— 

1 

2 

2 571 

— 

5 

— 

1 130 

— 


— 

3 869 

18 

— 

— 

3 

1 

Altendorf . . . 

2387 

589 

1 

2 

_ 

_ 

_ 

1 447 

— 

— 

— 

338 

— 

— 

— 

0 652 

— 

5 

— 

— 

— 

Barmen .... 

12070 

1 667 

5 

22 

5 

13 

29 

13093 

6 

9 

V, 

11210 

— 

2 

1 

29 030 

362 

12 

— 

15 

18 

Cleve . 

1290 

45 

_ 

— 


1 

— 

1 757 

— 

— 

— 

293 

— 

— 

— 

3 403 

18 


— 

— 

— 

Crefeld. 

10316 

733 

16 

2 


14 

_ 

5 869 


11 

— 

4 364 

— 

— 

— 

16 775 

194 


— 

9 

8 

Düsseldorf* . . 

17 365 

913 

47 

_ 

2 

22 

_ 

19 471 

IC 

6 

— 

20 863 

— 

5 

— 

47 251 

26 

4 

1 

17 

— 

Duisburg . . . 

6 000 

440 

_ 

20 

_ 

3 

24 

5 101 

— 

8 

10 

1 814 

— 

— 

— 

22 500 

— 

— 

— 

2 

38 

Elberfeld* . . . 

15122 

2455 

36 

_ 

24 

9 

_ 

18 318 

1 

31 

— 

17 299 

— 

20 

— 

42 117 

281 

6 

2 

40 

— 

Essen. 

10 654 

2616 

38 

_ 

1 

3 

3 

11 837 

8 

5 

— 

5699 

1 

— 

— 

40141 

206 

25 

1 

25 

— 

M.-Gladbach 

5 162 

298 

13 

4 

— 

4 

2 

3032 

1 

14 

— 

945 

— 

1 


8 832 

54 


— 

20 

— 

Lennep .... 

730 

88 

— 

— 

— 

2 

— 

966 

6 

— 

— 

57 

4 


— 

1395 

16 



— 

— 

Mühlheim a. R. 

3 759 

229 

8 

— 


1 

— 

1 992 

— 

— 

— 

773 

— 

— 


11843 

— 

2 

— 

10 

— 

Oberhausen . . 

3 471 

527 

26 

— 


1 

— 

1 925 

— 

— 

— 

199 

— 

— 

— 

8 334 

10 

— 

— 

2 

— 

Neuss*. 

2 426 

78 

4 

6 

_ 

a 

29 

y 

— 

— 

— 

V 

— 

— 

— 

? 

— 

— 

— 

— 

— 

Remscheid . . 

4 187 

652 

2 

— 

2 

7 

1 

3 313 

_ 

— 

— 

352 

— 

— 

— 

9 863 

69 

1 

— 

1 

— 

Rheydt. 

2 936 

307 

6 

17 

1 

2 

7 

1 575 

— 

— 

1 

448 

— 

— 

— 

5 603 

71 

— 

— 

1 

5 

Solingen* . . . 

3 995 

617 

4 

— 

1 

a 

2 

3 236 

2 

7 

— 

1539 


2 

— 

11313 

46 

1 

— 

14 

1 

Uerdingen . . . 

475 

57 

— 

— 

£ 

£ 

4 

7 

— 

— 

1 

126 


— 

— 

620 

19 


— 

— 

— 

Viersen .... 

1 174 

168 

2 

2 

— 

_ 


692 

— 

5 

— 

185 

1 

— 

— 

5 412 

20 

— 

1 

— 

— 

Werden*.... 

80 

15 


— 

— 


_ 

75 

— 

— 

— 

20 

— 

— 

— 

196 

— 

— 

— 

— 

— 

Wesel .... 

2 128 

107 

3 

7 

— 

4 

11 

3 020 

— 

1 

5 

1 099 

— 

, — 

1 

7 487 

16 

1 

— 

— 

2 

Bonn. 

5 923 

703 

24 

_ 

_ 

10 

9 

11 272 

10 

1 

3 

5 213 

1 

— 

2 

16153 

15 

1 

— 

3 

— 

Cöln. 

28 717 

1906 

6 

— 

52 

b 


52 258 

20 

i 

— 

27 941 

— 

- 

— 

101 101 

113 

44 

1 

3 

— 

Münstereifel . . 

416 

14 

— 

— 

— 

— 

_ 

418 

1 

1 

— 

141 

1 

— 


1434 

1 

1 

_ 

— 

— 

Siegburg. . . . 

2207 

151 

6 

7 

— 

1 

2 

2 254 

3 

2 

1 

689 

1 5 

1 — 

1 

2 681 

11 

— 

— 

— 

— 


•c 

e 


?>£ 


ü 


*) Für die Städte Coblenz und Ehrenbreitstein. 


Digitized by 


Google 



































BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4L 


—- 


.. 

Rinder 




Kälber unt. 6 Woch. 

Schafe 

u. 

Ziegen 

Schweine 


der Städte etc., 



beanstandete 




beanstandete 


beanstandete 


beanstandete 

i— 

'3 

in welchen sich 
öffentliche 

Zahl 

mit 

Tuberculose 


am andern 

Zahl 

© 

aus andern 

Gründen 

Zahl 

© 

aus andern 
Gründen 

Zahl 

© 

' 


atu andern 
Gründen 


Schlachthäuser 

der ge- 


H „„„ 

© 

da« 

der ge- 


daa 

der ge- 

o 

das 

der ge- 

£ 


00 

da* 

bQ 

befinden. 





Fleisch 

schlach- 


Flelach 

schlach- 

© 

Fleisch 

schlach- 

© 

& 

c 

Fleiich 

2 

(Die mit * 

teten 

be- 

verworfen 

a 

«e 

verworfen 

teten 

« 

verworfen 

teten 

© 

verworfen 

teten 

® 

XI 


© 

verworfen 


bezeichneten 

haftete 


. © 



• © 


a 

(1 

. © 


3 


. © 


2 




aa 

© 

haben keine 



s 



B 

T® 



9 

© *5 



9 






1 

PS 

Freibank.) 




5 fc 


ta 

5 * 



U) 








m 

Hi 



i 

2 

3 

WM 

mm 

6 

7 

8 

9 

10 

*771 

1* 

13 


15 

16 

17 

18 

i* 

Ei 

El 

88 

SS 


St. Johann a. d. 

2 438 

275 

4 


1 

5 


6 537 

1 

1 



_ 

_ 

_ 


26 

2 


9 

_ 


Malstadt-Bur- 

1145 

119 

4 

1 

_ 

2 

_ 

1187 

_ 

2 

_ 

171 

3 


— 

1652 


— 

— 

4 

— 

Trier 

Mettbach - Keu- 
chingen* . . 
Neunkirchen . 

495 

2 212 
422 

3 

401 

2 

3 

5 

2 

— 

1 

2 

— 

— 

788 

2128 

830 

\ 

5 

_ 

39 

288 

205 

1 

— 

— 

1021 

4 019 
766 

52 

2 

3 

1 

— 

9 

8 

1 

— 


Saarbrücken . 
Saarlouis. . . . 

1712 

819 

4 458 

107 

87 

679 

7 

5 


11 

12 

— 

2 

3948 

1763 

9891 

5 

7 

— 

817 

523 

3 921 

KJ 


B 

5 184 
1695 
10 567 

5 

6 
113 

2 

— 

8 

~9 

3 


Aachen .... 

7 640 

2156 

5 

4 

79 

_ 

4 

16 235 

52 

10 

— 

8024 


B 

B 


646 

5 


19 

2 

C 


1442 

16 

2 

_ 

_ 

1 

5 

3 

— 

— 

— 

14 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


4= 

Eschweiler . . 

1994 

510 

3 

1 

4 

2 

4 

1395 

3 

1 

— 

383 

4 

— 

— 

5 839 

134 

2 

— 

2 

ml 

e« 


805 

176 

3 

_ 

6 

2 


1343 

7 

7 

— 

431 

1 

i 

— 

1 585 

47 

— 




< 

Linnich .... 

397 

11 


2 

— 

— 


449 

— 

— 

— 

136 

1 

— 

— 

863 

1 

2 




Sigmarintren: 

Hechingen. . . 
Sigmaringen . 

641 

593 

27 

32 

— 

27 

— 

— 

8 

556 

1268 


_ 

— 

212 

134 

— 

_ 

3 

1196 

1190 

1 

2 

B 


H 

1 

344 öffentliche 
Schlachthäuser 

827 766 

131 3!5 

2842 

3 823 

2629,961 

2076 

1197 246 

1 

1710;i775 

435 

1 186 886 1024 576 

3061 

3 055130 

65 439 

3159 

712 2 648 

2 975 


Berechnungen aus vorstehender Tabelle folgen. 


Referate. 

1. 

Die chronische Kupfervergiftung. 

Von Prof. Dr. Baum und Dr. S e e I i g e r. 

2 . 

Ueber die physiologischen Wirknngen des Kupfers und 
die chronische Kupfervergiftung. 

Ein Nachtrag zu den von Dr. Baum, Dr. Seeliger und 
Trolldenier über dieses Capitel veröffentlichten Abhandlungen. 

Von Ellenberger. 

(Archiv f. wlasenacb. u prskt. Thlerlrlk. 1898, H l u i) 

In dem anatomisch-physiologischen Institute der Hochschule 
zu Dresden ist eine lange Reihe von mühsamen Untersuchungen 
über die physiologischen Wirkungen des Kupfers und über die 
chronische Kupfervergiftung auf Veranlassung und unter Leitung 
Ellenberger’s von Dr. Baum und Dr. Seeliger angestellt 
worden. Dieselben haben bereits in zwei längeren Aufsätzen 
einen Theil ihrer Resultate bekannt gegeben, welche auch unseren 
Lesern im Auszuge vorgeführt worden sind. Baum und 
Seeliger bringen nunmehr ihre Schlussresultate zur allgemeinen 
Kenntniss, welchen Ellenberger einen Nachtrag hinzufugt. Aus 
diesem Nachtrag ist zu entnehmen, dass Ellenberger mit Hof¬ 
meister bereits im Jahre 1881 durch Versuche an drei Schafen 
festgestellt hat, dass längere Zeit fortgesetzte Aufnahme von 
Kupfer zu einer chronischen Vergiftung führt Diese Be¬ 
hauptung ist in der nachfolgenden Zeit vielfach angefocliten 
worden. Die Einwendungen bestehen in einer Bemängelung der 
Versuche und sind dahin zusammenzufassen, 1. dass ätzende 
Kupferpräparate verwendet worden wären, 2. dass die Versuche 
an Thieren angestellt worden wären, welche nicht erbrechen 
können, 3. dass die gewählten Tagesdosen zu gross gewesen 
wären. Zur erneuten Prüfung der Frage der chronischen Kupfer- 
vergifiung und zur Widerlegung der vorher erwähnten Einwürfe 
hat Ellenberger die Herren Baum und Seeliger zu den 


gedachten umfangreichen Versuchen angeregt Dieselben er¬ 
streckten sich auf 1 Schaf, 2 Ziegen, 12 Hunde und 7 Katzen. 
Als Versuchspräparate kamen zur Anwendung: Cuprohaemol, 
Cupr. sulfuric., acetic. und oleinic. 

Bei einzelnen Thieren traten trotz fortgesetzter (über 
7 Monate) Verabreichung von Kupfer keine klinischen Er¬ 
scheinungen hervor, bei den meisten zeigten sich dagegen 
Abmagerung, Verminderung des Appetits und Schwäche¬ 
erscheinungen, die schliesslich zum Tode der Versuchsthiere 
führen können. Ausser diesen constant vorhandenen Er¬ 
scheinungen wurden in einzelnen Fällen noch beobachtet: 
Krämpfe, Haarausfall, krankhaft gesteigertes Durstgefühl. 

Auffallender und auch bei Thieren vorhanden, welche keine 
Krankheitssymptome infolge der Kupferverabreichung erkennen 
lassen, sind pathologisch-anatomische Veränderungen am Darm, 
an Nieren und Leber, weniger constant am Gehirn, Pancreas 
und an der Milz, weiter Auftreten von Blutungen am Herzen und 
Zwerchfell. Die Darmerkrankung erstreckt sich hauptsächlich 
auf den Dünndarm und äussert sich als eine chronische Ent¬ 
zündung mit Verdickung der Schleimhaut und Anschwellung der 
Lympkfollikel. Die Dickdarmschleimhaut war dagegen stets 
normal und der Magen befand sich einige Male im Zustande einer 
katarrhalischen Entzündung. Leber und Nieren sind als Haupt¬ 
depositions- und Ausscheidungsorgane für das Kupfer am inten¬ 
sivsten verändert. Die makroskopische und mikroskopische Unter¬ 
suchung der Lebern und Nieren bei den Versuchsthieren hat 
Trolldenier ausgeführt, wie in einem früheren Aufsatz bereits 
berichtet ist. Es zeigten sich die verschiedensten Grade der 
parenchymatösen Erkrankung, Schwellung, parenchymatöse Ent¬ 
zündung, fettige Entartung, Atrophie undNecrose der Parenchym¬ 
zellen. 

Zu diesen Veränderungen kamen noch Stauungserscheinungen 
• in den Organen, reichliche Ablagerungen von Blutfarbstoff oder 
I von Hämoglobinderivaten (theils Hämatoidin, theils Hämosiderin), 


Digitized by LaOOQie 






































13. October^l898. 

subseröse Blutungen am Herzen, iu einzelnen Fällen stärkeres 
Hervortreten der Malpighi’schen Körperchen der Milz und 
einmal allgemeiner Icterus. Das Endergebnis aller Versuche 
formuliren die Verff. dahin: 1. Man kann in einwandsfreier Weise 
durch läügere Zeit fortgesetzte Verabreichung kleiner, nicht acut 
reizender Kupfermen^en eine wirkliche chronische Kupferver¬ 
giftung im wissenschaftlichen Sinne erzeugen. 2. Die chronische 
Kupfervergiftung ist im Wesentlichen dadurch charakterisirt, 
dass intra vitam Abmagerung, Schwäche und Aufhören des 
Appetites der Versuchsthiere, vereinzelt Haarausfall, Krämpfe 
und schliesslich der Tod eintreten, während sich durch die Section 
— und zwar durch die makroskopische und mikroskopische ver¬ 
bunden mit der chemischen Untersuchung der Organe — 
in den meisten Fällen ein mehr oder weniger heftiger chronischer 
Dünndarmkatarrh, in allen Fällen krankhafte Veränderungen der 
Leber und Nieren (parenchymatöse Trübung der Epithelzellen), 
parenchymatöse nnd fettige Degeneration und schliesslich Atrophie 
oder Zerfall mit Ablagerung von Blutfarbstoffen, besonders 
Hämosiderinmassen, und eine Ablagerung bedeutender Kupfer¬ 
mengen in der Leber (und wahrscheinlich auch in den Nieren) 
nachweisen lassen. Ausnahmsweise bezw. nicht constant wieder¬ 
kehrend gesellen sich zu diesen Erscheinungen noch Magen¬ 
katarrh, Blutungen im Herzen und Zwerchfell, starkes Hervor¬ 
treten der Malpighi’schen Körperchen der Milz, Anämie oder 
auch Hyperämie des Gehirns, krankhafte Veränderungen des 
Pancreas. Ausnahmsweise fehlen die erwähnten, intra vitam zu 
beobachtenden Erscheinungen gäozlich oder treten erst ganz kurz 
vor dem Tode auf. 3. Die Intensität der geschilderten krank¬ 
haften Erscheinungen und Organveränderungen und das zeitliche 
Auftreten derselben hängen im Wesentlichen von der Thierart, 
von der individuell verschiedenen Widerstandskraft einzelner 
Thiere einer Art und von der Grösse und Art der Kupfer¬ 
präparate ab, so dass z. B. Katzen im Allgemeinen als die 
empfindlichsten Thiere und Cuprum oleinicum als das gefähr¬ 
lichste Präparat anzusehen sind. 

Zar Frage der Innern Strnctor der Mikroorganismen. 

Von Vlad. Ruzicka. 

(Centr&lbl. f. Bakt. 1898, H. 8.) 

Die bis jetzt gefundenen feineren Structurverhältnisse der 
Bakterienzelle konnten noch nicht auf eine gemeinschaftliche 
Basis zurückgeführt werden, weil keine Untersnchungsmethode 
bekannt wurde, die eine einheitliche Erklärung der Befunde der 
verschiedenen Forscher ermöglicht hätte. 

R. will nun eine einfache auf histologischen Principien be¬ 
ruhende Methode gefunden haben, „die feineren Bestandtheile der 
Bakterienzelle in unzweideutiger Weise darzustellen“. Im wesent¬ 
lichen soll diese Methode in Fixirung des noch nicht ganz luft¬ 
trockenen Deckglaspräparates mit Quecksilberchlorid, Tinction 
mit Acethylenblau und Entfärbung mit angesäuertem Wasser 
bestehen. Weitere ausführliche Angaben über das gedachte Ver¬ 
fahren behält sich der Verf. für später vor. 

Da die Färbemethoden in Uebersättigung der Bakterieuzellen 
mit Farbstoff bestehen, so musste das Entfärbungsprincip zur 
Anwendung kommen, um eiue Structurbildung zur Darstellung 
zu bringen. 

Es gelang auf diese Weise, in Bakterien aller Art, in Schimmel¬ 
pilzen und Oidien Körnchen nachzuweisen. Dieselben lassen 
sich nicht in allen Individuen desselben Präparates auffinden, ein 
Umstand, der mit dem Alter der Bakterienzellen Zusammenhängen 
soll. Die Körnchen zeigen je nach der Mikrobenart eine ver¬ 
schiedene Zahl und Anordnung. In Kokken findet sich ein central 
oder selten zwei peripherisch gelagerte Körnchen. Die Stäbchen 
enthalten meistens je ein Körnchen an einem oder an beiden 


487 


Polen, zuweilen liegen zwei bis drei Körnchen an einem Ende. 
In Schimmelpilzen und Oidien sind die Körnchen in den einzelnen 
Gliedern im allgemeinen zahlreicher als in den Bakterienzellen 
und oft metachromatisch (violett) gefärbt. Auch die beginnenden 
Scheidewände bei Theilungsvorgängeu Hessen sich mit der 
Methode zur Anschauung bringen. 

Die Stelle, welche den Körnchen bei der Theilnng zukommt, 
soll erst später in einem ausführlichen Artikel ihre Erörterung 
finden. — Warten wir also die weitere Publication ab! 

Congenitaler Hydrocephalus bei einem Halbe. 

Von W. M. Scott, M. R. C. V. S., Bridgewater. 

(Vet. Rec. 1898, H 513.) 

Mr. Scott wurde Anfang März ein Kalb vorgestellt, bei * 
welchem ein fluctuirender Tumor von der Frontalgegend des 
Craniums herabhing. Aus dem inneren Winkel des Hnken 
Auges hatte Bich der Blinzknorpel um ‘/s Zoll unter dem Augen¬ 
lid hervorgeschoben. Im Uebrigen zeigte das Kalb keine Ver¬ 
änderungen und bekundete ein normales Verhalten. 

Die Geschwulst wurde an der tiefsten Stelle mit einer 
Lanzette geöffnet, worauf sich 40 Unzen (113,36 g) einer blutig¬ 
serösen Flüssigkeit entleerten. Alsdann wurden die Haare an 
der Basis des collabirten Tumors abrasirt, die ganze Partie mit 
einer antiseptischen Lösung gewaschen und der sackartige Anhang 
mit sterilisirten Instrumenten abgetragen. Von der Haut lieBS 
S. so viel stehen, dass die Wunde damit bedeckt werden konnte. 
Nach Entfernung der überflüssigen Haut zeigte es sich, dass ein 
Vorfall der Dura mater vorlag, welche die innere Auskleidung 
des geschwulstartigen Sackes bildete. Dieselbe wurde sorgfältig 
aufgeschnitten, wodurch das Hirn auf 2—3 Zoll Ausdehnung frei¬ 
gelegt wurde. Der untere Rand der Oeffnung lag am Os 
ethmoideum. Die zngeschärften Ränder des Knochens, welche 
die Oeffnung umgaben, waren ausserordentlich dünn und zer¬ 
brechlich. Die Dura wurde nunmehr sorgfältig quer über dem 
Gehirn mit Catgut genäht und darüber wurden die Hautlappen 
gelegt Die Wunde wurde mit Jodoform und Eucalyptol bestäubt 
und mit Ausnahme des unteren Winkels des verticalen Schnittes 
mit carbolisirtem Verbandstoff bedeckt. Zum Schutz erhielt der 
Kopf eine Lederkappe mit vier Oeffnungen für Ohren und Augen. 
Die Kappe, welche in einer antiseptischen Flüssigkeit gekocht 
worden war, übte einen gelinden Druck auf die Wunde aus. 
Nach drei Tagen wurde der Verband entfernt, die Wunde mit 
einer schwachen Carbollösung gewaschen und von Neuem ver¬ 
bunden. Der Verbandwechsel fand von nun ab täglich statt. 
Die Wunde heilte auf dem ersten Wege und das Kalb war bald 
im Stande, seiner Mutter auf die Weide zu folgen. 

Bursitis subpatellaris beim Pferd. 

Von Prof. Fröhncr. 

(Mtsh. f. Th.. Bd. 9, 9.1 

In der Gegend der Kniescheibe finden sich beim Pferde 
event. mehrere Schleimbeutel vor, welche theils typisch sind, 
theils erworben sein können und gelegentlich den Ausgangspunkt 
von Entzündungen bilden. Beim Menschen ist die Bursitis prae- 
patellaris am häufigsten. Die betr. Bursa liegt an der Vorder¬ 
fläche der Kniescheibe. Fröhner hat eine solche Bursitis an 
der Vorderfläche der Kniescheibe noch nicht gesehen und hält 
das Vorkommen einer Bursa praepatellaris für fraglich; dagegen 
hat er häufiger unmittelbar unter dem Kniegelenk an der Vorder¬ 
fläche der Tibia Entzündung und Hygrom einer Bursa gefunden 
und nennt den Vorgang Bursitis subpatellaris. Der Ausgangs¬ 
punkt dürfte die Insertionsstelle des mittleren'geraden Bandes 
der Patella sein. Die sieben von Fröhner beobachteten Fälle 
boten ein charakteristisches Bild. Handbreit unterhalb der Knie- 


BERL1NER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 



488 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


scheibe findet sich, in der Regel in Folge eines Hufschlages, eine 
Geschwulst, welche Anfangs eine seröse oder eitrige Bursitis ist 
und später den Typus eines Bursahygroms oder einer fibrom- 
artigen Neubildung annimmt. In vier Fällen hat F. auf Wunsch 
der Besitzer die Geschwülste ähnlich wie bei einer Stollbeulen- 
operation exstirpirt, obwohl übrigens Functionsstörungen nicht 
bestanden. Eitrige Bursiten würden zu spalten sein. Dagegen 
warnt F. vor Incision in allen chronischen Fällen von Hygrom- 
und Cystenbildung, sowie von fibröser Geschwulst. Dieselbe 
nütze nichts und habe regelmässig eine eitrige Infection mit 
fistelartigen Bildungen im Gefolge. Auch die Exstirpation sollte 
nur vorgenommen werden, wenn der Besitzer die Beseitigung 
des Schönheitsfehlers bei einem besonders werthvollen Pferde 
wünscht. 

lieber gattelzwang. 

Von Dr. Vogt. 

(W*chr. f. Th 43. 3».) 

Die thierärztliche Litteratur enthält merkwürdig wenig Auf¬ 
zeichnungen über diesen so wichtigen Fehler. Der Zustand 
wird mehr oder weniger für eine besondere Untugend gehalten, 
die mit der thierärztlicheu Behandlung nichts zu thun habe. 
Dies ist jedoch nach Vogts Erfahrungen nicht so. Im Grossen 
und Ganzen versteht man unter „Sattelzwang“ einen Zustand, 
bei dem das Pferd sich sträubt gegen die Belastung seines 
Rückens bezw. gegen die Vorbereitungen dazu. Es werden dafür 
die verschiedensten Gründe angegeben mit dementsprechenden 
Vorkehrungen, denen man zum Theil auch einen Erfolg nach¬ 
rühmt. Vogt ist nun der Ansicht, dass in vielen Fällen 
pathologisch-anatomische Ursachen der „Untugend“ vorliegen. 
Bei zwei von ihm vor längerer Zeit obducirten Pferden bestand 
eine hühnereigrosse Knochengeschwulst an der Wirbelsäule im 
Bereich der Sattellage ohne sonstige Veränderungen am Skelett. 
In der letzten Zeit hatte er Gelegenheit, ein Pferd zu obduciren, 
dessen Wirbelsäule folgenden Befund bot: Bedeutende Ver¬ 
dickung im Bereich der Sattellage vom 7.—13. Wirbel, am 
stärksten unmittelbar hinter dem Widerrist, wo das Hauptgewicht 
des Reiters einwirkt. Theils hat an den Wirbelkörpern eine Zu¬ 
bildung von Knochensubstanz stattgefunden, theils sind die 
Bänder verknöchert, die Gelenke bis zur Unkenntlichkeit von 
Knochenmassen umgeben. Die ganze Wirbelsäule scheint in eine 
knöcherne Rinne eingebettet. Die Zwischenwirbelscheiben sind 
jedoch nicht verknöchert Jede Beweglichkeit der Wirbelgelenke 
ist aufgehoben. Die Wirbeldurchmesser erwiesen sich im 
Körper und Bogen um 1$ bis 2 cm vergrössert. An der stärksten 
Stelle betrugen die Auflagerungen seitlich 5 cm nnd ventral bis 
2 1 /, cm. Alle übrigen Skelettknochen zeigten keinerlei Verände¬ 
rungen. Die krankhaft gebildete Knochenmasse unterschied sich 
makroskopisch nicht von der gesunden. Der ganze Process er¬ 
weckte unzweifelhaft den Anschein, dass er mit der Dienst¬ 
leistung des Pferdes znsammenhängt; keine andere Einwirkung 
als das Gewicht des Reiters konnte eine derartig locale Ver¬ 
änderung bedingen. — Die vom Verf. angestellten Erkundigungen 
ergaben denn auch, dass das betreffende Pferd von Jugend auf 
dem Reiter grosse Schwierigkeiten machte und lange Zeit er¬ 
forderlich war, um dem Thier den Sattelzwang abzugewöhnen, 
was jedoch später gelang. Augenscheinlich waren mit der Aus¬ 
bildung der Verknöcherung die ursprünglich vorhandenen 
Schmerzen geschwunden. — Hieraus ergiebt sich, dass ein junges 
Pferd, bei dem Erscheinungen des Sattelzwanges auftreten, am 
besten nicht zum Reitdienst verwendet wird, und, wenn dies 
nicht thunlich ist, wenigstens eine schonende Behandlung er¬ 
fahren sollte, da sehr häufig Schmerzen und nicht Bosheit die 
Ursachen des auftretenden Fehlers Bind. 


Zur Tubercnlinanwenrlung bei Rindern. 

Prof. Ostertag hat in der Thierzuchtabtheilung der Deutschen 
Landwirthschafts-Gesellschaft einen Vortrag über die praktische 
Verwendung des Tuberculins zur Tilgung der Rindertuberculose 
gehalten, welcher mit Rücksicht auf die Interessen der Land- 
wirthschaft das Verfahren darstellt. Am Schluss der Veröffent¬ 
lichung des Vortrages in der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. hebt 
Ostertag hervor, dass nach seiner Ueberzeugung die in der 
Belehrung der technischen Deputation angegebene entscheidende 
Temperaturdifferenz von 1!* 0 C. nicht festgehalten werden darf. 
Es sind vielmehr, wie auch Kühn au betont hat, alle Thiere als 
tuberculoseverdächtig anzusehen, bei denen die Temperatur nach 
der Einspritzung des Tuberculins über die Norm steigt. Ausser¬ 
dem empfiehlt Ostertag, von der Impfung der älteren Thiere 
Abstand zu nehmen, dieselben vielmehr nur auf klinische Er¬ 
scheinungen der Tuberculose zu untersuchen; denn die älteren 
Thiere in grösseren Beständen reagiren der Regel nach und sind 
so wie so suspect. Ihre Impfung hat daher keinen praktischen 
Werth, die Unterlassung derselben aber bewahrt den Besitzer 
vor der Entwerthung, die das Thier im Handel durch das Er¬ 
gebnis der Tuberculinimpfung, welches nicht verheimlicht werden 
darf, erfährt. Die Impfung der Kälber und der jungen Rinder 
und deren tuberculosefreie Aufzucht, die bis auf Weiteres die 
Hauptsache ist, macht überdies verhältnismässig geringe Kosten. 

Ostertag hebt noch hervor, dass die von Gensert in der 
B. T. W. ausgesprochene Ansicht von der Unausführbarkeit der 
zur Bekämpfung der Tuberculose empfohlenen Massregelo nicht 
zutreffend sei und auch von den in der oben erwähnten Ver¬ 
sammlung anwesenden Thierzüchtern in keiner Weise getheilt 
wurde. 

lieber antitoxisehe Substanzen gegenüber dem 
Bfttuli8inn8girt. 

Von Kempner und Schepilewsky. 

(Zeitachr. f. Hyg. u. InfecUomkr. XXVII, 2.) 

Mischt man das Gift des Erregers der Wurstvergiftung 
(Bacillus botulinus Ermenghem) mit einer Emulsion des 
Gehirns oder Rückenmarks gesunder Meerschweinchen, so liess 
sich die drei- bis vierfache letale Dosis unschädlich machen; bei 
getrennter Injection auf beiden Körperseiten liess sich die Hälfte 
der Mäuse gegen die doppelte letale Dosis schützen; auch Im- 
munisirung durch 24 Stunden vorher vorgenommene Hirn- 
injection gelang, ja Heilwirkungen durch Injection 6—12 Stunden 
nach der Gifteinspritzung. Aehnliche Resultate sind vor Kurzem 
auch bei Tetanus erzielt worden. — Wunderbarer Weise hat 
von den Hirnsubstanzen Lecithin und Cholestearin eine ziemlich 
hohe giftnentralisirende Wirkung, wenn es mit dem Gift zu¬ 
sammen iiyicirt wird, es ist dagegen ohne Wirkung bei örtlich 
und zeitlich getrennter Application, auch verlieren diese Substanzen 
im Gegensatz zur Hirnsubstanz ihre Wirkung nicht durch 
Kochen. 

Rasche Färbung von toberenlösen Sputis. 
Einzeitiges und complementäres Nachfärben des Grundes 
bei der Ziehl-Neelsen’schen Methode. 

Von Dr. N. P. A n d r e j e w. 

(Centralbl f. Bact. 1897, Heft 20 o. 21.) 

Das Aufsuchen der Tuberkelbacillen im Sputum ist trotz der 
entwickelten Färbemethoden oft sehr erschwert. Bei der Ziehl- 
Neelsen’schen Methode ist durch eine wirksame Contrastfärbung, 
welche A. im militär-hygienischen Institut zu Wilna eingeführt hat, 
ein leichteres Aufflnden der Bacillen zu erreichen. Der Be¬ 
schreibung der Methode schickt Verf. eine kurze, lesenswerte 


Digitized by LaOOQie 



13. October 1898. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


489 


und belehrende Auseinandersetzung über die Complementär- 
farbenwirkung auf unser Auge voraus. 

Als beste Contrastfarbe bei Anwendung des Carboifuchsin 
zur Darstellung der Tuberkelbacillen empfiehlt er ein Grün, 
welches G. Grübler, Leipzig, unter der Bezeichnung Säuregrün 
verschickt. Entfärbung und Complementärfärbung werden wie beim 
Gabbet’schen Verfahren in einem Act vorgenommen. Die hierzu 
benutzte Mischung besteht aus: 

1. hei8ser lOproc. Kalium cbloricum-Lösung 100 ccm 

2. Säuregrün. lg 

3. 25proc. Acidum sulfuricum pur. (spec. Gew. 

1,182 bei -t- 157 °).15 ccm. 

Das mit Sputum bestrichene, fixirte und mit Carboifuchsin 
gefärbte Objectglas wird so lange in die dunkelgrüne Flüssigkeit 
gelegt, bis die rothe Farbe verschwunden ist und einer grünen bis 
blaugrünen Färbung Platz gemacht hat, ein Vorgang, welcher 
etwa 1 Min. in Anspruch nimmt. 

Die ganze Procedur der Tuberkel-Sputumfärbung erfordert 
lfc—3 Minuten und das Gelingen guter Bilder soll nicht, wie bei 
anderen Verfahren, so sehr von Uebung oder Technik ab¬ 
hängig sein. 

Zur Chemie der glatten Muskeln. 

Von Professor J. Munk. 

(D. Med. Woeli. 33 33.) 

Zur Bestimmung der eiweissartigen Bestandteile der glatten 
Mu8culatur erwies sich am besten die Benutzung von Vogel- und 
Schweinemagen. Die blutfreien, zerkleinerten Muskelstücke 
wurden ausgepresst, der Saft dialysirt. Dabei fiel ein Körper 
aus, der alle Reactionen eines Globulins gab, das bisher in 
glatten Muskeln nicht nachgewiesen war. Es coagulirte spontan 
wie das Myosin, ebenso bei Erwärmen auf 54—55°. In dem bei 
der Dialyse flüssig gebliebenen Antheil konnte eia Albumjp. pack- 
gewiesen werden, das gleichfalls spontan gerann, ebenso bei Er¬ 
wärmen auf 46—50 °, also bei einer anderen Temperatur als das 
Albumin der quergestreiften Muskeln. Auf ein Theil Globulin wurden 
—2 Theile Albumin gefunden. Endlich konnte aus dem nach 
Auspressen des Plasma verbleibenden Rest der Muskelmasse ein 
Nucleoprotein dargestellt werden, das bei 15 pCt. N. 8,6 pCt. 
Phosphor in der aschefreien Substauz enthielt. Aus 320 g 
Muskel wurden davon 1,78 pCt. gewonnen, das Dreifache des in 
den Skelettmuskeln enthaltenen, bedingt wohl durch die Menge 
der in der glatten Muskulatur enthaltenen Kerne. 

Thierhaltung und Thierzucht 

Zur Rindvieh Versicherung in Baden. 

Das badische Rindviehversicherungsgesetz war das erste in 
Deutschland. Dass sich mit der Zeit Aenderungen nöthig machen, 
ist daher nicht verwunderlich. Der grösste Mangel ist noch der, 
dass das Gesetz bekanntlich eine obligatorische Versicherung 
aller Rindviehbesitzer nicht herbeifiihrt, sondern die Bildung von 
Ortsviehversicherungsvereinen einem Gemeindebeschluss anheim¬ 
stellt und nur den Zusammenschluss aller dieser Vereine, sowie 
das gemeinschaftliche Geschäftsgebaren, die Lastenvertheilung 
und die Staatszuschüsse regelt. Dass die obligatorische Ver¬ 
sicherung das Endziel sein müsse, hat auch Lydtin seiner Zeit 
schon ausgeführt. Soweit ist man jedoch z. Z. noch nicht. Wie 
Fehsenmeier in der Dtsch. Th. Wschr. mittheilt, hat die badische 
Kammer eine Novelle zu dem Gesetz angenommen, welche den 
bisherigen facultativen Beitritt bestehen lässt, dagegen sonst 
einige beachtenswerthe und praktische durch die bisherige Er¬ 
fahrung begründete Neuerungen bringt. 

Nach diesen Neuerungen können fortab mehrere Gemeinden 


sich zu Ortsviehversicherungsvereinen zusammenthun. Wird in 
einer Gemeinde die Errichtung einer Versicherung abgelehnt und 
es fiudet sich binnen einem Monat nachher ein Drittel der Rindvieh¬ 
besitzer bereit, einen örtlichen Versicherungsverein mit frei¬ 
willigem Beitritt zu errichten, so kann auch ein solcher Vereiu 
mit Genehmigung des Ministeriums in den Gesammtverband auf¬ 
genommen werden, was eine wesentliche Erleichterung der Aus¬ 
breitung der Viehversicherung unter der einmal gegebenen Be¬ 
schränkung bedeuten dürfte. Bezüglich der Verwerthung der 
nothgeschlachteten Thiere wird bestimmt, dass das für geniess- 
bar erklärte Fleisch unter die Tbierbesitzer des Ortsverbaudes 
nach dem Verhältniss der versicherten Viehköpfe vertheilt werden 
muss, sofern nicht durch einen Verkauf an Dritte ein Preis 
erzielt werden kann, welcher unter dem ortsüblichen Ladenpreise 
um nicht mehr als 30 pCt. zurückbleibt. Die betheiligten Be¬ 
sitzer haben das Fleisch nach dem letztgenannten Satze zu be¬ 
zahlen. Die Lastenvertheilung wird in der Weise geregelt, dass 
nur noch eine Hälfte dem Gesammtverband, die andere aber 
(bisher nur ein Viertel) dem Ortsverein zngescbrieben wird. Es hat 
sich nämlich herausgestellt, dass, wenn der Ortsverein an dem 
Schaden direct nur mit ein Viertel betheiligt ist, ein gewisser Leicht¬ 
sinn bei den Vergütungen u. 8. w. sich bemerklich macht. Es erfolgt 
die Aenderung also mit Rücksicht auf sparsamere Wirthschaft 
an Ort und Stelle. Bei geschlachteten Thieren wird nicht allein 
das verworfene Fleisch, sondern auch der Minderwerth des nicht 
als bankwürdig erklärten Fleisches in Zukunft entschädigt, so¬ 
fern die Thiere am Versicherungsort selbst oder binnen 
acht Tagen in einem anderen badischen Orte geschlachtet 
worden sind. 

Endlich ist eine sehr wesentliche Aenderung des Artikels 48, 
welche bestimmt: W’enn in einem Berichtsjahr die auch für 
100 M. Versicherungswerth entfallende Verbandsumlage 20 Pf. 
übersteigt, so wird der überschiessende Betrag aus Mitteln des 
Reservefonds gedeckt. Nach Erschöpfung des Reservefonds wird 
der hiernach erforderliche Zuschuss bis zum Jahre 1905 aus der 
Staatskasse bezahlt. 

Offenbar tritt der weiteren fakultativen Ausbreitung der Ver¬ 
sicherung vor allen Dingen die auch durch Erfahrungen der 
ersten Versicherungsjahre begründete Besorgniss vor zu hohem 
Beitrag entgegen. Die Beschränkung dieser Beiträge auf einen 
übrigens recht mässigen Höchstsatz muss daher nothwendiger- 
weise der Organisation selber ausserordentlich förderlich werden. 
Bei dem derzeitigen Versicherungsbestand von über 44000 Thieren 
und andererseits bei Annahme dos Höchstbetrages von 20 Pf. 
würde nach den bisherigen Erfahrungen aus dem Reservefonds 
bezw. der Staatskasse ein Zuschuss von mindestens 600C0 M. 
erforderlich werden. (Die Verbandsumlage ist natürlich nicht 
mit der Gesammtversicherungsgebühr zu verwechseln. Vergl. 
übrigens B. T. W. Jahrg. 1897, pg. 441.) 


Tagesgeschiclile. 

Antwort auf „Ein Wort an die Schlaohthausthierirzte“. 

Durch den Artikel in der B. T. W. vom 22. September d. J. 
„Ein Wort an die Schlachthausthierärzte“ werde auch ich in 
meinem Amte als Leiter eines mittleren Betriebes berührt. 

Ich muss zunächst die gutgemeinten weisen Lehren des 
nicht genannten Verfassers für meine Person durchaus zurück¬ 
weisen. Aber auch fast sämmtliche übrigen Collegen, mit Aus¬ 
nahme einzelner weniger, die in ihrer Schlachthauspraxis ver¬ 
unglückt sind (auch im Stande der Aerzte, Rechtsanwälte etc. 
verunglücken charakterschwache Leute), werden diese Lehren 
nicht nur nicht bedürfen, sondern sie werden solche theoretischen 
Betrachtungen vor der Oeffentlichkeit als höchst schädlich an- 


Digitized by LaOOQie 





490 


BERLINER THIERÄ.RZ.TL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 41. 


sehen. Wie der Einzelne sich sein Nest macht, muss man ihm 
selbst überlassen, und wenn unter vielen Hunderten Einige nicht 
damit zurecht kommen, so geht das den Stand und die Allgemein¬ 
heit noch nichts an. Eher ist es zu verwundern, dass so wenig 
Schlachthausthierärzte sich ihrer so äusserst schwierigen Stellung 
nicht gewachsen gezeigt haben. Man muss bedenken, welche 
grosse Macht die Metzgerinnungen in kleineren Städten im 
öffentlichen Leben besitzen. In zahlreichen Städten haben diese 
Innungen auch thatsächlich über die Collegen gesiegt, nicht weil 
diese schwach im Amt waren, nein, weil sie im Interesse des 
allgemeinen Wohles den betreffenden Metzgern zu scharf sein 
mussten. Nach der Ansicht des Verfassers des erwähnten 
Artikels soll der leitende Grundsatz des Thierarztes sein: „Schütze 
das Publikum vor Gefahr und Betrug und wahre nach Kräften 
die Interessen der Fleischer.“ Ich glaube, das Letztere besorgen 
die Fleischer sehr energisch selber, soweit die Förderung der 
Interessen in Frage kommen; soweit aber die Schonung der 
Interessen des Publicums mitspielt, ist diese für jeden Collegen 
selbstverständlich. Die Mahnung, das Publikum vor Betrug und 
Gefahr zu schützen, unterschreibe ich, weil diese oft sehr noth- 
wendig ist. 

Im Uebrigen haben wir lediglich die Interessen der All¬ 
gemeinheit, der Fleischconsnmenten, der Verwaltung, der 
Sanitätspolizei und last not least der Staatsregierung wahr¬ 
zunehmen. Wollten wir uns dazu hergeben, auf Kosten der 
genannten Factoren, und anders geht es nicht, die einseitigen 
Interessen der Fleischer im gewünschten Masse wahrzunehjnen, 
so würden wir zu dem herabsinken, wozu viele Fleischer uns 
überhaupt als vorhanden betrachten, zu ihrem Werkzeuge ohne 
eigenen Willen. 

Wo der Magistrat sich befindet, der es duldet, dass den 
Fleischern_ aus Nachlässigkeiten des Schlachthausthi^r^rztes 
Schaden entsteht, hat Verfasser nicht angegeben. Ich kenne 
einen solchen nicht. 

Mancher College soll (von wem?) zu viel verlangen, ohne 
seine eigenen Verpflichtungen peinlich zu erfüllen. Nun,i ich 
halte es eher für gut, etwas zu viel Ordnung und Sauberkeit 
seitens der Fleischer, Fleiss und Aufmerksamkeit seitens der 
Untergebenen zu verlangen als zu wenig. Im Allgemeinen habe 
ich mehr das Zuwenig als das Zuviel beobachtet. 

Das genaue Innehalten der Bureaustunde dürfte wohl, ganz 
abgesehen davon, dass man oft aus privaten und amtlichen 
zwingenden Gründen daran verhindert wird, auch dem Verfasser 
obigen Artikels nicht möglich sein oder er müsste denn schon in 
jungen Jahren so viel Weltschmerz und Entsagungskraft besitzen, 
um das Leben eines Trappisten führen zu wollen. An den 
kleineren und mittleren Betrieben beginnt bekanntlich durchweg der 
Dienst um 5 oder 6 Uhr früh im Sommer, um 6 odfr 7 Uhr im 
Winter und endet des Abends um 8 Uhr, an einzelnen Abenden 
der Woche noch später. Welcher andere gebildete Mensch, 
welcher andere gewöhnliche Arbeitsmann hat eine ähnlich .lange 
tägliche Dienstzeit? Diese lange tägliche Dienstzeit ist für den 
Schlachthausthierarzt wohl überall nur auf dem Papier vor- 
gescbrieben, weil in Wirklichkeit kein Magistrat eine solche 
verlangen würde. Selbst die Fleischer hegen wohl nur vereinzelt 
den Wunsch, uns von Morgens früh um 5 Uhr bis Abends um 
8 Uhr thätig zu sehen. Nur der erwähnte College erhebt diese 
Forderung. Anderen Berufsklassen, die in der allgemeinen 
Werthschätzung von Alters her festsitzen, würde keine Behörde 
und kein Fleischer einen solchen Dienst zumuthen, auch auf 
dem Papier nicht. 

Wenn ich nun die gute Absicht des Collegen nicht verkennen 
will, so kann ich ihm auch nicht verhehlen, dass die Folgen seines 


Artikels für manchen im Streite liegenden Schlachthausthierarzt 
schlechte sind. Schon hat sich die „Allgemeine Fleischerzeitung“ 
des Artikels bemächtigt und dasjenige davon veröffentlicht, was 
den Fleischern in ihrem Kampfe gegen uns dienlich sein kann. 
Diese Zeitung wird aber von den meisten Fleischern gelesen 
und so ist es mithin geschehen, dass wir Schlachthausthierärzte, 
statt von allen Collegen unteistützt zu werden, von einem der¬ 
selben, wenn auch gegen seine Absicht, geschädigt worden sind. 

Im Allgemeinen ist der Kampf der Meinungen und Parteien 
nützlich und nothwendig; ist dieser aber oft schon scharf, wo es 
sich um eingebildete Güter handelt, um wie viel mal schärfer 
muss er dort sein, wo der materielle Standpunkt zu verfechten 
ist, wenigstens von Seiten des sich angegriffen fühlenden Fleischers. 

Der Herr College thut nun so, als ob wir Schlachthaus¬ 
thierärzte den Fleischern gegenüber die zwecklos Angreifenden 
wären, gerade so, wie diese es auch glauben.*) Nun, ich meine, 
jeder Kundige wird das Gegentheil wissen. Auch sind wir 
Schlachthausthierärzte von Hanse aus gar nicht so streitbare 
Leute und sind froh, wenn uns die Fleischer in Ruhe lassen. 
Hier aber liegt eben der Hase im Pfeffer. Wer Jahre lang 
einem kleinen oder mittleren Schlachthause vorgestanden, kennt 
so ziemlich all die unerfüllbaren Wünsche und Forderungen, 
die die Fleischer an uns zu stellen pflegen. Wer sie erfüllt, ist 
ein guter Thierarzt, wer es aber nicht thut, zieht sich den Zorn 
des Einzelnen, ja den der ganzen Innung zu. Dann sprechen 
die Fleischer, wie der College, man nehme ihre Interessen nicht 
wahr etc. Der Kampf hat damit seinen Anfang genommen und 
wird in der Regel in Permanenz erklärt. Es sorgt dann der 
eine Theil mit Sicherheit dafür, dass der andere seine Pflicht 
thut, und damit ist den Zwecken eineB öffentlichen Schlachthauses 
am besten gedient. Der College, welcher sich schwach erweist 
in diesem ewigen Kampfe, wird entweder ein willenloses Werk¬ 
zeug der Fleischer oder er wirft die Flinte ins Korn und quittirt 
seinen Dienst In der Regel hat derjenige College, welcher in 
den Sclilachthau8dieii8t tritt, von den Schattenseiten des letzteren 
keine Ahnung; denn sonst würden viele es vorziehen, ihre Finger 
davon zu lassen. Es gehört eine grosse Dosis Lebensklugheit, 
Energie mit Lust am eventuellen Kampfe, Tactgefühl und 
Sicherheit im Auftreten dazu. Mit allen diesen hervorragend 
guten Eigenschaften verdient der Schlachthausthierarzt an kleinen 
bis mittleren Betrieben dann schliesslich eben so viel, um sich 
mit knapper Noth mit seiner Familie durch das Leben schlagen 
zu können, falls er seine Einnahme nicht durch Piivatpraxis 
ergänzen kann. Ein solcher Idealmensch sollte eigentlich besser 
belohnt werden. 

Zum Schluss will ich ein nach Ansicht vieler Collegen sehr 
treffendes Wort eines Bürgermeisters einer mittleren Stadt 
erwähnen, welches lautet: „Derjenige Schlachthausthierarzt ist 
nicht der beste, den die Fleischer loben.“ 

Es ist auch meine Meinung, wir verzichten auf das Lob der 
Fleischerkreise und thun unsere hehre Pflicht unverdrossen. Nur 
wäre es wünschenswert^ wenn, da viele Magistrate sich auf die 
Seite der Fleischer stellen, die Königl. Regierung uns etwas den 
Rücken stärkte, indem sie, z. B. wie bei den Oberlehrern, sich 
das Discipiinarrecht über uns vorbehielte. .e. 

Nachrufi 

Am 12. September verschied nach kurzem Krankenlager der 
Thierarzt Hermann Ehlingin Avendorf, Landkreis Lüneburg, 
im Alter von 68 Jahren. Der Unterzeichnete hatte Gelegenheit, 
denselben als einen hochachtbaren, tüchtigen und mit ganzer 

*) Diesen Vorwurf hat der Verfasser des hier kritisirten Artikels 
durchaus nicht erhoben, sondern er hat nur vor einer Eventualität 
gewarnt. Die Redaction. 


Digitized by kjOOQie 






13. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


491 


Liebe seinem Bernfe ergebenen Thieiarzt kenne» za lernen, der 
fern vom Getriebe der grossen Welt in seinem Heimathsdorfe 
und in dessen Umgebung bis kurz vor seinem Hingange in 
segensreicher Weise gewirkt hat. 

Ehling entstammte einer alten thierärztlichen Familie, die 
ursprünglich im Eisass angesessen und nach Aufhebung des 
Edicts von Nantes nach Mecklenburg ausgewandert war. Der 
Grossvater, der den Siebenjährigen Krieg als Kurschmied mit¬ 
gemacht hatte, lebte als Thierarzt und Landwirth in Mecklenburg; 
der Vater kaufte sich in Avendorf an und betrieb neben der 
thierärztlichen Praxis die Landwirtschaft und Pferdezucht in 
intensiver Weise. Frühzeitig entwickelte sich in Ehling die 
Neigung zum thierärztlichen Beruf, und er bezog 1849 die Thier¬ 
arzneischule in Hannover, welche er nach bestandenem Examen 
1852 veriiess. Schon als Student wurde er von seinen Commilitonen 
wegen seiner praktischen Anschauung geschätzt und mit dem 
Beinamen „der Praktische“ belegt. Nachdem er einige Zeit bei 
seinem Vater als Assistent gewirkt batte, musste er nach den 
damaligen Bestimmungen die Ausübung der Praxis im Bezirk 
seines Vaters anfgeben, ,da ein Mangel an Thierärzten in der 
Gegend nicht vorhanden war“. Ehling liess sich nun in Vier¬ 


landen bei Hamburg nieder und war hier einige Zeit als Thier¬ 
arzt thätig, bis er auf Betreiben seines Vaters von der Behörde 
die Erlaubnis zur Ausübung der Praxis in seiner Heimath erhielt 
und dorthin zurückkehrte. Hier hat er nun neben der Bewirt¬ 
schaftung des vom Vater übernommenen Hofes ununterbrochen 
der Ausübung seines Berufes bis kurz vor seinem Tode sich 
gewidmet Allseitig wird ihm nachgerühmt, dass er ein umsichtiger, 
tüchtiger Thierarzt und Operateur gewesen sei. 

An seinem Sarge trauerten mit seiner seit Jahren leidenden 
Gattin eine Tochter und drei Söhne, die sämmtlich den thier¬ 
ärztlichen Beruf erwählt haben und als beschäftigte Praktiker in 
der Elbmarsch ansässig sind. Zahlreiche Betheiligung seitens 
der ländlichen Bevölkerung an der Trauerfeier gab Beweis für 
die Liebe und das Vertrauen, welches der Entschlafene sich 
erworben hatte; In ihm war ein Mann aus dem Leben geschieden, 
welcher nach dem allgemeinen Urtheile keinen Feind hinterlassen 
hatte. Sein Andenken wird in den beteiligten Kreisen in Ehren 
gehalten werden, und auch von seinen Standesgenossen soll ihm 
ein ehrendes Andenken gesichert sein! 

Lüneburg, im September 1898. Holtzhauer, 

Departementsthierarzt. 


Oeffentüches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senchenstatistik and Yeterin&rpolizeL 

Preussen. Allgemeine Verfügung de« Ministeriums für Landwirt¬ 
schaft eto., hetr. die Fuhrkosten der beamteten Thierärzte. Vom 

15. Juni 1898. 

An sämmtliche Herren Regierungspräsidenten (ausser dem¬ 
jenigen in, Marienwerder) und den Herrn Polizeipräsidenten zu 
Berlin. 

Ener Hochwohlgloren erhllten anbei in der erforderlichen 
Anzahl Abdrücke von „Grundsätzen für die Zubilligung von Fuhr- 
kostenentschädigungen an beamtete Thierärzte bei Amts¬ 
verrichtungen an ihrem Wohnsitze oder in einem Umkreise von 
nicht mehr als 2 km nach § 1 Absatz 1 des Gesetzes vom 
9. März 1872 (G.-S. S. 265)“ mit dem Aufträge, die zur Durch¬ 
führung der Grundsätze erforderlichen Anweisungen an die unter¬ 
geordneten Behörden und Beamten zu erlassen und künftig bei 
der Festsetzung der Kostenrechnungen der beamteten Thierärzte 
darnach zu verfahren. Die Grundsätze sind im Einverständnis« 
mit dem Herrn Finanzminister und der Ober-Rechnungskammer 
sowie im Einklang mit einer Rechtsauffassung aufgestellt, die 
das Reichsgericht, vierter Civilsenat, in einem Unheil vom 
3. Juni 1897 (IV. 434/1896) zur Geltung gebracht hat 

I. A.: v. Friedberg. 

Grundsätze 

für die Zubilligung von Fuhrkostenentschädigungen an beamtete 
Thierärzte bei Amtsverrichtungen an ihrem Wohnorte oder in 
einem Umkreise von nicht mehr als 2 km nach § 1 Abs. 1 des 
Gesetzes vom 9. März 1872 (G.-S. S. 265). 

1. Die Vergütung von 1,50 M. bei jeder einzelnen Amts¬ 
verrichtung ist nicht als Entgelt für die dienstliche Thätigkeit, 
sondern lediglich als Pauschentschädigung für Fuhrauslagen an- 
zusehen. 

2. Die Gewährung der Entschädigung hängt nicht davon ab, 
dass thatsächlich ein Fuhrwerk benutzt worden ist, wohl aber 
ist die „objective Möglichkeit der Benutzung einer 
Fuhrgelegenheit“ Voraussetzung für den Anspruch. 

3. Die Vergütung kann demnach nicht verlangt werden, 
wenn die Amtsverrichtung in der Wohnung des Thierarztes, auf 


dem dazugehörigen Hofe oder in unmittelbarer Nähe davon vor¬ 
genommen ist Im Uebrigen kann eine bestimmte Mindest¬ 
entfernung zwischen der Wohnung des Thierarztes und dem Orte 
der Amtsverrichtung nicht als Voraussetzung für den Anspruch 
auf Fuhrkostenentschädigung vorgeschrieben werden. Vielmehr 
wird im Zweifelfalle nach billigem Ermessen zu entscheiden sein. 
Die beamteten Thierärzte sind darauf hinzuweisen, dass künftig 
in der Aufnahme der Fuhrkostenentschädigungen in die Kosten¬ 
rechnungen (Tagebücher) auch die Versicherung liegt, dass bei 
den Amt8verrichtungen am Wohnorte etc., wofür Fuhrkosten¬ 
entschädigung in Ansatz gebracht werden, die Benutzung einer 
Fuhrgelegenheit objectiv möglich gewesen ist. 

In den Kostenrechnungen ist der Ort solcher Amtsverrichtungen 
kurz so zu bezeichnen, dass die Entfernung von der Wohnung 
nachträglich ermittelt werden kann. 

4. Die Entschädigung von 1,50 M. gehührt dem Beamten 
nur einmal, wenn sich die amtliche Thätigkeit auf einen Ort 
beschränkt, gleicbgiltig ob dort eine oder mehrere gleichartige 
oder verschiedene Amtsverrichtungen vorgenommen sind. Wird 
die auf längere Zeit an einem Tage und an einem Orte sich 
erstreckende Amtstätigkeit unterbrochen, so begründet diese 
Unterbrechung nur dann einen Anspruch auf nochmalige Ver¬ 
gütung, wenn sie an sich angemessen ist und wenn infolge der 
Unterbrechung die objective Möglichkeit der Benutzung einer 
neuen Fuhrgelegenheit in dem zu 3 gedachten Sinne eintritt 

Ueberhaupt wird die mehrfache Zubilligung der Vergütung 
an einem Tage nicht durch jeden Ortswechsel begründet Viel¬ 
mehr ist der Fuhrkostenersatz in Form der Pauschvergütung 
immer nur einmal zulässig für jede Summe von Amtsverrichtungen, 
die auf einem Rundgange oder einer Rundfahrt ohne Zurück¬ 
legung grösserer Entfernungen von einem Orte der Amtstätig¬ 
keit zum anderen nach einander sich erledigen lassen. Im Einzel¬ 
falle muss auch hier die Entscheidung dem billigen Ermessen der 
festsetzenden Behörde überlassen bleiben. 

Nach dem Grundsätze, dass alle Amtsgeschäfte unter mög¬ 
lichster Ersparung von Kosten für die Staatskasse auszuführen 
sind, ist darauf zu achten, dass alle einzelnen Amtshandlungen 
eines Tages, soweit dies nach den Umständen möglich ist, auf 


Digitized by tjOOQie 






492 


einem Rundgange oder einer Rundfahrt abgemacht werden. Ab¬ 
weichungen hiervon sind besonders zu rechtfertigen. 

5. Auf Amtsverrichtungen, die ausserhalb des Wohnortes der 
beamteten Thierärzte oder des diesem gleichgestellten Umkreises 
von 2 km an verschiedenen Stellen eines Ortes ausgeführt werden, 
darf der im § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. März 1872 für Fuhr- 
koBtenentschädigungen aufgestellte Grundsatz nicht übertragen 
werden. 

Bayern: Unterm 11. September d. Js. wird in einer Bekannt¬ 
machung, Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche betr., 
die Einfuhr und Durchfuhr von Klauenvieh aus der Schweiz vom 
15. September ab bis auf Weiteres verboten. Die Einfuhr von 
Zuchtrindern und Zuchtziegen wird nur unter der Bedingung 
zugelassen, dass die Einfuhr durch Landwirthe oder Züchter für 
ihren eigenen wirthschaftlichen Bedarf übernommen wird. Händler 
müssen in jedem Fall einen entsprechenden Einzelauftrag von 
Landwirthen oder Züchtern nachweisen können. Ausserdem ist 
bei der Einfuhr ein höchstens sechs Tage zuvor ausgestelltes 
thierärztliches Attest vorzulegen, welches bescheinigt, dass im 
Herkunftsort sowie in dessen Nachbargemeinden seit mindestens 
30 Tagen kein Fall von Maul- und Klauenseuche vorgekommen 
ist. Die Thiere dürfen ferner auf ihrem Transport nachweislich 
nicht Gebiete passirt haben, in welchen die Maul- und Klauen¬ 
seuche herrscht 

Baden: Eine mit der vorstehenden sinngemäss überein¬ 
stimmende Bekanntmachung ist für das Grossherzogthum Baden 
und für Elsass-Lothringen unterm 12. bezw. 17. September d. Js. 
erlassen worden. 


No. 41 


Fletochftchao nnd Viehverkehr. 

Ueberslcht Ober die In den öffentlichen Schlachthäusern nnd 
In den selbstständigen Rossschlächtereien in Preussen im Jahre 1397 
gesohlaohteten Pferde. 

Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern 
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde 
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken 
(die Anzahl von selbstständigen Rossschlächtereien ist in Paren¬ 
these angegeben): Königsberg (—) 848, Gumbinnen (—) —, 
Danzig (—) 510, Marienwerder (—) 199, Berlin (1) 8568, Pots¬ 
dam (9) 1620, Frankfurt a. 0. (4) 1360, Stettin (2) 1058, Cöslin 
(—) 186, Stralsund (—) 513, Posen (3) 123, Bromberg (1) 98, 
Breslau (16) 6223, Liegnitz (12) 2641, Oppeln (3) 1336, Magde¬ 
burg (21) 3121, Merseburg (26) 3483, Erfurt (4) 546, Schleswig 
(84) 4308, Hannover (5) 2034, Hildesheim (11) 987, Lüneburg 
(—) 732, Stade (11) 533, Osnabrück (—) 587, Aurich (2) 172, 
Münster (10) 810, Minden (4) 975, Arnsberg (12) 5431, Cassel 
(4) 469, Wiesbaden (6) 1389, Coblenz (1) 286, Düsseldorf (10) 
4474, Cöln (1) 1433, Trier (2) 794, Aachen (—) 547. Insgesammt 
sind also geschlachtet worden: 58 454 Pferde (gegen 

50 242 bezw. 50534 bezw. 52 394 in den drei Vorjahren). 
Darunter worden ermittelt 15 rotzige und 66 tuberculöse 
= 0,11 pCt: Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von 
468 Pferden, theilweise von 353 Pferden. Der grösste Consum 
fand statt in den Regierungsbezirken Berlin, Breslau, Düsseldorf, 
Arnsberg, Magdeburg, Merseburg, Schleswig. Die Zahl der 
selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 266 gegen 254 bezw. 
290, bezw. 314 in den drei Vorjahren. 

(Siehe Statistik auf S. 481.) 


BERLINER 1 HIERÄRZTLICHE WOCHEN 8CHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt G. Linker-Fritzlar ist der 
Rothe Adler-Orden IV. Classe, dem Bezirksthierarzt Reindf. Rosen¬ 
heim der Königl. Kronenorden IV. Classe — verliehen worden. 

Vom Bayerischen Landwirthschaftsrath sind nachstehende 
Auszeichnungen für erfolgreiche und verdienstliche Bestrebungen 
zur Förderung der Landwirtschaft an Thierärzte ver¬ 
teilt worden: Die goldene Vereins - Denkmünze erhielten: 
Bezirksthierarzt Ebersberger - Deggendorf, Kreisthierarzt Ott- 
Ansbach. Die grosse silberne Vereins - Denkmünze: Bezirks¬ 
thierarzt Stuffler-Mühldorf,. Bezirkstierarzt Schram - Tirschen- 
reut, Bezirkstierarzt Mack-Forchheim, Bezirkstbierarzt Neid¬ 
hardt-Günzburg. Die kleine silberne Vereins-Denkmünze: Districts- 
thierarzt Kiderle-Prien, Bezirkstierarzt Schilffahrt-Burglengen¬ 
feld, Districtsthierarzt Hintermayer-Nittenau. Ehrende Erwähnung: 
Districtsthierarzt Bestie-Lauingen, Districtsthierarzt G. Schmidt- 
Weissenhorn 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Kreisthierarzt Dr. P. 
Oebmke-Zielenzig für den Stadt- und Landkreis Braunschweig, 
Dr. E. Zernecke, Prosector an der tierärztlichen Hochschule in 
Berlin, comra. für den Stadt- und Landkreis Elbing. — 

Thierarzt W. Haberl-Regensburg zum Assistenten an der 
Seuchenversuchsstation der thierärztl. Hochschule in München. 

Versetzt: Bezirksthierarzt A. Hum an n-Bamberg nach Ebern, 
Bezirksthierarzt Birnbaum-Roding nach Bamberg. 

Bezirksthierarzt N. Hub er-Neu-Ulm in den Ruhestand versetzt. 

Gewählt: Thierarzt Luft-Cottbns zum Schlachthof-Assistenz¬ 
tierarzt in Bad Homburg v. d. H., nach Ablehnung der Stelle 
in Mainz. 

Wohn8itzveränderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Ober¬ 
rossarzt a. D. Möhring-Wehse nach Kl.-Ziethen bei Vehlefanz (Brdbg.), 
Thierarzt Hoppe Hannover nach Gross-Himstedt bei Hoheneggelsen, 
Thierarzt Schmey-Beuthen nach Berlin, Landsbergerstr. 100, Thier¬ 
arzt Boecke 1-Popelken nach Skaisgirren, Thierarzt Türk-Meiningen 
nach Rummelsburg iPomm.), Thierarzt Riethus-Magdeburg nach 
Hessen (Braunschweig), Thierarzt Fiedler-Giessen nach Braun¬ 
schweig als Einj. Freiw. im Hus.-Rgt. No. 17, Thierarzt FaBold- 
Offenbach nach Dresden, Thierarzt Länge-Leipzig nach Dresden als 
Einj.-Freiw. im Garde Reiter-Rgt, Thierarzt Gerhardt-Sanderslebeu 


nach Aisleben a. S., Thierarzt Freitag-Salzwedel nach Magdeburg, 
Thierarzt Wenderhold-Naugard nach Kassel als Einj. Freiw. im 
Art.-Rgt. No. 11. 

Thierarzt L. Beye hat sich in Willingen (Hann.), Thierarzt 
Geuther in Hagen (Bez. Bremen) — niedergelassen. 

In der Armee: Ernannt zu Rossärzten: Unterrossarzt Pantke 
vom Kür.-Regt No. 3, unter Versetzung zum Drag.-Regt. No. 1, 
UnteiTOssarzt Gube vom Hus.-Regt. No. 4, Unterrossarzt Amann 
vom 2. Feld-Art.-Regt. No.30. — Zu Rossärzten des Beurlaubten¬ 
standes: Die Unterrossärzte der Res. Abraham, Stegmann, 
Flöge, Lamprecht. — Versetzt: Oberrossarzt Troester, In- 
spicient bei der Militärrossarztschule zum Ul.-Regt. No. 16, Ober¬ 
rossarzt Lud ewig vom Ul-Regt. No. 16 als Inspicient zur Militär¬ 
rossarztschule, Rossarzt Ehlert vom Feld-Art.-Regt. No 18 zum 
Ul.-Regt. No. 16. — Corpsrossarzt Wenzel vom XI. Armee-Corps 
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt 

Tudesfälle: Städt Thierarzt Henning-Berlin, Bezirksthierarzt 
Fische r-Landsberg. 


Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präa. 
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve.— R.-B. Liegnitz: Frey¬ 
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanititsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen. 
Zeitz: Schlachthofdirector(2400—3000M.,350M. Wohnungszuschuss). 
Bew. sofort an Magistrat. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt. 


Die Sammlung für die Waisen des Professor Eber ist ge¬ 
schlossen. Etwaige weitere Beiträge bitten wir dem Vormund Herrn 
Docenteu Ge iss in Hannover direct zu übermitteln. Die Schluss- 
Quittung erfolgt demnächst. Fröhner. Schmaltz. Ostertag. 


Ich bin von meiner Ferienreise znrückgekehrt. 

Berlin, den 11. October 1898. Schmaltz. 

Verantwortlich für den Inhalt (excL IiueratentheU) Prot Dr. Schmält. in Berlin. - Verla« undTiKenthum von Richard SchoeU inllTrUn. - Di^ck Ton W. BOxen.tein, Berlin! 


Digitized by PjOOQie 


Die „Ber\U*® r Thlerftntllche Wocbenichrift“ erscheint 
wöchentlich Stärke yon mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe 
Ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Sohoets. Berlin NW., Luiaenstrasae 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeltrige werden mit 60 Mk. fflr den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu aenden an Profi Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstraase 56. 
Correcturen, Reconaiona-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenutrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 42 . Ausgegeben am 20. October. 

Inhalt: Wessel und Witt: Der Embryotom-Ecraseur. — Loweg: Eine neue Geburtssäge — Kalteyer : Die vereideten 
Impfbeamten des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern. — Bericht über die 70. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19. bis 24 September 1898. — Referate: 
Zschokke: Degenerationsformen der Musculatur. — Kleine thierärztliche Mittheilungen. Schmidt: Die Desinfectionskraft 
antiseptischer Streupulver und Bemerkungen über die Fernwirkung des Jodoforms. — Lorenz: Berichtigung von Voges und 
Schütz. — Thier Haltung und Thierzucht: Flaum: Die Landbeschälung in Oesterreich und die dazu benutzten 
Vollbluthengste. — Ta ge s ge s c h i c h te: Verschiedenes. —0 e ffe n 11 i c h e s V e te ri n ä r we s e n: Seuchenstatistik und 
Veterinärpolizei. — Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Der Embryotom-Ecraseur. 

Von 

W. Wessel-Wilster, 6. Witt-Sonderburg, 

Thierarzt. comm. Krelsthier&rzt. 

Der in der Geburtshülfe geltende Grundsatz: möglichst wenig 
mit scharfen Instrumenten, um so mehr mit einer geschickten 
Hand zu arbeiten, kann sicher nicht genug beherzigt werden. 
Es bieten sich aber dem vielbeschäftigten Geburtshelfer doch 


Die Anwendung desselben ist nicht ganz gefahrlos. Beim 
Drängen des Mnttertliieres können Theile der Gebärmutter oder 
der Geburtswege zwischen die Stangen, die Kette nnd das Messer 
gerathen. Und wenn es auch bei grösster Sorgfalt gelingt, ein 
Zerschneiden jener Theile zu verhindern, so entstehen doch leicht 
Quetschungen und oberflächliche Verletzungen, welche das Mutter- 
thier in Gefahr bringen. 

Es bietet endlich den Verunreinigungen so viele Ecken nnd 



nicht selten Fälle, in denen eine Entwicklung des Jungen ohne 
vorherige Entfernung einzelner Theile vollständig unmöglich ist 
Die grosse Zahl der constrnirten Embryotome liefert dafür den 
besten Beweis. — Trotz vieler Versuche ist aber die Aufgabe 
nicht in erwünschter Weise gelöst, ein Instrument herznstellen, 
mit dem man das Becken, den Hals oder den Körper leicht nnd 
doch gefahrlos durchtrennen kann. 

Das Embryotom von Pflanz in Canth hat sich in Bezog 
auf seine Arbeits-Leistung gut bewährt. Es haften ihm aber 
einige Nachtheile an. Es ist reichlich schwer gerathen, wiegt 
16—17 Pfund, Bodass sich besonders die Thierärzte, denen nicht 
Pferd nnd Wagen zur Verfügung stehen, kanm znr Anschaffung 
enes solchen Instrumentes entschliessen werden. 


Winkel, dass eine gründliche Reinigung nnd Desinfection recht 
schwer fällt. 

Wir haben uns daher von der Fabrik von H. Hauptner in 
Berlin ein Instrument herstellen lassen, das die Wirkung ver¬ 
schiedener Embryotome in sich vereinigt, ohne dabei die gerügten 
Mängel zn besitzen. Die Firma H. Hauptner,*) Berlin, entsprach 
unseren Wünschen in bester Weise. Es ist die Grundform des 
bekannten Schrauben-Ecraseurs für unsere Zwecke benutzt, wo¬ 
durch unser Instrument gleichzeitig geeignet ist, eine Lücke im 
thierärztlichen Instrumentarium anszufüllen. 

Es fehlte nämlich bisher ein Instrument, welches znr Be- 

*) Die Firma Hauptner liefert den Embryotom-Ecraseur mit 
einer Kette für M. 62, mit zwei Ketten für M. 90. 


Digitized by LaOOQie 








494 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


seitigung von sehr grossen Neubildungen geeignet ist. Die 
bekannten Ecraseure, welche in der Human-Chirurgie benutzt 
werden, müssen, selbst wenn sie noch einmal so gross hergestellt 
werden, für thierärztliche Zwecke immer noch als zu schwach 
bezeichnet werden. Unser Instrument besteht, wie aus neben¬ 
stehenden Zeichnungen hervorgeht, aus einem glatten Metallrohr, 
in welchem durch eine mit Armen versehene Schraubenmutter 
eine Spindel auf- und abbewegt wird. Am vorderen Ende der 
Spindel sitzt der Haken, an dem die Ecraseurkette befestigt wird. 
Letztere besteht ans stark vernieteten, durchweg stumpfen 
Gliedern; nur einige der mittleren Glieder sind geschärft. Eine 
Führung in dem Rohr verhindert, dass beim festen Anziehen der 
Spindel diese sich um ihre Achse dreht und so die Kette zer¬ 
bricht. Beim Gebrauch des Embryotom-Ecraseurs verfahren wir 
in folgender Weise: 

Wir fuhren die Kette entweder allein ein oder befestigen 
besser an dem vorderen Ende eine Ringschnur mit einem nicht 
zu leichten Ringe, damit dieser um so sicherer über das Junge 
hinweg nach abwärts gleitet. Ist die Ecraseurkette um den zu 
durchschneidenden Theil herumgelegt, so lassen wir das Rohr 
mit der Spindel von einem Gehülfen nachschieben. 

Wir haken die Kette ein, richten sie auf ihre scharfe Kante, 
lassen von dem Gehülfen das Rohr fest gegen das Junge drücken 
und die Spindel langsam anziehen. Mit der rechten Hand 
beobachten und leiten wir die Bewegungen der Kette. Ein sich 
trichterförmig erweiternder Fortsatz, der auf das vordere Ende 
des Rohres geschraubt ist, verhindert das Abgleiten desselben 
von dem Jungen. 

Wird an Stelle der sich erweiternden ein sich verengender 
Fortsatz aufgeschraubt und eine Kette mit nur stumpfen Gliedern 
eingehakt, so erhält man einen Ecraseur, der zur Entfernung 
der grössten Neubildungen — Botryomykome, Actinomykome, 
Lipome u. s. w. — genügen wird. :f • 

Das Gewicht des Embryotom-Ecraseurs beträgt annähernd 
sieben Pfund; es ist daher leicht mitzuführen und lässt sich wegen 
seiner einfachen Röhrenform selbst an ein Fahrrad bequem an¬ 
schnallen. 

Seine Anwendung birgt für das Mutterthier sehr wenig Gefahr 
in sich. Die Kette hat nur einige scharfe Glieder, und sie wird 
in den Geburtswegen von einem glatten Rohr verdeckt, an 
welchem eine Verletzung der Mutter auch bei starkem 
Drängen ausgeschlossen ist. Durch das schnelle Arbeiten wird 
das Mutterthier in bestmöglichster Weise geschont. 

Die Reinigung und Desinfection des Instrumentes lässt sich 
sehr gut ausführen, da es bequem in seine einzelnen Theile 
zerlegt werden kann. 

Wie bequem der Embryotom-Ecraseur zu handhaben, zugleich 
auch wie unentbehrlich er ist, geht daraus hervor, dass ein Zeit¬ 
raum von zehn Minuten genügte, um bei einem Fohlen, bei dem 
die ersten Halswirbel bei zurückgeschlagenem Kopfe verwachsen 
waren, den Hais zu durchtrennen und dann die Geburt zu entwickeln. 

Ein Fohlen mit Ankylose fast aller Gelenke der vier Glied¬ 
massen und Verwachsung der ersten Halswirbel bei schiefer 
Kopfhaltung konnte mit Hülfe des neuen Instrumentes in i U Stunden 
entwickelt werden, obwohl vier Durchschneidungen nöthig waren. 

Eine neue Geburtssäge. 

Von 

Loweg-Herbern, 

Thieram. 

In der „Berliner Thierärztlichen Wochenschrift“ No. 42, Jahr¬ 
gang 1897, gelangte zur Zeit die Beschreibung eines von mir 
con8truirten Embryotoms zur Veröffentlichung. Schon damals 
hegte ich die Absicht, dem Embryotom bald eine Geburtssäge 


folgen zu lassen. Doch haben mich die praktischen Versuche 
sowie die Abänderungen der noch hervortretenden Mängel einige 
Zeit aufgehalten, so dass ich erst jetzt die Geburtssäge meinen 
Herren Collegen empfehlen kann. Allerdings geniesst die Geburts¬ 
säge ja nicht eine solche Bedeutung, wie sie das Embryotom hat, 
aber doch immerhin soviel, dass man ohne dieselbe in einzelnen 
Fällen nicht fertig werden könnte. Ich erinnere nur an Fälle, 
wo der Brustkorb zu gross ist oder wegen der Grösse des Hinter- 
theiles die Beckenknochen durchsägt werden müssen. Alle bisher 
erschienenen Sägen dieser Art batten für mich den Mangel, dass 
der Stiel zu kurz war. Gerade in den Fällen, wo man auch zur 
Säge greifen muss, ist meistens der Raum so beengt, dass man, 
wie es bei kurzen Sägen der Fall ist, die Hand im Fötus nicht 
hin- und herbewegen kann. Meine Säge dagegen hat einen langen 
Stiel, der Länge des Fötus entsprechend, so dass im gegebenen 
Falle die Hand, welche das Instrument führt, ausserhalb des Thieres 
bleiben kann. Dazu ist noch die Handhabung eine sichere und 
leichte, da ich z. B. in weniger als einer Viertelstunde mit leichter 
Mühe die Beckenknochen eines Kalbes durchsägen kann, um es 
dann in zwei Theilen hervorzuholen. 

Ich habe die Geburtssäge der bewährten Firma H. Hauptner, 
Berlin NW., Luisenstr. 52, zur Herstellung übergeben. 


Die vereideten Impfbeamten 
des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern. 

Von 

Kalteyer-Eschwege, 

Krel.thieranL 

Da Herr College Schulz in seiner Erwiderung in No. 37 
der B. T. W. directe Gegenfragen an mich richtet, so sehe ich 
.mich leider gezwungen, nochmals, diesmal aber das letzte tyal 
das Wort zu ergreifen. 

Zunächst fällt es in der Erwiderung des Herrn Collegen 
Schulz auf, dass er seine vereideten Impfbeamten nur noch in 
der Ueberschrift des Artikels mit diesem schönen Namen belegt, 
während er in dem Artikel selbst immer nur von Impfgehilfen 
spricht. 

Während es in dem ersten Artikel in No. 24 der B. T. W. 
wörtlich hiess: „Dadurch dass der Impfstoff stets durch meine 
Vermittlung bezogen wird und ich Bericht über die Resultate 
erhalte, bleibt die Sache immer unter Controle des beamteten 
Thierarztes“, wird die Oberaufsicht des Sachverständigen jetzt 
dahin erweitert, dass die Impfgehilfen nur die Messungen der Vor¬ 
temperatur sowie die Tuberculin-Injection selbstständig zu be¬ 
sorgen haben; die Abnahme der Nachtemperatur und die Be- 
urtheilung derselben bleibt dem Kreisthierarzt Vorbehalten. 

Herr College Schulz muss also seine beeideten Impfbeamten, 
jetzt Impfgehilfen, doch nicht für so ganz zuverlässig halten, indem 
er es jetzt schon für nothwendig hält, wenigstens die Abnahme 
der Nachtemperaturen Belbst zu besorgen. 

Vielleicht kommt auch Herr College Schulz noch so weit, 
dass er die Messung der Vortemperatur sowie die Tuberculin- 
Einspritzung ebenfalls selbst besorgt und die Impfgrhilfen nur 
zum Festhalten der Thiere und sonstigen Handreichungen bei der 
Impfung benutzt, dann wird er auf dem Standpunkte, auf dem 
ich aut Grund einer sehr grossen Anzahl selbstausgeführter 
Tuberculin-Impfungen stehe, angekommen sein. 

Wenn Herr College Schulz weiter hauptsächlich beeidete 
Impfbeamte ausbildete, um bei einer Inangriffnahme der vom 
Veterinärrathe und der Landwirthschaft verlangten allgemeinen 
Tuberculose-Impfung die nöthigen geschulten Hilfskräfte zur Ver¬ 
fügung zu haben, so ist das ja höchst anerkennenswertli, aber 


Digitized by CjOOQie 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


495 


20. October 1898. 

meiner Meinung nach doch etwas sehr verfrüht, denn erstens wird 
der allgemeine Tuberculosekrieg, wie die Verhältnisse eben liegen, 
überhaupt noch nicht losgehen und zweitens, wenn er wirklich 
losgehen sollte, dann ist ja die Ausbildung von beeideten Impf- ; 
beamten nach College Schulz so einfach und rasch zu bewerk¬ 
stelligen (dieselben lernen ja die Technik der Impfung bei der 
ersten Probe, das Handhaben des Thermometers keinen Deut 
schwerer, als ihre Taschenuhr aufzuziehen), dass man mit der 
Ausbildung dieser Beamten ja jetzt noch nicht anzufangen 
braucht, sondern ruhig warten kann, bis der Krieg wirklich an¬ 
gefangen hat. 

Um aber, wie Herr College Schulz selbst sagt, im Kreise 
Schlüchtern in ca. 1 Jahre etwa 100 Thiere zu impfen, dazu braucht 
man doch wahrlich noch keine Impfbeamten; ich habe wenigstens 
zu meinen Impfungen, die im Jahre über 600, in einer Woche bei 
Ausführung des staatlichen Tuberculosetilgungsversuches in 
Niederhone und Lautenbach über 200 betragen, noch keine be¬ 
eideten Impfbeamten nöthig gehabt. 

Wie weiter aus den Ausführungen des Herrn Collegen Schulz 
hervorgeht, scheint er selbst, Gott sei Dank, der Vater dieser 
grossen Idee gar nicht zu sein, denn er sagt in seinem Artikel: 
Der landwirtschaftliche Kreisverein würde, falls e r, aus 
Vorurteil oder aus einseitigem Standesinteresse, abgelehnt hätte 
vereidete Impfbeamte auszubilden, längst einen Arzt gewonnen 
haben, der die Ausbildung von Impfern übernommen hätte. Es 
geht also unzweifelhaft hieraus hervor, dass vom landwirt¬ 
schaftlichen Kreisverein dieses Ersuchen an Herrn Collegen 
Schulz gestellt worden ist. Dass sich im Kreise Schlüchtern auch 
Aerzte mit der Ausbildung von beeideten Impfbeamten für Thier¬ 
impfungen befassen, habe ich allerdings nicht gewusst 

Auf jeden Fall hätte ich aber auf ein solches Ersuchen hin den 
landwirtschaftlichen Kreisverein durch sachverständige Gründe 
umzustimmen versucht, und wenn die berühmte Billigkeit, wie 
gewöhnlich, in den Vordergrund geschoben worden wäre, auch ein 
pecuniäres Opfer gebracht, wenn ich die Leitung der Sache hätte 
in der Hand behalten wollen. 

Was die Gegenfragen anbetrifft, so habe ich Herrn Collegen 
Schulz hierauf zu erwidern: 

Ich habe weder alle zukünftigen Hilfskräfte im Medicinal- 
dienste in der öffentlichen Meinung discreditiren wollen, noch die 
Hochachtung vor unserem Stande in der Laienwelt vermehren 
wollen. Dies überlasse ich Ihnen, Herr College Schulz, auf Ihre 
Art und Weise zu thun. 

Dass wir Laienschlachtviehbeschauer, wo keine Thierärzte 
vorhanden sind, nöthig haben, ist wohl Niemand zweifelhaft, auch 
mir nicht. Deswegen spreche ich in meiner Erwiderung auch 
nicht im Allgemeinen von Schlachtviehbeschauern (von Trichinen- 
beschauem überhaupt nicht), sondern von Schlachtviehbeschauern 
mit allen möglichen Befugnissen. Was ich damit meine, wird 
Herrn Collegen Schulz, der Sie ja auch im Regierungsbezirk Cassel 
thätig sind, sehr wohl bekannt sein. Ich meine damit die in der 
Polizei-Verordnung vom 1. Juli 1892 vorgesehenen sogenannten 
Sachverständigen, die befugt sein sollen, Fleisch kranker Thiere 
zu beurtheilen. 

Vereidete Impfbeamte als Hilfskräfte im Medicinaldienste 
haben wir bis jetzt, so viel wie ich weiss, nur im Kreise Schlüchtern 
und ich halte deren Ausbildung und Heranziehung für verfehlt 
und überflüssig, wie auch den thierärztlichen Stand in jeder Be¬ 
ziehung schädigend. 

Mit meinem Artikel wollte ich nur warnen, die Tuberculose- 
tilgung auf die von Herrn Collegen Schulz in No. 24 der 
B. T. W. geschilderte Art, insbesondere unter Beihilfe von be¬ 


eideten Impfbeamten, zu beginnen. Ich halte es ftir sehr zweck¬ 
mässig und angebracht, wenn diese meine Warnung auch in 
Laienkreise gedrungen ist. 

Bericht Uber die 

70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte 
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898. 

Am 19. September, Vormittags 9% Uhr, wurde in dem prächtig 
geschmückten Kaisersaale der Tonhalle zu Düsseldorf die dies¬ 
jährige Naturforscher-Versammlung eröffnet Der Geschäftsführer 
der letzteren Geh. Medicinalrath Dr. Mooren begrüsste zunächst 
die zahlreich erschienenen Theilnehmer und brachte im Anschluss 
hieran ein von der Versammlung begeistert aufgenommenes drei¬ 
faches Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus. Im Anschluss 
hieran hiessen der Regierungs-Präsident Frh. von Rheinbaben 
im Namen der Kgl. Staatsregierung, der Oberbürgermeister 
Lindemann als Vertreter der Stadt Düsseldorf, der Landes¬ 
hauptmann Geh. Regierungsrath Dr. Klein im Namen der 
Provinzial-Verwaltung, sowie der Oberstabsarzt Dr. Heckerund 
der Oberlehrer Dr. Berghof als derzeitige Vorsitzende des ärzt¬ 
lichen bezw. naturwissenschaftlichen Vereins von Düsseldorf die 
Forscher willkommen. 

Nach einigen geschäftlichen Mittheilungen des Vorsitzenden 
der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte, Geh. Med.- 
Rathes Prof. Dr. Waldeyer erhielt das Wort zum ersten 
wissenschaftlichen Vortrag über „Universität und technische 
Hochschule“ der Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Kl ein-Göttingen. 
Derselbe hob zunächst hervor, dass die Technik bei ihrer heutigen 
Entwickelung eine grosse Zahl von praktisch erzogenen 
Ingenieuren ohne weitgehende wissenschaftliche Ausbildung ge¬ 
brauche, dass aber die Candidaten für derartige Stellungen sich 
doch gern auf die technische Hochschule drängen. Denselben 
kommen dabei das Verhalten zahlreicher Kreise entgegen, die 
an einer unterschiedslosen Vermehrung der Frequenz der tech¬ 
nischen Hochschule interessirt sind. Diese Momente drohen nach 
Ansicht des Redners dahin zu wirken, dass der Hochschulen¬ 
unterricht unter Verkennung seiner eigentlichen Aufgaben auf 
ein niederes Niveau herabgedrückt -wird. Hier hat daher eine 
entschiedene Reform einzusetzen, und es besteht auch alle Hoff¬ 
nung, dass dies demnächst geschieht. Dieselbe darf sich aber 
nicht darauf beschränken, dass die Hochschule verschärfte Auf¬ 
nahmebedingungen stellt, vielmehr ist die Forderung hinzu- 
zufügen, dass der Staat der Entwickelung mittlerer technischer 
Fachschulen noch viel mehr Aufmerksamkeit schenkt als bisher. 
Es handelt sich hier, wie wohl qhne besondere Ausführungen er¬ 
sichtlich ist, nicht nur um eine Lebensfrage der Hochschulen als 
solche, sondern ebenso sehr um die gesunde Entwickelung der 
Industrie. Prof. Klein verlangt des Weiteren, dass aus dem 
immer noch grossen Kreise deijenigen, welche die technische 
Hochschule mit Fug und Recht besuchen, eine kleinere Zahl 
wesentlich weiter gefördert werden muss als die Gesammtheit, 
damit sie Führer auf dem Gebiete wissenschaftlichen Fortschritts 
werden, eine Forderung, die auch von den in Betracht kommen¬ 
den Ingenieurkreisen wiederholt erhoben worden ist. Der Er¬ 
füllung derselben steht nach Ansicht des Redners eine doppelte 
Schwierigkeil entgegen. Zunächst müsste eine Reihe neuer Lehr¬ 
stellen geschaffen und mit geeigneten Kräften besetzt werden, da 
die jetzt vorhandenen Docenten durch die ausserordentliche Ent¬ 
wickelung der von ihnen vertretenen Disciplinen so überlastet 
sind, dass ihnen für einen weitgehenden Specialunterricht keine 
Zeit bleibt Ferner werde es schwer halten, bei den in Betracht 
kommenden Zuhörern gegenüber dem mächtig entwickelten 
Streben ihrer Umgebung nach praktischer Betätigung für die 


Digitized by 


Google 



492 


einem Rundgange oder einer Rundfahrt abgemacht werden. Ab¬ 
weichungen hiervon sind besonders zu rechtfertigen. 

5. Auf Amtsverrichtungen, die ausserhalb des Wohnortes der 
beamteten Thierärzte oder des diesem gleichgestellten Umkreises 
von 2 km an verschiedenen Stellen eines Ortes ausgefiihrt werden, 
darf der im § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. März 1872 für Fuhr- 
kostenent8chädigungen aufgestellte Grundsatz nicht übertragen 
werden. 

Bayern: Unterm 11. September d. Js. wird in einer Bekannt¬ 
machung, Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche betr., 
die Einfuhr und Durchfuhr von Klauenvieh aus der Schweiz vom 
15. September ab bis auf Weiteres verboten. Die Einfuhr von 
Zuchtrindern und Zuchtziegen wird nur unter der Bedingung 
zugelassen, dass die Einfuhr durch Landwirthe oder Züchter für 
ihren eigenen wirthschaftlichen Bedarf übernommen wird. Händler 
müssen in jedem Fall einen entsprechenden Einzelauftrag von 
Landwirthen oder Züchtern nachweisen können. Ausserdem ist 
bei der Einfuhr ein höchstens sechs Tage zuvor ausgestelltes 
thierärztliches Attest vorzulegen, welches bescheinigt, dass im 
Herkunftsort sowie in dessen Nachbargemeinden seit mindestens 
30 Tagen kein Fall von Maul- und Klauenseuche vorgekommen 
ist. Die Thiere dürfen ferner auf ihrem Transport nachweislich 
nicht Gebiete passirt haben, in welchen die Maul- und Klauen¬ 
seuche herrscht 

Baden: Eine mit der vorstehenden sinngemäss überein¬ 
stimmende Bekanntmachung ist für das Grossherzogthum Baden 
und für Elsass-Lothringen unterm 12. bezw. 17. September d. Js. 
erlassen worden. 


No. 41 

FleiRchNchan nnd Yiehverkehr. 

Uebereloht über die in den öffentlichen Schlachthäuser« and 
In den selbstständigen Rossschlächtereien in Prenssen im lahre 1397 
geschlachteten Pferde. 

Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern 
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde 
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken 
(die Anzahl von selbstständigen Rossschlächtereien ist in Paren¬ 
these angegeben): Königsberg (—) 848, Gumbinnen (—) —, 
Danzig (—) 510, Marienwerder (—) 199, Berlin (1) 8568, Pots¬ 
dam (9) 1620, Frankfurt a. 0. (4) 1360, Stettin (2) 1058, Cöslin 
(—) 186, Stralsund (—) 513, Posen (3) 123, Bromberg (1) 98, 
Breslau (16) 6223, Liegnitz (12) 2641, Oppeln (3) 1336, Magde¬ 
burg (21) 3121, Merseburg (26) 3483, Erfurt (4) 546, Schleswig 
(84) 4308, Hannover (5) 2034, Hildesheim (11) 987, Lüneburg 
(—) 732, Stade (11) 533, Osnabrück (—) 587, Aurich (2) 172, 
Münster (10) 810, Minden (4) 975, Arnsberg (12) 5431, Cassel 
(4) 469, Wiesbaden (6) 1389, Coblenz (1) 286, Düsseldorf (10) 
4474, Cöln (1) 1433, Trier (2) 794, Aachen (—) 547. Insgesammt 
sind also geschlachtet worden: 58 454 Pferde (gegen 

50 242 bezw. 50 534 bezw. 52 394 in den drei Voijahren). 
Darnnter wurden ermittelt 15 rotzige und 66 tuberculöse 
= 0,11 pCt: Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von 
468 Pferden, theilweise von 353 Pferden. Der grösste Consnm 
fand statt in den Regierungsbezirken Berlin, Breslau, Düsseldorf, 
Arnsberg, Magdeburg, Merseburg, Schleswig. Die Zahl der 
selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 266 gegen 254 bezw. 
290, bezw. 314 in den drei Voijahren. 

(Siehe Statistik auf S. 481.) 


BERLINER 1 HIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt G. Linker-Fritzlar ist der 
Rothe Adler-Orden IV. Classe, dem Bezirksthierarzt Reindl-Rosen¬ 
heim der Königl. Kronenorden IV. Classe — verliehen worden. 

Vom Bayerischen Landwirthschaftsrath sind nachstehende 
Auszeichnungen für erfolgreiche und verdienstliche Bestrebungen 
zur Förderung der Landwirtschaft an Thierärzte ver¬ 
teilt worden: Die goldene Vereins - Denkmünze erhielten: 
Bezirksthierarzt Ebersberger - Deggendorf, Kreisthierarzt Ott- 
Ansbach. Die grosse silberne Vereins - Denkmünze: Bezirks¬ 
thierarzt Stuffler-MUhldorf,. Bezirkstierarzt Schram - Tirschen¬ 
reuth, Bezirksthierarzt Mack-Forchheim, Bezirkstbierarzt Neid- 
hardt-Günzburg. Die kleine silberne Vereins-Denkmünze: Districts- 
thierarzt Kiderle-Prien, Bezirkstierarzt Schilffahrt-Burglengen¬ 
feld, Districtsthierarzt Hintermayer-Nittenau. Ehrende Erwähnung: 
Districtsthierarzt Bestie-Lauingen, Districtsthierarzt G. Schmidt- 
Weissenhorn 

Ernesnungen: Zu Kreisthierärzten: Kreisthierarzt Dr. P. 
Oehmke-Zielenzig für den Stadt- und Landkreis Braunschweig, 
Dr. E. Zernecke, Prosector an der thierärztlichen Hochschule in 
Berlin, comm. für den Stadt- und Landkreis Elbing. — 

Thierarzt W. Haberl-Regensburg zum Assistenten an der 
Seuchenversuchsstation der Ihierärztl. Hochschule in München. 

Versetzt: Bezirksthierarzt A. Hum an n-Bamberg nach Ebern, 
Bezirksthierarzt Birnbaum-Roding nach Bamberg. 

Bezirksthierarzt N. Hubcr-Neu-Ulm in den Ruhestand versetzt 

Gewählt: Thierarzt Luft-Cottbus zum Schlachthof-Assistenz¬ 
thierarzt in Bad Homburg v. d. H., nach Ablehnung der Stelle 
in Mainz. 

WehnsitzveräBderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Ober¬ 
rossarzt a. D. Mö bring-Wehse nach Kl.-Ziethen bei Vehlefanz (Brdbg.), 
Tbierarzt Hoppe Hannover nach Gross-Himstedt bei Hoheneggelsen, 
Thierarzt Schmey-Beuthen nach Berlin, Landsbergerstr. 100, Thier¬ 
arzt Boeckel-Popelken nach Skaisgirren, Thierarzt Türk-Meiningen 
nach Rummelsburg (Pomm.), Thierarzt Riethus-Magdeburg nach 
Hessen (Braunschweig), Thierarzt Fi edler-Giessen nach Braun¬ 
schweig als Einj. Freiw. im Hus.-Rgt. No. 17, Thierarzt Fasold- 
Offenbach nach Dresden, Thierarzt Länge-Leipzig nach Dresden als 
Einj.-Freiw. im Garde Reiter-Rgt, Thierarzt Gerhardt-Sandersleben 

Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. In.eratenthell) Prot Dr. Schmält« In Berlin. — V 


nach Alsleben a. S., Thierarzt Freitag-Salzwedel nach Magdeburg, 
Thierarzt Wenderhold-Naugard nach Kassel als Einj. Freiw. im 
Art-Rgt. No. 11. 

Thierarzt L. Beye hat sich in Willingen (Hann.), Thierarzt 
Geuther in Hagen (Bez. Bremen) — niedergelassen. 

In der Armee: Ernannt zu Rossärzten: Unterrossarzt Pantke 
vom Kür.-Regt No. 3, unter Versetzung zum Drag.-Regt. No. 1, 
Unterrossarzt Gube vom Hus.-Regt No. 4, Unterrossarzt Amann 
vom 2. Feld-Art-Regt. No. 30. — Zu Rossärzten des Beurlaubten¬ 
standes: Die Unterrossärzte der Res. Abraham, Stegmanu, 
Flöge, Lamprecht. — Versetzt: Oberrossarzt Troester, In- 
spicient bei der Militärrossarztschule zum Ul.-Regt. No. 16, Ober- 
rossarzt Lud ewig vom Ul-Regt. No. 16 als luspicient zur Militär¬ 
rossarztschule, Rossarzt Eliiert vom Feld-Art.-Rcgt. No 18 aum 
Ul.-Regt. No. 16. — Corpsrossarzt Wenzel vom XI. Armee-Corps 
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt. 

Todesfälle: Städt Thierarzt Henning-Berlin, Bezirksthierarzt 
Fisch er-Landsberg. _ 

Vacanzen. 

Kreisthierarzteteiien: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präs. 
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

b) Nach Ablauf der Me 1 defrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve.— R.-B. Liegnitz: Fwy- 
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanltätsthlerarztstelle» : a) Neu ausgeschriebene Stellen. 
Zeitz: Schlachthofdirector (2400—8000 M.,350 M. Wohnungszuschuss). 
Bew. sofort an Magistrat 

b) Nach Ablauf der Meldefrist nooh unbesetzte 
Stellen: Lübeck: Schlachtbofhilfstbierarzt 


Die Sammlung für die Waisen des Professor Eber ist ge¬ 
schlossen. Etwaige weitere Beiträge bitten wir dem Vormund Herrn 
Docenteu G e i s s in Hannover direct zu übermitteln. Die Schluss- 
Quittung erfolgt demnächst. Fröhner. Schmaltz. Ostertag. 

Ich bin von meiner Ferienreise zurückgekehrt. 

Berlin, den 11. October 1898. Schmaltz^ 

MC und Eigenthum von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. BOxenrteln, Berlin- 


Digitized by LjOOQie 




Dl« „Berliner Thieriratllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in 8t4rke von mindestens 1*/. Bogen. Dieselbe 
ist sä beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Origlnalbeltrige werden mit 60 Hk. Ihr den Bogen honorirt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden sin Prof. Dr. Schmsdtz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 66. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 42 . Ausgegeben am 20. October. 

* n lia 11: Wessel und Witt: Der Embryotom-Ecraseur. — Loweg: Eine neue Geburtssäge — Kalteyer: Die vereideten 
Impfbeamten des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern. — Bericht über die 70. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19. bis 24 September 1898. — Referate: 
Zschokke: Degenerationsformen der Musculatur. — Kleine thierärztliche Mittheilnngen. Schmidt: Die Desinfectionskraft 
antiseptischer Streupulver und Bemerkungen über die Fernwirkung des Jodoforms. — Lorenz: Berichtigung von Voges und 
Schütz. — Thierhaltung und Thierzucht: Flaum: Die Landbeschälung in Oesterreich und die dazu benutzten 
Vollbluthengste. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffeutliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und 
Veterinärpolizei. — Bücher-Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Der Embryotom-Ecraseur. 

Von 

W. Wesael-Wilster, 6. Witt-Sonderburg, 

Thierarzt. comra. Kreisthierarzt. 

Der in der Geburtshülfe geltende Grundsatz: möglichst wenig 
mit scharfen Instramenten, am so mehr mit einer geschickten 
Hand zn arbeiten, kann sicher nicht genug beherzigt werden. 
Es bieten sich aber dem vielbeschäftigten Geburtshelfer doch 


Die Anwendung desselben ist nicht ganz gefahrlos. Beim 
Drängen des Mutterthieres können Theile der Gebärmutter oder 
der Gebnrtswege zwischen die Stangen, die Kette nnd das Messer 
gerathen. Und wenn es auch bei grösster Sorgfalt gelingt, ein 
Zerschneiden jener Theile zu verhindern, so entstehen doch leicht 
Quetschungen nnd oberflächliche Verletzungen, welche das Matter¬ 
thier in Gefahr bringen. 

Es bietet endlich den Verunreinigungen so viele Ecken und 



nicht selten Fälle, in denen eine Entwicklung des Jungen ohne 
vorherige Entfernung einzelner Theile vollständig unmöglich ist 
Die grosse Zahl der constmirten Embryotome liefert dafür den 
besten Beweis. — Trotz vieler Versuche ist aber die Aufgabe 
nicht in erwünschter Weise gelöst, ein Instrument herzustellen, 
mit dem man das Becken, den Hals oder den Körper leicht nnd 
doch gefahrlos durch trennen kann. 

Das Embryotom von Pflanz in Canth hat sich in Bezug 
auf seine Arbeits-Leistung gut bewährt. Es haften ihm aber 
einige Nachtheile an. Es ist reichlich schwer gerathen, wiegt 
16—17 Pfund, sodas8 sich besonders die Thierärzte, denen nicht 
Pferd und Wagen zur Verfügung stehen, kaum zur Anschaffung 
eneB solchen Instrumentes entschliessen werden. 


Winkel, dass eine gründliche Reinigung nnd Desinfection recht 
schwer fällt. 

Wir haben uns daher von der Fabrik von H. Hauptner in 
Berlin ein Instrument hersteilen lassen, das die Wirkung ver¬ 
schiedener Embryotome in sich vereinigt, ohne dabei die gerügten 
Mängel zu besitzen. Die Firma H. Hauptner,*) Berlin, entsprach 
unseren Wünschen in bester Weise. Es ist die Grundform des 
bekannten Schranben-Ecrasenrs für unsere Zwecke benutzt, wo¬ 
durch unser Instrument gleichzeitig geeignet ist, eine Lücke im 
thierärztlichen Instrumentarium auszufüllen. 

Es fehlte nämlich bisher ein Instrument, welches zur Be- 

*) Die Firma Hauptner liefert den Embryotom-Ecraseur mit 
einer Kette für M. 62, mit zwei Ketten für M. 90. 


Digitized by QaOOQie 







496 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


stiUere und zunächst entsagungsvollere Thätigkeit eingehender 
wissenschaftlichen Untersuchungen Entgegenkommen zu finden. 
Es sei daher die Frage aufgeworfen worden, ob man diesen Theil 
der Ingenieurbildung nicht lieber den Universitäten überweisen 
solle. Redner wiederholt alsdann die bei anderen Gelegenheiten 
abgegebene Erklärung, dass er auch bei dieser Frage für die 
Entwickelung der technischen Hochschule eintrete. Unbeschadet 
aller Verbindungen, die man zwischen Universität und technischer 
Hochschule in Zukunft möglicherweise wird hersteilen wollen, 
empfehle er den Angehörigen der Universität fürs erste, dahin 
zu arbeiten, dass die Wissenschaft überall da, wo sie hingehört, 
auch voll zur Geltung komme, dass der Gegensatz zwischen 
Theorie und Praxis, den man ja nie völlig aus der Welt schaffen 
werde und die beide einander doch so nöthig haben, nicht zu 
einer Zerreissung unseres höheren Unterrichts führe. Die Be¬ 
tonung dieses Grundsatzes von Seiten der Universität erscheint 
dem Redner viel wichtiger als die Vertheidigung sogenannter 
Vorrechte. Gleichzeitig verspricht er sich mit Rücksicht auf die 
hierdurch geschaffene Concurrenz von Einrichtungen der ge¬ 
planten Art an der technischen Hochschule eine wohlthätige 
Rückwirkung auf die Universität. 

Indem sich Redner zur Universität wendet, zeigt er, dass 
zwischen den Aufgaben der technischen Hochschulen und der¬ 
jenigen der Universitäten in keiner Weise eine Bolche principielle 
Verschiedenheit besteht, wie vielfach angenommen wird. Beide 
haben die gemeinsame Aufgabe, durch wissenschaftliche Studien 
die Grundlage für die spätere höhere Berufsthätigkeit zu schaffen. 
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, bedürfen die technischen 
Hochschulen zur Entwickelung ihres Specialunterrichts Ein¬ 
richtungen nach Art der Universitäten, aber auch diese letztem 
dürfen sich gegenüber den Fortschritten des Ingenieurwesens 
nicht länger passiv verhalten. , . 

Bei seinen weiteren Ausführungen bezeichnet es Kl. als einen 
Fehlgriff, dass bei der vor Decennien vorgenommenen Umwandlung 
der Gewerbeschulen in technische Hochschulen diese nicht 
an die Universitäten angeschlossen, sondern die an letztem 
vorhandenen technischen Unterrichtseinrichtungen sogar beseitigt 
worden sind. 

Obgleich diese Trennung der kräftigen Entwickelung des 
technischen Unterrichtswesens zeitweise zu Gute gekommen wäre, 
so hat sie in erster Linie die jetzt vorhandenen Missstände herbei¬ 
geführt. Redner hält die Zeit für gekommen, die zwischen beiden 
Anstalten geschaffene Kluft zu überbrücken. Zu diesem Zweck 
soll jede Anstalt bemüht sein, sich unbeschadet der eigenen 
Zweckbestimmung der andern zu nähern. Am Schlüsse seiner 
Ausführungen wirft Kl. die Frage auf, ob es wirklich auf die 
Dauer unmöglich sei, die technischen Hochschulen vielleicht als 
technische Facultäten an die Universitäten anzuschliessen. Er 
nimmt zu der Frage selbst keine Stellung. Es genügt ihm viel¬ 
mehr, den Gedanken angeregt zu haben, der in der Oeffentlich- 
keit seinen Weg machen und so eine gesunde Grundlage für die 
Neuorganisation schaffen wird. 

In dem zweiten Vortrage behandelte Medicinalrath Dr. Till- 
mann-Leipzig das Thema „100 Jahre Chirurgie“. Redner 
hob einleitend hervor, dass die ungeahnten Fortschritte in der 
Chirurgie in den letzten Decennien sich an die schmerzlose 
Ausführung von Operationen in der Narcose und unter Local¬ 
anästhesie, an die Antiseptis bezw. Asepsis und an den zu¬ 
nehmenden Ausbau der Chirurgie auf der Grundlage der Fort¬ 
schritte der Naturwissenschaften und der Medicin überhaupt 
knüpfen. Nach einem Rückblick auf die Einführung der Aether- 
uud Chloroformnarcose besprach er eingehender die Errungen¬ 
schaften der Chirurgie, welche auf die von List er seit 1865 


erstrebte antiseptische Wundbehandlung, die seit Anfang der 70er 
Jahre ihren Siegeslauf durch die ganze Welt genommen hat, 
zurückzuführen sind. 

Im Anschluss hieran erläuterte der Redner die Dienste, 
welche die Bacteriologie der Chirurgie geleistet hat, indem sie 
der Antisepsis bezw. Asepsis die noch fehlende wissenschaftliche 
Grundlage gab. Die weitere Entwickelung der wissenschaftlichen 
Chirurgie, mit der die chirurgische Technik Schritt hielt, ist auf 
die eingehende Bearbeitung der chirurgischen Pathologie und 
deren innige Verbindung mit der inneren Medicin zurückzufahren. 
In der Folge beleuchtet der Redner die Erfolge der Serumtherapie. 
Einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiete der chirurgischen 
Diagnostik hatte die Entdeckung der Röntgen-Strahlen zur 
Folge. 

Die Durchleuchtung mit diesen Strahlen hat sich als werth¬ 
volles diagnostisches Hülfsmittel besonders bei in den Körper 
eingedrungenen Fremdkörpern, bei Verletzungen, bei angeborenen 
und erworbenen Deformitäten der Knochen und Gelenke sehr 
bewährt. Zur Kriegschirurgie übergehend, betont Tillmann, 
dass dieselbe in Folge der gegenwärtig so vorzüglich aus¬ 
gebildeten chirurgischen Technik auf einer viel höheren, leistungs¬ 
fähigeren Entwickelungsstufe steht als früher. Trotz der stetig 
zunehmenden Vervollkommnung der Schusswaffen glaubte er 
nicht, dass die Zahl der Verwundeten in den Eukunftsschlachten 
im Vergleich zu den früheren eine wesentlich grössere sein wird, 
und erläuterte durch verschiedene Beispiele, dass die Verluste in 
den grossen Schlachten der neueren Zeit, z. B. bei Königgrätz, 
Gravelotte, Sedan, Wörth, Mars - la - Tour, Plewna verhältniss- 
mässig geringer waren als früher, z. B. bei Leipzig, Aspern, 
Borodino, Eylau und Waterloo. T. führt dies darauf zurück, dass 
der Nahkampf immer seltener geworden ist und der natürliche 
Schutz des Geländes besser ausgenutzt wird. Für die Unter¬ 
bringung der Verwundeten im Kriege empfiehlt er für das Land¬ 
heer vor allem Krankenzelte und die Döcker’sehen Baracken, 
sofern geeignete feststehende Gebäude nicht genügend vorhanden 
sind, für die Marine zweckentsprechend eingerichtete Lazarett¬ 
schiffe. Redner bespricht alsdann kurz die Wirkung der 
modernen Geschosse und verurtheilt besonders die von den 
Engländern im letzten indischen Grenzkriege benutzten partiellen 
Nickelmantelgeschosse wegen ihrer grausamen, gleichsam 
explosiven Wirkung. In der Folge würdigt er die Dienste, die 
das Thierexperiment der Chirurgie geleistet hat, und bezeichnet 
die gegentheiligen Bestrebungen gewisser Vereine als inhuman. 
Für die Zukunft hält T. ein Hand-in-Hand-gehen der Chirurgie 
mit der inneren Medicin als im Interesse beider Disciplinen 
gelegen und hebt die enge Berührung beider auf dem Gebiete 
der Organtherapie hervor. Zu dieser übergehend, berührt er die 
Versuche Wernicke’s, der aus der Milz milzbrandkranker 
Meerschweinchen nach Abtödtung der Bacillen ein Antitoxin 
gewann, das, inficirten Mäusen einverleibt, dieselben vor dem Tod 
durch Milzbrand bewahrte. 

Am Schlüsse seiner Ausführungen betont Redner, dass auf 
dem Gebiete der Chirurgie auch in Zukunft noch bedeutende 
Fortschritte zu erwarten sind. Die späteren Geschlechter würden 
aber den Chirurgen der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die 
Anerkennung nicht versagen können, dass in dieser Zeit die 
Fundamente der modernen Chirurgie gelegt worden sind. Indem 
er die Fachgenossen zu den weiteren Arbeiten im Dienste der 
leidenden Menschheit ermuntert, ruft er ihnen das Motto zu: 
Schaffen und Streben allein nur ist Leben. 

Zuletzt sprach Geh. Reg. Rath Prof. Intze-Aachen über 
„Thalsperren“. (Fortsetzung folgt.) 


Digitized by LjOOQie 



20. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


497 


Referate. 

Degenerationsformen der Musculalur. 

Von Zschokke-Zürich. 

(8chw. Arcb. Bd. 40, H. 3.) 

Ueber den Einfluss einer Muskelveränderung auf die Functions¬ 
fähigkeit ist eigentlich recht wenig bekannt Soviel weise man, 
das8 gleiche Ursachen nicht überall dieselben Folgen haben. Man 
denke nur an die intensive Erkrankung des Menschen, daneben 
an die völlige Reactionslosigkeit des Schweins bei der Trichinose. 
Schweine laufen ganz gut, auch wenn ihr Fleisch so finnig ist, 
dass es wie Froschlaich aussieht. Selbst bezüglich der Herz¬ 
function gilt das. Bei Kühen, die im Gange nichts Besonderes 
zeigten, beobachtete Z. einmal hochgradige Myositis an der 
ganzen Körperhälfte. 

So häufig thierische Parasiten in den Muskeln angetroffen 
werden, so seltbn gedeihen dort pflanzliche Mikroorganismen. 
Nur der Dunker’sche Strahlenpilz ist für den Muskel specifisch. 
Bossl hat einen Mikrococcus albus et aureus myositidis equi ge¬ 
funden, der mindestens noch zweifelhaft ist. Die natürliche 
Massage bei der Bewegung mag die Ansiedlung pathogener 
Bacterien schwieriger machen. Nur ein einziges Mal hat Z. 
bisher Tuberculose in einem Muskel gefunden, und auch sie ging 
vom umgebenden Bindegewebe aus. Sasmussen, Kitt und 
Hertwig haben bei Bind und Schwein embolische Muskeltuber- 
culo8e beobachtet. Rotz scheint etwas häufiger vorzukommen, 
ist aber auch selten. 

Dagegen ist die Muskelzelle Toxinen (d. h. also den giftigen 
Stoffwech8elproducten pathogener Bacterien) gegenüber nicht 
widerstandsfähiger, sondern noch empfindlicher als andere Körper¬ 
zellen. Ebenso wirken viele andere Gifte pathogen (Phosphor, 
Arsenik, Kohlenoxyd, Carbolsäure, Jodoform, Lupinin, Bienen¬ 
gift u. 8. w.). Meist ist nur vorübergehende Degeneration die 
Folge; andererseits vollständiges Absterben. Hyperämie und ent¬ 
zündliche Exsudation sind selten. 

Die häufigste Erkrankung der quer gestreiften Muskelfaser 
ist die trübe Schwellung (albuminoide Trübung). Dann ist die 
Faser dunkler und mit staubartigen, stark lichtbrechenden Körn¬ 
chen durchsetzt, die durch Essigsäure verschwinden, übrigens sind 
niemals alle Fasern eines Muskels befallen, was auch für andere 
Degenerationen gilt. Körnchen, welche bei Essigsäurewirkung 
fortbestehen, sind Fetttröpfchen und bedeuten die fettige Degene¬ 
ration, welche aus der albuminoiden Trübung hervorgeht; auch 
davon kann sich die Zelle erholen. Diese häufigen Veränderungen 
treten schon bei Ueberanstrengung oder langdauernder Unthätig- 
keit, ferner bei Vergiftungen und fieberhaften Infectionskrank- 
heiten anf. Sie sind gewiss einer chemischen Wirkung auf die 
Zelle zuzuschreiben; die fieberhafte Temperaturerhöhung bedingt 
sie nicht allein. So sind die Muskeln bei Pferdestaupe und 
croupöser Pneumonie viel mehr als bei Druse mit gleichem 
Fieber betroffen, und bei der fieberlosen Hämoglobinurie ist die 
Degeneration besonders heftig. Solche Muskeln sind grau, wie 
„gekocht, brüchig, oft sehr wasserhaltig. 

Die hyaline oder wachsartige Degeneration ist häufig genug. 
Nie fehlt sie bei der Hämoglobinurie, und zwar nicht bloss im 
gelähmten Körpertheil, sondern in der ganzen Scelettmusculatur 
finden sich so entartete Fasern schon 4 Stunden nach einem An¬ 
fall. Dabei zeigt sich die Querstreifung lockerer; die Streifen 
haben grössere Abstände von einander und werden bogenförmig. 
Die Längsstreifung schwindet, ebenso schliesslich die Querstreifung. 
Das Protoplasma erscheint zerrissen, oder es bilden sich homogene 
glänzende Schollen in der ganzen Breite der Muskelfasern, 
»wischen denen Lücken entstehen. Die Schollen zeigen nach 
inigen Tagen ein anderes Verhalten zu Farbstoffen, namentlich 


zu Hämatoxylin. Verfettung besteht nicht. Im intermusculären 
Bindegewebe findet sich, namentlich in den ersten Tagen, Leuko- 
cytenvermehrung, welche in die Muskelfasern zwischen die 
Schollen eindringen. Regenerationserscheinungen konnte Z. nur 
einmal nachweisen. Doch ist ein nachheriger Ersatz der Muskel¬ 
fasern angesichts der persistirenden Kerne anzunehmen. Die er¬ 
krankten Fasern zerfallen und werden beseitigt Da trotzdem 
keine Muskelatrophie bemerkbar wird, so müssen sie ersetzt 
werden. Für eine bestimmte Krankheit specifisch ist die wachs¬ 
artige Degeneration nicht; bei der Hämoglobinurie allerdings am 
häufigsten. Hier wird der Muskel Fischfleisch ähnlich, an 
der Luft dagegen die Schnittfläche wieder ziegelroth. Doch 
müssen dann mindestens 20 pCt. der Fasern verändert sein. Auch 
bei Kalbefieber, bei Morbus maculosus hat Z. die hyaline Degene¬ 
ration beobachtet; beim Menschen bekanntlich bei Typhus, 
Miliartuberculose, Trichinose, Erfrierungen und Verbrennungen etc. 

Ein wesentlich anderes Bild zeitigt der acute Muskelrheuma¬ 
tismus. Gelegenheit zur Untersuchung bei Thieren ist spärlich. 
Z. konnte einen tödtlich verlaufenen Fall untersuchen bei einem 
6jährigen Pferde. Der Herzmuskel zeigte trübe Schwellung. 
Auch die Fasern des Longissimus dorsi waren zu 30—50 pOt. so 
verändert. Daneben war eine andere, sonst von Z. nicht gesehene 
Degeneration, namentlich an gehärteten und gefärbten Schnitten 
zu constatiren; starke capilläre Füllung, beträchtliche Leukocyten- 
anhäufuog in den Interstitien, also Entzündungserscheinungen. 
In einer Menge Fasern fehlt die Querstreifung ganz oder fleck¬ 
weise, bei andern auch die Längsstreifnng. Dann ist der Inhalt 
des Sarcolemmaschlauchs entweder eine homogene Masse oder 
besteht aus gleichförmigen Schollen von der Grösse eines rothen 
Blutkörperchens, die sich mit Hämatoxylin mattblau färben. In 
anderen Sarcolemmaschläuchen lagen unregelmässige Protoplasma¬ 
zellen mit grossen bläschenförmigen oder verunstalteten Kernen. 
In diesen Kernen schienen Theilungsvorgänge sich abzuspielen. 
Man findet auch solche Zellen reihenweis dem Sarcolemma an¬ 
liegend und jene Muskelzellschläuche bildend, welche nach 
Waldeyer für Muskelregeneration typisch sind. 

Eine sehr wichtige Degeneration ist natürlich auch die 
Atrophie, deren verschiedene Gründe ja bekannt sind. Hingewiesen 
werden soll hier nur auf die Druckatrophie, wie sie durch aller¬ 
hand Geschwülste sowie durch die chronische Myositis hervor¬ 
gerufen wird. Ob in letzteren Fällen der Druck des gewucherten 
Bindegewebes das Primäre ist, oder ob ein Schwund der Muskel¬ 
fasern aus inneren Gründen erfolgt, ist freilich nicht immer fest¬ 
zustellen. Jedenfalls zeigen die Fasern keine Veränderungen; 
sie werden nur einfach dünner, aber die Querstreifung erhält sich 
bis auf die letzte übrige Fibrille, und das Alles lässt darauf 
schliesBen, dass Druck von aussen die Atrophie macht Freilich 
kommen auch andere Erscheinungen vor. So fand Z. bei einer 
interstitiellen Myositis des Kalbes in dem weissgelben Fleisch 
fast alle Fasern fettig entartet und das interstitielle Bindegewebe 
offenbar nur zur Ausfüllung der Lücken gewuchert. Jedenfalls 
zeigt aber das sogenannte weisse Fleisch in den Muskelfasern 
sehr häufig keinerlei Veränderungen, abgesehen vom Fehlen des 
Muskelfarbstoffs (Kalb, Huhn, Schwein). Die idiopathische Form 
der Myositis, wie sie nicht selten beim Rinde vorkommt, ist noch 
zu wenig untersucht, um hierüber etwas sagen zu können. 

Kleine thierfirztliche Mittheilnngen. 

Reseotlon des Kiefergeienks. 

Im 9. Bd. der Mtsh. f. Thierhlkd., H. 11 wird von Fröhner 
folgender interessante Fall mitgetheilt: Ein Pferd war vor 
vier Wochen gegen einen Wagen gerannt und hatte sich am 
rechten Auge verletzt. Es frass nur noch wenig und konnte das 
Maul schlecht öffnen. In der rechten Schläfengegend befand sich 


Digitized by LjOOQie 






498 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


eine kindskopfgrosse Anschwellang mit FiBtelöflhungen. Die 
Untersuchung ergab, dass es sich um eine complicirte Fractur 
des Schläfenbeins, Jochbeins und Stirnbeins mit Sequester- und 
Fistelbildungen sowie um eine Entzündung des Kiefergelenks 
handelte. Das Pferd wurde geworfen, die Knochen freigelegt, 
wobei zwei grosse Sequester zum Vorschein kamen, nämlich der 
ganze Jochbogen und der ganze Jochfortsatz des Stirnbeins, 
welche entfernt wurden. An dem stark aufgetriebenen Kiefer¬ 
gelenk zeigte sich der Gelenkfortsatz seitlich abgebrochen und 
necrotisch, die Bänder zerrissen, die Gelenkgrube des Jochbogens 
rauh und mit Eiter gefüllt. Infolge dessen wurde der Gelenk¬ 
fortsatz resecirt, die Gelenkgrube mit scharfem Löffel ausgekratzt, 
die grosse Wundhöhle nach sorgfältiger Entfernung aller 
necrotischen Theile mit Jodoformgaze tamponirt. Die Tamponade 
wurde täglich erneuert. Die Knochendefecte, auch das resecirte 
Kiefergelenk, füllten sich mit normalen Granulationen. Die 
Beweglichkeit des Kiefers und die Futteraufnahme war schon 
nach 14 Tagen wieder normal und das Pferd konnte 18 Tage 
nach der Operation entlassen werden. Der Fall zeigt, dass 
sich auch beim Pferde eine Gelenkresection, wie sie beim Menschen 
sehr häufig vorgenommen wird, wenigstens am Kiefergelenk 
ausführen lässt. 

Zerrelssung des nusoulus cleldomastoideus beim Pferd. 

Nach dem Bericht des Bez.-Thierarztes Flesser in der 
Wschr. f. Th. 35, 97 trat bei einem Luxuspferd, welches zur 
Seite auf eine Steinkante gestürzt war, eine fast völlige Zer- 
reissung des Cleidomastoideus an seinem nach dem Kopf zu 
gelegenen Theile ein. Bei der ersten Besichtigung zeigte sich 
eine handtellergrosse Fleischgeschwulst am Halse, aus der ein 
halber Liter blutig seröser Flüssigkeit entleert wurde. 2 Tage 
später hatte sich die Geschwulst vergrössert und neu gefüllt 
Als sie durch einen langen Schnitt gespalten war, ergab sicfy der 
mitgetheilte Befund. Nachdem Heilung der Muskelzerreissang 
eingetreten war, wurde das Pferd versuchsweise gefahren. Nach 
einer Viertelstunde fing es an, sich auf den Zügel zu legen, 
begann zu taumeln und stürzte nieder, erhob sich aber nach 
einer Minute wieder. Dies geschah in den folgenden 3 Wochen 
noch 3 mal. Gegenwärtig ist das Pferd vollkommen gesund und 
schwindelfrei. Nach Ansicht des Berichterstatters waren die 
Schwindelanfälle durch eine Quetschung des oberen AsteB vom 
nervus accessorius bedingt. 

Thrombose der Aobeelarterle. 

Malkmus schreibt in der „Dtsch. Thierärztl. Wschr.“: 
Thrombosen in der vorderen Aorta sind selten erwähnt. Am 
2. October 1895 wurde nun ein vieljähriges Halbblutpferd zur 
Untersuchung vorgestellt, welches eine bestimmte Bewegungs¬ 
störung am linken Vorderschenkel mit Atrophie zeigte. Auch der 
Huf war hier kleiner. Der Schenkel war kühler, die Pulsation 
der Metacarpal- und Zehenarterien gar nicht zu fühlen. Auch der 
Radialispuls war schwach. Andere krankhafte Veränderungen 
nicht zu ermitteln. Nach 10 Minuten langer Trabbewegung 
konnte das Pferd den Schenkel nicht mehr Vorbringen. Beim 
Longiren auf der rechten Hand hielt sich das Pferd besser. Die 
Störungen waren bei der weiteren Beobachtung nicht immer 
gleichmässig und manchmal war das Pferd nicht zum Versagen 
zu bringen. Etwa ein Vierteljahr später war der Zustand besser 
geworden, der Puls auf den Metarcapalarterien wieder zu fühlen, 
die Atrophie jedoch noch deutlich. 5 Monate später war die Besse¬ 
rung vorgeschritten, die Fussstreckung in der Trabbewegung noch 
mangelhaft und auch Ende des Jahres 1896 war die Lahmheit 
noch nicht völlig verschwunden, aber eine Differenz im Umfange 
der Extremitäten nicht mehr nachzuweisen. Die Symptome er¬ 


gaben mit Sicherheit, dass es sich um eine Behinderung des Blutr 
Zuflusses handelte. Die in dem so langen Zeitraum allmälig 
aufgetretene Besserung ist unzweifelhaft auf die Bildung von 
Collateralbahnen zurückzuführen. 

Thrombose der hinteren Aorta. 

Nach einer Mittheilungin Anacker’s „Thierarzt“ beobachtete 
Haas in Metz bei einem Pferde, welches bei Lebzeiten ent¬ 
sprechende Symptome gezeigt hatte, nach der Schlachtung am 
Ende der hinteren Aorta einen 16 cm langen Blutpfropf, der das 
Lumen zu % ausfüllte. Ebenso fand er bei einer Kuh einen 
23 cm langen Thrombus in der hinteren Aorta derartig festsitzend, 
dass er Verzweigungen in die Darmbein- und Beckenarterien 
schickte und das Lumen der betroffenen Gefässe fast ganz aus¬ 
füllte. In beiden Fällen wies die Stmctur des Thrombus auf ein 
längeres Bestehen hin. 

Verletzung der hinteren Aorta duroh einen Fremdkörper. 

Seiber t-Neukirchen schreibt in der Dtsch. Thierärztl. W.: 
eine Kuh war schwer erkrankt und binnen Kurzem verendet 
Circa 25 cm vom Herzen entfernt sass an der hinteren Aorta mit 
dieser in festem Zusammenhang eine mannsfaustgrosse Geschwulst 
Dieselbe war ein Aneurysma, welches zugleich den Ursprung der 
Arteria broncho-oesophagea umfasste. Die Wandungen waren bis 
2 cm dick, derb schwartig und grauweiss. Im Hohlraum lag ein 
Thrombus, in dem Thrombus lag eine 5 cm lange Nähnadel, welche 
augenscheinlich an der Stelle, wo die Speiseröhre die Aorta 
passirte, sitzen geblieben und von hier aus gegen die Aorta vor¬ 
gedrungen war. Die Kuh war vorher nicht krank gewesen. 

Ruptur der Aorta beim Pferd. 

Engelen theilt in der Dtsch. Th. Wsch. folgende Be¬ 
obachtung mit: Ein Pferd verendete vor einem Grubenwagen. 
Der Herzbeutel war mit geronnenem Blüte prall "gefÜIIt,'die 
Aorta zeigte einen 8 cm langen Riss, der am Ursprung der 
rechten Kranzarterie begann, „3^ cm vom Ursprung der ersten 
halbmondförmigen Klappe entfernt, dem Rande der letzteren 
parallel laufend, bis nicht ganz zum Ende der mittleren halb¬ 
mondförmigen Klappe reichte“. E. weist darauf hin, dass gerade 
an der Ursprungsstelle die Wand der Aorta dünner sei als im 
weiteren Verlaufe und dass Dieckerhoff, Lustig und Sticker 
hier Aortenrupturen nach Anstrengungen, z. B. beim Rennen, 
gesehen haben. Es lässt sich im vorliegenden Falle nicht sagen, 
ob der Sturz des Pferdes die Aortenruptur veranlasst hat oder 
ob das Pferd stürzte, weil infolge der Anstrengungen eine 
Aortenruptur eingetreten war. 

Fünfte Gliedmasse beim Kalb. 

Nach einer Mittheilung in der D. T. W. aus einem italienischen 
Journal zeigte ein Kuhkalb an der rechten Seite des Widerristes 
eine vollständig entwickelte Nebengliedmasse, die pendelnd an 
der rechten Schulter hing und von der Zehe bis zur oberen 
Epiphyse des Armbeins völlig entwickelt war. Hier war sie 
mit einem 2 cm dicken Stiel in die Schulterhaut eingepflanzt. 
Die Gliedmasse wurde entfernt. 

Nebenleber in der Brusthöhle des SohwelM. 

Göhrig-Karlsruhe hat in der Dtsch. Thierärztl Wochenschr. 
folgende Mittheilungen gemacht Nebenlebern sind abgeschiedene 
Leberpartien, die bandartig mit der eigentlichen Leber Zusammen¬ 
hängen. Nach Kitt bilden sie einen seltenen congenitalen Zu¬ 
stand. G. fand nun bei einem 7 monatigen Schwein im hinteren 
Mittelfellsraum zwischen Oesophagus und Aorta ein rotbraunes 
Gebilde, welches 17,8 und 3 1 /, cm Durchmesser hatte und bis an 
die Zwerchfellpfeiler reichte. Es lag nahezu lose; es führte jedoch 


Digitized by LjOOQie 




20. October 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


499 


von ihm ein straffes Band durch den Hiatus oesophageus des 
Zwerchfelles zu der völlig normalen Leber. Die Leberarterie 
gab auch die Gefässe des Gebildes, welches aus Lebergewebe 
mit chronischer interstitieller Wucherung bestand. 

Fortbestehen der Nabelvene bei einer erwachsenen Kuh. 

Bei einer 11jährigen Kuh fand sich in der Bauchhöhle ein 
50 cm langer Strang, der vom Nabelring nach der Mitte der 
hinteren Leberfläche zog. Derselbe stellte ein echtes Blutgefäss 
dar mit überall gleich grossem Lumen und mündete ohne Ab¬ 
grenzung in die Hohlvene, hatte hier auch vollkommen die Be¬ 
schaffenheit der Venenwand. Das Lumen setzte sich bis in die 
Bauchwand fort und hatte offenbar Blut aus den Bauchvenen 
gefühlt. (Mittheilnng von Fahretti in der Dtsch. Th. Wschr.) 

Die Desinfectionskraft antiseptischer Streupulver and 
Bemerkungen Aber die Fernwirkang des Jodoforms. 

Von Dr. W. Schmidt, Apotheker in Dresden. 

(Centndbl. f. Bact. 1897, Bd. XXIII, H. 6-13.) 

Verl, experimentirte mit nachstehenden Streupulvern: Airol 
(dargestellt von Hoffmann, Traub & Co. in Basel). Das Prä¬ 
parat ist chemisch als Wismuthoxyjodidgallat, d. h. Dermatol, 
in welchem ein Hydroxyl durch Jod ersetzt ist, zu betrachten. 
Amyloform (FirmaRhenania, Aachen) ist eine chemische Ver¬ 
bindung von Amylum mit Formaldehyd. Aristol (Bayer & Co., 
Elberfeld) ist Dithymoldijodid. Dermatol (Meister, Lucius 
& Brünning, Höchst) ist basisch gallussaures Wismuth. Gallicin 
(Sandoz & Co., Basel) ist der Methylester der Gallussäure. 
Jodogallicin (Sandoz & Co., Basel) ist entstanden durch Ein¬ 
wirkung von Wismuthoxyjodid auf Gallicin und ist Wismuthoxy- 
jodidmethylgalloL Jodol (Kalle & Co., Biebrich a. Rh.) ist 
Tetnyodpyrol mit 89 pCt. Jodgehalt. Xeroform (v. Heyden 
Nachf., Radebeul bei Dresden) ist Tribromphenylwismuth. ^ . 

Die Präparate wurden künstlichen Nährböden in bestimmtem 
Procentgehalt zugesetzt. Diese Nährmedien wurden mit bekannten 
Bacterienformen (Milzbrandbacillen, Sraph. aureus Pyocyaneus) 
beschickt und der Einfluss der genannten Mittel auf das Wachs¬ 
thum des Bacterium beobachtet. Die Fernwirkung des 
Jodoforms, welches ausserdem bei den Versuchen als Vergleichs¬ 
object benutzt wurde, gelangte in folgender Weise zur Fest¬ 
stellung: Eine Koch’sehe Doppelschale von 35 cm Durchmesser 
wurde mit einer genügend hohen Schicht Glycerinagar aus¬ 
gegossen und in die Mitte der Platte 1 qcm Fläche mit electro- 
lytisch gefälltem Jodoform bedeckt. Parallel zu den Seiten des 
Quadrats wurden nun im Abstand von je 2 cm Impfstriche der 
verschiedensten pathogenen und nicht pathogenen Mikroorganismen 
angebracht und an der Art des Wachsthums bezw. an der Wachs¬ 
thumshemmung die Einwirkung des Jodoforms constatirt. 

Aus dem Gesammtresultat der Versuche ist zu entnehmen, 
dass sich die Wirkung des Jodoforms mit der seiner Concurrenz- 
präparate kaum in Parallele stellen lässt. Die Desinfectionskraft 
des Jodoforms basirt auf folgenden Grundlagen: „Es geht mit 
den Zersetzungsproducten der Mikroorganismen Verbindungen 
ein; es besitzt eine Fern Wirkung, welche es befähigt, viele 
Bacterien in ihrem Wachsthum zu hindern, einige sogar zu 
tödten; es reizt gleichfalls, eine Folge seiner Fern Wirkung, die 
Gewebe, ihre Widerstandskraft zu vermehren; es besitzt eine 
wenn auch geringe bactericide Kraft, die nach Lomry haupt¬ 
sächlich dann zur Geltung kommt, wenn das Jodoform in Lösung 
wirken kann“. 

Die übrigen untersuchten Mittel zeigen eine solche Com- 
binationswirkung nicht, Bondern sie wirken nur local, indem sie 
den Nährboden für die Bacterien ungünstig beeinflussen oder 
dieselben direct abtödten. Fernwirkung wurde bei denselben 


nicht bemerkt. Airol, Jodgallicin, Xeroform und das leicht lös¬ 
liche Gallicin erwiesen sich als gute Antiseptica. Aristol und 
Jodol haben weniger gut ausgeprägte bactericide Eigenschaften. 
Amyloform und Dermatol documentiren auf künstlichen Nährböden 
eine sehr minimale antiseptische Wirkung. 

Nunmehr bleibt noch übrig, zu prüfen, wie sich die auf künst¬ 
lichen Nährböden gewonnenen Resultate auf lebenden Geweben 
gestalten würden. 

Berichtigung 

zu dem im ersten Heft des XXVIII. Bandes der Zeitschrift für Hygiene 
erschienenen Aufsatze über Impfungen zum Sohutz gegen den Rothlauf 
der Schweine und zur Kenntnlss des Rothlauf baclllus von 0. Voges und 
W. Schütz in Berlin.*) 

Von Obermcdicinalrath Lorenz in Darmstadt. 

Auf S. 43 ist als Anmerkung 2 angeführt: „Emmerich und 
Mastbaum, die Ursache der Immunität, die Heilung von Infections- 
krankheiten, speciell des Rothlaufs der Schweine, und ein neues 
Schutzimpfungsverfahren gegen diese Krankheit, Archiv für Hygiene, 

Bd. XII 1890.“ 

Auf S. 45 heisst es: „Mit dem Bekanntwerden der Emmerich- 
schcn genialen Untersuchungen war ein neuer Weg gegeben, um zu 
praktisch brauchbaren Resultaten bei den Bestrebungen zu kommen, 
Schweine gegen den Rothlauf zu immunisiren; Lorenz baute aut 
den Erfahrungen seiner Vorgänger weiter und schuf die nach ihm 
benannte Methode. 

Hatte Emmerich nachgewiesen, dass das Serum immunisirter 
Thiere schützende Eigenschaften besitzt, so zeigten die Arbeiten der 
Behring’schen Richtung, dass die durch Serumeinspritzungen zu 
erzielende passive Immunität nur von vorübergehender Dauer 
ist u. s. w.“ 

Zunächst ist als berichtigend hier anzuführen, dass die oben 
citirte Arbeit von Emmerich und Mast bäum nicht 1890, sondern 

1891, und zwar im dritten Heft des XII Bandes des „Archivs für 
Hygiene“ erschien, welches in der zweiten Hälfte des Monats Mai 1891 
zur, Ausgabe gelangte. 

*" Meine erste Arbeit**) über Rothlauf, welche gegen Jahres¬ 
schluss 1891 erschienen ist, enthält auf S. 55 ff. die Resultate meiner 
Versuche, mit Blut immunisirter Kaninchen bei grauen Mäusen 
Immunität gegen Rothlauf, Backsteinblattern und Mäusesepticämie 
zu erzeugen. Aus der Arbeit selbst geht hervor, dass jene Versuche 
am 27. März 1891 begonnen wurden. Soweit in dem hier angeführten 
Aufsatz über Versuche berichtet ist, waren diese bis Ende Mai 1891 
beendet. Ich konnte damals schon einige Schlüsse aus meinen Ver¬ 
suchsresultaten ziehen, die heute noch als feststehend gelten, z. B. 
„dass in dem Blute der Kaninchen, die eine der an¬ 
gegebenen Krankheit überstehen, sich ein Stoff- 
wechselproduct bildet, welches das Bestreben des 
Blutes, die Krankheitskeime zu vernichten und 
e n t wi ck e I u ngs h e m m e n d auf sie einzuwirken, so¬ 
wie vielleicht auch die von diesen gebildeten oder 
hervorgerufenen schädlichen S t offwechse1pro- 
ducte zu paralysiren, wirksam unterstützt.“ Meine 
Versuche hatten ferner gezeigt, „dass das wirksame Agens 
dem Blute der immuniiirten Kaninchen nicht 
dauernd anhaftet, sondern allmä.lig aus dem¬ 
selben verschwindet, dass aber in ihnen dieFähig- 
keit, das fragliche Agens auf Anregung einer spä¬ 
teren Infection wieder frisch zu bilden, eine mehr 
dauernde ist. Schoneineverhältnissmässigkleine 
Menge dieses Agens, nichtimmunen Mäusen bei¬ 
gebracht, m a c h t e d i e s e 1 b e n aufkurzeZeit wider¬ 
standsfähig gegen eine Infection, vermochte sie 
jedoch nicht auf längere Zeit immun zu machen, 
sondern verschwand scheinbar nach 15 bis20 Tagen 
aus dem M ä u s e k ö r p e r, o h n e d e m s e 1 b e n die Fähig¬ 
keit zu verleihen, auf Anregung einer Infection 
es wieder zu erzeugen. Diese Fähigkeit erwächst 
erst nach einer gleichzeitig mit der Uebertragung 

*) Diese Berichtigung ist auch bereits in der Zeitschrift für 
Hygiene veröffentlicht. 

**) Archiv für wissenschaftl. und praktische Thierheilkunde. 

1892. Bd. XVIII., 1. Heft. 


Digitized by LjOOQie 







500 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


des Blutes vorgenommeuen Impfung und einer 
balddarauf erfolgten Wiederbolungderletzteren.“ 
Diese und andere Wahrnehmungen, worunter auch die, „dass die 
Schutzkraft des Blutes dem Serum anhaftet/ 1 hatte 
ich aus eigenen Versuchen bereits bis Ende Mai 1891 gemacht, also 
zu einer Zeit, in der Uber gleiche Beobachtungen Anderer mir noch 
gar nichts bekannt sein konnte, abgesehen von einer Ende Februar 
oder Anfang März 1891 in der „Frankfurter Zeitung“ erschienenen 
kurzen Notiz von der Entdeckung der Heilkraft des Blutes gegen 
Diphtherie und TetanuB immunisirter Thiere durch Behring und 
Kitasato. Dass ich auf diese Notiz hin meine bezüglichen Ver¬ 
suche begonnen, habe ich nie in Abrede gestellt, ja Bogar öfters 
hervorgehoben. Dass ich aber weiterer Feststellungen Anderer 
nicht bedurft hatte, um eine Schutzimpfungsmethode gegen den 
Schweinerothlauf aus meinen Versuchsergebnissen zu entwickeln, 
geht schon aus der einen Feststellung hervor, dass ich bereits 
Ende Mai 1891 wusste, dass man Mäuse durch Ein¬ 
spritzung immunisirenden Serums und gleich, 
zeitige Infection mit Rothlauf gegen diesen immu- 
nisiren kann — eine Behauptung, der man lange 
keinen Glauben geschenkt bat, bis man im vorigen 
Jahre die Uebertragung dieser Methode auf die 
Immunisirung gegen Rinderpest und Maul- und 
Klauenseuche erlebte. Thatsächlich sind aber schon im 
Sommer 1892 derartige Schutzimpfungsversuche gegen Rothlauf bei 
Schweinen in der Praxis ausgeführt worden. 

Wer das Resultat der E m m e r i c h ’schen Untersuchungen, von 
denen die Verfasser Voges und Schütz reden, näher betrachtet, 
der wird bei einem Vergleich mit meinen Versuchen sofort erkennen, 
dass diese ganz unabhängig von jenen angestellt wurden. In der 
citirten Arbeit von Emmerich und Mastbaum heisst es: „Wenn 
es nämlich richtig ist, dass im immunisirten Thierkörper die Roth- 
laufbacillen durch ein von den Körperzellen producirtes, im intra¬ 
cellulären Saftstrom kreisendes chemisches Gift vernichtet werden, 
dann muss der Ge webssaft immunisirter Thiere und 
vielleicht auch das Blut ein Heilmittel für den zum Ausbruch 
gekommenen Rothlauf sein.' 1 Emmerich legt in jener Arbeit 
überhaupt den Schwerpunkt auf den Gewebssaft der immunisirten 
Thiere, den er (S. 298) dadurch gewinnt, dass er die immunisirten 
und darauf getödteten Thiere nach vorheriger sorgfältiger Reini¬ 
gung abzieht, mit allen Organen zerstückelt, durch eine Fleisch- 
hackmaschine treibt und schliesslich in einer hydraulischen Presse 
bei einem Druck von 300 bis 400 Atmosphären auspresst Auf S. 325 
ist gesagt: „Da man den von immunisirten Kaninchen stammenden 
Gewebssaft auch zur Schutzimpfung von weissen Mäusen mit bestem 
Erfolg verwenden kann, so wird derselbe voraussichtlich auch zur 
Schutzimpfung von Schweinen verwerthbar sein. — Wenn unter den 
Schweinen eines Landwirths der erste Fall von Rothlauf auftritt, 
wird derselbe die übrigen sofort mit Gewebssaft immunisirter 
Kaninchen impfen und so den Ausbruch der Epizootie verhüten 
können.“ Hiernach aber ist erwiesen, dass ich zur 
Zeit, als die E m m e r i c b ’ s c h e Arbeit erschien, 
dieser mit meinen Resultaten längst voraus war. 

Der letzterwähnte Umstand hätte einem der 
Verfasser des in Rede stehenden Aufsatzes, Hm. 
Geheimen Regierungsrath Prof. Dr. Schütz, wohl 
bekannt sein dürfen; denn ihm, als dem Herausgeber des 
„Archivs für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde“, hatte 
ich bereits Ende Mai 1891 meine Arbeit zum Abdruck in dieser 
Zeitschrift zugesandt Ich besitze hierüber eine Mit¬ 
theilung von Hm. Schütz vom 5. Juni 1891, worin er 
schreibt: „Ihre Arbeit habe ich erhalten, auch gelesen und ich 
brauche wohl nicht zu versichern, dass ich mit grossem Interesse 
Ihren Versuchen gefolgt bin. Die Arbeit kann leider in das nächste 
Heft nicht aufgenommen werden, weil der Druck desselben fast be¬ 
endet ist.**. — Im Laufe des Monats Juni 1891, naohdem meine 
Arbeit bereits im Besitz des Hrn. Schütz war, bekam ich die 
Emmerich’ sehe Arbeit zu lesen. Es gab mir dies Veranlassung, 
meiner Arbeit noch eine Bemerkung mit Bezug auf diese Arbeit 
beizufügen, und ich liess mir bei einer gelegentlichen Anwesenheit 
in Berlin die meinige von Herrn Schütz selbst einhändigen. Ich 
habe nur einige Worte auf S. 59, sowie einen kleinen Nachtrag auf 
S. 62 beigefügt und naoh wenigen Tagen meine Arbeit wieder Hrn. 
Schütz zugesandt, worauf ich wieder eine Empfangsbescheinigung 
vom 9. Juli 1891 erhielt, die ich ebenfalls noch besitze. 


loh hatte mich mit der Einsendung beeilt, damit nicht abermals 
eine Verzögerung in der Veröffentlichung eintreten möge. Bei 
letzterer Unterstellung hatte ich mich allerdings getäuscht, denn der 
Abdruck erfolgte erst ein halbes Jahr später im ersten Heft des 
XVIII. Bandes (1892), soweit mir bekannt, Ende Dezember 1891. 
In Folge dieser verspäteten Veröffentlichung 
meiner Arbeit habe ich meine späteren Arbeiten 
in einer anderen Zeitschrift zum Abdruck bringen 
lassen. 

Es war nicht meine Absicht, die hier zuletzt dargelegten Um¬ 
stände der Oeffentlicbkeit zu übergeben. Die einmal begonnenen 
Arbeiten hatten mich zu sehr in Anspruch genommen, um mich ohne 
besondere Veranl issung in Auseinandersetzungen zu verlieren. 
Ich konnte mit den Erfolgen zufrieden sein, die meine mühevollen und 
ohne jede Hilfe zur Ausführung gebrachten Versuohe gezeitigt batten. 
In meinen Publicationen hierüber habe ich mich nie gescheut, die 
Wahrheit zu pflegen, auch wenn es galt, begangene Fehler einzu¬ 
gestehen. Schon aus diesem Grunde glaube ich, von einer Entgegnung 
auf die Angriffe der Herren Voges und Schütz gegen das aus 
meinen Arbeiten erstandene, fast allenthalben als gut erkannte 
Schutzimpfungsverfahren absehen zu können. Gegen die Behauptung 
aber, dass ich mein ganzes System auf den Arbeiten Anderer auf¬ 
gebaut habe, musste ich doch auftreten, und es bedurfte dazn 
auch der Auffrischung jener Erinnerung an dag 
Schicksal meiner ersten Arbeit Uber Rothlauf- 
immunisirung. 

Darmstadt, den 29. Juli 1898. Dr. Lorenz. 


Thierhaltung und Thierzucht 
Die Landbeschälnng in Oesterreich nnd die dazn 
benutzten Vollbluthengste. 

Von Fritz Flaum. 

(Oe»torr. Monalaachr. f Tblerhlk. H. 7 u P.) 

Die Einrichtung der Landbeschälnng entwickelte sich durch 
den Gebrauch, dass die Fürsten und Grossen des Reiches Hengste 
aus ihren Marställen oder Gestüten zum Decken von Stuten ihrer 
Unterthanen unentgeltlich hergaben. Als Gegenleistung mussten 
sich diese verpflichten, die Stutfohlen zur Weiterzucht zu benutzen, 
die Hengstfohlen für die Hofhaltung und den Kriegsdienst ab¬ 
zugeben und den Herren das Vorkaufsrecht zu überlassen. 

In Württemberg ist unter Herzog Friedrich Karl von 
dem Oberstallmeister Kniestädt bereits 1685 das erste Land¬ 
gestüt angelegt worden. Oesterreich hat erst hundert Jahre 
später (1764) die ersten Landbeschäler aufzuweisen, welche im 
Jahre 1781 schon auf 400 Stück angewachsen waren. 

Ohne weiter auf die geschichtliche Entwickelung des Land¬ 
beschälwesens einzngehen, bemüht sich der Verf., ein Bild der 
Landespferdezucht Oesterreichs in den letzten anderthalb Jahr¬ 
zehnten zu geben, indem er die Rassen und Schläge und Anzahl 
der Zuchthengste in den einzelnen L&ndestheilen statistisch 
aufführt. 

Der Gesammtbestand aller Landbeschäler der im Reichsrathe 
vertretenen Königreiche und Länder (Niederösterreich, Ober¬ 
österreich, Salzburg, Tirol, Steiermark, Kärnthen, Krain, Küsten¬ 
land, Dalmatien, Böhmen, Mähren, Schlesien und Bukowina) belief 
sich während der Deckzeit in den Jahren 


1884 

auf 

1966 Staatshengste 

1889 

>» 

1976 „ 

1891 

» 

2025 

1892 

» 

2052 „ 

1893 

» 

2057 

1894 

»i 

2082 

1895 

» 

2094 

1896 

» 

2125 

1897 

tt 

2150 „ 

1898 

» 

2199 „ 


Digitized by LjOOQie 





20. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT. 


501 


In den letzten 9 Jahren ist also die Zahl der Landbeschäler 
nm 223 Hengste vermehrt worden. 

Hieran knöpft sich eine Detaillirnng des Bestandes der Staats¬ 
hengste nach Rasse und Zahl in den genannten Kronländern. Es 
ist daraus za ersehen, dass in der Mehrzahl der Länder dieZacht 
des kaltblütigen Pferdes bedeutend zugenommen hat Von den 
verwendeten kaltblütigen Rassen überwiegt das Pinzgauer Pferd. 
So stehen in Oberösterreich 32, in Niederösterreich 23, in Salz¬ 
burg, der Heimath der in Rede stehenden Rasse, 37, in Steier¬ 
mark 36, in Kärothen 68, in Krain 29, in Böhmen 16 Pinzgauer 
Hengste. Das Pinzgauer Pferd hat als Repräsentant der alten 
norischen Rasse das grösste Zuchtgebiet, welches sich über den 
grössten Theil der österreichischen Alpenländer, entsprechend der 
alten römischen Provinz Noricum, erstreckt. In Salzburg, wo 
keine anderen als Pinzgauer Hengste vom Staate gehalten werden, 
ist dieRasse am reinsten erhalten geblieben, und zwar, wie man 
sagt, durch die Zucht des alten Erzbischofs von Salzburg 
Hieronymus Colloredo, welcher ein Gestüt zu Ries ein¬ 
gerichtet batte. Von anderen kaltblütigen Schlägen sind unter 
den Staatshengsten noch vertreten: Wallonen-, Burgunder, Ar- 
denner Pferde, Carthorses und einzelne Suffolkpferde. 

Dem edlen Pferde, Vollblut und Halbblut, englischen und 
orientalischen Ursprunges verbleibt jedoch noch der grössere An- 
theil an der Landbeschälung in Oesterreich. Galizien hat 504 
Beschäler, darunter nur ein einziger Kaltblüter, ebenso sind in 
Schlesien unter der Gesammtzahl von 54 Staatshengsten nur 
zwei kaltblütige Pferde. Die Bukowina ist das einzige Land 
unter den Kronländern, welches nur Beschäler (87 St.) edler Ab¬ 
kunft aufzuweisen hat, und bildet in dieser Hinsicht den Gegensatz 
zu Salzburg, wo nur Kaltblüter (Pinzgauer) aufgestellt sind. Vor¬ 
wiegend wird ferner die Zucht des edlen und halbedlen Pferdes 
gepflegt in Böhmen und Mähren und auch in Nieder- und Ober¬ 
österreich ist die Zahl der Beschälheugste edlen Schlages ver- 
bältnissmässig hoch. Der Gesammtbestand der Hengste dieser 
Zuchtrichtung beträgt nach Zahl UDd Rasse in den Kronländern: 
96 Vollblut-, 778 Halbblut-, 202 Norfolk-, 16 orientalische Voll¬ 
blut-, 344 orientalische Halbblut-, 68 Lippizaner, 10 Kladruber, 
125 Nonius- (Normänner) Hengste. 

Erwähnenswerth ist, dass sich unter den englischen Halbblut- 
beschälern in Nieder- und Oberösterreich je 3 amerikanische 
Traber befinden. Ein siebenter amerikanischer Traberhengst ist 
in Troppau(Schlesien) thätig. 

Dass Oesterreichs Pferdezucht sich einer vortrefflichen und 
kundigen Leitung erfreut, geht daraus hervor, dass von den 
2199 Beschälern fast ein Drittel (632 Stück) von den Staats¬ 
gestüten Radautz und Piber geliefert wird. Die Staatsfohlenhöfe 
Stade-Traun, Ossiach, Neuhof-Pisek und Troppau haben 1897 
605 Hengste aufgezogen, welche in die Gestütsverwaltung ein¬ 
gestellt worden sind. 681 Hengste wurden im Inlande, 34 in 
Ungarn und nur 247 im Auslande angekauft Die ausländischen 
Hengste stammen grösstentheils aus Oldenburg, Hannover und 
anderen Theilen Deutschlands, in denen eine constante Rasse 
gezüchtet wird. 

Das Deckgeld ist im Allgemeinen niedrig bemessen: 1, 2 oder 
3 Gulden. Im Jahre 1896 haben 2117 Staatshengste 101 746 Stuten 
gedeckt, von denen 54810 befruchtet wurden. Nach den staat¬ 
lichen Ermittlungen fielen von diesen Stuten 48 322 lebende 
Fohlen. Durchschnittlich hat mithin jeder Hengst 49 Stuten ge¬ 
deckt, 26 Stuten befruchtet und 23 lebende Fohlen erzeugt. Die 
in Privatpflege stehenden Hengste wurden von der Land¬ 
bevölkerung am meisten in Anspruch genommen. Jeder dieser 
Hengste hatte 55 Stuten zu decken, während auf die Hengste in 
den Deckstationen nur 46 und auf die in Miethe befindlichen 


Hengste nur 31 Stuten kamen. In Krain deckte jeder Staatshengst 
durchschnittlich 56, in Steiermark 55, in Mähren 51, in Böhmen 47, 
in Kärnthen 46 Stuten, in Niederösterreich nur 33 Stuten. Die 
Zahl der licenzirten Privathengste betrug im ganzen Lande 
450 Köpfe. 

Auf das 5416 Quadratmeilen grosse Reich kommen also 
2199 Staatshengste, mithin entfällt auf je einen Hengst ein Gebiet 
von 2,46 Quadratmeilen, während inPreussen schon auf 2,32 Quadrat¬ 
meilen ein Landbeschäler kommt (2748 Landbeschäler auf 
6393 Quadratmeilen). 

Bei einem Vergleich der Bodenverhältnisse beider Länder 
soll aber Oesterreich weit besser mit seiner Pferdezucht stehen. 

Schliesslich widmet Verf. dem Vollblutpferd in Oesterreich 
noch einige Worte. Wenn die Vollblutzucht auch in den Kron¬ 
ländern nicht ein allgemeines Interesse erwecke und in einzelnen 
Landestheilen überhaupt nicht verwendbar sei, so bliebe dieselbe 
doch für das grosse Ganze von hoher Bedeutung. Die Leiter der 
österreichischen Pferdezucht haben in richtiger Würdigung des 
werthvollen Einflusses des Vollblutpferdes auf die Zucht sich nicht 
gescheut, hohe Summen für erstklassige Vollbluthengste aufzu¬ 
wenden. So wurde 1894 Matchbox für 18 000 Guineen angekauft. 
Von anderen kostbaren Vollbluthengsten österreichischer Staats¬ 
angehörigkeit sind zu erwähnen Stronzian, Weathercock, welcher 
1896 als Dreijähriger mit einer Gewinnsumme von 144 400 Kronen 
an der Spitze der siegreichen Rennpferde Oesterreichs stand, 
Benoiton, Kupa, Britanniens u. s. w. 

Aus einem angehängten ausführlichen Verzeichniss sämmtlicher 
Vollblut-Landbeschäler sind Alter und Abstammung sowie die 
Vertheilung der Hengste über das Land zu entnehmen. Der 
Verf. hat feruer seinem Aufsatze eine einfache Kartenskizze bei¬ 
gegeben, auf welcher die Bescbälstationen und daneben die Zahl 
deri Hengste nach den einzelnen Rassen übersichtlich ein- 
gezekhnet sind. _ 

Tagesgeschichte. 

Zar Reform der Stellaag der beamtete« Tblerlrzte. 

Die von der letzten Plenarversammlung der Centralvertretung 
der thierärztlichen Vereine Preussens beschlossene Eingabe an 
Seine Excellenz den Herrn Minister, welche die Wünsche der 
beamteten Thierärzte darlegen sollte, ist von dem Jäerrn Geheim¬ 
rath Dr. Esser selbst verfasst und am 29. August dem Herrn 
Minister übersandt worden. 

Gebühren der Aerzte für Theiinatime an wissenschaftlichen 
Deputations-Sitzungen. 

Die Tagegelder sind auf 18 und 15 M., die Reisekosten 
gemäss den für die IV. Rangklasse gültigen Bestimmungen fest¬ 
gesetzt worden. (Veröffentl. d. Kais. Gesundheitsamtes pag. 648.) 

Apotheker-Rath. 

Für ElsasB-Lothringen ist durch Kaiserliche Verordnung 
(Ge8.-Samml. S. 69) ein Apothekerrath geschaffen, ebenso ist eine 
Aerztekammer begründet worden. 

Versammlung der beamteten Thierirzte des Regierungsbezirks Magdeburg. 

Der Verein der beamteten Thierärzte des Regierungs-Bezirks 
Magdeburg hielt am 9. October er. aus Anlass des 80. Geburts¬ 
tags des Kreisthierarztes Lange- Salzwedel eine Festsitzung ab. 
Der Vorsitzende hob in einer Ansprache hervor, dass die Ver¬ 
anlassung zu ähnlichen Feiern nur selten wiederkehre. Man 
könne annehmen, dass das bisherige Leben des Collegen Lange 
köstlich gewesen sei, denn Mühe und Arbeit sei ihm im reichen 
Masse zugemessen gewesen. 

Aus der Lebensgeschichte des Collegen Lange wurde Nach¬ 
stehendes mitgetheilt: 


Digitized by LaOOQie 



502 

Christoph Friedrich Lange wurde geboren am 7. Oc- 
tober 1818 zu Salzwedel. Er besuchte das Gymnasium seiner 
Vaterstadt sowie eine dortige Privat-Realscbule, bezog darauf die 
Thierärztliche Hochschule zu Berlin und erhielt am 17. Mai 1842 
nach einem Studium von sieben Semestern die Approbation als 
Thierarzt I. Classe. Lange ging darauf in seine Vaterstadt 
zurück und widmete sich der Privatpraxis. Hierbei blieb ihm 
genügend Zeit, sich wissenschaftlich fortzubilden, sodass er im 
Jahre 1852 das kreisthierärztliche Examen ablegen konnte. 

Nachdem im Jahre 1864 in Folge Ablebens des Kreisthier¬ 
arztes Kühn zu Seehausen, welcher die Kreise Osterburg und 
Salzwedel zusammen verwaltet hatte, aus den beiden Kreisen je 
ein kreisthierärztlicher Bezirk gebildet worden war, erhielt Lange 
am 20. Juni 1864 die definitive Anstellung als Kreisthierarzt für 
den Kreis Salzwedel, welches Amt er heute noch verwaltet. 

Im Mai 1892 konnte er sein 50 jähriges Jubiläum als Thier¬ 
arzt feiern, bei welcher Gelegenheit ihm in Anerkennung seiner 
verdienstlichen Thätigkeit als Thierarzt und Beamter der Kronen¬ 
orden IV. Classe verliehen wurde. 

Der Vorsitzende theilte dem Jubilar darauf mit, dass der 
Verein einstimmig beschlossen habe, ihn zum Ehrenmitgliede zu 
ernennen, überreichte ihm das aus diesem Anlass gestiftete 
künstlerisch ausgestattete Diplom und schloss mit dem Wunsche, 
dass dem Collegen Lange in voller Rüstigkeit ein schöner, 
friedlicher Lebensabend beschieden sein möge. Hieran wurde 
noch die Bitte geknüpft, dass Lange dem Verein auch ferner 
sein Interesse widmen und wie bisher ein fleissiger Besucher der 
Sitzungen sein möchte. 

In das vom Vorsitzenden auf den Jubilar ausgebrachte Hoch 
stimmte die Versammlung begeistert ein. 

Darauf hielt der Schriftführer Kreisthierarzt Gundelach 
den Festvortrag in Form eines Referats aus den Berichten von 
Robert Koch über seine Reisen zur Erforschung der Rinderpest, 
Tsetsekrankheit und des Texasfiebers. Schliesslich hob der Vor¬ 
tragende hervor, dass schon Gerlach geringe Widerstands¬ 
fähigkeit des Rinderpestcontagiums gegen Austrocknen betont 
und beobachtet habe, dass bei den betroffenen Thieren schon 
mehrere Tage vor dem Auftreten sichtlicher Krankheits¬ 
erscheinungen eine erhebliche Temperatursteigerung durch das 
Thermometer /estgestellt werden könne, und dass für das Con- 
tagium nur Wiederkäuer empfänglich seien. 

Nachdem darauf noch mehrere Collegen ihre Erfahrungen 
über die Lungenseuche-Zwangsimpfung mitgetheilt hatten, demon- 
strirte der College Thnnecke die von ihm construirte Spritze 
zur Lungenseuche-Impfung — ausgeführt von Hauptner-Berlin — 
welche von den Collegen sehr beifällig beurtheilt wurde. 

Durch ein gemeinsames Festmahl wurde die Feier, welche 
einen sehr anregenden und würdigen Verlauf genommen hatte, 
geschlossen. 

Einladung 

znr 43 General-Versammlung des thlerfirztliohen Central-Vereine der 

Provinz Saohten, der anhaitischen und thüringischen Staaten. 

Sonntag, den 23. October 1898, Vormittags 11 Uhr, im „Grand- 
Hotel Bode“ zu Halle a. S. 

Tagesordnung. 

1. Neuwahl des Vereinsvorstandes. 

2. Geschäftliches. 

3 Bericht über die letzten Verhandlungen der Central - Ver¬ 
tretung preussischer Thierärzte. (Referent: L i e b e n e r- 
Delitz8ch und Thunecke - Calbe a. S.) 

4. Die Tuberculo8e in forensischer Beziehung. (Referent: 
Steinmeyer - Weissenfels.) 

5. Die Diffenrential-Diagnose der Maul- und Klauenseuche bei 
Schafen. (Referent: Martens - Sangerhausen.) 


No. 42. 

6. Die Trichinose bei Hunden. (Referent: P i r 1 - Dessau.) 

7. Unvorhergesehenes. 

Nach Schluss der Verhandlungen gemeinschaftliches Mittag¬ 
essen. Zur zahlreichen Betheiligung laden ergebenst ein 

0 e m 1 e r - Merseburg, P i r 1 - Dessau, 

stellv. Vorsitzender. Stellv. Schriftführer. 

Die Herhstversammiung des Verelui schlesischer Thierfirzte findet 

am Sonntag, den 23. October d. J., Vormittags 11 Uhr präc. in 
Breslau, Antonienstrasse 33 (Scepterloge) statt. 

Tagesordnung. 

1. Vereinsangelegenheiten. 

2. Anschluss der Gruppe Sanitätstbierärzte an den Verein. 
Referent: Director Schilling. 

3. Zur Steuerdeclaration der Thierärzte. Referent: Kreisthier¬ 
arzt W i 111 i n g e r. 

4. Die Behandlung des Milchfiebers (Gebärparese) mit Jodkali. 
Referent: Kreisthierarzt F. Arndt. 

5. Ueber die Ausbildung von Laienfleischbeschauern in Schlacht¬ 
häusern. Referent: Director Schmidt. 

Hierzu, wie zu dem um 2% Uhr unter Theilnahme der Damen 
stattflndenden Diuer, werden die Herren Collegen, auch die zu 
dem bisherigen Verein Bchles. Schlachthofthierärzte gehörenden, 
ganz ergebenst einzuladen. 

Der Vorsitzende des Vereins schles. Schlachthof-Thierärzte 
Hentschel. 

Der Vorsitzende des Vereins 
Dr. Arndt. 

Dritte Quittung 

Ober Beiträge zu dem Fond für die Waisen des Professor Eber und 
Schluss-Abreohnung. 

Es sind seit Erstattung der zweiten Quittung noch folgende 
Beiträge eingegangen: Kiesel-Pinneberg 5 M.; Wierzba- 
Myslowitz und Herbst-Wolfhagen je 6 M. Thierarzt Storch 
in Posteiberg (Oesterreich) 5 fl. = 8,47 M. — Dr. Appenrodt- 
Clausthal, Dr. Bettendorf-Uerdingen, Claus-Berlin, Dalchow- 
Rathenow, Deigendesch - Sigmaringen, Goldstein - Hohenlim¬ 
burg, Krüger-Marggrabowa, Lück-Hamm, M aier-Szurklauken, 
Reindl-Rosenheim je 10 M. — Hamann-Schweidnitz, Koch- 
Simraern, Repetitor Pfeiffer, Schröder-Eilenburg, Struwe- 
Kiel je 20 M.— Dr. Th o ms-Montabaur 25 M. — Dr. Eichbaum- 
Giessen und N. N. in Berlin je 30 M. — N. N. in Merseburg 
50 M. — Dr. Esser-Göttingen und König-Berlin je 100 M. — 
Fabrikdirector Brandt-Hannover 300 M. 

Vom Verein Anhaitischer Tbierärzte 60 M. — Vom Verein 
pfälzischer Thierärzte 75 M. — Von den Rossärzten des Leib- 
Kürassier - Regiments Grosser Kurfürst 15 M. — Von den Ross- 
ärzten des 2. Garde Ulanen-Regiments 30 M. 

Gesammtsumme I 040,50 Mark. 

Abrechnung. 

Betrag der ersten Quittung*) (vgl. B. T. W. No. 29) 3 687 M. 
Betrag der zweiten Quittung**) (vgl. B. T. W. No. 36) 4 337 ,, 

Betrag der dritten Quittung. 1040,50 „ 

9 064,50 H. 

Ausserdem wurden von den Lehrercollegien zu Berlin, 

Dresden, Hannover und Stuttgart dem Fond übermittelt 2 070 M. 

Desgl. von einem ungenannten Geber. . . . . 100 „ 

_ Summe 11234,50 M. 

*) Der Betrag der ersten Quittung ermässigt sich um 20 M., 
weil zwei Geber, welche zusammen 20 M. eingesandt hatten, irr- 
tbümlich mit je 20 M. angeführt sind. 

**) Der Betrag der zweiten Quittung ist 4387 M. statt 4269 M. 
(Die zweite Rubrik umfasst 890, die dritte 159 M.; beide waren un¬ 
richtig zusammengezählt). Ausserdem musB es dort heissen Hill¬ 
mann- Beuthen 10 M., Anders- Beuthen 6 M. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LaOOQie 







20. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Die ansehnliche Summe, welche dem anfangB mitgetheilten 
Zweck der Sammlung gemäss Eigenthnm der hinterlassenen 
Waisen des Professor Eber sein soll, wird für dieselben unter 
Verwaltung des Vormundes, Herrn Docenten Geiss in Hannover, 
angelegt werden. Zu dem jährlichen Zinserträge treten, wie hier 
mitgetheilt werden darf, noch 200 M. hinzu, welche die „Alten 


Herren“ der Vereinigung Unitas alljährlich beizusteuern be¬ 
schlossen haben. In Jena, der ehemaligen Wirkungsstätte des 
Verstorbenen sind ca. 2000 M. aufgebracht worden. Für die 
ausserordentliche Betätigung der Wohlthätigkeit, welche sich 
in dem Ergebniss unseres Aufrufes darstellt, gebührt allen Gebern 
der herzlichste Dank. Fröliner. Schmaltz. Ostertag. 


öeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinftrbeamte.) 

Seuchenstatistik and Veterinärpolizei, 


Verbreitung der Maul- und 
Klauenseuche In Preussen 


im September 1898. ^ 



* öTumbinnsr! 


Danzig 


Marienwerdbr 


Königsberg 



unter 

an 

*+-10 

wm 

1 1 

& 

%m. 

n 

5 § 

i < 

§ 5 

SS 

50- 7 6 


75- /00 


100-150 

Ä 

150-200 

'//J 

über 200 



Die Verbreitung derNaul- u. Klauenseuche In Preussen. EndeSeptember 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen Gemeinden 
(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Gumbinnen. 

1 

1 

0,25 

Marienwerder. 

2 

9 

3,97 

Potsdam. 

2 

2 

0,77 

Stettin. 

1 

1 

0,53 

Stralsund. 

2 

2 

2,24 

Posen. 

10 

41 

1,24 

Bromberg. 

6 

13 

5,84 

Breslau .. 

5 

11 

2,89 

Magdeburg ...... 

7 

19 

13,19 

Merseburg. 

2 

2 

0,86 

Münster. 

3 

8 

29,85 

Minden. 

1 

1 

1,96 

Arnsberg . 

1 

1 

1,17 

Cassel. 

5 

8 

4,78 

Wiesbaden. 

5 

13 

13,88 

Coblenz. 

11 

85 

81,33 

Düsseldorf. 

5 

7 

16,27 

Cöln. 

7 

36 

130,74 

Trier. 

8 

59 

52,35 

Aachen . 

10 

67 

171,79 


Summa | 


/ x o P p.>„ r 75. loo 

100-150 

Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender ^ 
Scala) an.wie viel pro mille dervorhandenen ^oo 

Gemeinden verseucht waren. 


Naohwelsuag über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 30. September 1898. 

Es waren am 30. September in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucLt: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (2). 
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt 1 (1). 
R.-B. Stettin 1 (2). R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 4 (5). R.-B. 
Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. 
Düsseldorf 1 (1) R.-B. Trier 2 (4). Bayern: R.-B. Schwaben 
1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2). Kreishauptm. 
Leipzig 1 (2). Württemberg: Jagstkreis2 (2). Donaukreis 1 (2). 
Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 13 (31). R.-B. Niederbayern 3 (4). 
R.-B. Pfalz 2 (4). R.-B. Oberpfalz 10 (52). R.-B. Oberfranken 3 (4). 
R.-B. Mittelfranken 10 (25). R.-B. Unterfranken 12 (23). R.-B. 
Schwaben 12 (66). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 
Württemberg: Neckarkreis 8 (14). Schwarzwaldkreis 7 (17). 
Jagstkreis 10 (33). Donaukreis 7 (12). Baden: Landescomm. 
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 2 (4). Landescomm. Karls¬ 
ruhe 2 (3). Landescomm. Mannheim 3(3). Hessen: Provinz Mecklen¬ 
burg 1 (1). Provinz Rheinhessen 4 (11). Mecklenburg- 


Digitized by LjOOQie 





















































504 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 42. 


Schwerin: 3 (8). Sachsen-Weimar 2 (4). Oldenburg: R.-B. Posen 2 (5). R.-B. Magdeburg 1 (2). Sachsen: Kreis- 
Herzogth. Oldenburg 2 (4). Fürstenth. Birkenfeld 1 (4). Braun- hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishanptm. Zwickau 1 (1). 
schweig: 2 (4). Sachsen-Meiningen: 2 (4). Sachsen-Coburg- j D von Schweineseuche (einschl. Schweinepest): 
Gotha: Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt: 1 (1). Waldeck 2 (6). j Prenssen: R.-B. Frankfurt 2 (3). R.-B. Posen 5 (19). R.-B. 
Schaumburg-Lippe: 1(1).Bremen: 1(3). Elsass-Lotbringon: ■ ßromberg 1 (6). R.-B. Breslau 1 (2). R.-B. Liegnitz 1 (1). R-B. 
Bezirk Ober-Elsass 1 (8). Bezirk Lothringen 1 (5). I Magdeburg 1 (1). R.-B. Schleswig 2 (2). R.-B. Cassel 1 (l).R.-B. 

C. von Lungenseuche: I Coblenz 1 (1). R.-B. Aachen 1 (l). Baden: Landescomm. Karls- 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). I ruhe 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 2 (2). 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Neue Eingfinge. (Besprechung Vorbehalten.) 

1. Prof. Dr. Eilenberger, Prof. Dr. Baum und Maler Hermann 
Dlttrich. Handbuch der Anatomie der Thiere für Künstler. Liefe¬ 
rung I und II. Leipzig, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung von 
Theodor Weicher. 1898. 

2. Lelserlng’t Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen 
Hausthiere; unter Mitwirkung von Prof. Dr. Baum-Dresden 
in erweiterter Form neu herausgegeben von Dr. med. et phil. 
W. Ellenberger. 3. Auflage; Lieferung 4 und 5. Verlag von 
B. G. Teubner in Leipzig. 

3. L Hoffmann, Professor für Thierzucht, Exterieur etc. an 
der Kgl. thierärztlichen Hochschule in Stuttgart: Allgemeine 
Thierzucht, ein Lehr- und Handbuch für Studirende und Praktiker. 
Stuttgart. Verlag von Eugen Ulmer 1898. 

4. E. Nooard & Leciainche: Les maladies microbiennes des 
animaux. Deuxieme Edition. Paris, Masson et Cie. Editeurs. 1898. 

5. Dr. med. Oscar Schwarz, Director des städtischen Schlacht- 
und Viehhofes in Stolp i. P.: Ban, Einrichtung und Betrieb 
öffentlicher Schlacht- und Viehhöfe. Ein Handbuch für Sanitäts¬ 
und Verwaltungsbeamte. Zweite, nmgearbeitete und bedeutend 
vermehrte Auflage. Berlin, Verlag von Julius Springer. 1898. 

6. Dr. med. Eugen Fröhner, Professor und Dirigent der chirurgi¬ 
schen Klinik an der Königl. Thierärztl. Hochschule in Berlin: 
Compendium der speciellen Chirurgie für Thierärzte. Stuttgart, 
Verlag von Ferdinand Enke. 1898. 

7. Statistischer Veterinär-Sanitäts-Bericht über die prenssische 
Armee für das Rapportjahr 1897. Berlin, E. S. Mittler u. 
Sohn. 1898. 

8. Thiele: Gebranchshnndzüchtung und Thierznchtlehre, ein 
Beitrag zur Lösung der Gebranchshundfrage aus „Jagdlichen und 
kynologischen Zeit- und Streitfragen (Deutsche Jägerzeitung). 
Neudamm, Verlag von J. Neu mann 1898. 

9. Veterinärkalender 1899, herausgegeben von Oberrossarzt 
König, Berlin, Verlag von August Hirschwald. 1899. 

10. Colberg, Director des städt. Schlacht- und Viehhofs Magde¬ 
burg: Verwaltungsbericht über den städtischen Schlacht- und 
Viehhof zu Magdeburg für das Rechnungsjahr 1897/98. 

11. Mittheilungen über „Mors, Regenerativ-Milcherhitzer“ (von 
W. Lefeldt & Lentsch, Ingenieure in Schöningen) ans den 
„Mittheilungen der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft“ Stück 2, 
1898, und ans der „Deutschen Milchwirthschaftlichen Zeitung“ 
No. 6, 1898. 


Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Schlachthofdirector 
V ö I k e 1 -Elbing für den Kreis Wehlau, Schlachthausthiorarzt 
Vömel -Langelsheim für den Kreis Daun. 

Versetzt: Kreisthierarzt Kubaschewski - Angerburg nach 
Insterburg. 

Gewählt: Tbierarzt K. Z o b e 1 - Dresden zum Schlachthof¬ 
thierarzt in Breslau, Thierarzt Jochim- Springe a. Deister zum 
Sanitätsthierarzt für die Gemeinde Eickel, Thierarzt Wisnefsky- 
Berlin zum Schlachthof-Inspektor in Wismar (Mecklbg.). 

Wohnsltzverftnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Tbier- 


i arzt L a n ko w-Misdroy nach Friesack (Mark), Thierarzt Becker- 
! Gnesen nach Pakosch, Thierarzt Theod. Rund- Hannover nach 
Pegau bei Leipzig, Thierarzt W. Müller- Glatz nach Breslau als 
Einj.-Freiw. im Train-Bat. No. 6, Thierarzt Luch hau nach Berlin 
als Einj.-Freiw. im II. Garde-Ul-Rgt — Thierarzt R. Holtgreve 
hat sich in Schönberg (.Mecklbg.), Thierarzt L. Beye in Wittingen 
(Hann. — nicht Willingen) — niedergelassen. 

In der Armee: v. Woikowsky-Biedau Rittmeister und 
! Eskadronchef im Drag.-Rgt No. 12 zum Vorstand der Militär-Lehr- 
I schmiede in Berlin ernannt. — 

Versetzt: Rossarzt Fritze vom Ul.-Rgt. No. 11 zum Drag.- 
Rgt. No. 11, Rossarzt Dr. G o 1 d b e c k vom Drag.-Rgt. No. 5 zum 
Ul.-Rgt. No. 11, Unterrossarzt R e h m vom Carab.-Rgt. zum Art.-Rgt. 
No. 12. — Oberroesarzt Kunze vom Drag.-Rgt. No. 16 mit Pension 
in den Ruhestand versetzt. 

Todesfälle: Dr. E. Geisel er, Professor der Chemie an der 
thierärztlichen Hochschule in Dresden. 


Yacanzen. 

Krelsthierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Coblenz: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
650 M.) Bew. an Reg.-Präs. — R.-B. Frankfurt: Oststernberg 
mit Wohnsitz in Zielenzig. Bew. bis 5. Nov. an den Reg.-Präs. — 
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präs. 
— R.-B. Königsberg: Königsberg,Land. — R.-B. Oppeln: Kose* 
Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. D ü s s e 1 d o r f: Cleve.— R.-B. Lieg nitz: Frey¬ 
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitfitsthlsrarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elbing: Schlachthofdirector (3000—4600 M., freie Wohnung und 
Heizung. Privatpraxis ausgeschlossen. Examen als beamteter 
Thierarzt.). Bew. bis 29. October an Magistrat. — Nürnberg: 
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte (2400 M., Privatpraxis nicht ge¬ 
stattet). Bew. bis 10. Nov. an Magistrat — Zeitz: Schlachthof¬ 
director (2400—3000 M., 350 M. Wohnungszuschuss). Bew. sofort 
an Magistrat. 

Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra; 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfur t — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit- 
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar- 
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt Bew. an Magistrat. - 
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein): 
Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: 
Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderatb. — Geringswalde: 
Tbierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierant 
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Tbierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Tbierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an M^tgistrat. — Massow 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.) 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Tbierarzt (Einnahme aui 
Fleischbeschau 500 Mark). — Naunhof (b. Leipzig): Tbierarzt 
(Zuschuss 200 M. u. Uebertragung der Fleischschau). Bew. umgebend 
an Bürgermeister Igel. — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬ 
marschacht (Elbe).— Plathe (Pom.): Thierarzt (Einnahme aua 
Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen¬ 
burg-Schwerin): Tbierarzt — Schlawa i. Schien.: Thierarzt Aua- 
kunft durch Magistrat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme 
aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön- 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt Näheres durch Gutsbes. 
Pennerin Freienhaben bei Schönbaum. — Sc hönfliess (Neu¬ 
mark) : Näheres Thierarzt Kühn - Joachimsthal. — Stoppenberg 
(bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürgermeister. 

Besetzt : Privatstelle Eickel. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. lnneraten-.Iioil) Prof. Dr. Schmallz in Berlin. — Vorlau und Eiecnthum von Richard Schooti In Berlin. — Druck von W. BOxenrtein. Berlin- 


Digitized by LjOOQie 






Ein Beitrag ZU den Hirntumoren, das rechte Carpalgelenk nieder und behält diese abnorme Stellung 

von fünf Minuten lang bei. Alsdann springt sie mit einem grossen 

Dr. Peter-Angermünde. Satz empor und sucht wiederum vorwärts zukommen, wobei sich 

Am 11. Augost d. J. consultirte mich der hiesige Schlächter- dieselben Locomotionsstörungen wie vorher einstellen, 

meister F. zwecks Begutachtung einer zum Schlachten angekauften Während der Gehversuche vermehren sich Puls und Athmung 
Färse. Dieselbe entstammte aus einer Kreuzung der holländi- bei der Färse erheblich; beide Functionen gehen jedoch in der 
sehen Zucht mit deutschem Landschlag und war etwa 18 Monate alt. Buhe schnell wieder auf die Norm zurück. Eine Störung im 

Vorberichtlich wurde mitgetheilt, dass das Rind seit einigen Allgemeinbefinden lässt sich ausser den Abweichungen in der 

Wochen beim Gehen Bewegungen zeige, welche bei „drehkranken“ sensoriellen Sphäre objectiv nicht nachweisen. 

Schafen beobachtet werden. Das Fulter habe die Kuh seit dem Aus der Gesammtheit der Erscheinungen ist zu schliessen, 

Auftreten der auffallenden Erscheinung nicht versagt, überhaupt dass die Färse an einer chronischen Veränderung (Tumor?) 

habe die ganze Verdauung keinerlei Störung erlitten. im Gehirn leidet, deren Sitz mit Rücksicht auf die im 

Zunächst wurde die Färse im Stalle untersucht, in welchem Sjmptomenbilde vorherrschende Willkürbewegung im 

dieselbe frei umhergehen kann. Kreise nach rechts in der linken Hirnhälfte zu suchen 

Der Nährzustand ist verhältnissmässig gut, das Deckhaar ist. Da das Krankheitsbild viel Aehnlichkeit mit den Er¬ 
glänzend und die Haut elastisch. Erscheinungen einer fieber- scheinungen der Drehkrankheit der Schafe hat, entstand die nahe¬ 
haften Krankheit sind nicht vorhanden. Die Färse zeigt rege liegende Vermuthung, dass sich hier die Larve der Taenia 

Fresslust, sie frisst wahrend der Beobachtung Rauffutter mit Coenurus einmal eine Kuh zum Wirth ausgesucht habe, ein Fall, 

einer gewissen Gier. Die Kanbewegnngen sind normal, der der mehrfach beobachtet worden ist. 

Schluckact erfolgt leicht. Sich selbst überlassen bleibt die Färse Die Färse wurde nach beendeter Untersuchung durch den 

mit tief gegen den Boden gesenktem Kopfe minutenlang auf der- Schächtschnitt getödtet und am 12. August obducirt. Zunächst 

selben Stelle steheo. Das Auge erscheint stier und unbeweglich, wurde das Gehirn exenterirt: Schädelknochen und Hirnhäute 

ohne Ausdruck. Wird dieselbe angetrieben, so erfolgt die Fort- zeigen keine krankhaften Veränderungen. Das Grosshirn hat 

bewegung stets im Kreise nach rechts. Dabei wird der Kopf eine normale Form und Beschaffenheit. Die Seitenventrikel ent- 

emporgehoben und in schiefer Haltung getragen, die Nase ist halten eine geringe Menge klarer schwach gelblicher Flüssigkeit, 

nach oben und links gerichtet. Nähert sich jemand der Färse Der linksseitige Sehhügel und die linke Hälfte des untern Vier- 

und sucht dieselbe am Kopfe auB dem Stalle ins Freie zu führen, hügelpaares springen bedeutend stärker hervor als die ent- 

80 verfällt dieselbe in einen hochgradigen Erregungszustand und sprechenden rechtsseitigen Abschnitte des Mittelhirns. Die rechte 

drängt rechtsseitig gegen die Mauer. Auch der freiwillige Ver- Vierhügelabtheilung wird durch die Anschwellung der linken 

such der Färse, den Stall durch die offenstehende Thür zu ver- Hälfte zur Seite gedrängt. Ein Längsschnitt durch die linke 

lassen, gelingt nur mit Unterstützung von Personen, denn sie Seite des Mittelhirns parallel zur Medianebene legt folgende Ver¬ 
bleibt mit der rechten Schulter am Thürpfosten haften, stützt sich änderungen frei: In der Substanz des linken Sehhügels und des 

mit unmotivirtem Kraftaufwand gegen denselben und kann nur linken Vierhügelabschnittes sitzt ein ziemlich scharf begrenzter 

mit grosser Mühe aus dieser Lage befreit werden. Im Hofe Tumor von dem Umfang eines Markstückes. Derselbe hat eine 

streift die Färse mit der rechten Körperseite an der Stallmauer wellige Peripherie, die von einer Art Kapsel aus weicher Glia- 

entlang und weicht den dortstehenden Gegenständen (Fässern, Substanz von 1 mm Dicke bekleidet wird. Auf dem Durchschnitt 

Stallutensilien) nicht aus, sondern wirft alles um, was im Wege zeigt das Gewächs eine graue durchscheinende Grund Substanz, in 

steht. Bei der Bewegung knickt das rechte Fesselgelenk mehr- die viele grieskorngrosse weissgelbe Körnchen eingebettet sind, 

fach nach vorn über, so dass die dorsale Fläche der Phalangen Der Geschwulstdurchschnitt hat hiernach makroskopisch etwa das 

den Boden berührt. Nach einigen Schritten sinkt die Färse auf Auesehen der gewöhnlichen Kaliseife (Schmierseife), in welcher 


Digitized by LjOOQie 







506 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHEN SCHRIFT. 


No. 43. 


häutig körnchenartige Elemente vertheilt sind. Gefässbildung ist 
in der Geschwulstmasse nicht Dachzuweisen. Die Consistenz der¬ 
selben ist etwas derber als die des Gehirns, jedoch so weich, das 
die Körnchen mit einer feinen Pincette aus der Grundsubstanz 
herausgerissen werden können. Dieselben lassen sich zwischen 
Objectträger und Deckgläschen zerdrücken, wobei ein sandartiges 
Knirschen empfunden wird. 

Bei mikroskopischer Betrachtung mit starker Vergrösserung 
(Zeiss. Oc. 3, Obj. 7) sind besondere Structurverhältnisse an den 
zerdrückten Körnchen nicht bemerkbar. Die anhaftende Grund¬ 
substanz besteht ans kleinen Rundzellen mit feiner Granulirung 
und ein bis mehreren Kernen. Zwischen den Rundzellenhaufen 
kommen bei der Durchmusterung mehrerer ans der grauen, durch¬ 
scheinenden Geschwulstmasse gefertigter Quetscbpräparate ganz 
selten zarte Faserzüge zur Beobachtung, welche das Vorhanden¬ 
sein einer Zwischensubstanz andeuten dürften. 

Mit Hülfe des platten Endes eines Skalpellstieles gelingt es 
leicht, die durch den Sagittalschnitt entstandenen beiden Ge- 
schwulsttheile von der umgebenden Gehirnmasse abzulösen und 
zu isoliren. Hierbei zeigt es sich, dass der Tumor bis an den 
Boden des zweiten Hirnventrikels reicht, medialwärts greift der¬ 
selbe zwar nicht auf die rechte Vierbügelpartie über, verdrängt 
dieselbe aber, wie erwähnt, ein wenig in Folge seiner Ausdehnung. 
Die Oberfläche der Neubildung ist uneben. Erhöhungen wechseln 
mit Vertiefungen, wodurch dieselbe von Aussen ein gelapptes 
Ansehen erhält Auch an der Oberfläche sind die groben Be- 
standtheile der Geschwulst gleich, wie auf dem Durchschnitt zu 
erkennen ist. Das Gewicht derselben beträgt 5 g. 

Wird der ganze Befund kurz zusammengefasst, so ergiebt 
sich nachstehende Charakteristik von der Geschwulst: Wallnuss¬ 
grosser, 5 g schwerer, begrenzter, gefässarmer Tumor 
von weicher Consistenz mit grobhöckeriger Oberfläche 
auf der linken Seite des Mittelhirns im Bereich der 
Vier- und Sehhügel. Bei Betrachtung ohne optische 
Hilfsmittel zeigt derselbe in seiner ganzen Ausdehnung 
eine graue durchscheinende Grundsubstanz, in welcher 
sehr viele gleichmässig vertheilte grieskorngrosse 
Kalkkörner liegen. Die Grundsubstanz besteht mikro. 
skopisch aus kleinen feingranulirten kernhaltigen 
Rundzellen und einem sehr spärlichen Zwischen¬ 
gewebe. 

Die Cla8sificirung des Tnmors bietet wegen der heterogenen 
Zusammensetzung Schwierigkeiten. Das Vorwiegen der rund¬ 
zeiligen Elemente und Znrücktreten der Zwischensubstanz docu- 
mentiren seine Verwandtschaft mit den Sarkomen. Eine Be¬ 
sonderheit und ein seltenes Vorkommniss dürften die zahlreichen 
verkalkten kleinen Herde in der Geschwulst sein. 

Das Kleinhirn und verlängerte Mark sind von normaler Be¬ 
schaffenheit. 

An den Organen der Brust- und Bauchhöhle waren Ver¬ 
änderungen frischer Natur nicht wahrzunehmen. Dagegen fanden 
sich an den Bronchialdrüsen und an der Pleura pulmonalis gering¬ 
fügige ältere tuberculöse Erkrankungen, welche das Allgemein¬ 
befinden der Färse im Leben nicht beeinträchtigen konnten. Das 
Auffinden tuberculöser Läsionen in der Brusthöhle gab den Anlass, 
einige Ausstriche aus dem Tumorsafte anzufertigen und nach den 
üblichen Methoden auf Tuberkelbacillen zu untersuchen. Das 
Resultat war negativ. 

* * 

* 

Das Vorokmmen von Hirntumoren ist bei den Hausthieren 
verhältDissmä8sig selten beschrieben. Speciell ist über Seh- und 
Vierhügeltumoren und Jiber die Krankheitserscheinungen, die von 
ihnen ausgehen, wenig bekannt. 


Das Krankheitsbild bestand im vorstehenden Falle im 
Wesentlichen in Zwangsbewegungen. Diese Bewegungs¬ 
störungen sind im allgemeinen auf eine Erkrankung des Mittel¬ 
hirns zurückzuführen, doch kommen sie bei Veränderungen im 
Kleinhirn auch vor. Bei den Vierhügeltumoren des Menschen 
wird hauptsächlich Ophthalmoplegie beobachtet, weil der 
Oculomotoriuskern, der seinen Sitz in den Vierhügeln hat, durch 
die Entwickelung einer Geschwulst in diesen Theilen Ver¬ 
änderungen erleidet oder zerstört wird. Es ist anzunehmen, dass 
auch bei der Färse Augenmuskellähmung bestanden hat, obwohl 
ich diesen Zustand bei der Untersuchung nicht festgestellt habe. 
Die Neubildung hatte in der linken Vierhügelabtheilung ihre 
grösste Ausdehnung und dürfte daher auch das Oculomotorius- 
ganglion nicht verschont haben. 

Wäre hiernach durch die Untersuchung neben den Störungen 
in der Ortsbewegung eine Lähmung der Augenmuskeln er¬ 
mittelt worden, so hätte die klinische Diagnose nicht „Hirntumor“, 
sondern specieller „Vierhügeltumor“ lauten müssen. 


Bericht Uber die 

70. Versammlung Deutscher Naturforscher undAerzte 
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898. 

(Fortsetzung). 

In der am Vormittag des 23. September abgehaltenen zweiten 
allgemeinen Sitzung hielt zunächst Prof. Dr. Martins-Rostock 
einen ausserordentlich interessanten Vortrag über „Krankheits¬ 
ursachen und Krankheitsanlagen“. Einleitend erklärte der¬ 
selbe, dass die wissenschaftliche Medicin von jeher bestrebt 
gewesen sei, sich von dem einseitigen naiv ätiologischen 
Denken frei zu machen. Im Begriff der Ursache liegt es, dass 
die Wirkung mit Nothwendigkeit eintritt, aber nur für sehr 
wenige Krankheiten sind wir im Stande, eine einzelne Ein¬ 
wirkung als diejenige zu bezeichnen, die jene mit Nothwendigkeit 
erzeugt. Was wir von den ursächlichen Verhältnissen der 
inneren Krankheiten wissen, bezieht sich grösstentheils nicht 
auf Ursachen in streng logischem Sinne dieses Wortes, sondern 
auf Verhältnisse, unter deren Einfluss bisweilen häufiger, 
bisweilen seltener Krankheiten zum Ausbruch kommen. 
Dieser Widerspruch zwischen den Forderungen der Logik und 
der täglichen Erfahrung, dass ein bestimmtes äusseres Agens, 
z. B. ein Gift, scheinbar willkürlich das eine Mal eine Krank¬ 
heit „verursacht“, das andere Mal aber nicht, war bis zum Ein¬ 
greifen der Bacteriologie unüberbrückt. Durch den exacten 
Nachweis des längst geahnten Contagium vivum als Krankheits¬ 
ursache schien zum ersten Male, wenigstens auf dem Gebiete 
der Infectionskrankheiten, der alte Gegensatz zwischen der 
Forderung der Nothwendigkeit ursächlicher Verbindung und der 
so oft beobachteten Zufälligkeit der Krankheitsentstehung aus¬ 
geglichen. Jedes Individuum einer überhaupt empfänglichen Species 
erkrankte der neuen Lehre zufolge mit unfehlbarer Sicherheit jedes 
Mal dann, wenn dielnfection mit dem betreffenden pathogenen Mikro¬ 
organismus wirklich erfolgt war. Sonach erschienen die 
Letzteren als Alleinige und ausreichende Ursache der Krankheit, 
sie erzeugten dieselbe mit Nothwendigkeit. Die ungeheure Be¬ 
deutung, die diese durch das Thierexperiment gewonnenen That- 
sachen erlangten, lag in ihrer Uebertragung auf die menschliche 
Pathologie. Waren die bei dem Versuchsthiere gewonnenen 
Resultate ohne Weiteres auf den Menschen übertragbar, so 
musste jede natürliche Infection eines Menschen mit einem 
specifischen Krankheitserreger die typische Krankheit zur Folge 
haben. Dies dem rein ätiologischen Denken als selbstv- rständ- 
lieh erscheinende Aunahme hat sich als falsch erwiesen. Nach 


Digitized by LaOOQie 






27. October 1898. 


BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


507 


Rnmpf befanden sich unter 60 Fällen, bei welchen in der ! 
Choleraepidemie in Hamburg im December und Januar 1892/93 
Commabacillen gefunden wurden, nicht weniger als 19 Per¬ 
sonen, bei welchen Störungen des Allgemeinbefindens 
fehlten oder kaum vorhanden waren; sechs Fälle, welche 
längere Zeit unter Beobachtung standen, hatten Comma¬ 
bacillen nebst festem Stuhl und zeigten überhaupt keinerlei 
Krankheitserscheinungen. Bei der Diphtherie und selbst bei der 
Tuberculose liegen die Verhältnisse ähnlich. Der Fehler, der 
zu der vorbezeichneten falschen Annahme führte, liegt in der 
Deutung der Thatsachen, dass die pathogene Beziehung zwischen 
Mensch und Krankheitserreger ausschliesslich von der Natur des 
Letzteren abhänge, während der Mensch nur indifferenter Nähr¬ 
boden sei. Die Thatsachen beweisen zunächst, dass Infection 
und Erkrankung keineswegs sich deckende Begriffe sind. Freilich 
giebt es keine Infectionskrankheit ohne Infection, aber nicht jede 
Infection ist von einer Erkrankung gefolgt. Das beste Beispiel 
hierfür liefert die Tubercnlose. Würde der Tuberkelbacillus, auf 
andere Individuen übertragen, stets Tuberculose liervorrufen, 
so wäre es um die Menschheit schlecht bestellt. Aber glück¬ 
licher Weise gehört zum Ausbruch der Krankheit nach erfolgter 
Ansteckung noch etwas Anderes, nämlich, dass das inficirte 
Individuum auch erkrankungsfähig ist. Nur die grundsätzliche 
Vernachlässigung dieses zweiten Etwas hat zu der einseitigen 
Gestaltung des Begriffes „pathogen“ geführt. Von pathogenen 
Bacterien schlechthin zu reden, ist nach M.’s Ansicht irrig. Es 
gehört dazu immer der Nachweis, für wen und unter welchen 
Umständen sie krankheitserregend sind. Der Fehler der 

orthodoxen Bacteriologie bestand darin, dass sie von vornherein 
das den Vorgang bestimmende Moment einseitig in der be¬ 
sonderen Natur des lebenden Erregers sah. Thatsächlich ist 
umgekehrt in vielen Fällen die Reaction des lebenden Gewebes 
auf den krankmachenden Reiz das eigentlich Specifische des 
Vorganges. 

In der Folge erörterte Martins eingehend den Begriff der 
Disposition, unter welcher er eine veränderliche Grösse versteht, 
die das Wechselverhältniss zwischen der Constitutionskraft des 
Menschen und der auslösenden Energie eines bestimmten Krank¬ 
heitserregers darstellt. Die Auffassung, die das ursächliche Ver¬ 


hältnis zwischen Krankheitsanlage und Krankheitsauslösung bei 
den Infectionskrankheiten erklärt, beschränkt sich nun aber nicht 
nur auf diese, sie stellt vielmehr ein allgemeines Princip dar, 
das die Pathogenese innerer Krankheiten überhaupt beherrscht. 
Nachdem Redner diesen Gedanken an Beispielen näher erörtert 
hat, schliesst er mit der Aufforderung, dass jetzt, wo der Staat 
mit seinen gewaltigen Machtmitteln die grosse Culturaufgahe der 
Krankheitsbekämpfung und Seuchenverhütung in die Hand nimmt, 
nicht einseitig das Studium der Krankheitsursachen, sondern 
ebenso die Erforschung und Bekämpfung der Krankheitsanlage 
wissenschaftliche und praktische Berücksichtigung zu finden habe. 

Weiter sprachen in dieser Sitzung Prof, van t’Hoff-Berlin 
über die zunehmende Bedeutung der anorganischen 
Chemie und Dr. Mendelsohn-Berlin über die Stellung der 
Krankenpflege in der wissenschaftlichen Therapie. 

Die Section 35 — Veterinär-Medicin — hielt ihre constitui- 
rende Sitzung am 19. September, 3 Uhr Nachmittags, unter dem 
Vorsitze des stellvertretenden Einführenden Departementsthierarzt 
Schmidt-Düsseldorf, ab. 

Am 20. September, Vormittags 9 Uhr, tagte diese Section 
zusammen mit der Section für gerichtliche Medicin im Saale 
der Kunstgewerbehalle. Hier erläuterte Dr. v. Oefelde - Neuen¬ 
ahr den Veterinär- Papyrus von Kahun. Redner hob in der 
Einleitung zu seinen Ausführungen hervor, dass die Papyrifunde 
iu Aegypten ausserordentlich zahlreich sind. Zu den ältesten 
derartigen Schriftstücken gehören die medicinischen Papyri von 
Kahun. Die Entstehung derselben fällt in die Zeit der 12. und 
13. Dynastie, da während der ersteren Kahun erbaut und während 
der letztem zerstört worden ist. Unter den medicinischen 
Papyri8 von Kahun stellt der Veterinär - Papyrus insofern ein 
UnicHm dar, als in demselben noch die damals nicht mehr all¬ 
gemein üblichen hiroglyphischen Schriftzeichen gebraucht werden 
und derselbe gegen jede der zur Entstehungszeit geltenden 
Regeln von rechts nach links geschrieben ist. Der Papyrus ist 
von einem englischen Aegyptologen gefunden und von Dr. 
Criqvitz zunächst beschrieben worden. Derselbe enthält in der 
Hauptsache Anweisungen für die operative Behandlung von 
Rinderkrankheiten. Daneben ist in dem Veterinär-Papyrus auch 
von der Behandlung der Krankheiten anderer Thiere (Vögel, 


r^vG V' 

r • 0 

C\ ^ 

$ f 


; f 

1 3 

nr 

C 1 ! 

QJ; 

Ski 

_11 

£ 1 

K' 

ri 


Ui 

V .>■ 

nir-i 

i 

4- 

’J» £ 

’G- 

>| 

P l 
• ill 

! i ^ G j 

BÄ L'* 

1 V 

v 4 



56 27 28 


rsc 

> ! K 

rr 


* 

m 


in i 

vA 

k 

. l ■ 




vb 


k 

-3t_ 

_32L 



Digitized by 


Google 




508 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


Fische) die Rede. Wir beschränken uns an dieser Stelle darauf, 
die Schriftzeichen des Papyrus nach einer Photographie des 
Dr. v. Oefele wiederzugeben, da Letzterer zusammen mit dem 
Thierarzt Frisch das altägyptische Schriftstück einer eingehenden 
Bearbeitung zu unterziehen gedenkt Erwähnt sei hier jedoch 
Bchon, dass die Deutungen, welche von Oefele dem Veterinär- 
Papyrus giebt, in vieler Beziehung von den Crievitz’schen ab- 
weicben. Die sich an den Vortrag anschliessende Discussion war 
sehr lebhaft. An derselben betheiligten sich von den Theil- 
nehmern der 35. Section Braselmann, Frisch, Imminger 
und Lothes. (Fortsetzung folgt). 


Kleine Mittheilungen. 

Chronisches Erbreohen bei einer Kuh. 

Von Thierarzt W. Ehlers-Soltau (Hannover). 

Die betreffende Kuh war seit fünf Monaten im Besitz des 
Hofbesitzers B. Dieselbe erbrach laut Krankenbericht seit sechs 
Wochen nach jeder Mahlzeit, namentlich nach Heufütterung, 
Schleim und Wasser; nur bisweilen soll dies einen Tag aussetzen. 
Der Appetit soll normal, der Milchertrag gering sein. 

Bei der Untersuchung zeigte sich die Kuh fieberfrei, munter 
und bei bestem Appetit. Sie verzehrte ein gehöriges Quantum 
Heu. Eine halbe Stunde nachher wurde sie unruhig, trat hin 
und her, hob plötzlich den Kopf und erbrach einen Strahl grünen 
Schleimes, welcher geruchlos war und keine Futterstoffe enthält 
Der ganze Lehmfussboden unter der Kuh war mit erbrochenem 
Material durchtränkt. Nach Verabreichung von Getränk erbrach 
die Kuh nicht. Sie war abgemagert, im Leibe eingefallen und 
gab wenig Milch. Eine Behandlung wurde zunächst mit Alkalien 
vergeblich versucht Als darauf 14 Tage lang Salzsäure-Gaben 
verabreicht wurden, verschwand das Erbrecheu dauernd; Nähr¬ 
zustand und Milchsecretion besserten sich dementsprechend. 

Penislähmung als Nachkraokhelt bei Brustseuohe. 

Von Thierarzt Schulze-Burg. 

In No. 5 dieses Jahrganges der B. T. W. findet sich ein 
Referat über eine von Herrn Prof. Fröhner beobachtete 
Lähmung des Penis als Nachkrankheit der Brustseuche. Durch 
diese Beobachtung veranlasst, theile ich einen ähnlichen Fall mit. 

Bei einem mageren, ca. 12 Jahre alten Wallach war der 
Penis vorgefallen. Die Eichel war an verschiedenen Stellen wund 
gescheuert und bildete eine kegelförmige Geschwulst. Ueber der¬ 
selben machte sich eine Wnlst und darüber der geschwollene 
Schlauch bemerkbar. Harn wurde öfters willkürlich entleert. 

Das Pferd befand sich bei der Untersuchung in einem Hänge¬ 
gurt, weil es am Tage zuvor nicht allein hatte anfstehen können. 
Es war bei leidlichem Appetit. Die Exspirationsluft war aber 
übelriechend. Die Athemzüge, etwa 20 in der Minute, waren 
etwas angestrengt; die Untersuchung ergab eine Lungenentzündung. 
Am nächsten Tage starb das Pferd. Die Obduction ergab die 
Erscheinungen der Brustseuche. 

Es war also auch hier die Penislähmung im Gefolge der 
Brustseuche aufgetreten. Eine Schweiflähmung fand sich nicht, 
sondern nur starkes Schwanken in der Hinterhand. Leider hatte 
ich zur Zeit, als ich diesen Fall sah, jene Beobachtung von 
Fröhner noch nicht kennen gelernt; sonst würde ich das Rücken- 
nnd Lendenmark untersucht haben. 


Zur Abwehr. 

Von 

Prof. C. Hoffmanh-Stuttgart. 

In der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift No. 35, 1898, 
ist eine Mittheilung von Herrn Collegen Koch aus Borby 
folgenden Inhaltes: 


„Koch-Borby räth von der Hoffmann'sehen Methode 
der Castration ab, da er schlechte Erfahrungen damit gemacht, 
indem mehrere Thiere 3—1 Wochen nachher an Bauchfell¬ 
entzündung gestorben seien“.*) 

Ich halte es doch für nothwendig, ganz in Kürze Folgendes 
zur Kenntnis der werthen Herren Collegen zu bringen: 

Ich habe meine Castrationsinstrumente von dem Principe 
ausgehend construirt, durch dieselben nicht nur antiseptische, 
sondern aseptische Operation möglich zu machen, und um dies 
erreichen zu können, ist nach meiner Meinung nöthig, dass die 
ganze Operation derart durchgeftthrt werden kann, dass weder 
die Wunde, noch Testikel, noch der Samenstrang, überhaupt 
kein offen gelegter Theil mit der Hand berührt, „befingert“ 
werden muss. Und um absolute Sicherheit gegen Blutung zn 
haben, ist später noch das Torculum dazu gekommen. Die In¬ 
strumente liegen in einem Metallkasten, in dem sie gekocht und 
aseptisch gemacht werden können. 

Die Methode selbst, das „Abdrehen“, ist uralt Ich habe 
lange die Torsion mit der Hand und einziger Hilfe einer Zange, 
die den Samenstrang hielt, ausgeführt. Nach Bayer, Sand 
und nach amerikanischer Sitte wird sie noch so ausgeführt 
Schon R u e f f hat aber in den sechsziger Jahren auch eine Zange 
zum Abdrehen construirt, Möller hat eine solche construirt, 
Venerholm hat eine zum Abdrehen und eine zum Abreissen 
construirt. 

Ueberall sieht man das „Kluppen“ für veraltet an und zieht 
das „Abdrehen“ vor. 

Es würde sonderbar aussehen, wollte ich meine Instrumente 
besonders hervorheben; es ist mir ganz gleichgiltig, ob sie von 
Jemand oder von Niemand ausser mir gebraucht werden; auch 
finde ich, dass man mit anders constrnirten dieselben Bedingungen 
— Asepsis, Nichtbefingerung, Sicherheit gegen Blutung — erfüllen 
kann, ich für meine Person aber bin mit der Wirksamkeit meiner 
Instrumente zufrieden und, was ich anführen will, auch andere 
Collegen. Dass sich das Instrumentarium nicht von selbst diri- 
girt, das hat es mit anderen leblosen Dingen gemeinsam. Wie 
man aber aseptischen Instrumenten den Vorwurf machen kann, 
dass 3—4 Wochen nach der Operation durch die Instrumente 
Bauchfellentzündung nnd Tod eintreten soll, das ist mir denn doch 
unbegreiflich. Wenn der Herr College Koch die aseptischen 
Instrumente auf aseptischem Wege in die Bauchhöhle hinein¬ 
legt nnd sie 3 —i Wochen drinnen lässt auf geeignete Weise, so 
werden die Instrumente an sich auch noch keine Bauchfell¬ 
entzündung erzeugen und dass ebenfalls das Abdrehen an sich 
nicht Bauchfellentzündung erzeugt, das wird von sämmtlichen 
Collegen, welche auf diese Methode castriren, bestätigt. Wohin 
fallen somit die Vorwürfe? Auf die nicht sachgemässe Des- 
infection und nicht sachgemässe Anwendung, auf Fehler, welche 
der Herr College Koch begangen hat. 


Poudre Utärine de Roux. 

Von 

Stelnmeyer-Weissenfels, 

Thierara t. 

Im Aufträge des Herrn Collegen Roux in Grenoble erkläre 
ich hiermit, dass die in schweizer thierärztlichen Zeitschriften, in 
der Clinica Veterinaria und in No. 32 der Berliner Thierärzt¬ 
lichen Wochenschrift angegebene Zusammensetzung von Poudre 
Uterine de Roux (Semen Foeniculi, Secale cornutum, Semen 
Foeni graeci, Asa foetida) durchaus falsch ist. 

*) Bericht über die Generalversammlung des thierirztlichen Ver¬ 
eins von Schleswig, pg. 418. 


Digitized by 


Google 



27. October 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


509 


Pondre Uterine de Roux enthält nicht eins von diesen 
Arzneimitteln. 

Ich verwende Pondre Uterine de Roux seit mehr als einem 
Jahre in meiner Praxis, und zwar mit dem besten Erfolge. Ich 
habe durch innerliche Verabreichung dieses Mittels jede Nach¬ 
geburt bei Kühen, ohne die geringste Störung des Allgemein¬ 
befindens hervorzurufen, beseitigen können. 

In zwei Fällen war eine zweite Dosis (Inhalt einer Schachtel) 
nothwendig. Sämmtliche Kühe sind genesen. Mir ist nicht be¬ 
kannt geworden, dass auch nur bei einer der mit Pondre Uterine 
de Roux behandelten Kühe weisser FIubs, Gebärmutterwasser¬ 
sucht oder irgend ein anderes Leiden zurückgeblieben ist. 

Ich warte mit der Verordnung von Pondre Utörine de Roux 
beim Zurückbleiben der Nachgeburt bei Knhen, falls das All¬ 
gemeinbefinden nicht merklich gestört ist, bis zum fünften oder 
sechsten Tage. Innerhalb der nächsten fünf Tage controlire ich 
event. die sachgemässe Anwendung des Poudre Utdrine de Roux, 
untersuche die Kuh etc. Ich lasse den Inhalt einer Schachtel 
entweder in 5 Liter Apfelwein auflö6en oder, falls derselbe nicht 
zu haben ist, in 5 Liter Pfefferminz-Thee unter Zusatz von 
einem halben Liter guten Kornbranntwein. 

Besteht Fieber über 40 Grad, mangelnde Fresslust, so ver¬ 
ordne ich Poudre Uterine de Roux unmittelbar nach der Geburt. 

Ich habe bis jetzt von sämmtlichen Collegen und Vieh¬ 
besitzern nur lobende Aussagen über Poudre Uterine de Roux 
erhalten. 

Der für Deutschland eingeführte Preis von Poudre Utürine 
de Roux ist ein angemessener. Derselbe wird sich bei steigendem 
Verbrauch hoffentlich verringern. 

Professor Thomassen von der Veterinärschule in Utrecht 
schreibt Herrn Roux Folgendes: 

„Ich bin erfreut, Ihnen mittheilen zu können, dass Ihr Poudre 
Uterine in den zahlreichen Fällen, in denen ich es angewendet 
habe, sich sehr bewährt hat. Nach meiner Ueberzeugung ist 
dieses Mittel in der Rinderpraxis sehr zu empfehlen, und Sie 
können sich in Holland einen grossen Erfolg versprechen.“ 


Referate. 

Acute Lnngentnbercnlosis beim Pferd. 

Von H. Thompson M. R. C. V. S. 

(Vet Journal 1898, H. 277.) 

Ein achtjähriges schweres Lastpferd, welches sich bisher 
einer guten Gesundheit erfreut hatte, zeigte seit dem 17. April 
ein krankhaftes Verhalten, insbesondere eine angestrengte schnelle 
Athmung. Bei der Untersuchung am 20. Mai stellte Verf. nach¬ 
stehende Erscheinungen fest: P. 65, A. 40, T. 40,5° C., Augen¬ 
bindehaut schmutziggelb, Husten und Nasenausfluss waren nicht 
vorhanden, auch fehlten abnorme Lungengeräusche. Die arznei¬ 
liche Behandlung bestand in der Verabreichung von Ammonium¬ 
acetat, Kal. nitricum, bei fortschreitender Verschlimmerung wurden 
Arsenik, Jodeisen, schliesslich Chinin und 15 Tropfen Schwefel¬ 
säure drei Mal täglich gegeben. Das Pferd bekundete während 
der Krankheit eine rege Fressinst auf Gras, Hafer, Gerste und 
Kleie. Am 1. Juni stellte sich in der Brust lautes Rasseln ein, 
wie bei Bronchitis, die Temperatur stieg auf 41,1 0 C., die 
Athmung betrug 70 Züge in der Minute. Der Bauch schrumpfte 
bis auf Nichts zusammen. Das Pferd verendete unter zunehmender 
Athemnoth. 

Die Section ergab im Wesentlichen folgende Veränderungen: 
Lungen stark vergrössert und mit Ausnahme eines kleineren 
Abschnittes am oberen Rande dichter als normal. Pleura glatt 
und nicht verdickt. In den Brustfellsäcken eine kleine Menge 
seröser Flüssigkeit. Kleine Lungenstückchen sinken im Wasser 


nicht unter. Bronchialdrüsen enorm vergrössert und hart. Auf 
der Schnittfläche zeigt sich ein fibröses Gewebe, welches mit 
käsigen Herden und Kalkpartikelchen durchsetzt ist. Die 
Lungendurchschnitte haben ein Aussehen ähnlich dem bei der 
Broncho-Pneumonie, d. i. kleine grauweisse Punkte in einem 
scheinbar gesunden Lungengewebe zerstreut. Stellenweise sind 
durch Confluenz feste weisse Massen entstanden, welche vielfach 
verkäst sind. Ausserdem werden häufig Bronchialhöblen mit 
eiweissähnlichem, gelblichem Inhalt bemerkt. 

Director Williams, welchem Drüsen- und Lungenstückchen 
zur Untersuchung eingesandt wurden, hat in beiden Geweben 
Tuberkelbacillen nachgewiesen. 

Ausser den Lungen und den Brustlymphdrtisen sollen sämmt¬ 
liche Organe des Körpers normal gewesen sein. Es ist dagegen 
anzunehmen, dass in Folge des hohen, bei Lebzeiten feBtgestellten 
Fiebers trübe Schwellungen bezw. Entzündung der grossen Paren¬ 
chyme nicht gefehlt haben. 

Tetanus bei einer Knh naeh dem Kalben. 

Von Henry B. Eve, M. R. C. V. S. 

(Vet. Reoord 1898, II. 518.) 

Eine drei Jahre alte Shorthornkuh bekundete zwei Tage 
nach der Geburt eines todten Kalbes folgende Symptome: 
Aengstliches Verhalten, häufiges Zähneknirschen, gespreizte 
Stellung der Beine; der Kopf wird emporgehalten und der Hals 
gestreckt, die Nüstern sind erweitert, der Schwanz ist auf¬ 
gerichtet. Der Gang ist steif und das Wenden kann nur mit 
grosser Schwierigkeit vollführt werden. Die Kiefer können nur 
um ein Geringes von einander entfernt werden, die Hals- und 
Lendenmuskeln sind sehr hart. Beim Emporheben des Kopfes 
schiebt sich der Blinzknorpel über die Augäpfel hinweg. Der 
Darm ist verstopft. Die bei, Starrkrampf gewöhnlich vorhandene 
nervöse Erregbarkeit bei Annäherung von Personen ist nicht 
so stark ausgeprägt wie beim Pferd. Puls beschleunigt, draht- 
förmig; Temperatur 103 Grad Fahrenheit Hiernach litt die 
Kuh an Tetanus. Die arzneiliche und diätetische Behandlung 
hatte keinen Erfolg. Als E. zwei Tage später wieder in den 
Stall kam, lag die Kuh am Boden, konnte nicht aufstehen und 
athmete sehr schnell. Sie ging am selben Abend ein. Die 
Obdüction wurde leider nicht ausgeführt. Starrkrampf bei Kühen 
ist ein seltener Fall. Auf Befragen erklärte der Besitzer, dass 
er nie ein Pferd an Starrkrampf verloren habe. 

Incision des indurirten Uterushalses. 

Ollnioa vet H. 38, 1898. 

Dr. Cesare Groci führte diese Operation mit gutem Erfolge 
in zwei Fällen aus, in denen die Induration des Uterushalses 
die Geburt hinderte. 

1. Eine 7jährige Kuh hatte seit 36 Stunden Wehen, ohne 
dass das Kalb in den Geburtswegen erschien. Bei der 
Untersuchung stellte G. fest, dass der Muttermund nur soweit 
offen war, dass der Zeigefinger eingeführt werden konnte. Eine 
etwa 4 cm lange Stelle des Uterushalses war von einem fibrösen 
Ring umgeben, der eine harte und unnachgiebige Beschaffenheit 
hatte. Da eine Erweiterung dieses veränderten Muttermundes 
aussichtslos erschien, wurde derselbe mit einem geknüpften Bistouri 
zunächst in der Richtung von unten nach oben gespalten. Die 
Blutung war nach dem Einschnitt nur gering. Nunmehr ver¬ 
mochte Verf. mit der ganzen Hand in den Uterus vorzudringen 
und an beide Vorderfüsse und an den Unterkiefer des Jungen 
Stricke anzuschleifen. Es gelang jedoch nicht, dasselbe durch 
die Oeffnung hervorzuziehen, sondern erst, nachdem auch an der 
gegenüberliegenden Seite des Gebärmutterhalses eingeschnitten 
worden war, die Extraction eines schönen männlichen Kalbes 


Digitized by UjOOQie 



510 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


ohne Schwierigkeiten. Die äusserst geschwächte Kuh erhielt 
eine Flasche Wein und später erregende Mittel. Scheide 
nnd Uterus wurden mit 1 proc. lauwarmen Solveollösungen 
irrigirt. Am folgenden Tage konnte die Kuh mit Unterstützung 
aufstehen und nach zwölf Tagen war dieselbe ganz gesund. 

2. Auch in diesem Falle konnte die Kuh nicht kalben, weil 
sich der Gebärmutterhals in Folge einer fibrösen Verdichtung seiner 
Gewebe nicht erweitern konnte. Die Erweiterung desselben und 
die Befreiung des Kalbes liess sich ebenfalls durch zwei Incisionen 
in leichter Weise erreichen. 

Aus dem statistischen Veterinär*Sanitätsbericht der 
prenss. Armee. 

(Schluss aus No. 20 d. B. T. W.) 

Von chirurgischen Krankheiten ist zunächst zu erwähnen, 
dass Corpsrossarzt Hell das Ausschälen grösserer Brustbeulen 
nur noch in Ausnahmefällen für nöthig hält. Er sei stets damit 
zum Ziele gelangt, dass er Haut und Geschwulst in senkrechter 
Richtung an der hervorragendsten Stelle 5 cm lang und ebenso 
tief spalte und dann mittelst Troikars oder Hohlsonde nach dem 
Centrum vorgehe. Bei geschickter Manipulation werde ein Eiter¬ 
herd getroffen und eine mässige Erweiterung des Stichcanals und 
tägliches AusBpülen führt in acht Tagen zum Ziel. Die Ge¬ 
schwulst verschwände von selbst. — Von Krankheiten des Hufes 
sind 2419 zur Behandlung gelangt, darunter die Hufrhehe 515 mal. 
— Ueberbeine wurden bei 659 Pferden behandelt. Unter 359 
Fällen waren 121 mal die Innenflächen des rechten, 178maldesgl. 
die des linken Metacarpus, die Aussenflächen dagegen zusammen 
nur 38 mal betroffen. An den Hinterfüssen fanden sich überhaupt 
nur 9mal Ueberbeine. Die Behandlung bestand in Regelung 
des Hufbeschlages, Massage, Priessnitz’schen Umschlägen, Wasser¬ 
glasverbänden, Brennen mit dem Stift und scharfen Einreibungen. 
Ein Wasserglasverband, in drei Wochen 2—3mal erneuert, soll 
das stärkste Ueberbein zum Schwinden bringen. Ueber die An¬ 
wendung der scharfen Pflaster gehen die Ansichten auseinander. 
Es wird empfohlen, den jungen Remonten während ihrer Aus¬ 
bildung Bandagen oder Gamaschen anzulegen. — Knochenbrtiche 
kamen bei 391 Pferden vor. Der Gesammtverlust bezifferte sich 
auf 263 = 67 pCt. Betroffen waren: die Kopfknochen 34mal, 
Wirbel 55mal, Beckenknochen 64mal, Rippen 6mal, die Glied¬ 
massenknochen 224mal; darunter 75mal der Unterschenkel, 31 mal 
der Radius, 28mal der Mittelfuss, 46mal das Fesselbein, 18mal 
das Hufbein, Humerus bezw. Femur 8 bezw. 5 mal, sowie einige 
Male Schulterblatt, Ellenbogenbein, Kronbein, Sesambeine und 
Erbsenbein. Von 111 Heilungen sind 92 speciell beschrieben. 
Darunter ist hervorzuheben: ein geheilter Kreuzbeinbruch, 
lömal geheilter Fesselbeinbruch, 11 mal desgl. Hufbeinbrucb, 
zwei Speichenbrüche, ein Ellenbogenbruch, ein Kronbeinbruch, 
eine Unterschenkelfissur. Doch handelte es sich bei vielen der ge¬ 
heilten Fracturen wohl um Fissuren. — Ein Pferd stürzte bei 
einer Attacke, erhob sich wieder und ging, ohne zu lahmen, ins 
Quartier, schwankte am nächsten Tage in der Hinterhand und 
starb an Lähmung nach vier Tagen. Bei der Section zeigte 
sich die ganze untere Fläche der Rückenwirbelsäule mit hasel- 
nuss- bis hühnereigrossen Knochenwucherungen besetzt, welche 
untereinander in Zusammenhang standen, sodass die Wirbel¬ 
säule ein unbewegliches Ganzes bildete. Der Körper des sechsten 
Rückenwirbels war zerbrochen. — Wegen Gelenkkrankheiten 
wurden 3774 Pferde behandelt, von denen 90 pCt. gesund wurdeu. 
Von Verstauchungen betroffen waren 940mal das Fesselgelenk 
und 478 mal das Krongelenk, zusammen 90 pCt. aller Ver¬ 
stauchungen. Verrenkungen kamen am öftesten an der Knie¬ 
scheibe, 12mal, vor. Von 17 Zerreissungen von Gelenkbändern 
betrafen 6 den CarpuB, 6 das Fesselgelenk, 3 die Knieescheiben¬ 


bänder, wobei es sich jedoch in 2 Fällen wohl nur um Dehnung 
gehandelt haben dürfte. Acute Gelenkentzündungen kamen 435, 
davon 135 am Fesselgelenk, vor. Von chronischen Gelenkent¬ 
zündungen waren betroffen 475mal das Sprunggelenk, 413mal 
das Krongelenk, 357mal das Fesselgelenk, zusammen 81 pCt 
aller Fälle; ausserdem Hufgelenk, Buggelenk, Carpalgelenk, 
Hüftgelenk und Knieegelenk. Die Spatbehandlung bestand meist 
in Ruhe neben Anwendung des Punkifeuers. Die operative Be¬ 
handlung wurde wenig benutzt. Nur frühzeitig eingeleitete Be¬ 
handlung sichert den Erfolg. Spitze Brenneisen sind vorzuziehen. 
Nach Oberrossarzt Wilden ist beim Wiedergebrauch auf das 
Gewicht des Reiters Rücksicht zu nehmen und ausserdem empfiehlt 
es sich, schon während der Kur lange Eisen mit Stollen und 
Zehenrichtung anzuwenden. — Von Muskelzerreissungen sind an¬ 
gegeben: 19mal Ruptur des „Schienbeinbeugers“, ferner je lmal 
Reissung des dicken Schenkelmuskels, des langen und des breiten 
Einwärtsziehers vom Hinterschenkel, des langen Auswärtsziehers 
vom Unterschenkel des Spanners der breiten Schenkelbinde, der 
Muskeln an der Innenfläche des rechten Hinterschenkels (hierbei 
Verblutung) und des vorderen Grätenmuskels. Von Sehnen- 
zerreissungeu sind vermerkt solche des „Schienbeinbeugers“ 
12mal, des Fesselbeinbeugers 9mal; ferner einige vom Krön- 
beinbeuger, Hufbeinbeuger, „Schienbeinstrecker“ vom unteren 
Unterstützungsband und von allen drei Beugesebnen zugleich. — 
Wegen Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen wurden 
3484 Pferde behandelt und 97 pCt geheilt. Betroffen waren 
rechter und linker Vorderfuss fast gleichmässig in je etwa45pCt. 
der Fälle, beide Vorderfüsse in 14 pCt. der Fälle. Auf die 
Hinterfdsse entfallen nur 6 pCt. In den meisten Fällen waren 
Huf- und Kronbeinbeugsehne gleichzeitig betroffen, von 1394 Fällen 
662mal. Die Fesselbeinbeugesehne allein in 285 Fällen, Hufbein¬ 
beugesehne allein in 243 Fällen, Kronbeinbeugesehne allein in 
105 Fällen, alle 3 Beugesehnen in 35 Fällen. Die Unterstützungs¬ 
bänder nur 3 bezw. 7mal. 5mal entstand eine Entzündung 
der Achillessehne. Die Behandlung bestand bei frischen Leiden 
in nassen Umwickelungen mit Stroh, Schwamm, Filz, auch Lehm¬ 
anstrich während der ersten Tage, später feucht-warme Umschläge 
mit Burow’scher Mischung, Massage und Hautreizung und, falls 
diese Mittel nicht halfen, in scharfer Einreibung und Glfitieisen. 
Nach Ansicht Hell’s hängt der Erfolg der scharfen Einreibung 
oder des scharfen Pflasters wesentlich von der baldigen Anlegung 
eines Drnckverbandes ab. Auch beim Bliester kann man nach 
einigen Tagen einen Druckverband appliciren, indem man seitlich 
neben die Sehne wurstförmige Tampons legt. Kapteinat hat 
die eingeriebenen Pferde, sobald sich ein fester Schorf gebildet 
hatte, mit Nutzen im Schritt bewegen lassen. Das Strichbrennen 
wird der Tannenform vorgezogen. — Die Behandlung von Gallen 
bestand in der Anwendung von Collodium cantliaridatum, Aus¬ 
saugung mittelst Pravaz’spher Spritze und nachfolgender Ein¬ 
spritzung von Jodtinctur oder Einreibung von scharfer Salbe 
oder Sublimatcollodium 1: 3. 

Basedow’sche Krankheit bei einer Kuh. 

Göhrig-Karlsruhe macht in der Dtsch. Th. Wschr. 1898, 
No. 35, folgende Mittheilung. Eine zehn Jahre alte Schlachtkuh 
zeigte einen beiderseitigen Vorfall des Bulbus, welcher einen 
Lid8chlu8B völlig unmöglich machte. Dabei bestand hochgradiger 
Strabismus. Nach dem Schlachten zeigten sich am Kopfe keinerlei 
Erscheinungen, welche den Exophthalmus hätten verursachen 
können. Dagegen fand sich ein hühnereigrosses Struma und 
eine geringgradige Herzhypertrophie mit rechtsseitiger Dilatation. 
Sonstige Abweichungen konnten nicht nachgewiesen werden. 
Eine genauere Untersuchung des Nervensystems war des Schlacbt- 


Digitized by LjOOQie 




27. October 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


zwecks wegen nicht möglich; der Symptomcomplex lieferte 
jedoch immerhin das Bild deB Morbns Basedowii. Ueber das 
Auftreten dieser Krankheit bei Thieren liegen nur sehr wenige 
Beobachtungen vor. 

JewseBjenko hat bei einer vieljährigen Vollblutstute 
16 Tage nach einem Rennen, nach dem das Thier erkrankt 
war, hochgradigen Exophthalmus entstehen sehen. Derselbe 
Autor und Albrecht haben je einen Fall vom Hund beschrieben. 
Zwei Fälle, die noch hierher gehören könnten, sind von Cadiot 
und Marek beobachtet, und endlich hat Röder bei einer Kuh 
Exophthalmus bilateralis, Strabismus convergens und Struma, also 
die auch von Qöhrig gefundenen Erscheinungen, beobachtet. 

Eadermol and seine Anwendung bei Scabies. 

Von Prof. Wolters. 

(Ther. MonaUh. 8. 1898.; 

Eudermol, ein neues Nicotinpräparat, bildet farblose, durch¬ 
sichtige Crystalle, schmilzt bei 118° und ist leicht in Wasser und 
den meisten orgauischen Lösungsmitteln löslich und hat einen 
leicht brenzlichen Geruch. Da sich die Nicotianaseife ganz be¬ 
sonders gut bei Scabies bewährt hatte, so wurde auch dieses 
neue Nicotinpräparat bei dieser Erkrankung angewendet. Be¬ 
handelt wurden im ganzen 67 Scabieskranke. Nach einem 
vorausgegangenen Seifenbade genügte bei 64 Kranken eine ein¬ 
malige Einreibung, um das Jucken völlig und dauernd zu be¬ 
seitigen, bei dreien war es auch nach der zweiten Einreibung 
noch nicht völlig verschwunden. Mit Ausnahme dieser drei, 
welche sechsmal eingerieben wurden, fand eine viermalige An¬ 
wendung der Salbe (0,1:10 Lanolin) statt. Die Patienten wurden 
am dritten Tage, einige auch schon am zweiten Tage geheilt 
entlassen und blieben es auch. Recidive wurden in drei Fällen 
beobachtet, aber es liess sich in jedem Falle eine Neuinfection 
nachweisen. Verfasser steht daher nicht an, eine 0,1 proc. 
Eudermolsalbe als Heilmittel gegen Scabies zu empfehlen, zumal 
das Eudermol grosse Vorzüge vor den bisher angewendeten 
Mitteln besitzt. Die bestehen darin, dass die 0,1 proc. Euder¬ 
molsalbe nicht reizt wie Naphthalin oder Naphtholsalbe, Wilkin- 
son’sche Salbe oder ähnliche, dass sie keine Albuminurie erzeugt, 
wie unter Umständen Theer und Naphthalin, dass sie keine 
Intoxicationen macht, wie die Nicotianaseife, und nicht wie Peru¬ 
balsam, Naphthalin etc. sich durch ihren Geruch bemerkbar 
macht Das Mittel ist dabei nicht theuerer als die sonst ge¬ 
bräuchlichen. Die Substanz kostet z. Z. 200 M. pro Kilo, 3 M. 
pro Gramm. Im Kleinverkauf werden fertige Salben 0,1 Proc. 
Lanolin mit 0,60 M., weisse Vaseline mit 0,50 M., gelbe Vaseline 
mit 0,40 M. pro 100 g vom Apotheker berechnet 

Die Anwendung flüssiger Luft in der Heilkunde. 

Von der Anwendung flüssiger Luft in der Heilkunde erwartet 
man, wie der amerikanische „Medical Record“ mittheilt, geradezu 
fabelhafte Erfolge. Es soll nämlich durch die flüssige Luft nichts 
Geringeres geleistet werden als die Möglichkeit, überall, wo es 
nöthig ist, eine vollkommen bacterien- und pilzfreie Luft zu 
schaffen, indem man eine grosse Menge flüssiger Luft in einem 
Raume verdampfen lässt. Die Vortheile würden sogar noch 
grösser sein, als sie schon durch den Mangel aller schädlichen 
Keime erscheinen würden. Man kann nämlich der flüssigen Luft 
beliebige Mengen an flüssigem Sauerstoff oder flüssigem Ozon 
zusetzen und so der Atmosphäre eines Zimmers eine beliebige, 
den Bedürfnissen entsprechende Zusammensetzung geben. Für 
die Behandlung mancher Krankheiten kann die anregende Wirkung 
einer besonders sauerstoffr.eichen Luft von wesentlichem Nutzen 
sein. Dazu kommt noch die Eigenschaft, dass die ver- 


511 

dampfende, flüssige Luft natürlich kalt ist und dadurch eine 
wohlthätige kühlende Wirkung auszuüben vermag. So könnten 
z. B. die Säle der Krankenhäuser bis zu jedem gewünschten 
Grade, wie er von den Aerzten verschrieben wird, abgekühlt 
werden, was besonders in den Tropen von ungeheuerer Bedeutung 
sein würde. Wenn man die Luft in der Umgebung von Gelben¬ 
fieberkranken dauernd auf dem Gefrierpunkt halten könnte, so 
wäre der Krankenwärter vor jeder Ansteckung geschützt und 
die Genesung des Kranken erleichtert, da der Bacillus des gelben 
Fiebers eine so niedrige Temperatur nicht verträgt. 

Auch andere bedeutsame Anwendungen traut man ärzt¬ 
licherseits der flüssigen Luft zu. So wird daran gedacht, 
die ätzende Kälte, die durch diese Flüssigkeit hervorgebracht 
wird, mit grossem Vortheil zur Fortbeizung von äusserlichen 
Krebsgeschwülsten zu benutzen und davon ein besserer Erfolg 
erwartet als von Höllenstein, da die flüssige Luft das Fleisch, 
mit dem sie in Berührung kommt, gänzlich zerstört, während man 
ihre Wirkung beständig beaufsichtigen und in jedem Augenblicke 
unterbrechen kann. Auch Asthmatiker, vielleicht sogar Schwind¬ 
süchtige können in solcher künstlich erzeugten kalten und keim¬ 
freien Luft ohne Klimawechsel Erleichterung finden. 

Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger bei 
bösartigen Tumoren. 

Von Prof. Maffucci und Dr. Sirleo. 

(ZeiUcbr. f. Hygiene and InfectloDakr. XXVII, l.) 

Vor etwa einem Jahre haben die Autoren infolge einer 
Untersuchung über einen pathogenen Blastomyceten des Meer¬ 
schweinchens die Ansicht geäussert, dass für die Aetiologie der 
Infectionskrankheiten eine neue Classe von Parasiten gefunden 
sei, eben die Blastomyceten. Ihre bisher bekannte Wirkung ist 
ein chronischer Entzündungsprocess, der bald eiterig, bald neu- 
biWeqd ist. Verff. hatten nun Gelegenheit, 39 Tumoren in diesem 
Sinne zu untersuchen; es waren dies 27 Carcinome verschiedener 
Organe und Stellen, die vom Lebenden exstirpirt wurden, darunter 
einige im Eiterungszustande, ferner ein eitriges Carcinom der 
Brustdrüse des Hundes, 11 Sarcome, von denen zwei nichteitriger 
Natur vom Hunde stammten, ein nicht eitriges Melanosarcom der 
Kuh, drei nichteitrige Sarcome vom lebenden Menschen, zwei 
von menschlichen Leichen und drei von todten Hühnern. Aus 
diesen Tumoren konnten nun die Autoren verschiedene Blasto¬ 
myceten isoliren, die sie bezüglich ihres biologischen Verhaltens, 
ihrer pathogenen Wirkung etc. studirten. Auf Grund ihrer 
Untersuchungen und der sich daran schliessenden Erwägungen 
kommen die Autoren zu folgenden Schlüssen: 

1. A priori halten wir viele bösartige Tumoren für infectiven 
Ursprunges. 

2. Diese infective Ursache ist vorläufig noch nicht genügend 
durch biologische und experimentelle Beweise festgestellt. 

3. Die Forschung nach der infectiösen Ursache bei Tumoren 
darf sich nicht auf die Parasiten classe beschränken. 

4. Bis jetzt haben unsere Untersuchungen über Blastomyceten 
festgestellt, dass sich unter ihnen einige von pathogenem Ver¬ 
mögen befinden. 

5. Die bis jetzt von Blastomyceten hervorgerufenen Processe 
zeigen keineswegs eine Form der Neubildung, welche der 
anatomischen Bildung des Carcinoms und Sarcoms gleichkoramt. 

6. Bis jetzt rufen die Blastomyceten bei Menschen und Thieren 
Septicämie, Eiterung und chronische entzündliche Neubildungen 
hervor nach Art der Granulome. 

7. Die Blastomyceten, welche bis jetzt dem Krebse des 
Menschen entnommen wurden, haben nur gewöhnliche Ent¬ 
zündungen bei den Thieren hervorgerufen, welche für krebsartige 
Neubildungen empfänglich sind. 


Digitized by LjOOQie 



512 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


8. Die Blastomyceten bei Krebs und Sarcom des Menschen 
lassen sich nicht immer durch histologische Untersuchungen oder 
Cuituren aufßnden. 

9. Die Blastomyceten finden sich leichter bei bösartigen ver- 
schwärten Tumoren des Menschen. 

10. Die topographische Vertheilung der Blastomyceten in 
verscliwärten Tumoren lässt annehmen, dass eine Infection zum 
Tumor liinzugekommen ist. 

11. Wir schliessen nicht ans, dass Blastomyceten Krebs 
und Sarcome hervorrufen können, aber vorläufig haben wir dafür 
noch nicht den experimentellen Nachweis. 

12. Wir verneinen nicht, dass die Psorozoaren das Vermögen 
zur Neubildung besitzen, das beweist das Papillom durch Cocci- 
dinm, aber bis jetzt haben wir noch nicht den experimentellen 
Beweis, dass sie Krebs und Sarcome in den Thieren hervorrufen 
können, die für diese Läsionen empfänglich sind. 

lieber die ßartner’schen Gänge beim Rinde. 

Von Bezirksthierarzt Dr. Oscar Röder, Meissen. 

(Archiv f. wiüenich. Tblerhlk. 1898, H. 1/2.) 

Die Gärtner 'sehen Gänge sind bekanntlich die Ueber- 
bleibsel der W o 1 f f 'sehen Körper, welche in der Fruchtanlage 
eines weiblichen Thieres während der Fötalperiode allmälig ver¬ 
schwinden. Die Ausführungsgänge der W o 1 f f 'sehen .Körper 
bleiben bei den weiblichen Thieren im extrauterinen Leben ver¬ 
schieden lange erhalten. Die Gärtner 'sehen Gänge sind be¬ 
sonders entwickelt bei den Wiederkäuern und kommen noch beim 
Schwein und beim Menschen vor. Ob dieselben bei Stuten noch 
vorhanden sind, ist mit Sicherheit nicht festgestellt. Der Verf. 
untersuchte die fraglichen Gebilde bei 53 Kühen und stellte fest, 
dass sie Belten lateral, zumeist oral vom Orificium urethrae 
münden. Bei einer Kuh lagen die Mündungsstellen gemein- j 
schaftlich unter einer taschenförmigen Klappe. Die Tiefe und 
Länge der Gänge hängt nicht von dem Alter der Kühe ab. Bei 
6 Jahre alten Kühen können 4 cm und auch 26 cm lange Gänge 
beobachtet werden. Dieselben haben gewöhnlich die Weite einer 
mittelstarken Sonde, in zwei Fällen konnten ein Gänsefeder- 
bezw. ein Taubenfederkiel eingeführt werden. Der linke Gang 
ist meist länger als der rechte, auch fehlt der rechte Gang häufiger 
als der linke. Die Gänge vergehen durch senile Obliteration, 
welche bei 14- oder 15jährigen Kühen fast immer eingetreten ist 
Beim rechten Gang tritt sonach die Obliteration früher auf als 
beim linken. Die Gänge tragen feines Plattenepithel. 

Therapeutische Notizen. 

Ein einfaches Mittel gegen Vergiftungen mit Morphium, Opium und anderen 
narcotischen Mitteln 

empfiehlt The Weekly Scotchman im Calium perman- 
ganicum. Dasselbe sollte deshalb in jedem Haushalt vorrätliig 
gehalten werden. Am Besten wird der Erfolg des Mittels durch 
die Mittheilung des Experimentes illustrirt, welches der Ent¬ 
decker der antidatischen Eigenschaft Dr. Moor in Amerika ip 
Gegenwart von 12 Aerzten an sich selbst vornahm, indem er die 
tödtliche Dosis von drei Grain (0,1944 g) Morphium verschluckte 
und unmittelbar darauf eine Lösung von vier Grain (0,2592 g) 
permangansauren Caliums in vier Unzen (ca. 114 g) Wasser 
trank. Das Morphium hatte hiernach nicht die geringste Gift¬ 
wirkung. (Vet. Record 1898, H. 532.) 

Ueber die Blutstillung bei Opirationen durch Angiotripsie. 

Angeregt durch die Bemühungen Doyen’s und Tuffier’s, 
die Blutstillung zu sichern, hat Schultön-Helsingfors hauptsächlich 
bei Bruchoperationen etc. eine dem Wells’schen und Doyen’schen 
Instrument äLnlicLe Zange (mit kuiztm Bits, aber fünlmal 


längerem Handgriff) benutzt, um lediglich mit dem Druck der¬ 
selben auszukommen und Gefässligaturen zu vermeiden, so dass 
neben dem Vorzug der Abkürzung der Operation auch die grösste 
Sicherheit der trepsis (beim Wegbleiben der Ligaturen) in Be¬ 
tracht kommt. 

Zur Wehenerregung. 

In der Wschr. f. Th. No. 32 ist eine neue Methode von 
Saft aus den Fortschr. d. Med. 1898 No. 13 mitgetheilt. Zur 
Verhinderung unangenehmer Nebenwirkungen bringt S. das 
Glycerin, in eine Fischblase eingeschlossen, direct in den Uterus, 
wo es seine Wirksamkeit als Wehen erregendes Mittel äussert, 
indem es aus der Gebärmutterwand und den Eihäuten Wasser 
anzieht. Dagegen kann es von hier aus nicht resorbirt und des¬ 
wegen auch nicht schädlich werden. 

Das Jod im Organismus. 

Gley hat schon früher gezeigt, dass die Nebenschilddrüsen 
eine relativ grössere Menge Jod enthalten, als Baumann für die 
Schilddrüse (1 mg auf 10 g) bewiesen bat. Gl. fand nun neuer¬ 
dings Jod in der Leber, Milz und im Blute, im letzteren ca. 1 mg 
auf 1 L., und zwar ist es weder im Serum noch im Plasma 
vorhanden, sondern nur in den Blutkörperchen. Das Jod der 
Schilddrüse scheint vom Blute herzurühren und wird durch die 
Nahrung in den Körper eingeführt, denn man findet keine Spur 
davon beim Fötus und in der Schilddrüse der Neugeborenen. 


Thierhaltung und Thierzucht 

Viehzählung in England. 

Die Aufnahme des Viehbestandes in England am 4. Juni d. J. 
hat ergeben, dass durchgehends eine Zunahme desselben statt- 
gefunden bat. Pferde sind in der Aufnahme nicht mit einbe¬ 
griffen. Der Rindviehbestand hat sich gegen das Voijabr um 
121867 Stück, 1,9 pCt., vermehrt, der Schafbestand um 402754 Stück, 
1,5 pCt., und der Schweinebestand um 109 293 Stück, 4,7 pCt 
Besonders zugenommen hat die Zahl der Kühe (um 54 811 Stück). 
Die Zahl der Mutterschafe (um 131 235 Stück) und die Zahl der 
Mutterschweine (um 27 956 Stück). In der Hauptsache betrifft 
also die Zunahme den Zuchtviehbestand. Die Zunahme der 
Lämmer um 286 662 ist immerhin beachtenswert!!, zumal wenn 
man die Thatsache in Rücksicht zieht, dass in der diesjährigen 
Lammungssaison weniger Zwillinge gefallen sind, allerdings war 
auch die Sterblichkeit unter den Lämmern eine geringere. 

Ueber die Schwankungen des englischen Viehbestandes inner¬ 
halb der letzten 10 Jahre giebt folgende Tabelle Auskunft: 



Rinder 

Schafe 

Schweine 

1889 

6 139 555 

25 632 020 

2 510 803 

1890 

6 508 633 

27 272 459 

2 773 609 

1891 

6 852 821 

28 732 558 

2 888 773 

1892 

6 944 783 

28 734 704 

2 137 859 

1893 

6 700 676 

27 280 334 

2 113 530 

1894 

6 347113 

25 861 500 

2 390 026 

1895 

6 354 336 

25 792 195 

2 884 431 

1896 

6 493 582 

26 705 329 

2 878 801 

1897 

6 500 497 

26 340 440 

2 342 302 

1898 

6 622 364 

26 743 194 

2 451595 


Im Jahre 1888 waren vorhanden 6 129 375 Rinder, 25 257449 
Schafe und 2 404 344 Schweine. Demnach hat in den letzten zehn 
Jahren der Viehbestand in England um 492 980 Rinder, 1486045 
Schafe und 47 251 Schweine zugenommen. Diese Zunahme 
um so mehr ins Gewicht, weDn man bedenkt, in wie ungeheurer 
Weise in dieser Zeit die Einfuhrmengen an Vieh und Fleisch an¬ 
geschwollen sind und wie bedeutend die Preise für Vieh und 
gesunken sind. Ein erklärender Umstand kann vielleicht dann 


Digitized by LjOOQie 




27. October 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


513 


gefunden werden, dass der englische Farmer gegen die Ein¬ 
schleppung von Seuchen geschützt ist und darum mit weniger 
Verlusten in Folge von Seuchen zu rechnen hat. 

Die Vieh- und Fleischeinfuhr hat in diesem Jahre an 
Werth bis jetzt abgeDommen. Der Werth der Einfuhr bis zum 
31. Juli d. J. betrug nur 6 427 140 £ gegen 6 818 091 £ in 
den ersten sieben Monaten des Jahres 1897. Die Zahl der im- 
portirten Ochsen betrug nur 347 601 Stück gegen 366 525 im Vor¬ 
jahre. Aus den Vereinigten Staaten fiel der Versand von 252 042 
Stück auf 240 377 Stück. Aus Argentinien hat der Versand sich 
von 48 700 Stück auf 60 605 Stück gesteigert. Schafe wurden 
mehr eingeführt 448 747 gegen 413 734; gegen 1896 ist die Schaf¬ 
einfuhr aber zurückgeblieben, denn in diesem Jahre betrug sie 
485372 Stück. Die diesjährige Zunahme stammt ausschliesslich 
aus Argentinien, während die Verschiffungen aus den Vereinigten 
Staaten und Canada abgenommen haben. Die Fleischeinfuhr weist 
eine Steigerung auf; Rindfleisch von 1595 546 Ctr. auf 1 779 274 
Centner. Der Werth dieser Einfuhrmenge stieg von 3 163 753 £ 
auf 3 518 753 £. Frisches Hammelfleisch stieg von 1 914 837 
Centner in 1897 auf 2 037 355 Ctr. in 1898. der Werth desselben 
von 2 875 383 £ auf 2 999 847 £. K. 


Tagesgeschichte. 

Bericht Aber die Herbstversammlung des Thierärztlicheu 
Vereins im Reg.-Bez. Cöslin. 

Am 9. October hielt der Thierärztliche Verein im Reg.-Bez. 
Cöslin in Lüdtke’s Hotel zu Cöslin seine Herbstversammlung 
ab. Erschienen waren: Departements-Thierarzt Brietzmann- 
Cöslin, Kreis - Thierarzt Ulrich - Lauenburg, Kreis-Thierarzt 
Göhring - Stolp, Schlachthof - Director Dr. Schwarz - Stolp, 
Ober-Rossarzt a. D. Weidefeld - Rügenwalde, Kreis-Thierarzt 
Eichbaum - Bütow, Kreis-Thierarzt Spitzer - Dramburg, prakt. 
Thierarzt Schumacher - Cöslin, prakt. Thierarzt Petzsch- 
Schlawe, prakt. Thierarzt Zeisler - Cöslin, prakt. Thierarzt 
Salim - Bublitz, Schlachthof-Inspector Tschanner - Cöslin. 
Später: Kreis-Thierarzt Träger - Belgard. Als Gäste waren 
anwesend: Kreis-Thierarzt und Gestüts-Inspector Schul/.- 
Labes, Rossarzt Tennert-Stolp und Schlachthof - Inspector 
Nickel - Schlawe. Entschuldigt haben ihr Ausbleiben: Kreis- 
Thierarzt Kunert - Neu-Stettin, c. Kreis-Thierarzt Paulat- 
Rummelsburg, Kreis-Thierarzt Simmat - Schlawe und Schlachthof- 
Inspector Loeschke - Colberg. 

Nach einer herzlichen Begrüssung durch den Vorsitzenden, 
Departements-Thierarzt Brietzmann - Cöslin, wird Nickel- 
Schlawe in den Verein aufgenommen. Mittheilung des Vor¬ 
sitzenden von dem Tode des Ehrenmitgliedes, Departements- 
Thierarztes a. D. Gips - Colberg. Der Verein ehrt das Andenken 
des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen und nimmt 
Kenntniss von einem Dankschreiben der Frau Gips. Sodann 
berichtet der Vorsitzende über einige Punkte aus den Verhand¬ 
lungen der VI. Plenar-Versammlung der Central-Vertretung 
1. über die in Aussicht genommene Gehaltsverbesserung der 
Kreis-Thierärzte, 2. über die neugegründete Unterstützungscasse 
für Thierärzte. Sämmtliche anwesenden Mitglieder erklären 
ihren Beitritt zu derselben. 

Aus dem Bericht des Schrift- und Cassenführers ist hervor¬ 
zuheben, dass 110 Brief-Ausgänge und 36 -Eingänge zu ver¬ 
zeichnen sind. In Folge mehrerer grösserer Ausgaben ist nur 
ein Ca88enbestand von 47,36 M. vorhanden. Dem Cassirer wird 
Entlastung ertheilt. Derselbe beantragt, eine einmalige Umlage 
von 2 M. pro Mitglied. Auf Göhring’s Antrag wird die Umlage 
auf 3 M. erhöht, so dass jedes Mitglied einschliesslich Jahres¬ 


beitrag 6 M. zu zahlen hat. Drei Mitglieder sind durch Fortzug 
aus dem Verein ausgeschieden. 

An den hierauf folgenden sehr interessanten und gut aus¬ 
gearbeiteten Vortrag von Spitzer-Draraburg: „Ueber Gebär¬ 
parese“, in welchem u. a. ca. 500 Fälle besprochen werden, von 
denen bei 90 pCt. nach Einspritzung von Jodkalium-Lösung in 
das Euter Heilung erzielt wnrde, schliesst sich eine sehr lebhafte 
Debatte an. Brietz mann berichtet ebenfalls über einen Fall 
von Heilung nach dieser Behandlung, Tschanner hat nur einen 
zweifelhaften Fall, Schulz-Labes hat stets zur Behandlung 
geratlien, er ist der Ansicht, dass die spärliche Anzahl von 
Heilungen nur ihren Grund in dem frühzeitigen, meist unmotivirten 
Schlachten habe, vor welchem nicht genügend genug gewarnt 
werden könne. Eichbaum hat sogar nach Infusion von drei 
Liter Lösung keine krankhaften Erscheinungen am Euter bemerkt. 
Sämmtliche Redner stimmen darüber überein, dass durch Coffein- 
Gaben die Heilung wirksam unterstützt würde. 

Dr. Schwarz-Stolp spricht 1. über das neue Fleisch¬ 
beschau-Gesetz im Königreich Sachsen und besonders 
über die in der Ausführungs-Verordnung getroffenen 
Bestimmungen, 2. über die Entscheidung des Ober- 
Verwaltungsgerichts vom 18. Juni 1898, betr. Festsetzung 
der Schlachthof-Gebühren, und hebt die tief einschneidende 
Bedeutung derselben hervor. Nicht zu billigen sei vor allen 
Dingen, dass die Ansammlung eines Reservefonds in der Ent¬ 
scheidung als gesetzwidrig bezeichnet werde. Hierdurch würden, 
namentlich kleineren Gemeinden, Erweiterungsbauten sehr 
erschwert. 

Bei dem letzten Punkte der Tages-Ordnung, „Mittbeilungen 
aus der Praxis“, spricht Tennert-Stolp über Morphium Atropin- 
Injectionen bei Schulterlahmheiten. An der Discussion betheiligen 
8i,ch Spitzer, Ulrich und Schulz 

Göhring-Stolp verbreitet sich über Rothlaufimpfnngen. 
Derselbe bat bei Porcosan-Einspritzungen böse Erscheinungen 
gehabt. Sämmtliche eingegangenen Thiere waren gleichzeitig 
mit Tuberculose behaftet. Ein Besitzer hatte selbstständig ge¬ 
impft. Von 25 geimpften Thieren gingen 15 ein. In einem 
Falle hat Göhring 8 Monate nach der dritten Injection mit 
Lorenz’scher Lymphe Lähmungserscheinungen an den Impflingen 
bemerkt. Gleichzeitig zeigten sich an verschiedenen Körper¬ 
teilen rothe Flecke auf der Haut. Da in der betr. Ortschaft 
Rothlauf zu derselben Zeit herrschte, so ist es möglich, dass es 
sich um eine leichte Erkrankung am Rothlauf in Folge 
ungenügender Immunisirung handelte. Ueber die Hälfte der tra¬ 
genden Säue haben nach Impfung nach Lorenz versetzt. 

Schulz hält jede Impfung für sehr gefährlich und meint, 
man solle dieselbe nur dann vornehmen, wenn wirklich Rothlauf 
herrscht, also nur in Notfällen und in grossen Beständen. 

Ulrich spricht gegen Impfung mit Porcosan, weil man nicht 
wisse, was man vor sich habe. Er empfiehlt Pasteur’sehe 
Lymphe. 

Göhring hat in Beständen, in denen ständig Rotlauf 
herrschte, zwei Mal jährlich mit Pasteur’scher Lymphe geimpft, 
namentlich junge, Thiere und immer mit gutem Erfolg. Die 
Impfung geht sehr rasch von statten. 

Eichbaum hat bei allen Impfungen nach Pasteur schlechte 
Erfolge gehabt. 

Schulz hält die sog. Nachkrankheiten des Rotlaufs be¬ 
züglich der Ansteckung gerade für sehr gefährlich. 

Es folgt hierauf ein gemeinsames Mittagsmahl, welches in 
bester Stimmung verlief. 

Der Vorsitzende: Der Schriftführer: 

Brietzmann. Dr. Schwarz. 


Digitized by LjOOQie 





514 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 43. 


VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899 
zu Baden-Baden. 

Zn den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des 
Congresses erhielt der Geschäftsausschuss ausser den bisher be¬ 
willigten (8. Berl. thierärztl. Wochenschr. 1898 No. 28) weitere 


Beiträge von folgenden Vereinen: 

Bestimmt 

zugesagter 

Zuschuss 
für den Fall 

Thierärztlicher Verein von Eisass- 

Zuschuss 

eines Deficits 

Lothringen. 

200 M. 

300 M. 

Verein Unterfränkischer Thierärzte 
Thierärztlicher Verein von Ober- 

200 „ 

— 

bayern . 

Verein der Thierärzte des Re- 

200 „ 

100 „ 

gierungsbezirks Wiesbaden . . 
Der früher angegebene Zuschuss des 
Vereins Mecklenburgischer Thier¬ 
ärzte wurde von 100 M. auf 150 M. 

150 „ 


erhöht, Erhöhung. 

Hierzu die früher angegebenen Be- 

50 „ 

— 

träge. 

3 600 „ 

1000 „ 


4 400 M. 1 400 M. 

Der Geschäftsausschuss dankt den verehrliclien Vereinen für 
die gefl. Zusagen und bittet die deutschen thierärztlichen Vereine, 
welche bisher noch keinen Beitrag bewilligt haben, dem Beispiele 
der oben genannten Vereine recht bald zu folgen. Sämmtliche 
Kassengeschäfte besorgt die Filiale der Rheinischen Creditbank 
in Baden-Baden. 

Baden-Baden, den 15. October 1898. 

Der Geschäftsausschuss. 

Bezüglich des Cougresses kann noch hinzugefügt werden, 
dass die Tagesordnung vollständig vorbereitet ist und demnächst 
mit den Namen sämmtlicher Referenten wird veröffentlicht werden 
können. 

Seine Königliche Hoheit der Grossherzog hat, wie ein Erlass 
des Ministeriums des Innern vom 8. October er. besagt, der Ab¬ 
haltung des Congresses seine besondere Genehmigung zu ertheilen 
geruht. Nachdem der Versammlung hierdurcli ein officiell aner¬ 
kannter Charakter verliehen ist, hat die Grossherzogliche Regierung 
das Auswärtige Amt ersucht, den in Betracht kommenden Re¬ 
gierungen von der Abhaltung des Congresses Mittheilung zu 
machen. Das Geueralsecretariat haben übernommen die Herren 
Dr. Casper-Höchst, Dr. Olt-Hannover, Staatsthierarzt Siegen- 
Luxemburg und Schlachthofthierarzt Görig - Karlsruhe unter 
Leitung des Erstgenannten. Das Secrelariat des vorbereitenden 
Ausschusses führt Herr Görig-Karlsruhe. 

Brandenburger thierärztlicher Verein. 

Die Herbstversammlung wird am Sonntag den 13. November 
stattfinden. Die Tagesordnung wird demnächst bekannt gemacht 
werden. 

38. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen 

am 6. November 1898, Vorm. 11 Uhr. 

In Danzig, Hotel Danziger Hof, Dominikswall. 

Tagesordnung: 

1. Geschäftliches. 

2. ,,Die Gefliigeleholera, ihre Differential-Diagnose und ihre 
Bekämpfung.“ Ref. Herr Kreisthierarzt Felbaum-Graudenz. 

3. „Mittheilung über Actinomycosis“ mit Demonstrationen. 
Ref. der Vorsitzende. 

4. Mittheilungen aus der Praxis. 

Um 2 Uhr Diner unter erbetener Theilnahme der Damen. 
Anmeldungen erbittet bis spätestens den 4. November 1898 
Der Vereins-Vorsitzende: Prensse. 


Fonds für die Waieen des Professor W. Eber. 

Zu der Mittheilung in voriger Nummer der B. T. W. ist er¬ 
gänzend nachzutragen, dass auch die „Alten Herren“ der 
Germania zu Berlin wie diejenigen der Unitas zu Hannover 
einen jährlichen Beitrag von 200 M. zur Verfügung gestellt haben. 

Zar Veterlnlärorganisatlon Io Russland. 

In No. 39 der B. T. W. ist während meiner Abwesenheit ein 
Artikel über die Veterinärorganisation in Moskau aus dem 
Französischen übersetzt erschienen. In demselben befindet sich 
(ob infolge eines Irrthums des französischen Textes oder des 
Uebersetzers, bleibe dahingestellt) eine Unrichtigkeit. Es ist 
dort die Thätigkeit der Zerastwo erwähnt, als ob es sich um 
eine Person handelte. In Wirklichkeit ist die Zemstwo, die 
übrigens allenthalben in Russland besteht, eine Institution, welche 
sich etwa mit unseren LandwirthBchaftskammern, jedoch mit er¬ 
weiterten Befugnissen, vergleichen lässt. Schmaltz. 

Anzahl der Thierärzte in Preueaen 1897. 

(Stat.-Korr.) Nach den vom Bundesrath angeordneten Auf¬ 
nahmen über das Heilpersonal waren im preussischen Staat am 
1. April 1876 1681, am 1. April 1887 1633 und am 1. August 1897 
2250 Thierärzte (ausschliesslich der nicht praktizirenden Civil- 
Thierärzte in den Jahren 1876 und 1887 und mit Einschluss 
derselben im Jahre 1897) vorhanden, sodass ein Thierarzt am 
1. April 1876 auf 1358 Pferde, 5140 Stück Rindvieh und auf 
207 qkm, am 1. April 1887 auf 1480 Pferde, 5351 Stück Rindvieh 
und auf 213 qkm, am 1. August 1897 dagegen auf 1248 Pferde, 
4690 Stück Rindvieh und auf 155 qkm kam. 

Für die einzelnen Regierungsbezirke liegen über die Anzahl 
der Thierärzte im Jahre 1897 folgende Nachrichten vor: 


Ein Thierarzt kommt auf 


Regierungsbezirke 

Civil- Militär- 
Thierärzte 

zu¬ 

sammen 

Pferde 

Stück 

Rindvieh 

qkm 

Königsberg . . 


49 

17 

66 

3793 

9089 

320 

Gumbinnen . . 


53 

17 

70 

2791 

6028 

227 

Danzig .... 


28 

10 

38 

2319 

5388 

209 

Marienwerder . 


41 

12 

53 

2710 

7504 

331 

Berlin .... 


126 

27 

153 

329 

61 

0,4 

Potsdam . . . 


150 

34 

184 

924 

2111 

112 

Frankfurt. . . 


74 

10 

84 

1314 

4973 

229 

Stettin .... 


54 

11 

65 

1432 

4355 

186 

Cöslin .... 


30 

6 

36 

2218 

7 776 

390 

Stralsund . . . 


16 

— 

16 

2106 

8822 

251 

Posen . . . '. 


49 

9 

58 

2637 

9 390 

302 

Bromberg. . . 


34 

12 

46 

2102 

6353 

249 

Breslau . . . 


70 

23 

93 

1306 

6313 

145 

Liegnitz . . . 


47 

8 

55 

1363 

8 281 

247 

Oppeln .... 


50 

14 

64 

1792 

7 619 

207 

Magdeburg . . 


80 

16 

96 

1039 

3287 

120 

Merseburg . . 


79 

7 

86 

988 

3 918 

119 

Erfurt .... 


23 

3 

26 

885 

3 928 

136 

Schleswig . . 


157 

15 

172 

1047 

5 061 

110 

Hannover. . . 


72 

12 

84 

526 

2034 

68 

Hildesheim . . 


61 

— 

61 

623 

2525 

88 

Lüneburg. . . 


47 

5 

52 

923 

4106 

218 

Stade .... 


32 

2 

• 34 

1431 

6 200 

200 

Osnabrück . . 


29 

— 

29 

963 

5550 

214 

Aurich .... 


26 

— 

26 

1073 

5 940 

120 

Münster . . . 


37 

6 

43 

1174 

5 553 

169 

Minden .... 


24 

6 

30 

1424 

6 206 

175 

Arnsberg . . . 


57 

— 

57 

925 

3 794 

135 

Cassel .... 


53 

16 

69 

777 

4 750 

146 

Wiesbaden . . 


46 

5 

51 

528 

4 658 

110 

Koblenz . . . 


16 

6 

22 

967 

11 949 

282 

Düsseldorf . . 


88 

12 

100 

706 

2 628 

55 

Köln .... 


48 

7 

55 

593 

3106 

72 

Trier .... 


25 

16 

41 

773 

6 783 

175 

Aachen . . . 


27 

1 

28 

800 

6143 

148 

Sigmaringen . . 


7 

— 

7 

758 

6 687 

163 


Digitized by 


Google 












27. October 1898. 


BERLINER THIEKÄK&TL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


515 


0effentliche8 Yeterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Fleisch wchau and Yiehverkehr. 

Berlin: Aiiezug aus dem Flelschschauberieht für Monat September 1898 

A. Schlachthof. 


■ 

Rinder 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13517 

11120 

35 984 

53367 

Ganz beanstandet. 

186 

34 

7 

347 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

2045 

27 

1 

1861 

Davon gänzlich verworfen . 

43 

— 

— ! 

31 

„ sterilisirt und verwerthet 

59 

4 

— 

204 

„ theilweise verworfen . . 

15 

— 

1 

— 

Also vollständig freigegeben 

1928 

23 

1 

1626 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

— 

6 

Mit Finnen behaftet .... 

75 

1 

— 

30 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

6 

— 

— 

13 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 





verwerthet. 

69 

1 

— 

17 

Ausserdem wegen Behaftung 





mitKalkconcrementen, mul- 





tiplen Blutungen n. s.w. sind 




| 

gekocht verwerthet . . . 

— 

j 

2 

45 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern 2651 Stück, bei Kälbern 42 Stück, bei Schafen — Stück, bei 
Schweinen 2534 Stück. 


B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

18 765 

8 659 

2 853 

10120 

Beanstandet. 

54 

11 

1 

8 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

15 



1 

Davon sind sterilis. verwerthet 

9 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

6 , 

— 

— 

1 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

1 

Mit Finnen behaftet .... 

8 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

8 

— 

— 

— 


Unter dem eingeführten Fleisch waren 1359 dänische Itinder- 
viertel, 11 dänische Kälber, 2 dänische Schafe sowie 33 Wildschweine. 


Vieh- und Fleisoheinfuhr Spaniens. 

Nach den amtlichen Ausweisen worden im Jahre 1897 in 
Spanien 4964 Ochsen, 7961 Kühe, 2218 Kälber, 13095 Schweine 
und 394623 Schafe, ferner 161193 Kilo Salz- und Rauchfleisch 
und 849475 Kilo Speck und Schweineschmalz eingeführt. 


Seuchen Statistik und VeterinärpolizeL 

Kleine Mittheilungen. 

Die Anzeigepflicht für Geflügelcholera ist dnreh Be¬ 
kanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 17. er. eingeführt 
worden für Mecklenburg-Strehlitz und Schwarzburg-Rudolstadt. 

Maul-und Klauenseuche auf Schlachthöfen: Bekanntlich 
ist auf Beschluss des Bundesraths ein besonderer Seuchennach¬ 
richtendienst für Schlacht- und Viehhöfe resp. sonstige Viehhandels¬ 
plätze eingeführt worden durch sofortige directe Benach¬ 
richtigung des Kais. Gesundheitsamts und entsprechende Bekannt¬ 
machung seitens des letzteren. Zu diesem Zwecke versendet 


das Kaiserliche Gesundheitsamt jetzt u. A. an die Redactionen 
folgende Mittheilung auf vorgedrucktem Zettel: „Der Ausbruch 
der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom Schlachthofe (Vieh¬ 
hofe, Viehmarkte) zu — Dresden, 21., desgl. 26. October er.“ 

Landespolizsiliohe Anordnung. 

In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬ 
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur 
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend 
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬ 
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus 
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬ 
lage zu Nr. 49 für 1895 des Amtsblatts), bestimme ich, dass die 
Vorschriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung 
sich auf das aus nachbenannten Reichstheilen: 

1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. ans den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬ 
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬ 
schaften Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donankreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den Grossherzoglich hessischen 
Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem 
GrOBsherzogthnm Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogtlmm 
Oldenburg, 9 aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem 
Herzogthum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen- 
Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. ans dem 
Fürstenthum Schwarzbnrg-Rudolstadt, 14. aus dem Fürstenthum 
Waldeck, 15. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen — im Re¬ 
gierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn ge¬ 
langende Rindvieh bis auf weiteres beschränken. 

Bromberg, den 7. October 1891 

Der Regierungs-Präsident. 

Thierseuchen im Auslande. 

Grossbritannien, n. Quartal 1898. 

An Milzbrand erkrankten bei 167 Ausbrüchen 253 Thiere, 
wovon 172 auf England, 68 auf Schottland und 13 auf Wales 
kommen. Die Tollwuth betraf 6 Thiere (und zwar nur Hunde 
in England); 13 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausserdem 
getödtet worden. An Rotz erkrankten in England 302, in Schott¬ 
land 47 Pferde. Die Zahl der wegen Schweinefieber ge¬ 
schlachteten bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen 
Schweine betrug 15372, wovon 13056 auf England, 1492 auf 
Schottland, 824 anf Wales kommen. Die Lungenseuche ist nicht 
aufgetreten; zwei als lungenseucheverdächtig polizeilich ge- 
tödtete Thiere sind seuchefrei befunden worden. 

Oesterreich, n. Quartal 1898. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den 
einzelnen Monaten des Berichtsquartals auf 27, bezw. 42, bezw. 
26 beim Milzbrand, auf 2, bezw. 14, bezw. 18 beim Rauschbrand, 
auf 82, bezw. 72, bezw. 74 bei der Wuth, auf 46, bezw. 68, 
bezw. 75 beim Rotz und Wurm, auf 482, bezw. 352, bezw. 587 
bei der Maul- und Klauenseuche, auf —, bezw. 3, bezw. 12 bei 
der Pockenkrankheit, auf 83, bezw. 172, bezw. 114 beim Bläschen¬ 
ausschlag, auf 78, bezw. 90, bezw. 81 bei der Räude, auf 100, 
bezw. 148, bezw. 253 beim Rothlauf der Schweine, auf 400, 
bezw. 436, bezw. 423 bei der Schweinepest (SchweineBenche). 
Die Lungenseuche und die Rinderpest sind im Berichtsquartal 
nicht aufgetreten. 


Digitized by kjOOQie 












516 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


Ungarn. II. Quartal 1898. 

Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach 
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an: 



April 

Mai 

Juni 

Milzbrand. 

20—42 

30-42 

32—53 

Wuth. 

143—152 

141—152 

126—143 

Rotz und Hautwurm . . 

111—113 

108-112 

117—131 

Maul- und Klauenseuche 

9—18 

8-9 

9—11 

Lungensenche .... 

1-2 

— 

— 

Blattern. 

4—6 

3-4 

4—6 

Bläschenausschlag . . 

10—13 

22-25 

28—32 

Räude . 

78—88 

100—103 

90—103 

Rothlauf der Schweine . 

25-30 

27—44 

46-64 

Schweineseuche . . . 

326—331 

337—426 

474-714 


Dänemark. II. Quartal 1898. 

Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand: 
April 18, Mai 16, Juni 7; Rothlauf der Schweine (milzbrandartige 
Rose): April 102, Mai 103, Juni 113; chronische Schweine¬ 
diphtherie: April 2, Mai 2, Juni 1; Rückenraarkstypbus der 
Pferde: April 9, Mai 2, Juni —; bösartiges Katarrhfleber deB 
Rindviehs im April 7, im Mai 4, im Juni 6. 

Schweden. II. Quartal 1898. 

Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 25, 
der an Ranschbrand 9, der an Maul- und Klauenseuche 8, der 
an Schweinepest und Schweineseuche 1. 

Viehseuchen und Vieheinfuhr in England Im Jahre 1897. 

Der Milzbrand wurde in 44 Grafschaften in England, 5 in 
Wales und 18 in Schottland festgestellt. Bei insgesammt 433 Aus¬ 
brüchen erkrankten 882 Thiere, und zwar 521 Rinder, 284 Schweine, 


39 Schafe und 38Pferde. An derTollwuth erkrankten 151 Hunde 
und 16 andere Thiere, ausserdem wurden 305 ansteckungsver- 
dächtige Hunde getödtet. Rotz kam in 1635 Fällen zur Beob¬ 
achtung. Von den 1324 in England festgestellten Fällen kommen 
allein 966 anf die Grafschaft London. 

Die Lungenseuche wurde in England in den Grafschaften 
Essex bei 8, Middlesex bei 15 und London bei 23 Rindern fest- 
gestellt; als der Ansteckung verdächtig wurden in England 726 
und in Wales 15 Thiere getödtet. An Räude erkrankten 33546 
Schafe, hiervon entfallen auf England 24 112, auf Wales 7893, 
auf Schottland 1541. Am stärksten betroffen waren die Graf¬ 
schaften Northampton mit 3153 und Notts mit 2104 Fällen. 

Das Schweinefieber ist in 74 Grafschaften aufgetreten. 
40432 Schweine wnrden als erkrankt oder der Ansteckung ver¬ 
dächtig geschlachtet, hiervon kommen 35 723 auf England, 
3576 auf Schottland und 1133 auf Wales. Die Maul- und Klauen¬ 
seuche und die Pockenseuche der Schafe sind nicht aufgetreten. 

Im Juni 1897 waren in Grossbritannien orteanwesend 
6 500 497 Stück Rindvieh, 26 340 440 Schafe, 2 342 302 Schweine 
gegen 6 493 582, bezw. 26 705 329, bezw. 2 878 801 Thiere im 
Vorjahre. 

An lebenden Thieren wurden eingeführt 1364 333 Rinder 
(gegen 1244113 im Vorjahre), 1 416 019 Schafe (gegen 1506898) 
und 695 307 (gegen 610593) Schweine, zusammen 3 475 659 Thiere 
gegen 3 361 604 im Vorjahre. 

Die Verluste an Thieren während der Ueberfahrt von den 
Exportländern betrugen 8999 Rinder (1,5 pCt) und 15176 Schafe 
(2,5 pCt.) gegen 6439 Rinder (l,lpCt.)und 12 520 Schafe (1,6 pCt) 
im Vorjahre. 


Personalien. 

Ernennungen : Thierarzt W. K e 11 e r, Assistent am anatom. Institut 
der Thierärztl. Hochschule in Berlin znm Prosektor, Rossarzt.Mliger 
vom Drng.-Rgt No. 19 zum Assistenten — daselbst Thierarzt 
C. V a e r s t - Meiningen zum Assistenten an der Thierärztl. Hoch¬ 
schule in Dresden. Thierarzt Christ. Wirt h-Kempten znm Assistenten 
an der Lchrschmiede der Thierärztlichen Hochschule in München. 

Städt. Bezirksthierarzt und Schlachthofverwalter Ludwig 
S c h m i d-Passau auf sein Ersuchen in den Ruhestand versetzt 

Versetzt: Kreisthierarzt Sch m itt - Mayen nach Cleve, 
Kreisthierarzt Decker- Meisenheiin nach Mayen. 

Gewählt: Kreisthierarzt K. Knopf- Schleusingen neben¬ 
amtlich zum Schlachthausthierarzt daselbst, Thierarzt K 1 ap hake- 
Glisten zum Schlachthofdirector in Zeitz. 

Das Examen als beamteteThicrärzte bestanden 
in Berlin: Thierarzt G o e t z e , Assistent an der Thierärztlichen 
Hochschule in Berlin, Thierarzt B r a e d e 1 - Berlin, Thierarzt 
HUckstaedt - Weisscnsee (Pr. S.), Thierarzt Sepiney er- 
Fürstcnberg i. Wcstf., Thierarzt M. B e r n h ard -Ranis (Pr. S.), 
Schlachthausthierarzt Bütteh er -Stettin,Rossarzt E i c k e-Stallu- 
pönen, Thierarzt H. Hoffmeister - Berlin, Thierarzt B. Schulze- 
Burg, Schlachthau8thicrarzt S c h 1 i e p c r - Orteisburg, Schlachthaus¬ 
thierarzt W o I p e rs - JUlicb, Thierarzt Ehling-Winsen (Hann.). 

Approbationen: Berlin: Stud. Fried r. Günther. 

Wohn8ltzveränderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: 
Thierarzt S i e b e r-Zabrze nach Kattowitz (O -S.), Thierarzt Wilh. 
Weigand-Glanmilnchweiler nach Weingarten bei GermerBheim 
(Rheinpfalz), Thierarzt L. B ü tt n e r-Penzlin nach Eberswalde. 

In der Armee: Rossarzt L oe w n er-Breslau zum Oberrossarzt 
befördert. ___ 

Vacanzen. 

Krelsthierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Steilen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
650 M.) Bew. an Reg.-Präs. — R.-B. Frankfurt: Oststernberg 
mit Wohnsitz in Zielenzig. Bew. bis 5. Nov. an den Reg.-Präs. — 
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis *0. Oct an den Reg.-Präs. 
— R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln: Kosel 
Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomiscbel. 


b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Liegnitz: Freystadt. — R.-B. Osnabrück: 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sanitfttsthlerarztetelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Elbing: Schlachthofdirector (3000—1500 M., freie Wohnung und 
Heizung. Privatpraxis ausgeschlossen. Examen als beamteter 
Thierarzt.). Bew. bis 29. October an Magistrat. — Mainz: 
Schlachthofassistenztierarzt. (150 M., freie Wohnung). Bew. bis 
1. Nov. an Bürgermeisterei. — Nürnberg: Zwei Schlachtbausliilfs- 
thierärzte (2400 M., Privatpraxis nicht gestattet). Bew. bis 10. Nov. 
an Magistrat. — Ratibor: Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899. 
(3000—3800 M. freie Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat. 

Prlvatetellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra). 
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Dre ngfurt — Gleschendorf 
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit- 
Beben. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar¬ 
gen au: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. - 
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein): 
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: 
Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — Geringswalde: 
Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt 
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Massow 
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.) 
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans 
Fleischbeschau 600 Mark). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt 
(Zuschuss 200 M. u. Ucbertragung der Fleischschau). Bew. umgehend 
an Bürgermeister Igel. — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober- 
I marschacht (Elbe). — Plathe (Pom.): Thierarzt (Einnahme aus 

Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen¬ 
burg-Schwerin): Thierarzt — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Aus- 
i kunft durch Magistrat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme 
i aus Fleischschau ca. 500M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön¬ 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schön fl iess (Ncu- 
mark): Näheres Thierarzt Kühn- Joachimsthal. — Stoppenberg 
(bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürgermeister. 

Besetzt: Staatsstelle: Cleve, Sanitätsthierarztetelie: Zeitz. 

Druck von W. BBxeniteln. Berlln- 


Verantwortlich Air den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prot Dr. Schmält* In Berlin. — Verla« und Eleenthum von Richard Schoetz in Berlin. 


Digitized by LjOOQie 












Dia „Berliner Thlerirxtllche Wochenschrift“ erscheint 
wöchentlich in Starke von mindesten« 1'/, Bogen. Dieselbe 
Ist tu bestehen durch den Buchbendel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, sum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeitrftge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt. 
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmalts, 
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenslons-Rxemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M U Ausgegeben am 8. November. 

Inhalt: Imminger: Bericht Uber die 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf 
vom 19.—24. September 1898. — Pflanz: Ueber mein Embryotora. — Referate: Thesen des IV. französischen Con- 
gresses zum Studium der Tuberculose. — Bang: Die Bekämpfung aer Thiertuberculose durch prophylactische Massregeln. — 
Himmelstoss: Maul- und Klauenseuche bei Schafen und Ziegen — Fr ick: Die Akne des Hundes und ihre Heilung. — 
Dur ha in: Tsetse-Krankheit. — Nosott i: Die Malariakrankheit des Rindviehs auf dem Agro romano. — Kraus: Ueber 
einen electrisch geheizten und regulirbaren Objecttisch. — Piorkowski: Heizbarer Färbetisch. — B o w h i 11: Eine neue 
Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei Gebrauch einer Orce'inbase. — Fish: Ein einfaches Verfahren zum Nachweis von 
Eiweise im Harn. — Thierhaltung und Thierzucht: Die landwirtschaftliche Thierhaltung in denVereinigten Staaten 
von Nord-Amerika. — 0 e f f e n 11 i c h e s Veterinärweien: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und 
Viehverkehr. — Büche ranzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen. 


Bericht über die 

70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte 
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898. 

Zweite Sitzung der Section für Veterinärmedizin am 20. September. 

Vorsitzender Dr. Lothes. 

Ueber den sogenannten Klaoenkrebs (Klauennekrose) 
beim Binde. 

Vortrag von 

„ J. Imminger -Würzburg, -> > 

K. bzyer. Krellthierarzt. 

(Fortsetzung). 

Meine Herren ! Die Entdeckung des Necrosebacillaß durch 
Löffler hat eine Reihe von weiteren Untersuchungen über die 
Bedeutung dieses Mikroorganismus im Gefolge gehabt. Von 
Letztem sind die Arbeiten Bang's als geradezu bahnbrechend 
zu bezeichnen. Dieser geniale Forscher hat, wie Ihnen allen 
bekannt, nachgewiesen, dass durch den Bacillns necrophorus die 
verschiedensten krankhaften Veränderungen bei unseren Hans- 
thieren hervorgerufen werden können. Es ist hier nicht meine 
Aufgabe, die verschiedenen durch den genannten Bacillns hervor¬ 
gerufenen Complicatiouen näher anzuführen, sondern ich möchte 
nur diejenigen Veränderungen, welche den Praktiker am meisten 
beschäftigen, etwas näher in den Bereich meiner Betrachtungen 
ziehen. 

Welch’ grosse Verluste entstanden nicht schon in manchen 
sehr werthvollen Viehbeständen durch die sogenannten bösartigen 
Klauengeschwüre der Rinder, nnd welche Mühe wurde oft aof- 
gewendet, nm dieses vielfach endemisch anftretende Leiden in 
den betroffenen Stallangen za bekämpfen. Alles Mögliche wurde 
versucht; die Erfolge entsprachen jedoch meist nicht der auf- 
gewandten Mühe, denn immer wieder sah man trotz der an¬ 
gewandten Vorbeugungsmittel neue Fälle auftreten und ältere 
scheinbar abgeheilte Krankheitsprocesse recidiviren. 

Von den Krankheitserscheinungen, welche im Gefolge der 
Klanengeschwüre auftreten, sind neben einer starken Deformität 
der Klauen eine umfangreiche Verdickung der Fassenden, welche 
sich oft bis über die Afterklanen und noch höher hinauf er¬ 
streckte, besonders augenfällig. Solch erkrankte Thiere zeigen 
mehr oder weniger heftige Schmerzen, geringe Fresslust, be¬ 


deutend herabgesetzte Milchsecretion und magern allmälig ab. 
Im weitern Verlauf der Krankheit liegen die Thiere viel; es 
entstehen an den Carpalgelenken, an der Uuterbrnst, an der 
änssern Fläche der Sprunggelenke sowie der Hüftgelenke wunde 
Stellen, welche der Ausgangspunkt tiefgehender Veränderungen 
sein können. Der Necrosebacillns beginnt hier in noch weit 
grösserem Umfange als an den Klanen seine langsamen, aber 
sicheren Zerstörungen. 

Was die Ausbreitung des Leidens im einzelnen Falle anbe¬ 
langt, ;so habe ich schon Stallungen gesehen, in denen der vierte 
Theil des gesammten Rindviehbestandes von demselben in mehr 
oder weniger heftiger Weise ergriffen war. 

Welche Anstecknngsfähigkeit die Krankheit; besitzt, mögen 
Sie darauB ersehen, dass wenn gesunde Thiere mit völlig intakten 
Klanen auf Plätze gebracht wurden, auf denen vorher erkrankte 
Rinder gestanden hatten, dieselben nicht selten nach Verlauf von 
wenigen Wochen ln ganz gleicher Weise erkrankten. Dabei habe 
ich beobachtet, dass das Scheckvieh mit weichem weissen Klauen¬ 
born viel rascher hiervon befallen wird, als einfarbige mit 
Bchwarzem Klauenhorn ausgestattete Thiere. 

Fragen wir uns nun, wie kommt es, dass ein derartiges 
Leiden in einem Stalle oft plötzlich grössere Verbreitung finden 
kann, obwohl daselbst in früherer Zeit niemals ein Thier in der¬ 
artiger Weise erkrankt gewesen ist, so müssen wir in erster 
Linie in Betracht ziehen, dass nach den Untersuchungen von 
Jensen*) der Necrosebacillns ein ständiger Bewohner des Darm¬ 
canals ist, dasB ferner die in diesem Parasiten schlummernden 
Fähigkeiten plötzlich zu erhöhter Energie angefacbt werden 
können. Diese virulenten Keime gelangen mit dem Koth nach 
aassen. Hierdurch ist die Möglichkeit einer allgemeinen Iofection 
des Stallbodens gegeben, für welche meine langjährigen praktischen 
Erfahrungen sprechen. 

Meine Herren! Es entstände nun die weitere Frage, wenn 
der Necrosebacillns ein ständiger Bewohner des Darmcanales ist, 
wie kann es dann kommen, dasB diese Mikroorganismen plötzlich 
eine erhöhte Giftigkeit erlangen, so dass durch dieselben ein 
früher nie gekannter, höchst gefährlicher Krankheitsprocess her- 

*) cf. Jensen: Die vom Necrosebacillus hervorgerufenen Krank¬ 
heiten. Referat in der Göring’schen Wochenschrift von 1897. No. 15, 
Seite 144-147. 


Digitized by LjOOQie 








518 

vorgerufen wird? Eine Erklärung hierfür ist nur in der Weise 
möglich, dass diese Saprophyten, die sonst ganz unschädliche 
Bewohner des Darmcanals sind, plötzlich durch besondere, bis 
jetzt noch nicht näher gekannte Umstände an Giftigkeit im Thier¬ 
körper gewinnen. Kitt*) hat dies bereits für das Bacterium 
avicidnm angenommen, indem er schreibt: „dass diejenigen Ver¬ 
hältnisse, welche eine Steigerung der Virulenzenergie beim 
Bacillus der Hühnercholera zu Stande bringen, noch nicht 
genügend erforscht seien, jedoch gehe diese Annahme, dass dies 
wirklich der Fall ist, aus praktischen Beobachtungen hervor“. Was 
Kitt für das Bacterium avicidum gelten lässt, möchte ich in 
ganz gleicher Weise auch für den Necrosebacillus gelten lassen. 
Nach meinen gemachten Beobachtungen dürfte diese Virulenz¬ 
steigerung mit einer allzu intensiven Ernährung der Rinder und 
insbesondere mit der umfangreichen Verabreichung von Brennerei¬ 
abfällen in Zusammenhang zu bringen sein. Unter derartig ge¬ 
haltenen Beständen finden Sie das Vorkommen necrotischer 
Processe selbst nach den geringsten Verletzungen viel häufiger 
als in Beständen mit anderer Fütterungsweise. Neben diesem 
Umstande dürften aber auch die Bodenverhältnisse bei der Ent¬ 
stehung des Leidens in Betracht kommen. In stark gedüngten 
schwarzen Böden, in Böden mit moorigem Grunde scheint der 
fragliche Krankheitserreger sich besonders leicht lebensfähig zu 
erhalten. Gleichzeitig muss er unter den vorbezeichneten Lebens¬ 
bedingungen lange Zeit eine weit grössere Virulenz beibehalten 
können, als dies beim Aufenthalt im Darmcanal der Fall ist, da 
in letzterem Falle mit dem Wechsel des Futters, d. h. mit der 
Weglassung des Kraftfutters bezw. der Brennereiabfälle die 
Häufigkeit solcher Erkrankungen sofort gemindert wird, sofern 
die bereits hiervon ergriffenen Stücke aus dem Stalle entfernt 
sind und eine exacte Desinfection der Räumlichkeiten vorgenommen 
worden ist. Ungleich schwieriger gestaltet sich die Bekämpfung, 
wenn Thiere auf inficirten Böden geben müssen, sei es auch, 
dass sie nur beim Gang znr Tränke derartigen Boden berühren. 
In diesen Fällen können schon von den oberflächlichsten Ver¬ 
letzungen ausgehend in kürzester Zeit die tiefgehendsten Zer¬ 
störungen an den Klauen entstehen. Besonders leicht treten 
diese Veränderungen bei vorhandener hohler Wand, die sich bei 
Stallrindern fast regelmässig vorfindet, ein. Es sei gleich hier 
bemerkt, dass durch die Einlagerung von Schmutz in die hohle 
Wand die zur Bekämpfung der Krankheit zu empfehlende Stall- 
desinfection in der Mehrzahl der Fälle illusorisch gemacht wird. 
Die Zerstörung der Klauen durch den necrotisirenden Process 
beginnt der Regel nach an der Klauenspitze und macht sich nach 
aussen wenig bemerkbar. Ja, es kann schon das halbe Klauen¬ 
bein zerstört sein, ohne dass am Fusse irgend welche Schwellung 
oder bei Druck auf die Klaue Schmerzensäusserungen zu erkennen 
wären. Ein derartig erkrankter Fuss ist, äusserlich betrachtet, 
so tadellos, dass es fast unglaublich erscheint, dass bereits solch’ 
hochgradige Zerstörungen an demselben vorhanden sind. Die 
einzigen Beobachtungen, welche an den so erkrankten Thieren zu¬ 
nächst gemacht werden können, sind die, dass sie das glänzende Haar¬ 
kleid verlieren und weniger gut genährt aussehen. Dieselben sind 
vollständig fleberlos, die Milchsecretion geht jedoch regelmässig 
nahezu bis auf die Hälfte zurück. Beim Gehen lässt sich wenig 
wahmehmen, nur glaubt man ein etwas vorsichtigeres Auftreten 
beobachten zu können, ähnlich dem eines Pferdes, das „klamm“ 
geht 

Wird die erkrankte Klaue durch Abtragen des Hornes ge¬ 
öffnet, so entleert sich eine dicke, chocoladenbraune, schmierige 
Zerfallsmasse von brenzlichem Gerüche. Derartige Zerfallsherde 
zeigen, wenn sie geöffnet werden, keine Gasansammlung. Es be- 

*) cf. Kitt, Bacterienkunde. II. Auflage 1893, Seite 206. 


No. 44. 

steht demnach in denselben kein höherer Druck, wie solches bei 
den gewöhnlichen Sohlengeschwüren zu beobachten ist. Dies ist 
ein Hanptunterscheidungsmoment der bösartigen Klauengeschwüre 
von den gewöhnlichen Abscessen in den Klauen. Ausserdem 
haben die durch die Wirkung des NecrosebacilluB veränderten 
Weichtheile der Klauen ein zerfressenes, schmutzig-graublaues 
Aussehen und äusserst wenig Tendenz zur Heilung. 

Findet eine Oeffnung der Zerfallsherde nicht statt, so kommen 
dieselben im weiteren Verlauf der Krankheit am Ballen, an der 
Krone oder in der Klaueuspalte von selbst zum Durchbruche. Erst 
nach eingetretenem Durchbruche wird das von dem Krankheita- 
process gelieferte Secret übelriechend. Auch beobachtet man 
alsdann öfters geringgradiges Fieber, welches im späteren Ver¬ 
laufe in der Mehrzahl der Fälle zunimmt. 

Im Hinblick auf den vorbeschriebenen Krankheitsverlanf 
kann ich Hess*) nicht beistimmen, wenn er sagt, dass das 
Leiden mit einer oberflächlichen Hautentzündung beginne, und 
vom Ballen, von der Krone, dem Klauenspalte ans, sich über die 
übrigen Theile der Klauen verbreite, sondern ich möchte gerade 
die vorangeführte Form als die regelmässige betrachten. Vor¬ 
aussetzung ist dabei, dass das Leiden frühzeitig genug erkannt 
wird, d. h. ehe nach irgend einer Seite hin ein Durchbruch erfolgt 
ist. Mit Rücksicht auf die Entstehung der Krankheit ist es zur 
Erlangung eines dauernden Erfolges ein unbedingtes Erforderniss, 
dass in Gehöften, in welchen dieselbe in seuchenhafter Ver¬ 
breitung auftritt, nicht nur die Stallungen, sondern ganz be¬ 
sonders die mit Jauche, Dünger etc. verunreinigten Hofräume 
einer entsprechenden Reinigung und Desinfection unterzogen 
werden. Sehr empfehlen möchte ich, solche inficirten Hofräame 
nach bethätigter gründlicher Reinigung mit einer dünnen Schicht 
feiner Steinkohlenasche (sog. Lösch) aufzulüllen. 

Interessant ist die von mir wiederholt gemachte Beobachtung, 
dass Thiere, welche beim Beginne des Klauenleidens noch ganz 
geringe Veränderungen zeigen, durch das zufällige Hinzntreten 
eines entzündlichen Krankheitsprozesses an einem andern Organ 
in wenigen Tagen unter Eintritt hohen Fiebers hochgradig er¬ 
kranken. In diesen Fällen dehnen sich die necrotischen Zer¬ 
störungen nicht selten über die ganze Klaue aus. Der mit 
diesen Leiden nicht vertraute Praktiker glaubt anfänglich diese plötz¬ 
liche Verschlimmerung im Befinden des Thieres als die Folgen 
des entzündlichen Processes oder, sofern beispielsweise ein Gebär¬ 
muttervorfall hinzugekommen ist, auf die bei der Reposition 
immer mehr oder weniger hervorgerufenen Verletzungen der 
Uterus8chleimhaut mit ihren Folgen zurückführen zu müssen, bis 
eine spätere Untersuchung diese falsche Annahme beseitigt, 
indem man hierbei mit Staunen den rapiden Fortschritt der 
Zerstörung an den wenige Tage vorher noch ganz leicht er¬ 
krankten Klauen wahrnimmt. Wir können also hier von einer 
plötzlichen Steigerung der Virulenzenergie des Necrosebacillus 
sprechen, hervorgerufen durch einen anderweitigen Entzündung*- 
process, einen Vorgang, den ich als Symbiose bezeichnen möchte. 

Am schönsten ist ein derartiger Vorgang zu beobachten, wenn 
unter den Thieren eines von der Klauennecrose betroffenen Ge¬ 
höftes die Maul- und Klauenseuche auftritt. Hier kann man durch 
das Eindringen des schon in Folge der Seuche mit erhöhter 
Virulenz ausgestatteten Necrosebacillus in das an der Krone oder 
an den Ballen losgelöste Klauenhorn, Zerstörungen an den darunter 
liegenden Partien von verschiedener Intensität bei der Mehrzahl 
der erkrankten Rinder nachweisen. Bei sehr gut und intensiv 
genährten Thieren können diese Processe grossen Schaden ver¬ 
ursachen. Aber auch in Viehbeständen, in denen dieses Leiden 

*) cf. Hess, Klauenkrankheiten des Rindes, Hufschmied, 18S& 
Seite 117—119. 


BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by 


Google 





BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


3. November 1898. 

vorher nicht geherrscht hat, sind bei Manl- und Klauenseuche 
derartige Vorgänge zu beobachten. Wenn nun Hess*) solche 
nach Maul- und Klauenseuche vorkommenden Veränderungen in 
seiner vorerwähnten Arbeit als ein selbstständiges Leiden be¬ 
trachtet, und wie die meisten Praktiker diesen Krankheitsprocess 
einfach als ein Folgeleiden der Maul- und Klauenseuche ansieht, 
so kann ich diese Ansicht nicht theilen. Wir haben es hier viel¬ 
mehr mit den Zerstörungen zu thun, welche durch den in Folge 
der Aphthenseuche mit gesteigerter Virulenzenergie ausgestatteten 
NecrosebacillnB geschaffen sind und deren Intensität sich ganz 
nach den begleitenden Umständen richtet. Die Steigerung der 
Virulenzenergie ist um so grösser, je heftiger die Maul- und 
Klauenseuche auftritt. Die von mir seit Jahren nach dieser 
Richtung in der Praxis gemachten Beobachtungen scheinen auch 
durch eine vor kurzer Zeit in der „Deutschen medicinischen 
Wochenschrift“ veröffentlichte Arbeit von Brieger und Ulilen- 
huth**) über „Blnt- und Organgifte“ ihre volle Bestätigung zu 
finden. Diese Forscher haben im Blutserum von Rind, Schwein, 
Hammel, Kaninchen und beim Menschen Necrose bildende Toxine 
nachgewiesen, deren Menge bei pathologischen Zuständen, wie 
Scharlach, Typhös, im menschlichen Blutserum so erheblich zu¬ 
nimmt, dass Meerschweinchen schon durch subcutane Injection 
geringer Serummengen getödtet werden können. 

Wenn ich derartige Vorgänge als eine Symbiose bezeichne, 
so halte ich diese Bezeichnung insofern für gerechtfertigt, als ja 
durch die vorerwähnten Forscher experimentell nachgewiesen ist, 
dass andere pathogene Keime nöthig sind, um eine gesteigerte 
Giftigkeit des Necrosebacillus zu veranlassen. Das gleiche Ver¬ 
hältnis dürfte auch beim Tetanus bestehen. Der Tetanusbacillus 
ist constant im Darminhalte des Pferdes nachzuweisen. Würde 
nnn die Ursache des Starrkrampfes von den betr. Bacillen allein 
ausgehen, so müsste eine weit grössere Zahl von Starrkrampffällen 
znr Beobachtung kommen. Da dies nicht der Fall ist, hat die 
Ansicht Platz gegriffen, dass auch hier eine Art Symbiose be¬ 
stehen muss, die eine Virulenzsteigerung der Tetanusbacillen 
hervorzurofen im Stande ist. 

Auf einen weiteren Umstand möchte ich an dieser Stelle noch 
hinweisen, nämlich, dass in solch inficirten Ställen bei oft ganz 
geringfügigen Verletzungen in den Geburtswegen, wie dieselben 
bei den leichtesten Geburten Vorkommen, necrotische Verände¬ 
rungen mit unglaublicher Schnelligkeit von mächtiger Ausbreitung 
entstehen können, welche in kürzester Zeit den Tod des Thieres 
herbeizuführen vermögen. Auch Bang***) macht bereits in seiner 
betr. Arbeit auf derartige Vorkommnisse aufmerksam. Diese für 
den Praktiker höchst unangenehme Thatsache mahnt daher znr 
änssersten Vorsicht und zur peinlichsten Beobachtung und Be¬ 
handlung derartiger Patienten, um solch hochgradigen necrotischen 
Zerstörungen vorzubeugen. 

Erwähnen will ich noch, dass vielfach Rinderställe durch 
frisch eingestellte Thiere, die mit diesem Leiden, wenn auch nnr 
im geringen Grade — behaftet sind, inficirt werden können, 
weshalb, wie Hessf) in seiner Publication sehr richtig bemerkt, 
frisch eingestellte Thiere vorher sorgfältig zu untersuchen bezw. 
vorerst zu separiren sind. 

Gerade so, wie bei Tbieren mit intensiver Ernährung unter 
gewissen Umständen eine gesteigerte Virulenz des Necrosebacillus 
beobachtet werden kann, findet man bei Rindern, die mangelhaft, 

*) cf. 1. c. Seite 114—117. 

**) No. 10 und 11 der „Deutschen med. Wochenschr.“ v. h. J. und 
„Centralblatt für Bactöriologie“, XXIV. Band, Seite 188. 

***) cf. Bang, Om Aarsagen til local Necrose. Maanedskrift for 
Dyrläger, Band II. 1890—1891, Seite 236. 

t) cf. 1. c. Seite 119. 


619 

wie beispielsweise mit schlecht eingebrachtem oder an Nährstoffen 
armem Heu, ernährt werden, also besonders in nassen Jahren, dass, 
sobald bei vorgeschrittener Magerkeit eine bestimmte Erweichung 
bezw. Verflüssigung des Knochenmarkes eingetreten ist, aus den 
oberflächlichsten Verletzungen an den Füssen, besonders am 
Carpalgelenke, am Sprunggelenke, an der Höfte, am Euter nicht 
selten ausgedehnte necrotische Veränderungen hervorgehen. Hier 
scheint also die verminderte Widerstandsfähigkeit des thierischen 
Organismus eine gesteigerte Virulenz des Necrosebacillus zu 
bedingen, denn sobald solch’ erkrankten Tbieren noch frühzeitig 
genug entsprechende kräftige Nahrung gereicht wird, tritt eine 
Besserung des Allgemeinbefindens unter gleichzeitiger Abheilung 
der necrotischen Erkrankungsherde ein. 

Ich habe diesem Leiden den Namen Klauenkrebs gegeben, da 
ich diesen Namen nach den an den Klauen hierbei vor sich gehenden 
Veränderungen für am geeignetsten und am einfachsten halte. 
Wenn in der Literatur die Behauptung aufgestellt wird, dass 
bei Rindern, wenn auch sehr selten, ein dem Hufkrebs des Pferdes 
identisches Leiden schon beobachtet worden sei, und Delmer- 
Alfort*) im Recueil de möd. v^t vom vorigen Jahre hierüber 
berichtet, so muss ich bemerken, dass ich bei Rindern ganz 
ähnliche Erkrankungen beobachtet habe, und zwar in Stallungen, 
in denen durch den Necrosebacillus vielfach krankhafte Ver¬ 
änderungen an den Klauen hervorgerufen wurden. Dies betraf 
immer solche Rinder, bei denen ein Stillstand des necrotischen 
Klanenleidens ohne jedes Zuthun — also von selbst — unter 
Zurücklassung einer bald grösseren, bald kleineren höchst übel¬ 
riechenden, dem Hufkrebs des Pferdes ähnelnden Geschwürfläche 
eingetreten ist Letztere bleibt sich meist gleich und lässt keine 
Tendenz zur Heilung bezw. zur Hornbildung erkennen, was jeden¬ 
falls zu der falschen Anschauung geführt haben dürfte, solche 
Processe mit dem Hufkrebs des Pferdes zu identificiren. 

Meine Herren! Ich käme nun kurz auf mein therapeutisches 
Verfahren zu sprechen, und kann hierbei den diesbezüglichen 
Angaben in den Arbeiten von Harms**), Hess***), Möllerf) etc. 
wenig Neues mehr hinzufügen. 

Mein Verfahren ist ein rein operatives. Die niedergeschnürten 
Thiere werden hart neben einer ca. ein Meter hohen Holzver- 
schaalung auf den Rücken gelegt und der zu operirende Fuss 
an dieser Holzwand ausgebunden, gründlich gereinigt und ins¬ 
besondere alles Klauenhorn von den anhaftenden Kothpartikelchen 
befreit. Nach hergestellter künstlicher Blutleere wird das Horn 
der erkrankten Klaue soweit wie möglich niedergeschnitten, alles 
unterminirte Horn entfernt und besonders jeder Horndrock bei 
Veränderungen (starken Schwellungen) im Klauenspalt oder an 
der Krone beseitigt-j-f). 

Ist dies geschehen, dann nehme ich den scharfen Löffel und 
beseitige rücksichtslos alles erkrankte Gewebe. Ist das Klauen¬ 
bein ergriffen, so muss dasselbe soweit von dem umgebenden 
Horn und von den Fleischtheilen befreit werden, als der Krank- 
heitsprocess reicht. Hierbei ist der bekannte Spruch: „lieber zu 
viel als zu wenig“ ganz besonders zu beachten. Wenn man 
bedeokt, dass der Necrosebacillus sich hauptsächlich in der 

*) cf. Referat in der „Deutschen thierärztlichen Wochenschrift“ 
von 1897, No. 46, Seite 404. 

**) cf. Harms, Erfahrungen über Rinderkrankheiten und deren 
Behandlung, II. Auflage, 1895, Seite 297—308. 

***) 1. c. Seite 119—120. 

t) cf. Möller, Lehrbuch der speciellen Chirurgie, II. Band, 
II Auflage 1893, Seite 928/931. 

ft) Bei der Operation leisten die in Hauptner’s Catalog unter 
No. 2248 und 2252 angeführten Instrumente vorzügliche Dienste. 
Des Weiteren möchte ich zur Bearbeitung der kranken Theile die 
Hufinstrumente von Buss ganz besonders empfehlen. Hauptner’s 
Catalog No. 2126 bis 2126e. — 


Digitized by kaOOQie 




520 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


Peripherie des Krankheitsprocesses nach weisen lässt und dass 
derselbe die Blutgefässe ausfiillend vorwärts dringt, ohne eine 
bestimmte Grenze (Demarcationslinie) zu zeigen, so werden Sie 
mein rigoroses Vorgehen beim Auslöffeln solcher Veränderungen 
erklärlich finden. Nur so gelingt es, alle inficirten Stellen sicher 
zu beseitigen. 

Bei grösseren und tieferen Kronengeschwüren, bei welchen 
es schon zur Necrotisirung von sehnigen Geweben gekommen ist, 
lässt sich neben dem scharfen Löffel die Scheere mit gutem Erfolg 
verwenden. Mit derselben stellt man leicht ein reines Operations¬ 
feld her, ohne Gefahr zu laufen, das Klauengelenk zu perforiren. 
Ist die Perforation dieses Gelenks bereits eingetreten, so empfiehlt 
es sich, die betreffende Klaue sofort zu amputiren. Erstreckt 
sich der Process weiter in die Höhe und ist insbesondere das 
Krongelenk ergriffen, so muss auch das Kroobein und event. noch 
Stücke des Fesselbeines entfernt werden. Die Hauptbedingung 
für eine rasche Heilung ist die sichere Entfernung sämmtlicher 
abgestorbener Theile. Man erzielt daher mit der Klauenamputation 
in kürzester Zeit die besten Erfolge, ohne dass den Thieren 
irgendwelche Nachtheile erwachsen. Die Heilung ohne Amputation 
nimmt einmal lange Zeit in Anspruch und birgt ausserdem die 
Gefahr in sich, dass Complicationen durch Bildung von necrotischen 
Processen an andern Körperstellen hinzutreten können. Bei 
länger bestehender Eiterung an dem perforirten Gelenk ist dies 
nahezu die Regel. Diese Complicationen machen jedes weitere 
Bemühen, einen Erfolg zu erreichen, werthlos, und sind derartige 
Misserfolge nur der unterlassenen Klauenamputation zuzuschreiben. 

Viele Collegen scheuen sich, eine Klauenamputation vorzu¬ 
nehmen. Das Operationsverfabren ist jedoch sehr einfach und 
leicht anszuführen. Da dasselbe ausser von Harms und Möller*) 
von W. Pfeiffer**) in seinem YVerkchen .,Operationskode für 
Thierärzte und Studirende“, unter Beifügung entsprechender Ab¬ 
bildungen näher beschrieben worden ist, so gehe ich an dieser 
Stelle nicht weiter darauf ein. Die Operationswunde tupfe ich 
nach gründlichster Reinigung gut mit 5 proc. Formalinlösung ab. 
Dasselbe ruft eine leichte Aetzung hervor und hat eine schöne 
und rasche Granulationsbildung zur Folge. Auf die mit 
Formalinlösung angefeuchtete Stelle wird Sublimatgaze sowie die 
entsprechende Menge Watte gelegt und das Ganze mit 1—2 
Mullbinden***) fest verbunden. Nachdem der Verband angelegt 
ist, tränke ich denselben stark mit Theer, um so jedes Ein¬ 
dringen von Jauche und Schmutz zu verhindern. 

Sind die Verbände nicht gut angelegt, und ist eine Ver¬ 
unreinigung möglich, so wird nicht nur die Heilung verzögert, 
sondern Sie sehen auch, dass der necrotische Process in Folge 
Eindringens von Infectionsstoffen sofort wieder an Ausbreitung 
gewinnt. Ein exact angelegter Verband ist daher eine Haupt¬ 
bedingung für das Gelingen der Operation. 

Während die vorerwähnten Autoren den Theer direct auf die 
operirte Fläche auftragen, konnte ich mich zu einem derartigen 
Verfahren niemals entschlossen. Ich durchtränke nur die 
obersten Schichten des Verbandes mit Theer, um die Ver¬ 
unreinigung hintanzuhalten, was bei einiger Vorsicht auch leicht 
gelingt. 

Je nach dem Umfange des operativen Eingriffes kann der 
Verband bis zu 14 Tagen und darüber liegen bleiben, sofern das 
Eintreten erhöhter Schmerzen am operirten Fusse den Erfolg 

*i L. c. 

**) cf. W. Pfeiffer: Operationscursus für Thierärzte und 
Studirende. Berlin 1897, Seite 61—63. 

***) Hierzu verwende ich von der Verbandstofffabrik von 
C. F. W o 1 f r a ui in Augsburg bezogene und nach meiner Anweisung 
hergestellte 10 m lange und 10 cm breite Mullbinden, welche von 
grösster Dauerhaftigkeit sind. 100 Stück kosten 21 Mark. 


nicht zweifelhaft erscheinen lässt. In letzterem Falle muss ein 
Verbandwechsel neben entsprechender Correction der operirten 
Stelle vorgenoramen werden. 

Um grössere Störungen bei Verletzungen der Geburtswege 
in mit demNecrose-Bacillus inficirten Ställen zu vermeiden,empfiehlt 
es sich, im Anschluss an die Geburt Ausspülungen der Scheide mit des- 
inficirenden Flüssigkeiten vorzunehmen. Als ganz besonders wirksam 
habe ich das zwei- bis dreimalige Einbringen von Pyoktanin-Streu- 
pulver (Pyoktaninum coeruleum 2 proc.) in die äusseren Gebnrts- 
wege gefunden. Die Einbringung des Pulvers hat gleich nach 
der Geburt, und zwar in grösserer Menge zu erfolgen und ist 
die folgenden 2—3 Tage noch ein- bis zweimal zu wiederholen. 
Dieses Verfahren hat das eine Unangenehme, dass, da die 
Application des Pulvers mit den Händen zu geschehen hat, der 
Thierarzt Hände wie ein Färbermeister bekommt. 

Hiermit, meine Herren, will ich schliessen, wohl wissend, 
dass ich Ihnen keine erschöpfende Darstellung über die Ver¬ 
hütung wie über die Bekämpfung dieses Leidens gegeben habe. 


Ueber mein Embryotom. 

Von 

Pflanz-Canth, 

Tbierarxt 

In No. 42 der B. T. W. ist von den Herren Wessel und 
Witt ein neu construirtes Embryotom beschrieben worden. Die 
Verfasser heben Eingangs des Artikels hervor, „dass trotz vieler 
Versuche die Aufgabe nicht in gewünschter Weise gelöst sei, ein 
Instrument herzustellen, mit dem man das Becken, den Hais oder 
den Körper leicht und gefahrlos durchtrennen kann ; ‘. Es wird 
dann insbesondere an dem von mir construirten Embryotom be¬ 
mängelt, dass die Anwendung desselben nicht ganz gefahrlos sei, 
insofern, als Theile der Gebärmutter oder der Geburtswege beim 
Drängen des Tbieres zwischen Stangen, Kette und Messer ge- 
rathen und Quetschungen oder Verletzungen entstehen können, 
ferner dass das Instrument nicht ausreichend gereinigt und desin- 
ficirt werden könne, und endlich, dass es zu schwer sei. 

Was zunächst diese angeblichen Mängel anlangt, so sehe ich 
mich veranlasst, Folgendes zu erwidern: 

Ueber die Gefahr bezw. Gefahrlosigkeit bei der Anwendung 
eines Instruments entscheiden nicht theoretische Betrachtungen, 
sondern die praktische Erfahrung. In dieser Beziehung bin ich 
in der Lage, mittheilen zu können, dass ich selbst das Instrument 
in mehr als 40 Fällen angewandt habe, sowohl bei Rindern als 
auch Pferden, und dass nie eine Verletzung des Uterus oder der 
Geburtswege durch dasselbe herbeigeführt worden ist. Ausser¬ 
dem liegen mir die Nachrichten von ca. 20 Collegen aus der 
Praxis vor, welche sämmtlich die sichere und gefahrlose An¬ 
wendung des Instrumentes bestätigen. 

Angesichts der ausgiebigen Erprobung in der Praxis, sowie 
des Umstandes, dass noch von keiner Seite — auch nicht von 
den Herren Wessel und Witt — thatsächliche Beobachtungen 
über Verletzungen durch mein Embryotom gemacht worden sind, 
wird der Einwand, dass die Anwendung desselben „nicht ganz 
gefahrlos“ sei, als ein durchaus unbegründeter bezeichnet werden 
dürfen. 

Ebensowenig ist der Vorwurf gerechtfertigt, dass das von 
mir construirte Embryotom schwer zu reinigen sei. Ich hatte 
ursprünglich ein ganz gleiches Instrument construirt, wie die 
Herren Wessel und Witt, dasselbe jedoch als unpraktisch 
wieder aufgegeben, nachdem ich die Beobachtung gemacht, dass 
das Rohr sich schwerer reinigen lässt als die Stangen. Es be¬ 
darf doch auch thatsächlich keiner weiteren Ausführung, dass ein 
paar einfache Stangen leichter zu reinigen sind, als ein Bohr. 


Digitized by LjOOQie 



3. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


521 


Dagegen dürfte wohl eher die Ecrasenrkette der Herren 
W e b b e 1 nnd Witt, welche abwechselnd ans doppelten nnd 
einfachen Gliedern besteht, mit ihren vielen Löchern nnd Forchen 
der Reinigung Schwierigkeit entgegenstellen, als dies bei meiner 
einfachen Messerkette der Fall ist. Was übrigens den Körper 
meines Instruments betrifft, so ist die Frage der Reinigung bei 
diesem Theile von geringer Bedeutung, weil derselbe einerseits 
nicht in die Geburtswege gelangt nnd andererseits weniger ver¬ 
unreinigt wird. 

Was nun endlich das bemängelte Gewicht anbelangt, so will 
ich zngeben, dass das ursprüngliche Gewicht meines Embryotoms 
wohl ein reichlich hohes war; es bedurfte jedoch nicht grosser 
Studien oder Experimente, um darin Wandel zu schaffen. Die in 
neuester Zeit auf meine Veranlassung hergestellten Instrumente 
haben durchlöcherte Zahnräder und sind zum Theil aus Hohleisen 
gearbeitet, so dass das Gewicht um mehrere Pfund reducirt 
wurde. 

Bemerken will ich hierzu, dass ich mich zu denjenigen Thier¬ 
ärzten zähle, welche mit den Verhältnissen einer umfangreichen 
und nicht mit denen einer Salonpraxis zu rechnen haben. 

Die Frage, ob das Instrument per Fahrrad mitgenommen 
werden kann, muss ich vom Standpunkte eines vielbeschäftigten 
Thierarztes und Geburtshelfers als eine müssige bezeichnen. Der 
Thierarzt, welcher schwere Geburten — und dazu gehören ja 
die Embryotomieu — Öfter zu erledigen bat, und welcher dabei 
nicht etwa nur einem kundigen Helfer Direction giebt, sondern 
nach alter praktischer Gepflogenheit mit entblösstem Oberkörper 
sich stundenlang unter nicht geringer körperlicher Anstrengung 
abgemüht hat, dürfte in der Regel darauf verzichten, nach voll¬ 
brachter Arbeit auf dem Rade nach Hause zu fahren. Auch die 
festeste Gesundheit würde derartige Zumuthungen nicht lange 
ertragen. 

Bei weitem wesentlicher als die Frage, ob ein sonst zweck¬ 
mässiges Instrument etwas mehr oder weniger Gewicht hat, ist 
es mir erschienen, dafür Sorge zu tragen, dass der Kostenpreis 
auch in solchen Grenzen bleibt, dass auch dem Anfänger die 
Möglichkeit gegeben ist, Instrumente, die nicht alle Tage ge¬ 
braucht werden, anzuschaffen. 

Nach dieser Richtung dürfte aber der Preisunterschied zwischen 
35 und 62 oder gar 90 Mark doch eine grosse Rolle spielen. 

So fern es mir liegt, einem Collegen das ihm unzweifelhaft 
zustehende Recht der Kritik schmälern zu wollen, kann ich doch 
eine solche immer nur dann als berechtigt anerkennen, wenn 
sie — Gegenstände der Praxis betreffend — auch ihre Stütze in 
der praktischen Erfahrung hat. 

Uebrigens ist aber die wesentlichste Thatsache wohl 
die, dass die Anwendung des Ecraseurs zur Embryotomie 
im Princip durch mich in die Geburtshülfe eingeführt 
worden ist Nachdem dies geschehen war, ist es nicht schwierig, 
andere ähnliche Instrumente zu construiren. v 

Referate. 

Thesen des IY. französischen Congresses znm Studium 
der Tubereulose. 

1. Die Tuberculose soll unter die ansteckenden Krankheiten 
gerechnet werden, deren Anzeigepflicht obligatorisch ist, alle 
öffentlichen Locale, besonders aber die Schulen, sollen mit hygie¬ 
nisch als geeignet angesehenen Spucknäpfen und deutlichen, 
deren Benutzung betreffenden Bezeichnungen in kürzester Zeit 
versehen werden. 

2. Tuberculöse dürfen nicht in Reconvalescenten-Anstalten 
geschickt werden, welche auch für andere Arten von Kranken 
dienen. 


3. Für Kinder sollen specielle Reconvalescenten-Anstalten 
eingerichtet werden. 

4. Zur Errichtung einer möglichst grossen Anzahl von Sana¬ 
torien sollte sich die Privatinitiative der Aerzte und des Publikums 
vereinen. 

5. Die Vorgesetzten Behörden sollten officiell die hygienischen 
Curse, welche die Liga gegenwärtig in Paris abhält, überall 
unterstützen, damit diese Einrichtung auch auf die anderen Städte 
Frankreichs ausgedehnt werden könnte. 

6. In Anbetracht, dass die unaufhörliche Zunahme der Rinder - 
tuberculose das öffentliche Wohl schwer bedroht, dass die An¬ 
steckung die einzig wirkliche Ursache dieser Zunahme ist, werden 
folgende gesetzgeberischen Massnahmen als dringend vorgeschlagen: 
Trennung der kranken von den gesunden Thieren. Verbot, die 
kranken Thiere zu anderen, wie zu Schlachtzwecken, zu verkaufen. 
Ueberwachung der Kuhställe, von welchen Milch zum allgemeinen 
Verbrauch geliefert wird, und sofortige Schlachtung der Thiere 
mit tuberculöser Euteraffection. Sterilisation oder wenigstens 
Pasteurisation der Milch*), welche zur Butter- und KäsebereituDg 
im Grossen dient, Ausdehnung der Fleischbeschau auf ähnliche 
Weise, wie sie in Belgien seit mehreren Jahren bereits gehand- 
habt wird. Endlich sollten die Regierungen Mittel suchen, womit 
der betrügerische Gebrauch des Tuberculius, welcher sich ein¬ 
bürgert, um das Bestehen der Tuberculose bei zum Verkauf oder 
zum Export bestimmten Thieren zu verbergen, unterdrückt 
werden könnte. 

Die Bekämpfung der Thiertnberculose durch prophy¬ 
laktische M&ssregeln. 

Vortrag, gehalten von Bang auf dem IV. französ. Congress zum 
Studium der Tuberculose. 

• (Mflnch. Med. Woch. 86/98.) 

Da das Rind die grösste Gefahr für den Menschen bringt 
und die übrigen Hausthiere wahrscheinlich durch dasselbe ange¬ 
steckt werden, so muss das Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung 
der Rindertuberculose gerichtet sein. Bezüglich des Fleisches 
der kranken Thiere erkennt B. an, dass in Deutschland das 
Richtige geschehe, indem blos bei allgemeiner Tuberculose das 
Fleisch vom Verkaufe auszuschliessen sei. Bezüglich der Milch 
sollte immer mehr darauf gedrungen werden, dieselbe nur abge¬ 
kocht zu gemessen. Vom Standpunkte der Veterinärpolizei 
wäre das Ideal, alle Thiere, welche mit Tuberculose behaftet 
sind, zu entdecken; diejenigen, welche die Krankheit im höchsten 
Grade und in infectiöser Form (d. h. Bacillen secerniren) be¬ 
sitzen, zu schlachten und die gesunden vollkommen von den 
kranken zu trennen. Wenn auch das Tuberculin nicht völlig der 
ersten Forderung entspricht, so bedeutet es doch einen unschätz¬ 
baren Fortschritt. In Dänemark wird den Thierzüchtern das¬ 
selbe unentgeltlich verabreicht unter der Bedingung, dass jene 
Thiere, welche reagiren, von den gesunden getrennt und auch 
nicht zum Verkauf auf den Markt gebracht werden. Nach 
einem Jahre wird die Tuberculinprobe wiederholt; auch müssen 
die Ställe, wo die gesunden Thiere verbleiben, desinficirt und 
für beide Categorien verschiedenes Putzzeug etc. verwandt 
werden. In dem neuen Tuberculin Behring’s, mit welchem die 
Thiere mit Sicherheit und auf eine gewisse Zeit immunisirt 

*) Betreffs der Sterilisation der Milch wies Bang darauf hin, 
dass Prof. Störsch in Kopenhagen ein Mittel entdeckt hat, um fest¬ 
zustellen, ob Milch auf eine bestimmte Temperatur erhitzt worden 
sei. Wenn man nämlich einer kleinen Menge Milch einen Tropfen 
einer Lösung von Hj 0, und 2 Tropfen einer wässrigen 2 proz. 
Paraphenyl-Diaminlösung zusetzt, so tritt eine Blaufärbung ein, wenn 
die Milch nicht auf mindestens 80° erhitzt worden war; andernfalls 
unterbleibt die blaue Färbung. 


Digitized by LaOOQie 




522 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


werden können, sieht Bang eine neue mächtige Waffe in dem 
prophylaktischen Kampf gegen die Tabercolose. 

Maul- und Klauenseuche bei Schafen und Ziegen. 

Von Himmelstoßs. 

(W»chr. ». Tbierhlk. $7/38.) 

Ueber das Vorkommen der Aphthensenche bei Schafen und 
Ziegen war in der Literatur eine Erörterung nicht eher ent¬ 
standen, als bis Jacobi in der B. T. W. behauptete, er habe in 
löjähriger Praxis niemals Aphthen auf der Maulschleimhaut des 
Schafes gesehen, und andere erfahrene Praktiker diese Angaben 
bestätigten. Jacobi erklärte, da eine contagiöse Klauenseuche 
ohne gleichzeitige Maulaphthen nicht bestände, die Aphthenseuche 
bei Schafen als eine der seltensten Krankheiten. Die oft irr- 
thümlich als Aphthensenche angesehene Moderhinke ist nicht 
contagiös. Es wäre durchaus zweckmässig, wenn mit Rücksicht 
auf die praktische Bedeutung der Sache anlässlich der wissen¬ 
schaftlichen Erforschung der Maul- und Klauenseuche volle 
Klarheit darüber geschaffen würde, inwieweit bei Schafen die 
Aphthensenche thatsächlich vorkommt. Von älteren Autoren 
scheint Dieterichs, der eine gutartige und bösartige Seuche 
unterscheidet, thatsächlich Aphthensenche und Moderhinke bei 
Schafen gesehen zu haben, während andere Angaben sich an¬ 
scheinend nur auf Moderhinke beziehen. Weinmann-Edenkoben 
hat 1848 im Arch. f. Veterinärmed. von Kreuzer Bd. 4 pag. 491 
behauptet, dass, nachdem seit 1780 von der Maul- und Klauen¬ 
seuche nichts mehr gehört worden sei, dieselbe über den Rhein 
durch Schafherden von Neuem eingeschleppt worden wäre. Die 
dem Reichsviehseuchengesetz von 1880/1894 beigegebene Belehrung 
stellt bekanntlich die Ansicht auf, dass bei Schafen und Ziegen 
die Erkrankung an den Klauen häufiger sei als im Maule, dass 
hier die Bläschen nur klein seien und nur am zahnlosen Rande 
des Oberkiefers vorkämen. 

Gegen die Ansicht Jacobi’s ist Schräder-Helmstedt auf¬ 
getreten, der in der B. T. W. 1895 pag. 305 behauptete, dass er 
bei ca. 20 pCt. der klauenkranken Schafe Bläschen auf der 
Manlschleimhaut gefunden habe. Dieser Ansicht haben sich auch 
Frick, Behrens und Saake angeschlossen (B. T. W. 1895). 
Aehnliche Mittheilungen finden sich noch von anderer Seite in der 
B. T. W. 1895 und 1897. 

Hirn meistos 8 hat 1897 beobachtet, wie die Seuche von 
Schafen auf Ziegen, Rinder und Schweine übertragen wurde, 
ln einer Schafheerde waren von 50 Thieren 43 erkrankt; nur 
zwei davon zeigten Veränderungen im Maule. Acht Tage lang 
wurden die Tliiere täglich Stück für Stück im Maule untersucht, 
aber keines zeigte weitere Veränderungen. Bei den beiden an 
Maulseuche erkrankten Schafen fand sich am zahnlosen Rande 
des Oberkiefers ein schmutzig-gelber Belag bezw. ein sehr kleines 
stecknadelkopfgrosses Bläschen ohne jede weitere Veränderung; 
auch Speicheln trat nicht ein. Es gelang auch nicht, ein anderes 
Schaf künstlich im Maule zu inficiren. Die Erscheinungen dauerten 
nur drei Tage. 

Was die Veränderung an den Füssen anlangt, so bestand 
an der Klauenkrone Schwellung und Röthung und zwischen den 
Klauen Ausschwitzung einer lymphatischen Flüssigkeit. Dagegen 
fanden sich weder Bläschen noch Geschwüre. Acht Tage nach 
der ersten Untersuchung waren die Schafe bis auf ein einziges 
gesund und lahmten nicht mehr. Von den Schafen verbreitete 
sich die Seuche, wie gesagt, auf Rinder und Schweine. Das 
Vorhandensein der Aphthensenche in dieser Heerde ist somit 
zweifellos. 

Ebenso sah Himmelst oss im August 1892 die Verbreitung 
der Aphthenseuche durch Ziegen. Von der Ziegenheerde des 
Ortes erkrankten 14 Stück und durch diese wurde die Seuche in 


vier Rinderställe verschleppt Bei den kranken Ziegen bestanden 
Veränderungen im Maule nicht. 

Endlich hat Himmels tos s neuerdings bei einer Schafheerde 
14 an Maulseuche erkrankte Thiere getroffen, welche eine 
Schwellung der Backen und Lippen aufwiesen, wie sie schon 
Frick-Hettstedt und Behrens-Peine in der B. T. W. 1895, 
pag. 306 beschrieben haben. Bläschen waren nicht mehr zn 
constatiren. Die Unterlippen waren mit dicken Krußteu besetzt. 
Keins dieser 14 Schafe zeigte Veränderungen an den Füssen. 
Wenn nicht bereits Rinder an typischer Maul- und Klauenseuche 
erkrankt gewesen wären und die Ansteckung derselben durch 
Schafe zweifellos gewesen wäre, so würde die Diagnose dieser 
ausschliesslichen Maulinfection wahrscheinlich zweifelhaft ge¬ 
blieben sein. 

Die Akne des Hundes und ihre Heilung. 

Von Frick. 

(DUob. Thierärztl. Wichr. 98, 42.) 

Die nicht durch Acarusmilben bedingte Akne des Hundes, 
welche auf dem Nasenrücken auftritt, ist bekanntlich ein sehr 
hartnäckiges Leiden. Frick glaubt im Gegensatz zu Fröhner, 
dass die Anfangsursache nicht in mechanischen Insulten durch 
den Maulkorb zu suchen sei; denn er sah die Akne auch bei 
solchen Hunden, die nie einen Maulkorb trugen, und an Körper¬ 
stellen, wo mechanische Insulte ausgeschlossen waren, nämlich 
auf dem Rücken. Jedenfalls aber werden solche Insulte eine 
Prädispoßition schaffen, wofür auch das Auftreten der Erkrankung 
an gewissen exponirten Gelenken spricht. Im Uebrigen dürfte 
aber die Akne eine infectiöse Erkrankung sein. Ueber den 
Infectionsstoff ist freilich nichts bekannt. 

Die Akne ist übrigens nicht blos eine lästige Hautkrankheit, 
sondern kann auch lebensgefährlich werden. So sah Frick bei 
zwei Teckeln, die an ausgedehnter Akue des Kopfes litten, zu¬ 
gleich furunculÖ8e Defecte der Haut, sowie an den Backen, und auch 
am übrigen Körper einige bis wallnussgrosse subcutane Abßcesse. 
Das Allgemeinbefinden war schlecht. Es bestand Temperatur¬ 
steigerung und bei dem einen gestorbenen Hunde ergab die 
Obduction Pyämie, die von den Aknepusteln ausgegangen war. 

Was nun die Heilung der einfachen, d. h. noch nicht mit 
der Gefahr der Allgemeininfection verbundenen Akne anbelaugt, 
so empfiehlt Frick eine Methode, welche eine günstige Prognose 
gestattet. Darüber, dass die Behandlung eine chirurgische sein 
muss, besteht Einigkeit. Frick hat das Feuer gewählt. Das 
Spalten der einzelnen Pusteln ist jedesmal sehr zeitraubend und wird 
unmöglich bei umfangreicherer Erkrankung, und ebenso ist die 
totale Entfernung erkrankter Hautpartien nicht immer möglich 
und jedenfalls nicht empfehlenswerte Frick anästesirt den er¬ 
krankten Hauttheil nach Schleich und brennt dannn jede Pustel 
mit dem Paquelin'sehen Brenner, dessen Spitze er in die Pustel 
einsenkt. Wenn grössere Pusteln bestehen oder die Haut weiter 
unterminirt ist, so muss der Brenner nochmals eingeführt werden. 
Je sorgfältiger man die stets schlaffe Granulation zerstört, um 
so sicherer ist der Erfolg. Wenn bei Druck auf die soeben ge¬ 
brannte Stelle noch weiter entleert werden kann, so ist das 
Ausbrennen noch nicht genügend. Man kann auf diese Weise 
den ganzen Nasenrücken, die Lippen, Backen u. s. w. brennen, 
ohne dass Blut fliegst und sonstige Schwierigkeiten entstehen. 
An den Brandstellen befindet sich nach 24 Stunden ein trockener 
Schorf, der bis zum Auftreten einer kräftigen Granulation, 
d. h. 4 bis 5 Tage lang, täglich entfernt wird. Die verschorfte 
Stelle wird dann mit 1% Sublimat betupft. Die Abstossung 
aller nekrotischen Bestandteile ist am dritten, spätestens 
fünften Tage erfolgt und dann deckt sich die Wunde mit 
trockenem Schorf ein, unter dem nach 8 Tagen eine Narbe ent- 


Djgitized by LjOOQie 


3 November 1898. 

stebt, die meist nur unbedeutende Spuren hinterlässt. Bei dieser 
Behandlung verschwindet meist sogar die Verdickung der Haut, 
und dieselbe wird wieder weicher und verschieblich. Nur selten 
muss das Brennen wiederholt werden. Es empfiehlt sich aber, 
dabei von vornherein jede verdächtige Stelle mitzunehmen. 

Tgetse-Kraukheit. 

Von H. E. Durham, Esq , Cambridge. 

(Veterinarlan 1808. VoL LXXI No. SiO.) 

Bruce entdeckte, dass die Krankheit durch einen Geissein 
tragenden Parasiten Trypanosoma aus der Protozoengruppe ver¬ 
ursacht wird. Die Tsetsefliege übertrögt die Parasiten von 
kranken auf gesunde Thiere. Das weibliche Insect ist vivipar. 
In den „Fliegendistrieten“ Südamerikas findet Trypanosoma 
die Bedingungen für seine Entwicklung auch im Blut einiger 
wilden Thiere. In England ist mit den lebenden Parasiten eine 
grosse Zahl Experimente von Blanford, Kanthack und Dur¬ 
ham gemacht worden. Die Einimpfung desselben bat einen 
tödtlichen Ausgang beim Pferd, Esel, Ochsen, Hund und bei der 
Ziege, weiter bei Mäusen, Batten und Igeln zur Folge. Das Meer¬ 
schweinchen kann in einigen Fällen der Infection mehrere Monate 
Widerstand leisten. Bei Batten und Mäusen kann der Krankheits¬ 
erreger in den letzten Tagen der Krankheit in enormer Zahl im 
Blute Vorkommen, während derselbe bei Meerschweinchen der Kegel 
nach sehr sparsam auftritt, obwohl ihr Blut infectionsfähig ist Bei 
den meisten Thieren ist das Auftreten des Hämatozoon während 
des Krankheitsverlaufes intermittirend. Die Verbreitung der 
Krankheit ist ziemlich gross; ausser in Ost- und Westafrika 
kommt dieselbe am Congo und am Niger vor. Der französische 
Forscher Bonget beschreibt einen Parasiten ähnlicher Art, den 
er bei einem Pferde eines Eemonte-Depots in Algier fand. Die 
Surra-Krankbeit unter den Thieren Indiens dürfte mit der Tsetse- 
oder N’gana-Krankheit identisch sein. Es wird vermuthet, dass 
die erstere ebenfalls durch eine blutsaugende Fliege verbreitet 
wird. In Europa, in Indien und Ostafrika ist im Blute von 
Batten ein Parasit nachgewiesen worden, welcher sich nur wenig 
von dem in Bede stehenden Trypanosoma unterscheidet, jedoch 
nicht pathogen wirkt. 

Mittel zur Behandlung oder Verhütung der N’gana sind nicht 
bekannt. Das die Bezirke der Tsetsefliege bewohnende Zebra 
wird nicht von der Krankheit befallen. Die auf dieser Beobachtung 
gegründete Annahme, dass es überhaupt gegen die Krankheits¬ 
erreger geschützt sei, hat sich jedoch nicht bestätigt. Einige 
Zebra-Hybriden, welchen die Tsetse-Krankheit eingeimpft wurde, 
zeigten alle Symptome der Krankheit und starben. Im Blute 
waren die Parasiten nachzuweisen. Der Mensch ist nach den 
bisherigen Erfahrungen für die Krankheit nicht empfänglich. 

Der Parasit ist zwecks seines Lebens und Fortkommens nicht 
auf das Blut beschränkt. Derselbe kommt auch in den serösen 
Flüssigkeiten und in den Exsudaten fort, welche sich während 
der Krankheit in die Gewebe bezw. in die Körperhöhlen ergiessen. 
Bei den mit der Krankheit behafteten verschiedenen Thieren sind 
die Blut bildenden Organe afficirt. Die Entwicklung des Para¬ 
siten geht wahrscheinlich in den Lymphdrüsen, der Milz und im 
Knochenmark vor sich. Der Zusammenhang mit der Blutforma¬ 
tion kennzeichnet sich durch die Anämie und die Verminderung 
der rothen Blutzellen. 

Pferd und Esel sterben mehrere Woeben, Hunde und Katzen 
14 Tage oder 3 Wochen, Kaninchen 30 bis 40 Tage, Batten etwa 
14 Tage, Meerschweinchen 3 Wochen bis 3 oder 4 Monate nach 
der Infection. Das anatomische Krankheitsbild variirt bei den 
verschiedenen Thieren. Bei einigen sind hauptsächlich die Lymph- 


528 

drüsen und die Milz, bei anderen ist nur die Milz erkrankt. Zer¬ 
störung der Muskelsubstanz kann beim Hund und Kaninchen 
Vorkommen und fehlt fast gänzlich beim Meerschweinchen. 

Die Malariakrankheit des Bindviehs auf dem Agro 
romano. 

Ueber diesen Gegenstand hielt Prof. Nosotti einen Vortrag 
in der im October stattgehabten Sitzung der Gesellschaft italieni¬ 
scher Landwirtlie. 

Nachdem der Vortragende die Malaria des Menschen, der 
Vögel, Beptilien und Amphibien kurz erwähnt hatte, wandte er 
sich zur Hämatinurie oder Malaria der Binder und theilte die 
Krankheit unter Beschreibung der klinischen Erscheinungen und 
pathologisch-anatomischen Veränderungen in eine acute und chro¬ 
nische Form ein. 

Die Krankheit wird durch Zecken übertragen, welche ge¬ 
legentlich von inficirten Bindern auf gesunde gelangen. Der die 
Krankheit verursachende Parasit ist im Innern der rothen Blut¬ 
zellen malariakranker Binder von Smith, Celli, Sanfelice und 
Koch naebgewiesen worden. Das Hämatozoon zerstört die Ery- 
throcyten und erzeugt eine schwere acute Anämie, welche einen 
tödtlichen Ausgang nimmt. Die Krankheit erscheint namentlich 
in heissen, trockenen Jahren nach deiu ersten Begen. In diesem 
Jahre zeigte sie sich in der Umgebung Borns und in der Provinz 
insbesondere bei den Arbeitsochsen, verschonte aber auch die 
Kühe der städtischen Milchwirtschaften nicht. Bei den Pflanzen¬ 
fressern verläuft die Malaria milder, führt jedoch zur Kachexie 
und schliesslich auch zum Tode. 

Als Vorbeugungsraassregeln empfiehlt N. das Vermeiden 
sumpfiger Orte; die Ochsen sind erst nach Sonnenaufgang zur 
Arbeit aufs Feld zu schicken und vor Sonnenuntergang wieder in 
die Ställe zurückzubringen. Das Nächtigen der Binder auf freiem 
Felde ist zu vermeiden. Das erfolgreichste Mittel bei Behandlung 
kranker Thiere ist das Chinin, welches per os gegeben oder 
subcutan bezw. endovenös eingespritzt werden kann Die inner¬ 
liche Dosis Chinin beträgt täglich 5—10 g. Ausserdem empfiehlt 
sich zur Aufbesserung der Kräfte die Verabreichung von Coffein, 
Alcohol, Wein, Camphor, von Milch, Eiern u. s. w. Die Malaria 
wurde auch bei Pferden beobachtet und vielleicht oftmals mit 
anderen Krankheiten verwechselt (acutes und chronisches Sumpf- 
tieber); bei Bindern und Schweinen wird nicht selten die chroni¬ 
sche oder latente Form im Schlachthaus während des Schlachtens 
festgestellt, welche sich durch Milztumor auszeichnet. Die Krank¬ 
heit soll endlich auch bei Jagdhunden Vorkommen. 

Am Schluss seines Vortrages empfiehlt N. die Verbesserung 
der hygienischen Verhältnisse der Malariagegenden, wodurch 
nicht nur der Menschheit im Speciellen, sondern auch dem Acker¬ 
bau und der Viehzucht eine grosse Wohlthat erwie«en würde. 
(Clinica veterinaria 1898, H. 42.) 

Ueber einen electrisch geheizten und reguiirbaren 
Objecttisch. 

Von Dr. R. Kraus. 

(Centralbl. f. Bakt 1898, H. 1.) 

Der erste Objecttisch wurde von Stricker 1871 angegeben 
und besteht aus einem mit Wasser gefüllten Metallkasten. Die 
Wärme wird dem Wasser mittels einer Heizstange durch eine 
Gasflamme zugeführt. Bei allen späteren Construcrionen wurde 
das Princip des Stricker’schen Objecttisches beibehalten und 
nur Aenderungen in der Heizvorrichtung und durch Einführung 
von Kegulatoren getroffen. 

Es gelang bisher nicht in der wünschenswerthen und noth- 
wendigen Weise für biologische Zwecke die Temperatur constant 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by CjOOQie 





524 


auf einer bestimmten Höhe zn halten. Durch Anwendung des 
eleetrischen Stromes und des Paraffinöls, einer Flüssigkeit, welche 
leitet und electrolytisch nicht zersetzt wird, ist nun durch den 
Ingenieur Ehman ein Objecttisch construirt worden, welcher die 
geforderten Bedingungen erfüllt. 

Der Objecttisch besteht aus einem Metallkasten, welcher 
mit Paraffinöl gefüllt ist. Dasselbe wird mittels einer Silber¬ 
spirale durch den eleetrischen Strom erwärmt. Steigt die 
Temperatur über den gewünschten und durch eine Einstellungs¬ 
vorrichtung an einem Contactthermometer bestimmten Grad, so 
wird ein Nebenstrom gebildet, welcher nach dem Principe des 
Neef’schen oder Wagner’schen Hammers den Hauptstrom 
unterbricht. Durch die Ausschaltung des Hauptstromes sinkt die 
Temperatur des Paraffinöls, das Quecksilber im Contactthermometer 
fällt und schaltet den Nebenstrom aus, welcher Vorgang wiederum 
die Schliessung des Hauptstromes zur Folge hat u. s. w. Durch 
diese selbstthätige Regulirung gelingt es, die Temperatur mit 
der geringen Differenz von 0,1° constant zu erhalten. Ehman 
hat das System zur Heizung des Objecttisches auch auf den 
Thermostaten angewendet und patentiren lassen. Die schnelle 
Veränderung der Temperatur nach oben oder nach unten ist 
durch Einstellung an der Stellschraube des Contactthermometers 
in einfacher Weise zu bewerkstelligen. 

Heizbarer Färbetisch. 

Von Piorbowski. 

(D Med Woch. 20|98) 

Einen heizbaren Färbetisch zur Färbung von Bacterienprä- 
paraten hat Dr. Piorkowski construirt. Er ermöglicht eine 
wesentliche Erleichterung bei der Färbung von Tuberkelbacillen, 
Sporen, Geissein etc. gegenüber dem bisherigen ungleichmässigen 
und zeitraubenden Verfahren. Der*Apparat besteht aus einem 
viereckigen Wasserbade, dessen oberer Theil in verschiedene 
Quadrate eingetheilt ist, die zur Aufnahme von Färbeflüssigkeiten 
dienen. Auf diese Weise kann eine Anzahl Präparate auf ein¬ 
mal gefärbt werden. Ein kleiner Schornstein, dient sowohl zur 
Füllung des Wasserbades wie auch zum Entweichen der Dämpfe. 
Um Tuberkelbacillen zu färben, wird nach Füllung des Wasser¬ 
bades der Farbstoff in die Quadrate gefüllt und der dazu gehörige 
Mikrobrenner angezündet. Darauf werden die vorbereiteten Deck¬ 
gläschen auf die Farblösung gelegt und sind nach fünf Minuten 
gut gefärbt. Oder man wartet bis der Dampf aus dem kleinen 
Schornstein entweicht; erst dann eingelegte Deckgläschen sind 
schon nach 2—3 Min. gefärbt. Der Färbetisöh ist von F. und 
M. Lautenschläger-Berlin zu beziehen. • 

Eine neue Methode der ßacterien • Geisselfärbimg bei 
Gebrauch einer Orceinbase. 

Von Professor Thomas Bowhill. 

1 g Orcein löst man in 50 ccm Alcohol absol. und 40 ccm 
Wasser. Andererseits werden 8 g Acid. tannic. in 40 ccm Wasser 
gelöst. Gleiche Theile der beiden Lösungen werden vor dem 
Gebrauch gemischt, filtrirt und als Beize benutzt. Die Färbung 
wird in folgender Weise ausgeführt. Mau suspendirt in einem 
Reagenzglas mit abgekochtem destillirtem Wasser die von einer 
frischen Agarcultur entnommenen Bacterien, lässt fünf Minuten 
stehen, bringt einen Tropfen der Bacteriensuspension auf ein 
Deckglas und lässt an der Luft trocknen. Nun fixirt man das 
Präparat wie üblich in der Flamme und bringt eB auf etwas 
OrceYnbeize, die man in ein Uhrglas gegeben hat, zum Schwimmen 
und erwärmt gelinde. Nach 10—15 Minuten spült man in Wasser 
ab, trocknet, färbt mit Ehrlich’s Anilinwasser-Gentianaviolett, 
indem man bis zur Dampfabgabe erwärmt, und spült mit Wasser ab. 


No. 44. 

Ein einfaches Verfahren zum Nachweis von Eiweiss 
im Harn 

giebt P. A. Fish an: Der zu untersuchende Urin wird mit zwei 
Volumen starken Alkohols versetzt. Die Flüssigkeit zeigt hier¬ 
nach eine wolkige Trübung und es setzt sich ein Niederschlag 
ab. Derselbe kann aus Phosphaten oder aus Eiweiss bestehen. 
Auf Zusatz einiger Tropfen HNO, und darauffolgendem Erhitzen 
verschwinden die Phosphate, während ein Eiweissniederschlag be¬ 
stehen bleibt. 

Diese Reaction gelingt im Reagenzglas bei einer wässerigen 
Eiweisslösung von 1 : 32000, selbst in einer Lösung von 1 :64000 
kann noch Eiweiss mittels dieser Probe in der Flüssigkeit con- 
statirt werden. 

(Americain Vet. Rev. 1898, Vol. XXII, No. 7.) 

Thierhaltung und Thierzucht 
Die landwirtschaftliche Thierhaltung in den Vereinigten 
Staaten von Nord-Amerika. 

Freiherr vonHerman, landwirthschaftlicher Sachverständiger 
bei der Kaiserlich Deutschen Botschaft in Washington, berichtete 
in einem am Sonnabend den 30. April 1898 in der „Urania“ in 
Berlin gehaltenen Vortrage u. A. auch über die landwirt¬ 
schaftliche Tbierhaltnng in den Vereinigten Staaten von Nord- 
Amerika. 

Die Haltung der verschiedenen Arten landwirthschaftlicher 
Thiere in den letzten 25 Jahren ist am besten aus folgender 
Tabelle zu ersehen: 

Stück Anderes 

1. Jan. Pferde Maulthiere Milchkühe Rindvieh Schafe Schweine 

1873 9 222470 1 310000 10575900 16413800 33002400 32632050 
1880 11201800 1 729500 12027000 21231000 40765900 34034101 
1890 11423837 2 331027 15952883 36849024 44336072 51602780 
1896 15124057 2278946 16137586 32085409 38298783 42842759 
1898 13960000 2 257665 15840886 29264197 37656960 39759993 

Im Grossen und Ganzen zeigt sich eine Zunahme eigentlich 
nur bei Maulthieren und Milchkühen, während die Pferde in Folge 
der niedrigen Preise, das Rindvieh in Folge zeitweiliger 
Geschäftsstockungen in den grossen Weidewirthschaften des 
Westens, die Schafe in Folge australischen Wettbewerbes nnd 
die Schweine wohl hauptsächlich in Folge der so verbreiteten 
Schweinecholera an Zahl zurückgegangen sind. Im Ganzen 
wird man sagen können, dass im Osten die Hochzucht der ver¬ 
schiedenen Rassen getrieben wird, während im Westen, vor 
allem in den Prairie-Staaten, die grosse Massenproduktion vor 
sich geht. 

Wir finden in den Vereinigten Staaten 18 verschiedene Pferde¬ 
rassen,wovon der Broncho den Rest der ursprünglich aus Spanien ein¬ 
geführten Thiere darstellt. Die anderen sind alles englische 
Rassen, belgisches Halbblut, deutscher und französischer Wagen¬ 
pferdeschlag. 

Beim Rindvieh finden wir 15 verschiedene Rassen, darunter 
alle englischen, besonders die Jerseys, dann aber viel Holländer 
nnd Holsteiner, etwas Schweizer Brannvieh und neuerdings anch 
Simmeuthaler. 

Schafe und Schweine sind in 13 verschiedenen Rassen 
vertreten. 

Im Westen der Vereinigten Staaten liegen bekanntlich die 
ungeheuer ausgedehnten Weidewirtschaften, auf denen 11 Millionen 
StückRindvieh, 16Millionen Schafe und 2Millionen Pferde vorhanden 
sein sollen, und zwar in der wildesten Freiheit lebend. Pi« 
Thiere sind jahraus, jahrein im Freien; sie kennen keinen Stall 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 




3. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


525 


oder anderes Obdach; die Folge davon ist, dass im Winter, be- \ 
sonders wenn dieser sehr streng ist, oft bis 50 pCt. der Thiere j 
umkommen. Es wird dann einfach veröffentlicht, dass im Staate . 
so and so and so viele Thiere za Grande gegangen seien. 1 
Wenn man darch diese Gegenden fährt, sieht man häufig die 
Körper der verendeten Thiere liegen, ohne dass sich Jemand 
weiter nm sie kümmerte. Die Leute haben an den überlebenden 
grossartige Geschäfte gemacht, and damit sind sie zufrieden. 
Doch fängt man jetzt im Westen auch schon an, die Thiere im I 


Winter ähnlich zu füttern wie bei uns das Wild, and so werden 
sie nothdürftig darch den Winter hindurch gebracht. 

Wie bereits erwähnt, sind sämmtliche englische Rassen ver¬ 
treten, auch einige deutsche, und es ist zu hoffen, dass mit der Zeit 
nicht nur in den Vereinigten Staaten sondern in ganz Amerika 
sich ein Feld für deutsches Zuchtvieh eröffnen wird. Die Amerikaner 
selbst machen jetzt Anstrengungen, den Zuchtviehmarkt Ostasiens, 
Mexikos, Central- und Südamerikas zu erobern. (Mitth. d. D. 
L. G. 98. N. 17.) 


Oeffentliches Veterinärwesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 

Senchenstatistik and Veterin&rpolizei. 


Im Jahre 1892, als die Maul- und Klauenseuche ihre ver¬ 
heerende Herrschaft eben begonnen hatte, habe ich die Illustration 
des MonatsstandeB dieser Seuche durch Karten in die thierärzt¬ 
liche Literatur eingeführt. Ich habe dabei zugleich den Beweis 
geliefert, dass man durch Anwendung eines einfachen Schraffirungs- 
systems auch ohne Zuhülfenahrae des Farbendruckes klare Bilder 
liefern kann. Diese Seuchenkarten haben soviel Anklang ge¬ 
funden, dass auch die deutsche thierärztliche Wochenschrift sich 
zu ihrer Einführung veranlasst gesehen hat, der beste Beweis, 
dass der oder jener Kritiker, welcher die Karten bei ihrer Ein¬ 
führung für überflüssig erklärte, Unrecht gehabt hat. 

Allein die Karten haben den Fehler, dass sie viel Raum in 
Anspruch nehmen, während mit diesem bei der Fülle des Materials 
sehr Haus gehalten werden muss. Dies würde sich jetzt, wo eine 
halbmonatliche Berichterstattung stattfindet und daher jeden 1. 
und 15. eine Tabelle zu veröffentlichen ist, allzu störend bemerk- 
lich machen. Ich werde daher davon abstehen, die Seuchen¬ 
tabelle künftig regelmässig durch eine Karte zu illustriren. Es 
kann dies m. A. n. um so eher unterbleiben, als die Maul- und 
Klauenseuche jetzt eine gewohnte Erscheinung geworden ist. 
Die Seuchenkarte wird künftig nur dann beigegeben werden, 
wenn der Sencben-Stand ein ungewöhnlicher ist, neue Centren 
sich bilden oder sonst ein besonderes Interesse erregt wird. 

Schmaltz. 


Die Verbreitung der Maul- n. Klauenseuche In Preuesen am 15. October 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

> herrschte 

l 

Gemeinden 

(Gntsbes.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Marienwerder. 

1 

9 

3,97 

Potsdam. 

1 

1 

0,38 

Frankfurt. 

1 

l 

0,36 

Stettin. 

1 

2 

1,06 

Stralsund. 

2 

2 

2,24 

Posen. 

12 

54 

1638 

Bromberg. 

5 

12 

5,39 

Breslau. 

3 

6 

1,57 

Oppeln. 

1 

1 

0,35 

Magdeburg. 

7 

21 

13,88 

Merseburg. 

1 

1 

0,43 

Hildesheim. 

1 

1 

1,38 

Münster. 

2 

6 

18,48 

Minden. 

1 

1 

1,96 

Arnsberg. 

4 

7 

8,23 

Cassel. 

6 

12 

7,14 

Wiesbaden. 

7 

15 

16,02 

Coblenz. 

10 

76 

72,72 

Düsseldorf. 

5 

15 

34,88 

Cöln. 

6 

35 

118,20 

Trier. 

10 

61 

54,12 

Aachen . 

10 

77 

197.43 

Summa 

! »7 

416 

— 


Nachweliung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche 
am 15. October 1898. 

Es waren am 15. October in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Kotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 1 (1). R.-B. Cöslin 1 (1). 
R.-B. Posen 4 (5). R-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 3 (3). 
R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Düsseldorf 1 (l) Bayern: R.-B. 
Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2). Kreis- 
hauptm. Leipzig 1 (2). Württemberg: Schwarzwaldkreis 1 (1). 
Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (2). Braunschweig: 1 (1). 
Waldeck: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 17 (44). R.-B. Niederbayern 4 (4). 
R.-ß. Pfalz 3 (4). R.-B. Oberpfalz 13 (72). R.-B. Oberfranken 4(5). 
R.-B. Mittelfranken 8 (31). R.-B. Unterfranken 15 (25). R.-B. 
Schwaben 13 (79). Sachsen: Kreisbauptm. Zwickau 2 (2). 
Württemberg: Neckarkreis 10 (21). Schwarzwaldbreis 5 (16). 
Jagstkreis 10 (34). Donaukreis 8 (19). Baden: Landescomra. 
Constanz 1 (1). Landescomm. Freiburg 3 (4). Landescomm. Karls¬ 
ruhe 1 (2). Landescomm. Mannheim 8 (13). Hessen: Provinz 
Starkenbnrg 1(1). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz Rhein¬ 
hessen 5 (15). Mecklenburg-Schwerin: 3 (8). Sachsen- 
Weimar 2 (4). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (3). 
Fürstenth. Birkenfeld 1 (3). Braunschweig: 3 (5). Sachsen- 
Meiningen: 2 (7). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. 
Gotha 2 (2). Anhalt: 1 (2). Waldeck 1 (5). Schaumburg- 
Lippe: 1 (1). Bremen: 1 (5). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Ober-Elsass 3 (11). Bezirk Lothringen 4 (16). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (3). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Magdeburg 1 (3). 
Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 

D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest): 

Preussen: R.-B. Königsberg 2 (4). R.-B. Danzig 2 (6). 
R.-B. Potsdam 3 (4). R.-B. Frankfurt 5 (9). R.-B. Stettin 5 (32). 
R.-B. Stralsund 3 (6). R.-B. Posen 8 (25). R.-B. Bromberg 2 (3). 
R.-B. Breslau 19 (99). R.-B. Liegnitz 9 (16). R.-B. Oppeln 8 (19). 
R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 2 (3). R.-B. Erfurt 1 (1). 
R.-B. Schleswig 3 (5). R.-B. Hannover 3 (4). R.-B. Hildesheim 
3 (8). R.-B. Lüneburg 1 (1). R.-B. Münster 4 (5). R.-B. Arns¬ 
berg 2 (3). R.-B. Cassel 3 (5). R.-B. Wiesbaden 1 (1). R.-B. 
Coblenz 1 (2). R.-B. Düsseldorfs (6). R-B. Cöln 1 (1), R.-B. 


Digitized by kjOOQie 



























526 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


Trier 3 (5). Bayern: R-B. Oberbayern 2 (5). R.-B. Nieder- 
bayem l (3). R.-B. Unterfranken 2 (2). Baden: Landescomm. 
Karlsruhe 1 (1). Hessen: Provinz Oberhessen 1 (I). Mecklen¬ 
burg-Schwerin: 2 (5). Mecklenburg-Strelitz: 1(1). Brann- 
schweig: 1 (1). Saclisen-Altenburg: 1 (1). Scliaumburg- 
Lippe: 2 (2). Lippe: 2 (4). 


Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfto etc. 

Kaiserliches Gesundheitsamt. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom 
Schlacht-Viehhofe*) zu Berlin am 31. Oktober 1898. Auf dem 
Schlachthof zu Strassbnrg ist der Ausbruch vom 29. Oktober getilgt. 

*) Der Viehhof ist davon nicht betroffen. 


Fleischschau und Tiehyerhehr. 

Ausweis Ober das In die preueaischen Schlachthäuser 1897 geschlachtet elngefuhrte Vieh (vgl. No. 41). 



Regierungs- 

Bezirk 


Rinder 


beanstandete 

mit [ 

Tuberculose 


Königsberg 
Gumbinnen 
Danzig . . 
Marienwerd 
Berlin . . . 
Potsdam . . 
Frankfurt . 
Stettin . . . 
Cöslin . . . 
Stralsund . 
Posen. . . . 
Bromberg . 
Breslau . . 
Liegnitz . . 
Oppeln . . . 
Magdeburg 
Merseburg. 
Erfurt . . 

Schleswig . 
Hannover . 
Hildesheim 
Lüneburg . 
Stade.... 

Osnabrück 
Auricli . . . 
Münster . . 
Minden . . . 
Arnsberg . 
Cassel . . . 
Wiesbaden 
Coblenz . . 
Düsseldorf 
Cöln .... 
Trier .... 
Aachen. . . 
Sigmaringen 


Zahl de - ge- 
Rchlachiet 
ln Orte mit 
öffentlichen 
Schlacht- 

häunern ein 

geführten 


4 506 ; 438 43 1 22 j 28 5 ! 12 

1)89 26 1 i — — — 

1 910 1 138 2 j 1 I 13 11 — 

*“58 ! 18 2 1(2-1 

52117 i 176 156 I 2 21 HO I 25 

1724 | 96 2 j 2 ' 15 3 ! 2 

1387 107 4 2 3 4 6 


Kälber unter 6 Wochen 

(beanstandete 

Zahl der ge- 

'i-' ■** — | 

achtachtet 

an* andern 

In Orten mit tn- 

Gründen 

öffentlichen ber- 

daaFieiech 

Schlacht- cu . 

verworfen 

häuaemeln- 


geführten 

Itheil- 


Iwelae 


beanstandete 


Schweine 


beanstandete 


3857 309 

1411 206 


4 12 3 4 

3 2 50 5 

13 2 4 

2 — _ — 


14 — 

6 3 


8038 599 10 ! 7 ,13 
1141 I 101 21 , 7 I 5 


2 2 
7 - 

9 1 

23 8 



bKnsern ein- 


14193 1 2 
5482 — 

3215 — 

698 1 

35 576 1 

2113 1 

3 572 — 

, 297 2 

5 2 898 | — 

1 i “ 

768 ' — 
2087 4 

— 2 
1 630 — 

3044 1 

3.9 — 

86 2 


Zahl der ge¬ 
lang andern schlachtet 


hftoaemeln- 

golflhrten 


ans anders 
Gründet. 
dasFlelreh 
verworfen 


15 II i 2 _ - - 

12 “ ■ i 4 ~ - 


543 — 

328 — 

32 — 

204 — 



Summa 1344 91 509 |2517 ,146 82 U 78 303 i 79 236 744 \ 72 1479 74 98 772 I 16 I 127 I 24 300661 I 951 62 ' 23 171 62 


Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London. a) das Council hält es für wünschenswert!], dass zwecks Ein- 

London, welches bis jetzt nur die grossen Schlachtanlagen führung einer wirksamen Fleischschau alle Privatschlachthäuser 

fdr überseeisches Vieh in Deptfort, das Corporationsschlachthaus in London geschlossen werden und dass den Schlächtern statt 

in IsliDgton und 450 Privatschlachthäuser besitzt, geht mit der dessen durch die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern 

Absicht um, alle Privatschlachthäuser zu schliessen, öffentliche Gelegenheit gegeben würde, ihr Vieh hier zu schlachten. 

Schlachthäuser zu errichten und obligatorische Fleischschau ein- b) Eine Abschrift soll der Regierung mit der Angabe über- 

zuttihren. Im Sommer dieses Jahres wurde zu diesem Zwecke sandt werden, dass das Council bereit sei, die Vorschläge der 

der Medical Officer of Health auf eine Inspectionsreise geschickt, j Königlichen Tubercnlose-Commission zur Ausführung zu bringen, 
um öffentliche Schlachtanlagen in anderen Städten zu besuchen i wenn es von der Regierung mit den Machtbefugnissen betrant 
und sich über das dortige System der Fleischscbau zu unter- würde, die zur Ausführung der Vorschläge der Tuberculose- 

richten. Auf Grund dieses Berichtes und der Vorschläge der Commission nothwendig seien. 

Königlichen Tuberculose-Commission beantragte das Public Health Die Anträge riefen in der Versammlung eine lebhafte Debatte 

Comitee in der Versammlung des Londoner County Council am hervor, in der namentlich ausgeführt wurde, dass mau London 

11. October dieses Jahres, die Errichtung von öffentlichen mit seinen sechs Millionen Einwohnern nicht mit anderen StädteD, 

Schlachthäusern zur Sicherung der Durchführung einer wirk- wie Paris, Berlin, vergleichen dürfte. Die für London vor- 

samen Fleischschau in die Hand zu nehmen, und stellte als ersten geschlagenen sechs öffentlichen Schlachthäuser würden den Bedürf* 

Schritt in dieser Angelegenheit folgenden Antrag: nissen der Schlächter durchaus nicht entsprechen, da trotz des 


Digitized by LjOOQle 






















































3. November 1898. 


BERLINER TH1ERÄRZTL1CBE WOCHENSCHRIFT. 


527 


Vorschlages der Eisenbahnverbindong mit den Viehmärkten die 
Schlächter doch zo weite Entfernongen von ihren Verkanfsläden 
nach den Schlachthäusern znrückznlegen hatten. Die Scblachtong 
des einheimischen Viehes werde dadurch erschwert und die Zu¬ 
fuhr des ausländischen Fleisches noch mehr befördert. 

Allseitig einig war man sich darüber, dass das jetzige 
System der Fleischschau den Bedürfnissen nicht entspreche. 
Unter den 187 Fleischschauern seien nur wenig praktisch vor¬ 
gebildete Personen. Diese müssten vorerst in sorgfältiger Weise 
durchgebildet werden, um die Fleischschau in wirksamer Weise 
durcbzuführen, so dasB das Inverkehrgelangen von zur mensch¬ 
lichen Nahrung untauglichem Fleisch gebindert werde. Bei der 
Wichtigkeit des Gegenstandes müssten sich die Mitglieder erst 
durch Lesen des Berichtes des Medical Offleer genauer in- 
formiren; es wurde daher beschlossen, diesen Bericht bei den Mit¬ 
gliedern des Council circuliren zu lassen und nach einem Monat 
in die Debatte wieder einzutreten. Kühn au. 

Ministerial-Bflsoheid betr. Uebernahae von Agenturen 
der Perleberger Sohlaohtviehverelcherung seitens beamteter Thierirzte. 

(Vgl. B.T.W. No. 9 pag. 108.) 

Bei dem Verbote in unserem gemeinsamen Erlasse vom 
3. Januar d. Js., dass beamtete Thierärzte Agenturen von Vieh¬ 
versicherungsgesellschaften übernehmen, muss es verbleiben. Da¬ 


gegen haben wir nichts dawider zu erinnern, wenn seitens der 
Herren Regierungs-Präsidenten eine Beteiligung der beamteten 
Tbierärzte bei dem Betriebe der Schlachtviehversicherung 
widerruflich dahin gestattet wird, dass dieselben gegen an¬ 
gemessenes Entgelt die zur Aufnahme der Thiere erforderlichen 
tbierärztlichen Untersuchungen übernehmen und die erforderlichen 
Atteste ausstellen, während die eigentlichen Agenturgeschäfte von 
anderen Personen besorgt werden. 

Das Entgelt darf weder in einem Anteile an der Prämie 
oder Versicherungssumme noch in einer sonstigen Beteiligung 
an den finanziellen Ergebnissen der Gesellschaften bestehen, 
sondern es ist entweder nach festen Sätzen für jede Unter¬ 
suchung, jedes Attest u. s. w. zu bemessen oder als feste Ver¬ 
gütung für einen bestimmten Zeitabschnitt festzusetzen. 

Desf&llsige Gesuche sind an die Herren Regierungs-Präsidenten 
zu richten. 

Der Minister der geistlichen, Der Minister für Landwirtschaft, 
Unterrichts- und Medicinal- Domänen und Forsten. 

Angelegenheiten. In Vertretung 

Im Aufträge gez. Sterneberg, 

gez. Förster. 

Der Minister des Innern. 

Im Aufträge 
gez. von Bitter. 


Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. 

Handbuch der thlerirztllohen Chirurgie und GeburtshQlfe von Prof. 
Dr. Bayer und Prof. Dr. Eugen Fröhner. IV. Band, 1. Theil, 
II. Lieferung. Sehnen, Sehnenscheiden und Schleim¬ 
beutel von Professor Dr. Siedamgrotzky, Obermedicinal- 
rath in Dresden. Kriegschirurgie und Statistik von 
Bartke, Corpsrossarzt in Stettin. 

Die reichhaltigen Erfahrungen über die Krankheiten der 
Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel, die Obermedicinalrath 
Prof. Dr. Siedamgrotzky als langjähriger Vorsteher der Klinik 
der thierärztlichen Hochschule in Dresden Gelegenheit hatte zu 
sammeln, sind in dieser Lieferung des grossen Sammelwerkes von 
Bayer und Fröhner niedergelegt. Viele neue, ausgezeichnete 
Abbildungen unterstützen nicht nur das Verständnis der Ab¬ 
handlung, sondern dienen demselben zur grössten Zierde. 
Siedamgrotzky beschreibt zunächst A) Krankheiten der 
Sehnen, und zwar unter I. die Erkrankungen der Strecksehnen 
der Gliedmassen, die Entzündungen beziehungsweise ContuBionen, 
dann die Wunden und Zerreissungeu. In dem H. Capitel, Er¬ 
krankungen der Beugesehnen der Gliedmassen, werden unter 1. 
Entzündungen der Beugesehnen und zwar a) Die Entzündung des 
Unterstützungsbandes der Hufbeinbeugesehne, b) Die Entzündung 
der Sehne des Kronbeinbengers, c) Die Entzündung der Gleich¬ 
beinbänder, 2. Wunden der Beugesehnen, 3. ZerreissuDgen der 
Bengesebnen, a) Totale Zerreissung der Hufbeinbeugesehne, 
b) Totale Zerreissung der Gleichbeinbänder, c) Partielle Zer- 
reissungen der Hufbeinbengesehne, 4. Contractionen der Beuge- 
sehnen beziehungsweise Stelzfuss, a) Stelzfuss, Ueberköthen neu¬ 
geborener Füllen, congenitaler Stelzfuss, b) Stelzfuss älterer 
Fohlen, c) Sehnenstelzfuss erwachsener Pferde, 5. Würmer in den 
Sehnen. III. Erkrankungen einzelner Sehnen, 1. Achillessehne, 
a) Verwundungen, b)Zerreissungen der Achillessehne, 2.Luxation der 
Kronbeinbeugesehne am Hinterfnss, 3. Zerreissung des Scbienbein- 
beugers.— B) Krankheiten der Sehnenscheiden. 1. Sehnen¬ 
scheide des gemeinschaftlichen Streckers an der Vorderfusswurzel. 
Von diesen Erkrankungen kommen vor: 1. die Galle des gemein¬ 


schaftlichen Zehenstreckers. 2. Eiterige Entzündung. H. Sehnen¬ 
scheide des Streckers des Vordermittelfusses: 1. Galle des Schien¬ 
beinstreckers, 2. Entzündung, 3. Eiterige Entzündung. III. Sehnen¬ 
scheide des Fesselbeinstreckers. IV. Sehnenscheide des schiefen 
Streckers der Vorderfusswurzel. V. Sehnenscheide der Streck¬ 
sehne am Fesselgelenke: 1. Die Fesselstrecksebnengalle, 2. Ent¬ 
zündungen, 3. Wunden, 4. Starke Quetschungen. VI. Sehnen¬ 
scheide für die Sehnen des Huf- und Kronbeinbengers an der 
Vorderfusswurzel: 1. Entzündung, 2. Hydrops VH. Sehnenscheiden 
der Beugesehnen am Fesselgelenk: 1. Entzündung, 2. Hydrops. 
VIII. Sehnenscheide der Huf beinbeugesehne am Sprunggelenk: 
1. Entzündung, 2. Hydrops. IX. Sehnenscheide des Kronbein- 
beugers am Sprungbeinhöcker. X. Sehnenscheide der Sehne des 
seitlichen Zehen Streckers am Hinterfusse. XI. Sehnenscheide des 
medialen Sehnenastes des vorderen Unterschenkelmuskels. 
XH. Strahlbeinsehnenscheide der Hufbeinbeugesehne; a) acute, 
b) chronische Entzündungen, Chronische Fussrollenentzündung, 
Podotrochilitis chronica. — C. Erkrankungen der Schleim¬ 
beutel. I. Stollbeule, H. Kniebeule, III. Piephacke, IV. Hygrom 
am Schienbein. Bei sämmtlichen Capiteln sind die Ursachen, Er¬ 
scheinungen, der Verlauf, die Prognose, Behandlung nebst aus¬ 
giebiger Litteratur abgehandelt. Bei der Besprechung über die 
Behandlung des congenitalen Stelzfusses (Seite 233 n. 234) kann 
ich nicht umhin, eine Berichtigung eintreten zu lassen, die auch 
der Autor nicht wissen kann und die nur der in die Verhältnisse 
des Hauptgestütes Trakehnen Eingeweihte kennt. Aus den auf 
Seite 234 gemachten Ausführungen möchte man glauben, dass es 
sich bei der von Mieckley und Bartels beschriebenen Vor¬ 
richtung gegen den Stelzfuss der Fohlen um zwei verschiedene 
Apparate handelt. Dies ist nicht der Fall. Es ist derselbe Fohlen¬ 
schuh oder Fohlenstiefel, der sowohl von Mieckley wie von 
Bartels beschrieben wurde. Der Verfertiger und Erfinder 
desselben ist der Königliche Stutenmeister Klein in Bajohrgallen, 
was aber auch Bartels direct in seinem Artikel, den er in der 
„B. T. W.“ von 1895 pag. 614 unter der Ueberschrift „Der Stelz- 
Fuss der Fohlen und seine Heilung durch den Kl ein’sehen 
Fohlenschuh veröffentlicht, betont. Auch Mieckley sagt in 


Digitized by 


Google 






528 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 44. 


seinem Artikel, dass der Fohlenschnh von einem hiesigen Stuten¬ 
meister angefertigt und construirt ist. Mieckley kommt das 
Verdienst zu, den Fohlen schuh mit Holzschiene nicht allein 
zuerst beschrieben, sondern denselben auch nach der Natur ge¬ 
zeichnet zu haben. Jedenfalls ist dies auch der beste Apparat 
gegen den Stelzfuss der Fohlen und demjenigen vom verstorbenen 
Kreisthierarzt Friebel, Insterburg, construirten bedeutend vor- 
zuziehen. Bei letzterem kommen selbst bei sorgsamstem Anlegen 
sehr häufig Scheuerstellen und Nekrose am Schien- und Fessel¬ 
bein vor, was bei dem Kl ein’sehen Schuh nie passirt. 

Derjenige Thierarzt, der die radicale Heilung der Kniebeule 
(siehe pag. 298 u. 299) durch ein besonderes Operationsverfahren 
angegeben hat, heisst nicht March, sondern Masch in Wilster 
(Holstein). Die Operation ist einfach und sehr dankbar, die 
Heilung erfolgt immer per primam intentionen, befolgt man genau 
die Vorschriften, die Masch giebt. Bei 15 von mir operirten 
Kniebeulen hatte ich immer den angegebenen Erfolg. Sämmtliche 
Kniebeulen, selbst solche, die die Grösse eines Manneskopfes 
besassen, heilten per primam intentionem. 

Kriegechirurgie und Statistik von Bartke. Obwohl wir über 
Veterinär-Kriegschirurgie recht wenig wissen und die Erfahrungen 
über die Anwendung der neuen Handfeuerwaffen Dur auf Ex¬ 
perimenten und Versuchen, die von verschiedenen Seiten angestellt 
sind, beruhen, hat Bartke es doch verstanden, recht vortlieil- 
haft alles hierüber Bekannte zu sichten und klar darzustellen. 
Ebenso ist die Statistik, die auf Grund der statistischen Veterinär- 
Sanitätsberichte über die preussische Armee vom Jahre 1886 bis 
1895 inclusive aufgestellt ist, recht übersichtlich in X Gruppen 
zusammengefasst und beschrieben. Dr. To epp er. 


Personalien. 

Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt a. D. Rö g e n e r-Ortelsburg. 
bisher beim Remonte-Depot Wirsitz ist der Königliche Kronenordon 
IV. Classe verliehen worden. 

Ernennungen; Zn Kreisthierärzten: Thierarzt Barte 11- 
Lissa comm. für den Kreis Lissa, Thierarzt Braedel-Berlin comm. 
für den Kreis Stuhra. 

Gewählt: Thierarzt B i b e r-Maulbronn zum Stadtthierarzt in 
Langenau in Württemberg, Districtsthierarzt K r o n a c h e r-Wörth 
zum städtischen Thierarzt in Landsberg a. L., Thierarzt A. L o h s e e - 
Hirschberg zum Schlachthof - Assistenzthierarzt in Cottbus. 

Zum Schlachthofinspector in Wismar ist nicht Herr Wisnefsky, 
sondern der bisherige Schlachthofverwalter zu Neumarkt, Herr 
Schultz, gewählt. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden im 
August*) in Berlin: Thierarzt Berner-Guttstadt, Polizei-Thierarzt 
Grips -Hamburg, Thierarzt G r u n a u -Neuteich i. Westpr., Schlacht¬ 
haus-Thierarzt Schneeweiss - Strehlen. 

Wohmitzänderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt 
Nethe-Gerbstädt nach Rosenberg (Westpr.), Thierarzt Schaar¬ 
schmidt-Naunhof nach Gerbstädt (Prov. Sachsen), Thierarzt 
J. Lenz-Berlin nach Wetzlar, Thierarzt Wagenbichl e-r- 
Wartenburg nach Zinten (Ostpr.), Thierarzt K e i m-Rastenburg nach 
Nimptsch (b. Breslau), Thierarzt W o 1 f r a m - Tempelbnrg nach 
Bochum, Thierarzt G e 1 b k e - Nimptsch nach Creuzburg a. Werra. — 
Thierarzt A. E n z hat sich in Offenburg (Baden niedergelassen. 

In der Armee: Ernannt zum Rossarzt: Untcrrossarzt 
Sud er unter Versetzung vom Drag. Regt. No. 12 zum Ul.-Regt. 
No. 10. — Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes: 
Die Unterrossärzte d. Res. Ulrich, Kolbe, Damman. — 
Versetzt: Oberrossarzt L o e w n e r von der Militär-Lehrschmiede 
in Breslau zum Ul.-Regt. No. 11, Rossarzt Kölling vom 3. Drag.-Regt. 
zur Militär-Lehrschmiede in Breslau, Rossarzt Hogrefe vom Feld- 
Art.-Regt. No. 7 in Wesel nach Düsseldorf. — Pensionirt die Ross- 


*) Die Mittheilung des Ergebnisses des August-Termins war 
versehentlich unterblieben. 


ärzte Goldmann vom 16. Ulan.-Regt. und Scharrmann vom 
16. Drag.-Regt. 

Todesfälle: Thierarzt C. Neumann -Neuenburg (Westpr.). 

Yacanzen. 

Kreisthlerarztstellen: Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisen heim (Zuschuss 300 M. cventl. ausserdem 
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln: 
Koael. Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

Sanitfttstblerarztetellen : Neu ausgeschriebene Stellen: 
Nürnberg: Zwei Schlachthaushilfsthierärzte (2400 M., Privatpraxis 
nicht gestattet). Bew. bis 10 Nov. an Magistrat. — Ratibor: 
Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899. (3000—3800 M. freie 
Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thier¬ 
arzt. — Callies: Thierarzt. Bewerbungen an Magistrat — 
Dassow (Mecklenburg - Schwerin): Thierarzt — Eddelak 
(Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elster¬ 
berg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — Geringswalde: 
Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt 
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt 
(städtischer Zuschuss 300M.). Bew. an Magistrat. — Landsberg a. W.: 
Assistent am Ruthlauf- Se: um - Institut (1800 M.), Bew. an Director 
Dr. Schreiber. — Uassov (Pommern): Thierarzt (Einnahme aus 
Fleischschau ca. 1000 M.) Näheres durch Magistrat — Mo¬ 
ringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). - 
Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200 M. u. Uebertragung 
der Fleischschau). Bew. umgehend an Bürgermeister Igel. — 
Nüsse bei Mölln i. L. — 0 b e r m ar s c h a c h t (Elbe). — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. ao 
Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklenburg-Schwerin): Thierarzt - 
Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magistrat - 
Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischscbau ca. 600M.) 
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): 
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei 
Schönbaum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt 
Kühn-Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt 
Näheres durch den Bürgermeister. — Zehden: Thierarzt. 
(Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg bei Zehden). 

Besetzt: Staatastelle: Freystadt. Privatstelle: Creuzburg. 

Veterinär-Assessor WoifTsche Stipendien-Stiftung. 

An einen Studirenden der Thierheilknnde ist znm 2. Januar 1899 
für zwei Semester ein Stipendium von 300 M. zu vergeben. Be¬ 
rücksichtigt werden nur solche Stndirende, welche das Abiturienten, 
examen auf einem Gymnasium oder Realgymnasium abgelegt und 
sich moralisch gut geführt haben. 

Bei der Verleihung kommen vorzugsweise Studirende in 
Betracht: 

a) die eine Blutsverwandtschaft mit der Familie des Stifters 
nachzuweisen vermögen, 

b) Nachkommen folgender Freunde des Stifters: 

1. des verstorbenen Hotelbesitzers Borgmeier auf Rögen, 

2. des zu Wusterhausen geborenen Rentiers Otto Gericke, 

3. des zu Finkenstein W.-Pr. geborenen Chemikers Wil¬ 
helm Lindner, 

4. des zu Calcar geborenen und verstorbenen Thierarztes, 
Gustav Siebert, 

c) Söhne von Thierärzten. 

Den bis zum 15. December 1898 an den Vorstand z. H. des 
Geheimen Regierungsrathes Professors Dr. Schütz in Berlin 
(Luisenstr. 56) einzureichenden Bewerbungen sind beizufögen: 

a) beglaubigte Abschrift des Maturitätszeugnisses, 

b) Führungsattest, 

c) vorkommenden Falles der Nachweis der Zugehörigkeit zu 
den vor unter a bis c bezeichneten Categorien. 

Berlin, den 29. October 1898. Der Vor stand. 

Da ich das Material betr. Behandlung des Kalbefiebere nun¬ 
mehr znsammenstellen will, so bitte ich etwa noch beabsichtigte 
Einsendungen umgehend an mich gelangen zu lassen. 

Bremervörde, den 1. November 1898. 

Kreisthierarzt Nevermann. 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. InseratoDiheü) Prof. Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Etgeuthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. Büxensieln. Berlin. 


Digitized by 


Google 





Die „Berliner Thleriratllche Wochenaehrift“ ereohelnt 
wöchentlich in St&rke Ton mindesten« l 1 /« Bogen. Dieselbe 
ist tu bestehen durch den Bnchhsndel, die Post (No. 1031) 
oder dnrch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoets, Berlin KW, Luisenstrasse 96, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 

Thierärztliche Wochenschrift 

Heran sgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 45 . Ansgegeben am 10. November. 

Inhalt: Martens: Ueber die bösartige Klauenseuche der Schafe. — Bericht über die 70. Versammlung 
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19.—24. September 1898. — Entgegnung 
betr. desEmbryotom-Ecraseurs. — Referate : Zschokke: Ueber Kataplasmen. — Disc bereit: Ueber Knochen¬ 
fissuren beim Pferd. — Buhl: Vergiftung mit Stallsalpeter. — Künnemann: Sandgeschwulst der Dura mater bei der Kub. — 
Colin: Ablation einer Cyste des Vorderlcnies beim Pferde. — M’Fadyean: Sitz und Reihenfolge in der Entwickelung der 
pathologisch-anatomischen Veränderungen bei derRindertuberculose. — Nocard: Indentität der menschlichen und der Vogel- 
tuberculose. — S a b ra z e s: Vitalität des Tuberkelbacillus. — d e J ong: Psendotnberculose bei Schaf und Ziege. — Maragliano: 
Die Serumtherapie der Tuberculose. — Stubbe: Massregeln zur Verhütung der Rindertuberculose in Belgien. — Thier¬ 
haltung und Thierzucht: Französische Pferdezucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Fleischschau 
und Viehverkehr. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 

1. die sog. bösartige Klauenseuche, 

2. die mechanisch - traumatischen Klanenentzün- 
dungen. 

Bezüglich der Symptome, der Ursachen, des Verlaufs etc. 
werde ich in meinem Vortrag nur das anftihren, was thatsächlich 
in Differentialdiagnose zur Maul- und Klauenseuche in Betracht 
kommt. 

M. H.! Die bösartige Klauenseuche, das bösartige Klauen¬ 
weh, die spanische oder französische Seuche herrscht seit langen 
Jahren in Europa, kommt in vielen Schafheerden ganz Deutsch¬ 
lands vor und bildet eine Plage, welche den Besitzern vielen 
Schaden verursacht. Id meinem Wirkungskreise kenne ich allein 
mindestens 20 grössere Heerden, welche bereits seit vielen 
Jahren an der bösartigen Klauenseuche leiden. Die Er¬ 
scheinungen der letzteren werden Ihnen Allen bekannt sein: 
anfänglich bewegen die Thiere den ergriffenen Fass schonend, 
hinken leicht, man findet am inneren Bande des Hornsanms eine 
leichte Trennung, die sich später erweitert. In der Klauenspalte 
tritt eine schwache Eöthe und vermehrte Wärme ein. Aus der 
Spalte am Hornsaum sickert eine dünne, weissliche, trübe, 
schmierige, übelriechende Flüssigkeit, die später eine mehr jauchige 
Beschaffenheit und graue Farbe annimmt. Der Process nimmt 
unter der Hornwand vom Sanm ans besonders nach der Spitze 
und der Sohle zu seinen Fortgang, so dass man nach dem Ab¬ 
heben der Horntbeile geschwürige Stellen und Gänge findet, 
welche mit grauen, abgestorbenen Massen bedeckt bezw. gefüllt 
sind. Die Unterminirnng — mit diesem Wort lässt sich der 
Process am besten bezeichnen — schreitet, falls keine passende 
Behandlung eintritt, nach der äusseren Seite und geht bei 
längerer Däner anf die zweite Klauenhälfte über. An der Krone 
treten Schwellungen, flache, blasige Abhebungen der Haut mit 
dünnflüssigem, eiterig - jauchigem, stinkendem Inhalt anf, die 
Bänder, Sehnen, Knochen werden schliesslich ergriffen; die 
Klauen sehen deformirt, knollig aus nnd werden mit Ringen 
bedeckt. Daneben finden Sie leichte Schwellung nnd Wärme des 
Ballens der leidenden Klaue, Pustelbildung mit übelriechender 
trüber Flüssigkeit in der Klanenspalte. Die Schafe zeigen, so 
lange nicht mehrere Ftisse im umfangreichen Masse befallen 
sind, rege Fresslust and Munterkeit. Der Verlauf des Leidens 
ist meist ein chronischer, so dass selbst bei zweckmässiger Be- 


Ueber die bösartige Klauenseuche der Schafe. 

Vortrag in der Versammlung des thierärztlichen Vereins für die 
Provinz Sachsen etc. 

Von 

Martens - Sangerhausen, 

Kreistblerant. 

M. H.l Unser Herr Vorsitzender hat in der vorigen Ver¬ 
sammlung als Gegenstand der heutigen Sitzung „die bösartige 
Klauenseuche“ der Schafe vorgeschlagen und mich um Ueber- 
nahme des Referats ersucht. Ich bin diesem Ersuchen gern 
nachgekommen, da die genannte Krankheit von grosser veterinär- 
polizeilicher Bedeutung mit Rücksicht anf die Maul- nnd Klanen- 
senche ist nnd die thierärztlichen Vereine meiner Meinung nach 
es als ihre vornehmste Aufgabe betrachten müssen, Stellung zn 
schwebenden Streitfragen zu nehmen und zur Klärung solcher 
beizutragen Denn trotzdem die bösartige Klauenseuche seit 
einem Jahrhundert in Europa bekannt ist, bestehen immer noch die 
verschiedensten Meinungen darüber, ob das Leiden als eine 
Krankheit sui generis oder als eine Folgekrankheit der 
epizootischen Aphthensenche zn betrachten nnd mit der letzteren 
identisch ist. Beim Durchsehen der Literatur finden Sie, dass 
der eine Autor dieser, der andere jener Ansicht huldigt; es giebt 
auch verschiedene Verfasser von Artikeln, welche die Frage 
über das Wesen der bösartigen Klanensenche offen lassen, znerst 
dieselbe als eine Stallseuche hinstellen nnd am Schluss rigorose 
Massregeln verlangen. Von den älteren Schriftstellern spricht 
sich besonders Spinola, von den neueren Fröhner nnd Fried¬ 
berger in ihrem weit verbreiteten Lehrbnch energisch für die 
Identität der bösartigen Klauenseuche mit der Maul- und Klanen¬ 
senche ans. Eine Anzahl von Thierärzten leugnet überhaupt das 
Vorkommen der Maul- nnd Klanensenche der Schafe, so unter 
anderen der verstorbene Prof. Jacobi in Erfurt. Selbst das 
Ministerium fühlte sich veranlasst, in einer besonderen Verfügung 
den beamteten Thierärzten grosse Vorsicht bei Feststellung der 
Aphthensenche in Schafheerden zn empfehlen, damit Fehl¬ 
diagnosen vermieden würden. Ich habe nun mein Thema dahin 
erweitert oder präcisirt, dass ich die Klanenleiden, welche nach 
meinem Dafürhalten überhaupt mit der Maul- und Klauenseuche 
verwechselt werden können, nach einander anführe nnd beleuchte; 
es sind diese: 


Berliner 


Orlglnalbeltrlge werden mit 60 Sk. fflr den Bogen honoiirt. 
Alle Mannscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man ru senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thier&rxtltche Hochschule, NW., Lnisenstraase 56. 
Correcturen, Recenslons- Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Digitized by 



530 


BERLINER THLERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


handlang and günstigen Witternngsverhältnissen Wochen ver¬ 
gehen können, bevor eine völlige Heilung eintritt. Besonders 
aber markirt sich der hartnäckige, langsame Verlauf, das eigen- 
thümliche Kriechen des Processes, die Neigung zu Recidiven, 
wenn der Schäfer nachlässig ist oder es nicht versteht, die 
Klauen richtig auszuschneiden, die unterminirten Stellen resp. 
Gänge freizulegen. Man braucht wie beim Hufkrebs der Pferde 
nur einen winzigen Fleck zu fibersehen — und das Uebel ist nach 
mehreren Wochen in alter Weise da. Wie bei dem einzelnen 
Individuum ist auch der Verlauf in der Heerde fast immer 
chronisch, so dass Monate vergehen, bis der grösste Theil der 
Heerde ergriffen ist. 

Ausnahmsweise können allerdings durch günstige Bedingungen, 
wie plötzlich eintretendes feuchtes oder warmes Wetter, in 
kurzer Zeit über 30 pCt. einer Heerde erkranken, wie ich es 
vor einigen Jahren beobachtet habe. 

Das Klauenweh besteht in einer Schafheerde lange Jahre, 
beschränkt sich im Sommer auf einzelne Thiere und nimmt im 
Herbst und Winter an Ausdehnung zu Die Schäfer in solchen 
Schäfereien sind verpflichtet, täglich nachzusehen, um neue Er¬ 
krankungen zu ermitteln; versäumen sie dies, so häuft sich 
die Zahl der Patienten in progressiver Weise. Selbst in diesem 
Sommer, der doch an Trockenheit nichts zu wünschen übrig liess, 
habe ich in mehreren Heerden über 25 pCt. erkrankt gefunden 
und diese Verbreitung nur dem ungeschickten, nachlässigen Ver¬ 
fahren der Schäfer zugeschrieben. An dieser Stelle will ich noch 
kurz zur Behandlung, obwohl sie eigentlich nicht in den Vortrag 
gehört, Folgendes einschalten: Es ist gleichgiltig, zu welchen 
desinücirenden, ätzenden, adstringirenden Mitteln man seine 
Zuflucht nimmt, die Hauptsache ist und bleibt die geschickte 
chirurgische Behandlung der Klauen, das zweckmässige Be¬ 
schneiden und Freilegen der Gänge und unterminirten Stellen; 
die goldene Mittelstrasse, nicht zu viel und nicht zu wenig weg¬ 
zunehmen, ist hier besonders angebracht. Warnen möchte ich 
noch davor, das Beschneiden der Klauen auf der Stallstreu vor¬ 
nehmen zu lassen, wodurch immer neue Infectionsherde ge¬ 
schaffen werden. Man muss die Schäfer veranlassen, die 
Operation auf einer Klane auszuführen und die abgeschnittenen 
Fetzen, Horntheile u s. w. regelmässig durch Verbrennen zu 
vernichten. 

Was die ursächlichen Verhältnisse anlangt, so ist nach 
meinen Erfahrungen sicher, dass die bösartige Klauenseuche der 
Schafe durch ein fixes Contagium veranlasst wird, das in dem 
eiterig-jauchigen Secret steckt und besonders im Stalle haftet. 
Der An8teckungs8toff bedarf zur Fortdauer und Weiter¬ 
entwicklung besonderer Bedingungen, die vorzugsweise durch die 
Bodenbeschaffenheit und die Lage des Stalles hervorgerufen werden. 
Man könnte sich sonst nicht erklären, warum in einem Orte eine 
Heerde an dem Klauenweh leidet, während die anderen trotz 
vielfacher Gelegenheit zur Uebertragung verschont bleiben. 
Bringt man Schafe mit bösartiger Klauenseuche in Schäfereien, die 
nicht den Bedingungen der Fortdauer des Contagiums entsprechen, 
so nimmt die Krankheit keinen weiteren Umfang an, die Seuche 
erlischt ohne besonderes Zuthun. In Gemeindeheerden, die im 
Herbst und Winter in Einzelstallungen stehen, habe ich noch nie 
das Vorkommen der bösartigen Klauenseuche beobachtet, sondern 
nur in grösseren Gutsschäfereien. In drei solcher Schäfereien 
wurde vor vier bis fünf Jahren eine Anzahl Schafe eingeführt, 
welche mit dem Klauenleiden behaftet waren, und seit dieser 
Zeit herrscht dasselbe ununterbrochen in denselben. 

Nachdem ich in kurzen Zügen das uns für die Differential¬ 
diagnose Interessirende angeführt habe, fasse ich die Thatsachen 
und Merkmale, welche die bösartige Klauenseuche und die 


Aphthenseuche einerseits unterscheiden und andererseits fest- 
steilen lassen, in Folgendem zusammen. 

1. Es giebt viele Ortschaften, in denen einzelne 
Heerden seit langen Jahren an bösartiger Klauen¬ 
seuche leiden, andere nicht, trotzdem die Schafe täg. 
lieh dieselben Wege und Triften ziehen. Ferner ist 
noch nie einwandsfrei nachgewiesen, dasB Rindvieh, 
Schweine, Ziegen von der Aphthenseuche befallen sind, 
wenn auch durch die an bösartiger Klauenseuche 
leidenden Schafe fast täglich Gelegenheit zur Ueber¬ 
tragung geboten wird. 

Man wird zugeben müssen, dass, falls die in Frage stehenden 
Krankheiten identisch wären, bei der ausserordentlichen An- 
steckungsfähigkeit der Maul- und Klauenseuche in kurzer Zeit 
eine Infection des anderen Klauenviehs stattfinden würde. Ich 
habe häufig Gelegenheit gehabt zu beobachten, dass Jungvieh, 
frisch zugekaufte Stiere in Schafställe gestellt wurden, in denen 
die bösartige Klauenseuche grassirte, und nie sind irgendwelche 
Folgen eingetreten. 

2. Es giebt manche Schafheerden, in denen das bös¬ 
artige Klauenweh seit Jahren herrscht, und doch 
werden diese von der Maul- und Klauenseuche be¬ 
fallen, wenn sich eine Gelegenheit zur Anstecknng 
bietet. 

In den letzten grossen Seuchengängen habe ich speciell meine 
Aufmerksamkeit auf diesen Umstand gerichtet und kann min¬ 
destens zehn grössere Schäfereien angeben, in denen die Aphthen¬ 
seuche durch zugekauftes Rindvieh zum Ausbruch gekommen ist, 
trotzdem die bösartige Klauenseuche stark florirte. Sie werden 
mir zugestehen müssen, m. H, dass, wenn es überhaupt eine 
Immunität bei der Maul- und Klauenseuche gibt — und davon sind 
wir wohl Alle überzeugt — dann dürfen solche Schafe bei der An¬ 
nahme der Identität beider Leiden nicht von Neuem erkranken. 
Alle Schafe, auch die mit bösartiger Klauenseuche, zeigten nach 
kurzer Zeit die bekannten Symptome der Aphthenseuche. 

3. Der Verlauf bei der bösartigen Klauenseuche 
ist ein chronischer, während die Aphthenseuche in 
einer Heerde acut und fast immer gutartig verläuft 

ln 8—14 Tagen sind die meisten oder alle Stücke einer 
Heerde in einem Stalle von der Maul- und Klauenseuche befallen 
und in verhältnissmässig kurzer Zeit durchgeseucht, während es 
auf der Weide etwas länger dauert. Nachkrankheiten, Wund- 
infectionen durch Schmutz, Panaritien im Verlauf der Maul- und 
Klauenseuche habe ich sehr selten gesehen, trotzdem die Zahl 
der in den letzten Jahren erkrankten Schafe viele Tausende 
betrug. 

4. Bei der Maul- und Klauenseuche finden sich in 
einer Heerde immer Thiere, welche Erscheinungen 
im Maule zeigen. 

Bei Feststellung der Aphthenseuche in einer Schafheerde 
lassen sich durchweg ca. 5 pCt.. ermitteln, welche Röthe. 
Bläschen, Erosionen am Oberkieferrande nachweisen lassen. Die 
Menge der von der Maulseuche befallenen Thiere richtet sich 
übrigens nacli dem Charakter der Seuche im Allgemeinen, wie 
in einzelnen Seuchengüngen auch beim Rindvieh die Maulseuche 
oder die Klauenseuche prävalirt 

5. Bei der bösartigen Klauenseuche leidet vorzugs¬ 
weise eine Klane, während bei der Maul- und 
Klauenseuche in der Regel mehrere Klauen befallen 
werden. 

6. Das Krankheitsbild der bösartigen Klauen¬ 
seuche ist von dem der Maul- und Klauenseuche ver¬ 
schieden. 


Digitized by LjOOQie 



10. November 1898. 


BERLINER THIERiRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


531 


Eine Verkennung der letzteren Seuche kann im Anfangs¬ 
stadium und auf der Höhe bei den prägnanten Symptomen der 
Aphthenbildung in der Klauenspalte mit dem klaren, etwas gelb¬ 
lichen Inhalt, den oberflächlichen Erosionen, der Bläschenbildung 
im Maule, den Fiebererscheinnngen nicht gut stattfinden Anders 
gestalten sich die Verhältnisse, wenn die etwa eintretenden 
Nachkrankheiten an den Klauen in Folge der Maul- und 
Klauenseuche von der bösartigen Klauenseuche unterschieden 
werden sollen. An einem einzelnen Thier wird dies selbst 
einem mit der Sache recht vertrauten Sachverständigen schwer 
fallen, wesentlich günstiger gestalten sich aber die Verhältnisse 
für die Diagnose, wenn eine Anzahl Tbiere gleichzeitig erkrankt 
ist, womit doch in einer Heerde immer zu rechnen ist. Wie 
ich bereits erwähnt habe, kommen Nachkrankheiten an den 
Klauen in Folge der Maul- und Klauenseuche selten und nur 
dann vor, wenn die Schafe auf nasskalten, schmutzigen, 
morastigen Wegen getrieben werden, bevor eine völlige Ab¬ 
heilung der Erosionen, eine Vernarbung der defecten Hautstellen 
eingetreten ist In den grossen Schäfereien, in denen an Streu 
kein Mangel ist, werden solche Folgezustände überhaupt wohl 
selten beobachtet, während die bösartige Klauenseuche mit Vor¬ 
liebe in ihnen zu weilen scheint. Der Schafdünger ist meines 
Erachtens wenig geeignet, Wundinfectionen zu erzeugen, 
ebenso wie der Kuhdünger an nnd für sich in der Regel keine 
Folgekrankheit der Maul- und Klauenseuche bewirkt, es kommt 
dabei auf die Art der Fütterung an. Ich habe persönlich in 
kleinen Rindviehställen nie Panaritien, Necrose etc. in Folge der 
Aphthenseuche auftreten sehen, trotzdem man hier auf die Ent¬ 
fernung des Düngers, des Schmutzes gar nicht achtet. 

Der Process der Nachkrankheiten in Folge der Maul- und 
Klauenseuche ist bei Schafen ähnlich dem beim Rindvieh: 
Zwischenklauenpanaritien, Schwellungen und vermehite Wärme 
an der Krone, am Ballen, Eiterung unter dem Hornsaum, an der 
Krone u. s. w. Den Vorbedingungen und den ursächlichen Ver¬ 
hältnissen entsprechend, wird bei diesen Folgekrankheiten 
immerhin eine grössere Anzahl von Schafen ziemlich gleich¬ 

zeitig befallen und ein gleichmässiges Krankheitsbild, und zwar 
an mehreren Klauen darbieten. Beim Herrschen der bösartigen 
Klauenseuche in einer Heerde findet man selbstredend ver¬ 
schiedene Stadien der Erkrankung: frische Fälle, die mit 

einer Trennung am inneren Hornsaum einsetzen, sich 

häufig nur durch etwas vermehrte Wärme der einen Klauen¬ 
hälfte markiren; weiter vorgeschrittene Processe, wobei die 
bekannten Geschwürbildnngen, die Unterminirungen unter der 
Hornwand der inneren Seite gefunden werden; ferner schliess¬ 
lich Zustände der umfangreichen geschwürigeu Zerstörung der 
ganzen Klauenhälfte, Klauendeformitäten, wie Knollen-Ringbildung 
am Horn. 

Den Nachkrankheiten der Maul- und Klauenseuche fehlt die 
eigentümliche Geschwürbildung, das Kriechende und die Neigung 
zum Unterminiren und zu Recidiven. 

Der Process dieser Folgekrankheiten rührt vom Eindringen 
deletärer Stoffe in die lädirte Haut her und wird sich demgemäss 
mehr zwischen den Klauen, am Ballen und der Krone ab¬ 
spielen, während derjenige der bösartigen Klauenseuche meistens 
unter der inneren Hornwand nach der Spitze und der Sohle 
zu seinen Sitz hat. Zu diesen Unterschiedsmerkmalen kommt 
noch, dass die Folgekrankheiten durch Einstellen auf trockene 
Streu, Abwaschen mit desinficirenden Mitteln, Bestreichen 
mit Theer leicht zu heilen sind, während die Zustände bei 
der bösartigen Klauenseuche selbst den schärfsten Mitteln schwer 
weichen. Berücksichtigen Sie dazu die Anamnese, den Verlauf, 
so wird auch in diesem Stadium die Maul- nnd Klauen¬ 


seuche von der bösartigen Klauenseuche wohl zu unter¬ 
scheiden sein. 

Ich komme nun zu den mechanisch-traumatischen 
Klauenentzündungen, welche unter Umständen in differential¬ 
diagnostischer Hinsicht zur Maul- und Klauenseuche der Schafe 
in Frage kommen können. Für diese Klauenleiden sind seit 
langer Zeit Ausdrücke wie Moderhinke, Drecklähme, Stoppel¬ 
lähme landläufig geworden, wie Ihnen Allen bekannt sein wird. 
Es handelt sich bei diesen Klauenkrankheiten um entzündliche 
Vorgänge in der Klanenspalte und an der Krone, um Eiterungs- 
processe, Loslösung des Saumbandes, Unterminirung des Klauen- 
horns n. s. w. 

Die ursächlichen Verhältnisse sind schon durch die Be¬ 
zeichnungen „Moderhinke, Drecklähme, Stoppellähme“ genügend 
gekennzeichnet; die Klauen werden durch Nässe, Schmutz, 
faulenden Dünger etc. erweicht und dadurch prädisponirt zu 
Quetschungen, Verwundungen und oberflächlichen entzündlichen 
Vorgängen, welche durch Aufnahme von Infectionsstoffen zu 
tiefer gehenden Eiterungsprocessen und Zerstörungen Anlass 
geben können. Das Krankheitsbild wird sich nach den Ursachen 
verschieden gestalten, wenn auch im Grossen nnd Ganzen die 
Klauenspalte der ursprüngliche Sitz ist; man wird bei der Dreck¬ 
lähme besonders Drnckflecke, bei der Stoppellähme Verwundungen 
in der Klauenspalte finden. Die Thiere lahmen und zeigen an¬ 
fänglich Röthe und Schwellung in der Haut zwischen den Klauen 
nnd an der Krone. Nach einiger Zeit ist eine seröse, gelbliche, 
schmierige, später eitrige Flüssigkeit zu erkennen, die Haut ist 
dann häufig pustelförmig aufgehoben. Wenn das Leiden in 
diesem Stadium vernachlässigt wird, kommt es zu einer Los¬ 
lösung des Saumbandes, Eitersenkung, Unterminirung unter der 
Hornwand, selbst zu umfangreichen Zerstörungen und zum Aus¬ 
schuhen. 

Zu diesen Symptomen, die durch die gleichen Ursachen bei 
einer grösseren Anzahl von Schafen gleichzeitig auftreten können, 
kommen noch zuweilen Laesionen der Maulschleimhant durch die 
scharfen Stoppeln, Bildung von Pusteln und Schwämmchen infolge 
von Pilzen verschiedener Art, so dass bei oberflächlicher Unter¬ 
suchung das Bild der Maul- und Klauenseuche vorgetäuscht 
werden kann und, wie ich aus Erfahrung weiss, auch thatsäcblicb 
zur Verwechselung Anlass gegeben hat. Die Kenntniss von dem 
Vorkommen dieser Complication, die genaue Aufnahme des Be¬ 
fundes, die ursächlichen Momente, die Erhebung der Anamnese, 
das Fehlen der Ansteckungsfähigkeit wird auch hier die Fehl¬ 
diagnose verhüten. 

Die Unterscheidung der auf mechanischen Ursachen be¬ 
ruhenden Klauenentztindnngen von den Nachkrankheiten der 
epizootischen Klauenseuche ist wie bei der bösartigen 
Klauenseuche an einzelnen Individuen nicht leicht, zumal beide 
Klauenleiden Wundinfectionen darstelleu. Auch hier sind wir 
gezwungen, eine grössere Anzahl von Schafen zu untersuchen, um 
ein richtiges Krankheitsbild zu bekommen und eine feste Diagnose 
zu stellen. Zu verwerthen ist noch der Umstand, dass infolge 
der Maul- und Klauenseuche meistens geringfügige Veränderungen, 
Riefen, Abblätterungen an der äusseren Hornschicht der Klauen 
vom Saum aus auftreten. 

Sollte die Erkennung selbst unter Berücksichtigung der 
Anamnese, des Verlaufs etc. noch Schwierigkeit machen, so kann 
schliesslich eine Besichtigung des etwa vorhandenen Rindviehs 
auf Residuen der Maul- und Klauenseuche, die sich ebenfalls unter 
dem Hornsaum an den Klauenwänden vorfinden, vorgenommen 
werden. 


Digitized by LaOOQie 




532 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


Bericht Uber die 

70. Versammlung Deutscher Naturforscher undAerzte 
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898. 

(Schluss). 

Bei der sich an den Vortrag anschliessenden Discussion er¬ 
wähnten Braselmann und Eckhardt, dass eine grosse Anzahl 
der unter den niederrheinischen Viehbeständen so häufig beob¬ 
achteten Fälle von Zwischenklauenpanaritinm durch Infection 
mit dem Necrosebacillus complicirt würden. Frisch ging des 
Näheren auf den Hufkrebs und die im Verlaufe desselben auf¬ 
tretenden Complicationen ein. Bezüglich der Nachbehandlung 
bei Klauenamputationen bemerkte Lothes, dass er bei An¬ 
wendung der reinen Theerverbände immer gute Erfolge erzielt 
habe. Derselbe empfahl, die Bezeichnung Klauenkrebs ganz 
fallen zu lassen, da dieselbe zu Missdeutungen leicht Ver¬ 
anlassung geben könnte. 

Einem aus der Versammlung heraus gestellten Anträge ent¬ 
sprechend wurde die dritte Abtheilungs-Sitzung der 35- Section, 
auf den 22. September, Vormittag 9 1 /-, Uhr, anberaumt, und zum 
Vorsitzenden für dieselbe I m m i n g e r - Würzburg gewählt. 

In der dritten Sitzung demonstrirte zunächst Frisch-Düssel- 
dorf die von dem Thierarzt Hauptmann aus Wahrendorf 
(Böhmen) eingesandten elastischen Binden. Als Vortheil der¬ 
selben wurde ihre Verstellbarkeit bezeichnet. Letztere wird durch 
Einschaltung einer mit Knöpfen versehenen Filzschiene in die 
aus Gummistoff bestehende Binde erreicht Hierdurch wird es 
dem Pferdebesitzer möglich, ein und dieselbe Binde bei ver¬ 
schiedenen Pferden zu benutzen. Die Mehrzahl der Anwesenden 
konnte sich von der Anwendung elastischer Binden zu thera¬ 
peutischen Zwecken irgendwelche Erfolge nicht versprechen. 
Man glaubte es jedoch dem Collegen Hauptmann schuldig zu 
sein, es nicht bei einer theoretischen Beurtheilung seiner Er¬ 
findung bewenden zu lassen, sondern dieselben in praxi ver¬ 
suchsweise in Anwendung zu bringen. 

Darauf hielt Imminger-Würzburg einen Vortrag Ober 
Melanome. Redner hat die Melanome bei Rindern vielfach 
beobachtet. Der Regel nach handelte es sich um Scheckvieh, und 
zwar meist um die Kreuzungsproducte von Simmenthalern und 
den einfarbigen Landschlägen. Bei letzteren hat I. diese Neu¬ 
bildungen nie nachwemen können. Derselbe referirt sodann über 
zwei Fälle von Melanose, die wegen der eingeschlagenen Be¬ 
handlung und des erzielten Erfolges besonderes Interesse er¬ 
heischen. 

Ein Rind hatte eine fünfmarkstückgrosse Gi schwulst am 
innern Augenwinkel, die sich bei näherer Untersuchung als 
Melanom erwies. Da eine vollständige Beseitigung desselben 
wegen der zu befürchtenden functioneilen Störnngen nicht an¬ 
gängig war, so entfernte I. mit dem Messer ein Segment, das 
etwa den dritten Theil der gesammten Neubildung ausmachte, 
und liess die Wunde mit desinficirenden Flüssigkeiten behandeln. 
Als er nach einigen Tagen die Operationswunde wieder inspicirte, 
waren die zurückgebliebenen Geschwulstreste verschwunden. 

Ein Pferd bekundete eine harte, schmerzlose Anschwellung 
an einer Hinterextremität, die von der Hüfte abwärts bis zum 
Kniegelenk reichte I. machte zunächst eine Probeincision und 
stellte dabei fest, dass es sich um ein Melanom handelte. Er 
verlängerte nunmehr den Schnitt bis zu 30 cm und entfernte von 
der Neubildung etwa 7 Pfund. Nachdem die Operationswunde, 
deren Ränder ein gleichmässig schwarzes Aussehen hatten, einige 
Tage antiseptisch behandelt worden war, untersuchte I. das 
Pferd wieder und fand, dass die übrigen Theile des Melanoms 
von der gesunden Nachbarschaft soweit abgelöst waren, dass er 


dieselben mit Zuhilfenahme irgend eines Instrumentes mit der 
Hand entfernen konnte. Hierdurch wurden das Oberschenkelbein 
sowie das Hüft- und Kniegelenk freigelegt Trotz des tief¬ 
gehenden Defektes vollzog sich die Heilung unter Anwendung 
einer dünnen Formalinlösung regelmässig. Nach einigen Wochen 
bezw. Monaten war das Pferd soweit wieder hergestellt, dass es 
zur Arbeit benutzt werden konnte. Als I. das Pferd später 
gelegentlich wieder sah, waren nicht die geringsten Bewegungs¬ 
störungen au dem operirten Hinterbein nachzuweisen. Bei der 
sich an den Vortrag anschliessenden lebhaften Discussion wurde 
der operativen Behandlung der Melanome das Wort geredet 
Mit der operativen Entfernung der Melanosarcome hatten die 
meisten Redner schlechte Erfahrungen gemacht, indem fast regel¬ 
mässig Recidive auftraten. Man empfahl daher, gegen diese Neu¬ 
bildungen nur dann operativ vorzngehen, wenn dieselben 
functionelle Störungen verursachen. 

Nach beendigter Discussion dankte Dr. Lothes dem Redner, 
dass er so bereitwillig für den nicht erschienenen Herrn Dr. Olt 
eingetreten sei und so die Abhaltung der Sitzung ermöglicht 
habe. 

In einem Schlusswort an die Versammlung sprach Imminger 
sein lebhaftes Bedauern über die geringe Betheiligung aus, 
welche in diesem Jahre die Section 35 aufzuweisen hatte. Die 
von den Collegen durch das Fernbleiben an den Tag gelegte 
Interesselosigkeit hätte ihn umsomehr überrascht, als die dies¬ 
jährige Naturforscher-Versammlung in einem Bezirk abgehalten 
worden sei, der zu den thierärztereichsten zähle. Vielen Collegen 
wäre daher ohne erheblichen Aufwand an Zeit und Geld Gelegen¬ 
heit geboten gewesen, sich an den Verhandlungen, deren Nutzen 
stiftende Wirkung für ihn als langjährigen Theilnehmer über 
jeden Zweifel erhaben sei, zu betheiligen*). 


Entgegnung betr. des Embryotom-Ecraseurs. 

Die Behauptung, dass bisher ein wirklich zweckentsprechendes 
Embryotom nicht construirt war, erlauben wir uns trotz des 
Widerspruchs von Herrn Pflanz aufrecht zu erhalten. Aus den 
Aeusserungen vieler Collegen haben wir dasselbe entnommen. 

Die praktische Erfahrung soll die Entscheidung 
treffen. Da wollen wir denn nicht verschweigen, dass gerade 
diese einen von uns dahin führte, ein Pflanz’sches Instrument 
gratis wegzugeben. Die Landleute einer schleswig-holsteinischen 
„Salonpraxis“ wollten oder konnten sich nicht an den Anblick 
eines solchen Instrumentes gewöhnen. 

Die Annahme einer vollständigen Gefahrlosigkeit des Pflanz- 
schen Embryotoms dürfte etwas optimistisch sein. 

Dass durchlöcherte Zahnräder leichter zu reinigen sind als 
das Innere eines Metallrohrs, welches man mit jedem Stock und 
etwas Werg putzen kann, glauben wir nicht. Will Herr Pflanz 
aber nur die Theile gründlich gesäubert wissen, die mit dem 
Mutterthier in Berührung kommen, so wäre bei unserem Intrument 
nur die äussere Wand eines glatten Metallrohres zu reinigen. 

Die Ecraseurkette, von der Herr Pflanz schreibt, kommt 
bei der Geburtshttlfe nicht in Frage, mithin auch nicht beim 
Vergleich der Embryotome. 

Wir eine Ecraseurkette für besondere Operationen nicht er¬ 
werben will, zahlt für ein Instrument zum Zwecke der Geburts¬ 
hilfe 62 M. Herr Pflanz meint nun, dass die Frage des 
Kostenpreise b bei weitem wichtiger ist, als die des Gewichte*. 
Uns scheint aber, es ist am Ende mehr von Bedeutung, dass 
ein Instrument handlich ist. Dass unser Instrument aller- 

*) Für die früher veröffentlichte T hei Ine hm erliste ist noch nach¬ 
zutragen Herr Kreisthierarzt Schaum keil-Hagen. 


Digitized by 


Google 









10. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


533 


dings um weitere 27 M. theurer, ist freilich nicht angenehm. Aber 
gerade Collegen, „die mit den Verhältnissen einer umfangreichen 
Praxis zu rechnen haben“, werden diese Mehraasgabe nicht 
scheuen. Auch ist der Umstand nicht zu vergessen, dass das eine 
Instrument die Anschaffung anderer entbehrlich macht. 

Der lange Abschnitt, den Herr Pflanz dem Fahrrad widmet 
— wir hatten dessen nur in wenigen Worten Erwähnung gethan — 
lehrt uns, dsss er nicht Radler ist; wir wollen daher in diesem 
Punkte nicht mit ihm hadern. 

Die Aeusserung: „Uebrigens ist aber die wesentlichste That- 
sache wohl die, dass die Anwendung des Ecraseurs zur Embryo- 
tomie im Prinzip durch mich in die Geburtshilfe eingeführt worden 
ist“, dürfen wir wohl nicht wörtlich nehmen. Für uns liegt die 
wesentlichste Thatsache, der Schwerpunkt der Streitfrage dort: 
Welches Instrument entspricht am meisten den Bedürf¬ 
nissen der Praxis. 

Da können wir nun Herrn Pflanz mittheilen, dass auf der 
thierärztlichen Versammlung in Neuraünster sich sehr viele 
Collegen für unser Instrument entschieden haben. 

Wir können auch die Behauptung nicht unbeanstandet lassen, 
dass Herr Pflanz bereits ein ganz gleiches Instrument 
construirt habe. Uns dünkt nicht einmal die Aehnlicbkeit sehr gross. 

W. Wessel, G. Witt, 

Thierarzt, Wilster. Kreisthierart, Sonderburg. 


Referate. 

Ueber Kataplasmen. 

Von Zschokke. 

(Schw. Arch. f. Th Bd. 40, 5) 

Die zu Kataplasmen verwandten Mittel besitzen weniger in 
ihrer Form als in ihrer Wirkung eine gewisse Uebereinstimmung. 
Dieselbe besteht in einer Erweichung und in einer gewissen Haut¬ 
reizung. Die Mittel sind mit die ältesten und werden recht 
eigentlich zu den Hausmitteln gerechnet. Das wirksame Princip 
ist die feuchte Wärme. Das warme Wasser allein würde ge¬ 
nügen. Aus Nebengründen verwendet man aber allerlei Vehikel, 
wie'Lebm, Fango, Leinsamen, Mehl, Camillen, selbst Kuhdünger etc. 
Andere Formen wirken in der Weise, dass sie die Körperwärme 
und die natürliche Hautfeuchtigkeit selbst zur Wirkung heran¬ 
ziehen. Hierher gehören die Priessnitz'sehen Umschläge oder 
das Aufträgen von Fett bezw. von Pflastern, wodurch die Haut- 
ausdünstung unterdrückt und eine Feuchtigkeitsschicht auf der 
Haut erzielt wird. Wie weit neben Feuchtigkeit und Wärme 
noch andere Momente in Betracht kommen, ist noch nicht ge¬ 
nügend aufgeklärt. 

Die Feuchtigkeit bewirkt ein Aufquellen des Hautepithels 
und grössere Lockerung. Die Wärme erschlafft im Allgemeinen 
und dehnt aus, trockene Wärme jedoch weniger, eben wegen der 
gleichzeitigen Austrocknung. Die Feuchtigkeit ergänzt also die 
Wärmewirkung. Das Wasser eignet sich als Wärmetrftger ganz 
besonders. Von 35° ab kann man das Wasser warm, von 37*/ 9 ° 
aufwärts heiss nennen. Dass kaltes und heisses Wasser auf die 
sensiblen Nerven wirken, ist bekannt. Von 50° ab können directe 
Zerstörungen bewirkt werden; Temperaturen von 42—50° jedoch 
wirken noch nicht necrotisirend. Ilir Reiz scheint die Zellen 
nutritiv und forraativ anzuregen und diese Wirkung der Kata¬ 
plasmen kommt neben der expandirenden in Betracht. Die Er¬ 
weiterung der Capillaren bedingt stärkeren Blutzufluss und die 
Zellen werden angeregt, die gesteigerte Zufuhr zu verwenden. 
Dass bei infectiösen Processen die Wärme, auch die äusserlich 
applicirte, heilsam, die Kälte dagegen schädlich wirkt, hat 
Zschokke in einem anderen Aufsatz (vgl.Referat in nächsterNo. der 
B. T. W.) ausgeführt. Indem die Zellthätigkeit und damit auch die 


Antitoxinbildung angeregt wird, wirkt die Wärme antiphlogistisch 
oder, wie mau sagt, zertheilend. Die Wahl der Mittel wird sich 
nach verschiedenen Umständen richten. Die Haupteigenschaft der 
eigentlichen breiigen Kataplasmen muss jedenfalls sein, dass sie 
einen gewissen andauernden Wassergehalt und ein möglichst 
schlechtes Wärmeleitungsvermögen besitzen, dass sie feinkörnig 
und nicht reizend sind. Z. hat nun daraufhin verschiedene Mittel 
geprüft. 

Neuerdings ist als Kataplasma besondere der Fango (Lini- 
mentnra minerale) angepriesen worden. Es ist dies ein sehr 
feiner Seeschlamm, der sich in Thermen bei Padua bildet, die 
schon den alten Römern als Heilbäder bekannt waren. Das 
Material wird in beinahe wasserfreiem Zustande exportirt, 100 kg 
für 30 Fre., jährlich 3—4 Millionen kg. Lufttrockener Fango 
enthält 5 pCt. Wasser und in seinen erdigen Bestandteilen 
Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia und 10 pCt. 
organische Substanz so gut wie bacterienfrei. Beim Menschen 
sind die Fangokuren neuerdings in Aufnahme gekommen. Z. hat 
nun Versuche angestellt, ob der Fangoschlamm geeignet ist, die 
Qualität der Kataplasmen zu verbessern. Die verschiedenen zn 
vergleichenden Substanzen wurden in hohe ßechergläser gefüllt 
und ein Thermometer darein versenkt. Sie wurden dann in ein 
Wasserbad gestellt und erwärmt und dann wurde unter gleichen 
Verhältnissen die Temperaturabnahme in ihnen gemessen. Es 
ergab sich, dass Fango und Krüschbrei sich nach 20 Minuten am 
intensivsten erwärmten. Bei der folgenden Temperaturabnahme 
zeigte sich, dass im blossen Wasser die Temperatur sehr viel 
rascher sinkt als in den Kataplasmen, und es zeigte sich ferner, 
dass bezüglich des Wärmeerhaltungsvermögens der Leinsamenbrei 
obenan steht. Dann folgen Krüsch und Lehm, dann Fango und 
Krüsch. Kuhmist und reiner Lehm stehen diesen nach. Wasser 
besitzt, wie schon erwähnt, ein grösseres Wärmeabgabevermögen 
und ein noch grösseres hat das Fett. Hieraus ergiebt sich, dass 
Fetteinreibungen nur dann als Kataplasma zu wirken vermögen, 
wenn die Wärmeabgabe durch Wolldecken verhindert wird. 

Es wurde ferner die Wasserverdunstung geprüft, indem die 
zu prüfenden Substanzen ohne Erwärmung in Glasschalen ge¬ 
füllt und gleichmässig der Luft ansgesetzt wurden. Von Zeit zu 
Zeit wurden Proben gewogen und dieselben so lange erhitzt, bis 
kein Temperaturverlust mehr eintrat, d. h. bis das Wasser völlig 
verdunstet war. Dabei ergab sich, dass nach 24 ständigem Aus- 
trockneu verloren hatten von ihrem Wassergehalt: der Lehm 
40 pCt., Lehm und Krüsch 27, Leinsamenbrei 25, Fango 22, 
Krüschbrei 10 und Kuhmist 5 pCt. Die letzteren trocknen also 
sehr viel weniger rasch ans als Lehm und es ergibt sich, dass 
durch Beimengung pflanzlicher Stoffe Erdaiten länger feucht er¬ 
halten werden können. Das Gesammtergebniss ist etwa, dass 
Fango ein recht geeignetes Mittel zur Verwendung als Kata- 
plasma ist, wenn er auch bezüglich wärme- und wasserbinden¬ 
der Kraft vom Leinsamen etwas überholt wird. Vorzüge sind: 
seine Bacterienfreibeit, Indifferenz (neutrale Reaction) und appetit¬ 
liches Aussehen. Kuhmist ist höchstens zum Aufweichen von 
Huihorn geeignet. Krüsch und Leinsamenbrei sind zu Kata¬ 
plasmen sehr gut zu verwenden; da sie aber säuern, so müssen 
sie vor Ablauf von 24 Stunden erneut werden. Lelm und Krüsch 
im Verhältniss von 1:2 ist ein vorzügliches Kataplasma, dem 
Fango ebenbürtig, und für thierärztliche Zwecke seiner Billigkeit 
wegen besondere geeignet. (Was ist Krüsch?) 

Ceber Knochenflssnren beim Pferd. 

Von Oberrosaarzt Dischereit. 

(Zuohr. f. Veterinär*. Octob. 1898 ) 

Am 10. September 1897 konnte D. bei der Section eines 
wegen Untere) mbruchs getödteten Pferdes constatiren, dass vorher 


Digitized by LjOOQie 







534 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


eine Fissur bestanden batte, und zwar, wie aus der Beschaffen¬ 
heit des Knochens su schliessen war, seit etwa zwei Jahren. Die 
hochedle Stute war 14 Jahre alt und brachte noch jährlich ein 
vorzügliches Fohlen. Sie hatte in den letzten Jahren als Acker¬ 
pferd gearbeitet, war seit zwei Jahren auf dem rechten Vorder- 
fuss lahm gegangen, was sich im Laufe der Zeit gesteigert hatte. 
Während sie mit dem Fohlen auf der Weide war, verschwand 
die Lahmheit. Manchmal wurde die Lahmheit bei der Acker¬ 
arbeit so schwer, dass das Pferd sich niederlegte und nnr mühsam 
nach Haus gefühlt werden konnte. Ara andern Tage war die 
Lahmheit wieder auf den gewöhnlichen Grad zurückgegangen. 

In Rnhe wurde die rechte Gliedmasse weit nach vorn gestellt. 
Am 9. September erhielt die Stute einen Schlag an die Innen¬ 
seite des Unterarms, der eine 4 cm lange Hautwunde und so 
vollständigen Brach des Knochens herbeiführte, dass die Glied¬ 
masse nachgeschleift wurde. 

Bei der Section ergab sieb: Der Unterarm in der Mitte schief 
durchgebrocheD. Eine Anzahl Knochensplitter waren verloren 
gegangen. An der hinteren Fläche des Knochens waren die 
Brnchränder noch scharf, im Uebrigen fast überall elfenbeinartig 
glatt, wie eine Schabe Holz walzenförmig abgeschliffen. Es hatte 
also den Anschein, als wenn die Knochenenden, bevor sie völlig 
von einander getrennt wurden, nur an der hinteren Fläche noch 
zusammengehangen hätten. Von Callusbildnng bestand nirgends 
eine Spur. Hieraus muss der Schluss gezogen werden, dass an 
dem Unterarm eine Fissur vorhanden war, die mit höchster 
Wahrscheinlichkeit als Ursche der Lahmheit schon zwei Jahre 
bestanden hat Ein Blick auf die walzenförmig abgerundeten 
und elfenbeinartig geglätteten Knochenränder liess eine andere 
Deutung nicht zu. Es ist allerdings nur möglich, sich eine voll¬ 
kommene Vorstellung zu machen, wenn man das Präparat ge¬ 
sehen hat. Auf jeden Fall ist ganz ausgeschlossen, dass die Ab¬ 
schleifung der Bruchränder in kurzer Zeit entstanden sein könnte. 
Da die Zone, an welcher die Knochenenden bis zuletzt zusammen¬ 
gehangen haben, verhältnissmässig beschränkt war, so zeigt der 
Fall, wie gross die zusammenhaltende Wirkung der den Knochen 
umschliessenden Weichtheile sein muss. D. weisst hierbei auf 
einen früher von ihm beschriebenen Fall hin (B. T. W. 1Ö95, pg. 233). 
Bei einem Pferde, welches anscheinend gesund die Garnison ver¬ 
lassen hatte, begann nach einem Marsch von 17 km das Widerrist 
derartig zwischen den Schulterblättern zu versinken, dass 
letztere nach oben hervorragten. Das Pferd konnte noch mühsam 
ins Quartier geführt werden und starb am folgenden Tage. Bei 
der Section fand sich ein Bruch beider Schulterblätter drei 
Finger breit unter dem Knorpel, Bruch des Dornfortsatzes des 
siebenten und achten Rückenwirbels und Muskelzerreissungen. 
Der Tod war durch Verblutung erfolgt. Auch hier muss die 
Fractur vorher bestanden haben, da der Bruch während des 
Rittes nicht entstanden sein kann. 

Vergiftung mit Stallsalpeter. 

Von Thierarzt Buhl. 

(Wochenschrift fflr Thicrheilknnde, 36.) 

Die zu besprechende Krankheit kommt häufiger vor, als man 
im Allgemeinen, namentlich anch hei dem Fehlen von Beob¬ 
achtungen in der Literatur, annehmen sollte. In jedem Stalle 
kann man wahrnehmen, dass, so weit die aufgestellten Thiere 
reichen können, die Wände von ihnen abgeleckt werden. Unter 
normalen Verhältnissen gehören daher Vergiftungen mit Stall- 
salpeter zu den Seltenheiten. Wenn aber zu gewissen Zeiten 
einzelne Abtheilungen des Stalles nicht besetzt sind, so kommen 
bei nachheriger Wiederbesetzung lebensgefährliche Vergiftungen i 
bei erwachsenen Rindern und Ziegen häufig genug vor; nament- i 
lieh aber werden Saugkälber und Füllen dadurch gefährdet. An- ! ] 


scheinend werden solche Erkrankungen von Jungvieh mehrfach 
mit weisBer Ruhr verwechselt. Die Vergiftung kommt dadurch 
zu Stande, dass die Thiere den an den Wänden sich ansetzenden 
Salpeter infolge seines salzigen Geschmackes ablecken. Nament¬ 
lich Kälber und Füllen werden oft in Stallabtheilungen gestellt, 
welche längere Zeit leer gewesen sind. 

Unter den Symptomen ist am auffälligsten die profuse 
Diarrhoe mit wässerigen, später blutgemischten Abgängen, grosse 
Schwäche, verhaltene Kolikerscheinungen und subnormale 
Temperatur. Bei Kälbern und Füllen können die ersten Er¬ 
scheinungen schon am zweiten und dritten Tage nach der Geburt 
auftreten. Der Verlauf ist abhängig von der Menge des auf¬ 
genommenen Giftes und von der Möglichkeit der wiederholten 
Aufnahme. Bei nicht zu starkem Salpetergenuss erholen sich 
erwachsene und junge Thiere nach einigen Tagen, besonders 
wenn man rechtzeitig den Wänden Aufmerksamkeit znwendet 
und sie abbürstet Bei schweren Vergiftungen gehen die Thiere 
nach 3—8 Tagen zu Grunde. Bei der Section findet sich 
Gastroenteritis, namentlich hochgradige Röthung im Labmagen 
und Dünndarm. Zuletzt können Vereiterungen und Geschwüre 
auftreten. Die Prognose ist nicht immer ungünstig, namentlich 
bei den nicht acut verlaufenden Fällen, und bei Säuglingen ist 
sie günstiger als bei der weissen Ruhr. Differentialdiagnostisch 
ist die subnormale Körpertemperatur und das Fehlen der weissen 
Farbe der Excremente von Bedeutung. 

Die Hauptsache ist natürlich die Prophylaxe. Trockene 
Stallwände und trockener Stallboden behindern bekanntlich die 
Salpeterbildung. In Stallabtheilnngen, wo nach längerer Unter¬ 
brechung wieder Thiere eingestellt werden, sollte man die Wand 
vorher abkehren. Bei nassem Baumaterial ist Theeranstrich oder 
ein guter Cementverputz am Platze. Ist erst die Erkrankung 
aufgetreten, so empfiehlt sich Fütterung mit sehr gutem Heu und 
Mehltrank, bei Säuglingen Kaffee mit Milch 1:3, Einschöttung 
von dünnem Mehlschleim, Application Priessnitz’scher Umschläge 
um den Leib. Grosse Gaben von Opiumtinctur und subcutane 
Einspritzungen von Campkor-Aether lindern die Schmerzen 
bezw. wirken dem Kräfteverfall entgegen. Die letztgenannten 
Einspritzungen 1:9 sind bei grosser Schwäche geradezu lebens- 
rettend. Wegen der Dosis braucht man nicht ängstlich zu sein. 
B. giebt Kälbern, Ziegen und Füllen zuerst tinctura opii, 5—10 gr, 
in 2stündlichen Pausen für sich und nach der dritten Gabe mit 
Schleim oder auch mit Tannin oder Tannalbin, 2—3 gr, und 
etwas Wasser. Auch Morphium - Injectionen sind bei Gehirn- 
Anämie nach B. empfehlenswerth. Von 16 erwachsenen Rindern, 
die B. behandelte, sind 10 genesen. Das Fleisch von 4 noth- 
geschlachteten Thieren wurde ohne Schaden gegessen. 

Sandgeschwnlst der Dora mater bei der Kuh. 

Von KUnnemann. 

(Dtsch. Thi«r&rxtl. W. 98, 18.) 

Neubildungen des Gehirns und seiner Häute werden bei 
Hausthieren nicht so oft beobachtet. Die von K. beobachtete 
Geschwulst findet sich in der Literatur noch nicht beschrieben. 
Eine Kuh, die niemals Krankheitserscheinungen gezeigt und 
Mittags noch gut gefressen hatte, wurde gegen 3 Uhr unruhig, 
führte unter Stöhnen krampfhafte Bewegungen mit den Beinen 
aus und starb nach 22 Stunden. Bei der Section zeigten sich 
die Organe der Brust- und Bauchhöhle normal. Bei der Oeffnung 
der Schädelhöhle war die harte Hirnhaut über dem vorderen 
Abschnitte der Hemisphäre fest mit dem Schädeldach verbunden, 
z. Th. sogar unlöslich. Ebenso stand sie mit dem Gehirn an 
dieser Stelle in fester Verbindung. Bei dem Bemühen, die Dura 
abzulösen, riss ein etwa enteneigrosser flachgedrückter Theil der 
Hemisphäre ab. Die Hirnsubstanz war im Bereich des Risses 


Digitized by LjOOQie 


10. November 1898. 

sebr weich, das losgelöste Stück dagegen sehr derb nnd mit 
faseriger Bruchfläche. Die oberflächliche Schicht zeigte das Aus¬ 
sehen der Hirnsubstanz. Auf der Schnittfläche ergab sich aus¬ 
geprägtes faseriges Gefüge. Eine deutliche Grenze zwischen 
Geschwulst und Gehirn war nicht zu erkennen, ebenso wenig eine 
Abgrenzung zwischen der Dura und dem augenscheinlich eine 
Geschwulst darstellenden losgerissenen Hirntheil. Die Geschwulst 
hatte also wahrscheinlich von der harten Hirnhaut ihren Ausgang 
genommen. 

Die mikroskopische Untersuchung ergab in den Schnitten 
faserige Züge und Zellnester sowie in den Zellnestern und den 
Faserzügen gelbliche drüsige, von- faseriger Kapsel umschlossene 
Einlagerungen, deren kalkige Natur sich bei Säurezusatz zeigte. 
Es wurden nun kleinere Geschwulststücke entkalkt, gehärtet und 
in Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin 
und Eosin gefärbt. Nun zeigte sich in den Schnitten ans den 
mittleren Geschwulsttheilen ein Gerüst von Bindegewebszügen 
und dazwischen Stränge und Nester kleiner Zellen von ovaler 
Form. Sowohl in den Faserzügen, als in den zahlreichen Ab¬ 
schnitten lagen kugelige Körper verschiedener Grösse und 
Anordnung. Sie zeigten concentrische Schichtungen von Lamellen 
einer homogenen Masse, in denen nur an der Peripherie hier und 
da ein Kern zu finden war. Manche dieser Kugeln waren ans 
mehreren kleineren aufgebaut. Blutgefässe waren verhältni6s- 
mässig wenig in der Geschwulst enthalten. Die von der Ober¬ 
fläche entnommenen Schnitte waren arm an Bindegewebe, während 
die Zellstränge vorherrschten. Hier und da war ein Uebergang 
von Bindegewebssträngen in Zellstränge zu beobachten. Nach 
dieser Beschaffenheit wäre die Geschwulst als Fibrosarcom zu 
bezeichnen gewesen. Das Eigentümliche waren die kugeligen 
Gebilde von lamellösem Bau und mit centraler Verkalkung, 
welche die Geschwulst als eine sogen. Sandgeschwulst, Psammom 
nach Virchow, charakterisirte. Solche Psammome sind bei 
Thieren bisher noch nicht beschrieben worden, während sie beim 
Menschen öfter gefunden worden sind. Sie sitzen beim Menschen 
gewöhnlich an der Dura mater fest, ohne mit dem Gehirn in 
Verbindung zu stehen. Auch Arnold hat gefunden, dass die 
Zellzüge in Bindegewebszüge übergehen. Golgi nimmt bezüglich 
der Entstehung der Kalkkugeln an, dass sie sich direct aus den 
Bindegewebsfasern entwickeln und wie das normale Bindegewebe 
aus Fasern und Zellen bestehen, in welche die Absonderung der 
Kalksalze stattfindet. 

I 

Ablation einer Cyste des Vorderknies beim Pferde, j 

Von Colin, Militärveterinär beim 27. Dragoner-Regiment. 

(Recuell, 15. October 1898.) 

Ein werthvolles Pferd zeigt ein Jahr flach dem Eintritt in 
das Regiment, wahrscheinlich infolge von wiederholten Reibungen 
gegen die Krippe, eine voluminöse Cyste auf der Vorderfläche 
des rechten Knies. Sechs Monate lang wurde das Thier mit 
Douchen, Camphereinreibungen, Massage, Scharfsalben und 
Brennen ohne Erfolg behandelt, schliesslich hatte die Ge¬ 
schwulst die Grösse des Kopfes eines zehnjährigen Kindes. 
Die Cyste zeigte keine Connection mit der Haut, die auf ihrer 
Oberfläche geschmeidig und beweglich war und normal schien; 
sie adhärirte auch nicht am Gelenk und konnte im Stadium der 
Buhe auch nach der Seite bewegt werden. Bei aufgestelltem 
Bein war die erkrankte Region straff gespannt, hart und ge¬ 
fühllos, ohne Wärme, bei aufgehobenem Fusse war sie fluctuirend. 
Die Geschwulst ging vom unteren Viertel des Vorarms bis zum 
unteren Drittel des Kniegelenks. Lahmheit bestand auch im 
Trabe nicht. 

C. schnitt nach Abrasirung und Desinfection der Haut die 
CyBte in einer Länge von ca. 10 cm auf und entfernte aus dem 


535 

sehr verdickten und indurirten Gewebe ein elliptisches Gewebsstück, 
wobei sich die Cyste leerte. Die pathologische Membran wurde 
mit dem scharfen Löffel abgekratzt, die Wunde sorgfältig mit 
Sublimat ausgewaschen und mit Jodoformäther imprägnirt. Die 
Wundränder wurden vernäht und über das Ganze ein Compressiv- 
verband mit Jodoform angelegt und mit der Kniekappe fest¬ 
gehalten. Der Verband wurde wöchentlich zwe/mal erneuert und 
so vollkommene Vernarbung in einem Monat erzielt. Jetzt ist 
die Narbe durch die Haare vollständig verdeckt und es bedarf 
einiger Aufmerksamkeit, um das operirte Knie von dem anderen 
unterscheiden zu können. 

Sitz und Reihenfolge in der Entwickelung der patho¬ 
logisch - anatomischen Veränderungen bei der Rinder- 
tuberculose. 

Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College, London. 

(Journal of Comp. Pathol. and Tberap., Vol XI, Part. 3., September 1898.) 

Die Auffindung tuberculöser Veränderungen bei Rindern, 
welche auf eine Tuberculineinspritzung reagirt haben, ist nicht 
immer leicht. Johne und Andere haben Fälle beschrieben, in denen 
nur durch peinlichste Untersuchung und genaue Kenntniss des 
Sitzes und des Aussehens tuberculöser Läsionen das positive 
Ergebniss der Tuberculinreaction bestätigt werden konnte. Zur 
leichteren Erkennung der Krankheit bei der Fleischschau und zur 
Vermeidung von Irrthümern empfiehlt es sich hiernach, die Lieb¬ 
lingssitze der Tuberculose und ihre verschiedenen Entwicklungs¬ 
stadien völlig klarzustellen. 

Es lassen sich zur Erreichung dieses Zieles zwei Wege ein- 
schlagen. 

Entweder könnte man eine Anzahl gesunder Rinder auf ver¬ 
schiedene Weise (Inhalation, Ingestion etc.) künstlich inficiren, 
dieselben in verschiedenen Zwischenräumen tödten und nachsehen, 
welcher Art die Veränderungen sind. Oder es werden von einer 
Reihe natürlicher Tuberculosefälle die Veränderungen sorgfältig 
registrirt und aus diesen Aufzeichnungen die wahrscheinliche 
Reihenfolge der Entwicklung der Läsionen und ihrer Ausbreitung 
deducirt 

Den zweiten Weg hat der Verf. zuerst verfolgt und 37 
geschlachtete tuberculose Rinder untersucht und die Befunde auf- 
uotirt. Aus der beigegebenen Zusammenstellung derselben ergiebt 
sich, dass die bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen bei 
Weitem am häufigsten tuberculöse Veränderungen enthalten. Bei 
fünf Rindern beschränkten sich dieselben auf die Bronchialdrüsen, 
bei zwei Rindern auf die Mediastinaldrüsen und bei neun Rindern 
auf beide Gruppen von Drüsen. Demnach zeigten sich in 43 pCt. 
aller Fälle nur Läsionen in diesen Drüsen. Ueberhaupt erschienen 
dieselben in allen 37 Fällen nur zweimal gesund. Die Lungen 
waren bei 16 Rindern (43 pCt.), die Mesenterialdrüsen bei 11 Stück 
(30 pCt.), die Pharyngealdrüsen bei 3 Stück (8 pCt.) erkrankt. 
Die Pleura war in zwei Fällen, die portalen Lymphdrüsen waren 
in drei Fällen, das Peritoneum, die Leber, eine lienale und eine 
upramammäre Lymphdrüse waren in je einem Falle afficirt. 

Im weiteren Verfolg des Aufsatzes sucht der Verf. die Frage 
zu beantworten: Welches ist der gewöhnliche Sitz der tuberculösen 
Veränderungen im vorgerückten Stadium der Krankheit ? Zu 
diesem Zweck theilt derselbe sechs ausführliche Obductionsbefunde 
über hochgradig tuberculose Rinder mit. 

Hieran schliessen sich allgemeine Bemerkungen über die 
Reihenfolge der Entwicklung tuberculöser Veränderungen und 
die Wege ihrer Ausbreitung im Körper. Specieller wird die all¬ 
gemeine Tuberculose behandelt. Generalisirte Tuberculose bildet 
sich aus, wenn die Lymphdrüsen die Tuberkelbacillen nicht mehr 
vor dem Eindringen in die Blutbahn aufzuhalten vermögen. Die- 


BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT 


Digitized by LjOOQie 



536 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45 


selben gelangen dann zunächst in die grossen Körperlymphstämme 
und von hier in den Venenstrom. 

Zum Schluss wird noch über drei Experimente an zwei 
Kühen und einem zweijährigen Stier berichtet, welchen Suspen¬ 
sionen tuberculösen Materials in Bouillon oder Wasser in die 
Jugulari8 gespritzt wurden. Die inficirten Rinder wurden nach 
ca. 3—5 Wochen getödtet. Die Obductionen lehrten, dass die 
drei Fälle in Bezug auf Yertheilung der Läsionen fast genau 
übereinstimmten. In jedem Falle waren die Lungen mit Miliar¬ 
tuberkeln besetzt und in Leber, Milz und Nieren konnten makro¬ 
skopisch Tuberkel nicht nachgewiesen werden. Die bronchialen 
und mediastinalen Lymphdrüsen waren deutlich erkrankt, während 
die übrigen Körperlymphdrüsen mit Ausnahme eines Falles keine 
in die Augen fallenden Veränderungen zeigten. Die Läsionen 
in den bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen zeigten 
secundären Charakter und waren entstanden durch den Transport 
der Bacillen vom Lungengewebe zu den Drüsen auf dem Wege 
der Lymphbahnen. Die in dem einen Falle fest gestellten Tuberkel 
in den pharyngealen und präscapulären Lymphdrüsen waren 
wahrscheinlich älteren Datums und nicht durch die künstliche In- 
fection verursacht. Diese Vermuthung erhält eine Stütze dadurch, 
dass das Versuchsthier, eine Kuh, am Tage vor der Einspritzung 
in die Jugularis bei der Tuberculinprobe eine deutliche Reaction 
gezeigt hatte. 

Auch durch die mikroskopische Untersuchung der Milz, Leber 
und Nieren dieser Kuh konnten keine tuberculösen Veränderungen 
in den genannten Organen festgestellt werden. Bei den beiden 
anderen Versuchsthieren wurden dagegen mikroskopisch kleine 
frische Tuberkel in einem Falle in Leber und Milz, im anderen 
nur in der Leber nachgewiesen. 

Das Resultat der drei Experimente wird in folgenden Sätzen 
zusararaengefasst: 

1. Das untrügliche Zeichen generalisirter Tuberculose ist 
das Vorhandensein annähernd gleichgrosser Tuberkel, die im 
ganzen Lungengewebe verstreut liegen. 

2. Beim Fehlen der Lungen kann durch die makroskopische 
Untersuchung der anderen Organe nicht mit Sicherheit entschieden 
werden, ob ein Thier mit generalisirter Tuberculose behaftet ist 
oder nicht. 

3. In Fällen von generalisirter Tuberculose können entweder 
Nieren und Leber oder Milz oder alle drei Organe zugleich frei von 
makroskopischen Veränderungen sein, obwohl die Lungen Tausende 
von dem blossen Auge sichtbaren embolischen Tuberkeln enthalten. 

4. Die mikroskopischen Tuberkel, welche in Leber, Milz, 
Nieren und Lymphdrüsen angetroffen werden, sind der Regel 
nach auf lymphatischem Wege entstandene Affeclionen und sind 
kein Kennzeichen für Generalisirung durch die Blntbahn. 

Identität der menschlichen nnd der Yogeltnbercnlose. 

Vortrag, gehalten vonNocard auf dem IV. französischen Congress 
zum Studium der Tuberculose. 

(MOnch M'd Wocb 36/38.) 

Nocard beschäftigte sich mit Versuchen über die Identität 
der menschlichen und der Vogeltuberculose und glaubt, die streng 
wissenschaftliche Forderung, dass beide Krankheiten resp. deren 
Erreger nur dann identisch sind, wenn es gelingt, die mensch¬ 
liche Tuberculose in die der Vögel oder umgekehrt urazuwandeln, 
erfüllt zu haben. Sein Experiment bestand, in Kurzem aus¬ 
gedrückt, darin, Bacillen der Menschentuberculose im Peritoneum 
des Huhns durch Anwendung von Collodiumsäckchen rein zu 
züchten; allraälig nahmen diese Bacillen den Charakter der Vogel¬ 
tuberculose an. Die beiden scheinbar so verschiedenen Krank¬ 
heiten sind also nur zwei Varietäten ein und derselben Art, 
nicht zwei differente Arten. 


Vitalität des Tnherkelbacillns. 

Von Sabrazes in der Sociötä de Biologie, 28. April 1898. 

(Ref. de» Journal de Lyon.) 

Kuhmilch wurde einige Stunden nach dem Melken sterilisirt 
und mit Tuberkelbacillen angesäet. Dieselbe wurde zehn Wochen 
lang bei 39° aufbewahrt. Nach dieser Zeit bestand kein Unter¬ 
schied zwischen dieser und einer als Zeuge behaltenen normalen 
Milch. Die Zusammensetzung war, wie die Analyse zeigte, 
gleich geblieben und die Tuberkelbacillen hatten sich nicht ent¬ 
wickelt. Dieselben waren aber, wie aus den Impfungen ersicht¬ 
lich war, virulent geblieben. 

Pseudotubercnlose bei Scbaf nnd Ziege. 

Vortrag, gehalten von de Jong auf dem IV. französischen Congress 
zum Studium der Tubercnlose. 

(M. Med. Woch.) 

De Jong bespricht eine Pseudotubercnlose bei Schaf nnd 
Ziege, welche, durch Eingeweidewürmer (Strongylus rufescens) 
verursacht, von den Fleischbeschauern bei den geschlachteten 
Thieren meist für Tuberculose gehalten wird. Nur genaue 
bacteriologische und histologische Untersuchung oder Impfver¬ 
suche können diese schwierige Diagnose sichern. Henri 
Valide- Alfort hat bei Kühen eine wahre Epidemie von Pseudo- 
tnberculose studirt, welche durch einen von den bis jetzt be¬ 
schriebenen Pseudotuberculosebacillen abweichenden Mikroorganis¬ 
mus verursacht ist. Die Krankheit, welche durch Infection vom 
Verdauungscanal aus entstanden schien, ist dadurch zum Ver¬ 
schwinden gebracht worden, dass die der Ansteckung ans¬ 
gesetzten Thiere mit gekochter Milch genährt wurden. 

Die Sernmtherapie der Tuberculose. 

Vortrag, gehalten von Maragliano auf dem IV. frnnzös. Congress 
zum Studium der Tuberculose. 

(M. Med. Woch. 36/38.) 

Die wirksamsten Toxine sind diejenigen, welche von dem 
wässerigen Extract der Tuberkelbacillen stammen; das durch 
Injection desselben von Thieren gewonnene Serum ist. nach zahl¬ 
reichen Versuchen von M. sowohl für Thiere wie Menschen un¬ 
schädlich. Dieses Serum enthält das Antitoxin und der mit 
Tuberculose inficirte Körper setzt zu seiner Verteidigung ähn¬ 
liche Vorgänge ins Werk, wie sie bei Anwendung des anti¬ 
toxischen Serums auftreten; man findet auch im Organismus von 
Kranken, bei denen die Tuberculose spontan heilt, und sogar im 
Blute des gesunden Menschen das Antitoxin. Das, wie oben an¬ 
gegeben gewonnene Serum ist bei den mit Tuberculose ge¬ 
impften Meerschweinchen ohne, bei den Kaninchen hingegen von 
bedeutendem therapeutischen Effect. Beim Menschen kann das 
antitoxische Serum unter gewissen Bedingungen eine dauernde 
Heilung der Tuberculose bewirken; man sieht in vielen Fällen 
das Fieber fallen, die Bacillen aus dem Auswurf verschwinden 
und broncho-pneumonische Herde zur Heilung gelangen. Aber 
es ist klar, das3 man sich nicht an zu schwer Erkrankte mildem 
Serum wagen darf, bei welchen jeder therapeutische Eingriff ver¬ 
sagt, man muss es vielmehr bei den Tuberculösen im ersten 
Stadium verwenden, welche noch zu der für die Heilung nöthigen 
Reaction fähig sind. 

Massregeln zur Verhütung der Rindertuberculose 
in Belgien. 

Vortrag, gehalten von Stubbe auf dem IV. französischen Congress 
znm Studium der Tuberculose. 

(Münch. Mrd. Woch. 86/98.) 

Im Anschluss an den von Bang gehaltenen Vortrag zählt 
Stubbe die sehr strengen Massregeln auf, welche Belgien zur 
Verhütung der Rindertuberculose getroffen hat. An der Grenze 
werden alle Thiere einer Quarantäne von drei Tagen und inzwischen 


Digitized by LjOOQie 




10. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


537 


derTnberculinprobe unterzogen; diejenigen, welche reagiren,werden 
zurtickbefördert Im Innern des Landes verfolgt man mit grosser 
Sorgfalt alle Fälle von Rindertnberculose und die Thierärzte, 
welchen allein das Tuberculin anvertraut wird, müssen dieselben 
anzeigen; es folgt dann Ueberwachuug durch eigene Inspectoren 
und noch eine Reihe weiterer MaBsregeln bezüglich Isolirung, 
Schlachtung der Thiere und Verkauf des kranken Fleisches. 
Milch einer tuberculösen Kuh darf nicht zum Verkauf gebracht 
werden. Natürlich erheischen diese strengen Massregeln grosse 
Geldopfer für Entschädigung an die Viehbesitzer, Für Bezahlung 
der Thierärzte etc. Im Jahre 1897 wurden fflr den erstgenannten 
Zweck 1 200 000 Fr. ausgegeben. 


Thierhaltung und Thierzucht 

Französische Pferdezucht 

(Itofvrat tod Porcherel Im Journal de Lyon, Auguit 18S>8) 

Die folgenden Statistiken sind dem amtlichen Bericht der 
Gestütsdirection entnommen und zeigen, dass die mechanische 
Traction und die Automobilen der französischen Pferdezucht noch 
keinen Abbruch gethan haben. 

Die zur Zucht verwendeten Hengste werden in drei Kate¬ 
gorien eingetheilt: 

1. die dem Staate gehörenden Hengste; 

2. die approbirten Hengste; 

3. die gekörten Hengste. 

Die Zahl der staatlichen Hengste soll von 25C0 auf 3000 er¬ 
höht werden. Am 1. Januar 1896 waren 2803 Stück vorhanden, 
im Laufe des Jahres waren 307 durch Ausrangirung oder Tod in 
Abgang gekommen, 346 Stück waren zugegangen, die tlieils aus 
Pompadour stammten, theils in Frankreich, England und im 
Orient angekauft waren. Ende 1896 war der Bestand: 
Englisches Vollblut . . 239 

Arabisches Vollblut . . 98 

Anglo-arabisches Vollblut 228 

Halbblut. 1891 --- 66,54 püt., 

Schwere Schläge . . . 386 -- 13,58 pCt.; 

zusammen 2842 in den staatlichen Depots unterhaltene Beschäler. 

1896 gab es 1221 approbirte Hengste, 708 Besitzern ge¬ 
hörend. Sie vertheilten sich wie folgt: 

Englisches Vollblut ... 188 

Arabisches Vollblut ... 9 246 Vollblut, 

Anglo-arabisches Vollblut . 49 

Halbblut. 504, 

Schwere Schläge .... 471. 

Die 184 gekörten Hengste sind; 

Englisches Vollblut ... 21 

Arabisches Vollblut ... 1 23 Vollblut, 

Anglo-arabisches Vollblut . 1 

Halbblut.16, 

Schwere Schläge .... 145. 

Die drei Kategorien umfassen somit 4247 Beschäler, davon 
834 Vollblut 
2411 Halbblut 


565 Vollblut 
- 19,88 pCt., 


1002 schwere Schläge. 

Von den staatlichen Hengsten haben 2764 im Jahre 1896 
165 610 Stuten gedeckt gegen 157 357 Stuten im Jahre 1895. 
Die Vollblüter sind hauptsächlich zu Kreuzungen mit Halbblut¬ 
stuten verwendet worden (21401 gegen 19 344 im Jahre 1895). 

Von den approbirten Hengsten haben 1204 im Jahre 1896 
61195 Stuten gedeckt gegen 59 497 im Jahre 1895. Auch bei 
dieser Kategorie ist eine Vermehrung der mit Vollbluthengsten 
gepaarten Halbblutstuten bemerkbar (4712 gegen 4105 im 
Jahre 1895). 

Von den gekörten Hengsten haben 167 im Jahre 1896 6781 


Stuten gedeckt gegen 5995 im Jahre 1895. 234 Stuten sind mit 
Vollblut gepaart worden. 

Den 233 586 Deckungen stehen 183 709 Geburten gegenüber, 
wovon 


Englisches Vollblut . . 1487 

Arabisches Vollblut . . 42 1995 Vollblut. 

Anglo-arabisches Vollblut 467 

Bezüglich der Revision der Privathengste erwähnt der Be¬ 
richt die Abnahme des Rohrens und der Mondblindheit. Während 
1887 der Durchschnitt der wegen dieser Mängel abgewiesenen 
Pferde noch 10,23 pCt. betrug, ist seit einigen Jahren diese 
Zahl auf 2,60—3 pCt. gefallen. 


Tagesgeschichte. 

Entgegnung 

auf die Erwiderung des Herrn Geheimen Regierungsraths Prof. 
Dr. Schütz im ersten Heft des XXIX. Bandes der Zeitschrift für 
Hygiene und Infectionskrankheiten. 

Von Dr. Lorenz. 

Herr Geheimer Regierungsrath Dr. Schütz hat meine Be¬ 
richtigung zu seinem in der Zeitschrift für Hygiene und dem 
Archiv für Thierheilkunde abgedruckten Aufsatze zu widerlegen 
versucht. Es ist ihm dies nicht gelungen; denn seine Aus¬ 
führung ist unlogisch, weil darin die Begriffe „Gedanke“ 
und „Resultat“ verwechselt sind. 

Meine von Herrn Schütz angefochtene Behauptung war die, 
dass ich, als die Emmerich’sche Arbeit erschien, dieser 
mit meinen Resultaten längst vorausgewesen sei. Von 
einer anderen Arbeit als von der im Mai 1891 erschienenen über 
„Ursache der Immunität, die Heilung von Infectionskrankheiten, 
speciell des Schweinerothlaufs und ein neues Schutzimpfungs¬ 
verfahren gegen diese Krankheit“ war überhaupt nicht die Rede 
und konnte auch nicht die Rede sein, denn die Resultate 
Emraerich’s waren für den gedachten Zeitpunkt mit fraglicher 
Arbeit abgeschlossen. Dass meine Resultate aber diesen voraus 
waren, hat Herr Schütz nicht widerlegt. Er zieht vielmehr 
eine Arbeit von Emmerich und M a 11 e i aus dem Jahre 1887 
an, welche die Ursachen der Immunität zum Gegenstand hat, 
nicht aber von einem positiven Resultat der Uebertragung der 
Immunität von Thier zu Thier handelt. Dass diese Arbeit von 
1887 die Anregung zu einem derartigen Gedanken enthalte, viel¬ 
leicht auch gar diesen Gedanken zum Ausdruck bringt, bestreite 
ich nicht. Es hat mir nichts ferner gelegen, als die Priorität 
eines Gedankens fraglicher Art für mich in Anspruch zu nehmen. 
Zudem ist derselbe schon viel früher ausgesprochen worden, denn 
1877 hat R e n a n d eine Uebertragung der Immunität von Thier 
zu Thier durch Blutübertragung versucht und der Acadömie 
fran$aise Mittheilnng davon gemacht. Meine Unterlage war 
eben, wie ich offen erklärt habe, der im Frühjahr 1891 
bekannt gewordene, von Behring undKitasato erbrachte 
Nachweis der Möglichkeit der Uebertragung der Immu¬ 
nität gegen Diphtherie und Tetanus von Thier zu Thier 
durch Blut Dass diese Immunitätsübertragung auch 
auf den Rothlauf der Schweine sich anwenden lässt, 
dass die so übertragene Rothlaufimmunität aber nur 
von kurzer Dauer ist und nur durch eine gleichzeitig 
oder bald darauf erfolgte Injection dauernd gemacht 
werden kann, das habe ich, wie noch andere Wahr¬ 
nehmungen, selbstständig festgestellt. Die Emmerich- 
schen Resultate gingen thatsä.chlich nicht so weit 

Htrbst-Versammlung des Vereins der Schlachthofthierärzte der 
Rheinprovinz am 16. November er., Vormittags II# Uhr, zu C5ln im Hotel 
„Fränkischer Hof“, Commödienstrasse 34—36. 

Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Neuwahl 
des Vorstandes. 3. Kassenbei icht und Feststellung des Beitrages 


Digitized by LjOOQie 







538 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 46. 


für den VII. internationalen Congress der Thierärzte. 4. Be 
sprechung über das neue Coinmunalbeamten - Gesetz. 5. Mit- 
tlieilnngen aus der Schlachthof-Praxis. 6. Verschiedenes. — Nach 
der Sitzung findet ein gemeinschaftliches Mittagsmahl (pr. Gedeck 
2 Mark) statt. Um recht zahlreiches Erscheinen wird gebeten. 

Barmen, 3. November 1898. Der Vorstand. 

I. A.: Koch, I. Schriftführer. 

57. General-Versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz 
Brandenburg am Sonntag den 13. November, 11 Uhr Vormittags, 
im Hotel ,,Zu den vier Jahreszeiten“, Prinz-Albrechtstrasse, Berlin. 

Tagesordnung: 1. Geschäftliches. Kassenbericht. 2. Auf¬ 
nahme der Herren Departementsthierarzt Klebba, Beust, 
Siewer, Huth, Lenteritz. 3. Ueber Behandlung der Milzbrand- 
Cadaver und Untersuchung des Milzbrand-Blutes. Vortrag von 
Herrn Departementsthierarzt Buch. 4. Ueber die Grundzüge der 
Beurtheilung des Rindes auf Thierschauen. 5. Ueber den gegen¬ 
wärtigen Stand der Schutzimpfungen gegen Maul- und Klauen¬ 
seuche. Vorträge von Herrn Kreisthierarzt Graffunder. Nach 
der Sitzung um 3 Uhr Diner, wobei die Theilnahme der Damen 
erbeten wird. Der Vorstand: Schmaltz. 

Fleischschau und Vieh verkehr. 

Tagesnachrichten. 

Der Entwurf eines Fleischschaugesetzes bezw. die Vorschläge 
zur Regelung der Fleischschau in Deutschland sind dem Bundes¬ 
rath e zugegangen. 

Nach Zeitungsmeldungen hat die Serum-Gewinnungs-Anstalt 
zu Prenzlau einen Vertrag abgeschlossen, wonach auf einem Gute 
des Herrn v. Podbielsky Einrichtungen getroffen werden, zur 
Haltung und Schlachtung von 2000 Schweinen jährlich zur Serum- 
Gewinnung. 

Jahresbericht Ober den Vieh- und Schlachthof zu Berlin 
vom I. April 1897—1898. 

Das finanzielle Ergebniss ist ein günstiges, indem nach Ab¬ 
zug von Zinsen und Amortisationsquote vom Viehhpf 546 6?7 M. 
und vom Schlachthof 231 838 M., zusammen also über dreiviertel 
Millionen Ueberschuss verblieben. Wir würden es für richtig 
halten, wenn von diesem grossen und ständigen Ueberschuss ein 
Theil verwendet würde, um die städtischen Thierärzte besser zu 
bezahlen und ihnen namentlich die Pensionsberechtigung zu ver¬ 
leihen, da die Commune Berlin hierin hinter sehr vielen resp. den 
meisten Städten zurücksteht. Die Schlachthausgebühreu betragen 
für ein Rind 1,50 M., für ein Schwein 0,80, für ein Kalb 0,50, 
für ein Schaf 0,30 M. 

Aufgetrieben wurden auf den Viehmarkt 211097 Rinder, 
853 330 Schweine, 162104 Kälber, 573 545 Schafe. Davon 
wurden lebend wieder ausgeführt 60486 Rinder, 195 691 Schweine, 
24 275 Kälber und 169 236 Schafe, wovon in der Provinz Branden¬ 
burg verblieben rund 13 000 bezw. 61000 bezw. 15000 bezw. 
84 000 Stück. 

Vom Viehmarkt weg wegen Krankheitsverdachts dem polizei¬ 
lichen Schlachthaus zugeführt wurden 1452 Rinder, 2038 Schweine, 
41 Kälber und 818 Schafe. Von diesen wurden vernichtet 300 
Rinder (31 gekocht), 1104 Schweine (35 gekocht), 233 Kälber, 
480 Schafe, zusammen 2127 Thiere. Die übrigen konnten nach 
dem Schlachten freigegeben werden. 

Von den in den städtischen Schlachthäusern ge¬ 
schlachteten Thieren wurden ganz beanstandet (d. h. abgesehen 
von den Beanstandungen innerer Organe bezw. einzelner Theile) 
2132 Rinder, 4644 Schweine, 391 Kälber und 97 Schafe. Das 
sind 1,61 bezw. 0,72 bezw. 0,31 bezw. 0,07 pCt. der Schlachtungen. 

Im Ganzen genommen sind diese Verlustsätze mässige. 
Trotzdem berechnet der Bericht selbst den Werth der bean¬ 
standeten Thiere ausschliesslich der im Polizeischlachthause ge¬ 
schlachteten und dort verendet eingelieferten Thiere auf 
1 134 000 M. und den reinen Verlust nach Abzug des Erlöses 


für Kochfleisch, Cadaver etc. auf eine Million. Diese Ziffer 
zeigt, welche Opfer die Fleischschau im Inlande verlangt, die 
doch von der Landwirtschaft getragen werden. 

Von den in den Schlachthäusern beanstandeten zuletzt an¬ 
geführten Thieren wurden der Abdeckerei überwiesen 684 Rinder, 
1478 Schweine, 322 Kälber und 89 Schafe; die übrigen worden 
gekocht. Es wäre doch interessant, wenn aus dem Bericht 
genauer zu ersehen wäre, wieviel Procent des Werthes der 
gekochten Thiere als Rein-Erlös aus dem Kochen sich ergiebt 
Dies ist nämlich sehr wesentlich zur B leuchtung der Ansicht, 
dass das Kochen unbedenklich an Stelle einer Freibank für Roh¬ 
verkauf treten könne, eine Ansicht, an welcher man in Berlin 
noch festhält, und welche auch im vorliegenden Bericht wieder zn 
begründen versucht wird. 

Anlass für die Vernichtung (incl. Kochen) sowohl in den 
städtischen Schlachthäusern als im Polizeischlachthause gaben: 
die Tuberculose bei 1466 Rindern, 3220 Schweinen, 67 Kälbern 
und 3 Schafen; Finnen bei 725 Rindern, 18 Kälbern und 
483 Schweinen; Trichinen bei 138 Schweinen. Der Rest vertheüt 
sich auf verschiedene Ursachen; doch soll hervorgehoben werden, 
dass 226 Schweine wegen Blutaustretungen und 42 wegen Kalk- 
concrementen gekocht werden mussten, die sämmtlich auf eine 
Freibank gehören würden, wenn eine bestände. 

Ausser den ganz vernichteten Thieren mussten noch über 
172000 Organe vernichtet werden, und zwar 58000 von Rindern, 
81000 von Schweinen und 32000 von Schafen Die Hauptmasse 
derselben fällt auf Tuberculose, daneben auch Parasiten. Wegen 
Echinococcen, Fadenwürmern und Egeln mussten über 
60000 Organe vernichtet werden. 

Im Ganzen ist die Tuberculose festgestellt worden bei 31 535 
Rindern (20,9 pCt. der geschlachteten), 241 Kälbern (0,21 pCt.), 
25 541 Schweinen (3,9 pCt.) und 12 Schafen. 

Hervorzuheben ist noch, dass der Vieh- und Schlachthof im 
Berichtsjahre von Maul- und Klauenseuche ziemlich verschont ge¬ 
blieben ist. 

Die Berechnung des Fleischverbrauchs in Berlin, an welchen 
peben der Einwohnerschaft der starke Fremdenverkehr sehr er¬ 
heblich betheiligt ist, ergiebt sich aus der Zahl der hier ge¬ 
schlachteten und der von auswärts geschlachtet eingeführten 
Thiere. 

Die Zahl der letzteren belief sich auf 53 749 Rinder, 141890 
Schweine, 134012 Kälber und 35 663 Schafe. Wenn das Fleisch¬ 
gewicht für die hier geschlachteten bezw. geschlachtet eingeführten 
Thiere geschätzt wird bei Rindern auf 235 bezw. 180 kg, bei 
Schweinen auf 80 bezw. 64 kg, bei Kälbern auf 50 bezw. 30 kg 
und bei Schafen auf 20 bezw. 19 kg, so ergeben sich folgende 
in Berlin consumirte Fleischmengen: Rindfleisch 44,8 Millionen, 
Schweinefleisch 61,5 Millionen, Kalbfleisch 10,9 Millionen, Schaf¬ 
fleisch 8^ Millionen kg. Dazu kommen eingeführte Fleisch- 
theile, Fleischpräparate etc. mit 8,2 Millionen, Lebern nnd 
Schlachtabfälle mit 6 Millionen kg und 1 916 400 kg Pferdefleisch 
(von 8513 Pferden). Der Gesammtconsum beträgt daher über 
142 Millionen Kilogramm. 

Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. 

Verordnung betreffs der Anzeigepfliclit für die Influenza der Pferde In 
Regierungs-Bezirk Königsberg vom 30. October 1898. 

Auf Grund der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 
3. September d. J., betreffend die Anzeigepflicht für die als Influenz» 
der Pferde bezeichüeten Krankheiten, ordne ich hiermit in Gemias- 
heit der §§ 19 bis 29 des ReichsgesetzeB, betreffend die Abwehr nnd 
Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 
und zufolge Ermächtigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, 
Domänen und Forsten zur Bekämpfung der genannten Krankheiten 
(Pferdestaupe und Brustsenche) für den Umfang des Regierungs¬ 
bezirks Königsberg bis auf weiteres Folgendes an: 


Digitized by LaOOQie 






10. November 1898. BERLINER TH1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 539 


§ 1. Der erstmalige Ausbrach der allgemeiu als Influenza be- 
zeicbneten Krankheiten der Pferde (Pferdestaupe und Brustseuche) 
in einem bis dahin seuchefreieil Gehöft ist nach erfolgter Feststellung 
durch den beamteten Thicrarzt von der Polizeibehörde sofort auf 
ortsübliche Weise und durch Bekanntmachung in dem für amtliche 
Publikationen bestimmten Blatt (Krei*-, Amtsblatt u. s. w.) zur öffent¬ 
lichen Kenntniss zu bringen, auch den Polizeibehörden aller dem 
Senchenorte benachbarten deutschen Gemeinden mitzuthcilen, welche 
ihrerseits gleichfalls den Seucheuausbruch zur Kenntniss der Orts¬ 
einwohner zu bringen haben. 

Das Seuchengehöft ist am Haupteingangsthore oder an einer 
sonstigen geeigneten Stelle in augenfälliger und haltbarer Weise 
mit der Inschrift „Influenza“ zu versehen. An allen Eingängen des 
Seuchenortes sind Tafeln mit gleicher Inschrift aufzustellen. In 
grösseren Orten ist die Aufstellung der Tafeln auf einzelne Strassen 
oder Theile des Ortes zu beschränken. 

§ 2 Ist der Ausbruch der Influenza (Pferdestaupe und Brust- 
seucho) unter dem Pferdcbestande eines Gehöfts durch das Gutachten 
des beamteten Thierarztes festgestellt, so bedarf es bis zum Er¬ 
löschen der Seuche (§ 8) einer sachverständigen Feststellung weiterer 
Krankheitsfälle unter den Pferden des verseuchten Gehöfts nicht 
mehr. 

§ 3. Ist in einem Pferdebestande die Influenza oder der Ver¬ 
dacht derselben von dem beamteten Thicrarzt festgestellt worden, 
so sind die seuchekranken oder seucheverdächtigen Pferde bis zu 
ihrer vollständigen Genesung von den gesunden Pferden möglichst 
derart zu trennen, dass auch jede mittelbare Berührung vermieden 
wird. 

§ 4. Die seuchekranken Pferde unterliegen der Gehöftsperre. 

Die Entfernung der der Gehöftsperre unterworfenen Pferde auh 
dem Seuchengehöft darf ohne ausdrückliche Erlaubnis der Polizei¬ 
behörde nicht stattfinden. Diese Erlaubnis darf nur ertheilt werden, 
wenn bei der Ausführung der Pferde jede mittelbare oder unmittel¬ 
bare Berührung mit anderen gesunden Pferden vermieden wird. 

Im Falle der mit polizeilicher Erlaubnis erfolgten Ueberführung 
in ein anderes Gehöft ist dort die Gehöftsperre fortzusetzen. 

Wird die Erlaubniss zur Ueberführung der Pferde in einen 
anderen Polzeibezirk ertheilt, so muss die Polizeibehörde dieses Be¬ 
zirks von der Sachlage in Kenntniss gesetzt wt-rden. 

§ 5. Fuhrwerke, die mit Pferden aus einem verseuchten Ge¬ 
höfte bespannt sind, haben eine Tafel mit der Inschrift „Influenza“ 
zu führen. 

Diese Tafel ist bei den zur Führung einer Ortstafel verpflich¬ 
teten Fuhrwerken neben dieser, bei den übrigen Fuhrwerken an 
dein Geschirr an sichtbarer Stelle anzubriDgen. 

§ 6. Pferde, welche aus einem verseuchten Gehöft stammen, 
dürfen in fremde Gehöfte nicht eingestellt werden. Fremde Futter¬ 
krippen, Tränkeeimer oder Geräthschaften dürfen für dieselben nicht 
benutzt werden. 

§ 7. Das Seuchengehöft ist für fremde Pferde gespeirt. 

§ 8. Die Seuche gilt als erloschen, und die angeordneten 
Schutzmassregeln sind aufzuheben, wenn nach Abheilung des letzten 
Krankheitsfalles eine Frist von vier Wochen vergangen, nach der¬ 
selben die Unverdächtigkeit der Pferde durch den beamteten Thier¬ 
arzt festgestellt und wenn die vorschriftsmässige Desinfection (§ 9) 
erfolgt ist. Nach Aufhebung der Schutzmassregeln ist das Erlöschen 
der Seuche in gleicher Weise wie der Ausbruch der Seuche (§ 1) 
zur öffentlichen Kenntniss zu bringen. 

§ 9. Zur Desinfection der Stallungen und sonstigen Räumlich¬ 
keiten, in denen seuchekraiike Pferde gestanden haben, ist zunächst 
nach Massgabe der §§ 4 bis 8 der Anweisung für das Desinfections- 
verfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere (Anlage A 
der Bundesraths-Instruction vom 27. Juni 1895) eine gründliche 
Reinigung und Lüftung vorzunehmen; da auf hat nach § 9 der An¬ 
weisung eine Uebertünchung der Stalldecken, Wände und Geräth¬ 
schaften, sowie eine Abschlämmung des Fussbodens mit aus frisch 
gelöschtem Kalk hergestellter Kalkmilch zu erfolgen. Eisentheile 
sind mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. Das gleiche 
Verfahren ist bei Holz und Steintheilen an Stelle der Uebertünchung 
mit Kalkmilch anwendbar. 

Die Ausführung der Desinfection ist von der Polizeibehörde zu 
überwachen. 

§ 10. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen 
unterliegen, insofern nicht nach den bestehenden Gesetzen, ins¬ 
besondere nach § 328 des Strafgesetzbuchs, eine höhere Strafe ver¬ 


wirkt ist, der Strafvorschrift des § 66 Ziffer 4 des Reichs-Vieh' 
scuchengesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894. 

§ 11. Die Anordnung tritt sofort in Kraft. 

Königsberg, den 30. October 1898. 

Der Regierungs-Präsident, 
von Tieschowitz. 


Thierseuchen in Deutschland im 11. Quartal 1898. 


Staaten 

bezw. 

Landestheile 

u. I 
86 

5 g 

6 i 

O c 

ü f 

ll 

laul- 

Uauen- 

uchc 

Sa 1 ) 

ZU 

11* 

■Scs 

M 

br 

s 

? ° 
A e 

S.5 
e g 
o B 
o ® 
« 0 
a 

llz- 

and 

«’) 

1! 

*£H 

© 

R( 

s ) 

• 

0 = 
fcä-S 

S* 

SB 

o ® 
«Cs 
□ 

)tz 

4 ) 

0 

1 

t 

• 

BIL 

aus. 

i ° 
£•§ 

jl 

Sa 

f<5 

chen- 

chlag 

■SH 

© 

s 

r 

0 

0 

© 

-o 

ja 

*© 

1 

sliaf- 

iude 

M S 0 

0 9 9 0 
0 2 0« 
M . ,0*0 

HU 

» D ®“ 
B 

Prov. Ostpreussen 


— 

20 

26 

3 

6 

2 

21 

— 

— 

„ Westpreussen . . . 

15 

2 405 

13 

33 

3 

20 

— 

— 

— 

— 

„ Brandenburg . . . 

68 

13 108 

92 

104 

3 

23 

12 

49 

— 


„ Pommern. 

13 

5 198 


85 

3 

6 

2 

4 

— 

— 

„ Posen . 

81 

14 977 

50 

108 

5 

2.. 

0 

21 

— 

— 

„ Schlesien. 

77 

4 148 128 

151 

10 

24 

14 

21 

— 

— 

„ Sachsen . 

75 

10 811 

59 

75 

— 

— 

20 

80 

24 

857 

„ Schleswig . . . . 

6 

1 267 

10 

12 

— 

— 

46 

124 

— 

— 

„ Hannover. 

15 

2 487 

21 

29 

— 

— 

16 

82 

83 

8 126 

„ Westfalen . . . . 

14 

1 37.. 

54 

73 

1 

4 

12 

31 

5G 

4 538 

„ Hessen. 

49 

4 1G8 

43 

43 

— 

— 

CO 

G34 

77 

14 748 

„ Rheinprovinz . . . 

152 

6 360 

89 

113 

4 

7 

36 

152 

11 

479 

„ Hohenzollern . . . 

2 

226 

6 

9 

— 

_ 

5 

27 

1 

180 

Preussen zusammen . 

567 

68 610591 

861 

32122231 1246252 

28 928 

Bayern. 

444 

27 533 

68 

83 

2 

3 

75 

298 

34 

1971 

Sachsen . 

22 

1230 

77 

78 

3 

4 

12 

52 

— 

— 

Württemberg . . . . 

216 

14 038 

55 

59 

5 

16 

70 

232 

19 

1669 

Baden.. 

68 

2 610 

24 

26 


— 

52 

226 

14 

1'9 

Hessen. 

21 

870 31 

58 

1 

1 

27 

167 

1& 

2873 

Mecklenburg-Schwerin . 

1 

97 

1 

1 


— 

— 

— 

5 

50 

Sachsen-Weimar . . . 

1 

1242 

26 

29 


— 

15 

310 

11 

666 

Mecklenburg-Strelitz 

— 

— 

— 


- 

— 

— 


— 

— 

Oldenburg ... 

3 

153 

1 

1 


— 

1 

2 

6 

104 

Bratmschweig .... 

14 

1 525 

15 

1< 


— 


- 

19 

674 

Sachsen-Meiningen . . 

11 

515 

5 

9 

1 

2 

7 

24 

— 

— 

Sachsen-Altenburg . . 

2 

268 

8 

8 

_ 

— 

11 

25 

— 

— 

Sachsen-Coburg-Gotha . 

L 

1814 

2 

2 


— 

3 

29 

9 

317 

Anhalt. 

6 

374 

15 

21 


— 

1 

13 

— 

— 

Schwarzburg-Sondcrsh. . 

1 

. 9 

a 

3 



2 

ö 

—- 

— 

Schwarzburg- Rudolstadt 

3 

15 

* 

2 



1 

40 

— 

— 

Waldeck. 

2 

730 

2 

2 


— 

5 

13 

3 

675 

Reuss ä. L. 

— 

— 

3 

3 

— 

— 

1 

1 

l 5 ) 

— 

Reuss j. L. 

— 

— 

3 

3 

— 

— 

— 


— 

— 

Schaumburg-Lippe . . 

— 

— 

_ 

H 

— 

— 

H 

— 

— 

— 

Lippe . 

— 

— 

1 

i 

_ 

— 

_ 


I 5 , 

— 

Lübeck . 

— 

— 


_ 

_ 

— 

l 

7 

— 

— 

Bremen . 

4 

426 

— 

— 


— 

_ 


— 

— 

Hamburg. 

— 

— 

— 

— 


_ 

_ 


— 

— 

Elsass-Lothringen . . 

109 

5074 

Jii 

15 

1 

2 

12 

110 

6 

469 


1501 j127 1219471282, 45;i5O;5272803 6 )| 39o| 38 585 


') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬ 
findlichen Bestände umfassten 63179 Rinder, 47 972 Schafe, 
«15 Ziegen, 15155 Schweine. Davon kamen auf Preussen 29 326 Rinder, 
29 906 Schafe, 363 Ziegen, 9015 Schweine. 

3 ) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 33 Pferde, 
1150 Rinder, 95 Schafe, 3 Schweine, 1 Ziege. Auf Preussen kamen 
29 Pferde, 771 Rinder, 57 Schafe, 3 Schweine, 1 Ziege. 

*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 25 Gemeinden (da¬ 
von 19 in Preussen, 4 in Württemberg, je 1 in Sachsen und Braun¬ 
schweig). Am Schluss des Quartals blieben verseucht 38 Gemeinden 
(davon 27 in Preussen, je 4 in Württemberg und Sachsen, 2 in Bayern 
und 1 in Braunschweig). 

*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch 
des Besitzers getödtetc Thiere. 

4 ) In einem vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenherd. 

*) Davon 2623 Rinder, 180 Pferde (in Preussen 1167 Rinder, 
79 Pferde). 

7 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal 
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus 
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden 
blieben betroffen am Quartalsschluss 264 (davon 172 in Preussen, 
20 in Bayern, 16 in Hessen, 10 in Sachsen-Weimar, je 9 in Württem¬ 
berg und Braunschweig, 8 in Baden, je 5 in Mecklenburg-Schwerin 
und Oldenburg, je 3 in Sachsen-Coburg-Gotba, Waldeck und Eisass- 
Lothringen, 1 in Reuss ä. L.). 


Digitized by LjOOQle 














540 


BEB LINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 45. 


An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten: 
Preussen (Reg.-Bez. Danzig, Posen, Erfurt, Schleswig, Stade, 
Münster, Minden, Arnsberg, Cassel, Wiesbaden, Coblenz, Düssel¬ 
dorf, Trier, Aachen, Sigmaringen) 133 Rinder, 4 Pferde (davon 
38 im Reg.-Bez. Münster, je 18 in den Reg.-Bez. Coblenz, Düssel¬ 
dorf, je 11 in den Reg.-Bez. Erfurt und Aachen, 12 im Reg.-Bez. 
Minden;) Bayern 85 Rinder; Württemberg 20 Rinder; Baden 
17 Rinder; Hessen 32 Rinder, 10 Pferde; Sachsen-Weimar 
1 Rind; Elsass-LothriDgen 3 Rinder. 

Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 281 Ge¬ 
meinden, und zwar in Preussen 239 (davon in Westpreussen 52, 
Schlesien 51, Posen 49, Ostpreussen 48, Pommern 27, Branden¬ 
burg 7, Hannover 4, Westfalen 1), Sachsen 41, Sachsen-Alten- 
bnrg 1. Getödtet wurden im Ganzen 266 Hunde, 3 Pferde, 
14 Rinder, 10 Schafe, 1 Schwein, 2 Katzen, 1 Ziege, ausserdem 
526 ansteckungsverdüchtige Hunde, 7 Katzen und 73 herrenlose, 
wuthverdächtige Hunde, zusammen 903 Thiere. 

Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor. 
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Stettin, Stralsund, 
Posen, Magdeburg und Merseburg. In Stettin war 1 Gemeinde 
verseucht, in welcher die Seuche während des Berichtsquartals 
erlosch. In Stralsund war 1 Gemeinde verseucht, welche am 
Schluss des Quartals verseucht blieb. In Posen war — Gemeinde 
verseucht, neu betroffen wurden 4, es blieben verseucht 4. In 
Magdeburg waren verseucht 9 Gemeinden, neu betroffen wurden 
6, es blieben verseucht 4. In Merseburg waren verseucht 2 Ge¬ 
meinden, neu betroffen wurde keine, es blieb verseucht 1. 

Die Pferderäude befiel 159 Pferde. Von dieser Zahl fallen 
auf Preussen 127, auf Bayern, Sachsen, Württemberg je 10, auf 
Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg je 1 Pferd. 

An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in 
folgenden Staaten: Preussen, Bayern, Sachsen, Baden, Hessen, 
Mecklenburg-Schwerin, Anhalt und Hamburg, 3613 Schweine; 
davon sind gefallen oder getödtet 2931 Schweine, auf Preussen, 
kommen 3499 erkrankte und 2838 verloren gegangene. 

Das Auftreten der Rothlanfseuche wird aus folgenden 
Staaten angegeben: Preussen, Bayern, Sachsen, Baden, Hessen, 
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, 
Anhalt, Bremen, Hamburg und Elsass-Lothringen. Als erkrankt 
wurden gemeldet: 9336 Schweine, davon allein in Preussen 9071; 
gefallen oder getödtet sind im Ganzen 8819 Schweine, davon 
8588 in Preussen. 

Verluste durch Geflügelcholera sind nnr aus Preussen, 
Bayern und Hamburg berichtet worden. In Preussen erkrankten 
6979 Hühner, 235 Gänse, 72 Enten, 73 Tauben und 105 andere 
Geflügelarten, hiervon sind gefallen oder getödtet 6844 Hühner, 
223 Gänse, 72 Enten, 73 Tauben und 105 andere Vögel, zu¬ 
sammen 7317 Vögel. In Hamburg erkrankten 7 Hühner, welche 
der Seuche erlagen. In Bayern (die folgenden Zahlen beziehen 
sich auf das 1. und 2. Vierteljahr) erkrankten zusammen 140 Hühner, 
Gänse und Enten, welche alle der Seuche erlagen. 

Maul- und Klauenseuche-Ausbrüche. 

Zu Köln in dem zu den Nebenanlagen des Schlachtvieh¬ 
hofes gehörigen Ueberständehof 5. er. In München vom Vieh¬ 
hof 3. er. 

Personalien. 

Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Zugehör- 
Schmiegel com. fllr den Kreis Schönau (Katzbach), Thierarzt Nethe- 
Gerbstädt com. für den Kreis Rosenberg (Westpr.). 

Versetzt: Kreisthierarzt Hirschberg-Schönau nach Frey¬ 


stadt (Niederschlesien), Districts - Thierarzt Bress-Bitsch nach 
Schönenberg (Pfalz). 

Gewählt: Thierarzt Alb. Beck er-Barmstedt zum Stadtthier¬ 
arzt in Murrhardt (Württbg.), Schlachthofthierarzt Zobel-Breslau 
zum Schlachthofthierarzt in Königsberg i. Pr. 

Approbationen: Hannover: Stud. Oskar Greiser und Heinr. 
Beckedorf. — In Stuttgart: Stolpp und Schönweiler. 

Wohneitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬ 
arzt Molthof-Koblenz nach Cochem (Mosel), Thierarzt Keil-Jülich 
nach Keesenich bei Bonn, Thierarzt Herrn. Coblenzer-Seesen 
nach Hildesheim, Thicrarzt Alf. Müller-Grimmen nach Seesen, 
Tbierarzt Scharr-KIetzke nach Berlin als Einj.-Freiw. im Garde- 
Drag.-Regt. — Thierarzt Zieschank hat sich in Bautzen, Thierant 
Saur, bisher Einj.-Freiw. Unterrossarzt im Garde-Train-Bat, in 
Penzlin (Mecklbg.), Thierarzt Zeinert, bisher Einj.-Freiw. Unter, 
rossarzt im Garde-Train-Bat, in Eberswalde, Thierarzt Schön¬ 
weiler in Schledehausen, R.-B. Osnabrück, und Thierarzt Stolpp 
in Möckmühl (Württemberg) — niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt: Rossarzt 
Huber vom Art-Rgt. No. 13 unter Versetzung zum Remontedepot 
Breithülen, zu Einj.-Freiw. Unterrossärzten: Die Einj. Freiw. 
im Garde-Train-Bataillon Kurzwig, Stamm, Zucker und 
Dr. R. Kantorowicz vom Train-Bat. No 3. 

Versetzt: Rossirzt Kölling vom Gren.-Regt. zu Pferde No. 3 
zur Militär-Lehrschmiedc in Breslau; Unterrossarzt Lange vom 
Train-Bataillon in Spandau zum Drag.-Regt. No. 12 in Gnesen. 


Vacanzen. 

Kreisthlerarzt8telien: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Coblenz: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem 
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln: 
Kosel. Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz in 
Zielenzig. — R.-B. Gumbinnen: Angerbarg. — R.-B. Osnabrück 
Meppen (800 M. Zuschuss). 

Saaitfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Ratibor: Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899. (3000—3800 M., 
freie Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat 

b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacht- 
hofassistenztierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaushilfs¬ 
thierärzte. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thier 
arzt. — Callies: Thierarzt Bewerb, an Magistrat —■ Eddelak 
(Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elster¬ 
berg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderatb. — Geringswalde: 
Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt 
(Fixum 1600 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierant 
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Hohnstein (Säch*. 
Schweiz): Thierarzt (700 M. Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen 
bis 20. November an Stadtgemeinderath. — Kemberg: Thierant 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lands borg a. W.: 
Assistent am Ruthlauf-Serum - Institut (1800 M.), Bew. an Director 
Dr. Schreiber. — Massow (Pommern): Thierarzt (Einnahme ans 
Fleischschau ca. 1000 M.) Näheres durch Magistrat. — Mo¬ 
ringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). — 
Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200 M. u. Uebertragung 
der Fleischschau). Bew. umgehend an Bürgermeister Igel. — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. an 
Polizeiverwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum 
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Tbier¬ 
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön¬ 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbca 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬ 
mark) : Näheres Thierarzt Kühn-Joachimsthal. — Stoppen¬ 
berg (bei Essen): Thierarzt. Näheres durch den Bürger¬ 
meister. — Zehden: Thierarzt Näheres durch Amtsrath Ehlert 
in Grüneberg bei Zehden). 


Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratenthell) Prof. Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag un i Kiircutliutn von Richard Suliocts in Berlin. — Druck von W. BOxonrteln. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 








Die „Berliner Thlertrmtllehe Wochenschrift 4 * erscheint 
wöchentlich ln Stirke von mindestens 1 */• Bogen. Dieselbe 
Ist zu beziehen durch den Buchhsndel, die Post (No. 10311 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Riohara 
Sohoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 86, znm Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlgtnalbeltrige werden mit 50 Mk. für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen and redacüonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Scbmaltz, 
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correctnren, Recensions - Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lotlies, Dr. B. Peter. 

Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 46 Ausgegeben am 17. November. 

Inhalt: DleckerhofT: D i e Behandlung der Blutfleckenkrankheit des Pferdes mit Argentum colloidale 
C r e d 6. — Haase: Einige Beobachtungen über die Gebärparese des Rindes. — Noch ein Mal das 
Embryotom. — Berichtigungen. — Referate: Zschokke: Ueber die Wirkung der Derivantien. — Ni eh ei: Ueber die 
Altersbestimmung des Geflügels. — C h i g o t: Notizen über Laparo-Hysterotomie — Friedrich: Ueber die strahlenpilzähnlichen 
Wuchsformen des Tuberkelbaciilus im Thierkörper. — Grassberger: Zur Frage der Scheinfädenbildungin Influenzaculturen. 
— Thierhaltung und Thierzucht: Bastarde zwischen Zebra und Pferd. — Tagesgescbichte: VII. Internationaler 
Tierärztlicher Congress 9. bis 14. August 1899 in Baden-Baden. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und 
Viehverkehr. — Seuchenstatistik and Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen. 


Die Behandlung der Blutfleckenkrankheit des 
Pferdes mit Argentum colloidale Cred6. 

Von 

Dr. Dieckerheff. 

In der neuesten Zeit hat Hofrath Dr. Credd, Oberarzt des 
Carolahanses in Dresden, die erfolgreiche Behandlung der durch 
Staphylococcen und Streptococcen bei Menschen verursachten 
Krankheiten mit löslichem metallischem Silber nachgewiesen 
(B. Credö: Silber als änsseres und inneres Antisepticnm; Archiv 
für klinische Chirurgie, 55. Bd. Heft 4. — Derselbe: Lösliches 
metallisches Silber als Heilmittel; Klinisch therapeutische Wochen¬ 
schrift, Wien 1898 No. 14 n. 15). Der Verfasser ermittelte zu¬ 
nächst, dass milchsanres Silber (Actol) und citronensaures Silber 
(Itrol) ebenso energische als ungiftige Antiseptica sind, und ver- 
muthete nach seinen Beobachtungen, dass geeignete leicht lös¬ 
liche Silbersalze septische Allgemeininfectionen des menschlichen 
Körpers bis zu einem gewissen Grade zu bekämpfen im Stande 
seien. Er bemerkte wörtlich: „dass an eine erfolgreiche Be¬ 
handlung septischer Infectionen nur gedacht werden kann, wenn 
metallisches Silber in flüssiger Form dem Gewebssaft zugeführt 
werden kann, wobei ich annehme, dass sich dann antiseptisch 
wirkende Silbersalze im Körper selbst bilden werden.“ 

Nach den Angaben Credö’s ist ein metallisches Silber dar¬ 
gestellt worden, welches sich fast vollkommen in Wasser und 
eiweisshaltigen Flüssigkeiten löst und von welchem die Credd- 
schen Präparate in der chemischen Fabrik von Heyden in 
Radebeul bei Dresden angefertigt werden. Die Präparate finden 
gegen Phlegmone (Lymphangitis mit Lymphadenitis) bei Menschen 
Anwendung, und zwar: 

1. Ungnentnm Credö — Argenti colloidalis 15,0, Cerae 10,0, 
Adipis Builli 90,0, Aetheris benzoati 10,0 — zur „Silberschmiercur“. 

2. Pilulae Argenti colloidalis — Arg. colloid. mit Milchzucker 
und Glycerin — znm inneren Gebrauch. 

3. Bacilli Argenti colloidalis — gegen Uterusleiden. 

4. Solutio Argenti colloidalis — in destillirtem Wasser 
(1 zu 200 bis 1000) zu subcutanen Injectionen. 

Die intravenöse Injection der wässerigen Lösung von Argen¬ 
tum colloidale wurde bisher bei Menschen noch nicht versucht, 
obschon Crede mit folgenden Worten darauf aufmerksam gemacht 
hat: „Es wäre denkbar, dass bei schweren Fällen von Sepsis 


die intravenöse Injection die energischste und wirksamste Art 
der Darreichung wäre“. 

Die Vorzüge der Silbertherapie bei der Behandlung phleg¬ 
monöser nnd septischer Erkrankungen des Menschen sind bereits 
mehrfach bestätigt worden (Dr. Werler zu Berlin: Lösliches 
metallisches Silber als Heilmittel; Referat und Bericht in Lassar’s 
Dermatologische Zeitschrift 1898 Hett 3. — Derselbe: Ueber 
chirurgische Erfahrungen mit löslichem metallischem Silber bei 
der Behandlung der septischen Wundinfection; Deutsche med. 
Woch. 1898 No. 40). Aus den von Werler publicirten Krank¬ 
heitsgeschichten ergiebt sich die bedeutende Heilwirkung des 
Argentnm colloidale bei der acuten Sepsis, bei der chronischen 
septischen Infection nnd bei der multiplen chronischen Fnrun- 
cnlose des Menschen znr Evidenz. Nach denselben nahm ich 
Veranlassung, das Credö’sche Mittel gegen innere Krankheiten 
des Pferdes versuchsweise anznwenden. Ich habe zu diesen Heil- 
versnchen zunächst den Morbus macnlosus des Pferdes bestimmt, 
wei| diese Krankheit nach theoretischen Erwägungen einen 
günstigen Erfolg des nenen Heilmittels erwarten liess. 

I Auf die früher üblich gewesene incorrecte Benrtheilnng und 
Benennung des Morbus macnlosus des Pferdes kann ich an dieser 
Steile nicht eingehen. Es dürfte auch bekannt sein, dass ich 
zuerst die Ausbildung der Krankheit von der Einführung 
eines besonderen Virns in die Blutcirculation des Pferdes 
abhängig erklärt habe (Pferdestaupe 1882 S. 102). Eine ausführ¬ 
liche Darstellung des Krankheitscharacters habe ich in meinem 
Lehrbuch der spec. Pathologie and Therapie geliefert Ich 
führte daselbst ans, dass noch nicht entschieden sei, ob die 
blutigen Herde direkt durch die Mikroorganismen oder durch das 
von ihnen producirte Gift verursacht werden. Auch jetzt ist 
diese Frage nach tatsächlichen Feststellungen noch nicht voll¬ 
ständig aufznklären. Zweifellos ist aber die Krankheitsent- 
wickelnng oft eine Folge eitriger Processe (eitriger Katarh der 
Respirationsschleimhaut, Abscess, purulente Phlegmone). 

In vielen anderen Fällen geschieht die Ausbildung, ohne dass bei 
dem Pferde eine primäre eitrige Erkrankung nachzuweisen wäre, 
demnach „auf latentem oder kryptogenetischem Wege“. Indess 
ist auch für die letztgedachte Entstehung anzunehmen, dass an 
einer nicht zn ermittelnden Stelle des Körpers dasselbe Virus 
eindringt nnd in die Blntcircnlation gelaugt, welches die erweis- 


Digitized by LjOOQie 



542 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46 


liehe Ausbildung der Krankheit ans eitrigen Primäraffectionen 
zur Folge hat. 

Zur Charakteri8irung der Blutflecke will ich hier folgenden 
Passus aus meinem Lehrbuch wiederholen. „Das extravasirte 
Blut bezw. die in demselben befindliche unbekannte virulente 
Substanz hat eine phlogogene Wirkung auf die Gewebe. In der 
Subcutis entwickelt sich von den hämorrhagischen Herden aus 
eine diffuse Entzündung mit reichlicher Exsudation von Serum 
und weissen Blutkörperchen. Das Exsudat hat eine gallertartige 
(sulzige), gelbliche oder gelbweisse Beschaffenheit.“ Demnach ist 
die Entzündung des Bindegewebes, welche sich an die herdweisen 
Blutungen in der Subcutis, der Respirations- und Digestions- 
schleimhaut anschliesst, der erysipelatösen Phlegmone (Einschuss) 
am Unterschenkel des Pferdes vergleichbar und es lässt sich ver- 
muthen, dass an dem Zustandekommen der Blutflecken und ihrer 
Folgen bei dieser Krankheit Streptococcen wesentlich betheiligt 
sind. Die Erwägung dieser Thatsachen veranlasste mich im 
Jahre 1886, Heilversuche mit der Einverleibung von Jod (intra¬ 
tracheale Injection von Lugol'scher Lösung) in die Blutcirculation 
zur Vernichtung der specifischen Krankheitsursache anzustellen. 
Ueber die günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes durch 
diese Therapie habe ich in einem Vortrage berichtet, der in 
Adam’s Wochenschrift 1887 No. 12 mitgetlieilt ist. Obwohl ich 
seit jener Zeit in zahlreichen Fällen und sehr oft mit Vortheil 
neben der symptomatischen Behandlung die Jodtherapie in Ge¬ 
brauch gezogen habe, so ist doch nicht zu bestreiten, dass das 
Jod auch dann nicht selten versagt, wenn die Krankheit idiopathisch 
entstanden und ein unzugänglicher Eiterabscess in einem inneren 
Organ des Körpers nicht vorhanden ist. Auch erfolgt die Ent¬ 
giftung des am Morbus maculosus leidenden Pferdes durch Jod 
nicht immer so vollständig, dass der erneuten Ausbildung Von 
Blutflecken und der Vergrösserung der bereits entstandenen H&de 
in den folgenden Tagen vorgebeugt wäre. 

Hiernach war mir der äussere Anlass zu Versuchen behufs 
Behandlung der Krankheit mit löslichem metallischem Silber 
willkommen. Von der Einführung des Mittels in den Magen 
sowie von der „Silberschmiercur“ und auch von der subcutanen 
Anwendung desselben nahm ich Abstand, weil mir nicht zweifel¬ 
haft sein konnte, dass die intravenöse Injection das geeignetste Ver¬ 
fahren ist, um die im Blute befindlichen oder in den Organen liegen¬ 
den Krankheitserreger und ihre Toxine unschädlich zu machen. 

Einige Vorversuche an alten Pferden überzeugten mich, dass 
die intravenöse Injection der 1 proc. Lösung von Argentum 
colloidale reizlos für die Vene ist und auch keine sonstigen 
Störungen herbeiführt. Die Dosis bestimmte ich einstweilen auf 
0,5 Gramm; es wurden daher jedesmal von der 1 proc. Lösung 
50,0 Gramm dem erkrankten Pferde intravenös einverleibt. Ich 
benutzte eine Spritze, die 25 Gramm Flüssigkeit enthält, und liess 
deshalb durch die applicirte Canüle nacheinander zwei Spritzen 
voll injiciren. In den nachstehend besprochenen vier Fällen hat 
die Anwendung des neuen Mittels vortreffliche Erfolge gehabt 
und meine Erwartungen noch übertroffen. 

1. Stute, 9 bis 10 Jahre alt, schweres Arbeitspferd, hatte 
seit 8 Tagen an einem leichten Rachencatarrh gelitten und wurde 
am 12. October 1898 in die Klinik eingestellt, weil die Hinter¬ 
gliedmassen seit einem Tage ödematös geschwollen waren. 

Status am 13. October: Puls 60, Resp. 12, Temp. 39,2. 
Petechien und blutige Suffnsionen in der Nasenschleimhaut än 
beiden Seiten. Auf dem Nasenrücken ist die Haut handtellergross 
geschwollen. Am Vorarm beider Vordergliedmassen beulen- 
förmige und abgesetzte ödematöse Geschwülste der Subcutis. 
Beide Hintergliedmassen zeigen eine diffuse ödematöse 
Schwellung der Haut Appetit gering. 


Ord. Oeftere Waschung der blutigen Herde in der Haut mit 
Burow’scher Mischung unter Zusatz von Campher. In Zwischen¬ 
zeiten von zwei Stunden erhielt das Pferd jedes Mal durch Injection 
in die V. jugularis eine Lösung von 0,5 Argent. colloid. in 50,0 
Aq. dest. 

Am 14. October erschienen die Petechien der Nase ab¬ 
geblasst und die Schwellungen der Gliedmassen zeigten die ersten 
Merkmale der Rückbildung. — In den folgenden Tagen stellte 
sich normaler Appetit ein und das Pferd konnte am 27. October 
als vollständig geheilt aus der Klinik abgehen. 

2. Mit starker Schwellung der Vorhaut und Prolapsus Penis, 
Schwellung und blutiger Unterlaufung der Nasenschleimhant, 
herdweiser Schwellung der Haut am Kopf und an den vier 
Gliedmassen behaftet, wurde am 16. October 1898 ein sechs¬ 
jähriger brauner Wallach (schwerer Arbeitsschlag) in die Klinik 
eingeliefert. P. 56, R. 12, T, 39,1. Appetit massig. — Die 
Diagnose des Worb, macul war nach den Syptomen gesichert. 

Am 17. October erschien das Verhalten des im Laufstall 
untergebrachten Pferdes nicht wesentlich geändert. Am 
18. October Injection von Arg. colloid. 0,5 in Aq. 50,0 in die 
linke Ingnlaris. Daneben Localbehandlung der Schwellung am 
Schlauch und Penis. 

Die Krankheit besserte sich nach einem Tage und die 
Erscheinungen heilten bis zum 25. October vollständig ab. 

3. Ein Arbeitspferd (Stute, 15 Jahre alt) war aml9. October 1898 
Vormittags unter den Symptomen des Morbus maculosus 
erkrankt und wurde am folgenden Tage zur Klinik gebracht 
Am 21. October ergab die Untersuchung: P. 40, R. 20, T. 39,8. 
Geringer Appetit. Blutige Schwellung der Nasenschleimhaut und 
der Subentis an den oberen Partien der Gliedmassen. Neben 
den Waschungen der Gliedmassen mit Burow’scher Mischung 
jyurden am 21. und 22. October- jedes Mal 0>6G g» -'Ärgert, 
colloid. mit 50,0 g Aq. intravenös applicirt, worauf bis zum 
23. October sich schon alle wesentlichen Erscheinungen der 
Blntfleckenkrankheit verloren hatten. Am 25. October holte der 
Besitzer das Pferd wieder ab. 

4. Am 9. November 1898 Vormittags wurde eine gegen 
16 Jahre alte Rappstute, leichtes Arbeitspferd, welche seit 
einigen Tagen eine Schwellung der Hinterschenkel und seit zwei 
Stunden Kolik zeigte, zur Klinik gebracht. Bei der Untersuchung 
ergab sich am 9. November Vormittags 9 Uhr: Ausgebreitete 
blutige Unterlaufung und Schwellung der Nasenschleimhaut, 
starke Schwellung der Haut auf der Nasenfirste, an den Backen 
und den Lippenwinkeln beider Seiten. Augenlider wulstig; 
Conjunctiva sowohl an den Lidern, wie auf der Cornea blutig 
infiltrirt. — Da auch die Haut der falschen Nasenlöcher ge¬ 
schwollen war, so erfolgte die Inspiration mit einem schniebenden 
Nasalgeräusch. — Kolikschmerzen, wegen deren das Pferd kaum 
stehend erhalten werden kann; Darmgeräusche fehlen. — Glied¬ 
massen nicht geschwollen. Das Pferd kann weder Futter noch 
Wasser verzehren, da sowohl das Kauen wie das Schlucken 
behindert ist. P. 45, R. 18. T. 39,3. 

Der Krankheitsfall prägte sich als ein besonders schwerer 
aus durch die umfangreiche Schwellung des Kopfes, die Kolik 
und die Dysphagie. Aus den Symptomen liess sich entnehmen, 
dass sowohl die Darmschleimhaut wie die Rachen Schleimhaut von 
einem blutigen Heerde frisch betroffen waren. Nach meinen 
Erfahrungen musste ich mich überzeugen, dass mit den bis¬ 
herigen Mitteln und auch mit der Jodtherapie die Wieder¬ 
herstellung des Pferdes nicht zu erreichen war. Der Fall schien 
deshalb zur Entscheidung der Frage über den Werth der Silber¬ 
therapie ganz geeignet. 

Das Pferd erhielt am 9. November von 9 Uhr Vormittag« 


Digitized by AjOOQie 







543 


17 November 1898. BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


bis 7 Uhr Nachmittags 5 Injectionen von 0,5 g des Mittels in 
Zwischenzeiten von zwei Stunden; es wurden demnach innerhalb 
10 Stunden 2,50 g Argentum colloidale in die Iugularis 
injicirt. 

Die Koliksymptome hörten schon nach den ersten beiden 
Injectionen auf. Am Nachmittag hatte sich wieder eine geringe 
Munterkeit bei dem Pferde eingestellt; es plätscherte mit dem 
Maul in dem vorgehaltenen Trinkwasser, konnte aber noch nicht 
schlucken. Das schniebende Athmen bestand zwar noch, hatte 
aber nicht zugenommen. 

Am 10. November Vorm. 9 Uhr ergab die Untersuchung 
schon einen wesentlichen Nachlass der wichtigsten Symptome. 
P. 48, R. 13, T. 38,1. Das Pferd konnte Trinkwasser schlucken, 
aber die Schwellung und Entzündung der Subcutis an beiden 
Backen und Lippen war noch nicht so weit zutückgegangen, dass 
die Aufnahme und das Kauen des Futters ermöglicht werden 
konnte. Ich verordnete hiernach für diesen Tag noch zwei In¬ 
jectionen von je 0,50 g Argent. colloidale. 

Das Pferd konnte am Nachmittag des 10. November die ihm 
in flachen Schnitten aut die Zunge geschobenen Mohrrüben kauen 
und schlucken und nahm am Abend auch etwas Hafer auf. 

Am 11. November Vormittags erschien das Pferd munter und 
bei gutem Appetit. Es verzehrte sowohl Hafer wie Heu und 
Mohrrüben. Die blutigen Unterlaufungen der Nasenschleimhaut 
hellen sich auf und die Schwellung der Haut am Kopfe hat sich 
schon erheblich zurückgebildet. Athmung frei. P. 42, R. 11, 
T. 37,8. 

Die vollständige Genesung erfolgte hierauf in wenigen Tagen. 
Am 12. und 13. November fand sich nur noch ein geringer Aus¬ 
fluss von dickflüssigem, eitrig-schleimigem Material aus beiden 
Nasenlöchern, den ich auf die Abheilung des blutigen Herdes in 
der Rachenschleimhaut beziehen musste. Sonst war das Pferd 
bereits von allen wesentlichen Krankheitserscheinungen befreit. 

Nach diesen Beobachtungen betrachte ich als zweifellos, dass 
das Argentum colloidale Cred£ ein sehr wirksames Heil¬ 
mittel gegen die Blutfleckenkrankheit des Pferdes ist. Bei der 
Behandlung der Pferde dürfte die leicht ausführbare intravenöse 
Injection einer 1 proc. Lösung des Mittels in destillirtem Wasser 
die zweckmässigste Applicationsmethode sein, namentlich in allen 
Fällen, in welchen eine schnelle und energische Allgemeinwirkung 
erforderlich ist, um der Fortentwicklung der Krankheit Einhalt 
zu thun. Ueber die beste Dosirung und die Zeit, in welcher die 
Anwendung zu wiederholen ist, wird erst durch weitere und viel¬ 
seitige Beobachtungen ein abschliessendes Urtheil zu gewinnen 
sein. Dass die Pferde relativ grosse Dosen von Argent. colloid. 
ohne Nachtheil ertragen, beweist schon die vorstehend unter 4. 
mitgetheilte Krankheitsgeschichte. Inwieweit die subcutane 
Injection des in Wasser gelösten Präparates, die von den Pferden 
auch gut ertragen wird, der Heilindication genügen kann, ist 
noch durch weitere Versuche klarzustellen. 

Dass das Mittel gegen die Complicationen des Morbus macu- 
losuB (Mortification der Haut an den Blutflecken der Gliedmassen 
und des Kopfes, Kehlkopfstenose, Pneumonie) keinen Nutzen 
bringen kann und überhaupt nur in den ersten Stadien der 
Krankheit einen guten Erfolg haben wird, bedarf keiner Erläuterung. 

Auch die als Vorkrankheit oft vorhandenen Abscesse und 
eitrigen Katarrhe dürften von demselben kaum beeinflusst werden. 
Es wird deshalb für eine Reihe von Fällen neben der Anwendung 
von Argentum colloidale die Behandlung nach symptomatischen 
Indicationen auch in Zukunft anzuordnen sein. 

Ausser der Blutfleckenkrankheit wird Argentum colloidale 
sehr wahrscheinlich auch bei anderen Allgemeinkrankheiten der 
Hausthiere sich vorteilhaft erweisen, namentlich bei eitrigen 


und septischen Blutvergiftungen. Vielleicht wird es auch bei der 
diffusen Elephantiasis an den Gliedmassen des Pferdes gute 
Dienste leisten. Wie beim Menschen, so werden sich bei den 
Thieren die phlegmonösen Erkrankungen der Unterhaut nach 
Wundinfection mit dem Mittel wirksam bekämpfen lassen. 

Auf den Verlauf der typischen Pneumonie (Brustseuche) des 
Pferdes hatte aber die intravenöse Injection des Mittels in zwei 
Fällen, die ich zu dieser Behandlung auswählte, keinen Einfluss. 

Der Preis steht der Anwendung des Präparates in der thier¬ 
ärztlichen Praxis nicht entgegen. Es kosten 10,0 Gramm Argen¬ 
tum colloidale 3,50 Mark im Drogenhandel. In den Apotheken 
wird sich demnach der Preis von 1,0 Gramm auf etwa 0,50 Mark 
stellen. 

Einige Beobachtungen Uber die Gebärparese des 

Rindes. 

Von 

C. Haase- Hohenmölsen, 

Tblerarst 

In neuerer Zeit haben sich die in der Praxis stehenden Thier¬ 
ärzte, durch die von Sch midt-Kolding vorgeschlagene Behand¬ 
lung angeregt, mehrfach mit der Gebärparese des Rindes be¬ 
schäftigt, wie die diesbezüglichen Veröffentlichungen in dieser 
Zeitschrift beweisen. Die betreffende Behandlungsmethode wird 
in der grossen Mehrzahl der Fälle als erfolgreich gepriesen, 
wenn auch andererseits Misserfolge Vorkommen. Alle betonen 
jedoch bedauernd, dass das Wesen der Krankheit noch nicht 
vollständig erkannt sei. Es dürfte daher wohl angezeigt sein, 
Beobachtungen aus der Praxis, welche zur Aufklärung des 
Krankheitszustandes beitragen könnten, der Allgemeinheit. mit- 
zntheilen; dies will ich mit einigen von mir gemachten in Nach¬ 
folgendem thun. 

L Am 26. März 1894 wurde ich zu einer hochtragenden Kuh 
gerufen. Dieselbe, Holländer Abstammung (Genthiner), ist in 
sehr gutem Ernährungszustände. Nach Bericht liegt sie seit 
einigen Tagen viel, seit selbigem Vormittag ganz und gar; sie 
ist nicht fähig, sich zu erheben, auch nicht auf Antrieb. Futter- 
und Getränkaufnahme wird versagt. Der Kopf wird entweder 
auf dem Boden ausgestreckt gehalten oder in die Seite zurück¬ 
geschlagen. Dabei ist das Sensorium ganz benommen. Die 
Augenlider werden geschlossen gehalten; das BHd ist ganz das 
des paralytischen Kalbefiebers. Das Euter ist sehr stark ge¬ 
schwellt schon seit mehreren Tagen und die Milch eingetreten. 
Das Orificium und der Cervicalcanal sind so weit geöffnet, dass 
die Falten ausgeglichen sind. Das Kalb, welches die intrauterine 
Lage bereits verlassen hatte, stand mit seitlicher Kopfhaltung 
vor dem inneren Orificium. Es wurde mit vieler Mühe entwickelt, 
wobei Quetschungen und Läsionen der Geburtswege wegen der 
unverhältni8smä88igen Grösse des Kalbes nicht vermieden werden 
konnten. Die Kuh verendete einige Tage darauf, ohne sich wieder 
zu erheben. 

In vorliegendem Falle war die Parese schon vor der Geburt 
eingetreten; die letztere war allerdings verzögert infolge nicht 
genügender Eröffnung des Cervicalcanals und der damit ver¬ 
bundenen abnormen Lage des Fötus. 

II. Am 19. und 20. Juni 1898 behandelte ich eine granweisse 
Holländer Kuh, welche einige Tage zuvor gekalbt hatte, an Ge¬ 
bärparese vergeblich. Die Nothschlachtung wurde am 21. Juni, 
Vormittags 10 Uhr, die Section Nachmittags 2 Uhr ausgeführt. 
Die Kuh war leider durch Stirnschlag betäubt worden, sodass 
ich in den Subpialräumen im Bereich des vorderen Theils der 
rechten Hemisphäre eine ca. einhalbhandtellergrosse elliptische 
Blutung fand — Intrameningeale Pia mater-Blutung —; im 
Uebrigen sind die krankhaften Veränderungen durch den Kopf- 


Digitized by 


Google 



544 


BERLINEU TlilERARZTUCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


schlag nicht beeinflusst worden. Es fällt eine starke Füllung der 
Basilargefässe und der aufsteigenden Aeste mitBlnt auf. Inder 
einen Arterie eine senfkorngrosse Gasblase, welche sich bei Be¬ 
rührung des Gefässes in diesem fortbewegt, ähnlich wie die 
Libelle einer Wasserwaage. Die Adergeflechte sind stark gefüllt. 
In den Subduralräumen and den Ventrikeln blntigrothe seröse 
Flüssigkeit in geringer Menge. Dieselbe ist jedenfalls in grösserer 
Menge vorhanden gewesen und abgeflossen, da der Kopf vor 
meiner Anwesenheit abgetrennt worden war. Das Gehirn¬ 
parenchym ist feucht, von etwas weicherer Consistenz. Die weisse 
Substanz auf dem Durchschnitt verfärbt, cremefarben. Euter 
mässig geschwellt. 

IH. Am 4. September 1898. Schwarzweisse Kuh, Holländer, 
in sehr gutem Ernährungszustände, angemästet, hat am 2. Sep¬ 
tember gekalbt. Sie liegt in einem mit ca. 18 Stück Rindvieh 
belegten, warmem Stalle gleich am Eingänge; sie steht auf Antrieb 
nicht auf. Innere Temperatur 38,6°. Athmung etwas beschleunigt. 
Ohren, Hörner und Extremitäten warm. Kopf wird meistens auf 
dem Boden ausgestreckt gehalten, zuweilen auch in die Seite 
znrückgeschlagen. Sensorinm benommen. Mässiger Lidschluss. 
Darmbewegung und Kothabsatz verzögert. 

Behandlung: Innerlich 40 g Aloö. Eisaufschläge auf die 
Stirn. Oefteres Ansmelken des sehr stark geschwellten Euters. 
Die Schmidt'sche Behandlung mit Jodkalinm unterblieb aus 
äusseren Gründen. Am 5. September Verschlimmerung des Zu¬ 
standes. Das Thier ist vollständig ohne Bewusstsein und 
Empfindung. Innere Temperatur 38,3°. Athmung frequent und 
etwas ziehend. Augenlider vollständig geschlossen. Leises 
Stöhnen oder Brummen. Der Kopf wird auf dem Boden aus¬ 
gestreckt und zeitweise auch in die Seite gelegt. Hebt 
man denselben hoch, so fällt er sofort schwerfällig' in 
die Lage zurück, da das Thier nicht im Stande ist, denselben 
aufrecht zu tragen. Nothschlachtung auf mein Anrathen'fmd 
in meiner Gegenwart. Dieselbe wird ohne Stirnschlag ’und 
nach Art des Schächtens vollzogen, wobei das Thier eine 
grosse Menge Blut abgiebt Section: In gestreckter 
Dorsallage Entfernung der Halsmuskeln in der Gegend des ersten 
Halswirbels und des unteren Verstopfangsbandes; dabei wird der 
Subduralraum mit seröser kirschrother Flüssigkeit angefüllt ge¬ 
funden. Eine davon entnommene Probe zeigt durch das Mikroskop 
rothe und weisse Blutkörperchen in den verschiedenen Stadien 
des Zerfalls; Mikroorganismen sind nicht vorhanden. Nach Oeff- 
nung der Schädelhöhle durch Entfernung des Schädeldachs wird 
dieselbe Flüssigkeit zwischen Dura und Pia bemerkbar. Sie ist 
auch in den Sulci unter der Pia vorhanden, man kann sie mit 
dem Finger oder dem Messerrücken über die Pia streichend in 
den Sulci fortbewegen. Die Gefässe, besonders die Basilar- 
gefässe prall hervorueteud; sie sind mit blutiger Flüssigkeit an¬ 
gefüllt, welche Gasblasen enthält Dies ist besonders an den 
Arteriae fossae Sylvii bemerkbar; man kann die Gasblasen durch 
Streichen den Gefässen entlang hin und her bewegen, wobei sie 
am leichtesten auffallen. Durchschneidet man solches Gefäss 
quer, so entweichen die Gasblasen*) an der Durchschnittsstelle und 
das Gefäss collabirt 

*l Diese Blutgase sind schon früher beobachtet worden, so be¬ 
sonders von Harms, welcher dieselben als Luft bezeichnet Von 
anderen Autoren ist dem Vorhandensein derselben keine Bedeutung 
beigemesseu worden, wohl mit Unrecht; andere erklären sie als 
Fäulnisserscheinungen. ln vorliegendem Falle kann jedoch von 
Fäulnissgasen keine Rede sein, da die Scction des Gehirns unmittel¬ 
bar nach der Schlachtung erfolgte. Gleichwohl sind sie als ein Zer- 
setzungsproduct des Blutes aufzufassen. Ob diese Blutzersetzung 
nur in den Gehirngetässen durch die Stauung in denselben be¬ 
günstigt oder in der gesammten Blutmenge statifindet, lasse Ich 
dahingestellt. 


In den Ventrikeln dieselbe seröse Flüssigkeit Das Gehirn- 
parenchym ist verändert, auf dem Durchschnitt feucht, von 
weicherer*) Consistenz als normales Parenchym. 

Die Grenze zwischen weisser und grauer Substanz ist nicht 
mehr so scharf hervortretend, erscheint vielmehr verwischt hn 
Uebrigen sind die Veränderungen des Parenchyms an der weissen 
Substanz am leichtestenzu erkennen; dieselbe besitzt nicht mehr 
den alabasterweissen geringgradig mattfeuchten Glanz, sondern 
ist stärker durchfeuchtet, hat einen Stich ins Gelbliche an¬ 
genommen; sie erscheint cremefarben. Die Adergeflechte der 
Ventrikel und des Kleinhirns sind mit Blut stark angefällt 

Bei Abnahme des sehr grossen Euters fliessen einige Liter 
Milch von eigentümlicher, granweisser Farbe ab, welche einen 
grünlichen Farbenton hat 

Das Orificium ist ziemlich contrahirt, so dass man nur noch 
3—4 Finger einführen kann. Der Uterus enthält 3—1 Liter 
dickschleimiger gelblicher Loohialflüssigkeit. Die Codyledonen 
sind in Rückbildung begriffen, zum Tbeil in eine breiige Urne 
zerfallend. Die Haube ist stark und prall gefüllt. 

Wenn ich nun aus den vorstehend mitgetheilten Erkrankungen 
auch das Wesen der Gebärparese nicht zn erklären vermag, 
so geht doch aus denselben hervor, wie dies auch viele von 
anderer Seite gebrachte Beobachtungen darthun, und dies anch 
wohl allgemein anerkannt wird, dass die Krankheit auf einer 
Gehirnentzündung beruht Das Gehirn entzündet sich in Folge 
Einwirkung eines Reizes, welcher noch nicht näher erkannt ist. 
Am meisten dürfte wohl die Ansicht für sich haben, dass diese 
Reizung durch ein Ptomain, ein Cadaveralcaloid, herbei¬ 
geführt wird. 

Wie schon der Name Cadaveralcaloid besagt, bilden sich 
diese Gifte vorwiegend nur in Leichen oder Leichentheilen, d. b. 
$9. bilden sich aus den die Organe . des Körpers. zusammen- 
setzenden Stoffen, und zwar aus den Albuminen bei Abschluss 
von Sauerstoff**). Es findet jedoch nicht nur in Cadavern diese 
Ptomainbildung statt, sondern auch im lebenden Körper bei Abschluss 
vou Sauerstoff in bestimmten Geweben, oder auch schon bei begrenztem 
Zufluss des den Sauerstoff führenden Blutes. Diese hervor¬ 
gehobenen Bedingungen des Albumingehaltes und des unter¬ 
brochenen oder doch ungenügenden Sauerstoffzuflusses dürften 
nun bei der Gebärparese des Rindes zwei Organe in auffallender 
Weise bieten. Wir haben dieselben auch bei der Section des 
mitgetheilten Falles HI gefunden. Es sind dies Gewebe, welche 
von den Thierärzten schon recht häufig als Sitz der sich bildenden 
causa morbi bezeichnet worden sind. Einmal ist die in ziemlicher 
Menge im Uterus Vorgefundene schleimige, gelbe, eiweisshaltige 
Lochialflü8sigkeit in Betracht zu ziehen und zweitens das krank- 
lmft veränderte Euter. Die retinirte Lochialflüssigkeit schwimmt 
frei im Uterus, ist also vollständig von dem Gasaustausch des 
Blutstromes abgeschlossen. Die Vorbedingungen zur Ptomain¬ 
bildung, Albumingehalt und Abschluss der Sauerstoffzufuhr sind 
also bei diesem Gewebe vorhanden. 

Wie ferner die meisten thierärztlichen Beobachter der Gebär¬ 
parese hervorheben, ist das Euter verändert; dasselbe kann bis 

*) Von der weicheren oder derberen Consistenz des Parenchym* 
mich zu überzeugen, nehme ich nach Eröffnung eines Ventrikels 
und Besichtigung der Schnittfläche wie des Ventrikelinhalte die 
Grosshirnriude zwischen Daumen und Zeigefinger und übe einen 
leichten Druck aus. Für den Ungeübten dürfte es sich empfehlen, 
wie ich dies auch ausgeführt habe, iu dieser Weise die Consisten* 
an einem gesunden Rindergcbirn festzustellen, wozu man in jedem 
Schlachthause Gelegenheit hat. Der Unterschied zwischen der etwa« 
derberen Consistenz eines solchen Gehirns und der weicheren de« 
Gehirns einer an Gebärparese in vorgeschrittenem Stadium er¬ 
krank en Kuh wird einem deutlich auffallend. 

**) Offinger, DiePtoinaineoderCadavcralcaloido. 18fc5, p-31 ft 


Digitized by LjOOQie 




17. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


545 


zu sehr bedeutendem Grade geschwellt und derb sein. In einem 
enorm geschwollenen Enter dürften jedoch die Gefässe comprimirt 
sein und die Blutcircnlation in demselben dadurch behindert, 
wenn nicht ganz aufgehoben sein. Mehr oder weniger grosse 
Abschnitte des Euters dürften daher in anämischem Zustande und 
in Folge dessen zur Ptomainbildung geeignet sein. Die aus 
solchem Euter abgemolkene Milch zeigt sich znm grossen Theil 
ans Colostrum bestehend, wie dies auch bei Fall III gefunden 
wnrde. Die bei der Section aus dem Euter abgeflossene Milch 
war von grünlich-grauweisser Farbe, zeigte also das Aussehen 
von Colostralmilch noch am vierten Tage nach dem Kalben. Wie 
es also scheint, ist die Ausbildung der Milch im Euter verlang¬ 
samt, denn unter gewöhnlichen normalen Verhältnissen hat die 
Milch am vierten Tage post partum nicht m**hr das Aussehen von 
Colostralmilch, sondern eine normale sattweisse Farbe. Demnach 
scheinen die Degenerations- oder Infiltrationsvorgänge der Epithel¬ 
zellen in den Milchdrüsen verzögert, was ich auf einen Mangel 
an Lebensenergie in diesen Zellen in Folge fehlenden oder zu 
schwachen Blutzuflnsses zurückzuführen geneigt bin. 

Am Ende meiner Ausführungen komme ich zu folgenden 
Schlussfolgerungen: 

1. Von den bisher über die Ursache und das Wesen 
dor Gebärparese des Rindes angeführten Erklärungen 
dürfte die am meisten begründet erscheinen, dass die 
Krankheit durch ein im Körper gebildetes Ptomain 
verursacht wird. 

2. Ist dies der Fall, bo dürfte entweder die Lochiah 
flüssigkeit oder das Euter als Muttersubstanz dieses 
Giftes anzusehen sein. 

Ob dies nun wirklich an dem ist, und ob die Ptomainbildung 
unter Mitwirkung von Mikroorganismen oder ohne diese statt- 
flftäet,' bleibt einstweilen eine offene Frage, deren Beantwortung 
weitere Untersuchungen ergeben müssen. 

IV. Ich füge noch eine beobachtete Erkrankung an, welche 
der Gebärparese sehr ähnlich war, jedoch unmöglich dieselbe 
gewesen sein kann, da das Thier schon ca. \ Jahr zuvor ge¬ 
kalbt hatte. 

Am 3. Juni 1898 untersuchte ich eine ca. 6jährige Weiss¬ 
gelbe Kuh Simmenthaler Race, welche seit einigen Tagen an- 
daUernd gelegen hatte, da sie nicht imStande gewesen war, sich 
zu erheben. Futter und Getränkaufnahme waren während dieser 
Zeit sehr mangelhaft. Dieselbe war wie das übrige Vieh des 
Stalles in sehr gutem Ernährnngsznstande, fett; dasselbe gehörte 
einer Mühle an und wurde intensiv gefüttert. Die Kuh zeigt 38° innere 
Temperatur, erhebt sich auch anf Antrieb nicht. Das Sensorinm 
ist etwas benommen; der Kopf wird dann und wann auf den 
Boden ausgestreckt. Vermehrte Wärme am Vorkopf. Athmung 
etwas beschleunigt nnd angestrengt Die Kuh ist nicht wieder 
zum Bullen geführt worden, jedoch bis kurze Zeit zuvor ge¬ 
molken worden. Diagnose: Lähmung in Folge Cerebrospinal¬ 
meningitis. Daranf gab ich den Rath zur Nothschlachtnng, auf 
Welchen der Besitzer um so mehr einging, als das Thier so schon 
zum Mästen bestimmt war. Dieselbe wurde am 4. Juni früh ans¬ 
geführt. Leider wurde vor meinem Erscheinen das Thier durch 
Stirnschlag betänbt, weshalb die Veränderungen des Gehirns 
durch Blutungen alterirt waren. Jedoch konnte ich trotzdem 
starke Füllung der Basilargefässe, die Anwesenheit eines serösen 
blutig-rothen Exsudats auf der Basis der Schädelhöhle, Gehirn- 
Ödem, Veränderungen des Parenchyms in Farbe und Consistenz 
feststellen. 

Sollte diese Erkrankung in ätiologischer Beziehung identisch 
mit der Gebärparese sein, was ich nicht für ausgeschlossen halte, 
so dürfte die Prodncirung eines Ptomains auch noch unter anderen 


Verhältnissen und in anderen Organen als den hervorgehobenen 
stattfinden können. Vielleicht ist auch der Umstand mit schädlich 
gewesen, da68 das Ausmelken plötzlich unterlassen und somit die 
Lactation unterdrückt wurde. Hieraus und aus der fortgesetzten 
Ernährung mit intensiven Futtermitteln resultirte vielleicht eine 
Veränderung des Euters, welche der bei der Gebärparesc vor¬ 
kommenden ähnlich ist. Es bleibt das natürlich nur eine An¬ 
nahme, für welche ich keine Beweiskraft beanspruchen kann. 

Noch ein Mal das Embryotom. 

Auf die „Entgegnung betr. des Erabryotom-Ecraseurs“ bin ich 
gezwungen, eine kleine Berichtigung folgen zu lassen. 

Ich hatte in dem Artikel über mein Embryotom erwähnt, 
dass ich ein ganz gleiches Instrument wie der Embryotom- 
Ecraseur es ist, construirt, dasselbe aber als unpractisch wieder 
bei Seite gelegt hatte. 

Ueber dieses Instrument, welches genau wie das der Herren 
Wessel und Witt aus einem Rohr bestand, in welchem eine 
Schraube das Anspannen der Kette bewirkte, habe ich nichts 
veröffentlicht; die Herren Wessel und Witt können also un¬ 
möglich wissen, ob dasselbe eine Aehnlichkeit mit ihrem jetzigen 
Instrument hatte oder nicht. 

Auf den übrigen Theil der „Entgegnung“ näher einzugehen, 
halte ich für überflüssig. Pflanz. 

Berichtigungen. 

, fe In dem Vortrage „Ueber die bösartige Klauenseuche 
der Schafe“ von Kreisthierarzt Martens, No. 45 der B. T. W. 
muss es heissen: Auf pag. 530, Spalte 2, No. 4 „Bei Fest¬ 
stellung der Aphthen8enche in einer Scbafheerde lassen sich 
durchweg ca. 15 pCt ermitteln“ (nicht 5 pCt.); ferner auf pag. 
53p, Spalte 1, Absatz 3, drittletzte Zeile „auf einer Plaue“ 
(nicht Klaue). 

, In dem Artikel „Ein Fall von Gehirntuberculose“ 
von H a a s e - Hohenmölsen in No. 38 der B. T. W. soll es 
pag. 446, Zeile 30 heissen nicht „ganz klare Flüssigkeit“, 
sondern „glanzklare Flüssigkeit“, s. v. w. klar und glänzend. 

Referate. 

Ueber die Wirkung der Derivantien. 

Von Professor Zschokke -Zürich. 

(MUh. r. Th. Bd. 9 , H 12.) 

Die Medicin hat die sogenannten ableitenden Heilmethoden 
mehr oder weniger verlassen; in der Veterinärmedicin erhalten 
sie sich als unentbehrlich. Immerhin besteht auch hier eine ge¬ 
wisse Neigung zu ihrer Beschränkung — mit Unrecht. Aller¬ 
dings befriedigt die bisherige Erklärung der Wirkung dieser 
Mittel nicht ganz. 

Z. hat sich die Aufgabe gestellt, diese Wirkung, wenn auch 
hypothetisch, zu prüfen. Er kommt dabei zunächst auf die 
Beeinflussung von Fieber und Infection durch auf die 
Haut wirkende Reize im allgemeinen sowie auf das 
Verhältniss zwischen Fieber und Infection unter sich 
Zu sprechen. 

Im Jahre 1895 würden an der Züricher Thierarzneischule 
einige Pferde zur Gewinnung von Diphtherieheilsernm präparirt. 
Auf die hierzn nöthige Ipjection von fiUrirten Cultnren reagirten 
sie mit Temperatursteigerung von zwei und mehr Grad. Das 
Fieber dauerte meist 18—36 Stunden. Als aber ein allein 
Stehendes Pferd von Zugluft getroffen worden war, hielt es 
48 Stunden an. Hierdurch aufmerksam geworden, prüfte 
Zschokke die Wirkung eines kalten Luftzuges nnd fand sie jedes 


Digitized by LjOOQie 



546 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 46. 


mal gleich, bestehend in einer Verlängerung des Fiebers. In ge¬ 
wisser Beziehung hierzu stehen die Versuche von Lode, der 
Thiere einer Erkältung aussetzte und dann mit Friedländer’scljen 
Pneumoniebacillen inficirte. Fast alle so behandelten starben, 
während von 45 nicht abgekühlten Thieren nur 9 zu Grunde 
gingen. Auch von den anderen Autoren sind mehr oder weniger 
ähnliche Versuche gemacht. 

Nun muss die Temperatursteigerung als eine reactive Wirkung 
des Toxins gelten, welches demnach einen Reiz auf das Wärme¬ 
regulationscentrum ausüben muss. Hiernach muss die Fieber¬ 
dauer etwa derjenigen Zeit entsprechen, in welcher ein Ueber- 
schuss von Toxin im Blut circulirt (Freilich erzeugen nicht alle 
Toxine Fieber.) Wenn nun dauernde Abkühlung das Fieber 
länger andauern lässt, so scheint es, dass der abgekühlte Körper 
weniger schnell im Stande ist, das Toxin zu eliminiren oder zu 
neutralisiren. Da nun die Unschädlichmachung der Toxine vor¬ 
wiegend auf Antitoxinbildung beruhen dürfte, so wäre der Schluss 
berechtigt, dass die Antitoxinbildung durch Kalte behindert, um¬ 
gekehrt durch Wärme begünstigt werde. Da nun das Fieber 
selber Wärme erzeugt, so würde hiermit gleichzeitig die Ansicht 
begründet sein, dass das Fieber eine Heilreaction des Körpers 
ist, was man bekanntlich schon vor sehr langer Zeit, wenn atich 
nicht unbestritten, angenommen hat. Bei einem sehr hohen Fieber 
freilich sind andererseits seine schädlichen Nebenwirkungen nicht 
zu vergessen. Die praktische Consequenz wäre, dass das Fieber, 
wenn es nicht einen aus anderen Gründen schädlichen Grad er¬ 
reicht, bei Infectionskrankheiten nicht bekämpft werden darf, weil 
es die Entgiftung des Körpers unterstützt. 

Man nehme also den Satz an, dass Wärme die Antitoxin¬ 
bildung fördert. Dann kommt zweitens in Frage, wo die Anti- 
toxinbildung stattfindet. Gegenwärtig darf man wohl sagen, dass 
das Antitoxin ein normales physiologisches Product der Körper-' 
zellb ist, wobei die Frage ausser Betracht bleiben kann, welche 
Zellart hierin die wesentlichste Thätigkeit entfaltet. Dass auf 
die Zelle die Temperatur einen Einfluss ausübt, sieht man z. B. 
an dem Grade der amöboiden Bewegung bei verschiedener Tempe¬ 
ratur. Im Allgemeinen wird Wärme die Zellthätigkeit steigern, 
was um so erklärlicher ist, als es sieh um Oxydationsvorgänge 
handelt. 

Man kann auch constatiren, dass bei örtlichen äussefen 
Infectionen (wobei eine örtliche Antitoxinbildung stattfinden dürfte) 
die Wärme heilsam wirkt, ganz in demselben Sinne wie das 
Fieber bei Allgemeininfection. Der warme Watteverband lindert 
das Erysipel. DerAbscess erfordert warme Kataplasmen, während 
die Anwendung von Eis auf örtlich inficirte Stellen intensivere 
Krankheitsprocesse hervorruft. 

Auch das Wesen der Erkältung würde im Sinne dieser Aus¬ 
führungen verständlich. Man nimmt heute an, dass das Wesen 
der Erkältung in einer Verringerung der Widerstandskraft gegen 
Infection durch die Abkühlung beruht. Nichts hindert, dem hinzu- 
zufügen, dass die verringerte Widerstandsfähigkeit eben vOn 
verminderter Antitoxinbildung herrührt. 

E8 würde hieraus also folgen, dass gesteigerte 
innere Wärme (Fieber) oder äusserlich zugeführte 
Wärme die Antitoxinbildung unterstützt, und zwar, 
indem sie die Zellthätigkeit erhöht Um eine Infection zu 
verhüten oder zu bekämpfen, alias die Antitoxinbereitung zu 
fördern, muss alles ferngehalten werden, was letztere hemmt. 
Dass die Erkältung als ein solches Hemmniss angesehen werden 
kann, ist besprochen. Auch die Muskelarbeit (obwohl diese 
andrerseits Wärme prodnzirt) scheint, wenn sie ermüdend wirkt, 
die Antitoxinbildung zu hemmen, was experimentell erwiesen ist 
Arbeit scheiut souach bei fiebernden Thieren verhäDgniBSVoll zu 


wirken, indem die Temperatur übermässig steigt und das Fieber 
auch länger anhält Wenn fiebernde Pferde nicht geschont 
werden, wird die Prognose ungünstiger. Als practische Con¬ 
sequenz würde sich also eine doppelte Forderung ergeben: Rnbe 
und Warmhalten; beides unterstützt die Heilreaction 
des Körpers bei fieberhaften Krankheiten. Die Zell- 
ihätigkeit wird aber auch gesteigert durch Förderung der 
Circulation, weshalb herzkräftigende Mittel bei drohender 
Herzschwäche auch fieberwidrig wirken. 

Hier gelangt die allgemeine theoretische Be¬ 
trachtung nun auf die Derivantien vom Priessnitz’schen 
Umschlag und dem Kataplasma bis zur scharfen Salbe. Dass 
diese Mittel Schmerz und Fieber mindern und infectionswidrig 
wirken, ist feststehend. Im Allgemeinen glaubt man mit den 
Derivantien eine innere Entzündung auf die Haut abzuleiten 
durch Veränderung der Circulation. Nun weiss man aber doch, 
dass Blntentziehungen Infectionen ungünstig beeinflussen. Auch 
kann eine Hauthyperämie die Wärmeabgabe nicht so nennens- 
werth steigern, dass das Fieber sinken müsste. Ausserdem würde 
man doch auf diese Weise das krankmachende Agens nicht an¬ 
greifen. Die Entzündung ist in gewisser Weise ebenfalls eine 
örtliche Heilreaction des Körpers. Jene bisher übliche Erklärung 
der Wirkung der Derivantien scheint also nicht befriedigend. 

Z. spricht vielmehr die Vermuthang aus, dass die Derivantien 
zunächst die örtliche Antitoxiubildung steigern, indem sie die 
Körperzellen zur vermehrten Thätigkeit bezw. AntitQxinbiidang 
anregen. Ob sie dies durch Vermittlung der Nerven auf 
weitere Entfernungen vermögen oder ob die Wirkung sich auf 
die ihrem örtlichen Einfluss unterliegenden Hautzellen beschränkt 
das ist eine Frage für sich. 

Es bleibt aber zu erwägen, in welcher Weise die Derivantien 
sonst noch die Körperzellen . beeinflussen, könne».--. Hier >iit 
zwischen Nah- und Fernwirkung zu unterscheiden. Die Nah¬ 
wirkung dürfte, abgesehen von oberflächlicher Zerstörung, in 
einer Reizung der Zellen in nutritiv belebendem, 
formativ anregendem Sinne bestehen, wie Zschokke des 
näheren begründet. Weniger leicht oder ganz unthunlich ist 
eine physiologische Erklärung darüber, in welcher Art die Fern- 
Wirkung der Derivantien die Zelle beeinflusst: Vielleicht wirkt 
der starke Reiz auf die Nerven ermüdend. So Hesse sich z, B 
die allgemein beruhigende Wirkung der Priessnitz’scheD 
Umschläge erklären. Aber die Fernwirkung ist nicht allein eine 
beruhigende. Die Priessnitz’schen Umschläge wirken auch 
antipyretisch. Der durch sie bedingte Hautreiz wird vielleicht 
auch zu den Wärmeregulationscentren geleitet und führt eben¬ 
falls durch Ueberreizung zu geringerer Erregbarkeit • derselben. 
Diese Herabsetzung der Erregbarkeit wäre der Narcose ver¬ 
wandt, und es ist ja bekannt, dass eine Reihe narcotischer 
Mittel antipyretisch, also auf die Wärmeregulationscentren wirken. 
Die Fernwirkung der eigentlich hautreizenden Mittel könnte man 
äbnUch wie die der Priessnitz’schen Umschläge erklären. 

Ob durch die Hautreize eine Fernwirkung im 
Sinne einer Steigerung der Antitoxinbildung möglich 
ist, darüber fehlt noch eine Aufklärung auf experimenteller 
Grundlage. Möglich ist immerhin, dass ein mächtiger Hautreiz 
allgemein die Zellthätigkeit belebt, wie etwa ein kaltes Bad das 
Allgemeinbefinden beeinflusst. Ein direkter Einfluss der Nerven 
ist eben auf viele Zellen möglich. Da die Heilwirkung der Acria 
auch da eintritt, wo die .Temperatur nicht alterirt ist, so darf 
man annehmen, dass die antipyretische und die antiinfectiöse 
Wirkung nicht nothwendig von einander abhängen. Die erstere 
würde mit einem gewissermassen narcotisirenden Einfluss auf 
das Wärmecenirum zu erklären sein, die letztere dagegen könnt« 


Digitized by kjOOQie 



17. November 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


nur anf einer allgemeinen Steigerung der Antitoxinbildung 
beruhen, wofdr zur Zeit thatsftchliche Beweise fehlen. Im All¬ 
gemeinen zieht Zschokke aus seinen Folgerungen den Schluss: 
Fieber und Entzündung sind Heilreaction, wobei nicht 
ausgeschlossen ist, dass sie in gewissen Graden 
schädliche Wirkungen entfalten. Ruhe und Wärme 
fördern Antitexinbildung und Regeneration, Abkühlung 
und Ermüdung hemmen sie. Die Derivantien wirken 
wesentlich als nutritiver Reiz. Sie erhöhen die örtliche 
Antitoxinbildung. Ob sie in diesem Sinne auch eine 
Fernwirkung haben, steht noch dahin. 

Ueber die Altersbestimmung des Geflügels. 

Von Niebel. 

(ZUchr. f. FL u. Milchb. Novemb. 98.) 

Merkmale, die für alle Geflügelarten zutreffen, können nicht 
angegeben werden. Im Allgemeinen kommen folgende Punkte 
in Betracht: Die Beschaffenheit der äussersten Handschwinge, 
bei gewissen Vögeln der Sporn, ferner die Widerstandsfähigkeit 
der Luftröhrenringe gegen Druck, die Verknöcherung des Kammes 
und des hinteren Endes vom Brustbein und die Farbe der Mns- 
culatur. Besonders eignet sich die Schwungfeder oder änsserste 
HaSdsclTwinge zur Altersbenrtheilung, weil sie • bei Perlhuhn, 
Pute, Birkhuhn, Haselhuhn, Rebhuhn eine ganz charakteristische 
Verschiedenheit zwischen dem jungen und alten Thier erkennen 
lässt. Diese Feder wird betrügerischer Weise bei alten Tbieren 
ausgezogen, was man an der Form des Flügels sowohl wie an 
dem Vorhandensein des leeren Federbalges leicht erkennen kann. 
Der Sporn kommt in Frage beim Haushahn, Truthahn, Auerhahn 
und Fasan. Von den Knochen, die für das Alter in Frage 
kommen, sind besonders Brustbein, Scham- und Sitzbeim zu 
nennen. Diese sind in der Jugend knorplig und biegsam und 
lassen sich immer schwerer zerbrechen. 

Beim Haushnhn unterscheidet man 3 Altersstadien: Das ganz 
junge, bis 6 Wochen alte, sogenannte Hamburger Huhn, das 
junge Huhn bis zur Geschlechtsreife, alBO etwa bis zu 9 Monaten 
(Poularden) und das ausgewachsene geschlechtsreife alte Huhn. 
Bei der ersten Klasse ist das hintere Brustbeinende noch bieg¬ 
sam; bei der zweiten bricht dasselbe leicht ab; beim alten Huhn 
ist es nur mit erheblicher Anstrengung zu zerbrechen. Der Brust¬ 
beinkamm biegt sich beim jungen Huhn auf die Seite um; Schäm¬ 
end Sitzbein lassen sich bei demselben gegen die Beckenhöhle 
hineindrücken. Bei alten Thieren brechen sie dagegen mit 
knackendem Geräusch. Der alte Hahn hat einen 1 cm langen 
Sporn. Derselbe kann zwar schon mit 8—9 Monaten vorhanden 
sein, hat dann aber in der Regel noch keine Hornspitze, sondern 
ist mit Schuppen bekleidet. Mit 4% Monaten ist der Sporn nach 
Cornevin und Lesbre (Trait6 de l’äge des animaux do- 
mestiques, Paris 1894) erst durch eine breite Schuppe angedeutet. 
Mit 7 Monaten ist er 3 mm lang. In späteren Jahren erreicht er 
eine Länge bis 6 cm. 

Beim Truthahn reicht der Sporn hin, um ein altes und junges 
Thier zu unterscheiden. Sicherer noch ist die Spitze der Hand¬ 
schwinge, welche beim jungen Thier spitz ausläuft, beim alten 
mehr und mehr abgerundet ist. Beim alten weiblichen Thiere 
ist der After von einem rothen Ring, dem sogenannten Legekranz, 
umgeben. 

Beim jungen Fasanhahn ist der Sporn kurz und stumpf, beim 
alten 1 cm und darüber lang und spitz ausgezogen. Das hintere 
Ende des Brüstbeins ist in frühester Jugend biegsam, lässt sich 
beim jungen Thiere leicht brechen, beim alten nicht. Hänflg 
wird beim alten Hahn übrigens der Sporn abgekniffen und der¬ 
selbe mit der Feile zugespitzt. Bei genauer Besichtigung, evtl, 
freilich mit der Lupe, kann man die Feilenstriche erkennen. 


Als junge Taube bezeichnet man ein Thier von bis zu 5 oder 
6 Monaten. Bei ganz jungen Tauben erscheint die Brust weise; 
später wird sie bläulich roth und schliesslich blauroth (d. h. die 
durch die Haut schimmernde Musculatur). Bei ganz jungen 
Tauben biegt sich das ganze Brustbein beim Druck auf dasselbe 
ein, bei etwas älteren nur das hintere Ende. Bei alten Tauben 
auch dieses nicht mehr. Auch der Brustbeinkamm biegt sich bei 
jungen Tbieren um, bei alten nicht. Die Spule einer Steuerfeder 
ist bei einer jungen weich, bei einer alten hart Eine alte Taube 
soll rotligefärbte Beine und keine Flaumfedern haben. Allerdings 
ist eine Taube, die noch Flaumfedern hat, jung; aber auch 
wenn diese fehlen, kann die Taube noch jung sein, da die Federn 
auch früh verschwinden. Die Farbe der Beine ist überhaupt 
nicht massgebend. 

Beim Birkhuhn entscheidet die Spitze der äussersten Hand¬ 
schwinge, die beim jungen Thiere sehr spitz, beim alten ab¬ 
gerundet ist. 

Beim jungen Rebhuhn sind die Beine bekanntlich mehr gelb¬ 
lich, beim älteren mehr grau. Die Federn des Kopfes sind an¬ 
fangs grau, im October und später dagegen auch bei jungen 
Rebjiühnern schon gelbbraun wie bei den alten. Die äusserste 
Handschwinge bleibt dagegen auch dann noch beim jungen Thier 
spitzer als beim alten. 

Notizen Aber Laparo-Hysterotomie. 

Von Tliicrarzt Cliigot-Paris. 

(Recue.l, 15. Oci 1898) 

Bei der Hündin sind die Scliwergeburten »ehr häufig, die 
Embryotomie ist aber wegen der geringen W’eite der Vulva und 
der Vagina oft unmöglich und hat wie die gewaltsame Entfernung 
als sichere Folge den Tod des Fötus nnd sehr oft den Tod des 
Mutiertliieres. Der Kaiserschnitt hat den Vortheil, dass die 
Jungen gerettet werden können und dass viele Chancen auch für 
die Erhaltung des Mntterthieres bestehen, was bei dem comraer- 
ciellen Werth einiger Rassen und bei der Ai hänglichkeit der 
Besitzer sehr in Betracht zu ziehen ist. 

Cb. hat den Kaiserschnitt wiederholt vorgenommen, allerdings 
erst nach Erschöpfung aller sonstigen Mittel; die zu operirenden 
Thiere befanden sich deshalb in einem für den Ausgang der 
Operation nicht sehr günstigen Schwächezustand, es fragt sich 
deshalb, ob man nicht im Allgemeinen etwas früher operiren 
sollte. Trotz dieses Schwächezustandes sind zwei von vier 
Opqrirten heute noch munter, und eine derselben hat dreizehn 
Monate nach der Operation von selbst Junge geboren, ein Zeichen, 
dass der Uterus vollständig ausheilte. Bei früherem Eingreifen 
dürfte das Resultat noch günstiger sein. Ch. hält das Vernähen 
des,Uterus für absolut nothwendig zur Vermeidung des Ausflusses 
von Uterussecret in das Peritoneum. Durch dieses Vernähen sei 
es möglich, Ausspülungen des Uterus vorznnehmen, wodurch die 
ei m Hunde so oft letale Metritis verhütet werden könne. 

Ueber die strahlenpilzähnlichen Wuchsformen 
des Taberkelbacillns im Thierkorper. 

Von Prof. Friedrich. 

(D. Med. Woch. 9 ", 4'.) 

Bei der Diagnose Aktinomycose legen wir grosses Gewicht 
auf den Befund verflochtener Mycelien und kolbiger Bildungen 
am Ende derselben bezw. in der Umgebung der Mycelrasen. 
Diese meist strahlig gestellten Keulen- oder Kolbenformen zeigen 
ein von dem Mycel scharf sich unterscheidendes Verhalten gegen¬ 
über Farbstoffen. Mit basischen Anilinfarben färben sie sich 
gar nicht oder mangelhaft. In neuerer Zeit sind auch bei dem 


Digitized by LjOOQie 







548 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


' No. 46 


Tuberkelbacillns kolbenähnlicbe Gebilde beobachtet worden. 
Diese Befände erstrecken sich aber entweder änf Bacillenrein- 
cultnren oder anf Tuberkelbacillen in Spntis, Cavernenfnhalt 
n. dgl. and sind als kolbige Endverdickungen der za Fäden aas- 
gewachsenen Tuberkelbacillen aufzufassen, die auch die charakte¬ 
ristischen Färbeeigen c chaften der Taberkelbacillen bewähren. 
Niemals wird jedoch bisher berichtet, dass inmitten des Gewebes, 
an den Tnberkelherden selbst derartige Kolbenbildungen, wie 
beim Strahlenpilz, gefunden wurden. Verf. ist es nun gelungen, 
zu bestimmten Zeiten Kolben bei den Tuberkelbacillen nach¬ 
zuweisen, welche den Kolben des Strahlenpilzes hinsichtlich Form, 
Anordnung und Färbeeigenthttmlichkeiten glichen. Führte er 
durch eine Schnittöffnung in der rechten Carotis eines Kaninchens 
eine feine Kanüle bis in den linken Ventrikel und injicirte durch 
dieselbe 0,2 - 0,5 ccm in physiologischer Kochsalzlösung suSpen- 
dirte Tuberkelbacillen in den Ventrikel, so entstand eine tuber- 
culöse Infection auf arteriellem Wege, welcher die Thiere inner¬ 
halb 24 bis 86 Tagen unterlagen. Diese „Carotistliiere“ zeigten 
immer tuberculöse Nephritis, Iritis, eine disseminirte Tubercnlose 
der Lungen meist ohne Pleuritis, nie war die Milz oder das 


Zur Frage der Scheinfädenbildnng in Infloenzaeoltnren« 

Von Dr. R. Grassbergei', , 

' Assistent am hygienischen Institut der Universität Wien. 

(Cent dbl. f'Bact 1896, H. 9/ 0) 

In dert Reineulturen des von R. Pfeiffer entdeckten In- 
flnenzabacfllua sind von verschiedenen Untersuchern Scheiaf&den 
beobachtet worden. Der Verf. hat nun bei seinen Untersuchungen 
in Agarcnlturen folgende Wachsthumsformen bemerkt: Fäden, 
die, von Stelle zu Stelle .plumpspindelig verdickt sind. Die 
zwischen den Spindeln liegenden Partien sind ganz dünn und an 
der Grenze der Sichtbarkeit angelangt. Die spindelartigen An¬ 
schwellungen sind intensiv gefärbt und heben sich gut von den im 
Präparat vorhandenen Kurzsüibchen ab. In anderen Präparaten 
sind unförmlich keulen-, birnen- oder spindelförmig angeschwollene 
Fäden sichtbar. Birnenförmige grosse Elemente, die zu zweien, 
an einzelnen Stellen zu dreien, zuweilen auch rosettenförmig Zu¬ 
sammenhängen, kommen häufig vor. Daneben werden plumpe 
dreieckige Gebilde mit staehelig ausgezogenen Ecken beobachtet. 

Ob diese Verzweigungen nngewöhnliche Inrolntionsformen 


Peritoneum afficirt, dagegen fast 
immer das Gehirn und einmal auch 
die gesammte Muscnlatnr. Färbte 
nun Verf. bei den innerhalb 25 
Tagen verendeten Thieren die tuber- 
cnlösen Ilerde im Schnitt nach 
Koch, Ehrlich etc., so wurden 
keine Sonderheiten gefunden. Wich 
jedoch Veif. von den üblichen Fär¬ 
bungsmethoden ab und Hess er z. B. 
nach Vorfärbung mit Victoriablan 
und Differenzirung mittels salz¬ 
sauren Alcohols wasserlösliches 
Eosin einwirken und differenzirte 
danach mit Alcalien (das Verfahren 
wird genau beschrieben), so erhielt 
er an den Präparaten von 
Niere, Lunge und Iris die Ba¬ 
cillen inmitten eines schönen 
Kranzes strahlig angeordneter 
und so gestalteter Keulen 
oder Kolben, wie sie für Actino- 
rnycose typisch sind. Die Versuchs- 



resultate waren für Verf. zu Anfang Zebroid „Ixirdcllo 1 aus einem Zebrahengst und einer Pferdestute; gezüchtet von Herrn Barao de Pnrann 
so überraschend, dass er an Cultur- in Rio de Janeiro. 

Verwechselungen etc. dachte. Nach- ' 

dem jedoch durch Jahr und Tag die Versuche mit gleichem Resultat sind oder ob sie als. Wachsthumsformen zu betrachten sind gleich 

fortgesetzt sind, ist jeder Irrthum ausgeschlossen. Der positive denjenigen, die in Diphtherie- und Tuberkelbacilluscnlturen zur 

Versuchsausfall ist abhängig von der Zeit der Unter- Beobachtung kommen, konnte Verf. nicht entscheiden, 

suchung nach erfolgter Infection und der Technik des 

Färbeverfahrens. Und zwar zeigt sich die bemerkenswerthe Tllicrhftltllllg UH(1 ThlCrZllCllt» • 

Erscheinung hinsichtlich der Zeit, dass bei Thieren, welche die Bastarde zwischen Zebra and Pferd, 

arterielle Infection über den 30. Tag hinaus überleben, der Nach- In der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse berichtet 

weis der Keulen oder Kolben nicht mehr gelingt; dass er schon Dr. Steinriede über erfolgreiche Kreuzpngsversuche zwischen 

regelmässig zu erbringen ist vom 15. Tage an nach der Infection Pferd und Zebra. Gerade letztere Species dei Gattung Eqons 

nnd somit zwischen dem 15. und 30. Tage am prägnantesten ist. hat durch unsere afrikanischen Colonien auch für uns erhöhtes 

Der Umstand, dass die Kolbenbildung bei Thieren über den be- Interesse gewonnen, denn wir brauchen dort Arbeitsthiere, die 

zeichneten Zeitpunkt der Infection hinaus nicht mehr beobachtet an das Klima gewöhnt sind. Das Zebra stellt uns einmal in 

wird, ist gewiss geeignet, die bisherigen Vorstellungen über die seinem überaus kräftigen und ausdauernden Körper eine be- 

biologische Bedeutung der Kolben sehr in Frage zu ziehen. Aus- achtenswerte Arbeitskraft zur Verfügung und ist andererseits, 

fnhrliche Mittlieilungen über das entsprechende Verhalten der trotz einer planlosen und geradezu vernichtenden Jagd, in Ost- 

Geflügeltuberculose und ähnlicher interessanter Dinge behält sich afrika noch in ungeheuerer Anzahl vorhanden. Von verschiedenes 

Verf. vor. 4 Reisenden und Forschern ist schon wiederholt auf die Möglichkeit 


Digitized by LaOOQie 






17. November 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


549 


and den Nutzen der Zähmung und der Kreuzung dieser Equiden 
mit Gattungsgenossen hingewiesen worden. 

Während Kreuzungen zwischen Zebra- und Eselarten häufiger 
in der Literatur erwähnt werden, sind Kreuzungen zwischen 
Pferd und Zebra seltener. Cu vier scheint die erste Kreuzung 
mit theilweisem Erfolg versucht zu haben. Die von einem Pferde¬ 
hengst gedeckte Zebrastute starb aber nach einer Tragezeit von 
acht Monaten mit einem noch haarlosen Fötus. Des Weiteren 
berichtet Hnet von einem Bastard zwischen Pferdehengst und 
weiblichen Dauw, welcher 1879 im Pariser Jardin d’acclimatisation 
gezeigt wurde; dieses Thier glich in Form und Färbung mehr 
dem Vater als der Mutter. 

In der Zeitschrift „Der zoologische Garten“ wird 1884 von 
einem Bastard zwischen Zebrahengst und einer Ponystute be¬ 
richtet, welcher im Jardin des Plantes geworfen wurde und sich 
in Hagenbeck’s Besitz befand. Dieser Bastard war dadurch 
besonders interessant, dass er einem anderen selbstständigen 
Thiertypus ausserordentlich, seinen Eltern verhältnissmässig wenig 
ähnlich war. Er glich frappant dem Equu9 hemionus, noch mehr 
Aehnlichkeit hatte das Thier mit einem von Przewalski ent¬ 
deckten wildeu Esel im „Petersburger Zoologischen Museum“. 
Weitere erfolgreiche Kreuzungen wurden durch Ponyhengste 
mit einer Zebrastute und umgekehrt iu England erzielt. Schliess¬ 
lich theilt Brehm noch einen Fall mit, in dem ein Quaggahengst 
mit einer arabischen Stute einen weiblichen Bastard erzeugte, 
welcher mit einem Pferdehengst ein Fohlen zeugte, das wenigstens 
nnoch die kurz aufgerichtete Mähne und einige Streifen seines 
Grossvaters besessen habe. 

Besonders beachtenswert sind nun die zuletzt vorgenommenen 
Kreuzungsversuche wischen Zebra und Esel und Zebra und 
Pferd, welche beweisen, dass sich Bastarde dieser Kreuzung selbst 
-wieder fruchthar vermischen können. So berichtet „Der Zoologisch^ 
Garten“ von einer gelungenen KreuzungeinesPonyhengstesmiteinem 
Nachkommen vonEsel undZebrastute in derKenowsley-Menagerie. 

Die Abbildung zeigt die Photographie eines Bastardes, 
welcher in Rio de Janeiro im Jahre 1896 bezw. 1898 von dem 
Züchter Barao de Parana erzielt wurde von einem Zebrahengst 
und einer Pferdestute. Wie die Abbildung zeigt, besitzt das Thier 
die Figur der Mutter; auch die kurzen Ohren und der lange 
Schweif erinnern an diese, während der Vater die deutliche Zebra- 
8treifung am Halse, in der Schulter- und Rückengegend und an 
den Beinen, ferner die kurze, aufrechtstehende Mähne und die 
Behaarung au den Ohrmuscheln vererbt hat. Die Streifung ist 
im Ganzen etwas verwaschen; am schärfsten prägt sie sich am 
Unterarm aus. Die Grundfarbe des Thieres ist braunroth, die 
Streifen sind schwarz, vom Widerrist ab io ein dunkles Braun¬ 
roth übergehend. 

Es wäre wünschenswert!], zu erfahren, welcher der bis jetzt 
beschriebenen sieben Zebraarten das Vaterthier angehört, und 
durch weitere Versuche zu ermitteln, ob die Kreuzungsproducte 
fortpflanzungsfähig sind und wie sich die Eigenschaften der 
Elternthiere auf die Nachkommen vererben. 

Tagesgeschichte. 

VII. Internationaler Thierärztlicher Congress vom 9. bis 
14. Angnst 1899 in Baden-Baden. 

Verhaadlungsgegenstände und Berichterstatter. 

a) Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von 
Thierseuchen im Gefolge <Les internationalen Vieh- 
verkehre. 

Berichterstatter: Cope, Veterinärsectionsvorstand im Acker- 
baumini8terinm in London; Dr. Hutyra, Professor nnd Director 
der Veterinäracademie in Budapest; Leblanc, Seuchenthierar/.t, 


Mitglied der Acaddmie de mddecine in Paris; Völlers, Staats¬ 
thierarzt in Hamburg. - 

b) 1. Die Bekämpfung der Tuberculose unter den 
Hausthieren.- 

Berichterstatter: Dr. Bang, Professor ander ThierSrztlichen 
Hochschule in Kopenhagen; Dr. Siedamgrotzky, Geh. Medicinal- 
rath, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hoohschule in Dresden, 
Landesthierarzt im Königreich Sachsen; Dr. med. Stubbe, 
Veterinärinspector im Landwirthschaftsministerium in Brüssel. 

2. Die Verwendung des Fleisches und der Milch 
tuberculöser Thiere. 

Berichterstatter: Butel, Schlachthofthierarzt in Meaux; 
de Jong, Kgl. Staatsthierarzt in Leyden; Dr. Oster tag, 
Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Berlin. 

3. Die neuesten Anforderungen an eine wirksame 
Fleischbeschau. 

Berichterstatter: Dr. Edelmann, Director der Fleisch¬ 
beschau in Dresden; Kjerrulf, Staats Veterinärarzt in Stockholm; 
Postolka,K. K. Ämtsthierarzt in Wien. 

c) Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. 

Berichterstatter: Paul Cagny, Thierarzt in Senlis; Cope, 

wie oben, in London; Dr. Dammann, Geh. Regierungs- und 
Medicinalrath, Professor und Director der Kgl. Thierärztlichen 
Hochschule in Hannover; Dr. Furtuna, Vorstand des Veterinär¬ 
dienstes in Bukarest; Hafner, Regierungsrath und veterinär¬ 
technischer Referent im Grossh. Ministerium des Innern in Karls¬ 
ruhe; He88, Professor an der Thierarzneischule in Bern; Lind- 
quist, Professor und Director des Veterinärinstituts in Stock¬ 
holm (hat noch nicht bestimmt zugesagt); Dr. Wirtz, Professor 
uud Director der Thierärztlichen Hochschule in Utrecht (hat noch 
nicht bestimmt zugesagt). 

d) Die Bekämpfung der Schweineseuchen. 

Berichterstatter:, Leclainche, Professor an der Thierarznei¬ 
schule in Tonlouso; Dr. Lorenz, Grossh. Obermedicinalrath in 
Darmstadt; Dr. Perroncito, Professor an der Thierärztlichen 
Academie in Turin. 

e) Die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts, 
insbesondere die Errichtung von Seuchenversuohsan- 
stalten und von Lehrstühlen für vergleichende Medicin 
an den Thierärztlichen Hochschulen. 

Berichterstatter: Degive, Professor und Director der Tier¬ 
ärztlichen Hochschule in Brüssel; Dr. Kitt, Professor an der Kgl. 
Thierärztlichen Hochschule in München; Dr. Malkmus, Professor 
an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Hannover; Dr. Nocard, 
Professor an der Thierärztlichen Hochschule in Alfort, Mitglied 
der Acaddmie de mddecine in Paris;, Dr. Raup ach, Staatsrath, 
Professor und Director des Kais. Veterinärinstituts in Dorpat (hat 
noch nicht bestimmt zugesagt); Dr. Schütz, Geh. Regierungs¬ 
rath, Prof, an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Berlin. 

f) Endergebniss der Arbeiten über die Aufstellung 
einer einheitliche^ anatomischen Nomenclatur in der 
Veterinärmedicin, bezw. die Ausführung der bezüg¬ 
lichen Beschlüsse des VI, Congresses. 

Berichterstatter: Dr. Ellenberger, Obermedicinalrath, Pro¬ 
fessor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Dresden; Dr. 
Sussdorf, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in 
Stuttgart. 

g) Das Veterinär-Beamtenthum. 

Berichterstatter: Dr. med. Lydtin, Geh. Oberregierungs¬ 
rath in Baden-Baden. 

Die Berichterstatter haben in der Mehrzahl zugesagt, die 
Berichte bis Januar 1899 einzuliefern. Die Uebersetzung und 
der Druck der Berichte werden etwa 2—3 Monate in Anspruch 


Digitized by kjOOQie 



550 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 46. 


nehmen. Einzelne Berichte können aber schon im ersten Viertel¬ 
jahr 1899 znr Versendung gelangen. 

Damit nun die Herren, welche an den Arbeiten des Con- 
gresses theilnehmen wollen oder sonst sich für die Arbeiten des 
Congresses interessiren, die Berichte und sonstige Veröffent¬ 
lichungen des Congresses rechtzeitig empfangen, ist es erwünscht, 
dass die genannten Herren jetzt schon, längstens aber bis zum 
31. März nächsten Jahres, sich als Mitglieder des Congresses 
erklären. 

Dies geschieht durch Einsendung des Mitgliederbeitrages von 
12 M. (= 15 Frcs. = 14 Kronen 5 Kreuzer österr. W. = 3 Rubel 
75 Kopeken*) an die Filiale der Rheinischen Creditbank 
in Bade n-Baden. 

Die Herren, welche sich als Mitglieder erklären, erhalten, 
gleichviel, ob sie bei dem Congress persönlich erscheinen oder 
nicht, sämmtliche Veröffentlichungen des Congresses einschliesslich 
des Generalberichtes durch die Post portofrei zugesandt. Die¬ 
jenigen Herren, welche sich erst bei der Eröffnung des Congresses 
einschreiben, empfangen die Veröffentlichungen erst nachträglich. 

*) Damen-Mitglieds-Karten die Hälfte. 


Der Geschäftsausschuss gestattet sich, abermals darauf auf¬ 
merksam zu machen, dass jetzt schon Bestellungen auf Wohnungen 
und Pensionen beim Ortsausschüsse, Lichtenthalerstrasse 9, I 
Baden-Baden gemacht werden können. 

Baden-Baden, 10. November 1898. 

Der Geschäftsansschuss: 

(gez.) Dr. Casper. Dr. Lydtin. 

Verein der Thierlrzte des Saargebiete. 

Die Herbstversammlung findet am 27. November, Vom. 
11 Uhr, im „Alten Münchner Kind’l“ in St Johann a. d. 
Saar statt. 

Tagesordnung: 1, Vereins- und Standesangelegenheiten. 
2. Festsetzung des zu bewilligenden Beitrages für den VIL inter¬ 
nationalen thierärztlichen Congress zu Baden-Baden. 3. Mit¬ 
theilungen aus der Fleischbeschau (Ref. Dr. Bützler-Trier). 
4. Mittheilungen aus der Praxis. 

Nach Schluss der Versammlung gemeinsames Diner mit 
Betheiligung der Damen. 

Der Schriftführer: Hauck. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(M i 11 h e i 1 u n g e n für 
Fleischschaii and Yiehverkehr. 

Berlin: Auszug aus den Flelsobsobaubericht für Monat Ooteber 1898. 

A. Schlachthof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

16534 

9 496 

33050 57 086 

Ganz beanstandet. .... 

222 

70 

17 301 

Ueberhaupt mit Tuberculose 




behaftet. 

2421 

33 

— 1839 

Davon gänzlich verworfen . 

46 

2 

- .38 

„ sterilisirt und verwerthet 

63 

7 

- 161 

„ theilweise verworfen . . 

18 

— 

— — 

Also vollständig freigegeben 

2294 

24 

— 1650 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 

- 5 

Mit Finnen behaftet .... 

98 

3 

- 45 

Stark finnig, technisch ver- 




werthet. 

4 

— 

- 25 

Finnig und wässerig, tech- 




nisch verwerthet .... 

— 

— 

— — 

Schwach finnig und gekocht 




verwerthet. 

94 

3 

20 

Ausserdem wegen Behaftung 




mitKalkconcrementen, mul- 



j 

tiplen Blutungen u. s.w. sind 



i 

gekocht verwerthet . . . 

— 

1 

- 1 28 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Rindern: 6087 Stück, bei Kälbern: 64 Stück, bei Schafen: 4142 Stück, 
bei Schweinen: 9069 Stück. 

B. Untersuchungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

1 

19 351 

i 

9900 

2 623 

8865 

Beanstandet. 

112 

40 

1 

8 

Wegen Tubercnlose wurden 





beanstandet. 

63 

— 

— 

2 

Davon sind sterilis. verwerthet 

30 

— 

— 

1 

Mithin gänzlich verworfen . 

33 

— 

— 

1 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet .... 

8 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig und 





gekocht verwerthet . . . 

8 

— 

— 

— 

Unter dem eingeführten 

Fleisch 

waren 44 

1 schwedische und 


1749 dänische Rinderviertel, 12 dänische Kälber, 55 dänische Schafe 
und 105 Wildschweine. 


Veterinärbeamte.) 

Seuchen Statistik and Yeterin&rpolizei. 

Zur Sohutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. 

Die Arbeiten der Commission znr Erforschung der Manl- 
und Klauenseuche, d. h. der Herren Löffler und Frosch, sind 
bekanntlich bezüglich des Infectionsstoffes negativ verlaufen. 
Dagegen haben sie doch dazu geführt, dass jetzt ein Schutz¬ 
impfstoff praktisch hergestellt werden kann, welcher den Namen 
Seraphthin erhalten hat. Die Herstellung des noch sehr 
theneren StoffeB (Dosis 4,50 M.) ist wieder den Höchster Farb¬ 
werken übertragen, welche nunmehr die nachstehend wörtlich 
veröffentlichte Ankündigung und Gebrauchs - Anweisung ver¬ 
senden: 

Das Seraphthin wird in unserer bacteriologischen Abtheilung 
unter Controle des Herrn Geheimrath Professor Dr. Löffler her- 
gestellt und besteht aus einer Mischung des Blutserums immuni- 
sirter Thiere mit virulenter Lymphe. 

Es kommt zur Anwendung: 

1. In Beständen, in welchen die Maul- und Klauenseuche aus- 
gebrochen ist. Die erkrankten Thiere werden von den 
gesunden isolirt und ihre Stände mit 2 procentiger Formol- 
lösung oder mit Kalkmilch desinficirt. Die noch nicht 
erkrankten Thiere werden möglichst schnell der Schulz- 
impfung unterzogen. Die Mehrzahl dieser der Infektion aus¬ 
gesetzten Thiere wird dann nicht erkranken. 

2. In gesunden Beständen, in deren Nachbarschaft die Seuche 
ausgebrochen ist. 

3. In gesunden Beständen, in welche von ausserhalb bezogene 
Thiere eingestellt werdeu sollen. 

Das Seraphthin kommt in Flaschen aus braunem Glas zu 10,15, 
20, 50 und 100 ccm zur Versendung. Die Flaschen sind der Ein¬ 
wirkung des Sonnenlichtes zu entziehen und bis zur Verwendung 
an einem kühlen aber frostfreien Orte aufzubewahren. Unter dieser 
Voraussetzung bleibt der Wirkungswerth mindestens vier Wochen 
unverändert. 

Vor der Zersetzung durch Mikroorganismen ist das Mittel durch 
einen Gehalt von 0,5 pCt. Carbolsäure geschützt. 

Die Menge der elnzuepritzenden Flüssigkeit beträgt bei Rindere »kr 
400 kg and bei Schweinen 10 oom. Bei Thieren von 400—800 kg 
15 oom und bei noch schwereren Thieren 20 oom. Die Dosirungeu zu 
10, 15 und 20 ccm enthalten Je ty s ccm Lymphe und entsprechen 
dem vorstehend angegebenen Gewicbtsverhältniss der Thiere. Es 
darf daher eine Füllung von 20 ccm nloht für zwei Thiere benutzt 
resp. zwei Füllungen zu 10 ccm dürfen nicht einem Thiere ein¬ 
gespritzt werden. Die Füllungen zu 50 und 100 ccm dürfen 
nur zu je 10 ccm zur Verwendung kommen. 


Digitized by LjOOQie 











17. November 1898. 


Die Einspritzung erfolgt bei Rindern Intravenös, am besten in die 
vena jugularis mittels einer Pravatz’schen Spritze. Man kann die 
Injection der Regel nach am stehenden Thiere ausführen; nur bei 
besonders widerspenstigen und bösartigen Thieren (Bullen) empfiehlt 
es sich, dieselben niederzuschnüren. Das Abrasieren und Abscheeren 
der Haare, sowie das Abseifen der Haut ist nicht erforderlich, es 
genügt, die Impfstelle mit einem in 3proc. wässrige alcoholische 
Carbollösung (Carbol 3,0, Alcohol 30,0, Wasser 70,0) getauchten Tuch 
oder Wattebausch gründlich abzureiben. 

Das Thier wird rückwärts in eine Ecke gestellt und mit einer 
Seite gegen die Wand godrückt Ein kräftiger Mann nimmt den 
Kopf des Tbieres auf die Schulter, sodass der HalB gestreckt ist. 
Hierauf wird die Canüle in die Vene, welche man entweder mit dem 
Strick oder durch Auflegen der linken Hand comprimirt, mit einem 
kräftigen Druck eingestochen. Der Austritt eineB Blutstrahles be¬ 
weist, dass die Spitze der Canüle sich in der Vene befindet Jetzt 
setzt man die gefüllte Spritze auf die Canüle auf, ohne letztere zu 
verschieben, lässt den Strick los und spritzt die erforderliche 
FlUssigkeitsmenge ein. Wir empfehlen die Canüle in der Richtung 
von oben nach unten, nach der Brust zu, nicht umgekehrt, einzu- 
stecben. 

Bei Sohweinen macht die intravenöse Injection in der Praxis 
Schwierigkeiten; man macht daher die Injeotion bequemer In die 
Masoulatur de« Hlntersohenkels. 

Die Spritze muee vor dem Bebrauch desiofloirt werden. 

Dies erreicht man in der Praxis am einfachsten dadurch, dass 
man die Spritze und Canüle mit absolutem Alcohol durchsprilzt. Zu 
diesem Zwecke wird der Alcohol in die Spritze mehrmals eingesogen 
und wieder entleert, worauf dann der Stempel wiederholt auf- und 
abzuschieben ist, um den Alcohol möglichst vollständig aus der Spritze 
und der Canüle zu entfernen. (Dies ist zur Vermeidung von Fällungen 
unbedingt erforderlich). Die Canüle wird nach jeder einzelnen 
Impfung mit einem mit Carbollösung befeuchteten Wattebausch ab¬ 
gerieben. Nach Beendigung des Impfgeschäfts wird Spritze und 
Canüle erst mit reinem WasBer und zuletz mit absolutem Alkohol 
gründlich ausgespült. (Wenn man nach der Impfung die Spritze 
sofort mit absolutem Alcohol ausspült, so entsteht ein Niederschlag, 
der sich an der Wand der Spritze festsetzt und sehr schwer zu' 
entfernen ist.) 

Was die Dauer der Immunität anbelangt, so haben sich mit der 
Schutz-Serum-Lymphe (Seraphthin) behandelte Thiere 3 Monate nach 
der Behandlung gegen Einspritzungen virulenter Lymphe in die 
Blutbahn immun erwiesen. Voraussichtlich wird die künstliche 
Immunität ebenso lange dauern wie die natürliche Immunität, deren 
Dauer nach den bisherigen practischen Erfahrungen zu einem bis 
mehreren Jahren ermittelt ist 

Höchst a. M., den 15. October 1898. 

Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning. 

Naohwelsung über den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiohe 
am 31. October 1898. 

Es waren am 31. October in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder 3 (3). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt l (1). R.-B. Cöslin 1 (1). 
R.-B. Posen 3 (4). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 2 (2). 
R.-B. Oppeln 1 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B. 
Oberbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. 
Bautzen 1 (2). Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Württemberg: 
Schwarzwaldkreis 1 (1). Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1). 
Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 

Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (55). R.-B. Niederbayern 2 (3). 
R.-B. Pfalz 5 (13). R.-B. Oberpfalz 15 (78). R.-B. Oberfranken 6(9). 
R.-B. Mittelfranken 9 (49). R.-B. Unterfranken 14 (31). R.-B. 
Schwaben 20 (116). Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 3 (4). 
Württemberg: Neckarkreis 14 (49). Schwarzwaldkreis 8 (19). 
Jagstkreis 11 (48). Donaukreis 9 (31). Baden: Landescomm. 
Constanz 1 (1). Landescomm. Freiburg 3 (4). Landescomm. Karls¬ 


551 


ruhe 6 (10). Landescomm. Mannheim 9 (20). Hessen: Provinz 
Starkenburg 4 (6). Provinz Oberhessen 2 (5). Provinz Rhein- 
hessen 9 (19). Mecklenburg-Schwerin: 3 (3). Sachsen- 
Weimar 3 (8). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (6). 
FtirBtenth. Birkenfeld 1 (1). Braunschweig: 4 (5). Sachsen- 
Meiningen: 2 (7). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. 
Coburg 1 (1). Anhalt: 2 (4). Schwarzburg-Sondershausen: 

I (1). Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 1 (2). 
Bremen: 1 (4). Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass 1 (1). 
Bez. Ober-Elsass 2 (2). Bezirk Lothringen 3 (23). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Posen 2 (3). R.-B. 
Magdeburg 1 (2). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: 
Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 

D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (3). R.-B. Danzig 2 (5). 
R.-B. Marienwerder 1 (1). R.-B. Potsdam 2 (4). R.-B. Frankfurt 
8 (19). R.-B. Stettin 4 (13). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen 

II (21). R.-B. Bromberg 6 (6). R.-B. Breslau 19 (108). R.-B. 
Lie^nitz 9 (15). R.-B. Oppeln 7 (13). R.-B. Magdeburg 3 (3). 
R.-B. Merseburg 4 (4). R.-B. Schleswig 3 (7). R.-B. Hannover 

3 (4). R.-B. Hildesheim 2 (4). R.-B. Osnabrück 1 (1). R.-B. 
Münster 2 (4). R.-B. Arnsberg 2 (2). R.-B. Cassel 3 (5). R.-B. 
Wiesbaden 4 (6). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 3 (7). 
R.-B. Trier 4 (5). Bayern: R.-B. Oberbayern 3 (6). R.-B. 
Niederbayern 1 (2). R.-B. Pfalz 1 (1). R.-B. Mittelfranken 2 (5). 
R.-B. Unterfranken 1 (1). R.-B. Schwaben 3 (3). Württem¬ 
berg: Schwarzwaldkreis 1 (1). Jagstkreis 1 (1). Baden: 
Landescomm. Karlsruhe 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1). 
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin: 

4 (t(j)). Braunschweig: 1 (l). Sachsen-Altenburg: 1 (1). 
Schaumburg-Lippe: 2 (2). Lippe: 2 (6). Lübeck 1 (1). 


Die Verbreitung der Masl- ■. Klauenseuche In Preussen am 31. Ootsber 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

i herrschte 

\ 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(GutsbezJ 
waren 
verseucht 

Danzig. 

1 

1 

0,79 

Marienwerder. 

2 

7 

3,09 

Berlin. 

1 

1 

— 

Frankfurt. 

3 

6 

2,16 

Stettin. 

1 

2 

1,06 

Stralsund. 

1 

2 

2,24 

PoBen . 

14 

57 

1728 

Bromberg. .. 

5 

15 

6,74 

Breslau. 

3 

12 

3,14 

Liegnitz ...... ^ 

1 

1 

0,35 

Oppeln. 

1 

3 

1,07 

Magdeburg. 

11 

19 

13,19 

Merseburg. 

7 

12 

5,19 

Erfurt. 

1 

2 

3,41 

Hilclesheim. 

1 

2 

2,76 

Stade . 

2 

4 

5,50 

Münster. 

2 

4 

14,92 

Arnsberg . 

4 

9 

10,58 

Cassel. 

6 

20 

11,95 

Wiesbaden. 

6 

17 

18,22 

Coblenz. 

10 

70 

66,98 

Düsseldorf. 

8 

20 

46,51 

Cöln. 

7 

34 

114,81 

Trier. 

11 

81 

71,87 

Aachen . 

11 

83 

212,82 

Summa | 

i2Ö 

474 | 

— 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by AjOOQle 


























552 

Zur Rothlauf-Schutzimpfung. 

Von Bermbach-Schrotla, Kreisthierarzt 

Nachdem der Pasteur’sehe Impfstoff, namentlich im Jahre 
1896 und 1897, in der Fachpresse abfällig beurtheilt worden war, 
wobei ich selber die Ansicht äusserte, dass die Methode an sich 
gut sei, jedoch die Controle bei der Herstellung des Impfstoffes 
unzulänglich zu sein scheine, habe ich es nicht unterlassen, diesen 
Impfstoff hin und wieder noch zur Anwendung zu bringen. Ich 
liess mich dabei von der Erwägung leiten, dass infolge der zu¬ 
nehmenden Concurrenzfähigkeit des Lorenz'sehen Impfstoffes 
und auch, weil die Nicht erfolge bei der Pasteur'sehen Impfung 
öffentlich hinlänglich gerügt worden waren, das Laboratorium 
Pasteur Alles daransetzen werde, einen möglichst guten Impf¬ 
stoff zu liefern. 

Nach den Erfahrungen, die ich in diesem Jahre gemacht 
habe, scheine ich in dieser Hinsicht nicht unrichtig calculirt zu 
haben, denn seit April 1898 sind von mir 220 Schweine nach 
Pasteur geimpft worden, ohne dass Missstände dabei hervor¬ 
getreten wären. 

Die Impfungen erfolgten in zwei Gütern, in denen der Roth¬ 
lauf sonst zu Hause war. Impfverluste sind drei zu verzeichnen, 
Kümmerer gar keine. Von den Geimpften sind auch später 
keine an Rothlauf erkrankt. Die Reaction äusserte sich nur 
nach der zweiten Impfung, indem die Schweine 5—6 Tage krank 
waren und schlecht frassen. 

Nun passirte es, dass ich 49 Läuferschweine infolge Unauf¬ 
merksamkeit der Hilfsmannschaften zweimal mit dem Vaccin I 
impfen musste, und zwar am 20. Sept. und 1. Oct. Nach zwölf 
Tagen, also am 12. October, wurden diese 49 Läufer mit 


No. 46. 

Vaccin II geimpft. Während nun die Schweine, die nur einmal 
mit Vaccin I geimpft waren, nach der zweiten Impfung auffällig 
erkrankten und auch regelmässig Verluste an Impfrothlauf dabei 
zu verzeichnen waren, überstanden die zweimal mit Vaccin I 
geimpften 49 Läufer die zweite Impfung ohne die ge¬ 
ringsten nachtheiligen Folgen, d. h. Impfverluste traten 
nicht ein und die Schweine zeigten gar keine Störungen im 
Allgemeinbefinden. 

Diese zufällig gemachte Erfahrung giebt zu der Vermuthung 
Anlass, dass bei dem Pasteur’schen Verfahren der Uebergang 
von dem I. zum II. Impfstoff etwas zu unvermittelt stattfindet, 
und es scheint demnach eine Modification des Verfahrens nach 
dieser angedeuteten Richtung hin von grossem Vortheil zu sein. 
Jedenfalls kann ich diese Art der Impfung mit einer wiederholten 
Injection des Vaccin I sehr anempfehlen. 

Im Uebrigen will ich aber noch einmal hervorheben, dass 
nach meinen Erfahrungen das Laboratorium Pasteur in letzter 
Zeit bessern Impfstoff liefert als in früheren Jahren, wenigstens 
in den Jahren 1896 und 1897, und wenn die von mir erwähnte 
Modification des Impfverfahrens sich bewährt, so hat die deutsche 
Schweinezucht erheblichen Vortheil davon! 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhäfen eto. 

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist neuerdings 
gemeldet vom Schlachtviebhof München am 12. November. 

Erloschen ist die Maul- und Klauenseuche in Metz (Ausbruch 
am 8. Novbr.) am 12. Novbr. desgl. in Dresden. Der Ausbruch 
auf dem Berliner fichlachthofe ist noch am selben Tage ge¬ 
tilgt worden. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Ernennungen : Rittergutsbesitzer von Puttkamer -Treblin 
(Kreis Rummelsburg) und Graf von Schimmelmann -Ahrens 
bürg (Kreis Stormarn) — zu ausserordentlichen Mitgliedern der 
Technischen Deputation für das Veterinärwesen. 

Zu Kreist hierärzten: Thierarzt Q u a t s c h a - Striegau 
comm. flir den Kreis Angerburg, Thierarzt J. N u s s - Nieder- Moos 
für den Kreis Rimbach i. 0. Zum Dlstrictsthierarzt in Egling, Thier¬ 
arzt M a h i r - Egling. 

Versetzt: Kreisthierarzt H a h n - Reichelsheim nach Alzey 
(Hessen), Kreisthierarzt Dr. Erben ich -Reinbach nach Reichels¬ 
heim i. 0. 

Bayern : Das Examen behufs Erlangung amtsthierärztlicher 
Functionen haben im 1898er Prüfungstermine bestanden die Herren: 
S t r o h-Ichenhausen; G a s t e i g e r-Erding; Hamme r-Mutterstadt; 
Mattem-Hasslach; Zölch, Veterinär zu Landshut; Feser- 
Starnberg; Ruck e r - Iffeldorf; S c h m i d-Seeg; B 1 a i m-München; 
Dr. Borgert - Hamburg; Zink- Seeslach; K r e m p l-Kissingen ; 
S u m m a - Münnerstadt; Oskar-Hanau; D ü r b e c k - München; 
Abele- Roth a. S.; Strauss -Wending; Halter - Rottenbuch. 

Wohnsltzver&nderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: 
Rossarzt H e i n r i c h s - Metz nach Montigny, Thierarzt Scherrer- 
Nauenbeim nach Tauberbischofsheim. Thierarzt Morgenstern- 
Duisburg nach Münster als Einj.-Freiw. im Art.-Regt. No. 27, 
Thierarzt F eldhofen - Bruchsal nach Baden-Baden als Assistent 
des Bezirksthierarztes, Thierarzt J. H au c k-Schönoberg nach 
München, Thierarzt Loos -Stadtlauringen nach Volkart (Unterfrk.), 
Thierarzt W. W e i g a n d - Kaiserslautern nach Weingarten. — Thier¬ 
arzt Kerlen hat sich in Güsten (Anhalt), Thierarzt Hänsgen 
in Satow (Mecklbg) niedergelassen. 

In der Armee: Befördert zum Rossarzt: Unterrossarzt 
Gottleuber vom Ul.-Regt. No. 18 unter Versetzung zum Ul -Regt. 
No. 17. 

Todesfälle : Oberrossarzt a. D. Scharffenberg - Mühlheim, 
Thierarzt A n d r e e - Hohenziatz i. S. 


Yacanzen. 

KreUthlerarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim iZuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: 
Neutomischel. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Januar 1899 (18ÜU M., 
fr. Wohnung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacht¬ 
hofassistenztierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaushilf«- 
thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

Privatstelien: 1898 bekannt gegebene: Callies: Thierarzt. 
Bewerb, an Magistrat. — Eddelak (Holstein): Thierarzt Nähere« 
Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Tbierarzt. Auskunft 
Stadtgemeinderath. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 
1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt (800 M. 
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): 
Thierarzt (700 M. Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen 
bis 20. November an Stadtgemeinderath. — Kemberg: Thierarzt 
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat — Landsberg a. W : 
Assistent am Rothlauf-Sei um - Institut (1800 M.), Bew. an Director 
Dr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt (Einn. aus Fleischbeschau 
500 M.). — N a u n h o f (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200M. u.Ueber- 
tragung der Fleischschau). Bew. umgeh.an Bürgerin. Igel. —Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einpahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. an 
Polizeiverwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum 
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier¬ 
arzt Helfers. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch- 
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön¬ 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt Näheres durch Gutsbe«. 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬ 
mark): Näheres Thierarzt K ü h n - Joachimsthal. — Stoppen¬ 
berg (bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürger¬ 
meister. — Z e h d e n : Tbierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert 
jn Grüneberg bei Zehden). 

Besetzt: Staatsstelle Angerburg, Privatstelle Massow. 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Sclimaltz in Merlin. — Verla« uu.l Eigentum von Richard Suhoets in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin. 


Digitized by LjOOQie 







Dl« „Berliner Thier&rxtUohe Wochenschrift“ erscheint 
wfichentllch in St&rka von mindestens 1*/» Bogen. Dieselbe 
ist za beziehen dnreh den Buchhandel, die Post (No. 1091) 
oder dnreh die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Bchoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 60 Mk« für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thierlrztllche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensioni-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckeriioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW«, Luisens trasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 47 . 


Ansgegeben am 24. November. 


I n h a 11: Matthiesen : Milch und Molkerei in veterinär-polizeilicher Hinsicht. — Hecker : Erwiderung auf das 
Sammelreferat von Th. Kitt „Neueres aus der S e u c h e n k u n d e“. — Protokoll der General¬ 

versammlung des thierärztlichen Vereins inSchleswig-Holsteinam24. und 25. September 1898 
zu Neumiiuster im Bahnhofshötel. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Seuchenstatiatik und 
Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen. 


Milch und Molkerei in veterinär-polizeilicher Hinsicht 

Von 

Mattbiesen-Celle. 

(Vortrag, gehalten am 19. Juni 1898 in der Versammlung der Kreis¬ 
thierärzte des Regierungsbezirks Lüneburg.) 

Meine Herren! Der Genoss der von senchekranken Rindern 
stammenden Milch im rohen Zustande bringt für Menschen and 
Thiere manche Gefahren mit sich. H e r t w i g hat schon fest¬ 
gestellt, dass die Manl- and Klanenseache auf den Menschen über¬ 
geht. Bu8senia8 and Siegel haben in der Literatur bis 
jetzt 900 bis 1000 Infectionen mit Manl- and Klanenseache beim 
Menschen verzeichnet gefunden. Die Jahresberichte über die 
Verbreitung der Thierseochen im Deutschen Reich erwähnen, 
dass in den Jahren von 1887 bis 1894, also in einem Zeitraum 
von sieben Jahren, 600 derartige Infectionen beim Menschen vor¬ 
gekommen sind. 

Die Uebertragung der Maul- und Klauenseuche anf Kälber 
und Schweine durch rohe Milch kranker Kühe ist seit mehr als 
50 Jahren bekannt. Im Jahre 1890 sind solche Fälle hänfig 
festgestellt. Im Jahre 1897 habe ich die Gefährlichkeit der 
rohen Milch kranker Thiere oft beobachten können. Wenn es 
für die Infectiosität der Milch nothwendig wäre, dass das Euter 
selbst ergriffen ist, so wäre die Milch der kranken Thiere nicht 
immer gefährlich. Jedenfalls hat die Annahme, dass die Milch 
anch infectiös sein kann, ohne dass eine Erkrankung des Enters 
vorliegt, mehr für sich. Bezüglich der Tuberculose ist durch 
B o 11 i n g e r festgestellt, dass die Milch bei Eutertuberculose 
und genereller Tuberculose am gefährlichsten ist, und Milch aus 
erkrankten Entern enthält auch fast immer Tnberkelbacillen. 
Aber auch bei localer Tuberculose kann sie infectiös sein und 
dnreh Impfang ist thatsächlich die Virulenz der Milch anch bei 
nicht wahrnehmbarer Entererkranknng erwiesen. Olt hat den 
Nachweis geliefert, dass in der Marktmilch Tnberkelbacillen Vor¬ 
kommen nnd dass solche bacillenhaltige Milch, auf Meer¬ 
schweinchen verimpft, diese tnbercnlös macht. Demnach ist die 
Möglichkeit einer Infection des Menschen dnreh den Genuss der 
Milch gegeben. Für Kälber nnd Schweine ist die rohe Milch 
tubercalöser Kühe nachweislich sehr gefährlich. Die Schweine- 
tuberculose, welche nach Ostertag fast immer eine Fütterungs- 


tuberculose ist, nimmt erschreckend zu. In Dänemark sind 10 
bis *14 pCt., in Deutschland 3 bis 4 pCt. der auf Schlachthöfen 
geschlachteten Schweine tnbercnlös befanden. 

In Danzig hat man von 45000 geschlachteten Schweinen 
llpCt. tubercnlös gefunden und waren die Schweine ans Sammel¬ 
molkereien gefüttert, so stieg der Procentsatz anf 60. Bang 
betont, dass es Viehbestände giebt, in denen nnr jüngere Thiere 
auf Tuberculin reagiren, also Thiere, welche jedenfalls durch die 
Milch inficirt worden sind. 

Wenn somit die Milch der an Manl- und Klauenseuche oder 
Tuberculose erkrankten Kühe im Stande ist, die Krankheit auf 
Menschen nnd Thiere zu übertragen, so ist Angesichts des riesigen 
Verkehrs, der heutzutage mit der Milch als Nahrungsmittel statt¬ 
findet, wohl einznsehen, warum die genannten Krankheiten so an 
Ausdehnung gewinnen konnten. 

Viele Menschen trinken die Milch am liebsten ungekocht. 
Die Landwirthe verfüttern die Milch roh an ihre Kälber und 
Schweine, weil ihnen das Abkochen zu zeitraubend nnd kost¬ 
spielig ist. 

Die vielen in den letzten Jahrzehnten errichteten Genossen¬ 
schafts-Molkereien nehmen die Milch aus den verschiedensten Wirt¬ 
schaften, mischen sie, entziehen ihr die Fettbestandtheile und 
geben sie dann an die Lieferanten im rohen Zustande zurück. 
Die Milchempfänger gemessen die Milch oder verfüttern sie, wie 
sie kommt. Da diese Milch ein Gemisch von Milch der ver¬ 
schiedensten Kühe and Bestände ist, so ist sie meistens inficirt. 
Denn diese Eigenschaft hat sie, wenn ihr Milch von einer einzigen 
mit Eatertnbercnlose behafteten Kuh beigemischt ist. F r i i s 
verimpfte die Sammelmilch von 30 Kühen mit Erfolg und stellte 
darattf fest, dass sich im Bestände eine Kuh mit Eutertuberculose 
befand. Die starke Verdünnung der Milch hatte also ihre Viru¬ 
lenz nicht aufgehoben. Die Eutertuberculose ist auch durchaus 
nicht selten. In Sachsen hat man bis za 3 pCt. der geschlachteten 
tnberculö8en Thiere mit Eutertuberculose behaftet gefunden. 

Es giebt zudem Producenten genug, welche aus Gleichgültigkeit 
oder Gewinnsucht Milch von tnberculösen Kühen in die Molkerei 
gelapgen lassen. Genau so steht es mit der Maul- und Klauen¬ 
seuche. Die Milchlieferanten stellen oft genug die Milchlieferung 
nicht dann ein, wenn sie Krankheifserscheinungen an ihrem Vieh 
merken, sondern erst dann, wenn sie die Ueberzeugung nicht mehr 


Digitized by LjOOQie 






No. 47. 


554 BERLINER THIKKÄRZTL 

verbergen können, dass es sich um Maul- und Klauenseuche 
handelt. 

Solche Milch inficirt die ganze Magermilch und trägt den 
AnBteckungsstoff in alle diejenigen Gehöfte, welche Magermilch 
ans der Molkerei erhalten. In meinem Amtsbezirke habe ich oft 
gesehen, dass die kleinen Kälber und Schweine, welche die aus 
der Molkerei zaröckgekommene Milch erhielten, zuerst erkrankten 
und dann erst das Rindvieh ansteckten. Diese Thatsache wird 
vielfach übersehen, weil die kleinen Kälber, wenn sie nicht schnell 
unter den Erscheinungen eines Magendarmkatarrhs eingehen, wenig 
von ihrem Kranksein verrathen. Sie saufen ihre Milch, speicheln 
wenig oder garnicht, und es wird unter solchen Umständen weder 
der Besitzer noch seiu Personal Veranlassung nehmen, nach dem 
Maul oder den Klauen der zudem oft dunkel und abseits stehenden 
Kälber zu sehen. 

Geht also von den Molkereien eine solche verderbliche 
Wirkung aus, dann müssen wir darnach streben, diesem Uebel- 
stand abzuhelfen. 

Die Milch seuchekranker Kühe von den Molkereien ganz fern¬ 
zuhalten, ist vorläufig nicht möglich. Dazu ist die Tuberculose 
unter uuserm Milchvieh zu sehr verbreitet. So weit, dass alle 
MihLieferanten in ihren Beständen die tuberculösen Tbiere fest¬ 
stellen lassen und von der Milchlieferung ausschliessen müssen, 
sind wir leider noch nicht. Die Ausschliessung der Milch maul- i 
und klauenseuchekranker Kühe allerdings ist durchführbar, weil I 
diese Seuche ohne Weiteres erkennbar ist und die verseuchten 
Gehöfte bekannt werden. Das Verbot der Lieferung solcher 
Milch an Molkereien ist daher auch im § Gl Absatz 1 der 
Seucheninstruction klar ausgesprochen. 

Leider wird dies Verbot meistens zu spät beachtet und es 
kommt immer wieder vor, dass Milch von bereits kranken Kühen 
in die Molkerei gelangt. Auch sollte das Verbot, wenn es einmal 
erlassen ist, auch dann noch aufrecht erhalten werden, wenn für 
die zugehörigen Molkereien das Weggeben ungekochter Milch 
verboten ist. 

Dieses letztere Verbot schliesst die Erhitzung der Magermilch 
in sich. 

Die in den Molkereien bei dem Entrahmungsprocess statt- 
flndende Erwärmung der Vollmilch auf 30—GO" C. genügt zur 
Zerstörung der in der Milch vorhandenen Keime nicht. 

Eine Erhitzung der Magermilch auf 85 0 C. genügt nach 
A. Eber, um den Tuberkelbacillen die Wirksamkeit zu nehmen, 
und nimmt der Milch den Geschmack der rohen nicht. Für die 
Abtödtung des Maul- und Klanenseuchenerregers wird die Ab¬ 
kochung oder die Erhitzung der Milch auf 100° oder die 
viertelstündige Erhitzung der Milch auf 90 0 für nothwendig gehalten 
und ist daher in § 61, Absatz 3 der Seucheninstruction vor¬ 
geschrieben. Hierbei verliert zwar die Milch an Wohlgeschmack, 
aber nicht an Tauglichkeit. 

Was die Ausführung dieser Vorschrift betrifft, so ist zunächst 
von Werth zu wissen, dass Milch in einem offenen Gefäss durch 
Einleiten heissen Dampfes V 4 Stunde auf 90 0 C. erhitzt werden kann. 
Diese Art der Erhitzung ist auch in kleinen Molkereien durch¬ 
führbar. Man stellt ein grosses Gefäss auf, lässt es mit Mager¬ 
milch volllaufen, stellt den Betrieb ab und erhitzt die Milch durch 
den Dampfstrahl '/« Stunde auf 90 °. Dann wird die Magermilch 
zum Abkühlen abgelassen, der Betrieb wieder aufgenommen und 
der aufs neue gefüllte Behälter erhitzt. Diese Erhitzuugsart ist 
jedoch für grosse Molkereien, die wegen ihres grossen Milch- 
qnantums im ununterbrochenen Betriebe arbeiten müssen, nicht 
angängig. 

Eine Molkerei, die täglich 10003 Liter verarbeitet, kann 
nicht jedesmal, wenn 500 Liter die Centrifugen passirt haben, 


1CUE WOCHENSCH RIFT. 

den Betrieb abstellen, um die Magermilch zu erhitzeB. Dazn irt 
keine Zeit da. Auch kann die Molkerei mit der Erhitzung sicht 
warten bis nach Schluss des Betriebes. Dazu sind keine Behälter 
da. Auch kostet die besondere Erhitzung viel Arbeit und Geld. 

Zur Milcherhitzung im fortlaufenden Betriebe der grösseren 
Molkereien eignet sich das von Foth empfohlene Verfahren seiner 
Einfachheit und Billigkeit wegen, welches statt der viertel¬ 
stündigen Erhitzung auf 90° die Erhitzung auf 100° erzielt. 

Hier flie-st die aus den Centrifugen kommende Magermilch 
in einen offenen Behälter und wird durch einen 150° heissen 
Darapfstrahl in kurzer Zeit auf 100° gebracht. Die erhitzte 
Milch flieset durch eine am oberen Rande des Behälters 
befindliche Oeffnung in demselben Maasse, wie sie zu flieset, ab in 
einen zweiten bezw. dritten Behälter, in denen sie sich wieder 
abkühlt. Eines besonderen Rührwerkes bedarf es nicht, da der 
Dampfstrom die Milch in Bewegung hält. Die durch den Dampf 
erzeugte geringe Milchverdünnung ist ohne Belang, weil sie alle 
Abnehmer gleichmässig trifft und eine verdünnte Milch schliesslich 
besser ist als eine infectiöse. 

Nun soll es in den Molkereien nicht selten Vorkommen, dass 
von einzelnen Besitzern angesäuerte Milch eingeliefert wird, 
was zur Folge hat, dass die Magermilch schon bei einem 
geringen Gehalt an solcher Milch bei Erhitzung auf 100 °C. 
Gerinnsel ausscheidet. Wenn es nicht möglich ist, solche Milch 
von der Verarbeitung fernzuhalten oder auf irgend eine Weise 
diese Gerinnselbildung zu verhindern, so kann dieser Vorgang 
unter Umständen die ordnungsmässige Erhitzung sehr erschweren: 
in einem offenen Behälter, in dem der Dampfstrahl die Milch in 
Bewegung hält, allerdings wohl kaum. Aber es giebt Molkereien, 
in deren Hochdrackpasteuriseur die continuirlich durchgehende 
Milch durch den auf die Kesselwand von aussen wirkenden 
Dampf mit Leichtigkeit auf 100 0 gebracht wird, solange sie keine 
sauren Beimischungen enthält, in dem aber die Temperatur aof 
90° und darunter fällt, wenn saure Milch in der Magermilch 
vorhanden ist Die Temperatur ist nicht auf 100° zu halten, 
weil die sich bildenden Gerinnsel der heissen Kesselwand sich 
innig anlegen und diese mit einer festen Schicht bedecken, sodass 
die Hitze des in dem umhüllenden Mantel vorhandenen Dampfes 
auf die im Kessel vorhandene Milch nicht mehr genügend ein¬ 
wirken kann. Dann wird die Milch aber weder auf 100° noch 
eine Viertelstunde auf 90° gebracht Aushalten können diese 
duich einen Deckel verschliessbaren Hochdruckpasteuriseure den 
Druck und die Hitze auf die Dauer wohl. Die früher mehr 
gebräuchlichen offenen Erhitzer haben vielleicht dem Druck oft 
auf die Dauer nicht Stand gehalten. Aber ob in diesen Hoch- 
druckpasteuriseuren selbst tadellos süsse Milch in allen ihren 
Theilen auf ICO 0 erhitzt wird, ist mehrfach bezweifelt worden. 
Denn wenn auch in dem Milchkessel ein Rührwerk zu gleich- 
mässiger Mischung der Milch arbeitet, so ist am Ende doch nicht 
ausgeschlossen, dass einzelne Milchtheilchen den Kessel schneller 
durcheilen als andere und somit nicht ausreichend erhitzt werden. 
Eine gleichmässige Erhitzung erfährt die Milch jedenfalls in dem 
Sterilisator von Kleemaun & Comp, in Berlin, in welchem die 
Milch nicht durch einen einfachen cylindrischen Kessel, sondern 
in einer Trommel durch auf und absteigende erhitzte Röhren ge¬ 
trieben wird. Ob in demselben eine Gerinnselbildung angesänerter 
Milch nicht stattfindet, weiss ich nicht. Jedenfalls wird von dem 
Apparat behauptet, dass er bei sorgsamer Bedienung B e ' 
friedigendes leistet. 

Die directe Einleitung des heissen Dampfstrahles in die 
Milch und die Einwirkung des heissen Dampfes von anssen auf 
die Wand des Milchkessels verbindet ein neuerer Apparat von 
Kleemann & Comp, in zweckmässiger Weiae ufit einander. 


Digitized by UjOOQie 





24. November 1896. 


BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


555 


Der Apparat scheint für eine vorschriftsmässige Erhitzung 
Sicherheit zu bieten und eignet sich auch für kleinere Betriebe 
ohne Dampfkesselanlage, weil der Apparat sowohl den Dampf¬ 
entwickler als den Milchkessel in sich schliesst. Die Technik ist be¬ 
müht, Apparate zu constrniren, die allen Anforderungen an 
Sicherheit, Schnelligkeit und Billigkeit der Ausführung ge¬ 
nügen. 

Möglich aber ist es schon jetzt, in kleinen wie in grossen 
Molkereien die Magermilcherhitznng nach den gesetzlichen Vor¬ 
schriften auszuf&hren. 

Das Vollkommenste bleibt allerdings immer die Erhitzung 
der Vollmilch vor ihrer Verarbeitung. Sie allein nimmt mit 
Sicherheit der Milch und ihren Producten die Eigenschaft 
eines Seuchenverschleppers und ihre Einführung würde einen 
grossen Fortschritt in veterinär-polizeilicher Hinsicht bedeuten. 
Ist dieselbe vor der Hand nicht durchzuführen, so bleibt 
wenigstens die ständige Erhitzung sämmtlicher Magermilch an 
Stelle der bedingungsweise vorgeschriebenen sehr erstrebenswerth. 
Denn wenn die Abkochung der Magermilch in der Molkerei erst 
dann vorgenommen wird, wenn einer der betheiligten Vieh¬ 
bestände unter Sperre gestellt ist, dann kommt sie meistens zu 
spät. Von dem Recht, die Weggabe ungekochter Milch aus 
Sammelmolkereien zu verbieten, wird nicht genug Gebrauch ge¬ 
macht, obschon doch die Seuchengefahr gegeben ist, wenn in 
einem Molkereibezirke irgend wo die Seuche ausbricht, auch 
wenn das Gehöft zur Molkerei in Beziehung nicht steht. 
Lothes fordert diese Maassregel sogar für die ganze Provinz 
beim ersten Auftreten der Maul- und Klauenseuche, weil das 
Verbot in vielen Fällen für den Regierungs-Bezirk nicht aus¬ 
reichend sei. 

Besser, wie gesagt, wäre die ständige Abkochung der 
Magermilch. Es fehlt nicht an Stimmen, welche diese Ange¬ 
sichts der erschreckenden Zunahme der Tuberculose und der 
anhaltenden Plage der Maul- und Klauenseuche als unbedingt 
nothwendig hinstellen (Peters, Baranski, Malkmus u. A.). 

In Dänemark ist schon 1897 beim Landthing die Vorlage 
eingegangen, dass die Abgabe nicht pasteurisirter Milch zu 
verbieten sei und nach Bang ist in diesem Jahre für Dänemark 
zum Gesetz erhoben, dass keine Molkerei die abgerahmte Milch 
abgeben darf, ohne sie auf 85° erhitzt zu haben. 

Im Molkereiwesen giebt es aber neben der Milch noch andere 
Seuchenverschlepper. Die Milchwagen, auf denen Milch aus 
mangelhaft schliessenden Kannen verschüttet wird und die 
Kannen, indem sie mangelhaft gereinigt oder ihre Deckel ver¬ 
wechselt werden, mögen oft verderblich wirken. Sorgfältige 
Reinigung der Milchwagen und Milchgefässe ist von grosser 
Bedeutung. 

Ein anderer Uebelstand, dem erfreulicher Weise in fast 
allen Regierungs-Bezirken durch landespolizeiliche Anordnung 
abgeholfen ist, war die Verfütterung des Centrifugenschlammes 
an Schweine, welche erfahrungsgemäss zur Verbreitung der 
Schweinetuberculose viel beigetragen hat. Bang hat nach¬ 
gewiesen, dass durch die centrifugale Kraft der Milchschleuder 
neben dem Schmutz auch die Tuberkelbacillen aus der Milch 
zum grossen Theil entfernt werden und in den Centrifugen- 
schlamm übergehen. Dem städtischen Oberthierarzt Kjerrulf 
in Stockholm gebührt das Verdienst, zuerst darauf aufmerksam 
gemacht zu haben, dass der Centrifugenscblamm, dadurch dass er 
auch an Schweine verfüttert werde, so die Tuberculose verbreite. 
Diese Verfütterung geschah bisher unbedenklich. Die Schweine 
frassen den Centrifugenschlamm gern, denn er enthält 25 pCt. 
Protei'nstoffe und daneben etwas Milchzucker und Fett. 

Mecklenburg ordnete schon Mitte 1897 an, dass der Centri¬ 


fugenschlamm durch Verbrennen zu vernichten sei. Anfang dieses 
Jahres trafen die Regierungs-Präsidenten zu Königsberg, Lüne¬ 
burg und Stralsund die Anordnung, dass die Centrifuge nach 
jeder Benutzung vom Centrifugenschlamm zu reinigen und dieser 
zu verbrennen sei. Der Regierungspräsident von Königsberg 
ordnete speciell auch an, dass die beamteten Thierärzte und die 
Ortspolizeibehörden das zu überwachen haben und dass ihnen 
jederzeit der Zutritt zu den Centrifugenmolkereien zu gestatten ist. 

Diese letztere Anordnung dürfte sehr zweckmässig sein. Das 
Gefühl, jederzeit controlirt werden zu können, dient jedenfalls 
dazu, die gewissenhafte Ausführung dieser Massregel zu fördern. 

Nun wäre noch mit einem Worte der Selbsthülfe der Milch¬ 
producenten zu gedenken. Jeder Landwirth kann die Mager¬ 
milch, bevor er sie verwendet, durch Abkochen oder durch Er¬ 
hitzen im Wasserbade selbst ungefährlich machen. Noak weist 
auf ein einfaches Verfahren hin. In einen Waschkessel, dessen 
Boden durch irgend eine Einlage eben gemacht ist, wird das 
Wasser zum Kochen gebracht. Darauf setzt man die offenen 
Milchkannen hinein, bringt das Wasser wieder ins Kochen und 
hält es eine Viertelstunde kochend. Ob sich alle Landwirthe 
zur regelmässigen Durchführung eines zwar einfachen, aber Zeit 
und Geld kostenden Verfahrens entschlossen werden, bleibt 
zweifelhaft. Immerhin ist es wohl der Mühe werth, den Land¬ 
wirth in privater und öffentlicher Belehrung auf diese Selbst¬ 
hülfe hinzu weisen. 

Für die Abstellung der gerügten Uebelstände im Molkerei¬ 
wesen bleibt, wie schon erwähnt, die Erhitzung der Vollmilch 
vor ihrer Verarbeitung das erhabenste Ziel. Ist diese und auch 
die ständige Erhitzung der Magermilch vor der Hand nicht er¬ 
reichbar, so müssen wenigstens die folgenden Massnahmen als 
unumgänglich nothwendig bezeichnet werden. 

1. Möglichst frühzeitige Anwendung der durch § 44 a des 
Reichsviehseuchengesetzes in Verbindung mit § 61 der Seuchen¬ 
instruction gewährten Befugnisse. Da schon beim ersten Aus¬ 
bruch der Maul- und Klauenseuche die Seuchengefahr vorhanden 
ist, so muss für den Umfang des ganzen Kreises oder für das 
in Betracht kommende Productionsgebiet das Verbot des Weg¬ 
gebens ungekochter Milch unverzüglich und nicht erst dann er¬ 
lassen werden, wenn das befallene Gehöft an einer Sammelmolkerei 
betheiligt iBt. 

2. Der Kreisthierarzt ist mit der ständigen Controle dieses 
Erhitzungsverfahrens in den Molkereien zu betrauen. Er muss 
die Revisionen unvermuthet vornehmen und hat gleichzeitig auf 
die ordnungsmässige unschädliche Beseitigung des Centrifugen¬ 
schlammes und auf die Reinigung und Desinfection der Milch- 
gefässe und Milchwagen das nöthige Augenmerk zu richten. 

Erwiderung auf das Sammelreferat*) von Th. Kitt 
„Neueres aus der Seuchenkunde.“ 

Von 

C. Hecker. 

Als der „Summarische Bericht der Commission zur Erforschung 
der Maul- und Klauenseuche“ in No. 39 der B. T. W. 1897 er¬ 
schien, veranlassten mich die bedauernden Worte der Redaction, 
„dass bei dieser zur Zeit wichtigsten Thierkrankheit der 
Siegespreis einem Mediciner überlassen bleiben muss“, den 
Nachweis unter Vorlegung amtlicher Documente zu erbringen, 
dass von meiner — also von thierärztlicher — Seite schon 
vor Zusammentreten der Commission sehr erfolgreiche Schutz¬ 
impfungen und Untersuchungen ausgeführt worden waren. Nur 
aus Standesinteresse suchte ich meine Beobachtungen kurz 

*) Wochenschrift für Thierheilk. Jahrg. 1897. 


Digitized by LjOOQie 



556 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


and möglichst schnell za veröffentlichen. Eine längere Darlegung 
meiner Versuche war mir bei der schnellen Folge der Nummern 
39 und 40 der B. T. W. nicht möglich. 

Die für einen einzelnen Forscher so zeitraubenden Unter¬ 
suchungen, die Lösung vieler wissenschaftlicher Fragen, welche 
die Commission vielleicht nicht beschäftigt haben, veranlassten 
mich immer Wieder, von einer weiteren Veröffentlichung meines 
grossen gesammelten Materials abzusehen. 

In Folge jenes einzigen Artikels wurde ich aber mehrfach 
angegriffen. So beklagte sich Prof. Dr. Schneidemühl*) zu¬ 
nächst darüber, dass die jüngeren Publicisten so wenig Rücksicht 
nehmen auf die frühere Literatur, denn auch er **) hätte bereits 
1893 den Gedanken veröffentlicht betreffend Impfversuche mit 
Blutserum von Thieren, welche die Maul- und Klauenseuche über¬ 
standen haben. 

Wenn ich mich auch nicht zu den .jüngeren Publicisten“ 
rechne, so möchte ich doch erwähnen, dass mir mit der Wieder¬ 
gabe jenes Schreibens an die Landwirthschaftskammer für die Pro¬ 
vinz Sachsen nur daran lag, zu beweisen, einflussreiche Kräfte für 
meine Ideen gewonnen zu haben. Dass ich meine Vorschläge 
an richtiger Stelle und völlig im Sinne der Landwirthe gemacht 
hatte, zeigen die kurze Zeit später im Reichstage und im preussi- 
schen Landtage erfolgten Anträge bezüglich Erforschung und 
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Zur besseren In- 
formirung bemerke ich, dass derjenige Landtags-Abgeordnete, 
welcher den Antrag stellte und durchbrachte, Heir Landes- 
öconomierath von Mendel-Steinfels, auch leitender Director 
der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen ist. — Bei 
Vorschlägen kommt es nicht blos darauf an, dass man sie macht, 
sondern dass man sie auch an der richtigen Stelle macht! 

Auch bei älteren thierärztlichen Publicisten wird sogar bei 
ihren grösseren Sammelwerken mitunter das Fehlen der Literatur 
bemängelt! So lese ich z. B. in einer Besprechung***) der 
II. Lieferung über „Schneidemühl, Lelirb. der vergl. Path. u. 
Therap. des Menschen und der Hausthiere“ folgenden Passus: 
„Nur mag auf die eigenartige Schreibweise der lateinischen 
Wörter (k statt c auch in Worten, die nicht aus dem Griechischen 
stammen) und das fast völlige Fehlen von Literaturangaben hin¬ 
gewiesen werden.“ (!) 

Bei den hier in Frage kommenden Berichten könnte man 
wohl eher der Commission den Vorwurf des Nichtbeachtens der 
thierärztlichen Literatur machen. Ich erinnere nur an die Er¬ 
widerungen thierärztlicherseits bezüglich der Immunitätsdaner. 

In der letzten Nummer der Monatshefte für prakt. Thierheil¬ 
bunde kritisirt Herr Prof. Kitt ebenfalls meine „Bemerkungen“ 
aus der B. T. W., und zwar in einer Weise, welche weniger 
die Sache als die Person trifft. Wir finden leider derartige 
Expectorationen in unserer thierärztlichen Literatur häufiger; 
meist sind es freilich nur Aeusserungen des Aergers Miss¬ 
vergnügter. 

Herr Prof. Kitt wendet sich zunächst gegen meine Vor¬ 
schläge an die Landwirthschaftskammer. Dass nach den kurzen 
Notizen jedes Institut arbeiten kann, mag meinerseits Optimismus 
gewesen sein. Ich habe in dem seuchenpathologischen Institute 
der Landwirthschaftskammer nach meinem Programm entschieden 
sehr günstige Resultate erzielt, welche ich voraussichtlich bis 
zum nächsten internationalen Congress in Baden - Baden habe 
veröffentlichen können. 


*) Monatshefte für prakt Thierhcilkunde, Bd. X. 

**) Dr. G. Schneidemübl. Abwehr, Tilgung und Verhütung 
der Maul- und Klauenseuche. Berlin 1893. 

***) Deutsche Medic. Wochenscbr. 1897. No. 51, pag. 177 der L. B. 


Die Versuche der Münchener Hochschule unter Herrn 
Prof. Kitt haben wohl nicht so glücklich abgeschnitten. 

Herr Prof. Kitt versucht meine in der B. T. W. gemachten 
Notizen in Frage zu ziehen. 

Meinem Artikel kann doch aber nur der „Summarische 
Bericht“ der Commission entgegengestellt werden. 

Jener Bericht giebt aber noch durchaus keine beweisenden 
Details. Es werden nur einzelne Hypothesen anfgestellt, welche 
z. Th. unrichtig (z. B. No. 6 „Entgegen den herrschenden An¬ 
sichten thierärztlicher Autoritäten“ u. 8. w.), z. Th. auch heute 
noch nicht einwandsfrei bewiesen sind. Es wird z. B. gesagt, 
dass im Blute der immun gewordenen Thiere Stoffe vorhanden 
sind, welche, mit frischer Lymphe gemischt, diese bei Injection 
des Gemisches in den Körper empfänglicher Thiere unwirksam 
machen. 

Meine sehr exacten Versuche im seuchenpathologischen 
Institut der Landwirthschaftskammer stellen diese Hypothese 
sehr in Zweifel. Es sind von mir Versuche gemacht mit Blut¬ 
serum von Thieren, welche nachweislich seit Jahren nicht an der 
Maul- und Klauenseuche gelitten hatten, gemischt mit '/. 0 ccm 
frischer Lymphe unter Zusatz von V, pCt. Carbolsäure (womit 
ja auch die Präparate der Commission conservirt werden). 

Diese Versuche ergaben, dass auch Rinderblut tob 
nicht durchseuchten Thieren das Virus derart ab¬ 
schwächt, dass Erkrankungen infolge der Ein¬ 
spritzungen nicht mehr vorkaraen, „sofern die Lymphe 
mit dem Serum genügend lange in Contact gewesen 
war“*); dass aberBlut von Thieren, welche vor 2—3Wochen 
durchgeseucht waren, das Virus bei kurz er Mischung 
mit Lymphe nicht abschwächte. Nicht specifische 
Stoffe bewirkten wohl demnach in diesem Falle die Unwirksam- 
machung, sondern der lange Contact mit Rinderblutserum 
im Allgemeinen. 

Ueber die Zeitspanne, welche die Umgrenzung „genügend 
lange in Contact“ umfasst, geben uns die Berichte keine Aus¬ 
kunft. Die Immunisirungsversuche der Commission in Bolten¬ 
hagen und Rappenhagen bei Berlin beweisen gleichfalls, dass das 
Immunblut frische Lymphe durchaus nicht immer unwirksam 
macht.. 

Wenn also Herr Prof. Kitt in der Gegenüberstellung des 
summarischen Berichtes und meiner Bemerkungen**) (denn nur 
diese beiden Artikel können zunächst wohl bei der Kritik iu 
Frage kommen) die rückhaltlosen Veröffentlichungen der Com¬ 
mission preist, so dürfte dies vielleicht etwas gewagt sein. Was 
sollte wohl ein Thierarzt anfangen, welcher auf Grund jener 
Hypothese Impfungen versucht hätte, mit derartigen Misserfolgen! 
Es ist wohl auch sehr die Frage, ob das Wort „Lymphe-Immun- 
blutgemi8ch“ viel mehr sagt und klarer ist als „Serum¬ 
präparat“. Dass ,jeder Thierarzt durch sie an praktische Ver¬ 
suche herantreten kann,“ dürfte man bezweifeln. 

Die Behauptung, dass der summarische Bericht ver¬ 
früht ist, unddassdie Commission wesentliche Bedenken 
bei der Impffrage auch in ihren abschliessenden 
Berichten unerörtert gelassen hat, ist durchaus nicht 
von der Hand zu weisen! 

Weiter scheint es fast, als ob Herr Prof. Kitt meine An¬ 
gabe überhaupt in Frage stellt, er schreibt, „H. will eine Methode 
gefunden haben; er will die Priorität vor den Versuchen der 
Commission besitzen.“ Meine Mittheilungen waren bona fide 
gemacht und durch beweiskräftige, z. Th. amtliche Documente 

*) Ich nahm drei Wochen. 

**) cf. Deutsche Med. Wochenschr. No. 35, Jahrg. 98, pag- ^ 
Spalte 2. 


Digitized by LjOOQie 


24. November 1898. 


BERLINER TfflERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


557 


unterstützt, wie auch aus der Anmerk. d. B. T. W. in No. 40 
hervorging. 

Dass durch derartige persönliche Kritiken unsere 
Literatur gehoben wird, möchte ich nicht behaupten. 
Es wäre vielleicht dienlicher iür unseren Stand, wenn 
die Kritiken der Hochschulen ihre einstigen Schüler 
in der Praxis mehr unterstützten und nicht immer nur 
in oft rein persönlicher Weise ihr Missvergnügen 
äusserten. 

Gerade unsere Zeit ist reich an Errungenschaften 
aus der Praxis heraus, und grade sie beweisen doch 
das kräftige Emporblühen unserer Wissenschaft und 
unseres Standes, freilich aber auch, dass die Hoch¬ 
schulen die Wissenschaft nicht immer in Erbpacht 
haben! 

Herr Prof. Kitt kritisirt ferner die Patentanmeldung. 

Auch mir lag der Gedanke der Patentanmeldung zunächst 
sehr fern und war mir durchaus unsympathisch. Erst nach 
Vorstellungen des Bürgermeisters S. in E., des Amtsrichters 
Dr. N. in E. und des Gutsbesitzers und Mitgliedes der Land- 
wirthschaftskammer S. in S. bei E. übergab ich mit Wider¬ 
streben meine Versuche zur Bearbeitung einem Patentanwalt. 
Ein Verkennen der Sachlage, wie Prof. Kitt schreibt, liegt auch 
nicht vor. Eine Patentirung ist nach der Reichsgerichts¬ 
entscheidung vom 10. Jan. 1891 sehr wohl möglich. Die Zurück¬ 
haltung der Thierärzte ist doch leicht erklärlich. Der Human- 
mediciner kann mit seinen Erfindungen viel freier herausgehen, 
denn ihn kann der Staat event. durch Controle bei der Her¬ 
stellung der betreffenden Fabrikate schützen. Bei Thierheil¬ 
mitteln ist eine derartige Controle wohl nicht möglich. Jede 
chemische Fabrik, jeder Apotheker kann die Entdeckung für seine 
Zwecke ausbeuten oder als Geheimmittel verbreiten. Ich erinnere 
hier nur an das Porcosan! 

Dass ich meine Versuche gern einer staatlichen Controle 
unterbreitet hätte, zeigt die Bereitwilligkeit, mit der ich mein 
Verfahren dem Kaiserlichen Gesundheitsamte zur Verfügung 
stellen wollte. Eine Antwort ist mir, wie bemerkt, nicht zu Theil 
geworden. 

Das Kaiserl. Gesundheitsamt hat nun zwar, wie ich aus einer 
Unterredung mit Herrn Dr. M. vom Gesundheitsamt erfuhr, die 
Schriften vom Patentamt erhalten. Die Ausarbeitungen des 
Patentanwaltes, welcher ja nicht Fachmann ist, decken sich aber 
keineswegs mit meinen Versuchen und weiteren Arbeiten bis 
August 1897. 

Ebenso bereitwillig habe ich mein Verfahren den Landwirth- 
schaftskammern zu Versuchen, ohne Anspruch auf Entschädigung 
zur Verfügung gestellt. 

Herr Prof. Kitt schreibt: ,,Wenn eine Sache gut ist, so wird 
der Erfolg nicht ausbleiben und besteht keine Gefahr, dass der 
Entdecker zu kurz kommt.“ 

Wie sagt doch eine mir competentere Autorität, Herr Prof. 
Behring, in dem Artikel „In eigner Sache“*): „. . . . ans bester 
Kenntniss der Sachlage kann ich ideal angelegten Naturen von 
der Art des Herrn Isidor Kastan die belehrende Versicherung 
geben, dass es heutzutage bei uns in Deutschland ein sehr ge¬ 
wagtes Ding ist, im Vertrauen auf die Dankbarkeit der Nation 
als Entdecker oder als Erfinder die geschäftlichen Vortheile der 
Entdecker- oder Erfinderthätigkeit ausser Acht zu lassen.“ Und 
an anderer Stelle**) bezüglich seiner amerikanischen Patent¬ 
anmeldung: „Ich meinerseits halte einen legitimen Gelderwerb 


*) Deutsche Med. Wochenscbr. Jahrg. 98, No. 37, pag. 595. 

**) Leipziger Neueste Nachrichten 6. Sept. 1898, 4. Beilage. 


nicht für unehrenhaft; ich möchte beinahe soweit gehen, die 
Verzichtleistung auf einen rechtmässig zustehenden, erheblichen 
Vermögensvortheil als unverantwortlichen Leichtsinn zu be¬ 
trachten.“ 

Auch mir, dem mittellosen Thierarzt, der die Ersparnisse einer 
mehrjährigen Praxis für seine Versuche zum Opfer brachte, der 
bei seiner bedeutenden und anstrengenden Praxis meist die 
Nächte für seine wissenschaftlichen Arbeiten verwenden musste 
und vielleicht seine Gesundheit untergrub, wird ein Vorwurf ge¬ 
macht, wenn ich vielleicht eine pecuniäre Entschädigung suchte! 

Uebrigens kann ich Herrn Prof. Kitt verrathen, 
dass ich für meine Arbeiten, für meine bedeutenden 
Geldopfer auch noch nicht einen Heller gefordert oder 
angeboten erhalten habe! Auch mein jetziges Gehalt 
als Beamter der Landwirthschaftskammer ist bei 
Weitem nicht so hoch, wie die Einnahmen meiner 
früheren Praxis! 

Die Commission Löffler-Frosch hingegen arbeitete mit 
ganz bedeutenden staatlichen Mitteln, sie war daher wohl that- 
sächlich moralisch verpflichtet, über ihre Arbeiten anch öffentlich 
Rechenschaft abzulegen! Trotzdem ist das Verfahren einem 
privaten Unternehmen überlassen worden. 

Glaubt Herr Prof. Kitt, dass Herr Geheimrath Prof. Dr. 
Löffler die Controle der Herstellung ohne pecuniäre Ent¬ 
schädigung ausübt, als Mediciner, nur aus Liebe zur Bekämpfung 
der Maul- und Klauenseuche ? Sollten die Höchster Farbwerke im 
Interesse der Landwirthschaft auf jeden Verdienst verzichten? 
Die enorm hohen Preise für das Tetanusantitoxin und früher für 
das Tuberculin mögen als Hlustration gelten! 

Ich möchte an dieser Stelle noch erörtern, weshalb ich bisher 
von weiteren Veröffentlichungen absah! 

Als Praktiker lag mir vor Allem daran, eine Methode zu 
schaffen, welche eine leichte und billige Herstellung der Impf¬ 
stoffe, eine einfache nnd haltbare Conservirung und auch eine 
einfache und sichere Anwendung in der Praxis gestatten! 

Prüfen wir auf diese Bedingungen einmal die Schutzserum¬ 
lymphe „Seraphthin“ der Höchster Farbwerke: 

I. Es ist sehr theuer: ein Kalb, ein Schwein erfordert schon 
für 3 Mark Impfstoff; eine Kuh, ein Ochse für 4,50 M. bis 5,50 M. 
Wir, haben nach der Statistik vom 1. December 1897 über 
10# Millionen Rinder, 9,4 Millionen Schweine. Eine allgemeine 
einmalige Impfung würde unter Zugrundelegung der Höchster 
Preise ca. 70—80 Millionen Mark kosten! 

H. E8 ist nicht haltbar! Das Inserat sagt selbst: „Seraph¬ 
thin eignet sich wegen seiner kurzen Haltbarkeit nicht für den 
Zwischenhandel“, und weiter: „Wir nehmen die Lymphe unter 
keinen Umständen, auch nicht in Tausch gegen Fläschchen 
anderer Füllung, zurück.“ 

HL Die Anwendung ist eine sehr complicirte! Man 
denke sich die Vornahme der intravenösen Impfung bei Weide¬ 
vieh, bei Bullen oder bei Jungvieh, Stieren in Laufställen. Fast 
jedes einzelne Thier muss geworfen werden! 

Was soll da bei der theuren Lymphe für seine Mühe der 
Thiefrarzt liquidiren. 

Und ferner: Welcher Besitzer wird gestatten, dass z. B. bei 
Mastschweinen bei der Impfung in die Musculatur des Hinter¬ 
schenkels eine Canüle und Impfstoff getrieben wird. Kann der 
Thiei-arzt wirklich dafür garantiren, dass sich kein Abscess 
bildet? 

IV. Bei Nothimpfungen sollen die kranken Thiere von den 
gesunden isolirt und ihre Stände desinficirt werden. Es wird 
versprochen, dass dann die geimpften Thiere in der Mehrzahl nicht 
erkranken werden. 


Digitized by VjOOQie 



568 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


Es wäre mir sehr interessant, zu erfahren, wo der Besitzer 
mit den kranken Thieren hin soll. Wenn er die kranken Thiere 
erfolgreich isoliren kann, braucht er vielleicht überhaupt keine 
Impfung. — In dem Prospect wie in den Berichten der Commission 
vermisse ich sehr eine Angabe, ob die geimpften Thiere nicht 
etwa ansteckungsfähig sind für nicht geimpfte, ob durch Ver¬ 
schütt en von Impfstoff nicht eine Verbreitung der Seuche er¬ 
folgen kann, ob die geimpften Thiere nach dem Seuchengesetz 
nicht unter Stallsperre gestellt werden müssen? 

Diese Fragen haben aber für die Thierärzte wie für die 
Landwirthe ganz wesentliche Bedeutung. Gerade die Fest¬ 
stellung dieser Fragen hindert mich besonders noch an einer Ver¬ 
öffentlichung meiner Versuche. 

Der Voraussicht, dass die künstliche Immunität ebenso lange 
dauern wird wie die natürliche, d. h. ein bis mehrere Jahre, 
muss ich leider nach meinen Erfahrungen vorläufig sehr skeptisch 
entgegensehen. Bisher ist diese Annahme durch nichts 
bewiesen! 

Die Schutzimpfung wird nach meinem Erachten nur dann 
eine gleiche Immunitätsdauer erreicbeu wie die sog. natürliche 
Immunität, wenn wir nach ca. 2—3Monaten mit virulenter 
Lymphe nachimpfen. Bei dieser Nachimpfung würden aber 
möglicher Weise ca. 25 bis mehr Procent an der Maul- und 
Klauenseuche trotz der Schutzimpfung erkranken! 

Wie verhält es sich aber bei Nothimpfungen mit Lymphe- 
Immunblutgemisch? 

Für den Landwirth wird zunächst wohl die Nothimpfung 
in Frage kommen. Der letzte Bericht der Commission besagt: 
„Die Versuche ergaben, dass die Thiere nahezu ausnahmslos 
drei Wochen nach der Schutzimpfung eine Probeimpfung mit 
Vso ccm virulenter Lymphe vertragen.“ 

Es geht zwar aus diesen Worten nicht klar hervor, ob die 
Thiere erst nach diesem Zeitpunkte immun werden oder noch 
sind. Der frühere Bericht der Commission vom 8. Januar d. J. 
giebt jedoch klar an, dass der Zeitpunkt der Immunität erst rund 
drei Wochen nach der Impfung eintritt. 

Eine Nothimpfung, welche erst nach Wochen Schutz¬ 
kraft gewährt, kommt in der Regel zu spät. In der Praxis 
gilt es hauptsächlich bei plötzlichen Seuchenausbrüchen, die 
Nachbargehöfte, die Theilhaber einer Sammelmolkerei 
sofort zu schützen, ja wenn möglich die noch gesunden 
Thiere eines Seuchenstalles zu immunisiren, und gerade 
dann versagt das Verfahren. 

Auf Nothschutzimpfungen habe ich in letzter Zeit mein Haupt¬ 
augenmerk gerichtet. Es gelang mir bei allen Nothimpfungen die 
Mehrzahl der geimpften Thiere vor der Erkrankung zu be¬ 
wahren, ohne dass auch nur ein Thier, ob gesund oder krank, 
aus dem Stalle entfernt wurde. 

Ich freue mich, an dieser Stelle gleich bemerken zu können, 
dass ich bei allen Collegen kräftige Unterstützung und wahrhaft 
erquickendes Entgegenkommen gefunden habe. 

In meinen Collegen sind mir daher eine stattliche Zahl classi- 
scher „Eideshelfer“ bei der Feststellung der Impfresultate ge¬ 
worden, welche wohl auch Herr Professor Kitt anerkennen wird. 

Bei ca. 600 Nothimpfungen ergaben sich folgende Gesammt- 
resultate: 

1. Schutzerfolge von 60—100 Procent der geimpften Thiere, 
je nach der rechtzeitigen Ausführung der Impfung. 

2. Bei fast allen geimpften Thieren, welche trotzdem er¬ 
krankten (und zwar meist innerhalb der ersten fünf Tage, sodass 
die Annahme einer vor der Impfung stattgehabten Infection be¬ 


gründet ist), wesentlich abgeschwächten Verlauf, keine 
bösartigen Nebenerscheinungen resp. Nachkrankheiten. 

Sehr interessant war das Ergebniss der Impfung auf der 
Domäne Tundersleben (Kreis Neuhaldensleben). 


Am 21. October er. wurde ich durch Depesche dorthin 
gerufen. Bei meiner Ankunft traf ich die Herren Collegen 
Kreisthierarzt B e r n d t - Neu-Haldensleben und Rossarzt Ebertz 
vom ReichsgeBundheitsamt, welcher zwecks Lympheentnahme 
dorthin gereist war. Die Herren waren so liebenswürdig ge¬ 
wesen, alle Thiere zu untersuchen und die nicht erkrankten durch 
einen Kreidestrich kenntlich zu machen. 

In den Ställen standen 60 Kopf Rindvieh, und zwar 8 Stiere, 
20 hochtragende Färsen, 9 Bullen, 23 Ochsen; die Thiere waren 
nach Angabe des Herrn Administrators im Besitz der Domäne 
noch nicht verseucht gewesen. 

Die Seuche war am 18. October gemeldet, Einschleppungs- 
ursache: Ankauf frisch eingeführter Stiere. 

Erkrankt waren in den Stallungon 3 Färsen. 

Geimpft wurden 58 gesunde Thiere, 1 kranke Färse. 

Tag der Impfung: 21. October. 

Es erkrankten nach vorliegender Tabelle des Herrn 
Administrators von den geimpften Thieren: 

Am 22. October 1 Färse, 

„ 23. „ 1 Färse (nur mit wenig Schutzlymphe geimpft). 

1 Färse, 

„ 24. „ 1 Stier, 

1 Bulle, „ „ 

„ 25. ,, 1 Ochse, 

also innerhalb vier Tagen nach der ImpfuDg noch 6 Thiere. Die 
Erkrankung war nach dem Berichte eine äusserst milde. 

Von den drei erkrankten Färsen war die geimpfte am 
25. October laut Bericht gesund, bei meiner Controls am 
5. November zeigten sich nur noch einige Narben. Von den 
nichtgeimpften Thieren lag eine Färse, von welcher durch Herrn 
Ebertz auch Lymphe entnommen war, bei meiner Controle 
schwer erkrankt am Boden und ist voraussichtlich an Decubitns 
zu Grunde gegangen. 

Von den geimpften Thieren hatten mehrere während der 
Zeit der Seuche gekalbt; von den Kälbern war kein Thier ein¬ 
gegangen. Ein sicher sehr zufriedenstellender Erfolg! 

Aehnliche Resultate liegen noch von mehreren Hundert 
Impfungen vor. 

Einen ausführlichen Bericht werde ich nach Abschluss meiner 
Versuche den Collegen übergeben! 


Protocoll der Generalversammlung 
des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein 

am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im 
Bahnhofshotel. 

I. Tag, den 24. September. 

Anwesend 50 Mitglieder. 

Der Vorsitzende, Herr Kreisthierarzt Voliers-Altona, er¬ 
öffnet um gut 8 Uhr abends die Versammlung mit einem Grosse 
und Danke an die erschienenen Collegen. 

Zum ersten Referate über „Atropln-llorphlum-EinsprltzMQW“ 
Lahmheiten erhielt Kreisthierarzt Struwe-Kiel darauf das Wort 
und leitete es in folgender Weise ein: 

M. H., Im vorigen Jahre wurde dieses Mittel gegen Schalter¬ 
lahmheit empfohlen, die in vier Tagen geheilt sein sollte und 
war dauernd; seitdem sind ca. 30 Fälle in der Literatur ver¬ 
öffentlicht, von denen zwar drei recidivirten und fünf ganz °^ De 
Erfolg blieben, jedoch mich nicht abhalten konnten, bei gegebener 


Digitized by 




24. November 1898. 

Gelegenheit den Versuch zn machen und so habe ich mehrere Fälle 
behandelt Einem Pferd, welches wegen Spatlahmheit bereits be¬ 
handelt worden war, ich nach den Erscheinungen aber für htiftlahm 
halten musste, habe ich die vorgeschriebene Dosis injicirt und 
nach zwei Tagen war die Lahmheit verschwunden. In einem 
zweiten Falle lag unbedingt Schulterlahmheit vor, die auf die 
Einspritzung wohl verschwand, aber später wiederkehrte. Auch 
ich habe nach einer solchen Einspritzung Vergiftungserscheinungen 
zu Gesichte bekommen, jedoch nicht, wie College Meinicke be¬ 
richtet, Tobsuchtsanfälle, sondern Kolikerscheinungen, mit Unruhe, 
Kratzen, Heben des Schweifes etc., die gewöhnlich 5—6 Stunden 
nach der Einspritzung sich einstellen und recht lange anhalten, aber 
ohne Gefahr und vielleicht der verwendeten grossen Dosis zuzu¬ 
schreiben sind. Ich bitte um Mittheilung weiterer Erfahrungen. 

Koch-Borby: Ich habe nicht gewusst, dass dieses Mittel 
schon so lange bekannt, ich habe erst kürzlich davon gelesen 
und dasselbe auch angewendet. Ein Pferd, welches seit elf 
Wochen vorn lahm und an dem alles Mögliche ohne Erfolg ver¬ 
sucht, wurde von mir nach vorherigem Hungern an der rechten 
Schulter eingespritzt. Zwei Stunden später stand das Thier ganz 
steif mit erweiterten Pupillen, und war eiskalt über den ganzen 
Körper. Nach 8 Stunden fing es an zu fressen, und nachdem es 
am dritten Tage hinausgeführt wurde, war die Lahmheit vorüber. 
Es wurde vorgespannt, ungenirt damit gefahren und ist bis jetzt 
ohne Rückfall geblieben. 

Fenner-Lübeck: Ich muss bemerken, dass nicht Tempel, 
sondern ein Italiener es gewesen ist, der zuerst diese Injection 
gemacht und empfohlen hat. Die Zusammensetzung von Atropin 
und Morphium ist eigentlich nicht richtig, da diese beiden Mittel 
Antidote sind, Irotzdem sind sie viel angewandt, haben geholfen 
und nicht geholfen; zu empfehlen sind sie wohl nur gegen rheu¬ 
matische Leiden, aber die Diagnose ist häufig recht schwer. Ich 
behandelte einen Fall mit diesem Mittel, aber in weit geringerer 
Dosis (0,005 -f- 0,002), sah freilich keine Vergiftungserscheinungen, 
aber auch keine Heilung. Von Veratrin-Einspritzungen habe ich 
ähnliche Vergiftungserscheinungen beobachtet. 

Reimers-Hohenwestedt: Ich habe eine ganze Reihe Pferde 
mit dem fraglichen Mittel wegen Lahmheit behandelt und gute 
Erfolge erzielt 1. Ein Pferd, welches schulterlahm und bei dem 
ich Verschiedenes versucht hatte, spritzte ich ein, worauf Besse¬ 
rung eintrat, nach acht Tagen machte ich eine zweite Injection, 
und die Lahmheit schwand. 2. In diesem Falle der Buglahmheit 
liess ich das Pferd nach der Einspritzung acht Tage auf dem 
Stalle stehen, es war dann geheilt. 3. Das buglahme Pferd 
hatte eine harte Anschwellung am Gelenk — Arthritis —, 
das Thier wurde weder nach der ersten, noch zweiten Ein¬ 
spritzung geheilt. 4. Hier lag acute Buglahmheit vor, indem 
das Pferd mit der Schulter gegen einen Baum gelaufen war, 
Anschwellung und bedeutende Schmerzen zeigte. Auf die In¬ 
jection trat nach 9 Stunden schwere Kolik mit angestrengtem 
Athem, aufgetriebenem Bauche, glanzlosem Blicke, häufigem Koth¬ 
absatze ein, welche Erscheinungen auf eine Eserineinspritzung 
nach 10 Stunden verschwunden waren und nach acht Tagen war 
das Thier geheilt. 5. Hier lag Zerrung der inneren Schulter¬ 
muskeln vor, das Bein wurde etwas seitwärts gestellt, die Ein¬ 
spritzung rief nach neun Stunden Kolikerscheinungen hervor, 
welche acht Stunden andauerten. 6. Ein Pferd war auf dem 
rechten Vorderfusse ausgeglitten, buglahm geworden, aber auf die 
Einspritzung in acht Tagen geheilt. 

Hiernach nehme ich an, dass das Mittel bei Muskelaffectionen 
und rheumatischen Leiden angebracht ist. 

Fenner-Ltibeck: Zwei von dem Vorredner aufgeführte 
Fälle eignen sich meines Erachtens entschieden nicht für diese 


569 

Einspritzung, denn wo offensichtlich Quetschung und Muskel¬ 
zerrung vorliegen, darf man nicht zu solchen Mitteln greifen, da 
reichen andere aus. 

Struwe-Kiel: Ich ermahne ebenfalls zur Vorsicht mit der 
Anwendung dieser Einspritzung; ich bin der Ansicht, dass kein 
Nutzen damit gestiftet wird, wo mechanische Veränderungen in 
den Geweben vorliegen, sondern es ist ein Aushilfsmittel, wo nichts 
Ursächliches zu finden ist. 

Braasch-Thürk: Ich habe in drei Fällen diese Injectionen 
angewendet, zuerst bei einem jungen Pferde mit Kreuzlähme 
von der Art, dass namentlich eine Zerrung und Steifheit, Gespannt¬ 
sein in den Muskeln und deren Fascien angenommen werden 
musste, aber ohne Nutzen, — dann bei einem Pferde wegen Rhehe 
mit Muskelaffection, auch resultatlos; zuletzt bei einem Hunde, 
einer grossen Dogge, ohne Erfolg; das Thier bekam aber schon 
l U Minute nach der Einspritzung heftiges Erbrechen. 

Drews-Oldesloe: Ich habe ein Pferd mit Kreuzlähme, die 
vier Wochen bestanden hatte, in dieser Weise behandelt, jedoch 
ohne Erfolg, die Muskulatur schien erschlafft. 

Der Vorsitzende: Ich resumire über das Gehörte, dass wir 
uns nicht zu grossen Illusionen über die Nützlichkeit dieses 
Mittels hingeben dürfen, und dass eine Anzeige zum Versuche 
vorliegt, wenn es sich um chronische Lahmheiten handelt, die in 
einer Muskelzerrung oder Nervenleiden begründet liegen. 

Masch-Wilster: Ich habe 12 Fälle der Schulterlähme mit 
dem Mittel behandelt, wovon 8 geheilt wurden; das eine Pferd 
wurde sofort angespannt und grössere Strecke gefahren, ermattete 
aber, — ein anderes ging nach der Einspritzung in der Runde, 
litt anscheinend an Meningitis. Die Vergiftungserscheinungen 
habe ich besonders bei alten und mageren Pferden beobachtet, 
nach Anderen sollen sie auch bei gut genährtem Zustande auftreten. 

Wulf-Bornhöved: Ich habe in sechs Fällen von Schulter- 
läbme die volle Dosis eingespritzt und nur einmal Vergiftungs- 
erscheinungen gesehen, Misserfolge ergeben sich bei Arthritis. 

Fenner-Lübeck: Ich nehme an, dass die Stärke der 
Wirkung des Atropin-Morphium davon abhängig ist, ob zufällig 
bei der Einspritzung ein Lymph- oder Blutgefäss getroffen wird. 

,Eiler-Flensburg glaubt andererseits, dass die Kolik¬ 
erscheinungen alsdann auftreten werden, wenn ein Leberleiden 
gleichzeitig vorliegt. 

Der Vorsitzende stellt darauf die Behandlung der „Bebärpareae 
vermittelst Jodkalium“ zur Discussion und bittet, nur die präktischen 
Erfahrungen über die Wirkung mitzutheilen, nicht aber auf 
Symptome und Ursachen der Krankheit einzugehen. 

Eiler-Flensburg: Der Thierarzt Hansen-Hollehit ent¬ 
schuldigt wegen Kränklichkeit sein Ausbleiben und hat mir einen 
Brief zugestellt, in dem er seine Resultate mittheilt und haupt¬ 
sächlich Aufschluss über die eventuelle Nothschlachtung in solchen 
Fällen wünscht. Herr Bansen hat seit vorigem Octobermonat 
72 Kühe wegen Milchfieber mit Jodkalium behandelt, von denen 
20 Fälle einen ungünstigen Verlauf genommen haben. Zwei Kühe 
sind nach gehobener Krankheit am zweiten und dritten Tage 
in Folge starker und brandiger Euterentzündung gestorben, 
welches später nicht wieder passirte, nachdem gleichzeitig das 
Euter mit Lysollösung gut abgewaschen worden war. Eine Kuh 
zeigte acht Wochen nach dem Kalben die Erscheinungen der 
Gebärparese und genas nach der Injection in kurzer Zeit, sie zeigte 
eine Temperatur von 37,6 °; — eine andere Kuh zeigte die Krank¬ 
heit vor dem Kalben, die Geburt wurde leicht beschafft und die 
Behandlung mit Erfolg geleitet. Ich darf darauf aufmerksam 
machen, dass der hier anwesende College Thoisen-Schotzbüll 
einige Aufschlüsse über die erlangten Resultate in Dänemark 
geben kann. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 





560 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


Thoisen-Schotzbüll: Soweit ich habe Notizen machen können 
in der zn Kopenhagen abgehaltenen Versammlung, sind in Däne¬ 
mark die Resultate von 1660 Milchfieberfällen gesammelt, die mit 
Jodkalium behandelt wurden. Es sind davon im Ganzen zur 
Heilung gelangt 86,4 pCt., in der Paralyse 4 pCt. und notk- 
geschlachlet oder an Folgekrankheiten eingegangen 9,6 pCt. 
Ueber 874 Fälle sind nähere Aufzeichnungen gemacht, was das 
Alter und die Zeit des Eintrittes der Krankheit anbelangt. 
Darnach tritt die Krankheit am häufigsten nach dem siebenten 
bis neunten Kalbe und zwischen 18 und 24 Stunden nach dem 
Abkalben auf; sieben Fälle sind vor der Geburt beobachtet und 
im Ganzen nur 44 Fälle über 48 Stunden nach derselben. Ich 
habe selber im Laufe des letzten Jahres 47 Fälle behandelt, 
wovon 40 in Genesung übergingen, drei Kühe sind gestorben an 
Folgekrankheiten — Metritis, Lungengangrän, Nierenblntung, 
am fünften bis sechsten Tage, andere wegen Lähmung getödtet. 

Lubeseder-Elmshorn: Ich habe im letzten Jahre 60 Fälle 
behandelt, davon 45 mit Jodkalium und 15 nach älteren Methoden. 
Von den ersteren genasen 33, den letzteren sieben resp. zwölf 
und acht sind geschlachtet, theils gleich, tlieils später. Euter- 
entzünduog ist vier Mal eingetrefen, aber geheilt. Neben 
der Injection des Jodkaliums habe ich nach Umständen noch eine 
innere Behandlung mit Ricinusöl, Aloe, Glaubersalz oder Coffein- 
Einspritzung für nothwendig erachtet. Eine Kuh, die nur mit 
dem Mittel innerlich behandelt wurde, musste geschlachtet 
werden; zuweilen lässt Alles im Stiche. 

Eckeberg-Schuby: Von den 25 behandelten Kühen sind 
19 innerhalb 6 bis 24 Stunden geheilt worden und aufgestanden, 
zwei in der Parese gestorben, vier geschlachtet auf Wunsch der 
Besitzer zwölf Stunden in der Krankheit, wovon die eine Uterus¬ 
vorfall gehabt, eine bereits Genesene einen solchen nach fünf 
Tagen bekam. ; 

Hansen-Hadersleben: Zunächst möchte ich den Angaben 
des Herrn Thoisen noch Näheres hinzufügen. Von den 
1660 Kühen sind 1380 ohne Nachkrankheiten geheilt, 203 ge¬ 
storben, 27 wegen Lahmheiten und 14 wegen Fremdkörper¬ 
pneumonie geschlachtet, Jodvergiftung ist selten aufgetreten, 
mehrere Male Zerreissung des Zwillingsmuskels. Die Injectiopen 
sind vermittelst eines Trichters mit Gummischlauch und Katheter 
gemacht und es ist fast immer Luft mit in die Eutercisterne ein¬ 
gedrungen. Selbst habe ich 30 Kühe behandelt, wovon drei in 
der Parese gestorben, eine am vierten Tage, diese hatte Lungen- 
tuberculose; mehrere waren leberkrank, eine Kuh hat vier Wochen 
gelegen und ist darnach geheilt. Auch Bromkalium soll bereits 
Verwendung gefunden haben. , 

Koch-Borby: Zunächst bin ich ein Gegner der Noth- 
schlachtung beim Kalbefieber, sobald die Behandlung eingeleitet 
worden ist. Ich habe 37 Fälle zur Behandlung bekommen, 
wovon fünf zum Tode führten, bei dreien dieser ergab die Section 
Tuberculose, 24 Kranke standen innerhalb 24 Stunden auf, sechs 
nach48Stunden undzwei nachdreiTagen,eineKuhverlorzweiZitzen, 
vielleicht vom Drucke herrührend, eine wurde ganz trocken; die 
Gestorbenen waren alle Hofkühe. Innerliche Mittel verwende ich 
nicht, nur lasse ich fleissig Kaltwasserclystire appliciren. 

Petersen-Leck: Die beiden von mir behandelten Kühe, die 
eine nur mit Jodkalium, die andere nebenbei mit Aloe und Coffein 
behandelt, sind beide nach 36 Stunden gestorben, nachdem.sie 
soweit gekommen, dass sie aufrecht lagen und Getränk zu sich 
genommen; Section «gab negativen Befund. 

Struwe-Kiel: In 19 Fällen sind 17 geheilt und zwei ge¬ 
storben, auch ich stimme mit College Koch darin überein, dass 
für diese Krankheit die Nothschlachtungen aufhören müssen. 

Thoisen-Schotzbüll: Ich bringe andere Mittel, namentlich 


auch nicht Laxantien mehr zur Anwendung, dagegen halte ich 
es für erforderlich, wo Herzlähmungsgefahr vermuthet werden 
muss, zu Camphoriryectionen zu greifen. Ich kann hier drei 
Fälle anführen, die unbedingt zum Tode hätten führen müssen, 
wenn ich nicht diese Injectionen angewendet hätte. In einem 
Falle lag das Thier mit aus dem Maule hängender Zunge, 
schnappte nach Luft mit aufgeblasenen Backen und hatte eine 
Temperatur von 35,8; es wurde sofort eine subcutane Camphor- 
einspritzung gemacht — ein Theil Camphor, sechs Theile Spirit, 
aether. —, nach einer Stunde noch eine, die Temperatur stieg 
dann auf 36,9, nach zwei Stunden auf 37,4 und nach weiteren 
zwei Stunden auf 38,4, womit das Thier auf Alles reagirte und 
genas. In einem anderen Falle war die Krankheit bereits 
gehoben, das Thier munter, bekam aber nach 36 Stunden einen 
schweren Rückfall mit vollständigem Collaps; es wurden drei 
Campkoreinspritzungen in zwei Stunden applicirt und die Gefahr 
war vorüber; ähnlich ging es in einem dritten, wo auch die sehr 
niedrige Temperatur bald sich hob. Ich halte diesen Eingriff für 
absolut nothwendig und rat he von jeglicher Nothschlachtung nach 
Einleitung einer Behandlung ab. 

Fenner-Lübeck: Ich habe freilich nur eine Kuh nach 
dieser Methode behandelt, die leider gestorben ist; wenn andere 
Collegen Euterentzüudungen nach der Anwendung von Jodkalium 
und Fremdkörperpneumonie nach letalem Ausgange gesehen 
haben, so ist das erklärlich. Anders steht es mit der eigen¬ 
artigen Wirkung des Jodkaliums in dieser Krankheit. Es ist 
ein Mittel zur Resorption von Exsudaten und deshalb nehme ich 
an, dass bei diesem Leiden Oedem im Gehirne die Hauptursache 
ist, und glaube nicht, dass sich im Euter durch Zerfall ein Gift 
bildet. Aus diesem Grunde meine ich, dass die innerliche Ver¬ 
abfolgung des Jodkaliums gute Dienste leisten könnte, jedenfalls 
wäre es des Versuches werth; ich möchte sogar soweit gehen, 
das Mittel vor dem Eintreten des Kalbefiebers als Propbylakticum 
zu verabreichen. 

Drews-Oldesloe: Ich habe mehrere günstige Fälle zu ver¬ 
zeichnen gehabt; aber bin der Meinung, dass die mehrfach ein¬ 
tretende Euterentzündung und das vollständige Fehlen des 
Appetits nach tiberstandeuer Krankheit dadurch hintangehalten 
werden können, dass das Natr. jodat. als milderes Mittel anstatt 
dessen Verwendung findet. Die Thiere sind gewöhnlich nach 6 
bis 8 Stunden aufgestanden und fangen an zu fressen, während 
sie bei derBeliandlung nach anderen Methoden erstAppetit bekommen 
und dann aufstehen. Der Jodismus tritt gewöhnlich nach 24 Stun¬ 
den auf mit Nasenfluss; Necrose äusserlich habe ich nicht be¬ 
obachtet, dagegen glaube ich, dass es rathsam ist, die Kuh nach 
dem Aufstehen recht häufig zu melken. 

Voliers-Altona: Ich glaube nicht, das die Erscheinungen 
des Schnupfens und Nasenflnsses anf Jodismus zurückzuführen 
sind, da erfahrungsmässig viel grössere Gaben und längere Ver¬ 
wendung hierzu erforderlich sind. 

Kreutzfeld-Eutin: Ich habe 15 Fälle behandelt, wovon 
2 Kühe gestorben sind, bei 5 habe ich am nächsten Tage noch 
die halbe Dosis mehr appliciren müssen, in 2 Fällen trat Euter¬ 
entzündung ein, in einem mit kleinen Knötchen in der Haut des 
Euters; ich nehme an, dass das zum Abwaschen benutzte 
Wasser nicht rein genug gewesen ist. 

Eggeberg-Schuby: Ich habe Gebrauch davon gemacht, 
recht viel Luft mit zu infundiren; in diesem Falle habe ich am 
dritten Tage nach dem Aufstehen Euterentzündung beobachtet 
und glaube deshalb, dass die Luft es gemacht hat. Abführmittel 
halte ich auch für entbehrlich, sie können unter Umständen erst 
nach 3 Tagen nützliche Verwendung finden. 


Digitized by LjOOQie 


24. November 1898. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


561 


Thoisen-Schotzbüll: Wahrend meiner 29jährigen Praxis 
habe ich 696 milchfieberkranke Kühe behandelt, aber nur in den 
ersten Jahren Abführmittel gebraucht; am meisten habe ich stets 
von Catnphor gehalten, nur durfte ich ihn früher nicht recht an¬ 
wenden, weil die Besitzer sich stets das Schlachten vorbehielten; 
dagegen empfehle ich dringend kalte Klystiere. 

Mayfart-Lensahn: Ich habe 17 Kühe nach dieser Methode 
behandelt, wovon 5 crepirt sind. Von den genesenen bekam die 
eine Euterentzündnng, der letale Ansgang erfolgte bei einer 
Kuh schon nach einer Stunde, bei einer anderen infolge Lungen¬ 
entzündung am dritten Tage. Hieran möchte ich den Vorschlag 
knüpfen, dass von Vereins wegen eine Statistik über die Erfolge 
dieser Behandlungsmethode aufgestellt werde, in dem jedem Mit- 
gliede ein vom Vorstande ausgearbeitetes Formular zuzustellen 
sei, worin die verschiedenen wichtigen Momente aufgeführt sein 
müssen und auch über die Verabreichung des Mittels per os zu 
berichten wäre. Ich erlaube mir, einen Entwurf zu diesem For¬ 
mulare zu überreichen. 

Nachdem Eiler-Flensburg hierzu noch bemerkt, dass auch 
den Nichtmitgliedern ein solches Formular zur Ausfüllung zu¬ 
gestellt werden möchte, wurde ein dahingehender Beschluss gefasst. 

F o c k - Ahrensboek: Ich höre, dass neben Jodkalium auch 
häufig noch andere Mittel innerlich verwendet werden, und zwar 
dieselben, die früher allein im Gebrauche standen. Um aber die 
reine Jodkaliurawirkung kennen zu lernen und ein objectives 
Urtheil abgeben zu können, muss das Jodmittel nur allein 
zur Verwendung kommen. 

Koch-Borby: Ich möchte glauben, es wäre jetzt an¬ 
gebracht, Nothschlachtungen in diesen Krankheitsfällen über¬ 
haupt nicht mehr vornehmen zu lassen, und schlage vor, dass 
allgemein dagegen vorgegangen wird. 

T h o i s e n - Schotzbüll: Das Einbringen des Armes in den 
Mastdarm ist ohne Gefahr, und das Blut, welches beim Ansnehmen 
wahrgenommen wird, rührt nicht von Verletzungen mit den 
Fingern her, sondern ist bei milchfieberkranken Kühen sehr 
häufig im Dickdarm vorhanden. Ich habe hierüber die Erfahrung 
gemacht, dass, je mehr Blut vorgefunden wird, es desto 
schwieriger ist, die Thiere auf die Beine zu bekommen, auch 
findet sich Blutausschwitzung zwischen den Zwillingsmuskeln, wo¬ 
durch zunächst eine Anschwellung entsteht, die meistens mit 
Muskelruptur endet. Ferner ist häufig der Urin dunkel 
gefärbt, meistens aber nicht gleich, sondern erst 12 bis 
13 Stunden nach Beginn der Krankheit; ich sehe dies für eine 
Blutbeimischung an und halte deshalb auf die baldige Ent¬ 
leerung vermittelst des Katheters. Die Schwierigkeiten, das 
Thier hochzubekommen, haben ihren Grund hauptsächlich in 
einem Lähmungszustande des Herzens und ich bin deshalb dafür, 
diesem energisch entgegenzulreten. 

S ch m i d t - Kolstrup: Ob die Injectionen in das Euter mit 
oder ohne Luftsäulen gemacht werden, ist auf den Erfolg ohne 
Einfluss; die snbcutanen Einspritzungen haben sich resnltatlos 
erwiesen, aber auch Schmidt- Kolding hat zu Versuchen mit 
anderen Mitteln angeregt und um Staatsmittel zu diesem Zweck 
gebeten. 

D irck s - Lunden : Von 5 behandelten Kühen sind 4 ge¬ 
nesen, eine ist nothgeschlachtet. 

B r a a s c h - Thürk: Ich habe zwei leichtere, eiDen schweren 
Fall behandelt, alle mit Erfolg. In einem Falle ereignete sich 
ein Uterusvorfall, der allerdings leicht zu reponiren war, jedoch 
eine schlechte Prognose zuliess, indem schon eine Parese be¬ 
standen haben muss, weil eine halbe Stunde später das Milchfieber 
in hohem Grade vorhanden war und die Kuh sofort geschlachtet 
wurde. 


Nachdem noch S t r u w e - Kiel hervorgehoben, dass nach 
Beschränkung der Nothschlachtungen die Zahl der Genesungen 
noch zunehmen werde, und Fock- Ahrensboek seine Ver¬ 
wunderung ausgesprochen, dass noch so viele Nothschlachtungen 
hinter dem Rücken des Thierarztes vorgenommen würden, ob¬ 
gleich ein Gesetz für die Provinz bestehe, wonach in diesen 
Fällen stets ein Thierarzt zugezogen werden müsse, resumirte 
der Vorsitzende noch kurz: 

Der Erfolg der Behandlung mit Jodkalium hat sich 
als ein sehr günstiger erwiesen, indem über 80 pCt. 
geheilt worden sind, ferner ist ansserdem Camphor 
sowie Coffein mit Nutzen verwendet worden. Als 
Nebenkrankheiten sind besonders Entere ntzüdung, 
Fremdkörperpneumonie und Metritis beobachtet. 

Hiermit wird die Besprechung geschlossen. 

Der Vorsitzende leitet die Discussion über das Thema 
„Haemoglobinurle“ wegen Nichteintreffens des Referenten, Herrn 
Franzenburg - Schleswig, in folgender Kürze ein: 

Voliers-Altona: M. H.! Unter verschiedenen Benennungen, 
wie schwarze Harnwinde, Kreuzlähme, Nierenentzündung, Krenz- 
schlag, Rückenmarkstyphus, Lumbago, Hämoglobinurie etc., 
kommt nicht selten bei Pferden ein Leiden mit Schwäche in der 
Hinterhand vor, über dessen Wesen die Ansichten noch sehr ge- 
theilt sind. 

Namentlich stehen Dieck erhoff und Fröhner sich gegen¬ 
über in der Erklärung der Erscheinungen und Ursachen. 
Während Dieckerhoff mehr eine entzündliche Affection der 
Muskeln in der Hinterhand und das Vorhandensein einer Osteo¬ 
myelitis annimmt, wobei sich Hämoglobin ablagert, führt Fröhner 
die Ursachen auf Erkältung zurück, indem eine Störung der 
sensitiven Hautnerven von schädlichem Einflüsse auf den Stoff¬ 
wechsel ist, und dass sich nicht Hämoglobin in den Muskeln und 
dem Knochenmarke ablagert, sondern durch die Nieren aus- 
gesChieden wird. Diese Streitfragen haben wir hier nicht zu er¬ 
ledigen, fest steht für uns, dass schwere, kaltblütige Pferde, die 
schweres Körnerfutter bei Stallruhe bekommen, von der Krankheit 
befahlen werden, wenn sie alsdann wieder in Gebrauch genommen 
werden. Es steht ferner fest, dass eine parenchymatöse Muskel- 
Nierenentzündung vorhanden ist mit dunklem, mit Hämoglobin 
untermischten Urin, dass die Kruppenmuskel ein- oder beiderseitig 
stark geschwellt und deshalb das Thier nicht im Stande ist, zu 
stehen und zu gehen. Die Muskelschwellung wird von Diecker¬ 
hoff als willkürlich von dem Thiere hervorgebracht angesehen, 
um die durch die Osteomyelitis angegriffenen und schmerzhaften 
Extremitäten zu schonen. Einzelne Fälle sind so leichter Natur, 
dass die Thiere nicht einmal zum Liegen kommen, häufig auch 
ohne Fieber; in anderen Fällen sind die Erscheinungen sehr 
heftige mit ergiebigem Schweissansbruche, Stöhnen, Unruhe und 
Zucken. Was die Behandlung anbelangt, so ist vor Allem Schutz 
der Haut gegen Decubitus erforderlich, weshalb das Thier am 
Besfen auf Torfstreu zu legen ist und dann, dass es Wasser zu 
sich nimmt, deshalb ist der Durst anzuregen durch Glaubersalz 
Natr. bicarb. in grossen Mengen, auch Eserineinspritzungen haben 
sich bewährt, und äusserlich auf den Kruppenmuskeln ist entweder 
eine scharfe Einreibung zu appliciren oder besser heisse Säcke 
anzulegen. Als Nachkraukheiten erweisen sich häufig halbseitige 
Lähmungen, die von recht langer Dauer sein können. 

Ich stelle das Thema hiermit zur Discussion. 

Schlüter-Kiel: Ich habe häufig Gelegenheit gehabt, solche 
Thiere in Behandlung zu nehmen, habe sie aber meistens 
schlachten lassen müssen. Am meisten ist die Krankheit bei 
mehr oder minder gut genährten Pferden in der heissen Jahres¬ 
zeit alsdann aufgetreten, wenn dieselben lange gestanden, auf 


Digitized by 


Google 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 47. 


562 

Höfen vor dem eigentlichen Kleesclinitte. Das häufige Wenden 
ist Hauptsache. Bei der Section eines Falles zeigten sich die 
Kruppenmuskeln stellenweise ganz blass, in anderen Partien mit 
hämorrhagischen Exsudaten, und das Blut war venös dunkel 
gefärbt. 

Koch-Borby: Ich habe beobachtet, dass die Krankheit be¬ 
sonders im Winter bei Kälte und rauher Luft auftritt, dass bei 
der Behandlung namentlich für das Ablassen des Urins gesorgt 
werden muss, welches bei Stuten ja leicht ist, bei Wallachen 
durch den Mastdarm, vermittelst Druckes auf die Blase zu ge¬ 
schehen hat, und dass bei der Section die Kruppenmuskeln wie mit 
Tinte durchtränkt erscheinen, auch das Fleisch von den Knochen 
gelöst ist. 

Rn s er -Kiel: Die Krankheit kommt am häufigsten bei 
schweren Pferden nach mastigem Futter, nach vorangegangener 
längerer Ruhe, vor, und ist desshalb, namentlich an Feiertagen 
in diesen Fällen nur die halbe Ration zu geben, um eine Stockung 
im Stoffwechsel durch zu starke Nahrungsmittel hintan zu halten. 
Auch bei Rindern habe ich die Krankheit beobachtet nach langen 
Transporten. 

Nach dem noch Fenner-Lübeck bemerkt, dass die Krankheit 
bei Militärpferden nicht vorkommt, Veratrin ohne Erfolg ange¬ 
wendet ist; — Braasch-Thürk besonders heisse Säcke über 
dem Kreuze empfiehlt und ein fettes dänisches Pferd mehrere 
Male so behandelt habe, die Krankheit jedoch leichteren Grades 
gewesen sei; — und Struwe-Kiel noch auf das Schwinden der 
Kniescheibenmuskeln als Nachkrankheit aufmerksam gemacht 
hatte, wurde vom Vorsitzenden auf die Fälle von Kreuzlähme 
mit tödtlichem Ausgange verwiesen, die sich in der Eiderstedter 
und Wüster Marsch zugetragen hätten. 

Harmsen-Süderstapel und Claussen-Husum berichteten 
über die ersteren. Hiernach seien in einem Stalle in kurzer Zeit 
zwei Pferde gestorben, eines wieder zugekauft, aber bald nach 
einem anderen Stalle zu zwei Pferden gebracht und alle drei mit 
Tod abgegangen, ausserdem sei noch eins bei einem Nachbarn 
unter gleichen Erscheinungen umgestauden. Ueber das Wesen 
und die Ursachen seien damals alle möglichen Untersuchungen an¬ 
gestellt, aber ein einwandfreies Resultat nicht erzielt. 

Masch-Wilster hatte während des Sommers bei Stallfütterung 
Gelegenheit, auf fünf Höfen, die alle an einem und demselben 
Wasserlaufe lagen, plötzliche Erkrankungen und Todesfälle zu 
beobachten. An der ersten Stelle erkrankten vier Pferde, wovon 
drei geheilt wurden, an der zweiten starben zwei, an der dritten 
eins, an der vierten erkrankten zwei und genasen, ebenfalls an 
der fünften wurden fünf Pferde geheilt. Die Recherchen ergaben, 
dass ein sogenannter, im Schatten und von Bäumen umgebener 
Hofgraben, der mit abgefallenen Blättern zum Theil gefüllt, in 
vielen Jahren nicht gereinigt worden war; von dem darin be¬ 
findlichen Wasser waren alle Thiere getränkt. 

Claussen-Husum hat bei einem Mühlenbesitzer drei Pferde 
secirt, die schlecht genährt waren, und blutige Nierenentzündung 
constatirt, während der Urin in der Blase normal war. Es war 
im Januar; die Ursachen sind nicht ermittelt, wenn auch auf 
Schachtelhalm und schlechtes Heu gefahndet wurde. 

Thoisen-Schotzbüll glaubt, dass die Fälle, wo der Urin 
nicht gefärbt gewesen ist, dem sogenannten Rückenmarkstyphus 
angehören. Kreutzfeld-Eutin hebt hervor, dass nach Professor 
Möller der Schwund der Kniescheibenmuskel auf eine Störung 
im nerv, crural. zurückzuführen ist. 

Lubeseder-Elmshorn erwähnt einen Fall, wo drei Pferde 
in eigenartigerweise erkrankt waren; im Stalle war den Thieren 
anfänglich nichts anzusehen, beim Gehen knickten sie hinten zu¬ 
sammen, richteten sich wieder hoch; Muskelspannung am Rücken 


war nicht vorhanden, der Urin hell. Die Thiere schwanden all- 
mälig hin und starben. Es wurde Vergiftung mit Taumellolch, 
Lolium tremulentum, angenommen. 

Koch-Borby führte einen Fall an, wo bei einem Pferde eine 
grössere Geschwulst auf dem Rücken und eine am Schenkel sich 
befand mit einer kleinen Oeffnung; als Ursache derselben wurde 
die Anwesenheit von Oestruslarven ermittelt. 

Nachdem der Vorsitzende noch der Lahmheit auf einem 
Vorderfus8e bei einem Pferde Erwähnung gethan, die grosse 
Aehnlichkeit mit der Hufgelenklähme gehabt, aber es sich beim 
Schlachten herausgestellt, dass das Strahlbein gänzlich fehlte, 
dankte er für die interessanten Verhandlungen und die reiche 
Betheiligung an den Discussionen. 

Schluss um ll'/j Uhr Abends. 

Das im Vorjahre von Pflanz-Canth vorgezeigte Embryo¬ 
tom wurde in wesentlich verbesserter Form und Ausführung 
von Wessel-Wilster demonstrirt und fand allseitige Anerkennung. 

Eiler, 

Schriftführer. 


Tagesgeschichte. 

Die Art der Seuchen-Anzeigen vor Gericht. 

Das Gesetz betr. die Abwehr und Unterdrückung der Vieh¬ 
seuchen schreibt bekanntlich die Anzeigepflicht für Seuchen vor, 
ohne die Form der Anzeige zu bestimmen. Für den gesunden 
Menschenverstand ergibt sich nur eine selbstverständliche Forde¬ 
rung, dass die Anzeigepflicht möglichst schnell erfüllt werde. 
Es gibt aber nun einmal eine Anzahl untergeordneter Beamter, 
denen nicht sowohl die Sache, als das Schreibwesen am Herzen 
liegt und die sich herausnehmen, dem Worte Anzeige eine Aus¬ 
legung nach ihrer Manier zu geben, indem sie darunter nur ein 
Schriftstück verstehen wollen. 

Schon vor einiger Zeit konnte ein solcher Fall aus 
dem Rheinland mitgetheilt werden, wo ein Polizeibüreau- 
beamter eine telephonisch erstattete Anzeige nicht beachtet, 
vielmehr eine Anklage wegen Unterlassung der vorschrifts- 
mässigen Anzeige veranlasst hatte. Das Gericht erkannte 
dort unter Freisprechung des Angeklagten, dass eine Anzeige 
durch das Telephon vollgiltig und wegen ihrer Schnelligkeit auch 
zweckmässig sei. 

Ein ähnlicher Fall gelangte neulich vor dem Landgericht zu 
Stendal zur Verhandlung. Der Bürgermeister F. hatte angezeigt, 
dass der Wirthschaftsführer S. und der Thierarzt R. die Anzeige 
eines Lungenseucheausbruches unterlassen hätten. Das Schöffen¬ 
gericht verurtheilte die Angeklagten. Der Sachverhalt war 
folgender: Thierarzt R. hatte eine Kuh behandelt, ohne eine 
Diagnose stellen zu können. Es wurde darauf Kreisthierarzt E- 
als consultirter Privatthierarzt zugezogen. Dieser fand ver¬ 
dächtige Symptome, empfahl die sofortige Schlachtung und con- 
statirte die Lungenseuche. Hierauf schickte der Angeklagte 8. 
sofort einen Boten zum Bürgermeister F. zum Zweck münd¬ 
licher Anzeige des Ausbruches der Lungenseuche. Der 
Bürgermeister erschien auch infolge dessen nach einer halben 
Stunde auf dem Seuchengehöft und besichtigte die geschlachtete 
Kuh. Vor Gericht behauptete der Bürgermeister F., die münd¬ 
liche Mittheilung sei keine Anzeige. Der als Sachver¬ 
ständiger geladene Geheimrath Dieckerhoff bekundete noch, 
dass dem Thierarzt R. daraus, dass er die Lungenseuche vor der 
Schlachtung nicht habe feststellen können, ein Vorwarf der 
Anzeigevernachlässigung nicht gemacht werden könne. D* e 
Strafkammer sprach die Angeklagten frei und legte sämmtliche 
Kosten der Staatskasse auf. In der Begründung wurde hervor- 


Digitized by kjOOQie 




24. November 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


668 


gehoben, dass die Anzeige nach Feststellung der Senche unver¬ 
züglich erfolgt sei und dass durch die mündliche Form der An¬ 
zeige dem Gesetz Genüge geschehen sei. 

Zur Verbesserung der thlerfirztllchen Vorbildung. 

Die Gesellschaft Schweizerischer Thierärzte hat an den 
Schweizerischen BundeBrath eine eingehend und sehr gut motivirte 
Eingabe gerichtet, welche in der dringenden Vorstellung gipfelt, 
dass für die Thierärzte dieselbe Vorbildung wie für die Aerzte 
unbedingt erforderlich sei. 

Rangverhältaisse. 

Bei der von den Kreisthierärzten angestrebten Rangerhöhung 
dürfte die seit 3 / 4 Jahren geregelte Rangstellung der Lehrer an 
den fast in jeder Provinz errichteten Kgl. Baugewerkschulen von 
allgemeinem Interesse sein. 

Die fraglichen Lehrer sind Architecten, die nur die Reife 
für Obersecnnda auf der Schule erreicht zu haben brauchen. 
Nach vorangegangener praktischer Ausbildung haben dieselben 
sechs Semester an einer technischen Hochschule Vorlesungen 
gehört. Ohne irgend ein Examen bestanden zu haben, werden 
dieselben Kgl. Oberlehrer und gehören der V. Rangklasse an 
Die Hälfte derselben wird Professoren, ein Drittel letzterer erhält 
den Rang der Räthe IV. Klasse. S . . . j. 

Vereinsnachrichten. 

Der Brandenburger thlerarztliche Verein hielt am 13. November 
seine von 50 Mitgliedern besuchte Herbstversammlung ab. Die 
Sitzung nahm, dank der gehaltenen Vorträge, einen sehr ange¬ 
regten Verlauf. 

Departementsthierarzt Buch sprach über die Beseitigung 
von Milzbrandcadavern und die Untersuchung des Milz¬ 
brandblutes. Hieran knüpfte sich eine vielseitige Discussion 
über die Zweckmässigkeit und Nachtheile des bisherigen Ver¬ 
fahrens. Das Thema wird den Gegenstand einer besonderen 
Veröffentlichung in der B. T. W. bilden. Der Redner demon- 
strirte ferner am Präparat eine interessante Mischinfection von 
Schweineseuche und Rothlauf. 

Kreisthierarzt Graffunder machte Mittheilungen über seine 
Versuche mit dem Hecker’schen Verfahren einer Schutz 
impfung gegen Maul- und Klauenseuche. Er forderte zu 
Versuchen mit dem neuerdings von Höchst zum Verkauf 
gestellten Seraphthin von Löffler & Frosch auf. Als einen 
Nachtheil müsse man abgesehen von dem Preise, der einer all¬ 
gemeinen Anwendung entgegenstehe, namentlich den Umstand 
bezeichnen, dass der Impfschutz erst nach drei Wochen eintrete. 
Die Hecker’scbe Lymphe immunisire, soweit ein Urtheil gestattet 
sei, sofort. Hecker habe sich übrigens nähere Mittheilung selbst 
Vorbehalten (siehe oben pg. 555). 

Sodann hielt derselbe Redner einen sehr instructiven Vortrag 
über das Prämiirungsverfahren und Pointirungssystem 
bei Rindern und forderte die Collegen dringend auf, sich in jeder 
Weise an den Aufgaben der rationellen Rinderzucht zu betheiligen 

Verein Kurhessischer Thierärzte. 

XXXIII. Generalversammlung, Sonntag den 27. November 1898, 
Vormittags 10 Uhr, im Hotel zum „Casseler Hof' in Cassel. 

(Daselbst am Abend vorher Zusammentreffen.) 

Tagesordnung. 

1. Geschäftliche Mittheilungen. Rechnungs-Ablage. 

2. Bericht über die VI. Plenarversammlung der Central-Ver¬ 
tretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 
21. und 22. Mai 1898. Referent: Herr Veterinär-Assessor 
Tietze-Cassel. 


3. Differential-Diagnostisches über Rothlauf des Schweines und 
Schweineseuche. Referent: Herr Docent Dr. Olt-Hannover. 

4. Mittheilungen aus der Praxis: über Geflügel-Cholera, Be¬ 
handlung der Kolik. Referent: Herr Dr. Rievel-Marburg. 

5. Neuwahl des Vorstandes. 

Hannover, 12. 11. 1898. Der Vereins-Präsident: 

Dr. Kaiser. 

Thierärztilcher Verein von Elsass-Lothringen. 

Generalversammlung in Strassburg, Guttenbergplatz (Hotel 
du Commerce, Saal der Gesellschaft zur Förderung der Künste, 
Ackerbau und Wissenschaften) am Sonntag, den 4. December 1. J., 
Vormittag 11 Uhr. 

Tagesordnung. 

1. Verlesung des Protokolls der letzten Generalversammlung. 

2. Commissionsbericht betr. die Gründung einer Kranken- und 
Unterstützungskasse. Referent: Herr Zündel. 

3. Vortrag des Herrn Schlegel, vom thierhygienischen Institut 
in Freiburg i. B., über „Moderne Seuchenforschung“. 

4. Vortrag des Hern Mandel über „Beamtete Thierarzte und 
praktische Thierärzte“. 

5. Vortrag des Herrn Haas über „Die Genickbeule beim 
Rind“. 

6. Vortrag des Herrn Zündel über „Die Einrichtung einer 
Wasenmeisterei nach System Otte in Mülhausen“. 

7. Wahl eines 2. Delegirten zum Deutschen Veterinärrath. 

8. Vorschläge für die nächste Generalversammlung. 9. Wahl des 
Ortes der nächsten Generalversammlung. 10. Verschiedenes. 

Nach der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen im 
Hotel zur Krone. 

Der I. Schriftführer: Der Präsident: 

J. Zündel. V. Haas. 

Quittung. 

In Vollmacht von zwei Herren in Dresden, deren Namen mir 
nicht mitgetheilt sind, wurde mir durch Herrn Medicinalrath 
Prof. Dr. Johne als jährlicher, jedes Mal am 1. October zu 
zahlender Erziehungsbeitrag für die Kinder meines verstorbenen 
Bruders die Summe von 250 M. zugesichert und der erste Beitrag 
für das Jahr 1898 ausgezahlt, worüber hiermit herzlich dankend 
quittirt wird. 

Dresden, den 19. November 1898. Dr. A. Eber. 


Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Geflügel-Untersuchungen. 

Das Polizeipräsidium von Berlin hat unterm 6. November 
folgende Bekanntmachung erlassen: 

Es ist verboten, die auf den Bahnhöfen Lichteuberg-Friedrichs- 
felde, Viehstation und Rangirbahnhof Rummelsburg, Schlesischer 
Bahnhof, Ostbabnhof, Frankfurter Allee und Weissensee an- 
kommenden Rinder, Schafe, Schweine, Geflügel ausländischen Ur¬ 
sprungs sowie Gänse in- und ausländischen Ursprungs ohne vor¬ 
herige Untersuchung durch einen beamteten Thierarzt ausznladen 
bezw. vom Bahnhof zu entfernen. 

Ergebnisse tferTuberculln-lmpfungen in den Seequarantineanstalten. 

Im II. Quartal 1898 wurden in den Seeqnarantäneanstalten 
zu Kiel, Altona-Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Hvidding, 
Tönning, Warnemünde-Rostock, Lübeck und Hamburg eingeführt 
7068 dänische und — schwedische Rinder, von denen der 
Tuberculinprobe unterworfen wurden 7063 Stück. Von diesen 
wurden durch die Reaction verdächtig 1201 = 17 pCt. befunden. 


Digitized by LjOOQle 


564 


BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT. 


No. 47. 


Elsass-Lothringen. 

Unterm 9. November d. J. ist mit Rücksicht auf das Auf¬ 
treten der Maul- und Klauenseuche in französischen Grenzbezirken 
verordnet worden, dass „längs der französisch-elsass-lothringischen 
Grenze bis auf Weiteres bezüglich des Rindviehes, der Schafe, 
Schweine, Ziegen auch die Einfuhr von denjenigen Thieren verboten 
ist, welche infolge der für den kleinen Grenzverkehr nach Massgabe 
des örtlichen Bedürfnisses angeordneten besonderen Erleichte¬ 
rungen zollfrei eingehen“. 

Die Maui- und Klauenseuche in der Sohweiz 

beginnt laut „Vaterland“ im luzernischen Hinterlande unheimliche 
Dimensionen anzunehmen. In vier Gemeinden sind 36 Ställe mit 
370 Stück Grossvieh verseucht. 

Einfuhrverbot Italiens gegen die Schweiz. 

Ein unter dem 21. October d. J. veröffentlichtes Decret unter¬ 
sagt die Einfuhr von Ochsen, Kühen, Rindern, Schafen, Ziegen 
und Schweinen schweizerischer Herkunft nach Italien wegen der 
Maul- und Klauenseuche. Die Präfecten der Grenzprovinzen 
werden ermächtigt, die Einfuhr von Ochsen und Kühen 
schweizerischer Herkunft, die nicht von den Alpen kommen, zu 
gestatten, unter Befolgung nachstehender Bedingungen: 

1. Vorweisung eines Gesundbeitsscheines, aus dem hervor¬ 
geht, dass der Ort der Herkunft seit mehr als 30 Tagen seuche¬ 
frei ist. 

2. Die Transporte sollen ausschliesslich mit der Bahn er¬ 
folgen. 

3. Bei der Ankunft am Bestimmungsort sollen die Thiere 
einer zehntägigen Quarantäne unterworfen werden. 

Maul- und Klauenseuche auf Vieb-Stapelpiltzen. 

Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom 
Schlachthofe München am 17. Novbr. 

. ... .... W-. 

Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet 
vom Ueberständehofe zu Cöln am 15. Novbr. 

Ein Ausbruch auf dem Schlachthofe zu Breslau am 14. Novbr. 
ist am 15. Novbr. wieder getilgt worden; desgl. zu Strassburg 
am 21. Novbr. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Nachbars Rath in ViehnSthen oder: „Wie der Landmann erkranktes 
Vieh pflegen und heilen soll“. Langjährige Erfahrungen, mitgetheilt 
von Dr. L. Steuert, Professor an der Kgl. Bayer. Academife für 
Landwirtschaft in Weihenstepban, Verfasser von: „Das Buch vom 
gesunden und kranken Hausthier“. Preis 2,50 M. Grössere 
Posten billiger. Verlag von Paul Parey. 

Der obige Titel ist sehr schön. Es wäre in der Thai ein 
idealer Zustand, wenn jeder Bauer zum Nachbar einen Professor 
hätte, der ihm Rath in allen Nöthen ertheilt. Der Gedanke, 
diesen Zustand wenigstens in litteris lür zwei Mark fünfzig 
herbeizuführen, mnss daher ein ausserordentlicher genannt werden. 
Anch die Thierärzte werden einstimmig ausrufen: Wirklich 
ein netter Herr Nachbar! Schmakz. 


Personalien. 

Ernennungen : Dr. Schmidtmann, Geheimer Medicinalratb 
und Vortragender Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrichts¬ 
und Medicinalangelegenheiten, zum Mitglied der Technischen Depu¬ 
tation für das Veterinärwesen. Schlegel, Assistent an der thier- 
hygienischen Abtheilung des hygienischen Instituts zu Freiburg von 
der philosophischen Facultät daselbst promovirt. 

Zum Kreisthierarzt: Thierarzt T r o p s - Langen für den Kreis 
Worms. 


Schlachtbofverwalter C. Ullrich- Münster zum Scblaclu- 
hausdirector, Thierarzt H o h m a n n zum Schlachthofthierarzt in 
Hamburg. 

Bezirksthierarzt Kronburger -Beilngries pragmatisch an 
gestellt. 

Promotion: Thierarzt Johann- Teterow von der philosophischen 
Facultät der Universität Rostock. 

Approbationen: In Berlin Stud Herr Joseph Neubauer. 

Wohnsltzveräaderungen, Niederlassungen eto. : Verzogen: Thier¬ 
arzt R ö m e r- Melverode nach Oscbersleben, TKierarzt Feser- 
Starnberg nach Abensberg (Bay.), Thierarzt S t e n z e 1 - Rodenkirchen 
nach Springe (Hann.), Thierarzt H a n s e n - Nordballig nach Tritten 
(Holstein). — Tbicrarzt G e r k e hat sich in Lewe-Liebenburg a. fl., 
Thierarzt Neffgen in Miilheim a. Rh. — niedergelassen. 

In der Armee: Versetzt: Unterrossarzt D a i n g h a u s vom Art.- 
Rgt. No. 29, unter Beförderung zum Rossarzt in das Art-Rgt No. 13; 
Einj.-frw. Unterrossarzt Kurtzwig vom Garde - Train - Bat zum 
2 Garde-Drag.-Rgt 

Todesfälle: Oberamtstbierarzt Hausmann-Nürtingen, Ober¬ 
amtsthierarzt a. D. H e t z e 1 - Oberndorf a. N., Oberrossarzt Klett- 
Oels, Oberrossarzt a. D. Rob. Ibscher -Gubrau. 


Yacanzen. 

Kroisthierarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenbeim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem 
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De- 
cember 1898 an Regierungspräsidenten. — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. 

b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz io 
Zielenzig. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen 
(800 M. Zuschuss). 

Santtitsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Haltern: Thierarzt zum 1. Januar 1899 (ca. 1200 M. aus Fleisch, 
schau u. 800 M. Zusch. PrivatpraxiB.). Bew. b. 5. Dec. an Bürgermstr. 

— Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. 1899 (1800 M., 
fr. Wohnung,Privatpraxisgestattet).Meid, bis 15.Dec. an Bürgermeister. 

— S t r as b u rg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600M. bis2500H.. 
freie Wohnung). — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April 
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. December 
an Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacbt- 
hofasaintenzthierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthansbilft- 
thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

Privatstelle«: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt 
(aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher B- 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath.- 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. FleischschaugebühreD, 
Bewerb, an Magistrat — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬ 
rath. — Remberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an 
Magistrat — LandBberg a. W.: Assistent am Rothlauf-Serum-Inatitut 
(1800 M.), Bew. an DirectorDr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt 
(Einn. aus Fleischbeschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Tbierarzt 
(Zuschuss 200 M u. Uebertragung der Flei-tchschau). Bew. umgeh-ian 
Bürgerm. Igel. — Obermarsch acht (Elbe): Tbierarzt — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleiscbschau 1200 M.) Meid, au Polizei¬ 
verwaltung. — Poulheim (Kr. Köln): Thierarzt. (Eink. ca. 10000M.) 
Ausk. Gemeiudevorst. — Preuzlau: Assistent am Rothlauf-Serum- 
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier¬ 
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Scbön- 
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbex 
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬ 
mark): Näheres Thierarzt Kü h n - Joachimsthal. — Stoppe"' 
berg (bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürger¬ 
meister. — Z e h d e n: Thierarzt. Näheres durch Amtsratb Ehlert 
jn Grüneberg bei Zehden). 

Besetzt: Privatstellen: Hermeskeil, Callies, 


Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inieratenthcil) Prof. Dr. Schmält« in Berlin. - Verla* und Kiirenthnm von Rlohar.l SchoeU in Berlin. — Druck von W. BOrenrteU. B««®- 


Digitized by AjOOQle 




Die „BerlJ®® r ThtorlntUehe Wochensohrlft“ erscheint 
wöchentlich ln Sterke von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe 
ist au besleben durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, mm Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeltrige werden mit 60 Hk. fttr den Bogen honorfrt. 
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man au senden an Prof. Dr. 8chmaltz, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenaions - Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 48 . Ausgegeben am 1. December. 

Inhalt: Seharmer : A tte 8 te ü b e r T u b e rc u 1 i n -I m p f u n g e n. — OyensUeber die Behandlung des Strahlkrebses 
mit F o r m a 1 i n. — Oberscbulte : Die Behandlung des Kalbefiebers. — Thoms: lieber Atropin-Mo rphium- 
I n j e c t i o n. — Dlugay : Zwangsmittel bei Schweinen. — Notizen. — Referate : K e i s i n g e r: Versuche mit Aeroform. 
— Aus dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht für die preussische Armee, Rapportjahr 1897. —Roy: Generalisirte Sclerose 
der Lunge. — Bose und Vedel: Klinische Studie über dio intravenösen und subentanen Injectionen von Salzwasser beider 
Behandlung von Infectionen und Intoxicationen. — tirigorjew: Zur Frage Uber die Natur der Parasiten bei Lyssa. — 
Anatomisch-physiologisches. — Tagesgeschichte: Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schles¬ 
wig-Holstein am 24. und 25. September 1898 zu Neumünster im Bahnhofshötel. — Sitzungsbericht der 43. General-Versammlung 
des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der thüringischen und anhaitischen Staaten am 23. October 1898 in Halle a. S. 
— Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und 
Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Atteste Uber Tuberculin-Impfungen. 

Von 

Scharnier - Liegnitz, 

Depertementsthlerarzt. 

In der letzten Zeit beschäftigt sich die landwirtschaftliche 
Presse sowie die „Allgemeine Centralzeitnng“ für Thierzucht mi 
den von Tbierärzten ausgestellten Attesten über Tuberkulin 
Impfungen. 

Veranlassung hierzu hat der in No. 33 der „Zeitschrift der 
Landwirthschaftskammer“ für die Provinz Schlesien von Schlar- 
banm-Annenhof veröffentlichte Fall gegeben. Derselbe kaufte 
von einem Znchtvieblieferanten, welcher einen grossen Transport 
schwarzbunter Bullen zum Verkauf gestellt hatte, einen knapp 
zweijährigen Original-Oldenburger Bullen nnd erhielt den be¬ 
dungenen Impfschein nicht bei der Uebergabe des Bullen, sondern 
erst später zugestellt. In der Zwischenzeit wurde dieser Bnlle 
von einem Thierarzte nach eingehender Untersuchung für höchst 
toberkulo8everdächtig erklärt. Anf die Tuberkulin-Injection trat 
eine Temperatursteigernng von 38,5° auf 40,1° C. ein. Der von 
dem Händler zngeschickte Schein, welcher von zwei Thierärzten, 
darunter ein Kreisthierarzt, unterschrieben war, besagte, dass 
e i n schwarzbrauner Bnlle des Herrn X. mit Tuberkulin geimpft 
worden sei, aber nicht reagirt habe. Auf dem Impfschein war der 
Bnlle weder nach Alter und Rasse, noch nach Abzeichen, Horn¬ 
brand etc. gekennzeichnet. 

Dieser Fall, der nach meiner Erfahrung nicht vereinzelt 
dastebt, ist wegen der weitgehenden Bedeutuug der Atteste über 
Tuberkulin - Impfungen für die Viehzüchter von H. Lehnert- 
Miersdorf in No. 35 der „Zeitschrift der Landwirthschaftskammer 
für die Provinz Schlesien“ nnd von mir am 23. October d. J. in der 
Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte znr Sprache ge¬ 
bracht worden. Da sieb die landwirtschaftlichen Organe mit 
diesem Impfatteste beschäftigten and Vorkehrungen gegen der¬ 
artige Blanco-Atteste in Erwägung zniehen, dürfte es angezeigt 
sein, dass auch die thierärztliche Presse diesen Fall gehörig 
würdigt. 

Zur Rechtfertigung des Eingangs skizzirten Attestes kann 
leider nici.fs beigebracht werden. Es ist ein Blanco-Attest, das 
in der Hand des Händlers beliebig verwendet und zu Täuschungen 
benutzt werden kann. Dies muss auf alle Fälle durch genaues 


Signalement und Angabe sonstiger Verhältnisse, Veranlassung 
und dergl. seitens des bescheinigenden Thierarztes vermieden 
werden; da demselben die auftraggebende Persönlichkeit sowie 
der Zweck der Bescheinigung bekannt sind, muss er mit pein¬ 
licher Sorgfalt jede Unterschiebung von vornherein anszuschliessen 
suchen. Fehlen besondere Merkmale, so müssen Kennzeichen 
(Hon- oder Klanenbrand, Ohrmarke and dergl.) verlangt werden, 
widrigenfalls die Attestirnng verweigert wird. Lieber etwas 
weniger verdienen, als etwaigen unlauteren Machenschaften Vor¬ 
schub zu leisten. Nicht Geld nnd Gut können den makellosen 
Namen sowie die Achtung der Collegen und der anderen Menschen 
ersetzen. 

Das Bedauerlichste an solcher Attestfabrikation ist, dass die 
Aussteller nicht allein darunter zu leiden haben; der ganze thier¬ 
ärztliche Stand wird in Mitleidenschaft gezogen. Die Anerkennnng, 
welche dem thierärztlichen Stande in den letzten Jahren zu Theil 
geworden ist, verpflichtet die Mitglieder des Standes, derartige 
Verrichtungen, welche ein gewisses öffentliches Interesse haben, 
möglichst genau nnd vollständig zn erfüllen. Nicht Moral will 
ich predigen, zeigen wir uns aber würdig des uns entgegen¬ 
gebrachten Vertrauens. Lassen wir nie ausser Acht, dass wir nur 
durch ein correctes Verhalten in jeglicher Beziehung die stellen¬ 
weise noch nicht ganz beseitigten Vorortheile überwinden können. 

wird unserem Stande die ihm gebührende sociale Stellung 
allgemein znerkannt werden. 

Jeder Thierarzt, beamteter sowie privater, der es gut mit 
sich nnd seinem Amte bezw. Stande meint, mnss es als die vor¬ 
nehmste Pflicht erachten, alle seine Handlungen so zu gestalten, 
dass seine Ehre nnd sein Ansehen und die Ehre und das Ansehen 
des gesammten thierärztlichen Standes dadurch gewinnen oder 
doch dadurch nicht herabgemindert werden. 


Ueber die Behandlung des Strahlkrebses mit 
Formalin. 

Von 

Oyeu-Kostenblut, 

Thierarzt. 

Am 3. Juni dieses Jahres wurde ich von einem hiesigen 
Gutsbesitzer zu einem vieljährigen Wallach belgischer Abkunft 
gerufen, bei dem sich beim Ausschneiden der Hufe bedeutende 



Digitized by LaOOQie 



I 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 4«. 


566 

Horndefecte am Strahl und an der Sohle sowie an den Eckstreben 
und an den Hinterfdssen sogar an der Krone zeigten. Aus¬ 
gesprochene Lahmheit bestand nicht; doch ging das Thier mit 
gespreizten Hinterfüssen, als ob es sich fürchtete, die äusseren 
Wände der Hinterhufe zu belasten. Eine genaue Untersuchung 
der Hinterfüsse hatte folgendes Resultat: Der ganze Strahl 
beider Hufe, die Hälfte der Sohlen und die beiden äusseren Eck¬ 
streben waren total unterminirt. Nach sorgfältiger Entfernung 
des losen Hornes präsentirten sich namentlich in den Eckstreben¬ 
winkeln lange Zotten. Mit einer Sonde konnte ich in den 
äusseren Eckstrebenwinkeln an der Wand entlang bis hinauf an 
die Krone gelangen. Auch die Sporen und der Saum der Hufe 
waren mit zerfallenem, schmierigem Horn bedeckt. Die Köten- 
haare standen borstig und auseinandergesträubt, dadurch lebhaft 
erinnernd an das Bild des Straubfusses. 

An den Vorderhufen war der Zerstörungsprocess noch nicht 
so weit vorgeschritten, aber mit der Sonde fand ich doch einen 
grossen Theil des Strahles unterhölilt und der Strahlfnrche konnte 
ich eine respectable Menge zerfallenen Horns entnehmen. 

Es handelte sich nun darum, den Strahlkrebs — denn dass 
es solcher war, stand zweifellos fest — einer energischen Behand¬ 
lung zu unterziehen. 

Angeregt durch einen Artikel des Herrn Professor Fröhner 
in der , ; B T. W.“ betreffend die Behandlung des Strahlkrebses 
mit Formalin, beschloss ich von einer Operation abzustehen. 

Ich nahm nun zuerst den rechten Vorder- und den linken 
Hinterfuss in Behandlung. 

Nach sorgfältiger Entfernung des losen Horns reinigte ich 
den rechten Vorderhuf sauber mit lauem Seifwasser, trocknete 
ihn mit Watte ab und belegte die nackten zottigen Stellen mit 
einer dünnen, mit Formaldeliyd getränkten Lage Watte. Sodann 
legte ich einen Druckverband an. An dem linken Hinterhuf 
musste ich die langen Zotten mit der Scheere fortschneiden 
und verfuhr dann in derselben Weise wie mit dem andern Huf. 

Von den beiden andern Hufen entfernte ich vorläufig nur sorg- 
fältigst das lose Horn, reinigte die betreffenden Stellen und 
pinselte sie vorsichtig mit Formalin aus, worauf ich sie noch mit 
etwas Jodoform bepuderte. 

Am zweiten Tage nach Anlegen der Verbände sahen die be¬ 
handelten Hnfe überraschend schön aus. Ueberall, wo die mit 
Formalin getränkte Watte hingekommen war, fand ich einen 
braunen, festen, trockenen Schorf. Ich bepinselte nun die be¬ 
handelten Hufe mit Formalin und legte nun den andern beiden 
Hufen Formalinverbände an. 

Nach mehrmaliger wechselseitiger Erneuerung der Verbände 
sowie nach darauffolgender Bepinselung der Hufe mit einer 
Mischung von Aloe- und Myrrhentinctur, der ich etwas Carbol- 
säure zusetzte, konnte ich das Thier, welches im Anfang der Be¬ 
handlung in Folge der durch die Aetzung hervorgerufenen 
Schmerzen lahm gegangen war, auf lehmigem Boden tüchtig be¬ 
wegen lassen. Sobald das Pferd wieder in den Stall kam, wurden 
die Hufe sauber abgewaschen, abgetrocknet und mit der Tinctur 
bepinselt. 

Nach 14 Tagen war das Horn der Vorderfüsse fest und über¬ 
all trocken. Auch der Strahl der flinterhufe sowie die Sohle 
waren, wenn sie auch etwas deform geworden waren, fest und 
mit gesundem Horn bedeckt. Die Schorfe, denn als Bolche sind 
doch die mit Formalin gebeizten Stellen zu betrachten, sind nicht 
abgefallen, sondern wurden später beim Ausschneiden der Hufe 
entfernt. 

Am meisten zog sich die Heilung der Eckstreben in die 
Länge; das Pferd arbeitete jedoch von der sechsten Woche der 
Behandlung ab mässig im weichen Acker barfuss. 


Am 6. September, also ca. 13 Wochen nach Beginn der Behand¬ 
lung, konnte ich keine Stelle mehr an den Hufen entdecken, wo 
sich irgend welche Recidive bemerkbar gemacht hätten. 

Das Thier arbeitet bis zum heutigen Tage barfuss auf jedem 
Boden. 

Demnach ist vollständige Heilung eines gewiss schwierigen 
Falles von Hufkrebs durch Behandlung mit Formalin ein¬ 
getreten. 

Die Formalinverbände bieten auch den Vortheil, dass bei 
gleichzeitiger Erkrankung mehrerer oder aller Hufe gleichzeitige | 
Behandlung derselben stattfinden kann. 

Auch scheint die Aetzung mit Formalin doch lange nicht 
solche Schmerzen zu verursachen wie die Operatiion des Huf- 
krebses. Das betreffende Pferd liess sich stets, ohne ansser- 
gewöhnlichen Widerstand zu leisten, ruhig die Verbände anlegen, 
hat auch nie einen derselben heruntergerissen oder durch¬ 
geschlagen. 

Eigentümlich ist es noch, dass mir dieser Tage wieder eis 
Fohlen mit Strahlkrebs vorgeführt wnrde, das von demselben 
königlichen Hengst wie mein obiger Patient stammt Die Be¬ 
sitzer der Umgegend haben schon häufig bei den von diesem 
Hengst gezogenen Fohlen Neigung zum Strahlkrebs beobachtet. 

Auch ich war im Besitze eines zweijährigen Fohlens, das 
von diesem Hengste stammt; dasselbe hat jedoch bis heute Hofe 
von tadelloser Beschaffenheit 

Oie Behandlung des Kalbefiebers. 

Von 

Oberschulte-Lüdenscheid. 

Folgende elf Fälle von Kalbefieber verschiedenen Grades und 
verschiedener Behandlung bringe ich als Material ftir die Kalbe¬ 
fieberstatistik zur Veröffentlichung. 

1. Schwere Kuh, Tags vorher gekalbt, schwankt, frisst wenig. 

90 gut fühlbare Pulse. 

Diagnose: leichtes Kalbefieber. 

Therapie: belebende innere und äussere Mittel. 

Ausgang: gesund in 24 Stunden. 

2. Mittelschwere Kuh, zwölf Stunden vorher gekalbt, liegt in 
vollkommener Ohnmacht am Boden, mehr als 100 noch fühl¬ 
bare Pulse. 

Diagnose: schweres Milchfieber. 

Therapie: Abführmittel, Ausspülungen des Uterus, Lysol- 
injectionen ins Euter durch den Strichcanal, Excitantien. 

Ausgang: Tod nach 36 Stnnden. 

Nach Veröffentlichung der Sch midt-(Kolding)-Bebandlungin 
der B. T. W.: 

3. Schwere Kuh, zwei Tage vorher gekalbt, seit 24 Stunden 
krank, liegt regungslos am Boden, leises Stöhnen, kein Puls mehr 
fühlbar. 

Diagnose: schwerstes Kalbefieber. 

Therapie: einmalige Infusion nach Schmidt und subcut Coffein- 
injection. 

Ausgang: Schlachtung durch den Besitzer, weil „es ihm so 
lange dauerte“, 24 Stunden nach der Infusion, bis dahin keine 
Besserung. 

4. Leichte Kuh, vor zwei Tagen gekalbt, steht noch, frisst noch 
etwas, 80 sehr schwache Pulse. 

Diagnose: Verdacht des Kalbefiebers. 

Therapie: Nach Schmidt-Kolding und Excitantien. 

Ausgang: Tod am offensichtlichen Kalbefieber, ca. 24 Stnnden 
nach der Infusion. 

5. Mittelschwere Kuh, vor l 1 /, Tagen gekalbt, liegt «eit 
fünf Stunden, PuIb nicht fühlbar. 


Digitized by 


Google 






' “V 


1 Deeember 1898. 


BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


567 


Diagnose: schweres Kalbefieber. 

Therapie: Infasion nach Schmidt, Coffein snbcutan. 

Ausgang: Tod zwölf Stunden später. 

6. Schwere Kuh, zwölf Stunden vorher gekalbt, liegt seit vier 
Stunden am Boden, starke Ohnmacht, über 100 sehr schwache 
Pulse. 

Diagnose: schwerstes Milchfieber. 

Therapie: Infusion nach Schmidt, Coffein subcutan. 

Ausgang: Tod drei Stunden nach der Infusion. 

7. Schwere Kuh, vor ca. zwölf Stunden gekalbt, liegt seit 
vier Stunden am Boden, vermag den Kopf noch in die Seite zu 
schlagen, ist sehr unruhig, Pulszahl ca. 80. 

Diagnose: mittelstarkes Kalbefieber. 

Therapie: Infusion nach Schmidt, Excitantien, Abführmittel 
per os. 

Ausgang: Besserung nach zehn Stunden (d. h. sie vermag 
mit Hilfe aufzustehen), vollkommen gesund nach 24 Standen. 

8. Mittelschwere Kuh, gekalbt vor 24 Stunden, liegt seit 
einer Stunde am Boden, 90 kräftige Pulse, grosse Unruhe. 

Diagnose: schweres Kalbefieber. 

Therapie: Infusion nach Schmidt, Coffeininjection, Camphor 
und starke Abführmittel per os. 

Ausgang: 24 Standen unverändert, nach 36 Stunden Besse¬ 
rung, d. h. sie vermag mit Nachhilfe aufzustehen, gesund bis 
auf leichte Schwäche nach 48 Stunden. 

9. Mittelschwere Kuh, liegt seit fünf Stnnden am Boden, 
80 gut fühlbare Pulse, grosse Unruhe. 

Diagnose: schweres Milchfieber. 

Therapie: Jodkalium nach Schmidt, Coffein, Aloe. 

Ausgang: gesund, d. h. sie steht auf und frisst nach acht 
Stunden. 

10. Leichte Kub, gekalbt vor ca. 24 Stunden, steht vor der 
Krippe, frisst nicht und schwankt im Hiutertheil, ca. 80 gut fühl¬ 
bare Pulse. 

Diagnose: leichtes Kalbefieber. 

Therapie: Jodkalium nach Schmidt, Abführmittel per os. 

Ausgang: Symptome sind nach zehn Stunden verschwunden. 

11. Schwere Kuh, liegt seit zwei Stunden am Boden, vermag 
den Kopf noch etwas zu heben, sehr ruhig, 80 kräftige Pulse. 
(Drückende Gewitterschwüle.) 

Diagnose: schweres Kalbefieber. 

Therapie: Infusion nach Schmidt, starke Abführmittel per os. 

Ausgang: Besserung nach drei Stunden, Aufstehen nach neun 
Stunden, vollkommen gesund nach 20 Stunden. 

Das Resultat der 9 nach Schmidt-Kolding behandelten 
Fälle ergiebt also fünf Mal Genesung, vier Mal Tod. Die Pro¬ 
gnose hat sich offenbar nach der Beschaffenheit des Pulses zu 
richten, was ich auch in zahllosen früheren Fällen gefunden habe. 

Ueber Atropin-Morphium-Injection. 

Von 

Dr. Thoms-Montabaur, 

Krelithlerarzt. 

Den von Herrn Dr. Jess in No. 39 der B. T. W. mit- 
getheilten Bericht bin ich in der Lage, noch dahin zu 
ergänzen, dass auch bei kaltblütigen Pferden rash dieser 
Einspritzung, welche ich nie mehr anwendea werde, so 
schwere Kolikanfälle eintreten können, dass dieselben den Tod 
zur Folge haben. Es handelt sich um ein sehr schweres, 
belgisches Arbeitspferd, welches wegen rheumatischer Muskel¬ 
erkrankung bes. der Nachhand schon 14 Tage erfolglos behandelt 
war. Ich injicirte Morphii 0,2, Atrop. sulfuric. 0,05 und Aq. destill. 
20,0. Das Thier war vor der Injection fieberfrei und frass mit 


grösstem Appetit das vorgelegte Futter. Irgend welche Symptome 
einer inneren Krankheit waren nicht vorhanden; an einer Kolik 
hatte das Thier nie zuvor gelitten. Nach circa 6 Stunden traten 
die ersten Kolikerscheinungen unter gleichzeitigem Meteorismus 
auf. Dieselben nahmen in rascher Zeitfolge an Intensität so be¬ 
deutend zu, dass das Thier vier Stunden später unter enormen 
Schmerzen wahrscheinlich in Folge einer durch hochgradige Tympa- 
nitis hervorgerufenen Erstickung verendete. Die Lösung war in 
meiner Gegenwart in der hiesigen Apotheke hergestellt; Fehler in der 
Anfertigung sind nicht gemacht worden. Wenngleich der hohe 
therapeutische Werth dieses Mittels, welches sich in vielen Fällen 
so ausserordentlich bewährt hat, nicht bestritten werden soll, so 
halte ich es doch für unumgänglich nothwendig, solange vor der 
Anwendung desselben zu warnen, bis die durch den Gebrauch 
derselben eiDgetretenen Todesfälle ihre wissenschaftliche Er¬ 
klärung gefunden haben. 

Es muss meiner Ansicht nach bei einzelnen Thieren ge- 
wissermassen eine Idiosynkrasie gegen das Atropin bezw. gegen 
Atropin-Morphium besteben, da, wie ich aus eigener Erfahrung 
weiss, die angegebene Stärke der Dosis in den meisten Fällen 
selbst bei leichten Pferden absolut unschädlich ist und keinerlei 
Krankheitserscheinungen hervorruft. Interessant ist die That- 
sache, dass beim Menschen erst Dosen von 0,01 toxisch wirken 
und dass Fälle vorgekommen sind, wo nach einer Menge von 
0,06 Atropin eine Wiedergenesung erfolgte. 

Zwangsmittel bei Schweinen. 

Von 

Dlugay - Filebne, 

KreUthlerarzt. 

Um widerspenstige und bösartige Schweine zwecks Vornahme 
operativer Eingriffe zu bändigen, hat sich folgendes Verfahren 
gut bewährt: 

Am zweckmässigsten gehtder Schweinepfleger mit einem langen, 
starken Strick, an dessen einem Ende eine Schlaufe zurechtgemacht 
ist, in die Bucht, besänftigt das Thier durch Vorhalten des 
Futters und Kratzen des Rückens und sucht eine passende Ge¬ 
legenheit, die Schlaufe des Strickes um den Oberkiefer anzulegen 
und durch Anziehen eine Loslösung des Strickes zu verhüten. 
Nun wird sofort das andere Ende des Strickes von bereit stehen¬ 
den Gehülfen angezogen und an einem passenden Gegenstände 
befestigt. 

Ich habe immer gefunden, dass die Schweine unter Geschrei 
nach rückwärts drängen und in dem Bestreben, sich von'dem 
Stricke loszumachen, alles Uebrige ausser Acht lassen. Selbst 
sehr schmerzhafte Operationen an den Klauen, dem vorgefallenen 
Mastdarm etc. konnten bei sehr kriegerischen Thieren ohne Ge¬ 
fahr vorgenommen werden. 

Dieses Verfahren dürfte auch bei der Geburtshilfe und bei 
den Schutzimpfungen der Schweine mit Vortheil anzuwenden sein. 

Notizeu. 

Berichtigung. 

In dem Artikel von Hecker in der vorigen Nummer sind 
zwei Literaturcitate unrichtig gestellt. Pg. 555, Anmerkung, muss 
es heissen: „Monatshefte für pract. Thierheilkunde Bd. X“; 
dagegen pg. 556, Anmerkung 1: „Wochenschrift Für Thierheil¬ 
kunde 1897“. 

Anfrage. 

Hat einer der Herren Collegen jemals beobachtet, dass ein 
Pferd unter keinen Umständen im Stall, wohl aber im Freien und 
bei der Arbeit gekoppt oder aufgesetzt hat? 

Christiani, Darmstadt. 


Digitized by LjOOQie 



568 


BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT. 


No. 48. 


Referate. 

Yersnche mit Xeroform. 

Von L. Rei8ingcr, Assistent in Wien. 

(Thiorüml. Ceutralbl., 1«98, H 24.) 

Von den Ersatzmitteln, welche für das Jodoform bei Behand¬ 
lung chirurgischer Leiden empfohlen worden sind, hat sich das 
Xeroform nach den bisherigen Erfahrungen eine vorwiegende 
Anerkennung verschafft. Es ist ein jodoformfthnliches Pulver 
und seiner chemischen Constitution nach Tribromphenolwismuth. 
Dasselbe wirkt stark antiseptisch, reizt nicht, ist absolut ungiftig 
und nahezu geruchlos. Die Unlöslichkeit des Präparates in 
Wasser bedingt seine Anwendung in Pulver- und Salbenform. 

Als Versuchstiere verwendete der Verf. zuerst Katzen, da 
diese Thiere gegen die Einwirkung local angewandter Antiseptica 
oft eine starke Empfindlichkeit bekunden und sogar au schäd¬ 
lichen Allgemeinwirkungen solcher Mittel eingehen können. U. A. 
wurden einer Katze vom 15. bis 31. December täglich 6 g. 
Xeroform innerlich verabreicht, ausserdem die ganze Körperober¬ 
fläche mit einer 50 proc. Salbe eingerieben, ohne dass sich 
krankhafte Erscheinungen zeigten. Die Katze blieb vollkommen 
gesund, auch die Haut entzündete sich nicht. 

Hunde verschiedener Grösse und verschiedenen Alters er¬ 
hielten vier Tage hintereinander 10 bis 24 g innerlich ohne jeden 
Nachtheil. Ebensowenig wurde bei einem Pferd nach innerlicher 
Verabreichung von 30 g ein schädlicher Einfluss wahrgenommen. 

Verf., welcher an der med. Klinik der Wiener Hochschule 
Assistent ist, beobachtete eine schnelle Heilwirkung des Mittels 
bei nässenden und eiternden Ekzemen und bei der Behandlung 
von Drüsenabscessen. In den erstem Fällen trocknete das Xero¬ 
form rascher aus und beseitigte den Juckreiz schneller als das 
Jodoform und Dermatol. Innerlich leistete das Mittel sehr gute 
Dienste als desodorirendes Darmdesinflciens und als Styptioum^ 
bei Staupediarrhöen der Hunde und Katzen. Das Pulver wurde 
in Gummi-Emulsion oder mit Zucker zu gleichen Theilen in Tages¬ 
dosen von I bis 4 gegeben. In fast allen Fällen konnte die 
Diarrhöe bei dreimaliger Verabreichung von 0,5—1 g in zwei bis 
drei Tagen vollständig beseitigt werden. Nicht blos in frischen 
Fällen, sondern auch bei länger bestehenden colliquativen Diarr¬ 
höen der Hunde wurde das Mittel erfolgreich benutzt. 

Hiernach dürfte es empfehlenswerth sein, mit dem Xeroform 
ausgedehnte Versuche bei acuten und chronischen Darmkatarrhen 
der kleinen Hausthiere zu machen. Insbesondere soll auch auf 
die noch zu erprobende Wirkung des Präparates bei der Diarrhöe 
der Kälber hingewiesen werden (D. Ref.). 

Auf die schweren colliquativen Diarrhöen des Pferdes, welche 
im Verlaufe der Brustseuche auftreten, konnte mit täglichen 
Gaben von 20—30 g ein günstiger Einfluss nicht erzeugt werden. 

Die Anwendung des Mittels in der Rinderpraxis, hauptsächlich 
bei Milchkühen, empfiehlt sich besonders wegen seiner Geruch¬ 
losigkeit. 

In demselben Fachblatt (No. 28) beschreibt Rosenfeld die 
vollständige Heilung einer penetrirenden Sprunggelenkswuude 
durch Xeroform, nachdem die Wunde durch das empirische Ver¬ 
fahren eines Kurschmiedes erfolglos behandelt worden war. 

Aus dem statistischen Yeterinär-Sanitätsbericht für die 
preossische Armee, Rapportjahr 1897. 

Die Gesammtzahl der Pferde des activen Dienststandes betrug 
77404. Davon kamen in Behandlung 28395, d. s. über 36 pCt. 
Seit dem Jahre 1888 hat übrigens diese Behandlungsziffer 
zwischen 35 und 47 pCt. geschwankt. 

Von den 28395 Pferden sind 90,73 pCt. geheilt. Als ge¬ 
storben, getödtet und ausrangirt werden 1643 angeführt, d. s. 


5,78 pCt. der behandelten Pferde und 2,12 pCt der Etatsstärke. 
Wegen Brustseuche wurden 3116 Pferde = 4 pCt. des Be¬ 
standes und 11 pCt. der Erkrankten behandelt; 126 = 4 pCt 
der Erkrankten sind gestorben. Im ersten und vierten Quartal 
war die Zahl der Fälle bei weitem am grössten. Betroffen 
wurden 63 berittene Truppentheile. Von einzelnen Beobachtungen 
über Brustseuche ist Folgendes hervorznheben: Die Herkunft 
der Seuche ist sehr häufig nicht ermittelt. In Ostpreussen liess 
sich jedoch die Wahrnehmung machen, dass die Seuche sich 
allmälig von Osten nach Westen ausdehnte. Beim Husaren¬ 
regiment No. 1 wurden Beobachtungen gemacht, nach denen die 
Uebertragung des Contagiums durch die Luft wahrscheinlicher 
wird, als man bisher annimmt Vielfach wurde auch wieder 
beobachtet, dass die ersten Fälle unter wenig ausgeprägten 
Symptomen verliefen. Der Seuchengang war vielfach ein 
schleppender. Das Durchseuchenlassen zum Zwecke der Ab¬ 
kürzung führte mehrfach nicht zu dem gewünschten Erfolg. Das 
absolute Durchseuchenlassen, d. b. das Verfahren, dass kranke 
und gesunde Pferde in ihren Ständen stehen bleiben, welches 
man versuchsweise in der Armee ausführen wollte, findet in dem 
Bericht durchaus keine Fürsprache. Die Frage, ob diese Mass- 
regel im einzelnen Falle zu empfehlen ist, ist von den speciellen 
Umständen abhängig. Will man andererseits von der Absonderung 
der Pferde einen Erfolg erwarten, so ist das Entscheidende, ob 
der erste Krankheitsfall richtig erkannt war. Sind erst einige 
Fälle von Katarrh und Lungenentzündung vorangegangen, die in 
Wirklichkeit Brustseuche waren, so hat das Absondern keinen 
Werth mehr. Für grössere Garnisonen würde sich die Errichtung 
eines grösseren Absonderungsstalles in gehöriger Entfernung vom 
Casernement empfehlen. Unter den Nachkrankheiten wurden 
recht häufig Sehnenentzündung 68 Mal, Kehlkopfpfeifen 45 Mal, 
sowie auch innere Aqgenentzündung -14,Mal beobachtet.jEs ist 
auch zu beachten, dass der Ansteckungsstoff sich in dem schein¬ 
bar wiederhergestellten Patienten lange erhalten kann, weshalb 
man Reconvalescenten nicht zu früh unter die gesunden Pferde 
zurückstellen darf. Eine junge Renionte erkrankte am 25. August, 
war am 4. September aber wieder fieberfrei und wochenlang 
scheinbar gesnnd. Am 2. Oktober stürzte sie um und verendete. 
Die Obduction ergab Gehirnblutung; in der rechten Lunge aber 
eine zweifaustgrosse Verdickung mit mehreren graugelben und 
graurothen Herden. Ein gutes Desinfectionsmittel ist leider noch 
nicht gefunden. Versuche mit Holzin haben ergeben, dass das¬ 
selbe nur unvollkommen desinficirt. Beim Husarenregiment No. 1 
sind dagegen mit Vortheil die von der Schering’schen Fabrik 
in den Handel gebrachten Formalin-Desinfectoren benutzt worden, 
wobei ohne Gefährdung für Mensch und Thier sämmtliche Stall¬ 
öffnungen geschlossen werden konnten. 

Was die Impfungsfrage anbetrifft, so finden sich darüber in 
dem Bericht folgende Mittheilungen: Im 1. Husarenregiment 
waren 700 ansteckungsfähige Pferde vorhanden. Es wurde daher 
das Durchseuchenlassen empfohlen. Leider war der Verlauf des 
Seuchenzuges ein schleppender und hat l 1 /, Jahre gedauert Als 
die Seuche sich Monate lang stetig weiter verbreitet hatte, wurden 
am 23. August Schutzimpfungen mit Serum begonnen. Die 
Veranlassung zu diesen Impfungen gab, wie der Bericht hervor¬ 
hebt, das Bekanntwerden der Jensensehen Versuche. Die 
Impfungen wurden September bis November vorgenommen. Efi 
wurden theils Impfungen mit unversetztem Serum, theils mit 
solchem Serum vorgenommen, wo eine 0,8proc. Lösung chemisch 
reiner Oxalsäure dem Blute im Verhältnis von 1:10 zugesetzt 
war. Im ersteren Falle wurden theilweise die mit dem Blut ge¬ 
füllten Glascylinder sofort in Eiswasser gesetzt, theilweise aber 
wurden sie in die geheizte Dispensiranstalt gebracht. Die gleich- 


Digitized by VjOOQie 



1. Decembcr 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


569 


mässige Kühlung des Blutes erwies sich jedoch als vorteilhafter, 
weil dabei mehr Serum gewonnen wird. Die Menge des mit 
Dieckerhoff’scher Hohlnadel aus der Drosselvene gewonnenen 
Blutes schwankte zwischen 4 und 6 Liter pro Pferd. Es wurde 
nur von solchen Pferden entnommen, die nachweislich im letzten 
Halbjahr die typische Brustseuche überstanden hatten, zum 
Theil von solchen, welche erst seit 8 Tagen fieberfrei waren. 
Geimpft wurde an der Vorderbrust. Gesundheitsstörungen traten 
auch nach Einspritzung von 200 ccm nicht ein. Etwaige Schwel¬ 
lungen verschwanden in 48 Stunden. Die Dienstleistungen wurden 
durch die Impfung nicht gestört. Die Dosen schwankten zwischen 
60 und 200 g zusatzfreien Serums bezw. 200—300 g Oxalsäure- 
Serums. Die Pferde der zuletzt erkrankten Escadron erhielten 
innerhalb 14 Tagen 300, davon in den ersten 5 Tagen 200 g. Die 
längste einwandsfrei beobachtete Immunitätsdauer, welche durch 
die Impfung erzielt wurde, betrug 60 Tage. In der Regel kamen 
nach den Impfungen in verschieden langen Zwischenräumen 
immer neue Brustsenchefälle vor, weshalb man schliesslich die 
Impfungen einstellte. An 8 Pferden wurden Heilversuche vor¬ 
genommen, und wenn diese sich auch schneller zu erholen 
schienen, sowie in einigen Fällen die Körpertemperatur auffallend 
zarückging, so konnte doch das Fortschreiten der Lungenent¬ 
zündung nicht verhindert und bestimmte Resultate nicht erzielt 
werden. Auch beim Dragonerregiment No. 10 konnte ein Ein¬ 
fluss der Impfung auf den Seuchengang nicht festgestellt werden. 

Was die Incubationsdauer anbetrifft, so traten in einer 
Schwadron die ersten Erkrankungen auf ca. 22 Tage nach Er¬ 
krankung des Pferdes, welches die Seuche eingeschleppt hatte 
und 12—13 Tage nach dem Verlassen des inficirten Stalles. Auch 
mehrere andere Beobachtungen sprechen dafür, dass die Incuba- 
tionszeit 12—30 Tage betragen kauu. 

Bezüglich der Behandlung der Krankheit tritt die diätetische 
Seite immermehr in den Vordergrund. Von Senfspirituseinreibungen 
kommt man ab; nur bei sicheren Anzeichen von Brustfellentzündung 
sind sie zu empfehlen. Priessnitz’sche Umschläge in den ersten 
Tagen sind vortheilhaft. Auch Kaltwasserdouchen mit der „doppelt 
wirkenden Hydronette“ waren nach Reinmann vorzüglich. Die 
Temperatnr sank oft um 2° C., wobei dann allerdings 24 Eimer 
Wasser auf beide Brustwände in Zeiträumen von 4 zu 4 Stunden 
verspritzt wurden. Gegen Herzschwäche wurden Jodkalium 5 g, 
Camphoröl 10 g subcutan gegeben (auch Digitalis 5 g, Strophantus- 
tinctur 25 g). Nach Subcutaninjectionen von Camphorspiritus 
am Halse traten höchst unangenehme Abscesse ein. Die von 
Dieckerhoff empfohlene Einspritzung vor der Brust ist daher 
vorzuziehen, weil hier die Abscessbehandlung leichter ist. 

Pferdestaupe kam bei 1481Pferden vor, halb so oft als Brust¬ 
seuche. Bei einem Regiment erkrankten 373 Pferde. Das Dürch- 
Beuchenlassen hatte bei dieser Krankheit einen entschieden 
günstigen Erfolg. Die Therapie beschränkte sich in der Haupt¬ 
sache auf Regelung der Diät. Todesfälle und Nachkrankheiten 
kamen nicht vor. 

Generallsirte Sclerose der Lunge. 

Von Roy, Militärveterinär in Limoges. 

(Revne vit. April 1898). 

Verf. beschreibt einen Fall von chronischer Pneumonie, die zu 
einer wirklichen Sclerose der Lunge wurde. Patient war eine 
Stute, die früher sehr energisch, mit der Zeit immer weicher und 
träger wurde. Gleichzeitig verschlechterte sich auch ihr Allgemein¬ 
zustand. Als Symptome wurden Husten und Dyspnoe vermerkt. 
Auscultation und Percussion liessen aber nichts besonderes in der 
Brust finden. Nach einer vorübergehenden Besserung verendete 
das Thier plötzlich nach einer nur leichten Bewegung. 


Die Lunge war blassgrau, fiel nicht zusammen, war schwer 
zu durchschneiden und derb unter dem Messer. Die Consistenz 
war fibrös und auf der Schnittfläche waren die Lnmina der 
Bronchiolen kaum zu sehen. Das Herz war hypertrophisch. 

Histologisch erwiesen sich die Alveolarwandungen verdickt, 
die von ihnen begrenzten Höhlungen fast ganz verengend. Die 
Alveolen enthielten pigmentirte Zellhaufen und fettige Granu¬ 
lationen, einzelne waren leer und ohne Epithel Auch die Wan¬ 
dungen der Bronchien waren stark verdickt. 

Klinische Studie über die intravenösen und subcutaneu 
Injectionen von Salzwasser bei der Behandlung von 
Infectionen und Intoxicationen. 

Von Bose und Vedel. 

(Revue de midie. — M. Mod. Wocb.) 

Die Krankheiten, welche die Autoren in den Bereich ihrer 
Versuche zogen, waren Pneumonie, Septicaemie, Typhus, Dysenterie, 
Uraemie und Cholera. Während der Injection tritt eine merk¬ 
liche Besserung des Allgemeinzustandes ein bis zu dem Momente 
(am Ende der Injection oder bis £ Stunde darnach), wo ein Schüttel¬ 
frost den Eindruck plötzlicher Verschlimmerung macht; nach 
diesem Kältestadinm kommt ein solches der Wärme mit profuser 
Schweissabsonderung. Die Temperatur fällt dabei allmälig, bis 
sie Hach vier bis sechs Stunden wieder normal geworden ist. Die 
der Injection folgende Reaction ist zuweilen auch unregelmässig 
und unvollständig. Es kann schon, wie z. B. in einem Falle von 
Pneumonie, nach einer Injection Heilung eintreten, meist sind 
aber zwei bis vier oder noch mehr nöthig. Die Wirkung der 
subentanen Injection ist im Allgemeinen weniger rasch, weniger 
intensiv und weniger anhaltend als die der intravenösen; ist die 
erste Injection eine intravenöse, so können die folgenden sub- 
cfltjuqen von- gleich günstigem Einfluss sein. Die Injectionen mit 
Kochsalzlösung sind indicirt bei allen septicaemischen oder 
toxischen Infectionen oder bei Autointoxicationen; man soll aber 
nie bis zu dem Augenblicke warten, wo der Zustand schon ein 
sehr , schlechter ist, sondern möglichst bald beginnen. Ob die 
Injectionen täglich oder weniger häufig zu machen sind, 
darauf weist der Erfolg der ersten hin. Was nun die 
Allgemeinwirkung betrifft, so bewirken die Salzwasserein- 
spritzungen eine Summe von Modificationen, welche bei 
genauem Studium mehr und mehr den Vertheidigungsmechanismus 
des Organismus erkennen lassen. Das Kochsalz rührt, in die 
Blutbahn gebracht, alle durch die Infection gelähmten Ver- 
theidigungsmittel wieder auf und bewirkt diese Allgemeinreaction, 
durch welche die Natur sich der Krankheit zu erwehren vermag: 
anfallsweiBe Hyperthermie, Pulsbeschleunigung, Erhöhung des 
Blutdrucks, rasche und starke Vermehrung der Harnabsonderung 
und der Harnsalze, Schüttelfrost, Schweiss, Erbrechen, Diarrhöe, 
allgemeines Wohlbefinden. 

Zur Frage über die Natur der Parasiten bei Lyssa. 

Von Grigorjew. 

1 (Centralbl. f. Bacterlol., Parasitonk. n. Infectionakr.) 

Von 50 bacteriologisch untersuchten Fällen von Laboratoriums¬ 
lyssa bei Kaninchen erhielt Verf., nach einem Referat in den 
Fortschritten der Medicin, Culturen von Bacterien aus dem Ge¬ 
webe der Medulla oblongata, und zwar in V« der Fälle. Bei drei 
derartig untersuchten Hunden fanden sich immer die Bacterien. 
Von 30 Kaninchen und 6 Hunden ergab die am Ende des Incu- 
bationsstadiums ausgeführte bacteriologische Untersuchung Culturen 
bei 5 Hunden und 8 Kaninchen. Am häufigsten fand Verf. 
Mikrokokkus tetragenus albus liquefaciens, Sarcina flava und alba, 
Bac. xerosis conjunctivae und Bac. coli communis. Viermal fand 
er rosa, einmal weisse Hefe, zwölfmal einen sehr winzigen 


Digitized by LjOOQie 



570 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


Mikrokokkns, der sieb nicht nach Gram färbte, in Bouillon und 
Löffler’schem Blutserum gut, aber auf festen Nährmedien nicht 
wuchs und für Kaninchen sehr pathogen war. Verunreinigungen 
des Lyssavirus mit diesem Mikroorganismus bewirkten einen 
früheren Ausbruch und einen schwachen Verlauf der Laborato¬ 
riumslyssa. Die Bacterien verschwanden jedoch bei weiteren 
Uebertragungen vollständig, so dass Verf. mit Sicherheit behaupten 
kann, die Bacterien sind nur zufällige Begleiter, nicht die Er¬ 
reger der Lyssa. Als diese spricht er Protozoen aus der Classe 
der Amoeben an, die er freilich nicht züchten konnte, die sich 
aber bei der Uebertragung des Lyssavirus in die vordere Augen¬ 
kammer am Versuchsthiere im Kammerwasser nachweisen Hessen. 
Es waren protoplasmatische Körperchen mit unregelmässigen 
gezackten Conturen und Kern, welche langsame amoeboide Be¬ 
wegungen machen und Pseudopodien aussenden. Diese Amoeben 
zerfallen bei 37,5° C. nach Verlauf von 2 Stunden in einzelne 
Körner. Verf. behauptet nicht, aber vermuthet, dass sie die Er¬ 
reger der Wuth sein können. Die Bacterien Bruschettini’s 
und die Blastomyceten von Memino hält er nur für secundäre 
Begleiter der Lyssaerreger. 

Anatomisch-physiologisches. 

Die Acoommodation de« Auges in der Thierreihe. 

Vortrag, gehalten von Beer auf dem 4. intern. Physiologencongress, 

Cambridge. 

(Sonder-Beilage „D. med. Wocta.“) 

Um das Auge für verschiedene Entfernungen einzustellen, 
sind zwei Principien in der Thierreihe realisirt: 1. Die 
Krfimraungsänderung brechender Flächen (speciell der Linse). 

2. Die Aenderung des Abstandes brechender Medien vom auf¬ 
fangenden Schirm (speciell der Distanz zwischen Linse und Netz¬ 
haut). Die Kriimmung8änderung besteht ausschliesslich in einer 
activen Accommodation für die Nähe mit entsprechender Vermehrung 
der Wölbung. Sie findet sich bei Säugethieren, Vögeln, Reptilien. 
Der Mechanismus der Accommodation ist überall der, dass die 
Linse im Ruhezustände des Auges durch die Anspannung ihrer 
Aufhängevorrichtung relativ abgeflacht erhalten wird; bei der 
Accomodation wird durch Muskelwirkung die Aufhängevorrichtung 
entspannt und dadurch der Linse gestattet, ihre mehr gewölbte 
Ruhelage anzunehmen. — Die Aenderung der Linsenuetzhaut¬ 
distanz erfolgt nach zwei Richtungen: Bei Kephalopoden und 
Knochenfischen — deren Auge im Ruhezustand für die Nähe 
eingestellt ist — wird activ für die Ferne accomodirt, indem die 
Linse der Netzhaut genähert wird. Bei Amphibien und Schlangen 
erfolgt eine active Einstellung des Auges für die Nähe, indem die 
Linse vortritt, weit von der Netzhaut entfernt. Bei den Knochen¬ 
fischen zieht ein eigner Muskel (Retractor lentis Beer) die Linse 
retinalwärts. Bei den Kephalopoden, Amphibien und Schlangen 
spielen Veränderungen des intraocularen Druckes durch die Con- 
traction des kreisförmig angeordneten Muskels eine Rolle. Eine 
besondere Accommodationsbreite findet sich bei einigen Schild¬ 
kröten, die unter Wasser tauchend, nicht nur den Verlust der 
Hornhautbrechuug durch stärkere Linsenwölbung ausgleichen, 
sondern selbst unter Wasser für die Nähe accommodiren. 

Ueber die Conservirung des Centralnervensystems durch Formol in situ. 

Von Dr. Sainton und Kattwinkel. 

(Ü. Arch. f. klin Med — Allgem. Med-Cent.-Zig.) 

Bei der Nothwendigkeit, noch unveränderte Gehirn- und 
Rückenraarkstheile für die Färbemethoden zur Verfügung zu haben, 
in einer Frühe, wie sie die aus äusseren Gründen oft erst viele 
Stunden post mortem stattfindende Autopsie nicht mehr liefern 
kann, haben Verff. folgende Methoden auf Veranlassung von 
Pierre Marie nachgeprüft und weiter ausgebaut; sie zogen das 
untere AugenUd nach abwärts, machten am inneren Augenwinkel 


an der CoDjunctivalfalte einen Einschnitt und stiessen das Messer 
tief in die Orbita; jetzt wurde ein Troicart eingefuhrt und mit 
diesem durch die Fissura sphenoidalis dicht neben dem Türken¬ 
sattel in das Schädelinnere eingegangen. Eine Läsion des 
Gehirns lässt sich bei einiger Uebung vermeiden. Jetzt wurde 
an die Canüle ein Gummischlauch mit Drähten befestigt und in 
jede Orbita 80—100 ccm einer 6proc. Formollösnng eingegossen. 
Die Procedur soll für jedes Auge ca. 2 bis 3 Minuten dauern. 

Eine bessere Härtung und Ausbleiben einer Entstellung des 
Gesichtes durch Lidödera wurde dadurch erzielt, dass der Troicart 
durch die Nase und Lamina cribrosa eingestossen wurde. Hier 
wurden für jedes Nasenloch 100—200 ccm Flüssigkeit verwendet. 

Durch diese Methode erhält das gesammte Centralnerven¬ 
system bis zum Conus terminalis herunter eine vollständige Härte 
und bewahrt so seine natürliche Form — ein Umstand, der 
auch dem normalen Anatomen beim Studium der gröberen Ver¬ 
hältnisse gute Dienste leistet. 

Die morphologischen Veränderungen der Blutkörperchen and des Fibrins 
bei der vitalen extravasculfiren Gerinnung. 

Von Müller. 

(Ziegler’a Beiträge z. patbol. Anat u. allg. Pathol.) 

Der Verf. kommt zu folgenden Schlusssätzen: 

1. Bei den Kaninchen verläuft die innerhalb und ausserhalb 
des lebenden Organismus vor sich gehende Blutgerinnung nach 
dem gleichen Typus. 

2. Die rothen Blutkörperchen besitzen verschiedene Wider¬ 
standsfähigkeit und zeigen verschiedenartige Zerfallerscheinungen. 

3. Bei der Entstehung deB Faserstoffes sind die Erythrocyten 
wesentlich betheiligt. 

4. Die Blutplättchen entstammen zum grössten Theil den 
rothen, zum kleinen Theil den weissen Blutkörperchen. Sie ent¬ 
stehen aus den ersten auf verschiedene Art: durch Abschnürung 
oder Fragmentirung oder Ausscheidung. 

5. Die sogenannten Körnerkugeln Lemmer’s sind in Zerfall 
begriffene Erythrocyten. 

6. Ein Beweis für den ausschliesslich leukocytären Ursprung 
der Blutgerinnung lässt sich aus den bekannten morphologischen 
Thatsachen nicht herleiten. 

7. Das bei der Blutgerinnung entstehende Fibrin zeigte der 
Weigert’schen FibrinfÜrbemethode gegenüber ein sehr ver¬ 
schiedenes Verhalten. 

Ueber die Nothwendigkeit, mehrere Arten von Leukocyten zu unter¬ 
scheiden. 

Von Denys. 

Serum, welches mit Lymphdrüsen und Darmfollikeln verrieben 
worden war, hatte keine Mikroben schädigende Wirkung, hin¬ 
gegen mit Knochenmark verrieben, war es exquisit bactericid. 
Daraus folgt, dass die bactericide Wirkung den Myelocyten zu¬ 
kommt. In den durch Mikroben hervorgerufenen Exsudaten finden 
sich vorwiegend Myelocyten. Bringt man Lymphocyten und 
Myelocyten zusammen mit Bacterien, so üben nur die Myelocyten 
eine kräftige Phagocytose aus. 


Tagesgeschichte. 

Protocoll der General Versammlung 
des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein 

am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im 
Bahnhofshotel. 

(Fortsetzung.) 

Zweiter Tag. 25. September. 

Bei Anwesenheit von reichUch 60 MitgUedern eröffnete der 
Vorsitzende gegen 9% Uhr Vormittags die Hauptversamm- 


Digitized by 


Google 



v ’ 


1. December 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


571 


lang und begrüsste die Collegen. Es wurde dann zur Tages¬ 
ordnung übergegangen, und zwar zu: 

a) Vereinsangelegenheiten. 

1. Geschäftsbericht. 

M. H.! Hier ist nicht viel zu berichten, da ja allen Mit¬ 
gliedern das vorjährige Protocoll gedruckt zugestellt ist, sonst 
noch Exemplare hier vorräthig sind und ausserdem die 
gedruckten Verhandlungen der Plenarversammlung des Central¬ 
vereins preußischer Thierärzte in genügender Anzahl hier zur 
Verfügung stehen. Es sind zwei Vorstandssitzungen abgehalten, 
in denen die Verhandlungsgegenstände besprochen und die Tages¬ 
ordnung für die diesjährige Hauptversammlung festgelegt ist. 
Alle Mitglieder sind ferner durch Circular aufgefordert, etwaige 
Wünsche und Anträge einzureichen, wovon aber nur in einem 
Falle Gebrauch gemacht ist. Der Verein besteht gegenwärtig 
ans 87 Mitgliedern; eines derselben ist im vergangenen Jahre durch 
Tod abgegangen, nämlich Reimers - Schönberg i. M.; ich bitte 
das Andenken durch Erheben von den Plätzen ehren zu wollen; 
— geschieht. 

2. Aufnahme neuer Mitglieder. 

Hier habe ich die erfreuliche Mittheilung zu machen, dass 
sich zwölf Collegen zur Aufnahme gemeldet haben, nämlich: 
Herr Th. Andresen - Wesselburen, W. Brincker - Neustadt, 
J. Hinrichsen - Zarpen, W. Janssen - Flensburg, W. Kruse- 
Ratzeburg, C. Petersen- Klautoft, 0. Pflug - Marne, 
A. Schröder - Meldorf, P. Thoisen - Schotzbüll, E. Voss- 
Uetersen, G. Witt - Sonderburg, F. Wulff-Bornhöved. Ich 
frage jetzt, ob Jemand gegen die Aufnahme dieser Herren etwas 
einzuwenden hat, wenn nicht, ist sie vollzogen. Einwendungen 
werden nicht erhoben. Ein Mitglied, nämlich Thomsen- 
Flensburg, hat seinen Austritt angemeldet ohne Angabe von 
Gründeo. 

Der Geh. Reg.-R. Petersen-Schleswig erscheint und wird 
begrüßet. 

3. Bericht über die Verhandlungen der Centralver¬ 
tretung. 

Ruser-Kiel und Eiler-Flensburg haben als Deligirte fungirt. 
Herr Ruser bittet um Nachlass der Erstattung eines Berichtes, 
da er in gedruckter Form vorliege und deshalb es nur Zeitver¬ 
geudung wäre; doch müsse er darauf aufmerksam machen, dass 
die pflichtmäßsigen Beiträge baldigst abzuführen seien. 

Eiler-Flensburg hebt die geschehene Errichtung einer Unter- 
Btützungskasse für deutsche Thierärzte und deren Angehörige 
hervor und bittet, derselben beizutreten mit. einem einmaligen 
Beitrage von M. 100 oder einem Jahresbeiträge von M. 5; das 
Statut finde sich bei den Drucksachen vor. Es könne eine Unter¬ 
stützung bis zu M. 1000 gewährt werden. 

4. Rechnungslegung. 

Schlüter-Kiel als Kassirer giebt folgende Uebersicht über 
die Kassenverhältnisse: Die Vereinskasse weist mit Zinsen bis 
zum 1. April d. J. ein Grundvermögen von M. 168,11 auf, die 
Einnahmen haben M. 1157,60, die Ausgaben M. 186,75 betragen, 
mithin ein Kassenbestand von M. 970,85. Das Grundvermögen der 
Hilfskasse — zwei Sparkassenbücher — nebst Zinsen bis zum 
1. April d. J. M. 1132,22 und Zuschuss an M. 872,72, macht im 
Ganzen eine Summe von M. 3004,79 aus. Die Einnahmen hier 
beliefen sich auf M. 256,07, die Ausgaben auf M. 252,50, mithin 
ist ein Kassenbestand von M. 3,57 vorhanden. Die Rechnungen 
und Bücher sind revidirt und für richtig befunden, weshalb ich 
um Ertheilung der Decharge antrage. Auf Befragen, ob die 
Versammlung mit dem Anträge einverstanden ist, wird dies 
bejaht und der Vorsitzende ertheilt mit einem Danke für die 
gehabte Mühewaltung dem Kassirer Entlastung. Was die Unter¬ 


stützung Bedürftiger anbelangt, so sind Anträge an den Vorstand 
zu richten. Im verflossenen Jahre haben fünf Personen Unter¬ 
stützung im Betrage von M. 250 erhalten. 

Zu der Aufstellung des Voranschlages erbittet der Schrift¬ 
führer das Wort: 

M. H.! Wenn ich mir erlaube, Ihnen nach dem Statute ein 
Formular zu dem jährlich aufzustellenden Voranschläge zu unter¬ 
breiten, geschieht es nur, um allen Mitgliedern eine leichte Ueber¬ 
sicht über die Vermögensverwaltung des Vereins zu gewähren. 
Ich habe es so eingerichtet, dass die bisher geübte Kassen¬ 
führung ganz in gewohnter Weise weiter laufen kann. Der Vor¬ 
stand kann mit Leichtigkeit hiernach den Voranschlag aufstellen 
nach dem jedesmalig vorhandenen Materiale, solches dürfte 
auch für den Kassirer willkommen sein, weil die einzelnen Posi¬ 
tionen die Grenzen angeben. Ich bitte um Annahme der Vorlage. 

Der Kassirer glaubt, dass das System zu complicirt ist, 
und bittet um Ablehnung. Nach einer ausgiebigen Debatte schien 
die Sache noch nicht gereift zu sein und der Schriftführer zog 
vorläufig die Vorlage zurück und blieb das alte Verhältniss, wo¬ 
nach M. 3 für die Vereins- und M. 5 für die Unterstützungskasse 
gebucht werden, bis auf Weiteres bestehen. 

5. Abänderung des § 4 des Statuts. 

Der Vorsitzende: M. H.! Bald nach Annahme des neuen 
Statuts im Vorjahre wurde ich von der Kgl Regierung darauf 
aufmerksam gemacht, dass es nicht zulässig sei, beamtete Thier¬ 
ärzte vor einen Ehrenrath zu ziehen; wir haben demzufolge darauf 
Bedacht nehmen müssen, dem ersten Punkt in § 4 entweder 
entsprechend abzuändern oder ganz zu streichen, wenn es den 
beamteten Thierärzten ermöglicht bleiben soll, dem Vereine an¬ 
zugehören. Auf allseitigen Wunsch wird beschlossen in § 4, 
Punkt 1 ganz zu streichen und das Statut im Uebrigen endgültig 
anzunehmen. 

Eiler-Flensburg äussert sich zu der Geschäftsordnung, wie 
folgt: Schon im Voijahre ist allen Mitgliedern die Geschäfts- 
I Ordnung im Entwürfe gedruckt vorgelegt worden. Die damaligen 
Berathungen führten nicht zur Annahme, sondern zu dem Be¬ 
schlüsse, unter Abänderung der Reisekosten und Tagegelder so¬ 
wie der Uebersichtsformulare dieselbe auf der nächsten Haupt¬ 
versammlung wieder vorzulegen. Die festzustellende Geschäfts¬ 
ordnung hat hauptsächlich Bedeutung für die Arbeiten des Vor¬ 
standes, und wenn nun infolge des obigen Beschlusses zur Statut¬ 
änderung die Ausführungen zu 1 in § 4 wegfallen, die Reise¬ 
kosten auf den Betrag der zweiten Klasse Eisenbahn und die 
Diäten auf M. 12 festgesetzt werden, so darf ich wohl um die 
Bestätigung der Vorlage bitten. 

Fenn er-Lübeck beantragt noch, dass ansserdem für Zu- und 
Abgänge 3 M. und iür Nachtlogis 6 AJ. bewilligt werden, da von 
einem Delegirten eine pecuniäre Einbosse ausser Zeitaufwand 
wohl nicht verlangt werde. Nachdem der Schriftführer diesem 
entgegengetreten, ergiebt die Abstimmung die Annahme des Vor¬ 
schlages von Eiler, womit die Geschäftsordnung sanctionirt ist. 

6. Wahlen. 

Nach Artikel HI der Geschäftsordnung zu § 7 des Statuts 
scheidet dieses Jahr der Schriftführer Herr Eiler aus dem 
Vorstande. Eiler übergiebt dem Stellvertreter Herrn Ruser 
die Protokollführung und verlässt die Versammlung. Nach 
dem Wiedereintritte wird ihm die Wiederwahl mitgetheilt, die 
er annimmt. 

Als Revisoren wurden gewählt die Herren Ruser-Kiel und 
Schröder-Preetz. Der Vorsitzende theilt die Einladung und das 
Programm des internationalen Congresses in Baden-Baden mit; 
es wurde beschlossen, zur Deckung der Kosten des Unter¬ 
nehmens einen Beitrag von 200 M.aus Vereinsmitteln zu bewilligen. 


Digitized by LjOOQie 









572 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


Als Delegirte Für die Centralvertretung der thierärztlichen 
Vereine wurden Struve-Kiel und Schröder-Preetz gewählt. 

Sitzungsbericht der 43. General-Versammlung des thier¬ 
ärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der 
thüringischen nnd anbaltischen Staaten 
an 23. Ootober 1898 In Halle a. S. 

Anwesend waren die Vereinsmitglieder: 

Thierarzt Becher-Salzmünde, Kreis-Thierarzt Borchardt- 
Cölleda, Schlacbthof-Thierarzt Bunge-Halle a. S., Kreis-Thier¬ 
arzt Busch-Torgan, Schlachthaus-Director Colberg-Magdeburg, 
Thierarzt Conrad-Belgern, Thierarzt Cordes-Coswig, Kreis- 
Thierarzt Enders-Weissenfels, Kreis-Thierarzt Enke-Halle a. S., 
Hof-Thierarzt Ern st-Quedlinburg, Kreis-Thierarzt Friedrich- 
Halle a. S., Sanitäts-Thierarzt Geldner-Burg b. M., Kreis- 
Thierarzt Gotting-Aschersleben, Kreis-Thierarzt Griesor- 
Naumburg, Thierarzt Just-Schkölen, Kreis-Tbierarzt Kloos- 
Eisleben, Thierarzt Ko hl-Lützen, Kreis-Thierarzt Lauclie- 
Bitterfeld, Departements-Thierarzt Leistiko w-Magdeburg, Kröis- 
Thierarzt Liebener-Delitzsch, Kreis-Thierarzt Martens-Sanger- 
hausen, ThierarztMei 8s n er- Schafstädt, Kreis-Thierarzt Memmen- 
Hettstedt, Schlachthaus-Director Mugrowsky-Halberstadt, Thfer- 
arzt Naumann-Halberstadt, Departements-Thierarzt Oemler- 
Merseburg, Thierarzt Pa sch-Benkendorf, Landes-Thierarzt Pirl- 
Dessau, Thierarzt Sehlemmer-Gröbzig, Thierarzt Dr. Sch midt 
Halle a. S., Thierarzt Schröder-Eilenburg, Thierarzt Schulze- 
Bernburg, Thierarzt Schumm-Naumburg, Thierarzt Siebert- 
Schönebeck, Schlachthaus-Inspector Sorge-Stassfart, Schlacht¬ 
haus- Jnspector Spuhrmann-Stendal, Tbierarzt Steinmeyer- 
Weissenfels, Kreis-Thierarzt Tannebring-Querfurt, Schlacht¬ 
haus-Director Trautwein-Eisleben, Kreis-Thierarzt Thunecke- 
Calbe a. S., Thierarzt Willielm-Brehna, Schlachthof-Director 
Witte-Quedlinburg, Thierarzt Wor$h-Löbejün, Kreis-Thierarzt 
Ziegenbein-Oscherslebeu, Kreis-Thierarzt Ziegenbein-Wol- 
mirstedt, Thierarzt Zschernitz-Kösen. 

Die Sitzung wurde um 11 */a Uhr Vormittags vom stell¬ 
vertretenden Vorsitzenden Departements-Thierarzt Oemler 
unter herzlicher Begrüssung der Anwesenden eröffnet. 

In die Tagesordnung eintretend, beschloss die Versammlung 
zum ersten Punkte, betr. „Neuwahl des Vereinsvorstandes“, auf 
Vorschlag des stellvertretenden Vorsitzenden, die Wahl erst nach 
Erledigung der übrigen Gegenstände vorzunehmen. 

Zum geschäftlichen Theile wurde, nachdem der Bericht der 
letzten Sitzung genehmigt war, zunächst die Zahlung eines ein¬ 
maligen Beitrags von 200 Mark aus Vereinsmitteln für den 
VII. internationalen thierärztlichen Congress, der 1899 zu Baden- 
Baden stattfinden wird, ohne Uebernahme von weiteren Ver¬ 
pflichtungen, seitens der Versammlung bewilligt und sodann be¬ 
schlossen, die Frage bezüglich der Entsendung von Delegirten 
zu diesem Congress in der nächsten Sitzung zu erörtern. 

Ferner gewährte die Versammlung der jetzt in Köln a. Rh. 
lebenden Wittwe des vor Jahren in Hettstedt verstorbenen Kreis- 
Thierarztes Sturm eine einmalige Unterstützung im Betrage 
von 50 Mark aus der Vereinskasse. Alsdann beantragt der stell¬ 
vertretende Vorsitzende, der in Merseburg wohnhaften Tochter 
des verstorbenen Thierarztes Müller, die in sehr bedrängten Ver¬ 
hältnissen lebe und ebenso unterstützungsbedürftig wie -würdig 
sei, eine kleine Unterstützung zu gewähren. Auf Vorschlag des 
Collegen Lieben er wurde zu diesem Zwecke sofort eine 
Sammlung unter den anwesenden Collegen veranstaltet, durch die 
35 M. 50 Pf. einkameD, die der Genannten überwiesen werden 
konnten. Der schliesslich noch vom stellvertretenden Vor¬ 
sitzenden gestellte und warm befürwortete Antrag, für die Hinter¬ 


bliebenen des verstorbenen Prof. Dr. Eber-Berlin einen Beitrag 
aus Vereinsmitteln zu leisten, wurde von der Versammlung des¬ 
halb abgelehnt, weil die meisten der anwesenden Vereins- 
mitglieder bereits einen Beitrag gezahlt hatten nnd ein Anlass 
zu einer weiteren Unterstützung nicht vorhanden sei. 

Nach Erledigung dieser Angelegenheiten wurde auf Vorschlag 
des stellvertretenden Vorsitzenden das Mitglied des Vereins, der 
Kreis-Thierarzt Fr. Lange-Salzwedel, der kürzlich seinen 
80. Geburtstag gefeiert hat, einstimmig zum Ehrenmitgliede des 
Vereins ernannt und ferner an das sich um die tierärztlichen 
Standesinteressen so hoch verdient gemachte Ehrenmitglied des 
Vereins, den Herrn Geh. Medicinalrath Dr. Esser-Göttingen, 
aus Anlass seines 25jährigen Jubiläums als Mitglied der 
Universität Göttingen und zu der vor Kurzem erfolgten Charakter¬ 
verleihung als Geheimer Medicinalrath, ein Glückwunsch-Telegramm 
des Vereins abgesandt. 

Zur Aufnahme als Mitglied hatten sich folgende in der 
Sitzung anwesende Collegen gemeldet: 

1. Schlachthof - Thierarzt Bolle-Magdeburg, 2. Thierarzt 
Hecker-Halle a. S., 3. Schlachthof-Director Klapbake-Zeitz, 
4. Thierarzt Dr. Nörner-Halle a. S. und 5. Thierarzt Teutsch- 
b ein-Delitzsch. 

Nachdem deren Aufnahme widerspruchslos erfolgt war, wurden 
sie vom stellvertretenden Vorsitzenden als Mitglieder des Vereins 
herzlich begrüsst. 

Zum Schluss des geschäftlichen Theils stellte Departements- 
Thierarzt Leistikow den Antrag, § 10 der Vereins-Statuten 
dahin zu ändern, dass die Sitzungen fortan abwechselnd in Halle 
und Magdeburg abzuhalten seien. Aus der hierüber gepflogenen 
Debatte gingen folgende Beschlüsse der Versammlung hervor: 
a) Die nächste Sitzung findet in Magdeburg statt, b) der 
Leistikow’sche Antrag auf Abänderung des § 10 der Statuten ist 
für diese Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen, c) an die in 
Betracht kommenden Collegen, welche noch nicht Mitglied des 
Vereins sind, ist eine Einladung zu dieser Sitzung zu erlassen. 

Damit war der ziemlich umfangreiche geschäftliche Theil 
der Tagesordnung erledigt und nun folgte zu Punkt 3 derselben 
durch die Collegen Liebener und Thunecke eine ebenso 
interessante wie umfassende Berichterstattung über die letzten 
Verhandlungen der Central-Vertretung preussischer Tbierärzte, 
worauf jedoch hier nicht weiter einzugehen ist, da durch die 
Fachpresse bereits alles Wesentliche aus jenen Verhandlungen 
veröffentlicht worden ist. Die Versammlung folgt den Aus¬ 
führungen der Referenten mit lebendigem Interesse. Nach Schloss 
derselben sprach der stellvertretende Vorsitzende den Genannten 
für deren Mühewaltung und die ohne Vergütung ausgeführte 
Reise sowie für die eingehende Berichterstattung den ver¬ 
bindlichsten Dank des Vereins ans. 

Nachdem die Versammlung des Weiteren von einer inzwischen 
eingegangenen Begrüssungsdepesche des Herrn Geh. Med.-Rath 
Prof. Dr. Esser Kenntniss genommen, Hess der stellv. Vor¬ 
sitzende eine Pause eintreten. Nach Ablauf dieser gelangte der 
vierte Gegenstand der Tagesordnung: „Die Tuberculose in 
forensischer Beziehung“, durch den Collegen Steinmeyer- 
Weissenfels zum Vortrage. Derselbe theilte nach einleitenden 
Worten zunächst einen besonders interessanten Fall, betr. Be- 
urtheilung der Entstehungszeit der Tuberculose bei einer Kuh 
mit, welcher z. Zt. noch Gegenstand der richterlichen Ent¬ 
scheidung sei. Hieran anknüpfend, berührte Ref. alsdann die 
Geschichte der Rindertuberculose und bemerkte dabei u. A., dass 
die Behauptung, im dritten Buche Mosis 22, 8 befände sich eine 
auf Tuberculose hindeutende Angabe, nicht zutreffe, eher könnte 
V. 24 1. c. in Betracht kommen. Auf Grand seiner weiteren 


Digitized by LaOOQie 



1. December 1898. 


BERLINER THIERARZTLICflE WOCHENSCHRIFT. 


573 


Betrachtungen gelangte Ref. zu der Ansicht, dass die Taberculose 
und die Schädlichkeit des tuberculösen Fleisches jedenfalls bereits 
Moses und seinem Volke sowie den alten Aegyptern bekannt 
gewesen sei und dass wir noch immer zu unserer Beschämung 
eingestehen müssten, dass die Juden seit Moses Zeiten eine 
Fleischbeschau besässen, während bei uns eine solche noch nicht 
allgemein zur Ein- und Durchführung gelangt sei. Nachdem Ref. 
sodann Gerlach’s Verdienste auf beregtem Gebiete beleuchtet 
und die Koch’sche Entdeckung des Tuberkelbacillus betont und 
gewürdigt hatte, ging derselbe des Näheren auf die Morphologie 
und Histogenose sowie auf das Wachsthum, die Verbreitung, die 
Aetiologie und die Pathogenese des Tuberkels bezw. der Tuber- 
culose ein und hob schliesslich für die forensische Beurtheilung 
etwa Folgendes hervor: 

Es sei nicht in Abrede zu stellen, dass beim Rinde locale 
tuberculöse Herde etc. % Jahr und darüber im Körper bestehen 
können, ohne die Gesundheit des Individuums irgend merklich 
zu schädigen, dass diese gewöhnlich erst nach der Schlachtung 
der Thiere entdeckt werden. In der Regel liessen sich jedoch 
auch die hochgradigsten pathologischen Veränderungen bei der 
Tuberculöse auf nicht länger als Jahr zurückdatiren. Eine 
Zeit von zwei Monaten genüge, um ausgebreitete Tuberculöse der 
Lungen, des Brust- oder Bauchfells etc. hervorzurufen. Die 
Mehrzahl der Herde werde hierbei noch von weicher, saftiger 
bezw. auch gallartiger ConsisteDz sein, doch könne auch schon 
Verkäsung und Verkalkung bestehen, sodass z. B. die Lunge 
unter dem Messer leicht knirsche. Auch könnten die Bronchial¬ 
drüsen apfelgross und noch grösser, sowie fast ganz oder theil- 
wei8e verkalkt sein. In drei Monaten könne die Verkäsung und 
Verkalkung in den Lungen schon erheblich sein und könnten 
sich hier bis kartoffelgrosse Cavernen, auf dem Brustfell bis 
faustgrpsse Trauben etc. gebildet haben. 

Hinsichtlich des Werthes der Tuberculinprobe für die Beur¬ 
theilung bemerkt Ref., dass auch die positivste und beste Reaction 
beim Rinde für das Vorhandensein von Tuberculöse in forensischer 
Hinsicht nicht als beweiskräftig zu erachten sei. 

Zur Frage: Wie ist die angeborene Tuberculöse zu 
beurtheilen? führte Ref. im Wesentlichen Folgendes aus: Selbige 
sei jedenfalls sehr selten. In München habe man beispielsweise 
unter einer Million geschlachteter Kälber nur fünf Stück als mit 
angeborener Tuberculöse behaftet befunden. 

Die Behauptung, dass ein tuberculös geborenes Kalb auch 
eine tuberculöse Mutter haben müsse, lasse sich nicht aufrecht 
erhalten, weil nicht nur eine ovogene, sondern auch eine vom 
Vaterthiere ausgehende spermatogene Infection möglich sei, 
ferner weil die Tuberkelbacillen möglicherweise die Mutter 
passiren und den vom Vaterthiere prädisponirten Fötus inficiren 
können, ohne dass die Mutter tuberculös wird, und endlich, weil 
es möglich wäre, dass bei einer bereits befruchteten Kuh die 
Bacillen durch den nachträglichen Begattungsact von einem 
anderen tuberculösen Bullen mit der Samenflüssigkeit (Sperma, 
Schleim) in die Scheide gelangen und eine Infection des Fötus 
herbeiführen könnten. Auch sei noch mit der Möglichkeit zu 
rechnen, dass eine derartige Infection dann stattfinden könne, 
wenn Tuberkelbacillen ähnlich, wie es bezüglich des Infections- 
stoffes des seuchenartigen Verkalbens höchstwahrscheinlich sei, 
auf andere Weise in die Scheide und von hieraus bis in den 
Fötus gelangen. 

Um mehr Licht in die Frage nach der Vererbung derTuber- 
culose zu bringen, richtete Ref. an die Collegen das Ersuchen, 
durch Vornahme von Obductionen an neu- oder todtgeborenen 
Kälbern sowie an Föten geschlachteter oder gefallener Thiere 
auf obigen Punkt fortgesetzt zu achten. 


Ara Schlüsse seines Vortrages warf Ref. sodann noch einen 
Blick auf den Stand und die allgemeine Bedeutung der Tuber- 
culose, wobei die Koch’sche Entdeckung und die daran ge¬ 
knüpften Hoffnungen und Erwartungen der Menschheit etc. in 
treffenden Worten ihre Erörterung fanden. 

Der stellv. Vorsitzende dankte sodann dem Referenten für 
seinen interessanten Vortrag und er öffnete darüber die Discussion, 
an welcher sich ausser ihm namentlich noch die Collegen Kohl, 
Thunecke und Pirl betheiligten. 

Hierauf erhielt College Martens-Sangerhausen zu seinem 
inzwischen bereits in No. 45 der B. T. W. veröffentlichten Vor¬ 
trage, betr. „die Differential-Diagnose der Maul- und Klauenseuche 
bei Schafen“, das Wort, wofür ihm nach Schluss desselben der 
Dank der Versammlung vom stellv. Vorsitzenden ausgesprochen 
wurde. Die über diesen Gegenstand eröffnete Discussion war 
eine sehr lebhafte und betheiligten sich an dieser der stellv. 
Vorsitzende sowie die Collegen Leistikow, Tannebring, 
Ziegenbein-W. und Pirl. Es ist zu erwähnen, dass die Ver¬ 
sammlung den Ansichten des Referenten in allen wesentlichen 
Punkten zustimmte und dass von keiner Seite die Identität der 
bösartigen Klauenseuche der Schafe mit der Maul- und Klauen¬ 
seuche zugegeben wurde. 

Nachdem dieses Thema seine Erledigung gefunden hatte, 
wurde zur Vorstandswahl geschritten, welche zu folgendem 
Ergebniss führte: 

a) Vorsitzender: Departeraents-Thierarzt Oemler-Merseburg, 

b) stellv. Vorsitzender: Departements-Thierarzt Leistikow- 
Magdeburg, 

c) Schriftführer: Kreis-Thierarzt Friedrich-Halle a. S., 

d) stellv. Schriftführer: Landes-Thierarzt Pirl-Dessan und 

e) Cassirer: Kreis-Thierarzt Thunecke-Calbe a. S. 

Punkt 6 der Tagesordnung, „Die Trichinose bei Hunden“, 
konnte der vorgeschrittenen Zeit wegen nicht mehr erledigt 
werden und soll dieser Gegenstand sowie ein vom Collegen 
Grisor-Naumburg zugesagter Vortrag „Ueber subcutane An¬ 
wendung der Alkaloide“ auf die nächste Tagesordnung gesetzt 
werden. 

In Folge eines vom Collegen Thunecke ausgehenden Aufrufs 
meldeten sich 31 Collegen zum Beitritt der allgemeinen Unter¬ 
stützungskasse für Thierärzte und entrichteten an den Genannten 
sofort ihren diesbetreffenden Jahresbeitrag. 

Da sich sonst Niemand mehr zum Wort meldete, schloss 
hierauf der Vorsitzende die sehr interessante Sitzung. 

Das sich anschliessende gemeinsame Mittagessen, welches 
durch ein Hoch auf Seine Majestät Kaiser Wilhelm H. und eine 
Reihe von Trinksprüchen sowie Ansprachen Seitens der neu- 
aufgenommenen Mitglieder belebt und gewürzt wurde, verlief in 
schönster Harmonie und hielt die Theilnehmer bis zum Aus¬ 
einandergehen in Eintracht und heiterer Stimmung beisammen. 

Oemler, Pirl, 

Vorsitzender. stellv. Schriftführer. 

General-Versammlung des Vereins der Thierfirzte des Regierungsbezirks 

Düsseldorf 

am Sonntag den 4. December 1898, Vormittags 11 Uhr, im Bahn¬ 
hof-Hotel zu Düsseldorf. 

Tagesordnung. 

1. Jahresbericht, erstattet vom Vorsitzenden, Departements- 
Thierarzt a. D. Renner. 

2. Kassenbericht, erstattet vom Kreisthierarzt Hirschland. 

3. Neuwahl des Gesammt-Vorstandes. 

4. Vortrag über Tuberculöse der Hausthiere und ihre Til¬ 
gung. (Referent Thierarzt Pfleger-Elberfeld.) 


Digitized by 


Google 



574 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


5. Mittheilungen aas der Praxis (Erfahrungen über Jod¬ 
kali Behandlung bei Milchfieber). 

6. Ersatzwahl in den Vorstand der Sterbekasse an Stelle 
des verstorbenen Kassirers Thierarzt Junkers. 

7. Rechnungsablage der Sterbekasse. 

Nachher gemeinschaftliches Mittagsessen im grossen Saale 
des Bahnhof-Hotels. I. A.: Fr. Bettelhäuser, 

Zur Notiz 

In der Vacanzenliste der B. T. W. war eine Privatthierarzt¬ 
stelle zu Poulheim bei Köln ausgeschrieben. Diese angebliche 
Vacanz ist aus der Liste gestrichen worden, weil der Re¬ 
daction von competente8ter Seite mitgetheilt worden ist, dass die 
Ausschreibung lediglich die Folge eines persönlichen Streites 
zwischen dem ausschreibenden Gemeinde - Vorsteher und dem 
Thierarzt in dem dichtbenachbarten Stommeln ist. Schon vor 
zwei Jahren hat ein Thierarzt vergeblich versucht, sich in Poul¬ 
heim eine Praxis zu gründen. 


Vom Schiaohthof zu Mainz. 

Der erst vor Kurzem ernannte Director des Schlachthofes 
zu Mainz, ein ehemaliger Bürgermeister, hat, wie vor einiger 
Zeit bekannt wurde, sein Amt bereits wieder niedergelegt. An 
seiner Stelle ist ein Polizeicommissar gewählt worden. 

Der Director erhält 5000 M. Die erste Thierarztstelle wird 
im Nebenamt von dem beamteten Thierarzt Dr. Wollpert für 
3600 M. wahrgenommen. Kassirer und Buchhalter beziehen 
2600 und 2200 M. Für einen zweiten Thierarzt sind 1800 M. 
ausgeworfen; die Stelle ist aber unbesetzt. Es functioniren drei 
Fleischbeschauer, über deren Beanstandungen der Thierarzt die 
Oberentscheidung hat. 

Es bestehen also ganz eigenartige Verhältnisse. Das Nächst¬ 
liegende wäre wohl, wenn dem beamteten Thierarzt nicht ge¬ 
stattet würde, im Nebenamte die Leitung der Fleischbeschau an 
einem so grossen Schlachthofe, wie dem Mainzer, wahrzunehmen. 


Oeffentlichcs 

(Mittheilungen fü 
Senchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen amlS.December 1898 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ii 

Kreisen 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez;' 

waren 

verseucht 

Danzig. 

1 

1 

0,79 

Marienwerder. 

2 

2 

0,88 

Potsdam. 

2 

4 

1.54 

Frankfurt. 

4 

6 

2,20 

Stettin. 

1 

1 

0,53 

Stralsund. 

1 

2 

2,2 

Posen. 

14 

59 

17,90 

Bromberg. 

5 

13 

5,7p 

Breslau . . •. 

5 

23 

6,05 

Liegnitz. 

1 

1 

0,35 

Oppeln. 

1 

1 

0,35 

Magdeburg . 

10 

15 

10,41 

Merseburg. 

8 

18 

7,78 

Erfurt. 

2 

2 

3,40 

Hannover.. 

2 

4 

6,35 

Hildesheim. 

4 

6 

8,0 

Lüneburg . 

1 

1 

0,67 

Stade . 

2 

6 

8,26 

Münster. 

4 

8 

29,85 

Arnsberg . 

7 

17 

20,0 

Cassel. 

6 

30 

17,94 

Wiesbaden. 

4 

9 

9,61 

Coblenz. 

11 

71 

67,95 

Düsseidort. 

16 

42 

97.67 

Cöln. 

7 

42 

141.89 

Trier. 

12 

88 

78,08 

Aachen . 

10 

83 

212,82 

Summa 

143 

555 

— 


Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche 
am 15. November 1898. 

Es waren am 15. November in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Marienwerder 2 (2). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 1 (1). R.-B. Cöslin 1 (1). 
R.-B. Posen 3 (4). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau I (1). 
R.-B. Oppeln 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Trier 1 (4). Bayern: 
R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2). 
Kroi8hanptm. Leipzig 1 (2). Württemberg: Schwarzwaldkreis 
1 (1). Jag8tkrei8 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braunschweig: 1 (1). 
Wald eck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 1 (1). 
Bezirk Ober-Elsass 1 (1). 


VeterinSrwesen. 

r Veterinärbeamte.) 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (56). R.-B. Niederbayern 2 (4). 
R.-B. Pfalz 7 (24). R.-B. Oberpfalz 13 (26). R.-B. Oberfranken 
11 (14). R.-B. Mittelfranken 9 (29). R.-B. Unterfranken 17 (40). 
R.-B. Schwaben 22 (131). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(1). 
Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreis¬ 
hauptm. Zwickau 2 (5). Württemberg: Neckarkreis 14 (51). 
Schwarzwaldkreis 7 (16). Jagstkreis 14 (52). Donaukreis 11 (36). 
Baden: Landescomm. Constanz 2 (2). Landescomm. Freibnrg 
5 (11). Landescomm. Karlsruhe 6 (14). Landescomm. Mannheim 
9 (15). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (9). Provinz Ober¬ 
hessen 3 (9). Provinz Rheiuhessen 4 (23). Sachsen-Weimar: 

3 (12). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 4(7). Braunschweig: 
2 (3). Sachsen-Meiningen: 3 (6). Sachsen-Coburg-Gotha: 
Herzogth. Coburg 1 (1). Anhalt: 3 (7). Schwarzburg-Sonders- 
hausen: 1 (1). Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck; 
1 (2). Bremen: 2 (4). Elsass-Lothringen: Bez. Ober-Elsas« 

4 (4). Bez. Unter-Elsass 4 (7). Bez. Lothringen 6 (35). 

C. von Lungensouche: 

Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1. 
R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Magdeburg 2 (3). Bayern: B.-B. 
Schwaben 1(1). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 

D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (0- 
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 3 (8). R.-B. Stettin 2 (4). 
R.-B. Stralsund 3 (4). R.-B. Posen 8 (14). R.-B. Bromberg 6 (•')• 
R.-B. Breslau 19 (77). R.-B. Liegnitz 11 (79). R.-B. Oppeln 8 (15). 
R.-B. Magdeburg 4 (5). R.-B. Merseburg 2 (2). R.-B. Schleswig 

5 (10). R.-B. Hannover 2 (3). R.-B. Hildesheim 2 (6). B.-B 
Stade 2 (3). R.-B. Münster 3 (4). R.-B. Arnsberg 4 (5). B.-B- 
Cassel 2 (3). R.-B. Wiesbaden 3 (6). R.-B. Coblenz 1 (1). B.-B. 
Düsseldorf 5 (10). R.-B. Cöln 1 (1). R.-B. Trier 3(5). Bayern: 
R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Pfalz 2 (2). R.-B. Mittelfranken 
1 (1). R.-B. Unterfranken 2(2). R.-B. Schwaben 3 (3). Württem¬ 
berg: Jagstkreis 1 (2). Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1)- 
Mecklenburg - Schwerin: 3 (7). Oldenburg: Herzogthn® 
Oldenburg 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Alten- 

bürg: 1 (2). Lippe: 1 (1). 

Schwelne-Verkaufsstätten. 

In den Bezirken Breslau und Liegnitz ist eine dem Sinne nach 
gleichlautende Verfügung folgenden Inhalts erlassen worden: Sofern 
in den für den Hausirhandel mit Schweinen gesperrten Kreisen der 
Handel in festen Verkaufsstätten stattfinden soll, ist der Orts- 


Digitized by 


Google 














1 . December 1898. 


BERLINER THIERÄBZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


575 


Polizeibehörde Anzeige zu machen von der Errichtung der 
Verkaufsstätte und ihrer Aufgabe. Bei jeder Neueinführung von 
Schweinen ist der Polizeibehörde das Controlbuch zur Revision 
vorzulegen. Die Schweine sind wöchentlich ein Mal von dem 
beamteten Thierarzt zu untersuchen. Sie dürfen nicht in eine 
andere Verkaufsstätte überführt oder sonst vor dem Verkauf 
entfernt werden. Die verkauften Schweine dürfen nach ihrem 
Bestimmungsort nicht getrieben werden. Die Vorschriften für 
Handelsviehstallungen finden auch auf die VerkaufsBtätten An¬ 
wendung. Als feste Verkaufsstätte sind nur solche zugelassen, 
welche nicht zum Absatz einzelner Transporte, sondern auf 
längere Zeit in Benutzung genommen werden sollen. 

Bromberg: Untersuchung importirten Viehs. 

Den vorgescbriebenen Untersuchungen muss nach Verfügung 
vom 9. November unterzogen werden das aus folgenden, als ver¬ 
seucht anzusebenden Landestheilen eingeführte Vieh: 

1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg, 
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken 
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬ 
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬ 
schaften Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen 
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis, 
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg, 
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬ 
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum 
Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum Oldenburg, 9 aus 
dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzogthum Sachsen- 
Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 
12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. aus dem Fürstenthum 
Schwarzburg-Rudolstadt, 14. aus dem Fürstenthum Waldeck, 
15. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen. 

Schweinefleisch-Einfuhr. 

Das Vorbot der Einfuhr frischen Schweinefleisches aus 
Holland über die Grenze des Kreises Rees ist am 20. er. auf¬ 
gehoben worden. 

Maul- und Klauenseuche Nachriohten. 

Auf dem Ueberständehof zu Cöln ist am 24. er. die Maul¬ 
und Klauenseuche ausgebrochen. Ausbruch und zugleich Er- 
öschen der Seuche (durch Abschlachtung aller Tbiere, ist am 
26. er. aus Dortmund gemeldet. Noch nicht gemeldet ist das 
Erlöschen des Ausbruchs vom 17. er. aus München. 

Fleischschan and Viehverkehr. 

Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London. 

Von 

M r. S h i r 1 e y F. Murphy. 

(Auszug aus dem Bericht des Medial offleer of Health.) 

Die Frage der Ersetzung der Privat-Schlachtstätten durch 
öffentliche Schlachthäuser ist in London schon seit langer Zeit 
Gegenstand der Erörterung gewesen. Um einen möglichst um¬ 
fassenden Bericht zu erstatten, besuchte Mr. Murphy unter anderen 
Städten des Continents Berlin, Leipzig, Halle, Hamburg Brüssel, 
Copenhagen und in England Edinburgh, Glasgow, Carlisle, 
Breadford, Leeds, Huddersfield, Manchester, Liverpool und 
Birkenhead, um die hier bestehenden öffentlichen Schlachthäuser 
und Einrichtungen der Fleischschan in Augenschein zu nehmen. 

Die Umstände, welche für das bisherige Fortbestehen der 
Privatschlachthänser verantwortlich gemacht werden müssen, er¬ 
hellen am besten aus dem Bericht des im Jahre 1873 nieder¬ 
gesetzten Unterhaus-Ausschusses, der in Anlehnung an das 
Bebauungsgesetz vom Jahre 1844 über schädliche Geschäfts¬ 
betriebe berathen sollt«. Das Bebauungsgesetz verbietet a) die 


Errichtung von Wohnhäusern innerhalb einer Entfernung von 
50 Fuss von einem Schlachthause; b) die Einrichtung einer 
Schlächterei, wenn dieselbe nicht mindestens 40 Fuss von einer 
öffentlichen Strasse oder 50 Fuss von einem Wohnhause entfernt 
ist; im Falle des Bestehens einer nicht diesen Vorschriften ent¬ 
sprechenden Schlächterei darf dieselbe nicht über 30 Jahre hinaus 
fortbetrieben werden, wenn nicht eine besondere Erlaubnis hier¬ 
für vorhanden ist. 

Diese Bestimmungen, weit entfernt, die Schlachtbetriebe an 
dem Fortbestehen zu hindern, sollten auf Vorschlag des Aus¬ 
schusses folgende Abänderungen erfahren: 

1. So weit eine Behinderung des Handels nicht stattfände und 
den Interessenten nicht unverhältnismässig hohe Kosten auf¬ 
gebürdet würden, sollten die Privatschlachthäuser vermindert oder 
doch die Verminderung beschleunigt werden. 

2. Durch die Errichtung eines Schlachthauses am Islington- 
Markt und weitere Bequemlichkeiten sollten die Schlächter ver¬ 
anlasst werden, ihr Vieh dort zu schlachten, und dasselbe nicht 
durch die Strassen nach ihren Behausungen zu treiben. 

3. Zwischen Privatschlachthäusern in Verbindung mit dem 
Markt und öffentlichen Schlachthäusern sollte scharf unterschieden 
werden. 

4. Kein Privatschlachthaus sollte im Innern der Stadt er¬ 
laubt werden, wenn nicht unter ganz besonderen Umständen, und 
dann nur mit Genehmigung der Grafschafts-Regierung. 

5. Die Stadt sollte die Berechtigung erhalten, öffentliche 
Schlachthäuser zu errichten, wenn dadurch die Zahl der Privat¬ 
schlachtstätten in dicht bevölkerten Districten vermindert würde. 

Die Gründe, welche dem Ausschuss für das Fortbestehen der 
Privatschlachthäuser angeführt wurden, sind folgende: 

1. Bei heissem Wetter würde, ohne dass Privatschlacht¬ 
häuser vorhanden seien, frisches Fleisch in London nicht za 
halten sein. 

2. Der Abfall, den die ärmere Bevölkerung consumire, 
würde bei dem Nichtbestehen von Privatschlachthäusern fast 
wegfallen, zu manchen Jahreszeiten überhaupt nicht herbeizu¬ 
schaffen sein. 

3. Das Fleisch würde vor • dem Transport nicht genügend 
durchgekühlt sein und leicht unansehnlich werden sowie schneller 
in Zersetzung übergehen. 

4. Der Handel würde in die Hände der Grossschlächter ge¬ 
trieben und monopolisirt werden. 

5. Die Ausgaben würden durch die Ueberführung der Tbiere 
nach den öffentlichen Schlachthäusern und nachherigen Transport 
des Fleisches in die Läden steigen. 

6. Ausgaben würden dnreh das nothgedrungene Halten von 
mehr Leuten erwachsen. 

7. Der Verlust an Fett etc. würde ein grösserer sein, wenu 
die Thiere in öffentlichen Schlachthäusern geschlachtet würden. 

Seit der Erstattung des Ausschussberichtes hat sich die 
Fleischversorgung Londons in gewaltiger Weise geändert, so 
dass die Gründe, welche 1873 gegen die Aufhebung der Privat¬ 
schlachtstätten mit einem Schein der Berechtigung angeführt 
werden konnten, gegenwärtig als stichhaltig nicht mehr erachtet 
werden können. 

Gegen den ersten Einwurf ist anzuführen, dass die statistischen 
Uebersichten ergaben, dass der Zntrieb des Viehs zum inländi¬ 
schen Viehmarkt sich stetig vermindert bat, während der Zntrieb 
zum ausländischen Viehmarkt in Deptford, wo alles Vieh ab¬ 
geschlachtet werden muss, stetig zugenommen hat. Grosse Quanti¬ 
täten Fleisch gelangen von hier ans nach London, welche vor 
1873 durch die Privatschlachthäuser gegangen sein würden. Aber 
noch viel grössere Mengen an geschlachtetem Fleisch empfängt 


Digitized by LjOOQie 






576 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 48. 


London nicht nur von anderen Theilen des Inlandes, sondern so¬ 
gar von Amerika, Australien, Neu-Seeland, und zwar im Gewicht 
von mehr als zwei Millionen Centner pro Jahr. Ferner hat man 
jetzt Külilhäuser zur Aufbewahrung des Fleisches, welche vor 
1873 noch unbekannt waren. Die Privatschlachthäuser sind des¬ 
halb für den Fleisch Verkäufer weniger nothwendig geworden, wie 
auch die stetige Verminderung derselben erweist. Im Jahre 1873 
waren in London bei einer Einwohnerzahl von 3 386 267 ungefähr 
1500 Privatschlachtstätten, dahingegen waren im Jahre 1897 bei 
einer Bevölkerung von 4484 720 Personen einschliesslich der 
Schlachthäuser in Islington und Deptford 467 Privatschlacht¬ 
häuser, ausschliesslich 8 in der City belegenen, vorhanden. Wäh¬ 
rend sich demnach die Bevölkerung um ca. 32 pCt. vermehrt hat, 
hat die Anzahl der Schlachthäuser um 69 pCt. abgenommen. 
Nicht einem Einzigen würde es einfallen, zu behaupten, dass bei 
dem Mangel an Privatschlachthäusern frisches Fleisch bei 
heissem Wetter in London nicht zu beschaffen sei. 

Bezüglich des zweiten Einwurfes ist zu bemerken, dass die 
Armen Londons jetzt viel weniger auf den Abfall angewiesen 
sind als früher, auch würde der Abfall, welcher in zweck¬ 
mässig vertheilten öffentlichen Schlachthäusern von den dort 
geschlachteten, verhältnissmässig wenigen Thieren gewonnen 
würde, nicht verloren gehen. 

Der Einwand der schnellen Verderbniss des Fleisches würde 
wegfallen, wenn in Verbindung mit den Schlachthäusern gleich¬ 
zeitig Kühlanlagen vorgesehen würden. 

Der Handel würde auch nicht in die Hände der Gross¬ 
schlächter getrieben werden, wenn der Kleinschlächter Gelegen¬ 
heit hätte, sein Vieh in den zerstreuten öffentlichen Schlacht¬ 
häusern zu schlachten. 


Die Ansgaben würden auch nicht belangreich erheblicher 
sein, wenn das Vieh mittels Eisenbahn von dem Markte in dag 
dem Schlächter nächst gelegene öffentliche Schlachthaus, welches 
sich nicht zu weit von seinem Laden befindet, überführt wird. 

Ein vernünftiger Grund, dass mit dem Schlachten im öffent¬ 
lichen Schlachthause ein Verlust an Abfall verbunden sei, ist 
auch nicht herbeizuschaffen, wenn zur Bearbeitung desselben 
Gelegenheiten vorhanden sind. Die Gründe, welche 1873 gegen 
die Privatschlachthäuser ins Feld geführt wurden, beruhten haupt¬ 
sächlich darauf, dass dieselben Belästigungen für die Nachbar¬ 
schaft heraufbeschworen und dass das Vieh durch die Strassen 
Londons getrieben werden musste. Dank dem behördlichen Ein¬ 
schreiten sind die Belästigungen im Wesentlichen geschwunden, 
wenn auch nicht alle Nachtheile, die ein Schlachthaus mit sich 
bringt, ausgeglichen werden konnten, weil ihre Entstehung meist 
einer lange vergangenen Zeitepoche angehört. Mehr noch ist das 
Viehtreiben zurückgegangen, einmal durch die Abnahme der 
Schlachtungen und dann durch die Beschränkung des Treibens 
auf gewisse Stunden. (Schluss folgt.) 

Flelsch-Untersuchungs-Plombea. 

Die Firma Reuss, Hamburg, Bäckerstrasse 16, versendet 
Proben von Plomben, die bestimmt sind, untersuchtes Fleisch zn 
bezeichnen. Dieselben sind dünne, sehr biegsame, leicht zu be¬ 
festigende Aluminiumstreifen, welche weder durch Pökellake noch 
Rauch angegriffen werden sollen. 1000 Stück kosten 10 M.; m 
gehört dazu aber noch eine Verschlusszange. Auf der Plombe 
können Worte etc. eingeprägt werden. Dieselben scheinen praktisch 
zu sein, sind übrigens angeblich bei der Hamburger Fleischschau 
1 in Gebrauch. 


Personalien. 

Ernennungen: Stau ff, städtischer Oberthierarzt zu Königsberg 
zum Schlachthofdirector zu Elbing. — Districtsthierarzt Kamm- 
Feuchtwangen zum Bezirksthierarzt in Roding. — Thierarzt Heiss- 
Straubing definitiv zum Bezirksthierarzt. — Districtsthierarzt Bern- 
d o r f e r - Abensberg zum städt. Thierarzt in Passau. 

In den R u h e s ta n d getreten: Der Direktor des Veterinär¬ 
instituts in Leipzig, Hofrath Professor Dr. Zürn; Bezirks¬ 
thierarzt Schlicht- Nördlingen. 

Approbationen: ln Berlin: Die Herren Franz Reimer und 
Oscar Hämmerling. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Thier¬ 
arzt Staubitz nach Mannheim als Schlachthofthierarzt, Thierarzt 
Fr. Eggert-Prenzlau nach Dallmin b. Karstädt, Thierarzt Stern- 
Stettin nach Schönbaum, Thierarzt L. S c h m i d t - Passau (früher 
städt. Thierarzt) nach München , Thierarzt B o 1 8 i n g e r von 
Schw.-Gmünd nach Zell a. Mosel. 


Yacanzen. 

Krelsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De- 
cember 1898 an Regierungspräsidenten. — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land. — Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikers- 
heim (ca. 700 M.). — R.-B. Posen: Neutomischel. 

Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Haltern: Thierarzt zum 1. Januar 1899 (ca. 1200 M. aus Fleisch¬ 
schau u. 800 M. Züsch. Privatpraxis.). Bew. b. 5. Dec. an Biirgermstr. 

— Königsberg: 2. Thierarzt für Schlacht- und Viehhof zum 
1. Januar 1899 (2400—8000 M. davon 300 M. Abzug für Wohnung; 
nach einjähr. Probedtenst pensionsberechtigt). Meid, an Director. 

— Moseritz (Posen): Schlachthausinspector zum 1. April 1899 


(1500 M. etc. Privatpraxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. 

— Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. ,1899 (1800 M., 
fr.Wohnung,Privatpraxisgestattet).Meld. bis 15.Dec. an Bürgermeister. 

— Strasburg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M., 
freie Wohnung). — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April 
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. Decembcr 
an Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Mainz: SchlachthofassiMenzthierarzt. —Nürnberg: 
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarit 
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteber K. 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderatb.- 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaiigebühren, 
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sachs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬ 
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an 
Magistrat — Landsberg a. W.: Assistent am Rothlauf-Serum-Institut 
(1800 M.), Bew. an Director Dr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt 
(Einn. aus Fleischbeschau 500 M.). — N a u n h o f (b. Leipzig): Thierarzt 
(Zuschuss 200 M. u. Uebertragung der Fleischschau). Bew. umgeh..™ 
Bürgerm. Igel. — Oberraa r schacht (Elbe): Thierarzt — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, au Polizei¬ 
verwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum- 
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier- 
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch 
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön- 
fliess (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kübn- 
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres 
durch den Bürgermeister. — Zeh den: Thierarzt. Näheres durci 
Amtsrath Ehlert in Grüneberg bei Zehden). 

Besetzt : Schlachthofstelle: Elbing. — Privat 
stello:Schönbaum. 


Verantwortlich für <len Inhalt (axel. In*cratentholl) Prof. I)r. ächmaltz in Merlin. - Verlag uml Kieenthuiu von Richard Hchoetz in Berlin.— Druck von W. Btlxen«teln. Bcri 111 - 


Digitized by LjOOQie 





Die Thlerirxtllche Wochenschrift" eracheint 

wöchentlich in Stärke von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe 
ist tu beziehen durch den Buchhandel, die Poat (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
SchoetX) Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Orlglnalbeltrige werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactloneilen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*, 
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. 


M 49 


Ausgegeben am 8. December. 


Inhalt: BrQcher sen. : Kreuz- oder Lendenlähme? Etwas aus der Praxis für die Praxis. — Protokoll der 
Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein am 24. und 25. Sep¬ 
tember 1898 z n Neumünster im Bahnhofshötel.— Referate: Lübke: Eigentümliche Fohlenerkrankung. — Winter: 
Ueber Tuberculose der Mandeln. — Rem b old: Zur Heilwirkung des Tuberculins bei Lungentuberculose. — Aus dem statistischen 
Veterinär-Sanitä'sbericht für die preussischc Armee. — Smythe: Leucämie beim Hund. — Mosselmann und Höbraud: 
Anormale Färbung des Sccletts bei einem Rinde — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Sitzung des Vereins 
schlesischer Thierärzte zu Breslau am 23. October 1898. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchen¬ 
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Kreuz- oder Lendenlähme? 

Etwas aus der Praxis für die Praxis. 

Von 

Dr. BrQcher sen. -Hannover. 

Als eines der wichtigsten und angenfälligsten Symptome der 
Kreuz- und Lendenlähme bei Pferden wird allgemein die 
schwankende und drehende Bewegung derselben im Hintertlieile 
angesehen. Sicher ist, dass dieses Symptom bei den genannten 
Leiden niemals fehlt; indess darf man es nicht immer ohne 
Weiteres als ein krankhaftes, noch viel weniger als ein patho- 
gnoraisclies bezeichnen. Es giebt Pferde, die bei einiger 
schwankender Bewegung im Hintertheil bis zum höchsten Alter 
durchaus tüchtige Arbeitspferde bleiben, während andere mit 
weniger schwankender Locomotion in dieser Beziehung zu 
wünschen übrig lassen. In dem einen Falle liegt die beregte 
Bewegung8ersclieinung einfach in dem normalen, anatomischen 
Bau begründet (so meistens bei schmalen, langen, eingesenkten, 
selten bei breiten, kurzen, hohen Lenden), wohingegen sie in dem 
anderen Falle ihre Ursache in einem krankhaften Zustande, and 
zwar zunächst in einer pathologishen Veränderung des Lenden¬ 
oder des Krenzmarkes beziehungsweise der Lenden- oder der 
Krenznerven hat. Bei der allgemeinen Untersuchung der Pferde 
ist es daher nöthig, sich über den Grund des Schwankens oder 
Drehens im Hintertheil ein klares Bild zu verschaffen, da man 
dasselbe einmal für g eichgiltig, ein andermal für bedenklich zu ' 
erklären hat. Dass diese Unterscheidung eine ganz besondere 
Bedeutung erlangt bei Benrtheilong von Handelspferdeu, muss 
nm so mehr einleuchten, als jeder Käufer von dem Sachverstän- j 
digen ein nach Möglichkeit bestimmtes Urtheil zu erhalten be- I 
rechtigt ist. Ich bin fest überzeugt, dass jedem Collegen, der | 
häufiger Gelegenheit hatte, Pferde zu benrtheilen, derartige Fälle 
zur Begutachtung vorgekommen sind, und bin ebenso fest davon 
überzeugt, dass schon mancher College bei Beu theilnng derselben 
die gleiche Verlegenheit gefühlt hat, wie ich sie empfunden, be¬ 
vor ich mir die Sache klargelegt hatte, nach Ausweis vorliegender 
Arbeit. Wie nämlich jeder gewissenhafte Thierarzt bemüht sein 
wird, für die in Rede stehende Erscheinung des Schwankens 
eine wissenschaftliche Begründung zn liefern, so habe auch ich 
versucht, eine solche zu finden, um mit möglichster Bestimmtheit 


dieselbe beurtheilen zu können — und zwar auf anatomisch¬ 
physiologischer Grundlage. 

Sämmtüche Muskeln des Hintertheil» resp. der Hinter¬ 
schenkel, die hier in Frage kommen, erhalten ihre Nerven theils 
vom Kreuz-, theils vom Lendengeflecht. Es ist deshalb eine 
richtige Beurtheilung der Bewegung des Hintertheils nur möglich, 
wenn man die Wirkung der Muskeln, welche ihre Nerven aus¬ 
schliesslich oder doch vornehmlich vom Leudengeflecht empfangen, 
scharf auseinanderhält von der Thätigkeit derjenigen Muskeln, 
die ihre Nerven aus dem Kreuzgeflecht beziehen. 

Am wenigsten auffällig sind in der Regel die Functions¬ 
störungen an den von dem Lendengefleclit versorgten Muskeln, 
da diese, wenn auch in geringerem Grade, noch Nerven vom 
Krenzgeflecht erhalten. In die Augen springend dagegen und 
leicht verständlich sind Störungen in der Thätigkeit der Muskeln, 
deren Nerven vom Kreuzgeflecht stammen. 

Die vom Lendengeflecht innervirten Muskeln haben die 
Function, die freien Hinterextremitäten nach vorn zu bewegen, 
die Kruppe lierabzndrücken und namentlich auch das Gleich¬ 
gewicht im Hintertheil zu erhalten. Sie sind Vorwärtsführer des 
Hinterschenkels nnd Ueberzielier der Schwerlinie. 

Wenn somit ein Pferd die Hinterschenkel nicht entsprechend 
nach vorn bringt, gern gestreckt mit auseinander gestellten 
Sprunggelenken steht, die Krnppe beim Misten oder Uriniren 
nicht entsprechend nach abwärts drückt und besonders beim 
Drehen des Körpers das Gleichgewicht nicht zu halten vermag, 
dann ist es mit Bestimmtheit als lendenlahm zu bezei chnen. 

Den vom Krenzgeflecht versorgten Muskeln fällt hauptsächlich 
die Aufgabe zu, den Rumpf auf den nach vorn festgestellten 
Hinterschenkel hinüberzuschieben und das sichere Eingreifen der 
Hufe in den Erdboden zu bewirken. Sie sind im Wesentlichen 
Nachschieber des Rumpfes und werden nur gelegentlich, wie 
beispielsweise beim Hintenausschlagen, zu anderen Leistungen 
herangezogen. Die Wirkung dieser Muskeln ist leicht zu 
erkennen. Insbesondere ist es aber diejenige des Kniekehl¬ 
muskels (musculus popliteus), die augenfällig hervortritt. Ich 
muss gestehen, dass gerade das Verhalten des letztgenannten 
Mnskels mir den ersten Fingerzeig bei der Ernirung der Ursache 
der schwankenden Bewegung im Hinteriheil des Pferdes gab and 
die Grundlage für die Differential-Diagnose zwischen Lenden- 


Digitized by LjOOQie 







BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 




578 

und Kreuzlahme lieferte, da dieser Muskel seine Nerven aus¬ 
schliesslich vom Kreuzgeflecht empfängt. Der Kniekehlmnskel 
liegt bekanntlich hinter dem Kniegelenk (Femoro-tibialgelenk) 
nnd der Tibia. Er entspringt am lateralen Condylus des Femur 
und endet am medialen Rande der hinteren Fläche der Tibia — 
bis etwa zur Mitte der letzteren. Bei seiner Wirkung dreht er 
die Tibia von innen nach aussen um ihre Längsachse, und zwar 
dergestalt, dass deren hintere Fläche mehr nach aussen (lateral), 
und deren vordere mehr nach innen (medial) zu liegen kommt. 
Die Folge hiervon ist, dass die Zehe nach innen und das Sprung¬ 
gelenk entsprechend nach aussen gestellt wird. Besonders in die 
Augen springend ist die Wirkung des genannten Muskels bei 
Pferden, die schwer ziehen müssen. 

Mich berührt es stets angenehm, wenn ich sehe, dass ein 
Pferd, welches im Trabe vorgeführt wird, die Wirkung des Knie¬ 
kehlmuskels so recht erkennen lässt, bei sonst sicherer und fester 
Haltung des Hintertheils. 

Wenn nun dieser Muskel keine deutliche Wirkung äussert, 
das Pferd bei der Bewegung die Zehe nicht entsprechend nach 
innen und das Sprunggelenk nicht nach aussen bringt, so ist es 
eben ein Beweis dafür, dass eine Innervationsstörung am Kniekehl¬ 
mnskel vorliegt, mithin das Schwanken im Hintertheil seinen 
Grund in einer Kreuzlähmung hat. 

Beiläufig will ich erwähnen, dass hierbei nicht selten die 
Hinterschenkel beim Gehen weit über die Fussstapfen des Vorder- 
fusses hinausgreifen, auch wohl der Mistabsatz mit Schwierigkeit 
verbunden ist, und ein gewisses Drängen erfordert. 

Wenn indess umgekehrt die Kniekehlmuskeln eine auffällig 
starke Action zeigen, also die Sprunggelenke übermässig aus¬ 
einanderweichen, und die Zehen zu 6tark nach innen gestellt 
werden, dann ist wieder die Annahme berechtigt, dass der 
schwankende Gang mit einer Lendenlähmung in ursächlichem Zu¬ 
sammenhang steht. 

Ein solches Verhalten weist auf ein Missverhältniss zwischen 
der Wirkung der vom Lendengeflecht innervirten und der vom 
Kreuzgeflecht versorgten Muskeln hin; es zeigt an, dass d : e 
ersteren den letzteren gegenüber zu schwach sind, und erfahrungs- 
gemäss wissen wir, dass in der bei weitem grösseren Mehrzahl 
der Fälle Muskelschwäcben und Muskellähmungen nervösen Ur¬ 
sprungs sind. 

Fehlen nun bei der allgemeinen Untersuchung eines Pferdes, 
das ein mehr oder weniger auffälliges Schwanken im Hintertheil 
zeigt, die bestimmten oben angegebenen Symptome für Kreuz¬ 
oder Lendenlähme, dann kann man die Bewegungs-Anomalie als 
unbedenklich bezeichnen; im Gegentheil bat man sie bestimmt als 
nachtheilig zu erklären. 

Bei plötzlich auftretenden Lähmungen im Hintertheil ist man 
auch im Stande, unter Berücksichtigung der oben angeführten 
Erscheinungen zu bestimmen, ob Patient vornehmlich kreuz- oder 
lendenlahm ist, und giebt auch hierbei besonders das Verhalten 
des Kniekehlmuskels den Ausschlag. 

Ein Uebel, welches anderweitig mit Kreuz- oder Lenden¬ 
lähmung leicht verwechselt werden kann, ist die Lähmung des 
Schenkelnerven, zumal wenn dieselbe beiderseits auftritt. Von 
dem Schenkelnerv werden bekanntlich die Kniescheibenmuskeln 
versorgt, und von diesen letzteren, so pflegte der sei. Günther 
zu sagen, wird das ganze Hintertheil commandirt; sind sie ge- 
gelähmt, dann knicken alle Gelenke zusammen, sodass die Thiere 
wie vollständig gelähmt im Hintertheil erscheinen. 

Es ist hierbei in der Tliat sehr schwer, um nicht zu sagen 
kaum möglich, a priori zu bestimmen, ob eine heftige Lenden¬ 
lahme — da der Schenkelnerv aus dem Lendengefieckt entspringt 
— oder ob nur eine Lähmung der Schenkelnerven für sich be¬ 


steht. Dass eine solche Schenkelnervlähmung für sich ohne 
Lendenlähmung bestehen kann, ist erfahrungsgemäss, wie ja auch 
der für sich bestehende Krampf in^ den Kniescheibenmuskeln 
(Ramm) beweist. 

Ist der Schenkelnerv nur für sich erkrankt, dann hat das 
Uebel nicht annähernd die Bedeutung wie bei Lendenlähmung; 
es tritt meistens vollständige Heilung ein. Nur in seltenen Fällen 
bleibt eine gewisse Schwäche in den Kniescheibenmuskeln zurück, 
was besonders auffällt, wenn die Pferde hoch hintenansschlagen 
und dann wohl beim Auffangen der Last zusammenknicken. 

Noch will ich bemerken, dass ebenso wie Schenkelnerv¬ 
lähmung auch ausnahmsweise die Kreuzlähmung einseitig Vor¬ 
kommen kann. — Vor Jahren wurde mir das Pferd eines noch 
in Hannover weilenden Arztes in Behandlung gegeben, welches 
augenfällig einseitig kreuzlahm war. Ich erklärte das Leiden für 
eine Lähmung der Hüftnerven (nervus ischiadicus). 

Da Bich recht bald Verschwind einstellte, rieth ich, das Pferd 
als werthlos zu tödten oder aber der damaligen Thierarzneischnle 
zu schenken, da der Krankheitsfall sehr interessant sei. Letzteres 
geschah. Meine Diagnose wurde als richtig erkannt, und das 
Pferd, als es an der einen Kruppenhälfte zum Skelett geworden, 
während die andere Seite durchaus normal blieb, getödtet Dass 
auch in forensischer Beziehung eine Unterscheidung der im Vor¬ 
stehenden besprochenen Uebel ihre Bedeutung hat, wurde bereits 
angedentet. Wirklich kreuzlahme Pferde sind als dauernd werth- 
los zu betrachten, während lendenlahme Pferde znm Zugdienst, 
besonders auf dem Acker, meistens sehr wohl brauchbar bleiben. 

Es ist daher weder vom praktischen, noch viel weniger vom 
rein wissenschaftlichen Standpunkte aus zu rechtfertigen, obige 
sehr wohl zu trennenden Uebel ohne Ausnahme unter dem allge¬ 
meinen Namen Lumbago oder auch Kreuzlahme zusammen¬ 
zufassen. Solch’ allgemeine Bezeichnungen sind ausnahmsweise 
zu rechtfertigen, z. B. bei Gesammtlähmung des Hintertheils 
infolge Rückenraarksafifection, bei der sog. schwarzen Harnwinde 
und dergl. 

Bei einiger Uebung in der Beurtheilung der Gangart der 
Pferde und bei gutem Willen ist es durchaus nicht allza schwer, 
die vorstehend kurz besprochenen Uebel zu erkennen und zn 
unterscheiden. 

Uebung macht auch hier den Meister, und es bleibt immer 
wahr, was der sei. Günther sen. sagte: Pferdekenner wird man 
nicht hinter dem Studirtisch, sondern nur durch die Praxis. 

Wer immer wirklich Pferdekenner werden will, der lasse 
kein Pferd an sich vortibergehen, ohne dasselbe, wenn auch nur 
flüchtig, zu beurtb eilen. 

Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins in Schleswig-Holstein 

am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im 
Bahnhofshotel. 

(Fortsetzung.) 

„Die verschiedenen Grade und Formen der Rothlaufseucbe bei 
Schweinen.“ 

Vortrag von Kreisthierarzt Struwe-Kiel. 

M. H. Unsere Tagesordnung bezeichnet das von mir 
für heute zu einer kurzen Besprechung gewählte Thema kaum 
ganz richtig. Ich will hier keinen ausführlichen Vortrag 
über die Rothlaufseucbe der Schweine halten und namentlich 
auch nicht die verschiedenen Krankheitsbilder dieser Plage 
unserer Schweinezüchter schildern. Die Geschichte dieser 
Krankheit, ihre Aetiologie und ihre Differentialdiagnose 
sind auch schon auf unsern Generalversammlungen des 
Oefteren erörtert worden. 


Digitized by AjOOQle 



579 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


8 December 1898. 

Nachdem jedoch neuerdings exaclere Berichterstattung 
über die Verbreitung d-r verschiedenen, der Anzeigepflicht unter¬ 
liegenden Schweineseuchen gefordert wird, dürfte es trotzdem 
angezeigt sein, hier nochmals die Frage zu ventiliren, welche 
Krankheitszustände der Schweine unter das Gesetz 
fallen, und speciell ob das als Nesselfieber allgemein be¬ 
kannte Leiden dieser Thiere dem Roth lauf hinzuzurechnen 
ist and deshalb angezeigt werden muss. 

Zum Schluss möchte ich mir alsdann noch gestatten, 
kurz die neueren Ansichten über die Bekämpfung des 
Rothlaufs zu erwähnen. 

Gesetzliche Massregeln sollen, wie Ihnen bekannt ist, 
Platz greifen beim Milzbrand, bei der Schweineseuche, 
der Schweinepest und beim Rothlauf. 

Sie wissen nun aber, m. H., dass erst vor einigen Jahren 
eine Scheidung unter den verschiedenen ansteckenden Schweine¬ 
krankbeiten angenommen worden ist, und da68 bis dahin in der 
Erkennung und der Bezeichnung derselben der grösste Wirrwarr 
geherrscht hat. Alle mehr oder weniger heftig verlaufenden 
Leiden der Schweine, welche mit einer Hautröthung einber- 
gingen, bezeichnete man vor noch nicht langer Zeit als Rothlauf. Die 
Periode allerdings, in welcher man die erwähnte Krankheit 
dem Milzbrände zuzählte, liegt etwas weiter zurück, sodass 
wir jüngeren Thierärzte die Benennung Milzbrandrothlauf 
wohl kaum noch gebraucht haben. Und demnach war auch der 
uns geläufige Name „Rothlauf ', wie schon erwähnt, ein Sammel¬ 
begriff. Erst die klinischen und bacteriologischen Unter¬ 
suchungen von Eggeling, Lydtin, Schottelius, Schütz, 
Löffler und Anderen führten dazu, dass wir zu scheiden anflngen 
zwischen dem eigentlichen Milzbrand, der Schweineseuche, 
der Schweinepest, dem Rothlauf, dem Nesselfieber u.8.w. 

Es wurde uns gelehrt, dass Milzbrand bei Schweinen ausser¬ 
ordentlich selten vorkomme und selbstverständlich nur dann vor¬ 
liege, wenn Milzbrandbacillen nachgewiesen werden. 

Von der Schweineseuche erfuhren wir, dass sie eine 
multiple lobulär auftretende necrotisirende Pneumonie sei, deren 
Ursache wir in einem sich eigenartig färbenden kurzen Bacillus 
zu suchen hätten Derselbe nimmt, wie Ihnen bekannt ist, den 
Farbstoff besonders stark an beiden Polen auf, während das Mittel¬ 
stück so gut wie ungefärbt bleibt. 

Die Schweinepest endlich soll im Gegensätze zur Schweine¬ 
seuche ihren Hauptsitz im Verdanungstractus der Schweine 
haben, dort, namentlich im Dickdarm, tiefgehende diphtherische 
Entzündungen der Schleimhaut hervorrufen und durch einen 
ganz ähnlichen Mikroorganismus, wie den der Schweineseuche, 
bedingt werden. Namhafte Forscher sind allerdings mittlerweile 
zu der Ansicht gelangt, dass eine Trennung zwischen Schweine¬ 
seuche und Schweinepest nicht aufrecht zu halten ist. 

Nach ihneu soll die Schweinepest nur eine besondere Form 
der Schweineseuche sein, da bei beiden Uebelu der Krankheits¬ 
erreger derselbe ist. Ich will hier erwähnen, dass ich erst 
vor einigen Wochen zusammen mit dem Collegen BuBe Gelegen¬ 
heit gehabt habe, bei zahlreichen schweineseuchekranken Thieren 
neben den Veränderungen in den Lungen gleichzeitig diphthe¬ 
rische Erkrankungen der Darmschleimhaut, also Erscheinungen 
der Schweinepest, zu sehen. 

Was nun speciell den Rothlauf der Schweine betrifft, so 
muss dieser nach dem gegenwärtigen Stande unserer Wissenschaft 
als eine unter dem Bilde der Septicämie verlaufende ln- 
fectionskrankheit bezeichnet werden, welche ausschliesslich durch 
ein wohl charakterisirtes Stäbchenbacterium bedingt wird. Die 
Bacillen finden sich überall in den Capillaren der kranken 
Schweine zwischen den rothen Blutkörperchen und häufig in 


grösserer Anzahl in den weissen eingeschlossen. Sie haben 
eine grosse Aehnlichkeit mit den Koch’sclien Mäuse- 
septicämiebacterien, mit welchen sie übrigens entgegen der 
Ansicht von Lorenz-Darmstadt nicht identisch sind, wie durch 
viele Versuche nachgewiesen worden ist Sie wissen nun 
weiter, m. H., dass wir im Stande sind, die Rothlauf- 
bacillensehrleichtzu züchten und in ihren ganz charakteristischen 
Culturen bestimmt zu erkennen. In einer Nährgelatinestichcul- 
tur, wie Sie hier solche sehen, entwickeln sich bei gewöhnlicher 
Zimmertemperatur Colonien, welche das Aussehen einer Gläser¬ 
bürste zeigen. Auch durch die Impfung kleinerer Versuchs- 
thiere lässt sich die Diagnose des Rothlaufs in jedem Falle 
sichern. Besonders empfänglich für die Seuche Bind weisse 
Mäuse und Tauben. Beide Thierarten erkranken nach 
der Impfung in charakteristischer Weise und gehen recht bald 
an dem Uebel zu Grunde. In den Cadavern dieser Versuchs¬ 
tiere lassen sich alsdann wiederum zahlreiche Rothlaufstäb- 
chen nachweisen und gelingt es namentlich mit diesen sehr 
leicht, die charakteristischen Culturen zu erzeugen. In den 
meisten Fällen ist es allerdings auch ohne weitere bacte- 
riologische Untersuchungen schon durch die Obduction ganz 
leicht, aus dem Zusammentreffen der typischen Veränderungen, 
welche wir an der Milz, den Nieren, der Leber, dem Herzen, in 
den Lymphdrü8en und am Darm finden, die Diagnose auf Rothlauf 
zu stellen, zumal wenn es sich um ein seuchenhaftes Auftreten 
dieser Krankheit handelt, und somit der klinische Verlauf schon 
den Leichenverdacht erweckt hatte. 

Trotzdem wir es also in dem Rothlauf mit einer in bac- 
teriologischer Hinsicht vollkommen klargestellten Krankheit 
zu thun haben, waren wir dennoch über eine Form desselben, 
über die sogen. Backsteinblattern, das Nesselfieber, voll¬ 
kommen im Unklaren. Man hielt dasselbe für eine besondere 
Krankheit, welche mit dem Rothlauf gar nichts gemein habe 
und höchst unschuldiger Natur sei. Noch im Jahre 1892 ver¬ 
treten Friedberger und FrÖhner in ihrem Lehrbuch der 
spec. Pathologie und Therapie diese Anschauung und fügen noch 
hinzu, dass ein Todesfall bei dieser Krankheit noch nie beob¬ 
achtet worden sei. Diese letztere Angabe wird wohl Ihnen 
Allen nicht zugesagt haben. Es ist allerdings ganz 
richtig, das Nesselfieber der Schweine, welches sich 
klinisch neben gastrischen und fieberhaften Störungen 
durch seine auftretenden charakteristischen, theilweise 
Hautveränderuugen auszeichnet, verläuft der Regel nach gatartig. 
Die erkrankten Thiere genesen meistens nach einigen Tagen 
wieder vollständig. Sie Alle werden aber auch die Er¬ 
fahrung gemacht haben, dass in vereinzelten Fällen eine 
diffuse Hautröthung heftigere Erkrankung der Patienten und 
der Tod derselben statt der erwarteten Besserung eintreten. 
Andererseits haben wir auch nicht ganz Belten 
Gelegenheit, von den Besitzern der an Backstein¬ 
blattern erkrankt gewesenen Thiere zu hören, dass diese 
trotz scheinbarer Besserung nicht wieder in der früheren Weise 
gedeihen, sondern in ein chronisches Siechthum verfallen und 
deshalb sehr bald von dem Schlächter verwerthet werden mussten. 
Diese Vorkommnisse konnten wir uns früher nicht 
erklären, da uns doch der unschuldige Charakter der frag¬ 
lichen Krankheit allgemein gelehrt wurde. Ich erinnere mich 
noch sehr gut eines Falles, in welchem ich einem Besitzer 
einen günstigen Verlauf beim Auftreten des Nesselfiebers in 
seinem grösseren Schweinebestande in Aussicht gestellt und wie 
ich sehr bald darch die Thatsachen eines Andern belehrt wurde. 
Die ersten Fälle verliefen ganz programmmässig, indem die 
Patienten sich sehr bald erholten. Später aber traten jedoch zu 


Digitized by CjOOQie 


580 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


meiner Ueberraschung einige Todesfälle ein. Ich suchte mich 
damals bei dem Besitzer mit der Erklärung herauszureden, dass 
der eigentliche Rothlauf binzugekommen sei, wir es also mi 
zwei verschiedenen Krankheiten zu thun gehabt hätten. Dem 
war nun allerdings, wie wir jetzt wissen, in Wirklich¬ 
keit nicht so, sondern Rothlauf bestand bei dem Patienten von 
Anfang an, nur war in den günstig verlaufenden Fällen 
die Virulenz der Bacillen keine sehr grosse, weshalb die 
Krankheit unter dem Bilde des Nesselfiebers gutartig verlief. 
Als jedoch später durch irgend welche Umstände die An¬ 
griffs kraft der Bacillen erhöht wurde, traten die eigentlichen 
Rothlauffälle und damit auch die Verluste auf. Rothlauf- 
bacillen sind sowohl beim eigentlichen Rothlauf als auch 
beim Nesselfieber vorhanden, wie wir vor einigen Jahren 
durch die Untersuchungen von Jensen - Copenhagen und 
Lorenz - Darmstadt belehrt worden sind. Beide Forscher er¬ 
kannten gleichzeitig vollständig unabhängig von einander, dass 
das Nesselfieber nur eine milder verlaufende Form des 
Rothlaufs ist. 

Damit, meine Herren, bin ich zu dem Cardinalp unkt 
meiner Besprechung gekommen. Es ist bacteriologisch 
nach gewiesen, dass Nesselfieber mit Rothlauf identisch ist, 
folglich muss auch das Erstere nach den für das Letztere 
geltenden Bestimmungen behandelt werden. Es ist diese An¬ 
schauung nicht nur aus theoretischen Erwägungen be¬ 
rechtigt, sondern dieselbe muss auch aus veterinär- 
polizeilichen Rücksichten empfohlen werden. Es ist nach 
meinem Dafürhalten als ei wiesen anzusehen, dass Urticaria¬ 
fälle in den eigentlichen Rothlauf übergehen können, 
dass jedenfalls aber die Bacillen, welche von nesselfieberkranken 
Thieren in die Aussenwelt gelangen, unter besonderen, bis¬ 
her nicht näher bekannten Verhältnissen ihre Virulenz err 
höhen und, falls sie wieder in den Thierkörper gelangen, den 
eigentlichen Rothlauf erzeugen könuen. 

Auch ist bei der Frage noch der Umstand zu bedenken, 
dass der Verheimlichung des Rothlaufs Vorschub 
geleistet würde, wenn das Nesselfieber der Anzeigepflicht nicht 
unterworfen wäre. 

Wird in Schleswig-Holstein diese Anschauung be¬ 
folgt? Ich glaube kaum. Wenn ja, so müsste über die Ver¬ 
breitung des Rothlaufs in unserem Regierungsi ezirk ein ganz 
anderes Bild entstehen, als wir es jetzt in den betreffenden 
statistischen Zahlen gezeichnet finden. Sie alle wissen, dass an 
der Westküste der Rothlauf zu gewissen Jahreszeiten an 
vielen Orten epidemisch mit hohen Verlustziffern auftritt, auf 
dem Mittelrücken unserer Provinz kommen besonders im Herbst 
zahlreiche Fälle des Nesselfiebers, also der milderen Form des 
Rothlaufs, vor, und an der Ostküste finden wir beide, sowohl 
Nesselfieber als auch Rothlauf. Die Rothlaufbacillen sollen im 
feuchten Lehm- und Thonboden am besten gedeihen und ihre 
grösste Vif uleuz erreichen, während magerer Sandboden für 
ihre Entwicklung weniger günstige Verhältnisse bietet. Hier¬ 
nach lässt sich das verschiedenartige Auftreten der Seuche 
in unserer Provinz ganz ungezwungen erklären. 

Gestatten Sie, m. H., dass ich zum Schluss noch mit einigen 
Worten auf die Bekämpfung des Rothlaufs eingehe. Die ge¬ 
setzlichen Schutz- und Tilgungsmassregeln gegen diese 
Seuche beschränken sich auf den Versuch, beim Auftreten der 
Krankheit eine Verschleppung nnd Weiterverbreitung der Krank¬ 
heitskeime zu verhüten und diese später durch geeignete Des- 
infectionsmittel unschädlich zu machen. In solchen Fällen, 
wo es sich um das Auftreten des Rothlaufs in einen bis dahin 
von demselben verschont gebliebenen Stalle, also nm eine Ein¬ 


schleppung von Krankheitskeimen in eine früher rothlauffreie 
Gegend handelt, sind die erwähnten Schutz- und Tilgungsmass¬ 
regeln durchaus empfehlenswerth und auch sehr wirksam. Ich 
selbst hatte hier in Neumünster Gelegenheit, mich davon zu 
überzeugen, dass es unter den erwähnten Umständen möglich ist, 
durch strenge lsolirung der kranken Thiere und gleich¬ 
zeitige gründliche Desinfection der verseuchten Localitäten 
den Rothlauf wirksam zu bekämpfen. Wie aber sollen wir nun 
Vorgehen, meine Herren, in solchen Gegenden, wo der Roth¬ 
lauf stationär ist, wo alljährlich Fälle desselben auftreten und 
eine Bodeninfection mit Rothlaufbacillen angenommen werden 
muss? Wie Sie wissen, ist in solchen Fällen die Schutz¬ 
impfung gegen die Krankheit empfohlen. Schütz und Voges 
haben nun neuerdings die verschiedenen Impfmittel und Impf- 
metboden gegen den Rothlauf einer wissenschaftlichen und 
äusserst interessanten Nachprüfung unterzogen. Wie Sie wissen, 
giebt es ein Impfmittel von Pasteur, ein solches von Lorenz 
und endlich das namentlich in den Kreisen der Landwirthe so 
oft genannte Porcosan. 

Pasteur hatte schon früher gefunden, dass man das 
Hund8wuthgift in seiner Virulenz durch geeignete Massnahmen 
wesentlich abschwächen könne. Zusammen mit Thailiier gelang 
es ihm, nun auch die Giftigkeit der Rothlaufbacillen abzuändero. 
Impften sie ein Kaninchen mit einer Reincultur derselben und, 
nachdem dieses gestorben war, mit dem bacillenhaltigen Blute 
desselben ein neues Thier, von diesem wieder ein drittes und so 
fort, so waren die Bacillen zuletzt für Schweine weniger 
virulent geworden, dieselben erkrankten nach einer Impfung 
mit dem Kaninchenblute in einem sehr geringen Grade. Wurden 
dagegen statt der Kaninchen Tauben zu den Impfungen 
benutzt, so trat statt der Abschwächung eine Steigerung der 
.Virulenz ein. Mit bacillenhaltigera Taubenblut geimpfte 
Schweine gingen in sehr kurzer Zeit an Rothlauf zu Grunde. 
Wurden nun aber die Schweine zunächst mit den Bacillen des 
Kaninchenrothlaufs und dann mit den Bacillen des 
Taubenrothlaufs geimpft, so starben dieselben nicht und 
zeigten sich später auch immun gegen die natürliche Infection 
mit Roth lauf keimen. Zwischen den beiden Schutzimpfungen 
legte Pasteur eine Zeit von zwölf Tagen. 

Für den Werth der Pasteur’schen Impfung spricht die 
Thatsache, dass die Zahl der nach Beiner Methode geimpften 
Thiere in Ungarn von Jahr zu Jahr steigt, was sicher nicht 
geschehen würde, wenn der Impfung ein Werth nicht beizumessen 
wäre. 

Lorenz geht bei seineu Impfungen zum Schutze gegen den 
natürlichen Rothlauf in etwas andererWeise vor. Er machte sich die 
Thatsache zu Nutzen, dass das Blutserum immunisirter Thiere 
schützende Eigenschaften besitzt. Er impfte daher das erste 
Mal mit einem Serumpräparat. Da aber die in dieser Weise 
übertragene passive Immunität nur von vorübergehender 
Dauer ist, so impft Lorenz zum zweiten Male mit einer Rein¬ 
cultur von Backsteinblatternbacillen. Er macht in dieser 
Weise, wie auch Pasteur, die Impflinge activ immun und damit 
widerstandsfähig gegen eine natürliche Ansteckung mit Rothlauf¬ 
bacillen. 

Lorenz hat für die Impfung folgendes Verfahren empfohlen: 

1. Einspritzung einer bestimmten Menge Rothlaufschutz- 
serum, gewonnen von immunisirten Schweinen. 

2. 3—5 Tage darauf Einspritzung von 0,25—1 ccm Bouillon- 
cultur von lebenden Rothlaufbacillen einer Backstein- 
blatterncultur. 

3. 12—15 Tage später Wiederholung der Cultureinspritzung 
in derselben Menge. 


Digitized by LaOOQie 




8. December 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 581 


Das Lorenz'sehe Verfahren hat, trotzdem es etwas um¬ 
ständlicher ist als die Pasteur'sehe Methode, letztere in 
Deutschland fast vollständig verdrängt 

Was nun endlich das Porcosan, ein Geheimmittel, anbelangt, 
so scheint dasselbe nach den Untersuchungen von Voges eine 
aus Fleischextract hergestellte Bouilloncultur von 
Rothlaufbacillen zu sein, denen reichlich Glycerin zugesetzt 
ist. Durch diese Beimischung sind die Bacillen in ihrer Virulenz 
sehr abgeschwächt, jedoch noch immer lebensfähig. Mit Porcosan 
soll eine einmalige Impfung genügen, um sicheren Schutz 
gegen den natürlichen Rothlauf zu gewähren. Voges und 
Schütz gelangten nun auf Grund ihrer zahlreichen Versuche zu 
der Meinung, dass für gröbere Schweinerassen jedenfalls die 
Pasteur’Bche Methode mit der Modification zu empfehlen sei, 
dass zwischen den beiden Impfungen statt der 12 Tage 
mindestens 3—4 Wochen liegen müssen. Nach den erwähnten 
Forschern ist die Pasteur'sehe Methode billig, einfach und 
gewährt auch die grösste Immunität. 

Für feinere Schweinerassen soll indess die Lorenz’sche 
Methode den Vorzug verdienen. Die Impfung mit Porcosan 
ist nicht zu empfehlen, da die Eigenschaften desselben zu unbe¬ 
ständig sind. 

Bei ihren Versuchen fanden jedoch Voges und Schütz, 
dass in allen Methoden nicht unwesentliche Gefahren liegen. 
Um einen Erfolg durch die Impfung zu erzielen, werden sowohl 
von Pasteur als auch von Lorenz wie auch im Porcosan 
lebende Rothlaufbacillen in den Thierkörper der Impflinge 
gebracht, u n d z w ar müssen di e B ac i 11 e n noch einen gewissen Grad 
von Virulenz besitzen, da sonst eine Immunität nicht erzeugt wird. 

Es ist nun leicht verständlich, dass bei einem derartigen 
Vorgehen in einzelnen Fällen acute Rothlauf- 
erkrankungen nicht ausbleiben können. Besonders zu fürchten 
aber sind die chronischen Erkrankungen, welche in Folge 
der Impfung entstehen. Da bei den Impflingen längere Zeit hin¬ 
durch lebende Bacillen im Blute kreisen, so können namentlich 
schwere Erkrankungen der Gelenke und der Herz¬ 
klappen, die Bang’schen chronischen Rothlaufformen, zu Stande 
kommen. Unsere Landsleute würden nun aber vielleicht 
noch diese Schäden ganz ruhig in den Kauf nehmen 
können, wenn nicht eine noch grössere Gefahr bei der 
Impfung bestände. Zunächst ist es fast unvermeidlich, dass 
Impfmaterial verschüttet wird. Aber auch durch die ge¬ 
impften Thiere können sehr leicht die Bacillen in die 
Aussenwelt gelangen, wo sie, wie wir sicher wissen, nicht nur 
Gelegenheit zur Vermehrung, sondern auch zur Erhöhung 
ihrer Virulenz unter besonderen nicht näher bekannten Umständen 
finden würden. 

Schütz und Voges wollen aus diesen Gründen die Impfungen 
nur angewandt wissen, wenn Schweine in einem Bestände bereits 
an Rothlauf erkrankt sind (Nothimpfung) oder, wenn die 
Schweine zwar noch gesund sind, aber an solchen Orten ge¬ 
halten werden, an welchen erfahrungsgemäss alljährlich 
Fälle von Rothlauf unter den Schweinen Vorkommen (Prä¬ 
ventionsimpfung). Dagegen soll die Impfung von Schweinen, 
welche in Gegenden gehalten werden, wo der Rothlauf nicht 
regelmässig beobachtet wird, also die eigentliche Schutz¬ 
impfung, unterbleiben. 

Referate. 

Eigenthümliche Fohl euer krankung. 

Von Oberro8sarzt Lübke. 

(Ztachr. t Veterinirkd., Augnat, September 1896) 

Ein Landwirth hatte einen Bestand von 20 Pferden, darunter 
5 zweijährige Fohlen. Dieselben standen in einem besonderen 


Stalle, der an einem Abhange mit der Front nach Nordost lag. 
Die Wände waren aus dünnem Lehmschlack, die Thüren undicht, 
der Fussboden ungepflastert. Die Füllen erhielten ausschliesslich 
Thimotheeheu, welches zwei Jahre alt war und gut eingemiethet 
auf dem Felde gestanden hatte. Die Fohlen hatten bis zum 
Herbst die Weide besucht und waren während des Winters nicht 
aus dem Stalle gekommen. Am 2. Februar erkrankte ein schlecht 
genährtes Fohlen an Starrkrampf und ging nach achttägiger 
Krankheitsdauer zu Grunde. Nach dem Bericht des Besitzers 
hatte es das Maul nicht öffnen und nicht kauen können und war 
ganz steif gewesen. Behandelt war es nicht worden. Am 
8. März erkrankte nun ein zweites Fohlen, welches L. unter¬ 
suchte. Die Glieder waren vollkommen steif. An der Kruppe 
bestand eine umfangreiche derbe, schmerzhafte, warme An¬ 
schwellung. Der Appotit und die Verdauungsthätigkeit waren 
nicht gestört Die Temperatur stand auf 39°. In dem Benehmen 
zeigte sich leichte Schreckhaftigkeit. Ehe noch eine Arznei ver¬ 
ordnet werden konnte, war der Tod des Thieres eingetreten. Am 
15. März erkrankte ein drittes Fohlen unter gleichen Symptomen, 
nur fehlte die Muskelschwellung. Diesem Thiere wurden 3 Liter 
Blut abgenommen, Laxantien und grosse Dosen von Natrium- 
bicarbonicum gegeben. Der nach zwei Tagen zur Untersuchung 
überbrachte Urin war dunkelroth, dickflüssig, eiweisshaltig und 
alkalisch. Dieses Pferd genas nach achttägiger Krankheitsdauer. 
Beide letzteren Erkrankungsfälle waren eingetreten an Tagen, 
an welchen eisigkalter Nordostwind wehte. Vom 12. März 
ab wurde nichts mehr von dem oben erwähnten Heu verfüttert. 
Die beiden noch Übrig gebliebenen Fohlen wurden in eine gut 
temperirte Wagenremise gebracht. Am 20. März erkrankte aber 
auch eins von diesen. Bei ihm zeigten sich auflUllige Kau- und 
Schlingbeschwerden. Das Pferd ging nach achttägiger Krank- 
heitsdauer ein, ohne dass eine B Handlung versucht wurde. Auch 
hier soll der Urin blutig ausgesehen haben. Die Section dieses 
Thieres ergab Folgendes: Hämorrhagien in der Unterhaut; in 
der Bauchhöhle 3 Liter gelblicher Flüssigkeit; in der vorderen 
GekrÖBarterie ein bedeutender Thrombus; kleine embolische ver¬ 
kalkte Pfropfe in den Arterienästen; Magen- und Darmschleim¬ 
haut mit galligem Belag; Nieren leicht hämorrhagisch entzündet; 
Harnblase leer. Sonstige krankhafte Veränderungen fehlen. Nur 
die Körpermusculatur war blassgelbroth und wässrig. Das 
Rückenmark und das Knochenmark konnten nicht untersucht 
werden. Die Section hatte somit keinen Aufschluss gegeben. 
Ob es sich hier um eine Vergiftung oder um eigenartige Fälle 
von Lumbago gehandelt hat, ist nicht zu entscheiden. Uebrigens 
sind aber im Laufe des Frühjahrs von mehreren Besitzern ähn¬ 
liche Erkrankungen unter ihren Pferden gemeldet worden, dar¬ 
unter solche von tragenden Stuten, die nicht aus dem Stall ge¬ 
kommen waren. 

Ueber Taberculose der Mandeln. 

Von W i n t e r-Bromberg. 

(Zttchr. f. Fl.- u. Mllchh. Decemb. 98.) 

Während Virchow noch in seinem Werk über die krank¬ 
haften Geschwülste Fälle von Mandeltuberculose beim Menschen 
nicht anführen konnte, sind später solche Fälle beobachtet 
worden. In der thierärztlichen Literatur dagegen ist eine 
Angabe über Tonsillartuborculose nicht vorhanden, was um so 
auffallender ist, als doch bei den Schlachtthieren die Tonsillen 
angeschnitten werden müssen. Winter hat Beobachtungen 
gemacht, wonach die Mandeltuberculose gar nicht so selten zu 
sein scheint, wenigstens beim Rinde. In dem einen Falle fand 
sich neben Tuberculose der Lungen, der Mittelfelldrüsen, der 
Leber und Gekrösdrüsen, des Brust- und Bauchfells, der Hirn¬ 
haut und der retropharyngealen Lymphdrüsen (bei intacten Kehl- 


Digitized by 


Google 





582 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


gangsdrüsen) eine Vergrösserung der Mandeln anf das Doppelte. 
Sie zeigten kugelige hellgelbe Hervorragungen; die Schnittfläche 
derselben bestand ans znsammenfliessenden Tuberkeln, deren 
bröckliges Centrum sich herausdrücken liess. Die mikroskopische 
Untersuchung ergab Riesenzellen mit vereinzelten Bacillen. In 
einem zweiten Falle fand sich neben allgemeiner Tuberculose 
keine Vergrösserung der Mandeln, aber in der rechten Mandel 
ein erbsengrosser gelbgrauer Herd, der Riesenzellen, jedoch keine 
Bacillen enthielt. An einer andern Stelle fanden sich Tuberkeln 
mit Bacillen. Die linke Mandel war normal. In einem dritten 
Falle, ebenfalls mit allgemeiner Tuberculose, waren beide Mandeln 
karto£Felgro8s. In einem vierten Falle bestand allgemeine Tuber¬ 
culose. An den Mandeln war äusserlich gar nichts zu erkennen, 
erst auf dem Durchschnitt sah man fast in jedem Läppchen 
einen aus kleinen Knötchen zusammengesetzten Herd von ungefähr 
Linsengrösse. Die Knötchen hatten kalkharte Centren; viele 
Tuberkelbacillen nachweisbar. Auch in einem fünften Falle 
waren die Mandeln äusserlich nicht abweichend, enthielten aber 
auf dem Durchschnitt ein pfennigstückgrosses Conglomerat. In 
einem sechsten Falle endlich fanden sich auch erbsengrosse 
Hervorragungen von gelblichgrauer Färbung auf den Mandeln. 
Es fielen also in drei Fällen die Mandeln schon äusserlich auf, 
während in drei anderen Fällen erst die genauere Untersuchung 
zum Resultat führte. Mit einer Ausnahme waren stets beide 
Mandeln tuberculös; in allen Fällen waren zugleich die retro¬ 
pharyngealen Lymphdrüsen, die Kehlgangslymphdrüsen jedoch nicht 
minder tuberculös. In fünf Fällen bestand allgemeine Tuber¬ 
culose, in einem Fall locale Tuberculose, die besonders stark an 
den Kopforganen aufgetreten war. 

Zur Heilwirkung des Tuberculins bei Lungentnberculose. 

Von Rem bold. 

(Zeltschr. t. Hyg. u. Inf. XXVI, 2.) 

Verf. giebt in dieser Arbeit einen werthvollen Beitrag zur 
Tuberculinbehandlung, der den grossen Vorzug hat, jahrelange 
Erfahrungen am Krankenbette und die Erfolge der Behandlung 
bekannt zu geben. R. theilt den definitiven Ausgang von 70 mit 
Tuberculin behandelten Fällen mit, bei welchen seit dem Ab¬ 
schluss der Behandlung mindestens sechs Jahre dahingegangen sind. 
Am ungünstigsten für die Tuberculinbehandlung sind die Fälle, 
in welchen höhere Temperatursteigerungen Vorkommen. Als 
reine Tuberculosen werden diejenigen Fälle bezeichnet, welche zu 
Beginn der Behandlung kein (der höchstens vorübergehend und 
nicht hohes Fieber aufweisen. Die hierher gehörigen Fälle 
werden je nach dem Grade der Krankheit in drei Categorien ge¬ 
schieden. R. giebt dann eine eingehende Darstellung der einzelnen 
Krankheiten, nebst dem Verlaufe der Krankheit nach der Ent¬ 
lassung aus dem Krankenhause. 

Auf Grund seiner Erfahrungen stellt R. folgende Schluss¬ 
sätze auf: 

1. Das Tuberculin ist ohne jede günstige Wirkung bei Fällen 
von Miscbinfectionen; Vorbedingung einer Tuberculinbehandlung 
ist daher die Sicherheit, dass eine solche nicht vorhanden, und 
muss diese ev. durch bacteriologische Untersuchung gewonnen 
werden. 

2. In Fällen reiner Tuberculose der Lungen ist durch An¬ 
wendung deB Tuberculins 

a) wenig Erfolg zu erhoffen, wenn die Erkrankung bereits 
grosse Bezirke ergriffen hat, 

b) bei mittlerer Ausdehnung der Erkrankung vielfach er¬ 
hebliche und dauernde Besserung zu erwarten, 

c) in den Anfangsstadien fast ausschliesslich guter Erfolg, 
und zwar meistens völlige Heilung, mindestens aber er¬ 
hebliche und dauernde Besserung zu erzielen. 


3. Bei strenger Einhaltung der Indicationen und vorsichtiger, 
streng individualisirender und durch genaue Untersuchungen der 
Kranken controlirter Dosirung sind die Gefahren der Tuberculin¬ 
behandlung minimale. 

4. Diagnostisch ist das Tuberculin ein sehr brauchbares 
Hilfsmittel. 

Aas dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht fflr die 
preußische Armee. 

(Vgl No. 48, pg. 668.) 

Die Blutfleckenkrankheit kam nur elf Mal vor, Druse 
115 Mal mit zwei Verlusten. — An der schwarzen Harnwinde 
erkrankten 31 Pferde. 50 pCt. starben. Ueber die Behandlung 
wird nichts Besonderes mitgetheilt. — Von Epilepsie werden 
sechs Fälle verzeichnet, wovon jedoch drei ein und dasselbe Pferd 
betreffen. Dieses war am 10. Juli aus dem Depot gekommen 
und sollte am nächsten Tage in die Reitbahn geführt werden. 
Auf dem Wege blieb es plötzlich stehen, hob den Kopf, krümmte 
den Hals nach rechts, taumelte, stürzte, konnte nicht hochkommen 
und blieb bewusstlos liegen. Auf der rechten Kopfseite ent¬ 
standen Zuckungen. Man übergoss den Kopf mit kaltem Wasser, 
und nun konnte das Pferd wie jedes andere geführt werden. 
Die Anfälle wiederholten sich in den nächsten 24 Stunden 
13 Mal. Am 11. Juli, Abends 9 Uhr, trat der letzte Anfall ein. 
Am 10. October jedoch erfolgte ein neuer und am 27. November 
in neun Stunden sieben Anfälle. Bei dem Pferde waren in¬ 
zwischen Kehlkopfspfeifen und ein Herzleiden festgestellt worden. 
Die Herztöne waren unregelmässig, der erste Ton bisweilen un¬ 
deutlich, oder es fehlten beide Töne auf einige Coutractiouen. Der 
Puls war aussetzend. Es bestand Venenpuls. Das Pferd wurde 
ausrangirt. — Von 47 Starrkrampfpatienten wurden 27 mit 
Antitoxin behandelt, von denen nur 6 geheilt worden sind. Die 
Berichterstatter stimmen darin überein, dass das Antitoxin wenig 
oder gar keinen therapeutischen Werth besitzt. 

Die periodische Augenentzündung kam bei 117 Pferden 
vor, wovon 107 geheilt wurden. Nur 13 Mal wurden beide Angen 
betroffen. In leichten Fällen blieben sichtbare Veränderungen 
nicht zurück; in den anderen Fällen entstand Trübung der Linse, 
Verengerung der Pupille u. s. w. 

Ein enzootischer Katarrh der Luftwege trat bei 
87 Pferden der Garnison Schwetzingen auf. In den ersten Fällen 
verweigerten die Thiere 24 Stunden lang jede Futteraufhahme 
bei sehr grossem Durst und zeigten 40,5 0 Temperatur. Die 
späteren Fälle ergaben weniger Fieber; auch blieb massiger 
Appetit bestehen. Die Thiere husteten oft hintereinander, batten 
schleimigen Ausfluss, Puls- und Athembeschleunigung. Sie 
wurden völlig geschont, viel an die Luft gebracht und gut ver¬ 
pflegt, sonst nicht behandelt. Trotzdem die Krankheit längstens 
drei Tage dauerte, kamen die Patienten doch sehr zurück. Es 
scheint sich um Scalma gehandelt zu haben. 

Die Kolik betraf 3519 Pferde, d. h. 12,4 pCt. der erkrankten 
und 41» pCt. des Bestandes. Davon wurden 86,33 pCt. gebeilt, 
und 478 Stück gleich 137» pCt. starben. Auch in diesem Jahre 
ist also die gewöhnliche Verlustziffer von ca. 13 pCt, die sich 
bei der Kolik überall ergiebt, innegehalten. Bei den ein¬ 
gegangenen Pferden fanden sich u. A. folgende Todesursachen: 
Magenzerreissung 54 Mal (elf pCt. der Gestorbenen), Achsen¬ 
drehung des Grimmdarms 71 Mal (ca. 14 pCt.), Verschlingung 
des Dünndarms 74 Mal (ca. 14 pCt.), so dass diese Fälle zu¬ 
sammen etwa 40 pCt. der Todesursachen ausmachen. Darmzer- 
reissungen wurden 41 Mal, Zwerchfellrisse 16 Mal, Einklemmungen 
des Darms im Winslowschen Loch 15 Mal und in einem alten 
(angeborenen ?) Zwerchfellloch vier Mal beobachtet. „Darm¬ 
lähmung nach Embolie und Thrombose“ wird 27 Mal angeführt 


* Digitized by 


Google 





8 December 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 583 


BemerkenBwerthe nene Beobachtungen über die Kolikursachen 
sind nicht gemacht worden. Auch besondere Mittheilnngen über 
die Chlorbariumanwendung enthält der diesmalige Bericht nicht. 
Ueble Zufälle scheinen überhaupt nicht vorgekommen zu sein. 
Im Uebrigen wollen die Berichterstatter auch auf die früher 
üblichen Mittel grossentheils nicht verzichten. Auch Arecolin 
allein und in Verbindung mit Eserin ist vielfach versucht worden. 
Pries betont, dass es einen starken Durst erzeuge und so die 
Patienten zum Trinken veranlasse, was sie freiwillig sonst nicht 
thäten. 

Leukämie beim Hund. 

Von E. R. Smythe, K. R. C. V. S. 

(Vet. Rec. 1898, H. MO.) 

Eine fünfjährige Bullterrierhündin hatte bei ihrem Besitzer 
in den letzten drei Jahren stets einen guten Gesundheitszustand 
bekundet und zwei Mal Junge geworfen, welche sämmtlich ein¬ 
gingen. Als die Hündin wiederum von einem gesunden Hunde 
belegt worden war, zeigten sich sechs Tage nach dem Begattungs¬ 
act Krankheitssymptome. Fünf Tage später wurde dieselbe von 
S. untersucht und Nachstehendes festgestellt: Grosse Schwäche 
und Anämie. Erhebliche Dyspnoe, besonders während derBewegung. 
Beide Schilddrüsen vergrössert. Die Lymphdrüsen in der 
Cervical-, Präscapular- und Inguinalgegend waren beträchtlich 
geschwollen und nicht schmerzhaft bei Berührung. Hinter der 
linken Unterrippengegend war die Milz deutlich fühlbar und ver¬ 
ursachte bei Druck Schmerzen. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab eine grosse Zahl weisser Blutkörperchen. Ihre Zahl und 
sonstigen Eigenschaften sind vom Verfasser nicht ermittelt 
worden. Die Hündin ging 18 Tage nach dem Auftreten der 
Krankheit ein. 

Bei der Obduction wurden im Wesentlichen folgende Ver¬ 
änderungen festgestellt: Milz vergrössert, ihre Oberfläche glatt 
und mit dem Omentum verwachsen, Schnittfläche eben und von 
röthlich-weisser Farbe. Die Malpighi 'sehen Körpereben nicht 
sichtbar. Lymphdrüsen sehr stark vergrössert, auf dem Durch¬ 
schnitt eben und von grauer eiterähnlicher Farbe. Leber ver¬ 
grössert, von dem Aussehen einer Muskatnussleber. Nieren 
grösser als normal, grauroth gefärbt; die Kapsel ist leicht abzu¬ 
streifen. 

Mangels eingehender Blutuntersuchungen verliert der Bericht 
leider bedeutend an wissenschaftlichem Werth. 

Anormale Färbung des Sceletts bei einem Rinde. 

Von Prof. MoBselmann und Höbraud in Brüssel. 

(Ann»le» de m£d. vöt. April 1898.) 

Ein in Tirlemont geschlachtetes mittelmässig genährtes Rind 
fiel durch eine besondere braunrothe Färbung der säramtlichen 
Knochen auf. Um nun die Ursache und die Natur dieser Färbung 
festzustellen, wurde die chemische Analyse der Knochen vor¬ 
genommen, dieselbe zeigte aber, dass die Bestandtheile in nor¬ 
malem Verhältniss vorhanden waren. Die Versuche, den färben¬ 
den Stoff zu isoliren, waren erfolglos, sie gestatteten aber den 
Schluss, dass in Anbetracht seiner Eisen und Stickstoff enthaltenden 
Zusammensetzung dasselbe ein Depressionsproduct des Hämo¬ 
globins sein musste. Die histologische Untersuchung ergab, dass 
der Farbstoff ausschliesslich in den Knochenzellen fixirt war in 
Form von Pigmentgranulationen und dass an einzelnen Stellen die 
Knochen einen Anfang von Degeneration zeigten. 

Kleine Mittheilnngen. 

Was Ist „Krüsoh“ ? 

Diese Frage war in der B. T. W. No. 45 pg. 533 gestellt 
worden bei einem Aufsatze von Zschokke über „Kataplasmen“, 
worin unter den Kataplasma-Stoffen auch Krüsch genannt war. 


Hierzu wird uns freundlichst mitgetheilt, dass dies eine in der 
Schweiz und auch in angrenzenden süddeutschen Landestbeilen 
übliche Bezeichnung für Kleie ist. 

Berichtigung meiner Mittheilung über die Streptothrixformen des 
Rothlaufbaclllu8. 

Von Prof. Dr. Th. Kitt. 

(Centralbl. f- Baki. 189< H. II.) 

Ueber die Entdeckung einer Streptothrixform desRothlaufbacillus 
durch Professor Kitt ist bereits in der B. T. W. No. 7 pag. 77 referirt 
worden. Weitere Untersuchungen haben jedoch den Verf. belehrt, 
dass er durch eine Verunreinigung der Ausgangskultur getäuscht 
worden ist. Er macht jetzt bekannt, dass die vermeintliche 
Streptothrixform des Rothlaufbacillus sich in Wirklichkeit als 
eine hartnäckige enge Symbiose einer Streptothrix mit dem 
Rothlaufbacillus entpuppt hat. 

Ueber den Bacteriengehalt der Luftwege. 

Von Dr. Theodor Barthel. 

(Centralbl. f. Bact. Bd. XXIV. H 11 u. 18.) 

Dr. Barthel wurde zu seinen Untersuchungen durch eine 
Arbeit von Dr. Dürck angeregt, welcher den Satz aufstellte, 
dass die nicht pneumonisch erkrankte Lunge ein Bacterien- 
gemisch enthalte, in welchen, wie bei der pneumonisch afficirten 
Lunge, der Diplokokkus pneumoniae vorherrsche. Ebenso sollte 
sich die Lunge frisch getödteter Hausthiere verhalten. B. hat 
dagegen die Lungen von gesunden Menschen frei von pathogenen 
Bacterien gefunden. Die mittleren und grösseren Bronchien 
andrerseits enthielten stets pathogene Bacterien. Dieselben 
treten zunächst nur als harmlose Saprophyten auf, sie können 
indess pathologische Bedeutung erlangen, wenn ein Defect im 
Schleimhautepithel durch Katarrhe oder Fremdkörper ver¬ 
ursacht wird. 

Die Pathogenese der Pleuritis. 

Bei einer Lungengangrän zeigte ein bei einer Pleurapunction 
entnommenes Stückchen des Rippenfells viel schwarzes Pigment. 
Grawitz fand auch bei jüngeren, der Staubinhalation nicht 
besonders ausgesetzten Individuen Ablagerungen von Kohlen- 
theilchen, Eisenstaub etc. in der Pleura costalis. Diese können 
entweder durch retrograde Lymphbewegung in die Pleura costalis 
gelangt sein, oder mit den Lymphwegen der Lunge zur Pleura 
pulmonalis kommen, hier ausgeschieden und von der Pleura 
costalis aufgeDommen werden. Grawitz liess nun ein vom 
Lande bezogenes Kaninchen, dessen Pleura pigmentfrei war, 
durch die eröffnete Trachea verschiedene Staubsorten einathmen. 
Nach 24 Stunden fanden sich einzelne Staubtheilchen auf der 
Pleura costalis. Wurde ein Pneumothorax angelegt, behufs 
Retraction der Lunge auf der einen Seite, und Staub ein¬ 
geblasen, so zeigte nur die Pleura der gesunden Seite Staub¬ 
partikelchen, nicht die an der operirten Seite. Daraus ergiebt 
sich, dass die eingeathmeten Theilchen die Lunge durchwandern, 
auf deren Pleura ausgeschieden und in die parietale Pleura ein¬ 
gelagert werden. Daraus ergiebt sich die Folgerung, dass durch 
Inhalation reizender Staubsorten eine Pleuritis ohne bacterielle 
Mitwirkung erzeugt werden kann. (Med. Ctrbl. No. 43.) 

Ueber das Bienengift. 

In den Mtsh. f. Th. wird in einem Sammelreferat von 
Gm einer auf eine Arbeit Lang er’s über das Gift unserer Honig¬ 
biene im Arch. f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. 1897 hin¬ 
gewiesen. Langer hat etwa 25000 Bienen zu seinen Versuchen 
verwandt. Jede Biene wurde vorsichtig erfasst, am Abdomen 
mässig gedrückt und der sofort hervorgeschnellte Stachel schnell 
in Wasser getaucht und so das daran hängende Gifttröpfchen in 
Lösung gebracht. Langer hat bewiesen, dass in dem Gift 
Ameisensäure enthalten ist, aber dass diese nicht das wirksame 
Princip darstelle. Das wirksame Princip ist eine Basis. Auf der 


Digitized by 


Google 




584 


BERLINER TflIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


unversehrten Haut entsteht keine Reizwirkung, wohl aber auf der 
verwundeten. Bei subcutaner Application zeigen sich die Ver- 
8ucli8thiere unruhig, durstig, zeigen auch wohl Eiweiss im Harn. 
Oertlich tritt eine locale Necrose ein mit Rundzelleninfiltration, 
Oedem und Hyperämie in der Umgebung. Bei intravenöser 
Application von 6 ccm einer 1)$ procent. Lösung beim Hunde 
stellte sich starkes Absinken des Blutdrucks und ganz auffällige 
Pulsverlangsamung ein. Letztere machte allmählich einer 
Steigerung Platz und nun entstehen klonische Zuckungen mit 
Trismus und Nystagmus, und das Thier geht unter Respirations¬ 
stillstand zu Grunde. Das Blut ist lackfarben, im Präparat 
zeigen sich nur wenig gut erhaltene Körperchen. Das ganze 
Sectionsbild hat auffällige Aehnlichkeit mit der Wirkung des 
Schlangengiftes, dem das Bienengift mithin anzureihen ist. 

Etherion. (Aetherlon), ein neues Gas. 

Auf der Versammlung der amerikanischen Gesellschaft zur 
Förderung der Wissenschaft machte Charles Brush die vor¬ 
läufige Ankündigung, dass er ein neues Gas in der Atmosphäre 
entdeckt habe. Charakteristisch für das neue Element wären die 
niedrige Spannung und die grosse Wärmeleitungsfähigkeit. 
Brush machte seine Entdeckung, als er nach absorbirtem Wasser¬ 
stoff fahndete. Er nennt das neue Gas Etheriou, weil man nach 
seinen Eigeusc’ aften annehmen muss, dass es nicht auf die 
Atmosphäre der Erde beschränkt ist und wahrscheinlich den 
Weltraum erfüllt. Die Molecular-Geschwindigkeit schätzt er auf 
über 100 englische Meilen in der Secunde, seine Dichtigkeit auf 
ein Tausendstel der des Wasserstoffes und seine specifische 
Wärme auf das Sechstausendfache des Wasserstoffes. Vielleicht 
ist es noch in mehrere Gase zu scheiden und bildet dann eine 
neue periodische Gruppe von Elementen. (Techn. Rundsch.) 

Infectlöse Bauchfellentzündung bei Kälbern. 

Nach einer Mittheilung des „Progr. vetörin.“ hat Boccalari 
folgende Beobachtungen bekannt gegeben: In Oberitalien 
namentlich kommt bei 2—4 Monate alten Kälbern sehr häutig 
eine Peritonitis vor, bei der ein sehr reichliches blutiges bezw. 
serofibrinöses Exsudat entsteht. Die Krankheitserscheinungen 
sind nicht sehr auffallend. Der Darm selbst ist nicht krank. Die 
betreffende Krankheit ist bisher nicht erwähnt. 

(Vogel, „Dtscli. th. Wschr.“, Referat). 


Tagesgeschichte. 

Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte zn Breslau 

am 23. Oktober 1898. 

Vor Eintritt in die Tagesordnung spricht der Vorsitzende, 
Departementsthierarzt Dr. Arndt, unter Begrüssung der An¬ 
wesenden seine Freude darüber aus, dass zur gegenwärtigen 
Sitzung eine so grosse Anzahl von Collegen erschienen ist, wie 
wohl selten vorher. Hierauf gedachte derselbe der Verluste, 
welche der Verein seit seiner letzten Sitzung durch den Tod er¬ 
litten, mit anerkennenden Worten die Verdienste der Ver¬ 
blichenen um den Verein hervorhebend: es waren dies der De¬ 
partementsthierarzt Dr. Ulrich und die Kreisthierärzte Sätzler, 
Grassnick und Glokke, letzterer Ehrenmitglied des Vereins. 
Das Andenken an die Verstorbenen wurde durch Erheben von 
den Sitzen geehrt. 

Punkt I der Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten. Ihren 
Austritt aus dem Vereine haben angezeigt die Herren Güttlich 
(Namslau), Frauenholz (Brieg) und Gückel (Münsterberg); 
dagegen haben sich College Koschel (Breslau) wieder, sowie 
die Collegen Grüner (Rosenberg), Nitschke (Liegnitz), Schnee- 
weiss (Stiehlen), Bischoff (Falkenberg), Lindner (Frankeu- 
stein), Cieslik (Bieslau), Berenz (Glogau), Elsner (Steinau 


O.-S.) und Sturm (Kätscher) neu zur Aufnahme angemeldet; den 
Gesuchen derselben wurde entsprochen. 

Das langjährige, treue Vereinsmitglied, Kreisthierarzt Riedel 
(Neisse) wird auf Vorschlag des Vorsitzenden durch einstimmigen 
Beschluss der Versammlung zum Ebrenmitgliede des Vereins er¬ 
nannt. Das neue Ehrenmitglied spricht bewegt seinen Dank aus 
für die ihm gewordene Auszeichnung. 

Zur Deckung der Kosten des im nächsten Jahre in Baden- 
Baden stattfindenden internationalen thierärztlichen Congresses, 
zu dem eine grössere Anzahl thierärztlicber Vereine bereits Bei¬ 
träge gezeichnet haben, werden 150 M. bewilligt. 

Auf die Frage Angenheister’s nach dem Stande der 
Vereinsfinanzen, erstattet der Cassirer Wittlinger Bericht. 
Derselbe beantragt zugleich die Vornahme der nach den Statuten 
fälligen Cassen-Revision. Die als Revisoren gewählten Herren 
Tappe und Angenheister führen dieselbe aus durch Prüfang 
der Bücher, Rechnungen und Quittungen und beantragen darauf 
Decharge. Letztere wird dem Cassirer ertheilt unter lebhaftem 
allgemeinen Dankesausdruck für die vorzügliche Leitung der 
Cassengescbäfte. 

Die fällige Wahl der Delegirten zur Centralvertretung wird 
in der nächsten (Frühjahrs-) Zusammenkunft des Vereins vor¬ 
genommen werden. Die Delegirten, welche an der letzten Sitzung 
der Centralvertretung in Berlin theilgenommen haben, und 
welchen dafür Reisekosten und Tagegelder zustehen, beanspruchen 
nur die baaren Auslagen für die Fahrkarten. 

Ueber Punkt II: Anschluss des Vereins schlesischer 
Schlachthof-Thierärzte an den Verein, referirt Director 
Schilling. Derselbe weist in längerer, trefflicher Auseinander¬ 
setzung auf das Unzweckmässige einer Trennung in der Vereins- 
Organisation hin und empfiehlt den Anschluss des Vereins der 
Schlachthausthierärzte unter den in der IX. Sitzung dieses 
Vereins am 8. Mai er. zu Breslau beschlossenen „Fusions- 
Bedingungen' 1 an den allgemeinen Provinzialverein. 

Scharmer bespricht einzelne dieser Bedingungen aus¬ 
führlicher. Nachdem sich auch Schilling, Arndt, Hentschel 
u. A. noch wiederholt an der Debatte über diesen Gegenstand 
betbeiligt haben, erfolgt die Verschmelzung beider Vereine sodann 
auf Grund der 8. Z. bekannt gegebenen Bedingungen und nach 
kleinen redactionellen Aenderungen im Wortlaute derselben. Der 
Vorsitzende dankt allen, welche die Verschmelzung beider Vereine 
vorbereitet und dadurch erleichtert haben, und heisst die Mit¬ 
glieder des bisherigen Vereins schlesischer Schlachthoftkierärzte 
als Mitglieder des „Vereins schlesischer Thierärzte“ herzlich will¬ 
kommen, die nunmehr eine Gruppe des Provinzialvereins bilden. 

Die bisher nicht berührte pecuniäre Seite der Fusion findet 
dadurch ihre Erledigung, dass auf den Antrag Hentschel- 
Runge der Kassen-Restbestand des früheren Vereins schlesischer 
Schlachthofthierärzte den Erben des verstorbenen Professor 
W. Eber übermittelt werden wird. 

Zu Punkt III: Steuerdeclaration der Thierärzte, 
spricht Kreis-Tkierarzt Wittlinger (Neumarkt) in längerem, sehr 
interessantem Vortrage und verliest schliesslich die in dieser 
Sache von ihm aus principiellen Gründen herbeigeführten Ent¬ 
scheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts. 

Da der Referent seinen Vortrag demnächst in einer thier¬ 
ärztlichen Wochenschrift veröffentlichen, sowie im veterinär- 
medicinischen Taschenbuchs von Kühn abdrucken lassen wird, 
so wird hier davon abgesehen, einen Auszug aus demselben mit- 
zutheilen. Bemerkt sei indessen schon jetzt wegen des Interesses, 
welches die Sache für die beamteten Thierärzte hat, dass nach 
Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichts der Ueberschoes der 
I gezahlten Tagegelder und Obductionsgebtihren steuerpflichtig »*• 


Digitized by LjOOQle 




8. December 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


585 


Scli arm er ergänzt den Vortrag durch die Mittheilung, dass 
die Thierärzte im Allgemeinen nicht berechtigt seien, die Gebühren 
für die Unfallversicherungen von ihrem Gesammteinkommen in 
Abzug zu bringen, da diese Vergünstigung nur denjenigen Steuer¬ 
zahlern zustehe, welche ein jährliches Einkommen bis zu 2000 M. 
haben und daher zur Unfallversicherung gesetzlich verpflichtet 
sind, die Thierärzte aber mit einem fast durchweg höheren 
jährlichen Einkommen als 2000 M. die Unfallversicherung nicht 
gezwungen, sondern freiwillig eingehen. 

Ueber Punkt IV: Die Behandlung des Milchfiebers 
(Gebärparese) mit Jodkali, macht der referirende Kreis-Thier¬ 
arzt F. Arndt (Landeshut) an der Hand und unter Dar¬ 
legung zahlreicher von ihm behandelter Fälle sehr beachtens¬ 
werte Ausführungen. Er giebt zunächst der Vermutung Raum, 
dass die in seinem Wirkungskreise häufige Krankheit in Bezug 
auf Entstehung und Behandlung von localen Einflüssen nicht 
ganz unabhängig sei; er habe wenigstens die Erfahrung gemacht, 
dass dieselbe zu manchen Jahreszeiten in bestimmten Gegenden 
seines Bezirks sehr verbreitet auftrete, während sie zur selben 
Zeit in anderen Gegenden nicht vorkäme, obgleich hier die 
tütterungswirthschaftlichen und sonstigen Verhältnisse die näm¬ 
lichen seien wie dort; ferner war zu gleicher Zeit die Behandlung 
in der einen Gegend von sicherem Erfolge, während sie, obgleich 
dieselbe und ebenso genau durchgeführt, in anderer Gegend ab¬ 
solut im Stiche liess, wobei alle bisher empfohlenen Behandlungs- 
metoden durchgeprobt wurden. 

Der Referent hat sodann, bald nach Veröffentlichung der 
Behandlungsweise nach Schmidt-Kolding, auch diese nnd deren 
Modificationenversucht, und empfiehlt aufgrund seines Erfahrnngs- 
materials die Infusionen wässeriger Lösungen von Jodkali ins 
Euter möglichst frühzeitig nach Eintritt der Krankheitserschei¬ 
nungen ganz angelegentlichst. Einige Stunden nach dieser 
Infusion, meist nach zwei bis sechs Stunden, gehen die Lähmungen 
ganz auffallend zurück, wobei Unruheerscheinungen bei den 
Thieren auftreten, die beängstigend für den Besitzer sein können 
und auch mitunter Veranlassung zu voreiligen Nothschlachtungen 
gegeben haben. F. Arndt macht deshalb die Besitzer stets auf 
die eintretende Unruhe ganz besonders aufmerksam. Mitunter 
tritt profuser Durchfall ein, der indessen immer bald heilt. Die 
nach der Besserung bezw. Genesang der Patienten entnommene 
Milch ist unverändert und anscheinend von normaler Beschaffen¬ 
heit Das Abmelken darf aber durchaus nicht zu früh, am besten 
nicht vor zwölf Stunden nach der Euterinfusion, erfolgen. In 
einem Falle musste die Infusion drei Mal vorgenommen werden, 
weil bald nach Eintritt der Besserung immer wieder eine Ver¬ 
schlechterung im Befinden der kranken Kuh eingetreten war. 
Nach vielem Hin- und Herfragen erfuhr dann A., dass der 
betreffende Besitzer immer ein paar Stunden nach dem Einleiten 
der Behandlung das Euter hatte ausmelken lassen; erst nachdem 
das Melken zwölf Stunden nach der dritten Infusion geschah, 
genas die Kuh. 

Der Referent hat auch einige Male LugoEsche Lösung 
infundirt, aber dadurch äusserst schmerzhafte Euterentzündungen 
entstehen sehen, weshalb er davon bald Abstand nahm. 

Neuerdings hat A. Jodbehandlung auch prophylaktisch, kurz 
vor dem Kalben, mit bestem Erfolge angewandt, indem auf einer 
grösseren Besitzung, auf welcher das Kalbefieber sehr häufig war, 
die Krankheit seitdem nicht mehr vorgekommen ist. 

Die sich hieran anschliessende Debatte findet starke Be¬ 
theiligung. Auch nach Angenheister's Ansicht ist das Milch¬ 
fieber an Oertlichkeiten gebunden, sein Vorkommen zuweilen nur 
auf ein und denselben Stall beschränkt 

Sch arm er empfiehlt, da die Krankheit nur bei gut ge¬ 


nährten Thieren vorkommt, diese Thiere prophylactisch etwa vier 
bis sechs Wochen lang vor dem Kalben auf knappe Diät zu 
setzen eventuell ihnen auch Abführmittel zu geben. 

Punct V: Ueber die Ausbildung von Laienfleischbeschauern 
in Schlachthäusern spricht Director Schmidt. Als Leiter des 
Schlachthauses zu Oppeln hat derselbe seit dem Monat Februar 
1897 bis zur Gegenwart in fünf Cursen über 100 Personen zu 
Laienfleischbeschauern ausgebildet, welche den verschiedensten 
Ständen der Bevölkerung angehörten (Landwirthe, kleinere Kauf¬ 
leute, Handwerker, Restaurateure, ja ein 82 Jahre alter ärztlicher 
Pfuscher und ein 67 Jahre alter thierärztlicher Kurpfuscher 
waren darunter, letzterer trat jedoch vor Beendigung des Cursus 
zurück). Als Altersgrenze für die Cursisten empfiehlt Referent, 
das 60. Lebensjahr festzuhalten, da er beim Unterrichten älterer 
Personen kein erfreuliches Resultat erzielt hat. Erforderlich ist, 
wenigstens innerhalb einer Provinz, eine gewisse Gleichmässigkeit 
in der Ausbildung. Die Dauer eines Cursus ist für Oberschlesien, 
wo bisher nur die Schlachthäuser zu Oppeln, Ratibor, Neisse, 
Beuthen und Kattowitz für Abhaltung von solchen Cursen zu¬ 
gelassen waren, auf sechs Wochen festgesetzt; es ist, wenigstens 
nach den dort gemachten Erfahrungen nicht räthlich, Curse von 
kürzerer Zeit, etwa wie im Königreiche Sachsen von vier Wochen, 
abzuhalten. Der Unterricht muss in einen theoretischen und 
einen praktischen Theil zerfallen, indem auf ersteren täglich etwa 
zwei Stunden — wenn noch Ausbildung in der Trichinenschau 
mit dem Mikroskop, dann eine Stunde länger — verwendet und 
bald nach einigen Tagen die Schüler durch Fragestellen geprüft 
werden, ob sie das Vorgetragene verstanden haben; der letztere 
praktische Theil wird in den Ställen und Schlachthallen während 
der Schlachtstunden geübt. Unbedingtes Erforderniss ist es, dass 
den Beschauern der Gang der Untersuchung eines Schlachtthieres 
bald, und durchaus geläufig wird. Nach vier Wochen muss das 
ganze Thema besprochen sein, so dass die letzten 14 Tage auf 
die durchaus nothwendigen Repetitionen verwendet werden 
können. Die Trichinenschau ist in den ganzen Lehrplan mit 
einzuschliessen und für sämmtliche Cursisten obligatorisch, selbst 
wenn unter ihnen schon angestellt gewesene Trichiuenschauer 
sich befinden, deren zuweilen angetroffene Unkenntniss der Materie 
Staunen erregt. 

Die Zahl der Theilnehmer an einem Schlacbtviehbeschau- 
Cursus ist auf höchstens 15—20 zu beschränken (in Sachsen 
werden jedesmal nur zehn Personen zugelassen). 

Als Unterrichtsbuch empfiehlt der Referent ganz besonders 
den Leitfaden von Fischoeder, obgleich die Werke von Simon 
und von Eh rieht auch recht brauchbar sind. Nicht empfehlens- 
werth sind solche Lehrbücher, in welchen der Unterrichtsstoff 
nach Frage und Antwort geordnet ist, durch welche der Schüler 
zum ganz mechanischen Auswendiglernen verleitet wird, ohne das 
Gelernte auch mit dem Verstände erfasst zu haben. Schmidt 
lehrt seine Schüler, entgegen Wagenhäuser und Fröhner, in 
der Zuständigkeit der Beurtheilung des Fleisches geschlachteter 
Thiere auch bei krankhaften Veränderungen noch weiter zu 
gehen, als Peters und Fischoeder dies wollen: die Noth¬ 
schlachtungen, event. mit Ausnahme bei frischen Knochenbrüchen, 
sind das Gebiet der Thierärzte im Allgemeinen, die Seuchen und 
deren Verdacht das der beamteten Thierärzte allein, alles Uebrige 
das der Fl* ischbeschaner, soweit es die gesetzlichen Bestimmungen 
zulassen. Im Regierungsbezirk Oppeln ist man damit bisher 
ganz gut gefahren. Ist der Schlachtviehbesitzer mit der event. 
Beanstandung des Fleisches durch den Laien-Fleischbeschauer 
nicht zufrieden, so ist es ihm unbenommen, selbst oder durch 
die Polizeibehörde ♦ inen thierärztlichen Obergutachter bei¬ 
zuziehen. 


Digitized by LjOOQie 



586 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


Das Honorar für den Curaus darf nicht zn hoch bemessen 
werden, mit Rücksicht darauf, dass die Beschauschüler meistens 
nicht begütert sind und sie neben dem Verlust des Erwerbes in 
der Heimath den Aufenthalt in einer fremden Stadt mit seinen 
Unkosten für Wohnung und Lebensunterhalt selbst bestreiten 
müssen, wozu noch die Ausgaben für Mikroskop nebst Zubehör 
und Lehrbuch kommen. Die Regierung zu Oppeln hat, sofern es 
sich um die Ausbildung in geschlossenen Cursen handelt, das 
Honorar für jeden Theilnehmer, wenn derselbe schon Tricbinen- 
schaner war, auf 20 M. festgesetzt; war aber auch noch die 
Ausbildung in der Trichinenschau erforderlich, dann wurden 
10 M. mehr gefordert. Ausbildungen Einzelner sind nicht vor¬ 
genommen worden. 

Auf eine im Anschluss an den Vortrag gestellte Frage 
Schilling’8, ob es empfehlenswerth sei, Frauen bezw. weibliche 
Personen als Schlachtviehbeschauer anzustellen, erwidert 
Sch armer, dass er wegen der oft rohen Fleischer und wegen 
der zuweilen erforderlichen Touren nach anderen Ortschaften 
Frauen nicht für geeignet zu diesem Amte halte, während 
Riedel (Neisse), in dessen Bezirk einige weibliche Personen 
versuchsweise als Schlachtviehbeschauerinnen angestellt sind, die 
Erfahrung gemacht hat, dass Frauen oft zuverlässiger als Männer 
seien und dass sie, wie die Hebammen es auch thun müssen, 
Wege selbst bei schlechtem Wetter nach anderen Ortschaften 
nicht scheuen. 

Bezüglich des Honorars gibt Hartmann-Rawitsch noch an, 
dass er für einen Curaus von zehn Doppelstunden zur Ausbildung 
einiger Zahlmeister in der Fleischbeschau in seiner Garnison 
60 M. erhalten habe. 

Schliesslich erwähnt Sch armer noch eine Notiz aus der 
Zeitschrift der Landwirthschaftskammer für die Provinz Schlesien, 
wonach ein Thierarzt ganz .allgemein, ohne, die Unterscheidungs¬ 
zeichen der Thiere von einander anzugeben, bescheinigt hat, 
dass er bei einem bestimmten Besitzer 6 Kühe — schwarzweiss — 
mit Tnberculin geimpft und tuberculosefrei befunden habe. 
Scharmer räth, bei dergleichen Bescheinigungen, zur Vermeidung 
des Missbrauchs mit denselben, die geimpften Thiere durch ganz 


genaue Angaben des Signalements, der Brandzeichen etc. zweifel¬ 
los zu bestimmen. 

Im Anschluss an die Sitzung fand ein gut besetztes Diner 
unter Theilnahme einer grossen Anzahl von Damen statt. 

ln Vertretung des erkrankten Schriftführers 
gez. Kattner, Kreisthierarzt. 

Patentlrung nedioinlscher Entdeckungen. 

Auf ein Verfahren zur Herstellung einer hochgiftigen und 
immunisirenden Substanz ans Tuberkelbacillen bezw. Tuberkel- 
bacillenculturen haben Geheimrath Dr. Behring und Dr. W. G. 
Ruppel in Marburg beim Kaiserlichen Patentamt (Kl. 30 
B 23 460) ein Patent angemeldet. 

Rothlauf-Impfanstalt der Landwirthschaftskammer für die Proviaz 
Brandenburg. 

Um im nächsten Jahre Serumpräparat-Lorenz in grösserer 
Menge liefern zu können, ist von der Landwirthschaftskammer für 
die Provinz Brandenburg am 1. December d. J. in Dallmia bei 
Karstadt eine zweite Filiale der Rothlauf-Impfanstalt errichtet 
worden. Die zur Serumgewinnung nothwendigen Schweine 
werden aus den Zuchten Sr. Excellenz des Herrn Staatssecretair 
von Podbielski und des Herrn Rittergutsbesitzer von Winter¬ 
fel d-Karwe gestellt. 

Diese zweite Filiale ist dem bisherigen Assistenten an der 
Hauptansta'.t zu Prenzlau, Herrn Thierarzt Fr. Eggert, unter¬ 
stellt worden. Die an der Hauptanstalt frei gewordene Assistenten- 
stelle ist Herrn Thierarzt Georg Moumalle-Id6tein übertragen. 

Die eigentliche Darstellung des Serumpräparates sowie der 
Versand geschieht nach wie vor ausschliesslich von der Haupt¬ 
anstalt zu Prenzlau aus. 

Universität Leipzig. 

An Stelle des zum.1. April nächsten Jahres in den Ruhestand 
tretenden Hofrath Zürn ist Dr. August Eber, Leiter der 
Ambulatorischen Klinik und Bezirksthierarzt zu Dresden, unter Er¬ 
nennung zum ausserordentlichen Professor, zum Director des 
Veterinärinstituts der Universität Leipzig ernannt worden. Die 
Veterinärklinik, welche erat vorübergehend ganz geschlossen, dann 
unter Leitung des Dr. R. Klee als gesonderte Anstalt wieder 
eröffnet worden war, wird wieder mit dem Veterinärinstitat ver¬ 
einigt. 


Oeffentliches Veterinär wesen. 

(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) 


Senchenstati8tik and Veterinärpolizei, 

Maul- und Klauenseuche-Nachrichten. 

Der Ansbruch der Maul-und Kl-menseuche ist gemeldet; Vom 
Schlachthof zu Strassburg am 5. December. Wiederholt vom 
Schlachthof zu München am 28. November, 30 November und 
3. December. Vom Viehmarkt zu Crefeld am 6. December. Vom 
Ueberatändehof zu Mainz am 6. December. Das Erlöschen ist 
gemeldet vom Ueberatändehof zu Köln (Ausbruch vom 24. Novem¬ 
ber) am 30. November, doch hat bereits am 5. December daselbst 
ein Neuausbruch stattgefnnden. Nach Ausbruch sofort getilgt 
wurde die Seuche auf den Schlachthhöfen zu Breslau am 
6./7. December und Nürnberg am 5. December. 

Gesetzentwurf betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweinepest 
(Schweineseuche) In Oesterreich. 

Ministerpräsident Graf Thun brachte die bezügliche Vorlage 
am 17. October d. J. vor das Haus der Abgeordneten. Dieselbe 
basirt auf dem Princip, die Schweinepest (Schweineseuche) im 
Wege der Keulung gegen Entschädigung aus Staats¬ 
mitteln zu bekämpfen, und ist dem österreichischen Gesetz vom 
17. August 1892 betr. die Abwehr und Tilgung der Lungenseuche 
nachgebildet. 


In § 1 wird die Tö itung der an Schweinepest kranken, dann 
der der Schweinepest verdächtigen und jener Schweine vor- 
geschrieben, welche mit den kranken oder verdächtigen Schweinen 
gemeinsam untergebracht waren. Für die Schweine, welche nach 
der von Amtswegen vorgenommenen Schlachtung als pestfrei 
befunden werden, wird gemäss § 3 aus dem Staatsschätze eine 
Entschädigung geleistet, die 95 pCt des pro Kilogramm ge¬ 
rechneten Marktpreises beträgt, der im vorausgegangenen Monate 
in der betreffenden Landeshauptstadt für geschlachtete Schweine 
aller Qualitäten amtlich notirt war. 

Für Schweine, welche wegen Schweinepest getödtet oder 
nach der von Amtswegen erfolgten Schlachtung als krank be¬ 
funden wurden, wird nach Massgabe des Gewichts im ans¬ 
geweideten Zustande eine Vergütung von 50 Procent nur während 
der ersten 60 Tage nach Eintritt der Wirksamkeit dieses Gesetzes 
gewährt. Nach Ablauf dieser Frist wird für erkrankt befundene 
Schweine eine Entschädigung nicht mehr geleistet (§4). Dnrcb 
diese im vorstehenden Satz enthaltene Vorschrift dürfte das 
Gesetz viel von der erwarteten Wirkung einbüssen. Denn eine 
grosse Anzahl Schweinebesitzer werden bei der Aussicht, ihre 
Schweine ohne jede Entschädigung los zu werden, den Ausbrnch 
der Krankheit verheimlichen und somit die schnelle Tilgung der 
Seuche sehr erschweren. (Thierärztl. Centralbl. 1898, H. 31.) 


Digitized by LjOOQie 




587 


8. December 1898. 


BERLINEU TH1ERÄRZTLICBE WOCHENSCHRIFT. 


Russland. Einfuhr von Dr. Lorenz’ Serumpräparat gegen den Rothlauf 

der Schweine. 

(Deatsch. Handels-Archiv 1898, Thl. II S. 705.) 

Auf Grund eines vom Minister des Innern bestätigten Be¬ 
schlusses des Veterinärcomites ist den Veterinärärzten erlaubt 
worden, das von Dr. Lorenz erfundene „Serumpräparat“ zur 
Immnnisation und Behandlung von Schweinen beim Rothlauf aus 
dem Auslande zu beziehen. Das Präparat wil-d nach Art. 44 des 
Zolltarifs zollfrei gelassen. (Circular des Zolldepartements vom 
13. Juli 1898 Nr. 14222.) 

Fleischschan nnd Vieh verkehr. 

Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London. 

Von 

M r. S li i v 1 c y F. Murphy. 

(Aaszug aus dem Bericht des Medial offleer of Health.) 

(Schluss.) 

Während diese Gründe somit abgeschwächt sind, sind andere 
Gründe, die weitaus ernsterer Natur sind, aufgetaucht. In erster 
Linie steht hier die Durchführung der Fleischschau, welche un¬ 
möglich in sorgfältiger Weise zu handhaben ist, so lange die 
Thiere in Privatschlachthäusern geschlachtet werden. 

Gegenwärtig beziehen die Fleischverkäufer das Fleisch aus 
folgenden Quellen: 

1. Vom Smithfield - Fleischmarkt, wo das Flei-ch durch Be¬ 
amte der City untersucht wird. 

2. Direct vom Auslandsmarkt in Deptford nnd aus Privat¬ 
schlachthäusern am Islingtonmarkt, ohne dass dasselbe den Smith- 
fieldmarkt passirt. Dieses Fleisch ist nicht systematisch unter¬ 
sucht. 

3. Aus dem Lande von wo das Fleisch den Fleischverkäufern 
zugesandt wird; das Fleisch wird, bevor es in den Laden des 
Verkäufers gelangt, nicht untersucht. 

4. Von einem Privatschlachthaus in London. Dieses Fleisch 
wird nur gelegentlich im Schlachlhause untersucht. 

Zur Durchführung einer obligatorischen Fleischschau in London 
ist es nothwendig: 

1. öffentliche Schlachthäuser an Stelle der Privatschlacht¬ 
häuser zu errichten und alles dort geschlachtete Fleisch zu unter¬ 
suchen ; 

2. ein sorgfältiges System der Fleischschau in den Schlacht¬ 
häusern in Islington und Deptford einzuführen; 

3. eine kleine Anzahl von Untersuchungsstationen in London 
zu errichten, in welchen das vom Lande eingesandte Fleisch, 
welches den Smithfieldmarkt nicht passirt, der Fleischschau 
unterzogen wird. Die öffentlichen Schlachthäuser können hierzu 
dienen, auch Räume in anderen Localitäten. Fleisch von in einem 
öffentlichen Schlachthause geschlachteten Thieren, welches der 
Fleischschau unterzogen worden ist, darf aus anderen Städten 
eingeführt werden, ohne dass es in London einer nochmaligen 
Untersuchung unterliegt. 

Durch die Fleischschau zur menschlichen Nahrung tauglich 
befundenes Fleisch ist durch Stempelabdrücke kenntlich zu machen. 

Für dieses System der Fleischschau gilt der Grundsatz, dass 
kein Fleisch zur menschlichen Nahrung verwandt werden soll, 
wenn es nicht der Fleischschau unterworfen war. Gegenwärtig 
wird alles Fleisch in London zur menschlichen Nahrung tauglich 
gehalten, wenn es nicht durch einen Sanitätsbeamten beschlag¬ 
nahmt worden ist. Ohne Zweifel suchen auch gegenwärtig die 
reellen Fleischverkäufer ihre Kundschaft mit gesundem Fleisch zu 
versorgen, indessen mangels einer Untersuchung durch Sachver¬ 
ständige wird diese Absicht des Fleischverkäufers nicht immer 
erfüllt werden. Dagegen empfängt unzweifelhaft London krankes 
Fleisch, welches von allen Theilen des Landes eingeschickt wird. 

Beweis hierfür sind die kürzlich erfolgten Verurteilungen 


von Fleischeinsendern in Somerset, Wills, Derbyshire, Suflulk, 
Lincolnshire, Leicestershire, Devon, Norfolk, Essex, Staffordshire, 
Kent und Cambridgeshire. Personen, die krankes Fleisch kaufen 
und vertreiben, wird es immer geben und hiergegen kann nur 
eine systematische Fleischschau helfen; gerade diese liegt im Inter¬ 
esse der [ärmeren Bevölkerung, welche gezwungen ist, billiges 
Fleisch zu kaufen. Wohl stehen auch jetzt die Fleischläden 
unter Controle und ohne Zweifel thun die Beamten ihre Pflicht, 
aber eine genaue Untersuchung in den zahlreichen Schlacht¬ 
häusern und Schlächterläden Londons ist practisch unmöglich, 
und nichts als die Centralisaiion des Schlachtens und die Er¬ 
richtung von Untersuchungsstationen wird im Stande sein, das 
Publikum genügend zu schützen. Wenn öffentliche Schlacht¬ 
häuser durch das ganze Land bestehen würden und das Fleisch 
dort der Fleischschau unterzogen würde, wären Fleischschau- 
Stationen in London weniger nothwendig, vorausgesetzt, dass 
das untersuchte Fleisch Identitäts - Merkmale trägt. Die Unter¬ 
suchung des geschlachteten Fleisches wird in London nur so 
lange nothwendig sein, bis alles Fleisch, welches nach London 
kommt, von Thieren stammt, die in öffentlichen Schlachthäusern 
geschlachtet und der Fleischschau unterzogen worden sind. 

Bei der Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern dürften 
folgende Punkte zu beachten sein: 

Nur wenige Schlachthäuser sollten errichtet werden, dann 
sind die Vortheile der Centralisation für die Zwecke der Fleisch¬ 
schau gegeben. 

Sie sollten in nicht zu weiter Entfernung von den Verkaufs¬ 
läden der Schlächter sich befinden. 

Durch Eisenbahn sollten sie mit allen Märkten ausserhalb 
Londons wie auch mit dem Islingtoner Markt verbunden sein. 

Mr. Murphy schlägt die Errichtung von sechs Schlacht¬ 
häusern vor, nnd zwar drei südlich und drei nördlich der Themse. 
Nach dem Plane beträgt die weiteste Entfernung von irgend 
einem Punkte Londons nach dem nächsten Schlachthause nicht 
über sechs englische Meilen, die Durchschnitteentfernung etwa 
drei englische Meilen. Nach den bei den Privatschlächtem in den 
Jahren 1892 bis 1895 gepflogenen Erhebungen würden per Woche 
in den öffentlichen Schlachthäusern geschlachtet werden: 

No. I. Südwesten von London: 


No. II. 


No. III. 


No. IV. 


No. V. 



Winter 

Sommer 

Rinder 

72 

43 

Schafe und Lämmer 

518 

619 

Kälber 

2 

17 

Schweine 

169 

87 

Central-Süden von London: 


Rinder 

167 

145 

Schafe und Lämmer 

1661 

2011 

Kälber 

5 

38 

Schweine 

194 

97 

[. Stidosten von London: 


Rinder 

110 

84 

Schafe und Lämmer 

838 

1064 

Kälber 

7 

35 

Schweine 

157 

48 

. Nordwesten von London: 


Rinder 

82 

71 

Schafe und Lämmer 

866 

1190 

Kälber 

5 

32 

Schweine 

130 

35 

Central Norden von London 

(Islington-Vi< 

Rinder 

238 

262 

Schafe und Lämmer 

2341 

3363 

Kälber 

8 

67 

Schweine 

28 

26 


Digitized by LjOOQie 



BERLINER llllERÄRZTLlCHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 49. 


588 


No. VI. Nordwesten von London: 


Rinder 

253 

230 

Schafe und Lämmer 

165G 

2872 

Kälber 

3 

26 

Schweine 

298 

259. 


Die Zahl der in der City zur Abschlachtung gelangenden 
Thiere ist in vorstehenden Angaben nicht einbegriffen und, wie 
gesagt, bestehen dort auch noch acht Privatschlachthäuser. Die 
Schlachtungen würden aber ohne Unbequemlichkeit in dem unter 
No. V genannten Schlachthause vorgenomraen werden können. 

Im Grossen und Ganzen ergiebt sich aus den Plänen, dass 
die Schlachthäuser nur geringe Grösse beanspruchen, natürlich 
müsste auf Vergrösserung und zweckmässige Lage zur Nachbar¬ 
schaft Bedacht genommen werden. 

Die Abschlachtung der Rinder, Schafe und Kälber könnte in 
gemeinsamen Hallen vorgenommen werden, dagegen dürfte tür 
die Schlachtung von Schweinen eine besondere Halle vorzusehen 
sein. Ein besonderes Schlachthaus müsste für kranke Thiere 
sein. In Verbindung mit jedem Schlachthaus sollte ein Hänge¬ 
raum stehen, in den die Thiere mittels Transportbahnen direct 
überfuhrt werden können. Nothwendig sind ferner geeignete 
Viehställe, Gelegenheiten für die Aufbewahrung der Eingeweide, 
des Blutes und Fettes, ein Kühl- und Kesselhaus, ein Verwaltungs¬ 
gebäude enthaltend Bureuiräume und Zimmer für die mikro¬ 
skopische Untersuchung des Fleisches, Wohnhaus für den Verwalter, 
Closet- und Pissoiranlagen und ein Waagehäuschen mit Waage. 
Ob auf gleichzeitige Anlage von Darmschleimereien und Fleisch- i 
kochanstalten (Freibänke) Bedacht zu nehmen ist, ist ein Punkt 
weiterer Beratlmng. 


An Gebühren für die Benutzung der Schlachthäuser dürften 
zu erheben sein: 1 s. 6 d. für Rinder, 6 d. für Kälber, 4 d. für 
Schafe, 1 s. für Schweine. Nach der Anzahl der jetzt in den 
I Privatschlachthäusern zur Abschlachtung gelangenden Thiere 
würde alsdann eine Einnahme von £ 13 900 pro Jahr zu erwarten 
; sein. Für die Benutzung der Kühlhäuser würde eine besondere 
Gebühr zu erheben sein. 

Da die Errichtnng von öffentlichen Schlachthäusern aus dem 
Grundsatz geboten ist, ein besseres System der Fleischschau ein¬ 
zuführen, sollte man zur Leitung eines jeden Schlachthauses einen 
in der Fleischschau erfahrenen Thierarzt berufen, welchem die 
| Verwaltung des Schlachthauses unterstellt sein müsste und der 
J für die Ausführung der Fleischschau verantwortlich ist. Unter 
! seiner Controle könnten möglicherweise Laienfleischschauer Ver¬ 
wendung finden. Jedes Thier könnte dann unter sachverständiger 
Ueberwachung untersucht werden. Ein Beamter zur Führung 
der Bücher und Erhebung der Gebühren sowie weiter Reinigungs- 
1 personal und Bedienstete für Kühl- und Kesselhaus würden den 
* Verwaltungsapparat vervollständigen. 

Die Kosten der Verzinsung des Anlage-Capitals und der 
Verwaltung müssten durch die aus dem Schlacht- und Küblhans 
eingehenden Gebühren gedeckt werden. Die Unkosten für die 
Schlächter würden, wie Murphy mit Osthoff annimmt, ungefähr 
Va Pfennig pro Pfund betragen. 

Die Schau des eingeführten Fleisches würde in gleicher 
Weise zu handhaben sein wie im Schlachthause zu Deptford 
und Islington, am Smithfield-Markt und in den Privatschlacht¬ 
häusern der City. Kühn au. 


Personalien. 

Ernennungen : Schlachthofthierarzt Liebe- Giessen zum Schlacht- 
hofdirector daselbst. 

Approbationen : In Berlin: Die Herren J u 1 i u s B i e s t e r f e ldt, 
Theobald Dahme, Alfred Jäger. — ln München: Die 
Herren Anton Schaffer und Carl Schrick er. 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬ 
arzt Arndt-Freystadt nach Neuenburg (W.-Pr.); Thierarzt H. Wulf- 
Othfresen nach Boitzenburg; Thierarzt J. M o u m a 11 e-Idstein nach 
Prenzlau als Assistent am Rotblauf-Serum-Institut; Thierarzt Braun - 
Ehingen (Württ.) nach Landsberg a. W. in gleicher Eigenschaft. 

in der Armee: Befördert: Frh. von Beaulieu-Mar¬ 
co nnay, Major im Leib - KUrassier-Regt. No. 1 und Inspecteur 
des Militärveterinärwesens, zum Oberstlieuteuant. 

In den Ruhestand versetzt: Oberrossarzt Schirmann 
vom 3. Klir.-Rcgt. 

Todesfälle: Thierarzt S t ü t z n e r-Boitzenburg. 


Vacanzen. 

Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. Coblenz: Meisenbeim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De- 
ceinber 1898 an Regierungspräsidenten. — Jagstkreis: Distriets- 
thierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M). — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. — R.-B. Stral¬ 
sund: Stadtkreis Stralsund und Franzburg (600 M.). Bew. bis 
1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz in 
Zielenzig. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen 
(800 M. Zuschuss). 

Sanitfitsthlerarzt8tellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthier.irzt zuAnf. Jan. 1899 
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.) 
Meid, an Magistrat. — Königsberg: 2. Thierarzt für Schlacht- und 
Viehhof zum 1. Januar 1899 (2400—3000 M. davon 300 M. Abzug für 
Wohnung; nach einjähr. Probedienst pensionsberechtigt). Meid, an Dir. 
— Malmedy: Schlachthofthierarzt (1500 M. etc.) Meldungen bis 


1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen): 
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat¬ 
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Münster¬ 
eifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. 1899 (1800 M., fr. Woh¬ 
nung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister. 
— St r asb urg(Westpr.): Scldachthausinspector (1600M. bisiöOOM.. 
freie Wohnung;. — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April 
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. December 
an Bürgermeister. 

b) Nach Ablauf «ler Meldefrist noch unbesetzte 
Stollen: Haltern: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M. 
Privatpraxis.) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaos- 
hilf8thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Barulh: Thierarzt 
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. 
Lau.—• Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath.— 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren', 
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sachs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeiude- 
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an 
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
beschau 500 M.i. — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 
200 M. und Ucbertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an 
Bürgerm. Igel. — Obermarscbacht (Elbe): Thierarzt — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬ 
verwaltung. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön- 
f 1 i e s s (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachirasthal. — S toppen b erg (bei Essen): Thierarzt. Näheres 
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt 
zum 1. December 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an Bügermeister — 
Zehden: Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg 
bei Zehden). 

Besetzt : Assistentenstellen am Rothlauf-Serum-Institutin L a n d s- 
b e r g und in Prenzlau. 


VerantwortUch (Br den Inhalt (excl. Inneratentbell) Prot Dr. Schmalu ln Berlin. — Verlag und Eigentbum von Richard Scboeti in Berlin. — Druck von W. BUxenstein, Berlin. 


Digitized by VjOOQie 



Dl« „Berliner Thlerintllehe Wochenschrift“ erscheint 
w Sehentllch ln Sttrfce Ton mindestens l*/* Bogen. Dieselbe 
Ist «u belieben durch den Buchhindel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verleesbuchbindlung von Richard 
S oho et», Berlin NW, Lulsenatrasae 36, mm Preise von 
Hk. 5,— pro Vierteljahr. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Heraasgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 50 . Ansgegeben am 15. December. 


Berliner 


Originalbeilrige werden mit 60 Hk. ihr den Bogen honorlrt. 
Alle Manusoripte, Mittheilungen und redaotlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin^ thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Inhalt: Dreymann : Ein Beitrag zur Behandlung der rheumatischen Hu fentz Undung und ihrer Naclikrank- 
heit, des sogenannten Rhehehufes. — Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins in Schleswig-Holste in am 24. und 25. September 189» zu Neumünster im Uahnhofshötel. — 
Referate: Preusse: Untersuchung über die giftigen Wirkungen der combinirten Morphium-Atropininjection. — Zschokke: 
Ueber den gelben Galt. — Aus dem statistischen Vcterinär-Samtäts-Bericht der preussischcn Armee für 1897. — Mesnil: Die 
Wirkungsart dea gegen den S:hweinerothlauf angewandten Schutzserums. — Ostertag: Was ist die typische Tuberculin- 
reaction? — Gratia und L i 6 n a u x: Beiträge zum bacteriologischen Studium der Diphtherie der Vögel. — Kleine Mittheilungen. 
— Tagesgeschichte: Fest-Versammlung der beamteten Tnierärzte des Regierungsbezirks Lüneburg am 9. October 189». — 
Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieli- 
verkehr. — Personalien. — Vacanzen. 


Ein Beitrag zur Behandlung der rheumatischen 
Hufentzündung und ihrer Nachkrankheit, des 
sogenannten Rhehehufes. 

Von 

A. Dreymann -Bleicherode, 

Tlilerarxt. 

Die Ursache dieser Hufentzündong beruht wahrscheinlich auf 
einem bis jetzt noch nicht näher gekannten Acre im Blute, welches 
durch ganz abnorme Futter- oder Witterungsverhältnisse entsteht, 
in den Blntstrom gelangt und, weil es in einer uns bis jetzt un¬ 
bekannten Weise reizend auf die Weichtheile des Hufes einwirkt, 
die Entzündung in den Hufen veranlasst. 

Schon die Bezeichnung rheumatisch deutet auf etwas Un¬ 
bekanntes bei dieser Krankheit hin. 

Ob dieses Acre ein Vivum oder eine chemische Substanz ist, 
mag künftigen Forschungen Vorbehalten bleiben, dass aber irgend 
ein Etwas vorhanden sein muss, geht daraus hervor, dass eine 
einmaligen Ueberfütterung eine heftige Hofentzündung folgt, ohne 
dass dieselbe direct mit der Huflederhaut in irgend welcher Be¬ 
ziehung steht. Es wäre verständlich, dass, wie ich im vorigen 
Jahre beobachtete, zwei zweieinhalbjährige Fohlen nach einer 
übermässigen Weizenkörner-Aufnahme Kolik bekommen hätten, 
aber es würde es nicht sein, das9 sie in Wirklichkeit nach 
einigen Ständen beide sehr rhehkrank wurden, wenn man die 
Existenz dieser Substanz lengnen wollte. Das eigentliche Wesen 
dieser Erkrankung in den Hufen liegt mehr in der Functions¬ 
störung als in der Entzündung der Zehen-Fleischwand, denn 
erstere dauert meist unvermindert fort, nachdem letztere bedeutend 
nachgelassen hat. 

Die Fnnctionsstörung tritt desshalb vor den andern Ent- 
zündungserscheinnngen hervor, weil der erkrankte Theil des Hofes 
normaliter den weitans grösseren Antheil hei der Belastung seitens 
des Körpers bekommt. Daher kommt es auch, dass schwere 
Patienten meist liegen and sich anfliegen; andere wieder wohl 
stehen, aber jede Bewegung ängstlich vermeiden, die Füsse weit 
nach vorn stellen, nm die Zehen zu ent- und die Trachten zu 
belasten oder aber den Körper auf andere Weise zu stützen 
suchen und wie betänbt dastehen. 

Diese scheinbar abnorm gestörte Function in der Bewegung 
beruht auf einer Lockerung in der Verbindung der Fleiscl:- 


blättchen mit den Hornbläl teilen. Daher die grosse Aeugstlichkeit 
vor jeder Bewegung; denn die Schmerzen sind so schon in einem 
Grade vorhanden, dass dieselben kaum noch vermehrt werden 
können. 

Allein dies gehört in das Bereich subjectiven Empfindens 
und entgeht daher meist unserer Beobachtung. 

Was nun die Behandlung betrifFt, so haben sich mir bewährt: 

1. Ein möglichst starker Aderlass an der Jngularis; 

2. Antifebrin in grossen Gaben (Phenacetin zu versuchen); 

3. Verdünnung der Zehenwand, aber nicht der Sohle; 

4. sehr elastischer Stand durch möglichst hohe Streu; 

5. erweichende, mässig kühlende Umschläge oder Einstellen in 
einen rationell hergerichteten Lehmstand, mit einem mit 
einer Matratzenstren versehenen Stande dicht daneben; 

6. ein weiter unten beschriebener operativer Eingriff 1 . 

Der letztere ist schon nach 8—14 Tagen vorzunehmen, wenn 
bis dahin keine wesentliche Besserung erfolgt ist. 

Geschieht es nicht, dann kann man im weitern Verlaufe der 
Erkrankung wabrnehmen, dass eine Hnfdeformität sich ausbildet, 
welche man mit Rheblmf bezeichnet. 

Zwar können die Entzündnngserscheinnngen sich verlieren, 
aber die Lahmheit bleibt unverändert bestehen. Das Hufbein, 
welches nach wie vor von der Körperlast getroffen wird, muss 
natürlich, namentlich mit der Spitze, abwärts sinken, weil es an 
der Zehenwand keinen festen Punkt oder Halt hat, und auf die Sohle 
drücken, dieselbe nach nnten vorwölben oder die Fleischsohle 
mehr oder weniger quetschen, falls die Hornsoble sich nicht nach¬ 
giebige zeigt, was namentlich der Fall ist, wenn die Verhältnisse 
schlecht sind oder die Behandlung verkehrt war, so dass die 
Lockerung an der Zehe eine sehr schnelle Ausbildung erfährt. 

Sobald eiue Senkung des Hufbeines beginnt, muss nothwendig 
in der Fleischwand ein verstärkter Bildungstrieb anheben, um 
durch Mehrproduction den leerwerdenden Raum ausznfnllen, der 
sonst mit Luft gefüllt werden müsste. 

Letzteres aber ist unmöglich, so lange die Hufkapsel 
intact ist. 

Da die durch Wucherung entstandenen Hornblättchen von 
den normalen sehr verschieden sind durch ihr Gefüge und ihren 
Mangel an Festigkeit, so sind sie fnnctionsnnfähig und sind 


Digitized by LjOOQie 



590 


BERLINER T HIER Ä RZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 


daher nur als ein nothwendiges Uebel, aber nicht als die Ursache 
zur Bildung des Rhehhufes zu betrachten. 

Die erste sichtbare Veränderung ist das Einfallen der Fleisch¬ 
krone; sie erfolgt aber, nachdem die Senkung der Huf beinspitze 
vorausgegangen ist, und ist als eine Atrophie zu betrachten, 
welche in Folge ihrer Functionslosigkeit entstanden ist. 

Die Ringelbildung an der Zehe erklärt sich zur Genüge 
daraus, dass Entzündungsphänomene bei der Rhehhufbildung nie 


frühzeitig operirten Patienten zeigen keine Atrophie an der 
Krone, ihr Zustand bessert sich meist zusehends; eine 
Ringelbildung ist nicht zu beobachten, weil die gesunde Krone 
einen starken Hornring nach unten schiebt, wodurch nach und 
nach der Defect beseitigt wird. In den meisten von mir früh¬ 
zeitig operirten Fällen verlor sich die Lahmheit früher alB der 
gemachte Defect ausgewachsen war, also nach ca. 2—3 Monaten. 
Was nun diese Operation bei hochgradig ausgebildetem Relihufe 


ganz fehlen und dass dieselben zeitweise vermehrt oder ver¬ 
mindert sind. 

Dass aber die Ringel in der Mittellinie convergiren, und 
nach den Seiten divergiren, liegt daran, dass die Zehenwand ein 
vermindertes Wachsthum zeigt, — auch eine Folge der Functions¬ 
anomalie. 

Wenn nichts weiter als ein übermässiger Bildungstrieb von 
der rheumatischen Hufentzündung zurückgeblieben wäre, so ist 
es höchst seltsam, dass der bedeutende Druck, unter welchem die 
Weichgebilde des Hufes durch hermetische Einschliessung und 
die geringe Nachgiebigkeit des letzteren stehen, jenen Trieb zur 
Wucherung nicht in seine natürlichen Schranken zwingt. : 

Giebt es doch Geschwüre und Neoplasmen innerhalb der 
Hornkapsel, welche auch die verschiedenen Grade von Reizungen 
kervorrnfen, aber nie den Huf aus der Fa$on bringen. 

Und wenn man nun doch ein Mal an der Wucherungstheorie 
festhalten will, so darf ich mir wohl die Frage erlauben, wie ist 
es zu erklären, dass mein rechtzeitiger operativer Eingriff der 
Deformität vorbeugt, obgleich nur durch denselben die 
Fleischkrone aus ihrer Verbindung mit der Hornwand gebracht 
wird ? 

Man kann doch unmöglich behaupten wollen, dass dadurch 
die Wucherung in der Fleischwand verhindert werden kann! 
In nebenstehender Figur gestatte ich mir, diese Operation 
schematisirt vorzuführen: >. 



Angenommen a b sei die Fleischkrone, so ißt cd der Trage¬ 
rand der Wand, die von den Linien ab, ac, bd und cd ern- 
geschlossene Fläche stellt die ganze Wandfläche dar und die 
kleinere Figur efg dasjenige Stück der Horn- resp. Zehenwand, 
welches durch Operation beseitigt werden soll. 

Diese Operation soll möglichst nnblutig vorgenommen werden, 
und man bedient sich dabei einer scharfen Raspel, nnd zwar 
einer solchen, welche eine halbrunde Fläche hat. Man beginnt 
in der Mittellinie der Zehenwand, am Saume anfangend, den¬ 
selben aber nicht verletzend, um parallel der Krone ein ca. (5 Zoll 
langes und 1—1$ Zoll breites Stück aus der Zehenwand heraus- 
zuscbneiden und lässt nur eine ganz dünne Hornschicht än der 
Krone sowohl als an der Wand stehen, welche so eben ausreicht, 
diese Weichgebilde zu bedecken. 

Wenn man auf Letzteres sorgsam bedacht ist, so bedarf es 
meist keiner Bremse, oder nur bei sehr sensibeln Thieren; im 
entgegengesetzten Falle würde man Zwangsmassregeln nicht ent¬ 
behren können und dem Patienten ganz unnöthiger Weise 
Schmerzen bereiten. 

Hierauf lässt man den Patienten in einen Lanfstall mit hoher 
gleichmässiger Streu stellen und die operirten Hufe täglich 
1—2 Mal mit Fett einreiben; oder man setzt die Behandlung 
mit erweichenden Umschlägen fort, oder stellt Patienten in einen 
Lebmstand, aus welchem er zum Ausruhen in einen benachbarten 
Stand mit guter Streu gebracht wird. Die auf diese Weise 


anbetrifft, so fragt es sich, ob das Thier werthvoll genug ist. 
dass der Heilversack sich lohnt und ob der Besitzer 6—9 Monate 
die Heilung abwarten will und kann. Im entgegengesetzten 
Falle stehe man von der Operation ab, oder man versuche aal' 
die Art, wie es der Herr College Hingst- Crossen empfiehlt, 
den Zustand zu heilen oder zu bessern, weil dieselbe vielleicht 
etwas früher einen mässigen Gebrauch zulässt. 

Auch bei dieser Operation entsteht die Reorganisation des 
Hufes dadurch, dass die Fleischkrone wieder in Function 
gesetzt wird. 

Nun möchte ich die fehlerhaften Behandlungsweisen streifen, 
welche vielleicht Vorkommen könnten, und vor denen dringend zu 
warnen ist. 

Es wird wohl zur Ableitung eine Purganz von Aloe empfohlen, 
aber dies kann äusserst gefährlich werden, weil vielfach,auch 
der Darmcanal schon stark gereizt ist und eine heftige Enteritis 
nach der Aloe einen tödtlichen Verlauf herbeiführt; überhaupt 
möchte ich die Ableitung nach dem Darmcanale als zwecklos 
betrachten, weil dieselbe von zu kurzer Dauer ist, als dass sie 
einen wesentlichen Einfluss auf die Hufentzündung ausüben 
könnte. 

Ferner ist es fehlerhaft, die Hornsohle durch Ausschneiden 
zu verdünnen, da eine starke Sohle der späteren Deformirung 
länger widersteht. Auch ist es fehlerhaft, durch den Beschlag 
den Druck von der Sohle zu beseitigen; dadurch wird die De¬ 
formität beschleunigt und bohrt die Spitze des Hufbeins sieb 
durch die Sohle viel schneller als ohne Beschlag. Der Zweck 
wird viel rationeller durch eine recht weiche und hohe Streu 
erreicht, indem die Sohle dadurch eine Unterstützung findet und 
sich nicht so früh hervorwölbt. Umgekehrt ist es noch fehler¬ 
hafter, durch Beschlag mit einer Eisenplatte die Sohle vor dem 
Hervorwölben zu schützen; dadurch kann die Sohle dem Drucke 
von oben gar nicht ausweichen, die Schmerzen müssen dadurch 
unendlich gesteigert werden, nnd sind Eiterungen an der Sohle 
die unausbleibliche Folge 

Aber die bereits stark vorgewölbte Sohle durch eine auf- 
geschraubte Eisenplatte wieder zu reponireu, möchte wohl als 
Unicum dastehen, obgleich sie der bisherigen Theorie und der 
Entwickelung der Deformität entspricht 

Ich schliesse meine Abhandlung in der Hoffnung, meine 
Herren Collegen zu Controlversuchen in der angegebenen Richtung 
angeret^t zu haben. 

Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins in Schleswig-Holstein 

am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im 
Bahnhofshotel. 

(Fortsetzung.) 

Der Vorsitzende ertkeilt nach Wiedereröffnung der Ver¬ 
handlungen dem Kreisthierarzte Je ns en-Itzehoe das Wort über: 

Fleischbeschau bei Nothschlachtungen. 

MH.! Es wird Ihnen bekannt sein, dass die Land- 
wirthschaftskammer der Provinz Schleswig - Holstein sich in 
ihrer Sommertagung in eingehender Weise mit der Frage der 
auswärtigen Vieh- und Fleischeinfuhr befasst hat Selbstver- 


Digitized by tjOOQie 






BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


591 


15. December 1898. 

stündlich ist bei diesen Verhandlungen auch die Frage der Ein¬ 
führung der allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau behandelt 
worden. Von thierärztlicher und, wie ich glaube, berufener Seite 
ist bisher zu dieser Frage speciell keine Stellung genommen. 
Und doch wäre es sicherlich erwünscht gewesen, auch die Thier¬ 
ärzte in dieser wichtigen Frage zu hören. Wir müssen aber 
leider die Erfahrung machen, dass die Landwirthschaftskammer, 
welche zu Zeiten des Generalvereins zu unseren Versammlungen 
regelmässig einen Vertreter zu schicken pflegte, es für gut be¬ 
funden hat, ohne den Rath und die Meinung der Männer von der 
Praxis zu hören, vorzugehen. Es ist dies bedauerlich. Wir 
Thierärzte sind dadurch in die unangenehme Lage versetzt, ohne 
Verbindung mit der Landwirthschaftskammer und der von ihr 
vertretenen Landwirthschaft, in deren Dienst wir uns gestellt 
haben, unsere Verhandlungen zu führen. 

Angesichts nun der in Aussicht stehenden allgemeinen gesetz¬ 
lichen Regelung des Fleischschanwesens, an welcher mitzuwirken 
wir Thierärzte in unserm Sinne berufen sein werden, erschien 
mir die Behandlung eines Capitels aus der alltäglichen Praxis 
der Fleischbeschau angezeigt: — speciell die Beurtheilung 
der Nothschlachtungen ist ein ganz besonders schwieriges Gebiet, 
namentlich wenn sie auf dem platten Lande auszuüben ist, wo 
der Thierarzt die Verantwortung für eine unmittelbare Schädigung 
des Besitzers selbst übernehmen muss. Plötzlich aufiretende 
bedenkliche Erkrankungen und Nothlagen nicht minder als 
schleichende Krankheiten unserer schlachtbaren Hausthiere, die 
einen bedenklichen Charakter annehmen, geben oftmals zum Ab¬ 
schlachten Veranlassung, damit durch entsprechende Verwerthung 
des Fleisches der Schaden des Viehbesitzers sich möglichst gering 
gestalte. Man bezeichnet derartige Schlachtungen kurzweg als 
„Nothschlachtungen“. Die Untersuchung nothgeschlachteter 
Thiere hat ungefähr in folgender Reihenfolge zu geschehen; 

1. Beachtung des klinischen Befundes eventl. nach dem vom 
Besitzer einzuholenden Vorbericht; auf letzteren darf 
jedoch nicht zu viel Gewicht gelegt werden, weil der 
Vorbericht oft dazu dienen soll, den Sachverständigen 
irre zu führen. 

2. Genaue Erwägung der unmittelbaren Krankheitsursachen 
und Beachtung der krankhaften Veränderungen. 

3. Prüfung auf septische Erscheinungen an den Organen; 
insbesondere auch ermitteln, ob Todtenstarre vorhanden 
oder nicht. 

4. Reaction des Fleisches feststellen. 

5. Mikroskopische Untersuchung der Musculatnr und eventl. 
Kocbprobe. 

Vor allen Dingen ist eine genaue Untersuchung der Bron- 
chiallymphdrüsen, namentlich bei allen entzündlichen Krankheiten, 
vorzunehmen, zumal es als feststehend zu betrachten ist, dass an 
den sämmtlichen übrigen Organen gleich nach der Schlachtung 
offensichtliche sepsisverdächtige Erscheinungen fehlen können, 
trotzdem schon eine allgemeine Infection stattgefunden hat. Im 
letzteren Falle sind die Fleischlymphdrüsen, namentlich bald 
hämorrhagisch entzündet, bald ist das Gewebe blos merklich ge¬ 
schwollen und sehr saftreich. Es quillt über die Schnittfläche 
hervor. 

Eine ähnliche Erkrankung der Gelenkdrüsen bei gleichzeitiger 
Darmentzündung oder der Bronchialdrüsen bei Pleuritis etc. ist 
für den Allgemeinzustand belanglos. In gleicher Weise können 
oberflächlich gelegene Lymphdrüsen, z. B. die Kniefaltendrüsen, 
durch äussere mechanische Insulte gequetscht sein. Solche 
Drüsen erscheinen dann auch auf dem Durchschnitt blutig, aber 
man kann durch Ueberstreifen mit dem Messer das Blut be¬ 
seitigen. Auch springt das Gewebe über die Schnittfläche nicht 


hervor. Diese Erscheinung zeigt sich auch bei mangelhaftem 
Ausbluten der nothgeschlachteten Thiere. 

Ein normaler Befund ist ferner die Einlagerung von Pigment 
in der Rindenschicht der LymphdrÜBen bei älteren Kühen. Die 
Corticalis der Drüsen erscheint dunkelbraun gefärbt. 

Ferner findet man im subcutanen Bindegewebe kleine drüsen¬ 
ähnliche Gebilde, sowie in der Nachbarschaft grösserer Drüsen- 
packete liegend, sogenannte Nebendrüsen, welche sämmtlich 
auf dem Durchschnitt dunkelroth und fein granulirt aussehen. 
Das Gewebe quillt jedoch nicht über die Schnittfläche und 
letztere ist trocken. 

Kann man diese normalen Zustände ausschliessen und finden 
sich im Gegentheil die Lymphdrüsen im S t a d i u m der entzünd¬ 
lichen Affection, so ist die Diagnose auf allgemeine Infection 
auch dann gesichert, wenn unmittelbar nach der Schlachtung an 
den inneren Organen die Erscheinungen der Sepsis, als trübe 
Schwellung und fettige Degeneration der Leber, Nieren und der 
Herzmusculatur, Milztumor und leichte Dünndarmentzündung ver¬ 
bunden mit Blutungen unter den serösen Häuten, noch fehlen. 

Nach der im Königreich Sachsen geltenden Vorschrift soll in 
zweifelhaften Fällen im Sommer nach 24, im Winter nach 
48 Stunden eine abermalige Untersuchung vorgenommen werden. 
Hat man demnach bei der ersten Untersuchung aus dem Befunde 
der Lymphdrüsen nur den Verdacht auf Sepsis aussprechen 
können, so wird man bei der zweiten Untersuchung eine sicht¬ 
bare Degeneration, namentlich von Herz und Leber, sowie Fehlen 
von Todtenstarre, alles Beweise einer Allgemeininfection, finden. 
Die Fleischreaction prüft man mit rothem und blauem Lackmus¬ 
papier an tiefangelegten Fleischeinschnitten, indem man das 
Reagenspapier etwa 10 Minuten lang liegen lässt. Die Reaction 
des Fleisches ist normal sauer. Jedoch ist ein alkalischer 
Befund kein sicheres Kriterium allgemeiner Sepsis. 

Die mikroskopische Untersuchung nimmt man in der Weise 
vor, dass man sich Zupfpräparate in Kochsalzlösung anfertigt und 
bei unklarem Bilde 2 — 5 proc. Essigsäurelösung hinzusetzt. 
Es ist zu beachten, dass man auch bei gesundem Fleisch einen 
körnigen Zerfall der Muskelfaser bezw. Trübung und Verlust 
der Querstreifung finden kann. 

Der makroskopisch pathologisch-anatomische Befund ist fast 
immer entscheidend. Jedoch stützt der mikroskopische Nach¬ 
weis die Diagnose. 

Schliesslich dient noch die Kochprobe zur Feststellung 
abnormer dem Fleische innewohnender Gerüche. Man nimmt 
eine kleine Quantität (etwa Pfund) des zu prüfenden Fleisches, 
schneidet dasselbe in Würfel und kocht es mit etwas Wasser 
eine % Stunde. Abnormer Geruch, z. B. nach verabreichten 
Arzneimitteln lässt sich nunmehr constatiren. 

Kommt man bei Anwendung sämmtlicher hier angeführter 
Untersuchungsmethoden zu keinem sicheren Resultat, so muss 
man schlechterdings nach 24 bezw. 48 Stunden eine zweite 
Untersuchung vornehmen. 

Vor allen Dingen ist bei der Begutachtung nothgeschlachteter 
Thiere Folgendes zu fordern: Vorlegung sämmtlicher Organe und 
Theile des zu untersuchenden Thieres, besonders dann, wenn man 
nicht in der Lage war, das Thier lebend zu untersuchen. 

Krankheiten, welche erfahrungsgemäss Fleischvergiftungen 
veranlassen, sind besonders alle sich an den Geburtsact an¬ 
schliessenden entzündlichen Erkrankungen der Geburts wege, nament¬ 
lich beim Zurückbleiben der Nachgeburt 

Ferner kommen in Betracht an sich nicht hochgradige fieber¬ 
hafte Magendarmkatarrhe, bei denen die Neigung zu Blutungen, 
die verwaschene Röthung der Serosa und Mucosa, die 
Schwellung der Lymphfollikel, der Gekrösdrüsen, die trübe 


Digitized by 


Google 




692 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Schwellung der Nieren, der Leber und des Herzens, wenn auch 
noch so gering, doch auf eine Aufnahme schädlicher Substanzen 
vom Darme aus in das Blut schliessen lassen. 

Besondere Beachtung verdienen ferner Brust- und Bauch- 
fellentzündungen in Folge von Perforation der Verdauungs¬ 
organe, traumatische Herzbeutelentzündungen mit häutigem Exsudat 
im Herzbeutel, Naheivenenentzündungen der neugeborenen Thiere 
mit secundären Gelenkerkrankungen. Auch Euterentzündungen 
mit hochgradigem Allgemeinleiden und grosser Hinfälligkeit und 
Schwäche gelten als verdächtig. 

Die Untersuchung ist überhaupt abzulehnen, wenn nicht 
sämmtliche Organe zur Stelle sind. Der Sachverständige muss 
stets bedenken, dass er für eventuellen Schaden, welcher aus 
dem Fleiscbgenuss entstehen kann, zur Verantwortung, welche 
ihn allein trifft, gezogen werden kann. 

Der Vorsitzende dankt dem Referenten für den Vortrag und 
stellt letzteren zur Discussion. 

Koch-Borby nimmt an, dass die zweimalige Untersuchung 
des Fleisches nach 24 und 48 Stunden nicht gemacht werde ( und 
auch keinen besonderen Werth haben dürfte, wogegen Ruser- 
Kiel grossen Werth darauf legt, dass im Sommer 24, im Winter 
48 Stunden zwischen der ersten und letzten Untersuchung liegen, 
indem dann eine eventuelle Veränderung des Fleisches zum 
Schlechteren sicherer constatirt werden könne und vermieden 
werde, dass gesundheitsschädliches Fleisch leicht in den Handel 
käme. 

Struwe-Kiel glaubt, College Fenn er dahin verstanden zu 
haben, dass das neue Gesetz über Fleischbeschau die Nothwendig- 
keit einer thierärztlichen Untersuchung des Fleisches von noth- 
geschlachteten Thieren nicht für ■ nothwendig halte, er sei aber 
der entgegengesetzten Ansicht und halte eine Besichtigung bei 
Noth8chlachtungen für absolut erforderlich, wie es sich hier erst 
wieder erwiesen habe, indem 7 Kühe und 2 Pferde gestorben, 
die an Milzbrand gelitten, und er solchen Befund schon an Schlacht- 
thieren angetroffen habe. 

Fenner-Lübeck erwiderte darauf: Ich bin missverstanden 
worden: im Gegentheile sehe ich die jedesmalige thierärztliche 
Untersuchung für nothwendig an, aber ich habe gesagt, in dem 
neuen Gesetzentwürfe käme dieser Punkt nicht klar zum Durch¬ 
bruche. Es heisst nämlich im Entwürfe: Thiere, welche zur 
menschlichen Nahrung dienen sollen, müssen vor und nach der 
Schlachtung untersucht werden; erstere kann bei Nothschlach- 
tungen unterbleiben, was unter Nothschlachtung zu verstehen, 
hat der Bundesrath festzustellen. Bei den sogenannten Haus¬ 
schlachtungen ist nur eine Untersuchung herbeizuführen, wenn 
Anzeichen vorhanden sind, dass die menschliche Gesundheit ge¬ 
schädigt werden könnte; wird dies bei der Untersuchung nicht 
festgestellt, hat der Besitzer später selbst über die Waare zu 
verfügen, indem angenommen wird, dass namentlich auf dem 
Lande aus eigenem Interesse nichts Schädliches verwertet wird, 
wogegen der Herr Reichskanzler die Hausschlachtungen nicht 
ausgeschlossen wünscht, wenn auch die Untersuchung etwas weit¬ 
läufig erscheint. Nun sind aber gerade diese Schlachtungen ge¬ 
eignet, die Abgabe von verdorbenem Fleische zu ermöglichen. 
Ausserdem kann nach dem Entwürfe jeder Bundesstaat separat 
anordnen, was er für gut befindet; ich bin jedoch dafür — und auf 
den Standpunkt müssen wir uns alle stellen — dass das Verfahren 
überall ein gleichmässiges, gleichartiges wird, das Gesetz muss 
einen genügenden Schutz gewähren und dieser kann nur erfolg¬ 
reich werden, wenn eben Alles untersucht würde. In meinem 
Bezirke darf deshalb von auswärts keine geschlachtete Waare 
eingeführt werden, wenn nicht alle Organe mitfolgen; hierdurch 
ist der Import aus dem Auslande ganz zurückgedrängt. 


Schlüter-Kiel führte zweiFällean, in denen Kühe, von tollen 
Hunden gebissen, abgeschlachtet, ein Theil frisch verzehrt, die 
besten Stücke gepökelt und geräuchert wurden; beim zweite Fall 
seien die Fleischstücke von ihm confiscirt, die denselben Weg hätten 
gehen sollen; der Besitzer habe keinen Anstoss an der Vewerthung 
des Fleisches genommen, nur eine alteFrau, welche die schrecklichen 
Folgen in der Familie fürchtete, wurde wahnsinnig und starb. 

Voliers-Altona bemerkt zunächst zu dem Vorhergehenden, 
dass Fleisch von tollwuthkranken Thieren an und Für sich nicht 
schädlich sei, demnächst, dass die sogenannten Vorberichte von 
den Besitzern sehr vorsichtig aufzunehmen seien und dass von 
dem Referenten nicht der Temperaturmessung vor dem Schlachten 
Erwähnung gethan sei. Mitunter könne das Fleisch sehr gut 
aussehen, aber die kleinen mit Blut gefüllten Venen wiesen darauf 
hin, dass das berüchtigte Kaltschlachten Vorgelegen haben könnte; 
öfters zeige sich vor dem Schlachten bei dem Thiere eine hohe 
Temperatur und nach demselben sei an dem Fleische nichts zu 
sehen, deshalb sei eine fieberhafte Temperatur immer sehr er¬ 
heblich. In der Grossstadt gäbe die Beschau nothgeschlachteter 
Thiere und eingeführter Fleischwaaren oft schlaflose Nächte für 
den Thierarzt; man müsse sich in jeglicher Weise durch ver¬ 
schiedene Untersuchungsmethoden vor leichtfertigem Freigeben 
von Fleisch sichern. Sehr zu empfehlen sei die Beobachtung der 
Eber’schen Prüfung auf Ammoniakentwicklung, die jedoch nicht 
in einem Locale vorzunehmen sei, wo schon vorher Dünste 
sich befinden. Ferner komme das Toxin, wie auch in einzelnen 
Fällen die Bacterien, in Betracht, so habe man Bacill. enteritid. 
vorgefunden nach Nothschlachtungen, ohne dass am Thiere Er¬ 
hebliches zu entdecken gewesen wäre; derselbe befinde sich nur 
im Blute und sei von Gärtner aufgefunden, auch Johne mache 
auf einen Pilz aufmerksam, der Aehnlichkeit mit dem Milzbrand¬ 
bacillus habe. Er müsse darauf hinweisen, dass diese Vor¬ 
kommnisse in Ostertag’s Fleischbeschau nachzuschlagen seien. 

Ru8er-Kiel macht besonders auf die Fälle von Noth¬ 
schlachtungen aufmerksam, wo makroskopisch nichts zu finden, 
im Leben des Thieres aber eine bedeutende Erkrankung vor¬ 
handen gewesen sei. Bei der Untersuchung sei es sehr er¬ 
wünscht, die Haut mit vorgelegt zu bekommen, die manchmal 
gute Anhaltspunkte für die richtige Beurtheilung abgebe, so die 
Füllung der kleinen Hautvenen an der Innenfläche, auch lasse 
das Vorhandensein einer Nabel- oder Gelenkentzündung auf ein 
vorhanden gewesenes Allgemeinleiden schliessen. 

Völlers-Altona weist noch besonders darauf hin, dass 
Fleisch von nothgeschlachteten Thieren weite Transporte schlecht 
vertrage und darin auch ein Anhaltspunkt gefunden werden könne. 
Sehr misslich sei die Beurtheilung des Hackfleisches, welches ja 
durch Hinzugiessen von Wasser bereitet werde, weshalb die 
Gefahr des Vorhandenseins von Bacterien aller Art vorliege. 
Das äussere Aussehen der Masse sei nicht massgebend; eine 
gründliche Untersuchung sei hier vor Allem am Platze; am besten 
wäre, wenigstens im Sommer, einen Vorrath von Hackfleisch zum 
Verkaufe nicht halten zu dürfen. 

Fock-Ahrensboek erinnert nochmals an das Vorhandensein 
einer Polizeiverordnung für die Provinz über die Noth¬ 
schlachtung, was von dem Veterinär-Physikus bestritten wird 

Fenner-Lübeck rühmt die Verwendung der Eber'sehen 
Lösung bei der Untersuchung von Fischen. 

Schlüter-Kiel hebt hervor, dass es bei der Untersuchung 
nothgeschlachteter Schweine wesentlich sei, die Stichstelle genau 
nachzusehen; könne hier nicht eine capillare Thrombose fest¬ 
gestellt werden, so sei das Thier nach dem Tode abgestochen. 

Kreutzfeld-Eutin wünscht die Gebärmutter mit zur Stelle, 
wenn eine Kuh wegen Gebärparese geschlachtet worden, da die 


Digitized by LaOOQie 



15. December 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


593 


septische Metritis grosse Aehnlichkeit mit jener habe, aber sehr 
viel gefährlicher sei 

Jensen-Itzehoe hatte bei der Untersuchung grosser Wurst¬ 
quantitäten Stichproben genommen und mit der Eber’scben 
Lösung geprüft. 

Fenner-Lübeck hält dieses Verfahren nicht für ausreichend, 
sondern will sowohl alle Würste, als auch Schinken zu diesem 
Zwecke zerstückelt haben; bei Würsten sei die Gefahr am 
grössten zu Anfang des Verderbens. Vor Ausstellung von Attesten 
über Scbinkenuntersuchungen müsse er sehr warnen, wenn das 
Durchschneiden der Waare nicht gestattet werde. 

Ebenfalls schlägt Ruser-Kiel die Untersuchung von Wurst- 
waaren aus, wenn sie nicht durchschnitten werden dürfen. 

Jensen-Itzehoe versteht unter Stichproben die Herausnahme 
einer grösseren Anzahl Würste, die dann gründlich untersucht 
wird. 

Schlüter-Kiel warnt vor der voreiligen Ausstellung von 
Attesten zum Zwecke der Vornahme von Nothschlachtungen; das 
Schlachten müsste sofort ausgeführt werden, um sicher zu sein, 
dass auf solches Attest hin nicht später noch eine Waare ver¬ 
kauft werde, die sich in einem ganz anderen Stadium befunden. 

Fr an zenburg- Schleswig hält das Zerstückeln der Schinken 
zum Zwecke der Untersuchung für eine übertriebene Forderung, 
die das Geschäft illusorisch mache. 

Drews-Oldesloe lässt den GenusB des Fleisches von an 
Starrkrampf leidenden Pferden zu, wie es auch in einzelnen 
Schlachthäusern geschieht. 

Wessel-Wilster hat die Verwerthung von Thieren, die 
durch mechanische Insulte umgestanden sind, nicht zugelassen, 
wie es anderswo im Gebrauche ist. 

Ruser-Kiel hält solches Fleisch nicht für gesundheits¬ 
schädlich, sondern sieht es nur für verdorbene Waare an. 

Schröder-Preetz stellt dieses Fleisch auf gleiche Stufe mit 
dem geschossenen Wilde. 

Wessel-Wilster führt eine eigenartige Tödtungsweise an, 
um das Schlachtgewicht grösser zu erhalten; sie bestehe darin, 
dass man vermittelst eines Blasebalges Luft in die Brusthöhle 
treibe und eine Erstickung verursache, das Blut verbleibe dann 
im Körper. 

Voliers-Altona weist noch auf das Fleisch gehetzter und 
das im lebenden Zustande gesalzener Thiere hin; ersteres ver¬ 
derbe leicht, letzteres solle nicht zuträglich sein, vielleicht wegen 
des gleichzeitig mitbenutzten Salpeters. 

Ruser-Kiel legt bei der Untersuchung von Wild und Fischen 
grosses Gewicht auf die Prüfung auf SchwefelwasserstofFgas 
vermittelst der Bleiacetatlösung; entstehe hierdurch eine Schwarz- 
färbung, so sei die Waare unbedingt zu verwerfen. 

Petersen-Leck beschwert sich über die vielen geheimen, 
sogenannten Um- die- Ecke-Schlachtungen und die verschieden¬ 
artige Handhabung des Untersuchenlassens; die auf diese Weise 
gewonnene Waare werde unter den verschiedensten Formen in 
den Handel gebracht. Diesem Schmugglersystem entgegen zu 
arbeiten, müsse unsere Aufgabe sein; es müsse eben Alles unter¬ 
sucht werden, was zur Nahrung für Menschen dienen solle. 

Franzenburg-Schleswig führt Fälle aus seinem Wirkungs¬ 
kreise an, wo knochenfreies Fleisch gesalzen, in Tonnen verpackt 
und nach anderen Orten versandt werde, um dort zur Wurst¬ 
fabrikation zu dienen, die obwaltenden Umstände seien geradezu 
haarsträubend gewesen. 

Nachdem Völlers noch auf das Abhetzen der Schlachtthiere 
aufmerksam gemacht, hebt Ruser hervor, dass ein wesentlicher 
Unterschied zwischen dem Fleische von verhetzten und dem von 
erhitzten Thieren bestände; letzteres rühre nur von wild¬ 


gewordenen Stücken her und es könne die Todesart, ob durch 
Schiessen oder die Schlachtmaske getödtet, gleichgültig sein, 
solches Fleisch sei als normales zu betrachten, wenn dem nichts 
Anderes entgegenstände. (Schluss des Protokolls folgt.) 


Referate. 

Untersuchung über die giftigen Wirkungen der 
combinirten Morphium-Atropininjection. 

Von Dr. P r e u s s e - Berlin. 

Ueber die von Tempel empfohlene Morphium - Atropin- 
injection gegen Schulterlahmheit ist in der B. T. W. mehrfach 
referirt worden. Ebenso sind eine Anzahl von Beobachtungen 
bekannt gegeben worden, wonach diese Injection gelegentlich 
sehr unangenehme Nebenwirkungen erzeugt. Preusse ist durch 
die zahlreichen Beobachtungen zu einer Untersuchung veranlasst 
worden. Durch das Morphium allein konnte die Nebenwirkung 
nicht wohl bedingt sein, da die Dosis von 0,2 eine geringe medi- 
camentöse Gabe ist. Ebensowenig konnte dem Atropin allein 
die Schuld beigemessen werden, da die Dosis von 0,05 sich in 
therapeutischen Grenzen hält. Hiernach müsste eine combinirte 
Nebenwirkung vermuthet werden, welche die Vergiftungs¬ 
erscheinungen bedingte, obwohl auf den ersten Blick gegen diese 
Vermuthung die Thatsache zu sprechen scheint, dass Morphium 
und Atropin Antidote sind, und dass man daher eher eine Ab¬ 
schwächung als eine Stärkung der Wirkung hätte erwarten sollen. 

Die auf Anregung des Professors Fröhner an 13 Pferden 
angestellten Versuche haben folgendes Resultat ergeben. Die 
hauptsächlichsten Erscheinungen der reinen Atropin Wirkung sind: 
Steigerung der Herzaction, Aufregung und Unruhe, Muskelzittern, 
verminderte Speichelsecretion und Nachlassen der Futter¬ 
aufnahme. Die wichtigsten Symptome der combinirten Atropin- 
Morphiumwirkung sind: Catarrh, Beeinflussung der Herzthätigkeit, 
Aufregung und Unruhe, Schwäche, Schlummersucht, Trockenheit 
der Manischleimhaut, unterdrückte Peristaltik. 

Es combinirt sich also die secretionsbeschränkende Wirkung 
des Atropins mit der die Darmperistaltik lähmenden Wirkung 
des Morphiums. Infolgedessen kann es leicht zu schwerer Ver¬ 
stopfungskolik mit ihren Folgen kommen. Die mehrfach beob¬ 
achteten cerebralen Erregungserscheinungen sind dagegen wohl 
auf die Atropinwirkung alleiu zurückzuführen, und zwar müssen 
diese Wirkungen als individuelle angesehen werden, da die Dosis 
von 0,05 in der Regel für Pferde ganz ungefährlich ist und 
einige der Versuchspferde sogar 0,1—0,5 ertrugen, ohne zu toben 
oder lebensgefährlich zu erkranken. Es scheint also bei manchen 
Pferden eine Idiosynkrasie gegen Atropin vorhanden zu sein. 

(Uebrigens zeigte sich in demjenigen Fällen von Schulter¬ 
lahmheit, die bei den Preusse 'sehen Versuchspferden bestand, 
die Injection auch gegen die Lahmheit wirkungslos, da es sich 
um Gelenkerkrankungen handelte. Die Heilwirkung bei rheu¬ 
matischer Schulterlahmheit soll nicht bestritten werden. Hierbei 
wirken aber subcutane Morphiuminjectionen allein durch locale 
Narcose, und diese Wirkung ist längst bekannt. 

Das Versuchsergebniss ist also: Der unphysiologische Zusatz 
von Atropin ist überflüssig und andrerseits geeignet, gefährliche 
Erscheinungen hervorzurufen. 

Ueber den gelben Galt. 

Von Zschokke. 

(8chw. Arch. Bd. 3-J, H. 4.) 

Die Untersuchungen von Hess und Guillebeau haben er¬ 
geben, dass der gelbe Galt stets durch einen Streptokokkus er¬ 
zeugt wird, während aber die klinischen Erscheinungen erheblich 


Digitized by LjOOQle 



594 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


variiren, sodass eine sichere Diagnose auf Grund der mit blossem 
Auge erkennbaren Milchveränderung und der Betrachtung der 
Milchdrüsen nicht möglich ist. Hess unterscheidet einen spora¬ 
dischen Galt und den eigentlichen, senchenhaft auftretenden 
gelben Galt. Beide Formen führen jedoch zu einer unheilbaren 
Euterverödung, und Z. weist darauf hin, dass die Einteilung in 
diese beiden Formen nicht haltbar ist, weil beide unzweifelhaft 
übertragbar sind. Beide werden durch den Streptokokkus masti- 
tidis contagiosae erzeugt. Z. hat Gelegenheit gehabt, 444 Milch¬ 
proben in den Jahren 1896 und 1897 zu untersuchen, die von euter¬ 
kranken Kühen stammten. Die Untersuchungen wurden zur 
Sicherung der Diagnose des gelben Galts vorgenommen. 70 pCt. 
der Proben enthielten die Pilze des gelben Galts. Das Aussehen 
der Milch war in 25 pCt. der Fälle weiss mit einem Stich ins 
Bläuliche, 43 pCt. gelb, 18 pCt. graugelb und 14 pCt. orange- 
bis braunroth. In 74 pCt. der Fälle wurde ein Niederschlag in 
den stehengelassenen Milchproben beobachtet, der vorwiegend 
aus Eiter von sandigem, flockigem oder grützigem Aussehen 
bestand. Eiterkörperchen finden sich in allen Fällen von gelbem 
Galt in der Milch. Eine charakteristische Reaction zeigt sich 
nicht, wenn sie auch in der Regel sauer ist. Auch der salzige 
Geschmack, der schon in den ersten Stadien bemerkt werden 
kann, ist nicht charakteristisch, da er auch bei anderen Euter¬ 
katarrhen aufzutreten pflegt. 

Der gelbe Galt wird in der Regel nicht thierärztlich be¬ 
handelt, da die Euterkrankheit allmählich auftritt und keine 
Störung des Allgemeinbefindens bewirkt. Die Veränderungen 
betreffen das eigentliche Drüsengewebe, da der gelbe Galt zu 
den Katarrhformen gehört. Im Anfang kann eine geringe 
Schwellung, vermehrte Empfindlichkeit und Wärme vorhanden 
sein. Im Uebrigen grenzt sich das Leiden nach Vierteln ab, 
und auch innerhalb eines Viertels brauchen nicht alle Theile zu 
erkranken. In vieleh Fällen (namentlich den sogenannten spbfa- 1 
dischen) ist der Beginn ein plötzlicher. In der Regel macht erst 
die allmähliche Milchabnahme, das Gerinnen der Milch beim 
Kochen, das Blähen der Käse und der Bodensatz nach dem 
Aufstellen, sowie das Auftreten grütziger Flocken beim Melken 
auf das Leiden aufmerksam. Die Milchsecretion kann sich sehr 
lange ziemlich normal erhalten; sie wird nur verringert, und es 
bildet sich ein geringer Bodensatz. Schliesslich aber versiegt 
die Secretion und die Atrophie der Drüsen kann derartig sein, 
dass das Euter nur noch eine Hautfalte darstellt. 

Zschokke betont nun, dass man zum gelben Galt die Form 
chronischer Mastitis rechnen müsse, bei welcher im Secret 
grössere Mengen von Streptokokken enthalten sind, deren Kugel¬ 
glieder Va—1 H Durchmesser haben. Anhaltspunkte für den 
specifischen Charakter der Bacterien haben sich noch nicht ge¬ 
winnen lassen. Z. betont aber, dass zwei verschiedene Formen 
von Kettenbildungen Vorkommen: kurzgliedrige und langgliedrige, 
wobei die kurzgliedrigen meistens innerhalb der Lenkocyten, die 
langen dagegen extracellulär liegen. Diese Verschiedenartigkeit 
der Kettenbildung gewährt insofern die Möglichkeit, zwei Formen 
von gelbem Galt zu unterscheiden, als die langen Ketten mehr 
zu seuchenhaftem Auftreten Veranlassung geben. Der kurz¬ 
gliedrige Streptokokkus bedingt meist stürmische Erkrankungen 
mit intensiver Entzündung, der lange dagegen leichtere Formen. 
Beide sind übrigens sehr wenig widerstandsfähig. Beide Formen 
zeigen aber in ihrer Persistenz im Euter eine wesentliche Ver¬ 
schiedenheit. Es lässt sich beobachten, dass durch fortgesetztes 
Melken eine Art von Secretion unterhalten werden kann, während 
beim Aufhören des Melkens dieselbe sofort versiegt. Nach dem 
neuen Kalben stellt sich aber die Milchsecretion wieder ein. 
Wenn nun der kurzgliedrige Galtpilz vorhanden ist, so ist die 


Milch gesund, bleibt es auch Wochen und Monate lang, oft 
dauernd. Findet sich aber der langgliedrige Streptokokkus, so 
ist auch die neu erzeugte Milch verändert und bleibt es. Hier¬ 
aus ergiebt sich also, dass während des Trockenstehens die kurz¬ 
gliedrigen Formen im Euter augenscheinlich absterben, die langen 
dagegen nicht. Wahrscheinlich spielt bei diesem Unterschied 
Phagocytose, welcher die kurzgliedrigen Streptokokken verfallen, 
eine Rolle. Mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Ausheilung 
in solchen Fällen ist also das Empfehlenswertheste, die Kühe, 
welche am gelben Galt erkrankt sind, überhaupt nicht mehr zu 
melken, damit sie für eine längere Zeit zum Trockenstehen 
kommen. Der Verzicht auf das Melken ist auch insofern das 
Beste, als damit einer weiteren Verbreitung der Krankheit vor¬ 
gebeugt wird. 

Aas dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht der 
preussischen Armee für 1897. 

(Siehe No. 48 u. 49.) 

Die Operation gegen das Koppen wurde nach den Angaben 
von Prof. Dieckerhoff mehrmals in der Armee versucht. Ein 
leidenschaftlicher Köpper, der die Halfterkette durch Zurück¬ 
treten anspannte und deren Ende von dem Maule zum Aufstützen 
benutzte, wurde unter Durchschneidung des Brustzungenbein- und 
Brustschildmuskels operirt. Das Pferd wollte sofort wieder auf¬ 
setzen, doch geschah dies nur matt, und es konnte auch nicht 
köken. Nach acht Tagen hatte es jedoch bereits seine Virtuosität 
wieder erlangt. 

Ein älteres Pferd setzte auf den Krippenrand auf und 
schluckte meist Luft ab, sodass es in drei Wochen zweimal 
heftig an Kolik erkrankte. Auch dieses versuchte nach der 
Operation sofort wieder seine Untugend, was ihm jedoch nicht 
mehr gelang. Nach etwa 20 Tagen konnte das Pferd wohl noch, 
wenn auch seltener, den kokenden Ton erzeugen, das Luftab- 
schlucken gelang jedoch nicht mehr, und es kamen auch Kolik¬ 
anfälle nicht mehr vor. Das Pferd, früher schlecht genährt, kam 
jetzt in einen sehr guten Zustand. (In der dauernden Be¬ 
hinderung des Luftabschluckens ist auch der wesentliche prak¬ 
tische Nutzen der Operation zu suchen. D. R.). Ein andres 
Pferd koppte mit solcher Fertigkeit, dass es sich bisweilen in 
wenigen Minuten wie eine Trommel aufblies und sehr häufig an 
Kolik litt. Dieses Pferd liess das Koppen nach der Operation 
überhaupt sein, versuchte es später seltener, konnte wohl noch 
einen schwachen Ton hervorbringen, aber doch keine Luft mehr 
abschlucken. Auch von einem dritten und vierten Luftschnapper 
wird dasselbe Resultat berichtet. Rossarzt Krill fand im Regi¬ 
ment zahlreiche Köpper und untersuchte einige derselben. Bei 
fünf fand er den Brustzungenbein- und Brustschildmuskel, theils 
mehr, theils weniger stark entwickelt, immer vor der Luftröhre 
liegen. Bei drei anderen Thieren jedoch konnten in den zwei 
oberen Dritteln des Halses zwischen Haut- und Luftröhre weder 
die Muskeln noch sehnige Fortsetzungen derselben gefühlt werden; 
sie traten vielmehr schon bald oberhalb des Sternums zur Seite. 
Krill fand später unter 17 koppenden Pferden sieben Mal diese 
abnorme Muskellage. Unter diesen Köppern war ein Pferd, 
welches den Oberkiefer sich derartig abgenutzt hatte, dass es 
nicht einmal mehr Mohrrüben zerbeissen konnte. Die Muskel 
bei demselben lagen normal, und es wurde aus ihnen ein etwa 
6 cm langes Stück herausgeschnitten. Nach der Operation leckte 
das Pferd an den Stellen der Krippe, wo es gewöhnlich aufsetzte, 
nach drei Tagen setzte es schon wieder auf und, nachdem die 
Operationswunde kaum über die Hälfte vernarbt war, koppte es 
wieder ebenso häufig mit kokendem Ton. Rossarzt Schmidtke 
sah einen Köpper, welcher die Zunge schlaff aus dem rechten 
Maulwinkel steckte, den Kopf streckte und dabei unter kökendem 


Digitized by LjOOQie 



15. December 1898. 


Geräusch Luft abschluckte, worauf es stark auftrieb. Kolikfälle 
traten häufig ein. Nach Vornahme der Operation machte auch 
dieses Thier die grössten Anstrengungen, um zu koppen, konnte 
aber bei seinem eigenartigen Verfahren den Vorsatz nicht aus¬ 
führen. Mit der Heilung der Wunde trat die Untugend jedoch 
wieder hervor, auch das kökende Geräusch wurde nach zwei Mo¬ 
naten wieder hörbar, und dieses Pferd trieb auch in Folge Luft¬ 
schluckens wieder auf. Auch bei einem zweiten Luftschlucker 
wird ein Misserfolg berichtet. Als übereinstimmendes Ergebniss 
dieser Versuche lässt sich also Folgendes erkennen. Die Ope¬ 
ration ist in allen Fällen leicht und gefahrlos am stehenden 
Pferde ausznführen nnd hat keinerlei Nachtheile. Die Pferde 
versuchen in allen Fällen die Uutugend fortzusetzen und in den 
weitaus meisten Fällen gelingt ihnen dies auch nach längerer 
Zeit wieder. Dagegen wird das Hervorbringen eines kokenden 
Tones durch die Operation fast immer und das schädliche Lnft- 
abschlucken stets dauernd verhindert. 

Die Wirkungsart des gegen den Schweinerothlauf 
angewandten Schntzsernms. 

Von Mesnil. 

(Annale* de l'lniUtut Pasteur, M. med. Wocb.) 

Durch Impfung von Kaninchen mit der Pasteur’schen 
Methode (des abgeschwächten Virus) erhält man ein Serum, welches 
gegen den Erzeuger des Schweinerothlaufs wirksam ist. Dieses 
Serum, bei Mäusen angewandt, hat Präventivwirkung und ist 
auch ein Heilmittel, unter der Bedingung, dass es wenigstens inner¬ 
halb 24 Stunden nach dem Beginn der Infection angewandt wird. 
Im ßeagenzglase ist das Serum nicht bacterientödtend, zeigt aus¬ 
gesprochene agglutinirende Wirkung auch in sehr starker Ver¬ 
dünnung, und die agglutinirenden Mikroben haben nichts von 
ihrer Wirkung verloren. Bei den immunisirten Mäusen üben die 
Körpersäfte keine Wirkung auf die Bacterien aus, deren Zer¬ 
störung wird vielmehr durch die Leukocyten, welche sie im 
lebenden Zustande einhüllen, bewirkt. Das Serum ist nur ein 
Stimulans für die mit der Vertheidigung des Organismus be¬ 
trauten Zellen. 

Was ist die typische Tnberculinreaction? 

Von Ostertag. 

Ostertag veröffentlicht in den Mtsh. f. Th. Bd. 10, H. 2 
einen längeren Aufsatz über den gegenwärtigen Stand der Frage, 
was als Tnberculinreaction anzusehen sei, indem er dabei die 
mitgetheilten Versuche einer kritischen Betrachtung unterwirft. 
Aus den ersten Versuchen geht hervor, dass dann nicht Bäramtliche 
Tuberculosefälle ermittelt werden, wenn als Beweis des Vorhanden¬ 
seins eine Temperaturdifferenz von 1,5 0 angenommen wird. 
Nocard betrachtet 1,5° C. als klare Reaction,0,9—1,4 als zweifel¬ 
hafte und unter 0,9 als belanglos. In Belgien werden nach dem 
Tuberculose-Erlass vom 31. October 1895 Rinder mit 1,4 Differenz 
als tuberculös und solche mit 0,8—1,4 als verdächtig von der 
Einfuhr ausgeschlossen. Bang, Eber, Fehser und Zahn ver¬ 
langten, dass die Temperaturmessnngen von der 9. bis 24. Stunde 
nach der Impfung alle 2—3 Stunden ausgeführt werden sollen. 
Nach Ostertag’s Ansicht ist keine der angeführten Reactions- 
normen völlig zweckentsprechend. Auch eine Verlängerung der 
Temperaturermittelungszeit ist nicht empfehlenswerth. Nach dem 
bis heute angesammelten Versuchsmaterial ist vielmehr als dargethan 
zu erachten, dass bei gesunden Thieren bezw. solchen, die nicht 
mit Tuberculo8e behaftet sind, nach der Einspritzung selbst grosser 
Mengen von Tuberculin eine Steigerung der Körperwärme über 
die normale obere Grenze überhaupt nicht erfolgt. Es ist durch 
die Tausende von Messungen, welche bis jetzt anlässlich der 


595 

Tuberculinimpfungen vorgenoramen worden sind, als festgestellt 
zu erachten, dass die obere Grenze der normalen Körpertemperatur 
beim Kalb innerhalb der ersten sechs Monate 40°, beim älteren 
Rinde 39,5° nicht überschreitet. 

Auf Grund dieser Thatsachen sollten daher alle diejenigen 
Rinder als tuberculoseverdächtig angesehen werden, bei welchen 
nach der Einspritzung der vorgeschriebenen Tuberculinmenge die 
innere Körpertemperatur über 39,5° beim älteren Rind und über 
40 0 beim Kalbe ansteigt und ferner die höchste nach der Impfung 
ermittelte Temperatur um mindestens 0,5° höher ist als die 
höchste vor der Impfung ermittelte. 

Letzterer Zusatz ist erforderlich, um zu verhüten, dass bereits 
fiebernde Thiere geimpft werden. Diese weitere Fassung des 
Begriffs der Tuberculinreaction ist um so unbedenklicher, als die 
Zahl der zweifelhaften Reactionen, wie die bisherigen Versuche 
ergaben, überhaupt nur gering ist. 

Beiträge znm bacteriologischen Stadium der Diphtherie 

der Vögel. 

Von Gratia und Liönaux. 

• (Bull, de l’Acad. de m6d. de Belglque 5.;98). 

Um die Beziehungen zwischen der Vogeldiphtherie und der 
Menschendiphtherie zu erläutern, haben die Verff. nach der 
Münchener medicinischen Wochenschrift folgende Methoden ge¬ 
braucht: 1. die therapeutische Wirkung des Diphtherieheilserums; 
2. die vergleichenden Culturen der Keime, welche in den Mem¬ 
branen aufgefunden werden können; 3. die Impfung der Rein- 
culturen auf andere Thiere. G. und L. haben sich ausschliesslich 
mit der epizootischen Vogeldiphtherie beschäftigt. DasRoux’sche 
und das Behring’sche Heilserum ist beim Huhn und bei der 
Taube völlig erfolglos geblieben. Dieses Resultat spricht gegen 
die Identität beider Krankheiten. Die Verff. haben aus den 
Pseudpmembranen der Hühner die gewöhnlichen Keime züchten 
können, welche auch sonst in der Mundhöhle leben. Sie ent¬ 
deckten jedoch keinen Mikroorganismus, der die Krankheit zu 
übertragen im Stande war. Bei der diphtheriekranken Taube 
fand sich allerdings ein Bacillus, welcher sich culturell und 
morphologisch dem Klebs -Löffler’schen Bacillus sehr ähnlich 
zeigte. Seine Virulenz ist jedoch für Säugethiere sehr gering. 
Die Identität mit dem Löffler’schen Bacillus konnte zwar nicht 
festgestellt werden, und obwohl es sich wahrscheinlich um einen 
Pseudodiphthericus handelt, so kann die Hypothese nicht ganz 
von der Hand gewiesen werden, dass Vogel- und Menschen¬ 
diphtherie denselben Erreger haben, der durch gewisse Umstände 
seine Virulenz ändert. Die Verff. wünschen, dass auch in dieser 
Richtung hygienische Massregeln vorgeschrieben werden. 

.Rasches Verfahren zam Hervorrufen der Jod- 
Schwefelsäure-Reaction bei amyloiden Substanzen. 

Die zu untersuchenden Schnitte werden zwei oder drei 
Minuten in eine Jodlösung folgender Zusammensetzung (Aq. dest. 
100,0, KaL jodat. 1,0, Jod. in excess.: Reiben in einer Porzellan¬ 
schale) gelegt worin sich die degenerirten Theile rothbraun, 
die gesunden gelb färben. Hierauf folgt ein 2 bis 3 Minuten 
langes Einlegen der Schnitte in Aq. dest. mit lproc. Acid. 
sulfuric. In dieser Lösung verwandelt sich die Farbe der de¬ 
generirten Substanz in dunkelgrün. Weiterhin kommen die 
Präparate in 96proc. Alkohol, wo sie sich sofort wieder verfärben 
und die dunkelgrünen Stellen schön himmelblau werden. Unter 
dem Mikroskop betrachtet, zeigen diese zuletzt noch in Glycerin 
getauchten Schnitte eine Doppelfärbung: das amyloid ver¬ 
änderte Gewebe himmelblau, das nicht degenerirte hellgelb. 

(Clinic. vet. 1896, Oesterr. Monatsschr. 1898, H. 10.) 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 





596 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


Kleine Mlttheiluugen. 

Augentuberoulose. 

Schlachthofdirector Winter-Bromberg macht in der 
Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. folgende Mittheilnng. Eine 6jährige 
Kuh zeigte taumelnden Gang. Das Bewusstsein war nicht ge¬ 
stört. Das linke Ange verkleinert, das Angeninnere mit gelben 
Knoten durchsetzt. Das rechte Auge normal. Nach der Schlach¬ 
tung fand sich Tuberculose der Lungen, Leber, der Serosa und 
der retropharyngealen Lymphdrüsen. Die Kehlgangslymphdrösen 
waren normal. Die Hirnhaut war mit Tuberkeln besetzt. 

Das linke Auge ergab folgenden Befund. Durch die Cornea 
schimmerten gelbe Flecke bis zu Erbsengrösse. Der grösste zer¬ 
klüftete Knoten reichte von innen bis an die Cornea heran. Die 
Cornea war theilweise getrübt. Beim Durchschneiden des Auges 
zeigte sich der Glaskörper von zähschleimigen Flocken durch¬ 
zogen. In der hinteren Fläche der Corona ciliaris war die Netz¬ 
haut dicht mit gelben Knötchen besetzt. Die Linse war in einen 
gelben Brei eingebettet, der harte sandkornartige Gebilde ent¬ 
hielt, und war getrübt. Auf der hinteren Fläche der Iris fanden 
sich netzartige gelbe Auflagerungen, zwischen denen sich ein 
gelblicher Brei befand. Die Iris war vorwärtsgedrängt und mit 
der Cornea verwachsen; die durch letztere durchschimmernden 
Herde waren in die Substanz der Iris eingelagert. Der Process 
erwies sich auch hier mikroskopisch als tuberculös. 

Eugenoformium, ein neues Darmantiseptioum. 

Das Eugenoform oder Eugenol entsteht durch Einwirkung 
des Formaldehyds auf Phenol und crystallisirt mit Natrium 
vereinigt in langen weissen Nadeln, die in Wasser leicht löslich 
sind. 

Das Mittel spaltet mit Leichtigkeit Forraaldehyd ab und übt 
daher eine stark desinficirende Wirkung aus. Insbesondere ver¬ 
mag die Magensäure die wirkenden Componenten frei zu maüfcetf. 
Hiernach dürfte sich das Eugenoform zur Desinfection des Magen¬ 
darmes in erster Linie eignen und bei Typhus, Cholera und 
allen infectiösen Katarrhen Anwendung finden. Unsere bekannten 
Darmantiseptica erfüllen nur in beschränktem Masse ihren Zweck. 
Wenn auch die Mehrzahl dieser Mittel ausserhalb des Körpers die 
Bacterien vernichtet, so versagen sie doch innerhalb desselben 
sehr häufig, oder sie können wegen ihrer Giftwirkung nur in 
minimalen Dosen verabreicht werden. Das Eugenoform kann da¬ 
gegen in einer 6—8 mal so hohen Dosis als Carbolsäure verordnet 
werden. Der Mensch kann 2,5—3 g ohne jeden Nachtheil auf 
einmal nehmen. Zwei Stunden später ist das Mittel im Harn 
nachzuweisen, welcher mit Schwefelsäure eine rothe Zone giebt. 

Ueber die Anwendung des Eugenoform bei Thieren macht 
Verfasser keine Angaben. (Oesterr. Monatsschr. f. Tlihlkd. 1898, 
H. 11). 

Verschreibung der Medicamente in Pulver- oder Capselform. 

Nach Bricemoret giebt es drei Arten von Medicamenten, 
die nicht in Pulvern oder Amyloidcapsein verordnet werden 
sollen. Die erste Gruppe umfasst die hygroskopischen Präparate. 
Dazu gehören die Phosphorsäure und ihre Salze, die alkalischen 
Phospho-Glycerate, Natr. brom. und jod., crystallis. Calcium¬ 
chlorid, Stront. chlor, und brom., Ferrum ammonio-citr., Chloral 
und die trockenen vegetabilischen Extracte, ferner die meisten 
trocken dargestellten Peptone und Organpräparate. 

In die zweite Gruppe gehören die Körper, die an und für 
sich zwar wasserbeständig sind, deren Mischung aber eine Ver¬ 
flüssigung bedingt, z. B. die Combination von Antipyrin und 
salicylsaurem Natron. 

Die dritte Gruppe wird gebildet von solchen Medicamenten, 
welche durch den Sauerstoff der Luft zersetzt werden, was sich 


äusserlich schon durch Verfärbung der Hülle kundgiebt; hierher 
gehören unter anderen die alkalischen Jod- und Jodeisenpräparate 
und das Aristol. Die Zersetzung der Pulver lässt sich in 
manchen Fällen durch Zusatz von Pulv. rad. liquivit. und Auf¬ 
bewahrung derselben in gut geschlossenen Gläsern hintanhalten. 

Eitrige Thrombophlebitis der vena dlgitalis interna mit Metastasenbildung 

in der Lunge. 

Bei einem 5jährigen Fuchswallach sollte vor 5 Tagen an 
der Innenfläche des rechten Fessels plötzlich ein Eiterherd auf¬ 
gebrochen sein. 3 Tage nachher habe sich eine starke Schwel¬ 
lung des ganzen Beines eingestellt. Als das Pferd in die chirur¬ 
gische Klinik der Berliner thierärztlichen Hochschule gebracht 
wurde, war das rechte Vorderbein vom Huf bis zur Schulter un¬ 
förmig geschwollen und sehr schmerzhaft. Innen am Fessel eine 
Markstück grosse Wunde, etwao erhöhte Körpertemperatur und 
beschleunigter Puls. Die Untersuchung der Lungen ergab nichts 
Abnormes. Es kam zum Aufbrechen von Abscessen. Die Tem¬ 
peratur stieg auf 40°. Es stellten sich Erscheinungen von Er¬ 
krankungen der Athmungswege ein, und das Pferd verendete 
nach 3 Wochen. Bei der Section stellten sich eitrige Throm¬ 
bophlebitis der vena digitalis interna, bindegewebige Sclerosirung 
am ganzen Schenkel, abscedirende „subcoronäre und perichondrale“ 
Phlegmone und Metastasenbildungen in der Lunge, sowie eitrige 
Pleuritis heraus sammt den Erscheinungen der Septicämie. Es lag 
also eine Pyosepticämie vor. (Prof. Fröhner, Mtsh. f. Th. 9,5.) 


Tagesgeschichte. 

t 

Am 3. d. Mts. starb zu Stettin unser Mitglied und früherer 
Präses, der königliche Corpsrossarzt a. D. Werner, tief betrauert 
von seinen Hinterbliebenen, seinen Collegen und Freunden, im 
66. Lebensjahre. Werner war Ritter des Eisernen Kreuzes 

II. Classe, des Rothen Adlerordens IV. Classe, des Kronenordens 

III. und IV. Classe, Inhaber der Kriegsdenkmünzen von 64, 66, 
70/71, der Kaiser Wilhelm-Denkmünze und Dienstauszeichnungen. 
Er war einer derjenigen Collegen, dem wir überall unsere 
ehrfurchtsvolle Achtung zollten. Sein vielseitiges Wissen und 
seine reiche Erfahrung boten uns stets Belehrendes und 
Interessantes; er war trotz seines Alters und seiner Gebrechen 
bis in die letzte Zeit durch wissenschaftliche LectQre eifrig be¬ 
strebt, sein Wissen zu erweitern und war seinen Collegen und 
Kameraden stets ein treuer, wohlwollender, aufrichtiger, ernster 
Berather. So musste ihn, den offenen schlichten Mann, um den 
sich, solange er noch gesund und rüstig war, die Stettiner Thier¬ 
ärzte an ihren geselligen Abenden gern versammelten, Jeder iu 
kurzer Zeit liebgewinnen, und für alle Zeit werden uns die herr¬ 
lichen Worte des Trost spendenden Geistlichen am Grabe des 
theuren Entschlafenen in Erinnerung bleiben: Wir tragen einen 
guten Mann zu Grabe; uns war er mehr, er war unser Freund. 
Und seine edlen Charaktereigenschaften documefitirte er nicht 
allein seinen Collegen und Freunden gegenüber; in ganz hervor¬ 
ragender Weise galt seine Sorge und Liebe seinen Kindern und 
bis zu seiner Sterbestunde seiner unglücklichen Frau, die, in 
einer Pflege- und Heilanstalt befindlich, nicht mehr empfinden 
konnte das treue hingebende Herz des besorgten Gatten. 

Eines solchen Mannes Andenken werden wir stets in Ehren 
halten. 

Die Mitglieder des Vereins pommerscher Thierärzte 
für die Regierungsbezirke Stettin und Stralsund. 

I. A.: Herrn. Falk-Stettin. 


Digitized by LjOOQle 



15 December 1898. 

Fest-Versammlung der beamteten Thierärzte 
des Regierungsbezirks Lüneburg am 9. October 1898. 

Am Sonntag, den 9. October d. J. versammelten sich die 
Kreistbierärzte des Regierungsbezirks unter dem Vorsitz des 
Unterzeichneten Departementsthierarztes in Volkers Hotel zum 
Scbiessgraben in Lüneburg, um das 25jährige Amtsjubiläum der 
Kreisthierärzte Riechelm ann-Harburg, Röttger-Gifhorn und 
Willigerod-Uelzen durch eine Festsitzung zu feiern. DerDecer- 
nent für Veterinärangelegenheiten, Regierungs-Assessor Herr 
v. Wussow, war der Einladung zur Theilnahme an der Ver¬ 
sammlung gefolgt 

Der Vorsitzende eröffnete um 12 Uhr die Festsitzung mit 
Begrüssung der Erschienenen und brachte dann den drei Jubi- 
laren die Glückwünsche der beamteten Thierärzte des Bezirks 
dar. In allgemeinen Zügen schilderte er die Entwicklung, welche 
die Veterinärgesetzgebung in den verflossenen 25 Jahren ge¬ 
nommen hat und wie hierdurch die Stellung und die Wirksam¬ 
keit des beamteten Thierarztes so wesentliche Veränderungen er¬ 
fahren hat. Bei der Einführung der Institution der Kreisthier¬ 
ärzte, welche in Preussen bereits seit 1817 besteht, kam es für 
die Provinz Hannover wesentlich darauf an, unter den im Lande 
wohnenden Thierärzten, die mit Land und Leuten vertraut waren, 
geeignete Personen für diese Stellung ausznwählen, und so kam es 
dann, dass die Jubilare, welche in ihren Kreisen bereits lange 
Jahre als praktische Thierärzte ansässig waren und sich des 
Vertrauens der Obrigkeit und der Bevölkerung erfrenten, für die 
Verwaltung dieser Stellen ausgewählt wurden. Der Vorsitzende 
beglückwünschte die Jubilare zu den Erfolgen ihrer Thätigkeit 
im Amte, indem er hervorhob, dass sie es verstanden hätten, die 
schwierige und verantwortungsvolle Stellung, welche die Vete¬ 
rinärgesetzgebung dem beamteten Thierarzte zugewiesen habe, 
richtig zu erfassen und sich das Vertrauen der Behörde sowohl 
als auch der Bevölkerung zu erhalten. Er sprach den Wunsch 
aus, dass eine in Aussicht stehende Reform der kreisthierärzt¬ 
lichen Beamtenstellung den Jubilaren, die sämmtlich hochbetagt 
sind, noch ihren Lebensabend sichern und verschönern möge. 

Nachdem im Anschluss hieran Herr Regierungs-Assessor 
v. Wu8 8ow die Glückwünsche des Herrn Regierungspräsidenten 
und die seinigen ausgesprochen hatte, wurde in die Verhandlungen 
der Tagesordnung eingetreten. 

Es kamen zunächst die seit der letzten Versammlung im 
Juni d. J. ergangenen Verfügungen und einige Punkte zur Vieli- 
seuchen-Statistik zur Besprechung. Von dem Herrn Decernenten 
wurde sodann der Erlass des Herrn Ministers betr. die Kosten 
thierärztlicher Amtsverrichtungen vom August d. J. bekannt ge¬ 
geben und die Frage der Zweckmässigkeit einzelner im Bezirk 
angeordneter Amtsverrichtungen zur Discussion gestellt. 

Durch Verfügung vom 9. April 1896 sind die Kreisthierärzte 
des Bezirks mit der veterinärpolizeilichen Beaufsichtigung der 
Stierkörungstermine beauftragt worden. Es ist die Frage ent¬ 
standen, ob diese Massnahmen dauernd beizubehalten oder nur 
anf die Zeiten der Seuchengefahr zu beschränken wären. Die 
Discussion ergab, dass die Kreisthierärzte mit nur einer Aus¬ 
nahme diese Beaufsichtigungen aus veterinärpolizeilichen Gründen 
für zweckmässig erachten. Bei den immer wieder plötzlich auf¬ 
tretenden Fällen von Maul- und Klauenseuche sei derselben die 
grösste Aufmerksamkeit zu schenken und besonders die Ansamm¬ 
lung von Thieren aus verschiedenen Beständen und Gemeinden, 
wie sie bei den Bullenkörungen im Frühjahr und Herbst statt- 
fänden, unter Controle zu erhalten, umsomehr als vielfach von 
Händlern Bullen zur Ankörung gebracht würden. Gleichzeitig 
kam es hierbei zur Sprache, dass es auch im hygienischen und 
züchterischen Interesse läge, wenn die Kreisthierärzte als active 


597 

Mitglieder der Körcommission wirken könnten, und es wurde eine 
Abänderung der Bullenkörordnung vom 12. December 1883 nach 
dieser Richtung für wünschenswert und zweckmässig erklärt. 
Es wurde hervorgehoben, dass die Anwesenheit des Kreisthier¬ 
arztes bei den Körungsterminen auch jetzt bereits nach der 
züchterischen Seite hin günstigen Einfluss gehabt habe. 

Des Weiteren wurde die Verfügung vom 22. Februar 1896 
betr. Controle der Viehhändler und Gasthofsstallungen, sowie 
Privatschlächtereien besprochen, welche damals nur für einzelne 
Kreise des Bezirks angeordnet wurde und noch nicht wieder auf¬ 
gehoben ist, jedoch nur noch in einem Kreise praktisch geband- 
habt wird. Auch hier ging die Meinung fast sämmtlicher Kreis¬ 
thierärzte dahin, dass diese Massnahme einheitlich im Bezirk 
und zwar nicht nur zu Zeiten der Seuchengefahr, sondern dauernd 
aufrecht erhalten werden müsste. Besonders wären die in der 
Nähe der Eisenbahnverladestationen befindlichen Gasthofsstallungen, 
in welchen regelmäsig periodische Ansammlungen von Vieh statt¬ 
fänden, unter Controle zu stellen und durch geeignete Vor¬ 
schriften bezüglich der Einrichtung und der Reinigung und Des- 
infection Vorsorge zu treffen, diese Verbreitungsherde der Maul¬ 
und Klauenseuche unschädlich zu machen. Vom Vorsitzenden 
wurde in Vorschlag gebracht, auf Grund amtlicher Erhebungen 
durch die Landräthe je nach dem Umfang des Geschäftsbetriebes 
der Viehhändler und nach der Häufigkeit der Viehansammlungen 
in den Gasthofsstallungen eine vom Herrn Regierungspräsidenten 
zu bestimmende Anzahl von Revisionen durch die Kreisthierärzte 
vornehmen zu lassen. In Verbindung mit dieser Angelegenheit 
wurde die Verfügung vom 16. September 1889 betr. die Revisionen 
der Desinfectionsanstalten der Eisenbahnen und der Viehver¬ 
laderampen auf den Stationen besprochen und die einheitliche 
Regelung dieser Massnahmen für alle Kreise des Bezirks ge¬ 
wünscht. Es wurde festgestellt, dass zahlreiche kleinere Stationen 
im Bezirk ziemlich lebhafte Verladeplätze für Schweine sind und 
dass die vorhandenen Einrichtungen nicht überall den von der 
Veterinärpolizei zu stellenden Anforderungen entsprächen. 

Für den nächsten Punkt der Tagesordnung, die Regelung 
der Oadaververnichtung und des Abdeckereiweseus im Bezirk, 
batte der Vorsitzende das Referat übernommen. Er führte zu¬ 
nächst aus, dass hinsichtlich der Vernichtung thierischer Cadaver 
bei dem Mangel polizeilicher Vorschriften ziemliche Willkür 
seitens der Viehbesitzer herrsche. Wenn auch für bestimmte 
Seuchen und parasitäre Krankheiten gesetzliche oder polizeiliche 
Verfügungen Vorschriften für die Vernichtung der Cadaver ent¬ 
hielten, so fehle es doch, besonders in den Landgemeinden, an 
bestimmten geeigneten Verscharrungsplätzen. Hierdurch würde 
schon in Seuchenfällen häufig eine schwierige Situation ge¬ 
schaffen, wie wohl jeder der beamteten Thierärzte aus seinem 
Wirkungskreise bestätigen könnte. Der Mangel solcher aus¬ 
schliesslich zu benutzenden Plätze in den Gemeinden tritt aber 
noch viel mehr hervor, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Thier- 
cadaver heute einfach innerhalb der Höfe und Hausgärten ver¬ 
scharrt werden, von denen eine Feststellung der Todesursache 
nicht erfolgt ist. So wie es hierdurch zur Erhaltung und Weiter¬ 
verbreitung von Ansteckungskeimen kommen kann und das vete¬ 
rinärpolizeiliche Interesse erheblich gefährdet wird, so ist dieses 
Verfahren aber auch nach der sanitären Seite von höchster Be¬ 
denklichkeit, da die Verwesung der Cadaver eine Verschlechte¬ 
rung der Boden- und Wasserverhältnisse herbeiführen muss und 
dadurch die Gesundheit der Menschen bedroht wird. 

Um diesen Gefahren vorzubeugen und um gleichzeitig aus 
den Cadavern noch einen gewissen Nutzen zu erzielen, sind nun 
schon frühzeitig Abdeckereien entstanden, die sich mit der Aus¬ 
nutzung und Vernichtung von Thiercadavern beschäftigten. Auch 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



593 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 50. 


im diesseitigen Bezirk bestehen seit Alters her in den einzelnen 
Kreisen Abdeckereien, die zwar nnter Aufsicht der Obrigkeit 
stehen, für deren Betrieb es jedoch an einheitlichen polizeilichen 
Vorschriften mangelt Der grösste Theil der vorhandenen Ab¬ 
deckereien zeigt nur äusserst primitive bauliche Einrichtungen 
und giebt sowohl nach der sanitären als der veterinären Seite 
hin zu den erheblichsten Bedenken Anlass. Die Abholung und 
Heranschaffung der Cadaver erfolgt auf ungenügend eingerich¬ 
teten Wagen, sodass eine Verschüttung von blutigen und son¬ 
stigen Abgängen der Cadaver ungehindert stattfinden kann, wo¬ 
durch der Ausbreitung und Vermehrung von schädlichen Keimen 
Thür und Thor geöffnet sind. Alle diese Missstände drängen 
nach einer einheitlichen Regelung für die Beseitigung thierischer 
Cadaver und für den Abdeckereibetrieb. 

Zur Abhülfe würde sich nun der Erlass einer landespolizei¬ 
lichen Anordnung empfehlen, die bestimmten Vorschriften für die 
Behandlung aller thierischer Cadaver, soweit nicht seuchengesetz¬ 
liche Bestimmungen eingreifen, zu enthalten hätte und die den 
Abdeckereibetrieb regelt. 

Zunächst wären die Gemeinden zur Anlegung von Ver- 
scharrung8plätzen nach bestimmten Vorschriften anzuhalten, wo¬ 
zu durch den § 25 des preussischen Ausführnngsgesetzes zum 
Reichsviehseuchengesetz eine gesetzliche Handhabe bereits ge¬ 
geben ist. 

Ferner wäre jeder Besitzer von Thieren zu verpflichten, vor¬ 
kommende Todesfälle zur Kenntniss der Ortsbehörde zu bringeu 
und die Verscharrung der Cadaver an der von dieser angewie¬ 
senen Stelle auszuführen. Auch die unschädliche Beseitigung 
abgestandener und zur Nutzung nicht mehr geeigneter Thiere 
müsste durch die Ortsbehörde beaufsichtigt werden, um den un¬ 
reellen und gesundheitsschädlichen Handel mit kranken Vieh¬ 
stücken nach grösseren Städten hin, wie er von gewissenlosen 
Polka- und Kaltschlächtern gern betrieben wird, zu unterbinden. 

Für die Einrichtung der Abdeckereien wären ferner bestimmte 
Vorschriften hinsichtlich des Zerlegungsplatzes der Cadaver, der 
Dünger- und Jauchegruben, der Aufbewahrungsräume und Ge- 
fässe für die Cadaverproducte zu geben. Auch wären die Ab¬ 
decker zur Gestellung von Hülfsmitteln für die Ausführung von 
Obductionen anzuhalten. Für den Betrieb wären zunächst Vor¬ 
schriften bezüglich des Cadavertransportes in geeigneten 
Wagen und über Reinigung und Desinfection zu machen, 
ferner Bestimmungen über eine vom Abdecker anzulegende 
und laufend zu erhaltende Buchführung zu geben. Der 
Gesammtbetrieb wäre der periodischen, mindestens einmal monat¬ 
lich auszuführenden Revision durch die Ortspolizeibehörde und 
der vierteljährlich einmal gemeinschaftlich vorzunehmenden Con- 
trole durch diese und den beamteten Thierarzt zu unterstellen. 

Diese vom Vorsitzenden vorgetragenen Punkte fanden allseitige 
Zustimmung, und es wurde folgende Schlusserklärung angenommen: 

1. Die Versammlung der beamteten Thierärzte des Re¬ 
gierungsbezirks Lüneburg hält die z. Zt. im Bezirk 
bestellenden Verhältnisse hinsichtlich der Vernichtung 
von Thiercadavern und des Abdeckereibetriebs für 
äusserst mangelhaft und dringend der Abhülfe bedürftig. 

2. Sie ersucht daher den Vorsitzenden, bei der Königlichen 
Regierung unter Darlegung der Missstände und Gefahren 
den Erlass einer Polizei-Verordnung über die Behandlung 
thierischer Cadaver und über den Abdeckereibetrieb in 
Anregung zu bringen, einen Entwurf zu derselben aus¬ 
zuarbeiten und zu überreichen, der die in dem Referat 
gegebenen Verbesserungsvorschläge enthält. 

Nachdem noch in Abwesenheit des Kreis - Thierarztes 
Willigerod über eine zu seinem am 31. Januar 1899 statt¬ 


findenden 50jährigen Jubiläum als Thierarzt von den beamteten 
Thierärzten des Bezirks zu veranstaltende Ehrung Beschluss 
gefasst worden war, wurde die Sitzung um 2!4 Uhr geschlossen. 

Unter Betheiligung fast sämmtlicher Damen der Collegen 
fand an festlich geschmückter Tafel ein Festmahl statt, welches 
vom Senior der Versammlung Kreisthierarzt Willigerod mit 
einer Kaiserrede eröffnet wurde. Departementsthierarzt Holtz- 
hauer feierte in persönlich eingehender Weise nochmals die 
Jubilare, die ihren Dank für die ihnen erwiesene Aufmerksamkeit 
durch Kreisthierarzt Röttger zum Ausdruck bringen Hessen. 
College Oelkers-Wittingen brachte in launiger, sinnreicher 
Weise den Damen ein Hoch aus und der alte, fast achtzigjährige 
Willigerod schilderte in humoristischer, gewandter Weise den 
Lebenslauf des jetzigen Kreisthierarztes, der sich durch allerhand 
schriftstellerische nnd schwierige Arbeiten bei fortwährendem 
Kampf mit Bacterien und Kokken dnrchhauen müsste, um allen 
seinen Verpflichtungen gerecht zu werden. Er liess seine Rede 
in ein Hoch auf die uns verbindende Wissenschaft ausklingen. 
Viel zu früh trat leider die Trennungsstunde ein. Jeder der 
Theilnehmer nahm aber die Empfindung mit sich, dass die Feier 
trotz ihres mehr privaten und familiären Charakters eine würdige 
und schöne gewesen ist. Holtzhauer. 

Versicherungswesen. 

In der Generalversammlung des preuss. Beamtenvereins, der 
bekanntlich auch alle Thierärzte aufnimmt, übrigens ohne Agentur- 
Apparat arbeitet, wurde folgender Stand vom Jahresschluss 1897 
bekannt gegeben: 48 929 Lebensversicherungs - Policen über 
159 934 000 M. (ausserdem 12!* Millionen Capital in Rentenversiche¬ 
rung). Die wirkliche Sterblichkeit ist um 54,8 pCt. hinter der 
rechnung8mässigen zurückgeblieben. Die Ausgabe für Sterbefälle 
betrug 830 700 M., der erzielte Ueberschuss 1,6 Millionen, wovon 
996 000 M. als Dividende zur Vertheilung gelangen. Die Ver¬ 
waltungskosten betrugen nur 0,87 M. auf 1000 M. versichertes 
Capital. Das reine Vereinsvermögen (dem keine Passiven bezw. 
Verbindlichkeiten gegenüberstehen) ist auf über 5 Millionen, die 
angesammelten Prämienreserven (d. h. das zur Deckung der Ver¬ 
sicherungen dienende Vermögen) sind auf 37% Millionen gewachsen. 

Der Rechenschaftsbericht der Lebensversicherungs- und Er- 
sparnis8bank zu Stuttgart (mit welcher der Brandenburger thier¬ 
ärztliche Verein einen Vergünstigungsvertrag geschlossen hat) 
ergibt Folgendes: Der Versicherungsbestand beträgt über eine 
halbe Milliarde, das gesammte Vereinsvermögen 146,7 Millionen. 
Der Gesammtüberschuss belief sich auf 5 746 716 M., sodass eine 
Dividende von 38 pCt. der ordentlichen JahreBprämien vertheilt 
werden kann. Die Geschäftsunkosten beliefen sich auf 5,67 pCt. 
der Jahreseinnahme. 

Bismarok-Sfiulen. 

Die deutsche Studentenschaft erlässt einen Aufruf, der sich 
in erster Linie an die alten Akademiker wendet, der einem von 
Delegirten fast aller deutschen Universitäten und Hochschulen 
kürzlich zu Hamburg gefassten Beschlüsse entspringt. Diesem 
Beschluss liegt der originelle und sympathische Gedanke zu 
Grunde, an möglichst vielen, namentlich landschaftlich geeigneten 
Punkten Bismarck-Wahrzeichen aufzurichten. Dieselben sollen kein 
Bild Bismarck’s darstellen, nur massige gTanitene Säulen mit 
ehernen Feuerkesseln sein. Diese Feuermale sollen au geeigneten 
patriotischen Gedenktagen entzündet werden und in ihrer Gleich¬ 
artigkeit allenthalben das Gedächtniss Bismarck’s verkünden. 

Zur Errichtung solcher Säulen speciell an Hochschulorten 
wird ein Fonds gebildet, für welchen die Corporationen der 
deutschen Hochschulen sowie u. a. die Deutsche Bank in Berlin 
Beiträge annehmen._ 


Digitized by LaOOQie 




15. December 1898. 


BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


599 


Oeffentliches YeterinSrwesen, 


(Mittheilungen für 

Seuchen Statistik and Teterinärpolizei. 


Die Vsrbreltssg derMsal «.Kfaaenseoche in Pressten am 30. November 1898- 


Regierungsbezirk 

Die Seuche herrschte 
in 

Kreisen . Gemeinden 
| (Qntsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Danzig. 

1 

1 2 

1,58 

Marienwerder. 

1 

; i 

0,44 

Potsdam. 

2 

5 

1,93 

Frankfurt. 

6 

9 

3,67 

Stettin. 

1 

2 

1,06 

Posen. 

10 

25 

7,58 

Bromberg. 

5 

11 

4,94 

Breslau. 

!» 

36 

9,47 

Liegnitz. 

1 

1 

0,35 

Oppeln. 

1 

o 

0,71 

Magdeburg. 

8 

17 

11,80 

Merseburg. 

10 

32 

13,84 

Erfurt. 

2 

2 

3,41 

Hannover. 

4 

8 

12,71 

Hildesheim. 

4 

11 

15,19 

Lüneburg . 

2 

5 

3,39 

Stade . 

2 

4 

5,50 

Aurich. 

2 

2 

5,84 

Münster. 

5 

7 

26,14 

Minden . 

1 

1 

1,96 

Arnsberg. 

9 

22 

25,>-8 

Cassel. 

6 

1 26 

15,55 

Wiesbaden. 

5 

8 

8,54 

Coblenz. 

10 

59 

56.46 

Düsseldorf. 

16 

1 68 

158,13 

Cöln. 

7 

55 

185,81 

Trier. 

13 

85 

75,42 

Aachen . 

10 

76 

194,87 


Summa | 153 j 583 | 


Naohweltaig Iber den Stand der Viebeeaebea Im Dentoohen Reiohe 
an 30. November 1898. 

Ea waren am 30. November in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Warienwerder 1 (1). 
Stadtkreis Berlin 1 (1). R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 2 (2). 
R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 1 (2). R.-B. Bromberg 3 (3). 

R.-B. Breslau 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1). 
R.-B. Trier 1 (4). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: | 
Kreishauptm.Bautzen 1 (L). Kreishanptm. Leipzig 1 (2). Württem¬ 
berg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braunscliweig: 1 (1). 
Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (58). R.-B. Niederbayeru 2 (4'. 
R.-B. Pfalz 12 (65). R.-B. Oberpfalz 13 (45). R.-B. Oberfrsnken 
10 (18). R.-B. Mittelfranken 10 (21). R.-B. Uuterfranken 17 (34). 
R.-B. Schwaben 22 (146). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(2). 
Kreishauptm. Dresden 1 (2). Kreishauptm. Leipzig 2 (11). Kreis¬ 
hauptm. Zwickau 5 (15). Württemberg: Neckarkreis 15 (62). 
Scbwarzwaldkreis 8 (23). Jagstkreis 14 (61). Donaukreis 13 (34). 
Baden: Landescomm. Constanz 3 (5). Landescomm. Freiburg 
5 (10). Landescomm. Karlsruhe 7 (18). Landescomm. Mannheim 
8 (15). Hesoen: Provinz Starkenburg 7 (10). Provinz Ober¬ 
hessen 4 (11). Provinz Rheinhessen 4 (21). Sachsen-Weimar: 

4 (13). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 6(9). Fürstenthum 
Birkenfeld 1 (2). Braunschweig: 3(8). Sachsen-Meiningen: 


Veterinärbeamte). 

3 (9). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1). 
Anhalt: 3 (7). Bremen: 2 (3). Elsass-Lotbringen: Bez. 
Unter-Elsass 5 (17). Bez. Ober-Elsass 6 (21). Bez. Lothringen 6 (36). 

C. von Lungenseuche: 

Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1 (1). 
R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Magdeburg 2 (3). Bayern: R.-B. 
Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1). 

D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest): 
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (1). 
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 4 (9). R.-B. Stettin 4 (4). 
R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen 9 (20). R.-B. Bromberg 6 (8). 
R.-B. Breslau 16 (59). R.-B. Liegnitz 10 (21). R.-B. Oppeln 8 (14'. 
R.-B. Magdeburg 4 (4). R.-B. Erfurt 1 (1). R.-B. Schleswig 6 (12). 
R.-B. Hannover 4 (5). R.-B. Hildesheim 3 (7). R.-B. Stade 2 (2). 

R.-B. Münster 1 (1). R.-B. Arnsberg 3 (3). R.-B. Cassel 2 (2). 

R.-B. Wiesbaden 1 (2). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 

3 (7). R.-B. Cöln 1 (1). R.-B. Trier 3 (4). Bayern: R-B. Ober- 
' bayern 1 (1). R.-B. Pfalz 1 (1). Württemberg: Jagstkrefs 1 (2). 
Sachsen-Altenburg: 1(1).. Mecklenburg-Schwerin: 2(5). 
Sachsen-Weimar: 1 (2). Lippe: 1 (3). Lübeck: 1 (1). 

Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen. 

Abermaliger Ausbruch (vergl. vorige Nummer) ist gemeldet 
vom Schlachthof in München am 7. er.; desgl. in Metz vom 12. er. 
! Das Erlöschen in Strassburg vom 13. er. und in Cöln vom 12. er. 


Fleischschao and Viehverkehr. 

Die im Octoberheft der Reichsstatistik veröffentlichten Ziffern 
der Fleisch- und Vieheinfnhr wie der Viehpreise sind geeignet, 
die übertriebenen Klagen über eine Fleischnoth zu widerlegen. 
Es betrug in den drei Vierteljahren Januar-October die Einfuhr 
von Fleisch und Würsten etc. in das deutsche Zollgebiet 1314000 
Centner, gegen nur 682000 Centner in der gleichen Vorjahrszeit: 
die Steigerung also 90 pCt. Zugleich ist die Einfuhr von 
lebendem Vieh im October 1898 grösser gewesen als im 
! October 1897, und es kosten nach der amtlichen Statistik am 
Berliner Centralviehmarkt pro 100 Kilo Schlachtgewicht 

1897 1898 

Rinder . . 118,10 116,80 M. 

Schweine . 118,60 113,40 „ 

Kälber . . 132,00 127,60 „ 

Nur bei Schweinefleisch ist eine Steigerung in den Preisen 
seit 1896 eingetreten, dazu wird jedoch u. A. gesagt: 

„Ueberlianpt darf nicht übersehen werden, dass die neuer¬ 
lichen Schweinefleischpreise durchaus nicht abnorme sind. Der 
Durchschnittspreis von Schweinefleisch von Januar bis October 1898 
mit 1,37 M. für das Kilo Schlachtgewicht steht unter den 
Durchschnittspreisen sämmtlicher Vorjahre von 1895 ab bis 1889, 
und selbst der höchste Stand im September 1898 mit 1,41 M. ist 
unter dem Durchschnittspreis der Jahre 1894 (1,52 M.), 1892 
(1,45 M.), 1891 (1,44 M.), 1890 (1,55 M.), 1889 (1,44 M.)“ 

Reichs Fleischsohau-Gesetz. 

Die Thronrede ist zur allgemeinen Kenntniss gelangt. Trotz¬ 
dem soll hier nochmals hervorgehoben werden, dass sie den 
Passus enthält, es stehe zu hoffen, dass dem Reichstag noch in 
dieser Session eine die Fleischschau betreffende Vorlage zugehen 
werde. Hiernach dürfte die Erledigung dieses Materials noch 
keineswegs unmittelbar bevorsteheu. 


Digitized by LjOOQie 
































600 


Berlin: Auszug aus den Flsisebsohauberiobt für Monat November 1898. 

A. Schlachtbof. 



Rinder 

Kälber 

Schafe | 

Schweine 

Geschlachtet und untersucht . 

13612 ' 

10548 j 

29154 

55 391 

Ganz beanstandet. .... 

195 ! 

39 ! 

9 i 

272 

Ueberhaupt mit Tuberculose 





behaftet. 

2303 

40 


1639 

Davon gänzlich verworfen . 

35 i 

— 

— 

27 

„ sterilisirt und verwerthet 

86 ' 

3 

— 

128 

„ theilweise verworfen . . 

17 

— 

— i 

— 

Also vollständig freigegeben 

2165 

37 


1484 

Mit Trichinen behaftet. . . 

— 

— 


5 

Mit Finnen behaftet .... 

62*) 

2 ' 

— 

42 

Stark finnig, technisch ver- 





werthet. 

2 

! 2 

— 

18 

Finnig und wässerig, tech- 





nisch verwerthet .... 

— 

— 

— 

— 

Schwach finnig und gekocht 



1 


verwerthet. 

58 

— 

— 

24 

Ausserdem wegen Bebaftung 
raitKalkconcrementen, mul¬ 
tiplen Blutungen u. s.w. sind 



1 


gekocht verwerthet . . . 

— 

1 

— 

37 


An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei 
Kindern: 6005 Stück, bei Kälbern: 94 Stück, bei Schafen: 5163 Stück, 
bei Schweinen: 7473 Stück. 


*) Von diesen 62 finnigen Kindern waren 2 Kinder gleichzeitig 
tuberkulös und zwar derartig, dass sie zur Sterilisation (als tuberkl.) 
überwiesen wurden. 


No. 50. 


B. Unteraachungsstationen. 



Rinder¬ 

viertel 

Kälber 

Schafe 

Schweine 

Untersucht. 

| 

20287 

11833 

2453 ' 

9 686 

Beanstandet. 

100 

6 

22 

2 

Wegen Tuberculose wurden 
beanstandet. 

49 



3 

Davon sind sterilis. verwerthet 

32 

— 

— 

— 

Mithin gänzlich verworfen . 

17 i 

— 

— 

— 

Mit Trichinen behaftet . . . 

— 

— 

— 

— 

Mit Finnen behaftet .... 

4 

— 

— 

— 

Davon schwach finnig und 
gekocht verwerthet . . . 

4 

— 

— 

— 


Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 2507 dänische Rinder* 
viertel, 17 dänische Kälber, 89 ungarische Schweine und 198 Wild¬ 
schweine. 


Constante Anwesenheit des Bacillus coli communis in der Kuhmiloh. 

Abba injicirte von 20 Proben Knhmilch je 1 ccm Kaninchen 
subcutan. Hiernach trat regelmässig ein Abscess auf, in dessen 
Inhalt der Bacillus coli communis nachgewiesen wurde. (Hyg. 
Bandseil. 6, 6.) 

Zusammenlegbares Mikroskop für ambulante Trichinenschau. 

Die Firma H au ptner-Berlin hat ein zusammenlegbares 
Mikroskop angefertigt, welches in der „Ztschr. f. Fl. u. M.“ als 
practisch empfohlen ist. Dasselbe eignet sich namentlich für die 
Fleischbeschauer auf dem Lande. Die mikroskopischen Bilder 
sind klarer. Die Vergrösserungen schwanken zwischen 30 und 550, 
der Preis zwischen 54 und 85 M. 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Personalien. 

Auszeichnungen und Ernennungen: Dr. August Eber, Leiter der 
Ambulatorischen Klinik und Bezirksthierarzt in Dresden zum Director 
des Veterinärinstituts der Universität Leipzig mit dem Prädicate 
eines ausserordentlichen Professors zum 1. April 1899. — Docent 
F r i c k an der Thierärztl. Hochschule in Hannover zum Professor. — 
Dr. Olt, Vorsteher des Pathologisch anatomischen Instituts ebenda 
zum etatsmä?sigen Docenten. 

Dem Kgl. Landesinspector für Thierzucht, Dr. L. Vogel- 
München Rang und Rechte eines Kreisthierarztes verliehen. — Der 
coinm. Kreisthierarzt A. Blume- Eiderstedt (Wohnsitz in Tönning) 
definitiv angestellt. 

Approbationen: In Berlin: die Herren Carl Förster und 
Wilhelm T ö 11 n c r. 

Das Examen als beamteter Thierarzt in Dresden 
bestand M. Bärner, Unterrossarzt und Repetitor. 

Wohnsttzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Thier¬ 
arzt K. W e b e r-Annaberg (Erzgeb.) nach Fulda als Assistent des 
Kreisthierarzt Froehncr; Thierarzt 0. M a y e r- München nach 
Starnberg als Assistent des Bezirksthierarzt Wcigenthalcr; 
Thierarzt S c h r i c k e r - Passau nach Erding als Assistent des Be¬ 
zirksthierarzt Eder; Thicrarzt E. M U 11 e r - Liebstadt (Sachs.) 
nach Exdorf b. Kömhild; Schlachthofthierarzt Zobel- Breslau 
nach Königsberg in gleicher Eigenschaft; — Thierarzt Dr. Simader 
hat sich in Langen (Hessen) niedergelassen — Versetzt: Bezirks¬ 
thierarzt R. M i 11 e r - Illertissen (Bay.) in gleicher Eigenschaft nach 
Neu-Ulm. — In den Ruhestand getreten: Schlachthausthierarzt 
Jüngers - Mülhausen. 

In der Armee: Versetzt: Unterrossarzt M. Rossberg vom 
■J. Königshus.-Rgt. No. 19 zum 2. Vl.-Rgt. No. 18. — Unterveterinär 
der Res. S te i n b r ü c h e I - Nürnberg in den activen Dienst über¬ 
nommen und im 1. Fold-Art-Rgt. Prinz Luitpold mit Wahrnehmung 
einer offenen Veterinärstelle beauftragt. 

Todesfälle; Corpsrossarzt a.D.Werner-Stettin; Districts-Thierarzt 
P. Lermann - Monheim (Schwab.); Kreis-Thierarzt J. Berna- 
Colmnr i. Eis und Kreis-Thierarzt a. D. L. Man ge not in Saarburg. 

Yacanzen. 

Kreisthier arztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem 

Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inieratentheil) Prof. Dr. Sobmaltz In Berlin. — V< 


650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De- 
ceinber 1898 an Regierungspräsidenten. — Jagstkreis: Districts- 
thierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M). — R.-B. Königsberg: 
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. — R.-B. Stral¬ 
sund: Stadtkreis Stralsund und Franzburg (600 M.). Bew. bis 
1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten. 

R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors für den 
Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in Ansbach zum 
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- und Bureaugelder). 
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach. 

Sanitfitstbierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Hirschberg i. Schl.: ächlachthofa8sistenzthier.trzt zu Anf. Jan. 1899 
(1000 M., 120 M. WohnungsgeldzuBCh. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.) 
Meid, an Magistrat. — M a 1 m e d y: Schlachthofthierarzt (1500 M. etc.) 
Meldungen bis 1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen): 
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat- 
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Münster¬ 
eifel: Schlachthausthierarzt zum 1 Jan. 1899 (1800 M., fr. Woh¬ 
nung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister. 
— Strasburg (Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M., 
freie Wohnung). 

Privatstei len: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt 
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgeraeinderath. — 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren), 
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬ 
rath. — Kern berg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an 
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an 
Bürgerin. Igel. — Obermarscbacht (Elbe): Thierarzt — Plathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬ 
verwaltung. — S c h I o th e i m: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön- 
f 1 i o s b (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres 
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt 
zum 1. December 18'.'8 (460 M. Fixum.). Meid, an Bügermeister — 
Z e h d e n : Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg 
bei Zehden). 

Besetzt: Kreisthier arztstelle Oststernberg mit Wohnsitz 
in Zielenzig. — Schlachthofstelle in Königsberg. 

ig and Eigenthum von Kichwd ScboeU in Berlin. — Druck von W. BUxenatein, Berlin. 


Digitized by LjOOQie 




































No. 61. 


BERLINER THlERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1898. 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstr. No. 36. 


Tagebuch für die tierärztliche Praxis. 

Vierte Auflage. 

Preis M. 7,50. [i762[ 

Das Tagebuch ist auch in dieser Auflage, natürlich ohne 
Aenderung des Systems, nach den eingegangenen Wünschen vielfach 
verbessert worden. So ist z. B. der Zwischenraum der Linien für 
die Eintragungen erweitert, das Register wesentlich vergrösscrt 
und die Art einer neuen einfachen Buchung angegeben. Ich hoffe, 
dass dasselbe jetzt allen Wünschen entsprechen wird und dass 
diejenigen Herren, welche das Tagebuch für ihre Buchführung 
benutzen, dem Urteil zustimmen werden, welches ein Kreistierarzt 
mit grosser Privatpraxis darüber abgab. Derselbe schreibt: 

Das von Ihnen eingeführte „Tagebuch für die thierärxtliche 
Praxi a“ hat so viele Vorzüge , dass es jetzt ein Vergnügen ist, 
Buch zu führen. 


Liquidationsformulare 

für die 

thierärztliche Praxis. 

Formular I: 2: 3: 

Liquidation. Speciticirte Liquidation . Mahnung. 

Preis: M. 1,20 pro 100 Stück. 

' Bei Bestellung dieser Formulare genügt es, die Nnmmer an¬ 
zugeben. Die Formulare sind in No. 48 der B. T. W. 1897 ab¬ 
gedruckt. ..... 

Die Rechnungsformulare können dadurch, dass Name, .Titel 
und Wohnort des ausstellenden Thierarztes nicht aufgedruckt ist, 
sondern handschriftlich einzutragen sind, von jedem Tliierarzt in 
welcher Stellung und an welchem Orte er sich auch befindetj be¬ 
nutzt werden, ohne dass in den Formularen etwas geändert werden 
muss, es werden dieselben also beim Wechsel des Wohnortes, oder 
wenn eine Titeländerung eintritt, nicht unbrauchbar, wie dies bei 
anderen Formularen der Fall ist. [1703] 


Formulare 

zur vorläufigen Anordnung der Scliutzmassregeln 

beim Seuchenausbruch. 

Zweite veränderte Auflage. 

Von 

Professor Dr. Kaiser, 

Hannover. [iT«i] 

1. Maul- und Klauenseuche. I 4. Lungenseuche. 

2. Milzbrand. | 5. Räude. 

3. Rotz. 6. Schweineseuche, Schweinepest, 

Rothlauf. 

Preis: Einzelne Exemplare ä 5 Pf., 100 Exemplare M. 3.—. 

Operations-Cursus 

für [1766] 

Thierärzte und Studirende 

von 

W. Pfeiffer, 

RepeUtor »n der cblrnrglacben Klinik der tbloräntllehen Hoeh«cbul« ln Berlin. 

Mit einem Vorwort von Professor Pr. Fröhner. 

Mit 32 Original-Abbildungen. 

PrelB: Geb. M. 2,60. 


Erfahrungen 

über 

Kinderkrankheiten 

und deren Behandlung. 

Von [1766] 

Professor Dr. Carsten Harms, 

vormala Leiter an der Rlnder-Kllnlic etc. an der Königl. Thleramelaebnle 
su Hannover. 

Zweite, nmgearbeiteto und vermehrte Auflage. 

Mit 5 Abbildungen. 


Preis: brosoh. M. 10.—, geb. M. 1L—. 


Das Mikroskop. 

Von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervoll¬ 
kommnung für alle Freunde dieses Instruments 

von [176T] 

Regierungsrath Dr. med. S. J. Petri, 

ordentl. Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes und Vorstand des 
bakteriologischen Laboratoriums daselbst. 

Mit 191 Abbildungen im Text und 2 Facsimlledrucken. 

Preis: brosoh. M. 8,—, geb. M. 10,—. 


Habe gut erhalten zu verkaufen gegen Casse: 

1 H. Settegast 1868. Thiersucht, 

1 A. G. Gerlaoh 1872, geriohtL Thierheilkunde. 
Angebote bitte zu richten an Rieh. Grotius Naohf., 
Lüben (Schles). [i7esj 

Das Thierärztliche Central-Bureau 

für Deutschland, Oesterreich und die Schweiz 

weist Jederzeit gegen m&sslge Gebühr 

Stellen fir Thierärzte, Assistenten und Vertreter, sowie 
Assistenzen und Vertretungen nach. 

Bedingungen und Formularien, kostenlos und postfrei, auf Verlangen. 
Friedenau-Berlin, Rheinstr. 7, I. 1 1769 1 

Pondre Uterine de Ronz. 

Einzige Niederlage in Deutschland: [nio] 

p ™rr Dr. Serno, Weissenfols a. S. p ™gr 

Aerztliche Maxlmal-Thermometer t 1771 l 

ans Jenaer Normalglas, ln Ia Nickel- oder Gummihülaen, 18 cm lang, 
garantlrt zuverlässig, mit Prüfnngsschein, i Dutzend Mark 9,—. 
Minntenthermometer (Maximal mit Prüfungsscbein dt Dtz. M. 10,—, 
Minntenthermometer (Maxima) ganz ans Glas, oben zugeblasen mit 
fest eingeschmolzener Milchglasskala und kräftiger Glasöse zum Be¬ 
festigen eines Bindfaden, oval in ft. Nickelbücheen mit Prüfnngsschein. 
4 Dutzend Mark 11,50. 

Fabrik ärztlicher Thermometer and Glasartikel zur Krankenpflege 
Adelhold Heimse in MeUenback L Thüringen. 


Theodor Schröter, Leipzig-Connewitz. 

^ Kartonnagenfabrik 

(tir Mikroskopie, Photographie 

|H|B o. indera Wissenschaft!. Zwecke. 

Nur praktische Sorten 

am Lager. _ 

Neu! Tafeln mit sichrem Verschlüsse 

Preislisten versende frei. D 77 *] 

Jede bessere Handlung von In dieses Faoh schlagenden 
Utensilien führt meine Artikel. 



Digitized by 


Google 








Dl« -Batttaar TblartntUeba Wochenschrift“ anctMint 
wöchentlich ln StArke Ton mindaatana 1'/, Bogen. Dlaaalba 
Ut in basiahan durch dan Buchhandel, die Poit (No. 1081) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Biohard 
Sohoata, Berlin Nw, Luisenitraate 96, tum Preise von 
MX. 6,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbaltrtge worden mit (0IX. fflr dan Bogen honorlrt. 
▲Ile Mannaeripta, Mitthellnngen und red actione 1 len An¬ 
fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. 8chmaltx, 
Berlin, thler&rxtllche Hochschule, NW., Lulsenstnuise 66. 
Correcturen, Recenalons-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Her&usgegeben 

von 

Dr. W. Dieckeriioff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Biohard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 51 . Ausgegeben am 22. December. 


Inhalt: Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein am 
24. und 26. September 189« zuNeumünster im Bahnhofshötel. — Wittlinger : Die Stouereinschätzung der 
preussischen Thierärzte. - Referate : G r a m m I i c h: Ueber Serumimpfungen bei Brustsenche. — S t r e b e 1: Ueber 
den sogenannten Geburtsrauschbrand. — Koni nsk i: Malignes Oedem mit enzootischem Character. — Hobday: Seltene 
Parasiten. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — 
Oeffentliches Vetcrinärwcsen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — BQc heranzeigen und Kritiken. — 
Personalien. — Vacansen. 


Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen 
Vereins in Schleswig-Holstein 

am 24. and 25. September 1898 in Neuraünster im 
Bahnhofshotel. 

(Schloss.) 

Der graae Staar in forensisoher Beziehung. 

Vortrag von Corps-Rossarzt Hell-Altona. 

M. H.! Der grane Staar kommt für den Thierarzt weniger in 
enrativer Hinsicht, als vielmehr beim Pferdeh&ndel and bei Pro¬ 
cessen in Betracht Eine medicamentöse oder operative Behandlung 
des granen Staars unserer Haosthlere hat bisher keinen reellen 
Erfolg gehabt znm Unterschiede von der Menschenheilkande, wo 
die meisten Falle durch die Operation gebessert werden können. 
Also nicht Behandeln, sondern Erkennen und Beurtheilen des 
granen Staars ist für uns das Wichtige. 

Wenngleich bei allen Haussieren vorkommend, hat der 
grane Staar des Pferdes für den Tuierarzt das grösste Interesse; 
daher werde ich mich in meinem Vortrage hauptsächlich hierauf 
beschränken. Die sichere Erkennung und die richtige Be- 
urtheiluDg des grauen Staares setzt einerseits eine gründliche 
Kenntniss der Natur, Ursachen, des Verlaufs desselben, anderer¬ 
seits die erforderliche Uebung in der Augenuntersuchnng voraus. 

Was die Natur des grauen Staars anbetrifft, so ist man 
erst seit Anfang des 18. Jahrhunderts Über dieselbe im Klaren, 
vordem hielt man ihn für eine vor der Papille liegende undurch¬ 
sichtige Haut, und noch früher galt Jahrhunderte hindurch die 
von den Arabern stammende Ansicht, dass es sich um vor die 
Papille herabgeflossenes und erstarrtes Wasser handele, daher 
die Bezeichnung „Cataracta“. Der graue Staar ist eine Trübung 
der Linse oder ihrer Capsel oder beider gleichzeitig. Je nach 
Entstehung, Sitz, Ausbreitung, Farbe u. s. w. hat man den granen 
Staar in verschiedene Formen eingetheilt, welche indess mehr 
Werth für die Menschenheilkunde als für die Thierheilkunde haben. 

Bezüglich der pathologischen Veränderungen muss 
man zwischen Linsen- und CapselBtaar trennen. Der Linsen- 
staar beginnt mit einer Trübung der Linsenfasern, welcher zu¬ 
weilen noch eine Zerfaserung vorausgeht, später quellen die 
Fasern auf, ihr Inhalt wird körnig, ist mit Fetttropfen, Myelin, 
Cholestesrin vermischt, zersprengt schliesslich die Hülle und er- 


giesst sich als breiige Masse in die Umgebung, dadurch zu 
Quellung, Trübung und Zerfall der Nachbarfasern Veranlassung 
gebend, sodass allmälig grössere Theile der Linse in einen 
Brei umgewandelt werden können. Die Flüssigkeit kann dann 
dnreb Resorption abnehmen, es treten Kalkniederschläge anf; die 
vorher stark nach den Vorderkaramern hin geschwollene LlDse 
schrumpft ein. Die Trübung kann je nach der Ursache an jeder 
beliebigen Stelle einsetzen, so beim Altersstaar vom Linsenkern 
ans, nach entzündlichen Vorgängen von der Linsencapsel oder 
von der Aeqnatorialgegend aus. 

Bei Trübung der Linsencapsel ist das snbcapsnläre 
Epithel derselben Sitz der Erkrankung. An demselben besteht 
in der Regel Proliferation mit spätem Zerfall. 

Die nächste Ursache der Linsentrübungen, soweit es sich um 
erworbenen granen Staar handelt, sind Ernährungsstörungen. 
Die Ernährung der Linse erfolgt dnreh Diffusionsvorgänge zwischen 
Glaskörper-Linse einerseits (Eiweiss) und Linse-Vorderkammer 
ahdefcerseits (Kochsalz) mit Hilfe der Gefässe des Uvealtractus. 
Sind ans irgend einem Umstande die Diffasionsvorgänge gestört, 
so tritt Qaellung, Trübung and Zerfall der Linsenfasern ein. 

Ueber die Entstehung des angeborenen granen Staars ist 
man noch im Dankei. Angeboren sind alle central gelegenen 
Linsen- und Capselstaare, aber auch manche totale Cataracte. 
Man nimmt an, dass es sich entweder am Bildungsanomalien 
der Liusenentwicklnng oder nm intrauterine Entzündnngsvorgänge 
gehandelt bat. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass der 
centrale Vordercapselstaar, den man ja beim Pferde so häufig 
sieht, auf eine vorübergehende Verklebung der Cornea mit der 
Capsel infolge zeitweise aufgehobener Vorderkammer zurückzn- 
führen ist und dass manche an der hinteren Capsel gelegene 
Centralstaare als Reste der Arteria hyaloidea anfznfassen sind. 

Der Verlauf des grauen Staars ist der Regel nach ein 
langsamer, nur ausnahmsweise kann sich nach Traumen schnell 
eine Trübung der Linse entwickeln. Es ist ferner Regel, dass 
die panktförmigen angeborenen Staarformen bleiben. 

Das Sehvermögen wird infolge des granen Staars nur selten 
vollständig aufgehoben, vorausgesetzt, dass nicht anderweitige 
schwere Störungen am Auge bestehen. Die kleinen Trübungen 
schaden in der Regel gar nichts, in einzelnen Fällen will man das 
Scheuen der Pferde damit in Zusammenhang gebracht haben. 


Digitized by LjOOQie 




603 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 61. 


Die Diagnose des grauen Staars ist in vielen Fällen keine 
schwierige, nur in Ausnahmefällen erfordert sie eine gewisse 
Uebung und Sorgfalt bei der Untersuchung, falls nicht Täuschungen 
oder Fehlschlüsse unterlaufen sollen. 

Man untersucht das Auge auf etwaige Linsentrübungen nach 
den drei allgemein üblichen Methoden der Augenbesichtigung 
überhaupt: bei einfachem Tageslicht, bei focaler Beleuchtung 
und mit dem Augenspiegel nach vorheriger Atropinisirung. 
M. H. Zu einer eingehenden Untersuchungsmethode in strittigen 
Fragen oder beim Ankauf werthvoller Zuchtpferde halte ich die 
Befolgung aller drei Untersuchungsmethoden für nothwendig, in 
der gewöhnlichen Praxis aber kommt man bezüglich der Fest¬ 
stellung der Durchsichtigkeit oder Trübung der Linse in der 
Regel mit der Besichtigung des Auges bei einfachem Tageslicht 
aus. Princip soll es aber stets sein, die Atropininstillation erst 
nach der einfachen Untersuchung bei Tageslicht vorzunehmen. 
Hierbei kommt es darauf an, weder zu grelles Sonnenlicht noch 
zu mattes Tageslicht zu benutzen, ferner durch Einstellen der 
Pferde in einen möglichst dunklen Raum, mit dem Kopf gegen 
die nur halb geöffnete Thür, eine möglichst starke Erweiterung 
der Pupille zu erzielen und alle störenden Reflexe abzuhalten. 
Man untersuche das Auge auf Linsentrübnng sowohl bei ein- als 
auch bei durchfallendem Lichte und halte dunkle Kleidungstücke, 
Hut, Mütze, Rockärmel, von allen Seiten vor das Auge, um 
Spiegelbilder abzuhalten. Die normale Pupille erscheint dann 
dunkel, je nach dem Grade der Erweiterung schwarz, dunkelblau 
bis graublau. Bei der focalen Beleuchtung erhalten wir ein 
intensiveres Licht, die Pupille erscheint dann röthlich und alle 
Trübungen in der Linse mehr oder weniger dunkel. Bei dieser Unter¬ 
suchungsmethode muss als Regel gelten, nicht sofort mit zu starkem 
Licht, nicht sofort mit vollem Dampf zu arbeiten, denn matte 
Trübungen können dadurch leicht unsichtbar gemacht werden. 

Den Angenspiegel halte ich für die Untersuchung der Linse 
auf etwaige Ti Übungen für nebensächlich; gewiss will ich zu¬ 
geben, dass kleine vollständig undurchsichtige Opacitäten, die 
versteckt im Innern sitzen, dadurch herausgefunden werden 
können, aber anderseits kann es auch leicht passiren, dass matte 
Trübungen durch die intensive Beleuchtung übersehen werden. 
Die Atropinisirung ermöglicht eine vollständige Untersuchung der 
Linse, auch der äquatorial gelegene Abschnitte. 

Verwechselungen der Linsentrübungen mit Reflexen des 
Sehnerveintritts oder mit Spiegelbildern lassen sich bei passender 
Blendung des Auges und verschiedener Haltung des Kopfes leicht 
vermeiden, Trübungen der Cornea sind als solche bei seitlicher 
Beleuchtung unschwer zu erkennen, Trübungen des Glaskörpers 
sind durch ihre tiefere Lage und in vielen Fällen durch ihre 
Beweglichkeit gekennzeichnet. Es sei noch erwähnt, dass die 
Pupille normal dunkel erscheinen kann und dass dabei dennoch 
totaler grauer Staar vorliegen kann, wenn nämlich die Pupille 
verlegt ist oder wenn sich die Linse aus ihrem Aufhängebande 
gelockert hat und in den Glaskörper luxirt ist. 

M. H.! Gehen wir nach diesen allgemeinen Erörterungen zu 
der speciellen Frage unseres Themas über, so müssen wir zu¬ 
nächst zugeben, dass der graue Staar ein redhibitorischer Mangel 
im Sinne des gemeinen römischen Rechtes ist, da er in den 
meisten Fällen als verborgen zu betrachten ist, den Gebrauch des 
Thieres beeinträchtigt und den Werth herabzusetzen vermag. 
Ich will noch hervorheben, dass es für den Begriff „grauer Staar* 
ganz gleichgültig ist, ob totale Trübung der Linse oder nur 
ein kleiner Staarpunkt vorliegt. Im concreten Falle ist natür¬ 
lich die Beurtheilung eine verschiedene. Was das Verborgensein 
des grauen Staars anbetrifft, so müssen wir nach dem allgemeinen 
Grundsatz dasselbe stets dann annehmen, wenn der graue Staar 


ohne Sachkenntnis, also nicht von Laien, wahrgenommen werden 
kann. Sichtbar werden mithin nur die totalen Cataracte sein, 
sobald sie eine milchige Farbe angenommen haben. 

In wieweit der Gebrauch des Pferdes herabgesetzt wird, 
hängt von dem Umfange, dem Sitze, der Entstehung des Staars, 
ferner davon, ob er auf einem oder beiden Augen vorhanden ist, 
sowie auch von der Art der Verwendung des Pferdes selbst ab. 
Jeder erfahrene Thierarzt weise, dass die kleinen central gelegenen 
angeborenen Staarpunkte sich nicht erheblich vergrössern, ja zu¬ 
weilen nach Jahren verschwinden und dass sie desshalb Störungen 
im Gebrauch kaum hervorrufen können. Aber anderseits, da die 
Möglichkeit einer Vergrösserung solcher Staarpunkte zugegeben 
werden muss, so können auch selbst die kleinsten Punkte Ursache 
zur Rechtsfrage abgeben. 

Die Herabsetzung des Werthes durch grauen Staar ist eben¬ 
falls eine relative. Eine kleine. Trübung auf einem Auge bei 
einem Pferde von 150 Mark kann eine Verminderung des Werthes 
nicht mehr bewirken, wohl aber von Bedeutung sein bei einem 
Luxus- oder werthvollen Zuchtpferde. 

Bei der Beurtheilung der Dauer des grauen Staars haben 
wir zunächst die Erfahrung für uns, dass die Entwicklung des 
erworbenen Staars eine langsame ist, dass wir mithin wohl 
ohne Schaden für den Verkäufer einen Zeitraum von wenigstens 
vier Wochen in jedem Falle annehmen können. Ich will gern 
zugeben, dass der traumatische Staar in seltenen Fällen in 
kürzerer Zeit entstehen und ausnahmsweise auch wieder schnell 
verschwinden kann, aber in forensischer Beziehung gilt,' wie 
schon Gerlach sagte, die Regel so lange, bis die Ausnahme 
bewiesen ist. Milchige Trübungen sind auf Mouate langes Be¬ 
stehen zurückzuführen. Alle punktförmigen, central gelegenen 
Staarbildungen der Linse oder derCapsel müssen als angeborene 
gelten und sind desshalb auf ihre Dauer leicht zu beurtheilen. 

Es ist selbstverständlich, dass der graue Staar nur in den 
Fällen nach den angeführten Gesichtspunkten forensisch zu be¬ 
handeln ist, wenn er ein selbstständiges Augenleiden darstellt, 
während in Fällen, wo er consecutiver Art ist, wie z. B. nach 
schweren traumatischen allgemeinen Augenentzündungen, nach 
der periodischen Augenentzündung oder nach manchen Infections- 
krankheiten, Füllenlähme, andre Grundsätze gelten müssen, 
der graue Staar ist hier nur eine Tbeilerscheinung des noch 
anderweitig mehr oder weniger schwer erkrankten Auges. 

Zum Schluss möchte ich auf die Schwierigkeit hinweisen, 
welche voraussichtlich nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen 
Gesetzbuches beim Pferdehandel wegen der nicht unter die Zahl 
der Hauptmängel aufgenommenen Fehler nicht ausbleiben werden. 
Es wird Sache der Thierärzte sein, durch sachgemässe Belehrung 
der Parteien bei Abfassung der schriftlichen Kaufverträge den 
unnöthigen und kostspieligen Pferdeprocessen vorzubeugen. 

Im Anschluss an diesen Vortrag fand eine weitere aus¬ 
giebige Discussion nicht statt. 

Zum Schlüsse wurde bestimmt, die nächstjährige Haupt¬ 
versammlung nach Flensburg einznberufen, sowie beschlossen, 
die Statuten in Druck zu geben. Ein gemeinschaftliches Essen 
hielt die Collegen noch einige Stunden zusammen. 

E i 1 e r, Schriftführer. 

Oie Steuereinschätzung der preussischen Thierärzte. 

Vortrag von 

C. Wittlinger, Neumarkt i. Schl., 

Königlicher KreUthlernnt, 

gehalten am 23. October d. J. zu Breslau in der General- 
Versammlung des Vereins Schlesischer Thierärzte. 

Meine Herren! Wenn ich zu einer anscheinend so einfachen 
und selbstverständlichen Sache, wie der Steuerdeclaration der 


Digitized by LjOOQle 


22 December 1898. 

Thierärzte, das Wort ergreife, so geschieht dies lediglich in der 
Absicht, durch Aufklärung vieler bisher streitiger Punkte der 
Allgemeinheit zu nützen. 

Auch ich habe früher, ebenso wie die meisten von Ihnen 
dies jetzt noch thun, als loyaler Staatsbürger meine Steuern, 
beispielsweise im Herzogthnm Braunschweig jährlich die Gesammt- 
summe von — sage und schreibe „elf Mark“, im Hannoverschen, wo 
es mir beiläufig bemerkt auch schon recht gut ging, sogar jähr¬ 
lich 21 Mark Steuern, zu welcher Summe ich damals von der 
dortigen Commission eingeschätzt worden war, ohne Murren und 
Knurren bezahlt. Ich habe ferner, als die Selbsteinschätzung 
begann, geglaubt, mich äusserst gewissenhaft eingeschätzt zu 
haben. 

* Als mir jedoch die auf Ehre und Gewissen abgegebene 
Declaration bezweifelt und bekritelt wurde, als ich, trotzdem der 
grösste Theil meiner gegenwärtigen Einnahme, nämlich amtliche 
Fuhrkosteu und Tagegelder, laut Gesetz nicht steuerpflichtig ist. 
jährlich an Gesammtsteuern über 1000 Mark bezahlen sollte, da 
verwandelte sich auch bei mir die Milch frommer Denkuogsart 
in gährend Drachengift. 

Reclamationen durch sämmtliche Instanzen waren die Folgen, 
meine Steueracten schwollen zu einem für die Commission und 
mich gleich unheimlichen, dicken Fascikel an, allein endlich nach 
2 1 /, Jahren bekam ich durch Entscheidung des Kgl. Oberver¬ 
waltungsgerichtes zu Berlin das mir so lange vorenthaltene Recht 
und damit allein für das Steuerjahr 1897 ca. 400 Mark zu viel 
gezahlte Steuern zurück. 

Die in den verschiedenen Instanzen gemachten Erfahrungen 
zu einem für Sie, meine Herren, unbedingt nutzbringenden Ratli- 
geber bei der Selbsteinschätzung zu gestalten, soll der Zweck 
meines heutigen Vortrages sein. 

Bei der alljährlich in Preusseu vorzunehmenden Selbsteiu¬ 
schätzung, für welche das Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891 
bezw. die Instruction zu dessen Ausführung massgebend ist, sind 
folgende Grundsätze zu beachten. 

Als nicht steuerpflichtig sind von dem Jahres- 
Gesamratbruttoeinkommen in Abzug zu bringen: 

I. Sämmtliche Kosten für Unterhalt und Benutzung 
von Transportmitteln: also zunächst die Unkosten für Ge¬ 
spann, Eisenbahn, Dampfschiff und Fahrrad, ferner der Jahres¬ 
zins und eine Abnutzungsquote vom Anschaffungskapital für Ge¬ 
spann, Reitpferd und Rad, endlich Lohn und Verpflegung des 
Kutschers. 

Beamtete Thierärzte sind nur zum Abzug der lediglich bei 
Ausübung der Privatpraxis entstandenen Fuhrkosten berechtigt. 
Der Nachweis hierfür ist bei Benutzung von Miethsfuhren und 
Eisenbahn bezw. Dampfschiff durch buchmässige, genaueste 
Notizen zu führen. 

Bei eigener Gespannhaliung findet eine antheilige Berechnung 
in der Weise statt, dass je ein dem Verhältniss der Privatpraxis 
zur amtlichen Thätigkeit entsprechender Antheil der Fuhrkosten 
von dem Privateinkommen in Abzug gebracht wird. 

Wichtig für beamtete Thierärzte ist der höheren Orts auf¬ 
gestellte Grundsatz, dass für solche Reisen, auf welchen amtliche 
Geschäfte und Privatpraxis combinirt würden, auch für letztere 
ein Abzug nicht stattfinden darf, da man annimmt, dass durch 
die von Seiten des Staates gewährten angeblich reichlichen Fuhr¬ 
kosten gleichzeitig auch etwaige Ausgaben für Privatpraxis völlig 
gedeckt werden. 

II. Miethe für Geschäftsräume: nämlich für ein Sprech- 
und event. Apothekenzimmer bezw. Stallung und Kutscherwohnung. 

Bel beamteten Thierärzten findet auch hier eine antheilige 
Berechnung statt. 


603 

III. Unkosten für Instandhaltung und Ergänzung 
der zur Ausübung des Berufes erforderlichen Mate¬ 
rialien: hierher gehören Instrumente, Lymphe, Verbandstoffe, 
Droguen. Jedoch sind nur Ergänzungen und nicht etwa grössere 
Neuanschaffungen, wie beispielsweise Einrichtung eines bacterio- 
logischen Laboratoriums, abzugsberechtigt. Eiu Pauschquantum 
ist nach höherer Entscheidung nicht abzugsberechtigt, vielmehr 
muss auch hier der Nachweis durch Einzelbeläge, Rechnungen 
etc. erbracht werden. Bei beamteten Tbierärzten greift event. 
antheilige Berechnung Platz. 

Eiu Aufwand für Bücher und Zeitschriften darf nach einer 
Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichtes nicht in Anrechnung 
gebracht werden. 

IV. Vertretungskosten: sind, gleichviel aus welchem 
Grunde eine Vertretung nöthig war, nach einer Entscheidung des 
Ober-Verwaltungsgerichtes voll, bei beamteten Thierärzten event, 
antheilig, abzugsberechtigt. 

V. Unbeitreibbare Forderungen: hier muss indess der 
Nachweis geführt werden, dass eine gerichtliche Beitreibung der¬ 
selben resultatlos war, eine Forderung, durch welche mit Rück¬ 
sicht auf die in solchen Fällen entstehenden Gerichtskosten, die 
Absicht des Gesetzgebers illusorisch gemacht wird. 

VI. Prämien zur Lebens- und Unfallversicherung, 
soweit nur die Person des Declaranten in Frage kommt, bis zur 
Gesammthöhe von 600 Mark jährlich. 

VII. Verpflegungskosten bei Privatgeschäften ausserhalb 
des Wohnortes, insofern der Nachweis hierfür erbracht werden 
kann, bei beamteten Thierärzten jedoch auch für Privatpraxis 
nur für solche Tage zulässig, an denen Tagegelder für dienst¬ 
liche Reisen bezw. an deren Stelle anderweitige Gebühren nicht 
liquidirt wurden. 

VIII. Diverse Ausgaben: für Drucksachen, Schreib¬ 
materialien, Geschäftsbücher, Stempelmarken, Porto, Depeschen, 
Telephon, geschäftliche Annoncen etc. 

' Was die Ersparnisse aus amtlichen Reisekosten 
und Tagegeldern anbelangt, so bestanden bisher hierüber ver¬ 
schiedene Ansichten. Während nach den Mittheilungen einzelner 
Vorsitzender von Einschätzungscommissionen dieselben steuerfrei 
waren, wurden dieselben an anderen Orten, so auch an meinem 
Wohnorte, trotzdem laut Artikel 22 des Steuergesetzes vom 
24; Juni 1891 die für Dienstaufwand gewährte Entschädigung 
nicht steuerpflichtig ist und nach Absatz 4a genannten Artikels 
Reisekostenvergütungen und Tagegelder der Beamten dem 
Dienstaufwande gleich erachtet werden, zur Besteuerung heran¬ 
gezogen. 

Nunmehr hat das Ober-Verwaltungsgericht auf meine Klage 
hin definitiv entschieden, dass diese Ersparnisse aus Reisekosten 
und Tagegeldern, gleichviel welcher Transportmittel sich der 
Beamte bedient hat, nicht steuerpflichtig sind. Die diesbezügliche 
Entscheidung des Kgl. Ober-Verwaltunzsgerichtes, fünfter Senat, 
dritte Kammer vom 23. December 1897 lautet in ihrem Tenor 
wie folgt: 

„In Sachen betreffend die Veranlagung des Königlichen Kreis¬ 
thierarztes Karl Wittlinger zu Nenmarkt i. Schl, zur Staats¬ 
einkommensteuer pro 1896/97 hat das Königliche Ober-Verwaltungs¬ 
gericht für Recht erkannt, 

„dass die gegen die Entscheidung der Berufnngscom- 
mi'Sion zu Breslau vom October 1896 Seitens des Steuer¬ 
pflichtigen angebrachte Beschwerde für begründet zu 
erachten, die Angelegenheit zur anderweiten Entscheidung 
an die B'-rufungscommission zurückzugeben uud die 
Kosten des Beschwerdeverfahrens ausser Ansatz zu 
lassen sind.* 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by ÄjOOQie 




604 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


In den zu dieser Entscheidung angeführten Gründen des 
Ober-Verwaltungsgerichtes heisst es wörtlich: 

„Die vorbezeichnete Entscheidung ist in Folge der vom 
Steuerpflichtigen erhobenen Beschwerde nicht aufrecht zu erhalten. 
Sie beruht aber auch auf unrichtiger Anwendung des bestehenden 
Rechtes (§ 44 No.l des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891), 
wenn sie Folgendes ausspricht: 

„Nach den amtlichen Fesstellungen hat der Pflichtige an 
Fuhrkosten für Dienstreisen für l‘/ 4 (müsste heissen 1£) Jahr 
7129 M., also für ein Jahr 5703 M. Diese hat er zunächst auf 
die von ihm in Rechnung gebrachten Fuhrkosten (Fuhrwerk und 
Bahn) anzurechnen; er hat also mehr erhalten, als er gebraucht 
hat und nöthig waren! Verpflegungskosten sind nicht abzugsfähig.“ 

Denn Reisekosten und Tagegelder der Beamten stehen dem 
Dienstaufwande gleich. Eine Untersuchung darüber, was auf 
Dienstreisen gebraucht bezw. nöthig gewesen oder etwa erspart 
worden ist, bleibt in Absicht auf die Einkommensbesteuerung 
ebenso ausgeschlossen, wie die Wahl der Transportmittel dem 
Beamten lediglich überlassen ist. 

Die besonderen, event. auch anteiligen Kosten, welche 
dem Censiten aus seiner Privatpraxis nachweislich entstanden 
sind, gehören daher einschliesslich derjenigen für Verpflegung 
ausserhalb des Wohnortes oder für Vertretung an sich zu den 
abzugsfähigen Geschäftsunkosten (zu vergl. Art. 22 No. 4b und 
Art. 21 No. 4a der Ausführungsanweisung vom 5. August 1891). 

Die Sache liegt demnächst nicht spruchreif, sie ist desshalb 
— kostenfrei für den Censiten — an die Berufungscommission 
zu anderweiter Entscheidung zurückzugeben.“ 

Dagegen sind die Ueberschüsse der Sectionsgebühren 
über die Tagegelder, und zwar als schwankende Einnahmen 
nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre berechnet, steuer¬ 
pflichtig. Ich habe seiner Zeit in einer Beschwerde an das 
Ober-Verwaltungsgericht dieselben unter Angabe folgender Gründe 
als nicht steuerpflichtig reclamirt: 

„ad Mehrbetrag der Sectionsgebühren über die 
Tagegelder in Höhe von 1107 M. Nach Artikel 22 4b werden 
dem Dienstaufwande gleich geachtet und sind daher bei der Besteue¬ 
rung gleichfalls ausser Acht zu lassen „Reisekostenvergütungen 
und solche Tagegelder oder Remunerationen, welche an die 
zu a erwähnten Beamten für Dienstreisen und für die Dauer 
ihrer vorübergehenden Beschäftigung ausserhalb des Wohnortes 
gewährt werden.“ Zweifelsohne sind die Sectionsgebühren als in 
erwähnter Bestimmung angeführte Renumerationen aufzufassen 
und sollte jemand hierüber noch unschlüssig sein, so beseitigt ein 
bis heute noch nicht aufgehobener, mithin noch gütiger Beschluss 
des Kgl. Preussischen Staatsmiuisterii vom 20. Juni 1849 jeden 
Zweifel darüber. Es heisst in diesem Ministerialbeschluss bezüg¬ 
lich einer Beschwerde des Kreisthierarztes N. zu N. wörtlich, 
„dass der N., ungeachtet der aus veterinärpolizeilichen Gründen 
erfolgte Abzweigung des Kreises M., von dem ihm bei seiner 
Anstellung überwiesenen kreisthierärztlichen Bezirke und der 
daraus entstandenen Verminderung seiner Amtsgeschäfte in dem 
gemäss des ihm durch die Bestallung vom 11. Sept. 1831 zu¬ 
gesicherten Gehaltes ungeschmälert belassen worden ist, dass 
seine Reclamation nur die durch die Verminderung der Dienst¬ 
reisen sich vermindernden Diäten und Fuhrkosten betrifft, diese 
aber lediglich eine Entschädigung für die Kosten der Reise und 
für die durch den Aufenthalt ausser dem Hause entstehenden 
Auslagen, nicht aber eine besondere Diensteiunahme zu gewähren 
bestimmt sind“.“ 

Die hierauf erfolgende Antwort des Oberverwaltungsgerichts 
lautet wie folgt: 

„Die §§ 2, 3 und 5 des Gesetzes vom 9. März 1872 (Gesetzes¬ 


sammlung S. 265) betreffend die den Medicinalbeamten etc. zu ge¬ 
währenden Vergütungen in der zum Theil durch die Verordnung 
vom 17. September 1876 (Gesetzessammlung S. 411) abgeänderten 
Fassung trennen die den Kreisthierärzten nach § 2, II, 2 zu¬ 
stehenden Reisekosten und Tagegelder von Vergütungen, welche 
nach § 3 für gewisse im behördlichen Aufträge vorgenommene 
ärztliche Verrichtungen liquidirt werden können. Wenn dann 
der abgeäuderte § 5 der Verordnung den Wegfall von Tage¬ 
geldern (6 M.) für den Tag, an welchem das Geschäft selbst 
vorgenommen wird, für den Fall anordnet, dass der Beamte die 
in § 3 festgesetzten Gebühren beansprucht, so ist damit aus¬ 
gesprochen, dass die Vergütungen der letzteren Art eine Ent¬ 
schädigung für den Dienstaufwand und zwar in dem durch das 
Gesetz selbst nach Charakter und Betrag erkennbar gemachten 
Umfange allerdings mitenthalten. 

Der Steuerpflichtige irrt hiernach in der Annahme, die er als 
selbstverständlich bezeichnet, dass die gesammten Gebühren 
welche er auf Grund des § 3 des Gesetzes vom 9. März 1872 
nach dessen § 5 in der durch die Verordnung vom 17. Sep¬ 
tember abgeänderten Fassung beanspruchen kann, aus¬ 
schliesslich den Charakter der Dienstaufwandsentschädigung 
an sich tragen. Denn Reisekosten und Tagegelder (abgesehen 
von solchen für den einzelnen Geschäftstag selbst) kann er da¬ 
neben in den allgemein gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen noch 
liquidiren. Nach dem Stande der Gesetzgebung bei Erlass des 
Einkommensteuergesetzes vom 24 Juni 1891 gehören die den 
Beamten gewährten Bezüge aller Art und Bezeichnung, z. B. Ge¬ 
bühren, zum anrechnungsfähigen Diensteinkommen —Besoldung —, 
soweit sie nicht (ganz oder theilweise) zur Bestreitung des Dienst¬ 
aufwandes bestimmt sind (zu vergl. § 15 des Gesetzes; Art. 21 
No. 1 und 2 bez. Art. 22 No. 1 und 3 der Ausführungsanweisung 
vom 5. August 1891). Auf den § 5 in der Fassung des Gesetzes 
von 1872, welcher die Liquidation von Gebühren oder Tage¬ 
geldern (§ 3) in die Wahl des Beamten stellte, und damit Ge¬ 
bühren und Tagegelder unter sich gleichartig behandelte, wäre 
die Annahme des Censiten wohl noch zu begründen gewesen. Mit 
dem durch die Verordnung abgeänderten § 5 ist diese Annahme 
aber offenbar hinfällig geworden. Deijenige Theil der bezüglichen 
Gebühren, welcher nicht die Stelle von Tagegeldern (letztere 
stehen dem Dienstaufwande gleich) vertritt, ist danach steuer¬ 
pflichtig. Das gilt nicht nur von Sectionsgebühren. Davon kann 
auch durch einen vom Censiten citirten Ministerialbeschluss vom 
20. Juni 1849 nichts geändert werden. 

Für die Annahme, dass in den staatlicherseits neben der 
Vergütung der Reisekosten und Tagegelder gewährten Bezüge an 
Gehalt, Besoldungszuschuss oder Rest - Gebühren noch irgend 
welche weitere Entschädigung für Dienstaufwand enthalten 
sei, fehlt jeder Anhalt. Weitere Abzüge für den amtlichen Bedarf 
sind insoweit unzulässig.“ 

Ich beschränke mich hierbei lediglich auf die Wiedergabe der 
Thatsachen und muss es einem jeden Einzelnen von Ihnen, meine 
Herren, überlassen, an beiden sich diametral gegenüberstehenden 
Entscheidungen Kritik zu üben. 

Hiermit wären die Steuerverhältnisse der Thierärzte im All¬ 
gemeinen erledigt, nur bliebe noch der Veranlagung zur 
Cominunalsteuer zu gedenken, welche allerdings nur für 
die beamteten Thierärzte, für letztere jedoch auch um so wichtiger 
erscheint. 

Die von mir Ihnen hierüber vorzuführenden Punkte dürften 
Ihnen sämmtlich unbekannt sein und jedem von Ihnen für das 
nächste Steuerjahr eine wesentliche Herabminderung der nament¬ 
lich in kleinen Städten oft recht hohen Communal-Abgaben in 
sichere Aussicht stellen. 


Digitized by LjOOQie 



22. December 1898. 

Zur Veranlagung der Communalsteuer kommen folgende Ge¬ 
setze in Betracht: 

1. Das Gesetz vom 11. Juli 1822 betreffend Heranziehung der 
Staatsdiener zu den Gemeindelasten, dessen § 2 bestimmt, dass 
von dem Diensteinkommen nur 50 pCt. zu den Communalabgaben 
herangezogen werden dürfen, während der § 5 lautet wie folgt: 

§ 5. „Das Diensteinkommen von zufälligen Emolumenten 
(d. h. Besoldungsznschnss, Sectionsgebühren und Gebühren des 
Tagebuches B) wird gleich dem fixen Gehalt besteuert. Zu diesem 
Behnfe bestimmt den Betrag derselben nach einer runden Summe 
die den steuerpflichtigen Beamten Vorgesetzte Behörde.“ 

Ferner lautet § 10 desselben Gesetzes: 

„Jedoch bleiben von allen directen Beiträgen zu den Gemeinde¬ 
lasten befreit: 

c. alle diejenigen Dienst - Emolumente, welche bloss als Er¬ 
satz baarer Auslagen zu betrachten sind.“ 

2. Das Ergänzungsgesetz vom 23. September 1867, § 5: 

„An coraraunalen Auflagen aller Art dürfen äussersten Falles 

im Gesammten bei Besoldung unter 250 Rthlr. nicht mehr als 
1 pCt., bei 250—500 Rthlr. ausschliesslich nicht mehr als 1Ü pCt. 
und bei höherer Besoldung nicht mehr als 2 pCt. des gesammten 
Diensteinkommens zusammen gefordert werden.“ 

Was den Instanzengang bei Reclamationen in Communal- 
steuersachen anbelangt, so muss die Berufung binnen vier 
Wochen nach Zustellung beim Magistrat (Gemeindevorstand) er¬ 
folgen; gegen die Entscheidung des letzteren muss binnen zwei 
Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren, und zwar gegen 
Gatsbezirke beim Kreisausschuss, gegen Stadtgemeinden jedoch 
beim Bezirksausschuss eingeleitet werden. Gegen die Ent¬ 
scheidung des letzteren giebt es nur eine Revision, ev. einen Antrag 
auf mündliche Verhandlung. 

Mit Rücksicht auf vorstehende gesetzliche Bestimmungen 
empfiehlt es sich demnach für beamtete Thierärzte, als Anhang 
zur Steuerdeclaration das Diensteinkommen vom Privatein¬ 
kommen getrennt, etwa nach folgendem Schema, aufzustellen. 

Diensteinkommen: hierher gehören 

1. Gebalt, 

2. etwaiger Besoldnngszuschuss, 

3. Ueberschüsse der Sectionsgebühren über die Tagegelder 
laut Tagebuch A, 

4. Gebühren aus dem Tagebuch B, soweit dieselben bei 
Dienstverrichtangen ausserhalb des Wohnortes nicht etwa mangels 
für denselben Tag im Tagebuch A liquidirter Tagegelder bis 
zum Betrag von 6 M. täglich unter die Rubrik „Dienstaufwand“ 
fallen. 

Die Abzüge für Geschäftsunkosten sind logischer Weise bei 
demjenigen Einkommen vorzunehmen, bei dessen Erwerb sie ent¬ 
standen sind, ev. antheilig; allgemeine Abzüge, z. B. Prämien 
für Lebens- und Unfallversicherung sind je zur Hälfte bei dem 
Privat- bezw. Diensteinkommen in Abrechnung zu bringen. 

Um Ihnen den Nutzen dieser getrennten Einschätzung zu be¬ 
weisen, führe ich nachstehendes Beispiel an. 

Jemand hat nach Abzug seiner Geschäftsunkosten sowie der 
Prämien für Lebens- und Unfallversicherung ein steuerpflichtiges 
Gesammteinkommen von 7200 M. und demgemäss eine Einkommen¬ 
steuer von 192 M. jährlich zu zahlen. Beträgt der Zuschlag für 
Communalabgaben am Wohnort des Declaranteu 150 pCt., so 
hätte derselbe bei nicht getrennter Declaration 230,40 M. 
Communalsteuer -f- 192 M. Staatssteuer, im Ganzen mithin 422,40 M. 
Gesammtsteuer jährlich zu entrichten. 

Hat derselbe jedoch sein Gesammteinkommen von 7200 M. 
derartig aufgestellt, dass 3200 M. auf Privateinkommen und 
4000 M. auf Diensteinkommen entfallen, so beträgt bei der Steuer- 


605 


berechnnng sein Gesammteinkommen nicht 7200 M., sondern nur 
5200 M., nämlich 3200 M. Privateinkommen + 2000 M. (= 50 pCt. 
von 4000 M.) Diensteinkommen, der Steuersatz dementsprechend 
nicht 192 sondern 132 M., was bei 150 pCt. Communalsteuer rot. 
390 M., mithin gegen den Betrag von 422,40 M. eine Ersparniss 
von 32,40 M. ergiebt. 

Da mit diesen Ausführungen mein heutiges Thema erledigt 
ist, verbleibt mir nur noch die angenehme Pflicht, Ihnen, meine 
Herren, für die der an und für sich so trockenen Materie be¬ 
wiesene Aufmerksamkeit meinen verbindlichsten Dank mit dem 
Bemerken auszusprechen, dass ich gerne bereit bin, etwaige dies¬ 
bezügliche Anfragen nach bestem Wissen zu beantworten. 


Referate. 

Ueber Serumimpfangen bei Brustseuche. 

Von Oberrossarzt Grammlich. 

(Ztschr. f. Veterinärk., Nov. !838.) 

Die Veröffentlichungen Dr. Töpper’s haben, wie G. constatirt, 
den Anlass gegeben, dass in der Armee die Schutzserumimpfungen 
gegen Brustseuche, welche seit der Veröffentlichung von Hell 
1892 sporadisch in jedem Jahr ausgeführt worden sind, wieder 
häufiger versucht wurden. G. tlieilt speciell einen Versuch im 

3. Garde-Ulanen - Regiment mit, wobei die Ausführung der 
Impfung möglichst genau nach den Angaben Töpper’s vollzogen 
worden ist. In der dritten Escadron erkrankte am 8. März ein 
Pferd, und trotz sofortiger Isolirung bis zum 6. April 10 junge 
und alte Remonten. Da in der Escadron 1895 die Brustseuche 
geherrscht hatte, so konnte der Pferdebestand als immun 
gelten. Die noch nicht erkrankten 19 Pferde der jüngeren Jahr¬ 
gänge wurden geimpft. Eine Neuerkrankung trat nicht mehr auf. 
Bei der vierten Escadron erkrankten Mitte April acht Remonten. 
Auch hier waren die Jahrgänge bis 1895 als immun zu be¬ 
trachten. Es wurden zwei Tage nach den ersten Erkrankungen 
22 Pferde geimpft. Am 25. April erkrankte ein älteres nicht 
geimpftes und am 5. Mai ein geimpftes Pferd. Weitere Er¬ 
krankungen kamen nicht vor. G. constatirt, dass aus diesem 
Versuch Schlüsse allgemeiner Natur nicht gezogen werden 
können. Bemerkenswerth bleibe jedoch, dass der Seuchengang 
als solcher durch die Impfung im Wesentlichen abgeschnitten 
wurde, obwohl noch infectionsfähiges Pferdematerial vorhanden 
war, dass aber andererseits ein geimpftes Pferd 19 Tage nach 
der Impfung erkrankte, sodass ein absoluter Impfschutz nicht an¬ 
zunehmen ist. 

Dass durch die Impfung der Seuchengang wenigstens zeit¬ 
weise coupirt werden konnte, ist früher schon mehrfach beobachtet 
worden. Freilich haben frühere Beobachter auch häufig fest¬ 
gestellt, dass nachträglich die Seuche erneut unter den geimpften 
Thieren auftrat und somit nur eine Verschleppung des gesammten 
Seuchenverlaufs erzielt wurde. Um letzteren Uebelstand, der 
die Impfungen am meisten in Misscredit gebracht hat, aus- 
zuschliessen, müssten zwei Voraussetzungen gegeben sein: ent¬ 
weder müsste in der Zeit der vorübergehend bestehenden Impf¬ 
immunität der Infectionsstoff im Stalle abgestorben sein, oder 
die geimpften Tliiere müssten während ihrer vorübergehenden 
Impfimmunität den Infectionsstoff anfgenommen haben und dadurch 
activ immun geworden sein. Beide Voraussetzungen jedoch 
erscheinen, wie die erwähnten Beobachtungen lehren, nicht sicher 
gegeben zu sein. 

Dazu kommt ein weiterer Uebelstand. Töpper weist darauf 
hin, dass die sehr verschiedenartigen Abstufungen bei den Brust¬ 
seuchefällen in den einzelnen Pferdebeständen die Annahme nahe 
legen, dass auch das Serum der erkrankt gewesenen Pferde 
einen vollständig verschiedenartigen Immunisirungswerth besitze 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 


Digitized by LjOOQie 




606 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51 


Er empfahl deshalb, solange Mittel zur Bestimmung des 
Immunisirungswerthes nicht vorhanden sind, nur solches Serum 
zur Impfung in einem Bestände zu verwenden, welches von 
erkrankt gewesenen Pferden aus demselben Bestände entnommen 
ist. Dann muss aber etwa 30 Tage lang nach dem Auftreten 
des ersten Erkrankungsfalles gewartet werden, ehe dem fieberfrei 
gewordenen ersten Patienten Serum entzogen werden darf, ln 
dieser Zeit aber erkranken wahrscheinlich in der Regel schon 
soviel Pferde (wie auch der hier besprochene Versuch lehrt), wie 
überhaupt gewöhnlich in einem Bestände krank zu werden 
pflegen. Unter diesen Umständen würde also der Impfmethode 
der praktische Werth fehlen. 

Bezüglich der Impftechnik hebt G. unter Anderem hervor, 
dass die Blutentnahme mit der Dieckerhoffschen Hohlnadel 
erfolgte. Diese in der Construction kräftige Hohlnadel eignet 
sich zum Aderlass vorzüglich und dürfte Fliete und Lancette 
vollständig verdrängen. Der Einstich muss unmittelbar über den 
die Drosselvene comprimirenden Fingern geschehen. Denn wenn 
auch die Spitze der Nadel leicht eindringt, so bedarf es eines 
ziemlichen Druckes, um den cylindrischen Theil er Nadel hinter 
der zugeschärften Spitze einzuführen; unter diesem Druck voll¬ 
ziehen sich leicht Verschiebungen der Haut und der Venen. Es 
empfiehlt sich ferner, den Einstich bis zum Austritt von Blut in 
einer nicht zu spitzwinkligen, sondern sich dem rechten Winkel 
nähernden Richtung zur Hautoberfläche auszuführen und die 
Mitte der abgeschwollenen Vene festznhalten. Auch ist es vor- 
theilhaft, an dem aufgeschraubten Querblatt der Nadel durch 
einen Strich diejenige Stelle zu markiren, die der Schrägöffnung 
der Spritze entspricht und hiernach die Oeffnung stets nach 
oben, also dem Blutstrom entgegen, zu kehren. 

lieber den sogenannten Gebartsrauschbrand. 

Von S t r e b c 1 - Freiburg. 

(Schw. Arch. f. Th., Bd. 40, II. 5.) 

Strebei spricht sich über das Verhältniss des Gebnrts- 
rauschbrandeB zum gewöhnlichen Rauschbrand aus. Bekanntlich 
findet man öfters bei Kühen, welche an Metritis erkrankten, 
einige Zeit vor dem Tode emphysematose Gangräne, die dem 
Rauschbrand zum Verwechseln ähnlich sind. Ihr Auftreten im 
Anschluss an die Geburt unterscheidet sie an sich von dem ge¬ 
wöhnlichen Rauschbrand, weshalb man diese Fälle mit Geburts¬ 
rauschbrand bezeichnet. Guillebeau und Hess haben an¬ 
gegeben, dass auch der Sectionsbefund und die bacteriologische 
Untersuchung eine Unterscheidung gewähren. Nach Chauvean 
und A r 1 o i n g finden sich bei der emphysematosen Gangrän des 
Menschen Bacillen, welche denen des Rauschbrandes im All¬ 
gemeinen ähnlich sind, aber dennoch gestatten, jene Krankheit 
als eine besondere zu bezeichnen. Eine Anzahl von Autoren 
meinen, dass der Geburtsrauschbrand durch den Bacillus des 
malignen Oedems veranlasst werde. Kitt hat übrigens auch auf 
die grosse Aehnlichkeit des Krankheitsbildes bei malignem Oedem 
mit jenem des Ranschbrandes hingewiesen. A r 1 o i n g und 
Cornevin wollen zwischen dem typischen Rauschbrand und 
der emphysematosen Gangrän einen Unterschied insofern fest¬ 
gestellt haben, als die Rauschbrandgase fast geruchlos sein sollen 
im Gegensatz zu denen der Gangrän — eine Ansicht, der auch 
Siedamgrotzky zustimmt. 

S t r e b e 1 widerspricht zunächst der letzteren Behauptung. 
Er hat gefunden, dass sowohl beim natürlichen wie beim Impf¬ 
rauschbrand ein sehr widerlicher, schwer ditinirbarer Brand¬ 
geruch, der für den Rauschbrand charakteristisch ist, wahrnehm¬ 
bar ist, und er konnte diesen Geruch auch bei dem sogenannten 
Geburtsrauschbrand constatiren. Hiernach würde der letztere 
mit dem Rauschbrand seinem Wesen nach zu identificiren sein, 


und es stimmen auch viele Thierärzte darin tiberein, dass die 
von ihnen beobachteten Fälle von Geburtsrauschbrand in Bezug 
auf die charakteristischen Symptome und den Sectionsbefund mit 
dem gewöhnlichen Rauschbrand völlig identisch seien 

Soviel S t r e b e 1 bekannt, sind alle Fälle von Geburtsrausch¬ 
brand hervorgegangeu au einer septischen Metritis, welche an 
die Zurückhaltung einer rasch faulenden Nachgeburt besonders 
bei Verletzungen der Geburtswege anschloss. Die hiernach auf¬ 
tretenden rauschbrandähnlichen Schwellungen sind keineswegs 
immer am Hintertheil, sondern oft auch an der Schulter aus¬ 
gebildet. Dies ist nicht weiter auffällig; sieht man doch auch 
bei der Rauschbrandschutzimpfung am Schwänze den Rausch¬ 
brand an der Schulter auftreten. Sie erscheinen am dritten oder 
vierten Tage nach der Geburt. Der Bacteriologe A s t i e in 
Lausanne konnte im Blute einer so erkrankten Kuh Rauschbrand¬ 
bacillen nachweisen. S t r e b e 1 hat sieben deutlich ausgeprägte 
Rauschbrandfälle am zweiten oder dritten Tage nach der Geburt 
beobachtet, und der von ihm aufgestellte Symptomevergleich zeigt 
eine völlige Uebereinstimmung mit den characteristischen Zeichen 
des typischen Rauschbrandes. 

Hiernach stellt Strebei die Folgerung auf, dass der Ge¬ 
burtsrauschbrand und der gewöhnliche Rauschbrand entweder 
durch denselben Krankheitskeim verursacht werden oder dass 
wenigstens die Erreger beider Krankheitsformen ausserordentlich 
nahe verwandt sind. Die Thatsache, dass häufig sogenannte 
Geburtsrauschbrandfälle in Ortschaften Vorkommen, wo der typische 
Rauschbrand fast unbekannt ist, beweisen gegen diese Folgerung 
nichts; denn wie oft kann man einen Milzbrandfall dort consta¬ 
tiren, wo Milzbrand bisher nie vorgekomraen ist. 

Malignes Oedem mit enzootischem Character. 

Von K. K o n i n s k i - Galizien. 

(Oeftterr Monatanchr. II. 1".) 

In den an der ungarischen Grenze gelegenen Ausläufern der 
Karpathen des Kossower Bezirkes in Ostgalizien kommt eine im 
klinischen Bilde dem Rauschbrand vollkommen ähnliche Krankheit 
vor die von den Bauern der dortigen Gegend dem Bisse des 
Wiesels zugeschrieben wird. 

Verf. hatte Gelegenheit im April d. J. mehrere dieser Fälle 
in einer grösseren Rinderheerde näher zu untersuchen. Innerhalb 
drei Wochen gingen in dieser Heerde drei Rinder ein, die neben 
andern weniger characteristischen Krankheitssjmptomen eine 
knisternde Anschwellung am rechten Hinterfuss bezw. am 
Hals bezw. au der Unterbrust gezeigt hatten. 

Das Cadaver des gefallenen zweiten Rindes wurde diei 
Wochen nach dem Absterben vom Verf. untersucht. Dasselbe 
hatte in der Erde gelegen und war von der Fäulniss mässig an¬ 
gegriffen. „Unter der Haut der Bauchgegend und dreier Füsse 
bis zu den Klauen herab fand sich eine serösblutige, von Gas¬ 
blasen reichlich durchsetzte Infiltration des subcutanen Gewebes, 
hämorrhagische streifenförmige Imbibition der daruuterliegenden 
Musculatur, ausgesprochenes Geronnensein des Blutes, blutig¬ 
seröses Exsudat im Herzbeutel und in der'Brusthöhle, mässige 
Hyperämie der Lungen. Die Bauchhöhle war normal, der Dünn¬ 
darm geringgradig katarrhalisch afficirt. Leber, Milz und Nieren 
von Fäulniss zersetzt.“ An noch vorhandenen Resten der beiden 
anderen Rinder wurden ausgedehnte Suffusionen unter der Haut 
des Halses, der Brust und Vorderfüsse wie auch zahlreiche starke 
Hämorrhagien in den vom Vordertheil stammenden Fleischstiickeu 
gefunden. Das Stück einer Jugularis ext. war durch ein hämorrhagi¬ 
sches Oedem ihrer Adventitien zu einem fingerdicken Strange 
angeschwollen. 

Trotz dieser klinischen und pathologisch-anatomischen Ueber¬ 
einstimmung der Krankheitsfälle mit Rauschbrand will Verf. eine 


Digitized by VaOOQie 









22 December 1898. BERLINER THIERARZTLiCHE WOCHENSCHRIFT. 


Identität derselben mit dieser Seuche nicht anerkennen, weil er , 
bei der mikroskopischen Untersuchung des Exsudates ausser 
Fftulnissbacillen nur Oedembacillen fand. Auch die Verimpfung ! 
des Exsudates unter die Bauchhant eines Meerschweinchens ergab, 
dass in der Peritonealflüssigkeit des 24 Stunden nach der In- i 
ocnlation gestorbenen Meerscliweinchens eine grosse Zahl Oedein- 
bacillen nachgewiesen werden konnte. 

Die hierauf gegründete Schlussfolgerung, dass die Rinder i 
nicht an Rauschbrand, sondern an einem malignen Oedem ge- I 
fallen sind, ist nicht einwandsfrei, denn dieselbe stützt sich auf 
einen einzigen Thierversuch, wozu das Impfmaterial aus einem 
bereits drei Wochen alten Rindercadaver entnommen war. 

Seltene Parasiten. 

Von F. Hobday, M. R. C. V. S. (Veterinary College) London. 

(Journal nf l.'oinp. Falb, and Therap. Sept 

Filaria haemorrhagica (Railliet). 

Ein aus Russland nach England importirter Rothschimmel- 
Pony hatte an verschiedenen Körperstellen, besonders an den 
Schultern und inmitten des Rückens, rundliche Anschwellungen, 
die zuweilen ohne erkennbare Ursache bluteten. Die Natur dieser 
Hautveränderungen war dem Verf. unbekannt, und er zeigte ge¬ 
legentlich den Patienten einem das College besuchenden fran¬ 
zösischen Militär-Veterinär M. Montmartin. Derselbe schrieb 
den Krankheitsznstand einem kleinen, subcutan lebenden l’nnd- 
wnrm zu, welchen er bereits bei ungarischen Pferden beobachtet 
hatte, die für die französische Cavallerie angekauft worden waren. 

Hierauf wurde eine Beule mit dem darüberliegenden Haut- 
sttick excidirt und thatsächlich die Gegenwart eines lebenden 
Nematoden in der Unterbaut constatirt. Derselbe wurde von 
Prof. M’Fadyean als Filaria haemorrhagica bestimmt. Die 
blutenden Knötchen wurden mit Jodsalbe behandelt, worauf diese 
heilten, jedoch an anderen Stellen neu entstanden. Im Winter ver¬ 
schwanden alle Knötchen, bei Beginn des Frühjahrs entwickelten 
sich dieselben Veränderungen in der Haut wieder, aber weniger 
zahlreich. Verf. hat den Rundwurm auch noch bei einem anderen 
russischen Pony gefunden. In dem ausführlichen Werke von 
Neu manu „Die Parasiten der Hansthiere“ wird erwähnt, dass 
die in Rede stehende Hantaflection bei ungarischen, im All¬ 
gemeinen bei Steppenpferden nicht ungewöhnlich ist. 

Plerocercoides Bailleti (Railliet). 

Dieser Parasit wurde bei einem siebenjährigen Foxterrier, 
gefunden. Der Hund wurde in Malta geboren und ist von Eng¬ 
land ans mehrere Male nach der Insel mit auf die Reise genommen 
worden. Am 9. März wurde der Terrier krank, frass nicht und 
bellte beständig. Er lief unruhig im Hause umher oder verkroch 
sich in Ecken und Winkel. Der Hund wurde nach kurzer Beob¬ 
achtung wegen Tollwuthverdacht getödtet. 

Bei der Obduction wurde ermittelt, dass die Brust- und 
Bauchhöhle haufenweise lV a Zoll lange W T ürmer enthielten. Am 
Vordertheil waren dieselben am stäiksten und nahmen nach dem 
Schwänze hin allmälig ab. Die Würmer glichen aufs Haa 
der Abbildung, welche Neu mann in seinem Buch von dem 
seltenen Plerocercoides Bailleti giebt. Die Pleura und das Peri¬ 
toneum waren leicht entzündet. Alle übrigen Organe zeigten 
nichts Abnormes. 

Wegen des Tollwuthverdachtes wurden im Ackerbauamt 
Impfungen vorgenommen, welche ein negatives Resultat hatten. 

Klein« Mittheilnngen. 

Zur Castration der Stuten. 

Scliwendimann macht im Schw. Arcli. (Bd. 40, H. 4) 
folgende Mittheilung: Eine ungarische Stute wurde unter er- 
schwei enden Umständen castrirt insofern, als sie beim Umdrehen 


der Ovarien sehr unruhig war. Unter heftigem Drängen nach der 
Operation entwickelte sich ein umfangreicher Darmvorfall durch 
die Scheidenwunde. Es trat eine HO cm lange Darmschlinge aus 
der Vulva. Dieselbe wurde beschmutzt, da nicht augenblickliche 
Hilfe zur Stelle war. Als S. hinzukam, wurde das Darmstück ge¬ 
reinigt, mit Sublimat abgespült und reponirt, was sich leicht 
vollzog. Die Scheidenwunde wurde nicht vernäht, sondern die 
Stute im Schritt tüchtig bewegt, bis das Drängen nachliess. Das 
Thier wurde gesund. 

Blutung nach Abürehung des Hodens beim Esel. 

Thierarzt Benjamin tlieilt im Bullet, de la soc. centr. de 
rned. vet, einen Fall mit, wo es noch, während der zweite Hoden 
entfernt wurde, am Samenstrang des ersten abgedrehten Hodens 
plötzlich zu einer starken Blutung kam. Obwohl die Gefässe mit 
Catgnt und dann auch noch mit Seide unterbunden wurden, 
dauerte die Blutung fort. Es musste daher die Höhle tamponirt 
werden, worauf die Blutung zum Stehen kam. 

Spatbehandlung durch Doppelneurotomie. 

(Mtah I Th. B<1 10, II 2) 

Frohner hat schon früher (vgl. Referate der „B. T. W. ,( 
pg. 18, 448) über die Resultate geschrieben, welche er mit 
der Bosi sehen Methode beim Spat erzielt hatte. Diesö 
Methode besteht darin, den Nervus peronaeus und den Nervus 
tibialis zu durchschneiden. Das erste von ihm in dieser Weise 
operirte Pferd ist nach fünf Monaten wieder her¬ 
gestellt worden, mit dem Bericht, dass es niemals mehr lahm 
gegangen und zu allen Dienstleistungen brauchbar gewesen sei. 
Seitdem hat Frohner sieben Pferde versuchsweise nach der¬ 
selben Methode behandelt. Alle sieben Pferde haben ein gleich 
gutes Resultat ergeben. Fröhner bezeichnet daher die Doppel¬ 
neurotomie als eine sehr werthvolle Behandlungsmethode beim Spat. 

Bruch des Zungenbeins beim Pferd. 

Bez.-Thierarzt A. Schmidt berichtet in der Wschr. f. Th. 
33, 97. Eiu Pferd, das an Druse erheblich erkrankt war, wurde 
vom Besitzer mit scharfer Salbe eingerieben. Es trat keine 
Abscedirung ein, aber nach etwa 14 Tagen bildete sich eine 
kleine Stelle, aus der sich schwärzlich gefärbte, übelriechende 
Flüssigkeit entleerte. Der Geruch wies schliesslich auf aus¬ 
gesprochene Caries hin. Beim Sondiren gelangte man an einen 
Knochen, der nicht hierher gehörte. Nachdem durch eine 
Operation der Zugang freigelegt war, fanden sich 2 Knochen- 
stilcke, welche vom oberen Winkel des grossen Zungenbeinastes 
stammten. Unter antiseptischer Nachbehandlung verheilte das 
ganze in 3 Wochen. Es dürfte sich also um einen Bruch des 
Zungenbeines gehandelt haben, welcher wahrscheinlich von dem 
Pferde selbst durch Reibung der geschwollenen Kehlgangsdrüsen 
nai-h der scharfen Einreibung auf dieselben oder in ähnlicher 
Weise herbeigeführt worden ist. Nebenbei gesagt, war die Fress¬ 
lust des Thieres ungestört. 

Schlundverletzung beim Pferde mit Heilung. 

Bez.-’lhiererzt Hock untersuchte am 11. Juni eine An¬ 
schwellung am Halse eines Pferdes, die erst seit einigen Tagen 
bemerkt war. Dieselbe sass rechts in der Schlundkopfgegend, 
war hühnereigross, ziemlich hart und zeigte keine specitischen 
Symptome. Am 14. Juli erfolgte eine zweite Untersuchung, weil 
das Thier heftige Athemnoth bekommen hatte. Der Besitzer hatte 
inzwischen, in der Meinung, dass es sich um eine Eiterbeule 
handele, die Oeffnung vorgenommen. H. fand einen 10 bis 12 cm 
langen Fistelgang, der bis zum Schlunde dicht hinter den Schlund¬ 
kopf führte und Futterbestandtheile enthielt, welche sich auch 
beim Abschlucken entleerten. Das Thier hatte dabei guten 
Appetit und die Athembeschwerden waren verschwunden. Der 


Digitized by VjOOQie 



608 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51 


Fistelcanal wurde gereinigt und ein Tampon mit ein promilliger 
Sublimatlösung und Jodoformpnlver eingelegt, was täglich er¬ 
neuert wurde. Bereits acht Tage später war der Fistelcanal zu¬ 
geheilt. (Wschr. f. Thierhlkd.) 

Tollwutherkrankungen in einem Rinderbestand. 

Die „Wschr. f. Th.“ 98, Nr. 25, referirt eine Mittheilung von 
Paige über den Ausbruch der Wuthkrankheit in verschiedenen 
Rinderbeständen einer Gegend. Auf einigen Gütern trat eine 
zunächst nicht bekannte Krankheit auf, die Rinder aller Art er¬ 
griff, ohne Vorboten zu zeigen, und rasch ausnahmslos zum Tode 
führte. P. erhielt daher den Auftrag, die Natur des Leidens 
festzustellen. Die Symptome zeigten eine bemerkenswerthe 
Gleichheit. DieThiere hatten die Neigung, sich abzusondern und 
zu rennen, waren appetitlos, wiederkauten nicht, knirschten mit 
den Zähnen und brüllten. Die Milchabsonderung nahm rapide 
ab, der Puls war beinahe normal, 48 Schläge in der Minute, die 
Temperatur normal. Es traten Anfälle auf, wobei die Thiere mit 
den Beinen ausschlugen; dabei Muskelzittern. Im Beginn der 
Krankheit zeigten die Thiere eine eigenthümliche Kopfhaltung, 
Hals gestreckt, Kopf gehoben, Ohren aufgerichtet, die Angen 
weit offen mit erweiterten Pupillen. Unter den ersten Sym¬ 
ptomen zeigte sich ausgesprochener Tenesmus. Auffallend war 
der grosse Durst im ersten Stadium der Krankheit. Eine Kuh 
mühte sich ab, Wasser zu nehmen, bis einige Stunden vor dem 
Schlachten. Die Fortentwicklung der Symptome deutete bei 
einzelnen Thieren auf Gehirnreizung, während sie bei auderen 
Hinneigung zur Paralyse zeigte. Die Bewegungen waren im 
ersteren Fall unbehindert, aber nicht ganz natürlich. Man trieb 
eine Anzahl Kühe in einen Teich, der sehr tief war. Sie gingen 
ohne Furcht hinein; manche schienen trinken zu wollen, konnten 
aber anscheinend kein Wasser schlucken. Allmählich gingen alle 
Symptome in Paralyse über und der Tod trat nach heftigen, 
convulsivischen Krämpfen ein. 

Abschnürung des Dünndarms. 

Bezirks-Thierarzt Ritzer macht in der „Wschr. f. Thierhlkd.“ 
folgende Mittheilung: Ein zweijähriger Stier hatte nach dem 
Vorbericht vor 8 Tagen Durchfall gehabt, der sich gebessert 
hatte. Seit dieser Zeit war jedoch Futteraufnahme und Koth¬ 
absatz behindert und das Thier sehr unruhig. Bei der Unter¬ 
suchung zeigte sich die Blase prall gefüllt. Beim Druck auf die 
Blase fing das Thier stöhnend an zu uriniren, setzte man mit 
dem Druck ans, so hörte auch der Harnabsatz auf. Im Mast¬ 
darm fand sich etwas dünnflüssiger Koth. Bei einer folgenden 
Untersuchung stand das Thier mit durchgebogenem Rücken und 
leicht erhobenem Schweif. Die ganze Haltung Hess keinen 
Zweifel aufkommen, dass eine Darraeinziehung vorhanden sein 
müsse. Nach einem vergeblichen Versuche einer Operation 
musste die Schlachtung des Thieres vorgenommen werden. Dabei 
zeigte sich Folgendes: Der Dünndarm war in der rechten 
hinteren unteren Banchgegend mit dem Peritoneum fest ver¬ 
wachsen. Die Verwachsungsstelle hatte 70 cm Umfang und war 


Pentastomum denticuiatum in der Schweineleber und Ziegenlunge. 

Dr. Ströse-Hannover berichtet in der Ztschr. f. Fl. u. 
Milchh.: Die Leber eines Schweines war schwarzroth, zeigte 
unter der glatten Kapsel 4 stecknadelkopfgrosse kreisrunde 
scharfbegrenzte Flecke. Unter den erwähnten Knötchen befand 
sich je ein Exemplar der Larven des Pentastomum taenioides, 
welche bekanntlich als Pentast. denticuiatum bezeichnet w'erden. 
Dieselben waren lebend. Beim Schwein ist dieser Parasit bisher 
nicht nachgewiesen worden, wohl aber bei allen andern Haus- 
thieren und beim Reh und Hasen, sowie beim Menschen. Immerhin 
wird in dieser Beziehung auf die Schweinelebern künftig mehr 
zu achten sein, um so mehr als man die Pentastomenknötchen 
sehr wohl für Tuberkeln oder auch für Echinokokken halten kann. 

Dr. Tempel theilt ebenda im Juliheft d. J. folgendes mit. 
In der Lunge einer 6jährigen Ziege fanden sich eine grössere 
Zahl von Larven des Pentastomum taenioides; in den übrigen 
Organen wurden trotz genauester Untersuchungen keine solche 
Larven gefunden. Das Vorkommen, und namentlich das alleinige 
in den Lungen ist zweifellos eine sehr grosse Seltenheit. Der 
Lieblingssitz der Larven sind bekanntlich die Gekrösdrüsen. Es 
fanden sich in den Lungen zahlreiche liirsekorngrosso und grössere 
Knötchen. Aus einigen der grösseren waren die Larven bereits 
ausgewandert und lagen frei unter der Pleura, durch welche sie 
durchschimmerten. Beim Ueberstreichen mit dem Messerrücken 
bewegten sie sich lebhaft; einige traten sogar, das Kopfende 
voran, den Rückzug in das Lungenparenchym an. Damit ist der 
von Leuckhardt ausgesprochene Satz bestätigt, dass es fast 
scheine, als wenn die verlassenen Gänge gelegentlich wieder 
aufgesucht würden. Verkalkte Herde waren nicht vorhanden. 
Der Transport der Embryonen nach den Lungen vom Nahrungs¬ 
schlauch aus kann nur durch den Blutstrom stattgefunden haben. 
Dass die erwachsenen Larven in den Bronchien und in deren 
Nähe fehlten, spricht auch gegen die Annahme, dass die Larven 
ans der Lunge in die Luftröhre wanderten und so nach aussen 
gelangen könnten. Die betreffende Ziege war nicht krank ge¬ 
wesen. 

Nierensarcom bei einer Kuh. 

Districtstliierarzt Handschuh schreibt in der Wschr. für 
Thierheilkd.: Bei einer 13jährigen, sehr guten Milchkuh, die nach 
der Geburt des 11. Kalbes geschlachtet werden musste und vorher 
nie krank gewesen war, jedoch seit langer Zeit eine Verkrümmung 
der Wirbelsäule nach rechts und Verbindungen der Rippenfort¬ 
sätze gezeigt hatte, fand sich an Stelle der rechten Niere eine 
grosse, runde, glatte Geschwulst von fleischähnlicher Consistenz, 
die im Längs- und Querdurchmesser 70 cm, im Höhendurchmesser 
15 cm mass. Die Geschwulst wog 75 Pfund, enthielt eine Menge 
hämorrhagischer Cysten und erwies sich mikroskopisch als ein 
Sarcom. 

Nierensteine. 

Oberrossarzt Lewin fand bei einem 28jährigen Pferd, 
welches nie krank gewesen und bei der Arbeit umgefallen war, 
nach der vom Besitzer gewünschten Tödtung, dass die linke 
Niere ein sackartiges Gebilde darstellte, welches viele Steine im 


im Centrura beinahe 2 cm dick. Der Dünndarratheil, welcher Gesammtgewicht von 875 g enthielt, abgesehen von einer Menge 

hier festgewachsen war, bildete mit dem umgebenden Binde- Gries. Nierengewebe war nicht mehr vorhanden, sondern nur 

gewebe eine 15 cm lange Geschwulst, bei deren Dnrchschneidung eine halbcentimeterdicke Wand des Sackes. Die Nierenarterie 

sich eine grössere Menge dünnflüssigen übelriechenden Eiters war durch einen festen Thrombus völlig verlegt. Die rechte 

entleerte. Eine Verbindung zwischen der Abscesshöhle und dem Niere war merkwürdigerweise in Form und Grösse unverändert. 

Darm bestand nicht, ein Fremdkörper fand sich nicht vor. Das 

Darmlumen war aber so verengt, dass nur noch etwas Thierhaltung und Thierzucht 

Flüssigkeit passiven konnte. Die Darmschleimhaut und über- Viehbestand in Frankreich, 

haupt der ganze Darm war nicht verändert Wahrscheinlich Nach den von der statistischen Abtheilung des französischen 

handelt es sich hier um eine Veränderung, die durch eine Ein- Ackerbauministeriums veröffentlichten Berichten zeigt der Rind¬ 
wirkung von aussen entstanden war. vieh- und Schafbtstand eine stetige, wenn auch kleine Zunahme, 


Digitized by tjOOQie 








22. December 1898. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


609 


der Schweinebestand zeigt einen leichten Abfall. Die einzelnen 
Zahlen giebt nachstehende Tabelle wieder: 


1897 

Rinder. . . 13 486 519 
Schafe. . . 21445 113 
Ziegen ... 1 495 756 

Schweine . . 6 262 764 


1896 1895 

13 334 631 13 233 828 

21 190GO3 21 163 767 

1499 005 1 569 502 

6 402 370 6 306 019. K. 


Preise für Zuchtschafe in England. 

Unter den Züchtern der Lincoln langwolligen Schafe herrscht 
grosse Freude über den aussergewöhnlichen Preis von 1000 
Gnineen, der für einen jährigen Widder aus Mr. Henry Dudding's 
Zuchtheerde in Riby-grove, Stallingborougb, Lincolnshire, erzielt 
worden ist. Das Thier war Sieger auf der letzten Ausstellung 
der Royal Agricultural Society. Trotz aller Anstrengungen, den 
Bock dem Inlande zu erhalten — die Herren Deans boten 
950 Guineen — ging das Thier für 1000 Guineen in den Besitz des 
Mr. F. Miller über, der ihn zum Export nach Argentinien angekanft 
hat. Vier andere Schaf bocke brachten 310 resp. 280, 250 und 
235 Guineen. Bei dem Gesaromt verkauf von 52 Schafböcken 
wurden 86 195 £ erzielt, 24 hiervon wurden nach Süd-Amerika 
verkauft. K. 


Tagesgeschichte. 

Herbstversannlung des Vereins der Thlerirzte des Saargebietes 

am 27. November im Restaurant „Altes Münchener Kindl“ zu 
St. Johann a. d. Saar. 

Der Vorsitzende des Vereins, Herr Kreisthierarzt Mette, 
eröffnete die Versammlung um 11t, Uhr, indem er die Anwesenden 
herzlich willkommen hiess und seiner Freude darüber Ausdruck 
gab, dass die Herren Collegen so zahlreich zur Versammlung er¬ 
schienen waren. 

Es waren anwesend: Mette - Saarbrücken, Zahn-Saar¬ 
brücken, Dr. Bützler - Trier, Nithack - Saarburg, Meyer- 
St. Johann, Hosemann - Forbach, Schäf er - Dudweiler, Kneip- 
Völklingen, Haas - Saarlouis, Wertheim - Saarlouis, Menges- 
Saargemünd, Behr-Merzig und Hauck - Sulzbach. 

Als Gäste: Backmund - Saargemünd, Lauff - Merzig und 
Bruns - Hausweiler. 

Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Vereins- und Standes- 
Angelegenheiten, wurde von dem Vorsitzenden das Austritts¬ 
gesuch des Herrn Sanitätsthierarztes Matt in Friedrichsthal zur 
Kenntniss der Versammlung gebracht. 

Die Herren Collegen Backmund - Saargemünd, Lauff- 
Merzig und Bruns - Hausweiler hatten sich zur Aufnahme ge¬ 
meldet und wurden einstimmig aufgenommen. 

Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Der Verein bezahlt zu den 
Kosten des VII. internationalen thierärztlichen Congresses zu 
Baden-Baden 100 M., welche von dem Kassirer alsbald der Filiale 
der Rheinischen Creditbank in Baden-Baden zu übersenden sind. 

Zu Punkt 3 der Tagesordnung: Mittheilungen aus der 
Fleischbeschau, hält Herr College Dr. Büt zier - Trier einen 
äusserst lehrreichen Vortrag über folgende Fälle: 

1. Einen Fall von Neuritis prolif. bei einem Ochsen. 

2. Kreuzlähme beim Pferd, verursacht durch Rückenmarks- 
erweichung. 

3. Multiple Lipome beim Rind. 

4. Generalisirte Tuberculose beim Rind und Schwein. 

5. Beziehungen zwischen Urticaria und Schweinerothlauf. 

Herr College Mette dankte unserm verehrten Herrn Dr. 

Bützler für seinen äusserst interessanten Vortrag und bat ihn, 
ans noch recht oft durch Vorträge aus dem Schatze seines reichen 
Wissens zu erfreuen. 


Hieran anschliessend wurde der neue preussische Finnen¬ 
erlass eingehend besprochen und seine Härten gerade hier in den 
Grenzbezirken durch Beispiele reich illustrirt. Es wurde allgemein 
hervorgehoben, dass die Bestimmungen des Erlasses die Fleisch¬ 
beschau ausserordentlich erschweren, besonders da hier vielfach 
Schlachtvieh aus der Pfalz und aus Elsass-Lothringen bezogen 
wird, wo eine Währschaftspflicht für Finnen bei Rindern nicht 
besteht. Wegen zu weit vorgeschrittener Zeit konnte dieser 
Gegenstand nicht endgültig erledigt werden und soll diese 
Frage in der Frühjahrsversammlung noch ein Mal zur Sprache 
gebracht werden. 

Um zwei Uhr Nachmittags wurde die Versammlung durch den 
Vorsitzenden geschlossen. 

Nach Schluss der Versammlung faud ein gemeinsames Essen 
statt, an dem sich eine stattliche Anzahl Damen und einige Gäste 
betheiligten. Zwanglose Fröhlichkeit herrschte in unserm kleinen 
Kreise und erst zu vorgerückter Stunde trennten sich die Letzten 
mit dem Wunsche „auf Wiedersehen im Frühjahr“. 

I. A.: Der Schriftführer: Hauck. 

Wanderversammlung der Soadergruppe der Brandenburger Schlachthof- 

Thierärzte. 

Abgehalteu am 16. October auf dem Schlachthofe zu Kottbus. 

Anwesend waren: Wulff-Kottbus, Abraham-Spremberg, 
Arendt-Neu-Ruppiu, Falk-Schwiebus, Burggraf-Guben, Haak- 
Guben (Assistent), Klepp-Potsdam, Körner-Pritzwalk, Kohl- 
Sommerfeld, Litfass-Finsterwalde, Luft-Kottbus (Assistent), 
Möse-Sorau, Meyer-Frankfurt a. 0., Schäf er-Züllichau, 
Schrader-Brandenburg, Schröder-Forst, Seefeld-Küstrin. 

Der Vorsitzende, Schlachthofdirektor Wulff, eröffnete nach 
Führung durch den Kottbuser Schlachthof die Sitzung und ge¬ 
denkt dabei des verstorbenen Collegen Leonhard-Forst, zu 
dessen Ehrung sich die Anwesenden von den Sitzen erheben. 

Sodann verliest er ein Schreiben des Kollegen R. in H., in 
welchem derselbe eine Verordnung des dortigen Regierungs¬ 
präsidenten zur Besprechung stellt, nach welcher der Fleischer 
jeden Thierarzt bei Beanstandungen als Gegengutachter hin¬ 
zuziehen kann. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den 
Sachverständigen sei der Departementsthierarzt hinzuzuziehen. 
Die Versammlung kommt zu der Ansicht, dass in H. die Ent¬ 
scheidung dem Direktor R. zufallen müsse, da dieser bei der 
Untersuchung nicht betbeiligt sei, und nimmt hierbei Bezug auf 
den allgemein gebilligten in Absatz 4 der Eingabe an den Herrn 
Minister des Innern festgelegten Standpunkt (cf. die Zeitschrift 
von Ostertag, VIII. Jahrgang, S. 52). Ferner macht College 
Wulff von einem Schreiben des III. Armeecorps (Corps-General¬ 
arzt) Mittheilung, nach welchem Sanitätsoffiziere in der Fleisch¬ 
beschau ausgebildet werden sollten. 

Auch hierbei entwickelte sich eine lebhafte Debatte, in 
welcher durch übereinstimmende Meinung festgestellt wird, dass die 
Sanitätsofficiere in kurzen Cursen lediglich über die Elemente 
der Fleischbeschau ausgebildet werden könnten, dass diese Curse 
aber nicht genügen könnten, die Sanitätsofficiere soweit mit 
Krankheiten der Schlachtthiere, ihre Erkennung bei lebenden 
und geschlachteten Thieren vertraut zu machen, dass sie eine 
wirkliche Fleischbeschau auszuüben im Stande wären. Im Uebrigen 
sei es Sache der Militärthierärzte, die Curse für Sanitätsofficiere 
zu leiten, wenn solche je eingerichtet würden, wie den Militär¬ 
thierärzten auch schon die Unterweisung der Intendantur- und 
Proviantbeamten in der Fleischbeschau übertragen sei. 

College Kl epp berichtet, dass die Fleischeriunung in Pots¬ 
dam vom Magistrat die Herausgabe der zum Zweck der Trichinen¬ 
schau entnommenen Schweinefleischproben beansprucht, obgleich 
der Magistrat schon soweit eutgegengekouimen ist, dass er nach 


Digitized by LjOOQie 




BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51 


610 

Einführung der Freibank den Verkauf von Proben auf derselben 
unter Declaration gestatten will. 

Trotz entgegengesetzter Ansicht einzelner Sachverständiger, 
die ein freies Inverkehrbringen befürworten, erachtet die Ver¬ 
sammlung einstimmig zwar eine möglichst günstige Verwerthung 
des nur gute Stücke enthaltenden Probefleisches für geboten, 
jedoch dürfe dieselbe nur unter Declaration geschehen, da die 
Proben aus vielen Gründen als verdorben im Sinne des Nahrungs¬ 
mittelgesetzes anzusehen seien. 

Weiter ergreift College Schräder das Wort: Das hygie- j 
nische Institut nähere sich seiner Vollendung, deshalb wäre es 
nötliig, jetzt auf einen alten Plan der Versammlung zurück- j 
zugreifen, nämlich die Behörden zu veranlassen, nachdem Prof. 
Ostertag seine Bereitwilligkeit hierzu erklärt hätte, die Schlacht¬ 
hotleiter zu einem Informatiouscnrsus in der Hygiene nach 
Berlin zu senden. Lebhaft wurde diesem Vorschläge beigestimmt 
und beschlossen, dass der Obmann unserer Gruppe diese An¬ 
gelegenheit in die Hand nehmen und verfolgen solle. 

Ferner referirt College Schräder über seinen Vortrag bei 
der Centralvertretung, der in nachstehenden Punkten gipfelt, die 
die allgemeine Billigung der Anwesenden fanden. 

1. Bei der Schaffung des neuen Fleischbeschaugesetzes ist 
dahin zu wirken, dass auch die Sanitätsthierärzte gutachtlich 
gehört werden. 

2. Zur Sicherung einer guten Ausführung des neuen Fleisch¬ 


beschaugesetzes siud die Fleischbeschaubeamten in Städten mit 
Schlachthöfen als Gemeindebeamte definitiv anzustellen. Die 
Bestallung der Beamten für ambulante Fleischbeschau dürfte 
nur bei grosser Fahrlässigkeit mit Genehmigung des Regierungs¬ 
präsidenten zurückgezogen werden. 

3. Der leitende Schlachthofthierarzt hat an den Sitzungen 
der Schlachthofdeputation theilzunehmen und muss sogar Stimme 
haben, wenn ein Vertreter der Interessenten solche besitzt. 

Erörtert wird noch ein Urtheil des Ober-Verwaltnngsgerichtes, 
dass gemäss § 5 des Schlachthausgesetzes eine Trennung der 
vielfach zu einer Summe zusammengezogenen Schlacht- und 
Untersuchungsgebühren durchzuführen ist. Die Bemessung der 
Gebühren hat nach den Anhaltspunkten des Urtheils zu geschehen. 

Der Vortrag des Collegen Meyer-Frankfurt a. 0. betreff. 
Rundschreiben des Königl. Regierungspräsidenten zu Frankfurt a.O. 
über die mikroskopische Schau ausländischer Schinken und Speck¬ 
seiten, sowie in der Praxis gesammelte Erfahrungen, wurde der 
vorgeschrittenen Zeit wegen vertagt. 

Zum Schlüsse vereinigte ein vom Collegen Wulff gegebenes 
Mahl sämmtliche Collegen noch bis zum Abend. Bei dieser Ge¬ 
legenheit wurde dem Gastgeber sowohl für die Führung auf dem 
Schlachthofe, als auch für seine Gastfreiheit von allen Anwesen¬ 
den herzlicher Dank gezollt. 

Wulff, Klepp, 

Vorsitzender. Schriftführer. 


Oeffentliches Yeterinärwesen. 


(Mittheilungen für 

Senchenstatistik und Yeterinärpolizei. 

Thierseuchen im Auslande im III. Quartal 1898. 

Grossbritannien. 

An Milzbrand erkrankten bei 100 Ausbrüchen 149 Thiere, 
wovon 121 auf England, 17 auf Schottland und 11 auf Wales 
kommen. DieTollwuth betraf 1 Hund in England, 3 anstecknngs- 
verdächtige Hunde sind ausserdem getödtet worden An Rotz 
erkrankten in England 294, in Schottland (X) und in Wales 
1 Pferd. Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten 
bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen Schweiue betrug 
7542, wovon 6345 auf England, 705 auf Schottland und 492 auf 
Wales kommen. Die Lungenseuche ist nicht aufgetreten; zwei 
als lungenseucheverdächtig polizeilich getödtete Thiere sind 
seuchefrei befunden worden. Die Scliafräude ist im Berichts¬ 
quartal in England in 23 Grafschaften mit 55 Ausbrüchen fest- 
gestellt worden, in Schottland in 5 mit 7 und in Wales in 5 
mit 14. 

Dänemark. 

Die Zahl der verseuchten Bestände betrug: Milzbrand 
Juli 7, August 9, September 2; Rotz: September 9; milzbrand¬ 
artige Rose (Rothlauf der Schweine): Juli 350, August 417, 
September 716; chronische Schweinediphtherie: Juli 2, August 4, 
September 5; Rückenmarkstyphus der Pferde: Juli 3, August—, 
September 5; bösartiges Katarrhalfieber des Rindviehs: Juli 9, 
August 9, September 8. 

Norwegen. 

Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Juli 31, 
im August 15, im September 30; bösartiges Katarrhfieber des 
Rindviehs im Juli 25, iiu August 9, im September 29; Rothlauf 
der Schweine im Juli 86, im August 94, im September 121 ; 
ausserdem wurden im August und September 4 bezw. 2 Fälle 
von Rauschbrand und im Juli 0 Fälle von Schweinediphtherie 
gemeldet. 


Veterinärbeamte). 

Belgien. 

‘ Die Zahl der Krankheitsfälle betrug im Üonat Juli, August 
und September: bei Milzbrand 33 bezw. 36 bezw. 41; bei Rausch¬ 
brand 37 bezw. 43 bezw. 37; bei Wn*h 15 bezw. 20 bezw. 21; 
bei Rotz (Wurm) 27 bezw. 25 bezw. 21 (wovon 14 bezw. 11 
bezw. 14 ans England eingeschleppte). Die Maul- und Klauen¬ 
seuche ist in 32 bezw. 129 bezw. 287 Gemeinden aufgetreten. 
Ferner werden von bösartiger Klauenseuche der Schafe — bezw. 
6 bezw. 31 Fälle berichtet. Lungenseuche und Räude sind gar 
nicht aufgetreten. 

I talien. 

Zahl der Erkrankungen (nach stellenweise nicht unbedingt 
genauen Meldungen): Milzbrand 793; Rauschbrand 82; Tollwuth 
bei Hunden 23, ausserdem bei einem Rind, 2 Pferden, 4 Schweinen, 
1 Katze; Rotz (Wurm) 80; Maul- und Klauenseuche in den 
einzelnen Berichtswochen: 1440 bezw. 1500 bezw. 1466 bezw. 1589 
bezw. 830 bezw. 1169 bezw. 1007 bezw. 1231 bezw. 1245 bezw. 
1125 bezw. 633 bezw. 2045 bezw. 481; Räude der Schafe 1099; 
Schweineseuchen 1131; ansteckender Milchmangel bei Schafen 
1662; Biiff'eldruse 53. 

Schweden. 

Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 12, der 
au Rauschbrand 7, der an Maul- und Klauenseuche —, der an 
Rotz 1. 

Oesterreich. 

Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den ein¬ 
zelnen Monaten des Berichtsquartals anf 50 bezw. 60 bezw. 65 
beim Milzbrand, anf 46 bezw. 26 bezw. 22 beim Rauschbrand, 
auf 51 bezw. 65 bezw. 68 bei der Wuth, auf 78 bezw. 75 
bezw. 61 beim Rotz und Wurm, auf 532 bezw 451 bezw. 511 
bei der Maul- und Klauenseuche, anf 8 bezw. 9 bezw. 15 bei 
der Pockenkrankheit, auf 62 bezw. 46 bezw. 14 beim Bläschen¬ 
ausschlag, auf 68 bezw. 61 bezw. 50 bei der Räude, auf 393 


Digitized by kjOOQie 






22. t)öcember 1898. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


611 


bezw. 405 bezw. 377 beim j Rothlauf der Schweine, auf 523 
bezw. 648 bezw. 608 bei der Schweinepest;;(Schweineseuche). 
Die Lungenseuche und die Rinderpest sind im Berichtsqnartal nicht 
aufgetreten. 

Ungarn. 

Nach der.[(wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach 
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an: 



Juli 

August 

September 

Milzbrand. 

46—61 

58-67 

60-92 

\Vuth . 

118—139 

118—120 

103—115 

Rotz und Hautwarm . . 

134—143 

148-18C 

174-180 

Maul- und Klauenseuche 

18—48 

33-50 

64—105 

Lungenseuche .... 

1 

1 

1 

Blattern. 

6-8 

8-11 

12—15 

Bläschenausschlag . . 

23—34 

25—27 

18—26 

Räude . 

37—89 

72—79 

50—71 

Rothlauf der Schweine . 

88-120 

127—133 

115-129 

Schweineseuche . . . 

853—1088 

1132—1280 

1244—1307 


Beschlüsse des bayerischen Landwirthschaftsraths be r. Maul- und 
Klauenseuche und Tubercnlose. 

Der bayerische [Landwirthsehaftsrath hat am 5. November 
d. J. hinsichtlich der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche 
sowie der Tuberculose unter den Haussieren auf Antrag des 
Referenten König folgende Beschlüsse gefasst: 

A. Tilgung der Maul- und Klauenseuche der Hausthiere: 
1. Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, iim Bundesrathe 
dahin zu wirken, dass im nächsten Reichs-Etat die Posi¬ 
tion für wissenschaftliche Erforschung der Maul- und 
Klauenseuche auf 100000 M. erhöht wird. 2. Der Werth 
der Impfung gegen die Maul- und Klauenseuche ist nach’Erfolg, 
Nebenwirkung und Dauer zwar noch nicht vollständig erforscht, 
gleichwohl scheint diese der einzige Weg, die^ Seuche endlich 
beherrschen zu lernen. Es wird daher an die Königliche Staats¬ 
regierung die Bitte gestellt, Besitzer bedrohter Stallungen zu 
veranlassen, ihren Viehbestand amtlich impfen zu lassen mit 
Garantie des Staats auf Ersatz für Thiere, welche in Folge der 
Impfung zu Verlust gegangen sind. Die geimpften Thiere sind 
in den Ohrmuscheln amtlich unverlöschlich zu bezeichnen. 
3. Durchseuchte Thiere sind eine gewisse Zeit immun, doch ist 
nicht erforscht, auf wie lange. Dies kann'nur rasch und zugleich 
sicher durch die grosse Praxis festgestellt werden. Die Fest¬ 
stellung der Dauer deB Minimums der Immunität ist aber die 
einzig sichere Grundlage iür spätere gesetzliche Massnahmen. — 
Es sollen daher sämmtliche geimpften und ebenso von der Klauen¬ 


seuche genesenen Thiere mit Bezeichnung nach Jahr, Monat und 
Datum der Impfung und ebenso der Genesung in den Ohren 
amtlich unverlöschlich bezeichnet werden. 4. Der Handel mit in 
den Ohren amtlich als genesen bezeichneten Thieren ist drei 
Wochen nach der letzten Erkrankung der Thiere eines Gehöfts 
und nachdem die Stallungen 14 Tage nach der letzten Erkrankung 
desinficirt wurden, allgemein frei zu geben. Händler haben Buch 
zu führen über Herkunft der bezeichneten Thiere und dürfen, so 
lange die Seuche in einer Gegend, nur mit gesundeten und amt¬ 
lich gezeichneten Thieren Handel treiben. 5. Es wird an die 
hohe Staatsregierung die Bitte gestellt, dass probeweise mit amt¬ 
lich als genesen bezeichneten Thieren die landesüblichen Märkte 
abgehalten werden dürfen. 6. Dass die staatliche Entschädigung 
des gemeinen Werthes von an Maul- und Klauenseuche gefallenen 
Thieren eingeführt werde. 7. An die Königliche Staatsregierung 
die Bitte zu richten, die an der thierärztlichen Hochschule 
bestehende SeuchenverBUchsstation mit reichlichen 
Mitteln auszustatten. 8. Dass in allen Kreisen des Königreichs, 
baldmöglichst aber in einigen Kreisen mit entwickeltem Haudel 
mindestens zwei bis drei Impfärzte augestellt werden, welche die 
geimpften und die an der Seuche genesenen Thiere amtlich be¬ 
zeichnen und den Handel mit denselben überwachen. 

B. Tilgung der Maul- und Klauenseuche und der Tubercu¬ 
lose der Hausthiere. Es sei an das Königliche Staats-Ministerium 
des Innern das Ersuchen zu stellen: „Es möchte alsbald und 
jährlich eine Anzahl zu amtlicher Thätigkeit durch die Staats¬ 
prüfung qualificirter Thierärzte an das Kaiserliche Gesund, 
heitsamt zu Berlin und an die Veterinär- und Land- 
wirtbschaftshochschule zu Kopenhagen entsendet, be¬ 
ziehungsweise zum Besuch dieser Institute mit Stipendien bedacht 
werden, damit bayerischen Thierärzten die Gelegenheit geboten 
ist, sowohl über das entworfene Impfverfahren gegen Maul- und 
Klauenseuche, wie über die in Dänemark an der Hand der 
Tuberculinprobe unternommenen Tuberculosetilgung sich eingehend 
zu informiren.“ 

Anzeigepflicht für Geflügelcholera. 

Eingeführt für sämmtliche bayerischen Regierungsbezirke 
excl. Pfalz durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vomn 
14. December er. 

Maul- und Klauenseuche-Nachrichten. 

Ausbrüche gemeldet von Krefeld und unter den Ueberständen 
des Schlachthofes zu Dresden. Das Erlöschen ist gemeldet vom 
Schlachthofe zu Metz. 


Bücheranzeigen und Kritiken. 

Der während des endenden Jahres fast stets bestehende 
Raummangel hat es nöthig gemacht, eine Anzahl eingesandter 
Kritiken zurückzuBtellen*), welche erst im nächsten Jahre werden 
veröffentlicht werden können. Es sollen hierunter noch eine 
Reihe literarischer Erscheinungen erwähnt werden, deren Be¬ 
sprechung nur kurze Bemerkungen erfordert. 

Jahresberichte. 

Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuohen im Deutschen 
Reiche für 1897. Berlin, Verlag von Julius Springer. Der 
Bericht, auf dessen reichen Inhalt wir referirend zurückkommen 
werden, zeigt die bekannte Einrichtung. Sein Inhalt ist aber in 
stetigem Wachsen begriffen. Eine Statistik des Rothlaufs aus 

*) Chirurgie von Lanzillotti; Maladies microbiennes von No¬ 
card und Leclainche; Kayscrling, Photographiren; Casper, 
Geschwülste; Compendium d. Chirurgie von Fröhner; Zuchtwahl 
des Pferdes von Dünkel.berg; Thierreich von H.ecjk; Natur und 
Hans von Hesdörffer; Allgem.„Thierzucht'von Hoffmann. 


dem Reich, namentlich auch aus Preussen (in früheren Jahrgänge 
nur aus Baden), Schweineseuche, Geflügelcholera, Gehirn- und 
Rückenmarks-Entzündung, Tuberculose, Trichinen- und Finnen¬ 
schau sind neu hinzugekommen. Auch die Sammlung von Ge¬ 
setzen bezw. Verordnungen bietet des Neuen viel. Alle diese 
Veränderungen machen diesen Jahrgang besonders interessant. 

Jahresbericht Uber das Veterinirwesen in Ungarn für 1897. 
Im Aufträge des Ackerbau-Ministeriums von Dr. Franz Hutyra. 
1897 (Budapest. Druck des Franklin-Vereins). Dieser zum neunten 
Male in deutscher Ausgabe erscheinende Bericht gehört in seiner 
Vollständigkeit zu den besten Leistungen der Literatur des 
öffentlichen VeterinärwesenB. Sein Inhalt wird demnächst referirt 
werden. 

Bericht Uber das Veterinirwesen im Königreich Sachsen für 1897. 
Dresden. Schönfeldt, Verlagsbuchhandlung. Auch über diesen 
altbekannten, an wissenschaftlichen und praktischen Beobachtungen 
reichen Bericht werden zahlreiche kleine Referate in der B. T. W. 
erscheinen. 


Digitized by LjOOQle 










612 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. öl. 


Verhandlungen des LandwirtheohafUraths von Elsas«-Lothringen 
Session 1898. Strassbarg. Drack von Dumont-Schauberg. Diese 
Sessionsbericbte weisen ein immer reichhaltigeres nnd vielseitigeres 
Material auf, welches sich anf die gesammte öffentliche Pflege der 
Landwirthschaft nnd Tbierzncht, damit auch anf die Veterinär¬ 
organisation erstreckt Das Stndinm dieses Berichtes ist von 
hohem Interesse. 

Neue Auflagen. 

Hanbner’s Landwirtschaftliche Thierheilkunde. Zwölfte amge¬ 
arbeitete Auflage, heransgegeben von Geheimrath Siedam- 
grotzky. Berlin bei Paul Parey 1898. Das Bach ist ent¬ 
sprechend den neueren Erfahrungen ergänzt. 

Arnold (Prof, an der thierärztl. Hochschule In Hannover), Repetitorium 
der Chemie. Für Mediciner and Pharmaceuten. Achte Auflage. 
Hamburg-Leipzig bei Leopold Voss 1898. Die in kurzen 
Zwischenräumen regelmässig erscheinenden reuen Auflagen be¬ 
weisen die unveränderte Werthschätzung, deren sich das praktische 
Buch erfreut. 

Johne, Der Trichinenschauer. Seohste Auflage. Berlin bei Paul 
Parey 1898. Auch dieses Werk ist allgemein bekannt und ge¬ 
rühmt. Die neue Auflage zeigt eine Vermehrung sowohl des 
Textes als der Abbildungen. 

Pfeiffer. Operatiooscursu«. Berlin 1898, bei Richard Schötz, 
liegt bereits in russischer Uebersetzung vor. 

Dr. Baumgart, Grundsätze und Bedingungen der Ertheilung der 
Dootor-Wiirde, bei allen Facultäten des Deutschen Reiches, sowie 
in Basel, Bern, Freiburg, Zürich, Wien etc. Fünfte Auflage. 
Berlin 1898, R. v. Decker’s Verlag. Auch dieses Buch ist in 
früherer Auflage bereits in der B. T. W. beifällig besprochen 
worden. Dass in den Statuten betr. Promotionszulassung manches 
auf dem Papier steht, was sich beim praktischen Versuch anders 
gestaltet, indem die Facultäten sich eine weitgehende Freiheit der 
individuellen Beurtheilung Vorbehalten, kann der Verfasser nicht 
ändern. Immerhin gewähren doch diese offlciellen Bestimmungen 
einen im Allgemeinen zutreffenden Anhalt, und da gerade in 
neuester Zeit in Deutschland vielfach neue Grundsätze zur Geltung 
gelangt sind, so sei die neue Auflage Thierärzten, welche promo- 
viren wollen, als Rathgeber bestens empfohlen. 

Personalien. 

Auszeichnungen : Dem Kreisthierarzt Dr. Wo 1 p e r t - Mainz wurde 
das Ritterkreuz II. Kl. des Verdienstordens Philipps des Gross- 
müthigen verliehen. 

Anlässlich des Regierungsjubiläums des Kaisers von Oesterreich: 
Dr. Bayer, Professor und Rector der thierärztl. Hochschule in 
Wien, zum K. K. Hofrath ernannt. — Den Professoren Dr. J. C so kor 
und Obersanitätsrath Dr. Polansky ebenda das Ritterkreuz des 
Franz-Jo8ephs-Ordens, dem städtischen Oberthierarzt Toscano- 
C a n e 11 a - Wien und dem Amtsthierarzt A. P o s t o 1 k a - Wien das 
goldene Verdieustkreuz — verliehen. 

Ernennungen: Thierarzt Siegm. Graf-Weitnau (Allgäu) zum 
Districtsthierarzt in Wörth a. D.; Thieiarzt Lübke-Erfurt zum 
comm. Bezirksthierarzt in Krankenhausen (Kyffh.). — Gewählt: 
Thierarzt J. Brandmann -Fulda zum Schlachthofthierarzt in 
Ottweiler (Bez. Trier). 

Promotionen: Thierarzt J ac o b s - Hildesbeim von der natur¬ 
wissenschaftlichen Facultät zu Tübingen; Thierarzt Lothar Kan¬ 
tor o w i c z - Berlin von der medicinischen Facultät zu Giessen. 

Approbationen: In Berlin: Die Herren Paul K n u t h und 
Friedrich Hagenstein. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Berlin: Thierarzt 0. H o s a n g, Assistent am Patholog. Institut 
der Thierärztl. Hochschule in Berlin; Thierarzt J. Matsch ke- 
Berlin; Rossarzt Fr. Müggenbu r g-Berlin; Thierarzt P. N i p p e r t- 
Berlin und Thierarzt H. S c h o 11 m a n n - Hannover, letztere beide 
als Assistenten an den bezw Kliniken für kleine Hausthiere; Tbier- 
arzt M. Schmey - Berlin; Thierarzt T. T i d d e n s - Ohrdurf; Thier¬ 


arzt Dr. J. Willerding, Repetitor rm Patholog. Institut der 
Thierärztl.Hochschule in Berlin: Thierarzt E. Wu 1 f f- Stolzenau a. W. 

Wohnsitzveränderungeo, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬ 
arzt Dr. Fr. Magdeburg - Hamburg nach Landsberg a. W. als 
pract Thierarzt; Thierarzt C. T i t z e - Schwelm i. W. nach Stolzenau 
(Hannover). — Thierarzt G. Lux hat sich in Beuthen (O.-S.), Thier¬ 
arzt Alb. Marggraff - Speyer in Niedermoos (Hessen) nieder¬ 
gelassen. 

Berich tigung: IrrthUmlicherweise wurde in voriger Nummer 
von Schlachtbofthierarzt Jüngers- Mülhausen der Rücktritt in den 
Ruhestand berichtet. 

in der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Loewner zum 8. Kür.- 
Regt Graf Wrangel als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen 
Oberrossarzt Schirmann. 

Yacanzen. 

Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
660 M.) — Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikersbeim 
(ca. 700 M). — R -B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. 
Posen:.Neutomischel. — R.-B. Stralsun d: Stadtkreis Stralsund 
und Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungs¬ 
präsidenten. — R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors 
für den Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in AnBbach zum 
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- uud Bureaugelder). 
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach. 

Thierärztl. Hochschule inMünchen: 2. Assistenten¬ 
stelle am patbolog.-lnstitut sofort (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an 
den Director. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Oppeln: 
Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Sähltätstbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthierarzt zu Anf. Jan. 1899 
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.) 
Meid, an Magistrat — Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum 
1. April 1899 (2400 M. u. Wohn.; vierteljährl. Künd.) Meid. b. 10. Jan. 
1899 an Magistrat. — Königsberg i. Pr..* 2. Schlachthof-Thierarzt 
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M. 
bis 3000). Event. Wohnungsabzug. Bewerbungen sofort an den 
Director. — M a 1 m e d y: Schlachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬ 
dungen bis 1.Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen), 
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat- 
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Plauen 
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M. 
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an Oberbürgermstr. 

— St ras b u rg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600M. bis2600M. 
freie Wohnung). 

b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Haltern: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M. 
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Münstereifel; Schlachthaus- 
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg: 
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

— Warburg: Schlacbthofthierarzt Bew. an Bürgermeister. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt 

aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren), 
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1600 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬ 
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an 
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
beschau 600 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an 
Bürgerm. Igel. — Obermarschacht (Elbe): Thierarzt — PI athe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬ 
verwaltung. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön- 
f 1 i e s s (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn - 
Joachimstbal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres 
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt 
zum 1. December 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an BUgermeister — 
Z e h d e n : Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg 
bei Zehden), 


Verantwortlich für den Inhalt (exeL Ineeratenthell) Prot Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag nnd Klxenthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. BtUenateln. Berlin. 


Digitized by LjOOQle 






BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 51. 


\ss3- 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse No. 36. 


Soeben erschien: 

Lehrbuch 


der 

tierärztlichen Geburtshilfe 

von 

Professor l)r. Carsten Harms, 

vormals Leiter der externen Klinik und Lehrer der Geburtshilfe an der Königlichen Tierarzneischule zu Hannover 

unter Mitwirkung von 

A. Eggeling und Dr. R. Schmaltz, 

Professoren an der Königlichen tierärztlichen Hochschule zu Berlin. 

Dritte gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. pmj 

Preis brosch. M. 22,—. Gebunden M. 24.—. 


Inhaltsverzeichnis. 


Theil 1. 8elte 

I. Theil: Der Geschlechtstrieb .. 1 

Quelle des Geschlechtstriebes. 1 

Erwachen des Geschlechtstriebes; Mannbarkeit .... 5 

Die Brunst beim weiblichen Thiere.11 

Die Menstruation im Gegensätze zur Brunst.35 

II. Theil: Die Begattung.39 

Verhalten des weiblichen Thieres.39 

Verhalten des männlichen Thieres.46 

Verlauf der Begattung bei den 1 lausthierarten ..... 61 

III. Theil: Die Befruchtung.70 

Wesen und Bedingungen der Befruchtung.71 

Die Fruchtbarkeit des Mutterthieres.93 

IV. Theil: Die Vererbuug.110 

Vererbungstheorien.111 

Die thatsächlichen Beobachtungen Uber die Vererbuug. . 122 

V. Theil: Die Entstehung (Vererbung) des Geschlechts. . . 134 

I. Die Theorie vom Dualismus Bowohl der Samenfäden als 
der Eizellen.135 


II. Theorie: Gleichheit aller Samenfäden bezw. Eier eines 
Individuums. Bestimmung des Geschlechts der neuen 
Keimanlage durch Eigenschaften der Geschlechtszellen, 
welche dieselben während ihrer Ausbildung und Existenz 

im elterlichen Organismus erlangt haben.145 

III. Theorie: Die Geschlechtszellen besitzen keine Erbanlage 
für die Geschlechtsübertragung. Entscheidend für die 
Geschlechtsbestimmung ist der allgemeine Zustand der 
Geschlechtszellen, in welchen dieselben in der Zwischen¬ 
zeit von ihrer Loslösung aus der Geschlechtsdrüse bis 


zur Befruchtung gerathen (Thury).157 

IV. Die Theorie der hermaphroditischen Keimanlage und 
nachträgliche Bestimmung des Geschlechtscharacters 

während der intrauterinen Entwicklung.160 

VI. Theil: Das intra-uterine Leben der Frucht.173 

Grundzüge der Leibesentwicklung.174 

Die Eihäute oder Fruchthüllen.180 

Physiologie des Foetus.211 

Das Ausreifen des Foetus.239 

Die Beschaffenheit des reifen Foetus.245 

Die Lagerung im UtcruB.241 

VH. Theil: Die Mutter während der Schwangerschaft . . . 256 

Bemerkungen über den Uterus.256 

Dauer der Schwangerschaft.263 

Abnorme Schwangerschaften.270 

Feststellung der Schwangerschaft.274 

Beeinflussung des mütterlichen Körpers durch dieSchwanger- 

schaft. ..286 

Diät der Schwangerschaft.289 


Seit« 


Vm. Theil: Die Geburt.297 

Der Geburtsweg.297 

Die Zeit unmittelbar vor der Geburt.313 

Der normale Geburtsvorgang.317 

Das Junge nach der Geburt.343 

Das Mutterthier nach der Geburt.352 


Theil II. 


Die Pathologie des Mutterthieres.• . 1—294 

„Abnormitäten der Brunst. . . . .. . ..1—W- 

Abnormitäten, welche eine Begattung hindern .... 14—17 
Krankheiten, die in Folge der Begattung auftreten . . 17—29 
Krankheiten und Abnormitäten, welche die Konception 

• verhindern.29—33 

Die abnormen Trächtigkeiten.33—41 

Krankheiten, die während der Trächtigkeit auftreten . 41—71 
Abnormitäten und Krankheiten, welche die Geburt be¬ 
hindern .72—113 

Krankheiten, welche beim Gebären auftreten . . . 113—183 

Krankheiten, die nach dem Gebären auftreten bezw. 

, zur Behandlung gelangen. 133—240 

Die Krankheiten der Milchdrüse. 241—294 

Die Pathologie des Foetus. 296—842 

Das vorzeitige Athmen. .... 296 

Der Scheintod.‘298 

Der Tod.800 

Die im Fruchthälter abgestorbene Frucht.301 

Die absolut und relativ zu grosse Frucht.309 

Zu starke Behaarung.814 

Festigkeit des Nabelstranges, Umschlingungen desselben, 

spontane intrauterine Amputationen.814 

Festigkeit des Chorions.316 

Eihautwassersucht, Eihautödem. Bluthamen (rote Blase) . 316 

Wassersucht des Foetus.822 

Ansammlung von Harn in der Harnblase.326 

Geschwülste.327 

Missgeburten.328 

Die geburtshilflichen Bandagen und Instrumente . . . 348—878 
Die geburtshilflichen Operationen am Foetus, Embryotomie 879—401 
Die geburtshilflichen Operationen am Mutterthier. . . 401—418 
Die elgentUche Geburtshilfe. 

Geburtshilfliche Untersuchung.419—429 

Die Lagen des Foetus und ihre geburtshilfliche Behandlung 480—495 

I. Abnorme Vorderbeinhaltungen.438 

II. Abnorme Kopfhaltungen.450 

III. Abnorme Hinterbeinhaltungen.467 

IV. Abnorme Stellungen.477 

V. Abnorme Lagen.484 


Digitized by 


Google 































































eblwerthi 


612 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. Bl. 


Verhandlungen des Landwirthschaftaraths von Elsaei-Lothringen 
ession 1898. Strassburg. Druck von Dnmont-Schaoberg. Diese 
essionsberichte weisen ein immer reichhaltigeres und vielseitigeres 
Material auf, welches sich auf die gesammte öffentliche Pflege der 
andwirthschaft und Thierzucht, damit auch auf die Veterinär- 
rganisation erstreckt. Das Studium dieses Berichtes ist von 
)hem Interesse. 

Neue Auflagen. 

Hanbner’s Landwirthschaftllohe Thierheilkunde. Zwölfte umge- 
rbeitete Auflage, herausgegeben von Geheimrath Sie dam- 
rotzky. Berlin bei Paul Parey 1898. Das Buch ist ent- 
»rechend den neueren Erfahrungen ergänzt. 

Arnold (Prof, an der thlerftrztl. Hochschule In Hannover), Repetitorium 
jr Chemie. Für Mediciner und Pharmaceuten. Achte Auflage. 
amburg-Leipzig bei Leopold Voss 1898. Die in kurzen 
wischenräumen regelmässig erscheinenden reuen Auflagen be¬ 
eisen die unveränderte Werthschätzung, deren sich das praktische 
uch erfreut. 

Johne, Der Triohlnensohauer. Seohste Auflage. Berlin bei Paul 
arey 1898. Auch dieses Werk ist allgemein bekannt und ge- 
ihmt. Die neue Auflage zeigt eine Vermehrung sowohl des 
'extes als der Abbildungen. 

Pfeiffer. Operatlonscursuo. Berlin 1898, bei Richard Schötz, 
egt bereits in russischer Uebersetzung vor. 

Dr. Baumgart, Grundsätze und Bedingungen der Ertheilung der 
octor-Wflrde, bei allen Facultäten des Deutschen Reiches, sowie 
i Basel, Bern, Freiburg, Zürich, Wien etc. Fünfte Auflage, 
•erlin 1898, R. v. Decker’s Verlag. Auch dieses Buch ist in 
•ttherer Auflage bereits in der B. T. W. beifällig besprochen 
rorden. Dass in den Statuten betr. Promotionszulassung manches 
uf dem Papier steht, was sich beim praktischen Versuch anders 
estaltet, indem die Facultäten sich eine weitgehende Freiheit der 
idividuellen Beurtheilung Vorbehalten, kann der Verfasser nicht 
ndern. Immerhin gewähren doch diese offlciellen Bestimmungen 
inen im Allgemeinen zutreffenden Anhalt, und da gerade in 
euester Zeit in Deutschland vielfach neue Grundsätze zur Geltung 
elangt sind, so sei die neue Auflage Thierärzten, welche promo- 
iren wollen, als Rathgeber bestens empfohlen. 


Personalien. 

Auszeichnungen : Dem Ereisthierarzt Dr. W o 1 p e r t - Mainz wurde 
as Ritterkreuz II. Kl. deo Verdienstordens Philipps des Gross- 
]Utbigen verliehen. 

Anlässlich des Regierungsjnbilänms des Kaisers von Oesterreich: 
)r. Bayer, Professor und Rector der thierärztl. Hochschule in 
Vien, zum K. K. Hofrath ernannt. — Den Professoren Dr. J. C so kor 
md Obersanitätsrath Dr. P o I a n s k y ebenda das Ritterkreuz des 
'ranz-Josephs-Ordens, dem städtischen Oberthierarzt Toscano- 
lan e 11 a - Wien und dem Amtsthierarzt A. P os t o 1 k a - Wien das 
oldene Verdienstkreuz — verliehen. 

Ernennungen: Thierarzt Siegm. Graf-Weitnau (Allgäu) zum 
)istrictsthierarzt in Wörth a. D.; Thieiarzt Lübke-Erfurt zum 
omm. Bezirksthierarzt in Frankenhansen (Kyffh.). — Gewählt; 
rhierarzt J. Brandmann -Fulda zum Schlachthofthierarzt in 
)ttweiler (Bez. Trier). 

Promotionen: Thierarzt J a c o b s - Hildesheim von der natur¬ 
wissenschaftlichen Facultät zu Tübingen; Thierarzt Lothar Kan- 
o ro w i c z - Berlin von der medicinischen Facultät zu Giessen. 

Approbationen: In Berlin: Die Herren Paul K n u t h und 
•'riedrich Hagenstein. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
I erlin: Thierarzt O. Hob an g, Assistent am Patholog. Institut 
ler Thierärztl. Hochschule in Berlin; Thierarzt J. Matschke- 
ierlin; Rossarzt Fr.Müggenbur g-Berlin; Thierarzt P. N i p p e r t- 
3erlin und Thierarzt H. Schottmann -Hannover, letztere beide 
ds Assistenten an den bezw Kliniken für kleine Hausthiere; Tbier- 
irztM.Schmey -Berlin; Thierarzt T. Tiddens -Ohrdurf; Thier¬ 


arzt Dr. J. Willerd ing, Repetitor .°m Patholog. Institut de# 
Thierärztl.Hochschule in Berlin: Thierarzt E. Wulff-Stolzenau a. W ..... 

Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier 
arzt Dr. Fr. M a g d e b n r g • Hamburg nach Landsberg a. W. ah 
pract Thierarzt; Thierarzt C. T i t z e - Schwelm i. W. nach Stolzenau 
(Hannover). — Thierarzt G. Lux hat sich in Beutben (O.-S.), Thiei¬ 
arzt Alb. Marggraff - Speyer in Niedermoos (Hessen) nieder¬ 
gelassen. 

Berichtigung: Irrthümlicherweise wurde in voriger Nummer 
von Schlachthofthierarzt Jüngers- Mülhausen der Rücktritt in den I) 
Ruhestand berichtet. 

in der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Loewner zum 8. Kür.- (V 
Regt Graf Wrangel als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen W 
Oberrossarzt Schirmann. 



rat Lieh 


Vacanzen. 

Kreistbierarzt8tellen: a) N eu ausgeschriebene Stellen: 


Profess« 


R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem 
660 M.) — Jagstkreis: Districtstbierarztstelle Weikersheim 
(ca. 700 M). — R-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. 
Posen:.Neutomischel. —R.-B. Stralsund: Stadtkreis Stralsund 
und Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungs¬ 
präsidenten. — R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors 
für den Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in Ansbach zum 
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- und Bureaugelder). 
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach. 

Thierärztl. Hochschule inMUnchen: 2. Assistenten¬ 
stelle am patbolog.-lnstitut sofort (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an 
den Director. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Oppeln: 
Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

Samtätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthierarzt zuAnf. Jan. 1899 
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.) 
Meid, an Magistrat —Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum 
1. April 1899 (2400 M. u. Wohn.; vierteljährl. Künd.) Meid.b. 10. Jan. 
1899 an Magistrat. — Königsberg i. Pr.: 2. Schlachthof-Thierarzt 
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M. 
bis 3000). Event. Wobnungsabzug. Bewerbungen sofort an den 
Director. — M a 1 m e d y: Scblachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬ 
dungen bis 1.Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen), 
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat¬ 
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Plauen 
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M. 
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an OberbUrgermstr. 

— Strasburg (Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M. 
freie Wohnung). 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: Haltern: Thierarzt für Fleischscbau (ca. 2000 M. 
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz: 
Schlachthofassistenzthierarzt. — Münstereifel: Schlachthaus¬ 
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg: 
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

— Warburg: Schlachthofthierarzt. Bew. an Bürgermeister. 
Privatsteilen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt 

aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschangebühren), 
Bewerb, an Magistrat — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1600 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬ 
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an 
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans Fleisch¬ 
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an 
Bürgerin. Igel. — Obermarsch acht(Elbe): Thierarzt — PIathe 
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬ 
verwaltung. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme ans Fleisch¬ 
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtratb. — Schön- 
fliese (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn- 
Joachimstbal. — S t o p p e n b e r g (bei Essen): Thierarzt Näheres 
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt 
zum 1. Deoember 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an BUgermeister — 
Z e h d e n: Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg 
bei Zehden). 




Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inaeratenthcl!) Prot Dr. Schmaltt ln Berlin. — Verla« und Eirenthum von Richard Schoetz In Berlin. — Druck ron W. BOxemteln. Berlin. 


A. Egl 

p ofeworen an dei 
Drite gänzlich u 

Preis broe 


Tkeil 1. 

.. 

.. 

ittkktkmrielies; Mannbarkeit 

■leiblichen Thiere . . . • 
■aGtjeouiie inr Brunst. 


ivüchn Thieres . . . • 
«nÄben Thierei .... 
«cne: W den llausthierarten 


der Befruchtung . 
te iu Äuttertiieres. . . . 

'***. 

kra. 

•*5 Wichtungen über die 
tote? (Vererbing) des Ges 
*'« Duliwma sowohl der S 

%. 

«kbeil »Iler Samenfäden b 

* Bstimnrong des Gescbie 

* Eigenichaiten der G 
^«während ihrer Ausbildi 

erlangt habt 
■•'mchlechtgzellen besitze' 
Ente 
ist der all gen 
ui welchen dieselbe 
N *uug aus der Ge 
Jamben CThury) . 
/ ^ ^nnaphroditischt 
. Stimmung des Gc 
_ Sterinen Entwickli 
der Fi 




Umwicklung 


%4r ^ebthhllen 


. 

W* reif *n Foetus 


^'ntemi 


Digitized by 


Goog 


^ d WUr T ^ d Sc 
•C Uterus 

JJC 1 ** ; ; 












No. 61. 


BERLINER THIERiMTLICHL WOCHEKSCaRirr.-— “ 


Soeben erschien : 


Lehrbuch 


tierärztlichen Geburtshilfe 

von 

jjftSSÄl.»--- 

T * r »»'» Leiter der externen Klinik ^ Mitwirkung von 

. . n r r. Schmaltz? 

A. Eggeltag -J »***» „„ 

Professoren an d „ Wrtt«» * , ermehrt . Aun. g e. 

Drit» giiuiion um * e "^ e __ gebunden U- 24. . 

Preis brosch. M- , 

Inhaltsverzeichnis. 

"" I m»?'®!*®? 


The» 1- 1 

• TW1: Der Gescklecktstrieb 1 

,3fDe des Geacblechtatriebe» f» 

Lunchen des Gescblecbtstriebes; Mannbar e n 

Die Breast beim weiblichen Thierc • • .35 

Int Menrtnution im Gegensätze zur Brunst • 39 

IL1W1: Die Begattung. . 39 

Wrhahen des weiblichen Thieres 46 

'erhalten dee männlichen Thieres • 61 

Tolanf der Begattung Iwi den llaustbb’rarun 70 

HL TM1: Die Befrachtung. TI 

Wtseu aod Bedingungen der Befruchtung .93 

16« Fruchtbarkeit des Matterthicre*. * 110 

'• Theil: Die Vererbung. . lU 

'«rerhungstheorien.' ’ v rerbuug • • 122 

In« tbatsichlichen Beobachtungen über die ® . 134 

' TbeU: Die Entstehung (Vererbung) des öe * cbl anflde n 

I. Die Theorie vom Dualismus sowohl der *® 135 

der Eiiellen.• G w Kier eines I 

II. Theorie: Gleichheit aller Samenfäden * ^ nen en 

Individuums. Bestimmung dea Gescb ec " htBSe iien, 
Keimanlage durch Eigenschaften der Gesc _ j stfny , 
welche dieselben während ihrer Ausbildung 145 

ia elterlichen Organismus erlangt haben •• g^^iage 

IH.Theorie: Die Geschlechtaiellen besitzen ^ ^ die 

ftr die Gescblechtsübertra^uiiL' 1 n '' ( *" » Q gtand der 
Gesehlechtsbestimmung ist der allgem* ® -^geben- 
Geschlechtszellen, in welchen dies dben ® o,tsdrtise bis 
seit von ihrer Loslösung aus der Gescble«*Wir t &1 

zur Befruchtung geratben Jhnrj ' . ian iage und 

IV. Die Theorie der bennapbrodltiscben ® , arac tcrs 
nachträgliche Bestimmun. dea Gescble • 

während der intrauterinen Entwicklung • . * 

^Theüs Das Intrauterine Leben der Frucht. 

Grandxüge der Leibesentwieklung • * 

bie Eibäute oder Fruchthü’len • 2 j 

Physiologie des Foetus 
b»s Ausreifen des Foetus 
bie Beschaffenheit des reifen Foetus 
bie Lagerung im Uterus . „„-schaff • ' 

^TheO: Die Hutter während der Sehwaaff 

Bemerkungen über den Uterus ■ 

bauer der Schwangerschaft . 

Abnorme Schwangerschaften . , • • 

Feststellung der Schwangcrscliatt • • • d s e Scbw aU * eT 

Beeinflussung des mütterlichen Körpers durc , , • • 

Schaft. . 

Nit der Schwangerschaft 


EJJÄ ar vor derart 

■■ ■ 


1-294 

1 -H 

14—17 

17-29 


XomTtäten der Brunst ^ llinder n . • • - 

Krankheiten und A» ....•* 33-41 

■ Ver b„”oTe» Trächtigkeit auftreten . 41-71 

Die abno w äbrend der T Geburt be- 

und Krankheiten, *® ^2-113 

—- 

uUaitAn. <nc u _ ^ 1 . na* 


Krankheiten,. ^. ... . . . 241-*»» 

zur Behandlung K* ilchdrü8e . • • • 296-B42 

w. Z £• 296 

Dl. E*» 010 * 1 H Ath®en . .29« 

Das vorzeitig® ..•••" ... 300 

Der Scheintod- * * ‘ ... 801 

::::: S 

^»'^'rScUtrange, Bu 

ÄM- '■ Bit“»- «">“ B,a8e) ; 822 

::: • . ; - 
Anuanimlnng . 32ö 


241—294 
296—842 

. . 296 


desselben, 


Anßan 1^11UUt, 

Geschwülste 


. . 326 
. . 327 
. . 328 

848-878 


«i“«f“ r Zhe.' B" 1 ' 1 “® 1 '" "ftmFoetos.^uhryotomle 819-401 

Bi^^Äwrt.hU'- .... 


u. Abnorm« ^.^beinbaltungen . • 

Abnorme 


419-4^ 

480-496 

438 
450 
467 
.77 
• 84 



Digitized by 


Google 







































Nö. 61. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


1896. 



Roekslroh’s Verbandbinde 

Muiter-Sohutz No. 88 699. II. Preis Bromberg 1898. Muster-Schutx No. (|8 599. 
ist die beste Binde der Neuzeit. Sie zeichnet sich aus durch die 
gewebten, festen Kanten, grosse Elastizität, feinmaschig gestrickte 
Machart, leichtes Gewicht und Handlichkeit beim Gebrauch. Sie ist 
bandartig, nicht schlauchartig gearbeitet, wodurch die Fplten- 
bildung vermieden wird auch nach wiederholtem Waschen. 

Der Preis iBt für 8 10 12 cm Breite das Kilo M. 5,10 { m6 J 
• oder das Meter II 13 17 Pf. Kleine Muster kostenfrei. 

Carl Rockstroh, Yerbandstofff abrik, lahnsbach i S achs. 

* Bakterien-Mikroskop No. ß 

TA mit 3 Systemen, 4, 7, und Oelimmerslon, Abbe'schem 

Beleuchtungsapparat. Vergrösserung 50 bis 1500 
linear, 140 Mk., mit Irisblende 150 Mk. — Gesetzlich 
geschütztes Universal-Mlkroskop No. 5, Systemen 
4, 7, und Oelimmerslon, Abbe'schem Beleuchtungs- 
apparat. Objektiv- u. Ocular Revolver 50—1500 linear, 
200 Mk., mit Irisblende 210 Mk. — Trichinen Ml- 
kroskop in jeder Preislage. — Kataloge mit Gut- 
[Rgii achten kostenlos. Gegründet 1859. Coulante 
Zahlungsbedingungen! [ 1777 ] 

■*&&& Ed. Messter, Berlin NW., Friedrichstr. 84 95. 

^■ar,rzri \ 1TJ je.Mt [fift yr-,_ Diebesten leichtfahrendsten4rädr. 

Einspänner für ärztliche Praxi» in 
Cft* Feld-, Wald-, Gebirgswegen mit 
^ abnehmb. Verdeck liefert 

^ ^ Bgtojjtok 0 .--Pr. 

III. Kataloge n. Anerkennungs- 
■ fägF r -- schreiben aus ganz Deutschland 

frei zu Diensten. 


Eine zwingende Nothwendigkeit 

für den Viehbesitzer ist die Versicherung seines Viehstandes, was 
jeder practicirende Thierarzt immermehr einsieht. Deshalb empfehlen 
wir unsere Versicherungsarten, nämlich: Viehlebens-, Weide- 
Operations-, Transport-, Schlachtvieh (einschliesslich Tuberculin- 
Impf^-Versicherung, ferner Fahr-, Unfall- und Rennversicherung. 
Berlin S. W., Friedrichstr. 239. (Fernspr. Amt VI, Nr. 2779.) 

Central-Vieh versicherungs-Verein; 

Thierarzt Otto Heinrich, Director. (1779] 


D' ! AÜFRECHT’ S BAKTERIOLOG. INSTITUT 

llerlin Bf., Friedrichstr. 110. Tel.-Amt III, 2068. [nso] 
Kurse in Bakteriologie und physiologischer Chemie. 
Untersuchungen jeder Art, Reagentien, Nährböden etc. 


Schonung der Pferde 
Sicheres Fahren u. Reiten 

;mf glatten Wegen (Eis. Schnee. Asphalt Holz etc.» 
kamt mir erreicht werden durch Benutzung der 


Hufeisen - H - Stollen (Patent Neuss) 


Stets scharf! Kronentritt unmöglich! 8«**.. 

Um vor werthloaen Nachahmungen zu schützen, ist jeder einzelne I li I 
unserer H - Stollen mit nebenstehender Schutzmarke versehen, f «IT 
worauf man beim Einkauf achten wolle. | | 

Preislisten und Zeugnisse gratis u. franco. 

Patent-Inhaber und alleinige Fabrikanten: 

Leonhardt & Co., Schöneberg-Berlin. 


Verantwortlich fttr den Inseratenthell: Rlohard Schoetz ln Berlin. — Verlag und Eigenthum von Rlohard Schoetz in Berlin. — Druck ^on W. Büxenatein In Berlin. 

. Digitized by Cj oogle 


Medicinal-Orosshandlung. ■§ 

Hannover 

Lndwigstrasse 20 a. 20 a. 


begründet Drogen, Chemikalien, fertige Präparate, Verbandstoffe, Drucksachen und Utensilien. 

1859. Einrichtung von Apotheken and Dispensiranstalteii unter den coolantesten Conditionen. 

empfehlen: 

Arecolin, E»erin, Pilocarpin zu Grosso-Preisen. 

8terile LSsnngen in Glasröhrchen „gesetzlich geschützt“. 

Knrj iim clilorat. »olnt. „zuverlässig“. Tnbercnlin 0,5 :4,5 Phenollös. für Kühe 

Tetannft-Antitoxin Molnt. Dose zu 50,0 M. 30.50. „ 0,25 :4,75 „ „ Kälber 


Gegrfindet 

1859. 


dauernd 

haltbar! 


Telegramm-Adresse: Rengenco Hannover. 


;*^g| Zu kostenfreiem Versuch empfohlen: 


Dieckerhoft’s Spritzen zur intravenösen iDjection. 

Spiral-Schlauchklemme 0,50—0,60 M. 

Embryotom-Ecraseur nach Witt und Wessel, leicht transportabel 62 M. 
Operationshandschuhe aus Gummi. 

Jodkalium-Infusionsapparat 2,50 M. [1775] 

Gamasche „Ideal“ nach Hauptmann 3.50 M. 

DieckerhofFs Aderlasshohlnadel 4,25 M. 

Duntschlauch für Irrigation und Compression. 

Pilleneingebeapparat, zerlegbar, nach Matthias 5,00 M. 

Hauptner’s Reformthermometer 1,50 M. 

Allen Tüierärzten der meisten Kulturstaaten ist kostenfrei übersandt worden: 

Hauptner’s Neuheiten, Katalog 1898. 

H - II » 11 ti i tl fl H Instmnrenten-Fabritr, 

• ncUljJUIcl, Berlin, BW. 

















Die TlilerirnUlebe Wochenschrift" erschein! 

wöchentlich in Slirke von mindestens l'/iHogcu. Dieselbe 
ist xu bestehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Scho«tt, Berlin NW., Luisenstrasse 36. xum I’reise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Uriglnalbeitrtge werden mit 50 Bk. für den Bogen honnrirt. 
Alle Mauuscrlpte, Mitthel langen und redactiouelleu An¬ 
fragen hellebe inan zu senden an Prof. Dr. Schmaltz, 
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., LuisenstTasse .*>0. 
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


I 


h 


I 


Thierärztliehe Wochenschrift 

Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 


Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36. 

Jahrgang 1898. M 52 . Ausgegeben am 29. December. 

Anzeigen werden zum Preise von 50 Pf. für die einmal gespaltene Petitzeile, oder deren Raum, angenommen. Bei 5- 10 maliger 

Wiederholung kostet die Zeile 40 35 Pf. 

Beilagen werden nach einer mit der Verlagshandlung zu treffenden Vereinbarung beigelegt. 

Mit der nächsten Nummer beginnt ein neuer Jahrgang der „Berliner thierärzt- 
liehen Wochenschrift 46 und werden die geehrten Abonnenten ergebenst ersucht, 
das Abonnement, wo dies nicht bereits geschehen, baldigst zu erneuern. 

Die Verlagsbuchhandlung. 


Praxis 

in einem Landstädtchen ist bis längstens 1. April 1899 an einen 
verheirateten Collegen abzugeben. Einkommen 6000 Mark jährlich; 
bei Uebemahme der Fleischbeschau noch 600- 700 Mark. 2200 Mark 
Fixum. Zugleich kann ein Haus im Werthe von 15 000 Mark sowie 
eine Hausapotheke mitübernommen werden. — [nss] 

Offerten unter „Praxis* 4 an die Expedition d. Bl. 

Äpprob. Tierarzt 

Blicht [1783J 

Vertretung 

oder Assistenz Antritt sofort Nachfragen sub S. P. 17 an d. Exped. 

Approb. Vertreter 

für Januar u. Februar 1899 gesucht. Wohnung u. Verpflegung im 
Hause. Eigenes Gespann. Offerten erbitte sofort unter: „Kreis¬ 
tierarzt“ an die Expedition der Zeitschrift. [1784] 

Thierarzt. 

Für das im Bau begriffene städtische Schlachthaus soll ein 
geprüfter Thierarzt als Schlachthaus-Verwalter und Fleischbeschauer 
angestellt werden. 

Gehalt 1500 Mark nebst freier Wohnung, Brand, Licht und 
Wasser. Privatpraxis soweit der Dienst im Schlachthaus es gestattet. 

Meldungen unter Beifügung von Zeugnissen und Lebenslauf¬ 
beschreibung sind dem Unterzeichneten bis zum 1. Januar 1809 
zuzusenden. [ ,785 1 

Malmedy (Rheinpr.), den 2. Dezember 1898. 

Der Bürgermeister. 

_K a 1 p e r s. _ 

Bekanntmachung. 

Die Stelle des [i78oj 

zweiten Thierarztes 

am städtischen Schlacht- nnd Viehhof ist möglichst zum 1. Januar 1899 
neu zu besetzen. Das Jahresgehalt beträgt 2400 M., steigend von 
3 zu 3 Jahren um 200 M. bis zum Höchstbetrage von 3000 M. 
Falls möblirte Dienstwohnung und Beheizung gewährt werden, 
worden 300 M. p. a. in Abzug gebracht. Die Stelle ist nach ein¬ 
jähriger Probedienstzeit pensionsberechtigt 

Bewerber, welche an Schlachthöfen thätig waren, werden be¬ 
vorzugt. Die Bewerbungen sind möglichst sofort an den Unter¬ 
zeichneten einznreichen. Der Director 

Königsberg i. Pr., des Schlacht- u. Viehhofs, 

den 20. XII. 1898. Maske. 

Kaufe stets Veterinär - Litteratur (einzelne Werke 
sowie ganze Bibliotheken), und zahle gnte Preise. . [i787] 

R. Zinke’« Antiquariat, Dresden, Pillnitzerstr. 32. 


Bekanntmachung. 

Die Kreisthierarztstelle des Kreises Meppen ist sofort neu zu 
besetzen. [nssj 

Das Einkommen dieser Stelle besteht in dem etatsmässigen 
jährlichen Gehalt von 600 M., ausserdem bis auf Weiteres voraus¬ 
sichtlich in einer Stellenzulage von jährlich 300 M. und in einem 
Zuschüsse ans Kreismitteln im Betrage von 500 M. jährlich. An 
die Gewährung dieses letzteren Zuschusses ist die Verpflichtung 
geknüpft, an der landwirtschaftlichen Winterschule in Meppen 
Unterricht in der Thierheilkunde ohne weitere Vergütung zu ertlieilen. 

Nach der Viehzählung vom 1. Dezember 1897 waren im Kreise 
Meppen 2482 Pferde, 15 959 Stück Rindvieh, 22117 Schafe und 
12 048 Schweine vorhanden. Weitere approbirte Thierärzte neben 
dem Kreisthierarzt sind im Kreise Meppen nicht ansässig. Befähigte 
Bewerber werden hiermit aufgefordert, sich bis zum 20. Januar k. J. 
unter Einreichung der Zeugnisse und eines Lebenslaufes bei mir zu 
melden. 

Osnabrück, den 23. Dezbr. 1898. Der Regierungs-Präsident. 

Bekanntma ebung. 

Die pensionsberechtigte Stelle des Inspektors am hiesigen 
städtischen Schlachthause ist sofort durch einen geprüften 
Thierarzt wieder zu besetzen. 

Das Stelleneinkoramen beträgt neben freier Wohnung, Brand 
und Licht Anfangs 2400 Mark und steigt bei zufriedenstellenden 
Leistungen bis auf 3000 Mark. 

Die Ausübung der Privatpraxis ist nur innerhalb des Stadt¬ 
bezirks gestattet. 

Beiträge zur Provinzial-Wittwen- und Waisenversorgungs- 
Anstalt, welcher der Anzustellende anzugehören hat, werden ganz 
seitens der Stadt gezahlt. 

Bewerber um die vakante Stelle, deren Wiederbesetzung 
baldmöglichst erfolgen soll, ersuche ich um sofortige Einreichung 
der Zeugnisse und des Lebenslaufs. 

Siegburg, den 22. Dezember 1898. [itsh] 

Der Bürgermeister. 

Spilles. 


Von Anfang Januar 1899 auf kürzere oder längere Zeit 
einen approbirten Thierarzt als 

Assistent. 

Freie Wohnung und Verpflegung im Hause. (nstdj 

Offerten mit Ansprüchen unter S. B. 10. an die Expedition 
dieser Zeitung. 


Eine thierärztliche Apotheke ist preiswerth abzngeben. 
Reinfeld i. Holst. (mi) Pauline Barckmann. 

Digitized by VjüUV 1a~ 















No. 52. 


BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 


1898. 


Bekanntmachung:. 


[ 1792 ] 


| 1793 ] 


i — 

fl © 
© 

U Ü 
Xi 03 

w * 


Ein approb. Thierarzt wird zum 1. April 1899 für den 
hiesigen Schlachthof als 

zweiter Thierarzt 

gesucht. 

Jahresgehalt 2400 Mark und freie Wohnung bei viertel¬ 
jährlicher Kündigung. 

Bewerbungen mit Lebenslauf und Zeugnissen sind bis zum 
10. Januar 1899 bei hiesigem Magistrat einzureichen. 

Kattowitz, den 19. December 1898. 

Die Schlachthof-Direction. 

A n d r i c h. 

Von Mitte Januar auf längere Zeit 

approb. Vertreter 

gesucht. Freie Verpflegung und 4 M. Diäten. Offerten an 
Witkow, 26. XII. 1898. Krüger, int. Kreisthicrarzt. 

Suche für Mitte Januar nächsten Jahres [1794] 

Stellvertreter 

resp. Nachfolger für Fleischbeschau und Praxis. Einkommen 
ca. .'5000 M. Franke, prakt. Thiorarzt, 

____ Bei chtha i i. Sohl . 

500 M. für Besorgung einer selbst oder [ 1795 ] 

Hülfsthierarztstelle 

einem an einem Schlachthofe angestellten Kollegen. 

Offerten sub L. S. an die Expedition dieser Zeitschrift. 

Gerl ach, Handbuch der gerichtlichen Thier¬ 
heilkunde, 1862, gegen Meistgebot zu ver¬ 
kaufen. [ 1790 ] 

Off, unt. Z. 100 a. d. Exped. d. B. T. W. 

Kam il ien-Vernors» nag:. 

Alle deutschen Reichs-, Staats- und Kommunal- etc. Beamten, 
Amts- und Gemeindevorsteher, Standesbeamten, Postagenten, ferner 
die Beamten der Sparkassen, Genossenschaften und Kommandit¬ 
gesellschaften, Geistlichen, Lehrer, Lehrerinnen, Rechtsanwälte, 
Aerzte, Thierärzte, Zahnärzte, Apotheker, Ingenieure, Architekten, 
Redakteure, Offiziere z. D. und a. D., Militär-Aerzte, Militär-Apotheker 
und sonstige Militärbeamten, sowie auch die bei Gesellschaften und 
Instituten dauernd thätigen Privat-Beamten, welche für ihre Hinter¬ 
bliebenen sorgen wollen, werden auf den 

Preussischen Beamten-Verein 

Protektor: Seine Majestät der Kaiser 

Lebens-, Kapital-, Leibrenten- und Begräbniggeld- 
Versicherungs-Anstalt 

aufmerksam geraaobt. [1797] 

Reiner Zugang 1897 = 3238 Versicherungen Ober 12 648 750 M. Kapital 
und 45 080 M. Jährl. Rente. 

Versicherungsbestand 171551427 M. Vermögensbestand 47 687 000 M. 
Der Ueberschuss des Geschäftsjahres 1897 beträgt rund 1600000 M., 
wovon den Mitgliedern der grösseste Theil als Dividende zugefiihrt wird. 

Die Kapital-Versicherung des Preussischen Beamten-Vereins 
ist vortheilhafter als die s. g. Militärdienst-Versicherung. Der Verein 
stellt Dienstkautionen für Staats- und Kommunal-Aemter unter den 
günstigsten Bedingungen, ohne den Abschluss einer Lebensversicherung 
zu fordern. Infolge der eigenartigen Organisation (keine bezahlten 
Agenten) sind die Prämien beim Verein billiger als bei allen anderen 
Anstalten. Die Drucksachen desselben geben jede nähere Auskunft 
und werden auf Anfordern kostenfrei zugesandt von der 

Direktion des Preussischen Beamten-Vereins in Hannover. 


Aerztliche Maximal-Thermometer 0798] 

aus Jenaer Normalglas, in Ia Nickel- oder Gammibtilsen, 13 cm lang, 
garantirt zuverlässig, mit Prüfungsschein, k Dutzend Mark 9,—. 
Minutenthermometer (Maxima) mit Prüfungsschein k Dtz. M. 10,—, 
Minutenthermometer (Maxima) ganz ans Glas, oben zugeblasen mit 
fest eingeschmolzener Milcbglasskala nnd kräftiger Glasöse zum Be¬ 
festigen eines Bindfaden, oval in ff. Nickelbüchsen mit Prüfungsschein. 
k Dutzend Mark 11,50. 

Fabrik ärztlicher Thermometer nnd Glasartikel zur Krankenpflege 

Adelhold Helnse ln Mellenbach 1. Th Bringen . 

Raucht Vorstenlanden Oep. 2348. 

Beste und beliebteste Cigarrenfabrikate für alle höheren 
Stände. Dieselben werden anderen Fabrikaten vorgezogen, weil 
angenehm leicht, sehr guter Geschmack nnd Aroma, sowie staunend 
billige Preise, laut den feinsten existirenden fast täglich eingehenden 
Belobigungen. Einzige gr Fabrik am Platze, welche nur Vorsten¬ 
landen um alle Marken verarbeitet. Alleinige Fabrikanten der 
weltberühmten eingetr. Schutzmarke Vater Kolping No. 26186. 
Zoll und portofreie Lieferung ohne Nachnachme. [ 17 -w] 

Gebr. Willemsen, Goch. 


-i. 

~ . ^ Kolikpillen 

Wnrmplllen eto. 

Kalben, Tineturea etc. 


<■ riue atd Ftra tiirr (ciiliiirtti FfaNtplIli tat JO Sr. "XI 

Rp oftu: Preis 35 Pf. 

Kap. ricln. q. i. f. pH. I. (m. Gelatine-Ueberzog.) 





plllen mit wrich-p lästige hen 
Oola'ine Ü hcrzUgen sind 
unbegrenzt haltbar, werden 
nie hart und können, weil 
abmlut sauber, stets in der 
Tasche miigeführt werden 


i 




Preisliste zu Diensten. 


6. Verlaender lachf. 

Apotheker. 
Fabr. pharm. Präpar. 
Bad Oeynhausen. 




CREOLIN 

anerkannt wirksames [ 
in der Thierheilkunde J 


unübertroffenes 

Desinfectionsmittel und Antiparasiticum 

ungiftig und nicht ätzend. 

1 Bestes Viehwaschmittel. 

Unerreicht für die Stall-DesintectionA 
Unentbehrlich in der Wundbehandlung. 

Ueber 50 Diplome und Medaillen. 

Die Benutzung des 

Wortes Oreoliii 

für andere als meine Waare wird überall \ 
gerichtlich verfolgt. [isoi] 



Garantie für Echtheit nur bei Bezug von Orlglnal.Paekiiugcn j 
mit Schntimarke und Plombe oder Unterschrift der Firma 

William Pearson Hamborg, Cremon 8. 


Ferd. Capellen, Hannover. 


Medizinal - Drogen - Grosshandlung. 

Verbandstoffe, Utensilien, Apotheken-Einrichtungen, Instrumente. 


[ 1802 ] 


Neu 




J). H.G.M. 2540 0 
Aluminhim-Srnia. 


Zuverlässig! 


Uebe’s Minuten-Thermometer mit Aluminium-Skala, 

starkem Qneckailbergefäss für die Veterinär-Praxis', ist die denkbar praktischste, haltbarste und zuverlässigste Konstruktion, da Skala mit 
eingeschmolzen, jede Metallmontirung vermieden, kein Lockerwerden d. Schraubenköpfe, sich. Desinfektion leicht ermöglicht. Mit meinem Prüfungs- 
Bcluun. unt voller Garantie für die Richtigkeit n. Genauigkeit. In Nickel-Scbiebcbülsen od. Patent-Lederetuis franco 8tück Bk. ZfiO, Dtzd. Hk. *4‘—. 
[1803] Alleiniger Fabrikant: Wilhelm Hebe, Fabrik ärztlicher Thermometer, Zerbst (Anhalt). 


Digitized by Google 



Die Thier&ntlich« Wochenschrift“ erscheint 

wöchentlich in SULrke von mindestem l 1 /* Bogen. Dieselbe 
Ist tu bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) 
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard 
Schoeta, Berlin NW, Luisenstrasse 36, sum Preise von 
Mk. 5,— pro Vierteljahr. 


Berliner 


Originalbeitrige werden mit 60 Hk, für den Bogen honorlrt. 
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬ 
fragen beliebe man zu senden an Prot Dr. Scbmaltz, 
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56. 
Correcturen, Recensions-Rzemplare und Annoncen da¬ 
gegen an die Verlagsbuchhandlung. 


Thierärztliche Wochenschrift 


Herausgegeben 

von 

Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36. 


Jahrgang 1898. M 52 . Ansgegeben am 29. December. 


Inhalt: Buch: Behandlung der M i I z b r a n d c a d a v e r un'd Untersuchung des M i 1 z b r a n d b I u t e s. — Schmidt: 

Schutzimpfung gegen Maul - und Klauenseuche. — Referate : Aus dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht 
der preussischen Armee für 1897. — Eppinger: D.is Geburtshelfer-Ekzem. — Sn der: Carcinoraatose beim Hengst. — 
Teurer Zur Kasuistik der Herzkrankheiten beim Pferde. — Körner: Ueber üesinfection von Milzbrandsporen durch Phenol 
in Verbindung mit Salzen. — Mario Molinari: Ueber den Ursprung des Tetanuskeimes. — Blume nthal: Ver¬ 
änderung des Teianusgiftes im Organismus und seine Beziehung zum Antitoxin. — Kanthack and C o n n e 11: The flagella 
of the tetanus bacillus, and otlier coutributions of the morphology of the tetanus bacillus. — Thierhaltung und Thier¬ 
zucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — 0 e ff e n 11 i c h e s Veterinärwesen: Seuchenstatistik und 
Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Biicheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — 
V a c a n z e n. 


Behandlung der Milzbrandcadaver und Untersuchung 
des Milzbrandblutes. 

Von 

Buch -Frankfurt, 

DepartementRtblersrxt. 

Meine Herren Collegen! Da der Milzbrand von allen Seuchen 
am besten erforscht ist, so sollte man meinen, dass über die 
Verbreitung desselben durch unzweckmässiges Verscharren von 
Miizbrandcadavern schon mehr bekannt wäre, als dies thatsächlich 
der Fall ist. Die Untersuchnngen der Hygieniker und derBacterio- 
logen im Speciellen sind nach dieser Richtnng hin noch keines¬ 
wegs znm Abschluss gelangt So wissen wir thatsächlich noch 
nicht genan, wie weit Milzbrandsporen bei der heutigen Art der 
Verscharrung von grossen Thiercadavern ans in die weitere Um¬ 
gebung der verwesenden Cadaver gelangen, insbesondere aber 
ob es den Milzbrandsporen gelingt, die einen Meter dicke Erd¬ 
schicht, die das Cadaver bedeckt, im Laufe der Zeit zu durch¬ 
wandern, um in den oberen Erdschichten einen Rahepunkt zu 
finden. Doch hierüber später mehr. Nur soviel sei an dieser Stelle 
noch erwähnt, dass die bisherigen, nach dieser Richtung bin sich 
bewegenden Versuche fast sämmtlich mit kleinen Thieren an¬ 
gestellt wurden, die einer kritischen Beleuchtung, wenn man den 
Massstab an die natürlichen Vorgänge bei dem Vergraben grosser 
Cadaver anznlegen gezwungen ist, nicht Stand halten können. 

Die Frage nach der Verbreitung des Milzbrandes wird gerade 
in der jetzigen Zeit wieder actuell, da es keinem Zweifel mehr 
unterliegt, dass der Milzbrand unter den Hausthieren seit den 
letzten zehn Jahren häufiger anftritt, als in den vorhergehenden 
Jahren. 

Wir haben daher allen Grund, uns mit dieser Erscheinung 
etwas mehr zn beschäftigen, wie früher und ihren Ursachen nach- 
znsptiren, schon um dessentwillen, weil leicht der Vorwurf er¬ 
hoben werden könnto, als trage das jetzige Verscbarrungssystem 
die Schuld an dem häufigeren Auftreten des Milzbrandes. 

Eine kritische Belenchtnng der Frage soll hiermit nicht ver¬ 
sucht werden, sondern es soll lediglich an der Hand der bisherigen 
wissenschaftlichen Untersuchnngen gezeigt werden, dass in Bezog 
auf die Bewegung der Milzbrandkeime auf Verscharrnngsplätzen 
noch Manches der wissenschaftlichen Aufklärung harrt. 

Um zu beweisen, dass der Milzbrand thatsächlich häufiger in 


den letzten Jahren aufgetreten ist als früher, muss ich zu den 
statistischen Aufzeichnungen des Kaiserlichen Reichs-Gesundheits- 
Amtes greifen, die dafür den eclatanten Beweis liefern. 

Danach wurden im Jahre 1889 im Deutschen Reiche: 2864, 
in Preussen: 1571, in der Provinz Brandenburg: 93 Fälle fest- 
1 gestellt. Die Senclie trat in Brandenburg in 22 Kreisen auf. 

Im Jahre 1890 im Deutschen Reiche: 3271, in Prenssen: 

, 1632, in Brandenburg: 193 Fälle. (In Brandenburg 24 Kreise.) 

Im Jahre 1891 im Deutschen Reiche: 3257, in Preussen: 1741, 
in Brandenburg: 198 Fälle. (In Brandenburg 23 Kreise.) 

Im Jahre 1892 im Deutschen Reiche : 3697, in Prenssen: 1968, 

I in Brandenburg: 361 Fälle. (In Brandenburg 28 Kreise.) 

Im Jahre 1893 im Deutschen Reiche: 3784, in Preussen: 2339, 

[ in Brandenburg: 284 Fälle. (In Brandenburg 24 Kreise.) 

Im Jahre 1894 im Deutschen Reiche: 3699, in Preussen: 2453, 
in Brandenburg: 374 Fälle. (In Brandenburg 25 Kreise.) 
i Im Jahre 1895 im Deutschen Reiche: 3949, in Preussen: 2653, 
in Brandenburg: 412 Fälle. (In Brandenburg 26 Kreise.) 

Im Jahre 1896 in Deutschen Reiche: 4422, in Prenssen: 3020, 
in Brandenburg: 427 Fälle. (In Brandenburg 29 Kreise.) 

Aus den letzten Jahren steht mir ein übersichtliches Zahlen- 
I material nicht zur Verfügung. Für die Provinz Brandenburg ist 
aber, wenn ich den Regierungsbezirk Frankfurt dabei als Mass- 
' stab annebme, gerade im letzten Jahre eine noch grössere Zo- 
nähme der Milzbrandfäile wahrscheinlich. 

Das obige Zahlenmaterial beweist evident, dass der Milzbrand 
jetzt häufiger anftritt als früher. In der Provinz Brandenburg 
haben sich die Fälle von 93 im Jahre 1889 auf 427 Fähe im 
Jahre 1896 gesteigert. 

Woher kommt nun dieseZunahme der Milzbrandfäile? Es soll ge¬ 
wiss nicht geleugnet werden, dass die Einführung der Entschädigung 
für gefallene grosse Thiere wesentlich dazu beigetragen hat, An¬ 
zeigen bei plötzlichen Todesfällen mehr als bisher zn erstatten. 
Andererseits ist aber die Zunahme auch schon vor der Einführung 
! des Entschädigungs-Reglements in der Provinz Brandenburg zn 
bemerken gewesen, so dass dieser Umstand allein nicht aus- 
j schliesslich als Erklärung für das häufigere Auftreten des Milz- 
j brandes gegen früher herangezogen werden kann. Ich meine 
vielmehr, dass die Witterungsverhältnisse der letzten Jahre, die 
1 vielfach mit erheblichen Niederschlägen und Ueberschwemmnngen 


Digitized by kjOOQie 











614 

verbunden waren, wesentlich dazu beigetragen haben, Milzbrand¬ 
sporen aus Seucliendistricten in noch nicht verseucht gewesene 
Gegenden zu verschleppen. Andererseits werden aber häufig 
sporadische Fälle in solchen Gegenden beobachtet, die hoch liegen 
und von denen man nicht behaupten kann, dass die Einschleppung 
auf diesem Wege erfolgt sei. ln einem mir bekannten Falle, wo 
seit Menschengedenken niemals Milzbrand vorgekommen ist, wurde 
als Träger des Milzbrandcontagiums der 14 Tage zuvor in das 
Gehöft eingeführte russische Leinkuchen beschuldigt, ob mit 
Hecht, ist nicht ermittelt worden. 

Dass der Milzbrand stationär werden kann, wenn Noth- 
schlachtungen stattfinden, wobei das abträufelnde Blut mit dem 
lockeren Erdreiche der Höfe, mit den Dungstätten und mit 
anderen Gegenständen der WirthSchaft in Berührung kommen 
kann, brauche ich wohl in dieser Versammlung nicht be¬ 
sonders zu betonen. Ich will nur an einen Fall erinnern, der 
sich im Kreise Landsberg vor etwa fünf Jahren zugetragen 
hat. Auf einem Gute daselbst wurden öfters Nothsclilach- 
tungen von Rindvieh vorgenommen, bis gelegentlich amtlich 
das Vorhandensein von Milzbrand bei einem nothgeschlachteten 
Thiere festgestellt wurde. Da eine gründliche Desinfection des 
überall beim Schleifen der Thiere mit Blut besudelten weichen 
Erdreiches nicht mehr erfolgen konnte, so haben sich jedenfalls 
bei der damals für die Entwickelung der Milzbrandsporen 
günstigen Aussentemperatur Sporen in reichem Maasse ent¬ 
wickelt, die seit dem geschilderten Vorgänge jährlich zahlreiche 
Opfer auf diesem Gute fordern. Das betreffende Gut ist seitdem 
die gefährlichste Milzbrandstation des ganzen Regierungsbezirkes. 

Ich komme nunmehr auf die Frage zurück, ob das heutige 
Verscharrungssystem im Allgemeinen eine sichere Gewähr für die 
unschädliche Beseitigung des Milzbrandvirus bietet. 

Nur an der Hand der Ergebnisse der bisherigen Versuche 
lässt sich meiner Meinung nach diese Frage entscheiden oder 
wenigstens insoweit erörtern, dass man sich eine annähernde 
Vorstellung von den Vorgängen, die dabei in Frage kommen, zu 
machen im Stande ist. 

Lösener stellte durch Versuche fest, um dies gleich vorweg 
zu erwähnen, dass aus dem Erdreich, wenn es, wie der Sand¬ 
boden, eine genügende Filtrationskraft hat, Milzbrandsporen 
durch Grundwasser nicht verschleppt werden können. Weiter 
wurde durch andere bewiesen, dass sich Milzbrandbacillen lange 
Zeit in den verscharrten Thiercadavern erhalten können. Es 
kommt daher bei der Beurtheilung der Frage, ob eine Ver¬ 
schleppung des Milzbrandes durch das Vergraben der Cadaver er¬ 
folgen kann, lediglich darauf an, wie das Erdreich in Bezug auf 
seine Filtrationskraft beschaffen ist. 

Lehrreich sind auch die Versuche, die über das Verhalten 
von Thiercadavern in den verschiedenen Bodenarten angestellt 
worden sind. Danach befördern kalkmergel- und gipsmergel¬ 
haltiger Boden die Verwesung. In stark wasserhaltigen Böden 
verwandeln sich die Muskeln oft in sogenanntes Leichenwachs, 
welcher Vorgang den Ammoniakverbindungen der Stearin-, Pal¬ 
mitin- und Oleinsäure zuzuschreiben ist. In Lehm- nnd Thonböden 
werden die Cadaver leicht jauchig. Die Jauche theilt sich dann 
dem Wasser mit und gelangt mit diesem in Wasserläufe, oder 
in die oberen Erdschichten oder gar bei nicht allzuweiter Ent¬ 
fernung der Cadaver von Gebäuden in Brunnen. 

Einen wesentlichen Faktor für das Verschleppen von Milz¬ 
brandsporen stellt nach Koch, Nocard, Hueppe und Anderen 
das capilläre Aufsaugungsvermögen des Erdbodens dar, während 
Pettenkofer das Hauptgewicht auf die Schwankungen des 
Grundwasserspiegels legt. Pasteur hat auch den Nachweis 
erbracht, dass Regenwürmer im Stande sind, sporenhaltige Erde 


No. 52. 

aus der Tiefe an die Oberfläche des Erdbodens zn befördern. 
Dass die capilläre Wirkung des Erdbodens in der That die nicht 
zu weit von dessen Oberfläche liegenden Milzbrandsporen auf 
diese zu befördern vermag, ist durch die Versuche von Kaspa¬ 
reck nnd Konauth erwiesen worden. Diese Forscher benutzten 
sterilisirte Blumentöpfe, die zur Hälfte mit sterilem Boden ge¬ 
füllt waren. Auf den Boden brachten sie in die Mitte des Topfes 
eine sporen- und bacillenhaltige Bouilloncultur und bedeckten das 
Ganze mit sterilem Boden, nachdem zuvor auf die erste Schicht 
keimfrei gemachter Samen von verschiedenen Getreidearten ge¬ 
bracht worden war. Man wollte mit diesem Versuche hauptsäch¬ 
lich ermitteln, ob die Milzbrandsporen in die keimenden Samen 
oder sogar in die Pflanzen selbst eindringen. Nach etwa drei 
Monaten fand sich die ganze obere Bodenschicht mit Milzbrand¬ 
sporen durchsetzt, während sich Milzbrandbacillen bezw. 
Milzbrandfäden nirgends fanden. Die Pflanzen enthielten, nach« 
dem sie von der anhaftenden Erde gereinigt und ausserdem 
keimfrei gemacht worden waren, keine Milzbrandsporen. Es war 
damit der Beweis geliefert, dass Milzbrandsporen durch das 
capillare Aufsangungsvermögen des Bodens in der That an dessen 
Oberfläche gelangen können, dass aber Sporen in die Pflanzen 
selbst nicht einzudringen vermögen. 

Auch die Versuche von Kitasato über die Sporenbildung 
der Milzbrandbacillen in verschiedenen Bodentiefen haben eine 
gewisse Bedeutung für die Praxis. Danach wurden in den Ba¬ 
cillen Sporen gebildet bei */a bis 1 m Tiefe in den Sommer¬ 
monaten Juni bis August; bei lü m Tiefe nur kümmerlich und 
bei 2 m Tiefe nur noch ausnahmsweise im Juli; bei 3 m Tiefe 
fand eine Sporenbildung überhaupt nicht mehr statt Die zu den 
Versuchen verwendeten Culturen blieben im Boden sämmtlich in 
ihrer Entwickelung etwas zurück; sie zeigten eine gewisse Degene¬ 
ration. Von denjenigen Culturen, die nicht gewachsen waren, 
starben die meisten nach zwei bis drei, die übrigen aber nach 
vier Wochen ab. 

Von besonderem Interesse ist der Umstand, dass in mit 
Fäulnissbacterien vermischtem Milzbrandblute in den Monaten 
Juni bis August in ’/a bis 1 m Tiefe die darin enthaltenen Milz¬ 
brandbacillen schon nach acht Tagen vernichtet werden. Die 
Sporenbildung trat bei diesen Versuchen nur in den Keimculturen 
ein. Das Wachsthum und die Sporenbildung hängen somit auch 
hier wesentlich von der Wärme ab. Steigt die Letztere über 
14 °, so beginnt bereits ein spärliches Wachsthnm der Bacillen, 
während bei 15 0 schon Sporenbildung eintritt. 

Auch durch diese Versuche ist der Beweis erbracht, dass 
die 1 m dicke Erdschicht, die nach § 11 der Bundesraths¬ 
instruction die Cadaver bedecken soll, von den Sporen oder den 
Bacillenfäden ohne Weiteres durchwandert bezw. durchzogen 
wird. Es ist aber nicht zu leugnen, dass, wenn überhaupt viru¬ 
lentes Milzbrandcontagium -die unterste Erdschicht durchdrungen 
hat, dies durch mancherlei Zufälligkeiten in die oberen Boden¬ 
schichten und nach Aussen zu gelangen vermag. Ich erinnere 
nur an die Gewohnheit, die Verscharrungsplätze mit Bäumen zu 
bepflanzen oder sie sich selbst zu überlassen, sodass alle mög¬ 
lichen Arten von Gewächsen darauf sich fortpflanzen. In der 
ersten Zeit nach der Verscharrung wird wohl meist nichts 
pasBiren, später aber, wenn tiefgehende Wurzeln oder tief ein¬ 
geschlagene Pfähle wieder entfernt werden, wird sicher die Ge¬ 
fahr bestehen, dass virulentes Milzbrandmaterial diesen Objecten 
anhaftet und dass es, wenn auch nicht immer nach aussen, so 
doch meistens in die oberen Bodenschichten auf rein mechanische 
Weise verschleppt wird. Es sollte daher immer darauf gehalten 
werden, dasB Verscharrungsplätze mindestens ein Menschenalter 
hindurch nicht bepflanzt, und dass während dieser Zeit die Plätze 


BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by kjOOQie 





Deceinber 1898. 

gegen das Betreten von Vieh durch räumlich weit begrenzte 
Zäune geschützt werden. Denn die Gefahr der Verschleppung 
des Milzbrandes von solchen Verscharrungsplätzen aus wächst in 
gleichem Verhältnis mit den Jahren, da bekanntlich die Sporen 
des Milzbrandbacillus nachweislich noch nach 20 Jahren volle 
Virulenz haben. Es besieht auch, wie wir gesehen haben, noch 
nach längeren Zeiträumen die Möglichkeit der Verschleppung der 
Sporen in die oberen Bodenschichten in höherem Masse, als in 
den ersten Jahren nach dem Verscharren der Milzbrandcadaver. 
Ich will nun keineswegs zu schwarz malen, aber immerhin war 
es nöthig, einmal auf diese Möglichkeiten der Verbreitung des 
Milzbrandes nach längeren Zeiträumen nach der Verscharrung 
von Milzbrandcadavern aufmerksam zu machen. Es empfiehlt 
sich daher, auf die Verscharrungsplätze ganz besonders von diesen 
Gesichtspunkten aus zu achten and in vorkommenden Fällen 
namentlich darauf zn dringen, dass auch sonst entlegene und an¬ 
scheinend an sich ganz ungefährliche Verscbarrungsplätze sicher 
eingefriedigt werden. Ich nehme nun nicht an, dass die Zunahme 
der Milzbrandfälle auf die heutige Verscharrnngsart grosser 
Cadaver zurückzuführen ist, seitdem die Cadaver in der der 
Bundesrathsinstruction vorgeschriebenen Weise verscharrt wer¬ 
den müssen, sondern dass die Zunahme der Fälle, wie bereits 
erwähnt, früheren Sünden zur Last fällt, wo Schafe und 
auch grössere Thiere oberflächlich und ohne jede sonstige Vorsicht 
verscharrt wurden und ferner, dass die Zunahme der in den 
letzten Jahren häufig aufgetretenen Ueberschwemmungen, wobei 
leicht auch tiefer im Erdboden liegende Sporen an die Oberfläche 
gelängen könnten, zuzuschreiben sind. Werden übrigens die 
Milzbrandcadaver stricte im Sinne des § 11 der Bundesraths¬ 
instruction verscharrt, so kann eine Verbreitung des Milzbrandes 
von den Verscharrungsplätzen aus so leicht nicht erfolgen; denn 
man ist unbedingt befugt, die Verscharrungsplätze so auszu¬ 
wählen, dass sie Gefahren der angegebenen Art nicht gut bringen 
können. Bei der Möglichkeit des Betretens der Plätze durch 
für Milzbrand empfängliche Thiere, kann man ohne Bedenken 
die Umzäunung anordnen, obwohl diese nicht direct vorgeschrieben 
ist; man stösst auch bei der heutigen Anschauung der Land- 
wirthe über die Gefährlichkeit der Seuchen und die Art der 
Verbreitung derselben bei der Anwendung derartiger Massregeln 
kaum auf Widerstand, wovon ich mich in meiner amtlichen 
Thätigkeit mehrfach selbst zu überzeugen Gelegenheit hatte. 

Auf einen Punkt will ich aber noch aufmerksam machen, 
nämlich auf den, dass man den sonst bestens angelegten Ver- 
scharrungsplatz leicht zu einem gefährlichen Milzbrandherd 
machen bann, wenn man es versäumt, das bei der Obduction 
abfliessende Blut nicht sorgfältig in die tiefen Schichten der Grube 
vergraben zu lassen. Ueberhaupt lege ich auf die Desinfection 
derjenigen Stellen, an denen das Cadaver im Stalle, oder auf dem 
Hofe, oder an der Obductionsstelle bezw. an der Grube gelegen 
hat, das grösste Gewicht, insbesondere wenn die Lufttempe¬ 
ratur die schnelle Entwickelung der Sporen vermuthen lässt. 
Auf diesem Wege vermag sich der Milzbrand auch leicht bei 
dem Verbrennungssystem weiterzupflanzen, da hier ebenso wie 
dort eine gründliche Desinfection der Abzüge und des aus dem 
Cadaver etwa ausgetretenen Blutes unbedingt nothwendig ist. 

Ich stehe daher nicht an, zu erklären: Das heutige, fast 
noch allgemein gebräuchliche Verscharrungssystem birgt gewisse 
Gefahren in sich. 

Diese lassen sich aber bei sorgfältiger und intelligenter Aus¬ 
legung des § 11 der Bundesrathsinstruction auf ein Minimum 
reduciren und ferner: Das schon in einigen Orten gebräuchliche 
Verbrennungs- bez.Durchdämpfungssystem für Milzbrandcadaver er¬ 
reicht nur voll und ganz den beabsichtigten Zweck, wenn die 


615 

Abgänge der Cadaver, mögen dieselben irgend einer Art sein, mit 
der grössten Sorgfalt unschädlich beseitigt werden und wenn die 
allgemeine Desinfection auf das Peinlichste durchgeführt wird. 

Bei dieser Gelegenheit will ich noch erwähnen, dass im 
Kreise Forbach ein Verbrennungsofen aufgestellt worden ist, der 
sich gut bewährt haben soll. 

Die Zahl der Milzbrandfälle soll sich seitdem erheblich in 
diesem Bezirke vermindert haben. Die Herstellungskosten des 
Ofens betragen 600 Mark, die Kosten für eine Verbrennung ins- 
ge8ammt 16 Mark bei 500—1000 Pfund schweren Cadavem und 
bei einer 8—9 ständigen Verbrennungszeit. 

Ich komme nun zum zweiten Theile meines Themas, den ich 
nur kurz behandeln will. 

Wie durch neuere Versuche bekannt geworden ist, kreisen 
die Milzbrandbacillen erst kurze Zeit vor dem Tode des Thieres 
im Blute. Der Milzbrand ist demnach nicht, wie noch vielfach 
angenommen wird, eine Blut- sondern eine Organkrankheit. Das 
Blut wird nur secundär in Mitleidenschaft gezogen, indem von 
dem erkrankten Organe aus die Bacillen direct in die Blut¬ 
gefässe hineinwachsen und, einmal in das Blut gelangt, durch 
ihre rapide Vermehrung dasselbe völlig überschwemmen. Es ist 
auch bekannt, dass die Blutbacillen sich in den Organen ablagern, 
und dass viele derselben im kreisenden Blute zu Grunde gehen. 

Wichtig für die Praxis erscheint der Umstand, dass bei 
keiner anderen Krankheit als beim Milzbrand stäbchenförmige 
Bacillen in ähnlicher Beschaffenheit im Blute angetroffen werden, 
es sei denn, dass eine gewisse Zeit nach dem Tode des Thiei es 
verstrichen ist. Finden sich demnach im frischen Cadaverblut 
zahlreiche Bacillen vor, die unbeweglich sind, so kann man sicher 
annehmen, dass man Milzbrandbacillen vor sich hat, da die zur 
Verwechslung mit Milzbrandbacillen Anlass gebenden Oedera- 
bacillen, oder andere stäbchenförmige Fäulnissbacillen erst nach 
der Auskeimung der im Darm befindlichen Sporen dieser Bacillen¬ 
arten in den Organen und im Blute auftreten können. 

Enthält das Blut oder enthalten die Organe aber bereits 
cadaveröse Bacillen, so entscheidet bei dem üblichen Fär¬ 
bungsverfahren immerhin noch hauptsächlich die Beschaffen¬ 
heit der Enden der Bacillen und die Färbbarkeit*) der Milzbrand¬ 
kapseln. Am vierten Tage nach dem Tode wird man allerdings 
auch die Kapseln nicht mehr nachweisen können, da sie dann 
Farbstoff nicht mehr aufnehmen bezw. selbst verschwinden. Bei 
dieser Gelegenheit mache ich auch darauf aufmerksam, dass der 
Farbstoff der gefärbten Milzbrandkapseln nach dem Einlegen der 
Präparate in Canadabalsam in weitaus den meisten Fällen schon 
nach ganz kurzer Zeit verschwindet. 

Um zu ermitteln, wie sich Milzbrandbacillen in Bezug auf ihre 
Färbbarkeit und ihre sonstigen Eigenschaften bei Zimmertempe¬ 
ratur in fauligen Organtheilen und im Blute verhalten, habe ich 
mehrfache Untersuchungen angestellt. Aus den noch nicht ab¬ 
geschlossenen Untersuchungen theile ich nur Nachstehendes mit: 

Erste Untersuchung am 6. Juli 1898, früh. 

In Präparaten aus der ganz frischen Milz, 'wo eine Bei¬ 
mischung von Fäulni8Bbacterien ausgeschlossen war, bildeten die 
Milzbrandbacillen vielfach Fäden, bestehend aus Gliedern bis zu 
zehn Stück. Daneben einzelne zweigliederige Stäbchen, die ganz 

*) Folgendes einfache Färbeverfahren dürfte noch nicht allgemein 
bekannt sein. Das auf gewöhnliche Weise hergestellte Deckglas- 
ansstrichpräparat wird begossen mit einer Lösung von Safranin 2 in 
Aqua destillata 100 und alsdann einige Male durch die Flamme ge¬ 
zogen, bis die Farblösung aufbrodelt Dann wird abgespült und das 
Präparat ist fertig. Die Gallerthülle der Milzbrandbacillen ist gelb 
gefärbt und dadurch sind die Bacillen vor allen anderen kenntlich. 
Seiner Einfachheit wegen empfiehlt sich dies Verfahren für die 
Praxis besonders. 


BERLINER THlERARZtLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 




616 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


typisch erschienen. Die einzelnen Glieder lassen vielfach 
Zwischenräume erkennen, wodurch der Stab in zahlreiche Einzel¬ 
zellen zerfällt, in denen sich häufig ein ungefärbter heller ovaler 
Fleck befindet. Mehrfach ist. an den den hellen Flecken ent¬ 
sprechenden Stellen die Wand der Bacterienzelle ausgebuchtet 

Am 7. Juli früh: 

Es finden sich Milzbrandfäden aus elf Gliedern bestehend. 
In den meisten Zellen der Glieder beginnende Sporenbildung. 
An anderen Zellen machen sich deutlich helle Stellen bemerkbar, 
die aber noch keine bestimmte Form erkennen lassen. Die 
Kapselfärbung— Löfflers Methylenblau und alkoholische Fuchsin¬ 
lösung — gelingt nur schwer. 

Neben den Milzbrandbacillen sind nun runde und ovale Bacterien 
von der Länge einer Milzbrandbacterienzelle nachweisbar, die 
intensiv blaugefärbt sind und gruppenweise zusammenliegen. 

Am 8. Juli früh: 

Die Zimmertemperatur beträgt: 19'/a 0 C. Die Pulpa der 
Milz, von der die Präparate angefertigt werden, in Auflösung be¬ 
griffen. Befund der Präparate: Kapseln der Bacillen nicht mehr 
nachweisbar. Die einzelnen Zellen vieler Stäbchen etwas zu- 
saramengeschrnmpft, wodurch der Anschein einer Abrundung an 
den Polen hervorgerufen wird. Die zueinandergekehrten Pole 
sind noch charakteristisch geformt. 

Die Fäulnissbacterien liegen nicht gruppenweise zusammen, 
sondern sind überall in dem Präparat gleichmässig vertheilt. 

Am 9. Juli Nachmittag. 

Die theerartige, schwarzrothe, glänzende Pulpa ist verflüssigt 
Im Präparat zahlreiche Kokken und Diplokokken. Längere Fäden 
von aneinandergereihten Milzbrandstäbchen sind nur vereinzelt 
anzutreffen. Die meisten liegen allein oder zn zweien und zu 
dreien beisammen. Kapselfärbung gelingt nicht. Viele Stäbchen 
scheinen in der Degeneration begriffen. Mehrere Milzbrand¬ 
stäbchen lassen nur das Gerüst als durchscheinende, schwach ge¬ 
färbte Substanz erkennen, in deren Mitte in regelmässigen Ab¬ 
ständen sich kokkenförmige, intensiv gefärbte Kügelchen be¬ 
finden. An anderen Stäbchen bildet das Protoplasma eine un¬ 
regelmässige, krieselige Masse. Bei weiterer Durchsuchung des 
Gesichtsfeldes finden sich auch noch vollständig intacte Bacillen, 
die sogar noch eine schwache Kapselfärbung zulassen und in 
denen vielfach Sporen nachzuweisen sind. 

Am 17. Juli früh. 

Milzpulpa flüssig, zahlreiche Fäulnissbacterien. Milzbrand- 
Stäbchen einzeln oder zu zweien, selten zu dreien zusammen¬ 
liegend. Viele Bacillen noch mit charakteristischen Enden versehen. 
Sonst Befund wie am 9. Juli. 

Am 30. October. 

Das Stück Milz vollständig zu einer dünnen, rothbrannen 
Kruste vertrocknet. 

In mit destillirtem Wasser angefertigten Präparaten zahl¬ 
reiche Kokken und Diplokokken, ausserdem vereinzelte Stäbchen und 
Stäbchenreihen, die unzweifelhaft Milzbrandbacillen sind. Viele 
Stäbchen sind in einzelne Glieder zerfallen (Zellen), die eine 
starke Schrumpfung erkennen lassen. Diese zusammen¬ 
geschrumpften Milzbrandzellen machen den Eindruck von grossen 
Kokken, die rosenkranzartig angeordnet sind und zusammen die 
Grösse des ursprünglichen Milzbrandstabes angeben. Die einzelnen 
Stäbchen setzen sich auch jetzt noch vielfach scharf — die 
Enden erscheinen wie abgeschnitten — von einander ab. Mehrere 
Stäbchen weisen helle Lücken auf, zwischen denen undeutlich 
gefärbte Zellsubstanz liegt An einigen Stäbchen ist dagegen bo 
gut wie keine Veränderung nachzuweisen, wenn man von einer 
geringgradigen Schrumpfung absieht. Die Substanz des Stäbchens 
ist hier gleichmässig gefärbt und weist keine Lücken auf. In 


einer geringen Anzahl von Stäbchen, die isolirt liegen und eine 
gleichmässige Beschaffenheit ihres Protoplasma erkennen lassen, 
finden sich meist im oberen Drittel des Stabes deutlich ovale, 
hellglänzende, ungefärbte Körper, die die Längswand des Bacillus 
an der entsprechenden Stelle etwas ausgebuchtet haben. Es 
handelt sich hier unzweifelhaft um eine perfecte Sporenbildung. 
Andere Arten von Stäbchen fanden sich in den Präparaten 
nicht vor. 

Aus Vorstehendem ist zu folgern, dass in faulenden Organen 
Milzbrandbacillen, bevor sie gänzlich vernichtet werden, ein ver¬ 
schiedenes Verhalten erkennen lassen. Während viele Bacillen 
vollständig in kurzer Zeit degeneriren, werden andere nur un¬ 
erheblich beschädigt, andere dagegen bleiben völlig intact und 
bilden Sporen. Auf die Bedeutung dieser Thatsachen mache ich 
hiermit, ebenso wie es von Anderen geschehen ist, ganz besonders 
aufmerksam. 

Jedenfalls wäre es aber rathsam, genaue Untersuchungen 
auch an verscharrten Cadavern grosser Hausthiere anzustellen, 
um über die Sporenbildung, über das Verhalten der Bacillen und 
über die Sporen in einer Tiefe von ein bis drei Metern unter 
den natürlichen Verhältnissen mehr Aufschluss zu erhalten. 

Vielleicht nicht uninteressant für Sie, meine Herren, dürfte 
auch die Mittheilung sein, dass sich beim Ausschlachten des 
Thieres, von dem die Präparate stammen, drei Personen tödtlich 
mit Milzbrand inficirt haben, an denen zwei nach acht bezw. 
zwölf Tagen starben, während die dritte, vom behandelnden Arzte 
bereits aufgegebene Person — ein Trunkenbold erster Klasse — 
nachdem sie sich der Aufnahme in ein Krankenhaus widersetzt 
hatte, nach etwa fünf Tagen nach reichlichem Genuss roher 
Ziegen- und Kuhmilch und nach Aufnahme grosser Quantitäten 
Branntwein wieder vollständig genas. 

Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche. 

Von [Nachdruck »erboten.] 

Schmidt -Nidda, 

Groash. KreiSTCterlnärarat. 

Mit Anfang November d. J. wurde von den Höchster Farb¬ 
werken bekannt gegeben, dasB in ihrer bacteriologischen Ab¬ 
theilung ein Schutzstoff gegen die Maul- und Klauenseuche, 
Seraphthin genannt, vermittelst dessen man im Stande sei, Tbiere 
gegen die Maul- und Klauenseuche zu immunisiren, hergestellt 
werde. 

Diese Bekanntgabe wurde von mir mit um so grösserem 
Interesse aufgegriffen, als die Maul- und Klauenseuche in meinem 
Kreise in ziemlicher Ausbreitung herrschte, und als das aner¬ 
kannte Renomrad der Höchster Farbwerke volles Vertrauen zu der 
Sache in mir erweckte. Wie lange nun die Immunität nach Ein¬ 
verleibung des Impfstoffes anhält, darüber sind, da der Impfstoff 
noch zu neu, sichere Erfahrungen aus der Praxis bis jetzt wohl 
noch nicht gesammelt worden. Von dem Farbwerke selbst wird 
indessen auf Grund zahlreicher bei verschiedenen Thiergattungen 
angestellter Impfversuche angegeben, dass mit der Lymphe immu- 
nisirte Thiere sich noch nach drei Monaten, gegenüber Ein¬ 
spritzungen hochvirulenten Maul- und Klauenseuchecontagiums, 
in jeder Weise seuchenfest gezeigt hätten und dass daher die 
Annahme gerechtfertigt erscheine, dass der durch die Einspritzung 
des Seraphthin erzielte Impfschutz gerade so lange, etwa zwei 
Jahre, als nach natürlicher Durchseuchung audauere. 

Der Impfstoff selbst, dessen Zusammensetzung zwar noch Ge- 
heimniss ist, ist, wie es scheint, aus dem Blutserum immunisirter 
Thiere, dem eine bestimmte Menge virulenter Lymphe zu gesetzt 
wird, hergestellt. Derselbe wird in Dosen zu 10 ccm Lymphe 
für Thiere im Lebendgewicht bis zu 400 kg, in Dosen von 15 ccm 


Digitized by 


> y Google 








BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT, 


617 


fl. fo^e mber 1898. 

für TBiere im Lebendgewicht von 400—800 kg und in Dosen von 
20 ccm für Thiere im Lebendgewicht von 800 kg nnd darüber 
abgegeben und allen diesen Dosen ist ‘/so ccm virulenter Lymphe 
beigemischt. Der Preis der Lymphe beträgt ab Höchst 3 M., 
4,50 M. und 5,50 M. per Dose. Die Lymphe gelangt 
in der Weise zur Anwendung, dass sie direct in ein ge¬ 
öffnetes Blutgefäss eingespritzt wird. Die Ausführung der 
Impfung ist nicht einfach, unter Umständen gefährlich und er¬ 
fordert einige technische Fertigkeiten und Vorsicht. Bei der 
grossen Anzahl der von mir vorgenommenen Impfungen habe ich 
jedoch weder irgend welche unangenehme Nebenerscheinungen bei 
den Impflingen noch Milchverlust bei denselben verzeichnen 
können. Die von mir geimpften Fahrochsen habe ich beispiels¬ 
weise während der Feldarbeit ausspannen und nach der Impfung 
sofort wieder zur Arbeit verwenden lassen. Irgend welche Er¬ 
scheinungen nach der Impfung, wie Schlaffheit und Müdigkeit, 
haben dieselben aber nicht zu erkennen gegeben. Bei der 
Ausführung der Impfung ist nun insbesondere darauf Bedacht 
zu nehmen, dass Spritze und Canülen sorgfältig sterilisirt und 
dass die Einstichstelle gut desinficirt ist. Weiter ist dann noch, 
da bekanntlich Luftblasen im Blute unangenehme Wirkungen 
entfalten und selbst den momentanen Tod im Gefolge haben 
können, darauf zu achten, dass keine Luft mit der Einspritzung 
der Lymphe in die Blntbahnen gelangt. Letzteres ist aber sehr 
leicht dadurch zu vermeiden, dass nur dann die die Lymphe ent¬ 
haltende Spritze in die in das Blutgefäss eingeführte Canüle auf¬ 
gesetzt und die Lymphe abgespritzt werden darf, wenn sich ein 
hoch aufspritzender Blutstrabi aus der Canäle ergiesst. Durch 
dieses ansströraende Blut wird dann selbstverständlich der Ein¬ 
tritt von Luft in die Canüle verhindert und wird dann gleich¬ 
zeitig während dieses Blutspritzens die mit der Lymphe bereit 
gehaltene nnd sorgfältig von Luft befreite Impfspritze auf die 
Canüle aufgesetzt und die Lymphe direct unter langsamem Drucke 
in das Blutgefäss eingespritzt. 

Als Applicationsstelle wählt man am besten die Halsschlag¬ 
ader und es ist eine weitere Beobachtung der Thiere nach aus¬ 
geführter Impfung, da sich das angestochene Blutgefäss nach der 
Impfung sofort wieder von selbst schliesst, nicht erforderlich. 
Hinsichtlich der Wirkung der Lymphe möchte ich nun noch 
darauf hinweisen, dass mir von einem Besitzer eines geimpften 
Bestandes die Mittheilung wurde, dass sämmtliche Impflinge 
einige Tage nach der Impfung so auffällig gespeichelt hätten, 
als wenn sie die Maul- und Klauenseuche bekommen wollten. 
Von den übrigen Besitzern der geimpften Bestände wurde aber 
diese Wahrnehmung nicht gemacht. Weiter wurde mir bekannt, 
dass ein Pächter drei mit Seraphthin geimpfte Kühe unter einen 
mit der Maul- und Klauenseuche behafteten Viehbestand stellte 
nnd dass diese drei Kühe die Maul- und Klauenseuche nicht be¬ 
kamen. 

Auch ein Händler, der eine Kuh impfen und nach der 
Impfung direct in einen Seuchenstall verbringen liess, hat ein Er- 
krauken dieser Kuh an Maul- und Klauenseuche Dicht beobachtet. 
Endlich trat auf einem Gute zwei Tage nach der Impfung des 
Rindviehes unter dem Schweinebestande die Maul- und Klauen¬ 
seuche auf und der geimpfte Rindviehbestand blieb, obgleich sich 
die Schweineställe in nächster Nähe des Rindviehstalles befanden 
und keinerlei Vorsichtsmassregeln hinsichtlich einer eventuellen 
Uebertragung angeordDet waren, von der Seuche verschont. Im 
Weiteren stellte ein Besitzer eines geimpften Rindviehbestandes 
einen Schweizer ein, der, wie sich später herausstellte, direct aus 
einem von der Seuche ergriffenen Gehöfte kam. Aber auch 
dieser geimpfte Viehbestand wurde nicht von der Seuche er¬ 
griffen. 


Indem nun weiter im Umkreise nnd zum Theil in allernächster 
Nähe der Gutshöfe, auf welchen von mir die Schutzimpfung vorge¬ 
nommen worden war, die Seuche in mehr oder minder ausgebreiteter 
Weise herrschte, so hat aber dennoch in keinem der geimpften 
Viehbestände eine Uebertragung der Seuche stattgefunden. 

Auch hieraus dürfte vielleicht schon auf einen durch die 
Impfung erzielten Seuchenschutz aus dem Grunde zn schliessen 
sein, als es erfahrnngsgemäss gerade die Milchwirtschaften und 
grösseren Güter sind, die durch ihren regen Verkehr mit Menschen 
und Thieren der Sencheneinschleppung am meisten ausgesetzt sind 
und die auch in den voraufgegangenen Seuchenperioden meist 
gleich anfangs verseuchten und fast nie verschont blieben. 

Die mit dem Seraphthin bisher von mir in der Praxis ge¬ 
sammelten Erfahrungen kann ich wohl dahin zusammenfassen, 
dass dessen Anwendung zwar etwas complicirt und unter Um¬ 
ständen selbst gefährlich, dass aber bei einiger Vorsicht und 
Sachkenntnis diese Gefahr vollständig schwindet und dass sich 
durch die mit Seraphthin gegen die Maul- und Klauenseuche 
vorgenommene Schutzimpfung mit Bestimmtheit ein sicherer 
Seuchenschutz erzielen lässt. 

Namen der Besitzer, bei welchen seit 18. November 1898 bis 
15. December 1898 die Schutzimpfung gegen die Maul- und 
Klauenseuche von mir vorgenommen wurde, und Anzahl der ge¬ 
impften Rindviehstücke: 

Oberamtmann Westerna cher-Lindheim.82 Stück 

Gutsbesitzer Emmel-Lieblos.50 „ 

Pächter Rullmann-Mittelgründau.98 „ 

Pächter R odrian-Erbachsdorf.85 „ 

Pächter Hofmann-Raustadt.115 „ 

Pächter Müller-Marienborn.70 „ 

Pächter Haa8e-Ober-Dauernheim.50 „ 

Pächter Hofmann-Niederdorfelden .... . . . 50 „ 

Zusammen 600 Stück 


Referate. 

Aas dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht der 
preussischen Armee für 1897. 

(Vgl. No. 48—50 der B. T. W.) 

Aeussere Krankheiten. 

Gegen Läuse, welche bei 319 Pferden zu beseitigen waren, 
wurden mehrmalige Waschungen von 2—5 procentiger Creolin- 
oder Lysollösung, auch Tabakabkochungen, Gemische von Petro¬ 
leum und Baumöl und Einreibungen mit grauer Salbe angewandt. 
Corpsrossarzt Strauch empfiehlt den Sabadillessig; bei ge¬ 
schorenen Pferden genügt eine Waschung mit 2$ Liter. Auch 
Benzin 1:3 Leinöl schafft gnten Erfolg. Ein ausgebreitetes 
Ekzem sah Oberrossarzt Reck. Eine alte Remonte zeigte Anfang 
Januar Schwellung der Vorderftisse, dann auch der Hinterftisse 
und des Bauches. Am 12. Januar war die Schwellung sehr 
stark. Es bestand Fieber und der Appetit Hess nach. Diese Er¬ 
scheinungen verschwanden dauernd nach zwei Tagen. Mit Ablauf 
derselben fühlte man jedoch beim Ueberstreichen mit der Hand 
an der inneren Fläche der Oberschenkel vereinzelte kleine 
Knötchen, die schuppig waren und sich abstreifen Hessen. Mit 
der Lupe entdeckte man neben den Knötchen kleine gelbliche 
Bläschen. Diese Heferten unter Einschrumpfung die Knötchen. 
Nach acht Tagen war der ganze Körper excl. Kopf mit Knötchen 
und Bläschen bedeckt. Nässende Stellen traten nicht auf, da die 
Bläschen fast im Zusehen eintrockneten. Der Nährzustand ging 
zurück; zugleich bildete sich eine mässig harte und sehr 
empfindliche Anschwellung der Keblgangs- und Bugdrüsen. Die 
letzteren wurden zu einem langen, fast armdicken Strang. Juck- 
gefiihl bestand niemals, dagegen trat bald Haarausfall ein. Ueber- 


Digitized by LjOOQie 










618 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


tragungsversucbe verliefen resultatlos. Behandlung mit Sublimat, 
Creolin und Lysol auch nutzlos. Erst nach viermonatlicher Ver¬ 
abreichung von täglich 0,6 Arsenik konnte nach und nach voll¬ 
ständige Heilung erzielt werden. 

Hufkrankheiten kamen bei 2484 Pferden = 8,7 pCt. der 
erkrankten, vor. Darunter waren Rhehe 527 Mal; 468 Patienten 
wurden geheilt. Zur Behandlung wurden Aderlässe, kühlende 
Umschläge, Purgantien und Arecolin-, Pilocarpin-, Eserin- 
injectionen angewandt. Gegen Hufkrebs wurde von mehreren 
Berichterstattern das Formalin io 5—10 procentiger Lösung mit 
sehr gutem Erfolge angewandt. In anderen Fällen blieb jedoch 
der Erfolg aus. Einmal trat bei (wohl unrichtigem) Gebrauch des 
Formalins Verätzung der Hufbeinbeugesehne auf — eine Gefahr, 
auf die Fröhner schon aufmerksam gemacht hat. wenn man das 
Formalin concentrirt anwendet. Sonstige Krankheiten der 
Bewegungsorgane sind bei 9263 Pferden, d. s. 32$ pCt. der 
erkrankten, verzeichnet. Dieselben verursachten 444 Verluste, 
d. s. 4,79 pCt. der Fälle. Unter den Knochenkranheiten 
werden 383 Brüche mitgetheilt, von denen 104 geheilt werden 
konnten. Unter den geheilten Brüchen waren 14 Brüche der Kopf¬ 
knochen, 23 Beckenbrüche, 27 Fesselbeinbrüche, 8 Hufbeinbrüche, 

2 KronbeinbrQche, 3 Unterschenkelfissuren, je 1 Bruch des Ellen¬ 
bogenbeins, des Schulterblattes und des Trochanter major fe- 
moris. Ueberhaupt kamen vor: 30 Kopfknochenbrtiche, 49 Wirbel¬ 
bräche, 51 Beckenbrüche, 80 Brüche des Unterschenkelbeins, 
64 Fesselbeinbrüche, 27 Brüche des Schienbeins (?), 21 Brüche 
der Speiche, 16 des Hufbeins und 27 sonstige verschiedene Brüche 
an Gliedmassenknochen. Es geht hieraus also die ausserordentliche 
Häufigkeit der Unterschenkelbein- und Fesselbeinbrüche hervor, 
welche zusammen genau die Hälfte aller an Gliedmassen vor¬ 
kommenden Brüche ausmachen. Wegen Gelenkkrankheiten 
wurden 3758 Pferde behandelt, von denen 9% in Verlust gingen. 
Gelenkbänderzerreissungen kamen bei 25 Pferden vor, und 
zwar 6 Mal an der Vorderfusswurzel, 3 Mal an der Kniescheibe, 

3 Mal am Fesselgelenk, 2 Mal am Sprunggelenk (die andern sind 
nicht bezeichnet). In der Spatbehandlung wurde die An¬ 
wendung des Glüheisens bezw. scharfer Salben allgemein bevor¬ 
zugt. Beim Brennen kam das punktförmige Eisen und der Stift 
besonders zur Anwendung. Erkrankungen der Muskeln, 
Sehnen etc. kamen bei 4002 Pferden vor, von denen 95% geheilt 
wurden. Zerreissungen wurden an den Schultermuskeln, 
Unterschenkelmuskeln, Unterarmstreckern, Unterarmbeugern, Ober¬ 
schenkelmuskeln und am Kopf- Hals- Armmuskel beobachtet 
Von 185 Fällen der Verletzungen von Sehnen und Sehnen¬ 
scheiden wurden 167 geheilt. Meist war die Beugesehne und 
sehr häufig die untere Sehnenscheide betroffen. 

Die Zerreissungen des „Schienbeinbeugers“ wurden 
20 Mal, des Kronbeinbeugers 2 Mal, des Hufbeinbeugers 1 Mal, des 
Fesselbeinbeugers 1 Mal beobachtet 

Bei frischen Sehnenentzündungen wurden kalte Bäder, Be¬ 
rieselungen u. s. w., dann Priessnitz’sche Umschläge und Massage 
angewandt. In alten Fällen wurden die scharfen Einreibungen 
und das Brenneisen benutzt. Schwarznecker empfiehlt in 
solchen Fällen nach der Anwendung von scharfen Salben Druck¬ 
verbände von Watte und Calicotbinden am zweiten Tage fest an¬ 
zulegen und von acht zu acht Tagen zu erneuern. Namentlich 
bei sogen. Wadenbildnng tritt oft guter Erfolg ein. 

Zur Behandlung von Gallen wurden mit Essigwasser ge¬ 
tränkte Binden, scharfe Einreibungen, Glüheisen, Aufpinselungen 
von Collodium cantbaridatum oder Sublimatcollodium angewendet. 
Eine Fesselgalle wurde durch einen 3 cm langen Schnitt geöffnet, 
der Inhalt entleert, die Wunde mit lpromilligem Sublimatwasser 
ausgespült, mit Glutol ausgepudert und unter Benutzung eines 


Drainrohrs ein aseptischer Verband angelegt. Heilung nach vier 
Wochen Ein anderes Pferd litt an schmerzhaft verhärteten 
Fesselgallen und konnte wegen erheblicher Lahmheit nicht mehr 
verwandt werden. Verschiedene scharfe Einreibungen hatten 
keinen Erfolg. Nun wurde ein Versuch mit einem Emplastrum aere 
gemacht. Dasselbe wurde warm aufgetragen, das Gelenk mit 
Watte umhüllt, mit einer wollenen Binde fest umwickelt. Der 
Verband wurde jeden zweiten Tag abgenommen und nach einer 
Stunde wieder fest umgelegt. Nach drei Wochen fiel der Schorf 
mit der Watte ab. Die Gallen waren sehr verkleinert, weich und 
schmerzlos geworden. Die Heilung der Stollbeule wurde mit 
Zertheilen und scharfen Einreibungen oder auch mittelst Spaltung 
bewirkt. Bei Piephacke kamen kühlende Umschläge von Essig 
und Lehm, Bepinselungen mit Jodtinctur, Collodium cantharidatum, 
Sublimatcollodium sowie graue Quecksilbersalbe, und Jodkalium¬ 
salbe zur Anwendung. Straube erzielte einen Erfolg durch ein 
mit Terpentinöl getränktes Eiterband. Hahnentritt wurde 
durch die Durchschneidung des seitlichen Zehenstreckers beseitigt. 

Das Geburtshelfer-Ekzem. 

Von Eppinger, k. k. Bezirksthierarzt in Ried. 

(Thterärztl. Centralbl. 1898, H. SO.) 

E. führte am 25. April bei einer schwer gebärenden, sonst 
gesunden Stute die Embryotomie aus, welche mehrere Stunden in 
Anspruch nahm. In der Nacht des darauffolgenden Tages wurde 
derselbe von einem hochgradigen Fieber und einer kurzen Ohn¬ 
macht befallen. Am 27. April bedeckten sich beide Arme mit 
Sandkorn- bis erbsengrossen, schmerzhaften, von einem rothen 
Hofe umgebenen Pusteln, aus welchen sich oberflächliche, sehr 
schmerzhafte Geschwüre bildeten, welche im Centrum heilten, 
während an der Peripherie neue Eiterherde entstanden, sodass 
kreuzergrosse Geschwürsflächen aus der ursprünglichen Affection 
hervorgingen. Die Geschwürsbildung verbreitete sich nach 
mehreren Wochen auch auf das Genick, die Schenkel u. s. w., 
wobei die regionären Lymphgefässe und Lymphdrüsen mit er¬ 
krankten. Dieser Zustand dauerte unter leichtem Fieber acht Wochen 
lang. Darauf bildete sich ein Abscess „in der Gegend der rechten 
Kehldrüse“, welcher sich unter starken Fiebererscheinungen fünf¬ 
mal füllte. E. übertrug diese Krankheit auf sein vierjähriges 
Kind und auf einen Herrn, mit welchem er in dieser Zeit öfter 
einen Händedruck wechselte. Dieser Herr wieder inficirte seine 
Frau. Die Pustelbildung und Drüsenanschwellung traten jedoch 
in den letzteren Fällen in einem weit geringeren Grade hervor 
und der Prozess dauerte nur etwa drei Wochen. 

Der Krankheitsfall lehrt, dass in der geburtshilflichen Praxis 
vor und nach einer Operation stets die peinlichste Desinfection 
der Hände und Arme erforderlich ist. 

Carcinomatose beim Hengst. 

Unterrossarzt S u d e r schreibt in der Ztschr. f. Veterinärkd., 
Juli 1898: Der 18jährige Fuchshengst Auban kam als Beschäler 
nach Gnesen. Ende März versagte er das Futter und wurde so 
schwach, dass er während des Deckactes herunterfiel. Der Unter¬ 
suchungsbefund deutete auf einen Herzfehler. Da jedenfalls eine 
Heilung ausgeschlossen schien, so wurde die Tödtung des alten 
Thieres beantragt. Die Section ergab Folgendes: Rechte untere 
Grimmdarmlage durch eine wallnussgrosse höckrige Geschwulst 
mit dem Bauchfell verwachsen. Milz durch einen bindegewebigen 
Strang mit der Harnblase verbunden. An der Anheftnngsstelle 
eine hühnereigrosse höckrige Geschwulst. Aehnliche Wucherungen 
befinden sich noch mehrere auf dem Bauchfell. Im Gekröse und 
am grossen Netz zahlreiche graue Knötchen oder grössere warzige 
Knoten. Gekrösdrüsen vergrössert. Milz etwas vergrössert, 
übrigens normal. Zwischen Leber und Zwerchfell und in ganzer 


-Dig+feed-by 


Google- 



BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


619 


tHce mber 1898. 

Ausdehnung am letzteren granrothe Knoten. An der Gabelung 
der bitteren Aorta eine kindskopfgrosse derbe Geschwulst, welche 
die Blutgefässe von allen Seiten umfasst und von knorpelartigen 
Bindegewebszügen durchsetzt ist; beim Druck darauf schiessen 
überall wurmförmige, eiterähnliche Pfropfen auf. An zwei 
Rippen Auftreibungen, die sich mit dem Messer schneiden lassen. 
Herz 8^ Pfund schwer. An zwei Zipfeln der Tricuspidalis gries- 
kornartige Verdickungen. Am Anfangstheil der Aorta eine faustr 
grosse höckrige Geschwulst, durch welche das linke Herzohr 
mit der Luftröhre verbunden wird. In den blauweissen Lungen 
zahlreiche derbe bis wallnussgrosse Knoten. Bronchialdrüsen 
vergrössert und verhärtet. — Die von Oberrossarzt Tröster 
ausgeführte Untersuchung der Geschwülste ergab Carcinomatose. 

Zor Kasuistik der Herzkrankheiten beim Pferde. 

Oberamtsthierarzt Teurer theilt in der Dtsch. Th. Wschr. 
folgenden Fall mit. Ein 6 jähriges Pferd zeigte trotz geringer 
Leistung und guten Appetits seit einigen Wochen Abmagerung. 
Die Pulsschläge betrugen 60 in der Minute bei 35 Athemzügen. 
Auch bestand eine Temperaturerhöhung auf 39,8°. Nach kurzer 
Bewegung ging der Pnls auf 80—90 Schläge herauf. Der Harn 
enthielt kein Eiweiss; weder durch Percussion noch durch Ans- 
cultation war im Herzen eine Abnormität nachzuweisen. Trotz¬ 
dem diagnosticirte T. auf Grund des Gesammtverhaltens eine 
Endocarditis. Einige Tage war der Puls schwach und aussetzend 
Dann trat wieder ein auffallend stark fühlbarer Pulsschlag auf. 
Die Temperatur schwankte constant zwischen 39 und 40°, die 
Athmung blieb etwas beschleunigt und oberflächlich. Schliesslich 
stürzte das Thier nach kürzester Bewegung zusammen und wurde 
endlich todt im Stalle gefunden. Die Obdnction ergab fast voll¬ 
ständige, wenn auch lockere Verwachsung des Pericardiums mit 
der Umgebung. Im Herzbeutel Vs Liter röthlicher Flüssigkeit; 
das Herz etwas vergrössert; das Myocardium brüchig. Nach der 
Spitze desselben zu fanden sich mehrere Herzschwielen. Die 
Semilunarklappen linkerseits waren bis auf 1 cm verdickt in 
Folge Auflagerung höckriger, bröckliger Gewebsmassen. Die 
Mitralis zeigte eine Verdickung bis zu 3 mm. Im rechten Herzen 
waren Veränderungen nicht nachweisbar. Daneben fand sich eine 
fast doppelte Vergrösserung der Leber, der Milz und der Nieren. 

Ueber Desinfection Ton Milzbraudsporen durch Phenol 
in Verbindung mit Salzen. 

Von Dr. Römer. 

(Münch, mud. Wocb. 98|10.) 

Im Jahre 1895 veröffentlichte Scheurlen einen Aufsatz, in 
welchem die überraschende Thatsache festgelegt wurde, dass 
durch Zusatz von Kochsalz die desinficirende Wirkung einer 
Carbollösung auf Milzbrandsporen ganz bedeutend erhöht werden 
kann. Obwohl die von Scheurlen angestellten Versuche 
keineswegs einwandsfrei ansgeführt waren, so ergaben doch Nach¬ 
prüfungen, die von Beckmann, Paul und Krönig unter allen 
Cautelen vorgenommen wurden, dass die Scheurlen’schen 
Beobachtungen auf Thatsachen beruhen. Nur über die Art und 
Weise, wie das Kochsalz den Desinfectionswerth der Phenol¬ 
lösung erhöhen könne, darüber konnte nichts Bestimmtes gesagt 
werden; von keinem der Autoren wurde aber angenommen, dass 
eine Kochsalzlösung allein in irgend einer Weise Milzbrand- 
sporen beeinflussen, könne. Und doch muss dem so sein. Auf 
den Rath des Privatdocenten Dr. Hahn ordnete Verfasser einen 
seiner Versuche wie folgt an: Es wurden Milzbrandsporen 
a) einer zweiprocentigen Phenollösung ausgesetzt, b) einer zwei¬ 
procentigen Pheuollösung mit Zusatz einer 5,9 procentigen 
NaCl-Lösung, c) zuerst drei Tage einer 5,9 procentigen NaCl- 
Lösung, und von da ab einer zweiprocentigen Phenollösung 


mit 5,9 Procent NaCl. Es zeigte sich nun das überraschende 
Resultat, dass weder a) die reine zweiprocentige Phenollösung 
noch b) die zweiprocentige Phenollösung mit Zusatz von 
5,9 Procent NaCl in irgend einer Weise selbst nach neun 
Tagen Milzbrandsporen beeinflussen; dagegen war die Abnahme 
der Sporen, die drei Tage reiner 5,9 procentigen NaCl-Lösung 
und dann einer zweiprocentigen Phenollösung unter Zusatz von 
5,9 Procent NaCl ausgesetzt waren, schon vom sechsten Tage 
ab eine ganz auffällige. Daraus lässt sich wohl nur der Schluss 
ziehen, dass das Kochsalz selbst in dieser niedrigen 
Concen tration von 5,9 pCt., trotzdem scheinbar zu¬ 
nächst keine Schädigung zn constatiren war, doch 
in. irgend einer Weise auf die Sporen eingewirkt 
haben musste, so dass sie für die Wirkung des 
Phenols bedeutend empfänglicher wurden. Es macht den 
Eindruck, als ob beim Aufenthalt der Sporen in der Kochsalz¬ 
lösung etwa eine Quellung und Auflockerung der Sporenmembran 
stattfinde, wodurch das nachträgliche Eindringen des Phenols 
begünstigt wird, da es sonst unbegreiflich wäre, weshalb Phenol 
und Kochsalz bei gleichzeitiger Anwesenheit schwächer des- 
inficirend wirken, als wenn die reine Kochsalzlösung vorangeht. 

Ueber den Ursprung des Tetannskeimes. 

Von Dr.Mario Molinari. 

(Qiornate dolla R. Socletä Hat. d’Igiene 1893 H. 1.) 

Nicolaier und nach ihm eine Reihe anderer Forscher haben 
festgestellt, dass das Tetanusvirus häufig im Erdboden 
vorkommt. Die oberflächlichen Schichten öffentlicher Strassen 
und Plätze, ferner der Fussboden von Ställen sind Fundorte 
für Tetanusbacillen. Da dieselben andererseits in den Fäces 
einiger Thiere nachgewiesen worden sind, ist der Gedanke aus¬ 
gesprochen worden, dass diese Thiere die Tetanusbacillen im 
Darm beherbergen und mit dem Koth über die Erdoberfläche 
verstreuen. Prof. Sormani hat 1890 den Satz aufgestellt, dass 
an bewohnten Orten und auf gedüngtem Ackerland um so mehr 
Tetanuskeime zu finden seien, je mehr tetanuskeimhaltiger Koth 
an den fraglichen Orten abgesetzt bezw. dem Acker zugefdhrt 
worden wäre. Sormani hat zuerst festgestellt, dass es Thiere 
giebt, deren Koth tetanuserzeugend wirkt, und dass gesunde 
Thiere das Tetanusvirus in grosser Quantität im Verdauungs¬ 
schlauch ohne Nachtheil beherbergen können. 

M. hat durch seine Untersuchungen die Resultate von 
Sormani, Sandher-Toledo und Veilion bestätigt gefunden und 
zu den bekannten Thatsachen neue Beiträge geliefert Auch die 
Fäces des Esels, Schweines, der Katzen, Hasen, Gänse und 
Enten vermögen Tetanus zu erzeugen, während die Versuche 
mit dem Koth von Schwalben, Fröschen und Fischen negativ 
ausfielen. 

Als Versuchsthier diente das Kaninchen. Die Koththeilchen 
wurden bei Kaninchen in eine subcutane Tasche eingeführt, welche 
von der Umgebung luftdicht abgeschlossen wurde. 

Kälber und Lämmer, die durch Maulkörbe daran verhindert 
wurden, sich zu lecken oder mit der Nase den Boden und 
Futtermittel zu berühren, hatten keine Tetanuskeime im Koth. 
Eine lange Serie von Versuchen mit menschlichen Darmaus¬ 
scheidungen ergab nicht ein positives Resultat. 

Es muss also angenommen werden, dass die Tetanuskeime 
aus dem Erdboden in ihre Wirthe mit den Futterstoffen gelangen, 
welche von Erdtheilchen verunreinigt sind. Die grosse Wider¬ 
standsfähigkeit der Sporen des Tetanusbacillus gegen Säuern 
schützt dieselben vor einer Abschwächung ihrer Keimkraft durch 
den Magensaft. Vermuthlich erfolgt im Darmcanal die Entwicke¬ 
lung und Vermehrung von Bacillen aus den Sporen. Nach Aus¬ 
scheidung der Tetanusbacillen aus dem Darmcanal nehmen die- 


Digitized by kjOOQie 


620 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


selben höchstwahrscheinlich im Boden wieder die Form einer 
grösseren Resistenzfähigkeit an. Da die Tetanuskeime nnr ober¬ 
flächlich im Erdboden sitzen (unter 80 ImpfVersnchen mit Erd- 
theilchen aus einer Bodentiefe von 30 nnd 50 cm beobachtete 
Beumer nur drei Mal Starrkrampf), üben vielleicht meteoro¬ 
logische Einflüsse, Sauerstoff und Sonnenlicht eine abschwächende 
Wirknng, während das Passieren durch den Darmcanal bestimmter 
Thiere die Virulenz wieder erhöht 

Veränderung des Telanusgiftes im Organismus und 
seine Beziehung zum Antitoxin. 

Vortrag,gehalten von Blumenthal im Verein für innereMedicin. Berlin. 

(Allg. Med. Centr.-Ztg.) 

Wesentlich zwei Theorien beschäftigen sich mit dem Zu¬ 
standekommen der tetanischen Symptome, nach der einen reizt 
das von den Bacillen gebildete Gift unverändert die motorischen 
Ganglienzellen, nach der anderen wird das Gift erst im Organis¬ 
mus in das eigentliche Tetanusgift verwandelt. Bl. ist ebenfalls 
der letzteren Ansicht und meint, dass das Gift im Organismus 
erst gebildet wird, indem es mit einer Substanz der Zelle, ins¬ 
besondere der motorischen Rückenmarkszelle, eine chemische 
Verbindung eingeht, die das eigentliche Tetanusgift ist. Diese 
Anschauung erlangte Verf. durch Versuche mit Material von 
menschlichen tetanischen Leichen einerseits, andererseits durch 
Versuche an Kaninchen und Meerschweinchen. Er beobachtete 
nämlich eine Umwandlung des GifteB im Thierkörper dahin, dass 
es immer mehr die Fähigkeit verlor, echten Tetanus zu machen, 
dass es in einem fiüheren Stadium als einfaches Krampfgifc 
wirkte, in einem späteren, wenn beim Kaninchen der Tetanus 
schon deutlich war, überhaupt nicht mehr als Gift für Mäuse 
nachweisbar war. Daraus schloss Bl., dass die verschiedenen 
Wirkungen des Giftes als Umwandlungen desselben zu deuten 
sind, indem das Gift allmälig mit Zellsubstanz gesättigt wird, 
um dann bei vollkommener Sättigung für andere Thiere wirkungs¬ 
los zu sein. Bl. wirft nun die Frage auf: Ist das Gift zerstört 
und Bind es nur die nach der Zerstörung des Giftes gesetzten 
anatomischen Veränderungen, die den Ausbruch des Tetanus 
veranlassen, oder ist eine Verbindung von Gift und Zellsubstauz 
dies eigentliche Tetanusgift? Nnr die letztere Auffassung kann die 
richtigere sein, wenn auch ein Widerspruch scheinbar darin 
liegt, dass die Vergiftung gerade in einer Verbindung von Toxin 
und Antitoxin zu suchen ist Ja, es scheint sogar, dass die 
Empfänglichkeit der Thiere Für Tetanus desto grösser ist, je 
grösser der Gehalt ihrer Zellen an „giftbindender Substanz“, 
Antitoxin, ist. Diese Substanz, welche in der Zelle durch 
Zusammentritt mit Toxin die Ursache der Erkrankung ist, wirkt 
in der Circulation antitoxisch. DieB geschieht dadurch, dass sie 
in der Circulation das Gift abfängt, ehe es sich mit der Zelle 
verbindet Diese Fähigkeit dürfen wir auch beim klinischen 
Tetanus erwarten; es ist aber fraglich, ob das Heilserum noch 
etwas gegen das bereits gebundene Gift auszurichten vermag. 

The flagella of the tetanos bacillos, and other contri- 
butions of the morphology of the tet&nns bacillns. 

Von Kanthack and Connell. 

(Journ. of Palhol. and Bactor.) 

Die Verfasser berichten nach einem Referat iu der Deutschen 
medicin. Wochenschrift über bemerkenswerthe morphologische 
Eigenschaften der Tetanusbacillen, zunächst über das Vorkommen 
von Geisseln. Sie fanden, dass Tetaousbacillen, die aus vier- und 
vierzehntägigen, ameisensaure Salze enthaltenden Agarculturen 
stammten und nach einem von van Ermengem angegebenen 
Verfahren (mit Arg. nitr. u. Gerbsäure) behandelt waren, eine 
Kapsel zeigen und von zahlreichen, oft bis 20 und 30 feinen, 
gewundenen, die Länge des Bacillus kaum erreichenden Geisseln 


umgeben sind, die die Kapsel durchsetzen und die sie für Fort¬ 
sätze des Protoplasma ansprechen. Ausser diesen zahlreichen 
feinen Geisseln, die als primäre bezeichnet werden, beobachteten 
die Verfasser noch zuweilen wenige (1—3) dickere, secundäre. 
Während die primären, wenn die Bacillen älter werden, allmählig 
verschwinden, bleiben die sekundären zunächst bestehen, so dass 
gelegentlich Bacillen mit nur einer endständigen Geissei Vor¬ 
kommen können. Die Bacillen verlieren auch diese, wenn die 
Spore sich bildet. Bei einzelnen in Sporenbildung begriffenen 
Bacillen sieht man zuweilen noch die die Kapsel durchsetzenden 
Reste der Geisseln; ist die Spore gauz ausgebildet, dann pflegen 
auch diese Reste zu fehlen. 

Ferner beobachteten die Verfasser keulenähnliche Formen 
der Tetanusbacillen, die sie schon in 8—24stündigen Gelatine- 
nnd Bouillonculturen fanden und die sie deshalb nicht für Invo¬ 
lutionsformen, wie sie gelegentlich in älteren Culturen Vorkommen, 
halten. In Bouillonculturen und in Abklatschpräparaten von 
Colonien, die auf Gelatine gewachsen waren, haben die Verfasser 
auch solche keulenähnliche Foimen, die verzweigt und dadurch 
mycelähnlich waren, gesehen. 

Thicrhaltung und Thierzucht 

Das Verhältnis» des Lebendgewichts der Mutterthiere za desjenigen der 

Kälber. 

Nach einer Mittheilung in der Allgemeinen Centralzeitung 
für Tbierzucht wurden an der landwirtschaftlichen Schule Rütti 
bei Bern im Jahre 1897/98 Erhebungen über den Gewichtsverlust 
des Rindes bei der Geburt und das Verhältnis des Lebend¬ 
gewichts der Mutterthiere zu demjenigen der Kälber angestellt. 

Man wollte hierdurch für das schweizerische Fleckvieh 
(Simmenthaler) Aufschluss erlangen, um wieviel das Lebend¬ 
gewicht der Kuh durch die Vorgänge bei der Geburt zurückgeht, 
ferner wie hoch sich das durchschnittliche Lebendgewicht der 
Kälber beziffert und in welchem Verhältniss dasselbe zu dem¬ 
jenigen der Mutterthiere steht. Indem einerseits der Gewichts¬ 
verlust der Mutter und andererseits das Gewicht des Kalbes be¬ 
kannt war, konnte der Gewichtsantheil des Fruchtwassers und 
der Eihäute durch einfache Berechnung gefunden werden. 

Das Ergebniss einer grosseu Reihe sorgfältiger Wägungen war 
Folgendes: 

1. Durch die Vorgänge der Geburt ergab sich für 30 Mutter¬ 
thiere mit einem durchschnittlichen Lebendgewicht (nach der Ge¬ 
burt bestimmt) von 642 kg ein Gewichtsverlust von 66 kg oder 
ca. ein Zehntel vom Lebendgewicht der Mutter. Der Gewichts¬ 
verlust schwankte zwischen 45 und 90 kg. 

2. Das Durchscbnittslebendgewicht der Kälber beträgt für 
die mänulichen Thiere 43,9 kg, für die weiblichen 40,5 kg (ohne 
Rücksicht auf das Geschlecht 41,8 kg). Im Durchschnitt kann 
angenommen werden, dass das Gewicht des Kalbes */,» von dem 
der Mutter nach vollzogener Geburt beträgt. Das schwächste 
Kalb wog 32, das stärkste 51 kg, bezw. das Gewicht desselben 
war 19,2 bezw. 11,3 mal in demjenigen der Mutter enthalten. 

3. Der durch das Fruchtwasser und die Eihäute nach der 
Geburt bedingte Gewichtsverlust schwankte bei den einzelnen 
Mutterthieren zwischen 11 und 50 kg und beträgt im Durch¬ 
schnitt 23,6 kg oder ca. '/io vom Gewicht des Mutterthieres. 

Die hier festgestellten, zum Theil ganz erheblichen Unter¬ 
schiede sind durch die Schwankungen des Gewichts von Magen- 
und Darminhalt bedingt Bei anderweitig fortgesetzten Unter¬ 
suchungen dieser Art würden sich sicher lehrreiche Schluss¬ 
folgerungen bezüglich des Einflusses des Alters, der Rasse oder 
Körperschwere des Mutterthieres oder des Geschlechts der Nach¬ 
kommen ergeben. _ 


DigitizetTby t.0OQie- 




BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


621 



Tagesgeschichte. 

Unter der Ueberschrift „Wo ist der Thierarzt?“ bespricht die 
englische Wochenschrift „The Veterinary Record“ in ihrer 
ersten Decembernnmmer eine Adresse, welche der Präsident 
der Royal Society, der berühmte Lord Lister, an die Mitglieder 
dieses vornehmsten Aerztevereins in England bei der am 
30. November abgehaltenen Jahresversammlung gerichtet hat. In 
dieser Ansprache referirt Seine Lordschaft unter andern Gegen¬ 
ständen über die Rinderpest in Südafrika und preist die glänzenden 
Resultate der Koch’schen Untersuchungen als einen grossen 
Triumph. Noch grösser seien die praktischen Erfolge, welche 
die Forschungen und Bemühungen von Kolle und Turner be¬ 
gleitet haben, indem durch gleichzeitige Injection des Serams von 
einem die Rinderpest überstandenen nnd des Blutes von einem an 
der Seuche erkrankten Ochsen an zwei verschiedenen und ent¬ 
fernten Theilen des Körpers ein gesundes Rind vor Erkrankung 
geschützt werden könne. Beiläufig bemerkt, ist dnreh die 
Präventivimpfongen einschliesslich der Koch’scbeu Gallen- und 
der Sernmmethoden nach den Angaben Lister’s etwa 700 000 
Rindern das Leben gerettet worden. 

Auffällig sei, heisst es in der Besprechung weiter, dass in 
diesem ganzen Abschnitt der Adresse eines Thierarztes nicht 
Erwähnung gethan werde, obwohl nicht weniger als 20 Veterinäre 
drei Jahre hindurch bei der Unterdrückung der Seuche thätig 
wären. 

Die Verdienste Koch’s und der Doctoren Kolle und 
Turner schmälern zu wollen, sei mehr als thöricht, aber es 
wäre ein billiges Verlangen, dass der Fleiss und die Resultate 
Anderer nicht vergessen würden. Vet.-Professor Semmer ent¬ 


deckte den Werth des Serums eines von der Rinderpest ge¬ 
sundeten Ochsen, ehe Koch nach Afrika ging, und er wies auch 
darauf hin, dass die Immunität nur temporär sei. Dass naeh 
dem Ueberstehen der Krankheit Immunität eintritt, war bekannt, 
und hierauf begründete ein Thierarzt Watkins-Pitchford bei 
der Natal-Regierung bereits eine Methode der Immunisirung. 
Zunächst wurde Serum von einem „gesalzenen“ Ochsen (der die 
Senche überstanden hat) injicirt und das betreffende Rind 
unmittelbar darauf der directen Infection ausgesetzt. 

Auf diese Weise gelang es W. schon von December 1898, 
Rinder gegen die Seuche zu schützen. 

Verf. des vorliegenden Artikels fügt hier hinzu: 

Es sei die eigene Schuld der Veterinäre Südafrika««, dass sie 
ihre Arbeit nicht weiter ausgenutzt haben, uud dass sie des An¬ 
sehens verlustig gegangen seien, das sie verdienen. Immerhin 
sei es ein wenig hart, erfahren zn müssen, dass einige Mitglieder 
des ärztlichen Standes allen Rahm einbeimsen, während die 
Veterinäre die Mühe und Arbeit des ganzen Sencheuausbracbes 
getragen haben. 

Da der Bericht Lister’s nur auszugsweise wiedergegeben 
ist, entzieht es sich der Beurtheilung, inwieweit nnd in welcher 
Richtung er die Rinderpestforschnng nnd Bekämpfung belenchten 
wollte, doch ist es befremdend, dass er die Verdienste der Thier¬ 
ärzte in Südafrika, welche durch ihre Leistungen zu dem grossen 
Werke beigetragen haben, keines Wortes würdigte. P. 

Freisprechung. 

Herr Thierarzt Dr. Ehlers in Bremen, dessen Vernrtheilung 
in No. 35 der B. T. W. gemeldet worden war, theilt mit, dass er 
bei dem Reichsgericht ein freisprechendes Erkenntniss erzielt hat 


Oeffentliches Veterinär wesen. 


(Mittheilungen für 

Seachenstatistik nnd YeterinärpoUzel. 

Thierseuohen im Auslände, lii. Quartal 1898. 

Niederlande. 

Die nach den einzelnen Monaten zusammengestellten Krank¬ 
heitsfälle betrugen bei Milzbrand 15 bezw. 31 bezw. 27; bei Rotz 
(Wurm) 3 bezw. 3 bezw. 2; bei Maul- und Klauenseuche 6 
bezw. 42 bezw. 3208; bei Räude der Einhufer und Schafe 188 
bezw. 311 bezw. 225; bei Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬ 
seuche 150 bezw. 296 bezw. 215; bei bösartiger Klauensenche 
der Schafe 45 bezw. 348 bezw. 150. 

Frankreich. 

Von Lungenseuche waren betroffen im Juli 8, im August 5 
nnd im September 9 Gemeinden; geschlachtet wurden wegen 
dieser Seuche 31 bezw. 19 bezw. 30 und geimpft 150 bezw. 34 
bezw. 72 Rinder. Milzbrand herrschte im Juli in 40, im August 
in 54, im September in 45, Rotz (Wnrm) in 54 bezw. 80 bezw. 61 
Ställen; getödtet wurden wegen Rotz in der Berichtszeit 64 bezw. 
171 bezw. 111 Pferde. Die Zahl der gemeldeten tollen Hnnde belief 
sich auf 185 bezw. 177 bezw. 150 Stück in den einzelnen Monaten. 
Die Maul- und Klauenseuche trat in 227 bezw. 471 bezw. 541 Ge¬ 
meinden auf. Die Schafpocken herrschten in 16 bezw. 28 bezw. 
61 Heerden. Schafräude gelangte in 7 bezw. 8 bezw. 3 Heerden 
zur Feststellung. Rauschbrand trat in 69 bezw. 79 bezw. 
78 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 13 bezw. 8 
bezw. 8 Departements, die ansteckende Lungen- nnd Darmentzündung 
der Schweine in 13 bezw. 10 bezw. 12 Beständen beobachtet. 

Maai- and Klateaseuohe-Nschrichten. 

Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet von den 
Schlachthüfen zu München, Regensburg, vom Viehhofe zu Strass- 


Veterinärbeamte). 

bürg und dem Viehmarkte zu Rottweil, sämmtlich vom 19. er. 
Ausbruch und Erlöschen ist gemeldet vom Schlachthof Metz. 
Das Erlöschen der Seuche ist gemeldet vom Schlachthofe zu 
Dresden am 19. er. 

Naohwelstmg Aber den Stand der Viebseuohen im Deutschen Relobe 
am 15. December 1898. 

Es waren am 15. December in nachstehenden Regierungs¬ 
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht: 

A. von Rotz (Wurm): 

Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 1 (1). 
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 3 (4). 
R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Bromberg 2 (2). 

R.-B. Breslau 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1). 

Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(1). Kreishanptm. Leipzig 1 (2). 
Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braun- 
schweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk 
Unter-Elsass 1 (1). 

B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen): 
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (71). R.-B. Niederbayern 1 (2). 
R.-B. Pfalz 12 (86). R.-B. Oberpfalz 10 (21). R.-B. Oberfranken 
12 (20). R.-B. Mittelfranken 9 (23). R.-B. Unterfranken 12 (19). 
R.-B. Schwaben 21 (153). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(2). 
Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 3 (13). Kreis- 
bauptm. Zwickau 3 (9). Württemberg: Neckarkreis 17 (83). 
Schwarzwaldkreis 13 (38). Jagstkreis 14(72). Donankreis 15 (50). 
Baden: Landescomm. Constanz 7 (8). Landescomm. Freiburg 
8 (18). Landescomm. Karlsruhe 8 (20). Landescomm. Mannheim 
7 (11). Hessen: Provinz Starkenburg 6 (11). Provinz Ober¬ 
hessen 4(8). Provinz Rheinhessen 4 (27). Sachsen-Weimar 


Digitized by LjOOQie 




BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


4(9). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 5(7). Fürstenthum 
Birkenfeld 1 (3). Braunschweig 4 (7). Sachsen-Meiningen 
3 (6), SacliBen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1). 
Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt 2 (3). Schwarzburg-Rudol- 
$tadt 1 (1). Waldeck 1 (1). Bremen 2 (3). Elsass- 
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 5(29). Bez. Ober-Elsass 6(41). 
Bez. Lothringen 5 (32). 

C. von Lungenseucbe: 

PreusBen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1 (1). 
R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Magdeburg 3 (5). R.-B. Köln 1 (2). 
Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). 

D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest): 
Prenssen: R.-B. Königsberg 3 (3). R.-B. Danzig 1 (1). 
R.-B. Marienwerder 1 (2). R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frank¬ 

furt 4 (8). R.-B. Stettin 3 (4). R.-B. Stralsund 1 (2). R.-B. Posen 
12 (27). R.-B. Bromberg 5 (5). R.-B. Breslau 15 (49). R.-B. Lieg¬ 
nitz 12 (24). R.-B. Oppeln 6 (9 . R.-B. Magdeburg 4 (5). R.-B. 
Erfurt 3 (4). R.-B. Schleswig 5 (6). R.-B. Hannover 5 (5). R.-B. 
Hildesheim 5 (5). R.-B. Münster 1 (1). R.-B. Arnsberg 2 (2). 

R.-B. Cassel 2 (2). R.-B. Wiesbaden 2 (6). R.-B. Düsseldorf 

3 (7). R.-B. Trier 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B. 
Niederbayern 1 (1). R.-B. Oberfranken 1 (1). R.-B. Schwaben 
2(2). Mecklenburg-Schwerin 3(4). Hamburg 1 (2). 


Die Verbreltug der Mail- a.Klaueneeache in Preussen am 15. Dezember 1898. 


Regierungsbezirk 

Die Seuche 
ir 

Kreisen 

herrschte 

Gemeinden 

(Gutsbez.) 

Von je 1000 
Gemeinden 
(Gutsbez.) 

waren 

verseucht 

Danzig. 

2 

4 

3,17 

Marienwerder. 

1 

1 

0,44 

Potsdam. 

2 

5 

1,93 

Frankfurt. 

3 

4 

1,47 

Stettin. 

1 

1 

0,53 

Posen. 

11 

18 

5,46 

Bromberg. .. 

3 

10 

4,49 

Breslau. 

9 

50 

13,16 

Liegnitz. 

1 

1 

0,35 

Oppeln. 

1 

2 

0,71 

Magdeburg. 

8 

16 

11,11 

Merseburg. 

9 

31 

13,40 

Erfurt. 

2 

2 

3,41 

Hannover. 

3 

5 

7,94 

Hildesheim. 

3 

14 

19,33 

Lüneburg . 

3 

8 

5,42 

Stade . 

3 

4 

5,50 

Aurich. 

2 

4 

11,69 

Münster. 

5 

11 

41,04 

Minden. 

2 

2 

3,92 

Arnsberg. 

7 

15 

17,64 

Cassel. 

6 

30 

17,94 

Wiesbaden. 

6 

11 

11,75 

Coblenz. 

9 

50 

47.84 

Düsseldorf. 

14 

84 

195,34 

Cöln. 

8 

44 

148,64 

Trier. 

13 

69 

61,22 

Aachen . 

10 

59 

151,28 

Hohenzollern- Si^marin^en 

2 

4 

31,49 

Summa 


~ 559 

— 


Fleischsch&n and Vieh verkehr. 

Zur „Fleischnoth“. 

Der ständige Ausschuss des deutschen Landwirthschaftsrathes 
hat betreffs der sogenannten „Fleischnoth“ eine bemerkenswerthe 
und ohne Zweifel ganz zutreffende Erklärung beschlossen, auf 
die wir in einer folgenden Nummer zurückkommen werden, die 
aber hier schon wörtlich veröffentlicht werden soll. 


Der ständige Ausschuss des deutschen Land wir thschafsraths 
hat in seiner Sitzung am 10. December d. J. über die sogenannte 
Fleischnoth folgende Erklärung beschlossen: 

„Wenn auch der Preis für Schweine nnd frisches Schweine¬ 
fleisch in einigen Monaten d. J. etwas höher gewesen ist als im 
Vorjahre, so ist durch diese Höhe des Preises die Ernährung des 
deutschen Volkes in keiner Weise bedroht worden, zumal den 
Consumenten gleichzeitig Rindfleisch, Hammelfleisch und zu¬ 
bereitetes Schweinefleisch in Form von Schinken und Speck 
ebenso billig und vielfach noch billiger zur Verfügung stand als 
in den Vorjahren. Der höhere Preis für Schweine und frisches 
Schweinefleisch in einigen Monaten,d. J. ist eine regelmässig 
wiederkehrende Erscheinung in der jährlichen Bewegung der 
Preise, die stets abwechselnd hoch und niedrig gewesen sind und 
den Stand des diesjährigen Preises wiederholt erreicht und ihn 
1890 noch tibertroffen haben. 

Die deutsche Landwirtschaft ist nicht nur im Stande, den 
inländischen Bedarf an Fleisch allein, ohne ausländische Zufuhr, 
zu decken, sondern sie ist sogar so leistungsfähig, dass der 
deutschen Bevölkerung trotz ihrer starken Vermehrung von Jahr 
zu Jahr pro Kopf noch eine grössere Fleischmenge zur Verfügung 
steht als in den Vorjahren. Es kann somit von einer Fleischnoth, 
einem Mangel an Fleisch in diesem Jahr ebenso wenig die Rede 
sein wie in früheren Jahren. 

Die Ursache für die Behauptung einer Fleischnoth kann 
weder in den höhereu Preisen noch in der verringerten Einfuhr 
von lebendem Vieh gefunden werden, da der Preis für Schweine 
und frisches Schweinefleisch 1890 und 1892 auf derselben Höhe 
und zum Theil noch höher stand als in diesem Jahr, trotzdem 
damals 6—800000 Schweine eingeftthrt wurden. Aueh ist neben 
die etwas beschränkte Einfuhr von lebendem Vieh eine steigende 
Einfuhr von tierischen Producten getreten, die im Laufe 
dieses Jahres bereits eine aussergewöhnliche Ausdehnung er¬ 
fahren hat. 

Der tiefere Grund für die Behauptung einer Fleischnoth in 
diesem Jahre muss vielmehr in den durch die veränderten Ver¬ 
hältnisse im Vieh- und Fleischhandel verursachten Schädigungen 
der Viehhändler und Fleischer gesucht werden. 

Während für den inländischen Fleischconsum früher fast 
ausschliesslich lebendes Vieh eingeführt und das fremde Vieh vom 
Händler auf die Schlacht- und Viehhöfe gebracht wurde und von 
dort in die Hände des Fleischers überging, dringen jetzt, neben 
der verringerten Einfuhr von: lebendem Vieh, die ausländischen 
für den Consum fertigen Fleischproducte in das Deutsche Reich 
ein und gelangen durch alle Canäle des Verkehrs, durch den 
Verkauf in allen Delicatess-, Colonial- und Krämerladen, zum 
grössten Theil mit Umgehung des Fleischers, direct an die 
Consumenten. Der durch diese Einfuhr von Fleischproducten, 
vor Allem von Pökelfleisch, Büchsenfleisch, Schinken, Speck, 
Würsten, Talg und Schmalz, verursachte Preisdruck zwingt den 
Fleischer, für das frische Fleisch, das bisher verhältnissmässig 
am wenigsten unter der ausländischen Concurrenz zu leiden hatte, 
einen möglichst hohen Preis zn erzielen. Hierdurch erklärt sich 
die vielfach beobachtete Erscheinung, dass die Preise für frisches 
Fleisch höher sind, als im Verhältnis zu den gleichzeitigen 
Schlachtviehpreisen erwartet werden sollte. 

Eine weitere Oeffnung der deutschen Grenze zu Gunsten 
der Einfuhr von lebendem Vieh darf im dringendsten Interesse 
einer wirksamen Bekämpfung der Viehseuchen und im vitalsten 
Interesse der gesicherten Fleischversorgung unseres Volkes auf 
keinen Fall zugelassen werden. Auch muss ans demselben 
Interesse gefordert werden, dass die Einfahr von Fleischproducten 
unter eine strenge hygienische Controle gestellt wird.“ 


Digitizet±by 


Google- 


































^•J^^Baber 1898. 

Bücheranzeigen und Kritiken. 

Compendium der speoieilen Chirurgie für Tbierlrzte von Dr. med. 
Eugen Fröhner, Professor. Ferdinand Enke, Stuttgart 1898. 

Gewissennassen der Notb gehorchend, nicht dem eigenen 
Triebe, hat Fröhner sein neuestes Werk geschrieben. Denn er 
sah sich genöthigt, dem groben Unfng za steuern, dasB seine 
Vorlesungen über spec. Chirurgie ohne sein Vorwissen zum 
Handelsartikel gemacht wurden, für welchen er am Ende doch 
die Verantwortung zu tragen hatte. 

Das 316 Seiten starke Compendium enthält eng zusammen- 
gedrängt die gesammte spec. Chirurgie. Als besonderer Vorzug 
ist es zu erachten, dass die Krankheiten des Auges, des Hufes 
und der weiblichen Geschlechtsorgane, die in den meisten Chirur¬ 
gien fehlen, in das Buch mit aufgenommen sind. Durch das 
Erscheinen des Buches ist in erster Linie den Berliner Studiren- 
den ein grosser Dienst erwiesen worden, indem sie von dem 
lästigen Nachschreiben in der Vorlesung befreit werden und nun¬ 
mehr an der Hand des Compendiums sich das Vorgetragene 
später wieder leicht ins Gedächtniss zurückrufen können. Das 
Buch dürfte sich ausserdem recht brauchbar bei den Repetitionen 
vor dem Examen erweisen. Zu diesem Zweck hat der Verf. den 
Stoff von allen Literaturangaben, Citaten und von sonstigen das 
Gedächtniss beschwerenden Beiwerk entkleidet. 

Die bekannte übersichtliche Darstellungsweise Fröhner’s 
gewinnt noch an Wirkung durch geeignete Anwendung des ge¬ 
sperrten Druckes, der sozusagen Merkpunkte für das Gedächt¬ 
niss liefert, zwischen welchen sich der Zusammenhang leicht und 
fast von selbst findet. Es erübrigt sich, auf den Inhalt einzelner 
Kapitel einzugehen. Im Allgemeinen sind dieselben nach folgen¬ 
der einfachen Disposition entworfen: Beschreibung der Ursachen, 
der Erscheinungen und der Behandlung. Wo es dem Verf. noth- 
wendig erscheint, wird eine kurze Begriffserklärung vorangestellt 
oder es werden auch aphoristische Bemerkungen über pathologisch¬ 
anatomische Veränderungen, Prognose, über die gerichtliche 
Beurtheilung des Falles u. s. w. eingefügt. 

Dem Compendium werden hiernach die Anhänger bei den 
Studenten nicht fehlen, und es dürfte sich auch unter den prak¬ 
tischen Thierärzten manchen Freund erobern. P. 

Die Zuohtwahl de« Pferde« von Dr. Friedrich Wilhelm DQnkelberg, 

Geh. Reg.-Rath, Direktor der Königl. landwirthschaftl. Akademie 
Poppelsdorf-Bonn. Braunschweig, Vieweg & Sohn 1898. 

Die vorliegende Schrift solle ein Ergänzang des Werkes 
„Allgemeine und angewandte Viehzucht“ desselben Verfassers, 
welche im Jahre 1892 erschienen ist, bilden. 

Auf historischer Basis werden die Erfolge dargelegt, welche 
unter anderen mit der Edelzucht des englisch - arabischen 
Vollblutes in Deutschland und Frankreich erzielt worden sind. 
Auch die Halbblutrassen und zuletzt die kaltblütigen Schläge 
werden unter einem historisch-kritischen Gesichtspunkte be¬ 
trachtet. 

Aus der Geschichte der Gestüte und ihrer Züchter lässt sich 
ein werthvolles Erfahrungsmaterial entnehmen, welches für die 
Züchter belehrend und von grösstem Nutzen ist und dieselben 
vor manchem Fehlgriff bewahren kann. Leider sind diese 
Schätze der Allgemeinheit noch lange nicht genügend zugänglich 
gemacht, im Gegentheil werden dieselben von manchen Gesttits- 
verwaltungen in „unmotivirter Geheimnisskrämerei“ vor einer 
Veröffentlichung sorgfältig bewahrt, — um vielleicht später ganz 
in Vergessenheit zu gerathen. 

Verf. fordert durch sein Buch auf, mit dieser dem allgemeinen 
Interesse entgegenstehenden Gepflogenheit zu brechen. 


623 


Das bearbeitete Material ist in zwei Hauptabschnitte getheilt, 
welche die Ueberschriften führen: „Das warmblütige Pferd“ 
bezw. „Das kaltblütige Pferd“. 

Auf den interessanten Inhalt dieser grossen Abschnitte 
specieller einzugehen, würde über die vorgesteckten Grenzen 
dieser Besprechung hinausgehen. Es soll nur erwähnt werden, 
dass im ersten Abschnitt zunächst kurz die arabische Rein¬ 
zach t beschrieben wird. Ausführlich beschäftigt sich der Verf. 
dagegen mit der arabisch-englischen Vollblutzucht, 
indem er sich an die nach aktenmässigen Quellen ermittelte oder 
aus glaubwürdiger Literatur geschöpfte Gestütskunde von Zwei¬ 
brücken, Neustadt a. d. Dosse, Mezöhegyes, Pompadour u. s. w. 
anlehnt. Die Geschichte dieser Gestüte lehrt, dass aus der Ver¬ 
mischung des arabischen mit dem englischen Vollblut aus¬ 
gezeichnete Gebrauchspferde entstehen. Verf. empfiehlt hiernach 
zum Besten der Landespferdezucht in massigen Grenzen auf die 
englisch-arabische Zucht zurückzugreifen. 

98 Seiten der Schrift sind der Halbblutzucht gewidmet. 
Unter den Halbblutrassen werden einige deutsche und öster¬ 
reichische Zuchten, welche sich Ruf erworben haben, gut be¬ 
schrieben, ferner finden das englisch-normannische Pferd, die 
Orlowtraber, die Hackney- und die amerikanische Traberrasse 
eine gebührende Berücksichtigung. Viel Neues bieten die An¬ 
gaben über das Lippe’sche Hofgestüt in der Senne und das dort 
gezüchtete Pferd („Sennerpferd“). 

Im Abschnitt, welcher von den kaltblütigen Pferden 
handelt, werden der historisch-kritischen Betrachtung unterzogen. 
Das dänische Pferd, das brabanter Pferd, das Pferd der Ardennen, 
der Percheron, der Klydesdaler, die Suffolkrasse und das englische 
Karrenpferd. 

Das Buch bietet, trotzdem nur einer kleiner Bruchtheil von 
dem gesammten Erfahrungsmaterial der Gestüte darin enthalten 
ist, reiche Belehrung und es ist allen Pferdekennern und Züchtern 
bestens zur Lectüre zu empfehlen. 

Es wäre wünschenswert^ dass das das Beispiel und die 
Anregung des Verfassers Nachahmung und Gehör fänden, damit 
endlich die noch im Schosse der Gestüte ruhenden züchterischen 
Erfahrungen zwecks Aufstellung allgemein richtiger Grundsätze 
für Zuchtwahl bekannt würden. P. 

Das Thierreloh. Von Dr. Heck. P. Matsohie, Professor Dr. von 
Martens u. A. Verlag von J. Neu mann in Neudamm. 1887. 
2 Bände mit 2222 Seiten. 15 Mark. 

Das vorliegende Werk bildet den 8. und 9. Band des grossen 
Sammelwerkes „Der Hausschatz des Wissens“. Wie alle die 
einzelnen Bände dieser Sammlung, welche unser gesammtes 
Wissen von der Natur und Menschheit in grossen Einzelwerkeu 
bieten soll, so bildet auch „Das Thierreich“ ein vollständig für 
sich abgeschlossenes Ganzes. Im Anschluss an eine geschichtliche 
Einleitung finden wir die Lehren der allgemeinen Zoologie in 
gemeinverständlicher Form wiedergegeben. Hierauf folgt der 
Haupttheil des Werkes, die ausführliche Naturgeschichte aller 
Thiere, von den Urthieren anfangend bis zu den höchst ent¬ 
wickelten Säugern aufwärts. Die Daistellungsweise ist fern von 
jeder langweiligen Schulmethode. Neben der nothwendigen 
Systematik kommt die vergleichende Gegenüberstellung zu ihrem 
Recht, so dass der Leser nicht nur mit dem Wesen der äusseren 
Erscheinung der Thiernamen, sondern auch mit der Ursache der¬ 
selben vertraut gemacht wird und ebenso unbewusst wie überzeugend 
zur Erkenntniss des einheitlichen Grundprincips der thierischen 
Organisation gebracht wird. 

Den breitesten Raum des ganzen Werkes nehmen die Vögel 
und Säugethiere ein; gerade die Darstellung der letzteren, leider 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Digitized by LjOOQie 



624 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


No. 52. 


in vielen neneren Werken stiefmütterlich behandelten Thierclasse 
ist von Dr. Heck in sehr sorgfältiger und anziehender Weise 
durchgeführt worden. Hier hat, das empfindet man in jedem 
Capitel, Liebe zur Sache und sorgfältige Beobachtung die Feder 
geführt 

In Rücksicht auf die alte Erfahrung, dass zahlreiche Ab- 
bildüngen, wenn möglich, in natürlichen Farben, ein besseres 
Mittel zur sicheren Eenntniss der Thiere bilden als eine noch 
so eingehende Beschreibung, sind dem Text gegen 1000 Ab¬ 
bildungen sowie 10 farbige Tafeln beigegeben worden. Allerdings, 
das darf hier nicht verschwiegen werden, sind die Abbildungen 
in ihrer Qualität grundverschieden; neben ganz vorzüglichen 
Bildern (z. B, der aus dem Nachlass des bekannten Thiermalers 

G. Mützel stammenden Farbentafel „Interessante Sängetbiere“) 
finden sich geradezu miserable Zeichnungen, die kaum von einem 
Kenner das darzustellende Object herausfinden lassen; diese Ab¬ 
bildungen hätten selbst in einem billigen Werk lieber fortbleiben 
sollen. 

Im Ganzen genommen, ist „das Thierreich“ ein immerhin 
beachtenswerthes populär - naturwissenschaftliches Werk für die 
Hausbibliothek. Es stellt einen „Brehm“ imKleinen dar, welcherfür 
die Familie ein brauchbares Nachschlagebuch in allen das Thier¬ 
reich betreffenden Fragen bildet, andrerseits aber durch seine 
zum Theil recht ausführlichen Beschreibungen über das Leben 
und Treiben der Thiere eine interessante und lehrreiche Lectüre 
bildet. Z. 

Natur und Haus, Ulustrirte Zeitschrift für alle Natur¬ 
freunde, herausgegeben von Max Hesdörffer in Verbindung 
mit Prof. Dr. Lamport und Gustos P. Matschie. Verlag von 
Gustav Schmidt, Berlin. Preis 8 M. 

Von dieser vortrefflichen Halbmonatsschrift, die sich in kurzer 
Zeit die Achtung der Wissenschaft wie die Liebe aller Natur¬ 
freunde erworben hat, liegt heute der vollendete VI. Jahrgang in 
geschmackvollem Einbande vor uns. „Natur und Haus“ nimmt unter 
allen populär-naturwissenschaftlichen Zeitschriften den allerersten 
Rang ein; es wird bei der Mannigfaltigkeit seines Inhalts in Original- 
Artikeln und Abbildungen und durch seine vornehme Ausstattung 
auch in Zukunft neue Freunde unter allen denen finden, die ein 
offenes Herz für die Reize der uns umgebenden belebten Natur 
und ihre Gebilde bewahrt haben. Z. 

Personalien. 

Ernennungen: Thierarzt H. F e s e r- Abensberg zum Districts- 
tliierarzt daselbst 

Gewählt: Thierarzt Dr. H. Baals s-Nlirnberg definitiv zum 
beamteten Thierarzt für die Stadt Nürnberg; Thierarzt Mann- 
h ar d t - Kellinghusen zum Sanitätsthierarzt daselbst; Thierarzt 
S e i ff e r t-Kotzenau (Schles.) als Schlachthofassistenzthierarzt in 
Hirschberg. 

Promotionen: Kreisthierarzt Ehlers- Northeim (Hann.) von der 
Philosoph. Facultät der Universität Marburg. 

Approbationen : In Hannover: die Herren Alfred A11 m a n n, 
Johann Huth, Wilhelm Rabert, Johannes Schmidt, Alfred 
Schwarz. 

Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in 
Stuttgart: Georg Alber, Stadtthierarzt in Ebingen, Toierarzt 
H ä b e r I e - Stuttgart, E. H ä g e I e , Stadtthierarzt in Lauffen a. N., 
E. Kuhn, Assistent an der Thierärztl. Hochschule, Thierarzt 
Richard U e i n li a r d - Stuttgart z. Z. Einj.-Freiw., Dr. Zwick, Pro- 
scctor an der Thierärztl. Hochschule. 

Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Bezirks-Thierarzt 
Dotter- Konstanz nach Lörrach in gleicher Eigenschaft; Thierarzt 
Rnil. K Ö8 t e r - Hohenlimburg (Westf.) nach Lüdenscheid (Arnsbg.); 
Thierarzt Franz Reimer - Berlin nach Schleswig; Bez.-Thierarzt 

H. Zundel - Lörrach nach Konstanz in gleicher Eigenschaft. — 

In der Armee: Versetzt: Ober-ltossarzt Hirsemann vom 

Verantwortlich flir den Inhalt (excl. Innerateu'.heil) I’rof. Dr. Schinallz in Merlin. — V« 


10. Ul.-Regt. zum 2. Hannov. Ul.-Regt. No. 14, Obenossarzt Samuel 
vom 2. Hannov. Ul.-Regt. zum 10. Ul.-Regt. — Befördert zu 
Bossärzten: Die Unterrossärzte Bussmann vom Feld.-Art-. 
Regt No. 1 unter Versetzung zum Ul.-Regt. No. 16, Stolp vom 
Feld.-Art.-Rgt. No 21 unter Versetzung zum Feld.-Art-Regt. No. 18, 
Bock vom Kür.-Regt. No. 3 unter Versetzung zum Feld.-Art.-Regt 
No. 36, Lottermoser vom Gren.-Regt. z Pf. No. 3, R u g g e vom 
Drag.-Regt. No. 7 unter Versetzung zum 2. Hannov. Drag.-Regt 
No. 16. — Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes: Die 
Unterrossärzte der Res. Schliwa, Jelen, Polomski, Stehn 
und Unterrossarzt d. Landwehr Carl. 

Todesfälle: Districtsthierarzt A. Kämmerer - Waldkirchen 
(N.-Bay.) 

Yacanzen. 

Krelsthierarztsteüen: a) N eu ausgeschriebene Stellen: 
Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M.). 

— R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: 
Neutomischel. — R.-B. Stralsund: Stadtkreis Stralsund und 
Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten. 

Thierärztl. Hochschule inMünchen: 2. Assistenten¬ 
stelle am patholog. Instjtnt sofort, (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an 
den Director. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Stellen: R.-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Mi11el¬ 
franken: Stelle des Zuchtinspectors für den Zuchtverband für 
Fleckvieh. Wohnsitz Ansbach. Meid, an Bezirksamtmann in Ans¬ 
bach (ca. 5200 M.). — Bez. Obereisass: Colmar zum 1. Fe¬ 
bruar 1899 (ca. 1300 M.). Meid, an Ministerialabth. für Landwirt¬ 
schaft etc. in Strassburg. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osna¬ 
brück: Meppen (800 M. Zuschuss). 

R.-B.: Niederbayern: Distriktsthierarztstelle in Waldkirchen 
(ca. 972 M ). Meid, an Bezirksamt Wolfstein. 

Sanltätsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen: 
Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum 1. April 1899 
(2400 M. und Wohnung; vierteljährl. Kfind.) Meid. b. 10. Jan. 1899 
an Magistrat. — Königsberg i. Pr.; 2. Schlaclithof- Thierarzt 
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M. 
bis 3000). Event. Wolinungsabzug. Bewerbungen sofort an den 
Director. — M a 1 m e d y: Schlachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬ 
dungen bis 1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen), 
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat- 
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat — Plauen 
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M. 
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an Oberbürgermstr. 

— Schwäbisch-Gmünd: Schlachthofthierarzt zum 1. März 1899 
(1800—2700 M., Privatpraxis, Pension). Meid, an das Stadtschultheissen- 
amt. — Spandau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., freie 
Wohnung etc. vierteljährl. Kündigung). Meldung bis 1. Febr. 1899 
an Magistrat. — Strasburg (Westpr.): Schlacbthausinspector 
(1600 M. bis 2500 M. freie Wohnungj. 

b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte 
Steilen: Haltern: Thierarzt für Flcischschau (ca. 2000 M. 
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz: 
Schlacbthofassistenzthierarzt. — Münstereifel: Schlachtbaus¬ 
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg: 
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt. 

— Warburg: Schlachthofthierarzt. Bew. an Bürgermeister. 

Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt 

aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat — 
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. 
Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath. — 
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren), 
Bewerb, an Magistrat. — Grossschöna u: Thierarzt (Fixum 1500 M.) 
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M. 
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde- 
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 BL). Bew. an 
Magistrat. — Bioringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬ 
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an 
Bürgerm. Igel. — O b er m ar scbacht (Elbe): Thierarzt 

Besetzt: Departementsthierarztstelle Gumbinnen 
und Münster, Kreisthierarztstelle Meisenheim, Schlacht¬ 
hofassistenzthierarztstelle Hirschberg. 

rla« und Eiaeuthum von Richard Sclioet* In Berlin. — Druck von W. BQxeniteln. Berlin. 


Digitized by CjOOQie 





1898. BERLINER THIERÄRZTLI CHE WOCHENSC HRIFT. 

Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse No. 36. 


Tagebuch 

für die 

tierärztliche Praxis. 

Fünfte Auflage. 


Preis M. 7,50. 

Das „Tagebuch“ ist so bemessen, dass es selbst bei grösster Praxis für ein Jahr ausreichen dürfte, während 
es andernfalls auch über eiu Jahr hinaus gebraucht werden kann. 

Die Einrichtung desselben macht die Führung irgend welcher anderen Bücher neben dem Tagebuch unnötig. 
Das Tagebuch ist so eingerichtet, dass dasselbe jeder Zeit in Gebrauch genommen werden kann. 

Ein Kreisthierarzt mit grosser Privatpraxis schreibt mir darüber: 

Das ran Urnen eingeführte „Tagebuch für die thieriirxtliche Praxishat so viele Vorxiige, dass es jetxl ein Vergnügen ist, Buch 
xu führen. 


Weil, seitdem das Tagebuch in meinem Verlage erschienen ist, auch vielfach Rechnnngsformulare von mir 
verlangt wurden, habe ich die nachstehend abgedruckten Formulare auf gutem holzfreien Papier herstellen lassen 
und werde dieselben stets in grosser Zahl vorräthig halten. 


I. 

(Liquidation.) 

, den 189 

Herrn 


erlaube ich mir hiermit meine Liqui¬ 
dation für tierärztliche Bemühungen 

im Betrage von Mk. Pfg. 

zu überreichen. 

Obigen Betrag von. Mk.Pfg. 

empfangen zu haben, bescheinigt 


u. 

(Spcclflcirte Liquidation). 


, den 


.89 


Herrn 


erlaube ich mir hiermit meine Liqui¬ 
dation für tierärztliche Bemühungen zu über¬ 
reichen. 


Consultationen .... 

Tagbesuche . 

Nachtbesuche. 

Operationen. 

Sectionen, Fleischbeschau 

Gutachten. 

Arzneien. 

Auslagen. 


Obigen Betrag von Mk. Pfg. 

empfangen zu haben, bescheinigt 



III. 

(Mahnung.) 


. , den 

Herrn 

189 

bitte ich um Begleichung 

meiner 

Liquidation vom . 

189 , 

im Betrage von 


. Mk. Pfg. 


Obigen Betrag von Mk. 

Pf* 

empfangen zu haben, bescheinigt 



Diese Rechnungbformulare können dadurch, daB» Name, Titel und Wohnort des ausstellenden Thierarztes nicht aufgedruckt ist, 
sondern handschriftlich einzutragen sind, von jedem Thierarzt, in welcher Stellung und an welchem Orte er sich auch befindet, benutzt 
werden, ohne dass in den Formularen etwas geändert werden muss. Es werden dieselben also beim Wechsel des Wohnortes, oder wenn 
eine Titeländerung eintritt, nicht unbrauchbar, wie dies bei anderen Formularen der Fall ist. 

Ich liefere von diesen Formularen 100 Stück fllr M. 1,20. [i«ot] 

Bei Bestellung genügt die Angabe der Nummer. Also z. B. 500 Rechnungsformulare I., 200 II., 100 III. 


Berlin NW, 

Luisenstr. No. 30. 


Gegen frankirte Einsendung des Betrages erfolgt die* Jausen düng franko. 

Buchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften 

von 

Richard Schoetz. 


Digitized by 


Google 



















No. 52. 


BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 


Bengen & Co., 


Medicinal-tirosshandlung. 

Hannover 

Ludwigstrasse 20 n. 20 a. 


(«egröndet rogen, Chemikalien, fertige PrBparate, Verbandstoffe, Drucksachen und Utensilien. tteffrfinclet 

1859. Einrichtung von Apotheken und Dispensiranstalten unter den coulantesten Conditionen. 1859. 

empfehlen: 

Arecolin, Eserin, Pilocarpin zu GroBBo-Preisen. 

Sterile LÖHungen in Glasröhrchen „gesetzlich geschützt“. 

Rarynm chlorat. solnt. „zuverlässig“. Tobercnlin 0,5 :4,5 Phenollös. für Kühe 1 danernd 

Tetanus-Antitoxin solut. Dose zu 50,0 M. 30.50. ,, 0,25 : 4,75 „ „ Kälber | haltbar! 

Fernsprecher: No. 1977. Telegramm-Adresse: Bengenco Hannover. 


Zu kostenfreiem Versuch empfohlen: 



DieckerhofFs Spritzen zur intravenösen Irjection. 

PiUeneingebeapparat, zerlegbar, nach Matthias 5,00 M. 
Spiral-Schlauchklemme 0,50—0,60 M. 

Hufsäge nach Eberlein 5,00 M. 

Fleischfarbstempel für Sanitätsthierärzte 2.30 M. 
Jodkalium-Infusionsapparat 2,50 M. 

Dieckerhoff’s Aderlasshohlnadel 4,25 M. [isocj 

Lorenz-Serum und Tuberkulin-Spritzen. 

Embryotom-Ecraseur nach Witt und Wessel, leicht transportabel 62 M. 
Nasenring, zugleich Thierkennzeichen 1,00 M. 

Allen Tüierärzten der meisten Knlturstaaten ist kostenfrei übersandt worden: 

Hauptner’s Neuheiten, Katalog 1898. 

Instrumenten-Fabrik. 


Hauptner, 


Berlin. NW. 


Roekstrohs Yerbandbinde 

Muster-Schulz No. 88 699. It. Preis Bromberg 1898. Muster-Schutz No. 88 699. 
ist die beBte Binde der Neuzeit. Sie zeichnet sich aus durch die 
gewebten, feBten Kanten, grosse Elastizität, feinmaschig gestrickte 
Machart, leichtes Gewicht und Handlichkeit beim Gebrauch. Sie ist 
bandartig;, nicht schlauchartig gearbeitet, wodurch die Falten¬ 
bildung vermieden wird auch nach wiederholtem Waschen. 

Der Preis ist für _8_ 10 _12 cm Breite das Kilo M. 5,10 t ,SÜ7 l 
oder das Meter II 13 17 Pf. Kleine Muster kostenfrei. 

Carl RockStroh, Verbandstofffabrik, Jahnsbach i. Sachs. 

Bakterien-Mikroskop No. 6 

mit 3 Systemen, 4, 7, und Oelimmerslon, Abbe’schem 
Beleuchtungsapparat. Vergrösserung 50 bis 1500 
linear, 140 Mk., mit Insblende 150 Mk. — Gesetzlich 
geschütztes Unlversal-Mikroskop No. 5, Systemen 
4, 7, und Oelimmerslon, Abbe’schem Beleuohtunge- 
apparat, Objektiv- u. Ocular Revolver 50—1500 linear, 
200 Mk., mit Irisblende 210 Mk. — Trlchlnen-Ml- 
kroskop in jeder Preislage. — Kataloge mit Gut¬ 
achten k stenlos. Gegründet 1859. Coulance 
Zahlungs“ dingnngen! [isos] 

Ei. Me «ter. Berlin NW. , Frieilrichstr . 84 95. 

l»e besten leicbtfalirendf»ten4rädr. 
Einspänner für ärztliche Praxis in 
Feld-, Wald-, Gebirgswegen mit 
abnehmb. Verdeck, »iefen. 

Wagonfabrik Bartenstein 0. Pr 
I. 6. Bessel. i»«w) 

UI. Kataloge n. Anerkennung»- 
schreiben aus ganz Deutschland 
frei zu Diensten. 



Eine zwingende Nothwendigkeit 

für den Viehbesitzer ist die Versicherung seines Viehstandes, was 
jeder practicirende Thierarzt immermehr einsieht. Deshalb empfehlen 
wir unsere Versicherungsarten, nämlich: Viehlebens-, Weide 
Operations-, Transport-, Schlachtvieh (einschliesslich Tuberculin- 
Irupf^-Versicherung, ferner Fahr-, Unfall- und Rennversicherung. 
Berlin S. W., Friedrichstr. 239. (Fernspr. Amt VI, Nr. 2779.) 


Central-Vieh versieh eruu gs-V er ein: 


Thierarzt Otto Heinrich, Director. 


[1810] 


D R - AUFRECHT’ 8 BAKTERIOLOGE INSTITUT 

Berlin N., Friedrichstr. 110. Tel.-Amt III, 2068. [wn]| 
Kurse in Bakteriologie und physiologischer Chemie. 
Untersuchungen jeder Art, Reagentien, Nährböden etc. 





Schonung der Pferde 
Sicheres Fahren u. Reiten 

auf glatten Wegen (Eis. Schnee. Asphalt, IWIzptc.) 
kann nur erreicht werden durch B&jJttfjpn? der 


Hufeisen-H-Stollen (Patent Neuss) 


Stets scharf! Kronentritt unmöglich ! SehuU- 

Um vor werthlosen Nachahmungen zu schützen, ist jeder einzelne 11« I 
unserer H - Stollen mit nebenstehender Schutzmarke versehen. f«,1 
worauf man beim Einkauf achten wollp. | V| 

Preislisten und Zeugnisse gratis u. franco. v 
Patent-Inhaber und alleinige Fabrikanten: 

Leonhardt & Co., Schöneberg-Berlin. 


Hierzu eine Beilage 1 er Verlagsbuchhandlung Richard Carl Schmidt in Frankfurt 

Verantwortlich fllr den InAcratentbeU: Richard <*cho<*«t fn lli'tlin. Verlag und Klgoutbum von Richard 8cU atz In Berlin 


tfurl am Main.f 

a. ln., Ryfln.' 



































IMS BOOK IS DUI ON IHK LAST DATE 
STAMPID BELOW 


RENEWID BOOKS ARE SUBJECT TO IMMEDIATI 
RECALL 


LIBRARY, UNIYERSITY OF CALIFORNIA, DAYIS 

Book Slip-50m-9,’70(N9877B8)458—A-31/5,6 


790200 

Wochenschrift. 


Call Number: 

W1 

BE836W 

1898 


N? 790200 

W1 

Berliner tierärztliche BE 836 W 

Wochenschrift• I 898 


HEALTH 

SCIENCES 

LIBRARY 


LIBRARY 

UNIVERSITY OF CALIFORNIA 
DAVIS 


itized by Google 








Vf >, 


" v -•-•*4^, -’ v ^vk %'J 

■ vVir/Vi- f»5^!Tf...vm w, * 


S . jvvv • > „>v «* 

*; V- ^ •*** '^' 

>% •.;„<• • i ** 


■ ■■ i-^3 mgr ’^PA 

.w7t$ 


K 




A > i V T > .» 

V* fl f-\ V M *** 


Digitized by 


Google