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LIBRARY
UNIVERSITY OF CALIFOMOA
DAVIS
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Berliner
Thierärztliehe Wochenschrift.
Herausgegeben
Ihr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, I)r. R. Lothes, Dr. R. Peter.
«Jahrgang: 1S9S.
Berlin 1898.
Verlag von Richard Schoetz
Luisenstrasse 36.
LIBRARY
ÜKIVEliSiTY OF CALIFORNIA
DA. VIS
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Sachregister.
(Die Zahlen I intor den einzeln 'n Sätzen b> deuten die Seitenzahl) n.j
Abdeekerciprivilegien. — Ministerialbescheid
betr. Wahrung der — 383.
Abdeckereiwesen in Preussen. — Das — Orig.-
Art. v. Krueger. 87.
Abdeckereiwesen in Baden. 455. Reglement
in R. B. Wiesbaden Beil. 8. v. 14. 7. 98.
( 8 . a. Vernichtung).
Abgehetzter Thicre. — Das Fleisch — von
Villain. 288.
Abgeordnetenhaus (s. auch Landtag). 81, 132,
141, 200, 212.
Abscesse s. Her/.abscess, Leberabscesse.
Abscesse im Kuhherzen, v. Möller. 462.
Abschnürung dos Dünndarms, v. Ritzer. 608.
Abwerfen s. Myositis.
Accomodation des Auges in der Thierreihe. —
Die — v. Beer. 570.
Achselartericn-Thrombose. v. Maikmus. 498.
Actinomycose beim Schwein. — v. Karl. 427.
Aderlass s. Uiämie.
Aderlass, die Brechmittel und die Vcsicantien.
— Ueber den — v. Robin. 152.
Aerzte Deutschlands. — Zahl der — 238, 275.
Aeiherion. 584.
Africa: Africanische Rinderseuche. 8 —
Rinderpestverwüstungen. 107. — Koch’s
Impfungen. 162. — Rinderpest in Deutsch-
Südwest-Africa. 263.382 — Zurücksetzung
der Thierärzte. 621. — S. Rotz, Surra,
Texasfieber, Tsetse, s. a. Tagesgeschichte
(Curiosa): „Wo ist der Thierarzt?“
Alrolpaste v. Fröhner. 187.
Akne des Hundes und Heilung, v. Frick 552.
Albuminurie s. Eiweiss.
Aleohols bei rectaler Injection. — lieber die
Giftigkeit des — v. Baum. 90.
Akoholverband v. Steger. 330.
Alopecia symptomatica beim Pferde durch
graue Salbe. — von Katzke. 449.
Altersbestimmung s. a. Karpfen.
Altersbestimmung des Geflügels, v. Nicbel. 547.
Ameiica: Ausfuhr von Vieh, Fleisch etc. 11.
— Die landwirtschaftliche Thicrhaltung
in den Vereinigten Staat n. 524. — Pferde-
Tmport aus dens. 9. — Schafkrankheit 8.
— Thierseuchen in Argentinien. 8, 72. S.
a. Rinderdiirme, Rindorseuche, Tristezza.
Aminoform s. Saligenin.
Amyloid s Jod.
Anästhesie s. Orthoforra.
Anästhesie einiger Hausthiere. — Zur allge¬
meinen — Orig.-Art. v. Malzef. 267.
Anästhesie in der Tl ierheilkunde. — Locale
— v. Frick. 88.
Anästhcsirung. — Locale — v. Tito Costa 152;
v. Wohlgemut 352.
Anatomisches und Physiolog’schcs s. Accotno-
dation, Aneurysma, Auge, Blutkörperchen,
Ccntralnervensystem, Colostrum, Degene¬
rationsformen, Ganglienzellen, Gartnersche
Gänge, Haut, Herz. Holdvone, Hypophysis,
Leukoeyten, Milchsecret ion, Missbildungen,
Muskeln, Netz, Penis, Pneumonie, Speichel¬
drüsen, Utcrusepithel, Vagina, Venen-
bcschreibung, Zellbrücken.
Andampfung s. Vaporisation, Wundbehandlung.
Aneurysma der Arteria facialis bei einer Kuh.
— Orig.-Art v. Vogel. 457.
Anthelminthicum s. Kupferoxydul.
Antifebrin als Verbandmittel. 283.
Antifebrin. — Vergiftung einer Kuh durch —
Orig.-Mitth. v. Ehlers. 76.
Antipyrin bei Wehen, v. Eberson. 402.
Antisepticum s. Silber.
Antiseptik mittels Wasser und Seife, von
Geo J. Monroe 78
Antitetanusserums —Erfolgreiche Anwendung
des Nocard’schen — v. Mulotte. 307.
Antitoxin s. Botulismus, Tetanus,-Tollwut.
An unsere Leser. 421.
Anzeigepfiicht — Erfüllung der — 562.
Aorta. — Fremdkörper-Verletzung der — v.
Seibert. 498.
Aortenruptur beim Pferd. 200; desgl. von
Engelen. 498.
Aorten-Thrombose. 498.
Aphthenseuche s. Maul- und Klauenseuche.
Apocynum cannabiuum gegen Wassersucht v.
Aleksejew. 354.
Apoplexie s. Cerebralracningen, Gutachten.
Apparat zum Niederlegeu der Tliic re. 188.
Apparate s. Bandagen, Instrumente, Nieder¬
legen der Thicre, Operationstisch, Reduc-
tionsappaiat, Schlachten.
Approbationen 1896/97. — Verzeichnis der
tierärztlichen — 176.
Arabisches Hufeisen s. Hufeisen.
Arecolin. 237.
Arecolins bei Hufliehe. — Zur Anwendung
des — Orig.-Art. von Piayon 328.
Argentinien s. Rinderseuche, Tristezza.
Argentum colloidale s. Blutfleckenkrankheit.
Argentum nitricum s. Silber.
Armbeinbrttche beim Pferd. — Ge! eilte —
v. Fröhner. 77.
Arsenikbehandlung s. Otitis.
Arzneimittel und Aehnliches s. Alcoholver-
band, Aminoform, Antipyrin, Antitoxin,
Apocynum, Arecolin, Argei.tum colloidale,
Argentum nitricum, Arsenik, Asbest,
Atropin-Morphium, Benzosol, Blausäure,
Bronchitis, Cblorbaryum, Chloroform¬
behandlung, Chromsäure, Cosotoxin, Creo.
sot, Derivantien, Eudcrmol, Eugenoform,
Formaldehyd, Formalin, Glutol, Hydrastis,
Ichthalbin, Jodkalinm, Jodoform, Jodo-
thyrin, Kataplasmen, Keratitis, Kohlen¬
calcium, Lactophenin, MallcYn, Medi-
camente, Menthol, Natriumsulfat, Picrin-
säure, Poui’re u‘6rine, Protargol, Pur-
gantien, Resorcin, Saligenin, Seraphthin
Scrumtherapie, Silber, Silbersalze, Soda,
Tamarinde, Tannalbin, Tannoform, Ter¬
pentin, Tliiol, Tuberculin, Veratrin, Ver¬
brennungen, Xeroform.
Arzneimittelnpplication s. R< spirat : onstractus.
Arzneistoffen auf die Haut. — Application
von — v. Schiff. 102.
Asbest als Verbandsmaterial, v. Reed. 68.
Asepsis s. Wundbehandlung.
Asion s. Büffelseuche.
Asphyxie durch Strangulation. — Beitrag zum
Studium der — v. Magnin. 364.
Asthma s. Facialisparose.
Athmungsorgane s. Ichthyol.
Atmosphäre: Noch zwei neue Gase 353.
Atrophie s. Milzatrophie.
Atropin s. Morphium, Rheumatismus, Schulter-
lahmhoit.
Atteste über Tuberculinimpfungen. Orig -Ait.
v. Scharmer 565.
Aufbewahrung s. Fleisch.
Auge s. Accommodation, Keratitis, Protargol,
Silbersalze, Staar,Thränencanäle, Xeroform.
Augenentzündung s. Protargol, Silb< rsalze,
Xeroform.
Augenentzündung. — Ursache periodischer —
von Knaflitsch. 67.
Augenheilkunde. — Die Geschichte der ver¬
gleichenden — von Königshöfer. 246.
Augentuberculose s. Tuberculose.
Ausbrennen s. Otitis.
Ausfuhr s. Einfuhr.
Ausscheidung s. Mikroorganismen.
Ausstellung s. Landwirthschaftsgosellschaft.
Australien: Ausfuhr v. gefror. Fleisch. 455.
Autointoxicationen. — v. Ilaubold. 91.
Autointoxicationen der Thiere. v. Eber. 58,363
Bacillus coli ste s in der Kuhmilch. 600.
Bacillus typhi murium s. Mäusetyphusbacillen.
Bacteriologisches s. Actinomycose, Bacterien-
Geisselfärbung, Blastoroyceten, Färbung,
Fische, Licht, I.ungenseucheerreger, Lyssa,
Mäusctyphusbacillen, Maul- und Klauen¬
seuche, Mikroorganismen, Milch, Milch¬
drüse, Milzbrand, Myxomatogen,Organisii te
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IV
Infectionsstoflfe, Parasiten, Pneuraonie-
bacterien, Protozoön, Rheuraatismuß, Roth-
laufbacillus, Scheinfädenbildung, Seifen,
Septicaeraie, Sporenfärbungsmethode, Spu¬
tum, Strahlenpilzähnliche Wuchsformen,
Streptothrixform, Tetanusbacillen, Tu-
bercelbacillus, Tumoren.
Bactcriengehalt der Luftwege. — v. Barthel. 583.
Bacterien-Geisselfarbung bei Gebrauch einer
Orcelnbeize. v. Bowhil 283.
Baden: Etat.238; — Rindviehversicherung.489.
Baden-Baden s Congress.
Baisamum Peruvianum und Oleum Ricini. —
Verband mit — v. Galinnt. 380.
Bandagen s. Binden, Gummifäden
Bandwürmer der Rinder, Schafe und Schweine
betr. der Fleischschau, v. Stiles. 479.
Bandwurm s. Kupferoxydul, Vogeltänie.
Barbonekrankheit der Rinder und Schweine
in Sicilien. v. Sanfelice, Loi, Malato. 90.
Baryum chloratum s. Chlorbarium.
Basedow’schc Krankheit bei der Kuh. von
Göhrig. 510.
Bastarde zwischen Zebra und Esel — 9;
desgl. zwischen Zebra und Pferd. —
v. Steinriedel. 548.
Bauchbruchs durch zweckmässig angelegte
Bruchbandagcu. — Heilung eines —
Orig-Art. v. Kaiser. 73.
Bauchfell b. Netz.
Bauchfellentzündung bei Kälbern. 584.
Bayern: Influenza. 478; — Rangordnung der
Militärveterinäre. 190; — Viehzählung.
167. Tuberculosestatistik. 443.
Beamtete Thierärzte s. Kreisthierärzte.
Beanstandung s. Entschädigungsansprüche.
Befruchtung schwer tragendwerdender Stuten
durch Injection von Natrium bicarbonicum-
Lösungen vor der Bedeckung — Ein¬
wirkung auf die — v. Grabensee. 223.
Beissens und Schlagens bei einem Pferde. —
Obergutachten Uber den Fehler des —
Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 277
Belgien: Thierseuchen IV. Quart. 1897 bis 111.
Quart. 1898 : 251, 311, 478, 610; — Jahres¬
bericht 1896. 383; — Tuberculnsebc-
kämpfung in — 536.
Benzosol. v. Gofron. 392.
Berichtigung v. Lorenz gegen O. Voges und
W. Schütz in Berlin. 499, 537.
Berlin. 58, 106, 394, 528; Beiblatt zu No. 36.
Beschlag s. Zugochsen.
Beugesehnenentzündung. — B.handlung der
— v. Schmidt. 6.
Bezahlung der Dienstverrichtungen der be¬
amteten Thierärzte. — Ueber die Form
der — Orig.-Art. v. Schmaltz. 366, 373, 393
Bienengift v. Langer. 583.
Binden nach Thierai zt Hauptmann.—Elastische
— v. Frisch. 532.
Bläschenausschlag: Statistik s.d. Ländernamen.
Blase s. Uebertritt
Blasenlähmung s. Schweiflähmung.
Blastomyceten als InfectionBerreger bei bös¬
artigen Tumoren, von Maffucci und Sirleo.
391, 511.
Blastomyceten und hyaliner Degeneration. —
Ueber die histologischen Unterschiede
zwischen — v. Beck. 283.
Blausäure als Antidot bei Chloroforraasphyxie.
v. Hobday. 354
Blut s. a. Giftigkeit, Hämaturie, Leukocyten.
Blut. — Entfernung von — 153.
Blutbildung s. Pigmentbildung.
Blutfleckenkrankheit des Pferdes mit Argen¬
tum colloidalo Credc. — Die Behandlung
der — Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 541.
Blutgefässe s. Achselarterie, Aneurysma,
Aorta, Aortenruptur, Embolie,Entzündung,
Lufr, Penis, Venen.
Blut- und Organgifte. — Ueber - v. Brieger
und Uhlenhuth. 186.
Blutgiftigkeit hungernderThiere. v.Scofone. 32.
Blutharnen s. Haematurie.
Blutharnen beim Pferde, v. Rexilius. 329.
Blutkörperchen. — Sichtbarmachung derKcrne
der rothen — v. Petrone. 379.
Blutkörperchen und des Fibrins bei der Ge¬
rinnung — Die Veiändcrungen der —
v. Müller. 570.
Blutmengen, gewonnen bei den verschiedenen
Schlachtmethoden. v. Goltz. 299.
Blutserum s. Brustseuche, Serum.
Blutserums. — Ueber antienzymische Wirkung
des — 379.
Blutstillung durch Angiotryphie. 512.
Blutung s. Euterblutung, Vaporisation.
Blutung nach Hodenabdrehung beim Esel 607.
Botryomycose beim Menschen. — v. Poncet
und Dor. 92.
Botulismusgift — Ueber antitoxische Sub¬
stanzen gegenüber dem — v. Kempncr
und Schepilewßky. 488.
Brandenburgische Landwirthschaftskaramer
s. Rothlaufimpfanstalt.
Brandenburg, Thierärztl. Verein 81, 106, 131,
538, 563. Schlachthofdirectoren. 609.
Brandwunden. 187. s. a. Verbrennungen.
Braunschweiger Verein. 238, 285.
Brechmittel s. Aderlass.
Breslau: Beamtete Thierärzte. 285.
Brief-Liquidation. 119.
Bronchitisbehandlung. v. Lyon. 91.
Bruch s. Armbeinbrüche, Bauchbruch, Fessel¬
bein, Hodensack, Knochenfissur, Nabel¬
bruch, Sprungbein, Zungenbein.
Brucbbandagen s. Bauchbruch.
Brustfellentzündung s. Pleuritis.
Brusthöhle s. Nebenleber.
: Brusthöhle eines Pferdes. — Extraction einer
Glasröhre aus der — v. Cadöac. 413.
Brustseuche s. Bruststich, Influenza, Penis¬
lähmung. — Statistik s. Ländernamen.
Brust seuche. — Blutserumimpfungen als
Schutzmittel gegen die — Orig.-Art. von
Toepper. 97.
Brustseuche. — Ein Misserfolg mit der Blut¬
serumimpfung gegen die Brustseuche. —
Orig.-Art. v. Pcschke. 195.
Brustseuche. — Seruminjection als Vor-
beugungsmiitel gegen — von Jensen. 17.
Brustseuche, Serumimpfungen v. Grammlich.
605.
Brustseuche. — Die Serumtherapie bei der —
v. Deila Noce und Giancola. 112.
Bruststich bei der Brustseuche. 354.
Buckels. — Correctur des — v. Calot. 187.
Budapest s. Ungarn.
BUcheranzeigen: 11 Long, Fichoeder, Pfeiffer.
24 Ccntralzeitung, Zeitschrift für Thier-
mcdicin, Thierzucht, Hauptners Instru-
menten-Katalog; 120 J. Guittard; 155 u.
156 Bayer-Fröhner, Schmaltz; 167 u. 168
Bayer-Fröhner. 180 Meyers Convcrsations-
lexicon; 204 Moeller; 228 Ellenberger-
Baum; 347 Hofmann und Beiswaenger,
Junginger, Toskano und Postolka; 359
Leiserings Atlas; 384 Birch-Hirschfeld;
444 Weichselbaum; 467 Fischer. 504 Neue
Eingänge: Ellenberger, (Leiserings Atlas),
Hoffmann, Nocard, und Leclainche, O.
Schwarz, FrÖhuer, Thiele, König. Statisti¬
scher Veterinär-Sanitätsbericht für die
Armee. 527 Bayer-Fröhner; 664 Steuert;
611 Jahresberichte Deutschland, Ungarn,
Sachsen, Eisass - Lothringen; Haubner,
Arnold, Johne, Pfeiffer, Baumgait; 623
Fiöhner, Dünkelberg, Heck-Matschie-von
Martens; 624 Hesdörfer.
Büchsenfleisches. — Prüfung des — 264.
BUflfelseuche. — Die — v. Pease. 341.
Bursitis subpatcllaris .v. Fröhner. 487.
C siehe auch K.
Calciumcarbid s Kohlencalcium.
Cantkaridiell s. Nephritis.
Carcinom s. a. Krebs, Magenkrebs, Tumoren.
Carcinomatosis b. Pferd, v. Hinrichsen. 174;
v. Suder. 618.
Carcinoma. — Ueber den parasitärea Ursprung
des — v. Albarran. 19.
Cassel: Beamtete Thierärzte. 20, 200.
Castration s. Blutung, Kryptorchiden, Stuten
Castration der Kühe. v. Flocard. 328
Castrationsinstrumente, v. Hoffmann. 508.
Centralnervcnsystems durch Formol. — Con-
servirung des — v. Sainton. 570.
Centralvertrctung der thierärztl. Vereine
Preusseus. 105, 213 (Tagesordnung), 250.
— Bericht über Plenarversammlung. 284
295, 308, 321, 330, 341, 356, 368, 380.
Ceutrifugenschlamm8. — Vernichtung des —
72, 275. Beilage v. 31. März 1898.
Ccrebralmeningen. — Apoplexie der — von
Chauvrad. 340.
Cerebrospinalmeningitis s. Gehirnrückenmarks¬
entzündung.
Cerebrospinalracningitis bei Kälbern. 199.
Chinosols. — Therapeutische u. toxicologische
Wirkungen d. — v. Hobday. 878.
Chlorbaryum-Anweudung bei Kolik. Orig.-Art.
v. Kosmag. 458. v. Angerstein. 473.
Chlorbaryum-AnWendung, von Nimm 364; von
Imminger 320; von Schwarznecker 151;
in d. Armee 329; sonstiges 187.
Chloroforraasphyxie s. Blausäure.
Chloroformbehandlung. — Eigentümliche
Nachwirkung der — v. Ulm 211.
Cholera s. Geflügelcholera.
Chromsäure s. Mauke.
Cleidomastoideus beim Pferd. — Zerreissung
des MuscuIub — v. Flessa. 498.
Clitoridektomie s. Myotomie.
CocaYn s. Krebs.
Cocainbase. 320.
Coesliner Verein. 214, 513.
Coloniales: Ostafrikanische Rinderseuche 8.
Rinderpest 107, in Deutsch Südwest-
Afrika 263,382. Rinderpest-Impfungen 162.
S. a. Surra, Texasfieber, Tsetse.
Colostrum v. Unger. 450.
Corainunalbeamtengesetz. — Das — Orig.-Art.
v. Ronneberger. 440.
Concursordnung. — Aenderung der — 393.
Congress. — Thesen des IV. französ. — s.
Tuberculose. Congress: VII. internatio¬
naler der Thierärzte zu Baden-Baden. 166,
213, 334, 514, 549.
Conservirung s. Centralnervensystem.
Cornevin. Nachruf. 154.
Cosaprin s. Phesin. 283.
Cosotoxin 138.
Creosot s. Obstipation.
Crcosot gegen Lungenentzündung. 152.
Cruralis- und Radialislähmung beim Pferd. —
Ueber die sogenannte — v. Fröhner. 29.
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V
Cryptorchidcn s. Kryptorchiden.
Curiosa s. Tagesgeschichte.
Cysten s. Mastdarm, Scheide.
Cyste des Vorderknies beim Pferde. — Ab¬
lation einer — von Colin. 535.
Dänemark: Ausfuhr. 9,106, 204.— Ausschluss
des dänischen tuberculösen Viehs vom
deutschen Markt. 71; — Thierseuchen
IV. Quart. 1897 bis III. Quart. 1898, 251,
275, 516, 610; — Viehverkehr und Fleisch-
schau. 406, 419, 430.
Darm s. Abschnürung, Perforation, Zerreissung.
Darmantisepticum s Xeroform.
Darmknopf. — Resorbirbarer — v. Franke. 103.
Darmperforation beim Pferde durch Spul¬
würmer. v. Konhäuser. 475.
Darmruptur s. Leerdarmruptur.
Darmüberwurf beim Ochsen, v. Schmidt. 151.
Darmvorfall s Grimmdarmvorfall.
Dasselbeulen. — Zur Vertilgung der — 68.
Deckgeld gezahlt? — Für welche Leistung
wird — 92.
Degeneration s. Blastomyceten.
Degenerationsformen der Musculatur. von
Zschokke. 497.
Deputation für das Veterinärwesen. 226.
Derivantien. — Ueber die Wirkung der — j
v. Zschokke. 545.
Desinfection s. a. Antiseptik, Centrifugen-
schlamm, Milzbrandsporen.
Desinfectionskraft antiseptischer Streupulver.
Fernwirkung des Jodoforms — Die — von
Schmidt 499.
Desinfectionsmittel s. Arzneimittel, Didym-
chlorid, Formaldehyd, Foi malin, Pural.
Deutschland: s. a. Fleischeinfuhr etc., Gesetze,
Tagesgeschichte, Veterinärpolizei, Vieh¬
handel. — Seuchenstatistik: Jahresbericht
1896: 34; Monatsberichte Dec. 1897 bis Dec.
1898. 23, 82, 142, 190, 239,287, 345,405,442,
503, 525, 551, 574,599,621; Quartalsberichte
III. Quart. 1897 bis II. Quart. 1898. 59,
203, 431, 539. — Entschädigungen bei Vieh¬
seuchen 1896.166. — Vieheinfuhr aus Däne¬
mark. 71. — Vieh-Ein- und Ausfuhr 1896.
224. — Viehzählung 1897. 200.
Diätetisches. 200.
Diarrhöe. — Plastische Linitis resp. Sclcrose
der Magenmusculari8 beim Hunde als Ur
Sache einer grassirenden — v. Liönaux. 353.
Didymchlorid als Desinfectionsmittel von
Schmidt 438.
Digitalis s. Folia.
Diphtherie der Vögel. 595.
Diphtherie des Menschen und der Vögel. —
Der gegenwärtige Stand über die Frage
der Identität der — v. Galli-Valerio. 379
Diphtherieheilserum s. Heilserum, Rotz
contagium.
Diphtherieheilserum. Festes. 428.
Distomiten s. Opistorchis.
Dorpat. — Das Jubiläum des Veterinär-
Instituts zu — Orig.-Art. v. Schmaltz. 79.
Dresden. Hochschule. 34, 201, 211, 310; Patrio¬
tische Feste. 226.
Drüsen. — Serum-Anwendung bei — Orig-Art.
v. Doloos. 16.
Drüsige Organe s Mikroorganismen, Speichel¬
drüsen.
Dünndarm s. Abschnürung, Perforation, Zer¬
reissung.
Durchbohrung des — 353.
Dürre, ihr Einfluss auf die Viehhaltung und
einige Folgekrankheiten derselben, v.
Münzer. 448.
Düsseldorf s. Naturforscherversammlung;
Verein 573.
Dura s. Sandgeschwulst.
Eber. Nachruf. 294. 310; Portait. 349.
Ecraseur s. Embryotom.
Ehling. Nachruf. 490.
Ehrenräthe der thierärztl. Vereine. — Verbot
der — 70; Ministerialerlass dazu. 161.
Eierstock s. Ovarium.
Einfuhr s. Fleischeinfuhr, See-Quarantäne,
Veterinärpolizei, Viehverkehr.
Einfuhrverbote s. Veterinärpolizei.
Einklemmung s. Zwerchfellriss.
Einschuss, seltener Fall. v. Fröhner. 20.
Eisenbahnen. — Der Viehtransport auf — von
Toscano. 95.
Eiterung s. Sodaumschläge.
Eiweiss im Harn unter physiologischen und
pathologischen Verhältnissen, speciell bei
Thieren. v. Simader. 31.
Eiweiss-Nachweis im Harn. v. Fish. 524.
Eklampsie. — Gegen puerperale. 380.
Ekzem s. Geburtshelfer, Pikrinsäure.
Ekzems. — Nervöse Natur des — v. Lassar¬
tesse. 114.
Eisass Lothringen. Verein 563.
Embolie s. Erbrechen.
Embryologisches s. Anatomisches, Miss¬
bildungen, Vagina.
Embryotom. — DasPflanz’sche—v.Schmidt. 401.
Eiubryotom - Ecraseur. — Orig.-Art. v. Wessel
und Witt 493. 632; Entgegnungen von
Pflanz 520. 545.
Endocarditis ulcerosa bacteritica bei einem
Saugkalbe, v. Albrecht. 462.
England: Fleischschau und öffentliche Schlacht¬
häuser in London von Shirley-Murphy.
526, 575, 587. Thierseuchen: Jahres¬
bericht 516; Quartalsberichte IV. Quart.
1897 bis III. Quart. 1898. 107, 275, 515, 610.
Tuberkulinproben. 95. Viehbestand und!
Fleischverbrauch in England 1897: 371.
Viehstand. 8. Vieh- und Fleischeinfuhr
1897. 155. Viehzählung 1898. 512. Zucht¬
schafpreise. 609.
Entschädigung für Seuchen Verluste in Deutsch¬
land. 166.
Entschädigungsansprüche bei Beanstandung
einzelner Organe. — Ueber — v. Augst 299.
Entzündung. — GefäsBe und Parenchym bei
der — v. R. Virchow 7.
Eosot und Geosot. v. Wend. 283.
Erbrechen bei der Kuh. -- Chronisches —
Orig.-Art v. Ehlers. 508.
Erbrechen beim Pferde. — Ueber — Orig.-Art.
v. Hugendubel. 245.
Erbrechen beim Pferde infolge Embolie der
Vena mesenterica. v. Connochie. 391.
Erhitzung s. Magermilch.
Erkältung als Krankheitsursache. — Ueber
die — v. Clielmonski. 415.
Ermüdungskrankheiten b. Pferde, v. Bartke. 210.
Esel 8. Blutung, Tuberculose.
Esel-Zebra-Mischung. 9.
Esser. Jubiläumsfeier. 249. !
Eudermol bei Scabies, v. Wolters 511.
Eugenoformiuro. 596.
Euphtalmin. v. Treutier. 103.
Euter, s. Mastitis, Milchdrüse, Milchfehler.
Eutcrblutung. Orig.-Art. v. Teetz. 75.
Eutertuberculose. — Vorgehen gegen die—276.
Exostosen s. Ueberbeine.
Extract. Hydrastis. s. Polyurie.
l^acialislähmung s. Schweiflähmung.
Facialis-Paralyse. — Complete periphere —
Orig.-Art. v. Hugendubel. 267.
Facialisparese nebst nasalem Asthma. Ton
Vennerholm. 91.
Färbetisch. — Heizbarer — v. Piorkowski. 524.
Färbung s. Sporen, Sputum.
Färbung des Skeletts beim Rinde. 583.
Fehler in der Methode. — Ein — Orig.-Art. von
Schmaltz. 133.
Feldpolizeigesetz, das neue französische. 394.
Fesselbeinbruches. — Heilung eines compli-
cirten — v. Kressin. 416.
Fettgewebsnekrose b.d. Hausthieren. v. Olt. 270.
Fibrom im Herzen einer Kuh. v.Henninger.462.
Fiebern beim Pferd. — Das eintägige —
v. Suder. 306.
Filmogen. v. Unna. 68.
Finnen s. a. Lungenfinnen, Trichir.osestatistik.
Finnen beim Reh. 276.
Finniges Fleisch; Ministerial-Erlass. 311.
Fische s. Forellen.
Fische und der Fischeier. — Die Pilzkrankheit
der — v. Maurizio. 57.
Fische. — Verdauung und Stoffwechsel der —
v. Zuntz. 57.
Fissur s. Bruch-Knochenfissuren.
Fistel s. Schlundfistel, Zahnfistel.
Fistelbehandlung. — Jodoform u. Perubalsara
zur — v. Georgiewsky. 416.
Flagella of the tetanus bacillus, and other con-
tributions of the morphology of the tetanus
bacillus.—The—v.Kan thack andConnell. 620.
Flaschenhals s. Kehlkopf.
Fleisch s. a. Abdeckerei, Büchsenfleisch,
finniges, Kohlenoxyd, Pökelmethode,
Reaction, Schweinefleisch, Schweine¬
seuche, Tuberkelbacillen, Vernichtung.
Fleisch abgehetzter Thiere. 288.
Fleisch. — Ministerialerlass betr. Behandlung
von finnigem — 311, 396.
Fleisch bei gewöhnlicher Aufbewahrung? —
Wie lange hält sich das — 276.
Fleischausfuhr s. Australien und Ländernamen.
Fleiscbbedarf allein decken? — Kann das In¬
land den — v. Boysen. 335.
Fleischconservirungmit Formalingas. v.Stroese.
467; mit Kohlenoxydgas. 203.
Fleischconsum s. Fleischbedarf, Fleischschau¬
statistik.
Fleischeinfuhr und Fleischhandel: (s. a. Fleisch-
schaustatistik, Schlachthäuser, Viehhandel,
Spanien, Seequarantäneaustalten). Agita¬
tion der Fleischer 119. 227. 347.'.— Aus¬
schluss des dänischen tuberculösen Viehs
vom deutschen Markt 71. — Australiens
Ausfuhr an gefrorenem Fleisch 455. —
Fleischeinfuhr nach Deutschland aus
Schweden 11, aus Holland 575, aus Russ¬
land 311. — Fleischimport 347.— Deutsch¬
lands Ein- und Ansfiihr von Vieh und
thierischen Producten 1896: 224; siehe
übrigens auch andere Ländernamen.
Fleischeragitation. 119. 227. 347.
Fleisches in Frankreich. — Sanitätspolizeiliche
Behandlung tuberculösen — 35.
Fleisches. — Zur Beurtheilung der Reaction
des — v. Hartenstein und Augst. 167 (s. a
Nothschlachtungen.)
Fleischnoth. Zur — 599, 622.
Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser
in London von Kühnau 526; von Murphy.
5?5. 587.
Fleischschau in Sachsen. — Gesetzentwurf
Uber die obligatorische — 165 u. Beilage
vom 6. Januar 1898. Desgl. im Reich. 132,
310, 538.
Fleischschau s. a. Abgeordnetenhaus, Däne¬
mark, Entschädigungsansprüche, Finnen,
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VI
Gewahrfehler, Leberegel, Notbschlach-
. lungen, Plomben, Rossschlächtereien,
Schlachthäuser, Trichinen, Tuberculose,
Vernichtung, Viehversicherung.
Fleiechschaustatistik und Fleischconsum: (s a.
Finnen, Ficischeinfuhr, Ländernamen, j
Schlachthäuser, Trichinosestatistik, Tuber- ]
culosestatistik.) Baden 300. — Berlin:
Monatsberichte December 1897 bis No¬
vember 1898 : 35, 95, 143, 192, 227, 288,
316, 382, 443, 515, 5)0, 600; — Jahresbericht
1896/97 : 358.. — Ergebnisse der Trichinen-
und Finnenschau in Preussen 1897: 443. —
Leipzig 1897: 251. — Nürnberg 1897:456 — |
Tuberculose unter dem Schlachtvieh in <
Bayern 1897: 443. — Viehverkehr und
FleiBchschau in Dänemark v. Kühnau.
406. 419. 430.
Fleischuntersuchungsplomben. 676.
Fleischvergiftung. 359.
Flcisclivernichtung 8. Vernichtung.
Fluorescin zur Diagnose des Todes, v. Albani.
79.
Fohlen s. Grlromdarmvorfall, Nabelbruch,
Schlundfistel.
Fohlenerkrankun^cn, eigentbUmlicbe. von
Lübke. 581.
Fohlengeburten. — Abnorme Haltung der
Hintergliedmassen bei — v. Albrecht. 414.
Folia digitalis. v. Strahler. 354.
Follicular-Erkrankung im Schweinedarm. —
Ueber die euzootische — v. Olt. 280
Forellenzucht. — Ueber den schädlichen Ein¬
fluss von Mikroorganismen auf die künst¬
liche — v. v. Zilah. 258.
Formaldehyd, Forraalin, Formol s. Central¬
nervensystem, FleiBchconserviiung, Huf¬
krebs, Strahlkrebs.
Formaldehyds. — Ueber die Desinfection von
Kleidungsstücken mittels strömenden —
v. Petruschky und Hinz. 450.
Formalin. 321.
Fonnalinpa8tillcn im Formalindesinfector. —
Desinfectionsversuche mit der neuen
Methode der Fabrik Schering: Vergasung
von — v. Gemünd. 31.
Fractur s Bruch, Knochenfissur, Sprungbein.
Frankreich: Behandlung des Fleisches tuber-
culüser Thierc 35. Fcldpolizeigesetz 324,
405. Pferdezucht 537. Vichstand 608.
StandeBangelegenhcitcn 10. Thierseuchen
III. Quartal 1997 bis III. Quartal 1898:
106, 263, 383, 478, 621.
Frauenstudinm. 370.
Freikoppen s. Gutachten.
Fremdkörper s. Aorta, Brusthöhle, Kehlkopf,
Schlund, Uebertritt.
Frequenzen medicinischer Facultäten. 441.
Frequenzen thierärztl. Hochschulen. 358, 382;
s. auch Städtenamen.
Friebel. Nachruf. 286, 294.
Frömmigkeit — Mangelnde — s. Gutachten.
Frostbeulen-Behandlung. von Binz. 68.
Fruchtbarkeit s. Maulthiere, Stuten.
Fruchthälter s. Gebärmutter.
Fruchthältervorfall bei der Stute, v. Strebei.
281.
Fünfte Gliedmasse s. Gliedmasse.
Fuhrko8tenentschädigung für Verrichtungen
am Orte. Reichsgerichtsentsch. 83;
Minist-Verf. 491.
Fuhrwerke für die Praxis. Orig.-Art. v. Gold¬
beck. 111.
Futtermittel s. Kartoffel, Melasse, Torfmelasse¬
futter, Tropon.
Futterschädlichkeiten s. KupfersaLlüsung.
©alle b. Bursitis, Schlangengift, Tollwuth.
Galt.— Ueber den gelben —v. Zschokke. 593.
Ganglienzellen am Herzen der Sängethiere. —
Ueber — v. Schwartz. 379.
Gangrän der Vulva bei Kühen. — Seuchen¬
artige — Orig.-Art. v. Storch. 399.
Gangrän der Zahnpulpa und Wundgangrän. —
Untersuchungen über — v. Arköoy. 476.
Gärtnerische Gänge beim Rind. v. Röder. 512.
Gase s. Aetherion, Atmosphäre, Mikroor/a-
nismen.
Gastritis hyperchlorhydrica mit Verstopfung.
187
Gebärmutter s Orificium, Uterus.
Gebärmutterkatarrh s. Scheidenkatarrh.
Gcbärmuttervorfall s. Fruchthälter, Uterus
Gebärparese s. a. Kalbefieber, Milchfieber.
GebärpareBe. — Studien und Versuche über
die Ursache und Behandlung der —
v. Schmidt-Kolding. 160.
Gebärparese nach Schmidt-Kolding. — Ur¬
sache und Behandlung der — Orig.-Art
von W. Meyer. 337; desgl. v. Kuba-
schcw8ky 339; v. Moebius 361; Ver¬
handlungen des Schle8wig6chenVereins559.
Gebärparese des Rindes. — Beobachtungen
über — Orig.-Art. v. Haase. 543.
Gebärparese-Behandlung, v. Sauer. 436.
Gebühren s. Briefe, Concursordnung, Gerichts¬
entscheidungen, Steuereinschätzung.
Gebühren für Untersuchungen. Beilage vom
17. Februar 1898,
Geburtshelfer-Ekzem. Das — v. Eppinger. 618.
Geburtshilfe. — Orig.-Art v. Haase 75; desgl.
v. Dralle 121; desgl. v. Loweg 266.
Geburtshilfliche Praxis. — v. Schneider. 247.
Gcburtskundo s Antipyrin, Befruchtung,
Diätetisches, Eklampsie, Embryotom, Em-
bryotomecraseur, Euterblutung, Fohlen¬
geburten, Fruchthältervorfall, Gangrän,
Gebärparese, Geburtshilfliches, Geburts¬
rauschbrand, Geburtssfige, Güntherische
| Schlinge, Kaiserschnitt, Kalbefiober, La-
paro-Hysterotomie, Lebendgewicht, Myo¬
tomie, Orificium, Ovarium, Perocephalus,
Perosomus, Poudre utörinc, Prolapsus
uteri, Rcductionsapparat, Scheidenkatarrh,
Stuten, Tetanus, Torsio uteri, Trächtig¬
keit, Uterusepithel, Uterusverdrehung,
i Uterusvorfall, Vagina, Wehen.
Geburtsrauschbrand, v. Albrecht. 102; v.
Strebei. 606.
Geburtssäge. Orig.-Art. v. Loweg. 494.
Geburtstag Sr. Majestät 68.
Gefässe s. Entzündung.
Geflügel s. Altersbestimmung, Vögel.
Geflügelcholera: Anzeigepflicht 192, 311, 382,
405,419, 455,515,611. Massregeln 346, 358
(Ministerialerlass betreffend das Geflügel-
treiben) 382, 563, Beilage vom 14. Juli 98.
Geheimmittel 94; Begriff der — 190.
Gehetzt s. Fleisch.
Gehirnanhang s. Hypophysis.
Gehirnentzündung infolge geschlechtlicher
Aufregung. 439.
Gehirnerkrankuugb. Rindern, v. Bcrndorfer.476.
Gehirnkrankheiten s. a. Cerebralmeniugen,
Cerebrospinalmeningitis, Hirntumoren,
Sandgescbwulst, Sclerose, Tuberculose.
Gehirnrückenmarksentzündung d. Pferde. 173.
Gehirntuberculose. — Ein Fall von — Orig-
Art. v. Haase. 445.
Gehörgang s. Otitis.
Geissei s. Bactcriengeissel.
Gekröse s. Luftblasen.
Gelenk s. Kiefcrgelenk.
Gelenkrheumatismus beim Schweine. 476.
Gelenk - Sehnenscheiden und Schleimbeutel
beim Rind. — Die tuberculose Entzündung
der — v. Guillebeau. 172.
Genossenschaften s. Privatzucbtgenosscn-
schaften.
Geosot s. Eosot.
Gerberei s. Milzbrand.
Gerichtliche Thierheilkundc s. Gerichtsent¬
scheidungen,Gutachten, Staar,Tuberculose.
Gerichtsentscheidungen (s. a. Gutachten):
„Departements oder kreisthierärztliche
Gebühren. 443.“ — FuhrkoBtenentschä-
digung für Verrichtungen am Orte. 83. —
Liquidation von Briefen. 119. — Nicht¬
anwendung des Gesetzes vom 9. Mai 1872
auf einen thierärztlichen Sachverständigen.
383. — Zum Vorzugsrecht im Concursver-
fahren. 359. (s. a. 393). — Für welche
Leistung wird Deckgeld gezahlt? 92. —
Rechte der Privatzuchtgenossenschaften
gegenüber den staatlichen Körordnungen.
115. 259. — Ueber die Art der Anzeige
bei Thierseuchen. 562.
Gerinnung s. Blutkörperchon.
Geschlechtliche Aufregung s. Gehirnent¬
zündung.
Geschwülste s. a. Blastomyceten, Carcinom,
Cyste, Fibrom, Hirntumoren, Hodensarcom,
Hygrom, Lipom, Luftsack, Mastdarm, Me¬
lanome, Neubildungen, Plasmodien, Sand¬
geschwulst, Schafherz, Scheide, Tricue-
pidalis, Tumoren, Warzen.
Gesetze s. Communalbeamtengesetz, Concurs-
ordnung, Feldpolizeiordnung (französ.',
Fleischschau, sowie bei Tagesgescliichte
die Unterabtheilung Staatsveterinärwesen.
Gestüte s. Landgestüte, Trakehner.
Gewährsfehler s. Tuberculose.
Gewebe, lebende losgctrennlo. v. Busse. 476.
Gewicht s. Lebendgewicht.
Gewichtsverhältniss zw. Mutter u. Kalb. 62(3.
Gicht s. Saligenin.
Gift s. Alkohol, Autointoxication, Bienengift,
Schlangengift, Vergiftungen.
Giftigkeit des Blutes hungernder Thiere. —
Ueber die — v. Scofone. 32.
Giftwirkung dos Schweisses. v. Arloing. 32.
Gips. Nachruf. 274.
Glasröhre s. Brusthöhle.
Gliedmassen s. Ueberbeine.
Gliedmasse beim Kalb. — Fünfte — 498.
Glocke. Nachruf. 392.
Glutol. Dr. Schleich. Orig.-Art. v. Schmey. 74.
Glutol Schleich, v. Thomalla. 330.
Granulationsgewebes beilnfection von Wunden.
— Bedeutung des — v. Afanasieff. 102.
Grimmdarm s. Zwerchfellriss.
Grimmdarmvorfall durch die Scheide beim
Fohlen, v. Eckert. 20.
Grossbritannien s. England.
Günther’sche Schlinge. Orig.-Art. v. Dralle. 121.
Gummifäden-Bandagen. v. Krolikowski. 44.
Gutachten über den apoplectischen Tod eines
fetten Schweines. Orig.-Art v. Diecker-
hoff. 169.
Gutachten über den Fehler des Beissens und
Schlagens bei einem Pferde. Orig.-Art.
v. Dieckerhoff. 277.
Gutachten über ein mit der Untugend des
Freikoppens behaftetes Pferd. Orig.-Art.
v. Dieckerhoff. 469.
Gutachten Uber ein wegen Stätigkeit und
fehlender Frömmigkeit bemängeltes Reit¬
pferd. Orig.-Art. v. Dieckerhoff. 1.
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VII
Haarfarbe beim Pferd. — Vererbung der —
v. Wilkens. 273.
Haarkrankheiten s. Alopecie
Haarwechsel s. Pigmentbildung.
Haematurie der Rinder, v. Matthies. 281.
Haemoglobinaemie mit Veratrin. — Behand¬
lung der — Orig.-Art. v. Wundt 328.
Haemoglobinurie. Aus den Verhandlungen des
Schleswig-Holsteinischen Vereins. 561.
Haemoglobinurie-Behandlung. v. Schmidt. 6.
Haemostaticum s. Natriumsulfat.
Halle s. Lungenseuche.
Hamburg-Altona. Verein. 99.
Hannover: Neubau. 10; Stundenplan. 94, 430
und Beibl. zu No. 36.
Harn s. Eiweiss, Zucker.
Harnblase. — Ueber medicamentöse Resorption
durch die — v. Mors und Gabeleins 5.
Harnruhr s. Polyurie.
Haut s. Alopecie, Arzneistoffe, Menthol, Pur-
gantien.
Haut der Haussäugethiere. — Untersuchungen
über die — v. Marke, Flatten u. Jess. 115
Hautkrankheiten s. Ekzem, Haare, Menthol,
Resorcin.
Hecker’sche Verfahren. — Das — 71, 147, 165,
216, 441; Erwiderung Hecker’s auf Kitt.
555, 567.
Hefe s. Tumoren.
Heftklammern für Wunden. 380.
Heilserum-Statistik, v. Villaret 78.
Heizbar 8. Färbetisch, Objecttische.
Hengstgenossenschaften s. Privatzuchtge¬
nossenschaften.
Hernie s. Bauchbruch, Bruch.
Herz s. a. Abscess, Basedow, Endocarditis,
Fibrom, Ganglien, Hohlvene, Leberegel,
Maul- u. Klauenseuche, Missbildung, Neu¬
bildung, Schafherz, Tricuspidalis.
Herzabscess bei einer Kuh. 462.
Herzbeutelruptur, v. Schwäbel. 44.
Herzen. — Missbildung am — v. Möbius. 463.
Herzkrankheiten b. Pferde. — Zur Kasuistik
der — v. Teurer. 619.
Hessen: Besoldung der Veterinärbeamten. 810.
Hexamethyleu-Tetramin. 283.
Hirntumoren. — Ein Beitrag zu den — Orig.-
Art. v. Peter. 505.
Histologisches s. Anatomisches.
Hochbinden der Pferde, v. Barnick. 416.
Hodensackbruch b. Wallach, v. Fröhner. 138.
Hodensarcom beim Pferde, v. Fröhner. 199.
Hog-Cholera s. Schweinepest.
Hohlvenen im Pferdeher/en. — Zwei vordere
— v. Bötlier. 463.
Holland s. Niederlande.
Hühaersohlachtmethode. — Die französische
— v. Schindelka und Latschenberger. 390.
Huf s. Arecolin, Kohlencalcium, Strahlfäule,
Strahlkrebs.
Hufbein-Senkung. Orig.-Art v. Delvos. 86.
Hufbeschlag: Fehler Orig.-Art v. Hell. 426.
Hufbescblag für Ochsen. 153.
Hufeisens in Westpreussen. — Fund eines ara¬
bischen — Orig.-Art v. Jackschath. 87.
Hufentzündung. — Behandlung der — Orig.-
Art v. Dreymann. 589.
Hufkrankheiten s a. Arecolin, Kohlencalcium,
Pododermatitis.
Hufkrebs beim Rind. v. Deimer. 200.
Hufkrebses mit Formaldehyd. — Behandlung
des — v. Fröhner. 89.
Huflederhaut und des Hufbeins. — Necrose
der — v. Ulm. 44.
Hufrhehe. Orig.-Mitth. v. Teete. 122.
Hund s. Akne, Hydrunephrose, Kaiserschnitt,
Leukokämie, Magenkrebs, Prostata, Scle-
rose, Tumoren.
Hungernde Thiere s. Giftigkeit.
Hyaline Degeneration s. Blastomyccten.
Hydrastis fluidum. — Extract. — s. Polyurie.
Hydrastis. — Extractum — v. Diem. 330.
Hydrocephalus bei einem Kalbe. — Congeni¬
taler — v Scott. 487.
Hydronephrose beim Hunde. — Traumatische
— v. Almy. 32«).
Hygroms auf dem Tuber Calcanei beim Pferde.
— Auschälung des — v. Lanzilotti. 392.
Hypertrophie s. Oberkieferhöhle.
Hypoderma bovis und ihre jüngsten Larven,
v. Koorevaar. 365.
Hypophysis cerebri. — Ueber die Functionen
der — v. de Cyon. 450.
lchthalbin. 103.
Ichthyol bei Krankheiten der Athmungsorgano.
v. Lataneur. 451.
Imraunisirung, Immunität, Impfung s Hecker,
Maul- u. Klauenseuche, Milzbrand, Rinder¬
pest, Rothlauf, Schutzimpfung, Serum )
Tuberkelbacillen, Tuberculin.
Immunität. — Der gegenwärtige Stand der
Lehre von der — Orig.-Art. v. Busch. 385,
397, 409.
Impfbeamte im Kreise Schlüchtern. Orig.-Art
v. Schultz. 279, 433. Entgegnung von
Kalteyer 350, 494.
Impfrothlauf s. Rothlauf.
Impfung s. Immunisirung.
Infection s. Granulationsgewebe.
Infectionskrankheit s. a. Insecten.
Infiltrationsanästhesie und Oithoform. — Com-
bination von — 364.
Influenza bei Pferden v. Hutchcon. 78.
Influenza. — Anzeigepflicht bei — 455, 538.
Influenzaculturen s. Scheinfädenbildung
Influenzastatistik. 478.
Injectionen von Salzwasser bei Infectionen
und lotoxicationen. v. Bose u. Vodel. 569.
Injectionsspritze, neue. v. Löffler. 174.
Insecteu bei der Verbreitung von Infections-
krgnkheiten. v. Nuttall. 282.
Insectenstiche 237.
Instrumente. 12 — s. a. Apparate, Bandagen,
Castrationsinstrumente, Embryotom, Em-
bryotomecraseur, Färbetisch, Geburtssäge,
GUnther’sche Schlinge, Heftklammern, j
Injectionsspritze, Kopthalteapparat, Messer¬
griffe, Milzbrandcadaver Objecttisch, Ope¬
rationstisch, Reductionsapparat, Respira-
tionstractus, Tracheotubus, Trichinen¬
schau-Mikroskop, Zwangsmittel.
Intoxication s. Autointoxication.
Italien: Barbonekrankl.eit in Sicilien. 90. —
Thierseuchen: IV. Quart. 1897 bis III. Quart.
1898. 251, 311, 455, 610.
Jahrbuch b. Landwirthschaftsgesellschaft
Jahresbericht über Thierseuchen s. d. Länder¬
namen; s. a. Kranken- und Fleischschau-
Statistik.
Jod im Organismus. 512
Jodkali s. Gebärparese, Kalbefieber, Nasen¬
ausflüsse, Septicämie.
Jodoform s. Desinfection, Fistelbehandlung,
Tannoform.
Jodoformal v Reuther. 392.
Jodothyrin gegen Struma beim Hunde, von
Moeller. 211.
Jodpräparate. 330.
Jodschwefelsäurereaction bei amyloiden Sub¬
stanzen. 596.
Jodtinctur mit starkem Jodgehalt v. Ricci. 320.
Jubiläum s. Tagesgeschichte.
Junkers. Nachruf. 416.
IC siehe auch C.
Kälbersepticämie v. Thormassen. 223
Kahun s. Veterinärpapyros.
Kaiserschnitt bei der Hündin, von Desaint-
martin. 114, 547.
Kalb s. Cerebrospinalmeningitis, Endocarditis,
Gliedmasse,Lebendgewicht,Lipom, Rücken¬
lage, Septicämie, Torsio Uteri, Tuberkel¬
bacillus.
Kalbefieber s a. Gebärparese, Milchfieber.
Kalbefieber-Behandlung nach Schmidt-Kolding
Orig.-Art. v. Tempel. 209; desgl. v. Never-
mann 423; v. Stietenroth 436; v. Ober¬
schulte 566,
Kalbefieber-Behandlung. 99, 237.
Kalben. — Tetanus nach dem — 509.
Kalium nitricum s. Verbrennungen.
Karpfen. — Altersbestimmung bei — 264.
Kartoffeln. — Vergiftung von Pferden durch
verdorbene — v. J. M’Fadyean. 5.
Kartoffeln zu Kulturzw'ecken. — Conservirung
von — v. Simmonds. 138.
Kastration s. Castration.
Kataplasmen. von Zschokke. 533.
Katzen s. Maul- und Klauenseuche.
Kehlkopf eines Pferdes. — Ein Flaschenhals
als Fremdkörper im — 150.
Keime b. Milch.
Keratitis punctata, v. Schwarznecker. 447.
Kerne s. Blutkörperchen.
Kiefergelenk-Resection. v. Fröhner. 497.
Kindermilch. — Der rechtliche Begriff — 276.
Kitt s. Hecker.
Klauenbeschlag s. Hufbeschlag.
Klauenkrebs beim Rinde. — Vortrag von
J. Imminger auf der 70. Naturforscher¬
versammlung in Düsseldorf. 517.
Klauenseuche der Schafe. — Bösartige —
Orig-Art. v. Martens. 529, 545.
Kleidungsstücke s. Fonnaldchyd.
Klitoridektomie s. Myotomie.
Kniegallen s. Bursitis.
Knochenbrüchigkeit s. Melanosarcomatose.
Knochenfissuren beim Pferd, v. Dischereit. 533.
Knochentuberculose beim Schwein. — Diffe-
rentialdiagnose der — v. Glage. 460.
Koch, Hob., s. Rinderpest.
Kohlencalciom gegen Hufkrebs. 451.
Kohlenoxydgas zur Fleischconservirung. 203.
Kolik s. Chlorbaryum.
Kolik. — Ueber die Behandlung der — von
Schwarznerker. 151.
Körordnungen. — Die Rechte der Privat-
Pferdezuchtgenossenschaften gegenüber
den staatlichen — Gerichtsentscheidungen
und Landtagsverhandlungen. 115, 259.
Kopfhalte-Apparat s. Schlachten.
Koppen s. Gutachten.
Koppen-Operation nach Dieckerhoff. 594.
Kosaprin-Phesin.
Kosotoxin. v. Leichsenring. 138
Krankenstatistik s. Veterinär-Sanitätsbericht.
Krebs. — Morphium und Cocain bei — von
Schow. 320.
Krebspester reger. — Der — 382.
Kreisthierärzte. — Reform der Stellung und
Bezahlung der — Orig.-Art. v. Bermbach
9 und Beil. No. 6 vom 7. IV. 1898; v. Mai¬
fort 25; v. Augsteiu 122 u. Beil, vom 5. V.
1898; v. Höhne, Beil, vom 5. V. 1898; von
Krüger, Beil, vom 7. IV. 1898; v. Klebba
214. — v. Schmaltz 163, 366, 373, 393. —
Verhandlungen darüber 125 (Schlesien), 117
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VIII
(Brandenburger Eingabe), 118 (Sachsen),
190 (Posen), 200 (Cassel), 295 (Centralver¬
tretung), Beil vom 5. V. 1898 (Ostpreussen
ii. Rheinpreussen); ferner 165 u. 501.
Kreosot b. Lungenentzündung, v. Casati. 152.
Kreuz- oder Lendenlähme? Orig.-Art. von
Brücher. 577.
Kreuzrhehe s. Hämoglobinurie.
Krippensetzen s. Koppen.
Krolikowsky’sche Theerverbände. v. Kroli-
kowsky. 44, 152.
Kropf s. Plasmodien.
Kruckow. Nachruf. 381.
Krüsch. Was ist das? 583.
Krummbeirrigkeit bei der Kuh. — Angeborene
— Orig -Art v. Schrocder. 111.
Kryptorchidencastration. — Beste Methode
der — v. FrÖhner. 269.
Kryptorchiden. — Die Castration der — Orig.-
Art. v. Töpper. 301. 313.
Kuh 8. Antifebrin, Castration, Krummbeinig¬
keit, Schlundschnitt, Tricuspidalis.
Kupferlösung besprengtes Weinlaub als Futter
erhalten hatten. — Ueber Erkrankung nach
dem Genüsse der Milch von Kühen, welche
mit — 282.
Kupferoxydul als Bandwurmmittel, v. Hagen.
451.
Kupferpräparate. — Ueber die verschiedene
Giftigkeit einiger—v.Baum u Seeliger. 114.
Kupfervergiftung. — Ueber die — v. Baum
und Seeliger. 486.
Kurhessischer Verein. 563.
Lactophenin. v. Metzger. 137.
Lähmungen und Lahmheiten s. a. Beugesehnen,
Blase, Cruralis, Facialis, Gelenk-Sehnen¬
scheiden, Mastdarm, Penis, Schulterlahm¬
heit, Schweif, Spat,
Lahmheiten mit Atropin-Morphium — Behand¬
lung gewisser — s. bei Schulterlahmheit.
Lämmer s. Rhehe.
Landbeschälung in Oesterreich und die dazu
benutzten Vollbluthengste. — Die — von
Flaum. 500.
Landgestüte. — Bestand und Ertrag der
preussischen — 153.
Landtag s. Abgeordnetenhaus.
LandwirthBchaft8gesell8chaftl897. — Jahrbuch
der deutschen — 459.
Landwirthschaftsgesellschaft in Dresden. —
Ausstellung der Deutschen — 275, 451.
Landwirthschaftskammern s. Rothlauf- Impf¬
anstalt.
Landwirthschaftskammern für die Veterinär¬
wissenschaft. — Ueber die Bedeutung der
— Orig.-Art, v. Schmaltz. 106.
Landwirthschaftsrath. 142, 611, 622.
Landwirtschaft nnd Veterinärwesen. Orig.-
Art. v. Bermbach. 451.
Laparatomie beim Pferd, v. Scott. 113
Laparo - Hysterotomie, v. Chigot. 547.
Lauterstall s. Polyurie.
Leben s. Gewebe.
Lebendgewichts derMutterthierezu demjenigen
der Kälber. — Das Verhältnis s des — 620.
Lebensversicherung. 10, 201.
Leberabscesse bei Pferden, v. Albrecht. 364.
Leberabscesse. —Casuistik der—v. Sabatino
de Benedictis. 248.
Lebercirrhose beim Pferd. — Diagnose der —
v. Beichold. 247.
Leberegel im Herzen. 462.
Leberegel und Bandwürmer der Rinder, Schafe
und Schweine in besonderer Rücksicht
auf die Fleischschau, v. Stiles. 479.
Leerdarmruptur. v. Gutzeit. 33.
Lendenlähme s. Kreuzlähme.
Leser. — An unsere — Orig.-Art v. Schmaltz.
421.
Leucämie beim Hund. v. Smythe. 583.
Leuckart. — Nachruf für — 79.
Leucocyten.—Vergleichende Morphologie d.—
v. Hirschfeld. 402.
Leucocyten zur bactericiden Wirkung und zur
alcalischen Reaction des Bluti'S und der
Lymphe. — Die Beziehungen der —
v. Loewit. 402.
Leucocyten zu unterscheiden. — lieber die
Notwendigkeit, mehrere Arten von —
v. Denys. 570
Lichtwirkung auf Bacterien. — 188.
Lies. Nachruf. 69.
Linitis s Diarrhöe.
Linksseitig s. Trächtigkeit.
Lipom beim Kalbe, grosses, v. Stauding. 20.
Local s. Anästhesirung.
London s Fleischschau.
Lorenz s. Rothlauf
Loretin. 392.
Lüneburg. — Versammlung der beamteten
Thierärzte von — 402, 597.
Luft s. Uebertritt.
Luft in der Heilkunde. — Anwendung flüssiger
— 511.
Luft in der Vene. — Tod. v. Vennerholm. 91. j
Luftblasengekröses beim Schwein. — Urspiung
des — v. Dupray. 439.
Luftsackes. — Ein Pseudo-Tumor des — v |
MontanA 114.
Luftwege s. Bacteriengehalt
Lumbago s. Hämoglobinurie.
Lumbago. Orig.-Mitth. v. Teetz. 122.
Lunge s. Sclerose, Tubcrculose.
Lungenentzündung s. Kreosot, Pneumonie.
Lungenentzündung b. Rindern, v. Winkler. 340.
Lungenentzüdung und der Lungenseuche beim
Rind. — Unterscheidung der sporadischen
— v. Smith. 272.
Lungenfinnen beim Rind. 276.
Lungenseuche s. a. Lungenentzündung. Sta¬
tistik s. Ländernamen.
Lungenseuche beim Rinde, v. Nocard. 307.
Lungenseuchelymphe-Anstalt in Halle a. S. 22;
Orig.-Art. v. Pütz-Schmidt. 159.
Lungenseuche-Mikroben. — Entdeckung der
— v. Nocard. 186.
Lustig. Nachruf und Porträt. 241.
Lymphe s. Leucocyten.
Lyssa. — Zur Frage Uber die Natur der Para¬
siten bei — v. Grigorjew. 569.
Mäusetyphusbacillen. — Practische Ver¬
wendbarkeit der — v. Brunuer. 475.
Magdeburg, beamtete Thierärzte. 501.
Magen s. Morphium.
Magen-Darmcatarrh bei Schweinen. — Infec-
tiöser -- Orig.-Art. v. Aronsohn. 110.
Magenkrebs beim Hund. v. Eberlein. 43.
Magens bei Vergiftungen. — Entleerung des
— v. Blattenberg. 175.
Magensclerose b. Diarrhöe. . *
Magenzerreissung beim Pferd, v. Strecker. 461.
Magermilch. — Verwerthung der — 240.
Magermilch im Sinne des § 61 der Bundesraths¬
instruction. — Erhitzung der — Orig.-Art.
v. Foth. 157.
Magnesia usta s. Verbrennungen.
Malariakrankheit des Rindviehs auf dem Agro
romano. v. Nosotti. 523.
Malignes Oedem. v. Koninsky. 606.
Malleln und Tuberculin. v. Semmer. 339.
Mandeltuberculose. 581.
Marken s. Thierzeichenmarken.
Mastdarm s. Schweifläbmung.
Mastdarm - Cysten und -Polyp. Orig.-Art.
v. Tietz. 76.
Mastdarmruptur in Folge eines Sarcoms 200.
Mastdarmvorfälle. — v. Strebei. 6.
Mastitis mit septischen Erscheinungen. Orig.-
Art v. Knoll. 280.
Maukebehandlung m. Cbromsänre. v.Fröhner.6.
Maulthieren. — Fruchtbarkeit bei — v. Teget-
meier und Sutherland. 248.
Maul- und Klauenseuche siehe auch Centri-
fugenschlamm, Hecker’sches Verfahren,
Klauenseuche, Schutzimpfung, Seraphtin,
Tagesgeschichte, Veterinärpolizei. — Ener¬
gische Selbsthilfe 35; Statistik s. d. Länder¬
namen. (Die periodischen Nachrichten über
Verseuchung d. einzelnen Schlachthöfe
sind im Register nicht aufgenommen)
Maul- und Klauenseuche bei Schafen und
Ziegen, v. Himmelstoss. 522.
Maul- und Klauenseuche. — Herzaffection als
Nachkraukheit bei — 428.
Maul- und Klauenseuche. — Zur bösartigen
Form der — v. Faber. 461.
Maul- und Klauenseuche • Epidemie im Kreise
Goldberg-Haynau und ihr Einfluss auf
dessen Bewohner, v. Cocstcr. 142.
Maul- und Klauenseuche. — Zur Frage der
Immunität bei der — Orig.-Art. v. Martens.
171. Berichtigung dazu 185.
Maul- und Klauenseuche. — Grad der Empfäng¬
lichkeit für — v. Fehenmeier. 272.
Maul- und Klauenseuche auf Katzen. — Ex¬
perimentelle Uebertragung der — Orig.-
Art. v. Hecker. 61.
Maul- und Klauenseuche. — Die Bacterien der
— v. Stutzer und Hartlcb. 113. 282.
Maul- und Klauenseuche. Erreger. — Sitz
der — v. Rabe. 186.
Maul- und Klauenseuche. — Neuer Beitrag zur
Morphologie und Biologie des pathogenen
Protozoon (Protamoeba aphthogenes) der
— v. Piana und Fiorentini. 475.
Maul- und Klauenseuche — Schnellimmuni-
sirung bei — v. Bela. Orig.-Art. 171.
Maul- und Klauenseuche. — Schutzimpfung
gegen — Orig.-Art. v. Schmidt-Nidda. 616.
Maul- und Klauenseuche. — Arbeiten zur Er¬
forschung der — v. Kaiserl. Gesundheits¬
amt. 46.
Maul- und Klauenseuche im Kreise Lands¬
berg a. W. nach dem Hecker’schen Ver¬
fahren. — Schutzimpfungen gegen —
Orig.-Art. v. Graffunder. 147. Bemerkungen
hierzu von demselben. 165.
Maul- und Klauenseuche-Conferenz. 22. 83.
Maul- und Klauenseuche. — Der Kampf mit
der — Orig.-Art. v. Meifort. 181.
Maul- und Klauenseuche — Beschlüsse des
bayer. Landwirthschaftsrathes. 611.
Medicamente in Pulver- oder Capseiform. 596.
Medicinal-Ministerium. 164.
Melanome. — Vortrag über — v. Imminger. 632.
Melanosarcomatose. 69.
Melanosarcomatose als Ursache von Knochen¬
brüchigkeit. v. FrÖhner. 69.
Melanose s. Pigmentbildung.
Melasse s. Torf.
Melasse als Milchfuttermittel für Kühe,
v. Ramm. 273.
Meningitis s. Cerebrospinal-M.
Mensch s. Botryomycose, Maul- und Klauen¬
seuche.
Menthol bei Hautaffectionen. 211, 380.
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IX
Mertens. Nachruf. 33.
Messergriff-Verbesserung, v. Hraatz. 188.
Methode? — Ein Fehler in der — Orig.-Art.
v. Schmaltz. 133.
Mikroorganismen durch drüsige Organe. —
Ausscheidung der — v. Biedl und Kraus.
365; desgl. durch die Milchdrüse,
v. Basch und Weckminsky. 378.
Mikroorganismen s. a. Bacterien, Forellen,
Granulation, Septicämie.
Mikroorganismen gegen die Einwirkung com-
primirter Gase. — Verhalten der — v.
Malfitano. 56.
Mikroorganismen. — Innere Struclnr der —
v. Ruzicka. 487.
Mikroskop s. Trichinenschau.
Mikroskopisches s. Anatomisches.
Milch s. a. Bacillus coli, Centrifugenschlamm,
Colostrum, Galt, Kindermilch, Kupfersake,
Magermilch.
Milch. — Verminderung d. Keime in — 439.
Milch und Molkerei in veterinärpolizeilicher
Hinsicht. Orig.-Art. von Matthiesen. 553.
Milch von tuberculösen und tuberculosc-
verdächtigen Kühen. — Inverkehrbringen
der — Orig.-Art. v. Fenner. 471.
Milchdrüse s. Mikroorganismen.
Milchergiebigkeit s. Ziegenbock.
Milchfieber s. a. Gebärparese, Kalbefieber.
MilchfieberB. — Modification der Schmidt’schen
Methode in der Behandlung des — von
' Perdoni. 428.
Milchfuttermittel s. Melasse.
Milchsecretion. — Ueber die Vorgänge bei der
— v. Michaelis. 319.
Militär-Veterinäre s. Tagesgeschichte.
Milzatrophie. — Ursache der bei Schlacht¬
schweinen häufigen — v. Glage 60.
Milzbrand in der Mailänder Niederung und
die Gerbereien, v. Gorini. 18.
Milzbrand: Zuziehung der Kreisthierärzte. 10.
Milzbrandcadaver und Untersuchung des Milz¬
brandblutes. — Behandlung der — Orig.-
Art. v. Buch. 613.
Milzbrandcadavern. — Instrument zur Oeffnung
von — Orig.-Art v. Kissuth. 245.
Milzbrand-Immunisirung. v. Sobernheim. 392.
Milzbrandsporen durch Phenol in Verbindung
mit Salzen. — Ueber Desinfection von —
v. Römer. 619.
Milzbrandstatistik s. d. Ländernamen.
Minderwerth s. Tuberculose.
Missbildung s. Gliedmasse, Herz, Hohlvene,
Nabelvene, Nebenleber, Perocephalus,
Perosomus, Zahnanomalie.
Misserfolg s. Brustaeuche.
Mittheilungen 8. Therapeutische.
Molkerei s. Milch.
Morbus maculosus s. Blutfleckenkranheit.
Morphium s. Krebs, Muskelrheumatisnius,
Narcotica, Rheumatismus, Schulterlahm.
Morphium - Atropin - Injectionen. — Giftig e
Wirkung der — v. Preusse. 593.
Morphium-Einfluss auf die Salzsäurereaction
des Magens, v. Kleine. 32.
Morphologie s. Anatomisches.
Moskau. — Veterinär-Organisation im Gouver¬
nement — 463.
Müglitzthal s. Ziegenzucht.
Muskel s. Myositis, Zelibrücken.
Muskeln.— Chemie der glatten, v. Munk. 489.
Muskelrheumatismus, v. Tempel, Bruns und
Meitzer. 198. (s. auch Rheumatismus.)
Muskelzerreissung s. Cleidomastoideus.
Muskulatur s. Degeneration, Zelibrücken.
Mutterpech. 392.
! Mydriatica und Myotioa. — Wirkung der — v.
| Schulz. 392.
i Myositis parenchymatosa infolge Abwerfens
beim Pferde, v. Fröhner. 437.
! Myotomie des Sohweifes und Clitoridektomie.
| v. Williams. 449.
I Myxomatogenes Virus, v. Sanarolli. 415.
1 Nabelbruchs beim Fohlen. — Radicaloperation
i eines — Orig.-Art. v. Zwicker. 265.
1 Nabelvene bei einer erwachsenen Kuh. von
Fahre tti. 499.
Nachgeburt s. Uterusvorfall.
Nachrichten s. Seucbennachricliten.
Nachruf s.Tagesgeschichte unddie betr.Namen.
Nähen der WundeD. v. Fröhner. 4.
Nahrungseiweiss s. Tropon.
| Nahrungsmittel-Untersuchungs-Laborat. 359.
1 Narcose s. Anaesthesie.
Narcotika. — Mittel gegen Vergiftungen mit
— Von Scotchman. 512.
Narcotisirungsstatistik. — Zur — v. Gurlt. 188.
Nase gegen Schädlichkeiten in der inspirations-
luft. — Schutzwirkung einer gesunden —
v. Saenger. 401.
Nasenausflilssc mit Jodkali. — Behandlung
1 chronischer — v. Schindler. 6.
I Natrium bicarbonicum s. Befruchtung.
Natrium bicarbonicum - Verband kranker
Wunden, v. Guöorguiöwsky. 152.
i Natriumsulfat als Hacmostaticum. v. Reverdin.
402.
I Naturforscher-Versammlung zu Düsseldorf. 141,
358, 381, 454, 495, 506, 517, 532.
Nebenleber in der Brusthöhle des Schweines,
v Göhrig. 498.
Necrose s. Fettgewebe, Huf lederhaut.
Nephritis beim Pferde. — Canthaiidielle —
v. Carougeau. 150
Nervenlähmung s. Lähmung.
Nervenschnitt s. a. Oel, Spathbebandlung.
Nervös s. Ekzem.
Netzes als Schutzorgan des Bauchfells. — Be¬
deutung des — v. Roger. 329.
Neubildungen s. Geschwülste.
Neubildung am Schafherzen, v. Messner. 462.
Neurotomie s. Nervenschnitt, Oel, Spat.
Niedere Thiere s. Schmerzempfindungen.
Niederlande: Einfuhr aus Deutschland nach
Holland Beil. 8 vom 14. Juli 1898. — Ein¬
fuhr von Zuchtvieh aus Holland. 153. —
Thierseuchen: Jahresbericht pro 1896:455;
QuartalBberichte III. Quartal 1897 bis
111. Quartal 1898. 107, 251, 383, 478, 621. !
Niederlegen der Thiere. — Apparat zum —
v. Trapp. 188.
Niere s. Hydronephrose, Nephritis, Uebertritt.
Nierensarcom und Nierensteine, v. Handschuh
und Lewin. 609.
Nocard s. Antitetanusserum, Lungenseuche,
Starrkrampf, Tuberculin.
Norwegen. Thierseuchen: IV. Quart 1897 bis
111. Quart. 1898. 107, 263, 478, 610.
Nothschlachtungen.— Beurtheilung der sog. —
v. Hartenstein. 167, 178.
Nothschlachtung. — Beurteilung der — v.
Augst. 167, 202.
Nothschlachtung. — Fleischbeschau bei —
Vortrag v. Jenssen. 590.
Obergutachten s. Gutachten.
Oberkieferhöhle. — Hypertrophie der — von
Fröhner. 92.
Objecttisch. — Elektrisch geheizter — von
Kraus. 523.
Obstipation-Behandlung durch Creosot. v. Hol¬
stein. 5.
Obstruction s. Chlorbaryum.
Ochsen s. Darmüberwurf, Zugochsen.
Oedem s. Einschuss, Malignes.
Oel bei Neurectomie. — Geronnenes — von
Corning. 380.
Oenanthe crocata. — Vergiftung durch — von
Macadam. 56.
Oesterreich: Aus- und Einfuhr yon Vieh 92.
— Gesetz betr. die Tilgung der Schweine¬
pest 563. —Landbeschälung und Vollblut¬
hengste. 500. — Thierseuchen; IV. Quart.
1897 bis III. Quart 1898. 107, 263, 515, 610.
Ohrkrankheiten s. Otitis.
Oleum Ricini, Verband. 380.
Operationen s. Antiseptik, Brusthöhle, Castra¬
tion, Cyste, Hodensackbruch, Hygrom,
Kaiserschnitt, Kiefergelenk, Kryptorchiden,
Laparo - Hysterotomie, Mastdarmverfall,
Myotomie, Nabelbrucb, Nervenschnitt,
Schlund, Schlundschnitt, Sehnenentzün¬
dung, Spat, Tenotomie, Trepanation,
Uterushals.
Operationstisch. Orig.-Art. v. Pflanz. 196, 246.
Opistorchis Pianae nov. sp., eine neue Disto-
raidenart derWildente. v. Galli-Valerio. 138.
Orcembeizc s. Bactciien-Geisselfärbung.
Organgifte s. Blutgifte.
Organisirter lufectionsstoffe. — Die erste Idee
vom Vorhandensein — 188.
Organotherapie, v. Landau. 19.
Orificium uteri und des Uterus bei einer Kuh,
mit günstigem Ausgang. — Perforation
des — Orig.-Mitth. v. Ehlers. 76.
Orthoform s. a. Infiltrationsanästhesie.
Orthoform zur Schmerzstillung, v. Einhorn
und Heinz. 103.
Orthoform. v. Klaussner. 320.
OstpreussischerVerein. 190; Beilage v.5 Mai 98.
Otitis externa der Hunde und sog. Ausbrennen
deB Gehörganges. — Ueber Arsenikbehand¬
lung bei — v. Hoffmann. 352.
Otorrhoe beim Pferde. 476.
Ovarien-Erkrankung der Stute, v. Donald. 475.
Papageienkrankheit s. Psittacosis.
Papyros s. Veterinärpapyros.
Parasiten s. Blastomyceten, Carcinom, Dassel¬
beule, Darmperforation, Dünndarm, Finnen,
Follikularerkrankung, Hypoderma bovis,
Insectenstiche, Leberegel, Lungenfinnen,
Myxomatogen, Opistorchis, Pentastomum,
Plasmodien, Protozoön, Spulwurm, Strongy-
lus, Vogeltänie.
Parasiten, seltene, v. Hobday. 607.
Parenchym s. Entzündung.
Patella s. Bursitis.
Patente. — Medicinische — 586.
Pauschquantum. Orig.-Art. v. Schmaltz. 366,
373, 393.
Pech. Nachruf. 344.
Penis-Gefässe beim Pferde. Orig.-Art. von
Schmaltz. 254.
Penislähmung beim Pferde, v. Fröhner. 54.
Penislähmung als Nachkrankheit bei Brust-
seuche. Orig.-Art. von Schulze-Burg. 508.
Pentastomum in Schweineleber und Ziegen¬
lunge. v. Ströse und Tempel. 608.
Perforation des Dünndarms durch Strongylus
tetracanthus. 353. (s. a. Zerreissung).
Periodische a. Augenentzündung.
Peritonitis s. Bauchfellentzündung.
Perleberger Viehversicherung. 22; Minist.-Erl.
betr. Agenturen. 108. 527.
Peiocephalus aprosopus synotus. Orig.-Art. v.
Brauer. 289.
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Pcrosoinus elurobus. Orig.-Art. v. Dralle. 267. |
Persönliches s. Tagesgeschichte.
IVrubalsam s. Fistelbchandlung.
Petechialfieber s. Blutfieckenkrankheit.
Pferd s. Armb. inbrüche, Bastarde, Carcino-
inatosc.Ermttduugskrankheit, Fohlen, Ucrz-
krankheit, Influenza, Laparotomie, Penis¬
lähmung, Thränencanäle, Tuberculose.
Pfrtidehandel s. Radsport
Pferdezucht: s. Bastarde, Deekgeld, Gerichls-
cntscheidung, Hauptgestüt, Trakehnen,
Körordnung, Landgestüte, Privatzucht¬
genossenschaften, Trabrennleistung der
Kaltblüter 451. Siehe ferner die Länder¬
namen.
Pllanz’sche Embryotom s. Embryotom.
Pflasterpapier, v. Herxheimer. 103.
Pfuscherei s. unter Tagesgeschichte.
Plienol s. Milzbrandsporen.
Phesin und Cosaprin. 283.
Phlegmone 8. Einschuss.
Physiologisches s. Anatomisches.
Picrinsäure gegen Ekzem, v. Gauchcr. 103.
Piephacke s. Ilygrom.
Pigmentbildung, Melanose, Blutbildung und
Haarwechsel. — Ueber — v. Ehrmann. 272.
Pilzkrankheit s. Fische.
Pinzgauer Sticnnarkt 355.
Plasmodien des Kopfes, v. Grasset. 391.
Pleuritis. — Zur Aitiologie der primären —
Orig.-Art. v. Aronsohn. 327.
Pleuritis. — Pathogenese v. Grawitz. 583.
Plomben für Fleischschau. 576.
Pneumonie. — Zur physikalischen Diagnostik
der — v. Cadöae. 390.
Pneumoniebactcrieu und der Streptococcus
dpr Druse. — Die Schütz’schen — von
Ligni6res. 439.
Pneumonie im Kindesalter und der Pneumonie
im Allgemeinen. — Studien über die
Aetiologie und Histologie der — v. Dürck. 7.
Pocken s. Warzenpocken.
Pododermatitis beim Pferd. — Begriff und j
Formen der — v. Eberlein. 351.
Pükelmothode. — Neue — v. Fjelstrup. 240. 1
Polyp 8. Mastdarm.
Polyurie des Pferdes mit Extractum Hydrastis
fluidum. — Behandlung der — Orig.-Art
v. liaase. 109.
Posener thierärztlichen Vereine. — General¬
versammlung der — 89, 190.
Posen, beamtete Thierärzte. 334.
Poudre utörine. Orig.-Art. v. Zinke. 339; desgl.
v. Stechmeyer. 508.
Poudre utörine de Roux. 380.
Praxis s. Fuhrwerk.
Preussen a. auch Fleischschau, Pferdezucht,
Schlachthäuser, Tagesgeschichte, Thier-
Zucht, Veterinärpolizei. — Abdeckerwesen
in Preussen von Krüger 37. — Trichinen-
und Finnenschau 94 — Veterinäretat 22,
33. — Viehzählung 1897. 175. — Land-
gestüte 153. — Seuchenstatistik: Monats¬
berichte (Maul- und Klauenseuche mit
Karte) Dez. 1897 bis Dec. 1898. 23, 82,143,
191, 239, 287, 345, 406, 442, 503. 525, 551,
574, 599, 622 — Trakehner 189.
Privatzuchtgenosseuschaften. — Gerichtsent¬
scheidung und Landtagsverhandlung betr.
die — 115, 259.
Prolapsus uteri. Orig.-Art. v. Dralle. 121.
Prolapsus uteri; Verhütung des — v. Nuss. 259.
Prolapsus vaginae. — Orig.-Art v. Dralle. 245.
Prostata-Krankheiten des Hundes, v. Scott. 199.
Protamoebaaphthogenes s. Maul-und Klauen¬
seuche.
Protargol. v. Neisser. 320; P. gegen Augen-
entzündung. v. Davied.*416.
Protozoen s Maul- und Klauenseuche.
Pseudo-Tuberculose s. Sarcomatöse.
Pseudo-Tuberculose bei Schaf und Ziege, v.
de Jong. 536.
Pseudo-Tumor s. Luftsack.
Psittacosis (Papagcicnkrankh.) v. Dupuy. 25S
Pütz. — Nachruf. 117; Begräbniss 119, 131;
Porträt. 229.
PulverfÖrmige Arzneimittel s. Ilcspirations-
tractus.
Pural, ein neues Desinfectionsmittel für den
täglichen Gebrauch, v. Heumann. 392.
Purgantien von der Haut aus. — Ueber die
Wirkung der — v. Scarpinato. 438.
Pyosepticämie beim Pferde. — Cryptogene-
tischo — v. Fröhner und Olt. 67.
Quarantäne-Anstalten s. Seequarantäne.
Quecksilberpräparate. — Empfindlichkeit der
Rinder gegen — v. Rossi Rosolino. 389.
Quecksilbervergiftung 8. Alopecia.
Babe. — Nachruf. 103; Porträt 193.
Radialislähmung s. Cruralislähmung.
Radsport und Pferdehandel. 440.
Räuchern s. Tuberkelbacillen.
Räude s. Eudormol.
Räudestatistik s. Ländernamen.
Rangstellung s. Kreisthierärzte.
Kauschbrand s. Geburtsrauschbrand. Statistik
s. d. Ländernamen.
Reaction des Fleisches s. Nothschlachtungen.
Recepte s Arzneimittel.
Rectal-Injcctionen s. Alkohol.
Reductionsapparat s. Uterusvorfälle.
Reformbestrebungen der beamteten Thierärzte,
s. Kreisthierärzte.
Reh s. Finnen.
Rehe s. Rhehe
Reiseerinnerungen Orig.-Art. v. Arndt 260.
Reissmanu. Nachruf. 294.
Reitpferd s. Gutachten.
ltennthierseuche. 35.
Reposition s. Uterusvorfall.
ReBection s. Kiefergelenks-Resection.
Resorcin. v. Heng. 330; — R. bei Hautkrank¬
heiten. v. Ilartzell. 451.
Resorption s. Harnblase.
Respirationstractus beim Pferde. — Instrument
zur Application pulverförmiger Arznei¬
mittel auf die Schleimhaut des — Orig.-
Art. v. Neubarth. 4.
Retentionsmittel s. Mastdarmvorfall.
Rhehe s. Huf.
Rhehe bei Lämmern. 439.
Rheinpreussischer Verein. 225, 477. — Beil. v.
5. Mai 98.
Rheinprovinz, Schlachthofthierärzte. 226, 537.
Rheumatismus s. a. Gelenkrheumatismus. Be¬
handlung mit Atropin-Moiphium s. a.
Muskelrheumatismus u. Schulterlahmheit.
Rheumatismus mit Atropin-Morphium. — Zur
Behandlung des acuten — Orig-Art. v.
J. W. Schmidt. 219.
Rheumatismus-Bacillus, v. Triboulet. 31.
Rhododendron bei einer Ziege. — Vergiftung
mit — v. Wilson. 56.
Rinder s. Ahtifebrin, Augentuberculose, Bar-
bonekrankheit, Büffelseuche, Castration,
Färbung, Gangrän, Gebärparese, Gelenk¬
entzündung, llufkrebs, Krummbeinigkeit,
Lungen8enche, Malaria, Quecksilber-
1 präparate, Schlund, Schlundschnitt, Septi
caemia, Strahlkrebs, Surrakrankbeit, Te¬
tanus, Texasfieber ,k, Tollwuth, Torsio
uteri, Trächtigkeit, Trepanation, Tricus-
pidalis, Tuberculose, Warzenpocken.
Rinderdärme. — Krankhafte Beschaffenheit
amerikanischer —v. Lorenz u. Rievcl. 261.
Rinderpest in Afrika. 107, 263; s. a. Russland,
Türkei.
Rinderpest-Impfung. — Kocli's Methode der —
162. Directe Mittheilung aus Deutsch-
Südwest-Afrika. 382. Thierärzte 621.
Rinderpest. — Zur Aetiologie der — v. Nencki,
Sieber, Wyznikiewicz. 163.
Rinderseuche. — Ostafrikanische — v. R. Koch
und in Argentinien. 8.
Rindertubcrculose s. Tuberculose.
Rindvieh s. Viehversicherung.
Rindviehs. — Ueber; eine neue Infections-
krankheit des — v. Bosso. 235.
Röntgen - Bilder. — Täuschungen durch —
v. Seiz. 462.
Röntgenstrahlen. — Wirkung der — 188.
Rossschlächtereien in Preussen. Betriebs¬
resultate. 144, 492.
Kothlauf. — Vortrag über — v. Struwe. 578.
Rothlauf in Willkamm (s. a. Jahrg. 1897). v.
Töpper 36; v. Mehrdorf, Beil. v. 13. Jauuar
1898, v. Kegel, Beil. v. 10. März 1898.
Rothlauf-Bacillus. — Die Streptothrixform des •
— v. Kitt. 77 “583.
Rothlauf Impfung: Ueber die Ergebnisse der
Immunisirung. v. Voges u. Schütz. 139.
— Entgegnungen v. Lorenz gegen Voges
und Schütz. 499, 537 (vgl. a. Ein Fehler
in der Methode unter Methode).
Rothlaut-lmpfung nach Lorenz: Ostpreuss.
Landw.-Kammer 9; in Württemberg. 165;
Gcsellschaftsgründung 286, 343; praktische
Versuche. 382.
Rothlauf-Impfanstalt der Brandenburgischen
Landwirthschattskammer zu Prenzlau.
142, 155, 586. Jahresbericht 1897/98. 217.
Rothlauf-lmpfung nach Pasteur, v. Bermbach,
Orig.-Mitth. 552.
Rothlaufserum Wirkung, v. Mesnil. 595.
Rothlaufstatistik s. Ländernamen.
Rotz s. Statistik bei den Ländernamen.
Rotz. — Zur Lehre vom — v. Schütz. 197.
Rotz. — Ueber den — v. Nocard. 220.
Rotz der Pferde. — Der afrikanische —
v. Taitakowsky. 281.
Rotzcontagiums mittelst Diphtherieheilserum.
— Versuche über die Möglichkeit der
Uebertragung des — v. Bonnhoff. 20.
Rotzstatistik s. d. Ländernamen.
Roux s Poudre.
Rückenlage des Kalbes s. Torsio uteri.
Rückenmark s. Sclerose.
Ruptur s. Zerreissung.
Russland. — Der thierärztliche Stand in — 153.
Jubiläum in Dorpat 79.— Veterinärorgani¬
sation im Gouvernement Moskau. 463, 514.
Thierseuchen: III. Quart. 97 bis II. Quart.
98. 263, 383, 479.
Ru slaud s. a. Dorpat und Moskau.
Ruthe s. Penis.
Saargebiet: Thierärztl. Verein. 550, 609.
! Sachsen (s. a. Dresden). Einführung der obli-
j gatorischen Fleischbeschau. 165; Gesetz
ders. Beil. 1 vom 6. Januar 1898. —
| Sachsen, Provinz: Thierärztl. Centralverein.
| 139, 502, 572.
! Saligenin und Aminoform gegen Gicht —
v. Walter. 364.
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XI
Salzsäure s. Morphium.
Salzwasser-Injection e. Injection.
Sandgeschwulst der Dura mater bei der Kuh.
v. Künnemann. 534.
Sanitätspolizei s. Fleisch, Milch. S.-Thierärzte
siehe Schlachthaustliierärzte.
Sanitätsthierärzte s. a. Fleischschau, Schlacht¬
häuser, Tagesgeschichtc.
Sanoform 283.
Sarcom s. Hoden, Mastdarm, Melanose, Niere.
Sarcomatöse Pseudo-Tuberculose beim Hunde,
v. Bournay. 401.
Sattelzwang. — Ueber — v. Vogt. 488.
Scabies s. Eudermol.
Scelett s. Färbung.
Schächten s. Schlachten.
Schädelhohle s. Trepanation.
Schafherz: Neubildung, v. Messner. 462.
Schafkrankheit in Amerika. 8.
Schafpockenstatistik s. die Ländernamen.
Schafräudebekämpfung. Beil. v. 10. März 1898
Schafräudestatistik s. die Ländernamen.
Scham 8. Gangrän.
Scheide s. Grimindarm, Prolapsus, Vagina.
Scheiden-Cysten. Orig.-Art. v. Teetz. 75.
Scheidenausspülung — AntiseptiBche — 187.!
Scheiden- und Gebärmutterkatarrh beim Rind- j
vieh. — Der ansteckende — Orig.-Art.
v. Martens. 145. j
Scheinfädenbildung in Influenzaculturen. — |
Zur Frage der —■ v. Grassberger. 548.
Schering s. Formal in.
Schilddrüse. — Ueber die — von Munk. 91.
Schlachten nach jüdischem Ritus mit Kopf-
halte-Apparat. Orig.-Art. v. Höhne. 253.
Schlachthäuser in Preussen — Betriebsresul¬
tate der — 1896:49,144,155,242; 1897: 481,
492,526. (Die Berechnungen aus der letzten
Tabelle finden sich erst im Jahrgang 1899.)
Schlachthäuser s. a. Fleischschaustatistik.
Schlachthäuser in London, v. Klihnau. 526;
v. Murphy. 575, 587.
Sohlachthausthierärzte s.a. Comraunalbeamten-
gesetz. Coblenzer Offerte. 10, 72. — Von
verschiedenen Schlachthöfen 177, 227, —
Ein Wort an die — 453; Antwort. 489. —
Verhandlung der Centralvertretung Uber
die Stellung der — 356. — Versammlung
in der Rheinprovinz. 226, 537, zu Bran¬
denburg 609.
Schlachtraethode s. Blutmenge, Hühner.
Schlacbtachwein s Milzatrophie.
Schlachtvieh s. a. Fleischeinfuhr, Viehverkehr.
Schlachtviehversicherung s. Viehversicherung.
Schlächter s. Fleischer.
Schlagen s. Gutachten.
Schlangengiftes bei Verabreichung per ob. —
Ueber die Galle der Schlangen und anderer
Thiere als Gegengift nebst einer Erklärung,
der Wirkungslosigkeit des — v. Fraser. 79.
Schleich s. Glutol.
Schleimbeutel s. Gelenksehnenscheiden.
Schleimhaut s. Respirationstractus.
Schleswig-Holsteiner Verein. 9, 417, 426, 429,
454, 558, 570, 578, 590, 601.
Schlesien: Thierärztl. Verein. 81, 126,502,584.
Schlinge s. Günther’sche.
Schlüchtern s. Impfbeamte.
Schlunde des Rindes. — Entfernung von Fremd¬
körpern auB dem — Orig. Art. v. Schräder.
362.
SchlundfistelbeimFohlen. Orig.-Artv.Teetz.122
Schlundschnitt bei der Kuh. — Orig.-Mitth. v.
Teetz. 76.
Schlundverletzung, geheilt — v. Hock. 607.
Schraerzempfindungen niederer Thiere. von
Normann. 438.
Schmidt-Kolding s. Gebärparese, Kalbefieber,
Milchfieber.
Schütz, s. Pneumoniebacterien.
Schulterlahmheit Behandlung s. a. Morphium,
Muskelrheumatismus, Rheumatismus.
Schulterlahmheit mit Atropin-Morphium-Injec-
tionen. Orig.-Art. v. ltcissmann 109, Mei-
nicke208, Ellinger2l8, Scholte2l9, Schmidt
219, Meyerstrasse 325, Pflanz 445, Jess 457,
Struwe 558, Thoms 561.
Schultz s Impfbeamte.
Schusswunden. Orig.-Art. v. Wisnefsky. 446.
Schutzimpfung s. Impfung, Maul- und Klauen¬
seuche, Rothlauf, Schweineseuche, Ungarn.
Schutzserum s. Rothlaufschutzserum.
Schutzwirkung s. Nase.
Schweden: Thierseuchen 1. bis III. Quartal 98:
275, 516, 610.
Schwefelsäure s. Jod.
Schweif s. Myotomie.
Schweif-Mastdarm-Blasenlähuiung mit später
hinzutrctenderFacialislähmung beimPferde.
Orig.-Art. v. Meyerstrasse. 85.
Schweine s. Aktinomycose, Gelenkrheumatis¬
mus, Gutachten, Magendarmkatarrh, Milz¬
atrophie, Pentastoraum. Tuberculose,
Zwangsmittel.
Schweinedarm 8. Fpliikularerkrankung.
Schweineeinfuhr s. Viehverkehr.
Schweinefleischeinfuhr aus Russland. 311.
Schweinehandel s. Fleischeinfuhr, Veterinär¬
polizei, Viehverkehr.
Schweinelunge s. Strongylus.
Schweinepest und Sch weinesepticämie.—Aetio-
logische Studien über — v. Preisz. 65.
Schweinepest. — Gesetzentwurf in Oesterreich
zur Bekämpfung der — 556.
Schweinepest — Serumbehandlung der Hog-
Cholera — v. Peters 77.
Schweinepest: Bekämpfung, v. Höfllich. 281.
Schweinerothlauf s. Rothlauf.
Schweineseuche. — Behandlung der — von
Vaifro-Bonaretti. 414.
Schweineseuche-Immunisirung. 11.
Schweineseuche. — Immunität und Schutz¬
impfung bei — 175.
Schweineseuche. — Schutzimpfung gegen — 55.
Schweineseuche-Statistik s. d. Ländernamen.
Schweiz: Thierseuchen 1897: 107, 154; IV.
Quart. 97 bis II. Quart. 98: 107, 383, 478.
Schweineseuche. — Ueber die Gefährlichkeit
des Fleisches bei — v. Zschokke. 346.
Schweineseuchen. — Breslauer Verordnung
betr. Bekämpfung der — Beil. v. 17. März,
31. März und 11. September 1898. Ein¬
führung der Anzeigepfiieht für das ganze
Reich. 455. (8. a. Veterinärpolizei.)
Schweisses.— Gift Wirkung des — v.Arloing 32.
Sclerose des Gehirns und Rückenmarks bei
einem Hunde. Orig.-Art. v. Lellmann. 435.
Sclerose der Lunge, v. Roy. 569.
Sclerose s. a. Magen.
Seequarantäne-Anstalten. 83, 96 (Bundesraths¬
beschluss), 106, 141,143, 191 (Bundesraths¬
beschluss), 204, 275, 563; Beil. v. 10. März
1898.
Sehnenentzündung s. Beugesehnen, Gelenk-
Sehnenscheiden.
Sehnenentzündung. — Tenotomie nach
metastatischer — Orig.-Art. v. Pflanz. 29.
Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen zur
aseptischen Wundbehandlung. — Ueber
— v. Poppert. 237.
Seife 8. Antiseptik.
Seifen. — Antiseptischc — v. Curcio. 283.
Senkung s Hufbein.
Septicämia hämorrhagica beim Rinde. —
Mikroorganismen der — v. Bosso. 173, 428.
Septicämie s. Pyosepticämie.
Septicämie der Kälber, v. Thomassen. 223.
Septicämie. — Wirkung des Jodkaliums bei
— Orig.-Art. v. Müller. 349.
Seraphthin. 550.
Serum s. Antitetanus, Bluts., Brustseuche,
Druse, Heils, Impfung, Schweinepest
Serumtherapie der Tuberculose. — Die —
v. Maragliano. 536.
Seuchennachrichtendienstes. — Verbesserung
des — 22, 299, 466, 479.
Seuchenstatistik s. die Ländernamen.
Silber als Antisepticum. v. Weidmann. 438.
Silbersalze in der Augenheilkunde, v. Danier.
416.
Silberwundbehandlung, v. Credö. 7 (r. a. Ar¬
gentum).
Sodaumschläge bei Eiter, v. Georgewski. 330.
Sombart. — Nachruf — 33.
Spanien: Militär-Veterinärcorps. 274; Yieh-
und Fleischeinfuhr. 515
Spatbehandlung, v. Bosi. 210.
Spat nach Bosi. — Der Nervenschnitt beim —
v. Fröhner. 18, 448, 607.
Spat der Pferde. — Ueber unsichtbaren —
Orig.-Art. v. Hoehne. 290.
Spatdiagnose. — Zur — v. Eberlein. 199.
Speicheldrüsen, v. Wulfsohn. 461.
Speiseröhre s. Schlund.
Sporenfärbungsmethode. — Eine einfache —
v. Anjeszky. 175.
Sprungbein-Fractur. — Orig.-Art. v. Teetz. 75.
Sprunggelenk s. Hygrom.
Spulwürmer s. Darmperforation.
Sputis. — Rasche Färbung von tuberculösen
— v. Andrejew. 488.
Staar in forensischer Beziehung. — Der graue —
Vortrag v. Hell. 601.
Staatsveterinärwesen s. Tagesgeschichte und
Veterinärpolizei.
Stätigkeit s. Gutachten.
Stallsalpeter-Vergiftung, v. Buhl. 531.
j Standesangelegenheiten. Orig.-Art. v. Meifort
25. (s a. Kreisthierärzte, Tagesgeschichte).
Starrkrampf s. a. Antitetanus, Tetanus,
i Starrkrampfbehandlung. 30.
I Starrkrampfstatistik aus dem Pferdebestande
der preuBsischen Armee. 20.
Statistik s. Aerzte, Approbationen, Finnen,
Fleischschaustatistik, Frequenz, Heilserum,
Krankenstatistik, Seequarantäneanstalten,
Seuchen, Seuchenstatistik, Starrkrampf,
Tagesgeschichte (Unterabtheilung), Thier¬
ärzte, Thierzucht, Trichinosestatistik,
Tuberculosestatistik, Vcterinäisanitätsbe-
richt, Viehverkehr.
Steuereinschätzung der Thierärzte. Vortrag
v. Wittlinger. 602.
| Stoffwechsel 8. Fische.
\ Strahlenpilzähnliche Wuchsformen des
l Tubercelbacillus. v. Friedrich. 547.
Strahlfäule. — Ueber die sogenannte — von
Geiss. 234.
Strahlkrebs beim Rinde, v. Delmer. 5.
Strahlkrebs-Behandlung mit Formalin. Orig.-
Art. v. Oyen. 565.
i Strangulation s. Asphyxie,
i Streptococcus der Druse s. Pneumoniebacterien.
Streptothrixform s. Itothlaufbacillus.
| Streupulver 8. Desinfectionskraft.
Strongylus paradoxus in der Schweinelunge.
I v. Olt. 437.
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XII
Strongylus tetracanthus b. Perforation.
Struma s. Jodothyrin.
Stuten s. Befruchtung.
Stuten. — Castration der — v. Schwendiraann
162, 607.
Stuttgart s. Augenheilkunde.
Surra-Krankbeit d. Rinder, v. Koch. 198
Tänie a. Vogeltänie.
Täuschungen 8. Röntgcn-Bildcr.
Tage«Beschichte: Thierärztliche Lehranstalten
und Unterricht: Hocliscliulnnchrichten
Berlin 68, 106, 394, 528 und Beiblatt zu
No. 36 (Jahresbericht s Jahrg. 99). Buda¬
pest Jahresbericht 237. Bukarest, Reise-
erinnerungen v. Arndt 260. Dorpat
Jubiläum 79. Dresden. 34, 201, 211,226,310
Hannover 10, 94, 430 und Beibl. zu No. 36.
Leipzig 586. — Frequenzen verschiedener
deutscher th. Hochschulen 358, 382; desgl.
d. deutschen med. Facultäten 441. Von;
französischen Hochschulen 177. Schweizer j
Bewegung für d. Abiturientenexamen 563. I
— Staatsveterinärwesen : (vgl. auch Fleisch¬
schau, Gebühren,Gewährleistung, Gerichts¬
entscheidung, Thierzucht, Veterinärpolizei,
Viehverkebr sowie die einzelnen Länder¬
namen; auch den obigen und die ver¬
wandten folgenden Abschnitte der Tages
geschichte )Impf beamte im Kreise Schlüch¬
tern s. Impfbeamte. Abdeckereiwesen s.
dieses. Alle Artikel betreffend die Stel¬
lung der preuss. Kreisthierärzte s. unter
Kreisthierärzte. Verhandlungen im Ab¬
geordnetenhause s. Abgeordnetenhaus u
Landtag. S. a. Landwirthschaftsrath. —
Bedeutung d. Landwirtbschaftskainraern
f. d. Veterinärwissenschaft, v. Schraaltz.
105. Ein Fehler in der Methode? von
Schmaltz. 133. Landwirtschaft u. Vete¬
rinärwesen. v. Bermbach. 451. Volkswirt¬
schaftslehre und Thierheilkunde, v. Hülse¬
mann. 45. — Steuereinschätzung, v. Witt-
linger. 602. — Preussischer Etat. 22, 33.
Badischer Etat 238. Aus Sachsen-Weimar
154. Besoldung in Hessen 310. Verhält¬
nisse d. württerabg. Amtstierärzte 201.
Zahl der Thierärzte in Preussen 514
Verzeichniss d. 1896/97 approbirten Thier¬
ärzte 176. Gesetzentwurf in Sachsen 165,
Beil. I v. 6. I. 98. Fleischschaugesetz 538.
Vergrösserung d. Ministeriums iür Land¬
wirtschaft 189. Technische Deputation
f. d. Veterinärwesen 200, 226. Apotheker-
Organisation 358, 501. Mitwirkung d.
Thierärzte bei d. Pferdezucht 370. Aus
den Hundstagen; sonderbares Ansinnen
v. Mitgliedern d. Schleswiger Landwirth-
schaftskammer 370. Aenderung der Con-
cursordnung393. Fuhrkostenentschädigung
83, 491. Thierärzte als Militäranwärter 418.
Thierarztähnliche Titel 201, 418. Verur¬
teilung eines Thierarztes 419, 441. Zu¬
lässigkeit mündlicher Seuchenanzeigen
(Gerichtsentsch.; vgl. a. eine Abfuhr sub¬
alterner Bureaukratie Jahrg. 1897 unter
Tagesgesch) 562. Rangverhältnisse 564.
Uebernahme v. Viehversicherungsagen-
tureu 108, 527. Eine MaBsregcl gegen die
preuBS. thierärztl. Vereine, v. Schmaltz.
70, 141. — Ausland: Budapest, Jahresbe¬
richt 237. — Frankreich Standesangelegen¬
heiten 10; neues Feldpolizeigesetz 394. —
Russland Thierärztlicher Stand 153, Jubi¬
läum in Dorpat 79; Veterinär-Organisation
in Moskau 463. — Rumänische Verhält¬
nisse. Reiseerinnerungen v. Arndt 260. — ■
Spanisches Militärveterinärcorps 274. —
Siehe auch die Ländernamen. — Militär¬
veterinärwesen : Dienststellung der In-
spection 189. Rangänderung u. s. w. in
Bayern 190. Anzeige der Ausübung von
Privat praxis 226. Spanisches Veterinär¬
corps 274. — SanitStsthierfirztllches (s. a.
Abgeordnetenhaus, Fleischschau, Schlacht¬
haus): Ein Wort an die Schlachthausthier¬
ärzte 453, Entgegnung 489. Fleischschau-
Gesetze in Sachsen 165 u. Beil. v. 6 Jan. 98;
desgl im Reich 132, 310, 538. Kann daB
Inland seinen Fleischbedarf decken? 335.
Fleischeragitation 119,227,347. Zur Fleisch-
noth 599,_ Das Communalbeamten-
Gesetz. v. Ronneberger. 440. Coblenzer
Vacanz 10 72. Vom Mainzer Schlachthof
574. Von verschiedenen Schlachthöfen
177,227. — Coloniales s. Atrica. — Statistik s.
diese. — Unterstützung®- und Versicherungs¬
wesen: Sammlungen Beil, vom 17. Feb. 98,
312, 348, 492, Beil, zu No. 36, 502. Baye¬
rischer Unterstützungsverein 201. Preuss
Kasse 330, 440 (s. a. Centralvertretung).
Lebensversicherungsgesellschaften 10, 201,
598. (Viehversicherung s. diese.) — Per¬
sönliche Artikel: An unsere Leser 421. Ein
Fehler in der Methode? v. Schmaltz. 133.
Lorenz gegen Schütz 499, 637. Hecker
gegen Kitt 555. Nachbars Rath in Vieh¬
nöthen 564. Steinbach 334. Siehe a.
Impfbeamte und Rothlauf in Willkamm.
— Nachrufe: Cornevin 154; Eber 294,
310 Porträt 349; Ehling 490; Eimer 335;
Friebel 286, 294; Gips 274; Glocke 392;
Junker 416; Kruckow 381; Leuckardt
79; Lies 69; Lustig 241, Porträt 241;
Mertens 33; Pech 344; Pütz 117, 119, 130,
Porträt 229; Rabe 103, Porträt 193; Reiss¬
mann 294; Sombart 33; Ulrich 355; Wer¬
ner 596; Wilkens 334; Willutzky 344;
Zenker 310. — Festlichkeiten: Esser-Jubi¬
läum 249; Semester 1870/73: 273; Anacker
310; Dresden patriotische Feste 226. —
Versammlungen und Vereine: Aufhebung
der Ehrenräthe 70, 161. Deutscher Vete-
rinärratb. 273, Centralvertretung, Plenar¬
versammlung 105, 213, 250, 284, 295,
308, 321, 330, 341, 356, 368, 380. Natur
forscherversammlung zu Düsseldorf
141, 358, 381, 418, 454, 495, 506. 517, 532. |
Landwirthschaftsrath 142. Internationaler
Congress zu Baden-Baden 1899: 165, 213,
334 , 514 , 549. Vereine: Brandenburg 81,
106,131,538,563, Schlachthofth. 609. Braun¬
schweig 238, 285; Breslau (beamtete Th.)
285; Cöslin 214,513; Düsseldorf 573; Eisass-
Lothringen 563; Hamburg-Altona 99; Kassel
20, 2t)0; Kurhessen 563; Lüneburg, beamtete
402, 597; Ostpreussen 190, Beilage vom
5. Mai 1898; Posen 33t (beamtete Th.);:
Provinzial-Verein 89, 190; Rheinprovinz
225, Beilage vom 5. Mai 1898 , 430, 477;
Schlachthausth. 226, 537; Saargebiet 550,
609; Sachsen 139,502, 572; Magdeburg, be¬
amtete Th. 501; Schlesien 81, 125, 502,
584; Schleswig 9, 417, 426, 429, 454, 558,
570, 578, 590, 601; Trier 21; Thüringen
93, 464; Westpreussen 251, 478, 514. S.
a. Tuberculose-Congress. — Aerzte und
Universitäten: Medicinal-Organisation 106;
Mediclnal-Ministerium 164; Zahl der Aerzte
in Deutschland 238; desgl. in Grossstädten
275; Frequenz der med. Facultäten 441.
Leipzig 586. Apotheker 358, 501. — Curiosa
und Diversa: Was Alles von einem Schulzen
verlange wird 155. Aus den Hundstagen
370, 382. Nachbars Rath in Viehnöthen 564.
— Berühmte Thierärzte 22. Zur Geschichte
des Fahrrades 202. — Wo ist der Thier¬
arzt? Aus „The Veterinary Record“. 621.
Tannalbinum veterinarium Knoll. 329.
Tannoform. Orig.-Art. v. Wulf. 254; Berich¬
tigung hierzu. 307.
Tannoform oder Jodoform, v. Fröhner. 149.
Temperaturmessungen bei grossen Hausthicren.
v. Eber. 258.
Tenalin. 353.
Tenotomie s. Sehnenentzündung.
Terpentin bei Verbrennungen, v. Jnnis. 68.
Tetanus s. Antitetanus, Starrkrampf, flagella.
Tetanus d. Kuh nach Kalben, v. Eve. 509.
Tetanus-Antitoxin. 138, 152.
Tetanusbacillcn — Geissein der v. Kanthack
und Connell. 620.
Tetanus: Ursprung d. Bacillen v. Molinari; Ver¬
änderung des Giftes im Organismus v.
Blumenthal. Geissein der Bacillen von
Kanthack 619.
Tetanusbehandlung nach Baccelli. 379.
Texasfieber. Bericht Robert Kochs 340.
Therapeutische Mittheilungen. v.Imminger. 447.
Thierärzte in Preussen. — Zahl der — 514.
Thierheilkunde s. Volkswirtschaftslehre.
Thiertuberculosc 8. Tuberculose.
Thicrzeichenraarke. 439.
Thierzuchtlehre und ihre Aufgabe. — Orig.-
Art. v. Hoffmann-Stuttgart. 205.
Thierzucht s. Bastarde, Deckgcld, Gewicht,
Ländernamen, Pferdezucht, Pinzgauer
Stiermarkt, Thierzuchtlehre, Tuberkulinum
Kochii, Ziegenbock, Ziegenzucht.
Thierzucht. —- Mitwirkung der Thierärzte bei
der — 368.
Thiol. v. Wirz. 380.
Thränencnnäle beim Pferd. — Verstopfung
der -— v. Fröhner. 45; v. Mahony. 461.
Thrombose s. Achselarterie, Aorta.
Thüringer Pillen, v. Röder. 187.
Thüringer Thierärztlicher Verein. 93, 464.
Titel. — Thierärztliche — 201, 418.
Tod s. Fluorescin, Luft
Tollwuth 8.a.Lyssa; Statistiks.d.Ländernamen.
Gebissene Menschen 405.
Tollwuth. — Die Galle toller Thiere als Anti¬
toxin gegen — v. Frantzius. 366.
Tollwutherkrnnkung bei Rindern. 608.
Tollwuthimpfungs-Institut. 83; 441.
Torfraelassefutter (s. a. Melasse). 57.
Torsio uteri s. a. Uterusverdrehung.
Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage des
Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe.
— Orig.-Art. v. Dralle. 54.
Trabrennleistung kaltblütiger Pferde. 451.
Tracheotubus. — Neuer — v. Longhurst. 138.
Trächtigkeit beim Rinde. — Ueber linksseitige
/ — Orig.-Art. v. Wundt. 62.
Trakehnen. — Das flauptgestüt — 189.
Trepanation der Schädelhöhle beim Rind. v.
Meikt. 377.
Tropon,einneu.Nahrung8eiweiss.v.Finkler.224.
Trichinen- und Finnenschau iu Preussen 1896
und 1897. — Ergebnisse der — 94, 434.
Trichinenschau-Mikroskop von Hauptner. 600.
Trichinenschau-Verordnungen. Beilage vom
11. August 1898.
Tricuspidalis der Kuh. — Geschwulst an der
— Orig.-Art. v. Kadelbach. 111.
Tristezza in Argentinien. 72.
Trier: Beamtete Thierärzte. 21.
Tsetse-Krankheit. v. Durham. 623.
Tuberkelbacillus. — Microorganismus, welcher
sich morphologisch und tinctoriell verhält
Digitized by LjOOQle
wie der — Orig.-Art. v. Möller. 100; Vege-
tiren solcher Bacillen auf Pflanzen. 188.
Tuberkelbacillus.—StrahlenpilzähnlicheWuchs-
formen des — v. Friedrich. 547.
Tuberkelbacillen-Vitalität. v. Sabrazes. 536.
Tuberkelbacillus im Fleisch. — Einfluss des
Räucherns auf den — v. Förster. 252.
Tuberkelbacillus auf Kälber. — Uebertragungs-
versuche mit dem menschlichen — von
Langdon. 271.
Tuberculin s. a. MalleYn.
Tuberculin-Anwendung, typische Reaction. v.
Ostertag. 488, 595.
Tuberculin-Anwendung in England. 95.
Tuberculin-Gewöhnnng. v. Nocard. 299.
Tuberculin-lmpfungen in den Scequarantäue-
anstalten. 83, 96, 106, 141, 143,191, 204, 275,
563; Beilage v. 10. März 1898.
Tuberculin-lmpfungen b. a. Atteste.
Tuberculin-Heilwirkung. v. Rembold. 582.
Tuberculinum Kochii und Anderes im Kreise
Schlüchtern, v. Schultz. 279, 433; Ent¬
gegnungen v. Kalteycr. 350, 494.
Tuberculose s.a. Pseudotuberculose, Psittacosis,
Sputum.
Tuberculose-Congress zu Paris. Tagesordnung.
178; Thesen. 521; Vorträge v. Bang etc-
621, 536.
Tuberculose-Bekämpfung in Belgien. 536.
Tuberculose-Bekämpfüng.—Theorie und Praxis
der — Orig.-Art. v. Gensert. 63.
Tuberculose des Euters. — Vorgehen gegen
die — 276.
Tuberculose der Rinder nach Behring. —
Heilung der — 185, 211.
Tuberculose. — Serumtherapie der — von
Maragliano. 536.
Tuberculose. — Beurtheilung der — Orig.-Art.
v. Rabitz. 229.
Tuberculose d. Rinder. — Sitz und Reihenfolge
der Veränderungen bei der — von
M’Fadyean. 535.
Tuberculose des Menschen und der Vögel. —
Identität der — v. Nocard. 536.
Tuberculose beim Pferd, v. Cad6ac u. Morot.
89; v. Thomson. 509.
Tuberculose beim Pferd. Orig. Art. v. Truelsen.
278.
Tuberculose beim Esel. — Infectionsversuch
mit — v. Johne. 55.
Tuberculose bei Schweinen, v. Cope. 55.
Tuberculose der Knochen bei Schweinen. —
Differential-Diagnose der — v. Glage. 460.
Tuberculose der Augen, v. Schmidt 44; v.
Winter. 596.
Tuberculüse Entzündung der Gelenke etc. beim
Rind. v. Guillebeau. 172.
Tuberculose des Gehirns, v. Haase. 445.
Tuberculose der Mandeln, v. 581.
Tuberculöser Rinder. — Inverkehrbringen der
Milch — v. Fenner. 471.
Tuberculose als Gewährfehler. 178, 263.
Tuberculose - Bekämpfung: Beschlüsse des
bayer. Landwirthschaftsrathes. 611.
Tuberculose in Frankreich. — Behandlung des
Fleisches bei — 35.
Tuberculose-Statistik s. d. Ländernamen, ferner
Fleischschau und Seequarantäneanstalten.
Türkei. — Rinderpest 107.
Tnmenol. 283.
Tumoren s. a. Geschwülste.
Tumoren beim Hund. — Infectiöse. — v. Smith
und Waschbourn. 31, 474.
Tumoren. — Ueber die durch pathogene Hefen
hervorgerufenen — v. Busse. 391.
— XIII —
Ueberbeine an den Gliedmassen beimPferde.
— v. Vogt. 257.
Uebertritt von festen Körpern und Luft aus
der Blase in die Nieren und entferntere
Körperorgane. — Der — v. Lewin. 271.
Ulrich. Nachruf. 355.
Unfallversicherung für Thierärzte. 341.
Ungarn: Schutzimpfung 166. —Thierseuchen:
IV. Quart. 97 bis III. Quart. 98: 107, 263,
516, 610. — Veterinäracademie 237. —
Veterinärpolizei in — 154 — Vieh- Ein-
und Ausfuhr 1896 : 249. — Viehstand. 92.
Universitäten s. Tagesgeschichte.
Unterstützungskasse der Thierärzte in Preussen.
330, 440. (s. a. Centralvertretung.)
Unterstützungssachen 8. Tagesgeschichte die
Unterabtheilung.
Unterstützungs-Verein, Bayrischer. 201.
Unterstützungs-Verein in Preussen. 440.
Untugend s. Gutachten.
Urämie. — Aderlässe bei — v. Laache. 272.
Uraemie-Behandlung. v. Lemoine. 103.
Uraniumnitrat. 320
Urticaria v. Gaucher. 451
Uterus s. Orificium Uteri,Prolapsus,Torsio uteri.
Uterusepithel nach der Geburt, v. Barfurth.
199.
Uterushalses. — Incision des indurirten —
v. Groci. 509.
Uterusverdrehung bei der Stute. — v. Sieche-
neder. 259
Uterusvorfallen. — Reductionsapparat bei —
v. Jack 211.
Uterusvorfall s. Fruchthälter, Gebärmutter,
Prolapsus.
Uierusvorfalls ohne vorherige Entfernung der
Nachgeburt — Reposition des — v.
Strebei. 150.
Vagina s. Scheide.
Vagina. — Morphologie und Entwicklung der —
v. Hart. 79.
Vaporisation. — Ueber — v. Sneguireff 19.
(s. a. Wundbehandlung.)
Vene s. Blutgefässe, Hohlvene, Luft.
Venen. — Ueber die Beschreibung der —
Orig-Art v. Schmaltz. 193.
Vena digitalis externa und Lungenmetastasen.
— Eitrige Thromboplebitis der — 596.
Veratrin s. Hämoglobinämie.
Veratrin v. Queyron. 329.
Verband 8. Alkohol, Antifebrin, Asbest
Balsam, Kataplasmen, Krolikowsky,
Natrium, Pflasterpapiere, Soda.
Verbrennungen s. a. Terpentin.
Verbrennungen mit Kalium nitricum und
Magnesia usta. — Die Behandlung der —
v. Poggi 68, 187.
Verdauung s. Fische.
Verdrehung des Uterus s. Torsio und Uterus.
Vereine s. Tagesgeschichte die betr. Unter¬
abtheilungen sowie die Namen der betr.
Vereine.
Vereinigte Staaten von Nordamerika: Die
landwirtschaftliche Thierhaltung in —
von Herraan. 524.
Vereine s. bei Tagesgeschichte der betr.
Unterabtheilung, s. auch die Provinzial- etc.
Namen der Vereine.
Vererbung s. Haarfarbe.
Vergiftungen s. Alcohol, Alopecie, Antifebrin,
Autointoxication, Bienengift, Blut- und
Organgifte, Botulismusgift, Fleisch, Giftig¬
keit, Kartoffeln, Kupferpräparate, Kupfer¬
salzlösung , Kupfervergiftung, Magen,
Narcotica, Oenanthe crocata, Quecksilber¬
vergiftung, Rhododendron, Schlangengift,
Schweiss, Stallsalpeter.
Vernichtung und Verwertung von Fleischab-
fällen und tierischen Cadavorn. Orig.-
Art. v. Schiefferdecker. 18.
Verordnungen s. Abdeckerei wesen, Fleisch-
schau, Tagesgeschichte, Vcterinärpolizei.
Versammlungen s. Tagesgeschichte, d. betr.
Unterabteilung.
Versicherung s. Lebensvers., Thierzeichen¬
marke, Viehversieherung.
Versicherungswesen. 10, 201, 598, s. a. Vieh¬
versicherung.
Verstopfung s. Obstipation, Thräncncanäle
Vesicantieu s. Aderlass.
Veterinärbeamte s. Kreisthierärzte, Staats¬
veterinärwesen, Tagesgeschichte.
Veterinär-Papyrus von Kahun. 507.
Veterinärpolizei (s. a. Abgeordnetenhaus, FleiBch-
eintuhr, Fleischschau, Gefliigelcholera,
Landtag, Milch, Schlachthöfe, Sedquaran-
täneanstalten,.Sehweineseuchen, sowie bei
Tagesgeschichte die Unterabteilung
Staatsveterinärwesen). Reichs- und Mi¬
nisterialerlasse: Seuchen-Nachrichten-
dienst 22, 299, 466, 479. Erl. betr. das
Treiben von Geflügel 346. Betr. Toll¬
wut-Schutzimpfung 441. Betr. Anzeige¬
pflicht Für Influenza 455, 538 (Ausführungs-
Bestimmungen in R.-B. Königsberg'. Desgl
für Schweineseuchen im ganzen Reich 455.
Betr. Schafräude — Bekämpfung Beilage v.
10. März 1898. —■ Vernichtung des Centri-
fugenschlamms 72, 275 und Beilage vom
31. März 1898. Diversa: 10, 311, Beilage
vom 10. und 31. März 1898. — Einfuhr¬
verbote: Schweden 35, 227, 311; Schweiz
227, 492; Italien 564; Holland 311, 575
(Aufhebung d. Einfuhrverbots f. Schweine¬
fleisch); Beilage vom 14. Juli 1898. Ein¬
fuhr aus Russland von Milch 35, von
Schweinefleisch 311. — Maul- und Klauen¬
seuche, Markt- und Handels-Controlle
im Allgemeinen: 35, 107, 204, 227, 311,
419, 564 (Eisass), 574 (Schweineverkaufs¬
stätten) 575; Beilage v. 17. Febr., 10. März,
14. Juli und 11. August 1898.
Veterinär-Rath, deutscher. 237.
Veterinär-Sanitätsbericht für 1896 : 200, 236,
510. für 1897: 568, 582, 594 617.
Veterinärwesen s. Landwirtschaft.
Vieheinfuhrverbot s. Fleischeragitation, Vete¬
rinärpolizei.
Viehhaltung s. Dürre, Thierzucht.
Viebhandel s. Viehverkehr.
Viehmärkte s a. unter Veterinärpolizei.
Viehseuchenentschädigungen in Deutschland.
166.
Viehtransport auf Eisenbahnen, v. Toscano 95.
Viehverkehr und Fleiscbschau in Dänemark.
Orig.-Art. v. Kühnau. 406, 419, 430.
Viehverkehr u. Viebhandel: Siehe Eisenbahn,
Fleischeinfuhr, Fleischeragitation, Fleisch-
schaustatistik, Gewährleistung, Länder¬
namen, Thierzucht, Veterinärpolizei (Unter-
abtheilung„Einfuhrverbote“), Viehzählung.
Viehversicherung. — Thierzeichenmarken
für - 439.
Vieh-Versickerungs-Agentnren. 108, 627.
Vieh-Versicberung: Sachsen 165, Baden 489.
Vieh - Versichernngs- Gesellschaft. — Perle¬
berger — 22, 108, 201, 527.
Viehwaschmittel. 188.
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XII
Strongylus tetracanthus s. Perforation.
Struma 8. Jodothyrin.
Stuten 8. Befruchtung.
Stuten. — Ca8iration der — v. Schwendimann
162, 607.
Stuttgart 8. Augenheilkunde.
Surra-Krankheit d. Rinder, v. Koch. 198
Tänie s. Vogeltänie.
Täuschungen 8. Röntgen-Bilder.
Tageigeschichte: Thierärztliche Lehranstalten
und Unterricht: Hoclischulnachrichten
Berlin 58, 106, 394, 528 und Beiblatt zu
No. 36 (Jahresbericht s Jahrg. 99). Buda¬
pest Jahresbericht 237. Bukarest, Reise¬
erinnerungen v. Arndt 260. Dorpat
Jubiläum 79. Dresden. 34, 201, 211,226,310
Hannover 10, 94, 430 und Beibl. zu No. 36.
Leipzig 586. — Frequenzen verschiedener
deutscher th. Hochschulen 358,382; desgl.
d. deutschen med. Facultäten 441. Von
französischen Hochschulen 177. Schweizer
Bewegung für d. Abiturientenexamen 563.
— Staatsveterinfirwesen : (vgl. auch Fleisch¬
schau, Gebühren, Gewährleistung, Gerichts¬
entscheidung, Thierzucht, Veterinärpolizei,
Viehverkehr sowie die einzelnen Länder¬
namen; auch den obigen und die ver¬
wandten folgenden Abschnitte der Tages
geschichte )Irapf beamteim Kreise Schlüch¬
tern s. Impfbeamte. Abdockerciwesen s.
dieses. Alle Artikel betreffend die Stel¬
lung der preuss. Kreiethierärzte s. unter
Kreisthierärzte. Verhandlungen im Ab¬
geordnetenhause s. Abgeordnetenhaus u
Landtag. S. a. Landwirthschaftsrath. —
Bedeutung d. Landwirthschaftskaramern
f. d. Veterinärwissenschaft. v. Schmaltz.
105. Ein Fehler in der Methode? von
Schmaltz. 133. Landwirtschaft u. Vete¬
rinärwesen. v. Bermbach. 451. Volkswirt¬
schaftslehre und Thierheilkunde, v. Hülse¬
mann. 45. — Steuereinschätzung, v. Witt¬
lingen 602. — Preussischer Etat. 22, 33.
Badischer Etat 238. Aus Sachsen-Weimar
154. Besoldung in Hessen 310. Verhält¬
nisse d. württembg. Amtsthierärzte 201.
Zahl der Thierärzte in Preussen 514
Verzeichniss d. 1896/97 approbirten Thier¬
ärzte 176. Gesetzentwurf in Sachsen 165,
Beil. I v. 6. I. 98. Fleischschaugesetz 538.
Vergrüsserung d. Ministeriums tür Land¬
wirtschaft 189. Technische Deputation
f. d. Veteriuärwesen 200, 226. Apotheker-
Organisation 358, 501. Mitwirkung d.
Thierärzte bei d. Pferdezucht 370. Aus
den Hundstagen; sonderbares Ansinnen
v. Mitgliedern d. Schleswiger Landwirt¬
schaftskammer 370. Aenderung der Con
cursordnung393. Fuhrkostenentschädigung
83, 491. Thierärzte als Militäranwärter 418.
Thierarztähnliche Titel 201, 418. Verur¬
teilung eines Thierarztes 419, 441. Zu¬
lässigkeit mündlicher Seuchenanzeigen
(Gerichtsentsch.; vgl. a. eine Abfuhr sub¬
alterner Bureaukratie Jahrg. 1897 unter
Tagesgesch) 562. Rangverhältnisse 564.
Uebernahme v. Viehversicherungsagen¬
turen 108, 527. Eine Massregel gegen die
preuss. thierärztl. Vereine, v. Schmaltz.
70, 141. — Ausland: Budapest, Jahresbe¬
richt 237. — Frankreich Standesangclegen-
heiten 10; neues Feldpolizeigesetz 394. —
Russland Thierärztlicher Stand 153, Jubi¬
läum in Dorpat 79; Veterinär-Organisation
in Moskau 463. — Rumänische Verhält¬
nisse. Reiseerinnerungen v. Arndt 260. —
Spanisches Militärveterinärcorps 274. —
Siehe auch die Ländernamen. — Milltär-
veterinfirwesen: Dienststellung der In-
spection 189. Rangänderung u. s. w. in
Bayern 190. Anzeige der Ausübung von
Privatpraxis 226. Spanisches Veterinär¬
corps 274. — SanitfitsthIerärztlIches (s. a.
Abgeordnetenhaus, Fleischschau, Schlacht¬
haus;: Ein Wort an die Schlachthausthier¬
ärzte 453, Entgegnung 489. Fleischschau-
Gesetze in Sachsen 165 u. Beil. v. 6 Jan. 98;
desgl im Reich 132, 310, 538. Kann das
Inland seinen Fleischbedarf decken? 335.
Fleischeragitation 119,227,347. Zur Fleisch-
noth 599,_ Das Coromunalbeamten-
Gesetz. v. Ronneberger. 440. Coblenzer
Vacanz 10 72. Vom Mainzer Schlachthof
574. Von verschiedenen Schlachthöfen
177,227. — Coloniales s. Airica. — Statistik s.
diese. — Unterstützungs- und Versicherungs¬
wesen: Sammlungen Beil, vom 17. Feb. 98,
312, 348, 492, Beil, zu No. 36, 502. Baye¬
rischer Unterstützungsverein 201. Preuss
Kasse 330, 440 (s. a. Centralverlretung).
Lebensversicherungsgesellschaftcn 10, 201,
598. (Viehversicherung s. diese.) — Per¬
sönliche Artikel: An unsere Leser 421. Ein
Fehler in der Methode? v. Schmaltz. 133.
Lorenz gegen Schütz 499, 537. Hecker
gegen Kitt 555. Nachbars Rath in Vieh¬
nöthen 564. Steinbach 834. Siehe a.
Impfbeamte und Rothlauf in Willkamm.
— Nachrufe: Cornevin 154; Eber 294,
310 Porträt 349; Ehling 490; Eimer 335;
Friebel 286, 294; Gips 274; Glocke 392;
Junker 416; Kruckow 381; Leuckardt
79; Lies 69; Lustig 241, Porträt 241;
Mertens 33; Pech 344; Pütz 117, 119, 130,
Porträt 229; Rabe 103, Porträt 193; Reiss¬
mann 294; Sombart 33; Ulrich 355; Wer¬
ner 596; Wilkens 334; Willutzky 344;
Zenker 310. — Festlichkeiten: Esser-Jubi¬
läum 249; Semester 1870/73: 273; Anacker
810; Dresden patriotische Feste 226. —
Versammlungen und Vereine: Aufhebung
der Ehrenräthe 70, 161. Deutscher Vete¬
rinärrath. 273, Centralvertretung, Plenar¬
versammlung 105, 213, 250, 284, 295,
308, 321, 330, 341, 356, 368, 380. Natur-
forscherversaramlung zu Düsseldorf
141, 358, 381, 418, 454, 495, 506. 517, 532.
Landwirthschaftsrath 142. Internationaler
Corgress zu Baden-Baden 1899: 165, 213,
334, 614, 549. Vereine: Brandenburg 81,
106,131,538,563, Schlachthofth.609. Braun¬
schweig 238, 285; Breslau (beamtete Tb.)
285; Cöslin 214,513; Düsseldorf 573; Elsass-
Lothringen 563; Hamburg-Altona 99; Kassel
20, 200; Kurhessen 563; Lüneburg, beamtete
402, 597; Ostpreussen 190, Beilage vom
5. Mai 1898; Posen 331 (beamtete Th.);
Provinzial-Verein 89, 190; Rheinprovinz
225, Beilage vom 5. Mai 1898, 430, 477;
Schlachthausth. 226, 537; Saargebiet 550,
609; Sachsen 139,502,572; Magdeburg, be¬
amtete Th. 501; Schlesien 81, 125, 502,
584; Schleswig 9, 417, 426, 429, 454, 558,
570, 578, 590, 601; Trier 21; Thüringen
93, 464; Westpreussen 251, 478, 514. S.
a. Tuberculose-Congress. — Aerzte und
Universitäten: Medicinal-Organisation 106;
Mediclnal-Ministerium 164; Zahl der Aerzte
in Deutschland 238; desgl. in Grossstädten
275; Frequenz der raed. Facultäten 441.
Leipzig 586. Apotheker 358, 501. — Curlosa
und Diversa: Was Alles von einem Schulzen
verlangt wird 155. Aus den Hundstagen
370,382. Nachbars Rath in Viehnöthen 564.
— Berühmte Thierärzte 22. Zur Geschichte
des Fahrrades 202. — Wo ist der Thier¬
arzt? Aus „The Veterinary Record“. 621.
Tannalbinum veterinarium Knoll. 329.
Tannoform. Orig.-Art. v. Wulf. 254; Berich¬
tigung hierzu. 307.
Tannoform oder Jodoform, v. Fröhncr. 149.
Teroperaturmessungen beigrossen Hausthieren.
v. Eber. 258.
Tenalin. 353.
Tcnotomie s. Sehnenentzündung.
Terpentin bei Verbrennungen, v. Jnnis. 68.
Tetanus s. Antitetanus, Starrkrampf, flagclla.
Tetanus d. Kuh nach Kalben, v. Eve. 509.
Tetanus-Antitoxin. 138, 152.
Tetanusbacillen — GeiBseln der v. Kanthack
und Connell. 620.
Tetanus: Ursprung d. Bacillen v. Molinari; Ver¬
änderung des Giftes im Organismus v.
Blumenthal. Geissein der Bacillen von
Kanthack 619.
Tetanusbehandlung nach Baccelli. 379.
Texasfieber. Bericht Robert Kochs 340.
Therapeutische Mittheilungen. v.Imminger. 447.
Thierärzte in Preussen. — Zahl der — 514.
Thierheilkunde s. Volkswirtschaftslehre.
Thiertuberculosc s. Tuberculose.
Thierzeichenmarke. 439.
Thierzuchtlehre und ihre Aufgabe. - Orig.-
Art. v. Hoffmann-Stuttgart. 205.
Thierzucht s. Bastarde, Deckgeld, Gewicht,
Ländernamen, Pferdezucht, Pinzgauer
Stiermarkt, Thierzuchtlehre, Tuberkulinum
Kochii, Ziegenbock, Ziegenzucht.
Thierzucht. — Mitwirkung der Thierärzte bei
der — 368.
Thiol. v. Wirz. 380.
Thränencnnäle beim Pferd. — Verstopfung
der — v. Fröhner. 45; v. Mahony. 461.
Thrombose s. Achselarterie, Aorta.
Thüringer Pillen, v. Röder. 187.
Thüringer Thierärztlicher Verein. 93, 464.
Titel. — Thierärztliche — 201, 418.
Tod s. Fluorescin, Luft
Tollwuth s. a.Lyssa; Statistik s. d. Ländernamen.
Gebissene Menschen 405.
Tollwuth. — Die Galle toller Thiere als Anti¬
toxin gegen — v. Frantzius. 366.
Tollwutherkrankung bei Rindern. 608.
Tollwuthimpfungs-Institut. 83; 441.
Torfraelassefntter (s. a, Melasse). 57.
Torsio Uteri 8. a. Uterusverdrehung.
Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage des
Kalbes mitnach linksverschlagenem Kopfe.
— Orig.-Art v. Dralle. 54.
Trabronnleistung kaltblütiger Pferde. 451.
Tracheotubus. — Neuer — v. Longhurst. 138.
Trächtigkeit beim Rinde. — Ueber linksseitige
7 _ Orig.-Art. v. Wundt. 62.
Trakehnen. — Das Hauptgestüt — 189.
Trepanation der Schädelhöhle beim Rind. v.
Meikt. 377.
Tropon, ein neu. Nahrungseiweiss. v. Finkler.224.
Trichinen und Finnenschau in Preussen 1896
und 1897. — Ergebnisse der — 94, 434.
Trichinenschau-Mikroskop von Hauptner. 600.
Trichinenschau-Verordnungen. Beilage vom
11. August 1898.
Tricuspidalis der Kuh. — Geschwulst an der
— Orig.-Art. v. Kadelbach. 111.
Tristezza in Argentinien. 72.
Trier: Beamtete Thierärzte. 21.
Tsetse-Krankheit. v. Durham. 623.
Tuberkelbacillus. — Microorganismus, welcher
sich morphologisch und tinctoriell
XIII
wie der — Orig.-Art. v. Möller. 100; Vege-
tiren solcher Bacillen aut Pflanzen. 188.
Tuberkclbacillne.—StrahlenpilzähnlicheWuchs-
formen des — v. Friedrich. 547.
Tuberkelbacillen-Vitalität. v. Sabrazes. 536.
Tuberkelbacillus im Fleisch. — Einfluss des
Räucherns auf den — v. Förster. 252.
Tuberkelbacillus auf Kälber. — Uebertragungs-
versuche mit dem menschlichen — von
Langdon. 271.
Tuberculin s. a. Mallcln.
Tuberculin-Anwendung, typische Reaction. v.
Ostertag. 488, 595.
Tuberculin-Auwendung in England. 95.
Tuberculin-Gewöhnuug. v. Nocard. 299.
Tuberculin-Impfungen in den Scequarantäue-
anstalten. 83, 96, 106, 141, 143,191, 204, 275,
563; Beilage v. 10. März 1898.
Tuberculin-Impfungen s. a. Atteste.
Tuberculin-Heilwirkung. v. Rembold. 582.
Tuberculinum Kochii und Anderes im Kreise
Schlüchtern, v. Schultz. 279, 433; Ent¬
gegnungen v. Kalteycr. 350, 494.
Tuberculose s.a.Pseudotuberculose, Psitfacosis,
Sputum. I
Tuberculose-Congress zu Paris. Tagesordnung.
178; Thesen. 521; Vorträge v. Bang etc-
521, 536. '
Tuberculose-Bekämpfung in Belgien. 536.
Tuberculose-Bekämpfung.—Theorie und Praxis
der — Orig.-Art. v. Gensert. 63.
Tuberculose des Euters. — Vorgehen gegen
die — 276.
Tuberculose der Rinder nach Behring. —
Heilung der — 185, 211.
Tnbe.culose. — Serumtherapie der — von
Maragliano. 536.
Tuberculose. — Beurtheilung der — Orig.-Art.
v. Kabitz. 229.
Ueborbeine an den Gliedmassen beim Pferde.
— v. Vogt. 257.
Uebertritt von festen Körpern und Luft aus
der Blase in die Nieren und entferntere
Körperorgane. — Der — v. Lewin. 271.
Ulrich. Nachruf. 866.
Unfallversicherung für Thierärzte. 841.
Ungarn: Schutzimpfung 166. — Thierseuchen:
IV. Quart. 97 bis III. Quart. 98: 107, 263,
516, 010. — Veterinäracademie 287. —
Veterinärpolizei in — 154 — Vieh- Ein-
und Ausfuhr 1896 : 249. — Viehstand. 92.
Universitäten s. Tagesgeschichte.
UntcrstützungskassederThierärzteinPreussen.
330, 440. (s. a. Centralvertretung.)
Unterstützungssachen s. Tagosgeschichte die
Unterabtheilung.
Unterstützungs-Verein, Bayrischer. 201.
Unterstützungs-Verein in Preussen. 440.
Untugend s. Gutachten.
Urämie. — Aderlässe bei — v. Laache. 272.
Uraemie-Behandlung. v. Lemoine. 103.
Uraniumnitrat. 320
Urticaria v. Gaucher. 451
Uterus s. Orificium Uteri, Prolapsus.Torsio Uteri I
Uterusepithel nach der Geburt, v. Barfurtb.!
199.
Uterushalses. — Incision des indurirten —
v. Groci. 509.
Uterusverdrehung bei der Stute. — v. Sieche-
neder. 259
Uterusvorfällen. — Reductionsapparat bei — *
v. Jack 21L
Uterusvorfall s. Fruchthälter, Gebärmutter.
Prolapsus.
Uterusvorfalls ohne vorherige Entfernung der
Nachgeburt — Reposition des — v.
StrebeL 150.
Tuberculose d. Rinder. — Sitz und Reihenfolge
der Veränderungen bei der — von
M’Fadyean. 536.
Tuberculose des Menschen und der Vögel. —
Identität der — v. Nocard. 536.
Tuberculose beim Pferd, v. Cadeac u. Morot.
89; v. Thomson. 5U9.
Tuberculose beim Pferd Orig. Art v. Truelsen.
27a
Tuberculose beim EseL - Infectionsversueh
mit — v. Johne. 55.
Tuberculose bei Sehweinen, v. Cope. 55.
Tuberculose der Knochen bei Schweinen. —
Differential-Diagnose der — v. Glage. 460.
Tuberculose der Augen, v. Schmidt 44* r
Winter. 596.
Tuberculose Entrindung der Gelenke etc. beim
Rind. v. Guülebeaa. 172.
Tuberculose des Gehirns, r. Hasse 445.
Tuberculose der Mandeln, r. &8i_
Tubereulöser Rinder. — Inverkehrbringen der
Milch — r. Feaner. 471.
Tuberculose als Gewährfehler. 178, 263.
Tuberesloie - Bekämpfung: Beschüsse des
b*yer. Laadwirtbsekaftsrathes- 611 .
Tuberculose in Frankreich. — Behandlung den
Fleisches bei — 3a.
Tubereolose-Statästik s_ d. Ländenames. ferner
Fleisebschan und Seexjnarantäneanstaiten.
^^ei. — Rindespest 107 .
TumenoL 283
Tumoren x. a. Gench —~irr_
Tumoren beim ümmL - ins«****. _ T
«d Wasebbovn. 3L 474.
Tumoren. - Geh«, 4^ 4.^
h*T o r ganfcn es -
» agina s. Scheide.
Vagina. — Morphologie und EntwiekJnng der—
v. Hart 79.
Vaporisation. — Ueber — v. Sscgwef
(s. a. Wundbehandlung.
Vene s. Blutgefässe, Hohlvene. I-»fr
Venen. — Leber die Besehreäban* » —
Orig-Art v. Sehmalte 1Ä
Veoa digitalis externa und t—■
— Eitrige Thromboylriuni
V erat rin s. Hämogiohtnämöe.
Veratrin v. Qoeyros. 385
Verband s. Aiko4x*L Ikbbcx
B alsam, Kaxaf ummer. ta
Natrium. PflancerMoie».
Verbrennuagen s. a. 7«
Verbren annges
Magnesia
r. Pogg, 6t is:
' Verdauung s lack
Venlreing o-u
Vereise a
*iK$*äamesa
V<rwut
VereämgÄ sans -»w
ls wfie w as fmm -
'VI JtC.-MU. Ä
VecEne
AK
4
Narcotlca, Oenanthe crocata, Quecksilber¬
vergiftung, Rhododendron, Schlangengift,
Schwciss, Stallsalpeter.
Vernichtung und Verwerthung von Fleisehab*
fällen und thierischen Cadavcrn. Orig.-
Art. v. Schiefferdecker. 18.
Verordnungen s. Abdeckerei wesen, Flswvh-
Bebau, Tagesgeschichte, Viterinirpoli**»
Versammlungen s. Tagesgeschichte, d. betr
Unterabtheilung. *
Versicherung s. LebenBvers., Tbicrwchwfr
marke, Viehversieherung.
Versicherungswesen. 10, 201. 59$. * ^
Versicherung.
Verstopfung s. Obstipation.
Vesicantieu s. Aderlass. ^
Veterinärbeamte s. Kröidkrirr»
veterinärwesen, Tage$p»chwh**
Veterinär-Papyrus vos Kafcs» ^
Veterisärpolizei (s.a.Abgwdi>cw'*-»«>
eintulir, Flewcbsckau.
Landtag, MikL Scbisr-J^'*-
täneanstahes- SrtmsK"?"*»- ^
Tagesgesehieb* d* ^*^*^**\
Staaisvc:«ri»ir»y*w. ^
nisterialcr!*»? M
diensr Ü Ä ^ ^
Trcibcs vw -rög-
wuth-Sc.ljitaaun»nj«ir
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ah 362.
511.
»4.
dm 461.
it 62. 328.
/.nikiewicz 163.
Zilah 258.
Zinke 839.
Zschokke 346.497.533. 545.
583. 593.
Zuntz 57.
Zwicker 265.
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XIV
Viehzählung 1897. — Ergebnisse in Deutschland
209, Preussen 175, Bayern 167, Berlin 92. —
V.-Zähl. in England 1898: 512.
Viehzucht s. Thierzucht
Virus s. myxoroatogen.
Vögel 8. Altersbestimmung, Diphtherie, Ge¬
flügel, Hühner.
Vogeltänie, neue. v. Fuhrmann. 138.
Vogeltuberculose. — Identität der mensch¬
lichen und der — v. Nocard. 536.
Volkswirtschaftslehre und Thierbeilkunde —
Orig.-Art. v Hülseraann. 45.
Vorfall s. Grimmdarm, Prolapsus.
Vorsteherdrüse s. Prostata.
Vulva 8. Gangrän.
Wallach s. Hodensackbruch.
Warzenbehandlung, v. Louvel. 103.
Warzenpocken bei einer Kuh. v. Heichlinger.
259.
Wassersucht 8. Apocynum.
Wehen s. Antipyrin.
Wehenerregung. 512.
Wehen nach der Geburt, v. Albrecht. 199.
Weinlaub s. Kupfersalzlösung.
Werfen s. Myositis.
Werner, Corpsrossarzt — Nachruf. 596.
Westprcussischer Verein 251, 478, 514.
Wildente s. Opistorchis.
I Willkammer Rothlauf s. Rothlauf.
Willutzki — Nachruf. 344.
i Windrhehe s. Hämoglobinurie.
1 Würmer s. Parasiten.
| Württemberg: Amtsthierärztliche Verhältnisse.
201. — Rothlaufimpfung. 165.
Wundbehandlung s. Seidenfadeneiterung.
Wundbehandlung mit lokaler Andampfung.—
Ueber — v. Beyer. 151.
Wunden, Behandlung mit Natr. bicarb.-Ver¬
band. v. Gu6orgui6wsky. 152.
; Wunden, s. Gangrän, Granulationszewebe,
Heftklammern, Nähen, Natrium bicarbon.,
Schusswunde, Seidenfadeneiterung, Silber¬
wundbehandlung, Vaporisation.
Wurstvergiftung s. Botulismus.
Xeroform alslntestinalantisepticum.— Ueber -
v. Reynders. 187.
Xeroform in der Augenheilkunde. — Das —
v. Wicherkiewicz. 416.
Xeroform in der Thierheilkundc. v. Kmi-
häuser. 68.
Xeroform. — Versuche mit — v. Reisinger. 568.
i
SBahnanomalie. Orig.-Art. v. Hugendubel. 290.
Zahnfisteln beim Pferd. — Falsche und echte —
v. Fröhner. 460.
1 Zahnpulpa s. Gangrän.
Zebra s. Bastarde, Esel.
Zellbrücken in dev glatten Musculatur. v.
Triepel. 92.
Zenker — Nachruf. 310.
Zerreissung s. Aortenruptur, Cieidomastoideus,
Herzbeutel, Leerdarmruptur, Magenzer-
reissung, Mastdarmruptur, Orificium, Per¬
foration, Zwerchfell.
Ziege s. Pentastomura, Rhododendron.
Ziegenart. — Eine neue — 92.
Ziegenbocks. — Milchergiebigkeit eines — v.
Pusch. 8.
Ziegenzucht. — Import-Aufbesseiung, v.Wills-
dorf 273; im Müglitzthal von Augst 354;
Dresdener Ausstellung 451.
Ziehl-Necisen’sche Methode. 488.
Zuchtgenossenschaftens.Privat-Zuchtgenossen-
schaften.
Zuckergehalt des Harns der Sängethiere u.
Zuckerbestimmung, v. Klimmer. 410.
Zugochsen. —SachgemässerBeschlagder—153.
Zungenbeinbruch beim Pferd. 607.
Zurücksetzung der Thierärzte. 621.
Zwangsmittel bei Schweinen. Orig.-Art. v.
Dlugay. 567.
Zwerchfellriss mit Einklemmung eines Theiles
der linken unteren Grimmdarmlage. —
v. Novotny. 101.
Zwerchfellzerreissung. 44.
Autorenregister.
(Die Zahlen hinter den einzelnen Sätzen bedeuten die Seitenzahlen..1
Afanasieflf 102.
Albani 79.
Albarran 19.
Albrecht102. 199. 364.414.
462.
Aleksejew 354.
Almy 320.
Androjew 488.
Angerstein 473.
Anjesky 175.
Arkövy 476.
Arloing 32.
Arndt 260.
Aronsohn 110. 327.
Augst 167. 202. 299. &54.
Augstein 122.
Baccelli 379.
Backhaus 439.
Bang 521.
Barfurth 199.
Barnick 416.
Barthel 583.
Bartke 210.
Basch 378.
Baum 90. 114. 486.
Beck 283.
Beer 570.
Behla 171.
Behring 185.
Beichold 247.
Benjamin 607.
Bermbach 9. 451. 562.
Beil. VI. v. 7. IV. 98.
Berndorfer 476.
Beyer 151.
Biedl 365.
Binz 68.
Blattenberg 175.
Blumenthal 620.
Boccalori 584.
Böther 463.
Bonaretti 414.
Bonnhoff 20.
Bose 569.
Bosi 210. 448.
Bosso 173. 235. 428.
Bournay 401.
Bowhil 283. 524.
Boysen 335.
Braatz 188.
Brauer 289.
Brieger 186.
Brücher 577.
Brunner 475.
Bruns 198.
Bruth 584.
Buch 386. 397. 409. 613.
Buhl 534.
Busse 391. 476.
Cadöac 89. 390. 413.
Calot 187.
Carougeau 160.
Casati 152.
Chauvrad 340.
Chelmonski 415.
Chigot 547.
Co c ster 142.
Cohn 462.
Colin 535.
Connell 620.
i Connochie 391.
| Cope 55.
1 Corning 3ö0.
Credö 7. 541.
Cure io 283.
de Cyon 450.
Darier 416.
Davied 416.
Deimer 200.
Deila Noce 112.
Deimer 5.
Deloos 16. 86.
Denys 570.
j Desaintmartin 114.
j Dieckerhoff 1. 169.277. 469.
541.
I Diem 330. 392.
! Dischereit 533.
; Dlugay 567.
Mc. Donald 475.
Dor 92.
Dralle 54. 121. 245. 267.
Dreymann 589.
Dürck 7.
Dupraz 439.
Dupuy 258.
Durham 523.
Eber 58. 258. 363.
Eberlein 43. 199. 351.
Eberson 402.
Eckert 20.
Ehlers 76. 508. 621.
Ehling 99.
Ehrmann 272.
Einhorn 108.
; Ellinger 218.
j Engelen 498.
Eppinger 618.
Eve 509.
Faber 461.
j Fabretti 499.
i M’Fadyean 5. 535.
i Fehsennieier 272.
Fenner 471.
Finkler 224.
Fiorentini 475.
Fish 524.
i Fjelstrup 240.
Flatten 115.
Flaum 500.
Flessa 498.
I Flocard 328.
j Förster 252.
’ Foth 157.
j Franke 103.
- Frantziim 366.
Fraser 79.
Frick (Docent) 88. 522.
Friedrich 547.
Frisch 532.
Fröhner (Prof.) 4. 6. 18.20.
29. 45. 54. 67. 69. 77. 39.
92. 138. 149. 187.199. 269.
437.448.460.487.497.596,
607.
i Fuhrmann 138.
Gabeleins 5.
Gallaut 380.
Galli-Valerio 138. 379.
I Gaubaroff 103.
Gaucher 103. 451.
Geiss 234.
Gemünd 31.
Gensert 63.
Georgiewski 330. 416.
• Giancola 112.
Glage 60. 460.
Göhrig 498. 510.
Gofron 392.
Goldbeck 111.
Goltz 299.
Gordon 380.
Gorini 18.
Grabensee 223.
Graffunder 147.
Grammlich 605.
Grassberger 548
Grasset 391.
Gratia 595.
Grawitz 583.
Grigorjew 569.
1 Groci 509.
Guöorgnievsky 152.
Guillebeau 172.
Gurlt 188.
Gutzeit 33.
Haas 498.
Haase 75- 109. 445. 543.
Hager 451.
Handschuh 608.
Hart 79.
Hartenstein 167. 178.
Hartleb 113. 282.
Hartzell 451.
Digitized by LjOOQle
XV
Haubold 91.
Häbraud 683.
Hecker 61. 555. (e. a. Sach¬
register Heckersche Ver¬
fahren.)
Heicblinger 259.
Heinz 103.
Hell 426, 601.
Heng 330.
Henninger 462.
Herman 524.
Herxbeimer 103.
Heumann 392.
Himmelatoss 522.
Hinrichsen 174.
Hinz 450.
Hirschfeld 402.
Hobday 353. 354. 378, 607.
Hock 607.
Höflich 281
Höhne 263. 290.
Hoffmann (Stuttgart) 205.
352. 508.
Holstein 5
Hülsemann 45.
Hugendubel 246. 267. 290-
Hutcheon 78.
Jack 211.
Jackachath 87.
Jensen-ltzehoe 590.
Jensen-Kopenhagen 17.
Jess 115, 457.
Imminger 320.447.517.532.
Innis 68.
Joest 217.
Johne 55.
de Jong 536.
Jnnkers (Nachruf) 416.
Kabitz 229.
Kadelbach 111.
Kaiser (Osterburg) 73.
Kalteyer 350. 494.
Kanthack 620.
Karl 427.
Kattwinkel 670.
Katzke 449.
Kegel, Beil. 3 v. 10. März
Kempner 488.
KisBiith 245.
Kitt 77. 583.
Klaussner 320.
Klebba 214.
Kleine 32.
Klimmer 400.
Knaflitsch 67.
Knoll 281.
Koch, R. 7. 162. 198. 340.
Königshöfer >246.
Konbäuser 68. 475.
Koninski 606.
Koorevaar 365.
Kosmag 458.
Kraus 365. 528.
Kressin 416.
Krolikowski 44. 152.
Krueger 37. Beil. 6.7. April.
Knbaschewski 339.
Künnemann 534.
Ijaache 272.
Landau 19.
Langdon 271.
Langer 583.
Lanzilotti 392.
Lassartesse 114.
Lataneur 451.
Latschenberger 390.
Leichsrnring 138.
Lellmann 435.
Lemoine 103.
Lewin 271, 608.
Liönaux 353, 696.
Ligniöre« 439.
Löffler 174.
Loewit 402.
Loi 90.
Longhurst 138.
Lorenz 499. 537 (s. a
Sachregister. Rotlilauf.)
Lorenz 264.
Louvel-Dulongpr6 103.
Loweg 266 494.
Lübke 581.
Lyon 91.
Macadam 56.
Maffucci 391. 611,
Magnin 364.
Mahony 461.
Maier 459.
Malato 90.
Malfitano 56.
Malkraus 498.
Malzef 267.
Maragliano 536.
Marks 114.
Martens 145. 171. 186. 529.
Matthies 281.
Matthieeen 553.
Maurizio 57.
Mehrdorf, Beil, zu No. 2.
Meifort 25 181.
Meinicke 208.
Meitzer 198.
Merkt 377.
Mesnard 451.
Mesnil 595.
Messner 462.
Metzger 137.
Meyer 337.
Meyerstrasse 85 325.
Michaelis 319.
Moebius 361. 463.
Moeller 100. 211.
Möller (Bezirksth.) 462. j
Molinari 619.
Monroe 78.
Montanö 114.
Moris 259.
Morot 89.
Mors 5. i
Mosselmann 583.
Müller 570. |
Müller (Herneburg) 349. |
Münzer 448. i
Mulotte 307.
Munk 91. 489.
Neisser 283. 320.
Nencki 163.
Neubarth 4.
Nevermann 423.
Nibbert 69.
Niebel 547.
Nocard 80. 186. 220. 299.
307. 536.
Noce s. Deila
Normann 438.
Nosotti 623.
Novotny 101.
Nunn 364.
Nusb 259.
Nuttall 282.
Oberschulte 566.
v. Oefele 507.
01t 67. 270. 280. 437.
Ostertag 263. 488. 595.
Oyen 565.
Paigo 608.
Pease 341.
Perdoni 428.
Peschke 195.
Peter 505.
Peters 77.
Petersen 619.
Petrone 379.
Petruschky 450.
Pflanz 29. 196. 246. 445.
493. 520. 545.
Piana 476.
Piorkowski 524.
Poggi 68.
Poncet 92.
Poppert 237.
Porcherel 537.
Prayon 328.
Preisz 66. 175.
Preuase, Dr. 693.
Pütz-Schmidt 159.
Pusch 8.
Queyron 329.
Rabe 186. 188.
Kamm 273.
Ramsey 353.
Reed 68.
Reisinger 568.
Reissmann 109.
Rembold 582.
Reuther 392.
Reverdin 402.
Rexilius 829.
Reynders 187.
Ricci 820.
Rievel 264.
Ritzer 608.
Robin 152.
Röder 187. 511.
Römer 619.
Roger 329.
Ronneberger 440.
Rossi Pilo Rosolino 889.
Roy 569.
Ruzicka 487.
Sabatino de Benedictis
248.
Sabrazes 536.
Saenger 401.
Sainton 570.
Sanarelli 415.
Sanfelice 90.
Sauer 436.
Scarpinato 438.
Scharmer 565.
Schepilewsky 488.
Schiefferdecker 13.
Schiff 68. 102.
Schindelka 390.
Schindler 6.
Schleich s. Glutol, Infil¬
trationsanästhesie.
Schmaltz 70. 79. 103. 105.
133. 153 163. 193. 242.
254. 366. 37a 393. 421.
440. 525. 564.
Schmey 74.
Schmidt (Bezirksth.) 6, 151.
607.
Schmidt (Depart.-Tb.) 401.
Schmidt (Dr. Dresden) 499.
Schmidt, J. W. (Dresden)
219. 438.
Schmidt-Kolding 160 (s. a.
Sachregister b. Gebär¬
parese u. Kalbefieber).
Schmidt (Kr. Vet. Arzt) 616.
Schmidt Oppeln 44.
Schmidt-Pütz 159.
Schneider (Georg) 247.
Schölte 219.
Schow 320.
Schräder 362.
Schroeder (A.) 111.
Schütz 139. 197.
Schultz (Schlüchtern) 279.
433.
Schulz 392.
Schulze 608.
Scbwäbel 44.
Schwartz 379.
Schwarznecker 151. 447.
Schwendiraann 162, 607.
Scofone 32.
Scotchman 512.
Scott 113 199. 487.
Seeliger 114. 486.
Seibert 498.
Seiz 462.
Semraer 839.
Sicheneder 259.
Sieber 163.
Simader 31.
Simmonds 138.
Sirleo 391. 511.
Smith 31. 272. 47^
Smythe 583.
Sneguireff 19.
Sobernheira 392.
Stauding 20.
Steger 330.
Steinmeyer 508.
Steinriedel 548.
Stietenroth 436.
Stiles 479.
Storch 399.
Strahler 854.
Strebei 6. 150. 281, 606.
Strecker 461.
Stroese 467, 608.
Struwe 568. 578.
Stubbe 536.
Stutzer 113. 130. 282.
Suder 806. 618.
Sutherland 248.
Tartakowsky^281.
Teetz 75. 76. 122.
Tegetraeier 248.
Tempel 198. 209, 608.
Teurer 619.
Thomalla 330.
Tbomassen 223.
Thompson 509.
Thoms 567.
Toepper 36. 97. 301. 313.
Toscano 95.
Trapp 188.
Treutier 103.
Triboulet 31.
Triepel 92.
Truelsen 278.
Uhlenhuth 186.
Ulm 44, 211.
Unger 450
Unna 68. 321.
Vaifro-Bonaretti 414.
Vedel 569.
Vennerholm 91.
Villain 288.
Villaret 78.
Virchow (R.) 7.
Vogel 457.
Voges 139.
Vogt 257, 488.
Wachsmann 380.
Walter 354.
Washbonrn 31. 474.
Weckminsky 378.
Weidmann 438.
Wend 283.
Wessel 493. 532.
West 320.
Wicherkiewicz 416.
Wilkens 273.
Williams 419.
Willsdorf 273.
Wilson 56.
Winkler 340.
Winter 581. 596.
Wirz 380.
Wisnefsky 486.
Witt 493. 532.
Wittlinger 602.
Wohlgemuth 362.
Wolters 611.
Wulf 254.
Wulfsohn 461.
Wundt 62. 328.
Wyznikiewicz 163.
v. Zilah 258.
Zinke 839.
Zschokke 346.497.533. 545.
583. 693.
Zuntz 57.
Zwicker 265.
Berlin, Druck von W. Büxenstein
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Die „Berliner Thier&rstliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens 1 •/, Bogen. Dieselbe
ist sn beziehen durch den Bnchbsndel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verisgsbuchhsndlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse SC, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
M 1 . Ausgegeben am 6. Januar.
Inhalt: Dieckerhoff: Obergutachten über ein wegen Stätigkeit und fehlender Frömmigkeit bemängelte 8
Reitpferd. — Neubarth : Instrument zur Application pulverförmiger Arzneimittel auf die Schleim*
häute des R e s p i r a t i o n s t r a c t u s beim Pferde. — Referate: F röliner: Das Nähen der Wundon. — M’Fadycan :
Vergiftung von Pferden durch verdorbene Kartoffeln. — Dclmer: Strahlkrebs beim Kinde. — Mors und U a b e 1 e i n s: Ucber
mcdicamentö8e Resorption durch die Harnblase. — Holstein: Behandlung der chronischen Obstipation durch Crcosot. —
Schmidt: Zwei Behandlungsmethoden. — Schindler: Behandlung chronischer Nasenaustiiisse mit Jodkali. — Frühncr:
Behandlung der Mauke mit Chromsäure. — S t r e b c 1: Einfaches Retcntionsinittel für Mastdarmvorfälle. — V i r c h o w : Die
Rolle der Uefässe und des Parenchyms in der Entzündung. — Dlirck: Studien über die Aetiologie und Histologie der
Pneumonie im Kindesalter und der Pneumonie im Allgemeinen. — Credö: Silberwuudbehanüiung. — Kleine Mittheilungen.
— Thierhaltung und Thicrzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär-
wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizoi. — Fleischschau und Viehverkehr. — Bücheranzeige n und Kritiken.
— Personalien. — Vacanze».
Jahrgang 1898.
Berliner
Origlnalbeltrige werden mit SO Mk. ftlr den Bogen honorirt
▲Ile Manuacripte, Mittheilungen and redactionellen An¬
fragen beliebe man zu .enden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW, Luiien.tra.se 56.
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Obergutachten über ein wegen Stätigkeit und
fehlender Frömmigkeit bemängeltes Reitpferd.
von
Dr. Dieckerhoff.
In der Streitsache des Fabrikbesitzers D. za X. gegen die
Handelsgesellschaft H. zu Berlin ertheile ich das im Gerichts¬
beschluss vom 29. October d. J. angeordnete schriftliche Gut¬
achten nachstehend:
Beweisfragen:
1. Ob die Erfahrungen, die der Kläger in den ersten Tagen
nach dem Besitzwechsel mit dem Pferde machte, nicht
Stätigkeit oder Widersetzlichkeit ist L sondern nur Furcht
an einzelnen Orten und vor gewissen Gegenständen?
2. Ob auch ein Rassepferd durch einen einzigen Ritt unter
falscher Behandlung zur Stätigkeit kommen kann?
3. Ob der Ursprung der von den Zeugen des Klägers be¬
kundeten Fehler bereits bei der Uebergabe am 21. April
1896 vorhanden gewesen sein muss, und ob das streitige
Pferd mit den Fehlern, deren Ursprung schon zur Zeit
der Uebergabe vorhanden war, als „fromm“ zu be¬
zeichnen ist?
Thatbestand.
Die Beklagte hat an den Kläger am 21. April 1896 drei
Reitpferde verkauft, darunter das hier streitige Pferd, für welches
ein Preis von 2500 Mark vereinbart wnrde. Vom Kläger wird
das Pferd bemängelt, weil es nicht fromm im Gebrauche sei,
während der Beklagte behauptet, dass es bis znr Uebergabe die
Eigenschaften der Frömmigkeit gehabt habe.
Die vernommenen Zengen haben folgende Aussagen deponirt.
1. Kaufmann Siegmund K. (Bl. 25 d. A.). Ich war als
Sachverständiger bei dem Kaufe vom Kläger zugezogen und habe
das Pferd, sowohl in der Reitbahn, als auch vorübergehend im
Thiergarten nnter dem Oberamtmann D. nnd unter dem Kläger
gesehen. Bei diesen Gelegenheiten zeigte sich das Pferd gut
und fromm. Auf mein Anrathen liess sich der Kläger noch be¬
sonders die Frömmigkeit vom Beklagten garantiren.
2. Bereiter Br. (Bl. 27 d. A.). Das streitige Pferd war
einige Wochen im Stalle der Beklagten. Ich habe es häufig
geritten und dabei völlig fromm gefunden. Ich habe weder je
bemerkt, dass es stieg, noch dass es umkehrte, noch dass es
bodenscheu war. Ich habe es sowohl bei gutem, wie bei Regen¬
wetter im Freien geritten, auch auf Pflaster nnd Asphalt. Das
Pferd hat weder vor Dampfbahn, Eisenbahn noch Pferdebahn
gescheut. Auch hat dasselbe beim Reiten nicht hiaten aasge¬
schlagen. Aus diesen Gründen empfahl ich dem Kläger, welcher
sagte, dass er ein schwacher Reit-r sei, gerade dieses Pferd.
Der Kläger probirte das Pferd erst in der Reitbahn nnd dann im
Thiergarten, letzteres in meiner and in Begleitung eines Dritten,
welchen sich der Kläger mitgebracht hatte. Der Kläger ritt mit
uns zusammen, entfernte sich dann von uns zeitweise und probirte
das Pferd in allen Gangarten. Er erklärte sich durchaus zu¬
frieden und äusserte dieses auch gegenüber dem Mitbeklagten
M. H., welchen wir im Thiergarten trafen. Der Proberitt hat
etwa eine Stunde gedauert. An demselben Tage kaufte Kläger
das Pferd. Es wnrde ihm durch einen von unseren Knechten,
wenn ich nicht ine, schon am nächsten Tage zogeschickt. Wie
mir der Knecht später mittheilte, hat er sodann das Pferd vom
Bahnhof nach der Besitzung des Klägers, ganz ohne Gebiss und
nur mit der Halfter geritten. Ich bemerke noch, dass ich das
Pferd auf Feldwegen, auf nnebem m Terrain bei Halensee geritten
und dasselbe auch ruhig durch Pfützen geritten habe.
3. Knecht R (Blatt 28 V.). Ich habe das Pferd, als es der
Beklagte in Wien kaufte, dort in den Strassen und im Prater
probirt, habe es dann auch in Berlin im Thiergarten geritten nnd
endlich dem Kläger vorgeritten, als dieser es kaufte. Das Pferd
war durchaus ruhig, scheute nicht, schlug nicht aus, stieg nicht
und machte nicht Miene umznkehren, auch nicht bei Wege¬
krenzungen. Es war ein ungarisches Halbblutpferd. Als der
Kläger das Pferd im Thiergarten probirte, nahm ich es ihm auf
der Charlottenburger Chaussee ab, worauf der Kläger mir erklärte,
dass das Pferd durchaus fromm gegangen wäre.
4. Oberamtmann D., Brnder des Klägers, nnd deshalb ohne
Beeidigung (Bl. 43). Einige Tage nach dem Kaufe bin ich beim
Kläger gewesen, um das Pferd zu probiren. Hierbei bemerkte
ich, dass dasselbe zuweilen nie it durch Pfützen hindnrehging und
zuweilen darüber hinwegsprang. Etwa eine Woche später ritt ich
von Had. nach Schw. znm Kläger. Hierbei erklärte Letzterer,
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2
dass der streitige Fachs nicht zu reiten sei. Ich erbat mich, da
ich des Reitens durchaus kundig bin, das Pferd nach meinem
Wohnorte Had. zurückzureiten, um_es zu probiren Als der Kläger
eine Reise angetreten hatte, habe ich das Pferd satteln lassen,
um mit demselben von dannen zu reiten. Kaum hatte ich den
Fabrikhof verlassen, um rechts von der Strasse über einen mit
Bäumen bepflanzten Platz hinwegznreiten, zeigte sich das Pferd
in hohem Grade widerspenstig. Es wollte nicht nach der Seite
wenden, wohin ich es lenkte, sondern machte Kehrt und wandte
sich dann weg und drängte mich die Dorfstrasse hinauf. Auch
stieg das Pferd empor, stellte sich auf die Hinterbeine, wobei es
die Vorderbeine hin und her bewegte. Es war mir nicht möglich,
das Pferd mit dem Zügel oder mit Schenkeldruck zu lenken und
es dahin zu bringen, wohin ich es führen wollte. Erst als nach
etwa 20 Minuten der Gemeindediener kam und das Pferd am
Kopfe weiter führte, ging es. Ich konnte mit dem Pferde dann
ruhig bis Blek. reiten, wohin es ganz gut ging. In Blek. musste
ich einen hinter Gärten entlang führenden Weg passiren. Kaum
war ich auf diesem Wege, so machte das Pferd wiederum Kehrt,
drängte mich gegen die Bäume, wollte durch Pfützen nicht hin¬
durch gehen und stieg empor. Der Handelsmann Rossb. griff
das Pferd alsdann, nachdem ich mich ungefähr eine halbe Stunde
vergebens bemüht hatte, es zum Weitergehen zu bringen, an den
Kopf. Endlich gelang es Rossb. das Pferd weiter zu führen.
Ich ritt dann mit dem Pferde bis W'ester. Hier blieb dasselbe
wiederum stehen und zeigte sich so, wie vordem. Es hat etwa
10 Minuten gedauert, ehe ich das Pferd wieder in Gang bringen
konnte.
5. Kutscher N. (Bl. 58. d. A.). Ich habe das Pferd öfter
geritten und probirt. Es ist richtig, dass dasselbe bei der ge¬
ringsten Veranlassung, bei dem Vorhandensein eines Steines,
einer Pfütze oder wenn auch ein Vogel unvermuthet aufflog, nicht
nur umkehrte, sondern auch stieg, sowie dass es zweimal unter
mir und einmal unter meinem Herrn ohne jede sichtbare Ver¬
anlassung im Trabe weit hinter sich ausschlug. Es weigerte sich
auch, durch die kleinste Pfütze hinduich zu gehen und 6prang
entweder, oder drehte um und stieg dabei.
6. Kaufmann Hermann K. (Bl. 62 d. A.). Gelegentlich eines
Besuches sagte mir der Kläger, dass er von der Beklagten drei
Pferde gekauft habe und dass er dieselben, welche kürzlich an¬
gekommen seien, einmal zur Probe reiten wolle, da sie noch
nicht aus dem Stalle gekommen seien. Der Kläger und sein
Vater bestiegen ihre eigenen Pferde, während zwei der gekauften
Pferde von je eiuem Kutscher bestiegen wurden. Die vier Per¬
sonen ritten gemeinschaftlich von dem Gute weg über einen
Anger und mussten dann über einen kleinen Grabin oder eine
Anhöhe reiten. Drei Pferde gingen vollständig ruhig durch den
Graben, während der grosse Dunkelfuchs sich sträubte. Nach
einigem Zögern setzte er indessen mit einem grossen Satze über
den Graben hinweg. Hierauf bemerkte ich, dass das Pferd un¬
ruhig wurde und zur Seite sprang. Ich äusserte noch zur Mutter
des Klägeis, das schiene kein ruhiges, frommes Pferd zu sein.
Es schiene aufgeregt zu sein, da es einen mächtigen Satz über
den Graben gemacht habe.
7. Kutscher Br. (B). 89 d. A.). Ich habe das streitige Pferd
von dir Station Bl. mit den beiden anderen Pferden zusammen
abgeholt. In Bl. traf ich den Pfcrdebegleiter der Beklagten, der
die Pferde bis dahin gebracht hatte. Als die Pferde ausgeladen
waren, hatte ich den streitigen Dunkelfuchs und noch einen Gold¬
fuchs an die Hand genommen. Der Begleiter sagte auf meine
Frage, ob ich diese beiden Pferde gleich behalten sollte: Der
Dunkelfuchs ist etwas schüchtern, Du nimmst den anderen zur
Hand. Auch fragte mich der Begleiter: Haben wir denn gar i
No. 1.
keine Trense? worauf ich erwiderte, ich habe meine Trense zu
Hause gelassen. Ich kann über das Benehmen des streitigen
Pferdes auf dem Wege von Bl. nach X. nur bekunden, dass es
mir auffiel, dass das streitige Pferd ein paar Mal zur Seite bog
und zur Seite sprang. Ob daran Pfützen oder andere Gegen¬
stände Schuld waren, weiss ich nicht. Später habe ich aller¬
dings bemerkt, dass das Pferd, als es an eine gefüllte oder aus¬
getrocknete Pfütze kam; ich weiss das nicht mehr, um die Pfütze
herumging und dabei etwas seitwärts auf den Acker trat. Ich
weiss mich nicht zu erinnern, ob der Vorzeuge Hermann K. und
ich dabei waren, als das Pferd probirt ist. Am Tage nach der
Ankunft des Pferdes in X. wurde dasselbe vom Kutscher N. ge¬
ritten. Hierbei ritten auch der Oeconomierath D. und Ernst D.,
sowie ich selbst mit. Ob K. dabei gewesen, ist weiss ich nicht.
Bei diesem Ritt habe ich allerdings die Beobachtung gemacht,
dass das streitige Pferd vor jeder Pfütze scheute und in hohem
Bogen darüber hinwegsetzte.
8. Stallmann Schu. (Bl. 102 d. A.). Ich habe das streitige
Pferd bei dem Transporte von der Station Blu. nach X. nur ge¬
nommen, weil ich keine Trense hatte und dies Pferd das
ruhigste von den drei zu transportirenden Pferden war. Dem
erschienenen Kutscher des Klägers habe ich die beiden anderen
Pferde gegeben, weil dieser eine Trense mitgebracht hatte. Die
Darstellung des Zeugen Br., dass ich ihm das streitige Pferd,
welches er zunächst genommen hatte, abgenommen habe mit der
Erklärung, dasselbe sei etwas schüchtern, du nimmst den andern
zur Hand — ist nicht richtig Ich habe vielmehr das streitige Pferd
gleich von Anfang an zur Führung genommen. Dass ich etwas
angetrunken war, will ich zugebeu. Jedoch weiss ich ganz genau,
dass ich die obige Aeusserung zu dem Zeugen Br. nicht gemacht
habe. Ich habe ihm dagegen auch nicht gesagt, dass ich gerade
dies Pferd genommen habe, weil es das ruhigste sei. Das Pferd
hat auf dem Transporte von Blu. nach X. nicht gescheut. Dass
es bei einer Pfütze ausgebogen sei, habe ich nicht bemerkt.
Genau weiss ich, dass das Pferd bei einer Pfütze nicht zur Seite
gesprungen ist. Auf dem Wege, den wir geritten sind, befanden
sich viele Wasserpfützen. Der Weg war, soviel ich mich
erinnere, keine Chausee. Das streitige Pferd wurde von mir au
einem Halfter geritten; der Strick an dem Halfter war durch
das Maul gezogen. Das Pferd wurde vom Bahnhofe bis nach
X. Schritt geritten.
Gutachten.
Die Stätigkeit der Reitpferde bezeichnet begrifflich eine er¬
hebliche, durch Eigenwillen bedingte Widersetzlichkeit oder Un¬
folgsamkeit in dem üblichen Gebrauche. Dass das hier streitige
Pferd mit diesem Mangel behaftet sei, lässt sich aus dem Er¬
gebnisse der Beweisverhandlungen nicht darthun. Von einem
Sachverständigen, der die etwaigen, abnormen Eigenschaften des
Temperamentes einer genauen Prüfung und Feststellung hätte
unterziehen können, ist das Pferd nicht untersucht worden. Aus
den Angaben der Zeugen N., Hermann K. und Br. geht aber
nicht hervor, dass das Pferd sich eigenwillig gezeigt und sich
aus diesem Grunde bei dem Dienstgebräuche widersetzt hat. Die
Wahrnehmung, dass dasselbe beim Reiten vor einer Pfütze, oder
vor eiuem im Wege befindlichen Steine, oder bei dem Auffliegen
eines Vogels nicht ruhig weiterging, auch nicht durch Pfützen
ging, sondern über dieselben hinwegsprang, spricht nur für das
Vori. andensein einer Scheu vor den genannten Gegenständen.
Das Ausschlagen mit den Hinterfüssen im Trabe kann
durch eine ungeeignete Behandlung des Pferdes veranlasst ge¬
wesen sein.
Inwieweit die Bethätigung der Scheu durch die Führung des
Pferdes verursacht gewesen ist, lässt sich in Ermangelung reine
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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6. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
3
sachkundigen, thierärztlichen Untersuchung desselben nicht mit
objectiver Sicherheit begutachten. Auch die Bekundung des
nicht beeidigten Zeugen D. (Bl. 58 flgde) kann diesen Mangel
der Beweisaufnahme nicht ersetzen. Denn bei der Untersuchung
eines Reitpferdes wegen Stätigkeit kommt es nicht allein darauf
an, dass dasselbe von einem kundigen Reiter bestiegen und ge¬
ritten wird, sondern zugleich auf die ganze Behandlung des
Pferdes durch den Reiter, insbesondere auf die Aufzäumung und
die Führung, sowie auf die Anwendung der üblichen Antreibungs¬
mittel.
Zur Widersetzlichkeit kann ein temperamentvolles Reitpferd
schon gelegentlich eines Rittes von einem Reiter veranlasst werden,
und wenn sich die ungeeignete Behandlung eines solchen Pferdes
wiederholt, so kann bei demselben die Stätigkeit, d. h. eine er¬
hebliche Widersetzlichkeit oder Unfolgsamkeit im gewöhnlichen
Dienstgebräuche zur Ausbildung kommen. Dass aber auch schon
durch einen einzigen Ritt unter falscher Behandlung bei einem
zugerittenen edlen Reitpferde (Rassepferde) die Stätigkeit sich
vollständig entwickeln könne, lässt sich nach der Erfahrung nicht
annehmen. Wenn ein sonst brauchbares, edles Reitpferd bei einer
einmaligen falschen Behandlung unter dem Reiter sich unfolgsam
oder widersetzlich zeigt, so kann der Regel nach hierauf ein
guter Reiter bei ruhiger Behandlung das Pferd wieder besteigen
und reiten, ohne dass dasselbe sich widersetzlich benimmt.
Wenn das von dem Zeugen N., Hermann K. und Br. beob¬
achtete Verhalten des streitigen Pferdes unter dem Reiter nicht
auf einer ungeeigneten Führung, sondern auf einer erheblichen,
habituellen Scheu beruht hat, so muss das Pferd auch jetzt noch
eine derartige Furcht vor Pfützen, Gräben und Steinen bei dem
Gebrauche änssern. Denn die habituelle Scheu vor den genannten
Gegenständen verliert sich der Regel nach bei Pferden nicht
vollständig. Ohne eine umfassende Untersuchung des Pferdes
bin ich aber nicht in der Lage, ein bestimmtes Gutachten über
die Frage zu ertheilen, ob das Pferd zur Zeit der Uebergabe an
der habituellen Scheu gelitten hat oder nicht.
Hierzu kommt, dass die Beobachtungen der Klagezeugen mit
den Wahrnehmungen der vom Beklagten gestellten Zeugen in
direk temWiderspruche stehen. Die Zeugen Siegmund K, Br. und
Schn, haben eidlich deponirt, dass das Pferd am Tage des Kaufes
gut und fromm beim Gebrauche auch auf Feldwegen und durch
Pfützen ruhig und ohne Widerstreben gegangen ist. Der Zeuge
Rad. hat das Pferd vor der Uebergabe in Wien geritten, aber
hierbei keine Widersetzlichkeit an demselben bemerkt. In Berlin
wurde das Pferd am Tage des Kaufes vom Kläger selbst in der
Reitbahn und im Thiergarten etwa eine Stunde lang probirt, und
der Kläger hat hiernach einen Mangel an Frömmigkeit des
Pferdes nicht gerügt.
Schliesslich bemerke ich noch, dass ein Reitpferd (Rasse¬
pferd), bei welchem das von dem Zeugeii N. beobachtete Be¬
nehmen unter dem Reiter während des Gebrauches auf Feld wegen
oder anderen Wegen der Ausdruck eines habituellen Mangels ist,
sich nach den allgemeinen Ansichten der Pferdebesitzer und nach
den Gepflogenheiten des Handelsverkehrs nicht als „fromm“ be¬
zeichnen lässt. Gegenüber den Bekundungen der Klagezeugen
und in Ermangelung einer sachverständigen, thierärztlichen Unter¬
suchung Ist aber die Schlussfolgerung nicht zu begründen, dass
das Pferd schon zur Zeit der Uebergabe die gewöhnliche
Frömmigkeit nicht gehabt hat.
Ich resümire mich dahin:
Aus dem Inhalte der Acten geht nicht hervor, dass der von
den Zeugen des Klägers bekundete Fehler bei dem streitigen
Pferde bereits zur Zeit der Uebergabe am 21. April vorhanden
gewesen ist.
Die Richtigkeit dieses Gutachten versichere ich auf den von
mir im Allgemeinen geleisteten Eid als gerichtlicher Sach¬
verständiger.
Berlin, den 12. December 1896.
Dr. Dieckerhoff.
Nachtrags-Gutachten.
Nachdem das von mir in Sachen D. contra H. unterm 12. De¬
cember 1896 abgegebene schriftliche Gutachten zu den Acten ge¬
nommen war, ist der Kreisthierarzt Si. darüber vernommen
worden, ob der streitige Fuchswallach an habitueller Scheu leide.
Derselbe hat das Bl. 146—148 d. A. befindliche Gutachten er¬
stattet, aus welchem Folgendes hervorgeht. Das Pferd wurde
von Si. am 10., 22. und 25. März 1897 eingehend untersucht. Es
liess sich an verschiedene ungewöhnliche Gegenstände (Dresch¬
maschine, Lowrys etc.) heranführen, ohne eine Scheu zu bekunden.
Sobald es aber an eine mit Wasser angefüllte Gosse oder eine
auf dem Wege befindliche Wasserpfütze gelangte, sträubte es
sich, dieselbe zu überschreiten. Wurde es von hinten angelrieben,
so sprang es über die Gosse oder Wasserpfütze hinweg. Aehnlich
henahm es sich unter dem Reiter, wenn es eine breite Wasser¬
rinne oder Wasserpfütze passiren sollte. War letztere nicht be¬
quem zu überschreiten, so schreckte das Pferd zurück, drehte
um, bäumte sich und war nur durch besondere Anregung des
Reiters zum Ueberspringen derselben zu bringen. War die
Wasserpfütze breit, so war das Pferd nur mit grösster An¬
strengung um dieselbe herumzubringen. Es sprang in langem
Satze nach vorn.
Si. liess das Pferd von 3 verschiedenen und geübten Reitern
probiren. In der Bahn ging es tadellos und folgte willig den
Hülfen. Im Freien zeigte es aber das angegebene Verhalten.
An den Augen des Pferdes konnte Si. keine Krankheits¬
zustände nachweisen.
Aus den vorstehend resümirten Feststellungen des Sachver¬
ständigen Sl. muss angenommen werden, dass das streitige Pferd
mit der habituellen Scheu (Bodenscbeu) gegenüber den auf dem
Wege befindlichen Wassertümpeln, Wassergräben und Gossen
behaftet ist. Da nun der Zeuge Br. eidlich bekundet hat, dass
er schon am 1. und 2. Tnge nach der Uebergabe diese Scheu bei
dem Pferde beobachtete, und da auch die Zeugen Ne. und Her¬
mann K. bei dem Gebrauche des Pferdes dieselbe Furcht vor
Wasserpfützen gesehen haben, so ist nach der wissenschaftlichen
Erfahrung zu schliessen, dass das Pferd mit diesem Mangel
schon behaftet war, als es am 21. April 1896 in den Besitz des
Klägers gelangte.
Nachdem durch das Gutachten des Kreisthierarztes Si. dar-
gethan ist, dass das streitige Pferd an einer für den Gebrauch
desselben im Reitdienst erheblichen und inveterirten Scheu leidet,
können die Bekundungen der Zeugen, nach welchen das Pferd
am Tage des Kaufes und auch vorher keine Scheu gegen Wasser¬
pfützen beim Reiten gezeigt hat, die positiven Angaben der Zeugen
Br., Ne. und Hermann K. über das Bestehen der Scheu bei dem
streitigen Pferde nicht entkräften.
An dieser Sachlage würde sich auch nichts ändern, wenn die
Vernehmung der von der Beklagten vorgeschlagenen Zeugen,
Bereiter Scliw. und Wag. heraussteilen sollte, dass das Plerd in
Wien vor dem Verkaufe beim Reiten stets fromm und ruhig ge¬
gangen ist und niemals den geringsten Anflug von Stätigkeit ge¬
zeigt hat. Denn auch eine solche eidliche Anssage würde die
Thatsacbe nicht beseitigen können, dass das Pferd gleich nach
der Abholung von der Station Blu., sowie am folgenden Tage
und auch später nicht durch die auf dem Wege befindlichen
Wasserpfützeu und Wassergräben hat gehen wollen. Diese mit
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4
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
dem Verhalten eines frommen Reitpferdes im Dienstgebräuche
nicht zu vereinbarende Scheu beruht auf einer besonderen Artung
des Temperaments und findet erfahrungsgemäss bei Pferden nicht
in einem oder in einigen Tagen ihre Ausbildung. Es muss des¬
halb nach dem Ergebnisse der Beweisaufnahme die Entstehung
des Mangels bis vor die Zeit der Uebergabe zurückgefiihrt
werden.
Anderseits geht aus dem Befundberichte in dem Gutachten
des Kreisthierarztes Si. aber nicht hervor, dass das streitige
Pferd an der Stätigkeit leidet. Dasselbe ist auch, abgesehen von
der Bodenscheu gegen Wasserpfützen u. b. w., nicht mit einer
anderen Scheu behaftet. Denn der Sachverständige bemerkt aus¬
drücklich, dass das Pferd an viele ungewöhnliche Gegenstände
ohne Widerstreben herangegangen sei.
Hiernach ertheile ich das geforderte Nachtrags-Gutachten
dahin :
Bei gegenwärtiger Lage der Beweisaufnahme ist anzunehmen,
dass das streitige Pferd schon zur Zeit der Uebergabe das bei
frommen Reitpferden vorausgesetzte ruhige Temperament nicht
gehabt hat, sondern mit der habituellen Scheu (Bodenscheu)
gegen Wasserpfützen, Wassertümpel, Gossen und Gräben be¬
haftet gewesen ist.
Berlin, den 17. Juni 1897.
Dr. Dieckerhoff.
Instrument zur Application pulverförmiger Arznei¬
mittel auf die Schleimhäute des Respirationstractus
beim Pferde.
Von
Neubarth-ZUllichau,
Kreialhlerarit
In^der Zeitschrift für Veterinärkunde B. VI. S. 193 beschreibt
Prof. Hoffmann eine Methode zum Bestäuben der Nasenschleim¬
haut mit Arzneimitteln vermittelst eines. von ihm construirten
Apparates. Ich habe diese Behandlungsweise bei Erkrankungen
der Respirationsschleimhaut, besonders des Pharynx und des
Larynx, häufig angowendet und damit gleichfalls sehr zufrieden¬
stellende Resultate erzielt.
Das von mir benutzte Instrument besteht jedoch aus Metall,
ist stark vernickelt und deshalb leicht zu reinigen und zu des-
inficiren. An ein Gefäss, welches dem Zwecke des Zerstäubens
dient, ist ein 35 cm langes und 5 mm starkes, mit einer oliven¬
förmigen Anschwellung endendes Rohr geschraubt; 5 cm von
dem Gefässe entfernt ist an dem Rohre ein Fingerring schief
angelöthet Die Luft wird dem Instrument durch einen Gummi¬
schlauch von einem Gummigebläse, in welches zwei Rückschlag¬
ventile eingefugt sind, zugeführt.
Die Anwendung ist einfach und kaun von jedem Laien aus¬
geführt werden. Ein Gehilfe hält das Pferd an Halfter und linkem
Ohr fest Rechts neben dem Pfeidekopf stehend legt man die
linke Hand über den Nasenrücken, hebt mit dem Daumen
der linken Hand den rechten Nasenflügel hoch und schiebt
mit der rechten Hand das Instrament, die olivenförmige
Rohröffnung nach unten haltend, am Boden des rechten unteren
Nasenganges entlang, bis der am Rohr befindliche Fingerring
den linken Daumen aufgenommen hat. Auf diese Weise am
Kopfe fixirt, lässt man das Instrument durch Druck mit der
rechten Hand auf den Gummiballon während der Inspirationsacte
functioniren.
Die Thiere lassen sich diese Art der Application gut gefallen.
Als Medicament habe ich bisher Dermatol mit einigen Procent
Jodoform als Zusatz benutzt.
Das Instrument wird nach meinen Angaben von der Firma
H. Hauptner, Berlin NW., zum Preise von 9,75 M. gefertigt.
Referate.
Das Nähen der Wanden.
Von Professor F r ö h n e r.
Es könnte merkwürdig erscheinen, namentlich dem Menschen¬
arzt, dass diese Frage überhaupt aufgeworfen wird, und doch ist
sie für die Veterinärpraxis berechtigt, denn in ihr bewährt
sich das nicht immer, was in der Theorie richtig
scheint Zur Illustration dieses Satzes theilt Fröhner folgenden
Fall mit.
Am 16. März wurde ein achtjähriger Wallach mit einer
grossen Wunde zugeführt, welche 58 cm lang war, in der Gegend
der Kniescheibe am rechten Hinterschenkel begann, sich parallel
dem Oberschenkelbein nach oben zog und, in der Nähe des Hüft¬
gelenks einen Bogen beschreibend, bis zum äusseren Darmbein¬
winkel reichte. Von da ging ein Seitenriss spitzwinklig ab, einen
Hautlappen bildend. Die Wunde war 20 cm tief. Biceps und
Glutaeen waren freigelegt und vielfach zerrissen. Die Wunde
war relativ frisch, und es wurde beschlossen, sie zu nähen. Alle
Vorbereitungen wurden sorgfältig getroffen: eine Viertelstunde
hindurch mit Creolin- und Sublimatwasser irrigirt, die Wunde
mit sterilisirter Seide vernäht, die Wunde drainirt und der untere
Winkel offen gelassen. Schliesslich wurde die ganze genähte
Partie mit Jodoformäther übergossen und das Pferd hoch ge¬
bunden. Drei Tage lang ging Alles gut. Es bestand keine merk¬
bare Schwellung. Die Nähte hatten alle gehalten, der Secret-
abflus8 war normal und die Temperatur stand auf 38,9. Am
20. März stieg sie plötzlich um ein Grad. Die Futteraufnahme
hörte auf und an einer Stelle der Naht zeigte sich beginnende
Necrose. Es wurden darauf alle Nähte entfernt, die Wunde in
ganzer Ausdehnung wieder geöffnet und antiseptisch irrigirt.
Das Pferd erhielt subcutane Injectionen von Camphorspiritus,
starb jedoch schon in der folgenden Nacht an Septicämie.
Obductionsbefund: Die Wundränder mit abgestorbenen
Muskel- und Hautbestandtheilen bedeckt Die Muskulatur der
Hinterbacken in grosser Ausdehnung mit Blut getränkt und mit
Fäulnissgasen durchsetzt Grössere Stücke der Muskulatur zunder¬
artig zerfallen. Bauchfell grauroth, glatt. Eingeweide normal.
Magen- und Darmschleimhaut stellenweis verdickt, getrübt.
Peyer’sche Haufen vergrössert. Milz vergrössert. Leber des¬
gleichen. Nierenrinde getrübt Lungen lufthaltig; in den Bron¬
chien feinblasiger Schaum. Herzfleiech trübe und brüchig.
Die umfangreiche Necrose an der Wunde, welche
die tötliche Septicämie bedingte, wäre voraussichtlich
nicht eingetreten, wenn die Wunde offen behandelt
worden wäre. Anscheinend lassen sich so umfangreiche und
tiefe Wunden, auch wenn sie noch nicht über 12 Stunden
alt sind, nicht mit Sicherheit desinficiren. Wird nun die Haut
darüber so vernäht, dass ein Luftzutritt nach der Wundtiefe un-
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6. Januar 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
möglich wird, so können zwar nene Infectionsstoffe nicht ein-
dringen, die bereits eingetretenen jedoch and darunter die
anaeroben Necrosebacillen und Oedembacillen können sich ganz
angestört entwickeln. Obwohl bei zahlreichen Fällen von grossen
Wunden in der Klinik selbstredend sehr gute Erfolge erzielt
worden sind, auch Heilung per primam, so wird doch seit
diesem Vorfall das Nähen grosser, nicht ganz frischer
Wunden unterlassen, und dieselben werden ganz offen
behandelt. Die Heilung nimmt eine längere Zeit in Anspruch»
aber die Gefahr ist eine viel geringere. Auch bei Samenstrang¬
fisteloperationen hat F. eine ähnliche Erfahrung gemacht. (Mtsh.
f. Th. Bd. VHI H. 11).
Yergiftnng von Pferden durch verdorbene Kartoffeln.
Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College.
(Journal of comp. Pathol. and Tberap. 1897, Bd. X, H. 1.)
Einem Besitzer gingen in kurzer Zeit 11 Pferde unter eigen-
thümlichen Krankheitserscheinungen ein. Die Pferde waren in
zwei dreiviertel englische Meilen von einander entfernten Ställen
aufgestellt. Ein Stall enthielt 6 Pferde, welche sämmlich starben.
Im anderen standen 9 Stück, von denen 5 fielen. Ein Clydes-
dalehengst im Alter von 8 Jahren erkrankte zuerst, indem der¬
selbe während des Pfliigens plötzlich eine Art Ohnmachtsanfall
bekam und niederstürzte. Das Pferd wurde nach einiger Zeit
wieder auf die Beine gebracht und sollte nach Hause geführt
werden. Auf dem Heimwege fiel es zum zweiten Mal nieder,
erholte sich indess noch einmal. Vor dem Thor wiederholte sich
der Anfall zum dritten Male, wobei das Pferd verendete. Vom
ersten Krankheitszeichen bis zum Tode waren drei Stunden ver¬
gangen. Bei den übrigen Pferden zeigte sich als erstes Krank¬
heitssymptom Schwäche besonders in den Gliedmassen. Die
Patienten legten sich bald oder fielen nieder und konnten nicht
wieder in die Höhe. Während des Liegens versuchten einige
von ihnen ein wenig Futter zu fressen und hatten anscheinend
keine erheblichen Schmerzen. Gegen das Ende bekundeten die¬
selben Schlingbeschwerden und in der Brust war ein „Schwirren“
wahrzunehmen. Bei der Obduction der Pferde war weiter nichts
als ein leichter Entzündungszustand des Dickdarmes zu finden.
Das Futter sämmtlicher Pferde bestand in gedämpften Kar¬
toffeln, gebrühter Gerste, alten englischen Bohnen und alter
Weizenspreu. Die Qualität der Gerste, Bohnen und Spreu liess
nichts zu wünschen übrig; die Kartoffeln hingegen waren alt, viele
verschimmelt, andere stark faulig. Dieselben hatten lange Zeit
in Säcken gestanden, Keimbildung war nnr in geringem Grade
vorhanden. Einige Pferde hatten diese Kartoffeln 10 bis 12,
andere nur 3 bis 4 Tage erhalten.
Nach diesen Feststellungen machten sich die Kartoffeln als
Ursache der Krankheitsfälle sehr verdächtig, insbesondere da
eine chemische Untersuchung des Mageninhaltes der Pferde durch
den Chemiker des Royal Veterinary College Mr. Bayne ergeben
hatte, dass mineralische Gifte in demselben nicht vorhanden
waren.
Es warde nunmehr mit diesen Kartoffeln ein zu experimen¬
tellen Zwecken gekauftes Wagenpferd gefüttert. Dasselbe ver¬
zehrte nach längerem Sträuben innerhalb 9 Tagen fast zwei
englische Scheffel (busheis). Ausserdem wurde dem Pferde Heu
und etwas Kleie mit den Kartoffeln gemengt verabreicht. Bis
zum achten Tage befand sich das Pferd ganz wohl. Am nennten
Tage konnte es nicht mehr aufstehen und fiel, mit Unterstützung
auf die Beine gebracht, wieder um. 36 Stunden später war es
todt. Bei der Section wurde festgestellt, dass der Dünndarm fleck¬
weise, der Griramdarm auf seiner ganzen Oberfläche entzündet
war. In der linken Lunge befand sich ein begrenzter Entzündungs¬
herd, im übrigen zeigten die Organe keine krankhaften Ab¬
weichungen.
Auf dem Landgut, welches die Verluste an Pferden erlitten
hatte, wurde ebenfalls ein Versuch an einem innerlich gesunden,
wegen verbrauchter Gliedmassen dienstuntauglichen Arbeitspferd
ausgeführt. Dasselbe starb, nachdem ihm die Kartoffeln 10 Tage
lang gegeben worden waren. Bei der Section fand sich nur eine
kirschrothe Färbung des Dickdarmes.
F. vergleicht die durch verdorbene Kartoffeln verursachten
Krankheitsfälle mit den Fleischvergiftungen. Wie bei diesen sei
das Gift wahrscheinlich eine organische Substanz, die durch die
Vegetation von Bacterien oder Schimmelpilzen auf den verdorbenen
Kartoffeln erzeugt worden sei.
Strahlkrebs beim Rinde.
Von Delmer.
(Racuell, 15 Augiiat 97.)
Der Strahlkrebs ist beim Rinde eine seltene Erscheinung.
D. hat einen solchen Fall zu sehen Gelegenheit gehabt und
schildert ihn wie folgt.
Das Thier lahmte stark und konnte nur schwer auftreten.
Das parietale Horn war rauh und transversal durch parallele
Rinnen unterbrochen. Die in den Eckstreben sehr verdünnte
Sohle war in der Mitte der Sohlenregion ganz verschwunden.
Sie war ersetzt durch eine weiss-gelbe, käsige Substanz, die
einige Millimeter dick war und sich leicht abheben liess. Unter
dieser Substanz waren die Gewebe weich, violett verfärbt und
bluteten leicht. Die Wand war zu zwei Dritteln abgetrennt.
Die Behandlung bestand in Entfernung der abgetrennten
Horntheile und Auftragung einer Mischung von Jodoform, Acid.
tannic. und Acid. boric. Nach einigen Tagen soll der kranke
Fu8s sich schon mit einer normalen Hornschale bedeckt gezeigt
haben.
Ueber medicamentöse Resorption durch die Harnblase.
Von Mors und Gabeleins.
(In Abeille mödicale, 1*97, No. 35. Referat des Journal de Lyon.)
Aus den Versuchen dieser Autoren ist zu schliessen, dass die
gesunde Harnblase in variablen Proportionen zu resorbiren fähig
ist. Für Traubenzuckerlösungen war die Resorption des Zuckers
um so grösser, als die Lösung concentrirter war und die in die
Blase eingeführte Menge grösser war. Einprocentige Kochsalz¬
lösungen wurden nicht resorbirt, bei 10-procentigen Lösungen
wurde die Hälfte des Salzes resorbirt, dagegen wurde die
Flüssigkeitsmenge grösser. Beim Harnstoff war das Verhältnis
dasselbe. Bei Alcohol war die Resorption sehr beträchtlich und
verbunden mit Wasserausscheidung durch die Blase. Chlorsaures
Kali zu 5 pCt. resorbirte sich im Verhältnis von '/ s bis Vs!
Borsäure zu 1 bis 2 Fünftel; Carbolsäure zu 1 pCt. verlor durch
Resorption 70 bis 77 pCt. der Gewichtsmenge. Cocai'nlösungen
zu 1 pCt. verloren durch Resorption 22 bis 29 pCt. der Gewichts¬
menge, Morphium fast nichts, eine Chininlösung 33 bi 36 pCt.
In praktischer Beziehung dürften diese Zahlen zeigen, dass die
vesicale Anwendung von Carbol nnd Cocain Vorsicht verlangt.
Behandlung der chronischen Obstipation durch Creosot.
Von H o 1 s t e i n-Paris.
(Semaine mädicale, 1. Sept 97 )
H. giebt an, dass Buchencreosot, einige Tropfen nach der
Mahlzeit in einem Glas Wasser, beim Menschen allmählich ganz
bemerkenswerthe Wirkungen gegenüber der chronischen Ver¬
stopfung bewirke. Es wird empfohlen, gradatim von ein bis acht
Tropfen zu gehen. Die Wirkung wird den antiseptischen Eigen¬
schaften des-Mittel? geschrieben, welche die Bildung von die
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
Dai rarausculatur paralysirenden Toxinen bei habitueller Verstopfung
verhindere.
Die Anwendung in der Hnndepraxis dürfte versucht werden.
Zwei Behandlungsmethoden.
Von Bezirksthierarzt Schmidt.
(Woctaemebr. f. Thlerhellkd. und Viehiucbt. 1807, 31.)
Behandlung der Beugesehnenentzündung.
S. zieht bei Entzündung der Beugesehnen eine energische Eis¬
behandlung allen anderen Mitteln vor. Der Fuss kommt in einen
Sack von der Form eines Hosenbeins, der vom Fessel bis über
das Vorderknie reicht. Der Sack wird mit Eis gefüllt, welches
beständig, auch während der Nacht, erneuert wird. In einigen
Fällen genügten 8 bis 10 Tage zur Bekämpfung der Entzündung.
Danach treten feuchtwarme Wickelungen, Frottiren und Massage
in ihr Recht. Beim Wiedergebrauch der Pferde werden für
einige Wochen die von Pfitzmann Nachfolger in Leipzig zu
beziehenden Gummistrümpfe in Anwendung gebracht.
Zur Behandlung von Hämoglobinurie.
S. hat nach den Angaben Dieckerhoffs in 5 Fällen von
Windrehe die Verabreichung von 4 stündlichen 100 g-Dosen von
Natr. bicarb. versucht. Drei Pferde zeigten schon nach 24 Stunden
bedeutende Besserung und nach drei Tagen Gebrauchsfähigkeit.
Ein Pferd wurde wegen bedeutender Verletzungen geschlachtet,
ein anderes, bei dem ebenfalls völlige Lähmung bestand, konnte
am zweiten Tage mit Unterstützung stehen und am fünften Tage
war das Stehvermögen hergestellt. Schmidt schliesst sich daher
den von Dieckerhoff B. T. W. 1895 No. 1 und 1896 No. 4
ausgesprochenen Ansichten an.
Behandlnng chronischer Nasenausflüsse mit Jodkali.
Von Ober-Thierarzt Schindler.
(Thierlritl. Contralbl. No. 15.)
Die obengenannte Behandlungsform ist schon vor mehreren
Jahren anderweitig empfohlen, von Schindler jedoch, und zwar
mit gutem Erfolge, in ausgedehntem Masse angewandt worden.
Im Allgemeinen pflegte man bisher acute und chronische Nasen-
catarrhe mit Inhalationen, Einspritzungen von Adstringentien,
Trepanationen u. s. w. zu behandeln. Das macht die Pferde
übrigens sehr kopfscheu und die Behandlung schliesslich
schwierig. Die innerliche Anwendung von Jodkalium ist dagegen
sehr bequem.
Die Beobachtung kann man ja häufig macheu, dass Pferde
gewissermassen ohne jede Ursache kürzere oder längere Zeit an
ein- oder beiderseitigem Nasenausfluss laboriren ohne Drüsen¬
schwellung. Umgekehrt findet man häufig wieder Knoten in den
Kehlgangsdrüsen ohne jeglichen Ausfluss, wie das übrigens auch
beim Rotz mehrfach constatirt ist. Trifft zufällig ein kleiner
einseitiger Drüsenknoten mit entsprechendem Nasenausfluss
zusammen, so ist der Fall immerhin bedenklich, trotzdem wird
bei solchen Pferden selten wirklich Rotz constatirt. Grade in
diesen Fällen leistet die Jodkalibehandlung Dienste, indem solche
Fälle zur Heilung gebracht werden, während andrerseits das
Pferd schliesslich wegen Rotzverdachts getödtet werden würde.
So erkrankten während einer Zeit, wo thatsächlich mehrere
Rotzfälle in der Escadron vorkamen, zwei werthvolle Officiers-
pferde an kleiner Drüsenanschwellung mit Nasenausfluss. Die
Thiere wurden nur separirt und mit Jodkali behandelt. Sie
waren in zwei bis drei Wochen völlig geheilt. Die Anwendung
geschieht in der Weise, dass Jodkali, in reinem Wasser gelöst,
als Getränk verabreicht wird, woran sich die Pferde sehr bald
gewöhnen; dem ersten Widerstreben begegnet man durch Dursten¬
lassen. Die Dosis ist 5—6 g Jodkali pro die, auf einmal in
Wasser zu geben, was 6—8 Tage fortgesetzt wird.
In den meisten Fällen genügt diese Behandlungsdauer. Er¬
scheint der Erfolg ungenügend, so wird nach 2—3tägiger Pause
eine zweite Behandlungsperiode eingeleitet. Nur höchst selten
brauchte S. eine dritte Wiederholung. Bei gleichzeitigem Vor¬
handensein von Drüsenanschwellung werden auch örtlich Ein¬
reibungen mit Jod, Jodkalisalbe oder bei harten Drüsenknoten
Einspritzungen von Jodtinctur angewendet, wobei in der Regel
Zertheilung oder Abscessbildung eintritt. — Wenn auch aus dem
Versuche nicht hervorgeht, dass das Jodkali eine specifische
Wirkung auf Krankheitsprocesse der Nasennebenhöhlen und
drüsigen Organe hat, so ermuntern doch die Erfahrungen
Schindlers zur versuchsweisen Anwendung dieses Mittels bei
dem betreffenden Krankheitszustande.
Behandlung der Hanke mit Chromsäure.
Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. (Bd. VIII, H. 11):
Gewisse Formen der ekzematösen und verrukösen Mauke wider¬
stehen bekanntlich hartnäckig jeder Behandlung. In zwei Fällen,
welche der Anwendung fast des ganzen Arzneischatzes getrotzt
hatten, vermochte nur die Chromsäure eine entschiedene und
rasche Besserung herbeizuführen. Ein Pferd hatte schon seit
zwei Jahren Mauke an beiden Vorderfiissen gehabt, hatte sich
während dieser Zeit vorübergehend gebessert, auch scheinbar
geheilt gezeigt, jedoch immer von neuem Rückfälle erlitten,
welche schliesslich sehr schlimm wurden. Nachdem das Pferd
vom 31. März bis 28. Mai mit Creolin, Tannoform, Picrinsäure,
Schwefelsäure und Jodtinctur behandelt worden war, wurde
am 9. Mai eine lOproc. wässrige Chromsäurelösung aufgepinselt
und dies am 11. Mai wiederholt. Es trat sofort wesentliche
Verminderung der Secretion auf. Sobald mit der Chromsäure-
bepinselung ausgesetzt und wieder Tannoform angewendet wurde,
wurde die Secretion wieder stärker. Es wurden nun täglich
Chromsäurebepinselungen angewandt. Bei einem fünftägigen
Aussetzen ohne Anwendung andrer Mittel hielt die Besserung
an. Das Pferd konnte am 2. Juni geheilt entlassen werden. —
! Ein anderes Pferd litt seit vier Wochen an Mauke. Es wurde
vom 1. April bis 15. Mai mit Creolinbädem, Chlorzinklösung,
Pikrinsäurelösung, Höllensteinlösung und Cocainzinksalbe ohne
Erfolg behandelt. Vom 16. bis 21. Mai wurde die oben an¬
gegebene Chromsäurelösung aufgepinselt, und es trat sofort er¬
hebliche Besserung auf. Dann wurde zehn Tage lang nicht«
angewendet: die Besserung hielt an. Darauf wurde zehn Tage
Zinkpulver eingepudert (Zincum oxydatuin und Talcum 1 :2),
wobei die Heilung fortschritt. Das Pferd konnte am 10. Juni
geheilt entlassen werden.
Einfaches Retentionsmittel für Mastdarmvorfälle.
Von Strebei - Freiburg.
(Schw. Arch. Bd SO, 4.)
Der unangenehme Zustand des Mastdarmvorfalls kommt am
häufigsten bei Schweinen, alten und jungen, viel seltener beim
Hund und beim Pferde vor. Bei Ferkeln und Hunden schliesst er
meistens an einen längere Zeit vorhandenen Durchfall an; beim
Rind folgt er bisweilen einer hochgradigen Aufblähung, heftigen
Geburtswehen, sowie dem Scheidenvorfall. Auch bei Mutter¬
schweinen combinirt sich Mastdarmvorfall manchmal mit Scheiden¬
vorfall. Frisch entstandene Vorfälle entschwinden bei Entfernung
der Ursache fast ausnahmslos von selbst. Haben sie aber in
hohem Grade länger bestanden und ist das vorgelagerte Darm¬
stück stark entzündet und geschwollen, so ist die Reposition oft
sehr schwierig, bisweilen unmöglich. Das Repositionsverfahren
macht S. nicht zum Gegenstand der Besprechung; er giebt viel¬
mehr ein Mittel zur Verhinderung der Wiederholung an. Für
das beste Zurückhaltungsmittel erklärt er die um den Afterrand
angebrachte Kreisnaht, welche er seit 30 Jahren mit ausnahms-
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6. Januar 1898.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
7
losem Erfolg anwendet. Ein genügend langer, stark gewichster
Bindfaden oder ein geschmeidiges langes Bändchen und eine ent¬
sprechend grosse gekrümmte Wnndnadel sind erforderlich. Man
durchsticht rechts und unterhalb des Afters je nach der Grösse
des Thieres 1—1 Va cm vom Afterrand entfernt die Haut, Führt
die Nadel \—1 cm weit unter der Haut hin und stösst sie dann
wieder nach aussen; in einer Entfernung von 8—14 mm werden
neue Einstiche angebracht. Die ganze Naht wird auf diese Weise
immer in gleicher Entfernung vom Afterrand um diesen herum¬
geführt, bis man auf der linken Seite wieder zum Ausgangspunkt
gelangt. Nun werden die Enden des Schnürchens so weit zu¬
sammengezogen, dass die Afteröffnung einerseits genügend verengt
ist, um das Wiederaustreten des Darms zu ^verhindern, anderer¬
seits die Kothentleerung gestattet. Die Naht, welche bei richtiger
Ausführung haltbar ist, bleibt so lange liegen, bis ein Wiedervor¬
fall nicht mehr zu befürchten ist. Uebrigens kann die After¬
öffnung durch Lockerlassen oder Festeranziehen in der Naht auf
ein beliebiges Lumen gebracht werden. S. hat die Naht sehr
häufig bei Kühen und Schweinen, in seltenen Fällen auch beim
Pferde angewendet.
Die Bolle der Gef&sse und des Parenchyms in der
Entzündung.
Von R. V i r c h o w.
(Vlrchow’a Archiv 149/3.)
Die Entzündung äussert sich in einer Irritation, die sowohl
Gefässe als Nerven, sowohl specifisches wie nicht specifisches
Parenchym betrifft. Wir unterscheiden vier Formen der Ent¬
zündung, die exsudative, infiltrative, alterirende oder parenchy¬
matöse und die proliferirende. Die Irritation ist meist chemischer,
zuweilen auch mechanischer Natur. Die Proliferation ist nur
eine besondere Form der Zellthätigkeit; sie setzt jedesmal auch
neues Material voraus. Dasselbe braucht jedoch nicht aus Ge-
fässen bezogen zu werden, sondern ist auch in Geweben zu
haben, die keine Gefässe enthalten; hier nehmen die Zellen das
Material ans ihrer Umgebung vermöge Attraction. Das Wesen
der Ernährung besteht in der Assimilation der aufgenoramenen
Stoffe, und zwar wohnt der Zelle die elective Kraft inne, ver¬
möge besonderer Einrichtung aus dem umgebenden Material auf¬
zunehmen, was ihrem Zustande entspricht. Bei der Entzündung
gefässloser Theile fallen Rubor und Calor fort. Die Rötlmng in
der Entzündung ist eine irritative Erscheinung, durch Reizung
von Nerven ausgelöst. — Der Ausgang der parenchymatösen Ent¬
zündung ist Fettmetamorphose; von dieser entzündlichen Fett¬
metamorphose wohl zu unterscheiden ist die nicht entzündliche,
welch letztere eine einfache Ernährungsstörung ist. Der ersteren
geht stets ein Vorbereitungsstadium voraus, entweder nutritiven
oder formativen Charakters, d. h. entweder trübe Schwellung o ier
zellige Proliferation, beide durch attractive Thätigkeit der Zellen
entstanden. Zum Schlüsse macht Verf. darauf aufmerksam, dass
das Fibrin in der Entzündung vielfach als ein Product des
parenchymatösen Stoffwechsels betrachtet werden könne und es
willkürlich sei, die fibrinösen Exsudate allein aus dem strömen¬
den Blute abzuleiten.
Stadien Aber die Aetiologie and Histologie der Pneu¬
monie im Kinde8<er und der Pneumonie im
Allgemeinen.
Von Dr. Hermann Dürck.
(D. Arcb. f. klin. Med. 58, 4 u 5.)
(Nach einem Referat in der Deutschen Mediciualzeitung)
Verfasser hat die Resultate seiner in einer 76 Seiten um¬
fassenden Abhandlung niedergelegten Untersuchungen in einer
Reihe von Sätzen zusammengefasst, deren hauptsächlichste hier
wiedergegeben sein sollen.
1. In dem complicirten Bacteriengemisch bei primären und
den verschiedenen secundären Pneumonien im Kindesalter nimmt
der Diplococcus pneumoniae die erste Stelle ein. — 2. Von der
Diphtherie abgesehen, zeigt die Zusammensetzung des Bacterien-
gemisches keine erkennbare Abhängigkeit von der Art der pri¬
mären Erkrankung. — 4. Eine histologische Abgrenzung der
lobulären oder pseudolobuläreu Pneumonie von der Lobärpneumonie
ist undurchführbar. — 5. Der Ausdruck „Bronchopneumonie“ ist
nur durch das Fortschreiten der Entzündung von den Bronchial¬
endigungen auf das peribronchiale Gewebe gerechtfertigt —
6. Auch die nicht pneumonisch erkrankte Lunge enthält im
Wesentlichen dasselbe Bacteriengemisch, wie die pneumonisch
afficirte; auch hier herrscht der Diplococcus pneumoniae vor. —
7. Die Lungen frisch getödteter Hausthiere enthalten gleichfalls
Keime, unter denen sich pathogene Arten befinden (Pneumobacillus
Friedländer, Staphylococcus pyogenes, Streptococcus pyogenes,
Diplococcus pneumoniae).—8. Sicherenthält auch die normaleLunge
des gesunden Menschen ein zeitweise wechselndes Bacteriengemisch.
Zur Entfaltung ihrer eine Pneumonie erzeugenden Eigenschaften be¬
darf es der Schädigung des Organs durch anderweitige Einflüsse.
— 9., 10., 11. Während die blosse intratracheale Application
von Reinculturen der betreffenden Bacterien nicht im Stande ist,
eine Pneumonie hervorzubringen, gelingt dies durch gleichzeitige
oder rasch aufeinander folgende Application von Bacterienculturen
und stark reizenden Staubarten; ebenso durch alleinige intra¬
tracheale Einblasung von stark reizenden Staubarten. — 12., 13.
Es gelingt beim Thier, durch künstliche Erkältung Lungen¬
entzündung zu erzeugen von dem Charakter echter, lobärer,
fibrinöser, mycotischer Pneumonie. Diese „Staub- und Erkältungs-
pneumonien“ entstehen durch eine Schädigung des Lungen¬
gewebes, wodurch den schon vorher in demselben ansässigen
Krankheitskeimen Gelegenheit zur Vermehrung und Entfaltung
ihrer entzündungserregenden Eigenschaften gegeben wird. —
14. Die schädliche Wirkung der Erkältung beruht höchstwahr¬
scheinlich auf der Erzeugung einer acuten intensiven Lungen-
hyperämie. — 15. Der Befund von pathogenen Bacterien in der
normalen menschlichen Lunge bringt auch die sogenannte „Misch¬
oder Secundärinfection“ bei der Tubercuiose unserem Verständ¬
nisse näher.
Silberwundbehandlung.
Vortrag gehalten von Credö auf dem XII. internat. med. Congvess
zu Moskau.
(Müuch. Med. Woch. 36 97.)
Nach längeren Versuchen hat C. das citronensaure Silber
(Itrol) als dasjenige Salz gefunden, welches allen Anforderungen
als Wundantisepticum genügt. Die Erfahrungen mit Itrol sind
sehr günstig. Crede ging nun dazu über, das Silber bei In-
fectionskrankheiten anzuwenden. Nach Ueberwindung vieler
Schwierigkeiten gelang es Crede, ein metallisches Silberpräparat
zu ermitteln, welches sich in Wasser löst und in eiweisshaltigen
Flüssigkeiten gelöst bleibt. Wird dieses Silber in Salbenform
15—30 Min. eingerieben, so gelangt es in die Lymphbahn und
circulirt im Körper gelöst. In steriler Lymphe und sterilem
Blute bleibt es als metallisches Silber erhalten. Bei Anwesenheit
von pathogenen Keimen oder Toxinen wird es noch unbekannte
Verbindungen eingehen, die entweder keimtödtend oder als Anti¬
toxine wirken. Mit diesem Mittel sind von Crede und ihm nahe¬
stehenden Aerzten über hundert Fälle behandelt; dieselben zeigten
die verschiedensten septischen Erkrankungsformen. Abends er¬
folgte die erste Einreibung, die zweite am anderen Morgen;
andere Eingriffe wurden in dieser Zeit unterlassen; bei einem
Erwachsenen wurde 3,0, bei Knaben 2,0, bei kleinen Kindern
1,0 Salbe in der Regel eingerieben. Die Einreibung der Salbe
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findet an einer von der afficirten Körperstelle entfernt gelegenen
Hantpartie statt. Behandelt wurden Lymphangitiden, Phlegmonen,
Septicaemien, phlegmonöse Anginen etc.; in sämmtlichen Fällen
trat nach 5—30 Stunden eine augenfällige günstige Wirkung
ein. Besserung des Allgemeinbefindens, Fieberabfall nach 24
Stunden und rapides Zurückgehen des septischen Processes, fast
hoffnungslose Fälle wurden rapide geheilt; bei Erysipel wurde
die septische Mischinfection geheilt, die Hautaffection bestand
weiter. Crede glaubt, in seinem Präparat e J n Mittel gefunden
zu haben von ganz hervorragender Bedeutung, welches im Stande
ist, den ganzen Körper zu desinficiren, und welches ihn bei sep¬
tischen Erkrankungen bisher noch in keinem Falle im Stich ge¬
lassen hat.
Kleine Mittheilnngen.
Ostafrikanische Rinderseuche.
Im Deutschen Colonialblatt hat Robert Koch einen Bericht
über die ostafrikanische Rinderseuche veröffentlicht, welche neben
der Tsetse-Krankheit anscheinend die grössten Verluste herbei¬
führt. Diese Seuche ist nichts weiter als Texasfieber. Als cha¬
rakteristisch fand Koch die Anfüllung der Gallencapillaren mit
einer leiraartigen Masse. Koch bestätigt bezüglich der Aetiologie
die Angaben von Smith und Wilborne, dass Pyrosoma bige-
minum die Krankheit verursacht. Auch die Uebertragung durch
Zecken stimmt mit den amerikanischen Beobachtungen überein.
Die Seuche ist auf das Küstengebiet beschränkt Koch empfiehlt
daher besondere Vorsichtsmassregeln beim Transport von Vieh
zur Küste bezw. von hier nach dem Inneren. Uebrigens wird
erzählt, dass der Gouvernementsthierarzt Huss die Krankheit
vor Koch’s Ankunft als Texasfieber angesprochen hatte und
hierüber mit Koch in einen Prioritätsstreit gerieth, dessen Con-
sequenzen den Anlass zu dem Ausscheiden Huss’s aus dem Colo¬
nialdienst gegeben haben sollen. Man darf gespannt sein, ob
nach Koch’s Rückkehr genauere Berichte hierüber werden ver¬
öffentlicht werden.
Rindviehseuche In Argentinien.
Zur Zeit herrscht in Argentinien in weiter Verbreitung eine
Seuche unter den Rindern, welche auch bereits die Aufmerksamkeit
unserer Behörden auf sich gezogen hat. Dieselbe führt im Volks¬
munde den Namen „Tristeza“, was einfach Traurigkeit bedeutet.
In den südlichen Provinzen ist sie noch nicht constatirt worden.
Man sucht die Ursache der unzweifelhaft ansteckenden Krankheit
in dem schlechten Trinkwasser welches die argentinischen Heerden
lediglich aus Pfützen entnehmen können. Von den Erkrankten
starben mindestens 90 Procent. Rinder, welche aus anderen
Gegenden eingeführt werden, erliegen der Krankheit sofort.
Deshalb ist auch eine Kreuzung des argentinischen Rindviehs
mit europäischen Arten unmöglich. Der Chef des bacteriologischen
Laboratoriums in Rosario hat festgestellt, dass in dem Blute der
kranken Thiere der Milzbrandbacillus sich nicht findet. Die
Symptome sind denen des Texasfiebers sehr ähnlich. Deshalb ist
auch von Sivori vorgeschlagen, die Krankheit wissenschaftlich
als nematosporidische Haemoglobinurie zu bezeichnen.
Auch in Australien grassirt eine Epidemie, Tikfevre ge¬
nannt, welche ausserordentliche Verluste verursacht. Sie wird
als Zeckenfieber bezeichnet und scheint ätiologisch ebenfalls mit
dem Texasfieber Aehnliclikeit zu haben. Der Landwirthschafts-
minister zu Victoria giebt die Aussetzung einer Belohnung von
125 000 Frcs. für die Entdeckung eines Heil- und Vorbeugungs¬
mittels bekannt. (Völlers’ Ctrlztg.)
Schaf krankheit in Amerika.
Im Nordwesten beginnt unter den Schafen eine bisher noch
nicht beobachtete Krankheit aufzutreten. Es scheint, als ob die
No. 1.
Krankheitsursache sich Monate lang latent halten könnte. Der
Kopf der Thiere soll enorm anschwellen und bretthart werden.
Viele Thiere werden blind. Der Tod tritt meist rasch ein.
(Völlers’ Ctrlztg.)
Thierhaltung und Thierzucht
(alehe «ach Gerichtsentscheidungen.)
Milohergiebigkeit eines Ziegeebocks.
In der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse berichtet
i Professor Dr. Pusch vom einem Milch liefernden Ziegenbock,
welchen er im Laufe des vorigen Jahres bei einem Ritterguts¬
pächter H. bei Plauen i. V. antraf. Der grauweisse, langhaarige
und hornlose Ziegenbock stammt von einer Landziege ohne
Hörner und einem -gleichfalls milchgebenden aber gehörnten
Bock. Im Alter von 1 % Jahren wog der Bock 105 Pfund und
zeigte eine Widerristhöhe von 79 cm bei einer Länge von 80 cm.
Der Ziegenbock hat einen nur geringgradigen Bockgeruch
an sich und deckt sehr gut. Er hat im Alter von % Jahren und
dann in der nächstjährigen Sprungperiode je 60 Ziegen mit
Erfolg belegt. Die Nachkommen fallen teils mit, teils ohne
Hörner aus und werden als sehr milchergiebige Thiere von den
Ziegenhaltern gern gekauft.
Unsere Abbildung zeigt den an den Hinterbeinen auf¬
gehobenen Bock. Seitlich vom Hodensack treten die unmittelbar
an diesem gelegenen Zitzen hervor, welche eine Länge von 7 und
einen Umfang von 9 cm haben und in ihrer oberen Hälfte eine
deutliche ampullenartige Erweiterung aufweisen.
Die Untersuchung der Milch erfolgte durch Dr. Seeliger
im physiologischen Institut der Thierärztlichen Hochschule in
Dresden, in welcher der Bock zu diesem Zwecke eingestellt war.
Die Menge der hier täglich producirten Milch betrug 70 g,
soll aber nach einer Mitteilung des Besitzers ausserhalb der
Sprungperiode reichlich K Liter betragen.
Der Geruch der normal aussehenden Milch ist unangenehm,
ihr Geschmack fade. Beim Erhitzen tritt keine Gerinnung ein.
Unter dem Mikroskop sieht man zahlreiche Kolostrumkörperchen.
Die Reaction ist amphoter, das specifische Gewicht beträgt 1,030.
Der Gehalt an Protein beträgt 3,76 pCt., an Fett 2,80 pCt., an
Milchzucker 4,43 pCt., an Asche 0,801 pCt.
Die Milch gleicht also in ihrer Zusammensetzung ungefähr
der Ziegenmilch aus der zweiten Hälfte der Laktationsperiode,
nur ist ihre Eiweissmenge wenig vermehrt, der Fettgehalt aber
etwas geringer.
Viehstand Grossbritanaiens.
lu einem Buche Eyre and Spottiswoode ist eine umfassende
Statistik des landwirtschaftlichen Betriebes bezw. der landwirt¬
schaftlichen Production gegeben. Nach diesem Werke sind in
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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6. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Grossbritannien vorhanden gewesen 1896 : 6 494 000 Rinder, das
sind 207 000 weniger als vier Jahre vorher, und zwar weist
namentlich das Jungvieh einen Rückgang auf; Kühe waren unter
den Rindern 2$ Millionen. Der Schafbestand belief sich auf 26,7
Millionen und hatte ebenfalls etwa um eine halbe Million abge¬
nommen. Unter dem Bestände befanden sich rund eine Million
Zuchtschafe. Dagegen weist die Schweinezucht eine erhebliche
Steigerung auf, nämlich ein Anwachsen des Bestandes von 2,1
Millionen im Jahre 1883 auf 2 879 000 im Jahre 1896, worunter
394000 Zuchtschweine (gegen 309 000 im Jahre 1893).
Dänische Viehausfuhr nach Deutschland.
Im Jahre 1895 sind 114 000, im Jahre 1896 83 000 Stück
Rindvieh aus Dänemark nach Deutschland eingeführt und die
Schweineausfuhr ist von 345 000 auf 108000 im verflossenen
Jahre zurückgegangen.
Esel-Zebra-Misohling.
Im Berliner Zoologischen Garten werden gegenwärtig zwei
Mischlinge von Esel und Zebra gezeigt. Dieselben, Hengst und
Stute, sind im Jardin d’acclimatisation zu Paris gezogen. Die
Rumpffärbung ist diejenige des Esels. Die Gliedmassen sind
zebraähnlich gestreift. Die Kreuzungen sollen leicht zu erhalten
sein und können event. für die Tropen practische Bedeutung er¬
langen. Ob die Mischlinge fortpflanzungsfähig sind, ist noch
nicht zu entscheiden, aber natürlich wenig wahrscheinlich.
Pferde-Import aus Amerika.
Io Berlin hat eine Händlerfirma eine Auctionshalle für den
Verkauf aus Amerika importirter Luxus- und Arbeitspferde er¬
öffnet. _
Tagesgeschichte.
Eingesandt.
Es kann sicherlich nur mit Freuden begrüsst werden, wenn
die in Bewegung gekommene Frage einer Umgestaltung der
Stellung etc. der beamteten Thierärzte in den betheiligten
Kreisen zu so lebhaften Auslassungen geführt hat, und es muss
als ein dankenswertes Beginnen betrachtet werden, dass der
Verein der beamteten Thierärzte Brandenburgs eigens zu diesem
Zwecke eine Zusammenkunft veranstaltete. Es wäre dringend
wünschenswert, wenn auch die übrigen Provinzen dem Beispiele
Brandenburgs in dieser Beziehung bald folgen wollten, damit die
Central-Vertretung, die sich zweifellos in nicht zu ferner Zeit
mit dieser Frage beschäftigen wird, in der Lage ist, auf der
Grundlage dieses Materials den Willen der Gesammtheit zum
Ausdruck zu bringen.
Aber Eines thut dabei noth: es muss geschlossen vor¬
gegangen werden!
Namentlich erregt das Vorhaben des brandenburgischen
Vereins, dem Herrn Minister die von ihm gefassten Beschlüsse
rnolirt zu unterbreiten, insofern Bedenken, als noch in keiner
Weise feststeht, wie sich das Gros der beamteten Thierärzte in
Preussen zu dieser Frage stellen wird.
Wenn die beamteten Thierärzte in anderen Provinzen eine
andere Auffassung von der zu erstrebenden Reform haben sollten
und dem Beispiel der brandenburgischen Collegen nachahmen
würden, so wird durch ein derartiges particularistisches Vorgehen
und den Mangel an einem einheitlichen Willen der ganzen An¬
gelegenheit jedenfalls weniger genützt als vielmehr geschadet.
Der Herr Minister wird dann mit Recht einwenden müssen, dass
eine Einigkeit über den wichtigsten Punkt einer ev. Reform unter
den beamteten Thierärzten selbst nicht besteht.
Zweierlei ist nur denkbar: entweder bleibt es bei dem
jetzigen Princip oder die Kreisthierärzte werden vollbesoldete
und vollbeschäftigte Beamte. Ich weiss sehr genau, dass ich
für eine Reform, wie ich sie vorgeschlagen habe, eine grosse
Anzahl z. Th. hervorragender Collegen hinter mir habe, und
daher scheint es doch nicht unangebracht, zuerst eine Klärung
dieser Frage herbeizuführen, ehe irgendwelche Schritte gethan
werden.
Obgleich eine Aeiiderung in den Verhältnissen der beamteten
Thierärzte sehr dringend nöthig ist, halte ich die Frage doch
nicht für so brennend, dass nicht Zeit dazu wäre, mit Ruhe die
Angelegenheit in der Fachpresse zu discutiren, dann in sämmt-
lichen Vereinen der beamteten Thierärzte zur Berathung zu stellen
und dann erst der Central-Vertretung zur Beschlussfassung und
zur Einleitung der erforderlichen Schritte zu unterbreiten. Sind
wir so lange mit unserem Loose zufrieden gewesen, so wird es
auch wohl auf eine kurze Spanne Zeit mehr oder weniger nicht
aukommeo, denn so sehr eilig wird man mit der Vornahme der
erstrebten Umgestaltung nicht zur Hand sein!
Bis jetzt haben sich in der Fachpresse eigentlich nur die¬
jenigen Collegen geäussert, die sich zustimmend zu meinen Reform¬
vorschlägen verhielten, es würde aber den einzelnen Vereinen die
Beschlussfassung über diese Angelegenheit wesentlich erleichtern,
wenn auch die anders denkenden Herren ihre Ansichten öffentlich
begründen möchten. Bermbach.
Versammlung der beamteten Tnierärzte der Provinz Schleswig-Holstein.
Der Einladung mehrerer Herren folgend, hatten sich am
2. Januar d. J. in Neumünster die beamteten Thierärzte des
Regierungsbezirks Schleswig versammelt, um nach dem Vor¬
gänge der Brandenburger Collegen darüber zu berathen, in
welcher Richtung Veränderungen in der Stellung der Kreis¬
thierärzte wünschenswerth wären.
Angenommen wurden folgende Puncte:
1. Belassuog der Privatpraxis und des Princips der jetzigen
Besoldung.
2. Die Pensionsfähigkeit und die Berechnung der Pensionen
nach Massgabe der für die anderen Staatsbeamten geltenden ge¬
setzlichen Bestimmungen.
3. Erhöhung des Grundgehaltes auf 1200 Mark.
Ausserdem ein Wohnungsgeldzuschuss von mindestens 300 M.
und Alterszulagen im Betrage von 6mal 150 M. in zweijährigen
Stufen.
Die beamteten Thierärzte der Provinz halten diese Forderung
für um so berechtigter, als die in der Provinz angestellten Kreis¬
thierarzt-Assistenten je 1800 M. (achtzehn Hundert) Gehalt be¬
ziehen.
4. Erhöhung der Diäten womöglich auf 9 M. bei veterinär¬
polizeilichen Amtsgescbäften und Beseitigung der zu niedrigen
Gebührensätze in gerichtlichen Angelegenheiten.
5. Die Verleihung eines angemessenen Ranges.
Schliesslich wurde noch der Beschluss gefasst, eine zu einer
Eingabe geeignete Darlegung auszuarbeiten und diese den Vor¬
gesetzten Behörden (Ministerium und Regierungspräsident) zu
unterbreiten.
Rothlaufsohutzserum.
Die Landwirthschaftskammer der Provinz Ostpreussen hat
schon im November beschlossen:
1. den Herrn Landwirthschaftsminister um Nachricht darüber
zu bitten, ob Aussicht vorhanden ist, dass das in seinem Erlasse
vom 26. April er. in Aussicht gestellte Verfahren zur Bekämpfung
der Rothlaufseuche zu einem erfolgreichen Abschluss gelangt
ist, und
2. für den Fall, dass dieses nicht zutreffen sollte, den Herrn
Landwirthschaftsminister unter Kenntnissgabe der Correspondenz
zwischen der diesseitigen und der brandenburgischen Landwirth¬
schaftskammer zu bitten, seinen Einfluss dahin geltend zu machen,
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10
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.
dass die Landwirthschaftskammer für Brandenburg den Lorenz-
schen Impfstoff der diesseitigen Landwirtbschaftskammer zn
günstigeren Bedingungen, als ans der Correspondenz hervor-
geht, wenn möglich zum Selbstkostenpreis, abgiebt;
3. wenn dieses nicht gelingen sollte, dass dann der Staat
das Geheimniss der Herstellung der Lorenz’schen
Lymphe ankaufe.
Bau der thierSrztiiohen Hochschule zu Hannover.
Der vor 2 Jahren begonnene Neubau der thierärztlichen
Hochschule ist in der Hauptsache vollendet. Es stehen das Ver¬
waltungsgebäude, das anatomische und pathologische, chemische
und physiologische Institut, ein besonderes klinisches Verwaltungs¬
gebäude, innere und äussere Klinik. Die Klinik für kleine Haus-
thiere ist im Bau. Eine gedeckte Reitbahn schliesst den 2600 qm
grossen Klinikhof. Centralheizung, Anlage für electrische Be¬
leuchtung mit eigner Kraftgaserzeugung, Gärtnerhaus, botanischer
Garten und Gartenanlagen kommen noch hinzu. Die gänzliche
innere Vollendung wird im nächsten Sommer erfolgen und die
Einweihung dürfte im Frühjahr 1899 stattfinden. Die obige
Aufzählung der Einrichtungen beweist schon, wie grundlos das
Gerede war, dass man die Hannoversche Hochschule vor der
Berliner benachteiligen, zu einer Anstalt zweiter Classe herab¬
drücken wolle etc. Diese Hochschule wird vielmehr, wenn die
nach jenem durch die technische Deputation angeblich so ver¬
unstalteten Kostenanschlag hergestellten Bauten und Einrichtungen
vollendet sind, in Deutschland unzweifelhaft baulich die weitaus
erste sein. Namentlich imponieren die klinischen Gebäude. Das
Hauptgebäude könnte jedoch etwas stattlicher sein; es tritt den
umgebenden Institutshäuseru gegenüber nicht genügend hervor,
wesentlich wohl, weil es nur ein Stockwerk über dem Erdgeschoss
besitzt. Ueber der Thür befindet sich der preussische Adler und
die Bezeichnung der Hochschule. Darunter ein in Sandstein ge-
meisselte8Relief,Aesculap miteinemPferde beschäftigt. IsteseinZufall
oder ein Künstlerscherz, bleibe dahingestellt; aber das in ernste
Betrachtung des Rosses versunkene bärtige Antlitz des mytho¬
logisch gewandeten Vaters der Aerzte trägt unverkennbar die
Züge des derzeitigen Hochsclmldirectors. Die Mittel für die in
der Aula aufzustellenden Büsten der Directoren sollen ebenfalls
reichlich vorhanden sein. Alles in Allem kann man an dem An¬
blick, den die Hochschule gewährt, nur seine Freude haben.
Hoffentlich lässt sich die Vollendung bis zu dem genannten Termin
bewerkstelligen.
Standesangelegenheiten aus Frankreich.
Vom französischen Veterinärrath und von einem
nationalen Congress der französischen Thierärzte, die am 7. bis
13. November in Paris tagten, sind unter anderen, speciell fran¬
zösische Standesangelegenheiten betreffende Resolutionen folgende
Beschlüsse gefasst worden:
1. Das Gesetz über die Entschädigung bei Tuberculose des
Rindviehes ist baldmöglichst in Kraft zu bringen; die Nothwendig-
keit des Verbots des Verkaufs, ausser zur Schlachtung, jedes
durch Tuberculin oder andere Mittel als tnberculös bezeichnten
Thieres, wird nochmals betont.
2. Jedes Pferd, das auf Mallein reagirt, ist als rotzverdächtig zu
betrachten und ist den massgebenden Bestimmungen des Seuchen¬
gesetzes bezgl. der Anzeige und der Beobachtung zu unterwerfen.
3. Die Einführung einer einheitlichen Fleischbeschau ist noth-
wendig, ein einheitliches Reglement ist von einer aus Mitgliedern
des Professorencollegiums der Veterinärlehranstalten und Scblacht-
hausin8pectoren bestehenden Commission auszuarbeiten.
Die grössten Lebensversicherungs-Gesellschaften in Enropa.
Das Jahr 1897 brachte der deutschen Lebensversicherung
ein Ereigniss darin, dass zwei Gesellschaften, die im Jahr 1830
gegründete Alte Leipziger und die 24 Jahr jüngere Lebens-
versicherungs- und Ersparniss-Bank in Stuttgart, in ihrem Ver¬
sicherungsbestand die Summe von 500 Millionen Mark über¬
schritten haben. Damit ist die Zahl der deutschen Gesellschaften,
bei denen mehr als eine halbe Milliarde Mark an regulären
Kapitalversicberungen (d h. mit Ausschluss der Volksversicherung)
versichert ist, auf vier eestiegen; ausser den oben genannten
gehören dazu noch die Gothaer und die Germania-Stettin. Von
den Gesellschaften des europäischen Kontinents haben nur noch
zwei französische einen so grossen Bestand aufzuweisen, die
i819 gegründete Assurances generales und die 1830 gegründete
La Nationale. Aber auch hier zeigt sich die Ueberlegeuheit der
deutschen Lebensversicherung über die Assekuranz der Nach¬
barstaaten dahin, dass das Wachsthum der deutschen Gesell¬
schaften ein viel schnelleres ist als das der französischen. Ordnet
man diese sechs grössten Gesellschaften des europäischen Fest¬
landes nach der Höhe dos 1896 erzielten Reinzuwachses, so er-
giebt sich folgendes Bild: Tagesgeschäft Stuttgarter 33,175,730,
Leipziger (Alte) 25,602,20 », Germania-Stettin 22,632,369, Gothaer
18,539.600, La Nationale-Paris 1,198,601, Assurances genörales-
Paris 1,538,010.
Die grössere Stetigkeit der deutschen Gesellschaften erzielte
einen Reinzuwachs, der in seinem Maximum von M. 33,18 Mill.
das Plus aller Gesellschaften des europäischen Festlandes hinter
sich lässt, während der enorme voi zeitige Abgang bei den
französischen Gesellschaften von dem mit grossen Kosten er¬
worbenen Neugeschäft wenig oder gar nichts übrig lässt. Von
Interesse ist, dass in England, dem „Mutterlande der Lebens¬
versicherung“, obwohl dort der Gesammtversicherungsbestand viel¬
leicht doppelt so gross ist als in Deutschland, doch nur zwei
Gesellschaften vorhanden sind, deren Versicherungsbestand an
! unsere grossen deutschen etwa heranreicht; dies sind die Pru¬
dential in London, die in ihrer „ordinary brauche“, d. h. ab¬
gesehen von der Volksversicherung, einen Bestand von mehr als
einer Milliarde Mark Kapital besitzt, und die Scottish Widow’s
Fund in Edinburgh.“
Zur Vacanzen-Au88Chreibung in Coblenz.
Unliebsames Aufsehen erregt die Art und Weise, wie die Be¬
setzung der Schlachthofdirectorstelle in Coblenz ausgeschrieben
wird. Die vom Oberbürgermeister Unterzeichnete, in ihrer Fassung
aber wohl einem Bureaubeamten zur Last zu legende Annonce
; bemerkt, der (thierärztliche) Director dürfe in keinem Falle Ver¬
gütungen oder Geschenke annehmen, bei Vermeidung etc. Wir
können diese Form nicht passend finden. Sie hat unzweifelhaft
vielmehr etwas Verletzendes und ist geeignet, Bewerber abzu¬
schrecken. Solche Bemerkungen gehören allenfalls in die An¬
stellungsurkunde, aber nicht in die Ausschreibung. Der thier¬
ärztliche Stand muss eine derartige Form an ihn gerichteter An¬
erbietungen zurückweisen.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen
Seuchenst&tistik und Yeterinärpolizei.
Verfügung des Regierungspräsidenten von Potsdam betr. Zuziehung der
Krelsthierärzte beim Milzbrand.
Die Bekämpfung des Milzbrands beruht zum wesentlichen
Theile auf einer gründlichen nnd vollständigen Desinfection,
für Veterinärbeamte.)
welche erfahrungsgemäss von den Viehbesitzern in den meisten
Fällen nur dann gründlich vorgenommen zu werden pflegt, wenn
ihnen bekannt ist, dass diese Arbeiten von dem Kreistbierarzt
amtlich überwacht werden.
Die Vorschrift im Absatz 2 des § 14 der Landesratbs-
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6. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
11
instruction vom 27. Juni 1895, wonach die Desinfection vom
beamteten Thierarzt anzuordnen und nur polizeilich zu über¬
wachen ist, erscheint hiernach nicht ausreichend und bedarf einer
Ergänzung.
Ich ordne daher an, dass die beamteten Thierärzte die
Desinfectionen gegen Milzbrand an dem Tage, an welchem sie
die Seuche auf einem Gehöft feststellen und an der Schätzung
über den Werth der gefallenen Thiere theilnehmen, gemäss § 14
der genannten Instruction im Einzelnen anzuordnen haben.
Besondere Reisen zu diesem Zweck nach dem Seuchengehöfte
sind hiernach entbehrlich.
Sobald die Desinfectionsarbeiten ausgeführt sind, ist der
Kreisthierarzt zu deren Prüfung und Abnahme amtlich heran-
zn ziehen.
Ueber die vorschriftsmässig bewirkte Desinfection haben die
Kreisthierärzte der Ortspolizeibehörde zu berichten.
In Vertretung.
Unterschrift:
Fleisch-Einfuhr-Verbot.
In den nördlichen deutschen Landestheilen sind Ende
December übereinstimmende Verfügungen ergangen, welche
die Einfuhr von frischem Schweinefleisch aus Schweden und
Norwegen wegen des gegenwärtigen dortigen Seuchenstandes
verbieten.
Schweineseuche-Immunisirung.
In Ungarn sind nach Zeitungsberichten Untersuchungen über
die Möglichkeit der Immunisirung von Schweinen gegen Schweine¬
seuche im Gange, welche bereits zu praktischen Proben in
grösserem Massstabe geführt haben. Abgesehen von zahlreichen
Privatimpfungen, sind unter behördlicher Anleitung 9000 Schweine
geimpft worden. Die Ergebnisse waren anscheinend so gute,
dass der Minister die ständige Aufstellung von zur Schutzserum-
Lieferung geeigneten Schweinen angeordnet hat, so dass täglich
Impfstoff für 500 Schweine geliefert werden kann. Nähere
wissenschaftliche Mittheilungen bleiben abzuwarten.
Fleischschan und Viehverbehr.
Ausfuhr von Vieh, Fleisch und thierischen Producten aus den
Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Im Jahre 1894/95 soll nach den Veröffentlichungen des
Kaiserlichen Gesundheitsamts die amerikanische Ausfuhr betragen
haben: an lebenden Thieren 331700 Stück Rindvieh im Werth
von 30# Millionen Dollars, 7130 Schweine, rund 14000 Pferde
im Werth von 2# Millionen, 2500 Maulthiere, 400000 Schafe im
Werth von 2$ Millionen Dollars.
An Fleischwaaren: 191# Millionen Pfund frisches Rindfleisch
im Werthe von 16 % Millionen Dollars, 62# Millionen Pfund
gepökeltes, 64 Millionen Pfund Büchsen- und über % Millionen
Pfund anderes zubereitetes Rindfleisch — letztere Sorte im
Gesammtwerth von fast 9# Millionen Dollars. Ueber % Million
Pfund Schaffleisch im Werthe von 47 800 Dollars, über % Million
Pfund frisches und 58 l i Millionen Pfund gepökeltes Schweinefleisch
im Gesammtwerthe von 53 Millionen Dollars, 452# Millionen Pfund
Speck, 105# Millionen Schinken. Ausserdem Geflügel, Wild und
andere Fleischproducte im Gesammtwerthe von 1), Millionen.
Thierische Erzeugnisse: Knochen, Hufe, Hörner für 288000
Dollars, Häute und Felle 36 Millionen Stück für 2# Millionen,
ca. 475 Millionen Pfund Schweineschmalz im Werthe von
36£ Millionen Dollars, Margarine und Oleomargarine 88 Millionen
Pfund für 8 Millionen Dollars, über 5# Millionen Pfund Molkerei¬
butter für 915 000 Dollars, 60# Millionen Pfund Käse für 5# Millionen
Dollars und andere Fette ca. 700000 Gallonen für 375000Dollars.
Hiernach beträgt der Gesammtwerth der Ausfuhr von Vieh,
Fleisch und sonstigen thierischen Producten gegen 200 Millionen
Dollars.
Im laufenden Jahre soll nach der Vollers’schen Centrlztg.
der Export von Rindern, Rindervierteln und Schaffleisch ein ganz
ungewöhnlich grosser werden. Namentlich wird letzteres in sehr
grossen Massen nach England und Frankreich verschifft, wo die
Nachfrage eine ausserordentliche ist.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Long, Medicinalrath und Preosse, Veterinärassessor:
Praotische Anleitung zur Trichinenschau. Mit vielen Abbildungen,
2. Auflage. Berlin bei Richard Schütz, 1898. Preis 2 M.: Unter
den zahlreichen, grösstentheils übrigens ganz minderwerthigen An¬
leitungen zur Trichinenschau ragen namentlich zwei hervor. Der
Trichinenschauer von Johne und das vorliegende Werk. Ersterer
ist umfangreicher. Die Anleitung von Long-Preusse bietet in
wissenschaftlich und practisch einwandfreier Form eine Zusammen¬
fassung ihres Stoffes auf 62 Seiten.
Fischöder: Leitfaden der pactlschen Fleischbeschau, einschliess¬
lich der Trichinenschau. Zw'eite neubearbeitete Auflage mit
42 Abbild. Derselbe Verlag. Preis brosch. 4,50, geb. 5 M. Der
Fischöder’sche Leitfaden hat sich durch seine erste Auflage bereits
einen unbestrittenen Ruf erworben als geeignete Grundlage zur Aus¬
bildung von Laienfleischbeschauern. Beim Bevorstehen der all¬
gemeinen obligatorischen Fleischschau muss ein solches Buch als
Unterrichtsmittel eine erhöhte Bedeutung gewinnen. Es ist daher
sehr erfreulich, dass Fischöder mit Rücksicht auf gewonnene Er¬
fahrungen und auf die Bemerkungen der Kritik, namentlich auf
den Hauptzweck des Buches, eine einheitliche, allen annehmbare
Norm für den Unterricht der Fleischbeschauer und die an diese
zu stellenden Anforderungen zu bilden, sein Buch noch einer
verständnissvollen Umarbeitung unterzogen hat, durch welche
dasselbe seiner Hauptaufgabe noch vortrefflicher gerecht wird.
Er hat sich strengstens an das eine Ziel gehalten, dem Laien
als Fleischbeschauer ein Lehr- und Nachschlagewerk zu ver¬
schaffen, welches Alles in bester Vollständigkeit, jedoch in einer
Form bietet, welches dem Verständniss des Laien angemessen
ist. Zu diesem Zwecke hat F. Kürzungen, Umarbeitungen und
Zusammenziehungen von Capiteln vorgenommen, durch welche
das Buch practisch gewonnen hat. Er hat andererseits die ganze
Trichinenschau, ohne sie specialistisch zu behandeln, neu mit auf¬
genommen, von dem richtigen Grundsatz ausgehend, dass die
künftigen Fleischbeschauer zugleich die Trichinenschau ausüben
müssen. Fischöder, vordem Schlachthofdirector, jetzt Kreisthier¬
arzt eines östlichen Kreises, kennt die Besonderheiten der
städtischen wie der ländlichen Fleischschau. Sein aus practischer
Erfahrung heraus geschriebenes Buch, dem kein ähnliches gegen¬
übersteht, verdient allgemein zur Grundlage für die Ausbildung
der Fleischbeschauer angenommen zu werden. Schmaltz.
Pfeiffer: Operationsoursus für Thierärzte und Studlrende; mit
einem Vorwort von Professor Fröhner. Mit 32 Originalabbildungen.
Derselbe Verlag. Preis 2,50 M.: In unserem practischen
Fache genügt es nicht, geistreich, meinetwegen blendend vor¬
zutragen. Der Professor braucht sich nicht zu scheuen und darf
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12
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 1.
sich nicht scheuen vor einem gewissen Eindrillen, welches nur
derjenige mit dem Character des academischen Studiums für
unvereinbar halten kann, dem es als Hauptzweck gilt, sich selbst
schön reden zu hören, ohne danach zu fragen, was dem Studenten
am meisten dient. Alles hat sich der Rücksicht unterzuordnen,
dem Studenten das Stndiren leicht zu machen, ihm zu helfen,
nicht allein zum augenblicklichen Verständniss, sondern auch zum
Festhalten des Verstandenen, von dem ein gewisses Mass ihm
dauernder Besitz, gradezu eine mechanische Stütze werden muss.
Dazu gehören das Heranziehen und der fortwährende Hinweis
auf alle Hilfsmittel des Gedächtnisses, klar erkennbare Dis¬
positionen, Kürze der Schilderung und eine weise Beschränkung
des Stoffes. Unterrichtsmittel, die sich diesen Grundsätzen
anpassen, welche für grössere wissenschaftliche Werke natürlich
nicht allein massgebend sein können, siud unentbehrlich und
ihrer Wirkung sicher.
Der vorliegende Operationscursus gehört zu diesen Mitteln.
Augenscheinlich aus der Anregung und Anleitung des Ordinarius
der Chirurgie hervorgegangen, ist er von dem Autor, der als
Repetitor an der Chirurgischen Klinik zu Berlin fungirt, mit
anerkennenswertem Geschick und Verständniss bearbeitet worden.
Die Beschreibung der einzelnen Operationen ist vortrefflich
disponirt und anschaulich. Jedesmal sind erst die Instrumente
aufgezählr, welche bereit gelegt sein müssen. Die Abbildungen
sind durchweg instrnctiv und schön ausgeführt. Diese kleine
unter Ernennung zum Schlachthausdirector, und Re im an n- Nicolai
sind auf Lebenszeit mit Pensionsberechtigung angestellt worden.
— Thierarzt B. Schroeder in Forst i. L. ist daselbst zum Schlacht¬
hausdirector gewählt worden. — Thierarzt Fr. X. Oettle-Schwabach
ist zum Zuchtinspcctor der Allgäuor Herdbuchgesellschaft ernannt
worden. — Thierarzt Fräseh aus Crailsheim zum Assistenten an
der chirurgischen Klinik der Hochschule zu Stuttgart
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Versetzt: Districts-
tbierarzt Stautner : Erkheim nach Riedenburg (Oberpfalz). — Ver¬
zogen: Thierarzt H. Krexa nach Reinfeld (Holst.), Thierarzt Alil-
burg-Lamspringe nach Bockenem, Thierarzt Post-Lasdehnen als
Polizei-Thierarzt nach Berlin.
Das Examen als beamtete Thierärzte haben in Württemberg be¬
standen: die Thierärzte Dr. Hoff mann-Trossingen, R. Mayer-
Stuttgart, J. Schic le-lsny, M. Trips - Reichenberg, Dr. Uebele-
Marbach.
Gestorben: Stabsveterinär J. Weigand-Ansbach.
Vacanzen.
Kraisthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Stettin: Kammin (Bew bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). — R.-B.
Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden (noch
nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts-
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. FleischschaugebUhren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Möra (nördl. Theil) mit Wohnsitz
in Xanten. — R.-B. Hannover: Stolzenau. — R.-B. Schleswig:
Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Trier: Bernkastel
(600 M. Krz.).
Operationslehre wird nicht allein den Studirenden von grossem Sanitätsthierarztelellen: a) N c u a u s g e s c h r i e 1> e n e S t e 11 en:
Nutzen, sondern auch den Thierärzten vielfach willkommen sein. Ibbenbüren: Schlachthausverwaiter zum 1. Juni 1898 (1250 M.
? „ . i und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Koblenz:
C inia Z ' Schlachthofdirektor zum 1. Mai 1898 (3500—5000 M.). Bew. bis 10.
Neue Eingänge ans demselben Verlag. Jaqjuu- 1898 an Oberbügermeister Schüller. — Köln: Schlachthof-
Schmaltz: Anatomische Collegheft-Sklzzen. Ansichten von Rumpf- j thieparzt zum 1. Februar 1898 (2500-4300 M.). Bew. an Oberbürger-
Kopf- und Gliedmassen-Scelett zum Einzeichnen von Körperteilen.
Preis 1 Mark.
Schmaltz: Ossa extremitatum equi et iasertiones museuiorum. mp
Gliedmassenknochen des Pferdes in halber natürlicher GrÖBse -mit
Einzeichnung der Muskel-, Sehnen- und Bänder-Anheftungen, .^so¬
wie mit Tabellen der neuen und alten Nomenclatur. 18 Tafeln.
Preis 10 Mark. _
Instrumente.
Die rühmlich8t bekannte und durch Einführung zahlreicher
neuer Instrumente auch um die Thierarzneikunde verdiente Firma
Hauptner hat gelegentlich der Vollendung ihres 40jährigen
Bestehens eine Festschrift erscheinen lassen, welche mit vielen
Abbildungen geschmückt ist und einen Ueberblick tib.r den
umfangreichen Fabrikbetrieb gewährt.
Die Firma Uebe, Special-Fabrik medicinischerund chemischer
Thermometer, ist für ihre Maximal-Thermometer auf der Sächs.-
Tlmr. Industrie- und Gewerbe-Ausstellung zu Leipzig 1897
wiederum mit der ,,Silbernen Medaille“ ausgezeichnet worden.
Die Maxiraalthermometer von Heinse-Blumenau bei Mellen¬
bach in Thüringen werden von Kreisthierarzt Bernhard in
Ranis als sehr bewährt, namentlich auch für die Tuberculinproben
geeignet befunden.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem RoBsarzt Duvinage zu Berlin wurde die
Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen goldenen Verdienst-
kreuzes des Grossherzogi. mecklenburgischen Haus - Ordens der
Wendischen Krone ertheilt.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte A. Staupe-
Biedenkopf für den Kreis Biedenkopf, J. Junker-Wittmund für
den Kreis Wittmund, J. Bludau-Graudenz für den Kreis Adeluau. —
Die Schlachthofiuspectoren Spangenberg in Remscheid, dieser
meister Becker. — Nord hausen: Schlachthofvorsteher zum
J, Ap ril 18^8 (2400 bis 3900 M., freie Wohnung und Heizung). Bew.
bis io. Januar an Magistrat. — Sag an: Schlachthofverwalter zum
1. April 1898 (1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. bis
15. Jan. 1898 an den Magistrat. — Weimar: Inspector am Innungs-
Schlachthaus zum 1. April 1898 (2400 M., freie Wohnung etc.). Bew.
an Obermeister Heumann.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Essen (Ruhr): Schlachthof-Assistenzthierarzt (2500—
3700 M.). Bew. an Oberbürgermstr. Zweigert. — Halle: Schlachthof¬
direktor (5000—6200 M.). Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thier¬
arzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbürgermeister. —
Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898 (2100
bis 2700 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat.
Privatstellen: 1896 bekannt gegebene: Brüel (Mecklen¬
burg): Auskunft Thierarzt Fromm. — Daehre: Ausk. Kaufmann
Buhler. — Flörsheim: Meid, an Bürgermeister. - Garzweiler:
Näheres Bürgermeister. — Herrn stadt: Auskunft Magistrat.
— Oberpleis: Auskunft Bürgermeister. — Reisen (Posen):
Auskunft Magistrat. — Rliinow: Auskunft Magistrat. —
1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf): Thierarzt.
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Thierarzt,
Näheres durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Thierarzt Meldungen
an den Amtmann. — Butzbach: Näheres durch Apotheker.—
Creuzburg (Werra): Thicrarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an
Gemeindevorstand. — Dierdorf: Thicrarzt (100 M. Gemeinde¬
beiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel. — Drengfurt.
— Gleschendorf (FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Hohenstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe
700 M.). — Kemberg: Thierarzt (Zuschuss 300 M.). Auskunft
Magistrat. — Maulbronn: Thierarzt (Wartegeld 1000 M.). Auskunft
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam;: Thierarzt Meid, an
Magistrat. — Pitschen: Thierarzt. Näheres Magistrat. — Po llno w:
Thierarzt (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an
Magistrat. — Rödding: Thierarzt. Auskunft Amtsvorsteher. —
Schwarzenau: Thierarzt <800 M. für Fleischschau;. Näheres
Magistrat. — Waldbröl: Thierarzt $h. 1020 M. ausser Privatpraxis).
Besetzt: Staatsstellen: Adelnau, Wittraund.
Verantwortlich ftlr den Inhalt (excl. IusurateD’.heil) Prof. Dr. Schmaltz in Merlin. — Verlag und Eigontlium von Richard Schoctz in Merlin. — Druck von W. HUxcnatein, Berlin.
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Die „Berliner Ttaierirztliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich In Stärke von mindestens l'/j Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhendel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richara
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Alle Mauuscripfe, Mittheilungen und redaciionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW„ Luisenstrasse 56.
Correcturen, Kecensions-Kzemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von .
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 2 . Ausgegeben am 13. Januar.
1 n h a 1 1 : Schieferdecker. Vernichtung undVerwerthung von Fl eise habfällen und thierischen Cadavern. —
Delvoe: Serum-Anwendung bei Druse. — Referate: J e n s e n: Seruminjection als Vorbeugungsmittel gegen die Brust¬
seuche der Pferde. — Früh ne r: Ueber den Nervenschnitt. — Gorini: Der Milzbrand in der Mailänder Niederung und die
Gerbereien. — Landau: Ueber Organotherapie. — A1 b a rra n: Ueber den parasitären Ursprung des Carcinom. — Sneguire ff:
Ueber Vaporisation. — Bonn hoff: Versuche über die Möglichkeit der Uebertragung des Rotzcontagiums mittels Diphtherie-
heilBerum. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen. —
Bücheranzeigen-Personalien. — Vacanzen.
Vernichtung und Verwerthung von Fleischabfallen
und thierischen Cadavern.
Vortrag, gehalten in der 36. Sitzung des Thierärztlichen Vereins
in Westpreussen, Marienburg, den 7. November 1897, von Schlacht¬
hof-Director Schieferdecker- Danzig.
Eine wichtige Aufgabe der öffentlichen Gesundheitspflege ist
die unschädliche und nicht belästigende Beseitigung von Thier-
cadavern und Cadavertheilen. Angesichts der grossen Fortschritte,
welche die Gesundheitspflege in den letzten Jahrzehnten zu ver¬
zeichnen hat, muss es anffallen, dass bis vor Kurzem in dieser
Richtung wenig geschehen ist. Erst seitdem Schlachthäuser in
grosser Anzahl errichtet wurden, in denen es zur Beanstandung
von Thieren oder Thiertheilen und von Organen in grosser Menge
kam, bat man dieser Frage mehr Aufmerksamkeit entgegen¬
gebracht. Es ist daher erfreulich, dass in jüngster Zeit Hygiene
und Technik sich in gleicher Weise dieser Aufgabe zugewandt
und Apparate constrnirt haben, die es ermöglichen, dass die
Cadaver und Confiscate mit Sicherheit und in einer völlig un¬
schädlichen Weise beseitigt werden, wobei alle nutzbaren Stoffe
gewonnen werden. Die meisten der grösseren Schlachthöfe sind
mit derartigen Apparaten versehen and die Resultate, die man
mit denselben erzielt hat, lauten günstig.
Die bisherige Feseitigung der Cadaver und Confiscate, die
ich kurz schildern werde, bernht auf folgendem Verfahren. Das
älteste, aber anch das schlechteste Verfahren zur Beseitigung der
Thiercadaver bestand darin, dass man den Cadavern das Fell ab¬
zog und die abgehäuteten Thierkörper auf dem Schindanger liegen
Hess, wo sie der willkommene Ranb der aasfressenden Thiere
wurden. Dieses Verfahren, welcl es hauptsächlich in Frankreich
geübt wurde, wird mit dem treffenden Namen Aasabdeckerei be¬
zeichn« t. In Paris wurden noch bis Mitte dieses Jahrhunderts
die Cadaver auf diese Art beseitigt. Viele Tausende von Cadavern
wmrden jährlich nach dem Schindanger gebracht, die dort in
freier Luft verwesten und einen abscheulichen Geruch verbreiteten,
der die Luft auf weite Entfernungen verpestete. Bei uns in
Deutschland hat man nach diesem System Cadaver in grösserer
Menge nicht beseitigt. Nur auf dem Lande findet man noch di«
Unsitte, dass Cadaver von kleinen Hausthieren in ähnlicher Weise
behandelt and auf den Düngerhaufen oder in die Jauchegrube ge¬
worfen werden. Auch in Bächen, Gräben und Teichen findet man
nicht selten Cadaver oder Cadaverreste vor.
Die Gefahr, die diese Art der Beseitigung der Cadaver mit
sich bringt, besteht darin, dass die sich entwickelnden Fäulnissgase,
Kohlensäure, Kohlenwasserstoff, Schwefelwasserstoff etc., die Luft
stark verunreinigen undVergiftnngserscheinungen bei den Menschen
hervorrufen, und zweitens darin, dass vermittelst Stechfliegen ge¬
fährliche Gifte auf Menschen und Thiere übertragen werden
können. Die letztere Gefahr ist die grössere und nicht selten
soll der Milzbrand auf diese Weise unter den Thieren aasge¬
brochen sein.
Die Art der Beseitigung der Cadaver in den meisten unserer
Abdeckereien besteht seit undenklichen Zeiten in dem Vergraben.
Dieses Verfahren ist schon wesentlich besser, wenn es mit der
nöthigen Vorsicht ausgeführt wird und wenn die für die Auf¬
nahme der* Cadaver bestimmten Gruben hinreichend tief angelegt
werden. Die Gefahren lassen sich dann wesentlich mildern, aber
nicht ganz beseitigen* Es ist nicht nur häufig vorgekommen,
dass vergrabene Thiere unberechtigt wieder ausgegraben wurden,
wodurch eine Verbreitung von Krankheiten hervorgerufen ist,
sondern das Vergraben bietet auch keine genügende Sicherheit,
dass alle Seuchenkeime zerstört werden. Es sind Fälle in grosser
Anzahl bekannt geworden, in denen das Milzbrandgift sich
mehrere Jahre, ja sogar sechs Jahre und darüber im Boden
lebenskräftig erhalten hat.
Soll ein Wasenplatz allen Anforderungen der Hygiene ge¬
nügen, so sind bei seiner Anlage genau dieselben Vorsichts-
massregeln zu berücksichtigen, wie bei der Anlage menschlicher
Beerdigung8sätten. Für letztere schreibt das Gesetz heute ganz be¬
stimmte Bedingungen vor, welche in erster Linie die Lage zu
den nächsten menschlichen Wohnungen, sowie die Niveau- und
Grnndwa88erverhältni8se unter Berücksichtignng der nächsten
WasserentnahmeBtellen betreffen. Sodann kommt die Beschaffen¬
heit des Bodens hinsichtlich seiner physikalischen Eigenschaften
and seiner chemischen uud geologischen Zusammensetzung in
Betracht. Im Allgemeinen gilt als beste Bodenart für die Anlage
von Verscharrungsplätzen grobkörniger Kies; nicht ganz so ge¬
eignet ist feiner Kies, und noch weiter zurück steht Sandboden.
Kalkreiche Bodenarten, wie Kalkmergel bezw. Gipsmergel,
fördern die Verwesung, wohingegen ein stark humushaltiger Boden
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
wegen der leicht eintretenden Uebersättigung mit Fäulnissproducten
für Verscharrungsplätze durchaus ungeeignet ist.
Als absolut ungeeignet für die Anlage von Verscharrungs¬
plätzen sind alle Lelim- und Thonböden zu bezeichnen, da in
ihnen die Cadaver jauchig werden.
Was die Gefahren betrifft, die dem Boden und Grundwasser
durch eine Verseuchung drohen, so liegen exacte wissenschaft¬
liche Versuche vor, die im Kaiserlichen Gesundheitsamte angestellt
wurden.
Die zu diesem Zwecke in den Jahren 1885 bis 1891 von
Petri angestellten Versuche bezogen sich auf die Bestattung
kleiner Thiercadaver in reinem Sandboden. Sie hatten das Er¬
gebnis gehabt, dass die pathogenen Keime mit wenigen Aus¬
nahmen sehr rasch zu Grunde gegangen waren, ohne in infections-
tüchtigem Zustande in das Erdreich übergegangen zu sein.
Weitere Versuche wurden sodann von dem Stabsarzt Dr. Lösener
in der Zeit von Juni 1893 bis October 1895 ausgeführt und sollten
zur Beantwortung der Frage dienen, ob und inwieweit das Be¬
statten infectiöser Leichen in der Erde Gefahren für die Um¬
gebung in sich schliesse.
Zu Versuchsobjecten wurden Thiercadaver verwendet, die
mit den Krankheitserregern der gefährlichsten Seuchenkrankheiten
bei Menschen und Thieren versehen wurden. Die Cadaver wurden
in Holzsärge gelegt und lft bis 2 Meter tief in verschiedenen
Untergrund mit wechselnder Höhe des Grundwassers vergraben
und in Zwischenzeiten von einem Monat bis zu zwei Jahren
wieder ansgegraben.
Betreffs der Haltbarkeit der pathogenen Bacterien innerhalb
der begrabenen Thiercadaver wurde Folgendes ermittelt:
Bacterien mit den Eigenschaften der Typhusbacillen wurden
in den mit Typhusbacillen gefüllten Objecten nur bis zum
96. Tage nach der Eingrabung und zwar nur einmal gefunden.
Choleravibrionen erwiesen sich nur bis zu 28 Tagen in der
Fäulniss lebensfähig.
Der Nachweis lebensfähiger und virulenter Tuberkelbacillen
war nach 95 Tagen nicht mehr so sicher wie nach 60 Tagen und
gelang vom 123. Tage ab überhaupt nicht mehr. Tetanusbacillen
hatten sich 234 Tage lang in den Cadavern voll virulept erhalten.
Nach 361 Tagen konnten aber lebensfähige Tetanuskeime nicht
mehr gefunden werden.
Der Bacillus pyocyaneus war nur bis zum 33. Tage aus den
Cadavern isolirt worden.
Der Nachweis des Friedländerschen Pneumoniebacillus gelang
schon nach 28 Tagen nicht mehr, während der Micrococcus tetra-
genuB in dem gleichen Zeitraum sich lebensfähig gehalten hatte.
Milzbrandkeime hatten sich während der einjährigen Beob¬
achtungszeit voll virulent erhalten.
Schweinerothlaufbacillen fanden sich bis zu 234 Tagen in
den faulenden Objecten und waren während dieser Zeit auch
voll virulent.
Demnach würden Ausgrabungen infectiöser Thiercadaver
oder Umgrabungen der Wiesenplätze nur so lange Bedenken er¬
regen können, wie sich die betreffenden Bacterien haltbar zeigen.
Dieser Zeitraum würde bei Cadavern mit Pneumouiebacillen,
Tuberculose ein äusserst kurzer sein, sich dagegen für Milzbrand-
cadaver auf sehr lange Zeit erstrecken.
Bezüglich der Verschleppung der pathogenen Keime aus den
Cadavern wurde ermittelt, dass das Erdreich dicht unterhalb der
Gräbersohle frei von pathogenen Bacterien war.
Ferner erwies sich, dass die Bestattung infectiöser Cadaver
in einem Erdreich mit dauernd hohem oder abwechselnd hohem
und niedrigem Grundwasserstande in dem Falle keine hygienischen
Bedenken erregte, falls das die Cadaver umschliessende Erdreich
in einer geringen Stärke eine genügende Filtrationskraft besitzt.
Nachdem ich jetzt das Verscharren, das am häufigsten vor¬
kommende Verfahren zur Beseitigung von Thiercadavern und
thieri8chen Abfällen, etwas näher besprochen habe, komme ich zu
einer anderen, ebenfalls auf die ältesten Zeiten zurückzuführenden
Vernichtnngsart, dem Verbrennen. Dasselbe ist unwirtschaftlich
und erfordert erheblichen Kostenaufwand an Holz und Kohle.
Das ursprüngliche Verfahren, nämlich die Anwendung frei
brennender Scheiterhaufen, trifft man nur noch in Gegenden, wo
ausserordentlich viel Brennholz vorhanden ist.
Mit der Zeit ist man nun bei der Cadaveiverarbeitung darauf
bedacht gewesen, ausser der Unschädlichmachung der Krankheits¬
und Fäulnisskeime auch gewisse werthvolle Stoffe aus den
Cadavere zu gewinnen. Dieses Ziel suchte man zunächst durch
Anskochen zu erreichen. Bei diesem Verfahren werden die
Cadavertheile in offenen Kesseln mit Wasser und eventuell etwas
Schwefelsäure stundenlang gekocht, das dabei ausgetretene Fett
abgeschöpft und die ausgekochten Fleischmassen schliesslich
getrocknet. Hierbei entwickeln sich aber ganz abscheuliche
Gerüche, die die Luft verpesten, und da die Temperatur beim
Kochen in offenen Kesseln höchstens auf 100° C ansteigt, 60 ist
die Vernichtung der Seuchenkeime, von denen einzelne Tempera¬
turen über 100° C aushalten können, nicht gesichert.
Meine Herren! Alle die bisher beschriebenen Verfahren zur
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile entsprechen,
wie wir gesehen haben, nicht den heutigen Anforderungen der
Hygiene. Bei der Cadaverbeseitigung ist nicht allein dafür
Sorge zu tragen, dass die Seuchenkeime vernichtet, Luft, Boden
und Grundwasser nicht verunreinigt, sondern es ist auch gebührend
Rücksicht darauf zu nehmen, dass bei einer sachgemässen Un¬
schädlichmachung alle brauchbaren Producte gewonnen werden,
wodurch der Schaden, der die Interessenten betrifft, gemildert
wird. Diese Aufgabe ist, wie ich bereits zu Anfang meines Vor¬
trages erwähnte, gelöst, und es ist dem vereinten Bestreben der
Technik und Hygiene gelungen, Apparate zu construiren, die
dieses ermöglichen. Die Apparate beruhen auf dem Princip der
Dampfsterilisation bei hohem Druck. Bei diesem Verfahren
kommt das zu verarbeitende Material in hermetisch geschlossene
Gefässe, in welchen Dampf mit einem Druck von mehreren
Atmosphären einwirkt; die Producte, die gewonnen werden, sind
Dungpulver, Fett und Leim.
Im Folgenden werde ich die wichtigsten dieser Apparate
einer Besprechung unterziehen.
Der älteste dieser Apparate ist das System de la Croix, benannt
nach dem Director des Schlachthofes in Antwerpen. Der von
diesem construirte Apparat ist von der Firma Rietschel und
Henneberg, nachdem wesentliche Verbesserungen unter dem
Namen Kafilldesinfector getroffen worden sind, in Deutschland
eingeführt und auf verschiedenen Scblachthöfen in Thätigkeit.
Der Kafilldesinfector besteht aus drei aufrecht stehenden durch
Rohrleitungen mit einander verbundenen Cylindern, dem Sterili¬
sator, Recipient und Condensator. Der Sterilisator ist mit einem
Doppelmantel versehen und dient zur Aufnahme und zur Durch¬
dämpfung der zu verarbeitenden Cadavertheile. Sowohl das Innere
als wie auch der Mantel des Sterilisators stehen durch Rohr¬
leitung mit einem Dampfkessel, von dem der Dampf bezogen
wird, in Verbindung. Während des Dampfprocesses werden die
ausgetretenen Flüssigkeiten, Fett und leimhaltige Fleischbrühe,
durch den im Sterilisator herrschenden Dampfdruck aus dem¬
selben von Zeit zu Zeit nach dem Recipienten übergedrückt.
Hier findet die Scheidung des Fettes von der Fleischbrühe statt,
so dass beide getrennt durch verschieden hoch angebrachte Hähne
abgezapft werden können. Der sich an den Recipienten an-
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13. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
15
schlie88ende Condensator dient znm Niederschlagen der abziehen¬
den Dämpfe and Gase. Der hierbei übrig bleibende Rest von
Gasen wird durch eine Rohrleitung der Kesselfeuerung zugeführt.
Nach beendigter Durchdämpfung werden die durchgekochten
.Fleisch- und Knochenmassen durch die an der Seite des Sterili¬
sators angebrachte Oeffnung herausgenommen, um in einem
besonderen Trockenschrank getrocknet zu werden. Darnach
werden die getrockneten Massen in einer kleinen Mühle zu Pulver
vermahlen.
Der Apparat, der bei nns in Danzig auf dem Schlachthofe
aufgestellt ist und meines Wissens auch in Spandau, Karlsruhe
und Elberfeld in Thätigkeit ist, arbeitet nicht geruchlos, wie von
der Firma Rietschel u. Henneberg behauptet wird.
Ganz geruchlos werden wohl die auch noch weiter zu be¬
trachtenden Apparate nicht arbeiten, denn bei ihnen werden auch
gerade wie beim Kafilldesinfector die sich nicht im Condensator
niederschlagenden Gase und Dämpfe unter die Kesselfeuerung
geleitet, wo sie verbrannt werden sollen. Die Theorie ist ganz
schön, aber es gelingt nicht alle Gase zu verbrennen, und ein
Theil wird immer mit dem Rauch aus dem Schornstein ent¬
weichen und die Luft verunreinigen, daher kamen denn auch, gleich
nachdem der Apparat einige Zeit bei uns in Thätigkeit war, von
den in der Nähe der Schlacht- und Viehhöfe wohnenden Personen
Beschwerden. Wir haben hier in der Weise Abhilfe geschaffen,
dass wir den Schornstein der Kafilldesinfectionsanlage bedeutend
erhöhten, wodurch sich die Gase mehr der Luft mittheilen können
und daher im ganz verdünnten Zustande nach unten kommen.
Ein weiterer Mangel des Kafilldesinfectors ist der, dass die
nach einer 8—10 ständigen Kochdauer erhaltenen Halbproducte, die
durchkochten Fleisch- u. Knochenmassen, umgeladen werden müssen,
um in einem Trockenschrank auf eisernen Platten getrocknet zu
werden. Auch hierbei haben sich Unzuträglichkeiten heraus¬
gestellt.
Wesentlich besser scheint mir das „System Podewils zur
Verarbeitung von thierischen Cadavern“ zu Bein. Das Arbeits¬
verfahren mit dem Podewils’schen Apparat unterscheidet sich
von dem des Kafilldesinfectors wesentlich dadurch, dass die
Trocknung der durchdämpften Fleisch- und Knochenmassen in
demselben Apparat erzielt wird.
Den Hanpttheil des Apparates bildet eine starke, doppel¬
wandige, rotirende Trommel, in deren Innern sich eine frei-
bewegliche Walze befindet, um die durchkochten Fleich- und
Knochenmassen zu zerdrücken. Die Ableitung der extrahirten
Flüssigkeiten, des Fettes und der leimhaltigen Fleischbrühe, und
die Beseitigung der übelriechenden Gase wird im Princip in der¬
selben Weise wie beim Kafilldesinfector bewerkstelligt. Das
Princip, die Durchkochung und Trocknung des zu verarbeitenden
Materials in einem und demselben Gefässe auszuführen, bedeutet
jedenfalls einen erheblichen Fortschritt dem Kafilldesinfector
gegenüber. Der Mangel, der diesem Apparat anhaften soll —
mir ist er vom Ansehen, nicht aber aus eigener Erfahrung be¬
kannt — soll der sein, dass die Entfettung der Cadavertheile
ungenügend ist, weil die ganze Masse von Fleisch, Knochen,
Leimbrühe und Fett durcheinander gerührt wird zur Zer¬
kleinerung der Fleisch- und Knochentheile durch die Walze.
Dieser Umstand soll es bedingen, dass das Cadavermehl einen
erheblich höheren Fettgehalt besitzt als die Producte anderer
Systeme.
Dementsprechend soll auch ein Ausfall an der Fettausbeute
mit dem Apparat zu verzeichnen sein.
Ein anderer Apparat der neuesten Zeit ist der von der
Firma B. A. Hartmann in Berlin construirte Extractionsapparat.
Derselbe arbeitet mit indirectem Dampf und zwar in der Weise,
dass der vom Kessel herrührende Dampf nicht unmittelbar dem
Rohmaterial zugeführt wird, sondern indem indirect durch Ver¬
mittelung des Kesseldampfes das aus dem Fleisch abtropfende
Wasser verdampft und in dem hieraus erzeugten Dampf das Roh¬
material gekocht wird. In seiner Construction hat der Apparat
viel Aehnlichkeit mit dem Kafilldesinfector. Man unterscheidet
an demselben den Sterilisator, welcher in seinem unteren Theile
den Fettabscheider enthält, den Condensator und den Verdampfer.
Der Apparat soll, da er nur mit indirectem Dampf arbeitet, zu
langsam und daher zu kostspielig arbeiten. Ausserdem theilt er
auch den Mangel des Kafilldesinfectors, dass die durchkochten
Knochen- und Fleischmassen zum Zwecke der Trocknung um¬
geladen werden müssen.
Der neueste und, wie man schreibt, auch der vollkommenste
Apparat ist das „Otte’sche System“. Derselbe wird von der
Actiengesellschaft für Trebertrocknung in Cassel fabricirt
Nach dem Prospect ist der wichtigste Theil des Apparates
der Desinfector oder Sterilisator, welcher ein doppelwandiger,
feststehender Cylinder im Innern mit einer gelochten Trommel
ist, in der sich eine Walze befindet, welche den Zweck hat, die
extrahirten Cadaver zu zerkleinern und durch die Löcher der
Trommel in den inneren Mantel, den Trockenraum, zu befördern.
Die perforirte Trommel ist auf einer starken Walze gelagert
und kann durch ein Antriebsschneckenrad sowohl rückwärts als
vorwärts gedreht werden. Im inneren Mantel des festen Cylinders
befinden sich Schaufeln und Bürsten, welche das Fleischmehl be¬
wegen und wenden, wodurch der Trocknungsprocess wesentlich
beschleunigt wird, und nach Beendigung desselben den Apparat
selbstthätig entleeren. Mit diesem Sterilisator ist ein Fett¬
abscheider, Recipient, verbunden, in welchen die Leimbrühe und
das Fett continuirlich abflicssen, während die Gase durch einen
Ejector abgesaugt und unter die Dampfkesselfeuerung abgeführt
werden.
Die Vorzüge dieses Apparates sollen darin bestehen, dass er
vollständig geruchlos arbeitet und die eingesetzten Rohmaterialien
den Apparat als fertige Producte verlassen.
Was die Rentabilität der einzelnen Apparate betrifft, so
wird von den Firmen, welche dieselben construiren, behauptet,
dass dieselbe eine ziemlich hohe sei. Um dies zu beweisen, sind
Probeversuche angestellt, auf Grund deren die Rentabilität be¬
rechnet wird. Einen solchen Versuch finden wir auch in dem
Prospect, welchen die Actiengesellschaft für Trebertrocknung ver¬
schickt, veröffentlicht. Zu dem Versuche wurden verwendet:
2 Pferde,
\ Rinder,
2 kl. Schweine,
4 Kälber (uugeboren)
10 Hunde.
Zus. 1200 kg.
Hieraus wurden gewonnen.
310 kg Fett, k 0,28 Mk. per kg = 86,80 Mk.
217 „ Dungpulver ä 0,08 „ „ „ = 17.15 „
Summa 104,15 Mk.
Davon gehen die Ausgaben im Betrage v on 31,50 „ ab ,
so dass ein Reingewinn von 72,65 Mk.
verbleibt.
Das wäre ein recht günstiges Resultat. In Wirklichkeit
wird sich die Sache aber wesentlich anders stellen, denn es
dürften nicht immer solche fetten Kadaver, die 26 pCt. Fett
liefern, znr Verarbeitung kommen. In der Regel bekommt der
Abdecker abgemagerte Cadaver, die eine viel geringere Ausbeute
an Fett geben werden. Es scheinen mir daher auch die Resultate,
wie sie in dem Prospect über das Podewils'sehe System ver-
e
14
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
wegen der leicht eintretenden Uebersättigung mit Fäulnissproducten
für Verscharrungsplätze dnrchaus ungeeignet ist
AIb absolut ungeeignet für die Anlage von Verscharrungs¬
plätzen sind alle Lehm- und Thonböden zu bezeichnen, da in
ihnen die Cadaver jauchig werden.
Was die Gefahren betrifft, die dem Boden und Grundwasser
durch eine Verseuchung drohen, so liegen exacte wissenschaft¬
liche Versuche vor, die im Kaiserlichen Gesundheitsamte angestellt
wurden.
Die zu diesem Zwecke in den Jahren 1885 bis 1891 von
Petri angestellten Versuche bezogen sich auf die Bestattung
kleiner Thiercadaver in reinem Sandboden. Sie hatten das Er¬
gebnis gehabt, dass die pathogenen Keime mit wenigen Aus¬
nahmen sehr rasch zu Grunde gegangen waren, ohne in infections-
tüchtigem Zustande in das Erdreich übergegangen zu sein.
Weitere Versuche wurden sodann von dem Stabsarzt Dr. Lösener
in der Zeit von Juni 1893 bis October 1895 ausgeführt und sollten
zur Beantwortung der Frage dienen, ob und inwieweit das Be¬
statten infectiöser Leichen in der Erde Gefahren für die Um¬
gebung in sich schliesse.
Zu Versuchsobjecten wurden Thiercadaver verwendet, die
mit den Krankheitserregern der gefährlichsten Seuchenkrankheiten
bei Menschen und Thieren versehen wurden. Die Cadaver wurden
in Holzsärge gelegt und lü bis 2 Meter tief in verschiedenen
Untergrund mit wechselnder Höhe des Grundwassers vergraben
und in Zwischenzeiten von einem Monat bis zu zwei Jahren
wieder ausgegraben.
Betreffs der Haltbarkeit der pathogenen Bacterien innerhalb
der begrabenen Thiercadaver wurde Folgendes ermittelt:
Bacterien mit den Eigenschaften der Typhusbacillen wurden
in den mit Typhusbacillen gefüllten Objecten nur bis zum
96. Tage nach der Eingrabung und zwar nur einmal gefunden.
Choleravibrionen erwiesen sich nur bis zu 28 Tagen in der
Fäulniss lebensfähig.
Der Nachweis lebensfähiger und virulenter Tuberkelbacillen
war nach 95 Tagen nicht mehr so sicher wie nach 60 Tagen und
gelang vom 123. Tage ab überhaupt nicht mehr. Tetanusbacillen
hatten sich 234 Tage lang in den Cadavern voll virulept erhalten.
Nach 361 Tagen konnten aber lebensfähige Tetanuskeime nicht
mehr gefunden werden.
Der Bacillus pyocyaneus war nur bis zum 33. Tage aus den
Cadavern isolirt worden.
Der Nachweis des Friedländerschen Pneumoniebacillus gelang
schon nach 28 Tagen nicht mehr, während der Micrococcus tetra-
genus in dem gleichen Zeitraum sich lebensfähig gehalten hatte.
Milzbrandkeime hatten sich während der einjährigen Beob¬
achtungszeit voll virulent erhalten.
Schweinerothlanfhacillen 'fanden sich bis zu 234 Tagen in
den faulenden Objecten und waren während dieser Zeit auch I
voll virulent.
Demnach würden Ausgrabungen infectiöser Thiercadaver
oder Umgrabungen der Wiesenplätze nur so lange Bedenken er¬
regen können, wie sich die betreffenden Bacterien haltbar zeigen.
Dieser Zeitraum würde bei Cadavern mit Pneumoniebacillen,
Tuberculose ein äusserst kurzer sein, sich dagegen für Milzbrand-
cadaver auf sehr lange Zeit erstrecken.
Bezüglich der Verschleppung der pathogenen Keime aus den
Cadavern wurde ermittelt, dass das Erdreich dicht unterhalb der
Gräbersohle frei von pathogenen Bacterien war.
Ferner erwies sich, dass die Bestattung infectiöser Cadaver
in einem Erdreich mit dauernd hohem oder abwechselnd hohem
und niedrigem Grnndwasserstande in dem Falle keine hygienischen
Bedenken erregte, falls das die Cadaver umschliessende Erdreich
in einer geringen Stärke eine genügende Filtrationskraft besitzt
Nachdem ich jetzt das Verscharren, das am häufigsten vor¬
kommende Verfahren zur Beseitigung von Thiercadavern und
thierischen Abfällen, etwas näher besprochen habe, komme ich zn
einer anderen, ebenfalls auf die ältesten Zeiten zurückzufübrenden
Vernichtungsart, dem Verbrennen. Dasselbe ist unwirthschaftlich
und erfordert erheblichen Kostenaufwand an Holz und Kohle.
Das ursprüngliche Verfahren, nämlich die Anwendung frei
brennender Scheiterhaufen, trifft man nur noch in Gegenden, wo
ausserordentlich viel Brennholz vorhanden ist.
Mit der Zeit ist man nun bei der Cadaveiverarbeitung darauf
bedacht gewesen, ausser der Unschädlichmachung der Krankheits¬
und Fäulnisskeime auch gewisse werthvolle Stoffe aus den
Cadavere zu gewinnen. Dieses Ziel suchte man zunächst durch
Auskochen zu erreichen. Bei diesem Verfahren werden die
Cadavertheile in offenen Kesseln mit Wasser und eventuell etwas
Schwefelsäure stundenlang gekocht, das dabei ansgetretene Fett
abgeschöpft und die ausgekochten Fleischmassen schliesslich
getrocknet. Hierbei entwickeln sich aber ganz abscheuliche
Gerüche, die die Luft verpesten, und da die Temperatur beim
Kochen in offenen Kesseln höchstens auf 100° C ansteigt, so ist
die Vernichtung der Seuchenkeime, von denen einzelne Tempera¬
turen über 100° C aushalten können, nicht gesichert.
Meine Herren! Alle die bisher beschriebenen Verfahren zur
Beseitigung thierischer Cadaver und Cadavertheile entsprechen,
wie wir gesehen haben, nicht den heutigen Anforderungen der
Hygiene. Bei der Cadaverbeseitigung ist nicht allein dafür
Sorge zu tragen, dass die Seuchenkeime vernichtet, Luft, Boden
und Grundwasser nicht verunreinigt, sondern es ist auch gebührend
Rücksicht darauf zu nehmen, dass bei einer sachgemässen Un¬
schädlichmachung alle brauchbaren Producte gewonnen werden,
wodurch der Schaden, der die Interessenten betrifft, gemildert
wird. Diese Aufgabe ist, wie ich bereits zu Anfang meines Vor¬
trages erwähnte, gelöst, und es ist dem vereinten Bestreben der
Technik und Hygiene gelungen, Apparate zu construiren, die
dieses ermöglichen. Die Apparate beruhen auf dem Princip der
Dampfsterilisation bei hohem Druck. Bei diesem Verfahren
kommt das zu verarbeitende Material in hermetisch geschlossene
Gefässe, in welchen Dampf mit einem Druck von mehreren
Atmosphären ein wirkt; die Producte, die gewonnen werden, sind
Dungpulver, Fett und Leim.
Im Folgenden werde ich die wichtigsten dieser Apparate
einer Besprechung unterziehen.
Der älteste dieser Apparate ist das System de la Croix, benannt
nach dem Director des Schlachthofes in Antwerpen. Der von
diesem construirte Apparat ist von der Firma Rietschel und
Henneberg, nachdem wesentliche Verbesserungen unter dem
Namen Kafilldesinfector getroffen worden sind, in Deutschland
eingeführt und auf verschiedenen Schlachthöfen in Thätigkeit
Der Kafilldesinfector besteht ans drei aufrecht stehenden dun
Rohrleitungen mit einander verbundenen Cylindern, dem
sator, Recipient und Condensator. Der Sterilisator ist
Doppelmantel versehen und dient zur Aufnahme und
dämpfung der zu verarbeitenden Cadavertheile. Sow*
als wie auch der Mantel des Sterilisators stel
leitung mit einem Dampfkessel, von dem dt
wird, in Verbindung. Während des Dampfp
ausgetretenen Flüssigkeiten, Fett und leii
durch den im Sterilisator herrschender
selben von Zeit zu Zeit nach
Hier findet die Scheidung de ■
so dass beide getrennt durrl
abgezapft
13. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHKNSCURlPtt
schliessende Condensator dient zum Niederschlagen der abziehen¬
den Dämpfe und Gase. Der hierbei übrig bleibende Rest von
Gasen wird durch eine Rohrleitung der Kesselfeuerung zngeführt.
Nach beendigter Durchdämpfung werden die durchgekochten
Fleisch- und Knochenmassen durch die an der Seite des Sterili¬
sators angebrachte Oeft'uung herausgenommen, um in einem
besonderen Trockenschrank getrocknet zu werden. Darnach
werden die getrockneten Massen in einer kleinen Mühle zu Pulver
vermahlen.
Der Apparat, der bei uns in Danzig auf dem Schlachthofe
aufgestellt ist und meines Wissens auch in Spandau, Karlsruhe
und Elberfeld in Thätigkeit ist, arbeitet nicht geruchlos, wie von
der Firma Rietschel u. Henneberg behauptet wird.
Ganz geruchlos werden wohl die auch noch weiter zu be¬
trachtenden Apparate nicht arbeiten, denn bei ihnen werden auch
gerade wie beim Kafilldesinfector die sich nicht im Condensator
niederschlagenden Gase und Dämpfe unter die Kesselfeuerung
geleitet, wo sie verbrannt werden sollen. Die Theorie ist ganz
schön, aber es gelingt nicht alle Gase zu verbrennen, und ein
Theil wird immer mit dem Rauch aus dem Schornstein ent¬
weichen und die Luft verunreinigen, daher kamen denn auch, gleich
nachdem der Apparat einige Zeit bei uns in Thätigkeit war, von
den in der Nähe der Schlacht- und Viehhöfe wohnenden Personen
Beschwerden. Wir haben hier in der Weise Abhilfe geschaffen,
dass wir den Schornstein der Kafilldesinfectionsaulage bedeutend
erhöhten, wodurch sich die Gase mehr der Luft mittheilen können
und daher im ganz verdünnten Zustande nach unten kommen.
Ein weiterer Mangel des Kafilldesiufectors ist der, dass die
nach einer 8—lOstündigen Kochdauer erhaltenen Halbproducte, die
durchkochten Fleisch- u. Knochenmassen, umgeladen werden müsses.
um in einem Trockenschrank auf eisernen Platten getrocknet zx
werden. Auch hierbei haben sich Unzuträglichkeiten her&ü*-
gestellt.
Wesentlich besser scheint mir das „System Podewils zxr
Verarbeitung von thierischen Cadavern“ zu sein. Das Ari*tr3-
verfahren mit dem Podewils’schen Apparat unterscheid«
von dem des Kafilldesinfectors wesentlich dadurch, dü- iii-
Trocknung der durchdämpften Fleisch- und Knochenm*s*ta n
demselben Apparat erzielt wird.
Den Haupttheil des Apparates bildet eine starke nmpt-
wandige, rotirende Trommel, in deren Innern siel eik t*—
bewegliche Walze befindet, um die durchkochten »
Knochenmassen zu zerdrücken. Die Ableitung der - —
Flüssigkeiten, des Fettes und der leimhaltigen Fl-i'-^n-ir »
die Beseitigung der übelriechenden Gase wird im j i
selben Weise wie beim Kafilldesinfector *
Princip, die Durchkochung und Trocknung des n
Materials in einem und demselben Gefässe at erirLr“.
jedenfalls einen erheblichen Fortschritt den r r-
gegenüber. Der Mangel, der diesem Apparr aumai : » ~
mir ist er vom Ansehen, nicht aber aus «e Lärx
kannt — soll der sein, dass die Entf ern - ±r
ungenügend ist, weil die ganze Masse v-a T
Leimbrüho und Fett durcheinander r_— * ~
kleinerung der Fleisch- und Knocler_-_ sr- ■
Dieser Umstand soll es bedingen, dm - -
erheblich höheren Fettgehalt besitz: ac 1
Systeme.
Dementsprechend soll auch en jm-
mit dem Apparat zu verzeichnet ei
Ein anderer Apparat de:
Firma B. A. Hartmann i
Derselbe arbeitet mit in
dass der '('in KltHl MtWMIM »
Rohmaterial zugvftihit •
mittelung dos KosstcUlAmp'o.' »I»' '
Wasser vordampft «ad i* dos*
material gekocht witv! la >>. »n' A
viel Aehnlichkatt mit dmn
an demselben den SttrtMH
den Fettab seb e i der edMfc
Der Apparat soll, da s* »fc da
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Der neueste ani. 1
Apparat
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Bestande
. — Bei
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ll grösserer
:en Pferde
adelt. Die
»rustseuche
r Versuche
auch zwei
■ Impfung),
pfung aus-
geimpften
die Seuche
jedoch nur
dieser Be-
libusgesell-
Von 109
ärz wurde
tens sechs
24 Pferde
März mit
de je nach
llh an Serum allmählich mit je zwei-
Mai hin behandelt. Für 41 dem Be-
I gehörende und noch nicht durchseuchte
* zu beschaffen, da man vor Allem die
■sichtigte. Von allen geimpften Pferden
Kink, von den nicht geimpften 41 erkrankten
I ichefreiheit des Bestandes dauerte bis Ende
.i neuer Seucheausbruch constatirt, dem bald
den neu zugekauften (mit Serum behandelten)
Die immunisirende Wirkung des Serums, wenn
ommen werden soll, hatte also auch hier nur
.»gehalten. Bei diesem zweiten Seuclieugange er-
P l'ferde mit zwei Todesfällen. Nun wurden die 86
griffenen, sowie 14 neu zugekaufte Pferde wiederum
rum behandelt. Von diesen so behandelten Tbieren er-
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16
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
öffentlicht sind, viel zutreffender zu sein. Hiernach wurden auf
der städtischen Abdeckerei zu Hamburg von November 189:1 bis
October 1894: 569 565 kg Rohmaterial verarbeitet, woraus
53 350 kg Fett = 9,04 pCt. und 139 456 kg Dungpulver
= 24,49 gewonnen wurden. Aehnlich lauten auch die Probe¬
versuche mit dem Kafilldesinfector und mit dem Hartmann’schen
Apparat.
Wesentlich ungünstiger als auf den Abdeckereien gestalten
sich die Resultate in den Schlachthäusern, wo verhältnissmässig
wenig Cadaver, aber grosse Mengen von Organen, Lungen,
Lebern, Gebärmuttern und ungeborenen Kälber, die sehr fettarm
und wasserreich sind, zur Verarbeitung kommen, wie aus folgenden
Angaben, die mit unserem Apparat erzielt sind, zu ersehen ist.
Es wurden demselben im Jahre 1896: 196$ Thiere im Gewicht
von 21 076 kg und eine grosse Anzahl von Organen im Gewicht
von 142 716 kg, zusammen 163 792 kg überwiesen. An Producten
wurden daraus gewonnen:
7 243 kg Fett = 4,42 pCt. und
12 464 kg Dungpulver = 7,61 pCt.
Erlöst wurden für
100 kg Fett durchschnittlich 33 Mk. = 2390,19 Mk.
und für 100 kg Du ngpulver _ 12 „ = 1495,68 „
zusammen: 3885,87 Mk.
Wenn man nun bedenkt, dass wir jetzt aus der Confiscation,
die früher als werthlos der Abdeckerei überwiesen wurde, eine
jährliche Einnahme von 3885 Mk. 87 Pf. erzielen, so sollte man
glauben, dass dies ein recht günstiges Resultat wäre. Dem ist
aber nicht so, denn den Einnahmen stehen fast ebensoviel Aus¬
gaben gegenüber, so dass wir in den drei Jahren, seitdem der
Apparat bei uns in Thätigkeit ist, noch keine Ueberschüsse er¬
zielen konnten. Immerhin sind wir aber froh, denselben zu be¬
sitzen, denn wir haben die Gewissheit, dass alle Seuchenkeime
sicher zerstört werden und ekelhaftes, gesundheitsschädliches
Fleisch nicht wieder in den Verkehr gelangt, wie dies schon
wiederholt in anderen Städten geschehen ist.
Es bleibt mir nur noch übrig, einige Mittheilungen über die
gewonnenen Producte zu' machen. Dieselben sind bekanntlich
Dungpulver, Fett und Leim.
Das Dungpulver stellt eine bräunliche Masse dar und enthält
nach den Untersuchungen, die wir wiederholt haben anstellen
lassen, 9 bis 10 pCt. Phosphorsäure und 9 bis 10 pCt. Stickstoff.
Dasselbe ist bisher nicht nur als Düngemittel, sondern auch als
Vieh- und Fischfutter verwendet worden. Die in Westpreussen
mit dem Dungpulver von den Oberförstereien angestellten Ver¬
suche sind sehr günstig ausgefallen, so dass von denselben immer
neue Bestellungen eingehen. Auch die hiesigen Gärtnereien
preisen das Dungpulver als ein ganz vorzügliches Düngemittel.
Nur die Landwirthe haben demselben noch wenig Beachtung ge¬
schenkt. Um dasselbe auch für die Landwirtschaft nutzbar zu
machen, haben wir im vergangenen Frühjahr mehrere Centner
der Landwirthschaftskammer mit dem Ersuchen zur Verfügung
gestellt, Versuche damit anstellen zu wollen. Ueber die Resultate
der Versuche ist bisher noch nichts bekannt geworden.
Ein Versuch, der von einem Landwirth gemacht wurde, das¬
selbe als Mastfutter für Schweine und Geflügel zu verwenden,
scheint nicht besonders gut ausgefallen zu sein, da weitere Be¬
stellungen nicht erfolgt sind.
Besser scheint es sich als Fischfutter zu bewähren. Einzelne
Fischzüchter haben damit ganz günstige Resultate erzielt und
beziehen daher dasselbe schon seit zwei Jahren regelmässig in
kleineren Quantitäten.
Der Preis, den wir bisher für das Dungpulver erzielten, belief
sich auf 6 Mk. für den Centner.
Das Fett ist grau, graubraun bis dunkelbraun. Die Farbe
richtet sich ganz nach dem Rohmaterial. Werden Cadavertbeile
von Sehweiten verarbeitet, so ist die Farbe heller, dunkler da¬
gegen, wenn das Rohmaterial aus Cadavertheilen von Schafen,
Pferden und Rindein besteht. Das Fett findet zur Seifenfabrication
Vt-rwendung und wird besonders das helle bevorzugt. Auch zum
Schmieren weniger werthvoller Maschinen haben wir dasselbe ab¬
gegeben. Während nun das Dungpulver noch nicht den ge¬
wünschten Absatz gefunden hat und wir davon immer grössere
Mengen auf Lager haben, so ist das Fett bisher sehr leicht ver¬
käuflich gewesen. Die Preise, die für dasselbe gezahlt wurden,
schwankten zwischen 15 bis 20 Mk. pro Centner.
Der aus der leimhaltigen Fleischbrühe durch Eindampfen ge¬
wonnene Leim ist nur ein minderwerthiges Product. Wir ge¬
winnen denselben nicht, sondern lassen die ganze Fleischbrühe
in die Canalisation ablaufen. Auch von Rietschel & Henne¬
berg ist zum Kafilldesinfector ein Apparat zur Gewinnung des
Leimes construirt worden. Wir haben diesen Apparat aber nicht
beschafft, denn die Untersuchung der leimhaltigen Fleischbrühe,
die wir durch hiesige Chemiker anstellen Hessen, hat ergeben,
dass der Leim verbrannt ist, weil er bei zu hohem Druck ge¬
wonnen wodurch ihm die Gelatinirfähigkeit genommen wird.
Auf einen hohen Gewinn wird daher wohl bei der Gewinnung
dieses Leimes gar nicht zu rechnen sein Der für denselben ge¬
zahlte Preis soll 5 bis 6 Mk. pro Centner betragen.
Ich bin nun am Ende meiner Ausführungen angelangt und
hege den Wunsch, dass alle betheiligten Behörden in Zukunft
dieser Angelegenheit mehr Interesse widmen und für eine sichere
und nnschädHche Beseitigung der Thiercadaver und Cadavertheile
Sorge tragen möchten, wodurch zur Erhaltung der Gesundheit
unserer Mitmenschen wesentlich mit beigetragen wird.
Serum-Anwendung bei Druse.
Von
Delvos- Gladbach,
Thierarzt.
Serumbehandlung.
Die Klagen der Händler und grösseren Gutsbesitzer über
Erkrankung an Druse veranlasst mich, das Serum von aus-
gedrnsten Pferden therapeutisch zu verwenden. Die Gewinnung
des Serums ist sehr einfach. Am wirksamsten ist das Serum
von nicht zu fett genährten Pferden oder stark gedrusten Pferden.
Ist die Druse Überstauden, so soll man nicht zu lange mit dem
Aderlass zögern. Ich nehme gewöhnHch 4 Liter Blut ab und er¬
halte 900 bis 1000 Gramm reines, klares Serum. Während das
Blut aus der Jugularis ausströmt, lasse ich das Blut rühren und
ebenso zehn Minuten nachher bis zur Gerinnung. Das in dem
sterilisirten Gefilsse enthaltene Blut bleibt drei bis vier Tage in
Eis stehen, und es setzt sich an der Oberfläche helles, zuweilen mit
Blutfarbstoff vermischtes Serum ab. Das Serum wird durch ein
sterilisirtes Tuch in eine Porzellanschale gegossen, bis zu 70° C.
unter Verschluss mit Zusatz von $ pCt. reiner Carbolsäure er¬
wärmt und zur Aufbewahrung in dunkle Gefässe gegossen.
Die Injectionen an den Pferden des Händlers S. Flatau zu
M.-Gladbach führe ich hier an.
Gegeben wurde pro Pferd 20 Gramm Serum.
Die ersten 16 Pferde hatten bereits acht Tage in dem Stalle
des Herrn Simon Flatau gestanden, waren also jeder mögUcken
Infection ausgesetzt gewesen.
Sichtlich an Druse erkrankt waren drei. Die Drüsen der
Kinnlade geschwollen. Der Appetit sehr mangelhaft. Die übrigen
13 Pferde husteten zuweilen, doch kein Nasenausfluss. An dem
Tage nach der Injection war die Temperatur bei den drei Pferden
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13. Januar 1898.
um 1 bis 1&° C. gestiegen. Nachmittags trat ein sehr starker
und anhaltender Nasenausfluss ein. Der Appetit wurde auffallend
gut, das Auge sehr lebhaft, die Anschwellung der Kehlgangdrüsen
war fast Null. Die übrigen 13 Pferde hatten keine Temperatur¬
erhöhung. Es stellte sich geringer Nasenausfluss ein und die
Thiere hatten während der 14 tägigen Beobachtung ihren Nähr¬
zustand und ihr Temperament normal erhalten.
Eine zweite Serie Pferde, 30 Stück, wurde kurz nach dem
Zugang in den betreffenden Stall mit Serum geimpft. Eine Er¬
höhung der Temperatur stellte sich bei keinem Pferde nach der
Injection ein. Es ist deshalb wohl anzunehmen, dass obige
Temperaturerhöhung (drei Pferde) wohl der vorgeschrittenen
Druse zuzuschreiben ist. Diese Pferde husteten in den nächsten
Tagen zuweilen, auch ein minimaler Nasenausfluss stellte sich
ein, aber irgend eine Drüsenanschwellung oder sonstige Druse¬
anzeichen waren nicht sichtbar.
Vor acht Tagen wurden noch 14 Pferde mit je 20 Gramm
Serum geimpft. Der Erfolg wie früher. Von dem Elberfelder
Markt kam ein belgisches schweres Karrenpferd nach hier. Am
zweiten Tage stellten sich unter erheblichen Nasenanschwellungen
grössere Geschwülste am Bauche und Oedeme an den Hinter¬
und Vorderfüssen ein. Es. stellte das Pferd eiue Collectiv - Er¬
krankung mit Blutfleckenerkrankung dar.
Am ersten Tage wurden 30 Gramm Serum injicirt. Keine
Temperaturerhöhung am folgenden Tage. Das Auge schien etwas
lebhafter. Appetit gering, nur etwas Wasser konnte mühsam ge¬
schluckt werden. Am dritten Tage wurden 40 Gramm Serum
injicirt.
Am vierten Tage Nachmittags nahmen die Oedeme sichtlich
ab und am fünften Tage trat bei reichlichem Nasenausfluss eine
Rückbildung sämmtlicher Anschwellungen ein. Die Respiration
wurde normal. Die Bewegung der Kauwerkzeuge war nicht be¬
hindert, und es wurde dem Pferde das gewöhnliche Haferfutter ge¬
geben.
Dieser letzte Fall ist interessant für die Collegen, welche in
Pferdehändlerställen prakticiren, und ich möchte diesen Kranken
um so mehr hervorheben, als diese Sorte Erkrankungen gewöhn¬
lich gerne letal endigen. Ob hier das Serum allein die schnelle
Auslösung des Infectionsstoffes bewirkt hat, muss die Beobachtung
weiterer erkrankter Pferde lehren.
Drei amerikanische Pferde, von Antwerpen hierher trans-
portirt, kamen mit Druse behaftet hier an. Der Husten war sehr
gereizt und wurde häufig wiederholt. Anschwellungen der Hinter¬
beine.
Kurz nach dem Einstellen erhielten die Pferde je 30 Gramm
Serum. Am folgenden Tage war keine Temperaturerhöhung
sondern das Thermometer stand auf 37,9° C. Der Appetit war
normal. Das Haar glänzend.
Ausser diesen wurden in sechs Privat-Beständen, wo ein
Pferd an Druse erkrankt, noch 34 Pferde geimpft.
Kein Pferd erkrankte weiter trotz eingeschleppter Druse aus
den Ställen der Händler.
Vorstehende Injectionsergebnisse veröffentliche ich in der
Hoffnung, dass andere Collegen folgen und ihre Resultate zu¬
gänglich machen. Es ist für mich feststehend, dass durch das
Serum die Infection von anderen Pferden verhindert werden kann,
andererseits aber auch die bereits erkrankten Pferde im höchsten
Grade günstig beeinflusst werden; besonders lehrreich ist der
Einzelfall mit erheblichen Anschwellungen. Diese Sorte Pferde
steht gewöhnlich Monate lang, ehe der Händler an Verkaufen
denken kann, wenn nicht besondere Zufälle vorher den Tod ver¬
ursacht haben.
17
Referate.
Sernminjection als Vorbengangsmittel gegen die Brast-
senche der Pferde.
Von Jensen.
(Nach dem dänischen Bericht der Kgl. Veterinär-Hochschule zu
Kopenhagen. Ztschr. f. Veterinärkd. August/September 1897.)
Jensen hat unter Zugrundelegung des Hell’schen Ver¬
fahrens Versuche mit Seriuninjectionen gegen Brustseuche ge¬
macht. Er berührt dabei den ätiologischen Zusammenhang der
Schütt’schen Kokken mit der Brustseuche und theilt den Zweifel
an dem specifischen Charakter dieser Bacterien als Erreger der
Brustseuche nicht. Bei der Ausführung der Sernminjection kommt
es vor allen Dingen auf die Auswahl der das Serum liefernden
Pferde an. Es dürfen weder frisch durchseuchte, noch solche
Pferde ausgewählt werden, welche bereits vov Jahren die Krank¬
heit überstanden haben. Auchistselbstverständlich zu bedenken, dass
bei Tetanus und Diphtheritis die durch Sernminjection erzeugte
Immunität nach einer gewissen relativ kurzen Zeit aufhört.
Beim zweiten Dragonerregiment in Ottensen sind 1894 Ver¬
suche gemacht worden. In diesem Regiment herrschte die Seuche
seit 1860 jedes Jahr, und die Sterblichkeit erreichte 1886—92
durchschnittlich die sehr hohe Ziffer von 28lj pCt. Beim ersten
Versuch wurde das Serum von Pferden genommen, die ein Jahr
vorher brustseuchekrank gewesen waren. Es wurden die vor¬
handenen 30 Remonten mit je 75 ccm, darauf mit 60 und schliesslich
mit ICO ccm in Zwischenräumen von 2—4 Tagen behandelt, nach¬
dem einige Tage vorher die Brustseuche von Neuem im Bestände
ausgebrochen war. Es kamen keine weiteren Fälle vor. — Bei
der Friedrichsberger Omnibusgesellschaft herrschte Mai bis De-
cember die Brustseuche. Als daher Ende des Jahres ein grösserer
Pferdeankauf nötliig wurde, wurden die neugekauften Pferde
zweimal hintereinander mit je 100 ccm Serum behandelt. Die
dasselbe liefernden Pferde hatten im September die Brustseuche
durchgemacht. Die Seuche sistirte mit dem Beginn der Versuche
bis Ende April des nächsten Jahres. Dann wurden auch zwei
mit Serum behandelte Pferde krank (3$ Monate nach der Impfung).
— In einem Bestände, wo am 15. und 17. März die Impfung aus¬
geführt worden war, erkrankte am 9. April eins der geimpften
an leichter Pneumonie. In einem andern Bestände, wo die Seuche
schon drei Wochen geherrscht hatte, erkrankte ein jedoch nur
einmal mit Serum behandeltes Pferd 6—7 Tage nach dieser Be¬
handlung. Unter den Pferden der Kopenhagener Omnibusgesell¬
schaft wurde im Januar die Brustseuche constatirt. Von 109
Pferden erkrankten 44 mit 3 Todesfällen. Am 5. März wurde
einigen der schwerkrank gewesenen, aber seit mindestens sechs
Wochen fieberfreien Pferde Blut entnommen und damit 24 Pferde
zum ersten Mal am 7. März, zum zweiten Mal am 10. März mit
je 100 g Serum geimpft. Dann wurden 123 neue Pferde je nach
dem zu beschaffenden Vorrath an Serum allmählich mit je zwei¬
mal 100 g bis gegen den Mai hin behandelt. Für 41 dem Be¬
stände schon länger angehörende und noch nicht durchseuchte
Pferde war kein Serum zu beschaffen, da man vor Allem die
neuzugekanften berücksichtigte. Von allen geimpften Pferden
wurde keines mehr krank, von den nicht geimpften 41 erkrankten
noch sechs. Die Seuchefreiheit des Bestandes dauerte bis Ende
Juli. Da wurde ein neuer Seucheausbruch constatirt, dem bald
viele Fälle unter den neu zugekauften (mit Serum, behandelten)
Pferden folgten. Die immunisirende Wirkung des Serums, wenn
eine solche angenommen werden soll, hatte also auch hier nur
2—3 Monate angehalten. Bei diesem zweiten Seuchengange er¬
krankten 54 Pferde mit zwei Todesfällen. Nun wurden die 86
noch nicht ergriffenen, sowie 14 neu zugekaufte Pferde wiederum
mit Serum behandelt. Von diesen so behandelten Thieren er-
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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18
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
krankten fünf an ausgeprägter Brustseuche, darunter eins zwei
Tage, eins 12 und eins 18 Tage nach der Impfung, zwei erst
nach 1^—2 Monaten. — Auch sonst wurden in der dänischen
Armee ohne Mitwirkung Jensens noch mehrere Seruminjectionen
ausgeführt.
Indem er das Gesammtergebniss dieser Versuche sehr vor¬
sichtig zusammenfasst, giebt Jensen sein Urtheil dahin ab, dass
dem Verfahren ein gewisser Nutzen nicht abzusprechen sei; denn
von 466 geimpften Pferden sind nur noch 11 im Laufe der fol¬
genden Monate erkrankt und davon sechs so kurze Zeit nach der
Impfung, dass sie schon vorher inficirt gewesen sein müssen, so
dass von 466 Impfungen nur fünf als Fehlschläge angesehen
werden können. Freilich ist ja der Einwand nicht abzuweisen,
dass auch ohne die Impfung von den 466 Thieren der grösste
Theil wahrscheinlich nicht erkrankt wäre. Doch hebt J. mit
Recht hervor, dass diese Thiere sämmtlich besonders empfänglich
waren (Remonten). J. erklärt daher die Seruminjection für ein
gutes Mittel zur Erzeugung einer vorübergehenden Immuniät.
J. betrachtet sodann kritisch die in Deutschland ansgefübrten
Versuche von Hell, Töpper, Eichhorn, Lies und Bertram,
Bilz, Neuse, Wittich, Ruscheweyh, Stephan, Ebertz,
Zschokke, Weisshaupt und Fuchs und scheidet dieselben
angesichts ihrer widersprechenden Resultate zunächst in für die
Beurtheilung brauchbare und unbrauchbare. Zu letzteren rechnet
er solche, bei denen das Serum von Pferden genommen wurde,
die entweder noch krank waren oder die Seuche schon länger als
ein Jahr überstanden hatten, oder wo die Gesammtdosis des ver¬
wandten Serums unter 100 g blieb. Scheidet man diese Ver¬
suche aus, so ergeben die verbleibenden, für die Beurtheilung des
Serums brauchbaren deutschen Versuche ein übereinstimmendes
und genau dasselbe Resultat, wie die dänischen, d. h. sie zeigen,
dass die Serumiojectionen bei Brustseuche als ein werthvolles
Schutzmittel anzusehen sind, welches ungefährlich ist und zur
schnelleren Tilgung der Seuche wesentlich beitragen kann. Der
Uebelstand ist nur der, dass so grosse Dosen Serum nothwendig
sind, und dass man dieselben nicht gleich beim Beginn eines
Seucheganges verwenden kann. Es müssen daher stets Pferde
vorhanden sein, welche schon in kleinen Dosen wirksames Serum
liefern können. Das dänische Kriegsministerium hat Versuche
in dieser Richtung angeregt. Bei der bisherigen Methode eignen
sich zur Serumgewinnung am besten Pferde, welche seit der
typischen Krankheit 6—12 Wochen lang fieberfrei sind. Jedem
Pferd werden vier Liter Blut entnommen. Dasselbe wird in
grossen gründlichst sterilisirten Glasgefässen aufgefangen, die
mit Pergamentpapi r zugedeckt und 24—48 Stunden in Eiswasser
zur Serumausscheidung eingestellt werden. Füllt man dann das
Serum in sterilisirte Flaschen mit 100 g Inhalt, dem man ein
paar Tropfen Chloroform znsetzt, und verschliesst sie mit un¬
gebranntem Wattepfropfen, so kann man dieses Serum einige Zeit
vorräthig halten.
Ueber den Nervenschnitt.
Von Professor Fröhner.
(MUh. f. Th., Bd. VIII, H. 11.)
Bei 42 ausgeführten Nervenschnitten hat Fröhner den
Medianus 31 mal, die Fesselnerven 7 mal und den Tibialis 4 mal
durchschnitten. 10 pCt. der Pferde lahmten weiter, die übrigen
wurden geheilt, so dass der Nervenschnitt als eine wichtige
Operation angesehen werden muss. Die Frage: Soll man den
Medianus bezw. Tibialis durchschneiden oder die Fesselnerven?
hat eine erhebliche Bedeutung. Als Hauptvorzug für die Durch¬
schneidung des Medianus hat man betont, dass nur eine Operation
nöthigsei, doch stehen dem zahlreiche Nachtheile gegenüber; denn
der Nerv liegt subfascial und in der Nähe grosser Gefässe. Ins¬
besondere ist die unregelmässige Lage und Astbildung der Vena
brachiali8 sehr zu beachten. Manchmal liegt er oberflächlich, in
anderen Fällen neben oder hinter oder unter der Vene, so dass
er schwer zu isoliren und die Operation schwieriger ist, als
wenn man beide Fesselnerven durchschneidet. Ausserdem kann
bei der hohen Lage der Operationsstelle nicht unter künstlicher
Blutleere operirt werden. Hat man etwa einen Venenast zu¬
fällig angeschnitten, so stört die starke Blutung ausserordentlich.
Endlich kann ein zuverlässiger Verband nicht angelegt werden,
so dass meist eine Heilung per primam nicht eintritt und Ge¬
legenheit zu subfascialer Phlegmone gegeben scheint, obwohl
F. in keinem Falle erhebliche Nachtheile hat entstehen sehen.
Diese sekundäre Heilung dauert gewöhnlich aber einige Wochen,
während die Xeurotomie am Fesselnerven bei sorgfältiger Asepsis
und Antisepsis in 8 Tagen per primam heilt. Endlich genügt
bisweilen die Durchschneidung des Medianus nicht, weil der
Ulnaris mit dem Fesselnerven in Verbindung steht, so dass auch
dieser noch durchschnitten werden muss. Aus all diesen Er¬
wägungen kommt Fröhner zu dem Schluss: Fort mit der
Medianus-Neurotomie!
Anders liegen die Verhältnisse beim Tibialis. Dieser Nerv
liegt oberflächlicher, nicht in der Nähe grosser und inconstanter
Blutgeiässe und ist leichter zu finden. Es lässt sich hier sehr
wohl ein kunstgerechter Verband anlegen und Heilung per primam
ist möglich. Die Neurotomie des Tibialis ist somit der Durch-
schneidung der Plantarnerven im Allgemeinen vorzuziehen. Im
Uebrigen wird ja an den Hinterbeinen der Nervenschnitt sehr
viel seltener nothwendig.
Der Milzbrand in der Mailänder Niederung und die
Gerbereien.
Bericht des Dr. Constantino Gorini in der Haupt-Sitzung der
Königl. Italien. Gesellschaft für Hygiene vom 3. Jan; 1897.
(Glornal. dell* R. 800 IUI. d'lglon. 1897 No. 5.)
Die gedachte Gesellschaft ernannte am 10 Mai 1895 eine
Special-Commission, die den Ursachen der häufigen Milzbrand¬
fälle im Agro del basso bei Mailand auf die Spur kommen
sollte.
Als die Hanptquelle der Milzbrandinfectionen betrachtet die
Commission d.e Gerbereien dieser Gegend, deren Abflusswässer
an Viehwirthschaften oder Weiden vorbeifliessen.
Die Nachfrage in einer Anzahl Gerbereien hat ergeben, dass
die daselbst bearbeiteten Felle entweder aus dem Auslande
kommen oder frisch im Inlande angekauft werden. Die fremd¬
ländischen Felle sind meist mit Substanzen conservirt, die mehr
oder weniger antiseptisch sind, jedoch Milzbrandsporen bei der
CoDservirung gewöhnlich nicht tödten. fNaphtalin und Baude-
sches Pulver: Felle aus Deutschland; Kalk oder Arsenik: Felle
ans China und Indien; Salzwasser: Felle aus Amerika etc.) Der
Gerbprocess, welchem sowohl diese als auch die frischen Felle
unterworfen werden, ist nicht im Stande die Milzbrandkeime un¬
schädlich zu machen. Bisher war überhaupt kein Verfahren be¬
kannt, wodurch dieses Ziel ohne gleichzeitige Schädigung oder
Zerstörung dieses Handelsartikels zu erreichen gewesen wäre.
In den Jahren 1887 und 93 haben sich mit dieser Frage
Commissionen des Conseil d’hygiene in Paris befasst, denen u. A.
Pasteur, Jungfleisch, Dejardin-Beaumetz, Roux, Cham¬
berland, Dr. Lancerdux angehörten, ohne dieselbe einer be¬
friedigenden Lösung entgegenzuführen. Auch Prof. M. Gruber
(Centralbl. f. Bakt. 1896) beklagt, dass es kein Mittel gebe,
Haare, Borsten zu desinficiren, wenn man diese Stoffe nicht
minderwerthig machen wolle.
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13. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
19
• Die Commission glaubt nun in der Fluorwasserstoffsäure
ein Mittel gefunden zu haben, welches allen Anforderungen bei der
Desinfection der Felle entspricht Das Verfahren ist leicht an¬
wendbar, verursacht geringe Kosten und verdirbt die Felle nicht.
Die mit HF1 im Laboratorium angestellten Versuche ergaben,
dass 1 «'oo Lösungen Milzbrandsporen nach 48 Stunden tödteten.
Eine 24 Standen lange Einwirkung der Lösung reichte nicht aus
die Sporen zu vernichten. Bei gleichzeitigem Vorhandensein
eines Stückchen Kalbshaut in der Flüssigkeit waren die Sporen
nach zwei Tagen noch entwickelungsfähig, sie waren dagegen ab¬
gestorben nach 3 und 4 Tagen. Die Gegenwart von organischem
Material unterdrückte die desinficirende Kraft der HF1 nicht, wie
es mit Sublimat der Fall ist, sondern verzögerte nur die Wir¬
kung. Hautstücke eines an Milzbrand verendeten Meerschwein¬
chens erzeugten nach 2 und 3 Tage langer Durchtränbuug mit
1 u / 00 HF1 keine Erkrankung bei gesunden Meerschweinchen,
denen kleine Theile der desinficirten Haut subcutan eingeimpft
wurden.
Durch diese Versuche glaubt die Commission den Beweis ge¬
liefert zu haben, dass die Fluorwasserstoffsäure Milzbrandkeime
auch inmitten der Gewebe und des organischen Materials ver¬
nichtet. Es stehe zu hoffen, dass eine gründliche Desinfection
der Häute durch Verwendung einer kleinen Menge HF1 beim
Gerbverfahren erlangt werden könne.
Dasselbe erleidet hierbei in seinen einzelnen Phasen durch¬
aus keine Verzögerung oder Abänderung. Die Wirkung des
DesinfectionBmittel8 könne man möglichst steigern durch Ver¬
wendung von stärkern Concentrationen (2 bis 5 °/oo), weiter durch
häufige Erneuerung der Lösung und dadurch, dass die Quantität
der Häute nicht zu gross ist im Vergleich zur Menge der des-
inficirenden Flüssigkeit.
Ehe man jedoch die HF1 in der Gerberei gebraucht, muss
durch genaue Versuche fe tgestellt werden, ob dieselbe in den
gebrauchten Lösungen die Häute nicht ebenfalls schädigt.
Ueber Organotherapie.
Vortrag gehalten von Landau im Aerztl. Ver. zu Nürnberg.
Miim-h. Mod-\Voch 49/97.
Die ersten Spuren der Organb.ehandlung finden sich bereits
im Papyrus Ebers. In der Neuzeit wurde sie durch Brown-
Sequard’s Hodensafteinspritzungen, denen bald die Behandlung
der Myxoedemkranken mit Schilddrüsen folgte, neu belebt. Die
moderne Organotherapie stützt sich auf Brown-Sequard’s Lehre
von der inneren Secretion, und Combe hat aus ihr seine Ein-
theilung in Glandes antitoxiques und in Glandes vivifianteB
abgeleitet.
Glandes antitoxiques (excl. Schilddrüse) sind:
1. Thymusdrüse — verwendet gegen Kropf und Morb.
Basedow.
2. Hypophysis — verwendet gegen Acromegalie und Epilepsie.
3. Nebennieren — verwendet gegen Morbus Addisonii,
Diabetes insipidus und als Vasoconstrictor der Conjunctiva.
4. Nieren — verwendet gegen Uraemie, Nephritis, Epilepsie.
5. Leber — verwendet gegen atrophische Lebercirrhose und
Icterus gravis.
Glandes vivifiantes sind:
6. Hoden — verwendet als Tonicum für das Nervensystem.
7. Ovariura — verwendet gegen natürliche und künstliche
Klimax-Beschwerden, gegen Chlorose mit Amenorrhoe und
Osteomalacie.
8. Prostata — verwendet gegen Hypertrophie der Prostata.
9. Milz —- verwendet gegen Malariacachexie und als
„Eurythrol“ gegen Anaeraie und Chlorose.
10. Knochenmark — verwendet gegen perniciöse Anaemie,
Lenkaemie und Pseudoleukaemie.
Dazu kommen noch einzelne Mittheilungen über „Nerven-
transfusion“ und über die Verwendung von Cerebrum siccatum,
Parotistabletten, Mammatabletten gegen Ovarialleiden, Uterus¬
erkrankungen, über Lungensaft gegen chronische Lungen¬
erkrankungen und über Glandulen, aus den Bronchialdrüsen des
Hammels gewonnen, als Heilmittel der Tuberculose; auch Herz
wird gegen Herzleiden als Cardium (?) verfüttert. — Die Organ¬
tablettenfabrikanten stellen natürlich noch eine grosse Reihe
anderer Präparate her.
Die Grundlage der Organotherapie ist eine unsichere; denn
wenn wirklich gewissen Krankheiten gewisse Drüsenstörungen
zu Grunde liegen, so handelt es sich um einen Mangel oder
ein Fehlen der Function. Function aber durch todtes Gewebe, das
obendrein noch durch die Verdauung aufgelöst und chemisch
verändert wird, ersetzen zu wollen, das geht nicht an! Denn
Function ist Thätigkeit lebender Zellen. Bestechend wirken aller¬
dings die Erfolge mit Schilddrüse bei Myxoedem. L. glaubt, da
noch nicht genügend Erfahrungen über die Organotherapie ge¬
sammelt sind, dass es nothwendig ist, dem Anwachsen der
Organotherapie einstweilen entschieden entgegenzutreten.
Ueber den parasitären Ursprung des Carcinom.
Vortrag gehalten von Albarran in der biolog. Gesellsch. Paris.
(D. Mod. Zt g 07/97.)
A. fand bei einem Patienten, der sich längere Zeit in
Aegypten aufgehalten hatte, einen Blasentumor, bestehend aus
einem lobulären Epitheliom. In den Papillen des Tumor fand
man Eier von Bilharzia haematobia, welche augenscheinlich die
Veranlassung zur Epitheliombildung abgaben. Dieser Fall, wo
durch Parasiten die Krebsbildung veranlasst wird, steht nicht
vereinzelt da. Zancarol hat fünf ähnliche Fälle veröffentlicht.
Damaschino hat ein Adenom S’Romanum und Belleli
einen Tumor des Rectum um die Eier von Bilharzia sich
entwickeln sehen. A. hat mit Darier Epithelialtumoren unter
dem Einfluss anderer Parasiten, die als Coccidien angesprochen
wurden, entstehen sehen. Man braucht deshalb nicht nach einem
besonderen Krebskeim zu suchen. Die Parasiten im Allgemeinen
bewirken Proliferation, indem sie als Fremdkörper einen Reiz
auf die Zelle ausüben. Was beim Carcinom specifisch ist, ist
nicht der Bacillus, sondern die proliferirende Zelle selbst.
Ueber Vaporisation.
Von Sneguireff.
(MUi.cb. Med. Woch 37|97.)
S. hat die Vaporisation, d. h. die Einwirkung des ca. 100°
heissen Dampfes auf die Innenfläche der Gebärmutter zur Stillung
uteriner Blutungen empfohlen. Durch eine kurze Einwirkung
des Dampfes (.'/ a —1 Min.) auf die Gebärmutterschleimhaut, welche
gewöhnlich keine Schmerzen verursacht, vermag man, ohne dass
eine Schädigung der functionellen Thätigkeit der Gebärmutter
eintritt, Blutungen fast augenblicklich zu stillen. Bestand übel¬
riechender Ausfluss, so wird er geringer und verliert seinen üblen
Geruch. Aber nicht allein bei Gebärmutterblutungen übt der
heisse Dampf seine blutstillenden Eigenschaften aus, auch zur
Stillung von Blutangen bei grösseren Operationen ist derselbe zu
verwerthen, ohne dass die prima inten'io hierdurch gestört wird.
So hat S., nachdem er sich vorher durch Experimente von der
Zuverlässigkeit der Blutstillung überzeugt hatte, grössere
Operationen, wie Knieg*»lenksresectionen etc. mit Hilfe der
Vaporisation aus geführt.
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20
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2.
Versuche Aber die Möglichkeit der Uebertraguug des
Rotzcontagiums mittelst Diphtherieheilsernm.
Von
Dr. Bonn hoff.
(Berl. Klln. Wocbcmcbrift.)
Bekanntlich wird das Diphtherieheilserum mit einem Zusatz
von 0,5 proc. Carbolsäure in den Verkehr gebracht, und cs fragt
sich, ob durch ein derartiges Serum Rot/, übertragen werden
könnte. B. fand nun, 1. dass das Blutserum zweier rotzkranker
Pferde, auf rotzempfängliche Thiere subcutan oder intraperitoneal
übertragen, keine Erkrankung dieser letzteren hervorgerufen hat,
womit die Möglichkeit des Vorkommens einer Rotzübertragung
dann, wenn dem Serum keine Desinficientien zugesetzt sind,
nicht geleugnet werden soll. 2. dass 0,5 proc. Carboisäurezusatz
zu dem Serum diphtherieimmuner Pferde eine sehr grosse
Anzahl lebenskräftiger, in diesem Material enthaltener Rotzbacillen
in zwei bezw. vier Stunden derart verändert, dass ihnen eine
Vermehrung auf künstlichem Nährboden unmöglich gemacht wird,
3. dass durch 24 ständigen Aufenthalt in 0,5 proc. Carbolserum
diphtherieimmuner Pferde den zur Untei Buchung gezogenen Rotz¬
bacillen die Fähigkeit genommen ist, Meerschweinchen am Rotz
erkranken zu lassen. Das Heilserum wird aber frühestens 7 Tage
nach dem Carbolzusatz in den Verkehr gebracht.
Kleine Mittheilungen.
Ein seltener Fall von Einschuss.
Beim Einschuss kann man bekanntlich zwei Formen unter¬
scheiden: das subcutane entzündliche Oedem und die seltenere,
prognostisch aber sehr viel ungünstigere abscedirende Phlegmone.
Bei ersterer Form ist der bekannte Camphor-Spiritusverband sehr
zu empfehlen; die letztere pflegt langwierig zu verlaufen.
Fröhner beobachtete nun einen Fall davon, bei dem im Verlauf
von fünf Wochen nicht weniger als 89 Abscesse gespalten werden
mussten. Der Ausgang war Genesung.
Man begegnet übrigens zuweilen der Meinung, dass die beiden
Formen nach ihrem Sitz unterschieden wären, indem die gut¬
artige eine subcutane, die abscedirende dagegen eine substantielle
Erkrankung wäre. Fröhner kann dem nicht zustimmen; denn
gerade in dem angeführten Falle lagen die Abscesse ausschliesslich
subcutan. Substantielle Abscesse bieten ein ganz anderes Bild
dar. Natürlich kann zur subcutanen eiternden Phlegmone auch
noch eine substantielle hinzutreten, die sich aber gerade durch
das Fehlen leicht nachweisbarer fluctuirender Abscesse sowie
durch ein hohes septisches, öfter tödtliches Fieber charakterisirt,
wie dies schon Hertwig in seinem mit Unrecht fast vergessenen
Handbuche sehr richtig hervorhebt. (Mtsh. f._Th. Bd. VHI, H. 11.)
Grimmdarmvorfali durch die Schelde beim Fohlen.
Bei einem kräftigen l 1 /*jährigen Stutfohlen ragte aus der
Scheide ein meterlanges Stück des mit Futterpartikeln, Jauche
und Koth verunreinigten Grimmdarras. Bei der näheren Unter¬
suchung sprang das Pferd plötzlich auf, wobei der Darm noch
weiter vorfiel, stürzte dann wieder nieder; dabei gerieth der Darm
unter das Pferd und platzte. Es wurde daher sofort getödtet.
In der Bauchhöhle fand sich nichts Abnormes. Die Beckenhöhle
enthielt nur eine geringe Menge geronnenen Blutes. Vom äusseren
Muttermund anfangend, erstreckte sich eine ungefähr 15 cm lange
Risswunde quer durch die Scheide. Durch diese war der Grimm¬
darm vorgefallen. 14 Tage vor diesem Vorfälle glaubte der Be¬
sitzer bereits zwischen den Schamlippen des liegenden Fohlens
eine apfelgrosse rothe Geschwulst wahrzunehmen, die beim Auf¬
stehen des Thieres wieder verschwand. Bis zum Tage der Unter¬
suchung war dann nichts Auffälliges beobachtet worden. Dann
war plötzlich die geschilderte Geschwulst in grösserer Ausdehnung
hervorgetreten, beim Aufstehen nicht wieder zurückgegangen,
und bei dem Versuch des Besitzers, sie zurückzuschieben, war sie
geborsten und der Grimmdarm vorgequollen. Was die primäre
Ursache des ganzen Falles gewesen sein mag, .liess sich nicht
sicher entscheiden. (Eckert, Wscbr. f. Th. 41, 1897.)
Starrkrampfotatlslik aus dem Pferdebestand der preussischen Armee.
Im Anschluss an die Behandlung starrkrampfkranker Pferde
mit Behring’schera Serum veröffentlicht die Ztschr. f. Veterinärkd.,
August-September 1897, eine Statistik über die Häufigkeit des
Pferdestarrkrampfes von 1881 bis 1896. In diesen 16 Jahren
sind an Starrkrampf gestorben 387 Pferde, geheilt dagegen 129.
Die VerlustzifFer dieser an Starrkrampf erkrankten 516 Pferde
beträgt demnach im Gesammtdurchschnitt 75 pCt. Die Verlust¬
zifFer in den einzelnen Jahren schwankte zwischen 55's und
89,7 pCt.
Grosses Lipom beim Kalbe.
S t a u d i n g - Gotha theilt in der Zeitschrift f. Fl.- u. Milcbh.
mit, dass er bei einem Kalbe eine umfangreiche Geschwulst,
welche, die rechte Niere umfassend, sich an den Lendenwirbeln
bis in das Becken hinein erstreckte und, den Samensträngen
folgend, auch ins Scrotnm reichte, gefunden habe. Dieselbe er¬
wies sich als ein 33 kg schweres Lipom, wie es so gross wohl
nicht häufig Vorkommen wird.
Tagesgeschichte.
Versammlung der beamteten Thierfirzte des Regierungsbezirks Cassel.
Auf eine Einladung des Departements-Thierarztes Tietze
versammelten sich am 19. Deceraber er. im Hotel „Zum Deutschen
Kaiser“ in Cassel die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks
Cassel zu gemeinsamer Besprechung über wichtige veterinär- und
sanitätspolizeiliche Fragen.
Auch galt es, bei dieser Gelegenheit den Kreisthierarzt
Linker in Fritzlar zu ehren, welcher am 7 December v. Js. sein
50jährige8 Berufsjubiläum in aller Stille begangen hatte.
Erschienen waren ausserdem der Herr Regierungs-Präsident
Graf Clairon d’ Haussonville und der Decernent in der
Präsidialabtheilung Regierungsassessor von Görschen.
Die Verhandlungen leitete der Departementsthierarzt. Der¬
selbe begrüsste die Collegen und die Herren von der Regierung
und dankte insbesondere dem Herrn Regierungspräsidenten für
sein Erscheinen, welches Zeugniss gebe für das Interesse und das
hohe Wohlwollen, welches derselbe uns und unserer amtlichen
Thätigkeit jederzeit entgegen bringe. Er richtete sodann Worte
des Dankes an den Herrn Decernenten, der schon mehrere Jahre
hindurch die veterinärpolizeilichen Angelegenheiten bearbeitet und
den Kreisthierärzten jederzeit in wohlwollendster Weise entgegeu-
gekommen sei. Beide Herren ehrte die Versammlung durch Er¬
heben von den Sitzen.
Der Herr Regierungspräsident dankte für die Begrüssung
und wandte sich sodann an den Jubilar Kreisthierarzt Linker-
Fritzlar. Er sprach dem Jubilar den Glückwunsch der Staats-
regierung aus und dankte ihm für seine durch Pflichttreue, Eifer
und Energie so fruchtbringend gewordene Thätigkeit als Thierarzt
und Veterinärbeamter.
Alsdann referirte Kreisthierarzt Kalteyer-Eschwege über
die Wirksamkeit der im Regierungsbezirk Cassel der¬
zeit gütigen landespolizeilichen Bestimmungen zur Be¬
kämpfung der Maul- und Klauenseuche. Man kann die
Anordnungen in zwei Gruppen bringen, von denen die eine alle
Anordnungen begreift, welche bezwecken sollen, die im Bezirk
ausgebrochene Seuche auf ihrem Herd zu localisiren; die
andere Gruppe von Verfügungen will die seuchenfreien Kreise
bezw. den ganzen Bezirk vor der Einschleppung schützen.
Zu den Massregeln der ersteren Art gehört die Untersagung der
Märkte, das Verbot des Treibens von Vieh ausserhalb der Feld-
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13. Januar 1898.
mark, das Verbot der Viehverladung auf Eisenbahnen, Be¬
schränkungen des Weggebens der Milch, die Bildung von Sperr¬
gebieten, die veterinärpolizeiliche Ueberwachung der Viehhändler-
ställe und Gastställe, Desinfection der Gastställe und Marktplätze,
Einführung der Controllisten für Au- und Verkauf von Vieh
für die Viehhändler, thierärztliche Untersuchung des sämmtlichen
Hausirerviehs. Die Massregeln haben sich im Ganzen sämmtlich
bewährt. Die zuletzt genannte ist nur kurze Zeit aufrecht er¬
halten worden, weil sie zu grosse wirthschaftliche Nachtheile
brachte, sogar den Viehhandel vollständig lahm zu legen drohte.
Bezüglich der Revision der Viehbestände der Händler wünscht
Referent eine nähere Präcision der Anordnung. Jeder
Kreisthierarzt müsse amtlich ein Verzeichniss der Viehmärkte der
Umgegend zugestellt erhalten, um möglichst bald nach jedem
Markt das Handelsvieh, welches von Märkten eingeführt wird,
untersuchen zu können. Ferner müsste alle 14 Tage oder
4 Wochen eine Revision vorgeschrieben sein. Auch empfehle es
sich, die Kosten nach § 24 d. Pr. Ausf. — Ges. v. 12. 3. 81 —
auf die Staatskasse zu übernehmen. Die Marktordnung vom
16. 7. 96 hat sich in allen Punkten bewährt. Die Ausstellung
von Scheinen über die Seuchenfreiheit der Orte durch die Orts¬
vorsteher, welche die Viehhändler und Private beim Marktantrieb
vorzuzeigen haben, erfülle nicht den beabsichtigten Zweck, denn
wenn in einem Orte die Maul- und Klauenseuche verheimlicht
wird, so weiss auch der Ortsvorsteher nichts von der Ver¬
seuchung des Ortes und stellt die Scheine anstandslos ans. Be-
achtenswerth, aber leider nicht streng dnrchgeführt ist die Vor¬
schrift, dass der Kreisthierarzt über die Art der Aufbewahrung
und Abfuhr des Düngers in jedem Seuchenort zu hören ist.
Gegen die Einschleppung der Seuchen in bis dahin seuchen¬
freie Gebiete richten sich folgende Verfügungen: Anordnung der
Untersuchung des zu Eisenbahn aus verseuchter Provenienz ein-
gefübrten Viehs. Diese Massregel ist ausserordentlich wichtig
und wirksam. Die Verordnung müsste aber auch auf das zu
Landweg eingeführte Vieh ausgedehnt werden, wenn sie vollen
Erfolg bringen soll. Das Vieh könnte an der Grenze untersucht
werden, um ev. kranke Thiere sofort zu eliminiren. Eine gewisse
Controle ist dabei gegeben durch die Einführung der Listen¬
bücher, welche die Händler den beamteten Thierärzten jederzeit
vorzuzeigen haben. Sehr erheblich erscheine die neueste
Anordnung, dass die Kreisthierärzte alle ersten Fälle der
Seuche in ihrem Kreise sofort den sämmtlichen beamteten Thier¬
ärzten der benachbarten preussischen oder nichtpreussischen Kreise,
Bezirke etc. mit näheren Angaben über den Weg der Ein¬
schleppung mitzutheileu haben.
In der Discussion nahm auch der Herr Regierungs-Präsident
das Wort und betonte namentlich, dass zwar der Wunsch des
Referenten nach Untersuchung auch des zu Landweg eingeführten
Viehs durchaus gerechtfertigt sei, dass dieselbe grossen Erfolg
verspreche, dass aber die Einführung an der Schwierigkeit der
Controlle scheitere. Um den beamteten Thierärzten, sowie den
bei Bekämpfung der Thierseuchen betheiligten Behörden einen
Gesammtblick über die erlassenen diesseitigen Verordnungen zu
ermöglichen, würde die Herausgabe eines Compendiuras zweck¬
mässig sein.
Der Herr Decernent dankte den Kreisthierärzten für die
Pflichttreue und die Intelligenz mit der sie ihre Geschäfte er¬
ledigen, obgleich sie noch nicht der Vortheile anderer Beamten
theilhaftig sind, und ging auf einzelne Punkte des Vortrags näher
ein, indem er den Standpunkt der Regierung zu gewissen Fragen
darlegte.
Ueber die Geflügelcholera referirte Tietze—-Cassel.
Er besprach die Geschichte dieser Seuche, die Pathologie und
21
Bacteriologie, die Infectiosität und das Impfverfahren und er¬
örterte dann die Einzelheiten der veterinärpolizeilichen Be¬
kämpfung der Krankheit. Die Massregeln werden bestehen
müssen in dem Verbot des Treibens von Geflügel, Anordnung des
Transports in Käfigen, Vergraben der verendeten Geflügelstücke,
Abhaltung kranker und verdächtiger Thiere von öffentlichen
Flussläufen, Verbot des gemeinschaftlichen Hüteganges, Desin¬
fection der Ställe, Observation des aus Russland und Galizien
eingeführten Geflügels u. s. w. Auch legte Referent Werth darauf,
dass bei Constatirung der Geflügelcholera die microscopische
Untersuchung des Darminhaltes etc., ev. die Impfung einer Taube
vorgenommen werden müssten, da unter Geflügel auch Todesfälle
(durch Vergiftung etc.) auftreten, welche in ihren Erscheinungen
der Cholera nicht unähnlich sind.
In der Discussion wies Grimme —Melsungen darauf hin,
dass bei Gänsen die Aufnahme eines Kreuzblüthlers, Erysimum
crepitifolium, welcher auf Kalkboden wachse, eine der Geflügel,
cholera sehr ähnliche Krankheit, die sog. „Gänsesterbe“, hervorrufe.
Der dritte Punkt der Tagesordnung: Ueber die Schlacht¬
viehbeschau nach der Polizeiverordnung vom 1. 7. 92
konnte nur kurz discutorisch behandelt werden, da der Referent
durch Krankheit verhindert war. Man war der Ansicht, dass die
Einrichtung der sog. Sachverständigen, das sind eine Art Ober¬
fleischbeschauer, beseitigt werden müsse. Ferner wurde betont,
dass die Dienstanweisung ge.-etzliche Kraft erlangen und dass die
Schlachtviehbe8cbauer ein etwas umfangreicheres sachliches
Wissen sich aneignen müssten. Bezüglich der Einführung von
obligatorischen Unterrichtscursen für die Laienflei chbeschauer
war eine Einigung nicht zu erzielen.
Nach der Sitzung vereinigte eine gemeinschaftliche Tafel die
Collegen mit ihren Damen. Tie tze —Cassel brachte während
derselben dem Jubilar L inker—Fritzlar die Glückwünsche der
beamteten Thierärzte dar und überreichte im Namen derselben
zum Andenken an den Ehrentag ein Bild, welches deutsche Eichen
im Sturm zum Vorwurf hatte. Stamm—Kirchhain toastete auf
die Gemahlin des Jubilars und übergab ihr ein prachtvolles Ge¬
winde von duftenden weissen Rosen. Für die Ueberraschungen
dankte der Jubilar sichtlich gerührt.
Der Departements-Thierarzt Tie tze, als derzeitiger Vor¬
sitzender des neugebildeten thierärztlichen Kränzchens in Cassel,
liess es sich nicht nehmen, sämmtliche Anwesende nach dem
Hotel „Reichskanzler“ einzuladen, woselbst sich die Casseler
Collegen mit ihren Damen eingefunden hatten und wo man in
fröhlichster Unterhaltung beim Glase Bier den Abend verbrachte.
Versammlung der beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Trier
am 17. November 1897 in Trier Im „Hotel zur Post“.
Tagesordnung:
1. Begrüssung durch den Herrn Departementsthierarzt. Be¬
sprechung der Viehseuchen-Statistik und der Berichte.
2. Die landespolizeiliche Verordnung vom 20. Juli 1896 zur
Fernhaltung der Maul- und Klauenseuche sowie der
Schweineseuchen.
3. Allgemeine Fleischbeschau.
Herr Departementsthierarzt Pech begrüsste die erschienenen
Collegen und dankte ihnen herzlichst für ihr Eracheinen.
An den am 1. Januar k. J. nach 25jähriger Thätigkeit in
den Ruhestand tretenden Collegen Arndt-Morbach wird ein
Huldigungstelegramm abgesandt.
Bei Anfertigung der Viehseuchen-Statistik, so führte Herr
Departementsthierarzt Pech aus, möchten sich die Collegen streng
an die von der technischen Deputation erlassenen Bestimmungen
halten; insbesondere wären die Angaben über Milzbrand und Rotz
häufig sehr mangelhaft.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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22
No. 2.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Nunmehr wird in die Besprechung der Polizei-Verordnung
vom 20. Juli 1896 zur Fernhaltung der Maul- und Klauenseuche
und der Schweineseucheu eingetreten.
Die Verordnung sei in vielen Punkten so unklar, dass die
Ortspolizeibehörden kaum wüssten, was sie zu thun hätten. Die
vorgeschriebene Controle durch die Polizeibeamten werde gar nicht
oder nur sehr mangelhaft ausgeführt. Ausserdem stehen den
Händlern, namentlich durch die besonderen Bestimmungen über
Fettvieh, alle möglichen Hinterthüren zur Umgehung der Ver¬
ordnung offen. Es wird beschlossen, dem Herrn Regierungs-Pi ä-
sidenten eine motivirte Eingabe zu überreichen und hierin um
recht baldige Abänderung der Bestimmungen zu bitten.
Da die Zeit schon weit vorgerückt war, konnte Punkt 3 der
Tagesordnung nicht mehr zur Eiledigung kommen. Seitens des
Herrn Departementsthierarztes wurde hierzu mitgetheilt, dass die
Regierung die Absicht hätte, Für den Bezirk die obligatorische
Fleischbeschau einzufühlen.
College Am dt-Morbach bedankt sich telegraphisch für die
Huldigung. Allseitig wird gewünscht, ausser dieser Herbstver¬
sammlung noch im Frühjahr eine solche abzuhalten, und zwar
mit Theilnahme der Damen.
Berühmte Thierärzte.
Der 10. Januar d. J. war in der Geschichte der Berliner
Thierärztlichen Hochschule ein Erinnernngstag. An diesem Tage
wurde vor hundert Jahren zu Ohlau in Schlesien der nachmalige
Medicinalrath und Professor an der Thierarzneischule zu Berlin
Dr. Hertwig geboren. —
Der langjährige Leiter des k. k. Wiener Thierarznei¬
instituts uni des österreichischen Veterinärwesens Hofrath Prof.
Dr. Moritz Röll, welcher zu Graz im Ruhestand lebt, ist mit
Beginn dieses Jahres in sein achtzigstes Lebensjahr eingetreteo.
Das thierärztliche Centralblatt, Organ des Vereins der Thierärzte
in Oesterreich, bringt in der ersten Nummer d. J. sein Porträt
von folgenden biographischen Notizen begleitet Röll ist geborener
Wiener, studirte Medicin und Thierarznei künde (was für die
höhere thierärztliche Carriere in Oesterreich damals vorgeschrieben
war) und wurde 1817 Landesthierarzt in Böhmen. Hier ver¬
öffentlichte er einen bedeutsamen Artikel über Reform des
Veterinärwesens und wurde darauf 1849 als Professor nach Wien
berufen. Von 1852 bis 1879 war er Director des Thierarznei-
insiituts. Sein Lehrbuch der Pathologie ist allgemein bekannt.
Dann trat er zum Ministerium des Innern als Referent für
Veterinärwesen über und hat in dieser Stellung, in welcher er
auch die ersten Thierseuchenberichte herausgab, einen mass¬
gebenden Einfluss entfaltet. Im Alter von 70 Jahren, in Oester¬
reich die gesetzlich festgelegte Grenze dienstlicher Thätigkeit,
trat er in den Ruhestand. Seit 1876 Ehrenmitglied des Vereins
der Thierärzte in Oesterreich, wurde er jetzt zum Protector dieses
Vereins ernannt. 1895 ehrte ihn auch der internationale Con-
gress zu Bern, indem er ihn neben Pasteur und Koch zum
Ehrenmitglied ernannte. Der Vielgefeierte erfreut sich noch einer
bewundernswerthen Gesundheit und Frische.
Etat des Veterinärwesens In Preussen 1897/98.
Der Etat ist heute soeben ausgegeben. Er enthält als
wichtigste Neuheit die weitere Umwandlung von 7 Departements¬
thierarztstellen in vollbesoldete, nämlich Cassel, Arnsberg und
Minden, Coblenz, Aachen und Trier, sowie Potsdam, welches
bisher nebenamtlich von Professor Dieckerhoff verwaltet
wurde. Zehn neue Kreisthierarztstellen werden begründet. Die
Tbieiärztliche Hochschule zu Berlin erhält „zur Erforschung von
Thierseuchen“ ein hygienisches Institut; im Etatsjahr sind hierzu
35 (X» Mk. für Stallbauteu ausgeworfen. Hannover erhält eine
vierte Baurate von einer halben Million.
Oeffentliches Yeterinar wesen.
(Mittheilungen für
LunBsnseuohe-lmpfanstalt der Provinz Sachsen.
Die Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen hat vom
Verein für Landwirtschaft etc. in Magdeburg die hier bestehende
Impfanstalt mit Genehmigung des Ministers für Landwirt¬
schaft etc. übernommen und nach Halle verlegt. Dieselbe ist auf
dem dortigen Schlachthof untergebracht und der Oberleitung des
Professors Pütz unterstellt worden. Nachdem den landwirt¬
schaftlichen Wünschen gemäss die Bundesratsinstruction zum
Seuchengesetz durch Aufhebung des § 80a so umgeändert ist,
dass das geimpfte Vieh nicht mehr als lnngenseucheverdächtig
behandelt wird, soll möglichst allgemein geimpft werden. Die
Anstalt ist im Stande, eine hinreichende Menge Lymphe zu liefern,
soll aber ausserdem das Verfahren der Lymphegewinnung und
-aufbewahrung weiter ausbilden und dem Studium serotherapeuti¬
scher Fragen dienen.
Verbesserung des Seuehen-Nachrichtendienstes.
In der December-Sitzung des Ausschusses des Deutschen
Landwirthschaftsrathes wurden die Seuchenberichte des Kaiser¬
lichen Gesundheitsamtes in einigen Punkten bemängelt. Die
Monatsberichte sollten nicht bloss den Stand am letzten Tage des
Monats wiedergeben, sondern müssten alle in der Berichtszeit vor¬
gekommenen Seuchenfälle registriren (sehr xichtig. D. R.), weil
man nur so ein klares Bild über die Ausbreitung der Seuche,
namentlich auch die Verseuchung der Viehhöfe erlangen könne.
Die Berichte sollten ferner, wie in anderen Ländern, öfter als
monatlich veröffentlicht werden.
Der Ausschuss beschloss, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu
bitten, die Berichte dementsprechend zu ändern und die wöchent¬
liche oder mindestens halbmonatliche Veröffentlichung einzufnhren.
Veterinärbeamte.)
Maul- und Klauenseuohe-Conferenz.
Im Kaiserlichen Gesundheitsamt tritt in dieser Woche eine
gemischte Commission von thierärztlichen und landwirtschaft¬
lichen Sachverständigen zusammen, um über die Erforschung und
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche zu berathen.
Perleberger ViehversIcherungsgeseilsohafL
Ueber die oben genannte Gesellschaft ist bereits im vorigen
Jahrgang der B. T.-W. ausführlicher berichtet worden. Dieselbe
ist durch den Baron v. Putlitz auf Gross-Pankow, der durcb
die letzte Veterinärrathssitzung in thierärztlichen Kreisen all¬
gemein bekannt geworden ist, geschaffen worden, der auch den
Verwaltungsrath leitet. (Die Oberaufsicht untersteht der Kgl.
Regierung zu Potsdam.) Die Schlachtviehversicherung ist an
über 100 Orten eingeführt An der Mehrzahl derselben haben
Thierärzte die direkte Vertretung übernommen. Die Gesellschaft
hat sich zum Grundsatz gemacht, die Versicherung nur noch da
eiuzuführen, wo Thierärzte wenn nicht die direkte Vertretung,
so doch die Oberaufsicht übernehmen, da sie die thierärztliche
Mitwirkung mit Recht für unentbehrlich hält. Um die Lücken
der Schlachtviehversicherung an den Schlachthäusern auszufülleu,
ist die Schlachtviehversicherung für Landwirthe und Viehbesitzer
eingerichtet worden. Bezüglich der Organisation muss auf den
früheren Artikel der B. T. W. (1897 pg. 451 f.) verwiesen werden.
Da dieselbe, wie dort schon mitgetheilt wurde, u. A. von einer
auf dem Gebiete des Versicherungswesens so hervorragenden
Autorität wie Geheimrath Lydtin anerkannt worden ist, so
ist es angezeigt, dass Interesse der Thierärzte auf diese Gesell¬
schaft zu lenken.
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13. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
23
:l?ICÜjPl
«ii:
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
Im December 1897.
lumbinrtei
Köslin
unter 't
Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender
Scala) an,wie viel pro mille dervor^.andenen
Gemeinden verseucht waren.
Die Verbreitung derMaul- n.Klauenseuche in Preussen. Ende December 1897.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Königsberg.
1
3
0,73
Gumbinnen.
1
1 2
0,51
Danzig.
2
3
2,38
Marienwerder.
13
85
37,57
Stadtkreis Berlin ....
1
1
—
Potsdam.
13
51
19,71
Frankfurt.
6
25
9,18
Stettin.
6
28
14 92
Köslin.
1
4
2,07
Stralsund.
1
1
1,12
Posen.
15
132
40,06
Bromberg.
12
161
72,35
Breslau. . •.
14
93
24,48
Liegnitz.
8
23
817
Oppeln.
6 j
27
9 63
Magdeburg .
n .
69
47,90
Merseburg.......
14
04
27,67
Erfurt.
3
6
10,23
Schleswig.
6
9
4,21
Hannover .
0
3
4,70
Hildesbeim.
9
13
17,96
Lüneburg .
4
4
2,78
Osnabrück .
3
3
5,35
Aurich.
4
8
23,39
Münster.
3
4
14,92
Minden.
2
7
13,72
Arnsberg .
6
11
12,94
Cassel.
9
18
10,76
Wiesbaden.
6
17
18,22
Coblenz.
4
10
9 56
Düsseldorf.
10
22
51,16
Köln.
5
9
30,40
Trier.
6
26
23,07
Aachen .
6
11
28,20
>umma | 213 j 953
Nachweisung über den Stand von Viehseuchen im Deutschen Reich
am 31. December 1897.
| Es. waren am 31. December in nächst« Lenden Regierungs-
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Kotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R.-B-
Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (2). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B.
Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (5). R.-B. Hildesheim 2 (3).
Bayern: R. - B. Oberbayern 2 (2). R.-B. Niederbayern 2 (2).
R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen: Kreisbai ptm. Zwickau 1 (1).
Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Sachsen-Weimar: 1 (1).
BraunBchweig: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (84). R.-B. Niederbayern 6 (7).
R.-B.Pfalz 13(51). R.-B. Oberpfalz 10(35). R.-B. Oberfranken 13 (36).
R.-B. Mittelfranken 18 (103). R.-B. Unterfranken 18 (65). R*-B.
Schwaben 19 (75). Sachsen: Kreisbauptm. Bautzen 4 (6).
Kreishauptm. Dresden 7 (23). Kreiehauptm. Leipzig 4 (10).
Kreishanptm. Zwickau 8 (22). Württemberg: Neckarkreis
17 (102). Scbwarzwaldkreis 6 (13). Jagstkreis 12 (78.) Donau¬
kreis 12 (32). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3). Landes-
comm. Freiburg9(17). Landescomm.Karlsruhe 9 (23). Landescomm.
Mannheim 10(31). Hessen: Provinz Starkenburg 6 (12). Provinz
Oberbcs8en 4 (14). Provinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg-
Schwerin: 4 (7). Sachsen-Weimar: 5 (15). Oldenburg:
Herzogth. Oldenburg 4 (20). Braunschweig: 3 (17). Sachsen-
Meiningen: 4 (14). Sachsen-Altenburg: 2 (10)). Sachsen-
Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 2 (16). Herzogth. Gotha
! 4 (14). Anhalt: 4 (28). Schwarzbnrg-Sondersbansen: 2(6).
Schwarzburg-Rudolstadt:3(4). Waldeck: 1 (1). Reussj.L.:
| 1 (2). Bremen: 1 (1). Hamburg: 2 (4). Elsass-Lothringen:
Bez. Unter-Elsass 4 (10). Bez. Ober-Eisass 6 (76). Bez. Loth-
! ringen 1 (3).
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24 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No 2.
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (I). R.-B.
Magdeburg 3 (6). R.-B. Trier 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Zwickau 1 (1).
Berliner Viehhof.
Das durch Ausbruch der Maul- und Klauenseuche veranlasste
•Verbot der Schweineausfuhr ist am 4. Januar wieder aufgehoben
worden.
Bücheranzeigen.
Periodische Litteratur.
Centralzeitung.
Die von Völlers herausgegebene und von Kühn au redigirte
Centralzeitung für Veterinär-, Viehmarkt- und Schlachthof-
Angelegenheiten hat mit dem neuen Jahre, wie in ihrer letzten
Nummer mitgetheilt wurde, ihr Erscheinen eingestellt. Es ist
dies zu bedauern, denn dieselbe war geschickt redigirt und ent¬
hielt viele ihr Specialgebiet betreffende interessanten Nachrichten
und Artikel, namentlich auch über ausländische Verhältnisse.
Zeitschrift für Thiermedicin.
Die Zeitschrift für Thiermedicin, welche vor Jahresfrist aus
der Verschmelzung der (in letzter Zeit ständig von Johne ge¬
leiteten) Deutschen Zeitschrift für Thiermedicin und der Oester-
reichischen Zeitschrift für wissenschaftliche Veterinärkunde
(herausgegeben von Mitgliedern des Lehrercollegiums der Wiener
Hochschule) hervorgegangen ist, hat ihren zweiten Band mit
einer grösseren sehr interessanten Arbeit von Preisz über
Aetiologie der Schweinepest und Schweineseptikämie begonnen.
Der abgeschlossene erste Band hat gezeigt, dass die Neu¬
organisation der von Johne weiter geleiteten Zeitschrift von
Vortheil gewesen ist.
Thierzuoht
Von Thierärzten werden jetzt auf dem Gebiete der Thierzucht
zwei Zeitschriften redigirt, auf welche die Leser hingewiesen
sein mögen. Die allgemeine Centralzeitung für Thierzucht von
Zuchtdirector Marks in Posen, Verlag von Richard C. Schmidt
in Frankfurt a. M., umfasst alle Theile der Thierzucht Die Zeit¬
schrift für Pferdekunde und Pferdezucht von Bezirksthierarzt
Bossert in Wlirzburg (Commissionsverlag der Stallel’sehen
Buchhandlung in Würzburg), welche bereits im XIV. Jahrgang
steht, ist officielles Organ der bayerischen und württembergischen
P ferdezuebtvereine.
Hauptner’s Instrumentenfabrik.
Der Catalog der Neuheiten aus dem Jahre 1898 enthält eine
grosse Zahl von neuconstruirten bezw. eingeführten Apparaten
und Instrumenten, im Ganzen gegen 100 Nummern. Die
wichtigeren derselben sind in der B. T. W. beschrieben worden;
es genügt daher hier ein kurzer Hinweis auf diese Zusammen¬
stellung.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem LandgcstUtBthierarzt M. Zeilinger in
München wurde der Verdienstorden des hl. Michael IV. Kl., dem
Bezirksthierarzt Un giert in Füssen das Verdienstkreuz desselben
Ordens verliehen. — Medicinalrath Professor Dr. Ellenbcrger
in Dresden ist zum Ober-Medicinalrath ernannt worden.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte E Bartels,
bisher Assistent an der thierärztl. Hochschule in Hannover, für die
Kreise Nienburg und Neustadt a. R. mit Wohnsitz in Nienburg und
Schlachthofthierarzt Ho mann zu Bielefeld commissarisch für den
Kreis.Stolzenau. — Gestütsthierarzt Dr. Uebele in Marbach ist
zum Assessor der thierärztl. Abtheilung des Königl. Mcdicinal-
Collegiums in Stuttgart, Thierarzt Häberle, bisher Assistent an
der thierärztl. Hochschule in Stuttgart zum Gestütsthierarzt in
Marbach, Bezirksthierarzt A. Avril in Speyer zum pragmatischen
Bezirksthierarzt, Thierarzt H. Michel-Dieuze zum Grenzthierarzt in
D. Avricourt ernannt worden.
Die Schlachthofthierärzte W. Mülle r in Mannheim und Gerlach
in Apolda Bind etatBmässig bezw. definitiv angestellt worden.
— Es sind gewählt worden Thierarzt H. J e n i s c h zum provisori¬
schen Schlachthofinspector in Namslau (Schles.), Thierarzt M. Zie-
schank zum städt. Thicrarzt in Dresden, Thierarzt Jantzen-
Lauenburgzum Schlachthofvorsteher in Pasewalk, Thierarzt Herbet-
Schönlanke zum Schlacthofthierarzt in Falkenburg (Pomra.), Thierarzt
Gehrt-Jastrow zum Schlachthofvorsteher in Lauenburg (Pomm.'.
Pensionlrung: Bezirksthierarzt W e b e r zu Lohr lünterfranken).
Approbationen: München: Die Herren H. Meyer, P. Schneider.
— Dresden: Die Herren Lange, Gebhardt, Uhlemann, Köhler,
Schaaf.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. :Verzogen: DieBezirks-
i thierärzte a.D.: K. Krautheim von Krumbach nach Mindelheiin und
Lippold von Schwarzenberg nach Cassobande bei Dresden, Thier-
| arzt Eberlc, bisher Assistent an der Thierärztl. Hochschule in
! Stuttgart nach Höchst (Odenwald). — Thierarzt P. Süsskind-
Rösselsberg hat sich in Diessen am Aramersee, Thierarzt G. Zech
in Greiz niedergelassen.
In der Armee befördert zu Rossärztin: Untorrossärzte Krüger
vom Art.-Rgt No 10 unter Versetzung in das Drag. Rgt. No. 21,
1 Osterwald vom Drag.-Rgt. No. 16 unter Versetzung in das Feld-
j Art.-Rgt. No. 8, Menzel vom Feld-Art.-Rgt. No. 3 unter Versetzung
in das Feld-Art.-Rgt. No. 20. — Befördert zu Rossärzten des Beur-
laubtenstandos die Unterrossärzte der Landw. I. Aufgeb. Nöil,
Matthiesen, Nakulski, Friese, Rund und die Unterrossärzte
d. Res. Peinemann, Dick, Oehl, Pfeil, Himstedt, Clausen,
Bastian, Eckhardt, Kohl, Reil, Thiede, Liphardt, Marg-
graf, Fröhner, Bote, Walters, Aronsohn, Banniza, Bauer,
Fischer, Goetze, Nolte, Rieger, Sohr, Voogdt, Wetz¬
müller, Witt, Petersen. —
Roesarzt Menge vom Drag.-Rgt. No. 21 ist auf seinen Antrag
mit Pension in dca Ruhest ind versetzt worden.
Todesfälle: Bezirksthierarzt 0. Vogt in Vohenstrauss(Oberpfalz),
Thierarzt Th. Belach ner in Kirchheim am Neckar.
Vacanzen.
Krsiathlerarztatelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Stettin: Knramin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.). — R.-B.
Kassel: Hlinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden (noch
nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts¬
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
Sanitatsthierarztatellen :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M.
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann —Köln: Schlachthof¬
thierarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬
meister Becker. — Nordhansen: Schlachthofvorsteher zum
1. April 1898 (2400 bis 3900 M., freie Wohnung und Heizung). Bew.
bis 15. Januar an Magistrat. — Sag an: Schlachthofvcrwalter zum
1. April 1898 (1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. bis
15. Jan 1898 an den Magistrat. — Weimar: Inspector am Innungs-
Schlachthaus zum 1. April 1898 (2400 M., freie Wohnung etc.). Bew.
an Obermeister Henmann.
Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Dierdorf:
i (100 M. Gemeindebeiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel.
| — Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Gux¬
hagen (R.-B. Cassel). — Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum
I 1. Jan. 1898 (Beihilfe 700 M.). — Kemberg: (Zuschuss 300 M.).
Auskunft Magistrat. — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat —
Pitschen : Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Ein¬
nahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat — Rödding:
Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: t800 M. für Fleisch¬
schau'. Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
| Privatpraxis).
B38stzl: Staatsstelle: Stolzenau.
Verantwortlich für den Inhalt (exel. Inseratenteil) l’rof. Ur. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Higenthuui von Richard Selioctz iu Berlin. — Druck von W. Büxenstein, Berlin.
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Dl« „Berliner Thler&ntlich« Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln SULrke von mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe
Ist tn bestehen durch den Buchhsndcl, die Post (No. 10311
oder durch die Verlagsbuchhandlung ron Richard
Scboetz, Berlin NW, Luisenitraaae 36, rum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrftge werden mit 60 Bk. fOr den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man su senden an Prof. I>r. Scbmaltz,
Berlin, thierörxtllche Hochschule, NW, Luisenstraase 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 3 . Ausgegeben am 20. Jannar.
Inhalt: Meifort: Standesangelegenheiten. — Pflanz: Tenotomie naehmetastatischer Sehnenentzündung. —
Referate: Fröhner: Ueber die sogenannte Cruralis- und Radialislähmung. — Starrkrampfbehandlung. — Infectiöse Tumoren
beim Hund. — Gemünd: Desinfectionsversuche mit der neuen Methode der Fabrik Schering: Vergasung von Formalinpastillen
im Formalindesinfector. — Triboulet: Ueber den Rheumatismus-Bacillus. — S imader: Ueber das Vorkommen von Eiweiss
im Harn unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen, speciell bei Thieren. Inaugural-Dissertation. — Kleine:
Der Einfluss des Morphium auf die Salzsäurereaction des Magens. — Kleine Mittheilungen. — T age sge s c h i c h te: Ver¬
schiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬
verkehr. - Personalien. — Vacanzen.
Standesangelegenheiten.
Von
Melfort-Lensalin (Schleswig-Holstein),
Kreiathierarxt.
In No. 44, Jahrgang 1897 dieser Wochenschrift hielt es die
Redaction für erwünscht, angesichts der Thatsache, dass die
Medicinalbeamten jetzt eifrig ihre Verhältnisse discntiren, dass
auch die Veterinärbeamten sich über ihre Wünsche aussprächen,
das ist von mehreren Seiten bereits geschehen und soll heute
nach einer anderen Richtung ausgeführt werden.
In den früheren Abhandlungen wurde hervorgehoben, die
Kreisthierärzte müssen zu vollbeschäftigten und vollbesoldeten
Beamten gemacht werden. Die Privatpraxis muss verboten
werden, da sie die amtliche Thätigkeit beeinträchtigen kann.
Es ist mit vollem Recht in der B. T. W. früher betont, dass
dies ein Nachtheil wäre. Das Gehalt würde jedenfalls nur derart
bemessen sein, dass Mancher die Ausübung der Privatpraxis vor¬
ziehen würde. „Der beamtete Thierarzt würde den thierärztlichen
Kenntnissen entfremdet und einseitig werden. Auch seine dia¬
gnostische Sicherheit würde leiden, wenn er keine anderen Thier¬
krankheiten mehr zu sehen bekommt. Eb ist ferner durchaus
erwünscht, dass der Kreisthierarzt durch die Privatpraxis veran¬
lasst wird, mindestens einen grossen Theil des Publikums seines
Kreises, deren Verhältnisse und Viehstand häufig zu sehen. Eine
grosse Zahl von Seuchenfällen werde gerade dadurch ermittelt."
(Prof. Schmaltz, B. T. W. 1895, S. 165.) Auch Schmidt-War-
burg sagte im Abgeordnetenhause (6. März 1897): „Die Privat¬
praxis könne den Kreisthierärzten nicht vollständig verschränkt
werden; sie sei nothwendig schon wegen der Erhaltung und Fort¬
bildung der medicinischen Fähigkeiten."
Es sind also gewichtige Gründe, welche für die Erhaltung
des jetzigen Zustandes sprechen. Es giebt ja Kreise, in denen der
Kreisthierarzt amtlich vollbeschäftigt ist, und wieder andere Kreise,
in denen er zeitweise wenig zu thun hat, und warum soll er sich
hier nicht mit der Ausübung der thierärztlichen Praxis beschäf¬
tigen? Ich halte dies um so wünschenswerther, als augenblicklich
ein Zug durch die Glieder unseres Standes geht, als wenn die
Ausübung der thierärztlichen Praxis etwas Untergeord¬
netes wäre. Man spricht davon, dass unser Stand ganz andere
Aufgaben zu erfüllen habe, als „Krankheiten zu heilen“. Die
Candidaten an den Hochschulen beschäftigen sich nach Absolvirung
ihres Staatsexamens mehr als früher mit der Frage, wann mache
ich mein Doctor-, wann mein Kreisthierarztexamen. Es ist ein
Streben nach Gelehrsamkeit, das Vielen den Gedanken erweckt,
als wenn die Ausübung der thierärztlichen Praxis etwas Ge¬
ringeres wäre. Mit Freuden ist zu constatiren, dass Prof.
Schmaltz in der B. T. W. einen anderen Standpunkt vertritt,
indem er schreibt: Oder ist vielleicht der practische Thierarzt
weniger wie alle beide (Kreisthierarzt und Sanitätsthierarzt), weil
er überhaupt kein Beamter ist? Ich denke doch nicht, denn die
freie, curative Thätigkeit ist gerade und bleibt mit Recht die
Hauptthätigkeit im thierärztlichen Beruf. Diese Ansicht herrscht
auch in der landwirthschaftlichen Bevölkerung und derselben hat
der Kreisthierarzt Rechnung zu tragen. Der beamtete Thier¬
arzt bedarf den Kreiseingesessenen gegenüber ein Ansehen, das
ihm weder seine wissenschaftliche Ausbildung noch seine amt¬
liche Stellung verleiht. Die Ueberzeugung, dass das Können und
Thun einen höheren Werth hat als das blosse Wissen, sitzt
namentlich bei dem Bauernstand tief eingewurzelt und hat auch
vielleicht von höheren Standpunkten eine gewisse Berechtigung.
Goethe’s Faust, der vergeblich nach dem rechten Ausdruck ringt,
jubelt auf, als ihm das Wort in den Mund kommt: „Im Anfang
war die That." Die Behörden und Landwirthe, die da sehen,
dass der Kreisthierarzt nicht allein von Seuchen leben will,
sondern noch einen practischen Beruf hat, der seinen Mann er¬
nähren kann, sehen ihn mit ganz anderen Augen an, als wenn
sie ihm zu jedem Ausbruch der Seuche gratuliren, zur Fest¬
stellung der Endschaft condoliren müssen. Dann aber erfüllt der
beamtete Thierarzt auch wirklich erst die grossen Aufgaben,
welche der Thierarzt nach Gerlach zu lösen hat: „Das tägliche
Brod zu verdienen, dem einzelnen Hausthierbesitzer und dem
Staat wahrhaftig zu nützen, der leidenden Thierwelt zu dienen,
welche der Mensch sich nutzbar gemacht hat, die Wissenschaft
zu fördern und den Stand zu heben.“
Durch die Privatpraxis lernt der beamtete Thierarzt Land
und Leute kennen. „Das Vertrantsein mit allen den gegebenen
äusseren Verhältnissen und deren Einfluss auf die Thierwelt
erleichtert die Ermittlung der Ursachen, führt zur richtigen
Erkennung und Beurtheilnng der Krankheit und ist somit eine
Hauptbasis für die Vorbauung und Behandlung, so dass der
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26
Thierarzt, der io seinem Wirkungskreise ganz zu Hause ist, nicht
allein im Stande ist, die heilsamsten Mittel und Methoden in
Anwendung zu bringen, sondern auch die ökonomisch ausführbaren
Anordnungen zu treffen, und das eben ist die Cardinalaufgabe für
jeden Tüierarzt, dass er, mit dem möglichst Zweckmässigen für
die Krankheit, auch das Ausführbarste für den Besitzer zu finden
weiss.“ Dies Wort Gerlach’s (Allg. Therapie S. 16) gilt wie
für den praktischen so für den beamteten Thierarzt, der die zweck-
mässigsten Tilgungsmassregeln nur anwenden kann, wenn er in
seinem Wirkungskreise ganz zu Hanse ist. Es ist eine mehr¬
jährige Thätigkeit als praktischer Thierarzt, dem ja auch die
Tilgung mancher Seuchen nach wie vor obliegt, die beste Vor¬
bereitung für das Amt eines Veterinärbeamten. Bei Beginn
seiner amtlichen Thätigkeit wird ihm schon der Departements-
thierarzt an Ort und Stelle mit Rath und That zur Seite stehen.
Mit den Jahren wird er sich vervollkommnen, denn von der amt¬
lichen Thätigkeit des Thierarztes gilt auch das Wort: Die Er¬
fahrung ist aller Meister Meister; sie zeigt nur erst den Geist
der Geister.
Im Uebrigen ist die Frage, ob der Kreisthierarzt zu einem
„vollbeschäftigten und vollbesoldeten“ Beamten gemacht werden
soll, vorläufig mehr eine theoretische als praktische, da in
nächster Zeit wohl gar keine Möglichkeit gegeben ist, allen Kreis¬
thierärzten ausschliesslich wirklich auskömmliche Gehälter an-
zuweisen. Der Regierungscommissar, Geheimrath Küster betonte
in der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 6. März 1897: „Die
Kreisthierärzte haben in der Besoldungsvorlage nicht berück¬
sichtigt werden können, da sie nicht zu den vollbeschäftigten
Beamten gehören. Dass sie zu solchen gemacht werden könnten,
dafür ist in nächster Zeit keine Aussicht.“
Richten wir also unsere Wünsche auf andere, erfüllbare
Dinge! Von einer Erörterung hinsichtlich der nothwendigen
Aenderung des anerkannt veralteten Rangverhältnisses will ich
absehen und mich nur mit der Frage der Erhöhung des Gehaltes
und der Pensionsberechtigung beschäftigen.
Seit mehr als 25 Jahren beträgt das staatliche Gehalt der
Kreisthierärzte 600 M. „Die 600 M. Fixum können nur als
Pauschal-Entschädigung für die neuerdings sehr angeschwollenen
schriftlichen, statistischen Arbeiten und für die unentschädigt
bleibenden Dienstgeschäfte am Wohnort (selbst für diese nicht
überall genügend) gelteu“ (Prof. Schmaltz, B. T. W. vom
18. März 1897.) Wenn das Gehalt damals angemessen gewesen
ist, so ist es heute zu niedrig.
Die amtlichen Geschäfte der Kreisthierärzte haben sich un¬
zweifelhaft vermehrt. Durch die erfolgreiche Bekämpfung vieler
Seuchen mögen sie eine Zeit laDg abgenommen haben, ab r durch
die Einführung der Anzeigepflicht anderer weit verbreiteter
Seuchen und durch das seit einem Jahrzehnt ausgedehnte
Herrschen der Maul- und Klauenseuche haben sie wieder erheb¬
lich zugenommen. Bei jedem Seuchenausbruch steht der beamtete
Thierarzt sofort zur Verfügung und lässt die Privatpraxis ruhen.
Die Beschäftigung mit den veterinärpolizeilich wichtigsten Seuchen
ist der Privatpraxis schädlich. Insbesondere pflegen die Vieh¬
besitzer beim Herrschen der Maul- und Klauenseuche nur ungern
den beamteten Thierarzt zu rufen. Beim Ausbruch dieser Seuche
warnt der Landrath mit Recht die Viehbesitzer, Personen, die
aus den verseuchten Ortschaften kommen, den Zutritt zu ihren
Stallungen zu gestatten, was manche dem beamteten Thierarzt
gegenüber sorgfältig beachten. So bringt denn oft ein solcher
Seuchenfall eine erhebliche Einbusse an der thierärztlichen
Praxis. Die gelegentlich der Privatpraxis festgestellten Seuchen¬
fälle erfordern oft ein zeitraubendes Verweilen und Berichten,
No. 8.
ohne dass es eine Entschädigung für diese Dienstgeschäfte giebt,
da sie nicht im Aufträge einer Behörde ansgeführt sind.
Der beamtete Thierarzt hat mehr als der Privatthierarzt an
landwirtschaftlichen Vereinen theilzunehmen, Thierschauen
im Kreise zu besuchen, thierärztlichen Versammlungen beizu-
wohnen, Einrichtungen auf dem Gebiet der Sanitäts- und
Veterinärpolizei (Schlachthäuser, Quarantäne-, Desinfectionsan-
stalten) kennen zu lernen.
Neuerdings hat sich derselbe mit zeitraubenden bacterio-
logischen Arbeiten zu beschäftigen und Ausgaben hierfür auf¬
zuwenden.
Aus der Vermehrung der Arbeit geht hervor, dass eine
Gehaltserhöhung angezeigt ist.
Dazu kommt, dass sämmtliche Beamte, deren Arbeitspensum
sich nicht vermehrt hat, in den letzten 25 Jahren eine wesentliche
Aufbesserung ihrer Gehälter erhalten haben, dass also auch aus
diesem Grunde eine Erhöhung des staatlichen Gehaltes gefordert
werden kann.
Hierzu kommt, dass neuerdings die Art der Besetzung der
Kreisthierarztstellen eine andere geworden ist, insofern als
principiell der Sitz des Landrathsamtes der amtliche Wohnsitz
des Kreisthierarztes ist. Es kommt vor, dass die Kreisstadt für
die Privatpraxis des beamteten Thierarztes ungünstig und dass
andererseits die Wohnungsmiethe so hoch ist, dass das staatliche
Gehalt von 600 M. hierfür kaum reicht. Aus diesen Gründen ist
eine Erhöhung des staatlichen Einkommens auf mindestens 900 M.
gerechtfertigt.
Das Gehalt aller vollbeschäftigten Beamten setzt sich zu¬
sammen aus einem Grundgehalt, einem Wohnungsgeld und Alters¬
zulagen. Wenn diese Besoldung für die vollbeschäftigten Beamten
gerechtfertigt ist, so liegt kein Grund vor, sie für die Kreisthier¬
ärzte als % oder V» vollbeschäftigte Beamte nicht in entsprechendem
Verhältniss in Anrechnung zu bringen. .Es würde also auch ein
Wohnungsgeldzuschuss für jede Kreisthierarztstelle von 100—200 M.
angezeigt sein. Auch das System der Alterszulagen, das bei
allen Beamten durchgeführt ist, würde bei den beamteten Thier¬
ärzten nicht auf Widerspruch stosBen. Wenn in den Orten, wo
Kieisthierärzte wohnen, die Lehrer Alterszulagen von 9X150
bis 200 M., die Geistlichen nach dem neuen Entwurf 5 X 600 M.
erhalten, dann ist es wohl gerechtfertigt, wenn die beamteten
Thierärzte 5 X 100 M. beziehen. Nach diesen Vorschlägen würde
sich das Gehalt der Kreisthierärzte zusammensetzen aus:
einem Grundgehalt von 900 M.,
einem Wohnungsgeldzuschass von 100 —200 M.
und ans Alterszulagen von 5 X 100 M.
Neben diesem Gehalt beziehen die Kreisthierärzte Reisekosten
und Tagegelder für die ausserhalb ihres Wohnortes ausgeführten
Dienstgeschäfte. Diese werden als eine Bezahlung der Einzel¬
leistung angesehen, was sie ja auch tbatsächlich sind. Diese
Einnahmequelle wird aber öfter überschätzt, was leicht ersichtlich,
wenn man sie mit den Positionen in dem neuen Gesetz über die
Reisekosten und Tagegelder der Staatsbeamten vergleicht. Als
der Gesetzentwurf vorgelegt wurde, kennzeichnete die Begründung
den Zweck der Vorlage also: „Es ist davon auszugehen, dass den
Beamten volle Entschädigung tür die aufzuwendenden Beförderungs¬
kosten zu gewähren ist und dass ihnen andererseits ein erheb¬
licher Ueberschuss über ihre Auslagen nicht verbleiben darf. Ein
solcher erwächst ihnen aber jetzt aus den zur Zeit geltenden
Entschädigungssätzen für das Kilometer von 13, 10 und 7 Pf.,
w elche die für die Beförderung zu entrichtenden Fahrpreise^immer,
sei es mehr, sei es weniger, überschreiten. Diese Sätze sind
daher zu ermäßigen.“
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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20. Jannar 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
27
§ 1. Die Staatsbeamten erhalten bei Dienstreisen Tagegelder
nach den folgenden Sätzen:
VI. Subalternbeamte der Provinzial-, Kreis- und Localbehörden
und andere Beamte gleichen Ranges 8 M.
VII. Andere Beamte, welche nicht zu den Unterbeamten
gehören, 6 M.
§ 4. An Reisekosten erhalten I. bei Dienstreisen, welche auf
Eisenbahnen und Dampfschiffen gemacht werden können, die im
§ 1 unter VI und VII genannten Beamten für das Kilometer 8 Pf.
und für jeden Zu- und Abgang 2 M., II. bei Dienstreisen, die
nicht auf Eisenbahnen zurückgelegt werden können, die im § 1
unter V und VI genannten Beamten 40 Pf. Haben erweislich
höhere Reisekosten, als die unter I und II festgesetzten, auf¬
gewandt werden müssen, so werden diese ersetzt.
Wir sehen also, dass nach dem neuen Gesetz, welches die
Reisekosten und Tagegelder der Beamten so reduciren sollte, dass
ein erheblicher Ueberschuss über die Auslagen nicht verbleiben
darf, die Subaltern beamten etc. 2 M. Tagegelder mehr und bei
Reisen auf Eisenbahnen 2 Pf. pro Kilometer weniger, im Uebrigen
stets die gleichen Sätze erhalten wie die Kreisthierärzte. Wie
können darnach die jetzt festgestellten Reisekosten und Tage¬
gelder zu einer erheblichen Einnahmequelle der beamteten Thier¬
ärzte werden? Oder reisen diese billiger als jene Beamte?
Für viele Fälle lässt sich das Gegentheil beweisen.
Die sonstigen Beamten wissen in der Regel im Voraus den
Termin ihrer Reise und können das bequemste und billigste
Transportmittel benutzen; sie können unterwegs ohnepecuniären
Nachtheil stundenlang verweilen und eine günstige Reisegelegen¬
heit ausnutzen. Der Kreisthierarzt wird in der Regel tele¬
graphisch requirirt und muss möglichst schnell am Seuchenort
erscheinen. Daher ist er häufig nicht in der Lage, den billigsten
Reiseweg, den er nur bezahlt erhält, einzuschlagen, da er nicht
längere Zeit auf einen Zpg warten kann. Nach Erledigung der
Amtsgeschäfte eilt er nach Hause, um für die Privatpraxis, aus der
zwei Drittel seines Einkommens stammt, disponibel zu sein, und
giebt oft erheblich höhere Reisekosten aus, um nur einige Stunden
früher an seinem Wohnort zu sein. Für das Miethfuhrwerk, das
der beamtete Thierarzt benutzt, hat er oft ein höheres Fuhrgeld
zu zahlen als andere Reisende. Häufig sind die Fuhrwerkbesitzer
im Besitz von Hausthieren und geben ihr Fuhrwerk dem be¬
amteten Thierarzt, der nach Seuchenherden fährt, nur ungern
oder lassen es sich entsprechend bezahlen.
Der Kreisthierarzt ist ja allerdings meistens im Besitz von
eigenem Fuhrwerk, das er jedoch öfter nicht benutzen kann.
Häufig erfordern die Dienstreisen zunächst eine Reise auf der
Eisenbahn von ein, zwei oder mehr Meilen, woran sich dann eine
Reise auf dem Landweg von so und so vielen Kilometern an-
schliesst, für deren Zurücklegung an der jeweiligen Eisenbahn¬
station Fuhrwerk besorgt wird. Dies wird in der Regel tele¬
graphisch bestellt, was wieder Ausgaben erfordert.
Seit Jahren habe ich principiell für alle Reisen zur Fest¬
stellung und Tilgung der Maul- und Klauenseuche mein eigenes
Fuhrwerk nicht benutzt, einmal um jeder Gefahr der Seuchen¬
verbreitung dadurch vorzubeugen, dann aber auch um jede weitere
Schädigung der Privatpraxis, die dadurch entsteht, dass man mit
eigenem Fuhrwerk am Seuchenort gewesen ist,- zu vermeiden.
Beim Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist rasches Ein¬
greifen erforderlich, so dass Reisen mit Fuhrwerk zu Nachtzeiten
Vorkommen, die einen erheblich höheren Aufwand erfordern. Nun
enthalten ja unsere Tagebücher eine Spalte: „Erweislich höhere
Reisekosten an Stelle der reglementsmässigen, laut Belag.“ In
diese Rubrik habe ich noch nie eine Eintragung gemacht, weil
ich auf die Beschaffung der Beläge keinen Werth gelegt hatte i
und bei anderen Reisen, die ich mit eigenem Fuhrwerk zurück¬
legte, einen Ausgleich fand. Ich freue mich, dass ich in diesen
Geldangelegenheiten noch nie einen Federstrich gethan habe.
So werden die meisten Kreisthierärzte gehandelt haben, un¬
bekümmert darum, dass sie höheren Ortes den Eindruck hervor¬
gerufen haben, als ob sie nie erweislich höhere Auslagen gemacht
hätten. Dass die Reisekosten und Tagegelder nicht für alle Fälle
reichen, dafür ein Beispiel. Vor einem Jahr fanden bacterio-
logische Curse für die beamteten Thierärzte statt, die eine Woche
in Anspruch nahmen. Die B. T. W. hat Berichte hierüber ge¬
liefert, die jedesmal mit einem Dank an die Behörden schlossen.
Dass während dieser Zeit in der Grossstadt die 6 M. Tagegelder
nicht reichten, ist klar. Es haben die Theilnehmer 50 M. aus
ihrer eigenen Tasche zahlen müssen und noch mehr in der Privat¬
praxis verloren. Andere Beamte sind besser gestellt. Wenn
ein junger Lehrer auf Veranlassung der Behörde einen Zeichen¬
kursus durchmacht, um mit mehr Erfolg den Unterricht in der
Fortbildungsschule zu leiten, also seine Nebeneinnahmen zu er¬
höhen, so erhält er ausser seinem täglichen Gehalt von 5 M.
pro Tag 4 M. aus der Staatskasse und freie Reise und lässt
sich aus der Gemeindekasse noch ebenso viel bewilligen.
So sehen wir denn, dass hinsichtlich der Tagegelder und
Reisekosten keine Bevorzugung existirt. Im Verhältniss zu
anderen Beamten und insbesondere zu den Kreisphjrsikern, die
12 Mark Tagegelder erhalten, finden wir eine Erhöhung der
Diäten auf 9 Mark für gerechtfertigt. Es besteht jedoch kein
Zweifel, dass bei der beträchtlichen Gesammthöhe, welche diese
Tagegelder und Reisekosten in den letzten Jahren erreicht
haben, eine Aenderung vorläufig nicht möglich ist Lassen wir
also diesen Wunsch ruhen.
Es könnte noch der Gedanke auftauchen, dass die Kreis-
tlrierftrzte für andere Reisen, die sie nicht im staatlichen
Interesse, sondern auf Veranlassung der Gerichtsbehörden zurück¬
legen, eine erhebliche Nebeneinnahme erzielten. Dass das Gegen¬
theil der Fall ist, hat die B. T. W. bereits früher hervor¬
gehoben. Ich will nur ein Beispiel anführen. In meiner Nach¬
barschaft wohnt ein berittener Gendarm, dessen staatliches Gehalt
dreimal grösser als das meinige ist und dessen Dienstpferd
dem Staat jährlich gegen 700 Mark kostet. Auch er muss wie
ich mitunter zur Gerichtsstätte. Der Gendarm bekommt pro
Kilometer Landweg 30 Pf., der Kreisthierarzt 25 Pf.
Und nun zu der Frage der Pensionsberechtigung!
Schon im Mai 1893 machte der Vorstand der Central-
vertretnng der thierärztlichen Vereine Preussens bekannt, das
dem Herrn Minister ein Gesuch um Einführung der Pensions¬
berechtigung der beamteten Thierärzte überreicht worden seL
Bei einer Besprechung über den Etat der landw. Verwaltung
pro 1895/96 brachte die B. T. W. die Mittheilung, dass leider
noch keine Mittel für Alters- und Invaliditätsversicherung der
nicht pensionsfähigen Veterinärbeamten eingestellt seien. Und so
liegt die Sache noch heute.
Der Wunsch der beamteten Thierärzte, bei Invalidität oder
im hohen Alter durch eine Pension vor Armuth und dringender
Sorge gesichert zu sein, ist ein vollberechtigter. „Wo jeder
Arbeiter durch Unfall-, Alters- und Invaliditätsversicherung ge¬
schützt ist, darf es keinen Staatsbeamten irgend welcher Art geben,
der beim Aufhören seiner Beschäftigung an dem Nichts steht
und dessen hilflos Hinterbliebene lediglich auf die öffentliche
Mildthätigkeit angewiesen sind.“ (Prof. Schmaltz, B. T. W.
1897, No. 11.) Die Forderung ist um so berechtigter, als der
Beruf des beamteten Thierarztes kein ungefährlicher ist. Ich
will nur daran erinnern, dass uns die Wochenschrift in diesem
i Jahre zwei traurige Fälle meldete: ein College starb als ein
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Opfer seineB Berufs an der Tollwuth, ein anderer an Rotzinfection.
Sie sind Opfer ihrer amtlichen Thätigkeit geworden, ohne dass
die Wittwen und Waisen Anspruch auf Unterstützung haben.
Dass der Beruf des Kreisthierarztes kein so lohnender ist, um
rechtzeitig ein Vermögen zu sammeln, bedarf keines weiteren
Beweises. Wir sehen deshalb so häufig, dass mit dem Tode des
Ernährers die Noth, die unerbittliche, sich einstellt. Die B. T.W.
liefert hierfür Beispiele, und die Collegen, die die Hilfskassen
der thierärztlichen Vereine verwalten, können hiervon reden.
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 6. März 1897
bemerkte der Regierungskomraissar, Geheimrath Küster:
„Die Wünsche der Kreisthierärzte richten sich vielmehr
darauf, dass ihnen eine Pensionsberechtigung von einem fingirten
Gehaltssätze verliehen werden möge. Ob und in welcher Weise
das möglich sein wird, muss weiterer Erwägung unterliegen.“
Von thierärztlicher Seite ist der Vorschlag gemacht, dass die
Pensionsberechtigung basirt auf dem Fixum unter Zuziehung von
% des Jahresdurchschnitts der gezahlten sonstigen Bezüge. Es
ist in den Forderungen der Thierärzte ein eigenthümlicher
Widerspruch. Es wird behauptet, die Reisekosten und Tage¬
gelder seien zu niedrig, und in demselben Athemzuge wird ge¬
wünscht, dass womöglich >/ a davon als pensionsfähiges Gehalt
angerechnet werden möge, als wenn ein so erheblicher Theil
reiner Ueberschuss wäre.
„Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der Natur.“
Von den Reisekosten und Tagegeldern kann höchstens der
thatsächliche Ueberschuss, und der wäre mit ^ der Gesammt-
summe hoch berechnet, in Anrechnung gebracht werden.
Will man den beamteten Thierärzten eine ausreichende
Pension geben, so wird dies nur auf dem Wege möglich sein,
dass man ihnen ein höheres pensionsfähiges Gehalt zahlt.
Es ist erfreulich, dass die Wünsche der Thierärzte: Er¬
höhung des Gehaltes und Pensionsberechtigung, von vielen Seiten
getheilt werden. Namhafte Landtags-Abgeordnete und angesehene
landwirtschaftliche Corporationen haben die wichtige Stellung
der beamteten Thierärzte anerkannt und sind für die Ver¬
besserung dieser Stellen eingetreten. Hierfür einige Bvispiele:
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 30. Januar 1887
trat der Abgeordnete v. Pilgrim für eine bessere Besoldung der
Kreisthierärzte ein. Die Gehälter derselben müssten soweit er¬
höht werden, dass sie nicht zu sehr auf die Privatpraxis ange¬
wiesen seien. Er stellte den Antrag, das Gehalt im Durchschnitt
auf 1500 Mark zu bemessen.
Der landw. Verein für Sclilesien hat in seiner Sitzung vom
1. März 1893 eine Resolution gefasst dahin, dass die Zahl der
beamteten Thierärzte zu vermehren und denselben eine bessere
Besoldung zu gewähren sei.
Der Centralvorstand des landw. Vereins für Rheinpreussen
hat in seiner Sitzung zu Cöln am 5. April 1895 über Massregeln
zur Verminderung von Seuchengefahr berathen und dabei unter
Anderem den Antrag angenommen, es sei eine Besserstellung der
beamteten Thierärzte, eine Hebung ihres Ansehens und eine
freiere Action in ihrer Amtsthätigkeit erforderlich.
Gelegentlich einer Besprechung über die Viehhandelsver¬
hältnisse und Seuchengefahr kam der Abgeordnete Ring im März
1895 im Abgeordnetenhause auch auf die Stellung der beamteten
Thierärzte zu sprechen. Er hielt dafür, dass eine Aenderung
dieser Stellung und vor allen Dingen eine Erhöhung der Ge¬
hälter der beamteten Thierärzte durchaus nothwendig sei.
In der SitzuDg des Abgeordnetenhauses vom G. März 1897
trat der Abgeordnete Schmidt-Warburg in besonders warmer
Weise für eine bessere Besoldung der Kreisthierärzte ein. Man
No. 3.
solle die Bezöge der Kreisthierärzte'aufbessern. Dieselben seien
in der Denkschrift über die Beamtenbesoldung nicht berück¬
sichtigt. Man brauche und solle nicht auf die Medicinalreform
warten, denn die Besoldung der, Kreisthierärzte sei den Ver¬
hältnissen der Kreisphysiker zwar ähnlich, aber nicht an letztere
gebunden. Das Gehalt der Kreisthierärzte sollte wenigstens anf
1200—1500 Mark erhöht werden. Auch sollten Pensionen von
einem fingirten höheren Gehalt bezahlt werden.
Minister der Landwirtschaft Freiherr von Hammerstein
sagte darauf: „Ich muss anerkennen, dass namentlich die Kreis¬
thierärzte, die keine Pensionsberechtigung haben, ausserordentlich
mässig besoldet sind.“ (Sehr richtig! rechts.)
Was ich vorhin als berechtigte Forderung der beamteten
Thierärzte hinstellte, was durch diese Aussprüche auch von
anderer Seite als richtig anerkannt wird, das ist in vielen Theilen
Deutschlands bereits durchgeführt.
Die Pensionsberechtigung wurde bekanntlich für die beamteten
Thierärzte in Baden am frühesten erreicht. Seit dem 1. Januar
1895 ist auch eine erhebliche Erhöhung der Bezüge eingetreten.
Von da an beziehen die Bezirksthierärzte ein Anfangsgehalt von
1000 M., welches nach zwei Jahren um 200 M. und von da ab
alle drei Jahre um 2C0 M. bis zum Höchstbetrage von 2200 M.
steigt. Hierzu tritt ein nach Altersklassen bemessenes Wohnungs¬
geld von 180—480 M.
Auch in Bayern und Hessen sind die Verhältnisse in ähnlicher
Weise geregelt.
Was in anderen Gegenden möglich ist, das wird auch bei
uns zu erreichen sein, zumal dem Staat durch die Veterinär¬
polizei nicht unerhebliche Einnahmen zufliessen. Für die thier-
ärztlichen Untersuchungen an den Landesgrenzen werden jährlich
430000 M. vereinnahmt. Es dürfte Aufgabe der thierärztlichen
Vereine und der Central Vertretung sein, geeigneten Ortes die
Wünsche der Thierärzte zum Ausdruck zu bringen. In letzter
Zeit haben die Tageszeitungen wiederholt berichtet, dass ver¬
schiedene Beamtenkategorien Petitionen an die gesetzgebenden
Körperschaften vorbereiteten. Noch im Frühjahr v. J. konnten
der Minister und der Regierungscommissar sagen, dass ihnen
nichts davon bekannt sei, dass die Kreisthierärzte ein höheres
Gehalt wünschen. Haben wir diesen Wunsch, nun, so ist es
unsere Pflicht und Schuldigkeit, ihn an passender Stelle bekannt
zu geben. Keine stille Unzufriedenheit wollen wir nähren in
unserem Stand, denn zufriedene und pflichtgetrene Beamte bedarf
der Staat. Ich bin mit Leib und Seele beamteter Thierarzt, der
sich freut, wenn er „seuchenfreie“ Berichte aus seinem Kreise
einsenden kann. Seitdem ich einmal mit erlebt habe, dass die
Landwirthschaft meines Kreises mehr als 100 0' 0 M. in wenigen
Monaten durch das Herrschen der Maul- und Klauenseuche ver¬
loren hat, seitdem ich später sechs Mal mitgeholfen habe, dass
diese Seuche stets auf ihren Ursprungsherd beschränkt blieb,
würde ich mein Amt in Zukunft verwalten, unbekümmert um
jede Besoldung. Aber andererseits stehe ich auf dem Standpunkt,
dass jeder Arbeiter seines Lohnes werth ist und dass der be¬
amtete Thierarzt Anspruch auf angemessene Besoldung und
Pensionsberechtigung hat. An uns aber liegt’s, das, was wir
wünschen, zu erbitten; unterlassen wir das, so haben wir einen
weniger günstigen Ausgang der Sache uns selber zuzuschreiben.
„Der kann nicht klagen über harten Spruch, den man zum Meister
seines Schicksals macht.“ Möge dieser Ruf nicht verhallen und
verwehen ohne positiven Erfolg wie das traumverlorene Mitter¬
nachtskrähen eines Hahnes. Niemanden weckt’s, Niemanden
treibt’s zu fruchtbringender Arbeit Möge er die berufenen Organe
veranlassen, Bich baldigst mit dieser Angelegenheit zu beschäftigen,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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20. Januar 1898.
dann werden die berechtigten Wünsche der beamteten Thierärzte
bald erfüllt werden, denn in unserem Staat gilt der Grundsatz:
Sunm cuiqne.
Tenotomie nach metastatischer Sehnenentzündung.
Von
Pflanz-Canth.
Thierarzt.
Angeregt durch den Artikel „Ueber den Werth der Teno¬
tomie“ von Herrn Professor Dr. Fröhner (Monatsschrift für
Thierheilkunde Bd. VIII, H. 12 und B. T. W. Nr. 46, Jahrg. 97)
möchte ich einen Fall von Tenotomie veröffentlichen, den ich vor
ca. zwei Jahren in meiner Praxis auszufiihren Gelegenheit hatte.
Im Sommer 1894 war auf einem Rittergute die Brustseuche
in grösserem Umfange ansgebrochen, so dass fast sämmtliclie
Pferde des Bestandes von der Krankheit ergriffen wurden. Unter
Andern erkrankte auch ein werthvoller vieljähriger Schimmel,
belgischer Abkunft, unter recht schweren Erscheinungen. Der
Kranklieitsprocess verlief günstig, und stellte sich als Nachkrank¬
heit eine Tendovaginitis des Kronen- und Hufbeinbeugers am
linken Vorderfuss ein. Das Pferd wurde zunächst ca. drei
Wochen lang nach den allgemeinen Regeln der Therapie mit
warmen Bädern, Massage, Ichthyoleinreibuugen etc. behandelt,
jedoch ohne Erfolg. Darauf wurde eine Scharfsalbe aus Hydrarg.
byodat. rubr. angewandt, nach deren Einreibung bei vierwöchent¬
licher Ruhe des Thieres scheinbar eine Besserung einfrat. Allein
bei der nächsten Anstrengung trat das alte Leiden sofort wieder
auf. Jetzt wurde das erkrankte Bein mit dem Glüheisen behandelt
und erhielt auf beiden Seiten energisches Strichfeuer mit noch¬
maliger scharfer Einreibung Um jetzt einen dauerden Erfolg zu
erzielen, wurde dem Pferde eine achtwöchentliche Ruhe gegeben.
Die Lahmheit war nach dieser Zeit gänzlich geschwunden, trat
aber auch jetzt nach einer kleiuen Arbeitsleistung in ihrer alten
Stärke wieder auf.
In der Mitte der Sehne nahe dem Unterstützungsbande hatte
sich während dieser Zeit eine kuorpelartige, ganz feste An¬
schwellung herausgebildet.
Nachdem ich so viel Zeit und Mühe aufgewandt hatte, ohne
auch nur das Geringste erreicht zu haben, erklärte ich dem Be¬
sitzer, ich halte das Pferd für unheilbar, und rieth demselben zur
Schlachtung des Thieres.
Nun versuchte ein zweiter College, Herr Oberrossarzt H.
aus B., sein Heil an dem Pferde und behandelte dasselbe wieder¬
um 16 Wochen hindurch hauptsächlich mit Massage, warmen
Bädern und stundenweisem Bandagiren. Diesmal hielt der Erfo'g
sogar acht Tage an, dann aber trat auch jetzt die alte Lahmheit
wieder auf. Da dem Besitzer sehr viel an dem Pferde lag, so
bat er mich, jetzt noch einen dritten Collegen zu Rathe zu ziehen.
Ich kam dieser Aufforderung selbstverständlich nach und unter¬
suchte das Pferd nochmals gemeinschaftlich mit Herrn Oberross¬
arzt B. aus B. Jedoch auch dieser College erklärte nach genauer
Erhebung des Befundes das Leiden für unheilbar und rieth, das
Pferd dem Rossschlächter zu verkaufen.
Zufälliger Weise hatte ich Gelegenheit, an dem dieser Unter¬
suchung folgenden Tage mit Herrn Collegen Kreisthierarzt
Koschel aus Breslau zusammenzutreffen und mit demselben den
Krankheitsfall durchzusprechen. College K. erzählte mir, er habe
einmal irgendwo gelesen, man solle bei solchen hartnäckigen
metastatischen Sehnenscheidenentzündungen die Sehne durch-
schneiden; es höre damit an der entzündeten Stelle der Zug auf,
die chronische Reizung falle weg, und es komme somit zu einer
Ausheilung der Lahmheit. Eine praktische Erfahrung habe er
hierin leider nicht, da aber in diesem Falle alles Andere erfolglos
29
geblieben wäre, wäre vielleicht diese Operation als ultima rat io
noch zu versuchen.
Der Besitzer willigte gern ein, ich nahm das Pferd in meinen
Krankenstall und habe es am nächsten Tage gemeinschaftlich
mit Herrn Collegen Koschel operirt. Ich durchschnitt dem
Pferde beide Sehnen, sowohl Huf- als Kronbeinbeugesehne, was
ungemein schwierig auszuführen war, da die Sehne an der
Operationsstelle stark verdickt und fast knochenhart war. Nach
der Durchschneidung legte ich einen antiseptischen Verband an
und liess das Pferd aufstehen. Dasselbe trat jetzt vollständig
durch, so dass das Fesselgelenk beinahe den Erdboden berührte.
Ich liess es langsam in den Stall führen und in einen Hängegurt
hängen. Die Wunde heilte per primam. Nachdem das Pferd
ca. acht Tage im Hängegurt verblieben, nahm ich es heraus und
gab ihm eine Boxe, in der ihm etwas freie Bewegung möglich war.
Der Zustand besserte sich jetzt auffallend schnell, so dass schon
nach Verlauf von drei Wochen kaum noch von einer Lahmheit
die Rede war.
Ich habe das Pferd der Vorsicht halber noch sechs volle
Wochen stehen lassen und demselben auch nach dieser Zeit einen
Monat lang nur leichte Arbeit verordnet
Der Erfolg war ein vollständiger; das Pferd wird seitdem bis
zum heutigen Tage zu schweren und schwersten Arbeiten benutzt,
ohne dass je die geringste Lahmheit sich wieder gezeigt hätte.
Referate.
Ueber die sogenannte Cruralis- und Radialislähmung
beim Pferd.
Von Prof. Fröhner.
(Muh. f. Tb. Bd. VII, II. 11.)
Unter den beiden obigen Benennungen werden bekanntlich
Lähmungen der gleichnamigen Nerven verstanden. Fröhner ist
jedoch zu der Ueberzeuguug gelangt, dass die Fälle, welche hier¬
her gerechnet werden, keineswegs Nervenlähmungen, sondern
vielmehr Muskellähmungen sind und demnach als Lähmung der
Kniescheibenstrecker und Lähmung der Ellenbogenstrecker zu
bezeichnen wären.
Von sogenannter Cruralislähmnng hat F. in der Klinik
zwölf Fälle beobachtet, wovon vier gänzlich geheilt wurden. Die
Lähmungen waren nur einmal beiderseitig, die Ursache in acht
Fällen zweifellos Hämoglobinämie (Lumbago), in zwei Fällen
unaufgeklärt; ein Fall war nach Ueberstehen einer Phlegmone
eingetreten und einer im Anschluss an die Castration nach dem
Abweifen. Die Hämoglobinämie tiberwiegt somit alle anderen
Krankheitsursachen. Es ergiebt sich schon von vornherein, dass
es sich in diesen Fällen um Muskelerkrankungen handelt. In
zwei anderen Fällen konnte das Vorhandensein der Myositis
parenchymatosa und die Abwesenheit jeder Nervenveränderung
durch die Section nachgewiesen werden. Demnach sind zehn
Fälle von zwölf schon mit absoluter Sicherheit als Muskeler¬
krankungen anzusprechen.
Man hat behauptet, eine Entzündung der Lendenmuskeln
könnte auf den nervus cruralis übergreifen. Ein solches Ueber-
springen von Muskel auf Nerv ist an sich unwahrscheinlich. Dass
die Lähmung auf eine einzelne Muskelgruppe beschränkt bleibt,
ist kein Beweis für die Lähmung des entsprechenden Nerven;
denn die Hämoglobinämie ergreift bekanntlich mit Vorliebe be¬
stimmte Gruppen von Muskeln, wie dies auch beim Muskel¬
rheumatismus eine gewöhnliche Erscheinung ist. Dass vereinzelte
Fälle wirklicher Cruralislähmnng Vorkommen mögen, kann natür¬
lich nicht bestritten werden. Einwandsfrei beschrieben ist bisher
ein solcher Fall noch nicht. Aeusserliche Einwirkungen auf den
Cruralis sind jedenfalls schon seiner Lage wegen ausgeschlossen.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERXRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3,
Die Fälle, wo die myogene Lähmung durch andre Ursachen als
Hämoglobinämie bedingt ist, sind augenscheinlich seltener und
wohl durch übermässige Anstrengung (Ausschlagen, Ausgleiten etc.)
veranlasst. Aehnlich wie bei übermässigen allgemeinen Muskel-
anstrengungen (Distanzritten, Hetzen) allgemeine acute Muskel¬
degeneration auftreten kann, kann offenbar eine forcirte Thätig-
keit einer einzelnen Muskelgruppe eine ähnliche locale Wirkung
ansüben. Endlich ist beachtenswerth, dass die sogen. Cruralis-
lähmung nur bei Pferden, sonst aber weder bei dem Menschen,
noch bei andren Hausthieren beobachtet ist. Dies stimmt damit
überein, dass auch nur beim Pferde eine Lumbago vorkommt.
Der einzige Fall beiderseitiger Kniescheibenstreckerlähmung
ist besonders interessant Ein 25jährigor Vollbluthengst wurde
zur Castration geworfen. Er sträubte sich im Beginn der Nar-
C086 stark, erhob sich nach der Beendigung der Operation von
selbst und wurde in seinen Stand geführt. Hier angekommen,
fing er an, in der Hinterhand zusammenzuknicken und musste
dadurch, dass beide Kniegelenke manuell nach hinten gedrückt
wurden, unterstützt werden. Am nächsten Tage kam er dennoch
zu liegen und war auch mit einem Hängegurt nicht zum Stehen
zu bringen. Die Empfindsamkeit an den Hinterbeinen war völlig
erhalten. Es konnte sich weder um einen Wirbelbruch, noch um
eine periphere Nervenlähmung handeln; vielmehr musste als Ur¬
sache des Unvermögens zu stehen eine Lähmung der Knie¬
scheibenstrecker angenommen werden. Das Pferd blieb volle
10 Tage gelähmt liegen (bei Paraplegie infolge Wirbelbruchs
tritt der Tod bekanntlich in sehr viel kürzerer Zeit ein) und
starb an Decubitalgangrän am 13. Tage nach der Operation.
Die Section ergab, dass weder ein Knochenbruch, noch eine
Nervenerkrankung vorlag. Dagegen bestanden acute Degene¬
rationen in der Musculatur der Nachhand, besonders in den
Kniescheibenstreckern: hellgraue Farbe, Mürbheit, weit verbreiteter
Verlust der Querstreifung, körnige Trübung der Muskelfasern —
alles grosse Aehnlichkeiten mit dem Sectionsbild der Hämoglobi¬
nämie sowie mit den Veränderungen, welche in den Muskeln der
gestorbenen Pferde beim Wien-Berliner Distanzritt beobachtet
worden sind. Das sehr mnsculöse Pferd muss sich diese Er¬
krankung infolge übermässiger Contraction der Kniescheiben¬
strecker zugezogen haben. Bei der Operation einer Hufknorpel¬
fistel hat F. einen ganz ähnlichen Fall beobachtet, und es ergiebt
sich hieraus, dass beim Werfen der Pferde, auch unter Anwendung
aller erdenklichen Vorsicht, eben nicht bloss Knochenbrüche,
sondern auch andere tödtliche Zufälle eintreten können.
Die Prognose der Kniescheibenstreckerlähmung ist schlecht.
Wenn Bie nicht in einigen Tagen von selbst zurückgeht, gehen
die Pferde zu Grunde. Weder Massage, monatelang durchgeführt,
noch Electricität, Coffein- und Veratrineinspritzungen nützen.
In einem sehr schweren Falle trat allerdings eine ausnahmsweise
Heilung (nach 6 Monaten) ein.
Die sogenannte Radialislähmung, welche sich bekanntlich
durch Zusammenbrechen im Ellenbogengelenk äussert, soll eine
angeblich durch mechanische Insulte hervorgerufene Lähmung
des nervus radialis sein. Fröhner will das Vorkommen solcher
Fälle nicht bestreiten; jedenfalls aber sind nicht alle Fälle von
Lähmung der Ellenbogenstrecker neurogen. Es kommen nämlich
auch hier parenchymatöse Myositen vor, welche entweder durch
Hämoglobinämie oder durch übermässige Muskelanstrengung ver¬
anlasst werden. Namentlich hat F. zwei Fälle von beider¬
seitiger und einseitiger Ellenbogenstreckerlähmnng durch die
Section zu constatiren Gelegenheit gehabt.
Eine 4jährige Stute war angeblich plötzlich auf der Strasse
Btehen geblieben und nicht von der Stelle zu bringen gewesen
Eine äussere Beschädigung war nicht vorhergegangen, doch war
der Wagen sehr schwer beladen. Das Pferd hatte auf beiden
Vorderbeinen die Fähigkeit sich zu stützen verloren, namentlich
links knickte es bei jedem Versuch zu stehen sofort zusammen.
Angetrieben, erhob es sich wie Rinder, zuerst mit den Hinter¬
beinen, konnte sich aber auf den Vorderbeinen nicht aufrichten.
Knochenbruch war ausgeschlossen. Spinale Lähmung oder eine
beiderseitige Radialislähmung war ganz unwahrscheinlich, sowohl
nach dem Vorbericht, wie bei der Thatsache, dass die Reflex¬
erregbarkeit völlig erhalten war. Da das Bewusstsein des
Pferdes völlig frei war, war an cerebrale Lähmung nicht zu
denken. Auch Hämoglobinämie blieb nach der Beschaffenheit des
Harns ausgeschlossen. Hiernach konnte es sich nur um eine
myogene Lähmung beider Ellenbogenstrecker infolge der dem
Pferde im Zuge zugemutheten allzu schweren Last handeln. Das
Befinden des Thieres änderte sich nicht, und da Decubitus ein¬
zutreten drohte, so wurde es getödtet.
Obductionsergebniss: Der Befund erinnerte lebhaft an den
der Hämoglobinämie. Es bestand namentlich an den Vorder¬
beinen und in der Ellenbogengegend eine schwere Polymyositis
parenchymatosa: Muskulatur grauroth, wie zerfasert, stark getrübt,
unter völligem Verlust der Querstreifung. Rückenmark und
periphere Nerven ganz intact, desgl. das Gehirn
In einem zweiten Falle, der schon oben erwähnt wurde, weil
er ebenfalls an eine Operation anschloss, handelte es sich um
ein Pferd mit Hufknorpelfistel. Während der Operation war das
Thier ganz ungewöhnlich ungeberdig und machte trotz ein¬
geleiteter Narcose fortwährend die heftigsten Anstrengungen, sich
der Fesseln zu entledigen. Als es nach beendigter Operation
aufstand, zeigte es die ausgesprochenen Erscheinungen links¬
seitiger „Radialislähmung“, indem es bei jedem Versuch, sich auf
das linke Bein zu stützen, im Ellenbogengelenk einknickte. Es
musste auch aus dem angewandten Hängegurt herausgenommen
werden, weil es sich trotzdem nicht halten konnte. Die
Section des an Decubitalgangrän gestorbenen Pferdes er¬
gab ganz dasselbe Bild, wie es vorstehend beschrieben
wurde. Betroffen war die Musculatur an der Schulter und am
Ellenbogen, namentlich die Streckergruppe. (Auch hier Verlust
der Querstreifung und körnige Degeneration.) Die Ursache dieses
Falles kann nur ebenso, wie oben bei dem kastrirten Hengst
gesehen, erklärt werden.
Starrkrampf behandlung.
Die englischen Veterinary-snrgeons befleissigen sich jetzt
eifrig der Behandlung des Starrkrampfes mit Nocard’schein
Antitetanusserum. Es erscheint fast keine Nummer des Vet.
Record, in welchem nicht über einen oder mehrere erfolg¬
reich behandelte Fälle berichtet wurde, obwohl No card sein
Serum hauptsächlich für die Präventivkur empfiehlt. Dasselbe
8oll nach der ev. Infection von Wunden mit Tetanusgift die Ent¬
wickelung des Starrkrampfes verhindern. Gemäss dieser An¬
leitung wird das Mittel nach Castrationen, Schweifamputationen,
bei Nageltritten und anderen Verletzungen, nach denen erfahrungs-
gemäss leicht Starrkrampf entsteht, eingespritzt. In Heft 476
wird die Krankengeschichte eines Ponys mitgetheilt, welches in¬
folge der Castration an Tetanus erkrankte. Unter Anwendung
des Serums wurde der Pony in zehn Tagen complet geheilt. Ein
starrkrampfkrankes Maulthier (H. 486) erlangte nach fünf
Wochen seine Gesundheit wieder. Das Antitetanusserum wird
in kleinen Dosen wiederholt unter die Haut gespritzt. Das Maul¬
thier erhielt zunächst zwei Drachmen, worauf eine Exacerbation
der Symptome eintrat, welche bald vorüberging. Nach 36 Stunden
wurden wiederum zwei Drachmen iryicirt. 48 Stunden später er¬
folgte eine dritte und am sechsten Krankheitstage eipe vierte
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20. Januar 1898.
Einspritzung. Im letzten Falle betrug das Quantum nur eine
Drachme. Gewöhnlich wird auf den Krankheitsfall eine Unze
Sernm verbraucht.
Gegenüber diesen angeblichen Heilungen durch Serum theilen
andre Practiker, Delacherois und Edwards, mehrere Spontan¬
heilungen von Tetanns mit und machen darauf aufmerksam, dass
das Antitetanusserum selbst von seinem Erfinder hauptsächlich
nur als ein Präventivmittel betrachtet werde. (Vet. Rec.)
Iufectiöse Tumoren beim Hund.
Auf einer unlängst stattgehabten Versammlung der Patho¬
logischen Gesellschaft von London beschrieben Smith und
W ashbourn eine Reihe infectiöser Geschwülste an den
Genitalien von Hunden. Ein Hund inficirte durch einen Tumor
11 Hündinnen bei der Begattung. Drei dieser Hündinnen wurden
später von einem anderen Hunde begattet, welcher hierdurch ein
Gewächs am Penis bekam. Dieser Hund übertrug die Geschwulst
wieder auf die Vagina einer gesunden Hündin. EiD Hund, welcher
künstlich am Penis inficirt wurde, bekam ein Gewächs von der Be¬
schaffenheit der beschriebenen Serie. Die Tumoren begannen als
kleine durchsichtige Papeln, welche langsam wuchsen und nach Ver¬
lauf von 12 Monaten in gelappte Massen uragewandelt waren. In
späteren Stadien konnte die ganze Vagina mit gelappten Massen be¬
setzt sein, welche sich von der Vulva auf das Perinäum ausbreiteten.
In der Mehrzahl der Fälle konnten die Tumoren leicht mit der
Schleimhaut, welcher sie anhafteten, entfernt werden. In zwei
Fällen wurden bei der Section Infiltration der Muskelwand der
Vagina festgestellt und in einem Falle waren die Lymphdrüsen
der Leistengegend geschwollen.
Die mikroskopische Structur aller untersuchten Tumoren war
identisch. Sie bestanden hauptsächlich aus runden oder poly-
edrischen Zellen, in welchem Falle sie den Eindruck von epi¬
thelialen Neubildungen machten. Eine sorgfältige Prüfung ergab
jedoch, dass sie nicht vom Epithel abstammten. Das Stroma war
in einigen Gewächsen spärlich, in andern mächtig entwickelt.
In letztem Falle bildete dasselbe unregelmässige Alveolarräume,
welche die Zellen einschlossen. Mikroskopisch boten diese Tu¬
moren das Aussehen von Sarcoraen. Tedenz für eine spontane
Heilung war nicht vorhanden, doch recidivirten die Neubildungen
nicht, wenn sie frühzeitig ausgeschnitten wurden. Infectionsver-
suche an Meerschweinchen und Kaninchen schlugen fehl. In zwei
Fällen gelang eine Uebertragung in das subcutane Bindegewebe
von Hunden.
Die Autoren vermuthen, dass die Tumoren von ähnlicher
Natur sind, welche Geissler, Wehr, Duplay und Cazin in
ihren Werken über die infectiöse Natur des Krebses beschrieben
haben. (Vet Record 1897. H. 478).
DesinfeetionsTersoehe mit der neuen Methode der
Fabrik Schering: Vergasung von Formalinpastillen im
Formalindesinfector.
Von Dr.Gemünd.
(MOnch. Med. Woclienjchr.)
Die neue Methode besteht darin, dass das Formaldehyd durch*
Polymerisirung in feste Form als Paraforaaldehyd Übergefährt
und dass dieses in Pastillenform von der Schering’schen Fabrik
hergestellte Product dann in dem zu desinficirenden Raume zur
Entwicklung von Foraaldehyd-Dämpfen benutzt wird. Die Er¬
zeugung der Dämpfe geschieht in einfachster Weise durch
gelindes Erwärmen der Formalinpastillen in einem aus Schwarz¬
blech hergestellten, mittels einer Spirituslampe heizbaren kleinen
Apparat, der als Formalindesinfector bezeichnet wird. Jede
Pastille wiegt ein Gramm und entwickelt ungefähr ein Gramm
Formaldehydgas. Auf diese Weise lässt sich also genau bestimmen,
31
wie viel Pastillen zur Desinfection eines Raumes nothwendig sind.
Verf. hat nun mit diesen Pastillen Desinfectionsversuche in zwei
Zimmern von 52,5 und 47 cbm Luftraum angestellt Benutzt
wurden zu den Versuchen Milzbrandsporen, Heubacillensporen
und Staphylococcen, Diphtheriebacillen etc. Die Versuche ergaben
bei Verdampfung von 2 Pastillen pro cbm folgende Resultate:
Es wurden völlig vernichtet Staphylococcen, Diphtherie, Prodigiosus,
Typhus, sei es, dass die Bacterien frei oder unter leichter Be¬
deckung im Zimmer aufgestellt waren. Nicht vernichtet, wenn
auch wesentlich in ihrer Entwicklung gehemmt wurden Milz¬
brandsporen, Heubacillensporen und Bacterium coli. Berück¬
sichtigt man, dass die Versuche in einem Zimmer mit sehr guter
Ventilation gemacht wurden, so müssen die Resultate als günstig
bezeichnet werden. Es darf unter diesen Umständen bei
2 g Formaldehydpastillen pro cbm auf Tödtung von
Staphylococcen, Diphtheriebacillen, Typhnsbacillen
und anderen leichter zu vernichtenden Infections-
erregern gerechnet werden. Diese neue Methode ist, wie
jede gasförmige Desinfection, nur auf die zugängigen, offenen
Flächen wirksam, dagegen werden Keime in Fugen, engeren
Zwischenräumen nicht vernichtet. Wer ganz sicher alle Keime
vernichten will, wird immer ein eingreifenderes Verfahren wählen
müssen, als es die gasförmige Desinfection unter allen Umständen
sein kann.
Ueber den Rheumatismus-Bacillus.
Vortrag gehalten von Triboulet in der Sociötö de Biologie.
(MOnch. Med. Woch.)
Bei der Section eines an Gelenkrheumatismus Verstorbenen
konnten Triboulet, Loyon und Zadoc den specifischen
Bacillus Thiroloix nachweisen. Die Section wurde 36 bis
48 Stunden nach dem Tode gemacht und die Culturversuche auf
Bouillon und sterilisirter Milch angestellt; das Blut der vena
cava, ein Tbeil der Valvula mitralis und ein Stück des Lenden¬
marks haben die characteristischen Culturen gegeben, während
Pleura- und Pericardialflüssigkeit ein negatives Resultat ergaben.
2 ccm der Cultur intramusculär einem Meerschweinchen injicirt,
führte dessen Tod in 29 Stunden herbei. Wenn auch den drei
Forschern noch weitere Untersuchungen nothwendig erscheinen,
so glauben sie doch, 40 Stunden nach dem Tode denselben
Bacillus isolirt zu haben, welchen Th. 5mal im Blute lebender
Rbeumatismuskranker gefunden hat, und halten es eben wegen
der Aehnlichkeit des Gesammtverhaltens nicht für wahrscheinlich,
dass es sich um einen gewöhnlichen Fäulnisspilz handle.
Ueber das Vorkommen von Eiweiss im Harn
unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen,
speciell bei Thieren.
Inaugural-Dissertation
von Paul Simader, Thierarzt in Darmstadt.
(Zelticbr. f. Thlarmed. Nene Folge 1807, H. 6.)
Dass in jedem Harn Eiweiss vorkommt, bat Senator bereits
im Jahre 1882 ausgesprochen. Seitdem sind viele Untersuchungen
ausgeführt worden, welche diesen Ausspruch bestätigen. Die
Untersuchungen beziehen sich indess hauptsächlich auf Menschen¬
harn. Der Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, den Harn der
verschiedenen Hausthiere zunächst im gesunden Zustande auf
das Vorhandensein von Eiweiss zu prüfen. Die Untersuchung
von mehr als 100 Harnproben von Pferden, Rindern, Schafen,
Ziegen, Schweinen und Hunden ergab stets ein positives
Resultat.
Der Nachweis wnrde gewöhnlich durch die Methode von
Posner geführt, welche den Vortheil hat, dass die im Pferde¬
harn regelmässig, aber auch im Hunde-, Ziegen- und Kuhharn
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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32 BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
häufig enthaltene mucinartige Substanz zuerst ausgeschieden
werden kann, welche dann die weitere Untersuchung nicht stört.
Diese Substanz hält S. nicht für Mucin, sondern für Nucleo-
albumin. Das Posner’sche Verfahren kam in der Weise zur
Anwendung, dass der filtrirte Harn mit der halben Menge con-
centrirter Essigsäure versetzt 24 Stunden stehen blieb. Die ev.
entstandene MucinfUllung wurde alsdann abfiltrirt und das Filtrat
auf ‘/io—Vao des Volumens eingeengt. In dem Filtrat Hess sich
nunmehr mit den entsprechenden Reagentien (Ferrocyancalium,
Metaphosphorsäure, Salpetersäure u. s. w.) das Eiweiss nach-
weisen. Demnach ist der Nachweis erbracht, dass Eiweiss ein
constanter Bestandtheil des Harnes von Thieren ist.
Unter bestimmten physiologischen Verhältnissen kann eine
Steigerung dieses Eiweissgehaltes eintreten, ein Zustand, der
physiologische Albuminurie genannt werden kann.
Beim Menschen ist eine ganze Reihe Momente bekannt,
welche eine Steigerung der Eiweissausscheidung bedingen: kalte
Bäder, geistige Ueberanstrengung, nervöse Affectionen, sehr
eiweissreiche Nahrung, Schwangerschaft etc. Senator behauptet,
dass bei 20—25 pCt. aller gesunden Menschen Albuminurie vor¬
komme.
Auch bei Thieren ist die physiologische Albuminurie ein
häufiges Vorkommniss. Die Litteratur ist verliältnissmässig reich
an Mittheilungen dieser Art. S. fand das physiologische Eiweiss-
harnen am häufigsten bei Hunden und Schweinen. Bei trächtigen
Thieren wurde dasselbe nicht häufiger als bei nichtträchtigen
beobachtet Hiernach ist das Vorkommen von Eiweiss im Harn
in gegebenen Fällen bei Thieren nicht zur Feststellung der
Gravidität zu benutzen. Zwischen Mensch und Thier besteht in
dieser Hinsicht ein Unterschied, der in der horizontalen Stellung
des Thieres begründet sein dürfte. Die Druckrichtung des träch¬
tigen Uterus ist eine ganz andere als beim Menschen; hierzu
kommt, da89 die Baucheingeweide in der Hauptsache von der
unteren Bauchwand getragen werden und demnach der ab¬
dominelle Druck keine bedeutende Höhe erreicht.
Die während des Geburtsactes bestehende Albuminurie, ver¬
ursacht durch Ansteigen des Druckes infolge der Wehen, durch
Stauung in den Nierenvenen und durch exspiratorische Compression,
hat S. auch bei Thieren constatirt. Bei Erstlingen war der
Eiweissgehalt am höchsten.
Das Vorkommen von Eiweiss im Harn neugeborener Thiere
konnte S. ebenfalls bestätigen.
Die Albuminurie ist wie beim Menschen ein Symptom der
verschiedensten Krankheiten. Lustig hat bei dämpfigen Pferden
nach vorausgegangener Bewegung immer Eiweiss im Harn ge¬
funden und glaubte diese Erscheinung als Hilfsmittel zur Fest¬
stellung der Dämpfigkeit verwenden zu können. Es ist jedoch
jetzt sicher, dass auch bei ganz gesunden Pferden nach der Be¬
wegung Eiweiss im Harn Vorkommen kann, während es anderer¬
seits bei dämpfigen Pferden fehlen kann.
S. resumirt sich dahin, dass drei Grade der Eiweissaus¬
scheidung durch den Harn zu unterscheiden sind: 1. der
normale Eiweissgehalt jeden Harnes, 2. die physiolo¬
gische Albuminurie, 3. die pathologische Albuminurie.
Von praktischer Bedeutung ist nur die Unterscheidung des
2. und 3. Grades von einander. Es kann zweifelhaft sein, ob in
einem gegebenen Falle physiologische oder pathologische Albumi¬
nurie vorliegt. Die Entscheidung ist in solchen Fällen danach
zu treffen, ob ein Thier Krankheitserscheinungen äussert oder
nicht, ob der Harn sonst verändert ist oder sich normal verhält
in Bezug auf Menge, Aussehen, specifisches Gewicht, Zusammen¬
setzung und insbesondere frei von morphotischen Elementen ist.
Schliesslich spielt auch die Quantität des ausgeschiedenen
Eiweisses eine bedeutende Rolle. Jede starke Albuminurie ist
pathologisch. Für Menschen ist die oberste Grenze der physiolo¬
gischen Albuminurie nach Senator’s Angaben 0,04—0,05 pCt.,
während der Verf. bei Thieren einen 0.03procentigen Eiweiss¬
gehalt als das Maximum der physiologischen Eiweiss¬
ausscheidung bezeichnet. Die letztere ist in der Regel auch
nur von kurzer Dauer. Bei ältern Individuen ist Albuminurie
öfter ein Krankheitszeichen als bei jungen, weil sich im Alter
gewisse Veränderungen der Organe, der Nieren und ihrer Ge-
fässe einstellen.
Der Einfluss des Morphium auf die Salzsäur er eaction
des Magens.
Von Dr. Kleine.
(D. Med. Wuchenschr.)
Nach Beobachtungen von Hitzig soll das Morphium einen
hemmenden Einfluss auf die Secretion der HCl im Magen haben;
deshalb soll auch bei Morphinisten der Salzsäuregehalt, der im
Beginn der Entziehungskur fast gleich Null war, bei verminderter
Zufuhr von Morphium ständig wachsen. Verf. unternahm es,
diese Frage auf experimentellem Wege beim Hunde noch einmal
zu prüfen, und zwar sollten einmalige und fortgesetzte Morphium¬
gaben in Betracht gezogen worden. Das Magensecret wurde mit
Hilfe einer Fistel gewonnen. Es zeigte sich nun, dass einmalige
Morphiumgaben den HCl-Gehalt des Magensaftes nicht nur nicht
herabsetzen, sondern vielleicht sogar etwas erhöhten, dass hin¬
gegen durch fortgesetzte Morphiumgaben die Magenverdauung als
auch die Salzsäureausscheidung ausserordentlich herabgesetzt
wurde. Die Magenverdauung leidet aber schon nach vier Morphium-
tagen, während nach zehn Tagen noch reichlich HCl ausgeschieden
wird. Beide Störungen sind also zunächst von einander unab¬
hängig und Verf. macht folgende Annahme: Infolge der motori¬
schen Lähmung des Magens muss sein Inhalt in Gährung ge-
rathen und allmälig die Schleimhaut krankhaft afficiren. Wird
der krankhafte Zustand der Magenwandung ein dauernder, so
muss die HCl-Ausscheidung gradatim abnebmen und kann vielleicht
auch bei langandauerndem Morphinismus gänzlich versiegen.
Nach Anssetzen des Alcaloids und unter dem Einfluss von Magen-
ausspütengen gesundet dann die Schleimhaut und die HCl-Secretion
beginnt wieder aufzutreten und zuzunehmen.
Kleine Mittheilungen.
Ueber die Giftigkeit dee Blotes hungernder Thiere.
Scofone beobachtete, dass das Blut fastender Thiere, uuter
das Peritoneum gesunder gespritzt, Erscheinungen von Vergiftung
hervorrief, denen ein Theil alsbald nach der Injection, andere
nach einigen Tagen erlagen. Der Charakter der Intoxication ist ein
anderer als nach Injection heterogenen Blutes oier einer solchen
von anämischen. (Allg. Med. Centr.-Ztg. 73/97.)
Giftwirkung des Sohweisses.
Arloing liess den Brustlatz eines Individuums, das eine
ganze Nacht hindurch getanzt hatte, mit destillirtem Wasser aus-
ziehen und injicirte die erhaltene Flüssigkeit einigen Hunden.
Dieselben wurden hinfällig und starben unter den Erschei¬
nungen einer heftigen Diarrhoe nach Verlauf von einigen Stuuden.
Bei der Autopsie wurde eine starke Blutfülle des ganzen Ver¬
dauungscanals ermittelt, die Leber war mit gelblichen Flecken
besetzt, die Herzkammern enthielten weisse Gerinnsel und die
Atrio-Ventricularklappen waren verdickt. Die Versuche mit
dem Secret der Schweissdrüsen von den unteren Gliedern be¬
dingten bei Kaninchen ganz andere Erscheinungen: Erregung,
Erethismus, clonische Krämpfe, schliesslich Lähmungserscheinungen
und Tod. (Journal de Med. de Paris.— Giornal. della Reale Soc.
Ital. d’Igiene 1897 H. 9.)
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20. Januar 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 33
Leerdarmruptur.
Bei einem an Kolik gestorbenen Pferd fand Unterrossarzt
G u t z e i t Folgendes: In der Bauchhöhle 10—12 1 blutige Flüssig¬
keit, im Dünndarmgekröse zwischen den beiden Blättern an zwei
Stellen Futter. Nach Dnrchtrennnng des Gekröses zeigten sich
zwei Darmschlitze von 13 und 2$ cm Länge, welche beide an der
Gekrösanheftung lagen und schon benarbte Wundränder zeigten.
Die Darmwand war an dieser Stelle verdickt und das Lumen so
enge, dass nur der kleine Finger eingeführt werden konnte. Nach
der Beschaffenheit der Wundränder musste die Ruptur schon vor
längerer Zeit eingetreteten sein. Zunächst war anscheinend keine
wesentliche Störung entstanden und nachher eine Bauchfellent¬
zündung eingetreten.
Tagesgeschlchte.
t
Ara 12. Januar 1898 entschlief zu Elberfeld im 82. Lebens¬
jahre Anton Ludwig Sombart, Landschaftsdirector der Provinz
Sachsen a. D. und Rittergutsbesitzer.
Wenig Freunde hat der thierärztliche Stand bisher gehabt,
die so treu und unermüdlich für seine Förderung gesorgt und
gearbeitet haben, wie der Verstorbene. Die von ihm als intelligentem
Landwirth erworbene Erfahrung, die hierauf begründete Ueber-
zeugung, allgemeines Billigkeitsgefühl und Freude am Nützlichen
und Tüchtigen trieben ihn dazu; seine langjährige Thätigkeit als
Abgeordneter gaben ihm die erwünschte und immer von neuem
benutzte Gelegenheit Die siebziger und achtziger Jahre waren
für die Entwicklung des thierärztlichen Standes eine grosse Zeit.
Aus dieser Zeit ragen durch Verdienste um jene Entwicklung
drei Abgeordnete hervor, von denen nun der letzte dahingegangen
ist — Löwe-Calbe, Schläger-Hannover und Sombart. Und der
jetzt Verstorbene hatte sich besonders ein Ziel, welchem die
beiden anderen kühl gegenüberstanden, zur Verfolgung ausersehen,
die Herbeiführung des obligatorischen Abiturientenexamens. Grade
weil wir um dieses Ziel noch in heissem Kampfe stehen, ist uns
der Mann besonders werth, der unser Bundesgenosse war, bis
seine Kräfte versagten, der von Jahr zu Jahr im Hause der
Abgeordneten seine Stimme erhob, deren Nachklang trotz Allem
nicht ungehört verhallen wird.
Die Hauptthätigkeit des Verstorbenen liegt auf anderen,
grösseren Gebieten. Seine Verdienste um die Landwirthschaft
voll zu würdigen, sind wir nicht berufen; es sei nur an seine
bahnbrechende Thätigkeit für die Rentengutsbildung erinnert.
Ueberall zeigte sich seine Tüchtigkeit, sein unbeirrtes Ver-
ständniss, sein unerschütterliches Streben und überall mussten ihm
Hochachtung und Dank zufallen. Auch die Thierärzte haben
sich bemüht, ihm bei vielen Anlässen durch freudig dargebrachte
Ovationen ihre Dankbarkeit zu zeigen. In der Geschichte der
Entwicklung der thierärztlichen Organisation wird sein Andenken
einen ehrenvollen Platz behalten. Der thierärztliche Verein für
die Provinz Brandenburg betrauert in ihm noch besonders sein
Ehrenmitglied.
f
Am 17. Januar 1898 entschlief im Alter von 85 Jahren der
Senior des tbierärztlichen Vereins für die Provinz Brandenburg,
der Kgl. Oberrossarzt a. D. Adolf Mertens. Approbirt im
Jahre 1834, hatte er in voller Rüstigkeit und ungetrübter Heiter¬
keit sein 60jähriges Thierarzt - Jubiläum feiern können. Seine
prächtige soldatische, an den alten Steinmetz erinnernde Er¬
scheinung — , jeder Zoll ein Stabsofficier“, wie einst sein um
zwei Jahr älterer Freund Rabe aus Königsberg ihn kurz und
treffend zeichnete — seine unverwüstlich frohe Laune, seine Gabe,
sich Herzen zu gewinnen, alte und junge, machten ihn zum Lieb¬
ling Aller. Schmerzlich wurde in den letzten Jahren der alte
Mertens bei den Vereinsversammlungen vermisst, die er früher
so treu besucht hatte. Seit dem Jubiläum des Vereins, das auch
ihm eine glänzende Ovation zu seinem 60jährigen Jubiläum be¬
reitete, ist er nicht mehr erschienen. Und er hat Recht daran
gethan, mit jener Feier, auf einem Höhepunkte sich still zum Ab¬
schied zu wenden. So haben wir nicht gesehen, wie allmählich
die unerbittliche Herrschaft des Alters ihn beugte. So sahen
wir ihn zum letzten Mal hoch aufgereckt, die Augen noch leuchtend
ans dem von vollem Haar umrahmten frischen Greisengesicht,
den Mund noch lachend unter dem schneeigen Schnurrbart. Und
so wird er immer vor uns stehen in der Erinnerung — in jedem
Zoll ein Prachtmensch.
Für den thierärztlichen Verein der Provinz Brandenburg.
Schmaltz.
Zum preussischen Etat.
Im Etat des Cultusministeriums steht, was die Thierärzte
überraschen dürfte, eine Position für die Begründung eines neuen
Extraordinariats für Thierheilkunde in Halle. Demnach scheint
eine Erweiterung des bisher vom Prof. Dr. Pütz allein geleiteten
thierärztlichen Unterrichts geplant zu werden.
Weniger überrascht kann man darüber sein, dass von der
Medicinalreform nichts erschienen ist. Es hat den Anschein, als
ob wenigstens auf dem Boden, auf dem man bis jetzt gesäet hat,
überhaupt nichts wachsen werde. Und von dieser Missernte
können die Thierärzte manches lernen dafür, wie sie ihr eigenes
Feld am besten bestellen werden.
Zunächst hat wohl hindernd gewirkt, dass unter den Aerzten
selbst gar keine Einigkeit zu erzielen war. Die Aerztekammern
haben sich, wie man weiter daraus ersieht, als ein Förderungs¬
mittel für geschlossenes Auftreten des Standes gar nicht er¬
wiesen. Wir, mit unserer freien Standesorganisation, machen das
eigentlich viel besser.
Ferner ist es wohl ein Fehler gewesen, dass mau zuviel auf
einmal machen wollte und dass auch zu hohe Ansprüche gestellt
wurden. Man hat wohl vielfach geglaubt, zu dem Gehalt eines
Amtsgericht8rathes auch noch die unbeschränkte Privatpraxis
verlangen zu können und den freien Mitbewerb um allerlei com-
munale etc. Nebenstellen, wobei der beamtete gegenüber dem
practischen Arzt sowieso auch im Vortheil wäre. Die Ver¬
bindung einer sehr wesentlichen Geldfrage mit allerlei organisa¬
torischen Schwierigkeiten und mit Dingen, wo das Votum des
Reichstags und die Volksstimmnng entscheidend sind, (Ausscheiden
ans der Gewerbeordnung, Kurpfuschereiverbot) war wohl keine
glückliche. Dass nun vollends der überaus heikle Gegenstand
einer ehrengerichtlichen Organisation, der ein sehr grosser Theil
der Aerzte sehr berechtigte Ablehnung entgegensetzt, noch hinzu¬
gepackt wurde, scheint der ganzen Angelegenheit den Todesstoss
versetzt zu haben. Die Zeitungen melden wenigstens, der Herr
Cnitnsminister habe an den Aerztekammer-Ausschuss ein Schreiben
gerichtet, wonach bei der Haltung der Aerzte die Behörde die
Ehrengerichtsfrage nicht weiter verfolgen will und zweifelt, ob
unter diesen Umständen eine Fortsetzung der auf eine ganze
Medizinalreform abzielenden Bemühungen noch einen Zweck habe.
Moral: Strebt nicht zugleich nach Ost und West.
Verfolgt ein Ziel; dies aber fest S.
Maul- und Klauenseuohe-Conferenz.
Wie schon kurz mitgetheilt, hat im Kaiserlichen Gesundheitsamt
eine Conferenz in Angelegenheiten der Maul- und Klauenseuche
stattgefunden. Derselben wohnten bei: Staatsminister Graf
Zedlitz-Trütschler, die Herren Göring, Lorenz, Lydtin,
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34 ' BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land-
wirtlie von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König
(Bayern), Hähuel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler-
Greifswald nnd Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission znr
Erforschung der Maul- und Klauenseuche.
Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die
Lösung wissenschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬
anlagt Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung
des Gesundheitsamtes das Veterinärwesen von neuem unter
medicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet
wurde, war man an jenen Znsammenhang auch in Preussen noch
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirtschaftliche
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬
kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur äusserlich
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Aus. allgemeinen
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keineswegs gegen
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundheitsamts richten,
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn das Veterinär¬
wesen ans dem Zusammenhang mit dem Gesundheitsamt ge¬
löst und auch im Reich organisatorisch näher an die Landwirt¬
schaft herangerückt würde, wie dies in den Bundesstaaten schon
geschehen iBt. S.
Dresden.
Die Frequenz der tierärztlichen Hochschule beläuft sich auf
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examinanden), zusammen
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher erreichte Frequenz.
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25 und 44 geschwankt
hatten, stiegen Beit 1880—1889 allmälig auf 131. Seit den letzten
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigerung eingetreten. Auch
die Frequenz der Kliniken hat sich bedeutend gehoben.
Anfrage.
Wie hoch dürfte ein Fixum für thierärztliche Bemühungen
bei einem Bestände von 8 Pferden und 25 Stück Kühen und
einer Entfernung von 8 Kilometern vom Wohnorte zu bemessen
sein? Bitte die Herren Collegen um gütige Auskunft, an die Exp.
d. BL zu richten. M. K. i. L.
Oeffentliches Veterinär wesen,
(M111 h e i 1 u n g e n für
Seuchenstatistik and Veterinärpolizei.
Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland
im Jahre 1896.
• Verlag von Julius Springer.
Der im Kaiserlichen Gesundheitsarate bearbeitete und von
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen)
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämrat-
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen;
endlich Nachweisnngen über den deutschen Viehstand und die
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreitung
der einzelnen Seuchen gegeben werden.
Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblich ein¬
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder stark zugenommen, und
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Steigerung er¬
fahren. Mehr als */ 5 aller Kreise wurden neubetroffen (1895 3 / 5 ). Im
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseucht 864 Kreise etc.
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen Gehöfte betrug 72161
(Voijahr 17998) in 14710 (4865) Gemeinden und die Gesammt-
kopfzahl der in diesen Gehöften stehenden gefährdeten und ver¬
seuchten Bestände betrug 1548437 gegen 464646 im Voijahr.
Der Seuchenstand hat sonach im Berichtjahre sich im allgemeinen
mehr als verdreifacht und ist auf das siebenfache desjenigen von
1894 gelangt. Ara Schlüsse des Berichtsjahres blieb der Stand
ungünstiger als er im Anfang gewesen war, und 14842 Gehöfte
gegen 3287 am Beginn des Jahres blieben verseucht. Wie im
Voijahre haben der Süden und Westen stärker gelitten als der
Osten.
Veterinärbeamte.)
Die LnngenBeuche hatte 1896 ausser dem stationären Haupt¬
herde im Magdeburgischen noch zwei Centren in Osthavelland
und um den Niederrhein, hier jedoch schwächer als im Voijahre
und war ebenfalls etwas stärker verbreitet. Es wurden über¬
haupt 7 Staaten und in Preussen 6 Provinzen im Ganzen 70 Ge¬
meinden (185 Gehöfte) in 38 Kreisen neu betroffen. Es er¬
krankten 1608 Stück (Vorjahr 668 = 71 pCt. weniger). Gefallen
auf polizeiliche Anordnung resp. auf Veranlassung des Besitzers
getödtet wurden insgesaramt 2745 Stück (wovon 1138 seuchenfrei
waren), 24 pCt mehr als im Vorjahre. Der Gesammtbestand an
Rindvieh in den neubetroffenen Seuchengehöften betrug 4701 Stück.
Von den getödteten Thieren fallen auf Preussen 2487 und davon
auf den Reg.-Bez. Magdeburg 1350 - 49 pCt. des deutschen Ge-
sammtverlustes (37 im Vorjahr und 57 in 1894). Am Jahres¬
schluss war der Seuchenstand etwas geringer als am Anfang.
Der Rotz befiel 505 Pferde (weniger als in den beiden Vor¬
jahren mit 590 und 516). Der Gesammtverlust (Tödtungen etc.)
betrug 703 (Vorjahre 770, 767, 775, 1076, 1296) obwohl auf
polizeiliche Anordnung augenscheinlich umfangreiche Tödtungen
ganzer Bestände ausgeführt worden sind, denn von 559 so ge¬
tödteten waren 111 rotzfrei. Ueberhaupt betroffen waren im
Berichtsjahre 205 Gehöfte in 182 Gemeinden. Schlesien war wie
im Vorjahre am stärksten betroffen.
Die Tollwuth hat 1896 zugenommen, während sie 1895
geringer gewesen war, als im Voijahre. Abgesehen von ver¬
einzelten verstreuten Fällen waren wieder die Districte an der
russischen und böhmischen Grenze allein betroffen; Eisass-
Lothringen blieb ganz frei. Erkrankt, gefallen und getödtet sind
im Ganzen 939 Thiere (im Voijahr 489) darunter 724 Hunde in
178 Kreisen; ausserdem wurden 1851 verdächtige Hunde getödtet.
Der Thierverlust beträgt 2 790 (52 pCt. mehr als im Vorjahre).
Auch 5 Menschen sind an Lyssa gestorben, darunter der Kreis¬
thierarzt des Kreises Angerburg.
Am Milzbrand erkrankten 184 Pferde, 3709 Rinder, 601
Schafe, 2 Ziegen und 26 Schweine, zusammen 4422JThiere (im
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20. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
85
Vorjahre 3 949), welche sich auf 2 971 Gemeinden in 584 Kreisen
vertheilen. Das Verbreitungsgebiet des Milzbrandes scheint, nach
den Vorjahren zu urtheilen, stetig anznwaclisen. 82 Fälle von
Uebertragung auf Menschen sind berichtet, darunter 15 tödtliche.
Unter den Erkrankten befand sich auch ein Thierarzt. Den
Anlass zur Uebertragung boten meist Abhäuten bezw. Noth-
8chlachtung (21 Schlächter erkrankten.)
Am Rauschbrand erkrankten 5 Pferde, 1108 Rinder und
4 Schafe in 135 Kreisen etc., zusammen 1117 Thiere gegen 803
im Vorjahr. Mit Ausnahme von 3 Rindern und 1 Schaf sind alle
gefallen. — Der Bläschen ausschlag ist ebenfalls bei einfer
grösseren Zahl von Thieren als im Vorjahre aufgetreten, nämlich
bei 336 Pferden und 9523 Rindern in 1303 Gemeinden (im Vor¬
jahre bei 6561 Thieren). - Die Pferderäude wurde bei 456 Pferden
(gegen 500 im Vorjahre, ermittelt. Die nur im Westen nnd Süden
verbreitete Schafrände betraf überhaupt 2753 Gehöfte in 226
Kreisen; die Stückzahl der in diesen Gehöften stehenden Herden
betrug 86 471 gegen 78 820 im Vorjahre. Am Jahresschluss
blieben verseucht 945 Gehöfte gegen 576 im Anfang. — Ueber
Rothlauf und Schweineseuche liegt für 1896 noch keine all¬
gemeine Statistik vor.
Im allgemeinen haben also alle Seuchen im Berichtsjahre
eine stärkere Verbreitung gehabt, als vorher, am schlimmsten die
Maul- und Klauenseuche. Nur der Rotz zeigt eine erfreuliche und
constante Abnahme.
Verordnungen.
R.-B. Gumbinnen: Unterm 1. December 1897 wird im
Hinblick auf die in den angrenzenden russischen Landestheilen
herrschende Maul- und Klauenseuche die Einfuhr von Milch aus
dem längs der Landesgrenze des Stallnpöner Kreises gelegenen
russischen Grenzbezirk bis auf Weiteres verboten.
Regierungsbezirk Liegnitz: Die Verordnung betr. Be¬
kämpfung der Geflügelcholera, welche nach allgemeinem (bereits
in der B. T. W. veröffentlichtem) Muster schon in vielen
Regierui'gsbezirken eingeführt ist, gilt seit 28. December 1897
auch für R.-B. Liegnitz.
Einfuhrverbote gegen Schweden-Norwegen: Das in
der B. T. W. bereits mitgetheilte für verschiedene deutsche
Landestheile erlassene Verbot der Einfuhr frischen Schweine¬
fleisches aus Schweden-Norwegen wegen des dortigen Herrschens
der Maul- und Klauenseuche ist für einige weitere event. Für die
Einfuhr in Betracht kommende Landestheile eingeführt worden
(Bremen, Mecklenburg, R.-B. Lüneburg, Anrick und Stade).
Ebenso hat Dänemark die Einfuhr von klanentragenden
Thieren und rohen Producten derselben bis auf weiteres verboten.
Energische Selbsthilfe.
In der Ctrlztg. von Völlers findet sich folgende beherzigens¬
werte Mittheilung: Bei einem kleinen Besitzer in einem Orte
Schleswigs, welcher z. Z. als völlig maul- und klauensenchefrei
gelten konnte, wurde plötzlich die Seuche constatirt Dieser
Ansbruch bot eine grosse Gefahr für die ganze Provinz, nament¬
lich da er sich gegen den Schluss des Weideganges hin ereignete.
Vier grössere benachbarte Landwirthe nahmen daher rasch die
Tilgung selbst in die Hand, traten zusammen, entschädigten den
Besitzer und liessen den gesammten Bestand sofort schlachten
und mit Haut nnd Haaren vergraben.
Rennthierseuche.
Nach einer Mittheilung der St. Petersburger Zeitung ist in
den Rennthierzuchten der nördlichen Gouvernements eine Seuche
ausgebrochen, welche anfangs für Milzbrand gehalten wurde,
aber wegen der Erfolglosigkeit der Schutzimpfungen als eine
neue, noch unbekannte Krankheit angesehen wird.
Fleischschaa und Yiehverkehr.
Berlin. Auszug aus den Flelsohschauberioht für December 1897.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet and untersacht .
13085
11000
27 666
56 523
Ganz beanstandet. ....
151
20
4
296
Ueberhaupt mit Tuberculöse
behaftet.
2385
10
—
1807
Davon gänzlich verworfen .
25
—
—
87
., Bterilisirt und verwerthet
47
—
—
. 138
„ theilweise verworfen . .
21
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2292
10
—
1632
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
13
Mit Finnen behaftet ....
66
4
—
56
Stark finnig, technisch ver-
werth et.
—
—
—
24
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nisch verwerthet ....
—
—
—
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verwerthet.
66
4
—
32
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
37
An einzelnen Theilen wurden beanstandet: bei Rindern 4880,
bei Kälbern 36, bei Schafen 5711, bei Schweinen 5644.
B. Untersnchnngsstation.
Rinder¬
viertel !
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
19 275
14687
1793 !
11292
Beanstandet.
73
85
1 j
15
Wegen Tuberculöse wurden
beanstandet.
40
4
Davon sind sterilis. verwerthet
6
—
— ;
1
Mithin gänzlich verworfen .
34
—
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3
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
2
Mit Finnen behaftet ....
—
—
—
2
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . .
_
_
_
2
Unter dem (.‘ingeführten Fl
eisch waren — russische, 10 dänische,
100 galizische, 419 Wildschweine, sowie 2040 dänische Rinderviertel,
1596 schwedische Rinderviertel.
Behandlung des Fleisches tuberculüser Thiere in Frankreich.
Der französische Landwirthschaftsminister hat durch Erlass
vom 27. Juli 1897 auf die strenge Befolgung des Erlasses vom
28. December 1896 hingewiesen, welcher bezgl. der Behandlung
des tuberculösen Fleisches Folgendes bestimmt. „Die Beschlag¬
nahme und Verwerfung des ganzen Thieres tritt ein:
1. wenn die tuberculösen Veränderungen von Abmagerung
begleitet sind,
2. wenn Tuberkeln im Fleisch oder in den Fleischlymphdrüsen
sich befinden,
3. wenn Miliartuberculose in allen Organen, Parenchymen
oder besonders in der Milz sich befindet,
4. wenn umfangreiche tuberculöse Veränderungen gleichzeitig
an Organen der Brust- und Bauchhöhle vorhanden sind.
Theilweise Beschlagnahme findet statt:
1. wenn die Tuberculöse entweder auf die Brust- oder die
Bauchhöhle beschränkt ist,
2. wenn tuberculöse Veränderungen zwar gleichzeitig in
Brust- und Bauchhöhle bestehen, aber geringgradig sind. *) —
In diesen Fällen beschränkt sich die Beschlagnahme und Ver¬
werfung nur auf diejenigen Fleischtheile, welche mit dem kranken
Brust- und Bauchfell in unmittelbarer Verbindung stehen, sowie
*) Dieser in dem französischen Reglement ausdrücklich hervor¬
gehobene Punkt fehlt noch in dem preussischen Ministerialerlass.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land-
wirthe von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König
(Bayern), Hähnel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler-
Greifswald und Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission zur
Erforschung der Maul- und Klauenseuche.
Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die
Lösung wis8enschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬
anlagt. Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung
des Gesundheitsamtes das Veterinär wesen von neuem unter
raedicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet
wurde, war man an jenen Zusammenhang auch in Preussen noch
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirthschaftliche
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬
kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur S
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Aus all
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keinesw
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundhei
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn d
wesen aus dem Zusammenhang mit dem Gesund
löst und auch im Reich organisatorisch näher an
scliaft herangerückt würde, wie dies in den Bund
geschehen ist.
i
Dresden.
Die Frequenz der thierärztlichen Hochschule
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examin
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25
hatten, stiegen seit 1880—1889 allmälig auf Ij
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigern
die Frequenz der Kliniken hat sich bedety
Anfrage.
Wie hoch dürfte ein Fixum für t|
bei einem Bestände von 8 Pferden
einer Entfernung von 8 Kilometern
sein? Bitte die Herren Collegen um
d. Bl. zu richten.
öeffentliclies Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland
im Jahre 1896.
• Verlag von Julius Springer.
Der im Kaiserlichen Gesundheitsamte bearbeitete und von
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen)
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämmt-
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen;
endlich Nachweisungen über den deutschen Viehstand und die
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreiten
der einzelnen Seuchen gegeben werden.
Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblj
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder stark zugenog
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Sl
fahren. Mehr als 4 / 5 aller Kreise wurden neubetrofi'en
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseyj
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen G
(Voijahr 17998) in 14710 (4865) Gemein
kopfzahl der in diesen Gehöften stehend
seuchten Bestände betrug 1548437
Der Seuchenstand hat sonach im Beri
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1894 gelangt. Am Schlüsse des
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•n regeln sollten. Aeltere all-
18. Mai 1667, 23. Mai 1682,
1701, 12. November 1707,
nach einer Aeusserung des Ministers für Handel,
Verkehr vom 11. November 1869 IV. 14 232 dieses
In Wirklichkeit nur an die Kurmärkische Kriegs-und
ler gerichtet und erst später — durch Verordnung
P 1780 — auch noch fiir Pommern publicirt war, ist
Eh in allen älteren Provinzen der Monarchie in An¬
gebracht. Auch durch die neuere Gesetzgebung ist es
Rifgehoben wordeD, wie das preussischeOber-Verwaltungs-
(III. Strafsenat) in seinem Erkenntniss vom 8. October 1891,
740 (Pr. Verwaltungsblatt 13. Bd. No. 9) festgestellt hat.
dieser Entscheidung steht dem Abdeckereibesitzer bez.
[enter ein Zwangsrecht auf das in seinem District unrein be-
indene grosse und kleine Vieh (Schafe ausgenommen), mithin
auch auf unreine Schweine zu, und gehören zu dem beim
Schlachten als „unrein“ ermittelten Vieh auch die mit Trichinen
behafteten Schweine. Diese sind dem Abdecker auch dann nicht
zu entziehen, wenu eine Oberpräsidialverfügung deren Vernichtung
bestimmt, und zwar hat der Abdecker nicht nur ein Anrecht auf
die nach Ausschmelzung des Fettes restirenden und vorschrifts-
mässig zu vernichtenden Tlieile, sondern auch auf das frei ver¬
wertbare Fett, die Borsten etc. — Auch auf die Haut’ von
Thieren, obwohl dieselbe verwertbar, hat der Abdecker An¬
spruch, desgleichen auf Schweif- und Mähnenhaare, aber nicht
auf Hufeisen, Zaumzeug, Bullenringe etc., weil diese Gegenstände
nicht Tlieile des Thieres sind.
sug genommen auf das unter Friedrich
Ine Publicandum vom 29. Juni 1772,
ie der früheren Edikte beibehält und be-
(= ausgenommen bei) der Viehseuche um-
das abgestandene, auch (= sowie auch) beim
»sagen^l^^ßr. gefundene Vieh, Schafe ausgenommen, dem
i Boten (tuiiit) noJoh. an zusagen sei gegen Erlegung des fest-
in den Boten (für die Meile 25 Pf.).
Thiere, über deren Vernichtung keine besonderen polizeilichen
Vorschriften bestehen, z. B. tuberculöse, sind dem Abdecker ohne
Beschränkung zu überlassen. Auch aus einem öffentlichen
Schlachthause müssen die zu vernichtenden Theile ihm übergeben
werden, falls nicht eine Ablösung des Privilegiums erfolgt ist.
Dagegen sind die Cadaver der Thiere, die an einer der im Vieh¬
seuchengesetz namentlich aufgeführten Krankheiten gelitten hatten,
dem Abdecker entzogen.
Nach dem, wie oben ausgeführt, noch zu Recht bestehenden
Publicandum vom 29. April 1772 gehört dem Abdecker das um¬
gefallene, abgestandene, beim Schlachten unrein befundene Vieh.
Was bedeuten nun diese drei Ausdrücke.
„Umgefallen“ kann nichts Anderes besagen, als crepirt, ver¬
endet. Der Ausdruck „abgestanden“ hat ungleiche Auslegung
erfahren. Das veranlasste schon unter Friedrich Wilhelm El. die
Königliche Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, unter dem
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34 * BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 3.
Siedamgrotzki, Schütz und Eggeling, Völlers; die Land-
wirthe von Frese (Friesland), Wilfing (Rheinprovinz), König
(Bayern), Hähnel (Sachsen), Meyer (Heilbronn), Frank (Pforz¬
heim), Domänenrath Rettig; endlich Geheimrath Löffler-
Greifswald und Oberstabsarzt Dr. Weisser, der Vorstand der
beim Kaiserlichen Gesundheitsamt gebildeten Commission zur
Erforschung der Maul- und Klauenseuche.
Welche Themata speciell verhandelt worden sind, darüber
verlautet nichts. Wir müssen aber ganz im Allgemeinen bei dieser
Gelegenheit einmal der Meinung Ausdruck geben, dass die Ver¬
suche, das Kaiserliche Gesundheitsamt zu einer Centralstelle für die
Lösung wissenschaftlich-practischer Veterinärfragen für das ganze
Reich zu machen, uns nicht als aussichtsvoll erscheinen. Hierzu
scheint diese hohe Reichsbehörde organisatorisch kaum ver¬
anlagt Namentlich ist, wenn die Dinge diese Entwicklung
nehmen wollen, auch der Umstand zu beachten, dass in allen
Bundesstaaten die, sagen wir, Einordnung des Veterinär¬
wesens in das Medicinalwesen beseitigt ist, aber die
Möglichkeit eintritt, dass bei einer derartigen Stellung
des Gesundheitsamtes das Veterinärwesen von neuem unter
medicinischen Einfluss gelange. Als das Gesundheitsamt errichtet
wurde, war man an jenen Zusammenhang auch in Preusseu noch
zu sehr gewöhnt, sonst würde man das ins landwirtschaftliche
Ressort gehörige Veterinärwesen wahrscheinlich dem Geschäfts¬
kreis des Gesundheitsamtes, mit dem es doch nur äusserlich
zusammenhängt, gar nicht einverleibt haben. Ans allgemeinen
organisatorischen Gründen, die sich natürlich keineswegs gegen
die bisherige Art der Thätigkeit des Gesundheitsamts richten,
würde es uns wünschenswert erscheinen, wenn das Veterinär¬
wesen aus dem Zusammenhang mit dem Gesundheitsamt ge¬
löst und auch im Reich organisatorisch näher an die Landwirt¬
schaft herangerückt würde, wie dies in den Bundesstaaten schon
geschehen ist. S.
Dresden.
Die Frequenz der tierärztlichen Hochschule beläuft sich auf
193 Studirende und 25 Hospitanten (Examinanden), zusammen
218 Hörer. Es ist dies die grösste bisher erreichte Frequenz.
Die Zahlen, welche bis 1879 zwischen 25 und 44 geschwankt
hatten, stiegen seit 1880—1889 allmälig auf 131. Seit den letzten
Jahren ist eine besonders lebhafte Steigerung eingetreten. Auch
die Frequenz der Kliniken hat sich bedeutend gehoben.
Anfrage.
Wie hoch dürfte ein Fixum für tierärztliche Bemühungen
bei einem Bestände von 8 Pferden und 25 Stück Kühen und
einer Entfernung von 8 Kilometern vom Wohnorte zu bemessen
sein? Bitte die Herren Collegen um gütige Auskunft, an die Exp.
d. BL zu richten. M. K. i. L.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(M i 11 h e i 1 u n g e n für
Senchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuchen in Deutschland
im Jahre 1896.
• Verlag von Julius Springer.
Der im Kaiserlichen Gesundheitsamte bearbeitete und von
der oben genannten Verlagsbuchhandlung in der bereits rühmlich
bekannten Weise ausgestattete Bericht ist gegen Ende des Vor¬
jahres erschienen. Der Inhalt ist in der gewohnten übersicht¬
lichen Anordnung folgender: Bericht über jede einzelne der unter
das Gesetz fallenden Seuchen (einschliesslich Schweineseuchen)
mit im Anhang gegebenen Tabellen; Zusammenstellung sämmt-
licher am 30. Juni 1897 in Kraft befindlicher Gesetz-Verordnungen
etc. in Deutschland und den einzelnen Bundesstaaten, der gegen
das Ausland und Deutschland bestehenden Verkehrsbeschränkungen;
endlich Nachweisungen über den deutschen Viehstand und die
Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten. Es soll
hierunter zunächst eine kurze Uebersicht über die Verbreitung
der einzelnen Seuchen gegeben werden.
Die Maul- und Klauenseuche, welche 1894 erheblich ein¬
geschränkt worden.war, hatte 1895 wieder Btark zugenommen, und
diese Zunahme hat 1896 eine weitere beträchtliche Steigerung er¬
fahren. Mehr als */ 5 aller Kreise wurden neubetroffen (1895 3 / 5 ). Im
Ganzen waren während des Berichtsjahres verseucht 864 Kreise etc.
(Vorjahr 642). Die Zahl der betroffenen Gehöfte betrug 72161
(Vorjahr 17998) in 14710 (4865) Gemeinden und die Gesammt-
kopfzahl der in diesen Gehöften stehenden gefährdeten und ver¬
seuchten Bestände betrug 1548437 gegen 464646 im Vorjahr.
Der Seuchenstand hat sonach im Berichtjahre sich im allgemeinen
mehr als verdreifacht und ist auf das siebenfache desjenigen von
1894 gelangt Am Schlüsse des Berichtsjahres blieb der Stand
ungünstiger als er im Anfang gewesen war, und 14842 Gehöfte
gegen 3287 am Beginn des Jahres blieben verseucht. Wie im
Vorjahre haben der Süden und Westen stärker gelitten als der
Osten.
Veterinärbeamte.)
Die Lungenseuche hatte 1896 ausser dem stationären Haupt¬
herde im Magdeburgischen noch zwei Centren in Osthavelland
und um den Niederrhein, hier jedoch schwächer als im Vorjahre
und war ebenfalls etwas stärker verbreitet Es wurden über¬
haupt 7 Staaten und in Preussen 6 Provinzen im Ganzen 70 Ge¬
meinden (185 Gehöfte) in 38 Kreisen neu betroffen. Es er¬
krankten 1608 Stück (Vorjahr 668 = 71 pCt. weniger). Gefallen
auf polizeiliche Anordnung resp. auf Veranlassung des Besitzers
getödtet wurden insgesammt 2745 Stück (wovon 1138 seuchenfrei
waren), 24 pCt mehr als im Vorjahre. Der Gesammtbestand an
Rindvieh in den neubetroffenen Seucbengehöften betrug 4701 Stück.
Von den getödteten Thieren fallen auf Preussen 2487 und davon
auf den Reg.-Bez. Magdeburg 1350 49 pCt. des deutschen Ge-
Bammtverlustes (37 im Vorjahr und 57 in 1894). Am Jahres¬
schluss war der Seuchenstand etwas geringer als am Anfang.
Der Rotz befiel 505 Pferde (weniger als in den beiden Vor¬
jahren mit 590 und 516). Der Gesammtverlust (Tödtungen etc.)
betrug 703 (Vorjahre 770, 767, 775, 1076, 1296) obwohl auf
polizeiliche Anordnung augenscheinlich umfangreiche Tödtungen
ganzer Bestände ausgeführt worden sind, denn von 559 so ge¬
tödteten waren 111 rotzfrei. Ueberhaupt betroffen waren im
Berichtsjahre 205 Gehöfte in 182 Gemeinden. Schlesien war wie
im Vorjahre am stärksten betroffen.
Die Tollwuth hat 1896 zugenommen, während sie 1895
geringer gewesen war, als im Vorjahre. Abgesehen von ver¬
einzelten verstreuten Fällen waren wieder die Districte an der
russischen und böhmischen Grenze allein betroffen; Eisass-
Lothringen blieb ganz frei. Erkrankt, gefallen und getödtet sind
im Ganzen 939 Thiere (im Vorjahr 489) darunter 724 Hunde in
178 Kreisen; ausserdem wurden 1851 verdächtige Hunde getödtet.
Der Thierverlust beträgt 2 790 (52 pCt. mehr als im Vorjahre).
Auch 5 Menschen sind an Lyssa gestorben, darunter der Kreis¬
thierarzt des Kreises Angerburg.
Am Milzbrand erkrankten 184 Pferde, 3709 Rinder, 601
Schafe, 2 Ziegen und 26 Schweine, zusammen 4 422JThiere (im«
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20. Januar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
35
Voijahre 3 949), welche Bich auf 2 971 Gemeinden in 584 Kreisen
verteilen. Das Verbreitungsgebiet des Milzbrandes scheint, nach
den Voijahren zu urtheilen, stetig anzuwachsen. 82 Fälle von
Ueberlragung auf Menschen sind berichtet, darunter 15 tödtliche.
Unter den Erkrankten befand sich auch ein Thierarzt. Den
Anlass zur Uebertragung boten meist Abhäuten bezw. Noth-
schlachtung (21 Schlächter erkrankten.)
Am Ranschbrand erkrankten 5 Pferde, 1108 Rinder und
4 Schafe in 135 Kreisen etc., zusammen 1117 Thiere gegen 803
im Vorjahr. Mit Ausnahme von 3 Rindern und 1 Schaf sind alle
gefallen. — Der Bläscbenansschlag ist ebenfalls bei einfer
grösseren Zahl von Thieren als im Vorjahre aufgetreten, nämlich
bei 336 Pferden und 9523 Rindern in 1303 Gemeinden (im Vor¬
jahre bei 6561 Thieren). - Die Pferderäude wurde bei 456 Pferden
(gegen 500 im Vorjahre, ermittelt. Die nur im Westen und Süden
verbreitete Schafräude betraf überhaupt 2753 Gehöfte in 226
Kreisen; die Stückzahl der in diesen Gehöften stehenden Herden
betrug 86 471 gegen 78 820 im Vorjahre. Am Jahresschluss
blieben verseucht 945 Gehöfte gegen 576 im Anfang. — Ueber
Rothlauf und Schweineseuche liegt für 1896 noch keine all¬
gemeine Statistik vor.
Im allgemeinen haben also alle Seuchen im Berichtsjahre
eine stärkere Verbreitung gehabt, als vorher, am schlimmsten die
Maul- und Klauenseuche. Nur der Rotz zeigt eine erfreuliche und
constante Abnahme.
Verordnungen.
R.-B. Gumbinnen: Unterm 1. December 1897 wird im
Hinblick auf die in den angrenzenden russischen Landest heilen
herrschende Maul- und Klauenseuche die Einfuhr von Milch aus
dem längs der Landesgrenze des Stallupöner Kreises gelegenen
russischen Grenzbezirk bis auf Weiteres verboten.
Regierungsbezirk Liegnitz: Die Verordnung betr. Be¬
kämpfung der Geflügelcholera, welche nach allgemeinem (bereits
in der B. T. W. veröffentlichtem) Muster schon in vielen
Regierungsbezirken eingeführt ist, gilt seit 28. December 1897
auch für R.-B. Liegnitz.
Einfuhrverbote gegen Schweden-Norwegen: Das in
der B. T. W. bereits mitgetheilte für verschiedene deutsche
Landest heile erlassene Verbot der Einfuhr frischen Schweine¬
fleisches aus Schweden-Norwegen wegen des dortigen Herrschens
der Maul- und Klauenseuche ist für einige weitere event. für die
Einfuhr in Betracht kommende Landestheile eingeführt worden
(Bremen, Mecklenburg, R.-B. Lüneburg, Aurich und Stade).
Ebenso hat Dänemark die Einfuhr von klauentragenden
Tbieren und rohen Producten derselben bis auf weiteres verboten.
Energlsohe Selbsthilfe.
In der Ctrlztg. von Völlers findet sich folgende beherzigens¬
werte Mittheilung: Bei einem kleinen Besitzer in einem Orte
Schleswigs, welcher z. Z. als völlig maul- und klauensenchefrei
gelten konnte, wurde plötzlich die Seuche constatirt Dieser
Ansbruch bot eine grosse Gefahr für die ganze Provinz, nament¬
lich da er sich gegen den Schluss des Weideganges hin ereignete.
Vier grössere benachbarte Landwirthe nahmen daher rasch die
Tilgung selbst in die Hand, traten zusammen, entschädigten den
Besitzer und Hessen den gesammten Bestand sofort schlachten
und mit Haut und Haaren vergraben.
Rennthierseache.
Nach einer Mittheilung der St. Petersburger Zeitung ist in
den Rennthierzuchten der nördlichen Gouvernements eine Seuche
ausgebrochen, welche anfangs für Milzbrand gehalten wurde,
aber wegen der Erfolglosigkeit der Schutzimpfungen als eine
neue, noch unbekannte Krankheit angesehen wird.
Fleischschaa und Yiehverkehr.
Berlin. Auszug aus dem Fleischschauberioht für December 1897.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13085
11000
27 666
56 523
Ganz beanstandet. ....
151
20
4
296
Ueberhaupt mit Tuberculöse
behaftet.
2385
10
—
1807
Davon gänzlich verworfen .
25
—
—
37
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47
—
—
138
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21
—
—
—
AIbo vollständig freigegeben
• 2292
10
—
1632
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
13
Mit Finnen behaftet ....
66
4
—
56
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
—
—
—
24
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
66
4
—
32
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
—
37
An einzelnen Tbeilen wurden beanstandet: bei Rindern 4880,
bei Kälbern 36, bei Schafen 5711, bei Schweinen 5644.
B. Untersuchungsstation.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe |
Schweine
Untersucht.
19275
14 587
1793
11292
Beanstandet.
Wegen Tuberculöse wurden
73
86
1
15
beanstandet.
40
—
—
4
Davon sind sterilis. verwerthet
6
—
— |
1
Mithin gänzlich verworfen .
34
—
—
3
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
— ,
2
Mit Finnen behaftet ....
Davon schwach finnig und
—
—
— ;
2
gekocht verwerthet . . .
—
—
—
2
Unter dem eingeführten Fleisch waren — russische, 10 dänische,
100 galizische, 419 Wildschweine, sowie 2040 dänische Rinderviertel,
1596 schwedische Rinderviertel.
Behandlung des Fleisches tuberculüser Thiere in Frankreich.
Der französische Landwirthschaftsminister hat durch Erlass
vom 27. Juli 1897 auf die strenge Befolgung des Erlasses vom
28. December 1896 hingewiesen, welcher bezgl. der Behandlung
des tuberculösen Fleisches Folgendes bestimmt. „Die Beschlag¬
nahme und Verwerfung des ganzen Thieres tritt ein:
1. wenn die tuberculösen Veränderungen von Abmagerung
begleitet sind,
2. wenn Tuberkeln im Fleisch oder in den Fleischlymphdrüsen
sich befinden,
3. wenn Miliartuberculose in allen Organen, Parenchymen
oder besonders in der Milz sich befindet,
4. wenn umfangreiche tuberculöse Veränderungen gleichzeitig
an Organen der Brust- und Bauchhöhle vorhanden sind.
Theilweise Beschlagnahme findet statt:
1. wenn die Tuberculöse entweder auf die Brust- oder die
Bauchhöhle beschränkt ist,
2. wenn tuberculöse Veränderungen zwar gleichzeitig in
Brust- und Bauchhöhle bestehen, aber geringgradig sind. *) —
In diesen Fällen beschränkt sich die Beschlagnahme und Ver¬
werfung nur auf diejenigen Fleischtheile, welche mit dem kranken
Brust- und Bauchfell in unmittelbarer Verbindung stehen, sowie
*) Dieser in dem französischen Reglement ausdrücklich hervor¬
gehobene Punkt fehlt noch in dem preussischen Ministerialerlass.
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36
BERLINER TlilERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 3.
anf die in welchem Grade auch immer erkrankten tuberculösen
Organe. Das Fleisch wird dem Eigentümer znrückgegeben
nach mindestens stundenlanger Kochung im Schlachthause unter
tierärztlicher Aufsicht mittels Wassers oder Dampfes. — In
dem grossen Pariser Schlachthause von Lavillette wird
übrigens, um die Feststellung der Identität des Tln'eres für den
Verkäufer zu erleichtern, folgendes Verfahren beobachtet. Der
beschlagnahmende Thierarzt hat an der Haut oder dem Kopf
eine bleibende Marke anzubringen, sofern nicht etwa das Thier
schon ein Horn-, Brand- oder ähnliches Zeichen hat, welches im
Signalement angegeben werden kann. Das Fell bleibt an dem
Kopf des Thieres 3 Tage lang sitzen, damit auch die entfernt
wohnenden und telegraphisch zu benachrichtigenden Kigenthümer
Gelegenheit haben zur Feststellung der Identität.
Personalien.
Auszeichnungen: Anlässlich der Feier des preussischen Ordens¬
festes sind decorirt worden : Mit dem Rothen Adler-Orden IV. ClaBSe:
Corpsrossarzt Neu sc vom 7. Armeecorps. Mit dem Kronen-Orden
IV. CJasse die Corpsrossärzte Bartke vom 2. Armee-Corps und
Q u a 1 i t z vom 10 Armee-Corps, die Oberrossär/te T o r z e w s k i
vom 36. Art.-Reg. und V i r c h o w vom Reg. Gardes du Corps, sowie
die Kreisthierärzte D a I c h o w zu Rathenow und Lotzer zu
Zabern. — Mit dem allgemeinen Ehrenzeichen: W o d r i c h , Beschlag- '
schmied, und Wodrich, Kassenbote bei der Thierärztlichen Hoch- j
schule zu Berlin.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten die Thierärzte A Beer mann
zu Rheinsberg für den Kreis Mörs (stidl. Theil), W. Hetten¬
hausen zu Reiffenhausen interimistisch für den Kreis Mörs (nördl. •
Theil) mit dem Amtssitz in Xanten. — Zum Bezirksthierarzt der j
Grenzthierarzt Pfanz-Sponagcl zu Singen in Schönau.
Thierarzt Dr. Poe pp el aus Stettin ist zum Thierzuchtinstructor des
Ostpreussischen landwirthsch. Centralvereins und zum Geschäfts¬
führer der Ostpreuss. Holländer Heerdbuchgesellschalt in Königs¬
berg i. Pr. ernannt worden.
Es ist gewählt worden Thierarzt F es s 1 e r- Meppen zum
Schlacbthofinspecior in Weimar. — Die in No. 2 gemeldete Er¬
nennung des Thierarztes Häberle bestätigt sich nicht.
Thierarzt R. Günther, bisher zu Chemnitz ist zum städtischen
Polizeithierarzt in Waldheim ernannt und Schlachthotinspector
H a r t m a n n - Rawitsch mit Pensionsberechtigung lebenslänglich
angestellt worden.
Approbationen inBerlin: Die Herren Walther Hu th, Otto Clausen
Heinrich B ress er, Hans Davids, Hellmuth Stamm, Kur,
Molthoff, Georg Schade.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Versetzt: Kreis¬
thierarzt R o s k o w s k i von Fraustadt nach Lissa. — Verzogen:
Thicrnrzt M ä n n e r- Donaueschingen nach Tübingen, Thierarzt
M e t z ge r-Gengenbach nach Karlsruhe, die Thierärzte Otto Geb¬
hard - Lichtenhain nach Erding, Arthur Köh ler-Schlöben nach
Eisenberg i. Th und Emil L a n g e - Dresden nach Meissen als
Assistenten der Bezirksthierärzte, bezw. des Amtsthieararztes daselbst.
Todesfälle: Thierarzt Otto Harder in Mewe, Thierarzt
J. Hackenjos in Mannheim, Thierarzt H Käst in Hedemünden
(Werra), Thierarzt R. P ä h r i s c h in Halsbrücke.
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schihalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg):
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—4(0 M. Fleischschaugebühren).
— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning-
— R.-B. Trier: ßernkastcl (600 M. Krz.).
San itätsthler arztsts 1 ton * a) N e u a u s g e s c h riebe ncStellen:
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M.
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann —Köln: Schlachthof-
thicrarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬
meister Becker.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Coli lc nz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898
(3500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Essen
(Ruhr): Schlachthof Assistenzthierarzt (2500—3700 M.). Bew. an Ober-
bürgermstr. Zweigert. — Halle: Schlachthofdirector (5000—6200 M.).
Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thierarzt (2400 M. steigend bis
4200 M.). Bew. an Oberbürgermeister. — Nord hausen: Schlacht¬
hofvorsteher zum 1. April (2400—3900 M., freie Wohnung it. Heizung).
Bew. an Magistrat. — Sagan: Schiachthofverwalter zum 1. April
Verantwortlich für Jen Inhalt (exet. InseratCpUieil) l’rof. l)r. Schmaltz in Berlin. -- Vci
(1800—2400 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat. —
Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898 (2100
biß 2700 M., freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Boizenburg: Auskunft Graf Armin,
Boitzenburg. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. —
Butzbach: Näheres durch Apothekor. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Dierdorf
(100 M. Gemeindebeiträge). Bew. an den Bürgermeister in Steimel.
— Drengfurt. — Gleschendorf (Filrstenth. Lübeck). — Gux¬
hagen (R.-B. Cassel). — Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum
1. Jan. 1898 (Beihilfe 700 M.). — Kemberg: (Zuschuss 300 M.).
Auskunft Magistrat. — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft
Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat —
Pitschen: Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Ein¬
nahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat — Pritzwalk.
— R ö d d i n g: Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: '800 M.
für Fleischscliau . Näheres Magistrat.— Waldbröl: (ca. 1020 M.
ausser Privatpraxis).
Besetzt: Staatss'elle Mörs. Sanitätsthierarztstelle Weimar.
Hoffentliches Ende des Willkammer Rothlaufs.
Von
Dr. Toepprr.
Es ist zu bedauern, dass Herr Dr. Mehrdorf so wenig
Sache und Person anseinanderbält. Anf die Erwiderungen und
haarspaltenden Auseinandersetzungen zu antworten, halte ich nicht
für nothwendig. Ich möchte nnr erwähnen, dass Herr Dr. Mehr¬
dorf die Willkammer Rothlaufaffaire zuerst und zwar in der
Versammlung des deutschen Veterinär-Rathes in Cassel an¬
geschnitten hat. Ich habe den Fall, soweit er mir bekannt war,
rein sachlich besprochen, damit eben keine Verwechslung mit
dem Lorenz’schen Serumpräparat stattfäude. Hieran schlossen
sich dann die Angriffe gegen meine Person von Seiten Mehr-
dorf's. Damit Herr Dr. Mehrdorf aber weiss, wie man in
wissenschaftlichen Kreisen über seine Untersuchungen bei dem
Willkammer Rotlilauf urtheilt, gebe ich hier eine Stelle aus dem
Schreiben einer mir bekannten Antorität. In demselben heisst es
wöitlich „Ich kann nicht umhin, die Arbeit Dr. Mehrdorfs als
eine obeiflächliche uni durchaus unwissenschaftliche zu be¬
zeichnen. Eine solche Sache macht man nie’ t mit Worten ab,
hier gilt es tliatsächlichen Nachweis und der war im gegebenen
Falle gar nicht schwer.“ Jeder Thierarzt weiss, dass beim Roth-
lauf der Schweine die Lungen ohne pathologische Veränderungen
sind Bei den in Willkamm secirten Schweinen fanden Bich aber
mit Jauche gefüllte Cavernen. Hätte Herr Dr. Mehrdorf eine
microscopische bez. bacteriologische Untersuchung vorgenommen,
hätte er Culturen hiervon angelegt, so wäre derselbe jedenfalls
zu anderen Schlüssen gekommen, anstatt die sehr bequeme aber
nicht wissenschaftliche Erklärung abzugeben, „Von einer
microscopischen bez. bacteriologischen Untersuchung wurde als
überflüssig Abstand genommen, da die Diagnose schon durch
die vorliegenden Befunde vollständig gesichert war.“ Wo bleiben
die mit Jauche gefüllten CaveinenV
Ich weide zum Willkammer Rothlaufe nicht mehr das Wort
nehmen.
au uinl EigcntUuiu von Iiichanl SeliooW in Berlin. — Druck von W. Büxcnatein, Berlin.
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Die „Berliner Thierlrztlicbe Wochenachrifl“ erscheint
wöchentlich in 8t&rke von mindesten« 1'/* Bogen. Dieselbe
ist su bestehen durch den Bnchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Kichara
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltr&ge werden mit &0 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilnngen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 4 . Ausgegeben am 27. Januar.
Inhalt: Krueger: Das Abdeckereiwesen in Preussen. — Referate: E b e r 1 e i n: Primärer Magenkrebs beim Hund. -Kroli-
kowski: Bandagen mit Gummifäden. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Volkswirtschaftslehre und Thier¬
heilkunde. — Oeffentliches Veterinärwesen: Personalien. — Vacanzen.
Das Abdeckereiwesen in Preussen.
Ein Sammelreferat
von
Krueger-Marggrabowa,
Kreisthier&rzt
Das Abdeckereigewerbe beschäftigt sich mit der Beseitigung
thierischer Cadaver. Der Name des sich damit Beschäftigenden
rührt her vom Worte „abdecken“ (detegere) = abhäuten, im Mittel-
alter auch schinden (Schinder) genannt, auf rothwälsch cavaller,
cafiller, cafeller. Von letzterem Worte oder vom gleichbedeutenden
niederdeutschen „feiler, filier, viller“, welches auf das talmndische
„Kefal“ zurückzuführen ist und im Syrischen „abziehen“ bedeutet,
hat der de la Croix’sche Apparat zur Vernichtung von Cadavern
seinen Namen „Cafilldesinfector“ bekommen.
In manchen Gegenden wird der Abdecker auch Schelm ge¬
nannt, da dieses Wort im Mittelalter den Begriff „Aas“, „Cadaver“
hatte.
Der Ausdruck „Waßenmeister“ kommt vom mitteldeutschen
Wort „wasen“ = Rasen, Anger, auf dem das Vieh abgeliäntet
wurde.
Die Bezeichnung „Freimann“ bezieht sich auf die dem Ab¬
decker früher gewährte Steuerfreiheit.
Bei Geltendmachung ihrer Ansprüche berufen sich die Ab¬
decker auf alte, ihnen verliehene Privilegien, welche auf Befehl
der regierenden Herrscher errichtet nnd nach deren Tode auf
Ansuchen der Abdeckereibesitzer von den nachfolgenden Fürsten
wieder erneuert wurden. Für diese Privilegien mussten zum
Theil beträchtliche Summen bezahlt werden.
Zur Erläuterung der Privilegien wurden Instructionen, Edikte,
erlassen, die das Abdeckereiwesen regeln sollten. Aeltere all¬
gemeine Edikte datiren vom 18. Mai 1667, 23. Mai 1682,
22. April 1689, 11. Februar 1701, 12. November 1707,
30. Jnni 1721.
Am meisten wird Bezug genommen auf das unter Friedrich
dem Grossen erschienene Publicandum vom 29. Juni 1772,
welches die Grundsätze der früheren Edikte beibehält und be¬
stimmt, dass ausser (= ausgenommen bei) der Viehseuche um¬
gefallene, ferner das abgestandene, auch (= sowie auch) beim
Schlachten unrein gefundene Vieh, Schafe ansgenommen, dem
Abdecker des Districts anzusagen sei gegen Erlegung des fest¬
gesetzten Trinkgeldes an den Boten (für die Meile 25 Pf.).
Trotzdem nach einer Aeusserung des Ministers für Handel,
Gewerbe und Verkehr vom 11. November 1869 IV. 14 232 dieses
Publicandum in Wirklichkeit nur an die Kurmärkische Kriegs-und
Domänenkammer gerichtet und erst später — durch Verordnung
vom 2. Juni 1780 — auch noch für Pommern publicirt war, ist
es dennoch in allen älteren Provinzen der Monarchie in An¬
wendung gebracht. Auch durch die neuere Gesetzgebung ist es
nicht aufgehoben worden, wie das preussischeOber-Verwaltungs¬
gericht (III. Strafsenat) in seinem Erkenntniss vom 8. October 1891,
No. III 740 (Pr. Verwaltungsblatt 13. Bd. No. 9) festgestellt bat
Nach dieser Entscheidung steht dem Abdeckereibesitzer bez.
Pächter ein Zwangsrecht auf das in seinem District unrein be¬
fundene grosse und kleine Vieh (Schafe ausgenommen), mithin
auch auf unreine Schweine zu, und gehören zu dem beim
Schlachten als „unrein“ ermittelten Vieh auch die mit Trichinen
behafteten Schweine. Diese sind dem Abdecker auch dann nicht
zu entziehen, wenn eine Oberpräsidialverfügung deren Vernichtung
bestimmt, und zwar hat der Abdecker nicht nnr ein Anrecht auf
die nach Ansschmelzung des Fettes restirenden and vorschrifts-
mässig zu vernichtenden Theile, sondern auch auf das frei ver¬
wertbare Fett, die Borsten etc. — Auch auf die Haut’von
Thieren, obwohl dieselbe verwertbar, hat der Abdecker An¬
spruch, desgleichen auf Schweif- nnd Mähnenhaare, aber nicht
auf Hufeisen, Zaumzeug, Bullenringe etc., weil diese Gegenstände
nicht Theile des Thieres sind.
Thiere, über deren Vernichtung keine besonderen polizeilichen
Vorschriften bestehen, z. B. tnbercnlöse, sind dem Abdecker ohne
Beschränkung zu überlassen. Auch aus einem öffentlichen
Scblachthause müssen die zu vernichtenden Theile ihm übergeben
werden, falls nicht eine Ablösung des Privilegiums erfolgt ist.
Dagegen sind die Cadaver der Thiere, die an einer der im Vieh-
senchengeßetz namentlich anfgefübrten Krankheiten gelitten hatten,
dem Abdecker entzogen.
Nach dem, wie oben ausgeführt, noch zu Recht bestehenden
Publicandum vom 29. April 1772 gehört dem Abdecker das um¬
gefallene, abgestandene, beim Schlachten unrein befundene Vieh.
Was bedeuten nun diese drei Ausdrücke.
„Umgefallen“ kann nichts Anderes besagen, als crepirt, ver¬
endet. Der Ausdruck „abgestanden“ hat ungleiche Auslegung
erfahren. Das veranlasst« schon unter Friedrich Wilhelm II. die
Königliche Kurmärkische Kriegs- und Domänenkammer, unter dem
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38
2. Mai 1789 (cfr. Amtsblatt der Potsdamer Regierung 1821 S. 114)
bekannt za machen, dass unter dem Ausdruck „abgestandenes
Vieh“ alles zum ferneren Gebrauch der Menschen untauglich ge¬
wordene Vieh, mithin nicht blos das verreckte, sondern auch
das getödtete kranke und nicht geniessbare zu verstehen sei.
Nun ist zwar von Dr. Roloff s. Zt. in einem Gutachten
ausgeführt worden, dass ein Pferd, welches einen Fuss gebrochen
hat und desshalb vom Eigenthümer getödtet wurde, als ein „ab¬
gestandenes“ nicht anzusehen sei, da einerseits ein Beinbruch
unter Umständen geheilt werden könne, andererseits das Fleisch
eines solchen Pferdes geniessbar und ebenso werthvoll sei, wie
das Fleisch von anderen, nicht mit einem Beinbruch behafteten
Pferden.
In neuerer Zeit hat jedoch die sachverständige Centralstelle»
das Lehrercollegium der thierärztlichen Hochschule zu Berlin,
unter dem 9. Januar 1890 auf Erfordern des Amtsgerichts zu St.
ein Obergutachten erstattet, das von obigem Gutachten bedeutend
abweicht. Danach gilt zunächst jedes Pferd als „abgestanden“,
das sich zu dem im vorigen Jahrhundert üblichen Gebrauch
nicht mehr verwenden lässt. Auch die unheilbar kranken Pferde
sind als „abgestanden“ zu bezeichnen, da eine Fleischverwerthung
durch Schlachten' damals nicht stattfand. Ein Pferd mit einem
Splitterbruch des Unterschenkels aber sei unheilbar, da die thier-
ärztliche Erfahrung ergeben habe, dass die mit demselben be¬
hafteten Pferde regelmässig, auch wenn sie mit aller Sorgfalt
behandelt würden, zu Grunde gehen. Daher sei ein Pferd mit
einem Splitterbruch des Unterschenkels als ein „abgestandenes“
in gesetzlichem Sinne anzusehen, welchem Gutachten sich das
richterliche Erkenntniss anschloss.
Abgestanden können auch lebende Thiere sein, wenn sie an
einer unheilbaren Krankheit leiden und deswegen eine Nutzung,
welche die Futterkosten deckt, nicht mehr gewähren, und wenn
ihr Fleisch zum Genüsse für Menschen sich nicht mehr brauch¬
bar zeigt.
Alte, zur ferneren Arbeit untüchtig gewordene Pferde, wenn
sie sonst gesund sind, können jedoch nach einer Entscheidung
des Ober-Verwaltungsgerichts vom 4. Januar 1895 auch an andere
Personen veräussert werden.
Auch der dritte Ausdruck des Publicandums vom 29. April
1772 „unrein“ ist verschieden ausgelegt worden. So bestimmte
z. B. das Publicandum vom 26. Juli 1785 (N. C. C. Bd. 7 S. 3173),
dass Rindvieh, welches beim Schlachten mit der damals
sogenannten Franzosenkrankheit, der heutigen Perlsucht, behaftet
gefunden wird, nicht „unrein“ sei und nicht dem Abdecker über¬
geben werden müsse, dass vielmehr ;das Fleisch solcher Thiere
nach Entfernung der krankhaften Stellen ohne Schaden für die
Gesundheit gegessen werden könne. Der Nachsatz dieser Ent¬
scheidung ist jedoch durch die heutige thierärztliche Wissen¬
schaft widerlegt worden. Fleisch von perlsüchtigen Thieren ist
unter Umständen wohl gesundheitsgefährlich. Dann sind diese
Thiere aber auch als „unrein“ zu betrachten. Das ist aus¬
geführt worden in einem Gutachten des Herrn Geheimraths
Professor Dr. Dieckerhoff vom Jahre 1890, der erklärt, dass
im Sinne des Abdeckereiprivilegiums ein zum Schlachten bestimmtes
Stück Rindvieh dann als „unrein“ betrachtet werden kann, wenn
dessen Schlachtfleisch die Menschen nach dem Genuss mit einer
Krankheit behaften kann.
Des Weitern fuhrt ein Erkenntniss des Königlichen Amts¬
gerichtes zu Eberswalde vom 11. Juli 1890 Folgendes aus: Nach
der Bekanntmachung der Kurmärkischen Kriegs- und Domänen¬
kammer vom 11. Mai 1789 bedeutet „abgestandenes Vieh“ „alles
zum ferneren Gebrauch der Menschen untüchtig gewordene
No. 4.
Vieh“. Wie hier die Untauglichkeit zum menschlichen Gebrauch
als Merkmal des abgestandenen und deshalb dem Scharfrichter
verfallenen Viehs bezeichnet wird, so muss das gleiche Merkmal
auch für die Bestimmung des Begriffs „beim Schlachten unrein
befunden“ massgebend sein. Man kann nur das Thier als
„unrein“ in diesem Sinne bezeichnen, dessen Fleisch zum
menschlichen Gebrauch nicht tauglich ist, welches wegen seiner
kranken Beschaffenheit nicht gegessen werden kann, beziehungs¬
weise, weil gesundheitsgefährdend, nicht gegessen werden darf.
Danach sind die Thiere „unrein“, deren Fleisch zum mensch¬
lichen Genuss nicht geeignet ist.
Bei der gerichtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche hat
der Abdecker immer nachzuweisen, dass die betreffenden Thiere
im Sinne obiger Ausführungen umgefallen, abgestanden oder
unrein gewesen, d. h. dass sie crepirt, zum fernem Gebrauch
des Menschen untüchtig geworden, z. B. unheilbar krank gewesen,
oder dass das Fleisch zum menschlichen Gebrauch nicht tauglich,
z. B. gesundheitsgefährdend war.
Auf alle diese Thiere hat der Abdecker ein Recht. Ob er
auch die Verpflichtung hat, die Thiere abzuholen, ist eine andere
Frage. Nach dem Publicandum vom 29. April 17*72 muss das
umgefallene Vieh binnen 24 Stunden von Zeit der geschehenen
Ansagung von des Scharfrichters Knechten bei 5 Thaler
fiscalischer Strafe, welche der Scharfrichter oder Abdecker selbst
zu erlegen hat, abgeholt werden. Dagegen bestimmt z. B. der
§ 11 der von der Königlichen Regierung zu Königsberg unter
dem 6. April 1893 erlassenen Polizei-Verordnung, die das Ab¬
deckereiwesen regelt, dass jeder Abdecker, soweit ihm an dem
betreffenden Ort das Zwangsrecht zusteht, verpflichtet ist, der
Aufforderung zur Abholung eines gefallenen oder zu tödtenden
Thieres, falls er nicht sofort erklärt, von seinem Rechte keinen
Gebrauch machen zuj wollen, in den Städten binnen spätestens
8 Stunden, auf dem Lande binnen spätestens 24 Stunden
nachzukommen. Danach kann der Abdecker auf sein Recht ver¬
zichten.
Für die Zuwiderhandlungen gegen das Publicandum vom
29. April 1772 sind einerseits Entschädigungen, andererseits auch
Strafen festgesetzt, die sich nach dem Stande des Thierbesitzers
richten. Der Landtagsabschied für die Provinz Preussen vom
3. Mai 1832 erklärt jedoch, dass die Regierung die Ansprüche
der Abdecker nicht durch die polizeiliche Einwirkung unter¬
stützen, sondern solche lediglich zur Ausführung im Rechtswege
verweisen werde. Ferner erklärt ein Erkenntniss des Ober¬
tribunals vom 3. November 1845, dass ein Streit über Abdeckerei¬
privilegien nur im Wege des Civilprocesses und nicht im Unter-
suchungsverfahren zum Austrag zu bringen ist.
Die Entschädigungen, die durch das Publicandum festgesetzt
sind, schwankten nach der Thierart zwischen 3 und 6 Mk. Nach
der Bandes-Gewerbeordnung vom 21. Juli 1869 (§ 72 ff.) sind
die Taxen für die Abdecker aufgehoben.
Die Bannrechte der Abdecker können seit Erlass des
Deutschen Bandesgesetzes vom 17. März 1868 betreffend ? die Auf¬
hebung und Ablösung bisher bestehender, ausschliesslicher Ge¬
werbeberechtigungen abgelöst werden, und ist dieses auch seit¬
dem an verschiedenen Orten und von manchen Besitzern ge¬
schehen. Indess ist das Publicandum vom 29. April 1772, wie
ein oben bereits erwähntes Erkenntniss des Oberverwaltungs¬
gerichtes vom 8. October 1891 ausführte, nicht lediglich privat-
rechtlicher Natur; denn bei Anlage von Abdeckereien und ihrer
Ausstattung mit Privilegien unter Begründung von Zwangsrechten
sei neben Anderem das Ziel verfolgt, durch die unter Controle der
Behörde gestellte Fortschaffung der gefallenen und beim Schlachten
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
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27. Jannar 1898.
unrein befundenen Thiere die Gesundheitsgefahr zu mindern und
die Landbewohner vor Epidemien zu schützen.
Auch die sonstigen in den Privilegien vorgeschriebenen Be¬
dingungen bestehen noch zu Recht. Andere Bedingungen, als
die in die Genehmigungsurkunde aufgenommenen, können dem In¬
haber einer genehmigten Anlage nicht auferlegt werden (Preuss.
Oberverwaltungsgerichts-Erkenntnisse vom 29. October 1883 und
17. September 1891). Grobe Missstände im Betriebe einer Ab¬
deckerei, z. B. der in ihnen sich entwickelnde Gestank, können
indessen auf Grund der allgemeinen Polizeigesetze beseitigt
werden, so des Polizeigesetzes vom 11. März 1850, des Zu-
Btändigkeitsgesetzes vom 1. August 1883 und des § 10, T. II,
Tit. 17 des Allgemeinen preussischen Landrechts. Auf Grund
dieser Bestimmungen wurde z. B. in Cöslin dem Abdecker von
der Polizeiverwaltung unter Androhung einer Geldstrafe bis zu
60 Mk. für jeden Uebertretungsfall untersagt, in seiner Wohnung
sowie in dem Schuppen Thiercadaver abzulagern oder aus-
zukocher, welches Verbot sowohl vom Bezirksausschuss, wie vom
preussischen Oberverwaltungsgericht IIL Strafsenat vom 3. De-
cember 1886 (Preussisches Verwaltungsblatt 1889, 283) aufrecht
erhalten wu*de.
Zur Neueinrichtung von Abdeckereien sowie der ihnen nahe¬
stehenden Betriebe ist nach der Reichs-Gewerbeordnung vom
21. Juni 1869 (S. 16, 17, 18, 24 und 25) die Genehmigung der
Verwaltungsbehörde erforderlich, da deren Betrieb für die An¬
wohner wie das Publicum überhaupt erhebliche Nachtheile, Ge¬
fahren oder Belästigungen in sich bergen kann. Nach der Kreis¬
ordnung vom 13. December 1872 ertheilen die Genehmigung die
Kreisausschüsse. Der § 26 der von dem Minister für Handel und
Gewerbe am 14. April 1875 erlassenen Anleitung zur Wahr¬
nehmung der den Kreisausschüssen übertragenen Zuständigkeiten
besagt nach den Vorschlägen der technischen Deputation für Ge¬
werbe: „Es ist eine bekannte Thatsache, dass der Betrieb von
Abdeckereien Uebelstände durch Verbreitung übelriechender
Dünste hervorbringt. Uebelriecbende Dünste entstehen beim Zer¬
legen der Thiercadaver, beim Trocknen der Felle, der Flechsen und
anderer Theile der Thierkörper, entwickeln sich aus den Gruben,
in welchen Thiercadaver verscharrt wurden, namentlich wenn
dieselben nicht genügend tief angelegt worden sind. Da bisher
keine zur Beseitigung dieser Uebelstände geeigneten Mittel
existiren, so müssen Abdeckereien in möglichst entlegene Gegen¬
den verwiesen werden. Bei der Beurtheilung der Zulässigkeit
einer solchen Anlage kommt es namentlich auf die Entfernung
der nächsten Wohnhäuser und der in der Umgegend vorhandenen
Wege an. Oeffentliche Verkehrsstrassen dürfen in nicht zu ge¬
ringem Abstande vorhanden sein, weil die Passanten durch üble
Gerüche belästigt werden, auch die Pferde leicht vor dem Aas¬
geruch scheuen. Ueber die einzuhaltenden Entfernungen lassen
sich allgemeine Bestimmungen deshalb nicht vorschreiben, weil
hierüber vorwiegend die localen Verhältnisse, die Beschaffenheit
des Terrains, die vorherrschenden Windrichtungen u. s. w. in
Betracht kommen resp. bezüglich der Zulässigkeit derartiger An¬
lagen entscheidend sind. Um den Arbeitsplatz möglichst ab¬
zugrenzen, auch die Betriebsoperation den Augen der Passanten
thunlichst zu entziehen ist es zweckmässig, den Arbeitsplatz mit
einer mindestens 2,5 m hohen, dichten Umfriedigung (Wand- und
Bretterzaun) zu umgeben. Ausserdem empfiehlt sich eine Um¬
pflanzung dieser Umfriedigung mit eine Hecke.“
Unter Berücksichtigung dieser Bestimmungen sind eine An¬
zahl von Polizeiverordnungen betreffend das Abdeckereigewerbe
bezw. die Beseitigung von Thiercadavern erlassen worden, so für
den Regierungsbezirk Königsberg unter dem 6. April 1893 unter
Aufhebung der Polizeiverordnung vom 3. April 1820.
39
Von Bestimmungen ist schliesslich noch wichtig der Rund¬
erlass der Minister für Handel und Gewerbe, der geistlichen etc.
Angelegenheiten und des Innern vom 2. Juni 1888, wonach die
Abdecker das Fleisch der von ihnen geschlachteten Pferde nicht
ohne Weiteres zum menschlichen Genuss verkaufen dürfen, viel¬
mehr die zur Schlachtung bestimmten Pferde und ebenso nachher
ihre Cadaver vom Thierarzt besichtigt werden müssen, der be¬
stimmt, was zum Genüsse zuzulassen ist.
Was die alten Abdeckereianlagen betrifft, so entsprechen sie
in den meisten Fällen weder den Bedingungen, wie sie in der
Anleitung zur Kreisordnung vom 14. April 1875 aufgestellt sind,
noch den Fortschritten der Naturwissenschaften und der Technik.
So sagt Bollinger von den Abdeckereien: „Wer diese Anstalten
kennt, wird sich leicht überzeugen, dass sie polizeiwidrige An¬
stalten sind.“ Damman bezeichnet sie als „Schlupfwinkel der
Viehseuchen“ und sagte, „dass bis zur Stunde der Zustand des
Abdeckereiwesens fast aller Orten ein geradezu roher zu nennen
sei“. Zündel bezeichnete das „Wasenmeisterwesen als einen
noch sehr wunden Punkt in den elsass-lothringischen veterinär¬
polizeilichen Einrichtungen, zu dessen Beseitigung aber eine be¬
sondere Gesetzgebung für das ganze Reich erforderlich sei.“
Nobbe-Niedertopfstedt nennt den „thatsächlichen Zustand des
Abdeckereiwesens einen völlig unhaltbaren und beklagenswerthen.“
Zwar sind verschiedene wissenschaftliche Vereinigungen, so
zuerst der Deutsche Veterinärrath auf seiner 4. Versammlung am
3. und 4. August 1878 in Hannover, dann der Deutsche Land-
wirthschaftsrath 1882, später 1893 der Deutsche Verein für öffent¬
liche Gesundheitspflege der Frage näher getreten, ohne dass bis¬
her eine Lösung erfolgt wäre.
Die Frage wäre nach 4 Seiten hin zu behandeln: 1. nach
der Lage, 2. nach der inneren Einrichtung, 3. nach der Organisation
des Betriebes, 4. nach dem zu bearbeitenden Material der Ab¬
deckereien.
ad 1. Abdeckereien sollen möglichst weit von Ortschaften
abgelegen sein. Jedoch liegen die Rücksichten, welche gegen ihre
Anlage in Nähe von bewohnten Orten sprechen, weniger auf
hygienischem Gebiete, sondern beruhen mehr in der Abneigung
vieler Menschen gegen Thiercadaver und auf ästhetischen Beweg¬
gründen. Dabei ist auch die Himmelsrichtung, in welcher der
Platz zur nächsten Ortschaft liegt, ohne erhebliche Bedeutung,
vorausgesetzt, dass die sonstigen Einrichtungen zweckmässige
sind. Herrschen jedoch für die betreffende Ortschaft bestimmte
Winde vor, so wähle man möglichst eine gegen den Wind ge¬
richtete Lage. Letztere sei möglichst sonnig, damit der Pflanzen¬
wuchs und mit ihm der Ablauf der Verwesung auf den Luder¬
stätten gefördert werde. Der Boden bestehe am vorteilhaftesten
aus grobem, körnigem Kies, der für Wasser und Luft am durch¬
lässigsten ist und in dem die trockene Verwesung am besten
und schnellsten vor sich geht. Weniger gut ist feiner Kies, dann
Sandboden. Ungünstig ist mit Sand gemischter Thonboden, sehr
ungünstig Thon (Mergel) und stark humushaltiger Boden.
Die Nähe von Wasserläufen, Teichen und Sümpfen, sowie ein
perpetuirlicb hohes Grundwasser, also eine Lage in Absenkungen
und Mulden, sind zu vermeiden, noch mehr aber eine Lage, die
zeitweiligen Ueberschwemmungen ausgesetzt ist. Gegen eine an
sich übermässige Bodenfeuchtigkeit ist eine 3 m tiefe Drainage
zu empfehlen, durch die gleichzeitig eine unterirdische Ventilation
hervorgerufen wird.
Abschüssige Terrains, die von bewohnten Orten abgewendet
liegen müssen, sind am vortheilhaftesten, daneben mässig ab¬
sinkende, allen Windrichtungen ausgesetzte Plateaus.
Auf den Luderplätzen muss eine entsprechend dicke Boden¬
schicht die Grubensohle von dem höchst erreichbaren Grnndwasser
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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40
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4.
stand trennen, wodurch vermieden werden soll, dass das Grund¬
wasser die in den Gruben vor sich gehende Zersetzung behindert
oder die Cadavertheile auslaugt und mit seiner Strömung Brunnen,
Wasserläufen, Teichen etc. zuführt.
Ist der Boden ein schlecht durchlässiger, so ist für schnelle
Ableitung des Oberwassers durch EinebnuDg der Oberfläche des
Platzes und durch Abzugsrinnen zu sorgen, so dass das Wasser
möglichst wenig in die Grube eindringen, hier stagniren und die
feuchte Fäulniss (Jauchebildnng) oder die Verseifung (Bildung von
Fett- oder Leichenwachs) begünstigen kann.
Auf den Verscharrungsplätzen selbst ist der Pflanzenwuchs
möglichst zu fördern, da derselbe • zur Verarbeitung der Zer¬
setzungsprodukte beiträgt. Die Sonnenbestrahlung ist dabei je¬
doch nicht zu sehr zu beschränken. Als Umgebung der Plätze
eignen sich daher schattengebende Bäume, wie Linden, Ahorn
Obstbäume, Ulme, nicht, sondern vielmehr die Pinnsarten, Flieder¬
bäume, Schieb-, Weiss- und Schwarzdornhecken.
ad 2 Jede, auch die kleinste Abdeckerei sollte mindestens
folgende Einrichtungen besitzen:
a) eine Halle zum Tödten der Thiere und Abhäuten, sowie
Zerlegen der Cadaver mit in der Nähe befindlichem, eine
genügende Wassermenge liefernden Brunnen;
b) eine daranstossende Küche zur Gewinnung des Fettes
und zum Auskochen der Knochen;
c) einen gleichfalls daran stossenden Raum zur Aufbewahrung
der Knochen etc.;
d) einen über a—c befindlichen Trockenboden;
e) einen Stall, in den zur Tödtung bestimmte oder auf
Landstrassen etc. angehaltene verdächtige Thiere ein¬
gestellt werden;
f) einen Wasen- oder Abdeckereiplatz.
Die Gewerbelocalitäten sollen von den Wohn- und Oeconomie-
gebäuden des Abdeckers in genügender Entfernung, mindestens
in- einer solchen von 50 m, angelegt werden, damit die Gebäude
allen Winden ausgesetzt sind und etwaige Gerüche nicht bis zum
Wohngebäude dringen können.
Die Halle sei hell, luftig, mindestens 24 qm gross und etwa
3 l /a—4 m hoch, ihr Boden wasserdicht, am besten aus Cement,
mit einem guten Gefälle und einer Rinne, die in die völlig aus-
cementirte mit einem dichten Holzbelag und einem durchlöcherten
Schwimmdeckel versehene mindestens 1,5 qm grosse Jauchegrnbe
mündet. Die Ventilation erfolge durch grosse verstellbare Charniere
oder Dachfenster, sowie durch Luftzüge in den Umfassungsmauern.
Die Wände sollen aus Steinplatten bis mindestens 2 m Höhe be¬
stehen oder wenigstens cementirt oder mit Oelfarbe bestrichen
sein. Zwei grosse Hallenthore haben die Ein- und Ansfahrt zu er¬
möglichen. An der einen Wand befindet sich ein herabklappbarer
Sectionstisch.
Zur Seite dieser Halle liegen die Fettküche und die Knochen¬
kammer. Die Fettküche soll mindestens 9 qm gross sein und mit
ihrem Kessel und seiner Feuerung so eingerichtet werden, dass die
üblen sich entwickelnden Dämpfe möglichst verhütet oder vom
Feuer verzehrt werden. Fettküche und die grosse Knochen¬
kammer sollen gleichfalls gute Lüftnngsvorrichtungen haben.
Der Trockenboden hat reihenweise angelegte Trockenstangen
zu enthalten, über welche Haare, Häute, Sehnen gelegt werden
können.
Der Stall möge den Anforderungen, die die Veterinärpolizei
stellen kann, entsprechen. Der Fussboden kann aus Kopfsteinen
bestehen, zwischen deren Fugen Cement oder Asphalt gegossen
wird. Die Jaucherinne führe in die zur Halle gehörende Jauchegrube.
Der Brunnen sei möglichst ein artesischer oder aber ein
ausgemauerter, so dass nicht etwa durch die Grundwasserströmung
Wasser zugeführt wird, das vorschriftswidrig die Sohle der
Gruben überflnthet und deren Inhalt ausgelaugt hat. Liegt der
Brunnenspiegel unter einer Thonschicht und hat der Brunnen
undurchlässige Wandungen, so sind alle Bedenken beseitigt. Die
Lage des Brunnens sei in nächster Nähe des Stalles und der
Halle und seine Ausflussmündung so hoch, dass durch angelegten
Schlauch Stall und Halle bequem abgespült werden können.
Der Schindanger hat in einem dem Bedürfhiss entsprechend
grossen Platze zu bestehen, der mit einer Mauer oder mit Pfählen
und Brettern, sowie durch ein verschliessbares Thor derart fest
abzuschliessen ist, dass das willkürliche Eindringen von Menschen
oder Thieren verhindert ist. Der ganze Raum wird vom Thore
aus in vier Quadrate getheilt und an einem derselben mit dem
Eingraben begonnen und fortgefahren.
ad 3. Um sich zu vergegenwärtigen, wie der Betrieb in einer
kleinen Abdeckerei gestaltet werden muss, erscheint es praktisch,
die Behandlung der Cadaver zu verfolgen: Auf die Anzeige eines
Thierbesitzers, dass ein Thier an einer nicht seuchenhaften
Krankheit gefallen, holt der Abdecker mit einem undurchlässigen,
völlig geschlossenen, mit einer Windevorrichtung versehenen
Kastenwagen das Cadaver ab, führt es in seine Zerlegehalle und
hebt hier die grossen Cadaver vermittelst Krahn vom Wagen
herab. Alsbald wird das Tbier abgehäutet und die Haut sammt
Hörnern, Klauen, Hufen auf den Trockenboden gebracht, wo¬
selbst die Haut mindestens während 14 Tagen im Sommer und
vier Wochen im Winter zu trocknen ist. Soll die Haut früher
abgegeben werden, so muss sie mindestens drei Tage in Kalk¬
milch gelegen haben bez. 24 Stunden mit andern geeigneten Des-
infectionsmitteln getränkt worden sein.
Das Fleisch wird von den Knochen gelöst und kann, soweit
es unschädlich, abgekocht zur Nahrung für Schweine und Hunde
Verwendung finden. Es kann anch als Leimleder, d. h. als wie
Sehnen in Streifen geschnittenes und an der Luft getrocknetes
Fleisch, an Leimfabriken abgegeben werden. Jedenfalls darf nichts
davon herumliegen, sondern muss in geeigneten Futtergefässen
auf bewahrt werden, die. entweder in der Knochenkammer oder
zeitweise im Stall ihren Standort haben.
Die Eingeweide können in die Jauchegrube (Schwinggrube)
geworfen und hier mit Chemikalien (gemahlenem Gips, gebranntem
Kalk, Schwefelsäure, Eisenvitriol) mindestens drei Tage hindurch
behandelt, zu Dünger verarbeitet werden. Jedoch müssen diese
Theile durch einen durchlöcherten, mit Steinen beschwerten
Schwimmdeckel oder durch andere Vorrichtungen unter der Ober¬
fläche der Flüssigkeit gehalten werden, damit sie von derselben
vollständig macerirt und aufgelöst werden.
Die Röhrenknochen können an Beinarbeiter oder zusammen
mit den übrigen Knochen an Leimfabriken abgegeben oder sie
können alle in der Fettküche zusammen oder getrennt vom Fett
ausgekocht werden.
Alle nicht verwertbaren Thiertheile sind auf dem Schind¬
anger nach gehöriger Zerkleinerung so tief zn vergraben, dass
einerseits keine übelriechenden Gase mehr durchdringen, anderer¬
seits der Boden noch gut durchlüftet ist nnd der höchste
Grnndwassei stand noch nicht erreicht wird. In einem luftigen
Boden wäre eine Tiefe von 1,2 m ausreichend, in einem anderen
1,5—2 nj. Zwischen 2 Cadavergruben ist eine mindestens 0,3 m
breite Erdschicht zu belassen, welche genügt, um die von dem
Cadaver seitwärts ausgehenden Zersetzungsstoffe aufzunehmea
und zn verarbeiten. Es empfiehlt sich auch, zwischen die ein¬
zelnen Reste eines Cadavers etwas Erde zu schütten. Cadaver
hart an Cadaver zu verscharren, ist durchaus verwerflich, weil
der Boden dann nicht im Stande ist, das Material zu verarbeiten.
Jede frisch bereitete Grube ist sogleich mit Pflanzen zn be-
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27. Januar 1898. ' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
41
samen, welche die exhalirten Gase aufhehmen and 'verarbeiten
und auch die Zersetzung der thierischen Stoffe beschleunigen.
'Eine Grube darf nicht vor Ablauf von 15 Jahren geöffnet und
wieder in Benutzung genommen werden (Verwesungsfrist).
Seuchekranke Thiere, z. B. die an Milzbrand, Tollwuth, Rotz,
Wild- und Rinderseuclie etc. gelitten, werden in toto entweder au
Ort und Stelle oder auf einem ein- für allemal fest bestimmten
Quadrat (Seuchenquadrat) des Schindangers, das den Gewerbe¬
lokalitäten am entferntesten liegt, bei Milzbrand, nachdem
das Cadaver mit roher Carbolsäure begossen, verscharrt und auf
die Gruben sofort schnell wachsende und tiefe Wurzeln treibende
Pflanzen gebracht. Auf diesem Quadrat ist weder Viehfutter zu
gewinnen, noch auch nur vorübergehend aufzubewahren. Ent¬
sprechend den Bestimmungen des Reichsgesetzes über die Rinder¬
pest vom 7. April 1869, des Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880
nebst ihren Ausführungsinstructionen vom 21. Mai 1878 bezw.
12./24. Februar 1881 und Juni 1895 muss dieses Quadrat min¬
destens 30 m von Gebäuden und mindestens 3 m von Wegen und
Gewässern entfernt liegen.
Ueber alle in die Abdeckerei todt oder lebendig eingeführten
Thiere muss.ein gebundenes, mit Seitenzahlen versehenes Control¬
buch, das vor der Benutzung polizeilich abgestempelt ist, Aus¬
kunft geben. Dieses Buch soll folgende Angaben enthalten: Zeit
des Einbringens; des Eigenthümers, Name, Stand, Wohnort; des
Thieres Gattung, Farbe, Geschlecht, Alter; ob das Thier todt oder
lebend eingebracht; wegen welcher Krankheit oder Ursache;
Bemerkungen über Verwendung etc.
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füttert.
Besser als diese, einfache Verarbeitung der Cadavertheile ist
im hygienischen Interesse eine Verbrennung derselben. Noch
besser und dazu vortheilhafter ist der Verbrennungsapparat des
bekannten Landwirths Sombart zu Ermsleben, der aus einem
offenen, geräumigen, starkwandigen Kessel aus Gusseisen be¬
stand, in dem die hauptsächlich am Milzbrand verendeten Thiere
unter Schwefelsäurezusatz bis zum Zerfall gekocht und demnächst
za Compost verarbeitet wurden. Gegenüber dem einfachen Ab¬
deckereibetriebe liegt der Vortheil darin begründet, dass Ge¬
stank vermieden wird; sodann können Cadaver nicht von Menschen
aufgegraben und wieder in den Verkehr gebracht werden, ferner
können etwaige Ansteckungsstoffe nicht von Ratten, Maulwürfen,
Füchsen, Regenwürmern, Fliegen, Bremsen verschleppt werden
und eine Seuche verbreiten. Sporenhaltige Erde kann weder
durch den Wind fortgetragen werden, noch mit dem Grundwasser in
eine Quelle gerathen und diese vergiften. Das Füttern der dem
Abdecker gehörigen Thiere, insbesondere der Schweine, oder ein-
gefangener Hunde, wird verhindert. Die polizeiliche Controle ist
erleichtert.
Das Sombart’sche Verfahren hat aber den Nachtheil, dass
die Verarbeitung der Cadaver gar keinen oder nur sehr geringen
Gewinn bringt. Mehr Gewinn trägt die trockene Destillation der
Cadaver und am vortheilhaftesten ist die Dampfsterilisation.
Die trockene Destillation wird bewirkt durch einen Apparat,
der unter Zusatz von Pottasche und Eisenfeile, thierische Kohle
und gelbes Blutlaugensalz gewinnt, der aber wenig im Ge¬
brauch ist.
Das Princip der Dampfsterilisation bei hohem
Druck findet in verschiedener Form praktische Anwendung.
a) Zunächst benutzt man einfache, aufrechtstehende
Kessel aus starkem Blech von mehreren Metern Höhe und etwa
einem Meter Durchmesser. Sie werden von oben beschickt und
durch ein seitliches Mannloch entleert, was beides mit nicht
unerheblichen Schwierigkeiten verknüpft ist und viel Arbeitskraft
erfordert. Die zerstückten Cadaver werden strömendem Dampf
von 2^—3 Atmosphären Druck ausgesetzt, und zwar 3—10 Stunden
lang. Um das während des Dämpfens sich bildende Condens-
wasBer, die Fleischbrühe und das Fett von dem zu dämpfenden
Material zu trennen, ist in einiger Entfernung über dem Boden
ein Siebbodon eingeschaltet, durch welchen die abtropfenden
Flüssigkeiten abfliessen können. Die ausgezogenen Fleischmassen
nebst Knochen und getrocknetem Blut werden nach Heraus¬
nahme aus dem Apparat gedörrt und, nachdem sie mit H x S0 4 be¬
handelt, in einer Mahlvorrichtung zu Pulver gemahlen. Häute,
Haare, Hufe, Hörner werden an andere gewerbliche Anstalten
abgegeben. Das Leimwasser wird geklärt, eingedickt und als
Walzenmasse für die Buchdruckereien und zu Appreturzweckeu
als „boni-zize“ verkauft. Das Fett gelangt in Klärpfannen, wo¬
selbst es durch chemische und mechanische Mittel gereinigt wird,
um als Schmieröl und zur Seifenfabricatiou Verwendung zu
finden. Das „Leipziger Fleischmehl“ kommt als Fischfutter und
Düngemittel in den Handel. Die Leipziger Abdeckerei zahlt für
das Grossvieh-Cadaver 15—55, im Durchschnitt 24 Mark bei freier
Abfuhr, wie ich nebenbei bemerke.
Durch diese Hochdruckdämpfer, die in der Knochen-
leimfabrication längst bekannt waren, erreicht man ein geruch¬
loses Arbeiten wenigstens während der Dauer des Dämpfens.
Allein beim Oeffnen des Apparates und während des Trocknens
der durchkochten Fleisch- und Knochenmassen tritt die alte
Calamität wieder auf, und als ganz besonders lästig erweist sich
die weitere Verarbeitung der extrahirten Flüssigkeiten, die
Trennung des Fettes von der Fleischbrühe und die Beseitigung
der letzteren.
Benutzt werden solche Apparate in den Abdeckereien Leipzig,
Köln a. Rh., Linden, Frankfurt a. M., in der Berliner fiscalischen,
in der im Kreise Nieder-Barnim liegenden Dampfdüngerkunstfabrik
zu Heiligensee, in den Vororten Wiens zu Kaiser-Ebersdorf.
b) Ein verbesserter Apparat ist der „Appareil sterilisa-
teur desiccatenr systöme de la Croix, Willaert & Co.“,
der von dem Departementsthierarzt und Schlachtliofdirector zu
Antwerpen de la Croix erfunden wurde. Von Letzterem ist der
Apparat 1884 der Oeffentlichkeit übergeben, und er wurde dann
im Jahre 1892 mit einigen Verbesserungen von dem Ingenieur
und Commercienrath Henneberg in Berlin nach Deutschland
eingeführt. Er besteht in der Hauptsache aus drei durch Rohr¬
leitungen mit einander verbundenen Gefässen, von denen das
erste einen mit Doppelmantel versehenen, aufrecht stehenden
Hochdruckdämpfer darstellt, der zur Aufnahme und Durch¬
dämpfung der zu verarbeitenden Massen dient. Während des Dämpf-
processes werden.die ausgetretenen Gase und Flüssigkeiten durch
den in dem ersten Gefäss, dem Sterilisator, herrschenden Dampf¬
druck von Zeit zu Zeit nach dem zweiten Gefäss, dem Recipien-
ten, übergedrückt, in dem sich übereinander Fett und Leimwasser
sammeln und gesondert entleert werden können. Das dritte
Gefäss, der Condensator, dient zur Niederschlagung der beim
Ueberdrücken der Flüssigkeiten nach dem Recipienten und beim
Vorwärmen des Einsatzmaterials frei werdenden übelriechenden
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42
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Gase durch Wasser, während der noch übrig bleibende Rest der
Gase in die Kesselfeuerung geleitet wird.
Die Füllung des Apparates erfolgt von oben her; die Ent¬
fernung der nach beendigter Durchdämpfung durchkochten, noch
feuchten Fleisch- und Knochenmsssen erfolgt durch ein Mann¬
loch an der unteren Seite des Sterilisators, worauf jene in be¬
sonderen Trockenschränken, auf eisernen Platten ansgebreitet,
getrocknet werden. Schliesslich wird das Material auf einer
Mühle mit Vorbrecher gemahlen.
Der ganze Desinfectionsprocess, ausschliesslich Trocknung
und Zermalilüng, dauert je nach Art und Menge der Füllung
6—12 Stunden.
Gewonnen werden nach Henneberg 25—30pCt. Düngepulver
(Preis 14—16 M. pro 100 kg) und 15—20 pCt Fett (Preis
34—48 M. pro 100 kg). In Spandau wurden von 100 kg Ein¬
satz 19 kg Düngepulver und Fett gewonnen; im Durchschnitt
brachte daselbst jede Charge 50 M. bei vollständiger Füllung.
In Karlsruhe wurden nach zehnstündiger Desinfection 40,7 pCt.
sterilisirte, noch etwas feuchte Masse gewonnen, und zwar 26 pCt
Düngepulver und 4 pCt. Fett. Bayersdörfer nimmt an, dass
bei lOOmaligem Betrieb ein Bruttogewinn von 6576 M. erzielt
wird und ein Reingewinn von 2326 M. nach Abzug von 4250 M.
für Unkosten einschliesslich Verzinsung und Amortisation verbleibt.
Der Preis des Apparates einschliesslich Trockenkammer,
Mühle mit Vorbrecher, Betriebsdampfkessel und Dampfmaschine
wird auf 13000 Mark veranschlagt.
Benutzt wird der Apparat auf den Schlachthöfen Spandau,
Karlsruhe und Antwerpen.
Umständlich und unangenehm sind das Umladen der dnrch-
kochten Fleisch und Knochenmassen und das Trocknen auf offenen
Darren.
c) Der v. Podewils’sche Apparat hat das Besojpdere
für sich, dass er wenig Raum beansprucht und in demselben
Apparat Desinfection, Entfettung, Trocknung und gleichzeitige
Pulverisirung sfattfindet, und zwar alles unter Luftabschluss. Er ist
zudem leichter zu beschicken, da er niedriger ist. Die üblen
Gerüche bei dem Ueberführen der gedämpften Cadavertheile aus
dem Desinfector nach dem Trockenapparat (de la Croix) fallen
weg, da der Verarbeitungsprocess ohne Berührung mit der Luft
vor sich geht. Die hierbei sich entwickelnden Wasserdämpfe
werden abgekühlt und zu Wasser condensirt, die uncondensir-
baren Gase in die Feuerung geleitet.
Der Apparat besteht aus einer grossen, liegenden, heizbaren,
rotirbaren Trommel, in die die vorher zerstückten Cadaver
durch einen Fülltrichter gebracht und hier 3—4 Stunden durch
einströmenden Kesseldampf von 150—160 u C. gedämpft werden,
wobei die Trommel jedoch rnbig liegt. Fett und Leimwasser
werden in den Recipienten, „Fettscheider', abgelassen, die
Trommel um ihre Längsachse gedreht, während der Dampf in den
äusseren Mantel tritt, wodurch die festen Theile unter Luft¬
abschluss getrocknet und durch eine frei bewegliche Mahleinrich¬
tung, Kollercylinder, im Innern des Apparates in ein streubares,
trockenes Cadavermehl venvandelt werden. Die Leimbrühe kann
gleichfalls zur Trocknung kommen.
Die gesammte Zeitdauer der Verarbeitung währt 16 bis
24 Stunden. Benutzt werden solche Apparate in den Abdeckereien
zu Hamburg, München und Augsburg.
d) Apparate mit Zugrundelegung des „Constitu¬
tionswasserpatentes“ sind auf den Schlachthöfen von Breslau,
Emden und Königsberg i. Pr. aufgestellt. Dieselben bringen das
sogenannte Eigenwasser der Cadaver durch Erwärmen zum Ver¬
dampfen, und es erfolgt nunmehr lediglich in diesem indirecten
Dampf die Durchkochung der eingesetzten Fleisch- und Knochen-
No. 4.
massen. Der Vortheil des Princips soll darin beruhen, dass die
Fleischbrühe nicht durch das aus dem zugeleiteten Dampf ge¬
bildete Condenswasser verdünnt und so eine Verarbeitung der
Fleischbrühe auf Leim erschwert wird.
Die Nachtheile dieser Apparate bestehen darin, dass sie zu
langsam arbeiten — Kochdauer 12—14 Stunden —, ferner, dass
eine Umladung des halbfertigen Productes nöthig ist, zum Zweck
der Trocknung (5—6 Stunden) und Zerkleinerung in einem be¬
sonderen, von dem eigentlichen Extractionsapparat getrennt auf¬
gestellten Trockenapparat.
e) Der Apparat „System Otte“ hat zunächst den Vor¬
theil für sich, dass die Einführung des Materials in den Des¬
infector von 2 Stellen aus vorgenommen werden kann, und dass
der Apparat auch die Einführung unzertheilter Seuchencadaver
gestattet. Neu ist die Anbringung einer rotirbaren Siebtrommel
im Innern des liegenden Doppelmantels, wodurch der Dampf
besser zu allen Theilen des Cadavermaterials Zutritt erlangen
kann. Da der Desinfector und Recipient unter demselben
Drucke stehen, so fliessen die extrahirten Bestandteile des
Cadavers, Fett und Fleischbrühe, während des Kochprocesses
continuirlich durch den Ueherlauf aus dem Desinfector nach dem
Recipienten ab und werden nicht wie bei dem v. Podewilg-
schen Apparat nur von Zeit zu Zeit durch den im Desinfector
herrschenden Dampfdruck nach dem Recipienten übergedrückt
Die Scheidung von Leimbrühe und Fett wird dadurch eine voll¬
kommenere und es entsteht keine starke Emulsion, aus der das
Fett nur sehr schwer und langsam abzuscheiden ist. Die Trock¬
nung der durchkochten Fleisch- und Knochenmassen erfährt eine
Förderung dadurch, dass mit Hilfe einer Luftpumpe aus dem Des¬
infector die frei werdenden Dämpfe und Gase abgesaugt werden
und so in diesem eine Luftveränderung eintritt, wodurch das zu
trocknende Material das Wasser weit leichter abgiebt. Die Un¬
schädlichmachung der Dämpfe und Gase durch einander folgende
Condensation, Absorption und Verbrennung kann als gelungen
bezeichnet werden.
Im Uebrigen ist der Apparat lediglich eine Modificatiön des
v. Podewils’schen.
Der Kochprocess währt vier Stunden, ebenso lange der
Trocknungsprocess, so dass man nach 8—10 Stunden aus dem
eingesetzten Cadaver die drei fertigen Producte: Cadavermehl
(21—23 pCt., Preis pro 100 kg Dungpulver 7,60—10 M.), Fett
und Leim wieder erhält. Es sollen 10 pCt. blankschmelzenden
Fettes (Preis pro 100 kg 28—40 M.) gewonnen werden, dessen
Farbe und Preis sich richtet nach der Natur des ver¬
arbeiteten Materials (ob vom Schwein, Schaf, Rind oder Pferd
herstammend).
Der aus der Leimbrühe durch Eindampfen im Apparat selbst
gewonnene Leim „Schlirteleim“ (6 pCt.) ist nur ein minder-
werthiges Product (100 kg 10—12 Mark), da es auch die sämmt-
lichen beim Dämpfen des Fleisches und der Knochenmassen aus
diesen ausgetretenen Extractivstoffe enthält, und durch das an¬
dauernde Erhitzen auf so hohe Temperaturen ihm die Gelatinir-
fähigkeit genommen ist.
Das Cadavermehl kann auch als Fisch- und Mastfutter für
Geflügel und Schweine (Preis pro 400 kg 12—15 Mk.) verwendet
werden,, vorausgesetzt, dass es gut eingetrocknet, ans gesunden,
nicht bereits in Verwesung übergegangenen Fleischtheilen her¬
gestellt, gut auf bewahrt und vor Nässe geschützt ist (Bildung
von PtomaYnen).
Anlagen nach dem „System Otte“ sind bis jetzt eingerichtet
auf den Abdeckereien Altona, Ronnenberg bei Hannover, Star-
gard i. P. und auf dem Schlachthofe in Essen.
Der Preis des Apparates mit einer Leistung von 750—1000 kg
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27. Januar 1898.
pro Charge in 8—10 Stunden wird incl. Blitzmühle, Speisewasser¬
bassin, Luftpumpe, Dampfkessel, Dampfmaschine, Transmission,
Montage etc. auf ca. 15 000 Mk. veranschlagt.
Wenn nun auch dieser Apparat mannigfache Vorzüge vor
andern hat, z. B. die Möglichkeit der Einführung unzertheilter
Seuchencadaver, das Verarbeiten der eingesetzten Materialien zu
vollkommen fertigen Producten, die Geruchlosigkeit: wenn ferner
auch die anderen beschriebenen Systeme mehr oder minder in der
Lage sind, eine dankenswerthe Verbesserung der gegenwärtigen,
fast durchweg absolut unhaltbaren Zustände im Abdeckereiwesen
herbeizuführen, so muss man doch sagen, dass die grossen Ab¬
deckereien und Communalverwaltungen, letztere vielleicht mehr im
Hinblick auf die gesundheitliche Notliwendigkeit als nur aus dem
ökonomischen Standpunkte heraus, sich diese grossen und theuren
Apparate anschaffen werden, dass aber die Anschaffungskosten
für die Mehrzahl der kleinen Abdeckereibesitzer unerschwing¬
liche sind.
Dem Erfindergeist bleibt immer noch die Aufgabe gestellt,
für die kleinen Abdeckereien und auch Schlachthöfe einen billigen
Apparat herzustellen, für den die Betriebskosten sich niedrig
stellen, bei dem aber doch die Ausnutzung der Cadaver in Bezug
auf Gewinnung von Fett, Cadavermehl und Leim möglichst
den Bestandteilen des thierischen Körpers entspricht und der
doch gewährt, was vom sanitäts- und veterinärpolizeilichen, oben
gekennzeichneten Standpunkte aus verlangt werden muss.
Ehe solche Apparate nicht construirt sind, werden die kleineren
Abdeckereien entweder mit unvollkommenen, aber billigen Maschinen
oder ohne Maschinenbetrieb nach altem Recept arbeiten müssen.
Unter Umständen kann dieser Zustand noch lange währen. So
lange darf aber das öffentliche Gesundheitswesen nicht auf eine
Regelung des Abdeckereiwesens warten, die auch nöthig ist in
Bezug auf die grossen Abdeckereien mit besseren Maschinen.
Denn auch hier können leicht üble Ausdünstungen entstehen durch
die flüssigen Abgänge bei Zerlegung der Cadaver, durch die
längere Aufbewahrung der Cadaver bis zur rationellen Verar¬
beitung, ev. durch das Leimwasser.
Diese Regelung hätte aber nicht darin zu bestehen, dass man
die Abdeckereiprivilegien von Seiten der Gemeinden ablösen lässt.
Abgesehen davon, dass diese seit fast 70 Jahren fortgesetzten Ab¬
lösungsversuche in vielen Theilen des Landes zu einem Resultat
aus mannigfachen Gründen nicht geführt haben, ist die Ablösung
selbst ein vollkommen verfehltes Unternehmen gewesen.
Man hätte vielmehr darauf dringen müssen, dass die be¬
stehenden Abdeckereien die ihnen gestellten Aufgaben erfüllen
und, wo das nicht geschehen, den Fortschritten der Naturerkennt,
niss gemäss reformirt würden. Jedenfalls durfte man nicht die
Selbstabdecberei durch die Viehbesitzer zulassen, die in der Regel
mit den grössten und gesundheitsschädlichen Missständen verbunden
ist. Jetzt finden vielfach die Cadaver im Misthaufen ihr Unter¬
kommen, der seinerseits nicht selten einen unter- oder oberirdischen
Abfluss nach dem Brunnen hat, oder man verscharrt die Thiere
oberflächlich im Garten oder in der Nähe des Gehöftes, oder sie
bleiben auf dem Felde oder an öffentlichen Wegen liegen, oder
werden in Gräben, Teiche und sonstige Wasserläufe geworfen.
Die mindeste Forderung für Gegenden, in denen Abdeckereien
nicht vorhanden, wäre, dass jede grosse Gemeinde oder mehrere
kleine zusammen einen Schindanger besitzen, auf dem allein die
Abhäutungen und Verscharrungen in vorgeschriebener Weise vor¬
genommen werden dürfen. Soll aber ein Schindanger allen Forde¬
rungen der Hygiene genügen, so sind bei seiner Anlage genau die¬
selben Vorsichtsmassregeln zu berücksichtigen, wie sie für die
Anlage menschlicher Beerdigungsstätten vorgeschrieben sind.
Wenn man in früheren Zeiten hierin vielfach und schwer
43
gegen die Hygiene gesündigt hat, so zwingen uns die heutige
Naturerkenntniss und die Forschungen der letzten Jahrzehnte zu
einer besseren Beurtheilung der Verscharrungsstätten. Wenn schon
jede Verscharrung eine schädliche Beseitigung eines Kadavers ist,
insofern sie den drei Hauptforderungen der modernen Hygiene
entgegenarbeitet, welche Reinhaltung der Luft, des Bodens und
der Wasserläufe verlangt, so wird sie das um so mehr, je weniger
die physicalische, chemische, geognostische Beschaffenheit des
Bodens, seine Niveau- und Grundwasserverhältnisse etc. berück¬
sichtigt werden.
Ebenso wie die Ablösung der Abdeckereigerechtigkeiten ist
auch zu bedauern die Abschaffung der Prüfungen der Abdecker,
die noch das Bundesgesetz vom 8. Juli 1868 (B.-Ges.-Bl. 1868,
S. 406) aufrecht erhalten hatte, und die erst durch* die Gewerbe¬
ordnung vom 21. Juli 1869 in Wegfall gekommen sind. Wenigstens
müssten die Abdecker im Stande sein, beim Zerlegen den Ver¬
dacht auf eine Seuche auszusprechen.
Wie bereits hervorgehoben, müssen die vorhandenen Ab¬
deckereien reformirt werden. Wir Thierärzte würden uns um die
Hygiene ein weiteres grosses Verdienst erwerben, wenn wir die
Vorschläge, die zuerst der Deutsche Veterinärrath 1878 in
Hannover aufstellte, zur Durchführung brächten. In vielen Pro¬
vinzen geben uns auch heute scjion bestehende Polizei-Verord¬
nungen Handhaben, mit Ernst auf die Abdeckereibesitzer einzu¬
wirken, dass sie ihren Betrieb verbessern nnd manche Uebelstände
beseitigen. Indirect veranlassen wir sie dadurch, zum Maschinen¬
betrieb überzugehen.
Der Abdeckereibesitzer, der eine Aenderung in seinem bis¬
herigen Betrieb vorzunehmen wünscht, ist dabei aber aufmerksam
zu machen auf § 16 der Bundes-Gewerbe-Ordnung vom 21. Juli
1869: Wer ohne neue Genehmigung eine wesentliche Veränderung
der Betriebsstätte, oder eine Verlegung des Locales oder eine
wesentliche Veränderung in dem Betrieb der Anstalt vornimmt,
wird nach § 147 derselben Ordnung mit Geldstrafe bis zu
100 Thalern etc. bestraft.
Referate.
Primärer Magenkrebs beim llnnd.
Von Dr. Eberlein.
(Mtah. f. Tb. Bd. VIII., H. 7 )
Gewöhnlich werden als Icterus gravis diejenigen Formen
der Gelbsucht bezeichnet, welche unter schweren allgemeinen
Erscheinungen verlaufen. Doch sind diese schweren Formen
nicht selbstständige Krankheiten, sondern nur ein Symptom und
ihr Wesen ist daher durch die klinische Untersuchung oft schwer
zu erweisen. Nach Friedberger und Fröhner ist bei
Hunden der schwere Icterus oft auf einen Verschluss des Gallen-
ansfülirungsganges durch Invagination des Duodenums oder durch
einen Schleimpfropf zurückzuführen. Auch Compressionen (durch
Milzvergrösserung oder Pankreasgeschwulst) sind beobachtet,
ebenso Gallensteinbildung und parenchymatöse Leberentzündung.
E. hat einen Fall beobachtet, wo eine Compression des Gallen¬
ganges durch ein Carcinom am Pylorus und Duodenum entstand.
Es handelte sich um einen 8jährigen Leonberger, der seit acht
Tagen schlecht frass, zusehends mager wurde und Gelbsucht be¬
kommen hatte. Das Thier erbrach häufig. Die Palpation des
Magens ergab keine Veränderungen. Die hintere Leberfläche
erschien uneben, war nicht schmerzhaft. Der Harn war safran¬
gelb und die Gmelinsche Reaction ergab das Vorhandensein
grösserer Mengen von Gallenfarbstoff. Das Bewusstsein war
eingenommen. Es w'urde ein Lebercarcinom diagnostizirt. Fünf
Tage später stand die Temperatur auf 39,8°. Die Gelbsucht
war hochgradig. Das Thier taumelte und war stark benommen.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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44
Zwei Tage später konute es sich nicht mehr erheben und wurde
vergiftet. Der Magen war stark vergrössert, seine Wand durch¬
schnittlich cm dick, wovon 3 mm auf die Muscularis kamen.
Am Pyloruß war das Magenlumen so verengt, dass man nur mit
dem kleinen Finger durchkommen konnte. Die Pyloruswand
unregelmässig verdickt — Vfa cm. Die Wand des Zwölffinger¬
darms war dort, wo die Portio intestinalis des Ductus choledochus
verläuft, ebenfalls verdickt. Die verdickten Theile schwer
schneidbar. Schleimhaut und Muscularis in derbes, grauweisses,
stecknadelkopfgrosse gelbliche Herde enthaltendes Gewebe um¬
gewandelt. Der Ductus choledochus hat an der Mündung die
Dicke eines kleinen Fingers und ist mit Galle stark gefüllt
seine Wand 1)$ cm dick. Im Lebergewebe eine Anzahl erbsen-
bis bohnengrosser, rundlicher, scharf abgegrenzter Herde von
wei88er Farbe. Im übrigen deutliche Abgrenzungen der Leber-
lobuli. Milz, Nieren und Herz gesund, desgleichen die Lungen
mit Ausnahme einiger erbsengrosser Herde, die denen der Leber
glichen. Die Untersuchung der Pyloruswand ergab Carcinom,
welches als primär angesehen werden muss, während die Herde
in Leber und Lunge sich als Metastase auswiesen. Es war intra
vitam nicht möglich gewesen, den primären Pyloruskrebs zu
erkennen, während die Geschwülste an der Leber durch Palpation
genau nachzuweisen waren. Der Verlauf des Falles zeigt grosse
Uebereinstimmung mit dem Magencarcinom des Menschen,
welches beim Menschen eine besonders ‘häufige Krebsform dar¬
stellt. Nur die Fälle von Uteruskrebs kommen ihm in der Zahl
gleich, und meistens ist der Pylorus betroffen. Unter den
Organen, welche beim primären Magenkrebs sekundär ergriffen
werden, ist die Leber am häufigsten betroffen. Demgegenüber
ist der Magenkrebs des Hundes sehr selten und Fröhner hat
unter 70000 Hunden keinen einzigen zweifellosen Fall gesehen.
Nach Kitt sind die Carcinome des Magens der Hausthiere über¬
haupt noch wenig bekannt Daher war der Fall mittheilens-
werth.
Bandagen mit Gummifäden.
Von Prof. M. Stanislaus Krolikowski aus Lemberg.
(Deutich. ZeiUehr. t. Tbiermed. Neue Felge 1897 H. 6.)
Eine arge Calamität besteht für den Veterinärchirurgen
darin, dass sich die Verbände so leicht verschieben. Verf. suchte
deshalb nach einer Verbandsmethode, welche diesen lästigen
Umstand möglichst in Fortfall brachte. Derselbe lenkte sein
Augenmerk auf die Layet’sche Haftelnaht, bei welcher zu beiden
Seiten der Wundränder je eine Reihe Hafteln durch ein eigenes
Verfahren anf die Haut geklebt und diese mit einem Faden
zusammengezogen werden, sodass sich die Wundränder einander
nähern. K. suchte diese wenig haltbare Verbandsmethode zu
modificiren, und kam bei seinen Versuchen zu der Ueberzeugung,
dass nicht die Leinewand selbst oder ihre Form daran schuld
sei, dass sich die Bandagen so leicht verschieben, sondern die
Bänder weil sie nicht nachgiebig seien. „Die einige Quadrat-
decimeter betragende Oberfläche, des Leinewandverbandes stelle
eine hinreichend grosse Reibungsfläche vor, um das Herabfallen
des Verbandes von der Wunde zu verhüten (?) und nur die
Bänder allein tragen dazu bei, dass der Verband herabfällt.“
Der Verf. befestigt deshalb seine Verbände mit Gummifäden, die
nachgiebig sind. Das^Verfahren ist etwa folgendes: Ein vier¬
eckiges Stück nicht gefärbter und ungesäuerter Leinwand wird
an seinen Ecken mit Hafteln versehen. Auf die Wunde wird
zunächst der eigentliche Verband gelegt, darüber kommt die mit
Hafteln besetzte Bandage. Verband und Bandage werden mit
einer Sicherheitsnadel aneinander geheftet. Darauf erfolgt die
weitere Befestigung in der Weise, dass das Ende eines Gummi¬
fadens unter einen Haftel gesteckt und durch Zusammendrücken
des Hakens befestigt wird. Der Gummifaden wird dann um
No. 4.
den betr. Körpertheil herum bis zu einem gegenüberliegenden
Haftel der Bandage geführt. In derselben Weise erfolgt die
Verbindung aller übrigen Haftel. Als Anheftungspunkte für
Gummifäden können auch der Banchgurt, die Halfter etc. dienen,
wodurch der Bandage möglichste Festigkeit verliehen wird. Diese
Verbände sollen die Thiere nicht in der Bewegung hindern, sie
sollen sich mit denselben niederlegen können, ohne dass sich
dieselben verschieben.
Sind die Gummifäden in einzelnen Fällen zu stark gespannt
und erzeugen dieselben Abschürfungen der Haut, so lassen sich
diese kleinen Nachtheile durch Bewickeln der Fäden mit Watte
abstellen. K. benutzt eckige Gummifäden von 4,5 mm Durch¬
messer.
Kleine Mittheilungen.
Zwerohfellzerrei88ung.
Ein 18jähriges sehr kräftiges Pferd wurde bald nach dem
Füttern gesattelt. Es riss sich los und bockte eine Zeit lang.
Einige Male unter dem Reiter gegangen, zeigte es sich plötzlich
unruhig, bekam starken Schweissausbruch, wurde in den Stall
gebracht, drängte permanent, stöhnte und schrie und starb nach
2u Stunden. Das Zwerchfell war am sehnigen Theil zerrissen
und durch den Riss eine 8 m lange Dünndarmschlinge in die
Brusthöhle vorgefallen.
Augentuberculose beim Rinde.
Schmidt-Oppeln berichtet in der Ztschr. f. Fl.- und Milclih.
Folgendes:
Bei einem jungen Rind bestand generalisirte Tuberculose.
Neben Veränderungen in Lunge, Milz, Nieren und Myocard bestand
Erkrankung beider Augen. Im rechten Bulbus zeigte sich eine
wallnussgrosse, harte Auftreibung der Sclera und der Cornea, welche
mit der Geschwulst innig verwachsen und über ihr verdünnt
war. Der Tumor bestand aus einer homogenen, 2 cm dicken,
käsigen, in Verkalkung begriffenen Masse. Ihre Hervor Wölbung
nach dem Auginnern hatte benachbarte Theile der Iris und des
Ciliarkörpers durchwuchert. Auch fanden sich in der Chorioidea
vereinzelte submiliare Tuberkeln. Daneben bestand diffuse
Trübung der Cornea und Linse, sowie Verflüssigung des Glas¬
körpers und Verdickung der Iris. Auch am linken Auge liess
sich ohne Weiteres eine haselnussgrosse, gelb-weisse, harte
Geschwulst unter der Sclera nachweisen, die aber Cornea und
Iris nicht in Mitleidenschaft gezogen hatte. Die Schutzorgane
waren an beiden Augen intact.
Herzbeutelruptur.
Bezirksthierarzt Schwäbel beschreibt in der Wschr. f. Th.
u. Viehz., No. 36, 1897, folgenden Fall:
Eine Kuh hatte seit 2 Tagen weniger Appetit gezeigt Bei
der Untersuchung am 10. Juli war sie vollkommen theilnahmslos,
matt und hinfällig, stierte, zitterte am ganzen Körper, fühlte sich
kühl an, hatte blasse Schleimhäute, unfühlbaren Puls, der 150 bis
160 Mal in der Minutö schlug, und subnormale Temperatur. Da
Alles für eine innere Verblutung sprach, so wurde sie sofort ge¬
schlachtet Es zeigte sich im Herzbeutel eine ovale, 5 cm lange,
3 cm breite Oeffnung, aus welcher die Wand der linken Herz¬
kammer segmentartig vorgefallen war. Der Rand der Oeffnung
war glatt vernarbt, der vorgefallene Muskeltheil welk, schlaff,
kaum 1 cm dick und durch eine Rinne eingeschnürt. Die Muskulatur
der ganzen linken Kammer waren sehr schlaff und dünn, die
Kammer selbst erweitert Weitere Veränderungen bestanden
nicht. Ueber die Entstehungsursache der Herzbeutelöffhung war
nichts zu ermitteln.
Necrose der Huflederhaut und des Hufbeins.
Bez.-Thierarzt Ulm-Mannheim theilt in der„D. Th.W.“ einen
Fall mit. Ein Pferd war plötzlich ohne für den Besitzer erkenn-
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
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27. Januar 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 45
bare Ursache lahm geworden. Der Letztere betonte bestimmt,
dass die Lahmheit plötzlich aufgetreten wäre. Das Thier war
sehr lahm. Der Hornstrahl war vom Fleischstrahl völlig los-
getrennt. Nach Entfernung des ersteren und eines Theiles der
Sohle zeigte sich die Fleischsohle gelbgrau, morsch auf einem
etwa zweimarkstückgrossen Felde. Nach Beseitigung dieser
necrotischen Masse lag das Hufbein frei zu Tage und zeigte sich
ebenfalls bereits von der Necrose ergriifen. Schon nach zwei
Tagen war eine märkstückgrosse necrotische Platte abzulösen.
Es gelang, denProcess in drei Wochen zu heilen; doch blieb die
hochgradige Lahmheit, so dass das Pferd getödtet werden musste.
Nun ergab sich, dass von der Deroarcationslinie im Knochen aus
eine Periostitis sich entwickelt hatte, die auf Strahl- und Kron-
bein übergegangen war und namentlich die Gleitfläche an der
Hufbeinbeugesehne stark betroffen hatte, was wohl das Bestehen¬
bleiben der Lahmheit verursacht hat. Es ist bemerkenswerth,
dass sich erst, nachdem es schon zur Necrose gekommen war, die
Lahmheit zeigte.
Verstopfung der Thr&nencanSle beim Pferd.
Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. Vm, H. 11:
Bei einem 14jährigen Wallach floss aus beiden Augen schleimig¬
eitrige Masse, was sehr hässlich aussah. Das Sondiren der
Thränencanäle mit dünner Metallsonde ergab, dass das Vordringen
links überhaupt nicht möglich war, während rechts die Sonde
nur 12 cm weit aufwärts geführt werden konnte. Aus der Nasen-
öffnung des rechten Thränencanals entleerten sich einige Tropfen
Secret. Die Behandlung bestand in allmäliger Erweiterung der
Thränencanäle durch Einführung dünner elastischer Katheter und
mehrmaliger Ausspritzung von der Nasenhöhle aus mit 2procentiger
Borwasser- und 1 procentiger Zinkvitriollösung. Die Canäle waren
nach wenigen Tagen wieder wegsam und der Zustand nach
3 Wochen geheilt.
Tagesseschichte.
Volkswlrthschaftslehfe und Thfrrheilknnde.
Von Dr. Hülsemann,.Thierarzt in Lage.
Der Streit um die Besetzung der volkswirtschaftlichen,Lehr¬
stühle an den deutschen Universitäten hat die Aufmerksamkeit
des ganzen gebildeten Deutschlands aufs Neue auf jene moderne
Disciplin gelenkt, die von ihren Vertretern nicht ohne Selbst¬
bewusstsein die „Philosophie der Neuzeit“ genannt wird — auf
die Volkswirthschaftslehre.
Dieser Aufsatz ist nun keineswegs in der Absicht geschrieben,
Stellung zu nehmen tür oder gegen eine der sich streitenden
Parteien und so die Grenze zwischen Politik und Berufsangelegen¬
heiten zu überschreiten, die die B. T. W. sonst immer mit so
viel Tact innezuhalten weiss.
Der Disput bietet nur willkommenen Anlass, unter den Thier¬
ärzten eine Frage anzuregen, die wegen ihrerWichtigkeit wohl werth
ist, etwas eingehender besprochen zu werden. Die Frage lautet:
Wie soll sich der moderne Jünger der Thierheilkunde zur
Volkswirtschaftslehre stellen?
Zur Beantwortung dieser Frage ist es nöthig, in Kürze an
die Entwicklung des Veterinärwesens in den letzten Jahrzehnten
zu erinnern.
Durch das Seuchengesetz, das Nahrungsmittelgesetz und
durch allgemeinere Einführung der Fleischbeschau ist den Tliier-
ärzten in verhältni8smä8sig kurzem Zeitraum ein ungeheures
Arbeitsfeld neu eröffnet Dass es ihnen eröffnet wurde, ist ohne
Frage das Verdienst der Männer in leitenden thierärztlichen
Stellungen. Die Thierärzte haben nun die Pflicht, immer von
Neuem den Beweis zu erbringen, dass wir den an uns heran¬
tretenden Forderungen gewachsen sind. Nun, im Grossen und
Ganzen ist uns bis jetzt der Beweis gelungen.
Nun also — wird man sagen —, was soll uns dann noch die
Volkswirtschaftslehre?
Hier die Antwort: Damit, dass einige hervorragende Männer
unseres Standes auf dem Gebiete der thierärztlichen Wissen¬
schaften Hervorragendes leisten, ist es nicht gethan, jeder Einzelne
des Standes muss durchdrungen sein von dem Gefühl der persön¬
lichen Verantwortung für die Entwicklung der Thierheilkunde,
und es giebt keinen besseren Weg, die Bedeutung des Veterinär¬
wesens richtig abschätzen zu lernen, als das Studium der Volks¬
wirtschaft. Ausserdem haben die Vertreter eines Standes, der
berufen ist, nicht unerheblich raitzuwirken an der Erhaltung und
Mehrung des Volksvermögens, von dessen Berufs-Treue und
-Tüchtigkeit heute Millionen von Werten abhängen, die Ver¬
pflichtung, über die Grenzen ihrer Fachwissenschaft hinaus sich
mit den allgemeinen Gesetzen vom Werden und Vergehen der
Werte eines Volkes bekannt zu machen.
Nicht nur unser Pflichtgefühl, sondern auch die Klugheit
muss uns hierzu treiben. Wenn wir Thierärzte uns nicht be¬
kannt machen mit den Gesetzen, die das wirtschaftliche Leben
der Gesammtheit regeln, kann es gar leicht einmal kommen, dass
unsere an und für sich berechtigten Forderungen (seien diese
nun sachlicher oder persönlicher Natur) in Conflict geraten mit
den Interessen der Allgemeinheit, und dass die massgebenden
Kreise zu der UeberzeU£ung kommen, der tierärztliche Stan.d
verstehe es nicht, die günstige Position, die ihm einige Vor¬
kämpfer, unterstützt durch die Zeitströmung, geschaffen haben,
in Ehren zu behaupten.
Deshalb ist es nöthig, dass schon der Studirende angeleitet
werde, volkswirtschaftlich zu denken. In dem ersten Sommer¬
semester ist der Student so wenig mit Vorlesungen und Uebungen
bedacht, dass, wohl noch ein Colleg über die Grundzüge der
Volkswirt Schaft eingeschaltet werden könnte, ohne dem jungen
Manne zu viel zuzumuthen. Die Einführung in diese, jedem
Studirenden von normalen Anlagen und Neigungen durchaus
verständliche und interessante Materie würde auch eine Ent¬
schädigung bieten für die Enttäuschung, die der Student darüber
empfindet, dass er dazu verurteilt ist, die trockenen Disciplinen
der Botanik und Anatomie zu betreiben, während er doch in
seinem naiven Bethätigungsdrange hoffte, alsbald mit den Lehr¬
fächern der practischen Thierheilkunde in unmittelbare Berührung
zu kommen.
Aber auch abgesehen von der Notwendigkeit der Einführung
dieses Lehrfaches — welch ungleich weiteren Blick, welch un¬
gleich grössere Befähigung, die Verhältnisse des practischen
Lebens richtig zu beurteilen, wird die Hochschule dem jungen
Thierarzte mit ins Leben geben, wenn sie den Studirenden
mit den Grundzügen der Volkswirtschaft sichre bekannt ge¬
macht hat!
Dann wird vielleicht auch eine andere Auffassung unseres
Berufes bei dem jungen Thierarzt Platz greifen, insofern nämlich,
als er von vornherein erkennt, dass wir mit unserem Wissen in
erster Linie dem Erwerbsleben des Volkes zu dienen haben nnd
dass wir gut thun, mit der so sehr betonten Verwandtschaft
zwischen Human- und Veterinär-Medicin weniger vor der Oeffent-
lichkeit zu paradiren. (Für Eingeweihte Bedarf sie als ganz
selbstverständlich gar ' keiner Erwähnung.) Dementsprechend
wird der junge Thierarzt gleich bei Beginn seiner practischen
Thätigkeit auf den Nimbus einer über practische Zwecke er¬
habenen Wissenschaftlichkeit verzichten und gleich thun, was er
thun soll: Sein ganzes Wissen in den Dienst des practischen
Lebens stellen und seine Pflicht erfüllen in der richtigen Ab¬
schätzung der Grösse des Dienstes, welchen er damit der All¬
gemeinheit leisten kann.
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46 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Arbeiten zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche.
Unter Leitung des Kaiserlichen Gesundheitsamtes.
Die Maul- und Klauenseuche ist seit ihrem 'Wiederauftreten im
Deutschen Reiche, im Juli 1887, nicht erloschen. Sie hat während
dieser Zeit alle Gebiete des Reiches befallen, in vielen derselben
fast ununterbrochen geherrscht und besonders in den Jahren 1892
und 1896 eine aussergewöhnliche Verbreitung erlangt Nachdem die '
Unzulänglichkeit der zur Bekämpfung der Seuche vorgeschriebenen
Massregeln sich ergeben hatte, ist durch Reichsgesetz vom 1. Mai 1891
das Viehseuchengesetz vom 23. Juni 1880 u. A. durch Einfügung des
§ 44 a erweitert worden. Ferner sind die in §§ 57—69 vorgeschrie- j
benen Massregeln gegen die genannte Seuche durch die Vollzugs¬
instruction nicht unwesentlich verschärft worden. Gleichwohl ist es j
bisher nicht gelungen der Seuche Herr zu werden, wenn auch Er¬
folge bei energischem, sachgemäss geleiteten und ausgeführten Vor- j
gehen nicht fehlen.
Bei der Berathung des Etats des Reichsamtes des Innern für !
das Jahr 1896/97 ist die Angelegenheit ira Reichstage zur Sprache
gebracht und in der Plenarsitzung vom 23. März 1896 der Antrag
des Abgeordneten von Podbielski und Genossen:
Den Herrn Reichskanzler zu ersuchen,
für die sofortige Einrichtung von Versuchsanstalten zur |
gründlichen Erforschung der Maul- und Klauenseuche von 1
Reichswegen und bei den einzelnen Bundesstaaten Sorge |
tragen zu wollen: mit grosser Mehrheit angenommen worden, j
Der Bundesrath hat die Resolution dem Herrn Reichskanzler
mit dem Ersuchen überwiesen,
„darauf hinzuwirken, dass durch die Gesundheits¬
behörde des Reiches und der Bundesstaaten nicht nur der
Krankheitserreger der Maul- und Klauenseuche, sondern
auch ein geeignetes Heilverfahren ermittelt werde.“
Für die wissenschaftliche Erforschung der Maub und Klauen¬
seuche haben der Reichstag für das Etatjahr 1897/98 35000 Mark,
der preussische Landtag 20 000 Mark bewilligt und dem Gesundheits¬
amte bezw. dem preussischen Institute für Infectionskrankheiten über¬
erwiesen, in denen mit den Arbeiten nach einem einheitlichen Plane
sofort begonnen wurde. Daneben erschien es zweckmässig, die prak¬
tischen Erfahrungen der Thierärzte Uber die Seuche in allen Theilen
des Reiches zu sammeln, soweit sie nicht in den jährlichen amt¬
lichen Viehseuchenberichten bereits mitgetheilt waren.
Die Ergebnisse der bisherigen Forschungen sind einer am
14. d. M. im Gesundheits-Amt zusammengetretenen Special-Commission
von Landwirthen, Thierärzten und Bacteriologen dargelegt worden.
Dieselbe berieth auf dieser Grundlage darüber, welche Ziele bei der
Fortsetzung der Versuche besonders ins Auge zu fassen wären.
Die Forschungen haben zunächst festgestellt, dass die in den
letzten Jahren von vielen Beobachtern als Erreger der Seuche an¬
gesprochenen Mikroorganismen in ursächlichem Zusammenhang mit
der Seuche nicht stehen. Insbesondere* wurde dies auch bezüglich
des Siegel’schen Bacillus und des von Kurth angegebenen Strep¬
tokokkus erwiesen.
Die in den beiden Laboratorien angestellten Versuche zur Er¬
mittelung des Erregers der Maul- und Klauenseuche haben bisher
zu einer positiven Lösung der Frage noch nicht geführt. Es hat
sich gezeigt, dass die gebräuchlichen bakteriologischen Methoden,
vielleicht sogar unsere technischen Hülfsmittel hier nicht aus¬
reichen.
Zu den Versuchen wurde fast ausschliesslich Lymphe benutzt,
die in sterilem Zustande aus Klauenblasen gewonnen war; ausser¬
dem wurde Blut und Gewebssaft zur Untersuchung genommen. In
zweiter Linie wurden Lymphe und Blut in frischem Zustande im
hohlgeschliffenen Objectträger bei Brüttemperatur einer mehrtägigen |
Beobachtung unterworfen.
Sodaun wurden die mannigfachsten Culturverfahren auf den ver- j
schiedensten Nährboden in Anwendung gebracht. Die Bebrütung
wurde bei 22 und 37,5° C. vorgenommen, und zwar mit und oiine
Sauerstoffzutritt (in der Wasserstoffatmosphäre). Gleichzeitig mit
diesen Untersuchungen auf Bacterien fanden soche auf Protozoen I
statt.
Ausserdem wurden die Organe von Thiercn, die auf der Höhe
Veterinärbeamte.)
der Krankheit getüdtet waren, auf Mikroorganismen durch Schnitt-
Präparate untersucht. Das Hauptaugenmerk wurde hierbei auf die
Aphthen an der Zunge und an den Klauen gerichtet. Aber auch hier
hat die Untersuchung nichts dargethan, was geeignet wäre, einen
Fingerzeig auf die Natur und Beschaffenheit des Erregers der Krank¬
heit zu geben.
Die Bestrebungen, kleinere Versuchsthiere mit Maul- und
Klauenseuche zu inficircn, haben kein günstiges Resultat erzielt:
Mäuse, Meerschweinchen, Ratten, Kaninchen, Hühner, Tauben und
Enten waren refraetär. Auch Zr gen zeigten trotz Infection mit
grossen Mengen einer sehr virulenten Lymphe keine ausgesprochenen
Erscheinungen der Erkrankung, nur 2 Ziegen bekamen an der In-
fection8stelle geringe Granulationen, die Klauen blieben völlig un¬
verändert. Bei Schafen ist eine künstliche Infection in typischer
Weise nicht gelungen, gut reagirten Rinder und Schweine.
Ein geringer Bruchtheil von Rindern und Schweinen blieb zwar
gegen jede Art der Infektion immun, ohne dass Residuen von be¬
reits einmal überstandener Aphthenseuche nachweisbar waren. In
der Regel aber erkrankten die Tiere in ganz typischer Weise.
Als gleich guter Infectionsmodus hat sich die Einspritzung von
Lymphe in die Blutbahn (man wählt am zweckmässigsten, sowohl
bei Rindern als bei Schweinen, zur Injection eine Ohrvene), sowie
die Einreibung in die vorher (mittels Messer oder Sandpapier) wund
gemachte Mundschleimhaut erwiesen. Weniger sicher gelang die
Infection bei einfachem Einreiben der Lymphe oder des Maulspeichels
und Schleims mit einem Stroh- oder Heuwisch. Fast regelmässig
haftete die Infection mit Lymphe in die Bauchhöhle, erfolglos blieben
Impfungen unter die Haut.
Als Infectionsmaterial diente fast ausschliesslich Lymphe, nur in
vereinzelten Fällen Maulschleim etc.
Eine besondere Aufmerksamkeit wurde dem Verhalten des
Blutes bezüglich seiner Infectiosität gewidmet
Es wurde zunächst Blut von Thieren genommen, die auf der
Höhe des Fiebers waren und besonders stark ausgebildete örtliche
Veränderungen aufwiesen. Mit diesem wurden alsdann die ver¬
schiedensten Infectionsversuche gemacht: Einreiben grösserer Mengen
auf die wund gemachte Mundschleimhaut, intravenöse, intraperitoneale
und subcutane Injection, sowie Verbitterung grosser Mengen zu¬
sammen mit dem gewöhnlichen Futter. Das Ergebniss war bei
Schweinen im Kais. Gesundheitsamt negativ.
Im Institut für Infectionskrankheiten gelang es dagegen, mit Blut
von Thieren, die 12 bis 28 Stunden vorher inficirt waren und Fieber¬
anstieg hatten, die Krankheit auf Kälber zu übertragen.
Auch durch Verbitterung von Muskelfleisch, Milz, Leber und
Nierenstücken, sowie Darminhalt hat sich bei Schweinen eine In¬
fection nicht ermöglichen lassen, wohl aber durch Verbitterung von
aphthen besetzten Organtheilen (Institut für Infectionskrankheiten).
Mit der Milch erkrankter Kühe, die Blasen am Euter zeigten
sind Infectionsversuche an Ferkeln und Katzen angestellt worden
in der Weise, dass diese Thiere kein anderes Futter als Milch oder
Trank, der mit der lauwarmen Milch angerührt worden war, er¬
hielten. Die Thiere blieben sämmtlich gesund. Auch durch Ver¬
bitterung von Milch, welcher reichlich virulenter Blaseninhalt zu¬
gesetzt worden war, konnten Ferkel nicht krank gemacht werden.
Dagegen gelang mit derselben Milch am ersten und zweiten Tage
die Uebcrtragung der Seuche durch Einreiben der Milch in die vorher
wund gemachte Maulschleimhaut. Die 3 und 4 Tage alte Milch, die
geronnen war und stark saure Reaction zeigte, rief Erkrankungen
nicht mehr hervor.
Neben den Versuchen, den Erreger der Maul- und Klauenseuche
mikroskopisch und culturell nachzuweisen, wurden Experimente aus¬
geführt, um die Natur des Erregers festzustellen.
Zunächst wurde versucht, die Infectionsfähigkeit der Lymphe
für längere Zeit durch verschiedene Conservirung zu erhalten. Zu
diesem Zwecke wurden Lympheproben in unverdünntem Zustande
in Glascapillaren eingeschmolzen und bei Zimmertemperatur oder im
Eisschrank bei 8—10° C., beide Proben unbelichtet, auf bewahrt.
Bei einer zweiten Versuchsreihe wurde möglichst frische Lymphe
in dem Verhältniss von 1:4 mit einer Lösung von Wasser und
Glycerin zu gleichen Theilen verdünnt und alsdann im Eisschrank
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27. Jannar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
47
unbelichtet aufbewahrt Bei dieser Conservirung erfolgte noch nach
Monaten eine prompte Infection durch Einspritzung in die Blutbahn.
Gleich gute Resultate ergab eine Mischung der Lymphe mit
einer 0,9 proc. Kochsalzlösung.
Die wesentlichsten Momente für längere Conservirung der In-
fectionsfähigkeit der Lymphe scheinen indess nach den gemachten
Erfahrungen darin zu bestehen, dass man
1. Lymphe aus frischen Blasen nimmt, dass
2. jede bacterielle Verunreinigung der Lymphe ausgeschlossen
ist, und
3. die Lymphe verdünnt wird.
Lymphe aus frischen, etwa 1 bis höchstens 2 Tage alten unver¬
letzten Blasen hat stets höhere Infectiosität gezeigt als solche aus
älteren Blasen, deren Bedeckung dem Zerfall nahe war. Lymphe
aus frischen Blasen ist in der Regel klar und kann leicht, nach
gründlicher Desinfection der Blascnwandungen, steril und frei von
Bacterien entnommen werden, ältere Blasen sind wegen der leichten
Zerreisslichkeit ihrer Wandungen schwer genügend zu desinficiren
und enthalten in der Regel eine trübe Lymphe, die eine grosse
Menge der verschiedenartigsten Bacterien aufweist Während erstere
Lymphe fast ausnahmslos sich als stark infectionstüchtig und gut
conservirbar erwies, misslangen die Infectionsversuche mit alter
Lymphe in der Regel, erforderten zu ihrem Gelingen verliältniss-
mässig grosse Mengen von Lymphe, und war die Virulenz der
Lymphe bereits nach wenigen Tagen, wahrscheinlich wohl in Folge
Zersetzung durch die innewohnenden Bacterien, erloschen.
Systematische Versuche, die kleinste Lymphemenge festzustellen,
mit der eine typische Erkrankung erzielt werden kann, sind im In¬
stitut für Infectionskrankheiten in grösserem Umfange angestellt
worden und haben ergeben, dass es gelingt, selbst noch mit ’/sooo ccm
sicher die Krankheit durch Einspritzung in die Blutbahn hervor¬
zurufen.
Um das Verhalten der Lymphe gegen die Einwirkung von ver¬
schiedenen Temperaturgraden und gegen Eintrocknung festzustellen,
wurde Lymphe, deren Virulenz durch einen Controlversuch erwiesen
worden war, in dem Verhältniss von 1:9 mit 0,9 proc. Kochsalz¬
lösung verdünnt und dann in Glascapillaren oder engen Reagenz¬
gläsern verschiedenen Temperaturen ausgesetzt. 12—24stündiger
Aufenthalt der Lymphe in dem Brütraum von 37,5° C. hob ihre
Virulenz auf.
Ebenso verlor Lymphe, die 1 Stunde und 20 Minuten bei 45°
bis 46° C. gehalten war, ihre Virulenz, desgleichen Lymphe, die auf
50° C. 15 Minuten, auf 70° C. 10 Minuten, auf 100° C. momentan
gebracht worden war. Im Institut für Infectionskrankheiten ist
Lymphe, die Ü Stunde auf 50° C. erwärmt worden war, noch in-
fectionsfähig gewesen. Bei der practischen Bedeutung dieser Frage
sollen noch weitere Versuche darüber angestellt werden.
Lymphe, welche in eine Mischung von Chlorcalcium und Eis
gebracht worden und darin etwa 3 Stunden in gefrorenem Zustande
(bei — 48°) gehalten war, inficirte das geimpfte Thier prompt.
Gegen Eintrocknung scheint die Lymphe nur geringe Wider¬
standsfähigkeit zu besitzen, da Lymphe, die auf einer sterilisirten
Platte im Exsiccator über Schwefelsäure im Vacuum bei etwa 22° C.
Zimmertemperatur 18 Stunden angetrocknet gewesen war, das damit
inficirte Thier nicht krank zu machen vermochte. Auf Holz, Stein
und Flanell bei Zimmertemperatur und zerstreutem Tageslichte an¬
getrocknete Lymphe war ebenfalls bereits nach 24 Stunden unwirksam
geworden.
Auch gegen Desinfectionsmittel verhielt sich die Lymphe wenig
widerstandsfähig. Es gelang, mit lproc. Carboisäurelösung, 2proc.
Formaldehydlösung, 3proc. Sodalösung, lproc. Salzsäurelösung,
lproc. Phosphorsäurelösung, sowie mit einer in der vorgeschriebenen
Weise hergestellten Kalkmilch die Virulenz Bchon nach einstündiger
Wirkung aufzuheben.
Eine interessante Beobachtung wurde bei der Filtration der ver¬
dünnten Lymphe durch Ciiamberlandfilter gemacht. Es zeigte sich
dabei, dass das Filtrat infectionstüchtig blieb. Diese überaus merk¬
würdige Thatsache ist an beiden Versuchsstellen beobachtet und vom
Institut für Infeclionskrankheiten zum Gegenstand einer eingehenden
Untersuchung gemacht worden, die zur Zeit noch nicht abge¬
schlossen ist
Die Frage, ob ein einmaliges Ueberstehen der Aphthenseuche
den Thieren Immunität verleiht ist durch eine Reihe von Ver¬
suchen in bejahendem Sinne beantwortet worden.
Es hat sich gezeigt, dass 2 bis 3 Wochen nach dem erstmaligen
Ueberstehen einer typischen Erkrankung die Thiere mit grösseren
Mengen eines sehr virulenten Impfstoffs durch Einspritzung in die
Blutbahn nicht zu inficiren sind. Wie lange eine solche, durch Ueber¬
stehen der Krankheit erworbene Immunität andauert, hat sich noch
nicht nachweisen lassen.
Weiter ist versucht worden, durch subcutane Einspritzung von
Blut oder Serum, das einmal Thieren entnommen war, welche durch
das Ueberstehen der Krankheit immun geworden waren, und sodann
auch Thieren entzogen war, die sich im Stadium der Blasenbildung
und auf der Höhe der Krankheit befanden, bei empfänglichen
Thieren Immunität gegen eine nachfolgende Infection zu erzielen.
Diese Versuche sind stets ohne Erfolg geblieben, selbst wenn zu
verschiedenen Zeiten bis zu hundert und mehr Cubikoentimeter Blut
bezw. Serum unter die Haut gespritzt worden waren, erkrankten die
Thiere fast ohne Ausnahme bei der folgenden Controlimpfung typisch
an der Aphthenseucbe.
Ein besseres Resultat erzielten folgende Immunisirungsmethoden:
Spritzte man Lymphe, die durch 12 ständigen Aufenthalt im Brut¬
apparat bei 37° C. ihre Virulenz verloren hatte, in Mengen von
V100 '/lO ccm in die Blutbahn, so waren 30—50 pCt der geimpften
Thiere gegen die drei Wochen später vorgenommene Control¬
impfung immun. Noch bessere Resultate wurden mit der folgenden
Methode erzielt. Virulente Lymphe wurde in einer Menge von
V 50 —V40 ccm zu l—10 ccm durch Schütteln difibrinirten Blutes von
durchgeseuchten Thieren (sog. Imraunblut) zugesetzt und alsdann
Thieren in die Blutbahn gebracht. So behandelte Thiere wurden
nicht augenfällig krank; sie zeigten wohl Temperatarsteigerungen,
blieben aber stets von den gewöhnlichen localen Erscheinungen im
Maul und an den Klauen frei. Bei der drei Wochen darauf folgenden
Controlimpfung sind von Schweinen 95 pCt, von Rindern 75 pCt.
immun gefunden worden.
Im Gesundheitsamte hat die Nachprüfung dieser letzten Methode
nicht dieselben guten Resultate ergeben. Sehr wahrscheinlich be¬
ruht diese Erscheinung auf dem Umstande, dass zu der Control¬
impfung hier 20- bis 40mal mehr Lymphe angewendet worden ist
als im Institut Air Infectionskranheiten.
Bei der Anwendung dieser zweiten Immunisirungsmethode in
der Praxis sind vom Institut für Infectionskrankheiten zufrieden¬
stellende Ergebnisse erzielt worden. Es wird daher im Gesundheits¬
amt eine nochmalige eingehende Prüfung dieser Frage vorgenommen
werden.
Bei den Impfungen sind folgende klinische Erhebungen
gemacht worden:
Impft man ein für die Seuche empfängliches Rind durch Ein¬
reiben von virulenter Lymphe auf die wund gemachte Maul¬
schleimhaut, so tritt in den meisten Fällen nach 24—48 Stunden
ein Infectionsfieber bis 41° C. und darüber auf. Es kommt aber
auch vor, dass die Temperatur erst eine mässige Steigerung nach
24 Stunden erfährt, um dann am 3. und 4. Tage die vorerwähnte
Höhe zu erreichen.
Gleichzeitig zeigen die Thiere verminderte Fresslust und un¬
lustiges Benehmen.
Der Zeitpunkt des Eintritts von Fieber hängt offenbar von der
Virulenz des aufgenommenen Infections ; toffes, von der Menge des¬
selben und der Empfänglichkeit des betreffenden Individuums ab.
Das Fieber fällt am 6. bis 8. Tage nach der Infection bei
typischen Maul- und Klabenseucheerkrankungen zur Norm herab.
Das Absinken der Temperatur zur normalen Höhe und die Gestalt
der Fiebercurve steht in Verbindung mit der Reinheit des ver¬
wendeten Impfotoflfes.
Bei der intravenösen Injection von Mischungen der Lymphe
mitO,9pCt. Kochsalzlösung oder mit Glycerin und destillirtem Wasser
zu gleichen Theilen liegen die Verhältnisse, was das Fieber an-
betriflft, ganz ähnlich.
Gleichzeitig mit dem Eintritt des Fiebers oder auch einen bis
zwei oder mehrere Tage später werden die inficirten Thiere auf
einem oder mehreren Füssen lahm; sie liegen sehr viel und sind
schwer zum Aufstehen zu bewegen. Die Speichelsecretion ist ver¬
mehrt, die Thiere schmatzen, die Lippen sind mit Schaum bedeckt.
Zwei bis drei Tage nach der Infection findet man Blasen an
der Zunge, am harten Gaumen, dem zahnlosen Rande des Ober¬
kiefers, dem Zahnfleische, den Lippen, den Ballen und im Klauen¬
spalte; Blasen am Euter wurden wiederholt beobachtet; Blasen auf
der Scheidenschleimhaut, am Hodensack und am Grunde der Hörner
konnten nie festgestellt werden.
Der Inhalt der linsen- bis wallnussgrossen frischen Blase ist
wasserklar bis weingelb gefärbt und beträgt oft mehrere Cubik-
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48
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
No 4.
centimeter. In einem Falle wurden aus einer Klauenblase 3 ccm
Inhalt entnommen. Der Inhalt älterer Blasen ist triibe und flockig.
Nach mehr oder minder langer Zeit, oft schon sehr kurz nach dem
Entstehen, platzen die Blasen und hinterlassen eine hochrothe
Granulationsfläche, die sich entweder schnell überhäufet oder zu
einem Geschwür ausbildet, das nach seiner Verheilung eine Narbe
zurücklässt. Das letztere ist häufig im Maule der Fall. Der ans der
Blase entnommene Inhalt gerinnt theilweise und scheidet eine
fadenförmige oder flockige .Masse ab.
Durch die Untersuchungen ist auch die Frage über die Dauer
der Incubation geklärt worden. Es muss dabei die Zeit des Fieber¬
eintritts und der Blaseneruption unterschieden werden. Die
Incubationsdauer beträgt für das Fieber 12 Stunden bis G Tage. Bis
zur Blaseneruption vergehen 2—10 Tage. Zu den localen Er¬
scheinungen gesellen sich allgemeine. Bisweilen versagen die Thiere
das Futter schon während der ersten Fiebersteigerung. In anderen
Fällen, bei grossen Epithelablösungen auf der Maulschleimhaut, nehmen
ganz besonders die Rinder nur in beschränktem Masse dünnflüssige
Nahrung auf, während Heu und Stroh vollkommen verweigert werden.
Es tritt hin und wieder Durchfall ein von übelriechender Beschaffen¬
heit. Mit dem Abheilen der Blasen verschwinden diese Symptome
nach und nach.
Kranke Kühe geben stets weniger Milch; jedoch ist die Ver¬
ringerung oft nicht gross. Ein abschliessendes Urtheil über die Ver¬
änderungen der Milch hat sich noch nicht gewinnen lassen.
Die Commission sprach sich dahin aus, dass die Versuche
fortzusetzen seien, insbesondere: hinsichtlich der Auffindung des
Erregers der Seuche, der Eingangspforten desselben in den
Thierkörper, der Ausscheidungswege aus dem letzteren u. dgl.;
ferner über die Dauer der Ansteckungsfähigkeit des Giftes
Temperaturen, im lufttrockenen Zustande an Haaren, Federn,
Kleidungsstücken, Holz, Lederzeug u. dgl., im Koth, Urin, Dünger,*
in der Jauche und Streu, sowie in den dadurch verunreinigten
Standorten und an Geräthschaften, in der Milch und den Molkerei-
producten; hinsichtlich der Uebertragbarkeit des Ansteckungs¬
stoffes durch kleine Thiere als Zwischenträger, wie Hunde,
Katzen u. dgl., sowie durch Personen und durch rohe thierische
Theile gefallener Thiere; über die Incubationsdauer bei den
einzelnen Thierarten; über die Erzeugung von Immunität mit
Aphthenlymphe und Blutserum immunisirter Thiere sowie die Dauer
derselben bei Rindern und Schweinen; über den Werth oder Un¬
werth der gebräuchlichen Ueberimpfung der Maul- und Klauen¬
seuche; über das Verhalten des Ansteckungsstoffes gegenüber
bestimmten Desinfectionsraitteln; über die Verwendbarkeit von
Arzneimitteln zur Vorbeugung und zur Heilung der Krankheit.
Es wurde schliesslich die Frage erörtert, wie sich bei den
erforderlichen Versuchen Uber Immunisirung und Heilung, welche
nur in grösseren Viehbeständen vorgenommen werden können, die
practischc Mitwirkung der Landwirtbe ermöglichen lässt
Personalien.
Ernennungen: Zum pragmatischen Beamten Bezirksthierarzt
M. S tinglwagner-Reichenhall. — Gestütsthierarzt Dr. Uebele
ist nicht, wie in No. 2 gemeldet wurde, zum Assessor, sondern zum
Hilfsarbeiter im Württembg. Medicinal - Collegium (thierärztl. Ab¬
theilung) auf 2—3 Jahre ernannt worden. —
Es ist gewählt worden Thierarzt W. Wetzmüller -Mülheim
a. R. zum 2. Schlachthofthierarzt in Essen (Ruhr).
DasExamen als beamtete Thierärzte bestanden
in Berlin: Die Thierärzte A h 1 b u rg-Lamspringe, Friese -
Hannover, H e i n e - Hannover, P fl e g e r-Elberfeld, Storch-
Schmalkalden und Rossarzt M atz ki-Königsberg (Pr.).
Approbationen: Berlin: Die Herren Walther Majewski,
Joseph Prayon, Otto Steiner.
In der Armee: Sachsen: Befördert zu Unterrossärzten die
Herren Richter im Ul.-Rgt. No. 17, Slomke im Sächs. Garde-
Rciter-Rgt., Winkler im Hus.-Rgt. No 18.
Todesfälle: Kreisthierarzt H. L i e s - Braunschweig, Thierarzt
C. Barkman n-Reinfeld (Schlesw.), Thierarzt C. D e e r t z-BUnsdorf
(Holst.), Thierarzt H. Grote- Adenstedt (Hannov.), Thierarzt
L. M a n t z e 1-Stargard (Meckl.), Kreisthierarzt Ob. M e y e r-Sulingen
(Hannov.), Rossarzt H c d 1 e r-Mainz.
Yacanzen.
Kreistbierarztstellen • a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — Neu stadt (Herzogthum Coburg):
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanltätsthlerarztitsllen :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zun» 1. Juni 1898 (1250 M.
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. —Köln: Schlachthof- I
thierarzt zum 1. Februar 1898 (2500—4300 M.). Bew. an Oberbürger¬
meister Becker.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte i
Stellen: Coblenz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898
(3500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Halle: j
Schlachthofdirector (5000—6200 M.). Bew. an Magistrat. — Kassel: I
2. Thierarzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbürger- i
meisten — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum l. April
(2400—3900 M., freie Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat —
Sagan: Schlachthofverwalter zum 1. April (1800—2400 M., freie
Wohnuug und Heizung). Bew. an Magistrat — Schlawe (Pommern):
Schlachthof - Inspector zum 1. April 1898 (2100 bis 2700 M., freie
Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat.
Privatsteiien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Boizenburg: Auskunft Graf Arnim-
( Boitzenburg. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. —
Butzb ach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
' (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt.
Gleschendorf (Fürstenth.Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe
700 M.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Maulbronn: (Warte-
i gfeld 1000M.). Auskunft Gemeinderath.— Niemegk (Bez. Potsdam):
i Meid, an Magistrat — Obermarschacht (Elbe). — Pitseben:
Näheres Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus
Fleiscbschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Pritzwalk. —
R ö d d i n g: Auskunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: 1 800 M.
, für Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M.
ausser Privatpraxis).
Besetzt: Sanitätsthierarztstclle Essen (Ruhr).
Notiz.
Hier angekommen und noch nicht veröffentlicht sind Original¬
artikel und Mittheilungen von folgenden Herren: K . . . n in
G . . . n, M . . . t in L . . . n, K . . . z in H . . . r, H . . . n
in B . . . n, J . . . r in N. B . . . m, S ... 1 in M . . . d,
K . . . 1 in P . . . u. S . . . z in S ... n, E . . . s in S ... u
G . . . t in M. . . g, K . . . r in M . . a, W . . . t in L . . . x,
D . . . s in G . .. h, K . . . r in O . . . g, T .. . z in W . . . n,
S . . . w in M . . . n, D . . . e in H . .. t, K . . . h in E . . . e.
Durch die Veröffentlichung des Berichts über die Plenar¬
versammlung des Veterinärraths war eine Materialanhäufung
entstanden, weshalb wir die längere Verzögerung eines Theils
der obengenannten Beiträge zu entschuldigen bitten.
Die Redaction.
Berichtigung.
In dem Originalartikel von Pflanz ist im 2. Absatz Zeile 6
ein Wortfehler untergelaufen. Es muss heissen: Der Krankheits¬
prozess verlief günstig; nur stellte sich als Nachkrankheit eine
Tendovaginitis ein (anstatt und...).
Professor Dr. Schmaltz ist 10 Tage verreist und bittet die
Verzögerung in der Beantwortung von Briefen während dieser
Zeit zu entschuldigen.
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inseraten'.heil) l’rof. L)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxenstein, Berlin.
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Die „Berliner Thlerlntllcbe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln StArke von mindestens I ‘/t Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., Luisenstraase 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbeitrkge werden mit 50 Bk. Ihr den Bogen honorirt
Alle Manuacripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. I>r. Schmält*,
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luisenstraase 56.
Correcturen, Recenaions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 5. Ausgegeben am 3. Februar.
Inhalt: Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1896. — Dralle : Torsio uteri bei gleich¬
zeitiger Rückenlage des Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe. — Referate: Fröhner: Penislähmung beim
Pferde. — Schutzimpfungen gegen Schweineseuche. — Johne: Infectionsversuch mit Tuberculose bei einem Esel. — Tnbercnlose bei
Schweinen. — Macadam: Vergiftung durch Oenanlhe crocata. — Wilson: Vergiftung mit Rhododendron bei einer Ziege. — M al fi -
tano: Ueber das Verhalten der Microorganismen gegen die Einwirkung comprimirter Gase. — Znntz: Ueber die Verdauung und den
Stoffwechsel der Fische. — M a u r i z i o: Die Pilzkrankheit der Fische und der Fischeier. — Thierhaltung und Thierzncht —
Tagesgeschichte: Die Feier des Geburtstages Sr. Majestät des Kaisers. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau
und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1896
nach der im Ministerium für Landwirthsohaft etc. zusammengesteliten Tabelle.
A. Ausweis über das in den Öffentlichen Schlachthäusern geschlachtete Vieh.
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Dirschau .
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’) Am 16. November 1806 eröffnet.
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Regierungsbezirk
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Namen
der Städte etc.,
in welchen sich
öffentliche 2ahl
Schlachthäuser ,j er g e _
befinden. 8c hlach-
, (Die mit * t eten
bezeichneten
haben keine
Freibank.)
Rinder
beanstandete
mit
Tuberculose
beanstandete
rqs andern
beanstandete
Schweine
bc- ;
haftete
davon
Fleisch
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'a } Flelsc'a sclllacll- 3 Fleisch schlach- 5 Fleisch schlach-
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& 5h &; 5, st
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Briesen . . .
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Culmsee. . .
Dt. Eylau . .
Flatow . . .
Graudenz. .
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Riesenbnrg .
Rosenberg .
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Schönsee . .
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Berlin: 1 )*
a) .
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Angermünde
Brandenburg »h
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Perleberg. .
2 Potsdam . .
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cu Rathenow. .
Neu-Ruppin
Schwedt a. 0.
Spandau. . .
Wittenberge
Cottbus* . .
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Frankfurt a.O.*
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Anklam . . .
Demmin* . .
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35 Stargard i. P
Stettin ....
Swinemünde
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Bütow ....
Falkenburg.
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O Lauenburg*
Neustettin .
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Stolp.
a f Barth* ....
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’) Seit 24. Juni 1896 eröffnet. — ») Am 17. December 1897 eröffnet
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£PPel«_ Lie g° itz _ __ _ Br ° mbe| g _ 1,118011 |-| Regierungsbezirk
3. Februar 1898.
berliner tierärztliche Wochenschrift.
Namen
derStfidte etc.,
in welchen sich
Öffentliche
Schlachthäuser
befinden.
(Die mit •
bezeichneten
haben keine
Freibank.)
Lissa.
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Striegau . . .
Trebnitz . .
Waldenburg.
Bunzlau . . .
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Görlitz* . . .
Grünberg . .
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■) Vom 1. Januar bis 30. November 1896. -) Neuer, am I. October 1896 eröftneter Schlachthof. 3 ) 3678 Kälber und Schafe zusammen.
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52
BERLINER Till ERÄRZTL1CHE W0011ENSCHRIFT.
No. 5.
Namen
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auch Kälber, welche über 6 Wochen alt sind. — '-) Am 11. V. 1896 eröffnet — •■) Am 15. X. 1896 eröffnet
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3. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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726 824 101272 2 704 2 914' 1 810 ; 1 012 11011 1 088 784 1 267,1 892Ä14 |l 096 997 |760 5*2 2 267 13 018 367 | 54 558,3 15y l^^ 65 f i
' ' • . Ar» _L A •«> O lHHn firÖIiQCr
i) Für die Städte Coblenz und Ehrenbreitenstein. — a ) Das neue Schlachthaus ist am 20. Nov. 1896 eröffnet. — ) Am 2. Sept. 18
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54
Torsio uteri bei gleichzeitiger Rückenlage
des Kalbes mit nach links verschlagenem Kopfe.
Von
Dralle-Helmstcdt,
Tliicra'Zt.
Bei meiner ans anderen Gründen verlangten Anwesenheit auf
einem Gute wurde mir auch eine Kuh gezeigt mit dem Be¬
richt, dass das Thier eigentlich Tags zuvor hätte kalben müssen,
es hätte wohl Vormittags mit den Hinterbeinen getrippelt und
etwas Wehen gehabt, aber dann sei nichts Auffälliges mehr an
ihm beobachtet. Ich untersuchte die Kuh und konnte eine Torsio
uteri feststellen, und zwar ging die Drehung von links nach rechts
und war anscheinend eine vollständige, denn '/*- und ‘/„-Drehungen
waren mir schon öfters vorgekommen und ich hatte die Geburt
dann stets verhältnissmässig schnell bewerkstelligt dadurch, dass
ich mich langsam durch die Drehung durchgewunden hatte; hier
war es unmöglich. Ich schnürte die Kuh nieder, band je die
Vorder- und Hinterbeine zusammen und liess die Kuh wälzen;
auch jetzt lockerte sich die Drehung nicht, erst bei der vierten
Umwälzung hörte die Spannung etwas auf, doch konnte ich mit
der Hand noch nicht ganz durchdringen, jetzt liess ich mich
selbst, während ich die Wendung des Uterus mitzumachen resp.
zu verfolgen strebte, auf den Rücken legen und durch diese kork¬
zieherähnliche Bewegung meinerseits gelangte ich durch die
Drehung hindurch an ein Bein; ich zog dieses nun mit aller
Kraft in die Geburt und schleifte es an. Nun liess ich die Kuh
entknebeln und aufstehen; es gelang mir jetzt leicht, wieder an
das Kalb zu kommen, doch bestand immer noch '/^Drehung des
Uterus. Ich untersuchte nun die Lage des Kalbes ganz genau
und fand, dass ich das rechte Vorderbein angeschleift hatte, dass
das linke Vorderbein gebeugt lag und der Kopf in der lmken
Flanke des Kalbes. Nun streckte ich zuerst das linke Bein und
schleifte es an. Der Kopf lag wie festgekeilt, denn obwohl ich
bis an das Maul kommen konnte, gelang es mir erst nach ver¬
schiedenen, vergeblichen Versuchen den Kopf etwas in seiner
Lage zu lockern. Ich legte nun die Günther’sche Kopfschlinge an,
liess den Kopf und Hals durch Zug an der Leine vollständig
Btrecken, kreuzte die Schenkel, gab dem Kopf während nun an
allen drei Stricken gezogen wurde, die richtige Lage, mit dem
Unterkiefer auf den Vorderschenkeln, und das Kalb wurde nun
in der normalen Lage entwickelt. Im Augenblicke, als der Kopf
mit ins Becken trat, verschwand die Torsio uteri vollständig. Der
ganze Act hatte vier Stunden gedauert, es lässt sich eben eine
Geburt nicht so schnell ausführen, wie beschreiben. Die Kuh ist
vollständig gesund geblieben.
Da alle Jahre neue geburtshilfliche Instrumente, ganz be¬
sonders grosse Zerstückelungsmaschinen erfunden und z. B. bei
sonst normaler Lage bei nur seitwärts verschlagenem Kopfe so¬
gar in Anwendung gebracht werden, sei es mir gestattet, an dieser
Stelle und im Anschluss an den oben beschriebenen Fall noch
einige allgemeine Bemerkungen über Geburtshilfe im Interesse
der armen Thiere zu machen.
Man gewöhne sich von Anfang an daran, möglichst alle ge¬
burtshilflichen Verrichtungen ohne jedes Instrument, nur mit den
Händen auszufubren. In dem oben beschriebenen Falle würde
wohl kein Instrument anzuwenden gewesen sein (und wenn, leichter
und schneller würde es wohl auch nicht damit gegangen sein),
da die grösseren ihrer Stabilität wegen die enge Windung nicht
hätten passiren können und die kleineren, vor allen Dingen scharfe
Haken, wenn sie ausrissen, den Uterus unbedingt lebensgefähr¬
lich verletzt hätten. — Mein ganzes geburtshilfliches Instrumen¬
tarium besteht nur aus einem Günther’schen Ringmesser: damit
kann man, wenn nüthig, eine vollständige Embiyotomie aus-
No. 5.
führen und bei einiger Vorsicht das Mutterthier auch nie ver¬
letzen. Am häufigsten werden wohl von allen Instrumenten die
Haken, stumpfe sowohl wie scharfe (letztere sind für den Ope¬
rateur und das Matterthier gleich gefährlich) angewandt und vor
allen Dingen dazu, um den Kopf zu fixiren oder herbeizuziehen,
und doch kann man sie gerade am Kopfe vollständig entbehren,
da derselbe durch nichts sicherer festzustellen ist, als wie durch
die Günther’sche Kopfschlinge. Leider vermisse ich die Er¬
wähnung dieses ausgezeichneten Hilfsmittels in der Geburtshilfe
von de Bruin.
Da die jüngeren Collegen das allerdings alte und auch theil-
weise veraltete, aber doch in mancher Beziehung sehr empfehlens-
werthe Werk von Fr. Günther 1830 nicht besitzen werden und
es im Buchhandel wohl kaum noch zu bekommen ist, so möchte
ich die Günther’sche Kopfschlinge hier nochmals beschreiben
und dringend empfehlen, da sie bei einiger Uebung verhältniss¬
mässig leicht, auch in den verzwicktesten Lagen, anzulegen ist
und nie ausreissen kann, wie die Schlinge um den Unterkiefer
bei faulen Früchten —bei lebenden verletzt letztere das Kalb oft
lebensgefährlich. — Günther empfiehlt, sich die Schlinge von
mehrfach zusammengelegter starker Leinwand herzustellen, doch
hat das den Nachtheil, dass die Schlinge leicht hart und steif
wird und sich auch schwer desinficiren lässt. Ich nehme
eine ganz gewöhnliche Pflugleine, die ich, soweit sie in die Ge¬
burtswege kommen kann, gut einöle, Man nehme die Mitte der
Leine vor sich und kreuze die beiden Enden dicht vor der Mitte,
sodass das obenliegende Ende nach links hinüberläuft, jetzt fasse
man von oben in die entstandene Oese und ziehe das obenliegende
Ende von links und unten ungefähr einen Fuss lang durch die
Oese, dadurch entsteht rechts ein Knoten in dem links das eine
Ende der Leine läuft. Nun ziehe man den Knoten so fest an,
dass das sog. Laufende der Leine sich noch leicht hin- und her¬
ziehen lässt. In das Laufende mache man als Merkmal am
hinteren freien Ende einen Knoten, damit man von aussen durch
Zug die Schlinge stets verkleinern kann. Die Schlinge nimmt
man nun über die Hand und schiebt dieselbe über den Kopf
hinter beide Ohren so, dass der Knoten zwischen beiden Unter¬
kiefern zu liegen kommt, nun zieht man mit der freien Hand am
Laufende, während man mit der „Geburtshand“ den Knoten in
besagter Lage fixirt, so lange, bis die Schlinge ganz fest im Ge¬
nick liegt, dann knotet man beide Leinenenden dicht vor der
Geburt zusammen, damit die Schlinge beim Ziehen des Hilfs¬
personals sich nicht weiter verengern kann. Diese Schlinge ist,
wie sich jeder bei Gelegenheit selbst überzeugen kann, leicht
anzulegen und gleitet nie ab, es lässt sich mit ihr ferner eine
ganz bedeutende Zugkraft auf das ganze Kalb austiben, ohne das
Leben desselben zu gefährden.
Referate.
Pentalähmuiig beim Pferde.
Von Prof. Fröhne r.
(Mtsb. f Tb. Bd. IX, II. 1.)
F. hat in drei Jahren vier Fälle von Penislähmung beobachtet.
Die Ursachen konnten in zwei Fällen nicht sicher festgestellt
werden. In den andern beiden Fällen wurden insofern inter¬
essante Erhebungen gemacht, als bei beiden Pferden der Lähmung
die Erkrankung an Brustseuche voraugegangen war (es handelt
sich übrigens in allen Fällen um 9—14jährige Wallache). Die
Symptome sind bekanntlich charakteristisch: Der Penis ist vor¬
gefallen, die Glans Penis wird infolgedessen gescheuert und
bildet eine kegelförmige Geschwulst; daran schliesst sich ein
manchettenartiger Wulst, welcher sclerotisch wird, und oberhalb
derselben liegt der ebenfalls häufig stark angeschwollene Schlauch;
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by CjOOQle
3. Februar 1898.
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
der Harnabsatz ist weder gestört, noch unwillkürlich. Die im
Verlaufe der Lähmung secundär auftretende Schwellung erklärt
es, dass der Process irrthümlich als Paraphimose aufgefasst wird,
welche doch erst als Folgezustand eintritt Eine primäre Para¬
phimose ohne bestehende Lähmung findet sich beim Pferde meist
nach der Castration. Die Pathogenese der Penislähmung bedarf
noch der Aufklärung, insbesondere die Frage, ob eine centrale
oder periphere, eine neurogene oder myogene Lähmung vorliegt.
Die Möglichkeit, dass äussere Insulte (Quetschung des After¬
rutenmuskels) dies bewirkt, ist nicht auszuschliessen, doch spricht
auch manches für den centralen Ursprung. Die Penislähmung
dürfte das Analogon der ebenfalls nach Brustseuche auftretenden
Lähmungen des Schweifes (Hammelschwanz) der Nachband
(Kreuzschwäche), der Stimmbänder (Roaren) sein. Die neben
der motorischen gleichzeitig vorhandene sensitive Lähmung, so¬
wie die in einem Falle anamnestisch festgestellte Functionsstörung
der Blase weisen auf das Lendenmark als Sitz der Lähmung hin.
Dexler hat in zwei Fällen von Schweiflähmung nachgewiesen,
dass selbstständige Erkrankungen des Lendenmarks bezw. seiner
Häute, chronische interstitielle Entzündungsprocesse in demselben
Vorlagen. Ob das bei den Penislähmungen der Fall war, bleibt
weiterer Untersuchung Vorbehalten. Die Prognose ist bei der
Penislähmnng schlecht F. gelang es zwar durch Massiren und
Electrisiren, in drei Fällen eine Besserung, in keinem jedoch eine
Heilung zu erzielen. Die Amputation des vorgefallenen Penis
ist das radicalste und empfehlenswertheste Mittel. Die Operation
führt rasch zum Ziel und hat den practischen Effect, die
Entstellung und Werthverminderung des Pferdes zu beseitigen.
Allerdings ist eine Möglichkeit zu beachten: die dor späteren
Ausbildung einer Striktur der Harnröhre. Die operirten Pferde
müssen daher sorgfältig beim Uriniren überwacht und bei auf¬
tretenden Beschwerden von Neuem durch Spalt UDg der verenger¬
ten Harnröhre operirt werden. Bei der Amputation selbst ist
zur Vermeidung einer späteren Stenose, die Harnröhrenöffnung
möglichst weit zu gestalten, wie dies in dem Operationskursus
von Pfeiffer beschrieben ist.
Schutzimpfungen gegen Schweinesenche.
In Oesterreich-Ungarn werden die Versuche, ein brauchbares
Impfverfahren gegen die Schweineseuche zu ermitteln, eifrig fort¬
gesetzt.
Tatay, Thierarzt in Ujfehörtö, impfte in einem inficirten
Bestände 170 Ferkel mit Blutserum von Schweinen, die 2—4 Tage
an Schweinepest (Schweineseuche) erkrankt waren. Die kranken
Schweine wurden geschlachtet, das Blut derselben in gereinigten
Gefässen aufgefangen, zugedeckt und 16 Stunden im Keller auf¬
bewahrt. Hierauf wurde das abgeschiedene Blutserum durch ein
reines Leinentuch filtrirt und nunmehr zur Impfung verwendet.
Das Serum wurde an den inneren Schenkelflächen unter die Haut
gespritzt. Die Dosis betrug für Ferkel zwei Pravaz’sche Spritzen,
für ältere Schweine die doppelte Menge. 2—3 Tage nach der
Einspritzung des Serum trat eine leichte Impfkrankheit ein,
wobei jedoch die Fresslust nicht nachliess. Die Genesung er¬
folgte ausnahmslos nach 2—4 Tagen. Ueber eine ähnliche vom
Freih. Bela v. Nyary, Landwirth in Ungarn, angegebene Methode
wird ferner berichtet: „Den Thieren wird stets Serum ein¬
gespritzt, das aus dem Blute eines gleichalterigen Tbieres ge¬
nommen wurde. Dem in Behandlung stehenden Thiere soll
leichteres Futter, gemahlene Gerste und dergl., verabreicht werden.
Das Blutserum muss immer frisch sein, am besten ist es, wenn
es nur wenige Stunden vor der Einimpfung bereitet wird. Die
Nadel soll bei jeder Impfung bis zum Heft eingetrieben werden.
Die Dosis hat bei jüngeren Thieren (bis zu einem Jahre) 5 g,
55
bei erwachsenen 10 g zu betragen. Sollten die Krankheits¬
symptome nicht nachlassen, so ist das Verfahren zu wiederholen.
Das Verfahren soll stets von einem Thierarzte vorgenoramen
werden.
Jo8. Töth, Ober-Thierarzt undMaxHaks, Comitats-Thierarzt,
haben mit einem eigenen, nicht näher beschriebenen Verfahren
500 Stück Borstenvieh geimpft, von denen nur 2 pCt. der
Seuche erlagen, von den nicht geimpften Schweinen sind dagegen
90 pCt. eingegangen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.)
InfectionsYersuch mit Taberculose bei einem Esel.
Von Prof. Johne.
(Zeitacbr. f. Thiei med. Neue Fulge. 1897 II. 5)
Die spontane Infection des Esels mit Tuberculose wird be¬
stritten. Dass der Esel aber durchaus nicht immun gegen die
Krankheit ist, beweist der folgende Infectionsversuch. Einem
sieben Monate alten gesunden Eselhengstfohlen wurden am
11. Januar 1896 je 2 g einer Aufschwemmung von Tubercel-
bacillen-Reincultur in eine Vene des rechten Ohres und gleich¬
zeitig in die Bauchhöhle injicirt. Den Rest der Aufschwemmung
erhielt der Esel, auf Brod gestrichen, zu fressen. Bei einer am
26. Januar angestellten Tuberculinprobe stieg die Körpertemperatur
um 1,8°. 47 Tage nach der Impfung wurde der Eselhengst ge-
tödtet und nachstehende pathologisch-anatomische Diagnose er¬
hoben: Tuberculose Abscesse an beiden Impfstellen, markige
Schwellung der benachbarten Lyraphdrüsen. Chronische embolische
Tuberculose sowie acute embolische Miliartuberculose der Lunge,
markige Schwellung säramtlicher Broncbialdrüsen (jedenfalls
tnberculöser Natur, wenn auch Bacillen nicht nachgewiesen),
markige Schwellung sämmtlicher Solitärfollikel des Darmes, des.
gleichen sämmtlicher Mesenterialdrüsen.
Durch diese schwere Allgemeininfection ist erwiesen, dass
der Esel gegeu Tuberculose nicht immun ist. Die spontane
Tuberculose beim Esel hat zwar in der Literatur noch keine Er¬
wähnung gefunden, doch ist ihr Vorkommen nicht von der Hand
zu weisen. Auch beim Pferde ist die Tuberculose selten (Berliner
Hochschule 0,17 pCt.; Dr. Klemm, Dresdner 2,1 pCt.) und
erst öfter festgestellt, seitdem die Fälle, welche früher als Sarco-
matose passirten, näher geprüft wurden. Durch grössere Auf¬
merksamkeit auf diese Verhältnisse in den Ländern, wo der Esel
gehalten wird, dürften auch Fälle von spontaner Tuberculose beim
Esel zur Feststellung gelangen.
Tuberkulose bei Schweinen.
(Vet Record 1897 Bd. X H. 479.)
Mr. Cope veröffentlicht eine Statistik, die er durch Unter¬
suchung von ihm übersandten Organen erkrankter bezw. ge-
tödteter Schweine gewonnen hat. Aus derselben geht hervor,
dass die Tuberkulose bei den Schweinen in England nicht sehr
verbreitet ist. Die Obductionen ergaben weiter, dass die tuber¬
kulösen Veränderungen beim Schweine selten in anderen Organen
als in den Lungen und in der Milz gefunden wurden. Serosen-
tuberkulose ist ziemlich selten, und wenn vorhanden, mit Miliar¬
tuberkulose der Lungen vereint. In dieser Beziehung gleicht die
Lungentuberkulose des Schweines mehr der des Menschen als
den tuberkulösen Lungenaffektionen anderer Hausthiere.
Die folgende Statistik gründet sich auf Untersuchungen von
Schweinen jeden Alters und jeder Rasse aus allen Gegenden des
Königreiches. Der Procentsatz an Tuberkulose beträgt hiernach
etwas über 1 Procent.
Die Üebertragung der Krankheit von Schwein zu Schwein
erfolgt l eira Fressen aus gemeinsamen Trögen.
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56 BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 5.
Monatsübersicht über Obductionen von Schweinen im
Jahre 1896:
Monat
Zahl der
unter-
i suchten
Geschlinge
Zahl der
Swinefever
(Schweine-
seuche)-Er-
krankungen
Zahl
der Herz¬
erkrankun¬
gen
Zahl der
Tuber¬
kulosefälle
Januar . .
| 1728
532
41
32
Februar
1 1588
558
30
25
März . . .
1 405
462
34
21
April . . .
1 277
589
21
14
Mai . . .
1 288
638
15
18
Juni . . .
1 216
523
16
5
Juli . . .
941
378
24
5
August . .
881
382
42
10
September .
878
358
36
12
October . .
669
301
44
2
November .
605
263
25
10
December .
745
304
14
5
Zusammen .
13 221
5 288
345
159
Vergiftung; durch Oenanthe crocata.
Von W. Joisou Macadam, F. R S. E., F. J. C., F. C. S. etc., Prof
der Chemie und Toxicologie am New Vcterinary College, Edinburg
(Vot. Journal 1897, H. *G9.)
Im Mai des laufenden Jahres untersuchte Verf. auf Ver¬
anlassung des Directors (principal) der Veterinärschule Williams
den Mageninhalt von mehreren Milchkühen, die der Vermuthung
nach durch Aufnahme eines giftigen Stoßes eingegangen waren.
Die Kühe waren einer Herde zugetheilt worden, die zum
ersten Mal in einem wohlgeschützten Parke weidete, woselbst
sie auch während der Sommerszeit übernachtete. Zwei Monate
vorher hatten Schafe die Parkweide innegehabt, bei welchen sich
keine Krankheitsfälle ereignet hatten.
Gleich am Morgen nach dem Beziehen der Weide bemerkte
der Kuhhirt, dass sich drei Kühe von der Herde absonderten und
ein schläfriges Aussehen bekundeten. Dieselben zeigten bald
darauf wässerigen Durchfall. Eine Kuh ging an demselben, die
andere am folgenden Tage ein, die dritte genas. Die Frau des
Kuhhirten und ihr sechs Monate altes Kind, welche von der Milch
der kranken Kühe genossen hatten, wurden ebenfalls von heftiger
Diarrhoe befallen. Sie kamen jedoch mit dem Leben davon.
Bei den Kühen wurden noch folgende Symptome beobachtet:
Schwerathmen, Gliederzittern und Unvermögen, aufzustehen. Die
Magenschleimhaut der gefallenen Kühe befand sich im Zustande
einer starken Cougestion und ödematöser Schwellung. Peri-
cardium ecchymosirt, Herz, rechte Kammer und Vorkammer mit
dicken schwarzen weichen Gerinnseln angefüllt, die sich bis in
die Blutgefässe erstreckten. Lungen im Zustande der Cougestion.
Die Untersuchung des Mageninhaltes ergab unter anderen
Pflanzenresten das Vorhandensein der Blätter und Samen einer
Umbellifere. Beim Absuchen der Weide nach dieser Pflanzen¬
gattung zeigte sich, dass dieselbe Art, von welcher die gefundenen
Ueberreste stammten, in sehr reicher Menge an dem Ufer eines
Baches wuchs, an welchem die Kühe geweidet hatten.
Die Pflanze wurde als Oenanthe crocata (Zim) bestimmt.
Dieselbe gehört zu den Schierlingsgewächsen und kommt in
England, Irland und Süd-Schottland sehr häufig vor, während sie
in den nördlichen Grafschaften Schottlands weniger gemein ist.
Im Volksmunde wird die Pflanze „Wiesen-Safran“ (Meadow-
Saffron) genannt, eine Benennung, welche sie dem gelben Safte
ihrer Blätter und Stengel verdankt.
Der Saft ist ein scharfes Gift, welches Darmentzündung ver¬
ursacht, die von Delirium und Convulsionen begleitet ist und in
kurzer Zeit zum Tode führt.
Vergiftung mit Rhododendron bei einer Ziege.
Von P. Wilson, M. R. C. V. S.
(Vetorinariau 1897, Bit. I.XX. 11 839)
Die Ziege bekundete ein lustloses Verhalten, hielt den Kopf
gesenkt; die Ohren waren kalt und hingen herab. Der Gang
war schwankend. Aus dem Maule lief beständig Speichel herab.
In kurzen Zwischenräumen machte sich eine leichte Contraction
der Abdominalmuskeln bemerkbar. Nachdem sich diese Er¬
scheinung dreimal wiederholt hatte, stellte die Ziege alle vier
Beine unter den Leib und presste mit Anstrengung der Abdominal¬
muskeln auf den Darm. Hierbei drangen aus Maul und Nase
Ingesta hervor. Dieselben enthielten viele kleine Theilcheu von
Blättern, die von Rhododendron herrührten. Die sichtbaren
Schleimhäute waren blass, der Puls klein und schnell, die Respi¬
ration oberflächlich, der Darm verstopft.
Die Behandlung bestand in der Verabreichung einer Dosis
Ricinusöl mit Liq. Ammon, acet, Spirit, aether. und öl.
Menth, piper. Zweistündlich wnrde die Verabreichung von Spirit,
aether. und Liq. Ammon, acet. wiederholt.
Bei dieser Behandlung erholte sich die Ziege innerhalb eines
Tages. Als Nachkur erhielt sie noch mehrere Tage zwei Wein¬
gläser voll Porter, täglich zweimal.
Ueber das Verhalten der Microorganismen gegen die
Einwirkung comprimirter Gase.
Von Dr. G. M a 1 f i t a n o
(Qiornale dt-lln U Soc. Itnl. rt’Igieoo ls. 7, II. 18.)
Paul Bert gelang es, gährungs-undfäulnissfähige Substanzen
vor jeder Veränderung zu schützen indem er sie der Wirkung
comprimirten Sauerstoffes aussetzte. Derselbe glaubt, dass alle
Microorganismen durch dieses Verfahren vernichtet würden.
Pasteur, Joubert, Faltz und später Chauveau und Leh¬
mann haben den Sauerstoff in diesem Sinne vielfach mit Vor¬
theil angewendet. Doch fehlte es an exacten Versuchen über
den wahren Werth des Gases als bacterieutödtendes Mittel.
Andere Forscher wie Regnard und Uertes haben andrerseits
bewiesen, dass Microorganismen eine ausserordentliche Wider¬
standskraft gegen Gasdruck zeigen, wenn derselbe direct auf
das flüssige Nährmedium ausgeübt wird, in welchem sie leben.
Die bacteriologische Technik hat seit ihrer Entstehung mit
einer noch nicht überwundenen Schwierigkeit zu kämpfen, d. i.
die in einem Material enthaltenen Keime zu zerstören ohne die
physiologisch-chemischen Eigenschaften desselben zu verändern.
D’Arsonval benutzte zu dem fraglichen Zweck das Kohlen¬
säureanhydrid und zeigte, dass bei einem Druck von 50 bis
60 Atmosphären auf eine Dauer von 12 Stunden der Bac.
pyocyaneus seine Keimkraft verlor. Dagegen steht als sicher
fest, dass eine vollständige Sterilisation eines der Wirkung der
Kohlensäure ausgesetzten Materials nicht möglich ist. Roger
untersuchte den Einfluss sehr hoher Gasspannungen auf die
Lebensfähigkeit der Bacterien und konnte selbst bei einem Druck
von 3000 Atmosphären keine besondere entwicklungshemmende
Einwirkung auf die Culturen verschiedener Microorganismen
nachweisen.
Diese entgegengesetzten Resultate drängten den Verf. zu
eigenen Versuchen. Dieselben bestanden darin, dass er drei
Gasarten 0, CO und C0 9 unter einem bestimmten Druck und
eine gegebene Zeit lang auf die Microorganismen einwirken liess,
um daraus Schlüsse für den wahren Werth dieses Verfahrens zur
Abiödtung von Keimen in Stoffen, die nicht der Erhitzung oder
Digitized by VjOOQie
3. Februar 1898.
antiseptischen Mitteln ausgesetzt werden sollen, ableiten zu
können.
M. fasst seine Versuchsergebnisse in folgenden Sätzen
zusammen:
1. Die Wirkung, welche die comprimirten Gase auf Micro-
organi8inen ausüben können, hängt von ihren spocitischen Eigen¬
schaften ab und zeigte sich von den drei untersuchten Gasen in
den mir gezogenen Grenzen nur bei der Kohlensäure.
2. Die Wirkung des comprimirten Kohlensäureanhydrides
hängt sehr von den Bedingungen ab, in denen die Microorga- ismen
sich befinden, wenn sie denselben ausgesetzt werden.
3. Mit den Mitteln, deren ich mich bediente und bei den
Bedingungen unter denen ich arbeitete, waren keine bemerkens-
werthen Veränderungen morphologischer und biologischer Alt an
den Microorganismen bei dieser Behandlung festzustellen.
4. Das Verhalten der verschiedenen Gruppen von Micro¬
organismen gegen dieses Agens ist verschieden und entspricht im
Allgemeinen dem Grade ihrer Resistenz gegen ein Mittel von
sauerer Reaction.
5. Der grösste Effekt kommt zustande, wenn mau das Kohlen¬
säureanhydrid bei höchster Spannung und unter der Bedingung
verwendet, dass es direct auf das Protoplasma einwirken kann.
6. Dieses Agens reicht auch bei seiner energischen Wirkung
nicht ans, Keime zu tödten, welche Sporen produciren, die so
widerstandsfähig sind, wie die des Bac. subtilis.
Ceber die Verdauung uud den Stoffwechsel der Fische.
Vortrag gehalten von Zuntz in der Berl. physiol. Gesellsch.
(D. Med. W»ih. 52 97.)
Abgesehen von älteren Untersuchungen über den Gaswechsel
ist der Stoffwechsel der Fische bisher fast, gar nicht studirt. Die
Versuche, über die Z. berichtet, sind an Karpfen angestellt. Sie
betrafen 1. den Stickstoffwechsel am hungernden Thiere. Er
wächst, wie bei den Kaltblütern, erheblich mit der Umgebungs¬
temperatur. Im Winter war er pro kg Karpfen und 21 Stunden
34—68 mg N (beim Schwein ist er 53—01 mg!), im Sommer
betrug er 200—473 mg (Mensch 194—246 mg). 2. Wirkung der
Verdanungssecrete auf die Nahrung. Ein saurer Verdauungssaft
fehlt; im ganzen Magendarmcanal herrscht alcalische Reaction.
Auszüge aus dem Hepatopancreas und dem Darm wirken fett¬
spaltend, eiweissverdauend, amylolytisch, die Galle für sich allein
nur amylolytisch. Dagegen erhöht sie, dem Hepatopancreas
hinzugefügt, dessen fettspaltende und tryptische Wirkung. Z. B.
Hepatopancreas macht aus Neutralfett frei: 0,179 g, mit Galle
1,49 g Oelsäure. Auffallend ist die celluloseverdauende Wirkung
der Verdauungssäfte. 3. Wurde die Wirkung der Secrete auf:
Fleischmehl, Blutmehl, Lupiuen etc. bestimmt; sie war eine sehr
gute, da ca 90 pCt. verdaut wurden. Endlich wurden am Karpfen
selbst Ausnutzungsversuche mit verschiedenem Futter gemacht.
Es zeigte sich, dass er seinen gesammten Bedarf durch alleinige
Eiweisszufuhr decken kann, wie er andererseits es sogar bei
einer Nahrung, deren N-Gehalt minimal ist (geringer als der
N-Umsatz im Hunger) ansetzen kann, wenn reichlich N-freie
Stoffe gegeben werden. Die Energiemenge, die der Karpfen mit
dem Futter zugeführt erhielt, betrug 57 Calorien pro Kilogramm
und Tag, d. h. war höher als beim Menschen.
Die Filzkrankheit der Fische and der Fischeier.
Von A- Maurizio in Zürich.
(Ccntralbl f. Hakt 1*97. S. HH\)
Verf. hat sich der anerkennenswerthen Arbeit unterzogen, die
dieses Gebiet der vergleichenden Pathologie betreffenden Publi-
cationen übersichtlich zusamraenzustellen.
57
Unger berichtet zuerst über eine Pilzkrankheit bei Fischen.
Die untersuchten Pilze scheinen Vertreter der Gattungen Achlya
und Saprolegnia gewesen zu sein. In dieser Abhandlung ist
eie ältere Literatur verzeichnet. A. Sticker berichtet über
Fischseuchen aus Westindien, vom Meerbusen von Mexico, aus
der Walfischbai aus den Jahren 1837, 1851 und 1880. Goeppert
stell'e als Ursache der Verpestung eines oberschlesischen
Flüsschens Leptomitus lacteus fest. Die Fischpest, welche
sich in den Jahren 1877 bis 82 über viele Flüsse Englands und
Schottlands ausbreitete, ist insbesondere von Huxley und Murray
beschrieben worden Walentowicz beschrieb eine Karpfenpest
in Kaniow und Raciborski bestimmte die pathogenen Pilze als
Achlya Nowicki und Saprolegnia monoica. Blanc und
Schnetzler stellten als Ui>ache einer Erkrankung der Hechte
des Genfer Sees im Jahre 1887 Achlya prolifera und Sapro¬
legnia ferax fest. Mit dem gleichen Pilz wird eine Fisch¬
krankheit im Staate Ne*-Jersey durch Gerard in Verbindung
gebracht.
Saprolegnieen auf Fischen und Fischeiern sind auch von
Maurizio mehrfach beobachtet worden, in gleicher Weise
Leptomitus lacteus. Verf. ist der Ansicht, dass bacterielle
Krankheiten bei Fischen ebenfalls Vorkommen.
Emmerich und Weigel haben bereits einen solchen Fall
beschrieben. Die Krankheit bestand in einer epidemischen
Furuuculose mit Ausgang in Septicopyäniie.
Thierhaltung und Thierzucht.
Torfmelassefatter.
Die Mittheilungen der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft
sprechen sich nach einem Referat in der Ztschr. f. Veterinärkd.
über die Bedeutung der Melasse und speciell des Torfmelassefutters
folgeudermassen aus:
Die einwandsfreie Verwerthung der Melasse ist seit Jahren
eine der schwierigsten landwirtschaftlichen Aufgaben. Sie ent¬
hält noch einen recht hohen Procentsatz Zucker. Wegen des
gleichzeitigen starken Salzgehaltes aber ist die naheliegende Ver¬
wertung als Futtermittel in mehrfacher Hinsicht zunächst nicht
befriedigend ausgefallen. Eine Lösung der Schwierigkeit zu
finden, wäre für die Landwirtschaft ausserordentlich wertvoll.
Die Melassefütterung hat in den letzten Jahren grosse Ausdehnung
angenommen. Beachtung haben besonders gefunden Gemische mit
getrockneten Zuckerrübenschnitzeln, Bärmekuchen, Mehl etc. uud
namentlich das Torfmelassefutter. Es sind auch vielfach exacte
Beobachtungen der Futterergebnisse angestellt worden, von denen
im Ganzen aber wenig in die Oeffentlichkeit gedrungen ist und
deren Resultate sich auch zum Tlieil schroff gegenüberstehen.
Ganz besonders schwer dürfte es heute noch sein, über das Torf¬
melassefutter zu einem abschliessenden Urtheil zu gelangen. Das
Melassetorfmehl soll 6 pCt. stickstoffhaltige Stoffe oder Roh¬
proteine, davon jedoch die Hälfte Amyde enthalten, gar kein
verdauliches Fett und 39 pCt. verdauliche stickstofffreie Extract-
stoffe. Wenn man es daher als ein Kraftfutter bezeichnet, so ist
das nicht berechtigt, da die verdaulichen Nährstoffe im Ganzen
nur wenig über 40 pCt. ausmachen und auch die werthvollen
stickstoffhaltigen Stoffe zu den stickstofffreien nicht in einem so
engen Nährstoffverhältniss stehen, wie dies in dem Begriff Kraft¬
futter liegt, denn die Amydstoffe sind bekanntlich den stickstoff¬
freien gleichzustellen. Es bleiben mithin nur 3 pCt. verdauliches
Eiweiss, was ein Nährstoffverhältniss von 1:14, also ein ausser¬
ordentlich weites, ergiebt. Der Werth des Futters besteht in dem
BERLINER TH1ERÄRZTLICUE WOCHENSCHRIFT.
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No. 5.
BERLINER TillERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
58
Vorljandensein des leicht verdaulichen Kohlenhydrats (Zuckers).
Doch wird man diese Kohlenhydrate in der unvermischten Melasse
billiger haben, und es ist doch noch nicht fesigestellt, ob der
Moortorf etwa besondere diätetische vortheilhafte Wirkungen aus¬
übt resp. die unerwünschten Eigenschaften der reinen Melasse
aufzuheben im Stande ist. Diesen aus der chemischen Analyse
folgenden, an sich ganz richtigen Erwägungen treten nun aber
die gewonnenen Erfahrungen theilweise gegenüber. Oeconomie
rath V i b r a n s wirft vom practischen Standpunkt aus allerdings
die vollkommen berechtigte Frage auf, wozu man die werthlose
Torfsubstanz mit einem werthvollen Stoff, wie es die Melasse ist,
mischen wolle. Der Torf könne keinen Werth haben; die Mischung
habe nur den Effect der doppelten Verteuerung des einzig werth¬
vollen Stoffes, nämlich des Zuckers. Ausserdem ist die Melasse
selbst von sehr verschiedener Qualität und für die Mischung wird
die billigste verwandt. Auch die übrigen Melassegemisehe sind
namentlich aus dem letzteren Grunde mit Vorsicht aufzufassen
Diesem priucipiell ablehnenden Standpunkte stehen aber eine
grosse Zahl von ans Erfahrung geschöpften Ansichten gegenüber,
die auf Grund einer Aufforderung der LandwirthschaftsgeselDchaft
derselben zugestellt w'ordeu sind. Nur eine einzige dieser Mit¬
theilungen spricht dem Melassetorfmehl die Bedeutung als Futter¬
mittel ab, alle übrigen, darunter solche von fraglos competenten
und zuverlässigen Beurtheilern, äussern sich mehr oder weniger
anerkennend. Die Landwirthschaftsgesellschaft hat daher von
Neuem die Bitte ausgesprochen, die Erfahrungen noch zu vervoll¬
ständigen und die Ergebnisse mitzutheilen.*)
Tagesgeschichte.
Die Feier des Geburtstags Sr. Majestät des Kaisers.
Die Studentenschaft der thierärztlichen Hochschule in Berlin
hatte zum Geburtstage des Kaisers schon am 20. Januar einen
Festkommers in den Germaniasälen veranstaltet; der schöne
Raum prangte in reichem Fahnenschmücke. Inmitten des Bühnen-
portals und eines Arrangements von Fahnen der einzelnen Corpo-
rationen erhob sich vor einer Pflanzengruppe die lorbeergeschmöckte
Büste des Kaisers. Viele Ehrengäste wohnten der Feier bei.
Fast das ganze Professorencollegium, an der Spitze der neue
Rector Geh. Reg.-Rath Professor Dr. Dieckerhoff, ferner die Re¬
petitoren und Assistenten der Hochschule nahmeu Theil. Als
* Das Richtigste ist zweifellos, gleich in den Zuckerfabriken
gute Melasse mit Rlibenschnitzeln zu mischen und zu trocknen. Fast
aller Arbeitslohn, Ausgaben für Tonnen, Säcke und Versand u. s. w.
fallen fort und auch das Trocknen der Schnitzel wird verbilligt,
weil Melasse bereits 85 pCt. Trockensubstanz enthält Nach dein
alten Verfahren enthielt die Melasse 48 Theile Zucker und 8—10
Thcile Salz. Es kamen auf 1 kg Salze 6 kg Zu< ker. Nach gewissen
neuen Verfahren dagegen kommt auf 1 kg Salze nur 3,6 kg Zucker.
Mit 3 kg Melasse — Vf, kg Zucker wurdeu früher nur 0,24 kg Salz,
jetzt werden 0,4 kg Salze verabreicht, was ein so starkes Abführen
hervorruft, dass der Werth des Zuckers anullirt wird. Die Roh-
zuckermelassc der Zukunft und schon jetzt diejenige der nach dem
neuen Verfahren arbeitenden Fabriken wird als Viehfutter werthlos.
Es kommt dann nur noch die Raffinerie-Melasse in Frage, bei der
das Verhältnis des Zuckers zu den Salzen dasselbe bleibt wie in
der alten Rohrzuckermelasse, und endlich die dritte und werthvollste
Sorte, nämlich die Abfallmelasse aus den Melasse - Entzuckerungs¬
fabriken, welche auf 48 Theile Zucker nur noch zwei Theile ab¬
führende Salze enthält. Man verabreicht also in derselben Menge
Melasse, 3 kg, neben 1,5 kg Zucker je nach der Sorte, bei der
zuletztgenannten Melasse 0,06 kg, bei der alten Rohzucker- und
Raffineriemelasse 0,24 kg und bei der neuen Rohzuckermelasse
0,4 kg Salze. Der höchste zulässige Salzgehalt darf sich zum Zucker
wie 1:6 stellen, wenn noch von einem wertlivollen Futtermittel ge¬
sprochen werden soll.
Vertreter des Militär-Veterinär-Wesens waren Major von Keller,
die Corps-Rossärzte Kösters und Schwarznecker, sowie die
lnspicienten der Militär-Rossarzt-Schule anwesend. Ferner hatten
die technische Hochschule, die Bergacademie und die Academie
der bildenden Künste Abordnungen entsandt Die Logen und
Balcons waren von festlich geschmückten Damen besetzt. Das
Präsidium führte Cand. med vet. Krembzow vom A. T. V
Frisia. Auf das Kaiserlied folgte die Festrede des ersten Vor¬
sitzenden, die in einem begeistert aufgenommenen Salamander
auf Seine Majestät ausklang. Nachdem cand. med. vet. Reineck
vom acad. wissenschaftl. Verein Guilelmia den Gästen für ihr
Erscheinen gedankt und der Vertreter der Militär-Studirenden
Hock der Damen in schönen Worten gedacht hatte, hielt der
Rector eine Ansprache an die Studentenschaft. Seine Rede, die
von lebhaftem Beifall begleitet wurde, gipfelte in einem Hoch auf
die thierärztliche Wissenschaft. Das Fest verlief zu allseitiger
Befriedigung.
Der Festact iu der reich decorirten Aula der thierärzllicheu
Hochschule zu Berlin, welchen der Rector leitete, fand am
27. Januar Mittags 12 Uhr statt. An demselben nahmen ausser
dem Lehrercollegium, den Repetitoren, Assistenten und Studirenden,
zahlreiche Gäste Theil, unter ihnen der Unter - Staatssecretär
Sterneberg, der Ministerialdirector Dr. Thiel und die Geheimen
Räthe Küster und Schroeter vom Landwirthschaftlichen
Ministerium, Geheimrath Röckl vom Kaiserlichen Gesundheits¬
amte; als Vertreter der Militär-Veterinär-Inspection Major von
Keller, ferner viele beamtete Thierärzte und Militär-Veterinäre.
Mit Gesang wurde die Feier eingeleitet und geschlossen. Die
Festrede hielt Professor W. Eber über „Die Autointoxikation
der Thiere“. Der Redner führte Folgendes aus:
Bei der steigenden Bedeutung, welche die Erforschung der
Aetiologie der Thierkrankheiten mit jedem Tage gewinnt, sei es
mir vergönnt, eine besondere Krankheitsursache in den Brenn¬
punkt des Interesses der hohen Festversammlung zu rücken: die
Selbstvergiftung oder Autointoxikation.
Die Ursache der Intoxikation ist die Aufnahme des präfor-
mirteu Giftes, die Ursache der Autointoxikation, die im Thier¬
körper selbst sich bildende schädliche Substanz. Die Vorstellung,
welche sich die Griechen von den Krankheitsursachen überhaupt
gemacht hatten, die veränderte „Säftemischung“, erinnert lebhaft
au die Lehre von Autointoxikationen. Die neue Lehre unter¬
scheidet sich aber von der alten Krasenlehre durch das Bestreben,
die Ursache der Dyskrasien zu isolieren und ihre Bildungsstätten
zu lokalisieren.
Wie iu der humanen Medizin, hat sich in der Thierheilkunde
seit vielen Jahren eine Richtung ausgebildet, welche die Auto¬
intoxikation für die Entstehung einzelner Thierkrankheiten heran¬
gezogen und damit der Prophylaxe und dem therapeutischen
Eingriff neue Bahnen eröffnet hat.
Am Übersichtlichsten lässt sich das Wesen der Autointoxi¬
kation an der Selbstvergiftung durch Kohlensäure darstellen.
Denn das Gift, seine Bildungsstätten und seine Ausscheidung
sind uns bekannt. Hinderung der Ausscheidung führt zur
Kohlensäure-Autointoxikation. Sie kann auch bei freien Respi¬
rationswegen erfolgen, z. B. durch Behinderung der Zwerchfell¬
bewegung. Sie kann durch Transporte, Arzneien etc. begünstigt
werden.
Schwieriger zu übersehen ist die Harnvergiftung oder Urämie.
Wir kennen das „Urämiegift“ noch nicht, wissen jedoch, dass das
Symptomenbild einsetzt, sobald die Harnabsonderung aus irgend
einem Grunde sistiert. Die Urämie hat für die Thierheilkunde
eine geringe Bedeutung.
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3. FrWur l?t^.
BERLINER THERÄRZIUCHE WOCHENSCHRIFT.
59
Fir fie Lehre na des Autoiatoxikaäoaez ersieht skh. dass
Zaiidrhilt—g 4er atimtra tüchtiges oder fixen Stoffwechsel-
prodscte nr Sdbstrergiftug führe* kasn. lad mxa hat daher
diese ud ihakehe Autointoxikatioftea als Reteauonstoiikosea
Dieser Begriff muss noch weiter gefasst werden: denn aaeh
Bekiaderaag aad Vertaderaag der in den Geweben sich ab-
spieleadea Sfffweeh ze lvo rg iage kennen gleichfalls rar Retentioa
giftiger Sabstaaaea fahren. Als Beispiel sei aaf den Diabetes
meüitas hinge wiesen. Die Gewebe vermögen den Traubenzucker
nicht xa verbrennen, «• wird zun Gifte. Allein daneben spielen
sich noch andere Yorgtage ab. Es bilden sich in dem normal
funetioairenden Körper fremde Substanzen. Der Tod im Coma
diabeticam wird aaf solche nengebildeten Stoffwechselprodncte
xnrnckgefahrt (Pröda ctionstoxik ose n).
Beispiele reiner Prodactionstoxikosen sind anscheinend die
sogenannte ^schwarze Harn winde“ des Pferdes and die Geblr-
parese (Kalbefieber) des Rindes. Die Therapie hat bei beiden
Krankheiten, seitdem die frühere Auffassung über deren Aetiologie
verlassen wurde, grössere Erfolge zu verzeichnen.
Namentlich scheint dies nach dänischen Mittheilungen beim
Kalbefieber der Fall za sein. Die Herabsetzung der Thätigkeit
der Euterzellen durch Einfullen einer 5—10 pCt. Jodkaliumlösung
in die Milch entern en hat die Mortalität an der Parese auf 10 pCt.
gegen 50 pCt. herabgedrückt (403 Beobachtungen).
Die Intoxikationen vom Darm ans sind sehr mannigfaltig und
kaum zu übersehen. Hier tritt gegenüber der lebenden thierisehen
Zelle noch die Thfttigkeit der Fermente und Microorganismen
hervor. Ihre Produete können den Organismus gleichfalls ver¬
giften. Wird jedoch die lebende Körperzelle von Parasiten direct
angegriffen, so sprechen wir von Infection.
Hier scheiden sich Aetiologie, Prophylaxe und Therapie. In
der Vorbengnng und Heilung liegt der Schwerpunkt meiner kurzen
Skizze über die Autointoxicationen der Thiere.
Die Prophylaxe der Intoxicationen heisst: Verhütung der
Aufnahme des chemischen Giftes; die Prophylaxe der Antointoxi-
cationen: Verhütung der Zurückhaltung oder Bildung des Giftes
dnreh Beeinflussung der physiologischen Körperfnnctionen; die
Prophylaxe der Seuchen und Infectionskrankheiten: Verhinderung
der Aufnahme des belebten Krankheitsgiftes durch gesunde
Individuen.
Die Therapie der Autointoxicationen ist angewandte Toxo-
therapie im weitesten Sinne des Wortes: Entleerung des In-
testinaltractus, Neutralisation des Giftes, Erregung aller Secretionen,
insbesondere der Haut-Speicheldrüsen- und Nierenthätigkeit, Er¬
höhung oder Erniedrigung des Stoffwechsels des gesummten
Körpers oder einzelner Organe.
Für die Pharmacotheraphie endlich ergiebt sich die Regel,
der Autointoxication bei der Dosirung und Auswahl der Mittel
gerecht zu werden.
Hochansehnliche Festversammlung!
An dem heutigen Tage richten sich aller Angen auf jene
Stelle, an der unser erhabener Kaiser die Geschicke des Reichs
machtvoll lenkt Unseres Kaisers weiser Regierung verdanken
wir das Gut des Friedens. Unseres Kaisers Schaffen ist uns ein
leuchtendes Vorbild nimmer rastenden Pflichtgefühls und seltener
Energie. Und diese Herrschertugenden sind es, welche unsere
Herzen begeisterter schlagen lassen, wenn wir unseres Kaisers
gedenken. In den Jubel, welcher heute mehr denn je zum Throne
dringt, möge sich auch unser Ruf mischen: Seine Majestät,
unser Allergnädigster König und Kaiser, Wilhelm II.,
lebe hoch!
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•Mittkeil uagea fir Vetertuärbeamte.
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•j Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffeuen Gehöften be¬
findlichen Bestände umfassten 67 308 Rinder, 47 574 Sohafe,
1184 Ziegen, 20233 Schweine. Davon kamen auf Proussen 29788 Kindor t
29 747 Schafe, 531 Ziegen, 11871 Schweine.
*) Unter den erkrankten Thiereu befänden sioh 50 Pferde,
1039 Rinder, 187 Schafe, 12 Schweine, — Ziegen. Auf Preussen kamen
38 Pferde, 662 Rinder, 142 Sohafe, 8 Schweine.
*) Am Beginn des Quartals waren verseuoht 28 Gemeinden (da¬
von 20 in Preussen, 8 in Bayern, 2 in Braunschwoig, Je 1 in Sachsen,
Württemberg und Hamburg). Am Schluss des Quartals blieben ver¬
seucht 29 Gemeinden (davon 20 in Preussen, 6 in Bayern, jo 1 in
Sachsen, Braunschweig und Hamburg).
4 ) D. b. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsoh
des Besitzers getödtete Thiere.
& ) Davon 1870 Rinder, 6 Pferde (in Preusson 520 Rintier,
— Pferde).
*) D. b. bei Beginn des Quartals bereits versouohte und im Quartal
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Hoerden ist nur aus
neubetroffenen Gemeinden angegeben). Von diesen Gemeinden
blioben betroffen am Quartalsschluss 146 (davon 91 in Preussen,
15 in Braunschweig, 14 in Bayern, 7 in Württemberg, 6 in Hessen,
4 in Sachsen-Weimar, 8 in Mecklenburg-Schwerin, je 2 in Sachsen-
Coburg-Gotha und Eisass-Lotliringen, 1 in Anhalt).
*) In vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenheortlon.
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60
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 5.
An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten:
Preussen (Reg.-Bez. Danzig, Liegnitz, Schleswig, Lüneburg,
Stade, Aurich, Münster, Minden, Arnsberg, Cassel, Wiesbaden,
Coblenz, Düsseldorf, Cöln, Trier, Aachen, Sigmaringen) 238 Rinder,
— Schafe, 1 Pferd (davon 60 im Reg.-Bez. Düsseldorf, 57 im
Reg.-Bez. Münster, 35 im Reg.-Bez. Aachen, 30 im Reg.-Bez.
Schleswig, 11 im Reg.-Bez. Arnsberg, 10 im Reg.-Bez. Coblenz,
je 8 in den Reg.-Bez. Cassel und Trier, 4 im Reg.-Bez. Danzig,
je 3 in den Reg.-Bez. Wiesbaden und Sigmaringen, je 2 in den
Reg.-Bez. Lüneburg, Minden und Cöln, je 1 in den Reg.-Bez.
Liegnitz, Stade und Aurich), Bayern 234 Rinder, Württemberg
14, Baden 13, Hessen 9 und 15 Schafe. Sachsen-Meiningen 3,
Sachsen und Sachsen-Weimar je 2, Sachsen-Altenburg 1.
Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 206 Ge¬
meinden, und zwar in Preussen 163 (davon in Schlesien 63,
Ostpreussen 51, Posen 28, Westpreussen 15, Pommern und
Sachsen je 3), Sachsen 42, Reuss j. L. 1. Getödtet wurden im
Ganzen 170 Hunde, 2 Pferde, 28 Rinder, 2 Ziegen, 2 Katzen,
ausserdem 554 ansteckungsverdächtige Hunde, 5 Katzen und 52
herrenlose, wuthverdächtige Hunde, zusammen 776 Thiere.
Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor.
ln Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Potsdam, Stettin,
Magdeburg und Arnsberg. In Potsdam waren 4 Gemeinden ver¬
seucht, neu betroffen wurde keine, 1 blieb verseucht. In Magde¬
burg waren verseucht 9 Gemeinden, neu betroffen wurden 4, es
blieben verseucht 4. In Stettin und Arnsberg wurden neu be¬
troffen je 1 Gemeinde, es blieben verseucht je 1 Gemeinde. In
Sachsen war verseucht 1 Gemeinde (Leipzig), neu betroffen wurde
1 (Zwickau), es blieben verseucht 2 Gemeinden.
Die Pferderäude befiel 113 Pferde. Von dieser Zahl fallen
auf Preussen 82, auf Elsass-Lothringen 10, auf Württemberg 9,
auf Bayern 6, auf Sachsen und Hamburg je 2, auf Mecklenburg-
Schwerin und Anhalt je 1.
Fleischschaii und Viehverkehr,
llrsaohe der bei Schlachtschweinen häufigen Milzatrophie.
Von Assistent Glage.
(ZUchr. f. Fl.- u. Milchh., Octob. 97.)
Das häufige Vorkommen völlig geschrumpfter Milzen mit
organisirteu Thromben in der Milzarterie, welches Oster tag in
seinem Handbuch erwähnt, dürfte allen Schlachthausthierärzten
bekannt sein. Dieser Veränderung liegen aber verschiedene
Ursachen zu Grunde. Sie kann durch Embolien nach einer
Rothlauf-Endocarditis entstehen, wobei aber ähnliche Processe in
den Nieren nicht zu fehlen pflegen. Häufiger aber wird sie
bedingt durch Lageveränderungen der Milz, wie sie beim Schwein
in Folge der eigenartigen anatomischen Befestigung leicht ein-
treten. Die Schweinemilz als Anhängsel des grossen Netzes ist
eigentlich nur am dorsalen Ende befestigt, und zwar durch die
vordere Magenvene, welche vom Magen nach der Milzvene zu-
länft, sowie durch Milzvene und -arterie. Daher können Spitze
und Körper der Milz Lageveränderungen eingehen. So trifft man
geknickte und zerbrochene Milzen, Verwickelungen mit dem Netz,
Verwachsungen der durch Knickung aneinander gebogenen Milz¬
enden, endlich eine Drehung um die Längsachse. In solchen
Fällen kommt es bei alten Thieren, bei denen die die Gefässe
einschliessenden Bänder fettarm sind, zu gewaltigen Blut¬
stauungen im Gebiete der Milz- und vorderen Magenvene. Der
ganze Magen, der Anfang des Darms und das Netz befinden sich
mehr oder weniger neben der Milz im Zustande passiver
Hyperämie. Auch die Milzlymphdrüsen schwellen in Folge der
Abdrelmng der* Lymphgefässe, und die Leber zeigt Stauungs¬
hyperämie. Einen solchen Befund sah G. nur bei acuten
Drehungen bei älteren Schweinen. In anderen Fällen dagegen
verharrt die Milz dauernd in der verdrehten Stellung, und es
entsteht Thrombose in den Gefässästen, infolgedessen anämische
Necrose und nach Resorption der Zerfallsmassen Schrumpfung
der Milz.
Es weist übrigens auch Orth in seiner pathologischen
Anatomie darauf hin, dass die Bänder der Milz sich soweit ver¬
längern können, um Drehung zu gestatten, und dass man dann
die Gefässe in den zusammengedrehten Bändern thrombosirt
findet. — Kühn au fand einmal eine necrotisirte und im Zerfall
begriffene Milz in einer Bindegewebskapsel. Diese Milz kann
abgedreht gewesen sein. Die äusseren Ursachen der Verlagerung
dürften in Stössen, Wälzungen u. dergl. zu suchen sein. Auch
Füllungsgrade des Dickdarms können eine Rolle spielen. Das
Befinden der Thiere wird anscheinend nicht beeinflusst. Zur
Unterscheidung vom infectiösen Tumor sei bemerkt, dass bei ge¬
drehter Milz die Pulpa trotz des enormen Blutgehalts nicht er¬
weicht ist.
Personalien.
Ernennungen: Thierarzt Reinh. May er-Stuttgart ist zum Gestüts¬
thierarzt in Marbaob, Tbierarzt E. Schenk-Seeg (Füssen) zum
Districtsthierarzt in Erkheim (Kr. Schwaben) ernannt worden.
Es ist gewählt worden: Thierarzt Ldwg. Roth zum Hilfsthier-
arzt am Schlacht- und Viehhof in München.
Penslonirung: Kreisthierarzt Zippel ins in Würz bürg.
Approbationen: Hannover: Die Herren Sasse, Schulze,
Deterts, Hemprich, Schinke, Harting. Bobell.
Wohnsltzverfinderungen. Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Axe-Gramzow nach Polbitz bei Dommitzsch, Thierarzt Poczka-
Rhein (Ostpreuss.) nach Kammin (Poram.).•— Thierarzt Alfd. Gleich
hat sich in Bischofswerder i. S., Thierarzt Friedr. Klein in Wadern
(Bez. Trier) — niedergelassen.
Todesfälle: Thierarzt Carl Aug. Meyer in Annaberg (Erzgeb.),
Schlacbthofdirector, Rossarzt a. D. Zippel aus Finsterwalde in
Tanger. _
Yacanzen.
Krelstkisr arztsteiles: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: HUnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg):
Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
— R.-B. Stettin: Kammin (Bew. bis 31. Jan. an Reg.-Präs.).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Santtätsthierarztstellea: a)NeuausgescbriebeneStellen:
Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M.
und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Finsterwalde:
Schlachthofdirector (1600 M., freie Wohnung und Heizung. Privat-
praxis im Stadtbezirk gestattet). Bew. bis 15. Febr. an Magistrat.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt.
— Gleschendorf (Fürstenth.Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Hohenstein (Sächs. Schweiz): Zum 1. Jan. 1898 (Beihilfe
700 M.). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath.
— Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat —Pitschen:
Näheres Magistrat. — Pol Ino w: (Fixum 300 M., Einnahme aus
Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Rödding: Aus¬
kunft Amtsvorsteher. — Schwarzenau: (800M.fÜr Fleischschau).
Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M.ausser Privatpraxis).
— 1898 bekannt gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf
Arnim-Boitzenburg. — Lehesten (Saohs.-Meiningen). — Obermar¬
schacht (Elbe). — Pritzwalk.
Verantwortlich fUr den Inhalt (e«cl. Inseratentheil) Prof. Dr. Schmält« ln Borlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoet« in Berlin. — Druck von W. BQzemtein, Berlin.
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Die „Berliner Thlertrztücbe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich In Stärke von mindestens l'/s Bogen. Dieselbe
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
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Origlnalbeitrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Kzetnplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 6. Ansgegeben am 10. Februar.
Inhalt: Hecker: E xp e ri m e n te 11 e Uebertragung der Maul- und Klauenseuche auf Katzen. — Wandt: lieber
linksseitige Trächtigkeit beim Rinde. — Geneert: Theorie und Praxis bei Bekämpfung der Tuber¬
calo se. — Referate: Preiez: Aetiologische Studien Uber Schweinepest und Schweinesepticämie. — Knaflitsch: Beitrag
zur Klärung der Ursache periodischer Augenentzündung. — Cryptogenetische Pyosepticaemie beim Pferd. — Die Behandlung der
Verbrennungen mit Kalium nitricum und Magnesia usta. — Binz: Ueber Behandlung der Frostbeulen. — Therapeutische
Notizen. — N i b b e r t: Ueber das Melanosarcom. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. —Personalien. — Vacanzen.
Experimentelle Uebertragung der Maul- und Klauen¬
seuche auf Katzen.
Von
Hecker - Ermsleben.
Thiermrzt
Nach den Berichten der Commission zur Erforschung der
Maul- und Klauenseuche bei dem Institut für Infectionskrank-
heiten in Berlin wie des Kaiserlichen Gesundheitsamtes ist es
dort nicht gelungen, Maul- und Klauenseuche experimentell auf
Katzen mit Sicherheit zu übertragen.
Inder thierftrztlichenLitteratur werden mehrfach Erkrankungen
bei Katzen beschrieben.*)
Bei meinen Versuchen glückte es mir in drei Fällen zwei¬
mal bei jungen Katzen experimentell durch Injection von frischem
Aphthenvirus ganz charakteristische Erkrankungen an Maul- und
Klauenseuche zu erzeugen.
Am typischsten traten die Erscheinungen auf bei einem
2—3 Monate alten weiblichen Kätzchen, welches ich am 19. Januar
er. mit frischer Lymphe impfte, und welches noch heute
(5. Februar) auffällige Merkmale der überwundenen Aphthen-
Beuche aufweist.**)
Befund:
19. Januar, 11 Uhr Abends intramusculäre Injection von
ca. Vs ccm frischer Aphthenlymphe am Hals und Einreiben von
einem Tropfen Lymphe auf die dnreh Sandpapier etwas wund
geriebene Nase. — Die Lymphe war ca. vier Ständen vorher von
mir persönlich aus frischen Aphthen gesammelt.
20. Januar, 2 Uhr Nachmittags:
Die Katze ist sehr unruhig, wechselt häufig ihre Lagerstätte.
Die Athmung ist stark beschleunigt and geschieht unter lautem
Schnurren (ca. 104 Mal in der Minute, statt 64—76 Mal im
Liegen), Nase warm und trocken. Scheide erscheint geröthet.
Vorgehaltene Milch wird anfgenommen, jedoch trippelt das Thier
beim Trinken hin und her. Im Sitzen werden die Vorderfüsse
fast tactmässig gelüftet. Schon bei leisem Druck auf die Fuss-
sohlen zeigen sich heftige Schmerzerscheinungen. Semmelrinde,
*■) Die Aufsätze standen mir leider nicht zur Verfügung. H.
**) Ich bin gern bereit das Thier zur Demonstration der Redaction
zu übersenden.
welche das Thier sonst gern frass, wird zwar angenommen
jedoch nach versnehtem Zerkleinern ansgespieen nnd verschmäht.
Im Koth: Die Futtermassen znm Theil unverdaut.
21. Januar:
Lebhafte Fiebererscheinungen. Befund wie am vorigen Tage.
22. Januar:
Im Maule zeigt sich an der Stelle der linken Unterlippe,
welche von dem Hakenzalm des Oberkiefers berührt wird, ein
etwa 8tecknadelkopfgro8se8 Bläschen (z. Z. doch impigmentirt).
Die dritte Zehe des rechten Vorderfusses ist entzündet. Beim
Strecken der Zehe und völligem Heraustreten der Kralle erscheint
die Ansatzstelle der Haut an die Kralle bemerkbar geröthet.
Die Haut der ersten Zehe der linken Vorderpfote ist geschwollen
und stark geröthet.
Die Schmerzen in allen vier Fussohlen sind bedeutend erhöht.
Blasen sind jedoch auf den Ballen nicht zn constatiren.
Öas Thier läuft nur widerwillig unter vorsichtigem Trippeln.
23. Januar.
An der bezeichneten Ansatzstelle der 3. Zehe des rechten
Vorderfusses hat sich eiu gut hirsekorngrosses Bläschen ge¬
bildet, welches Abends zerplatzt war und eine fadenziehende,
anscheinend farblose Flüssigkeit entleerte. Die erste Zehe vorn
links ist stark geröthet ohne Blasenbildung.
Nachmittags war mehrmals Erbrechen erfolgt.
24—26. Januar.
Abheilen der Bläschen, Zurückgehen der Fiebererscheinungen
nnd Schmerzen; am 26. Jan. schuppen sich trockene Hautfetzen
von der ersten Zehe v. 1. ab.
An den Fusssohlen ist noch eine gewisse erhöhte Empfindlich¬
keit zn beobachten. —
Die Katze hatte demnach die typischen Krankheits-
erscheinnngen der Maul- und Klauenseuche:
Aphthen am Maule und an den Zehen!
Nur sind die Erscheinungen der Krankheit an den Ansatz¬
stellen der Haut au die Zehen schwer zu erkennen und äusserst
leicht zn übersehen.
Bei einem früheren Versuche an einer jungen Katze_machte
ich die gleichen jedoch nicht so augenfälligen Beobachtungen
der Erkrankung an Maul- und Klauenseuche. Eine ältere ca.
3—4 Jahre alte Katze zeigte sich immun.
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62
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
Bei dem beschriebenen Krankheitsfalle waren mir besonders
die hohen Schmerzen in den Fnsssohlen (den Sohlen- und Zehen¬
ballen) auffällig. Die starke Pigmentirung, die elastische gummi¬
artige Sohle lassen Entzündungen und Blasen nicht erkennen,
wohl aber vermuthen!
Und thatsächlich waren Blasen in verhältnissmässig grosser
Zahl und Grösse auf den Ballen vorhanden!
Der Beweis wurde mir erst vor einigen Tagen geliefert.
Am 5. Februar, also ca. 14 Tage nach den ersten Krankbeits-
erscheinuDgen, zeigten sich auf den Sohlenflächen der Fasse
folgende charakteristische Merkmale,:
Der Sohlenballen des linken Vorderfusses besitzt zwei harte
linsengrosse, länglich ovale, nunmehr längst abgetrocknete Blasen,
wovon die eine z. Z. noch völlig intact, die andere zerrissen ist.
Der Zehenballen der dritten rechten Vorderzehe und derjenige
der dritten rechten Hinterzehe lassen gleichfalls jetzt durch¬
gelaufene abgetrocknete Blasen deutlich erkennen! Auch an
anderen Stellen der Ballen sind noch hirsekorngrosse runde,
vertiefte Hautabschürfungen zu bemerken, Zeichen, dass die
Ballen sämmtlich in hohe Mitleidenschaft durch die Erkrankung
an Maul- und Klauenseuche gezogen worden waren.
Die Katze ist nach meinen Untersuchungen verhältnissmässig
leicht empfänglich für Maul- und Klauenseuche, und junge Thiere
sind auch experimentell zu inficiren! Aeltere Katzen eignen sich zu
experimentellen Versuchen jedoch nicht. Denn bei dem so häufigen
Auftreten der Maul- und Klauenseuche und dem Altwerden der
Katzen können diese schon früher einmal erkrankt sein und ebenso
gut immun geworden sein wie das Rind. — Aus diesem Grunde
ist wahrscheinlich das Misslingen der Versuche in den Laboratorien
der Commissionen zu erklären.
Die Katze ist bei ihrem Umherstreifen in allen Stallungen,
bei ihrer Vorliebe für Milch leicht der Infection an Maul- und
Klauenseuche ausgesetzt und dadurch auch unmittelbar eine be¬
rufene Zwischenträgerin der Seuche.
lieber linksseitige Trächtigkeit beim Rinde.
Von
Wundt-Linx (Baden),
Thiernrit
Die Fälle, in denen man linksseitige Trächtigkeit beim Rinde
zu constatiren Gelegenheit hat, sind ausserordentlich selten. Ich
scheide a priori die Fälle aus von Zwillings- und Viel-Trächtig-
keit und habe nur jene im Auge, wo ein Kalb vorhanden ist,
das allein in der linken Flanke gefühlt werden kann. Dies
kommt, wie gesagt, so selten vor, dass man hundert erfahrene
Laudwirthe hierüber befragen kann, ohne dass kaum einer einige
wenige genaue Angaben diesbezüglich zu machen im Stande ist.
Es scheint dies noch ein Gebiet zu sein, über welches — um
mit Göring-Frank zu reden — leider keine oder doch nur
sehr spärliche verwendbare Notizen in der Literatur vorhanden
sind, dem aber aus wissenschaftlichen und praktischen Gründen
noch sehr viel genauere Beleuchtung zu wünschen ist.
Zu berücksichtigen sind bei der Betrachtung der Frage
folgende Verhältnisse:
In der „Thierärztlichen Geburtshilfe“, die ich übrigens meinen
folgenden Ausführungen stets zu Grunde lege, sagt Göring-
Frank darüber S. 117: In seltenen Fällen wird bei der Kuh das
Junge nicht in der rechten, sondern in der linken Flanke gefühlt,
in anderen Fällen, besonders bei Zwillingsträchtigkeit, in der
rechten und linken; ferner: Bei der Kuh werden sie (sc. die
Bewegungen des Kalbes) in der rechten Flanke, ausnahmsweise
in der linken, oder bei Zwillingen rechts und links, wahrgenommen
resp. gefühlt
Man könnte nun leicht geneigt sein, diese „seltenen“ Fälle
mit denen zu identificiren, in denen das linke Uterushorn befruchtet
ist statt des rechten.
Hierüber giebt nun aber (S. 107 und 108) derselbe Autor an:
Auch bei den Wiederkäuern ist das rechte Horn öfter befruchtet
als das linke, und zwar im Verhältniss wie etwa 58:42. Jene
Ansicht oder Voraussetzung ist aber total zu verwerfen, da dies
Verhältniss nicht im entferntesten dem der Fälle von rechts¬
seitiger zu linksseitiger Trächtigkeit entspricht, vielmehr als
sicher anzunehmen ist, dass auch bei befruchtetem linken Horn
der Fötus fast immer nach rechts zu liegen kommt und hier
gefühlt werden kann.
Das will Göring-Frank jedenfalls auch sagen, wenn er
über die Lage des trächtigen Uterus u. A. ausföhrt: Wenn das
linke Horn befrachtet ist, noch mehr aber, wenn, wie bei
Zwillingsträchtigkeit, beide Hörner befruchtet sind, schiebt das
erstere den Wanst vor sich her und stösst in der linken Flanke
unmittelbar an die Bauchwandung. Das Junge kann also in
diesen Fällen, besonders bei Zwillingsträchtigkeit, in der
linken Flanke gefühlt werden. Das punctum saliens ist also
immer das „noch mehr aber“ und „besonders bei Zwillings¬
trächtigkeit“! Dies Verhältniss, nämlich das der Zwillingsgeburten
zu den einfachen Geburten, kommt nun sehr viel mehr, wenn
auch wohl nicht annähernd genau, dem der Fälle von linksseitiger
zu rechtsseitiger Trächtigkeit nahe; es beträgt nämlich (S. 109)
2,6 zu 1000. Um diese Fälle von Zwillingsträchtigkeit oder
Vielträchtigkeit handelt es sich hier jedoch nicht, sondern nur
um jene, in denen nur ein Horn (speciell das linke?) befruchtet
ist und das Kalb auch links liegt resp. gefühlt werden kann.
Ueber das Vorkommen gerade dieser, wie gesagt sehr seltenen
Fälle giebt aber zuletzt die oben citirte Stelle aus Göring-Frank
absolut keine Auskunft. Es ist daher der Hauptzweck dieser Zeilen,
zur Aufklärung gerade darüber anzuregen. Warum liegt auch bei
befruchtetem linken Horn das Kalb fast immer rechts?
Welche Verhältnisse bei der Lagerung der wachsenden
fötalen Organe resp. des trächtigen Uterus zu den Baucheinge-
weiden sind hierbei ausschlaggebend, und wie ist mach all¬
gemeinen Erfahrungen das Verhältniss des Vorkommens von
linksseitiger Trächtigkeit zu rechtsseitiger, ohne Rücksicht auf
Zwillings- oder Vielträchtigkeit?
Angeregt bin ich zu diesen Ausführungen durch zwei im
Laufe meiner jetzt siebenjährigen Praxis mir vorgekommene
Fälle von linksseitiger Trächtigkeit, die beide die gleichen in sehr
vieler Hinsicht interessanten Erscheinungen boten.
Im Voraus will ich bemerken, dass, wie die meisten Kühe,
wenn sie Zwillinge zum Austragen bringen, dies „gewohnheits-
mässig“ thun, dies auch der Fall ist mit Linksträchtigkeit. Beide
Kühe sind regelmässig linksträchtig, einmal lag das Kalb bei
der einen Kuh rechts (rechtes Horn befruchtet?).
Speciell hervorheben möchte ich nun noch drei Gesichts¬
punkte, die bei den obigen zwei Fällen das Hauptinteresse boten:
1. die im Verlaufe der linksseitigen Trächtigkeit auf¬
tretenden Verdauungsstörungen;
2. die abnorme Milchergiebigkeit beider mit dieser Eigen-
tliümlichkeit behafteten Kühe;
3. Missverhältnisse oder -bildungeu an den Kälbern.
Ad 1. Beide Fälle kamen zu meiner Kenntniss dadurch,
dass wegen Verdauungsstörungen bei den Thieren meine Hilfe
in Anspruch genommen werden musste. Die Erkrankungen
traten hauptsächlich gegen das Ende der Trächtigkeit auf.
Schlechte Futteraufoahme, Darniederliegen der Rumination, Kolik-
Digitized by LaOOQie
i
10. Februar 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
erscbeinungen, starke Verzögerung des Kothabsatzes bildeten die
Hauptsymptome. Die Behandlung war dementsprechend, mit
Berücksichtigung der von Göring-Frank (S. 140) angeführten
Gesichtspunkte, Abführmittel betr. Zu der einen Kuh wurde ich
ca. 10 Tage vor dem Kalben gerufen, iu der 41. Woche der
Trächtigkeit. Das Kalb lag links, förmlich aus der Flanke her¬
vortretend. Dem Besitzer erklärte ich, dass die abnorme Lage
des Kalbes Schuld an der Erkrankung sei, dass aber die Geburt
normal vor sich gehen könne oder würde und dass nach der¬
selben die Kuh bald wieder gesund sein würde. Der Verlauf
der Sache bestätigte diese Prognose vollkommen. Es war aller¬
dings schwierig, dem Besitzer, als die Geburt und damit die
Krankheit des Thieres sich noch so lange hinzog, obigen Glauben
zu erhalten. Er vermuthete immer noch eine andere Krankheit
und liess mich sogar einmal rufen, um die Maul- und Klauen¬
seuche — nicht zu constatiren. Dass die ausserordentlich gut
genährte Kuh in den 10 Tagen fast gar nichts gefressen hatte,
war für den Verlauf der Geburt wohl nur von Vortheil gewesen.
(Es ist dies ein Punkt, auf den man in der Praxis die Viehbesitzer
nicht genug aufmerksam machen kann, nämlich in den letzten
4—6 Wochen vor dem Kalben stark am (voluminösen) Futter ab¬
zubrechen; meist geschieht gerade das Gegentheil!)
Der zweite von mir beobachtete Fall, wo der Fötus immer
auf der linken Seite lag, betrifft eine Kuh, die ich im Laufe von
3 Jahren ca. 6 Mal in Behandlung bekam. Der Krankheitsverlauf
war ziemlich der gleiche wie bei Anwesenheit eines fremden
Körpers. Schliesslich nahm der Besitzer mit Rücksicht auf die
letzte sehr schwere Erkrankung die Schlachtung vor, der ich
leider nicht beiwohnen konnte. Jedoch erfuhr ich, dass eine
besondere Erkrankung irgend welcher Organe nicht zu constatiren
und auch ein fremder Körper nicht zu finden gewesen war.
Dass nun die abnorme Lage des Kalbes als Ursache der Ver¬
dauungsstörungen resp. Darmerkrankungen beim Mutterthier an
gesehen werden kann, ist ohne Weiteres zuzugeben. Denn wenn
Göring-Frank (S. 30 u. 31) angiebt, dass der hochträchtige j
Uterus die Darmtheile vor sich her drängt, dass der Wanst,
der dasselbe Schicksal wie letztere erleidet, merklich an Umfang
abnimmt, und dies ganz besonders, wenn das linke oder beide
Hörner befruchtet sind, so sind schon damit Momente genug
gegeben, die Erkrankungen des Verdauungstractus herbeiführen
können. Nicht aber in der Verdrängung, die ja bei Zwillings¬
und Vielträchtigkeit grösser ist als bei einem, links liegenden
Kalbe, sondern in der Verlagerung der Mägen und des Darmes
scheint mir bei Linksträchtigkeit das Hauptmoment zu Darm¬
erkrankungen zu suchen zu sein.
Ad 3 möchte ich vorwegnehmend gleich hier bemerken, dass
8ämmtliche Kälber der einen Kuh Missbildungen resp. Ver¬
krümmungen des Halses, der Wirbelsäule, der Extremitäten auf¬
wiesen, die allerdings nicht von Belang waren und sich mit zu¬
nehmendem Alter meist wieder verloren. Bei der anderen Kuh
waren die Kälber, soweit mir bekannt, normal. Merkwürdiger¬
weise hat jedoch eines davon, das aufgezogen wurde, bis jetzt
3 Kälber gebracht, die sämratlich Missbildungen, z. B. Wolfs¬
rachen, Verkrümmungen der Extremitäten n. dgl., aufwiesen.
Sollte es sich hierbei um Vererbung, Atavismus, die ja bei Miss¬
bildungen eine sehr grosse Rolle spielen, handeln? Die letzt¬
genannten Kälber lagen übrigens alle normal (auf der rechten
Seite des Mutterthieres), so dass sich die Eigenschaft, oder besser
Eigenthümlichkeit, der Grossmutter nicht auf deren Tochter ver¬
erbt zu haben scheint. Dagegen ist es z. Z. noch zweifelhaft,
ob dies nicht bei einer anderen Tochter der Fall ist. (Bei der
zuerst angeführten Kuh ist jetzt, in der 23. Woche der Trächtig¬
keit, das Kalb bereits wieder links zu fühlen.) Ich werde die
63
beiden Fälle noch weiterhin verfolgen und eventuell nochmals
darauf zurückkommen.
Zum Schluss nun noch ad 2:
Beide Kühe boten auffallenderweise dieselbe Eigenschaft von
abnorm starker Entwicklung des Euters resp. der Milchergiebig¬
keit. Die Rasse oder Abstammung konnte für den Punkt nur bei
der einen, bereits geschlachteten Kuh, und auch da nur ganz
entfernt, in Betracht kommen. Dieselbe musste fast jedesmal
5 bis 6 Tage vor dem Kalben bereits gemolken werden, das Euter
nahm ganz colossale Dimensionen an. Dementsprechend war
auch die Milchergiebigkeit überhaupt während der lange dauernden
Lactation^periode. Ebenso weiss der Besitzer der anderen Kuh
dieselbe in dieser Hinsicht nicht genug zu loben.
Es drängt sich nun angesichts dieser conformen Erscheinungen
die Frage auf: Steht die abnorme Lage der Kälber in ursäch¬
lichem Zusammenhang mit der abnormen Milchergiebigkeit der
Mutterthiere? und in welchem?
Dies ist sehr wohl möglich, wenn wir die diesbezüglichen An¬
gaben der„Thierärztl. Geburtshilfe“ berücksichtigen. Die infolge der
„Trächtigkeitshyperämie“ auftretenden Oedeme resp. An¬
schwellungen haben nämlich (vgl. S. 121) die Eigenthümlichkeit,
dass sie in der Regel auf einer Seite stärker sind als auf der
anderen. So ist auch (S. 122) die eine Euterhälfte (jene, die dem
nicht befruchteten Home entspricht) stärker geschwellt als die
andere. Demnach ist es wohl möglich, dass, wenn bei einer Kuh
mit ohnehin schon starker Milchsecretion der abnorme Fall von
linksseitiger Trächtigkeit eintritt, nun auch die dem linken Horn
gegenüberliegende Hälfte der Milchdrüse zu stärkerer Ent¬
wicklung und Function gelangt. Ob ferner die abnorme Lage
des Uterus auf die bei der Milchsecretion in Betracht kommenden
Nerven ebenfalls einen besonderen Einfluss ausübt, und welchen,
ist weiterhin eine Frage für sich und von grossem Interesse.
So bietet bei näherer Betrachtung das vorliegende Thema
des Interessanten gerade genug. Möglichst viele Collegen darauf auf¬
merksam zu machen resp. zu Aeusserungen über ihre diesbezüglichen
Erfahrungen zu veranlassen, ist der Zweck meiner Zeilen. Eine
genaue, wissenschaftliche Bearbeitung der interessanten Frage
bliebe natürlich berufeneren Kräften Vorbehalten.
Theorie und Praxis bei Bekämpfung der Tuberculose.
Von
Gensert, Merseburg,
Ober-Rossarzt a. D.
Durch das Königl. Landrathsamt in Merseburg wurde im
Kreisblatt den Landwirthen eine Brochüre: „Bedeutung und Be¬
kämpfung der Tuberculose in Rindvieh- und Schweinebeständen,
veröffentlicht im Aufträge des K. Pr. Ministeriums für Landwirth-
8chaft, Domänen und Forsten“, empfohlen.
Ferner empfehlen jetzt die Landwirthschaftskammern diese
Belehrung und regen die.landwirtschaftlichen Vereine an, ihren
Mitgliedern die Anschaffung derselben anzurathen.
Ich war sehr begierig zu erfahren, auf welche Art und
Weise die Bekämpfung der Tuberculose erfolgen solle und ver¬
schaffte mir daher bald diese Belehrung.
Von vornherein jedoch muss ich gestehen, dass ich arg ent¬
täuscht wurde, dass man als Praktiker über dieselbe lachen
müsste, wenn die Sache nicht so ernst wäre.
Die Abhandlung ist den von Professor Bang-Kopenhagen
auf dem internationalen hygienischen Congress in Budapest dar¬
gelegten Grundsätzen gefolgt; äusserst kurz und bündig und wohl
besonders dadurch sehr verständlich, auch für den Laien ge¬
schrieben.
Abs. IV behandelt die Hauptsache, den Kampf gegen die
Digitized by
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64
Tuberculose, ißt sehr schön gedacht, theoretisch ganz richtig, aber
vollständig unpractisch. Das Ganze ist ein schöner Traum des
Theoretikers.
Jeder Practiker sieht sich bei Ertheilung seiner Rathschläge
seine Lente an und wird nie einen Rath ertheilen, von dem er
von vornherein mit Sicherheit annehmen kann, dass er nicht
befolgt wird.
Dieser Abs. IV, also die Bekämpfung der Tuberculose, ver¬
langt zuerst Trennung der tuberculösen Rinder von den gesunden.
Die letzteren sollen in einen andern Stall gebracht werden.
Ein leerer Stall steht jedoch sehr selteu derWirthschaft zurVer-
fügung; in der Regel sind schon die vorhandenen Räume überfüllt.
Sollte dies einmal ausnahmsweise anders sein, so verfährt
der Landwirth doch nicht danach.
An den Mangel an Stallungen ist auch gedacht worden;
daher wird weiterhin gesagt: Ist diese Trennung nicht aus¬
führbar, d. h. steht kein zweiter Stall zur Verfügung, so soll der
bisherige Stall durch eine möglichst dichte Scheidewand, ohne
Thüren und andere Oeffnungen, in zwei Tlieile getheilt werden.
Abgesehen davon, dass eine solche Theilung in sehr vielen,
besonders in kleinen Ställen, absolut unmöglich ist, kann ich wohl
ohne Uebertreibung sagen, dass dieselbe in keinem Stalle aus¬
geführt werden wird.
Sicher kann ich dies sagen, weil ich nicht nur die Rind¬
viehställe, sondern auch die Besitzer genau kenne. In andern
Theilen des Landes wird diese Trennung wohl ebensowenig aus¬
geführt werden, wie hier. Man könnte einwenden, dass Gegenden
mit bedeutender Viehzucht mehr Interesse an der Bekämpfung
der Tuberculose hätten. In hiesiger Gegend ist die Rindvieh¬
zucht aber auch nicht unbedeutend, wenn auch nicht hervor¬
ragend, und alle Besitzer möchten wohl die.Tuberculose los sein.
Ferner ist in der Belehrung gesagt, dass gesunde und kranke
Thiere besonders zu füttern, zu tränken, zu weiden und anzu¬
spannen sind, auch zur Wartung derselben sollen besondere
Stallutensilien benutzt werden.
Wiederum wird jeder Practiker sagen: „Das macht kein
Landwirth!“ Ist z. B. der Viehstaud nur so gross, dass ein
Wärter genügt, was ist dann zu machen? Einen zweiten Wärter
wird Niemand einstellen. Die Krone wird all diesen unprac-
tiscben Vorschlägen aber aufgesetzt durch den Rath: „Die Ver¬
wendung schwindsüchtiger Personen in den Ställen ist möglichst
zu vermeiden.“ Ich glaube kaum, dass daraufhin im ganzen Staate
ein Landwirth die im Rindvieh- oder Schweinestalle beschäftigten
Personen vom Arzte auf Schwindsucht untersuchen lassen wird.
Selbst bei neuen Einstellungen wird dies nieerfolgen.
An Rindviehwärtern, männlichen und ganz besonders weib¬
lichen Geschlechts, ist ein Mangel. Jeder Landwirth ist schon
froh, wenn er bei Bedarf eine zuverlässige Person kekommt; es
ist ihm gleich, ob dieselbe tuberculosefrei ist oder nicht.
Ebensowenig wird die im Abs. IV. sub 9 aufgeführte Auf¬
zucht der Kälber von den Landwirthen ausgeführt werden.
In den meisten Gegenden ist die Aufzucht der Kälber an der
Kuh üblich; von dieser althergebrachten Aufzuchtsmethode
geht keiner unserer Ljndwirthe auf die Belehrung hin ab.
Alle in der Brochüre vorgeschlagenen Kampfesmittel sind
derart, dass jeder Practiker mit Bestimmtheit sagen kann: „Unsere
Landwirthe befolgen dieselben nicht.“ Es ist mit aller Sicherheit
zu sagen, dass ein nennenswerther oder überhaupt nur erwähnens-
werther Erfolg durch diese vorgeschlagene Bekämpfung nicht zu
verzeichnen sein wird.
Diese Ansicht, glaube ich, ist nicht nur die meinige, sondern
die jedes Practikers; die Ansicht von Jedem, der Land und Leute,
der unsere Landwirthe kennt.
No. 6.
In Merseburg befindet sich eine stark besuchte landwirtk-
schaftliche Winterschule, an der ich thätig bin. Ich empfahl den
Schülern die Anschaffung dieser Belehrung.
Vor Besprechung der Tuberculose gab ich den Schülern die
Aufgabe, diese kleine Schrift zu studiren, besonders den Absatz IV.
Ich fragte später, was sie zu dieser vorgeschlagenen Be¬
kämpfung der Tuberculose für Bemerkungen zu machen hätten.
Ein Schüler sagte, ziemlich leise zwar, für mich aber noch deut¬
lich hörbar: „Das ist Mumpitz.“ Ich tadelte zwar diese Anwoit
und erklärte sie als nicht anständig; war jedoch nicht im Stande,
den Schüler ernstlich zu rügen.
Unter staatlicher Aufsicht und unter staatlicher Leitung
sollen in verschiedenen Gegenden einige Tilgungsversuche nach
der erwähnten Belehrung ausgeführt werden, um den Landwirthen
den Beweis zu liefern, dass durch das angegebene Verfahren
eine Tilgung der Krankheit und die Schaffung tuberculosefreier
Viehbestände möglich ist.
Es ist wohl zweifellos, dass durch diese Versuche, sofern sie
recht sorgfältig und gewissenhaft ausgeführt werden, der Beweis
der Möglichkeit der Tilgung erbracht wird.
Ebenso zweifellos ist es aber jedem Practiker, dass trotz
alledem auch dann noch nicht unsere Landwirthe die Tilgung
selbst ausfübren werden.
Ich fragte mich nun, wer ist der Verfasser dieser un-
practischen und daher den Zweck ganz verfehlenden Belehrung?
Die Antwort hierauf fand ich in dem Rundschreiben des
Ministeriums für Landwirtschaft u. s. w., betr. die Bekämpfung
der Tuberculose unter den Haustieren, vom 29. Juli 1896. Darin
ist gesagt: Die Belehrung entspricht mit einigen geringfügigen
Aenderungen den Vorschlägen der Veterinär-Deputation. Die
Veterinär-Deputation, sogar noch unter Zuziehung hervorragender
Landwirthe, ist also die Urheberin dieser unpractischen und in¬
folgedessen auch sicher unfruchtbaren Ratschläge. Hätte sich
die Veterinär-Deputation durch hervorragende practisclie Thier¬
ärzte verstärkt, so hätte diese Brochüre wohl nicht das Licht
der Welt erblickt*).
Einen Nutzen bringt die Belehrung, da sicher nicht danach
verfahren wird, bestimmt nicht Dieselbe kann aber den grossen
Nachteil haben, dass man glaubt, vorläufig etwas gegen die
*) Die arme Veterinärdeputation wird einmal wieder der grauen
Theorie bezichtigt. Aber auch hervorragende praktische Thierärzte
würden sie diesmal nicht haben retten .können. Denn welchen
anderen Weg hätten denn die Praktiker vorzuschlagen gewusst
Keinen anderen, wie der Herr Verfasser ja selbst zeigt, als den:
der Staat muss die Tilgung machen. Ja, so klug wäre die Deputation
ja auch gewesen. Dass die staatliche Tilgung allein Aussicht auf
allgemeinen Erfolg gewährt, darüber sind wohl alle Veterinäre,
Praktiker, wie Theoretiker, einig (Herr Voges ist Arzt und
ermangelt augenscheinlich überhaupt jeder Kenntniss landwirt¬
schaftlicher Verhältnisse). Der Herr Verfasser übersieht aber, dass
der Deputation bestimmte Anfträge ertbeilt werden. Wenn ihr
gesagt worden ist: „Die Staatstilgung ist noch nicht angängig; wie
könnten die Landwirthe sich selbst helfen?“ so hatte sie eben
letztere Frage, so gut es ging, zu beantworten. Ein anderer
Weg, als der in der Belehrung angegebene, existirt für die Selbst¬
hilfe aber nicht. Auch der „Praktiker“ weiss keinen anderen zu
nennen. Der Herr Verfasser giebt auch zu, dass dieser Weg zum
Ziele führen mag. Er meint nur, er wird nicht beschriften werden.
Ja, in dieser Beziehung dürfte sich auch die Deputation keinen
Illusionen hingegeben haben. Der Herr Verfasser hat ganz recht.
Es ginge wohl, aber es geht nicht. Das hat auch Siedamgrotzky
in Cassel trefflich beleuchtet Aber es ist gut wenn immer mehr
die Uebereinstimmung in der auch vom Herrn Verfasser geäusserten
Ansicht hervortritt. Die staatliche Tilgung ist der einzige praktische
Weg. Aber dieser Weg hat leider auch seine grossen Schwierig¬
keiten. D. R.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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10. Februar M
Tuberculose getban, den Kampf gegen dieselbe aufgenommen zu
haben und in den nächsten Jahren nichts weiter unternimmt.
Ferner ist auch zu befürchten, dass auch die weitere Be¬
kämpfung der Tuberculose wieder so unpractisch ausfallen wird.
Die erstere Befürchtung, dass möglicherweise in den nächsten
Jahren nichts gegen die Tuberculose unternommen wird, trifft
glücklicherweise nicht zu. Laut Zeitungsnachrichten haben am
13. und 14. November vergangenen Jahres wiederum im Kaiser¬
lichen Gesundheitsamt Berathungen über Tuberculose-Tilgung
stattgefunden. Ueber diese Verhandlungen ist noch nichts in die
Oeffentlichkeit gedrungen, da dieselben einen vertraulichen
Character batten.
Es entgeht mir, welcher Grund vorliegt, um vorläufig die
Oeffentlichkeit auszuschliessen. Ich würde es jedenfalls für vorteil¬
haft halten, solche Sachen recht öffentlich zu verhandeln und
die Kritik herauszufordern. Möchte meine zweite Befürchtung,
dass möglicherweise die weitere Bekämpfung der Tuberculose
wieder so unpractisch wird, auch nicht in Erfüllung gehen! Es
ist zu verwundern, dass sich bis jetzt noch keine Stimme erhoben
hat, die vorgeschlagene Bekämpfung der Tuberculose als nutzlos
zu geissein.
Im Gegenteil ist wiederum ein Buch: Der Kampf gegen
die Tuberculose des Rindviehes von Dr. med. 0. Voges-Berlin
erschienen, das dieselben Kampfesmittel empfiehlt. Voges hofft,
dass die Landwirte bald aus eigener Initiative die Impfungen
verlangen, eine Trennung der Thiere vornehmen werden,
dass das Personal getrennt wild, und dass Leute mit
chronischen Durchfällen (Darmtuberculose) und solche, die viel
husten, als Rindviehwärter nicht weiter verwendet werden. Er
hofft, dass durch die vorgeschlagene Bekämpfung der bessere
und intelligentere Theil unserer Landwirte zum grossen Theil
mit der Tuberculose in seinen Beständen und zwar innerhalb
fünf Jahren, aufgeräumt haben wird.
Diese Hoffnung ist sicher eitel, geht bestimmt nicht in
Erfüllung.
Mit der vorgeschlagenen Kampfesweise erreichen wir nichts,
weil kein Landwirt, sicher nicht 1 pCt. selbt der besseren und
intelligenteren Landwirte, diese ausführt.
Durch Veröffentlichung der Eingangs erwähnten Brochüre ist
gezeigt, dass etwas gegen die Tuberculose geschehen soll und muss.
Die Tuberculose bringt dem Nationalvermögen soviel Schaden,
dass, und zwar energisch, vorgegangen werden muss.
Der eingeschlagene Weg ist aber ein ganz falscher. Eine
Bekämpfung durch Belehrung der Landwirte, durch Ratschläge,
besonders durch zum Theil unausführbare, ist sicher erfolglos.
Der Kampf muss vom Staate selbst anfgenommen, von diesem
geleitet und ausgeführt werden.
Referate.
Aetiologische Studien über Schweinepest
nnd Schweinesepticämie.
Von Prof. Dr. H. Preisz, Vorstand des Königl. bacteriologischen
Instituts zu Budapest.
(ZeiUehr. f Thiermed. Neue Folge 1*9«. H. 1.)
Seitdem der ungarischen Landwirtschaft die empfindlichsten
Verluste durch die Schweineseuchen zugefügt worden sind, ist
das ungarische Ackerbaurainisterium bemüht, die wissenschaftliche
Erforschung dieser Seuchen in jeder Weise zu fördern. Es bot
Bich schon öfter Gelegenheit, über die Früchte eifriger Forschungen
ungarischer Fachgenossen zu referiren. Heute liegt wiederum
eine umfangreiche Arbeit vor, welche sich mit der Aetiologie
der Schweineseuchen befasst. Der Verfasser hat sich zur Auf¬
gabe gestellt, zu beweisen, dass Schweineseuche und Schweine-
Gf>
pest zwei verschiedene Krankheiten sind, eine Ansicht, welche
bereits Salmon, Smith, Schütz, Bang u. s. w. auf Grund
ihrer Untersuchungen vertreten haben, die aber bis jetzt nicht
allgemein durchgedrungen ist. Im Gegentheil, dieselbe hat all-
mälig wieder an Boden verloren. Der Lehre von dem Dualismus
hat noch in jüngster Zeit Voges durch seine „Kritischen Studien“
entgegengeeifert. Verf. bemerkt hierzu, dass die Arbeit Voges’
sehr lebhaft beweise, wie bedauerlich es sei, von der objectiv
forschenden Richtung abzulenken und einen a priori gefassten
Standpunkt vertheidigeu zu wollen. P. beansprucht dagegen,
objectiv durch die Ergebnisse seiner Untersuchungen zu der Er¬
kenntnis der Verschiedenheit von Schweineseuche und Schweine¬
pest gelangt zu sein. Derselbe bezeichnet die erstere mit „Schweine¬
septicämie“ und ihren Erreger mit „Bacillus suisepticus“, den
E reger der Schweinepest mit „Bacillus suipestifer“.
Das untersuchte Material erstreckt sich über die Achtung
gebietende Zahl von 80 Fällen, die sämmtlich anatomisch,
bacteriologisch u. s w. geprüft worden sind, und deren Unter¬
suchungsergebnisse detaillirt in beigegebenen Tabellen verzeichnet
stehen.
In der Besprechung des bacteriologischen Befundes
wird bemerkt, dass in sämmtlichen 80 Fällen fast ausschliesslich
nur zwei Arten von Bacterien, nämlich Bac. suipestifer und Bac.
suisepticus, eine Rolle spielen, die in der Abhandlung mit I bezw.
II bezeichnet werden.
21 Fälle enthielten nur I, 39 Fälle nur II nnd 10 Fälle zu¬
gleich I und 11. Beide Bacterien konnten in Milz und Blut
ziemlich häufig nachgewiesen werden, I ist in den Lungen selten,
II sehr häufig anzutreffen: dagegen wurde I in 10 Fällen aus
den käsigen Darmgeschwüren gezüchtet.
Grosses Gewicht legt P. auf die Fälle, wo I und II neben¬
einander Vorkommen, denn dieselben bieten evidente Beispiele
einer Mischinfection, weiter zeigen sie das gegenseitige Verhalten
beider Bacterienarten. Es stellte sich bei den Verimpfungen von
Organtheilen heraus, dass die Impfthiere häufig durch den Bac. II
getödtet wurden, auch wenn derselbe durch das Culturverfahreu
in dem benutzten Impfmaterial neben dem Bac. I nicht nach¬
gewiesen werden konnte. Hieraus leitet Verf. die »Schlussfolgerung
ab, dass Versuchsthiere mit Geweben geimpft, die beide Bacterien¬
arten enthalten, stets der Infection durch II erliegen. Erliegt
jedoch das Versuchsthier einer Impfung durch I, so kann es als
bestimmt gelten, dass das betreffende Gewebe den Bac. II gar
nicht enthält.
Die Bacterien I und II haben gänzlich verschiedene Eigen¬
schaften und sind weder in morphologischer noch cultureller, noch
pathogenetischer Beziehung verwandt.
Der Bacillus suipestifer wurde aus den pathologischen
Geweben stets durch Ansstreichen auf schrägen Fleischwasser-
Pepton-Agar isolirt. Diese Methode giebt bei Benutzung des
Thermostaten das schnellste Resultat und kann auf dem Lande
im Freien mit Leichtigkeit angewandt werden. Nach 24 Stunden
hat die Kolonie die Grösse eines Hirsekorns, erreicht auch den
Umfang einer Linse, bleibt jedoch im Allgemeinen flach und dünn.
Besondere Merkmale haben die Pestbacillen-Culturen nicht. Bei
durchfallendem Licht erscheinen sie in bläulicher Farbe. Die¬
selben wachsen weiter in Peptonbouillon, Traubenzucker-Agar
und Kartoffeln an. In Gelatinestichcultnren entwickeln sie sich
bei Zimmertemperatur ziemlich gut, verflüssigen die Gelatine
jedoch nicht.
Die Bacillen bewegen sich lebhaft in hängenden Tropfen.
Bei der Färbung mit wässerigen Anilinfarbstoffen erscheint der
Bacillus als ein kurzes abgerundetes Stäbchen, in frischen Agar-
culturen zeigen sich zuweilen längere Bacillen, auch fadenförmige,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
leicht gebogene Glieder. Durch die Löffler’sche Beize und
Karbolfuchsin treten blasse und dünne Geissein hervor. Auch die
Bacillen sind bei dieser Methode wenig und ungleich, in der Mitte
oder an den Enden fast nicht gefärbt. Eigentümlich ist dem
Bacillus die verhältnissmässig grosse Zahl der Geissein. 10—15
und mehr Cilien haften rings an allen Seiten der Bacterien. Die
Bacillen sind je nach ihrer Herkunft verschieden virulent.
Zufolge der morphologischen Eigenschaften und der patho¬
logischen Veränderungen, welche der Pestbacillus verursacht, ist
derselbe der Gruppe des Typhusbacillus einzureihen. Smith be¬
schreibt bekanntlich 7 («— r t ) Varietäten des Pestbacillus und
will denselben vom Eolonbacillus ableiten.
Der Bacillus suisepticus wächst gut auf Agar, besonders
wenn der Nährboden schwach alkalisch ist. Bei 37° sind die
Kolonien binnen 24 Stunden stecknadelkopfgross, dieselben werden
noch bedeutend grösser und fliessen nicht selten zusammen. Ein
bis zwei Tage alte Culturen sind meist fadenziehend, haben eine
glänzende Oberfläche, ältere sind zähe und verlieren den Glanz.
Gelatine-Culturen bilden bei hoher Zimmertemperatur eine un¬
ebene, zackigbegrenzte Kolonie.
Die Bacillen treten im Culturausstrich mit wässerigem Fuchsin
gefärbt meist als rundliche Zellen und bipolare Bacillen auf.
Die Färbung mit wässerigen Anilinfarben ist schwach. Wird die
Löffler’sche Geisselfärbemethode angewendet, so erscheinen die
Bacillen bedeutend grösser, coccenartig oder ovoid und intensiv
schwarzroth. Dieses verschiedene Verhalten gegen die beiden
Methoden spricht dafür, dass der Bacillus eine Schleimhülle hat,
die durch die wässerigen Farblösungen nicht gefärbt wird. Auch
das klümpchenartige Aneinanderhatten der Bacillen in den Aus¬
strichpräparaten aus den Culturen lässt das Vorhandensein einer
schleimigen Hülle vermuthen.
Die bekannte Polhärtung gelingt bei dem Pilz am besten in
Blutpräparaten aus Versuchsthieren, indem man mit wässrigem
Fuchsin färbt und darauf mit Alcohol oder schwacher Essigsäure
entfärbt.
Die Virulenz des Bacillus ist ebenfalls sehr verschieden.
Weisse Mäuse, Zieselmäuse, Kaninchen, Meerschweinchen, Tauben,
Hühner, Feldmäuse starben nach subcutaner Verimpfung von
O, 1—0,5 ccm ausnahmslos, gewöhnlich innerhalb 24 Stunden. In
einem Falle wurde 0,1 ccm Bouilloncultur trillionenfach mit
Bterilisirtem Wasser verdünnt und 5 Platinösen dieser Flüssigkeit
einem Kamelien unter die Haut gebracht, worauf dasselbe
36 Stunden später durch den Bacillus einging. 5 Platinösen aus
derselben Verdünnung auf Agar übertragen, ergaben 15 Colonien.
Auch durch Verfütterung von geringen Mengen einer Bouillon¬
cultur gehen die Versuchsthiere leicht zu Grunde.
Die anatomischen Unterschiede beider Seuchen fasst
P. auf Grund der untersuchten Fälle in folgenden Sätzen zu¬
sammen: „Beide Krankheiten, sowohl Pest wie Septicämie, können
mit ganz acuten anatomischen Zeichen, sowie Blutungen, Katarrh
des Darmtractes, Entzündung der serösen Häute zuweilen
vielleicht auch mit croupöser Entzündung des Magens oder des
Darmes einhergehen; in solchen Fällen lassen sich die beiden
Krankheiten anatomisch und ohne eingehende bacteriologische
Untersuchung nicht differenziren.
Käsige, erhabene Plaques (Boutons) oder ähnliche Geschwüre
im Dickdarm oder auch Dünndarm; vergrösserte harte rötbliche
oder weisse nekrotische Lymphdrüsen in der Bauchhöhle oder
der Inguinalgegend; ähnliche necrotisirende Infiltrationen der
Haut oder Nieren, eventuell auch anderer Organe, sind zweifels¬
ohne Zeichen der Schweinepest; die gleichzeitige Gegenwart des
Virus der Schweinesepticämie ist aber um so weniger ausschliess-
bar, je mehr der übrige Sectionsbefnnd der Schweinesepticämie
sich nähert.
Heftige Pneumonie in verschiedenen Stadien der Hepatisation,
sehr häufig mit Blutungen und Necrosen, begleitet von hämor¬
rhagischer fibrinöser Pleuritis, Pericarditis, ferner mit starker
Schwellung und Röthung und Blutungen der Lymphdrüsen, be¬
sonders der Nieren: sind die anatomischen Merkmale der Infection
mit Bac. suisepticus, d. h. der Schweinesepticämie.“
Bei den experimentellen Versuchen mit Reinculturen des
Bac Buipestifer sowohl an Schweinen als an Kaninchen erwies
sich das pathogene Verhalten desselben, den Lymphapparat be¬
sonders aber den des Darmtractus anzugreifen, daselbst käsige
Veränderungen und Geschwüre hervorzurufen, in klarer Weise.
,,Es ergaben sich immer dieselben Läsionen, welche die Pest der
Schweine cliarakterisiren, und die Aehnlichkeit mit dieser äusserte
sich nicht nnr in der Qualität des Krankheitsprocesses, sondern
auch in der Localisation desselben, da auch hier zumeist die
Gegend der Valvula coeci ergriffen gefunden wurde.“ Die
Impfung der Schweine erfolgte subcutan an der Innenfläche des
Schenkels, der Kaninchen in der Uecöcalgegend direct in den
Dickdarm, indem derselbe durch eine 1 cm grosse Schnittwunde
hervorgezogen, nach Einspritzung der Cultur reponirt und die
kleine Bauch wunde vernäht wurde. Ein 9 Monate altes Schwein,
das 5 ccm einer 24stündigen Bouilloncultur eingespritzt erhielt,
erkrankte sehr bald, fieberte, magerte allmälig ab und wurde
32 Tage nach der Impfung getödtet. Die Section ergab ein aus¬
gesprochenes Bild der Schweiuepest. Ein Kaninchen starb 12 Tage
nach der Einspritzung. Die pathologischen Veränderungen waren
ebenfalls für die in Rede stehende Krankheit charakteristisch.
Die subcutane Verimpfung des Bac. suisepticus au ein 10 Monate
altes Schwein verursachte Fieber, Abmagerung und nach 17 Tagen
den Tod. Das Sectionsergebniss entsprach dem festgestellten
anatomischen Bilde der Schweinesepticämie. Selbst eine zufällige
experimentelle Mischinfection ergab die interessante Thatsache,
dass Pest- und Septicämiebacillen im Schweine lange Zeit
(10 Wochen) nebeneinander lebensfähig und virulent bleiben
können, dass trotz grosser Dosen des Bac. suisepticus die
anatomischen Läsionen durch die wenigen gleichzeitig einverleibten
Pestbacillen erzeugt werden können.
In einem kritischen Rückblick über die Literatur der Schweine¬
seuchen bemerkt Verf., dass er durch die Güte der verschiedenen
Forscher in den Stand gesetzt wurde, die Erreger der englischen
Swine-plaque (Swinefever), der französischen Pneumo-Entürite und
der deutschen Schweineseuche zu untersuchen. Alle drei Bacterien
zeigten sich identisch mit dem Bacillus suisepticus.
Hiernach kommt P. zu der Schlussfolgerung, dass bei allen
jenen Seuchen, die bisher unter den Namen der Schweinepest
und Schweinesepticämie oder ihrer Synonyme bekannt geworden
sind, nur die Bacterien I und II eine Rolle spielen. Der Bac. I
ist bei dem häufigen gleichzeitigen Vorhandensein schwerer nach¬
weisbar, weil die Impfthiere bei Verimpfung von kranken Organ-
tkeilen stets durch Bac. II zu Grunde gehen.
Die Untersuchungen über die wechselseitigen Beziehungen
beider Bacillen lassen den Verf. zu der Vermuthung kommen, dass
die meisten der hier gedachten Seuchen unter den Schweinen
auf Mischinfectionen beider Bacterien beruhen, und dass es als
erwiesen gelten könne, dass die Schweinesepticämie allein als
eine selbstständige verheerende extensive Seuche nicht vorkomme.
Die Infection erfolge bei beiden Bacillen durch die Verdauungs¬
wege, und die bei der Schweinepest erzeugten Dannläsionen ver¬
mittelten in den meisten Fällen erst die Ansteckung mit dem
Septicämiebacillus, indem sie zur Brutstätte desselben warden
und als Eingangspforten dieses Bacillus in den Organismus dienten.
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10. Februar 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
67
Man könne sich weiter auch noch denken, dass die Wirkung des
sonst verhältnissmässig für Schweine weniger gefährlichen Bac.
snisepticus durch die Symbiose mit dem Bac. suipestifer bedeutend
zunehme.
In welcher Weise Mischinfectionen von Pest und Septicämie
nebeneinander verlaufen, belegt Verf. durch zwei Beobachtungen
an einem 150 St. und 60 St. starken Ferkelbestande. Zu Anfang
und zu Ende der Epidemien treten hauptsächlich die Pestläsionen
auf. „Sobald es zu Darmläsionen gekommen ist, greift die Invasion
des Organismus durch die Septicämiebacillen Platz, die in jenen
Darmläsionen fast nie fehlen. Die secundäre, intercurrente In-
fection durch den Septicämiebacillus nimmt einen rapiden, aller¬
dings schnelleren Verlauf als die Pestseuche; die Thiere fallen
der Pneumonie massenhaft zum Opfer, noch ehe die Pest nam¬
hafte Verletzungen des Organismus hervorgerufen hätte. Nach¬
dem alle für die Septicämie wenig widerstandsfähigen Thiere
gefallen, folgt eine Remission dieser secundären Seuche, indem
die durch sie bedingten Pneumonien an Ausbreitung und Intensität
verlieren oder auch ganz, ausbleiben. Der Rest der Thiere aber
zeigt das Bild der Schweinepest immer ausgeprägter, und ein
Theil der von der Septicämie verschonten Schweine geht an den
Läsionen der Pest zu Grunde.“
Die Immuni8irungsver8uche, welche P. mit dem Blutserum
eines 3 Wochen nach dem Ueberstehen der Schweinepest ge-
tödteten Schweines an 30 Schweinen vornahm, ergaben das
Resultat, dass von den 30 Impflingen 18 erkrankten und 9 starben,
nachdem unter die Heerde einige sehr stark mit der Seuche be¬
haftete Schweine gebracht worden waren. 30 nicht geimpfte ge¬
sunde Ferkel, welche am Tage vor der Zuführung der kranken
Thiere mit den Impflingen vereinigt worden waren, gingen
sämmtlich an der Seuche eiD. Es ist demnach anzunehmen, „dass
das Serum die Imflinge gegen Pest, d. b. vor Läsionen des Darms
schützt, und dass in Folge dessen die secundäre Ansteckung mit
dem Septicämiebacillus ausbleibt.“
Verf. will dadurch nicht in Abrede stellen, dass der Bac. suisep-
ticus für sich allein Schweine tödtlich inficiren und unter Um¬
ständen seuchenartige Erkrankungen erzeugen könne. Es sei
dagegen bisher noch nicht nachgewiesen, dass die mörderischen
Schweineseuchen der verschiedensten Länder Europa’s nur durch
den Bac snisepticus veranlasst wurden, alBO reine Septicämien
waren. Die Ansicht des Verf. von dem Zusammenwirken beider
Bacterien zur Erzeugung von Epidemien hat vieles für sich, doch
muss ihre Bestätigung durch andere Forscher noch abgewartet
werden. Die Theorie stützt sich weiterhin auf die u. A. von
Moore und Bang festgestellte Thatsache, dass mit dem Bac.
snisepticus identische virulente Bacillen in den oberen Luftwegen
von gesunden Schweinen Vorkommen. Diese Beobachtungen be¬
weisen aber das Vorkommen des Septicämiebacillus im virulenten
Zustand bei Schweinen ohne eine Krankheit zu verursachen,
ebenso wie die Verimpfung des Bacillus im höchst virulenten Zu¬
stande unfähig ist, Schweine krank zu machen.
Das häufige Vorhandensein des Septicämiebacillus im
gesunden Schwein würde die häufige Complication der Schweine¬
pest mit der Septicämie ohne Schwierigkeit erklären.
Betreffs der Benennung beider Krankheiten bemerkt P., dass
er der Bezeichnung Schweinepest vor den Synonymen Schweine-
Diphtherie und „Hog-cholera“ (Schweinecholera) bevorzuge, weil
unter Diphtherie und Cholera Krankheiten von ganz anderem
Character zu verstehen seien. Man könnte die fragliche Schweine¬
seuche wegen ihrer Aehnlichkeit mit dem abdominalen Typhus
des Menschen eher „Schweine-Typhus“ benennen, doch sei die
Zahl der Synonyme für diese Schweinekrankheiten schon ver¬
wirrend und ärgerlich gross, dass P. keine neuen einführen wolle.
Von den Synonymen, welche für die durch den Bac. septicus
bedingte Krankheit Verwendung finden (Schweineseuche, Schweine-
septicämie, Swine-plague, Infections-Pneumonie, Peumo-Enteritis,
Swine-fever, Pueumo-entörite) findet Verf. die Benennung
„Schweinesepticäraie“ am treffendsten. Denn diese Seuche bietet
das Bild einer septicämischen Infection, bei welcher jede tiefer
greifende Gewebsveränderung, selbst die Pneumonie, fehlen kann
und weiter ist der Erreger der virulenteste MicroorganiBmus der
Septicämiegruppe (Septicaemia haemorrhagica, Hueppe).
Beitrag zar Klärung der Ursache periodischer
AugenentzAndung.
Von M. Knaflitsch, Thierarzt bei der Remonten-Assent-Commission
No. 5.
(Thierftrxtl. Centralbl 1897, n. 2t.)
Verf. kommt auf Grund seiner Erfahrungen bei den Angen¬
untersuchungen von Remontepferden zu der Schlussfolgerung, „dass
ein sehr grosser Procentsatz von Fohlenerblindungen der Ver¬
wendung periodisch erblindeter oder im Erblinden • begriffener
Elternthiere zur Zucht zuzuschreiben sei.“
In acht näher beschriebenen Fällen wird nachgewiesen, dass
die Nachkommenschaft eines mit periodischer Augenentzündung
behafteten Vater- oder Mutterpferdes ebenfalls Veränderungen
infolge dieser Augenkrankheit zeigte.
Hiernach spiele die Vererbung bei Entstehung der periodi¬
schen Augenentzündung eine erhebliche Rolle. Es empfehle sich
dringend, bei der Answahl der Zuchtpferde den Augen eine be¬
sondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und augenkranke Pferde
von der Zucht anszuschliessen. Staatshengste solle man nicht
zum Belegen periodisch erblindeter Stuten hergeben. Allgemein
müsse man alljährlich vor der Deckperiode Hengste und Stuten
mit dem Augenspiegel untersuchen lassen. Für gesunde Stuten
im Privatbesitz sei ein Certificat auszustellen, welches den Namen
des Züchters und das Nationale der Stute enthalte, und nur auf
Vorzeigung dieser Bescheinigung dürfe diese zum Decken durch
einen Staatshengst zugelassen werden.
Cryptogenetlsche Pyosepticaemie beim Pferd.
Professor Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Thierhlkd.,
Bd. VIII, H. 11. — Ein Pferd war plötzlich, nachdem es zwei
Tage im Stall gestanden hatte, von starkem Schüttelfrost und
schwerer allgemeiner Erkrankung befallen worden, wobei sich ge¬
wisse Symptome wie von Rhehe gezeigt hatten. Die Untersuchung
ergab schwere septische Allgemeinerkrankung: Beide Vorder¬
beine wurden allerdings wie bei Rhehe steif gehalten. Bereits
zwei Tage später starb das Pferd.
Obductionsbefund von Dr. Olt: Blutung in der Muskulatur
der Vorderschenkel, Vergrösserung der Körperlymphdrüsen, die
dunkelroth und durchfeuchtet sind. In sämmtlichen Gelenkhöhlen
gelblich-graue, trübe, eitrige Flüssigkeit. Zwischen den Sehnen
und in den Sehnenscheiden der vorderen und hinteren Extremität
ebensolche Flüssigkeit. Die Sehnenscheiden geröthet, getrübt,
mit kleinen Blutungen. Körpermuskulatur grauroth, brüchig,
trübe. Magenschleimhaut geröthet, verdickt. In der Pylorus-
region eine Menge linsen- bis zehnpfennigstückgrosser dunkelrother
Stellen (Blutungen in die Submukosa). Ein ähnlicher Zustand
im Duodenum. In der Dünndarmschleimhaut zahlreiche steck¬
nadelkopfgrosse überragende Knötchen mit rothem Hof und gelb¬
lich grauem Centrum. Theilweise Vergrösserung der Follikel.
Milz vergrös8ert, Stecknadelkopf- bis erbengrosse dunklere Stellen
mit gelblich grauem Centrum enthaltend. In der Leber ganz
ähnliche Knötchen. Zahllose bis erbsengrosse gelbliche Knoten
in den Nieren. Im Herzen zwei halbmondförmige Klappen, am
Ostium aorticum erbsengrosse graue Auflagerungen, am Eodocard
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
68
der linken Herzkammer zwei ähnliche Stellen. Herzfleisch grau-
roth, brüchig. In der Schleimhaut der Nase ähnliche Knötchen
wie in der Darmschleimhant. Am Gehirn keine Veränderungen.
Die Behandlung der Verbrennungen mit Kalium
nitricum und Magnesia usta.
Die Behandlung von Verbrennungen jeden Grades besteht
nach Poggi im Baden im Lösungen von Kalium nitricum und
Bedecken mit Compressen, die in gesättigte Lösungen ein¬
getaucht sind. Das Kalium nitricum wirkt als kühlendes Mittel
bei den Verbrennungen. Bei der Lösung in Wasser bewirkt es
eine Temperatnrerniedrigung um 3,5°. Wenn man eine ver¬
brannte Hand oder einen Fuss in eine Schale mit Wasser hält,
dem einige Löffel Kalium nitricum zugefügt sind, hört der
Schmerz rasch auf. Wenn sich das Wasser nach einiger Zeit
erwärmt hat, kommt der Schmerz wieder, beruhigt sich aber,
wenn man dem Wasser wieder Kalium nitricum zufügt. Ein
zwei bis drei Stunden dauerndes Bad lässt den Schmerz ganz
aufhören und verhindert die Blasenbildung. Dieselbe kühlende
und' antiphlogistische’ Wirkung haben mit Kalium; nitricum-
Lösung getränkte Compressen; sie begünstigen die Vernarbung.
Vergely erhielt ebenfalls sehr gute Resultate bei Verbrennungen
ersten ;und zweiten Grades durch Bedeckung der betroffenen
Theile mit einer dicken Paste aus Magnesia usta und Wasser.
Sobald eingetrocknete Stücke abfallen, werden sie durch neue
Pasten ersetzt. Unter diesem Verband heilen die Wunden ohne
die Pigmentirung der Haut, welche der Luft ausgesetzte Theile
bei Verbrennungen bekommen. (Allg. Med. Centr.-Ztg.)
Ueber Behandlung der Frostbeulen.
Von Prof. Binz.
(Zeitscbr. f. prakt. Aerzte 19/97.)
Verf. hat bei Behandlung der Frostbeulen von folgender
Salbe gute Resultate gesehen:
Rpl Calcar. chlorat. 1,0
N Ungt. Paraffin. 9,0
M. f. Ungt. subtiliss.,
D. i. vitr. fusc.
S. Aeus8erlich.
Davon wird eine erbsen- oder bohnengrosse Menge sanft
etwa fünf Minuten tlang Abends vor dem SchlafeDgehen in die
geröthete und schmerzende Stelle eingerieben, dann ein ein¬
facher Verband, am besten mittels eines schwer durchdringlichen
Stoffes, angelegt und darüber ein Strumpf oder Handschuh
gezogen. Dabei ist zu beachten, dass Chlorkalk durch langes
Lagern oder auch die Salbe durch Zubereitung mit Lanolin oder
Adeps suilli viel Chlor und damit gerade die wirksame Substanz
verliert. Die Salbe soll deshalb mit Ungt. Paraff. bereitet werden
und ist nur dann gut und wirksam, wenn sie stark nach Chlor
riecht. Neben der örtlichen Behandlung muss besonders die
Blutarmuth und Kälteempfindlichkeit bekämpft werden, und Verf.
hat die Erfahrung gemacht, dass man dem Entstehen der Frost¬
beulen Vorbeugen muss. Vor der Jodtinctur und der verdünnten
Salpetersäure, die ebenfalls gegen Frostbeulen wirksam sind, hat
die Chlorkalksalbe den Vorzug, reizlos und höchst bequem in
der Anwendung zu sein. Daneben hat sie Verf. auch einige
Male 'gegen die starke Röthung der Nasenspitze wirksam
gefunden, die bei manchen weiblichen Personen besonders im
Winter und bei scharfen Winden auch im Frühling und Herbst
entsteht und dann Neigung hat zu persistiren. (Allg. Med.
Centr.-Ztg.)
Therapeutische Notizen.
Terpentin bei Verbrennungen.
Nach Dr. Jnnis erleichtert Terpentin bei Verbrennungen
aller drei Grade fast sofort die Schmerzen, und die Verbrennungen
heilen unter dieser Behandlung viel rascher als bei jeder anderen.
Man bedeckt die verbrannte Partie mit einer dünnen Schicht in
gewöhnlichen Terpentin getauchter Watte Die etwaigen Blasen
werden am zweiten oder dritten Tage geöffnet. Man muss nur
beachten, dass das Terpentin nicht mit den gesunden Theilen in
Berührung kommt, wo es sonst die Haut anätzen würde.
(Allg. Med. Centr.-Ztg.)
Xeroform in der Thierheilkunde.
Die Vorzüge, welche das Xeroform bei der chirurgischen Be¬
handlung des Menschen bietet, gelten nach Konhäuser-Wien
auch in der Thierchirurgie. Dieses Pulver übertrifft das Dermatol,
Airol und ist bis jetzt als das geeignetste Ersatzmittel für das
Jodoform zu betrachten. K. benutzte das Mittel bei der Behand¬
lung von Wunden und nässenden Hautkrankheiten in einem
grösseren Pferdebestand. „Nach einer mehrmaligen Anwendung
trat eine auffallende Beschränkung der Secretion und eine rasche
Ausfüllung und Verkleinerung der Wunde durch normale Granu¬
lationsbildung und schnelle Ueberhäutung ein.“ Das Xeroform
hat nur einen schwachen angenehmen Karbolgeruch, der bei der
Anwendung absolut nicht wahrnehmbar ist. Das Pulver ist spe-
cifi8cli leichter als das Jodoform, 1 kg Xeroform hat das
doppelte Volumen des vorgenannten Mittels. Diese Eigenschaft
bietet den Vorzug, dass der Chirurg bei Anwendung des Xero¬
forms weiter reicht als mit der gleichen Gewichtsmenge Jodo¬
forms, besonders da nur eine ganz dünne Schicht des gedachten
Pulvers auf die gut gereinigte Wunde gestreut zu werden braucht.
Ein wesentlicher Vortheil des Xeroforms vor dem Jodoform ist
endlich seine Billigkeit. (Oesterr. Thierärztl. Centialbl.)
Filmogen.
Filmogen, einen von Schiff in die Dermatotherapie ein¬
geführten, nicht in Wasser löslichen Firniss, eine Collodium-
composition, empfiehlt auch Unna wegen seiner Feinheit und
Elasticität. Ohne Beimischung eines farbigen Medicamentes ist
das FilmogenhäutcheD fast unsichtbar. Ein besonderer Vorzug
ist seine Eigenschaft, trotz seiner Unlöslichkeit im Wasser auch
auf feuchten Hautstellen zu haften. Hierdurch eignet es sich
besonders zur Behandlung feuchter, umschriebener Ekzeme und
intertriginöser Flecken. Unna rühmt als wirksam 10 pCt.
Salicylfilmogen gegen nässende Handekzeme nnd 5 pCt. Ichthyol-
filmogen gegen infantilen Intertrigo, weniger Chrysarobin- und
Theerfilmogen gegen psoriatiforrae Eczeme und Psoriasis, wo seine
Wirkung gegen die entsprechenden Collodiumfirnisse zurückstand.
(Dtsch. Med. Woch.)
Asbest als Verbandmaterial.
Reed empfiehlt den Asbest als Verbandmaterial, da derselbe
verschiedene Vorzüge besitzt. Er ist zunächst sehr weich; ferner
ist er auf sehr einfache Weise vollkommen zu sterilisiren; mau
legt die zu benutzende Menge auf eine Platte, giesst etwas
Alkohol hinauf und zündet diesen an, worauf die Sterilisation
fertig ist. Weiter ist die Resorptionsfähigkeit des Asbests viel
stärker als die der Baumwolle. Befeuchtet ist er sehr weich,
absolut reizlos und erzeugt beim Betupfen oder Reinigen von
Wundflächen keine Verletzungen. Man hüllt ihn bei der An¬
wendung zweckmässig in etwas Gaze ein.
Zur Vertilgung der Dauelbeulen.
Zur Vertilgung der Dasselbeulen sind bereits eine grössere
Anzahl von Mitteln empfohlen worden, die, in richtiger Weise
angewandt, den Zweck wohl erreichen lassen. Aus England wird
nunmehr durch die Milchzeitung ein Verfahren bekannt, das
geeignet erscheint, der Dasselfliege Herr zu werden. Man reibt
die Dasselbeulen mit trockenem Salz ein, welches die Larven
tödten soll. Es wird als ein Vorzug gerühmt, dass die Ent-
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10 Februar 1.-98 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Zündung, welche bei anderen Mitteln znr Tödtnng der Larven
beobachtet worden ist, hier nicht eintreten soll. Es dürfte sich
empfehlen, mit diesem einfachen Mittel Versuche anzustellen.
Ueber das Melanosarcom.
Von Prof. Nibbert.
(Ziogler’a Beitrüge z. pathol. Aoat. u. allg. Pathol.)
Der Verf. ist nach einem Referat in der Münchener
Medicinischen Wochenschrift zu der Ansicht gekommen, dass
sowohl die Melanome der Chorioidea des Auges, wie die von der
Haut ausgehenden Melanosarcome ihrer Abkunft nach Chromato-
phorome, Pigmentzellengeschwülste, sind. Desgleichen sind
ihre Metastasen nur Metastasen von geschwulstmässig wuchern¬
den Pigmentzellen. Dabei kann der ursprüngliche Charakter der
Chromatophoren mehr oder weniger vollständig verloren gehen,
einmal infolge von Contractionsbildern dieser Elemente, wobei
die bekannten Ausläufer der Pigmentzellen verschwinden und
grössere, mit scholligem Pigment beladene, daher auch scheinbar
kernlose und runde Gebilde erscheinen, andererseits durch unvoll¬
ständige Ausbildung der neuen Geschwulstzellen, welche Spindel-
und Kugelform annehmen, Riesenzellen bilden und Alveolar-
sarcome Vortäuschen können. Die Naevizellen, welche Unna vom
Epithel abstammen lässt, sind auch nichts Anderes als solche
von Chromatophoren ausgehende Zellneubildungen, welche den
Typus der Mutterzelle nicht mehr wiedergeben. Nibbert betont
wieder seinen Standpunkt in der Erklärung des Zustandekommens
der Geschwülste, ohne jedoch direct neue Beweise beizubringen.
Allgemeine Melanosarcomatose:
Seit Februar zeigte ein zehnjähriger Schimmelwallach an der
rechten Seite des Widerrists eine Flächenanschwellung, die schnell
und stark wuchs. Das muntere Thier magerte schnell ab,
während es im Hinterleibe an Umfang zunahm. Er starb am
13. April. Die Widerristgeschwulst präsentirte sich als ein
Melanosarkom, das zwischen Rippen und Schulterblatt vom Wider¬
rist bis zum Buggelenk herabreichte und eine Anzahl kleinerer
und grösserer Cysten enthielt. Aus Brust- und Bauchhöhle ent¬
leerten sich 16 1 schmutzig dnnkelrother Flüssigheit. Sämmtliche
Organe beider Höhlen waren von schwarzen haselnuss- bis manns¬
kopfgrossen Knoten durchsetzt, die im Innern mehr oder weniger
Cysten enthielten. Die linke Niere um das Doppelte vergrössert,
mit einer fanstgrossen Schwarzgeschwulst; die rechte Niere in
eine sackartige Cyste umgewandelt; auch Gekrösdrüsen und
Zwerchfell mit Melanomen durchsetzt. Die Milz, in eine unförm¬
liche Masse umgewandelt, wog nicht weniger als 33 k, war 1 ra
lang, 60 cm breit und bis 30 cm dick. Da man die Geschwulst
am Widerrist für die primäre halten darf, so ist die Generali-
sation in auffallend kurzer Zeit erfolgt.
Allgemeine Melanose.
Ein Scbimmelwallach zeigte folgenden ganz ungewöhnlichen
Grad von Melanose. Die Milz war 92 cm lang, 43 breit und
14 dick; sie wog 25 Pfund. Milzkapsel hüglig, straff gespannt
und schwarz. Milzgewebe gänzlich untergegangen und darin Pig¬
menthaufen bis zur Mannsfaustgrösse eingelagert, die sich
knorpelähnlich hart schnitten. Leber ebenfalls stark vergrössert
und hart. Unter der Serosa überall oberflächlich eingebette un¬
zählige Pigmentkügelchen. Bauchspeicheldrüse und Darm nicht
verändert. Sämmtliche Halslymphdrüsen, die Bugdrüsen, die sub-
maxillaren Lymphdrüsen, die Ohrspeicheldrüsen sehr stark ver¬
grössert,^ von speckiger Consistenz und durchweg pigmentirt.
Auf der rechten Hemisphäre in der Dura mater ein pilzartiges
Pigmentgebilde von Erbsengrösse. Ueber dem rechten Augen¬
bogen ein gänseeigi'osses Melanom, an welchem eine Operation
vorgenommen war. Zeitschr. f. Veterinärkunde.
Melanosarcomatose als Ursache von Knochenbrüchigkeit.
Ein Pferd war im April plötzlich lahm geworden und hatte
sich Mitte Mai einen Beckenbruch zugezogen. Die Section klärte
die Aetiologie in überraschender Weise auf. Das Pferd, ein
brauner Wallach, litt an generalisirter Melanosarcomatose mit
Metastase im Knochenmark und speciell im linken Darmbein
sowie in der benachbarten Musculatur (ausserdem in den Bauch-
lymphdrüsen, Milz, Nieren, Lungen, beiden Stirn- und Kiefer¬
höhlen und in der rechten Nasenmuschel). Am Becken fanden sich
zwei Fracturen, eine ältere, die die Lahmheit im April bedingt
hatte, und eine frische an der linken Darmbeinsäule; ausserdem
waren zwei Rippen gebrochen. Das Knochenmark und die
Knochensubstanz des Darmbeins war von blutigen weichen Ge¬
schwulstmassen durchsetzt. Auch das Periost war von Sarcom-
zellen durchsetzt. Unzweifelhaft hatten die Melanosarcome den
Grund zu den Knochenbrüchen gegeben. (Prof. Fröhner, Mtsh.
f. Th. Bd. VIII, H. 11). _
Tagesgeschichte.
t
Am 20. Januar er. starb nach kurzem Erkranktsein an Me¬
ningitis der Hof- und Kreisthierarzt Medicinalassessor Heinrich
Lies zu Braunschweig.
Geboren am 2. Februar 1840 zu Bodenstedt, bereitete der¬
selbe sich in seinem Heimathsorte und in der Stadt Braunschweig
für das Studium der Thiermedicin vor und absolvirte dann die
Thierarzneischulen in Berlin und Hannover, woselbst er nicht
nur mit Eifer dem Fachstudium oblag, sondern auch nebenbei noch
an der Vervollkommnung seiner allgemeinen Bildung arbeitete.
Im Jahre 1860 bestand Lies vor dem herzoglichen Ober-Sanitäts-
Collegium zu Braunschweig, welcher Behörde er später vom
1. Mai 1877 bis zu seinem Tode als ausserordentliches Mitglied
angehörte, sein Staatsexamen als Thierarzt. Nachdem derselbe
1860/61 seiner Militärpflicht als Einjähriger bei der Artillerie
genügt hatte, practicirte er zuerst in Langesheim, dann in Börs-
sum, um sich darauf dauernd in der Stadt Brannschweig nieder¬
zulassen. 1877 wurde der Verstorbene zum Hofthierarzt ernannt,
nachdem er mit der Ausübung der thierärztlichen Functionen am
Marstalle bereits seit October 1866 betraut gewesen war. 1883
wurde er difinitiv zum Kreisthierarzt des Kreises Brannschweig
ernannt und erhielt 1895 von S. K. H. dem Regenten den Titel
Medicinalassessor. Der Verstorbene war Inhaber des Ritter¬
kreuzes 2. Classe des Ordens Heinrichs des Löwen.
Lies war ein begeisterter Anhänger seines Berufes und be¬
ständig bestrebt, sich auf der Höhe der Wissenschaft zu erhalten.
Noch als practischer Thierarzt besuchte er Vorlesungen über
Chemie an der Polytechnischen Hochschule und noch kurz vor
seinem Tode begann er ein Repetitorium der Physik. Sein Lieb¬
lingsfach war von jeher die Botanik. L. war einer der be¬
deutendsten Kenner der Braunschweigischen Flora. Seine gründ¬
liche Kenntniss der Anatomie qualificirte ihn zum geschickten
Operateur, der vor keinem Eingriff zurückscheute. Trotz ge¬
schäftlicher Ueberbürdung fand der Verstorbene noch Zeit durch
kleinere Abhandlungen und casuistische Mittheilungen literarisch
thätig zu sein.
Seine Tüchtigkeit im Allgemeinen und sein sicheres Auf¬
treten verschafften dem Abgeschiedenen die Gunst des Publicums
und seine ausgebreitete Praxis. Schon durch sein gewinnendes
und aristokratisches Aeussere verstand er jedermann zu imponiren.
Im Verkehr mitCollegen war Lies liebenswürdig, offen und auf¬
richtig; den jüngeren Collegen gegenüber war er allzeit ein treuer,
väterlicher Berather und Schützer, überall suchte er ihnen die
Wege zur Praxis zu ebnen. Nichts verabscheute der Verstorbene
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 6.
mehr als Intriguen und Cliquenwesen. Alles Strebertlmm war
ihm zuwider. Meisterlich verstand er es Leuten, die gewohnt
sind Ober den thierärztlichen Stand die Nase zu rümpfen, heim¬
zuleuchten. Die Hochhaltung der Standesehre und Collegialität
lagen L. ganz besonders am Herzen. Zn diesem Zwecke gründete
er im Jahre 1874 mit einer kleinen Schaar Gleichgesinnter den
Thierärztlichen Verein im Herzogthum Braunschweig, in welchem
er lange Jahre den Vorsitz führte und welcher trotz wider¬
strebender Elemente zu lebensfrischer Existenz sich entwickelt hat.
Des Gründers Heimgang ist ein grosser, unersetzbarer Verlust
für den Verein und die Thierärzte des Herzogthums. Die Wür¬
digung als Delegirter des Vereins im Deutschen Veterinärrath
hat sich der zeitige Vorsitzende des letzteren Vorbehalten.
Als Beamter war der Heimgegangene im hohen Masse pflicht¬
treu und unparteiisch und genoss als solcher Liebe und das Ver¬
trauen seiner Vorgesetzen und aller derer, mit welchen er amt¬
lich in Berührung kam.
Fassen wir kurz zusammen, was den Dahingeschiedenen vor
Vielen auszeichnete: Er war von makelloser Moral, ausser-
gewöhnlicher Begabung, tief empfindendem Gemüth und besass
im hohem Masse die Fähigkeit jedem Dinge die ideale Seite ab¬
zugewinnen.
Die grosse Zahl der Leidtragenden von nahe und fern,
welche dem von vier Pferden des fürstlichen Marstalls gezogenen
Sarge des Verewigten folgte, legte Zeugniss ab für die allge¬
meine Verehrung unseres verstorbenen Collegen und aus aller
Herzen gesprochen waren die aus geweihtem Munde ihm in die
Gruft hinabgerufenen Worte:
„Der Verstorbene war ein Charakter!“
Sein Andenken wird fortleben bei allen, welche ihm nahe
standen.
Im Namen des Thierärztlichen Vereins im Herzogthum 1 :
Braunschweig: Saake.
Eine Massregel
gegen die preussischen thierärztlichen Vereine.
Die Brandenburger Kreisthierärzte haben die behördliche
Anweisung erhalten, aus solchen thierärztlichen Vereinen aus¬
zutreten, in deren Statuten sich Bestimmungen über einen Ehren¬
rath befinden, durch den der beamtete Thierarzt ähnlich wie im
Disciplinarverfahren der Staatsbehörde gemassregelt werden
kann. Jedenfalls ist allen Regierungen eine entsprechende
Weisung zugegangen. Die Angelegenheit, sowie ihre Veranlassung
ist daher eine öffentliche geworden, über deren principielle Be¬
deutung Niemand im Zweifel sein kanD.
Die Frage, welche Mittel den Behörden zur Verfügung
stehen, um Beamten die Zugehörigkeit zu nicht politischen Ver¬
einen zu verbieten, darf hierumsomehrunerörtert beiben,als siejeden-
falls bei vorliegender Angelegenheit nicht praktisch werden kann.
Das aber ist nicht zweifelhaft, dass der Austritt der be¬
amteten Thierärzte aus den betroffenen Vereinen — und die
meisten Vereine haben ein Ehrenrathsstatut, wenn es auch viel¬
leicht noch nie iormell angewendet worden ist — die Sprengung
der Vereinsorganisation bedeuten würde. Es handelt sich also
um eine sehr ernste Angelegenheit für die Vereine und für den
ganzen Stand.
Denn das darf bei dieser Gelegenheit wohl ausgesprochen
werden, dass abgesehen von dem Seuchengesetz, der Schöpfung
Marcard’s, die allerdings zum mächtigsten Grundpfeiler der thier¬
ärztlichen Stellung geworden ist, fast alle Verbesserungen dieser
Stellung durch die Thätigkeit der Vereine herbeigeführt oder
wesentlich vorbereitet worden sind. Von selbst, sozusagen, in
den Schoss gefallen, ist den Thierärzten blutwenig.
Die Vereinsorganisation ist also der eigentliche Lebensbaum
des thierärztlichen Standes, für deren Erhaltung wir daher
gegebenen Falls Alles thun müssen, wasanstündigerweise möglich ist.
Nun könnten ja zur Zeit die beamteten Thierärzte aus den
allgemeinen Vereinen austreten und eigene Vereine bilden.
Aber dies wäre nicht minder eine Zerstörung, nur eben hinter
den Coulissen. Denn ein Zerfallen der Vereine in Berufsgruppen
muss nothwendigerweise über kurz oder lang zum Verlust des
Zusammenhangsgefühls und zur Auflösung des Gesammtstandes
fuhren, der — schon an sich nicht sehr stark in Folge der geringen
Zahl seiner Angehörigen — nur bei innigem Anschluss,
bei hochentwickeltem Corpsgeist aller seiner Mitglieder für sich
auch zukünftig etwas schaffen und durchsetzen kann — Alle für
Einen, Einer für Alle. Reine Beamtenvereine würden, auch ab¬
gesehen von der Behandlung technischer Fragen, keine freie Beweg¬
lichkeit haben.
Den beamteten Thierärzten muss daher unbedingt die
Möglichkeit erhalten bleiben, den allgemeinen thierärztlichen Ver¬
einen anzugehören. Letztere werden daher nichts weiter thun
können, als unverzüglich die Voraussetzungen, unter welchen das
Ministerium den Austritt verlangt, zu beseitigen, indem sie ihre
Ehrenrathsstatuten ändern oder fallen lassen.
Sie können dies auch um so eher thun, als einerseits die
Ehrenraths-Einrichtung m. A. n. keine Lebensbedingung für die
Vereine ist und als andrerseits bei ruhiger Ueberlegung das Vor¬
gehen des Ministeriums weder unberechtigt noch rigoros gefunden
werden kann.
Auf die Erörterung dieses letzteren Punktes kommt es
natürlich in erster Linie an, um eine allgemein objective Be-
urtheilung des ganzen Vorganges zu sichern. Es ist dazu eine
Erwähnung des ursächlichen Vorganges unvermeidlich. Der
Departementsthierarzt Dr. Ulrich war mit dem beim schlesischen
Verein bestehenden Ehrenrath in einen Conflict gerathen,
den der Regierungspräsident von Breslau weiter verfolgt hat.
Den Conflicts- Anlass hatte die Beschwerde eines Collegen geboten,
welche wieder in dienstlichen Begebenheiten wurzelte.
Das Ministerium dürfte nun es für unthunlich ansehen, dass
dienstliche Vorgänge, mögen sie zu missbilligen sein oder nicht,
einer formellen privaten Be- und Aburtheilung, z. B. durch ein
aus Wahl hervorgegangenes Ehrengericht, unterworfen werden.
Es mag wahrscheinlich auch die Ansicht bestehen, dass dienstliche
und private Handlungen sehr schwer zu trennen sind und dass
es zur Vermeidung von Schwierigkeiten überhaupt nicht thunlick
ist, Beamte einem ausserhalb der Beamtenorganisation stehenden
Ehrengericht zu unterwerfen.
Diesem Standpunkt kann man die Berechtigung nicht ab¬
sprechen. Es ist ganz derselbe, wie ihn das Cultusministerium
gegenüber der von ihm anerkannten ärztlichen Standesorganisation
einnimmt. Um unsere Angelegenheit sine ira et Studio zu
erläutern, ist es vielleicht gut, auf die Behandlung dieser Frage im
ärztlichen Stande näher einzugehen.
Der Medicinalreform bezw. der vom Cultusministerium eifrig
geförderten Durchführung einer Standesorganisation bereitet näm¬
lich auch gerade die ärztliche Ehrengerichtsfrage entscheidende
Hindernisse. Da es sich hier um eine staatliche Anerkennung
und dementsprechende Reglementirung handelt, zeigte diese In¬
stitution sofort all’ ihre heiklen Seiten und Schwierigkeiten.
Den thierärztlichen Vereinen, welche sich freie Ehrengerichte
geschaffen hatten, waren diese Schwierigkeiten nur desshalb ent¬
gangen, weil die Ehrengerichte bisher so gut wie nie formell
functionirt haben.
Der im Cultusministerium aufgestellte Gesetzentwurf betr.
ärztliche Ehrengerichte schliesst nämlich im § 2 beamtete und
Militärärzte ausdrücklich von der Unterstellung unter die Ekren-
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10. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTL1CBE WOCHENSCHRIFT.
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gerichte aus. Darauf batten eine Anzahl Aerztekammern bean-
tragt, dass diese Beamten mindestens hinsichtlich ihrer privat-
ärztlichen Thätigkeit den Ehrengerichten unterstellt würden.
Hierauf hat der Herr Cultusminister in einem Erlass er¬
widert, er bemerke im Einverständniss mit den betheiligten Herrn
Re88ortchefs ein für alle Mal, dass diesen Anträgen nicht ent¬
sprochen werden könne. Man verkenne die Art, den Umfang,
sowie die unerlässlich nothwendige Einheit und Aus¬
schliesslichkeit der staatlichen Disciplinargewalt.
Andere Aerztekammern hatten beantragt, in den § 2 wenigstens
eine Bestimmung einzufügen, wonach das Ehrengericht das Recht
haben sollte, wenn von einem beamteten Arzt Thatsachen bekannt
würden, die für einen anderen Arzt ein ehrengerichtliches Ver¬
fahren zur Folge hatten, dies der Vorgesetzten Dienstbehörde des
Arztes officiell zur weiteren Veranlassung mitzutheilen und von
dieser s. Z. über den Ausgang benachrichtigt zu werden. Der
Herr Cultusminister hat diesen geantwortet, dass er unter Bezug¬
nahme auf einen Runderlass vom 10. April 1893 auch diese Be¬
stimmung für unthunlich erachte.
Man sieht aus diesen in Verbindung mit anderen Ressort¬
chefs getroffenen Entscheidungen des Cultusministers, dass es
sich hier um ein vom Staatsministerium unterschiedslos allen
Ständen gegenüber gewahrtes Princip handelt, wonach Beamte
Standesehrengerichten nicht unterworfen werden können.
Es kann daher weder Anfremden noch überraschen, sondern
es ist eine selbstverständliche Consequenz jenes Princips wenn
der Herr Landwirtbschaftsminister die vorliegende Verfügung
getroffen hat, sobald er durch einen ersten Fall von der Existenz
unserer Ehrengerichte Kenntniss erhalten hatte.
Selbstverständlich sind Ehrengerichte allein für die nicht¬
beamteten Mitglieder eines Berufes werthlos und unmöglich. Mit
zweierlei Maass kann man Collegen nicht messen. Desshalb lehnen
auch die Aerztekammern den Gesetzentwurf betr. Ehrengerichte
ab (woran z. Z. die ganze Medicinalreform scheitert). Und
desshalb werden auch die thierfirztlichen Vereine gut thun, ihre
Ehrenräthe einfach fallen zu lassen.
Obwohl ich selbst vor ca. 13 Jahren im Hannoverschen
Verein die ersten Ehrenrathsstatuten mit entworfen habe,
bin ich persönlich zu der Ansicht gelangt, dass diese
Institution für uns einen sehr bedingten Werth hat. Unparteiische,
rücksichtslose Inangriffnahme aller Angelegenheiten, die ein Ver¬
fahren rechtfertigen würden, ist sehr schwierig. Wie oft sind
dann Ehrengerichte in Thätigkeit getreten, obwohl es an zahl¬
reichen Anlässen doch in keinem Stande zu fehlen pflegt? Vor
allem fehlen uns die Mittel wirklich zu strafen und den Stand
von unwürdigen Elementen zu befreien. Letzteres ist aber die
eigentliche Aufgabe und der wesentliche Nutzen der Ehren¬
gerichte, da wo sie bestehen. Handelt es sich um einen an¬
ständigen Menschen, der einmal einen Fehler macht, so werden die
Mahnungen angesehener Collegen ebensoviel helfen, als die eines
Ehrenraths. Gesetzt den Fall aber, ein Mensch ohne Ehrgefühl
schädigt durch sein Verhalten, z. B. in der Praxis die Standesehre.
Man weist ihn aus dem Verein. Er geht hin und lacht und treibt es
wie zuvor; Thierarzt bleibt er ja. Würde man ihn cum infamia
ans dem Verein ausstossen, so könnte der Verein noch eine
Beleidigungsklage gewärtigen. Wo also bleibt die dem Stande
nützliche Wirkung?
Das natürlich muss jede Gesellschaft, die etwas auf sich hält,
in Anspruch nehmen, dass sie das Recht der Zugehörigkeit zu
ihr (Aufnahme als Vereinsmitglied) an Bedingungen knüpft und
dass unter gewissen Bedingungen ein Erlöschen dieses Rechts
eintritt Hierbei kann selbstverständlich Beamten keine Aus¬
nahmestellung eingeräumt werden. Jede Ressource hat ihre
Ballotage und eine Streichung aus der Mitgliederliste ist weder
eine Ehrverletzung noch eine Massregelung „ähnlich dem Disci-
plinarverfahren der Staatsbehörden“. Dieses Recht, ihre Mit¬
glieder sich auszuwählen, kann man daher auch den thierärzt¬
lichen Vereinen nicht verkümmern. Um aber jemanden, der sich
allgemein missliebig gemacht hat, zum Austritt aus einem privaten
Verein zu bringen, dazu braucht man keinen ehrengerichtlichen
Apparat, sondern es giebt einfache und geräuschlose Mittel.
Ich würde es bei der gegenwärtigen Sachlage für das Rath-
samste halten, wenn die Vereinsvorstände ihre beamteten Vereins¬
mitglieder sogleich benachrichtigten, dass die betr. Ehrenraths¬
statuten vom Vorstand ausser Kraft gesetzt sind und dass die
nächste Vereinsversammlung den Antrag auf Aufhebung derselben
berathen wird. Eine solche vorläufige Maassregel scheint uotb-
wendig, weil die beamteten Thierärzte jedenfalls binnen kürzerer
Frist ihrer Vorgesetzten Behörde eine Erklärung werden über¬
senden müssen. Schmaltz.
Neue Stellen.
In der B. T. W. war die im Etat vorgesehene Errichtung
eines neuen Extraordinariates in Halle mitgetheilt und daran
die Bemerkung geknüpft worden, dass es sich anscheinend uni
eine Erweiterung des thierSrztlichen Unterrichts handle. Wie
von zuständiger Seite mitgetheilt wird, ist jedoch eine Ver¬
änderung des Unterrichtes in diesem Sinne nicht geplant. Es
handelt sich vielmehr einfach um eine zur Entlastung des Herrn
Prof. Pütz bestimmte „Ersatz“-Professur. Das nach Halle ver¬
legte und der Aufsicht des Herrn Prof. Pütz unterstellte Lungen¬
seuche-Impfinstitut hat mit einer grossen Schwierigkeit zu
kämpfen. Die Lungenseuche ist zur Zeit (erfreulicherweise) auf
ein sehr kleines Gebiet im Magdeburgischen eingeschränkt, wo
man überdies jetzt sehr energisch mit Abschlachtungeu vorgeht.
Unter diesen Umständen ist die Beschaffung von Impfmaterial
für die Erzeugung von Lymphe bei den aufgestellten Rindern bis¬
her unmöglich geblieben..
Auch die Mittheilung in No. 2 der B. T. W., dass Gestüts¬
thierarzt Dr. Uebele als Assessor in das Kgl. Württembergische
Medicinalcollegium zu Stuttgart berufen sei, bedarf einer näheren
Erläuterung insofern, als Dr. Uebele nicht in eine definitive
Assessorstelle eingerückt ist, sondern nur auf einige Jahre als
Hülfsarbeiter zur Unterstützung des thierärztlichen Mitgliedes
des Collegiums eingestellt worden ist.
Das Hecker’sche Verfahren.
Nach dem Protokoll der Sitzung der Brandenburgischen
Landwirthschaftskammer vom 18. December ist mittheilens-
werth, dass diese um die Realisirung des Lorenz’sehen Ver¬
fahrens schon so sehr verdiente Kammer seit dem vorigen Herbst
auch das Hecker’sche Verfahren der Immunisirung gegen Maul¬
und Klauenseuche erproben lässt. Die Versuche, heisst es, sind
erfolgversprechend ausgefallen und werden in erweitertem Um¬
fange fortgesetzt Leiter derselben ist der schon durch mehrere
gründliche practische Arbeiten auf dem Gebiet der Thierseuchen
bekannte Kreisthierarzt Graffunder-Landsberg.
Ausschluss des dänisohen tuberculösen Viehes vom deutschen Markt.
Es ist eine nicht allein bei uns bekannte, sondern auch im
Auslande anerkannte Thatsache, dass Dänemark diejenigen
Rinder, deren Beseitigung mit Rücksicht auf ermittelten Tuber-
culose-Verdacht wünschenswerth erschien, nach Deutschland ab¬
zuschieben pflegte, und dass die Durchführung der von Bang
aufgestellten trefflichen Regeln zur allmähligen Tilgung der
Tnberculose für Dänemark dadurch wesentlich erleichtert
worden ist.
Diese Rinder kamen bekanntlich in Deutschland zwar nicht
in den freien Verkehr, sondern wurden, nachdem mittelst Tuber-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 6.
culin ihre Verdächtigkeit festgestellt war, abgeschlachtet, immer¬
hin also in Deutschland consumirt.
Auch in dieser Beziehung wird aber jetzt eine wirksame und
dankenswertbe Abhülfe geschaffen. Nach Erklärung des preussi-
schen Herrn Landwirthschaftsministers in der Sitzung des Ab¬
geordnetenhauses vom 29. Januar hat das preussische Staats-
ministeriam beim Bundesrath den Antrag gestellt:
„Der Bundesrath wolle erstens die Zurücksendung der in
den Quarantäneanstalten auf die Tuberculinimpfung reagirenden
Thiere, d. h. der tuberculosevcrdächtigen Thiere,
zweitens den Schlachtzwang aller übrigen, d. b. der nicht
reagirenden Thiere in öffentlichen Schlachthäusern beschlossen,
drittens die Einfuhr auf dem Landwege über Höidding auf
magere Ochsen im Alter von nicht mehr als vier Jahren be¬
schränken“.*)
Thierseuchen In Argentinien.
In Argentinien erregt jetzt bekanntlich eine Thierseuche, die
dort mit dem Namen Tristeza belegt wird, grosses Aufsehen.
Auch die deutsche Regierung hat diesem Umstande bereits Auf¬
merksamkeit zugewandt. Weiter noch ist Frankreich gegangen,
indem man von dort eigens einen Gelehrten, den bekannten Pro¬
fessor Cadiot aus Alfort, zur Erforschung der Seuche hinüber¬
gesandt hat. Dem Vernehmen nach wird sich im Frühjahr Herr
Nocard selbst nach Argentinien begeben.
Vernichtung des Centrifugensohlammes.
Zur Verhütung der Verbreitung der Maul- und Klauenseuche
ist im Reg.-Bez. Königsberg uuterm 31. Januar d. J. in allen
Molkereien die Vernichtung des Centrifugenschiammes sofort nach
dessen Herausnahme durch Verbrennen angeordnet worden. Auch
das Spülwasser, mit welchem die Centrifuge nach Herausnahme
des Schlammes gereinigt wird, ist durch Vergraben oder in anderer
Weise dergestalt unschädlich zu beseitigen, dass dasselbe dem
Vieh nicht zugänglich ist. Den beamteten Thierärzten uni Orts-
Polizeibehörden ist zwecks strenger Ueberwachung der Befolgung
dieser Vorschriften der Zutritt zu den betr. Räumlichkeiten in
den Molkereien jederzeit zu gestatten.
Eine dem Sinne nach gleichlautende Verordnung ist unterm
14. Januar d. J. für den Reg.-Bez. Bromberg erlassen worden.
Die Coblenzer OfTerte.
In No. 1 der B. T. W. war gegen die Art und Weise
Einspruch erhoben worden, wie mau die Neubesetzung der
Schlachthausdirectorstelle zu Coblenz ausgeschrieben hatte. Man
hätte dabei auf die Vermuthung kommen können, dass da$ dort
ausgesprochene Verbot der Annahme von Geschenken u. dergl.
auf irgend welche Vorkommnisse sich gründete. Es liegt daher
im Interesse des früheren Stellen-Inhabers, festzustellen, dass die¬
selbe Formel der Ausschreibung schon früher beliebt worden ist,
was damals der öffentlichen Aufmerksamkeit entgangen war.
Personalien.
Auszeichnungen : Der Sectionsrath S p e r k, Referent für das
Veterinärwesen im Ministerium des Innern in Wien, ist zum
Ministerialrath ernannt worden.
Dem Oberrossarzt a. D. Bachholz in Königsberg i. Pr. wurde
der Kgl. Kronenorden IV. Klasse verlieben.
Ernennungen. Es ist gewählt worden: Tbierarzt Bittner-
Oranienburg zum Schlachthofinspector in Neustrelitz.
Approbationen. Berlin: Die Herren Joh. Hansen, Reinhold
Gross, Friedrich Franke, Hermann Kurtzwig, Waldemar
Heyne, Lorentz Knudsen, Paul Morgenstern.
*) So ganz „naiv“ wie ein verehrter College meinte, war demnach
die von mir in Cassel in diesem Sinne gemachte Bemerkung also
wohl doch nicht. Schmaltz.
Wohisitzveränderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Thier¬
arzt Schütte- Berlin nach Rixdorf, Thierarzt G. R o 11 k e - Forst
nach Teterow (Mecklbg.), Thierarzt Rauer Neustrelitz nach Hohn-
stein (Sächs. Schweiz). — Thierarzt W. H u t h - Berlin hat sich in
Senftenberg (Lausitz) niedergelassen.
In der Armee. Preussen: Rossarzt Pato im Trainbat. No.5
ist zum Remontedepot-Oberrossarzt ernannt worden. — Befördert
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte der Re¬
serve Eberbach, Glassner, Harder, Sommermeyer,
Schub arth, Häder, Frede, Voss, Dexheimer, Mahlen-
dorf, Stödter; desgl. die Unterrossärzte der Landwehr Sturm,
Sonnewald, Wagner. — Bayern: Befördert zu Veterinären
II. Kl. die Unterveterinäre K. Bertel mann in 2. Chev.-Regt und
Fr. Dorn im 4. Chev.-Regt. — Befördert zum Veterinär II. Kl. der
Reserve der Unterveterinär H. Westermann. —
Die Oberrossärzte Weishaupt im Drag.-Regt. No. 19 und
Engel im Art-Regt No. 5 sowie der Rossarzt Hummel vom
Trainbat. No. 16 auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand
versetzt worden. — Dem Rossarzt a. D. P e s c h k e ist der Charakter
als Oberrossarzt verliehen worden.
Todesfälle: Thierarzt Blittersdorf in Barsch, Thierarzt Prevor
in Berlin, Schlachthausinspector, H. R i s s 1 i n g in Bernburg, Thiev-
arzt W. Boelke in Strehla (Elbe), Thierarzt G. Born in Berlin.
Vacanzen.
Krelstklerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und
Landkreis) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig.
— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (600 M.
und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
Sanitätsthierarztstsllen: a)NeuausgeschriebeneStellen:
Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie Wohnung,
Heizung und Gartenbenutzung). Bew. bis 18. Febr. an Magistrat —
Filehne: Schlachthofinspector zum 1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an
Magistrat — Ibbenbüren: Schlachthausverwalter zum 1. Juni 1898
(1260 M. und freie Wohnung). Bew. an den Amtmann. — Finster¬
walde: Schlachthofdirector (1500 M., freie Wohnung und Heizung.
Privatpraxis im Stadtbezirk gestattet). Bew. bis 15 Febr. an Magistrat.
— Schmalkalden: Schlachthofinspector (1800 —2100 M., freie
Wohnung, Heizung, Beleuchtung. Nebeneinnahmen ca. 300 M. Privat¬
praxis gestattet). Bew. an Bürgermeister.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Dran gfurt
— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat. — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher.
— Schwarzenau: (800 M.für Fleischschau). Näheres Magistrat.
— Waldbröl: (ca. 1020 M.ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-Boitzenburg.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskuuft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof;. — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe). — Pritzwalk.
Besetzt: Privatstelle Hohnstein.
Für das anatomische Institut
der Thierärztlichen Hochschule bedarf ich eines, wenn möglich
alten, Ebers zur Aufstellung des Sceletts etc. An die Herren
Collegen, welche nicht allzuweit von Berlin wohnen, richte ich
die Bitte, falls im Bereich ihrer Praxis ein geeignetes Exemplar
stirbt, die möglichst sofortige Zusendung des Cadavers (wenn
möglich unsecirt, jedenfalls mit intactem Scelett und Urogenital¬
apparat) an das anatomische Institut als Eilfracht zu veranlassen.
Die Rechnung über Entschädigung für das Cadaver, die Ver¬
packung, Packerlohn etc. würde beizufügen und die Sendung un-
frankirt zu lassen sein. Es würde mir dadurch ein sehr grosser
Gefallen erwiesen. Schmaltz.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. In«eratenthell) Prot Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard Schoeto in Berlin. — Druck von W. Bttxenstein, Berlin.
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Dia „Berliner ThlerftraUlche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln SUrke yon mindestens 1'/« Bogen. Dieselbe
Ist su beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Bichara
ächoets, Berlin NW., Laisenstrasae S6, zum Preise yon
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 7 . Ausgegeben am 17. Februar.
Berliner
Origtnalbeltrige werden mit SO lk. für den Bogen honorirl
Alle Manuscripte, Mittheilungen and redacllonellen An¬
fragen beliebe man su senden an Prof. I)r. Schmaitz,
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luiaenatras.e 06.
Correeturen, Itecenalona-Kxcmplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Inhalt: Kaiser: Beilungeines grossen Bauchbruchs durch zweckmässig angelegte Bruchbandagen —
Sohmey: Gluto 1 D r. Schleich. — Haase: Geburtshilfliches. — Teetz und Ehlers: MittheilungenausderPraxis
— Referate: Kitt: Die Streptothrixform des Rothlaufbacillus. — Fröhner: Geteilte Armbeinbrüche beim Pferd. — Peters:
Serumbehandlung der Hog Cholera (Schweinepest). — Hutcheon: Influenza bei Pferden. — Villaret: Das Heilserum im
Lichte der Statistik. — Monroe: Die Antiseptik mittels Wassers und Seife. — Fraser: Uebcr die Galle der Schlangen und
anderer Thiere als Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit des Schlangengiftes bei Verabreichung per os. —
A 1 b a n i: Fluorescin zur Diagnose des Todes. — Hart: Morphologie und Entwicklung der Vagina. — Tagesgeschichte:
Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik
und Veterinärpolizei. — Gerichtsentscheidungen in GebUhrensachen. — Personalien. — Vacanzen.
Heilung eines grossen Bauchbruchs
durch zweckmässig angelegte Bruchbandagen.
Von
Kalser-Osterburg.
Thltrzrxt.
Am 3. October 1897 wurde ich zu einem werthvollen Pferde
des Rittergutes Krumke bei Osterbarg gerufen, bei dem sich
während der Nacht eine grosse Geschwulst in der rechten Flanken¬
gegend gebildet haben sollte.
hin. Die Schwellung nahm Fingereindrücke an. Verletzungen der
Hant waren nicht nachznweisen.
Nach der Beschaffenheit der Geschwulst war mit Bestimmt¬
heit anzunehmen, dass dieselbe schon länger bestanden haben
musste, was, da sich der fragliche Patient mit noch sechs Gleich¬
altrigen in ein and demselben Stalle befand und die Pflege
allein nur einem nicht allzu diensteifrigen Wärter übertragen
war, trotz des Widerspruchs dieses einleuchten musste.
Da sich die Geschwulst verhältnissmässig hart anfühlte und
befindet sich eine Geschwnlst, die sich, in der halben Höhe des
Bauches beginnend, nach hinten bis auf den ganzen Schlauch,
nach unten zn etwas über die linea alba hinweg und nach vorn
bis zur Ellenbogen-Gegend erstreckte. Die Geschwulst setzte sich
scharf und zwar handbreit hoch von den gesunden Körpertheilen
ab, fühlte sich heiss an und verursachte dem Pferde auch auf den
leisesten Druck die heftigsten Schmerzen. Der Schmerz verlor
sich, vom Centrnm der Geschwulst beginnend, nach der Peripherie
Behandlung: Ich liess zwei dünne Kornsäcke zusammennähen,
in dieselben Heusamen und Häcksel gleichmässig hineinvertheilen
und so diese breite Baudage leicht um den ganzen Leib des
Pferdes znsammennäheu. Tag und Nacht wurde der Sack mit
kaltem Wasser begossen. Das Pferd frass zu Anfang nur wenig,
nach zwei Tagen jedoch wurde der Appetit reger. Die Bandage
wurde abgenommen und zu feuchtwarmen Umschlägen über¬
gegangen. Die Schwellung nahm vou oben nach unten allmälig
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I
74 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 7.
mehr ab and gestattete schon eine genane Palpirung der Bruch-
pforfe. Dieselbe hatte die Gestalt eines grossen dreieckigen
Risses, dessen grössten Durchmesser bequem ein Kinderkopf
passiren konnte. Der Riss war so gelagert, dass sich sein
hinterer Winkel schräg nach oben hinauf, parallel den Muskel¬
fasern des inneren schiefen Bauchmuscels, halb hinter der Knie¬
falte versteckt, bis beinahe zur Höhe des Schambeins hin er¬
streckte. Der vordere Winkel lag eine Hand breit vor dem Be¬
ginne der Kniefalte.
Der untere Winkel zog sich nach der Mittellinie des Bauches
hin parallel den Muscelfasern des Querbauchmuscels und zwischen
beiden oberen Winkeln gelagert Der zwischen den beiden oberen
Winkeln entstandene Rand fühlte sich dick und wulsiig an,
während sich die nach unten convergirenden Ränder schärfer ab¬
setzten. Das Lumen des Risses wurde von vorgefalleuen Darm-
theilen ausgefü'lt, die nur durch die äussere Haut von der Aussen-
welt getrennt waren und das Aussehen eines grossen Brotes
hatten.
Die Haut machte die schlotternden Bewegungen der Därme
mit und Hess hinter sich im Innern wässrige Geräusche ver¬
nehmen. Während der ganzen Zeit (es waren ungefähr acht
Tage vergangen) hatte ich das Pferd nur mit ganz wenig Hafer
und Mohrrüben mit Weizenkleie-Zusatz und Mehltränke ei nähren
lassen. Ab und zu wurden Clystiere von lauem Wasser vor¬
genommen. Diese Diät wurde während der ganzen Krankheits¬
dauer beibehalten, um den an und für .eich ziemlich starken
Leibesumfang des Thieres zu verkleinern.
Nach zwölf Tagen entschloss ich mich zum Anlegen einer ge¬
eigneten Bruchbandage.
Von einem geschickten Sattler liess ich aus statkem Sohl¬
leder eine nierenförmige Platte hersteilen. Die Platte war auf
der einen Fläche mit feinem Filz ausgelegt und trug ausserdem
eine etwas erhabene Polsterung, die sich allmälig daumendick von
der Unterlage abhob und ungefähr die Gestalt des Risses nach¬
ahmte. Diese Platte wurde nun so angelegt, dass der nierenförmige
Ausschnitt die Kniefalte des Pferdes aufnahm und die Polsterung
genau die Bruchpforte schloss. Von dem convexen vorderen
Rande führten verschiedene Riemen nach einem gut gepolsterten
Bauchgurte, ein Riemen von oben um den ganzen Bauchumfang
des Pferdes herum wieder von unten an die Platte heran, ein I
anderer über den Rücken des Pferdes hinweg an die linke Seite
des Bauchgurtes, ein dritter zwischen den Beinen des Thieres
hindurch, an der linken Seite des Schwanzes vorbei, wieder von
oben an die Platte heran. Dieser Riemen trug wieder auf
der linken Kruppenseite ein Ansatzstück, das seinerseits wieder
der linken Seite des Bauchgurtes zustrebte. Sämmtliche Riemen
wurden vermittelst Schnallen egal fest angezogen und zwangen
so die Platte, einen permanenten gleichmässigen Druck auf den
Bruch auszuüben. Damit keine Verschiebung an dem ganzen
Apparate eintrat, liess ich den Bauchgurt noch durch einen um
die Vorderbrust des Pferdes geführten Riemen besser fixiren.
Ab und zu controlirte ich den Verbandapparat und hatte
nur nöthig, diesen oder jenen Riemen etwas fester anzuziehen, je
nachdem der Bauchumfang des Thieres infolge der strenge
innegehaltenen Diät abnahm.
Wie peinlich sauber die ganze Bandage angelegt war, möge
daraus erhellen, dass auch nicht ein einziger Theil derselben
irgend welchen Druckschaden verursacht hatte. Jeder einzelne
Riemen war auch besonders mit ganz feinem Filze abgefüttert.
Das Allgemeinbefinden des Thieres war während der ganzen
Zeit ein durchaus gutes. Am 15. November nahm ich den Ver¬
band ab und konnte an Stelle des Bruches nur noch eine
wulstige strangförmige Narbe nachweisen, die den Verlauf des i
oberen Rissrandes beibehalten hatte. Der Brnch war vollkommen
geheilt. Nach weiteren vierzehn Tagen sah ich Jen Patienten
wieder. Die Narbe hatte sich mehr und mehr abgeflacht und
wird in Zukunft wenig oder gar nicht mehr auch nur gefühlt
werden können.
Glutol Dr. Schleich.
Von
Sohmey-Beuthen O./S.,
T hieran l
Die guten Erfolge, die Aerzte und Thierärzte in der Wund¬
behandlung mit Glutol erzielt haben, ermuthigten auch mich, dieses
neue Streupulver in der Praxis zu verwerthen. Obwohl ich bis
jetzt im Ganzen nur vier Mal Gelegenheit hatte, das Glutol zu
gebrauchen, so möchte ich doch durch Veröffentlichung dieser
Fälle, die ja an sich kein besonderes Interesse gewähren, die
Aufmerksamkeit der Collegen auf dieses treffliche Mittel für die
Wundbehandlung lenken.
Der erste Fall betrifft einen Rappwallach mit einer Riss¬
wunde in der Fesselbeuge. Die Wunde war acht Tage lang vor
meinem Eintreffen mit Talg und Kupfervitriol behandelt worden.
Nach gründlicher Reinigung der Wunde, die keineswegs ein
schönes Aussehen hatte, wurde Glutol in ziemlich dicker Schicht
aufgetragen und ein entsprechender Verband angelegt. Der Ver¬
band wurde alle zwei Tage gewechselt. Nach viermaligem Ver¬
bandwechsel war die Eiterung fast gänzlich verschwunden, die
Wunde bot ein schönes Aussehen dar mit gut granulirenden
Flächen. Nach weiteren acht Tagen wurde das Pferd zum ersten
Male wieder angespannt.
Im zweiten Falle war ein Rangirpferd gestürzt und hatte sich
eine Wunde an der vorderen Fläche des rechten Metatarsus
vom Sprunggeleqk bis zur Krone zugezogen. Eine sachgemässe
Behandlung wurde erst nach acht Tagen eingeleitet. Die Wunde,
die an den einzelnen Stellen ganz verschieden breit und tief war
und sehr unregelmässige Ränder hatte, eiterte bei der ersten
Besichtigung sehr stark. Im Uebrigen aber waren die Granu¬
lationen von gutem Aussehen. Auch in diesem Falle wurde nach
gründlicher Reinigung mit Lysollösung Glutol in dicker Schicht
aufgetragen und Verband angelegt. Der Verbandwechsel wurde
zunächst täglich vorgenommen. Die oberflächlichen Wundflächen
waren bei dieser Behandlungsmethode in 5—6 Tagen vol lkommen
verheilt; die tieferen Wundflächen füllten sich gut mit Granu¬
lationsgewebe aus. Die Eiterung war erkeMich beschränkt.
Der Verband blieb nun zwei, auch drei Tage liegen. Nach
3J£ Wochen war die ganze Wundfläche bis auf eine fünfzigpfennig-
stückgrosse Partie verheilt.
Am auffälligsten zeigte sich die Wirkung des Glutol bei Be¬
handlung eines Druckschadens auf der Wirbelsäule. Hier war
schon nach zwei Tagen eine so erhebliche Besserung erreicht
worden, wie ich sie bisher noch von keinem anderen Mittel ge¬
sehen hatte.
Der vierte Fall endlich betrifft einen Jagdhund, der von
einem anderen Hunde gebissen worden war. Durch Lecken hatte
die Wunde innerhalb 10 Tagen die Grösse eines Fünfmarkstückes
(Silber) erreicht. Unterhalb der Bissstelle bestand eine phlegmo¬
nöse Anschwellung. Von der Bisswunde reichte ein Canal bis an die
unterste Grenze dieser Schwellung. Um eventl. angesammeltem
Eiter Abfluss zu verschaffen, legte ich ein Drain von der Biss¬
stelle durch die untere Grenze der Anschwellung. Die fünfmark¬
stückgrosse Wundfläche wurde mit Glutol behandelt, das Lecken
durch Anlegen eines geeigneten Maulkorbes verhindert. Nach
drei Tagen hatte sich die Wundfläche um gut ein Drittel ver¬
kleinert. Ich selbst hatte nun keine Gelegenheit weiter, mich um
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17. Februar 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 75
diesen Patienten zu kümmern, hörte aber, dass die Wunde unter
derselben Behandlung rasch zugeheilt sei.
Die Erfolge, die ich in diesen wenigen Fällen mit Glutol er¬
zielte, sind so gute, dass ich nicht umhin kann, den Collegen dort,
wo es gilt, rasch eine Eiterung zu unterdrücken, zu einem Ver¬
such mit Glutol zu rathen.
Geburtshilfliches.
Von
C. Haase,
Tliicrurzt in Hohenmölaen
Die No. 5 der B. T. W. bringt eine Abhandlung: „Torsio
nteri bei gleichzeitiger Rückenlage des Kalbes mit nach links
verschlagenem Kopfe“ von Dralle-Helmstedt, in welcher der¬
selbe die Günther’sche Kopfschlinge kurzer Hand von einem
Strick gefertigt empfiehlt. Nach meinen Erfahrungen möchte ich die
Collegen vor der Anwendung der Schlinge, welche aus einem
Stricke gefertigt ist, warnen, da durch denselben in vielen Fällen
mehr oder weniger tief eindringende Verletzungen der Geburts¬
wege verursacht werden. Diese können dann, wie bekannt,
gefährliche Nachkrankheiten zur Folge haben.
Es ist allerdings richtig, dass an einer quer über den
oberen Halstbeil hinter beiden Ohren hinweggeführten Leine
ein bedeutend wirksamerer Zug ausgeführt werden kann, ohne
dass das Junge geschädigt wird. In Rücksicht auf das Mutterthier
bin ich jedoch der Ansicht, dass die Schlinge von Leinwand oder
auch Geflecht, welche über die unterliegende Haut des Fötus weniger
hervorragen als ein Strick, vorzuziehen ist. Es werden mit solcher
Verletzungen der Geburtswege vielmehr vermieden.
Wenn der Geburtshelfer sich zur Annahme des Strickes
wegen nachher besser auszuführender Desinfection entschliesst
und deshalb ein plattes Instrument verwirft, so ist dies nicht
rationell gehandelt. Denn was hilft die Desinfection in der
Zukunft, wenn ich in der Gegenwart Verletzungen herbeiführe,
die vermieden werden können? Sollte eine genügende Desinfection
eines platten Instrumentes, wie die Günther’sche Schlinge
ursprünglich war, wirklich nicht zu erreichen sein, so muss eben
zu jeder Geburt ein neues genommen werden. Der Preis ist
dabei Nebensache.
Am Unterkiefer sollte man überhaupt keine Schlinge anlegen.
Ich habe schon vielfach bei Schwergeburten, an denen vor mir
Schäfer, Pfuscher etc. tliätig gewesen waren, gefunden,
dass durch Zug an einer an dem Unterkiefer befestigten
Leine dieser aus den Gelenken ausgerissen worden ist. Ich
lege am Unterkiefer eine Schlinge nur dann an, wenn ich weiss,
dass der Fötns abgestorben ist. Sonst verwende ich Stricke
direct nur an den Extremitäten.
Mit dem Herrn Collegen Dralle stimme ich allerdings in
der Ansicht überein, dass das beste geburtshilfliche Instrument
die Hand ist. ___
Mittheilungen aus der Praxis.
Von
Teetz-Warin,
Thierarzt.
Fractur des Sprungbeins.
Am 30. März 1897 wurde ich nach dem Gute Hasenwinkel
bei Warin gerufen, weil ein zweijähriges Fohlen seit 14 Tagen
eine Wunde am Sprunggelenk habe, die nicht heilen wolle, wahr¬
scheinlich durch einen Schlag mit dem Düngerhaken verursacht
Das Thier, das nach Vorbericht anhaltend liegt, ist nur mit
Mühe auf die Beine zu bringen. Beim Hinleiten nach einem
helleren Theil des Stalles setzt es das rechte Hinterbein gar nicht
an. Es besteht hochgradige Schmerzhaftigkeit Bei der Unter¬
suchung ist am rechten Hinterbein an der äusseren Seite eine
Wunde zu finden, die von dem Höcker bis zur Mitte des Sprung¬
beins geht Diese Wunde war vorher dreimal täglich mit
Creolinlösung gespült worden, so dass sich Geruch etc. nicht
eingestellt hatte. Am Grunde konnte man das Sprungbein un¬
eben fühlen. Da sich eine Tasche gebildet hatte, spaltete ich
etwas nach unten und konnte nnn einen 3 cm langen und % cm
dicken und ausserdem noch einen kleineren Splitter des Sprung¬
beins entfernen.
Behandlung: Hängegurt. Ugt. Canth. auf das Hüftgelenk.
Täglich zweimal Spülungen mit Lysolwasser, nach jedem Spülen
werden einige Tropfen Tinct. Aloes in die Wunde gebracht. Am
1. April ist die Wunde geschlossen, das Fohlen setzt das Bein
an. Am 11. April wurde das Thier aus dem Hängegurt heraus¬
genommen; beim Vorführen geht es auf der Zehenspitze; trotz
starker Kraftanwendung ist eine Streckung im Kronengelenk
nicht auszuführen.
Das Thier wird darauf täglich dreimal bewegt. Nach
14 Tagen ist dieser krankhafte Zustand auch geschwunden. Den
Sommer über war das Fohlen auf der Koppel. Bei der Be¬
sichtigung im September ist nur noch eine geringe Verdickung
nachzuweisen, die durch Massage auch zum grössten Theil zurück¬
gehen wird.
Euterblutung.
Nach dem Gute Necheln b. Brüel wurde ich am 14. Juli d. J.,
gerufen, weil eine Kuh am Euter krank sei.
Der Besitzer hatte aus dem rechten hinteren Euterviertel
am Tage zuvor einen etwa 5 cm langen Holzsplitter heraus¬
gezogen und seitdem sei das Euter etwas dick geworden. Es
besteht geringe Schmerzhaftigkeit und Röthung; ferner ist eine
kleine Wunde zu finden, in die die Sonde etwa 2 cm hineindringt.
Behandlung: Desinfection mit Lysolwasser, Camphorsalbe.
Am 18. wurde ich wieder gerufen. Allgemeinbefinden schlecht,
Taumeln, Zähneknirschen, vollständiges Versagen der Futterauf¬
nahme. Das rechte hintere Euterviertel ist unförmlich geschwollen,
dunkelroth; beim Melken entleert sich aus demselben Blut
Inhalt schwappend, in der obern Hälfte puffig, als ob Luft
in dem Euter wäre.
Es wird eine Probepunktion gemacht, darauf gespalten, Es
werden etwa 5—6 Liter dunkelrothes, äusserst übelriechendes Blut,
mit grösseren brandigen Fetzen untermischt, entleert.
Am 1. September besichtigte ich die Kuh wieder. Befinden
gut, betr. Euterviertel derb.
Cysten in der Sohelde.
Dass man sich hüten soll, Diagnosen par distance zu stellen,
hat wohl schon jeder Praktiker selbst erfahren; insbesondere ist
bei Geschwülsten eine manuelle Untersuchung in jedem Falle
vorzunehmen, wenn auch die Diagnose auf den ersten Blick bei
vielen Geschwülsten, z. B. Actinomycose, Brustbeule u. 8. w., wohl
meistens richtig ist.
Auf dem Gute Laase bei Warnow besichtigte ich bei
Gelegenheit auf dem Felde eine Kuh, bei der in der unteren
Schamspalte eine rosarotlie Geschwulst von der Grösse eines
Apfels sichtbar war. Die Geschwulst sollte seit mehreren Wochen
bestehen, besonders beim Liegen des Thieres sichtbar sein. Da
auf dem Felde Gelegenheit zum Waschen der Hände nicht war,
unterließe ich es, die Geschwulst zu betasten, und sagte dem Be¬
sitzer, dass es sich anscheinend um einen unvollständigen
Scheidenvorfall handle, der im Uebrigen nicht so viel zu bedeuten
hätte. Da ihm jedoch viel an der Kuh lag, weil sie auf Aus¬
stellungen prämiirt war und auch wieder zur Ausstellung sollte,
betastete ich die Geschwulst und stellte eine Retentionscyste
fest, vor der ausserdem noch zwei kleinere sassen, die sämmtlich
durch Spaltung leicht entfernt werden konnten.
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<6
Cyste im Mastdarm.
Von einem Besitzer wurde ich um Rath gefragt, weil eins
seiner Pferde in den letzten Monaten schwer miste; er hätte
schon mehrere Thierärzte um Rath gefragt, jedoch die Antwort
erhalten, das würde sich wohl wieder geben; ich versprach, lei
Gelegenheit das Pferd zu besichtigen. Einige Tage später kam
der Besitzer wieder, weil das Thier Kolik hätte.
Ich untersuchte den Mastdarm und stellle eine von aussen
nicht sichtbare bimförmige Cyste von Faustgrösse fest, die die
Defäcation behinderte. Nach vorsichtig ausgeführter Spaltung mit
entsprechender Nachbehandlung wurde das Pferd geheilt.
Polyp im Mastdarm.
Zur Behandlung eines 1jährigen Fohlens wurde ich von dem
Erbpächter K. zu P. gerufen, weil seit dem Tage vorher bei
dem Fohlen angeblich der Mastdarm herausgetreten sei.
Durch Untersuchung stellte ich fest, dass es sich um eine
derbe gestielte Geschwulst von Apfelgrösse handelte, die aus dem
Mastdarm herausgepresst war. Der Anfang des Stieles befand
sich etwa 13 cm vor dem After.
Mit der Scheere entfernte ich am niedergelegten Thiere die
Geschwulst in der Weise, dass ich einen Bindfaden um die
Geschwulst schnürte und dann bei massigem Zuge und Torsion
den Stiel mitsammt einem etwa fünfmarkstuckgrossen Stück der
Schleimhaut, wovor Möller warnt, absclinitt. Nach kuizer Nach¬
behandlung war das Fohlen geheilt.
Sohlundsehnitt bei der Kuh.
Am 24 September 1895 wurde ich Abends spät telegraphisch
nach dem 15 km entfernten Dorfe Glasin gerufen. Bei meinem
Eintreffen fand ich eine stark aufgetriebene Kuh, bei der in der
mittleren Halsportion des Schlundes ein Fremdkörper steckte.
Herausstossen, Zerkleinern war von dem Besitzer schon .ohne
Erfolg versucht worden, auch mir gelang es nicht, auf diese
Weise den Fremdkörper zu entfernen. Zufällig hatte ich kein
Schlundrohr bei mir, ich versuchte daher, mit einem geflochtenen
Tau den Körper binunterzustossen, was auch nicht gelang. Ich
entschloss mich zum Schlundschnitt.
Das ungeberdige Thier wurde gelegt und dann bei dem
schwachen Schein einer Stalllaterne (Nachts 11$ Uhr) die Operation
vorgenommen.
Erwähnen möchte ich noch, dass ich zum Heraus¬
holen des Fremdkörpers, einer faustgrossen Kartoffel, einen
Korkzieher benutzte, was ich sehr empfehlen kann, weil dann die
Oeffnung in den Schlund selbst nicht so gross geschnitten zu werden
braucht, auch die muscularis sich sofort wieder bis auf ein
Geringes zusammenzieht. Es wurde nur die Hautwunde genäht.
Heu in den ersten Tagen zu geben, kann ich nicht empfehlen,
vielmehr weiches Futter.
Etwa 12 Tage lang bestand eine Schlundfistel. Am
28. October, also nach nicht ganz 5 Wochen, war das Thier voll¬
ständig wieder hergestellt, auch haben sich Beschwerden nicht
wieder eingestellt.
Von Ehlere-Soltau
Thierarzt.
Vergiftung einer Kuh durch zu hohe Antifebringaben.
Im Juli 1896. Stat praes. Schwere Kuh von ca. 800 Pfund
Lebendgewicht. Niedrige Kopfhaltung. Seit 24 Stunden kein
Appetit. Keine Defäcation. Athem frequenter. Broncbialatbmen nach
Ausweis der Auscultation. Kein Schmerz beim Drücken der Brust-
wandungen, daher Pleuritis ausgeschlossen. 84 gut fühlbare
Pulse, aber Temperatur 40,7° C. Diagnose: Bronchitis. Ursache:
abnorme hohe Hitze und Dun>t im geschlossenen Stalle Therapie:
No. 7.
Natr. sulf. 1 Pfd Tart. stib. 8 mit Schleim reichlich verdünnt, die
Hälfte morgens 8 Uhr, Rest 12 Uhr mittags, um die Defäcation
zu fördern. Ausserdem erhielt Patient, um die Temperatur herab-
zudiücken, Antifebrin 75,0 pro die, in drei Malen, sodass auf jede
Dosis 25 Gramm kommen. Morgens 7 Uhr bekam die Kuh die
erste Dosis, 1 Uhr Nachmittags die zweite und Abends 7 Uhr
den Rest, jede Dosis mit 1 Flasche Leinsamenschleim. Morgens
6 Uhr hatte ich den ersten Krankenbesuch gemacht. Abends
9 Uhr untersuchte ich die Kuh zum zweiten Mal. Hatte ich des
Morgens die Prognose als günstig hingestellt, so musste ich am
Abend das Gegentheil bekennen. Gleich beim ersten Blick sah
ich, dass der Zustand erheblich schlimmer geworden war. Die
Kuh stand theilnahmslos mit gesenktem Kopf und hängenden
Ohren, von Fliegen bedeckt, welche sie nicht abwehrte, die
Musculatur des Hintertheils zitterte. Die Stallatmosphäre war
durch Ventilation erheblich verbessert. Nach Beendigung der
innern Untersuchung musste ich die Kuh als verloren ansehen.
Puls unfühlbar, Arterie drahtförmig. Herzschlag unfühlbar.
Ganzer Körper der Kuh bewegte sich durch das angestrengte
pumpende Athmen vor und rückwärts. Extremitäten eisig kalt.
After nicht mehr festgeschlossen. Temp.: 38,4° Diagnose: Anti-
febrinvergiftung.
Umständehalber konnte Kuh nicht geschlachtet werden, was
auch wohl ebenso gut war, da es fraglich war, ob das Fleisch
bei diesem Fall der Nothschlachtung geniessbar gewesen wäre.
Ich verordnete Gegenmittel, Coffein, natrio-benzoicum 7,0 mehrmals
gegeben. Seit 10 Uhr Abends lag die Kuh, ohne wieder abge¬
standen zu sein, bis 2 Uhr morgens des folgenden Tages, wo sie
ruhig, ohne ein Glied zu rühren, starb.
Da unsere Literatur angibt, dass erst */ 3 Gramm Antifebrin
auf das Kilo Lebendgew cht anfängt gefährlich zu werden, so
ist dieser Fall immerhin erwähnenswert!), da schon Vs Gramm
absolut tödtlich war, not. ben. in der gesammten Tagesdosis.
Ich habe das Acetonilid zu 50,0 täglich in zwei Tagen hinter¬
einander öfter beim Rindvieh mit septischer Metritis und 40—41“
Temperatur mit gutem Erfolge gebraucht, werde mich in Zukunft
aber hüten, diese Gaben zu übersteigen.
Perforation des Orlfloium uteri und des Uterus bei einer Kuh, mit
günstigem Ausgang.
Im September 95 fiel gleich nach einer schweren Geburt bei
einer Kuh des Gemeindevorstehers Halb fas 8 in Iber bei
Moringen, Scheide, Gebärmutterhals und ein Theil der Gebär¬
mutter vor. Der Vorfall wurde sogleich von dem Hofmeister
des p. Halb fas 8 reponirt, wobei jedoch der Uterus durchstossen
wurde, denn es floss gleich nachher viel Blut aus der Scheide.
Auf sofortige Requisition langte ich zwei Stunden später an.
Ich fand Patientin platt auf der Seite liegend vor. Drängen
wurde nicht bemerkt Aus der Scheide rieselte langsam und in
Absätzen Blut. Auf Antrieb stand die Kuh nicht auf. Puls 80,
regelmässig, Arterie nicht contrahirt. Bei der Untersuchung
stellte ich, nachdem ich den Lund'sehen Trachtenzwinger, der
vom Besitzer applicirt war, entfernt batte, die oben erwähnten
Perforationen fest. Ich fühlte deutlich die zackigen Wundränder,
bei deren leiser Berührung die Kuh zusammenzuckte, und durch
die handgrosse Oeffnung einen Darmteil. Beim zurückziehen der
blutigen Hand, floss flüssiges und geronnenes Blut nach. Bald
nach der Untersuchung stand die Kuh allein auf.
Therapie: Pat erhielt sogleich (Vormittags 9 Uhr) ExtracL
hydrast. canad. fluid. 20,0 mit 1 Flasche Wasser und Abends
dieselbe Dosis. Nachmittags kamen glücklicherweise die Secundinae
von selbst. Sodann gab ich Abends drei Stunden nach der
zweiten Ext. hydr. fl. canad.gabe den Borax 80,0 mit zwei
Flaschen Wasser und am folgenden Morgen und Mittag wieder
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
Digitized by LjOOQie
17. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
77
so viel. Die Kuh fing am zweiten Tage schon zn fressen an. Puls
war 95, weich und regelmässig, Temp. 38,5. Kein Drängen.
Munteres Aussehen. Völlige Wiederherstellung erfolgte binnen
4—6 Tagen. Solche Wunden contrahiren sich in der Regel bei
entsprechender Therapie schnell, nur darf man keine Infusionen
von desinficirenden Flüssigkeiten machen wegen der Gefahr,
solche in die Bauchhöhle zu giessen. Den Borax habe ich bei
acuter Peritonitis, die durch eine Perforation des Uterus ent¬
standen ist, in grossen Dosen probat gefunden. Subcutane
Injectionen von Ergotin in Glycerin gelöst wende ich in solchen
Fällen auch an und finde dieselben zweckmässig.
Referate.
Die Streptothrixform des Rothlaufbacillus.
Von Prof. Dr. Th. Kitt.
(Centralbl. f. B»kt 18H7. H. W/86.)
Der Aufsatz liefert einen interessanten Beitrag zur Mor¬
phologie und Biologie des Rothlaufbacillus. Derselbe bildet für
gewöhnlich ein sehr feines, 1—2 /< langes Stäbchen, namentlich
wenn er aus dem Blut oder der Lymphe von Thieren ge¬
wonnen wird, die dem Rothlauf erlegen sind. In den Ausstrich¬
präparaten stösst man zuweilen auf kurze fadenförmige Exem¬
plare, die 3—10 mal länger sind als die Bacillen und wellige
Biegungen und Knickungen aufweisen. Diese Formen zeigen
sich besonders bei Rothlaufendocarditis in den Klappenvegeta¬
tionen. In den künstlichen Culturen sind ebenfalls ähnliche
Wucl)8forraen zu beobachten. In alkalischer Bouillon und alten
Culturen bilden sich an den Stäbchen öfters enlständige Köpf¬
chen, ferner im Protoplasmaleibe Körnungen und Einschnürungen;
bei steigender Alkalicität werden die Bacillen kürzer nnd gerader,
in neutraler Nährlösung länger, wellenförmig gebogen und
dicker.
Auch die Culturen verändern ihr Aussehen nach der Be¬
schaffenheit des Nährbodens. Siichculturen in Gelatine von
weicher Consistenz (8—10 pCt.) bilden rundliche, weissliche bis
gelblichbraune Kügelchen, erst nachträglich beim Austrocknen
der Gelatine stellt sich das gläserbürstenähnliche Aussehen der
Cultur ein. Auf festem Nährboden (12—15 pCt. Gelatine) ent¬
wickelt sich von vornherein die Gläserbürstenform. Von ver¬
schiedenen Fällen derselben Krankheitsform des Rothlaufs an¬
gelegte Culturen können bei gleichartiger Zubereitung des Nähr¬
bodens nach dem jeweiligen Fundort Verschiedenheiten zeigen
nnd dieselben ziemlich constant bewahren. „Die einen wachsen
gleich dem Mäusesepticämiebacillus R. Koch’s in stark wolkiger
Art diffus durch die ganze Gelatine und versetzen sie in einen
dickflüssigen Zustand, die anderen verflüssigen nur wenig, andere
gar nicht.“ Eine eigentümliche Wachsthumsform des Rothlauf¬
bacillus hat Lorenz beobachtet bei der Verimpfung desselben auf
eine Bouillon, in der vorher längere Zeit Schweineseuchebacterien
gelebt hatten. Es entstand Trübung der klaren Flüssigkeit und
es zeigten sich darin schwimmende kugelige Flocken von 1—2 mm
Durchmesser, welche aus einem verfilzten Gewirre von Fäden
zusammengesetzt waren und sich als Rothlaufbacillen erwiesen.
Dieselbe Wuchsform erhielt der Verf. in einer Bouillon, die
zu gleichen Theilen mit frischem Blutserum versetzt war. Die
Culturen ia dieser Nährflüssigkeit bestanden aus einer echten
Streptothrixform des Rothlaufbacillus. Die Fäden verzweigten
sich vielfach und wiesen Knospenbildung auf. Wurden diese
Fadengeflechte auf schiefes Agar verimpft, so entwickelte sich
ein Luftmycel in schimmelähnlichen Rasen.
Nach Verimpfung der Bouillon- und Agarculturen an Mäuse
entwickelte sich innerhalb 3—5 Tagen eine tödtliche Rothlauf-
erkrankung.
Ganz junge Colonien enthielten 1—2 // grosse Rothlauf¬
bacillen und Fädchen bis zu 30 /< Länge, an denen schon Ast¬
bildungen zn erkennen waren. Mehrtägige Culturen zeigten ein
Gewirr verzweigter Fäden von 50—100 /i Länge. Die dicho-
tomische Verästelung und Knospenbildung gab der Vegetation das
Aussehen des „herbstlich entblätterten Astwerkes einer Buche
oder den Anblick eines Hirschgeweihes“. Die Färbung der Cul¬
turen liess sich leicht bewerkstelligen durch wässerige Fucbsin-
lösung oder noch intensiver durch wässerige Gentianaviolett-
lösung. Bei der Gram'sehen Methode trat die Gliederung in rotli-
laufbacilLnähnliche Theilstücke deutlich hervor. Durch die Unter¬
suchungen ist somit dargethan, dass der Rothlaufbacillus ge¬
legentlich die Gestalt eines Fadenpilzes annehmen kann. Analoge
Metamorphosen gehen bekanntlich der Tuberkel- und Diphtherie¬
bacillus ein.
Diese Wuchsänderungen erhöhen die Schwierigkeiten der
Systematisirung der Spaltpilze. Kitt entscheidet sich für die
Gruppeneintheilung, welche Kruse und Flügge angaben, dieln-
fectionserreger nach ihrer Hauptfigur zu benennen. Für den
Rothlaufpilz wäre demnach zunächst auch die Bezeichnung Ba¬
cillus beizubehalten und die beschriebenen Wuchsformen könnten
als Bacillus rhusiopathiae suis, var. streptothrichoides gekenn¬
zeichnet werden.
Das Verhalten des Rothlaufbacillus ist ein Anhalt für die
von einigen Forschern ausgesprochene Möglichkeit, dass die
Streptothricheen aus den Bacterien hervorgegangen sind.
Geheilte Armbeiubrflehe beim Pferd.
Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. Bd. VIII, H. 11.
Vollständige Durchbrüche des Armbeins beim Pferde sind, auch
wenn sie nicht offen und nicht gesplittert sind, als in der
Regel unheilbar zu bezeichnen. Dagegen scheinen bei Pferden
auch am Armbein, nicht so selten Abbrüche einzelner Fort¬
sätze u. s. w. einzutreten, die heilbar sind. Namentlich der
laterale Muskelhöcker (Tuberculum maius posterius), die Ansatz¬
stelle des Grätenmuskels, sowie der laterale Umdreher (Tuberositas
deltoidea für den Ansatz des gleichnamigen Muskels) können von
solchen Abbrüchen betroffen werden. F. beobachtete und heilte
zwei Fracturen des letztgenannten Muskelhöckers.
Ein Pferd war auf der Strasse gefallen, hatte sich mit Mühe
erhoben und konnte das rechte Vorderbein nicht mehr belasten.
Handbreit unter dem rechten Buggelenk bestand eine um¬
schriebene hühnereigrosse Anschwellung, woselbst man ein be¬
wegliches Knochenstück unter Crepitation verschieben konnte
Das Pferd wurde in einen Hängegnrt gestellt, belastete in
14 Tagen das Bein nicht, fing dann allmählich wieder an auf¬
zutreten. Das abgesprengte Knochenstück war nicht mehr be¬
weglich. Als das Pferd am 12. Januar, 19 Tage nach der Ver¬
letzung, wieder vorgefübrt wurde, ging es nur noch wenig lahm
und nach vierwöchiger Behandlung war es völlig geheilt.
In einem zweiten Falle war ein genauer Vorbericht nicht zu
erlangen. Es fand sich in der oben genannten Gegend eine kleine
Wunde, in deren Tiefe bewegliche Knochensplitter fühlbar wurden.
Die Knochensplitter wurden entfernt; drei Tage später wurden
noch einmal bis Vs cm grosse herausgezogen. Nach etwa drei
Wochen war völlige Heilung eingetreten.
Serumbehandlnng der Hog Cholera (Schweinepest).
Von A. T. Peters, D. V. M.
(Bulletin of tbu Agricultural Experiment Station of Nebraska, Vol. IX, Februar 18'.I7).
Der Verfasser versuchte, unter Benutzung der neuen Er¬
rungenschaften auf dem Gebiete der Seuchenbekämpfung, ein
wirksames Mittel gegen die verheerende amerikanische Schweine¬
pest (Hog Cholera) zu finden. Derselbe ahmte insbesondere das
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78
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
vortreffliche Verfahren von Dr. Loren z-Darrastadt nach, mit
welchem wir unsere Schweinebestäude gegen Rothlauf schützen.
Als Semmqnelle bediente sich P. eines Pferdes, das er durch
fortgesetzte Einspritzung allmälig gesteigerter Mengen von
Hogcholera-Reinkulturen vorbehandelte. 8 bis 10 ccm des Pferde-
blutserums vermochten Schweine gegen die Erkrankung an
Schweinepest zu schützen. Zur Erhöhung der Immunität wurde
den Schweinen gleichzeitig mit dem Serum der Erreger der
Krankheit einverleibt, indem ein Tropfen bis 1 ccm Herzblut
eines frisch an Hogcholera im Laboratorium verendeten Ferkels
oder 1 ccm virulenter Reinkultur subcutan injicirt wurden. Von
5 Schweinen, welche in der angegebenen Weise behandelt worden
waren, bekam ein Schwein infolge der Behandlung die Schweine¬
pest, ein zweites Schwein ging an einer anderen Krankheit ein.
Dasselbe zeigte bei der Obduction stark vergrösserte Nieren und
Leber von fester Consistenz. Die Gallengänge waren durch
Leberegel verstopft und enorm erweitert. Das Unterhautzell¬
gewebe war vollständig gelb gefärbt. Von den übrigen drei
Schweinen, welche die Immunisirung überstanden hatten, wurde
ein Schwein am 17. October in eine mit Schweinepest inficirle
Herde gesetzt. Dasselbe wurde nicht von der Krankheit befallen
und war am 14. December noch vollständig gesund.
3 Controlscbweine, welche P. mit dem virulenten Blut des
an Schweinepest eingegangen Ferkels (ohne gleichzeitige Serum¬
einspritzung) inficirt hatte, gingen ausnahmslos an der Seuche
zu Grunde.
Am Schluss dieser einzeln aufgeführten und beschriebenen
Versuche bemerkt der Verfasser, dass die alleinige Einspritzung
von Serum nur eine beschränkte Immunität verleihe und dass er
das Serum (genau wie Lorenz)in Verbindung mit einer virulenten
Hogcholera-Reinkultur angewendet habe, und zwar auf 10 ccm
Serum 1 ccm Reinkultur. In dieser Weise seien nunmehr 12
Haupt auf der Versuchsstation mit gutem Erfolg behandelt worden.
Ueber die Erfahrungen, welche mit dieser Methode auf dem
platten Lande gemacht worden sind, giebt eine beistehende Zu¬
sammenstellung Auskunft. Hiernach wurden von 1176 geimpften
Thieren mehr als 56 Proc. gerettet.
Seit dem Erscheinen dieses Aufsatzes ist nunmehr ein Jahr
verflossen und es ist anzunehmen, dass der Verf. seine Erfahrungen
in Bezug auf die Wirksamkeit der Methode gegen die Schweine¬
pest genügend erweitert hat, um ein bestimmteres Urtheil über
dieselben abgeben zu können, als sich aus der vorliegenden
Arbeit entnehmen lässt
Influenza bei Pferden.
Von Hutcheon, C. V. S.
(Vet. Journ«! 189S, No. »71.)
In der Cap-Colonie herrscht zur Zeit eine epizootische
Pferdekrankheit, „die durch eine catarrhalische Entzündung der
obern Luftwege mit nervöser Depression charakterisirt ist.“ Aus
dieser kurz gefassten Angabe lässt sich schon die Vermnthung
entnehmen, dass diese Epizootie mit der Pferdestaupe unserer
Länder identisch ist. Evident geht aber die Uebereinstimmung
beider Krankheiten aus den vom Verf. aufgezählten Symptomen
dieser südafrikanischen Seuche hervor. Dieselbe beginnt zuweilen
mit Schüttelfrost, sehr häufig mit kurzem, trockenem Husten. Der
Kehlgang zeigt sich gefüllt, obgleich keine besondere Vergrösserung
der Kehlgangsdrüsen nachweisbar ist. Weiter sind vorhanden
hohes Fieber, starke Abgeschlagenheit; die Pferde halten den
Kopf gesenkt. Pulse bis 80 und mehr in der Minute, Athmung
vermehrt. Nicht selten stellt sich von Anfang an Nasenausfluss
ein, in andern Fällen fehlt derselbe. Die Fresslust ist unterdrückt.
Die Augenlider sind geschwollen, die Bindehaut ist entzündet
und besitzt gelbliche Färbung, gewöhnlich wird leichter Thränen-
fluss beobachtet Die Pferde haben einen taumelnden Gang. In
leichten Fällen währt das Fieber ein oder zwei Tage und die
Genesung vollzieht sich schnell. In manchen Fällen entsteht
Durchfall und Darmentzündung, zuweilen auch Hufentztindung
(Rhehe). Als weitere Complicationen werden erwähnt: Bron¬
chitis, Lungenentzündung, welche sich infolge des Congestiv-
zustandes der Lungen ausbilden kann. Rheumatismus soll sich
häufig nach der in Rede stehenden Krankheit entwickeln. Derselbe
bekunde sich durch Schmerzen und Steifheit in den Gliedmassen
mit mehr oder weniger starken Anschwellungen. Der Verf. bemerkt
ausdrücklich, dass diese Schwellungen, sowie diejenigen, welche
bei der Krankheit häufig an der Brust und an der Scheide Vor¬
kommen, durch Herzschwäche verursacht werden. Der steife
Gang erklärt sich in diesen Fällen also, ohne das Vorhandensein
einer rheumatischen Afiection annehmen zu müssen, durch die
Behinderung der Bewegung infolge der Anschwellungen an den
Gliedmassen und durch die allgemeine Schwäche der Patienten.
Die gewöhnlichste Nachkrankheit, welche bei diesen Seuchen¬
gang am Cap vorkam, war der Morbus maculosus.
Bei der Behandlung legt der Verf. mit Recht den grössten
Werth auf eine gute Pflege in gesunden Ställen. Die hohe
Mortalität, welche die Krankheit in und um Capstadt hervor¬
brachte, wurde nur durch die äusserst mangelhaften Stallverhält¬
nisse verursacht. Besonders fühlbar machte sich das Fehlen
einer guten trockenen Streu.
Das Heilserum im Lichte der Statistik.
. Von Dr. Villaret.
(D. med. Wochentchr. *. 08.)
Der 18. Jahrgang des Statistischen Jahrbuches ist erschienen
und enthält wie immer eine Uebersicht über die Todesursachen
in den Städten des deutschen Reiches mit 15C00 und mehr Ein¬
wohnern. Diese Uebersicht reicht bis zum Jahre 1895, das heisst,
sie enthält als letztes Jahr das erste, in welchem das Heilserum
zum ersten Male allgemeiner zur Anwendung gekommen ist. Verf.
hat daraus folgende Zahlen ermittelt: In den zehn Jahren 1885/94
starben in den oben bezeiclmeten Städten an Diphtherie und
Halsbräune (Croup) 119038 Individuen, also im Mittel der zehn
Jahre 11904 der an diesen Leiden Erkrankten (bei einem Maxi¬
mum (1893) von 15860 und einem Minimum (1888) von 9934 Ge¬
storbenen). Im Jahre 1895 starben an den erwähnten Krankheiten
nur noch 7266 Personen, das heisst, in Verhältnisszahlen ausge¬
drückt: es starben an Diphtherie und Halsbräune im Mittel der
zehn Jahre 1885/94 von 10000 Einwohnern (bei einem Minimum
(1888) von 9,65 und einem Maximum von 12,44 auf 10000 Ein¬
wohner): 10,69, dagegen im Jahre 1895 von 10000 Einwohnern:
5,40, das heisst: die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup
ist im Jahre 1895 gegen das Mittel der zehn vorauf¬
gegangenen Jahre um 49,48pCt. gesunken! Dementspricht
die weitere Thatsache, dass, während im Mittel der zehn Jahre
1885/94 von 100 Gestorbenen der D’phtherie und dem Croup '4,53
erlegen waren, im Jahre 1895 von 100 Gestorbenen nur noch
2,53 als Opfer jener Krankheiten aufgeführt wurden, das heisst,
es hat in dieser Hinsicht ein Sinken dieser* Ziffer um 44,15 pCt
stattgehabt. Verf. glaubt, dass mit dem Heilserum ein richtiges
Princip in die wissenschaftlich-practische Medicin eingeführt sei,
und dass es gelingen werde, auch andere Würger der Menschheit
mit dauerndem Erfolge zu bekämpfen. „Auf dieser Behring-
straBse,“ so schliesst Verf., „wollen wir daher getrosten Muthes
weiter wandern.“
Die Antiseptik mittels Wasser and Seife.
Von Dr. Geo J. Monroe.
(Cinrinn. L«ncet-CHnlc.)
Um den Werth der verschiedenen antiseptischen Methoden
festzustellen, hat Verf. nach einem Referate in der D. Medicinal-
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17. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
79
Zeitung bei je fünf Fällen von Rectaloperationen zur Antiseptic
Sublimat, Borsäure, das Lister’scbe Verfahren, Jodoform und
einfache Reinlichkeit mittels Wasser und Seife angewandt. Er
fand, dass letztere den medicamentösen Methoden in den Erfolgen
nicht nachstand, ja vielleicht mit Ausnahme der Borsäure infolge
ihrer Unschädlichkeit an Wirksamkeit übertraf. Verf. hat sich
nun auch weiter bei den verschiedensten Operationen und unter
allen möglichen, z. T. recht schwierigen und hygienisch ungünstigen
Verhältnissen nur einfach des Wassers und der Seife bedient und
ist mit der Wirkung stets zufrieden gewesen. Er ist überzeugt,
dass die einfache, allerdings peinlichste Reinlichkeit zur Erzielung
einer vollkommenen Antiseptic gänzlich ausreichend ist, und er
verwirft daher den Gebrauch chemischer Mittel als überflüssig
und oft gefährlich. Das einzige Antisepticum, das er allenfalls
zulassen möchte, ist das Wasserstoffsuperoxyd, jedoch weniger
seiner antiseptischen als seiner haemostatischen Eigenschaften
wegen, die in manchen Fällen allerdings von Werth sein dürften.
Ueber die Galle der Schlangen und anderer Thiere als
Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit
des Schlangengiftes bei Verabreichung per os.
Von Th. Fraser.
(Brit. med. Journ.)
Fr. geht von der Beobachtung ans, dass das Schlangengift
bei der Einführung in den Intestinaltractus keine schädlichen
Wirkungen entfaltet. Da es im Mageu seine Wirksamkeit nicht
einbüsst, so muss angenommen werden, .dass hier eine Resorption
nicht stattfinden kann und dass das Gegengift erst im Darm¬
canal geliefert wird. Es zeigte sich dementsprechend, dass
Schlangengift in den verschiedensten Verhältnissen mit Galle ge¬
mischt und Versuchsthieren injicirt in sonst tödtlichen Dosen
wirkungslos blieb. Die Galle als solche ist aber nicht als Antidot
zu injiciren, da sie, wie die angestellten Versuche zeigten, bei
dieser Art von Application selbst eine Giftwirkung entfaltet, die
im Darm nicht auftritt. Es gelang aber, aus der Galle das wirk¬
same Gegengift zu isoliren. Dieses Gegengift, Versuchsthieren
injicirt, schützte sie vor sonst tödtlichen Schlangengiftdosen. Damit
war der Beweis erbracht, dass die Galle Eigenschaften besitzt,
wie sie bis jetzt nur bei dem stärksten „Antivenenum“ gefunden
sind. Diese Wirkung der Galle ist im Uebrigen den indischen
Schlangenärzten seit langer Zeit bekannt. Da die Galle aller
Thiere in geringerem Grade dieselbe Wirkung entfaltet, so erklärt
es sich, warum das Schlangengift per os eingeführt keine Ver¬
giftungserscheinungen hervorruft.
Fluorescin zur Diagnose des Todes.
Von A1 b a n i.
(Uiomale di Med. legale )
Vor Kurzem hatte ein französischer Autor, Jeard, eine neue
Methode zur Diagnostik des eingetretenen Todes vorgeschlagen;
dieselbe bestand darin, eine färbende Substanz nnter die Haut
zu spritzen, die, wenn der Blutkreislauf noch besteht, resorbirt
wird, in den Kreislauf gelangt und an entfernteren Körper-
steilen wieder in die Erscheinung triit. Die empfohlene Sub¬
stanz war Fluorescin, weil es in Wasser löslich, nicht ätzend, in
der zu vorliegendem Zwecke nothwendigen Dosis nicht giftig ist,
sich im Organismus nie findet und auch in den minimalsten
Dosen ohne Reaction leicht erkennbar ist. Nach den Versuchen,
die Verf. zur Nachprüfung dieser Methode angestellt hat, scheint
in der That ein vortreffliches Mittel zur Diagnose des Schein¬
todes vorzuliegen. Zur Injection beim Menschen genügt 1 mg
Fluorescin. Besteht noch Blutcirculation, so tritt ein oder zwei
Minuten nach der Injection Gelbfärbung der Schleimhäute ein,
nach ferneren 20 Minuten sind die durchscheinenden Medien des
Auges grün gefärbt. Der Urin wird fast sofort fluorescirend;
Blut, das von einem der Injectionsstelle entfernten Punkt des
Körpers entnommen wird, zeigt schon nach 3 Minuteu die
charakteristische fluorescirende Färbung, jedoch muss man etwas
destillirtes Wasser hinzufügen, dann kochen und filtriren.
An einem Leichnam treten 'alle diese Erscheinungen nicht
auf; erst nach vielen Stunden sind infolge von Diffusion die
Körperflüssigkeiten gefärbt. Wenigstens behauptet dies Jeard.
Da Alb ani jedoch in vielen Fällen gefunden hat, dass diese
Diffusion schneller eiDtritt, so hält er den Zeitraum von einer
Stunde, wenn bis dahin keine Färbung eingetreten ist, für
genügend, um den Tod zu diagnosticiren. (D. Med.-Ztg.)
Morphologie and Entwicklung der Vagina.
Von Hart.
(D. Med.-Ztg)
H. resumirt die Resultate seiner Studien in folgenden Sätzen:
1. Die menschliche Vagina ist nur in ihren oberen zwei Dritt-
theilen aus den Müller’schen Canälen entstanden; das untere
Drittel ist hervorgegangen aus einer Vereinigung des Sinus
urogenitalis mit den Wolff'sehen Gängen; 2. das Hymen bildet
sich zwischen dem 3. und 4. Monat des fötalen Lebens, und zwar
entwickelt es sich aus zwei an den unteren Enden der Wolff’schen
Gänge befindlichen Epithelbulbi; 3. der Colliculus seminalis des
Mannes entspricht dem unteren Drittel der Vagina; 4. bei den
Beutelthieren stellen die beiden Seitencanäle die persistirenden
Wolff’schen Gänge und der centrale Blindsack das Müller’sche
Element dar.
Tagesgeschichte.
t
Der berühmte Zoologe Professor Rudolf Leuckhardt,
welcher sich durch seine Forschungen über Parasiten auch be¬
sondere Verdienste um die Veterinärwissenschaft erworben hat
und dem viele Thierärzte, die in Leipzig promovirt haben, ihre
weitere Ausbildung verdanken, ist im 76. Lebensjahre gestorben.
Er war geboren am 7. Oktober 1822 zu Helmstedt, studirte seit
1842 in Göttiogen, habilitirte sich' dort 1847, wurde 1850 als
Extraordinarius nach Giessen berufen, erhielt hier 1855 ein
Ordinariat und kam 1869 als Ordinarius der Zoologie und
Zootomie nach Leipzig. Leuckliardt’s Arbeiten beziehen sich
besonders auf die anatomisch-physiologische Analyse der Thiere,
namentlich der niederen. Er unterschied unter Anderem die
Cölenteraten und Echinodermen, deutete die Organisation der
Schwämme und wies deren Beziehungen zu den Cölenteraten
nach, begründete die Lehre vom Polymorphismus und erweiterte
die Kenntniss von den Entwicklnngsvorgängen. Unmittelbar zur
Förderung der praktischen Medicin aber trugen seine epoche¬
machenden Arbeiten über die thierischen Parasiten bei.
Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat.
Von Prof. Schmal tz.
Am 14./26. Januar 1848 wurde zu Dorpat ein Veterinär¬
institut in einer gewissen losen Verbindung mit der Universität
eröffnet. Dasselbe hatle von vornherein das Glück, bedeutende
Männer an seiner Spitze zu sehen. Unter der ersten Generation
derselben ragen namentlich hervor: Der Anatom Brauell, der
vordem schon in Kasan Thierheilkunde gelehrt hatte und der
durch die Entdeckung des Milzbrandbacillus in der Blutbahn, w r enn
er auch die pathogene Natur des Bacillus noch nicht erkannte, sich
unvergänglichen Ruhm erworben hat, sowie Jessen, der erste
Director, dessen Arbeiten über Rinderpest besonders bekannt
geworden sind. — Bis auf den heutigen Tag haben die Dorpater
Professoren dem Veterinärinstitut seinen Ruf erhalten. Nament-
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BEBL1NEB THIEBÄBZTUOUE WOUIIESSCHBIFT.
No. 7.
UtlEi -_ _____ —=- . . .. ,
, ... , aR Recht sich Vorbehalten bat, jährlich
worden, weiches ^ Veterinären zu spezieller Aon-
eine nicht grosse Zahl^on * Die Kliniken weisen einen
bildung in das Institu u anf Dag neuere Gebäude,
älteren und einen neuer So ecialräume enthält, steht in
welches auch die chirnrgi ^ auf der Höhe. Namentlich
seiner modernen EliuM.,«»« durcl.auB an ^ ttberlegeD . Der
ist die Operationehalle , inenä von unseren Banbeamten
Vergleich zeigt, dass der daB8 äa8 Oberlicht durch
neuerdings vertretene g ’ macht werden konnte, in der
riesige Seitenfenster Zwecke, sich durchaus nicht be-
Praxis, wenigstens Jur ™ T , ]ell der Stallungen sind durch-
währt. Auch in dem älter De r Boden besteht voll-
weg gute, zum zwecke der Keinigung von ihren
ständig aus Holzbohle , können Es wurde mir mit-
Unterlagen de8 Bohlenlagers oder irgend
getheilt, dass eine sich noch niemals heraus¬
weiche sonstigen Unzu tt ic^el ^ nm einen
SÄ“ d da " 8,eht 8ehr "
nnd r: ganz — jute
liehe Zustand, in dem sich le anatomischen Sammlungen
für die pathologisch-anatomischen und anatomi ^
verfügbarenKäumesindizwa. md ausgezeichnet
ist, ist alles ^weckm g S ^ ^ Charakter kleiner
gearbeitet. Die Präpara selbstverständlich die
Kunstwerke. Namentlich musste mich Theil
anatomische Sammlung luteressir , begründet ist
von dem oben genannten Prof « ^t'^i^opischen,
und auch einen sehr grossen GenuB8 aber
embryologischen Präparaten ’ Besichtigung seiner
wares,der Einladung des Pro^o^e^berg mä
Privatsammlongen zu folge - H Zn6ammen bringang der
andere Sch&Ue anfgestapelt, zn der . ^
Gelehrte sein ganzes Leben verwaud hat Es j
rührend, zn sehen, wie die ehemaligen ^hüler des J
„eh sehr verehrten Lehrers -tuen Sammiungseifer,^
indem sie, zum Jubiläum elge ^ ^ der Einfi doch sogar
für seine Sammlung mlit rach ^ mit einem gewichtigen
nicht unterlassen, aus bibirien namentlich die
Fundntück eiuznüudeu. Welchen hohen man schon
Zahnsammlung des Prof. Knsen'.erg b • bej , einer
aus der Thalsache ermessen, dass \ 1 r c , WO rden
nach Moskau Dorpat besuchte, Stunden ang ® fehlen,
ist Ich gestehe offen, dass mir die Bpeciellen Kenn.ms ^
um all die seltenen Schönheiten richtig g ^ von
Mit derselben Liebe, wie jene amm rfVeterinärinstitnts ge-
Prof. Rosenberg verwaltete Bibliothek Glasscbrän ken
nfleKt. Sämmtliclie Bücher sind übrigens die
untergehracht, und auch in Bezug auf*den Etatst* ^ ^
Berliner Bibliothek, die wohl in DeutschlandId g ^ ^
der Dorpater zurück, denn letztere verfügt aber
:r=Y=7r-Ä süss—■ r— -
t ;^o,:^Lnatom?che Institut demselben Erfolg gepflegt wird wie hei uns. ^ b
-■ ze.e bicteriologisch-hygienische Institut bat Auch der eigenmche Festst mt^ ^ ,
. einstöckige, Hans zur Verfügung, welches gangen wurde, machte einen ^ ngen M6s erücl mehl
niest specieller Fachmann benrtheilen sagen, dass hei uns dera r Ig „ a tUrUch an dem Vorbei«*“
»kusch mit sehr vollkommenen Hilfe- so glänzend ansfallen-, es hegtVertreter J-
»x™z ist --Xi mehr als w Arbeitsplätze gewählt, der Uniformen m Russland ^ „„ äer in B»^ 1
jra; » rx-.« bciixife des Kriegsmieisteriums errichtet 1 Ministerium des Innern, des ku g
lieh verdien, bemerkten werden dass
gezeichneter Dissertationen, besonders aut anatomischen
aus dem Dorpater Institut Wissenschaft anf
Hei dem grossen Einfluss, den ^ Be lbstver8tänd-
das ganze weite Ruswimic heutoltage
lieh, dass das russische . Frfolgen bezüglich
sehr gut organisirt ist und»“'^ndOTpest: im ganzen europäischen
der gänzlichen Vertilgung d , einen wirklichen Triumph
sxr: ää. “ die Krafl 8einer
noch „loh, sehr ^^ E -^r 1 refe r 1,iri::mufe besteht gegen-
Das Lehrercollegtum des he.ert,,^ ^ Eiupaeh> glelc „.
Wär.ig an. folgenden B*”* ‘ tIDR „ n , bekannt durch seine
Kliniker-, Professor G«tm an n , Fr8hDeri
Iryt ü 1 amMi.«hei,andergrose Cln,ugm g J^ ^
Leiter der Chirurg,sehen Kl.n.k, P Docent Magi6le r
.'-cere. Pro.«^ ^ alämann , pathologischer
Negotin. Physiologe, Instituts für Hygiene,
Ana’ein: Professor Happich, Leiter ^ Alexan drow,
; „“"„uS raM
Ks,”...i
Ki*f '.icke Beziehungen unterhalten.
- th
^Un^;ns«nh.'wenn eins ihrer Minder sich zn einer
j^tliüien Ve^u^nttchhessen^c e.^ ^ ^
leb hatte die^ . upSegt Juriew, die allerdings
KfcL \^ ^e°ulomehr einschloss, als sie ohne grossen
“! L :f r X? werden musste, nicht zn bereuen ich
t“‘ U ^Miuheiinngen darüber in der B. T. W. am Piatze
eine sehr ftouodliche, von z. Th. hervorragend
■^Afepsui Waldparüen umgebene, von einem Fluss
.Zi -ein ballische Mittel-Stadt. Seit lange de.
■ ' -rsitf- «‘St « in 4einem fl*" 1 ” 1 Habl, " S ; "'f
- Ctiversilä.sstädle, ein Etwas, wodurch sich
Z - Lue i'-er andere ihrer Grösse Mnausheben. Die Uni-
_ _ .„e ich mir nur von aussen angesehen habe,
angemessen. Ebenso macht das Veter.när-
weites aUer irngs im Ganzen in erheblich kleineren
- * Z- B die BerUner thicrärztliche Hochschule,
tizen stattlichen Eindruck. Das Verwaltnugs-
r Z- x U. i ie* sieh die für einen Festact allerdings etwas
T Z* JLiJk erhält durch einen mächtigen, von sechs
^ i Strebenden Sänlen getragenen Front-
isj-'-'jantea Aussehen. Daneben befindet sich
^ ZZZ +4 die Wohnung des Directors und wohl
Ll ,.j. V»r»a.'t^agsrjume enthaltend. In einem hohen
mvia r-t-i- welches die alte Anatomie der
-1 i'Jnea H
ifT. Uti U
r»v itr eci iZt.
Vi *■£?. iü aä mtut
ml. kidfter cva'L ti, praktisch mit
ücTr^f-i is: iz.i
Digitized by Vj-U-
Goog Le
17. Februar 1898. BERLINER THIERARZTLiCHE WOCHENSCHRIFT.
selbstständigen Gestütsverwaltung, ferner der Rector der Uni¬
versität mit allen Decanen nnd einer Anzahl Professoren, das Stadt¬
haupt, der auch in Deutschland wohlbekannte Wirkliche Staats¬
rath, Excellenz v. Oettingen (ein sympathisches Greisengesicht)
eine grosse Anzahl von Miütärveterjjiären und Thierärzten aus
allen Theilen des Reiches bis von Sibirien her. Die Professoren
haben vornehme Uniformen und zeichnen sich den unseren gegen¬
über durch eine grosse Zahl höherer Dekorationen aus. Auch
die Uniformen der Militärveterinäre sind äusserst kleidsam und
zum Theil sogar glänzend.
Die Festlichkeiten begannen mit einer Seelenmesse fürdenKaiser
Nikolaus, den Gründer des Instituts, sowie für den kürzlich ver¬
storbenen Minister der Volksaufklärung Grafen Deljanoff, die
am Abend vorher abgehalten wurde. Auch auf denjenigen, der den
griechischen Ritus nicht kennt, verfehlt die Ceremonie nicht, einen
feierlichen Eindruck zu machen. Bei dem Festact in der Aula
wurden selbstverständlich alle Reden in russischer Sprache ge¬
halten, so dass ich nicht im Stande bin, etwas von deren Inhalt
mitzutheilen. Nur das muss ich rühmend hervorheben, dass olle
Redner es verstanden, kurz zu sein und einen Eindruck zu er¬
zielen. Meine deutsche Rede wurde aber wohl andererseits von
dem allergrössten Theil der Versammlung verstanden, da sehr
viele Russen, auch ohne deutsch zu sprechen, wohl in der Lage
sind, es zu verstehen, und ein grosser Theil überhaupt die
deutsche Sprache beherrscht, was von den Angehörigen der
deutsch sprechenden Ostseeprovinzen selbstverständlich ist.
Das Institut hat bei dieser Gelegenheit einer Anzahl
von Personen eine Ehrung dadurch erwiesen, dass dieselben
theils zu Ehrenmitgliedern, theils zu correspondirenden
Mitgliedern des Conseils gewählt wurden. Der Grossfürst
Dmitri Constantinowitsch, der jüngst ernannte Chef
der Gestütsverwaltung, sowie der Prinz von Oldenburg,
der verdienstvolle Begründer des Instituts für experimentelle
Medicin zu Petersburg, über welches ich in einer der nächsten
Nummern noch einige Mittheilungen machen werde, hatten der
Bitte, die Würde von Ehrenmitgliedern anzunehmen, entsprochen.
Ausserdem wurden natürlich eine Anzahl russische Veterinäre sowie
bedeutende Persönlichkeiten zu Ehrenmitgliedern gemacht. Von
Ausländern erhielten diese Würde: die Professoren Nocard und
Cadiot in Alfort, Director Arloing in Lyon. Prof. Bang in
Kopenhagen, Prof. Zschokke in Zürich, Prof. Dr. Bayer in Wien,
Prof. Dammann in Hannover, die Professoren Johne nnd Ellen¬
berger in Dresden sowie die Professoren Fröhner, Schmaltz
und Ostertag in Berlin. Zum correspondirenden Mitgliede wurde
aus Deutschland Prof. Kitt in München gewählt.
An den Festact schloss sich ein Diner und daran eine
studentische Feier. Dieser beizuwohnen, würde unseren deutschen
Studenten sicherlich ein grosses Vergnügen gemacht haben, da
sie selbstverständlich in ganz anderer Form verlief wie unsere
Commerse, indess* gewiss nicht weniger vergnügt. Namentlich
wurde das Bild in eigenartiger Weise belebt durch Ausübung
der alten slavischen Sitte, Männer, denen eine Ehrung zu Theil
werden soll, auf die Schultern zu heben und in einem oft un¬
gestümen Rundgang im Festsaal herumzutragen, wobei es
in späteren Stunden nicht immer ganz leicht Für den so Er¬
hobenen war, auf dem wogenden Piedestal die Balance zu be¬
wahren. Für unsere Studenten will ich auch noch hinzufügen,
dass in Russland die Studenten aller Academien Uniform tragen;
die Universitätsstudenten einen langen kaftanähnlichen Rock,
welcher sehr unelegant aussieht, die Studenten aller übrigen In¬
stitute, daher auch die der thierärztlichen Academie, dagegen eine
sehr kleidsame, mit weissen Litzen versehene, an unsere Litewka
erinnernde Jacke. Farbentragende Verbindungen sind seit der
Umwandlung in Jurjew nur noch geduldet. Am Veterinärinstitut
existirt eine Verbindung grün-weiss-gold „Fraternitas Dorpatensis“,
der u. A. fast sämmtliche Professoren angehört haben und welche
das Jubiläum auch noch durch einen Commers mehr in unserem Stil
feierte.
Was das Verhältnis des Veterinärinstituts zur Universität
anbetrifft, so bezeichnet« es mir gegenüber der Rector der Uni¬
versität selbst so: das Institut sei alseine fünfte Facultät zu be¬
trachten, jedoch selbstständig. Dieses Verhältnis muss als ein
sehr erwünschtes und gesundes betrachtet werden.
Dass dem eigentlichen Feste im Uebrigen noch viele ver¬
gnügte Stunden folgten, ist ebenso selbstverständlich, wie es
andrerseits bekannt ist, dass in Russland allenthalben Gast¬
freundschaft und Liebenswürdigkeit dem Fremden den Aufenthalt
zu einem angenehmen machen.
Personalnotiz.
In das Ministerium für Landwirthschaft wird demnächst, ver¬
mutlich zum 1. April, ein Hülfsarbeiter zur Bearbeitung der
veterinärtechoischen Angelegenheiten berufen werden. Dem Ver¬
nehmen nach ist Kreisthierarzt Pauli von Mohrungen, ehemals
Assistent des Professor Schütz, auch früher schon Departements¬
thierarzt von Trier, in die Hülfsarbeiterstelle provisorisch berufen.
Brandenburger thierfirztlioher Verein.
Obwohl der Brandenburger thierärztliche Verein einen Ehren¬
rath überhaupt nicht besitzt und desshalb durch den in voriger
Nummer besprochenen Ministerialerlass überhaupt nicht berührt
wird, erscheint aus verschiedenen Gründen eine baldige Versammlung
wünschenswerth. Dieselbe wird am 13. oder 20. März stattfinden.
Die Einladungen werden den Mitgliedern baldigst'zugehen.
XXX. Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen
am Sonntag, den 20. März d. Js., Mittags 12 Uhr,
1 im Restaurant Dümke zu Posen, Wilhelmsplatz Nr. 18.
Tagesordnung.
’ 1. Geschäftliches. 2. Bericht über die VTII. Plenar-Ver-
saihmlung des Deutschen Veterinärrathes zu Kassel. 3. Neuwahl
der Delegirten zum Deutschen Veterinärrath. 4. Neuwahl der
Didegirten zur Central Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens. 5. Abänderung bezw. Aufhebung der Statuten des
Ehrenrathes. 6. Ueber die Erhitzung der Milch in Sammelmolkereien
gefnäss § 61 der Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895.
Referent: Herr Kreistbierarzt Dr. Foth-Wreschen. 7. Mittheilungen
aus der tbierärztlichen Praxis.
Um 27„ Uhr findet ein Diner statt. Anmeldungen zu dem¬
selben erbittet Unterzeichneter bis spätestens zum 15. März er.
Der Vorstand. Heyne.
Verein sohlesisoher Thierärzte.
Sonntag, den 27. Februar d. J., Vorm. II Uhr findet in Breslau,
Antonienstr. 33 (Scepterloge) eine Versammlung mit nachstehender
Tagesordnung statt: 1. Geschäftliche Mittbeilungen. 2. Abänderung
der Statuten (betr. Ehrenrath). 3. Die Einführung der allgemeinen
Fleischschau, insbesondere die Betheiligung der pract. Thierärzte an
derselben. Referenten: Thierarzt Siemssen, Krappitz, Kreis-Thier-
arzt Graul, Oppeln. 4. Zur Reform der Stellung der Kreis-Thier-
ärzte. Referenten: Kreis-Thierarzt Gückel, Münsterberg und
Df. Marks, Ohlau.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) (Siehe auch Beilage zu dieser Nummer.)
Seuchenstatistik nnd Teterinärpolizei.
Abgeordnetenhaus. I eines Gesetzentwurfes, wonach die Kosten thierärztlicher Unter-
Es ist vom Abgeordneten Herold der Antrag eingebracht Buchungen, welche auf Anordnung von Verwaltungsbehörden er-
worden, die Staatsregierung zu ersuchen um baldige Vorlegung 1 folgen, auf die Staatskasse übernommen würden.
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78
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
vortreffliche Verfahren von Dr. Lorenz-Darmstadt nach, mit
welchem wir unsere Schweinebestände gegen Rothlanf schützen.
Als Sernmquelle bediente sich P. eines Pferdes, das er durch
fortgesetzte Einspritzung allmälig gesteigerter Mengen von
Hogcholera-Reinkulturen vorbehandelte. 8 bis 10 ccm des Pferde¬
blutserums vermochten Schweine gegen die Erkrankung an
Schweinepest zu schützen. Zur Erhöhung der Immunität wurde
den Schweinen gleichzeitig mit dem Serum der Erreger der
Krankheit einverleibt, indem ein Tropfen bis 1 ccm Herzblut
eines frisch an Hogcholera im Laboratorium verendeten Ferkels
oder 1 ccm virulenter Reinkultur subcutan injicirt wurden. Von
5 Schweinen, welche in der angegebenen Weise behandelt worden
waren, bekam ein Schwein infolge der Behandlung die Schweine¬
pest, ein zweites Schwein ging an einer anderen Krankheit ein.
Dasselbe zeigte bei der Obduction stark vergrösserte Nieren und
Leber von fester Consistenz. Die Gallengänge waren durch
Leberegel verstopft und enorm erweitert. Das Unterhautzell¬
gewebe war vollständig gelb gefärbt. Von den übrigen drei
Schweinen, welche die Immunisirung überstanden hatten, wurde
ein Schwein am 17. October in eine mit Schweinepest inficirte
Herde gesetzt. Dasselbe wurde nicht von der Krankheit befallen
und war am 14. December noch vollständig gesund.
3 Control8cbweine, welche P. mit dem virulenten Blut des
an Schweinepest eingegangen Ferkels (ohne gleichzeitige Serum¬
einspritzung) inficirt hatte, gingen ausnahmslos an der Seuche
zu Grunde.
Am Schluss dieser einzeln aufgeführten und beschriebenen
Versuche bemerkt der Verfasser, dass die alleinige Einspritzung
von Serum nur eine beschränkte Immunität verleihe und dass er
das Serum (genau wie Lorenz) in Verbindung mit einer virulenten
Hogcholera-Reinkultur angewendet habe, und zwar auf 10 ccm
Serum 1 ccm Reinkultur. In dieser Weise seien nunmehr 12
Haupt auf der Versuchsstation mit gutem Erfolg behandelt worden.
Ueber die Erfahrungen, welche mit dieser Methode auf dem
platten Lande gemacht worden sind, giebt eine beistehende Zu¬
sammenstellung Auskunft Hiernach wurden von 1176 geimpften
Thieren mehr als 56 Proc. gerettet.
Seit dem Erscheinen dieses Aufsatzes ist nunmehr ein Jahr
verflossen und es ist anzunehmen, dass der Verf. seine Erfahrungen
in Bezug auf die Wirksamkeit der Methode gegen die Schweine¬
pest genügend erweitert hat, um ein bestimmteres Urtheil über
dieselben abgeben zu können, als sich aus der vorliegenden
Arbeit entnehmen lässt
Influenza bei Pferden.
Von Hutcheon, C. V. S.
(Vot. Journal 1898, No. 271.)
In der Cap-Colonie herrscht zur Zeit eine epizootische
Pferdekrankheit, „die durch eine catarrhalische Entzündung der
obern Luftwege mit nervöser Depression charakterisirt ist.“ Aus
dieser kurz gefassten Angabe lässt sich schon die Vermnthnng
entnehmen, dass diese Epizootie mit der Pferdestaupe unserer
Länder identisch ist Evident geht aber die Uebereinstimmung
beider Krankheiten aus den vom Verf. aufgezählten Symptomen
dieser südafrikanischen Seuche hervor. Dieselbe beginnt zuweilen
mit Schüttelfrost, sehr häufig mit kurzem, trockenem Husten. Der
Kehlgang zeigt sich gefüllt, obgleich keine besondere Vergrösserung
der Kehlgangsdrüsen nachweisbar ist Weiter sind vorhanden
hohes Fieber, starke Abgeschlagenheit; die Pferde halten den
Kopf gesenkt Pulse bis 80 und mehr in der Minute, Athmung
vermehrt. Nicht selten stellt sich von Anfang an Nasenausfluss
ein, in andern Fällen fehlt derselbe. Die Fresslust ist unterdrückt.
Die Augenlider sind geschwollen, die Bindehaut ist entzündet
und besitzt gelbliche Färbung, gewöhnlich wird leichter Thränen-
fluss beobachtet Die Pferde haben einen taumelnden Gang. In
leichten Fällen währt das Fieber ein oder zwei Tage und die
Genesung vollzieht sich schnell. In manchen Fällen entsteht
Durchfall und Darmentzündung, zuweilen auch Hufentzündung
(Rhehe). Als weitere Complicationen werden erwähnt: Bron¬
chitis, Lungenentzündung, welche sich infolge des Congestiv-
zustandes der Lungen ausbilden kann. Rheumatismus soll Bich
häufig nach der in Rede stehenden Krankheit entwickeln. Derselbe
bekunde sich durch Schmerzen und Steifheit in den Gliedmassen
mit mehr oder weniger starken Anschwellungen. Der Verf. bemerkt
ausdrücklich, dass diese Schwellungen, sowie diejenigen, welche
bei der Krankheit häufig an der Brust und an der Scheide Vor¬
kommen, durch Herzschwäche verursacht werden. Der steife
Gang erklärt sich in diesen Fällen also, ohne das Vorhandensein
einer rheumatischen Affection annehmen zu müssen, durch die
Behinderung der Bewegung infolge der Anschwellungen an den
Gliedmassen und durch die allgemeine Schwäche der Patienten.
Die gewöhnlichste Nachkrankheit, welche bei diesen Seuchen¬
gang am Cap vorkam, war der Morbus maculosns.
Bei der Behandlung legt der Verf. mit Recht den grössten
Werth auf eine gute Pflege in gesunden Ställen. Die hohe
Mortalität, welche die Krankheit in und um Capstadt hervor¬
brachte, wurde nur durch die änsserst mangelhaften Stallverhält-
nisse verursacht. Besonders fühlbar machte sich das Fehlen
einer guten trockenen Streu.
Das Heilserum im Liebte der Statistik.
. Von Dr. Vi 11 aret.
(D. med. Wochenachr. 2. 98.)
Der 18. Jahrgang des Statistischen Jahrbuches ist erschienen
und enthält wie immer eine Uebersicht über die Todesursachen
in den Städten des deutschen Reiches mit 15C00 und mehr Ein¬
wohnern. Diese Uebersicht reicht bis zum Jahre 1895, das heisst,
sie enthält als letztes Jahr das erste, in welchem das Heilserum
zum ersten Male allgemeiner zur Anwendung gekommen ist. Verf.
hat daraus folgende Zahlen ermittelt: In den zehn Jahren 1885/94
starben in den oben bezeichneten Städten an Diphtherie und
Halsbräune (Croup) 119038 Individuen, also im Mittel der zehn
Jahre 11904 der an diesen Leiden Erkrankten (bei einem Maxi¬
mum (1893) von 15860 und einem Minimum (1888) von 9934 Ge¬
storbenen). Im Jahre 1895 starben an den erwähnten Krankheiten
nur noch 7266 Personen, das heisst, in Verhältnisszahlen ausge¬
drückt: es starben an Diphtherie und Halsbräune im Mittel der
zehn Jahre 1885/94 von 10000 Einwohnern (bei einem Minimum
(1888) von 9,65 und einem Maximum von 12,44 auf 10000 Ein¬
wohner): 10,69, dagegen im Jahre 1895 von 10000 Einwohnern:
5,40, das heisst: die Sterblichkeit an Diphtherie und Croup
ist im Jahre 1895 gegen das Mittel der zehn vorauf-
gegangenen Jahre um 49,48pCt. gesunken! Dementspricht
die weitere Thatsache, dass, während im Mittel der zehn Jahre
1885/94 von 100 Gestorbenen der Diphtherie und dem Croop/4,53
erlegen wareD, im Jahre 1895 von 100 Gestorbenen nur noch
2,53 als Opfer jener Krankheiten anfgeführt wurden, das heisst,
es hat in dieser Hinsicht ein Sinken dieser* Ziffer um 44,15 pCt
stattgehabt. Verf. glaubt, dass mit dem Heilserum ein richtiges
Princip in die wissenschaftlich-practische Medicin eingeführt sei,
und dass es gelingen werde, auch andere Würger der Menschheit
mit dauerndem Erfolge zu bekämpfen. „Auf dieser Behring¬
strasse,“ so schliesst Verf., „wollen wir daher getrosten Muthes
weiter w’andern.“
Die Antiseptik mittels Wasser und Seife.
Von Dr. G e o J. Monroe.
(CiDrlnn. Lancet-Clinlc.)
Um den Werth der verschiedenen antiseptischen Methoden
festzustellen, hat Verf. nach einem Referate in der D. Medicinal-
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17. Februar 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
79
Zeitung bei je fünf Fällen von Rectaloperationen zur Antiseptic
Sublimat, Borsäure, das Lister’sclie Verfahren, Jodoform und
einfache Reinlichkeit mittels Wasser und Seife angewandt. Er
fand, dass letztere den medicamentösen Methoden in den Erfolgen
nicht nachstand, ja vielleicht mit Ausnahme der Borsäure infolge
ihrer Unschädlichkeit an Wirksamkeit übertraf. Verf. hat sich
nun auch weiter bei den verschiedensten Operationen und unter
allen möglichen, z. T. recht schwierigen und hygienisch ungünstigen
Verhältnissen nur einfach des Wassers und der Seife bedient und
ist mit der Wirkung stets zufrieden gewesen. Er ist überzeugt,
dass die einfache, allerdings peinlichste Reinlichkeit zur Erzielung
einer vollkommenen Antiseptic gänzlich ausreichend ist, und er
verwirft daher den Gebrauch chemischer Mittel als überflüssig
und oft gefährlich. Das einzige Antisepticum, das er allenfalls
zulassen möchte, ist das Wasserstoffsuperoxyd, jedoch weniger
seiner antiseptischen als seiner haemostatischen Eigenschaften
wegen, die in manchen Fällen allerdings von Werth sein dürften.
Ueber die Galle der Schlangen und anderer Thiere als
Gegengift nebst einer Erklärung der Wirkungslosigkeit
des Schlangengiftes bei Verabreichung per os.
Von Th. Fraser.
(Brit. med. Journ.)
Fr. geht von der Beobachtung ans, dass das Schlangengift
bei der Einführung in den Intestinaltractus keine schädlichen
Wirkungen entfaltet. Da es im Magen seine Wirksamkeit nicht
einbüsst, so muss angenommen werden, .dass hier eine Resorption
nicht stattfinden kann und dass das Gegengift erst im Darm¬
canal geliefert wird. Es zeigte sich dementsprechend, dass
Schlangengift in den verschiedensten Verhältnissen mit Galle ge¬
mischt und Versucli8thieren injicirt in sonst tödtlichen Dosen
wirkungslos blieb. Die Galle als solche ist aber nicht als Antidot
zu injiciren, da sie, wie die angestellten Versuche zeigten, bei
dieser Art von Application selbst eine Giftwirkung entfaltet, die
im Darm nicht auftritt Es gelang aber, aus der Galle das wirk¬
same Gegengift zu isoliren. Dieses Gegengift, Versuchsthieren
injicirt, schützte sie vor sonst tödtlichen Schlangengiftdosen. Damit
war der Beweis erbracht, dass die Galle Eigenschaften besitzt,
wie sie bis jetzt nur bei dem stärksten „Antivenenum“ gefunden
sind. Diese Wirkung der Galle ist im Uebrigen den indischen
Sclilangenärzten seit langer Zeit bekannt. Da die Galle aller
Thiere in geringerem Grade dieselbe Wirkung entfaltet, so erklärt
es sich, warum das Schlangengift per os eingefübrt keine Ver¬
giftungserscheinungen hervorruft.
Fluorescin zur Diagnose des Todes.
Von Al b a n i.
(Olornale di Med. legale )
Vor Kurzem hatte ein französischer Autor, Jeard, eine neue
Methode zur Diagnostik des eingetretenen Todes vorgeschlagen;
dieselbe bestand darin, eine färbende Substanz unter die Haut
zu spritzen, die, wenn der Blutkreislauf noch besteht, resorbirt
wird, in den Kreislauf gelangt und an entfernteren Körper¬
stellen wieder in die Erscheinung triit. Die empfohlene Sub¬
stanz war Fluorescin, weil es in Wasser löslich, nicht ätzend, in
der zu vorliegendem Zwecke nothwendigen Dosis nicht giftig ist,
sich im Organismus nie findet und auch in den minimalsten
Dosen ohne Reaction leicht erkennbar ist. Nach den Versuchen,
die Verf. zur Nachprüfung dieser Methode an gestellt hat, scheint
in der That ein vortreffliches Mittel zur Diagnose des Schein¬
todes vorzuliegen. Zur Injection beim Menschen genügt 1 mg
Fluorescin. Besteht noch Blutcirculation, so tritt ein oder zwei
Minuten nach der Injection Gelbfärbung der Schleimhäute ein,
nach ferneren 20 Minuten sind die durchscheinenden Medien des
Auges grün gefärbt. Der Urin wird fast sofort fluorescirend;
Blut, das von einem der Injectionsstelle entfernten Punkt des
Körpers entnommen wird, zeigt schon nach 3 Minuten die
charakteristische fluorescirende Färbung, jedoch muss man etwas
destillirtes Wasser hinzufügen, dann kochen und filtriren.
An einem Leichnam treten 'alle diese Erscheinungen nicht
auf; erst nach vielen Stunden sind infolge von Diffusion die
Körperflüssigkeiten gefärbt. Wenigstens behauptet dies Jeard.
Da Alb ani jedoch in vielen Fällen gefnnden hat, dass diese
Diffusion schneller eintritt, so hält er den Zeitraum von einer
Stunde, wenn bis dahin keine Färbung eingetreten ist, für
genügend, um den Tod zu diagnosticiren. (D. Med.-Ztg.)
Morphologie ond Entwicklung der Vagina.
Von Hart.
(D. Med.-Ztg)
H. resumirt die Resultate seiner Studien in folgenden Sätzen:
1. Die menschliche Vagina ist nur in ihren oberen zwei Dritt-
theilen aus den Müller’schen Canälen entstanden; das untere
Drittel ist hervorgegangen aus einer Vereinigung des Sinus
urogenitalis mit den Wolff’schen Gängen; 2. das Hymen bildet
sich zwischen dem 3. und 4. Monat des fötalen Lebens, und zwar
entwickelt es sich aus zwei an den unteren Enden der Wolff’schen
Gänge befindlichen Epithelbulbi; 3. der Colliculus seminalis des
Mannes entspricht dem unteren Drittel der Vagina; 4. bei den
Beutclthieren stellen die beiden Seitencanäle die persistirenden
Wolff’schen Gänge und der centrale Blindsack das Miiller’sche
Element dar.
Tagesgeschichte.
t
Der berühmte Zoologe Professor Rudolf Leuckhardt,
welcher sich durch seine Forschungen über Parasiten auch be¬
sondere Verdienste um die Veterinärwissenschaft erworben hat
und dem viele Thierärzte, die in Leipzig promovirt haben, ihre
weitere Ausbildung verdanken, ist im 76. Lebensjahre gestorben.
Er war geboren am 7. Oktober 1822 zu Helmstedt, studirte seit
1842 in Göttiogen, habilitirte sich' dort 1847, wurde 1850 als
Extraordinarius nach Giessen berufen, erhielt hier 1855 ein
Ordinariat und kam 1869 als Ordinarius der Zoologie und
Zootomie nach Leipzig. Leuckhardt’s Arbeiten beziehen sich
besonders auf die anatomisch-physiologische Analyse der Thiere,
namentlich der niederen. Er unterschied unter Anderem die
Cölenteraten und Echinodermen, deutete die Organisation der
Schwämme und wies deren Beziehungen zu den Cölenteraten
nach, begründete die Lehre vom Polymorphismus und erweiterte
die Kenntniss von den Entwicklungsvorgängen. Unmittelbar zur
Förderung der praktischen Medicin aber trugen seine epoche¬
machenden Arbeiten über die thierischen Parasiten bei.
Jubiläum des Veterinär-Instituts zu Dorpat.
Von Prof. S c h m a 11 z.
Am 14./26. Januar 1848 wurde zu Dorpat ein Veterinär-
institnt in einer gewissen losen Verbindung mit der Universität
eröffnet. Dasselbe hatte von vornherein das Glück, bedeutende
Männer an seiner Spitze zu sehen. Unter der ersten Generation
derselben ragen namentlich hervor: Der Anatom Brauell, der
vordem schon in Kasan Tbierheilkunde gelehrt hatte und der
durch die Entdeckung des Milzbrandbacillus in der Blutbahn, wenn
er auch die pathogene Natur des Bacillus noch nicht erkannte, sich
unvergänglichen Ruhm erworben hat, sowie Jessen, der erste
Director, dessen Arbeiten über Rinderpest besonders bekannt
geworden sind. — Bis auf den heutigen Tag haben die Dorpater
Professoren dem Veterinärinstitut seinen Ruf erhalten. Nament-
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HO
licli verdient bemerkt zn werden, dass eine grosse Reihe ans¬
gezeichneter Dissertationen, besonders aut anatomischem Gebiet,
ans dem Dorpater Institut bervorgegangen sind.
Bei dem grossen Einfluss, den baltische Wissenschaft auf
das ganze weite Russenreich ausgeübt hat, ist es selbstverständ¬
lich, dass das russische Veterioärwesen, welches heutzutage
sehr gut organisirt ist und mit seinen grossen Erfolgen bezüglich
der gänzlichen Vertilgung der Rinderpest im ganzen europäischen
Russland (mit Ausnahme des Kaukasus) einen wirklichen Triumph
erzielt hat, wesentlich aus dem Dorpater Institut die Kraft seiner
noch nicht sehr alten Entwickelung gewonnen hat.
Das Lehrercollegium des Veterinärinstituts besteht gegen-
wflriig aus folgenden Herren: Director v; Raup ach, gleich¬
zeitig Kliniker; Professor Gutmann, bekannt durch seine
treffliche Mitarbeit an der grossen Chirurgie von Bayer-Fröhner,
Leiter der chirurgischen Klinik; Professor Sem m er der
Jüngere; Professor Kundsin, Anatom; Docent Magister
Negotin, Physiologe; Professor Waldmann, pathologischer
Anatom; Professor Happ ich, Leiter des Instituls für Hygiene,
Seuchenforschung und Bacteriologie; Professor Alexandrow,
Chemiker; Thierarzt Grossmann, Lehrschmied; Docent David
und Prosector Schroeder, ferner eine Anzahl Assistenten. Als
Bibliothekar amtirt der Professor emer. Dr. raed. Rosenberg,
der ehemalige Anatom, ein hervorragender Gelehrter. — Die
Mehrzahl dieser Herren hat namentlich mit der thierärztlichen
Hochschule zu Berlin vielfache wissenschaftliche und freund¬
schaftliche Beziehungen unterhalten.
Die Berliner thierärztliche Hochschule begnügte sich daher
niclit damit, eine Adiesse zu senden, sondern hielt es auch
für wün8chenswerth, wenn eins ihrer Mitglieder sich zn einer
persönlichen Vertretung entschliessen möchte.
• Ich hfLttfe diese Missioh ffbernömmen und habe die ' Weite
Reise nach Dorpat, oder wie es jetzt heisst Jurjew, die allerdings
eine kleine Strapaze umsomehr einschloss, als sie ohne grossen
Aufenthalt zurückgelegt werden musste, nicht zn bereuen; ich
denke, dass einige Mittheilungen darüber in der B. T. W. am Platze
sein werden.
Dorpat ist eine sehr freundliche, von z. Th. hervorragend
schönen Anlagen und Waldpartien umgebene, von einem Fluss
durchschnittene rein baltische Mittel - Stadt. Seit lauge der
Sitz einer Universität, zeigt cs in seinem ganzen Habitus, ivie
auch unsere kleinen Universitätsstädte, ein Etwas, wodurch sich
diese Städte über andere ihrer Grösse hioausheben. Die Uni¬
versitätsinstitute, die ich mir nur von aussen aogesehen habe,
sind einer Universität angemessen. Ebenso macht das Veterinär-
institut, welches allerdings im Ganzen in erheblich kleineren
Dimensionen als z. B. die Berliner thierärztliche Hochschule,
angelegt ist, einen stattlichen Eindruck. Das Verwaltungs¬
gebäude, iu dem sich die für einen Festact allerdings etwas
kleine Aula befindet, erhält durch einen mächtigen, von sechs
aus dem Boden aufstrebenden Säulen getragenen Front¬
giebel sogar ein imposantes Aussehen. Daneben befindet sich
ein ähnliches Gebäude, die Wohnung des Directors und wohl
auch noch Verwaltungsraume enthaltend. In einem hohen
neuen Bau, gegen welches die alte Anatomie der Berliner
thierärztlichen Hochschule allerdings auf das traurigste absticht,
ist das anatomische und das pathologisch-anatomische Institut
untergebracht. Das neue bacteriologisch-hygienische Institut hat
zwar nur ein kleines einstöckiges Haus zur Verfügung, welches
aber, so weit ich das als nicht specieller Fachmann beurtheilen
kann, ausserordentlich praktisch mit sehr vollkommenen Hilfs¬
mitteln ausgerüstet ist und mehr als 20 Arbeitsplätze gewählt.
Dieses Institut ist unter Beihilfe des Kriegsministeriums errichtet
No. 7.
worden, welches dafür das Recht sich Vorbehalten hat, jährlich
eine nicht grosse Zahl von Militärveterinären zu spezieller Aus¬
bildung in das Institut zu entsenden. Die Kliniken weisen einen
älteren und einen neueren Theil auf. Das neuere Gebäude,
welches auch die chirurgischen Specialräume enthält, steht in
seiner modernen Einrichtung durchaus auf der Höhe. Namentlich
ist die Operationshalle der Berliner im Licht überlegen. Der
Vergleich zeigt, dass der anscheinend von unseren Baubeamten
neuerdings vertretene Grundsatz, dass das Oberlicht durch
riesige Seitenfenster entbehrlich gemacht werden könnte, in der
Praxis, wenigstens für unsere Zwecke, sich durchaus nicht be¬
währt. Auch in dem älteren Theil der Stallungen sind durch¬
weg gute, geräumige Boxen eingerichtet. Der Boden besteht voll¬
ständig aus Holzbohlen, die zum Zwecke der Reinigung von ihren
Unterlagen hochgehoben werden können. Es wurde mir mit-
getheilt, dass eine Verunreinigung des Bohlenlagers oder irgend
welche sonstigen Unzuträglichkeiten sich noch niemals heraus¬
gestellt hätten. Im Uebrigen liegen alle Gebäude um einen
recht geräumigen Hof herum und das Ganze sieht sehr freundlich
und adrett aus.
Was aber ganz besonders anspricht, das ist der vorzüg¬
liche Zustand, in dem sich die Sammlungen durchweg befinden. Die
für die pathologisch-anatomischen und anatomischen Sammlungen
verfügbaren Räume sind zwar nicht gross, aber was darin autbewahrt
ist, ist alles zweckmässig aufgestellt und ausgezeichnet
gearbeitet. Die Präparate haben z. Th. den Charakter kleiner
Kunstwerke. Namentlich musste mich selbstverständlich die
anatomische Sammlung iuteressiren, die zum grösseren Theil
von dem oben genannten Prof. emer. Rosenberg begründet ist
und auch einen sehr grossen Reichthum an mikroskopischen,
embryologischen Präparaten besitzt. Ein besonderer Genuss aber
war es, der Einladung des Prof. Rosenberg zur Besichtigung Seiner
Privatsammlungen zu folgen. Hier sind paläontologische und
andere Schätze aufgestapelt, zu deren Zusararaenbringung der
Gelehrte sein ganzes Leben verwandt hat. Es war dabei fast
rührend, zu sehen, wie die ehemaligen Schüler des augenschein¬
lich sehr verehrten Lehrers seinen Sammlungseifer unterstützten,
indem sie, zum Jubiläum hergekommen, ihm allerlei Geschenke
für seine Sammlung mitbrachten. Hatte es der Eine doch sogar
nicht unterlassen, aus Sibirien her sich mit einem gewichtigen
Fundstück einzufinden. Welchen hohen Werth namentlich die
Zahnsammlung des Prof. Rosenberg besitzt, kann man schon
aus der Thatsache ermessen, dass Virchow, der bei seiner Reise
nach Moskau Dorpat besuchte, Stunden lang davon gefesselt worden
ist Ich gestehe offen, dass mir die speciellen Kenntnisse fehlen,
um all die seltenen Schönheiten richtig geniessen zu können.
Mit derselben Liebe, wie jene Sammlung, ist auch die von
Prof. Rosenberg verwaltete Bibliothek des Veterinärinstituts ge¬
pflegt. Sämmtliche Bücher sind übrigens in Glasschränken
untergebracht, und auch in Bezug auf den Etat steht z. B. die
Berliner Bibliothek, die wohl in Deutschland die grösste ist, hinter
der Dorpater zurück, denu letztere verfügt über eben so viel
Rubel, als jene über Mark.
So war es eine Freude, die allein schon für die Reise ent¬
schädigte, im fernen Osten eine Stätte kennen zu lernen, wo die
Veterinärwissenschaft mit denselben Mitteln, derselben Liebe und
demselben Erfolg gepflegt wird wie bei uns.
Auch der eigentliche Festact, mit dem das Jubiläum be¬
gangen wurde, machte einen imposanten Eindruck. Man muss
sagen, dass bei uns derartige Versammlungen äusserüch nicht
so glänzend ausfallen; es liegt das natürlich an dem Vorherrschen
der Uniformen in Russland. Erschienen waren: Vertreter vom
Ministerium des Innern, des Krieges sowie von der in Russland
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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17. Februar 1898.
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT
selbstständigen Gestütsverwaltung, ferner der Rector der Uni¬
versität mit allen Decanen und einer Anzahl Professoren, das Stadt¬
haupt, der auch in Deutschland wohlbekannte Wirkliche Staats¬
rath, Excellenz v. Oettingen (ein sympathisches Greisengesicht)
eine grosse Anzahl von Militärveterjjiären und Thierärzten aus
allen Theilen des Reiches bis von Sibirien her. Die Professoren
haben vornehme Uniformen und zeichnen sich den unseren gegen¬
über durch eine grosse Zahl höherer Dekorationen aus. Auch
die Uniformen der Militärveterinäre sind äusserst kleidsam und
zum Theil sogar glänzend.
Die Festlichkeiten begannen mit einer Seelenmesse für den Kaiser
Nikolaus, den Gründer des Instituts, sowie für den kürzlich ver¬
storbenen Minister der Volksaufklärung Grafen Deljanoff, die
am Abend vorher abgehalten wurde. Auch auf denjenigen, der den
griechischen Ritus nicht kennt, verfehlt die Cereraonie nicht, einen
feierlichen Eindruck zu machen. Bei dem Festact in der Aula
wurden selbstverständlich alle Reden in russischer Sprache ge¬
halten, so dass ich nicht im Stande bin, etwas von deren Inhalt
mitzutheilen. Nur das muss ich rühmend hervorheben, dass olle
Redner es verstanden, kurz zu sein und einen Eindruck zu er¬
zielen. Meine deutsche Rede wurde aber wohl andererseits von
dem allergrössten Theil der Versammlung verstanden, da sehr
viele Russen, auch ohne deutsch zu sprechen, wohl in der Lage
sind, es zu verstehen, und ein grosser Theil überhaupt die
deutsche Sprache beherrscht, was von den Angehörigen der
deutsch sprechenden Ostseeprovinzen selbstverständlich ist.
Das Institut hat bei dieser Gelegenheit einer Anzahl
von Personen eine Ehrung dadurch erwiesen, dass dieselben
theils zu Ehrenmitgliedern, theils zu correspondirenden
Mitgliedern des Conseils gewählt wurden. Der Grossfürst
Dmitri Constantinowitsch, der jüngst ernannte Chef
der Gestütsverwaltung, sowie der Prinz von Oldenburg,
der verdienstvolle Begründer des Instituts für experimentelle
Medicin zu Petersburg, über welches ich in einer der nächsten
Nummern noch einige Mittheilungen machen werde, hatten der
Bitte, die Würde von Ehrenmitgliedern anzunehmen, entsprochen.
Ausserdem wurden natürlich eine Anzahl russische Veterinäre sowie
bedeutende Persönlichkeiten zu Ehrenmitgliedern gemacht. Von
Ausländern erhielten diese Würde: die Professoren Nocard und
Cadiot in Alfort, Director Arloing in Lyon. Prof. Bang in
Kopenhagen, Prof. Zschokke in Zürich, Prof. Dr. Bayer in Wien,
Prof. Dammann in Hannover, die Professoren Johne und Ellen¬
berger in Dresden sowie die Professoren Fröhner, Schraaltz
und Ostertag in Berlin. Zum correspondirenden Mitgliede wurde
aus Deutschland Prof. Kitt in München gewählt.
An den Festact schloss sich ein Diner und daran eine
studentische Feier. Dieser beizuwohnen, würde unseren deutschen
Studenten sicherlich ein grosses Vergnügen gemacht haben, da
sie selbstverständlich in ganz anderer Form verlief wie unsere
Commerse, indess* gewiss nicht weniger vergnügt. Namentlich
wurde das Bild in eigenartiger Weise belebt durch Ausübung
der alten slavischen Sitte, Männer, denen eine Ehrung zu Theil
werden soll, auf die Schultern zu heben und in einem oft un¬
gestümen Rundgang im Festsaal herumzutragen, wobei es
in späteren Stunden nicht immer ganz leicht für den so Er¬
hobenen war, auf dem wogenden Piedestal die Balance zu be¬
wahren. Für unsere Studenten will ich auch nocli hinzufügen,
81
dass in Russland die Studenten aller Academien Uniform tragen;
die Universitätsstudenten einen langen kaftanähnlichen Rock,
welcher sehr unelegant aussieht, die Studenten aller übrigen In¬
stitute, daher auch die der thierärztlichen Academie, dagegen eine
sehr kleidsame, mit weissen Litzen versehene, an unsere Litewka
erinnernde Jacke. Farbentragende Verbindungen sind seit der
Umwandlung in Jurjew nur noch geduldet. Am Veterinärinstitut
existirt eine Verbindung grün-weiss-gold „Fraternitas Dorpatensis“,
der u. A. fast sämmtliche Professoren angehört haben und welche
das Jubiläum auch noch durch einen Commers mehr in unserem Stil
feierte.
Was das Verhältniss des Veterinärinstituts zur Universität
anbetrifft, so bezeichnete es mir gegenüber der Rector der Uni¬
versität selbst so: das Institut sei alseine fünfte Facultät zu be¬
trachten, jedoch selbstständig. Dieses Verhältniss muss als ein
sehr erwünschtes und gesundes betrachtet werden.
Dass dem eigentlichen Feste im Uebrigen noch viele ver¬
gnügte Stunden folgten, ist ebenso selbstverständlich, wie es
andrerseits bekannt ist, dass in Russlaud allenthalben Gast¬
freundschaft und Liebenswürdigkeit dem Fremden den Aufenthalt
zu einem angenehmen machen.
Pertonalnotiz.
In das Ministerium für Landwirtschaft wird demnächst, ver-
muthlich zum 1. April, ein Hülfsarbeiter zur Bearbeitung der
veterinärtechnischen Angelegenheiten berufen werden. Dem Ver¬
nehmen nach ist Kreistbierarzt Pauli von Mohrungen, ehemals
Assistent des Professor Schütz, auch früher schon Departements¬
thierarzt von Trier, in die Hülfsarbeiterstelle provisorisch berufen.
Brandenburger thierärztlioher Verein.
Obwohl der Brandenburger thierärztliche Verein einen Ehren¬
rath überhaupt nicht besitzt und desshalb durch den in voriger
Nummer besprochenen Ministerialerlass überhaupt nicht berührt
wird, erscheint aus verschiedenen Gründen eine baldige Versammlung
wünschenswerth. Dieselbe wird am 13. oder 20. März stattfinden.
Die Einladungen werden den Mitgliedern baldigst'zugehen.
XXX. Generalversammlung des Thierärztlichen Provinzial-Vereins für Posen
am Sonntag, den 20. März d. Js., Mittags 12 Uhr,
im Restaurant Dümke zu Posen, Wilhelmsplatz Nr. 18.
Tagesordnung.
1 1. Geschäftliches. 2. BeVicht über die VIII. Plenar-Ver-
sarhmlung des Deutschen Veterinärrathes zu Kassel. 3. Neuwahl
der Delegirten zum Deutschen Veterinärrath. 4. Neuwahl der
Delegirten zur Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
PreuBsens. 5. Abänderung bezw. Aufhebung der Statuten des
Ehrenrathes. 6. Ueber die Erhitzung der Milch in Sammelmolkereien
] gejnäss § 61 der Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895.
| Referent: Herr Kreistbierarzt Dr. Foth-Wreschen. 7. Mittheilungen
aus der tbierärztlichen Praxis.
Um 2'/ a Uhr findet ein Diner statt. Anmeldungen zu dem¬
selben erbittet Unterzeichneter bis spätestens zum 15. März er.
Der Vorstand. Heyne.
Verein schlesischer Thierärzte.
Sonntag, den 27. Februar d. J., Vorm. 11 Uhr findet in Breslau,
Antonienstr. 33 (Scepterloge) eine Versammlung mit nachstehender
Tagesordnung statt: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Abänderung
der Statuten (betr. Ehrenrath). 3. Die Einführung der allgemeinen
| Fleischschau, insbesondere die Betheiligung der pract. Thierärzte an
i derselben. Referenten: Thierarzt Siemssen, Krappitz, Kreis-Thier¬
arzt Graul, Oppeln. 4. Zur Reform der Stellung der Kreis-Thier-
ärzti*. Referenten: Kreis-Thierarzt Gückel, Münsterberg und
Dr. Marks, Ohlau.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.) (Siehe auch Beilage zu dieser Nummer.)
Senchenstatistik und Teterinärpolizei.
Abgeordnetenhaus. I eines Gesetzentwurfes, wonach die Kosten thierärztlicher Unter-
Es ist vom Abgeordneten Herold der Antrag eingebracht suchungen, welche auf Anordnung von Verwaltungsbehörden er-
worden, die Staatsregierung zu ersuchen um baldige Vorlegung i folgen, auf die Staatskasse übernommen werden.
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82
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 7.
ScMeswi
Köslin
■■Ma/ienWerd^r^- V)
lüneburs
nabruck.
Arnsberg
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche In Preussen
im Januar 1898.
—'■’T C iC^urich
unter v
•w ,50
15 KW
WO ISO
ISO WO
Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender
Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen u ^ Pr 200
Gemeinden verseucht waren
Die Verbreitung der Maul-u. Klauenseuche in Preussen. Ende Januar 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Königsberg.
2
2
0,48
Gumbinnen.
1
3
0,77
Danzig.
5
9
7,14
Marienwerder.
14
48
21,22
Stadtkreis Berlin ....
1
1
—
Potsdam.
12
80
30,92
Frankfurt.
6
11
4,04
Stettin.
3
6
3,19
Köslin.
1
2
1,03
Stralsund.
1
3
3,36
Posen.
14
5)3
27,61
Bromberg.
12
102
45,84
Breslau . . •.
10
82
21,59
Liegnitz.
7
16
568
Oppeln.
4
13
4,64
Magdeburg .
13
85
59,02
Merseburg.
12
54
23,35
Erfurt.
1
1
1,70
Schleswig.
3
6
2,81
Hannover .
3
5
7,5)4
Hildesheim.
ü
11
15,15)
Lüneburg .
3
3
2,03
Münster.
2
4
14,5)2
Minden .
0
4
7,84
Arnsberg.
6
8
5),41
Cassel.
8
22 .
13,15 ‘
Wiesbaden.
10
41
43,80
Coblenz.
12
35
33,49
Düsseldori.
17
48
111,62
Köln.
7
13
43,5)1
Trier.
3
16
14,19
Aachen .
7
23
58,97
Sigmaringen.
1
1
7,18
Summa
2oy
851
—
Nachweisung über den Stand von Viehseuchen im Deutschen Reich
am 31. Januar 1898
Es waren am 31. Januar in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Kotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). Stadtkreis Berlin 1 (1). R.-B.
Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (5). R.-B.
Lieguitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Magdeburg 1 (1).
R.-B. Hannover 1 (1). R.-B. Hildesheim 1 (2). R.-B. Trier 1 (1).
Bayern: R. - B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Niederbayern 2 (2).
R.-B. Pfalz 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 ( 1 ).
Kreishauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2).
Sachsen-Weimar: 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Elsass-
Lotli rin gen: Bez. Ilnter-Elsess 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 21 (95). R.-B. Niederbayern 4(6).
R.-B.Pfalz 12(53). R.-B. Oberpfalz 10(10) R.-B. Oberfranken 12 (21).
R.-B. Mittelfranken 15 (59). R.-B. Unterfranken 15 (31). R.-B.
Schwaben 19 (92). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 4 (4).
Kreishauptm. Dresden 6 (10). Kreishauptm. Leipzig 5 (12).
Kreishauptm. Zwickau 7 (10). Württemberg: Neckarkreis
15 (88). Schwarzwaldkreis 10 (23). Jagstkreis 12 (67). Donau¬
kreis 13 (52). Baden: Landescomm. Constanz 2 (9). Landes-
cornm Freiburg8(14). Landescomm.Karlsruhe 7 (19). Landescomm.
Mannheim 8(16). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (20). Provinz
Oborhessen 4 (5). Provinz Rheinhessen 4 (15). Mecklenburg-
Schwerin: 3 (13). Sachsen-Weimar: 5 (20). Mecklenburg-
Strelitz: 1 (1). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (5). Fürsten¬
thum Birkenfeld 1 (1). Brauuschweig: 4 (25). Sachsen-
Meiningen: 4 (7). Sachsen-Altenburg: 2 (6). Sachsen-
Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (4). Herzogth. Gotha
4 (11). Anhalt: 5 (40). Schwarzburg-Sondershausen: 3(5).
Schwarzburg-Rudolstadt: 4 (6). Waldeck: 1 (1). Reuss a. L.:
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17. Februar 18Ü8.
BERLINER THIERÄRZfLICHE WOCHENSCHRIFT.
83
l (3). Bremen: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass
7 (11). Bez. Ober-Elsass 6 (63). Bez. Lothringen 3 (7).
C. von Lungensenche:
Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B.
Magdeburg 3 (10). R.-B. Merseburg 1 (1).
Institut für Tollwuthimpfung.
Bei dem Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin soll
bekanntlich auch eine Abtheilung für Tollwuthimpfung errichtet
werden. Auch in der zweiten Kammer des sächsischen Land¬
tages ist in Form einer Interpellation die Frage aufgeworfen
worden, ob nicht bei der Dresdener thierärztlichen Hochschule
oder in Verbindung mit einer anderen Heilanstalt ein Institut
für Tollwuthimpfung etc. eingerichtet werden solle.
Ergebnisse der Tuberculin-Impfungen in den Seequarantlneanstalten.
Im HI. Quartal 1897 wurden in den Seequarantäneanstalten
zu Kiel, Altona-Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Warnemünde-
Rostock, Lübeck und Hamburg eingeführt 14 687 dänische und
1 499 schwedische Rinder, von denen der Tuberculinprobe unter¬
worfen wurden 15 861 Stück. Von diesen wurden durch die
Reaction verdächtig 5 664 = 35,7 pCt. Davon wurden nach dem
Abschlachten als tuberculös befunden durchschnittlich 90 pCt.
Gerichtsentscheidungen in Gebfihrensachen.
I. Fuhrkostenent8chädigung für Verrichtungen am Orte.
In der Aerztl. Sachverständigen-Ztg. wird folgende, das Gesetz
für Mediciqalbeamte betreffende, aber speciell in Sachen eines
Kreistbierarztes erlassene Entscheidung des Reichsgerichts vom
3. Juni 1897 mitgetheilt.
Der Kreisthierarzt zu K. in Westpreussen hatte für die
Untersuchung der Pferde von Hausirern, Pferdehändlern und Fuhr¬
leuten sowie die Besichtigung der Gastställe und Schweinetrans¬
portwagen eine Liquidation der ihm seiner Ansicht nach hierfür
zustehenden sogenannten Fubrkostenentschädigungen von 1,50 M.
für die Dienstverrichtung mit 415,50 M. im dritten Quartal 1894
eingereicht. Diese Liquidation war von der zuständigen Behörde
auf 88,50 M. herabgesetzt worden, und er wurde wegen der raehr-
geforderten 327 M. gegen den Fiscus klagbar. Die Klage wurde
in zwei Instanzen abgewiesen, das Reichsgericht hat jedoch auf
die Revision des Klägers das Berufungsurtheil aufgehoben und
die Sache zur anderweiten Verhandlung und zur Entscheidung
an die Instanz zurückgewiesen. Aus den Gründen ist Folgendes
anzuführen:
Für die Entscheidung ist die Frage massgebend, was das
Gesetz in dem bekannten § 1 Abs. 1 unter „jeder einzelnen
Amtsverrichtung“ versteht. Der Kläger behauptet, er habe die
1,50 M. zu fordern für jede Untersuchung eines Gespannes oder
eines einzelnen Pferdes, eines einzelnen Stalles oder Schweine¬
transportwagens. Der beklagte Fiscus hat geltend gemacht, dass
die Entschädigung von 1,50 M. der Regel nach täglich nur ein¬
mal in Ansatz gebracht werden könne, indem das Gesetz nicht
einzelne Untersuchungshandlungen, sondern die Gesammtheit der
an einem Tage vorgenommenen gleichartigen Handlungen im
Auge habe. Eine mehrfache Inrechnungstellung sei nur dann
zulässig, wenn es sich um verschiedenartige Amtsverrichtungen
handelt, z. B. um die Untersuchung von Pferden und anderer¬
seits die Revision von Viehwagen, oder aber, wenn die Amts¬
handlungen, z. B. Revision der Gastställe, eine längere Zeit in
Anspruch nehmen und thatsachlich höhere Fuhrkosten als 1,50 M.
entstanden seien. Hiernach ist die Liquidation festgesetzt
worden.
Der erste Richter hat folgenden Standpunkt eingenommen:
Wenn auch das Gesetz die Vergütung als eine Entschädigung
für Fuhrkosten bezeichnet, so ist dadurch allerdings nicht aus¬
geschlossen, jede Art der Amtsverriehtung als eine gesonderte
einzelne Amtsverrichtung anzusehen, da bei jeder Art eine ver¬
schiedene Beurtheilung eintrete. Dagegen liege eine einheitliche
Thätigkeit vor, wenn der Thierarzt z. B. gelegentlich eines
Marktes alle Pferde sowie die etwa aufgefahrenen Fuhrwerke etc.
untersuche. Die Einheitlichkeit der Absicht, wesentlich gleich¬
artige Untersuchungen auf einem Wege zu erledigen, führe eben¬
falls zu der Annahme, dass eine solche Reihe von Amtshand¬
lungen zusammen eine Dienstverrichtung ausmachen, wenn auch
die einzelnen Untersuchungsstellen nicht unmittelbar neben ein¬
ander lägen.
Der Berufungsrichter hat, wesentlich gestützt auf die Ent¬
stehungsgeschichte des Gesetzes, angenommen, es handle sich
bei den „Einzel-Amtsverrichtungen“ nur um solche Geschäfte,
bei denen die Benutzung eines Fuhrwerkes überhaupt in Frage
kommen könne bezw. angemessen erscheine, gleichgiltig allerdings,
ob die Benutzung thatsächlich stattgefunden hat. Ein Thierarzt,
vor dessen Wohnung sich daher verschiedene Fuhrleute mit ihren
Pferden zur Untersuchung einfänden, könne daher unbedingt keine
Fuhrkosten liquidiren. Der Berufungsrichter hat daher zur Be¬
gründung der Klage den Nachweis für erforderlich erachtet, dass
für jede einzeln liqnidirte Amtsverrichtung die Annahme eines
Fuhrwerkes angemessen gewesen wäre, und bat die Klage eben¬
falls abgewiesen, da der Kläger diesen Nachweis nicht zu führen
vermochte. Das Reichsgericht selbst hat Folgendes ausgeführt:
Der Einwand der Revision des Klägers, dass dio Vergütung
von 1,50 M. auch eine Entschädigung für die Amtsverrichtung
selbst sei, ist nicht berechtigt; denn ihm steht der Wortlaut des
Gesetzes entgegen. Die Unrichtigkeit ergiebt sich auch aus der
Entstehungsgeschichte des fraglichen Gesetzes. Der Gesetzent¬
wurf enthielt eine Bewilligung für Fuhrkosten überhaupt nicht,
da dieser Entwurf davon ausging, dass die Medicinalbeamten
für die Verrichtung am Wohnorte durch ihr Gehalt entschädigt
seien. Die Commission des Abgeordnetenhauses erst fügte die
Entschädigung von 1,50 M. ein und in dem Commissionsbericht
heisst es: „Den Medicinalbeamten würden durch den Gesetz¬
entwurf an ihrem Wohnorte Dienstpflichten auferlegt, die mit
dem geringen Gehalt in keinem billigen Verhältnis ständen;
denn die Beamten seien verpflichtet, zu jeder Zeit und bei jeder
Witterung ihre Dienste zu leisten, und würden namentlich in
grösseren Städten bezw. bei mangelhaften Communicationsmitteln
auf dem Lande sich eines Fuhrwerks bedienen müssen, wofür
ihnen eine Entschädigung zuzubilligen sei, die entweder in einer
Steigerung des Gehalts oder in Gewährung einer Pauschalsumme
oder endlich in einer Taxe für jede Amtsverriehtung gegeben
werden könne. Die Commission habe die Fixirung einer Fuhr-
kostenentschädigung von 15 Silbergroschen für jede Amtsverrichtung
gewährt Der Satz sei eine mässig gegriffene Durchschnitts¬
summe, und ob die Fuhrkosten wirklich aufgewaudt seien oder
nicht, könne nicht in Betracht kommen.“ Das Herrenhaus verwarf
den Gesetzentwurf im Ganzen und der in der folgenden Legislatur¬
periode dem Landtage vorgelegte Entwurf enthielt jene Com-
misBionsbestimmung, die auch im Herrenhaus befürwortet worden
war. Aus diesen Verhandlungen ist mit Sicherheit zu ent¬
nehmen, dasB den Medicinalbeamten nicht für die amtlichen Hand¬
lungen selbst neben ihrem Gehalte noch eine Gebühr bewilligt
werden sollte, sondern dass das Gesetz bezweckt habe, ihnen
wegen der Unkosten und Auslagen, die ihnen infolge der Be¬
nutzung von Fuhrwerken entstehen, Entschädigung zu gewähren.
Muss man aber hiervon ausgehen, so muss auch die Annahme
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84
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
der Klage, dass das Gesetz unterschiedslos jeden einzelnen Act ,
der Thätigkeit im Ange gehabt habe, ausgeschlossen erscheinen.
Der Annahme steht eben entgegen, dasB der Vergütung aus¬
drücklich die Eigenschaft einer Fuhrkostenentschädigung bei¬
gelegt worden ist. Im Sinne des Gesetzes darf also die Ver¬
gütung nur in solchen Fällen gefordert werden, in welchen die
objective Möglichkeit zur Benutzung eines Fuhrwerkes be¬
standen hat. Der Ausdruck des Gesetzes „bei jeder einzelnen
Amtsverrichtung“ ist daher einschränkend in dem Sinne zu ver¬
stehen: bei jeder einzelnen solchen Amtsverrichtung, bei deren
Vornahme es sich um die Benutzung eines Fahrwerkes hätte
handeln können. Ob diese Voraussetzung eintrifft, wird in jedem
Fall nach billigem Ermessen zu beurtheilen sein. Hierbei werden
im Allgemeinen die localen Verhältnisse und es wird namentlich
die Entfernung in Betracht kommen zwischen der Stelle des
Wohnortes des Beamten und der Stelle, an welcher die Amts-
Verrichtung vorzunehmen war. Lässt eine solche Beurtheilung
die Benutzung eines Fuhrwerks angängig erscheinen (gleich- |
gültig, ob sie stattgefnnden hat oder nicht), so hat der Be- |
amte die Fuhrkostenentschädigung zu fordern, und zwar J
bei jeder einzelnen Amtsverrichtung, so dass die Mög- ;
lichkeit nicht ausgeschlossen, dass die Entschädigung '
No 7.
dem Beamten an einem Tage mehrmals zu gewähren ist.
Andererseits ist dagegen für den Anspruch auf die Fuhrkosten-
vergütung der Umfang der an derselben Stelle vor¬
genommenen Verrichtung unerheblich, ob also ein Pferd oder
mehrere Pferde oder die Pferde eines oder mehrerer Besitzer
untersucht sind. Dasselbe gilt von der Art der Amtsverrichtung,
ob z. B. Pferde untersucht und gleichzeitig Ställe revidirt sind.
Endlich kann auch die Länge der Zeit, die die Thätigkeit er¬
forderte, nicht in Betracht kommen, weil, wie sich ans den an¬
geführten Gründen ergiebt, die Vergütung keine Entschädigung
für die Verrichtung selbst darstellt. Dass der Fuhrkostenanspruch
nicht durch die thatsächlich erfolgte Benutzung eines Fuhrwerks
und die Aufwendung von Fuhrkosten bedingt ist, unterliegt
keinem Bedenken und wird auch von dem beklagten Fiscus nicht
in Abrede gestellt. Dem Berufungsrichter ist also darin bei¬
zutreten, dass es zur Begründung des Klageanspruchs der Dar¬
legung bedürfe, dass bezügl. jedes einzelnen Liquidats an Fuhr¬
kosten die Voraussetzungen des Gesetzes im vorbezeichneten
Sinne vorliegen. Die angefochtene Entscheidung des Berufungs¬
richters entbehrt insofern einer ausreichenden Begründung, als
die Klage abgewiesen ist, weil es an einer solchen Darlegung
fehle etc.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten definitiv die Thierärzte J. M ein m e n
zu Hettstedt für den Mansfelder Gebirgskreis, W. Diercks zu
Plön für den Kreis Plön. — Thierarzt Dr. G. Hubs, bisher
Assistent an der Thierärztlichen Hochschule in .München, zum
Distrikts-Thierarzt in'Markt-Erlbach (Mittelfranken).
Eb sind gewählt worden: Schlachthofthierarzt A. Knüppel-
Aachen zum Schlnchthofthierarzt in Köln, [Schlachthofthierarzt
Reimers-Celle zum Schlachtliofdirector in Haile.
Approbationen : B e r 1 i n : die Herren Carl Fuchs, Carl Harm,
Georg Kolbe, Wilhelm Stimming. Hannover: die Herren Ebe-
ling, Alting, Block, Schulz.
Wohnsitzverändeningen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
K iss uth-Lissa i. P. nach Guhrau (Bez. Breslau).
Yacanzen.
Kreisthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis
10. März an Regierungs'-Präs, in Minden. — R.-B. Schleswig:
Kiel (Stadt- und Landkreis) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs,
in Schleswig. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarzt¬
stelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
— R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitfitsthlerarztstellon :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie Wohnung,
Heizung und Gartenbenutzung). Bew. bis 18. Febr. an Magistrat. —
Beuthen:2. Schlacnthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld432M.) Bow.
an Magistrat. — E1 bj n g: Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis
gestattet). Bew. an Magistrat.— Filehne: Schlachthofinspector zum
1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat.— Ibbenbüren: Schlacht¬
hausverwalter zum 1. Juni 1898 (1250 M. und freie Wohnung). Bew. an
den Amtmann. — Finsterwalde: Schlachthofdirector(1500M., freie
Wohnung und Heizung. Privatpraxis'im Stadtbezirk gestattet) Bew. bis
15. Febr. an Magistrat. — Schmalkalden: Schlachthofinspector
(1800—2100 M., freie Wohnung, Heizung,Beleuchtung. Nebeneinnahmen
ca. 300 M. Privatpraxis gestattet). Bew. an Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Coblenz: Schlachthofdirector zum 1. Mai 1898
(8500—5000 M.). Bew. an Oberbürgermeister Schüller. — Kassel:
2. Thierarzt (2400 M. steigend bis 4200 M.). Bew. an Oberbllrger-
VerantwortllcU (Ur den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schinaltz in Berlin. — Vc
1 meister. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April
(2400—3900 M., freie Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat. —
Sagan: Schlachthofverwalter zum 1. April (1800—2400 M., freie
| Wohnung u. Heizung). Bew. an Magistrat — Schlawe (Pommern):
Schlachthof - Inspector zum 1. April 1898 (2100 biB 2700 M., freie
Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.)r Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann,
i — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt
j — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Püschen: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amts Vorsteher.
— Schwarzenau: (800 M.fÜr Fleischschau). Näheres Magistrat.
I —Wa 1 db r ö 1: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-ßoitzenburg.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
i (Schlachthof). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe).
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen Halle, Köln.
Notizen.
Herr Thierarzt Hecker-Ermslebeu bedarf zur Fortsetzung
seiner Arbeiten über Maul- und Klauenseuche dringend noch
frischer Lymphe. Wir bitten die Herren Collegen, welche hierzu
die Möglichkeit haben, ihn in seinem Bemühen zu unterstützen
und ihm frisches Material (gegen Erstattung aller Unkosten) zu¬
zusenden. Die Redaction.
Hat einer der Herren Collegen mit dem im neuesten Catalog
der Firma H. Hauptner-Berlin beschriebenen „Apparat zum Nieder¬
legen grosser Thiere nach Toepp“ Erfahrungen gesammelt und
kann derselbe für die Praxis empfohlen worden ? Ich kann
anhaltendes Niederknieen bei Gelegenheit grösserer Operationen
nicht vertragen und muss mich daher nach einem geeigneten
Operationstisch umsehen. Für gütige Mittheilungen wäre sehr
dankbar:
O. Möller, Herzogi. Amtsthierarzt. Sonneberg in S. Meiningen.
ac und Eiarenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von W. Büxenatein. Berlin.
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Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaeiionellen An¬
fragen beliebe man xu aenden an Prof. I>r. Schmaltx,
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Correcturen, Recenaiona-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagabuchbandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 8. Ausgegeben am 24. Februar.
Inhalt: Meyerstraue : Ein Fall von Schweif - Mastdarm-Blasenlähmung mit später hinzu tretender Facialis-
lähmung beim Pferde. — Delvos: Senkung des Hufbeines. — Jaokschath: Fund eines arabischen Huf¬
eisens in Westpreussen. - Referate: F r i c k: Locale Anästhesie in der Thierheilkundc. — Fröhner: Behandlung des
Hufkrebses mit Formaldehyd. — Cadöac und Mo rot: Tuberculose des Pferdes. — Baum: lieber die Giftigkeit des Alcoliols
bei rectaler Injcction. Sanfeljce, Loi und M a 1 a t o: Die Barbonekrankhcit der Rinder und Schweine in Sicilien. — V e n n er¬
hol m: Peripherische Facialisparese nebst nasalein Asthma. — V e n n e r h o 1 m : Luft in den Venen. Tod. — Munk: Zur
Lehre von der Schilddrüse. — H a u b o 1 d: Die Autointoxicationen. — T r i e p o 1: Ueber Zellbrücken in der glatten Muskulatur. —
Botryomycose beim Menschen. — Hypertrophie der Oberkieferhöhle. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tages-
geschichte: Bericht über die 52. Versammlung des Vereins Thüringer Thierärzte, abgehalten am 28. November 1897 zu Erfurt
im Hotel „Weisses Ross“. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehveikehr. —
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Ein Fall von Schweif-Mastdarm-Blasenlähmung mit
später hinzutretender Facialislähmung beim Pferde.
Von
Meyerstrasse-Othfresen,
Thlcrarxt.
Ira Jannar dieses Jahres wurde ich von dem Domänen¬
pächter H. za L. zur Behandlung eines Pferdes aufgefordert,
welches angeblich seit ca. 5 Tagen Kolikerscheinungen zeige,
dabei nicht regelmässig den Urin entleeren köm.e, aber noch
etwas Koth abgesetzt habe.
Bei meiner Untersuchung konnte ich an dem 4jährigen, gut
genährten Rothschimmelwallach belgischer Abstammung Folgendes
constatiren:
Das Allgemeinbefinden des Patienten war getrübt, der
Appetit derart gestört, dass nur ab und zu etwas Hafer und
Häcksel langsam gekaut und verzehrt wurde. Das Thier sah
sich öfter nach dem Hinterleibe um und nahm dabei eine
gestreckte Stellung au. Der Penis hing andauernd aus dem
Schlauche herab und unter starkem Drängen wurde in Zwischen¬
zeiten von 5 bis 10 Minuten eioe grössere Menge klaren,
wässrigen Urins entleert. Ab und zu legte sich das Thier unter
Stöhnen nieder und blieb längere Zeit auf der Streu mit aus¬
gestreckten Beinen liegen. Der Hinterleib war etwas aufgetrieben.
Die Darmgeräusche vollständig unterdrückt. Die Mastdarm-
temperatnr betrog 37,8° C., die Zahl der Pulse 36 pro Minute.
Der Puls war regelmässig und äqual, die Athmung normal.
Bei der manuellen Untersuchung des Mastdarmes konnte ich eine
Erweiterung des Beckentheiles desselben constatiren. Die ziemlich
grosse Höhle war mit Kothballen vollgestopft. Nach der Ent¬
fernung der angehäuften Kothmasseu und Irrigation mit kaltem
Brunnenwasser blieb die Erweiterung bestehen. Der Patient
bekam zur Anregung der Peristaltik eine Pille aus Aloö 50,0 und
Natr. sulf. 400,0. Dazu drei mal täglich Ciystiere von lauwarmem
Seifenwasser. Am folgenden Tage war der Zustand derselbe
geblieben. Kothentleerung hatte nicht stattgefunden. Der After
war beim Liegen des Thieres kugelförmig vorgedräugt und stand
offen, so dass Kothballen sichtbar waren. Wiederum war der
hintere Theil wie am Tage vorher mit einer Menge mässig festen
Kothes angefüllt. Beim Eingehen mit der Hand in den Mastdarm
war auffällig, dass der Sphincter ani der eindringenden Hand
nicht den geringsten Widerstand entgegensetzte. Auch der
Schweif Hess sich mit Leichtigkeit hochheben. Die Harnblase
war leer. Bei der weiteren localen Untersuchung zeigte sich
auch die Empfindlichkeit in der Umgebung des Afters und der
Haut der Schweifrübe vollständig erloschen. Ich konnte mit der
Nadel tiefe Einstiche in die Haut der Schweifrübe und des Afters
sowie dessen Umgebung — etwa handbreit um den After herum
— machen, ohne dass das Thier im geringsten darauf reagirte.
Bei der Bewegung zeigte der Patient einen schwankenden
Gang, besonders auf der Hinterhand, wobei öfter beim Führen
des Pferdes in gerader Richtung die Hinterbeine gekreuzt wurden.
Nur mit Mühe konnte das Thier auf dem gepflasterten Stallgange
durch seitliche Unterstützung wieder in den Stand zurückgeführt
werden. Bei der Bewegung hing der coupirte und früher gut
getragene Schweif schlaff herunter (Hammelschwanz), liess sich
leicht hin-und herschwenken und nach jeder Richtung hin drehen,
ohne diesen Manipulationen den geringsten Widerstand entgegen-
zusetzen. Im weiteren Verlaufe der Krankheit stellte sich eine
ausserordentliche Schwäche ein. Das Pferd war nicht im Stande,
längere Zeit an derselben Stelle zu stehen, sondern wechselte oft
unter schwankender Bewegung seine Stellung, dagegen konnte
es stets bis zum tödtlicben Ausgange der Kraukheit ohne
besondere Anstrengung aufstehen. Von nun ab lag das Thier
auch die meiste Zeit, entweder in richtiger Lage auf dem Brust¬
beine oder lang ausgestreckt am Boden.
Auf Grund der angeführten Erscheinungen konnte es nicht
zweifelhaft sein, dass es sich im vorliegenden Falle um eine
Schweif-Mastdarmlähmung handelte, wozu sich nach einigen Tagen
eine Blasenlähmung gesellte, die dadurch offensichtlich wurde,
dass der Urin zuweilen während des Stehens aus der Harnröhre
abtropfte oder in schwachem Strahle abfloss, wenn das Pferd,
zum Aufstehen gebracht, sich reckte — den Rücken einbog und
einen Hinterfuss weit nach hinten streckte. Der entleerte
Urin war in der Regel blass, wasserhell, seltener hellgelb
gefärbt. Das specißsche Gewicht desselben betrag 1,008, war
frei von Eiweiss und Schleim und arm an Kohlensäure¬
verbindungen.
Der Appetit blieb während der ganzen Krankheitsdauer ein
guter, abgesehen vom ersten Krankheitstage. Es wurde zur Er¬
haltung der Kräfte sehr nährstoffreiches Futter wie Vollmilch,
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86
gesunder Hafer, Weizenkleie, gut eingeerntetes Kleelieu etc. zur
beliebigen Aufnahme gereicht. Trotz dieser kräftigen Ernährung
wurde das Thier immer hinfälliger. Etwa zehn Tage nach meiner
ersten Untersuchung stellte sich nun aucli eine rechtsseitige
Facialislähmung ein. Das rechte Ohr und obere Augenlid hingen
schlaff herunter. Die Oberlippe sowie die herabhängende Unter¬
lippe waren nach der linken Seite hinübergezogen, wodurch die
Futteranfnahme erschwert wurde.
Die längere Zeit hindurch fortgesetzten Injectionen von
Strych. nitric. Lösung in die Umgebung des Afters sowie das
später von Herrn Professor Esser vorgeschlagene Brennen von
Punkten und Strichen entlang der Wirbelsäule mit nachfolgender
mehrmaliger Einreibung einer scharfen Salbe waren leider nicht
im Stande, den letalen Ausgang der Krankheit zu verhindern.
Das Thier verendete plötzlich nach nicht ganz dreiwöchiger
offensichtlicher Krankheitsdauer, zu einer Zeit, wo die Facialis¬
lähmung auch eine linksseitige zu werden schien. (Schlaffes
Herabhängen auch des linken oberen Augenlides.)
Besonderer Umstände halber konnte die Section des Cadavers
leider erBt am 3. bezw. 4. Tage nach dem Tode des Thieres aus¬
geführt werden. Durch die ziemlich warme Temperatur war die
Fäulniss an dem Cadaver bereits so stark vorgeschritten, dass
insbesondere an dem freigelegten Rückenmarke keine patho¬
logischen Veränderungen zu constatiren waren. Von den hier in
Betracht kommenden Organen kann ich nur Folgendes anführen.
Die Harnblase war vollständig leer. Dennoch liess sich
erkennen, dass dieselbe vergrössert war. Der Urin soll nach
Aussage des Verwalters beim Auf laden des Cadavers in grosser
Menge abgeflossen sein. Die Blasenmusculatur war verdickt.
Die Blasenschleimkaut wurde von einer dünnen Schicht einer
lehmfarbigen, klebrigen Masse bedeckt, die sich leicht mit dem
Messer entfernen liess. Eine gleiche Masse haftete der Schleim¬
haut der Harnröhre an.
Die Nieren waren von einer ziemlich starken Fettschicht
umgeben. Die capsula fibrosa liess sich ohne besondere Mühe
von den Nieren abziehen. Die Nieren waren etwas vergrössert,
ihre Gestalt nicht verändert, rothbraun, von weicherer Cousistenz
als normal, dabei in geringem Grade knisternd — Fäulniss-
erscheinung. Die Oberfläche der Nieren war glatt und eben.
Die Schnittfläche liess die normale Einrichtung erkennen, soweit
dieselbe nicht durch die Fäulniss verändert war. Insbesondere
liess sich keine Verbreiterung des interstitiellen Bindegewebes
wahrnehmen. Die Schleimhaut des Nierenbeckens war mit einer
geringen Menge einer schleimigen Masse bedeckt, nach deren Ent¬
fernung die Schleimhaut grauweiss erschien.
Der After stand offen. Der Mastdarm war in seinem Becken-
theil erweitert, aber leer — der Koth war kurze Zeit vor dem
Eintritt des Todes entleert worden. Die Schleimhaut Bah
dunkelroth aus, die Gefässe waren injicirt.
Es liess sich mit Bestimmtheit du ich die Section eine
grössere Verletzung im Bereiche des Beckens sowie der Wirbel¬
säule ausBckliessen. Auch war nirgends ein Eiterheerd zu
constatiren.
Im vorliegenden Falle hatte der Krankheitsprocess langsam
die beschriebene Höhe erreicht. Denn der . mit der Führung des
Pferdes betraute Knecht erklärte mir auf meine Frage, ob ihm
früher niemals etwas Krankhaftes an dem Thiere aufgefallen sei,
dass er seit mehreren Wochen den Schwanzriemen habe sehr
leicht anlegen können, während dies in der ersten Zeit nach
dem Kaufe ziemlich schwierig gewesen sei. Auch hätte sich das
Pferd kurz vor Ausbruch der Krankheit ausserordentlich empfind¬
lich gezeigt auf dem Rücken, sobald er dasselbe habe reiten
wollen, während das Thier sich früher ruhig habe reiten lassen.
No. 8.
Ueber die Ursache der Lähmung war im vorliegenden Falle
nichts zu ermitteln. Nach Aussage des Knechtes ist das Thier
nicht gestürzt und hat sich auch sonst keine Verletzung zu¬
gezogen gehabt. Ich will aber nicht unerwähnt lassen, dass das
fragliche Pferd im Frühjahr 1897 — Mai — wie auch die übrigen
Pferde derselben Stallung an der Leume (Darmseuche) leicht-
gradig erkrankt gewesen ist. Im letzten Sommer haben dann
sämmtliche Pferde, besonders stark und lange Zeit hindurch aber
die frisch angekauften — wozu auch das hier in Frage kommende
Thier gehörte —, an Diabetes insipidus gelitten. Auch während
der ganzen Dauer der oben beschriebenen Krankheit hat das hier
fragliche Pferd an der Harnruhr gelitten. Der reichlich ent¬
leerte, wasserhelle, spec. leichte (spcc. Gewicht 1,008) und eiweiss¬
freie Urin lässt keinen Zweifel darüber aufkommen. Auch kann
hier eine chronische interstitielle Nephritis, bei welcher auch ver-
m°hrte Urinsecretion und specifisch leichter Urin beobachtet wird,
durch das Fehlen der Albuminurie sowie durch das Sections-
ergebniss mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden.
Ob aber die beschriebene Nervenlähmung im vorliegenden
Falle in irgend welchem ursächlichen Zusammenhänge stand mit
der durch Pilzvergiftung bedingten Polyurie, lässt sich nicht er¬
weisen. Auffallend ist allerdings die Tliatsache. dass von den
übrigen Pferden, welche ein nach Quantität und Qualität gleich-
wertbiges Futter erhalten haben, keins an Diabetes insipidus in
den letzten Monaten gelitten hat bezw. augenblicklich daran
leidet.
Bezüglich der Behandlung des Patienten ist zn erwähnen,
dass ich fast sämmtliche gegen die fragliche Lähmung vor¬
geschlagenen Mittel gebraucht habe, ohne jeglichen günstigen
Erfolg. Innerlich wurden zur Erleichterung der Defäcation
Mittel verabreicht. Täglich wurde der Koth mehrere Male
aus dem Mastdarm vorsichtig mit der Hand entfernt und darauf
Clystiere von kaltem Brunnenwasser, in welchem Adstringentien
aufgelöst waren, gemacht. Zunächst wnr>le dann der Hinterleib
sowie die Haut entlang der Wirbelsäule mit Ol. Terebinthinae
besprengt und Priessnitz’sche Umschläge gemacht. Sodann in-
jicirte ich täglich Strychninlösung in die Umgebung des Afters.
Zuletzt wurden dann noch die schärfsten Hautreize, nämlich:
Brennen mit nachfolgender Einreibung einer scharfen Salbe, leider
ebenfalls ohne Erfolg, versucht.
Senkung des Hufbeines.
Von
De Ivos-Gladbach,
Tliierarzt.
In einer früheren Mittheilnng war das Abtrenuen der Horn¬
wand in den Abschnitten dargestellt.
Die Umstände veranlassten mich, das Verfahren zu verkürzen.
Im Nachstehenden mache ich einige Fälle bekannt, die ein be¬
sonderes Interesse boten.
Ein Wallach des Herrn Böttcher zn Corschenbroich hatte
lose Wand bis zur Trachte und Krone hin. Die Sohle war so
weit vorgewölbt, dass kein Eisen an dem Fusse angebracht werden
konnte. Es blieb dem Besitzer nur die Wahl, schlachten oder
operiren.
Die ganze Wand an der Krone wurde sorgfältig, wie früher
angegeben, abgetrennt. Die gewucherte Fleischwand verdünnt,
dass kein Hinderniss dem herabwachsenden Kronenhorn durch
Aufbiegen der neuen Hornwand entgegen war. Das Pferd arbeitete
ohneEisen. Nach drei Wochen war die vorgewölbte Sohle flach und
nach sechs Wochen bereits nach oben gewölbt. Das Hufbein
hatte seine normale Lage eingenommen und wurde nur zeitweise
das von der Fleischwand producirte Horn abgetragen. Es ist
BERLINER THIERAIiZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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24. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
87
nämlich wichtig, dieser Hornproduction besondere Aufmerksamkeit
zu widmen. Diese Fleischwand-Prodncte verlegen die Richtung
des Kronenhornes. Sie verhindern eine feste Verbindung des
Kronen- und Fleischwandhornes. Die Masse der weissen Linie
bleibt grösser als in normalem Zustande und ist besonders
hinderlich dann, wenn das Kronenhorn bis zur Tiefe des Sohlen¬
kornes gewachsen ist. Sobald das Hnfbein in richtiger Lago ist,
wird alle 14 Tage von dem betr. Schmied das Fleischwand-
product verdünnt. Genanntes Pferd wird zu schwerem Lastfuhr¬
werk benutzt und ist der operirte Fuss besser als der andere.
Eiu Rothschiramelhengst in einem Bestände hiesiger Gegend
kam aus Belgien mit beiderseitigen Rehhufen. Die Operation
wurde an beiden Hufen gleichzeitig vorgenommen, und zwar über
die Hälfte des Wandhorues bis zur Bandverbindung des Huf¬
kronenbeins abgetragen. Drei Tage nach der Einreibung mit
Cantharidensalbe resp. Operation trat Eiter an der Verbindung
der abgetrennten Hornrinne in einzelnen Abständen auf. Die
Schmerzen der Pferde waren sehr stark und konnten die Pferde
nur mit Mühe und vorgestellten Vorderbeinen stehen, die Hinter¬
schenkel übernahmen die ganze Körperlast. Dieser schmerzhafte
Zustand dauerte 14 Tage. Das Pferd blieb in einer Boxe mit
reichlicher Torfmullunterläge. Das Aufstehen ging bequem und
war der Effect an der Sohle ein grossartiger. Die Sohle hatte
eine normale Lage.
Die Eiterbildung war durch die Losreissung der Hufbein¬
fleischwand von der Sohlen wand entstanden, und hatte der Eiter
den Ausweg gesucht, wo der geringste Widerstand in der
Richtung der Hufbeinblättchenschicht war.
Die Lostrennung von FleBchsohle und Fleischwand markirte
sich an der verdünnten Sohle durch eine Rinne von einem t'enti-
meter Breite mit übelriechender fauler Hornmasse gefüllt.
Drei Wochen nachher habe ich die ganze Wand abgetragen
und zeitweise die Prodncte der Fleischwand un'erhalb des neuen
Kronenhornes verdünnt.
Beide Fiisse sind sehr schön ansgeheilt und sehr zur Zu¬
friedenheit seitens eines deutschen Hippologen beuitheilt worden.
Dieser Hengst liefert in seinen Nachkommen die besten Füsse
und gleichzeitig einen Beitrag, dass rehkranke Füsse nicht
erblich sind.
Unsere Provinz hat einen grossartigen Beschäler, der
wenig gekostet hat. Wie viele Besitzer könnten sich für billiges
Geld ein ausgezeichnetes Znchtmaterial in den Städten erwerben,
wenn die Züchter dem Thierarzte mit Vertrauen entgegenkämen.
Die Pferdezucht kann aber nicht gedeihen, wenn die Thierärzte
wie bisher ausgeschlossen bleiben und gewisse Leute sich Urtheile
über einen Stand erlauben, von dessen heutigem Stande der Aus¬
bildung dieselben keine Ahnung haben.
Bemerken muss ich hier, dass zur Ankörung der Hengste ein
Thierarzt zugezogen werden muss. Hier im Rheinland werden
Hengste von der Gestütverwaltung wegen Rohrens verworfen, und
die Provinzial-GrÖssen stellen das Patent zum Decken ans. Wenn
ein Hengst mit zwei Jahren, ohne erkrankt gewesen zu sein, im
höchsten Grade rohrt, so ist Vererbung anzunehraen; in der
Nachzucht finden sich 50 pCt. Rohrer.
Doch zur Sache, und ich bitte um Verzeihung, wenn ich von
dem Thema abweiche und ein Institut kritisire, zu dem die
Provinzial-Regierung den Segen gegeben hat.
Die Senkung des Huf beines tritt nicht selten nach Kreuzlahme
an den Hinterfüssen und bei Belastung des einen Fusses bei
Nageltritt auf. Die Veränderung des Hufes ist gleich bei Reh¬
hufen.
Ein Ackerer W. zu W. hatte ein Pferd mit. deformirtem
rechten Hinterhufe. Die Wand war lose bis zur Krone. Die
Sohle stark vorgewölbt, an der Sohle nacli Abnahme des Eisens
ein Hufgeschwür sichtbar. Mit der Sonde gelangte ich durch einen
8 cm langen Canal zum Hnfbein, wo ich einen beweglichen
Gegenstand fühlte.
Den Besitzer machte ich auf die Complication des Falles auf¬
merksam. Zuerst wurde das Horn an der Sohle bis zum Hufbein
abgetragen und vorher eine Ligatur um die Fessel, um eine
starke Blutung zu verhindern, vor dem Aufheben des Fusses an¬
gelegt. Die Ligatur bestand aus starkem Bindfaden. Hierdurch
konnte die Herausnahme eines Hufbeinsequesters von der Grösse
eines Zwanzigpfennigstücks vollzogen worden. Diese einfache
Ligatur empfehle ich jedem Colle^en. wo starke Blutungen
bei Hufoperationen zu erwarten sind. Die Zeit der Anlegung wird
reichlich ersetzt durch Sauberkeit der Operation und Schutz des
Operateurs.
Nach vierzehn Tagen war das Knochengeschwür geheilt, und
es wurde zur Abtragung des ganzen Hornrandes geschritten.
Hornrand und Sohle wurden quer mit der Säge abgesebnitten.
Der Erfolg liess auch hier nicht im Zweifel. Nach drei Wochen w.»r
die Sohle flach und nach sechs Wochen der tappende Gang ver¬
schwunden. Das Hufbein batte seine frühere Lage angenommen.
Im Laufe der folgenden fünf Monate habe ich das Fleisch¬
wandhorn häufig abgetragen. Der Defect des Hufbeins hat an
der Wandstellung nichts geändert. Das Pferd ist vollständig ge¬
brauchsfähig.
Einen ähnlichen Fall, Ursache Nageltritt, habe ich seit
drei Wochen bei Herrn Limbach in Dell-Bulsheim in Behandlung.
Vorstehende Fälle führe ich speciell an, weil die Production
des Wandhorues mehr berücksichtigt wurde und hierdurch eine
Verbreiterung des Fusses ganz vermieden wurde, da das Kroneu-
horn inniger mit dem Fleischwandhorn (weisse Linie) sich ver¬
bindet. _ -
Fund eines arabischen Hufeisens in Westpreussen.
Von
Jackschath-Tolinow i. P.,
Thierarzt.
Der.Hnfsammlung der Königl. Thierärztlichen Hochschule zu
Berlin ist durch mich ein Hufeisen übergeben worden, welches
im Jahre 1895 in der Nähe von Marienburg (Westpreussen) beim
Umpflügen eines Ackers gefunden wurde. Dasselbe besitzt, wie
vorliegende Abbildung zeigt, eine ganz charakteristische Form*
wie man sie noch jetzt, wenn auch etwas abgeändert, beim
arabischen Hufeisen vorfindet.
Das Hufeisen, von Rost stark zerfressen, ist fast kreisförmig
und besitzt einen Durchmesser von 13 cm; die Breite des Trag¬
randes beträgt 3 cm, die Dicke überall 1 cm. Auf jeder Seite be-
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88
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
finden sich ‘vier Nagellöcher, deren Form sich nicht genau be¬
stimmen lässt, aber viereckig zu sein scheint. Nach Lungwitz
wird auch jetzt noch dieser Beschlag von den Arabern aus¬
geführt, Die Enden des Hufeisens werden übereinandergeschweisst,
so dass das Hufeisen das Aussehen einer Platte hat, in deren
Mitte eine rundliche Oeffnung frei bleibt.
Wie kommt nun ein arabisches Hufeisen nach Westpreussen?
Welches Alter hat dasselbe? Besitzt es eine kulturhistorische Be¬
deutung? Das sind Fragen, deren Erörterung hier trotz des
Dunkels, das über Preussens Vorzeit herrscht, versucht sei.
Zuerst die Frage, stammt es aus Preussens Vorzeit oder aus der
Zeit der Ordensherrschaft, liegt seine Entstehung vor oder hinter
dem Jahre 1400? Es ergaben sich da folgende wichtige Momente.
Bei den alten Preussen stand das Pferd in hohem Ansehen; so
wurde die Habe des Todten dem zugesprochen, der beim Wett¬
rennen zu Pferde den ersten Preis davontrug. Man bezahlte die
raschesten Pferde mit den höchsten Preisen.*) So erzählt Dus-
burg in seiner Chronik, das* keine Landschaft unter 2000 Reiter
gehabt, und wenn man bedenkt, dass das alte Preussen aus
12 Landschaften bestand, so ergiebt das die stattliche Anzahl von
24 000 Berittenen .**) Das Elbinger Vocabular kennt Aus¬
drücke für Hengst, Wallach, Stute, Füllen, Pferd, wildes Pferd,
Arbeitspferd.***) Auch eine Eisenindustrie hat bestanden. Fehlte
es auch an Eisengebirgen, so waren doch Sumpft und Wiesen¬
erde da, dichte Lager von Eisen- und Rasensteinen schichteten
sich am Ufer der Seen auf. Jedoch spricht das Fehlen von
Eisenbergwerken für eine Einfuhr des Eisens von auswärts.
Wie entwickelt die Eisenindustrie war, das beweist wieder das
Elbinger Vobular, welches Begriffe für Schmied, Schmiede,
Esse, Blasebalg, Ambos, Zange, Stahl, Eisen, Durchschlag (zum
Durchbohren des Eisens), Hufeisen (altpreussisch: lattaco) kennt.
Preussen war ferner ein Handelsland. Auf uralten Handels-
strassen gingen von Preussen bis nach Rom Bernstein und Pelz¬
werk, wogegen Münzen, Fibeln, Armbänder und Glasperlen ein¬
getauscht wurden.
Weit mehr interessirt uus aber im vorliegenden Falle die
Handelsbeziehung, iu der die Preussen seit dem achten Jahr¬
hundert zu den Arabern standen.f) Von dem Ostufer des
Kaspischen Meeres aus ging der Handelsweg die Wolga entlang
bis nach dea Ostseeprovinzen und dem alten Preussenlande.
Der Araber lieferte Münzen, Schmucksachen und Waffen, der
Preusse gab dafür Thierfelle, Honig und Getreide. Stammt unser
Hufeisen vielleicht nicht auch aus Arabien oder lehrte nicht ein
Araber einen preussischen Schmied, sein Pferd nach arabischer
Art beschlagen? Diese Fragen würden sich erst mit Sicherheit
beantworten lassen, wenn zahlreichere Funde von arabischen Huf¬
eisen auftauchten und dieser Fund nicht mehr als der einzige
dasteht.
Was die Zeit dos Deutschen Ritterordens, welcher vom
Jahre 1309—1462 in der Marienburg residirte, anbetrifft, so
kannten die Ordensritter nur das offene Eisen und Hessen nur
mit diesem die Hufe ihrer Pferde beschlagen, wie aus den zahl¬
reichen Funden, welche im Schlosse selbst und seiner Umgebung
*) Siehe 0. Hein, Altprcussische Wirthschaftsgeschichtein der
Zeitschrift Für Ethnologie 1890.
**) Peter von Dusburg, Chronicon terrae Prussiae ed. Fuchs
***) Entstehungszeit des Elb. Vocabular ca. 1400; es enthält
Reste der altprcussischen Sprache, welche bald nach der Eroberung
Preussens durch die Ordensritter unterging.
+j Dass ein ausgedehnter Handel nach Arabien hin bestand,
beweisen Münzfunde in West- und Oslpreussen (Münzen aus der
Zeit der Omajaden (c. J. 750) und Samanidcn (c. J. 1000), beweist
ferner die häutige Erwähnung dieser Handelsbeziehung in den
Chroniken.
gemacht worden sind und noch gemacht werden, hervorgeht.
Dieses Eisen hatte die Form der sogenannten „Schwedeneisen“,
nur dass der zwischen den Eisenschenkeln liegende Theil mehr
einem Dreiecke gleicht. Wunderbar erscheint es, dass die
Ordensritter, welche von Akkon aus Palästina über Venedig nach
Marienburg kamen, nicht das arabische Eisen mitbrachten und
einführten.
Mit einiger Sicherheit kann man daher sagen, dass vor¬
liegendes Eisen ein Zeuge von Preussens Vorzeit und dessen
Handelsbeziehungen zu Arabien ist. Im Entwicklungsgänge
des Hufeisens überhaupt nimmt es einen ziemlich niedrigen
Standpunkt ein. Es lässt sich denken, dass zuerst zum Schutze
des Hufes eine Platte diente, die mit Stricken befestigt wurde.
An Stelle der Stricke traten Nägel. An Stelle der Platte trat
eine durchbrochene Platte, wie es das arabische Hufeisen zeigt;
schliesslich fiel das beengende Trachtenband — venia sit verbo —
fort und es entstand das jetzige offene Eisen, welches, wenn er¬
forderlich, wieder zum geschlossenen Eisen wird.
Referate.
Locale Anästhesie in der Thierheilkunde.
Von Docent Frick.
(D. Th. W. 18J8. No. 4 )
Während man lange Zeit als Mittel, um die localen Schmerzen
bei einer Operation zu verhindern, nur die allgemeine Narcose
kannte, wurde darin zunächst durch die Entdeckung des Cocains
ein Umschwung herbeigeführt. Unzweifelhaft ist das Cocain
vorzüglich, jedoch nur für Schleimhäute anwendbar. Die An¬
wendung auf der Haut oder in den Geweben selbst würde eine
Injection erfordern, und diese wiederum hat ihre Gefahren. Schon
von den Schleimhäuten aus wurde eine Resorption des Cocains
und bei Verwendung grösserer Mengen, sowie stärkerer Concen-
tration (20 pCt.) die Möglichkeit der Cocainvergiftung constatirt.
Damit waren die an das Cocain geknüpften Hoffnungen aber zum
Theil zerstört
Schleich gebührt das Verdienst, aus dieser Krise die Local-
anäBthesie von Neuem herausgehoben zu haben mit seiner In¬
filtrationsmethode. Schon vor .Schleich hat man Localanästhesie
durch den Aetherspray, also durch Gefrierenlassen des be¬
treffenden Körpertheils, erzeugt, was jedoch unangenehme Neben¬
wirkungen zeitigte. Das Wesen der Schleich’schen Local-
auästhesie besteht in rein mechanischen Wirkungen auf die
sensiblen Nervenfasern und hat dadurch den Vortheil der Un¬
schädlichkeit, da irgend welche Giftwirkungen unmögUch sind.
Die Schleich’sche Methode ist daher die zurZeit beste, welche
auch in der Thierheilkunde brauchbar und durchführbar ist.
Schleich schafft an den zu anästhesirendeu Körpertheilen ein
künstliches Oedem, und der rein mechanische Druck, den dieses
auf die Nervenfasern ausübt, hebt deren Function auf. Er be¬
nutzt hierzu eine sterilisirte Lösung von Cocalnum hydrocbloricum
0,2, Natrium chloratum 0,2, Morphin, hydrocbloricum 0,025,
aqu. dest. 100 und Acidum carbol. liquefact. 4—5 Tropfen. Für
den Fall, dass mehr als 100 g der Lösung verbraucht werden, ist
die Menge des Cocains und Morphiums auf 0,02 bezw. 0,01 zu
reduciren, um Cocainvergiftungen unmöglich zu machen. Nach
vielen Versuchen ist von S. diese Zusammensetzung als die in¬
differente und unschädliche festgestellt worden. Genauere Dar¬
legungen Bind enthalten in „Schleich, Schmerzlose Operation“.
Die Technik ist kurz folgende: Nach sorgfältiger Desinfection
des Operationsfeldes wird eine erbsengrosse Stelle durch Auf¬
sprühen von Aether, bei Schleimhäuten durch einen Cocalncrystall
gefühllos gemacht. An dieser SteUe wird die Nadel der Pravaz-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
89
24. Februar 1898.
sehen Spritze in das Rete Malpighi der Haut bezw. in
die Submncosa eingestochen und so viel injicirt, dass eine
Quaddel entsteht, die sofort anästhetisch ist, nm von der
ans nun eine nene Quaddel in der Nachbarschaft der alten
zu erzeugen. So lassen sich grosse Bezirke der Haut und
Schleimhäute gefühllos machen. Tiefer gelegene Teile, lassen
sich durch Injection ebenfalls gefühllos machen, so dass man
ruhig einschneiden kann, während der Patient bei voller Be¬
sinnung ist. Man iDÜltrirt practischer Weise einen grösseren
Bezirk als den erkrankten, um event auch ohne Gefühl im ge-
snnden operireu zu können. Bei den Hausthieren wird es
in der Regel nicht nöthig sein, die erste Einstichstelle be¬
sonders zn anästhesiren. Es ist ferner, wie Frick bei Hunden
festgestellt hat, nicht nothwendig, die Quaddeln innerhalb
der Haut zu erzeugen. Man kann vielmehr von vorn¬
herein in die Subcutis injiciren, was natürlich viel leichter ist.
Die Anästhesie ist trotzdem so vollkommen, dass Hunde weder
auf Schneiden, noch anf Brennen u. s. w. reagirten. Was die
tieferliegenden Gewebe anlangt, so ist die Infiltration um so
schwieriger, je straffer das Gewebe ist. Bei Injection in Muskeln
iu der Nähe der Knochen und Sehnen muss ein sehr kräftiger
Druck aogewendet werden, um die Interstitien zu füllen. Da
namentlich das Pferd viel straffere Gewebe besitzt als der Mensch,
so ist behufs der Möglichkeit der Anwendung starken Druckes
namentlich auf die gute Verbindung zwischen Nadel und Spritze
zu achten. Die Dauer der Anästhesie ist beschränkt, da selbst¬
verständlich die Oedemflüseigkeit abfliesst reßp. resorbirt wird.
Immerhin beträgt sie 15—20 Minuten und lasst 6ich durch
erneute Injection verlängern. Am entzündeten Gewebe ist die
Anästhesie bisweilen Dicht so stark, wie am normalen, weil die
Interstitien mit Rundzellen gefüllt sind, die sich dem Eindringen
der Flüssigkeit entgegenstellen. Ein Umstand ist bei der
Schleich’schen Methode hervorzuheben, dass die infiltrirten
Gewebe ganz anders anssehen, als man sie sonst zu sehen ge¬
wöhnt ist, und dass sich die topographischen Verhältnisse etwas
verändern (Haut dicker, Subcutis umfangreich, Interstitien breit
etc). Andrerseits treten aber infolge Compression der Capillaren
die grösseren Gefässe wieder deutlicher hervor, was für den
Operateur ein Vortheil ist. Es sind aus diesem Grunde die
parenchymatösen Blutungen gering und man kann andrerseits
Gefässe unterbinden, ehe man sie durchschnitten hat.
Der thierärztlichen Chirurgie erwachsen aus der Methode
Schleich insofern noch besondere Vortheile, als kleinere ope¬
rative Eingriffe am stehenden Pferd vorgenommen werden können,
und dass auch bei grösseren Operationen, zu denen das Pferd
trotzdem hingelegt werden muss, die Allgemeinnarcose durch die
Lokalnarcose entbehrlich gemacht werden kann. Namentlich
kommt hierbei sehr wesentlich in Betracht, dass die allgemeine
Narcose eine sachverständige Assistenz unbedingt erforderlich
macht, die lokale Narcose dagegen nicht. Endlich ist die
Schl eich'sehe Infiltration natürlich ihrer Billigkeit wegen von
Vortheil.
Auch die Praxis bestätigt die hier construirten Vortheile der
Schleich’schen Methode vollkommen. Frick selbst hat bei
Hunden zahlreiche Operationen mit dieser Methode gemacht.
Malkmus operirt Brustbeulen unter Anwendung derselben.
Behandlung des Hufkrebses mit Formaldehyd.
Von Prof. Fröhner.
(Mtuchr. f Th., Bd. 9, H. 4.)
F. hat schon früher auf die ätzende Wirkung des Formal¬
dehyds bingewiesen (B. T. W. Jalirg. 1897, pag. 211). Er hat
diese Wirkung seither therapeutisch, namentlich bei Huf- und
Strahlkrebs zu verwenden getrachtet und günstige Erfahrungen
gesammelt Er verwendete das reine unverdünnte 35procentige
officinelle Formaldehydum solutum. Verdünnungen haben eine
zu langsame und schwache Wirkung. Bei der Anwendung muss
man sehr vorsichtig sein, da die Wirkung sehr tiefgehend ist.
Die Wucherungen werden freigelegt, nur einmal mit Formal¬
dehyd überpinselt und darauf ein gewöhnlicher Wergverband mit
Lappen oder Schuh umgelegt. Es entsteht heftige Entzündung,
starker Schmerz und entsprechendes Lahmen, welche Er¬
scheinungen mit der Umwandlung der verätzten Stelle in einen
hornartig harten Aetzschorf verschwinden, worauf die Pferde
wieder arbeiten können. Der Aetzschorf löst sich nach etwa
2—3 Wochen, worauf sich entweder eine reine, in schöner
Granulation begriffene Wundfläche mit beginnender Verhornung
oder neue krebsige Wucherungen zeigen. Im letzteren Falle
erfolgt neue Anwendung des Mittels, welche bis zur Zerstörung
allen krankhaften Gewebes in Zwischenräumen von 3—4 Wochen
zu wiederholen ist. Sind jedoch gute Granulationen vorhanden,
so folgt antiseptische Wundbehandlung, wobei als desinfizirend,
austrocknend und zugleich die Neubildung des Horns befördernd
besonders die Aloetinktur zu empfehlen ist. Mit der beginnenden
Normalhornbildung kann ein Splintverband angelegt werden.
Bei gleichzeitiger Erkrankung aller 4 Hufe dürfen höchstens 2
(die Diagonalen) gleichzeitig geätzt werden, weil sonst das Pferd
sich nicht auf den Beinen halten könnte. Die besten Resultate
liefert Formaldehyd beim Strahlkrebs, wo es die Operation ersetzt.
Auch beim Sohlenkrebs ist es recht gut. Dagegen kann es beim
Wandkrebs keine Anwendung finden, weil die aufliegende Horn¬
wand die Applikation verhindert. Hier muss also die Operation
vorgenommen werden. Ein Vortheil der Formaldehyd-Anwendung
gegenüber der Operation ist es auch, dasB das Pferd, nachdem
die ersten Schmerzen überwunden sind, mit dem anhaftenden
Aetzschorf zur Arbeit benutzt werden kann. Im Uebrigen er¬
fordert die eigentliche Heilung bei der Aetzung mindestens eben¬
so lange Zeit als nach der Operation.
Tabercnlose des Pferdes.
Von Prof. C a d 6 a c - Lyon und Morot-Troyes.
(Journal de Lyon, 8ept 97.)
C. und M. haben bei zwei der Pferdeschlächterei über¬
wiesenen Pferden Tuberculose festgestellt. In beiden Fällen
waren die Läsionen identisch. Die Lungen waren besetzt mit
unzähligen festen, harten, ganz weissen oder leicht grauen, gut
abgegrenzten Tuberkeln von Hirsekorn- bis Hanfsamengrösse. Die
Knötchen traten theilweise über das Niveau der Pleura hinaus,
diese war durchscheinend, glatt, stellenweise leicht verdickt.
Drückte man das Lungengewebe mit den Fingern, so hatte man
das Gefühl, als wären zahlreiche Sandkörnchen vorhanden, beim
Durchschneiden des Gewebes wurde die Anwesenheit der Noduli
auch im Lungenparenchym festgestellt.
Die kleineren Tuberkeln liessen sich leicht ausschneiden; sie
Hessen sich auch auf der GlaslameUe leicht zerdrücken, doch war
das Centrum resistenter als die Peripherie. Die grösseren
Tuberkeln waren dagegen sehr hart, knirschten unter dem Messer
und liessen sich nur unvollständig zerdrücken; es bestand ein
centraler Verkalkungsherd.
Oberflächlich betrachtet konnten die Tuberkeln mit den bei
Rotz vorkommenden transluciden Tuberkeln verwechselt werden,
auf der Schnittfläche war jedoch ein Unterschied zu finden.
Nirgends waren die typischen drei Zonen des Rotztuberkels zu
sehen. Ausserdem war die Trachea frei in ihrer ganzen Aus¬
dehnung; die Bronchialdrüsen waren hypertrophisch und erweicht,
die Nasenhöhlen und Kehlgangslymphdrüsen frei.
Zur FeststeUung der Diagnose wurde die mikroskopische
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90
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Untersuchung von Tuberkelsclinitten ui:d Schabpräparaten vor¬
genommen und die recenteren Tuberkel an mehrere Meer¬
schweinchen subcutan und intraperitoneal verimpft.
Die microscopische Untersuchung der divers gefärbten Schab¬
präparate gab ein ungenügendes Resultat, nur wenige Bacillen
wurden in einzelnen Präparaten gesehen, während andere ganz
frei erschienen. Die Untersuchung der Schnittpräparate Hess eine
beginnende Verkalkung einer grossen Anzahl von Tuberkeln er¬
kennen und die lymphadenische Structur der recenteren Tuberkel.
In den Präparaten fanden sich junge Zellen vor, die von einem
Stroma getragen wurden, das adenoHes Aussehen hatte.
Die mikroskopische Untersuchung hätte die Diagnose Lympli-
adenie gestattet. C. betrachtet dieselbe als eine anatomische
Realität, nicht aber als eine klinische. Gewiss kämen namentlich
beim Pferde Lymphadenome, Hypertrophie des praeexistirenden
lymphoiden Gewebes nnd Leucocyten vor, diese Veränderungen
entsprächen aber keiner speciellen morbiden Entität. Die ana¬
tomisch characteri8irte Lyraphadenie habe kein aetiologisches
Criterium, sie sei keine besondere Krankheit; sie sei der Vorhang,
hinter welchem sich irgendwelche mikrobielle Infection verberge.
Es handle sich nicht um einen specifischen Mikroben, sondern nm
vulgäre Mikroben wie Straphylococcen, Streptococcen, Bacillus
pyocyaneus oder um den Tuberculosebacillus. Letzterer sei
der häufigste und könne die grosse Mehrzahl der beim Pferde,
beim Rind, beim Hund und bei der Kat/e beobachteten Fälle von
Lymphadenie ihm zugeschrieben werden. Bei vielen Lymph-
adenikern seien mehrere Mikroben verbunden, die der Eiterung
und der Tuberculose. Jeder Lymphadeniker sei anaemisch, daher
eine gate Pflanzstätte und könne unter den verschiedenen Vor¬
gefundenen Mikroben oft nicht derjenige gefunden werden, welcher
die erste Ursache der ganglionären Hypertrophie und der Bildung
von Lymphadenomen war. Die Hyperplasie wie die Hypertrophie
des lymphoiden Gewebes können als inflammatorische Reaction
angesehen werden; die Lymphadenie mit ihren Lymphadenomen
und ihrer Leucocytose sei ein Vertheidigungsmiltel des Organis¬
mus, ähnlich derPhagocytose und präparire diese Kampferscheinung.
Die Lymphadenome wie die Hypertrophien des adenoiden Gewebes
seien nur Producte oder Residuen isolirter oder multipler In-
fectionen. Es könne deshalb von der pathologischen Anatomie
nicht die präcise Bezeichnung der Vorgefundenen Lungenläsionen
verlangt werden, sie könne nur die Structur eines Gewebes
constatiren, dessen Neubildung das Werk einer grossen Anzahl
von diesen Processen sei. Nur die Bacteriologie nnd die Ex¬
perimentalmethode können die Lymphadenie, dieses Aggregat
von Krankheiten, definiren. So habe auch im vorliegenden
Fall die Impfung die Diagnose entschieden, die Mehrzahl der
Impflinge, drei auf drei bei einem Pferde, zwei auf vier lei dem
zweiten, wurden tuberculös. Die Evolution der Krankheit war
sehr langsam, die Thiere lebten noch drei Monate nach der
Impfung. Nach dieser Zeit wnrden sie getödtet und fandeu sich
die typischen Läsionen der Tuberculose vor.
Heber die Giftigkeit des Alcohols bei rectaler Injection.
Von Prof. Dr. Baum.
(Archiv f. wiftsensih. u. prnct Thicrhlk. 1897 II. 6.)
Im anatomisch - physiologischen Institut der Hochschule zu
Dresden wurde gelegentlich der Versuche über die abführende
Wirkung des Podophyllotoxins beobachtet, dass der als Lösungs¬
mittel verwendete Alcohol lebensgefährliche Krankheitserschei¬
nungen hervorrief. Diese Beobachtungen veranlassten den Verf.,
einige Versuche über die Giftigkeit des Alcohols bei rectaler
Einverleibung zu machen. Das Versuchsraaterial bestand aus
3 Pferden, 11 Katzen, 14 Hunden und 1 Schaf. Die Ergebnisse
der Versuche sind im Wesentlichen folgende: BeiPferden kann
die rectale Injection von 200—250 g 93proc. Alcohol den Tod
verursachen, besonders daun, wenn von der injicirten Menge nichts
wieder entleert wird. Andernfalls können viel grössere Dosen
unschädlich sein.
Das Versuchsthier zeigt eine heftige hämorrhagische Darm¬
entzündung (Krampfkolik, Abgang breiigen, dünnflüssigen, bis¬
weilen blutiggefärbten Kothes etc.) und die durch Resorption des
Alcohols verursachten allgemeinen Erscheinungen (zuerst Auf¬
regung, später Abstumpfnng und Depression, Mattigkeit und
Schwäche, Lähmung des Hintertheils, Schlafslicht). Der Tod
dürfte die Folge der örtlichen Verbindung mit der Resorptions¬
wirkung sein. Die Section zeigt ausser einer hämorrhagischen
bisweilen, necrotischen Dickdarmentzündnng keine besonderen
Befunde.
Besonders empfindlich erweisen sich gegen rectal injicirten
Alcohol die Katzen. Dieselben sterben in der Regel nach 15
bis 18 g 93 proc. Alcohols.
Dagegen sind schwächere Concentrationen weit weniger ge¬
fährlich. Von 80proc. Alcohol ertragen alte Katzen 25 g und
junge 15 g ohne nennenswerthe Störung des Allgemeinbefindens.
Die Vergiftung mit Alcohol äussert sich bei Katzen ebenfalls
durch Aufregung, dann Schwäche, Abstumpfung, Lähmung des
Hintertheils, Herabsetzung des Hautgefühlg, Erbrechen, Diarrhoe.
Ausnahmsweise kommen Zuckungen der Gesichtsmuskeln vor.
Die anatomischen Veränderungen der infolge Alcoholvergiftung
verendeten Katzen waren von der gleichen Art wie bei den
Pferden: hauptsächlich hämorrhagische und necrotisirende Ent¬
zündung der Dickdarmschleimhaut, zuweilen ausserdem catarrha-
lische Entzündung des Dünndarms oder Hyperämie des Gehirns
oder Lungenödem. Eine Rothtärbung der Intima an der A. pnl-
monalis, welche ausnahmsweise beim Menschen infolge von
Alcoholvergiftung constatirt worden ist, kam in keinem Falle vor.
Die au den Hnnden angestellten Versuche ergaben ein sehr
verschiedenes Resultat, welches wohl damit zusaminenhüngt, dass
häufig ein Theil des rectal injicirten Alcohols wieder ausgestossen
wurde. Festgestellt ist, dass schon 40 g 91 proc. Alcohols den
Tod eines mittelgrossen Hundes herbeiführen können.
Krankheits- und Sectionsbild unterscheiden sich im Allgemeinen
nicht von denjenigen bei den Katzen.
Die Barbonekranbheit der Binder and Schweine in
Sicilieu.
Von S a n f e 1 i c e , L o i und M a 1 a t o.
(Centralbl. f. Bactcricnk. XXII.)
Die Verff. beobachteten im April 1897 in mehreren Orten
Sardiniens eine sehr mörderische Seuche bei Rindern und
Schweinen, die sie sehr gründlich beobachteten und mit der von
Oreste und Armanni beschriebenen Barbonekrankheit identi-
ficiren konnten, welche bisher nur auf dem Festlande beobachtet
worden ist. Die Krankheit, welche der Septicaemia haemor-
rhagica der Rinder (Wildseuche) am nächsten steht, wird durch
einen morphologisch und culturell dem Bacillus der Hülmer-
cholera verwandten Bacillus erzeugt und ist ausser auf Rinder,
Schweine, Schafe, Pferde, auch auf Meerschweinchen, Kaninchen
und weisse Mäuse übertragbar. Die Verff. fanden den Bacillus
besonders reichlich in dem fadenziehenden Nasenschleim, im Haut¬
ödem, weniger reichlich in den Organen, dagegen nicht im Herz¬
blut der erkrankten Thiere. Der Mikroorganismus ist unb°weg-
lich, bildet keine Sporen, färbt sich leicht mit den gebräuchlichen
Anilinfarben, jedoch nicht nach Gram, und wächst ziemlich
spärlich auf Agargelatine, Kartoffeln, Bouillon, in letzterer Form
in gleichmässiger Trübung des Nährbodens. Im feuchten Nasen¬
schleim und in Culturen erhält sich der Bacillus Monate lang
viiuleut, durch Eintrocknen geht er ziemlich bald zu Grunde.
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24. Februar 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
91
Peripherische Facialisparese nebst nasalem Asthma.
Aus der Klinik des Prof. Vennerho 1 m-Stockholm.
Deutsche Zeitschr. f Thiurmed. I8'.*7.
Eine Stute litt schon seit langer Zeit an Atheinbcscliwerden.
Das Leiden nahm jedoch von einem gewissen Zeitpunkt ab so
zu, dass hochgradige Athemnoth mit Erstickungsgefahr eintrat.
In diesem Stadium wurde die Stute Prof. V. vorgeführt. Die
Untersuchung ergab, dass die Nasenflügel das Hinderniss bildeten.
Dieselben waren herabgefallen, unbeweglich. Die Schleimhaut
an den Nasenöffnungen war stark geschwollen. Aus denselben
floss in geringer Menge schleimig-eiterige Materie. Durch An¬
heben der Nasenflügel konnte die Athmung sofort erleichtert
werden. Es handelte sich in diesem Falle um eine doppelseitige
Facialisparese.
Die gleichzeitig festgestellte Schwellung und Verdickung in
der Schleimhaut an den Naseneingängen ist als Folgezustand
des chronischen Nasencatarrhs, der durch die Facialisparese ver¬
ursacht wurde, zu erklären.
Die Behandlung erfolgte in der Art. dass zunächst die Er¬
stickungsgefahr durch Aufrichten der Nasenflügel mittels einiger
zweckentsprechender Hefte, beseitigt wurde. Die Parese wurde
allmälig durch den faradischen Strom geheilt. Beim Elektrisiren
wurde die eine Elektrode an der Ilmbiegungsstelle des Facialis
um den hinteren Kieferrand und die andere am Flügelknorpel
der Nase applicirt.
Luft in der Yene. Tod.
Aus der Klinik des Prof. Ven ne rh ol in- Stockholm.
Deutsche ZeiUclr. f. Thiermed. 1 S‘.i7.
Der hier mitgetheilte Fall von Luftaspiration durch die
Venen verdient weiter bekannt zu werden.
Prof. V. exstirpirte eine Brustbeule, deren Venen in der festen
fibrösen Masse nicht zusammenfielen. Bei jeder Inspiration wurde
unter einem saugenden Geräusche Luft in die Venen aufgenommen.
Bei der tiefen Lage der Geschwulst machte sich die Saugkraft
des Herzens in hohem Grade geltend. Das Tamponireu der
Wunde vermochte die Lebensgefahr nicht abzuwenden. Das
Pferd starb unter sehr erschwerter Respiration nach einer halben
Stunde.
Eine befriedigende Erklärung für die Art des Todes in Folge
Eindringens von Luft in die Venen giebt es noch nicht. Die
Ansaugung einer geringen Menge von Luft, welche bei endo-
venösen Injectionen wohl kaum zu vermeiden sein diiifte, ist
ungefährlich. Zuweilen führt auch das absichtliche Einblasen von
Luft in die Jugularis zum Zweck des Tödtens eines Pferdes nicht
zum gewünschten Ziele.
Es wird einerseits angenommen, dass dann der Tod eintritt,
wenn sich Luft in der rechten Herzkammer anhäuft und die
Contractionen des rechten Ventrikels behindert und so Herz¬
lähmung und Diastole erzeugt. Andere neigen zu der Ansicht,
dass Luftembolien in den Capillaren der Lungenarterie die Cir-
culation und die Füllung des Herzens mit frischem Blute ver¬
hindern. Ferner werden Luftembolien im Gehirn als Todes¬
ursache betrachtet. In jedem Falle fehlt aber ein positiver Beweis
für die Wirkungsweise der Luftaspiration in die Gefässbahn.
Zur Lehre von der Schilddrüse.
Von H. M u n k.
(VDch. Arch. 150.)
Die Munk’sche Arbeit ist ein wuchtiger Angrifl’ gegen die
moderne Schilddrüseutheorie und richtet sich besonders gegen
die drei Hauptfehler der neuen Lehre: 1. dass die Schilddrüse
ein lebenswichtiges Organ ist; 2. dass ihr Verlust die Entstehung
toxisch wirkender Körper zur Folge hat; 3. dass die Ausfalls¬
erscheinungen nach Schilddrüsenverlust durch Zufuhr von Schild¬
drüse in irgend welcher Form von aussen her beseitigt werden
können. Was zunächst die Lebenswichtigkeit der Schilddrüse
betrifft, so hat Munk bei seinen Thieren fast in der Hälfte der
Fälle von der Operation keinen bleibenden Schaden gesehen.
Allerdings, und dies scheint ein wichtiger Punkt zu sein, operirt
er keine Thiere vor dem sechsten Monat. Was die Folge¬
erscheinungen anlangt, so hat er Myxoedem niemals gesehen,
Tetanie allerdings relativ häufig, aber auch bei anderweitig
operirten Thieren oder auch spontan in der Gefangenschaft auf-
treten sehen. Für den Practiker von grösserem Interesse werden
die Mittheilungen Mu nk's über den künstlichen Ersatz der Schild¬
drüse sein. Sehr hart ist das Urtheil, das er über die mit künst¬
lichen Präparaten (Extract, Thyradeu, Jodothyrin etc.) angestellten
Experimente fällt. „Dieselben verrathen einen unglaublichen Mangel,
sei es an Kritik, sei es an Kenntniss des mannigfaltigen Verlaufs
der Tetanie., wenn ich es als das wahre Ergebniss
aller vorliegenden Untersuchungen hinstelle, dass irgend ein Ein¬
fluss der eingeführten Schilddrüsensubstanzen auf den Eintritt
oder den Verlauf der Krankheit nicht nachznweisen war.“ Nach¬
dem M. dann noch die zu negativem Ergebniss gelangten Unter¬
suchungen Thureberg's, Stabel s u. A. gestreift hat, wendet
er sich zu den mit glänzender Technik ausgeführten Versuchen
Eiseiberg’s über die Transplantation der Schilddrüse. Er hat
diese Versuche an 27 Katzen wiederholt und bei 17 eine wohl¬
gelungene, anatomisch nachgewiesene Anheilung der Schilddrüse
unter der Bauchfascie erzielt. Trotzdem waren die Ergebnisse
so widerspruchsvoll, dass M. ihnen eine Beweiskraft nicht zu¬
erkennen kann. Er kommt somit auf sein mehrfach schon ge¬
sprochenes Urtheil zurück, dass wohl die Entfernung der Schild¬
drüse das Leben gefährdet, nicht aber die Schilddrüse ein lebens¬
wichtiges Organ ist.
Lyon giebt für die Behandlung der einfachen Bronchitis
folgende Eecepte:
1. Balsamica.
a) Rp. Natr. benzoic.
Terpinol ää 0,1
Sacch. q. s. ad pilul. unam
S. 6—14 Pillen tgl.
b) Terpin. 5,0.
Cognac 75,0
Sirup. Diacod.
Sirup. Tolu ää 100,0
S. 2—3 Essl. tgl.
c) Terpin. 5,0
Glycerin
Spirit, rectif.
Sirup, simpl. ää 70,0
S. 2—3 Essl. tgl.
d) Terpin.
Acid. benzoic. pur. ää 0,1
Opii puri 0,01 auf 1 Pille
S. 4—6 Pillen tgl.
c) Eucalyptol.
zu 6—10 Kapseln tgl. zu
nehmen.
f) Creosot 8,0
Sapon. amygdal. q. s. adpil.
No. 80 S. 8—10 Pillen tgl.
2. Expectorantia.
a) Tartar, stibiat, 0,1
Mixt, gummös. 120,0
S. 1—2 Tage lang zu
nehmen.
b) Pulv. Doweri
Pulv. Scill. ää 3,0
Pulv. Encalypti ad libitum
auf 30 Pulver
S. tgl. 3 Pulver.
3) Narcoticum.
a) Sirup. Cortic. Aurant.
Sirup, simpl.
Sirup. Diacodii ää 60,0
Stront. bromat. 6,0
b) Jeden Abend 1 Essl.
(Journ. de Med. de Paris).
Die Antointoxicationeu.
Von Haubold.
(AU? Mod. Contr.-Ztg.)
Auf Grund der von den Bacteriologen festgestellten That-
sachen mnss man annehmen, dass Infection und Intoxication
zwei verschiedene Vorgänge sind, nnd dass letztere sich erst
secundär im Körper aus den Infectionsproducten entwickelt.
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02
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
Hierauf beruht auch das Wesen der Autointoxication, bei der das
Toxin sich aus den Stoffwechselproducten bildet. Es kommen
aber hierbei nicht die einfachen Endproducte des Stoffwechsels
in Betracht, sondern die coraplicirten Zwischenproducte, die sog.
LenkomaTne. Diese häufen sich unter pathologischen Bedin¬
gungen im Körper an und verursachen die Erscheinungen der
Autointoxication. Was nun die Quellen der Autointoxication be¬
trifft, so sind das folgende: 1. die Haut (bei schweren Ver¬
brennungen), 2. die Lungen (bei ev. Vergiftungen), 3. die Nieren
(bei Uraemie nnd Eclampsie), 4. die Nebennieren (bei Morbus
Addisonii), 5. die Gastro-Intestinalorgane (bei Affectionen des
Magen-Darmkanals, acuter gelber Leberatrophie, Icterus gravis
und Diabetes mellitus), 6. die Schilddrüse (bei Myxoedem,
Cachexia strnmipriva und vielleicht auch bei Morbus Basedowii).
Eine Autointoxication entwickelt sich auf dieser Grundlage dann,
wenn die Secretions- oder Excretionsorgane mangelhaft functio-
nireu. Doch ist hierbei eine individuelle, wahrscheinlich neuro-
pathi8che Praedisposition mit ein Hauptfactor, indem ohne diese
die Autointoxicationen viel häufiger sein würden. Symptomato-
logisch charakterisirt sich die Autointoxication, wenn auch nur
ein Organ allein die Ursprungsquelle bildet, doch stets durch
pathologische Erscheinungen allgemeiner Art. Die Behandlung
kann stets nur eine rein cansale sein.
Leber Zellbrücken in der glatten Muskulatur.
Vortrag gehalten von Triepel im Med. Verein zu Greifswald.
(D. med. ochW. 4/>»8)
Protoplasmabrücken, die eine Verbindung der einzelnen glatten
Muskelfasern untereinander herstellen, kommen wahrscheinlich in
grösserer Verbreitung vor, als mm bisher angenommen hat, viel¬
leicht finden sie sich überhaupt immer an Muskelzellen, die zu
mehreren nebeneinander liegen. Die Darmmuskulatur der Wieder¬
käuer scheint sich zur Darstellung dieser Protoplasmabrücke« am
besten zu eignen. Verfasser fand in der Darmmuskulatur des
Rectum die Zellbrücken sehr gut ausgebildet. Er ist nicht der
Ansicht, dass die Zellbrücken zu gewissen Zeiten verschwinden
und zu anderen Zeiten sich neu bilden, dass also die Mnskel-
substanz amoeboide Bewegung besitzt. Wenn einige Forscher
Muskelzellen sahen, denen protoplasmatische Fortsätze fehlten
oder deren Fortsätze so kurz waren, dass sie nicht bis zu den
benachbarten Zellen reichten, so liegt der Verdacht nahe, dass
durch Artefacte Täuschungen veranlasst wurden. Auch ist es
denkbar, dass die Fixirung der untersuchten Gewebgtücke nicht
genügend war. Verfasser empfiehlt zur Fixirung zu diesen
Zwecken das Formol, dass zwar die Kerne schädlich beeinflusst,
dagegen das Muskelprotoplasma und besonders die Intercellular¬
brücken gut conservirt.
Botryomycose beim Menschen.
(MUncb. Med. Woch. 45.97.)
Poncet und D or sprachen auf dem französischen Chirurgen-
Congress zu Paris über die Botryomycose beim Menschen, die
häufig als eine Art entzündlicher Neubildung auftrete, wie eine
pilzartig gestielte, erbsengrosse bis nussgrosse Granulations¬
geschwulst,'.besonders an den Fingern, und in der sich die dem
sogenannten „Pferdeschwamm“ der Veterinäre (der häufig speciell
nach der Castration der Pferde auftrete) identischen Mikroorganis¬
men nachweisen Hessen.
Hypertrophie der Oberkieferhöhle.
Prof. F r ö h n e r schreibt in den Mtsh. f. Th.: Ein löjähriger
Wallach bekam eine Geschwulst über dem rechten Auge, die
etwa fingerbreit vom unteren Augenüde und von der Jochleiste
eutfernt war. Die Haut darüber trug eine Narbe. Es bestand
-echtsseitiger Nasenausfluss ohne Lymphdrüsenschwellnng. Die
Kieferhöhle wurde geöffnet; es floss J4 1 einer bernsteingelben,
sernmähnlichen Flüssigkeit ab. Die Kieferhöhle war nach unten
und innen äusserst ausgedehnt und nahm eine sehr grosse Menge
Irrigationsflüssigkeit auf. Die Untersuchung ergab rein chronisch¬
hyperplastische Veränderungen. Der Zustand wurde in zwei
Wochen geheilt.
Thierhaltung und Thierzucht
Fflr welche Leistung wird Deckgeld gezahlt?
Für die Beurtheilung der Frage, wie oft der Besitzer eineB
Ebers, nachdem er Sprunggeld erhalten, die Zulassung der Sau
gestatten muss, ist nach einer Entscheidung des Landgerichts zu
Elbing lediglich das zwischen den Contrahenten vereinbarte Ab¬
kommen massgebend. Ist seitens der Besitzer der Sau und des
Ebers für das Deckgeschäft ausser einem bestimmten Deckpreis
weiter nichts vereinbart worden, so ist das Geschäft mit dem ein¬
maligen Deckact als erledigt zu betrachten, denn das Trächtig¬
werden der Sau war nicht zur Bedingung gemacht worden. Von
dem Eberbesitzer kann nicht verlangt werden, falls die Sau beim
ersten Deckact nicht trächtig wird, dass er diese bis zum
Trächtigwerden decken lässt, weil er dadurch grossen Be¬
lästigungen ausgesetzt wäre. Durch einmalige Zulassung der
Sau hat der Besitzer des Ebers seine Verpflichtungen gegenüber
dem Besitzer der ersteren erfüllt und braucht dann weder eine
wiederholte Zulassung zu gestatten, noch das Sprunggeld heraus¬
zugeben (Deutsche Landwirthsch. Presse.)
Ungarischer Vieh stand.
■Nach einer Mittheilung in der Ctrlztg. von Völlers wurden
in Ungarn gezählt im Jahre 1851: 1 975 000 Pferde, 4V a Millionen
Stück Hornvieh, 10,7 MiUionen Schafe, 1 Million Ziegen und nicht
ganz 5 Millionen Schweine. 1869 hat sich die Zahl der Pferde
und Rinder nicht unbeträchtlich gehoben, die der Schafe war auf
über 15 MilHonen gewachsen, während die der Schweine auf
4,4 Millionen gefallen war. Der Stand von 1895 endlich ergiebt,
dass die Zunahme des Pferdebestandes angehalten hat, indem
derselbe jetzt 2 282 OOU Stück beträgt. Dasselbe gilt von dem
Rinderbestand, der auf 6 738 000 angewachsen ist. Dagegen haben
sich die Schafe von 15 Millionen auf 8 Millionen vermindert und
einen auffälligen und bedauerlichen Rückgang zeigt auch die
Ziegenzucht, indem 1851 noch über eine MiUion, 1869 nur noch
572 000 und 1895 nur noch 308 000 Stück gezählt worden sind.
Dagegen hat sich der Schweinebestand beinahe verdoppelt; denn
er ist von 4,4 auf 7,4 MilHonen gestiegen.
Aus- und Einfuhr von österreichischem Vieh.
Erstes Semester 1897.
Nach Mittheilungen des statistischen Amts im Handels¬
ministerium (referirt in der Centralztg. von Völlers) betrug
die Ausfuhr etwa 41000 Rinder, wovon 21000 Ochsen und Stiere,
ferner 80000 Schafe und nur 152 Schweine. Dem stehen an Ein¬
fuhr gegenüber: 11000 Rinder, 6000 Schafe und 77000 Schweine.
Die Ausfuhr überwiegt die Einfuhr insgesammt also um rnnd
26000 Stück.
Viehzählung in Berlin.
Am 1. December 1897 wurden 50 363 Pferde gegen 43 916 vor
fünf Jahren gezählt, ferner 9397 Rinder, 10 772 Schweine
2958 Schafe und 1237 Ziegen.
Eine neue Ziegenart
ist im südlichen Arabien entdeckt worden. Die Ziege hat von
Professor Noack den Namen Capra Mengesi nach dem bekannten
deutschen Reisenden J. Menges erhalten nnd bildet ein Gegen¬
stück zur Sinai-Ziege an der Ostküste des Rothen Meeres. Menges
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24. Februar 1898.
bat die Ziege an den Küsten Arabiens, am indischen Ocean in
den Hadramant-Bergen gefunden. Gleichzeitig wurde eine neue
Wolfsart aus demselben Theil Arabiens, Canis hadraraauticns, be¬
schrieben. _
Tagesgeschichte.
Bericht über die 52. Versammlung des Vereins Thüringer
Thierärzte, abgehalten am 28. November 1897 zu Erfurt
im llotel „Weisses Ross“.
Tage sordnung:
1. Geschäftliches;
2. Verlesung des Protokolls der 51. Versammlung;
3. Vorlage der Jahresrechnung pro 1896;
4. Experimentalvortrag des Herrn Dr. med. C. Müller-
Erfurt: „Die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde“;
5. Bericht über die Plenarversammlung des deutschen
Veterinärraths in Cassel (Ref. Wallmann) und über die Ver¬
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte in Braunschweig
(Ref. Hepke);
6. Unvorhergesehenes (Mittheilungen aus der Praxis).
Erschienen waren 23 Mitglieder nnd Gäste. Entschuldigungs¬
schreiben hatten gesandt die Herren Collegen Herzing, Taubert
und Vaerst. Nachdem der Herr Vorsitzende um 11 Uhr die
Sitzung eröffnet und die Anwesenden willkommen geheissen hatte,
wurde zunächst zur Aufnahme der als Gäste anwesenden Collegen
Gerlach-Apolda, Oberlaender-Apolda nnd Scherer-Kranich¬
feld geschritten. Die Genannten wurden einstimmig in den
Verein aufgenommen. Hierauf gab der Herr Vorsitzende, der
Versammlung von einem Rundschreiben des preussischen
Ministeriums Kenntniss, welches die Grundsätze für das künftig
zu beobachtende gesundheitspolizeiliche Verfahren mit dem
Fleische finniger Rinder und Kälber behandelt. Nach der Zahl
der Finnen werden unterschieden:
A. Thiere mit höchstens 10 lebensfähigen Finnen (schwach¬
finnige Thiere).
B. Thiere mit mehr als 10 lebensfähigen Finnen (stark¬
finnige Thiere).
I. Zur freien Verwendung als menschliches Nahrungsmittel
ist zugelassen:
1. Der ausgeschmolzene Talg unbedingt;
2. die Leber, Milz, Nieren, der Magen und Darm der schwach¬
finnigen Thiere, sofern diese Organe durch die thierärztliche
Untersuchung als finnenfrei festgestellt worden sind;
3. schwachfinnige Thiere, bei denen sich die nachgewiesenen
Finnen nach thierärztlichem Urtheile im Zustande vollkommener
Verkalkung vorfinden.
H. Zum häuslichen Verbrauch oder zum Verkauf an be¬
sonderen Verkaufsstätten, Freibänken und dergl. in Stücken von
höchstens 2$ kg und zwar nur an Selbstverbraucher und unter
Angabe der Finnenhaltigkeit, ist freizugeben das Fleisch von
schwachfinnigen Thieren, nachdem demselben vorher unter thier¬
ärztlicher Aufsicht seine gesundheitsgefährdeude Eigenschaft
genommen worden ist:
I. durch Garkocheu oder,
2. durch 21 Tage währende Pökelung in 25 %iger Salzlake oder
3. durch 21 Tage dauernde Aufbewahrung in geeigneten
Kühlräumen, in denen eine Temperatur von 3 bis höchstens
7 Grad Celsius und ein Luftfeuchtigkeitsgehalt von nicht über
70 bis höchstens 75 pCt. nachweislich ständig geherrscht hat.
Das Fleisch der schwachfinnigen Rinder kann in Vierteln,
das derartiger Kälber unzertheilt aufgehängt werden.
Obwohl durch die bisherigen Untersuchungen erwiesen ist,
dass in Kühlräumen, mit der bestimmten Temperatur und Luft-
93
fenchtigkeit eine Fäulniss des Fleisches nicht eintritt, so ist doch
vor Freigabe des Fleisches nach Ablauf der 21 Tage thier¬
ärztlich festzustellen, dass das Fleisch gut erhalten und unver¬
dorben ist.
HI. Unter polizeilicher Aufsicht technisch zuverwerthen oder
anderweit unschädlich zu beseitigen sind die Kadaver der stark¬
finnigen Thiere.
Hierauf wurde zur Wahl der Delegirten für den Veterinärrath
geschritten. Es gingen daraus hervor die Collegen: Wallmann
als erster, Hepke als zweiter Delegirter. Für den Behindernngs-
fall der beiden genannten Herren wurden als Stellvertreter
gewählt die Collegen Oppel und Dr. Künnemann. College
Oppel schlägt vor, um der Vereinskasse unnöthige Kosten zu
ersparen, jedesmal einen von denjenigen Collegen als zweiten
Vertreter zu den Sitzungen des Veterinärraths zu entsenden,
welcher von seiner Regierung als Delegirter geschickt wird. Der
zweite Delegirte würde alsdann, sofern er nicht selber von seiner
Regierung abgeordnet ist, zn Gunsten des betreffenden Collegen
zurückzutreten haben. Mit diesem Vorschlag erklärt sich die
Versammlung einverstanden.
Alsdann wurde das Protokoll der 51. Versammlung verlesen
und mit einigen Zusätzen bezw. Abänderungen genehmigt.
Es wird beschlossen, künftig die Protokolle in der Berliner-
und Deutschen thierärztlichen Wochenschrift zu veröffentlichen.
Ein Antrag, die Protokolle dnreh Ueberdruck vervielfältigen zu
lassen, wird vom Antragsteller, College Conze, zurückgezogen.
Punkt 3, Rechnungslage, ergab eine Einnahme von M. 392,15;
eine Ausgabe von M. 145,25 nnd demnach einen Kassenbestand
von M. 246,90.
Die Rechnung wurde durch die Collegen Dassler und Krüger
geprüft, richtig befunden und dem Kassierer Entlastung ertheilt.
JPa Punkt 4. Experimentalvortrag des Herrn Dr. med.
C. Müller-Erfurt: „Die Röntgenstrahlen im Dienste der Heilkunde“,
in der Klinik desselben stattfinden soll und die Zeit bereits vor¬
geschritten ist wird Punkt 5 von der Tagesordnung abgesetzt
Die Collegen Hepke und Wallmann erbieten sich in der
nächsten Versammlung hierüber eventuell einen Bericht zu
erstatten.
Zu Punkt 6 stellt College Dr. Ellinger die Frage zur Dis¬
kussion: wie hoch der Werth eines neurektomirten Pferdes zu
bemessen sei, gegenüber einem solchen au dem diese Operation
nicht ausgeführt worden ist.
Er sei zu dieser Frage veranlasst, weil er ein Gutachten
über einen Doppelpony, welcher mit starker Schale behaftet und
neurektomirt worden sei, habe abgeben müssen.
Sei nur der Schlachtwerth anzunehmen, oder bedinge die
Operation überhaupt keinen Minderwerth V
Es bestehe zum Theil die Ansicht, dass neurektomirte Pferde
nur wenig höher bewerthet werden dürften, als der Schlachtwerth
beträgt, da solche Pferde verschiedenen Unfällen (Vernagelung,
Nagel tritt, Ausschuhen pp.) ausgesetzt seien.
College Maximilian bemerkt dazu, dass er die Operation in
zusammen 41 Fällen vorgeuoramen habe. Er sei der Meinung,
dass sich die Bewerthung derartiger Pferde nicht im Allgemeinen
angeben lasse, es müsse vielmehr jeder Fall besonders beurtheilt
werden.
Ein von ihm vor acht Jahren operirtes Pferd sei noch heute
im Gebrauch, ohne dass demselben irgend etwas anzumerken sei.
Nicht angezeigt sei die Operation bei gemeinen, schwammigen
Pferden, wogegen leichte, edle Pferde unbedenklich zu operiren
seien.
College Oppel hat sechsmal operirt und zweimal Ansschuhen
beobachtet und zwar 1. bei Vorhandensein eines Knollfusses;
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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94
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 8.
2. bei einem sehr werthvollen Pferde, welches bereits früher 1
einmal neurektomirt worden war, aber später wieder lahm '
wurde. Das Ausschuhen erfolgte etwa drei Monate nach der
zweiten Operation.
College Maximilian möchte Pferde mit Schale und Huf- ;
deformitäten (Knollhuf, Zwanghuf pp.) von der Operation aus¬
geschlossen wissen. College Hepke hält nenrektomirte Pferde
zwar für minderwerthig, aber jedenfalls höher im Preise als der ,
Schlachtwerth beträgt.
College Wallmann hat bei 20—30 Fällen nur zweimal
Misserfolg gesehen, auch er räth, bei Hufdeformitäten die Operation i
zu unterlassen. — I
Die allgemeine Ansicht bezüglich der von Ellinger auf- |
geworfenen Frage geht dahin, dass neurektomirte Pferde zwar (
stets als minderwerthig zu betrachten 6eien, die Höhe des Minder-
werthes sich jedoch nach der Beschaffenheit des einzelnen Falles
richte.
Da die Zeit bereits vorgerückt ist, wird die Sitzung um
12 '/* Uhr geschlossen, worauf sich die Anwesenden zu der Privat¬
klinik des Herrn Dr. Müller begaben, um den gütigat über- ,
nommenen Experimentalvortrag über „die Röntgenstrahlen im
Dienste der Heilkunde“, entgegenzunehmen.
Nach dem Vortrag kamen die Collegen zu einem gemein¬
schaftlichen Mittagessen im Versammlungslokal zusammen, und
fand darauf gemüthliches Beisammensein bis zum Abend statt. |
Wallmann Steuding
Vorsitzender. Schriftführer.
Geheimmittel.
An den massgebenden Stellen, wie es scheint, im Ifeich
schweben gegenwärtig Erwägungen darüber, in welcher Weise
der Kampf gegen Geheimmittel event. zu vervollständigen sei.
Es ist nun für die Thierärzte sehr wesentlich, dass hierbei der
Begriff „Heilmittel“ bezw. „Geheimmittel“ so definirt wird, dass
unter die betreffenden Bestimmungen nicht allein Mittel, die zur
Anwendung für Menschen bestimmt sind, fallen, sondern auch
die für Thiere angekündigten Geheimmittel. Wenn man sieht,
in welcher schamlosen Weise in dieser Beziehung selbst seitens
mancher Apotheken und leider auch seitens mancher Thierärzte
Mittel angekündigt werden und wenn man bedenkt, wie viel
directes Unheil mit denselben, ganz abgesehen von ihrer gänz¬
lichen Werthlosigkeit, angerichtet werden kann, so sollte es doch
billig und notliwendig erscheinen, auch dem Unfug mit Veterinär¬
geheimmitteln, am besten durch für das ganze deutsche Reich
giltige gleichmässige Bestimmungen, zu steuern.
Ob es beabsichtigt ist. in dieser Weise auch gegen den j
Veterinärgeheimmittelschwindel vorzugehen, entzieht sich z. Zt. '
der Kenotniss. I
Vorlesungen und praotisohe Uebuogen an der Königliohen Thierärztlleben
Hochschule zu Hannover. Sommersemester 1898
1. Director, Geheimer Regierungs-Rath, Medicinalrath Prof.
Dr. Dam mann: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei; Diätetik;
hygienische und seuchenklinische Demonstrationen.
2. Professor Dr. Rabe: Allgemeine Pathologie und all¬
gemeine pathologische Anatomie; pflanzliche Parasiten; Fleisch¬
beschau; Fleischbeschau-Uebungen uni Demonstrationen auf dem
Schlachthofe; Obductionen und pathologisch-anatomische Demon¬
strationen.
3. Professor Dr. Kaiser: Geburtshilfe mit Uebungen am
Phantom; Geschichte der Thierheilkunde; ambulatorische Klinik;
Demonstrationen über Exterieur, Rassenkunde und chirurgische
Krankheiten des Rindes.
4. Professor Ter eg: Physiologie I; Arzneimittellehre und
Toxicologie.
5. Professor Dr. Arnold: Organische Chemie; Receptir-
kunde: Uebungen im chemischen Laboratorium; phannaceutische
Uebungen.
G. Professor Boether: Histologie und Embryologie; all¬
gemeine Anatomie, Osteologie und Syndesmologie; Anatomie der
Sinnesorgane; histologische Uebungen.
7. Professor Dr. Malkmus: Untersuchungsmethoden; all¬
gemeine Therapie; propädeutische Klinik und Spitalklinik für
grosse Hausthiere.
8. Docent Frick: Allgemeine Chirurgie; Operationslehre;
ophthalmoskopische Uebungen; Spitalklinik für kleine Hausthiere.
9. Professor Dr. Hess: Botanik; botanische Excursionen.
10. Beschlaglehrer Geiss: Uebungen am Huf.
11. Repetitor Dr. Zellner: Qualitative chemische Analyse.
12. Assistent Diedrichs: Thierische Parasiten.
13. Assistent Dr. Benner: Die landwirtschaftlichen Futter¬
gewächse und die Giftpflanzen.
Zur Aufnahme als Studirender ist der Nachweis der Reife
für die Prima eines Gymnasiums oder eines Realgymnasiums oder
einer durch die zuständige Central-Behörde als gleichstehend an-
ei kannten höheren Lehranstalt erforderlich.
Ausländer und Hospitanten können auch mit geringeren Vor-
konntnissen aufgenommen werden, sofern sie die Zulassung zu
den thierärztlichen Staatsprüfungen in Deutschland nicht be¬
anspruchen.
Nähere Auskunft ertheilt aut Anfrage unter Zusendung des
Programms die Direction der Thierärztlichen Hochschule.
Notiz.
Falls die Vereine nicht rasch genug Generalversammlungen
betr. Ehrenräthe berufen können, so können meiner Ansicht nach
die Vorstände ruhig die Ehrenrathsstatuten gültig ausser Kraft
setzen und für dieses eigenmächtige Vorgehen sich von der
nächsten Generalversammlung Indemnität erbitten.
Schmaltz.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Fleischschaa and Viehverkehr.
Die Ergebnisse der Trichinen- und Finnenschau in Preussen pro 1896.
Laut Nachweis in den Veröffentlichungen des Kaiserl.
Gesundheitsamtes wurden in Preussen im Jahr 1896 in Schlacht¬
häusern und auf dem platten Lande zusammen 8 759 496 Schweine
untersucht. Davon wurden trichinös befunden 1877 Stück =
0,02 pCt. oder 2 von 10000 (ausserdem erwiesen sich
221 amerikanische Schinken und Speckseiten trichinös), und finnig-
5958 — 0,07 pCt. oder 7 von 10000, also 3!s Mal soviel als
trichinöse. Die Zahl der beschäftigten amtlichen Fleischbeschauer
betrug 27 602 im Jahre 1895 (27 089 im Vorjahre).
Gar keine Trichinen wurden gefunden in den Regierungs¬
bezirken Stade, Osnabrück, Aurich, Münster, Köln, Koblenz,
Aachen und Sigmaringen, dagegen in Posen 663 = 0,27 pCt., also
das Dreizehnfache des Durchschnitts. Die meisten Finnen wurden
im Regierungsbezirk Oppeln, nämlich 1117= 0,23 pCt., gefunden.
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24. Februar 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
95
Berlin. Auszug aus dem Fleisohsohauberloht für Januar 1898.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe |Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13 994
9 977
33173
53487
Ganz beanstandet. ....
1&4
28
7
290
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2 976
9
—
389
Davon gänzlich verworfen
38
—
—
35
„ sterilisirt und verwerthet
87
7
—
166
„ theilweise verworfen . .
21
—
—
—
Also vollständig freigegeben
1830
2
—
188
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
7
Mit Finnen behaftet ....
45
3
—
44
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
2
—
—
27
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
43
3
—
17
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul-
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
_
_
28
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5019 Stück, bei Kälbern 48 Stück, bei Schafen 3636 Stück,
bei Schweinen 7922 Stück.
B. Untersuchungsstation.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
20433
12085
2 157
10604
Beanstandet.
135
20
4
6
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
68
2
Davon sind sterilis. verwerthet
21
—
—
2
Mithin gänzlich verworfen .
47
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
1
Mit Finnen behaftet ....
—
—
—
—
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . .
—
—
_
—
Meisch waren 170Bakony, — dänische,
169 Wildschweine, sowie 1967 dänische Rinderviertel.
Seachenstatistik and Yeterfnärpolizei.
Der Viehtransport auf Eisenbahnen.
Von A. Toscano, städt. Thierarzt in Wien.
(Tbicrlrail. Contralbl. 1807 H. 24.)
Verf. unterzieht das Viehtransportwesen auf den österreichisch-
ungarischen Bahnen einer scharfen und wohl auch berechtigten
Kritik. In den letzten Decennien habe das Eiseubaho-Betriebs-
wesen iip Personen- und Frachtverkehr Vortreffliches geleistet,
dagegen sei die Viehbeförderung unzulänglich geblieben und mit
den „krassesten Mängeln“ behaftet. Als Beleg für diese kühne
Behauptung wird Folgendes angeführt: „Am 21. Oet. 1897 ist in
Wien eine auf Station Loosdorf Niederösterreich verladene Rinder¬
sendung, 5 Stiere und 3 Kühe, erstickt angelangt. Die Rinder
befanden sich in einem hermetisch verschlossenen Wagen ohne
Fenster und Ventilationsklappe.
Der Staatshengst Turul, welchen das Ackerbau-Ministerium
von dem Fürsten von Auersperg um den Preis von 30 000 fl.
gekauft hatte, sollte von Wien nach Radautz transportirt werden.
In Lemberg wurde der Hengst bei bitterer Kälte in einem
primitiven Transport wagen 8 Stunden auf der Station znriiek-
gehalten; die empfindliche Kälte hielt der Hengst, der an die
beste Pflege gewöhnt war, nicht aus und ging jämmerlich zu
Grunde. .
Nicht viel besser wäre es dem viel werthvollern Staatshengste
Bonavista, dessen Kaufpreis 180 000 fl. beträgt, auf der Reise
nach Ki8ber im Monat Juli 1897 ergangen, wenn nicht auf Ver¬
anlassung des Ackerbauministers Dr. Daränyi in Komorn rasch
ein Separatzug beschafft wurde, mit welchem der Hengst weiter
befördert wurde. Bonavista war 7 Tage auf der Reise, wovon
40 Stunden allein auf Wien entfallen. Der Hengst musste am
Nordbahnhofe in Wien vom 2. Juli 9 Uhr 40 Min. bis 4. Juli
früh auf seine Weiterbeförderung nach Komorn warten, angeb¬
lich, weil man denselben vergessen hatte.
Zur Beseitigung dieser Mängel in der Vieh- bzw. Pferde*
beförderung hält Verf. eine zweckentsprechende Veränderung
der Viehtransportwagen für nothwendig. Die Vieh-Commissions-
Firma Saborsky & Söhne in Wien hat im Verein mit der
Oestereicbischen Eisenbahnverkehrs-Anstalt einen Special-Hornvieh¬
wagen erbauen lassen und denselben probeweise in Verkehr
gesetzt. Das Vieh war in diesem Wagen sowohl gegen die
Kälte im Winter als gegen die Hitze im Sommer geschützt und
konnte bequem gefüttert und getränkt werden. Auch war für
jedes Thier zum Niederlegen genügend Raum vorhanden. Die
in diesen Wagen transportirten Rinder erlitten nach commissions-
mässiger Feststellung eine weit geringere Gewichtsabnahme als
das auf gewöhnliche Weise beförderte Vieh. Dennoch sind diese
Special-Waggons nicht zur Einführung gelangt.
Weiter wird der Typus eines anderen zweckmässigen Vieh¬
transportwagens in Wort und Bild vorgeführt, dessen Erbauer
der russische Ingenieur Edgraf Rikovskoff m Moskau ist.
Diese Wagen, welche auf den russischen Bahnen bereits zahlreich
in Betrieb sein sollen, bestehen aus zwei Etagen und besitzen
je nach der Grösse und Stärke der Thiere einen Fassungsraum
für 24—36 Stück. Die Ventilationseinrichtungen dieser Wagen
erlanben eine gleichmässige Temperirung im Innern derselben;
durch das Vorhandensein von Futterraufen und Rohrleitungen
zur Abgabe des Trinkwassers ist die Fütterung und das Tränken
der Thiere während der Fahrt leicht zu bewerkstelligen. Die
Thiere haben Raum genug, um sich niederlegen zu können. Durch
Bodenklappen kann der sich ansammelnde Unrath leicht entfernt
werden. Endlich ist auch in dem Wagen für eine geeignete
Unterkunft des Begleit- und Wartepersonals gesorgt.
Die RikovBkoff’schen Viehwagen verbilligen auch den
Tarif für Viehtransporte ganz erheblich, denn während bisher zur
Beförderung von 36 Ochsen 4—5 gewöhnliche Waggous nötliig
waren, beansprucht diese Anzahl von Tkieren nur einen einzigen
Wagen der neuen Construction.
Schliesslich sei auf die Verwendung der Wagen für Militär-
zwecke hingewiesen, denn dieselben haben sich für die Beförde¬
rung von Cavalleriepferden ebenfalls geeignet erwiesen.
Tuberoulinprobeo In England.
The Veterinary Record hat den praktischen Thierärzten
Englands über die Wirkung des Tuberculins folgende Fragen zur
Beantwortung unterbreitet und nachstehendes Resultat erhalten:
Frage. Haben Sie irgend welche schädliche Wirkung be¬
obachtet, die das Tuberculin bei einem tuberculosefreien Thier
hervorgebracht hat?
Antwort. 100 antworten „Nein.“ Einer giebt an: „Manch¬
mal leichte Störungen, die 48 Stunden undatierten“.
Frage. Haben Sie je einen Fall von generalisirter Tuberculose
oder dauernder Schädigung beobachtet» die der Tuberculineiu-
spritzung zuzuschreiben waren?
Antwort 98 antworten „Nein“. Drei erwähnen je einen
Fall von Schädigung, welche möglicherweise durch das Mittel
verursacht worden sei.
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96
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No 8.
Frage. Haben Sie die Tnberculinreaction als ein zuver¬
lässiges Hilfsmittel bei der Diagnose gefanden?
Antwort. 80 antworten ,.Ja“, einer „Nein“, 12 geben un¬
bestimmte Antworten, fünf berichten, dass sie Reactionen gehabt
hätten, ohne bei der Obdnction krankhafte Veränderungen zu
finden, drei bejahen mit Ausnahme in Fällen vorgeschrittener
Krankheit.
Bundesrathsbeschluss.
Der Bundesrath hat in der Sitzung vom 17. d. Mts. bezüglich
des Verfahrens bei der Einfuhr der aus Dänemark und Schweden-
Norwegen auf dem Seewege eingehenden Rinder beschlossen
1. dass die nach dem 28. d. Mts. eingehenden Thiere aus¬
nahmslos auf Tuberculose zu untersuchen und dass die dabei
krank oder verdächtig befundenen Thiere nach Anbringung eines
vom Reichskanzler zu bestimmenden Merkzeichens zurückzuweisen
seien, und
2. dass die nicht verdächtig befundenen Thiere von dem freien
Verkehr auszuschliessen und nur unter gleichen Bedingungen wie
das österreich-ungarische Schlachtvieh zur Abschlachtung in öffent¬
lichen Schlachthäusern zuzulassen seien.
Diese Massregel wird gegenüber Schweden-Norwegen erst
nach der Wiederaufhebung des kürzlich aus anderen Gründen
erlassenen Vieheinfuhrverbots zur Anwendung kommen.
Personalien.
Ernennungen: Zu Grenzthierärzten die Thierärzte Schropp- |
Lenzkirch in Stühlingen, R e i c h 1 e - Stühlingcn in Singen. — Zu i
Districtsthierärzten die Thierärzte E. H o 1 z a p f e 1 - Baunach in
Weismain, Hans M e y e r-Nördlingen in Hornbach (Pfalz).
Der Thierarzt E. Kuhn, bisher am Schlachthof iu Stuttgart,
ist zum Assistenten am physiologischen Institut der Thierärztlichen
Hochschule in Stuttgart ernannt worden.
Es sind gewählt worden: Tliicravzt H e rs c h e 1 - Görlitz zum
Schlachthofverwalterin Sagan, Thierarzt Ras so w zum Schlachthof¬
inspector in Teterow (Mecklenb.), Thicrarzt Hussmann -Stassfurt
zum Leiter der Fleischschau in Leopoldshall.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden
in Berlin: Die Thierärzte Schultz in Gehrden (Hann.) und
Witt, Assistent an der Tierärztlichen Hochschule in Berlin.
Wohnsitzveränderungen. Niederlassungen etc : Versetzt: Bezirks¬
thierarzt Brachinger - Bern eck nach Schweinfurt. — Verzogen:
Thierarzt 0. K a t z f u as - Meissen nach PosBendorf. — Thierarzt
A. Scherraer -Rambcrg hat sich in Herxheim (Pfalz) nieder¬
gelassen.
Todesfälle: Oberrossarzt B r a u n - Potsdam.
Statt jeder besonderen Meldung an Colleges.
Am 22. Februar entschlief nach längerer Krankheit Dr. Christian
Friedr. Willi. Rabe, Professor der pathologischen Anatomie an der
Thierärztlichen Hochschule zu Hannover. — Beerdigung Freitag
12 Uhr in Hannover vom Trauerhause aus, Friedenstr. 5.
Namens der Hinterbliebenen
S c h in a 11 z.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis
10. März an Regierungs - Präs in Minden. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs^Präs.
in Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
— R.-B. Stettin: Kammin.— R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthlerarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStcllen:
Beuthen: 2. Scblachthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld 432M.), Bew.
an Magistrat. — Elberfeld: 2. Assistent des Schlachthofdirectors.
(1800 M.) zum 1. April. Bewerb, bis 1. März an Oberbürgermeister.
— Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet).
Bew. an Magistrat. — Filehne: Schlachthofinspector zum 1. Oct. d. J.
Bew. bis 15. März an Magistrat. — Ostrowo: Scblachthofinspector
(2100—3000 M., fieie Wohnung, Heizung, Beleuchtung). Bew. bis
25. Febr. an Magistrat. — Schmalkalden: Schlachthofinspector
(1800—2100 M., freie Wohnung, Heizung, Beleuchtung. Nebeneinnahmen
ca. 300 M. Privatpraxis gestattet). Bew. an Bürgermeister. — Zoppot:
Schlachthausverwalter zum 1. April (1000 M., freie Wohnung, Privat¬
praxis gestattet). Bew. bis 10. März an Gemeinde-Vorsteher.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspector (2100—3350 M., freie
Wohnung etc.). Bew. an Magistrat — Coblenz: Schlachthof-
director zum 1. Mai 1898 (3500—5000 M.). Bew. an Oberbürger¬
meister Schüller. — Finsterwalde: Schlachthofdirector (1500 M.,
freie Wohnung und Heizung. Privatpraxis gestattet) Bew. an Magistrat
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt
j —Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. CasBel).
i — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
i Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pits che n: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i n g: Auskunft Amts Vorsteher.
— Schwarzenau: <800 M. für Fleischschau'. Näheres Magistrat
— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Boitzenburg: Auskunft Graf Arnim-Boitzenburg.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe). — Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau
l 1300—1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen Ibbenbüren, Sagan.
Erklärung.
In der VIII. Plenarversammlung des Deutschen Veterinär-
rathes im October v. J. machte Herr v. P u 11 i t z unter Anderem
die Behauptung:
„In 08tfriesland giebt es kaum mehr Bullen, die nicht
auf Tuberculose reagiren. Deshalb werden dort ganz
gewöhnlich Vorimpfungen vor dem Verkauf vorgenommen,
weil sonst die meisten Thiere nach dem Verkauf reagiren
und deshalb von den Käufern nicht übernommen werden
würden.“
Nach Auskunft der befragten Rechts-Anwälte fehlt uns zu
unserem lebhaften Bedauern die Handhabe, Herrn v. Putlitz
wegen des in dieser Behauptung liegenden, gegen die grosse
Mehrzahl der ostfriesischen Züchter gerichteten Vorwurfs des
Betruges gerichtlich zur Rechenschaft zu ziehen. Wir beschlossen
deshalb, dem genannten Herrn eine Summe von
Eintausend M ark
zur freien Verfügung zu stellen, für den Fall es ihm gelänge, den
Beweis zu erbringen, dass die von ihm aufgestellte Behauptung
auch nur zum hundertsten Theile der Wirklichkeit entspricht, und
erwarten, dass Herr v. Putlitz den gleichen Betrag za wohl-
thätigen Zwecken opfert, wenn wir den Beweis liefern, dass seine
Behauptungen ganz unbegründet sind.
Norden, den 18. Februar 1898.
Der engere Ausschuss des landwirtschaftlichen Hauptvereins
für OBtfriesland.
I. V.: D. Wegner, Oekonomierath.
Berichtigung. B. T. W. No. 7 8. 84 muss es heissen „Apparat
nach Trapp“, nicht „nach Toepp“.
Verantwortlich für den Inhalt (ezcl. Inseratcp'.heil) Prof. Ur. Schinaltz iu Berlin. — Verlag und hliirenthum von Richard Sclioetz in Berlin. — Druck von W. BQxenstein. Berlin.
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Die „Berliner Thierärxtlictae Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in 8ttrke von mindestens l*/» Bogen. Dieselbe
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetx, Berlin NW., Luisenstrasse 3ti. zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Berliner
Originalbeitrkge werden mit 50 Mk. ftlr den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
Berlin, thierärztlicbe Hochschule, NW., Luisenstrasse ftf.
Correcturen, Kecensions-Rxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Jahrgang 1898. M 9 . Ansgegeben am 3. März.
Inhalt: Toepper: Blutserum: mpfungen als Schutzmittel gegen die Brustseuche. — Versammlung des H a m -
burg-Altonaer thierärztlichen Vereins. — Moelier: Ein Micvoorganismus, welcher sich morpho¬
logisch und tinktoriell wie der Tuberkelbacillus verhält. — Referate: Novotny: Zwerchfcllriss mit Ein¬
klemmung eines Theiles der linken unteren Griramdarmlage. — AI brecht: Geburtsrauschbrand. — Afanasieff: Ueber die
Bedeutung des Granulationsgewebes bei der Infeetion von Wunden mit pat'iojeneu Microorganismen. — Therapeutische Notizen. —
Tagesgeschichte: Ueber die Bedeutung der Landwlrthschaftskainraern für die Vetcrinärwissenscliaft. — Verschiedenes.—
Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. —
Personalien. — Vacanzen.
Blutserumimpfungen als Schutzmittel gegen
die Bru8t8euche.*)
Von
Dr. Paul Toepper,
Obcrrouarzt der Königlichen Marstiill >
Die Brustseuche der Pferde gehört zu denjenigen Infections-
krankheiten, deren Ursache wir nicht kennen. In der thier¬
ärztlichen Wissenschaft ist man sich darüber einig, dass weder
die von Schütz noch die von Lustig als Ursache der Brust¬
seuche angesehenen Mikroorganismen dieselbe darstellen. Wären
sie die Ursache der Brustseuche, so müsste man im Stande sein,
künstlich die Brustseuche zu erzeugen. Dieses ist, so viel mir
bekannt, bis jetzt noch Niemand gelungen. Anderseits wurde
dnreh Hell (Zeitschrift für Veterinärkunde II. Jahrgang No. 3
pag. 111) festgestellt, dass die Schütz’schen Brustseucbecoccen
keine Unterscheidungsmerkmale zwischen Eiter- resp. Erysipel-
coccen nachweisen lassen. Schon in den Jahren 1887—1889 sind
von Hell (Zeitschrift lür Veterinärkunde Jahrgang I, Heft 1) an
der Militärro88arzt8cbnle, dem Remontedepot Prenssisch Mark
und bei Pferden des II. Garde-Dragoner-Regiments mit den von
Schütz entdeckten Mikroorganismen Immunisirungs - Versuche,
doch ohne Erfolg gemacht worden. Dass eine Krankheit, deren
Ursache anbekannt ist, den Untersuchungen mehr Schwierigkeiten
machen wird, als eine Krankheit, deren Erreger man kennt, ist
klar. Das erste Bestreben in der Wissenschaft musste sich daher
auf Ergründuug der Ursache der Brustseuche richten. Dass es
aber auch möglich ist, Tliiere gegen eine Krankheit zu immuni-
siren, ohne dass man die Krankheitsursache kennt, ist uns von
Professor R. Koch bei der Rinderpest bewiesen worden. Aach
bei der Brustseuche der Pferde scheint es möglich zu sein, die
Pferde auf 6—8 Wochen durch Seruminjectionen immun zu
machen. Dies genügt aber auch in den meisten Fällen, die
Seuche zum Erlöschen zu bringen. Die Skeptiker werden ja
gerade bei der Brustseuche Gelegenheit haben, die Behauptung
aufzustellen, dass die Brustseuche auch ohne die Impfung
erloschen wäre. Es kommt ja auch thatsächlich vor, dass die
*) Die Form des obigen Artikels ist dadurch bestimmt, dass der¬
selbe im wesentlichen einem Bericht des Verfassers an Seine Majestät
den Kaiser entspricht, welcher auf Allerhöchsten Befehl auch im
Militär-Wochenblatt veröffentlicht worden ist.
Brustseuche, allen wissenschaftlichen Erwägungen zum Trotz, oft
plötzlich und ohne Veranlassung aufhört, selbst bei jungen
3—4jährigen besonders dafür empfänglichen Pferden.
Obwohl die Brustseuche beim Militär nicht so viele Opfer
fordert wie z. B. die Kolik, so ist sie dennoch wohl die
gefrirchtetste Krankheit. Ihre systematische Bekämpfung durch
Impfung mit Blutserum solcher Pferde, die die Krankheit vor
kurzem überstanden haben, wäre daher von der grössten
Wichtigkeit.
Diese Impfung mit Blutserum ist durchaus nicht neu, sondern
schon längere Zeit bei vielen Regimentern theils mit theils ohne
Et folg angewendet worden. Ihr geistiger Urheber sowohl als
auch derjenige, der dieselbe zuerst angewendet hat, ist der
jetzige Corpsrossarzt des IX. Armeecorps Hell in Altona. Bald
nachdem Hell, weun ich nicht irre, war es im Jahre 1892, seine
Versuche in der Zeitschrift für Veterinärkunde IV. Jahrgang
No. 12 pag. 527 veröffentlichte, hatte Hell die Liebenswürdigkeit,
mich brieflich mit der genaueren Ausführung der Impfung bekannt
zu machen. Seit dieser Zeit habe ich die Angelegenheit weiter
verfolgt nnd habe in vielen grossen Beständen die Impfung mit
Blutserum ausgeführt. Nie ist mir dieselbe misslungen, sondern
immer von dem Erfolge begleitet gewesen, dass die Seuche
sofort coupirt wurde. Hervorheben muss ich aber, dass die
Seuche, wenn ich mit der Impfung begann, meistens 4—6 Wochen
unter den Pferden des Bestandes herrschte, da mir nie frisch
durchgeseuchte Pferde zur Verfügung standen.
Will man nach meiner Ansicht mit Erfolg gegen die Brust-
seuche mit Blutserum impfen, so sind 2 Punkte in Betracht zn
ziehen: 1. Das Impfmaterial und 2. die Quantität des Blutserums.
Das Blutserum muss vou solchen Pferden entnommen werden,
die die Brustseuche überstanden haben und mindestens 3—6 Wochen
fieberfrei sind. Diese Zeit der Blutentnahme halte ich nach
meinen Erfahrungen für die beste. Man kann aber, wie Professor
Jensen in Kopenhagen angiebt, die Zeit der Blutentnahme auf
6—12 Wochen hinausschieben.
Die Zeit vor 3 Wochen ist nicht zu empfehlen, weil event.
noch Giftstoffe (Toxine) im Blute sich befinden können. Pferde,
die die Brustseuche sehr schwer durchgemacht haben, halte ich
zur Blutabnahme für die geeignetsten.
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98
Die Quantität, die jedem Pferde eingespritzt wird, darf nicht
unter 150 Gramm betragen. Ich nehme in der Regel 200 Gramm
und spritze zuerst 100 Gramm und nach zwei Tagen abermals
100 Gramm unter die Haut.
Die Impfung geschieht folgen dermassen: Man wähle zur Blut¬
entnahme 2 bis 4 Pferde aus, die die Brustseuche schwer gehabt
haben und 3 bis 6 Wochen fieberfrei sind. Jedem dieser Pferde
kann man, ohne demselben zu schaden, in Zwischenräumen von
2—3 Tagen 8, ja sogar 12 Liter Blut abnehmen. Das Blut
entnimmt man aus der Drosselvene mit der von Geheimrath
Dr. Dieckerhoff construirten Nadel. Nach Abscheeren der
Haare, Desinfection der Hautstelle und Abreibung mit absolutem
Alkohol stös8t man die Dieckerhoff’scke Nadel fast quer zum
Halse, die Oeffnung der Nadel nach oben gerichtet, in die Drossel¬
vene. Das Blut strömt dann, bat man die Drosselveue gut ge¬
troffen, in grossem Bogen aus der Nadel, berührt nicht die Haut
und wird in sterilisirten Gläsern aufgefangen. Nach dem Heraus¬
ziehen der Nadel ist es nicht nöthig, einen Verschluss der Wunde
herbeizuführen, da eine Nachblutung fast nie geschieht. Blutet
es noch, so genügt ein 1 bis 2 Minuten lang dauernder gelinder
Druck mit dem Daumen, die Blutung zur Stillung zu bringen,
oder man pudert etwas Tannin auf die Wunde. Die Diecker-
hoff’sehe Nadel ist der von Dr. Casper construirten entschieden
vorzuziehen. Ich habe mit beiden Nadeln gearbeitet, die An¬
wendung der Casper’schen Nadel aber verlassen, da mir die
Entnahme von Blut, will man viel Serum produciren, zu langsam
vor sich geht. Hauptsächlich darauf, dass das Lumen der
Dieckerhoff’schen Nadel fast doppelt so grosB ist, wie das¬
jenige der Casper’schen, beruht der Vorzug der ersteren. Dazu
kommt, dass bei der Dieckerhoff’schen Nadel die am unteren
Theile der Nadel anzuschraubende Scheibe und der Ansatz die
Sicherheit beim Einstechen in die Drosselvene erhöht und end¬
lich es nicht nöthig ist, das Blut durch einen Riemen um den
Hals anzustauen. Man macht dies bei der von Dieckerhoff
construirten Nadel einfach wie beim Aderlass durch Druck der
Finger auf den unteren Halstheil der Drosselvene.
Zum Auffangen des Blutes verwende ich Glascylinder, die
6 bis 8 cm Durchmesser haben, oben abgeschliffen sind und 8C0 bis
850 Gramm Inhalt haben. Bedeckt werden dieselben mit flachen
Glasschalen. Dadurch, dass etwas Serum in der Regel zwischen
GlaBschalen und dem oberen Rande der Glascylinder kommt,
kleben dieselben so fest, dass die Abnahme von den Cylindern
oft Schwierigkeiten bereitet. Besitze ich keinen Sterilisations-
Apparat, so lasse ich die Gläser in lOproc. heisser Sodalauge
reinigen und spülen und desinficire hierauf mit 5proc. Carbolsäure-
lösung. Die mit Blut beschickten Cylinder stelle ich nicht in
Eiswasser, sondern in ein Zimmer, dessen Temperatur 5—10° C.
beträgt. Ich habe gefunden, dass die Ausbeute an Serum in der
Regel dann eine reichlichere ist. Gewöhnlich erhält man von
jedem Liter Blut 500—600 Gramm Serum. Für einen Zusatz von
0,9 pCt. chemisch reiner Oxal- resp. Citronensäure kann ich mich
nicht erwärmen. Das Serum wird dann bordeauxroth und lässt
sich oft sehr schwer von dem lose, oft gar nicht geronnenen
Blutkuchen abgiessen. Um das Serum von Unreinlichkeiten resp.
kleinen geronnenen Blutpartikelchen zu befreien, filtrire ich es
durch sterilisirte Glaswolle.
Die Injection des Serums mache ich vor der Brust mit der
Dieckerhoff’schen zur intralaryngealen Injection empfohlenen
100 Gramm haltenden Spritze, nachdem die Hautstelle vorher
desinficirt ist. Nach der Injection lasse ich die Pferde bewegen,
da hierdurch die Resorption des Serums befördert wird, und spritze
nach zwei Tagen wiederum 100 Gramm Serum unter die Haut.
Sicher ist, dass erstens die Impfung nichts schadet, nicht einmal
No. 9.
bei einiger Antisepsis einen Abscess hervorruft und zweitens, dass
Pferde, die bereits vorher inficirt sind, in der Regel sofort oder
kurze Zeit nach der Impfung erkranken.
Die Dauer des Impfschutzes wird sich auf 6—8 Wochen
ausdehnen. Es ist bekannt, dass die Brustseuche in den ver¬
schiedenartigsten Abstufungen auftritt. Oft ist sie sehr leicht,
oft aber ihr Character so pernieiös, dass ein grosser Theil der
erkrankten Pferde eingeht. Diesen pernieiösen Character hatte
die Brustseuche Ende dieses Jahres in vielen Ställen Berlins und
Umgegend, so verlor der Königliche Reitstall in der Woche vom
12.—20. November 1897 vier werthvolle Reitpferde. Immer schwer
tritt die Brustseuche bei hochtragenden Mutterstuten auf. Der
Grund hierfür muss wohl auf die Behinderung des Zwerchfelles
beim Athmen zurückgeführt werden.
Zwei Impfungen mit Blutserum in Beständen, in welchen
die Seuche sehr schwer auftrat, möchte ich hier mittheilen.
Im Mutterstuten Vorwerk Bajohrgallen, einem Vorwerke vom
Hauptge8ttit Trakehnen, stehen die Mutterstuten des schweren Reit-
und leichtenWagenschlagesgemischterFarbe. Sie sind untergebraebt
in 8 Laufställen und ist jeder Stall mit 8—9 Stuten belegt, in welchem
dieselben frei umhergehen. Mitte Mai des Jahres 1895 besass
Bajohrgallen mit der neuen Einrangirung circa 60 Mutter¬
stuten, 2 Hauptbeschäler und 1 Probirhengst. In dieser Zeit
brach die Brustseuche aus. Trotzdem die Stuten sofort auf die
Weide getrieben wurden und auf derselben von Morgens 8 Uhr
bis Abends 6 Uhr verblieben, trat die Seuche doch sehr schwer
auf. Innerhalb acht Tagen starben die beiden zuerst erkrankten
Stuten. Trotzdem die Pferde auf der Weide sämmtlich mit
einander in Berührung kamen, gingen die Erkrankungen doch
stallweise vor sich. Am 25. Juni befahl Se. Excellenz,
Graf Lehndorff, die Impfung. Es waren bis zu dieser Zeit
vier Ställe durchgeseucht, in vier Ställen aber, und gerade in
dem Stalle, in dem die Remonten standen, noch kein Fall von
Brustseuche festgestellt. Am 1. Juli wurde mit der Impfung
begonnen. Es wurden geimpft 43 Mutterstuten, und 2 Haupt¬
beschäler. Der Probirhengst, im Hengststalle aufgestellt, war
bereits erkrankt. Am 2. Juli erkrankte von den geimpften
Pferden eine neu eingestellte vierjährige Mutterstute ziemlich
schwer an der Brustseuche, aber auch hiermit war und blieb
die Seuche erloschen.
Ich mache besonders darauf aufmerksam, dass ich eine Des¬
infection der Stallungen nicht vornehmen lasse, wenn ich ge¬
impft habe. Ich gehe hierbei von der Ansicht aus, dass, wenn
die Serumipjectioü die Pferde eine Zeitlang schützt, und sie
dennoch gezwungen werden, die Keime der Brustseuche in sich
aufzunehmen, die Immunität vielleicht eine nachhaltigere ist.
Erst sechs Wochen nach dem letzten Krankheitsfalle lasse ich
den Stall eingehend deBinficiren.
In den Königlichen Marstall-Abtheilungen im Neuen Palais
waren bereits im Monate Juni vereinzelte Fälle von Brustseuche
vorgekommen. Im August, September und October trat die
Seuche in den Marstall-Abtheilungen in Berlin und zwar sowohl
iu der Breiten- wie Dorotheenstrasse auf. Regel war, dass hier
nur die Remonten vom Jahre 1896 ergriffen wurden. In der
ersten Hälfte des Monats October trat der erste Fall von Brust¬
seuche im Reitstall in Potsdam auf. Diesem folgten bald mehrere.
Anfänglich leicht und ohne Verluste an Todten verlaufend,
wurde die Krankheit so pernieiös, dass, wie schon erwähnt, in
der Woche vom 12.-20. November vier Reitpferde eingingen.
Am 10. November 1897 befahl mein hoher Vorgesetzter, der
Oberstallmeister Sr. Majestät des Kaisers und Königs, Excellenz
Graf von Wedel die Impfung, da Sr. Excellenz bekannt war, dass
ich verschiedene Pferdebestände mit Erfolg geimpft hatte. Am
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
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3. März 1898.
13. und 15. November wurden den Pferden Ehrenpreis, Campanus
resp. Blauveilchen und Matador im Ganzen 12 Liter Blut ab¬
genommen. Aus diesem Blute wurden 6,1 Liter Serum erzielt,
und hiermit 30 Pferde zweimal mit je 100 g geimpft. Gleich
nach der Impfung erkrankte das Pferd Friedi an der Brustseuche
sehr schwer, so dass der erste fieberfreie Tag erst am 27. November
eintrat. Gleichzeitig zeigten zwei Pferde gleich nach der ersten
Impfung, nämlich Maennering und Dunois, Fieber. Dasselbe fiel
aber sofort zur Norm nach der am 17. November ausgeführten
2. Impfung, so dass von einer Erkrankung an der Brustseuche
wohl nicht die Rede sein konnte. Drei Pferde und unter ihnen
das Pferd Panther worden wegen ungenügenden Vorhandenseins von
Serum nicht geimpft. Diese Pferde wurden ausgewählt, da sie
zu den ältesten Pferden des Stalles gehörten und anzunehmen
war, dass sie die Seuche vielleicht schon gehabt batten. Dennoch
erkrankte das nicht geimpfte Pferd Panther an der Brust¬
seuche.
Von den geimpften Pferden, unter denen sich kein Pferd
über sieben Jahr befand, erkrankte kein Pferd und fand die
Brustseuche in den kaiserlichen Marställen hiermit ihren Ab¬
schluss.
Dass der Imraunisirungs-Werth des Serums bei der Brust¬
seuche zwischen grossen Grenzen schwankt, sieht man deutlich
bei Anwendung des Serums als Heilmittel. Sehr oft habe ich
Quantitäten von 5—600 Gramm Serum in Zwischenräumen von
zwei Tagen und in Mengen von je 200 Gramm, kranken Pferden
unter die Haut gespritzt, ohne dass ich einen bemerkenswerthen
Einfluss auf die Krankheit beobachtet habe. In einigen anderen
Fällen dagegen fiel sofort nach der Injection des Serums das
Fieber, einmal sogar nach zwei Tagen jedesmal um 2 Grad,
so dass die Temperatur nach der ersten Injection von 41,0 auf
39,0° 0. fiel und nach einer nochmaligen Injection von 2C0 g von
39,0° C. auf 37,0° C.
Es ist daher sehr fraglich, ob dem Serum ein Einfluss
als Heilmittel gegen die Brustsenclie zuzuschreiben ist.
Die verschiedenartige Abstufung bei der Erkrankung
an der Brustseuche in den einzelnen Pferdebeständen lässt
annehmen, dass auch das Serum einen vollständig verschiedenartigen
Immnnisirungswerth besitzen wird. Deshalb empfehle ich, so
lange wir eine genaue wissenschaftliche Untersuchung über den
Immunisirungswerth des Serums nicht besitzen, nur Serum zur
Impfung gegen Brustseuche zu verwenden, welches von Pferden
desjenigen Bestandes entnommen, ist, in dem die Seuche herrscht.
Für die gesammte Cavallerie wäre es von der grössten
Wichtigkeit, wenn es möglich wäre, in jedem Falle durch Impfung
die Seuche zu coupiren, denn dann wäre jedes Cavallerie-Regi-
ment zu jeder Zeit felddienstfähig zu machen.
Um dies zu erreichen, wäre es nothwendig, die ganze Frage
der Seruminjection als Schutzmittel der Brustseuche wissen¬
schaftlich zu untersuchen und hierbei folgende Fragen zu be¬
rücksichtigen :
1. Besitzt das Serum solcher Pferde, die die Brustseuche
überstanden haben, überhaupt einen Immnnisirungswerth.
2. Wie hoch ist derselbe bei verschiedenen Pferden in ver¬
schiedenen Zeiten nach Ueberstehen der Krankheit.
3. Das Serum ist nach der von Lorenz beim Rothlauf der
Schweine angewandten Methode zu concentriren und zu conserviren.
4. Es müssen vom Staate Stationen errichtet werden, von
denen das Serum zu jeder Zeit zu beziehen ist.
Genauere wissenschaftliche Untersuchungen werden jeden¬
falls zu Resultaten führen, mit denen wir auch bei Bekämpfung
der Brustseuche weiter kommen werden, als wie wir jetzt sind.
99
Versammlung
des Hamburg - Altonaer thierärztlichen Vereins.
Die Behandlung des Kalbefiebers mit Jodpräparaten.
In der am 12. Februar dieses Jahres im Vereinslocale,
Hamburg, St. Pauli, Marienstr., unter Vorsitz des Herrn
Staatsthierarztes Völlers abgehaltenen Versammlung wurde
zunächst der Kassenbericht pro 1897 erstattet und der Mitglieds¬
beitrag auf 6 Mark festgesetzt. Der Antrag des Vorstandes,
betreffend die Veranstaltung eines Wintervergnügens, fand ein¬
stimmige Genehmigung.
Herr Thierarzt Ehling-Winsen erhielt nunmehr das Wort
zu dem Vortrage: ,Die Behandlung des Kalbefiebers
mittels Jodpräparaten.“ Herr Ehling gab zunächst eine
Uebersicht über die Theorien bezüglich der Entstehung des
Kalbefiebers und kritisirte die bisher üblichen Behandlungs¬
methoden. Die Mitteilungen von Schmidt-Kolding über seine
Erfolge bei der Behandlung des Kalbefiebers mittels Jod¬
präparaten veranlassten Ehling, diese Methode der Behandlung
in folgenden Fällen in Anwendung zu bringen. Die Kranken¬
geschichten dieser Fälle mögen hier kurz wiedergegeben
werden:
I. Kuh des Abbauers B. zu P. Die Kuh kalbte am 21. Januar
1898. Am 25. Januar Morgens mangelnde Fresslust, 11 Uhr
Vormittags Unvermögen, aufzustehen. 1% Uhr Nachmittags
Eintreffen von Ehling. Status praesens: die Kuh stark auf¬
getrieben, der Kopf liegt, langgestreckt, platt auf der Seite.
Corneareflexe träge. Behandlung: Infusion einer Lösung von
10,0 g Jodcalium in die vier Striche des Euters, in jeden Strich
lässt Ehling \ 1 der Lösung einfliessen. V« Stunde nach der
Infusion Tympanitis verschwunden, Pansenbewegung, Rülpsen.
Nach Klystieren erfolgt Kothabsatz, Kopf wird hochgehoben.
4 Uhr Nachmittags: Auf Klysma erfolgt Kothabsatz. Zwischen
die Zahnreihen geschobene Runkelrübenstücke werden zermalmt
und hinuntergeschluckt.
6 Uhr Abends: Kothabsatz, Verlangen nach Getränk, es
wird V* Eimer Kleiwasser aufgenommen, die Nasenlöcher werden
mit der Zunge ausgeleckt. Im Laufe der Nacht wird der Kopf
zeitweilig in die Seite gelegt. Im Laufe des nächsten Tages
(26. Januar) wenig Veränderung, Appetit gering. Abends
8 Uhr wird die Schlachtung vorgenommen. Bei der Behandlung
waren noch in Anwendung gebracht: Spirituose Einreibung längs
des Rückens und Priessnitz’sche Umschläge. Innerlich wurden
30 g Aloe und 10 g Tartarus auf 4 mal 2 stündlich gegeben.
II. Herdbuclikuh des Hofbesitzers M. in S., 10 Jahre alt.
Gekalbt am 30. Januar. Gleich nach dem Kalben mangelnde
Fressest. 31. Januar Morgens früh Schwäche im Hintertheil.
Vormittags 11 Uhr Unvermögen, aufzustehen. Nachmittags
5 Uhr Eintreffen von Ehling. Status praesens: Die Kuh liegt
platt auf der Seite, comatöser Zustand. Athmung geschieht sehr
oberflächlich und langsam, 4 bis 5 Athemzüge in der Minute.
Dem Herumwälzen wird gar kein Widerstand entgegengesetzt
(als ob sie leblos sei). Um 5 Uhr Infasion von 10,0 g Jodcalium,
nachdem etwas Pansenbewegung. Beim Klystieren etwas Absatz
von trockenem Koth. Einreibung und Prie ssnitz’sche Um¬
schläge.
Abends 7 Uhr: Tympanitis, Zustand wie zuvor, 7$ Uhr
Infusion von 5,0 g Jodcalium, nachdem Rülpsen, Abblähen,
weitere Behandlung durch Einreibung, Priessnitz’sehen Um¬
schlag, Klystier. Etwas Kothabsatz. Ein Schlächter wird
gerufen, da der Zustand bedrohlich wird. Herzschwäche.
Abends IO 1 /* Uhr Infusion von 5,0 g Jodcalium, Tympanitis lässt
nach, eingeschobene Runkelrüben werden gierig gefressen. Um
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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100
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
11 Uhr Nachts wird der Kopf hochgehoben and nur noch ganz
selten in die Seite gelegt. Nachts 2 Uhr Kuh anscheinend ausser
Gefahr.
Am 31. Januar Morgens 6 Uhr bedrohliche Herzschwäche,
4 bis 5 Pulse, dann Aussetzen, Herzschwirren; 6J£ Uhr wird eine
Flasche Kaffee mit Rum eingegeben, danach Schweissausbruch
und beschleunigtes Athmen, welches sich im Verlaufe des Vor¬
mittags wieder verliert. Es wird etwas Getränk (Wasser) auf¬
genommen. In der Nacht vom 31. Januar auf den 1. Februar
erhebt sich die Kuh. Aufstand also 32 Stunden nach der
ersten Infusion. Am 3. Februar (4 Tage nach Eintritt der
Krankheit) Morgens 5 Liter Milch. Beim Besuch am 4. Februar
Kuh vollkommen gesund.
III. Kuh des Hofbesitzers P. zu S., 6 Jahre alt. Die Kuh
gebar am 3. Februar einen Doppellender, welcher unter Hilfe von
vier Personen entwickelt werden musste. Am 4. Februar Morgens
wenig Appetit. Mittags beim Melken Trippeln. Kuh legt
sich Nachmittags 4 Uhr und kann sich nicht wieder erheben.
Abends 9 Uhr Status praesens: Sehr gut genährtes Thier. Grosses
Euter, welches noch einige Milch enthält. Kopf wird
in die Seite gelegt — lautes Stöhnen. Cornea gegen
Insulte noch recht empfindlich. Pulse 80, schwach.
Behandlung: Infusion von 10,0 g Jodcalium. Gleich nach
der Infusion wird der Kopf erhoben. Gesichtsausdruck
wesentlich besser. Klystier, viel Kothabsatz. Einreibung, Priess-
nitz’sche Umschläge. Runkelrüben werden verzehrt, Stöhnen
nicht mehr zugegen, Pulse 100 und mehr, schwach. — 11 Uhr
Uhr Abends Infusion von 5,0 g Jodnatrium, gewählt, um die
Giftwirkung des Caliums auf das Herz auszuschliessen, Pulse von
100 auf 80, werden kräftiger, Allgemeinbefinden gut. Brod und
Runkelrüben, ins Maul gesteckt, werden verzehrt. — 12 Uhr
Nachts Pulse 100, etwas schwächer als zuvor. Kopf wird zeit¬
weilig in die Seite gelegt. Die Kuh macht Versuche, aufzustehen.
Nachts 1 Uhr erhebt sich die Kuh langsam, aber sicher, sie steht
zwei Stunden und legt sich dann leicht. Nach ^ständiger Ruhe
erhebt sie sich ebenso leicht. Kuh gesund, der Appetit kehrte
im Laufe des nächsten Tages wieder. Die Kuh erhob sich
vier Stunden nach der ersten Infusion.
IV. Kuh des Gastwirtbs M. zu L., 7 Jahre alt. Die Kuh
kalbte am 5. Februar Morgens 7 Uhr leicht, zeigte bis zum
6. Morgens 9 Uhr guten Appetit, dann verminderte Fresslust und
legte sich. Nachmittags steht die Kuh wieder auf (schwerfällig).
Appetit aufgehoben. 6 Uhr Abends trippelt die Kuh, 7 Uhr
Abends fällt die Kuh um, kann sich nicht mehr erheben.
Abends 11 % Uhr Status praesens: Die Kuh legt den Kopf
zeitweilig in die Seite, sonst wird er noch gehoben. Auge klar,
geringgradige Aufblähung. Pulse 80 pro Minute. Pulswelle klein
und schwach. Behandlung: Infusion von 5,0 g Jodnatrium, nach¬
dem Pulse 60, kräftiger, Arterie voll, Wand gespannt Aufstossen.
Runkeln, zwischen die Zähne geschoben, werden gekaut. Kuh ver-
räth ein gewisses Wohlbefinden. Kopf wird dauernd erhoben.
Klagende Laute nicht mehr hörbar. Beim Klystier etwas Koth.
Priessnitzumschlag und Einreibung. Nachts 2 Uhr Infusion
von 5,0 g Jodnatrium. Pulse, vorher 80, jetzt wieder 60. Sicht¬
liche aufmuuternde Wirkung.
7. Februar, Abends 5 Uhr, Infusion von 5,0 g Jodnatrinm.
Pulse darnach kräftiger und langsamer. Die Kuh nimmt Getränk
und einige Halme Heu freiwillig auf. Nachts 127a Uhr erhebt
sich die Kuh leicht, ohne Unterstützung, und legt sich leicht nieder.
Kuh gesund. Der Aufstand erfolgte 257a Stunden nach der
ersten Infusion.
Wenn auch diese Ergebnisse der Behandlung des Kalbefiebers
mit Jodpräparaten noch kein endgiltiges Urtheil zulassen, so
No. 9,
muntern sie doch lebhaft zu weiteren Versuchen auf, und Ehling
empfiehlt die Anwendung von Jodpräparaten, namentlich des Jod¬
natriums bei Kalbefieber auf das Wärmste. Einen zweckmässigen
Infusionsapparat hat er sich bei der Firma Leonhard Schmidt
in Hamburg, Neuer Wall 66, hersteilen lassen. Der Preis desselben
beträgt 2,75 Mark.
Herr Departements - Thierarzt Schmidt-Buxtehude hat
bisher 6 kalbefieberkranke Kühe mit Infusionen von Jodpräparaten
behandelt. Hiervon sind vier, darunter eine sehr schwerkranke,
genesen, während eine nothgeschlachtet wurde und eine, die
bereits dem Tode nahe, gestorben ist. Wie Herr Kreisthierarzt
Nevermann-Bremervörde Herrn Schmidt mittbeilte, hat der¬
selbe gleich günstige Resultate bei der Behandlung des Kalbe¬
fiebers mittels Jodcalium gesehen.
Herr Schmidt berichtete noch über einen Fall von Blut¬
fleckenkrankheit beim Rinde. Ausser Schwellungen an den
Gliedmassen zeigte das Thier Blutflecke in der Nasenschleimhaut
von der Grösse eines Markstückes und auch kleinere. Das Rind
zeigte guten Appetit. Die Behandlung bestand aus einer Ein¬
spritzung von 30,0 g Jodjodcalium. Anderen Tages war das Rind
genesen. Bezüglich der Mengen von Jodjodcalium, die man ein¬
spritzen kann, erzählt Herr Schmidt, dass er einem Pferde mit
Blntfleckenkrankheit innerhalb 8 Tagen 500,0 g Lugol’sche
Lösung eingespritzt habe, 60 bis 70 g an einem Tage, bevor
das Thier geheilt wurde. Herr Corpsrossarzt Hell empfiehlt,
Jodjodcalium bei Blutfleckenkrankheit in die Geschwülste selbst
einzuspritzen. Er hat dies Verfahren mit bestem Erfolge an¬
gewendet. Kühn au.
Ein Microorgani8mu8, welcher sich morphologisch
und tinktorlell wie der Tuberkelbacillus verhfilt.
Von
Dr. Alfred Moeller.
Vorstand des bakteriologischen Laboratoriums der Dr. Br eh in er’schen
Heilanstalt für Lungenkranke.
Von der Meinung ausgehend, dass der im thierischen
Organismus so sehr verbreitete Tuberkelbacillus bei dem Vor¬
herrschen der Pflanzenwelt gegenüber der Thierwelt auch
bei Pflanzen zu finden sein müsse, habe ich mich lange mit
diesbezüglichen Untersuchungen und Nachforschungen befasst.
Dass der Tuberkelbacillus auf Pflanzen gedeihen kann, zeigt sein
üppiges und schnelles Wachsthum auf Kartoffelbrühe, die mit
Glycerin versetzt ist. Nach vielen negativen Resultaten gelang
es mir, eine Pflanze zu finden, auf der ein Microorganismus
lebt, der sich morphologisch und tinktoriell wie der Tuberkel¬
bacillus verhält. Stellt man nämlich eine Probe von Timothee
(hierorts meistens als Pferdefutter und nur bei Futtermangel
auch bei anderen Pflanzenfressern als Futter benutzt, der
volk8thümliche Ausdruck ist Timotheum*) mit sterilem Wasser
angefeuchtet, in einem sterilisirten und mit Gummikappe ver¬
sehenen Eeagensglas 10—14 Tage lang bei 37° in den Brut¬
schrank und färbt nach der Ziehl-Neeisen’schen Tuberkelbacillen¬
färbung Präparate, die man aus dem Extract hergestellt hat,
so sieht man Bacillen, die säurefest sind und morphologisch
dem Tuberkelbacillus gleich sind.
Ob dieser Bacillus der Koch’sche oder nur ein naher Ver¬
wandter desselben ist, darüber bin ich mit meinen Unter¬
suchungen noch nicht zum Abschluss gekommen, ebenso wie über
folgenden interessanten Bacillus.
*) Bekanntlich ein Sammelname für etwa 4—5 verschiedene
Wiesengräser.
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3. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
101
Ich fand im November 1897 im Misthaufen eines Kuhstall¬
hofes, der längere Zeit gelegen hatte, einen Microorganismns,
der nach der Ziehl - Neelsen’schen Methode die Tuberkel¬
bacillenfärbung ergab. Es sind schlanke, 1—4 /< lange, etwa
0,2--0,4 n dicke Stäbchen; sie zeigen häufig eine leichte
Krümmung. Manchmal treten sie zu zweien oder auch in drei¬
gliedrigen Fäden auf; öfters auch in Häufchenbildung; auch be¬
gegnet man hin und wieder zwei zusammenhängenden Stäbchen,
die meist einen stumpfen Winkel bilden. Zuweilen enthält er
(wie der Bac. tub. Koch) tiefer gefärbte Körner, deren Durch¬
messer oft den des Bacteriums übertrifft.
Ich fand den Mikroorganismus darauf in den frischen Darm-
entleerungen bei zahlreichen Kühen, welche auf Tuberculin
nicht reagirt batten, ferner bei Ziegen (die ja der Tuberculose
gegenüber immun sein sollen), bei Schweinen, Pferden und
Mauleseln. Ich fand die Bacillen nicht nur hierorts, sondern
auch in von auswärts mir zugesandten Proben.
1. Baoillen von Timotbee.
Gewöhnlich ist der Bacillus nur spärlich in den Darm¬
entleerungen und im Miste enthalten; stellt man aber eine
Probe davon (im sterilisirten Reagensglas mit Gummikappe) oder
den ausgepressten Saft davon etwa 10 Tage lang bei 37° in den
Brutschrank, so findet eine enorme Vermehrung desselben
statt. — Auch bei gewöhnlicher Zimmertemperatur etwa 14 Tage
lang gehalten, ergeben die Proben eine Vermehrung dieser
Microorganismen, unter denen alsdann besonders längere Formen
sich zahlreich vorfinden.
Auf Glycerinagar findet ein Wachsthum desselben statt; hier
sind oft grosse und gekörnte Formen zu beobachten.
Wie der Tuberkelbacillus zeigt auch unser Mikroorganismus
oft lange Fadenform und an einem oder an beiden Enden
kolbige Anschwellungen; Verzweigung nie.
Bacillenhaltige Substanz in Milch geimpft, ergab kein Waclis-
thum; auch die eingeimpften waren später nicht mehr nach¬
weisbar. Ich machte diesen Versuch, um zu sehen, ob dieser
Bacillus mit dem Rabinowitsch 'sehen tnberkelähnlichen
Bacillus in der Milch identisch sei. Doch die Milch erwies sich
als kein Nährboden für unsern Bacillus.
Welche Beziehungen bestehen zwischen dem Timothee-
und dem Mistbacillus zu einander und zum Koch’schen
Tuberkelbacillus, darüber behalte ich mir nähere Mittheilungen
(Wachsthum auf den verschiedenen Nährböden, Thierversuche etc.)
für demnächst vor.
Interessant ist folgendes Ergebniss, das ich unter mehreren
Versuchen bisher zweimal gehabt habe. Kuhmistextract, filtrirt,
sterilisirt und schwach alkalisch gemacht, erwies sich als ein
guter Nährboden für echte Tuberkelbacillen; ich fand zweimal
ein üppiges Wachsthum in Röhrchen, die ich mit menschlichem
Sputum (nach Kitasato im sterilen Wasser gewaschen)
geimpft hatte. _
Referate.
Zwerchfellriss mit Einklemmung eines Thelles der linken
unteren Grimmdarmlage.
Von J. Novotny.
(TblerKrztl. Centralbl. 1807 H. 16.)
Ein dreijähriges Remontepferd (Wallach), welches an Sattel¬
zwang litt, überschlug sich eines Tages (13. Mai 1897) und fiel auf
die rechte Seite. Eine halbe Stunde darauf bekundete das Pferd
KoIik8chraerzen, die Pulszahl betrug 54 und die Athemzahl 18
in der Minute. Das Athmen geschah mit Anstrengung der Bauch¬
muskeln. Die Auscultation und Percussion der Brustorgane
ergab nichts Positives. Die übliche Behandlung war erfolglos.
Eine Morphiumeinspritzung beruhigte das Pferd etwas während
der Nacht. Am darauffolgenden Tage wurde eine Injection von
Physostigm. sulfuric. 0,1 g verabfolgt, worauf wieder heftige
Kolikerscheinungen auftraten. A 28, P 80. Durch die Per¬
cussion konnte jetzt rechterseits „eine bis zur halben Brustwan'd
reichende, bogenförmig von vorne nach rückwärts ansteigende
Dämpfung mit gedämpft tympanitischem Schall“ nachgewiesen
werden. Durch die Auscultation wurden an dieser Stelle zahl¬
reiche Darmgeräusche und ein eigentümliches Reibungsgeräusch
nachgewiesen. T. 37,2 0 C. Hiernach war eine Verlagerung und
Einklemmung eines Darmtheiles in die Brusthöhle in Folge
Zwerchfellsriss anzunehmen. Die Kolikschmerzen hielten bei dem
Pferde 10 Tage an, während welcher Zeit dasselbe nur sehr viel
Wasser aufnahm und täglich mehrmals flüssige Excremente ent¬
leerte. Die Temperatur schwankte zwischen 37,3 und 37,5 0 C.
Beim Aufstehen nahm das Pferd eine hundesitzige Stellung an
und behielt dieselbe 5 Minuten lang bei. Während der Kolikanfälle
hatte dasselbe Puls- und Athemvermehrung, in der übrigen Zeit
verhielten sich beide Functionen fast normal. Vom 24. Mai ab
wurden auch keine Koliksymptome mehr wahrgenommen.
Am 11. Juni sollte das Pferd probeweise wieder unter Sattel
mit lose angezogenen Gurten geritten werden. Schon nach 3 Min.
musste die Bewegung jedoch wieder ausgesetzt werden, denn es
trat eine hochgradige Athembeschwerde ein. Jeder Athemzug
wurde von Stöhnen begleitet, die Nüstern wurden weit auf¬
gerissen. Die AuBathmung erfolgte unter starker Inanspruchnahme
der Bauchmusculatur und Hervordrängen des Afters. Die Nasen-
Bchleimhaut war cyanotisch verfärbt. Kurze Zeit nach der Be¬
wegung beruhigte sich die Athmung wieder.
Wegen der hierdurch erwiesenen Untauglichkeit des Pferdes
zum Dienst wurde dasselbe am 13. Juni getödtet Bei der
Section ergab sich, dass die beiden linken Grimmdarmlagen, von
der Beckenflexur an gerechnet, auf 45 cm Länge durch einen
Riss im Zwerchfell in die Brusthöhle vorgelagert waren. Der¬
selbe befand sich in der Gegend des unteren Leberrandes 3 cm
von der Anheftungsstelle des Zwercbfellmuskels am Brustbein und
hatte einen verticalen Durchmesser von 14 cm und einen Breiten¬
durchmesser von 13 cm. Die Ränder des Risses waren im unteren
Abschnitt auf 2 cm, im oberen auf 1 cm verdickt, nach vorn
gegen die Brusthöhle eingerollt und fühlten sich knorpelhart an.
Die linke untere Grimmdarmlage zeigte zwei handtellergrosse,
20 cm von einander entfernte unregelmässig viereckige hell-
braunrothe Stellen, welche als Blutaustritte zu betrachten
waren. Die Beckenflexur lag zwischen rechter Lunge und Brust¬
wand.
An diesen Befund knüpft der Verf. mit Rücksicht auf den
Verlauf des Krankheitsfalles die berechtigte Vermuthung, dass
zunächst nur das zwischen den beiden Blutaustritten befindliche
20 cm lange Darmstück im Riss eingeklemmt gewesen sei. Diese
locale Einklemmung würde wahrscheinlich den Tod zur Folge
gehabt haben, wenn nicht später die ganze Beckenflexur in die
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102
Brasthölile vorgetrieben worden wäre, womit die Passage für
den Darrainhalt wieder frei wurde.
Schliesslich wird der vorliegende Fall noch in gerichtlicher
Beziehung betrachtet. Wenn ein Pferd mit den fraglichen Ver¬
änderungen verkauft wird, so kann es Gegenstand eines Rechts¬
streites wegen Dämpfigkeit werden. Das Alter des Fehlers kann
in einem solchen Falle nicht über 4 Wochen geschätzt werden.
Denn vom 13. Mai bis zum 13. Juni waren die Rissränder voll¬
ständig vernarbt und hatten eine knorpelharte Beschaffenheit an¬
genommen.
Gebartsrauschbrand.
Bericht des Prof. Albrechtim Bayrischen Obermedicinal-Ausschuss.
(W. f. Thlerlilkd. 1F07/&1.)
Eine 8jährige Kuh verkalbte am 2. August nach 37 wöchiger
Trächtigkeit. Das eine Kalb war todt, das zweite verendete am
5. August. Am 4. August erkrankte die Kuh selbst. In den
Geburtswegen war, abgesehen von retentio secundinarum, nichts
Abnormes festzustellen. In der Hüftgegend jedoch fand sich am
zweiten Tage eine beim Ueberstreichen knisternde, ziemlich grosse
Geschwulst. Der Puls war sehr schwach und unregelmässig,
schlug 90—95 mal in der Minute. Das Thier war matt, der Herz¬
schlag pochend, das beschleunigte Athmen röchelnd. Der Distrikts-
Thierarzt D. diagnosticirte, dass die Kuh mit Rauschbrand be¬
haftet sei. Der zuständige Bezirksthierarzt fand am 5. August
Abends die Kuh bereits verendet. Die am folgenden Tage Vor¬
mittags vorgenommene Sektion ergab folgenden Befund: Die ge¬
schwollenen Schenkel knisterten beim Befühlen. Das Unterhaut-
Bindegewebe war hier ödematös und mit Gasen durchsetzt. An
einigen Stellen Blutunterlaufungen. Aus den angelegten Schnitten
floss Serum ab. Muskulatur nicht fleckig, nicht gashaltig, gleich¬
massig dunkelroth. In der Bauchhöhle kein abnormer Inhalt.
Bauchfell blass, an Magen, Darm und Milz nichts Krankhaftes*
Leber lehmfarbig, brüchig; linke Niere ebenso. Die rechte um
das Doppelte vergrössert, dunkelroth und eine abgegrenzte, Doppel-
Mannsfaust grosse fluktuirende, mit dunkelgelber Flüssigkeit ge¬
füllte Geschwulst enthaltend. Der Uterus war stark ausgedehnt,
enthielt eine schmutzig braunrothe. übelriechende Flüssigkeit. An
den Eihäuten beginnende Fänlniss. Mucosa uteri braunroth, öde¬
matös; desgleichen Mucosa vaginae. Das Beckenzellgewebe öde¬
matös infiltriit und gashaltig. Vulva blauroth und stark ge¬
schwollen. — Aus den krankhaften Veränderungen des Uterus und
der Scheide, sowie aus dem Fehlen der charakteristischen Mnskel-
veränderungen schloss der Bezirksthierarzt, dass die Kuh nicht
an Rauschbrand, sondern an septischem Gebärfieber gelitten habe,
womit der Kgl. Kreisthierarzt übereinstimmte. Die Besitzerin
dagegen verlangte, unter Berufung auf das Gutachten des Distrikt¬
thierarztes, Entschädigung für die an Rauschbrand gefallene Kuh.
Professor Al brecht hat nun folgendes Gutachten abgegeben:
Die streitige Kuh hat an Geburtsrauschbrand gelitten. Die
ermittelten Symptome stimmen damit völlig überein; denn das
Leiden tritt meistens 2—5Tage nach dem Gebären auf, befällt Thiere
jeglichen Alters, macht eine schwere Störung des Allgemeinbefindens,
Schwellung der äusseren Geschlechtstheile, die sich über Kreuz
und Gliedmassen weiter verbreiten kann, wobei die Schwellungen
rauschen, und der Tod tritt nach 1—3 Tagen ein. Die Musculatur
ist bald nur ödematös und ohne besondere Veränderung, bald
auch mürbe und stellenweise hämorrhagisch. Der Uterus ist
unvollständig contrahirt und enthält grau- bis braunrothe übel¬
riechende Massen. Die Schleimhaut ist hochroth bis braunroth.
Submucosa ödematös, desgl. die Vaginalschleimhaut. Alle diese
Erscheinungen waren bei der streitigen Kuh vorhanden.
Es fragt sich nun weiter, wie das Verhältniss zwischen
Geburtsrauschbrand und dem eigentlichen Rauschbrand sich stellt.
No, 9.
Fast überall wird von den Thierärzten der Geburtsrauschbrand
als puerperale Septicaemie betrachtet. Grade da, wo der echte
Rauschbrand vorkommt, halten die Thierärzte beide Krankheiten
genau auseinander. In Gegenden, wo der echte Rauschbrand
sehr häufig ist, ist dies bezüglich des Geburtsrauschbrandes
keineswegs der Fall. Alles dies weist schon darauf hin, dass
die Ursache beider Affectionen nicht dieselbe sein kann. Dafür
spricht auch, dass der Geburtsrauschbrand in Gegenden vor¬
kommt, wo der echte nie beobachtet worden ist und dass von
ersterer Krankheit auch ältere Thiere betroffen werden, während
der echte Rauschbrand bekanntlich fast ausschliesslich Thiere
bis zu 4 Jahren befällt. Ein wesentlicher Unterschied zwischen
beiden Affectionen ist das Verhalten der Musculatur. Es handelt
sich beim Geburtsrauschbrand einfach um eine vom Geburtsweg
ausgehende Erkrankung, welche sich auf ein Oedem beschränken
kann und welcher man, falls ein emphysematischer Charakter
auftritt, den Namen Geburtsrauschbrand beilegt.
Der letztere ist einfach somit eine phlegmonöse septische
Metritis mit Hinzutritt von Emphysem. Es ist möglich, dass zur
Entstehung dieses Emphysems besondere Mikroorganismen bei¬
tragen, welche nicht gleichzeitig die Ursache der septischen
Gebärmutterentzündung sind. Wahrscheinlich ist, wie Karl (D.
Thierärztl. W. 95, 41) hervorgehoben hat, der Bacillus des
malignen Oedems die Ursache des Geburtsrauschbrandes. Horn
(B. T. W. 95) fand die Oedembacillen ebenfalls in 7 Erkrankungs¬
fällen, die nach seiner Beschreibung dem Geburtsrauschbrand sehr
ähnlich waren. Der Geburtsrauschbrand ist also in seinen Er¬
scheinungen und ebenso in seiner Wirkung dem typischen
Rauschbrand sehr ähnlich; andrerseits ist es z. Z. unthunlich,
beide Krankheiten in Bezug auf Veterinärpolizei und Ent¬
schädigung zu identificiren.
Ueber die Bedeutung des Granulationsgewebes bei der
lufection von Wunden mit pathogenen Mikroorganismen.
Von Aianasieft.
(Ref. in der Münch. Med. Woch.)
A. bestätigt, was die Praktiker schon lange wussten und
was in letzter Zeit auf Grund von Thierversuchen leider geleugnet
wurde, dass durch unverletztes junges Granulationsgewebe keine
allgemeine Infection des thierischen Organismus mit pathogenen
Bacterien stattfindet und die unter solchen Bedingungen inficirten
Thiere am Leben bleiben. Solche Thiere werden dann meist
unempfänglich für später anderweitig erfolgende Infection mit
höchst virulenten Culturen. Diese Resultate werden erklärlich
gemacht, wenn man beobachtet, dass die auf eine granulirende
Wunde gebrachten Bacterien nach einiger Zeit die entschiedenen
Zeichen der Degeneration aufweisen — die Erscheinungen der
Phagocytose spielen nur eine Nebenrolle dabei — und dass sie,
auf ihre Virulenz geprüft, eine deutliche Abschwächung derselben
erkennen lassen. Das bacterienfeindliche Agens ist offenbar der
Gewebssaft. A. glaubt, dass sich aus seinen Untersuchungen die
Forderung für Chirurgen ergiebt, gutes, junges Granulations¬
gewebe zu schonen und nicht zu verwunden, damit es nicht seine
Eigenschaft, ein Schutzwall gegen die Infection des Gesammt-
organismus zu sein, verliere.
Therapeutische Notizen.
Application von Arzneistoffen auf die Haut
Dr. Schiff (D. Medicinal-Ztg.) hat als Hilfsmittel für die
Application von Arzneistoffen auf die Haut schon vor längerer
Zeit das Phyllogen empfohlen (nitrirte Cellulose in Aceton
gelöst, mit einem Zusatz fetten Oeles). Das Phyllogen bildet
auf der Haut ein unzerreissliches Häutchen, welches nur in
Alkohol oder Aether löslich ist, sodass man die betreffende Haut-
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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3. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
103
parthie beliebig waschen kann. Es irritirt in keiner Weise,
liecht angenehm, trocknet nach der Anwendung sofort und
gestattet auf diese Weise, entweder in Lösung oder suspendirt,
ihm zugesetzte Arzneistoffe mit andauernder Wirkung auf die
Haut zu appliciren.
Pikrinsäure gegen Eluem.
Gau eher (D. M. Ztg. 97, 91) verwendet bei Ekzem ganz
wie bei Brandwunden eine lproc. Lösung. Der Verband bleibt
2 Tage liegen und wird dann erneuert. Anwendung nur im
vesikulären nnd feuchten Stadium, nicht bei Induration und Ver¬
dickungen. Erfolge gut.
Leinenfäden.
Nach Gaubaroff erhalten Leinenfäden die Glätte der Seiden¬
fäden, wenn sie in Sodalösnng entfettet, in reichlichem Wasser
gewaschen, getrocknet und in eine Mischung von Celloidin
(d. ist concentrirtes Collodium) 5, Alkohol und Aether sulfur.
ää 50 gekocht, dann getrocknet und trocken aufbewalnt werden.
Warzenbehandlung.
Nach Louvel-Dulongpre (Münch. Med. W.46, 1897) ist das
beste Mittel zur Beseitigung der Warzen bei den Menschen und
bei den Hausihieren das doppelchromsaure Kali in gesättigter
Lösung, welche mit kochendem Wasser hergestellt und kalt ver¬
wendet wird. Schon durch einmalige Anwendung gelang es, die
mit Warzen bedeckten Nüstern eines Pferdes ohne Narbenbildung
völlig zu befreien. Die betr. Hautstelle bedeckte sich wieder mit
Haaren.
Resorbirbarer Darmknopf.
Franke (Münch. Med. W. 47, 1897) hat einen für die Darm-
naht verwendbaren resorbirbaren Darmknopf in der Weise cou-
strnirt, dass zwei 1)6—2 cm lange Knochenröhreu von decalcinirten
Knochen auf einen der Länge beider entsprechenden Gummi¬
schlauch gestülpt und an den äusseren Enden mit dem Gummi-
Schlauch durch resorbirbare Nähte verbunden werden. Die inneren
Enden werden durch den Zug des Gummis aneinander gepresst
und an dieser Stelle die über die Knochenröhren gestülpten Darm¬
stücke eingeklemmt. Die Knochen werden resorbirt; der Gnmmi-
scblauch geht auf natürlichem Wege ab.
Uraemie-Behandlung.
Lemoine (La Presse medicale 84, 1897) verwendet zur Be¬
handlung der Urämie Aether in hohen Dosen, weil derselbe so¬
wohl sehr energisch auf das Nervensystem wirkt, als auch ein
mächtiges Diureticum bildet. Bei Menschen halbstündlich einen
Esslöffel voll in Zuckerwasser, wenn nöthig noch grössere Gaben
Tag und Nacht hindurch oder 2 ccm stündlich Tag nnd Nacht
als subcutane Injection.
Pflasterpapiere.
Die Pflasterpapiere von Herxheimer unterscheiden sich
dadurch von anderen Pflastern, dass die Masse auf ungeleimtes
japanisches Papier aufgetragen ist Die Grundmasse, welche je
nach dem einzuführenden Medicament modifizirt wird, besteht
ans der Heftpflaster- oder Pick’sehen Seifenpflastermasse. Die
Pflaster werden unter dem Namen Charta adliaesiva geführt und
sind mit Zinkoxyd, Salicylsäure, Perubalsam etc. versetzt.
lohthalbln
ist nach Analogie des Tannalbins ans einer Verbindung von
Ichthyol und Eiweiss hergestellt. Vier Theile davon entsprechen
drei Theilen Ichthyol in der Wirkung ohne die unangenehmen
Nebenwirkungen. (Dr. Sack, Dtscli. Medizinal-Ztg.)
Orthoform zur Schmerzstillung.
Einhorn und Heinz (Münch. Mediz. W. 34, 97) haben
das 0., ein weisses Krystallpulver ohne Geruch und Geschmack,
in Wasser schwer löslich, geprüft. Wegen der langsamen Auf¬
lösung, die andererseits gerade genügt, um die Anästhesie
hervorzurufen, kann die Wirkung sich auf viele Stunden, ja
Tage erstrecken. (Salzsaures 0. löst sich leicht, ist aber zu sub-
cutanen Injectionen nicht zu verwenden.) Auf eine wegen Trans¬
plantation von der Haut entblösste Stelle wurde lOprocentige
Orthoformsalbe aufgestrichen und jeder Schmerz blieb aus. Das
0. wirkt da, wo es mit blossliegenden Nervenendigungen in Be¬
rührung kommt, nicht aber in die Tiefe und nicht durch die
Haut oder derbe Schleimhäute. Wo kein Hautverlust vorliegt,
ist die Wirkung von vornherein ausgeschlossen. Aeusserst wirk¬
sam ist das 0. bei Verbrennungen, wo der Schmerz in wenigen
Minuten nachlässt, in Form von Pulver oder Salbe. Auch
secretionsbeschränkend ist das 0. und bewährt sich bei schmerz¬
haften Geschwüren. Für die innere Behandlung (rundes Magen¬
geschwür) ist das salzsaure 0. vorzuziehen. 0. ist völlig un¬
giftig und kann in beliebigen Mengen auf Geschwürflächen etc.
aufgestreut werden. Die innere Dosis beträgt bei Menschen
bis 1 g mehrmals täglich. Die Herstellung des 0. haben die
Höchster Farbwerke übernommen.
Euphtalmin.
Treutler (Clin. Mtsbl. f. Augenheilkd.) hat das von
Schering hergestellte Präparat untersucht. Die durch Ein¬
träufeln verursachten Beschwerden sind gering. Das Mittel wirkt
als kräftiges Mydriaticum und erweitert in 5—lOprocentiger
Lösung die Pupille maximal, etwa wie eiuprocentiges Homa¬
tropin.
Tagesgeschichte.
t
Christian Friedrich Wilhelm Rabe, Dr. phil. und Pro¬
fessor der pathologischen Anatomie an der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Hannover, ist am 22. Februar im 61. Lebensjahre ent¬
schlafen.
Geboren als Sohn einer ehemals wohlhabenden, aber in Ver¬
mögensverfall gerathenen altberliner Familie, hatte er nach harter
Jugendzeit die thierärztliche Laufbahn mit Mühe ergreifen können,
was ihn nicht hinderte, ein fröhlicher Student zu sein. Er erlangte
1859 die Approbation und practicirte zunächst kurze Zeit in
Rügenwalde in Pommern, wo er sich verheirathete. Bei der
partiellen Mobilmachung zum pommerschen Corps einberufen, blieb
er noch nach diesem Intermezzo eine Zeitlang bei dem Artillerie-
Regiment in Stralsund als „Kurschmied“ (wie der damalige
schöne Titel lautete) im militärischen Dienst, ging dann als
practischer Thierarzt nach der Insel Rügen und wurde bald darauf
Kreisthierarzt in Belgard, welche Stelle er nach kurzer Zeit
mit der Kreisthierarztstelle des Kreises Colmar in Posen ver¬
tauschte.
Nach einem Jahrzehnt umfassender practischer Thätigkeit,
welche nur durch die Feldzüge von 1866 und 1870/71 unter¬
brochen wurde, erhielt er, noch während er im Felde stand, eine
Berufung an die Thierarzneischule zu Berlin als Repetitor; eine
Stellung, die damals mehr Bedeutung hatte, als ihr heute be¬
lassen ist. Eioen persönlichen Pact mit dem despotisch veranlagten
Gerlach verschmähend, der ihm eine Docentenstelle in Berlin
hätte einbringen können, folgte er einem Rufe an die damals
unter Settegast's Leitung stehende landwirtschaftliche Academie
zu Proskau. Hier war er jedoch nur kurze Zeit thätig, da ihm
das auf Betreiben Karl Günther’s 1875 neu errichtete Ordi¬
nariat für pathologische Anatomie an der Thierarzneischule in
Hannover übertragen wurde. Er hat diesen Lehrstuhl somit über
20 Jahre innegehabt, freilich nicht diesen allein. Denn bis Ende
der 80er Jahre musste er daneben noch den Unterricht in der
normalen Histologie erteilen und ausserdem bis vor zwei Jahren
auch noch das Spital für kleine Haustiere verwalten.
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104
Diese kaum glaubliche Ueberlastung mit Lehraufträgen ver¬
mochte dennoch nicht, von wissenschaftlichen Arbeiten ihn ab¬
zuziehen. Sein Fleiss war unermüdlich, seine Sorgfalt und
Gründlichkeit war eine beispiellose. Ja, sie war, könnte man
fast sagen, sein Fehler. Denn diese Eigenschaft hemmte andrer¬
seits oft die Nutzbarmachung der Flüchte seiner Arbeit für die
Oeffentlichkeit. Nicht nur, dass Manches, was er längst erkannt
hatte, schliesslich von Anderen veröffentlicht wurde; das war ihm
gleich; um Prioritäten hätte er nie eine Feder angesetzt. Aber
es ist Vieles der Oeffentlichkeit überhaupt verloren geblieben,
worüber er die schönsten Studien abgeschlossen und ein Material
gesammelt hatte, wovon Anderen ein Zehntel genügt hätte, am
eine Monographie entstehen zu lassen. Denn immer noch meinte
er, an seinem Stoff eine Seite zu entdecken, die einer weiteren
Prüfung werth sei. So bildete er einen marcanten Confrast zu
seiner Zeit, die man — gerade in seinem Fache — die Zeit der
vorläufigen Mittheilungen nennen könnte. Es war nicht etwa
Zaghaftigkeit und scheue Vorsicht gegenüber der Kritik, die ihn
oft mit der Veröffentlichung zaudern liess. Denn ganz dieselbe
peinliche Sorgfalt verwandte er auf jede Untersuchung, auch wenn
deren Ergebniss von vornherein nicht für die Oeffentlichkeit,
sondern nur fiir einen Einzelnen bestimmt war. Sein Institut
wurde von Collegen mit Einsendungen überströmt; jedem wurde
Aufschluss zu Theil und jede Auskunft war ein Muster von
Gründlichkeit. Was Rabe öffentlich geschalten hat — und es
ist immerhin eine stattliche Anzahl von Studien und Entdeckungen
— das war denn auch über jeden Zweifel erhaben. Die un¬
antastbare Ehrlichkeit seiner Arbeiten hat ihm einen Ruf er¬
worben.
Aber einen höheren Ruhm noch hat der Verstorbene verdient
als Lehrer. Als solcher darf er allen für ein Muster gelten. Es
waren zu meiner Studienzeit in Hannover alle practischen Fächer
durch sehr sorgsame und erfolgreiche Lehrer vertreten. Der
leider auch schon ausgeschiedene Professor Lustig that sich
besonders durch die den Studenten stets angenehme und nützliche
Einfachheit der Vorlesungen hervor. Rabe stellte grössere An¬
forderungen an Aufmerksamkeit und Fassungsvermögen, aber
seine Unterrichtsmethode war von künstlerischer Vollendung. Er
ging im Lehren auf. So viele Freude ihm auch das Katheder
machte, so formvoll und gehaltreich er auch seine Vorlesungen
gestaltete; er legte doch den Hauptwerth auf die practischen
Uebungen und war in dieser ungleich mühevolleren und unschein¬
bareren, aber wirkungsvollsten Thätigkeit rastlos. Auch hierin
stand er in einem gewissen Gegensatz zur Gegenwart, welche
Neigung verräth, das Lehren minder zu schätzen, als Forschen
und Schreiben. Die pathologisch - histologischen Uebungen, die
vielfach zur Assistentenarbeit herabgedrückt werden, leitete er
ausnahmslos selbst. An jeden Studenten trat er heran. Ueber
zu grosse Unwissenheit konnte er sich selbst erregen, aber
dennoch hatten wohl alle Studenten das Gefühl, einem wahrhaft
Wohlmeinenden gegenüberzustehen. Mir ist er nicht nur Lehrer,
sondern Vater und Freund geworden. Aber immer hat in mir die
Bewunderung für den Lehrer allen anderen Gefühlen vorangestanden.
Ihm verdanke ich nicht bloss Methode, sondern die Erkenntniss des
idealen Characters der Lehraufgabe, die Erkenntniss, dass,
namentlich in den Verhältnissen unseres Standes, alle Zeit, alles
Interesse, alle Mühe und Fleiss in erster Linie der Ausbildung
der Studenten für ihren Beruf gehören muss, dass alles Andere,
sei es an sich noch so werthvoll, wie Forschen und Schreiben
gewiss sind, erst an zweiter Stelle stehen darf.
Es war nicht blos der von Ruhmsucht freie Eifer für sein
Amt, der ihn so handeln liess, sondern die Liebe zu seinem
schwer ringenden Stand, dem er so am besten zu dienen glaubte.
No. 9.
Der Verstorbene war ein Förderer seines Standes auch in
anderer Weise. Er ist niemals der Versuchung erlegen, für sich
die Ausnahmestellung anzunehmen, die ihm wissenschaftlich und
social immerhin geboten war. Er ist Thierarzt gewesen allen
Fremden gegenüber und College und nichts als solcher für alle
Standesgenossen. Der thierärztliche Stand, in dessen Organisation
er als Präsident des Hannoverschen Generalvereins an hervor¬
ragendem Platze stand, verliert unzweifelhaft in ihm einen seiner
entschiedensten Vorkämpfer, der die seltene Eigenschaft hatte, Un¬
erschrockenheit mit Feinfühligkeit und rechter Form; so lange
es irgend anging, auch mit Entgegenkommen, Nachsicht und
Liebenswürdigkeit zu vereinen.
Rabe empfand keine Freude am Streit; es war ihm schmerz¬
lich, Jemanden als Feind anselien zu müssen; fast unmöglich,
eine Kränkung, wenn ihre erste Wirkung verblasst war, nach¬
zutragen. Aber er ging in den Kampf, ohne einen Augenblick
zu zögern, ohne an Vortheil und Gefahr auch nur zu denken,
sobald es sich für ihn um Pflicht und Recht handelte. Er musste
es über sieb ergehen lassen, dass in der Confiictszeit, wo um
Directorat oder Rectorat, in Hannover natürlich mit .dem¬
selben Recht wie in Berlin, gestritten ward, der damalige
Herr Minister, Dank der ihm berichteten Darstellung, sogar im
Landtag, was allgemeines Aufsehen erregte, den Vorwurf erhob,
dass die Lehrtätigkeit vor einer agitatorischen Thätigkeit
zurücktrete. Rabe hat diesen unzweifelhaft nicht gerechtfertigten
Vorwurf ertragen; verwunden hat er ihn nie. Sein Gefühl war
seit der Zeit verändert. Er hat aber trotzdem nicht versucht,
seinen Gegnern das Leben schwer zu machen; er hat sich weder
öffentlich noch verdeckt gegen Personen gewendet. Der stille
Gedanke „exoritur aliquis nostris ex ossibus ultor“ wird auch ihm
gekommen sein; aber er hat ihm wohl kaum nachgehangen.
Wenn ich ein Wort über den Menschen sagen soll, so fällt
mir das schwer; denn als solcher war er mir zu nahe. Doch
andererseits lag sein Wesen so einfach und offen zu Tage, dass
es für Niemanden des langen Beobachtens bedurfte, um ihn zu
erkennen. Bis vor wenigen Jahren straff und jugendlich im
vollen dunklen Haar, martialischen Aussehens mit den buschigen
Brauen und dem gewaltigen Schnauzbart, war er im Gemüth
weich wie ein Kind, voll Vertrauen und Gutmtithigkeit. Ge¬
legentlich konnte er wohl heftig aufbrausen, doch lag in seiner
Natur eine seltene Rücksichtnahme auf die Empfindungen Anderer.
Aber wenn ihm selbst eine Form nicht behagte, würdigte er doch
unbedingt Alles, was echt, ehrlich und tapfer war. Der hervor¬
stechende Zug seines Wesens war ein köstlicher Humor. Er
war darin ein echter Typus jenes Volksstammes, der unter dem
Namen „Berliner“ im Süden und Norden unseres Vaterlandes soviel
verkannt und verlästert wird, weil ihn die weoigsten wirklich
kennen, weil unter diesem Namen alles mögliche zugelaufene
Volk sich breit macht, während der echte Berliner, hoch und niedrig,
einer der liebenswürdigsten Menschen ist jedem gegenüber —
der Spass versteht. Der Verstorbene hatte die goldene Gabe,
Alles mit fröhlichem Scherz umkleiden, durch Witz jede Wolke
verscheuchen zu können; er konnte unter Thränen lächeln machen
und das durchleuchtete seine ganze Lebensführung und Häuslichkeit
mit einem warmen sonnigen Schein. Kein Freund grosser Gesell¬
schaft, war er im intimen Kreise ein ausgezeichneter Gesellschafter.
Es war unmöglich, grämlich zu bleiben, wenn Christian Rabe
bei Laune war. Er war ein vorzüglicher Redner, der mit
anspruchslosem, aber immer wohlgeformtem, oft poetisch ver¬
edeltem Wort ein stets liebenswürdiges und herzliches Empfinden
auszudrücken vermochte. Bei jeder Gelegenheit verstand er es,
irgend einen hübschen Gedanken zu einem kleinen rednerischen
Kunstwerk auszuspinneu. Sein Talent, das uralte „Ehret die
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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3. März 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 105
Frauen“ in immer originelle nnd anziehende Formen zu |
kleiden, hatte ihm im Kreise seiner zahlreichen Frennde und
Freundinnen nicht mit Unrecht das Prädicat „Frauenlob“ ein¬
getragen.
Die Zahl seiner Freunde war gross. Das bewiesen auch die
letzten Ehren, die ihm zu Theil wurden. Der Sarg verschwand
unter der Fülle prachtvoller Kränze und Blumen. Imposant war
der Trauerzug, der sich durch die ganze Stadt Hannover nach
dem weit entfernten Friedhof bewegte. Dem Sarge folgte eine
grosse Zahl Collegen und Freunde. Vorauf aber schritt die
gesammte Studentenschaft mit Bannern, von den farbentragenden
Verbindungen z. Th. sämmtliche Mitglieder in Wichs. Den Zug
eröffnete hinter der Trauermusik das Banner der Hannoverschen
Hochschule; es folgte dasjenige der Berliner Hochschule, welche
eine Vertretung ihres Studentenausschusses gesandt hatte. Diesen
schlossen sich an Normannia, Hannoverania, Germania, Cheruscia,
Saxo-Silesia, Unitas, sowie die nicht incorporirten Studirenden
und eine Vertretung der Berliner Franconia, deren Alter Herr
der Verstorbene war. Jeder Gruppe wurde ein Kranz mit kost¬
barer Widmungsschleife voraufgetragen. Studenten in Wichs
führten auch die Pferde des Leichenwagens, welchem Fackel¬
träger zur Seite gingen. Es muss der Studentenschaft mit Dank
bezeugt werden, dass sie pietätvoll das Beste gethan hat, um
ihrem verstorbenen Meister ihre Dankbarkeit und eine glanzvolle
letzte Ehrung zu erweisen.
Nun haben sich die bunten umflorten Fahnen zum letzten
Male . vor ihm gesenkt. Die Fackeln sind verlöscht im
Frähjahr8wind. der über das offene Grab rauschte. Und ver¬
löschen wird einst ein Name und ein Andenken.
Aber der Frühlingswind fährt auch über ein weites Feld
üppiger Saat, die des Todten emsige Hand gesäet hat. So
manches davon auch auf steinigen Boden fiel, sie ist doch
tausendfältig aufgegangen. Sie grünt und blüht, sie wird Früchte
tragen und hat solche getragen. Und diese pflanzen sich fort
von Geschlecht zu Geschlecht. Was thut es, wenn einst des
Säemanns Name vergessen wird; seine Arbeit bleibt ein Segen
immerdar.
Sein treues Herz hat anfgehört zu schlagen; es rastet die
fleissige Hand und sein Geist entschwand in lichte Ferne.
Keine Klage riefe ihn zurück und was sollte auch die Klage
am Grabe eines Mannes, dem solches Glück zu Theil ward, wie
ihm. Denn es war ihm vergönnt, nach einem von allzugrossem
Leid verschonten, von Erfolg gekrönten, der treuen und zu¬
friedenen Pflichterfüllung ganz geweihten Leben sich leicht von
der Erde zu lösen und von nagender Sorge frei, unbeschwerten
Gewissens einzugehen in den ewigen Frieden. Schmaltz.
Ueber die Bedeutung der Landwirthschaftskammern
für die Yeterin&rwissenschaft.
Der anfängliche Widerstand, der in den einzelnen Provinzen
der Begründung von Landwirthschaftskammern entgegengesetzt
wurde, ist, wie man weis?, im Schwinden. In der That dürften
jetzt die massgebenden Kreise der preussischen Landwirthe all¬
seitig darin einig sein, dass der derzeitige Herr Minister mit der
Begründung des Institute der Landwirthschaftskammern ihnen
eine Organisation geschaffen hat, deren Werth und Bedeutung
für sie sich vielleicht noch nicht entfernt bemessen lässt, die
sich aber heute schon so entwickelt hat, dass man wohl
sagen kann, sie gehöre zu den „grossen“ Mitteln, um der
Landwirtschaft zu helfen.
Aber auch der thierärztliche Stand hat allen Grund, sich
über die Errichtung der Landwirthschaftskammern zu freuen und
ihnen seine Aufmerksamkeit zuzuwenden. In dem Programm der
Landwirthschaftskammern nimmt das Veterinärwesen einen breiten
Raum ein, und die Verbindung zwischen den Kammern und der
Veterinärmedicin ist anscheinend erst in den Anfängen ihres
Werdens. Aber schon diese Anfänge lassen erkennen, dass die
Landwirthschaftskammern für die Thierärzte eine ganz ungeahnte
Bedeutung gewinnen.
Fast alle Landwirthschaftskammern haben mehrere Thierärzte
in ihre Ausschüsse gewählt. Den Thierärzten ist so Gelegenheit
geboten, mit den ofßciellen Vertretern der Landwirtschaft ihrer
Bezirke in enge Fühlung zur gemeinsamen Arbeit einzutreten,
was in den landwirtschaftlichen Vereinen doch nicht entfernt in
der Weise möglich war. Diese Thierärzte können den Land¬
wirthschaftskammern grosse Dienste erweisen und dadurch den
Werth eines tüchtig gebildeten und auf Seiten der Landwirt¬
schaft mar8chirenden tierärztlichen Standes veranschaulichen.
Die Landwirthschaftskammern ihrerseits scheinen sich zu
einer Freistätte für sozusagen unabhängige tierärztliche Arbeiten
und Forschungen zu entwickeln. Es heisst der Wirksamkeit der
Institute unserer thierärztlichen Hochschulen nicht zu nahe treten,
wenn man behauptet, dass es ausserordentlich werthvoll ist, eine
grössere Anzahl von Plätzen zu schaffen, wo jungen Thierärzten
die Möglichkeit geboten wird, sich an der Forschung zu be¬
theiligen, oder wo solche Arbeiten, auch wenn sie noch nicht
ihren vollen Erfolg nachgewiesen haben (was bekanntlich sehr
schwer ist), sondern sich noch im Stadium des Versuchs befinden,
bereits Aufmerksamkeit und Unterstützung erfahren. Wir sehen,
dass die Landwirthschaftskammer zu Brandenburg ein Institut
errichtet hat, an welchem ein junger, strebsamer Thierarzt Leiter
geworden ist und Gelegenheit finden kann, selbstständig weiter
zu arbeiten. Dem Vernehmen nach beabsichtigen mehrere Land¬
wirthschaftskammern hygienische Laboratorien zu errichten, um
die Seuchenforschung gewissermassen in das Herz der Praxis
hineiuautragen. Es ist sehr zu wünschen, dass auch lür
diese Institute geeignetere jüngere thierärztliche Kräfte
gesucht und gefunden werden. Wir sehen endlich, dass die
Landwirthschaftskammern beginnen, einen berechtigten Wunsch
der Thierärzte, den sie in Norddeutschland seit langer Zeit und
immer vergeblich geltend gemacht haben, zu erfüllen, indem
thierärztliche Kräfte bei der Entwickelung und Leitung der Vieh¬
zucht betheiligt werden. So hat die Provinz Posen einen thier¬
ärztlichen Thierzuchtdirector, der bei der Kammer zugleich das
Decernat über das gesammte Veterinärwesen erhalten hat, und
zur allgemeinen Freude ist es bekannt geworden, dass nunmehr
auch für die Provinz Ostpreussen zur Leitung speciell der Rinder¬
zucht in der Person des Dr. Poppel ein Thierarzt berufen
worden ist, der längere Zeit in Baden unter persönlicher Leitung
des Geheimrath Lydtin gearbeitet hat und so für seine Stelle
gewiss eine vorzügliche Vorbildung mitbringt.
Alle diese Umstände lassen erkennen, dass seitens der Land¬
wirthschaftskammern der thierärztlichen Wissenschaft und dem
thierärztlichen Stande eine Förderung zu theil werden kann und
theilweise schon geworden ist, welche die besten Aussichten
eröffnet. Die Thierärzte ihrerseits können daher den Kammern
nicht genug Werthschätzung und Aufmerksamkeit entgegenbringen
und werden sicher, wo sich ihnen die Gelegenheit bietet, den¬
selben ihre Dienste freudig und eifrig zum Nutzen der Land¬
wirtschaft, aber auch unter stetem Gedenken an das, was den
Thierärzten Noth thut, zur Verfügung stellen. S.
Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preueeeoe.
Dem Vernehmen nach ist beabsichtigt, eine Plenarversamm¬
lung der Centralvertretung auf den Anfang Mai einzuberufen.
Es ist vielleicht wünschenswert, wenn die tierärztlichen
Vereine, welche wegen der Ehrengerichtesache doch in aller¬
nächster Zeit Versammlungen abhalten werden, dabei zugleich
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10f>
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
Stellung nehmen zu den von den Brandenburger und neuerdings 1
auch von den sächsischen Veterinärbeamten angeregten Fragen
betr. Stellung der Veterinärbeamten. Es würde das den grossen
Vortheil haben, dass die Delegirten der resp. Vereine bei der
demnächstigen Sitzung der Ceutralvertretung, welche diesen
Gegenstand hauptsächlich behandeln wird, wissen, wie die Majorität
ihres Vereins gesonnen ist.
Medioinal-Organisatlon.
Es verlautet mit Bestimmheit, dass die Abtheilung für
Medicinalwesen vom Cultus-Ministerium zum Ministerium des
Innern übergeführt werden wird, und zwar schon im nächsten
Jahre. Das wäre ebenso richtig, wie es richtig war, das
Veterinärwesen der Verwaltung, die es angeht, nämlich dem
Landwirtschaftlichen Ministerium, zu unterstellen. Das Veterinär¬
wesen ist in diesen, wie in manchen anderen organisatorischen
Fragen, dem Medicinalwesen schon vorangegangen.
Brandenburger Verein.
Der offizielle Anfang der Sitzung vom 13. März ist auf
11 Uhr festgesetzt, was in der Einladung besonders anzugeben :
vergessen worden ist. Des Vortrages wegen wird um Pünktlich¬
keit gebeten. Schmaltz.
Verzeichniss der Vorlesungen und praktischen Uebungen an der
Königlichen ThierKrztlichen Hochschule zu Berlin
im Sommer-Semester 1898.
(Anfang: 16 April.)
1) Dr. Schütz, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Allge- I
meine Pathologie, täglich von 10—11 Uhr Vormittags, Gstündig.
Pathologisch-anatomische Demonstrationen, Montag, Dienstag und I
Mittwoch von 8-9 Uhr Vormittags, 3stündig. Pathologisch-histo¬
logische Uebungen, in Gemeinschaft mit Repetitor Dr. Willerding,
täglich von 12—2 Uhr Nachmittags.
2) Dr. Dicckerhoff, Geheimer Rcgierungs-Ratli, Professor: i
Gerichtliche Thierarzneikunde, Dienstag, Mittwoch, Donnerstag,
Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr Vormittags, östündig. Klinik
für grössere Hausthiere, Abtheilung fiir innere Krankheiten und
Gewährmängel, täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4 bis
5 Uhr Nachmittags.
3) Dr. Munk, Professor: Physiologie I, Dienstag, Mittwoch,
Freitag von 9—10 Uhr Vormittags und Donnerstag von 9—11 Uhr '
Vormittags, östündig.
4) Dr. Pinner, Professor: Anorganische Chemie, Dienstag
Mittwoch und Donnerstag von 4—6 Uhr Nachmittags, östündig
Organische Chemie, Montag und Freitag von 4—6 Uhr Nachmittags,
4stüudig. Chemische Uebungen in Gemeinschaft mit dem Assistenten
der Chemie Kohlhammer, Montag von 2—4 Uhr, Dienstag,
Mittwoch und Donnerstag von 4 — 6 Uhr Nachmittags.
5) Eggcling, Professor: Seuchenlehre und Veterinär-Polizei,
Donnerstag, Freitag und Sonnabend von 8—9 Uhr Vormittags und
Mittwoch von 9—10 Uhr Vormittags, 48tündig. Propädeutik der
ambulatorischen Klinik, Montag und Dienstag von 9—10 Uhr Vor¬
mittags. Ambulatorische Klinik.
6) Dr. F r ö h n e r, Professor: Allgemeine Chirurgie und Akiurgie,
täglich von 8—9 Uhr Vormittags, Östündig. Klinik für grössere
Hausthiere, Abtheilung für äussere Krankheiten, täglich von 10 bis
12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags.
7) Dr. Schmaltz, Professor: Histologie, Montag, Dienstag,
Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags, 4stündig.
Histologische Uebungen in Gemeinschaft mitProsector Dr. Zernecke,
Montag, Dienstag, Mittwoch, Freitag und Sonnabend von 10 bis
12 Uhr Vormittags. Embryologie, Donnerstag von 11—12 Uhr und
Freitag von 12—1 Uhr, 2stündig. Geschichte der Thierheilkunde,
Montag von 7—8 Uhr und Freitag von 9—10 Uhr Vormittags,
2stündig.
8) Dr. Ostertag, Professor: Diätetik, Mittwoch und Freitag
von 9—10 Uhr Vormittags, 2stündig. Thierische Parasiten, Sonn¬
abend von 9—10 Uhr Vormittags, lstündig. Sanitätspolizeiliche
Milchkunde, Donnerstag von 9-10 Uhr Vormittags, lstündig.
Bacteriologie der Thierseuchen, Dienstag von 5—6 Uhr Nachmittags,
1 stündig.
9) Eber, Professor: Pharmacologie und Toxicologie I, Dienstag,
Mittwoch und Donnerstag von 7—8 Uhr Vormittags, 3stündig.
lteceptirkunde, Sonnabend von 9—10 Uhr Vormittags, 1 stündig.
Allgemeine Therapie, Montag von 7—8 Uhr Vormittags, lstündig.
Klinik für kleinere Hausthiere, täglich von 10—12 Uhr Vormittags
und von 4—5 Uhr Nachmittags.
10) Dr. Eberlein, Lehrer: Poliklinik für grössere Hausthiere,
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—5 Uhr Nachmittags.
Uebungen am Hufe, in Gemeinschaft mit dem Assistenten Goetze,
täglich von 4—6 Uhr Nachmittags. Exterieur- und Gestütkunde,
Donnerstag von 9—10 Uhr, Freitag und Sonnabend von 7—8 Uhr
Vormittags, 3stündig.
11) Dr. Witt mack, Geheimer Regierungs-Rath, Professor:
Botanik, Montag von 9—10 Uhr, Mittwoch, Donnerstag und Freitag
von 8—9 Uhr Vormittags, 4stündig. Botanische Excuisionen, Sonn¬
abend Nachmittags.
12) Dr. B ö r n s t e i n , Professor: Physik, Dienstag, Mittwoch
und Donnerstag von 3-4 Uhr Nachmittags, 3stündig.
13) Dr. Werner, Geheimer Regierungs-Rath, Professor: Rind¬
viehzucht, Mittwoch und Donnerstag von 12—1 Uhr Nachmittags,
2stündig. Schweinezucht, Sonnabend von 12—1 Uhr Nachmittags,
lstündig. ... . .
14) Dr. Plate, Professor: Zoologie, Montag, Dienstag von 8
bis 9 Uhr, Sonnabend von 8—10 Uhr Vormittags, 4stündig.
15) Dr. Zer necke, Prosector: Histologische Uebungen in Ge¬
meinschaft mit Professor Dr. Schmaltz. Einleitung in die Anatomie,
Dienstag bis Freitag von 9—10 Uhr, vier Wochen lang.
16) Brass, Repetitor: Assistenz io der mediciniscben Klinik.
17) Dr. Willerding, Repetitor: Pathologisch - histologische
Uebungen in Gemeinschaft mit Geheimem Regierungs-Rath Professor
Dr. Schütz.
17) Pfeiffer, Repetitor: Assistenz in der chirurgischen Klinik.
19) K o h 1 h a m m e r, Assistent der Chemie: Chemische Uebungen
in Gemeinschaft mit Professor Dr. Pinner.
20) Dr. Du Bois-Key mond, Assistent der Physiologie:
Repetitionen über Physiologie.
21) Goetze, Assistent in der Poliklinik: Uebungen am Hufe in
Gemeinschaft mit Lehrer Dr. E b e r 1 e i n.
22) Dr. E sc h b au m , Apotheker: Pharmaceutische Uebungen,
täglich von 10—12 Uhr Vormittags und von 4—6 Uhr Nachmittags.
Berlin, den 9. Februar 1898.
Der Rector der Thierärztlichen Hochschule.
Dr. Dieckerhoff.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
|
Dänemark.
Das dänische Ministerium sieht voraus, dass die vom Bundes¬
rath beschlossene Zurücksendung tuberculöser Binder einem
völligen Verbot der Einfuhr lebender Tbiere in der Wirkung
gleichkommen werde. Es sollen daher Schritte getlian werden, i
um die Einfuhr geschlachteten Viehs aus Dänemark zu heben.
Es soll um Ueberweisung eines deutschen Thierarztes zur Con¬
trols des Fleisches auf dänischer Seite ersucht werden.
Dagegen wäre nichts einzuwenden, wenn diesem Thierarzt
die Controle der Schlaclittliiere so, wie dies in einem deutschen
Schlachthause üblich ist, zugestanden wird und ihm die Befugnisse
gegeben werden, das Fleisch tuberculös befundener Thiere nach
den bei uns üblichen Grundsätzen zu behandeln.
Thierseuchen im Auslande.
Frankreich HI. Quartal 1897.
Von Lungenseuche wurden im Juli 11, im August und
September je 12 Gemeinten betroffen. Geschlachtet wurden 99,
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3. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICRE WOCHENSCHRIFT.
107
geimpft 241 Rinder. Milzbrand herrschte im Juli in 28, im
August in 27, im September in 31 Si allen. 353 Pferde wurden
wegen Rotz getödtet; vevseucht waren 218 Ställe. Die Zahl der
angemeldeten tollen Hunde belief sich auf 192 bezw. 154 bezw.
136. Die wuthkranken Hunde, vertheilen sich auf 76 bezw. 64
bezw. 81 Gemeinden in 36, 34, 28 Departements. Maul- und
Klauenseuche trat im Juli in 28, im August in 24, im Septmber
in 15 Gemeinden auf. In 14 bezw. 32 bezw. 33 Heerden wurden
Schafpocken, in 12 bezw. 12 bezw. 4 Heerden und 11 Mal in
Schlachthäusern wurde Schafräude festgestellt. Rauschbrand trat
im Juli in 58, im August in 159 Ställen und einem Schlachthaus,
im September in 95 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde
in 20 bezw. 21 bezw. 26 Departements beobachtet. In 13 bezw.
18 befcw. 20 Beständen wurde die ansteckende Lungen- und
Darmentzündung der Schweine festgestellt.
Niederlande. III. Quartal 1897.
Milzbrand in 57 Fällen; Rotz in 28; Maul- und Klauenseuche
in 353 274; Räude der Einhufer und Schafe in 11318; Schweine¬
rothlauf und Schweiueseuche in 1735 und bösartige Klauen¬
seuche der Schafe in 343 Fällen.
Oesterreich IV. Quartal.
Milzbrand herrschte im October in 28, im November in 19,
im December in 25, Rauschbrand der Rinder im October in 7,
im November in 3 Orten, im December in 1 Orte. Tollwnth
wurde im October in 44, im November in 57, im December in
50 Orten constatirt. Rotz und Wurm trat im October in 68, im
November in 80, im December in 68; Maul- und Klauenseuche
im October in 3240, im November in 4523, im December in 4487
Orten auf. Bläschenausschlag wurde im October in 25, im
November in 24, im December in 29; Räude im October in 21,
im November in 24, im December in 34 Orten festgestellt. Roth¬
lauf der Schweine herrschte im October in 452, im November in
213, im December in 79; Schweinepest (Schweineseuche) im
October in 1291, im November in 1016, im December in 650
Orten. Lungenseuche und Rinderpest sind im Berichtsquartal
nicht aufgetreten.
Grossbritannien.
An Milzbrand erkrankten bei 103 Ausbrüchen 204 Thiere,
wovon 156 auf England, 7 auf Wales und 41 auf Schottland
kamen. Die Tollwuth betraf 23 Thiere (allein in England, und
zwar nur Hunde); 83 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausser¬
dem in England und 16 in Wales getödtet worden. An Rotz
erkrankten in England 311, in Schottland 91, in Wales 1 Pferd.
Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten bezw. er¬
krankten und ansteckungsverdächtigen Schweine betrug 5857.
Der Lungenseuche ansteckungsverdächtig sind in England
23 Rinder erachtet worden, ausserdem sind 7 seucheverdächtige
Thiere polizeilich getödtet, aber seuchefrei befunden worden.
Ungarn IV. Quartal 1897.
Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an:
October
November
December
Milzbrand.
50—71
29—47
27—42
Wuth.
68—102
56—63
63—74
Rotz und Hautwurm . .
119—131
119—140
103-126
Maul- und Klauenseuche
121—154
99—104
87—106
Lungenseuche . . . .
4-7
3—10
4—10
Blattern.
19—22
22-24
21—24
Bläschenausschlag . .
3-4
2—3
1—2
Räude .
25—42
12-20
14—20
Rothlauf der Schweine .
104-139
76—94
53 -73
Schweineseuche . . .
1446—1681
1140—1423
808-1072
Schweiz. IV. Quartal.
Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: Milzbrand October 28,
November 13, December 14; Rauschbrand October 72, November
21, December 12; Wuth October 7, November 72, December 24
(darunter 2 Rinder); Rotz und Hautwnrm October 2, November4,
December 5; Maul- und Klauenseuche October 235, November 989,
December 2986; Rothlauf der Schweine und Schweineseuche
October 278, November 135, December 108; Räude der Schafe
October 232.
Norwegen. IV. Quartal.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im October 28,
im November 25, im December 23; bösartiges Katarrhfieber des
Rindviehs im October 15, im November 13, im December 16;
Schweinerothlauf im October 103, im November 60, im December 41;
ausserdem wurden im December 3 Fälle an Rauschbrand, im
October 4, im November 18 und im December 1 Fall von
Bradsot der Schafe und im December 6 Fälle von Schweine¬
diphtherie gemeldet.
Schweiz 1897.
An Rauschbrand gingen verloren 672 Thiere, davon 241 im
Canton Bern, 114 im Canton Freiburg und 84 im Canton Waadt,
während die Verluste der übrigen Cantone zwischen 0 und 61
betrugen. Der Verlust an Milzbrand betrug 324 Stück, wobei
ebenfalls wieder die Cantone Bern mit 129 und Waadt mit 60
am stärksten betheiligt sind. Der Rotz wurde an 59 Pferden,
darunter allein an 25 im Canton Waadt, constatirt. Die Tollwuth
bei 78 Thieren. Die Stückzahl der durch Maul- und Klauen¬
seuche betroffenen Bestände betrug 8928 ; 706 Stück Grossvieh
und 708 Stück Kleinvieh wurden geschlachtet bezw. starben.
An Rothlauf bezw. Schweineseuche sind 3247 Schweine verloren
gegangen.
Rinderpest in der Türkei.
Im türkischen Sandschak Adrianopel und im Distrikte Elasona
(Vilajet Monastir in Macedonien) ist die Rinderpest ausgebrochen.
(Oesterr. Monatsschr. 1898, H. 1.)
Verwüstungen duroh die Rinderpest in Afrika.
Die jetzt veröffentlichten officiellen Berichte über die Ver¬
heerungen durch die Rinderpest in Transvaal besagen, dass
nahezu 800000 Rinder gestorben sind. 250000 wurden auf An¬
ordnung der Regierung erschossen und dafür Entschädigung ge¬
zahlt. 150000 Rinder wurden mit Erfolg geimpft. Eine volle
andere halbe Million Rinder befindet sich noch am Leben.
Verordnungen.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausserordentliche
Beilage zu No. 16 des Amtsblattes für 1896) zur landespolizei¬
lichen Anordnung vom 6. December 1895, betreffend die Abwehr
gegen die Einschleppung der Maul- und Klauenseuche
in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen
Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu
No. 49 des Amtsblattes für 1895), bestimme ich, dass die Vor¬
schriften der vorbezeiclmeten laudespolizeilichen Anordnung sich
auf das aus nachbenannten Reichstheilen:
1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreisbauptmannschaften
Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. ans den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum
Sachsen-Weimar-Eisenach, 8. aus dem Grossherzogthum Olden-
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108
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 9.
bürg, 9. aas dem Herzogthnm Braunschweig, 10. aus dem Herzog¬
tum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Alten¬
burg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 13. aus
dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem Fürstenthum Schwarzburg-
Sonderehausen, 15. aus dem Fürstenthum Scbwarzburg-Rudolstadt,
IG. aus dem Fürstenthum Waldeck, 17. ans dem Fürstentum
Reuss ä. L, 18. aus dem Fürstenthum Reuss j. L., 19. aus den
Reichslanden Elsass-Lotringen — im Regierungsbezirk Brom¬
berg zur Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis
auf Weiteres beschränken.
Bromberg, den 8. Februar 1898.
Der Regierungs-Präsident.
In Vertretung:
von Barnekow.
Fleischschau und Ylehverkehr.
Vieh-Versloherungs-Agentursn.
Durcli Runderlass der Minister für Landwirtschaft, der
geistlichen etc. Angelegenheiten und des Innern ist den Ober¬
präsidenten empfohlen worden, den mit der Fleischschan befassten
Kreisthierärzten und den Schlachthaus) hierärzten die Uebernahme
von Agenturen der Vieh-Versicherungs-Gesellschaften zu unter¬
sagen.
Diesem ‘Erlass gegenüber hat die Perleberger Vieh - Ver¬
sicherungsgesellschaft (welche bekanntlich vom Baron v. Putlitz
ins Leben gerufen worden ist) Petitionen an die Herren Ober-
präsidenten und Regierungspräsidenten sowie den Landwirt h-
schaftsrat und den Landwirthschaftskammem eingereicht Die
Petitionen heben hervor, dass nur die Mitarbeit erfahrener Land-
wirthe und Thierärzte es ermöglicht habe, die Schwierigkeiten
der Schlachtviehversicherung zu überwinden. Die Verordnung
lege der Landwirtschaft schwere Opfer auf. Die Mitwirkung der
Schlachthofthierärzte bei der Viehversicherung sei von grossem
Einfluss. Die Perleberger Gesellschaft habe an 110 Plätzen fast
durchweg Thierärzten die Vertretung oder Oberaufsicht über¬
tragen und die Prämien haben sich in diesen Fällen billiger ge¬
stellt, als bei der Vertretung durch Nichtthierärzte. Der Haupt¬
werth der thierärztlichen Mitarbeiter bestehe in der Zurück¬
weisung desjenigen Viehes, welches die Verkäufer als krankheits¬
verdächtig abgeschoben hätten und welches, wenn es nicht er¬
kannt, sondern dem gesunden Vieh beigemischt werde, die für
letzteres zu zahlenden Prämien, welche der Landwirtschaft
direct oder indirect allein zur Last fielen, erheblich erhöhe. Die
thierärztliche technische Mitwirkung mindestens sei daher nicht
entbehrlich. Ans dieser Nebenthätigkeit für die Interessen der
Landwirtschaft dürfte kaum ein Conflict mit der amtlichen
Thätigkeit der Thierärzte zu erwarten sein.
Die Petitionen bezwecken, das Inkrafttreten des Erlasses zu
verhindern. Die Gründe desselben entziehen sich der Kenntniss.
Uebrigen8 scheint es, dass, da der Wortlaut des Erlasses nicht vor¬
liegt, mit dem Erlass blos solche Fälle gemeint sind, wo Kreisthier-
: ärzte Schlachthäuser nebenamtlich verwalten. Jedenfalls aber kann
man aus den Petitionen mit Genugthuung ersehen, dass die
Mitarbeit der Thierärzte an der Schlachtviehversicherung als
; im landwirtschaftlichen Interesse liegend erachtet wird.
Personalien.
Ernennungen:
Es ist gewählt worden: Thierarzt 0 b e r w i n t e r -Soest • zum
Schlachthofinspector in Schmalkalden.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden In Berlin: Thiqrarzt
P o c z k a -Cammin (Pom.) und Rossarzt M i c h n 1 s k i -Ohlau.
Wohneitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier-
arzt B. M u e 11 e r - Insterburg nach Weblau, Thierarzt K. M o 11 h o f-
Bcrlin nach Coblenz als Assistent des Departementslhierarztes da¬
selbst, Thierarzt B. K c 11 e r - Dransfeld nach Willicb. — Thierarzt
R. Lägel hat sich in Zschopau i. Sachs, niedergelassen.
Todesfälle: Corpsveterinär a. D. Hahn-Landshut, Stabs¬
veterinär a. D. üofbauer -Bamberg.
Yacanzen.
Kreistbierarztatellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
1L-B. Gumbinnen: Stallupoenen (Assistent des Grenzthierarztes.
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. —
R.-B. Kassel: HUnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Minden: Paderborn. Bew. bis
10. März an Regierungs - Präs, in Minden. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs-Präs,
in Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
— R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B. Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneSte'llen:
B e u t h e n: 2. Schlachthofthierarzt (2000M., Wohnungsgeld 432M.)i Bew.
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 360 M. Nebeneinnahme). < Bew.
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthjlerarzt
(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magistrat. — Filehne: Schladhthof-
VeraolwortUch für den Inhalt (excl. lnseraten'.lieil) l’rof. I»r. Schnialtz In Horliu. — V«
inspector zum 1. Oct d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat. — Zoppot:
Schlachtbausverwalter zum 1. April (1000 M., freie Wohnung, Privat¬
praxis gestattet). Bew. bis IO Mär» an- Gemeinde* Vorst eher: r
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspector. — Coblenz:
Schlachthofdire,.tor zum 1. Mai 1898. — Elberfeld: 2. Assistent des
Schlachtbofdirectors zum 1. April. — Finsterwalde: Schlacht-
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬
inspector. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April.
— S c h 1 a w e (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1898.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt
— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitseben: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleiscbschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher.
— Schwarzenau: (800 M. für Fleischschau . Näheres Magistrat
— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Argen au: Tbierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Boitzenburg: Auskunft Graf
Arnim-Boitzenburg. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thier¬
arzt Bolle - Magdeburg (Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe). — Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau
1300—1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle Schmalkalden.
Anfrage.
Hat einer der Herren Collegen Erfahrungen mit Resolvier-
seife gemacht? Es wird gegebenen Falls um eine kurze Notiz
in der B. T. W. gebeten. Dr. E.
g und Kiircntliuni von Richard Sohoctz in licrlin. — Druck von W. Büxenatein. Berlin.
/
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Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgaug 1898. M 10 . Ausgegeben am 10. März.
Inhalt: Reissmann: Eine neue Behandlungsmethode der chron. Schulterlahmheit. — Haase: Behandlung der
Polyurie des Plerdes mit Extractum Hydrastis fluid um. — Aronsohn: Infectiöscr Magen-Darm¬
katarrh bei Schweinen. — Kadelbach :Geschwulst anderTricuspidalis bcidcrKuh. — Schweder: An*
geborene Krummbeinigkeit bei der Kub. — Goldback: Fuhrwerke für die Praxis. — Referate: Deila Nocc
und Giancola: Die Serumtherapie bei der Brustseuche. — Stutzer und Hart leb: Das Bacterium der Maul- und Klauen¬
seuche. — Scott: Laparotomie beim Pferd. — Montanö: Ein Pseudo-Tumor des Luftsackes. — Desaintmartin: Kaiser¬
schnitt bei der Hündin. - Lassartesse: Ueber die nervöse Natur des Eczems. — Baum und Sceliger: Ueber die ver¬
schiedene Giftigkeit einiger Kupferpräparate. — Marks, Flatten und Jess: Untersuchungen über die Haut der Haussäuge-
tbiere. — Thierhaltung und Thierzucht. — T age s g e s c h i c h t e: Eingabe der beamteten Thierärzte der Provinz
Brandenburg an Sc.Excellenz den Hm. Minister für Landwirtschaft. — Verschiedenes. — 0 effentlichesVeterinärwesen:
Fleischschau und Viehverkehr. — BUcher-Anzeigen lind'- Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Eine neue Behandlungsmethode der chronischen
Schulterlahmheit
Von
Reissmann-Strassbnrg i. M.,
Thierarzt.
Unter obiger Ueb'erschrift hat Herr Thiei arzt Büttner-Penzlin
in No. 42 des Jahrganges 1897 dieser Wochenschrift anf eine in
No. 31 des Jahrganges 1897 der deutschen Thierärztlichen
Wochenschrift von Heini Amtsthierarzt Dr. M. Tempel in Leipzig
empfohlene einfache Behandlung des ebron. Schalterrhenmatismus
durch einmalige snbeutane Injection in der Schultergegend
(Schultergelenksgegend) von Morph, hydrochloric. 0,2 mit Atropin,
snlphuric 0,05 und Aq. dest. 20,0 (für mittelschwere Pferde) hin¬
gewiesen, bei der nach Dr. Tempel’s Mittheilnng in 10 auf
diese Weise behandelten Fällen ausnahmslos die Lahmheit vom
4. Tage nach ansgeführter Einspritzung prompt und dauernd be¬
seitigt war. Die günstige Wirkung dieser Injection hat Büttner
veranlasst, sie an einem Pferde, das bereits seit einem Jahr
schalterlahm gewesen, zu erproben. Anch in diesem Falle war
die Lahmheit am 4. Tage nach der Einspritzung dauernd ge¬
hoben.
Anf diese Empfehlung hin habe auch ich am 6. Deceraber
vorigen Jahres einem Pferde eines hiesigen Arztes, welches mit
dieser Lahmheit bereits über drei Monate behaftet und während
dieser Zeit mit den üblichen Mitteln ohne Erfolg behandelt war,
die vorgedachte Injection in der Gegend des Bnggelenks gemacht
Der Erfolg war überraschend günstig. Etwa 4 bis 5 Tage nach
der Einspritzung war die Lahmheit beseitigt, und ist trotz an¬
strengenden täglichen Gebrauchs des Pferdes bis jetzt nicht
wieder bemerkt worden.
Muss diese Behandlungsmethode der chronischen Schulter-
lahmheit (Baglahmheit) aus bekannten Gründen anch vorläufig
noch als eine empirische angesehen werden, so sind die
bisherigen Erfolge derselben doch so günstige, dass es sich
empfiehlt, in geeigneten Fällen weitere Versuche mit derselben
zu machen.
Behandlung der Polyurie des Pferdes mit Extractum
Hydrastis fluidum.
Von
C. Haase-Hohenmölsen,
Thlemrzt.
Am 21. November 1897 wurde mir ein Pferd einer Mineralöl-
und Paraffinfabrik hiesiger Gegend zngesandt. Dasselbe, eine
braune schwere State, belgischer Race, ca. 15 Jahre alt, wurde
mir angeführt wegen mangelhafter Fntteranfnahme in Folge von
Schieferzähnen und sehr häufigen Absetzens grosser Mengen hell¬
gelben nnd dünnflüssigen Urins. Die Untersuchung erwies das
etwas magere Thier mit rauhem Haarkleide fieberfrei; Con-
jun^tivalschleimhänte fahlblass. Puls regelmässig, jedoch schlaff,
Arterienrohr weich. Die Behandlung bestand in Wegnahme der
Schleferzäbne, Verabfolgung guten Futters, sodann eines Pulvers,
bestehend ans Natr. chlorat. 60, Acid. tannic. 30, Pnlv. Rhizom.
Tormentill. 150, anfs Futter zu geben während einiger Tage.
^Den 24. November untersuchte ich dann das Thier in der
eigenen Stallang. Das Befinden ist wesentlich dasselbe wie bei
der ersten Untersuchung, besonders besteht die Harnruhr noch
in gleichem Grade; Futter- nnd Getränkaufnahme sind jedoch
besser. Diese sind von guter Beschaffenheit. Das Heu stammt
von Wiesen, welche in der Nähe der Fabiik liegen und häufiger
von Aschenbestandtheilen befallen werden; auch sollen geklärte
i Ablanfwässer der Fabrik anf dieselben lanfen. Dennoch war das
i Heu von gutem Aussehen nnd aromatischem Geruch nnd wurde
voi^ den beiden anderen Pferden desselben Stalles in gleicher
MeAge aufgenommen, ohne dass diese Krankheitserscheinungen
zeigen. Ausser den schon veror lneten Mitteln wurde Bedecken
der Nierengegend und tägliche Verabreichung von 5 g calcinirtem
Eisenvitriol angeordnet.
‘Der Harn vom 25. November hatte ein spec. Gewicht von
1,013, war blassgelb, dünnflüssig, wässrig, ohne jede Spur von
Eiweiss.
' Am 29. November: Befinden des Patienten das gleiche wie
zuvor. Fieberfrei. Conjnnctiven fahlblass. Puls regelmässig,
jedoch schlaff. Arterienrohr weich. Lanterstall besteht noch in
gleich starkem Grade. Die eingeleitete Behandlung wird fort¬
gesetzt.
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110 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 10
Der Harn vom 30. zeigt 1,014 spec. Gewicht, ist blassgelb,
dünnflüssig, wässrig. Am 12. December: Befinden des Pferdes
wesentlich noch dasselbe. Fieberfrei. Conjunctiven fahlblass.
Puls regelmässig, schlaff. Arterienrohr weich. Harnrnhr noch
vorhanden. Die Behandlung wird beibehalten und in Erwägung
des Umstandes, dass' das Leiden auf einer Erschlaffung und Er¬
weiterung der Nierengefässe beruht, die tägliche Verabreichung
1 Theelöffels (ca. 4 g) Extractum Hydrastis fluidum angeordnet,
da dieses Mittel nicht nur verengend auf die Uterusgefässe wirken
soll (wohl seine bisherige hauptsächlichste Anwendung), sondern
auch auf die Gefässe der übrigen Baucheingeweide (Fröhner).
Der Urin vom 14. December ist von hellgelber Farbe, dünn¬
flüssig, noch wässrig, jedoch nicht mehr in dem hohen Grade wie
zuvor; ausserdem zeigt er etwas mehr Schleimgehalt. Spec. Ge¬
wicht 1,017. Reaction schwach sauer.
Am 16. December Befinden des Thieres dasselbe; jedoch das
Arterienrohr voller, Puls um ein Geringes kräftiger.
• Harn vom 20. Dezember: Spec. Gewicht 1,019. Stärkerer
Schleimgehalt als zuvor, daher etwas dickflüssiger. Farbe hell¬
gelb, etwas intensiver. Durchsichtig. Reaction schwach saue.r
Am 27. December Befinden des Pferdes gut. Haarkleid glatt.
Conjunctiven sind nicht mehr fahlblass, sondern zeigen etwas
rothe Färbung. Puls kräftiger. Arterienrohr voller. Der Urin
ist hellgelb, etwas trübe : zwar noch dünnflüssig, jedoch von zu¬
nehmendem Schleimgehalt. Reaction schwach sauer. Spec. Ge¬
wicht 1,015. Eiweissfrei.
Darauf wird das Eisen nicht mehr gegeben; jedoch werden
die anderen Mittel weiter verabfolgt, und zwar Hydrastisextract
in gleicher täglicher Dosis von 4 g bis zum 15. Januar.
Am 17. Januar ist das Allgemeinbefinden besser. Der Puls
i?t voller, kräftiger. Conjnnctiven rosarotk; Gefässe derselben
treten deutlich injicirt hervor.
Nach Bericht wird bedeutend weniger Harn abgesetzt.
Derselbe am 26. Januar von .bernsteingelber Farbe, wenig
trübe, dünnflüssig. Geruch aromatisch. Spec Gewicht 1,029.
Urin am 12. Februar: Farbe bernstein- bis orangegelb,
trüber als zuvor, dickflüssiger. Geruch aromatisch. Spec. Ge¬
wicht 1,031. ^
Obgleich in dem vorliegenden Falle eine vollständige Heilung
nicht erzielt wurde, da das normale sprc. Gewicht des Pferde¬
harns 1,04—1,05 nicht wieder erreicht wurde, so trat doch hine
bedeutende Besserung in dem Allgemeinbefinden des Thieres (wie
auch in der Beschaffenheit des Harns ein (Steigerung des spec.
Gewichts von 1,013 bis auf 1,031, intensivere Färbung. Steigerung
des Schleimgehalts). Diese Besserung trat nach regelmässiger
täglicher Verabfolgung von Hydrastisextract während eines Zeit¬
raums vom 12. December bis 15. Januar also annähernd in ( fünf
Wochen ein, während die bisherige von mir angewandte (Be¬
handlung mit tonisirenden Mitteln und Eisen allein ohne ; Er¬
folg blieb.
Wenn ich nun für diesen einen mitgetheilten Fall eine grosse
Beweiskraft nicht beanspruchen kann, so dürfte er doch er-
muthigend Veranlassung geben zu weiterer versuchsweiser An¬
wendung des Hydrastisextracts bei Polyurie.
Infectiöser Magen-Darmkatarrh bei Schweinen.
Von
Dr. Aronsohn- Röbel,
Thlcrarzt.
Im Januar und Februar des Jahres 1896 und in denselben
Monaten dieses Jahres bot sich mir Gelegenheit, eine Schweine¬
krankheit kennen zu lernen, die meines Wissens in der Literatur
bisher noch keine Erwähnung gefunden hat.
Auf mehreren ca 5—15 km von einander entfernt liegenden
Gütern erkrankten in kurzen Zwischenräumen sämmtliclie Schweine
an einem mehr oder minder starken dünnschleimigen, nicht blutigen
Durchfall, welcher 1—4 Tage anhielt; der Appetit war während
dieser Zeit entweder gänzlich aufgehoben oder doch wenigstens
stark herabgesetzt.
Die in hohem Grade afficirten Thiere zeigten einen steifen,
einige einen geradezu taumelnden Gang; die leichter erkrankten
bekundeten nur eine allgemeine Ermüdung und Mattigkeit.
Erbrechen wurde nur vereinzelt, Husten, Nasenausfluss und
Hautröthe bei keinem der kranken Thiere beobachtet.
Die Krankheit verlief gutartig mit einer Mortalitätsziffer von
1 bis 2 pCt. und währte bis zur vollständigen Genesung in dem
gesammten Schweinebestande etwa acht Tage.
Unter genau denselben Symptomen und zu derselben Jahres¬
zeit wie im Jahre 1896 erkrankte in diesem Jahre wieder der ge-
sammte Schweinebestand zweier Güter, die bereits 1896 befallen
waren, und eines dritten Hofes, der etwa 15 km abseits liegt
und in gar keinem wirthschaftlichen Verkehr mit den ersten
beiden steht.
Auch bei diesem Seuchengange betrug die Verlustziffer 1 bis
2 pCt.
Der an acht an dieser Krankheit verendeten Thieren auf¬
genommene Sectionsbefund ergab ausser einer leichten paren¬
chymatösen Trübung von Herz, Leber und Nieren bei zwei
Schweinen eine schwere hämorrhagische Entzündung des Magens
in seiner Fundusregion und eine hämorrhagische Entzündung des
Dünndarms, bei den übrigen einen einfachen Magen-Darmkatarrh
mit geringgradiger Hyperplasie der Darmfollikel. Ausserdem fiel
bei allen Thieren eine post mortem entstandene dunkle Röthung
der Haut, vorzugsweise am Unterbauche, auf
Die Milz war stark bluthaltig, im Uebrigen normal, die
Körperlyraphdrüsen waren unverändert, die Lungen gesund.^
Auf den betreffenden Höfen wurde im Jahre 1896 und auch
in diesem Jahre leicht angesänerte Magermilch, gedämpfte
Kartoffeln und Roggenschrot bezw. Roggenschrot und Bolinen
gefüttert. Weder die Quantität noch die Qualität des Futters ist
in den letzten Monaten vor Ausbruch der Krankheit geändert
worden.
Die Kartoffeln sind gesund, das Schrot frei von schädlichen
Beimengungen und die Milch stammt aus Ställen, in denen eine
Seuche in den letzten Jaliren nicht geherrscht hat.
Es ist demnach die Ursache für die Erkrankung nicht in
dem Futter zu suchen, zumal dasselbe nach Genesung der Thiere
in derselben Quantität und Qualität weiter gegeben wurde, ohne
dass im Jahre 1896 und auch in diesem Jahre bis jetzt die
Krankheit von Neuem ansgebrochen wäre.
Bemerken will ich noch, dass auch die Schweine der auf den
Höfen arbeitenden Tagelöhner mit wenigen Ausnahmen nnter
genau denselben Symptomen und zu derselben Zeit, nur in einem
Falle ca. 14 Tage vorher, erkrankten. Diese Schweine befinden
sich in den zu den Höfen gehörenden Dorfstallungen, kommen
also mit jenen niemals in directe Berührung und erhalten als
Futter nur Milch und Schrot; diese Milch stammt von Kühen,
die nur mit Heu und Rüben gefüttert werden.
Ebenso wenig wie eine krankhafte Beschaffenheit des Futters
oder eine schädliche Beimengung zu demselben kann eine Erkältung
als Ursache für den Darmkatarrh herangezogen werden, weil
eine Erkältung bei der Haltung der Schweine auf den betreffen¬
den Höfen ausgeschlossen werden kann und weil sich die
Symptome einer Erkältung nicht blos auf den Darmcanal er¬
strecken würdeD. Ausserdem pflegen euch nicht sämmtliclie
Thiere zu einer Erkältung disponirt zu sein.
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10. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
111
Es bleibt demnach nichts Anderes übrig, als ein Miasma an¬
zunehmen, das sich im Stalle hält and, bei günstigen Be¬
dingungen von den Schweinen aafgenommen, das oben geschilderte
Krankheitsbild erzeugt.
Welcher Natur der Infectionsstoff ist, bin ich zu sagen nicht
im Stande.
Es wäre von grossem Interesse, zu erfahren, ob dieses
Leiden auch in anderen Gegenden beobachtet und ob eine Ur¬
sache für dasselbe gefunden worden ist.
Geschwulst an der Tricuspidalis bei der Kuh.
Von
Kadelbach-Ebcrswalde,
Schtachlhofdlioctor.
Der Fleischermeister E. Cronswitz brachte ins hiesige
Schlachthaus eine Kuh zum Schlachten gefahren, welche er auf
Dominium, Britz von Amtmann Erummroth gekauft hatte.
Im Stalle hat die Kuh keine auffälligen Krankheitserscheinungen
gezeigt. Erst beim Herausführen aus dem Stalle und Verladen
auf den Wagen wäre sie sehr träge und störrisch gewesen. Ich
war beim Abladen dabei und sah, dass die Kuh sp> ichelte und sich
kaum auf den Beinen halten konnte, sie taumelte hin und her.
Im Maul und an den Klanen konnte ich nichts Krankhaftes finden.
Die sichtbaren Schleimhäute waren stark injicirt und der Puls 1
kaum zu fühlen. Dagegen constatirte ich starkes Herzklopfen
nnd gurgelnde Geräusche in der Diastole. Ferner fanden sich weiche
ödematöse Anschwellungen am Triel, an der Brust und dem
Bauche. Die Venen waren stark gefüllt, man konnte manchmal
Venenpuls beobachten. In den Stall gebracht, legte sich die Kuh
sofort hin und stand nicht wieder auf. Dabei stöhnte sie viel
und zeigte grosse Unruhe und Beängstigung. Da sich nach
einigen Stunden der Zustand nicht änderte, die innere Körper¬
temperatur nicht über 38,6° C. liinausgin?, Hess ich die Kuh im
Stalle tödten und dann ausschlachUn. Dabei fand si h Folgendes:
Die Venen der Haut sind stark mit schwarzrothem Blute gefüllt.
Das Unterhautbindegewebe ist überall besonders am Halse, der
Brust und dem Bauche sowie an den Füssen mit wässrigen, salzigen
Massen erfüllt. Bei Eröffnung der Körperhöhlen ergiesst sich un¬
gefähr lj^ Eimer wässriger, röthlichtriiber Flüssigkeit. Der Herz¬
beutel ist ebenfalls ziemlich mit gelblicher Flüssigkeit gefüllt.
Die Lungen sind stark mit Blut gefüllt, an vi*len Stellen derber
und mit hämorrhagischen Herden durchsetzt, welche an ver¬
schiedenen Stellen abgestorben und in eitrigen und käsigen Zerfall
übergegangen sind.
Das Herz fällt auf durch Ausbuchtung der rechten Herz¬
hälfte. Man fühlt durch die dilatirten Wände hindurch eine etwa
faustgrosse Geschwulst. Nach Trennung des Herzens von den
GefäsBen bemerkt man am Ostium venosum eine blumenkohl-
artige Wucherung an der Tricuspidalis, welche die Oeffhnng voll¬
ständig verschliesst, beim Einführen zweier Finger eine spalt-
förmige Oetfnung übrig lässt.
Die Leber ist stark vergrössert und misst in der Länge
57& cm, in der Breite 35 cm und wiegt 21 Pfund. Sie ist über¬
mässig mit Blut gefüllt. Die Durchschnittsfläche ist grobkörnig
und sehr blutreich, das Leberparenchym mürbe und brüchig und
zeigt ein geädertes muskatnussähuliches Aussehen.
Das Bauchfell ist gequollen und 'mit seröser Flüssigkeit
durchsetzt. Der Darmtractus ist auffällig blass und die serösen
Häute des Netzes und Gekröses sind ebenfalls mit Flüssigkeit
stark gefüllt. Der Talg zeigt ein weisses, käsiges und schmieriges
Aussehen. Die Musculatur, besonders diejenige des Zwerchfells,
erscheint schlaff und mehr oder weniger mit Flüssigkeit durch¬
tränkt.
Die Milz ist wenig geschwollen, sehr blutreich, das Paren¬
chym kaum verändert.
Die Nierenkapsel ist mit Flüssigkeit und Blutungen durch¬
setzt. Die Nieren selbst sind etwas vergrössert und zeigen auf
dem Durchschnitt eine blaurothe Färbung, ln der Marksubstanz
sind die Gefässe stark injicirt.
Angeborene Krummbeinigkeit bei der Kuh.
Mitgetbeilt von
Amandus Schroeder-Gronau i. W,
•Schlactiilio'di'eetor.
Das hierunter stehende Porträt stellt eine fünfjährige roth-
braune münsterländer Kuh vor, welche dem hiesigen Schlachthause
zugeführt wurde, weil sie güst geblieben war, nachdem sie 3 Maj
regelmässig gekalbt hatte. Beide Vorderbeine waren, wie die
Abbildung erkennen lässt, gleichmässig und so stark verkrümmt,
dass Unterarm und Fuss im Carpus miteinander einen Winkel
von ca. 95° bildeten. Der Fehler war angeboren, und es ist da¬
her immerhin merkwürdig, dass ein solches Kalb aufgezogen
worden ist. Die Kuh hat sich auf der Weide genügend bewegen
können und war nicht schlecht genährt. Der G km lange Weg
zum Schlachthause hatte sie allerdings so angestrengt, dass sie
schliesslich bei jedem dritten Schritt vorn zusammengebrochen war.
Fuhrwerke für die Praxis.
Von
Dr. Goldbeck-Potsdam,
Rosaarzt.
Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass von den
nachtheiligen Erfahrungen der Praxis nur selten etwas an die
Oeffentlichkeit dringt, und doch sollten diese gerade möglichst oft
zur Sprache kommen, damit die daraus gezogenen Lehren nicht
nur dem Geschädigten selbst zu Gute kommen.
Wer hätte nicht schon nachtheilige Erfahrungen gemacht bei
der Beschaffung für die Praxis ei forderlicher Gegenstände? Das
theuerste Instrument und zugleich das für den Praktiker wesent¬
lichste ist wohl Pferd und Wagen. Hat schon der Thierarzt im
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112
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 10.
Allgemeinen mit dem Pferdekauf für eigenen Gebrauch weniger
Glück als mit dem Ankauf für fremde Zwecke, so ist gar der
Wagenkauf das heikelste Ding, da meist die nöthige Sachkennt¬
nis fehlt. Und dann ist es vielfach auch schwierig, die ver¬
schiedenen empfohlenen Systeme aus eigener Anschauung kennen
zu lernen. Dazu kommt die Preisfrage — der Wagen soll billig
sein, soll leicht mit einem Pferde zu fahren und ausdauernd sein,
darf nicht zu viel Pflege nnd möglichst wenig Reparaturen
kosten, und last not least, er darf auch etwas elegant erscheinen.
Da hat nun in letzter Zeit der Dr. Münter’sche Einsteller
viel von sich reden gemacht. Zuerst in ärztlichen Zeitschriften
empfohlen, fand derselbe auch unter den Thierärzten vielfach
Anhänger. Dies veranlasste mich im vorigen Jahre, einen solchen
zu kaufen. Als derselbe vor meiuem Hause abgeladeu wurde,
zweifelte ich im ersten Augenblick, ob dies der richtige für mich
bestimmte „Einsteller“ sei, aber Frachtbrief und Firmenschild
belehrten mich eines Besseren. Da hiess es, gute Miene zum
bösen Spiel machen, und so schaute ich mir denn das Ding mit
möglichst freundlichem Gesicht etwas näher an. Man denke sich
eine Kiste von ca. 0,90 m Länge, 110 m Breite, 0,90 m Höhe,
deren Rückwand durch Bretter zu Sitzen für 2 Personen um¬
gewandelt ist. Die linke Hälfte dieser Rückwand geht mit dem
daran befindlichen Sitz in die Höhe zu klappen und man steigt
dann von hinten ein. Eine darin sitzende Person ragt gerade
mit dem Kopf hervor. Dieser Kasten ist nun bei D mittels
Lederriemeu aufgehängt. AC (eine Hälfte des Scheerbaums) ^ind
BD sind ca. 8—9 cm dicke plumpe runde Stangen aus Holz.
Bei C läuft das Rad, bei E liegt ein Querbalken, welcher die
Federung bei D ermöglichen soll. ,
Die bei D hängende Last des Kastens und seiner Insassen
fällt theils auf B, theils auf E und drückt natürlich kräftig auf
die Vorderbeine des armen Thieres. Besonders beim Bergab¬
fahren ist dies geradezu gefährlich. Demgemäss leiden die
Pferde bald an den Vordergliedmassen und, wenn man gar
Münter’sches Geschirr benutzt, auch am Widerrist durch Druck.
Ein Regieren des Pferdes ist aus dem tiefen Kasten unmöglich
und wehe dem Aermsten, dessen Pferd irgendwie schwierig ist
oder beim Halten nicht ruhig-steht resp. durchgeht, er kann, nie
aus dem Fuhrwerk heraus. Dazu kommt, dass die Stange BD eich
bald durchbiegt nnd auf das bei C angebrachte Veibindungshrett
(der Achse) mit jedem Tritt aufstösst und so das au und für
sich unangenehme Schütteln des Wagens geradezn unerträglich
macht. >
Was nun das allgemeine Aussehen des Miinter’schen Wagens
betrifft, so erinnert derselbe lebhaft an die wohl überall be¬
kannten zweirädrigen Karren für MuH- resp. Kohlenabfuhr (Sog.
tomberean).
Nach dieser bösen Erfahrung suchte ich nun etwas Besseres
und fand einen geradezu idealen zweirädrigen Wagen in Bessel’s
Zweirad (Bartenstein, Ostpreussen). So angenehm ja auch für
Jemand, der es sich leisten kann, ein vierrädriger Wagen ist, so
erfordert ein solcher doch immer das Doppelte an Anschaffungs¬
kosten und Reparaturen als ein Zweirad. Das Schwierige bleibt
nun immer die Vermeidung des Stosses vom Pferd auf die Fahrer
und Verhütung der Belastung der Vorderbeine. Ersteres ist
durch eine ebenso einfache als sinnreiche Federung unter dem
eigentlichen Sitzkasten vermieden, letzteres durch einen einfachen
Mechanismus, welcher es ermöglicht, die Last des Wagens be¬
liebig nach vorn oder hiuten zu verscliieben, ohne vom Sitz auf¬
zustehen, beseitigt Ja, man kann die Last so weit nach hinten
verlegen, dass die Enden der Scbeerbäume das Pferdegeschirr
nach oben ziehen. Dazu kommt eine sehr elegante und doch
soUde Construction, so dass die geringe Preisdiff renz (Münter 210*
Bessel 280) mehr als anfgewogen ist. Durch zweckmässige und
federnde Rückenstützen ist es möglich, dass man selbst durch
Löcher fahren kann, ohne einen Stoss zu bemerken.
Zweckmässig dürfte es sein, wenn die Fabrik auch an der
rechten Seite einen Fusstritt anbriugeu Hesse.
Referate.
Die Seromtherapie bei der Bmstsenche.
Vou Dr. Deila N o c e, Cupitano Veterinario, und Dr G i a n c o 1 a,
Tenente veterinario.
(Clin vet 1897, H. 49 — 61)
Bereits im April 1897 haben die Verff. eine kurze Mittheilung
in der CUnica veterinaria (H. 14) über ihre Versuche und Er¬
fahrungen mit der Serumbehandlung bei der infectiösen Pneumonie
der Pferde gemacht. Nachdem nunmehr das Verfahren bei
97 Pferden erprobt worden ist nnd der Nutzen desselben erwiesen
sein soll, wird ausführlich über Gewinnung und Anwendung des
Serums in dem vorliegenden Aufsatz berichtet.
Die Versuche wurden im Remonte-Depot von Persanö
gemacht, wo in einem Bestände von 500 dreijährigen Pferden
die Bru6tseuche ausgebrochen war. Von der Gesammtzahl
erkrankten 374 Pferde. 97 Pferde wurden mit Serum, 27 Pferde
mit intratrachealen Injectionen von Jod-Jodcalium und 250 Pferde
wurden symptomatisch behandelt. Die Verluste beliefen sich bei
den einzelnen Methoden auf 2, bezw. 6, bezw. 33 Pferde, in
Procenten berechnet auf 2,06, 22*22, 13,5 pCt. Hiernach hätte
die Serumbehandlung bei Weitem das beste Resultat aufzuweisen.
Es ist zu bemerken, dass von den 97 mit Serum behandelten
Pferden im Ganzen 5 eingegangen sind. Bei 3 der letzteren,
welche zunächst der symptomatischen Kur unterworfen gewesen
waren, wurden die Serumeinspritzungen jedoch erst in einem
Krankheitsstadium begonnen, in dem bereits hochgradige Ver¬
änderungen an den Organen Platz gegriffen hatten und ein
Erfolg kaum mehr zu erwarten stand. Desshalb halten sich die
Verff. für berechtigt, diese drei FäUe bei der Verlustberechnung
ausser Betracht zu lassen.
Die Verff. gelangten zu ihrer Heilmethode durch die Be¬
obachtungen an Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen.
Wurden diesen Thieren tödtliche Dosen virulenten pathologischen
Materials beigebracht und gleichzeitig Blutserum von Pferden
eingespritzt, welche von der Krankheit nach spontaner Infectiön
genesen waren, so überstanden die Versnchsthiere die sonst stets
letale lmpfkrankheit.
Das Heilserum wurde aus dem Blut von Pferden gewonnen,
welche die Brustseache in schwerster Form durchgemacht hatten.
Die Blutentziehungen erfolgten unter den gewöhnlichen asepti¬
schen Massnahmen mit einem Billroth’schen Troikart uhd
wurden erst 10 Tage nach dem Ueberstehen der Krankheit vor¬
genommen. Bei einem Aderlass wurden uicht mehr als zwei
Liter Blut abgezogen.
Das Serum wurde den kranken Pferden im AUgemeinen an
beiden Seiten des Halses subcutan eingespritzt Die Einstich-
steUen wurden vor der Injection mit Sublimatseife und hierauf
mit Iproc. Sublimat-Alkohol (van Swieten) gewaschen und die
verwendeten Hohlnadeln in Wasserdampf sterilisirt
Die höchste Zahl der Einspritzungen bei einem Pferde
betrug 7, die niedrigste 2. Im Mittel kamen bei jedem Pferde
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10. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
118
4 Einspritzungen von je 100 g zur Anwendung, welche auf
4 Tage vertheilt wurden. 14 Pferde erhielten auch intratracheale
Injectionen von 50—100 g Serum pro dosi.
Nach der Einspritzung des Serums tritt eine schnelle
Besserung in dem Krankheitszustande ein. Das Allgemeinbefinden
hebt sich, die^Kräfte nehmen wieder zu und die Fresslust kehrt
zurück. In vielen Fällen machte sich die Besserung schon
nach einer einzigen Einspritzung bemerkbar. Bei einigen Pferden,
die symptomatisch behandelt worden waren und erst nach
schwerer Erkrankung als ultima ratio der Serumtherapie unter¬
worfen wurden, fielen die Krankheitserscheinungen erst ab nach
5, 6, auch 7 Injectionen.
Die Beeinflussung des Krankheitsverlanfes durch die
Injectionen machte sich besonders schnell beim Puls und bei der
Athmung bemerkbar. Die hohen Pulszahlen von 80 bis 90
Schlägen in der Minute verminderten sich beträchtlich und der
Puls wurde kräftiger. Die Athmung wurde ruhiger, länger und
tiefer. Die Temperatur stieg einige Stunden nach der Injection
ein wenig, nahm aber schon am nächsten Tage wieder ab und
nach 3 oder höchstens 4 Injectionen war vollständige Entfieberung
eingetreten. Auch machte sich die therapeutische Wirkung
des Serums bald durch eine sehr reichliche Harnentleerung
bemerkbar.
Complicationen und Nachkrankheiten sollen unter der Serum¬
behandlung bei der Brustseuche selten Vorkommen. Nur bei
einem der Fälle wurde eine specifische Synovitis beobachtet.
Die Verff. bemerken zusammenfassend, dass ihre Erfolge die
Ueberl egen heit der Serumtherapie über die Jodbehandlung und
über jede andere Behandlungsmethode bei der Brnstaeuche
bewiesen hätten. Champetier gebe die Mortalitätsziffer bei
der Krankheit auf 15 pCt. an nnd nach den statistischen Zu-
S&mmenstelluhgen•' dör Commission "für PfbrJe-Hygiene ln Frank¬
reich steige dieselbe in Algier bis auf 30 pCt., während die
Serumcur den Verlust durch Tod auf 2,06 pCt. herabdrücke.
Auch in Deutschland sind wiederholt Versuche mit der
Serumtherapie bei der Brustseuche gemacht worden, die Ergeb¬
nisse sind indess nicht gleichmässig ausgefallen. Die symptomatische
Behandlung der Brustseuche in Verbindung mit sorgfältiger
Wartung und Pflege haben bisher auch hänfig so gute Erfolge
zu verzeichnen gehabt, welche für die Serumbehandlung von den
Verff. in Anspruch genommen werden. Insbesondere ist diese
Erfahrung bei unseren Armeepferden nicht selten gemacht worden.
In einzelnen Seuchengängen tritt die Krankheit bekanntlich unter
Pferdebeständen, welche sich in guten hygienischen Verhältnissen
befinden (Truppenpferde, Remonte-Depotpferde, Pferde in Renn¬
ställen u. 8. w.), nur in milder Form anf. Diese Fälle bieten
der Serumtherapie ein dankbares Feld. Es muss daher abgewartet
werden, ob diese Behandlungsmethode sich auch bewährt bei
Seucheuau8brüchen, in denen die Krankheitsfälle einen schwereren
Charakter tragen.
Das Bacterium der M&nl- and Klauenseuche.
Von Stutzer und Hartleb.
(Arch. f. Hygiene Bd. XXX.)
Die Autoren kamen bei ihren Beobachtungen zu folgenden
höchst merkwürdigen Resultaten:
1. Die an Maul- und Klauenseuche erkrankten Thiere ent¬
halten einen bestimmten Mikroorganismus, welcher die
Eigenschaft hat, seine Gestalt zu ändern.
2. Die Aenderung der Gestalt wird vorzugsweise durch einen
Wechsel der Ernährungsbedingungen und duroh die Ausscheidung
bezw. durch die Erzeugung von Stoffen bedingt, welche auf die
Entwicklung der Bacterien einwirken.
3. Das Bncterium erscheint bald als ovales Stäbchen, dessen
Länge kaum das l&facbe der Breite beträgt, zum Theil sind die
Stäbchen länger. Unter anderen Verhältnissen findet man das
Bacterium in Form von Coccen, Diplococcen, Streptococcen,
welche stets in einer Schleimhaut eingebettet liegen. Nicht selten
treten hefeartige Gebilde mit rundlichen Auswüchsen auf, die als
Zoogloeen zu betrachten sind, unter wieder anderen Verhältnissen
verwandelt der Organismus sich in eine Streptotbrix nnd letztere
in einen Fadenpilz.
4. Diese Umwandlungen lassen sich verfolgen, wenn man von
einer einheitlichen Bacteriencolonie ausgeht und Nährmedien von
verschiedener Zusammensetzung, insbesondere mit verschiedenen
Kohlenstoff- und Stickstoff-Verbindungen anwendet.
Mehrere Forscher, welche in den letzten Jahren mit den
Mikroben der Maul- und Klauenseuche sich beschäftigten, haben
höchst wahrscheinlich denselben Organismus wie wir beobachtet,
jedoch zum Theil in verschiedener Gestalt und unter verschiedenen
Lebensbedingnngen.
Diese Forscher erkannten den grossen Wechsel der Formen
des Mikrobiums nicht genügend und gelangten daher zu ab¬
weichenden Anschannngen.
5. Das Bacterium hat nicht nnr eine ausserordentliche Ver¬
mehrungsfähigkeit und ein schnelles Wachsthum, sondern auch
ein sehr grosses Anpassungsvermögen an die verschiedensten
Ernährungsbedingungen. Sehr hänfig ist das Bacterium ein
Säurebildner; es vermag in sauren Flüssigkeiten gut zu
wachsen. Jedoch ist es auch fähig, in alcobolisdien Flüssigkeiten
üppig zu gedeihen nnd kann sogar in Harnstofflösung kohlen¬
saures Ammoniak erzeugen, also als Alkalibildner auftreten.
6. Bei dem hohen Anpassungsvermögen des Bacteriums an die
verschiedenen Ernährungsbedingungen und bei der leichten Ver¬
änderlichkeit seiner Formen, kann es nicht auffallen, dass anch
die physiologische Wirkung, welche das Bacterium auf lebende
Thiere ausübt, eine sehr veränderliche ist und die characteristischen
Krankheitsersche'nungen nur unter bestimmten Verhältnissen her¬
vorruft.
Laparotomie beim Pferd.
Von \V. M. Scott M. It. C. V. S. Bridgwater.
lV«t- Record 1898 H. 499).
Ein Pferd, welches im Anfang des Jahres 1896 eine acute
Coük äberstanden hatte, wurde im November 1897 wieder von
heftigen Colikschmerzen befallen, die intermittirend anftraten und
der'gewöhnlichen Behandlung nicht weichen wollten. Die An¬
fälle waren von profusen Schweissausbrüchen begleitet, der Puls
stieg auf 75, die Athmung anf 38 per Min., T 101,9 F. Die
sichtbaren Schleimhäute waren injicirt, die Pupillen dilatirt.
Weiter wurde während der Schmerzen ein beständiges Bewegen
der;Haut in der linken Flanke beobachtet. In den anfallsfreien
Zeiten trocknete der Schweiss ab und das Pferd bekundete keine
wesentlichen Krankheitserscheinungen. Als sich nach dreitägiger
Behandlung der Zustand des Pferdes mehr und mehr ver¬
schlechtert hatte, entschloss sich der Verf. zur Laparotomie.
Die Operation wurde am 14. November abends 7 Uhr bei
künstlichem Licht ausgeführt. Das Pferd wurde auf die rechte
Seite gelegt und zunächst chloroformirt. Nach dem Abscheeren
der Haare in der linken Flanke erfolgte unter den gewöhnlichen
aseptischen Massnahmen die Eröffnung der Bauchhöhle durch
einen etwa 8 Zoll langen Verticalschnitt in einer Entfernung von
4 Zoll vom freien Ende der letzten Rippe. Das Bauchfell wurde
mit einer stumpfen Haarseilnadel durchstossen und nachdem Zeige-
und Mittelfinger durch die Oeffnung zum Schutz der Darmschlingen
in den Bauchfellsack eingeführt waren, weiter getrennt, um der
ganzen Hand Eingang zu verschaffen. S. stellte nunmehr nach
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114 BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 10.
kurzer Untersuchung fest, dass „zwei Darmsclilingen“ mit dem
parietalen Blatt des Bauchfells verlöthet waren, so dass der f)arm
an dieser Stelle festgelegt und dabei in seinem Lumen verengt
worden war. Die Lage der Verlöthung entsprach der Hautstelle,
welche das Pferd während der Colikanfülle bewegt hatte (!).
Die Abtrennung der Darmschlingen erfolgte mit dem Finger.
Hierauf wurden das Bauchfell mit Catgut, die Bauchmuskeln und
die Haut durch besondere Nähte mit carbolisirtera Bindfaden ver¬
einigt. Die Operation dauerte 1 Stunde und 35 Minuten. Die
Wunde wurde mit Jodoformpulver bestreut und die Box des
Pferdes mit Carbolwasser ausgespriizt. Das Pferd äusserte am
nächsten Tage keine Kolikschmerzen, hatte auch Darmgeräusche
(die ersten seit Beginn der Krankheit) und entleerte auch Fäces.
Es nahm auch Kleietrank zu sich. P 52; T 101° F. Abdnds
verschlechterte sich jedoch der Zustand sehr, die Temperatur
stieg auf 104,1° F, und am folgenden Morgen verendete das Pferd
ohne Todeskampf. {
Bei der Obduction ergab sich die bemerkenswerthe Thatsache,
dass das Bauchfell verheilt war. Dasselbe erschien am Sitze der
Operation völlig gesund, an Stelle der frühem Verbindung mit
dem Darm war es trüb. Der Darm war an der entsprechenden
Stelle etwas verdickt und uneben auf seiner Oberfläche. Die Ver¬
einigung des betr. Darmtheils mit dem Bauchfell begann sich
bereits wieder zu bilden. Die Schleimhaut zeigte einen „sehr
starken Congestirzustand' 1 an dem fraglichen Darmabsclmitt (der¬
selbe ist nicht näher bezeichnet). Gleiche Veränderungen zeigten
die Schleimhaut des Cöcums und ein etwa 12 Zoll langes Stück
des Jejunums.
Ein P8endo-Tamor des Luftsackes.
Von Prof. Montan6-Toulouse.
(Revue v6t. Juli 1897.) , ; " ‘'l 1 -'-
M. fand bei einem Anatomiepferd einen beträchtlichen Tumor
im linken Luftsack. Bei der Untersuchung erwies sich derselbe
als stark comprimirte Kleie. Die ungewöhnliche Bildung dieser
Reserve war durch eine Zerreissung der hinteren Wand des
Schlundkopfes möglich geworden. Die Futterstoffe, die tieim
Abschlacken durch die Schlundkopfwände durch die Zerreissung
glitten, folgten theilweise diesem Wege wegen des geringeren
Widerstands. M. glaubt, dass die Verletzung durch das Sondlren
des Schlundes mit einem Peitschenstiel verursacht worden ist.
t
Kaiserschnitt bei der Hündin.
Von Desaintinartin-Dompicrre. 1
(Journal de Lyon, Juni 1897.) 1
D. hat den Kaiserschnitt mit Erfolg ausgeführt und schreibt
dies dem Umstande zu, dass er frühzeitig operirt hat. Er hält
dies für eine der hauptsächlichen Vorbedingungen der Operation.
Wenn das Thier in extremis nach längeren Schmerzen operirt
wird, sind die Gewebe oftinficirt, und die Peritonitis uuvermeidlich
D. sagt, dass bei der Hündin der rechtzeitig vorgenommene
Kaiserschnitt, dessen antisepfische Ausführung nahezu überall
möglich ist, in den meisten Fällen eher Erfolg haben wird als
alle anderen geburtshilflichen Hantirungen.
Ueber die nervöse Natur des Eczems.
Von Lassartesse-La Rochelle.
(Revue vdt. Juli 97 )
L. theilt in einem vorzüglich raisonirten Artikel die von
Lewin, Gamberini, Fox und Lenoir schon ausgesprochene
Ansicht, dass trotz des Polymorphismus des Eczems, dasselbe
eine einzige Entität bilde, deren Aetiologie allerdings verschieden¬
artig sein könne. Was auch der Antheil der hereditären Prädis¬
position, der der herpetischen oder arthriiischen Diatbese oder
von vom Digestionsapparat ausgehenden Intoxicationen sei, es
laufen alle diese Einflüsse auf eine nervöse Perversion hinaus, die
in einzelnen Fällen deutlich in die Augen fällt, ob ihr Mechanis¬
mus noch dunkel sei.
L. will die Frage nicht definitiv entschieden haben; er
schildert zur Unterstützung seiner Ansicht einige klinische Fälle,
die ihn seiner Ansicht nach berechtigten, gewisse Haut¬
entzündungen, speciell das Eczem, als Dermatoneurosen zu be¬
trachten.
L. erwähnt am Schluss seiner Studie die gesättigte Lösung von
Picrinsäure als ausgezeichnetes Mittel gegen das Eczem. Die Säure
kann, wie schon Mac. Lennan ausführte, in dieser Concentration
(1:86 Wasser) auf grosse epidennislose Flächen angewandt
werden, ohne dass Vergiftungen zu befürchten Bind. Zwei
Waschungen genügen. Um den starken Juckreiz zu stillen,
empfiehlt L. die Anwendung von Calium permanganicum in 1 bis
2proc. Lösung.
Ueber die verschiedene Giftigkeit einiger
Knpferpräparate.
Von Prof. Dr. Baum und Dr. Seeliger.
(Arob. f. wUneDHcb. u. prakt. Thlerblk. 1897, H. 6-)
Die Verff. haben unter Ellenberger's Leitung eine Anzahl
Kupferpräparate auf ihre Giftwirknng geprüft und die Resultate
ihrer Untersuchung in dem vorliegenden Aufsatz deponirt.
Es ist auffallend, dass beim Menschen durch den Genuss von
Speisen, die in kupfernen Gefässen aufbewahrt werden, nicht
selten acute Vergiftungen entstehen, obwohl gewöhnlich in den
Speiseresten nur verliältnissmässig geringe Kupfermengen chemisch
nachzuweisen sind. Da sich dieselben in fettsauren Verbindungen
vorfinden, so ist anzunehmen, dass diesen eine besondere Giftig¬
keit innewohnt. Diese Ueberlegung brachte die Verff. auf den
Gedanken, zu untersuchen, in welchem Grade die nachstehenden
Kupferpräparate giftig wirken.
Relativ wenig schädlich ist Cuprohaemol.
Kleine Hunde von 11 und 14 Pfund Gewicht erhielten inner¬
halb 7 bezw. 6 Monaten 214,25 g bezw. 249,6 g Cuprohaemol,
ohne dass Krankheitserscheinungen an denselben bemerkt wurden.
Nach Tödtung der Hunde wurden jedoch Abmagerung, chronische
Entzündung des Dünndarms und parenchymatöse und fettige Ent¬
artung der Leber und Nieren festgestellt.
Aus diesen Veränderungen ist zu erkennen, dass Cuprohaemol
keineswegs unschädlich ist. Weit giftiger als dieses ist Cuprum
sulfuricum. Bei den Versuchsthieren tritt intra vitam Ab¬
magerung und Haarausfall ein, auch machte sich eine zu¬
nehmende Schwäche bemerkbar, die bei fortgesetzter Verab¬
reichung des Mittels zum Tode führen konnte. Die bei der
Section am Ende der Versuchszeit, welche sich immer auf Monate
erstreckte, festgestellten pathologischen Veränderungen bestanden
im Wesentlichen in einer Degeneration der Leber und
Nieren.
Cuprum aceticum entfaltet ungefähr dieselbe Wirkung
und den gleichen Grad von Giftigkeit wie das Cupr. snlfuric.
Bei den Versuchen mit Cuprum oleinicum starben die
Versucbsthiere mit einer Ausnahme schon nach 14—24 Tagen.
Die Krankheitserscheinungen bestanden in Störung des Allgemein¬
befindens, Abge8chlagenbeit, Appetitlosigkeit, Schwäche und Durst-
gefttbl. Die Section lieferte eine catarrhalische Erscheinung der
DUnndarmschleimhaut, fettige Degeneration der Leber und Nieren.
Das Cuprum oleinicum ist demnach von den genannten Prä¬
paraten am giftigsten.
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10. März 1898.
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 115
Ans den Versuchen geht weiter hervor, dass die Thierarten
verschieden empfindlich sind gegen Kupferpräparate and dass bei
der gleichen Thierart einzelne .Individuen empfindlicher sind als
andere. Katzen sind im Allgemeinen empfindlicher als Hunde.
Untersuchungen Aber die Haut der Hanssängethiere.
(Aus dem I istologischen Institut der König!, thierärztl. Hochschule
zu Berlin.)
Von DDr. P. Marks, Flatten und Jess.
In der ersten dieser drei Studien über die allgemeine Decke
unserer Hanssängethiere hat Dr. Paul Marks die Entwicklung
der Haut, insbesondere der Haar- und Drüsenanlagen
einer eingehenden Untersuchung unterzogen.
Ueber die Haut im Allgemeinen liegt eine sehr umfangreiche
Literatur vor; bei dem Studium derselben zeigte es sich jedoch,
dass von einer stricten, systematischen Durchforschung jeder
einzelnen Körperregion bisher Abstand genommen war und
dass nur Untersuchungsresultate von besonders leicht zugäng¬
lichen und schon makroskopisch interessant erscheinenden Körper¬
stellen Vorlagen. M. hat bei seinen Untersuchungen durchweg
Hautstücke von der Ober- und Unterlippe, den Augenlidern,
Stirn, Rücken, Brust, Bauch, Aussen- und Innenfläche
der Vorder- und Hintergliedmassen entnommen, so dass ein voll¬
ständiges Bild der gesammten Haut erlangt wurde. Von den
sehr interessanten M ar k s’schen Befunden sollen nur die wichtig¬
sten und allgemein interessanten hier registrirt sein. Die von
der Epidermis sich in die Cutis einsenkenden Epithelzapfen —
primäre Epiibeikeime — sind die gemeinschaftlichen Anlagen
für Schwei8sdrtisen, Talgdrüse i und Haare. Zuweilen kann aus
ihnen blos eine Schweissdriise oder, unter innerer Verfettung des
ganzen Keimes, blos eine Talgdrüse (Meibom'sche Drüsen etc.)
oder schliesslich unter Zurückbildung der Talgdrüse (Schwein)
sich nur ein Haar bilden.
Das Schwein zeichnet sich vor allen übrigen Thieren durch
Theilung des Schweissdrüsenschlanches aus. Im fötalen Hanr
entwickelt sich beim Pferd, Rind und Schwein ein vollständiger
Markstrang. Im mittleren Drittel (bis zum Talgdrüsenansatz) ist
die innere Wurzelscheide gleichmässig verhornt. Ueber die Talg¬
drüse reicht sie niemals hinaus und endet hier spitz zulaufend.
Von hier aus wächst das Haar in der Röhre aufwärts,
welche von der Talgdrüse aus durch Verfettung und
Zerfall der axialen Zellen, im oberen Drittel des primären Epithel¬
keimes, stets bereits vorgebildet ist. Diese Röhrenbildung \ er¬
mittelt somit den Haardurchbruch; die innere Wurzelscheide
ist daran unbetheiligt. — Dr. Flatten hat die Haut des
Schweines zu seinem Arbeitsfeld gemacht. Hier zeigten sich
besonders ei liebliche Rassenunterschiede bezügl. der Schwarte und
des panniculus adiposus. Die Borsten sind mit Ausnahme
des Wildschweines regelmässig dreitheilig. Nur Wild¬
schwein und Bakonyer haben ein Unterhaar. Entgegen der
Ansicht Waldeyer’s und Harm’s beobachtete Flatten
in den Borsten e nen Markcy’inder. Interessant ist es, dass dem
englischen Schwein die Talgdrüsen absolut fehlen, während beim
Wildschwein wieder keine Schweissdrüsen aufzufinden sind. —
In der Rüsselscheibe, die bisher als frei von Schweissdrüsen galt,
fand Flatten sehr grosse Schweissdrüsen. — In der dritten Arbeit
behandelt Dr. Jess die vergleichende Anatomie der Haut
der Haussäugethiere. Ihm gelang es, ganz erhebliche
regionäre Unterschiede im Bau der Haut, bei ein und demselben
Thiere zu ermitteln. — Die Bezeichnung tubulöse für Schweiss¬
drüsen und acinöse für Talgdrüsen lässt sich nach Jess nicht auf¬
recht erhalten; so hat z. B. der Mund röhrenförmige Haarbalgdrüsen
u s.w. Die Trennung derDrflsen nachdem gelieferten Secret istfür die
vergleichende Anatomie unbrauchbar. Jess stellt sich auf den
histiogenetischen Standpunkt und sagt: Im fünften Foetalmonat
steigen die späteren Sc'.weissdrüsen als solide Fortsätze des
Strat. Malpighii in die Cutis hinab, sie stammen direct oder pri¬
mär von der Epidermis ab, er nennt diese Drüsen: primäre Haut¬
drüsen. Die als Haarbalg, — Talg — acinöse Drüsen bezeich-
neten epidermoidalen Gebilde sind Auswüchse der äusseren Wurzel¬
scheide und stammen somit erst secundär von der Epidermis ab,
er nennt sie: secnndäre Hautdrüsen. Nach dieser Nomenclatur
stellt er dann zusammen: Primäre Hautdrüsen, und zwar tubulösen
Charakters besitzt nur Pferdund Rind, sie fehlen dem Hunde; secundäre
Hautdrüsen haben (sämmtliche von ihm untersuchte Thierarten)
Pferd, Rind, Hund; b i letzterem kommen sowohl acinöse als auch
tubulöse, secundäre Hautdrüsen vor.
i Thierhaltung und Thierzucht
Die Rechte der Privat-Pferdeznchtgenossensehaften
’ gegenüber den staatlichen Körordnungen.
Gerichtsentscheidungen und Landtags-Verhandlungen.
' Im vorigen Jahrgang der B. T. W. (pg. 464) wurde ein
principiell bedeutungsvoller Rechtsstreit besprochen, welcher eine
Posener Pferdezuchtgenossenschait betraf. Die Genossenschafter
waren angeklagt, weil sie von einem ihnen gehörigen bei einem
Genossenschafter aufgestellten, nicht angekörten Hengst ihre
Stuten hatten decken lassen. Nach der Posener Körordnung wird
derjenige bestraft, welcher seinen nugekörten Hengst eine
„fremde“ Stute decken lässt und im Falle der ungekörte Hengst
mehreren gehört, steht das Recht der Benutzung nur einem be¬
sonders namhaft zu machenden Miteigenthümer zu.
Das Landgericht Gnesen hatte aber die Angeklagten frei-
gesprochen. Denn die Stuten der Genossens- hafter seien den
genossenschaftlichen Hengsten gegenüber keine „fremden.“ Und
die zweite Bestimmung der Körordnung, dass ein ungekörter
Hengst nur von einem Miteigenthümer mitbenutzt werden darf,
habe für das Eigenthum eingetragener Genossenschaften keine
Gültjgkeit. Das Kammergericht habe bereits entschieden (siehe
pg.li6),da88 derartigePolizeiverordnungen eingetragenen Genossen¬
schaften gegenüber keine Gültigkeit hätten. Auch würde die An¬
wendung jener Körordnnngsbestimmung dem Gesetz vom 1. 5. 1880
zuwijlerlaufen, welches die Bildung eingetragener Genossen¬
schaften zum Zwecke der Viehzucht fördern wolle und seinen
Zweck nur erreichen könne, wenn die Benutzung der Zuchtthiere
allen Genossenschaftern freistehe.
Der Strafsenat des Kammergerichts ist nun aber in
derselben Sache, wenn auch bei einem anderen Einzelfall betr.
eine { westpreussische Genossenschaft, wie die „allgemeine Central-
zeit^ng für Thierzucht“, (Redacteur Viehzuchtdirector Marks-
Posen) mittheilt, zu einem entgegengesetzten, für die Genossen¬
schaften verhängnisvollen Urtheil gelangt.
per Ansicht des Vorderrichters, betr. Rücksichtnahme auf
das Gesetz vom 1. 5. 89 könne nicht beigetreteu werden. Die
Polizeiverordnung, betr. Körung ist vielmehr formell und materiell
gültig. Die materielle Gültigkeit solcher Verordnungen sei vom
Kammergericht in fortdauernder Rechtsprechung anerkannt worden
in der Erwägung, dass sie bezwecken, im öffentl eben Interesse
die Verschlechterung der Pferderassen durch untaugliche Hengste
zu verhüten, und dass sie daher in den Buchstaben a und c des
§ 6 des Gesetzes vom 11. 3. 50 über die Polizeiverwaltung ihre
Begründung finden. Allerdings werde duich die qu. Polizei¬
verordnung die durch das Genossenschaftsgesetz vom 1.5. 89 zu¬
gestandene Befugniss zum Halten von Znchtthieren illusorisch
gemacht. Allein die Benutzung des Eigenthnms (also auch
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BERLINER TH1EKARZTLI0HE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
des Miteigenthums der Genossenschaften), könne nach § 29—32
A. L R. Theil I, Titel 8- nnd nach Artikel 9 der prenssischen
Verfassung vom 31. 1. 1850 im Interesse des öffentlichen Wohles
gesetzlich beschränkt werden. Dass dieses anf d^m Wege der
Polizeiverordnung geschehen könne, sei durch §§ 6 und 12 des
Gesetzes vom 11. 3. 1850 ausgesprochen, und zum Erlass solcher
Verordnungen sei der Oberpräsident (unter Zustimmung des
Provinzialrathes) nach dem Gesetze über die allgemeine Landes¬
verwaltung vom 30. 7. 83 befugt. Ob bei vorliegendem
Gegenstand eine so tief in das Eigenthumsrecht eingreifende
Polizei-Verordnung im Interesse des öffentlichen Wohles erforder¬
lich sei, habe der Strafrichter nicht zu prüfen; hierfür trage die
Verwaltungsbehörde die alleinige Verantwortung. Hiernach waren
die angeklagten Genossenschafter zu verurtheilen.
Die oben genannte Zeitschrift führt allerdings zugleich eine
andere Entscheidung des Kammergerichts betr. eine Märkische
Pferdezuchtgenossenschoft (vom 26. September 1895) an, wo die
angeklagten Genossenschafter in ähnlicher Sache freigesprochen
wurden auf Grund des Genossenschaftsgesetzes und mit einer
ganz ähnlichen Begründung, • wie sie in der am Anfang mit-
getheilten, diesmal vom Kamraergericht verworfenen GnesenerLänd-
gerichtsentscheidung enthalten ist (letzteres stützte sich eben anf
diese Kammergerichtsentscheidung von 1895).
Jedenfalls hat aber natürlich der neuerdingsvomKammergericht
vertretene Rechtsstandpunkt bei den Pferdezuchtgenossenschaften
grosse Bewegung hervorgerufen, was auch im Landtage' bei
der Berathung des landwirtschaftlichen Etats zur Geltung kam.
Der Abg. R i c k e r t wies darauf hin, dass in Westpreussen
grosse Erregung wegen der gegen zahlreiche Genossenschafter
nunmehr erkannten Strafen herrsche. Der Bauer in den west-
preussischen Niederungsgegenden brauche die Kaltblutzucht. Er
bezweifelte, ob die Aufrebung der Pferdezuchtgenossenscbnftetr
•kein Unglück sei, wie Graf L eh n d o rff meine. Auch Abg.
v. Tiedemann erklärte, die Einreihung der Provinz Posen
unter die Remonteprovinzen und die damit verbundene aus¬
schliessliche Förderung der Warmblntzucht widerspreche vielfach
den Wünschen der Landwirthe. Einzelne Bezirke mit schwerem
Boden müssten aus dem Re montebereich ausgeschlossen werden,
damit dort unbehelligt Kaltblut gezogen werden könne. Jetzt
werde, indem man auch kaltblütige Hengste angekört habe, nur
die Reinheit des Pferdeschlages gefährdet. Der Landwirth-
Bchaftskam mer solle ein Thierarzt beigegeben
werden zur Berathung in Pferdezucht-Angelegenheiten, damit die
Rassereinheit gewahrt werde. Abg. v. Mendel wünschte eben¬
falls eine stärkere Förderung der Kaltblutzucht. Es sei unrichtig,
Gegenden die Warmblntzucht aufzuzwingeu, wo die Bodenbediu-
gungen nicht dafür gegeben seien. Der zunehmende Import
amerikanischer Pferde sei eine bedauerliche Folge. -
Oberlandstallmeister Graf Lehndorff erklärte, nur die¬
jenigen Landestheile hätten sicheren Pferdeabsatz, welche eine
einheitliche Zuchtrichtung verfolgten. Zu diesem Zwecke müssten
grosse Gebiete gebildet werden. So sollten Preussen nnd Posen
für die Kavallerie Pferde liefern, andere Provinzen Artilleriepferde.
Sachsen und die Rheinprovinz bildeten einen Kaltblüterbezirk.
Gewisse Provinzen, wo keine Uebereinstimmung bestehe, wie
Pommern, Brandenburg, Schlesien, müssten paritätisch behandelt
werden. Die Staatsregierung gehe durchaus nicht gegen die
Kaltblüterzucht vor, aber einzelne Bezirke ans den grossen Zucht¬
gebieten herauszuschneiden, würde das ganze Princip illusorisch
machen.
Graf Schwerin theilte mit, dass die pommersche Land-
wirtbschaftskammer einen Ausweg bezüglich der Körung gefunden
habe. Die genossenschaftlichen Hengste unterliegen nur bei ihrer
Beschaffung und ersten Aufstellung dem Körzwange, später
brauchen sie nicht nacbgekört werden, sofern sie nur von
Genossenschaftern gebraucht werden. Das Hauptprincip in der
Pferdezucht sei Reinzucht. Es wäre ein Verbrechen, wenn
z. B. in Hannover, wo zum Theil noch warmblütiges Stuten-
material vorhanden sei, die Gestütsverwaltung durch Aufstellung
kaltblütiger Hengste dies Material ruiniren würde. Die kleinen
Züchter in Mecklenburg-Strehlitz hätten an sich die traurigen
Folgen eines solchen Mischsystems erfahren. Preussen habe im
Verhältniss zu dem verwendeten Stutenmaterial überhaupt schon
zu viel Kaltblüter. Wo schwere Pferde gebraucht werden, da
müssen nicht blos entsprechende Hengste aufgestellt, soudern
auch das passende Stutenmaterial beschafft werden.
Minister Freiherr von Hammerstein betonte gegenüber
dem Abgeordneten Rickert, dass Beschränkungen, wie sie die
Körordnung dem Privateigenthum allerdings auferlege, im öffent¬
lichen Interesse und auch in dem der Betroffenen unvermeidlich
sind. Er verwies auf Oldenburg, wo das Körwesen für Pferde,
Rinder und Schweine durch Landesgesetz geregelt ist. Trotz
der liberalen Anschauungen von Regierung und Bauernschaft ent¬
hält dieses Gesetz grössere Beschränkungen des privaten Ver-
füguDgsrechtes, als sie irgendwo in Deutschland bestehen, nnd
die Bevölkerung ist ganz damit einverstanden, denn sie sieht
ein, dass die grossartigen Erfolge der oldenburgischen Thierzucht
nur eben diesem Körgesetz und seiner strengen Durchführung zu
danken sind. Die Wehrhaftigkeit des deutschen Reiches erfordert •
eine richtige Handhabung der Pferdezucht. Ein Durcheinander-
manschen kann keinesfalls zugelassen werden. Auch in der
patriotischen Provinz Westpreussen wird diese Ueberlegung die
entstandene Aufregung verdrängen, um so mehr, als die
gegen die Genossenschafter erkannten Strafen auf dem
Gnadenwege auf das gelindeste- Maass- gebracht- ‘sind.
Wenn die Pferdezucht dort wieder in richtige Bahnen
lenkt, wird die Staatsunterstützung nicht fehlen. Der
Satz, dass auf schwerem Boden der Kaltblüter mehrVor-
theile biete, steht übrigens gar nicht unbestritten fest. In
grossen hannoverschen Zuckerrübengebieten werden schwereWarm-
blüter als rentabler vorgezogen. Das kaltblütige Pferd ist zwar zwei
Jahr früher dienstfähig, aber auch sehr viel früher verbraucht. Die
Kaltblüter sind auch gewissen „schlagähnlichen** Krankheiten
untetworfen. Amtsrath Dietze lässt jeden Festtag seine
Kaltblüter bewegen, weil sie sonst am zweiten Tage krank
werden. (Gemeint ist also wohl der „Nieren-Schlag“, d. h. die
Haemoglobinaemie. D. R.). Freilich ist die Pferdefrage auch
eine Dienstbotenfrage. Mit kaltblütigen Pferden kann auch der
Ochsenknecht arbeiten. Das warmblütige Pferd verlangt sorg¬
fältige Behandlung, Liebe. Die Erlangung hierzu veranlagter
Pferdeknechte wird immer schwieriger, aber so lange man solche
hat, wird man in Hannover den schweren Warmblüter benutzen,
der bei der langen Dauer seiner Dienstfähigkeit thatsächlich
dem Kaltblüter gegenüber eine doppelt so hohe Arbeitnutzung
gewährt.
Der amerikanische Import, übrigens nicht bloss von kalt¬
blütigen Pferden, hat sich gesteigert. Allein die Erfahrungen
sind theilweise ungünstige. Ein gelegentlich der Ausstellung
nach America gesandter Sachverständiger hat sich dahin aus¬
gesprochen, dass America jetzt sein bestes Material herüber¬
schicke, da88 es aber von solchem z. Z. gar nicht soviel besitze,
um mit seinem Import, namentlich auf die Dauer, gefährlich zu
werden. Jedenfalls wird aber dieser americanische Pferdeimport
stets im Auge behalten, und es würde, im Falle Anlass vorliegt,
mit entsprechenden Maassnahmen nicht gezögert werden.
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10. März 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
117
Tagesgeschichte.
t
Am 4. März 1898 verschied plötzlich in Folge Herzschlags
Herr Dr. Hermann Pütz,
Professor der Thierheilkunde an der Universität zn Halle a. S.,
im fast vollendeten 69. Lebensjahre.
Der Entschlafene hat die erste Anregung zu der im
Herbste 1877 erfolgten Gründung des thierärztlichen Central Vereins
der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thüringischen Staaten
gegeben. Er war ununterbrochen erster Vorsitzender dieses
Vereins., den er mit seltenem Geschick, sowie mit grossem Eifer
und unermüdlicher Opferwilligkeit geleitet hat.
In- dem Dahiugeschiedenen haben wir nicht nur unseren all¬
verehrten Vorsitzenden, sondern auch einen hochgeschätzten und
liebenswürdigen Collegen verloren, der sich durch sein schlichtes,
offenes und freundliches Wesen, überhaupt durch seine vortrefflichen
CharactereigeDSchaften die vollste Achtung, Verehrung und Liebe
aller Vereinsmitglieder erworben hat.
Dem Verewigten wird der Verein ein bleibendes, hochehrendes
und dankbares Andenken bewahren.
Der thierärztliche Centralverein
der Provinz Sachsen, der anhaitischen und thüringischen Staaten.
0 e m 1 e r.
Eingabe der beamteten Thierärzte der Provinz
.Brandenbarg an Seine Excellenz den Herrn Minister
für Land wir thschaft.
Euer Excellenz beehren sich die gehorsamst Unterzeichneten
nachstehen le Darlegung mit der Bitte um eine wohlwollende
Prüfung derselben ehrerbietigst zu übei reichen.
Da die Stellung der prenssischen Kreisthierärzte iu vielen
Stücken - derjenigen der Kreisphysiker . ähnlich ist,... .so,.,hat
die Inangriffnahme der Medicinalreform auch zu einer leb¬
hafteren, zum Theil öffentlichen Besprechung der unter den |
Kreisthierärzten seit lange bestehenden Wünsche geführt. Anderer¬
seits sind im Abgeordnetenhause in den letzten Jahren wiederholt
und von verschiedenen Seiten gelegentlich über die Stellung der
Kreisthierärzte Ansichten ausgesprochen worden, welche zum Theil
d#n Glauben erwecken konnten, als bewegten sich die Wünsche der
Kreisthierärzte in einer ganz anderen Richtung, als dieses tliat-
aächlich, wie wir glauben, bei der grossen Mehrzahl der Fall ist.
Weil die Erörterung dieser Angelegenheit sich wiederholen
dürfte, glauben wir nicht zögern zu sollen, Euer Excellenz unsere
thatsächlichen Wünsche, die vorzutragen wir uns bisher zurück¬
gehalten haben, in Form dieser motivirten Bitte zu unterbreiten.
Eine Versammlung der Kreisthierärzte der Regierungsbezirke
Potsdam und Frankfurt hat die gehorsamst Unterzeichneten be¬
auftragt, diese Wünsche in folgenden Sätzen niederzulegen:
1. Gewährung der Pensionsberechtigung unter Zugrunde¬
legung von Pensionssätzen, welche den etwa in entsprechender
Stellung befindlichen Staatsbeamten zustehen.
2. Erhöhung des Grundgehaltes von zur Zeit 600 M. auf
1800—2400 Mark.
8. Zubilligung von 9 M. Tagegeldern oder, falls sich dieses
als zur Zeit unthunlich erweisen sollte, entsprechende Erhöhung
der Tagegelder und Reisekosten wenigstens für die nicht der
Staatskasse zur Last fallende Thätigkeit in gerichtlichen Angelegen¬
heiten unter Abänderung des § 2, I, 2 des Gesetzes vom 9. 3. 1872.
4. Abschaffung des thatsächlich noch bestehenden Unter¬
beamtenranges der Kreisthierärzte und Beilegung eines ihrem
Bildungsgrade und ihrer Funktion angemessenen Beamtenranges.
Zur Begründung dieser Wünsche beehren sich die gehorsamst
Unterzeichneten kurz Folgendes anzuführen:
Ad 1. Die Meinung, dass die Stellung der nicht bei den
Regierungen thätigen Medicinalbeamten allgemein in diejenige
vollbesoldeter Staatsbeamten umgewandelt werden solle, ist unter
den Kreisthierärzten, wie wir glauben, nur vereinzelt vertreten.
Denn damit wäre die Belassung der Privatpraxis unverträglich.
Obwohl nun in sehr vielen Kreisen die Kreisthierärzte that¬
sächlich durch ihre amtlichen Geschäfte zur fast gänzlichen Ver¬
nachlässigung ihrer Privaipraxis gezwungen sind, wäre es doch
ein Nachtheil für die Landwirthe wie für die Stellung der Kreis¬
thierärzte und die Erfüllung ihrer Hauptaufgabe, der Ermittelung
von Thiersenchen, wenn ihnen die Erlaubniss zur Privatpraxis
grundsätzlich entzogen werden müsste. Unter diesen Umständen
müsste es auch bei dem bisherigen Princip der Besoldung durch
ein Grundgehalt und durch Ueberschüsse aus den Reisekosten
und Tagegeldern verbleiben. Mit diesem Princip würde natür¬
lich die etwaige Festsetzung eines Pauschquantums für Reise¬
kosten und Tagegelder ebenfalls unverträglich sein.
Andererseits ist aber die amtliche Thätigkeit der Kreis¬
thierärzte in ihrem Umfang und in ihrer Allgemeinheit eine solche
geworden, dass sie derjenigen vollbesoldeter Staatsbeamten eben¬
bürtig ist. Die Kreisthierärzte glauben hieraus einen Anspruch
auf die Wohlthaten herleiten zu dürfen, welche denjenigen
allgemein zugebilligt sind, welche ihre Arbeitskräfte im Staats¬
dienste verbrauchen.
Diese Wohlthaten beruhen vornehmlich in dem Bezug einer
hinreichenden Pension nach Eintritt des Alters oder der
Invalidität, sowie in der Hinterbliebenenversorgnng. Die Kreis-
thieiärzte glauben diese Pensionsberechtigung ebenso zu ver¬
dienen wie alle anderen Beamten. Andererseits i-t es unzweifel¬
haft, dass durch das gegenwärtige Besoldungsprincip zwar die
Gehaltsbezüge der übrigen Beamten, nicht aber deren Pensions-
bßJ^jUigung ersetzt bezw. vertreten werden können. Denn .es
ist den Kreisthierärzten selbst bei etwaiger Erhöhung ihrer
Bezüge und Hinzurechnung eines Ertrages aus der Privatpraxis
allgemein nicht möglich auch in einer langen Dienstzeit Er¬
sparnisse zu machen, deren Zinsen ihnen ein sorgenfreies Alter
und ,ikreo Hinterbliebenen eine nennenswerte Unterstützung
gewäjiren könnten, wie dieses den anderen Beamten durch
ihre Pensionsberechtigung ermöglicht ist. Die Ersparnis
aus Reisekosten und Tagegeldern ist da, wo Dienstreisen sich
nicht.häufen, eine geringe. Und bei zahlreichen und regelmässigen
Dienstreisen geht wegen der Absorbirung der Zeit durch diese
wieder der Ertrag ans der Privatpraxis so gut wie ganz ver¬
loren, ganz abgesehen davon, dass bei einer Häufung der Ge¬
schäfte die Ersparnisse aus den Reisekosten und Tagegeldern
keineswegs in gleichem Verhältnisse wachsen, weil aus den
Reisekosten oft nur wenig oder nichts zu erübrigen ist, die
Tagegelder aber dieselben bleiben, ob nun der ganze Tag oder
ein Theil desselben dienstlich beansprucht und der Privatpraxis
entzogen worden ist. Der Dienst eines vielbeschäftigten Kreis¬
thierarztes ist übrigens ein solcher, dass auch eine frische Mannes¬
kraft nicht lange ausreicht, um daneben dem Privaterwerb nach¬
zugehen. Der Verbrauch muss bei den gegenwärtigen Verhält¬
nissen in diesen Stellen verhältnissmässig früh eintreten, von
den Fällen ganz abgesehen, wo durch vorzeitigen Tod die Hinter¬
bliebenen eines vermögenslos in den Dienst getretenen Kreis-
thierarztes unter allen Umständen mittellos dastehen. Unter
diesen Umständen muss es unser Hauptwunsch sein, dem Euer
Excellenz, wie wir zuversichtlich hoffen, Berechtigung zuerkennen
werden, dass wir in Bezug auf die Pensionsberechtigung den uns
thatsächlich, d. h. der Bedeutung und Art ihrer Dienstleistung
nach gleichstehenden Beamten, gleichgestellt werden. Der ein¬
fachste Weg, bei unserer eigenartigen Besoldung die Pension
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118
zu berechnen, wäre wohl der, das Gehalt einer der ebengenannten
Beamtenklas6en zu Grunde zu legen. Doch können wir uns nicht
erlauben wollen, in dieser Beziehung Vorschläge zu machen.
Ad 2 und 3. Wenn es auch im Prinzip bei der bisherigen
Besoldung der Kreisthierärzte verbleiben soll, so erscheint doch
die Angemessenheit einzelner Sätze der bisherigen Bezüge durch
die gegenwärtigen Verhältnisse, die bei der Entwickelung der
Veterinärpolizei auf den früheren Stand nicht wieder zurück¬
kehren können, erschüttert.
Dieses gilt namentlich von dem Grundgehalt von 600 Mark.
Dasselbe entspricht thatsächlich seinem Zweck, eine Vergütung
für die Verrichtungen am Wohnort zu bilden, nicht mehr ent¬
fernt. Diese Geschäfte haben sich in ganz ausserordentlicher
Weise gesteigert, vervielfacht. Das gilt in erster Linie von den
zahlreichen, früher unbekannten, schriftlichen Arbeiten, die der
Kreisthierarzt oft unter Zuhülfenabme der Nacht zu erledigen hat. Die
heutige Diagnostik der Seuchen verlangt von jedem Kreisthierarzt
den Besitz eines Mikroskopes, auf dessen Handhabung er auch
zu seiner Uebung soviel Zeit als möglich verwenden soll. Sie
erfordert damit auch die Beschaffung eines ganzen mikroskopisch¬
technischen Inventars und lässt überhaupt die Einrichtung eines
kleinen Laboratoriums kaum entbehrlich erscheinen. Unter diesen
Umständen ersetzt das Gehalt oft kaum die für die genannten Ver¬
richtungen gehabten Auslagen und stellt eine Belohnung für (Jiese
Verrichtungen, die sich auch in anderer Beziehung vermehrt
haben (z. B. Geflügel-Sektionen im Hanse) nicht mehr dar.
Ebenso würde es, namentlich wenn mehrere Dienstgeschäfte
an einem Tage zu erledigen siud, der Leistung entsprechen,
wenn die Tagegelder auf 9 Mark erhöht würden, da die Ueber-
schÜsse, also die Bezahlung der Leistung, wesentlich auf dtn
Tagegeldern beruhen. Vor allem aber dürfte ein Grund, die
thierärztlichen Gebühren in gerichtlichen Angelegenheiten auf die
Hälfte derjenigen für Aerzte zu bemessen, nicht vorliegen. Das
Gesetz vom 9. März 1872 ist erlassen, als die Veterinärbeamten
noch dem Medicinalwesen unterstellt waren. Man hat den An¬
satz der Hälfte der ärztlichen Gebühren für die Kreisthier¬
ärzte einfach der Taxe von 1815 nachgebildet, welche unter
Berücksichtigung der damaligen thierärztlichen Bildung die
Thierärzte auf diese Weise von den Aerzten abrücken zu müssen
glaubt. So kommt es, dass zur Zeit der Kreisthierarzt bei einer
Vorladung 25 Pfg. Wegegeld für das km erhält, während der
Gendarm 30 Pfg. zu beanspruchen hat. Um Beseitigung dieses
veralteten Verhältnisses zu bitten, glauben wir uns um so weniger
scheuen zu dürfen, als es sich um Gebühren handelt, \yelche
nicht der Staatskasse zur Last fallen. Denn die gerichtliche
Thätigkeit der Thierärzte beschränkt sich im Allgemeinen auf
das Gutachten in privaten Rechtsstreitigkeiten. Wir glauben,
dass den Kreisthierärzten allgemein dieselben Gebühren zustehen
sollten, wie den Aerzten und Departementsthierärzten, und wie
sie durch Entscheidungen höherer Gerichte den Privatthierärzten
im Gegensatz zu den Kreisthierärzten vielfach zugebilligt wferden.
Ad 4. Bei Eriichtung der ersten Kreisthierarztstellen 1817
ist den Kreisthielärzten der Rang der Kreiswundärzte, d. h. die
VIH. Klasse der Beamten beigelegt worden. Diesen Rang
besitzen sie noch heute, wenn auch ihre Diäten durch das Gesetz
vom 9. März 1872 davon uuabhängig gemacht sind. Es ist wohl
richtig, dass die öffentliche Meinung ihnen längst eine andere
Stellung angewiesen hat, und da c s man auch ohne Rang Ansehen
gewinnen kann. Allein in dem Gefüge des Beamtenstandes,
dessen Erschütterung gewiss nicht erwünscht ist, bleibt der Fang
wesentlich, wenn nicht entscheidend. Es giebt Verhältnisse, wo
der Beamte, selbst wenn man ihm gerne mehr gewähren möchte,
ans seinem Rang gewissermassen nicht heraus kann. Die Fälle,
No. 10
wo die Kreisthierärzte bei officiellen Gelegenheiten geflissentlich,
oder weil man es formell nicht anders zu können glaubte, neben
den Kreisboten rangirt wurden, namentlich auch wo es sich um
patriotische Feste handelt, sind nicht allein geeignet, den Kreis¬
thierarzt bei dem Publikum in eine schiefe Stellung zu bringen,
sondern erzeugen auch bei den betroffenen Beamten nicht die
Stimmung, welche gerade bei den genannten Anlässen den Grund¬
ton bilden soll. Der Umstand, dass es erfahrengagemäss in
solchen Fällen die Kreissekretäre . sind, welche sich angelegen
sein lassen, dem Kreisthierarzt seine ihnen gegenüber „unter¬
geordnete“ Stellung fühlbar zu machen, lässt uns den sehnlichen
Wunsch hegen, im Range wenigstens dem Kreissekretär, mit dem
die Kreisthierärzte dienstlich soviel zu verkehren haben, nicht
nachzustehen. Die Erfüllung dieses Wunsches ist von den
Dienstbezügen der Kreiöthierärzte völlig unabhängig, würde somit
keinen financiellen Schwierigkeiten begegnen können.
Die ganz gehorsamst Unterzeichneten bitten Euer Excellenz
ehrerbietigst, vorstehenden Ausführungen hochgeneigtes Wohl¬
wollen schenken und die Erfüllung der damit begründeten
gehorsamsten Bitte in Erwägung ziehen zu wollen.
gez.: Kieckhaefer-Berlin, gez.: David-Nauen,
gez.: Bolle-Eberswalde, gez.: Jacob-Luckau,
gez.: Graffunder-Landsberg a. W.
Stellungnahme der beamteten Thierarzte der Provinz Saohsen.
Die auf Einladung der Herrn Liebener, Lieber und
Thun ecke am 20. Februar zu Halle zu einer Berathung
zusammengetretenen 18 Kreisthierärzte haben nach längerer und
reger Debatte und nachdem auch über den eiuznschlagenden
Weg erschöpfend verhandelt war. folgende Resolution einstimmig
beschlossen:
1. Die- lieute- versammelten Kreietbierärate der Provinz
Sachsen erachten das jetzige Gehalt von 600 M. gegen¬
über den an dieselben gestellten Anforderungen als zu
niedrig und erstreben ein Jahresanfangsgehalt von
1000 M., steigend von 2 zu 2 Jahren um je 100 M. bis
zu 1500 M. neben unbeschränkter Ausübung der Privat¬
praxis.
2. Dieselben halten eine Versetzung aus der 8. in die
6. Rangklasse der Staatsbeamten — unter Gtewährung
der dieser Beamtenklasse zustehenden Reisekosten und
Tagegelder — ihrer Vorbildung und ihrem Studiengange
nach für dringend erforderlich.
3. Sie streben eine Pensionirung der Kreisthierärzte an,
die unter Zugrundelegung eines fingirten Gehaltes von
3600 M. sich den für die Pensionirnng der übrigen
Staatsbeamten geltenden Bestimmungen anfügt.
Die Versammlung erhob sodann folgenden Antrag zum
Beschluss:
Die versammelten Kreisthierärzte der Provinz Sachsen
bitten den Vorstand des Thierärztlichen Central Vereins
für die Provinz Sachsen etc. die diesjährige Frühjahrs-
ver8ammlung sobald als möglich einzuberufen und auf
die Tagesordnung „Standesangelegenheiten der Kreis-
thierärzte“ zu setzen. Im Anschluss hieran wurde
Liebener-Delitzsch zum Referenten ernannt, der bei
dem Centralverein einen Antrag einzubringen hat, die
Centralvertretung zu ersuchen, oben formulirte Wünsche
der Kreisthierärzte der Provinz Sachsen in geeigneter
Form dem Herrn Minister zu unterbreiten.
Zur weiteren Förderung der lieute berathenen Anträge
wählte die Versammlung sodann eine Commission, bestehend aus
den Herren Liebener, Lieber, Klebba uni Thunecke, die
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER TH1ERÄR/,TUCHE WOCHENSCHRIFT.
119
10. März 1898.
im Besondern beauftragt wird, das heutige Protokoll in Druck
legen zu lassen und durch Uebersendung desselben an sämmt-
liche Kreisthierärzte in Preussen diese anzuregen, ähnliche
Massnahmen zur Hebung des Standes in allen Provinzen zu
ergreifen.
Begrfibnlss des Prof. Dr. Pütz.
Die Beerdigung des am 4. März aus dem Leben geschiedenen
allgemein verehrten Professors Dr. Pütz hatte zahlreiche Thier¬
ärzte ans der Provinz Sachsen nach Halle geführt. Als Ver¬
treter des Deutschen Veterinärraths und der thierärztlichen Cen¬
tralvertretung war Prof. Esser-Göttingen herbeigeeilt. Aus
Berlin war der Rector Geheimrath Dr. Dieckerhoff und als Ver¬
treter des Brandenburger thierärztlichen Vereins, dessen Ehren¬
mitglied der Verstorbene war, Prof. Schmaltz anwesend. Die
Leiche war im Trauerhause aufgebahrt. Der Curator und der
Rector der Universität, der Director des landwirtschaftlichen
Instituts, der unter der Last der Jahre noch immer ungebeugte
Geheimrath Kühn, und eine Zahl anderer Professoren umstanden
den Sarg. Die Studentenschaft war, der bereits begonnenen Ferien
wegen, nur durch Deputationen vertreten. Der Prediger hielt
eine ergreifende Rede, in der er den Todten als den Mann der
Wahrheit und des Rechts, der Lauterkeit und Ehre schilderte.
Geheimrath Dieckerhoff widmete dem Collegen und Freunde
herzliche Worte. Eine eingehende Würdigung der Verdienste
des Verstorbenen um die Gesammtheit des thierärztlichen Standes
wird auch an dieser Stelle demnächst erfolgen.
Ans Halle.
In Halle a. S. sind zwei Vacanzen in für die Thierärzte sehr
erfreulicher Weise besetzt worden.
Es war seit längerer Zeit bekannt, dass von der Landwirth-
scbaftskammer ein hygienisches Laboratorium errichtet und ein
Bacteriologe angestellt werden sollte. Man munkelte auch, dass
ein Arzt in Anssicht genommen sei. Vor einigen Tagen ist nun
der Thierarzt Hecker zn Ermsleben für diese Stelle ernannt
worden. Herr Hecker hat als Praktiker, also unter schwierigen
Verhältnissen Zeit gefunden, wissenschaftlich zu arbeiten. Wir
freuen uns, dass ihm nun für seine Arbeitsfreudigkeit eine
Anerkennung zu Theil geworden ist und hoffen, dass er die
ihm nun zu wissenschaftlicher Thätigkeit gegebene ausgiebigere
Gelegenheit mit bestem Erfolge möge ausnutzen können.
Desgleichen hiess es, dass Anstrengungen gemacht würden,
einen nicht thierärztlichen Director an die Spitze des Sclilacht-
und Viehhofes in Halle zu stellen. Auch dies Gerücht hat sich
nicht bewahrheitet, da bekanntlich der thierärztliche Director
Reimers von Celle nach Halle berufen ist.
Nun fehlt bloss noch die richtige Besetzung der Viehhof-
direbtion zu Mainz!
i Leipzig.
Das durch Leuckhardt’s Tod erledigte Ordinariat für
Zoologie in Leipzig ist durch Berufung des Professor Chun ans
Breslau besetzt worden.
Oeffentliches Yeterinärwesen
(Mittheilungen für
Fleischschau und Viehverkehr.
. Agitation der Fleischer ftr Aufhebnng der
Vieheinfahrverbote.
Die Berliner Fleischerinnung hat an den Reichskanzler eine
Petition um Aufhebung der Einfuhrverbote bezüglich der Schlacht-
thiere aller Art gerichtet, indem sie die Behauptung aufstellt,
dass die jetzt bestehenden Fleischpreise den unumstösslichen
Beweis geben, dass die deutsche Landwirtschaft nicht in der
Lage sei, für den Bedarf Deutschlands an Schlachtvieh vollkommen
zu sorgen.
Wenn die deutschen Fleischer tatsächlich nicht gegen die
Interessen der Landwirtschaft arbeiten, sondern soweit als
möglich mit ihr Hand in Hand gehen wollen, so sollten sie zu¬
nächst sich die Notwendigkeit klar machen, dass die deutsche
Thierzucht vor alllen Dingen eines bedarf: Sicherheit und
Stabilität. Es ist selbstverständlich unmöglich, dass, wenn
heute die Grenzen geschlossen werden, die Landwirtschaft
morgen in der Lage ist, den Ausfall mit der an sich wünschens¬
werten Fülle des Angebots zu decken. Sobald die Landwirt¬
schaft das Vertrauen haben darf, dass ein durch Einfuhrverbote
sich eröffnender lohnender Absatz nicht durch fortwährende
Agitation alsbald wieder zerstört wird, wird sie sich mit allem
Eifer der Thierzucht zuwenden. Ebenso unzweifelhaft wird sie,
namentlich was Schweine anbetrifft, in die Lage kommen, den
deutschen Bedarf selber zu decken. Dass hierzu aber zahl¬
reiche Veränderungen im Wirthschaftsbetriebe, in allen Einrich¬
tungen etc. erforderlich sind, und dass daher eine gewisse
Zeit vergeht, bevor der Erfolg sich allgemein bemerklich
macht, selbst wenn alle Kreise bereit wären, diesen Erfolg
objectiv anzuerkennen, das kann doch auch den Schlächtern
nicht unbekannt sein. Man sollte es daher unterlassen, durch
eine fortgesetzte und namentlich, wie es scheint, in den östlichen
Veterinärbeamte.)
Provinzen in alle Kreise getragene Agitation die einheimische.
Thierzucht fortwährend zu beunruhigen. Denn wenn die Land-
■Wlrftik fürchten tntissen, dass gelegentlich diese Agitation wieder
einen Erfolg hat und dass die Grenzen geöffnet werden
vielleicht in einem Moment, wo sich die einheimische Landwirt¬
schaft eben mit erheblichen Opfern soweit präparirt hat, dass sie
im Stände wäre, den Markt zu füllen, so ist es erklärlich, wenn
sich ein grosser Theil der Landwirthe scheut, dieses Risico zu
übernehmen. Durch die Vorgänge der letzten Jahre sind unserer
Thiefzucht erhebliche Vorl heile zugew'andt worden. Man sollte
sie im Besitz dieser Vortheile zunächst nicht stören und ihr vor allen
Dingen eine Sicherheit gewähren: längere Dauer der einmal be¬
stehenden Verhältnisse; denn nichts könnte sie mehr schädigen,
als £in fortwährendes Auf und Zu. Hierauf sollten auch die
Schlechter im eigenen Interesse Rücksicht mhmen.
i
Gerichtsentscheidung, Gebühren betreffend.
i: Liquidation von Briefen.
In der Dtsch. Thierärztl. Wschr. theilt Geheirarath Siedam-
grotfsky-Dresden folgenden Fall mit: Ein Thierarzt war vom
Gericht beauftragt, ein Pferd zu untersuchen und zu dem Zweck die
Partßivertreter zu verständigen. Er schrieb daher jedem Rechts¬
anwalt einen Brief und brachte denselben mit 1 M. in Ansatz.
Vom Landgericht zu D. wurde dieser Betrag auf 35 Pf. herab¬
gesetzt. In der Berufung hiergegen wurde vom Oberlandes-
gericht D. folgende Entscheidung getroffen:
Das Oberlandesgericht erkannte den Anspruch des Klägers
als berechtigt an. Der Sachverständige habe für seine Leistungen,
nämlich für jede Thätigkeit, einschliesslich der Vorbereitung des
Gutachtens u. s. w., Vergütung zu erhalten. Er war daher auch
für die Mittheilung an die Parteien zu entschädigen. Gegen die
Angemessenheit der von ihm ausser dem Porto angesetzten Ver¬
gütung von je 1 M. für einen Brief ist ein Bedenken nicht zu
erheben.
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120
BERLINER THIERÄRZTLIORE WOCHENSCHRIFT.
No. 10
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
1 Pathologie bovine. Etüde pratlque des maladies de l’apparell dijesttf,
von J. Guittard. Thierarzt in Astalfort, Agen, bei Guillot, 1895.
2 Manuelopäratoire pourl’espöce bovine, von Demselben, Agen, 1898.
Guittard practicirt seit Jahren in einer Gegend, in welcher
die landwirtschaftlichen Arbeiten nur mit Ochsen ausgeführt
werden, in welcher das Rind deshalb die Hauptrolle in der thier¬
ärztlichen Praxis spielt. Die Bücher sind aus der Praxis und für
die Praxis und hat der Autor weniger bezweckt, wissenschaft¬
liche Werke zu produciren, als seine vielen Beobachtungen in
klarer verständlicher Weise niederzulegen.
Das erste Werk ist 392 Seiten stark und kann jedem Collegen
empfohlen werden. Zunächst bringt Guittard in demselben
allgemeine Beobachtungen über Aetiologie, Diagnostik und Be¬
handlung der Erkrankungen des Digestionsapparates im Anschluss
an Betrachtungen über die Magenkrankheiten des Rindes, sowie über
Au8Cultation, Percussion, Fixirung der Thiere, Untersuchung des
Maules etc. Jede Krankheit wird in einem besonderen Kapitel be¬
sprochen. Interessant ist besonders der Abschnitt überdie Weise, wie
die erkrankten Thiere zu untersuchen sind. G. empfiehlt so viel als
möglich die Section der verendeten Thiere vorzunehmen, er be¬
trachtet sie als äusserst nützlich für die persönliche Fortbildung.
Die hypodermatische Anwendnngsweise der Arzneimittel
wird von Guittard sehr empfohlen, im Allgemeinen scheint er
den Alcaloiden den Vorzug zu geben. Er bleibt ein warmer
Anhänger des Aderlasses und glaubt nicht, dass die von Fried¬
berger undFröhner gegen Hyperthermie empfohlenen Antipyretica
den Aderlass an Wirksamkeit übertreffen. Zu erwähnen sind
endlich die sehr guten Abschnitte über die curative Anwendung
des Hungern]assens und die Administration der Eingüsse.
Es ist Schade, dass der übrige Theil dieser sehr nützlichen,
in leicht lesbarer Sprache geschriebenen Pathologie des Rindes
noch nicht erschienen ist. Allerdings ist einstweilen von
Guittard das in zweiter Reihe erwähnte Buch veröffentlicht
worden.
In demselben hat G. angeben wollen, wie die in der Rind¬
viehpraxis vorzunehmenden Operationen auf das praktischste und
einfachste ausgeführt werden können. Es ist das 390 Seiten
starke Bändchen wie das vorerwähnte hauptsächlich für den
Praktiker geschrieben. Das Werk umfasst fünf Abschnitte. Die
drei ersten, die insgesammt 124 Seiten, also fast den dritten
Theil des Buches begreifen, enthalten sehr ausführliche durch
sehr zahlreiche Figuren erläuterte Angaben über das Festlegen
des Kindes. Diese Ausführlichkeit mag etwas übertrieben er¬
scheinen, für den Anfänger ist sie aber äusserst nützlich und
auch der ältere Präktiker kann Nutzen aus diesen Ausfühl ungen
ziehen, umsomehr, als in den klassischen Lehrbüchern der Operations¬
lehre diese Punkte oft etwas zu kurz behandelt sind. Im vierten
Abschnitt schildert Guittard die einzelnen beim Rindvieh vor¬
kommenden Operationen. Im fünften Abschnitt bespricht der
Autor die von Declaude erfundenen Instrumente für Geburtshülfe
und endlich die Suspensionsapparate für Rindvieh.
Auch dieses Buch kann lebhaft empfohlen werden. Z.
Personalien.
Ernennungen: Zu Bezirksthierärzten: Districtsthierarzt H. Stau¬
dinger von Ellmann in Lohr.
Thierarzt J. Z i s s 1 e r - Amberg ist als Gestiltsthierarzt in dem
Privatgestüt des Grafen Moy zu Stepperg bei Neuburg a. D. an-
geslellt worden.
Es sind gewählt worden: Schlachthofdirector J. Uthoff zu
Gera zum Schlachthofdirector in Koblenz, Thierarzt Velmelage-
Nortrup zum Polizeithierarzt in Hamburg.
Approbationen: Berlin: die Herren CarlTitze, Rudolf Holt¬
greve, Wilhelm We n d e r h o 1 d. M ü n c h e n : die Herren Oskar
M a h i r, Jacob S e m m 1 e r, Joseph Z i s s 1 e r.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt M Kunze- Nossen nach Ocderan i. S., Thierarzt M. Herde-
Peckelsheim nach Steinheim, Thier.irzt J. M i c h e 1 -Gundheim nach
Beerfelden, Thierarzt Dr. W i 11 a c h - Freiburg nach Luisenthal (Saar),
Thierarzt W. Wc n d e r h o 1 d - Berlin nach Siegen als Assistent des
Kreisthierarztes daselbst
Todesfälle: Prof. Dr. P ü t z - Halle, Thierarzt L u t h e r-Ziesar,
Bezirksthierarzt a. D. H. P1 e i t n e r-Zweibrücken (Pfalz), Bezirks¬
thierarzt M. Blank- Weiden (Oberpfalz).
Yacanzen.
Krelsthlerarztstelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Stallupocnen (Assistent des Grenzthierarztes.
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. —
R.-B. Kassel: Hiinfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen
(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in
Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Schleswig: Eider*
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B.
Tri er: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztstelien: a)NeuausgeschriebeneStelIen:
Beuthen: 2. Schlachthofthierarzt (2000M., Wohnungsgeld432M.). Bew.
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 350 M. Nebeneinnahme). Bew.
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenztbierarzt
(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magistrat. — Filehne: Schlachthof¬
inspector zum 1. Oct. d. J. Bew. bis 15. März an Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Bern bürg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2. Assistent
des Schlachthofdirectore zum 1. April. — Finsterwalde: Schlacht¬
hofdirector, — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowp: S.cblachtbof-
inspector. — Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April.
— Schlawe (Pommern): Schlachthof-Inspector zum 1. April 1«98.
— Zoppot: Schlachthausverwalter zum 1. April.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Barten stein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
—■ Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt.
— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pol Ino w: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — Rö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher.
— Schwarzenau: (800 M. für Fleischschau). Näheres Magistrat
— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbstdispensirend). Aus¬
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Boitzenburg: Auskunft Graf
Arnim-Boitzenburg. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thier¬
arzt Bolle - Magdeburg (Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). —
Strassburg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis
1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle C o b 1 e n z.
Dan k.
Anlässlich des Todes meines Schwiegervaters, des Professor
Rabe, haben so viele Collegen den Hinterbliebenen Beweise der
Theilnahme gegeben, dass ich bitten muss, den herzlichen Dank
hierfür durch die B. T. W. aussprechen zu dürfen, da mir brief¬
liche Danksagungen in absehbarer Zeit nicht möglich sein würden.
Schmaltz.
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. In*eraIor‘.licil) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag; und Eircnthuin von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenateln. Berlin.
Digitized by CjOOQie
Die „Berliner Thierftntllehe Wochemehrift" eraoheinl
wöchentlich in Starke von mindeiteni 1*/, Bogen. Dieselbe
iet so beiiehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoeiz, Berlin KW, Lulienstrasse . 10 , zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlginalbeitrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. SchmalU,
Berlin, thierärxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Rxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Scljoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 11 . Ausgegeben am 17. März.
I n h a 11: Dralle: Mittheilungon aus der Geburtshülfe. — Teetz: Mittheilungen aus der Praxis. — Augstein:
Uober die neuen Bestrebungen der beamteten Thierärzte zur Verbesserung ihrer Bang-
Stellung. — Frilhjahrssitzung des Vereins schles'i scher Tliierärzte zu Breslau am 27. Februar 1898.
— Tagesgeschiclite: Verschiedenes. — Fleischschau'undViehverkelir. — Personalien. — Vacanzen.
i
Mittheilungen aus der Geburtshilfe.
Von
Dralle-Helmstcdt,
Thierarzt.
Zum Gekrauoh der Gflnther’tohen Schlinge.
In No. 7 der B. T. W. warnt der Herr College Haase-
Hohenmölsen vor der von mir in No. 5 der B. T. W. empfohlenen
Verwendung einer Pflugleine zur Günther’schen Kopfschlinge,
da dieselbe das Mutterthier schwer verletzen könnte. Nach
meiner Ansicht kann der Warnungsruf des Herrn Collegen
Haase nicht in Folge praktischer Erfahrung, sondern nur durch
theoretische Schlussfolgerungen entstanden sein. Jeder Praktiker,
der auch nur ein Mal die Günthe r’sche Schlinge angelegt hat
(mag sie nun glatt oder rund sein), weiss, dass dieselbe auch
beim Durchtritt des Foetus durchs Becken (denn an dieser Stelle
könnte die Gebärmutter resp. Scheide durch die Leine doch nur
verletzt resp. gequetscht werden) nach oben durch das Hinter¬
hauptsbein nnd an den beiden Seiten durch die Hinterkiefer und
Ohren vollständig gedeckt liegt and dass der übrige Verlauf der
Leine auf resp. zwischen den Vorderschenkeln des Kalbes, voraus¬
gesetzt, dass man auf die Führungslinie Acht giebt, auch an
keiner Stelle mit der Gebärmutter oder Scheide in nähere Be¬
rührung kommen kann. AnsserJera hatte ich betont, die Leine
stets gut einzuölen. Warum nun solch runde, eingeölte Leine in
sachkundiger Hand, noch dazu bei vollständig verdeckter Lage
mehr verletzen soll als eine platte, ist mir ein Rftthsel. Ferner
will ich die Leine nachher auch gar nicht mehr desinfleiren, wie
der Herr College Haase zu glauben scheint, da ich dieselbe ja
doch nicht wieder benutze. Wer selbst eine von zusammen¬
gefalteter Leinewand angefertigte Schlinge einmal einige Zeit be¬
nutzt hat, wird mir zugeben, dass dieselbe schwerer fest aozu-
legen ist, recht ball steif wird und besonders nach Anwendung
bei faulen Früchten nur durch gründliches Aoskocben desinficirt
werden kann (eine wohl für die meisten Hausfrauen gerade nicht
angenehme Beschäftigung); und um letzterer Unannehmlichkeit zu
entgehen, sich ein Lager von solchen Schlingen zu halten, ist
doch für einen Thierarzt, der häufiger Geburtshilfe leisten muss,
etwas viel verlangt. Würde eine runde Leine so leicht Ver¬
letzungen hervorrufen, so würden wohl Autoritäten in der Ge¬
burtshilfe, wie Günther, Harms, Frank, Kaiser etc. nicht die
f
Ringschnur empfohlen haben. Ich habe mit meinem Verfahren
bisher recht gute Resultate gehabt und das bequeme und beliebte
Universalmittel „Schlachten“ nur recht selten anwenden
brauchen. — Der Erfolg einer Methode ist massgebend.
1 Prolapsus uterl.
Ursache, Symptome nnd Zurückbringen des Gebärmntter-
vorfhlls sind in der , ,Gebnrtshtilfe des Rindes“ von de Bruin
(Theil der Bayer - Fröhnei’schen Chirurgie) so vorzüglich ge¬
schildert, dass ich dem Nichts hinzufügen kann. Nur auf einige
möchte ich aufmerksam machen.
i)a man nicht immer Alaunlösungen zum Berieseln der Gebär¬
mutter zur Hand hat, so kann ich aus eigener Erfahrnug an¬
dauernde Berieselung mit reinem eiskalten Wasser ohne Zusatz
von Desinficientien, besonders nicht von Creolin, da das lästige
Drängen darnach nur heftiger wird, empfehlen. Nach */« — ^stän¬
digem Begiessen, so viel Zeit kann man sich ohne Gefahr ruhig
dabei nehmen, schrumpft die Gebärmutter so ausserordentlich
zusammen, dass es selbst für den weniger Geübten nicht schwer
wira, den Uterus zu reponiren.
'Im Liegen geht das Reponiren leichter wie im Stehen, da
das'Drängen durch die erhöhte Lage des Hintertheils nicht so
kräftig ist, wie im Stehen, selbst wenn man hier die Kuh, wie
ich 1 als praktisch erprobt habe, von zwei Männern mit einem
stax^en, glatten Stock (Besenstiel) auf dem Rücken kräftig
reiben lässt. — Die erhöhte Lage des Hintertheils herzustellen
ist für den Anfänger auch nicht immer leicht. Ich lasse jeder-
seife zwischen Euter und Schenkel einen Deckengurt, noch
besser einen Schubkarrengnrt, der seiner beiden Oesen wegen
sich vorzüglich anfassen lässt, herziehen und an jeder Seite zwei
Mann anheben, während ein anderer von hinten Strohbunde
unterschiebt. — Man hüte sich aber, die Kuh lange mit stark er¬
höhtem Hintertheil liegen za lassen, besonders wenn man das
Thier in Rückenlage, wie auch empfohlen wird, gebracht hat,
da durch den Druck des Pansens auf Zwerchfell nnd Lunge ein
plötzlicher Tod eintreten kann. — Am bequemsten lässt sich dann
ferner der Uterus reponiren, wenn man ihn auf ein glattes Brett
(Kuchen- oder Speckbrett) legt nnd hinten etwas höher halten
lässt, ein Tuch giebt zu viel durch die Schwere des Uterus nach.
Als sicherstes Mittel, dass der Uterus nach gelungener Repo¬
sition, was manchmal ausserordentliche Kraftanstrengnng er-
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122
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
fordert, nicht wieder vorgestülpt wird, wende ich ein von meinem
Vater seit 1853 aasgeübtes und stets als zuverlässig bewährtes
Verfahren an, welches der Rainard’schen in de Bruin’s Geburts¬
hilfe abgebildeten Methode ähnelt.
Während der Arm des Operateurs in der Gebärmutter ver¬
bleibt, legt ein Gehilfe um die Brust dicht hinter den Schulter¬
blättern recht fest einen Deckengurt, wo solcher nicht vorhanden,
einen Strick, unter den man, wo er den Rückenwirbeln anfliegt,
einige weiche Lappen legt, dann lässt man die Mitte einer Leine,
wie sie beim Pflügen oder Fahren (nicht von Leder) gebräuchlich
ist, um den Gurt oben auf dem Rücken schlingen, so dass die
freien Enden nach hinten gerichtet sind und nimmt beide
Enden selbst in die noch freie Hand und zieht fest auf sich ein;
es wird dann der Gurt stets etwas nachgeben, was später nicht
der Fall sein darf. Wo diese beiden Enden den After berühren,
lässt man sie beide zusammen in einen Knoten schlingen und
zieht dann den Schwanz vor dem Knoten durch die Oese so,
dass der Knoten fest unter der Schwanzwurzel liegt, dann misst
man von diesem Knoten bis zur unteren Commissur der Vulva,
macht wieder einen Knoten, lässt dann das eine Ende der Leine
links zwischen Euter und Hinterschenkel, das andere entsprechend
rechts nach oben an den Deckengurt gehen und festbalten, nun
erst zieht man den Arm schnell aus dem Uterus und beide Scham¬
lippen zwischen den durch die beiden Knoten gebildeten Spalt
der Leine heraus und befestigt jetzt selbst über Kreuz an dem
Punkte, wo die Leine an den Gurt geschleift war, die freien
Enden; dabei brauchen die Enden nur so stark angezogen zu
werden, dass sie straff anliegen, aber nicht kneifen. Es ist ganz
unmöglich, dass ein Thier durch diese Bandage den Uterus wieder
vorstülpt. Ausserdem bereitet diese Methode dem Thiere keine
Schmerzen und hinterlässt auch keine Narben, wie das Ringeln,
was beim eventuellen Verkauf der Kuh immer ein Grund ist für
den Händler den Preis zu drücken. Ich halte das Ringeln,.,wo
doch dieses einfache und schmerzlose Verfahren nie im Stich
lässt, geradezu für Thierquälerei. Hatte der prolapsus schon
einige Stunden bestanden, ehe man dazu kam, so lasse ich nach¬
her, wenn möglich, kleine Eisstücke in die Scheide schieben,
von wo ans sie leicht in den Uterus gleiten, oder mit einer recht
kalten Eichenrindeabkochnng, die wohl überall zu beschaffen ist,
alle zwei Stunden irrigiren, darnach zieht sich der Uterus sehr
schnell zusammen, und es tritt auch keine metritis ein, die sonst
noch nachträglich den Tod veranlassen könnte. Die Bandage
lasse ich gewöhnlich nur 24 Stunden liegen. Wo ein
Lund'scher Trachtenzwinger zu haben ist, kann man ihn an¬
wenden. Nicht empfehlen möchte ich die in Holland gebräuch¬
liche Bandage, da bei starkem Drängen der Uterus vor den
3—4 Stegen hinuntergleitet, wie das ebenso bei dem von Johne
konstruirten Netz der Fall sein kann.
Mittheilungen aus der Praxis.
Von
Teetz-Warin,
Tbiorarzt.
Schlundflstel beim Fohlen.
Bei einem etwa 10 Monate alten in der Druse stehenden
Fohlen des Gutes W. machte sich seit 3 Tagen in der Ohrdrüsen¬
gegend eine leichte Schwellung bemerkbar. (Einreibung mit
Ugt. Canth. 1:4.)
Das Fohlen vermag seit dem 21. December keine Nahrung
mehr aufzunehmen.
Die Schwellung hat sich bedeutend vergrössert und ist fast
weich (nicht fluctuirend) an der tiefsten Stelle.
Die Haut wird dort gespalten und mit dem Finger die Fascie
durchbohrt. Es wird eine grössere Menge äusserst übelriechenden
Futters untermischt mit Eiter entleert. Das vorgehaltene Trink-
wasBer wird begierig aufgenommen, fliesst jedoch aus der Wunde
vollständig wieder ab. Mit dem Finger kann man in das ge¬
öffnete Lumen des Schlundes hineinfassen. Die Schlundwand ist
auf die Hälfte des Umfanges an der Stelle zerstört Durch reich¬
liche Aufnahme von Trinkwasser bewirkt das Fohlen selbst ein
vollständiges Ausspülen der Futtermassen und des Eiters. Es
wird isolirt in einem Stall mit Sandstreu eingestellt, um das
Verzehren von Streu zu vermeiden; es frass während der Unter¬
suchung solche, die aber nur bis zur Oeffnung im Schlund kam
und dort in Ballen stecken blieb.
Am Abend vermag das Thier ein Drittel des. vorgehaltenen
Eimers Buttermilch abzuschlucken, während zwei Drittel durch die
Wunde abfliessen.
Am 23. hat das Fohlen etwa 10 Liter Buttermilch am Vor¬
mittag aufgenommen, aus der Wunde fliessen nur wenige Tropfen
ab. Am Nachmittag wird eine zweite Oeffnung oberhalb des
Brustkinnbackenrauskels gemacht und unter demselben hemm ein
Drainrohr gelegt, um der Verjauchung zu begegnen. Am 24. ist
das Befinden des Thieres besser, jedoch fliesst etwas mehr Butter¬
milch aus der Oeffnung ab.
Der Drain wird am 29. herausgenommen. Die Schwellung ist
vollständig geschwunden, ans der unteren Oeffnung entleert sich
jedoch noch etwas Buttermilch.
Bei einer erneuten Untersuchung am 5. Januar zeigt sich
in der Drosselrinne etwa 7 cm caudal von der zweiten Wunde
eine neue fluctuirende Geschwulst. Nach Oeffnung derselben wird
reiner gelblich weisser nicht übelriechender Eiter entleert. Mit
dem Finger gelangt man in einen Kanal, dessen Ende man nicht
erreichen kann, der aber anscheinend in die Gegend hinter die
Trachea oder den Schlundkopf fuhrt.
Am 10. Januar erschien der Befund ungünstiger. Das Fohlefl
hatte heut die Milch nur zögernd aufgenommen. Geringes Röcheln
beim Athmen. Nur die zuerst geschnittene Wunde ist noch offen.
Aus den breiten Nüstern fliesst übelriechender schleimiger Eiter ab.
Befinden übrigens munter. Futter: Buttermilch, Heu, Hafer.
Drei Mal täglich zwei Spritzen voll Creolinwasser in die
Fistel.
Inhalation von Creolinwasserdämpfen.
Am 29. Januar zeigte sich das Fohlen vollkommen gesund.
Gleichzeitige Erkrankung von vier Pferden eines Gespannes.
Der Erbpächter B. in Qualitz bei Bützow hatte bei reich¬
licher Fütterung seine sämmtlichen vier gut genährten Pferde im
Alter von 5, 6, 8 und 10 Jahren drei Tage lang hintereinander
im Stalle stehen lassen. Als er am vierten Tage (29. Nov.) mit
diesem Gespann bei sehr schlechtem Wetter (halb Schnee, halb
Regen bei starkem Wind) ein Fuder Duog nach dem Acker
fahren will, erkranken gleichzeitig, etwa 10 Minuten, nachdem die
Thiere ans dem Stall sind, alle vier Pferde, sodass drei davon
nur mit grosser Mühe wieder in den Stall gebracht werden können.
Die Untersuchung vier Stunden nach Eintritt der Erkrankung
ergab Lumbago bei dem fünf-, sechs- und achtjährigen Pferde,
Hufrhehe bei dem zehnjährigen.
Es ist dieser Fall ein weiterer Beweis dafür, dass Lumbago
und Hufrhehe dieselben Ursachen haben können.
Ueber die neuen Bestrebungen der beamteten
Tierärzte zur Verbesserung ihrer Rangstellung. *)
Von
Dr. Augstein- Orteisburg,
Grenztierarzt.
Endlich scheint die gewiss von allen deutschen Tierärzten
sehnlichst herbeigewünschte Zeit herangekommen zu sein, in
*) Im Begriffe, den obigen Artikel an die Redaktion ab¬
zusenden, gelangte ich in den Besitz der No. 10 der diesjährige
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17. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
123
welcher an der unpassenden Rangstellung der beamteten Tier¬
ärzte gerüttelt werden soll, nnd das Vorgehen der beamteten
Tierärzte der Provinz Brandenburg (B. T. W. 1897, No. 52) und
der Provinz Schleswig-Holstein (B. T. W. 1898, No. 1), vor
Allem aber das energische Eingreifen deijenigen der Provinz
Sachsen (Flugschrift des Herrn Collegen Lieben er-Delitzsch
vom 26. Februar 1898) scheinen zu gewährleisten, dass schon die
nächste, für den Mai er. in Aussicht genommene Plenarversammlung
der Centralvertretung der Tierärztlichen Vereine Preussens ge¬
zwungen sein wird, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
Mit Spannung habe ich daher darauf gewartet, dass viel¬
leicht eine berufenere und vor Allem gewandtere Feder, als die
meinige, bei der durch den Herrn Collegen Bermbach (B. T.
W. 1898, No. 1) in Anregung gebrachten „ruhigen Discussion
dieser Angelegenheit in der Fachpresse“ zufällig auch meine von
den Beschlüssen der Brandenburger und Sächsischen Herrn
Collegen erheblich abweichende Ansicht vertreten und verteidigen
würde.
Da dieses aber bisher nicht erfolgt ist, und die Zeit nun
drängt, so sehe ich mich doch genötigt, selber meine Stellung¬
nahme zu der Frage — wenn auch nur in kurzen Umrissen —
der öffentlichen Beurteilung zu unterbreiten und muss dabei die
Bitte anssprechen, dass man es meiner dienstlichen Inanspruch¬
nahme zu8ckreiben möge, wenn ich nicht Zeit fand, das Thema
vorher so gründlich und sachgemäss durchzuarbeiten, wie es seine
Wichtigkeit eigentlich zu fordern hätte.
Zunächst will ich nur flüchtig bemerken, dass bei den Reforrn-
bestrebungen der eingangs genannten drei Vereinigungen meiner
Ansicht nach die Geldfrage so sehr in den Vordergrund gestellt
worden ist, dass sie als gefährlicher Hebel für unsere Gegner
gebraucht werden kann, und ohne Zweifel auch ge¬
braucht werden wird. Nur vorsichtig, dürfen wir pecuniäre
Fragen mit der Bemühung um eine Rangaufbesserung verbinden,
hören wir doch immer wieder von massgebender Stelle — ich
will nur auf die vor etwa 2 Jahren von dem Herrn Landwirt-
schaftsminister gegebene Antwort nach der Interpellation des
Herrn v. Klitzing im Herrenhause hinweisen — den Bescheid,
dass man dem Wunsche nach einer fortschreitenden
Verbesserung der Stellung der beamteten Tierärzte
und nach einer Pensionsberechtigung derselben
durchaus sympathisch gegenüberstehe, dass aber bei der
Verbesserung ihrer Besoldung auch der Herr Finanz¬
minister ein entscheidendes Wort mitzusprechen habe.
Wozu sollen wir uns also bei unserem neuen Ansturm mit
dem unter No. 1 der Liebener’schen Flugschrift aufgeführten
Ballast beschweren, wenn wir befürchten müssen, dass er uns
straucheln machen könnte.
Der Zuschuss von 400—900 M. jährlich kann als Existenz¬
frage für den beamteten Tierarzt nicht betrachtet werden, und
ich bin sicher, dass alle Herrn Collegen sogar sehr gerne auf
ihn verzichten, wenn sie sich vergegenwärtigen, dass sie dadurch
das Haupthindernis für die ihnen viel wichtigere Erlangung einer
Zeitgemässen sozialen Stellung beseitigen können.
B. T. W. und durch dieselbe zur Kenntnis von dem selbständigen
Vorgehen der Brandenburger Herrn Collegen.
So sehr ich die Emanzipation dieser Herren als Zeichen einer
beginnenden Zersplitterung unserer bisher so vorzüglich funk¬
tionierenden Standesvertretung bedaure, so sehr war ich erfreut,
dass in ihrer Eingabe die in diesem Artikel behandelte Frage so
vorsichtig vorgebracht worden ist, dass ich mir von dem Vorgehen
der übrigen Herrn beamteten Collegen, die hoffentlich gemeinsam,
und ohne Uebergehung ihrer Centralvertretung handeln werden, immer
noch einen Erfolg im Sinne meiner Abhandlung verspreche.
Dr. Augstein.
Aus Gründen der Klugheit erachte ich es daher für geboten,
bei unseren Reformbestrebungen die Geldfrage nur in Gestalt
der Forderung einer Pensionsberechtigung für Kreisthierärzte
anzuschneiden, und im Uebrigen unsere ganze Kraft für das
Hauptziel einzusetzen, nämlich für unsere endliche Einrangierung
in eine unserer Vorbildung und unserer Thätigkeit angemessene
Gesellschaftsklasse.
Bei der Verfolgung dieses Zieles erscheint mir aber allzu¬
grosse Bescheidenheit um so weniger angebracht zu sein, als wir
die Ueberzeugung hegen dürfen, dass wir gerade nach dieser
Richtung hin in den Vertretern der Landwirtschaft mächtige
Bundesgenossen finden werden. Für sie ist die Leistungsfähig¬
keit der Veterinärpolizei eine gleiche Lebensfrage, wie es für
uns das Gedeihen der Landwirtschaft ist, und eine Hebung des
Ansehens deijenigen Personen, welche die Veterinärpolizei aus¬
üben, liegt daher nicht zum wenigsten auch in ihrem Interesse.
Nun leiden aber meiner Ansicht nach gerade die auf unsere
Stellungsaufbesserung gerichteten Bestrebungen der Sächsischen
und Brandenburger Herrn Collegen an allzugrosser Bescheiden¬
heit, und dieses ist der Grund, welcher mich in erster Reihe zu
meinen heutigen Ausführungen veranlasst hat.
Als im Jahre 1878 die Primanerreife für das Studium der
Tierheilkunde gefordert wurde, wäre es an der Zeit gewesen,
eine Versetzung in die VI. Rangklasse zu erstreben, steht diese
Klasse doch seit jeher mit Ausnahme der beamteten Tierärzte
allen Beamten offen, die mit dem Zeugniss für Prima in ihren
Beruf eingetreten sind, und von denen nicht einmal eine Wissen¬
schaftliche Fachbildung gefordert wird, wie von uns.
Seit der im Jahre 1887 bewilligten Hochschulverfassung
unserer Bildungsanstalten mussten wir aber, zusammen mit
unseren Bemühungen zur Erlangung der Maturitasfordernng für
unser Fachstudium, schon ein ganz anderes Ziel ins Ange
fassen.
Oder waren es nur fade Schlagwörter, mit denen der neu¬
gebackene „Student einer Hochschule“ und alle seine Nachfolger
bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit zum „Aus¬
treiben der subalternen Seele aus den Räumen der veralteten
Tierarzneischule“ aufgefordert wurden, mit denen ihnen immer
wieder „ihre nunmehrige feste Stellung in der academischen
Welt“ und die „Selbstständigkeit und Gleichberechtigung ihrer
Wissenschaft mit anderen Facultäten“ vor Augen geführt
wurden und durch die sie sich zu Vertretern einer „voll¬
berechtigten Schwesterwissenschaft der humanen Medizin“
stempeln Hessen.
Jedenfalls sind sie von uns als solche nicht aufgefasst worden,
beweist doch das trotz aller Niederlagen unermüdliche Anstürmen
unserer jetzigen Standesvertreter zur endlichen Erlangung der
Maturitas hinreichend, wie brennend der Wunsch nach Beseitigung
auch der letzten Schranke geworden, welche uns von der voll¬
inhaltlichen Erfüllung jener Verheissungen noch immer zu trennen
scheint.
Und wenn diese Trennung heute auch nur noch dem Scheine
nach vorhanden ist und höchstens von Nörglern zu Geltung zu
bringen versucht werden könnte — ich brauche wohl kaum zu
betonen, dass ein grosser Teil unserer heutigen Standesvertreter
das Abiturientenzeugnis besitzt, dass andrerseits aber die zwischen
der Primanerreife und der Maturitas klaffende Lücke seit mehr
denn einem Jahrzehnt sicher und fest überbrückt wird durch eine
Erhöhung der Anforderungen und eine sorgfältige Sichtung der
Personen bei den Fachprüfungen — und wenn weiter der
practische Erfolg auch zeigt, dass es nur ausnahmsweise einem
Collegen nicht gelingt, einen Anschluss und eine vollgiltige
gesellschaftliche Anerkennung bei den anderen Academicern seines
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124
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Ko. 11.
Berufskreises zu gewinnen, so lässt der Umstand, dass viele
Collegen unter oft recht bedeutenden Opfern durch Erwerbung
eines Reserveoffizierpatentes oder des Doktorhutes jene Schranke
gewissermassen zu umgehen versuchen, doch erkennen, dass in
gewissen Gegenden trotz Allem und Allem mit ihr gerechnet
werden muss.
Und jetzt, wo wir fast täglich dem Fallen dieser letzten
Schranke mit Zuversicht entgegensehen dürfen, wollen wir uns
selbst eine neue, viel bedenklichere und ungleich mehr in die
Augen springende dadurch ei richten, dass wir unsere Ver¬
setzung in die VI. Rangklasse, in die Stellung der Snbalternbeamten
erbitten?
Mit welchem Rechte wollen wir die Maturitas fordern, wenn
wir uns selbst so niedrig einschätzen?
Ich fürchte fast, dass der Wunsch zur Erlangung der etwas
höheren Tagegelder und Reisekosten der VI. Rangklasse sich
hinreissen Hess, auch Vater des unseligen Gedankens einer
directen Versetzung in diese Klasse zu werden, und dass die
Hoffnung auf eine Vermehrung der Einnahmen vergessen liess,
dass wir doch in erster Liuie an einer Verbesserung unserer
Stellung zu arbeiten haben.
Auf keinen Fall erscheint mir die Verfechtung der Nr. 2 der
Li ebener’schen Flugschrift und der Nr. 5 der Brandenburger
Resolution ein würdiges Arbeitsfeld für die Centralvertretnng
zu sein.
Hat man es zur rechten Zeit vergessen, uns in die VI.
Rangstufe aufrücken zu lassen, nun gut, wir hahens auch so
vorwärts bringen können, jedenfalls können wir jetzt meiner
Meinung nach gerne auf ein solches Geschenk verzichten
Gerade der Umstand, dass wir in der VIII. Rangklasse ver¬
gessen wurden, hat dem jetzigen Beamteten Tierarzt Gelegen¬
heit gegeben, die gesellschaftliche Höhe zu erklimmen, welche
er heute einnimmt.
Jeder mit einem einigermassen normal functionierenden Ge¬
hirne ausgestattete Mensch wird bei der Besprechung von Rang¬
stellungen davon Abstand nehmen, den Beamteten Tierarzt der
Jetztzeit auf gleiche Stufe mit etwa einem Gendarm zu stellen,
und sollte es — wie solches in der Sitzung der Brandenburger
Herrn Collegen hervorgehoben wurde — wirklich einmal vor¬
gekommen sein, dass ein Kreistierarzt zu den Unterbeamten ge¬
wiesen wurde, so konnte derselbe, vorausgesetzt dass er nicht
etwa durch provocatorisches Wesen selbst jenes Missgeschick
herbeiführte, kalt lächelnd darüber hinwegsehen und sicher sein,
dass er dabei auch alle wirklich gebildeten Leute als Lacher
auf seiner Seite gehabt hätte.
Schwieriger, als aus dem Nonsens der VIII. Rangklasse
heraus, wäre es dem Kreistierarzt schon geworden, wenn er, mit
der Würde eines Beamten der VI. Klasse bekleidet, den Versuch
gemacht hätte, in den academisch gebildeten Kreisen heimats¬
berechtigt zu werden, aber ich bin überzeugt, dass es ihm ver¬
möge seiner heutigen allgemeinen Bildung doch gelungen wäre,
allmählig den subalternen Character seiner Rangstellung zu ver¬
wischen, wenn seine Rangzuteilung in die Zeit vor der Inauguration
unserer Bildungsanstalten gefallen wäre.
Wie anders liegen für ihn aber die Verhältnisse, wenn er
jetzt am Ende des 19. Jahrhunderts, und lange nachdem die
Rossärzte sich die Stellung der „Höheren Militärbeamten“, die
Schlachthausleiter diejenige der „Höheren Städtischen Beamten“
errungen haben, aus seiner selbstgescliaffenen Stellung inmitten
der höheren Staatsbeamten heraus offiziell und gar noch auf
seine eigene Bitte hin in die SubalternbeamtenBtellung zurück¬
geschleudert würde.
Bei sachlicher Ueberlegung wird eine solche Rangzuteilung
jeder Beamtete Tierarzt als eine Erniedrigung, ich möchte fast
sagen als einen Schlag ins Gesicht empfinden müssen, und er wird
sich nicht verhehlen können, dass, wenn ihm unter den heutigen
Verhältnissen, wo die Bedeutung der Veterinärpolizei überall
eine volle Würdigung findet, öffentlich der Stempel seiner
nur subalternen Bedeutung aufgedrückt wird, er dadurch einen
Hemmschuh erhält, den Generationen kaum werden abschütteln
können; braucht er sich doch nur daran zu erinnern, dass unsere
letzte Rangzuteilung trotz des ans Fabelhafte grenzenden Auf¬
schwunges unserer Wissenschaft ein Dreivierteljahrhundert über¬
dauert hat.
Wollen wir also unsere Forderung der Maturitas aufrecht
erhalten und fühlen wir nns wirklich wissenschaftlich gleich¬
stehend mit den Vertretern der anderen auf wissenschaftlicher
Basis stehenden Beamtenstellnngen (Kreisphysicer, Kreisbau¬
inspectoren, Kreisschulinspectoren u. a. m.), so müssen wir
consequenter Weise auch die sociale Gleichberechtigung mit
denselben nach Kräften zu erstreben suchen und einmütig die
Erklärung abgeben,
dass nur die V. Rangklasse unserer Stellung angemessen ist,
und ein gedeihliches Wirken unserer beamteten Standes¬
vertreter gewährleisten kann.
Ob wir aber heute schon diese „Erklärung“ auch zur „Forde¬
rung“ erheben sollen und können, liegt nicht im Rahmen meiner
heutigen Betrachtungen, vielleicht wild es gut sein. damit bis
zur thatsächlichen Einführung des Abiturientenexamens zu warten,
mir lag nur daran, die Gefahren, welche uns bei einer evtl.
Einrangierung in die VI. Rangklasse drohen, ins rechte Licht zu
stellen und die Herren Collegen um Abstandnahme von etwaigen
dahin gerichteten Bestrebungen zu bitten.
Ich bin mir auch keinen Augenblick darüber im Zweifel ge¬
wesen, dass die von mir erhoffte Zuteilung der Beamteten Tier¬
ärzte zur V. Rangklasse noch recht lange auf sich warten lassen
wird, sobald wir den Versuch machen wollten, zusammen mit
unserer Standeserhebung auch die pecuniären Vorteile der
V. Rangklasse zu erstreben. Die gleichzeitige entsprechende
Erhöhung der Tagegelder und Reisekosten darf meiner Ansicht
nach nicht nur nicht gefordert, sondern auf sie müsste vielmehr
bei Einbringung unserer Petition geradezu und ausdrücklich ver¬
zichtet werden. Nur so können wir eine geringe Hoffnung
auf Erfüllung unseres im ersten Augenblicke vielleicht etwas
kühn erscheinenden Wunsches setzen.
Ich bin aber noch nicht am Ende.
Was den Kreistierärzten recht ist, ist den Departements¬
tierärzten billig.
Die jetzige Zugehörigkeit derselben zur V. Rangklasse
entsprach zwar ihrer früheren ausschliesslichen Verwendung, wo
sie nicht sowohl verantwortliche Beiräte der Regierungspräsidenten,
als vielmehr Hülfsarbeiter der Tierärztlichen Decernenten waren,
und sie mag beibehalten werden, wo eine solche Verwendung
auch heute noch stattfindet.
An den meisten Preussischen Regierungen sind inzwischen
aber die Verhältnisse erheblich andere geworden.
Den Departementstierärzten sind die Decernate anvertraut
worden, und ihre Arbeit, vor Allem aber ihre Verantwortung ist
durchaus conforni derjenigen aller Technischen Decernenten der
anderen academischen Berufskreise bei den Regierungen (Medizinal-,
Bau-, Schul-, Forst- etc. -räte).
In ihrer jetzigen, den jüngsten Assessoren gleichen Stellung,
befinden sie sich aber schlechterdings nicht, wie die anderen
Decernenten, immer in der Lage, rückhaltlos und durchgreifend
für das einzutreten, was sie als erspriesslich fiir die im Rahmen
ihrer Decernate arbeitenden Beamten erkannt haben, ihre jetzige
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17. März 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
125
Rangstellung erschwert also nicht nur ihnen selbst den Dienst,
sondern sie wirkt auch nachteilig auf den gesamten tierärztlichen
Stand, und wird es daher mit Aufgabe der Centralvertretung sein,
auch den als Decernenten beschäftigten Departementstierärzten
zur Erlangung einer ihrer Verwendung angemessenen Rang¬
stellung, nämlich der IV., behilflich zu sein.
Frühjahrs-Sitzung
des Vereins schlesischer Thierärzte zu Breslau
am 27. Februar 1898.
Auf der Tagesordnung standen folgende Punkte:
1. Geschäftliche Mittheilungen.
2. Abänderung der Statuten (betr. Ehrenrath).
3. Die Einführung der allgemeinen Fleischschau, insbesondere
die Betheiligung der practischen Thierärzte an derselben.
Referenten: Thierarzt Siemssen-Krappitz, Kreisthierarzt Graul-
Oppeln.
4. Zur Reform der Stellung der Kreisthierärzte.
Referenten: Kreisthierarzt Gückel-Münsterberg, Kreis¬
thierarzt Dr. Marks-Ohlau.
Anwesend waren 4 4 Kollegen, darunter 7 Gäste. Der Vor¬
sitzende, Dr. Arndt, eröffnete die Sitzung um 11 V a Uhr.
Neu aufgenommen werden in den Verein die Collegen
Keller-Glogau, Matschke-Zülz, Siemssen-Krappitz, Spor-
leder-Breslau.
Ihren Austritt angemeldet haben die Herren Becker-Guhrau
und Kampmann-Wiesbaden.
Es gelangt ein Schreiben des Collegen Hentschel-Oels zur
Verlesung, welches die Anfrage enthält, unter welchen Voraus¬
setzungen eine Fusion des „Vereins schlesischer Schlachthof¬
thierärzte“ mit dem „Verein schlesischer Thierärzte“ stattfinden
könne. Nach kurzer Debatte wird College Schilling-Breslau
delegirt, mit dem Verein schlesischer Schlachthofthierärzte auf
Grund der Statuten, speciell der Paragraphen über Gruppen¬
bildung, in vorbereitende Unterhandlungen einzutreten.
Die Frage eines Zuschusses zu den Kosten des 1899 in
Baden - Baden stattündenden nächsten internationalen thier¬
ärztlichen Congresses soll in der nächsten Vereinssitzung erledigt
werden.
Zu Punkt 2 skizzirt Dr. Arndt zur Orientirung der der
vorigen Versammlung fern gebliebenen Mitglieder kurz die Vor¬
gänge im Verein, welche Veranlassung zu dem bekannten
Ministerial-Erlass gegeben haben, nach welchem beamteten Thier¬
ärzten die Zugehörigkeit zu Vereinen untersagt wird, in deren
Statuten sich Bestimmungen über einen sogenannten Ehrenrath
befinden. Er, Redner, habe die Versammlung schon jetzt an¬
beraumt, um einen dabin gehenden Beschluss des Vereins resp.
der beamteten Thierärzte dem Regieiungs-Präsidenten zu dem
von demselben geforderten Termin, dem 1. März einreichen zu
können. Er stehe ganz auf dem Standpunkt der Ausführungen
von Prof. Schmaltz in No. 6 der B. T. W. und beantrage
gänzliches Fallenlassen der Ehrenraths-Statuten. Nach kurzer
Debattte wird der Antrag angenommen und der Vorstand
beauftragt, eine diesbezügliche Mittheilung an den Herrn
Regierungs-Präsidenten gelangen zu lassen.
Zu Punkt 3 der Tagesordnung spricht der Vorsitzende einige
Worte. Die allgemeine Fleischschau sei im Bezirk Oppeln seit
einiger Zeit im Gange, die Ausführungen eines selbst die
Fleiscbschau im Bezirk ausübenden Collegen, sowie eines
beamteten Thierarztes von dort würden auch zur Zeit noch will¬
kommen sein, wo die Ausdehnung der Fleischschau auf
ganz Schlesien ungefähr in dem Sinne der Oppelner Ver¬
fügung bereits ihre Genehmigung bei den zuständigen Instanzen
erhalten habe. — College Siemssen spricht darauf von
seinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen. Im Oppelner
Bezirk seien zur Zeit 14 Thierärzte und 395 Laienfleischbeschauer
mit der Ausführung der Beschau beschäftigt. Letztere seien
unbedingte Nothwendigkeit, da bei der geringen Anzahl von Thier¬
ärzten die Beschau sonst viel zu theuer werden müsste. Ihre
Befugnisse in der Beurtheilung und Zulassung des Fleisches
dürften nicht zu eng gezogen werden, da andernfalls die Thier¬
ärzte unnütz viel zu viel zugezogen würden. Die Haus¬
schlachtungen, ausgenommen natürlich Nothschlachtungen, könnten
ihnen z. B. ganz zugewiesen werden; die Gefahr hierbei wäre
besonders gering, da meist doch tadellose Waare geschlachtet
würde. Die betheiligten Thierärzte müssten sehr auf der Hut sein,
dass sie sich den Laienfleischbeschauern gegenüber keine Blösse
gäben. Die Betheiligung der Thierärzte an der Beschau sei kein
Hinderniss für die Privatpraxis, da vorherige sechsstündige An¬
meldung verlangt werde. Lukrativ wäre die Sache sicher. Ein
Uebelstand, der aber mit in Kauf genommen werden müsste,
wäre die Trichinenschau; man müsse den Weg zweimal, zur
Entnahme der Proben und zur Abstempelung, machen. Denn
mit dem Mikroskop unter dem Arm, wie die Trichinenschauer,
könne man aus Anstandsgründen nicht gehen. Ein Mangel sei
das Fehlen von Vorschriften über Errichtung von Freibänken;
ohne Freibänke käme das minderwerthige Fleisch doch als voll in
Verkehr. Die Communen, besonders kleinerer Städte, die den
meisten Vortheil von einer derartigen Beschau hätten, da sie die
theueren Schlachthäuser sparten, müssten zur Errichtung von Frei¬
bänken anzuhalten sein.
Kreisthierarzt Graul als Correferent fühlt Folgendes aus:
An Personal für Laienfleischbeschauer sei kein Mangel; es wäre
opportun, möglichst die derzeitigen Trichinenschauer zu Fleisch¬
beschauern heranzubilden. Zur Ausbildung seien die mittleren
Schlachthäuser zu wählen, da die kleinen nicht genügeud
Material hätten; bezüglich der grossen habe er keine Erfahrung
Die Dauer des Cursus sei auf 6 Wochen zu bemessen bei täg¬
lichem Unterricht. Prüfung und Nachprüfung müssten der
Einheitlichkeit der Ausbildung halber vom Departementsthierarzt
vorgenommen werden. (Dr. Arndt bemerkt hierzu, dass nach
dem neuen Entwurf für die Provinz Schlesien diese Funktionen
den Kreisthierärzten zufallen würden). Für den Unterricht
empfehle er den Fischoeder’schen Leitfaden. Bei den kleineren
Anleitungen kämen die Leute zu leicht in die Gefahr, Frage und
Antwort schematisch auswendig zu erlernen, ohne den Sinn zu
erfassen. Den Beschauern seien möglichst hohe Einnahmen zu¬
zuweisen, damit sie vom Publikum unabhängig würden. Die
Competenz bei Nothschlachtungen, für Verwerfen oder Minder-
werthig-Erklären ganzer Thiere sei ihnen nicht zuzugestehen. Für
einen räumlich begrenzten Bezirk dürfte nur ein Fleischbeschauer
zuständig sein, freie Wahl des Interessenten bezüglich des
Fleischbeschauers führe zu gegenseitigem Unterbieten und setze
den Werth der Beschau gänzlich herunter. Die Vertretung
müsste principiell durch die Beschauer der Nachbarbezirke aus¬
geübt werden, ein eigener Vertreter im Bezirk verdiene zu wenig.
Die Kreisthierärzte sollten die Beschau nicht selbst ausüben, da¬
mit ihre Stellung als Obergutachter gewahrt bleibe. In grösseren
Bezirken seien Freibänke nothwendig, da die Polizei sonst keine
Controlle über den Verbleib minderwertigen Fleisches habe.
An der anschliessenden kurzen Discussion betheiligen sich
die Herren Dr. Arndt, Matschke, Scharmer, Pflanz.
Zu Punkt 4 der Tagesordnung, „Zur Reform der Stellung
der Kreisthierärzte“ nimmt Gückel-Münsterberg das Wort
zu folgendem Vortrag:
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Meine „Skizze zu einer Reform des preussischen Civil-
Veterinärwesens“ setze ick durch die Veröffentlichung in No. 49
der B. T. W. von 1895 als bekannt voraus und gestatte mir
nur einige Ergänzungen hierzu.
Meine damalige Arbeit zerfällt in 3 Theile und betrifft im
1. Theile die Organisation des Veterinärwesens im 2. Theile die
Erhebung der Kreistbierärzte zu unmittelbaren Staatsbeamten und
im 3. Theile deren Pensionsberechtigung.
Von meinem 1. Theile genannter Arbeit wurde nur meine
Auffassung über die practische Vorbildung des Kreisthierarzt-
Kandidaten als undurchführbar u. s. w. bemängelt.
In meinem 2. Theile bin ich auf grösseren Widerspruch ge-
stossen, aus welchem ich jedoch ersehen habe, dass man in meinem
Referat nicht berücksichtigt hat, dass erst die in Zukunft
anzustellenden Kreisthierärzte vollbeschäftigte, pensionsberechtigte,
unmittelbare Staatsbeamte werden sollen. Ich erachte also ein
UebergangB8tadinm für nothwendig.
Auf diesem Standpunkte verharre ich auch gegenwärtig.
Ich gestatte mir zunächst einen Umstand zu erwähnen, der
bisher in den gegnerischen Auffassungen, wenn ich nicht irre,
nirgendwo gewürdigt worden ist, nämlich die materielle Stellung
der Kreisthierärzte im Vergleich zu der der Departements¬
thierärzte.
Wir haben es wohl alle als einen Fortschritt begrtisst, dass
die Departementsthierärzte nach und nach zu festangestellten,
vollbeschäftigten und pensionsberechtigten, unmittelbaren Staats¬
beamten erhoben werden. Dass die materiellen Erfolge bei der
Neugestaltung der Departements-Thierarztstellen für die Stellen¬
inhaber besonders verlockend seien, will ich indessen nicht zu
behaupten wagen; aber dieselben sind pensionsberechtigt, was
nicht zu unterschätzen ist.
Das, was man nun für die Departementsthierärzte so freudig
ersehnt und begrüsst hat, soll nun nach mehrfachen, in der
Presse kundgegebenen Aeusserungen für die Kreistbierärzte nicht
als erstrebenswerthes Ziel betrachtet werden. Die Kreistbierärzte
sollen vielmehr in ihrem gegenwärtigen Verhältnisse als mittel¬
bare Staatsbeamte verbleiben, sie sollen Privatpraxis treiben
dürfen, höheren Rang, besseres Gehalt, Wohnungsgeldzuschuss,
höhere Tagegelder und Reisekosten und endlich eine Pension
erhalten.
Man will also die beamteten Civil-Veterinäre in unmittelbare
Staatsbeamte, das sind die Departementsthierärzte, mit nicht
übermässigen aber festen Einkünften, und in mittelbare Staats¬
beamte, das sind die Kreisthierärzte, mit im Allgemeinen günstigeren
Einkünften eintheilen.
Durch Erfüllung der z. Z. von uns Kreisthierärzten ge¬
stellten Ansprüche muss eine sehr erhebliche Verschiedenheit in
den Verhältnissen der beamteten Thierärzte eintreten.
Die Departementsthierärzte erhalten bei grosser Verantwort¬
lichkeit, schwieriger Stellung und reicher Arbeitsthätigkeit ein
z. Z. bescheidenes, festes aber pensionsberechtigtes Einkommen.
Die Nebeneinkünfte werden in den meisten Fällen nicht erheblich
sein. Die Kreisthierärzte hingegen — wir können doch wohl
mindestens sagen, in weDiger schwieriger Lage — ein besseres
Einkommen mit mehr oder weniger besseren Nebeneinkünften.
Unter solchen Umständen soll es mich wirklich Wunder
nehmen, wen es dann noch gelüsten wird, Departementsthierarzt
werden zu wollen. Die materiellen Erfolge sind hierzu nicht
lockend genug. Nur ideale Gründe können es dann sein, die
nach solchen Stellen drängen. Im Allgemeinen aber wird man
lieber nach den besser dotirten Kreisthierarztstellen greifen und
in diesen Stellen zu bleiben suchen.
Die Consequenz hieraus würde die sein, dass wiederum die
Departementsthierärzte begründete Ansprüche auf Gehalts¬
aufbesserung zu erheben berechtigt wären.
Sollte der Herr Minister wirklich geneigt sein, zweierlei
beamtete Thierärzte zu schaffen, unmittelbare und mittelbare
Staatsbeamte? — Unmöglich!
Sollte die Umwandlung der Departementsthierarzt-Stellen zu
unmittelbaren Beamteustellen nicht als ein Fingerzeig zu be¬
trachten sein, dass das Ministerium in Zukunft die Kreis¬
thierärzte ebenfalls zu unmittelbaren Staatsbeamten umzugestalten
denkt?
Wozu auch eine derartige Verschiedenheit unter den be¬
amteten Thierärzten? Wenn der Departementsthierarzt voll-
beschäftigter unmittelbarer Staatsbeamter ist, weshalb soll der
Kreisthierarzt nicht dieselben Rechte und Pflichten haben.
Will man zweierlei beamtete Thierärzte schaffen — unmittel¬
bare und mittelbare Staatsbeamte — dann wird die Unzufrieden¬
heit nie aufhören und diesem Zustande müsste im Staatsinteresse
so schnell wie möglich ein Ende gemacht werden.
Durch die Beibehaltung des gegenwärtigen Gehaltsraodus
wird ferner die Ungleichheit in den Einkünften der verschiedenen
Kreisthierarztstellen nicht beseitigt. Bei der ohnehin z. Z. be¬
stehenden ausserordentlichen Verschiedenheit in den Einkünften
sollen die Stellen, die ein reichliches Einkommen mit sich bringen,
noch besser dotirt werden. Dazu liegt doch wahrlich keine Ver¬
anlassung vor.
Wenn in den guten Kreisthierarzt-Stellen mehr Arbeits¬
thätigkeit in amtlicher Beziehung gefordert wird als in den
schlechten Stellen, dann können ja die ersteren Kreise gethcilt
und die letzteren vergrössert werden. Das wäre ausgleichende
Gerechtigkeit, und so lange nicht eine Gleichmässigkeit der Ein¬
künfte in den einzelnen Kreisthierarztstellen herbeigeführt ist, so
lange kann ich mich nicht für Beibehaltung der gegenwärtigen
Einkommenbezüge und deren Erhöhung erwärmen. Die liebe
Sonne kann auf alle Kreisthierärzte gleichmässig ihre erwärmenden
Strahlen ausstreuen.
Der gegenwärtige Modus des Einkommenbezuges bringt die
Kreisthierärzte auch vielfach in recht üble Lage, z. B. bei allen
landwirtschaftlichen Prämiirungen, wo dieselben mit ihrem Gut¬
achten nicht mit der Ansicht des Besitzers — vielleicht eines
Kunden aus der Privatpraxis — übereinstimmeu. Diese Leute
ersuchen den Kreisthierarzt daun nur noch in äusserst dringenden
Fällen um seinen Rath. Diese üble Erfahrung ist vielleicht auch
der Grund, das sich verhältnissmässig wenig Kreistbierärzte nm
die Theilnahme an landwirihschaftlichen Veranstaltungen bemühen,
und diese üble Erfahrung wird in den Stellen am meisten ge¬
macht, in denen der Schwerpunkt des Einkommenerwerbes in der
Privatpraxis liegt.
Ich erinnere ferner an alle Straf- und Processsachen und an
alle dienstlichen Obliegenheiten, wo die dem Einzelnen auf¬
gegebenen zeitweisen oder dauernden Unbequemlichkeiten ge¬
wöhnlich dem Kreisthierarzt zur Last gelegt werden. Wie an¬
genehm muss es dann für einen Kreisthierarzt sein, der der
Privatpraxis nicht unbedingt bedarf.
Ob nun der Kreisthierarzt eine volle oder facultative Praxis
treiben und ob der Tbierarzt, der das Fähigkeitszeugniss zur An¬
stellung als beamteter Thierarzt erworben hat, nach meiner An¬
nahme eine praktische Durchbildung erfahren soll, will ich hier
nicht zur Debatte stellen, da diese Fragen zum Theile ihre Er¬
ledigung finden mit der Entscheidung darüber, ob die Kreisthier¬
ärzte unmittelbare Staatsbeamte werden sollen. Wenn dieser
Fall eintritt, so wird sich der Herr Minister auch bestimmt Vor¬
behalten, einen Anwärter hinzuschicken, wohin er Lust hat, dann
wäre glücklich mit dem derzeitigen Anstellungs-Modus gebrochen.
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17. März 1898. BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 127
Endlich möchte ich hinsichtlich des Gehalts-Modus noch an
die Bemühungen des Deutschen Veterinärrat lies erinnern, nach
welchem znm Studium der Thierbeilkunde das Maturitätszeugniss
gefordert werden soll. Diese Frage beschäftigt bereits seit
Jahren den Deutschen Veterinärraih und alle thierärztlichen Ge¬
müter. Diese Bemühungen scheinen mir auch für die gegen¬
wärtigen Bestrebungen der Kreisthierärzte von wesentlicher Be¬
deutung und ich meine, dass ans alle Wünsche fast von selbst
in den Schooss fallen müssen, sobald die Frage der Vor¬
bildung der. Thierärzte eine für uns günstige Er¬
ledigung gefunden hat. Mindestens jedoch, und das kann
Niemand ernstlich bestreiten, werden wir alsdannn erheblich
leichter zum Ziele gelangen. — Je mehr ich mich mit unseren
Standes-IntereBsen befasse, desto schwieriger erscheint es mir,
den rechten Weg zu finden, der zum Ziele führt. Immer und
immer wieder thürmen sich neue Bedenken auf, und immer mehr
komme ich zn der Ueberzeugnng, dass es ein Gebot der
Klugheit ist, wenn wir unsere Ansprüche möglichst
bescheiden bemessen. Bemühen wir uns zunächst, dass
unsere im Dienste ergrauten Collegen ein anständiges Ruhe¬
gehalt erlangen, bemühen wir uns, eine bessere Rangklasse zu
erlangen und unterstützen wir nach besten Kräften die Be¬
strebungen des Deutschen Veterinärrathes hinsichtlich der Vor¬
bildung der Thierärzte. Ist das letztere Ziel erreicht, dann wird
es uns nicht schwer werden, eine Besserung unserer Standes¬
interessen zu erreichen. Eine Besserung glaube ich aber trotz¬
dem nur dann annehmen zu dürfen, wenn nicht nur die Er¬
füllung einzelner Wünsche aus dem Ganzen herausgegriffen,
sondern eine zeitgemässe, durchgreifende Reform des Civil-
Veterinärwesens erbeten wird.
Eine solche Reform muss sich
1. auf die Organisation des Veterinärwesens,
2. auf die Entscheidung darüber erstrecken, ob wir unmittel¬
bare Staatsbeamte werden sollen.
Ist die letzte Frage im Sinne meiner Auffassung entschieden,
dann ergeben sich die Consequenzen von selbst, insbesondere
wird man dann auch nicht umhin können, das Gehalt für die
Departementsthierärzte zu erhöhen.
Als 3. Ziel meiner Arbeit habe ich die Erlangung der
Pensionsberechtigung hingestellt. Hierüber herrscht volle Ein-
müfbigkeit. Schwer ist es jedoch, den Weg zu finden, nach
welchen Grundsätzen die Pensionirung berechnet werden soll.
Diese Schwierigkeit ist auch dem Collegium der Provinz Branden¬
burg entgegen getreten. Einen gangbaren Weg zu diesen Grund¬
sätzen haben die Herren Collegen aber nicht gezeigt. Es wird
auch ausserordentlich schwer sein, bei den gegenwärtigen Ein-
kommensverhältnissen die Grundsätze zur Bemessung der Höhe
der Pension festzusetzen.
Wenn die Pensionsberechnung unter Zugrundelegung des
Gehalts und der dienstlichen Nebeneinkünfte erfolgen soll, so
wird dieselbe ebenso verschieden ausfallen, wie die derzeitigen
dienstlichen Einkünfte verschieden sind. Das wäre ein grosser
Uebelstand und würde nur Unzufriedenheit hervorrufen.
Besser ist schon der Vorschlag, die Pension unter Zugrunde¬
legung der Pensionsberecimung bei einer annähernd gleichge¬
stellten Beamtenkategorie festzusetzen. Aber dieser Weg führt
ebensowenig zum Ziele, weil es schwer ist, diese gleichgestellte
Beamtenkategorie richtig und einwandsfrei herauszufinden, und
weil jede Pensionirung von einem vorher genau ermittelten
Diensteinkommen abhängig ist. Wollte man dieses pensions¬
berechtigte Diensteinkommen ähnlich wie bei den Gerichtsvoll¬
ziehern festsetzen, so würden sich viele Collegen, die ein höheres
Diensteinkommen besitzen, als seitens des Staates der Pensions¬
berechnung zu Grunde gelegt wird, zurückgesetzt fühlen. Es ist
auch ausserordentlich schwer, der Pensionsberechnnng ein fingirtes
Diensteinkoraraen derartig zn Grunde zu legen, dass alle Be¬
theiligten befriedigt werden.
Wenn ich alle diese Bedenken in genaue Erwägung ziehe,
so komme ich am Ende doch wieder zu der Ueberzeugnng, dass
sich eine Pension nur bei unmittelbaren Staatsbeamten in gleich-
mä88iger, alle Interessenten befriedigender Weise festsetzen lässt.
Soll Zufriedenheit unter den Pensiouirten geschaffen werden, so
müssen die Grundsätze der Pensionirung für alle Kreisthierärzte
in gerechter Weise abgewogen werden. Wir müssen gleiche
Pflichten, gleiches dienstliches Einkommen und gleiche
Rechte haben. Es kann meiner Meinung nach nur von Ge¬
rechtigkeit gesprochen werden, wenn genannte Voraussetzungen
die Grundlage zn einer Besserstellung abgeben.
Wir wollen indessen nicht nur an unsere alten Collegen,
sondern auch an unsere Wittwen denken. Unsere Wittwen und
Kinder wollen wir vor Noth schützen; wir wollen daher den
Herrn Minister bitten, dass er auch diesem Nothstande ein
baldiges Ende machen möge. Wir wollen unsere Wittwen davor
bewahrt wissen, dass dieselben der Wohlthätigkeit der Standes¬
genossen preisgegeben werden. Möchten die Sammlungen für
unsere Hinterbliebenen doch recht bald ein Ende nehmen.
Nicht jeder Kreisthierarzt kann die Seinigen durch Eintritt
in eine Lebensversicherung vor Noth schützen, da sehr viele in
eine Versicherungsanstalt nicht aufgenommen werden. Damm
ist es keine unbillige Forderung, wenn wir ein besseres Loos
für unsere Wittwen und Kinder erbitten.
Bevor ich nun dem Vereine meine Vorträge zur Kritik und
Beschlussfassung nnterbreite, kann ich nicht unterlassen, meinen
Freunden und Collegen den wohlgemeinten Rath warm an’s Herz
zu legen, bei den derzeitigen Bestrebungen zur Besserung unserer
Lage mit grösster Klugheit und Mässigung zu verfahren.
Meine Anträge gehen nun dahin: Der Verein wolle beschliessen,
den.Herrn Delegirten zn ersuchen, bei der Centralvertretung dahin
zu wirken, dass sich dieselbe
I. den Bestrebungen des deutschen Veterinärrathes, soweit
sich dieselben auf die Vorbildung zum Studium der Veterinär-
medicin beziehen, durch eine Denkschrift an den Herrn Reichs¬
kanzler oder in sonst geeigneter Weise anschliesse;
dass dieselbe
IL bei dem Herrn Minister für Landwirthschaft unter Dar¬
legung aller Uebelstände eine vollständige Reform des Civil-
Veterinärwesens nach vorstehenden Gesichtspunkten erbitten möge;
dass dieselbe
III. unter Berücksichtigung des Umstandes, dass eine zeit¬
gemässe, durchgreifende Reform des Civil-Veterinärwesens nicht
so bald bearbeitet sein kann, den Herrn Ressortminister bitten
möge, dahin wirken zu wollen, dass die Kreisthierärzte zunächst
einer höheren Rangklasse überwiesen werden und dass bis
zur anderweitigen Regelung im Interesse dieser Beamten ein
Pensions- und Relicten-Nothgese tz den beiden Häusern
des Landtages vorgelegt werden möchte;
endlich soll
IV. der Herr Delegirte den dringenden Wunsch aussprechen,
dass in der Begründung zur Nothwendigkeit einer Reform des
Civil-Veetrinärwesens und in den Vorschlägen zur Beseitigung
der Uebelstände die Ansicht der Minorität die gebührende Be¬
rücksichtigung finde.“
Hierauf erhält der Correferent Dr. Marks das Wort zn
folgenden Ausführungen:
„Meine Herren! Es ist üblich, von dem Correferenten in
seinen Ausführungen eine Unterstützung der Vorschläge des
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Referenten zn ei warten. Ich mache deshalb von vornherein darauf
aufmerksam, dass ich durchaus nicht auf dem Standpunkte des
Vorredners stehe. Die zur Verhandlung stehende Frage ist in
dem letzten halben Jahre nach allen Richtungen hin in der Fach¬
presse ausführlich discutirt worden. Ich werde deshalb nur die¬
jenigen Punkte beleuchten, welche entweder gar nicht herangezogen
oder nicht genügend betont worden sind.
College Gückel bezieht sich in seinem heutigen Referate auf
seine frühere Publication in der B. T. W. Ich werde deshalb
zunächst auf jene eingehen und mich dann mit einigen Punkten
des heutigen Referates eingehender beschäftigen. Dabei werden
sich die positiven Vorschläge ergeben, die ich zu machen habe.
Zunächst halte ich die Forderung einer vollen Besoldung
und Anstellung der Kreistbierärzte als unmittelbare Staats¬
beamte zur Zeit für nicht möglich. Denn der weitaus grösste
Theil der Kreisthierärzte ist jetzt nicht vollbeschäftigt und wird
es auch in absehbarer Zeit nicht werden. Eine derartige Forde¬
rung wäre also ungerecht, da der gewünschte Lohn unseren
Leistungen nicht entsprechen würde. Wir wollen aber nur das
fordern resp. erbitten, was wir als gerechtes Aequivalent unserer
Leistungen gegenüber dem Staat vertreten können. Geht eine
Cardinal-Forderung über dieses Mass hinaus, und dass das hier
zutrifft, mu-s auch unseren Vorgesetzten Behörden klar sein, so
werden auch unsere anderen, wenn auch noch so gerechten
Forderungen in ein schiefes Licht gerückt und begegnen sofort
sämmtlich einer gewissen Voreingenommenheit.
Die Forderung einer vollen Besoldung könnten wir eben
nur dann stellen, wenn damit gleichzeitig eine Organisations-
Aenderung geplant ist, die uns auch zu vollbeschäftigten
Beamten macht. Das Eine ohne das Andere halte ich für völlig
undenkbar. Ich erachte es aber für völlig verkehrt, diese Frage
mit der der Aufbesserung unserer Stellung zu verquicken. Die
Lösung dieser Frage war eine derjenigen Unmöglichkeiten, an
denen die Medicinal - Reform gescheitert ist, und ganz genau so
würde es auch uns ergehen. Mit dem Scheitern der Reform
würden auch unsere Wünsche ad acta gelegt werden.
Ein Weg, auf dem die Reform zum Abschluss gebracht werden
könnte, ist meiner Ueberzeugung nach bei keinem der bisher dis-
cutirten Vorschläge gewiesen worden. Speciell gegen die
Gückel’schen Vorschläge habe ich Folgendes zu sagen: Ich ver¬
stehe nicht, warum die Provinz die veterinärpolizeiliche Einheit
sein soll und nicht der Regierungsbezirk! Vielfach sind docli die
veterinärpolizeilichen Beziehungen zweier Regierungsbezirke aus
zwei verschiedenen Provinzen intimere als aus der gleichen
Provinz. So wäre es für Theile unseres Bezirks weit noth-
wendiger, in veterinärpolizeilicher Beziehung mit dem Regierungs¬
bezirk Posen übereinzuslimmen, als mit Oppeln oder Liegnitz; und
derartige Verhältnisse werden sich auch in anderen Provinzen vor¬
finden. Die Seuchen respectiren die Provinzialgrenzen ebenso
wenig wie die Bezirksgrenzen.
Ferner — eine Zusammenziehung von drei oder gar fünf und
sechs technischen Beiräthen (Rheinland, Hannover) an einer
Stelle, in der Provinzial-Hauptstadt, ist ja kaum denkbar. Und
dann berühren sich doch die veterinärpolizeilichen Geschäfte mit
so vielen allgemeinen Verwaltungsfragen, die dem Regierungs¬
präsidenten unterstehen, dass eine Loslösung derselben vom
Regierungs-Präsidium kaum denkbar wäre, zumal doch schon
seit längerer Zeit in Verwaltungskreisen die Frage ernstlich
discutirt wird, die mehr repräsentative Stellung der Oberpräsi¬
denten abzuschaffen und ihre Thätigkeit den einzelnen Regie¬
rungen zuzuweisen.
Gegen die Uee einer Centralisirung Für die ganze Provinz
spricht also nicht mehr als Alles, für dieselbe wohl nur pro¬
vinzieller Patriotismus.
Der Gedanke, den Kreisthierärzten sie voll beschäftigende
Bezirke zuzuweisen, wäre ja ganz schön, um dem Kreisthierarzt
ausreichende Beschäftigung zuzuwenden, er ist aber praktisch
unausführbar. Möglich wäre er von vornherein nur, wenn es
gälte, ein noch nicht besetztes Gebiet neu aufzutheilen; jetzt
lassen sich die alten Grenzen nicht einfach fortwischen und neue
ziehen. Radical verfahren, müsste man mindestens & der jetzigen
Kreisthierärzte an die Luft setzen, um dem Rest ausreichende
Bezirke zu schaffen. Wer sind die Hinauszuwerfenden und was
fängt der Staat mit ihnen an? Oder soll das allmälig gehen?
Ich bitte Sie, setzen Sie sich in die Lage, Ohlau wird frei und
soll unter dem Gesichtspunkt dbr Bezirksbildung neu besetzt
werden. Der neue Kreisthierarzt wird ernannt, sein Bezirk ist
zu klein für volle Inanspruchnahme, woher soll er Theile hinzu¬
bekommen? Vier von den Nachbarkreisen sind in der gleichen
Lage wie Ohlau, die können doch nichts abgeben, der fünfte be¬
schäftigt vielleicht seinen Kreisthierarzt ganz, nimmt man dem
aber wieder etwas weg, dann hat er zu wenig. Und so liegt
doch die Sache naturgemäss überall.
Schliesslich wechseln doch die Verhältnisse in jedem Kreise
ungeheuerlich. Mein Vorgänger hat % Jahr lang amtlich über¬
haupt nichts zu tliun gehabt, dann mit dem Einbruch der
Schweineseuchen war er überreichlich beschäftigt, jetzt geht die
amtliche Thätigkeit von Jahr zu Jahr zurück. Dieser Wechsel
in der Beschäftigung findet doch überall statt und die einzig
mögliche Compensation ist die Privatpraxis.
Die ganze Bewegung zu Gunsten einer Aenderung in unseren
Gebühr enverhältnissen geht doch hervor aus einem Gefühl der
Unzufriedenheit über gewisse, schwer empfundene Härten, die
sich nach und nach entwickelt haben. Der Hauptgrund ist das
Missverhältnis zwischen den Leistungen der weitaus meisten
Kreistbierärzte und ihren Bezügen. Die grösste Härte ist die,
dass die beamteten Thierärzte keine Gewähr dafür haben, dass
sie, die einen grossen Theil ihrer Thätigkeit dem Staatswohle
widmen, im Falle des Todes eine materielle Sicherstellung ihrer
Hinterbliebenen, im Falle der Dienstuntauglichkeit durch Krank¬
heit oder Alter eine Sicherstellung für sich und ihre Angehörigen
erwerben.
Unsere erste gerechte Forderung wäre also: Wittwen- und
Waisengelder, Pensionsberechtigung.
Von den in der Natur der Sache selbst liegenden Gründen,
welche in der Discussion in der Fachpresse pro und contra
„volle Besoldung“ herangezogen wurden, hebe ich nur den schwer¬
wiegendsten hervor. Es ist von vornherein allseitig richtig au¬
genommen worden, dass die volle Besoldung die Privatpraxis
ausschliesst. Von den Fürsprechern der vollen Besoldung ist be¬
tont worden, dass die Veterinärpolizei ein Specialfach sei, welches
auch als Specialität betrieben werden müsse. Nun stellen wir
uns einmal den Veterinärbeamten vor, der keine Privatpraxis
treibt, in der Zeit vor Hineinbeziehung der Schweineseuche in
die Veterinärpolizei-Gesetzgebung. Das ist ja ein ganz undenk¬
barer Zustand! Die Beamteten kennen bisher ja nur ihre Seuchen,
von den Schweinekrankheiten haben sie keine Ahnung, es hätten
unter diesen Umständen unmöglich die Schweineseuchen in den
Kreis der veterinärpolizeilichen Massregeln hineinbezogen werden
können, da die Beamten nichts davon verstanden, oder — die
Massregeln wären rein doctrinär, nie praktisch geworden. Oder
hätten sich die Behörden bei den praktischen Thierärzten Rath
holen sollen? Die verstehen ja aber wieder nichts von Veterinär¬
polizei !
Ganz dasselbe Verhältniss hätte bei der Borna’schen Krank-
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17. März 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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beit, dasselbe bei der Geflügelcholei a Vorgelegen. Und kein
Mensch kann sagen, dass das Register der Seuchenkrankkeiten
abgeschlossen ist, es ist im Gegentheil anzunehmen, dass es im
Laufe der Zeiten immer mehr erweitert werden wird durch Aus¬
lands- und Inlands-Seuchen; ich erinnere an Texasfieber und
Schweinepest, ich erinnere an die Tuberculose und Fleischbeschau,
an Rothlauf-Impfungen und Viehversicherung. Der Kreisthierarzt
muss in der Praxis bleiben, er muss für künftig aufznnehmende
Seuchen ein sachverständiger Berather sein, und dazu hat er nur
in der Praxis Gelegenheit.
Die Praxis darf dem Beamteten nicht genommen
werden, dagegen erscheint eine Erhöhung des Grundgehaltes
nach Massgabe unserer Leistungen als dringendes Erforderniss.
Das Grundgehalt von 600 M. war vielleicht 1872 ausreichend,
heute ist es in keinem Falle ein Aequivalent für die Leistungen
der beamteten Thierärzte. Das Schreibwerk hat sich ungeheuer¬
lich vermehrt und wird weiter wachsen, allein für unsere Schreiber-
leistungen sind die 600 Mk. bei Weitem nicht ausreichend. Es
sind eine Unzahl von Verrichtungen hinzugekommen, die ohne
Entschädigung gelegentlich anderweiter dienstlicher Verrichtungen
vorgenommen werden müssen. Der Kreisthierarzt bezieht keine
Bureaugelder, keine Entschädigung für Schreibmaterialien. Es
wird von ihm vorausgesetzt, dass er ein zu bakteriologischen
Arbeiten geeignetes Mikroskop besitzt (ich verweise z. B. auf
Milzbrand und Geflügelcholera), während in Sachsen z. B. die
Mikroskope vom Staate geliefert werden. Ich halte eine Er¬
höhung des Grundgehaltes auf 1500 M. als eine im Allgemeinen
unseren Leistungen entsprechende gerechte Forderung. Das Ver¬
langen der Brandenburger Collegen, das Grundgehalt auf 1800
bis 2400 M. festzulegen, halte ich durchaus als für zu hoch ge¬
griffen. Wir sollten uns ja keinen Illusionen hingeben, denn
nach Massgabe des Gehaltes unserer Departements-Thierärzte
sowie den Analogien in Bayern würde doch unser Anfangsgehalt
bei voller Besoldung ungefähr 2400 M. betragen!
Die Frage, ob das Gehalt mit dem Dienstalter steigen soll,
halte ich für nebensächlich. Denn wenn der Kreisthierarzt Praxis
treiben darf, hat er Gelegenheit, mit dem Fortschreiten der Jahre
ans seinen Nebeneinkünften dem Alterszuschuss entsprechende
Mehreinnahmen sich zu eröffnen. Eine Erhöhung des Grund¬
gehaltes mit dem Dienstalter wäre aber vielleicht schon eine
Forderung, die das System betrifft, eine Aenderung im Sinne
einer Veterinär-Reform. Vermeiden wir diese lieber in einer un- j
wesentlichen Frage.
Was die Erhöhung der Diäten betrifft, so erachte ich es
für angemessen, dass die Tagegelder auf 9 M. bemessen werden,
schon mit Rücksicht darauf, dass die Subalternbeamten nach dem
neuen Gesetz 8 M. für directen Verbrauch erhalten, während wir von
6 M. Ersparnisse machen sollen Die Forderung der Abänderung
der unsinnigen Gebüliren vor Gericht im gleichen Sinne ist in
sich so selbstverständlich, dass ich darüber wohl kein Wort zu
verlieren brauche.
Zu der Frage der Standeserhöhung kann ich noch keine
feste Stellung nehmen. Gewiss ist die jetzige Rangklasse unser
nicht würdig. Aber Jeder, den es angeht und der zu den Ge¬
bildeten gehört, weiss auch diesen Nonsens richtig zu würdigen.
Kommen wir aber gemäss unseren Wünschen in die 6. Klasse, so
heisst es, wir gehören da hinein, haben es selbst als richtig er¬
beten. Die Frage der Maturität ist aber eine Forderung einer
hoffentlich nur kurzen Zeit, und haben wir die, so gehören wir
in die 5. Klasse. Ist es da nicht gerathener, die Frage bis zu
jenem Zeitpunkt zurückzustellen, als uns jetzt möglicherweise
auf die 6. Klasse festzulegen?
Der Weg, den wir mit unseren Wünschen zu gehen haben,
ist uns durch das loyale Verhalten preussischer Beamten vor¬
gezeichnet, nämlich durch die Centralvertretnng an unsere oberste
Behörde. Wenn wir dieAeusserungen unseres Herrn Ressortministers
richtig verstanden haben, können wir dort auch auf thatbereites
Wohlwollen rechnen. Denn der Herr Minister erklärte — wenn
ich nicht irre, im ersten Jahre seiner Berufung als Minister — im
Abgeordnetenhause, dass die Kreisthierärzte schlecht bezahlt
würden, während er in dieser Session auf eine diesbezügliche
Interpellation aus dem Hause nicht eingehen zu können
sich äusserte, weil von den Kreisthierärzten Klagen noch nicht
gekommen wären. Wir haben bis jetzt loyal auf die Regierung
gewartet; nach dieser Aeusserung aber sollen wir selbst mit unseren
langjährigen Wünschen kommen; wir kommen jetzt und bitten
loyal.
Das wäre im Allgemeinen das, was ich zur Reform- oder
Gehaltsfrage zu sagen hätte. Mein Standpunkt ist, wie daraus
hervorgeht, im Wesentlichen der der Brandenburger Collegen.
Im Besonderen wende ich mich zum Schlüsse noch zu den
heutigen Ausführungen des Collegen Gückel. Er spricht von
einem Missverständniss in der Stellung von Departementsthier¬
ärzten als unmittelbare und Kreisthierärzten als mittelbare Staats¬
beamte. Ich kann das ganz und gar nicht finden, denn in der
Medicinalverwaltung ist das schon seit langen Jahren genau so.
Aus diesem Grunde erachte ich es auch für ausgeschlossen, dass
die Fixirung der Departembntsthierarztstellen den Anfang für ein
gleiches Verfahren bei den Kreisthierärzten vorstellen soll.
lieber die Nebeneinnahmen der Departementsthierärzte scheint
mir Gückel nicht genügend orientirt zu sein. Nach meinen
persönlichen Erfahrungen sind sie durchaus nicht unerheblich
und alle Departementsthierärzte haben die Verwaltung von Kreis¬
thierarztstellen (ausserOppeln). Derbeste Beweis gegen Gückel’s
Befürchtung ist aber der enorme Andrang zu jeder frei werdenden
Stelle.
,Icli glaube auch nicht, dass eine Erhöhung des Gehaltes der
Depfu-tementsthierärzte stattfinden würde nach Inaugurirung der
Veterinär-Reform im Sinne Gückel’s. Es würde dann eben ein¬
fach das Gehalt der Kreistbierärzte entsprechend niedrig normirt
werden.
Ich halte es ferner, entgegen Gückel’s Meinung, für undenk¬
bar, dass den Kreisthierärzten auch als Vollbesoldeten erlaubt
sein würde, Privatpraxis zu treiben. Der Staat besoldet uns
dann voll, er wird uns auch ganz und voll für sich verlangen
und den Conflict zwischen amtlich und privat zu seinem ev.
Nachtheil nicht weiter bestehen lassen wollen. Zum Beweise
dessen erinnere ich an die Grenzthierärzte.
Die Pensionsberechnnng nach einem fingirten Einkommen
halte ich für durchaus nicht schwer. Gückel will ja für das
Uebergangs-Stadium mit seinem Pensions- und Relicten-Nothgesetz
durchaus denselben Weg beschreiten. Ebenso gut kann doch
aber dieses Nothgesetz gleich zu einem dauernden gemacht
werden! Die Hineinbeziehung der Nebeneinkünfte in die Pensions-
berechnung halte ich für unthunlich; die Pension muss nach
einem fingirten Einkommen mit fingirten Alterszulagen berechnet
werden.
Zu Punkt I der Gückel’schen Forderungen habe ich zu
bemerken, dass seitens des Veterinärrathes die auf Maturitas
zielenden Wünsche bei allen Stellen, besonders beim Reich und
den Vertretungen derjenigen Bundesstaaten, die thierärztlicbe
Lehranstalten besitzen, unterbreitet werden; der Veterinärrath
umfasst aber auch die Centralvertretung, infolge dessen ist ein
gesondertes Vorgehen der letzteren wohl unnöthig.
In der anschliessenden Discussion äussert sich Wittlinger
dahin, der Verein möge sich auf keinen der von den Referenten
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' BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
betonten Standpunkte stellen, sondern nur allgemein, ohne
Angabe besonderer Wünsche, eine Petition um Aenderung des
Civil-Veterinärwesens ins Werk setzen.
Dr. Marks halt den Standpunkt Wittlinger’s für un¬
angebracht: wer Wünsche habe, müsse diese auch präcise äussern,
sonst werde die ganze Geschichte nur Actenmaterial. Die
Inscenirnng müsse ferner gerade von Vereinswegen, nicht nur
von der Gruppe der Kreisthierärzte erfolgen, denn gerade die
Betheiligung und Zustimmung der nicht interessirten privaten
und Sanitäts-Thierärzte gäbe den Forderungen eiu grösseres
moralisches Gewicht.
Scharmer plaidirt für glatte Aunahme der Marks’schen
Anträge.
Schilling glaubt, man solle zur Zeit nur die Forderung
der MaturitaB vertreten, alles Andere würde nach deren Er¬
reichung von selbst kommen.
Dr. Mark8 erwidert, dass dies möglicherweise sein
könne, aber ebenso gut könnten wir die Maturitas nicht er¬
reichen und die Kreisthierärzte müssten dann doch von
vorn mit Petitioniren anfangen. Sie wären aber in einer Noth-
lage und könnten nicht warten, bis die garnicht zu beurtheilenden
Schwierigkeiten, die sich der Maturitas entgegenstellen, beseitigt
würden.
Nach kurzer Debatte, an der sich Dr. Arndt, Riedel und
Wittlinger betheiligen und in dem Sinne äussern, das Material
einer Commission zu unterbreiten zur Bearbeitung für eine
nächste Sitzung, erklärt Dr. Marks, dass er den Zweck der
Commission nicht einsehen könne. Die Versammlung habe sicher
nach den langen Erörterungen in der Presse schon Stellung ge¬
nommen, ein Zögern sei daher unnöthig und nur dazu angethan,
dass die Petitionen wesentlich später zu Händen des Ministers
kämen.
Es wird darauf beschlossen, gleich heute zum Beschluss
darüber zu kommen, ob der Verein auf dem von Gückel oder
dem von Marks vertretenen Standpunkte stehe. Da für die
Gückerschen Vorschläge nur 2 Stimmen sich melden, sind die
von Mark8 angenommen. •
Darnach wird eine Commission von 7 Herren gewählt, die
bald zu8ammentreteu und auf Grund des Programm Marks der
Central-Vertretung positive Vorschläge unterbreiten sollen. Die¬
selbe besteht aus den Herren: Dr. Arndt, Gückel, John,
Dr. Marks, Scharmer, Schilling, Wittlinger.
Schluss der Sitzung 2!s Uhr.
Nach derselben sehr fröhliches Festessen mit Damen bis zum
späten Abend.
Dr. Arndt, Dr. Marks,
Vorsitzender. Schriftführer.
Tagesgeschiclite. *)
t
Noch sind die Blumen und Kränze nicht verwelkt, womit
pietätvolle Dankbarkeit und herzliche Freundschaft die Grabstätte
des verschiedenen Professors Dr. Rabe in Hannover geschmückt
hatte, und schon wieder musste eine Ruhestätte hergerichtet
werden zur Aufnahme der irdischen Hülle eines Mannes, welcher
durch Bereicherung der thierärztlichen Wissenschaft und För¬
derung der thierärztlichen Standes-Interessen wohlverdienten
Anspruch auf unsere Dankbarkeit und Verehrung hat.
Professor Dr. Hermann Joseph Theodor Pütz ist
am 4. März, der Grenze nahe, die der Psalmist dem Lebensalter
*) Siehe auch Originalartikel.
der Menschen gezogen hat, nämlich im Alter von nahezu
69 Jahren, in Halle plötzlich am Schlagfluss gestorben.
Geboren am 26. März 1829 in Oberpleis, Reg.-Bez. Cöln,
hatte er nach Erlangung der nothwendigen schnlwissenschaft-
lichen Vorbildung sich in Berlin dem Studium der Thierheilkunde
gewidmet. Hier wurde er am 14. Mai 1850 als Thierarzt I. CI.
approbirt und erwarb sich am 17. Februar 1857 das Fähigkeits-
zeugniss zur Verwaltung einer Kreisthierarztstelle.
Am 1. Juli 1861 wurde der Verewigte zum Kreisthierarzte
und Lehrer an der Ackerbauschule in Denklingen (Reg.-Bez. Cöln)
ernannt. Er erwarb sich hier bald eine ausgedehnte Praxis, die
aber nicht lohnend genug war, um die Söhne auf ein Gymnasium
zu schicken. Da fasste Pütz den heroischen Entschluss, den¬
selben selbst eine tüchtige schulwissenschaftliche Bildung bei¬
zubringen. Wenn er von der Praxis heimkehrte, fand er seine
Freude und seine Erholung daran, seinen Kiodern Schulunterrichtzu
ertheilen. Der Erfolg ist in der That im höchsten Grade be¬
wunderungswürdig; er hatte die Freude, zu erleben, dass sein
ältester Sohn die Prüfung für Secunda auf dem Gymnasium,
welches er später absolvirte, glänzend bestand.
In Denklingen hat er auch sein erstes Bach: „Landw.
Thierheilkunde“ 1867 herausgegeben.
Am 1. April 1869 folgte Pütz einem Rufe als ordentlicher
Professor und Director der Veterinärschule nach Bern. Nach
langen Kämpfen und Enttäuschungen hatte er nunmehr die Be¬
dingungen für seine fernere Fortentwicklung gefunden. Hier
war ihm die Möglichkeit gegeben, das zu werden, was er ge¬
worden ist.
Wie glücklich war der Praktiker, dass ihm jetzt wieder
Gelegenheit geboten war, ans dem Born modernster medicinischer
Wissenschaft zu schöpfen!
In der Erkenntnis, dass < seine Ausbildung besonders in der
Physiologie, Histologie und pathologischen Anatomie für seine
Thätigkeit alB klinischer Lehrer nicht ausreichend war, besuchte
er mit den Studenten medicinische und naturwissenschaftliche
Vorlesungen und betheiligte sich an verschiedenen praktischen
Uebungen. Dabei entfaltete er einen bewunderungswürdigen
Fleiss und eine rastlose Thätigkeit, um zunächst die Reoiganisation
des thierärztlichen Unterrichts in der Schweiz den Ansprüchen
der Zeit entsprechend durchzuführen. Trotz dieser vielseitigen
Inanspruchnahme fand er noch Zeit zu schriftstellerischen
Arbeiten.
Von 1873—1877 gab er die vielgelesene Zeitschrift für
wissenschaftliche und praktische Veterinär-Medicin heraus.
1874 erschien sein Lehrbuch der allgemeinen chirurgischen
Veterinär-Pathologie und Therapie.
Nach der Ernennung Roloff’s zum Mitglied des Reichs¬
gesundheitsamtes wurde der Entschlafene am 1. April 1877 als
ausserordentlicher Professor der Thierheilkunde an die Universität
Halle berufen, woselbst er im Jahre 1894 zum ordentlichen Honorar¬
professor ernannt wurde.
Hier hat er nicht nur im Hörsaale segensreich gewirkt,
nicht nur den Bücherschatz der Thierarzneiwissenschaft mit
werthvollen Werken bereichert, hier hat er als Erster in der
Reihe derjenigen gestanden, die mannhaft und ohne Rücksicht
auf persönliche Unbequemlichkeiten die thierärztlichen Standes¬
interessen zu fördern bestrebt waren.
Abgesehen von zahlreichen Aufsätzen, welche seine nie
rastende Feder in verschiedenen Fachblättern brachte, hat sein
schaffender Geist uns in dieser Zeit folgende Werke von bleibendem
Werth geschenkt:
1) die Stellung der Thiermedicin zu den übrigen Zweigen der
Naturwissenschaften. 1880.
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17. Märe 1898.
BERLINER THIER ARZ.TL1C&E WOCHENSCHRIFT.
181
2) die Seuchen- und Herdekrankheiten unserer Hansthiere. 1882.
3) Ueber die Beziehungen der Tuberculose der Menschen zur
Tuberculose der Thiere. 1883.
4) Compendium der Thierheilkunde. 1885.
5) Ueber fibroide Pseudohypertrophie vieler Sceletmuskel beim
Pferde. Virch. Arch. 1887.
6) Gedächtnisrede bei Enthüllung des G e r 1 a c h-Denkmals
zu Berlin. 1890.
7) die Hauptdaten der Lungenseuche - Impfung. Deutsche
Zeitschr. f. Thiermedicin. 1892.
Die ernste Feier im Trauerhause wurde durch eine trostreiche
und herzergreifende Leichenrede des amtirenden Geistlichen ein¬
geleitet, worauf der langjährige Freund des Pütz’ sehen Hauses,
Geheimrath Dr. D i e c k e r h 0 f f die Vei dienste des Verewigteu um
die thierärztliche Wissenschaft und ihre Standes - Interessen in
von Herzen kommenden und zu Herzen gehenden Worten feierte.
Der Sarg war vollständig bedeckt mit Blumen und pracht¬
vollen Kränzen. Trotz der Uugunst des Wetters setzte sich ein
grosser Trauerzug in Bewegung, in welchem besonders die Mit¬
glieder des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der
anlialti8cheu und thüringischen Staaten sich stark betbeiligten, um
dadurch nochmals ihre herzliche Verehrung und Dankbarkeit
offen zu bekunden. Von Berlin war ausser Geheimrath
Dieckerhoff noch Professor S c h m a 11 z erschienen.
Der Name Pütz gehört der thierärztlicheu Wissenschaft
für alle Zeiten an. Wir deutschen Thierärzte neunen ihn mit
Stolz den Unsrigen, weil er uns mehr geweseo, als die aus¬
ländischen Collegen wissen. Er, der nie nach Gunst und Aus¬
zeichnung gestrebt, vergoss Freudeuthränen, als die Central-Ver-
tretung der thierärztlichen Vereine des preussischen Staates ihn
am 1. Februar 1886 zum ersten Vorsitzenden wählte. Mit welcher
Hingabe und welchem Erfolge er dieses Amt verwaltet, ist noch
in zu frischer Erinnerung bei den deutschen Thierärzten, als dass
ich darüber noch ein Wort sagen sollte.
Auch im deutschen Veterinärrathe hat der Entschlafene so¬
wohl in den Berathungen des ständigen Ausschusses, wie in deu
Plenarversammlungen stets mit seinen gediegenen Kenntnissen,
seiner Energie und Redegewandtheit die Geschäfte gefördert und
oftmals die Entschliessungen bestimmt. Wenn die Bestrebungen
und Hoffnungen dieser Körperschaft wenigstens theilweise in Er¬
füllung gegangen sind, so hat die wackere und uneigennützige
Arbeit Pütz’ daran nicht den geringsten Antheil.
Der Verewigte war Ehrenmitglied von 13 deutschen thier-
ärztlichen Vereinen. Aber auch das Ausland hat ihm die An¬
erkennung nicht versagt. Er war Ehrenmitglied des Vereins
österreichischer Thierärzte, wurde 1876 zum Ehrenmitglied des
Senats des Dorpater und 1877 des Kasaner Veter. Instituts er¬
nannt, während ihm das Königl. Collegium der englischen
Veterinär - Chirurgen diese Ehre 1880 zuerkannte.
Pütz führte das denkbar glücklichste Familienleben. Er
war kein Freund von ceremoniellen Festlichkeiten, aber er war
der liebenswürdigste Wirth in seinem gastfreien Hause, in welchem
man sich sofort heimisch fühlte. Nachdem er den Gast seiner
Familie vorgestellt, gehörte letzterer zu derselben.
Rührend war die liebevolle Fürsorge der treuen Gattin für
ihn, die in bescheidener Selbstverleugnung niemals ein grösseres
Glück gekannt hat, als dem Verewigten und ihren Kindern auf¬
opfernde Liebe zuzuwenden. Als das Haus Pütz von dem harten
Geschick betroffen wurde, dass zwei erwachsene Söhne kurz nach
einander einer mörderischen Krankheit erlagen, wusste die hin¬
gebende Lebensgefährtin trotz eigener Angst und Beküramerniss
in die stille Häuslichkeit Rath und Trost zu bringen.
Eine wahre Herzensfreude war es für dasPütz’sche Eltern¬
paar, dass die übrigen Kinder zu vortrefflichen Menschen heran¬
wuchsen. Die vier Söhne sind praktische Aerzte und die einzige
Tochter ist an einen practischen Arzt verheirathet.
Wer im Hause Pütz verkehrt hat, wird ebenso wie Schreiber
dieser Zeilen, der oft in der Pütz'sehen Familie weilen durfte,
an dem einigen, herzlichen Familienleben eine beglückende
Freude empfunden haben. Hier war nichts Schein, hier gab es
kein Ceremoniell, hier herrschte aufrichtige, herzliche Zuneigung,
Liebe, Verehrung. Was soll ich noch sagen über die Persönlich¬
keit und den Character!
Pütz war ein edler, unbestechlicher Character. Wie alle
Menschen, so hatte auch er seine Fehler. Der Horaz’sehe Vers,
welchen er in seiner Gedächtnisrede auf Gerlach citirt, indem
er ihn der Wahrheit getreu als einen vortrefflichen Mann schildert,
der auch nicht ohne Fehler war, passt auch auf ihn:
„Nam vitiis nemo sine nascitur, optimus ille, qui minimis
nrgetur.“
Er war eine explosive Natur, konute sehr empfindlich und
reizbar sein und, beherrscht von seinem heftigen Temperament,
auch wohl verletzen. Aber ungerecht ist er nie gewesen! Wie
nach dem Gewitter gewöhnlich verklärender Sonnenschein folgt,
so war es auch bei ihm. Sobald er sein Unrecht eingesehen, gab
es sich aufrichtige Mühe, es wieder gut zu machen.
Meistens heiteren Gemüthes, ein rechter Sohn seiner sonnigen
rheinischen Heimath, gewährte es ihm eine kindliche Freude,
Anekdoten aus seiner Jugend im rheinischen Plattdeutsch zu
erzählen. Mit seinen näheren Freuuden correspondirte er gern
lateinisch, nicht etwa in klassischer Sprache (er hätte dies auch
gekonnt), sondern im gemütlichsten Küchenlatein. Seine Aus¬
drucksweise war hierbei so originell, humoristisch, dass auch der
ernsteste Mann beim Lesen solcher Briefe nicht aus dem Lachen
herauskam.
Durch eigene Kraft und uneimüdliche Arbeit hat der Ent¬
schlafene sich emporgeschwungen zu dem Ziele, dem er zu¬
gestrebt. Mit Stolz nannte er sich Thierarzt und wir, die ihn
überlebenden Thierärzte wollen ihm zum Ruhme neidlos erklären,
dass nicht viele Thierärzte sich neben ihn auf eine Linie stellen
können. Unter den Thierärzten hat er den besten seiner Zeit
genügt und deshalb wird er auch bei denselben in bestem An¬
denken bleiben für alle Zeiten. Esser.
Zur /fachricht für die Mitglieder des Thierörztlichen Vereins für die Provinz
Brandenburg.
Der Verein hielt am 13. März seine Frühjahrs-Versammlung
ab. Der Vorsitzende gedachte zunächst der schmerzlichen Ver¬
luste, welche der Verein seit Neqjahr erfahren, indem kurz hinter¬
einander drei Ehrenmitglieder, Sombarth, Dr. Rabe und
Dr. Pütz, sowie der Senior der Senioren, Oberrossarzt a. D.
Mertens gestorben sind. Aufgenomraen wurden in den Verein
Kreisthierarzt Seiffert-Charlottenburg und Assistent Keller-
Berlin.
Der § 39 der Statuten wurde alsdann nach einstimmigem Beschluss
gestrichen. Der Vorsitzende begründete den Antrag auf Streichung
wie folgt: Der Paragraph stellt die Normen auf, nach welcher
ein Ehrenrath functioniren sollte, falls der Verein einmal die
Einrichtung eines solchen beschliessen sollte. Dies sei nicht ge¬
schehen. Der Verein besitze keinen Ehrenrath und gehöre daher
nicht zu den in der bekannten MinisterialVerfügung genannten
Vereinen.
Der Paragraph 39 sei also gar nicht in Kraft. Er habe aber
auch keinen Zweck mehr, da die Eventualität der Errichtung
eines Ehrenrathes in Fortfall gekommen sei. Letzteres sei auch
nicht so wesentlich, da man im Nothfall andere Mittel habe, um
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132
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 11.
Störungen der Eintracht und des Vereinsanseliens vorznbeugon.
Um Missvetständnisse und Zweifel zu beseitigen, empfehle sich die
einfache Streichung des § 39. Es wurde demgemäss beschlossen.
Sodann hielt der Oberrossarzt der Kgl. Marställe, Dr. Topper,
einen mit Demonstrationen verbundenen Vortrag über Castration
von Kryptorcbiden unter Anwendung der dänischen Wurfmethode.
Derselbe wird demnächst in der B. T. W. veröffentlicht werden.
Fleischschau und Vieh verkehr.
Zur gesetzlichen Einführung der Fieischschau in Preussen.
Die Abgg. von Mendel-Steinfels, Ring und Genossen
haben im Abgeordnetenhause den Antrag eingebracht, die Re¬
gierung zu ersuchen: sofort noch in dieser Tagung des Abgeord¬
netenhauses einen Gesetzentwurf vorzulegen, durch welchen die
obligatorische Fleischschau nur für gewerbsmässig zum Verkauf
gelangendes Fleisch und im übrigen generell nach Massgabe der
Verordnung für die Provinz Hessen-Nassau vom 1. Juli 1892 in
Preussen eingeführt und auf alle ausländischen Einfuhren von
Fleisch- und Fleischwaaren ansgedehnt wird; auf die Errichtung
kleiner lokaler Schlachtviehversicherungen mit zwangsweiser
Rückversicherung bei grossen (Provinzial-)Verbänden mit Unter¬
stützung aus öffentlichen Mitteln hinzuwirken; im Interesse aller
Consumenten des Schlächtergewerbes sowie der Landwirthe eine
zweckmässige^ gesetzmässig festzustellende Verwerthung der
Confiscate hei beizuführen und im Bundesrathe ihren Einfluss
geltend zu machen gleichzeitig mit vorgedachten Maassregeln in
Preussen eine gleichwertige Controle von Fleisch und allen
Fleischwaaren an den Grenzen Deutschlands einzuführen.
Der Antrag geht in der Hauptsache von richtigen Gesichts¬
punkten aus. In der B. T. W. ist von vornherein der Stand¬
punkt vertreten worden, dass eine gründliche gesetzliche Regelung
der einzig gangbare Weg ist. Weil aber das Fleischschan\yesen
von Grund auf reformirt werden muss, und weil hierbei viele
schwierige, sogar sehr schwierige Fragen im landwirtschaftlichen
Interesse gelöst werden müssen, würden wir eine übereilte Arbeit
für einen Fehler halten. Wir glauben nicht, dass noch für diese
Landtagstagung mit Nutzen ein Entwurf fertig gestellt werden
kann. Wird derselbe ftir die nächste Tagung herbeigeführt, so
wird eine tiefer- und weitergreifende Vorarbeit möglich sein.
Andernfalls würden gewiss Dinge Beiseite gelassen werden
müssen, die anzupacken, grade im Interesse der Landwirtschaft
liegt. S.
Personalien.
Auszeichnung: Die Stadt Marienwerder hat den Departements¬
thierarzt Winkler zum Ehrenbürger ernannt.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt E. Wulff in
Stolzenau commissarisch für den Kreis Stolzenau, Thierarzt Dr.
Bertram in Braunschweig für den Kreis Braunschweig, Ti.icrarzt
Dr. P e t e r - Angermünde für den Kreis Angermünde, Thierarzt
B au er- Obornik für den Kreis Obornik, Thierarzt Görlitz-
Dirschau für den Kreis Dirscbau. — Schlachthofinspector Höhne-
Neustadt i. Westpr. zum Schlachthofdirector, Thierarzt H.empel-
Dresdcn zum Schlachthofthierarzt in Meissen.
Promotion: Die Thierärzte Schmutzer (approb. München) und
S e y b o 1 d (approb. Stuttgart) von der med. FacuUät zu Giessen zu
Dr med. vet.
Approbationen: Berlin: Die Herren Lindenau, Mildenburg,
Wolfram.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Rud I s kraut - Trendelburg i. Hessen nach Boitzenburg a. Elbe,
Tbierar/t G. Stroh - Schwandorf nach Ichenhausen, Thierarzt
H. Bresser-Berlin nach Duisburg
In der Armee: Befördert zu Rossärzten: Unterrossärzte Heinrich
vom Feld-Art-Rgt. No. 17, Kiesel von der Feld-ATt-Schiessschule,
Duill vom Drag.-Rgt. No. 5 unter Versetzung in dasUl-Hgt No. 15,
Krüger vom Feld-Art.-Rgt. No. 9 unter Versetzung zum Feld-Art.-
Regt. No. 24. — Befördert zu Roesärzten des Beurlaubtenstandes
die Unterrossärzte der Reserve Ulm, Friederich, Schulze.—
Versetzt die Rossärzte Reinländer von der Feld-Art.-Schiess-
schulo zum Drag.-Rgt. No. 19, ChriBt vom Feld-Art.-Rgt. No. 8
zum Train-Bat. No. 16, E i c k c von der Militär-Lehrschmiede in
Königsberg i. Pr. zum Drag.-Rgt. No. 12, Grötz vom Ul.-RgtNo. 15
zur Militär-Lehrscbmiede in Königsberg i. Pr, Schön vom Feld-
Art.-Rgt No. 18. zum Train-Bat. No. 5, Rips vom Hess. Drag-Rgt.
No. 24 zum Feld.-Art.-Rgt. No. 18. — Dem Rossarzt der Landwehr
1. Aufgebots Röber ist der Abschied bewilligt werden.
Todesfälle: Districtsthierarzt Xav. Deschelmaycr-Ichenhausen
(Bayern). _
Vakanzen.
Kreisthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Stallupoenen (Assistent des Grenzthierarztes.
1200 M. Privatpraxis gestattet). Bew. bis 23. März an Reg.-Präs. —
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen
(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in
Osnabrück. — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Schleswig: Eider*
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B*
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztsteil sn a)NeuausgeschriebeneStellen:
B eu t h e n: 2. Schlachthofthicrarzt (2000M., Wohnungsgeld 432M.). Bew.
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector(2400-360DM. Dienst¬
wohnung, Hei/.ung, Beleuchtung. 350 M. Nebeneinnahme). Bew.
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt
(Privatpraxis gestattet). Bew. an Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2. Assistent
des Schlachthofdirectors zum 1. April. — File hine: Schlachtliof-
inspector zum 1. October. — Finsterwalde:Schlachthofdirector.
— Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthofinspector. —
Nord hausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. — S c h 1 a w e
(Pommern): Schlachthof-lnspector zum 1. April 1898. — Zoppot:
Schlachthausverwalter zum 1. April.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde Vorstand. — Drengfurt.
— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fieischschau
600 M.l. Bew. an Magistrat. — R ö d d i ng: Auskunft Amtsvorsteher.
— Schwarzenau: 800 M. für Fieischschau). Näheres Magistrat.
— Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft
Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof!. — Lasdehnen: Thierarzt
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken
(Ostpr.). — Lehesten (Sachs.-Meiningen). — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). —
Strass bürg (Uckermark): (Gebühren aus Fieischschau 1300 bis
1500 M.). Auskunft Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Privatstelle Boitzenburg.
Sehr dankbar wäre Unterzeichneter Collegen für Angabe
einer Firma, die einen vierrädrigen, in der Praxis bewährten
Wagen für 2 bis 3 Personen (Kutschersitz) liefert, passend für
zwei Doppelponys bei viel Landwegen.
Teetz, Thierarzt.
Warin (Mecklenb.).
Verantwortlich filr Jen Inhalt (excl. lu*eratei'.lieil) l’rof. Dr. Schraaltz in Berlin. — Verlas und Eieenthuui von Richard Schoctz in Berlin. — Druck von W. Bilxensteiu. Berlin.
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Die „Berliner Thier&ntllehe Woeheiuchrift“ erscheint Orfginalbeltrige werden mit 50 Hk. fUr den Bogen honorirt
wöchentlich in S türke von mindestens 1 */» Bogen. Dieselbe Alle Msnuscripte, Mittheilungen und redsctionellen An¬
ist xu belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) ■ M ■ # fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Sehmaltz,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard ■ n-wn /kne Berlin, ihierürxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
8choets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, «um Preise von ■ ^■ I ■ ■ I ■ Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B w I ■ | B 1 B 1 y B gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 12 . Ausgegeben am 24. März.
Inhalt: Schnaltz: E i n F e h 1 e r i n der Methode? — Referate: M e t z g e r: Ueber Lactophenin. — F r ö h n e r: Hodensackbruch
beim Wallach. — Kleine Mittheilungen. — Voges und Schütz: Ueber die Ergebnisse von Immunisirungs-
versuchen beim Rothlauf der Schweine. — Tagesgeschichte: Sitzungsprotokoll der 42. Generalversammlung des thier¬
ärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, die thüringischen und anhaitischen Staaten, am 13. März 1898 in Halle a. S-
— Verschiedenes. — Oe ff entlieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und
Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Ein Fehler in der Methode?
Von
Professor Dr. Schmaltz.
In neuester Zeit ist Herr Professor Schütz mit mehreren
Veröffentlichungen hervorgetreteu, welche in der thierärztlichen
Literatur eine, z. Th. kritische, Beachtung unbedingt verlangen.
Im Heft 1/2 des 24. Bandes des Archivs veröffentlicht er
eine interessante, sich in ihren Resultaten gegen die letzten
Arbeiten Nocard’s kehrende experimentelle Studie über
Rotz, die hier später besonders referirt werden soll. Im An¬
schluss daran theilt er neue Ergebnisse von Malleinversuchen
mit, wobei er wiederum scharf gegen das Mallein Stellung nimmt.
Sodann hat er gemeinsam mit Voges in der deutschen
medizinischen Wochenschrift 1898 No. 4 eine vorläufige Mittheilung
über seine Immunisirungsversuche gegen Rothlauf veröffentlicht
(welche sich unter den Reff raten dieser Nummer wörtlich wieder¬
gegeben findet) und bald darauf mehrere Vorträge in landwirt¬
schaftlichen Körperschaften gehalten, bei welchen er dazu
gelangt ist, die Methode Pasteur, namentlich im Gegensatz zu
der Methode Lorenz als die relativ beste zu bezeichnen (wenn
anders ein Bericht über die Generalversammlung des deutschen
milchwirtbschaftlichen Vereins zu Berlin in der Molkei eizeitung
richtig wiedergegeben ist).
Zunächst müssen wir auf den Schluss der Mitteilung über
die letzten Mallein-Versuche eingehen, ohne vorläufig die Frage
über den Werth des.Mallei'ns an sich zu berühren. Herr Schütz
sagt, in dem Kampfe um das Mallem sei er von verschiedenen
Seiten so schwer angegriffen worden, dass er auf die Genug¬
tuung nicht verzichten dürfe, als der Erste unter den Gegnern
des Mallein zu gelten. Er beruft sich dabei auf die Acten (!) der
technischen Deputation"für das Veterinärwesen und spricht davoD,
dass dort auch ein anderer College „den Mut besessen“ habe,
dieselbe Ansicht, wie er, auszusprechen.
Aus diesen Aeusserungen können Fernstehende nur den
Schiass ziehen, als ob Herr Schütz gewissermassen Verfolgungen
und Gefahren zum Trotz, unter einer Art von Terrorismus, einer
unterdrückten Wahrheit zum Siege verholfen habe. Hieraus
könnte sich denn doch eine Legende entwickeln, der wir Vor¬
beugen zu sollen glauben.
Als Koch’s Tuberculin die Welt in eine fiebernde Erregung
versetzt hatte, als eine nach Rettang lechzende Menge die Pforten
des vermeintlichen Heils belagerte und, verzweifelt sich an eine
neuerwachte Hoffnung klammernd, bereit schien, jeden zu steinigen,
der sie dieses köstlichen Guts berauben würde, da gehörte für
Virchow allerdings ein voller Mannesmut zu der auch für ihn
nicht ungefährlichen That, als Erster vor diese Menge zu treten
und zu sagen: Geht nach Hause, Leichtgläubige; noch wird die
Welt nicht erlöst von ihrer Geissei. Gewiss hat Herr Schütz
—•, uqd mit ihm andere — an diesem Beispiel seines grossen
Meisters sich begeistert Aber was er selbst in der Folge
getan, ist doch damit nicht zu vergleichen.
Wir wüssten wirklich nicht, was für ein besonderer Muth
dazu gehört hätte, sich zu den Gegnern des Malleln zu bekennen,
und wo Herr Schütz wegen dieser seiner Stellung schwere
Angriffe erfahren hätte.
, Wir möchten jener Aeusserung gegenüber denn doch einmal
hervorheben, dass in ganz Deutschland kein thierärztlicher Autor
exiatirt, dem gegenüber die öffentliche Meinung eine solche Zurück¬
haltung, um nicht zu sagen Schweigsamkeit — sei es nun aus
Anerkennung, Nachsicht oder Vorsicht — an den Tag gelegt
hätte, wie Herrn Schütz gegenüber, obwohl doch manche
auch seiner Arbeiten recht angreifbar waren. Das hat wohl
grade die jüngste Zeit am besten bewiesen. Denn obwohl sein
Auftreten gegen Lorenz thierärztlicherseits einem fast un¬
geteilten Widerspruch begegnet, ist selbst hierbei bisher Niemand
ihm öffentlich gegenübergetreten. Der deutsche Veterinärrath in
Cassel hat sich begnügt, Lorenz seinen Beifall auszudrücken;
der Name seines Gegners ist dabei nicht einmal genannt worden.
Dies zeigt wohl zur Genüge, dass auf Seiten der Gegner des
Herrn Schütz die Kunst der Einschüchterung nicht zn suchen ist.
Auch ich würde eine Stellungnahme gern unterlassen, wenn
es noch anginge. Aber nachdem Herr Professor Schütz nun¬
mehr selbst in die Arena herabgestiegen ist nnd begonnen hat,
nun auch in landwirtschaftlichen Kreisen gegen die Methode
Lorenz zu sprechen, geht dies nicht mehr an. Die Landwirthe
müssten ja sonst in der That glauben, dass die Schütz’sche Ansicht
siegreich durchgedrungen sei, während in Wirklichkeit fast
die gesammte thierärztliche Meinung (die Stimmen nicht bloss
gezählt, sondern auch gewogen) fester als je dagegen ist Die
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134
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
thierärztliche Fachpresse kann dalier nicht mehr passiv bleiben,
will sie anders Existenzberechtigung beanspmchen.
Herr Schätz ist zunächst bestrebt, Porcosan, Pasteur
und Lorenz als ein und dasselbe hinzustellen. Er schreibt in
der oben citirten Veröffentlichung in der deutschen med. Wochen¬
schrift wörtlich: „Alle drei (Verfahren) beruhen auf dem Princip,
Schweine mittelst Einspritzung abgeschwächter Rothlaufbacterien-
culturen immun zu machen. Ein Unterschied besteht nur in der
Methode der Abschwächung.“
Dieser Satz ist als unrichtig zu bezeichnen. Das Princip
Pasteur (am von dem Porcosan hier ganz abzusehen) ist
von dem Princip Lorenz sehr verschieden. Nach Pasteur
werden abgeschwächte Bacterien übertragen; erst so schwache,
dass sie auch dem nicht immunen Tliiere (in der Regel!) nicht
schaden; und dann, wenn hierdurch ein schwacher Schutz gegeben
ist, stärkerwirkende, welche dann wirkliche volle Immunität er¬
zeugen sollen. Lorenz dagegen impft nicht abgeschwächte,
sondern vollvirulente Culturen, nachdem er das Schwein hierfür
widerstandsfähig gemacht hat, wiederum nicht durch ab¬
geschwächte Bacterien, sondern durch bacterienfreies Serum.
Das ist ein sehr erheblicher Unterschied und dass es ein
solcher ist, lehren eben die verschiedenen Resultate, ln dieser
Differenz — man mag sie nun als bedeutungslos binstellen, wie
man will — liegt das Geheimniss des schnellen Eifolges von
Lorenz.
Denn indem Lorenz den ersten Schutzgrad durch bacterien-
freies Serum bewirkt, schliesst er die Gefahr des Impfverlustes
(Schädigung der geimpften Schweine) sicher aus, während beim
Paste urschen Verfahren ein (manchmal erheblicher) Impfverlust
auftritt, wie eine umfassende Statistik unwiderleglich gelehrt hat.
Einen schlimmeren Mangel kann aber ein Impfverfahren gar
nicht haben, als wenn schon an der Impfung Thiere sterben.
Dann ist es in den Augen des Publikums von vornherein
discreditirt; lieber mag es schon einmal nichts helfen.
Herr Schütz hat in seinen Vorträgen auf seine letzten Versuche
mit der Methode Pasteur hingewiesen, bei welchen 1. keine Impf¬
verluste eintraten, 2. die Immunität sich in gewisser Beziehung
stärker gezeigt haben soll, als bei der Methode Lorenz. Ein
einzelner solcher Versuch kann aber natürlich gar kein ent¬
scheidendes Gewicht haben gegenüber dem — und zwar ebenfalls
zum Zwecke des Vergleichs — durch Versuche im Grossen ge¬
sammelten statistischen Material, welches auch hinsichtlich des
Schutzerfolges nicht zu Gunsten des Pasteurschen Verfahrens
entscheidet (vgl. staatliche Versuche in Württemberg).
Der Vergleich Pasteur-Lorenz stellt sich also nach
der nunmehr bereits überreichen Erfahrung so: Beide
sollen nach Herrn Schütz nicht ungefährlich sein; diesen Nach¬
theil hätten sie dann gemeinsam. Die Methode Pasteur hat
sich in der Praxis bezügl. ihrer Schutzwirkung der Methode
Lorenz kaum gewachsen, mindestens aber nicht überlegen ge¬
zeigt. Nehmen wir aber auch an, der Erfolg wäre bei beiden gleich,
so bleibt der Pasteur’schen Methode immer ein sehr
schwerer Nachtheil anhaften: Sie macht ca. 4 pCt. (wie
auch Herr Schütz in seinem Vortrag gesagt hat) bisweilen biB
50 pCt. Impfverluste. Sie ist überdies bei älteren Schweinen
nicht gut anwendbar. Die Methode Lorenz hat diese Nachtheile
nicht und darin allein schon beruht ihre zweifellose Ueberlegenheit.
Diese Ueberlegenheit ist so gross, dass man z. B. in Württem¬
berg, obwohl dort unter Aufsicht des Kgl. Medicinalcollegiums
erst wenige Jahre vorher ein Laboratorium Pasteur errichtet
worden war, sich kurz entschlossen hat, Pasteur fallen zu
lassen, und dass das, Lorenz’sche Veifahren für den Württem-
bergischen Staat angekauft worden ist. Diese Thatsache spricht
wohl für sich selbst.
Unter diesen Umständen werden sich nur sehr
wenige mit der Impfung vertraute Thierärzte geneigt
finden, das Pasteursche Verfahren vor dem Lorenzschen
oder auch nur neben demselben zu empfehlen. Denn sie
würden sich damit die Verantwortung aufladen für die bei An¬
wendung der Methode Pasteur sicher entstehenden Impfverluste,
welche mit der Methode Lorenz ebenso sicher hätten vermieden
werden können. Dies muss den landwirtschaftlichen
Interessenten klar gesagt werden.
Was nun die von Schütz gegebene Kritik des Lojenz’schen
Verfahrens anlangt, so erkennt er an, dass es keine Impfverluste
hat und dass es von Erfolg begleitet ist. Er bemängelt daran
mit Recht, dass es drei Injectionen erfordere (es giebt aber eben
zur Zeit keine Methode, die mit einer auskäme). Er erhebt aber
ferner den bedeutsamen Einwand der Gefährlichkeit, d. h.
nicht der Gefahr für die geimpften Schweine, sondern der
Gefahr der Verschleppung der Rothlaufkeime. Es ist nicht
zweifelhaft, dass dieser Einwand am ehesten geeignet ist, die
Landwirthe zurtickzuschrecken und desshalb muss demselben
entschieden widersprochen werden. Derselbe mag nämlich
theoretisch plausibel erscheinen, practisch aber ist er ohne
Bedeutung. .
Denn wenn nun wirklich bei der Impfung etwas von der
Reincultur verschüttet wird, was soll denn das schaden?
Damit kann man doch nur einem Laien bange machen.
Die Schweine auf dem Gehöft werden doch von etwas
verschütteter Substanz nicht rothlaufkrank, denn ihnen
hat mau ja soeben eine grössere Menge dieser Substanz
direct in den Leib gespritzt, sie sind ja doch geimpft,
immun. Und dass der Impfstoff am Impfplatz sich er¬
hält oder von hier fkus.ve.r.&ohleppt wird., .das., läast.sich
doch sehr leicht verhindern. Denn bei entsprechender
Wahl des Impfplatzes lässt sich derselbe ja mit ein¬
fachen Mitteln absolut sicher desinficiren.
Hiernach haben die Landwirthe durchaus keinen
Grund, aus Besorgniss vor einer in praxi ganz
bedeutungslosen, lediglich theoretisch construirten „Ge¬
fährlichkeit“ auf dieses werthvolle Schutzmittel zu
verzichten.
Die Methode Lorenz hat ja jetzt ihre interessante Ge¬
schichte. Es ist bekannt, dass Lorenz unter Aufopferung seiner
Kraft, seiner Zeit und erheblicher Mittel ohne jede Unterstützung
gearbeitet hat. Er that es, wie sein Verhalten den ersten Fehl¬
schlägen gegenüber bewies, ohne jeden Optimismus mit einer
bemerkenswerthen Nüchternheit. Die Methode gewann sehr rasch
Ansehen und Verbreitung. Die Reclame schuf diesen Erfolg
nicht, denn man könnte höchstens Lorenz zum Vorwurf machen,
dass er selbst zu wenig für das Bekanntwerden seiner Methode
gethan hat. Aber er wollte dies auch gar nicht, denn er konnte
schon nicht genug Serum für die wachsende Nachfrage hersteilen;
er musste Bestellungen ablehnen.
Nun fingen die Landwirthe und zwar namentlich in Preussen
an, ihrerseits die Oeffentlichkeit auf das Lorenz’sche „Schutzserum“
hinzuweisen und dessen Herstellung mit Staatsunterstützung zu
befürworten. Da wurde zum ersten Mal im Abgeordnetenhause
und später auch bei anderen Gelegenheiten von der Central¬
verwaltung mitgetheilt, dass Versuche im Gange seien, welche
voraussichtlich in wenigen Wochen oder Monaten zum Abschluss
gelangt sein würden und eiu in jeder Beziehung besseres Ver¬
fahren zu zeitigen verhiessen. Infolge dessen wurde vorläufig
die staatliche Unterstützung der Methode Lorenz aufgeschoben
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24. März 1898.
bezw. abgelehnt. Es war selbstverständlich, dass die Verwaltungs-
behörde dabei dem Bericht eines der Oeffentlichkeit zunächst nicht
bekannten Sachverständigen*) folgte. Jene erste Mittheilung er¬
folgte, wenn wir nicht irren, Winter 1896/97. Man wartete gespannt
Monat nm Monat; die Impfsaison 1897 rückte heran und ging
vorüber. Jetzt endlich, im Frühjahr 1898, bringt Schütz eine
literarische Mittheilung und spricht es in seinen landwirtschaft¬
lichen Vorträgen unumwunden aus, dass seine Versuche zur Er¬
zielung eines Immunisirungsverfahrens bisher erfolglos gewesen
sind. Er setzt zwar die Versuche fort und soll in einem Vor¬
trage gesagt haben, er hoffe in Jahresfrist doch mit seinerü Mittel
hervorzutreten, allein das will ja den Umständen nach vorläufig
nichts sagen.
Dieser in thierärztlichen Kreisen allerdings seit längerer
Zeit vorausgesehene Verlauf der ganzen Angelegenheit ist denn
doch nicht dazu angethan, um spielend darüber hinwegzugleiten.
Die Behörde muss sich selbstverständlich auf ihren Sach¬
verständigen verlassen und scheidet daher aus der Verantwortlich¬
keit von vornherein aus.
Welche inneren Gründe aber den Irrthum des Sach¬
verständigen veranlasst haben, entzieht sich der Kenntniss.
Herr Schütz hat schon mehrfach in landwirtschaftlichen Ver¬
sammlungen Vorträge gehalten, in denen er die Zuhörer durch
eine verheissungsvolle Perspective (frühere Maul- und Klauen¬
seuche-Versuche, Lungenseuche-Impfung, Jodtrichlorid) begeisterte,
ohne dass später der Erfolg dem Recht gab. Möglicherweise ist
also eine gewisse optimistische Neigung vorhanden.
Wissenschaftliche Versuche sind nun immer verdienstlich, mag
der Erfolg länger, als man voraussah, auf sich warten lassen oder
ganz aasbleiben. Aber man muss von jedem Autor verlangen,
dass er nicht eher Hoffnungen bei Anderen erweckt, als er dazu
emigennassen berechtigt ist,' und dass er nicht-seinen eigenen Ar¬
beiten gegenüber optimistisch denkt, während er zugleich andern
gegenüber direct oder indirect zur abwartenden Vorsicht er¬
mahnt. Dies ist aber im vorliegenden Falle geschehen.
Wenn Herr Schütz schon im Winter 1896/97 sich berechtigt
glaubte, einen Erfolg seiner Versuche in nahe und sichere Aus¬
sicht zu stellen, wenn in Folge dessen die staatliche Unter¬
stützung der Methode Lorenz abgelehnt wurde und im Frühjahr
1898 endlich bekannt wird, dass jene Versuche bisher gänzlich
erfolglos gewesen sind, so wird man dies in der ganzen
Welt eine empfindliche wissenschaftliche Niederlage
nennen.
Es verband sich mit derselben überdiess eine schwere prac-
tische Verantwortung. Die Landwirtschaft ist gegen den Roth-
lauf ohne Impfung wehrlos. Das Pasteur’sehe Verfahren hatte
sich als nicht einbürgerungsfähig erwiesen; Lorenz, dessen
Methode bereits beifällig aufgenommen war, hatte die steigende
Plage satt und war im Begriff, nach der erfahrenen Ab¬
lehnung die Sache hinzuwerfen; Schütz aber hatte, wie sich jetzt
herausstellt, zum Ersatz für absehbare Zeit nicht das geringste
zu bieten. Die Landwirtschaft hätte also lediglich das unzweifel¬
haft Gute, was sie bereits besass, verloren, und dass diese für die
Landwirtschaft wie für die Thierheilkunde gleich peinliche
Folge nicht eingetreten ist, ist nur dem energischen Zagreifen
der brandenburgischen Landwirthschaftskammer zu danken.
Wenn Herr Schütz jetzt nach diesem Misserfolg fortfährt,
gegen die Metode Lorenz zu sprechen, so kann man ihm
*, Die Versuche sind, wie später bekannt wurde, von Dr. Voges
und Geheimrath Schütz gemacht worden. Bei dem Verhältniss der
Stellung beider Autoren kann selbstverständlich nur Herr Schütz
als der leitende und verantwortliche Vertreter angesehen werden.
135
hierzu allerdings weder das Recht bestreiten, noch darf man
seine Objectivität in Zweifel ziehen, weil er die vermeintlichen
Schwächen eines fremden Erfolges aufzudecken sich bemüht.
Aber man wird nicht allein die gegen Lorenz’ Erfolg
erhobenen Einwände widerlegen müssen, sondern man wird auch
die Ansicht aussprechen dürfen: Es ist ein Fehler in der
Methode medizinischer Forschung, wenn man etwas un¬
zweifelhaft Bewährtes angreift und in der öffentlichen
Meinung herabsetzt, ohne dass man selbst im Stande
ist, etwas positiv Besseres an die Stelle zu setzen.
Ein Fehler in der Methode hat sich im letzten Jahrzehnt,
wie uns scheint, auch bei einer Reihe anderer Gelegenheiten
bemerklich gemacht und erfordert daher eine allgemeinere Be¬
achtung. Wenn dabei die Person des Herrn Professor Schütz
in den Vordergrund tritt, so liegt das nur daran, dass er bisher
auf seinem Specialgebiet in Deutschland fast unbestritten die
Führung, jedenfalls den grössten Einfluss gehabt hat.
Sicher giebt es in der Medizin keinen grösseren Fehler, als
leichterregbarer Enthusiasmus für alles Neue es ist. So sehr
daher aber die kritische Thätigkeit Würdigung verdient, so kann man
doch auch ihr von zwei fast diametral entgegengesetzten Punkten
aus nachgehen und die verschiedenen Wege werden auch zu ver¬
schiedenen Ergebnissen führen. Es ist ein Unterschied, ob man
dem Neuen entgegentritt ausschliesslich mit dem Bestreben, seine
Blossen zu erspähen, die wohl jedes Neue hat, und es dann ver¬
wundet und zerstückt seinem Schicksal überlässt. Oder ob man
das, was an ihm nebensächlich, dürftig und fehlerhaft ist, ihm
abnimmt und sich bemüht, den guten Kern, der, sehr oft
wenigstens, in ihm steckt, herauszufinden und liebevoll zu ent¬
wickeln. Es ist ein Unterschied, ob man sich die Frage stellt:
„l£usf ich es als brauchbar anerkennen' ‘ oder „kann ich aus ihm
etwas)Brauchbares retten“. Es giebt eben eine befruchtende
und eine vernichtende Art der Kritik.
Absolute Erfolge gibt es vielleicht in der Medizin überhaupt
nicht, wenigstens nur ausnahmsweise. Es ist also falsch, nur
absolut Bewährtes anzuerkennen; man muss schon das theil-
weise Gute beachten. Fast immer haften einer neuen Ent¬
deckung zunächst noch grosse practische Mängel an. Das
ist auf dem Gebiet der Technik und der Erfindung erst
recht so und was wird da nicht Alles aus unscheinbaren An¬
fängen entwickelt. In sehr vielen, vielleicht in den meisten
Fällen, ist die schliesslich practische Gestalt das Werk anderer;
dem Erfinder gehörte nur der Grundgedanke.
Eine Hauptaufgabe erscheint es nun, dass der Entdecker,
wenn sein Werk nicht auf den ersten Blick als unhaltbar erkennt¬
lich ist, selbst zum Weiterarbeiten ermuthigt und darin unter¬
stütztwird. Namentlich der jugendliche Forscher ist nach seinem
ersten Auftreten meist sozusagen erschöpft. Er hat ja sein
Bestes zunächst gegeben; oft fehlen ihm namentlich weitere
pekuniäre Mittel. Anfängliche Fehlschläge, lieblose Kritik,
mangelnde Unterstützung werden ihn sehr leicht muthlos machen.
Und dies wird nicht bloss auf ihn, sondern auch auf andere
strebsame Arbeiter abschreckend wirken. Wenn Andere sehen, wie
einem für solche Arbeiten, für seine Mühen bloss Angriff und Tadel,
nichts weiter, zu Theil werden, so wird dadurch die Freudig¬
keit und der Eifer am Arbeiten nicht gefördert, sondern eiu-
geschüchtert. Und doch kommt es auf nichts so sehr an, als die
Menge, den Nachwuchs namentlich, zu spontaner Arbeit zu
erziehen. Die Forschung soll nicht auf unsre wenigen Institute
beschränkt, sie soll nicht verstaatlicht sein; sie soll gewisser-
massen im Freien gezogen und gefördert werden. Desshalb sollte die
Kritik stets bestrebt sein, zugleich den Entdecker, indem sie seine
BERLINER TH1ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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136
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Fehler darlegt, über anfängliche Misserfolge zu trösten, ihn
anzuspornen, ihm neue Wege zu weisen.
Auf dem Gebiet der Thierhygiene haben nun die letzten
10 Jahre eine Anzahl von Arbeiten gebracht, welche allesammt
dem Bestreben entsprungen sind, aus der Bacteriologie practischen
Nutzen für die Seuchenbekämpfung zu ziehen. Ich meine, dass
sie in Deutschland, speciell in Preussen nicht die befruchtende
Art der Kritik, nicht die genügende wissenschaftliche Förderung
und practische Verwerthung bezw. Erprobung gefunden haben.
Da war zuerst das Tuberculin, eine deutsche Entdeckung.
Heut ist man allgemein überzeugt, dass es keine Bekämpfung
der Rindertuberculose ohne Tuberculin giebt. Aber das Verdienst,
diese Meinung zum Durchbruch gebracht zu haben, ist kein
deutsches, sondern ein dänisches. Denn als man sich in Preussen
schliesslich zur öffentlichen Anwendung des Tuberculins entschloss,
da blieb nur übrig, auf das „System Bang“ zu verweisen und zu
empfehlen, was der dänische Forscher practisch schon festgestellt
hatte. Denn man hatte auch gegen das Tuberculin bei uns
zu lange seine 20% Misserfolge geltend gemacht und sich
kühl ab wartend verhalten. Es war eigentlich die durch practische
Thierärzte unterstützte, immer mehr anwachsende, gute Meinung
der Landwirthe von dem Tuberculin, welche schliesslich zur
practischen Verwerthung drängte und hingeführt hat.
Da wurden ferner schon 1893 Impfversuche gegen Brust-
senche, zuerst von Hell in der Armee, ausgeführt. Die¬
selben hatten bald Erfolg, bald keinen. Denn der damaligen
Kenntniss vom Schutzserum fehlte noch Manches, was wir heute
wissen. Man glaubte noch, jedes einmal krank gewesene Thier
liefere zu jeder Zeit Serum mit Antikörpern; man operirte mit
allen möglichen Dosen; kurz es war noch kein System in der
Sache. Da erschien ein Gutachten der bei der Inspection für das
Militärveterinärwesen bestehenden wissenschaftlichen Commission,
in welcher Professor Schütz der Specialfachmann auf diesem
Gebiet ist. In diesem wurden diese Versuche einfach abfällig be-
urtheilt und dieselben schliefen daraufbin ein.
Jetzt hat plötzlich Dr. T öpper Gelegenheit, seine inzwischen
in den Gestüten unbeirrt fortgesetzten Versuche im Kgl. Marstall
zu Berlin zu erproben. Es ist ihm anscheinend gelungen, einige
bemerkenswerthe Nebenpunkte zu vervollkommen und so sicherere
Erfolge zu erzielen, obwohl auch seine Arbeit noch lange keine
unumstösslichen Beweise bringt. Seine Majestät der König lässt
sich Bericht erstatten. Der Bericht wird auf Befehl im Militär-
Wochenblatt veröffentlicht und nun wird auf einmal die ganze
Frage wieder sehr lebhaft in Fluss gebracht Dem Vernehmen
nach ist man jetzt in der Armee verstimmt über diesen Verlauf.
Man hat dort ja in der That diese Entdeckung schon früher in der
Hand gehabt, aber man hat sie eben nicht fortgebildet, sondern
liegen lassen, und man würde das vielleicht nicht getban haben,
wenn die von massgebender Stelle ausgehende Kritik auf die
Fortentwicklung des mangelhaften Verfahrens hingewirkt hätte.
Eine dritte Entdeckung war das Mallein. Auch hier ist es
unter Schütz’ Führung den Gegnern des MalleYns gelungen, die
practische Anwendung, den Versuch im Grossen, fast ganz zu
verdrängen, während dieselbe im ganzen europäischen Westen
bereits unter die staatlichen Seuchentilgungsmittel eingerückt ist.
Nun sind über das MalleYn die Meinungen thatsächlich auch
in seinem eigentlichen Vaterlande Russland getheilt. Aber dass
diese Frage abgeschlossen wäre, dass man von der angeblichen
Werthlosigkeit des MalleYns wie von einer nicht mehr bestrittenen
Wahrheit sprechen könnte, das darf man doch nicht zugeben.
Die Schulen von Kopenhagen, Brüssel, Paris, Lyon, Wien, Buda¬
pest, München und ich glaube auch Dresden (Prof. Johne jeden¬
falls) erklären sich für das Mallein. Arbeiten wie diejenigen
Schindelk a’s z. B., nm von den zahlreichen deutschen Arbeiten
keine mit Namen zu nennen, lassen sich nicht beiSeite schieben.
Unzweifelhaft sind — im Gegensatz zu den Schütz’schen Ver¬
suchen — mit dem Mallein sehr zahlreiche Erfolge errangen worden.
Wenn der Rotz in unserem Osten in den allerletzten Jahren so
auffällig zurückgegangen ist, so meinen mit den dortigen Verhält¬
nissen vertraute Leute, dass dies zum. nicht geringen Theil der
mit dem MalleYn vorgenommenen Durchstöberung alter Rotzherde
zuzuschreiben sei. Auch für Frankreich constatirt Nocard eine
allgemeine Abnahme des Rotzes.
Die positiven Resultate, welche zahlreiche Andere im Gegen¬
satz zu Schütz erzielt haben, lassen sich doch nicht alle auf
abweichende Beurtheilung gewisser in den Lungen anfgefondener
Knötchen zurückführen. Bezüglich dieser Knötchen stehen sich
die Ansichten Nocard’s und Schütz’s gegenüber. Niemand,
der nicht eigene Arbeiten darüber angestellt hat, kann mit Recht
die eine oder andere Meinung als falsch bezeichnen. Aber da
die Autorität von Schütz deijenigen Nocard’s um nichts über¬
legen ist, des letzteren Einfluss in der internationalen Wissen¬
schaft sogar entschieden weiter reicht, so kann man eben die
Frage zur Zeit nur als eine umstrittene und offene betrachten.
Es scheint aber für die Praxis im Zweifelsfalle schon im
Interesse sicheror Seuchentilgung vortheilhafter, den Rotz als
vorliegend anzunehmen. Der Staatskasse erwächst daraus über¬
dies auch nur ein Vortheil, denn das Pferd wird in diesem Falle
aus der Kasse des Provinzialverbandes bezahlt.
Die Fürsprecher des Mall eins haben ja auch niemals ange¬
strebt, dass jedes Pferd einfach auf Grund der MaUeinreaction
als rotzig behandelt werde (wie dies jetzt in Frankreich und
Belgien thatsächlich geschieht), und dass man bloss nach der
Malleinprobe mitMassentödtungen ganzer Bestände Vorgehen sollte.
Man wollte nur vielleicht die Tödtung einzelner verdächtiger
Pferde auf Grund der Malle'inprobe beschleunigen und das Mallein
bei der Durchsuchung grösserer Bestände auf Rotzinsassen ver¬
wenden, um mit dessen Hülfe unter Erwägung aller Umstände
von Fall zu Fall Tödtungen mit Auswahl, nicht plötzliche Massen¬
vertilgungen vorzunehmen. Man wollte namentlich mittelst einer
derartigen Vorschrift zunächst ein Mal den umfassenden Versuch
im Grossen durchführen, ohne den man eben niemals zu einem
abschliessenden Urtheil in derartigen Fragen gelangen
wird. Die Prüfung der Befunde hätte freilich nicht einem einzelnen
Sachverständigen übertragen werden dürfen, sondern es hätten dazu
Commissionen gebildet werden müssen. Die Hauptbedingung
aber, wenn die Mall ein-Forschung eine Förderung hätte
erfahren sollen, wäre die Ausbildung, Prüfung und Unterstützung
der Mall ein-Herstellung gewesen, während dieselbe gänzlich der
privaten Arbeit der Erfinder überlassen und wahrscheinlich
unvollkommen geblieben ist.
Dass das Rothlaufschutzserum ohne Dazwischentreten
der LandwirthBchaftskammer verloren gewesen wäre, ist schon
oben beleuchtet worden, und ebenso hätte das Heckersche
Verfahren bei Maul- und Klauenseuche schwerlich ein
besseres Schicksal gehabt.
An diesen Ereignissen der Neuzeit kann der Unbefangene
manche lehrreiche Beobachtung machen.
Es zeigt sich zunächst, dass die Verhältnisse sich verschoben
haben. Früher beruhte sozusagen die ganze Veterinärwissenschaft
auf den thierärztlichen Lehranstalten. Jetzt sieht man, dass die für die
Zeitverhältnisse wichtigsten Arbeiten draussen gemacht werden.
Diese fast überraschende Thatsache zeigt zunächst,
dass es genug Thierärzte giebt, welche auch in der
Praxis und unter erheblichen Schwierigkeiten und
Opfern arbeiten wollen und können. Man kann ferner
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24. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
187
daraus schliessen, dass die ununterbrochene Berührung mit dem
täglichen Leben und der Praxis der beste Boden ist, auf dem
solche, dem unmittelbaren Bedürfnis dienenden Arbeiten ent¬
stehen und gedeihen.
Es giebt dies aber anch für die Institute den beachtens¬
werten Fingerzeig, mit jenen freien Arbeitern enge Fühlung zu
halten, sich ihre Beihülfe zu sichern und ihnen andrerseits ihre
werthvolle Unterstützung zu leihen. In dieser Beziehung bietet
vielleicht kein Land ein besseres Beispiel wie Dänemark, und die
zahlreichen trefflichen Leistungen, welche den Kopenhagener
Yeterinärprofessoren in der Seuchenforschung eine führende
Stellung errungen haben, sind wohl zum grossen Theil dem
musterhaften Zusammenarbeiten der gewissermassen berufs¬
mässigen Forscher mit den practischen Thierärzten zu verdanken.
Unsere deutschen Institute haben um so eher Grund, sich
mit den in der Praxis stehenden Arbeitern zusammenzuschliessen
und sich dadurch einen leitenden Einfluss zu sichern, als sie
andrerseits Gefahr laufen, in ihrer Bedeutung allmählig
zurückzutreten, — angesichts der ausserordentlich thatkräftigen
und practischen Unterstützung, welche die Landwirthschafts-
kammern mehr und mehr der freien, d. h. der nicht an Staats¬
institute gebundenen thierärztlichen Arbeit gewähren.
Wir haben auf die Bedeutung dieser vorzüglichen Institutionen
für die Veterinärwissenschaft schon neulich hingewiesen. Die
Landwirthschaft8kammern sind unserer Ansicht nach auf dem
richtigen Wege. Sie vermeiden jenen Fehler in der
Methode, um den es sich handelt, — das allzuvorsichtige
Abwarten und Bedenken. Sie setzen sozusagen die Ent¬
deckung in den Sattel ohne allzulange theoretische Vorschule.
Sie gewähren nämlich dem noch Unerprobten Unter¬
stützung durch Probiren und darauf kommt es an. Denn
was, bereits als sicher erwiesen -ist, bedarf der Unterstützung
überhaupt nicht mehr. Andrerseits aber giebt es für das Un¬
erprobte nur eine Gelegenheit, sich zu bewähren und das ist,
ohne den Werth des nebenbergehenden Laboratorium-Versuchs
unterschätzen zu wollen, der Versuch im Grossen.
Ein neulich im Abgeordnetenhause eiugebrachter
Antrag trifft den Nagel auf den Kopf, indem er für die
practische Seuchenbekämpfung „den Versuch im
Grossen“ empfiehlt. Dieses Wort kann geradezu als Devise
bezeichnet werden für die Richtung, in welche die thierärztliche
Arbeit geleitet werden muss. Die freie Arbeit muss soviel als
möglich unterstützt und die wissenschaftliche Forschung muss,
so weit es geht, mitten in die Praxis hinein verlegt werden. Dabei
braucht man übrigens keineswegs Alles vom Staate zu erwarten,
sondern kann auf dem bereits eingeschlagenen Wege der Selbst¬
hülfe sehr viel erreichen, um so mehr, als den Landwirthschafts-
kammern reichliche Mittel zur Verfügung stehen, deren Ver¬
wendung nicht so vorsichtig erwogen zu werden braucht, wie dies
bei Staatsgeldern wohl allerdings nicht zu umgehen ist.
Dass dieses Princip, für einen eventuellen Nutzen auch etwas
zu riskiren, richtig ist, zeigt sich an der von der Landwirth-
schaft8kammer zu Brandenburg errichteten Anstalt zur Gewinnung
von Rothlauf-Schutzserum am besten. Der Geschäftsbetrieb hat
sich schon bo ausgedehnt, dass in Frankfurt a. 0. eine Filiale
hat errichtet werden müssen. Und wenn nun wirklich einmal
ein anderes Mittel entdeckt wird, so sind die aufgewandten Kosten
längst durch den inzwischen geschaffenen Nutzen aufgewogen.
Es kann den Landwirthen nur gerathen werden, in
der Verwendung des Lorenz’schen Schutzserums fort¬
zufahren. Es wäre freilich erwünscht, wenn ärmeren Leuten,
die z. B. nur ein Schwein halten und durch dessen Verlust be¬
sonders hart getroffen werden, die Impfkosten (die übrigens bei
Massenimpfung auf 1 M. für alle 3 Injectionen zusaramen-
schrumpfen) abgenommen werden könnten.
Die Nothwendigkeit der dreimaligen Injection ist ja eine
Erschwerung Aber demgegenüber braucht man practische
Leute, wie die Landwirthe sind, nur an den alten Satz
zu erinnern: der Sperling in der Hand ist besser als die
Taube auf dem Dache. Andrerseits ist eben das Bessere
det Feind des Guten. Die Methode Pasteur war höchst
beachtenswerth, so lange es nichts Besseres gab. Sie ist mit
Recht von der Methode Lorenz verdrängt worden, die ihr — wir
wiederholen es nochmals — schon durch die Vermeidung jeder
Impfscilädlichkeit unvergleichlich überlegen scheint. Kommt einst
eine bessere Methode, welche bei gleichem Vorzug z. B. mit ein¬
maliger Impfung auskoramt, so wird eben auch die Methode
Lorenz das Feld zu räumen haben. Bis dahin aber sollte man
sie nicht direct oder indirect bekämpfen, sondern unterstützen.
Wir wünschen aufrichtig, dass es Herrn Schütz oder einem
anderen Forscher gelingen möge, eine solche noch bessere
Methode zu finden; dann wird sie ebenso freudig aufgenommen
und ebenso freudig vertreten werden, wie jetzt die Methode Lorenz.
Denn es kommt nicht darauf an, wer den wissenschaftlichen Er¬
folg heimträgt, sondern nur, dass der Landwirtschaft grösst-
möglicher Nutzen erwachse.
Je reicher an Erfolgen die Thierarzneikunde, welche, wie die
letzten Ereignisse gezeigt haben, die Concurrenz der Medizin
durchaus nicht zu scheuen hat, auf diesem Gebiete ist, um so
sicherer wird auch das Gedeihen des Veterinärwesens begründet sein.
Referate.
Ueber Laetophenin.
Von Thierarzt Metzger.
(D. tbleräratl. W. 1)8,2.
Nach den Erfahrungen des Verfassers verdient unter den
zahlreichen neuen Arzneimitteln das Laetophenin eine besondere
Beachtung. Es ist von Böliringer u. Söhne in Waldhoff bei
Mannheim in den Handel gebracht und unter No. 70250 patentirt.
Es ist ein schwer lösliches Pulver, das sich in kochendem
Wasser 1 : 55 und in Alkohol 1: 10 löst. In der Medizin ist es
verschiedentlich geprüft. Von thierärztlicher Seite hat Verfasser
nur einen Bericht von Cadöac-Lyon aufgefunden, der das L. als
ein vorzügliches Fiebermittel erklärt, weil dessen Wirkung von
längerer Dauer und frei von unangenehmen Nebenerscheinungen
sei. M. hat das Präparat selbst zunächst an Hunden probirt und
die medikamentöse Dosis auf 0,25 bis 1 g festgesetzt. Auch
grössere Dosen 1 bis 3 g einem Teckel und einem Spitz ver¬
abreicht, hatten ausser einer gewissen Schläfrigkeit keine Neben¬
reaktionen zur Folge. Es gelangten dann 4 staupekranke Hunde
zur Behandlung. Das L. hatte überall einen guten Einfluss auf
das Allgemeinbefinden und setzte die Körpertemperatur stets um
17a b* 8 2 ° herab. Gewöhnlich schliefen die Thiere bald nach
Verabreichung des Pulvers. Das Medikament wurde gut ver¬
tragen; Erbrechen trat nicht ein. Der Krankheitsverlauf war in
allen Fällen ein so günstiger, dass M. geneigt ist, eine all¬
gemeine Beeinflussung desselben durch das L. anzunehmen. M. hat
ferner ein Pferd behandelt. Dasselbe hatte vorher 2 Tage je
eine Pille von 20 g Antifebrin erhalten, wobei die Temperatur
jedoch nicht unter 407 , gesunken war. Nach Verabreichung von
15 g Laetophenin ging die Temperatur von 41° auf unter 40 und
fiel am nächsten Tage nach 20 g um 2° binnen 3 Stunden. Die
Bewährung des L. als Antipyreticum ist also ausser Zweifel.
Der Preis desselben, der doch eine wesentliche Rolle spielt, ist
aber vom Verfasser nicht angegeben.
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138
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
Der oben citirte Bericht von Cadöac (jonrnal medical de
Lyon) enthält folgende Angaben: Das L. hat vermöge eines Be-
standtheils an Milchsäure besondere, es von anderen Antipy-
reticis unterscheidende Wirkungen, welche C. an Hunden geprüft
hat. 10—15 kg schweren Hunden wurden täglich 50 Centigramm
L. gegeben. Nicht in der Tiefe des Fieberabfalls, aber in der
Dauer der Wirkung ist L. dem Antifebrin und Phenacetin über¬
legen. Hunde nehmen es leicht mit einem Stück Fleisch. Giebt
man L. gelöst, so erzeugt es manchmal leichten Durchfall, was
ja nicht schadet. Versuchsweise wurden grossen Hunden 2 g
gegeben, was eine Teraperaturminderung um 3 Grad verursachte.
Doch ist diese DoBis die äusserste, und es ist bei 15—20 kg
schweren Hunden nur 0,5—1 g zu verwenden, wobei das
Allgemeinbefinden ungestört bleibt bzw. sich hebt. Das L. ent¬
faltet aber auch eine einschläfernde Wirkung, ähnlich wie das
Urethan, ohne dass das Nervensystem nachtheilig beeinflusst
würde. Diese Wirkung, welche schon bei 0,5 wahrnehmbar wird,
prägt sich erst bei 1 g bezw. 1,5 g (Für Hunde von obigem
Gewicht) aus und ist bei schmerzhaften Anfällen mit Vortheil
auszunutzen.
Hodensackbrach beim Wallach.
Fröhner schreibt in Bd. VIII, H. 11 der Monatshefte:' Bei
einem 6jährigen, vor Jahresfrist castrirten Wallach hatte 1 sich
seit einem Vierteljahr in der linken Hodensackgegend eine Ge¬
schwulst gezeigt, welche allmählich grösser wurde. Colikanfälle
sollen nie eingetreten sein. Die Untersuchung ergab eine faust¬
grosse linksseitige Hernia scrotalis, deren Inhalt mit der Hand
sich fast völlig verdrängen liess. Per Rectum war die Lage
einer Darmschlinge im inneren Bauchringe nachzuweisen. Das
Pferd wurde nach dänischer Art geworfen und tief narcotisirt.
Aehnlich wie bei der Kryptorchidencastration wurde ein Haut-
schnitt in der Gegend des äusseren Leistenrings angelegt, der
Processus vaginalis, der eigentliche Bruchsack, frei präparirt,
vorsichtig am Grunde geöffnet, und nun zeigte sich im Innern
desselben eine leere dünne Darmschlinge, welche am Grunde der
Scheidenhaut mit derselben verwachsen war und sich nicht repo-
niren liess. Die ziemlich feste Verwachsung musste vorsichtig
mit der Scheere gelöst werden. Hierauf wurde der Darm ver¬
senkt, die Scheidenhaut durch Drehen trichterförmig verengt und
um dieselbe hoch oben im Leistencanal eine elastische Ligatur
gelegt, unter der die Scheidenhaut weggeschnitten wurde. Die
Wundhöhle wurde mit Jodoformgaze tamponirt und die Haut
darüber vernäht. Nachdem die Tampons und Hautnähte ent¬
fernt waren, war das Pferd völlig geheilt.
Kleine Mittheilnngen.
Tetanus Antitoxin.
Die Firma Höchster Farbwerke macht Folgendes bekannt:
Das bisherige Trocken-Präparat von Tetanus-Antitoxin wird
durch ein flüssiges ersetzt, für dessen Einverleibung die snbcntane,
anstatt der intravenösen Injection empfohlen wird. Die Berech¬
nung des Antitoxin-Wert lies geschieht nach Immunisirungs-
einheiten (siehe Behrings Blutseruratherapie H). Das flüssige
Antitoxin wird vorläufig nur in einer Stärke abgegeben. Eine
einfache Heildosis besteht für Pferde und erwachsene Menschen
aus 2 Flaschen ä 25 ccm (lüfach — 500 Tet. J. E.), für Kinder
1 Flasche. Beim Auftreten der ersten Krankheitssymptome ist
schleunigst die volle Dosis einzuverleiben ; auch empfiehlt sich an
den folgenden Tagen, auch bei eingetretener Besserung, die Ein¬
spritzung je einer halben Dosis. Zur prophylactischen Immuni-
sirung vor Operationen genügt 1 ccm (vierwöchentlicher Schutz.)
Zu Immunisirungszwecken werden daher Fläschchen zu 2 ccm
(20 Tet. J. E.) abgegeben.
Das Tetanus-Antitoxin hält sich, an einem kühlen, frostfreien
Orte vor Licht geschützt aufbewahrt, mindestens 1 Jahr unver¬
ändert. Die Flaschen tragen auf der Tectur das Datum der
amtlichen Prüfung. Der Preis, über den nichts gesagt ist, scheint
demnach der alte zu bleiben (30 M. die Heildosis).
Das Laboratorium Pasteur zu Stuttgart macht bekannt,
dass esDosen von 10 ccm Starrkrampfserum für Pferde zu 3,50 M.
liefert. Welcher Natur dieses Präparat ist, ist uns nicht bekannt.
Ein neuer Tracheotubus.
Nach den Angaben des Tinerarztes Longhurst hat Huish,
Fisher Street, London W. C., einen Celluloid-Tracheotubus herge¬
stellt, der folgende Vortheile bieten soll:
1. Derselbe verhindert die Ulceration (? Eiterung), welche
metallene Tuben sehr unterhalten.
2. Derselbe ist 75 Proc. leichter als die Röhren aus
Messing, Nickel etc. und ist gleich haltbar wie diese.
3. macht sich der Celluloid-Tubus beimPferd am wenigsten
bemerkbar (conspicuous) und kann leicht entfernt und
gereinigt werden. (Vet. Record 1898 H. 500.)
Zur Konservlrung von Kartoffeln zu Kulturzweoken.
Simmonds umwickelt die in üblicherweise gereinigten und
gekochten Kartoffeln mit Bindfäden, taucht sie nach dem Ab¬
kühlen dreimal in halbstündigen Pausen in eine Schellacklösung,
schneidet nach einer halben Stunde, während der sie völlig
trocken geworden sind, den Bindfaden ab und hebt die Kartoffeln
in Kästen auf. Sie halten sich lange Zeit, ohne von Schimmel¬
bildung zu leiden oder auszutrocknen, und können jeder Zeit auf
dem Durchschnitt als Nährboden verwendet werden. (CentralbL f.
Bacteriol. u. Parasit.)
Oplstorohlt Pianae nov. sp., eine neue Distomidenart der Wildente.
Dr. Bruno Galli-Valerio, Prof, an der mediz. Fakultät der
Universität zu Lausanne fand nach dem Centralbl. f. Bakt. 1898
S. 3/4 bei einer Wildente (Anas boschas) neben einigen Band¬
würmern ein noch unbekanntes Distomum. Dasselbe ist 11 mm
lang, in der Mitte l 1 /« mm, am vordem Ende 1 mm, am hintern
\ mm breit. Der Körper ist abgeplattet, die Enden sind konisch zu¬
gespitzt. Der Mundsaugnapf misst 255 //, der Bauchsaugnapf 9—5 fi.
Die Darmschenkel sind unverästelt. Der Genitalpoms liegt in der
Mittellinie nicht weit vor dem Banchsaugnapf. Der Uterus ent¬
hält ovoi'de gelbe Eier, die am zugespitzten Pol einen Deckel
tragen. Die Eier sind 90—99 fi lang und 77—80 /.i breit
Ovarium kugelförmig etwas zweilappig, Hoden oval. Der
Excretionsporus befindet sich an der Spitze des hinteren Endes.
Seinen anatomischen Eigenschaften entsprechend gehört das
Distomum zum Genus Opistorchis. Der Verf., Prof. C. Piana,
widmet dasselbe seinem Lehrer.
Ueber eine neue Vogeltänie.
0. Fuhrmann schreibt über die neue aus der Anas spec.
stammende Art Cittotänia avicola, dass sie eine Zwischenform
der beiden innerhalb der Gattung von Stiles aufgestellten Gruppen
bilde. Der Skolex hat 4 Saugnäpfe; ein kurzer Hals verbindet
denselben mit einer 220 mm langen Strobila. Letztere ist
im Maximum 10 mm breit Der innere Bau der Tänie
weicht nur betreffs der Geschlechtsorgane von der Gattung ab.
Dieselben sind mit Ausnahme des Uterus doppelt Sobald der¬
selbe mit Eiern reich gefüllt ist, entwickelt er zahlreiche Aus¬
sackungen. (Rev. suisse de zool. Tome V 1897.) (Centralbl. f.
Bakt. 1898 S. 3/4).
Kosotoxin.
In den Kosoblüthen hat Leichsenring das Kosin als einen
nicht präformirten Bestandteil der Blüthe gefunden. Er hat nun
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24. März 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 139
den wirklich wirksamen Bestandteil der Kosoblüthen, das Koso-
toxin, dargestellt, welches sich als stark toxisch für das Muskel-
sy8tem erwies und sowohl die Nervenendigungen als auch die
Muskelfibrillen lähmte, ohne das Centralnervensystem wesentlich
zu beeinflussen. Im Gegensatz dazu lähmt die Filixsäure
namentlich das Centralnervensystem. Versuche, mit Kosotoxin
hei Katzen Tänien abzutreiben, waren ganz negativ.
Veber die Ergebnisse von Immnnisirnngsversnehen beim
Roth lauf der Schweine.*)
Vorläufige Mittheilung von 0. Voges und W. Schütz.
(Deutsche med. Wochenschrift 38|tä.)
Im Aufträge Sr. Excellenz des Herrn Ministers für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten, Freiherrn v. Hammerstein-Loxten haben
wir seit December 1896 Immunisirungsversuche gegen den Rothlauf
der Schweine angestellt Die ausführliche Mittheilung unserer seit¬
herigen Ergebnisse erscheint in Kürze in der Zeitschrift für Hygiene
und Infectionskrankheiten sowie im Archiv für Thierheilkunde.
Das wesentliche Resultat der Versuche ist folgendes:
1. ln der Praxis werden drei Verfahren zur Immunisirung gegen
den Schweinerothlauf angewandt: Die Pasteur’sche Methode, das
Verfahren von Lorenz, das Porcosan (Friedrichsfeld-Mannheim).
Alle drei beruhen auf dem Princip, Schweine mittels Einspritzung
abgeschwächter Rothlaufbacterienculturen immun zu machen. Ein
Unterschied besteht nur in der Methode der Abschwächung.
2. Die Immunität bei Schweinen kommt nur dann zu Stande,
wenn die Bacterien die Blutbahn überschwemmen. Dabei ist notb-
wendig, dass die Bacterien so wenig virulent sind, dass sie keine
äusserlich sichtbaren Krankheitserscheinungen machen. Die Bacterien
sind etwa sechs bis zehn Tage in der Blutbahn nachweisbar, und
zwar in solchen Mengen, dass sie schon in Blutausstrichpräparaten
erkannt werden können.
Lebende Bacterien, welche so sehr abgeschwächt sind, dass eie
nicht mehr in die Blutbahn gelangen können, machen keine Immunität.
3. Es gelingt bei gewissen Thieren, die von Haus aus überhaupt
nicht für Rothlauf empfänglich sind (Ziege), durch eine einzige
Injection von Rothlaufbacterien in die Blutbahn einen sehr hohen
Grad von Immunität zu erzeugen, so dass sich die Rothlaufschutz-
stoffe im Serum derselben nachweisen lassen. Bei anderer Appli¬
cation von Rothlaufbacterien ist es recht schwierig, Immunität zu
erzielen, und bedarf es wiederholter Impfungen.
4. Es gelingt, bei Kaninchen und Schafen eine Immunität
stärksten Grades durch vielfache subcutane Impfungen mit ab-
getödteten Rothlaufculturen zu erzielen, man erzielt dabei die
stärksten Concentrationen der Rothlaufschutzstoffe, die überhaupt
möglich sind.
5. Es gelingt nicht, bei Schweinen vom subcutanen Gewebe aus
mit abgetödteten Rothlaufculturen Immunität zu erzielen; Grund: die
Bacterien werden beim Schwein nicht resorbirt und die immuni-
sirenden Stoffe können nicht in die Blutbahn und weiterhin an die
Bildungsstätte der Rothlaufschutzstoffe gelangen.
6. Abgetödtete Rothlaufculturen machen beim Schwein auch
Immunität, sobald dieselben direct in die Blutbahn geimpft werden.
7. Die in den Rothlaufculturen enthaltenen immunisirenden
Substanzen sind in den Bacterienzellleibern enthalten. Es ist bis
jetzt nicht gelungen, mit zellfreien Flüssigkeiten Immunität zu
erzielen.
8- Die Immunität beim Rothlauf ist bedingt durch die mehr
oder weniger grosse Concentration von bactericiden Antikörpern:
dieselben vernichten die Bacterienzellen und sind zum geringeren
Theil in activer, auch im Reagenzglas wirksamer Form, zum über¬
wiegenden Theil aber in inactiver Form vorhanden. Diese letzteren
können bis jetzt nur im Thierkörper in die active Modification um¬
gewandelt werden.
9. Die Zerstörung der Bacterienzellen im Thierkörper geht,
entgegen den analogen Vorgängen bei Cholera (R. Pfeiffer), nur
sehr langsam vor sich und dauert bei Schweinen Tage lang.
Dieses ist bedingt durch den eigentümlichen Bau der Bacterienzelle.
10. Die specifisch wirkenden bactericiden Rothlaufantikörper
besitzen nur eine chemische Affinität zu dem Bacterienprotoplasma,
wodurch dasselbe zerstört wird.
11. Jeder einzelne Rothlaufbacterien-Protoplasmakörper ist von
*) Wörtlicher Abdruck.
einer schützenden Hülle umgeben. Grosse Mengen vorsichtig ge¬
trockneter Rothlaufbacterien erinnern lebhaft an Bienenwachs.
12. Dieser wachsartige Panzer bedingt die grosse Widerstands
fähigkeit der Rothlaufkeime in der lebendigen Natur gegenüber
Austrocknung, Wärme etc.; von ihm ist die Gram’sehe Färbung
abhängig u. a. m.
13. Dieser Mantel schützt auch jedes einzelne Stäbchen vor
der Einwirkung der Antikörper. Es giebt drei Wege zu ihrer Ver¬
nichtung: den chemischen, mechanischen und physiologischen.
14. Die waebsartige Substanz ist gegen die meisten bekannten
chemischen Lösungsmittel (Alkohol, Chloroform, Aether, Benzin,
Xylol etc.) völlig indifferent
Das einzige von uns gefundene chemische Mittel, welches diese
Substanz angreift ist Lauge; dadurch wird sie theilweise in Lösung
gebracht so dass die Bacterien nunmehr auch nach Gram entfärbt
werden.
Die Lauge zerstört aber auch die immunisirenden Substanzen,
so dass auf diese Weise keine Immunität erzielt werden kann.
15. Der zweite Weg der Befreiung des Rothlaufbacterien-Zell-
protoplasmas besteht in mechanischer Zertrümmerung der Um¬
hüllungen nach dem Vorgänge von R. Koch beim T. K. Diese
Methode lässt völlig im Stich Die getrockneten Bacterienmassen
sind so zähe und harzartig, dass sie sich überhaupt nicht zer¬
trümmern lassen, selbst nach stundenlangem Zerreiben geht nichts
in Lösung.
16. Der Thierkörper verfügt über bestimmte Mittel, wodurch
eine Entpanzerung der Bacterien hervorgerufen wird, ohne dass
dabei die immunisirenden Substanzen zerstört werden. Diese
Arbeit wird nicht vom Blute geleistet; weder das Serum noch die
Formelemente des Blutes (Leukocyten etc.) normaler oder immuner
Thiere sind im Stande, das Bacterienprotoplasma seiner Schutzhülle
zu berauben.
Nur die in Theilung begriffenen Jugendformen können vom
bactericiden Serum angegriffen werden, bevor an der Theilungsstelle
die feste Hülle ausgebildet ist Die Auflösung der Bacterienhülle
erfolgt durch die Thätigkeit von einem oder mehreren Körperorganen.
17. Die Vernichtung der Rothlaufkeime im Thierkörper umgreift
also zwei Phasen:
3) Aufschliessnng der Bacterienhülle durch Organthätigkeit;
2) Zerstörung des Bacterienprotoplasmas durch die bactcricide
wirkenden, im Blutserum löslichen Schutzstoffe.
'18. Antitoxine nach Behring, Ehrlich, Brieger sind niemals
nachgewiesen worden.
Tagesgeschichte.
Sitzungsprotokoll der 42. Generalversammlung des
thierärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen,
die thfiringischen und anhaitischen Staaten,
am 13. März 1898 in Halle a/S.
Um 11 Uhr vormittags eröffnet der stellvertretende Vor¬
sitzende, Departementsthierarzt Oemler-Merseburg, die für den
13. März d. J. nach Halle a/S., Hotel „Goldener Ring“, mit nach¬
folgender Tagesordnung einberufene Generalversammlung:
1. Kassenrevision,
2. Berathung der Statuten des Ehrenraths betreffend,
3. Aenderung des § 10 des Vereinsstatuts; Referent Depar-
temeutsthierarzt L e i s t i k o v - Magdeburg,
4. „Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“; Referent
Kreistbierarzt Liebener-Delitsch,
5. „Ansteckender Scheiden- und Gebärmutterkatarrh;“
Referent Kreisthierarzt Martens-Sangerhausen,
6. Antrag des Kreisthierarztes Liebener-Delitsch, das
Andenken des Professors Dr. Hertwig anlässlich seines
100. Geburtstages zu ehren,
7. Unvorhergesehenes.
Es sind nachfolgende Vereinsmitglieder erschienen:
Thierarzt Becher- Salzmünde, Schlachtlu-Dir. Bierbach-
Naumburg, Kreisthierarzt Borchardt-Cölleda, Schlachthof¬
thierarzt Bunge-Halle, Kreisthierarzt Busch - Torgau, Thier-
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140
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
arzt Cordes-Coswig, Thierarzt Fieweger-Cöthen, Thierarzt
Friedrich-Halle, Schlachthof-Dir. Hewig-Torgau, Kreis¬
thierarzt Hofherr-Herzberg a. E., Thierarzt Jünger -
Weissenfels, Kreisthierarzt Klebba - Halle, Kreisthierarzt
Kühn-Zeitz, Kreisthierarzt Lauche sen.-Bitterfeld, Thierarzt
Lauche jun.-Bitterfeld, Kreisthierarzt Liebener-Delitsch,
Thierarzt Liebrecht - Zörbig, Kreisthierarzt Martens - Sanger-
hausen, Thierarzt Meissner-Schafstaedt, Schlachthof-Dir.
Mugrowsky-Halberstadt, Departem. - Thierarzt Oemler-
Merseburg, Thierarzt Pasch -Benkendorf, Thierarzt Scharf-
Eckartsberga, Thierarzt Schmidt-Düben, Assist.-Thierarzt
Dr. Schmidt-Halle, Thierarzt Schröder-Eilenburg, Thier¬
arzt Schulze-Bernburg, Thierarzt Schümm - Naumburg,
Kreisthierarzt Lickert-Egeln, Thierarzt Siebert-Schönebeck,
Schlachthof-Insp. Spuhrmann - Stendal, Kreisthierarzt Tanne¬
bring - Querfurt, Kreisthierarzt Thunecke - Calbe a. S., Thier¬
arzt Wilhelm-Brehna, Schlachthof-Dir. Witte - Quedlinburg,
Kreisthierarzt Ziegenbein - Oscherslebeu und Thierarzt
Zchernitz-Kösen.
Der Vorsitzende begrtisst zunächst die Erschienenen und ge¬
denkt dann mit bewegten Worten des Heimganges des ersten
Vorsitzenden, Professor Dr. Pütz-Halle, der am 4. März d. J.
plötzlich am Herzschlage verstorben ist, nachdem er bis dahin
in geistiger und körperlicher Frische seines Amtes gewaltet hat.
Er weist mit beredten Worten auf die Verdienste des Ver¬
storbenen um den thierärztlichen Stand in seiner Eigenschaft als
Präsident des Vereins und als Ehrenmitglied zahlreicher anderer
Vereine hin, wie derselbe im Kampfe um die Hebung des thier¬
ärztlichen Standes stets in vorderster Reihe gestanden und ge¬
stritten hat, hebt dann seine Verdienste um die thierärztliche
Wissenschaft hervor und gedenkt seiner als eines liebenswürdigen,
stets heitern Collegen von strengster Rechtlichkeit und Wahrheits¬
treue. Zum Schlüsse fordert er die Versammlung auf, sich in
ehrendem Andenken an den Heimgegangenen von den Sitzen zu
erheben, was geschieht.
Sodann erinnert der Vorsitzende an die gleichfalls durch Tod
dem Verein entrissenen Mitglieder, Ehrenmitglied Professor Dr.
Rabe-Hannover und Schlachthausthierarzt Rissling-Bernburg,
denen er einen kurzen Nachruf widmet.
Im Anschluss hieran macht Kreisthierarzt Klebba-Halle,
welcher im Namen des Centralvereins der Familie Pütz herz¬
lichstes Beileid ausgesprochen und einen Kranz am Grabe des
Vereinspräsidenten niedergelegt hat, Mittheilungen über die letzten
Augenblicke desselben und den Verlauf der Beerdigungsfeier¬
lichkeit Auch übermittelt er den Vereinsmitgliedern den Dank
der Familie Pütz für die dem Verstorbenen von Seiten des
Vereins erwiesenen letzten Ehrungen.
Der erste Punkt der Tagesordnung wird nach einem kurzen
Bericht desVereinskassirers, Kreisthierarzt Thun ecke-Calbe ä.S.,
durch Wahl zweier Revisoren: Kreisthierarzt Hofherr und
Thierarzt Pasch erledigt, worauf dem Kassirer, nachdem die
Kasse in allen Theilen richtig befunden ist, vom Vorsitzenden
Namens der Versammlung Decharge ertheilt wird.
Sodann referirt Thun ecke-Calbe über den zweiten Punkt
der Tagesordnung und stellt den Antrag, die Bestimmungen über
den Ehrenrath aus den Vereinsstatuten zu streichen. Der Antrag
wird von der Versammlung einstimmig angenommen und der
Ehrenrath somit aufgehoben.
Punkt 3 der Tagesordnung fällt wegen Nichterscheinens des
Referenten aus.
Nunmehr tritt die Versammlung in die Verhandlung über
„Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“ ein. Referent
Liebener-Delitsch legt in klarer und erschöpfender Weise die
mangelhafte Besoldung der beamteten Thierärzte gegenüber den
an sie gestellten Anforderungen dar, fasst in knapper Form die
untergeordneten Rangverhältnisse derselben im Vergleich zu
anderen Staatsbeamten mit gleicher Vorbildung zusammen und
weist auf das Fehlen aller Pensionsansprüche der Kreisthierärzte
hin. Im Anschlüsse hieran bringt er den Antrag ein, die von
den Kreisthierärzten in der Versammlung vom 20. Februar a. er.
gefassten Resolutionen der Centralvertretung der thierärztlichen
Vereine Preusens zur weiteren Veranlassung zu unterbreiten.
Die Versammlung nimmt die Resolutionen in folgender Fassung an:
1. „Der Verein erachtet das jetzige Gehalt der Kreisthier¬
ärzte von 600 Mark gegenüber den an dieselben ge¬
stellten Anforderungen als zu niedrig und erstrebt ein
Jahresanfangsgehalt von 1000 Mark steigend von 2 zu
2 Jahren um je 100 Mark bis zu 1500 Mark neben
unbeschränkter Ausübung der Privatpraxis.
2. Der Verein hält eine Versetzung der Kreisthierärzte aus
der 8. in die 6. Bangklasse der Staatsbeamten — unter
Gewährung der dieser Klasse zustehenden Reisekosten
und Tagegelder — ihrer Vorbildung und ihrem Studien¬
gange nach für dringend erforderlich, und
3. der Verein strebt eine Pensionirung der Kreisthierärzte
an, die unter Zugrundelegung eines fingirten Gehalts
von 3600 Mark sich den für die Pensionirung der
übrigen Staatsbeamten geltenden Bestimmungen anfügt“
Es wird ferner beschlossen, zur Erreichung dieser Ziele die
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens
zu ersuchen, bei ihrem demnächstigen Zusammentritt
„Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte“
auf die Tagesordnung zu setzen, geeignete Referenten zu er¬
nennen und sonst noch erforderliche Massnahmen zu ergreifen.
Es folgt ein Vortrag vom Kreistjiierarzt Martens-Sanger-,
hausen „Ansteckender Scheiden- und Gebärmuttercatarrh“, in
welchem der Referent hervorhebt, dass in dem von ihm ver¬
tretenen Kreise ein Catarrh der Geburtswege der Kühe sehr
häufig zur Beobachtung kommt, der, von der Scheide ausgehend,
shhiiesslich auf die Gebärmutter übergreift und bei den trächtigen
Thieren seuchenartiges Verkalben hervorruft.*)
Nunmehr gelangt Punkt 6 der Tagesordnung zur Erledigung,
wobei Referent Liebener-Delitsch ausführt, dass die Anregung
zu dem Anträge betreffend die Ehrung des verstorbenen Professor
Dr. Hertwig zu seinem 100. Geburtstage noch von Professor
Pütz-Halle ausgegangen sei. Die Versammlung schlieBst sich
den Ausführungen des Referenten bezüglich der bisher so wenig
auch öffentlich anerkannten Verdienste von Hertwig an und
erhebt den Antrag,
„bei der Centralvertretung der tbierärztlichen Vereine
Preussens vorstellig zu werden, das Andenken des Pro¬
fessors Dr. Hertwig anlässlich seines. 100. Geburtstages
möglichst durch Aufstellung seiner Büste in der Aula der
thierärztlichen Hochschule in Berlin zu ehren,“
zum Beschluss.
Beim letzten Punkte „Unvorhergesehenes“ angekommen,
wird durch Departementsthierarzt Oe ml er-Merseburg eine Neu¬
bildung aus dem linken Ventrikel des Herzens gezeigt, die von
ihm im Herzen einer wegen Milzbrand obducirten Kuh gefunden
ist Bezüglich der Natur dieser Neubildung, die die linke Herz¬
kammer, von den Sehnen der Klappen herabhängend, nahezu aus¬
füllte, wobei das Herz nicht erweitert und nur die Wand ver¬
dünnt erschien, konnte in der Versammlung nichts Sicheres fest¬
gestellt werden.
*) Der Vortrag soll in der nächsten Nummer der „Berl. Th.
Wochenschrift“ als Originalartikel erscheinen.
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24. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
141
Nachdem hiermit die Tagesordnung erschöpft war, wurde auf
die nächste Tagesordnung
a) Wahl des ersten Vorsitzenden,
b) Wahl der Delegirten zur Centralvertretung,
c) Bericht über die Verhandlungen in der nächsten Sitzung
der Centralvertretung — Ref. Liebener-Delitsch.
d) Bösartiges Klauenweh der Schafe — Ref. Martens-
Sangerhausen,
gesetzt und die Sitzung um 2 Uhr geschlossen.
Das sich anschliessende gemeinsame Mittagessen verlief
unter Berücksichtigung des wenige Tage vorher erfolgten Ab¬
lebens des Professor Pütz-Halle sehr still und fand ein früh¬
zeitiges Ende.
Oemler, Klebba,
stellv. Vorsitzender. Schriftführer.
Kleine MKthellangen.
Zu der 70. Versammlung deutscher Naturforscher und
Aerzte sind Einladungen für die Veterinärsection versandt
worden. Die Versammlung findet zu Düsseldorf in der Zeit vom
19. bis 24. September statt; ihr Besuch würde sich also mit einer
hübschen Rheinreise verbinden lassen. Die Vorbereitung der
Veterinärsection liegt in den Händen der Herren Departements¬
thierarzt Renner (Duisburgerstr. 62), W. Junkers (Herzog¬
strasse 12) und Th. Frisch (Kiosterstr. 84), bei welchen Vor¬
träge bis spätestens Ende April anzumelden sind. Anfangs Juni
werden die allgemeinen Einladungen mit Programm versandt
werden.
Die preussische Centralvertretung wird im Mai,
statutenmässig zu Berlin, zusammentreten.
Der Hannoversche Generalverein hielt am 13. März
eine ausserordentliche Generalversammlung zwecks ordnungs-
mässiger Aufhebung des Ehrenrathsstatuts ab. Bei derselben
wurde Prof. Dr. Esser zum ersten und Regimentspferdearzt a. D.
Dr. Brücher zum zweiten Vorsitzenden gewählt
Jubiläum: Kfeisthierarzt Lütje in Otterndorf, Reg.-Bez.
Stade, ein bei seinen Collegen, wie bei den Landwirthen gleich¬
geschätzter Beamter, feierte am 8. März sein 25jähriges Beamten-
Jubiläum. Eine Deputation des landwirtschaftlichen Vereins im
Lande Hadeln, dessen Ehrenmitglied der Jubilar ist, überreichte
demselben ein hübsches Andenken.
Der Ministerialerlass betreffend die EhrenrKthe bei thierärztlichen
Vereinen.
Ministerium für Landwirtschaft,
Domänen nnd Forsten. Berlin, den 21. Januar 1898.
I. G. 584. .
In den Satzungen eines thierärztlichen Vereins, dem eine grössere
Zahl von beamteten Thierärzten angehört, ist einem durch Wahl zu
bestellenden Ehrenrate oder Ehrengerichte die Befugniss beigelegt,
gegen Vcreinsmitglieder wegen Verletzungen des allgemeinen An¬
standes, der Standespflicht und der Standesehre, überhaupt wegen
solcher Handlungen einzuschreiten, die geeignet sind, den tier¬
ärztlichen Beruf herabzuwürdigen. Zu den vom Ehrenrathe zu ver¬
hängenden Strafen gehört die Erteilung von Belehrungen und Er¬
mahnungen und Rügen. Es handelt sich also um ein Verfahren,
worin annähernd dieselben Ziele verfolgt und ähnliche Strafmittel
angewendet werden, wie von der staatlichen Disciplinargewalt
Da zur Wahrung des Ansehens der Staatsbehörden für deren
Disciplinarbefugnisse die Ausschliesslichkeit in Anspruch genommen
werden muss, so erscheint es unzulässig, dass Staatsbeamte sich
solchen Disciplinarvorschriften in den Satzungen eines Privatvereins
unterwerfen.
Dieser Grundsatz ist einem ärztlichen Vereine gegenüber
bereits früher mit der Wirkung zur Geltung gebracht, dass dessen
Satzungen, soweit sie eine der staatlichen gleichartige Disciplinar¬
gewalt vorsahen, für die dem Verein angehörenden Staatsbeamten
ausser Kraft gesetzt worden sind.
Ich habe daher angeordnet, dass den beamteten Thierärzten des
in Betracht kommenden Bezirks der Austritt aus dem Verein auf¬
gegeben wird, falls nicht die Anwendbarkeit der erwähnten Be¬
stimmungen über ehrengerichtliche Strafbefugnisse auf sie durch
Statutenänderung ausgeschlossen wird.
Da voraussichtlich auch in anderen Landestheilen thierärztliche
Vereine mit ähnlichen Satzungen bestehen, so wollen Euer
_ geboren . , . ,
“ och woh(geboren e,ne g leichartl S e Anweisung an die beamteten
Thierärzte des dortigen Bezirkes ergehen lassen und sich in ge¬
eigneter Weise von der Befolgung der Vorschriften überzeugen,
gez.: von Hammerstein.
An
die Herren Kreisthierärzte. _
Der Regierange^räaideet. Bre ,Uo, den 10. März 1898.
Abschrift zur Kenntnissnahme mit dem Bemerken, dass der
Verein schlesischer Thierärzte die Bestimmungen der unter dem
13. October 1889 aufgestellten Statuten, betreffend den Ehrenrath
död’Vbrelns unter dem 27. v. Mts. aufgehoben hat, so dass Be¬
stimmungen über ehrengerichtliche Strafbefugnisse des Vereins über¬
haupt nicht mehr bestehen.
Ich nehme Veranlassung hierbei darauf hinzuweisen, dass die
Massnahme des Herrn Ministers auf meinen Bericht, betreffend ein
ehrengerichtliches Einschreiten des Vereins schlesischer Thierärzte
gegen den Departementsthierarzt Dr. Ulrich getroffen ist, nachdem
die Prüfung des gegen letzteren vorgebrachten Materials, welches
einer Ebrenrathscommission des Vereins Veranlassung gegeben hatte,
gegen Dr. Ulrich auf „eine Ermahnung“ zu erkennen, ergeben hatte,
dass ein berechtigter Vorwurf aus dem Material gegen
Dr. Ulrich nicht zu entnehmen war.*)
von Heydebrand und der Lasa.
*) Da bei der Verhandlung der Vereine über Aufhebung der
Ehrenräthe auch der der Angelegenheit zu Grunde liegende Special¬
fall zur Sprache kommen musste, so ist der Wunsch des Herrn
Dr. Ulrich berechtigt, dass die in seiner Angelegenheit ergangene
behördliche Entscheidung der Oeffentlichkeit ebenfalls nicht vor¬
enthalten werde. D. R.
Oeffentliches Yeterinärwesen,
(M i 11 h e i 1 u n g e n für
Seuchenst&tistik nnd Yeterinärpolizei.
Zar Einfuhr Ober die See-Qnarantäne-Anstalten.
Zeitnngsmeldungen zufolge beabsichtigt die dänische Re¬
gierung, denjenigen Rindern, welche in die deutschen Quarantäne-
Anstalten eingeführt und von dort wegen positiven Resultates
der Tnberculinprobe zurückgewiesen sind, ihrerseits die Rück¬
führung auf dänisches Gebiet zu verweigern.
Diese Massregel würde selbstverständlich das deutsche Ver¬
fahren • weder hindern noch beeinflussen. Die dänische Behörde
würde dadurch nur selber aus der deutschen Massregel ein
vollständiges Einfuhrverbot machen. Denn es würde gegeuüber
dem Risico, dass importierte Rinder in Deutschland zurtick-
Veterinärbeamte.)
gewiesen und nach Dänemark dann nicht wieder hineingelassen
werden, natürlich Niemand mehr eine Einfuhr wagen können.
Antrag Im Abgeordnetenhause.
Die Abgeordneten v. Mendel, Ring und Genossen haben
beantragt, die Regierung zu ersuchen: Auf eine Revision der
Bestimmungen betr. die Einfuhr von Vieh aus seuchenverdächtigen
Ländern bei der Reichsregierung hinzuwirken, die Vorschriften
hinsichtlich der Seuchenverschleppung im Inlande auf Grund der
bisher gemachten Erfahrungen abzuändern, und eine Verein¬
heitlichung derselben in allen Provinzen Preussens und allen
Ländern Deutschlands herbeizuführen; der pathologischen Be-
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BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHEN SCHRIFT.
No. 12.
kämpfnng der Seuchen durch Aussetzung von ausreichenden
Staatsmitteln und Heranziehuag des praktischen Versuchs im Grossen
(Bravo! D. R.) die Wege zu ebnen.
Beschlüsse der letzten Tagung des Deutschen Landwirthsohaftsraths.
I. Betreffend Abwehr derMaul- und Klauenseuche (Re¬
solution Freiherr v. Erffa mit Amendements). 1. Es erscheint noth-
wendig, das über die Land- und Seequarantäne eingehende Vieh
einer vierwöchentlichen Quarantänezeit zu unterwerfen. 2. Es ist
dringend geboten, die Einfuhr russischer Schweine und russischen
Geflügels zu untersagen. 3. Es erscheint wünschenswerth, dass die
Veröffentlichungen des Kaiserl. Gesundheitsamtes Uber den Stand der
Viehseuchen mindestens alle 14 Tage erfolgen. 4. Eine grössere
Einheitlichkeit der Sperrmassregeln in den einzelnen Landestbeilen
ist anzustreben. 5. Die Sperrmassregeln gegen die Seuchen¬
verschleppung im Inlande sind bei dem heutigen Stande der Sache
nicht zu entbehren, doch sind dieselben mit thunlichster Vermeidung
aller Härten von Fall zu Fall durchzuführen. Die Bahnhofssperre
ist nur im äussersten Nothfalle zu verhängen. 6. Der Hausirhandel
mit Klauenvieh ist bei Seuchengefahr gänzlich zu untersagen und
auch sonst der strengsten Controle zu unterstellen. Nothwendig er¬
scheint eine regelmässige Revision und erforderlichenfalls eine regel¬
mässige Desinfection der Händlerställe. 7. Die Bahnhofsverwaltungen
sind anzubalten, dass eine noch gründlichere Desinfection der Eisen¬
bahnwagen und der Rampen etc. durchgeführt wird. 8. Nach dem
Beispiel Sachsens und Bayerns ist die Errichtung von Central-
Desinfectionsanstalten dringend erwünscht.
II. Betreffend Vieh Versicherung und Schlachtviehver-
sicherung. (Resolution Dr. v. Langsdorff-Dresden und von Mendel-
Steinfels-Halle a. S.) Der Deutsche L.-R. erklärt: 1. Die weiteste Aus¬
breitung der Versicherung des Rindviehs und des Kleinviehs
liegt im Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauern¬
standes. 2. Zur Erreichung dieses Zieles empfiehlt sich besonders
die Bildung von Ortsversicherungsvereinen und deren Zusammen¬
fassung zu Verbänden behufs theilweiser Rückversicherung. 8. Staat¬
liche Untorstützung ist geeignet, diese Entwickelung zu verallge¬
meinern und zu beschleunigen. 4. Allgemeine Versicherung des
Schlachtviehs gegen aus der Fleischbeschau erwachsende Verluste,
einschliesslich der durch Tuberculose entstandenen, ist geboten.
5. Zu diesem Zwecke ist eine einheitliche und allgemeine Regelung
der Vorschriften, betr. die Fleischbeschau, innerhalb der einzelnen
Staaten im Interesse der Schlachtviehversicherung nothwendig.
6. Die Entschädigung muss bei der Schlachtviehversicherung so be¬
messen werden, dass der Versicherer einen Theil des Schadens selbst
trägt. 7. Andererseits entspricht es den Forderungen der Billigkeit
und liegt zugleich — durch Ausgleich des von dem Schlachtvieh-
käuter mit zu übernehmenden Risicos — im Interesse der Consu-
menten, dass ein Theil des aus der Versicherung des Schlachtviehs
gegen Verluste, welche durch sanitätspolizeiliche Vorschriften ver¬
anlasst werden, erwachsenden Aufwandes aus öffentlichen Mitteln
bestritten werde.
Der Deutsche Landwirthschaftsrath beschliesst, an die Reichs¬
regierung die Bitte zu richten, den Entwurf zu einem Reichs¬
versicherungsgesetz bekannt zu geben, um den Versicherten selbst
Gelegenheit zur Aussprache über denselben zu geben.
III. Betreffend Regelung des Abdeckereiwesens (Referat
Dammann-Orth). 1. dass die Gemeinden gehalten sind, für sich oder
zusammen mit anderen vorechriftsmässig beschaffene und ausgestattete
WaBenplätze herzugeben und zu erhalten, in denen alle zugeführten
Stücke eine unschädliche Beseitigung erfahren, und Abdecker für die¬
selben anzustellen, 2. dass es wünschenswerth ist, wenn von den Kreisen
bezw. Aemtern und entsprechenden Verwaltungskörpern, für sich oder
in Gemeinschaft mit anderen, den Anforderungen der Sanitäts* und
Veterinärpolizei entsprechende Anstalten (Abdeckerei-Anstalten) her¬
gerichtet oder bereitgestellt werden, in denen dieCadaver gefallener,
abgängiger und auf polizeiliche Anordnung getödteter Thiere, sowie
bei der Fleischbeschau beschlagnahmte thierische Theile mittelst
thermochemischer Apparate unter zuverlässiger Ertödtung aller
Krankheitserreger im Interesse der Besitzer thunlichst nutzbringend
verarbeitet werden.
Rothlaiif-impfansUlt der Brandenburgisohen Landwirthschaftskammer.
Der Director der Rothlauf-Impfanstalt, Dr. Joest, theilt Fol¬
gendes mit: Die Nachfrage nach Lorenz’schein Rothlaufschutz-
sernra hatte sich mit beginnendem Frülyahr bereits so gesteigert,
dass die Prenzlauer Anstalt zur Herstellung des Bedarfs nicht
mehr ausreichte. Die Landwirthschaftskammer hat daher be¬
schlossen, das Institut dadurch zu vergrössern, dass eine Filiale
in Fraukfurt a/O. in Verbindung mit der dortigen, mit vorzüg¬
lichen Stallungen versehenen Molkerei eingerichtet worden ist.
Es wird hier ein grösserer Schweinebestand behufs Serum-
gewinnung aufgestellt. Die eigentliche Darstellung des Serums
geschieht nach wie vor in Prenzlau, von wo aus auch aus¬
schliesslich der Versand besorgt wird. Die Filiale ist dem
1. Assistenten, Thierarzt Helfers unterstellt worden, während
als 2. Assistent Thierarzt Harm aus Berlin bei der Prenzlauer
HauptanstaU angestellt worden ist. Es wird bei der stattgehabten
Erweiterung möglich sein, von Mitte bis Ende Mai auch einer
verstärkten Nachfrage nach Impfstoff zu genügen.
Eine Epidemie von Maai- und Klauenseuche Im Kreise Goidberg-Haynau
und ihr Einfluss auf dessen Bewohner.
Coester hat mehrere Fälle von Uebertragung der Maul- und
Klauenseuche auf Menschen beobachtet Derselbe hält deshalb die
staatliche Aufsicht zur Verhinderung der Verbreitung von Thier¬
seuchen nicht für ausreichend. Es bedürfe des gemeinsamen
Zusammenwirkens des Kreisthierarztes und des Kreisphysikns,
wenn die Seuchen rechtzeitig erkannt und die in einem ver¬
seuchten Bezirk lebende Bevölkerung vor gesundheitlichen Ge¬
fahren geschützt werden sollen. (Centralbl. f. Bakt. 1898 S. 3/4)
Naohweisung Ober den Stand der Vlehseuohen Im Deutschen Reich
am 28. Februar 1898.
Es waren am 28. Februar in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (4).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (2). R.-B. Frankfurt 1 (3).
R.-B. Posen 4 (4). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 5 (6).
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (3). R.-B. Merseburg 1 (1).
R.-B. Hildesheim 1 (2). R.-B. Wiesbaden 1 (1). R.-B. Trier 1 (1).
Bayern: R.-B. Niederbayern 2 (2). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis
1 (1). Sachsen-Weimar: 1 (1). Braunschweig: 1 (1).
ElsasB-Lothringen: Bez. Unter-Eisass 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):-
Bayern: R.-B. Oberbayern21 (85). R.-B. Niederbayern 2(3).
R.-B. Pfalz 12(42). R.-B. Oberpfalz 5(7). R.-B. Oberfranken 9 (15).
R.-B. Mittelfranken 17 (58). R.-B. Unterfranken 12 (31). R.-B.
Schwaben 17 (77). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2 (2).
Kreishauptm. Dresden 3 (3). Kreishauptm. Leipzig 3 (4).
Kreishauptm. Zwickau 4 (6). Württemberg: Neckarkreis
16 (64). Schwarzwaldkreis 10 (21). Jagstkreis 13 (58). Donau¬
kreis 14 (56). Baden: Landescomm. Constanz 4 (9). Landes-
comm. Freiburg 4 (6). Landescomm. Karlsruhe 7 (11). Landescomm.
Mannheim 9 (16). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (6). Provinz
Oberhessen 1 (1). Provinz Rheinhessen 5 (11). Mecklenburg-
Schwerin: 1 (6). Sachsen-Weimar: 4 (9). Oldenburg:
Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birkenfeld 1 (2).
Braunschweig: 3 (19). Sachsen-Meiningen: 2 (6). Sachsen-
Altenburg: 1 (1). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth.
Gotha 2 (6). Anhalt: 4 (16). Schwarzburg-Sonders-
hausen: 3 (5). Schwarzburg-Rudolstadt: 2 (2). Reuss
j. L.: 1 (1). Hamburg: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bez. Unter-
Elsass 4 (4). Bez. Ober-Eisass 5 (41). Bez. Lothringen 3 (12).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B.
Magdeburg 2 (10). R.-B. Merseburg 1 (1).
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24. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
143
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
Im Februar 1898.
lumbihrl'
Schleswi
unter '/
nabruck.
nnover
Frankfurt
Acn'sber£
Kassel
Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender
Scala) an. wie viel pro mille der vorhandenen
Gemeinden verseucht waren.
Die Verbreitung der Maul- n. Klauenaeoohe In Preaeeen. Ende Februar 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
> herrschte
i
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Königsberg.
1
2
0,48
Gumbinnen.
1
! 1
0,25
Danzig.
6
11
8,73
Marienwerder.
10
30
13,26
Potsdam.
11
36
13,91
Frankfurt.
3
5
1,83
Stettin.
1
3
1,59
Köslin.
l
1
0,51
Posen .
17
68
20,63
Bromberg.
10
44
19,77
Breslau.
12
66
17,38
Liegnitz.
b
14
4,97
Oppeln.
2
3
1,07
Magdeburg .
12
70
48,54
Merseburg.
11
32
13,84
Erfurt.
3
1 3
5,11
Schleswig.
2
4
1,82
Hannover.
1
1
1,58
Hildesheim.
6
14
19,33
Lüneburg .
1
1
0,67
Münster.
4
8
29,85
Minden.
3
8
15,68
Arnsberg .
5
10
11,76
Cassel.
6
■ 9
5,38
Wiesbaden.
12
53
56,62
Coblenz.
11
4b
45,93
Düsseldorf. .....
15
37
86,04
Köln.
9
21
70,95
Trier.
4
12
10,64
Aachen .
8
28
7,17
Summa 1
194
643
—
Quarantlne-Anetaiteo.
Der vorauszusehende Erfolg der neuesten, die Quarantäne-
Anstalten betreffenden deutschen und dänischen Massnahmen
(8. pg. 141) ist eingetreten: In den ersten zehn Tagen d. März
ist nach einer letzten Meldung der „Neuen Polit. Nachr.“ über¬
haupt keine Einfuhr erfolgt, dann sind i7 Stück eingeführt worden.
Fleischschaii und Ylehverkehr.
Berlin: Auszug aus den Flelscbsehauberloht für Februar 1898.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13060
11053
31061
50931
Ganz beanstandet. ....
206
23
8
342
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
3 241
30
—
1400
Davon gänzlich verworfen .
35
1
—
35
„ sterilisirt und verwerthet
86
4
—
208
„ theilweise verworfen . .
32
—
—
Also vollständig freigegeben
3088
25
—
1157
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
6
Mit Finnen behaftet ....
74
—
—
34
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
—
—
—
18
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
74
—
—
16
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
27
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5477 Stück, bei Kälbern 83 Stück, bei Schafen 2166 Stück,
bei Schweinen 7202 Stück.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 12.
144
B. Untersuchungsetation.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
18 641
12 432
2 009
12240
Beanstandet.
84
36
2
13
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
32
7
Davon sind sterilis.verwerthet
1
—
_
2
Mithin gänzlich verworfen .
31
—
—
5
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
_
—
Mit Finnen behaftet ....
—
—
_
1
Davon schwach finnig und
• gekocht verwerthet . . .
—
—
—
1
Unter dem eingeflihrten Fleisch waren 1870 dänische,
36 schwedische Rinderviertel, 33 dänische Kälber, 148 Wildschweine.
Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern und in den
selbstständigen Rossschlächtereien in Preussen im Jahre 1896
geschlachteten Pferde.
Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken
(die Anzahl der selbstständigen Rossschlächtereien ist in Parenthese
angegeben): Königsberg (—) 838, Gumbinnen (2) 121, Danzig
(—) 449, Marienwerder (—) 120, Berlin (1) 7437, Potsdam (10)
1506, Frankfurt a. 0. (8) 1132, Stettin (2) 819, Cöslin (—) 181,
Stralsund (—) 357, Posen (3) 130, Bromberg (2) 100, Breslau
(15) 4234, Liegnitz (11) 2103, Oppeln (4) 1239, Magdeburg (20)
2589, Merseburg (23) 2614, Erfurt (5) 388, Schleswig (79) 3757,
Hannover (4) 1752, Hildesheim (12) 899, Lünebnrg (—) 579,
Stade (7) 395, Osnabrück (—) 479, Aurich (2) 133, Münster (7)
553, Minden (4) 864, Arnsberg (10) 4617, Cassel (3) 481, Wies¬
baden (6) 1189, Coblenz (1) 266, Düsseldorf (10) 3836, Cöln (2)
1334, Trier (1) 499, Aachen (—) 452, Sigmaringen —.
Insgesammt sind also geschlachtet worden: 50 242 Pferde
(gegen 50 53t bezw. 52 394 bezw. 58 306 in den drei Votjahren).
Darunter wurden ermittelt 10 rotzige und 28 (0,19 pCt.) tnberculöse.
Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von 290 Pferden, theilweise
von 213 Pferden. Der grösste Consum fand statt in den Re¬
gierungsbezirken Berlin, Breslau, Arnsberg, Schleswig, Düsseldorf
Magdeburg, Merseburg und Liegnitz.
Die Zahl der selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 254
gegen 290 bezw. 314 bezw. 273 in den drei Vorjahren.
Personalien.
Ernennungen: Zum DepartementBthierarzt: Kreisthierarzt Fr.
Holl zh au er in Lüneburg für den R.-B. Lüneburg. — Zu prag¬
matischen Bezirksthierärzten: Beziiksthierarzt S. Beichold-
Pfaffenhofen (Oberbayern) und Bezirksthierarzt Fr. Haussier-
Schwabach (Mittelfranken). —
Es ist gewählt worden: Thierarzt B. Gunkel-Kalk zum
Schlachthofverwalter in Ibbenbüren.
Versetzt: Kreisthierarzt Pauli von Mohrungen nacli Berlin
behufs Verwendung als Hülfsarbeiter im Ministerium für Land-
wirthschaft. Kreiethierarzt Fischoeder-Jarotschin in die Kreis¬
thierarztstelle des Kreises Mohrungen.
Penslonirung: Bezirksthierarzt A.Kolb in Rosenheim (Oberbayern).
Approbationen: Berlin: Die Herren Oskar Heinemann, Georg
Mitte lstaedt und Robert Müller.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: Thiorarzt J. Assenmacher in Heinsberg (Rhcinpr.),
Schlachthofthierarzt Willi. Bischoff in Suhl, Thierarzt Max Stcin-
wcdel in Pössneck (Sachs.-Mein.) und Thierarzt Carl Zugehör in
Schmiegel.
Wohnsitzveränderungsn, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Walch-Strassburg nach Thann (Eisass), Thierarzt Claussen-
Berlin nacli Hvidding (Schleswig, Quarantäneanstalt), Thierarzt
0. Axe-Polbitz nach Schledehausen (Osnabrück), Thicrarzt Tobo-
Icwski, Oberrossarzt a. D. von Bartenstein nach Mewe (Westpr.),
Thierarzt W. Grupe-Pinncberg nacli Stolzenau (Weser), Thierarzt
G. Knemeyer-Löningen nach Versmold (W r cstf.). — Thierarzt
L. Knudsen hat sich in Rüdding niedergelassen. — Thierarzt
Kunze ist nicht, wie er uns selbst brieflich mittheilte, nach
Oederan i. S. gezogen, sondern bleibt in Nossen.
la der Armee: Versetzt die Unterrossärzte Rosenbaum vom
Hus.-Rgt. No. 14 zum Kür.-Rgt No. 5, Kossmag vom Kür. Rgt.
No. 5 zum Hus.-Rgt No. 14 — Befördert zu Unterrossärzten
v. Müller beim Feld-Art.-Rgt. No. 20, W ? cllcr beim Feld-Avt.-ltgt.
No. 32 und Rossberg beim Ul.-Rgt No. 18. — Der Oberrossarzt
Fuchs vom Feld-Art.-Reg. No. 29 ist auf seinen Antrag in den
Ruhestand, der Veterinär 2. CI. d. Res. K. Hochstein in den
Friedensstand des 1. Cliev. Rgts. — versetzt worden.
Vacanzen.
Krelsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kas Bel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen
(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in
Osnabrück. — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht ausge.
schrieben). — R.-B. Schleswig: Kiel (Stadt- und Landkreis) zum
1. April. Bew. an Regierungs-Präs, in Schleswig. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtathierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R-B. M in den: Paderborn.— R.-B. Schleswig: Eider-
stedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B.
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStclIen:
Reuthen: 2. Schlachthofthierarzt(2000M., Wohnungsgeld432M.). Bew.
an Magistrat. — Celle: Schlachthofinspector (2400—3600 M. Dienst¬
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 360 M. Nebeneinnahme). Bew.
bis 1. April an Magistrat. — Elbing: Schlachthof-Assistenzthierarzt
(Privatpraxis gestattet). Bew. an Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Bernburg: Schlachthofinspect. — Elberfeld: 2.Assistent
des Schlachthofdirectors zum 1. April. — Filehne: Schlachthof¬
inspector zum 1. October. — Finsterwalde:Schlachthofdirector.
— Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthofinspector. —
Nordhausen: Schlachthofvorsteher zum 1. April. — S c h 1 a w e
(Pommern): Schlaclithof-Inspector zum 1. April 1898. — Zoppot:
Schlachthausverwalter zum 1. April.
Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt
— Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pits che n: Näheres
Magistrat. — Pol Inow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (oa. 1020 M. ausser
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thier¬
arzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle - Magdeburg
(Schlachthof). — Lasdchnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Lehesten
(Sachsen - Meiningen). — Obermarschacht (Elbe). — Satow
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in Gr. Nien¬
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Strassburg (Ucker¬
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Privatstelle R ö d d i n g.
N. in B. OeBterreich. Allerdings kann sich eine Dämpfung
innerhalb 34 Stunden ausbilden. D. R.
Verantwortlich für den Inhalt (ezcl. Inseratenlhoil) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verla« und Hiircnthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxenstein. Berlin.
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iMe „Berliner Thier&rxtliche Wocheu»chrift“ erscheint Originalbeitrige werden mit 60 31k. iBr den Bogen honorlrt
wöchentlich in SUrke von mindestens 1*/» Bogen. Dieselbe Alle Menuscripte, MiUheilungen und redectionellen An¬
ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (So. 1031) J 9 fragen beliebe man su senden an Prof. I>r. Schmaltz,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard m« ■ "■ -m-"Ä Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Luisenstrasse .V.
Scboets, Berlin NW, Luisenslrasse HC, tum Preise von I mI-I ■ ■ I ■ ■ • ■ üorrecturen, Keeensions-Ksemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. " Wl / B I I I I M gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 13 . Ausgegeben am 31. März.
Inhalt: Martens : Der ansteckende Scheiden- und Ucbärmutterkatarrli 1> e i ra Rindvieh. - Grafrunder: Schutz¬
impfungen gesell die Maul - und Klauenseuche i in Kreise Lands b erg a. VV. nach demHecker’schen
Verfahren. — Referate: Frühn er: Tanuofonn oder Jodoform. — Ca rouge an: Cantharidielle Nephritis beimPferde.—
Ein Flaschenhals als Fremdkörper im Kehlkopf eines Pferdes. — S t r e b e I: Reposition des Uterusvorfalis ohne vorherige Ent¬
fernung der Nachgeburt. — Sohwarznecker: Ueber die Behandlung der Kolik. — DinnUberwurf beim Ochsen. — Beyer:
Uetier die Wundbehandlung mit localer Andampfung. — Guöorgniövsky: Ueber die Behandlung kranker Wunden mit
Natr. bicarbon.-Verband — Itobin: Ueber den Aderlass, die Brechmittel und die Vesicantien — Therapeutische Notizen. —
T h i e r h a 1 1 u n g und T h i e r /. u c h L — T a g e s g e s c h i c h t e: Der thierärztliche Stand in Russland. — Verschiedenes. —
Oe ff entlieh es Veterinär wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. —
Bücheranzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Der ansteckende Scheiden- und Gebärmutterkatarrh |
beim Rindvieh.
Von
Martens - Sangerhausen,
KreisthierarzL
In meinem Wirkungskreise habe ich seit einer längeren Reihe ;
von Jahren Gelegenheit gehabt, den ansteckenden Scheiden- und ■
Gebärmutterkatarrh beim Rindvieh zu beobachten. Es ist ein j
Leiden, welches bis jetzt wenig Beachtung gefunden hat, obwohl
es diese in hohem Grade von Seiten der practischen Thierärzte I
und der Veterinärpolizei verdient. Man hat sich zwar, wie aus
Artikeln in den Fachzeitnngen liervorgeht, mit der Frage be- I
schäftigt, doch die Bedeutung und die schweren Folgen ;
nicht gewürdigt. Ich habe seit etwa 10 Jahren mehrere Tausend
Kühe und Rinder mit dem angegebenen Leiden in Behandlung
gehabt. Es scheint dies eine gewaltige Zahl, die Sie aber
begreiflich finden werden, wenn ich anführe, dass sich in einzelnen
Gemeinden und auf grossen Gütern 50 bis 100 Thiere erkrankt
zeigten. Sie selbst, meine Herren, werden die Krankheit vielfach
in Ihren Bezirken gesehen haben, wenn ich Sie auf die Symptome
aufmerksam mache. Werden ans einer Gemeinde oder ans einer
grösseren Wirtschaft Klagen lant über häufiges Umrindern,
Nichttragendwerden, Verkalben, so können Sie die Erscheinungen
des Scheiden- resp. Gebärmutterkatarrlis sicher ermitteln. Die
Mehrzahl der Fälle von dem senchenhaften Abortns ist die directe
Folge davon.
Der Katarrh ist eminent ansteckend, und zwar nicht allein
durch directe Uebertragung bei der Begattung, sondern auch
dnreh Streu and Dünger, Jancherinnen etc.; Jungvieh, selbst
Kälber zeigen oft die typischen Erscheinungen, wenn in einem
Stalle die Seuche herrscht. In wirtschaftlicher Beziehung
ist diese von grossen Nachtheilen, welche sich leicht herleiten j
lassen, begleitet. Störungen im Milchbetriebe, das Fehlen der
Nachzucht, der häufige Wechsel des theuren Bollenmaterials sind
die schädlichen Folgen, welche einer Gemeinde oder grösseren
Wirthschaft grosse Summen kosten können. Ist es doch öfter
vorgekommen, dass Dutzende Kühe und Rinder für einen geringen
Preis zum Schlachten verkauft sind, zumal man in meiner Gegend
wenigstens glaubt, dass die damit behafteten Thiere venerisch
sind. Sehr viele Schwierigkeiten bieten sich bei der Ermittlung
aller Krankheitsfälle in einer Gemeinde dar, weil, wie
Sie Alle wissen, jeder Besitzer bemüht ist, seine Thiere
als gesund hinzustellen. Die Untersuchung in den häufig mangel¬
haft beleuchteten Ställen ist nicht sehr zu empfehlen. Besser ist
es, wenn es sich irgendwo einrichten lässt, sämmtliche Kühe in
ein geräumiges Gehöft bringen zn lassen, wobei man ausser der
genügenden Hilfe zum Festhalten noch den Vortlieil hat, dass
die Thiere unruhig sind und sich bewegt haben. Durch diese
Bewegung kommen die abgesonderten Schleim- und Eitermassen,
welche zur Feststellung der Diagnose mit erforderlich sind, mehr
znm Vorschein. Kommt es doch Öfter vor, dass die Besitzer (
sofern Sie die Besichtigung im Stalle vornehmen wollen nnd Ihre
Ankunft anzeigen, mit einem Schwamm die Schamtheile und den
Schwanz sauber reinigen. In der Regel genügt eine Untersuchung
nicht, da, wie Sie nachher hören werden, die Symptome oft nur
geringe sind. Ich lasse von Seiten der Viehbesitzer eine oder
mehrere Commissionen wählen, welche von mir instrnirt
werden und die Aufgabe haben, das Rindvieh einer mehrfachen
Untersuchung besonders nach der Bewegung und Arbeit zu unter¬
werfen. Jedes Thier, welches umrindert, muss als verdächtig
gelten. Wenn auf solche Weise alle erkrankten Thiere ernirt
sind, beginnt die Behandlung, welche ich hier kurz beschreiben
werde. In der ersten Zeit habe ich Lösungen von Creolin,
Sublimat genommen, liess aber diese Mittel wegen der starken
Reizung und des dadurch verursachten Drängens der Thiere bald
bei Seite und ging zur Anwendung von Borsäure, essigsanrer
Thonerde und einer Mischung von Tannin, Bleizucker und Alaun
zn gleichen Theilen über. Diese Arzneien lasse ich in warmem
Wasser aufgelöst mittels Irrigators einlanfen. Anf die Aus¬
führung dieser Kur kommt selbstredend viel an, so dass ich der
damit beauftragten Person die Art und Weise des Einfahrens des
Schlauches etc. genau zeige. Im Uebrigen ist der Katarrh schwer
zn heilen, Wochen lang ist die Behandlung fortzusetzen, bis das
Aufhören des Ausflusses, des Juckreizes, des häufigen Rinderns,
die Abnahme der Röthe nnd Schwellung den Erfolg anzeigen.
In der I^egel wird man in einer Gemeinde mit der Behandlung
mehr prosperiren als in einer grossen Wirthschaft, da hier leichter
eine erneute Infection stattfinden kann. Auf die Desinfection der
Jancherinnen, der Stren und- des Düngers der hinteren Theile der
Stände ist bei der Tilgung die grösste Sorgfalt zn verwenden.
Digitized by LaOOQie
146 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 13.
Fast täglich lasse ich Kalk streuen, mit Kalkmilch abschlemmen,
um etwaige Keime daselbst zu vernichten. Besondere Aufmerk¬
samkeit ist ferner den tragenden Thieren zuzuwenden. Oefteres
Abwaschen der Hinterschenkel, des Schwanzes, der Schamtheile
mit lauwarmer Creolinlösung ist unerlässlich. Beim senchen-
haften Abortus wird empfohlen, die hochtragenden resp. tragen¬
den Thiere aus dem Stalle zu bringen, zu isoliren. Ich würde
dies auch hier als das Vortheilhafteste erwähnt haben, wenn
es sich eben immer durchfuhren liesse. Das Einzige, was man
meistens auf einem grossen Gute erreichen kann, ist, dass die
tragenden, noch nicht erkrankten Thiere zusammengestellt werden.
Bei aller Hartnäckigkeit desUebels lässt sich in der angegebenen
Weise eine Behandlung des infectiösen Scheidenkatarrhs mit
Aussicht auf Erfolg durchführen, schlimmer steht es mit der
Prognose bei dem infectiösen Uteruskatarrh, da sich hier örtliche
Hindernisse der directen Application von Heilmitteln entgegen¬
stellen. Der Uterushals ist zumal bei jüngeren Thieren meistens
geschlossen, die Schleimhaut geschwollen, die Oeffnung häufig
durch Schleim und eitriges Secret verstopft, so dass der Irrigator
nicht gut eingeführt werden kann. Selbstredend wird gleichzeitig
eine Behandlung der Bullen vorgenommen, und zwar dergestalt,
dass täglich etwa V 3 Liter lauwarmes Wasser mit 3 Esslöffeln
voll Liqu. Alum. acet. vermittelst Gummischlauches in die Vor-
haut eingelassen wird. Man hält darauf das Praeputium mit den
Fingern zu und lässt die Flüssigkeit-nach circa drei Minuten
wieder ablaufen.
Es empfiehlt sich übrigens beim Herrschen der genannten
Krankheiten dies nach dem jedesmaligen Rindern vornehmen zu
lassen.
Was nun die ursächlichen Verhältnisse anlangt, so
lässt sich das Vorhandensein eines Ansteckungsstoffes bestimmt
annehmen. In neuerer Zeit glaubt der Prof. Dr. Bang in Kopen¬
hagen den AbortusbacilluB gefunden zu haben. Der genannte
Forscher fasst das seuchenhafte Verwerfen der Kühe als die
Folge eines specifischen, durch ein bestimmtes Bacterium hervor¬
gerufenen Uteruskatarrhs auf. Es ist mir dies eine Bestätigung
meiner durch vielfache Beobachtungen gewonnenen Ansicht, dass
die betr. Thiere zuerst an einem Scheidenkatarrh leiden,
der sich durch den Gebärmntterhals auf die Schleim¬
haut des Uterus fortpflanzt und darauf Abortus be¬
wirken kann. Dieses letztere verdient meiner Meinung nach
nur allein die Bezeichnung „infectiös“, während die auf grossen
Gütern häufig bei angekauften hochtragenden Kühen und Rindern
auftretenden Fälle des Verkalbens anf die Fütterung mit Schnitzeln,
Schlempe etc. zurückzuführen sind. Meine Herren! Ich bin über¬
zeugt, dass auch beim infectiösen Vaginalkatarrh dieselben Bacillen
gefunden werden, wenn sich auch bei der Untersuchung wegen
der Beimischung anderer Keime Schwierigkeiten einstellen
werden. Zur Beweisführung, dass der Uteruskatarrh und im
Anschluss daran das seuchenhafte Verkalben aus dem Scheiden¬
katarrh hervorgeht, gestatten Sie mir, einige Beobachtungen mit-
zutheilen. In einzelnen Gemeinden mit umsichtigen, energischen
Schulzen wurde ich wegen der fraglichen Leiden frühzeitig
consultirt und konnte bei der Untersuchung sämmtlicher Kühe
ermitteln, dass etwa 95 pCt. der erkrankten Thiere am Scheiden¬
katarrh und nur 5 pCt. am Katarrh des Uterus litten. Nach
einer Kur war in ca. 4 Wochen die Krankheit gehoben, die
Thiere rinderten wieder normal und wurden tragend. Anders
aber stand die Sache, wenn ich erst nach längerem Bestehen
hinzugezogen wurde, dann waren die Fälle der Uterusleiden mit
ihren Folgen: der Sterilität, dem Verkalben, der Ansammlung
von eitrigem Secret in der Uterushöhle, weitaus überwiegend.
Die Verbreitung der Krankheit geschieht verhältnissmässig rasch,
da sich bei dem häufigen Umrindern der davon befallenen Kühe
reichliche Gelegenheit zur Uebertragung bietet.
Bevor ich nun zu den Symptomen des Scheidenkatarrhs
übergehe, will ich hier einige Bemerkungen über den Bau der
Schleimhaut der Vagina, soweit es für die Beurtheilung der Er¬
scheinungen von Interesse ist, einschalten. Die Schleimhaut der
Vagina hat einen cntanen Character und ist in zahlreiche Längs¬
falten gelegt, die von dem Collum Uteri nach dem Vestibulum
zu an Höhe zunehmen. In der Schleimhaut, und besonders in
der des Vorhofs, sind Papillen vorhanden, die eine niedrige,
unregelmässige Gestalt haben. Die Oberfläche wird von einer
ziemlich starken Lage geschichteten Plattenepithels überzogen.
Die Symptome nun bei dem infectiösen Scheidenkatarrh
sind sehr verschieden und richten sich nach dem Alter der
Thiere und dem Grade der Erkrankung. Häufig finden Sie nur,
dass die Schleimhaut erschlafft ist, gelblich - roth aussieht und
mit kleinen Mengen eines glasigen, fadenziehenden Schleims
bedeckt ist. In anderen Fällen, und dies besonders bei jüngeren
Thieren, ist die Schleimhaut leicht geschwollen, geröthet, besonders
auf den Falten, es finden sich zahlreiche hirsekorn- bis linsen¬
grosse, flache Erhabenheiten, die sich lebhaft roth von dem
Untergründe abheben und Schwellungen des Papillarkörpers
darstellen. Mit Rücksicht auf diese hypertrophischen Papillen
hat Tromsdorf den Zustand mit Vaginitis verrucosa bezeichnet,
was aber meiner Meinung nach nicht bezeichnend ist, da Sie bei
jungen Thieren dieselben auch zur Zeit der Brunst wahrnehmen
können. Es findet ferner der Ausfluss eines wässerig - klaren,
glasigen oder schleimigen, geruchlosen Secrets statt, dem häufig
kleine Flocken von rahmähnlicher Beschaffenheit beigemengt
sind. Verstärkt wird dieser Ausfluss vielfach bedeutend, wenn
man lproc. warme Pottaschelösung einlaufen lässt.
Zu diesen geschilderten Erscheinungen kommt noch öfter
Juckreiz und häufiges Rindern.
Nach dem Fortschreiten des Katarrhs auf den Uterus ist der
Ausfluss reichlicher, mehr schleimig und öfter mit weisslichen,
rahmähnlichen Flocken und Klümpchen vermengt. Der Ausfluss,
welcher an der innern Seite des Schwanzes vielfach in bräunlich¬
schmierigen Krusten klebt, stellt sich unregelmässig und besonders
bei anstrengender Bewegung, beim Brünstigwerden der Thiere
ein. Derselbe ist zum Unterschiede von dem Secret beim Fluor
albus, der nach dem Zurückbleiben der Nachgeburt u. s: w.
häufig eintritt, geruchlos. Die Thiere rindern in der ersten Zeit
beim Uteruskatarrh häufig, concipiren jedoch in der Regel nicht,
im fortgeschrittenen Stadium aber, wo bereits eine stärkere An¬
sammlung von einem eitrigen, milchähnlichen Secret stattgefunden
hat, hört die Brunst auf.
Bei den Stieren bemerkt man Abnahme der Zeugungskraft,
Unlust zum Decken, häufig auch Röthung des Penis und ge¬
ringen schleimigen Ausfluss aus der Vorhaut.
Die Section der in Folge der Krankheit geschlachteten
Kühe ergab Folgendes: Die Uteruswandung in Folge einer diffusen
Bindegewebswucherung verdickt und derber oder schlaff, atro¬
phisch, mit erweiterter Höhle, in der sich eine geruchlose, milch-
oder rahmähnliche Flüssigkeit in beträchtlicher Menge vorfand.
Bisweilen waren die Drüsen förmlich aus der Schleimhaut heraus-
gefallen und hatten derselben ein netzartiges Aussehen verliehen.
Die Schleimhaut des Cervicalkanals war wulstig geschwollen.
Zum Schluss will ich hier noch den Bläschen-Ausschlag
erwähnen, der häufig mit den beschriebenen Leiden zusammen
auftritt und mit dem Scheidenkatarrh in höherem Grade verwechselt
werden kann.
Der letztere scheint die Schleimhaut zur Aufnahme der be-
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31. März 1898. BERLINER TH1ERARZTLIÜHE WOCHENSCHRIFT. __147
sonderen Keime oder Bacillen, welche beim Bläschen - Aasschlag
vorhanden sein müssen, fähiger zu machen.
Beim Bläschen-Ausschlag ist die Scheide bedeutend ge¬
schwollen, schmerzhaft, dunkelroth und mit hirsekorn- bis erbsen¬
grossen Bläschen von weissgelber Farbe besetzt, welche bald
platzen und geschwürige Stellen mit eiterig - käsigem Belage
bilden.
Sie finden häufig einen grossen Theil des Vestibulums, be¬
sonders in der Umgebung der Clitoris, mit einer gelblich-weissen
Masse besetzt, nach deren Entfernung die blutige, excoriirte
Schleimhaut zum Vorscheiu kommt. Nach der Abheilung sieht
man noch längere Zeit dunkelrothe Stellen, die sich später öfters
narbig zusammenziehen.
Die Thiere fressen zuweilen im Anfänge schlecht, trippeln
hin und her und zeigen Schmerzen beim Uriniren. Sofern das
beschriebene Symptomenbild vorhanden ist, wird die Diagnose
leicht sein, anderseits kommen aber leichte, in Abheilung be¬
griffene Fälle vor, bei denen ein Unterschied von dem einfachen
Scheidenkatarrh schwer zu machen ist
M. H. Sie haben aus meinem Referat gesehen, dass die be¬
schriebenen Krankheiten durchaus nicht harmloser Natur sind,
und nehmen vielleicht Gelegenheit, Ihre eigenen Beobachtungen
darüber mitzntheilen oder Untersuchungen anzustellen.
Schutzimpfungen gegen die Maul- und Klauenseuche
im Kreise Landsberg a. W. nach dem Hecker’schen
Verfahren.
Von Kreisthierarzt GrafTunder-Landsberg a. W.
Als im Juli 1897 fast durch die gesammte Tagespresse die
Nachricht ging, dass Hecker-Ermsleben ein Schutzverfahren gegen
die Maul- und Klauenseuche erfunden habe, wurde die Aufmerk- j
samkeit der Landwirthe schon auf das Lebhafteste augeregt.
Nachdem nun Hecker selbst im Anschluss an die erste Veröffent¬
lichung von Löffler und Frosch sein Schutz verfahren in der Fach¬
presse veröffentlichte, habe ich bei dem grossen Interesse, welches
alle betheiligten landwirtschaftlichen und thierärztlichen Kreise
ergriff, sofort im Aufträge der brandenburgischen Landwirthschafts-
kammer Gelegenheit genommen, dieses Schutzverfahren practisch
in Angriff zu nehmen, da Herr College Hecker sich sofort bereit
erklärt hatte, mir zu Versuchszwecken sein Verfahren zur Dar¬
stellung der Schutzpräparate unter der Zusicherung der Geheim¬
haltung anzuvertrauen.
Trotzdem die Impfungen bereits Mitte Januar d. J. zum Ab¬
schluss gebracht sind, habe ich mit der Veröffentlichung der Ver¬
suche absichtlich gewartet, um zu erproben, ob noch nachträglich
auf den betreffenden Impfgehöften die Seuche ausbrechen würde.
Dieses ist, wie die Zeit gelehrt, nicht geschehen.
Heckers Absicht ging zuerst dahin, ein Verfahren zur Her¬
stellung von Immunpräparaten zu finden, welches jedem Thier¬
arzt ermöglichen sollte, selbst Schutzpräparate darzustellen: Ver¬
fahren I für die Praxis, und ein complicirteres für speciell zu
errichtende Institute, Verfahren II.
Das Verfahren I gleicht im Princip dem Verfahren des
Reichsgesundheitsamtes, gegen welches es freilich die bedeutende
practische Aenderung aufweist, dass, an Stelle des gesammelten
Aphthenvirus, von Hecker eine hochvirulente „Lymphe ß“ darge¬
stellt wird, welche in dem zur Immunisirung benutzten Immun¬
blutpräparate den virulenten Blaseninhalt ersetzt. Der Zweck
dieser Lymphe ß ist eben der, den Gebrauch des leicht zerstör¬
baren und unwirksam werdenden reinen Aphthenvirus durch ein
hochvirulentes Präparat zu vermeiden. Denn nichts ist in der
Praxis wohl schwieriger als das Sammeln von zweifellos reinem,
virulentem Blaseninhalt, besonders bei grossen Versuchen. Man
steht da thatsächlich vor der Frage: Wird der Blaseninhalt nicht
kostspieliger wie der zu erwartende Gewinn durch die Schutz¬
impfung?
Wie die Commission Löffler-Frosch, wie das Reichsgesund¬
heitsamt, so stiess auch Hecker mit seinem einfacheren Ver¬
fahren I auf schwankende Resultate, wie sie auch meine erste
Versuchsreihe erkennen lässt.
Ganz bedeutende Verbesserungen zeigt das Verfahren II
Heckers. Dasselbe ist ganz wesentlich von dem Ver¬
fahren der Commissionen verschieden, und, wie die Ver¬
suche zeigen, sehr zu seinem Vortheil. Hat doch Hecker nach
einer privaten Mittheilung in letzter Zeit in Seuchenställen fast
stets 100 Procent Schutzerfolge erzielt, wie z. B. auch auf dem
Rittergute des H. v. Scheliha, des Schwiegersohnes Sr. Excellenz des
Herrn Finanzministers Dr. v. Miquel, wo im Herbste vor. Jahres
bei zum Theil völlig verseuchten Ställen über hundert Rinder —
Jungvieh, Kühe, Ochsen — von Hecker auf Veranlassung des
Herrn Finanzministers immunisirt wurden, ohne dass auch nur ein
Thier an der Seuche erkrankte!
Während die Commission Löffler-Frosch und das Reichs¬
gesundheitsamt ihre sq reich unterstützten Versuche nur auf Im¬
munblutpräparate beschränkten, ist Hecker thatsächlich der
erste, welcher einerseits hoohgradig immuiisirende Präparate
(Lymphe a) darstellte und zwar unter Zugrundelegung von theo¬
retischen Erwägungen, welche sich zum Theil auf Beobachtungen
stützen, wie sie nur dem Thierarzt in der Praxis geboten werden,
und welcher andererseits sich durch Darstellung eines hoch¬
virulenten Präparates (Lymphe ß) freizumachen wusste von dem
Sammeln des Aphtheninhaltes. Wenn die Commissionen das
Hecker’sche Verfahren nunmehr adoptiren, so haben ihre Ver¬
suche für die Wissenschaft nur den Werth des Controlversuches,
der Prüfung und des weiteren Ausbaues. Dass Hecker trotz
mancher Anzapfung so zurückhaltend war, ist taktisch wohl zu
verstehen, sind doch die Resultate des Reichsgesundheitsamtes u.s.w.
erst im Laufe dieses Jahres festgelegt worden!
Und sollten sich die Vortheile des Hecker’schen Verfahrens
No. II auch im Grossen so bewähren, wie es z. Z. scheint, so hat
der Landes - Oeconomieratli Herr von Mendel-Steinfels in
seinem Berichte über das Hecker’sche Verfahren in der letzten
öffentlichen Plenarversammlung der Landwirthschaftskammer für
die Provinz Sachsen am 2. März dieses Jahres wirklich recht mit
den Worten, „die Commissionen sind beim Ziele vorbeigegangen!“
Nach den bisherigen Erfahrungen wissen wir, dass die natür¬
liche Schutzkraft des Blutes durchseuchter Thiere ungemein
differirt. Viele Thiere liefern starke Schutzstoffe, andere nur
schwache in ihrem Blute. Mithin ist das Blut bezw. dessen
Serum nicht gleichwerthig. Es ist diese Thatsache bei dem
schwankenden Character der Aphthenseuche wohl erklärlich.
Nach Heckers Ansicht können hochimmunisirendes Blut nur
liochimmunisirte Thiere liefern, und solche zu präpariren, ist
sein Hauptbestreben. Bei gleichen Verhältnissen und gleich an¬
steckungsfähigen Thieren derselben Art wird nach H. dasjenige
Thier den höchsten Immunitätsgrad haben, welches das stärkste
Virus im Körper verarbeitet, überwunden und am stärksten
reagirt hat, dessen Zellen gleichsam gelernt haben, sich durch
die Erzeugung von Schutzstoffen zu vertheidigen.
Ob diese Ansicht richtig ist und den bei anderen Infections-
krankheiten gemachten Erfahrungen thatsächlich entspricht, ist
noch fraglich. Denn Behring und Wernicke (Günther Bac-
teriologie p. 217/19) haben bei der Diphtherie und beim Tetanus
nachgewiesen, dass hochgradig immunisirte Individuen nicht immer
hochwirksames Serum zu liefern brauchen.
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148
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
Offen ist ferner noch die Frage, ob solche Thiere, welche
von Natur ans immun gegen die Aphthenseuche und nie daran
erkrankt sind (solche Fälle können wir in der Praxis oft be¬
obachten), ebenfalls im Stande sind, immunisirendes Blut zu
liefern. Hecker bezweifelt dieses. Die bei meinen ersten Impf¬
versuchen nach Verfahren I vorgekommenen Misserfolge dürften
demnach auf die verschiedengradige Schutzkraft des Blutes der
zur Verwendung gelangten Thiere in erster Linie zurück¬
zuführen sein.
Um nun ein gleichmässiges Verfahren nach der H. Methode
von Hecker in Anwendung bringen za können, wurde ein Ochse
angekauft, und in der von Hecker angegebenen Weise zur Blut¬
gewinnung behandelt.
Zugleich mag an dieser Stelle ebenfalls darauf hingewiesen
werden, dass weder Blut noch dessen Serum von durchseuchten
Thieren allein eine Immunität zu erzeugen im Stande sind,
wofür bereits früher David-Nauen bei seinen ersten Impfversuchen
den Nachweis geliefert hat (B. T. W. 1893, pg. 114).
Die Zahl der Impfungen beträgt in Summa 157. Die Impf¬
versuche fanden am 8. November 1897 bis 5 Januar 1898 statt
und erstreckten sich einmal auf solche zur Erzeugung der activen,
sowie der passiven Immunität. Nun ist es ja klar, dass die
erste Versuchsweise doch immer mit gewissen Gefahren und grossen
Unkosten verknüpft war, da man nicht das Resultat voraussehen
konnte, und man einem Landwirthe nicht zumuthen kann, zu
Versuchszwecken seinen Viehbestand ohne Gewähr einer Ent¬
schädigung bei etwaigen Misserfolgen zur Verfügung zu stellen.
Deshalb sind die Versuche zur Erzeugung der activen Immunität
nicht so zahlreich, als die zur Erzeugung der passiven.
Zur Herstellung der Schutzlymphe wurde in der bekannten
Weise Blut defibrinirt, das Serum dargestellt und conservirt,
und in entsprechender Menge Hecker’sche Lymphe ß zugesetzt.
Selbstverständlich wurde streng nach den Regeln der Antisepsis
verfahren. Als Injectionsspritze wurden die von Hauptner her¬
gestellten, 20 g haltenden Spritzen gewählt.
Für die Impfungen der ersten Versuchsreihe wurden zu¬
nächst aus wirthschaftlichen Rücksichten nur solche Gehöfte in
Ortschaften ausgesucht, in denen die Seuche bereits ausgebrochen
war, und zwar die Ortschaften Merzdorf, Charlottenhof, Marwitz
und Cladow. Es wurden 40 Rinder (Ochsen, Kühe und Färsen),
3 Schafe und 5 Schweine, in Summa 48 Thiere geimpft Zuerst
wurde die aus Blutserum oder defibrinirtem Blute hergestellte
Schutzlymphe den Thieren theils subcutan, theils intravenös ein-
gespritzt Die Dosis wurde zunächst auf je 50 kg Lebend¬
gewicht mit 6 Gramm bemessen.*) Die intravenöse Einspritzung
ist der subcutanen, als wirksamer, vorzuziehen. 24 bis 48 Stunden
nach dieser Impfung wurden diese 48 Thiere direct der An¬
steckung ausgesetzt. Einmal durch Bestreichen der Maulschleim¬
haut mit virulentem Maulspeichel oder Blaseninhalte bzw. Ein¬
spritzung von Blaseninhalt in die Ohrvene. Beim Maulspeichel
musste besonders darauf geachtet werden, dass demselben
Blaseninhalt und Blasenhautfetzen beigemischt waren. Erfahrungs-
mässig braucht der Maulspeichel maulseuchekranker Thiere nicht
immer virulent zu sein, wie bereits von Schütz experimentell
nachgewiesen worden ist. Störungen des Allgemeinbefindens
wurden bei den Impflingen (Bullen, Ochsen, Kühen, Färsen und
Jungvieh) nicht beobachtet. Bei einigen Färsen auf Domäne
Merzdorf ist ein geringer Fieberanstieg von 39,7 0 C. beobachtet
worden.
*) Hecker hat im Herbst 97 und Januar, Februar 98 von einer
Lymphe sogar nur l g bis Itf g pro 50 kg Lebendgewicht mit
glänzendem Erfolge angewandt.
Von diesen 48 nach Methode I geimpften Thieren erkrankten
11 Rinder auf der Domäne Cladow 3 bis 4 Tage, 2 Rinder erst
20 bis 26 Tage und auf der Domäne Marwitz 3 Rinder 3 Tage
nach der Impfung, in Summa 16 Rinder.
Dagegen erwiesen sich 32 Thiere activ immun, und zwar
4 Rinder, 5 Schweine auf der Domäne Merzdorf, 8 Rinder und
3 Schafe auf dem Rittergute Charlottenhof, 12 Rinder auf der
Domäne Cladow.
Bemerkenswertb ist die Thatsache, dass in Merzdorf die
4 geimpften Rinder und 5 Schweine wiederholt der Ansteckung
durch Einreiben von virulentem Maulspeichel, durch Einspritzen
von virulentem Blaseninhalt in die Ohrvene, durch Verab¬
reichung von infectiöser Milch aus kranken Eutern sehr hoch¬
gradig im ersten Stadium erkrankter Kühe ausgesetzt wurden,
und trotzdem gelang es nicht, die Seuche hervorzurufen, die
Thiere blieben dauernd gesund.
Das bei den 16 Rindern erzielte negative Resultat ist nach
meiner Ansicht vielleicht darauf zurtickzufübren, dass die be¬
treffenden Thiere zur Zeit der Impfung bereits den Krank¬
heitskeim aufgenommen hatten und die Lymphe nicht mehr zur
Wirkung gelangen konnte.
Die Commission Löffler-Frosch hat bei einem in der
Praxis angewendeten Immunisirungsversuche auf den Gütern
Boltenhagen und Rappenhagen (cf. Deutsch. Medic. Wochen sehr.
6 p. 98 bez. Centralbl. f. Bacter. 9/10. p. 384/85) von 178 schutz¬
geimpften Thieren eigentlich nur wenige Thiere einwandsfrei
immun erhalten können, und zwar nur 3 bezw. 8 Kälber. Hierbei
ist noch zu berücksichtigen, dass nach einer practischen Be¬
obachtung etwa 80 Procent der Kälber, das heisst Absatz¬
kälber, überhaupt nicht empfänglich zu sein pflegen.
Eine gleichmässige wirksame Schutzlymphe habe ich erst
darstellen können, nachdem ich einen Ochsen angekauft und zu den
Impfzwecken genügend nach Methode H vorbereitet hatte. Diese
zweite Versuchsreihe umfasste nur solche Ortschaften und Gehöfte,
in denen die Thiere nicht direct, sondern nur indirect der Gefahr
der Ansteckung ausgesetzt waren, z. B. durch den Ausbruch der
Seuche auf den Nachbargehöften, oder dadurch, dass auf den
Gehöften seit 14 Tagen die Ställe seuchefrei waren, und nun neue
Thiere angekauft und eingestellt wurden.
Bei diesen Thieren sollte nun die passive Immunität durch
die Impfung hervorgerufen werden. Die Zahl der zu diesem
Zwecke geimpften Rinder betrug 127 und zwar in den Ort¬
schaften Cocceji, Rosswiese und Lorenzdorf.
Besonders in dem letzteren Orte, Lorenzdorf, sollte die
Schutzimpfung hauptsächlich aus dem Grunde erprobt werden,
weil die Seuche seit dem Monat October ununterbrochen fort¬
dauerte, indem alle 14 Tage ein Gehöft von der Seuche befallen
wurde, diese also einen schleppenden Verlauf annahm und zugleich
der Ort als chronischer Seuchenheerd zu betrachten war.
Es wurden alle Rinderbestände in den noch übrigen seuche¬
freien Gehöften mit Schutzlymphe geimpft Von einer Control¬
impfung mit Aphthenvirus musste aus wirthschaftlicher Rück¬
sicht Abstand genommen werden, weil die Besitzer nicht mit
Unrecht dagegen Widerspruch erhoben hätten und ihnen bei
etwaigen Misserfolgen keine Entschädigung in Aussicht gestellt
werden konnte. Trotzdem lag die Gefahr der Ansteckung bei
den schutzgeimpften Beständen dieser Gehöfte sehr nahe!
Dieselben lagen zwischen den Seuchengehöften vertheilt, sodass
ein ununterbrochener Verkehr zwischen beiden stattfinden konnte
und auch stattgefunden hat.
Als am 21. December v. J. das 7. Gehöft verseuchte, wurde
am 23. December mit der Impfung, welche nebenbei gesagt, erst
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31. März 1898.
BERLINER TH1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
149
oacb energischen Kämpfen dank der Gemeindevertretung zu
erreichen war, ununterbrochen begonnen, -und die Seuche hörte
auf! Es könnte selbstverständlich einfach der berechtigte Ein¬
wand, dass damit die Schutzwirkung noch keineswegs bewiesen
ist, erhoben werden, aber zunächst war der Zweck dieser neuen
veterinärpolizeilichen Methode erreicht, indem die Seuche im
Orte unterdrückt war. Der Erfolg war da, und das genügt
Zugleich habe ich in Lorenzdorf die Probe gemacht, inwieweit
die Landwirthe an der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche
auf diesem Schutzimpfungswege mitarbeiten können, und ob
dieselben in Zukunft und unter der Voraussetzung der erfolg¬
reichen Vervollkommnung dieser Schutzimpfungsmethode unter
sachgemässer Anweisung diese Impfung selbst ausführen können.
Diese Frage glaube ich im bejahenden Sinne beantworten zu
müssen. Der Wirthscbaftsinspector Herr Kunze in Lorenzdorf
hat mich bei meiner mühevollen, und, was ich hier besonders
betonen will, keineswegs gefahrlosen Arbeit, kräftig unterstützt,
indem er, allerdings noch in meinem Beisein, in geschickter,
sachgemässer Weise einen Binderbestand von 20 Stück glattweg
dnrchimpfte.
Ich will nur noch darauf hinweisen, dass iu Zukunft die
Thierseuche-Bekämpfungen voraussichtlich in den Schutzimpftingen
ihren Abschluss finden werden, und dass weder die Zahl der be¬
amteten noch der privaten Thierärzte ausreichen dürfte, diese
Aufgaben zu erfüllen, und wir gezwungen sein werden, uns Hilfs¬
kräfte aus den intelligenten sachkundigen Landwirthen heran¬
zubilden.
Nach den bisherigen thierärztlichen Erfahrungen pflegen die
Thiere, welche die Maul- und Klauenseuche einmal überstanden
haben, dauernd immun zu bleiben. Ausnahmsweise aber sollen
zweimalige Erkrankungen beobachtet worden sein. Bei dieser
dauernden Immunität handelt es sich natürlich nur um einige Jahre,
da unsere Haustbiere nach erfolgter Ausnutzung der Schlacht¬
bank zum Opfer fallen. Ich habe in Lorenzdorf bei dem Bauer
Otto Kern ein, dessen Gehöft im December v. Js. verseucht war,
noch drei ältere Kühe vorgefunden, welche laut Bekundung des
Ortsschulzen Wilke daselbst, bereits 1891 von der Maul- und
Klauenseuche befallen waren, aber bei dem jetzigen Ausbruche
verschont geblieben sind, während alle anderen Thiere im Stalle
erkrankten. Die Immunität hat demnach bis jetzt sechs Jahre
angehalten.
Auch das Siegel’sche Impfverfahren wurde in drei Fällen
versucht.
Auf der Domäne Cladow wurden am 5. December v. J. drei
Ochsen, jedem 70 Gramm Blut von einem kranken Ochsen, im
Momente der Blaseneruption entnommen, subcutan eingespritzt
Alle drei Impflinge erkrankten innerhalb drei Tagen äusserst
heftig an typischer Maul- und Klauenseuche.
Bei den geringen mir zur Verfügung stehenden Mitteln (im
Ganzen 700 M.) war es mir nicht möglich, die Versuche, wie ich
wohl gewünscht, noch weiter auszudehnen, wenn auch nicht in
meinem, sondern in den benachbarten, noch länger von der
Seuche heimgesuchten Kreisen. Immerhin ist der Beweis geliefert,
dass wir thatsächlich nach dem von dem Reichsgesundheitsamt
und dem Collegen Hecker angegebenen Verfahren im Stande
sein werden, die Maul- und Klauenseuche erfolgreich zu bekämpfen.
Zur Zeit sind jedoch noch viele Vorfragen zu erledigen, um die
Sache in der Praxis durchweg verwerthen zu können. In Bezug
auf das Hecker’sche Verfahren glaube ich den Beweis für die
Anwendung in der Praxis allerdings im kleinen Umfange bereits
geliefert zu haben. Das ist immerhin schon ein Erfolg. Ich
habe auch weiter den Commissionen den Fingerzeig gegeben, in
welcher Weise die Lymphegewinnung nach Hecker’schem Verfahren
im grossen Umfange bewerkstelligt werden muss, um sie dauernd
zu conserviren, in der Erwartung, dass auch sie endlich
seinem Verfahren näher treten mögen. Für alle Forscher
auf diesem Gebiete liegt die grösste Schwierigkeit in der bisherigen
Unkenntniss des Krankheitserregers und seiner Lebensbedingungen,
sowie in den bisherigen negativen Resultaten bei der Ueberimpfung
auf kleinere Thiere. Einen wesentlichen Fortschritt dürfte die
Hecker gelungene Ueberimpfung auf Katzen bedeuten.
Auf der Suche nach dem Krankheitserreger will ich nicht ver¬
säumen, darauf hinzuweisen, dass in erster Linie die äussere Haut
und das Knochenmark zu berücksichtigen ist. Nach meiner Ansicht
ist die Hautdecke hauptsächlich dasjenige Organ, welches den
Kampf mit dem Krankheitserreger zu führen hat. In ihren
Gewebsschichten wird sich derselbe am längsten aufhalten, sich
in den verschiedensten Formen bis zu seiner vollständigen Auf¬
lösung vorfinden. Auch das Knochenmark dürfte eine grosse
Rolle bei der Vernichtung des Krankheitserregers spielen. Ich
ziehe meine Schlüsse lediglich aus den practischen Beobachtungen,
dass äussere Haut und Knochenmark am längsten bei der Seuche
erkrankt bleiben, selbst dann noch krank sind, wenn die Aphthen
in der Maulhöhle längst abgeheilt sind.
Unbestreitbar gebührt Hecker das Verdienst, als Thierarzt
selbständig und unabhängig vom Reichsgesundheitsamte seine
Forschungen ausgeführt zu haben. Wir andern Thierärzte sollten
es als ernste Pflicht betrachten, diesem Beispiele nachzuahmen
und mehr selbständig in der Bekämpfung der Thierseuchen vor¬
zugehen, denn die Tilgung der Thierseuchen darf nur Domäne der
Thierärzte sein.
Zum Schluss verfehle ich nicht, an dieser Stelle dem Herrn
Collegen Hecker für die bereitwillige Ueberlassung seines Ver¬
fahrens, sowie der Landwirthschaftskammer für die Provinz
Brandenburg für die Unterstützung der Versuche meinen Dank
auszusprechen.
Referate.
Tannoform oder Jodoform.
Von Professor F r ö h n e r.
(MUh. f. Th., Bd. 9, H. 6.)
Das Jodoform beginnt bekanntlich erst antiseptisch zu wirken,
wenn es sich unter Berührung mit Eiter zersetzt und freies Jod
abspaltet. Da nun im Gegensatz zu einer früheren Anschauung
die Eiterung durchaus keine nothwendige Bedingung für die
Wundheilung ist, die moderne Chirurgie sich vielmehr bestrebt,
die Wunden, wenn möglich ohne Eiter zu heilen, so ist das Jodo¬
form veraltet. An seine Stelle ist eine Gruppe von Trocken-
antiseptica getreten, die sich besser bewährt haben. (Es handelt
sich hierbei natürlich nicht um Nahtwunden, bei denen die Heilung
per primam intentionem jeder Zeit angestrebt wurde, sondern um
Flächenwunden.) Zunächst hat man zu versuchen, die Flächen¬
wunden unter einem künstlichen Schorf einzudecken. Die Schorf¬
behandlung hat für den Thierarzt eine sehr grosse Wichtigkeit.
Die bisherigen Schorfmittel waren jedoch in ihrer Wirkung ent¬
weder zu stark (Glüheisen, Aetzmittel) oder zu schwach. Die
Einführung der Formaldehydpräparate ist ein erheblicher Fort¬
schritt in dieser Beziehung. Sie verbinden tiefgehende Des-
infection mit vorzüglicher Trookenwirkung. Es kommen hierin
drei Präparate in Betracht: Glutol — d. i. Formaldehyd mit Ge¬
latine —, Tannoform — d. i. Formaldebyd mit Gerbsäure — und
Amyloform — d. i. Formaldehyd mit Stärkemehl.
Am bekanntesten ist das Glutol, dessen Wirkung Fröhner
jedoch als ungleich bezeichnet und gegen welches er namentlich
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150
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
den Lohen Preis einwendet, indem 100 g Glutol 7 M., 100 g
Jodoform 3,70 M., 100 g Amyloform 3,50 and 100 g Tannoform
1,80 M. kosten. Wegen seiner Billigkeit namentlich zieht
Fröhner dem Glutol das Tannoform vor, von dem er andrerseits
die gleichmässige nnd bessere Wirkung rühmt. Er empfiehlt
dasselbe als bestes bezw. billigstes Schorfmittel, welches nament¬
lich auf relativ frische Wunden frappirend wirkt; namentlich
grosse Lappenwunden heilen, wenn sie frühzeitig und sorgfältig
mit Tannoform bestreut werden, unter geringer Eiterung und
rascher Vernarbung etwa in der Hälfte der Zeit, welche ähnliche
Wunden bei Jodoformbehandlung beanspruchen. Dem Jodoform
gegenüber hat das Tannoform auch noch die Geruchlosigkeit und
geringere Giftigkeit voraus. Fröhner verwendet es in der Regel
rein und unverdünnt. Es kann auch mit Talcum 1:5 bis 10 ver¬
dünnt werden.
Cantharidielle Nephritis beim Pferde.
Von Carougeau, Chef de travaux in Lyon.
(Journal de Lyon, Aug. 1891.)
Ein sechsjähriges Pferd lahmte seit zwei Monaten vorn rechts.
Der Besitzer, welcher mehrere Thierärzte consultirt hatte, ohne
eine Heilung zu erzielen, wandte sich an einen Kurpfuscher.
Dieser diagnosticirte eine Schulterlahmheit und rieb auf die
rechte Schulter und den Oberarm Canthariden-Euphorbiumsalbe
ein. Die eingeriebene Stelle ging vom oberen Rand der Schulter
bis zum Ellenbogen und vom Buggelenk bis zum hinteren Rand
des langen Ellenbogenstreckers. Diese Einreibung hatte an¬
scheinend keinen genügenden localen Effect bewirkt und wurde
desshalb am nächsten Tage wiederholt Die Menge der ins-
gesammt angewandten Salbe war bedenklich. Der Kurpfuscher
erhoffte von dieser „energischen“ Behandlung eine rasche Ab¬
heilung, das Resultat war aber weniger glänzend.
Schon am folgenden Tage verweigerte das Thier das Futter,
schien grosse Schmerzen zu empfinden und schien sehr aufgeregt.
Sehr rasch zeigten sich die Erscheinungen einer Nephritis und
liessen die sehr schweren Symptome keine günstige Prognose
stellen. Das Pferd zeigte in verschiedenen Intervallen schwere
Kolikschmerzen, die häufigen Bemühungen zu harnen liessen nur
wenige Tropfen zum Vorschein kommen. Der Harn war roth-
braun, enthielt Blut und Blutgerinnsel, sowie sehr zahlreiche
Trümmer von Nierenepithel. Innerhalb zwei Tagen verendete das
Thier, die Behandlung bestand in Abwaschung der Einreibungs¬
stelle,. Verabreichung von Infusen, Bromnatrium und Pilocarpin.
Die Section ergab ausser intensiver Congestion aller inneren
Organe eine acute haemorrhagische Nephritis, die direct durch
Elimination des in hoher Dosis absorbirten Cantharidins verursacht
war. Es war durch die Nephritis ein plötzliches und totales Auf¬
hören der Nierenthätigkeit erzielt, die zu einer rasch tödtlichen
Intoxication führen musste.
Ein Flaschenhals als Fremdkörper im Kehlkopf
eines Pferdes.
(Vet Record 1897, H. 488.)
Das fragliche Pferd war an einer leichten Longencongestion
erkrankt. Der behandelnde Thierarzt verordnete einen „Fieber¬
trank“, welchen ein Wärter dem Pferde mit einer alten Cham¬
pagnerflasche eingab, die beim Eingeben zerbrach. Der Zustand
des Pferdes verschlimmerte sich nach Verabreichung des Mittels
so erheblich, dass der Verf. zu Rathe gezogen wurde. Derselbe
ermittelte ausser den Erscheinungen einer leichten Lungen¬
erkrankung, dass aus dem Maul des Pferdes mit Blut gemischter
Speichel abfloss und dass der Kopf steif und unbeweglich ge¬
halten wurde, wie bei Halsbräune. An der linken Seite der
Trachea im Bereich der ersten 5 oder 6 Luftröhrenringe war
eine Anschwellung bemerkbar, welche die Vermuthuug znliess,
dass ein Fremdkörper in der Speiseröhre vorhanden sein könne.
Die Schwellung erwies sich indess als eine spasmodische Contraction
eines der vor der Trachea liegenden Muskeln. Bei Untersuchung
des Maules zeigten sich Risswunden an der Zunge und an den
Backen, Verletzungen, welche zweifellos durch die Flasche ver¬
ursacht worden waren. Die Auscultation der Luftröhre ergab
Geräusche, welche bei Behinderung des Luftzutrittes durch
Schleim oder einen Fremdkörper entstehen. Die Geräusche
schienen vom untern Ende der Luftröhre zu kommen. Auch die
Untersuchung der Maulhöhle mit dem Maulgatter führte nicht zu
einer sichern Diagnose. Es wurde nun vermnthet, dass Glas¬
splitter der zerbrochenen Flasche in die Trachea gerathen seien.
Auf Grund dieser Annahme wurde empfohlen, das Pferd zu
schlachten. Ehe dies zur Ausführung gelangte, starb dasselbe.
Bei der Section wurde im Kehlkopf der Hals der zum Ein¬
geben benutzten Flasche aufgefanden. Das mit scharfen Spitzen
besetzte abgebrochene Ende war der Maulhöhle zugewendet und
hatte sich fest in die Schleimhaut und in die Muskeln des Schlund-
kopfes eingegraben. Das weitere Vordringen des Flaschenhalses
in die Luftröhre war durch die starke Ausbauchung desselben am
Bruchende verhindert worden. Der Zutritt der Athmungsluft zu
den Lungen war vollständig gesichert, denn das Flaschenbruch-
stück sass nach Art eines Tubus in den Luftwegen. Der Tod
des Pferdes trat in Folge gangränöser Prozesse im Kehl- und
Schlundkopf ein. Vermuthlich hat auch die p. m. constatirte Lungen¬
entzündung, deren Cbaracter nicht erwähnt wird, zu dem schnellen
(Krankheitsdauer 4 Tage) tödtlichen Ausgange beigetragen.
Reposition des Uter ns vor falls
ohne vorherige Entfernung der Nachgeburt.
Von Strebei.
(Sobw. Arch. Bd. 89. G.)
Allerhand Bücher empfehlen, vor der Reposition die anhaftende
Nachgeburt zu entfernen. Dieser an sich richtige Grundsatz hat
aber auch seine Ausnahmen. Er stützt sich auf die Besorgniss,
dass die zurückbleibende und faulende Nachgeburt infolge der
Resorption deletärer Stoffe durch Schleimhautverletzungen gefähr¬
liche Folgekrankheiten bewirke. St. ist überhaupt gegen die
manuelle Entfernung der Nachgeburt, die er durch eine rationelle,
antiseptische, örtliche Behandlung ersetzt wissen will. Die
Trennung ist in der Regel nicht ohne Verletzungen ausführbar,
der Arm des Operateurs auch meist zu kurz, um bis in die Tiefe
des Uterushorns zu reichen, sodass der Erfolg nur ein theilweiaer
ist Dann findet doch trotz der Entfernung die Bildung septischer
Stoffe statt. Strebei löst daher die Nachgeburt seit 25 Jahren
nur noch bei der Stute, wo dies viel leichter ist Bei Kühen
wendet er nur reichliche antiseptische Spülungen an.
Was nun die Belassung der Secundinae auf dem vorgefallenen
Uterus anlangt, so hat dieselbe nicht die vermeintliche Gefahr,
selbst nicht für die Stute. St. führt daher 3 von ihm selbst be¬
obachtete Fälle an. In allen 3 Fällen hatte der Besitzer selbst,
bevor St. eintraf, die Reposition sammt Nachgeburt bewirkt.
Gesundheitsstörungen traten nicht ein, obwohl die Nachgeburt
nach mehreren Tagen von selbst abging und die Reposition gewiss
nicht sorgfältig ausgeführt worden ist. Diese Fälle bilden freilich
noch keinen Anlass, die Regel umzustossen, sie legen aber doch
die Frage nahe, ob denn das umständliche Repositionsverfahren
empfehlenswerth ist. Je eher der vorgefallene Uterus zurück¬
gebracht werden kann, je leichter lässt sich dies machen. Kurz
nach dem Vorfall ist er noch wenig geschwollen. Die Leiclitig-
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31. März 1898.
keit der Reposition verringert auch die Möglichkeit von Ver¬
letzungen. Andererseits sind doch bei der Kuh die Placenten noch
sehr oft verbunden, sodass sie sich schwer trennen lassen, und
hierbei kommen erst recht Verletzungen vor. Die Ablösung der
Nachgeburt ist ausserdem sehr langwierig und die Reposition
wird dadurch stark verschoben. Die noch festBitzende Nachgeburt
hindert ausserdem die directe Läsion der Uterusschleimhaut und
dieser Schutz vor Verletzungen gewissermassen ist sehr wichtig.
Auch sind die Fruchthüllen erheblich schlüpfriger als der von
ihnen entblösste Fruchthalter und die mit ihnen überdeckten
Carunceln können der Zurückbringung des Uterus nur ein geringeres
Hinderniss entgegensetzen als die entblössten Carunceln. Die
Schlüpfrigkeit kann z. B. durch Waschungen mit frisch gemolkener
Milch vermehrt werden. Folgen dann noch laue antiseptische
Spülungen, so fördert das die Lösung der Fötalplacenta und wirkt
andererseits der Infection entgegen.
Ueber die Behandlung der Kolik.
Von Corpsrossarzt Schwarznecker.
(Ztachr. f. Veterinärkd Jan 98 )
Im Gardecorps ist im 3. Quartal 1897 ein umfangreicher Ge¬
brauch von Chlorbarium gemacht worden. Obwohl in drei Fällen
sich durch die Section ergab, dass Verstopfungen des Darmcanals
auch durch Chlorbarium nicht hatten gehoben werden können, ist
die Wirksamkeit des Chlorbariums doch nach den gemachten Be¬
obachtungen zweifellos anzuerkennen und das Mittel sicher sehr
geeignet zur schnellen Beseitigung namentlich leichterer An¬
schoppungen. Die sehr bequeme Anwenduugsweise kann jedoch
dazu verführen, eine vorherige genaue Untersuchung des Pferdes
zu unterlassen und Sch. hält es nicht für ausgeschlossen, dass
bei einer zu eiligen Einverleibung schnell wirkender Medicamente
die Entstehung von Lageveränderungen mit folgenden Zer-
reissungen begünstigt wird. Namentlich soll die Feststellung der
Darmfüllung vom Mastdarm aus niemals unterlassen werden. Die
an bekannten Stellen vorkommenden Verstopfungen werden durch
langsam wirkende Mittel (Aloe, Ricinus) erfolgreicher behandelt
werden, als wenn durch die mittelst Eserin oder Chlorbarium an¬
geregten Darmbewegungen die Massen noch fester zusammen¬
geschoben werden.
Wenn nach einer genügenden Eserinipjection z. B. eine
ordentliche Entleerung nicht eintritt, so empfiehlt Sch. einen so¬
fortigen Einguss von 500 g Oleum Ricini, 50 Aether sulf. dem ev.
noch Extractum Aloös zngesetzt werden kann und dessen Ge¬
schmack durch Vermischung mit Milch zu bessern ist, den aller¬
dings der Thierarzt selber machen muss. Clystiere, Abreibungen
und Massage mit feuchten Umschlägen unterstützen die Behänd-
lang. Bei einem Pferde, welches einen Tag lang keine Ex¬
cremente abgesetzt batte, wurde durch die Untersuchung Ver¬
stopfung der Beckenflexur diagnosticirt Auf Eserininjection hin
wurden einzelne Kothballen entleert. Die Peristaltik blieb unter¬
drückt. Es wurden nun 20 g Aloöextract in Pillen gegeben und
am Abend der erwähnte Einguss gemacht. Am Morgen war das
Befinden verschlechtert, die Arterien etwas gespannt, der ver¬
stopfte Darmtheil unverändert. Um 11 Uhr wurde Chlorbarium
0,5 intravenös verabreicht. Trotz lebhafter Darmbewegung kein
Kothabsatz. Um 1 Uhr nochmals Ricinuseinguss. Die Pulszahl
war inzwischen auf 80 gestiegen; die Bindehaut dunkelroth Am
Abend liess die Unruhe nach. Der verstopfte Darmtheil war vom
Mastdarm aus nicht mehr zu fühlen. Der Mastdarm war wie
von Anfang an noch leer. Während der Nacht wurden die
Clystiere fortgesetzt und erst am folgenden Vormittag, am dritten
Tage der Erkrankung, erfolgte die erste Entleerung. Am vierten
Tage reichlicher Absatz von Excrementen. Am Abend Durch¬
fall. Dann waren die Rrankheitserscheinnngen beseitigt.
151
DarmfiberirutT beim Ochsen.
Beziiks-Thierarzt Schmidt beschreibt in derW. f. Th. No. 6
eine eigentümliche, aber erfolgreiche Behandlungsmethode. Der
Patient war seit 6 Stunden krank und sehr unruhig. Bei der
Untersuchung per Rectum benahm er sich so aufgeregt, wie S.
noch nie beobachtet hatte. Die Untersuchung ergab, dass eine
bedeutende Darmpartie über den Samenstrangrest hinübergetreten
und mit Gasen prall gefüllt war. Alle Versuche, den Ueberwurf
per Rectum zu lösen, waren vergeblich, eine Operation daher er¬
forderlich. Das wollte aber der Besitzer nicht. Nun liess S. den
Ochsen versuchsweise wiederholt über einen zufällig in der Nähe
befindlichen ziemlich steilen Berg rasch hinüberführen, und zur
freudigen Ueberraschung löste sich der Ueberwurf von selbst.
Als das Thier wieder in den Stall zurückgebracht wurde, war es
völlig ruhig, suchte alsbald Futter, und eine neuerliche Unter¬
suchung zeigte die Lösung des Ueberwurfs.
Zu dieser Mittheilung bemerkt Herr Voltz in No. 10 der¬
selben Zeitschrift Folgendes. Er hat in zwei Fällen in gleicher
Weise die Reposition des verlagerten Darmstückes herbeigeführt.
Ein Ochse war seit 17 Stunden krank. Die anfangs stürmischen
KolikerscheinDngen hatten seit 5 Stunden nachgelassen. Die ver¬
lagerte Darmpartie war prall mit Futter gefüllt Die Reposition
vom Mastdarm gelang nicht. Die Operation wurde vom Besitzer
nicht genehmigt; er zog die Schlachtung vor. Zu diesem Zweck
wurde der Ochse 3 km weit geführt. Der Weg nach dem
Schlachtort fällt im letzten Drittel ungemein steil ab. Zur Ueber¬
raschung des Treibers erschien der Ochse nach der Ankunft
gesund, was die Untersuchung bestätigte. Recidive traten nicht
ein. Bei einem andern Ochsen wurde unter ähnlichen Umständen
das Bergabführen mit der Absicht, die Lösung zu bewerkstelligen,
( versucht. Er wurde vier Mal auf einen % km langen steilen Ab¬
hang herabgetrieben Dann ergab sich auch hier die Lösung der
Verlagerung. In einem dritten Fall führte jedoch dieses Ver¬
fahren nicht zum Ziel.
NachV. scheint dieMethode des Bergabführens nicht neu, sondern
nur mehr oder weniger vergessen; denn schon Hering giebt an,
dass es manchmal gelingt, wenn der Darm nicht stark mit Futter
gefüllt ist. Freilich bleibt dabei die Ursache zum Ueberwurf be¬
stehen, da ja der Samenstrangrest erhalten wird. Die vorliegen¬
den Fälle beweisen, dass der Erfolg auch erreicht werden kann,
wenn die Darmtheile stark mit Futter oder Gasen gefüllt sind,
und dass man bezüglich des Recidives nicht zu ängstlich zu
sein braucht. Schliesslich bleibt die Lösung durch das Messer
noch immer.
Hierzu bemerkt ferner Weigenthal, dass die Reposition
vom Mastdarm aus ihm überhaupt wenig Aussicht zu bieten
scheine und dass meist die blutige Operation ausgeführt werden
müsse. Auch Humann hat in fast allen Fällen die Operation
mittelst Flankenschnittes bewirkt, während Huber ebenso oft
vom Mastdarm aus wie durch blutige Operation Erfolg erzielte.
Die meisten Berichterstatter beschuldigen die übliche Castration
der Kälber durch Abreissen der Samensträge als mittelbare Veran¬
lassung zum inneren Bruch. Attinger jedoch kann dies nicht
anerkennen. Er hat in 6 Jahren 1950 Thiere castrirt und in
keinem Falle konnte er feststellen, dass eines derselben später
wegen des Ueberwurfs oder inneren Bruches zur Behandlung ge¬
langt wäre.
Ueber die Wundbehandlung mit localer Andampfung.
Von Dr. Beyer.
(D. med. Wocbenachr. fl/98.)
Wir 8terilisiren heutzutage unsere chirurgischen Instrumente,
unser Verbandmaterial und sogar inficirte Kleidungsstücke mit
strömendem Dampf. Warum behandeln wir nicht die Wunden,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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152
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 13.
die wir za heilen bestrebt sind, selbst mit Dampf? Von dieser
Ueberlegung aasgehend sachte sich Verf. den Dampf in einem
geeigneten Falle zur Wundheilang nutzbar zu machen. Es
handelte sich am einen jangen Patienten, bei dem sich im An¬
schluss an eine Vereiterung der Achseldrüse, eine 15 cm lange
Fistel nach der Scapula zu gebildet, bei dem sich weiter
wandernde Abscesse nach rückwärts zur Scapula und nach vorn
zum Sternum entwickelt hatten. Die Eiterung war eine abundante.
Nachdem die Abscesse gespalten waren, erhielt Patient jedesmal
eine locale Andampfung, indem er % m mit der Brust von dem
ausströmenden Dampf entfernt sass. Die Temperatur des Dampfes
an dieser Stelle = 53° C. Die Eiterung liess wie mit einem
Schlage nach. Sie versiegte binnen weniger Tage so, dass man
auf dem Verbandzeuge nur noch mehr oder weniger grosse
Flecke wahrnahm, die dem entsprachen, was man unter pus
bonum et laudabile versteht. Gleichzeitig füllten sich allmälig
alle Schnittwunden mit Granulationen aus, das Körpergewicht
des Patienten hob sich rapide und die Gebrauchsfähigkeit seines
früher stark behinderten Armes nahm stetig zu. Durch die
locale Andampfung und der damit einhergehenden Anregung der
Circulation, Granulationsbildung und Hemmung der Entwicklung
pathogener Bacterien glaubt Verf. diesen Fall zu einem glück¬
lichen Ende geführt zu haben.
(Jeber die Behandlnng
kranker Wunden mit Natr. biearbon.-Verband.
Von V.Guöorgnidvsky.
(La aemaine mMleale.)
G. machte, nach einem Referat in der allgemeinen medicinischen
Central-Zeitung, die wichtige Beobachtung, dass die Anwendung von
mit 2 pCt Natr. bicarbon.-Lösung getränkten Compressen, die mit
impermeablem Stoff bedeckt werden, die Wirkung hat, die eitrige
Secretion zu beschränken, die entzündlichen Phlegmonen zu be¬
seitigen und zwar viel rascher als alle anderen bekannten Anti-
septica wie Carbol etc. Verfasser beobachtete zuerst die
günstige Wirkung bei einer Phlegmone des Zeigefingers. Nach
der Spaltung konnte durch eine Jodoform-Perubalsamsalbe weder
die Eiterung, noch die Schwellung beseitigt werden. Verf. legte
daher eine Natr. bicarbon.-Compresse auf die Wunde und die
phlegmonöse übrige Hand und war aufs höchste überrascht, als
am nächsten Morgen die Eiterung gänzlich geschwunden war.
Seit dieser Zeit hat Verf. bei einer ganzen Reihe von Fällen
Gelegenheit gehabt, dieselbe Behandlung anzuwenden. Bei allen
Fällen wurde erst der Eiterherd incidirt, der Eiter entleert und
dann auf die Oberfläche der Wunde und auf die benachbarten
entzündeten Theile Compressen gelegt, die mit 2 pCt Natr.
bicarbon.-Lösung getränkt waren. Durch diese Behandlung
wurde stets Aufhören der Schmerzen und der Eiterung und
rasche Heilung erzielt. G. konnte sich auch öfters überzeugen
von der Ueberlegenheit des Natr. bicarbon. über die gewöhnlich
bei diesen phlegmonösen Affectionen gebrauchten Antiseptica:
jedes Mal, wenn er Natr. bicarbon. durch Jodoformsalbe ersetzte,
kehrte die Eiterung sofort zurück und verschwand erst nach
erneutem Gebrauch des Natr. bicarbon.
lieber den Aderlass, die Brechmittel nnd die Vesieantien.
Vortrag gehalten von Robin in der Acadömie de mödecine, Paris.
(Manch. Med. Woch.)
R. sieht sich veranlasst von neuem die Aufmerksamkeit auf
diese drei, in der Neuzeit arg vernachlässigten Mittel zu lenken.
Der Aderlass vermehrt in beträchtlicher Weise den Respirations¬
quotienten und die Oxydationsvorgänge in den Organen: der
Ueberschuss derselben ist porportional der Menge des entzogenen
Blutes. R. empfiehlt den Aderlass in allen Fällen, wo die
arterielle Spannung eiue ungenügende ist (Stauungserscheinungen
bei Herzkranken, acutem Lungenoedem, Gehirnblutung), wo es
sich um Autointoxication (Uraemie) und Intoxication bacteriellen
Ursprungs handelt. Bei diesen wirkt der Aderlass als Oxydations¬
mittel, begünstigt dadurch die Löslichkeit der Toxine und trägt
in hohem Grade zu deren Elimination bei. — Die Brechmittel be¬
dingen ausser der reinigenden Wirkung auf die Bronchial¬
schleimhaut ebenfalls eine Zunahme der Oxydation. Diese
Wirkungen der Brechmittel auf den intimen Chemismus der
Gewebe, verbunden mit ihrer völligen Unschädlichkeit, ver¬
anlassen R., warm für deren Wiederanwendung im früheren
Umfange einzutreten; sie haben bei den Bronchialinfectionen den¬
selben Werth wie die Abführmittel bei den Magen-Darminfectionen.
— Am ärgsten wurde der Kampf gegen die Vesieantien geführt.
Wie wenig gerechtfertigt dies ist, dafür liefert die Wirkung der
Blasenpflaster den besten Beweis: sie vermehren nicht nur die
Phagocytose und haben einen günstigen Einfluss auf das Nerven¬
system, sondern sie bewirken auch eine Zunahme der Lungen¬
ventilation und begünstigen so den Chemismus der Respiration,
daher ihre Anwendung bei Pleuritis, Pneumonie etc.
Therapentische Notizen.
Tetanus-Antitoxin.
Die in der Ztschr. f. Veterinärkd., Januar 1898 aus dem
dritten Quartal 1897 mitgetheilten Berichte über die Verwendung
des Tetanus-Antitoxins in der Armee sind sehr wenig günstig.
Die Zahl der Misserfolge ist dadurch erheblich gewachsen.
Im Gardecorps verendete ein Pferd, welches bald nach dem
Auftreten der ersten Erscheinungen behandelt wurde, schnell,
zwei andere Pferde konnten unter Hinzuziehung diätetischer
Behandlung geheilt werden. Die in das neue Mittel gesetzten
Hoffnungen haben sich nicht erfüllt, wie dies auch aus den
späteren Beobachtungen der medicinischen Klinik in Berlin her¬
vorgeht. Es gelingt anscheinend nur, die leichten Starrkrampf¬
fälle zu heilen, während schwere Fälle kaum beeinflusst werden.
Schwarznecker führt die anfangs in der obengenannten
Klinik erzielten viel besseren Resultate darauf zurück, dass in
der ersten Zeit nach der Entdeckung der Klinik viele leichte
Fälle von Starrkrampf zugeführt worden sind. Der Grund der
Veränderung der Resultate dürfte aber auch in einer Veränderung
der Beschaffenheit des Antitoxins selber zu suchen sein.
Krolikowsky’tche Verbünde.
Prof. Krolikowsky in Lemberg (Thierärztl. Hochschule)
hat in der Koch'sehen Monatsschrift No. 9 eine neue Art von
Verbänden aus Gaze, Leinewand, Pasten und Gummischnur be¬
schrieben. Ohne das Modell gesehen zu haben, bringt man diese
Verbände selbst nicht fertig. Dieselben sind jedoch nach Prof.
Hoffmann - Stuttgart äusserst empfehlenswerth. Er schlägt vor,
dieselben Krolikowsky’sche Verbände zu nennen und empfiehlt
sie angelegentlich als einen grossen Fortschritt.
(Zeitschr. für Veterinärkunde Decbr. 1897.
Creosot gegen Lungenentzündung.
Casati ordinirt das Creosot in grossen Dosen bei Pneumonie,
gleichviel welcher Art, in folgender Form:
Rp. Creosot 25,0
Tinct. Gent. 50,0
m. f. Tinct. S. 25—100 Tr. tgl. in etwas Wasser zu nehmen.
Bei Erwachsenen beginnt er mit 50 Tropfen, am nächsten
Tage giebt er 100 Tr. und ordinirt bis zur Resolution 50 Tr. tgL,
bei Kindern 25—75 Tropfen auf Zucker.
Locale Anaesthesirung.
Tito Costa empfiehlt zur localen Anaesthesie heisse
(50—55°) Lösungen von Cocain. Diese anaesthesiren schon
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81. März 1898.
1. im Verhältniss von 1:20Ü—250, 2. tritt die Anaesthesie so¬
gleich ein, 3. ist die anaesthesirte Zone ausgedehnter, 4. bei
gleicher Dosis vermindert sich die Toxicität anf die Hälfte.
Zar Entferaung von Blut
von Händen, Schwämmen etc. wird empfohlen, einen Theelöffel
Weinsäure in einem Waschbecken voll lauwarmen Wassers auf¬
zulösen und die blutigen Körpertheile etc. — natürlich ohne An¬
wendung von Seife — darin zu waschen; in derselben Lösung
kann man Instrumente, Verbandstoffe etc. abspQlen und dann mit
frischem Wasser nachspülen. Weinsäure löst Blutfarbstoff sehr
leicht zu einer bräunlichen Flüssigkeit.
(Zeitschr. f. Krankenpfl. 4./97).
Thierhaltung und Thierzucht
Bestand und Ertrag der preussisohen Landgestüte.
Der Bestand an Hauptbeschälern beträgt nach dem Etat von
1898 in den vier Hauptgestüten Trakehnen, Graditz, Beberbeck
und Neustadt a. Dosse 31 (davon 15 in Trakehneu, 10 in Graditz).
Mutterstuten stehen in Trakehnen 350, in den übrigen Haupt-
gestüten 320. Die Gesammtzahl der jungen Hengste und Stuten
beträgt 1910. In den 18 Landgestüten stehen insgesammt 2748
Landbeschäler, wovon anf Prenssen 859 fallen. Den grössten
Bestand zählt das hannöversche Landgestüt Celle mit 250 Hengsten.
Die Sprung- und Füllengelder beziffern sich auf 1845 240 M.
Die Gestüte erfordern einen Zuschuss von 1<£ Millionen.
Einfuhr von Zuchtvieh aus Holland.
In einigen landwirthschaftlichen Kreisen hatte sich eine Be¬
wegung zu Gunsten der Wiedergestattung der Einfuhr holländi¬
schen Zuchtviehs geltend gemacht Der Ausschuss des deutschen
Landwirthschaftsraths hat jedoch erklärt dass die deutsche Rind¬
viehzucht dieser Zufuhr nicht bedürfe, und dass das Verbot weiter
bestehen solle.
Fürsorge für den saohgemissen Besohlag der Zugoohsen.
Die Minister für Landwirthschaft und für Handel und Ge¬
werbe haben die Landwirthschaftskammern darauf hingewiesen,
die Schmiedeinnungen, die zur Ertheilung von Qualificationszeug-
niBsen berechtigten Lehrschmieden, sowie die Prüfungscommissionen
darauf aufmerksam zu machen, dass in den Lehrschmieden theo¬
retisch, und womöglich auch practisch, der Unterricht auf das
Beschlagen der Klauen der Zugochsen ausgedehnt und darüber
auch geprüft werde.
Tagesgeschichte.
Der thierärztliche Stand in Russland.
Ueber die Stellung der Thierärzte in Russland ist in
Deutschland verhältnissmässig wenig bekannt Gelegentlich
meiner Anwesenheit an Ort und Stelle vermochte ich natürlich
einen intimeren Einblick zu gewinnen. Zunächst hat mich eine
Thatsache amüsirt, die man mit dem Motto versehen kann: „Sie
sind überall dieselben“. Damit meine ich nämlich die Aerzte.
In allen Kulturländern hat sich der thierärztliche Stand und
das ganze Veterinärwesen über die Aerzte zu beschweren (was
ja selbstverständlich persönliche freundschaftliche Beziehungen
nicht berührt). Eine hundertjährige Geschichte beweist uns, dass
dieses Verhältniss nicht nur zur Zeit noch immer allgemein ver¬
breitet ist, sondern dass es die Entwickelung des thierärztlichen
Standes von Anfang an begleitet hat. Wir haben nicht das.
Recht, uns darüber zu beschweren, wenn die Gesammtheit dei
158
Aerzte und die Organe des ärztlichen Staudes unsere Angelegen¬
heiten nioht fördern; Benevolenz kann man nicht fordern. Aber
das dürfte man erwarten, dass sie die Entwicklung des thier¬
ärztlichen Standes nicht aufhalten, indem sie von einer gewissen
Eifersucht, scheint es, getrieben, jedem Fortschritt Hindernisse
bereiten. Die Thierärzte haben, glaube ich, nirgends das be¬
sondere Streben, sich speciell mit den Aerzten in Vergleich zu
stellen; sie wollen ganz frei und ohne jede Bezugnahme auf den
ärztlichen Stand ihre Stellung sich bilden.
Hierin erfahren sie auch in Russland, wie es scheint, einen
allgemeinen Widerstand seitens der Aerzte. So sträuben sich die¬
selben dagegen, dass Thierärzte trotz vollgiltiger Studien zur
Promotion zum Doktor zugelassen werden. Die Thierärzte erwerben
sich infolgedessen z. Z. nicht den Doktor-, sondern den Magistergrad,
was mir, nebenbei gesagt, gleich zu sein scheint. Nun besteht ferner
in Russland die Einrichtung, dass alle Personen mit akademischer
Bildung durch ein auf der rechten Brust zu tragendes Abzeichen aus¬
gezeichnet werden, aus dessen besonderer Form man gleichzeitig den
Beruf bezw. die wissenschaftliche Stellung des betreffenden zu er¬
kennen vermag. Die Thierärzte, da sie Anspruch darauf machen
können, ihre Bildung als eine akademische anzusehen, mussten
wünschen, ein derartiges Abzeichen ebenfalls zu erhalten. Sie be¬
gegneten aber hier dem entschiedensten Widerspruch der Aerzte, die
doch, genau genommen, diese Sache gar nichts anging, da die Thier¬
ärzte nicht etwa das Arztabzeichen, sondern ein eigenartiges für
sich verlangten. Schliesslich war aber den thieräztlichen
Magistern schon vor längerer Zeit ein akademisches Abzeichen
zugestanden worden und kurze Zeit vor dem Dorpater Jubiläum
kam zur allgemeinen Freude der Thierärzte die Bestimmung
heraus, dass sämmtliche Thierärzte ein entsprechendes akademisches
Abzeichen zu tragen berechtigt seien, die Magister mit gewissen
Unterschieden von den übrigen. Ein Recht, welches nach Kampf
erworben ist, erfreut doppelt Es ist aber doch interessant,
dass auch in Russland ein solcher Kampf gerade den
Medicinern gegenüber nothwendig geworden ist
Die russische Veterinärpolizei hatebenfalls inallerjüngsterZeit,
worauf in der B.T.W. schon hingewiesen ist, einen sehr weiten Schritt
vorwärtsgethan,dergleichzeitigebenfall8 einen Erfolg gegenüberdem
Medicinalwesen bedeutet. Es bestand nämlich auch in Russland
ganz wie bei uns das Verhältniss, dass die den Regierungen zu-
getheilten Gouvernementsveterinäre Untergebene der betreffenden
Medicinalbeamten waren. Dieses VerhältnisB ist aufgehoben
worden. Die Gouvernementsveterinäre sind unter Reorganisation
ihrer Stellung „selbstständige Dezernenten“, wie man bei uns
sagen würde, bei den Regierungen geworden. Im Ministerium
des Innern befindet sich ein Veterinär, Herr P es titsch, als
factischer technischer Leiter der Veterinärabtheilung.
Um Licht und Schatten gleichmässig zu vertheilen, sei hervor¬
gehoben, dass die Gehälter der preussischen Departements¬
thierärzte unvergleichlich besser sind als die der russischen
Gouvernementsveterinäre. Dagegen können die Veterinärbeamten
in Russland einen verhältnissmässig hohen Rang erreichen. Der
Rang richtet sich nämlich nicht nach der Dienststelle, sondern
innerhalb gewisser Beamteukategorien erfolgt einfach ein gleich-
mässiges Aufsteigen nach dem Dienstalter, selbstverständlich bis
zu einer gewissen, nach unsern Begriffen aber für die Veterinäre
recht hoch bemessenen Grenze.
Was die Militärveterinäre anbetrifft, so sind dieselben eben¬
so wie bei uns, nicht Officiere (das Gegentheil wird oft irrtbüm-
lich angenommen), sondern sie sind obere Militärbeamte. Ihre
Rangstufen entsprechen jedoch bestimmten Officiersgraden, denen
dann auch die den Veterinären zuertbeilten Rechte gleichen.
Das Aufsteigen geht durch verschiedene Rathsstufen (Hofrath,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Collegienrath, Collegienaseessor) hindurch bis zum Staatsrath,
weloher eine Stellung zwischen dem Oberst und dem Brigade-
commandeur einnimmt, und als persönliche Auszeichnung auch
bis zum wirklichen Staatsrath, der in Russland das Prädicat
Excellenz führt, und auch thatsächlich dem Generallieutenant
gleichgestellt ist. — Beiläufig sei übrigens erwähnt, dass in
Russland zwischen der Garde einerseits und den Provincial-
armeecorps andrerseits auch betr. der Officiere und ihrer Rang¬
stellung im Gegensatz zu unserer Armee sehr erhebliche Unter¬
schiede bestehen, was sich aus der ungeheuren Verschiedenheit
aller Verhältnisse zwischen den verschiedenen Garnisonen des
weiten Reiches und auch wohl aus einer Verschiedenheit des
Bildungsgrades genügend erklärt
Aas dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar.
Der weimari8che Landtag beschloss, dass aus den Ueber-
schüssen früherer Jahre 40,000 M. bereit gestellt werden zur
Bildung eines Reservefonds für eine Landesviehversicherungsanstalt,
welche die Rückversicherung der Rindviehversicherungsvereine
des Grossherzogsthums zu übernehmen hat. Der Staat garantirt
jetzt 10 pCt. Zuschuss zu den Schadensregulierungen der Vereine.
Eine neue Taxordnung für Thierärzte, welche der königlich
sächsischen Taxe nachgearbeitet ist, hat die Sanction des Land¬
tags erhalten.
Die Bezirksthierärzte erhalten vom Jahre 1899 ab ein festes
pensionsberechtigtes Gehalt von 1400—2200 M. Altersstufen
dreijährig 100 M. — Höchstgehalt nach 18 Dienstjahren. Da
keine Kilometergebühren gewährt werden, so sind Pferdegelder
in fester Höhe von 1200 M. pro anno und Stelle ausgeworfen.
Daneben bei Dienstreisen Tagegelder und Pferdefutter (1 Ration
= 75 Pfg.) Zulässig pro Tag und Pferd 3 Rationen. Das sind
8ämmtlich sehr dankenswerthe Hassregeln.
No. 18.
Cornevin.
Ueber die Thätigkeit des Professors Cornevin, dessen Tod
bereits neulich in der B. T. W. mitgetheilt wurde, bringt das
Schw. Arch. £ Th. noch folgende Angaben. — Die wissenschaft¬
liche Thätigkeit war eine ausserordentlich umfangreiche und un¬
ermüdliche. An erster Stelle ist das klassische Lehrbuch der
allgemeinen Thierzuchtkunde zu nennen, welches 1891 erschien,
und an welches sich 1895 als Vervollständigung ein Lehrbuch
der speciellen Thierkunde, betreffend das Hausgeflügel, und 1897
ein Werk, die kleinen Säugethiere anschloss. 1885 erschien seine
erste interessante Studie über den Rothlauf der Schweine, 1887
ein umfangreiches Werk, die Giftpflanzen und die Vergiftung
durch dieselben, 1892 ein Werk über die Bedeutung der in¬
dustriellen Rückstände bei der Fütterung des Viehes. Dieses
Buch hat für die Landwirthe einen ganz besonderen Werth.
(Dann wäre es vielleicht nützlich es in das Deutsche zu übertragen?)
1894 erschien ferner das von Cornevin in Gemeinschaft mit
Lesber verfasste Lehrbuch der Bestimmung des Alters der Haus-
thiere mit sehr schönen Zeichnungen — ein Werk, das seines¬
gleichen nicht hat und dessen Schlüsse auf Tausenden von
Beobachtungen und Präparaten sich aufbauen. Die grösste Ver- %
breitung hat die bekannte Studie über den Rauschbrand des
Rindes von Arloing, Cornevin und Thomas gefunden, eine
Studie, die von den Academien der Wissenschaften und der
Medicin, von der nationalen landwirthschaftlichen Gesellschaft
und dem Verein der französischen Landwirthe preisgekrönt wurde,
und welche bekanntlich das Wesen des Rauschbrandes aufklärte
und die Rauschbrandschutzimpfung einführte. Seit 1876, wo
Cornevin als Professor der Thierzucht an der Thierarznei¬
schule von Lyon seine Lehrthätigkeit begonnen hatte, war er
gleichzeitig Redacteur des Journal de Lyon.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(UittheiUngen für
Seochenstatistik and Veterinärpolizei.
Veterlnirpellzsl In Ungarn 1896.
Das Veterinärpersonal bestand aus 2 Inspectoren, 8 Ober¬
thierärzten, 30 Staatsthierärzten erster, 21 zweiter und 28 dritter
Klasse. Ei8 bestanden 62 staatsthierärztliche Bezirke; die übrigen
Thierärzte waren in besonderen Aemtern beschäftigt. Im Ganzen
zählte Ungarn (excl. der Armee) 882 Thierärzte.
Der Gesammtthierverlust betrug im Berichtsjahre an: Milz¬
brand 190 Pferde, 1703 Rinder und 800 Schafe; Rotz 681 Pferde,
Tollwuth ausser den Hunden 265 Nutzthiere; Lungenseuche
1104 Rinder; Pocken 254 Schafe; Maul- und Klauenseuche
824 Rinder, 188 Schafe, 80 Schweine. — Von Schweinen gingen
21 306 Stück an Rothlauf und 670 835 Stück an Schweineseuche
zu Grunde. — Unter Zurechnung der bekannt gewordenen Ver¬
luste durch sonstige Krankheiten sind 10496 Pferde (0,53 pCt.
des Gesammtbestandes), 14 599 Rinder (0,27 pCt.), 30977 Schafe
(0,38 pCt) und 708137 Schweine (7 pCt des Gesammtbestandes
und 249 000 mehr als im Vorjahre) zu Grunde gegangen. Von
diesem Gesammtverlust kommen auf die vorstehend angeführten
Seuchen bei Pferden, Rindern und Schafen nur verhältniss-
mässig kleine Bruchtheile, nämlich rund 1000 Pferde ( l /i 0 ),
4000 Rinder (nicht ganz ‘/ 3 ), 1500 Schafe ( 4 /ioo)- Dagegen sind
die Schweine bis auf einen geringen Bruchtheil (»/,«;) *** Seuchen,
und zwar zu 94pCt. desGesammtverlustes und 6)$ pCt. des Ge¬
sammtbestandes an Schweineseuche,verloren gegangen.
Dies bedeutet einen Schaden von 30 bis 40 Millionen.
Die Verluste an Geldwerth betrugen beim Milzbrand 147 000 fl.
Von der Tollwuth wurden überdies 1274 Hunde befallen; ausser¬
dem sind wegen Wuthverdacht 3826 Hunde beseitigt worden.
Die Tollwuth ist seit 1893 im Zunehmen begriffen. Der Rotz
Veterinärbeamte.)
hat gegen das Vorjahr um 45 pCt. abgenommen (Geldverlust
65 000 fl.). Die Maul- und Klauenseuche trat während des
Berichtsjahres auf in 3649 Gemeinden und 129 241 Gehöften
mit einem Thierbestande von 572 809 Rindern, 178 000 Schafen
und 83000 Schweinen. Die Seuche war im Frühjahr 1896 auf
einen Stand von 40 Gemeinden zusammengeschrumpft und begann
sich dann so rapid auszubreiten, dass August ca. 600 und
November ca. 1400 Gemeinden verseucht waren. Ende des
Jahres standen noch 713 Gemeinden unter Sperre; am rechten
Donau-Ufer war die Verbreitung am stärksten; im Allgemeinen
war der Seuchenverlauf mild.
Anlässlich der Lungenseuche wurden ausser den oben
erwähnten 1104 kranken und seucheverdächtigen (polizeilich ge-
tödteten) Rindern noch 7563 Stück wegen Ansteckungsverdacht ge¬
schlachtet, so dass der Gesammtverlust eigentlich 8657 Thiere
beträgt; das inficirte Gebiet war erheblich kleiner als im Vor¬
jahre (8—6 Comitate; 22, am Schluss 7 Gemeinden). Die Seuche
nimmt seit Einführung des neuen Tilgungsverfahrens stetig ab.
Es wurden unter Entschädigung getödtet und geschlachtet 1894:
17125, 1895: 11071; 1896: 7439 und desgl. ohne Entschädigung
3799, 928, 1256. Die Gesammtverluste betrugen also in den
3 Jahren 20924, 11999, 8695 Stück, d. h. im Berichtsjahr 59 pCt.
weniger als zwei Jahre früher.
Thierseuchen In der Schweiz 1897.
Die Lungenseuche ist im Berichtsjahr nicht vorgekommen.
An Rauschbrand gingen 672, an Milzbrand 324 Thiere ein. Die
von der Maul- und Klauenseuche betroffenen Bestände zählten im
Ganzen 10 342 Haupt gegen 2800 im Voijahre. Darunter waren
7801 Stück Grossvieh, 2541 Stück Kleinvieh. Als geschlachtet,
bezw. umgestanden sind von beiden je 700 Stück angegeben.
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31. März 1898.
BERLINER THIERÄRZTL1CRE WOCHENSCHRIFT.
165 •
Die Tollwoth kam bei 78 Thieren vor; ausserdem wurden 101
verdächtige getödtet. Vom Rotz sind 58 Fälle und vom Rothlauf
3247 vermerkt.
RothlauMmpfanstalt zu Prenzlau.
In der vorigen Nummer ist in der Mittheilung der oben
genannten Anstalt durch Auslassung eines Wortes eine Fassung
entstanden, welche zu Missverständnissen Veranlassung geben
könnte. Es soll nämlich heissen: von Mitte bis Ende Mai ab
kann jeder Nachfrage genügt werden. (Das „ab“ war aus¬
gelassen worden, sodass man hätte glauben können, dass nur im
Mai die erhöhte Production stattfände.)
Was doch alles von einem Schulzen verlangt wird!
Folgende köstliche Anzeige und Entschuldigung, die ein
biederer Ortsvorsteher an seinen Landrath richtete, sei hier mit-
getheilt:
Dem Königl. Landrathsamt zu R. die ergebene Auzeige,
dass dem Maurer N. sein Schwein gestern Abend an Rothlauf
krank heut früh crepirt ist. Wie mir vorhin vom Königl. Land¬
rathsamt bemerkt worden ist, dass das Schwein bis zur Be¬
sichtigung am Leben bleiben soll, konnte ich nicht verhindern,
da mir von dem Betreffenden keine Anzeige gemacht worden ist.
N., Oltsvorsteher.
Fleischschau und Viehverkehr.
Vieh- und Fielschelnfuhr In England im Jahre 1897.
Lebend wurden vom Auslande 618 336 Rinder nud 611504
Schafe eingeführt. Die Rindereinfuhr zeigt gegen das Vorjahr
1896 eine Zunahme von 10 pCt., dagegen hat die Schafeinfuhr
weiter abgenommen, und zwar um 26 pCt. Die bedeutende Ab¬
nahme der Schafeinfnhr ist durch die am 1. Januar in Kraft ge¬
tretene Anordnung, welche bestimmt, dass das sämmtliche vom
Auslande kommende Schlachtvieh innerhalb einer kurzen Frist
an den Landungsplätzen abgeschlachtet werden muss, veranlasst
worden. Der Werth der eingefübrten Rinder ist auf 10 461 236 Strl.,
der der Schafe auf 919 096 Strl. geschätzt, gegen das Vorjahr
hat demnach der Werth der Lebendvieheinfuhr um 914 643 Strl.
zugenommen. An der Einfuhr haben sich betheiligt die Ver¬
einigten Staaten mit 67,33 pCt. bei den Rindern und 30,54 pCt.
bei den Schafen, Canada mit 20,45 pCt. resp 10,42 pCt., Argentinien
mit 11,95 pCt. resp. 56,45 pCt. und die übrigen Länder mit
0,27 pCt. resp. 2,59 pCt., hier ist bei den Schafen namentlich
Island betheiligt.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Handbuch der thierärztllohen Chirurgie und Geburtshülfe, heraus¬
gegeben von Professor Dr. Jos. Bayer-Wien und Professor Dr. Eugen
Fröhner-Berlin.
Krankheiten des Magens und Darmes.
Wenn die Herausgeber der thierärztlichen Chirurgie, die
Herren Professoren Dr. Bayer und Dr. Fröhner, es verstanden
haben, n : cht nur Deutsche, sondern auch Ausländer mit hoch
klingenden Namen, wie Cadiot, de Bruin, Guttmann,
Vennerholm und Zschokke, die Specialisten in ihren Fächern
sind, zur Bearbeitung einzelner Capitel des grossen Sammel¬
werkes lieranzuziehen, so können wir ihnen nur dankbar sein.
Das Werk erhält hierdurch nicht nur einen internationalen
Characfer, sondern es liegt auch nahe, dass die Ausländer die •
Litteratur ihres Heimathlandes mehr und eingehender berück¬
sichtigen als die deutsche Litteratur, womit aber durchaus nicht
gesagt sein soll, dass die letztere vernachlässigt ist Andere
Bedingungen, andere äussere Verhältnisse veranlassen andere
Massnahmen. Daher werden viele Operationen von anderen
Gesichtspunkten aus beschrieben werden, und dies ist von sehr
grossem Vortheile gerade für den practischen Thierarzt, der zu
Litteratur8tudien keine Zeit besitzt, dem es aber dennoch bei Durch-
Die Einfuhr von frischem Fleisch betrug 3010387 Ctr.
Rindfleisch, 3 193 276 Ctr. Schaffleisch und 347 617 Ctr. Schweine¬
fleisch. Die Fleischeinfuhr hat gegen das Vorjahr um 697 011 Cir.
zugenommen. Die Mehreinfuhr beträgt beim Rindfleisch über
13 Proc., beim Schaffleisch ganze 10 Proc. und beim Schweine¬
fleisch ungefähr 16 Proc. Der Werth des eingeführten frischen
Rindfleisches ist auf 5 783 667 Strl., der des Schaffleisches auf
4 827 868 Strl. und der des Schweinefleisches auf 765 128 Strl.
geschätzt. Der EiDfuhrwerth hat sich demnach im Ganzen um
942018 Strl. gesteigert. In folgendem Verhältniss haben sich
die nachbenannten Länder an der Einfuhr betheiligt:
Vereinigte Staaten
Rindfleisch
74,88 pCL
Schaffleisch
Schweinefleisch
Andere Länder
25,52 „
0,20 pCt.
24,33 pCt.
Deutschland
—
0,07 „
—
Holland
—
8,35 „
65,08 pCt.
Belgien
—
—
10,59 „
Argentinien
—
28,46 pCt.
—
Australien
—
62,92 „
—
Die Rindfleischeinfuhr ist äquivalent einer Einfuhr von 463 100
Ochsen ä 67a Ctr., die Schafeinfuhr gleich 1596 000 Schafen
ä 56 Cb. (engl.), die Schweinefleiecheinfuhr gleich 231 440
Schweinen ä 17a Ctr.
Bezüglich der Gestaltung der Vieh- und Fleisch-
einfuhr zu den Voijahren zeigt sich, dass das Ausland, be¬
sonders die Vereinigten Staaten und Argentinien bestrebt sind,
den englischen Markt nur mit bestem Vieh zu versehen und
besonders Argentinien macht in dieser Hinsicht gewaltige An¬
strengungen, seine Zuchten durch den Import erstklassiger Zucht-
thiere zu verbessern.
Die Einfuhr von gekühltem Fleisch aus den Vereinigten
Staaten zeigt eine stetige Zunahme, daneben suchen dieselben
jetzt nach Benutzung neuer Dampferlinien für ihre Schweinefleisch-
producte (Schinken, Rücken, Würste) Absatzgebiete zu schaffen.
Auch Holland und Belgien werfen von Jahr zu Jahr mehr Schaf-
und Schweinefleisch auf den englischen Markt. Aus Deutschland
dagegen geht der Export von Schaffleisch nach England immer
mehr zurück. Die Marktlage für gefrorenes Fleisch ist in Eng¬
land wenig günstig und zeigt im Verhältniss zu den anderen
Einfuhren die Einfuhr von gefrorenem Fleisch in England nur
eine geringgradige Zunahme. Kühn au.
sicht des grossen Sammelwerkes ermöglicht wird, verschiedene
Operations-Methoden in seiner Praxis anzuwenden.
Der Name Guttmann’s spricht schon für die Gediegenheit
der Arbeit. Guttmann beschreibt im III. Bande H. Theil
1. Lieferung die chirurgischen Krankheiten des Magens und
Darmes auf 111 Seiten und handelt dieselben in folgenden
Groppen ab:
1. Fremdkörper im Verdauungscanal (Darmnähte), 2. Darm¬
fisteln, 3. Darmeinschiebung, 4. Achsendrehung des Darmes,
5. Vorfall, 6. Eingeweidebrüche A. äussere Brüche, B. innere
Brüche.
A. Bei den äusseren Brüchen sind beschrieben 1. Nabelbruch,
2. Leistenbruch a. beim Hengste, b. beim Wallach, c. Peritoneal-
Scrotalbruch beim Hengste, d. Leistenbruch bei Wiederkäuern,
e. Leistenbruch beim Hunde, f. Leistenbruch beim Eber, 3. Bauch-
brucb, 4. Mittelfleischbruch, 5. Schenkelbruch.
B. Bei den inneren Brüchen sind abgehandelt 1. der Ueber-
wurf, 2. der Zwerchfellbruch, 3. Bruch des Winslow’schen Loches.
Obwohl die Magendarmkrankheiten der Thiere ihrer
schwierigen Diagnose wegen seltener zur Operation Veranlassung
geben werden, wie beim Menschen, so mnss doch hervorgehoben
werden, dass die genaue und ausführliche Beschreibung der Darm-
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156
naht, die allein 11 Seiten umfasst, für ein so gross angelegtes
Sammelwerk, wie es das Bayer’sche und Fröhner’sche ist, am
Platze ist und dass es als Mangel betrachtet werden müsste,
wäre sie nicht in dieser Weise abgehandelt.
Bei der Beschreibung der Behandlung der Nabelbrüche
möchte ich ein Verfahren erwähnen, das nicht veröffentlicht ist.
Professor Di eck erhoff beschrieb dasselbe in seiner Vorlesung
über Geburtshülfe. Di eck erhoff empfiehlt einen Tassenkopf
oder eine Schale zu nehmen, deren oberer Rand die Grösse
des Nabelbruches besitzt, dieselbe \ mit Schwefelsäure zu füllen,
sie fest an den Nabelbruch zu drücken und dann einen leichten
Schlag gegen den Boden der Schale resp. Tassenkopf aus¬
zuführen. Es werden hierdurch nur diejenigen Tlieile der Haut
mit Schwefelsäure befeuchtet, die innerhalb des Randes der
Tasse liegen. Das Verfahren ist sehr practisch und kann
empfohlen werden.
Sehr interessant sind die von Guttmann bei 26 Fohlen
ausgeführten Radicaloperationen des Nabelbruches mit Exstirpation
des inneren Bruchsackes und Vernähung des Bruchringes
mit Catgat. Bei 20 Fohlen traten Recidive auf. Jetzt operirt
G uttmann nach dem Vorgänge von Hering und Siedamgrotzki
mit Einstülpung des inneren Bruchringes und näht mit Seide.
Bei sechs im Jahre 1896 operirten Fohlen trat kein Recidiv auf.
Alle Capitel der Guttmann’schen Abhandlung über die
chirurgischen Krankheiten des Magendarmkanals sind so aus¬
führlich, so ausgezeichnet mit Berücksichtigung sämmtlicher
Litteratur abgehandelt, dass diese Arbeiten eine Zierde der
Chirurgie bilden. Dr. To epp er.
Schnaltz: Ossa extremitatum equl et Insertionea musculorutn. Die
Glledmassenknochen des Pferdes mit Einzelohnung der Insertionen von
Muskeln, Sehnen und Bändern. Atlas in 18 Tafeln. Darüber, dass die
Osteologie ein sehr wesentlicher und practisch wichtiger Theil
der Anatomie ist, braucht kein Wort verloren zu werden. Merk¬
würdigerweise fehlten bisher auch nur einigermassen genügende
Abbildungen der Knochen des Pferdes. Der oben genannte Atlas
bringt zweierlei.
Er stellt erstens auf 9 Tafeln die Knochen der Vorder¬
gliedmassen und der Hintergliedmassen (einschliesslich des
Beckens) in dem Massstabe von V, der natürlichen Grösse dar.
Diese Grösse ermöglicht die Wiedergabe aller Einzelheiten.
Ausserdem sind die Knochen — Dank einer sehr genauen Aus¬
nutzung des Raumes — alle in mehrfachen Ansichten (Aussen-,
Innen-, Vorder- und Hinterfläche) abgebildet. Namentlich haben
auch die Gelenkflächen eine besondere Darstellung erfahren, wie
z. B. das Kniegelenk durch vier übereinandergestellte Ansichten
in allen seinen Theilen einzeln hervortritt Auch die Vorder-
fusswurzel und das Sprunggelenk sind mit allen Knochen¬
einzelheiten veranschaulicht worden.
Zweitens aber sind die Insertionen der Muskeln, Sehnen und
Bänder in der Weise dargestellt, dass die Grenzen ihrer Ursprungs¬
felder auf den Knochen durch Linien umgrenzt sind. In der
genauen Feststellung dieser Insertionsfelder, die bisher mangelte,
steckt zugleich die wissenschaftliche Arbeit des Werkes. Damit
aber die Abbildungen der Knochen selbst nicht durch ein Wirr¬
warr von Linien gestört werden, sind die Insertionsfelder auf
neun besondere Tafeln in durchsichtigem Papier hergestellt.
Jeder Knochentafel ist — und das ist ebenfalls ein Novum —
eine transparente Tafel mit den zugehörigen Insertionsfeldern
vorgeheftet. Legt man nun letztere auf die Knochentafel auf, so
sieht man die Knochen fast unverschleiert und mit den Insertions¬
feldern bedeckt. Auf allen Zeichnungen sind die Benennungen
direct beigedruckt. Zugleich ist die neue Benennnngsweise (Be-
No. 13
Schluss des Berner Congresses) bereits angewendet und es sind jeder
Tafel Tabellen beigegeben mit Nebeneinanderstellnng der fortab
anzuwendenden lateinischen, der deutschen und französischen
Namen mit Anmerkungen. Indem ein französischer Text bei¬
gegeben wurde, ist zugleich der Versuch gemacht, das Werk,
welches die erste, jedoch selbstständige, Lieferung eines voll¬
ständigen grossen Atlas der Anatomie des Pferdes dar¬
stellt, zu einem internationalen zu machen. Die bisher im Aus¬
lande schon erschienenen (französischen, englischen, holländischen)
Kritiken rühmen übereinstimmend den Atlas als eine Glanz¬
leistung der Zeichenkunst und loben auch die Anschaulichkeit
und Genauigkeit des anatomischen Arrangements und erkennen
die Nützlichkeit des Werkes an. Dasselbe ist dem Veterinär-
Institut zu Jurjew zu dessen Jubiläum gewidmet.*)
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Director der thicrärztl. Hochschule in
Hannover Geheimrath Dr. Dammnnn wurde das Ehrenkreuz III. CI.
des Lippeschen Hausordens verliehen.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt W i 1 1, bisher
Assistent an der Thieräiztl. Hochschnlc in Berlin, für den
Kreis Apenrade, Bezirksthierarzt Joseph Imminger- Donauwörth
zura Kreisthierarzt an der Regierung von Unterfranken und Aschaffen¬
burg. — Der Kreisthierarzt Friedr. Stein- Dessau ist zum Oberross¬
arzt, Thierarzt Ludwig Honiginnnn - Dessau zum Marstall-Ross-
aizt am herzogl. Marstall in Dessau — ernannt worden.
Versetzt: Kreisthierarzt Struve - Sonderburg in die Kreistliier-
arztstelle des Kreises Kiel.
Es sind «ewälilt worden: Thierarzt Claus Grcggers-Hildes-
lieiin zum 2. Assistenten des Schlaclithofdirectors in Elberteld,
Schlachthofinspector S t e i n - Ballenstedt a. Harz zutn Schlachthaus¬
inspector in Bernburg, Rossarzt Patsch ke provisorisch zuin
Schlachthausverwalter in Zoppot.
Wohniltzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬
arzt Dr. 0. Müller, bisher Assistent an der Veterinärklinik in
Jena nach Hvidding (Schleswig, Quarantäne - Anstalt), Thierarzt
E gg e r t - Oscherslebeu nach Lehesten. — Thierarzt W. Schaar¬
schmidt hat sich in Naunhof bei Leipzig, Thierarzt F. Ulrich
in Ziesar — niedergelassen.
Todesfälle: Bezirksihierarzt a. D. Ph. W e r n e r-Germersheim.
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Osnabrück: Meppen
(Zuschuss 800 M.) zum 1. April. Bew. an Regierungs - Präs, in
Osnabrück. — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht ausge¬
schrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle
(500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühreni.
Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneSteIlen:
Aachen: Schlachthofthierarzt (25C0M.). Bew bis 15. April an Schlacht-
hofdirector Bookeltnann. — Reuthen: 2. Schlachthofthierarzt (2000M.,
Wohnungsgeld 432 M.). Bew. an Magistrat — Celle: Schlacbthof-
inspector (2400- 3600 M. Dienstwohnung, Heizung, Beleuchtung.
35t M. Nebeneinnahme) Bew. bis 1. April an Magistrat. — Elbing:
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat.
Privatsteilea: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Meldungen an Uen Amtmann.
— Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra):
(400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt.
— Gleschendort (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam;: Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau'. Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thier¬
arzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
E i n b c c k (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle - Magdeburg
(Schlachthof i. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarsch acht
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel-
maun in Gr. Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Scbw.). — Strass¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung.
Besetzt: Sanitätsthierarztstellen: Bernburg, Elberfeld,
Zoppot. Privatstelle Lehesten.
*i Eine Anzahl der schon vor dem Erscheinen des Werkes im
Buchhandel an Kedactionen versandten Exemplare ist versehentlich
ohne diese Widmung ausgegeben worden, was wir tu vermerken
ersucht sind.
Verantwortlich filr den Inhalt (excl. tmeratenthell) Prof. Dr. Schraaltz in Berlin. - Verla* und Kis-onthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Bdzenstein. Berlin.
BERLINER TIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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j>le „Berliner Thier&rxtliche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in St&rke von mindestens 1'/« Bogen. Dieselbe
Ist in beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., l.uisenstrasse 3«;. zum Preise von
Mk. ?>.— |-ro Vierteljahr.
Berliner
Origiualbeitrage werden mit 60 Hk. ihr den Bogen honorirl
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*,
Berlin, thierirztllche Hochschule. NW., I.uiseiisiras-e Mi,
Corrccturen, ltecenslons-Kzeiuplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heransgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898.
M 14 .
Ausgegeben am 7. April.
Inhalt: Foth: Die Erhitzung der Magermilch im Sinne des $ 61 der Bundesraths-Instruction zum Reichs-
vicli seuchen- Gesetz — Schmidt: Die Lungcnscuchelymplic-Anstaltin Halle a. S. — Bermbach : Ucber die
kreisthierärztliche Stellung (siche die Beilage). — Krüger: Die Besserstellung der Kreisthierärzte (siehe die Beilage). — Referate:
Schmidt: Studien und Versuche über Ursache und Behandlung der Gebärparese. - Schwendimann: Castration der Stuten. —
Koch’s Methode der Rinderpest-Impfung. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oe ff entlieh es Veterinär-
wesen: Seuchenstatistik und Vctcrinärpolizci. — Fleischschau und Viehvcrkehr. — Bücheranzcigen und Kritiken.—
Personalien. — Vacanzen.
Die Erhitzung der Magermilch im Sinne des § 61
der Bund8sraths-lnstruction zum Reichsviehseuchen-
Gesetz.
Voj
Dr. Foth, Kreisthierarzt in Wreechen. .
Vortrag, gehalten in der Sitzung des thicrärztl. Provinzial - Vereins
zu Posen am 20. März 1898.
M. H.! Die Verfügung des Herrn Regierungs-Präsidenten
zn Posen vom 3. März 1897 bestimmt, dass die Behörden ihre
Entscheidungen in der Frage der Milchsterilisirung zu Zeiten der
Seuchengefahr „im besonderen Falle von einer vor¬
gängigen sorgfältigen Prüfung der Einrichtungen der
betreffenden Molkereien, eventuell unter Znziehang
des Kreisthierarztes“, abhängig machen.
Die Bestimmung setzt voraus, dass der Kreisthierarzt mit der
Einrichtung und dem Betrieb der Sammelmolkereien hinlänglich
vertrant ist.
Nun ist es jawohl nicht schwierig, sich in einer Molkerei
während des Betriebes an der Hand der Angaben des Molkerei¬
leiters von dem Vorhandensein von Sterilisirapparaten und von
dem Wärmegrade der erhitzten Magermilch Ueberzengung zu ver¬
schaffen.
Damit ist aber die Aufgabe des Kreisthierarztes nicht er¬
schöpft. Um den Grad der Erhitzung zn controliren, würde ein
Polizeibeamter auch ausreicheu.
Der Kreisthierarzt soll vielmehr prüfen, ob die Einrichtungen
die Sicherheit dafür bieten, dass die fragliche Milch gehörig ab¬
gekocht oder in der im § 61 Absatz 3 der Instrnct. vorgeschriebenen
Weise erhitzt wird.
Es wird von ihm also ein Urtheil darüber verlangt, nicht ob
der eventuell vorhandene Apparat überhaupt im Stande ist,
die erforderliche Temperatur zu erzielen, sondern ob er vermöge
seiner Einrichtung die Sicherheit bietet, dass diese Temperatur
auch immer erreicht wird.
Das ist aber ungleich schwieriger. Vielfach trifft man z. B
Milcherhitznngsapparate an, mit denen man durch volles Zn-
strömenlassen des hochgespannten Dampfes eine Temperatur von
10U Ü erreichen kann; der Werkmeister kann das dem revidirenden
Beamten jederzeit vormachen. Die Construction der Apparate
ist aber derart, dass sie bei einer dauernden derartigen Inanspruch¬
nahme in kurzer Zeit unbrauchbar werden und zur Erzielung
dieser Temperatur nur benutzt werden können, wenn die ein-
fliessende Milch vorher auf 70—80° erwärmt wird.
Andererseits findet man oft keinerlei Erliitzungsapparate.
Mancher Betrieb ist auch so klein, dass die Anschaffung rationell
arbeitender, folglich thenrerer Apparate nicht lohnt Hier handelt
es sich also darum, wie der gesetzlichen Bestimmung trotzdem
and ohne zn grosse Härte gerecht zu werden ist.
In den grösseren Molkereien findet man nun meistens einen
sog. Pastenrisirapparat. Die Magermilch wird hierin erhitzt
und sofort in geeigneten Kühlvorrichtungen wieder abgekühlt.
Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass die so pasteurisirte
Mil' h oft schon sauer auf den Gütern anlangte, oder doch bald
darauf säuerte und dadurch als Futtermittel bedeutend an Werth
verlor und zum Theil ungeeignet wurde. Reichte die Erhitzung
in dem Apparat aber nicht aus, die Säuerangserreger abzutödten,
so genügte sie erst recht nicht znr Vernichtung der pathogenen
Keime der Tnberculose und der Maul- und Klauenseuche.
Es kann daher kein Wunder nehmen, wenn viele landwirt¬
schaftliche Kreise der Pasteurisirungsfrage sehr kühl gegenüber
stehen.
Dennoch ist ja — ganz von der gesetzlichen Forderung beim
Seuchenansbruch abgesehen — eine rationelle Pastenrisirung der
Magermilch für die Landwirthschaft von der grössten Bedeutung.
Ich kann wohl darauf verzichteu, hier über das Yerhältniss der
erschreckenden Zunahme der Rinder- und Schweinetuberculose
und der Ausbreitung des Molkerei-Genossenschaftswesens, über
die Verbreitung der Maul- und Klauenseuche durch die Mager¬
milch, über die durch saure Magermilch erzeugten Kälberdurch-
fUlle viele Worte zu machen.
Diese Erkenntniss ist auch im Begriff, sich in den ioter-
essirten Kreisen immer mehr Bahn zu brechen nnd die von den
Landwirthschaftskammern erichteten Molkerei-Lehrinstitute tragen
das Ihrige dazu bei, das Veiständniss für diese Dinge zn pflegen
und zu verbreiten.
Der Grund des bisherigen Uebels liegt in den Mängeln der
meisten bis jetzt gebräuchlichen Pastenrisirapparate. Sie haben
durchweg den Nachtheil, dass die Milch im contuirlichen I etiiebc
zu schnell hindurch getrieben und nicht stark genug und zu kurze
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No. 14
BERLINER Tli LEK AKZTL 1C11E WOCHENSCHRIFT.
158
Zeit erhitzt wird. Fast überall trifft man die Apparate der
Bergedorfer Eisenwerke oder Apparate anderer Firmen,
z. B. Maager, Schoenemann n. A., die dem Bergedorfer
System nachgebildet sind, an. Diese sind sämmtlich für die zur
dauernden Erhitzung auf 100° erforderliche hohe Dampfspannung
zu schwach gebaut und erfordern einen und noch besser zwei Vor¬
wärmer.
Will man mit diesen Apparaten rationell sterilisiren, so empfehle
ich folgendes Verfahren:
Die Magermilch wird zunächst in einen mittelgrossen, etwa
50—100 Liter fassenden Behälter geleitet und durch Einleiter des
Abdampfes vorgewärmt; am oberen Theil des Behälters befindet
sich ein Abflussrohr, durch das die vorgewärrate Milch, wenn der
Behälter sich gefüllt hat, continuirlich in einen zweiten Vor¬
wärmer abfliesst. Die Bergedorfer Eisenwerke liefern zu diesem
Zweck einen sog. offenen Pasteurisirapparat; in diesem wird die
bereits heisse Milch auf über 90° weiter erhitzt. Ein kleiner Milch¬
hebeapparat hebt die hieraus abfliessende Milch weiter in den
geschlossenen Hochdruckerhitzer, wo sie nun mittelst directen
Dampfes ganz mühelos und ohne Gefahr des Anbrennens auf 102°
bis 110° erhitzt wird; meistens reicht sogar auch hier der Rück¬
dampf aus.
Die Bergedorfer Eisenwerke sagen in ihren Preisverzeich¬
nissen, dass die Verbindung des offenen Pasteurs (Vorwärmers)
und des Hochdruckerhitzers zur Erzielung der erforderlichen
Temperatur ausreicht. Das ist richtig. Die Praxis lehrt aber, dass
bei continuirlichem Betrieb — und darauf kommt es ja immer
an — die Temperatur von ICO 0 nicht immer erreicht wird, dass
viel Dampf verbraucht wird und die Milch leicht anbrennt.
Schaltet man aber vor den offenen Pasteur noch den vorhin
geschilderten einfachen Behälter ein, in dem man die aus den
Centrifugen kommende 30° warme Magermilch mit Dampf vor¬
wärmt, so hat jeder der drei aufeinanderfolgenden Apparate der
vorhandenen Temperatur der Milch nur noch 10—15° hinzu¬
zufügen. Diese Construction hat die grossen Vortheile, dass die
Milch im continnirlichen Betriebe mühelos erhitzt wird, da«s, was
ausserordentlich wichtig ist, die Hitze lange einwirkt und dass
der Dampfverbrauch sehr gering ist.
Immerhin geht das Bestreben der Techniker dahin, die
Sterilisirung der Milch im continnirlichen Betriebe in einem
Apparate zu ermöglichen.
Mehrere neuere Constructionen Bollen diesen Zweck erreichen.
Die Firma Leefeldt & Lentsch in Schöningen liefert unter der
Bezeichnung: Regenerati v-Erhitzer einen Apparat, der so ein¬
gerichtet ist, dass die einfliessende Milch allmählig auf 105° er¬
hitzt werden soll, dann, durch Scheidewände getrennt, zurück-
fliessend, an die entgegenkommende kältere Milch ihre Hitze ab-
giebt. Der Erhitzer soll den zweifachen Yortheil bieten, dass
durch Benutzung der hohen Temperatur der sterilisirten Milch
zur Vorwärmung der einfliessenden Milch eine Dampfersparniss
und zugleich eine Abkühlung der sterilisirten Milch erreicht wird.
Die Firma behauptet, dass eine Temperatur von 105° erreicht
wird. Der Apparat kostet beispielsweise bei 1000 Liter stünd¬
licher Leistung 1000 Mark. Ob er die Verheissungen erfüllt,
werden die Versuche ergeben. Mir scheint, dass er zuviel auf
einmal erreichen soll. Doch ist er noch neu und man wird ja
von ihm hören.
Das Vollkommenste, was es gegenwärtig auf diesem Gebiete
giebt, ist jedenfalls ein von den Ingenieuren Kleemann & Cie.
in Berlin constrnirter Sterilisator. Die Erfahrung hat gezeigt,
dass die Schwierigkeit, mit den bisherigen Apparaten rationell
zu sterilisiren, an der einfachen Durchführung der Milch durch
die Apparate lag. In dem Kleem ann’schen Apparat tritt die
Milch von unten central in eine Trommel und wird durch auf¬
steigende, absteigende und wieder aufsteigende im Z ; ckzackwege
den ringförmigen Heizkammern entlang führende Röhren iu
zwangsl iufiger Bewegung durch den Apparat geführt. Dadurch
ist jede Vermischung von nicht vollkommen durchhitzter mit
schon durchhitzter Milch ausgeschlossen und eine hinreichend
lange Berührung derselben mit den Heizwänden und sichere
Sterilisirung gewährleistet.
Mit directem Dampf kann die Erhitzung mühelos auf 120°
ohne Gefahr des Anbrennens getrieben werden. Ein Vorwärmer
ist nicht erforderlich. Der Kohlenverbrauch ist, da der Apparat
vermöge seiner Construction die Dampfwärme vollkommen aus-
nütztzt, relativ gering und auf einige 30 Pfennige für 1000 Liter
Milch zu veranschlagen.
Der Apparat stellt nach den Urtheilen der Sachverständigen
die beste bisherige Leistung dar. Ich bemerke übrigens, dass
ich durch die wohl allgemein als competent geltende Firma
C. Bolle ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde. Der
Apparat ist theurer als der anderer Firmen. Für eine mittel¬
grosse Molkerei würde er bei einer stündlichen Leistung von
1000 Liter und 5 Minuten Erhitznngadauer 1500 Mark kosten.
Doch spielen bei einem solchen Betriebe Differenzen von einigen
hundert Mark keine Rolle.
Nun aber giebt es leider noch keine gesetzlichen Bestim¬
mungen, die den Molkereien die ständige Abkochung der Mager¬
milch zur Pflicht machen. Erst, wenn beim Ausbruch der Maul¬
und Klauenseuche einer der betheiligten Viehbestände unter
Sperre gestellt ist, kann der Staat einschreiten und die Molkerei
mittelbar zur vorschriftsmässigen Erhitzung der Milch zwingen.
Oft ist es dann aber schon zu spät, wenn die Seuche anfänglich
verheimlicht wurde und die inficirte, arglos in ungekochtem Zu¬
stande wieder abgegebene Magermilch die Umgegend ver¬
seucht hat.
Vor Allem ist aber dann Gefahr im Verzüge, und wenn die
Molherei keine Einrichtungen zur Erhitzung der Älilch besitzt, so
muss zunächst die Ablieferung der Vollmilch an die Molkerei ver¬
boten, diese also geschlossen werden, was zu grossen wirtschaft¬
lichen Schädigungen der Landwirthe führt, die auf eigenen Ver¬
brauch, Verarbeitung und Vertrieb ihrer Milch und Milchproducte
nicht mehr eingerichtet sind. Solche Eventualitäten sind natür¬
lich wenig geeignet, die ohnehin schon grosse Abneigung gegen
alle polizeilichen Massregeln zu mindern und die Erkenntnis,
dass sie nur zum Besten der Landwirtschaft angewandt werden,
zu fördern.
Hier muss also schnell Rath geschafft werden.
In Absatz 4 des § 61 der Instruction heisst es: „Der Ab¬
kochung gleich zu erachten ist jedes andere Verfahren,
bei dem die Milch auf eine Temperatur von ICO 0 C. ge¬
bracht oder wenigstens eine Viertelstunde lang einer
Temperatur von mindestens 90° ausgesetzt wird, und
der Ministerial - Erlass vom 30. Mai 1891, der übrigens ein¬
schränkend nur von Magermilch spricht, bezeichnet als ein solches
Verfahren das Einleiten von Dampf.
In der That ist es ja das Einfachste, den in den Molkereien
vorhandenen Dampf zur Erhitzung der Milch zu benutzen. Damit
wird aber in der Regel der Zweck nicht erreicht. Nehmen
wir einmal einen Molkereibetrieb an mit einem täglichen
Arbeitsquantum von 2500 Liter Milch. Zumeist wird in dem
grossen Sammelbassin eine genügende Milchmenge gesammelt.
Jetzt beginnt der Betrieb, indem nach Oeffnung eines Ausfluss¬
hahns die Milch continuirlich in einen Vorwärmer fliesst, wo sie
auf 30° erwärmt wird; darnach gelangt sie immer continuirlich
weiter in die Centrifuge; aus dieser werden Rahm und Mager-
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7. April 1898.
milch in besondere Behälter geleitet. Natürlich ist der Behälter
nicht im Stande, die gesammte Magermilch zn fassen; in dem¬
selben Masse, wie die Milch ans dem grossen Sammelbassin ab-
fliesst nnd verarbeitet wird, wird nene Milch der Genossen nach¬
gegossen und fliessen auch die Endprodukte, Rahm und Mager¬
milch, continuirlich ab. Soll nun durch Einleiten von Dampf die vor¬
geschriebene Erhitzung wirklich erreicht werden, so müsste die
in einer Anzahl von Behältern aufgefangene Magermilch nach
Beendigung des eigentlichen Betriebes noch nachträglich er¬
hitzt werden. Das bedingt zunächst einen Mehrverbrauch an
Kohle, vor Allem aber auch eine Mehrarbeit. Dadurch aber
wird die pünktliche Durchführung der Bestimmungen auch ohne
permanente Polizei-Aufsicht, die ja in praxi gar nicht durchführ¬
bar ist, in Frage gestellt.
Praktisch brauchbar ist nur ein Verfahren, das es ermöglicht,
die abfliessende Magermilch unmittelbar während des Be¬
triebes ohne Mehrverbrauch an Kohle und ohne erhebliche
Mehrarbeit genügend hoch zu erhitzen.
Das ist nur folgendermassen möglich: Zum Auffangen der
Magermilch wird ein grosser, etwa 300—400 Liter fassender Be¬
hälter gewählt (im Nothfalle kann vorübergehend auch ein grosses
Fass mit Vortheil verwendet werden). Dieser findet nicht zu
weit vom Dampfkessel Aufstellung, aus dem ein nicht zu langes,
möglichst weites Rohr den directen Dampf zuführt. An das an
der Wand befindliche Rohrende mit dem Ventil wird ein kurzer
starkwandiger Gummischlanch gelegt, der zum Beginn des Be¬
triebes auf den Boden des Gefässes reicht Es ist nun darauf zu
achten, dass die Dampfspannung 4—5 Atmosphären beträgt. Der
Wasserdampf hat dann eine Temperatur von ca. 150°, die aller¬
dings durch die Röhrenleitung eiue Erniedrigung erfährt. Bei
Beginn des Betriebes wird alsbald das Ventil langsam und all-
mälig, und je mehr sich die Magermilch in dem Behälter
sammelt, weiter geöffnet. Unter starkem Stossen strömt der
hochgespannte Dampf in die Milch und erhitzt sie in ganz kurzer
Zeit auf volle 100°; durch Regulirung des Dampfhahnes bat man
es nun in der Hand, die Temperatur, trotzdem dass continuirlich
neue nur 30° warme Milch zufliesst, stets ohne Mühe auf 100°
zn erhalten; im obern Drittel des Behälters befindet sich ein
Abflussrohr, durch das sich die genügend erhitzte Milch dann
continuirlich entleert und in weitere Behälter gesammelt werden
kann. Da das heftige Einströmen des Dampfes starke Schaum¬
bildung verursacht, ist es allerdings erforderlich, dass eine Person
dauernd dabei steht und mit einem grossen Schöpfgefäss den
hochstehenden und fast überlaufenden Schaum entfernt.*)
Auf diese Weise hat man mit Schluss des Betriebes zugleich
auch in der einfachsten Weise sämmtliche dabei gewonnene
Magermilch vorschriftsmässig erhitzt.
Ich habe das Verfahren durchaus bewährt befunden und kann
es nur angelegentlichst empfehlen.
Die Lungenseuchelymphe-Anstalt in Halle a. S.
Pnbiiclrt ron
Dr. Schmidt,
Ajiistent am Veterinär-Initltut tu Halle.
Im Nachfolgenden bringe ich einen Artikel zur Veröffent¬
lichung, welchen mein entschlafener Chef noch unmittelbar vor
seinem so plötzlich erfolgten Tode begonnen und unvollendet ge¬
lassen hat. Die Conceptblätter wurden mir von Frau Professor
Pütz übergeben mit der Aufforderung den Artikel zu vervoll¬
ständigen nnd zum Abdruck bringen zu lassen:
*) Nach Mittheilung des College» Friedrich soll eine über dem
Behälter angebrachte trichterartige Einrichtung das Ueberschäumen
wirksam verhindern.
159
In Nummer 4 dieser Zeitschrift wurden Mittheilungen über
obige Anstalt veröffentlicht, welche nicht von mir ausgegangen
und den thatsächlichen Verhältnissen nicht ganz entsprechend
waren, was auf meine Veranlassung in No. 6 berichtigt worden •
ist. Da die hierbei erwähnte Schwierigkeit, welche zunächst
unserem Beginnen entgegenstand, seit dem 12. v. Mts. überwunden
ist, indem wir endlich in den Besitz frischerLungenseuchelymphe ge¬
langten, so sehe ich mich veranlasst, hierdurch bekannt zu
machen, dass s. Z. einige Tausend Cubikcentimenter schöne klare
Lungenseuchelymphe abgegeben werden können. Wegen des
Bezuges wolle man sich an die hiesige Landwirthschaftskammer
wenden, da ich nur die technischen Anordnungen für die Lymphe¬
gewinnung zu leiten habe, während alle kaufmännischen An¬
gelegenheiten Sache eines Beamten der Landwirtschaftskammer
sind. Da noch verschiedene die Impftechnik betreffende Fragen
zu lösen sind, so erlaube ich mir die verehrten Herren Collegen
zu bitten, über den Verlauf der Impfkrankheit einen kurzen Be¬
richt hierher gelangen lassen zu wollen. Bekanntlich wurde
eine Mitigation der Lymphe seither noch nicht erzielt und hat
auch die sogenannte streng aseptische Methode, welche zuerst
von Pasteur, demnach auch von Schütz empfohlen wurde,
keine Vorzüge auf zuweisen vor der sauber ausgeführten Impfung
nach den althergebrachten Regeln der Kunst.
Da später über die Arbeiten der hiesigen Lungenseuche-
Lymphe-Anstalt ein ausführlicher Bericht erscheinen wird, so
will ich zunächst nur den Weg andeuten, den wir zu verfolgen
beabsichtigen.
Nachdem der Landwirtschaftliche Verein des Kreises Ober¬
barnim bereits 1854/55 experimentell die Wahrscheinlichkeit nach¬
gewiesen hatte, dass „secundäre“ Lnngenseuchelymphe, d. h. das
aus den Impfgeschwülsten der mit „primärer“ Lungenseuchelymphe
geimpften Rinder gewonnene Serum mit vollem Erfolg verimpft
werden kann, wurde dies etwa dreissig Jahre später von Pasteur
besimmt erwiesen. Nach seiner Vorschrift haben zwei Assistenten
Pasteurs, (Germont und L o i r) im Jahre 1888 in
Australien durch periodische Impfung von Kälbern in ausreichender
Menge Lymphe erzeugt und stets vorrät higgehalten, um im Bedarfsfälle
jederzeit alle Nachfragen befriedigen zu können. Dieses Ver¬
fahren haben auch Schütz und Steffen empfohlen, nachdem
ihre in den Jahren 1889/91 in Magdeburg angestellten Lungen-
8enche - Impfversuche die Pasten r’schen Resultate bestätigt
hatten. In Folge dessen sind auf dem Schlachtviehhof zu Magde¬
burg von Januar ab bis Juni 1895 Kälberimpfungen vorgenommen
worden, über welche Herr Departements-Thierarzt Leistikow
S. 1—14 des Arch. für wissensch. und pract. Thierheilkde. 1896
Heft 1 berichtet hat. Das Resultat war insofern nicht befriedigend,
als von 8 Impfkälbern nur bei einem (No. XI) im Bereiche der
Impfstelle eine so umfangreiche Infiltration sich bildete, dass die¬
selbe zur Lymphegewinnung verwerthet werden konnte. Die
ganze Ausbeute betrug nur 175 ccm. Das musste natürlich ganz
anders werden, wenn das Verfahren practischen Werth erlangen
sollte.
Meine am Ende der 70er und im Anfänge der 80er Jahre
ausgeführten Lungenseuche - Impfversuche hatten mich bereits
damals erkennen lassen, dass junge Kälber für fragliche Zwecke
ans verschiedenen Gründen ungeeignet sind. Da dies auch durch
die Versuche L e i 8 t i k o w’s bestätigt worden ist, so beschloss
ich zunächst, Kälber unter sechs Monaten für die Lymphegewinnung
auf keinen Fall zu verwenden, um einigermassen sicher zu sein,
eine starke Reaction resp. entzündliche Infiltration im Bereiche
der Impfstelle zu erzielen. Als wir nun Aussicht hatten, frische
Lungensenchelymphe in nächster Zeit zu erhalten, konnte Herr
Dr. Nörner, der im Dienste der Landwirthschaftskammer die
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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160
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
geschäftlichen Angelegenheiten unserer Lungenseuche - Lymphe¬
anstalt zu besorgen hat, vier Ochsen im Alter bis zu vier Jahren
ankaufen. Denselben wurde nach mehrtägiger genauer Controle
* ihres Gesundheitszustandes am 14. Februar 1898 in meiner Gegen¬
wart und nach meiner Vorschrift durch Herrn Dr. Schmidt,
Assistenten der hiesigen üniversitäts - Veterinärklinik, je 1 ccm
primärer Lungenseuchelymphe in das Unterhautbindegewebe (bei
dreien hinter der Schulter, bei einem Impfling in den Triel) in-
jicirt mittels Schwär z’scher Spritze.
Am nächsten Tage zeigten sämmtliche Thiere eine Temperatur¬
steigerung von 1° C. und darüber.
Bei allen vier Impflingen war in den nächsten Tagen eine
besondere Veränderung nicht erkennbar. Appetit und Allgemein¬
befinden waren gut Bei leichtem Druck auf die Impfstelle fand
sich Schmerzhaftigkeit. Am sechsten Tage war das Gewebe
unter der Eineticlistelle bei allen vier Impfthieren entzündlich in-
filtrirt. Bei den Ochsen No. II und HI zeigte die Schwellung
bereits Hühnereigrösse, bei I und IV hatte dieselbe Wallnuss¬
grösse. Am siebenten Tage war die Infiltration bei No. II hand¬
tellergross, bei No. HI kindskopfgross. Am 10. Tage nach der
Impfung war bei dem in den Triel geimpften Ochsen No. H dieser in
seiner ganzen Länge nach abwärts stark inßltrirt und ödematös.
Dieses Thier wurde am 26. Februar zur Lymphegewinnung ge¬
schlachtet. Aus der Infiltration wurden insgesammt 464 ccm
Lymphe gewonnen. Zwei Tage darauf wurde Ochse HI (geimpft
hinter der rechten Schulter) bei welchem die Schwellung von der
Schulter abwärts bis zum Ellenbogen und von da in den Triel
vorgedrungen war, wo sie die Grösse eines Mannskopfes erreicht
hatte, geschlachtet und aus den Infiltrationen insgesammt 2430 ccm
Lymphe gewonnen.
Ochse I und IV blieben ungetödtet, weil wir für unsere
grossen Mengen Lymphe keinen genügenden Absatz hatten. Bei
ihnen hatte die Schwellung als Maximum Kinderkopfgrösse
erreicht, auf dieser Höhe erhielt sie sich ungefähr 8 Tage und
ging dann von Tag zu Tag mehr zurück. Heute, am 26. März,
ist von derselben überhaupt nichts mehr vorhanden. — Besonders
bemerkenswerth ist noch, dass sämmtliche Thiere nach der
Impfung keine fieberhafte Temperatur zeigten und in ihrem
Allgemeinbefinden fast keine Aenderung aufwiesen.
Die Lymphe wird mit möglichster Sorgfalt und peinlichster
Sauberkeit aus dem vielfach eiugeschnittenen, infiltrirten Gewebe
aufgenommen, in hohe, sterile Glascylinder gefüllt und sofort in
den Eisschrank gestellt Sobald sich das Coagulum ausgeschieden
hat, wird die Lymphe abgegossen und mit 25 Prozent Glycerin
versetzt. Das Coagulum wird gesammelt und bei 35° C. im
Thermostaten gut getrocknet in hohen Petrischen Schalen. Das¬
selbe soll später mit Glycerin aufgeweicht und die zu erhaltende
Flüssigkeit verimpft werden, um zu erproben, ob eine Reaction
eintritt, welche dann beweisen würde. d&Bs das Lungenseuchevirus
im trockenen Zustande längere Zeit haltbar ist.
Referate.
Stadien and Versuche über Ursache und Behandlung
der Gebärparese*).
Von Schmidt- Holding.
(Mtah. f. Tbierblkd. 9, 6 )
Es ist längst allgemein festgestellt, dass die Krankheit am
häufigsten vorkommt bei wohlgenährten, bei den milchergiebigen
Kühen, welche leicht gekalbt haben, sehr selten dagegen nach
Schwergeburt oder nach einem Abortus; dass sie ferner am
*) Vgl. die Veröffentlichungen in der B. T. W. Jahrg. 1897, No. 60.
häufigsten im kräftigsten und milchergiebigsten Alter auftritt,
beinahe nie bei Färsen, relativ selten bei Kühen der Mastrassen
und selten bei Kühen in mageren Gegenden.
S. versuchte, von dieser Erfahrung ausgehend, Parallelen
zwischen der Gebärparese und anderen anscheinend ähnlichen
Krankheiten, deren Ursache weniger räthselhaft ist, zu ziehen.
Zwei Hypothesen haben eine dauernde Beachtung zu er¬
ringen vermocht: die bekannte vonFranck und zweitens die von
Schmidt-Mülheim, welche die Entstehung der Krankheit der
Bildung eines Giftstoffes in der Gebärmutter zuschreibt (eine der
letzteren verwandte Anschauung hat übrigens nach Mittheilung
des Verfassers schon Stockfleth 1870 aufgestellt). Franck und
Schmidt-Mülheim stimmen darin überein, dass eine zu rasche
Zusammenziehung der Gebärmutter den Ausgangspunkt abgebe,
wie sie allerdings nach leichten Geburten verhältnissmässig oft
auftritt. Bestände nun aber eine so zwingende Verbindung
zwischen der zu raschen Zusammenziehung der Gebärmutter und
der Parese, dann müsste doch eine solche Zusammenziehung auch
die regelmässige Vorbedingung der Krankheit sein. Das ist nicht
der Fall, denn der Muttermund ist in der Regel bei dem Patienten
noch theils offen, wenn die Krankheit in den ersten 24 Stunden
eintritt. Auch die Gebärmutter selbst ist nicht stärker contrahirt
wie gewöhnlich zu dieser Zeit bei gesunden Kühen. Andrerseits
findet man den Muttermund häufig beinahe geschlossen, wenn die
Kuh den ersten Tag oder ein paar Tage nach der Geburt noch
gesund gewesen ist. Es zeigt eich, dass bei solchen Kühen,
welche gleich nach dem Kalben nicht recht frassen, während sich
erst nach einem oder einigen Tagen Lähmungssymptome kennt¬
lich machten, die Contraktionsfähigkeit der Gebärmutter
sogar verringert gewesen ist. Durch eine grosse Zahl
manueller Untersuchungen ist S. zu der Ueberzeugung gelangt,
dass das Zusammenziehungsvermögen der Gebärmutter im All¬
gemeinen solange normal ist, wie die Ursache der Krankheit an¬
fängt einzuwirken, dass aber dann die Zusammenziehung aufhört,
weil die Uterusmuskulatur ebenso wie die andere Muskulatur
gelähmt wird. Man kann aus dem Contraktionszuetande der Ge¬
bärmutter resp. aus der mangelhaften Zusammenziehung derselben
bei einer paretischen Kuh geradezu einen Schluss darauf ziehen,
ob der Krankheitsstoff sogleich nach dem Kalben oder erst später
aufgenommen worden ist
Nach Frank’s Hypothesen entsteht nach der (schnellen und
leichten) Ausstossung des Jungen ein plötzlicher Blutüberschuss
in der Gebärmutter und, wenn sich dieselbe rasch zusammenzieht,
eine Erhöhung des arteriellen Drucks.
Verfasser weist demgegenüber darauf hin, dass dieser Blut¬
überschuss sicher das Euter ableitet Die erhöhte Euterthätigkeit
beginnt schon vor der Geburt. Das ganze Verhalten desselben
legt schon die Meinung nahe, dass die Steigerung des Blut¬
bedarfs im Enter den in der Gebärmutter frei werdenden Ueber-
schuss mindestens aufwiegt. Auch ohne directe Messung kann
man das indirect sogar beweisen. Denn die Menge der Blut¬
gefässe ist lediglich bestimmt durch die Grösse des localen Nähr¬
stoffbedürfnisses, also letzterem proportional. Nun weiss jeder
Landwirth, dass eine saugende Kuh mehr Nährstoffe bedarf als
eine hochtragende. Das ist auch selbstverständlich. Denn beide
nähren das Kalb ausschliesslich, aber das schon geborene Kalb
ist grösser und braucht erheblich mehr, wie das noch im Mutter¬
leib befindliche, wenn auch schon ausgetragene. Die Ernährung
erfolgt dort ausschliesslich durch die Eutergefässe (die ja den
Stoff der Milchbereitung liefern müssen), hier durch die Gebär-
muttergefä8se. Also müssen die Eutergefässe der säugenden Kuh
mehr Nährstoffe d. h. mehr Blut zuführen, als die Gebärmutter¬
arterie, der hochtragenden Kuh. Mithin kann allein das Euter
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7. Apail 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
161
den nach der Geburt entstehenden Blutüberschuss und mehr als
diesen aufnehmen, und zwar um so mehr bei guten Milchkühen,
bei denen andererseits gerade am leichtesten Kalbeßeber ent¬
steht Das (und noch vieles Andere) widerstreitet der Theorie
Franck’s.
Die Hypothese einer Vergiftung durch zersetzte Uterussekrete
besticht auf den ersten Blick mehr und stimmt auch mit den
Symptomen überein. Sie hat nur, wie schon gesagt, den Fehler,
dass auch sie die Contraction der Gebärmutter voranssetzt Auch
ist nach dieser Hypothese die Thatsache gar nicht zu erklären,
dass das Halbefieber beinahe niemals nach dem ersten Kalben,
also bei Färsen, auftritt. Insofern scheint Stockfleth mehr
Recht zu haben, denn er geht bei seiner auch auf eine Ver¬
giftung hinweisenden Hypothese nicht von einer zu raschen nnd
starken, sondern von einer behinderten Zusammenziehung
der Gebärmutter aus. Infolge derselben sollen von den Gefässen
der grossen blossliegenden Karunkel aus Zersetzungsstoffe in die
Blutbahn aufgenommen werden. Aber es müssten doch in diesen
Fällen antiseptische Ausspritzungen ein -günstiges Resultat er¬
geben, was jedoch nicht der Fall ist.
Die Annahme, dass der Gebärparese eine Vergiftung zu Grunde
liegt, ist in den Symptomen dieser Krankheit durchaus begründet.
Die Schwäche der bisherigen Hypothesen liegt aber darin, dass
sie die Frage nicht berücksichtigen, ob die Giftquelle denn
durchaus die Gebärmutter sein müsse, und nicht ein
anderes Organ hierfür in Betracht zu ziehen sei.
Verfasser weist zunächst darauf hin, dass die Symptome des
Ueberfressens beim Rind mit den Symptomen der Gebärparese
grosse Aehnlichkeit haben. Ob eine Kuh, die sich etwa los-
gerissen hat, an den Vorrathsbehälter von Roggenschrot geräth,
oder ob sie in ein grünes Kornfeld gelaufen ist oder einen
Haufen grünen Buchweizen oder Rübenblätter gefressen hat —
in allen diesen Fällen tritt ein krankhafter Zustand auf, der
ähnliche Symptome wie die Gebärparese zeigt.
Beim Ueberfressen tritt oft Genesung ein. Die Kuh darf
aber weder Futter, nicht einmal Heu und Stroh, noch Wasser
bekommen, weil hierdurch der Mageninhalt, der die schädlichen
Stoffe enthalten dürfte, in den Darm getrieben und im letzteren
ausgebreitete Aufsaugung herbeigeführt wird. Ein solcher Vor¬
gang beschleunigt erfahrungsgemäss die Entwickelung der
Krankheit, und das lässt schon darauf schliessen, dass es sich
um giftig wirkende, aus einer zu grossen Kraftfutttermasse ent¬
wickelten Stoffe handelt. Auf diese Deutung beziehen sich auch
neuere Forschungen über die antitoxi6che Thätigkeit der Leber
(vgl. auch Prof. Kitt. Mtsh. Bd. 7). Die Aehnlichkeit zwischen
Ueberfressen und Kalbefieber legt nun von vornherein den Ge¬
danken nahe, dass es sich auch beim Kalbefieber um die Ein¬
wirkung solcher nicht aus Zersetzungsvorgängen der Gebärmutter,
sondern vielmehr aus dem Stoffwechsel kommender giftiger Stoffe
handelt. (Diesen Gedanken hat übrigens schon vor mehreren
Jahren Eber in einer interessanten Studie ausgesprochen, (vgl.
B. T. W. Jahrg. 1894, No. 52).
Vermag man die Entstehung der Gebärparese so zu deuten,
so liegt es von vornherein nahe, das Euter als Fehlerquelle
in Betracht zu ziehen. Es dürfte sich also bei dem plötzlich er¬
höhten Stoffwechsel im Euter ein giftig wirkendes Spaltungs-
product entwickeln, welches in den Blutstrom übergeht nnd
eine Autointoxication erzeugt. Während der Collostrumperiode
wird eine bedeutende Menge von Euterdrüsenzellen mit ans¬
geschieden. Dabei werden voraussichtlich auch andere und eventuell
toxische Stoffwechselproducte als später gebildet. Schon
aus dem eigenthümlichen, sogar individuell kenntlichen Geruch
und Geschmack des Collostrums kann man auf eine besondere
Thätigkeit in den Drüsenzellen während der Collostrumperiode
schliessen. S. ist der Ansicht, dass es sich um eine Art von
Reinigungsprocess bei der Abstossung der alten Zellen handelt, 9
Die Leber etc. werden eben nur gewisse Mengen solcher schädlichen
Stoffe zu beseitigen vermögen und leicht versagen. Anzeichen,
die auf eine Störung schliessen lassen, deren höhere Grade eben
zur Krankheit werden, trifft man bei sehr vielen Kühen nach
dem Kalben (eine gewisse träge Verdauung, nervöse Depression,
träge Bewegungen, matten Blick und auch ein Sinken der
Körpertemperatur.) Zur krankhaften Entwicklung dieser Er¬
scheinungen werden auch Gelegenheitsursachen beitragen, also
zu reichliche oder zu kräftige Fütterung vor oder nach der
Geburt, Veränderung der Fütterung, Erkältung etc., auch wohl
die Wirkung eines zu frühen oder zu sehr forcirten Melkens,
wodurch die Euterthätigkeit gereizt wird. Wenn das Toxin in
die Blutbahn gelangt ist, so wirkt es eben auf das Nerven¬
system und die Musculatur. Es kann allmählich nentralisirt und
ausgeschieden werden. Sobald Bildung nnd Neutralisirung sich
decken, tritt Genesung ein. Die Quantität der Toxine, sowie
ihre chemische Zusammensetzung kann periodisch verschieden
sein. Diese periodische Verschiedenheit kann von dem Nahrungs¬
werth des in einer Vegetationsperiode gewonnenen Futters, von
dessen Einfluss auf die Milchabsonderung, sowie von atmos¬
phärischen Verhältnissen abhängen. Sind nun die oben gezogenen
Schlüsse richtig, so muss natürlich die Therapie der Ent¬
wicklung der Toxine im Euter entgegen wirken. Die
Behandlung muss sich also gegen eine quantitativ und
qualitativ abnorm hohe Euterthätigkeit richten. Nun
ist es bekannt, dass man die Milchsecretion durch
innerliche Verabreichung von Jodkalium einschränken
kann. Dies versuchte nun der Verfasser.
Bekanntlich fördern Jodsalze die Resorption pathologischer
Ansammlungen, indem sich im Körper freies Jod abspaltet,
welches sich mit den Zellen der pathologischen Producte ver¬
bindet. Derartige Jodverbindungen würden sich in den Euter¬
zellen unzweifelhaft am leichtesten bilden, wenn das Jod in das
Euter direct einverleibt würde. Es handelte sich also nur
darum, dafür eine nicht euterreizende Form zu finden. S. wählte
eine Jodkaliumauflösung und zur Einverleibung einen Infusions-
apparat, bestehend aus einem 1J£ m langen Kautsclmckschlauch
und einem Glastrichter. Das Euter wurde leer gemolken, der
Infusionsapparat in Lysolwasser gelegt, die Zitzen mit Seifen¬
wasser gereinigt, mit Lysolwasser desinficirt, 5 g Jodkalium in
% 1 frisch gekochten Wassers aufgelöst, die Lösung bis zu 40°
abgekühlt und nun allmählich durch alle 4 Zitzen des Euters
infundirt. Die Luftsäule im Schlauche wird natürlich mit in das
Enter eingepresst und darauf kommt es mit an. Das Euter
wurde nun mit den Händen stark geknetet und theils hierdurch,
theils durch Streichen von unten nach oben die Lösung sammt
der eingedrungenen Luft möglichst vertheilt. Die Kuh durfte
nicht gemolken werden. Es wurde ein Aloepulver gegeben.
Ausserdem kamen zur Anwendung Einhüllungen mit wollenen
Decken, Frottiren nnd alle 2—3 Stunden Klystire mit Zusatz von
Kochsalz und Oel. Die Kuh war nach 8 Stunden gesund. Im
übrigen hatte sich gezeigt, dass die Milchsecretion sich auf 0
reduciren lässt. S. theilt im Anschluss hieran eine ganze
Anzahl behandelter Fälle mit. Bei einem Falle wählte S. statt
des Jodkaliums eine Lysollösung, welche sich ebenfalls wirksam
zeigte, jedoch eine ungünstige Wirkung anf die Milchsecretion
ausübte. Es ergiebt sich aber aus diesem Versuch, dass es auf
die locale Wirkung im Euter ankommt. Aus allen Versuchen
ergiebt sich, dass die Infusion eines Jodsalzes besonders unter
Einwirkung der mit in das Euter infundirten atmosphärischen
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162
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
Luft einen ganz typischen Verlauf bedingt und häufig eine
auffallend rasche Genesung herbeiführt, der komatöse Zustand
schwindet meist in 4 bis 6 Stunden und die Temperatur
beginnt alsbald anzusteigen. Etwa die Hälfte der behandelten
Kühe erwiesen sich nach 6 bis 10 Stunden frei von Lähmungs¬
erscheinungen, 36 standen im Laufe des ersten Tages, 6 im
Laufe des zweiten, 2 im Laufe des dritten auf. Bei einer blieb
die Lähmung bestehen, und eine starb an Schluckpneumonie.
Von 50 erkrankten Kühen sind 46 geheilt, das sind 92 pCt.
Wesentlich scheint es, dass die Behandlung sehr schnell ein¬
geleitet wird. Jod-Jodkalinmlösung scheint das Euter mehr zu
reizen. Vom Jodkalium ist die Dosis 7 bis 10 g auf 1 1 Wasser
die beste. Die durch die Infusion erzielte Abnahme der Milch-
secretion hält nur einige Tage an, sodass ein wirthschaftlicher
Nachtheil nicht entsteht. Nebenher wurde gewöhnlich die übliche
symptomatische Behandlung angewendet; man kann mit Vortheil
auch Coffein in einer Dosis von 4 bis 5 g gegen die Herzschwäche
anwenden, wenn dringende Gefahr besteht.
Der Verf. theilt noch mit, dass auf Grund eines von ihm im
Herbst 1897 gehaltenen Vortrages Herr Lektor Jensen eine
Sammlung des Materials im Lande vorschlug. Bis Januar waren
der Dänischen Mtsschr. f. Thierärzte Berichte von 65 Thierärzten
zugegangen, welche 412 Fälle umfassen, einschliesslich der vom
Verf. selbst behandelten 50 Fälle. Von diesen 412 Kühen sind
90 pCt. genesen. Die ungünstigen Ausgänge beruhten meistens
auf Schluckpneumonie oder Euterentzündung die zur Schlachtung
Veranlassung gaben. Von 288 Kühen, über welche genauere
Berichte Vorlagen, standen 249 in den ersten 24 Stunden auf,
und zwar über die Hälfte nach 6 bis 12 Stunden. Oefters ist
ohne Schaden 20 g Jodkalium an einem Tage gegeben worden.
Die Milchsecretion ist überall nach ein paar Tagen wieder normal
geworden.
Diese hoch interessante Entdeckung des dänischen Collegen
war den Schleswiger Tbierärzteu bereits bekannt geworden und
ist daher in der B. T. W. Jahrg. 1897 No. 50 von Herrn Witt
bereits besprochen; es sollte aber hier noch auf die Originalarbeit
zurückgekommen werden.
Castration der Stuten.
Von Sch wendimann.
(Schw. Arch 4 1 ), I.)
Von den schweizerischen Cavalleriepferden werden Eigen¬
schaften verlangt, die man in stehenden Heeren nicht beansprucht.
So müssen sie sicher ein- und zweispännig gehen, was die
meisten auch dank sorgfältiger Abrichtung zum Wagendienste
thun, obwohl die Kunst des Fahrens in der Schweiz vielfach sehr
vernachlässigt ist. Ein Tlieil der Stuten aber weigert sich dieses
Dienstes, und das sind solche, die hochgradige Rossigkeit von
der Kitzlichkeit bis zur Tobsucht zeigen. Bei diesen Pferden ist
die Castration zu empfehlen und nach Schwendimann auch durch¬
aus ausführbar.
Die Operation ist am narcotisirten Thiere sehr schwierig,
oft unmöglich, sie muss daher am stehenden Pferde gemacht
werden. Die umständlichen Vorbereitungen beginnen damit, die
Stute einige Tage auf halbe Rationen zu setzen und 24 bis 36
Stunden vorher gar nicht zu füttern. Das Thier wird dann im
Nothstand mit starker Halfter kurz angebunden; eine Longe
läuft in Touren quer über Hals, Rücken und Lende; ein breiter,
unter der Brust zusammengeführter Gurt hindert das Pferd am
Niederknieen, ein starkes Rundholz, unmittelbar vor den Knieen
quer durch die Seitenwände unter den Leib geschoben, das
Niederwerfen. Der Stand muss so eng sein, dass sämmtliche
Bewegungen unmöglich werden. Dann ist es nicht einmal noth-
wendig, die Hinterfüsse zu spannen, falls der hintere Ausgang
des Nothstandes bis zur Höhe der Fersenbeine mit starken
Brettern abgeschlossen wird. Die unbedingt zuverlässige Be¬
festigung ist unerlässlich, da das Widerstreben sehr stark ist.
Der Operateur lässt dann eine gründliche Ausräumung des Mast¬
darmes sowie sorgfältige Reinigung des Darmes besorgen. Der
Schweif ist mit einer getränkten Leinwandbinde zu bandagiren.
Dass der Arm des Operateurs und seine Instrumente aseptisch
gemacht sind, ist selbstverständlich. Die Scheide wird nun am
besten mit Sublimatlösung £%o ausgefüllt. Bei der Einführung
der Hand spannt sich die Scheide in der Regel infolge Ein¬
dringens der Luft weit an, andernfalls muss die Spannung durch
Spreizen der Hand in der Gegend des Vesticnlum provocirt werden.
Das Scheidengewölbe wird dann mit Bistouri cachö 3 cm über
dem Orificium externum und 1 cm seitlich von der Mittellinie
mit kräftigem, curagirtem Stosse, der durchaus kein Risico ent¬
hält, gerade nach vorn und etwas nach unten durchstochen. Die
kleine Oeffnung, die sich oft hinter Schleimhautfalten versteckt
und dann schwer zu finden ist, wird deshalb, während die Klinge
noch darin sitzt, mit dqm Zeigefinger aufgesucht und erweitert.
Zeigt sich dabei das Peritoneum noch nicht durchstochen,
so soll mau es ja nicht mit dem Finger perforiren wollen, weil
man es dann unfehlbar als weiten Blindsack abhebt, was mit
dem Misslingen der Operation gleichbedeutend ist. Man muss
also in solchen Fällen das Bistouri nochmals zur Perforation
des Peritoneums ein fuhren.
Nachdem die Oeffnung soweit erweitert ist, dass die Hand
darchgeführt werden kann, wird mit der rechten Hand der sehr
lange Ecraseur eingefflhrt, zuerst der linke Eierstock mit der
Kette eingeschlungen und langsam abgedreht. Die eingeführte
Hand sorgt, dass keine Darmschlingen mit eingeklemmt werden
und das Ovarium nicht schliesslich in die Bauchhöhle fällt.
Dann wird der rechte Eierstock mit der linken Hand aufgesucht
und im Uebrigen ebenso verfahren; jedoch muss man Hand und
Arm neu desinficiren, weil sie indessen verunreinigt sind. Nach
der Operation ist eine nochmalige Scheidenspülung unnöthig und
eventuell gefährlich. Die Stute kommt in den Laufstand und wird,
so lange Drängen besteht, überwacht. Etwaige Kolikerscheinungen
sind bedeutungslos. Das Aufsuchen der Ovarien ist nicht
schwierig; sie sind an ihrer derben Beschaffenheit und geringen
Beweglichkeit kenntlich, oft stark vergrössert und bei nympho¬
manen Stuten ausnahmslos cystös (doch findet man solche Cysten
auch fast immer bei normalen Stuten).
Auf diese Weise hat Schwendimann im Jahre 1897 16
Stuten castrirt. In allen Fällen mit einer einzigen Ausnahme ist
Heilung ohne Complication eingetreten. In diesem einen Falle
bestand eine 14 cm lange Ruptur des Mastdarms mit Communi-
cation nach der Scheide und Abscessbildungen, Fieber und
phlegmonöse Paraproktitis, die schliesslich auch heilte. Hieraus
geht klar hervor, dass die gefürchtete Empfindlichkeit des Peri¬
toneums, wenn die Grundsätze der Asepsis beachtet werden,
heutzutage nicht mehr hoch anzuschlagen ist. — Was schliesslich
die Erreichung des Endzweckes der Castration, nämlich die Be¬
seitigung der Rossigkeit, anlangt, so wurde in 43% der Fälle ein
totaler, in 25% ein theilweiser Erfolg erzielt. Mithin lohnte sich
die Operation in etwa 6 /i 0 der Fälle.
Koch’» Methode der Rinderpest-Impfung.
Die Münch. Med. Wochenschr. erhielt folgende Zuschrift
aus Pretoria: Nachdem bereits allgemein in der südafricanischen
Presse verbreitet wurde, dass die Koch'sehe Methode gegen
Rinderpest sich als ein grosser Irrthum herausgestellt habe, nach¬
dem vnn den meisten Personen welche die Methode ausznüben
berufen waren, dieselbe Ansicht ausgesprochen worden war und
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7. Apnl 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 163
das Capparlament sogar den Vorschlag, Prof. Koch den Dank
der Regierung für -seine Bemühungen in Kimberley abzustatten,
mit grosser Majorität abgelehnt hatte, musste es umsomehr über¬
raschen, dass die sog. Rinderpestcommission, welche vor einiger
Zeit in Pretoria zur Berathung der besten Schutzimpfung
gegen diese schreckliche Krankheit zusammengetreten war, zu
einer ganz anderen Ansicht über den Werth der Koch’schen Me¬
thode gelangt ist
Sorgfältige, von Thierärzten zusammengestellte Statistiken,
besonders aus dem Freistaate und der Capcolonie, haben nämlich
gezeigt, dass bei Anwendung der Koch’schen Methode im
günstigsten Falle bis zu 85—90 pCt. der Tbiere gerettet worden
sind. Wenn die Methode auch nicht alle Erwartungen erfüllt hat,
die man im Anfänge an sie knüpfte, so hat sie sich doch bis jetzt
als die beste herausgestellt, und es hat sich gezeigt, dass die
vielen Misserfolge, welche bei ihr vorgekommen sind, meist auf
Rechnung einer schlechten Ausführung zu setzen waren. So wurde
denn von der Rinderpestcommission in Kurzem etwa folgendes
Verfahren empfohlen:
1. In Gegenden, in denen Rinderpest noch nicht herrscht
und welche wenigstens 100 Meilen von inficirten Districten ent¬
fernt sind, soll Koch ’s Methode angewendet werden. 2. Heerden,
welche gesund sind, aber sich nahe an inficirten Districten be¬
finden, sollen, falls anzunehmen ist, dass sie noch 2—3 Wochen
vor Ansteckung geschützt werden können, mit Galle, im anderen
Falle mit defibrinirtem Rinderpestblut (französische Methode) in-
jicirt werden. 3- In bereits inficirten Herden soll die französische
Methode Anwendung finden. 4. In besonderen Ausnahmefällen
soll der Ausbreitung der Rinderpest durch Tödtung der erkrankten
Thiere vorgebeugt werden.
Die mit Galle injicirten Thiere können zwischen dem 10. bis
20. Tage nach der Iiy'icirung mit virulentem Rinderpestblut ein¬
gespritzt werden, um die Immunisation kräftiger zu machen. Da
die Koch’sche Methode die Thiere nur für wenige Monate im-
munisirt, bo wirdangerathen, tür den Fall, dass eine Herde, die bereits
6 Wochen vorher nach Koch’s Methode behandelt worden ist, in
die Nähe von inficirten Herden kommt, die erstere nach der fran¬
zösischen Methode zu injiciren.
Der Widerspruch zwischen der fast allgemein verbreiteten
Ansicht über die Erfolglosigkeit der Koch’schen Methode und
den Beschlüssen der Commission erklärt sich am besten aus den
Worten des Vertreters der Capcolonie in der Schlusssitzung:
„Nach all den Schmähungen, unter denen Prof. Koch zu leiden
hatte, ist es in der That erfreulich, zu hören, dass der Werth
seiner Arbeit offen und rückhaltslos von Sachverständigen an¬
erkannt wird, und speciell auch von Leuten, welche selbst Süd-
africa eine unschätzbare Wolilthat erwiesen haben, indem sie den
grossen Nutzen der Injection mit defibrinirtem Blute darlegten.
(Die französischen Forscher Danysz und Bordet.) Ich kann
nicht umhin, auf den Contrast hinzuweisen, der zwischen dem
correcten und männlichen Betragen der französischen Doctoren
und dem einiger meiner Landsleute in der Capcolonie besteht,
offenbar, weil Dr. Koch zufällig ein Deutscher ist Denen,
welche ihn veranlassten, zu unserer Hülfe in schwerer Zeit her¬
zukommen, sind Vorwürfe darüber gemacht worden. Seine Erfolge
wurden verschwiegen, und Misserfolge wurden übertrieben und
in der Presse geschäftig verbreitet. Es ist Dr. Koch’s Unglück,
dass er nicht als Unterthan Ihrer Majestät der Königin Victoria
geboren wurde. Aber da man das leicht erträgt, wofür man nicht
verantwortlich ist, so lassen Sie uns hoffen, dass Koch sich nicht
deprimirt fühlt durch die Einbussen, „die er dem Umstande zu
verdanken hat, dass er unter dem deutschen Adler und nicht
unter dem britischen Löwen geboren ist.Viele meiner
Landsleute haben sich nicht begnügt, Koch’s Arbeit herunter¬
zusetzen, sondern haben zugleich seine Methode angewandt und
viel Geld verdient.“.
Zur Aetiologie der Rinderpest
haben Nencki, Sieber, Wyznikiewicz in der Berl. klin.
Wschr. (1897, pag. 513) eine Arbeit veröffentlicht, die eine
Fortsetzung früherer Studien darstellt. Sie hatten bereits 1896
ausgesprochen, dass der Erreger der Rinderpest nicht zu den
Bacterien gehöre, und dass er sich auf mucinhaltigen Nährböden
cultiviren lasse, auch dass das Serum von Thieren, welche die Pest
überstanden hätten, immuuisirende Eigenschaften habe. In der
neueren Arbeit veröffentlichen sie Culturmethoden für den Rinder¬
pesterreger. — Bei den neueren zahlreichen Arbeiten über Rinder¬
pest, die wohl alle mehr oder weniger anfechtbar sind, besitzt
die Arbeit nicht hinreichend allgemeines Interesse, um sie hier
eingehend zu referiren. Es ist wohl anzunehmen, dass Geheim-
ratü Koch nach seiner Rückkehr eine zusammenfassende Dar¬
stellung unserer heutigen Kenntnisse bezw. aller vorliegenden
Arbeiten, welche der Erforschung der Aetiologie der Rinderpest
dienen sollen, veröffentlichen wird.
Tagesgeschichte.
Zur krelsttilerirztllchen Stellung.
Nachdem die Frage einer Reform der kreisthierärztlichen
Stellung angesichts der beabsichtigt gewesenenMedicinalreform
sehr berechtigter Weise in Fhus gekommen ist, kann es nur als
erwünscht betrachtet werden, wenn sich unter den Nächstbetheilig-
ten eine recht rege Discussion entspinnt. Es ist ferner auch
förderlich, wenn die Meinungen nicht erst an dem Tage, an
welchem Beschlüsse gefasst werden sollen, also bei der
Plenarversammlung der Centralverwaltung, aufeinander platzen,
sondern wenn durch Erörterungen auf Vorversaramlungen und in
der Fachpresse schon vorher ein gegenseitiges Abmessen der
Gründe statthat und so Jedermann Gelegenheit gegeben wird,
die Sache von allen Seiten beleuchtet zu sehen und sich ruhig zu
überlegen. Durch so sachliche und vorzüglich begründete Dar¬
legungen wie z. B. die des Collegen Bermbach (vergl. die Beilage
zur heutigen Nr.*) werden diejenigen, welche anderer Meinung sind,
sicher zu ernstem Nachdenken augeregt werden. Es ist, wie
auch dieser Artikel beweist, zur endgiltigen Beurtheilnng der
Frage absolute Vertrautheit mit den intimen Verhältnissen der
Kreisthierärzte erforderlich. Deshalb müssen auch die Nächst-
betheiligten die Frage unter sich ausfechten und ich möchte mich
jetzt in den Streit der Meinungen nicht mischen.
Thatsachen aber richtig zu stellen, bedeutet eine Einmischung
in den Meinungsaustausch nicht. Zu einer solchen thatsächlichen
Berichtigung giebt nun der, von vielen Collegen, wie ich weiss, sehr
beifällig aufgenommene, Artikel des Herrn Dr. Augstein eine
Veranlassung.
Ohne die Frage, welchen Rang die Kreisthierärzte für sich er¬
streben 8ollen, überhaupt zu berühren, möchte ich nur feststellen,
dass in den Ausführungen des Collegen Dr. Augstein zwei Voraus- *
Setzungen unrichtig sind. Unrichtig sei, dass die V. Rangklasse
ein Attribut der academischen Bildung sei, und unrichtig ist es
ebenso, dass alle Beamten Subalterne seien, die sich mit Snbaltern-
beamten in derselben Rangklasse befinden.
*) Die beiden Artikel von Bermbach und Krüger erscheinen
als Beilage, um dem Wunsche nach rascher Veröffentlichung ge¬
nügen zu können. D. R
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164
BERLINER THIERÄBZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
Die Anwartschaft darauf, bei der festen Anstellung mit der
fünften Klasse zu beginnen, wird durch Abiturientenexamen und
Universitäts- bezw. Hochschulstudien durchaus nicht gegeben. Sie
ist vielmehr eine dem betreffenden Stande besonders zu ver¬
leihende Auszeichnung. So haben die Oberförster, die das Abi¬
turientenexamen machen, so lange es eine Forstwissenschaft giebt,
erst in den 70 er Jahren die fünfte Klasse erhalten. Die Gym¬
nasiallehrer machen das Abtiurientenexaraen, so lange ein solches
existirt. Als aber in den 80 er Jahren für sie rangliche Gleich¬
stellung mit den Richtern (d. h. V. Klasse) verlangt wurde, da
wies man dies aus Abgeordnetenkreisen mit der ziemlich pein¬
lichen Bemerkung zurück „die Gymnasiallehrer rekrutirten sich
gar nicht aus solchen Familien wie die Richter, und könnten
daher auch nicht dieselben Ansprüche machen“. Sie haben dann
auch wirklich die V. Klasse erst vor wenigen Jahren im Ge¬
folge der Schulreform erhalten. Diese Stände haben somit erst
eine lange Periode der Vollbildung hinter sich gehabt, ehe sie
en masse in die V. Klasse kamen. Ob die Kreisthierärzte eine
solche Periode überspringen werden, steht dahin. In Ihrer Ge-
sammtheit wohl kaum, denn dann würden sie besser stehen als
alle anderen Berufsarten. Es giebt nämlich keinen Beruf, wo
die Allgemeinheit früher, als mit einigen 30 Jahren, die V. Klasse
erreicht. Dagegen kann mau mit 26 Jahren Kreisthierarzt sein. Man
denke doch an die lange Referendar- und Assessorzeit der Richter,
an das Probekandidatenthum der Oberlehrer, an die Bauführer
und an die Forstassesoren mit 15 jähriger Wartezeit. Es würde
also jedenfalls nicht den Kreisthierärzten im Allgemeinen, sondern
nur dem älteren Theil derselben jene Rangstellung gegeben
werden können.
Jedenfalls geht aber aus den oben angeführten Beispielen
hervor, dass weder mit der Maturitas die V. Klasse von selber
kommen würde, noch, Jemand als nicht akademisch gebildet cbarak-
terisirt ist, wenn er sich in der VI. Klasse aufhält.
In dieser Klasse befinden sich nun zahlreiche Subaltern¬
beamte. Deshalb aber brauchen nicht alle in dieser Klasse be¬
findlichen Beamten Subalternbeamte sein. Wenn der Umstand,
dass man seine Rangklasse mit Snbalternbeamten theilt, zum
Subalternbeamien stempelte, so wären sämmtliche Regierungs-
räthe, Professoren und Departementsthierärzte ebenfalls Subaltern¬
beamte, denn mit ihnen stehen in der IV. (und eigentlich sogar
zwischen III. und IV.) die subalternen Geheimen Rechnungs- etc.
Räthe aus den preussischen Ministerien und in der V. Klasse
sämmtliche Titular-Rechnungs-, Kanzlei- etc. Räthe. Diesen
Vorzug hat also die V. Klasse mit der VI. Klasse ganz
und gar gemeinsam.
Zum Schluss noch eine persönliche Bemerkung: Herr College
Dr. Augstein sagt: „Oder waren es nur fade Schlagwörter“,
mit denen die Studenten „bei jeder passenden und unpassenden
Gelegenheit zum Austreiben der subalternen Seele“ aufgefordert
wurden? Dieses Wort ist von mir (ob zu Studenten und bei einer un¬
passenden Gelegenheit, kann ich nicht entscheiden) gebraucht
worden. Ich kann aber versichern, dass es durchaus kein
blosses Schlagwort sein sollte und sehr ernst gemeint war. An
die thierärztliche Rangordnung und andere Aeusserlichkeiten
habe ich dabei allerdings nicht gedacht. Sonst würde ich nicht
von Austreibung der Seele gesprochen haben, sondern hätte mich
höchstens der höflicheren Wendung bedienen können: „Wollen
Sie nicht gefälligst den subalternen Ro ck ablegen“. Denn der
Rang und überhaupt die äussere Stellung ist doch bloss ein Rock
(wobei ich übrigens, um nicht missverstanden zu werden, bemerken
will, dass ich grossen Werth auf gute Toilette in dieser Beziehung
lege) jedenfalls aber nicht die Seele. Es kann sich sogar auch
in einem Rock erster Klasse eine subalterne Seele verkriechen.
Wenn ich von der subalternen Seele gesprochen habe, so meinte
ich damit eben grade das Gegentheil aller Aeusserlichkeiten. Ich
meinte, dass wir über den ja sehr berechtigten Bestrebungen
nach äusseren Verbesserungen auch die innere Reform nicht ver¬
gessen dürften, und dass wir uns auch selbst den gemachten
Fortschritten entsprechend umgestalten müssten. In dieser
Beziehung ist im thierärztlichen Stande noch sehr viel zn bessern
— an Haupt und Gliedern. Das mögen wir uns Alle, Alte
wie Junge, nur immer recht innerlich vor Augen halten.
Schm altz.
N Medloinalminlsterlum.
Bekanntlich soll die Medicinalabtheilung des preussischen
Cultusministeriums von diesem abgetrennt werden. Bei der
Besprechung dieses Planes im Abgeordnetenhause wurde auch der
Gedanke erwogen, ob man nicht, statt die Medicinalabtheilung
einem anderen Ministerium tdem des Inneren) zuzuweisen, ein
selbstständiges Medicinal-Ministerium bezw. ein preussisches
Gesundheits-Amt errichten sollte. Dabei meinte der Abgeordnete
Dr. med. Kruse, man könne dann ja auch dieser Behörde das
Veterinärwesen zuweisen, was deren Geschäftskreis ja entsprechend
vergrössern würde.
Das wird ja nicht geschehen, denn wir glauben nicht, dass
das Ministerium für Landwirtschaft, gerade in der jetzigen Zeit,
das Veterinärwesen würde abzweigen lassen wollen. Aber es
8oll doch hervorgehoben werden, dass gegen eine derartige
Massregel entschieden protestirt werden müsste. Das Veterinär¬
wesen hat sich in Preussen erst kräftig entwickelt, seit es in
das Ressort des landwirtschaftlichen Ministeriums eingefügt
wurde und damit gegenüber dem Medicinalwesen selbstständig
zu werden anfing. Die Thierärzte wissen ferner, dass sie von
einer derartigen organisatorischen Vereinigung mit der Medicin,
die natürlich immer eine Art Subordination sein und bleiben
würde, auch persönlich nur Nachteile zu erwarten hätten.
Aber von den Wünschen der Thierärzte ganz abge¬
sehen, wäre diese Vereinigung vor Allem sachlich eine
ganz unbegründete und unzweckmässige. Medicinalwesen und
Veterinärwesen haben allerdings Gemeinsames innerhalb ihrer
Wissenschaft und im Unterricht. Der medicinische Unterricht
würde aber mit dem „Gesundheitsamt“ so wie so nicht ver¬
einigt werden, sondern als integrirender Bestandteil der
Universitäten nach wie vor der Pflege des Cultusministeriums
anvertraut bleiben. Also besteht ebensowenig der geringste An¬
lass, etwa die tierärztlichen Hochschulen unter die qu. Behörde
zu bringen.
Was aber die practischen Ziele der angewendeten Wissen¬
schaft anlangt, so sind Medicinal- und Veterinärwesen in ihrer
innersten Grundlage absolut verschieden. Das Medicinalwesen
dient der menschlichen Gesundheit. Damit hat weder die
practische Tbierheilkunde noch die heute so wichtige Veterinär¬
polizei irgend eine innere Verbindung. Beide dienen der Land¬
wirtschaft und der Thierzucht — beides Dinge, mit denen
ein „Gesundheitsamt“ absolut nichts zu tun hat Die ange¬
wandte Veterinärwissenschaft gehört zu dem heute sehr weit
gewordenen Gebiet der wissenschaftlichen landwirtschaftlichen
Technik. Bei diesem Ueberwiegen des landwirtschaftlichen
Interesses am Veterinäiwesen gehört dasselbe unzweifelhaft zum
landwirtschaftlichen Ministerium und kann sich nur unter dessen
Leitung in richtiger Bahn erhalten und entwickeln.
Die Gesundheitspflege hat nur Beziehungen zur Fleischschau.
Da diese aber nur von Thierärzten dirigirt werden kann und es
nicht wohl angeht, letztere aus dem allgemeinen Rahmen heraus¬
zulösen, da überdies auch hierbei wichtige landwirtschaftliche
Interessen concurriren, so wird eben auch dieses Fleischschau-
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7. April 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
165
gebiet bei dem landwirtschaftlichen Ministerium zu bleiben haben.
Jedenfalls kann man aber nicht der Fleischschau wegen etwa das
ganze Veterinärwesen aus seiner natürlichen organischen Ver¬
bindung losreissen wollen.
Soeben wird uns ein Bericht des Berliner Tageblattes über
ein Interview des Herrn Prof.v. Bergmann zugesandt. Derselbe soll
die Zuversicht ausgesprochen haben, dass die Verhältnisse der
Zeit ein eignes Medicinalministerium bringen würden. Zu diesen
Verhältnissen zählt er auch die Rinderpestbekämpfung, die Vieh¬
einfahrverbote und die Bedeutung, welche Angelegenheiten, wie
die San Josö-Schildlaus, gewonnen hätten.
Wir wissen nicht, was die San Josö-Schildlaus oder die Vieh¬
sperren mit der menschlichen Gesundheit zu thun haben, da doch
die erstere nur für Obstbäume und die letzteren nur für Thiere
in Betracht kommen. Wenn gegenwärtig solche Dinge mit in den
Geschäftskreis des Reichsgesundheitsamtes gebracht sind,
so ist das noch lange kein Beweis, dass ein thatsächlicher or¬
ganischer Zusammenhang dieser Dinge mit Gesundheits- und
Medicinalwesen besteht und dass überall dieselbe Zusammenlegung
stattzufinden habe.
Wir würden es vielmehr gegenüber der jetzt für das Reich
bestehenden Einrichtung auch hier aus vielen Gründen für viel
practmcher halten, wenn beim Reichsamt des Innern eine besondere
Abtheilung für Landwirtschaft etc. errichtet würde, welche
dann den Geschäftskreis des Gesundheitsamtes entsprechend zu
kürzen hätte. Vielleicht weisen die Verhältnisse viel dringender
auf ein besonderes Amt für Grenzverkehr, Handel und Land¬
wirtschaft einschl. Veterinärwesen im Reich, als auf ein be¬
sonderes Medizinalministerium mit Einschluss des Veterinärwesens
in Preussen hin.
Jedenfalls müssen wir das eine constatiren: Es gab eine
Zeit, wo die Thierärzte — vergeblich — zu den Aerzten sagten:
Rechnet uns doch auch ein wenig zu den Aerzten! Dies Blatt
hat sich gewendet. Jetzt bitten wir ebenso höflich wie entschieden,
die Thierärzte nicht zu den Aerzten und das Veterinärwesen nicht
znm Medizinalwesen rechnen zu wollen. S.
Internationaler thlerärztlioher Congress zu Baden-Baden 1899.
Wie von zuständiger Seite mitgetheilt wird, hat der Herr
Reichskanzler auf Anregung der Grossherzoglich badischen
Regierung dem Geschäftsführer des Ausschusses, Geheimen Ober¬
regierungsrath Dr. Lydtin für die Einrichtung des Congresses
10 000 Mark und hat die badische Regierung 2000 Mark bewilligt.
Durch diese erfreuliche und in hohem Masse dankenswerthe
Freigebigkeit der Reichsregierung und badischen Regierung ist der
Congress als sicher finanzirt zu betrachten. Die thierärztlichen
Vereine werden nun hoffentlich nicht mehr säumen, ihrerseits
ihren Mitteln entsprechend, sei es ä fond perdu, sei es in Form
von Garantiefondzeichnungen, diejenige Summe beizutragen,
welche zur glänzenden Ausstattung des Congresses noch fehlt.
Aue dem preueeieohen Landtag.
Die Kreisthierärzte der Provinz Schleswig hatten dem Land¬
tag eine Petition betreffs verschiedener Veränderungen ihrer
Stellung überreicht. Dieselbe ist der Regierung als Material
überwiesen worden. Es dürfte angezeigt sein, von einer öffent¬
lichen Discussion über die verschiedenen isolirt gethanen Schritte
Abstand zu nehmen. Der Ort für diese Besprechung wird die
Plenarversammlung der Centralvertretung sein, welche am 21. Mai
in Berlin zusammentreten wird.
Königreich Sachsen.
Der sächsische Landtag hat zwei wichtige Gesetzentwürfe,
betreffend die Einführung der obligatorischen Fleischbeschau und
betreffend die staatliche Schlachtviehversicherung, angenommen.
Dagegen wurde ein dritter Gesetzentwurf, betreffend die Be¬
kämpfung der Rindertuberculose, vorläufig abgelehnt unter An¬
nahme einer Resolution, wonach dem nächsten Landtag ein neuer
Gesetzentwurf über denselben Gegenstand vorgelegt werden soll,
nachdem in einer Anzahl von Rinderbeständen die Bestimmungen
des Gesetzentwurfes versuchsweise durchgeführt worden sind.
Zur Schadloshaltung der Landwirthe bei diesen Versuchen wurden
30000 M. ausgeworfen.
Mit der Annahme der beiden ersten Gesetzentwürfe dürfte
eine Personalveränderung an der thierärztlichen Hochschule in
Dresden in Zusammenhang stehen, welche schon längere Zeit —
und neuerdings auch öffentlich — als bevorstehend bezeichnet wurde.
Die Geschäfte des als Referent im Ministerium des Innern fun-
girenden Landesthierarztes sind nämlich schon längere Zeit und
nunmehr durch die Ausführung jener beiden Gesetze so ausser¬
ordentlich gewachsen, dass Geh.MedicinalrathDr.Siedamgrotzky
sein Hauptamt an der Hochschule voraussichtlich ganz aufgeben
und ausschliesslich als Miuisterial-Referent fungiren wird.
Personal notlz.
Der Vortragende Rath im Cultus-Ministerium, Geheimer Ober-
Medicinalrath Prof. Dr. Skrzeczka, Mitglied der technischen
Deputation für das Veterinärwesen, scheidet aus dem Dienste.
Bei diesem Anlass ist ihm der Stern zum Rothen Adler-Orden
II. Classe verliehen worden.
VeterlnSrkllnik Grimberghe bei Wiesbaden.
Die von dem Kreisthierarzt Dr. Kampmann errichtete
Klinik hat im ersten Quartal ihres Functionirens 115 Patienten
zusammen 1248 Tage beherbergt, scheint sich demnach als eine
zweckmässige Gründung erwiesen zu haben.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
(Vergleiche auch die Beilage zu dieser Nummer.)
Senchenstatlstik and Veterinärpolizei.
Bemarkmg zu meinem Artikel über die Schutzimpfung gegen Maul» und
Klauenseuche.
Von Kreisthierarzt Graffunder-Landsberg.
Um etwaigen Missverständnissen über die auf Seite 148 Spalte 1,
Zeile 5 bis 9, und Spalte 2, Zeile 17—21 meines Aufsatzes über
Maul- und Klauensencheimpfungen in No. 13 angeführten Gründe
der nach Methode I beobachteten Misserfolge eutgegenzutreten,
will ich nochmals zur Klarstellung meiner Ansichten über die
Misserfolge hervorheben, dass dieselben einerseits auf die ver-
schiedengradige Schutzkraft des Blutes der zur Verwendung
gelangten Thiere, oder auch andererseits auf den Umstand
zurückzuführen waren, dass die zur Impfung benutzten Thiere
bereits zur Zeit der Impfung inficirt waren und demnach die
Schutzimpfung nicht mehr zur Wirkung gelangen konnte.
Mit beiden Möglichkeiten musste man rechnen; ob sie that-
sächlich zutreffen, kann zur Zeit noch nicht bewiesen werden.
Zar Rothlauf8ohMtzimpfung nach Lorenz.
Das Königlich Württembergische Ministerium des
Innern giebt durch einen Erlass vom 11. März 1898 die Er¬
gebnisse der 1897 mit Lorenz'sehen Präparaten vorgeuommenen
Rothlaufschutzimpfangen bekannt und ordnet im Hinblick
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166
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 14.
auf das sehr günstige Resultat die Vornahme der Impfungen
auch für das Jahr 1898 an (Nach Massgabe der unterm
10. März 1897 erlassenen Ausfdhrungsbestimmnngen). Es sind
im Ganzen in 215 Gemeinden 7178 Schweine geimpft worden.
Während dem Rothlauf von nicht geimpften Schweinen in den¬
selben Gemeinden 1311 Stück zum Opfer fielen, kamen unter
den Impflingen bis zum Schluss des Jahres nur 12 Todesfälle
(Impfverluste und sonstige Schädlichkeiten natürlich überhaupt
nicht) vor. Selbst wenn dies Rothlauffälle gewesen wären, wäre
das Resultat ein über alle Anfechtung erhabenes. Es bemerkt
aber der ministerielle Bericht, dass in 10 Fällen nur der Metzger
bezw. Besitzer Rothlauf vermuthet habe und nur zwei Fälle von
Rothlauf festgestellt seien.
Ebenso hat das Kaiserliche Ministerium von Eisass-
Lothringen die beamteten Thierärzte ermächtigt, mit Rücksicht
auf die guten Ergebnisse des Lorenz’schen Verfahrens, den
Lorenz’schen Impfstoff auf Staatskosten zu Impfungen bereit
zu stellen und denselben ans der Prenzlauer Anstalt zu beschaffen.
In Preussen sind im verflossenen Jahre 50000 Schweine
geimpft worden, mit einem ebenso guten Resultat, wie in Würt¬
temberg. Wie nothwendig es übrigens nachgerade geworden
war, Stellung zu nehmen zu den Versuchen, die Methode
Lorenz auch ferner aufznhalten und daneben die Methode
Pasteur in den Vordergrund zu stellen, ergiebt die bereits ein¬
getretene Wirkung derVorträge des Herrn Geheimrath Schütz. Die
schlesische Landwirthschaftskammer hat beschlossen „in Erwägung
der Mängel des Lorenz’schen Verfahrens“ eine abwartende
Stellung einzunehmen. Andererseits hat das Institut Pasteur
zu Stuttgart bereits eine gedruckte Reclame überall hin versendet,
worin, unter directer Anführung der betreffenden Stelle aus dem
Vortrage des Herrn Schütz im Milchwirthschaftlichen Verein, in
Fettdruck die Behauptung präsentirt wird: „Mit Bezug auf
Sicherheit und Einfachheit ist demnach die Pasteur’sehe Me¬
thode der von Lorenz vorzuziehen.“
Was es mit dieser Sicherheit practisch auf sich hat und dass
die directen Impfverluste dabei ganz verschwiegen sind, geht aus
dem hier folgenden amtlichen ungarischen Bericht hervor, wobei
bemerkt werden soll, dass die ungarischen amtlichen Organe
stets überzeugte Anhänger der Pastenr’sehen Methode gewesen
sind, also gewiss nicht das Ungünstige absichtlich hervorkehren.
Schutzimpfungen in Ungarn 1896.
Gegen Milzbrand wurden geimpft 7841 Pferde, 124 718
Rinder, 204 747 Schafe. Von 109 000 Rindern sind 20 Stück
zwischen den beiden Impfungen und 21 im Laufe des folgenden
Jahres gefallen = 0,04 pCt. Verlust. Von 143 857 geimpften
Schafen sind 82 zwischen den ImpfuDgon und 162 im Laufe des
folgenden Jahres gefallen = 0,17 pCt. Verlust.
Gegen Rothlauf wurden nach Pasteur geimpft 344 672
Schweine (1895 : 638 000 Stück). Von rund 332 000 geimpften
Schweinen sind gefallen 1193 = 0,35 pCt. zwischen den beiden
Impfungen und 4677 = 1,41 pCt. innerhalb eines Jahres
~ 1,76 pCt. Gesammtverlust. Im Ganzen wäre dies ein günstiges
Resultat, wenn auch der in Ungarn 1889—1894 erreichte Verlust¬
durchschnitt mit 0,75 pCt. noch niedriger ist. Welche Ungleich-
m&8sigkeiten aber Vorkommen, ergiebt sich aus folgenden Be¬
obachtungen: In einer Heerde blieben 18 Ferkel ungeimpft und
gesund, während von 262 geimpften nach 3 Wochen fast alle an
Rothlauf erkrankten und 42 starben. In einer andern Heerde, wo
der Rothlauf aufgetreten war, wurden 400 Ferkel geimpft und
zugleich auf eine andere Weide gebracht. Als sie nach 4 Wochen
wieder auf dieselbe Weide überführt waren, erkrankten sogleich
106 an Rothlauf, von denen 54 starben. In einer anderen Heerde
von 100 geimpften Thieren entwickelte sich 3 Wochen später
eine fast den ganzen Körper betreffende, jedoch abheilende Haut¬
entzündung. Unter anderen 410 geimpften Thieren trat nach
4 Wochen der Rothlauf seuchenartig auf. Die Krankheit dauerte
auch nach einer zweiten Impfung fort; es starben im Ganzen 174.
Unter anderen 1067 am 4. Juni geimpften Ferkeln starben bis
12. Juli 370 und bis zum September stiegen die Verluste auf 688.
Der Bericht constatirt, dass in allen Fällen der Rothlauf nur
macro c copisch diagnosticirt wurde, und lässt die Frage offen, ob
auch Verwechselungen mit Schweineseuche mit untergelaufen sind.
Gegen Rauschbrand sind 1100Rinder geimpft; Impfverluste
kamen nicht vor; im Laufe des folgenden Jahres fielen 3 Stück.
Entschädigungen anlässlich von Vlehseuohen In Deutschland 1896.
In dem bei Julius Springer erschienenen 11. Jahresbericht
über die Verbreitung der Thierseuchen, aus dem bereits in No. 3
d. J. ein Auszug über den Seuchenstand gegeben wurde, findet
sich nachfolgende Zusammenstellung über die gezahlten Ent¬
schädigungen:
Anlässlich des Rotzes worden gezahlt für 138 Pferde aus
Staatsmitteln 45 489 M. und für 465 Pferde aus den Eutschädigungs-
kassen 168 670 M., zusammen für 603 Pferde 214159 M. Davon
fallen auf Preussen 481 Pferde und 149 500 M. und hiervon mehr
als 10000 M. auf die Regierungsbezirke Potsdam (18000), Oppeln
(16000), Breslau, Liegnitz, Bromberg, Königsberg, fast 10000 auf
Marienwerder; auf die übrigen erheblich weniger. Auf ganz
Bayern kommen nur 10 Pferde mit 4067 M., auf Württemberg
15 und 6000, auf Sachsen 8 und 4373, auf Hamburg 42 und 26 825,
auf Eisass-Lothringen 37 und 18 776, auf die übrigen Bundes¬
staaten ganz unbedeutende Summen. Dabei ergiebt sich die be¬
zeichnende Thatsache, dass der aus Staatsmitteln entschädigte
Vollwerth eine niedrigere Durchschnittszahl ergiebt, als der aus
Verbandskassen entschädigte Dreiviertelwerth, nämlich für
Preussen 283 gegen 318 und für ganz Deutschland 329
gegen 362.
Bei Lungenseucheausbrüchen wurden gezahlt für
203 Rinder aus der Staatskasse 33 585 M. und für 2016 Rinder
zu Vß-Werth 368 349 M., zusammen für 2219 Thiere 401 934 M.
Auch hier ergiebt die von der Staatskasse zu trageude Ent¬
schädigung des Vollwerths einen niedrigeren Durchschnitt als die
Vierfünftelentschädigung seitens der Verbandskassen, nämlich
174 gegen 181. Auf Preussen entfallen 2054 Haupt mit 347 OCX) M.,
davon aus der Staatskasse 27 868 M. für 159 Haupt. Es sind im
Berichtsjahre eine ganze Reihe Regierungsbezirke mit erheblichen
Summen betheiligt gewesen. Auf Reg.-Bez. Magdeburg fallen
diesmal nur 34 pCt. der preussischen und 31 pCt. der deutschen
Entschädigungen (sonst stets zwischen 50 und 60 pCt.), nämlich
128 000 M. Dann kommt gleich Potsdam mit 99 000 M. rund
(- 26 pCt.) für 315 Thiere und Cöln mit 65 000 M. (= 17 pCt.)
für 573 Thiere. Ueber 20000 M. wurden ausserdem gezahlt in
den Reg.-Bez. Düsseldorf und Arnsberg; in Aachen 16 000 M., in
4 anderen Bezirken kleinere Beträge (bis 6000 M. in Merseburg).
In Bayern gelangten nur 4 Stück mit 698 M. zur Entschädigung.
Sachsen hatte für 139 Stück 23 735 M. zu zahlen. Braunschweig
und Anhalt waren nur mit 2 bezw. 3 Stück, Reuss ältere Linie
mit 8, Weimar mit 9 Stück betheiligt.
Für Milzbrand nnd Rauschbrand wurden gezahlt in Preussen
505 696 M. (und zwar rund 88000 M. in Breslau, 75 000 Düssel¬
dorf, 71 000 in Potsdam, 54 000 in Frankfurt; zwischen 20 und
30 000 in Liegnitz, Oppeln, Münster, Wiesbaden, Aachen;
zwischen 10 und 15 000 in Arnsberg, Kassel, Koblenz, Köln,
Trier; endlich kleinere Beträge in Minden und Sigmaringen);
in Bayern 120 982 M., in Sachsen 73 918, in Württemberg 70860,
in Elsass-Lothringen 67 432, in Baden 35 220, in Braunschweig
26 445, in Sachsen-Weimar 23076, endlich in Sachsen-Altenburg
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BERLINER THIERÄR/.TLICBE WOCHENSCHRIFT.
167
7. April 1Ö‘J8.
6 652 und in beiden Reuss 6 291 M. Auffallend viel Pferde sind
dabei in Elsass-Lothringen bezahlt worden, nämlich 44 mit
18 098 M. = 27 pCt. der Gesammtentschädigung, während in
ganz Preussen nur 100 Stück mit 45 000 M. «= 9 pCt. der
Ge8ammtent8chädigung, in Württemberg nur 4 mit 2500 M.
= 3'/s pCt. der Gesammtentschädigung, in den übrigen Staaten
nur einzelne Pferde entschädigt wurden.
Verluste durch Maul- und Klauenseuche gelangten in
Württemberg mit 86 365 M. für 1170 Stück zur Entschädigung,
was einer Durchschnittsentschädigung von etwa 74 M. ent¬
spricht.
Eine Milzbrand-Verbreitungs-Karte ist dem Bericht nicht
mehr beigegeben, sondern nur Tollwuth, Rotz, Lungenseuche
nnd Schafrende sind kartographisch in ihrer Ausbreitung
während des ganzen Jahres, die Maul- und Klauenseuche ist,
desgl., aber nach dem Ultimo-Stand vom December 1896 dar¬
gestellt.
Viehzählung in Bayern.
Am 1. December 1897 wurden im Königreich Bayern ermittelt:
376 822 Pferde, 3 420 660 Rinder, 905 000 Schafe und 1413 000
Schweine. Das macht eine Steigerung des Viehbestandes gegen
die letzte Zählung von 1892 um etwas über 2 pCt. bei Pferden
und Rindern, um 4 pCt. bei Schweinen, dagegen eine Ver¬
minderung um 6'/j pCt. bei den Schafen.
Fleischschan und Viehverkehr.
Zar s&nitätspolizeilichen Beartheilang der Reaction
des Fleisches.
Von Hartenstein und Augst.
(Zuchr. f. Fl. u. M. Januar, Februar 1898.)
Ende October erkrankte eine Kuh nach Mittheilung
Härtenstein’s unter Kolikerscheinungen. Es ging daraus die
ßogen. Unverdaulichkeit hervor, so dass nach 5 Tagen das Thier
geschlachtet wurde. Die Section ergab eine Invagination des
Darmes, sonst nicht die geringste Veränderung, namentlich keine
Degeneration der Parenchyme, keine Blutung oder Imbitition. Das
Fleisch war anscheinend normal nnd geniessbar. Als aber H.
die Reaction prüfte, fiel dieselbe zu seinem Erstaunen deutlich
alkalisch aus. Er nahm ein Stück Fleisch mit nach Hause und
fand, dass dasselbe am nächsten nnd an den folgenden Tagen
ausgesprochen sauer reagirte. Das Fleisch war also thätsächlich
nicht verdorben. Wie sich die verdächtige alkalische Beaction
erklärte, kann H. nicht sagen. Jedenfalls ergiebt sich aus diesem
Falle, dass eine kurz nach dem Schlachten (die Untersuchung
fand vier Stunden nachher statt) constatirte alkalische Reaction
nur dann bedenklich ist, wenn sie sich noch bis zum nächsten
Tage erhält.
Hierzu bemerkt Augst Folgendes: Nach seinen Beobachtungen
zeigt das Fleisch von Thieren, die unter den Symptomen der
Athemnoth (Pericarditis traumatica, acute Pneumonie, Tympanitis
etc.) nothgeschlachtet wurden, besonders im Sommer die normale
saure Reaction erst nach frühestens 24 Stunden und reagirt
bis dahin alkalisch (wahrscheinlich wegen ungenügender Oxydation
de« Blutes infolge Asphyxie in den letzten Lebensstundenl
Dr. Edelmann hat in einer Versammlung darauf hingewiesen,
dass er am Dresdener Schlachthof auch bei normalen
Schlachtungen Fleisch mit ausgesprocheu alkalischer Reaction
beobachtet habe bei ganz gesunden Thieren. Hiernach scheint,
dass man der Reaction des Fleisches überhaupt ein ent¬
scheidendes Gewicht nicht beilegen kann. Es kommen folgende
drei Eventualitäten für die Uageniessbarkeit des Fleisches in
Betr&cht: der Nachweis der Sepsis, typische Infectionskrank-
heiten oder Substanzveränderungen im Fleisch. Bei der Sepsis
sind sämmtliche Körperlymphdrüsen entzündet und die paren¬
chymatösen Organe degenerirt. Eine saftige Beschaffenheit und
Rothfärbnng der Bugdrüsen allein kann keine diagnostische
Bedeutung haben, vielmehr, wie Hartenstein richtig bemerkt,
nur durch schlechtes Ausbluten und Aufhängen des Cadavers an den
Hintergliedmassen bedingt werden. Bezüglich desBefundes typischer
Infectionskrankheiten, welche teils auf den Menschen Übertragbar,
theils nicht übertragbar sind, bedarf es keiner Bemerkung, da
hierüber präcise Vorschriften existiren. Was aber die Ver¬
änderung der Fleischsubstanz anbetrifft, so kann bei eiuem noth-
geschlachteten Thier das Kriterium der Sepsis, also auch Sio
nachweisbare Schädlichkeit für den Menschen beim Genuss sehr
wohl fehlen und trotzdem ist das Fleisch hochgradig verdorben,
z. B. bei Anasarka ascitis, allgemeiner Abmagerung etc.
Biicheranzeigen und Kritiken.
Bayer, Fröhner: Handbuch der thierärztllchen Chirurgie und Geburts-
hülfe; lil. Band.
I. Kopf, Haie, Brust, Bauch.
Die erste Lieferung, umfassend die Lippen, Manlhöhle, Zunge,
Pharynx, Speicheldrüsen, Schädel nnd Gehirn, ist von G. Koenig,
Oberrossarzt und Inspicient der Militär-Rossarztschule in Berlin,
bearbeitet und umfasst die Abhandlung 164 Seiten. Koenig be¬
ginnt mit den Krankheiten der Lippen und Backen und bespricht
von diesen in besonderen Cjpiteln die Wunden und Quetschungen,
die Entzündung, Neubildung und Lähmung der Lippen, Wunden
der Backen, Actinomycose der Backen und spontane Gangrän¬
bildung der Wange. Von den Krankheiten der Maulhöhle sind
besondere Kapitel gewidmet den Fremdkörpern, den Verletzungen
in der Maulhöhle, den Verletzungen der Laden und Neubildungen in
der Maulhöhle. Obwohl die Abhandlung der erwähnten Capitel
nichts Neues bringt nnd sie nur als eine mit Hinzufugung der
neueren Litteratur ausgestatteten Compilation unserer bekannten
Chirurgien von Hertwig, Möller, Stockfleth etc. anzusehen
ist, so kann man derselben ihrer guten exacten Eintheilung und
Uebersicht wegen eine besondere Anerkennung nicht vorenthalten.
Eigenartig für uns als Abhandlung in einer Chirurgie ist die
Beschreibung der wichtigsten Zäumungsmethoden nebst Abbildungen
der verschiedenen gebräuchlichsten Arten von Trensen nnd Can-
daren. Da die Zäumung für die ganze Beurtheilung der Ladeu-
diücke von der grössten Wichtigkeit ist, so ist die Beschreibung
derselben hier sehr am Platze nnd gehört in ihrer Kürze und richtigen
Beschränkung bei der Besprechung sicher mit zu den interes¬
santesten Capiteln. Es wird nicht nur für junge Thierärzte, die nicht
bei der Cavallerie gedient haben oder selbst nicht reiten, von
grosser Belehrung sein, es wird auch Denjenigen, die sich über
die Zäumung orientiren wollen, das Nachschlagen in den Büchern
der Pferdekunde, die oft nicht im Besitze des Thierarztes sind,
ersparen und so die Chirugie vervollständigen. Bei der Be¬
schreibung der Neubildungen möchte ich auf die exacte Eintheilung
der Geschwülste aufmerksam machen, die die Uebersicht sehr
erleichtert.
Von den Krankheiten der Zunge werden besonders beschrieben
die Wunden und Quetschungen der Zunge, Entzündung, Malignes
Oedem, Lähmung, Zungenstreckeo, Neubildungen der Zunge,
Actinomycose der Zunge, Froschgeschwulst, Fractnren des Zungen¬
beins und angeborene Missbildungen der Zunge.
Bei der Besprechung der Actiaomycose der Zunge fällt sehr
vortheilliaft auf die recht passende kurze Litteratur über den
Actinomycespilz nnd die eingehende Behandlung der Therapie.
Bei den Erkrankungen des Pharynx und der Mandeln bespricht
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168 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 14
König Verletzungen des Pharynx, die Halsbräune, die Abscedirung
der subparotidealen Lvmphdriisen, die Lähmung des Schlund¬
kopfes, Fremdkörper und Parasiten in der Rachenhöhle, ferner
Schlundkopf«rampf,Schlundkopfstricturen, angeborene Missbildungen
und Krankheiten der Mandeln. Ebenso genau nnl eingehend
werden die Krankheiten der Speicheldrüsen und endlich die
Krankheiten des Schädels und Gehirns abgehandelt. Die dem
grossen anatomischen Werke von Ellenberger und Baum ent¬
nommenen ausgezeichneten Abbildungen des Kehlganges und der
Seitenansicht des Kopfes sowie die Abbildungen verschiedener
Speichelsteine erhöhen den Werth des Buches. Bei der Abhand¬
lung über die Columbaczer Mücke vermisse ich die werthvollen
Beiträge von Friebel, ebenso ist die Arbeit von Webjer aus
dem amerikanischen Veteiinär-Bericht über Simulium pecuarum
und Simulium meriiionale nicht erwähnt. Im Grossen und
Ganzen kann man dem Verfasser aber zu seinem grösseren
Erstlingswerke gratnliren, das recht geschickt und in dem grossen
Rahmen eines Sammelwerkes der thierärztlichen Chirurgie passend
abgehandelt ist.
II. Sattel- uud Geschirrdrücke.
Im III. Bande, II. Theile und erster Lieferung beschreibt
Bartke auf 39 Seiten zwar kurz und bündig aber dennoch in
eingehender Weise die Sattel- und Geschirrdrücke sowie die
Widerristfistel. Man ersieht aus der ganzen Darstellungsweise,
dass die Abhandlung nicht vom grünen Tisch aus erfolgt ist,
sondern, dass Barike als Practiker viele mit den erwähnten
Leiden behaftete Patienten selbst behandelt hat. Hätte Bartke
noch diesen Beschreibungen einige Abbildungen zur Demonstration
des Verlaufes der Fascien und Schulterblattbinde beigefdgt, wie
z. B. es Möller in seiner speciellen Chirurgie Seite 251 Fig 60
durch seinen Querschnitt durch den Thorax des Pferdes (halb¬
schematisch nach Frank) gethan hat, so wäre die Uebersichtlich-
keit der ganzen Abhandlung bedeutend hierdurch gefördert
worden. Dr. Toepper.
Personalien.
Ernennungen: Zum Distriktsthierarzt: Thierarzt Jos. G opfert-
Hornbach in Eltmann (Uuterfrank.). — Zum pragmatischen Bezirks¬
thierarzt: Bezirksthierarzt Jak. R i e d i n g e r - Neumarkt i. 0.
Thierarzt R. Simon- Lübeck ist zum Assistenten an der mediz.
Klinik der thierärztl Hochschule in Berlin ernant wurden.
Es sind gewählt worden: Schlachthofihierarzt Jul. Rettig-
Ilannover commissarisch zum Schlachthofvorsteher in Nordhausen,
Tliierarzt A n d e r s-Kattowitz zum 2. Schlachthofthier.irzt inB.'Uthcn
(Oberschi), Thierarzt 0. S c h r a g e n h e i m - Eilenburg zum Hilfs-
tbicrarzt am Schlachthof in Bresliu. —
Thierarzt Bersche 1-Görlitz hat die Annahme der Schlachthof-
verw.dtersLlle in Sagan abgelehnt.
Approbationen: München: Die Herren Erwin Moser und
Georg Schöpperl.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬
arzt Goebcls - Gncsen nach Limburg (Lahn), Thierarzt Hiss¬
bach - Kamberg nach Finsterwalde, Thierarzt E. Winter-
Karlsruhe nach Wesel, Tliierarzt II e 1 f e r s-Prenzlau nach
Frankfurt a 0, Tliierarzt M. Michael, bisher Einj.-Freiw. in
Leipzig nach Lugau (Sachsen), Thierarzt II Joccks - Brüssow nach
Schönlanke, Tliierarzt Spengler- Tarnowitz nach Brüssow. —
Tliierarzt J. Deterts hat sich in Eberswalde, Tliierarzt W. Sclimid,
bisher Assistent des Bezirksthierarztes in Donauwörth in Seeg (bei
Füssen) — niedergelassen.
In der Armee: Versetzt die Rossärzte Winter vom
Drag.-Rgt. No. 20 zum Art.-Rgt. No. 7, Marks vom Art.-
Rgt. No. 14 zum Drag.-Rgt. No. 20. — Befördert zum Itoss-
arzt: Unterrossarzt Kettel vom Art.-Rgt. No. 15 unter
Versetzung zum Art.-Rgt.. No. 14. — Befördert zum Rossarzt des
Beurlaubtenstandes der Unterrossarzt d. Res. Carl, zum Einj.-Freiw.
Unterrossarzt im Hus.-Rgt. No. 14 der Einj.-Freiw. K. Weber, zu
Untervcteriniiren des activen Dienststandes die Einj-Frciw. Unter-
veterinäre G. Costa vom 2. Schw. Reiter-Rgt. und E Rossmüller
vom l.UI-Rgt., zum Stabsveterinär im 2. Ul.-Rgt. der Veterinär 1 CI.
Prcchtcl vom 4. Chev.-Rgt. — Der Veterinär der Rcb *rve Betz
ist in den Frie.lensstand des 4. Art.-Rgt. versetzt worden.
TodesfaU: Tliierarzt W. Joger-Nieder-Barnim.
Vacanzen.
Krelsthierarztitellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht
ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts-
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebührenl.
b) Nach Ablaut der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B Gu m b i n n e n: Stallupönen (Assistent des Grcnz-
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss'. — R.-B. Schleswig: Eider itedt
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B.
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStellen:
Aachen: Schlachthofthicrarzt (25' OM.). Bcw bis 15. April an Schlacht-
hofdirector Boekelmann — Breslau: Schlachthof-Hilfsthierarzt
(1800 M.). Privatpraxis nicht gestattet, Bcw. sofort an Schlachthaus-
director Schilling. — Coblenz: Schlachthof Hilfsthierarzt (1800 M.).
Bew. bis 15 April an Oberbürgermeister Schüller. — Elbing:
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Celle: Schlachthofinspector (2400 — 3603 M., Dienst¬
wohnung, Heizung, Beleuchtung. 35'J M. Nebeneinnalime). Bew.
bis 1. April an Magistrat. — Filehne: Sclilachthofinspector zum
I. Oct. d. J. Bew. an Magistrat. — Finsterwalde: Schlachthof-
director (1500 M., freie Wohnung und II izung. Privatpraxis ge¬
stattet). Bew. an Magistrat. — Kassel: 2. Thierarzt (2400 M. steigend
bis 4200 M.). Bew. an Obeibürgeruieistcr. — Ostrowo: Schlachthof¬
in Spector (2100—3000 M, freie Wohnung, Heizung. Beleuchtung).
Bew. an Magistrat. — Schlawe (Pommern): Sclilachthofinspector
(2100—2700 M, freie Wohnung und Heizung). Bew. an Magistrat.
Privatsteilen: 1896 bekannt gegebene: Brüel (Mecklen¬
burg): Auskunft Thierarzt Fromm. — Da eh re: Ausk. Kaufmann
Buhler. — Flörsheim: Meid, an Bürgermeister. — Garzweiler
Näheres Bürgermeister. — Herrn Stadt: Auskunft Magistrat. —
Oberpleis: Auskunft Bürgermeister. — Reisen (Posen):
Auskunft Magistrat. — Rhino w: Auskunft Magistrat. —
1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.): Thierarzt. Näheres
Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Thierarzt. Näheres
durch Max Arnsdorff. — Bottrop: Tliierarzt. Meldungen an den
Amtmann. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬
burg (Werra): Thierarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeinde¬
vorstand — Drengfurt: Auskunft Gutsbes. Baranowsky, Fürstenhof
bei Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck): Auskunft
J. Prahl, Grakau bei Gleschendorf. — Guxhagen (R.-B. Cassel):
Auskunft Apoth. Klingestein. — Maulbronn: Tliierarzt (Wartegeld
1000 M.). Auskunft Gemeinderath. — Niemegk (Bez. Potsdam):
Thierarzt. Meid, au Magistrat — Pitschen: Thierarzt Näheres
Magistrat. — Pollnow: Tliierarzt (Fixum 300 M., Einnahme aus
Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau:
Tliierarzt (800 M. für Fleischschau-. Näheres Magistrat. —
Waldbröl: Tiiierarzt (ca. 102(3 M. ausser Privatpraxis). —
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Einbeck
(Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle, Magdeburg (Schlacht¬
hofi. — Las dehnen: Tliierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskunft Klaadat,Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schön-
liaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren auseinzu-
füln cnder Fleischschau ca. 2000 M ). Näheres durch das „Amt 1 daselbst.
Verantwortlich für ‘Ion Inhalt (exel. Iii<cra'ep’.lmil) V*rof. I>r. Schmält/ ln licrliti. — Verla« uml Kifft-Mliimi von Uichanl Sri,,.et/ in IWli.i. - Itnn-k von W. I.lixenatuin. Berlin.
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Die „Berliner Thler&rmtllehe Wochenschrift" erscheint
wöchentlich in SULrke von mindesten* I'/t Bogen. Dieselbe
ist in belieben durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetx, Berlin NW, Lnisenatrassn Sfi, mm i’reiso von
Mk. fi ,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeitrige werden mit &0 Hk. fDr den Bogen bonorirt
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man iu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
Berlin, thierirxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse SG.
Correeturen, Recensions-Rzempiare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 15 . Ansgegeben am 14. April.
Inhalt: Dieckerhoff: Obergutachten übor den apoplectischen Tod eines fetten Schweines. — Martens: Zur
Frage der Immunitätsdauer bei der Maul - und Klauenseuche. — Referate : G u i 11 e b e a u: Die tuberkulöse
Entzündung der Gelenk-Sehnenscheiden und Schleimbeutel beim Rind. — Bob so: Neuer Beitrag zum Studium der Mikro¬
organismen der Septicaemia haemorrhagica beim Rinde. — Die Gehirnrückenmarksentzündung der Pferde. — HinricliBon:
Carcinomatose beim Pferd. — Löffler: Eine neue Injectionsspritze. — Anjeszky: Eine einfache Sporenfärbungsmethode.
— Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verzeichniss der während des Prüfungsjahres 1896/97 approbirten Thier¬
ärzte. — Verschiedenes. — Fleisch sc hau und Viehverkehr. — BUcheranzeigen und Kritiken. —
Personalien. — Vacanzen.
Obergutachten
Uber den apoplectischen Tod eines fetten Schweines.
Von
Dr. Dieckerhoff.
Das in Sachen des Landwirthes Pf. in Ob. gegen den Fleischer¬
meister He. in Ap. beschlossene Gatachten ertheile icli nach¬
stehend, nachdem ich die Acten eingesehen habe.
Die Beweisfrage geht dahin:
Ob das am 4. November 1896 verendete Schwein infolge
des Fasstrittes, den es vom Lehrling des Beklagten erhalten hat,
gestorben ist?
Der Kläger hat an den Beklagten am 1. November 1896 zwei
Schweine verkauft, welche am 4. November abgeholt wurden.
In der Klageschrift wird behauptet, dass, bevor die Schweine nach
der Viehwage getrieben waren, damit sie dort gewogen worden,
eins derselben anf dem Wege umgekehrt sei und dass der Lehrling
des Beklagten dasselbe hierbei mit dem Fasse gegen den Kopf
getreten habe. Unmittelbar darauf sei das Schwein zusammen¬
gebrochen nnd von dem Lehrling des Beklagten noch mit dem
Taschenmesser abgestochen worden. Das todte Schwein sei am
5. November gewogen worden, wobei sich ein Gewicht von 338
Pfund heransgestellt habe.
In der Beantwortung der Klage hat der Beklagte bestritten,
dass das Schwein infolge der Behandlung durch den Lehrling
verendet sei. Dasselbe sei anch von ihm noch nicht übernommen
gewesen, da nach Handelsbrauch die Uebergabe von fetten
Schweinen stattfinde, nachdem das Gewicht derselben auf der
Wage festgestellt sei.
Die in der Sache vernommenen Zeugen nnd Sachverständigen
haben folgende Aussagen deponirt.
1. Maurer J. (Bl 33). Im November 1896 begegnete mir der
junge Pf., der Fleischer He. und dessen Lelnjunge mit 2 Schweinen.
Da das eine Schwein nmkehren wollte, trat es der Lehrjnnge
mit dem Fasse nach dem Kopfe zn, um es nmzulenken. Gleich
darauf, als das Schwein noch ein paar Schritte gemacht, fiel es
nach der Wand um und drehte sich noch einmal auf die andere
Seite, worauf ich weiterging. Der Fugstritt des Lehrlings schien
mir ohne besondere Heftigkeit erfolgt zu sein. Nach demselben
ging das Schwein noch etwa lft Meter weit. Der Lehrling stiess
mit dem Fasse nicht an die Stirn, sondern an die Backe, wie zu
geschehen pflegt, wenn ein Schwein gelenkt werden soll.
2. Tagelöhner K. (Bl. 34). Ich sah im Herbste 1896 einmal
znm Fenster heraus nach der Strasse, als der junge Pf. mit dem
Fleischer He. and dessen Lehrling 2 Schweine die Strasse her¬
getrieben brachten. In der Nähe meines Fensters wollte das eine
Schwein rechts, das andere links nmkehren. Das letztere trat
der Lehrling mit dem Fusse nach dem Kopfe zn, damit es nicht
umwende. Es lief darauf noch 2 Schritte, als es nach der Wand
nmfiel, sich dann anf die andere Seite wälzte und liegen blieb.
Ich sagte za meiner Fraa, die den Vorfall mit ansah, weshalb
das Schwein nicht gleich abgestochen würde.
3. Landwirthschaftsgehilfe Pf., unter Aussetzung des Eides
(Bl. 38). An dem Tage, als die Schweine dem Beklagten über¬
liefert wurden, erschien der Lehrling schon früh 6 Uhr, um zu¬
zusehen, wie die Schweine gefüttert wurden. Gegen 9 Uhr er¬
schien der Meister und begab sich in den Stall. Zunächst lief
das eine Schwein von selbst heraus; dann kam auch das andere
und hinter ihm der Beklagte He. mit einem Stocke. Als wir mit
dem Schweine etwa 50 Schritte von dem Stalle entfernt waren,
wollte das eine wieder nmkehren. Der Lebijnnge kehrte es aber
mit den Knieen wieder am, and als es abermals Miene machte,
nmzudrehen, trat er es von nuten nach dem Halse zu. Das
Schwein glitt hierauf mit den Hinterfüssen aus und kam znm
Fallen. Es schlug hin nnd her, sodass He. sagte: „Das hat es
in den Hinterbeinen.“ Nach einiger Zeit trat ich näher und
äus8erte: „Das sieht aber nieht aus, als wenn es wieder auf-
kommen wollte.“ Darauf ist das Schwein durch den Lehrling ab¬
gestochen worden, als es schon todt war.
4. Fleischerlehrling M. ohne Eidesleistung (Bl. 36). Ich
wurde am 4 November 1896 früh zum Kläger geschickt, um zu
controliren, dass die fraglichen Schweine vor dem Wiegen nicht
gefüttert würden. Als gegen 9 Uhr der Meister kam, war ich
im Hofe und sah, wie der junge Pf. die Schweine mit der Peitsche
in der Hand ans dem Stalle trieb. Als wir mit den Schweinen
schon auf der Dorfstrasse waren, wollte das eine Schwein, welches
vorne weg war, wieder zurücklaufen. Um dies zu verhindern,
stellte ich mein Bein vor das Schwein nnd kam mit dem Beine
an die rechte Seite des Schweines. Es lief dann nochmal fünf
Schritte und rammelte dann an die Wand, wo es liegen blieb.
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170
Ich habe demnächst von meinem Meister ein Messer bekommen
und das Schwein auch abgestochen.
5. Bezirksthierarzt K. (Bl. 98 und 140 d. A.). Ich habe die
Section des Schweines am 2. Tage nach dem Tode vorgenommen
und ausser den von dem Fusstritte des Lehrlings herröhrenden
Verletzungen keine Krankheitserscheinungen festgestellt. Als
Folgen des Fusstrittes habe ich constatirt, dass die Blutgefässe
des Gehirns sehr blutreich waren, dass der Kehlkopf mit Blut
unterlaufen war, dass der Zungengrund blutig war und einige
Wärzchen am Zungengrunde zertrümmert waren. Meines Er¬
achtens war das Schwein, bevor es von dem Lehrlinge den Fuss-
tritt erhalten, völlig gesund. Ich nehme an, dass der Tod des
Schweines durch den Fusstritt veranlasst worden ist
6. Thierarzt 8., der nach Bl. 52 v an dem Tage, an welchem
das Schwein verendet war, wahrgenommen hat, dass die Hals¬
partie der Seite, auf welcher der Cadaver lag, blutig unterlaufen
war, deponirt Bl. 106: Ich habe das Schwein auf der Strasse
liegen gesehen. Es war sehr fett. Nach meiner Auffassung ist
der Tod desselben nicht auf den Fusstritt des Lehrlings direct
zurückzuführen, denn der Fusstritt würde bei der fetten Beschaffen¬
heit des Schweines nicht die von K. gemeinte Wirkung gehabt
haben. Das Schwein mag durch das Heraustreiben aus dem
Stalle und durch das Hin- und Herlaufen sehr aufgeregt gewesen
sein. Bei fetten Schweinen ist infolge solcher Aufregung ein
Herz- oder Gehirnschlag nicht ungewöhnlich. Immerhin will ich
aber zugeben, dass der Fusstritt des Lehrlings die Erregung des
Schweines noch gesteigert und so den Eintritt des Todes durch
Gehirn- oder Herzschlag beschleunigt haben kann. Die vom
Sachverständigen K. bekundeten Erscheinungen, dass die Blut¬
gefässe des Gehirnes gefüllt waren und dass der Kehlkopf blutig
unterlaufen war und der Zungengrund blutig war, brauchen nicht
nothwendig als Folgen des Fusstrittes angesehen zu werden, da
solche Erscheinungen auch bei dem Gehirn- und Herzschlage Vor¬
kommen. Der Tod des Schweines hätte auch ohne den Fusstritt
eintreten können.
7. Bernhard M. (Bl. 121). Ungefähr 5 Minuten, nachderü das
fragliche Schwein gestürzt war, rief mich der Beklagte He. heran,
um mir, wie er sagte, die Spuren des Fusstrittes zu zeigen. • Ich
habe aber keine Spuren an dem Schweine wahrgenommen. Ich
erinnere mich, dass He. mir die linke Seite des Schweines als
diejenige, an welcher Spuren seien, zeigte. Ich habe das Schwein
deshalb nicht näher betrachtet, weil He. es nicht genügend hoch
hob. Das Schwein lag auf der linken Seite. Es kann sein, dass
der Beklagte das Schwein kaum berührt und nicht hochge¬
hoben hat.
8. Frau Landwirth Pf., unter Aussetzung des Eides (Bl. 129).
Die beiden Schweine, welche der Beklagte gekauft hat, würden
wöchentlich regelmässig zwei Mal während des Ausmistens des
Stalles auf den Hof getrieben und hatten sich hieran vollständig
gewöhnt. Wenn die Stallthür geöffnet wurde, liefen sie von selbst
heraus, sprangen im Hofe herum und Hessen sich auch ohne
Schwierigkeit hineintreiben.
Gutachten.
Aus dem actenmässig festgestellten Thatsachenmaterial er-
giebt sich zunächst, dass das hier fragUche Schwein sehr fett
war, wie der Sachverständige S. (Bl. 106 d. A.) herrorgehoben
hat. Nach der thierärztlichen Erfahrung kann ein fettes Schwein
durch eine momentane Beängstigung, Aufregung und Unruhe sich
eine Lähmung der nervösen Apparate, welche die Herzfunction
reguliren, zuziehen und scbneU zu Grunde gehen. Diese schneU
zum Tode führende Lähmung wird in der Wissenschaft als
,,Shock“ oder auch als „Apoplexie ‘ bezeichnet. Gebräuchlich ist
No. 15.
aber auch der im vorliegenden Falle vom Tbierarzt S. gewählte
Name „Herzschlag“.
Dass der Fusstritt, welchen der FleischerlehrUng M. gegen
den Kopf des Schweines voUfdhrte, eine unmittelbare Verletzung
der Haut oder eines Knochens veranlasst hätte, ist nach dem In¬
halte der Acten nicht anzunehmen. Auch lässt sich aus den Be-
fundangaben des Bezirksthierarztes K. nicht schHessen, dass der
Fusstritt eine directe Schädigung des Gehirnes, eine Gehirn¬
erschütterung bewirkt hat. Der Sachverständige constatirte bei
der Section grossen Blutreichthum in dem Gehirn, blutige Unter¬
laufung der Kehlkopfschleimhaut und eine blutige Beschaffenheit
des Zungengrundes. Von S. wird ausserdem noch angegeben, dass
die äussere Haut am Halse derjenigen Seite, auf welcher das
Cadaver lag, blutig unterlaufen war. Indess besagen diese Be¬
fundangaben nichts weiter, als dass das Schwein suffocatorisch
verendet ist. Bei dieser Todesart, welche der Herzlähmung
(Herzschlag) folgt, sind die erwähnten blutigen Zustände der
Organe und die blutigen Unterlaufungen in der Schleimhaut der
Athmungswege in der Hegel vorhanden. Die „Zertrümmerung
einiger Warzen am Zungengrunde“, welche in dem Sectionsberichte
des Sachverständigen K. erwähnt wird, ist eine Folge der nach
dem Tode des Thieres eingetretenen Fäulniss gewesen; denn die
Section des Cadavers fand erst am 2. Tage nach dem Tode statt.
In dieser relativ langen Zeit entstehen in den Cadavern fetter
Schweine gewöhnHch solche Defecte am Grunde der Zunge und
an anderen Organen.
Nach den Bekundungen der beeidigten Zeugen J. und K. hat
das Schwein sich beim Treiben nach der Viehwage umgewendet,
um nach dem StaUe zurückzulaufen. Durch den Fleischerlehrling
M., welcher mit dem Fusse gegen den Kopf trat, wurde es hieran
verhindert. Es ist darauf nur noch zwei Schritte weit gelaufen
und sofort verendet. Der Fusstritt des Lehrlings gegen die
Backe des Schweines schien ohne besondere Heftigkeit erfolgt
zu sein. Mit der letztgedachten Angabe stimmt auch die Aussage-
des Zeugen Bernhard M. überein, welcher keine Spuren des Fuss¬
trittes bei der Besichtigung des Cadavers 5 Minuten nach dem
Tode des Schweines wahrgenommen hat. Ebenso hat der Sach¬
verständige K. kein Zeichen des Fusstrittes an der Haut und an
den Knochen des Kopfes bei der Section festgesteUt.
Bei dieser Sachlage lässt sich auf Grund der Wissenschaft-
Uchen Erfahrung nur schHessen, dass das Schwein, als es nach
dem StaUe zurückeilte und von dem Fleischerlehrlinge zum Um¬
wenden gezwungen wurde, heftig erschrocken und durch den
Schreck sowie durch die Aufregung von einer tödüichen Herz¬
lähmung betroffen worden ist.
Da der Fusstritt, mit dem das Schwein zurückgetrieben
wurde, das Erschrecken und die Aufregung, welche den tödtUchen
Shock herbeiführte, bedingt hat, so ist aUerdings anzunehmen,
dass die Handlung des Lehrlings M. das Ableben des Schweines
verursacht hat. Aber ich kann diese Handlung, soweit dieselbe
durch die Beweisaufnahme festgesteUt ist, nicht als eine unerlaubte
begutachten. Denn der Lehrling hatte die Aufgabe, das Schwein
nach der Viehwage zu treiben und, da es hierbei nach dem Stalle
zurücklaufen woUte, wieder auf den rechten Weg zu bringen. Es
ist nicht ungewöhnUch, dass Fleischerlehrlinge oder Schwarzvieh¬
händler und ihre Dienstknechte beim Treiben von Schweinen die sich
umwendenden Thiere mit einem Fusstritt veranlassen, auf dem
richtigen Wege zu bleiben, sofern sie eine Peitsche oder einen
dünnen Stock nicht zur Hand haben. Dass das hier fragliche
Schwein bei dem Fusstritt gegen die Backe des Kopfes heftig er¬
schrocken ist und derartig aufgeregt wurde, dass es durch Shock
verendete, muss auf einen unglückUchenZufaU zurückgeführt werden.
Magere Schweine sind nach der Erfahrung durch eine Handlung,
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
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14. April 1898.
BERLINER THIERÄ.RZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
171
wie sie der Fleischerlehrling im vorliegenden Falle begangen hat,
nicht gefährdet Der fette Näbrznstand begünstigt das Zustande¬
kommen einer tödtlichen Herzlähmung. Indessen hat in der Regel
ein Fusstritt, wie ihn im vorliegenden Falle der Lehrling M. nach
den Angaben des Zeugen vollführte, auch bei einem sehr fetten
Schweine, keine nachtheiligen Folgen.
Aus vorstehenden Gründen gebe ich das beschlossene Gut¬
achten dahin ab:
Nach Lage der Acten ist anzunehmen, dass das am 4. No¬
vember 1896 verendete Schwein infolge des Fusstrittes, den es
vom Lehrling des Beklagten erhalten hat, heftig erschrocken und
aufgeregt worden ist und dass diese schreckhafte Erregung den
Tod des Schweines durch Herzlähmung (Shock) herbeigeführt hat.
Berlin, den 20. Februar 1897. n „
Zur Frage der Immunitätsdauer bei der Maul- und
Kiauenseuche.
Von
Martens - Sangerhausen.
KreUtblerarz*.
In der neueren Zeit hat mit der Schutzimpfung gegen die
Maul- und Klauenseuche auch die Dauer der Immunität nach der
natürlichen Erkrankung eine erhöhte Aufmerksamkeit gewonnen.
Ich will daher meine Beobachtungen in dieser Angelegenheit hier
kurz anführen, wobei ich betone, dass die Resultate nicht auf
Mittheilungen der betr. Besitzer, die doch meistens sehr vor¬
sichtig aufzufassen sind, sondern auf eigenen Untersuchungen
der einzelnen Thiere basiren. Die letzten grossen Seuchen-
gänge eigneten sich vorzüglich für die die Immunitätsdauer be¬
treffenden Ermittelungen, leider konnten die letzteren wegen der
zeitraubenden Arbeit nur spärlich gemacht werden.
- Ich lasse die Resultate in nachstehender Uebersicht folgen:
50 Stück Rindvieh im Januar 1892 leicht erkrankt, im
Dezember 1893 ca. 50% leicht erkrankt.
75 Stück Rindvieh im Februar 1892 leicht erkrankt, im
August 1893 schwer.
100 Stück Rindvieh im Januar 1893 leicht erkrankt, im Mai
1896 leicht.
160 Stück Rindvieh im Februar 1893 schwer erkrankt, im
März 1896 ca. 50% leicht erkrankt.
80 Stück Rindvieh im September 1894 leicht erkrankt, im
September 1895 leicht.
80 Stück Rindvieh im September 1894 schwer erkrankt, im
September 1896 nicht.
25 Stück Rindvieh im Januar 1897 leicht erkrankt, im
August 1898 nicht.
60 Stück Rindvieh im Januar 1897 schwer erkrankt, im
Januar 1898 nicht.
100 Stück Rindvieh im Februar 1893 leicht erkrankt, im
Oktober 1894 ca 30% leicht.
Wir sehen daraus, dass die Immunitätsdaner sehr schwankend
ist nnd 9 Monate bis 3 Jahre beträgt, ferner, dass dieselbe nach
schweren Erkrankungen länger anhält als nach leichten. Wie
bekannt ist, spielt ja gerade bei der Maul- und Kleuenseuche
der besondere Character des Contagiums, der Genius epizooticus,
eine grosse Rolle, was besonders bei den jetzt vorgenommenen
Impfversuchen zu berücksichtigen sein wird. Bezüglich der
letzteren möchte ich noch auf den Umstand aufmerksam machen,
dass in Deutschland recht viele Viehbestände 1 bis 2 Mal durch-
geseucht sind und so eine Immunität, die sich unter Umständen
3 Jahre und darüber erstrecken kann, erworben haben. Man
kann bei der Schutzimpfung daher leicht zu Trugschlüssen
gelangen. _
Ueber Schnellimmunisirung bei Klauen- u. Maulseuche.
Von
Sanitätsratb Dr. Robert Behla.
Bereits im Jahre 1892 habe ich in einem Artikel der Berliner
Thierärztlichen Wochenschrift: ,.Zur Schutzimpfung bei Klauen-
und Maulseuche“/) abgesehen von andern sich mit der Aetiologie
und Uebertragung der Apthenseuche beschäftigenden Arbeiten
meines Wissens als Erster in der diesbezüglichen Litteratur im
Gegensatz zu der gebräuchlichen sogenannten Impfüng (eigentlich
vollen Krankheitsübertragung) auf eine Schutzimpfung im
modernen Sinne hingewiesen nnd den Nutzen einer solchen
auseinandergesetzt. Besonders auf die Vortheile aufmerksam
machend, dass mau sich gerade diese Krankheit zum besseren
Studium für Laboratoriumszwecke künstlich erzeugen könne, habe
ich schon damals Untersuchungen mit dem Blutserum eben¬
durchseuchter Thiere in Bezug auf Immunitätserzielung angestellt
und constatirte auch im Allgemeinen eine Schutzwirkung desselben.
Ich experimentirte jedoch der Billigkeit halber mit einem Thiere,
das in der Empfänglichkeitscala für die Apthenseuche unten an
steht, an Hühnern. Von der Thatsache ausgehend, dass auch
anderen Säften des Körpers immunisirende Eigenschaften inne¬
wohnen, z. B. der Galle bei der Rinderpest, habe ich weiterhin
den Geifer, welcher an dem Hauptschauplatz der Krankheit bei
den Rindern in Massen producirt wird, besonders präparirt, damit
geimpft und es gelang mir, 1 Ferkel und 1 Lamm mit diesem
Impfstoff wirklich zu immunisiren, was die Controlimpfung be¬
stätigte. Leider konnte ich diese Versuche an Rindern nicht
fortsetzen und ist diese damals schon festgestellte Thatsache von
der Landwirthschaft im grösseren Stil nicht weiter practisch auf¬
gegriffen und verwerthet worden. Wäre dies nach meiner An¬
sicht geschehen, so hätte man in der Zwischenzeit schon weiter
Vorwärts kommen können. Ich erklärte damals, dass man bei der
ausserordentlichen Schwierigkeit und Erfolglosigkeit der ätiolo¬
gischen Forschung, auch ohne den Erreger zu kennen, fortan
mehr die chemische, immunisirende Seite der Frage ver¬
folgen solle, um einen passenden Impfstoff im modernen Sinne
auszukunden. Ich Spitzte die Impfrage dahin zu, bei der nicht
langen und unbestimmten Dauer der Immunität der Apthen¬
seuche, die Schutzimpfung nur in Kraft treten zu lassen
in Zeiten drohender Gefahr. „Ist ein Fall von Klauen- und
Maulseuche festgestellt, dann ist ausser den polizeilichen Mass-
regeln die Schutzimpfung der Heerde oder der empfänglichen
Thiere im ganzen Dorf sowie in der näheren Umgebung noth-
wendig.“ Nur so kann die Seuche auf einen lokalen Heerd be¬
schränkt werden. Diese formulirten Sätze sind auch heute noch
am Platze. Im Laufe der Zeit bin ich weiter zu der Ueber-
zeugung gekommen, dass eine Schutzimpfung bei dieser Seuche
schnell wirken müsse, da die Uebertragung von einem Thiere
zum andern in wenigen Tagen zu geschehen pflegt. Ich zog die
Frage einer Schnellimmunisirung in Erwägung.
Dabei griff ich zurück auf eine Beobachtung Picks:
„Durch den Gebrauch von Jodkali erworbene Inmunität
von Rindern gegen die Maul- und Klauenseuche.“ ***)
*) Vergl. 1. Berlin. Thierärztl. Wochenschrift 1892, No. 49. — 2.
Der Erreger der Klauen- und Maulseuche nebst Bemerkungen über
die acuten Exantheme beim Menschen. Centralbl. f. Bacteriol. und
Parasitenkunde, Bd. XIII 1893, No. 2. — 3. Experimentelle Ueber-
tragungen von Klauen- und Maulseuche auf Schafe. Berlin. Thier¬
ärztliche Wochenschrift 1896, No. 33. — 3. Der Streptococcus in.
volutus und der Erreger der Klanen- und Maulseuche ibid. 18% IV. 45.
**) cf. Schneidemühl, Wochenschrift für Thierheilkunde und Vieh¬
zucht. Jahrgang 1897, No. 45, S. 421: Bemerkungen zu den neuen
Erfolgenäüber, die Schutzimpfung der Maul- und Klauenseuche
und Einiges über die Art der Verbreitung dieser Seuche.
***) cf. Centralbl. f. Bacteriol. und Parasitenkunde 1896. Bd. XVII.
No. 11, S. 864.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
172
Zorn Zwecke von Versuchen über die Anwendung jodirter
Kuhmilch vorwiegend bei luetischen Kindern wurden in
einem Stalle einer Molkerei bei Prag von 70 Kühen 2 Kühen,
einer durch acht und einer durch zehn Wochen hindurch täglich
12 g Jodkali verabreicht. Die Wirkung des Jods zeigte sich,
ähnlich wie beim Menschen, schon in den nächsten Tagen in
einer Steigerung der Secretion der Nasenschleimhaut und des
Speichels. Im Harn, Nasenschleim, Speichel war Jod nachweis¬
bar. Die Fresslust war dabei nicht vermindert, aber der Durst
gesteigert. Zuerst waren die Joderscheinungen heftiger, später
gelinder, in der ganzen Zeit der Jodeinnahme. Während die
beiden Kühe früher 11—13 Liter Milch producirten, lieferten die¬
selben während des Jodgebrauchs 16—18 Liter. Da auf ein Mal
brach in dem Kuhstalle die Klauen- und Maulseuche aus. Um
die Epidemie abzukürzen, wurde in der üblichen Weise die
Krankheit mit geiferdurchtränkten Lappen auf die anderen Thiere
übertragen. Diese Thiere erkrankten alle, auch, trotz prophy-
lactischer Massregeln, die Thiere in einem anderen Stalle, sogar
in der Umgebung. Nur die beiden obengenannten jodirten Kühe
blieben verschont. Pick bemerkt besonders dazu, dass dieselben
vorher die Maul- und Klauenseuche nie gehabt hatten. Sie be¬
kamen kein anderes Futter, befanden sich unter denselben Ver¬
hältnissen im Stall, sie standen rechts und links zwischen er¬
krankten Thieren. Pick kommt zu dem Schluss: ,,Ich glaube
annehmen zu dürfen, dass die Immuuität nur auf den Umstand
zurückgefübrt werden kann, dass sie durch und durch jodirt waren.“
In Folge dessen habe ich Maulsecret von apthenseuchekranken
Hindern mit Jodkali vermischt und zwar nach folgender Vorschrift:
Der auf der Höhe der Krankheit massenhaft aus dem Maule
fliessende Geifer wird in einer sterilisirten Schüssel aufgefangen,
durch Filtriren mittelst Filtrirpapier von groben Beimengungen
gereinigt, sodann durch Bacterienfilter flltrirt. Diese so erhaltene
Flüssigkeit wird zu gleichen Theilen mit einer 20proc. Jod¬
kalilösung gemischt. Von diesem Impfstoff habe ich bei Ferkeln
3 Tage hintereinander je 10 ccm sowohl in die rechte wie in die
linke Halsgegend injicirt. Schon in den nächsten Tagen wurde
bei den von mir geprüften Thieren Immunität erzeugt. Die
Controlimpfung am 6. Tage versagte. Der Schutz war ein
sicherer.
Bei Hindern ist die Jodkalilösung zu verstärken auf eine
40 pCt. - Lösung, *) zu gleichen Theilen mit Maulsecret Je
10 ccm des Impfstoffs werden an beiden Seiten des Halses ein-
gespritzt, 3 Tage hintereinander, so dass täglich 4 g Jodkali
einverleibt werden. Ich erkläre mir die sichere und prompte
Wirkung des Impfstoffes ein Mal derartig, dass das Jod sehr
schnell die Säfte des Körpers durchdringt, die Schleimhaut des
Maules und der Nase chemisch verändert und dadurch die Ent¬
wicklung der Keime verhindert, sodann ist die dem Geifer,
welcher von dem Hauptsitz des Erregers herrührt,
innewohnende immunisirende Kraft eine nachhaltige. Nach meinen
Prüfungen hielt die so erzielte Immunität 2—3 Monate an, im
Allgemeinen hinreichend lange, bis die Gefahr der Ansteckung in
einer Heerde vorüber ist. Meines Dafürhaltens hat diese
Impfung Vortheile vor der Serumimpfting, weil sie schneller
wirkt, die Thiere nicht erheblich krank macht, bei Kühen gerade
die Milchproduction nicht beschränkt, sogar steigert und im
gegebenen Fall stets frisch zu jeder Zeit genügend Impfstoff
hergestellt werden kann. Es wäre wünschenswerth, wenn der
Impfstoff auf Dominien in grösseren Heerden io Bezug auf seine
Leistungsfähigkeit practisch angewendet würde. Nur so durch
*) Stärkere Jodkalilösungen auf ein Mal einzuspritzen ist nicht
empfehleDBWcrth, da hierdurch Hautgangraen erzeugt werden kann.
No. 15.
Impfen einer grösseren Zahl von Thieren kann ausgekundet
werden, welcher Impfstoff in der Praxis am brauchbarsten ist.
Dazu sind allerdings Mittel nothwendig, aber das dafür auf¬
gewendete Geld dürfte kaum in Betracht kommen gegenüber
dem ausserordentlichen Schaden, welcher durch die Seuche selbst
verursacht wird. _
Referate.
Die tuberkulöse Entzündung der Gelenk-Sehnenscheiden
und Schleimbeutel beim Rind.
Von Gnillebeau-Bern.
(Sobw. Arcb. f. Th. 40, 1).
Bei Rindern treten häufig spontane Gelenk- und Sehnen¬
scheidenentzündungen auf, die meist chronisch und ohne Eiterung
verlaufen und ausgeprägten Muskelschwund herbeiführen, weshalb
der Landraann das ganze Leiden auch als Schwund zu bezeichnen
pflegt. Strebei hat diese bekannte Affection früher als Rheuma¬
tismus beim Rinde bezeichnet und sie in neueren Arbeiten (vgl.
B. T. W. Jhrg. 1895 No. 9) als idiopathische Gelenkentzündung
definirt. — Ehrhardt hat einen dem acuten Gelenkrheumatismus
des Menschen ähnlichen Ansteckungsstoff vermuthet. Auch
Cadeac nimmt rheumatischen Charakter an. Hess dagegen hat
schon mehrfach auf die tuberkulöse Natur vieler derartiger
Affectionen hingewiesen. Lucet hat Tnberkelbacillen in einem
Falle gefunden, und Vennerholm bezeichnet die Krankheit ohne
Weiteres als tuberkulöses Leiden. Uebereinstimmend beweisen
die Beobachtungen aus der Schweiz, aus Schweden und Süd¬
frankreich, dass diese Arthritis granulosa, wenn auch nicht beim
Pferde, so doch bei den andern Hausthieren ein sehr häufiges Leiden
ist Jedes Gelenk kann befallen werden, am häufigsten das Knie;
dann folgt der Carpus und dann der Tarsus. Die Kapsel ist
ausgedehnt. Sehnenscheiden oder Schleimbeutel, z. B. die mit
der Gelenkkapsel zusammenhängende Bursa unter dem Extensor
digitorum pedis longus, enthalten Fibrin. Synovialzotten ver-
gröBsert, sogar bis Pflaumengross, einige in flache Membrane ver¬
wandelt, die zwischen die Gelenkenden hineinwachsen. Soweit
sie reichen, ist der Knorpel zerstört. Im Knochen entstehen
Gruben, und von jenen Zotten aus senken sich wurzelähnliche
Fortsätze in diese Knochengruben hinein. Stets liegen sich die
Substanzverluste gegenüber, sodass jene Membranfortsätze in
gleichgrosse Abschnitte beider Epiphysen eindringen. Um das
Gelenk bezw. die Sehnenscheiden herum Oedem. Abscedirung
selten. Die das Gelenk unmittelbar umgebende Musculatur auf¬
fällig blass, eventuell colloid entartet. Verkäsung relativ selten
(unter 33 Fällen 2 mal). In einigen Gelenken haben die Zotten
eine lockere bindegewebige Mittelschicht, an deren Oberfläche
eine Spindel- und Rundzellenschicht ohne Riesenzellen und ohne
käsige bezw. nekrotische Herde. An grossen Zotten waren auch
die Rinde bindegewebig, das Centrum zellig; Gefässe überall
reich entwickelt. Beim Schweine fanden sich zahlreiche follikel¬
ähnliche Rundzellhaufen. Meist fanden sich im Gewebe vereinzelte
Tuberkelbacillen. Die Gesammtheit der Veränderungen entspricht
dem Begriffe der schwammigen Gelenkentzündung, Synovitis
granulosa bezw. fibrinosa sicca. In dem die Höhle füllenden
Exsudat hier und da Tuberkelbacillen, im frischen Exsudat meist
in sehr geringer Menge, weshalb der Nachweis durch Ueber-
impfuug auf Meerschweinchen am besten zu führen ist. Die in
dieser Weise von 7 Rindern auf 10 Meerschweinchen übertragenen
Producte veranlassten bei sämmtlichen Thieren allgemeine Tuber¬
kulose, und diese Thatsache, durch den Befund unterstützt, ge¬
stattet zweifellos den Schluss, dass die erwähnten Entzündungen
tuberkulöser Natur sind. Andere Meerschweinchen, die in der¬
selben Weise geimpft, blieben indessen gesund, und zwar stellte
sich das Verhältnis so, dass einige Male alle von einem be-
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14. April 1898.
stimmten Rinde geimpften Thiere gesund blieben, in anderen
Fällen einzelne Impfthiere krank wurden und andere nicht. Im
Ganzen haben die Krankheitsproducte von 7 Fällen bei 12 Meer¬
schweinchen keine Tuberkulose veranlasst. Bei einem dieser
7 Rinder erkrankte jedoch ein Theil der geimpften Meer¬
schweinchen, sodass hier am tuberkulösen Charakter des Prozesses
auch nicht gezweifelt werden kann. Bei einem anderen Rinde
wurden dieTuberkelbacillen selbst am Krankheitsherde nachgewiesen.
Hieraus geht hervor, dass der negative Ausfall der Impfung einer
geringen Zahl von Meerschweinchen nicht massgebend ist, und da
neben dem Nachweis der Bacillen die Gleichartigkeit der Be¬
funde mit den als unzweifelhaft tuberkulös erwiesenen Fällen
entscheidend in Betracht kommt, so mussten auch diejenigen
Fälle in denen eine Verimpfung auf Meerschweinchen ebenso wie
der Nachweis der Tuberkelbacillen nicht gelang, als tuberkulös
angesprochen werden.
Das Vorhandensein einer Verletzung, die Gegenwart von
Eiter im Gelenk überhaupt und das Vorkommen leicht zu
färbender Bacterien genügen hinsichtlich der Differenzialdiagnose,
um solche Fälle von der tuberkulösen Arthritis zu scheiden.
Die hervorragende Bedeutung der tuberkulösen Infektion für
die Entstehung der Sehnenscheiden- und Schleimbeutelent¬
zündungen, die sich aus der Zusammenstellung aller Fälle ergab,
ist ein ganz überraschendes Ergebniss. Die tuberkulöse Gelenk-
und Sehnenscheidenentzündung ist manchmal die einzige, also die
primäre tuberkulöse Infektion. (Selbstverständlich wurden in
allen diesen Fällen die Lymphdrüsen sorgfältig untersucht). Diese
Synovitis befällt meist nur eine Stelle im Organismus; aber die
Zusammenstellung aHer Berichte ergiebt, dass sie in '/ 5 der Fälle
multipel auftritt. So fanden sich in einem Falle Arthritis im
Femorotibialgelenk, Hygrom eines Carpalgelenks, zwei entzündete
Schleimbeutel auf der Symphysis pelvis, Bursitis zwischen dem
Mu8culu8 biceps und dem Trochanter mjyor femoris. In einem
andern Falle Tendosynovitis des Musculus radialis externus mit
Arthritis des Femorotibialgeleuks u. 8. w. Am häufigsten ist die
Kombination einer Kniegelenkserkrankung mit einer solchen des
Carpus, die meist als Hygrom auftritt. Diese Vielfältigkeit in
Verbindung mit chronischem Verlauf der Gelenkentzündung tritt
wohl nur bei Tuberkulose auf. Manchmal zeigen sich charakte-
risirte Heilungsvorgänge, so: Fehlen des fibrinösen Exsudats,
Wiederherstellung des Knorpelüberzuges, der dann sich noch
weiss getrübt, uneben oder filzig zeigt und oft von einem
deutlich hervortretenden platten Knorpelwalle umgeben ist;
ferner verdünnte und durchscheinende Zotten und Membrane.
Diese auf ein umfangreiches Material gestützten Unter¬
suchungen zeigen unzweifelhaft, dass die fungösen Synoviten
beim Rind und beim Schwein in ihrer grossen Mehrzahl tuberku¬
lösen Ursprungs sind, und es wäre wünschenswert, dass diese
anderswo bereits vertretene Ansicht auch im deutschen Sprach¬
gebiet zur Geltung käme. Dasselbe gilt von den spontanen
Sehnenscheiden- und Schleimbeutelentzündungen. Zu unterscheiden
von diesen häufigen und bisher nicht genügend beachteten
tuberkulösen Artkrileu giebt es beim Rind noch eine andere
seltenere, aber überall beschriebene Form, wobei an der Synovial¬
kapsel und den Knochenenden verkäste Tuberkelknoten auftraten,
deren Feststellung natürlich keine Schwierigkeiten bietet.
Neuer Beitrag zum Studium der Mikroorganismen der
Septieaemia haemorrhagica beim Binde.
Von Dr. G. Bosso.
(CdDtrmlbl. für B»kt. 1898 H. 8.)
Verf. hat sich die Aufgabe gestellt, haemorrhagische Septi-
caemie aufzufinden und zu untersuchen und durch Vergleichung
mit den bekannten Formen zu prüfen, ob, wie Hueppe vorschlägt,
173_
die die verschiedenen epizootischen und enzootischeu Formen ver¬
ursachenden Bakterien in eine einzige Gruppe oder nach den
Beobachtungen Anderer (Caneva, Raccuglia, Bunz-Federn,
Fränkel und Afanasieff) in mehrere Gruppen zu classificiren
seien.
Der vorliegende neue Fall wurde im Laboratorium für patho¬
logische Anatomie und Parasitenkunde des Prof. E. Peroncito in
Turin, welcher durch die Entdeckung des Geflügelcholera-Bacillus
im Jahre 1878 die Gruppe der Septic. haemorrhagica gewisser-
massen begründet hat, näher uutersucht
Thierarzt Dr. Garetto schickte an das Laboratorium ein
Stückchen vom Herzen und das rechte Herzohr eines Rindes,
welches nach 24 ständigem Kranksein verendet war. Bei der
Obduction desselben hatte G. Folgendes festgestellt: schwarz¬
blaue, etwa linsengrosse Flecke am Perineum, geschwollene Vor¬
steherdrüsen mit gallertigem Exsudat, Flecke am Pericardium,
Ekchymosen am Endocardium und ausgedehnte, zusammenhängende
scbwarzblaue und schwärzliche Ekchymosen auf deu Darmschleim¬
häuten, in den Congestion aufweisenden Nieren eine seröse
Flüssigkeit, Milz nur wenig vergrössert. In den subserösen Blut-
suffusionen des eingesandteu Herzstückes fand der Verf. bei der
mikroskopischen Untersuchung bisweilen aus 7—8 Gliedern be¬
stehende, kettenartig vereinigte Bakterien, die sich mit Methylen¬
blau intensiv blau färbten.
Die Isolirung des Mikrophyten machte mit Hilfe der Petri-
schen Plattenculturen keine Schwierigkeiten. Derselbe bildet auf
Gelatineplatten binnen 3 Tagen erhabene, rundliche, nicht con-
fluirende Colonien. Der Mikroorganismus w r äch>t im Thermostaten
bei 37° C. auf Agar, in Bouillon, Milch, auf alkalisirten Kar¬
toffeln und hat eine Länge von 2—2,4 // und e.ne Breite von
0,4—0,5 ft. Sporenbildung und Eigenbeweguug worden nicht
beobachtet. Die Färbung gelingt mit allen Färbamethoden, auch
mit derjenigen nach Gram. Der Parasit ist für Meerschweinchen
und Kaninchen pathogen, erstere sterben bei subcutaner Ein¬
verleibung nach 36, bei Einspritzung ins Peritoneum nach
18 Stunden. Auaörob cultivirt oder 15 Tage lang im Thermo¬
staten gehalten und darauf- 1 Stunde bei 70° C. sterilisirt oder
mittels Chamberland-Trichter filtrirt, verliert der Mikrobe sein
pathogenes Vermögen. Auf Nährsubstraten weiter gezüchtet, büsst
derselbe ebenfalls nach zwei Monaten seine Virulenz ein, während
er, nach einigen Durchgängen durch den Meerschweinchenkörper,
Meerschweinchen schon in 14 Stunden zu tödten vermag.
Bei den histologischen Untersuchungen von Gewebsstückchen
(Fixirung in gesättigter Sublimatlösung, nach den gewöhnlichen
Abspülungen, Uebertraguugen in Alkohol, in Xylol und Einbettung
in Paraffin) ergab sich mittels Färbung der Schnitte durch Picro-
carmin, Boraxcarmin, Kühne’sclier, Loeffler’scher und wässerig
verdünnter Ziehl’scher Lösung, dass in den Blutextvarasaten die
spec. Bakterien in ausserordentlich grosser Menge vorhanden
waren.
Die Gehirnrflekenmark8entzfindang der Pferde.
In dem Veterinärbericht des Königsreichs Sachsen für 1896
wird über diese Krankheit Folgendes bemerkt. Die Cerebro¬
spinalmeningitis trat 1896 sehr stark hervor, nicht bloss in den
schon früher stärker betroffenen Amtshauptmannschaften Zwickau,
Glauchau und Chemnitz. Das Gebiet der Krankheit hat sich
nach Norden bezw. nach der Niederung zu ausgebreitet; frei
blieben nur die Kreishauptmanuschaften Bautzen und Dresden.
Die Seuche stieg vom Jahresanfang bis zum Mai und Juni stetig
und fiel dann bis zum October erheblich ab. Ganz genaue
Zahlen über die vorgekommenen Krankheitsfälle waren nicht zu
erlangen; einen ungefähren Ueberblick ergeben jedoch die bei
den Amtshauptmannschaften eingehenden Unterstützungsgesuche»
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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174
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15.
die daran geknöpften Erörterungen, welche dem Kgl. Ministerium
überreicht wurden. Danach sind in 934 Gehöften von 386 Ort¬
schaften 1198 Pferde erkrankt, von denen nur 76 genesen sind.
Von 632 Krankheitsfällen traten 419 — 65 pCt als Einzelfälle
in den betreffenden Beständen auf, 72 mal kamen 2 Erkrankungen,
nur 21 mal mehr in demselben Bestände vor. Die meisten
Pferde standen im Alter von 5—10 Jahren. Die Summe der
Taxwerthe betrug über 400000 M. Eine Ansteckung von Thier
zu Thier wurde nie beobachtet. Wo mehrere Fälle in einem
Stalle vorkamen, waren auch sie stets vereinzelt nnd weit ausein¬
anderliegend. Recidive sind mehrfach eingetreten. Richtige
Diät ist bei der Behandlung das Beste. Eine zurückbleibende
Kreuzschwäche scheint meist dauernd zu sein. Dagegen werden
staarblindgewordene Pferde bei sorgsamer Haltung allmählich
wieder sehend. *— Zur Unterstützung der hart betroffenen Be¬
sitzer wurde in Löbstedt ein Krankenstall unter Aufsicht eines
Thierarztes hergestellt, dem 35 Patienten zugeführt wurden. Es
muss angenommen werden, dass der Infectionsstoff mit dem
Futter oder Wasser aufgenommen wird. Für letzteres spricht
folgende Beobachtung aus der Amtshanptmannsckaft Grimma.
Auf einem Vorwerk waren in zwei Jahren fünf Pferde gefallen.
Als der etwa sechs [Schritt vom Pferdestall entfernte Trink-
brunnen geschlossen wurde, kam kein Fall weiter vor. Infolge
einer Nothlage mussten jedoli im Laufe des Sommers 1896
wieder Schafe aus diesem Brunuen getränkt werden und danach
erkrankten 21 unter Erscheinungen, die der Genickstarre der
Pferde sehr äknlich"waren.
Carcinomatose beim Pferd.
Von Hinrichsen,
Deutsche thieräritL Wochenschr.
Ein 7jähriger Wallach erkrankte an druseähnlichen Er¬
scheinungen, insofern eine Hervorwölbung der Ohrdrüseng^gend,
etwas Nasenausfluss und eine hühnereigrosse Schwellung der
Kehlgangslymphdrtisen sich einstellten. Etwa drei Monate
später zeigte sich der Nährzustand verschlechtert, die
Schwellung der Drüsen vergrössert Drei Monate später
war das Thier abgemagert, hatte wenig Appetit, erweiterte
beide Nasenöffnungen schon bei der geringsten Anstrengung
stark nnd schnarchte. Das Pferd war nun arbeitsunfähig,
die Geschwulstbildung unzweifelhaft eine bösartige. Die
Symptome Hessen auf Metastase schliessen, und die Versicherungs¬
gesellschaft, bei welcher es versichert war, übernahm es daher
als unheilbar, liess es aber nicht töten, sondern schickte es auf
die Weide. Erst im Januar nächsten Jahres entschloss man sich,
die Leiden des Thieres zu beenden. H. fand den Kopf stark
deformirt. Es zeigten sich bei der Section Geschwulstbildungen
an den Lymphdrtisen des Kopfes, an den um Schlund und Kehl¬
kopf gelegenen Drüsen nnd zahlreiche Neubildungen in Lungen,
Leber und Nieren. Professor Schütz diagnosticirte primäre
krebsige Erkrankung der Lympbdrüsen des Kopfes, die übrigen
Geschwülste als Metastasen.
Bei einer 6jälirigen Stute traten im Juni plötzlich ödematöse
Schwellungen beider Vorderbeine ein ohne sonstige Symptome.
Eine Pilocarpineinspritzung verringerte das Oedem, doch blieb
das Pferd matt. Appetit und Kräfte nahmen stark ab. Es trat
einige mässige Schwellung der Kehlgangslymphdrüsen und
leichter Nasenausfhiss ein; auch die unteren Hals- und Bugdrüsen
schwollen. Zunehmendes Oedem an Brustkorb und Schenkeln.
Das Thier entlastete den linken besonders geschwollenen Vorder¬
stes; es stand stöhnend mit gesenktem Kopf und schläfrig. Nach
der Tödtung am 2. November zeigten sich Bug-, Arm- und Achsel¬
drüsen colossal vergrössert; die letzteren linksseitig an der Herz¬
basis nud Pleura costalis fest angewachsen, eine knotige, derbe
Geschwulstmasse bildend. In Herz und Lungen selbst keine
Neubildungen, ebenso nicht in der Leber; im Pancreas viele
derbe Knoten, in der Milz drei Stück nnd viele erbsen- bis
haselnuBsgrosse in der Milzrinne; in den Nieren einige derbe
Knötchen. Die zugehörigen Lympbdrüsen stark verändert Die
microskopische Untersuchung ergab zahlreiches Struma mit Epitbel-
strängen dazwischen. Es handelte sich also um Carcinom.
Eine nene Injectionsspritze.
(Aus dem hygienischen Institute in Greifswald.)
Von F. Löffler.
(Cfltatnlbl. f. Bikt 1K97 H 20,sl).
Löffler bemerkt, dass die von ihm angegebene and im Jahre
1894 (Centralbl. Bd. XH H. 18) beschriebene sterilisirbare
Injectionsspritze eine Anzahl von Mängeln habe, welche an der
neuen Spritze in Wegfall kommen. Dieselbe besteht in einem
einfachen Glasrohr mit gut aufgeschliffenem oder anfgekittetem
Metallansatz znm Aufsetzen der Kanüle and einem durchbohrten
Metalltheil am andern Ende zur Führung der Stempelstange. Der
wesentUchste Bestandtbeil einer Spritze, der Stempel, ist in
folgender Weise zu armiren: Die Metallscheibe des Stempels
soll eine Stärke von 1 mm haben. Der Rand der Scheibe ist
abzurunden. Ihr Durchmesser hat 1 mm weniger zn betragen als
der innere Durchmesser des Glasrohres, ein Verhältnis9, welches
besonders zu berücksichtigen ist. Die Dicke der zur Dichtung
verwendeten Gummiplatte soll der Differenz zwischen dem Durch¬
messer der Metallscheibe und dem inneren Durchmesser des
Glases, gleich sein, demnach gleich 1 mm. Gummiplatten mit
einer glatten und einer rauhen Seite eignen sich am besten, weil
die glatte Fläche sehr leicht auf der inneren Wand des Glas¬
rohres gleitet. Die wesentlichste Verbesserung der Spritze ist
die Art der Befestigung der Gummiplatte auf der Metallscheibe.
Während zu diesem Zweck früher feiner Messingdraht verwendet
wurde, wird jetzt ein directes Anheften der Gummiplatte ver¬
mieden. Die mit einer Scheere kreisrund ansgeschnittene Gummi¬
platte erhält einen Durchmesser, der den äussern Durchmesser
des Glasrohres um 2,5—3 mm übertrifft. Die so gewonnene
Gummischeibe wird mit Wasser oder Alkohol angefeuchtet, dann
derart auf die Mündung des Glasrohres gedeckt, dass sie letztere
nach allen Seiten gleichraässig überragt. Mit dem nunmehr auf¬
gesetztem Stempel wird die Platte in das Innere hineingedrückt,
womit die Armirung der Spritze beendet ist. Der Gummi sitzt
beim Auf- und Niederziehen des Stempels sehr gut fest, wenn die
angegebenen Verhältnisse Beachtung gefunden haben. Es können
anch mehrere dünne Gummiplättchen bis zur Stärke von 1 mm
zusammengelegt in der gedachten Weise mit demselben guten
Effect verwendet werden. Nach dem Gebrauche der Spritze
wird der Stempel ansgezogen nnd die Gnmmiplättchen neben dem
Stiel in das Glasrohr geschoben oder in einem Fläschchen mit
Alkohol aufbewahrt. Im Laboratorium hält man sich mit Vor¬
theil eine armirte Spritze in Alkohol bereit, die stets steril ist
und durch Ausspritzen mit abgekochtem Wasser schnell vom
Alkohol befreit und zum Gebrauch fertig gemacht werden kann.
Anstatt das Glasrohr mit einem Metallansatz zuta Aufsetzen
der Kanüle zu versehen, empfiehlt L. das Glasrohr zu einer Spitze
auszuziehen und diese als Ansatz für die Kanüle zuzuschleifen.
L. probirte Spritzen in allen Grössen mit der beschriebenen
Armirung und fand dass sie alle tadellos f'inktionirten.
Die Spritze kann nach Einspritzung infectiösen Materials
durch Kochen leicht wieder sterilisirt werden. Oder auf eine
andere Art zieht man den Stempel aus dem Glasrohr, kocht
die Plättchen in einem Reagensglas mit etwas Wasser, macht
den Metallstempel durch Erhitzen iu der Flamme keimfrei und
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14. April 1898.
desinfizirt das Glasrohr durch Kochen in Wasser oder durch
Einlegen in Desinfectionsflüssigkeiten.
Schliesslich beschreibt L. noch, wie man sich leicht eine gut
fanctionirende Spritze improvisiren kann, wenn nur. ein Glasrohr,
Gnmmi8cheiben und eine Hohlnadel vorhanden sind.
Die neue Injectionsspritze, deren Vorzüge für Jedermann
einleuchtend sind, kann aus der Fabrik chirurgischer Instrumente
von Julius Stoepler, Greifswald, Fischstrasse 29, bezogen
werden.
Eine einfaehe Sporenfärbnngsmethode.
Von Dr. Aladär Anjeszky.
(Centralbl. f. B*kt. 1898, H. 8.)
Die bekannten Verfahren zum Färben von Sporen sind viel¬
fach umständlich und zeitraubend. Die Einwirkung des Magensaftes
aufdießacterien haben Bütschli-Lowit und A. untersucht. Das vom
Verf. angewandte Princip der Sporenmerabran und Maceration ist
nicht neu. Bei den Versuchen des Verf. mit künstlichem Magen¬
saft (0,1 Proz. Pepsin und 0,5 Proz. Salzsänre) ergab sich, dass
nur die Salzsäure einen Einfluss bei der Sporenfärbung ausübte.
Eine Erhitzung des Magensaftes auf 80° schliesst eine Wirkung
des Pepsins überhaupt aus. Nunmehr wurde zur Maceration nur
noch 1 proc. warme Salzsäurelösnng gebraucht und folgendes
Verfahren beobachtet: Das lufttrockene, nicht flxirte Deckglas¬
präparat wird auf '/»proc. Salzsäurelösung gelegt, sobald dieselbe
in einer Porzellanschale bis zur Blasenbildung erhitzt ist. In
dieser Flüssigkeit bleibt das Präparat 3—4 Minuten. Es folgen
Abspülen mit Wasser, Trocknen, Fixiren und Färben mit
ZiehPscher Fuchsinlösung, indem das Deckglas über die Bunsen¬
flamme gehalten wird bis Dampfbildung eintritt. Das Erwärmen
wird noch einmal wiederholt. Darauf wird das Präparat 1—2
Min. lang abgekühlt und dann die Entfärbung mit 4- -5 proc.
Schwefelsäure und die Nachfärbung mit Malachitgrün oder
Methylenblau auf eine Dauer von 1—2 Min. vorgenommen. Das
ganze Verfahren währt 8—10 Min. und ist mit gutem Erfolg
probirt worden bei den Sporen des Bac. anthracis, B. subtilis,
B. oedematis maligni, B. alvei, B. bntyricus, B. racemosus und
des Rauschbrandbacillus.
Beim B. subtilis empfiehlt sich zur Entfärbung eine mehr
verdünnte (1—2 proc.) Schwefelsäure oder 2—3 proc. Essigsäure
anzuwenden. Die spindelförmigen Sporen des B. alvei müssen
9—10 Min. macerirt und ebenso lange gefärbt werden.
Zum Färben können auch die anilinwässerige Fuchsinlösung
und die Gentinaviolettlösung angewendet werden. In letzterem
Falle ist als Contrastfarbe Bismarckbraun oder Vesuvin zu
wählen.
Kleine Mittheilwigen.
iMMunltät und Schutzimpfung bei Schweineseuche.
Nach den übereinstimmenden Beobachtungen der ungarischen
Thierärzte bei der grossen Schweineseuchenepidemie erhalten
Schweine durch das einmalige Ueberstehen der Schweineseuche
sichere Immunität. Vielfach will man auch die Erfahrung
gemacht haben, dass die von natürlich immun gewordenen Sauen
geworfenen Ferkel eine sehr grosse Widerstandsfähigkeit besitzen.
Doch sind andrerseits noch wieder unter Ferkeln, die nach dem
Erlöschen der Seuche geworfen wurden, massenhaft Erkrankungen
aufgetreten.
Prof. Preisz hat mit dem Serum eines seit drei Wochen in
der Genesung begriffenen Schweines 30, etwa ein Vierteljahr alte
Schweine (je 10 ccm) geimpft, die dann mit Schwerkranken
zusammen gebracht wurden, zugleich mit 30 ähnlichen ungeimpften
Controll-Ferkeln. Die Nichtgeimpften erkrankten säramtlich und
starben bis auf eines. Von den Geimpften erkrankten nur 18,
von welcher nur die Hälfte starben. Eine gewisse Erhöhung der
Widerstandsfähigkeit scheint also einzutreten.
(Ungarischer Veteriuärbericht für 1896).
175
Eine schnelle Methode zur Entleerung des Magens hei Vergiftungen.
Bei Strychninvergiftungen von Hunden und Katzen ver¬
hindern die tonischen Krämpfe bekanntlich die Wirkung der
Brechmittel. Nach den Erfahrungen Blattenberg’s kann in
solchen Fällen die Brechwirkung durch rectale Wasserein¬
spritzungen erzeugt werden. Die Canüle einer entsprechend
grossen Spritze wird in das Rectum eingeführt, der After mit
den Fingern zusammen gepresst und unter starkem Druck Wasser
injicirt. Nach diesem Vorgänge erfolgt 2 bis 3 mal Erbrechen,
so dass der Magen von dem noch nicht resorbirten Gifte befreit
wird. Gleichzeitig wird Chloralbydrat hypodermatisch applicirt.
American Vet. Review, Clin. vet. 1898 H. 8.
Thierhaltung und Thierzucht.
Summarische Ergebnisse der Viehzählung vom
1. December 1897 in Prenssen.
Die stattgehabte Viehzählung war die 4. im deutschen Reich;
die letzte in Preussen allein fand 1867 statt. Die ermittelten
Thierbestände stellten sich bei den bisherigen Zählungen wie
folgt:
1867 1873 1883 1892 1897
Pferde 2 341 150, 2 282 435, 2 417 367, 2 647 388, 2 808 419.
Rinder 8 042 245, 8 639 514, 8 737 641, 9 850960, 10 552 672.
Schweine 4889 223, 4 294 296, 5 819 136, 7 704 354, 9 390 231.
Schafe 22,3 Mill. 19,6 Mill. 14,7 Mill. 10,09 Mül. 7 859 096.
Ziegen 1347 678, 1481 461, 1680 086, 1953 748, 2 164 425.
Ausserdem siud diesmal zum ersten Male gezählt: Gänse
3 786 141, Enten 1 564 409, Hühner 31 120 771.
Für ganz Preussen stellt sich mithin die Ab- und Zunahme
des Viehstandes wie folgt: Die Schafzucht hat in anhaltendem
und rapidem Rückgänge sich seit 1867 auf einDrittel ihres damaligen
Bestandes verringert; der Ziegenbestand ist seit 1867 um 60pCt,
geit .1892 um über 10 pCt. gewachsen. Der Pferdebestand zeigt
ein (im Vergleich mit der Zunahme der Bevölkerungsdichtigkeit)
nicht gerade sehr erhebliches Wachsthura um fast eine halbe
Million oder fast 20 pCt. seit 1867, und um 6 pCt. seit 1892.
Erheblicher ist die Zunahme der Rinder um etwa 2,5 Millionen
oder über 31 pCt., d. h. etwa um ein Drittel seit 1867 und um
700000 Stück = 7 pCt. seit 1892. Den stärksten Zuwachs weist
erfreulicher Weise die Schweinezucht auf. Deren Bestand hat
siqh seit 1867 um etwa 4,5 MiUiouen = 92 pCt. gehoben, also
fast verdoppelt. Seit 1892 beträgt die Zunahme aüein
1 685 877 Stück = fast 22 pCt.
Es ergeben sich aus der Viehzählung für Preussen somit vor
Allem zwei erfreuliche Thatsachen. Den grössten Aufschwung
zeigen Schweine- und Ziegenbestände, also diejenigen
Hausthiere, an deren Haltung die „kleinen Leute"
wesentlich sich betheiligen können und betheiligt sind.
Zweitens haben sich seit 1892 die Rinder- und Schweine¬
bestände um 700C00 bezw. 1,6 MUlionen Stück vergrössert trotz¬
dem in den letzten Jahren die Zufuhr von Schlachtvieh,
namentlich und schon seit 1895 diejenige von Schweinen, sich
erheblich verringert hat und obwohl das Futternothjahr 1893
die Rinder- und auch die Schweinebestände decimirt hat. Diese
beiden Resultate zeigen, dass Preussen — und man darf von ihm aut
ganz Deutschland schliessen — durchaus im Stande ist, bezüglich
der beiden wichtigsten Schlacbtthiere den Bedarf allein zu decken
und dass sich die beschränkte Einfuhr als das beste Mittel zur
Vergrösserung der heimischen Viehbestände erwiesen hat.
Die jährliche Durchschnittszunahme ist während der letzten
fünf Jahre sogar noch erheblich höher gewesen, als in den vorher¬
gegangenen Perioden.
Sehr gering muss der Bestand an Federvieh genannt werden,
denn es kamen auf das Hundert der Bevölkerung nur 111 Stück
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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176
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. No. 15
Federvieh. Damit steht ira Einklang, dass der jährliche Werth
des Einfnhr-Ueberschusses von Federvieh, Federn und Eiern aus
dem Ausland in das deutsche Reich durchschnittlich in den letzten
fünf Jahren 105,5 Millionen Mark betrug, d. s. */ 3 mehr als der Werth
der gauzen übrigen Vieheinfuhr. Eine grössere Pflege der Geflügel¬
zucht ist also dringend erwünscht. Auch hierbei, namentlich an der
Hühnerhaltung, können sich die „kleinen Leute“ wesentlich be¬
theiligen. Namentlich könnte wohl die Gänsezucht und die Er¬
zeugung von Bettfedern gesteigert worden. Eier, namentlich zu
Fabrikationszwecken, werden freilich immer in grossen Mengen
namentlich aus Russland importirt werden müssen. Mit Russland
ist die Concurrenz schon wegen der anderen Haltuog der Hühner
unmöglich; denn dort lebt das Huhn im Winter mit dem Bauer
in der Stube und legt in Folge dessen auch im Winter.
Ueber die Vertheilung der Viehstände auf die einzelnen
Provinzen wird später eine besondere Uebersicht gegeben werden.
Tagesgeschichte.
Verzeichntes der während des Prüfungsjahres 1896/97
approbirteu Thierärzte.
Lfd. No. 1
i
Namen
Geburts¬
oder
Hoimathsort
Bundesstaat
resp.
Provinz
I. In
Preussen.
i
Albrecht, J.
Marzhausen
Prov. Hessen.
2
Bärtliug, 0.
Hildesheim
Hannover.
3
Bartsch, A
Nei6so
Schlesien.
4
Baumann, K.
Wandsbek
Schleswig.
5
Bauinhüfener, F.
Minden
Wcstphalen.
G
Becker, 0.
Gnesen
Posen.
7
Beelitz, G.
Magdeburg
Prov. Sachsen.
8
Berliner, J.
Berlin
9
Bertelmann, K.
Krombach
Wcstphalen.
10
Beutler, 0.
Insterburg
Ostprcussen.
11
Bcye, L.
Wittingen
Hannover.
12
Boisinger, C.
Gmünd
Württemberg.
13
Buggc, G.
Alt-Landsberg
Brandenburg.
14
Burow, W.
Stettin
Pommern.
15
Czieslick, G.
Oppeln
Schlesien.
16
Däinghaus, 11.
Vorderscharde
Rheinprovinz.
17
Dahms, J.
Seegut
Pommern.
18
Demien, M.
Krackow
Mecklenb.-Schw.
19
Doliwa, G.
Neidenburg
Ostprcussen.
20
Eggert, F.
Oschersleben
Prov. Sachsen.
21
Eggert, K.
Wittenberge
Brandenburg.
22
Eilte, E.
Uttel
Hannover.
23
Feldhofen, K.
Bruchsal
Baden.
24
Fischer, 0.
Hannover
Hannover.
25
Franke, M.
Ratibor
Schlesien.
26
Freude, A.
Osnabrück
Hannover.
27
Gerke, G.
Klein-Döhren
Hannover.
28
Geuther, G.
Neustadt a. d. H.
Sachsen-Coburg.
29
Gödel, M.
Kercbau
Anhalt.
30
Goslar, H.
Hemmingen
Hannover.
31
GosBmann, A.
Cassel
Hessen.
32
Graf, 0.
München
Bayern.
33
Graffstedt, F.
Verden
Hannover.
34
Guba, H.
Jägerkrug
Ostpreussen.
35
Hack, K.
Schiffbek
! Schleswig.
33
Hoffmann, Th.
Gross-Baudiss
: Schlesien
37
lloldt, Tr.
Pogarell
Schlesien.
38
Holzapfel, E.
Dillingen
Bayern.
39
Hoppe, G.
Gross-Himstedt
; Hannover.
40
Jacoby, S.
Elbing
i Westpreussen.
41
James, B.
D’horn
j Rheinprovinz.
42
Irrgang, C.
Gr.-Petcrwitz
Schlesien.
43
Jütte, W.
Kathendorf
Prov. Sachsen.
44
Kantorowicz, R.
Posen
Posen.
45
Kantorowicz, L.
Berlin
i
Lfd. No. 1
Namen
Geburts- |
oder i
Heimathsort
Bundesstaat
resp.
Provinz
46
Kasten, E.
Stettin
Pommern.
47
Kerlen, K.
Aminghausen
Westphalen.
48
Knell, W. i
Mainz
Grossli. Hessen.
49
Knobloch, A. von i
Adl. Przerwankcn
Ostpreussen.
50
Körner, F.
Treptow a. Toll.
Pommern.
51
Köster, R.
Dortmund
Westphalen.
52
Komm, W.
Danzig
Westpreussen.
53
Kownatzki, A. 1
Tilsit
Ostprcussen.
54 1
Kraemer, H.
Blumenau
Ostprcussen.
55 1
Krautwald, F.
Neisse
Schlesien.
56
Kussmann, E.
Dobenke
Posen.
57
Lamclie, F.
Berlin
58
Lange, A.
Berlin
59 !
Lemke, F.
Liebstadt
Ostpreussen.
60 :
Lenz, J.
Kläden
Prov. Sachsen.
61 I
Linde, R.
Rautheim
Brauuschweig.
62
Lüders, M.
Halle
Prov. Sachsen.
63 j
Mannhardt, 11.
Stellingen
Schleswig.
64
Meyer, F.
W'atzum
Braunschweig.
65
Mohr, G.
Löwenberg
Schlesien.
66
Müller, Alfred
Hildesheim
Hannover.
67
Müller, CarBten
Bottschlott
Schleswig.
68
Müssemeier, F-
Müssen
Lippe.
69
Neumann, E.
Berlin
70
Niemer, Ch.
W’arendort
Westphalen.
71
Oehlhorn, H.
Ratibor
Schlesien.
72
Oycu, L.
Reichtbal
Schlesien.
73
Paust, E.
Ortrand
Prov. Sachsen.
74
Pilimann, J.
Castrop
W'estphalcn.
75
Piliwat, F.
Gr.-Uschballcn
Ostpreussen.
76
Raebigcr, W.
Bruch
Schlesien.
77
Rcdderoth, C.
Storkow
Brandenburg.
78
ltcichart, 0.
Möst
Prov. Sachsen.
79
Rettig, J.
Magdeburg
Prov. Sachsen.
80
Rickmann, C.
Schönlanke
Posen.
81
Richter, C.
Liebenthal
Schlesien.
82
Riethus, H.
Remlingen
Brauuschweig.
83
Rode, E.
Duderstadt
Hannover.
84
Rosenplänter, Ch.
Olvenstedt
Prov. Sachsen.
85
Roth, P.
Urbar
Rhcinprovinz.
86
Saur, A.
Schönberg
Meckl.-Strelitz.
87
Schäflcin, F.
Unterthcrcs
Bayern.
88
Schaper, F.
Gross-Vahlberg
, Braunschweig.
89
Scheid, H.
Drecsen
Prov. Hessen.
90
Scholz, J.
lvunzcndort
Schlesien.
91
Schriever, 0.
Kissorow
Meckl.-Schwerin.
92
Sicm8sen, H.
Neubrandenburg j
Meckl.-Schwerin.
93
Simroth, 0.
Liedersdorf
Prov. Sachsen.
94
Sperling, J.
Alt-Damm
Pommern.
95
Stahl, A.
Rötzum
Hannover,
96
Stahn, C
Füretenberg
Brandenburg.
97
Strohe, J.
Köln
llheiuprovinz.
98
Taap, J.
Anklam
1 -Pommern.
99
Tilgner, P.
Polsnitz
Schlesien.
100
Timm, 0.
Simmatzig
Pommern.
101
Trautmann, 0.
Strehlen
Schlesien.
102
Ukley, G.
Riebnig
Schlesien.
103
Vaerst, K.
W'cngern
Wcstphalen.
104
Vallbracht, 0.
Schwctz
Brandenburg.
105
Weinhold, G.
Polkwitz
Schlesien.
106
Werner, J.
Berlin
107
Wiese, Th.
Stettin
Pommern.
108
i W'ilczek, Br.
Krappitz
Schlesien.
109
1 Wirtz, W\
Köln
Rheinprovinz.
110
j Wobersin, J
Treptow a. R.
Pommern.
111
W'olff, A
Wehlau
Ostprcussen.
112
Wulf, H.
Klempau
Schleswig.
113
Wulf, Th.
Werl
WeBtphalen.
114
Zembsch, L.
Eichel
Baden.
115
Zöllner, A.
Koblenz
Rheinprovinz.
116
Zucker, J.
Kröben
Posen.
Digitized by AjOOQle
14. April 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
177
o
55
2
—3
Namen
Geburts¬
oder
Heimathsort
Bundesstaat
resp.
Provinz
II.
n Bayern.
1
Costa, G.
Landshut
Bayern.
2
Dorn, K.
Gräfenberg
n
3
Eichner, F.
Warzfelden
4
Freyberger, L.
Neu-Ulm
5
Geissendörfer, G.
Windsheim
6
Groll, E.
München
7
Hartl, J.
Au
8
Hub, L.
Wiirzburg
»1
9
Lenz, G.
Oedberg
10
Müller, F.
Schwendi
Württemberg.
11
Pfab, A.
Wolnzach
Bayern.
12
Rudolph, J.
Breunigweiler
13
Schmutzer, R.
Tann
14
Schuester, 0.
Burgau
15
Steinbrüche!, C.
Nürnberg
16
Wirth, Ch.
Kempten
4»
111. ln Württemberg.
1
Bubs, G.
Untorharmsbach
Baden.
2
Clausa, K.
Ludwigsburg
Württemberg.
3
Elsässer, Chr.
Hemmingen
Württemberg.
4
Fischer, E.
Altcnburg
Sachs -Altenburg.
5
Frasch, A.
Crailsheim
Württemberg.
6
Fritsche, L.
Urbach
Preussen.
7
Götz, K.
Ottenheim
Baden.
8
Graulich, K.
Neckarbischhofh.
9
Keller, J.
Winterspiircn
>»
10
Krafft, K. II
Ludwigsburg
Württemberg.
11
Rössle, A.
Esslingen
>»
12
Treiber, H.
Steinbach
IV. In Hessen.
1
Hollerbach, Chr.
Gross-Umstadt
Hessen.
2
Mord, A.
Neu-Aergerniss
3
Peters, H.
Giessen
4
Reissinger, A.
Nürnberg
Bayern.
5
Volzenlogcl, E.
Mülhausen
Eisass.
6
Windisch, H.
Altenburg
Altenburg.
V.
Dresden.
1
Pauselius, 0.
II ordorf
Prov. Sachsen.
2
Gelbke, E.
Geithain
K. Sachsen.
3
lllgen, K.
Ronneburg
Sachs -Altenbg.
4
Wohlers, D.
Leer
Hannover.
5
Schmid, W.
Stetten
Württemberg.
6
Fischer, C.
Altenburg
Sachs.-Altenbg.
7
Velmelage, H.
Nortrup
Hannover.
8
Lägel, R.
Niederplanitz
K. Sachsen.
9
Rottke, G.
Forst
Brandenburg.
10
Schmidt, R.
Chemnitz
K. Sachsen.
11
Honigmann, L.
Lauchstädt
Prov. Sachsen.
12
Hulbe, F.
Schochwitz
13
Katzfuss, 0.
Törten
Anhalt.
14
Jähnichen, R
Ostrau
K. Sachsen.
15
Stück, M.
Etterwinden
Sachs.-Weimar.
16
Uhlig, H.
Coburg
Sachs.-Cbg.
17
Grundmann, E.
Chemnitz
K. Sachsen.
18
Köhler, P.
Cranzahl
19
Weber, C.
Grossenhain
20
Kunze, M.
Möhla
21
Michael, M.
Dresden
22
Tempel, H.
Obercunnersdorf
23
Kröhn, J.
Festenberg
Schlesien.
24
Marggraf, A.
Hassloch
Bayern.
25
Rossmüller, E.
Ortenburg
K. Sachsen.
26
Hey, E., E.
Mulsum
Hannover.
27
Heinick, E
Bialutten
Ostpreussen.
28
Köhler, K.
Schiltach
Baden.
Die Zahl der Approbirten beträgt 178, d. h. weniger als in
den fünf vorhergehenden Jahren (im vorigen 227). An den beiden
preussischen Hochschulen erwarben sich diesmal nur 116 Thier¬
ärzte die Approbation, d. h. 65 pCt. der Gesammtzahl gegen
168 = 71,8 pCt im Vorjahr. Davon fallen auf Berlin (laut
Jahresbericht der Hochschule) 97 = 54 pCt. der Gesammtzahl
(in den Voijahren 58 und 50 pCt.
An den übrigen Hochschulen sind die Zahlen der Approba¬
tionen fast denen des Vorjahrs gleich, nämlich in München und
Stuttgart um 2 geringer, in Giessen um 2, in Dresden um 4
höher. Die diesmalige Verminderung fällt also ausschliesslich
auf die preussischen Hochschulen.
Unter den 178 Approbirten waren: aus Preussen 108 (Vor¬
jahre 152, 127, 128, 114) = 60,6 pCt. (Vorjahr 67 pCt); aus
Bayern 20 (Vorjahr 20); Königreich Sachsen 11 (Vorjahre 16, 21);
Württemberg 9 (Vorjahr 9); Baden 7 (Vorjahr 8); aus Hessen,
Braunschweig und Sachsen - Altenburg je 4, aus Mecklenburg-
Schwerin 3, aus Sachsen - Coburg - Gotha und Anhalt je 2, aus
Sachsen-Weimar, Mecklenburg-Streblitz, Lippe und dem Eisass je 1.
Die 108 Preussen vertheilen sich auf die Provinzen, wie
folgt: Schlesien 19, Hannover 15, Sachsen 13, Brandenburg 12
(davon die Hälfte aus Berlin), Ostpreussen 10, Pommern 9,
Westphalen 8, Rheinprovinz 6, Posen und Schleswig je 5, Hessen
3, Westpreussen 2 (nicht angegeben l). Dieselben vertheilen
sich fast zu gleichen Tbeilen auf die östlichen (57) und westlichen
Provinzen einschl. Sachsen.
Auf den preussischen Hochschulen sind approbirt 98 Preussen
und 18 Nichtpreussen, darunter 3 Bayern, 2 Badenser, 1 Württem-
berger, 1 Hesse, sowie alle Braunschweiger und Mecklenburger.
Ferner wurden approbirt in München ausser einem Württemberger,
nur Bayern; in Stuttgart 6 Württemberger, 4 Badenser, 1 Thüringer,
I Preusse; in Dresden 11 aus dem Königreich Sachsen, 5 aus
den sächsischen Herzogthüraern, 9 Preussen, je 1 Bayer, Badenser
und Württemberger; in Giessen 3 Hessen, je 1 Bayer, Altenburger
und Elsässer.
Die Zahl der Approbationen beträgt vom 1. April 1887 ab:
143, 185, 173, 216, 196, 196, 217, 227, 178; in neun Jahren 1731.
Schlachthofdirectoren.
In Mainz ist denn nun richtig zum Schlachthofdirector ein —
Bürgermeister gewählt worden (der ursprüngliche Candidat, wie
es hiess, eine ehemalige Mainzer Magistratsperson scheint demnach
doch nicht durchgedrungen zu sein). Damit ist die sehr kleine
Zahl der mit Ausnahme von Berlin durchweg westlichen Städte,
welche einen nichtthierärztlichen Schlachthofdirector haben,
glücklich um eine vermehrt.
Als Gegenstück dazu kann aus Bromberg mitgetheilt
werden, dass man den thierärztlichen Schlachthofdirector (und
den städtischen Oberingenieur) nicht mehr zur Klasse der
städtischen Oberbeamten rechnet, sondern sie der (mit höheren
Tagegeldern etc. versehenen) Klasse der Magistratsmitglieder
zugezählt hat — ein erfreulicher Beweis, dass man dort Ver¬
ständnis für die Bedeutung des Amtes eines Sanitätsthierarztes
besitzt.
Aus Frankreich.
In den französischen Veterinärschuleu sind kürzlich Gedenk¬
tafeln aufgerichtet worden, welche die Namen der französischen
Thierärzte tragen, die entweder als Opfer ihres Berufes ansteckenden
Krankheiten erlegen oder als Militärthierärzte vor dem Feinde ge¬
fallen sind resp. in denColonien an klimatischen Krankheiten starben.
Eine vierte Tafel mit den Namen nur der Militärveterinäre ist in
der Aula der Cavallerieschule in Sauraur aufgestellt worden.
Die in Alfort, Lyon und Toulouse aufgestellten Tafeln tragen
84 Namen. Davon sind 22 an Rotz-, 7 an Tollwuth-, 4 an Milz¬
brand-, 2 an Sepsis-, L an Starrkrampf-, 1 an Typbusinfection ge¬
storben; 2 starben an Malaria während wissenschaftlichen Missionen,
34 Militärthierärzte sind vor dem Feinde gefallen (5 : 1870/71),
II Militärthierärzte sind in den Colonien klimatischen Krankheiten
erlegen.
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178
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15.
Tuberculosecongress.
Der bereits in Nr. 46 des Jahrgangs 1897 der B. T. W. er¬
wähnte 4. Tnberculosecongress wird vom 27. Juli bis 2. August
1898 in Paris unter dem Vorsitze von Professor Nocard abge¬
halten werden. Zur Theilnahme ist jeder Arzt und Thierarzt aus
Frankreich und dem Auslande berechtigt. Anmeldungen sind bis
zum 1. Juli d. Js. an den Schatzmeister des Congresses Herrn
0. Masson, Paris, Boulevard Saint-Germain 120 unter Beifügung
von 20 FrcB. zu richten, wofür später der gedruckte Congress-
bericbt geliefert wird.
Die Tagesordnung umfasst folgende Punkte:
1. Die Sanatorien als Mittel zur Verhütung und Behandlung
der Tuberculose. Berichterstatter: le Gendre, Netter,
Thoinot;
2. die Heilsera und Toxina in der Behandlung der Tuber-
cnlose. Berichterstatter: Landoury, Maragliano;
3. die X-Strahlen in der Diagnostik und Behandlung der
Tuberculose. Berichterstatter: Beclere, Claude,
Teissier, Bergoniü, Bordeaux, Lortet;
4. die Bekämpfung der Tuberculose bei den Thieren durch
die Prophylaxe. Berichterstatter: Bang-Kopenhagen;
5. die Bekämpfung der menschlichen Tuberculose durch Des-
infcction der Wohnraume der Schwindsüchtigen. Bericht¬
erstatter: Martin;
6. Verbreitung der Tuberculose im Heere und ihre Be¬
kämpfung durch Prophylaxe. Berichterstatter: Vallin.
Tuberculose als Gewährfehler.
Von dem Sonderausschuss für Seuchen und Veterinärwesen
der Brandenburgischen Landwirthschaftskammer ist der Wunsch
geäus8ert worden, folgenden Beschluss den übrigen Landwirth-
schaftskammern zu übermitteln:
Der Ausschuss beschliesst den Vorstand zu ersuchen, er
möge 8ämmtliche Landwirthschaftskauimern veranlassen, bei der
Staatsregiernng gegen die Aufnahme der Tuberculose unter die
Gewährsmängel vorstellig zu werden (wie es der deutsche Land-
wirthschaftsrath empfohlen hat) oder mindestens folgenden
Eventualantrag dnrchzusetzen:
Bei Handel mit Nutzvieh (aber nicht mit Schlachtvieh) ist
eine Gewährsfrist nur für tuberculose Schwindsucht d. h. mit
Abmagerung einhergehende, hochgradige, allgemein verbreitete
Tuberculose, nicht für alle Fälle von Tuberculose einznführen.
Fleischschau und Viehverkehr.
Ueber die Beurthellung der sogen. Notbschlachtangen.
Von Hartenstein -Döbeln.
(ZellBchr. f. Tliierm d. Neue Folge Jbrg C, 1897.)
In einer Zeit, welche auf die Einführung einer obligatorischen
allgemeinen Fleischbeschau hinarbeitet, werden an die in erster
Linie zur Ausführung dieser wichtigen sanitären Einrichtung
berufenen Organe nicht geringe Anforderungen gestellt. Verf.
mahnt, dass wir uns rüsten, um unserer Aufgabe völlig gerecht
werden zu können, und nicht in die Lage kommen, uns vor
empirischen Fleischbeschauern und Trichinenschauern zu blarairen.
Wenn auch in dieser Ermahnung für Einzelne etwas Belierzigens-
werthes liegt, so möchte ich doch für die grössere Anzahl auch
der älteren prakt Thierärzte, die den Fortschritten ihrer Wissen¬
schaft einigermasBen gefolgt sind, in Anspruch nehmen, dass sie
so viel Kenntniss von der Fleischbeschau haben, um den Empirikern
gegenüber ihre Ueberlegenheit zu documentiren.
Dem Verf. muss in der weiteren Aufforderung unbedingt bei¬
getreten werden, dass in thierärztlichen Versammlungen wichtige
Themata aus dem Gebiete der Fleischbeschau öfter besprochen
werden möchten.
Eine besondere Beachtung verdienen die NothSchlach¬
tungen, welche H. zum Gegenstand eines Vortrages in der Ver¬
sammlung sächsischer Thierärzte gemacht hat.
Die Erkrankungen des Menschen, welche man als Fleisch¬
vergiftungen zusammenfasse, ereigneten sich hauptsächlich nach
dem Genuss von Fleisch, welches von nothgeschlachteten Thieren
stamme. Deshalb ist bei der Entscheidung über die Genuss¬
tauglichkeit solchen Fleisches besonders vorsichtig zu verfahren.
Ans der Geschichte der Fleischvergiftungen lernen wir, dass
hauptsächlich die septikäraischen und pyämischen Krank¬
heiten der Schlachtthiere geeignet sind, dem Fleisch eine gesund¬
heitsschädliche Beschaffenheit zu verleihen.
Die Septikämie entsteht durch Aufnahme specifischer
Spaltpilze in den Körper, welche durch Vermehrung und Er¬
zeugung von giftig wirkenden, chemischen Stoffen (Toxinen) ein
schweres Allgemeinleiden hervorbringen. Die erkrankten Thiere
haben Fieber und bekunden starke Schwäche und Abgeschlagenheit.
Welche Veränderungen findet nnn der Fleischbeschauer bei
solchen nothgeschlachteten Thieren.
In erster Linie ist die Leber betroffen. Dieselbe befindet
sich entweder im Zustande der trüben Schwellung, der
parenchymatösen oder der fettigen Degeneration. Bei
frühzeitiger Schlachtung sind diese Veränderungen oft die einzigen
Zeichen schwerer Infectionskrankheiten.
Weiter kommen gewöhnlich hinzu parenchymatöse Er¬
krankung der Nieren und des Herzens, punktförmige
Blutungen an den serösen Häuten, besonders amDarmnnd
unter dem Epicardium. Ausserdem können rothe und roth-
braune Imbibitionen (verwaschene Röthungen) an der Intima
der grossen Gefässstämme, besonders der Lungenarterie Vor¬
kommen. Hierzu bemerkt Johne in einer Fussnote, dass diese
der Septikämie eigene Neigung zu Blutungen und blutigen
Diffusionen theils auf die durch bacilläre Gifte hervorgerafene'
directe Schädigung der Gefässe, besonders der Capillarwände,
tlieils auf eine indirecte Schädigung der letzteren durch den Zer¬
fall zahlreicher rother Blntzellen und die hierdurch herabgesetzte
Ernährung der Gefässwände, theils endlich auf die durch Toxine
und Blutzerfall bedingte Schädigung der contractilen Substanz
des Herzens (infolge dessen bei jeder Septikämie Herzschwäche und
venöse Stauung) zurückzuführen ist. Die blutigen Diffusionen
finden sich bei der Septikämie hauptsächlich am Dünndarm,
seltener am Dickdarm.
Das Fleisch kann unmittelbar nach der Schlachtung normal
erscheinen, bald tritt jedoch Zersetzung ein, welche durch
alkalische Reaction der Muskelsubstauz zu erkennen ist. Das zu
verwendende Lackmuspapier ist vor dem Gebrauch mit Wasser
zu befeuchten. Die mikroskopische Untersuchung der Muskel¬
fasern, welche Verf. für erlässlich erklärt, hält Johne für
geboten, besonders wenn Leber, Darm und Herz beseitig sind.
Bei 24 Fällen von Fleischvergiftungen, die in der Literatur
berichtet sind, stammte das Fleisch in jedem Falle von Kühen
ab, und zwar waren 14 Kühe mit einem Gebärmutterleiden, 6 mit
einem Magen- und Darmleiden bezw. hochgradiger Diarrhoe und
4 mit Euterentzündung behaftet. Hinsichtlich der Ursachen,
welche dem Fleisch eine schädliche Eigenschaft verleihen, stehen
demnach die Gebärmutterleiden oben an. Hieraus ergiebt sich
die Nothwendigkeit bei Nothschlachtungen, dem Uterus eine ganz
besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Es ist indess zu berück¬
sichtigen, dass bei den meisten nicht septikämischen Gebärmutter¬
erkrankungen das Fleisch in keiner Weise schädliche Beschaffen¬
heit annimmt. Bei der so häufigen Retentio secundinarum ent¬
stehen im Uterus ebenfalls Zersetzungsproducte, welche eine
schwere Erkrankung des Thieres mit Abmagerung herbeiführen
können. Dagegen dringen die solche Producte liefernden Fäulniss-
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14. April 1898.
bacterien nie in den Blntstrom nnd in das lebende Gewebe
sondern finden nur in abgestorbenen Massen die Bedingungen für
ihre Entwickelung. Wir haben es demnach hier nur mit putriden
Intoxicationen oder Saprämien zu thun, bei denen eine
gewisse Quantität chemischer, durch saprophytische Bacterien
entstandener Gifte resorbirt werden. Bei Septikämien dringen
dagegen septische Bacterien ins Blut, die sich daselbst unbegrenzt
vermehren und septische Gifte bilden, welche zu den besprochenen
Veränderungen in der Leber, den Nieren, dem Heizen u. s. w.
fuhren, kurzum das Gesammtbild der Septikämie hervorbringen.
Der Fleischbeschauer hat demnach, sobald eine Kuh wegen
eines Gebärmutterleidens nothgeschlachtet ist, festzustellen, ob
die gedachten Veränderungen vorhanden sind oder nicht. „Reagirt
die Muskelsubstanz sauer oder doch nicht alkalisch, sind gleich¬
zeitig Herz, Darm und Leber normal, so kann das Fleisch für
genusstauglich erklärt werden.“
H. hält sich nicht für völlig competent, ein entscheidendes
Urtheil über die Fälle abzugeben, in denen nur die Leber ver¬
ändert ist. Hier springt jedoch wieder Johne ergänzend ein,
indem er erklärt, dass in allen Fällen, in denen die trübe Schwellung
oder die acute parenchymatöse Degeneration der Leber von Fieber
begleitet sind und markige Schwellung und seröse Durchtränkung
der Lymphdrüsen des Fleisches hinzukommen, der Prozess als
septisch zu betrachten und das Fleisch solcher Thiere von der
Verwendung als menschliches Nahrungsmittel auszuschliessen ist.
Verf. empfiehlt ferner in zweifelhaften Fällen nach dem
Vorgänge Johne’s und Gärtner’s, Fütterungsversuche mit
verdächtigem Fleisch an Kaninchen, Meerschweinchen oder Mäusen
anzustellen, welche nach den Untersuchungen der beiden Forscher
erkranken, sobald das Fleisch schädliche Eigenschaften hat. Eine
einfachere Methode bestehe darin, ein Stück Fleisch mit nach
Hause zu nehmen und zu beobachten, ob und nach welcher Zeit
eine alkalische Reaction an einer frischen Schnittfläche sich
zeige. Wichtig sei auch die nicht immer genügend hervor¬
gehobene Beschaffenheit der Lymphdrüsen des Fleisches
•und des Blutes. Bei septischen und toxischen Erkrankungen
stellen sich im Sommer innerhalb 24 Stunden, ira Winter inner¬
halb 48 Stunden gewisse von der Norm abweichende Ver¬
änderungen eiD. Es ist daher rathsam, in zweifelhaften Fällen
vor 24 bezw. 48 Stunden keine Entscheidung zu treffen.
Das Fleisch septisch erkrankter Thiere kann in dieser Zeit einen
üblen Geruch, schmierige Beschaffenheit und Grün¬
färbung des Bindegewebes annehmen. Auch kann sich eine
grünliche Verfärbung des Bauchfells hauptsächlich in der
Nierengegend einstellen, eine Veränderung, die jedoch auch statt¬
findet, wenn ein Rind nach der Tödtung nicht gleich aus¬
geschlachtet wird.
Die in Bezug auf die Beurtheilung des Fleisches vom Verf.
dargelegten Gesichtspunkte gelten nicht nur für die Gebärmutter¬
krankheiten, sondern auch für alle andern Leiden, bei welchen
die gedachten Veränderungen auftreten und von denen nicht
erwiesen ist, dass das Fleisch keine gesundheitsschädliche Be¬
schaffenheit hat wie etwa beim Rothlauf der Schweine.
Wiederholt haben zu Fleischvergiftungen Veranlassung gegeben
gewisse Darm- und Euterentzündungen. Bei den fraglichen
Euterentzündungen wird ein schweres Allgemeinleiden, hoch¬
gradige Schwäche bezw. Lähmung des Hintertheils und meist ein
auffallendes Durstgefühl beobachtet.
Auch durch pyämische Erkrankungen können Fleisch¬
vergiftungen verursacht werden. Bei der Pyämie dringen Mikro¬
organismen in die Blutbahn, die zunächst am Orte ihres Eintritts
einen Eiterherd erzeugen und im Körper eitrige Metastasen her-
vorrufen können.
179
Die von den Mikroparasiten gelieferten Stoffwechselproducte
(pyogene Gifte) oder die resorbirten chemischen Producte des
eitrigen Gewebszerfalles bedingen eine schwere Allgemein¬
erkrankung. Nach der Schlachtung finden sich eine eitrige
Osteomyelitis oder multiple Eiterherde in der Lunge,
Milz, Nieren u. s. w. Neben der pyämischen Osteomyelitis
findet sich bei der Section eine leichte Trübung der Leber, Milz¬
schwellung und Blutungen in den Nieren. Wir beobachten diese
Veränderungen namentlich nach eiterigen Klauenentzündungen
als Folge der Klauenseuche. Das Fleisch dieser Rinder hat wider¬
holt zu Fleischvergiftungen Veranlassung gegeben und ist dem¬
nach gesundheitsschädlich. Stellt sich die Pyämie unter der Form
multipler Eiterherde in den Organen dar, so lässt sich nicht
ohne Weiteres annehmen, dass das Fleisch schädliche Eigenschaften
hat, besonders dann nicht, wenn die Herde abgekapselt sind.
Eiterige Infiltrationen sind dagegen nicht so harmlos.
H. meint, dass bei Thieren, die wegen einer eiterigen Klauen-,
Gelenk- oder Gebärmutterentzündung geschlachtet sind, genan
zu untersuchen ist, ob gleichzeitig eine Osteomyelitis oder
multiple eiterige Herde vorhanden sind und im letzteren Falle,
ob diese Herde als rein locale Processe zu betrachten sind.
In zweifelhaften Fällen dürfte das Fehlen oder Vorhandensein
der Lebertrübung, des Milztumors und der Blutungen in den
Nieren entscheiden.
Als b sondere Form der Pyämie erwähnt Verf. die Kälber¬
lähme. Dieselbe stimmt mit der Septikämie der Kälber viel¬
fach überein. Beide Krankheiten nehmen ihren Anfang vom
Nabel aus. Dieselben verlaufen unter dem Bilde einer schweren
Allgemeininfection mit starker Anschwellung der Gelenke. Ausser¬
halb und innerhalb der Gelenkkapsel sammeln sich bei der
pyämischen Kälberlähme ein mehr eitriges bei der septikämischen
ejn mehr seröses Infitrat an. Ausserdem sind trübe Beschaffen¬
heit der Parenchyme, Milztnmor und Blutungen an den serösen
Häuten bezw. in den Nieren vorhanden. Bei der septikämischen
Kälberlähme hat das Fleisch erwiesenermassen eine gesundheits¬
schädliche Beschaffenheit.
Im Anschluss an diese im Wesentlichen wiedergegebenen
Ausführungen giebt der Verf. einige Winke über das Verhalten
des Thierarztes dem Besitzer gegenüber, wenn derselbe seine
Unzufriedenheit äussert, dass das nothgeschlachtete Thier ver¬
worfen wird.
Die Incubation nach dem Genuss gesundheitsschädlichen
Fleisches dauert nach Bollinger 6 bis 24 Stunden, um so länger,
je später dasselbe nach der Schlachtung genossen wurde. Leber,
Lunge, Nieren, überhaupt Eingeweide sind giftiger als Muskel¬
fleisch. Personen, welche gleichzeitig ein grösseres Quantum
spirituoser Getränke zu sich nehmen, erkranken im Allgemeinen
wenig oder gar nicht.
Bei den Nothschlachtungen ist das Fleisch auch vom Consum
auszuschliessen, wenn dasselbe nur eine ekelerregende Be¬
schaffenheit hat, ohne gesundheitsschädlich zu sein. Von diesem
Gesichtspunkte ist das Fleisch nicht ausgebluteter Thiere zu
betrachten.
Am Schlüsse seines nützlichen Vortrages führt Verf. noch die
Grundregeln an, welche Augst-Lauenstein (Sachsen) bei der
Beurtheilung der Nothschlachtungen aufstellt: 1. Beachtung des
klinischen Befundes. 2. Würdigung der unmittelbaren Er¬
krankungsursachen und der vorliegenden krankhaften Ver¬
änderungen. 3. Prüfungen auf septische Erscheinungen an den
Organen, Todtenstarre etc. 4. Untersuchung der Körperlymph-
drüsen. 6. Feststellung der Reaction des Fleisches. 6. Mikro¬
skopische Untersuchung der Musculatnr. 7. Kochprobe.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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180
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 15.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Meyer’s Conversationslexikon. Ein Nachschlagewerk allgemeinen
Wissens. V. gänzlich neubearbeitete Auflage. Mit circa 10000 Text¬
bildern und 1050 Tafeln.
Abschluss der neuen Auflage.
Seit Besprechung der Bände XI—XIV im vorigen Jahrgang
der B. Th. W. ist, wie vorausgesetzt war, das mächtige Werk zum
Abschluss gelangt, und zwar noch im Laufe des vorigen Jahres.
Die Besprechung des Abschlusses der nunmehr vollendeten fünften
Auflage hätte also schon früher erfolgen können, musste aber
fortgesetzten Raummangels wegen bis heute zuriickgestellt werden.
Etwas wesentlich Neues, abgesehen von der Mittheilung des
erfolgten Abschlusses, kann freilich auch eine Besprechung nicht
mehr bringen. Denn alle lobenswerthen und grossentheils aus¬
gezeichneten Eigenschaften des Werkes, welche auch die 1897
erschienenen letzten drei Bände No. XV, XVI und XVII auf das
vollkommenste zeigen, sind bereits in den Besprechungen der
früher erschienenen Bände alle anerkannt worden.
Es können daher nur noch einmal hier die characteristischen
Vorzüge, welche diese bibliographische Leistung zu einer so
eminenten machen, kurz zusammengefasst werden. Die Stichwort¬
sammlung ist von der zuverlässigsten Vollständigkeit Man findet
eben Alles (sind doch sogar in Bd. 16 die Wappen sämmtlicher
Universitätscouleurs abgebildet). Die Artikel verrathen sämmtlich
gründliche Sachkenntnis, die aus dem Gebiet der Wissenschaften
sind grossentheils geistreich und augenscheinlich von Kräften ersten
Ranges geschrieben; nirgends drängt sich dasUnwichtige schwülstig
hervor; die lexikalische Klarheit und Knappheit ist überall ge¬
wahrt. Einer solchen Schaar von Autoren gegenüber, deren Namen
allein gewiss vielfach grosse Rücksicht heischen, des Steuers
Herr zu bleiben und mit fester Hand den Weg zu weisen, um das
unendliche Mosaik zu einem grossen harmonischen Kunstwerk zu
gestalten, von 10000 Artikeln die Dignität richtig abzumessen,
so dass alle den ihnen zukommenden Platz erhalten, dazu gehört
ein umfassendes Wissen auf allen Gebieten, Scharfblick für das
Richtige, ausserordentliches Geschick allen Situationen gegenüber
und grosse Energie. Es ist dies Alles in Allem eine geradezu
bewunderungswürdige redactionelleLeistung. Neben dem Redacteur
steht aber ebenbürtig der Verleger. Uns scheint, als ob in keiner
der früheren Auflagen so grosse Aufwendungen gemacht seien
wie diesmal. Nicht etwa, dass der Umfang des Textes grösser
geworden ist, das ist bei der Menge neuer Culturerscheinungen
selbstverständlich. Aber das so ausserordentlich umfangreiche
und kostspielige Material von Karten, Tafeln, Abbildungen aller
Art hat eine Erneuerung und Vermehrung erfahren, die einen
immensen Aufwand bedingt haben muss. Denn alle diese Tafeln
— man sehe nur die naturwissenschaftlichen z. B. an — sind
von ersten Künstlern hergestellt und prächtig reproducirt. Das
Meyer’sche Conversationslexikon thut sich besonders hervor auf
dem Gebiet der gesammten Naturwissenschaften und der Technik
im weitesten Sinne. Bei der Umwälzung, welche in fast allen Zweigen
der letzteren das letzte Jahrzehnt wieder gebracht hat, und bei
den grossen Fortschritten in jenen Wissenschaften erfüllt die im
eigentlichsten Sinne des Wortes neue Auflage ein dringendes
Bedürfniss. Ihre Ausstattung lässt sie ebenso sehr, wie sie
eine ernste wissenschaftliche Leistung ist, zugleich als ein Pracht¬
werk erscheinen.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Professor H. Boether an der Thier¬
ärztlichen Hochschule zu Hannover wurde der Rang der Räthe
vierter Klasse verliehen.
Ernennungen: Zum Bezirkstbierarzt: Districtsthierarzt F. Ritzer-
Wolfstein (Pfalz) für Berneck (Oberfranken). — Thierarzt H. N e 1 k e -
Versmold ist zum Repetitor am anatomischen Institut der Tier¬
ärztlichen Hochschule in Hannover ernannt worden. —
Es sind gewählt worden: Schlachthausinspector Voirin-
Bockenheim zum Schlachthofthierarzt am Schlacht- und Viehhof zu
Frankfurt a. M., Thierarzt G. Zech- Greiz zum städtischen Thierarzt
in Lichtenstein-Callnberg, Thierarzt H e m p e l-Dresden zum Schlacht¬
hofthierarzt in Meissen.
Approbationen : Berlin: Die Herren Baum, Jul. Graf, Kurt
Roth, Ernst Scharr.
Wohnsltzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thicrarzt
L. F r e i t a g - Creuzburg (Werra) nach Tornitz bei Barby, Thierarzt
A. Zieger von Mühlberg nach Strehla (Elbe).
In der Armee: Gegenseitig versetzt: Die Oberrossärzte Dischereit
vom Hu8.-Rgt. No. 3 und Pieczynsky vom Ul.-Rgt, No. 11.—
Befördert zu Einj.-Freiw. Unterrossärzten die Einj.-Freiw. Dr. Simader
im Art.-Rgt No. 25, Köhler im Art.-Rgt. No. 14.
Vacanzen.
Kreistbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Hünfeld (schleunigst zu besetzen); Schmalkalden
(noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Posen: Jarotschin (noch nicht
ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amts¬
thierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eiderstedt
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin. — R.-B.
Trier: Bernkastel (600 M. Krz.).
Sanitätsthierarztsteilen a)NeuausgeschriebeneStellen:
Breslau: Schlachthof - Hilfsthierarzt (1800 M.). Privatpraxis nicht
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing:
Schlachtbof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat.
Privat8teilen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch
Max Arnsdorff. —Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — Butz¬
bach: Näheres durch Apotheker. — Creuzburg (Werra): (400
bis 600 M. Fixum). Bew. an Gcmeindevorstand. — Drengfurt —
Gleschendorf (FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pol Inow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleischschau
600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau). Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof;. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schön-
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬
mark): (Gebühren auB Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu¬
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
General-Versammlung des Vereins Rheinpreusslscher Thierärzte
am Sonnabend, den 23. April 1898, Vormittags 10'/a Uhr, im Zoologi¬
schen Garten zu Köln. Tages-Ordnung: 1. Vereins- und Standes-
Angelegenheiten. 2. Die Reformbestrebungen der Kreisthierärzte,
Referent Kreisthierarzt Schmidt, Mayen. 3. Beschlussfassung in
Betreff des Ehrenraths. 4. Mittheilungen aus der Praxis. Die
Herren Kreisthierärzte werden zu einer Vorbesprechung auf 10 Uhr
eingeladen. Nach Schluss der Verhandlungen gemeinschaftliches
Mittagessen. (Der Eintritt in den Zoologischen Garten ist gegen
Vorzeigung des Programms frei.) Aachen, den 17. April 1898.
Der Vorsitzende des Vereins: Dr. Schmidt.
Wi .ntuMitllrii fltr den Inhalt Inseralci’lhetl) Prof. L)r. Schmält* in Berlin. — Verlag und Kiircntluim von Richard Sclioetz in Berlin. — Druck von W. Bfixenstoiu. Borlin.
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Die „Berliner Thlerftrctllcbe Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln Stärke von mindestens l 1 /« Bogen. Dieselbe
ist sti beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoets, Berlin NW„ Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrkge werden mit 60 Bk. ihr den Bogen honorlrt
▲Ile Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Ur. Schmaltx,
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heransgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. ß. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 16 . Ansgegeben am 21. April.
I n h a 11: Meifort: Der Kampf mit der Maul- und Klauenseuche. — Referate: Wissenschaftliche Tages-Neuigkeiten. —
B r i e ge r und U h 1 e n h u t h: Ueber Blut-und Organgifte. — Keynders: lieber Xeroform als Intestinalantisepticum.—
Therapeutische Notizen. — Kleine Mitteilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte:
Verschiedenes. — Oeffentliclies Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬
verkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Der Kampf mit der Maul- und Klauenseuche.
▼on
Melfort-Lensabn
KreUthlcrarxt.
Unter dieser Ueberschrift veröffentlicht ein erfahrener College
in No. 28 dieser Wochenschrift eine ausführliche Abhandlung.
In derselben heisst es: „Das sowenig zur Bekämpfung der Manl-
nnd Klauenseuche geeignete Gesetz vom 23. Juni 1880 und dessen
Instrnction wurden durch schärfere MinisterialverfügoDgen ergänzt,
und schliesslich wurde das ganze Gesetz nebst Instrnction re-
vidirt. Die Revision drehte sich im Grossen und Ganzen nur um
Verschärfungen der Bestimmungen, welche der Manlsenche gelten.
Und der Erfolg seit zweijähriger Handhabnng des neuen Ge¬
setzes? Die monatlichen Ausweise über die Verbreitung der
Seuche lassen die Gesetzesrevision als ein verfehltes Beginnen, als
einen Lnfthieb erscheinen! Die Seuche geht ihren Weg genau so,
als ob überhaupt keine EinschräDkungsmassregeln existirten; sie
zieht durchs Land wie vor einem Menschenalter, als sich noch
kein Polizeibeamter ihretwegen Kopfzerbrechen machte und man
noch keine einschneidenden Veifügungen erliess!
Der Grund dieses Misserfolges liegt einmal darin, dass man
das Wesen dieser Seuche bisher zn wenig kannte nnd dem¬
gemäss auch unzweckmässige Abwehr- und Unterdrückungsmass-
regeln traf.
„Die erfolglose Bekämpfung wurzelt in zwei Mängeln“:
1. sind die derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen nicht aus¬
reichend, bezw. einseitig,
2. liegt ihre Handhabung nicht in berufenen Händen.“
Da man über diesen Gegenstand in thierärztlichen Kreisen
verschiedener Meinung ist, dürfte es zweckmässig sein, auch die
entgegengesetzte Ansicht zum Ausdruck zu bringen, zumal es sich ■
um die abfällige Kritik eines Gesetzes neueren Datums handelt,
das unter thierärztlicher Mitwirkung entstanden und an dessen
Aendernng vor der Hand nichts zn erwarten ist. Meine Ansicht
stützt sich auf die Beobachtung folgender SeuchenfäJle, die ich
im Kreise Oldenburg nnd Plön, in welch letzterem Kreise ich bis
vor Kurzem die kreisthierärztlichen Geschäfte fünf Jahre mit¬
verwaltet, bekämpft habe:
1. Im Winter 1892/93 im Kreise 0. in 42 Gemeinden,
89 Gehöften mit mehr als 3300 Stück Rindvieh.
2. Im April 1893 im Kreise P. Gemeinde H. in einem Gehöft
mit 2 Stück Rindvieh.
3. Im Juni 1894 im Kreise P., Stadt P. in einem Gehöft mit
13 Thieren.
4. Im September 1894 im Kreise P., Gemeinde Sch. in
2 Gehöften mit 26 Stück Rindvieh.
5. Im März 1896 im Kreise P., GutP. Bestand: 215 Stück
Rindvieh.
6. Im März 1896 im Kreise 0., 10 Meilen von Gut P. ent-
fernt qnd auf anderem Wege eingeschleppt. Sofort durch
die Meierei in 5 Gemeinden, 13 Gehöften, bei 408 Stück
Rindvieh verbreitet.
7. Im August 1896 im Kreise P., in 2 Gemeinden, 2 Ge¬
höften mit 28 Stück Rindvieh.
In drei Fällen ist die Einschleppung des Ansteckungsstoffes
durch verseuchte Thiere erfolgt (bayerische Zugochsen, ost-
prenssische Starken, hannoversche Schweine), in den übrigen
Fällen müssen Personen als Zwischenträger angenommen werden.
Bei jedem ersten Ausbruch im Kreise ist die Diagnose von einem
Privatthierarzt gestellt, von mir amtlich festgestellt und vom
Departementsthierarzt bestätigt.
Der erste Seuchenfall im Jahre 1892 nahm eine grosse Aus-
dehnang an. Die Einschleppung des Ansteckungsstoffes erfolgte
zu einer Zeit, als die wegen der von Hamburg her drohen¬
den Choleragefahr erlassenen Voisichtsmassregeln aufgehoben
wurden, als somit ein reger Handel und Wandel rasch für die
Weiterverbreitung der Seuche sorgte. Daneben war der Herbst¬
weidegang des Rindviehs der Seuche günstig. Die zur Bekämpfung
so geeigneten Bestimmungen des neuen Reicbsviehseuchengesetzes
nnd der Bundesraths-Instrnction existirten noch nicht. Die starke
Verseuchung des Kreises gab mir Gelegenheit, reiches Erfahrne gs-
material über die Art der Verschleppung des Ansteckungsstoffes
zu sammeln nnd die Erfahrung zu bestätigen, dass es häufig der
Mensch ist, durch den die Seuche verschleppt wird.
Hier einige Beispiele, wie die Seuche 1892,93 verschleppt
wurde:
Der Ausbruch der Seuche unter den Schafen in S. wurde
darauf zurückgeführt, dass der Schäferknecht mit seinem Hund
jeden Abend nach dem 1 Meile entfernten verseuchten Heiraaths-
ort ging.
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182 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 16.
Von K. wnrde die Senche durch den Milchwagen oderMilch-
fnhrmann, der auf dem verseuchten Gehöft verkehrt hatte, nach
S. verschleppt. Ein Nachbar, der das Trinkwasser für sein Vieh
aus einem neben dem Seuchenstall liegenden Brunnen holte, erhielt
einige Tage später die Seuche.
Im Herbst 1892 erkrankten die Kühe eines Landwirths, die
jeden Abend nach der Hufe getrieben wurden. Bald darauf brach
die Seuche unter dem Rindvieh der übrigen Dorfbewohner aus,
welches den gleichen Weg betreten hatte.
In L. war im Februar 1893 die Seuche für erloschen erklärt,
als zwei erkrankte Schweine, die einzigen Thiere des Gehöftes,
abgeschlachtet wurden. Neun Tage später brach sie unter dem
Rindvieh eines Nachbargehöftes aus. Ueber die Art der Ein¬
schleppung konnte Folgendes ermittelt werden: Die Hunde dieses
Gehöftes hatten entgegen einem bestandenen Verbot nicht an der
Kette gelegen. Als in der Nachbarschaft die an der Seuche er¬
krankten Schweine geschlachtet wurden, hatten sie von den
Schlachtabf allen genossen. Nach einigen Tagen waren die Hunde
erkrankt, und nach weiteren 4—5 Tagen die Kühe, in deren
Streu und Futter sie gelegen.
Von R. wurde die Seuche durch Personen, die im Seuchen¬
stall gearbeitet latten und ihr Schuhwerk repariren lassen
wollten, in das Gehöft eines Schuhmachers in G. verschleppt.
Im December 1892 war die Seuche im Kreise 0. ungefähr
erloschen. Ein neuer Ausbruch stellte sich ein bei einem Liefe¬
ranten der Genossenschaftsmeierei in H. Trotzdem die Milch¬
lieferung sofort eingestellt wurde und die Meierei die Magermilch
kochte, brach einige Tage später die Seuche in 9 Gemeinden
und in fast sämmtlichen Gehöften, welche Milch an diese Meierei
geliefert batten, aus, weil ungekochte, inficirte Milch an die
Lieferanten zurückgegeben war. In fast sämmtlichen Fällen
zeigten sich die Krankheitserscheinungen zuerst bei den Thieren,
die mit Meiereiabfällen gefüttert waren, also bei Schweinen und
Kälbern.
In vielen Fällen war der Mensch der Uebertröger des
Ansteckungsstoffes, wenn er auf dem Seuchengehöft verkehrt
hatte. Insbesondere sind viele Seuchenausbrüche auf den Verkehr
des Meiereipersonals zurückzuführen. Dass Fleischer und Vieh¬
händler die Seuche häufig verschleppen, ist eine allgemeine
Erfahrung.
Bei der Bekämpfung der Seuche ist die correcte Behandlung
des ersten Seuchenfalles von grosser Bedeutung. Beim ersten
Ausbruch der Seuche im Kreise wurde den bestehenden Be¬
stimmungen gemäss folgendermassen verfahren:
Da in den beiden genannten Kreisen 15 pract. Thierärzte
sind, so wurde der erste Ausbruch oder der Verdacht auf Seuche
von einem pract. Thierarzt gestellt. Die Anzeige hiervon wurde
der Ortspolizeibehörde gemacht. Nach einer Regierungs-
Verfügung vom Jahre 1889 ist dieselbe angewiesen, sofort auf
kürzestem Wege die kreisthierärztliche Untersuchung herbei¬
zuführen. Der Polizeiverwalter ist ferner verpflichtet, „mit dem
Kreisthierarzt gemeinsam an Ort und Stelle die Sachlage zu
untersuchen, mit dessen Beirath über die den Umständen des
einzelnen Falles entsprechenden Massnahmen sich schlüssig
zu machen und vorbehaltlich späterer schriftlicher Verfügung,
sofort die entsprechenden Anordnungen zu treffen.“ Auf die
telegraphische Mittheilung der Polizeibehörde, dass in X Verdacht
auf Maul- und Klauenseuche besteht, antworte ich auf gleichem
Wege, dass ich zu der und der Zeit am Seuchenort sein werde.
In den oben genannten Fällen wurde die Seuche von mir fest¬
gestellt. Es wurden die den Umständen entsprechenden Mass-
regeln beantragt und von der Polizeibehörde sofort verfügt, also
vor Allem jene Massregeln, welche in der Bundesraths-Instruction
zur Ausführung des Reichs Viehseuchengesetzes vom -r 1 ^
l. Mai lou4
enthalten sind. Es wurde sofort ein Plakat mit der Aufschrift
„Maul- und Klauenseuche“, am Hanpteingangsthor des Gehöftes
angebracht und der Besitzer veranlasst, die Eingangsthore
möglichst geschlossen zu halten, wodurch Unbefugten (Menschen
und Thieren) das Betreten des Seuchengehöftes sowieso erschwert
wird. Den mit der Wartung der Thiere beauftragten Personen
wird gezeigt, wie sie sich beim Verlassen des Seuchenstalles zu
desinficiren haben. Der während der Seuchenzeit gewonnene
Dünger wird stets sofort nach dem Ausdungen mit Kalkwasser
de8inflcirt. Da bei der Feststellung der Seuche gewöhnlich das
ganze Gehöft mit Ansteckungsstoff besudelt ist, so ist die
Möglichkeit vorhanden, dass Personen, die auf dem Gehöft ver¬
kehren, den Ansteckungsstoff verschleppen. Es wird deshalb eine
gründliche Reinigung des Gehöftes veranlasst, und ausserdem ein
Gefäss mit Creolinlösung am Haupteingangsthor hingestellt, und
die Reinigung und Desinfection des Schuhwerks Jedem, der auf
dem Gehöft verkehrt hat, zur Pflicht gemacht. Dem Besitzer
des Seuchengehöftes wird ferner aufgegeben, die Hunde an die
Kette zu legen und das Geflügel einzusperren. Den Kindern des
Seuchengehöftes wird in der Regel der Schulbesuch verboten.
An der Grenze der verseuchten Ortschaft wurden sofort
Tafeln mit der Aufschrift „Maul- und Klauenseuche“ angebracht.
In einzelnen Fällen wurde bei jeder Tafel vorerst ein Wächter
hingestellt, der darauf achtet«, dass kein Durchtreiben von Wieder¬
käuern und Schweinen stattfand. In dem Fall, dass verseuchte
Thiere die Dorfstrasse inficirt hatten, wurden Desinfections-
einrichtungen aufgestellt, und von den Wächtern wurde darauf
geachtet, dass Jeder sein Schuhwerk hier reinigte. Es wird
dadurch gleichzeitig erreicht, dass jeder überflüssige Verkehr
vermieden wird. Mit dem Polizeiverwalter befahre ich die Ort¬
schaft, so dass sofort alles Angeordnete in Wirksamkeit tritt. Ist
Milch aus dem Seuchengehöft an eine Meierei geliefert, so be¬
sichtige ich diese Meierei darauf hin, ob Einrichtungen vorhanden
sind, die Milch vorschriftsmässig zu erhitzen. Ist kein Hochdruck-
Pasteurisir-Apparat vorhanden, so wird gezeigt, wie durch Ein¬
leiten von heissen Dämpfen die Erhitzung in Bassins möglich ist.
Die Milchlieferung ans dem Seuchengehöft an die Meierei hört
auf, auch schon aus dem Grunde, weil jede Meierei in ihren
Statuten die Bestimmung hat, Milch von kranken Thieren darf
nicht geliefert werden. Es wird aber auch in der Meierei eine
Vereinbarung getroffen, dass die Milch von den übrigen Lieferanten
des Seuchenortes, die am meisten gefährdet sind, zu einer
besonderen Zeit geliefert und verarbeitet wird.
Bei der Tilgung der Seuche in der Sommerzeit ist die Auf¬
stallung im Interesse der Senchentilgung dringend zu befürworten,
denn beim Weidegang ist eine Verbreitung durch Wild und Vögel
leicht möglich. Es wurde deshalb auf den Besitzer in der Weise
eingewirkt, dass die Aufstallung der Thiere sofort vorgenommen
wurde, da ja auch thatsächlich der Verlauf der Krankheit bei
rationeller Stallpflege ein günstigerer ist als beim Weidegang. In
zwei der oben genannten Fälle blieben die erkrankten Thiere auf
einer günstig gelegenen Weide.
Bisher bin ich gemeinschaftlich mit dem Polizeiverwalter
tliätig gewesen, ich beantragte — Jener verfügte. Während
dieser Zeit habe ich meist auch schon Gelegenheit gehabt, die
mir obliegende, schleunige Berichterstattung zu erledigen, indem
ich je ein Telegramm an den Regierungs-Präsidenten, den Land¬
rath und den Departementsthierarzt übersandte über den Ausbruch
der Seuche, die Art der Einschleppung, Grösse des Viehbestandes,
vermuthliclie Weiterverbreitung. Von dem Landrath werden au
Grund des Ministerial-Erlasses vom 16. November 1893 in einem
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21. April 1898.
um den neuen Seuchenort herum abzugrenzenden, nicht zu kleinen
Bezirk 'sofort alle die Massregeln zur Anwendung gebracht, welche
die Isolirung der Seuche in dem Bezirke herbeizuführen geeignet
sind. Solche Massregeln sind:
1. die Untersagung der Abhaltung aller Vieh- und Pferde¬
märkte, sowie des Auftriebs von Vieh auf die Wochen-
raärkte,
2. das Verbot des Treibens von Bindvieh, Schweinen und
Schafen ausserhalb der Feldmarkgrenzen,
3. das Verbot der Verladung von Rindvieh, Schweinen und
Schafen auf den in dem gefährdeten Bezirk belegenen
Eisenbahnstationen,
4. Beschränkung in dem Weggeben von Magermilch aus
Molkereien nach Massgabe der Rundverfügung vom 30. Mai
1891.
Dann weiter:
5. Verbot des freien Umherlaufens der Hunde.
6. Nach dem am 1. Januar d. Js. in Kraft getretenen Ge¬
setze, betr. die Aenderung der Gewerbeordnung, ist den Behörden
die BefugniBS ertheilt, zur Abwehr oder Unterdrückung von
Seuchen, den Handel mit Rindvieh, Schafen und Schweinen,
Ziegen und Geflügel im Umberziehen Beschränkungen zu unter¬
werfen oder auf bestimmte Dauer zu verbieten: Auch hiervon wird
in der Regel Gebrauch gemacht.
Diese Verfügungen werden den betheiligten Ortspolizeibehörden
sofort zugestellt und ebenfalls umgehend im Kreisblatt bekannt
gemacht Bald nach der amtlichen Feststellung trifft der De¬
partementsthierarzt am Senchenort ein, um die Diagnose zu con-
trolliren und die angeordneten Schutzmassregeln kennen zu
lernen. Dem Landrath wurde in der Regel am Tage der Fest¬
stellung mündlicher Bericht erstattet. Derselbe erschien häufig
in den nächsten Tagen am Seuchenorte, um die Ausführung
der angeordneten Schutzmassregeln zu controlliren. Den be¬
amteten Thierarzt beauftragte er, alle 4—5 Tage das Seuchen¬
gehöft zu revidiren.
Von den letzten sechs Seuchenausbrüchen in den genannten
Kreisen blieben nach Anordnung der Schutzmassregeln fünf auf
ihren Herd beschränkt Nur in einem Fall fand eine Ver¬
schleppung durch einen Bauhandwerker nach einem Gehöft einer
benachbarten Gemeinde statt.
Ueber einzelne Punkte bei der Senchentilgung möchte ich
mich näher äussern!
In einem früheren Jahrgang dieser Wochenschrift wird be¬
hauptet, dass eine Verfügung, die die Ortspolizeibehörde beauf¬
trage, direct den Kreisthierarzt hinzuzuziehen, zwar zweckmässig
sei, aber nicht auf gesetzlichem Boden stehe. In No. 28 dieser
Wochenschrift wird bedauert, dass der beamtete Thierarzt nur
das technische Anhängsel im Verwaltungsapparat ist und ge¬
wünscht, dass ihm für die Tilgung der Maulseuche die im § 2
des Gesetzes vom 23. Juni 1880 genannten Befugnisse eines
Commissars übertragen werden. Ueber diese Fragen giebt das
Viehseuchengesetz Auskunft. Im § 2 Abs. 3 desselben heisst es:
Die Mitwirkung der beamteten Thierärzte richtet sich nach den
Vorschriften dieses Gesetzes. Dasselbe gewährt dem Thierarzt
nicht das Recht, bei der Tilgung der Maul- und Klauenseuche
in Abwesenheit des leitenden Polizeibeamten vorläufige Schutz¬
massregeln anznordnen, weshalb eine Verfügung, dass „womöglich
der Polizeibeamte gemeinsam mit dem beamteten Thierarzt an
Ort und Stelle die Sachlage zu prüfen hat etc.“ sehr zweck¬
mässig ist. Nach dem klaren Wortlaut des § 12 des Viehseuchen¬
gesetzes hat die Polizeibehörde auf die erfolgte Anzeige oder,
wenn sie auf irgend einem anderen Wege von dem Ausbruch
ein£r Seuche oder dem Verdacht eines Seuchenansbruches Kennt-
183
niss erhält, sofort den beamteten Thierarzt behufs sachverständiger
Ermittelung des Seuchenausbruches hinzuzuziehen. Nach § 14 hat
auf die gutachtliche Erklärung des beamteten Thierarztes, dass
der Ausbruch der Seuche festgestellt ist, die Polizeibehörde die
für den Fall der Seuchengefahr in diesem Gesetz und den zur
Ausführung desselben erlassenen Verordnungen vorgeschriebenen,
den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln zu treffen.
Der Landrath ist nach § 2 des Preuss. Gesetzes befugt, die
Amtsverrichtungen der Ortspolizeibehörde für den einzelnen
Seuchenfall zu übernehmen.
Es liegt m. E. keine Veranlassung vor, die durch das Vieh¬
seuchengesetz geregelte Stellung des beamteten Thierarztes zu
ändern, und insbesondere wäre es ein verhängnisvolles Vor¬
gehen, wenn derselbe etwas anordnen wollte, wozu er nicht be¬
rechtigt wäre. „Anordnungen zu treffen“ ist Sache der Polizei¬
behörde, darüber lasse ich nie einen Zweifel in meiner amtlichen
Thätigkeit. Da aber sämmtliche Anordnungen auf einer zweck¬
mässigen Grundlage beruhen, so belehre ich die Viehbesitzer,
warum der Polizeibeamte dies oder jenes anordnen wird. Dem
Befehl eines rechtlich Vorgesetzten wird der Landwirth — ins¬
besondere der Schleswig - holsteinische in allen Fällen Folge
leisten, aber ein Befehl hat für ihn keinen Sinn, die in ihm vor¬
waltende Verständigkeit fordert, dass er wisse, aus welchem
Grunde etwas geschieht. Deutet man ihm dies auch nur mit einer
Silbe an, so ist die Ausführung eine ganz andere. Daher ist
auch die Tilgung der Seuche da am leichtesten, wo der Besitzer
des Seuchengehöftes ein intelligenter, Gemeinsinn besitzender
Mensch ist. Wenn ich in Abwesenheit des Polizeibeamten vor¬
gehe, wie es ja fast immer vorkommt, wenn es nicht der erste
Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Amtsbezirk ist, so theile
ich dem Viehbesitzer mit, dass gesetzlich so und so zu verfahren ist,
undi wirke auf ihn in diesem Sinne ein, da die Behörde alsbald
so verfügen wird. Ist die Polizeibehörde an Ort und Stelle, so
beantrage ich die und die Massregeln und überlasse ihr, so zu
verfügen.
• Die Hauptthätigkeit bei der Tilgung der Maul- und Klauen¬
seuche liegt am Seuchenherde. Hier hat sich der beamtete
Thierarzt nicht auf die Feststellung des Seuchenansbruches zu
beschränken, sondern er hat auf Grund genauer Kenntniss der
örtlichen Verhältnisse, die er oft erst durch längeres Verweilen
erlangt, die den Umständen nach erforderlichen Schutzmassregeln
zu beantragen. Bei der schnellen und leichten Uebertragbarkeit
der Seuche sind auch die scheinbar kleinsten Umstände be-
achtenswerth. Es müssen eben solche Massregeln getroffen
werden, die eine Verschleppung des Ansteckungsstoffes wirksam
verhindern. Hier am Senchenort hat auch die Ortspolizeibehörde
ihre Hauptaufgabe zu erfüllen. Dass ihre Amtsverrichtungen
vom Landrath übernommen werden, liegt in der Regel nicht im
Interesse der Seuchentilgung. Neuerdings ist überall das Princip
durchgeführt, dass der Kreistliierarzt am Sitze des Landraths¬
amtes wohnen muss, selbst wenn dieses in einer Ecke des Kreises
liegt. Ich kenne Gründe, welche dafür sprechen. Wenn mir
aber ?on solchen Collegen gesagt wird, dass sie amtlich nur mit
dem Landrath verkehren und mit der Ortspolizeibehörde wenig
oder garnichts zu thun haben, so entspricht das nicht den gesetz¬
lichen Bestimmungen und erregt leicht den Glauben, dass die
Hauptthätigkeit des Kreisthierarztes am Wohnort des Landrathes
liegt, während sie doch thatsächlich an dem jeweiligen Seuchen¬
ort zu suchen ist Die Bedeutung des Landraths bei der Seuchen¬
tilgung erkenne ich voll und ganz an. Die grosse Ausbreitung der
Seuche im diesseitigen Kreis geschah zu einer Zeit, als dieser
Beamte fehlte.
Ein wesentlicher Fortschritt in der Bekämpfang der Maul-
BERL1NER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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184
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16.
und Klauenseuche ist durch die gesetzlichen Bestimmungen über
die Behandlung der Magermilch aus den Meiereien erzielt.
Die in dem letzten Jahrzehnt zahlreich entstandenen
Genossenschafts- und Sammelmeiereien sind der Verbreitung der
Seuche günstig gewesen. Durch Abgabe ungekochter, inficirter
Magermilch sowohl als auch durch den Verkehr der Milchwagen,
Milchgefässe ist der Ansteckungsstoff der Seuche verbreitet.
Wenn auch sofort nach dem Ausbruch der Seuche die Milch¬
lieferung aus dem Seuchengehöft auf hörte, so war damit wenig
erreicht. Nach der Bundesratlis-Instruction vom 24. Februar 1881
war nur „das Weggeben der Milch von kranken Thieren im
rohen ungekochten Zustande behufs unmittelbarer Verwendung
zum Genüsse für Menschen oder Thiere verboten.“ Im Jahre 1891
wurde bestimmt, dass beim Auftreten der Seuche in dem Viehbe¬
stände eines an der Genossenschaftsmolkerei betheiligten Land wirths
das Weggeben von Magermilch aus der Molkerei nur zu gestatten
sei, nachdem dieselbe auf mindestens 100° C. erhitzt sei. Da sich
herausgestellt hatte, dass eine so hohe Erhitzung vielen Molkereien
Schwierigkeiten machte, wurde 1894 die Abänderung getroffen,
dass die Magermilch wenigstens eine Viertelstunde lang einer
Temperatur von mindestens 90° C. ausgeselzt gewesen sein soll.
In einem Fall im hiesigen Kreis sollte eine Meierei geschlossen
werden, weil sie aucli diesen gesetzlichen Vorschriften nicht
genügen konnte. Die Magermilch wurde in einem Bassin an¬
gesammelt, das nach 10 Minuten gefüllt war und dann durch ein
Abflussrohr ebensoviel Milch abfliessen liess als durch das
Zuflussrohr des Separators zugeführt wurde. Die Erhitzung der
Milch war nur auf einige 90° C. möglich. Nach Ansicht des
Amtsvorstehers war diese Erhitzung nm so weniger vorschrifts-
mässig, als keine Garantie gegeben sei, dass die momentan ein-
geleitete Milch thatsächlich nicht vor 10 Minuten abfliesse. Die
von mir vorgenommene Untersuchung ergab Folgendes: Durch
Einleiten von heissen Dämpfen konnte die Magermilch in dem
Behälter, der in 10 Minuten gefüllt war, nur auf 94—95° C.
erhitzt werden. Die aus dem Abflussrohr in die Milchkannen
geleitete Milch hatte aber noch >/ 4 Stunde nach dem Abfliessen
eine Temperatur von 90—91° C. Da die Abkühlung der Milch
so langsam vor sich geht, war auch in diesem Falle der gesetz¬
lichen Vorschrift Genüge geleistet.
In dem Entwurf zum neuen Reichs-Viehseuchen-Gesetz war
die Bestimmung getroffen, dass Milch aus Sammelmolkereien nur
nach erfolgter Abkochung abgegeben werden dürfe, wenn auch
nur einer der betheiligten Viehbestände unter Sperre gestellt sei.
Auch die vom Landwirthschaftsrath und der technischen Deputation
für das Veterinärwesen abgeänderte Fassung desselben handelt
nur von Massregeln, die getroffen werden sollen, so lange auch
nur aus einem der unter Sperre gestellten Viehbestände Milch
zu den Sammelmolkereien geliefert wird. Nach den Erfahrungen,
die im Jahre 1892/93 im hiesigen Kreis gemacht wurden, würde
eine solche Bestimmung einen wirksamen Schutz für die Weiter¬
verbreitung der Seuche nicht gewährt haben. Der Reichstags-
Abgeordnete Graf Holstein, Mitglied der technischen Deputation
für das Veterinärwesen, wirkte im letzten Augenblick darauf hin,
dass der § 44 Absatz 2 folgende Fassung bekam:
„Das Weggeben ungekochter Milch aus Sammelmolkereien
kann in Zeiten der Seuchengefahr und für die Dauer derselben
verboten werden. Ist einer der betheiligten Viehbestände unter
Sperre gestellt, so darf die Milch nur nach erfolgter Abkochung
weggegeben werden.“
Durch diese Bestimmung ist eine wirksame Präventivmass-
regel in solchen Fällen getroffen, wenn die Genossenschaften
selbst noch nicht wissen, dass sie unter ihrem Viehbestände die
Seuche haben.
Im neuen Reichs-Viehseuchen-Gesetz und der auf Grund des¬
selben erlassenen Bundesraths-Instruction sind noch manche Ver¬
besserungen enthalten. An Stelle der „Ortschaft“, die einen
verschiedenen Begriff darstellte., wird eine geographische Sperr¬
zone gezogen, wie sie ähnlich bei der Tollwuth verfügt ist.
Während früher nur das Betreten des Seuchengehöftes durch
fremde Wiederkäuer und Schweine verboten war, sind in der
neuen Bundesraths - Instruction weitgehende Bestimmungen
getroffen, um einer Verschleppung der Seuche durch den Menschen
vorzubeugen. In dem Artikel in Nr. 28 dieser Wochenschrift
heisst es irrthümlich: „dass nur ein Seuchenträger gesperrt wird,
nämlich das Klauenvieh; der Zwischenträger — der Mensch —
bleibt vom Gesetz unberührt. Der Viehhändler, Fleischer,
Castrirer, Hausirer, Bettler etc. durchstreift ungehindert Sperr¬
gebiete, verseuchte Ortschaften und Seuchengehöfte, als ob keine
Betretungsverbote existirten und verschleppt die Seuche in die
Nachbarschaft. Leute aus den Seuchengehöften verlassen diese
ungehindert und verschleppen mit ihrer inficirten Kleidung etc.
die Seuche arf viele Meilen Entfernung hin. Der wissbegierige
Nachbar darf nach wie vor das Seuchengehöft und den ver¬
seuchten Stall betreten, hier die Seuche aus eigener Anschauung
kennen lernen, um sie dann in seinen eigenen Viehstall zu
verschleppen.“
Der § 63 der Bundesraths-Instruction bestimmt ausdrücklich,
dass der Besitzer oder dessen Vertreter anzuhalten ist:
1. fremden unbefugten, sowie solchen Personen, welche
behufs Ausübung ihres Gewerbes in Ställen zu verkehren
pflegen (namentlich Viehhändlern und Schlächtern) den
Zutritt zu den kranken Thieren nicht zu gestatten;
2. dafür Sorge zu tragen, dass alle Personen, welche bei
den kranken Thieren oder in den Ställen derselben
Dienste geleistet haben, das Gehöft nur nach Abwaschung
des Schuhwerkes und Reinigung der Kleidungsstücke
verlassen;
3. seinen Dienstboten und Hausgenossen das Betreten seuche¬
freier Stallungen in andern Gehöften zu verbieten und
selbst solche Stallungen nicht zu betreten.
Ich halte es für eine Aufgabe der beamteten Thierärzte auf
diese Bestimmungen besonders aufmerksam zu machen und dem
Besitzer und seinen Arbeitern ad oculos zu demonstriren, wie man
beim Verlassen des Seuchenstalles verfährt.
Wenn die Seuche mit halben Massregeln bekämpft wird, so
wird wenig erreicht, und die angeordneten Schutzmassregeln
werden trotzdem als sehr lästig empfunden. Daher mag der
College in No. 28 dieser Wochenschrift für viele Fälle Recht
haben, wenn er sagt: „die Sperrmassregeln, wie sie augen¬
blicklich gehandhabt werden, gestalten sich für die Landwirth-
schaft verlustbringender als in den meisten Fällen die Seuche
selbst.“ Diese Ansicht herrscht auch zum Theil in landwirth-
schaftlichen Kreisen. In der vorjährigen Sitzung der Königlichen
Landwirthschafts-Gesellschaft zu Celle (B. T. W. 1896 S. 601)
fand eine Aussprache über die Veterinär-Polizei statt. „Die
meisten Redner erklärten, dass alle Mittel und Wege des Reichs-
Viehseuchen-Gesetzes nicht geholfen hätten; einer sagte: „das
Gesetz ist schlimmer als die Seuche.“ So erklärt es sich auch,
dass bei den Verhandlungen über die Einführung der obliga¬
torischen Fleischschau von Mendel-Steinfels sagen konnte,
man ist der thierärztlichen Controle müde geworden. Doch ein
Trost ist uns geblieben, dass dies nicht allein von den thierärzt-
lichen Controlen zu gelten scheint Als der jüngste der Berliner
Professoren der Nationalöconomie in seiner Wiesbadener Ab¬
schiedsrede sagte: „Man ist der Staatseinmischung in allen
Gebieten allmählich müde geworden“, da wurde dieser Ausspruch
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21. April 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
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von vielen Seiten begrüsst, alß wär’s ein grosses Wort gelassen
ausgesprochen.
Wenn aber die Seuche mit den gesetzlich zulässigen Mass-
regeln bekämpft wird, dann lassen sich bei rechtzeitigem Ein¬
greifen wenigstens zur Winterszeit sichere Erfolge erzielen.
Diese Ansicht herrscht auch in thierärztlichen und landwirt¬
schaftlichen Kreisen. In der Beratung der Königlichen Land-
wirthschafts - Gesellschaft zu Hannover (B. T. W. 1896 S. 157)
betr. Maul- und Klauenseuche einigten sich die Anwesenden
dahin, dass für eine Abänderung des Seuchengesetzes und der
auf Grund desselben erlassenen Verordnungen des Bundesrathes
ein Bedürfniss nicht vorliege, indem dieselben bei richtiger Hand¬
habung als ausreichend und zweckmässig bezeichnet werden
müsse. Als dringend notwendig wurde jedoch hervorgehoben,
dass die Polizeiorgane die ihnen zustehenden Befugnisse auf das
Strengste handhaben.
In der Sitzung des ständigen Ausschusses des Deutschen
Veterinärrathe8 zu Nürnberg vom 24. März 1891 betonte
L y d t i n „das Hauptgewicht ist auf eine strenge und einheitliche
Anwendung der bestehenden Massregeln zu legen.“
In No. 18 der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse hat
der Zuchtviehhändler und Gutsbesitzer Lehnert -Miersdorf
eine Abhandlung veröffentlicht, in welcher Massregeln erörtert
werden, die zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche von
ihm als unerlässlich bezeichnet werden. Derselbe sagt:
,,das Gesetz und meistens auch die Verordnungen der Re¬
gierungen genügen, was aber nicht genügt, ist die Ausführung,
ist die Handhabung des Gesetzes.“
In No. 13 des Landwirtschaftlichen Wochenblattes für
Schleswig-Holstein befindet sich ein Artikel über die Bekämpfung
der Maul- und Klauenseuche aus der Feder des Herrn Oeconomie-
rath Boysen, Directors des Schlachthofes in Hamburg. Der¬
selbe stimmt mit Lehnert darin überein, dass dies der springende
Punkt ist.
„Bei der Handhabung hapert es, bei dieser sollte ein wirk¬
samer Hebel zur Verbesserung der Verhältnisse angesetzt werden.“
Lehnert sagt in seiner Abhandlung, dass die mangelhafte
Handhabung des Gesetzes in einer unzureichenden Anzahl der
Kreistierärzte begründet ist, er will in Folge dessen denselben
Hilfskräfte beigegeben wissen. Nach Boysen gebietet eine
wirklich kräftige, umsichtige Handhabung des Gesetzes zum
Zweck gründlicher Tilgung der Seuche die Ausfüllung einer
Lücke in der Organisation auf dem Gebiete der Veterinärpolizei.
„Es fehlt an der Einheitlichkeit in der Bekämpfung. Jeder
landräthliche Kreis bildet für sich gewissermassen ein in sich ab¬
geschlossenes Gebiet und die Handhabung des Gesetzes ist dem
Befinden der dortigen Organe überlassen, insbesondere den localen
Polizeibehörden und dem betreffenden Kreisthierarzt. Abgesehen
von der starken Inanspruchnahme von dessen Zeit durch andere
Geschäfte der Praxis fehlt aber sehr häufig auch die unbedingt
erforderliche Routine auf dem Gebiet der Seuchentilgung, ohne
welche dieselbe immer nur mangelhaft geübt werden kann. Der
betreffende Thierarzt, der sonst als Diagnostiker, als Kliniker
oder Bakteriologe geradezu hervorragend sein mag und sich eines
weit verbreiteten und anerkannten Rufes erfreut, ist deshalb noch
keineswegs mit allen Einzelheiten der Seuchentilgung vertraut;
um mit dieser vertraut zu werden, fehlte es dem Betreffenden
einfach an der Uebung, an der Erfahrung im praktischen Dienst.
Das schliesst keinen Vorwurf für den Einzelnen ein; es sind mit
einem Wort die Verhältnisse, welche seiner tieferen Ausbildung in
diesem Specialfach hinderlich gewesen sind.“ Deshalb verspricht
sich Boysen in gewissen Fällen einen besondern Erfolg, wenn
die Leitung der Tilgung innerhalb eines ganzen Seuchenbezirks
in die Hand eines erfahrenen Fachmannes gelegt, wenn gewisser¬
massen ein Seuchencommissar zur Stelle wäre, dem die Aufgabo
gestellt würde, die Seuche mit allen gesetzlich zulässigen Mitteln
zu bekämpfen. „Wir zweifeln nicht daran, dass eine solche fach¬
männisch geschulte, von der Privatpraxis unabhängige, mit
reichen Erfahrungen ausgestattete Kraft den betreffenden Local¬
behörden und den Kreisthierärzten, auf deren Mitwirkung sie sich
stützen müsste, diesen hochwillkommen sein würde. In der Aus¬
gestaltung der Organisation der Veterinärpolizei in der hier an¬
gedeuteten Richtung ist nach unserm Ermessen nur dasjenige
Mittel zu erblicken, mit dessen Anwendung es gelingen muss,
der Seuche Herr zu werden.“
Wenn in dieser beachtenswerthen Abhandlung „die fach¬
männisch geschulte, mit reichen Erfahrungen ausgestattete Kraft“
mit dem Namen „Departementsthierarzt“ belegt worden wäre,
dann würde diese Aeusserung inhaltlich mit jener in der B. T. W.
1896 S. 157 übereinstimmen:
„Solange, wenigstens in vielen Bezirken, die organisatorische
Kraft des Departementsthierarztes eingeengt oder ganz unbenutzt
bleibt, wird eine einheitliche Präcision in der Handhabung der
Tilgungsmassregeln durch die localen Verwaltungsbehörden nicht
zu erreichen sein.“
Möchte es endlich nach nunmehr lOjährigera Kampfe ge¬
lingen, diese der Landwirtschaft so verderbliche Seuche in
unserm Vaterlande zu tilgen. Mit um so grösserer Bereitwillig¬
keit wird man daun an die Lösung anderer Aufgaben, an die
mitzuwirken die Gesammtheit der deutschen Thierärzte berufen
ist, herantreten. Die Einführung der allgemeinen Fleischschau
und die Tilgung der Tuberculose unter unseren Haustieren.
Referate.
Wissenschaftliche Tages-Nenigkeiten.
Die Heilung der Tuberculose der Rinder.
Auf dem internationalen Congress für Hygiene in Madrid
hielt Geheimrath Behring einen Aufsehen erregenden Vortrag
über ein von ihm gefundenes neues Tuberculose-Heilserum.
Nadlern er betont hatte, dass die Entdeckung des Tuberculins
durch Koch trotz Allem und Allem die wissenschaftliche Gross-
tliat bleibe, welche allen folgenden Entdeckungen zur Grundlage
gedient habe, beschrieb er seine in den letzten Jahren angestellten
Versuche, die durch eine complicirte Behandlung des virulenten
Materials zur Darstellung einer Substanz geführt haben, die
20 mal so giftig ist, wie die Tuberkelbacillen selbst und die, wie
experimentell bewiesen wurde, das eigentliche Tuberculosegift ist.
Diese Substanz ist 80—100 Mal wirksamer, als Tubercnlinum
Kochii (in welchem jene übrigens ebenfalls enthalten ist.) Mit
diesem Tuberculosegift hat Behring Thiere immunisirt und
von ihnen ein Serum gewonnen, welches nicht allein (wie Meer¬
schweinchenversuche bewiesen) gegen Tuberculose - Infection
(Impfung) schützt, sondern, in langsam gesteigerten Dosen an¬
gewendet, auch Rindertuberculose heilt. Behring theilte
mit, dass an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin Versuche
mit derartiger Heilung der Rinder-Tuberculose in grösserem Mass-
stabe mit Staatsunterstützung vorgenommen wurden.
Auf Menschen ist leider dieses von Thieren gewonnene
Heilserum nicht anwendbar, weil es schon in geringen Dosen
höchst unangenehme Nebenwirkungen zeitigt. Diese Nachtheile
sind nicht, wie experimentell festgestellt ist, Wirkungen des
Antitoxins, sondern des Thierserums an sich. Und zwar hat
anscheinend das Thierserum diese Wirkungen nur bei Schwind¬
süchtigen, denn auf sie wirkt auch, wie sich gezeigt hat, das
Diphtherieheilserum ähnlich, welches bekanntlich für nicht
schwindsüchtige Kinder ganz unschädlich ist. Für die Heilung
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18 «
der menschlichen Phthise ist somit auch durch diese wichtige
Entdeckung noch kein Weg gezeigt.
Entdeckung der Lungenseuche-Mikroben.
ln der Semaine vdterinaire vom 3. April 1898 findet sich die
sensationelle Mittheilung, dass es Nocard geglückt ist, den
Mikroben der Lungenseuche zu isoliren und zu cultiviren. Er
machte diese Mittheilung in der Sitzung der Societe centrale de
medecine veterinaire vom 24. März er. und wird die genaue
Darstellung baldigst veröffentlichen.
Sitz der Maul- und Klauenseuche-Erreger.
Es soll hier eine mündliche Mittheilung des verstorbenen
Professor Rabe-Hannover veröffentlicht werden, deren ex¬
perimentelle Grundlage nicht bekannt geworden ist, die aber
vielleicht zur Nachprüfung anregt. Nach Rabe sucht man den
Erreger an der falschen Stelle, wenn immer der Blaseninhalt etc.
darauf hin geprüft wird. Die Erreger finden sich in den tiefen
Hautschichten.
Die Thatsache, dass der Blaseninhalt Virulenz besitzt, würde
jener Behauptung durchaus nicht entgegenstehen, da im Blasen¬
inhalt Sporen oder entsprechende Gebilde, welche mit den jetzigen
optischen Hilfsmitteln überhaupt nicht nachweisbar sind, als
Träger der virulenten Qualität vorhanden sein können, ohne
dass die Erreger selbst darin sich aufhalten. Bei der infectiösen
Milch ist es ja ähnlich
Zu dem Marten’schen Artikel „Immunitätsdauer bei Maul- und
Klauenseuche.“
Der Herr Verfasser ersucht um Mittheilung folgender
Correctur bei der Liste der mitgetheilten nenn Beobachtungen.
Beim ersten Fall muss es statt „December 1893“ heissen „No¬
vember 1892“; beim siebenten Fall statt „August 1898“ desgl.
„Januar 1898“.
Ueber Blut- und Organgifte.*)
Von Prof. Bricger und Dr. Uhlenhuth.
(D. Med. Wocb. 10. !*8 )
1. Nach den Untersuchungen von Uhlenhuth ist das Blut¬
serum von Mensch, Hammel, Schwein, Rind und Kaninchen mit
Necrose bewirkenden Toxinen beladen, die, wie es scheint,
unter gewissen pathologischen Verhältnissen beim Menschen der¬
artig vermehrt sind, dass schon bei subcutaner Application von
geringen Dosen Versuchsthiere zu Grunde gehen. Nnr das Serum
von Pferden entbehrt dieser toxischen Eigenschaften.
2. Diese Beobachtungen dienten uns als Ausgangspunkt für
weitere Untersuchungen, die zunächst bezweckten, die Natur
dieser Toxine festzustellen. Diese Toxine scheinen nichts zu
tlmn haben mit dem Fibrinferment von Max. Schmidt und
Pokelharing, sowie mit den anderen bekannten Fermenten,
welche im Blut kreisen, sondern scheinen in die Gruppe der als
Toxalbumine bezeichneten Toxine zu gehören. Die Toxine des
Blutserums sind sehr labil, werden durch Alkohol unter Einbusse
ihrer physiologischen Wirkung ausgefällt, werden aber nicht
durch Dialyse oder Filtriren in ihrem biologischen Verhalten be¬
einträchtigt. Durch Ammoniumsulfat und gewisse Chloride von
Schwermetallen werden diese Toxine aus dem Blutserum nahezu
quantitativ ausgeschieden.
3. Bei Versuchen, gegen diese ans dem Blutserum stammenden
Toxine zu immunisiren, wurden wir von dem Gedanken geleitet,
dass möglicher Weise das Pferdeserum, weil es der in Rede
stehenden Toxine entbehrt, mit Schutzstoffen dagegen versehen
wäre, eine Vermuthung, die sich aber nicht bestätigte, sondern
uns weiter dazu führte, das Verhalten der Organe gegonüber
*) Wörtlich entnommen.
No. 16
diesen Toxinen zu untersuchen; indessen auch die Organe besitzen
keine schützenden Eigenschaffen.
4. Im Gegentheil, diese Organe selbst beherbergen sehr wirksame
Toxine, worauf schon einzelne Angaben in der Litteratur hinweisen.
Und zwar sind, was bisher noch unbekannt war, nach unseren Ver¬
suchen an Meerschweinchen die Organe derselben Thierspecies für
die einzelnen Thiere derselben Gattung, subcutan beigebracht
giftig. Gehirn, Leber, Niere, Lunge, Nebenniere, Milz, Knochen¬
mark und Lymphdrü8eu enthalten, auf dieselbe Gewichtseinheit
berechnet, ziemlich die gleichen Mengen von Toxinen. Der ein¬
gespritzte Organbrei wird äusserst schwierig resorbirt, die Toxine
desselben treten aber verhältnissmässig rasch in den Thierkörper
über. Es lässt sich somit nicht genau die tödtliche Dosis der
Toxine abmessen, indessen genügen ca. 1 g frischer Substanz
von Gehirn, Leber u. s. w„ um den tödtlichen Ausgang zu er¬
zielen.
5. Die genannten Organe der Meerschweinchen haben — ge-
tödteten Thieren entnommen, frisch und unter aseptischen Cau-
telen mit physiologischer Na Cl-Lösung verrieben und subcutan den
Versuchsthieren injicirt — die Eigentümlichkeit, dass sie die
Versuchstiere unter Sinken der Temperatur, Abnahme der Fress¬
lust, zunehmender Mattigkeit in 12—24 Stunden tödten. Bei der
Obduction konnte ausnahmslos eine starke Röthung der
Nebenniere, ähnlich wie wir sie als Wirkung des Diphtherie¬
giftes kannten, konstatirt werden. Nur nach Injection von Milz
war diese eigentümliche Röthung der Nebenniere zuweilen nicht
zu bemerken.
6. Es bilden auch die Organe von Menschen und die von
anderen Thieren dergleichen Toxine, wenn auch in wechselnden
Mengen, welche dieselben Veränderungen auf die Nebennieren der
Meerschweinchen bewirken.
7. Besonders erwähnenswert ist, dass die Pferdeorgane,
zumal das Gehirn, dieselben Toxine entalten, obwohl im Blut¬
serum derselben überhaupt keine Toxine kreisen.
8. Diese eigenartige Reaction auf die Nebennieren von Meer¬
schweinchen nach Einspritzung der genannten Organsubstanzen
lässt vermuten, dass diese Organgifte anderer Natur sind, wie
die Gifte des Blutserums; denn nach Einspritzung der letzteren
haben wir bisher keine Röthung der Nebennieren beim Meer¬
schweinchen gesehen.
9. Uhlenhuth und Moxter haben das Rückenmark von durch
Rinder- und Menschenserum vergifteten Kaninchen nach der
Nissl'sehen Methode untersucht und eigentümliche Verände¬
rungen gefunden, über welche sie an anderer Stelle berichten
werden.
10. In dem Serum von an Coma carcinomatosum und urae-
meticum gestorbenen Personen konnten wir keine erhöhte Giftig¬
keit des intra vitam entnommenen Blutserums bei unseren Ver¬
suchsthieren feststellen. Dagegen waren die Organe der an
diesen Krankheiten gestorbenen Menschen äusserst giftig, aber
nicht auffallend giftiger als die Organe von Personen, die an
anderen Krankheiten gestorben waren. Indessen muss man bei
der Beurtheilung der Giftigkeit der aus menschlichen Leichen
herrührenden Organe sehr vorsichtig sein, da oft schon während
der Agone eine Bacterieninvasion stattfindet, und zwar besonders
vom Bact coli, das bei Meerschweinchen nicht nur ähnliche
Krankheitserscheinungen, sondern auch die gleichen pathologischen
Veränderungen der Nebennieren, wie sie nach Injection von
Organbrei sich entwickeln, hervorruft.
11. Die Röthung der Nebennieren ist nicht eine specifische
Eigenschaft des Diphtlieriegiftes, sondern kann auch, ausser vom
Bact. coli und seinem keimfreien Culturfiltrat, durch Typhus- und
Cholerabacillen bedingt werden.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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21. April 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
12. Die Organtoxine können den Organen entzogen werden
durch Alkalien, nicht aber durch physiologische Kochsalzlösung;
werden durch Säuren ebenso wie durch Kochen zerstört, durch
Alkohol niedergeschlagen. Diese Toxine verlieren ihre giftigen
Eigenschaften bei halbstündiger Erhitzung auf 80° C., während
sie sich noch widerstandsfähig erhalten gegen '/«ständige Er¬
hitzung auf 70" C. Bisher haben sich noch keine Anhaltepunkte
ergeben, die für die Identität dieser Organgifte mit irgend einer
der bisher dargestellten resp. benannten Organsubstanzen sprächen.
13. Ob nun diese Organgifte nicht bloss eine pathologische
Veränderung der Nebennieren beim Meerschweinchen bewirken,
sondern auch noch im Rückenmark von Kaninchen ähnliche Ver¬
änderungen, wie sie Uhlenhuth und Moxter nach Injection
von Blutserum constatirten, hervorrufen, ist Gegenstand weiterer
Untersuchungen.
Daraus werden sich vielleicht Schlüsse ziehen lassen auf
ev. Differenzen der biologischen Natur der Organgifte, die, nach
Analogie physiologischer Eigenschaften der Toxine des Blutserums
zu schliessen, höchstwahrscheinlich bestehen. So haben sich bei
den Blutgiften Unterschiede in der physiologischen Wirkung er¬
geben, insofern, als das Serum eines gegen Aalgift immunisirten
Kaninchens nicht gegen das mit diesem Immunserum gleichzeitig
eingespritzte Rinderserum schützt.
Ueber Xeroform als Intestinalantisepticum.
Von Dr. Reynders. Monographie.
Verf. kommt auf Grund seiner Versuche, die im Laboratorium
und in der Klinik angestellt wurden, zu folgenden Schlüssen:
1. Hinsichtlich einer physikalischen und chemischen Eigen¬
schaften ist das Xeroform ein geschmackloses Pulver von nur
schwachem Geruch. Fast vollkommene Unlöslichkeit verleiht ihm
die Eigenschaften, welche Prof. Bouchard als für ein Darm-
antisepticum unerlässlich aufgestellt hat.
2. In den Verdaunngstractus eingeführt, erleidet es nur
leichte Veränderungen im Magen. In Gegenwart des Darmsaftes
bildet es sich um in Tribromphenol von grosser antiseptischer Kraft
und Wismutoxyd, welches sich mit den Ptomainen oder Toxinen
zu unlöslichen Körpern verbindet. Ein geringer Theil dieses
Tribromphenol8 wird durch den Urin, das Wismutoxyd durch die
Faeces ausgeschieden.
3. Seine Giftigkeit ist ausserordentlich schwach. Verf. hat
es bei Meerschweinchen bis zu Dosen von 8 g angewendet. Beim
Menschen genügen Dosen von 2—3 g, um die Antisepsis des
Darmes zu unterhalten.
4. Was seine Einwirkung auf die Verdauungsfunktionen be¬
trifft, so kann Verf. sagen, dass er niemals schädliche Effecte
wahrgenommen hat. Allerdings kam mehrmals Uebelliefinden vor,
verschwand aber schnell wieder, sobald er das Xeroform in
Oblaten durch Xeroform in Gummiemulsion ersetzte.
Besonders erwähnenswertli erscheint das fast vollständige Auf¬
hören des üblen Geruches der Stühle.
Therapentische Notizen.
ATrolpaste.
Prof. Fröhner schreibt in den Mtsh. f. Th. 9, 5: Die von
Bruns in die Menschenchirurgie eingeführte Airolpaste kann
auch für die tbierärztliche Praxis als bestes Wunddeckmittel
empfohlen werden. Sie ist leicht anzubringen, klebt vorzüglich,
trocknet rasch, lässt das Wundsecret durch, ist aseptisch und
reizlos und ersetzt den Verband vollständig. Sie garantirt sogar
in den Stichcanälen eine eiterungslose Heilung per primam bei
genähten Wunden. Das Airol ist ein W’ismuthpräparat, das
gleichmä8sig Jod und Gallussäure enthält und auch als jodirtes
Dermatol aufgefasst werden kann. 1 g kostet im Apothekerpreis
15 Pf., im Engrospreis 100 g 6,50 M. Es ist also immerhin
theuer. Man braucht aber zur Herstellung der Paste auch wenig.
Formel für die Paste ist: Airol, Glycerin und Mucilago Gummi arab.
ää 5, Boli 10, zur Paste zu mischen.
Aus dem Bericht Uber das Veterinärwesen im Königreich Sachsen
für 1896.
Chlorbarium: Die Berichte einiger Bezirksthierärzte
sprechen sich übereinstimmend dahin aus, dass das Chlorbarium
ein wirksames und daneben billiges Mittel sei; es lasse aber
ebenfalls in manchen Fällen im Stich und leiste in der
Wirkung nicht mehr als das Pilocarpin - Eserin. Von Nach¬
theil ist nur ein Fall verzeichnet, wo ein Pferd nach intravenöser
Injection von 0,75 (d. h. also nach unrichtiger Anwendung des
Chlorbariums) verendete.
Thüringer Pillen: Bezirksthierarzt Dr. Röder hat diese
Pillen kostenlos an Besitzer verabfolgt, von denen er sicher war,
dass sie dieselben nach Gebrauchsanweisung anwenden würden.
Die Pillen scheinen zu wirken, sobald den Kälbern keine Milch
gegeben wird. R. verwendet dieselben seit 4 Jahren. Sie sind
gegen den Durchfall der Hunde und der Kälber immerhin
brauchbar, von sicherem Erfoge jedoch keineswegs. Sie stehen
dem Opium gleich und haben den Vorzug der Ungefährlichkeit
Jedenfalls aber sind sie kein speciflsches Mittel gegen die Kälber¬
ruhr. Bez.-Thierarzt König zieht sie jedoch beim gewöhnlichen
Durchfall anderen Mitteln vor, bemängelt aber ihren hohen
Preis.
Glutol und Thioform werden gelobt. — Fluoraluminium
hat bei Ohrenkatarrh der Hunde theils in wässriger Lösung,
theils mit Thioform als Streupulver erfolgreiche Verwendung ge¬
funden. — Sterysol und Holzin, zur Immunisirung gegen
Maul- und Klauenseuche empfohlen, hat sich als völlig unwirksam
erwiesen. — Pulverisirtes Holz als Verbandmaterial bewährt
sich nach Operationen am Hufe ausgezeichnet, indem es das
Wundsecret intensiv aufsaugt. (Bez.-Thierarzt Dr. Röder.)
Brandwunden.
Ein Ponny, der sehr umfangreiche Verbrennungen erlitten
hatte und bei dem schon Dyspnoe und Kräfteverfall bestand,
wurde erfolgreich durch Abwaschungen mit verdünnter Jod-
tinctur (1:5) und darauf folgendes Bepudern mit Stärkemehl
behandelt. („Anacker’s Thierarzt“.)
Gegen Verbrennungen.
Acid. picric. 5,0
Spirit, dilut.50,0
Aq. destill. 950,0
(Beauxis Lagrave.)
Gegen Gastritis hyperehlorhydrioa mit Verstopfung.
Magnes. ust.
Pulv. Rhei.ää 7,5
Natr. carbon. sicc. 15,0
Natr. bicarbon.
Sacch. pulv.ää 15,0
01. Menth, piper. q. s.
S. Vs Theclöffel zwei Stunden nach jeder Mahlzeit in Wasser
oder Selters zu nehmen. (Einhorn.)
Für antiseptische Scheidenausspülung.
Rp. 1) Alphanaphthol . 3,0 2) Betanaphthol. 5,0
Alcoliol. 26,0 Alcohol. 30,0
Aq. destill. . . . 1000,0 Aq. destill. calid. ad 1000,0
Ueber die Correctur des Buckels.
Das Verfahren Calot’s einer raschen gewaltsamen Correctur
des auf der Grundlage tuberculöser Wirbelerkrankung ent¬
standenen Buckels hat viel Aufsehen erregt, erfuhr aber bei den
meisten Verhandlungen des Chirurgen-Congresses eine fast ein¬
stimmige Verurtheilung, nachdem namentlich Professor König-
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m
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16.
Berlin auf Grund seiner klinischen Erfahrungen und der SectioDS-
ergebnisse darauf hingewiesen hatte, dass die durch die gewalt¬
same Correctur geschaffene Knochenlücke sich nicht wieder mit
Knochensubstanz ausfüllen könne, dass andrerseits aber die
Gefahr eines Aufflammens und einer Verallgemeinerung der
tuberculösen Affection in Folge der Operation bestehe.
Viehwaschmittel.
Die Seifenfabrik von A. Brückner in Pulsnitz in Sachsen
empfiehlt eine desinficirende und gegen Ungeziefer anzuwendende
Viehwaschseife, deren Zusammensetzung nicht angegeben ist.
Der Preis ist 50 Pfg. für das halbe Pfund, welches für 6 Stück
Grossvieh genügen soll, anscheinend jedoch nur bei Abnahme
grösserer Quantitäten. In einem beigefügten Attest des Bezirks¬
thierarztes Weigel wird die Seife als eine unschädliche Creolin-
seife von guter Wirkung gegen parasitäre Hautkrankheiten
empfohlen. Andere fachmännische Urtheile bezw. Versuche mit
dieser Seife sind hier z. Z. nicht bekannt.
Kleine Mittheil an gen.
Einwirkung des Lichtes auf Bacterien.
Das Sonnenlicht übt bekanntlich eine erhebliche bactericide
Wirkung aus. Nach dem Versuche von Provacini-Neapel waren
von 2 mit Kloakenwasser gefüllten Glasbehältern der eine nach
6 ständiger Einwirkung des Sonnenlichts fast keimfrei geworden,
während in dem andern im Dunkeln gehaltenen sich die Zahl
der am Beginn des Versuchs vorhandenen Keime verdoppelt hatte.
Nach Büchner beruht die Selbstreinigung der Flüsse auf der
unter dem Einfluss des Lichts erfolgenden Bildung von Wasser¬
stoffsuperoxyd. Elektrisches Licht hat dieselbe Wirkung, jedoch
tritt sie langsamer hervor. Dr. Gebhardt-Berlin hat nun ver¬
sucht, diese Lichtwirkung bei Hautkrankheiten therapeutisch zu
verwerthen und soll damit überraschende Resultate erzielen.
(Berl. N. N.)
Wirkung der Röntgenstrahlen.
Der bei der Actien-Gesellschaft Siemens & Halske mit
dem Justiren der Röntgen-Röhren betraute Meister erkrankte
unter der Wirkung der seinen Körper durch die Kleider hindurch¬
treffenden Röntgen-Strahlen. Die Haut des Körpers, soweit er
sich über dem Arbeitstische befand, gerieth in 6tarke Entzündung,
wie dies schon an Händen unter der Strahlenwirkung beobachtet
worden ist, auch fielen die Haare aus. Dazu gesellten sich neben
Magenbeschwerden, wie ärztlich festgestellt wurde, unregel¬
mässiger Puls, träge Pupillarreaction, Schwere und Zittern der
Augenlider. Kühle der Extremitäten. Der Betroffene musste die
Arbeit niederlegen und nun stellte sich mit dem Zurückgehen
der Hautentzündung eine so starke Hautpigmentirung ein,
dass dieselbe (nach einer Mittheilung der Berl. N. N.) negerähn¬
lich wurde. Dem oben erwähnten Dr. Gebhardt gelaug es durch
örtliche Belichtung mittels reflectirten Bogenlichts das fast voll¬
ständige Wiederverschwinden dieser Pigmentirung zu be¬
wirken. Es scheint sich also um eine Gegenwirkung der Licht¬
wellen der Röntgenstrahlen und derer des elektrischen Bogen¬
lichtes zu handeln.
Auf Pflanzen vegetirende, den Tuberkelbacillen ähnliche Bacterien.
Zu dem in No. 9 derB. T. W. veröffentlichten Artikel vonDr.
Möller hatte der verstorbene Professor Rabe dem Referenten
mitgetheilt, dass er die Beobachtung des Verfassers bestätigen
könne, da er gelegentlich der Untersuchungen, die über die
etwaige desinficirende Wirksamkeit der Torfstreu von ihm gemacht
worden sind, auch im Torf solche Bacillen gefunden habe. Diese
Beobachtung ist anch, worauf der Assistent des pathologischen
Instituts, Herr Diedrichs, hinzuweisen die Güte hatte, in der
Veröffentlichung der betreffenden Untersuchungen in den land¬
wirtschaftlichen Jahrbüchern pg. 776 erwähnt.
Eine Antwort auf die erste Idee vom Vorhandensein
organisirter Infectionsstoffe.
Vor etwa 200 Jahren hatte bereits der Lyoner Arzt Goiffon
in einem Buche die Theorie aufgestellt, dass es Lebewesen gäbe,
welche Krankheiten durch Uebertragung mittelst der Luft er¬
zeugten. Ihm wurde darauf von dem Vater des bekannten Päda¬
gogen Pestalozzi, einem Arzte, folgende Antwort zu Theil:
„Es ist genug, mein Herr, es ist schon zu viel! Lassen wir nicht
in unserer Einbildungskraft solche fliegenden Insecten entstehen,
die sich ins Unendliche vermehren, deren Geschlechter nie auf¬
hören und die in der Luft, in den Waaren und allen belebten
Körpern leben.“ Die ärztliche Meinung schloss sich damals
Pestalozzi an und Goiffons Behauptung wurde vergessen.
(Berl. N. N.)
Zur Narcotisirungsstatistik.
Prof. Gurlt macht neuerdings folgende interessante An¬
gaben: Das Gesammtmaterial umfasst jetzt 330 429 mit 136 Todes¬
fällen. Auf die einzelnen Narcotica vertheilen sich die Zahlen
folgenderraassen:
Narcosen
Chloroform. 240 806 mit 116+ = 1: 2075
Aether. 56 223 „ llf= 1:5112
Chloroform und } 15 2 26 n _ 1:76 , 3
Aetlier gemischt j
Billroth-Mischung. 6 740 „ 2f = 1 :3370
Bromaethyl. 10 793 „ 2f = 1: 5396
Pental. 631 „ 3f = 1:213
Eine Verbesserung der Unhandlichkeit der metallenen Nlessergriffe.
Dr. Braatz empfiehlt im ärztl. Polytechn., um die metallenen
Messergriffe handlicher zu machen, die schweren, glatten aller¬
dings aseptischen Metallgriffe mit einem Stückchen schwarzen
Gummirohrs zu überziehen; damit der Schlauch besser gleitet,
taucht man Skalpell und Schlauch vorher in Wasser und zieht
letzteren dann in spiraligen Bewegungen über den Griff. Dann
wird das Messer sammt dem Gummischlauch wie gewöhnlich in
Sodalösung gekocht. Ein solches Messer kann erheblich leichter
an Gewicht gemacht werden, und man kann es viel zarter
führen. Aufbewahrt werden darf es aber nur ohne Ueberzug,
da das Metall unter dem schwefelhaltigen Gummi leidet.
Apparat zum Niederiegen der Thlere.
Schlachthofthierarzt Trapp in Strassburg i. E. hat einen
neuen Apparat zum Niederlegen von Thieren construirt und (D.
R. P. 91 696) patentirt erhalten. Der Apparat besteht aus einem
Lattenbett mit einer 80 cm breiten, darauf senkrecht stehenden
Lattenwand an einer Seite. Das Bett ruht auf gebogenen Kufen,
die denen einer Kinderwiege vergleichbar sind. Die Schwingung
auf diesen Kufen gestattet das Lattenbett senkrecht zu stellen,
wobei die erwähnte Seitenwand auf den Boden zu liegen kommt.
Letztere dient nun als Trittbrett für das niederzulegende Thier.
Dasselbe kommt auf dieses Trittbrett und damit längs an dem
Lattenbett zu stehen, wird an dessen Latten festgeschnallt, und
nun wird durch eine Schwingung auf den Kufen das Lattenbett
in die w'agerechte Lage übergeführt, in dem zugleich dem Thiere
die Füsse mittelst vorher angelegter Wurfkette zusammengezogen
werden. Dies das Princip des Apparates, der natürlich noch
mit allerlei Nebeneinrichtungen (besonderes Kopf lager, Befestigungs-
Vorrichtungen für die Stellung des Apparates etc) versehen ist.
Nach beendeter Operation wird, unter gleichzeitiger Lockerung
der Fussfesseln, das Lattenbett in derselben Weise wieder zur
Verticalstellung eingeschwungen und das Thier kommt wieder
zum Stehen. Der Operateur kann an dem Bett bequem sitzen.
Der Preis des Apparates beträgt 390 M.
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21. April 1898.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
189
Thierhaltung und Thierzucht
Das Hauptgestüt Trakehnen.
Der Etat der Gestütsverwaltung enthält eine Denkschrift über
Umgestaltung des Hauptgestüts Trakehnen, der Folgendes zu
entnehmen ist.
Die Pferdezucht Trakehnens hat mit den Anforderungen der
Form und Leistungsfähigkeit nicht gleichen Schritt gehalten. Es
ist desshalb eine Reform nöthig, deren Grundzüge durch eine
Commission festgestellt worden sind. Das Hauptgestüt besteht
aus 12 Vorwerken mit zusammen 4206 ha, wovon 2716 ha Acker,
1279 ha Wiesen und Weiden. Der Pferdebestand beträgt 1300
bis 1400 Köpfe, und zwar durchschnittlich 15 Hauptbeschäler
(darunter 8 Vollblut), 4 Probirhengste, 350Mutterstuten, 398 ein-
bis vieijährige Hengste, 360 desgl. Stuten, 230 Mehrungsfohlen
(ausserdem 251 Ackerpferde und 250 Zugochsen).
Das Gestüt, 1732 von Friedrich Wilhelm 1. errichtet, diente
zunächst dem Marstall. Erst Friedrich der Grosse wandelte es
zu einem, im Interesse der Armee der Landespferdezucht dienenden
Institut um. Von 1773 ab wurden daher auch Stuten ländlicher
Besitzer dort gedeckt. Aus dieser Einrichtung entwickelten sich
unter Friedrich Wilhelm II. die ersten wirklichen, ausschliess¬
lich für Privatstuten bestimmten Landgestüte, welche mit Tra¬
kehner Hengsten besetzt wurden. Die Jahre 1806—1812 ver¬
nichteten den grössten Theil des Pferdebestandes. Erst in der
Folge arbeitete sich die von Trakehnen aus einheitlich geleitete
Pferdezucht Ostpreussens zu ihrer jetzigen Höhe empor. Von
1831 ab konnte als sicher gestellt gelten, dass die Remontirung
durch die ostpreussische (theilweise aut Westpreussen und Posen
mit ansgebreitete) Zucht vom Auslande gänzlich unabhängig ge¬
macht sei. Der hohe Kriegswerth der Trakehner Zucht hat sich
hinreichend erwiesen. Ein Rückgang derselben ist demnach eine
unberechenbare Gefahr.
Während nun die Privatgestüte Preussens grosse Fortschritte
aufweisen, machen sich in dem Trakehner Staatsgestüt Anzeichen
des Rückganges bemerkbar, welche sich natürlich nicht aus ein¬
zelnen Jahren, sondern nur aus einem längeren Zeitraum erkennen
lassen. Es ergiebt sich zunächst, dass das Gestüt in der Periode
von 1848—1859 bei 300 Mutterstuten durchschnittlich jährlich
61 Beschäler (45—71) geliefert hat, in der Periode 1860,71 je 42,
desgl. in 1872/83 je 47,7; dagegen aber in der Periode 1884/96
bei 350 Mutterstuten nur noch 39J6. Das heisst es kamen auf
100 Mutterstuten in den erstgenannten drei Perioden ein Erzeug¬
nis von mindestens 14, in den beiden besseren Perioden sogar
von 16—20 Beschälern, seit 1884 aber nur noch von 11 Beschälern.
Es werden jetzt namentlich seit 8 Jahren in Trakehnen fast regel¬
mässig ausserhalb des Gestüts gezogene Halbblutbeschäler be¬
nützt, was früher eine seltene Ausnahme war. Brauchbare Haupt¬
beschäler sind seit 1872 elf geboren, wovon die aus den 80er
Jahren stammenden an Qualität den Aelteren nachstanden. Seit
1887 ist überhaupt kein Hauptbeschäler in Trakehnen mehr ge¬
boren. Dabei sind die von ausserhalb bezogenen und im Gestüt
eingestellten Vollbluthauptbeschäler im letzten Jahrzehnt von
höherer Qualität gewesen als früher.
Die Ursachen des Zuchtrückganges lassen sichunschwer erkennen.
Das Gestüt wurde 1732 auf einem von Gebüsch und Urwald be¬
standenen jungfräulichen Boden errichtet, dessen ursprüngliche
Kraft sich (auch durch Misswirtschaft am Ende des vorigen
und Anfangs dieses Jahrhunderts) so erschöpft hat, dass der
Pflanzenwuchs der Weiden zu wünschen übrig lässt, die Heu¬
menge nicht mehr genügt und der Acker kleemüde geworden ist
Ferner ist die Unterbringung, Pflege und Ausbildung des Zucht¬
materials eine ungenügende gewesen, wegen Unzulänglichkeit
der Stallbauten und des Wärterpersonals. Es ist aber für die
gesammte Thierzucht „der grösste Fehler, wenn man durch
Blut allein zu verbessern sucht, wo zunächst eine Verbesserung
der Haltung angezeigt ist“. „Die Geschichte des Vollblutpferdes
zeigt es am deutlichsten, dass eine sorgfältige und rationelle
Haltung neue und leistungsfähigere Racen erzeugt.“
Die Mittel zur Hebung der Zuchterfolge werden demnach
zu bestehen haben in Verbesserung der Wiesen und Weiden
sowie durchgreifende, den Gestütszwecken mehr entsprechende
Umgestaltung des landwirtschaftlichen Betriebes des Haupt¬
gestütes, Erhöhung der Haferration während der Stallfütterung
für Mutterstuten auf 3 kg, für die jungen Hengste und Mehrungs¬
fohlen auf 5 kg täglich, Herstellung notwendiger Neubauten,
Vermehrung des Wärterpersonals und endlich Einfriedigung der
Weiden. Letzterer Punkt ist wichtig, denn auf unumfriedigten
Flächen ist die Bewegung ungenügend, weil die Hirten die
.Heerde eng Zusammenhalten müssen, um das Weglaufen zu
hindern. Auch ist der nächtliche Aufenthalt auf den Weiden in
den Monaten Juni bis August dringend notwendig, aber ebenfalls
nur auf eingefriedigten Flächen möglich.
In den weiteren Abschnitten der Denkschrift wird dann ein
neuer Wirthschaftsplan aufgestellt. Hieraus sind speciell für die
Wiesen folgende Angaben bemerkenswert: Die angestellten Ver¬
suche haben die Verwendung von Kunstdünger, Thomasmehl und
Kainit, als das Beste erkennen lassen. Die damit vollgedüngten
Wiesen lieferten im ersten Jahre einen Mehrbetrag von
1456 kg = >/ 4 der Gesammtmenge auf jeden Hectar. Es sollen
daher sämmtliche Wiesen drei Jahre hindurch jährlich mit 400 kg
Thomasmehl und 600 kg Kainit (= 50 000 M. pro anno) und
später mit je '/* dieser Menge gedüngt werden. Ausserdem
soll, um die wegen schlechter Wiesenpflege massenhaft auf¬
getretenen Unkräuter zu beseitigen, eine vollständige Neu¬
ansamung aller Wiesen (46000 M.) erfolgen und zur dauernden
Instandhaltung der Besamung je 5000 M. jährlich verwandt
werden. _
Tagesgeschichte.
Vergrösserung des Ministeriums für Landwirtschaft
Die Berl. N. N. theilen mit, dass das Ministerium der öffent¬
lichen Arbeiten getheilt werden solle, weil es, als die grösste
Verwaltung im Reich, einen allzugrossen Geschäftskreis umfasse.
Es soll die Verwaltung des Bauwesens von demselben abgezweigt
und auf das Ministerium für Landwirtschaft, Domainen und
Forsten übertragen werden, welches damit zu seinen drei Ab¬
teilungen noch eine vierte recht umfangreiche erhalten würde.
Massgebend für die Zuweisung der Bauabtheilung zu dem Land-
wirthschaftsministerium mögen zwei Umstände gewesen sein.
Erstens war bisher schon das Wasserbau wesen zwischen
beiden Ministerien getheilt, und jedenfalls ist das Interesse der
landwirtschaftlichen Verwaltung am ganzen Wasserbauwesen
ein unmittelbares. Ausserdem mag unter den Ministerien, die
etwa in Betracht kommen könnten, vielleicht das landwirtschaft¬
liche Ministerium noch am besten die allerdings recht bedeutende
Ressorterweiternng ertragen. Das Ministerium des Innern er¬
hält durch die Zuweisung der Medicinalabtheilung ja ebenfalls
eine bedeutende Vergrösserung. Wahrscheinlich werden alle diese
Ressortveränderungen gleichzeitig erfolgen, nach der Zeitungs-
melduug 1899. Die Erwägungen darüber sollen jedenfalls ab¬
geschlossen sein.
Aenderung in der Dienststellung der Inspection für das Militflr-
Veterinärwesen.
Bekanntlich ist mit Beginn des Etatsjahres eine General-
Inspection der Cavallerie eingerichtet worden. Dem General-
Inspecteur sind unterstellt worden die Cavallerie-Inspectionen
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190
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 16.
(-Divisionen), das Militär-Reitinstitut und die Inspection des
Militär - Veterinärwesens. ln Verwaltungsangelegenheiten
bleiben jedoch die beiden letzteren unter dem Kriegsministerium,
sodass z. B. die Anstellung, Versetzung und Verabschiedung der
Militärrossärzte nach wie vor durch das Kriegsministerium er¬
folgt. Der General-Inspecteur der Cavallerie hat unter Anderem
auch das Pferdematerial und die Remontedepots, sowie gelegent¬
lich die Militärlehrschmieden zu besichtigen. Der Remonte-
Inspecteur ist ihm jedoch zur Zeit noch nicht unterstellt.
Bayerisches Militär - Veterinär-Corps.
Durch Cabinetsordre vom 20. März ist Folgendes verfügt:
Die Theilung in Veterinäre I. und II. Klasse kommt in Wegfall.
Die betreffenden Chargen führen fortab einfach die Bezeichnung
„Veterinäre“ und tragen die Rangabzeichen der bisherigen
Veterinäre I. Klasse, unter Zuzählung zur III. Klasse der
Subalternbeamten. Die beiden Corpsstabsveterinäre werden in
die I. Klasse der Subalternbeamten eingereiht (deren Rang ihnen
in den letzten Jahren persönlich beigelegt worden war). Dabei
muss beachtet werden, dass in Bayern die Abgrenzung der
Subalternbeamten eine ganz andere ist, wie in Preussen. Den
Corpsstabsveterinären stehen als solchen die Majors-Abzeichen
(Raupenachselstücke bezw. Candillen) zu.
Zur Reform der Stellung der Kreisthierärzte.
Der thierärztliche Provinzial-Verein für Posen beschloss in
seiner letzten Sitzung am 20. März 1898 einstimmig, die Central¬
vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu ersuchen,
zuständigen Orts für die Erfüllung folgender Wünsche zu wirken:
1. Gewährung der Pensionsberechtigung unter Zugrunde¬
legung eines fingirten Einkommens von 3600—4800 Mark.
2. Erhöhung des Gehalts von 600 M. auf 1800 M., steigend
bis auf 2400 Mark.
3. Zubilligung eines Tagegeldersatzes von 9 Mark.
Zur „Veränderung der Rangstellung“ beschloss der Verein,
sich den auf Versetzung in die 6. Rangklasse abzielenden
Bestrebungen nicht anzuschliessen, vielmehr diese Frage bis
nach Erfüllung der Maturitätsforderung zurückzustellen.
Heyne, Dr. Foth,
Vorsitzender. Schriftführer.
21. Sitzung des Vereins ostpreusslscher Thierärzte
am Sonntag den 24. April a. c., Vormittags 11 Uhr, zu Königs¬
berg i. Pr., im Hotel de Pruste. Tages-Ordnung: 1. Geschäfts¬
bericht des Vorsitzenden. 2. Kassenbericht. 3. Beschlussfassung
betr. Aufhebung des Ehrenrathes. 4. Neuwahl des Vorstandes.
5. Bericht über die VIII. Plenarversammlung des Veterinärrathes
zu Cassel am 9. October 1897. Ref.: Der Vorsitzende.
6. Stellungnahme des Vereins zu den Reformbestrebungen der
Preussischen Veterinärbeamten. Referent: Kreisthierarzt Rust.
Correferent: Grenzthierarzt Dr. Augstein. 7. Mittheilungen aus
der Praxis.
Gäste sind willkommen. Den Herren Vereinsmitgliedern zur
gell. Kenntnissnahme, dass der Ehrenrath vorbehaltlich der Zu¬
stimmung der Generalversammlung vom Vorstande ausser Kraft
gesetzt ist Um 2 Uhr gemeinsames Mittagessen.
Der Vorstand. I. A.: Dr. Mehrdorf.
Ueber den Begriff „Geheimmittel“.
Die Ministerien der geistlichen etc. Angelegenheiten und des
Innern haben an die Oberpräsidenten unterm 20. Januar er.
einen Erlass gerichtet, welcher den Zweck verfolgt, die in den
einzelnen Provinzen bei der Handhabung des Verbots der An¬
kündigung von Geheimmitteln zu Tage getretenen Ungleichheiten
zu beseitigen, welche in der verschiedenen Auffassung des Be¬
griffes Geheimmittel ihren Grund haben.
Nach dem Erlass genügt es, um den Character als Geheim¬
mittel auszu8cliliessen, nicht, wenn Angaben über Bestandteile
und Gewicht8raengen, namentlich in lateinischer Sprache gemacht
werden, aus denen nur ein Sachverständiger sich ein Urtheil
über das Mittel bilden kann. Die Angaben über die innere Be¬
schaffenheit müssen vielmehr bei der Ankündigung eines Mittels
in gemeinverständlicher und sofort für Jedermann erkennbarer
Weise vollständig und sachentsprechend veröffentlicht werden.
Dies verlangt auch die Rechtsprechung: (Urtheile des Reichs¬
gerichts vom 25. 5. 82 und 28. 11. 87; des preussischen Kammer¬
gerichts vom 4. 12. 90; 12. 2. 91; 29. 1. 94; 18. 7. 95 und
25. 11. 95.) Dagegen braucht die Bereitungsweise nicht aus der
Ankündigung ersichtlich sein, da mit dem Ankündigungsverbot
nur beabsichtigt worden ist, dem Publikum die Möglichkeit eines
eigenen Urtheils über Heilkraft und Geldwerth eines Mittels zu
sichern, nicht aber die Möglichkeit, solche Mittel nach dem ver¬
öffentlichten Recept selbst anzufertigen.
Oeffentliches Yetermarwesen.
(Mittheilungen für
Seuchenstatisttk und Yeterinärpolizei.
NaohweiBung Uber den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe
am 31. März 1898.
Es waren am 31. März in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Potsdam 1 (2). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Posen 3 (4).
R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B. Liegnitz 1 (1).
R.-B. Oppeln 4 (4). R.-B. Hildesheim 1 (1). R.-B. Trier 1 (1).
Bayern: R.-B. Niederbayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Dresden 1 (1). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis
1 (2). Braunschweig: 1 (1). Scwarzburg-Rudolstadt:
1 ( 1 ).
B. von Maul- und Klauenseuche (exol. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (60). R.-B. Niederbayern 1(1).
R.-B. Pfalz 8(12). R.-B. Oberpfalz 5(8). R.-B. Oberfraüken 8 (12).
Veterinärbeamte.)
R.-B. Mittelfranken 12 (32). R.-B. Unterfranken 12 (25). R.-B.
Schwaben 17 (62). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1).
Kreishauptm. Leipzig 2 (5). Kreishauptm. Zwickau 2 (3).
Württemberg: Neckarkreis 13 (54). Schwarzwaldkreis 8 (12).
Jagstkreis 11 (39). Donaukreis 14 (43). Baden: Landescomm.
Constanz 5 (11). Landescomm. Freiburg 7 (12). Landescomm.
Karlsruhe 5 (10). Landescomm. Mannheim 9 (28). Hessen:
Provinz Starkenburg 4 (5). Provinz Oberhessen 2 (2). Provinz
Rheinhessen 4 (10). Sachsen-Weimar: 4 (6). Oldenburg:
Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenthum Birkenfeld 1 (1).
Braunschweig: 3 (27). Sachsen-Meiningen: 3 (6).' Sachsen-
Altenburg: 2 (2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth.
Koburg 1 (1). Herzgth. Gotha 1 (1). Anhalt: 4(7), Schwarz¬
burg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Loth-
ringen: Bez. Unter-Elsass 5 (10). Bez. Ober-Elsass 4 (13). Bez.
Lothringen 1 (3).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Magdeburg 3 (10).
R.-B. Merseburg 2 (2).
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21. April 1898.
BERLINER TH1ERÄRZTLICRE WOCHENSCHRIFT.
191
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
umbinnen*
Schleswig
Lüneburi
unter
usnabruck) /Hannover 1
mm
Frankfurt
'Potsdam-
Münster
Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender
Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen
Gemeinden verseucht waren
Ausführungsbestimmungen zu dem Bundesraths-Beschlusse vom 17. Febr.
1898 Uber die Einruhr von Rindvieh auf dem Seewege.
Die auf Grün 1 klinischer Erscheinungen oder durch die
Tuberculinprobe tuberculoseverdächtig befundenen Thiere sind
nicht, wie bisher, am Quarantäneort abzuschlachten, sondern
znrückznweisen, nachdem sie mit dem vom Reichskanzler be¬
stimmten Merkzeichen versehen worden sind. Solche gekenn¬
zeichneten Thiere sind von etwaiger Wiedereinfuhr unbedingt
anszuschliessen. Die Importeure müssen sich verpflichten, die
zurückgewiesenen Thiere baldmöglichst wieder anszuführen.
Letztere werden polizeilich vernichtet, wenn sie nicht spätestens
am 25. Tage wieder ausgeführt sind. Aufstellung solchen Viehes
ausserhalb der Qnarantäneanstalten ist unzulässig; es muss viel¬
mehr unter polizeilicher Aufsicht unmittelbar zu Schiff gebracht
werden.
Die nicht zurückgewiesenen Thiere sind nach Ablauf der
Quarantänezeit in Eisenbahnwagen unt^r amtlichem Verschluss
ohne Zu- und Umladung in die Schlachthöfe derjenigen Städte,
nach denen ihre Einfuhr gestattet ist, zu transportiren (von
der Quarantäneanstalt Altona-Bahrenfeld nach dem Hamburger
Schlachthof kann der Transport zu Wagen unter amtlicher Auf¬
sicht stattfinden). Das beigegebene Verzeichniss der betr. Städte
umfasst 202 Städte, d. h. im Allgemeinen diejenigen, nach denen
auch, unter ähnlichen Bedingungen, die Einfuhr von Rindern aus
Oesterreich - Ungarn gestattet ist. In den Schlachthöfen dieser
Städte sind die dänischen Rinder von anderem Vieh getrennt zu
halten. Von der Quarantäneanstalt aus ist die Polizeibehörde
des Bestimmungsortes (in Berlin, Breslau und Köln das Veterinär-
bureau des Schlachthofes) von der Zahl der abgesandten Thiere
und dem Namen des Empfängers telegraphisch zu benachrichtigen.
Letztere Behörden haben binnen 14 Tagen der Polizeibehörde
am Quarantäneort das Ergebniss der Fleischbeschau an dem
übersandten Vieh mitzutheilen. Die Polizeibehörden der Quaran-
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192 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 16.
täneorte haben am 15. Tage jedes Quartals dem Regierungs¬
präsidenten eine vierteljährliche Uebersicht unter Beifügung der
oben genannten Fleischschauergebnisse einzureichen, welche an
das Ministerium Für Landwirtschaft weitergegeben werden.
Das vom Reichskanzler bestimmte Merkmal für die zurtick-
gewiesenen Thiere besteht aus einem Brandmal auf der linken
Hinterlende von 12 cm im Quadrat, in welchem ein T ein¬
gebrannt ist.
Diese Ausführungsbestimmungen datiren vom 23. Februar a. c.
Anzeigepflicht betr. Geflügelcholera.
Für das Grossherzogthum Oldenburg hat der Herr Reichs¬
kanzler unterm 13. April 1898 die Anzeigepflicht für Geflügel¬
cholera eingeführt.
Fleischschall und Yiehverkehr.
Berlin: Auszug aus dem Fleischschaubericht für Monat März 1898.
A. Schlachthof.
Rinder j
Kälber
Schafe [
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13372 1
13 542
35487 !
58023
Ganz beanstandet. ....
220
33
9 i
325
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
4 908
33
_ I
1231
Davon gänzlich verworfen .
103
5
— 1
191
„ sterilisirt und verwerthet
54
1
—
48
„ theilweise verworfen . .
25
—
—
Also vollständig freigegeben
4 726
27
992
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
3
Mit Finnen behaftet ....
51
1
i -
20
Rinder
Kälber'
Schafe j
Schweine
Stark finnig, technisch ver¬
werthet .
1
2
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
_
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
50
1
18
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
1
1
36
An einzelnen Organen und Tbeilen wurden beanstandet: bei
Rindern 7809 Stück, bei Kälbern 82 Stück, bei Schafen 1738 Stück,
bei Schweinen 8664 Stück.
B. UntersuchungsBtationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
18 533
16473
2 353
13205
Beanstandet.
74
• 48
13
5
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
14
2
Davon sind sterilis. verwerthet
3
—
—
1
Mithin gänzlich verworfen .
11
—
—
1
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
1
Mit Finnen behaftet ....
6
—
—
—
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
6
Unter dem eingeführte
n Fleisch waren 2553
dänische,
142 schwedische Rinderviertel, 83 dänische Kälber, 53 Wildschweine*
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt M. Ohlmann-
Schildberg für den Kreis Schildberg, Thierarzt W. Dormann-
Hameln tür den Kreis Hameln, Thierarzt Storch-Schmalkaldcn
commissarisch für den Kreis Schmalkalden, Oberrossarzt a. D.
Fuchs-Ludwigsburg commissarisch für den Kreis Bernkastel.— Zuin
Bezirksthierarzt: Thierarzt 0. Weidmann-Oberstdorf in Volien-
strauss.
Thierarzt Kurt Roth ist zum Assistenten an der Veterinärklinik
der Universität Leipzig ernannt worden.
Versetzt: Bezirksthierarzt Schaller-Oelsnitz nach Zwickau
(Sachsen).
Es ist gewählt worden: Thierarzt Zehr-Dresden zum städtischen
Thierarzt in Leipzig.
Das bezirksthierärztliche Examen bestanden für
Baden: Thierarzt G. B a u e r - Offenburg, Thierarzt Deubel-
Hcchingen, Thierarzt Dr. Fuchs-Dresden, Thierarzt A. Heger-
Heidelberg, Thierarzt K. S c h n e i d e r-Salem (Bad.), Grenz-
thierarzt Schro pp - Rüblingen, Grenzthicrarzt L. Spaeth in
Waldshut.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt K 1 u t e - Südende nach Lankwitz (Berlin), Thierarzt H.Bresser-
Duisburg als Einj.-Freiw. im 2. Bad. Feld-Art.-Regt. No. 30, nach
Rastatt, Rossarzt a. D. Sc h lüter-Gnesen nach Görlitz, Thierarzt
Schumann-Landeck nach Deutsch-Lissa (Schles.). — Thierarzt
E. Grundmann hat sich in Schellenberg (Sachsen), Thierarzt
Sclierrer in Heidelberg-Neuenheim — niedergelassen.
In der Armee : Befördert zum Oberrossarzt: die RoBsärzte Richter
vom Ul.-Rgt. No. 9 unter Versetzung zum Gren.-Regt. zu Pferde
No. 3, Rudolph vom Feld-Art.-Regt. No. 32 unter Versetzung
zum IIus.-Regt. No. 19, zu Rossärzten: die Unterrossärzte W i 1 k e vom
Feld-Art.-Regt. No. 2 unter Versetzung zum Feld-Art.-Regt No. 35,
Kettel vom Feld-Art.-Rgt. No. 15 unter Versetzung zum Feld-Art.-
Rgt. No. 14, Schmidt vom Feld-Art-Rgt. No. 32 bei diesem Rgt.,
zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte der
Reserve Keller, Schaub, Schwabe, Eckelt, Grosse,
Westhoff, Nevermann, Carl, Göttelmann, Kypke,
Marcus, Rcsow, zum Remontedepot - Rossarzt in Kalk¬
reuth Unterrossarzt Scheufier vom Hus.-Regt. No. 19. —
Versetzt die Rossärzte Dr. G o 1 d b e c k vom 3. Garde-Ul.-Rcgt. zum
Drag.-Regt. No. 5, Au lieh vom Feld-Art.-Rgt. No. 35 zum Hus.-
Rgt. No. 13, Ohm vom Feld-Art.-Rgt. No. 16 zum Kür.-Rgt. No. 3,
die Unterrossärzte Grabert vom 2. Leib-Hus.-Rgt. zum Ul.-Rgt.
No. 16, George vom Ul.-Rgt. No. 16 zum 2. Leib-Hus.-Rgt. — Ab¬
gegangen Rossarzt Schiel vom Hus.-Rgt. No. 15, die Rossärzte
der Landwehr 2. Aufgebots Zell und U t h o f f. — Entlassen zur
Landwehr 2. Aufgebots Oberrossarzt Deich vom Hus.-Rgt. No 19.
Todesfall: Kreisthierarzt P u t s c h e r-Bruck bei München.
Vacanzen.
Krelstbierarztstellea : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Kassel: Httnfeld (schleunigst zu besetzen). — R-B. Posen:
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Henogthum
Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M. Fleisch¬
schaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eiderstedt
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin.
Sanitätsthierarztstellen -a)NeuausgeschriebeneStellen:
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing:
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat. - Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Aachen: Schlachthofthierarzt. — Celle: Schlachthof¬
inspector. — Coblenz: Schlachhof-Hilfsthier irzt. — Filehne:
Schlachthofinspector zum 1. Oct. d. J. — Finsterwalde: Schlacht-
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬
inspector. — S c h 1 a w e (Pommern): Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch
Max Arnsdorft. — Bottrop: Meldungen an den Amtmann. — Butz¬
bach: Näheres durch Apotheker. — C r e u z b u r g (Werra): (400
bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. — Drengfurt. —
Gleschendorf (Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen (R.-B. Cassel).
— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Auskunft Gemeinderath. —
Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen: Näheres
Magistrat. — Pollnow: (Fixum 300 M., Einnahme auB Fleischschau
600 M.t. Bew. an Magistrat — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau 1 . Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt
i nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
iinbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof). — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel-
raann inGr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schön¬
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — S t r a s b u rg (Ucker¬
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu-
fülnender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst
Besetzt: Staatsstellen Schmalkalden, Bernkastel.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inaeratentheil) Prof. Ur. Schmalu in Berlin. — Verla« und Rlcrenthum ron Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenrteln. Berlin.
Digitized by LjOOQie
Dl* „Berliner Thlerftrstllche Wochenschrift“ erachelnt
wöchentlich in Stirke von mlndoitene l'/t Bogen. Dieielbe
Ut tu beziehen durch den Buchhandel, die Bost (No. 1031)
oder durch die Verlagcbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW„ Luisenstnuse 36, zura Prelle von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbeltrftge werden mH &0 Mk. für den Bogen honorirt
AU* Manuicripte, Hittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierfcrztliche Hochschule, NW, Luisenstraase 56.
Correctnren, Kecemiom- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 17 . Ausgegeben am 28. April.
Inhalt: Schmaltz: Ueber die Beschreibung der Venen. — Peschke: Ein Misserfolg mit der Blutsernmimpfung
gegen die Brustseuche. — Pflanz: Operationstisch. — Referate : Schütz: Zur Lehre vom Rotz. — Tempel,
Bruns uud Meitzer: Ueber den Muskelrheumatismus. — Die Surra-Krankheit der Rinder. — Kleine Mittheilungen. —
Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffontlichos Veterinär¬
wesen: Fleischschau. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Büch er-An zeigen und Kritiken. — Perso¬
nalien. — Vacanzen.
Professor Or. Christian Friedrich Wilhelm Rabe
weiland Lehrer der pathologischen Anatomie an der thierärztlichen
Hochschule zu Hannover und Präsident des hannoverschen
thierärztlichen Generalvereins,
f am 22 . Februar 1898.
Ueber die Beschreibung der Venen.
Von
Professor Schmaltz.
Bekanntlich ist es den Universitäts-Anatomen deutscher Zunge
gelungen, vor einigen Jahren durch gegenseitige Vereinbarung
eine einheitliche, zum Theil neue Nomenclatur zu Stande zu
bringen. Das Werk war ein ausserordentlich verdienstliches.
Nicht etwa, dass an Stelle der althergebrachten and zum Theil
sonderbaren Bezeichnungen überall neue, inhaltlich correcte
gesetzt worden wären. Man hat zwar eine genaue philologische
Revision der Wortbildungen vorgenommen und ebenso eine
historische, indem die oft gan< unzutreffenden Entdecker-Namen
grundsätzlich beseitigt sind. Aber im Uebrigen hat man sich
vor einer sogar weitgehenden Pietät gegen den historisch er¬
wachsenen Wortschatz nicht gescheut.
Die beiden wesentlichen Tbaten in jenem Werk sindvielmehr die
Vereinheitlichung nnd die Vereinfachung der Namengebnng.
Die zahllosen Synonyme sind beseitigt. Ein Gegenstand, ein
Name — Allen gleich verständlich, welches Handbuch der Ana¬
tomie sie auch benutzen mögen —, das ist schon ein sehr grosser
Vortheil.
Aber man hat eine noch weitergehende Vereinfachung
dadurch erzielt, dass man eine grosse Anzahl überflüssiger
Namen ganz beseitigte. Früher gab es z. B. einen dnetus
Stensonianus; dieser Name machte an sich keineswegs erkennbar,
dass es sich um den Ausführungsgang der Parotis handelte. Es
war aber doch nichts natürlicher, als den Ansführnngsgang ein¬
fach nach der Drüse za benennen, zu welcher er gehört. Und
so heisst er jetzt eben ductus parotideus. Früher musste sich
der Stndent merken: „maxilla der Oberkiefer“ und „can&lis in-
fraorbitalis der Oberkiefer-Kanal.“ Jetzt wird einfach und natur-
gemäss der Kanal nach dem Knochen, zu dem er gehört „canalis
maxillaris“ genannt. U. s. w.
Durch diese Massnahmen ist es der Nomenclatur-Commission
gelungen, die Zahl der Namen der Theile des menschlichen
Körpers von 10 000 auf 5000 herabzudriiekon. Hierin besteht das
Haiiptverdienst jener Reform, in der glänzend gelungenen
Verminderung des blossen Lernmaterials, in der
Schonung der Gedächtnisskraft. Und das ist eine der
wesentlichsten Aufgaben des heutigen Unterrichts (namentlich
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in der Medicin), der heute im Vergleich zu früher hundertfältige
Anfordernngen stellt. Man klagt oft darüber, dass die Unter*
ricktsresnitate (bei Aerzten nnd Thierärzten) nicht besser wer len,
eher im Gegentheil, obwohl im Unterricht so viel mehr als
früher geboten werde. Daran liegt es aber eben: Es wird
zu viel geboten nnd dem entsprechend zu viel erwartet.
Deshalb ist es das grösste Verdienst, zu vereinfachen, wo nur
möglich, und die Devise der anatomischen Noraenclatur-Reforra
muss daher einfach lauten: „Namen sparen.“
Die Veterinäranatomen haben allen Anlass, diese Seite der
Reform womöglich noch zn vervollkommnen, denn unser ana¬
tomisches Gebiet ist noch grösser als das menschliche.
Da scheint es nun angebracht, ganz besonders auf ein Kapitel
hinznweisen, wo eine Vereinfachung und Ersparung besonders
am Platze nnd auf leichte, natürliche Art ausführbar wäre, nicht
allein in der Namengebung, sondern auch in der Beschreibung.
Ich meine die Venen.
Die Venen sind gewissermassen der Schatten der Arterien;
sie sind die ständigen, nur selten ihre eigenen Wege wandelnden
Begleiter derselben; sie sind analog bis auf einige Ausnahmen.
Da erscheint es fast selbstverständlich, Arterien und Venen
sowohl übereinstimmend zu benennen, als auch zusammen,
wenigstens nach gleichem System, zu beschreiben.
Das ist aber im Allgemeinen nicht geschehen, und zwar nicht
etwa blos in den Handbüchern der Veterinär-Anatomie, auch
in der Anthropotomie. Man beschreibt die Arterien von den
grossen Stämmen fortschreitend zn den kleinen Zweigen, die Venen
dagegen umgekehrt; man lässt sie sich aus den feinen Zweigen
zusammensetzen nnd die Seitenläufe aufnehmen, statt abgeben.
Das hat zwei Nachtheile: Erstens, dass überhaupt eine
besondere, von den Arterien getrennte Venenschilderung noth-
wendig wird, die sonst nur an den Abweichnugen erforderlich
wäre; zweitens, dass der Student bei den Venen gewissennassen
ein umgekehrtes Bild der Arterien kennen lernt, das ihm als
etwas Fremdartiges und Neues erscheint und woraus er sich die
an den meisten Pankten bestehende Uebereinstimmnng mit den
Arterien erst mühsam heranssuchen muss, während die Dar¬
stellung gerade den Zweck verfolgen sollte, jene Ueberein-
stiramung überall in die Augen springen zu lassen. So muss er
nicht allein die Venen sich besonders einprägen, sondern er
lernt sie auch nicht im Zusammenhang mit den Arterien kennen,
was im Interesse der praktischen topographischen Vorstellung läge.
Ein Grund für diese mindestens unbequeme Art der Venen¬
darstellung liegt für den Anatomen nicht vor. Denn dass der
Anatom sich an die Richtung des Blutstr.unes kehren müsste, ist
nicht zu begründen. Er hat nur die Gestalt un 1 Anordnung
der Leitungsrohre darzustellen. Sollte die Stromrichtung mass¬
gebend gemacht werden, so müsste man consequent auch z. B.
beschreiben „der opticus entspringt in der Retina, geht in die
Schädelhöhle und senkt sich ins Gehirn etc.“, weil er in dieser
Richtung leitet.
Es empfiehlt sich also meiner Ansicht nach, die Venen in
derselben Richtung und stets mit den Arterien zusammen,
gewissermassen eben als deren Schatten zu beschreiben. *) Dann
lassen sich die wirklichen Abweichungen um so schärfer hervor¬
heben und mühelos einprägen.
Diese Abweichungen sind, vom Kopfe abgesehen, thatsächlich
ja nur sehr wenige, wenn man zweierlei principiell nicht als
Abweiclmng ansieht, nämlich die oft unverhältnissmässige Ver-
*) Die Annahme dieser Regel hindert gar nicht, Ausnahmen zu
machen, wo sie zweckmässig sind, und z. B. zu sagen: Die Hohl¬
venen führen in das Herz, ilie Pfortader setzt sich zusammen und
führt in die Leber etc.
No. 1 7.
schiedenheit der Grösse, die etwas grössere Zahl der venösen
Anastomosen und die Zerlegung eines Venenstammes in dicht
beieiuanderliegende Collateralen, wie sie sich (ganz unregelmässig)
z. B. an der vena brachialis finden.
Freilich müssen nicht Abweichungen künstlich geschaffen
oder grösser gemacht werden, als sie sind; und dies scheint mir
an einigen Punkten, speciell bei den Venen der Gliedmassen, durch
die bisher übliche Beschreibung und Benennung zu geschehen.
Betrachten wir zunächst die Vordergliedmassen. Hier
sehen wir allenthalben die Venen in Princip (d. h. abgesehen
von Grösse, Ein- oder Zweistämmigkeit), also in Lauf und Ver¬
ästelung, mit den Arterien übereinstimmen. Es giebt nur eine
Collateralbahn, die vena cephalica (mit salvatella), welche Sein
arterielles Aequivalent hat und daher natürlich einen eigenen
Namen haben muss. Die Frage ist nur, welche Venenstrecke
diesen Namen verdient.
Die art. brachialis s. radialis theilt sich obeihalb des carpns
bekanntlich in die metacarpea lateralis et medialis (Zwischen¬
knochenarterien) und die Hauptarterie, a. digitalis communis,
aus welcher die aa. digitales propriae hervorgehen. Diesen
Arterien entsprechen genau ebensolche Venen, die also anch wie
die Arterien benannt werden müssen. Es giebt zwei vv. meta-
carpeae (Zwischenknochenvenen) und eine Hanptvene, welche
(um hier noch die alte Venenbeschreibung von der Wurzel
aus beizubehalten) sich aus den beiden vv. digitales propriae
zusammensetzt. Diese Vene entspricht also absolnt der a. digitalis
communis und muss entsprechend benannt werden. Wie am
carpus die drei Arterien anseinandergehen, so treten die ent¬
sprechenden Venen zusammen.*)
Aus ihnen geht proximal aber nicht allein die vena brachialis
(radialis) hervor, sondern ans dem obersten Ende der v. digitalis
communis entsteht eben jene mächtige collaterale, die vena
cephalica oder innere Hautvene. Ja, es kann Vorkommen, dass
die v. digitalis communis ganz in die vena cephalica übergeht
und sich gar nicht mit der metacarpea lateralis (1. Zwischen¬
knochenvene) zum Stamm der v. brachialis vereinigt.
Die Venen an der Volarfläche des Fusses entsprechen also
in jedem Kalle durchaus den Arterien. Oberhalb des carpns geht nur
ans ihnen nicht blos die der Arterie entsprechende vena brachialis,
sondern eine besondere venöse Bahn, die vena cephalica, hervor.
Diese von der Handwurzel ausgehende und gesondert der apertura
thoracis zueilende Vene ist die einzige venöse Besonderheit an
der Vordergliedmasse.
Liest man aber die übliche anatomische Beschreibung, so
scheinen die Venen d s Fusses ganz abweichend von den Arterien.
Denn es wird gesagt, die Seitenvenen der Zehe (vv. digitales
propriae) setzen sich zusammen zur vena cephalica etc.
Das am Fusse liegende Stück dieser grossen Venenbahn
schon als vena cephalica, abweichend von der genau ent¬
sprechenden Hauptarterie des Fusses, zu bezeichnen, verschleiert
nicht allein die thatsächliche Uebereinstimmnng zwischen Arterien
und Venen am Fnss und ist deshalb unpraktisch, sondern es ist
auch durch den Vergleich mit dem Menschen nicht gerechtfertigt
Denn die vena cephalica des Menschen hat ihre Endzweige
(Wurzeln) zwar noch auf der Hand, aber auf dem dorsum manus.
Mit diesen sind also die auf der volaren Seite beim Pferde liegenden
Venen überhaupt nicht zu vergleichen. Die vena cephalica der
*) Mit dem ganz nebensächlichen Unterschied, dass die vena
metacarpea medialis sich schon unterhalb des carpus in die
v. digitalis comm. versenkt und letztere oberhalb des carpus mit der
v. metacarpea lateralis eine zweizinkige Gabel bildet, während die
drei Arterien alle oberhalb des carpus in dreizinkiger Gabel ausein¬
andertreten.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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28. April 1898.
Pferde reicht einfach blos bis zur Hand- bezw. Fusswurzel.
Am Fiiss selbst sind Venen und Arterien gauz gleich.
Ganz ähnlich ist das Verhältniss an der Hintergliedmasse.
Auch hier handelt es sich um die grosse innere Hautvene, die
vena saphena (magna). Beim Menschen „entsteht“ dieselbe an
der Fusswurzel und läuft am Schenkel aufwärts. Demnach kann
nach der vergleichenden anatomischen Betrachtung auch beim
Pferde von einer vena saphena nur bis zum Tarsus herab die
Rede sein (auf welcher Strecke ihr übrigens eine arteria saphena
entspricht, so dass hier eine venöse Abweichung überhaupt nicht
besteht). In der Veterinär-Anatomie ist es dagegen auch wieder
üblich, die vena saphena bis zur Zehe herab sich verlängern zu
lassen, was nicht allein vergleichend unrichtig ist, sondern auch
wieder den Anschein erweckt, als sei das Venensystem des Fusses
wer weiss wie abweichend von dem Arteriensystem, während hier
der einzig wesentliche Unterschied in der differirenden Lage des
arteriellen und des jenem übrigens genau entsprechenden venösen
Hauptgefässes besteht.
Die art. tibialis anterior theilt sich nämlich in zwei Aeste:
1. in die Hauptarterie des Fusses (die sog. grosse Schienbein¬
arterie, vordere äussere Zwischenknochenarterie, a. metatarsea
dorsalis lateralis oder einfach art. metatarsea magna, wie sie
auch die französischen Autoren nennen), welche an der lateralen
Seite des Metatarsus herabläuft und sich in die beiden Seiten¬
arterien der Zehe, aa. digitales propriae, theilt, 2. die art. tarsea
perforans, welche durch den Tarsus hindurch an dessen hintere
Fläche tritt und hier die „hinteren Zwischenknochenarterien“
abgiebt, auf welche es hier nicht weiter ankommt.
Die veuöse Abweichung ist nun folgende: Die vena tarsea
perforans geht (um auch hier die Venen althergebracht nach der
Blutstromrichtung zu beschreiben) der Arterie entsprechend durchs
Sprunggelenk auf dessen Vorderfläche und in die vena tibialis
anterior. Die Hauptvene des Fusses jedoch, welche ans den
Seitenvenen der Zehe entsteht, entspricht zwar in ihrer Zusammen¬
setzung genau der Arterie, läuft aber an der medialen Seite des
Fusses, im Gegensatz zu der lateral liegenden Hauptarterie, empor
und geht am Tarsus nicht in die vena tibialis anterior, sondern
in die vena saplr na über.
Das ist natürlich kein Grund, die Hauptvene des Fusses des¬
wegen, weil sie als die Fortsetzung der vena saphena am Fasse er¬
scheint noch als vena saphena zu bezeichnen Die art. femoralis
nimmt ja bei ihrer einfachen Fortsetzung in die Kniekehle auch den
Namen a. poplitea an u. s. w. Der Vergleich mit dem Menschen
bietet, wie oben gezeigt, ebenso wenig eine Berechtigung, von
einer vena saphena am Fusse zu sprechen. Es ist daher nicht
sowohl zulässig, als praktisch erforderlich, die an der medialen
Seite des Fusses verlaufende Hauptvene desselben bis zum Tarsus
jedenfalls mit demselben Namen zu belegen wie die lateral
liegende, übrigens genau entsprechende Hauptarterie.
Aus denselben praktischen Gründen wären am Unterschenkel
noch zwei andere Venen anders, als bisher üblich, zu benennen.
An der Achillessehne (resp. vor ihr) laufen bekanntlich zwei Arterien
entlang, welche Anastomosen zwischen der art. suralis („hinterem
Mnskelast“) und den aa. malleolares herstellen. Innen läuft die
a. tibialis recurrens und aussen die tarsea recurrens. Ihnen
entspricht genau je eine (natürlich erheblich grössere) Vene.
Zu welchem Zwecke wird nun die innere dieser beiden Venen
v. plantaris, die äussere v. saphena parva genannt? Sie mögen
doch ebenfalls heissen wie die Arterien.
Jedenfalls ergiebt sich bezüglich der Gliedmassen-Venen
folgender Satz: Die Abweichungen von den Arterien beschränken
sich an der Vorder- und an der Hinterextremität auf je einen
einzigen wesentlichen Punkt. An Hand und Fuss entspricht das
195
System der Venenverzweigung genau derjenigen der Arterien;
es ist daher die bisherige, von den Arterien-Namen abweichende
Benennung gewisser Hand- und Fussvenen zu beseitigen. Die
grossen Hautvenen der Vorder- bezw. Hintergliedmasse, die vena
cepbalica bezw. saphena, reichen über die Hand- bezw. Fusswurzel
nicht hinaus.
Ein Misserfolg mit der Blutserumimpfung gegen die
Brustseuche.
Von
Pe8chke.
KreUthiermrzt.
Im Jahre 1897 trat die Brustseuche unter den Pferden des
Kreises Rastenburg in grosser Verbreitung auf. Wegen der
drohenden Gefahr der Uebertragung der Seuche auf den werthvollen
Hengstbestand des hiesigen Landgestüts wurde die Gestüts-
direction höheren Orts angewiesen, beim eventuellen Auftreten
der Krankheit im Gestüt sämmtliche Hengste so schnell wie
möglich mit Blutserum zu impfen. Die Gewinnuug des Serums
und die Ausführung der Impfung sollte in der Art und Weise
geschehen, wie es in den Berichten des Herrn Dr. To epp er von
vom Jahre 1893 und 95 an den Herrn Oberlandstallmeister an¬
gegeben war.
Auf Grund dieser Verfügung bat mich der Herr Gestütsdirector
W., zunächst erst die Schutzimpfung in einem verseuchten Pferde-
bestande zu versuchen. Dazu bot sich sehr bald Gelegenheit
In dem grossen Pferdebestande des Rittergutes Sehr, war
Ende Jannuar 1897 die Brustseuche unter den Arbeitspferden
ausgebrochen.
Die Seuche ergriff sehr viele Pferde und herrschte bis in
den Monat Mai hinein. Bisher war es gelungen die 18 Remonteu,
welche im Juli der Remonte-Commission zum Ankauf vorgestellt
werden sollten und bei denen die sorgfältigsten Absonderungs¬
und Vorsichtsmassregeln beobachtet worden waren, vor einer
Ansteckung zu bewahren. Der Gutsadministrator befürchtete
jedoch, dass dieselben wegen der grossen Ansteckungsgefahr
doch noch später an der Brustseuche erkranken und dann nicht
zum Verkauf kommen könnten. Er bat mich daher, bei diesen
Pferden die Impfung mit Blutserum zum Schutz vor einer An¬
steckung vorzunehmen, obgleich ich ihm einen Erfolg nicht ver¬
sprechen konnte.
Die Impfung der 18 Pferde erfolgte am 7. Mai und wurde
nach den Angaben des Dr. Toepper, welche in der Wochen¬
schrift veröffentlicht sind, ausgeführt. Die dazu erforderlichen
Gefässe und Instrumente hatte die Gestütsdirection bereitwillig
zur Verfügung gestellt.
Das zur Verwendung gelangende Serum war durch Aderlass
mit der Dieckerhoff’sehen Nadel von solchen Pferden gewonnen
worden, bei denen die Seuche einen normalen Verlauf genommen
hatte und die bereits länger als 3—4 Wochen fieberfrei waren.
19 Tage nach der Impfang stellte ich bei zwei der geimpften
Pferde die Brustseache fest. In kurzer Zeit erkrankten noch
weitere 13 in verschiedenem Grade, 2 sogar an schwerer Lungen¬
brustfell-Entzündung. Es blieben also nur 3 Remonten gesund.
Im geschilderten Falle hat die Schutzimpfung mit Blutserum
die vorher gesunden Pferde nicht gegen die Brustseuche ge¬
schützt, sondern sie ist sogar mit wesentlichen Gefahren für die
geimpften Pferde verbunden gewesen.
Bereits im Jahre 1883 hat Herr Geheimrath Professor
Schütz in einem Bericht an den Herrn Minister auf grosse Miss¬
erfolge, die sich infolge der Impfung mit Blutserum bei Pferden
verschiedener Regimenter herausgestellt haben, aufmerksam ge¬
macht und festgestellt, dass die Einspritzungen des Serums keinen
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
1%
No. 17.
durchaus sicheren Schutz gegen die Brustseuche gewähren und
auf der anderen Seite die Anwendung desselben unter Umständen
mit wesentlichen Gefahren für die Pferde verbunden sein kann.
Operationstisch.
Von
Pflanz-Canth (Bez. Breslau),
Tbierarat.
Auf einer Reise, welche ich im vergangenen Sommer durch
Ungarn und Galizien unternahm, kam ich nach Lemberg und
hatte daselbst Gelegenheit die dortige thierärztliche Hochschule
zu besuchen. Der Rector der Lemberger Hochschule, Herr
Professor Dr. Spiel mann, dem ich für sein liebenswürdiges
Entgegenkommen zu grossem Dank verpflichtet bin, zeigte mir
sämmtliche Räumlichkeiten und Einrichtungen der Anstalt. Unter
den letzteren interessirte mich besonders ein in der chirurgischen
Abtheilung aufgestellter Operationstisch. Herr Professor Dr.
Spiel mann hatte die Güte, mir zu Gefallen eins der in der
Klinik stehenden Pferde zur Veranschaulichung dieser Wurf¬
methode hinlegen zu lassen. Die Einfachheit und practische
Verwendbarkeit dieses Apparates hat mir so gefallen, dass ich
mir nach dem Muster desselben einen Tisch habe construiren
lassen, der sich vorzüglich bewährt hat Ich glaube im Interesse
vieler Practiker zu handeln, wenn ich eine Beschreibung des¬
selben veröffentliche.
Der Lemberger Operationstisch hat vor dem meinigen den
Vortheil, dass er um eine Axe drehbar ist, sodass man sich das
niedergelegte Pferd nach der Beleuchtung in beliebiger Weise
drehen kann. Ich habe jedoch auf diesen Vorzug verzichtet,
weil die Herstellung sich dadurch um mehr als das Doppelte
vertheuert hätte.
Die Constrnction meines Tisches ist folgende:
Das Gerüst (Fig. I) besteht aus einem Rahmen aus festem
Holz, welches eine Stärke von 10 cm im Quadrat besitzt. Die
Länge (a) beträgt 2,50 m, die Breite (b) 1,50 in. Die äusseren
Leisten a und b sind durch ein Kreuz c d behufs grösserer
Festigkeit mit einander verbunden. Ausserdem besteht noch ein
Verbindungsholz e und e, zwischen c und a zur Aufnahme der
Löcher f und f,, in welche die Bolzen der Ringe zum Anseilen
befestigt werden. Zwei weitere Löcher sind in der Querstange
d vorhanden, g und g, ebenfalls zur Aufnahme zweier Bolzen.
Das ganze Gerüst ist nun mit Brettern benagelt und mit
wasserdichter Segelleinwaud gepolstert, bei f und f, und g und g,
sind von oben her durch die Polsterung Bolzen mit starken
Ringen gesteckt, die an der unteren Seite des Gerüstes fest ver¬
schraubt sind. Der Ring bei g, hat die doppelte Grösse der
übrigen. Die Entfernung der Ringe g und g, von a bezw. a,
beträgt 26 cm, die der Ringe f und f, von a 35 cm, von b und
b, 70 cm.
Bei i und i, sind ein paar Axen angeschraubt (ich habe dazu
zwei abgenntzte W’agenaxen nehmen lassen). Die Entfernung
dieser Stellen von a, beträgt 50 cm von a 100 cm.
Zur Aufnahme der beiden Axen bei i und i, sind zwei
eichene Baumstämme 1,50 m tief in die Erde eingegraben, welche
an ihrem oberen Ende 50 cm hervorragen. Ein Meter hinter
diesen sind zwei weitere Stämme k und k, in die Erde ein¬
gelassen, auf welchen bei wagerechter Lage des Tisches die
Leiste a ihren Ruhepunkt findet.
Damit der Tisch bei senkrechter Stellung nicht nach vorn
überkippt, sind die beiden vorderen Baumstämme etwa eine Hand
breit über dem Erdboden durch eine Latte verbunden.
Das Niederlegen des Pferdes geschieht nun auf folgende
Weise:
Der Tisch wird senkrecht in die Höhe gestellt und das Pferd
seitwärts an denselben herangeführt. (Fig. II.) Zweckmässig
werden dem Thiere vorher die Augen verbunden, da fast sämmt¬
liche Pferde sich vor der aufgestellten Matratze fürchten. Nach
Anlegen der Bremse wird das Berliner Wurfzeug angeschnallt
und zwar derart, dass die Hauptfessel an den der Matratze zn-
gewandten Vorderfuss gelegt wird. Die Leine läuft dann durch
den Hinterfussring derselben Seite, von hier über den anderen
Hinterfus8ring durch den äusseren Vorderfussring. Jetzt wird
Fig. II.
die Leine nicht wie sonst üblich durch den Ring der Hauptfessel
gezogen, sondern geht durch den Ring g, der Matratze, und von
da aussen über den Leib des Pferdes hinweg, durch den Ring g
und von hier aus über die (behufs leichteren Gleitens der Leine
beim Anziehen) bei m angebrachte Rolle nach hinten, wo das
Ende derselben von 4—5 Männern ergriffen wird. Ein weiterer
Gehilfe hält den Kopf, ein anderer den Schweif. Um den Schweif
besser halten zu können, lasse ich um denselben einen Strick
schlingen.
Auf gegebenes Commando ziehen jetzt sämmtliche Leute fest
an; besonders die am Kopf und Schweif stehenden müssen das
Pferd kräftig an die Matratze heranziehen. In dem Augenblick, wo
das Anziehen erfolgt, wird das Pferd frei schwebend in die Höhe
gehoben und der Tisch legt sich dann mit dem Pferde auf die
Seite. Dadurch dass die Axen i und i, auf ein Drittel der Leisten
b und b, angebracht sind, geschieht das Umlegen verhältniss-
mässig langsam, sodass das Pferd ganz sanft auf die Seite gelegt
wird. Nunmehr wird das Ende der Leine festgemacht.
lieber die Kruppe und den Hals des Pferdes hinweg werden
jetzt zwei Gurte o und o, gezogen, welche durch eine Welle bei
c und c, gespannt werden, sodass das Pferd vollständig fest-
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28. April 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
gelegt ißt. (Die Gurte können evtl, auch vom Ringe g, ausgehen,
anstatt von f resp. f,) cf. Fig. III.
Zur Stütze für den Kopf dient ein kleiner Tisch mit einer
65 cm im Quadrat grossen Platte, die ebenfalls mit einem Kissen
bedeckt ist. Der Tisch kann durch ein paar Haken am Operations¬
tisch befestigt werden
Fig. III.
Zum Ansbinden der einzelnen Füsse sind um den Rahmen
herum Ringe angebracht, sodass den Extremitäten alle gewünschten
Stellungen gegeben werden können. Das Pferd liegt jetzt so hoch,
dass man gerade bequem im Stehen operiren kann. In Fig. III
ist der linke Vorderfuss des Pferdes nach vorn zur Neurectomie
ausgebunden.
Soll das Pferd wieder aufstehen, so wird zunächst die Leine
gelöst, darauf werden die Fesseln losgenommen und nun der
Rücken- und Halsgurt entfernt. Die Gehilfen haben jetzt den
Tisch in die Höhe zu heben, und das Pferd gleitet sicher und
leicht auf den Erdboden.
Die An8cbaffung8- undAufstellnngskosten des ganzen Apparates
haben sich auf 75 M. belaufen. Bemerken will ich noch, dass
die Polsterung mit wasserdichtem Segelleinen sich in Lemberg
sehr gut bewährt hat, und sich erheblich billiger stellt als Leder.
Nach der Operation wird der Tisch aus seinen Lagern ge¬
hoben und in der Remise oder sonst einem geeigneten Raum
untergebracht.
Üm mir beim Niederlegen Leute zu ersparen, habe ich hinter
den Tisch ein hölzernes Rad, welches durch 2 Zahnräder mit
Kurbel angetrieben wird, aufgestellt. Auf dieses wickelt sich
die Leine auf, so dass ich ausser meiner Person nur ;$ Männer
zum Niederlegen eines Pferdes nöthig habe.
Referate.
Znr Lehre vom Rotz.
Von Schutz.
(Archiv fiir Thiorhlkd. Bd. 24 1 und 2)
Nocard hat bekanntlich Versuche angestellt, aus welchen
er folgende Schlüsse gezogen hat: Erstens dass die durch¬
scheinenden Knötchen in der Lunge eine rotzige Erkrankung
derselben darstellen, dass also die Rotzknötchen im ersten Stadium
ihrer Entwicklung ein durchscheinendes Aussehen haben; zweitens
dass die durchscheinenden Knötchen weniger Rotzbacillen als
die käsigen enthalten, nnd dass die Bacillen, welche sie ent¬
halten, durch die Zellen zerstört werden; drittens, dass der Rotz
durch den Verdauungsapparat auf gesunde Pferde leicht über¬
tragen wird, und dass hiermit der Weg gezeigt sei, auf dem sich
die grauen durchscheinenden Knötchen in den Lungen der Pferde
künstlich erzeugen lassen.
Der Ansicht Nocards hat sich Kitt angeschlossen, indem er
in seinem Lehrbuche sagt, Nocard habe in exacter Versuchs-
197
anordnung erwiesen, dass bei Verfütterung von Rotzbacillen ein
primärer embolischer Lungenrotz zustande kommt, indem die
Bacillen die Darmwand bezw. die Hylusgefässe passiren und
offenbar durch den Milchbrustgang mittelst der vorderen Hohl¬
vene den Lungen zugeführt werden. Schütz weist zunächst
darauf hin, dass Nocard bei fast allen Versuchspferden, denen
er Rotzbacillen mit Mohrrüben oder im Trinkwasser verabreicht
hatte, die im Kehlgang gelegenen Lymphdrüsen erkranken sah.
Hieraus ergab sich eine rotzige Erkrankung des Schlund¬
kopfes u. s. w., mithin eine rotzige Infection in dem oberen
Theil des Verdanungsapparates, von wo aus dann die Lungen
secundär erkranken können. Schütz hat nun seine Versuche
in der Weise angeordnet, dass eine Infection an den oberen Ab¬
schnitten des Verdanungsapparates ausgeschlossen war. Die
Rotzbacillen wurden in eine kleine Höhle inmitten einer gekochten
Kartoffel gebracht, die Höhle mit einem Kartoffelstückchen
geschlossen nnd die ganze Kartoffel mit einem dicken Gelatine¬
mantel umgeben, woraus also Pillen von der Grösse eines kleinen
Hühnereies entstanden, die sich leicht eingeben liessen. Da sie
aber leicht zerbrachen, so wurden später Halbkugeln aus Gelatine,
welche mit virulentem Material gefüllt waren, hergestellt, die
nicht zerbrachen. Die Bacillen wurden in so grossen Mengen
verabreicht, dass eine Infection eintreten musste. Bei dem
ersten so behandelten Pferde fand sich Folgendes: Die Peyer-
schen Haufen etwas vergrössert. Ueber einem derselben ragte
ein erbsengrosser Knoten hervor. In der Grimmdarmwand zwei
erbsengrosse Knoten, über dem einen war die Schleimhaut nicht
verändert. Sonst im Darm keine Veränderungen. Sämmtliche
Gekröslymphdrüsen .bedeutend vergrössert; desgl. die an der
Wirbelsäule und an den beiden Gekröswurzeln liegenden Lymph¬
drüsen. Die Leber mit grieskorngrossen grauweissen Knötchen
durchsetzt. Leisten-, Scham-, Darmbeinlymphdrüsen geschwollen
und durchfeuchtet. Am Lungenparenchym viele grieskorn-,
erbsen- und haselnussgrosse, graugelbe Knoten, welche im Centrnm
theilweiB erweicht sind. In der rechten Lunge, nahe der Bifur-
cation, ein mehr als faustgrosser Abschnitt von gelatinöser Be¬
schaffenheit mit nussgrossen derben Stellen; in ihnen kleine
graugelbe Erweichungsherde. Bronchiale und mediastinale
Lymphdrüsen vergrössert und durchfeuchtet. Die Schleimhaut
der Luftwege nicht verändert. In den Zerfallsherden der Lymph¬
drüsen des Blind- und Grimmdarms waren Rotzbacillen nach¬
zuweisen. Bei einem zweiten Pferde ein ähnlicher Befund eben¬
falls mit Nachweis von Rotzbacillen in den Gekröslymphdrüsen;
bei einem drittten Versuchspferde desgl.
Hiernach hat nur bestätigt werden können, dass der Darm
die Eintrittspforte für Rotzbacillen abgeben kann, wenigstens
wenn grosse Mengen von Bacillen verabreicht werden. Es fanden
sich in allen diesen Fällen auch die Lungen erkrankt. Nunmehr
wurde die Verabreichung kleiner Mengen versucht. Der zehnte
Theil einer Oese voll einer Glycerinagar-Rotzbacillenkultur wurde
einem Pferde mit Kartoffelbrei gegeben. Bei diesem Pferde
zeigten sich am Magen, Darm, Milz und Gekrösdrüsen keine Ver¬
änderungen. In der Leber mehrere stecknadelkopfgrosse, blass¬
gelbe im Centrum verkalkte Knötchen. Unter dem Ueberzug der
rechten Lunge zwei hanfkorngrosse gelbe Knötchen, die im
Centrum verkalkt und von einer zarten glatten Kapsel umgeben
waren; unter dem Ueberzug der linken Lunge drei hanfkorn¬
grosse graue durchscheinende Knötchen, welche scharf begrenzt
und von gesundem Lungengewebe umschlossen sind. Demnach,
sagt Schütz, fanden sich in den Lungen dieses Pferdes
die von Nocard angegebenen grauen durchscheinenden Knöt¬
chen vor. Diese Knötchen zeigten im Centrum einen Rund¬
wurm. Einem anderen Pferde wurden längere Zeit hindurch
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198
täglich eine ebenso kleine Menge von Rotzbacillen verabreicht.
Auch hier fanden sich an der Magen- und Darmschleimhaut keine
Veränderungen, an der Bauchspeicheldrüse eine erkrankte Lymph-
driise mit 3 erbsengrossen Zerfallsherden. Ein ähnlicher
Knoten aussen am Zwölffingerdarm, und im Mastdarmgekröse ein
hühnereigrosses Lymphdrüsenpacket aus haselnussgrossen Knoten
bestehend, in denen zahlreiche stecknadelkopfgrosse gelbe
Zerfallsherde sich befanden. Am Zwerchfell zwischen Hohlvenen¬
schlitz und linker Pars costalis 5 beet artige centimeterdicke Er¬
hebungen mit graugelben Erweichungsmassen in Centrum. In
der Leber zwei haselnussgrosse grauweisse Knoten mit trübem
Centrum und gerötheter Peripherie. In der Milz ein erbsengrosser
central erweichter Knoten. In den Lungen 14 stecknadelkopf-
bis erbsengrosse Knötchen mit graugelbem und trübem Centrum,
grauweisser Peripherie und rothem Hof. Ausserdem 4 graue,
durchscheinende, von gesundem Gewebe umgebene Knötchen,
welche wiederum den bekannten Rundwnrm enthielten. Die erst¬
genannten Lungenknötchen dagegen erwiesen sich als Rotz¬
knötchen. Auch wurden aus den erkrankten Lymphdrüsen Rotz¬
bacillen gezüchtet. Hieraus ergiebt sich, dass auch die fort¬
gesetzte Verabreichung sehr kleiner Rotzbacillenmengen vom
Darme aus Rotz zu erzeugen vermag.
Soweit die thatsächlichen Ergebnisse der Schütz’schen Ver¬
suche, welche also die Feststellung Nocard’s, dass vom Darm
aus Rotz erzeugt werden kann, bestätigen. Dagegen polemisirt
Schütz gegen die Annahme, dass ein primärer Lungenrotz er¬
zeugt sei. Die in den Lungen auftretenden rotzigen Verände¬
rungen seien vielmehr sekundär und liieimit seine Ansicht, dass
der primäre Lungenrotz, wenn er überhaupt vorkomme, zu den
grössten Seltenheiten gehöre, auch durch die neueren Nocard’schen
Untersuchungen nicht widerlegt. Die grauen, durchscheinenden
Knötchen seien, wie auch die letzten Versuche dargethan haben,
stets auf thierische Parasiten zurückzuführen. Schütz kommt zu
folgenden Schlusssätzen:
Der primäre Lungenrotz entsteht durch eine vom Digestions-
tractus ausgegangene Infection nicht. Sein Vorkommen ist nicht
dargethan. Die grauen durchscheinenden Knötchen in den Lungen
sind durch Parasiten bedingt. Das Rotzknötchen in den Lungen
ist ein kleiner Hepatisationsknoten, der in eigentümlicher
Weise zerfällt. Die alten Rotzknötchen enthalten Riesenzellen
und verkalken nicht, wohl aber verkalken die entozoischen
Knötchen.
Die Erwiderung Nocard’s werden wir in nächster Nummer
bringen.
Ueber den Mnskelrheumatfsinus.
Von Tempel, Bruns und Meitzer.
(Dt<ch. thierürztllcho Wochenschrift bl, 12 und 41. I»'J7 )
Tempel empfiehlt zur Behandlung des Muskelrheumatismus
Morphium 0,2, Atropin 0,05, aqu. dest. 20 örtlich einzuspriizen.
Die Lahmheit schwindet nach wenigen Tagen, meist am vierten
Tage, auch dann, wenn der Rheumatismus schon längere Zeit
bestanden hatte. T. hat als Oberrossarzt mehrere Fälle von
chronischem Rheumatismus mit solchem Erfolg behandelt. Eine
Wiederholung der Einspritzung war in keinem Falle nöthig. Die
Pferde verblieben vier Tage im Stalle. Vom Schwinden der
Lahmheit ab wurden sie bewegt, und vom achten Tage ab wieder
zum Dienst verwendet. Diese Behandlungsmethode ist auch von
dem italienischen Thierarzt Dr. di Mia und zwar schon 1894
empfohlen worden.
Bruns — Bojanowo hat nach Tempels Anweisung ebenfalls
einen Fall behandelt. Das Pferd war nach einem 24 ständigen
Bahntransport ganz steif und verschlagen. Es stand in der Box
wie festgewurzelt, ging stöhnend wie ein rhehekrankes Pferd,
No^l7.
Die Athmung vollzog sich bei festgestelltem Rippenkörper, lang
vorgestrecktem Hals, breit vorwärts gestellten Hinterbeinen unter
stöhnender Exspiration. Druck gegen die Brustwandungen be¬
wirkte Stöhnen. Das Pferd stellte sich ungern zum Uriniren.
Zwei Tage später traten deutliche Erscheinungen einer Pleuritis
sicca auf, am nächsten Tage eine gewisse Herzschwäche, die
andern Erscheinungen bestanden fort. Nun wurde eine Injection
von 0,25 Morphium an der Schulter und von 0,05 Atropin sulf.
am Halse gemacht. Nach 10 Minuten gerieth das Pferd in eine
rauschartige Aufregung. Die Glieder waren ihm plötzlich wie
gelöst. Es ging temperamentvoll auf und nieder. Des Abends
legte es sich zum ersten Male hin. Am nächsten Tage war es
fast ständig in Bewegung. Die Erscheinungen der rheumatischen
Brustfellentzündung waren gänzlich geschwunden, es fing an zu
fressen und hatte nach zwei Tagen vollständigen Appetit. Zwölf
Tage nach dem Beginn der Erkrankung war es ganz gesund.
Dabei ist zu betonen, dass die Krankheitserscheinungen so schwere
waren, dass der Besitzer geneigt war, das Pferd aufzugeben.
Thierarzt Meitzer theilt dagegen einen Fall mit, wobei die
unangenehmen Wirkungen zur Geltung gelangten. Ein 9jähriges
Pferd litt seit längerer Zeit an intermittirender Schulterlahmheit
rechterseits. M. probirte die Morpliium-Atropin-Injection. Am
Abend wurde er schleunigst zugezogen. Das Pferd war tympa-
nitiscb, die Peristaltik unterdrückt, der Blick des Thieres ängst¬
lich, die Nüstern gebläht, die Athmung sehr frequent und pumpend,
der Herzschlag stürmisch, der ganze Körper mit Schweiss bedeckt.
Das Pferd scharrte fortwährend mit den Vorderbeinen, während
die Hinterhand annähernd gelähmt war. M. schloss daher auf
eine Vergiftung, verordnete Eserin 0,03, Morphin 0,2, Calomel 3,
Kirschwasser 100 und Kaffee 250 dreimal in stündlichen Pausen
zu geben. Am nächsten Tage war das Pferd hergestellt. Da
die Dosis des Atropins übereinstimmend auf 0,05—0,1 sogar für
das Pferd angegeben wird, so kann es sich im vorliegenden
Falle nur um eine Idiosynkrasie oder allenfalls um eine inex^cte
Bereitung des Recepts handeln. Letzteres nimmt M jedoch nicht
an; er empfiehlt vielmehr, bei der Dosirung des Atropins etwas
vorsichtig zu sein. Die Lahmheit wurde übrigens nicht behoben
(Es fehlt auch der Beweis, dass es sich um Rheumatismus ge¬
handelt hat.)
Die Snrra-Krankheit der Rinder.
Das „Deutsche Colonialblatt“ theilt in seiner Nummer vom
1. April einen Bericht mit, den Geheirarath Koch von Dar-es-salam
aus über die sogenannte „Surra-Krankheit“ der Rinder eingesandt
hat. Die Krankheit ähnelt sehr der Rinderpest und wird durch
den Surra-Bacillus, der biologisch genau charakterisirt ist, ver¬
anlasst. Koch äussert sich über die Krankheit wie folgt: „In
einem früheren Berichte war mitgetheilt, dass der Surra-
Infectionsherd auf dem Wege von Uhelie bis zur Küste existiren
müsse, und zugleich die Vermuthung ausgesprochen, dass noch
weitere Herde in anderen Theilen der Colonie anzutreffen sein
würden. Die Vermuthung hat sich insofern bestätigt, als ich in¬
zwischen noch zwei andere Richtungen gefunden habe, in welchen
Surra-Infection vorgekommen ist, also auch entsprechende In-
fection6-Herde liegen müssen. Bei meinem Aufenthalte auf der
Station Mafinde theilte mir der Stationschef, Herr Lieutenant
v. Stümer mit, dass in Kisuane, unter den dorthin gebrachten
Rindern eine Krankheit ist, deren Beschreibung in mir den
Verdacht auf Surra erweckte. Auf meine Veranlassung Hess
Herr v. Stümer zwei Thiere aus dieser Heerde kommen. Das
eine Thier war unterwegs verendet, das andere kam indessen bis
zu mir; ich untersuchte es und fand in seinem Blute die Surra-
parasiten. Die Heerde, zu welcher diese Thiere gehörten, war
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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199
28. April 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
vom Kilimandjaro nach Kisuane gebracht. Es muss also der
Surra-Herd auf diesem Wege oder in Kisuane selbst, in dessen
Nähe sich sumpfige Niederungen befinden, zu suchen sein. Nach
Mittheilungen, welche mir von Eingeborenen des Usambara-
gebirges geraachUwurden, zu urtheilen, scheinen sich überhaupt
am Fus86 dieses sowie des Paregebirges nicht nur ein verein¬
zelter, sondern mehrere solcher Surra-Herde zu finden. Ein
zweiter Surra-ßefund, der sich in Kikokwe bei Pangani zeigte,
betraf Vieh, welches vom Südufer des Wittoria-Seees durch die
Massaisteppe zur Küste gebracht war. Derselbe lässt auf einen
oder mehrere Infectionsherde in den sumpfigen Niederungen am
See schliessen. Auch im Ruahagebiet scheint es sich nicht nur
um einen engbegrenzten Herd zu handeln, sondern um eine lange
Strecke des Flusslanfes, da Dr. Stierling in Iringa in einem
kürzlich erstatteten Bericht Mittheilungen über eine Rinder¬
krankheit macht, die unzweifelhaft Surra ist und am oberen Lauf
des Rualia in der Nähe von Bueni vorkommt.“
Um über die Uebertragbarkeit des Surra-Erregers auf andere
Thiere ins Klare zu kommen, wurden Versuche mit diesem Er¬
reger an einzelnen Eselarten angestellt. Die Ergebnisse dieser
Versuche sind folgende: „Es wurden zwei Massai-Esel und zwei
Bastarde von Massai- und Maskat-Eseln, zugleich mit einem Rinde,
2 Kälbern, 2 Hunden und einigen Ratten geimpft, und zwar in
der Weise, dass Surra-Blut in eine kleine Hautwunde am Ohr
gebracht wurde. Bei sämmtlichen zuletzt anfgezählten Thieren
erschienen nach 12—14 Tagen die Surra-Parasiten im Blute, es
zeigten sich Surra-Erscheinungen, unter welchen alle bis auf ein
Rind und ein Kalb, die jedoch auch erkrankten, starben. Von
den 4 Eseln ist bis jetzt — 3^ Monate nach der Impfung — keiner
erkrankt und bei keinem konnten Surra-Parasiten gefunden
werden. Hiernach scheinen Massai- und Bastard-Esel, welche für
Transportzwecke hier zu Lande wohl ausschliesslich in Betracht
kommen, in der That gegen Surra immun zu sein. Gegen eine
natürliche Infection sind die Manlthiere nicht vollständig geschützt.
Ein Thier nämlich, welches längere Zeit in Uhehe, und zwar in
den Geländen des Ulangaflusses, als Reitthier gedient hatte, kam
krank zur Küste zurück; es war gänzlich abgemagert, hatte an¬
geschwollene Hinterbeine und war stark anaemisch; im Blute
konnten reichlich Surra-Parasiten nachgewiesen werden.“
Kleine Mittheilangen.
Wehen nach der Geburt.
Prof. Al brecht macht in der W. f. Thierhlkd. folgende Mit-
theilnngen. Eine Kuh fing 26 Stunden nach der Geburt an,
heftig zu drängen. Sie war bis dahin vollkommen ruhig gewesen,
die Nachgeburt war noch nicht abgegangen. Alle 3—4 Minuten
trat eine Wehe ein. Bei der Untersuchung ergab sich im Genital¬
canal nichts Abnormes, ebensowenig im Allgemeinbefinden des
Thieres. Es wurde nun die Nachgeburt abgelöst und Eis in den
Uterus gebracht. Aber schon nach einer halben Stunde trat das
Drängen wieder auf und dauerte zwei Stunden. Nun wurden
30 g Chloralhydrat in Leinsaraenabkochung gegeben. Schon
8 Minuten später legte sich das Thier nieder und drängte nicht
mehr. Die Wirkung der verhältnissmässig kleinen Dosis war
eine ganz ausserordentliche. Als die Kuh aber nach etwa drei
Stunden wieder aufstand, fing sie auch schon wieder an zu
drängen, jedoch nicht mehr so heftig, und vier Stunden später
hörten die Wehen ganz auf.
Es ist A. mehrere Male vorgekommen, dasa Kühe nach nor¬
maler Geburt während der Nachgeburtsperiode und auch nach
Abgang der Nachgeburt ausserordentlich heftig drängten, ohne
dass die Untersuchung einen Grund dafür ergab. Es scheint sich
in solchen Fällen um eine Hyperästhesie des Uterus zu handeln,
deren Grund freilich nicht bekannt ist. Es muss dabei noch
darauf hingewiesen werden, dass der Uterus normal contrahirt
sein kann. In allen solchen Fällen heftiger Wehen hat sich das
Chloralhydrat übrigens stets als vorzügliches Mittel bewährt.
Morphiuminjectionen sind nicht empfehlenswerth. Auch eine hoch¬
gradige Wirkung des Chloralhydrats giebt zu Befürchtungen
keinen Anlass. Die obengenannte verhältnissmässig kleine Dosis
und ihre scharfe Wirkung beweist, dass sich auch dem Chloral¬
hydrat gegenüber die Kühe individuell verschieden verhalten.
Zur Spatdiagnose.
Dr. Eberlein hat festgestellt (Mtsh. f. Th. Bd. 9, H. 2),
dass das erkrankte Sprunggelenk eine Verkleinerung erfährt, die
er als Inactivitätsatrophie deutet und die alle Theile des Gelenkes
betrifft. Er hat gefunden, dass das gesunde Gelenk im oberen
Theil stets stärker war als das kranke, und zwar um 1—6 cm
Umfang. Selbst der untere von der Spaterhebung betroffene
Theil des Gelenkes besitzt thatsächlich in den meisten Fällen,
wenn die Auftreibung nicht allzu stark ist, keinen grossen Ge-
sammtumfang, oft sogar einen etwas geringeren als das gesunde
Gelenk.
Enzootische Cerebrospinalmeningitis bei Kälbern.
In einem Stall erkrankte das Kalb einer kürzlich importirten
Kuh zwei Tage nach der Geburt. Es schlug mit den Beinen,
streckte Kopf und Hals aus, zeigte Nystagmus und starb nach
24 Stunden. Bei der Section fand sich Entzündung der Gehirn-
und Rückenraark8säule. In den nächsten 14 Tagen erkrankten
und starben noch weitere sechs Kälber unter denselben Er¬
scheinungen. Nachdem die hochtragenden Kühe in einen andern
Stall zum Abkalben gestellt waren und eine Desinfection statt¬
gefunden hatte, kamen weitere Erkrankungen nicht mehr vor.
(Sächs. Vet.-Bericht 1896.)
Hodensarcom beim Pferd.
Prof. Fröhner stellte nach einer Mittheilung in den Mtsh.
f. Th. Bd. 9, H. 5, bei einem 14jährigen Rapphengst, dessen
rechter Hoden seit einem Jahr eine Schwellung zeigte, eine
mannskopfgrosse Geschwulst fest, welche sich nach der Castra¬
tion als kleinzelliges Rundzellensarcom erwies. Der betreffende
Hoden wog 1750 g.
Krankheiten der Prostata des Hundes.
Nach Scott sind bei alten Hunden Erkrankungen der
Prostata recht häufig, sodass man wie beim Menschen von einer
besonderen Disposition sprechen kann. Sie entwickeln sich lang¬
sam. Die Symptome sind wenig ausgesprochen. Der Harnabsatz
geschieht häufig, aber erschwert. Insustinentia urinae ist oft
die wichtigste Erscheinung; andererseits auch gänzliche Ver¬
hinderung des Urinirens. Per rectum kann man hinter der Blase
eine unschmerzhafte Geschwulst feststellen. Die Untersuchung
mit Katheter hindert Verwechselung mit Harnröhrensteinen. Bei
letzteren ist Haematurie vorhanden. Bei Cystitis ist die rectale
Palpation schmerzhaft. Als Radicalkur ist die Castration zu
empfehlen. (The Veterinarian, Anacker's „Thierarzt“.)
Das Uterusepithel nach der Geburt.
Nach einer Beobachtung von Barfurth entstehen am Uterus
von Meerschweinchen und Kaninchen in dem Epithelüberzug stift¬
förmige, schmale, starkgefärbte Zellen, die mannigfache Ueber-
gangsformen zu normalen Epithelien zeigen. Zwischen diesen
Zellen und den Nachbarzellen bleiben Zelllücken, die häufig von
Zellbrücken durchsetzt werden. B. glaubt, dass diese Lücken der
Resorption dienen. (Ctrlbl. f. d. med. Wissensch. 1886, Anacker’s
Thierarzt“.)
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200_ BERL INE R TH1ERARZ TLICH E WOC HENSCHRIFT. No. 17.
Hufkrebs beim Rind. hatte blutige Entleerungen und starb an Peritonitis. Es ergab
Repetitor Deimer in Alfort beobachtete bei einer Kuh am
linken Vorderfuss, und zwar an der äusseren Klaue (nach dem
Rec. de m6d. v6t. No. 15) Hufkrebs unter ganz denselben Er¬
scheinungen wie beim Pferd. Die Hornsohle war völlig zerstört
und in eine gelbweisse weiche Materie zerfallen. Die unter¬
liegenden Weichtheile w r aren weich und bluteten leicht. Auch
die Klauenwand war z. Th. ergriffen, und es fanden sich Horn
und Fleischblättchen entartet. Auch die Feigwarzen ähnlichen
Auswüchse waren vorhanden. Die Heilung liesB sich erzielen.
(Anacker's „Thierarzt“.)
Diätetischer.
Nach dem Bericht über das Veterinärwesen in Sachsen für
1896 wird das Baumwollensaatmehl als billiges Kraftfuttermittel
viel verwandt; es hat jedoch manchmal Abortus zur Folge. In
seinem Herkunltslande wird der Samen übrigens auch zu Ab¬
treibungen benutzt (Bez.-Thierarzt Prietsch). — Auf einem
Rittergute, wo seit langer Zeit das Verkalben wüthete, wurde
folgende Beeinflussung durch Kraftfuttermittel festgestellt: Bei
einem Gemenge Futter aus Erbsen, Wicken, Hafer, Gerste und
womöglich Mais trugen die Kühe über die Zeit und lieferten
starke Kälber (allerdings viel Schwergebnrten); bei Leinenmehl-
mit Baumwollensaatmehl-Fütterung zu gleichen Theilen bestand
*
leichtes Kalben, zu frühes Kalben und Verkalben. Setzte man
aber zu dem obengenannten Gemenge Schrotfutter, Leinenmehl
zu, so trugen die Kühe die richtige Zeit und das Kalben geschah
leicht und normal.
Krankenrapport des Kpl., sächsischen Armeecorps von 1896.
Es erkrankten 2756 Pferde — 44,9 % des Ist-Bestandes. Der
Gesammtverlust belief sich auf 151 Stück = 5,5 pCt. der Er¬
krankten und 2,4 pCt. der IstrStärke. Unter 287 Kolikfällen
gingen 33 = 11,5 pCt. der Erkrankten verloren. (Sächs. Vet.-
Ber. für 1896.)
Aortenruptur.
Ein Offizierspferd brach im ruhigen Trabe plötzlich zusammen
und verendete binnen wenigen Minuten. Die Aorta war 1’/» cm
von ihrem Ursprünge fast vollständig durchgerissen. Das Pferd
hatte nie vorher Krankheitserscheinungen gezeigt Sächs. Vet.-
Ber. für 1896.)
Mastdarmruptur infolge eines Sarkoms.
Ein 13jähriger Wallach war von jeher ziemlich mager ge¬
wesen. Er bekam eines Tages stürmische Kolikerscheinungen,
sich am Mastdarm eine zerklüftete Geschwulst, etwa 30 cm vom
After entfernt, welche eine Perforation des Mastdarms bedingt
hatte. Dieselbe war ein Sarkom. (Sächs. Vet.-Ber. für 1896.)
Thierhaltung und Thierzucht.
Hauptergebnisse der Zählung der wichtigsten Viehgattungen
am I. Dezember 1897.
(Zusaminengestclit im Kaiserlichen Statistischen Amt.)
Staate n
Pferde Rindvieh j
, _ __ _ i
S t ü c
Schafe Schweine
z a h 1
Preusseii.
2 80841D! 10562 672
7 859096
9 390231
Bayern .
376 757;
3 419 421
905916
1412 579
Sachsen .
161317 i
681 788
79 365
498 523
Württemberg.
107 140
992 605
341250
433 507
Baden.
71 5151
650 885
81 821
411253
Hessen .
56002i
324 626
86 731 .
271 595
Mecklenburg-Schwerin .
98 479
324 885
566 386
386 454
Sachsen-Weimar. . . .
20 847
127 959
98 883!
134218
Mecklenburg-Strelitz . .
18 650;
49988
135127
61598
Oldenburg .
40022
252 652
124 550
178910
Braunschweig.
83170;
120 798
149 149;
157 931
Sachsen-Meiningen . . .
7 179 {
71 632
37 8751
66 039
Sachsen-Altenlmrg . . .
11807 |
67 282
10 754 |
58 603
Sachsen-Coburg-Gotha .
9 685
65 734
50615!
78308
Anhalt.
18 515 i
67 100
91 815 i
90 815
Schwarzbg.-Sondershau».
4 787
23 496
40 100:
32 733
Schwarzburg-Rudolstadt.
3296
21094
259781
27 452
Waldeck.
6 254 '
28 157
46 317 |
33104
Reuss älterer Linie, . .
1977
13 946
2 525
8 401
Reuss jüngerer Linie . .
4 434
33 560
9 789
24 044
Schaumburg-Lippe . . .
3009
11 971
1887
24 376
Lippe.
9 262
37 348
21468
77 769
Freie Stadt Lübeck . .
3 740
8 756
3 422
9 002
Freie Stadt Bremen . .
6 482
16 119
522
14 875
Freie Stadt Hamburg. .
17141
13 969
2 727
16 602
Reichsland Elsass-Lothr.
138 689
512 329
93204
375635
Deutsches Reich
am 1. Dez. 1897
4038 485
18400 772
110866 772
14274 557
Dagegen „1. „ 1892
3 836 256
17 555 694
i 13 589 612
12 174 288
10. Jan. 1883
3 522 545
15 786 764
119 189 715
9206 195
10. „ 1873
3 352 231
15 776 705
>24 999 406
7124 088
Tagesgeschichte.
Aus dem Abgeordnetenhause.
Bei der gestrigen Verhandlung des Antrages von Mendel-
Ring, betreffend allerlei Veterinär-Angelegenheiten, im preussi-
8chen Abgeordnetenhause, wurden vom Ministertische zwei ausser¬
ordentlich wichtige und für uns interessante Erklärungen ab¬
gegeben. Der Herr Ministerpräsident, Reichskanzler Fürst
Hohenlohe, erklärte, es werde ein Reichs-Fleischschau -
Gesetz erlassen werden. Und der Herr Minister für Landwirt¬
schaft theilt mit, dass schon im nächsten Etat eine Position er¬
scheinen werde betr. Errichtung von Anstalten für Gewinnung j
von Lorenz’schem Rothlaufschutzserum auf Staatskosten, j
Technische Deputation für das Veterinärwesen.
Die technische Deputation für das Veterinärwesen hält am I
2. Mai, durch ihre landwirtschaftlichen und ausserordentlichen
Mitglieder verstärkt, eine Sitzung ab, in welcher zur Beratung
stehen: 1. Einheitliche Massregeln gegen Schweinepest,
Schweineseuche und Rothlauf. 2. Nochmalige Beratung
einer Hauptmängelliste.
An Stelle des verstorbenen Prof. Rabe ist Prof. Dr. Kaiser
aus Hannover zum ausserordentlichen Mitgliede der technischen
Deputation ernannt worden.
Die Beschlüsse der beamteten Thierärzte von Cassel.
Die beamteten Thierärzte des Regierungsbezirkes Cassel ver¬
sammelten sich am 17. April 1898 im Hotel Reichskanzler zu
Cassel, um zur Frage der Aufbesserung der preussischen Thier¬
ärzte Stellung zu nehmen.
Es wurden mit grosser Majorität folgende Beschlüsse gefasst,
welche der Central-Vertretung der preussischen thierärztlichen
Vereine mit der Bitte um Eintreten für die Erreichung dieser
Wünsche übermittelt werden sollen.
1. Es ist anzustreben
a) volle Besoldung.
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28. April 1898. BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 201
Sollte dies gegenwärtig noch nicht erreichbar sein, so er¬
bitten wir
b) ein erhöhtes Grundgehalt von 1200—1800 M. unter
Belassung der Praxis.
2. Es ist anzustreben Pension und Hinterbliebenenversorgung
im Falle
a) nach Massgabe des Gehalts, im Falle
b) unter Zugrundelegung eines fingirten Gehaltes von
3000 -4200 M.
3. Es soll eine unserer Stellung angemessene Rangklasse mit
Erhöhung des Ranges nach dem Dienstalter angestrebt werden.
4. Die Tagegelder-Reisekosten sind auf den heutigen Sätzen
zu belassen. Die im Gesetz vom t). März 1872 § 2, I, 2 in
gerichtlichen Angelegenheiten ausgeworfenen Tagegelder und
Reisekosten sind den für veterinärpolizeiliche Dienstleistungen
gewährten Sätzen gleichzustellen (§ 2, II, 2 des angez. Gesetzes).
Eschwege, den 18. 4. 1898. I. A.
Kalteyer-Eschwege.
Vermögensstand des Unterstatzungsvereins für die Hinterbliebenen
bayrischer Thierärzte.
Das Vermögen betrug bei Revision der Jahresrechnung für
1897: 577 248 M., die Gesammteinnahraen 85 045 M., die Gesammt-
ausgaben 81278 M. Zu den ~ Einnahmen hatten die Vereins¬
mitglieder 12 225 M. beigetragen. Die Unterstützungen an
Hinterbliebene verstorbener Mitglieder hatten 23 075 M. und
ausserordentliche Unterstützungen an bejahrte Wittwen von Nicht¬
mitgliedern 1260 M. betragen. Dem Grundstockvermögen konnten
56 (XX) M. zngeführt werden. Unter den Einnahmen hatte ein
freiwilliger Zuschuss von 45 00) M. figurirt, wodurch die grossen
Überweisungen ermöglicht wurden. Das Vermögen zerfällt in
374 000 M. Stammvennögen und einen Reservefonds. Bezugs¬
berechtigte Hinterbliebene sind 61 vorhanden.
Thierärztliche Hochschule Dresden 1896.
Die Zahl der Studirenden betrug im Wintersemester 132 und
im Sommersemester 140 Die naturwissenschaftliche Prüfung
wurde von 41 darunter von 33 mit Erfolg abgelegt und die Ap¬
probation erhielten 28 Herren. An den anatomischen Uebungeu
nahmen 88, an den histologischen 70 Studenten theil. In der
Klinik für grössere Hausthiere wurden 972 Pferde stationär und
4412 poliklinisch behandelt. Die Mortalitätsziffer bei der Kolik
betrug wiederum 13,9%. In der Klinik für kleine Hausthiere
unter Leitung des Prof. Müller wurden 491 Thiere behandelt
und 4767 poliklinisch vorgestellt. In der ambulatorischen Klinik,
versehen vom Docenten Dr. Eber, wurden 113 Thierbestände in
1357 Besuchen behandelt. In der pathologischen Anatomie
wurden 59 Pferde und ca. 130 andere Thiere secirt. (Sachs.
Veter.-Ber. für 1896.)
Die Verhältnisse der wOrttembergischen Amtethierärzte.
Die Verhältnisse der Oberamtsthierärzte sind in Württem¬
berg nach dem Verwaltungsedict von 1822 geregelt. Darnach
erfolgt die Anstellung durch Wahl der Amtsversammlung, in der
Regel auf vierteljährliche Kündigung. Die Staatskasse leistet
zur Besoldung einen Beitrag von 500 M. zu dem Minimalfixum
von 900 M. Die dienstlichen Obliegenheiten werden durch Dienst¬
verträge festgestellt. — Die Aenderung dieser höchst ungünstigen
Verhältnisse wird schon seit langer Zeit angestrebt. Die würt-
tembergische Regierung hat daher jetzt dem Landtage eine ent¬
sprechende Vorlage zugehen lassen, welche fast einstimmig an¬
genommen worden ist. Danach wird für jedes Oberamt jetzt ein
Oberamtsthierarzt als Staatsbeamter aufgestellt, zu dessen Ge¬
halt das Amt 400 M. beantragen hat. Die Oberamtsthierärzte
haben damit ihre bisherige Eigenschaft, als Beamte der Amts¬
körperschaften verloren, was immerhin ein Fortschritt ist Die
Ausübung der Privatpraxis ist ihnen gestattet.
Thierarztäbnlicha Titel.
In der Umgebung von Hannover pfuscht der Viehhändler
Feldmann und hatte an seinem Hause ein .Schild angebracht
mit der Aufschrift: „Thierärztliche Practik“. Die Täuschung war
noch vervollständigt dadurch, dass das erste Wort gross ge¬
schrieben, das zweite aber durch den Klingelzng verdeckt war.
Der Pfuscher wurde nicht etwa bestraft, sondern es wurde ihm
nur polizeilich aufgegeben, das Schild zu entfernen und dagegen
erhob er auch noch Klage beim Bezirksausschuss und legte gegen
dessen, ihm nicht genehme Entscheidung Berufung beim Ober¬
verwaltungsgericht ein. Das Oberverwaltungsgericht erkannte
aber wie der Bezirksausschuss, dass ,thierärztliche Practik*
mit „practischer Thierarzt“ zu verwechseln sei uud jeden¬
falls den Glauben erwecken könne, der Betreffende sei eine
geprüfte Medicinalperson. Gegen den F. hätte ausserdem das
Strafverfahren wegen Führung eines arztähnlichen Titels ein¬
geleitet werden sollen, denn ähnlicher als wenn man direct die
Bezeichnung thierärztlich gebraucht, kann doch ein Pfuscher
seinen „Titel“ dem eines Thierarztes nicht macheu.
Versicherungswesen.
Lebensversicherungen: Der preussische Beamten¬
verein, der bekanntlich auch Aerzte und Thierärzte aufnimmt,
hatte Ende Januar 49 558 Versicherungen über 102 785 500
Capital und 379 807 M. jährliche Rente. Das Vermögen
betrug 45055(XX). — Die Lebensversicherungs- und Ersparniss-
bank zu Stuttgart (keine Actiengesellschaft ebenso wie
der Beamtenverein, die Gothaer und Alte Leipziger) hatte
im Jahre 1897 einen Brnttozugang von Versicherungen
über 57 Millionen und einen Reinzuwachs von 34', Millionen,
wodurch der Versichernngsstand ultimo 1897 sich auf 514 165023
Mark hob.
Viehversicherung: Die Perleberger Vieh Versiche¬
rungs-Gesellschaft, welche bekanntlich hauptsächlich die
Schlacht*iehversicherung betreibt, hat im Jahre 1897 eine
Steigerung der Versicherungssummen von 17,18 auf 44,27 Millionen
Mark zu verzeichnen gehabt, was mithin ein Wachsthum von
160 pCt. bedeutet. Die Entschädigungssumme betrug 902 0C0M.
Rechtsstreitigkeiten kamen nur 5 vor. Der Erlös (für das Fleisch
der entschädigten Thiere) betrug über 300 OCX) M. Der Erlös
wäre noch höher, wenn überall eine Freibank existirte. Der
Unterschied bei der Verwerthung minderwerthigen
Viehs mit und ohne Freibank ist ein sehr grosser; so
wurde z. B. in Berlin für das Pfund Fleisch 22 Pfg.
weniger erzielt, als an Plätzen mit Freibank. An kleinen
und mittleren Plätzen arbeitet die Schlachtviehversicherung durch,
weg gut; an grossen Plätzen dagegen macht die Aufnahme
solche Schwierigkeiten, dass hier das Geschäft eingeschränkt,
theilweise aufgehoben werden müsste. In der Viehlebens¬
versicherung, die nur als Nebenzweig betrachtet wird, war das
Geschäftsjahr schlecht. Es waren in der Schlachtviehversicherung
105 738 Rinder und 204 892 Schweine (mit 40 Millionen). Davon
wurden entschädigt 8530 Rinder mit 567 000 M. und 6083 Schweine
mit 161000 M. Unter den Rindern waren 595 Totalverluste
(7 pCt. der entschädigten) 1702 ganze minderwerthige Thiere
(20 pCt.) und 6233 Entschädigungen einzelner Theile. An den
Entschädiguugsfällen ist betheiligt die Tuberculose mit rund
86 pCt. sowohl der Stückzahl als der Summe. Die Finnen mit
1,5 pCt. der Stückzahl und mit 5,3 pCt. der Summe (ein
Beweis für die unverhältnissmässige Höhe der durch
Finnen verursachten Verluste). Von den entschädigten
Schweinen waren 283 Totalverluste (= 4,6 pCt. der entschädigten)
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202 BERLINER TUIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 17.
1498 ganze Min-leiwerihe 024,6 pCt.) und 4304 Entschädigungen
einzelner Theile. Die Tuberculose war an den Entschädigung»-
fällen betheiligt mit 71 pCt. der Stückzahl und 48 pCt. der
Summe (es handelt sich also augenscheinlich sehr oft nur um
Organentschädigungen). Die Finnen mit 57 pCt. der Stückzahl
und 23 pCt der Summe. — In der Viehlebensversicherung be¬
fanden sich 4625 Pferde, 4329 Rinder, 6728 Schweine und
45 Ziegen, zusammen 15 723 Thiere mit 4 059 830 M. Ver-
sicherungscapital. Entschädigt wurden 290 Pferde, 211 Rinder,
988 Schweine und 5 Ziegen mit 173 565 M. (wovon auf die
Pferde allein über die Hälfte fällt). Es betrugen die gezahlten
Entschädigungen bei der Schlachtviehversicherung 728 351 M.
abzüglich des Fleischerlöses von 304 750 M. = rund 423 500 M.
1,05 pCt. der Versicherungssumme, bei der Viehlebensversicheiung
dagegen 4,3 pCt. der Versicherungssumme. Vorsitzender des
Verwaltungsraths ist bekanntlich Baron von Putlitz auf Gross-
Pankow.
Zur Geschichte des Fahrrades.
Die Zeitschrift „Der Stein der Weisen“ bringt einen Artikel
unter obiger Ueberschrift. Es ist zwischen dem alten Vierrad,
welches schon im 17. Jahrhundert existirte bezw. dem heutigen
Dreirad und dem Zweirad scharf zu unterscheiden, weil letzteres
kein stabiles Gleichgewicht hat. Die ersten Zweiräder wurden mit
den Füssen vom Boden abgestossen. Ihr Erfinder scheint nicht
der Frh. v. Drais (Draisine) zu sein. Das erste Zweirad mit
Trittkurbel wurde in den fünfziger Jahren von dem Instrumenten¬
macher Fischer construirt. Das Instrument war sehr unbequem.
Die Verbesserungen, welche es practisch brauchbar machten,
kamen erst nach und nach. Eine der wichtigsten ist der pneu¬
matische Gummireifen. Dieser ist die Erfindung eines englischen
Thierarztes Dunlop, der seinem Sohne selbst einen solchen
Reifen construirt hatte und, auf die Bedeutung der Einrichtung
aufmerksam geworden, dieselbe noch rechtzeitig patentiren Hess.
Von da ab datirt der grosse Aufschwung der Fahrräder.
Oeffentliches Yeterinärwesen
(Mittheilungen für
Fleischschau.
Zar Reartheilung der Nothschlachtang. j
Von Augst. I
(Ducli. Thierinstl. W. 97, H7.)
Die Beurtheilnng der Nothschlachtangen, welche wegen so¬
genannter entzündlicher Krankheiten erfolgen, ist ein ganz be- !
sonders schwieriges Gebiet, namentlich wenn sie auf dem platten
Lande auszuüben ist, wo der Thierarzt die Verantwortung für
eine unmittelbare Schädigung des Besitzers selbst übernehmen
muss. Die Fleischbeschau bei Nothschlachtungen ist in Sachse«
nach dem Schlachtsteuergesetze vom 25. Mai 1852 geregelt,
wozu zwei declarirende Verordnungen vom 17. December 1892
und vom 23. December 1889 gekommen sind. (Siehe auch Dtsch.
Vet.-Kalender.) Die in letzteren Declarationen gegebenen Vor¬
schriften für Nothschlachtungen können natürlich auch nicht jeden
speciellen Fall berühren. Das Untersuchuugs- bezw. Ueber-
legung6verfahren bei der Beurtheilung von Nothschlachtungen !
muss nach Augst in Folgendem bestehen: Beachtung des |
klinischen Befundes, der unmittelbaren Krankheits- 1
Ursachen und der krankhaften Veränderungen. Prüfung
auf septische Erscheinungen an den Organen, Todten- j
starre etc., Untersuchung der Körperlymphdrüsen, Fest¬
stellung der Reaction des Fleisches, mikroskopische
Untersuchung der Musculatur, Kochprobe. — Die ersten i
drei Punkte sind bereits in den Lehrbüchern besprochen.
Auf die Untersuchung der Körperlymphdrüsen bei entzünd- I
liehen Krankheiten ist jedoch nicht genügend hingewiesen .
worden. A. fand in einem Fall, wo er dieselben wegen Tuber¬
culose untersuchte, sie sämmtlich entzündHch afficirt, und er ,
stellte dann die charakteristischen Sepsissymptome fest. Seitdem
untersucht er die Lymphdrüsen bei jeder Nothschlachtung. Es
können in manchen Fällen gleich nach der Schlachtung ollen- ,
sichtliche Sepsisverdächtige Erscheinungen fehlen, trotzdem be¬
reits eine allgemeine Infection stattgefunden hat. Hierauf lassen
sich vielleicht manche bekannt gewordenen Fleischvergiftungen
zurückführen. Die Lymphdrüsenentzündungen in diesen Fällen
sind manchmal hämorrhagisch. Andernfalls ist das Gewebe blos
meiklich geschwollen und stark durchfeuchtet, sodass es über
die Schnittfläche hervorspringt. Eine ähnliche Erkrankung der
Veterinärbeamte.)
Mesenterialdrüsen bei gleichzeitiger Darmentzündung oder der
Bronchialdrüsen bei gleichzeitiger Pleuritis etc. ist für den All¬
gemeinzustand belanglos. Ebenso können einzelne Drüsen, z. B.
die Kniefaltendrüse, infolge von traumatischen Einwirkungen u. s. w.
entzündet sein. Nicht mit der Lymphadenitis verwechseln darf
man kleine Blutanhäufungen, welche durch mangelhaftes Aus¬
bluten bewirkt sind. Streicht man hier mit dem Messer über die
Schnittfläche, so verschwinden die Blutpunkte; auch quillt das
Gewebe nicht hervor. Es fehlen also die Charakteristica der
septischen Lymphdrüsenveränderung. Die Rindenschicht der
Lymphdrüsen älterer Kühe ist öfter dunkelbraun (Pigment), was
ebenfalls nicht mit hämorrhagischen Entzündungen zu verwechseln
ist. Auch die kleinen lymphdrüsenäbnlichen Gebilde im sub-
cutanen Bindegewebe, die in den Lymphdrüsen vorkommenden
hirsekorn- bis bohnengrossen, scharf umgrenzten Follikel und die
kleinen, neben den grossen Lymphdrüsen liegenden Nebendrüsen
sehen alle auf dem Durchschnitt dunkelroth und fein granulirt
aus. Doch springt auch hier das Gewebe nicht vor und die
Drüse ist trocken. Woher das Aussehen dieser Gebilde kommt,
ist nicht ganz sicher festgestellt Eine unter Ausschliessung
aller dieser anderen Umstände festgestellte entzündliche Affection
der Körperlymphdrüsen ist ein sicheres Zeichen eingetretener
septischer Allgemeininfection, auch dann, wenn unmittelbar nach
der Schlachtung die sonstigen allgemein-septischen Erscheinungen
fehlen. Untersucht man dann nach 24, bezw. im Winter nach
48 Stunden zum zweiten Mal (sächsische Vorschrift), so findet
man nun eine mikroskopisch sichtbare Degeneration von Herz
und Leber, sowie Fehlen der Todtenstarre, Alles Beweise der
Allgemeininfection. Die Fleischreaction, mit rotliem und blauem
Lakmuspapier an einem tiefanlegten Schnitt (10 Minuten lang)
zu prüfen, ist normal sauer. Eine alcalische Reaction ist jedoch
kein zuverlässiges Zeichen von Fleischveränderung (vgl. B.T.W.
No. 14, pg. 167). Bei der mikroskopischen Untersuchung der
Muskelfasern muss mau vorsichtig verfahren. Es sind Zupf¬
präparate in Kochsalzlösung herzustellen, bei unklarem Bilde
2—5pCt. Essigsäurelösung zuzusetzen. Auch bei völlig gesundem
Fleisch kann man körnigen Zerfall des Muskelsaftes resp. Trübung
und Wulst der Querstreifung finden. Das endgiltige Urtheil hat
sich daher wesentlich nach dem makroskopischen pathologisch¬
anatomischen Befunde, weniger nach dem mikroskopischen zu
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28. April 1898.
richten. Die Kochprobe dient zur Feststellung eines event. durch
Arzneimittel oder Futterstoffe dem Fleisch beigegebenen Ge¬
ruchs. In einem mit Deckel versehenen Töpfchen werden 7* bis
V, Pfd. in Würfel geschnittenes Fleisch mit nicht viel Wasser
V« Stunde lang gekocht. Dann würde der Geruch unbedingt her¬
vortreten. (Welche Fälle hierbei Vorkommen, lehrt folgendes
Beispiel. Scheune und Hofthor waren mit Karbolineum an¬
gestrichen worden. Tags darauf wurde ein etwas kränkliches
Stück Jungvieh, weil sich Gelegenheit zur Verwerthung bot, ge¬
schlachtet. Das Fleisch sah tadellos aus. Als es gekocht wurde,
entwickelte sich intensiver Karbolgeruch. Das Thier hatte also
Karbolineum aufgenommen.) Ist endlich die Untersuchung un¬
mittelbar nach dem Schlachten unter Berücksichtigung aller er¬
wähnten Umstände von nicht ganz sicherem Erfolge, so muss
man eben ein zweites Mal nach 24—48 Stunden untersuchen.
Fleischconservirung mit Kohlenoxydgas.
Soltsin (Internat. Fleischerztg. 1897, 103) setzt die zu
conservirenden Fleischwaaren 10 bis 15 Min. schwebend dem
Einfluss von Kohlenoxydgas aus unter Anwendung eines starken
kalten Luftzuges. Die so behandelten Fleischwaaren hielten sich
& Jahr lang. Es fehlt denselben der angenehme Rauchgeschmack
und Soltsin will einen Riechstoff finden, der dem Fleisch den
Rauchgeschmack verleiht.
Senchenstalistik and Yeterinärpolizei.
An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten:
Preussen (Reg.-Bez. Königsberg, Gumbinnen, Danzig, Potsdam,
Bromberg, Erfurt, Schleswig, Hannover, Stade, Aurich, Münster,
Minden, Arnsberg, Kassel, Wiesbaden, Coblenz, Düsseldorf, Trier,
Aachen) 150 Rinder, — Schafe, — Pferde (davon 39 im Reg.-Bez.
Münster, 34 im Reg -Bez. Düsseldorf, 13 im Reg.-Bez. Aachen, 10 im
Reg.-Bez. Coblenz, 8 im Reg.-Bez. Schleswig. 7 im Reg.-Bez. Cassel,
6 im Reg.-Bez. Trier, je 5 in den Reg.-Bez. Gumbinnen, Arnsberg
und Wiesbaden, je 4 in den Reg.-Bez. Aurich und Minden, je 2
in den Reg.-Bez. Königsberg. Danzig und Stade, je 1 in den
Reg.-Bez. Potsdam, Bromberg, Erfurt und Hannover), Bayern
73 Rinder, Württemberg 14 und 1 Pferd, Baden 9 Rinder, Hessen
8 und 7 Schafe. Elsass-Lothringen 4 Rinder, Sachsen-Altenburg 3,
Sachsen-Meiningen 2, Sachsen und Bremen je 1.
Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 186 Ge¬
meinden, und zwar in Preussen 156 (davon in Schlesien 53,
Posen 42, Ostpreussen 31, Pommern 15, Westpreussen 14,
Sachsen 1), in Sachsen 28, in Bayern 2. Getödtet wurden im
Ganzen 185 Hunde, 54 Rinder, 3 Pferde, 1 Schwein und 1 Ziege,
ausserdem 584 ansteckungsverdächtige Hunde, 16 Katzen und 34
herjenlose, wuthverdächtige Hunde, zusammen 878 Thiere.
Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor.
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Magdeburg, Merse¬
burg, Stralsund und Düsseldorf. In Magdeburg waren verseucht,
4 Gemeinden, neu betroffen wurden 6, es blieben verseucht 6.
In Merseburg, Stralsund und Düsseldorf wurden je 1 Gemeinde
neu betroffen, es blieben verseucht je 1 Gemeinde in Merseburg
und Stralsund, in Düsseldorf ist die Seuche erloschen. In Pots¬
dam und Arnsberg erlosch die Seuche in* je 1 vom Vorquartal
her verbliebenen Seuchenherd. In Stettin war verseucht 1 Ge¬
meinde, neu betroffen wurde keine, es blieb aber verseucht 1 Ge¬
meinde. In Sachsen war verseucht je 1 Gemeinde iu Leipzig
und Zwickau, die Seuche erlosch in Leipzig, während in Zwickau
1 Gemeinde verseucht blieb.
Die Pferderäude befiel 71 Pferde. Von dieser Zahl fallen
auf Preussen 59, auf Württemberg, Baden und Elsass-Lothriugeu
e 3, auf Anhalt 2 und auf Bayern 1.
203
Thierseuchen in Deutschland im IV. Quartal 1897.
Staaten
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—
„ Weatpreussen . . .
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—
1
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—
„ Pommern .... *
43
6 578
8
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1
—
—
—
—
„ Posen .
591
159 542
34
70
3
12
1
3
—
„ Schlesien . . . . •
240
35 741 125
147
9
23
5
14
—
—
„ Sachsen .
204
47 142
46
CG
—
—
12
87
22
5 358
„ Schleswig ....
23
2 658
15
28
—
—
2
5
—
—
„ Hannover.
8G
9 288
31
45
2
5
10
28
63
3 428
„ Westfalen . . . .
70
2 597
39
53
1
13
_
—
27
1 988
„ Hessen.
74
6 001
24
27
—
—
23
188
52
3 175
„ Rheinprovinz . . .
141
760
79
103
1
1
10
70
10
406
„ Hohenzollern . .
3
68
4
5
—
—
2
10
«0
—
Preussen zusammen .
1804372 592499
696
61
75’
547
175 14366
Bayern.
1126:104 091
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71
*
2
26; 131
32 2144
Sachsen .
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Württemberg ....
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4
G
3»
145
23
3 243
Baden .
122
7 707
15
16
—
_
25 108
2
17
Hessen.
99
6 471
15
17
_
—
6
89
410
Mecklenburg-Schwerin .
14
1079
_
—
3 7 1
Sachsen-Weimar . . .
22
2375
18
21
1
2
7
87
9,1582
Mecklenburg-Strelitz
1
4
—
_
—
—
_
—
—
—
Oldenburg .
15
6 812
1
l
—
—
—
—
2
255
Braunschweig ....
37
6 639
12
13
1
l
—
—
19
134
Sachsen-Meiningen . .
34
j 384
2
2
—I —
4
11
—
—
Sachsen-Altenburg . .
11
| 309
7
9
_J _
—
—
—
Sachsen-Coburg-Gotha .
35. 2 390
2
3
2
8
-
—
10
509
Anhalt .
41
I 10095
13
21
1
1
1
3
l 7 )
Schwarzburg-Sondersh. .
1370
—
—
—
—
7
584
1
86
Schwarzburg- Rudolstadt
14
1 852
1
1
—
—
—
5
—
—
Waldeck .
5 278
—
—
—
1
3
—
—
Reuss ä. L .
3 29
1
1
—
—
_
—
—
Reuse j. L .
3* 167
3
3
—
—
—
—
—
—
Schaumburg-Lippe . .
—
—
—
_
—
—
—
—
Lippe.
—
—
1
1
—
—
—
—
—
Lübeck.
—
—
—
—
—
—
—
—
Bremen .
1 31
—
—
_
—
—
—
—
Hamburg.
5! 2o7
1
2
—
—
—
—
—
Elsass-Lothringen . .
1331 5101
12 12
—
—
5
38
2 7
—
(4055562 997*091054 28, 81 il%, ISf287| 22 735
') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen' Gehöften be¬
findlichen Bestände umfassten 260 544 Rinder, 208 558 Schafe,
3824 Ziegen,90071 Schweine. Davon kamen auf Preussen 138917 Rinder,
175 336 Schafe, 1483 Ziegen, 56 856 Schweine.
*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 39 Pferde,
949 Rinder, 60 Schafe, 6 Schweine, — Ziegen. Auf Preussen kamen
36 Pferde, 603 Rinder, 53 Schafe, 4 Schweine.
*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 29 Gemeinden (da¬
von 20 in Preussen, 6 in Bayern, je 1 in Sachsen, Braunschweig, und
Hamburg). Am Schluss des Quartals blieben verseucht 30 Ge¬
meinden (davon 21 in Preussen, 4 in Bayern, 2 in Württemberg,
je 1 in Sachsen, Sachsen-Weimar und Braunschweig).
*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch
des Besitzers getödtete Thiere.
& ) Alles Rinder, — Pferde.
6 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden
blieben betroffen am Quartalsschluss 163 (davon 94 in Preussen,
16 in Braunschweig, 15 in Bayern, 13 in Württemberg, je 8 in
Sachsen-Weimar, und Sachsen-Coburg-Gotha,je 2 in Baden, Mecklen¬
burg-Schwerin und Oldenburg, je 1 in Hessen, Schwarzburg-Sonders-
hausen und Elsass-Lothringen.)
7 ) In vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenheerden.
BERLINER THIERARzTLIChE WOCHENSCHRIFT.
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204
R.-B. Bromberg (6. April 1898). ln Verfolg der Declaration
vom 9. April 1896 (Ausserordentliche Beilage zu No. 16 des Amts¬
blattes für 1896) zur landespolizeilichen Anordnung vom
6. December 1895, betreffend die Abwehr gegen die Ein¬
schleppung der Maul- und Klauenseuche in den dies¬
seitigen Regierungsbezirk durch das aus anderen Reichstheilen
stammende Vieh (Ausserordentliche Beilage zu No. 49 des Amts¬
blattes fiir 1895), bestimme ich, dass die Vorschriften der vor-
bezeichneten landespolizeilichen Anordnung sich auf das aus nach¬
benannten Reichstheilen:
1. aus den preussischeu Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Obeipfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬
franken, Schwaben, 3. ans den sächsischen Kreishauptraannschaften
Bautzen, Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum
Sachsen-Weimar-Eisenach, 8. aus dem Grossherzogthum Olden¬
burg, 9. aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzog-
tlium Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Alten-
burg, 12. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 13. aus
No. 17.
dem Herzogthum Anhalt, 14. aus dem Fürstenthnm Schwarzburg-
Sondershansen, 15. aus dem Fürstenthum Schwarzburg-Rudolstadt,
16. ans dem Fürstenthum Waldeck, 17. aus dem Fürstenthum
Reuss j. L., 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen — im
Regierungsbezirk Broraberg zur Entladung mit der Eisenbahn
gelangende Rindvieh bis auf Weiteres beschränken.
Der Regierungs-Präsident
Dänemark : Nachdem von der deutschen Regierung angeordnet
worden ist, dass alles Hornvieh, welches von Dänemark nach
Deutschland eingeführt wird, in den deutschen See-Quarantäne-
Anstalten der Tuberculinprobe unterworfen wird und dass alle
reagirenden Thiere zurückgewiesen werden sollen, sieht sich das
Landwirthschaftsministerium in Dänemark veranlasst, die Amt¬
leute durch ein Rundschreiben vom 5. März d. Js. anzuweisen, die
Aufmerksamkeit der Polizeimeister darauf hinzulenken, dass die
in Deutschland zurückgewiesenen Thiere nicht nach Dänemark
zurückgefübrt werden können. Diese Einfuhr würde dem Verbot
der Einfuhr lebender Wiederkäuer ans Deutschland vom 15. De¬
cember 1897 -resp vom 13. Juni 1896 widersprechen. Ein Dis¬
pens von diesem Verbot darf nicht erwartet werden. (Damit dürfte
die Einfuhr dänischen Viehs in Deutschland unmöglich gemacht
sein.)
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Prof. Dr. H. Möller, Lehrbuch der Augenheilkunde für Thlerärzte.
Dritte neubearbeitete Auflage mit 45 Holzschnitten und 2 Farben¬
drucktafeln. Stuttgart, Verlag von Ferdinand Enke.
Das in den thierärztlichen Fachkreisen rühmlichst bekannte
Buch unterscheidet sich in der vorliegenden dritten Auflage
äusserlich nicht wesentlich von der zweiten. Nur an der Vei-
mehrung der Seitenzahl von 298 auf 352 ist zu erkennen, dass
eine Erweiterung des Stoffes stattgefunden hat. Die Erweiterung
besteht hauptsächlich darin, dass die in den letzten Jahren ge¬
machten Beobachtungen und Fortschritte gesammelt, gesichtet
und dem Rahmen des Buches eingefügt worden sind. Diese
Arbeit ist vom Verfasser in mustergiltiger Art ausgeführt worden,
so dass die dritte Auflage als ein vollständiges und auf der Höhe
stehendes Lehrbuch der Augenheilkunde allen Thierärzten und
Studiienden bestens empfohlen werden kann. ... r.
Personalien.
Ernennungen: Der Leiter des bacteriologischen Instituts zu
Hamburg, Polizeithierarzt Dr. Olt, ist als Docent für pathologische
Anatomie an dio thierärztliche Hochschule in Hannover berufen worden.
Es sind gewählt worden: Schlachthofthierarzt bteuerwald-
Breslau zum 2. Schlachthoftliierarzt in Kattowitz (O.-S.), Schlacht l.of-
tliierarzt W. Fietz-Leipzig vertretungsweise zum Schlachthof-
director in Ge r a. — Der Schlachthofverwalter Andrich-Katto-
witz (O.-S.) hat den Titel Schlachthofdirector erhalteu.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: Thierarzt Quatscha-Striegau, Thierarzt Dr. F. Preussc,
Assistent an der thierärztl. Hochschule in Berlin; Schlachthofdirektor
Dr. B ü t z 1 e r -Trier, Gestütsthierarzt Dr. Bernhard t-Trakehnen
Schlachthofthierarzt Heese- Magdeburg, Schlachthofinspector:
Josef Müller- Pieschen (Pos.), Rossarzt E. M ö 1 h u s e n-Torgau.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc : Verzöge n: Thierarzt
Holtermann-Bernkastel nach Haselünne (Kreis Meppen), Thierarzt
H. Feser-Weissenburg a. S. nach Starnberg (Ober-Bayern).
Todesfall: Thierarzt YYollgast - Liebenwaldc. Müllinger-
Lichtenberg bei Berlin.
Yacanzen.
Kreisthier arztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen
Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Kassel: Hilufeld
(schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S. zum
1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). — R.-B. Posen:
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neust adt (Herzogthum Co¬
burg): Amtsthierarztstelle (500M.und300-400M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Minden: Paderborn. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Schleswig: Eideritedt
mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B. Stettin: Kammin.
Sanitätsthierarztsteiien :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht
gestattet. Bew. sofort an Schlachthausdirector Schilling. — Elbing:
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat. — Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Aachen: Scldachthofthicrarzt. — Celle: Schlachthof¬
inspector. — Cob lenz: Schlachhof-Hilfsthierarzt — Filehne:
Schlachthofinspector zum 1 Oct. d. J. — Finsterwalde: Schlacht¬
hofdirector. — Kassel: 2. Thierarzt. — Ostrowo: Schlachthof¬
inspector. — S c h 1 a w e (Pommern): Schlacbthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch
Max Arnsdorff. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. —
1) re ngf ur t. — Gleschendorf (FürBtenth. Lübeck). — Guxhagen
(R.-B. Cassel). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemeinde¬
rath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen:
Näheres Magistrat. — Pol lnow: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleisch-
schau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau). Näheres Magistrat. — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
PrivatpraxiB). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. bis 1. Mai an Magistrat. —
E i n b e c k (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof). — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800 M.
garantirt). Auskun ft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Obermarschacht
; (Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bossel¬
mann inGr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Scblawa
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat — Schön-
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬
mark): (Gebühren aus Fleischscbau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu¬
führender FleischBchau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst-
Verantwortlich dr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Ur. Scbnialtz in Herliu. — Verlag und Eigentum von Richard Schoctz in Rerlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin.
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Di« „Berliner Thler&rstliehe Wochenschrift" erscheint
wöchentlich ln ßtärke von mindestens l'/t Bojen. Dieselbe
ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbiichliamlltinj von Ricbara
Schoetz. Merlin NW., Liiisenstrasae :tti, r.um Preise von
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Berliner
Orlginalbeltr&je werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetloncllen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, tbier&rstliche Hochschule, NW., Luisenstrasse W*.
Correcturen, Recensions-Ksemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898.
M 18 .
Ausgegeben am 5. Mai.
Inhalt: Hoffmann: Die moderne Thierzuchtlebre und ihre Aufgaben. — Melnicke: Behandlung von acuter
Schulterlahniheit durch Atropin - Morphium-Injection und die dabei beobachtete heftige
Wirkung des Atropin. — Tempel : Kalbcfieber, geheilt nach Schmidt-Kolding. — Referate: Bart k e :
Erralidungskranklieiten beim Pferde — Bosi: Ein Beitrag zur Spatbebandlung. — Kleine Mittheilungen. — Tages-
gcschichte: Verhandlungen des preußischen Abgeordnetenhauses. — VII. Internationaler thierärztlicher Congress zu
Baden-Baden, Anfang August 1899. — Tagesordnung der VI. Plenarversammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens zu Berlin am 21. Mai 1898. — Bericht Uber die am 17. April 1898 zu Cöslin abgehaltene Versammlung des Thier¬
ärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Cöslin. — Zur Aufbesserung der Stellung der Kreisthierärzte. — Personalien. — Vacanzen.
T
Die moderne Thierzuchtlehre und ihre Aufgaben.
Vortrag von
Professor HofTmann-Stuttgsit
Die „Thierproductions- oder Thierzuchtlehre“, auch
kurzweg „Thierzucht“ genannt, hat die Aufgabe, sämmtliche
hier in Betracht kommenden Fragen: Thierarten, Racen,
Individualität, Erzeugung und Erziehung — ans dem
Fnndament wissenschaftlich zu bearbeiten und die erlangten Re¬
sultate für die Praxis zu verwerthen.
Die Thierzuchtlehre darf sich daher weder einseitig auf den
wissenschaftlichen Boden stellen, der besonders von der all¬
gemeinen und speciellen Zoologie und der Physiologie ge¬
geben ist, noch sich nur von den Erfahrungssätzen des
Züchters nnd Thierhalters und Liebhabers leiten lassen. Wissen¬
schaft und Praxis haben hier vereinigt zu marschieren. Die
hehre Gestalt der Minerva hat der Sennerin die Hand zn reichen.
Spät nnr hat sich die Göttin dazu entschlossen, denn wenn auch
die Schäferin seit frühester Zeit das Wohlgefallen des männ¬
lichen Theiles der Olympier sehr oft erweckte, so blieb doch die
Hirtin was sie war, ein zwar schönes, dralles, aber abergläubisches,
oft schmutziges Wesen.
Mit dem Erwachen der Veterinärmedicin hat man sogleich
erkannt, dass die Thierznchtlehre and die ihr nächstverwandten
Zweige: die Beurtheilnngs-, Fütternngs- and Gesand-
heitslehre, für den Thierarzt eine elementare Nothwendigkeit
darstellen.
Die Entwickelung der Thierheilkunde war bis jetzt der Ent¬
wickelung der Thierznchtlehre an den Pflegestätten dieser
Wissenschaft nicht sehr günstig. Durch lange Zeit galt für die
Veterinärwissenschaft als Leitmotiv die Therapie. „Das Heilen
ist die Krone der Medicin“! erscholl es ans der Praxis wie von
der Lehrkanzel. — Später ist das Verhältnis anders geworden.
Das Gebiet der Seuchentilgnng hat sich immer mehr erweitert.
Ganz neue Disciplinen: Die pathologische Anatomie in
gewaltigem Ausbau, mit der Bacteriologie, haben sich ein¬
geschoben, und es ist der Therapie dadurch eine mächtige Ri¬
valin erwachsen. Nicht heilen! — heisst es hier bei der modernen
Senchetilgung — es hat keine Bedeutung, das Leben einzelner
zu erhalten — sondern ausrotten, vernichten.
Unerbittlich hat die Wissenschaft auch das Verhältnis des
Menschen zu seinen Hausthieren geändert!
Immer mehr sind die Hansthiere Kunstprodncte seines
Wissens and Könnens and seiner Laune geworden und immer
mehr sind dieselben in Ansehen und Werth gesunken: Die Alten
verehrten das Pferd wie ein erhabenes Geschenk der Göttlichen
an die Menschen, sie bewunderten mit Stolz seine Gestalt und
Fähigkeiten, sie bereiteten mit Wehklagen einzelnen hervorragenden
Thieren die letzte Ruhestatt in der eigenen Familiengruft nnd sie
erhoben das Pferd, in der Lichtgestalt des Pegasus, selbst zum
Gott empor. — Das alte Cultnrvolk der Aegypter wusste
seinen erhabensten Ideen von der Gottheit keine mächtigere
nnd würdigere Gestalt anzusinnen, wie die eines Ballen, das
Ange der Götterkönigin der Griechen, Hera, erglänzte im höchsten
Glanze: farrenängig — der Stier rettete die Götterkinder ans der
Gefahr und es verschmähte selbst Zeus nicht, Stiergestalt anzuneh¬
men — nnd wie wehklagten die Dichter über das Hinuntersinken
des goldenen Zeitalters, in dem das freie, nugebändigte nnd un-
bejochte Rind willig dem Menschen das volle Enter darreichte —
aber schon im silbernen Zeitalter: „unter dem Drucke desJoch’s,
aufseufzten die Thiere“ — bis dann endlich „entstand das Ge¬
schlecht aus Eisen erzeuget; dieses wagte zuerst zu schmieden
den traurigen Mordstahl nnd zu kosten den Stier mit Gewalt be¬
siegt nnd gebändigt“.
Wo ist sie, diese Zeit der Verehrung, der Achtung, der
Liebe des Menschen zu seinen Hausthieren! Weiss doch schon
ein Uhland keinen besseren Gesang mehr für dieselben als ihr
„Fleisch“ zn rühmen!
Das Eine soll noch besonders betont sein, dass die ganze
menschliche Cultnr ohne Hansthiere nicht denkbar ist, dass
sämmtliche Völker, die in das Stadium eines Coltnrvolkes treten,
alle schon die Hansthiere besitzen and dass die sämmtlichen
wichtigsten Hansthiere schon in vorhistorischer Zeit domesticirt
worden sind. Von Sänge thieren hatten die vorhistorischen
Völker: Rind, Schaf, Ziege, Hund, Pferd, Esel, Schweine, Büffel,
Zebu, Kameel, Dromedar nnd die Katze. Von Vögeln hatten
sie: Gans, Ente, Taube, Huhn nnd Pfau und von Insekten:
die Bienen nnd zweierlei Seidenraupen. Wenn nnn auch im
Laufe der geschichtlichen Jahrtausende noch mancher werthvolle
Besitz hinzu gekommen ist, sodass die Gesammtzahl unserer
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206
Hansthiere jetzt fast 50 Arten oder doch zoologische Racen
beträgt, das Wichtigste and Werthvollste dieses anendlichen
Reichthums stammt aas grauester Vorzeit and wie viele Jahr¬
tausende dahin geflossen sein mögen, bis diese stattliche Zahl
von Hansthieren, nicht nar gezähmt, sondern in dem wahren
Sinne des Wortes domesticirt war, das entzieht sich unserem
Wissen.
Wir haben freilich viel mehr Hansthierarten and Racen and
viel mehr Thiere zam Verhältnis der Zahl der Menschen als wie
die Alten, aber was haben wir aus dem Lebensalter der
Thiere gemacht!
Das Pferd kann bis 50 Jahre alt werden. Das Durch¬
schnittsalter von unseren Gebranchspferden wird sich aber nicht
höher als 6—7 Jahre stellen, und zwanzigjährige sind schon
Ansnahmen und bei denjenigen, die gegessen werden, den Rindern,
Schweinen und anderen, dürfen blos einzelne, ausnahmsweise,
das Alter bis zur geschlechtlichen Entwicklung erleben. Denn
es ist die Kunst des Züchters, die „Frühreife“ immer näher zum
selbstständigen Lebensbeginne zu rücken und das Durchschnitts¬
alter zu verkürzen. Damit ist nöthig strengste Theilung in
Arbeit-, Milch-, Zucht- und Fleischleistung verbunden. Dadurch
höchste Ausnutzung des Futters und grösseste Zahl der gleich¬
zeitig Lebenden!
Mit der Verkürzung des Lebens der Hansthiere hat aber die
Leistung, die Schönheit und die Menge der Hausthiere gleich-
mässig zugenommen! Der Bestand einer Race ist gesichert,
wenn zu gleicher Zeit viele und lebenskräftige Individuen
existiren, und nur bei denjenigen Racen der Hansthiere, die fort¬
schreitend zunehmen, verkürzt sich das Leben des Einzelnenl
Je mehr Hausthiere, je grösser die Zahl der ArteD, je
höher an Zahl die Einzelnen, um so höher der Reichthum! — so
schloss man, als die Wissenschaft die Geschichte der Thierzucht
kennen lehrte — und in der Verfolgung dieser Erkenntniss suchte
man neue Hausthiere zu gewinnen, seien es ganz neue Arten
und Racen, die man bei uns einführen wollte, oder seien es
neue aus bereits bekannten gezüchtete Formen. Dieses Streben
sehen Sie in den für Thierzucht grossartigen Leistungen König
Wilhelms I., Sie sehen es in der Gründung der verschiedenen
Acclimatisationsgärten, besonders dem in Paris, und Sie sehen
es mit etwas veränderter, modernisirter Tendenz in dem Ver¬
suchsgarten der landw. Akademie in Halle.
Allein die Zeit der ruhigen, sicheren Fortentwicklung in
seitheriger Weise ist dahin. Was wir an Streben zu verbessern
und zu vermehren aus früherer Zeit haben, das darf heute nicht
mehr bedingungslos gelten, denn es sind neue Factoren ein¬
getreten, die beachtet werden müssen, will man überhaupt sich
mit dem Besitze halten.
Die moderne Technik, der Verkehr und Welthandel, die
Maschinen- und Dampfbetriebe leiten die Menschen auf andere
Bahnen, und wir haben uns zu den Völkern gesellt, die als
industrietreibende und nicht mehr als nur ackerbautreibende
zu bezeichnen sind. Der grössere Theil der Bevölkerung hat
die Landwirthschaft verlassen, und damit ist die Entwerthung
des heimischen Grund und Bodens (wenn auch nicht im Ankaufs¬
preise, weil andere Geldverhältnisse eingetreten sind) Thatsache
geworden.
Die Maschine, der Welthandel, ruiniren unsere Landwirt¬
schaft, denn alle Prodncte derselben können an günstigeren Orten
billiger und vielfach besser hergestellt werden — und die Fracht¬
verhältnisse sind so geordnet, dass man mit Leichtigkeit ganz
Deutschland von auswärts verproviantiren könnte, ebenso, dass
man einen sehr grossen Theil der Arbeitsthiere von aussen erhalten
könnte.
No. 18.
M. H. Wir haben gesehen, dass Länder, die vor uns den¬
selben Prozess durchgeraacht haben, ihre Landwirthschaft sich
selbst überliessen, und dass hier ein erbarmungsloses Vernichten
von Existenzen und Menschen eintrat — ich erinnere an die Ver¬
hältnisse, die besonders in Irland auftraten. — Um nun dieses
Unglück, das bei freier Concurrenz der deutschen Landwirth¬
schaft drohte, zu verhüten, haben wir unsere Grenzen mit einem
Schutzwall umgeben. Es ist verboten, landwirtschaftliche Pro¬
ducts vom Auslande einzuführen, das ist das Höchste, was in
der Sache gethan werden kann. Soweit ist man aber nicht ge¬
gangen, sondern man belegt die Waaren an der Grenze mit einem
Zoll.
Es ist heute nicht die Zeit und hier nicht der Ort, um Zoll¬
politik zu treiben.
Wir lassen hierbei die Wirkung des Zolles auf das aus¬
ländische Getreide und unsere heimischen Preise unberührt —
nur das Eine wollen wir zeigen, dass nach dem andauernden
Verlangen nach Steigerung des Zolles die Hauptwirkung nicht
da zur Geltung zu kommen scheint, wo sie der Begründung nach
stattfinden soll.
Bei den landwirtschaftlichen Producten thieriscber Ab¬
stammung erfolgt die Eischwerung des Durchganges unserer
Grenzen bekanntlich nicht durch Zölle, sondern unter der Be¬
gründung des Schutzes unserer heimischen Hausthiere gegen
Seuchengefahr. — Hierdurch hat die Tbierheilkunst die Aufgabe
erhalten, die Notwendigkeit der zunehmend verschärften Mass-
regeln zu begründen — in wie weit hier die Minerva der
Sennerin die Hand reicht, lassen wir heute ohne Rön*genstrahlen
passiren.
Eines aber wollen wir nicht ganz unberührt lassen, darauf
hinzuweisen, dass die Zollgrenze ein menschliches Werk ist. dass
diese Mauer um unser Reich fallen kann und dass man sich bei
Zeiten einzurichten hat, dass unsere Landwirthschaft und be¬
sonders unsere Thierproduction auch ohne Grenzschutz fest stehen.
Wir wollen zunächst etwas Statistik treiben.
Die Zahl der Hausthiere insgesammt, diejenige im Verhält-
niss zur Bodenfläche und zu der Bevölkerungsziffer wird in
Württemberg schon seit 1831, im Deutschen Reiche seit 1873 in
kurzen Pausen festgestellt, es ergeben sich aus diesen Zahlen
sehr wichtige, und sowohl für den Staatsmann wie für den Züchter
zu beachtende Thatsachen:
Pferde sind in Württemberg ziemlich stabil. Wir hatten
1831 97 293 Stück. Der höchste Stand war 1847 106 972 Stück,
der niedrigste 1858 88 761 Stück und 1892 betrug die Zahl der¬
selben 101 671 Stück und 1897 106 996. — Im ganzen Deutschen
Reiche ist die Zunahme beträchtlicher, die Gesammtzahl betrug
1873 3 352 231 Stück und 1892 3 836 256 Stück, also beinahe
eine halbe Million mehr. Auf 1 qkm kommen in Württemberg,
1831 5 Stück 1847, bei dem frühem Höchststände 5,5 Stück
1856 dem niedersten Stande 4,6 Stück und 1892 7,1 Stück,
was hier eine beträchtliche Zunahme darstellt. Rechnet man wie
viele Pferde auf 100 Einwohner kommen, so haben wir in
Württemberg 1831 6,2 Stück, ein Verhältniss, das sich bis 1850
ziemlich gleichbleibt, von da ab sinkt aber die Pferdezahl all-
mälilig mit kleinen Schwankungen unerbittlich, so dass wir
1892 nur noch 5 Pferde auf 100 Einwohner haben. Das
gesammte Deutsche Reich hat im Verhältniss zur Einwohnerzahl
viel mehr Pferde wie Württemberg, doch ist auch hier dieselbe
Erscheinung wie bei uns, die des Sinkens i. Verb, zur Zahl der
Einwohner, oder um es anders auszudrücken, der geringeren
Pferdezunahme, denn es kommen im Ganzen auf 100 Einwohner
1873 8,2 Stück 1892 nur noch 7,8 Stück.
Maulthiere, Maulesel und Esel sind in ganz rapidem
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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5. Mai 1898.
Sinken: es gab in Württemberg 1831 767 Stück, 1837, der
Höchstzahl, 961 Stück, 1853 noch 124 Stück und 1892 nur noch
72 Stück. — Auch im Reiche ist dasselbe Verhältniss; es gab
1873 13 316 Stück und 1892 nur noch 6703 Stück. — Seltener
werden ist die erste Erscheinung des Aussterbens und diese
Thiere' sind gewiss selten geworden. Wir werden diesen wissen¬
schaftlich hochwichtigen Bastarden, über die eine eigene grosse
Literatur existirt und die heute noch themahungrigen Gelehrten
Stoff die Fülle zu Abhandlungen bieten, vom Standpunkte des
Züchters und Thierarztes, auch wenn unsere Vorfahren mulo-
raedici Messen, keine Thräne nachweinen.
Rinder wurden gezählt in Württemberg 1831 789 469 St.
Die Zahl steigt allmählig herauf, erreicht 1865 den
Höchststand mit 974 917 Stück, hält sich auf 900000 Stück
und darüber, bis 1892 mit 970 558 Stück, um dann plötzlich bis zu
775 212 — also um 14 252 Stück weniger wie 1831 — zu sinken.
1897 beträgt aber die Gesammtzahl der Rinder in Württem¬
berg 958070 Stück und 1897 991 C62 Stück, so dass jetzt eine
Höhe erreicht ist wie nie zuvor! Im Deutschen Reiche ist eine
ähnliche Erscheinung zu verzeichnen: dasselbe hatte 1873
15 776 702 Stück Rinder, 1892 17 555 694 Stück und 1893
16 372 591 Stück, also auch hier ein sehr rasches Ansteigen,
das aber ebenfalls und noch rascher unterbrochen wird wie in
Württemberg. Auf den qkm oder Hektar Land kommen in
Württemberg 1831 40,5 Stück Rinder und 1893 39,7 Stück; die
niedrigste Zahl ist 1843 vorhanden mit 35,3 Stück, dagegen
zeigt sich im Reiche die Zahl der Rinder zur Bodenfläche be¬
deutend geringer als in Württemberg. Wir haben hier 1873
29,2 Stück auf 100 Hektar, und die Höchstzahl 1892 mit 32,5 er¬
reicht noch nicht den niedrigsten Stand, der seit 1831 in Württem¬
berg vorgekommen ist. — Noch stärker kommt der Rinderreich¬
thum Württembergs zur Geltung, wenn die Zahl der Rinder zur
Zahl der Einwohnerschaft verglichen wird. Wir haben in Würt¬
temberg auf 100 Einwohner im Jahre 1831 50,2 Stück Rinder,
— die Höchstzahl 1865 mit 55,8 Stück und die niedrigste 1893
mit 38,1 Stück. Im Reiche haben wir 1873 38,4 Stück, und 1893
33.1 Stück.
Schafe hatte Württemberg 1831 581862 Stück. Die höchste
Zahl war 1865 vorhanden mit 703 656 Stück und die in einer
der neuesten Zählungen, der von 1892, war 385 620 Stück, somit
196 242 Stück weniger als 1831 oder 318 036 Stück weniger
als im Höchstbestande 1865, und die Zahl von 1897 340 471.
Das Sinken der Zahl der Schafe tritt aber noch viel deutlicher
auf, wenn man die Gesammtzahlen im Reiche vergleicht. Es
existirten hier 1873 24 999 406 Stück Schafe, 1885 noch
19 189 517 Stück und 1892 nur noch 13 589 612 Stück. Es sind
somit in der Zeit von 20 Jahren fast die Hälfte — über 11 Mil¬
lionen — weniger geworden. Zur Bodenfläche gestaltet sich das
Verhältniss folgendermassen: Wir haben in Württemberg anf
100 Hektar Land 1831 29,8 Stück, den Höchststand 1865 mit
36.1 Stück und den niedrigsten Stand 1892 mit 19,8 Stück. Im
Reiche ist das Sinken von 1873 mit 46,3 Stück bis auf 25,1 Stück,
im Jahre 1892 etwas geringer bemerkbar. Zur Zahl der Ein¬
wohner tritt es um so crasser auf. Wir haben in Württemberg
auf 100 Einwohner 1831 37 Stück Schaf**. Die Höchstzahl ist
1837 vorhanden mit 44,4 und die niedrigste Ziffer 1893 mit 16,9Stncb.
Im Reiche haben wir 1873 60,9, 1883 noch 42,4 und 1892 nnr
noch 27,5 Stück Schafe auf 100 Einwohner.
Das umgekehrte Verhältniss ist bei den noch weiter an¬
zuführenden Hausthieren vorhanden:
Schweine hatten wir in Württemberg 1831 201754 Stück,
die niedrigste Zahl war 1843 mit 132 734 Stück zugegen, 1892
betrug sie aber 394 616 Stück, im Jahre 1897 434 033 Stück.
207
Im Reiche ist die Zahl von 1873 mit 7 124 080 Stück in 20 Jahren auf
12 205 825 Stück hinanfgeschnellt. Die Schwankungen zur Boden¬
fläche und Einwohnerzahl sind im Verhältniss zu anderen Haus¬
thieren sehr gross. In Württemberg kommen auf 100 Hektar
1831 10 Stück, 1843 6,8 und 1892 19,5 Stück Schweine. Im
Deutschen Reiche ist die Zunahme noch constanter: 1873
13,2, 1883 17, 1892 22,5 und 1893 22,6 Stück. Auf 100 Ein¬
wohner kommen in Württemberg: 1831 12,2, 1843 8,1 und 1892
19,4 Stück, und im Reiche haben wir: 1873 20,4 und 1892
24,6 Stück Schweine.
Ziegen: Die so lange geschmähte und verachtete Ziege
zeigt sich eminent culturfähig und culturfreundlich, damit ist
aber noch lange nicht gesagt, dass diejenigen Länder, welche am
meisten Ziegen besitzen, auch die culturfähigsten wären, sonst
wäre uns Griechenland, das die meisten Ziegen hat, weit voraus
und heute noch ebenso überlegen, wie zur Zeit des Hippokrates.
Württemberg hatte insgesammt im Jahre 1831 21216 Stück
Ziegen und die Zunahme erfolgt mit einigen Schwankungen derart,
dass 1892 70 305 und 1897 82 681 Stück Ziegen vorhanden sind.
Mehr als 3 Mal so viele wie bei der ersten Zählung, eine Zu¬
nahme, die von keinem anderen Warmblüter erreicht wird. Auch
im Reiche ist die Zunahme sehr bedeutend: Von 1873 mit
2 320 000 Stück auf 3191287 Stück im Jahre 1893. In Würt¬
temberg kamen auf ICO Hektar: 1831 1,1 und 1892 3,6 Stück
Ziegen. Im Reiche stiegen sie von 1873 bis 1892 von 4,3 auf
5,7 Stück. Zur Einwohnerzahl hatten wir in Württemberg auf
100 Einwohner im Jahre 1831 1,3 und 1892 3,5 Stück. Im
Reiche aber: 1873 5,7 und 1892 6,3 Stück. Trotz der enormen
Zunahme in Württemberg haben wir znr Einwohnerzahl kaum
etwas mehr wie die Hälfte von der Zahl des Reiches.
Bienenstöcke zeigen in Württemberg ziemliche Schwan¬
kungen, haben aber eine Neigung zur Vermehrung, im Reiche
aber eher eine solche zum Sinken.
Geflügelzucht und -haltung ist in der Zunahme be¬
griffen, ebenso ist die Fischzucht in ganz bedeutender Zu¬
nahme.
Es ist in der Wissenschaft ein anerkannter Satz: in der
Aufstellung der Thatsachen nicht nur sorgsam, sondern sogar
pedantisch genau zu sein, in den Schlüssen aber die aller-
grösseste Vorsicht walten zu lassen. Ich werde, nachdem
ich mich bemüht habe, das Erstere zu halten, das Zweite nicht
vergessen.
Darüber, dass das Verhältniss des Menschen zu seinen Haus¬
thieren ein anderes war und dass es jetzt in der angefangenen
Richtung weiter gehen wird, kann kein Zweifel sein. Die
Menschheit wird das freundschaftliche Verhältniss zu dem Haus-
thiere immer mehr lösen und sich von der Gesellschaft desselben
befreien, diejenigen Hausthiere, die am meisten diesem Bedürfnis
als Nebenzweck dienten, die werden am ehesten seltener werden
und am ehesten verschwinden, desgleichen diejenigen, deren
Arbeitsleistung durch die Maschine zu ersetzen ist. Nächstdem
werden solche an die Reihe kommen, deren Nutzen mit extensivem
landwirtschaftlichen Betriebe verknüpft ist. Dagegen werden
hauptsächlich diejenigen Arten, die nur der Nahrung des Menschen
dienen, sehr vermehrt werden.
Die Pferdezucht wird des ausgiebigsten Schutzes der
Regierung bedürfen, wenn sie nicht weiter zurückgehen soll als
seitdem. Schon seit langer Zeit wird ja die Pferdezucht von den
Staaten unterstützt und gefördert, mehr als die anderer Haus¬
thiere, es wird hier durch Belehrung, durch Ermunterung,
durch BeiMlfe in der Auswah 1 der Zuchtthiere, durch Beihilfe
in der Beschaffung guter Zuchtthiere, ja duich eigene Zucht
in den staatlichen Gestüten, das Möglichste geleistet. Dies
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 18.
208
kommt daher, weil das Pferd mit der Landesverteidigung,
dem Schutze des Vaterlandes in engstem Zusammenhänge steht.
Dadurch erklärt es sich auch, dass von sämmtlichen Staaten das
Pferd in erster Linie bevorzugt wird, und besonders diejenige.
Raco, die den Zwecken eines Soldatenpferdes dienen kann.
Dieses Bestreben führte dazu, dass das diesen Zwecken ent¬
sprechende Pferd in Deutschland in grosser Ueberzahl gezüchtet
wird. Der Beweis ist gegeben in einer Eingabe der K. preuss.
Landwirthschaftsgesellschaft an das K. Landes-Oeconomie-
Collegium, wonach in Preussen ein üeberschuss an sogen, warm¬
blütigem Pferdematerial vorhanden ist, dagegen an schweren
Gebrauchspferden ein grosser Mangel besteht. (Bei einem Be¬
darfs von ca. 32 000 bis 35 000 Stück Militärpferden und sonstigen
dieser Race von 100 000 Stück — existirt, ein Üeberschuss von
sogen, warmblütigen Material, eine Production von 75000 bis
78000 Stück. Dagegen werden bei einem Bedarfs von 150000
Stück Arbeitspferden nur ca. 32 000 Stück im preussischen Staate
erzeugt, so dass ein Manco von 110000 Stück vorhanden ist.
Dieses Manco wird durch Import vom Auslande gedeckt, wodurch
der heimischen Pferdezucht eine ganz gewaltige Einnahme ver¬
loren geht). Bei uns in Württemberg liegen die Verhältnisse
nicht günstiger als in dem Staate Preussen, denn bei uns fällt
für den Züchter des Militärpferdes der Hauptabnehmer, das
Militär selbst, wenn auch nicht ganz, so doch im Verhältnis zu
Preussen, grösstentheils weg, dagegen hat der Import der
schweren Pferde in Württemberg grossen Umfang angenommen.
Es ist unter diesen Umständen wohl berechtigt, darauf hinzu¬
weisen, dass es der Erwägung wohl wertb sein dürfte, auch die
Zucht des schweren Pferdes mehr zu begünstigen als seitdem,
nicht um damit die Zucht des Pferdes mit dem seitherigen Zucht¬
ziel einzuschränken, — im Gegentheil, dasselbe könnte nach
einigen Lieblingsideen noch „gängiger“ gemacht werden — sondern
um dem seitherigen Zuchtziel noch ein weiteres zweites
Zuchtziel, das des Ideales eines schweren Pferdes
anzugliedern. Nicht verringern — nein — vermehren, ver¬
bessern sollte man, und ich wüsste keinen schöneren und
würdigeren Tag als den heutigen, um dieses Ziel in der Oeffent-
lichkeit zur Förderung zu bringen.
Die Rinderzucht in Württemberg ist im Verhältniss zur
Bevölkerungszunahme und zu dem zunehmenden Fleischverbrauche
in der Abnahme begriffen, aber sie befindet sich im Verhältniss
zum Reiche in ganz bedeutender Zunahme. Die Ursachen, welche
den Rinderreichthum Württembergs bedingen, sind sorgsamst zu
hüten und zu fördern; ob eine derselben nicht darin besteht,
den heimischen Schlägen mehr Aufmerksamkeit zu schenken als
seither, ausserdem die einst berühmten Viehschläge des Landes sowie
auch das Unicat unseres Württembergs, den von König Wilhelm
erzüchteten Viehschlag, den Rosensteiner, dessen ganz ausser¬
ordentliche Leistung ich vor einigen Jahren veröffentlichte und
dessen Milchreichthum geradezu Staunen erregt hat, mit grösserer
Sorgsamkeit zu beachten.
Die Schafzucht in Württemberg geht rapid zurück, es
liegt dies in dem veränderten landwirtschaftlichen Betriebe, in
der Abneigung unseres Volkes, Hammelfleisch zu essen; die
Kochkunst versagt hier etwas. Unser Hauptexport nach
Frankreich ist sehr erschwert und die Hauptursache, der Wolle¬
import und die veränderten Ansprüche an die Wollequalität und
die Tücher stellen so starke Gegenwirkungen dar, dass in abseh¬
barer Zeit eine Besserung nicht, wohl aber noch ein weiteres
Sinken der einst so berühmten Schafzucht in Aussicht steht.
Die Schweinezucht ist bei uns wie im Reiche in stärkster
Vermehrung begriffen, die alten Landracen mit ihrem groben
Skelet, ihren langen spitzen Köpfen, ihren starken Rüsseln, ihrem
mächtigen Borstenkleide und ihrem feinen delicaten Fleische, sie
sind dahin, sie sind von den feinen Kulturracen mit ihrer
staunenswerthen Frühreife, ihrer mächtigen Ausnützung des
Futters, aber schmacklosem weichen Fleische verdrängt, sie sind
dahin, wie von einer bösen Seuche weggerafft Ausserdem ist
der ' mächtige Fleischimport sowohl an lebenden Schlachtthieren,
wie an Fleisch und Fleischwaaren, zu beachten. Die Schweine¬
zucht ist in ganz ausserordentlicher Weise steigerungsfähig, das
Absatzgebiet, der Markt, die Nachfrage, die sind viel grösser
als die Production, und von Utilitätsrücksichten und vom ökono¬
mischen Standpunkte ist die Zucht der Schweine in jeder Weise
zu fördern.
Es mag seltsam klingen, aber die Thatsache liegt vor, dass
das Schwein die erste Stelle in der Hausthierzucht einnimmt.
Die Ziegenzucht ist, wenn auch nicht in so beharrlichem
und gleichmä8sigem Ansteigen wie die Schweinezucht, sondern
unter starken Schwankungen, in sehr bedeutender Zunahme be¬
griffen. Die Ziege zeigt sich nach dem bekannten Vergleiche
eminent culturfreundlich, das Schaf cnlturfeindlich, culturfllichtend.
Die Ziege ist die Kuh des armen Mannes, sie ist nicht ein
Zeichen zunehmender Verarmung der Bevölkerung, sondern sie
ist ein sehr bedeutsamer Factor in der Sicherstellung des kleinen
Haushaltes, möchten nicht nur die staatlichen Organe, die
Regierungen, sondern 'auch die Verwaltungen grosser Betriebe
— Eisenbahnen, Fabriken — die Zucht der Ziege in fördernder
Weise in die Hand nehmen, sie würden damit grossen Segen
stiften.
Die Geflügelzucht ist in bedeutender Zunahme, sie gedeiht
aber in Deutschland nicht so wie in den importirenden Ländern,
weil bei uns nur ein einseitiger Gebrauch, der von Eiern, aber
nicht auch von Fleisch, stattfindet. Wenn ein Gebrauchstbier,
wie es das Huhn ist, nicht vollkommen ausgenützt wird, wie
z. B. in Frankreich und Italien — so dass es noch heute
der Fall ist, dass, wenn man eine feine Poularde essen will
(und es giebt solche Menschen im Reiche), man eine französische
kommen lassen muss —, so kann die Zucht nicht recht ge¬
deihen. Zudem sind die Aufzuchtverhältnisse im südlichen
Theile von Italien ganz ungleich günstigere, als bei uns, denn
um den Preis, zu dem namentlich das Junggeflügel importirt
wird, will man sie bei uns nicht züchten. Sodann ist zu beachten,
dass sehr viel Sportgeflügel gezüchtet wird.
Sehr bedeutende Fortschritte sind in der Fischzucht vor¬
handen und noch zu erwarten. Die Zucht und Pflege dieser
Kaltblüter ist sehr vielversprechend. Das Fleisch der Fische ist
ein Nahrungsmittel von der Güte des der Warmblüter und vielfach
noch vorzuziehen, weil es leichter verdaulich ist.
Gegenwärtig gilt bei uns im Allgemeinen noch das Essen
von Fischen als Luxus — das ist aber nicht immer so gewesen —
und bei richtiger und reicher Bevölkerung unserer Fischwasser
ist zu erwarten, dass der Fisch eine ganz bedeutende Stelle als
Volksnahrungsmittel erringen wird.
Behandlung von acuter Schulterlahmheit durch
Atropin-Morphium-Injection und die dabei beobachtete
heftige Wirkung des Atropin.
Von
Meinicke-LUneburg,
Rossarzt.
Die in der B. T. W. mitgetheilten günstigen Erfolge der
Behandlung von chronischer Schulterlahmheit durch Atropin-
Morphium-Iiyection (Thierarzt Büttner-Penzlin und zuletzt
Thierarzt Reissmann-Strasburg i. U.) veranlassten mich, eben¬
falls diese Behandlungsmethode zu versuchen. Die ersten Ver-
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5. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
209
suche hiermit worden bekanntlich von Kreistbierarzt Dr. Tempel-
Leipzig in der Deutschen Thierftrztlichen Wochenschrift No. 31
1897 mitgetheilt.
Es handelte sich in diesem Falle nicht um chronische
Schulterlahmheit bezw. um chronischen Schulterrheumatismns,
sondern um acute Schulterlahmheit.
Qu. Pferd, Offizierpferd, war etwa Mitte März d. J. beim
Bewegen an der Hand plötzlich vorn rechts lahm geworden.
Nach Aussage des Burschen, der das andere ritt, war fragliches
Pferd mehrere Male ungestüm zur Seite gesprungen und bald
darauf lahm gegangen. Etwa i Stunde später wurde mir das
Pferd vorgeführt. Schon im Schritt machte sich das langsame
und verkürzte Vorführen des rechten Vorderschenkels deutlich
bemerkbar; im Trabe war die Lahmheit ganz erheblich, so dass
das Pferd erst durch Zurufen bezw. leichtes Antreiben zur Trab¬
bewegung gebracht werden musste. Bei Seitwärtsbewegungen
des nach vorn herausgenommenen Schenkels zeigte sich Patient
äu88er8t empfindlich und suchte durch Steigen sich dieser
Manipulation zn entziehen. Das Betasten der Schulterpartie war dem
Thier ebenso schmerzhaft; die Untersuchung des übrigen Schenkels
ergab einen negativen Befund. Ein Zweifel über die Diagnose
„acute Schulterlahmheit“ bestand nicht.
Die eingeleitete Behandlung bestand in Kühlen mit Eiswasser
während der ersten 48 Stunden und Einreibungen mit Fluid am
Abend. Vom dritten Tage ab wurden sodann Priessnitz’sche
Umschläge gemacht und ebenfalls des Abends noch Einreibungen
mit Fluid. Da in den folgenden Tagen durchaus keine Besserung
eingetreten war, sondern Patient noch ebenso stark lahmte, so
entschloss ich mich, hier die neue Behandlungsmethode zu ver¬
suchen , und zwar war es am 10. Tage, seitdem die Lahmheit
bestand. Ich injicirte die Lösung (Atropin, sulfuric. 0,05,
Morphin, hydrochloric. 0,2, Aqn. destillat. 20,0) oberhalb des
Schultergelenks an zwei Stellen, je die Hälfte. Um die Wirkung
der Einspritzung zu beobachten, verweilte ich aus persön¬
lichem Interesse beim Patienten. Schon nach 10 Minuten waren
die Pupillen erweitert und bald darauf fing das Pferd an, die
Zange seitlich zum Maule herauszustecken, und bewegte dieselbe
ähnlich wie im Anfang ein Gewohnheitszungenstecker, dem das
unbequeme Gebiss eingelegt ist. Vorgehaltenes Heu und Wasser
versuchte es wohl aufzunehraen, es war jedoch nicht im Stande,
dasselbe abzuschlucken. Der Puls war drahtförmig und spritzend,
nach Verlauf von % Stunde schon über 60 in der Minute gestiegen;
die Arterienwand fühlte sich gespannt an; der Herzschlag war
pochend und leicht zu fühlen. Diese Herzaffection steigerte sich
in beängstigender Weise immer mehr und mehr. Nach Ablauf
von Stunde war der Puls nicht mehr zählbar, die Arterie weich,
kaum fühlbar. Die Herzbewegung geschah turaultuarisch, regel¬
mässig und über 90 Mal in der Minute, die Athnmng langsam,
tief und 8 Mal. Ihren Höhepunkt hatte die Atropinwirkung etwa
nach 1 Stunde erreicht: Herzschlag stark pochend, 110—116 Mal
in der Minute, Muskelzittern und Schwanken in der Hinterhand,
Blick stier und ängstlich, die Pupillen sehr stark erweitert. Das
Pferd, welches bis dahin ruhig gestanden hatte, ging nun auch
einige Male mit den Vorderfüssen an den Boxwänden hoch. Da
ich dieses gewiss beängstigende Stadium jetzt für gefahrdrohend
ansehen musste, so hielt ich als Gegengift eine Morphiumlösung
(0,5 : 12,5) zur sofortigen Injection bereit. Dieser tobsuchtartige
Anfall war jedoch schnell vorüber und Patient verhielt sich
wieder ruhig. Allmälig nahm auch die Herzfrequenz ab; nach
1% Stunden 90, nach 2 Stunden 70 Herzschläge in der Minute.
Bei einem zweiten Besuche nach weiteren 3 Stunden zählte ich
60 Herzschläge; der Puls war wieder fühlbar; die Pupillen
hatten sich noch nicht verengt. Patient bekundete ein mattes,
müdes Benehmen; Getränk und Futter wurden nicht angerührt
Am nächsten Morgen war das Pferd wieder munter; Puls, Herz¬
schlag und Athmung normal. Etwas Hafer und Getränk nahm
es erst am Mittag zu sich, von da ab dann wieder regelmässig.
Am 3. Tage war auch die Mydriasis geschwunden.
Als ich nun am 5. Tage nach der Einspritzung mir das
Pferd vorführen liess, war von der Lahmheit selbst im starken
Trabe nichts mehr zu merken. Der Vorsicht halber blieb das
Pferd noch drei Tage stehen und wurde sodann einige Tage an
der Hand bewegt. Seit dieser Zeit geht es wieder unter dem
Reiter und ich halte die Lahmheit für dauernd beseitigt.
Da der Erfolg auch in diesem Falle ein ganz überraschender
war, so bin ich geneigt, bei wieder gebotener Gelegenheit nicht
allzu lange mit dieser Behandlungsmethode zn warten. Aber
immerhin war die Atropinwirkung beängstigend und ich werde
in Zukunft eine kleinere Dosis Atropin wählen (vielleicht
0,025—0,02 g), namentlich wenn es sich um werthvoHe Pferde
handelt; denn für den behandelnden Thierarzt wäre es gewiss
recht unangenehm, sollte ev. mal diese Behandlungsart einen
unglücklichen Ausgang nehmen.
Die subcutane Dosis des Atropin, sulfuric. ist nach Frohner
für Pferde 0,05—0,1 g, dagegen nach Eber 0,01—0,1 g.
Hoffentlich gelangen weitere Versuche hierüber zur öffent¬
lichen Mittheilung.
Kalbefieber, geheilt nach Schmidt-Kolding.
Von
C. Tempel - Bernstadt i. Sa.
Tblerarzt.
So wenig lieb es mir früher war, zur Behandlung der Gebär¬
parese gerufen zu werden, so sehr freute ich mich, als ich
Gelegenheit hatte, das Verfahren von Schmidt-Kolding in zwei
Fällen prüfen und empfehlen zu können.
Dem Collegen zum Dank und uns zum Nutzen möchte ich
durch Veröffentlichung meiner beiden Fälle und Erfolge um aus-
gebreitetere Anwendung und Berichterstattung bitten.
Der erste Fall verlief sehr rasch im Einsetzen und Ausbreiten
der Krankheit sowohl als auch im Eintreten und Fortschreiten der
Besserung. Drei Stunden ungefähr hatte die Patientin gelegen,
als ich hinzukam. Erscheinungen wie gewöhnlich, bis zum
Schlottern des Gaumensegels vorhanden. Behandlung: sofortige
Einspritzung einer Lösung von Coffein, natr. salicylic.5,0; Euteraus¬
spülung mit Kal. jod. 10,0 auf 1 1 Wasser und früher geübter
Methode. — Ungefähr eine halbe Stunde nach Beginn derselben
zeigte sich scheinbare Verschlimmerung auf einige Minuten
(Krisis); jedoch schon nach einer Stande versuchte die Kuh auf¬
zustehen und nach ungefähr 1% Stunden war ihr Bemühen, wenn
auch nur auf kurze Zeit, von Erfolg begleitet. Rückschlag oder
üble Folgen traten nicht ein.
Im zweiten Falle lag die Kuh seit Nachts; um sieben Uhr
früh kam ich dazu. Neben wechselnden Allgemeinerscheinungen
war vollständiges Unvermögen zum Aufstehen vorhanden.
Behandlung: Euterausspülung mit Kal. jod. 10,0 in Lösung
neben früher angewandten Mitteln. Nachmittags Uhr noch
keine Besserung, aber auch keine wesentliche Verschlimmerung;
deshalb nochmals Ausspülung des Euters mit gelöstem Kal.
jodat 5,0 und subcutane Einspritzung von Coffein, natr. sali-
cylic. 5,0: Aq. dest. 10,0.
Ungefähr um sieben Uhr Einsetzen der Krisis, d. h. Legen
auf die Seite, Kopf kraftlos bei gebogenem Hals zurückgelegt,
Fehlen jeglicher Aufmerksamkeit auf Umgebung oder bei Reizung.
Doch plötzlich wurde sie munterer und um 2 Uhr Nachts stand
die Kuh das erste Mal auf, um dies bis Morgens neun Uhr sieben
Mal zu wiederholen. — Ueble Folgen wurden nicht beobachtet.
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210
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Referate.
Ermfidnngskrankheitea beim Pferde.
Von Corpsrossarzt Bartke.
(Deutsche tbierärztl. Wochen »ehr. 12.98. <
AI brecht hat schon früher einen Anfsatz über Ermüdungs-
koliken veröffentlicht. Auch bei den Militärpferden liegen Beob¬
achtangen über solche Ermüdungskrankheiten vor, denen man
erst in neuerer Zeit grössere Aufmerksamkeit geschenkt hat,
seitdem die Vervollkommnung der Schusswaffen an Schnelligkeit
und Ausdauer der Cavallerie- und Artilleriepferde grössere An¬
forderungen stellt. Es hat sich ergeben, dass das Pferd bei ent¬
sprechender Erziehung zu früher nicht geahnten Leistungen be¬
fähigt wird, dass aber anderseits bei mangelnder Uebung und
beim Ueberschreiten der Leistungsmöglichkeit schwere Gesund¬
heitsstörungen entstehen.
Nach übermässigem Trabe bezw. Galoppiren auf harten
Wegen entstehen häufig Fälle von Hufrhehe, wobei zunächst die
ausserordentliche Ermüdung der Pferde auffällt und erst nach
12—24stündiger Ruhe die Entzündung der Huflederhaut in die
Erscheinung tritt» Nicht selten sind solche Pferde an Herz¬
lähmung zu Grunde gegangen.
Die häufigste Ermüdungskrankheit ist die, welche in der
Literatur vielfach als Lungen- und Herzcongestion, acute
Herzinsutficien8 oder Hitzschlag bezeichnet wird. Sie entsteht
nach Ueberanstrengung bei schwüler Witterung, namentlich durch
das Exerciren im Verbände, ist aber auch in der kälteren Jahres¬
zeit, z. B. nach Distanzritten, gesehen worden. Beim Distanzritt
Wien - Berlin ist die Mehrzahl der erkrankten Pferde dieser Er¬
müdungskrankheit zum Opfer gefallen. Erscheinungen, Dauer
und Ausgang sind einigermassen verschieden. Meist tritt zu¬
nächst eine Mattigkeit auf. Die Thiere versuchen, vorwärts zu
kommen, sind aber bald dazu ausser Stande. Unter starkem
Schweissansbruch, Athemnoth und Pulsbeschleunigung brechen sie
schliesslich zusammen und sterben an Erstickung sofort oder
binnen einer halben Stunde.
Es finden sich Hyperämie und Oedem der Lungen, Trübung
der Herz- und Skelettmuskulatur, sowie die Merkmale des Er¬
stickungstodes. Bei anderen Pferden vergehen bis zum Tode
48 Standen. Hier lassen sich die Krankheitserscheinnngen besser
beobachten. In den Stall gebracht, legen sich die Kranken
sofort nieder und stehen nicht wieder auf. Im Stehen vermeiden
sie jede Bewegung und rufen den Eindruck einer Gehirnkrankheit
hervor. Vielfach erscheint Zittern in der Brust- und Kruppen¬
muskulatur, schliesslich auch mässige Anschwellung an den Glied¬
massen. Die Athemfrequenz hält meist bis zum Tode in gleicher
Höhe an, 38 bis 80 oberflächliche Züge in der Minute. Der Puls
schlägt 70—100 Mal in der Minute, wird immer kleiner, härter
und schliesslich drahtförmig. Herzschlag meist arythmisch und
inäqual. Augenlidschleimhaut zunächst ziegelroth, später cyanotisch.
In vielen Fällen Verminderung der Peristaltik; dünnbreiige,
z. Th. röthlich gefärbte Defäcation; in manchen Fällen kolikartige
Unruhe. Solche Pferde könnten für kolikkrank gehalten
werden, wenn nicht die äusserllche Hinfälligkeit ihr Leiden
charakterisirte.
Die Section dieser Pferde ergiebt denselben Befund, nur
dass noch öfter Hyperämie der Magendarmschleimhant und
Glottis-Oedem hinzutreten. Eine Minderzahl von Erkrankten ge¬
langt zur Genesung, die sich in einigen Fällen schnell, in anderen
langsam vollzieht, sodass oft 4—8 Tage zur Hebung der
Mattigkeit und zur Normalität des Pulses und der Athmnng ver¬
gehen; bei einem Pferde sogar 14 Tage.
Seltener tritt als Ermüdungskrankheit eine Magendarm¬
entzündung auf. Eine solche ist mehrfach nach anstrengenden
No. 18.
Manövertagen, aber auch im Winter nach Distanzritten beob¬
achtet worden. Solche Pferde verschmähten in den Ruhepausen
Futter und Getränke, zeigten ausser Müdigkeit keioe auffälligen
Erscheinungen, wurden aber bei der Fortsetzung des Ganges bald
sehr matt, entleerten dünnbreiige Fäces, konnten schliesslich nur
mit Mühe im Schritt zum Ziele gelangen, legten sich sofort
nieder, athmeten unter Stöhnen etwas beschleunigt, hatten sehr
frequenten harten Puls und cyanotische Augenlidschleimhaut.
Alle diese Thiere zeigten anhaltende Unruhe, und der Tod er¬
folgte 6—18 Stunden nach der Einbringung in den Stall. Die
Section ergab Lungenödem, hämorrhagische Magendarmentzündung
und Hämorrhagien unter dem Brust- und Bauchfell.
Bartke hat ferner zwei Fälle beobachtet, welche am besten
mit der von Dieckerhoff beschriebenen acuten Degeneration
der Skelettmuskulatur infolge krankhafter Ueberanstrengung
zu vergleichen sind. Der eine Fall trat nach einem Distanzritt,
der andere nach dreitägigem Uebungsritt im Schnee anf. Die
Pferde konnten nicht mehr traben und mussten im Schritt nach
dem Stall geführt werden, wo das eine ununterbrochen apathisch
bis zum Tode 48 Standen lang lag, während das andere, welches
etwa nach 36 Stunden verendete, vorher epileptiforme Krämpfe,
brettharte Beschaffenheit der Muskeln, unfühlbaren Puls, Un¬
empfindlichkeit gegen Nadelstiche und eine Temperatur von 40,2
gezeigt hatte. In beiden Fallen ergab sich hochgradige Ver¬
änderung des Herzens und der Skelettmuskulatur. Die Muskeln
waren verfärbt, trübe, mürbe, trocken und wie gekocht. Daneben
bestand Lungenödem. (Sollten diese Fälle mit dem von Prof.
Fröhner neuerdings beschriebenen, auch in der B. T. W. referirten
Veränderungen der Muskulatur nach Operationen, bei denen die
Pferde heftig widerstrebt hatten, nicht übereinstimmen?)
Zwischen diesen verschieden krankhaften Wirkungen der
Ueberanstrengung bestehen Uebergangsformen. Es scheint, dass
bei anhaltend schnellen Gangarten speciell die Affectionen der
Lunge und des Herzens, bei allmälig eintretender Ermüdung da¬
gegen die Darmentzündungen sich häufiger entwickeln. Auch
die acute Degeneration der Skelettmuskulatur scheint eine
längere fortgesetzte, wenn auch abwechselnd langsame und
schnellere Bewegung zur Voraussetzung zu haben. Für die Be¬
handlung sind selbstverständlich die belebenden Mittel, Spirituosen,
Kampfer, Aether, Coffein in kleineren häufigeren Dosen zu ver¬
abreichen. Abführmittel sind nicht vorteilhaft; es ist vor den¬
selben zu warnen. Es ist überhaupt fraglich, ob die Unruhe¬
erscheinungen sieb auf Schmerzen im Verdauungsapparat be¬
ziehen, und es sich nicht vielmehr um Muskelschmerzen
handelt. Gegen diese wären Opium, Chloralhydrat etc. zu ver¬
suchen. Bei hochgradiger Lungencongestion kann ein Aderlass
nützlich sein.
Ein Beitrag zur Spatbehandlnng.
Von Augusto Bosi.
In den „Mtsh. f. Thierblkd.“ findet sich ein Referat über
die Arbeit eines italienischen Thierarztes, welche die Spat¬
behandlung zum Gegenstand hat. Bosi will die Heilung des
Spats durch Neurectomie erreichen. Schon 1841 hat der
englische Thierarzt Spooner zu diesem Zweck die Durch¬
schneidung des nervus tibialis oberhalb des Sprunggelenks
empfohlen. Günther der ältere zu Hannover hat diese Be¬
handlung in Deutschland eiogeführt, wurde jedoch, da das be¬
treffende, mit gutem Erfolg operirte Pferd nach 4 Monaten aus¬
schuhte, davon wieder abgebracht. Dieckerhoff hat von
mehreren Durchschneidungen des nervus tibialis keinen Nutzen
gesehen. Hertwig und Hering stellen sich auf denselben
Standpunkt. Auch Möller, Cadiot und Almy erwarten nichts
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5. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 211
von dieser Methode. Die Resultate der verschiedenen Operationen
waren ganz wechselnd.
Es handelte sich nun selbstverständlich um die Frage,
welcher Nerv denn das Innere des Sprunggelenks, sowie die
mediale Umgebung desselben innervirt. Hierzu leistet B. folgenden
Beitrag: Von dem lateralen Aste des nerv, tibialis (n. plantaris
lateralis) zweigt sich etwa an dem Gelenk zwischen Calcaneus
und Os cuboideum ein Ast ab, der sich unter die Sehne des
musc. flexor profundus einsenkt, nach kurzem Verlauf einen
Zweig mit spitzem Winkel nach oben in das Innere des Ge¬
lenkes mit der Arteria tarsea perforans hineinschickt und auch
weiter abwärts noch einen Ast abgiebt, der sich in 2 Zweige
spaltet, von denen der eine am medialen Griffelbein zwischen die
Knochen der unteren Reihe eindringt, während der andere in
dem Zwischengewebe zwischen Metatarcus und Griffelbein sich
verliert. Der obengenannte Hauptast des nerv, plant, later,
giebt im Herumlaufen dann noch 4—5 kleine Ausläufer ab. Dieser
Ast des nerv, plant, later, ist also unzweifelhaft ein Innervator
des Sprunggelenks..
Andrerseits sendet aber auch der nerv, peronaeus, welcher
bekanntlich vorn und aussen zwischen dem musc. extensor digitorum
pedi8 longus und dem die Fibula bedeckenden Zehenstrecker
herabläuft, einen Zweig in das Sprunggelenk hinein. Aus dem
tiefen Ast des nerv, peronaeus, der die Art. tibialis anterior be¬
gleitet, etwas unterhalb der oberen Reihe der Tnrsalknochen,
treten 3 Zweige aus, von denen einer der „vorderen äusseren
Zwischenknochenarterie“ folgt und zwei Aestchen in das Innere des
Sprunggelenks bezw. zwischen das laterale Griffelbein und den
Metatarsus einschiebt, welch letzteres sich ebenfalls zum Sprung-
gelenk wendet. Andere Nervenverästelungen, die für das Sprung-
gelenk in Betracht kämen, hat Verf. nicht gefunden. Demnach
müssten, wenn diese Nerven, resp. die Hauptäste, von denen sie
abgehen, durchschnitten werden können, die Gefühlsempfindungen
im Sprunggelenk anfhören. B. hält jedoch die Durchschneidung
des ganzen tiefen Astes vom nerv, peronaeus und des ganzen
nerv, tibialis für erforderlich, um dieses Ziel sicher zu erreichen,
da die Lage der kleinen, eigentlich für das Gelenk in Betracht
kommenden Zweige für den Operateur zu schwer zu ermitteln
ist. Den Tibialis empfiehlt er 4—5 cm oberhalb des tuber
Calcanei von innen her aufzosuchen, was ja sehr einfach ist.
Um den tiefen Ast des nerv, peron. zu treffen, soll die Haut
8—10 cm oberhalb der Beugung des Sprunggelenks auf dem
hinteren Rande des m. extens. digitor. ped. lang, eingeschnittten
werden. Darauf sind die aponeurotischen Ueberzüge der Streck¬
muskeln zu öffnen, und es ist mit dem Finger oder dem Skalpellstiel
in das Bindegewebe zwischen beiden Zehenstreckern einzudringen,
woselbst man den Nerv findet. Bosi hat auf diese Weise
6 spatlahme Pferde geheilt.
Freilich erscheint doch die Vernichtung von Nervenleitungen,
die so ausgedehnte Gebiete versorgen, wenn sie auch an jenen
Partien keine Muskelinnervationen mehr zu leisten haben, ein
überaus schwerer und bedenklicher Eingriff. Es ist übrigens
schwer verständlich, warum unter diesen Umständen nicht die
Dnrchschneidung des Tibialis allein genügen sollte, was nach
den Erfahrungen anderer Autoren doch der Fall ist, denn es ist
kaum anzunehmen, dass diejenigen feinen Nervenästchen, welche
von der Vorder- und Anssenfläche her in das Sprunggelenk ein-
dringen, an die vom Spat für gewöhnlich betroffenen inneren
Theile des Gelenkes heranreichen.
Kleine Mittheilnngen.
Reductionsapparat bei Uterusvorfallen.
Jack (Echo vdtdr., No. 9, 1897) hat folgenden Apparat con-
struirt. Eine 5—6 1 fassende Blase, mit einem 3 m langen
Kautschukrohr verbunden, wird auf den Rücken gelegt, das
Hintertheil erhöht. Die Blase wird in warmem Wasser erweicht,
mit der Hand eingeführt, hier erst längere Zeit festgehalten und
dann mit lauwarmem Wasser gefüllt. Durch den Wasserdruck
soll der Vorfall zurückgehalten werden. Nach Beruhigung des
Thieres kann der Apparat entfernt werden.
(Anacker’s „Thierarzt“.)
Jodothyrin gegen Struma beim Hunde.
Prof. Möller hat nach einer Mittheilung der Dtsch. thier-
ärztl. W. bei einem 9 jährigen Dachshund, der ein erhebliches
Struma hatte, vom 7. Juli ab täglich 0,1 Jodothyrin mit etwas
Fleisch angewendet. Schon nach 5 Tagen war eine Verkleinerung
eingetreten. Dieselbe schritt fort und auch die Fettleibigkeit
nahm ab. Das Mittel scheint also, wenn auch die einzelne Be¬
obachtung noch nichts beweist, bei Hunden versuchenswerth. Es
wurde bekanntlich zuerst von Banraann aus Hammelschilddrüsen
gewonnen und Anfangs Thyrojodin genannt. Bartels stellte
fest, dass die Substanz ungefährlich ist; denn ein 2 Monate
alter Hund von 6 kg Gewicht erhielt in 8 Tagen 21 g ohne Nach¬
theil. — Möller empfiehlt auch, das Mittel bei chronischem
Ekzem und namentlich gegen einfache Fettleibigkeit zu versuchen.
Freilich kostet gegenwärtig noch das Gramm 1 Mark.
Eigenthümliche Nachwirkung der Chloroformbehandlung.
Bez.-Thierarzt Ulm schreibt in der Dtsch. thierärztl. W.
Folgendes. Er hat das Chloroform 43 Mal zur Anwendung
gebracht, und zwar in Dosen bis zu 1 g eudovenös ohne Nachtheil.
Die Wirkung war oft eine überraschend schnelle, in einigen
Fällen jedoch auch eine langsame. Bei 3 Patienten traten eigen¬
thümliche Nacherscheinungen auf, worüber bisher noch nichts
mitgetheilt worden ist. Die Thiere fingen unmittelbar nach der
Injection an der linken Kopf- und Halsseite zu schwitzen an
derartig, dass die Mittellinie eine scharfe Grenze bildete. Der
Schweiss lief in Perlen herab. Die Secretion dauerte 1—2 Tage,
wobei die Thiere sonst ganz munter waren und Appetit hatten.
Eine Erklärung dieser eigenthümlichen Thatsache versucht Ulm
nicht zu geben.
Mentoi bei Hautaffectlon.
Nach einer Mittheilung in der W'schr. f. Thierhlkd. empfiehlt
Rame die Anwendung von 10—20 procentigem Mentolcollodium
1—2 mal täglich bezw. Steffen bei aufgesprungenen Händen
eine Salbe von Mentoi 0,5 und oleum oliv. 1. Lanolin 50.
Diese Salbe dürfte auch bei Schrunden an den Zitzen der Kühe
empfehlenswerth sein.
Zu Behring’« Tuberculose-Heilmlttei.
Die Berl. Neuest. Nacbr. bringen eine Ergänzung zu der in
No. 16 der B. T. W. bereits gebrachten Mittheilung von Beliring’s
Vortrag in Madrid über die Tuberculoseheilung. Bekanntlich
gelingt es, mit dem von Behring hergestellten Serum Rinder zu
heilen. Dagegen ist das von Thieren gewonnene Serum bei
schwindsüchtigen Menschen nicht anwendbar, weil diese das
Thierserum an sich nicht vertragen. Das unzweifelhaft heilwirk¬
same Antitoxin aber aus dem Thierserum zu isoliren, ist Behring
noch nicht gelungen.
Nun ist aber nach dieser Zeitungsmeldung Behring der
Fund geglückt, dass Vögel in kurzer Zeit ein gegen Tuberculose
wirksames Serum liefern, welches viel wirksamer ist, als das von
Pferden und Kühen. Dieser Fund scheint eine neue günstige
Perspective für die Anwendung beim Menschen zu eröffnen. In
welcher Art, ob Menschen Vogelserum vertragen, oder ob sich hier¬
aus das Antitoxin vielleicht isoliren lassen soll, ist nicht mitgetheilt.
Berichtigung.
In dem Jahresbericht über die thierärztliche Hochschule zu
Dresden ist in B.T.W. pg 201 bei der Angabe über die ambulatorische
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212
Klinik die Zahl der behandelten ganzen Thierbestände mit 113
zwar angegeben, die Zahl der ausserhalb derselben behandelten
Einzelthiere — 813 — aber weggeblieben. Insgesammt waren
für diese Thiere 1357 Besuche erforderlich.
Tagesgeschichte.
Verhandlungen des preussischen Abgeordnetenhauses.
In der letzten Nummer der B. T. W. konnten noch eben
auf Grund mündlicher Mittheilung zwei angeblich vom Regierungs¬
tisch gegebene Erklärungen mitgetheilt werden.
Davon bestätigt sich die eine nach dem nunmehr vor¬
liegenden stenographischen Bericht nicht, wie hier ausdrücklich
hervorgehoben werden soll.
Der Herr Minister für Landwirtschaft hat nicht die
Errichtung von Instituten speciell zur Gewinnung von Rothlauf-
impf8toff zugesagt, sondern er hat von Instituten im Allgemeinen
gesprochen, die den Zwecken der Erforschung der Thierseuchen
und der Mittel dagegen dienen sollen nnd hierfür staatliche Hülfe
in Aussicht gestellt.
Das Ereigniss des Tages bleibt also die Zusage eines
Reichs-Fleischschaugesetzes seitens des Herrn Reichskanzlers,
die er in seiner Eigenschaft als preussischer Ministerpräsident
im preussischen Abgeordnetenhause abgegeben hat.
Die Fleischschau auf dem Wege der Polizeiverordnung
durchzusetzen, ist nach der Rede des preussischen Herrn Land-
wirthschaftsministers endgiltig aufgegeben.
Dass aber bei dem einzig möglichen Wege der gesetzlichen
Regelung gleich von Reichswegen vorgegangen wird, ist mit
grosser Freude zu begrüssen.
Nicht blo8 allgemeine und politische Gründe sprechen dafür;
nicht blos die Hoffnung, dass die Reichsfleischschaugesetzgebung
sich würdig dem Meisterwerke der Reichsveterinärpolizeigesetz¬
gebung anreihen werde; nicht blos die selbstverständliche That-
sache, dass Einheitlichkeit von Massregeln innerhalb der Reichs¬
grenzen stets einen technischen Vortheil gewährt, sondern auch
ein sehr wesentlicher anderer Grund.
Es steht zu hoffen, dass Stiddeutschland, welches die älteste
und von jeher nach sehr vernünftigen Grundsätzen, im Wesent¬
lichen ohne raedicinische Beeinflussung, thierärztlich gehandhabte
Fleischschau besitzt, einen sehr wesentlichen Einfluss auf die
Gestaltung der Reichsfleischschaugesetzgebung ausüben wird.
So wenig man in Norddeutschland bei der Viehwährschafts-
frage die Verdrängung der norddeutschen Währschaftsgrundsätze
durch die süddeutschen gutzuheissen vermocht hat, so freudig
wird man in der Reichsfleischschangesetzgebung den süddeutschen
Einfluss im Norden begrüssen.
Derselbe wird namentlich ein werthvoller Bundesgenosse sein
gegen weitgehende und störende Ansprüche des Medicinalwesens,
sowohl was die Fleischschau-Organisation, als was die Fleisch¬
behandlung anlangt. Denn solche Ansprüche, wie sie im Norden
von dieser Seite erhoben werden, kennt man im Süden nicht.
Immerhin wird es mit den Medicinern einen harten Karapt
geben und der Umstand, dass der Herr Cultusminister als
Medicinalminister in erster Linie die Regierung vertrat, zeigt
schon, welche Seite zur Zeit als die überwiegende auftritt.
An Einzelheiten aus den Verhandlungen über diesen Gegen¬
stand sei Folgendes hervorgehoben:
Abg. von Mendel hat berechnet, dass die einheimische
Fleischproduction 26 Millionen, die ausländische Einfuhr 2,08
Millionen Ctr. beträgt und dass, wenn auf den Kopf der Bevölkerung
43 kg Fleisch verbraucht werden, davon nur 3 kg aus dem Aus¬
lande bezogen werden müssten. Hinsichtlich der Production von
Schweinefleisch sei die Grenze nahezu erreicht, wo eine Einfuhr
No. 18
überhaupt nicht mehr erforderlich sei. Beim Rindvieh dürfte das¬
selbe in 5 — 6 Jahren eintreten.*) Immerhin ist eine Einfuhr
noch nothwendig und eine vollständige Grenzsperre auch im Interesse
des Schlächtergewerbes nicht zu beanspruchen.
Der Herr Minister Frh. v. Hammerstein wies in Ueber-
einstimmung mit dem Abg. v. Mendel auf das höchst, erfreuliche
Ergebniss der letzten Viehzählung hin, und sprach die Ansicht
aus, dass Deutschland wohl im Stande sei, — bei Schweinen sei
das schon jetzt zweifellos der Fall — seinen eigenen Fleisch-
bedarf zu decken, ebenso wie es seinen eigenen Körnerbedarf
decken könne. Er bewies dies auch aus einer Berechnung des
Dirigenten des Hamburger Viehhofs, Oekonomierath Boysen,
(Milchzeitung) wonach nur noch 2,68 pCt. des Bedarfs durch Import
zu decken wären — wenn man den Berliner Consum pro Kopf
der Berechnung zu Grunde legt! (was selbstverständlich ganz un¬
zutreffend ist, da grosse Landstrecken nicht ein Zehntel Berliner
Consuins haben).
Der Abg. Ring betonte, die Landwirthe wollten nicht etwa
blos die Untersuchung des gewerbsmässig geschlachteten Fleisches.
Gerade die N o t h Schlachtungen auf dem Lande seien eine sanitäre
Gefahr und das platte Land müsse ebenfalls in vollkommener
Weise der Fleisschau unterworfen werden.
Dieser vom Abg. Ring vertretene Standpunkt ist sehr erfreu¬
lich. Er beweist, dass der Antrag kein agrarisches Manöver ist,
dass die Landwirthe ehrliche Durchführung einer sanitären Mass-
regel, ohne Freiheiten zu ihrem eigenen Vortheil, haben wollen.
Mit vollem Recht können sie, wenn sie sich in dieser Weise
bereit zeigen, die Lasten zu tragen, auch Gerechtigkeit für sich
erwarten.
Und ein Gebot einfachster Gerechtigkeit ist es, dass bei
allgemeiner obligatorischer Fleischschau im Inland die Einfuhr
ausgeschlachteten Fleisches aus dem Ausland nnd gar von Würsten
und dergleichen aufhört.
Die Untersuchung ansgeschlachteten Fleisches ist
einfach eine Spiegelfechterei. Abgesehen von Fäulniss, Tri¬
chinen etc. kann man daran Nichts feststellen, denn die Erkrankungen,
derentwegen im Inlande grosse Mengen Fleisch dem Consum entzogen
werden,sind nur andenEingeweiden, nicht am Fleisch kenntlich. Dass
man sich auf ausländische Fleischschau verlassen sollte, kann
ernsthaft gar nicht in Frage kommen. Denn selbst, wenn solche
bestände nnd gut fnnctionirte, wer sagt uns denn, dass der
Apparat der für das Ausland bestimmten Waare gegenüber ebenso
genau arbeiten würde, da man vor der Möglichkeit einer Con-
trole sicher ist.
Fleischeinfuhr und Fleischschan im Inland sind
einfach unvereinbare Widersprüche, und wer im sanitäts¬
polizeilichen Interesse Letztere will, muss Erstere fallen lassen,
oder er muss eben für die Aufhebung schon der jetzt bestehenden
Fleischschau, die der preussischen Viehproduction 4 bis 5 Millionen
kostet, stimmen.
Mit dieser These stellt man sich nicht in den Dienst der
Agrarier, sondern einfach in den der Logik und Billigkeit und
andernfalls tritt man aus deren Bereich heraus.
Das Mindeste, was bei uns dem Auslande gegenüber be¬
züglich der Fleischeinfuhr zur Anwendung gelangen muss, ist das
für Belgien eingeführte Regulativ, wonach nur ganze Thiere
oder Hälften in Zusammenhang mit Lunge, Leber und Milz
•) Die Fleischerzeitung hat behauptet, v. Mendel habe gesagt*
Deutschland habe die Grenze der Fleischproductionsfahigkeit erreicht,
und knüpft hieran die Bemerkung „Also aut die Grenzen“. Wir
haben im stenographischen Bericht eine solche Redewendung nicht
gefunden. Es dürfte eine Verwechselung mit der obigen, ganz
anders gemeinten Bemerkung vorliegen.
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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5. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 213
(Nieren und Herz sind dann selbslverständlich, aber bei Rindern
sollte auch die Gebärmutter zugefügt werden) eingeführt werden
dürfen.
Abg. Ring wies besonders darauf hin, dass aus Amerika
massenhaft Pferdefleisch und mit Borsäure prüparirte Schweine,
aus Dänemark allein in Altona im März 197000 kg Rindfleisch
eingeführt wurden, uud dass namentlich die Wursteinfuhr
bedenklich sei.
Der Herr Minister theilto noch mit, dass die Einfuhr von
Schweinefleisch aus Russland im kleinen Grenzverkehr in Stücken
bis zu 2 kg im letzten Jahre nicht weniger als 8,2 Millionen
Pfund betragen habe.
Abg. Ring betonte endlich, dass die Verwerthung der Con-
fiscate gesetzlich geregelt und die Einrichtung von Freibänken*)
gefordert werden müsse, dass die Fleischschau unbedingt mit
einer obligatorischen Schlachtviehversicherung nach dem Muster
des jetzt angenommenen sächsischen Gesetzes verbunden werden
müsse, und dass übrigens die Vertlieuernng des Fleisches nach
sächsischen Berechnungen nur 0,2 bezw. 0.3 Pfg. pro kg Rind-
und Schweinefleisch betürgen.
Zu der Bekämpfung der Thierseuchen äusserte der Abgeordnte
v. Mendel u. A. noch Folgendes:
Die Pa8teurisirung der Milch aus Molkereien und die Ver¬
brennung des Centrifugenscblamms seien zweckmässig, doch solle
den Molkereien Zeit zur Einführung der nöthigen Einrichtungen
gewährt werden. Zweckmässig sei die Controle der Dienstboten
bei Stellenwechsel bezügl. ihrer Herkunft aus Seuchengehöften
(vgl. Verhandlungen des Deutschen Veterinärratlis).
Es empfehle sich die Anstellung von Seuchencommissaren,
sowie Pensionsfähigkeit und Gehaltsverbesserung der
Kreisthierärzte, deren Privatpraxis beim Herrschen
a. Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von Thier¬
seuchen im Gefolge des internationalen Viehverkehrs;
b. die Bekämpfung der Tuberculose unter den Haus-
thieren und die Verwendung des Fleisches und der Milch tuber-
culöser Tbiere und, daran anknüpfend, die neuesten Anforde¬
rungen an eine wirksame Fleischbeschau;
c. die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche;
d. die Bekämpfung der Schweineseuchen;
e. die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts, ins¬
besondere die Errichtung von Seuchenversuchsanstalten und
von Lehrstühlen für coraparative Medicin an den thierärztlichen
Hochschulen;
f. Endergebnis der Arbeiten über die Aufstellung einer
einheitlichen anatomischen Nomenclatur in der Veterinärmedicin
- bezw. die Ausführung der bezüglichen Beschlüsse des VI. Con-
gresses;
g. das Veterinär-Beamtenthum.
Er hat ferner beschlossen, eine Zusammenstellung aller Be¬
schlüsse, welche bisher hinsichtlich der aufgestellten Fragen
seitens der internationalen und nationalen Cougresse gefasst
wurden, fertigen zu lassen und zur Orientirung an die Mitglieder
des Congresses abzusenden.
Ferner sollen die Berichte, welche von Referenten fremder
Zunge erstattet werden, eine gute deutsche Uebersetzung erfahren,
andererseits aber auch die deutschen Berichte in die französische,
event. auch in die englische Sprache übertragen werden.
Während der Congressverhandlungen haben verschiedene
Secretaire, auch solche fremder Zungen zu arbeiten. Sie bedürfen
für ihre Arbeiten einer gemeinsamen Leitung.
Endlich ist der Generalbericht über den Kongress in zwei,
vielleicht drei Sprachen abzufassen. Der Bericht über den
von Seuchen sehr litte.
Er hob hervor, dass die Loren z’sche Impfmethode ein unter
allen Umständen sicheres Mittel sei und richtete die Bitte an
den Herrn Minister, das Verfahren von der Brandenburgischen
Landwirthschaftskammer zu erwerben, so dass möglichst jede
Provinz ein Institut zur Impfstoffgewinnung bekommen könne.
Endlich wünschte er dringend die Förderung der Thierseuchen-
bekämpfung nicht bloss durch Laboratoriumsforschung, sondern
durch Versuche im Grossen.
Hierauf gab der Herr Minister die Erklärung ab: die Kgl.
Staatsregierung wird beim nächsten Landtag die Ge¬
währung von Staatsmitteln zum Zwecke der Seuchen¬
bekämpfung und zur Anstellung praktischer Versuche
beantragen.
Im Uebrigen zeigte es sich bei dieser wichtigen Debatte recht
erkennbar, wie nützlich die Anwesenheit einiger Thierärzte unter
den Abgeordneten wäre, die über manche Punkte doch recht
werthvolle Aufklärung und schlagendere Argumentationen würden
geben können, namentlich für Specialverhandlungen kaum ent¬
behrlich scheinen. So war der einzige in dieser Beziehung Sach¬
verständige, der aus dem Hanse sprach, der Abgeordnete Virchow,
der die Fleischschau natürlich nur von der sanitätspolizeilichen
Seite aus betrachten kann. S.
VII. Internationaler thierärztlicher Congress
zu Baden-Baden, Anfang August 1899.
Der GeschäftsausschuBs hat nach Berathung mit seinem Vor¬
gänger in Bern und verschiedenen Berichterstattern bei früheren
Congressen folgende Verhandlungsgegenstände für den VII. Con¬
gress, Anfang August 1899 zu Baden-Baden, •aufgestellt:
*) Abg. R. sagte: „Auoh im Interesse der Schlächter“. Diese sind
aber natürlich Gegner der Freibänke.
Berner Congress war 57 Bogen stark.
Zur Uebernahme der oben bezeichnten Geschäfte ist ein
Generalsecretair uud ein Stellvertreter desselben er¬
forderlich.
Der Geschäftsausschuss richtet daher an die jüngeren, mit
der einschlägigen Literatur vertrauten, der französischen oder
der englischen Sprache mächtigen und für die gemeinsame Sache
opferwilligen Herren Collegen, welche das Ehrenamt des General¬
secretair des Congresses und seines Stellvertreters übernehmen
können und wollen, die ergebenste Bitte, innerhalb der nächsten
drei Wochen eine schriftliche Erklärung an den Vorsitzenden des
Geschäft8auB8chusses,Herrn Dr. Lydtin, Geh. Oberregierungsrath
in Baden-Baden, abzugeben. Letzterer ist auch bereit, auf An¬
fragen nähere Angaben zu machen.
Der Geschäftsausschuss fügt bei, dass sämmtliche Auslagen
des Generalsecretairs und seines Stellvertreters aus der
Congresskasse ersetzt werden sollen und dass ein ansehnliches
Honorar für die Arbeiten beider gen. Functionäre in Aussicht
genommen ist.
Baden-Baden, den 28. April 1898.
Der Geschäftsausschuss:
Berner, Hafner, Dr. Lydtin, Braun, Fuchs,
Stadler, Görig.
Tagesordnung
der VI. Plenar Versammlung der Central Vertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens
zu Berlia am 21. Mai 1898.
I. Geschäftsbericht. Referent: der Vorsitzende Professor Dr.
Esser.
II. Rechnungsablage. Referent: Velerinärassessor Dr. Steinbach.
IH. Errichtung einer Untersttitzungscasse für Thierärzte.
Referenten: Veterinärassessor Preusse und Prof. Sehmalt x.
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214 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18.
IV. Unfallversicherungen. Referent: Professor Dr. Ostertag.
V. Reform der Stellung der Kreisthierärzte. Referenten:
Kreisthierarxt Bermbach , Velerinürassessor Dr. Steinbach ,
Kreisthierarzt Kieckhäfer, Kreisthierarxt Thunecke.
VI Ueber die Nothwendigkeit, bei Erlass eines Fleischschau-
gesetzes die Stellung der Scklachthofbeamten gesetzlich
zu regeln. Referent: Schlachthofdirector Schröder-Branden¬
burg.
VII. Die officielle Anerkennung der tbierärztlichen Vereine
bezw. der tbierärztlichen Standesvertretung. Referent:
Departementsthierarxt Peters-Bromberg. ,
VIII. Antrag, der Herr Minister möge die Mitwirkung der
Thierärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen
und die Gewährung von Staatsbeiträgen zu Tbierschauen,
Stutenmusterungen und ähnlichen landwirtschaftlichen
Veranstaltungen von der Voraussetzung abhängig machen,
dass den Prämiirungs-Commissionen je ein Thierarzt als
stimmberechtigtes Mitglied angehöre. Referent: Depar¬
tementsthierarxt Dr. Arndt.
IX. Verbot der tbierärztlichen Kurpfuscherei. Referent:
Schlachthofdirector , Oberrossarxt a. D. Wulff.
X. Stiftung einer Büste des Professors Dr. Hertwig an¬
lässlich seines hundertjährigen Geburtstages. Referent :
Kreisthierarxt Liebener.
XI. Neuwahl des Ausschusses.
Zu der vorstehend angekündigten Versammlung lade ich alle
Herrn Delegirten der zugehörigen Vereine mit der Bemerkung
ein, dass die Versammlung in Berlin im Hotel zu den Vier
Jahreszeiten abgehalten wird und dass eben daselbst am 20. Mai,
Abends die zur Versammlung Erscheinenden sich zu gegen¬
seitiger Begrüssung zusammenfinden, wobei auch die (mit Rück¬
sicht auf die reichhaltige Tagesordnung voraussichtlich frühe)
Stunde des Beginns der Sitzung bekannt gemacht werden wird.
Ich füge hinzu, dass nach dem Beschluss der letzten Plenar¬
versammlung jedem Vereine eine Stimme bezw. je ein Delegirter
zusteht für jede volle 20 seiner Mitgliederzahl und ebenso für
eine angefangene 20, wenn deren erste Hälfte überschritten ist.
Die Herrn Delegirten sind gebeten, ihre Mandate, sowie eine
officielle Mittheilung über die Mitgliederzahl ihres resp. Vereins
zur Legitimation mitzubringen.
Am Sonnabend Abend findet ein Festmahl statt. Gäste sind
zu diesem und zur Sitzung willkommen.
Der Vorsitzende:
Dr. Esser.
Bericht
über die am 17. April 1898 zu Cöslin abgehaltene Versammlung
des Thierärztlichen Vereins im Reg.-Bez. Cöslin.
Die Versammlung, zu der 12 Mitglieder (u. z. die Herren
Biernacki, Brietzmann, Eichbaum, Göhring, Kuhnert,
Schuhmacher, Simmat, Spitzer, Traeger, Tschauner,
Ulrich und Weidefeld), sowie als Gäste Herr Gestütsinspector
Schultze-Lebus und Herr Rossarzt Nickel - Schlawe erschienen
wareu, wurde vom Vorsitzenden Dep.-Thierarzt Brietzmann um
11 Uhr eröffnet.
Derselbe begrüsst die Anwesenden und berichtet kurz über
den Verlauf der Plenar-Versammlung des D. V.-R. in Cassel,
sich ausführlichere Mittheilungen hierüber für den Schluss der
Sitzung vorbehaltend.
Ueber die dem Collegen Brietzmann gewährte Reisekosten¬
entschädigung, sowie über die sonstigen Kassenangelegenheiten
wurde wegen Abwesenheit des Kassirers nicht verhandelt
Wegen eines vom Verein zu leistenden Beitrags zu dem
1899 in Baden-Baden stattßndenden Internat. Thierärztl. Congress
wurde beschlossen, mit dem Vorpommerschen Thierärztlichen
Vereine in Verbindung zu treten, um eventuell mit diesem ge¬
meinsam der Mitgliederzahl entsprechend den Beitrag zu leisten.
Der Vorsitzende theilt noch mit, dass Mitgliedskarten für
den Congress für Herren zum Preise von 12 M., für Damen
zu 6 M. bei ihm bestellt werden können und ladet zu zahlreicher
Theilnahme ein.
Mit Bezug auf die Verfügung des Ministers wurde der bereits
suspendirte § 17 der Statuten, Ehrenrath betreffend, einstimmig
ohne Debatte aufgehoben.
Hierauf erhielt College Traeger-Belgard das Wort zu
seinem Vortrage über „Standesangelegenheiten der Kreisthierärzte.“
Der mit vielem Beifall aufgenommene Vortrag gipfelte in
nachstehenden Anträgen:
1. Erstrebung von Pension und Relictenversorgung von einem
fingirten Gehalt von 3600—4800 M.
2. Belassung des jetzigen Principe der Besoldung, jedoch mit
Erhöhung des Grundgehalts auf 1800 M., steigend alle 2 Jahre um
100 M. bis auf 2400 M.
3. Erhöhung der Tagegelder von 6 auf 9 M. und Zahlung
derselben Gebühren wie in veterinär-polizeilichen Sachen in ge¬
richtlichen Fällen.
4. Versetzung aus der VIII. in die VI. Rangklasse.
Correferent Eichbaum - Bütow erklärte sich mit den drei
ersten Punkten des Vorredners einverstanden, sprach sich jedoch
gegen jedes Verlangen nach irgend einer Rangstellung aus, da
dies nicht mehr zeitgemäss, auch die VI. Rangklasse eine
subalterne sei, während die Zugehörigkeit zur VIII. Rangklasse
als lächerlich Niemandem in den Augen des Publikums schade.
Nachdem noch mehrere Collegen, unter diesen besonders der
als Gast anwesende College Schnitze das Wort im Sinne der
Traeger’schen Anträge ergriffen, wurde zuerst über No. 4 der
Anträge abgeBtimmt. Derselbe wurde gegen eine Stimme mit
dem Zusatz „mindestens“ (Antrag Biernacki) angenommen.
Die Annahme der übrigen drei Punkte erfolgte einstimmig.
Es wurde ferner auf Antrag Traeger’s beschlossen, den
Delegirten für die Central Vertretung nur auf die 3 ersten Punkte
zu verpflichten, ihm jedoch im 4. Punkte, betr. die Rangerhöhung
freie Hand bei der Centralvertretung zu lassen.
Es erhält das Wort Schlachthausinspector Tschauner zu
einem Vortrage „über Kühlanlagen.“ Der vorgeschrittenen Zeit
wegen wird der Vortrag nur kurz und auszugsweise gegeben.
Aus Mangel an Zeit und da Leiter von Schlachthöfen mit
Kühlanlagen nicht anwesend waren, schloss sich keine Debatte
an den Vortrag.
Um 3 Uhr wurde die Sitzung unter Dankesworten für die
Bemühungen der Referenten und das Erscheinen der Mitglieder
und Gäste geschlossen.
Unmittelbar daran schloss sich ein gemeinsames Mittagessen.
Der Vorsitzende: In Vertretung des Schriftführers:
Brietzmann. Tschauner.
Zur Aufbesserung der Stellung der Kreisthierärzte.*)
Von
Kreisthierarzt Klebba-Halle.
Nachdem die Kreisthierärzte in den Provinzen Brandenburg und
Sachsen die Frage der Aufbesserung ihrer Stellung in Fluss gebracht,
haben sich hieran eine Reihe bemerkenswerther Artikel angeschlossen,
die den jeweiligen Standpunkt der Referenten klarzulegen bestimmt
sind. Im Besonderen sind es die Artikel der Collegen Ängstein
in No. 11 der B. T. W. und Bermbach in No. 14 derselben
Wochenschrift, die mir um so mehr Veranlassung geben, mich zu
gedachter Frage zu änssern, als in beiden Artikeln auf die Resolution
der Kreisthierärzte der Porvinz Sachsen Bezng genommen wird und
ich in meiner Eigenschaft als Schriftführer nicht allein an dem
Zustandekommen fraglicher Resolution thätigen Antheil genommen,
sondern auch die Form derselben festgelegt habe.
*) Siehe auch die Beilage zu dieser Nummer.
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5. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
215
Beide Herren Collegen gehören der — wenn ich so sagen darf
— extremen Richtung in dieser Frage an, Beide gelten weit über das
Ziel hinaus, das die sächsischen Collegen als das zur Zeit erreich¬
bare Maas anzustreben beschlossen haben, wobei anerkannt werden
soll, dass Jene ihren Standpunkt mit Schneidigkeit und Geschick
klarzulegen nud zu begründen versucht haben. Da ist es nur recht
und billig, dasB auch die Gegner der in den beiden Artikeln fest¬
gelegten Ansichten gehört werden, dass auch die „Gemässigten“ in
dieser Frage, zu denen ich mich rechne, zu Worte kommen, um
die hochgespannten Wünsche etwaB zurückzuschrauben und in den
starken Wein eine gute Portion Wasser zu schütten.
Es muss vorausgeBchickt werden, dass, wenn es sich um
kräftiges Hervorkehren und Betonen von Wünschen zur Aufbesserung
der kreisthierärztlichen Stellung allein handeln würde, wohl alle
Thierärzte ohne Ausnahme ihre Wünsche und Forderungen so hoch
als nur irgend denkbar fassen und vielleicht noch Uber das Maas
des von den Collegen Augstein und Bermbach Geforderten und
des in dem soeben verschickten Beschluss der Posener Kreisthier¬
ärzte Festgelegten binausgehen würden. Aber zwischen Wollen und
Vollbringen liegt auch in dieser Frage eine weite Kluft: es ist sehr
leicht, in Vereinsvorträgen und Artikeln hochgespannte Wünsche
und Forderungen zu formuliren, aber sehr Bchwer, diese an mass¬
gebender Stelle so zu Gehör zu bringen, dass sie als berechtigt an¬
erkannt und gewährt werden. Je höher wir unsere Forderungen
fassen, desto stärker wird der Widerstand der ausschlaggebenaen
Behörden gegen dieselben sein, und cs kann leicht kommen, dass
zur Zeit unrealisirbare Wünsche dort gar nicht in Erwägung ge¬
zogen werden, sondern einfach unter den Tisch fallen.
Durch die Auslassungen einzelner Collegen klingt als Grundton
die Mahnung, die Geldfrage nicht so sehr in den Vordergrund zu
stellen und dafür die ganze Kraft zur Erlangung einer höheren
Bankstellung einzusetzen. So plaidirt beispielsweise College Ang¬
stein in No. 11 der B. T. W. aafUr, die Forderung einer materiellen
Aufbesserung ganz fallen zu lassen, „da sie als gefährlicher Hebel
von unseren Gegnern gebraucht werden kann und ohne Zweifel ge¬
braucht werden wird.“ Ja, wer sind denn, so fragt man unwillkürlich,
unsere Gegner und wo sind sie zu finden? Wen von den mass¬
gebenden Persönlichkeiten, die über unsere Angelegenheiten zu
entscheiden haben, werden die gerechten, in massvollen Grenzen
g ehaltenen Bestrebungen auf Besserung unserer Lage zu unseren
egnern machen? Wer kann und wird die Forderungen zur Auf¬
besserung unseres Gehaltes gegenüber den Gehaltserhöhungen aller
übrigen Staatsbeamten als ungehörig bezeichnen können? Nach den
bekannten Erklärungen des Herrn Ministers im Abgeordnetenhause,
dass die Kreistbierärzte schlecht besoldet würden, dass aber von
denselben Klagen bisher an ihn nicht herangetreten wären, steht
gegentheilig zu erwarten, dass unsere Wünsche wohlwollende Be¬
rücksichtigung, eingehendes Verständnis und bereitwilliges Entgegen¬
kommen finden werden. Die Auffassung, daBS unsere jetzigen Be¬
strebungen sich weniger mit den materiellen Wünschen befassen
sollten, ist eine irrige. Eine Vogel-Strauss-Politik ist das Ver¬
kehrteste, was wir thun können. Gerade die Aufbesserung unserer
materiellen Stellung ist das zunächst Erstrebenswerthe und ich stehe
nicht an, dies auf die Gefahr hin zu behaupten, zu den Materialisten
g erechnet zu werden. Denn nicht jeder Kreisthierarzt ist in der
age, eine gesicherte Position in Bezug auf auskömmliche Einnahmen
zu naben, und eben jener wird eine Zulage zu seinem Gehalt — und
nur um eine solche kann es sich zunächst handeln — in Höhe von
300 bis 9CO Mark dankbar annehmen und nicht, wie Dr. Augstein
meint, „sehr gerne“ darauf verzichten. Die ideelle Seite hat mit
unseren heutigen Wünschen so gut wie gar nichts gemein; es wird
sich später darüber reden lassen. Vorläufig handelt es sich um das
dringend Nothwendigste, das in der Resolution der sächsischen
Kreisthierärzte zum Ausdruck kommt.
Aufbesserung des Gehaltes unter Belassung der Privat-
thätigkeit,
Erhöhung der untergeordneten Rangstellu'ng mit Zu¬
billigung der höheren Tagegelder und Reisekosten,
Gewährung einer Pension.
Die am meisten umstrittene Frage ist die von einigen Collegen
und auch von Kreisthierarzt Bermbach in No. 14 der B. T. W.
mit zahlreichen Gründen unterstützte Forderung des Verbots der
Privatpraxis unter Gewährung eines entsprechenden Gehalts oder
einer Entschädigung für den Ausfall in den Einnahmen aus der
Privatthätigkeit. Es soll hierbei bedingungslos zugegeben werden,
dass die hierfür ins Feld geführten Gründe sehr schwer ins Gewicht
fallen, besonders die unablässige Collision zwischen amtlichen und
privaten Interessen. So verlockend aber auch eine derartige
Stellung der Kreisthierärzte unter Fortfall jeder privaten Thätigkeit
erscheint und wie sehr anch dadurch Stellung und Ansehen dieser
Beamten gehoben würden, so scheitert diese Reform einfach an der
Unmöglichkeit ihrer Durchführung. Es wird bei Besprechung dieser
Frage auf das Beispiel in einigen süddeutschen Staaten hingewiesen,
in welchen die beamteten Thierärzte zu vollbesoldeten Beamten
f emacht sind; man verfällt dabei aber immer in den bekannten
rrthnm, einen kleineren, in sich abgeschlossenen, mit gleichmässig
ausgeglichenen Verhältnissen rechnenden Staat mit der preussischen
Monarchie in Vergleich zu stellen — einem Staate, in welchem die
räumliche Ausdehnung und die gegensätzlichen Wirtbschaftsverhält-
nisse in den einzelnen Provinzen hinsichtlich des Umfanges der
amtlichen Thätigkeit der Kreisthierärzte die denkbar schroffsten
Gegensätze geschaffen hat. Die einzig vollbeschäftigten beamteten
Thierärzte in Preussen sind neben den Departementstbierärzten die
Grenzthierärzte. Von den übrigen haben einige nur zeitweise volle
amtliche Beschäftigung — bei starker Verseuchung des Kreises —
während sie den grössten Theil des Jahres in geringerem Masse
amtlich thätig sind. Die meisten Kreisthierärzte aber Bind als
solche gewissermassen „nebenamtlich“ thätig, wie es selbst in der
von Seuchen stark heimgesuchten Provinz Sachsen einige Kreis¬
thierärzte giebt, die jährlich kaum eine amtliche Reise autzuweisen
haben. Hier tritt die Privatthätigkeit ausgleichend ein, hier ist sie
der Regulator einer regelmässigen Beschäftigung und das Correctiv
für die geringe Einnahme aus amtlicher Thätigkeit.
Gesetzt nun, der prenssische Staat würde die Kreistbierärzte
als volibesoldete Beamte anstellen, so müsste er zunächst an alle
die Forderung entsprechender Leistung stellen, da er doch un¬
möglich beschäftigungslose oder nicht vollbeschäftigte Beamte voll
besolden kann. Was sollen nun aber die zeitweise nicht mit hin¬
reichender Thätigkeit versorgten Kreisthierärzte in ihrer Mussezeit
amtlich thun? Denn der Vorschlag, denselben die Bearbeitung der
veterinärpolizeilichen Sachen auf dem landräthlichen Bureau zu
übertragen, wird schon dadurch hinfällig, dass in Zeiten, in denen
der Kreisthierarzt ausserhalb keine Seuchen zu tilgen hat, sich aus
gleichem Grunde kaum hinreichende schriftliche Arbeiten für ihn
finden werden.
Der zweite Ausweg, den Kreisthierärzten für den Fortfall der
Privatpraxis eine Entschädigung zu gewähren, ist ebensowenig gang¬
bar. Denn einmal würde die Entschädigung in den richtigen Grenzen
schwer abzumessen sein und Für die meisten Kreisthierarztatellen
unverhältnissmässig hoch ausfallen müssen; sodann aber würde,
wie in ersterem Falle, der Staat Beamte entschädigen, die für die
Entschädigung nur unzureichend beschäftigt wären. Sollte, was an¬
zunehmen ist, der Umfang der kreisthierärztlichen Geschäfte durch
Einbeziehung von staatlich angeordneten Impfungen, Fleischbeschau
und Anderem in den Bereich der amtlichen Thätigkeit sich steigern
und sich durchgängig dem Umfange vollbeschäftigter Beamten
nähern, dann würde es Zeit sein, der Schaffung vollbesoldeter Kreis¬
thierarztstellen näher zu treten. Für jetzt muBS es mit Beibehaltung
der Privatthätigkeit als nothwendiges Uebel sein Bewonden haben.
Da jedoch die heutige Besoldung von 600 Mark keineswegs den
an die Kreistbierärzte gestellten Anforderungen — Entschädigung
fllr die unentgeltlich zu verrichtenden Amtsgeschäfte, grösserer
Aufwand bei den amtlichen Reisen infolge gesteigerter Lebens¬
bedürfnisse, Auslagen für Schreibmaterialien u. s. w. —• entspricht,
so muss eine Aufbesserung des Gehaltes angestrebt werden. Bei
Bemessung der Höhe derselben sind die Collegen der Provinz
Sachsen von der richtigen Annahme ausgegangen, dass bei den
massgebenden Behörden, insbesondere bei dem Herrn Finanz¬
minister, zur Zeit grössere Summen für die Gehaltsaufbesserung
der Kreistbierärzte nicht zu erlangen sein würden. Es ist uns wonl
Allen noch im Gcdächtniss, wie die vor wenigen Jahren fast zum
Abschluss gebrachte Gewährung der Maturitas doch nur daran
scheiterte, dass man an massgebender Stelle annehmen zu müssen
glaubte, diese Gewährung könnte zu pecuniären Forderungen bezw.
Ansprüchen von Seiten der Kreisthierärzte Anlass geben. Dass sich
inzwischen hierin eine Sinnesänderung vollzogen hätte, dafür haben
wir auch nicht den geringsten Anhalt. Wenn mau sieht, wie die
einen verhältnissmässig geringen Mehraufwand erfordernde Ueber-
führung der Departementsthierarztstellen in vollbesoldete jährlich
nur schrittweise vor sich geht, so muss es einem Jeden einleuchten,
dass für die Aufbesserung der kreisthierärztlichen Gehälter grössere
Summen nur schwer bereitgestellt werden würden. Daher haben
die Kreistbierärzte Sachsens sich mit dem erreichbar Scheinenden
begnügt und eine Gehaltsaufbesserung von 900 bis 1500 Mark an¬
gestrebt, von der Erwägunir ausgehend, dass schon diese bescheidene
Aufbesserung einen jährlichen Aufwand von 300000 Mark erfordert.
Da nun von einigen Collegen bis 4800 Mark Gehalt bezw. eine Pension
von einem gleich hohen fingirten Einkommen gefordert wird, so
möchte ich mir die bescheidene Frage erlauben, was dann mit dem
Gehalte und der Pension der Departementstilierärzte werden soll,
ob man sich dabei bewusst geworden ist, dass diese Beamten, und
von diesen auch nicht einmal sämmtliche, ein Gehalt von nnr
3600 Mark beziehen und selbstredend von einem solchen auch nur
pensionirt werden können ? Wir haben an den Bezügen derselben
einen vorzüglichen Massstab, an dem wir, soll eine Vollbesoldung
der Kreisthierärzte ins Auge gefasst werden, unsere Forderungen
abmessen können. Denn so viel Einsicht wird auch der mit seinen
Forderungen auf ganz extremem Standpunkte stehende Kreisthierarzt
haben, um nicht anzunehmen, dass die bisher noch nicht in allen
Departementsthierarztstellen erfolgte Regelung der Gehälter nun¬
mehr wieder eine Aenderung erfahren wird.
Zur Frage der Rangerhöhung bat zunächst Professor Schmaltz
in No. 14 der „B. T. W.“ einige irrige Auffassungen einzelner
Collegen über die V. und VI. Rangklasse und die Zugehörigkeit
einzelner Beamtenkategorien zu denselben berichtigt und damit sehr
zur Zeit den Wagen auf die Räder gestellt. Es machen sich in
dieser Frage zwei verschiedene Meinungen geltend, die eine, die
abwarten will, bis die V. Rangklasse uns als Frucht, welche die
kommende Maturität zur Reife gebracht hat, in den Schooss fällt, und
die andere — der sich die sächsischen Collegen zurechnen —, welche
die jetzige Rangstellung als mit der Würde der Kreisth ierärzte
unvereinbar erachtet und diesen unhaltbaren Zustand mit_ allen
Mitteln und möglichst bald abzustellen sich bemüht, indem sie die
Versetzung in aie VI. Rangklasse anstrebt.
Ersteres bedeutet nichts Anderes als die Vertagung der Rang¬
erhöhung ad calendas graecas. Selbst wenn die heiss erstrebte
Maturitas, von der ich befürchte, dass wir weiter denn je davon ent-
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216 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 18
fernt sind, tlmtsnclilich als Bedingung zum Studium gewährt wird,
so ist damit die Versetzung der Kreisthierärzte in die V. Kangklassc
nicht nothwendig verbunden, wie auch Professor S c h m a 11 z ganz
richtig in dem oben citirtcn Artikel ausgeführt hat. Und dann
wieder die bescheidene Frage: Wohin mit den Departementsthier¬
ärzten? Und wenn darauf consequentcrweise die Antwort folgt:
mit diesen in die IV.!, ja, wohin alsdann mit den jüngsten
Professoren der Hochschulen ? u.s. w.
Deshalb haben die sächsischen Collegen das möglichst Erreich¬
bare sich zum Ziele gesetzt und die VI. Rangklasse angestrebt.
Sie glaubten sich damit keineswegs einer „Degradation“ des kreis¬
thierärztlichen Standes schuldig gemacht, sondern ein hohes Mass
von Einsicht und weiser Abwägung der gegebenen Verhältnisse be¬
kundet zu haben, in der begründeten Annahme, dass sich die Kreis¬
thierärzte bei Versetzung in die VI. Rangklasse in sehr guter
Gesellschaft befinden werden.
Zum Schlüsse will ich noch bemerken, dass der Beschluss der
Posencr Kreisthierärzte, !> M Tagegelder anstatt der jetzt gesetzlich
festgelegten 6 M. ohne Versetzung in eine höhere
Rangklassc anzustreben, eine Aenderung des Gesetzes vom
9. März 1872 zur Voraussetzung hat, und sich aus diesem Grunde
schwer oder richtiger gesagt gar nicht durchführen lassen wird.
Personalien.
Auszeichnungen: Der Kgl. Sachs. Ockonomierath Prof. v. Langs-
dorff an der thierärztlichen Hochschule zu Dresden ist zum Ge¬
heimen Oekonomierath, der Beschlaglehrcr A. Lungwitz an der¬
selben Hochschule zum Kgl. Sächs. Commissionsrath — ernannt
worden.
Dem Kreisthierarzt a. D. S c h 1 U t e r - Kiel wurde der Rothe
Adler-Orden 4. KlaBBe, den Bezirksthierärzten Rost-Pirna,
Möbius- Plauen i. V., Wilhelm- Zittau das Ritterkreuz 2. Klasse
des Kgl. Sächs. Albrechtsordens, dem Corpsrossarzt Müller-
Dresden das Kgl. Sächs. Verdienstkreuz, den Thierärzten Nau¬
mann - Zaschwitz, W e i s s w a n ge - Lommatzsch und dem Amts¬
thierarzt M e n ge -Rosswein das Kgl. Sächs. Albrechtskreuz — ver¬
liehen. Dem Oberrossarzt Liebscher vom 2. Garde-Ul.-Rgt. wurde
die Erlaubniss zur Anlegung des ihm verliehenen Kgl. Sächs.
Albrechtskreuzes ertheilt
Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt Cl.Pötting-
Paderborn interimistisch für den Kreis Paderborn. — Zum Bezirks-
hierarzt: Districtsthierarzt Re i n d 1-Aibling für das Bezirksamt
Rosenheim.
Es sind gewählt worden: Schlachthofinspector Ho mann-
Bielefeld zum Schlachthofinspector in Celle, Oberrossarzt a. D.
Fuchs- Cassel zum 2. Schlachthofthierarzt in Cassel, Schlachthof-
thiorarzt Dr. H effter-Düsseldorf zum Schlachthausin9pector in
Fi lehne.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Assistenz¬
thierarzt A. L ü bk e -Trier nach Honnef a. Rhein, Thierarzt Dr.
R. Kantor owicz, bisher Assistent ander Veterinärklinik der
Universität Leipzig, als Einj.-Freiw. im Brandb. Train-Bat. No. 3 nach
Spandau.
in der Armee: Befördert zu Rossärzten: die Unterrossärzte
Block vom Ul.-Rgt. No. 9, Pätz vom Feld-Art.-Rgt. No. 16; zu
Rossärzten des Beurlaubtenstandes: die Unterrossärzte der Reserve
Lebrecht.Oelle rieh, Stein, Schneider,Maul, Dehne,
Lauschke, Straube, Schmidt und die Unterrossärzte der
Landwehr 1. Aufgebots K n au f f, P f 1 an z. — Versetzt die Ober¬
rossärzte Mentzel vom Drag-Rgt. No. 6 zum Drag.-Rgt. No. 7,
Löpitz sch vom Drag.-Rgt. No. 7 zum Drag-Rgt No. 6 und die
Rossärzte Rehfel dt vom Hus. Rgt. No. 11 zum Drag.-Rgt No. 21,
Michaelis vom Feld-Art.-Rgt No. 34 zum Ul.-Rgt. No. 9. — Auf
seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt Rossarzt
Nickel vom Hus-Rgt. No. 5.
Todesfälle: Bczirksthierarzt F. F u c h s-Heidelberg, Thierarzt
S t o o 8 8 - Stuttgart.
Vacanzen.
Kreistbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Frankfurt: KönigsbcrgN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel:
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S.
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). — R.-B. Posen:
Jarotschin (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt (Herzogthum C o-
burg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300-400M.FleiscbschaugebUhren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning. — R.-B.
Stettin: Kammin.
Sanitatsthlerarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Breslau: 2 Schlachthof-Hilfsthierärzte (1800 M.). Privatpraxis nicht
gestattet Bew. sofort an Schlacbthausdirector Schilling. — Elbing:
Schlachthof-Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an
Magistrat. - Norderney: Schlachthof - Inspector zum 1. Juli
(2000 M., freie Wohnung u. Heizung. Privatpraxis bedingungsweise
gestattet). Bew. bis 10. Mai an den Gemeinde-Vorstand.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Aachen: Schlachthoftbierarzt— Cob 1 enz: Schlacht-
hof-Hilfsthierarzt — Finsterwalde: Schlachthofdirector. —
Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): Schlacht-
hofinBpector.
Privatstelien: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch
Max Arnsdorf!. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. —
D re ngfur t. — Gleschendorf(FUrstenth. Lübeck). — Guxhagen
(R.-B. Cassel).— Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemsinde-
rath. — Niemegk (Bez. Potsdam): Meid, an Magistrat — Pitschen:
Näheres Magistrat. — P o 11 n o w: (Fixum 300 M., Einnahme aus Fleisch¬
schau 600 M.). Bew. an Magistrat. — Schwarzenau: (800 M. für
Fleischschau). Näheres Magistrat — Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser
Privatpraxis). — 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt
(nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. —
Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. bis 1. Mai an Magistrat. —
Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(ScblacbtlioL. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein 1800M.
garantirt). Auskunft Klaadat Tulpeniken (Ostpr.). — Moringen:
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis
10. Mai an Magistrat. — Obermarschacht (Elbe). —
Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in
Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Sch law a
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schön¬
baum (Oanziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Strasburg (Ucker¬
mark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.). Auskunft
Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzu-
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Staatstelle: Paderborn. Sanitätsthierarztstellen:
Cassel, Celle, Filehne.
Die Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen hat neuer¬
dings in grösserem Massstabe Untersuchungen zur Erforschung
und Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche eingeleitet. Sie
bedarf hierzu diingend frisches Aphthenvirus und muss bei der
Beschaffung desselben vor Allem auch auf das Entgegenkommen
der Herren praktischen Thierärzte rechuen. Sie richtet daher
an die Letzteren das dringende Ersuchen, bei Ausbrüchen der
Manl- und Klauenseuche frisches Aphthenvirus — wenn auch nur
Tropfen — zu sammeln und der Landwirthschaftskammer s o
schnell wie möglich einzusenden. Es genügt hierbei das
Ausziehen des Bläschen-Inhaltes mit einer durch Auskochen oder
mit Alkohol und Aetlier sterilisirten Pravazspritze. Wenn an¬
gängig, sind die Bläschen vor dem Extrahiren ebenfalls mit
etwas Alkohol zu reinigen. Für die Versuche wäre es ganz be¬
sonders wichtig, wenn auch der Bläschen-Inhalt von an Maul¬
und Klauenseuche erkrankten Schafen eingesandt würde, und
zwar müsste der Inhalt mit ausdrücklicher Kenntlichmachung ge¬
sondert eingeschickt werden. Die Landwirthschaftskammer ist
gern bereit, zur Deckung der entstehenden Unkosten den Herren
Thierärzten pro ccm Bläscheninhalt 1,50 M. zu vergüten und
ihnen ausserdem das Porto zurück zu erstatten. Etwaige Sen¬
dungen sind zu richten an die Adresse der Landwirthschafts¬
kammer für die Provinz Sachsen zu Salle a. S., Karlstr. 16.
Verantwortlich Wr ilon Inhalt (exol. Inseratenteil) I’rof. Dr. Schmaltz in Berlin. ■ - Verlag und Riarenthnm von Richard Sohoetz in Berlin. — Druck von W. Btlxensteln. Berlin.
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Dl* „Berliner Thierlraülehe Woohenichrift“ eracheint
wöohentlloh in 8lärke von mindeeteni 1 */» Bogen. Dieselbe
iat tn beziehen durch den Buchhandel, die Poet (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Rlehara
Bcboeix, Berlin NW., Luisenstrasse 86. »um Preise von
Mk. pro Vierteljahr.
Berliner
OriginalbeitrSge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. 8chmalts,
Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Luisenstraase 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Woehenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 19 Ansgegeben am 12. Mai.
Inhalt: Joest: B e r i c h t ü b e r dieRothlauf-Impfung derBrandenburgischenLandwirthschaftskammer zu
Prenzlau für das Jahr 1897/98. — Ellinger: Atropin-Morphium bei chronischer Schulterlahmheit.
— Schmidt: Zur Behandlung des acuten Rheumatismus mit Atropin- Morphium. — Schölte : U n a n ge¬
nehme Nebenerscheinungen bei der Behandlung der acuten Schulterlahmheit durch Atropin*
Morphiuminjection. — Referate : Nocard: Ueber den Rotz. — Grabensee: Einwirkung auf die Befruchtung schwer
tragendwerdender Stuten durch Injection von Natrium bicarbonicum-Lösungen vor der Bedeckung. — Thomassen: Eine
neue Septicämie der Kälber. — Finkler: Das Tropon, ein neues Nahrungseiweiss. — Thierhaltung und Thier-
zuclit. — Tagesgeschichte: Protokoll über die Genferal-Versamralung des Vereins Rbelnpreussischer Thierärzte am
23. April im Zoologischen Garten in Cöln. — Verschiedenes. —jOeff entlieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und
Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Büoheranzeigen und Kritiken. — Personalien. —
Vacanzen.
Bericht über die Rothlauf-Impfanstalt der Branden-
burgischen Landwirthschaftskammer zu Prenzlau
für das Jahr 1897/98.
Von
Director Dr. E Joest.
Seit dem Jahre 1892 hatte Obermedicinalratli Dr. Lorenz
in Darmstadt sich mit der Frage der Rothlaufschntzimpfung
experimentell beschäftigt. Seine mühevollen, genialen Unter¬
suchungen führten zu der Entdeckung eines neuen, eigenartig^
Schutzimpfungsveifahrens, welches einerseits auf der Erfahrung
basirte, dass Tliiere (Schweine), welche den Rothlauf überstanden
haben, längere Zeit gegen diese Seuche immun sind, andrerseits
sich auf die Beobachtung stützte, dass in dem Blute jener Thiere
bei der Erkrankung bezw. infolge einer künstlichen Infection
sich Scbutzstoffe bilden, welche mit dem Blutserum anderen
Individuen einverleibt, diese ebenfalls auf kurze Zeit gegen die
Seuche zu schützen vermögen. Die so mit Serum behandelten
Thiere ertragen eine Infection mit Rothlauf nicht nur reactionslos,
sondern sie werden durch eine derartige Infection nunmehr auch
auf lange Zeit gegen die Seuche immun. — Mit seinem auf
vorstehende Principien gegründeten Schutzimpfungsverfahren
errang L o renz in den nächsten Jahren mit der allmählichen
Vervollkommnung der Methode immer bessere Erfolge. Die
vorzüglichen Ergebnisse der Lorenz’schen Impfungen besonders
in den Jahren 1896 *) und 1897 veranlassten die Landwirthschafts¬
kammer für die Provinz Brandenburg, im Interesse der Land¬
wirtschaft und der gesammten Schweinezucht das Herstellungs¬
verfahren der Lorenz’schen Impfstoffe käuflich zu erwerben
und für die Herstellung der letzteren in grösserem Massstabe
eine besondere Anstalt zu begründen. Dieses Unternehmen war
von um so grösserer Bedeutung, als Lorenz mit seinen privaten
Einrichtungen zur Impfstoffgewinnung in Kürze nicht mehr
imstande gewesen sein würde, die fortwährend sich steigernde ,
Nachfrage nach Impfstoff allein zn decken.
*) Im Jahre 1896 wurden nach der in der B. T. W. Jahrg. 1897
No. 9 veröffentlichten Statistik im Ganzen 4450 Schweine mit gleich-
mässig gutem, durch keinen Misserfolg beeinträchtigtem Resultat
geimpft. Für das Jahr 1897 wird eine ausführliche Statistik dem¬
nächst veröffentlicht werden.
Die Eröffnung des Betriebes der Anstalt erfolgte in Prenzlau
am 26. Juli 1897 mit der Aufstellung der ersten zum Zwecke
der Serumgewinnung vorznbereitenden Schweine. Dieselben waren
zunächst in Stallungen der Landarmen- und Corrigendenanstalt
zu Prenzlau untergebracht. Für das Laboratorinm waren zweck¬
entsprechende Räumlichkeiten vorläufig gemiethet worden. Zu¬
gleich mit der Eröffnung des Betriebes wurde mit dem Neubau
eines geräumigen Anstaltsgebäudes nebst einer Schweinestall¬
anlage begonnen. Die letztere, für 130—150 Schweine berechnet,
konifte bereits im November 1897 in Benutzung genommen
werden.
Die Thätigkeit der Rothlauf-Impfanstalt umfasst drei
Gebiete, und zwar
1. die Schweinehaltung,
2. die Impfstoffdarstellung und
3. den Impfstoffversand.
1. Die Schweinehaltung.
Dieselbe dient dazu, fortlaufend eine grössere Anzahl von
Schweinen zum Zwecke der Serumgewinnung vorzubereiten.
Diese Vorbereitung, welche einen Zeitraum von etwa 7—8 Wochen
umfasst, ist sehr mühevoll und zeitraubend. Am Ende der
Vorbereitungsperiode, während welcher natürlich, soweit als
möglich, auch Bedacht auf die Erzielung guter Mastresultate
genommen wird, werden die betr. Schweine geschlachtet. Aus
ihrem Blut wird im Laboratorium das Impfserumpräparat ge¬
wonnen. — Ausser zur Serumgewinnung dienten die aufgestellten
Schweine noch zu verschiedenen Fütterungsversuchen. — Seit der
Eröffnung der Anstalt bis Ende März 1898 wurden annähernd
300 Schweine gehalten.
, 2. Die Impfstoffdarstellung.
Die Impfstoffdarstellung geschieht in dem bacteriologischen
Laboratorium der Anstalt, welches für die Zwecke der Serum¬
darstellung besonders ausgerüstet ist. Entsprechend den Eingangs
erörterten Grundsätzen des Lorenz’schen Verfahrens zerfällt die
Impfstoffdarstellung in
a) die Serumdarstellang and
b) die Caltnrdarstellung.
a) Die Serumdarstellung. Das Sernmpräparat, dessen
DarstellungsweiBe vorläufig geheim zu halten ist, wird, wie
bereits erwähnt, ans dem Blote der speciell vorbehandelten und
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218
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
dann geschlachteten Schweine auf eine complicirte Methode
gewonnen. Jedes Präparat wird, bevor es znm Versand gelangt,
in der Anstalt einer mehrfachen genauen Prüfung auf seine
Immanisirungs-Werthigkeit durch den Thierversuch unterworfen.
Die sehr schwierige und zeitraubende Darstellung des Serum¬
präparates sowie dessen Prüfung in der Anstalt geschah aus¬
schliesslich durch den Director selbst. Ausser der Prüfung des
Serums in der Anstalt erfolgte eine Controlprüfung durch Herrn
Prof. Dr. Ostertag in Berlin. Bezüglich der Menge des her¬
gestellten Serums cf. den Serumversandt.
b) Die Culturdarstellung. Jeder zum Versand gelangen¬
den Serummenge wird ein bestimmtes Quantum in Bouillon ge¬
züchteter Rothlaufcultur beigegeben. Die Herstellung der Culturen
ist, wenngleich weniger schwierig, so doch auch sehr umständlich,
zumal eine genaue Prüfung der vielen Culturen auf ihren Rein¬
heitszustand unbedingtes Erforderniss ist. — Ausser den zum
Versand gelangenden Culturen waren die bedeutenden Impfstoff¬
mengen herzustellen und zu untersuchen., welche in der Anstalt
selbst verbraucht werden.
Abgesehen von der Serum- und Culturdarstellung für den
Versand wurden im Laboratorium auch gelegentlich eine Reihe
von bacteriologischen Untersuchungen und Versuchen anderer Art
vorgenommen.
3. Der Impfstoffversand.
Der Impfstoffversand erfolgte auf Bestellungen, welche der
Anstalt in erster Linie aus den Kreisen der Thierärzte zahlreich
zugingen.
Da die Schlachtung der in Prenzlau aufgestellten Schweine
und damit die Serumdarstellung in der Anstalt erst Ende Sep¬
tember 1897 beginnen konnte, so wurden die eingehenden Be¬
stellungen vorläufig Herrn Obermedicinalrath Dr. Lorenz in
Darmstadt zur Erledigung übermittelt. Seitens des Herrn Ober¬
medicinalrath Dr. Lorenz wurden so im Aufträge der Anstalt
versandt:
im Monat August 12 450 ccm Serumpräparat,
„ „ September 11166 „ „
Anfang October 1897 übernahm die Anstalt selbst den Impf-
stoffversaud. Es muss hier bemerkt werden, dass die Zeit, auf
welche dieser Bericht sich erstreckt, hauptsächlich die Winter¬
monate umfasst, in welchen der Rothlauf im Allgemeinen die ge¬
ringste Verbreitung zu zeigen pflegt bezw. oft ganz erlischt.
Entsprechend der geringen Verbreitung der Seuche sinkt natür¬
lich in der genannten Zeit auch das momentane Interesse an der
Schutzimpfung; die Nachfrage nach Impfstoff wird damit nach-
lassen. Immerhin scheint aber in manchen Bezirken in Folge
des diesjährigen milden Winters der Rothlauf nicht so sehr zurück¬
gegangen zu sein wie in anderen Jahren.
Die folgende Zusammenstellung giebt eine Uebersicht über
die von der Anstalt in den einzelnen Monaten abgegebenen Serum¬
mengen. Es wurden versandt:
im Monat October
5 913
ccm
Serumpräparat,
tf >i
November
7 749
»
n tt
December
6 287
tt
» tt
Januar
4 218
»
n
tt »
Februar
19 845
i»
tt
tt V
März
17 826
»
tt
Mit den im Monat August
und September abgegebenen
Serummengen wurden somit
insgesammt versandt: 85 454 ccm Serumpräparat
Die den einzelnen Serummengen beigegebenen Culturen
werden hier nicht besonders aufgeführt.
Die inBgesammt abgegebene Serummenge von 85 454 ccm
vertheilt sich auf die einzelnen Provinzen bezw. Bundesstaaten*)
wie folgt:
Provinz Brandenburg
29 700
ccm.
„ Westpreussen
21 029
»>
., Posen
13 407
tt
„ Pommern
7 616
„ Ostpreussen
6 399
»»
„ Sachsen
2 880
»>
„ Hessen-Nassau
1 260
»»
„ Schlesien
1 248
tt
„ Hannover
1 219
tt
Rheinprovinz
133
»»
Lippe-Detmold
190
Mecklenburg
128
•»
Anhalt
112
»
Königreich Sachsen
98
tt
Bayern
30
tt
Sachsen-Weimar
5
tt
Summa: 85 454 ccm.
Um den Werth einer derartigen Menge vor Augen zu führen,
sei hier nur bemerkt, dass das insgesammt abgegebene Quantum von
85 454 ccm genügen würde, um weit über 17 000 Schweine im
Durchschnittsgewicht von 50 kg zu immunisiren. In Wirklichkeit
dürfte sich aber in Anbetracht des Umstandes, dass zur Ersparung
grösserer Impfkosten in der Praxis die Thiere meist als Ferkel
geimpft werden, die Zahl der geimpften und damit vor der opfer¬
fordernden Seuche sicher geschützten Schweine weit höher
stellen.
Hand in Hand mit dem Serumversand ging der kaufmännische
Betrieb der Anstalt. Insbesondere war auch eine umfangreiche
Correspondenz zu erledigen, die zum grossen Theil impftechnische
Fragen betraf. In der Berichtszeit gingen ein 1538 Briefe und
Bestellungen. Abgesandt wurden 765 Briefe und 244 Impfstoff¬
sendungen. — Besonders hervorzuheben ist, dass Miss¬
erfolge bei den Impfungen während der Berichtszeit
nicht bekannt geworden sind, während dagegen zahl¬
reiche Schreiben die vorzügliche Wirkung und den
ausgezeichneten Erfolg der Impfung betonten.
Atropin-Morphium bei chronischer Schulterlahmheit.
Von
Dr. Elllnger-Dermbach.
Im Herbst 1896 gelangte ich in den Besitz eines 7jährigen
Rappwallachs aus Grätz, Posen, von dem ich wusste, dass er
häufig vorn links lahm gegangen war, ohne dass jedoch die ver¬
schiedentlich eingeleiteten Kurmethoden dauernden Erfolg gehabt
hätten. Das Pferd zeigte wochenlang absolut keine Lahmheits¬
erscheinungen, bis es plötzlich auf der Tour anfing schlapp zu
werden, an dem linken Vorderschenkel die Schulterfreiheit zu
verlieren, zu lahmen und füglich auf 3 Beinen sich fortzuschleppen.
Der gemeinschaftliche Kopf-Hals-Arm-Muskel befand sich bei
solchen Anfällen in Contraction. Beim Druck auf denselben zeigte
das Pferd ungeheure Schmerzen. Nach ‘/a Stunde war gewöhnlich
der Anfall vorbei, das Pferd beruhigte sich. Derartige Anfälle
konute ich mindestens 40 mir merken, sie waren in ihrer
Intensität verschieden. In 3 Fällen dauerte die Lahmheit
3 Wochen und verschwand plötzlich. Die Lahmheit war stärker,
wenn das Pferd mehrere Tage hintereinander geruht hatte.
*) Hessen und Württemberg kommen hier überhaupt nicht in
Betracht, da ftlr diese Bundesstaaten Herr Obermedicinalrath
Dr. Lorenz sich das Recht, den Impfstoff allein abzugeben, ge¬
wahrt hat.
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12. Mai 1898. BERLINER T1IIERAKZTL1CI1E WOCHENSCHRIFT. 219
Daher lautete mein Kurplan: tägliche Bewegung, wozu meine
Praxisreisen genügende Gelegenheit boten, und bei Lahmheit
Frottage und Massage.
So ging der Wechsel in Krankheit und Gesundheit fort bis
Mitte August 1897. Ich las die Abhandlung des Collegen
Dr. Tempel und beschloss, bei der nächsten Gelegenheit die von
ihm empfohlene Methode bei meinem Dienstpferde anznwenden.
Am 17. August fing das Pferd plötzlich bei einer Reise in den
liiesigen Bergen an zu lahmen. Ich stellte dasselbe in einen Gast¬
hofsstall ein nnd injicirte die Tempel’sche Solution. Beobachtung:
leichter Schweissausbruch 20 Minuten nach der Injection, Zittern,
Schwankungen im Kreuze, als ob das Thier betrunken wäre,
Mydriasis. Nach 2 Stunden langer Pause liess icli anspannen
und fuhr 12 Kilometer, bis in meine Wohnung. Während der
Tour war das Pferd eiwas schreckhaft und zeigte immer noch
geringe Schwankungen. Die Lahmheit war während der ersten
5 Kilometer noch deutlich zu sehen, wurde jedoch immer geringer.
Am nächsten Tage war die Lahmheit verschwunden und bis heute,
9 Monate nach der Injection, nicht wiedergekehrt. Dem Herrn
Collegen Dr. Tempel daher an dieser Stelle den verbindlichsten
Dank. Das Pferd ist geheilt und besitzt mindestens den doppelten
Werth, den es hatte beim Kaufabschluss.
Zur Behandlung des acuten Rheumatismus mit
Atropin-Morphium.
Von
J. W. Schmidt-Dresden,
Iiezirksthierarzt.
In No. 18 der B. T. W. bespricht College Meinicke-Lüne¬
burg einen Fall von acuter Schulterlahmheit, den er durch die
jetzt bekannt gewordene Atropin-Morphium-Injection zur Heilung
brachte. •. Auch,.,ich. .bin. üi. ier. Lage, Aelinliches berichten zu
können, und will es im Folgenden thun, um zur Bereicherung
der Therapie beizutragen.
Den 1. Febr. 1898 wurde ich zu einem Pferde gerufen, welches
nicht mehr aufstehen konnte. Dem Vorbericht nach war dieses
Pferd — eine temperamentvolle Stute edler Abkunft, Reit- und
Wagenpferd, ca. 6 Jahre alt — zwei Tage zuvor bei heftigem
Wind, Regen- und Schneegestöber im Wagen gegangen, war
dabei wiederholt zum Schwitzen gekommen, hatte unterwegs
einmal leichte Kolikerscheinungen geäussert, im Uebrigen aber
bei der Rückkunft keinerlei Krankheitssymptome gezeigt. Den
nächsten Tag wurde das Thier liegend im Stalle vorgefunden
und war bis zu meiner Ankunft nicht zum Aufstehen zu bewegen.
Meine Untersuchung ergab: 39,1 Temperatur, ca. 26 Athemzüge,
36 Pulse. Futter- und Getränkaufnahme wurde verweigert.
Schmerzhaftigkeit an der Brust und in der Bauchgegend war
nicht vorhanden. Peristaltische Bewegung des Darmes lebhaft
hörbar. Lähmungserscheinungen der Nachhand nicht walir-
zunehraen. Der mittels Catheter gewonnene Harn unver¬
ändert, ohne Beimengung von Blut. Mit Hilfe mehrerer Leute
wurde das Thier zum Aufstehen gebracht. Dabei zeigte sich
der rechte Vorderschenkel als krankes Organ. Derselbe hiüg
unthätig, wie gelähmt, herab; beim Bewegen stiess der Fuss mit
der Zehe an. Er wurde weder vorgefiihrt noch zum Stützen ver¬
wendet. Bei der näheren Untersuchung wurden alle Theile dieser
Extremität gesund befunden mit Ausnahme des Vorarmes. Hier
zeigte sich die Haut sehr empfindlich, jedoch ohne Verletzungen.
Bei starkem Druck erwiesen sich die rund um den Radius ge¬
legenen Muskeln als äusserst schmerzhaft und von harter Con-
sistenz. Ein Knochenbrnch war nicht zu constatiren, ebenso¬
wenig eine Sehnen- oder Muskeleinreissung. Da ich eine snbeutaue
Mn8kelqnetschung nicht für ausgeschlossen hielt, verwendete ich
äusserlich Bleiliniment und applicirte zur Abspannung des er¬
regten Sensoriums Morphium (nur eine Dosis: 0,3). Von Tag
zn Tag verschlechterte sich das Befinden. Das Pferd frass gar
nichts mehr, hatte sich nach meinem Weggang wieder gelegt
und war nicht mehr auf die Beine zu bringen. Drei Tage nach
meiner ersten Untersuchung liess ich das Thier in einem provi¬
sorisch hergestellten Hängeapparat anfrichten. Der Befund der
vorderen Extremität war unverändert. Die brettartige Bärte
und grosse Empfindlichkeit der Vorarmrauscnlatur erweckte bei
mir nun den Argwohn auf acutem Rheumatismus und gleichzeitig
die Neigung, das Dr. Tempel’sche Verfahren zn probiren. Um
mir die öfters erwähnte unangenehme Atropin-Wirkung zu er¬
sparen, injicirte ich denselben Tag noch */ 3 der Gesammtinjection.
Das Pferd wurde danacli etwas lebhafter, äusserte aber sonst
keinerlei besondere Erscheinungen. Den nächsten Tag wurde
das 2. Drittel injicirt. Die Behandlung bestand ausserdem in
Massage, wobei zum Geschmeidigmachen der Haut Chloroformöl
(5 : 50) benutzt wurde, und im Anlegen von wol'enen Schlauch¬
binden. Den zweitenTagstand das Pferd auf allen Extremitäten ohne
Unterstützung, beim Führen wurde der Schenkel nach vorwärts
gefülirt; diente er als Hangbein, dann traten noch geringe
Functionsstörungen auf, so z. B. bei der Bewegung im weichen
Sandboden. Nach weiteren zwei Tagen injicirte ich das letzte
Drittel in der Gegend der rechten Schulter und sah 24 Stunden
später, dass die Lahmheit verschwunden war. Es waren also
bei dieser neuen Behandlungsart nach ca. 6 Tagen Gebrauchs-
Störungen vollständig geschwunden, die erheblich genug waren,
das Thier zum Liegen zu bringen und die ganze Situation als
eine sehr kritische zn kennzeichnen. Seitdem sind nun drei
Monate verflossen und haben keinen Rückfall wieder gebracht,
so dass ich mit diesem Ausgang sehr zufrieden sein durfte. Ich
werde in Zukunft bei acutem Rheumatismus dieses Mittel wieder
versuchen, aber nur in kleinen Dosen, so dass die angegebene
Gabe von Morphium 0.2 und Atropin, sulf. 0,05 auf drei¬
mal injicirt wird. In der Hoffnung, dass der Erfolg ein guter
sein wird, werde ich nicht vei fehlen, auch beim Hunde, dessen
acuter Muskelrheumatismus meistens recht viel Schwierigkeiten
bietet, dementprechende Versuche zu machen. Das uöthige
Krankenmaterial wird eine Stadt wie Dresden sehr leicht auf¬
zubringen im Stande sein.
Unangenehme Nebenerscheinungen
bei der Behandlung der acuten Schulterlahmheit
durch Atropin-Morphiuminjection.
Von
Scholte-Dingelstedt,
Thierarzt.
Nach Veröffentlichung der Behandlung der chron. Schulter¬
lahmheit durch Herrn Collegen Büttner mittelst der Injection
von Atropin-Morphiumlösung, habe ich dieselbe auch in einem
Falle versucht und gleichzeitig die von Herrn Collegen Meinicke
(B. T. W. No. 18) beregten störenden Wirkungen des Atropins
beobachtet.
Es handelte sich um einen schweren Percheron-Wallach,
der beim Durchgehen mit der Schulter gegen einen Baum an¬
gelaufen war nnd sich hierbei eine bedeutende Lahmheit zu¬
gezogen hatte.
Der Patient wurde mir ca. 14 Stunden später zur Begut¬
achtung bezw.Behandlung vorgeführt. Die Lahmheit charakterisirte
sich als eine Hangbeinlahmheit; das Thier war nicht im Stande
den kranken Fuss vorznführen, und bei dem Versuche, vorwärts
zu gehen, wurde derselbe gar nicht belastet. Lie68 ich das Pferd
zurücktreten, so belastete es den Fuss wohl, hob denselben aber
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
nur in geringem Masse vom Erdboden empor. Im Stalle wurde
der Fuss belastet, aber möglichst weit nach hinten unter den
Leib gesetzt. Die Futteranfnahme hatte der Patient während
der ersten 21 Stunden nach geschehenem Unfall gänzlich ver¬
weigert. Fiebererscheinungen waren nicht vorhanden.
Hei der Palpation der Schulter machten sich die Er¬
scheinungen der Entzündung durch vermehrte Wärme, An¬
schwellung und Schmerz bemerkbar, die sich vor Allem im Ver¬
laufe der biceps brachii doenmentirten. Es handelte sich demnach
mit Rücksicht auf den negativen Befund an den übrigen Theilen
des Schenkels um die acute Entzündung der Bursa des Biceps
brachii.
I)je Behandlung bestand neben absoluter Ruhe anfangs in
Lehmanstrichen, später in Priessnitz’schen Wickelungen, und
als am 10. Tage die Lahmheit nicht geschwunden war, wurde
eine Scharfsalbe ^bestehend aus Cantharid. gross, pulv. 1 : 5)
auf das Nachdrücklichste auf das Schnltergelenk app'icirt. Nach
Ablauf einer vierwöchentlichen Ruhe wurde mir der Patient
wieder vorgefiihrt, jedoch zeigte sich derselbe noch ebenso lahm
wie vorher. Am folgenden Tage Mittags injicirte ich die vor¬
geschriebene Atropin-Morphiumlösung in die directe Nähe des
Schultergelenks. Nach ca. 15 Minuten fing das Thier zu scharren
an, verrieth grosse Angst, Athemnoth, Muskelzittern und zeigte
Erweiterung der Pupille, beschleunigten, drahtförmigen Puls,
dessen Zahl 66 Schläge in der Minute betrug, und pochenden
Herzschlag. Bald darauf stellten sich Erscheinungen der Tob¬
sucht ein; das Pferd versuchte an der Wand emporzugehen,
biss in die Stäbe der Raufe und hing sich vor Schmerz förmlich
in die Halfter. Diese Erscheinungen dauerten bis 50 Minuten
nach der Injection mit Beschleunigung des Pulses bis auf
80 drahtförmige Schläge. Auf dieses Excitationsstadium folgte
dann eine allgemeine Abgeschlagenheit. Das Thier legte ein
schläfriges Wesen an den Tag und verweigerte dabei dieWasser-
und Futteraufnahme. Ich bat den intelligenten Besitzer, alle
y. Stunde den Puls aufzunehmen, und derselbe theilte mir mit,
dass derselbe nach ca. 6 Stunden wieder zur Norm zurückgekehrt,
das Thier Morgens schon wieder etwas Futter und Wasser zu
sich genommen habe und überhaupt munter sei.
Nach 7 Tagen liess ich den Patienten versuchsweise wieder
vorführen. Dieses Mal konnte ich nicht den geringsten Grad
einer Lahmheit beobachten. Das Pferd wurde noch auf 8 Tage
in einen Laufstall gebracht und dann zum Dienst auf der Land¬
strasse und im Acker verwandt, den es nun seit 5 Wochen nach
wie vor versieht.
Es ist in diesem Falle doch zweifelsohne der Atropin-
Morphiumbehandlung ein überaus günstiger Erfolg zuznschreiben,
denn erfahrungsgemäß bildet die Erkrankung der Bursa des
Biceps für die Behandlung ein höchst bedenkliches Leiden, ja in
den meisten Fällen werden die Patienten gar nicht oder nur in
beschränktem Masse wieder diensttauglich.
Wenn auch in diesem Falle die bedenklichen Neben’
erscheinungen durch das Atropin nicht so drastisch aufgetreten
sind wie in dem von Meinicke mitgetheilten, so verdient dieser
Umstand doch Beachtung und mahnt zur vorsichtigen Anwendung
rc-p. zur Anwendung kleinerer Dosen.
R e f e r a t e.
Ueber den Rotz.
Von Professor N o c a r d.
Im „Reeueil“ vom 15. März 1. J. veröffentlicht Prof. Nocard -
Alfort eine kritische Analyse der im „Archiv für wissenschaftliche
und praktische Thierheilkunde“, 1. und 2. Heft 1898, von Geheim¬
rath Schütz publicirten Arbeit „Beitrag zum Studium des
No. 19.
Rotzes“. Diese Kritik soll hier in wörtlicher Uebersetzung
wiedergegeben werden.
N. erinnert zunächst an seine am 18. März 1896 in der
Societe centrale de medecine velerinaire producirte Arbeit
über „die transluciden Tuberkel in der Lunge der rotzigen Pferde“,
in welcher er hauptsächlich Experimente darlegte, die beweisen
sollten, dass die vorerwähnten Tuberkel rotziger Natur sind und
das „erste Stadium in der Entwicklung des classischen Tuberkels“
bilden (cf. B. T. W. 1896, No. 17 Seite 196).
DieVersuche bestanden zunächst darin, dass gesunde Pferde, aus
Beständen in welchen seit Jahren keine Rotzfälle constatirt worden
waren, rotzig gemacht wurden, und bei der Section fanden sich dem
natürlichen Rotz identische Tuberkel vor, hauptsächlich aber jene
transluciden Tuberkel, deren rotzige Natur bestritten wurde. Da
behauptet werden konnte, dass diese transluciden Tuberkel vor der
experimentell veraulassten Bildung der rotzigen Läsionen be¬
standen, hatte N. Pferde derselben Provenienz als Zeugen be¬
halten, und fand man in den Lungen dieser Thiere keine Spur
der transluciden Tuberkel, die sich so zahlreich in den Lungen
ihrer infieirten Stallgenossen vorfanden.
N. wies sodann nach, dass die in den Lungen von gesunden
Pferden provocirten transluciden Tuberkel Rotzbacillen enthielten,
gerade wie die käsigen Tuberkel, deren rotzige Natur nicht be¬
stritten wurde; aber dass sie immer nur eine geringe Anzahl von
Bacillen enthalten, im Gegensatz zu den käsigen Tuberkeln.
Deshalb gelinge es nicht immer, die mit Brei von transluciden
Tuberkeln geimpften Meerschweinchen zu inficiren. N. wollte in
seiner Arbeit demonstriren, dass auch die transluciden Tuberkel
zu den Lungenläsionen des Pferderotzes gezählt werden müssen.
N. hatte noch angeführt, dass es leicht sei, ein gesundes
Pferd zu inficiren, dass alle Impfmethoden hierzu gut sind. Wenn
man aber bei der Section von auf irgend welche Weise inoculirten
Thieren rotzige Lungenläsionen findet, so sind es keine Miliar¬
tuberkel, wie bei der natürlichen Krankheit, sondern mehr oder
weniger ausgedehnte Infarcte, gewöhnlich begrenzte Herde von
rotziger Bronclio-Pneumonie, mehr oder weniger analog denjenigen,
welche bei Eseln beobachtet werden, die zur Ueberimpfung von
verdächtigen Producten gedient haben. N. erwähnt, dass allein
die Ingestion virulenter Rotzproducte die Bildung von Miliar¬
tuberkeln auf dem Wege des Experiments gestatte. Zum Beweise
dieser für die Prophylaxe des Rotzes so eminent wichtigen Tliat-
sache hatte N. in seiner Arbeit von 1896 21 Versuche erwähnt,
die alle dasselbe Resultat hatten.
In einer am 15. November 1897 im „Reeueil“ ver¬
öffentlichten Arbeit (cf. B. T. W. 1897, No. 48 Seite 587) konnte
Prof. Nocard 35 solche Versuche erwähnen, die alle
öffentlich stattfanden, davon 18 unter der Leitung und der Con-
trole der beim französischen Kriegsministerium bestehenden
Commission militaire d’hygiene et de mödecine vötörinaires, deren
amtlicher Bericht mit der detaillirten Wiedergabe der Versuche
demnächst veröffentlicht werden wird. Es erschien wünschens¬
wert^ um den von Nocard eingenommenen Standpunkt zu prä-
cisiren, das vorhergehende Resumö seiner Arbeiten zu bringen.
Die nun folgende von Nocard verfasste Analyse der Schütz’schen
Arbeit ist wörtlich übersetzt und N. folgt dabei den 6 von
Schütz aufgeBtellten Conclusionen (vergl. B. T. W. No. 17).
1. Der primitive Lungenrotz entwickelt sich nicht
infolge der Injection (sagt Schütz).
Man könnte im ersten Augenblick glauben, dass Schütz mit
diesem Satz dieResultato meiner Versuche über dielngestion rotziger
Producte bestreitet. Aber im Gegentheil, Schütz hat auch fünf
Pferde (lungen-)rotzig gemacht, dadurch, dass er die Culturen von
Rotzbacillen ingeriren liess. Was Schütz bestreitet, ist, dass diese
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12. Mai 1*98. BEHLINEU TUIEUARZTL1CUE WOCHENSCHRIFT. ooj
Rotzläsiouen der Lunge primär seien, er behauptet, dass sie
immer auf rotzige Läsionen des Darmes oder der Mesenterial¬
drüsen folgen.
Ich muss zunächst bemerken, dass ich nicht glaube, dass
ich jemals die Behauptung aufgestellt habe, dass die Lungen¬
knötchen, die sich bei meinen Versuchsthieren entwickelten,
primäre Läsionen seien. Der einzige Punkt, an welchem ich
festhielt, war die Demonstration, dass, in der übergrossen Mehr¬
zahl der Fälle, der Rotz des Pferdes nach der Ingestion von
rotzigen Producten entsteht. Die Versuche von Schütz be¬
stätigen die meinigen; es ist dies in specie die Hauptsache.
Nach dieser Feststellung muss ich erklären, dass, im Gegen¬
satz zu Schütz, ich nicht ein einziges Mal bei meinen Versuchs¬
thieren rotzige Läsionen der Darmmucosa vorgefunden habe,
obwohl ich sie mit Hartnäckigkeit gesucht habe, wenigstens zu
Anfang, weil ich hoffte, hier ein wichtiges Argument finden zu
können, um denjenigen zu opponiren, die behaupten, dass das
Mallein eine Reaction bewirke bei Pferden, deren Lungen bei der
Section gesund befunden werden.
Wie können ähnliche Versuche so verschiedene Resultate
gegeben haben? Es ist dies, weil die betreffenden Versuche nur
dem Anscheine nach identisch sind.
Schütz wollte die von mir vorgebrachte Thatsache controliren;
er hat aber geglaubt, in anderer Form als ich Vorgehen zu müssen.
Anstatt eine kleine Quantität von virulenter Rotzbacillencultur (’/i,
'/ s odqr das Ganze einer Kartoffelcultur) sorgsam in einer grossen
Menge Wasser anfzulösen und diese Mischung den Versuchsthieren
zu trinken zu geben, glaubte er besser zu thun, grosse Quantitäten
von Rotzculturen (40 Culturen in einem Fall, 42 in einem an¬
deren!) in einer .Gelatinekapsel einzuschliessen und diese dem
Thiere wie eine Pille einzugeben.
Es ist nur zu erklärlich, dass die bewirkten Resultate ganz
andere waren: Im Schütz’schen Falle werden da, wo sich die
Gelatinekapsel öffnet, eine enorme Menge von Rotzbacillen an j
der Oberfläche der Darmmucose abgelagert; die Bacillen häufen
sich in den Drüsenzwischenräumen und in den Krypten der
Follikel in so grosser Zahl, dass die Leukocyten nicht genügen,
um sie zu umgeben und sie zu transportireu und im ganzen
Organismus zu vertheilen. Es entstehen am Platze selbst rotzige
Herde, von welchen aus die generelle Infection vorgeht. Es er¬
klärt dies die Häufigkeit jener weisslichen und erweichten Knötchen
in der Leber, in der Milz und in den Lungen, die in der Grösse
zwischen einer Erbse und einer Haselnuss von Schutz beobachtet
worden sind. Es sind dies nicht die Miliartuberkel der Lunge,
welche den natürlichen Rotz characterisiren; die erzielten Re- 1
sultate sind vielmehr denen identisch, welche durch die subcutane
oder submucöse Injection irgendwelchen rotzigen Productes erzielt
werden.
Prof. Gratia in Brüssel sagt sehr richtig im Februarheft der
Annales de mödecine vötärinaire, „dass die Bedingungen der
Schütz’schen Versuche sich in praxi nicht verwirklichen,
da das Krankheitsvehikel, Getränk oder Nahrungsstoff, stets nur eine
kleine Zahl der infectiösen Mikroben enthalt. Ist es deshalb nicht
möglich, dass, wie bei der Tuberculose, die Läsionen in erster
Linie in den mehr oder weniger entfernten Organen, wie z. B.
den Lungen auftreten und die Darmeingeweide verschonen, die
zuerst der Infection ausgesetzt waren ?*‘
In meinen Versuchen werden die wenig zahlreichen und sorg¬
sam in viel Wasser suspendirten Bacillen auf die ganze Ober¬
fläche der Darmmucosa vertheilt, wo sie leicht von den Leukocyten
umgeben und in den ganzen Organismus getragen werden, ohne
dass es möglich ist, auf der Darmschleimhaut die Eingangspforte,
nicht einmal die geringste Spur ihres Passirens zu finden.
Warum ist aber Schütz, der meine Versuche
controliren wollte, nicht so vorgegangen, wie ich es an¬
gab? Er findet meine Versuche mangelhaft; sie besitzen seiner
Ansicht nach nicht die in diesen Sachen wünschens wer. he Rigorosität.
Er sagt nämlich:
„Wenn man in Moorrüben oder im Trinkwasser ent¬
haltene Rotzbacillen ingeriren lässt, ist man nie sicher, dass
diese Bacillen direct in den Magen oder in den Darm gelangen,
selbst wenn man die Thiere nach der Ingestion eine grosse
Menge reines Wasser trinken lässt; es ist sehr wahrscheinlich,
dass viele Mikroben zwischen den Zähnen bleiben oder in
den zahlreichen Buchten der Maul- und Schlundkopfschleim¬
haut. Nocard gesteht, dass „bei beinahe allen“ seinen
Versuchsthieren man nach einer gewissen ZeitAnschwellungen
rotziger Natur der Lymplnlrüsen beobachten konnte; es er¬
hellt hieraus, dass bei „fast allen“ seinen Pferden der
Pharynx krank war und dass die Rotzinfection zur Evidenz
von den ersten Digestionswegen ausging.“
Die von Schütz gebrachte Objection verträgt die Prüfung
nicht, wenigstens so weit sie sich auf meine Versuche bezieht,
in welchen, in weitaus den zahlreichsten, die Rotzcultur nach
Auflösung im Trinkwasser ingerirt wurde. In der Tliat ist,
wenn man sorgsam in 6 Liter Wasser ein Viertel, ein Halb oder
das Ganze einer Rotzcultur auf Kartoffel auflöst, die Auf¬
machung so, dass das Wasser vollständig klar ist, und dass
man nicht immer eine C'ultur erzielt, wenn man einen
Tropfen dieser Auflösung auf Peptonebouillon oder auf Kartoffel
aussäet. Wenn das Thier seit 24 Stunden nicht getränkt worden
ist, so trinkt es hastig, in weniger als einer Minute den halben
Eimer aus, den man ihm vorhält. Ebenso hastig wird der ihm
gleich nachher angebotene ganze Eimer reines Wasser ans¬
getrunken. Was kann nach dieser veritablen Iriigation von der
zuerst verabreichten Rotzauflösung noch auf der Maul- und
Schlundkopfschleimhaut bleiben? Wenn ich die Menge der der
Schleimhaut nach der ersten Injection adhärirenden Diluiions¬
menge auf 10 Cubikcentimeter schätze, bin icli jedenfalls weit über
der Richtigkeit. Der halbe Eimer enthielt G Liter, es bleibt somit
Vöoö der Culturmenge auf der Schleimhaut des Maules und des
Schlundkopfes haften. Das reine Wasser, das sofort nachher in
mindestens gleicher Menge absorbirt wird, schwemmt gewisser-
massen die verunreinigten Schleimhäute ab; diese zweite Dilution
ist jedenfalls ebenso verdünnt wie die erste, man sieht also dass,
was an der pharyngealen Schleimhaut haften bleibt, jedenfalls
weniger als 1/360000 der ingerirteu Cultur ist. Ist es vernünftig,
die Infection dieser unendlich kleinen Virusquantität zuzuschreiben,
wenn die Darmschleimhaut 360000 Mal mehr erhalten hat?
Aber, wird Schütz sagen, der Beweis, dass die Infection
trotzdem auf diese Weise entstanden ist, ist, dass „bei fast allen“
Versuchsthieren rotzige Laesionen der Kehlgangslymph-
drüsen und selbst der Nasenhöhlenschleimhaut constatirt wurden.
Ich muss zunächst bemerken, dass dieses „fast alle“ nicht
richtig ist. In meiner Notiz vom 12. März 1896 sagte ich, dass
13 Pferde von 21 clinische Rotzerscheinungen gezeigt haben; die
8 anderen, die kein äusseres Rotzsymptom hatten, hatten aber
rotzige Laesionen der Lungen. In meiner Mittheilung auf dem
Moskauer Congress gab ich folgende Zahlen: Von 35 Versuchs¬
thieren haben 17 niemals irgend welches äussere Symptom gezeigt.
Ich füge bei dass von den 18 Pferden, die mit Symptomen rotzig
wurden, 13 es nur später wurden; mehr oder weniger lange Zeit,
nachdem die Malleinreaction erlaubt hatte, die Existenz von
Lungenlae8ionen, die sich zuerst entwickelt hatten, zu bejahen.
Endlich habe ich nur in einem einzigen Falle zwei Ulcerationen
auf der Schlundkopfschleimhaut gefunden. Es war dies bei einem
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Maulesel, bei welchem die Schleimhaut der Nasenscheidewand,
der Drüsen, des Kehlkopfes und der Luftröhre buchstäblich mit
specifischen Ulcerationen gespickt war.
Zeigen diese Erläuterungen nicht die Grundlosigkeit (inanite)
der von dem Berliner Gelehrten ausgesprochenen Befürchtungen?
2. Die grauen und transluciden Granulationen in der
Pferdelunge sind nicht rotzig; es sind inflammatorische,
durch einen Parasiten verursachte Läsionen.
Es ist eine W. Schütz besonders liebgewordene Ansicht,
dass die transluciden Tuberkel in der Pferdelunge parasitärer
Natur sind. Im Recueil sind schon mehrere sehr interessante
Artikel analysirt worden, die von ihm oder seinen Schülern, Olt
und Künnemann, diesem Gegenstand gewidmet worden sind.
Er kommt in seiner neuen Arbeit sehr ausführlich hierauf
zurück, und es wird mir in keiner Weise schwer, anzuerkennen,
dass er in derselben in unbestreitbarer Weise demonstrirt, dass
die Pferdelnnge parasitäre Tuberkel enthalten kann.
Das Factum ist an sich nicht überraschend: solche parasitäre
Nodositäten in der Lunge sind schon lange beim Schaf, beim
Kalb und beim Schwein bekannt, weshalb sollten keine solchen beim
Pferde existiren? Was aber sicher ist, ist, dass diese parasitären
Tuberkel, die in einzelnen Gegenden Deutschlands so häufig sind,
dass Olt sie bei 70 pCt. der in Stettin geschlachteten Pferde
finden konnte, in Frankreich sehr selten sind; unsere Schlachthaus¬
inspectoren hätten sie sicher nicht übersehen und Neu mann er¬
wähnt dieselben nicht in seinem so solid documentirten Lehrbuch.
In Frankreich sind also diese Laesionen selten, man kann sie
aber doch antreffen; für meinen Theil habe ich in den letzten
zwei Jahren vier Fälle gesehen. Es handelte sich um Lungen,
die im Schlachthause von Villejuif als rotzverdächtig beschlag¬
nahmt worden waren. Der Schlachthausinspector hatte Zweifel
über die Natur der Laesionen und deshalb würde ich cbnsultirti
Beide Lungen waren mit feinen Miliarknötchen infiltrirt, von
denen die meisten in der centralen Partie verkalkt waren. Eine
aufmerksame Prüfung gestattete jedoch, sie schon mit dem blossen
Auge von Rotztuberkeln zu differenziren: 1. Einzelne dieser
Knötchen waren noch vollständig durchsichtig; wenn man sie mit
der scharfen Nadel zerriss, konnte man wahrnehraen, dass sie
aus einer dünnen, fibrösen und widerstandsfähigen Hülle be¬
standen, die einen amorphen Inhalt einschloss; in den transluciden
Rotztuberkeln aber ist niemals eine Hülle vorhanden, sondern die
ganze Masse ist homogen. 2. Bei vielen anderen Knötchen war
die undurchsichtige centrale Partie noch von einer durchsichtigen
Zone umgeben; aber die undurchsichtige Partie, anstatt einfach
undurchsichtig zu sein und sich leicht zerdrücken zu lassen, wie
es bei Rotzknötchen ähnlichen Ansehens der Fall ist, war schon
verkalkt und nur schwer zwischen zwei Glasplatten zu zer¬
drücken. 3. Die vollständig undurchsichtigen Tuberkel waren
endlich alle verkalkt, aber diese Verkalkung war sehr ver¬
schieden von derjenigen, die man bisweilen bei Rotztuberkeln
beobachtet; die Masse ist sehr hart; sie ist sehr schwer zwischen
zwei dicken Glasplatten zu zerdrücken, man könnte an ein Kiesel¬
fragment glauben; im Rotztuberkel dagegen verändert die Ver¬
kalkung (die unzweifelhalt stattfindet, was auch Schütz dagegen
sagen mag) den käsigen Inhalt des Tuberkels zu einer kreidigen
Substanz, die sich zwischen den Fingern zerreiben lässt und das
Gefühl eines Kittes erweckt, in welchen man Kieselsand gemengt hätte.
Man sieht, dass man, bei einiger Aufmerksamkeit, schon mit
dem blossen Auge die parasitären Lungenknötchen des
Pferdes von denjenigen unterscheiden kann, die rotziger
Natur sind.
Die histologische Studie dieser parasitären Knötchen ist von
Meisterhand, und Schütz giebt bis in die kleinsten Details die
_Ao. 19 .
anzuwendende Technik au, um die Nematoden zur Evidenz zu
bringen.
Die von Schütz gebrachte Conclusion ist nun aber,
dass jedes translucide Knötchen parasitärer Natur ist
und dass allein die grauen, in ihrem centralen Theil undurchsichtigen
oder mit einer rötlilichen, mehr oder weniger ausgedehnten Aureole
umgebenen Knötchen als Rotzknötchen zu betrachten sind.
Diese Conclusion zeigt, dass beiSchütz der Logiker bei
Weitem nicht auf der Höhe des pathologischen Anatomen
steht. Um dies festzustellen, wird es genügen, an den im Recueil
1897, S. 683 (cf. B. T. W. 1897, No. 48) bekanntgegebenen Versuch
zu erinnern, bei welchem G Pferde eines rotzfreien Regiments
nur 4 Rotzculturen in einem halben Eimer Wasser erhielten,
während zwei als Controlthiere behalten wurden. Bei der Section
hatten die vier injicirten Pferde die Lungen gespickt mit einer
grossen Anzahl von Miliartuberkeln in allen Stadien ihrer Ent¬
wicklung, darunter viele von weicher Beschaffenheit und trans-
luciiem Ansehen oder centrale Erweichung und ohne Gewebs-
verdickung an der Peripherie. Die beiden Controlthiere dagegen hatten
die Lungen ganz gesund; sie enthielten keine Knötchen, weder
translucide noch andere.
Ich könnte auch noch daran erinnern, dass die Cultur und
die Ueberimpfung die rotzige Natur dieser transluciden Tuberkel
bewiesen haben, nicht nur in meinen Händen, sondern bei Kitt
(Münchener Jahresbericht 1895, S. 56) und Thomassen (Bulletin
de la Societü centrale de mdd. vöterinaire 1894, S. G5), aber
Schütz spricht diesem Argument jeden Werth ab; die Tuberkel
hätten sich so verhalten, weil sie von Pferden stammten, die
rotzig waren; die ganz zufälligen Läsionen hätten Rotzbacillen
enthalten können, weil er selbst gezeigt hat, dass das Blut des
rotzkranken Pferdes mitunter Bacillen enthält.'
• Dass Schütz Bacillen im-B’lfrt -der rotzkranken Pferde ge¬
funden hat, muss ihm geglaubt werden, weil er es sagt. W as er aber
nichtsagtundwas 6 ehr interessant zu wissen wäre, ist, wie
oft er dies constatirt hat. Ich habe für meinen Theil eine sehr
grosse Anzahl von ähnlichen Versuchen vorgenommen; niemals
fand ich das Blut virulent und niemals habe ich mit demselben
Culturen erzielen können. Ich behaupte deshalb, dass das von
Schütz citirte Factum nar ganz ausnahmsweise stattfindet und
dass es nicht gegen die von mir angeführten augerufen werden
kann. Ich kann infolge dessen nur die von Gratia in dem
schon angeführten Artikel der Annales veröffentlichten Be¬
merkungen unterzeichnen.
„Ja, es existiren beim Pferde tuberkelförmige Läsionen der
Lunge, die, trotz des äusseren Scheines, nicht zur Tuberculose
und nicht zum Rotz gehören; zu diesen Läsionen zählen wir,
mit Schütz, die transluciden oder kreidigen parasitären
Nodositäten. Aber andererseits halten wir fest, weil wir es
constatirt haben, dass beim Lungenrotz im Evolutionsstadium
Knötchen in den verschiedenen Entwickelungsstadien angetroffen
werden können; die jüngsten sind klein, grau, hyalin und halb¬
durchsichtig; die ältesten sind vereitert oder verkäst und oft von
einer fibrösen Hülle umgeben. Wir glauben also mit Nocard,
dass es translucide Rotztuberkel giebt, und dass die Versuche
unseres Collegen aus Alfort dies genugsam beweisen.“
3. Der Rotztuberkel ist eine noduläre Hepatisation,
der eine besondere Desagregation erleidet;
4. er verkalkt nicht.
In meiner Note von 1896 verglich ich, um das Warum der Trans-
lucidität des entstehenden Rotztuberkels zu erläutern, denselben
einem neugebildeten Narbengewebe und sagte, dass er wie dieses
aus einer Anhäufung von Leukocyteu gebildet sei, die durch ibre
Reactiou auf Färbungsmittel ihre vollständige Vitalität zeigen.
BERLINER TU 1ERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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12. Mai 1898.
BEHLINEU TUIEHÄHZTL1CHE WOClIENSCllUIET.
223
Schütz protestirt heftig gegen diese, übrigens ganz
schematische Definition des entstehenden Rotztnberkels, and
beschreibt weitläufig seine pathologische Anatomie. Aber, soll
ich es sagen, dieser ganze, übrigens sehr exacte und sehr
interessante Theil der Schütz’schen Arbeit lehrt uns nicht viel
Neues. Wir wussten schon durch die Arbeit von Leclainche
und Montane (Annales de lTnstitnt Pasteur, 1893, S. 481),
von welcher übrigens Schütz kein Wort sagt, dass der Rotz¬
tuberkel essentiell aus einem Herd von fibrinös-haemorrhagischer
Pneumonie besteht, in welchen rasch Leukocyten einwandern; so
lange diese Leukocyten leben bleiben, bleibt der Herd hyalin und
translucid; er wird undurchsichtig, erst wenn die Zellen durch das
Rotztoxin getödtet sind. War es also eine Ketzerei, wenn ich
sagte, dass der junge Rotztuberkel hauptsächlich aus einer
Leukocytenanhüufung besteht?
Der einzige wirklich neue Punkt der Schütz’schen Abhand¬
lung, und ich kann dessen Richtigkeit bestätigen, ist der ganz
besondere Character der Necrose der Tuberkelelemente. Das
Chromatin des Kernes erhält sich intact mit allen seinen Affini¬
täten für Färbemittel, auch nach der vollständigen Zersetzung
der Zelle und des Kernes. In allen anderen Formen von Ne¬
crose wird das Chromatin rasch zerstört. Diese Form der Des¬
integration des Kernes in den Rotzläsionen ist zuerst von Unna
beobachtet worden, der ihr den Namen „Chromatotexis“ gegeben
hat. Für Schütz ist dies ein sicheres Criterium der Rotzläsion.
Ich gestatte mir jedoch ihm zu bemerken, dass sie identisch in
den Lungeninfarcten der Schafpocken beobachtet wird.
Schütz bestreitet auch, dass der Rotztuberkel verkalken
könne; er behauptet, dass die Secretion des Rotzbacillus wegen
ihrer sauren Reaction die Ablagerung von Kalksalzen verhindere.
Ich nehme diese Hypothese gern an, dafür begehre ich von
gemachten ErfaJiruugen wurde besonders eine Lösung vonögNatrium
bicarbonicum in einemLiter lauwarmen Wassers eineStundevordem
Decken in die Scheide der betreffenden Stuten eiuzuspritzen
gerathen. Grabensee hatte nun angeordnet, dass auf den
Königlichen Beschälstationen der Provinz Hannover bei wieder¬
holt vergeblich gedeckten Stuten Versuche nach dieser Richtung
hin gemacht werden sollten, wenn die Züchter damit einver¬
standen wären.
Nach den jetzt vorliegenden Berichten sind im vorigen Jahre
bei 4G3 Stuten Natrium bicarbonicum-Injectionen ausgeführt
worden. 277 dieser Stuten sind tragend geworden, 145 blieben
unbefruchtet und bei 14 Stuten ist das Resultat noch unbestimmt.
Rechnet man nun von diesen 14 noch unbestimmten Fällen 7 zu
den tragenden und 7 zu den güsten, so ergiebt sich, dass nahezu
zwei Drittel der Stuten (66 pCt) tragend geworden sind. Kann
dieses Resultat schon bei normalen Stuten in vielen Gegenden als
ein gutes bezeichnet werden (in der Provinz Hannover wurden in
den letzten Jahren von den Königl. Hengsten durchschnittlich
71 pCt. befruchtet), so ist es um so überraschender, wenn man
bedenkt, diesen Erfolg bei solchen Stuten erzielt zu haben, welche
bis dahin meist güst geblieben oder gar nicht tragend geworden
waren. Grabensee hält es durchaus nicht für zweifelhaft, dass
bei weiterer Vervollkommnung der iDjectionsinstrumente etc. noch
bessere Ergebnisse zu verzeichnen sein werden. Besonders
empfehlenswerth ist es, keine gewöhnliche Clystierspritze zur
Erfüllung zu benutzen, sondern einen Trichter mit Gummisclilauch
zu verwenden, an dessen Ende verschiedene Mundstücke (nach
Art einer Mutterspritze) angebracht sind, damit die Salzlösung
alle Theile der Scheidenschleimhaut trifft.
Die eingegangenen Berichte enthalten folgende interessante
Einzelheiten. So wurden in
Schütz; dass «r mit mir annehme, dass das Absterben des Bacillus
seine saure Secretion snspendiren muss nnd dass dann die
kalkige Infiltration des Tuberkelinhalts möglich wird. Dann er¬
hält die käsige Substanz des Tuberkels die Beschaffenheit, die
zwischen den Fingern das Gefühl eines Kittes erweckt, in welchen
Kieselsand gemengt worden wäre. Dann kann man aber auch
sicher sein, dass der Tuberkel jede Virulenz verloren hat. Die
von Comüny im Bulletin der Socidtö centrale (1897, S. 122) ver-
>. Station Balge 19 Stuten iujicirt, davon 14 tragend,
„ LandesbergenÖ „ „ „ 4 „
„ Mandelsloh 6 „ ., ,. 5 „
,, Oeste 8 ,, ,, ,, 4 „
von diesen ist eine Stute 22, eine 20, eine 16 Jahr alt; die
vierte Stute ist erst 8 Jahre alt, hatte aber noch kein Füllen
gebracht, obwohl sie 3 Jahre gedeckt war.
Station Brietlingen 17 Stuten iujicirt, davon 14 tragend, — unbest.
öffentlichte Mittheilung ist in dieser Beziehung sehr demonstrativ.
ff
Gestow
8
ff
ff
„ 7
ff
—
Ich hätte, am vollständig zu sein, noch von einer zweiten Arbeit
tt
Isernhagen
35
ff
ff
„ 26
ff
—
ff
zu sprechen, die Schütz in derselben Nummer des Archivs veröffent¬
tt
Altenbruch
14
'f
„ 10
ft
—
ff
licht und in welcher er das Resultat seiner „Untersuchungen
M
Baden
12
ff
P
„ 9
ff
—
ff
über den Werth des Malleins“ auseinandersetzt. Seine Con-
V
Hechthausen 19
ff
ff
„ 16
• <
1
ff
clusion ist, dass das Mallem keinen diagnostischen Werth besitzt.
M
Ihlienworth
15
t*
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„ 9
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3
ff
Da aber Schütz nur mit Preusse’schem Mallein gearbeitet
n
Kehdingbruch 11
ff
ft
7
ft
2
ft
hat und ich selbst keine persönliche Erfahrung über dieses Mallein
9)
Nordholz
44
ff
ff
„ 29
ff
2
ff
besitze, beschränke ich mich mit Gratia in den belgischen Annalen
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Otersen
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zu wiederholen, dass in Frankreich, wie in Belgien und wie in
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Altharen
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England das Mallein aus dem Institut Pasteur „zur grössten Zu-
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Stedebergen 10
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friedenheit Jedermanns“ verwendet wird.
Einwirkung auf die Befruchtung schwer tragend¬
werdender Stuten durch Injection von Natrium bicar-
bonienm-Lösungen vor der Bedeckung.
Von Landstallmeister Grabensec.
(Deutsche Uudwirthsch. Presso No. 34.)
Ausgehend von der bekannten Thatsache, dass Spermatozoen
in alcalischen Lösungen längere Zeit lebensfähig bleiben als in
sauren, hat man schon vor Jahren, um den nicht selten sauer
reagireuden Vaginalschleim bei Stuten und Kühen alcalisch zu
machen, Iojectionen von Natrium bicarbonicum-Lösungen in die
Scheide vorzunehmen empfohlen. Nach günstigen in Frankreich
Unter den 5 tragenden ist eine siebenjährig, welche bis dahin
güst geblieben war.
Eine neue Septicämie der Kälber.
Von Thomassen.
i (Anal, de l'Institut Pasteur 1897, T. 11, No C, pag. 623.)
In der „Dtsch. thierärztl. Wschr.“ findet sich ein Referat der
oben genannten Quelle, aus dem hier Folgendes wiedergegeben
werden soll. In den Frühjahren 1896 und 1897 trat in der Um¬
gegend von Utrecht eine verheerende Kälberkrankheit auf, meist
5—8 Tage nach der Geburt, seltener nach einigen Wochen. Die
Thiere liegen beständig, haben sehr beschleunigten Atliem nnd
Puls und eine Temperatur von 40—41. Der Appetit ist ziemlich
erhalten: der öfter in kleinen Quantitäten abgesetzte Urin ist
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224
BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
trübe, und wenn er mit Kalilauge gekocht wird, bildet sich ein
rother Bodensatz. Ausserdem enthält er Eiweiss etc., bisweilen
treten cerebrale Störungen hinzu, Tod in der Regel nach
5—6 Tagen. Die Therapie konnte nicht viel leisten. Sections-
befund: Brustorgane normal, im Herzen flüssiges Blut, Ecchy-
mosen auf dem Endoc u dium. Subserosa infiltrirt, Bronchialdrüsen
hypertrophisch mit punktförmigen Blutungen. In der Peritoneal¬
höhle bernsteingelbe Flüssigkeit, Blutflecke auf der Darmserosa
Milz auf das Fünf- bis Sechsfache vergrössert, schwarzblau, blut¬
reich und weich. An den Nieren stets parenchymatös hämor¬
rhagische Entzündungen. Im Blasenharn Bacillen, Blasenschleim¬
haut gleichmäS8ig braunroth oder fleckig und streifig gerötliet.
Mesenterialdrüsen wie die Bronchialdrüseu. Labmagenschleimhaut
auf der Höhe der Falte hämorrhagisch. Peyer’sche Haufen oft
geschwollen. Leber kaum verändert. Wo bei Lebzeiten cere¬
brale Entzündungen bestanden hatten, fand sich Basilanneningitis mit
trübem Exsudat, Bacillen enthaltend. Mikroskopisch zeigte sich
in den Nieren pralle Capillarfüllung, zwischen den Harn-
canälchen Leukocyten und Exsudat. In denselben das Epithel
theilweis necrotisch, theilweis das Lumen dadurch verstopft.
Thomassen konnte aus dem Blut und der Peritonealflüssigkeit
einen specifischen Bacillus züchten und wirksam übertragen.
Derselbe ähnelt dem Colibacterium, unterscheidet sich aber von
ihm vielfach, wächst auf gewöhnlichen Nährböden bei Zimmer¬
temperatur, zeigt Eigenbewegung, färbt sich mit den gewöhnlichen
Anilinfarben, entfärbt sich nach Gram. Den Culturen fehlt Indol,
Phenol und der üble Geruch. Milch bringt der Bacillus nicht zum
Gerinnen. Gegen Uebertragung erwiesen sich Kälber als sehr
empfänglich. Auf 1 ccm trat eine Erkrankung und nach 4 bis
6 Tagen der Tod ein unter demselben Obductionsbefund wie oben
beschrieben. Auch Kaninchen und Meerschweinchen waren
empfänglich, Hunde und Pferde nicht.
Das Tropon, ein neues Nahrungseiweiss.
Von Prof. Finkler.
(D. Mod. Wocb. 17,98.)
Dem Bonner Hygieniker ist es gelungen, aus in der Natur
vorgebildetem Eiweiss ein Nahrungsmittel, ein Nahrungseiweiss,
herzustellen, das mit der denkbar höchstgesteigerten Ausnutzungs¬
fähigkeit durch die menschlichen Verdauungsorgane die Vorzüge
der erwüaschten leichten Verdaulichkeit und einer sehr grossen
Billigkeit verbindet. Es ist F. gelungen, das in dem Fleisch
sowohl wie in den Pflanzen vorhandene Eiweiss von allen Ver¬
unreinigungen, oder besser gesagt von allen irgendwie gearteten
fremdstofflichen Beimengungen fast vollständig zu befreien und es
in eine der menschlichen Ernährung zweckdienliche Form zu
bringen. Das ist von ungemeiner volkswirtschaftlicher Be¬
deutung, denn auf diese Weise ist es nunmehr möglich geworden,
gerade die eiweissreichen Pflanzen, nämlich die Hülsenfrüchte,
ungleich stärker als bisher in die regelmässige Volksernährung
einzuführen, ohne dass man Gefahr zu laufen braucht, die
unvermeidlichen Schäden einer derartigen Volksernährung mit in
den Kauf zu nehmen. Dieses „Tropon“ genannte Nahrungs¬
eiweiss kann, wie ausgedehnte Versuche beim Menschen bereits
erwiesen haben, dauernd genossen werden, ohne Widerwillen
an dieser Nahrung zu erregen; es wird leicht verdaut, fast voll¬
ständig ausgenutzt und stellt sich im Vergleiche zu den Kosten
des Eiweisses von frischem Fleisch um 40—50 pCt. billiger. Es
hat daher einen grossen Werth als Ersatzmittel Für die wirklich
theuren Stoffe einerseits und den Vorzug vor den billigeren
Eiweissträgern andererseits dadurch, dass es gut haltbar ist,
keinen eigenen Geschmack besitzt und daher allen Nährstoffen
und Speisen zugesetzt werden kann, dass es ferner ungemein
leicht verdaulich ist und in grossen Mengen sowohl unvermischt
als auch mit anderen Stoffen gemengt genossen werden kann.
Nach Finklers bestimmter Aussage ist das von ihm hergestellte
Tropon der billigste aller bisher fäbricirten reinen Eiweissstotfe.
Nach seinen Angaben sind bereits die mannigfachsten Tropon-
Nährmittel, also Tropon-Brot, -Zwieback etc., hergestellt und mit
bestem Nutzen verwendet worden. Auch in der Krankenkost
findet Tropon seine glücklichste Verwendung. F. ist der Ansicht,
dass mit diesem neuen Nahrungseiweiss eine erfolgreiche Reform
der Ernährung durchgeführt werden kann.
Thierhaltung und Thierzucht.
Deutschlands Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten 1896.
Der im Verlage von Jnlius Springer-Berlin erschienene
11. Jahresbericht über die Verbreitung der Thierseuchen im
Deutschen Reiche giebt, wie alljährlich, zugleich eine Uebersicht
über Einfuhr und Ausfuhr von Vieh etc., der diesmal Folgendes
zu entnehmen ist:
Pferde wurden eingeführt 104 343, etwa eben soviel als 1895,
aber erheblich mehr als in den Voijahren. Davon lieferte
Russland rund 31800, Belgien 21,500, Dänemark 15 900, Oester¬
reich-Ungarn 11C00, Holland 7700, Frankreich 6800, Amerika
4285, England 2600. Die Ausfuhr betrug 9894, etwas mehr als
in den beideu Vorjahren.
Die Rindereinfuhr umfasste 82 882 Kühe, 59 387 Stiere und
Ochsen, 65 876 Stück Jungvieh, 9660 Kälber unter 6 Wochen,
zusammen 217 805 Stück gegen 291000, 380000, 198000,276000,
276 000, 200 0C0 in den Vorjahren bis 1890 einschliesslich, also
gegen das Voijabr um 26 pCt., gegen 1894 um 43 pCt. weniger.
An der Einfuhr waren (abgesehen von Frankreich mit einigen
Hundert Thieren) 4 Staaten betheiligt, nämlich Oesterreich mit
zusammen 92 303 Stück, Dänemark mit 101459 (namentlich Kühe
and Jungvieh), die Schweiz mit 19 893 und Schweden mit 12 272.
— Ausgeführt wurden nur 1209 Stück nach Oesterreich und
11 626 nach der Schweiz, d. h. weniger als in den Voijahren.
Die Schweineeinfuhr betrug 106000 gegen 347 000,
715 000, 840000, 987 000, 936 000, 596 000 in den Vorjahren bis
1890 einschliesslich. Ungarn ist ganz weggefallen wegen des
schon 1895 gegen die Mastanstalten gerichteten Verbotes.
Ungarn hat auch 1896 selber 670000 Schweine an Schweine¬
seuche verloren und hätte gar nicht exportiren können.
Russland lieferte 89 775 Stück, Schweden 8700, Oesterreich 6000,
die Schweiz 1400. Die Ausfuhr betrug 23 946 Stück nach Oester¬
reich und 8194 nach der Schweiz.
Schafe wurden 1000 aus England eingeführt, 223 600 aus¬
geführt gegen 334 000, 382 000, 432 000, 317 000, 231000, 398COO
in den Vorjahren bis einschliesslich 1890. Frankreich nahm
113 000, Belgien 48000, England 42 000, die Schweiz 17 00O.
Ein- und Ausfuhr von thierischen Producten in Doppelcentnern:
Kalbfelle; Rindshäute; Rosshäute;
Einfuhr 120 700 628 000 122 351
Ausfuhr 50 000 240 700 25 552
Ziegen- und Schaffelle; Haare, Hörner etc.; Schafwolle;
Einfuhr 127 020 114 000 1 702 446
Ausfuhr 35000 54 500 90 866
Die Fleischeinfuhr (nur frisches bezw. gesalzenes oder
geräuchertes) betrug 266 958 Doppelcentner gegen 331 900,
259 000, 148 000, 261000, 173 000, 242 000 in den Vorjahren bis
1890 einschliesslich.
Als Importeure von Vieh kommen also in Betracht Oesterreich-
Ungarn, Dänemark, Belgien, Russland (wenig Holland, Schweden,
Schweiz, Frankreich, Amerika). Während aber noch 1894 Oester¬
reich 636 000 und Dänemark 240000 Thiere importirten, ist der
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12. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
225
Import aus diesen Ländern jetzt auf 109 000 bezw. 117 200 herab -
gedrückt. Russland schickt mehr als Oesterreich-Ungarn und
Dänemark, nämlich 121000 Thiere (Pferde und Schweine) und
steht jetzt an der Spitze der Importeure.
Berechnet man (unter Bezugnahme auf vom statistischen
Amt anfgestellte Einzelsätze und die auf dem Berliner Viehhof
angenommenen Dnrchschnittssätze) den Geldwerth derVieheinfuhr,
so ergiebt sich nach massigem Anschlag (Pferd zu 325, Rind zu
200, Jungvieh zu 100, Kalb zu 30, Schwein zu 70 M.) ein Werth
für die Pferdeeinfuhr von rund 34 Millionen, für die Rindereinfuhr
von 35^ Millionen, für die Schweineeinfnhr von 7*/ a Millionen,
zusammen ein Vieheinfuhrwerth von rund 76$ Millionen, dem ein
Ausfuhrwerth von 11$ Millionen gegenübersteht, so dass sich ein
Einfuhrüberschuss von 65 Millionen ergiebt.
Der Einfuhrüberschuss betrug aber für 1894 nach denselben
Sätzen berechnet noch 1*20 Millionen, so dass eine Besserung
des Verhältnisses um 46% seit zwei Jahren eingetreten ist.
Das Bild ist ein sehr erfreuliches bei der Rindereinfuhr und Schweine¬
einfuhr, die einen so ausserordentlich starken Rückgang zeigen.
Ganz besonders erfreulich und nützlich aber ist
grade in gegenwärtiger Zeit, wo vielleicht die Be¬
schränkung der dänischen Einfuhr Anlass zu Dis-
cussionen giebt, der durch diese Statistik für 1896 und
ebenso durch die Viehzählung von 1897 gelieferte, in solchem
Masse kaum zu erwartende Beweis, dass die deutsche
Rindviehzucht die Verminderung der Einfuhr spielend
zu überwinden im Stande ist und den Bedarf an Schlacht¬
rindern selbst zu erzeugen vermag, denn obwohl die 1895er und
1896er Verminderung der Einfuhr auch 1897 angehalten, hat sich am
Schluss dieses Jahres bekanntlich doch ein erheblicher Zuwachs des
Rinderbestandes, gegen 1892 um % Millionen Haupt ergeben.
(B. T. W. No. 15.)
Noch eclatanter ist der Beweis, dass uns die heimische Vieh-
production von der Einfuhr unabhängig machen kann, bei den
Schweinen, denn, obwohl hier die Einfuhr seit 18P5 auf ein
Siebentel hernntergegangen ist, ist der Schweinebestand gegen¬
über dem von 1892 um 1,7 Millionen, d. h. über 20 pCt. grösser
geworden.
Beachtung erfordert aber noch die Höhe der Fleischeinfuhr,
welche an Geldwerth etwa ein Viertel der Höhe der gesararaten
Einfuhr lebender Thiere und fast die Hälfte des Einfuhrwertes
der lebenden Schlachtthiere erreicht.
Tagesgeschichte.
Protokoll Aber die General-Versammlung des Vereins
Rheinpreussischer Thierärzte
am 23. April im Zoologischen Garten in Cöln.
An der Versammlung betheiligten sich 41 Collegen aus den
verschiedenen Theilen der Provinz; es war eine Einladung an
alle Thierärzte ergangen, also auch an Nichtmitglieder, damit
allen Gelegenheit gegeben werde, sich über die „Reform¬
bestrebungen der Kreisthierärzte“ zu äussern.
Nach Begrüssung der Erschienenen durch den Vorsitzenden,
Herrn Departementsthierarzt Dr. Schmidt, fand zunächst Punkt I,
Vereins- und Standesangelegenheiten, seine Erledigung durch ein
kurzes Referat seitens des Vorsitzenden, wobei er Mittheilung
machte von dem Ableben unseres Ehrenmitgliedes, des Herrn
Professor Dr. Pütz, des Herrn Professor Dr. Rabe und des
Herrn Lies in Braunschweig. Nachdem die grossen Verdienste
dieser Herren um Wissenschaft und Stand hervorgehoben, erhob
sich die Versammlung zu deren ehrenden Andenken von den
Sitzen. — Sodann erinnerte Dr. Schmidt an den im nächsten
Jahre in Baden-Baden stattfindenden internationalen thierärzt¬
lichen Congress nnd hofft auf eine rege Betheiligung seitens der
Collegen.
Eine recht eingehende Besprechung fand Punkt II der Tages¬
ordnung, zu welcher als Referent Kreisthierarzt Schmidt,
Meyen, ein recht ausführliches Referat erstattete, das bereits in
dieser Zeitschrift zur Veröffentlichung gelangt ist. Nachdem die
Collegen aus den verschiedenen Regierungsbezirken ihre Ansicht
zum Ausdruck gebracht hatten, stellte der Vorsitzende die fol¬
genden zwei Anträge der Cölner Collegen, die Kreisthierarzt
Bongartz formulirte, zur Abstimmung.
Die Versammlung beschliesst:
1. Es ist eine Dienstaufwandsentschädigung von 1200 M.
mit Alterszulagen von 150 M , steigend von 4 zu 4 Jahren,
bis 1800 M. zu erstreben;
2. Eine Pensionsberechtigung auf Grundlage der ad 1 auf¬
geführten Dienstanfwandsentschädigung und dem durch-
schnitt8-staatlichen Dienst einkoramen sämmtlicher preus-
sischen Kreisthierärzte nach Massgabe der für Staats¬
beamte allgemein gültigen gesetzlichen Bestimmungen.
Dann einigte sich die Versammlung noch auf einen dritten
Antrag:
3. Eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. ist gleichfalls
zu erstreben.
Sämmtliche Punkte wurden mit grosser Majorität angenommen.
Von einer Beantragung der Versetzung in die VI. Rang¬
klasse der Beamteten wurde aus den in dieser Zeitschrift hin¬
länglich erörterten Gründen abgesehen. — Es soll eine kurze
Denkschrift über die Frage ausgearbeitet und dem Herrn
Regierungspräsidenten eingehändigt werden.
Nunmehr wurde zu Punkt III, „Beschlussfassung in Betreff
des Ehrenrathcs“, geschritten. Nachdem der Vorsitzende, Dr.
Lothe8 und Bongartz sich dahin ausgesprochen hatten, dass
der im Jahre 1893 beschlossene Ehrenrath thatsächlicli noch nicht
constitnirt sei, dass auch glücklicher Weise in den früheren
Jahren seine Nichtexistenz sich nicht fühlbar gemacht habe, viel¬
mehr die wenigen Fälle, die zu einem Einschreiten Veranlassung
gegeben, auch durch den Vorstand erledigt werden konnten, wurde
einstimmig beschlossen, den Ehrenrath aufzuheben.
Dem letzten Punkte der Tagesordnung: „Mittheilungen aus
der Praxis“, konnte leider wegeD vorgerückter Zeit nicht mehr
soviel Aufmerksamkeit geschenkt werden, als er seiner Wichtig¬
keit wegen verdient, jedoch soll dies in der Herbst-General-
Versammlung, die in Düsseldorf abgehalten werden wird, thun-
lichst nachgeholt werden. Es berichteten mehrere Herren über
die günstige Wirkung des Jodkali gegen Milchfieber, unter An¬
derem hatte College Ohle gute Erfolge erzielt. — Im Anschluss
hieran bespricht Dr. Lothes die letzte Sitzung des Veterinär¬
raths, und bezeichnete den Gesammteindruck als einen sehr
günstigen, besonders auch schon durch die officielle Betheiligung
der Behörden, wie es in den bezüglichen Berichten von Professor
Dr. Schmaltz ja ausführlich hervorgehoben worden sei. Der
Redner glaubte, es würde sich auch in Bezug auf die Sitzungen
unseres Vereines empfehlen, die Einladungen nicht jtflein der
Fachpresse, sondern auch dem Herrn Regierungs-Präsidenten und
den politischen Tagesblättern zugehen zu lassen.
Nunmehr berichtet Kreisthierarzt Wessendorf über den
Stand der Kasse, welcher ein günstiger zu nennen ist:
Restbestand im Anfang des letzten Rechnungsjahres 135,20 M.
Einnahmen des letzten Rechnungsjahres . . . . . 584,80 „
Summe 620,— M.
Ausgaben im Laufe des Jahres. . . 50,95 ,.
Bleibt Restbestand. 569,05 M.
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226
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 1.9.
Dio zu Revisoren ernannten Herren Dr. Flatten nnd
Schmidt beantragten nach geschehener Prüfung die Entlastung
des Kassirers, die demselben unter dem Ausdrucke des Dankes
fiir seine Mühewaltung ertheilt wurde.
Damit war die Tagesordnung erledigt, und schloss der Vor¬
sitzende die Verhandlungen, um beim gemeinschaftlichen Mittags¬
mahl auch der heiteren Unterhaltung Raum zu gewahren. Wie
gewöhnlich, wurde nach dem Ess°n der Garten eingehend be¬
sichtigt und Abends eine Zusammenkunft in Cöln beliebt, die dem
Tage einen befriedigenden Abschluss gewährte. N.
Plenarversammlung der technischen Deputation fiir das Veterinärwesen.
In der am 2. und 3. Mai stattgehabten Sitzung wurde be¬
züglich des wichtigsten Gegenstandes, der einheitlichen Bekämpfung
der Schweineseuchen, übereinstimmend anerkannt, dass die
Schweineseuchen sowohl ihrer wirthscbaftlichen Bedeutung nach
als im Hinblick auf das Ziel ihrer erfolgreichen Einschränkung
unter das Yiehsenchengesetz gestellt werden müssen. Ebenso
wurde der Grundsatz angenommen, dass die Schweinepest und
Schweineseuche gemeinsam vom Rothlauf zu trennen sind, dass für
letzteren modificirte Massregeln in Betracht kommen und unter
die gesetzlichen Bekämpfungsmassregeln auch die Zwangsimpfung
(§ 23 d. R. V. G.) aufzunehmen ist.
Patriotische Feste in Drssden.
Der 70. Geburtstag Sr. Majestät des Königs Albert von
Sachsen, der zugleich als 25jähriges Regierungsjnbiläum ge¬
feiert wurde, ist, wie alle Zeitungen berichtet haben, mit glanz¬
vollen Festen nnd begeisterten Ovationen verherrlicht worden.
Auch die thierärztliche Hochschule zu Dresden hat daran den ihr
gebührenden Antheil gehabt. Se. Majestät geruhte, die Herren
Ellenberger, Pusch und Baum als Abordnung des Lehrer¬
collegiums behufs persönlicher Entgegennahme einer Beglück¬
wünschung zu empfangen. In der Aula der Hochschule fand ein
weihevoller Festact statt, bei welchem Obermedecinalrath
Dr. Ellen b erg er und Dr. Edelmann Festvorträge hielten.
Ausserdem war die Studentenschaft an den Festen betheiligt,
welche von der Universität Leipzig, der technischen und thier¬
ärztlichen Hochschule zu Dresden, der sächsischen Forst- und
Berg-Akademie gemeinsam veranstaltet wurden und von einem
Studentenausschuss aller dieser Hochschulen vorbereitet waren.
Dieselben bestanden in einem Commers, an dem über 2000 Mann
theilnahmen und einer prunkenden Auffahrt am nächsten Tag
Se. Majestät liess den farbenschimmernden Zug am Schlosse'vor
sich defiliren und Aufstellung nehmen und empfing sodann eine
Studenten-Deputation, der auch Stud. Heyck von der thieriirzt-
lichen Hochschule angehörte. Diese Deputation erhielt auch eine
Einladung zum Hofball.
Anzeige der Civilpraxis der Miiitärrosefirzte.
In No. 23 der B. T. W. von 1897 finden sich über die
Pflicht der Militärrossärzte, den Beginn ihrer Civilpraxis dem
zuständigen Kreisthierarzt anzuzeigen, Betrachtungen, die den
einschlägigen Bestimmungen nicht entsprechen und daher durch
letztere zu berichtigen sind.
Die kriegsministerielle Verfügung vom 8. Januar 1876, betr.
die Civil-Praxis der Militär-Aerzte und -Rossärzte (Armee-Ver-
ordnnngs-Blatt Seite 11) lautet folgendermassen:
„Nach einer Mittheilung des Herrn Ministers der geist¬
lichen Unterrichts- und Medicinal-Angelegenheiten und des
Herrn Ministers für die landwirtschaftlichen Angelegenheiten
ist von dem hiesigen Polizeipräsidium eine Verordnung für die
Polizei-Bezirke Berlin und Charlottenburg erlassen worden,
nach welcher Aerzte und Thierärzte, die in den genannten
Städten die Praxis ausüben wollen, dies vor Beginn derselben
dem Stadtphysikus bezw. dem Departementsthierarzt zu melden
haben. — Der Erlass ähnlicher Polizei-Verordnungen bezw. die
Erneuerung etwa bereits ergangener steht Seitens der Königl.
Regierungen bevor. — Dies wird mit dem Bemerken zur Kennt-
niss gebracht, dass jene Polizei-Verordnungen auch auf
diejenigen Militär-Aerzte und -Rossärzte Bezug haben, welche
Civil-Praxis ausüben wollen.“
Die erwähnte Polizei-Verordnung für Berlin nnd Charlotten-
bnrg sagtim § 3: „Thierärzte, welche in Berlin oder Charlottenburg
die Praxis ausüben wollen, haben dies vor Beginn derselben dem
Departeraent8thierarzt unter Vorlegung der Approbation
und Angabe ihrer Wohnung zu melden und gleich¬
zeitig demselben die erforderlichen Notizen hin¬
sichtlich ihrer Personal-Verhältnisse anzugeben.“
Die betr. von den verschiedenen Bezirksregierungen auf
Grund ministerieller Weisung vom 11. December 1875 erlassenen
Polizei-Verordnungen haben im Wesentlichen den Wortlaut des
angeführten § 3, nur ist statt des Departementsthierarztes für
die einzelnen landräthlichen Kreise der zuständige Kreisthier¬
arzt angegeben, dem die Meldungen etc. zu machen sind. (Vgl.
z. B. die Pol.-V. für den Regbz. Münster vom 3. Januar 1876,
Amtsblatt S. 16.)
An die Beachtung dieser Bestimmungen hat der Kriegs¬
minister durch folgende Verfügung vom 18. November 1882
(Armee-Verordnungsblatt S. 11) erinnert: „Es ist darüber
Klage geführt worden, dass die Verordnung, nach welcher Aerzte
und Thierärzte, die Civilpraxis ausüben wollen, dies vor Beginn
derselben dem betr. Kreisphysikus bezw. Kreisthierarzt an-
znzeigen haben, seitens der Militärärzte und namentlich der
Militärrossärzte nicht überall beachtet wird. Per diesseitige
Erlass vom 8. Januar 1876 wird daher den Betreffenden in
Erinnerung gebracht.“ Dr. Steinbach.
Stimmung der Laodwlrthe betreffe der Verbessere g der Veterinär-
beamteneteiiung.
Nach einer Mittheilung der Dtsch. thierärztl. Wschr. wurde
auf der Generalversammlung des Landwirtschaftlichen Proviuzial-
vereins für die Provinz Starkenburg (Hessen) einstimmig betont,
dass die Landwirthe eine Verbesserung der Stellung der Thier¬
ärzte wünschten. Die Mehrausgabe für eine Reform des Veterinär¬
wesens käme den Vortheilen gegenüber nicht in Betracht. Auch
von anderer Seite ist ausgesprochen worden, dass die Reform
des Veterinärwesens viel wesentlicher erscheint als die Reform
des Medicinalwesens.
Frühjahrs-Versammlung des Vereins der Sohlaohthofthierärzte der
Rheinprovinz
am 19. Mai er., Vormittags ll'/a Uhr,
zu Köln a. Rh. im Hotel Bristol, Comödienstr. 14.
Tagesordnung: 1. Geschäftliches. 2. Besprechung des
Ministerial-Erlasses vom 18. November 1897 betreffend Finnen.
3. Die Einführung der allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau
und die Ausbildung der Laienfleischbeschauer, Schenk- Düssel¬
dorf. 4. Ueber Freibänke, Koch- Barmen. 5. Verschiedenes.
Nach der Sitzung findet ein gemeinschaftliches Mittagsmahl
(ä Gedeck 2 Mark) statt. Um recht zahlreiches Erscheinen wird
gebeten.
Barmen, im Mai 1898.
Der Vorstand.
I. A.: Koch, I. Schriftführer.
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12. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
227
Oeffentllches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Henche^statistik und Veterinärpolizei.
Reg.-Bez. Llegnitz. Unterm 29. März d. Js. wird behufs Ab¬
wehr und Unterdrückung der Schweineseuchen verordnet, dass
das Verbot des Handels mit Schweinen im Umherziehen in den
Kreisen Grünberg, Freystadt, Glogau, Lüben, Liegnitz, Jauer,
Bolkenhain, Landeshut, Schönau, Goldberg-Haynau, Löwenberg und
Hirschberg bis zum 1. October d. Js. in Kraft bleibt. Der Handel mit
Schweinen von festen Verkaufsstätten aus ist in diesen Kreisen ge¬
stattet, doch muss der Ortspolizeibehörde von der Errichtung einer
solchen Verkaufsstätte vor Beginn des Verkaufes Anzeige gemacht
und bei jeder Neueinführung von Schweinen das Controlbuch
zur Revision vorgelegt werden. Die in die Verkaufsstätten ein¬
geführten Schweine dürfen nicht in eine andere überführt oder
vor dem Verkaufe aus derselben entfernt werden.
Schweiz. Infolge der Grenzsperre gegen ausländische Schlacht-
thiere hat sich gezeigt, dass derBestand einheimischer schlachtreifer
Schweine der Nachfrage bei weitem nicht mehr genügt. Mit
Rücksicht hierauf ist unterm 11. Februar d. Js. gestattet worden
dass lebende Schlachtschweine aus Frankreich, Oesterreich und
Italien nach Orten eingeführt werden dürfen, welche mit Eisen¬
bahnstationen versehen sind und über ein öffentliches Schlacht¬
haus verfügen. Es sind Vorkehrungen zu treffen, welche jede
directe oder indirecte Berührung des importirten Viehs mit dem
einheimischen ausschliessen. Die zum Transport benutzten Bahn¬
wagen und Fuhrwerke müssen nach jeder Verwendung unter
thierärztlicher Aufsicht desinlicirt werden.
Schweden: Die Regierung macht unterm 25. Februar d. Js.
bekannt, dass die Einfuhr von Wiederkäuern und Schweinen see-
und landwärts aus Ländern, die als von der Maul- und Klauen¬
seuche befallen erklärt worden sind, verboten wird. Diese unterm
16. März d. Js in Kraft tretende Bestimmung findet gleichfalls
Anwendung auf die Thiere der genanuten Art, bei denen an¬
genommen werden kann, dass sie — obwohl sie nicht von einem
verseuchten Platze kommen — in den letzten 8 Wochen vor der
Ausfuhr oder während des Transportes mit einem von Maul- und
Klauenseuche verseuchten Ort, oder mit kranken, oder der An¬
steckung verdächtigen Thieren in Berührung gewesen sind.
Russland, Finiaod: Wegen der in Schweden, Dänemark und
den Niederlanden aufgetretenen Maul- und Klauenseuche und des
in letzterem Lande festgestellten Rotzes ist die Einfuhr von
lebendem Rindvieh und lebenden Schweinen, sowie Blut, Fleisch,
Eingeweiden, nnzubereiteten Häuten, Haaren, Klauen, Hörnern
und anderen Rohstoffen von genannten Thieren, wie auch von
Pferden aus den Niederlanden nach Finland von Anfang Fe¬
bruar d. Js. ab verboten worden.
Flelschschan und Viehverkehr.
Berlin: Auszug aus den Fleisohsohauberloht für Monat April 1898.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe |
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
11794 ,
14 944
32562
54 556
Ganz beanstandet.
188
38
3
386
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2975
25
2 281
Davon gänzlich verworfen .
51
1
—
70
„ sterilisirt und verwerthet
76
3
—
221
„ theilweise verworfen . .
17
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2 831
21
—. |
1990
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
— 1
8
Mit Finnen behaftet ....
57
—
—
32
Rinder
Kälber
| Schafe ]
Schweine
Stark finnig, technisch ver¬
werthet .
3
15
Finnig und wässerig, tech¬
nisch verwerthet ....
_ !
.
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
54
17
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
32
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5386 Stück, bei Kälbern 85 Stück, bei Schafen 1850 Stück,
bei Schweinen 8516 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
19006
16422 1
3267
13188
Beanstandet.
Wegen Tuberculose wurden
44
45
4
3
beanstandet.
31
—
—
—
Davon sind Bterilis. verwerthet
3
—
— ;
—
Mithin gänzlich verworfen .
28
—
_ 1
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
Davon schwach finnig und
4
—
—
( ~
gekocht verwerthet . . .
4
—
—
—
Unter dem eingefllhrteu
Fleisch waren 3673 dänische Rinder-
viertel, 14 dänische Kälber und 32 Wildschweine.
Von verschiedenen Schlachthöfen.
Der Magistrat von Königsberg hatte es für nicht erforderlich
erachtet, dass eine tägliche veterinärpolizeiliche Revision des
Schlachthofes stattfinde, und sich geweigert, die täglichen Ge¬
bühren von 9 M. zu bezahlen. Der Regierungspräsident hatte
darauf die Bezahlung im Wege der Zwangsetatisirung verfügt.
Die dagegen beim Oberverwaltungsgericht erhobene Klage wurde
abgewiesen. Es wurde begründend ausgeführt, dass hier das
Polizeikostengesetz vom 20. April 1892 nicht zur Anwendung
komme und dass die Frage, ob die Ausführung der veterinär¬
polizeilichen Aufsicht über den Schlachthof über die Grenzen des
Nothwendigen und Zweckmässigen hinausgehe, nicht der richter¬
lichen Prüfung unterliege.
Aut dem Viehhof zu Magdeburg ist zur Vereinfachung des
Geschäftsganges ein Veterinärpolizeibüreau eingerichtet worden,
wie ein solches auch auf dem Berliner Viehhofe besteht. Alle
Anfragen und Benachrichtigungen sind direct an dieses zu richten.
In Nordhausen ist der Streit um die lebenslängliche An¬
stellung wieder einmal acut geworden. Der bisherige Schlacht¬
hofvorsteher, Thierarzt Vömel, klagt gegen den Magistrat auf
lebenslängliche Anstellung und weigert sich die Dienstwohnung
des Schlachthofes zu räumen.
Fleischer contra Bauer.
So sehr sich, wie auch im Landtage neulich hervortrat, die
Landwirthe bemühen, die Interessen des Fleischergewerbes mit
den ihrigen zu vereinen, so scharf treten wenigstens in manchen
Grossstädten die Schlachter den Landwirthen gegenüber. Die
Hamburger Fleischer-Innung macht folgende „Zusatz-Anträge zum
Antrag Ring“:
„Als Aequivalent für die Einführung der zwangsweisen Fleisch¬
beschau“ sind für alle einzuführenden Fleischwaaren die
Grenzsperre, sowie die Erschwerungsmassregeln gegen die Ein¬
fuhr lebenden Viehs aufzuheben. Ferner ist die Tuberculin-
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228
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 19.
Impfung der Thiere, welche zum Zwecke der sofortigen Schlachtung
eingeführt werden, als zwecklose Maassnahme abzuschaffen. —
Man muss sagen, dieser Antrag ist alles Mögliche, sowohl
in Bezug auf Logik, als auf Gerechtigkeit. Also weil im Inlande
alle Fleischwaaren einer Zwangsbeschau unterworfen werden
sollen, deswegen sollen fortab alle ausländischen Fleischwaaren
ohne Beschau (denn die sog. Untersuchung ausgeschlachteten
Fleisches ist eine Spiegelfechterei) eingeführt werden. Weiter
könnte dann der Gegensatz zwischen der Behandlung des ein¬
heimischen und des ausländischen Prodnctes allerdings nicht
mehr getrieben werden. Ein „Aequivalent“ für die obligatorische
einheimische Fleischschau wäre die ungehinderte Einfuhr von
Fleisch und Fleischwaaren in einer etwas uneigentlichen Be¬
deutung jenes Wortes allerdings insofern, als dadurch der Nutzen
der einheimischen Fleischschau ausgeglichen, d. h. annullirt
würde. In dem Anträge ist aber wohl das Wort „Aequivalent“
etwas anders, etwa im Sinne von Entschädigung, gemeint. Ja,
wer hat denn dann für die allgemeine Fleischschau ein Aequivalent
zu beanspruchen? Die Fleischer doch nicht etwa, die die Verluste der
Fleischschan doch nicht bezahlen, sondern die Landwirthe, die allein
jene Verluste, mittelbar oder unmittelbar, tragen. Denen würde
man allerdings ein Aequivalent zusprechen können, aber das würde
doch wohl grade in entgegengesetzterRichtung von dem, was jener
famose „Antrag“ als Aequivalent bezeichnet, zu suchen sein.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Ellenberger-Baum: Topographieche Anatomie des Pferdes, in 3Theilen:
Gliedmassen, Kopf und Hals, Rumpf. 60 Bogen mit Ober 200 Text-
Abbildungen und 8 Tafeln. Berlin bei Paul Parey, 1893—1897.
Das verflossene Jahr hat den Abschluss des genannten um¬
fangreichen Werkes mit dem Erscheinen von dessen 3. Theil ge¬
bracht. Dasselbe ist einheitlich für einen bestimmten Zweck ge¬
schaffen, ein Specialwerk im besten Sinne und als solches eine
Zierde der Veterinärliteratur. Es wäre ebenso unausführbar
als ungerecht, ein solches Werk an Einzelheiten kritisiren
zu wollen. Es ist ausschliesslich als Gesammtleistung zu be-
urtheilen und da darf man sagen: Mit jedem folgenden Theil
haben die Verfasser ihre Aufgabe immer besser zu meistern
verstanden. Wenn bei der Lösung derselben im ersten Theil,
ich möchte sagen, das System des Querschnitts zu Behr in den
Vordergrund gerückt schien, so zeigte schon im zweiten
Theil die Natur des ObjecteB den Verfassern den richtigen Mittel¬
weg, der alle Seiten des Stoffes berührt und veranschaulicht.
Der zweite Theil brachte zugleich die schönen Specialunter¬
suchungen über die Kopfkohlen des Pferdes. Der' zülöfzt
erschienene Theil, welcher den Rumpf und damit die Lage der
Eingeweide der grossen Körperhöhlen behandelt, schliesst, sowohl
was das Princip der Beschreibung als die Einzeldarstellung an¬
belangt, das Werk auf das vortrefflichste ab. Ein glänzender
Vorzug des Werkes besteht in seinem Schatz von Abbildungen.
Neben den zahlreichen, ihrer Natur nach in der Manier einfach
gehaltenen Querschnitten finden sich viele meisterhafte Holz¬
schnitte und im letzten Theil acht sehr schöne, namentlich den
Situs der Bauchorgane veranschaulichende Lichtdrucktafeln.
Dieser Bilderschmuck macht das Buch auch zu einem Pj-acht-
werk. In Anbetracht dessen ist der Preis von 45 M. ein durch¬
aus angemessener. Schmaltz.
Personalien.
Ernennungen: Der Prosector am anatomischen Institut der Uni¬
versität Tübingen Dr. med. Disselhorst ist zum Leiter des Veterinär-
Instituts der Universität Halle ernannt worden.
Zum Kreisthierarzt: Thierarzt W. Hettenhausen-Reiffen¬
hausen interimistisch für den nördlichen Theil des Kreises Mörs mit
Wohnsitz in Xanten; Thierarzt Pötting desgl. für den Kreis Pader¬
born; Schlachthofinspector Prieur zu Barth zum commisBarischen
Kreisthierarzt des Kreises Jarotschin; Thierarzt P o c z k a desgl.
für den Kreis Cammin. — Zum Bezirksthierarzt Oberrossarzt
a. D. Deich-Grimma in Oelsnitz (Sachsen).
Es sind gewählt worden: Thierarzt G. Litfass-Angerburg
zum Schlachthofdircctor in Finsterwalde, Schlachthofthierarzt R.
Ulrich-Hamburg und Thierarzt Schragenheim zu Schlachthof¬
thierärzten in Breslau, Thierarzt A. Stiehl er-Radeberg und Thior-
arzt Ed. Rösslcr-Köthen zu Hilfsthierärzten bei der städtischen
Fleischschau in Dresden.
Approbationen: Berlin: Die Herren Arnold Grabe, 'Paul
Schulte, Joh. Zalewski.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt L. Neumann-Dresden nach Radeberg, Thierarzt 0. Uhlmann-
Dresden nach Donaueschingen als Assistent des Bezirksthierarztes
daselbst. — Thierarzt Prayon hat sich in Stolberg b. Aachen,
Thierarzt A Steil in Niemegk (R.-B. Potsdam), Thierarzt 0. Pflueg
in Marne (Holstein), Thierarzt P. Hohl in Eisfeld (Sachs.-Mein.) —
niedergelassen.
In der Armee: Befördert zu Einj.-Unter>-083ärzten im Garde-Train-
Bat die Einj.-Freiw. Schriewer, Saur, Zeinert.
Todesfälle: Professor a. D. Dr. Lustig-Hannover. Thierarzt
Thiessen - Tetenbüll (Schleswig-Holstein). Kreisthierarzt a. D.
Meyer-Boppard. _
Yacanzen.
Krelsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Frankfurt: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Kassel:
Httnfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S.
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). —Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
Sanitätsthierarztstelieii a)Neu a usgesch riebenes teilen:
Elbing; Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Aachen: Schlachthofthierarzt.— Cob 1 enz: Schlacht¬
hof-Hilfsthierarzt. — Norderney: Schlachthof - Inspector zum
1. Juli. — Ostrowo: Schlachthofinspector.— Schlawe (Pommern):
Schlachthofinspector.
Privatsteilen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.):
Näheres Amtmann Müller. — Bartenstein (Ostpr.): Näheres durch
Max Arnsdorf!. — Butzbach: Näheres durch Apotheker. — Creuz¬
burg (Werra): (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. —
Drengfurt. — Gleschendorf(Fürstenth. Lübeck). — Guxhagen
(R.-B. Cassel). — Maulbronn: (Wartegeld 1000 M.). Ausk. Gemeinde¬
rath. — PitBchen: Näheres Magistrat. — Po Unow: (Fixum 300 M.,
Einnahme aus Fleischschau 600 M.). Bew. an Magistrat —
Schwarzenau: (800 M. für Fleischscbau). Näheres Magistrat —
Waldbröl: (ca. 1020 M. ausser Privatpraxis). — 1898 bekannt
gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli.
Bew. an Magistrat. — Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt
Bolle-Magdeburg (Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer
Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken
(Ostpr.). — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
500 M.). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat - Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.).— Schlawa
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim:
Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 600 M.) Bew. an den
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren
aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das
„Amt“ daselbst.
Besetzt: Staatsstellen: Cammin, Jarotschin. Sanitätsthier¬
arztstellen: Breslau, Finsterwalde. Privatstelle: Niemegk.
V.-nntwortllch fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schmält» lu Berlin. — Verla* und Ei*enthum von Richard Schoett in Berlin. — Druck von W. Bttxenstein, Berlin.
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Original bei träge werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt
Alle Mannicrlpte, Mitthellangen und redMtlonellen An¬
fragen beliebe man zn senden an Prof. Dr. Sebmaltz,
Berlin, thlerirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen sin die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Scjimaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berfin NW., Luisenstrasse 36.
- -- - - n - -— ‘- -
M 20 . Ausgegeben am 19. Mai.
Inhalt: Kabitz: B e i tr a g z nr B e u rt h e i lu n g d er Tu b er cu 1 o sie. — Referate: Geiss: Ueber die sogenannte Strahlfiiule.—
Bosso: Ueber eine neue Infeetionskrankheit des Rindviehs: — Aus dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht über die
preussisclie Armee, Rapportjahr 1896. — P o p p e r t: Ueber Seidenfadeneiterung nebst Bemerkungen zur aseptischen Wund¬
behandlung. — Therapeutische Notizen. — TagesgeschichtC: Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen:
Srfuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Jahrgang 1898.
Dl. „Berliner Thlerirztliche Wochenschrift“ erscheint
wOehentllch ln Stlrke von mindestens 17 , Bogen. Dieselbe
ist zu beziehen durch den Buehbändel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., Luisenstnuse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Dr. Hermann Joseph Theodor Pitz
weiland ordentlicher Honorar-Professor der Veterinärmedicin
an der Universität Halle-Wiltenberg
geh. 26. März 1829,
gest. 4. März 1898.
Beitrag zur Beurtheilung der Tuberculose.
Von
H. Kabitz,
II. Thierarzt am Schlachthof Hannover.
Vor noch nicht gar langer Zeit pflegten tuberculöse Processe,
die wir heute nach ihrem Bilde als abgelaufene bezeichnen, ohne
Unterschied wie frische Eruptionen behandelt zu werden. Be¬
sonders der Laie empfand den heftigsten Widerwillen vor dem
Genuss von Fleisch, welches z. B. von einem mit hochgradiger
Serosentubercnlose behafteten Thiere stammte. Auch mancher
Sachverständige fand sich veranlasst, die Beurtheilung eines
Falles nach dem Grade bezw. der offensichtlichen Grösse der Aus¬
breitung des tuberculösen Processes zu bemessen, und nicht
minder dürfen die bezüglichen ministeriellen Erlasse als Ausdruck
der Schwankungen angesehen werden, welchen die Ansichten der
berufenen Vertreter nnserer Wissenschaft unterlagen. Hat sich
nun mehr die Erkenutniss durchgerungen, dass alte, abgeheilte
Veränderungen tuberculöser Natur mildere Massnahmen bei Be¬
urtheilung der Sclilachtwaare erheischen und lässt die Verfügung
vom 126. März 1892 dem Sachverständigen unter Umständen einen
äusserst weiten Spielranm zu freier Beurtheilung, so bleibt es
nicht aus, dass dieselbe eine grössere Nachsicht erfährt als ihr
im Vergleich mit anderen pathologischen Processen meines Er¬
achtens znkommt. Wir sind hierorts in der angenehmen Lage,
im grösseren Procentsatz gut genährtes Schlachtvieh zu besitzen
wohingegen das zum Verkauf importirte, magere, mit irgend
welcher chronischen Krankheit behaftete Schlachtvieh in der
Richtung nach Cöln abgeschoben zn werden pflegt. Daraus allein
ergiebt sich unstreitig schon, dass an solchen Orten, wo viel
Magervieh zur Schlachtung eingeführt wird, die subjective Auf¬
fassung von chronischen Krankheitsprocessen eine weniger scharfe
wird als dort, wo der Procentsatz tubercnlöser Thiere sich
effectiv niedriger zeigt. Man mag einwenden, was man will — die
subjective Auffassung z. B. von schweren tnberculösen Processen
in einem Gebiet, wo solche als ganz gewöhnliches Vorkommniss
erscheinen, wird milder als an Orten, wo solche seltener dem Be¬
schauer sich bieten — wie das stete Umgehen mit Gefahren gegen
die Gefahr gleichgültiger macht. Solchem Einfluss untersteht
allgemein gültigen Erfahrungen zufolge auch der-gewissenhafteste
Fachmann. . _
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230
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN8CHRIFT.
No. 20.
Vergleicht man die Tuberculose der beiden namentlich in
Betracht kommenden Thierarten, des Schweines und des Rindes
so fällt anf, dass die Erkrankung der Lungen sich weitaus
häufiger beim Rinde als beim Schweine findet. Die bronchopneu-
monische Form der Tuberculose lässt sich ja fast bei jedem
älteren Stück Grossvieh fesstellen, insbesondere bei den der
Milchproduction wegen gehaltenen Kühen. Der Procentsatz bei
Schweinen vermindert sich für diese Form der Erkrankung schon
desshalb, weil diesen Thieren durchweg ein nicht gar langes
Leben bescheert zu sein pflegt und damit auch die Gelegenheit,
sich durch Infection des Respirationstractus jene tubercnlöse
Affection zu acquiriren, die als Primftrherd gelten darf, ohne
weiteres procentuarisch sich vermindern muss.
Wenn man allerdings die Lungentuberculose beider Thier¬
gattungen nach den Zahlenwerthen der stattgehabten Schlachtuhgen
bemisBt, so ist natürlich einzuräumen, dass sich häufiger noch
beim Schwein Lungentuberculose findet als beim Rind; denn der
Verbrauch an Schweinen als Schlachtvieh übersteigt um ein
Vielfaches den des Grossviehs.
Suchen wir zunächst nach dem Grunde der so häufigen
Affection der Lungen. Die Hast, die Gefrässigkeit, mit welcher
Schweine der Nahrungsaufnahme obliegen, ist allgemein bekannt,
und dieses Ungestüm bedingt es, dass leichter als bei einem
anderen Thiere minimale Futterpartikelchen mit tuberculösem
Virus in die Trachea und Bronchien gelangen, um, von den
Lympbgelässen aufgenommen, zunächst eine Erkrankung der znr
Lunge gehörenden Drüsen zu veranlassen. Dazu kommt, dass
bei manchem Thierhalter die Unsitte znr Gewohnheit wurde, die
Schweineställe in der Nähe der Aborte anzulegen und den Thieren
Gelegenheit zu geben, durch Wühlen im Düngerhaufen mannig¬
fache Infectionserreger von dort aufzunehmen, durch welche die
Vegetation des Tuberkel-Bacillus begünstigt wird. — Es hähdelt
sich also beim Schwein vorzüglich um Fütternngstuberculose, um
Processe, die sich im Bereich des Verdauungsschlauches abspielen.
Wir finden deshalb in einer beträchtlichen Anzahl von Fällen
zunächst pathologische Veränderungen im Bereich der Lymph-
ganglien des Kopfes. Fast ausnahmslos sind die submaxillaren
mit erkrankt, wenn man Tuberculose der Lungen bezw. Lungen¬
drüsen feststellt. Hierbei möchte ich jedoch zu bemerken nicht
unterlassen, dass bereits von anderer Seite darauf hingewiesen
ist, dass es sich bei pathologischen Processen am Kopf nicht
jedesmal um Tuberculose handelt, sondern dass auch Actinomykose
nicht selten angetroffen wird, ausserdem aber noch Misch-
infectionen die Erkrankung jener Lymphganglien bedingen. Es
müssen aber nicht immer die submaxillaren erkrankt sein —
auch die übrigen, der Untersuchung weniger leicht zugänglichen
Lymphdrüsen (die subparotidealen und retropharyngealen) können
ohne offensichtliche Betheiligung der genannten sich pathologisch
unverändert erweisen. Bei dem Kau- und Schluckact werden
leicht an sich geringfügige Verletzungen geschaffen, von denen
aus die Bacillen in die Lymphgefässe der Maul- und Rachenhöhle
aufgenommen und dann den Lymphknoten zugeführt werden.
Die ausgedehnteste Eintrittspforte für difr Tuberkel - Bacillen
und die für die Fleischbeschau wichtigste Untersuchungsstelle
wird gebildet von den Lymphganglien des Darmes und denen der
grossen Eingeweidedrüsen, insbesondere von der Leber. Da nur
in seltenen Fällen die Darmwand so tief greifende tuberculöse
Veränderungen zeigt, dass diese bei der üblichen Besichtigung
des tractus oder bei Palpation desselben schon sich diagnosti-
ciren liesse, und weil überdies die Innenfläche des Darmes einer
exacten, nachträglichen Beschau entgeht, da diese Organe eine
sofortige Verwerthung finden, sobald im Bereich derselben grobe
pathologische Processe nicht wahrgenommen werden, so ist natur¬
gemäss die Beschau der mesenterialen Lymphganglien mit be¬
sonderer Sorgfalt auszuführen.
Gelingt es den mit dem Speisebrei eingeführten Bacterien,
die Darmwand zu passiren, so werden sie bei normaler Function
jener Ganglien in diesen aufgefangen. Hier entspinnt sich der
Kampf zwischen den Lymphknoten und den Eindringlingen,
welcher zu reactiven Veränderungen der ersteren führt, die
ihren Ausdruck finden in Vergrösserung, Schwellung, Verkäsung
der filtra. Hierin ist der Grund zu suchen, dass man — physiologi¬
sche Vergrö8serungen der Drüsen abgerechnet — gerade in den
Mesenterialen wichtige tuberculöse Veränderungen zu Gesicht
bekommt Erst später, wenn die Lymphganglien unterliegen
und wenn die Bacillen den Terminalsinus passirt haben, um
weiter fortgeführt zu werden, vermag die Tuberculose in anderen
Organen sich zu etabliren. Verkalkte Mesenterialganglien sind
jedoch nicht ohne Weiteres vollgiltiger Beweis, dass der tuber¬
culöse Process abgelaufen wäre.
Zunächst ist also die Tuberculose localisirt, erst später wird
sie disseminirt (durch die Lymphbahnen) oder generalisirt (durch
das Blut).
Nun hat beim Grossvieh der Volksmnnd für tuberculöse
Processe einen Ausdruck gewählt, dem die landesgewohnte Be¬
zeichnung ein Körnchen Wahrheit nicht absprechen kann: als
„fette Franzosen“ hört man zuweilen Mastvieh bezeichnen, welches
mit Tuberculose behaftet ist. Während einer gewissen Periode
soll die Tuberculose einen Einfluss auf die Oxydationsvorgänge
im Körper austiben, die Respiration würde vermindert und damit
sinke der 0-Verbrauch. Sobald die tuberculösen Processe aber
in ein anderes Stadium träten, ihre Ausbreitung vorwärtsschreite,
sich verallgemeinere, erfolge der Rückschlag: der 0-Verbrauch
steige, die Thiere magern ab. Das ist aber eine Hypothese;
wissenschaftliche .Untersuchungen über den Einfluss der Tuber¬
culose auf die Respiration liegen bis jetzt nicht vor, und so lange
für jene Annahme ein Beweis nicht erbracht ist, darf man sich
an eine andere Erklärung halten, die vollständig ausreicht, um
die Abmagerung bei Tuberculose zu begründen. Im Allgemeinen
muss man daran festhalten: Die Abmagerung ist anzutreffen:
1. bei hochgradiger Primäraffection des Respirationstractus
(leichte Allgemeininfection). Im Lungenparenchym tritt bekannt¬
lich das Blut in directen Contact mit der Luft. Bei diesem
Gasaustausch liegt die Möglichkeit des Eindringens von Tuberkel¬
bacillen aus der Luftbahn in die Blutbahn vor. Pleuritis
tuberculosa verursacht intensive Schmerzen, Unlust zur Nahrungs¬
aufnahme, oberflächliche Respiration (=ungenügende O-Zufuhr),
Abmagerung.
2. Bei Infection an sich mageren Viehes, gleichviel von
welcher Einbruchsstelle aus die Bacterien wirken. Hier ist es
schwer, das Kriterium für Magerkeit und Abmagerung zu finden.
Besteht bei solchem Thiere ausgedehnte Serosentubercnlose, so
wird dadurch schon der Anschein von Abmagerung erweckt,
während wir doch wissen, dass der Mastzustand trotz starker
Serosentubercnlose ein ganz vortrefflicher sein kann.
3. Bei ausgedehnter Affection des Tractus (schwere Allgemein¬
infection). Anszuscheiden hiervon ist die Serosentuberculose;
denn selbst bei Ueberschwemmnng des Peritonealraumes mit
Bacillen braucht Abmagerung nicht vorzuliegen.
Demnach handelt es sich immer
a) um Abmagerung aus physiologischen Gründen,
b) um solche nach secundär erfolgter Allgemeininfection. Die¬
selbe wird erleichtert infolge zahlreicher directer Anastomosen
zwischen den zu- und abführenden Lymphgefässen (^anatomische
Prädisposition).
Am hervorragendsten interessirt uns bei der Beschau der
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19. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
231
Darmtractns. Denn so lange derselbe seine Function ausreichend
zu versehen vermag, die Assimilation des Fettes normal bleibt,
so lange noch genügend Chylus dem Lymphstrom zufliesst und
der Chymus gut ausgenutzt wird, verschlechtert sich der Zustand
des Thieres nicht. Anders aber, wenn die in der Darmwand ge¬
legenen Lymphdrüsen ihren Dienst einzustellen gezwungen
werden. Dann bleibt ein Theil der Ingesta unausgenutzt, der
Darminhalt behält hohen Flüssigkeitsgehalt (wässrige Fäces), der
Chylusstrom nimmt ab, die relative Virulenz der Bacillen erhöht
sich, da ihnen weniger Widerstand vom Gewebe geleistet wird,
und damit vermehren sich auch die Stoffwechselproducte der
Infectionserreger und sie selbst. Die unausbleibliche Folge ist
der Rückgang in der Ernährung des Thieres, das Darmfett („der
Kragen“) verliert sich, durch die schlechtere Verdauung wird die
Zufuhr von Ersatzmaterial für das Körpergewebe verringert —
das Thier magert ab. So hat sich aus dem anfänglichen Local¬
leiden ein Allgemeinleiden entwickelt. Bei einem Allgemeinleiden
irgendwelcher Art verliert sich aber auch der Fettansatz inner¬
halb des pannicul. adipös.
Ist nun bei vorhandener Darmtubercnlose die Fettschicht auf
dem Rücken eines Schweines z. B. eine noch beträchtliche, so
hat sicher der Process noch nicht solche Bedeutung gewonnen,
dass in Betreff des Fleischconsums die Beurtheilung vom
hygienischen Standpunkte eine schwerwiegende sein müsste.
Quod ad carnem kann mau also laut Ministerial- Verfügung die
Sache relativ noch als Localleiden auffassen, das Fleisch event. als
vollwerthig freigeben ohne Rücksicht darauf, ob die Lympli-
ganglien des Darmes frisch erkrankte Herde zeigen oder als ab¬
geheilt gelten dürfen. Eine nebenbei vorhandene Tuberculose
der Leber kann auf zweierlei Weise entstanden sein: durch die
nutritive Leberarterie und durch die Pfortader.
Nicht selten findet man bei Schweinen eine ganze.Anzahl-
von Erkrankungen der Rückenwirbel bezw. ihrer einzelnen
Theile ohne sichtbare Mitbetheiligung anderer Organe. Aber
auch Uebergreifen des Processes auf die Umgebung (Rücken¬
markscanal, umgebendes Muskelgewebe) konnte ich sehen, ohne
dass der Nährzustand des Schlachtthieres den Grad der Mittel-
mässigkeit erreichte, geschweige unter diesem lag; nein, oftmals
war der Nährzustand bei Knochentuberculose geradezu als vor¬
züglich zu bezeichnen. So ist denn der gute Mastzustand solcher
Thiere ein deutlicher Beweis, dass die reine Tuberculose sehr
langsam verläuft.
So hoch auch der Procentsatz von Rindertuberculose sich
belaufen mag, so kommt doch die Knochentuberculose bei dieser
Thiergattung weit seltener vor als beim Schweine. Bedenkt man
nun weiter, dass die Lebensdauer des Rindviehes sich über einen
weit längeren Zeitraum erstreckt als die der Schweine, so ergiebt
sich, dass das Rindvieh verhältnissmässig resistenter gegenüber
der Tuberculose sich erweist als die Schweine. Die fast speci-
fische Art der Rindviehtuberculose, die „Perlsucht“, beweist ja selbst
die Resistenz der Gattung bos: die Tuberkelbacillen bedingen die
Entstehung der Knötchen und Knoten. Der Körper beweist seine
Activität durch den Aufbau des bindegewebigen Tuberkels,
welcher in seinem Innern die Infectionserreger beherbergt. Diese
Abkapselung bedeutet nichts Anderes als den Versuch, die
Bacterien unschädlich zu machen, sie zu tödten. Dass in einer
grossen Anzahl von Fällen der thierische Körper sein Ziel er¬
reicht, sehen wir daran, dass z. B. alte Milchkühe bei der
Schlachtung sich stark tuberculös erweisen, während bei Leb¬
zeiten nicht einmal der Verdacht der Tuberculose erweckt wurde,
ferner aber daran, dass die tuberculösen Massen der Verkalkung
anheim fielen. Die Gewebe und Gewebssäfte des Rindes besitzen
also einen verhältnissmässig hohen Grad der Widerstands¬
fähigkeit. Die Bacterien werden durch die natürliche Immunität
des Thierkörpers unschädlich gemacht, so dass das zu mästende
Vieh sehr wohl an Körpergewicht zunehmen kann und den Be¬
sitzer resp. Reflectanten durch seine Wohlbeleibtheit besticht.
Findet sich dann nach dem Schlachten eine stark ausgebreitete
Serosentuberculose, so ist der Laie mit dem Urtheil über die
Qualität des Fleisches von solch „fettem Franzosen“ bald fertig.
Gerade die colossalen Knoten imponiren und bringen dem hier
reflectirenden Gewerbetreibenden guten Gewinn; der Landwirth
hat sich mit eigenen Augen von der Grösse der Tuberculose bei
seinem Schlachtthiere überzeugen können, e r mag für seinen
Haushalt solches Fleisch nicht und schlägt es für ein billiges
Geld um jeden Preis los. Wird die Seröse aber sauber los¬
geschält, an der Brustwand der fehlende Glanz durch Fett¬
abreibung in berechnender Absicht (zur Täuschung des Sach¬
verständigen) wiederhergestellt, so gelangt dann solche Waare
als „Prima-Qualität“ in den Handel.
Wir wissen aus Experimenten und Erfahrungen, dass die
Einwanderung von Tuberkelbacillen erst dann Bedeutung gewinnt,
wenn dieselbe in gewaltigen Quantitäten oder zu wiederholten
Malen, als Nachschübe, erfolgte und wenn der natürliche Selbst¬
schutz des thierischen Körpers nicht mehr ausreicht, um die
Wirkungen der Bacterien und ihrer Stoffwechselproducte, der
specifischen Toxine, zu paralysiren — oder aber, wenn der
Körper, an und für sich schon geschwächt, die Production von
Antitoxinen nicht mehr zu leisten vermag. Beide Momente, die
schlechte Function der Organe und die Ueberschwemmung des
Säftestromes mit Tuberkelbacillen und Toxinen, können sich nun
combiniren und den Thierkörper durch reine Tuberculose zur
Abmagerung bringen. Ungleich schneller aber noch geht der
Nährzustand zurück, wenn andere Schizomyceten die Wirkung
der K^uberkelbacillen unterstützen. Solche Alischinfection führt
in der Regel bald zur Dissemination in allen Organen, zur all¬
gemeinen, acuten Miliartuberculose, der auch seltener befallene
Organe bezw. Theile zum Opfer fallen. Hierzu gehört die
Gehirntuberculo8e und die Einschmelzung von Knochengewebe.
Gerade die Knochentuberculose ist es, welche den Sachver¬
ständigen in manchen Fällen zu milderer Beurtheilung veranlassen
könnte.
Den höchsten Marktpreis erzielt vollwerthige Waare. Die
Vollwerthigkeit aber wird in erster Reihe bedingt durch den
Nährzustand des Schlachtthieres. Ist bei tubercnlöser, eiterartiger
Einschjnelzung von Knochengewebe allein oder bei gleichzeitigem
Bestehen tubercnlöser Processe in anderen Organen — ob die¬
selben alt, ob frisch, bliebe sich gleich — der Mastzustand ein
guter, so müsste doch bei Acceptirung des Princips des
Tuberculose-Erlasses gerade die gute Entwicklung des Thieres
als Bevyeis dafür gelten können, dass in manchen Fällen von
Knochentuberculose die Entfernung der kranken Theile genüge,
um das Fleisch nicht nur für die Freibank im rohen Zustande
brauchbar, sondern sogar als vollwerthig erscheinen zu lassen.
Findet man also Knochentuberculose allein, ohne jegliche andere
Organerkrankung, so könnte man zu dem Schlüsse gelangen, es
handle sich um ein Localleiden und die Entfernung der erkrankten
Theile reiche aus, um das Thier als „bankwürdig“ zu recht-
fertigen. Diese Ansicht erscheint mir nicht acceptabel und das
Verfahren nicht zu billigen.
Nach dem heutigen Stande der Wissenschaft ist die tubercu-
löse Erkrankung der Knochen stets als eine Allgemeininfection
zu betrachten, denn es liegt bislang kein Beweis dafür vor, dass
durch Anastomosen von Lymphbahnen, welche zwischen zu¬
fuhrenden und abführenden Gefässen seitlich bestehen können,
vermittelst dieser die Schizomyceten auf einem weit kürzeren
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20.
Wege, anstatt ira betreffenden Lymphganglion aufgehalten zn
werden, direct in die Knochen gelangen sollten.
Der logische Schluss ist demnach: weil selbst die Knochen
erkrankt sind, müssen die Tuberkelbacillen und ihre chemischen
Producte in allen Blutbahnen in reichlicher Menge und mit hoher
Virulenz ausgestattet vorhanden sein — es muss also jeder
Körpertheil als inficirt gelten.
Lassen sich makroskopische Veränderungen am Drüsen¬
apparat nicht feststellen — der mikroskopische Nachweis eventuell
vorhandener Riesenzellen kann meist nicht benutzt werden, wo
es sich um schnelle Entscheidung handelt —, so bleibt immer
noch die nicht unberrechtigte Annahme, dass die Lymphfilter des
Darmes entweder aus anatomischen Gründen durchlässig waren
oder ihre Function zeitweise eingestellt hatten und so den
Bacterien Gelegenheit gaben, mit dem Säftestrom in andere Bahnen
zu gelangen, oder dass ferner die Bacillen zu geringe Virulenz
besassen, um in den Filtern eine deutliche Reaction zu veran¬
lassen, und diese somit passiren konnten. Immerhin ist es
wunderbar, dass die Infectionserreger einen so weiten
Weg zurücklegen konnten, bis sie endlich in dem betreffenden
Knochen dauernden Sitz und bessere Bedingungen für ihre
Vegetation fanden.
Es muss nun auffallen, warum wir verhältnissmässig viel
häufiger Tuberkulose der Wirbel, Rippen, des Brustbeines fest¬
stellen als solche der Gelenke. Die Anzahl der durch den
Untersuchungsgang erforderlichen Eröffnungen von Gelenken ist
aber eine recht beschränkte. In den vier Jahren meiner hiesigen
Thätigkeit habe ich nur 5 Mal tuberkulöse Oelenkerkrankungen
zu sehen Gelegenheit gehabt; ich zweifle aber nicht, dass diesse
Affection doch häufiger vorkommt, als der Statistik nach an¬
zunehmen ist, weil eben für den Thierarzt zu selten die Veran¬
lassung vorliegt, die verschiedenen Gelenke zu öffnen, während
die durchgehauene Wirbelsäule sonder Mühe pathologisch^ Ver¬
änderungen erkennen lässt.
Durch die Einführung des Sterilisations - Verfahrens ist
dem Thierarzt an vielen Orten ein Mittel in die Hand
gegeben, welches ihn der Verpflichtung überhebt, selbst
hochgradige Tuberkulosefälle der technischen Ausnutzung zu
überweisen. Leider ist das Dämpfen des Fleisches nicht aller¬
orten eingeführt: kleine Betriebe lassen selbstständige Anlagen
wegen der zu geringen Rentabilität des angelegten Capitals nicht
zu. Mit privater Fabrikanlage diese Einrichtung zu verbinden, ist
im Interesse der Verwerthung des Materials durchaus gerecht¬
fertigt, sofern nur der Transport der Waare unter polizeilicher
Aufsicht geschieht und die dem Dampfranm einverleibten Stücke
durch Plombe unzugänglich gemacht werden. Auf flachem Lande
mit obligatorischer Beschau wird man meist mit dem einfachen
Kochen vorlieb nehmen müssen. Welches auch das Verfahren
sein mag, das von einer Verwaltung eingeführt wird, ob Kochen,
ob Dämpfen — es ist stets gerechtfertigt vom national¬
ökonomischen Standpunkte. Die Nationalökonomie erachtet
es als eine Pflicht, eine Vergeudung noch brauchbaren Materials
im Interesse der Volkswirtschaft zu verhindern, eine technische
Ausnutzung nur dann zuzulassen, wenn sich absolut keine Mög¬
lichkeit bietet, ein Thier wirtschaftlich noch besser verwerten
zu können als bisher.
Sehr häufig deckt sich diese Forderung mit der, welche die
Beurteilung der Schlachtwaare vom landwirthschaftlichen
Standpunkt erfährt. Im Privatiuteresse der Landwirthe allein
liegt es, sich vor Schaden zu bewahren, welchen eine obliga¬
torische Fleischbeschau notgedrungen bereiten muss. Die
Producenten haben ihr Bemühen nur darauf gerichtet, ihre Wirt¬
schaft möglichst rentabel zu machen. Soll die Landwirtschaft
aber bei der heutigen geringen Bodenrente und der Ueberschul-
dung des Grundbesitzes den höchstmöglichen Ertrag abwerfen,
so ist besonderes Augenmerk auch auf die Viehhaltung und
Viehausnntznng zu legen Dieses Bestreben seitens der Oeko-
nomen tritt in der Viehhaltung recht deutlich hervor, nur werden
vielfach unzweckraässige Massnahmen getroffen. Die so häufig
in Erscheinung tretende Degeneration von Thierbeständen ist
wohl zum Theil als Folge der möglichst „rationellen 1 ' Ausnutzung
von Abfällen des technischen Gewerbes zu erkennen.
Die verschlechterten Verhältnisse in der Widerstandsfähigkeit
der Bausthiere in einzelnen Wirthschaftsbetrieben sind es, welche
die Empfänglichkeit für Tuberculose unbedingt erhöhen müssen
und damit zu der regionär verschiedenen, im Ganzen aber hohen
Zahl von Beanstandungen im Schlachthausbetriebe führen Das
Schlachthaus bildet gewissermassen den Scheidepnnkt zwischen
dem Thierarzt als Interessenten der Landwirtschaft einerseits und
als Vertreter der Hygiene andererseits. Auf die Landwirtschaft
ist der practicirende Thierarzt angewiesen, er hat nicht allein die
curative Praxis zu überwachen — obwohl selbst noch „bessere“
Landwirthe trotz guter Ausbildung der Pfuscherei Vorschub
leisten —, sondern er hat als Berater zu einer möglichst lucra-
tiven Ausbeute in der Hausthierhaltung das Sonderinteresse der
Landwirtschaft zu vertreten und zu fördern.
Anders verhält es sich mit dem Thierarzt als Hygieniker,
als Sanitätsbeamter. Die Aufgaben, welche ihm hier erwachsen,
erfordern ganz andere Interessenvertretung. Der ganz ent¬
schieden einseitige Standpunkt des auf die Landwirtschaft an¬
gewiesenen practic. Thierarztes kommt auf diesem Gebiete nicht
in Frage, er hat im Gegentheil in erster L'nie die allgemeine
Wohlfahrt im Auge zu behalten und erst in zweiter Linie das
Specialinteresse eines einzelnen Standes zu berücksichtigen. Ans
dieser grundverschiedenen Auffassung der Thätigkeit des Thier¬
arztes ergiebt sich auch der häufige Gegensatz der vertretenen
Anschauungen im Fachgebiet und vor Gericht, so oft es sich
z. B um Beurteilung der Tuberculose haudelt. Bei manchen
Fragen rein thiermedicinisclier Natur wird die Antwort leider
dictirt unter einseitiger Bevorzugung der Interessen der Land¬
wirtschaft. Das Specialinteresse, welches letzte verfolgt, über¬
trägt sich ganz von selbst auf jeden Thierarzt, der von vorn¬
herein seine Existenz in der landwirtschaftlichen Thierhaltung
begründet sah. Tauscht solcher College seine Stellung gegen die
eines Beamten im Dienste der Hygiene ein, so wird er im An¬
fänge viel weniger leicht sich mit einer strengen Behandlung des
auf dem neuen Gebiete ihm vor Augen kommenden Materials
befreunden können, als wenn er von vornherein in dieser Richtung
tätig gewesen wäre.
Der allzu enge Connex mit der Landwirtschaft bedingt auch
als ganz natürliche Folge bei besonders dazu Veranlagten das
Streben, von dieser unstreitig einflussreichen Kaste duich mög¬
lichstes Entgegei kommen ruhmvolle Anerkennung ob ihrer Be¬
flissenheit zu ernten. Diese s Moment ist von unserer Schwester¬
wissenschaft, der Medicin, längst erkannt und daher auch ihr
emsiges Bestreben, die kraftvoll sich auf eigene Füsse stützende
Richtung in der Veterinärmedicin matt zu setzen. Als die „allein
berechtigten“ Veitreter der Hygiene bemühen sich die Mediciner,
den ihre Wege kreuzenden Sanitätsthierarzt „wohlwollend“ unter
ihre Fittige zu nehmen. Um aber die tierärztliche Selbst¬
ständigkeit auch auf dem ihr neu erschlossenen Gebiete der
Hygiene zu wahren, ist es eine Nothwendigkeit, dass die bez.
Vertreter vor Allem die Hygiene ihrer Mitmenschen im Auge
haben. Die Anerkennung der Veterinärmedicin ist errungen;
durch starkes, unparteiisches und unbestechliches, männliches Ver¬
halten die Fortentwicklung za fördern — dazu vermag derThier-
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19. Mai 1898.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
233
arzt der Sanitätspolizei nicht am wenigsten beizutragen. Und dies
geschieht allein durch streng sachliche Beurtheilung der zu
untersuchenden Fleischkost des Menschen unter dominirender
Berücksichtigung der Hygiene. Neigt ein Sanitätsthierarzt zu
leicht nach der landwirtschaftlichen Richtung, die sich nnschwer
durch nationalökonomische Betrachtungen acceptabler gestalten
lässt, so wird dem „Hygieniker von Beruf*, dem Menschenarzt,
auf die beste Art, ohne sein besonderes Zuthun, Beweismaterial
vom Thierarzt selbst dafür in die Hand gedrückt, dass die
Interessen der Hygiene ihm ferner liegen als die der Landwirt¬
schaft und dass es demnach angezeigt sei, die Function der
Sanitätsthierärzte der Aufsicht von Menschenärzten zu unter¬
stellen. Bei der einflussreichen Geltung, welche den Menschen¬
ärzten vor den Thierärzten vorzugsweise im Norden unseres
Reiches staatlich verliehen ist, dürfte es unter Umständen nicht
gar zu schwer halten, der mit Mühe unlängst flügge gewordenen
Veterinärmedicin die Schwingen kräftig zu beschneiden.
Zu solcher Nachsicht bei Beurtheilung des Fleisches fordert
geradezu die Tuberculose heraus. In neuerer Zeit besonders
sucht sich die Anschauung Bahn zu brechen, bei Tuberculose
eines Thieres möglichste Milde walten zu lassen. Wohl ist durch
den ministeriellen Erlass die Grundlage gegeben, nach welcher
der Sachverständige sein Urtheil bemessen soll, wohl ist einer
Willkür vorgebeugt — der Rahmen jedoch, innerhalb dessen die
Entscheidung zu treffen ist, lässt sich gar sehr erweitern. Es
ist einzuräumen, dass solche Verfügung bestehen muss, bildet sie
doch eine durchaus schätzenswerthe und nothwendige Grundlage
im Rechtsstreit. In solchen ist die objective und correcte Angabe
des Befundes durch den Sachverständigen von principieller Be¬
deutung, sie bildet die Grundlage des richterlichen Erkenntnisses —
subjectiv aber bleibt in weitaus der Mehrzahl der Fälle die Be¬
urtheilung der Schwere, der Wichtigkeit des tuberculösen
Processes, mit welcher ein Gegengutachter unter Würdigung
derselben ministeriellen Anordnung seine Ansicht darlegt, ohne
denselben Standpunkt zu iheilen, welchen sein College einnimmt,
trotzdem sie beide das richterliche Urtheil klärend unterstützen
sollen. Aus derart verschiedenartiger Auffassung des Verlaufs
des betr. tuberculösen Processes ergeben sich denn auch die so
zahlreich eingeforderten Obergutachten und machen Viehprocesse
zu den vielgefürchteten, weil die entstehenden Kosten stark
anschwellen.
Auf diesem Gebiete treten daher mehr als anderswo die
agrarpolitischen Verhältnisse vielfach in Gegensatz zu den
Bestrebungen zur Erhaltung der Volkswohlfahrt: Mag der Ver¬
brauch an Schlachtvieh irgendwo grösser sein als die Aufzucht
im Inlande, so steigt das Vieh im Preise. Die unabhängigen
Nationalökonomen befürworten dann die Fleischeinfuhr vom
Auslande her, weil die ausländischen Producenten billiger zu
liefern im Stande sind und weiten Volkskreisen die Möglichkeit
billiger Fleischnahrung geboten wird. Das Fleisch wird also
billiger, das einheimische Schlachtvieh sinkt im Preise auf Kosten
der Viehzüchter. Ueberwiegt aber der Einfluss der Landwirth-
schaft, so erfolgt ein Einfuhrverbot nach dem andern unter dem
so leicht verliehenen Deckmantel veterinärpolizeilicher Interessen
zu Gunsten der Landwirthe, gegen das Interesse der Allgemein¬
heit. Als Beispiel hierfür dient die Einfuhr australischen
Fleisches, die Grenzsperre in Oberschlesien (Import von
Schweinen.)
Vom rein hygienischen Standpunkte müsste die Beurtheilung
der Tuberculose eine weitaus strengere sein. So lange der blosse
Verdacht nicht völlig entkräftet ist, dass durch das Schlachtvieh
die Tuberculose auf den Menschen infolge Fleischgennsses über¬
tragen werden kann, ist eine strengere Beurtheilung gerechtfertigt.
Nur dann darf der Consum rohen Fleisches tuberculöser Thiere
unter Berücksichtigung einer pecuniär verbesserten Ausnutzung
für zulässig erklärt werden, wenn die absolute Garantie gegeben
ist, dass solches Fleisch dem Menschen keinen Schaden zufügt
Nichtsdestoweniger hat der Sanitätsthierarzt auch die Pflicht,
unbeschadet der Interessen der Allgemeinheit jene der Landwirthe,
wenn angängig, zu fördern. Im Speciellen ist dies vielleicht
möglich aut dem Gebiete der Kleischverwerthung beanstandeter
Thiere.
Die Sterilisation durch Dampf begünstigt zwar eine im All¬
gemeinen bessere Verwerthung tuberculöser Thiere, doch ist,
genau genommen, der Erlös von solcher Waare verhältnissmässig
zu gering. Glage’s in kleinem Massstabe an finnigem Fleisch
ausgeführte Versuche mit elektrischen Strömen ermuntern zu
ähnlichem Vorgeben mit tuberculösem Material.
Bleiben bezügliche Erfolge nicht aus, so erwächst daraus
sowohl den Forderungen der Nationalökonomie als auch dem
Sonderinteresse der Producenten Gewinn durch Vermehrung der
Einnahme für das beanstandete Material. Denn eine solche muss
eintreten, weil alsdann durch ev. Rohverkauf unter Declaration
eine vielseitigere Zubereitung ermöglicht wird. Es ist ja gerade
die verhältnissmässig einseitige Verwendbarkeit gekochten bezw.
gedämpften Fleisches, welche den Preis dieser Waare drückt.
Dass tnberculös erkrankte Organe einer strengeren Beur¬
theilung Seitens der Sachverständigen unterliegen, als wenn es
sich um das ausgeschlachtete Thier selbst handelt, halte ich schon
deshalb für gerechtfertigt, weil der Verlust eines Theiles weniger
fühlbar wird als der des ganzen Thieres. Wie schon erwähnt, lässt
die z. Z. im Allgemeinen mildere Anschauung betr. des Consumes
tuberculöser Thiere diese humane Regung zu Guusten der Pro¬
ducenten selbst bei schweren Fällen mit scheinbar wissenschaft¬
licher Begründung gerechtfertigt erscheinen. Man argumentirt
dann etwa folgendermassen: Befindet sich ein tuberculöses Thier
in gutem Nährznstande, so wäre anzunehmen, dass der Einfluss
der Bacillen und ihrer chemischen Producte nicht ausgereicht
habe, den lebenden Organismus erheblich zu schädigen. Die
gute Constitution des Thieres behielt das Uebergewicht, daher
ist der Rohverkauf solchen tuberculösen Fleisches zum Consum
zu gestatten. Würde die Erkrankung von Knochen als ein¬
schneidend für die Existenz des Körpers anzusehen sein, so
müsste das Fettgewebe gewaltig reducirt erscheinen; denn da
bisher die Knochentuberculose als typisches Beispiel eines tuber¬
culösen Allgemeinleidens galt, müsste unter Berücksichtigung
der schweren Alteration sämmtlicher Gewebe die Oxydation aufs
höchste Ma<=s gestiegen sein. Weil aber die Thiere in vielen
Fällen sich wohl befinden, Appetit und Verdauung gut sind, der
Speck ganz vortreffliche Höhe erreichen kann, so trägt hierbei
die Tuberculose den Stempel eines Allgemeinleidens nicht an
sich. Dazu kommt noch ein anderer Beweisversuch: Bekanntlich
sind die relativ gesündesten Thiere solche, welche über ein
grosses Blutquantum verfügen. Trainirte Pferde verfügen über
eine weit höhere Arbeitskraft als solche, welche bei guter Stall¬
pflege und gutem Futter nur wenig Arbeit leisten müssen.
Kugelrunde Wagenpferde imponiren dem Laien wegen ihrer
vollen Formen, wohingegen der Fachmann Gewicht auf die Aus¬
bildung der Muskelgruppen legt; „es steckt Blut in den Thieren“,
so hört man sagen und damit trifft er das Richtige. Der reich¬
liche Fettansatz bedingt eine Verminderung der Blutmenge auf
Kosten der bisher möglichen Arbeitsleistung und der Widerstands¬
fähigkeit gegen alle Einflüsse, welche das Gleichgewicht des
thieri8chen Organismus irritiren (Verfettung der Parenchyme).
Ermittelt ist, dass bei fetten Schweinen die Blntmenge auf 2 pCt.
des Körpergewichtes zurückzugehen vermag (bei mageren Thieren
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BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT.
No. 20.
beträgt dieselbe 8 pCt.!). Daraus ergiebt sich, dass in eben¬
solchem Verhältnis die Widerstandsfähigkeit des Körpers ganz
wesentliche Verminderung erfährt. Als Beweis hierfür ist die
bekannte Thatsache anzuführen, dass auf dem Markt gekaufte
Schweine, die beim Aufladen sich heftig sträubten, vermöge der
geringeren Resistenz ihres Herzens den ungewohnten An¬
strengungen synkoptisch erliegen. Die Section ergiebt regel¬
mässig eine Dilatation des Herzens. — Ebenso wenig wie nun
solch fettes Schwein den physischen Anstrengungen sich ge¬
wachsen zeigt, ebenso wenig würde anzunehmen sein, dass solcher
Organismus den Schizomyceten erfolgreich zu widerstehen ver¬
möchte. Würde also die Tuberculose thatsächlich die Bedeutung
haben, welche man ihr zuschreibt, so müsste das Schlachtthier
sich entschieden in der Mehrzahl der Fälle nicht in so exquisitem
Nährzustande zeigen, in welchem man es in sehr vielen Fällen
zu sehen bekommt. Ausserdem aber mögen die Käufer sich
selbst schülzen durch Vermeidung von Genuss rohen Fleisches
(conform dem Hinweis von Prof. Schmaltz betr. finnigen Rind¬
fleisches. B. T. W. 1895).
Solche Folgerungen sind nicht allzu schwer zu widerlegen.
Sie widersprechen den Absichten der vom Staate mit so
gewaltigen Kosten ins Leben gerufenen und in noch weiterer
Entwicklung begriffenen Fleischbeschau. Wenn der Consument
sich schützen soll — wozu bedarf es der Trichinenbeschau,
da die Siedehitze auch die Trichinen tödtet? Ausserdem aber ist
die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Organismus nicht
nach dem eines Thieres zu bemessen, sodass für das Thier nicht
virulente Schizomyceten auch für den Menschen unschädlich
wären.
Vor allen Dingen erfordert die Stellung des Schlachthof¬
thierarztes volle Wahrung der sanitären Interessen. Doch einzig
deshalb haben seine Mitmenschen ihm diesen Vertrauensposten
übertragen, um nur tadellose, vollwerthige Waare dem Markt¬
verkehr zuzuführen, ohne Rücksicht auf die SonderinteresBen
Einzelner. Der Schlachthausbeamte soll unabhängig sein von den
Producenten und ihren Vertretern, deren pecuniärer Vortheil sein
Urtheil nicht tangiren darf.
Wird doch jeder Gewerbetreibende bestraft, wenn die von
ihm vertriebenen Nahrungsmittel nicht den Anforderungen ent¬
sprechen, welche der Reflectant beim Kauf an sie stellt. Der
Käufer, welcher vollwerthige Münze zahlen muss im guten
Glauben, ebenso reelle Waare dafür einzutauschen, darf die Er¬
wartung hegen, vom Sanitätspersonal sich unterstützt zu sehen.
Warum besteht die staatliche Münze? Nur deshalb, weil Gleich-
werthigkeit erzielt und garantirt werden soll. Und was beginnt
der Staat mit denen, welche auf eigene Faust, zum Schaden des
Nationalvermögens, minderwerthiges Geld umsetzen? Ist der
Landwirth geneigt, sein tuberculöses Vieh zu verzehren, wenn
der Schlächter dasselbe ihm zur Verfügung stellt? Für den Con-
sumenten in der Stadt wird aber von tuberculösen Thieren her¬
rührendes Fleisch ex officio als vollwerthige Waare zngelassen.
Will der Landwirth gut verdienen, so muss er wie jeder andere
Gewerbetreibende gute Waare liefern; er muss eine thierärztliche
Untersuchung ebenso wenig scheuen wie eine sachgemässe Vieh¬
haltung — sonst hat er den Schaden zu tragen. Nur gering¬
gradige, locale Tuberculose darf zum Verkauf roh auf der Frei¬
bank zugelassen worden, der freie Marktverkehr bedingt tadel¬
lose Waare.
Hygiene und Nationalökonomie haben zwar beide die Volks¬
wohlfahrt im Auge, doch gehen ihre Wege auseinander.
Fleisch tuberculöser Thiere zum Consum zuzulassen — da¬
gegen wird vom sanitären Standpunkt nie Einwendung erhoben
werden, wofern nur die Garantie geschaffen ist, dass das
Nahrungsmittelgesetz voll und ganz gewürdigt wird. Dem
strömenden Dampf ist es gewiss gleich, welcher Art der tuber-
culöse Prozess ist; er sterilisirt floride Tuberculose ebenso
sicher gahr wie locale Tuberculose, im Gegentheil wird die
Sterilisation bei letzterwähnter Art erleichtert, weil der Dampf
die jüngsten bindegewebigen Elemente, Granulationen rascher
auflöst als alte Abkapselungen, deren Structur dem Narbengewebe
gleichkommt. In demselben Verhältniss wird nun auch die
Einwirkung des Dampfes auf die Bacterien bei frischer Tuber¬
culose verlängert.
Durch das Dämpfverfahren kommt man dem Interesse der
Landwirthschaft wieder ein guteB Stück weiter. So oft also das
beanstandete tuberculöse Thier die Kosten des z. Z. üblichen
Dämpf- oder Kochverfabrens noch lohnt, erschiene es angebracht,
das Fleisch nach der Sterilisation zum Consum noch zu ver-
werthen! Aber aach diese Deduction erscheint mir zu weit¬
gehend. Zwar sterben durch genügend lange Einwirkung des
Dampfes die Bacterien ab, aber das Fleisch behält die von den
Mikroben bereits gelieferten Stoffwechselproducte ungeschwächt,
ja, es kommt noch eine Quantität Tuberculin durch die zersetzten
Bacillen hinzu.
Da die Versuche ergeben haben, dass das Tuberculin
stomachal nicht wirken, dasselbe also in nicht wirkende Ver¬
bindungen durch den Succus entericus übergeführt wird, liegt
kein Grund vor, solche gedämpfte Waare als „gesundheitsschädlich“
zu bezeichnen, sicher aber kommt ihr das Epitheton „hochgradig
verdorben“ zu, da sie Stoffe (Gifte) enthält, welche nicht zur
normalen Zusammensetzung gehören.
Es ergiebt sich also daraus: Die Sterilisation tuberculöser
Thiere tödtet zwar die Bacterien, doch vermehrt sie den Gehalt
des Fleisches an Toxinen. Das Fleisch solcher Thiere ist zum
Mindesten „hochgradig verdorben“ und auf Grund des % 367 des
Strafgesetzbuches vom Consum auszuschliessen, es dürfte nur
geeignet sein zur Fabrikation von Hundekuchen.
Steht auch in Zukunft eine Verschiebung in den Zahlen-
werihen der Tuberculose-Beanstandungen zu erwarten, weil die
Molkereiabfälle etc. bei der Verfütterung vorsichtiger zur Ver¬
wendung gelangen werden, so wird dennoch stets — namentlich
für kleinere Wirtschaften — die Versicherung der Thiere ge¬
boten sein. Für die Thierzucht und Veterinärpolizei — wo
solche in Betracht käme — bleibt aber die Schlachtbank das
sicherste Reagens auf die Diagnose der Praktiker nach der
Taberculinprobe.
Referate.
Ueber die sogenannte Strahlfäule.
Von Docent Geiss-Hannover.
(Dtach. thierärztl. Wschr. 1897.)
G. stimmt in manchen Punkten mit der gewöhnlichen Er¬
klärung der Strahlfäule nicht überein. Allgemein beschuldigt
man unreinliche Haltung und Feuchtigkeit. Dass durch faulendes
Ausjauchen das Sohlenhorn zerfällt, ist bekannt. Aber gerade der
Hornstrahl erweist sich widerstandsfähiger dagegen als das
Sohlenhorn und namentlich als das Horn der weissen Linie. Das
Strahlhorn zerfällt oft genug oberflächlich bei solchen Pferden,
die Tage lang im Stall stehen und die ein festgetretenes Polster
unter der Sohle hatten. Man müsste doch die Strahlfäule am
häufigsten bei solchen Pferden finden, deren Hufe niemals ge¬
waschen oder gereinigt würden. In Wirklichkeit besteht fast
das gerade Gegentheil; denn am reinlichsten werden unzweifelhaft
die Hufe der Militairpferde gehalten, und gerade hier ist die Strahl¬
fäule am häufigsten. Jedes 5. Pferd, in manchen Ställen jedes 2.
ist damit behaftet; im Winter häufiger als im Sommer, am
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19. Mal 1898.
häufigsten gegen Winterende nnd am seltensten am Manöver-
schluss. Die Strahlfäule ist also am häufigsten in der Zeit, wo
die Pferde am meisten im Stalle stehen, und verschwindet, wenn
die Pferde herauskommen. Andererseits sieht man z. B. bei den
Pferden, die vor Stein- nnd Ziegelwagen gehen nnd deren Hufe
so schlecht wie möglich gehalten werden, niemals Strahlfäule.
Ans diesem Vergleich ergiebt sich, dass die unreinliche nnd
feuchte Haltung des Hufes mindestens die Hauptursache der
Strahlfäule nicht ist. Es liegt derselben vielmehr in erster Linie
Mangel an genügender Bewegung zu Grunde. Oft erkranken die
Thiere schon nach einer Stallruhe von mehreren Wochen, während
sie früher das Uebel nie gezeigt haben. — Als zweite Ursache
kommt in Betracht Zwanghuf, hohe Trachten und Stollenbeschlag.
Beim Zwanghuf ist die Strahlfäule secundäres Leiden, nicht die
Ursache des Zwanghufes. Sie verschwindet in dem Maasse, wie
der Zwanghuf unter dem Expansiveisen sich bessert. Flachhufe
mit Strahlfäule werden niemals Zwanghufe. Bei hohen Trachten
und Stollenbeschlag handelt es sich meist zugleich um Pferde,
die nicht viele Bewegung haben, Luxuspferde etc. — Drittens
aber haben unzweifelhaft gewisse Pferde eine Neigung zur
Strahlfäule, wie gewisse Menschen zum Schweissfuss. Bei solchen
Thieren ist die Strahlfäule sehr hartnäckig und oft mit Erkrankung
der Ballenhaut, der Haut in der Köthe und mit Hufgeschwüren
vereint Hier handelt es sich um die Constitution der Haut
Auch der Fleischsaum ist dabei öfter erkrankt, und dieser Er¬
krankung verdanken die schrägen Ringe ihre Entstehung, welche
als ein Kennzeichen hartnäckiger Strahlfäule sich mit den ge¬
wöhnlichen, der Krone parallel laufenden Ringen im spitzen
Winkel kreuzen.
Bei der Strahlfäule soll nun das Horn durch Fäulniss zer¬
stört werden. Man kann aber das Wesen des Processes nur in
seinem Entstehen betrachten. Bei Pferden, die etwa krankheits¬
halber wochenlang im Stall stehen, kann der Strahl völlig
intact erscheinen; aber schon macht ein specifischer Geruch auf
das Vorhandensein der Fäule aufmerksam und aus dem höchsten
Punkt der Mittellinie zwischen den Ballen lässt sich eine zähe,
käsige, weissliche Masse herauspressen. Durch Sondenuntersuchung
kann man feststellen, dass sich ein Theil des Strahles von der
Huflederhaut abgelöst hat, und dass in dem Zwischenraum jene
Zerfallsmasse liegt. 6—8 Wochen später kann man dann den
Strahl einfach abheben und findet darunter dann, wenn das Pferd
inzwischen in Bewegung gekommen ist, bereits wieder eine ge¬
sunde Hornschicht. Die Erklärung dieser Thatsache ist einfach
die, dass die jüngsten zur Hornerneuerung bestimmten Zellen
nicht verhornt, sondern zerfallen sind, und in diesem Vorgänge
liegt das Wesen der Strahlfäule. Das Bild derselben wird bei
andauernder Einwirkung der Ursache dadurch ein anderes, dass
der einmaligen Erkrankung eine Reihe von Recidiven folgt. Es
kommt dann namentlich in der Mittellinie gar kein festes Horn
mehr zu Stande. Der Process ist aber nicht auf der ganzen
Fläche derselbe und dadurch erhält der Strahl sein zerfetztes
Aussehen, was durch die Reibung auf dem Boden natürlich noch
verstärkt wird. Der krankhafte Process ist keineswegs eine
specielle Eigentümlichkeit des Strahles, sondern veranlasst auch
am Sohlenrand die sogenannten Hufgeschwüre, aus denen beim
Einschneiden eine dünnflüssige, graue, übolriechende Jauche sich
entleert. Diese häufig genug an unbeschlagenen Hufen vor¬
kommenden Hufgeschwüre sind von wirklichen Eiterungen, wie
sie durch Vernagelung etc. entstehen, wohl zu unterscheiden,
heilen auch viel rascher. Die Strahlfäule ist also nicht ein
wirkliches Verfaulen des fertigen gesunden Hornstrahls, sondern
ist ein krankhafter Vorgang an den jüngsten Hornersatzschichten,
welche nicht verhornen, sondern zerfallen.
235
Ueber eine nene Infectionskrankheit des Rindviehs.
(Aus dem Laboratorium des Prof. E. P e r o n c i t o.)
Von Dr. Giuseppe Bosso, Assistenten.
(CcDtralbl. f. B*ct. 1897, H. 18/19.)
In der Gegend von S. Dona di Piave, Provinz Venedig,
herrschte im Anfang des vergangenen Jahres eine Krankheit
unter den Rindern, die immer mit tödtlichem Ausgang endete.
Veterinärarzt Dr. Silvio Manzioli berichtet über die Symptome
folgendes: „Temperatur 39° C., das Wiederkauen wird langsam
und hört fast auf, Appetitlosigkeit, immer mehr zunehmende
Schwäche des Hintertheiles und der Lumbalgegend, unsicherer,
schwankender Gang; die Thiere stützen sich auf die Gelenke
(Knie) mit Krümmung des Rückens, halten den Schwanz ziem¬
lich hoch und gekrümmt, haben Drängen wie zur Defäcation;
man sieht die Schleimhaut des Mastdarms wenig hervorstehen.
Die Haltung ähnelt der einer Kuh in Geburtswehen. Der Urin
behält bis zum letzten Augenblick seine natürliche Farbe. Die
Thiere zeigen, dass sie schwer leiden, magern stark ab. In
3—4 Tagen schwinden die Kräfte; in den ersten Tagen erheben
sie sich noch mit grosser Schwierigkeit, um sich sogleich wieder
niederzulegen und können zuletzt wegen Paraplegie nicht wieder
aufstehen. Nach ungefähr 3—4 Tagen sterben sie. Es ist auf¬
fallend, dass sie in den letzten Tagen starkes Gebrüll ausBtiesen,
das man weithin hören konnte (2—3 Kilometer), was den Bauern
und allen, die es hörten, grosse Furcht einfiösste. Die kranken
Thiere behielten ihr intelligentes Aussehen bis zuletzt, blickten
die sie umgebenden Personen an, als wenn sie um Hilfe bäten,
und man sah, dass sie grosse Schmerzen litten.“ Soweit die
wörtliche Wiedergabe des nicht ganz verständlichen und etwas
ausgeschmückten Krankheitsberichtes. Die Beobachtung, dass die
Krankheit immer zum Tode führte, veranlasste die Eigentümer,
dift.,Bjüke beim Auftreten der ersten Krankheitserscheinungen zu
schlachten und das Fleisch als minderwertig zu verkaufen. Zum
Glück verhinderte der Präfect von Venedig diesen Unfug. Denn
es ist wohl sicher, dass das Fleisch sonst in Form appetitlicher
Salami in den Verkehr gelangt wäre. Es ist überhaupt für den
Fremden nicht empfehlenswert in Italien, wo die Fleischschau
verhältnissmässig noch wenig entwickelt ist, Salami zu essen.
Die fragliche Rinderkrankheit kam namentlich an feuchten,
niedrigen Orten vor, die durch fortdauernde Regengüsse über¬
schwemmt wurden.
Auch die Thierärzte Dr. Bernardo in Oderzo und Dr.
Sanfelice in Mestre hatten Gelegenheit diese Krankheit zu be¬
obachten. An 15 überlebenden Thieren wurde das Stecken der
Gillwnrzel ausgeführt.
Dr. Manzioli hielt die Krankheit für eine acute infectiöse
Nephritis oder Myelitis.
Die an das Laboratorium eingeschickten Organe: Herz, Milz,
Niere®, Gehirn und Rückenmark kranker Rinder wurden vom
Verf. , untersucht. Er stellte fest, dass das Herz an seiner ganzen
Oberfläche unter dem Epicard sehr zahlreiche Ekchymosen von
der Grösse einer Stecknadelspitze bis zu der eines Nagelkopfes
aufwies. Dieselben waren an gewissen Stellen scharlachroth, an
anderen schwarzroth, ein Fingerzeig, dass sie arteriellen und
venösen Ursprung hatten. Das Herzblut war geronnen. Das
Myocard zeigte keine Veränderungen. Endocard diffus rötblick
gefärbt. Lymphgefässe des Herzens sehr deutlich. Milz um das
Doppelte vergrössert, blutreich. Nieren sehr hyperämisch, dunkel-
roth ins Violette und Schwärzliche spielend. Rückenmark und
Gehirn nicht verändert.
Die mikroskopische Untersuchung des Blutes und des Milz¬
gewebes ergab das Vorhandensein einer geringen Anzahl von
Bacterieo, die ihrer Form nach an die Gruppe der hämorrhagischen
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236
Septicäraie erinnerten. Dieselben sind bewegungslos, können eine
Grösse von 1,5/« X 0,5—0,8 /i erreichen. Die Bacterien wachsen
in Gelatine, Agar, Fleischbrühe mit Glycose und Glycerin, Milch,
auf Kartoffeln und bewirken durch subcutane Injection von Rein-
cultnren den Tod bei Meerschweinchen und Kaninchen in 18 bzw.
18—24 und bei Mäusen in 18 Stunden. In den Organen der ge¬
fallenen Thiere insbesondere in Milz, Nieren und im Blut sind
die fraglichen Bacterien in grösster Menge vorhanden.
Die histologische Untersuchung der Nieren erfolgte nac' 1
Härtung kleiner Nierenstückchen in gesättigter wässeriger Sub-
limatlüsung, Waschung und Durchgang durch verschieden starke
Alcohole, Einschluss in Paraffin, Zerlegung in feine Schnitte,
Färbung mit Carmin und Hämotoxylin. Die Bacterien wurden
nach den Methoden von Gram und Kühne gefärbt. Die an den Nieren
festgestellten mikroskopischen Veränderungen stellen das Bild einer
infectiösen Glomerulo-Nephritis dar. Die beschriebenen Bacterien
lagen in grossen Mengen in den Blnt- und Lymphgefässen.
B. folgert aus seinen Untersuchungen, dass sich die gedachte
Rinderkrankheit als eine Art Septicämie charakterisirt mit vor¬
wiegender Localisation in den Nieren. Der gefundene, die Krank¬
heit erzeugende Mikroorganismus ist der Gruppe der hämorr¬
hagischen Septicämie Hueppe zuzuzählen.
Aas dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht über
die prenssische Armee, R&pportjahr 1896.
Von 76 575 Dieostpferden kamen 28148 = 36,75 pCt. zur
Behandlung. Seit 1885 hat dieser Procentsatz zwischen 31 und 47
geschwankt. Im Berichtsjahr schwankten die Fälle innerhalb
eines Armeecorps zwischen 1306 und 2453, innerhalb der Garnison
zwischen 10 pCt. und 90 pCt. des Gesammtbestaudes.
Was die einzelnen Krankheiten anlangt, so kam von Rotz
nur 1 Fall vor. Einen breiten Raum nimmt in dem Bericbfe wie
immer die Brnstsenche ein, über deren Character stets werth¬
volle Erfahrungen beigebracht werden. Es erkrankten daran
2377 Pferde (3,10 pCt. des Bestandes) und es starben 38 pCt.
der Erkrankten. Betroffen wurden von der Brustseuche im
Ganzen 55 Trnppentheile bezw. 44 Garnisonen.
Was die Erfahrungen über die Brustseuche anlangt, so wird
in den Berichten zunächst übereinstimmend hervorgehoben; wie
wenig man es in der Hand hat, behufs Beschleunigung des
Senchenganges die Infection anf natürlichem Wege zu begünstigen.
Das Durchseuchenlassen findet so ziemlich allgemein jetzt eine
abfällige Beurtheilung. So wenden sich die Corpsrossärzte des
dritten und fünften Armeecorps dagegen. Auch Corpsrossarzt
Hell warnt sehr davor, die noch gesunden Pferde durch
Zusammenstellen mit kranken absichtlich durchseuchen zu lassen.
Dieses rücksichtslose Durchsenchenlassen dürfte sich in einem
seit Jahren seuchenfreien Truppentheil sehr schwer rächen, weil
hier (mangelnde natürliche Immunität) zahlreichere und gefähr¬
lichere Erkrankungen auftreten, als wenn man die erkrankten
Pferde separirt. Nach Hell und auch nach Straube gelingt es
ebenso wenig, die Seuche zu cupiren, wie andrerseits den
Seuchengang durch Durchseuchenlassen zu beschleunigen. Die
Hauptaufgabe bleibt, der Seuche einen möglichst milden Character
zu bewahren. Zu diesem Zwecke sollen die Kranken behufs
besserer Verpflegung bis zu Ablauf des fieberhaften Stadiums
abgesondert werden, an den Gesunden regelmässig die Temperatur
gemessen und dieselben, so lange sie gesund sind, zum
Dienste verwandt werden. Fast alle Berichterstatter sind der
Ansicht, dass sich die Behandlung der Seuche im Wesentlichen
auf derartige Maassnahmen beschränken müsse. Das Verbleiben
der Kranken im Escadronstall übt nach Schwarznecker einen
sehr ungünstigen Einfluss auf das Befinden der Schwerkranken
No. 20.
aus. Corpsrossarzt Wenzel betont, dass nicht allein die gute
Luft, sondern namentlich auch Ruhe in der Umgebung, also inner¬
halb abgesonderter Räume, günstig auf die Erkrankten wirkt.
Neben der guten Luft, welche von allen Seiten als die Haupt¬
sache bezeichnet worden ist, ist besonders auf eine tadellose
Streu, richtige Diät und richtige Stallpflege zu halten. An Nach¬
krankheiten wurden Sehnenscheiden- und Sehnenentzündungen
46 mal und innere Augenentzündung 17 mal beobachtet.
Die Pferdestaupe kam bei 930 Pferden vor, von denen nur
3 = 0,3 pCt. starben. Die schwarze Harnwinde befiel 59 Pferde,
von denen 38 = 64 pCt. geheilt wurden. Betreffs der Behandlung
wird mitgetheilt, dass Aderlässe, Nalr. bicarb. in grossen Mengen,
Eserin, Priessnitz’sche Umschläge oder hantreizende Mittel an
der Nierengegend zur Anwendung kamen. Oberrossarzt Lorenz
hatte 23 Fälle, von denen nur 4 ungünstig verliefen. Die Er¬
krankungen waren alle schwer. Als ersten Eingriff empfiehlt er
stets einen ausgiebigen Aderlass mindestens von 5 1. und zwar
nicht aus der Jugularis, sondern aus den Arterien und Venen
des Schweifes. Während der Zeit des Aderlasses erhalte das
Pferd einen Einguss von 100—150 g Natr. bicarb. mit gleichen
Theilen Natr. sulf. in l — I'/j 1 Wasser; im Verlaufe der nächsten
drei Stunden 2 mal je 100 g Natr. bicarb. und Natr. sulfuric. In
dieser Zeit wird wiederholt der Versuch gemacht, das Pferd auf
die Beine zu bringen. Daneben Lagerung auf gute Streu, Be¬
deckung, noch eine Eserininjection und Einreibungen von
erwärmtem Essig auf Lende, Kruppe und Schenkel. Der Ader¬
lass und die Eingüsse werden event. sofort an dem im Freien
liegenden Pferde vorgenommen; doch muss es dann schleunigst
in den Stall. — Am Starrkrampf erkrankten 35 Pferde, von
denen 71 pCt. starben. Das Tetanusantitoxin kam im Berichts¬
jahr noch nicht zur allgemeinen Anwendung. — Von Nerven¬
lähmungen ist hervorzuheben, dass eine Lähmung der BlaBe, des
Mastdarms, des Schweifes und einzelner Kruppenmuskeln der
rechten Seite durch eine Fettgeschwulst an der Austrittstelle des
zweiten Kreuznerven bewirkt wurde. 25 mal war der Nervus
radialis gelähmt, meistens unvollständig. Hierfür war eine directe
Entstehungsursache nicht zu ermitteln. Auch von einer Lähmung
des Unterschulternerven, angeblich durch plötzliches Abweichen
der Schulter nach aussen wird berichtet. — Der Hitzschlag
betraf 2 Pferde, welche bei einer Temperatur von 32° R., nach¬
dem sie 20 km im Galopp zurückgelegt hatten, unter schwerster
Athemnoth niederstürzten. Nach 25 Minuten vermochten sie sich
zu erheben, taumelten sehr stark und konnten erst nach % Stunde
unter Dach 'gebracht werden. Hier legten sie sich bald nieder
und starben nach 5—12 Stunden. Bei der Zerlegung fanden sich
Leber, Milz und Nieren dunkelroth, Lungen dunkel zum Theil
schwarzrotli, Herzkammern prall, mit schwarzrothem, theerartigem
Blute gefüllt, die Gefässe der Hirnhaut überfüllt. — Eine eigen¬
tümliche Massenerkrankung an Bronchialkatavrh beobachtete
Oberrossarzt Wassersleben. Am ersten Marschtage bei rauher
Witterung versagte plötzlich der grösste Theil der Pferde einer
Batterie das Futter. 20 Pferde hatten erhebliche Temperatur¬
steigerung, grossentheils über 40 u . Am nächsten Morgen hatten
alle bis auf drei ihre Morgenration verzehrt und normale
Temperatur. Von den drei Pferden war das eine am vierten
Tage gesund, eins starb nach neun Tagen an Brustwassersucht
und eins erkrankte an schwerer Bronchitis. Wie alljährlich
waren vor dem Ansrücken die Matratzen aus den Ställen ent¬
fernt worden. Bei der betroffenen Batterie war dies schon zwei
Tage vorher geschehen, und die Pferde hatten so lange in der
schlechten Luft gestanden. Dies dürfte die Ursache gewesen
sein, da die rauhe Witterung bei den übrigen Batterien keine
Wirkung geäussert hatte.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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19. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
237
lieber Seidenfadeneiternng
nebst Bemerkungen znr aseptischen Wundbehandlung.
Von Prof. Popport.
(D. Med. Wochongchr. <!),!>7 )
Bei der Wundheilung hat man bis vor Kurzem der „Catgut-
infection“ eine wichtige Rolle bei dem Eintreten von unange¬
nehmen Zufällen znertheilen wollen; Verf. hat jedoch gezeigt,
dass das vorschriftsmässig desinficirte Catgut infectiöse, gefähr¬
liche Entzündungen nicht zu veranlassen vermag. Die bislang
so räthselhafte Catguteiterung hat vielmehr eine ganz andere
Aufklärung gefunden; Verf. hat nachgewiesen, dass die hier
und da beobachtete Eiterung des sterilisirten Catgnts
nicht auf der Anwesenheit von Bacterien beruht,
sondern ein chemischer Vorgang ist, für den der
Chirurg nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Verf. hat nun auch bei der Benutzung von Seidenfäden
eine Eiterung beobachtet, die ebenfalls ganz unab¬
hängig von Bacterien und bei völlig aseptischem
Wnndverlauf angetroffen wird. Diese Beobachtung
betrifft die Ausstossung der versenkten Seidenfäden
bei der Radicaloperation des Leistenbruchs. Der Ver¬
lauf ist gewöhnlich folgender: Die Wunde heilt zunächst an¬
scheinend per primam; dann ca. am 10. Tage schwellen die
Wundränder ein wenig an, die junge Narbe wird breiter und
röthet sich, schliesslich bricht sie an einer Stelle durch und es
entleert sich eine Menge schleimähnlicher, seröser Flüssigkeit.
Diese seröse Absonderung bleibt 8 Tage bestehen, dann wird sie
eitrig, die Wunde bricht weiter auf und die Seidenfäden stossen
sich aus. Eine Erklärung für diese Eiterung konnte lange Zeit
nicht gefunden werden. Endlich kam Verf. auf die Vermnthung,
dass das allzufeste Znschnüren der versenkten Seiden¬
fäden eine Ernährungsstörung der Gewebe mit nachfol¬
gend er Necrose bedinge und diese Necrose alsdann Anlass
zurSecretbildung undzum AufbruchderWundegebe. Es
wurden daher bei allen späteren Radicaloperationen die
Nähte nicht allzu fest zusammengeschnürt und auch
nicht zu dicht gelegt. Die Folge war, dass alle 30 Fälle
von Radicaloperationen des Leistenbruches glatt, ohne
die geringste Störung znr Heilung kamen. Die Erklärung
für das Zustandekommen der „Fadeneiterung“ bietet Dach diesen
klinischen Erfahrungen wohl keine ernstliche Schwierigkeit mehr.
Das fibröse, gefässarme, der Bruchpforte angrenzende Gewebe, ins¬
besondere die Aponeurose der Bauchmuskeln und das Poupart’sche
Band wird durch die zahlreichen, festgeschnürten Nähte in seiner
Lebensfähigkeit so geschädigt, das6 es an den Druckstellen der
Necrose anheimfällt. Es entwickelt sich nun eine sogenannte
demarkirende Entzündung, die die Losstossnng des abgestorbenen
Gewebes an der Grenze des gesunden herbeitührt. Sind nun
auch die Resorptionsverhältnisse wie in dieser Gegend nngünstig,
dann kommt es rasch zur Fistelbildung und zur Infection mit
Bacterien, die dann die Eiterung veranlassen.
Abgesehen von dem nicht unerheblichen praktischen Interesse,
das der „Seidenfadeneiterung ‘ znkommt, darf diese auch eine
gewisse principielle Bedeutung beanspruchen, stellt sie doch
ebenso wie die „Catguteiterung“ eine Complication des Wund-
verlanfs dar, die nicht an die Gegenwart von Bacterien ge¬
knüpft ist. Während aber die Catguteiterung einen chemischen
Vorgang darstellt, ist es hier die Schädigung der Gewebe
durch rein mechanische Ursachen.
Therapeutische Notizen.
Arecslln.
Districtsthierarzt Korb hat bei einigen an Hufrhehe
erkrankten Pferden das Arecolin in Gaben von 0,07 — 0,1 g,
eventuell am nächsten Tage wiederholt, angewendet und gute
Wirkungen erzielt.
Behandlung des Kalbtfiebers nach Schmidt.
In der Dtsch. tbierärztl. W.beschreibt Dr. Künnemann einen
Fall von Kalbefieber, den er nach der Schmidt’sehen Methode (vgl.
B.T.W. 1897, 621; 1898,14) behandelte und wobei er ebenfalls guten
Erfolg erzielte. Die betr. Knh war am folgenden Tage gesund.
Insectenstiche.
Um Pferde vor Fliegenstichen zu schützen, wird in
Anacker’s „Thierarzt“ empfohlen: Einreibung von Sassafras-Oel
1 Theil und Alkohol 5 Theile, was etwa 3—4 Stunden lang wirk¬
sam bleiben soll.
Tagesgeschichte.
Das nachstehende Schreiben ist dem Präsidenten des Deutschen
Veterinärrathes zugegangen als Antwort auf einen Glückwunsch,
den er für den Veterinärrath anlässlich der Creirung der thier¬
ärztlichen Hochschule zu Wien an den Verein der Thierärzte in
Oesterreich gerichtet hatte:
Euer Hochwohlgeboren!
Hochgeehrter Herr Präsident!
Das gefertigte Präsidium des Vereins der Thierärzte in
Oesterreich hat das geehrte Schreiben vom 20. v. M., mit welchem
demselben von Euer Hochwohlgeboren namens des Deutschen
Veterinärrathes anlässlich der Erhebung der österreichichen Thier¬
arzneischulen zu Hochschulen die Sympathien und Glückwünsche
ansgedrückt werden, demCentralausschusse des genannten Vereines
in der Sitzung vom 29. v. M. vorgelegt.
Der Centralansschuss hat den Inhalt des Schreibens mit
Freude zur Kenntniss genommen und das gefertigte Präsidium
beauftragt, Euer Hochwohlgeboren und damit dem gesammten
Deutschen Veterinärrath für die warme Antheilnabme der deutschen
Collegen an der Entwickelung des österreichischen Veterinärwesens
auf das Beste zu danken.
Gestatten Euer Hochwohlgeboren zugleich die Versicherung,
dass auch die österreichischen Thierärzte die berechtigten Forde¬
rungen der deutschen Collegen und insbesondere auch die werth¬
volle Thätigkeit des Deutschen Veterinärrathes mit Aufmerksam¬
keit beobachten und jeden Erfolg derselben als ihren eigenen Be¬
strebungen nicht minder förderlich begrüssen.
Belieben Euer Hochwohlgeboren zur Kenntniss zu nehmen,
dass Ihr von collegialera Geiste durchwehtes Schreiben den
österreichischen Thierärzten im Wege des „Thierärztlichen Cen¬
tralblattes“ mitgetheilt wurde, und den Ausdruck meiner aus¬
gezeichnetsten Hochachtung und meines persönlichen Dankes zu
genehmigen.
Wien, am 12. April 1898.
Euer Hochwohlgeboren
ergebenster
Anton Toscano,
Präsident des Vereins der Thierärzte in Oesterreich,
städt. Amtsthierarzt.
Jahresbericht Ober die Veteriniraoademie za Budapest 1896/97.
Das Profe8soren-Colleginm besteht aus den Herrn Hntyra
(Director) Pathologie, Veterinärpolizei, Liebermann (Chemie),
von Nädaskay (Anatomie), Monostori (Thierzucht, Geburts¬
hülfe), vonRätz (path. Anatomie), Tangl (.Physiologie), Preisz
(Bacteriologie), Kössa (Pharmakologie), Plösz (Chirurgie,
gerichtl. Thierheilknnde). Dazu treten 15 Hilfslehrer und Assi¬
stenten. Die Zahl der Studirenden betrug 313 ordentliche Civil-
hörer, 16 Militärhörer und 20 sonstige Hörer des höheren Cursus,
sowie 38 Kurschmiede. Das Gros der Theilnehmer des höheren
Cursus hat die VI. Classe einer höheren Lehranstalt absolvirt
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20.
(Obersecnndareife). Approbirtwurden52Herren.—Im pathologischen
Institut wurden 197 Pferde und 378 andere Thiere secirt. —
In der inneren Klinik (Hutyra) wurden 1023 Pferde, 8 Rinder,
. 7 Esel, 3 Kameele und 4 Ziegen eingestellt. (Verluste 179 Stück.)
Von 623 Kolikern starben 14 pCt. 291 Pferde (52 pCt.) wurden
mit Chlorbarium behandelt, davon jedoch 1(X) per os, 191 durch
intravenöse Injection. Von diesen Thieren waren 46 Gestorbene
mit unheilbaren Veränderungen behaftet, während von den ver¬
bleibenden 245 Pferden 12 = 4,8 pCt. gestorben sind. Das
Resultat wird, namentlich, da die schwereren Fälle zur Chlor¬
bariumbehandlung ausgesucht wurden, als ein günstiges bezeichnet.
In die Abtheilung für kleine Thiere gelangten 689 Thiere, von
denen ca. 30 pCt. starben bezw. beseitigt wurden. Ambulatorisch
wurden 425 Thiere behandelt. — In der chirurgischen Klinik
wurden 408 grosse und 275 kleine Thiere aufgenommen und
ambulatorisch 447 Thiere behandelt — Der Unterrichtscursus
auf dem Krongute zu Gödöllö, diese eigenartige ungarische
Einrichtung, hat sich auch dieses Jahr bewährt. Hier wird Pferde¬
zucht, Rinderzucht (600 Haupt), Schweine-, Schaf- und Geflügel¬
zucht (Landeszuchtanstalt) betrieben. Die Hörer werden unter¬
wiesen in der practischen Thierzucht (Bonitirung, Auctionen),
Geburtshülfe bei Pferden und Rindern, in der gesammten Thier-
Haltung und -Fütterung, Mastviehpflege, Melkwesen, Stall¬
einrichtung, Jungvieh-Aufzucht, Pusztenwirthschaft, Castrationen,
Abstempelungen, Bahnverladung etc. Man muss gestehen, dass
eine vielseitigere practische Unterweisung kaum möglich ist und
muss dieser nützlichen Einrichtung allen Beifall zollen.
Aus dem badisohen Etat 1898 und 1899.
Für 57 Bez.-Thierärzte sind 76800 M. Gehalt und 8700 M.
Wohnungsgeld, 1140 M. Büreauaversen ausgeworfen. 12000 M.
sind verfügbar für Zuschüsse an Gemeinden, welche Thierärzte
anstelle» wollen. Die Kosten der b&zirkstirieiärztlichen Ver¬
richtungen bei Bekämpfung der Thierseuchen sind in einem anderen
Etatsposten mit einbegriffen und betragen jährlich 30—40 000 M.
Bei der Universität Freiburg ist am hygienischen Institut und
unter Leitung des Directors desselben eine thierhygienische Ab¬
theilung mit einem Etat von 5060 M., wovon 2560 M. als Gehalt
des Abtheilungsvorstehers, errichtet worden. Für Pferdezucht¬
zwecke sind 117000 M. und tür die Hufbeschlagsschule 13000 M.
ausgeworfen. Die Hauptposition ist die Förderung der Rindvieh¬
zucht Hier sind zur Prämiirung von Zuchtvieh, Unterstützung
von Zuchtgenossenschaften, zur Farrenhaltung, für Jungviehweiiden,
als Beihilfe zur Anschaffung von Zuchtthieren, namentlich
Stieren, im Ganzen 14000 M. ausgeworfen. Die Prämiei* für
Stiere betragen 75—150 M., wogegen der Empfänger sich
schriftlich verpflichtet, dieselben bis zum Ablauf des 4. Lebens¬
jahres zur^Zucht zu verwenden. Die Prämien für Kühe betragen
50—IOC M. Sie müssen in 2 folgenden Jahren zur Zucht ver¬
wendet werden. Ausserdem werden Diplome, Preisbilder, Aner¬
kennungen und Wegegelder zuerkannt. Damit das beste, junge
weibliche Zuchtmaterial nicht fortwährend nach dem Ausland
verkauft werde, hat sich eine im Ministerium des Innern ,1895
zusammenberufene Commission dafür ausgesprochen, dass auch
Kalbinnen künftig prämiirt werden sollen. Auch soll künftig die
Ausfolgung der Prämie an den Nachweis einer Zuchtleistung inso¬
fern geknüpft werden, als die prämiirten Kühe im nächsten Jahr
mit den von ihnen stammenden Kälbern vorgeführt werden sollen.
Alles dies soll bewirken, dass die guten Zuchtthiere auch wirklich bei¬
behalten werden. Es ist auch derVorschlaggemacht, event.einefteihe
von Jahren für ein und dasselbe Thier, sofern seine Zucktfäkig-
keit erwiesen ist, gleich hohe Prämien zu bewilligen. Die
prämiirte Kuh ist pflichtgemäss einem gekörten Farren der
gleichen Rasse zur Deckung zuznführen. Ausserdem sind
2 Rinderstammzuchtstationen, eine für das Simmenthaler Vieh,
eine für das Wäldervieh, errichtet worden mit dem Zweck, deren
Producte rationell aufzuzüchten und den Viehhaltern im zucht¬
reifen Alter als Stammthiere zu überlassen, damit auf diese
Weise stets ein Stamm vorzüglicher Thiere im Lande selbst
vorhanden sei: 1899 sollen die ersten Thiere abgegeben werden.
Es ist die Errichtung 2 weiterer Simmenthaler Zuchtstationen in
Aussicht genommen worden, wofür 50000 M. gefordert werden.
Die Aerzte Deutschlands im Jahre 1897. Die Zahl der Aerzte im
Deutschen Reich ist gegen das Vorjahr um 873 = 3,5 pCt. ge¬
stiegen, so dass wir im Jahre 1897 deren 24 873 zählen. In
Preussen waren 606 Aerzte mehr als 1896, nämlich 14 987, das
ist eine Zunahme von 4,2 pCt. Im Jahre 1876 betrug die Zahl
der preussiscken Aerzte 7956, im Jahre 1887 9284, mithin ist sie
seitdem um 87 pCt. bezw. um 61 pCt. gewachsen. Elsass-Lothringen
besass im Jahre 1897 nur 9 Aerzte mehr als 1896, nämlich 731.
In Hessen waren 655 Aerzte, in Hamburg 519 (506).
Von den preussiscken Provinzen zählt, wie in den Voijahren,
die Rheinprovinz die meisten Aerzte 2355 (1896: 2208). An zweiter
Stelle steht der Stadtkreis Berlin mit 2196 Aerzten. Die Zu¬
nahme im letzten Jahre betrug hier 111 = 5,7 pCt. Im Jahre
1887 gab es in Berlin 1104 Aerzte, das bedeutet eine Vermehrung
um 99 pCt. während des verflossenen Jahrzehntes. Gleichfalls
wie in den Vorjahren folgt von den übrigen Provinzen Schlesien,
das 1656 Aerzte (1896 : 1566) aufzuweisen hatte. Demnächst:
1897 1896 1897 1896
Brandenburg. . . . 1379 1303 Ostpreussen .... 612 678
Sachsen. 1189 1133 Pommern. 595 603
Hessen-Nassau . , . 1166 1154 Posen. 494 499
Hannover.1153 1111 Westpreusseu . . . 451 449
Westfalen. 1060 1027 Sigmaringen .... 25 25
Schiesw.-Holstein . . 626 619
" ' Von den Städten mit über 100 000 Einwohnern kat^n/Aerzte:
1897 1896 1897 1896
München. 543 523 Halle.178 167
Breslau. 461 447 Magdeburg .... 163 160
Dresden. 381 354 Stettin.189 135
Leipzig. 375 368 Danzig. 142 118
Köln. 300 257 Aachen. 107 95
Frankfurt. 295 292 Altona. 80 85
Charlottenburg . . 254 212 Elberfeld. 73 71
Königsberg .... 236 218 Barmen. 62 61
Hannover. 223 215 Krefeld. 61 50
Auf 10000 Einwohner kommen Aerzte:
Im Deutschen Reich . . . 4,75 Hessen.6,30
Preussen . 4,68 Meklenb.-Scbweriu .... 4,47
Bayern.4,64 Elsass-Lothringen .... 4,45
Sachsen.4,84 Hamburg.7,61
Württemberg.4,01 Bremen ........ 6,77
Baden.5,49 Lübeck.7,92
In Berlin entfallen auf 10000 Einwohner 13,09 Aerzte
(1887:8,70; 1891:10,09; 1896:12,38).
Generalversammlung des thlerärztiiohen Vereins im Herzogth. Braunschwelg,
am 5. Juni er., Vormittags 11 Uhr,
im Restaurant Ulrici zu Braunschweig.
Tagesordnung:
1. Berichterstattung und Rechnungslegung.
2. Wahl des Vorstandes und eines Delegirten für den Veterinärrath.
3. Aufnahme neuer Mitglieder.
4. Der VH. internationale thierärztliche Congress zu Baden-Baden
im Jahre 1899.
5. Beratlmng über die Feier des 25jähr. Bestehens unseres Vereins.
6. Besprechung über die am 1. October er. in Kraft tretende
obligatorische Fleischbeschau.
7. Mittheilungen aus der thierärztlichen Praxis.
Der Vorstand.
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19. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
239
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
im April 1898
Schleswig
Marienw$rder
rom
lünebun
unter l f
Dsnabruck) j Hannover
Potsdam
erseburg
Breslau
Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender
Scala) an,wie viel pro mille der vorhandenen
Gemeinden verseucht waren.
unter 4: Frankfurt, Stettin, Oppeln, Schleswig- Stade, Münster, Minden, Arnsberg, Cassel.
4—10: Marienwerder, Potsdam, Bromberg, Breslau, Liegnitz, Merseburg, Hildesheim, Lüneburg, Coblenz.
10—20: Posen, Wiesbaden, Düsseldorf, Cüln, Trier.
20—30: Magdeburg, Aachen.
Oie Verbreitest! der Maul- e. Kiaeeneeuohe in Prassen. Ende April 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen Gemeinden
(Qntsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutabez.)
waren
verseucht
Marienwerder
5
17
7,56
Potsdam . . .
7
15
5,79
Frankfurt . . .
6
8
2,94
Stettin ....
4
7
3,73
Posen ....
15
31
10,31
Bromberg. . .
7
18
8,08
Breslau . .
9
31
8,13
Liegnitz . . .
7
21
7,46
Oppeln ....
2
2
0,70
Magdeburg . .
9
41
28,47
Merseburg. . .
7
14
6,05
Schleswig . . .
2
2
0,93
Hildesheim . .
3
4
5,52
Lüneburg . . .
2
10
6,78
Stade ....
1
1
1,37
Münster . . .
1
1
1,78
Minden ....
2
2
8,92
Arnsberg . . .
2
2
2,35
Cassel ....
4
4
2,39
Wiesbaden . .
6
12
12,82
Coblenz . . .
5
10
9,56
Düsseldorf. . .
7
8
18,60
Köln.
3
3
10,13
Trier ....
6
15
13,30
Aachen . . .
2
8
20,52
Summa
124
290
_
i Nacbweiaung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 30. April 1898.
Es waren am 30. April in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise nnd Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Königsberg t (1). Stadtkreis Berlin 1.
[ R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 2 (3).
R.-B. Posen 3 (5). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslan 4 (4).
j R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 4 (4). Bayern: R.-B. Ober-
! bayern 1 (1). Sachsen: Kreisbauptm. Dresden 1 (1). Württem¬
berg: Neckarkreis 1 (1). Jagstkreis 1 (1). Donankreis 3 (3).
Brannschweig: 1 (1).
B, von Maul- nnd Klauenseuche (excl. Prenssen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 12 (38). R.-B. Niederbayern 4(5).
R.-B. Pfalz 7 (13). R.-B. Oberpfalz 6 (8). R.-B. Oberfranken 7 (7).
R.-B. Mittelfranken 15 (36). R.-B. Unterfranken 7 (9). R.-B.
Schwaben 14 (49). Sachsen: Kreisbanptm. Bantzen 1 (3).
Kreisbauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
Württemberg: Neckarkreis 15 (42). Scbwarzwaldkreis 3 (4).
Jagstkreis 12 (28). Donankreis 11 (28). Baden: Landescomm.
Constanz 2 (2). Landescomm. Freibnrg 2 (4). Landescomm.
Karlsruhe 4 (5). Landescomm. Mannheim 10 (27). Hessen:
Provinz Starkenburg 4 (7). Provinz Rheinhessen 2 (4). Sachsen-
Weimar: 2 (2). Brannschweig: 2(11). Sachsen-Meiningen:
1 (1). Sachsen-Altenbnrg: 1 (1). Sachsen-Cobnrg-Gotha:
Herzogth. Coburgl(l). Anhalt:3(4). Schwarzbnrg-Sonders-
hansen: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lotbringen: Bez.
Unter-Elsass 5 (16). Bez. Ober-Elsass 5 (11). Bez. Lothringen 2 (4).
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 20.
240
C. von Lungenseuche:
Preusseu: R.-B. Stettin (1) 1. R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B.
Magdeburg 3 (11). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis-
liauptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1).
Fleischschau and Yiehverkehr.
Neue Verwerthang der Magermiloh.
(Technische Rundschau )
Die Magermilch hat bisher noch nicht in dem Maasse aus¬
genutzt werden können, wie es ihr hoher Nährwerth wünschens-
werth macht. Nur zum kleinen Theil wird sie getrunken, ein
grösserer Theil wird, allerdings zu einem minderwerthigen Pro-
ducte verkäst, die Hauptmenge wird zur Viehmast verwendet.
In Anbetracht des Umstandes, dass von den 9 pCt. festen Bestand¬
teilen, welche sie enthält, etwa 0,7 pCt. Fett, 4,5 pCt. Milch¬
zucker und 4 pCt Eiweissstoffe sind, muss jeder einigermassen
Erfolg verheisBende Vorschlag, sie als menschliches Nahrungs¬
mittel brauchbar zu machen, mit Aufmerksamkeit betrachtet
werden. E. Utscher in Hamburg hat sich kürzlich ein Ver¬
fahren patentiren lassen, die Magermilch, allerdings unter Daran¬
gabe eines Theils ihrer Nährstoffe, nämlich des Milchzuckers,
mit Mehl zu Brot zu verarbeiten, und zwar nachdem er sie vorher
einer Gäbrung unterworfen hat, durch welche der Milchzucker
grösstentheil8 in Alcohol und Kohlensäure tibergeht. Das Brot
soll, nach der Behauptung des Erfinders, nicht nur nährstoffreicher
als gewöhnliches Brot, sondern auch von ganz besonderem Wohl¬
geschmack sein. Das Verfahren zur Herstellung dieses Brotes
ist folgendes: Etwa 20 1 Magermilch werden in einer constanten
Temperatur von 26—30° C. mit 100 g Hefe und ICO g Sauerteig
angesetzt und unter wiederholtem Umiühren 24—36 Stunden bei
Seite gestellt Es entsteht dabei aus der Magermilch ein säuer¬
liches, schwach weiniges Getränk von angenehmem Geschmack
und Aroma. Zu diesem kumysähnlichen Milchwein wird Qpggen-
mehl geknetet event. auch etwas Weizenmehl und der fertige Teig,
nachdem er kurze Zeit gelegen, zu Brot geformt und gebacken.
Der Erfinder sagt, dass in der vorstehend gekennzeichneten
Weise nicht nur eine zweckmässige Verwerthung der Magermilch,
sondern auch eine beschleunigte Reifung des Teiges und eine
j Vereinfachung der Teigbereitung erzielt wird. Während man
sonst einen Brotteig zur Herstellung eines wirklichen wohl¬
schmeckenden Brotes von heller Beschaffenheit und leichter Ver¬
daulichkeit durch wiederholtes Nachgiessön von Wasser und Zu¬
kneten von Mehl zu dem Sauerteig bezw. zu dem mit Sauerteig
hergestellten 5—6 Stunden gesäuerten Teig einwirken muss,
bevor der Teig gereift und backfertig wird, ist' bei dem vor¬
stehend beschriebenen Verfahren die Reifung bereits in der Milch
erfolgt, die dann nach dem Zukneten von Mehl einen reifen, back¬
fertigen Teig liefert
Eine neue Pökelmethode.
Nach einer Mittheilung der „Fleischer-Ztg.“ ist dänischen
Zeitungsnachrichten zufolge von dem Zoologen August Fjeistrup
eine neue Pökelmethode in Anwendung gebracht worden, welche
den grossen Vorzug besitzen soll, den ganzen Pökelprocess auf
wenige Minuten zu beschränken.
Das durch Pökeln zu conservirende Schlachtthier wird mit
einer Schlachtmaske versehen, und erhält dann einen Schuss in
! die Stirn mit einem Revolver, der mit „Hagelkörnern“ geladen
i ist, damit nicht die Hirnschale zerschmettert werde. Ist das Thier
| auf diese Weise betäubt und umgesunken, so wird das Herz (?)
geöffnet, und nachdem das Thier verblutet ist, mittels einer
grossen Injectionsspritze Salzlake vom Herzen aus durch die Ge«
fässe des ganzen Körpers getrieben. Nach diesem in wenigen
| Minuten beendeten Process soll das Thier so gut mit Salz prä-
parirt sein, wie es nach der bisherigen Pökelung erst in Tagen
zu erreichen war. Die zu injicirende Salzlösung bann natürlich
l den besonderen Zwecken entsprechend concentrirter oder
j schwächer angewendet werden. Ist das Thier dann in der ge-
| wohnlichen Weise zerlegt, so ist es sofort zum Versand oder
zur Räucherei fertig.
Diese Methode soll vom Erfinder im letzten Winter mit ent¬
schiedenem Erfolge an mehreren Hundert Stück Vieh in der
Genossenschaftsschlächterei zu Odense erprobt worden Bein. Alle
Berichte über die Güte des auf diesem Wege gepökelten Fleisches
sollen sehr günstig lauten und Fjelstrup soll bereits ein Patent
auf seine Methode in allen Staaten genommen haben.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Hinniger zu
Greifenhagen für den Kreis Greifenhagen, Thierarzt Melchert zu
Naugard für den Kreis Naugard.
Thierarzt Glage, bisher Assistent am hygienischen Institut der
thierärztlichen Hochschule in Berlin ist zum Polizeithierarzt und
Vorsteher des hygienischen Institutes bei der Fleischschau in
Hamburg ernannt worden.
Eb sind gewählt worden: Thierarzt Goslar-Hemmingen
zum 2. Schlachthofthierarzt in Aachen, Thierarzt R. Lägel zum
städtischen Thierarzt am Schlachthof in Dresden. ,
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen, etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Janssen-Wesselburen nach Flensburg, Tbierarzt Andresen-
Kappeln nach Wesselburen, Thierarzt Vos s h ag c - Jever nach Schönberg
MeCklbg.), Thierarzt Axe-Schledehausen nach Roda (Sachs^Altbg.).
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel:
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S.
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise27000 Stück). — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
FleischBchaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
Sanit&tsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magiet
— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: C o b 1 e n z: Schlachthof-Hilfsthierarzt. — Norderney:
Schlachthofinspector zum 1. Juli. — Ostrowo: Schlachthofinspector.
— Schlawe (Pommern): Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). —
Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck).— Gux¬
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn.—Pitschen. —
Pollno w. — Schwarzenau. —W al db r ö 1. — 1898 bekannt
gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Aus¬
kunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli.
Bew. an Magistrat. —Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt
Bolle-Magdeburg (Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer
Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt
(vom landw. Verein 1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken
(Ostpr.). — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
500 M.). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat. — Obermars.chacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa
i. Scbles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim:
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 600 M.) Bew. an den
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren
aus einzuführender FleiBchschau ca. 2000 M.). Näheres durch das
„Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Aachen.
Verantwortlich lUr den Inhalt (excL Inaeratenthell) Prof. Dr. Schmält* lu Berlin. — Verlag und EUenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxenateln, Berlin.
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Dl« „Berliner ThiertraUleb« Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln Stlrke von mindestens 1 */» Bogen. Dieselbe
Ist su bcsiehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Itichard
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum l’reise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Origtnalbellrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mitthellungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturcn, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. II. Schmaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 21 . Ausgegeben am 26. Mai.
Inhalt: Professor Dr. Lustig f. — Schmaltz : Statistisches Facit aus den Betriebs res ultaten der preussi-
sehen Schlachthäuser fllr 18‘J6. — Kissu'.h: Instrument zur Oeffnung von Milzbrandcadavern. —
Hugendubel: U eher Erbrechen beim Pferde. — Dralle: Prolapsus vaginae. — Pflanz: Nachtrag zum Ope¬
rationstisch.— Referate : Königshöfer: Die Geschichte der vergleichenden Augenheilkunde, insbesondere ihre Ent¬
wicklung unter dem Einfluss der Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart. — Schneider: Aus der geburtshilflichen Praxis. —
B e i c h o 1 d : Zur Diagnose der Lebercirrhose beim Pferd. — Sabatino: Beitrag zur Casuistik der Leberabscesse. — Thier-
haltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Festbericht* über die Jubiläumsfeier von Herrn Prof. Dr. Esser. —
Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh¬
verkehr. — Personalien. — Vacanzen. •
Dr. August Lästig
weil. Professor an der thierärztlichen Hochschulo
zu Hannover.
t
Professor Dr. Lustig.
Die Nachricht von dem am 29. April d. J. erfolgten Heimgange des
Professors an der thierärztlichen Hochschale za Hannover, Dr. med.
vet. August Lustig hat die Angehörigen des thierärztlichen
Berufs im deutschen Reiche and im Ansland schmerzlich berührt.
Mit der dankbaren Anerkennung der Verdienste Lnstig’s um
die .Erweiterung der Erfahrungen in der practischen Thierarznei-
knnde und nm die Ausbildung der Thierärzte mischen sich die
wehmtithigen Empfindungen seiner zahlreichen Schüler über den
frühen Tod des vortrefflichen Lehrers. Aus persönlicher Neigung
hatte -er sich der thierärztlichen Laufbahn gewidmet und aus dem¬
selben Beweggründe hat er später das Amt eines Lehrers der
practischen Thierärzte übernommen.
Lustig war geboren zn Glatz in Schlesien am 27. August 1837
und erhielt seine Bildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt.
Im Frühjahr 1856 trat er beim 6. Artillerie - Regiment in den
Militärdienst, am im Herbst 1857 als Militär-Stndirender in die
damalige Thierarzneischnle zn Berlin anfgenommen za werden.
Nachdem er im Frühjahr 1861 die thierärztliche Staatsprüfung
mit ^änszeichnnng bestanden hatte, genügte er zunächst seinen
militärischen Dienstverpflichtungen in Bonn. Im Jahre 1864 be¬
stand Lustig die kreisthierärztliche Prüfung nnd 1866 schied er
aus <dem activen Militärdienst. In Bonn hatte er seine ihn jetzt
überlebende Gemahlin kennen gelernt, die ihm 31 Jahre lang in
glücklichster Ehe als treue Lebefisgefährtin zur Seite ge¬
standen und seiner erfolgreichen Thätigkeit stets die lebhafteste
Förderung entgegengebracht hat.
Ende 1866 übernahm Lustig das Amt des Kreistliierarztes
zu Saarbarg im Regierungsbezirk Trier. Zugleich wirkte er als
Docent an der Ackerbanschnle in Roscheid bei Trier und der
landwirtschaftliche Verein übertrug ihm die Leitung der Section
„Viehzucht“ im dortigen Regierungsbezirk.
Unter dem 23. Juli 1870 erfolgte die Berufung Lustig’s als
Repetitor am anatomischen Institut der thierärztlichen Lehr¬
anstalt in Berlin. Doch verhinderte ihn der deutsch-französische
Krieg, welchen er mitmachte, zunächst, der Berufung zu folgen.
Seine Uebersiedelung nach Berlin fand am 1. April 1871 statt.
Im folgenden Jahre war er als Repetitor der Klinik in Berlin
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242
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
beschäftigt. Die beiden Jahre seines Aufenthaltes daselbst be¬
nutzte er znr Vervollkommnung seiner Kenntnisse in der wissen¬
schaftlichen Medicin, wobei ihm vornehmlich die demonstrativen
Kurse Virchow’s in der pathologischen Anatomie und die
klinischen Vorträge von Frerichs und Traube fesselten und das
vergleichende Studium der klinischen Untersuchungsmethoden bei
den Krankheiten des Menschen in Anspruch nahm.
Im August 1873 wurde Lustig als Docent an der thier¬
ärztlichen Lehranstalt in Hannover angestellt und mit der Leitung
der stationären Klinik beauftragt. Seine Ernennung zum Professor
erfolgte 1878.
Lustig ist ein erfolgreicher akademischer Lehrer gewesen.
Seine Vorträge, durch Klarheit, Objectivität und fesselnde Be¬
handlung des Themas ausgezeichnet, erfreuten sich des allge¬
meinen, lebendigen Interesses bei den Studirenden. Seine wissen¬
schaftlichen Arbeiten liegen vorwaltend auf dem Gebiete der
inneren Krankheiten des Pferdes, aus welchem er namhafte Bei¬
träge zur besseren Beurtheilung der Krankheiten der Nieren,
des Herzens und der Blutgefässe in den Jahresberichten der
thierärztlichen Hochschule zu Hannover veröffentlicht hat.
Daneben förderte er die physikalische UntersughuDg zur
Diagnostik der Brustkrankheiten und die chemische Untersuchung
des Harnes.
Als Lustig vor drei Jahren von dem Unglück betroffen
wurde, in Folge eines Schlaganfalls schwer zu erkranken, gaben
seine Schüler und Freunde die Hoffnung auf die Erhaltung des
von Natur sehr kräftigen Mannes nicht auf. Und doch hatte das
Schicksal anders bestimmt; wiederholte Schlaganfälle fesselten den
beliebten Lehrer an das Krankenzimmer und zwangen ihn,
aus dem Amte sich zurückzuziehen. Seiner Familie, ' wie
seinen Freunden blieb nur das tröstende Bewusstsein, dass der
Kranke von körperlichen Schmerzen frei war und fortdauernd
sich im Besitze der geistigen Frische befand, die ihn befähigte,
mit seiner Gemahlin und seinen Kindern, wie mit den ihn be¬
suchenden Freunden der Unterhaltung zu pflegen. Aber der Ver¬
lauf der Krankheit war trotz der aufmerksamsten Pflege nicht
zu ändern. In Folge eines erneuten schweren Schlaganfallfc ist
Lustig am 29. April d. J. verschieden.
Ich kann diese kurzen biographischen Notizen nicht beenden,
ohne des vornehmen, liebenswürdigen und loyalen Characters zu
gedenken, welcher den heimgegangenen Freund und Collegen aus¬
zeichnete. Wegen seiner treuen Gesinnung, der Offenheit und
Geradheit seines Wesens und der Lauterkeit seines Denkens fänd
Lustig überall im Kreise seiner Freunde und Bekannten die
grösste Anerkennung. Möge Ihm die Erde leicht sein! Alle, die
ihm im Leben näher standen, werden seinem Andenken bis in
die fernste Zukunft die Verehrung, Liebe und Freundschaft be¬
wahren. Dieck erhoff.
Statistisches Facit aus den Betriebsresultaten der
preussischen Schlachthäuser für 1896.
Von
Prof. Sohmaltz.
Die tabellarische Uebersicht über die Betriebsresultate von
allen einzelnen Schlachthäusern Preussens ist bereits in No. 5
der B. T. W. d. J. veröffentlicht worden. Die bisher stets von
mir an die Tabelle geknüpfte statistische Aufrechnung konnte
damals aus Mangel an Raum nicht beigegeben werden und erst
heute einen Platz in der B. T. W. finden.
Zunächst bleibt nach wie vor zu bedauern, dass die sehr
werthvolle Tabelle doch noch nicht nach allen Richtungen be¬
friedigenden statistischen Aufschluss giebt. Wir erfahren nicht,
wie mit den tuberculös befundenen Schweinen, Kälbern und
Schafen verfahren worden ist; auch die Rubrik „Tuberculöse
Rinder, theilweise verworfen“ lässt verschiedenen Auslegungen
Raum. Die Beanstandungen, in denen es sich bloss um kranke
Theile handelte, sind nicht berücksichtigt; bloss für Tuberculöse
lassen sie sich berechnen. Auch die doch verschiedene Be¬
handlung der finnigen Schweine ist nicht zu ersehen. Endlich
wären Angaben darüber, wie viel gekocht (sterilisirt, gepökelt)
und wie viel noch auf der Freibank verkauft wurde, dringend
nöthig.
Die Zahl der öffentlichen Schlachthäuser ist von 307
auf 321 gestiegen. 50 davon haben keine Freibank. Die Zahl
der Freibänke hat sich demnach auf 271, d. h. um 23 gegen 1895
und um 127 gegen 1894 gesteigert, ein Zeichen, dass diese
rationelle Einrichtung sich Bahn bricht und der Widerstand da¬
gegen im Allgemeinen überwunden ist. Von den Schlachthäusern
fallen 177 auf den Osten, wo viel mehr für Verallgemeinerung
der Schlachthansbauten gethan ist, als im Westen. Hier zeichnen
sich eigentlich nur die Bezirke Arnsberg und Düsseldorf durch
25 bezw. 17 Schlachthöfe aus; auch Cassel hat über 10 Schlacht¬
höfe, Trier, Münster und Magdeburg je 8. Die Provinz Schleswig
hat immer noch bloss ein einziges Schlachthaus in Kiel, die
grosse Provinz Hannover hat nur 19 und die Provinz Sachsen
17 Schlachthäuser. Dagegen haben Schlesien 51, die rel. kleine
Provinz Posen 31, Ostprenssen 37, Westpreussen 26, Pommern
20 Schlachthäuser.
Von den in jenen 321 Schlachthäusern geschlachteten
726 824 Rindern sind als ganz verworfen aufgeführt
3716 = 0,51 pCt. aller geschlachteten gegen 0,75 im Voijahr.
Im letzteren waren die Vernichtungen auch ausserordentlich
zahlreich gewesen, während sie schon in den vier vorhergegangenen
Jahren von 0,75 pCt ständig bis auf 0,57 herabgegangen waren.
1896 hat also diesen Rückgang wieder fortgesetzt. Rechnet man
freilich die 1810 finnigen, durch Kochen sämmtlich so gnt wie ver¬
nichteten Rinder hinzu, so steigt der Procentsatz auf 0,76 pCt (Vor¬
jahr 0,9 pCt), und ausserdem sind unzweifelhaft unter den übrigen
als theilweise verworfen aufgezählten Rindern noch eine Anzahl
der Kochvernichtung anheimgefallen, sodass der Procentsatz der
Ganzverluste sich immerhin auf etwa 0,9 belaufen dürfte. In
Berlin sind diesmal einschliesslich der finnigen und sonst ge¬
kochten überhaupt nur 1389 Rinder verworfen, d. s. nur 0,95 pCt.
gegen 2 pCt. im Voijahre — ein erfreuliches Ergebniss. — Als
theilweise verworfen sind — ausschliesslich der finnigen Rinder —
aufgezählt 4315 Stück = 0,6 pCt., erheblich mehr als im Voijahre
(was mit der Abnahme der Totalverwerfungen wohl in Zusammen¬
hang steht). Im Ganzen ist also das Fleisch ganz verworfen,
gekocht, bezw. auf der Freibank verkauftvon9844Rindern=l,35pCt.
aller geschlachteten.
Von 1088 784 Kälbern unter 6 Wochen ist das Fleisch ganz
oder theilweise verworfen worden 3563 Mal; d. s. 0,32 pCt. der
Fälle. Es bedeutet das gegen die Vorjahre eine allmähliche aber
stetige Steigerung. Die ganz verworfenen (unter Zurechnung
aller als tuberculös verzeichneten) waren etwa 3100 = 0,28 pCt.
aller geschlachteten (Voijahr 0,23 pCt).
Unter 1096 997 Schafen und Ziegen wurde das Fleisch
ganz oder theilweise verworfen von 3549 Stück = 0,32 pCt. der
geschlachteten gegen 0,2 pCt. im Vorjahre. Davon wurden (unter
schätzungsweiser Zurechnung von % der wegen Tuberculöse
beanstandeten) ganz verworfen 1022 = 0,09 pCt. der geschlachteten.
Schweine wurden geschlachtet 3018 367 Stück. Als mit Tuber-
culose behaftet sind 54 558 aufgeführt, wobei aber nicht angegeben
ist, wie mit ihnen verfahren wurde. In Bayern wurden von den
tuberculösen Schweinen 3,5 pCt. vernichtet (einschl. sterilisirt
und ausgeschmolzen), roh auf der Freibank verkauft 29,8 pCt.,
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26. Mai 1898. BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 243
freigegeben 66 pCt.; in 25 sächsischen Schlachthäusern desgl.
15 pCt., 10 pCt. und 75 pCt.; in Leipzig allein 33 pCt., 0,7 pCt.,
66,3 pCt. Nimmt man ans diesen Zahlen, die so ziemlich die
milden nnd scharfen Gepflogenheiten einschliessen werden, das
Mittel, so ergiebt sich für Vernichtung (Sterilisation, Aus¬
schmelzung) ein Satz von 17 pCt., für Freibank verkauf desgl.
13,5 pCt., für völlige Freigabe 69,5 pCt. Schätzt man daher nach
diesen anderweitig sich ergebenden Sätzen die Verwendung der
in Preussen tuberculös befundenen 54 558 Schweine ab, so würden
sich ergeben als vernichtet 9274, als t heil weise verworfen (d. h.
auf der Freibank verkauft) 73. 5. Zu den ganz verworfenen
treten noch die trichinösen 880, sowie schätzungsweise (incl. der
gekochten) p /io der finnigen mit 2520; ausserdem sind als aus
anderen Gründen ganz verworfen angeführt 3654. Mithin würden
die Totalverluste betragen 9274 + 880 + 2520 -t- 3654 = 16 328
Stück oder 0,54 pCt. der geschlachteten. Theilweise verworfen
sind ausser den oben berechneten 7365 tuberculösen noch etwa
630 wegen Finnen und aus anderen Gründen 1825, zusammen
9820 = 0,32 pCt. der geschlachteten. Ganz oder theilweise ver¬
worfen zusammen genommen ist also das Fleisch von schätzungs¬
weise 26 148 Schweinen = 0,82 pCt. der geschlachteten, d. h.
etwa ein ebenso hoher Procentsatz, als bei den Rindern.
Die Tuberculose allein ergiebt folgende Zahlen: Von den
geschlachteten 726 824 Rindern waren überhaupt mit Tuberculose
behaftet 104 272 oder 14,3 pCt. gegen 12,7 pCt., 10.09 pCt.,
8,9 pCt., 8,6 pCt. in den Vorjahren. Die Zunahme der Rinder¬
tu berculose zeigt also ein ständiges Ansteigen in den letzten
3 Jahren durchschnittlich um 16 pCt. jährlich, im Berichtsjahre
um 12,5 pCt. der Zahl der Fälle. Gegen das Berichtsjahr
1893 (mit8,9pCt. tuberculoser) hat sich die Tuberculose
um 60 pCt der Fälle gesteigert — ein erschreckendes, dringend
zum Kampf ge.gen. diesen. Feind herausforderndes
Resultat. Ganz verworfen wurde das Fleisch von 2704 Thäeren
= nur 2,6 pCt. aller tuberculösen, theilweise verwoifen von
2914 = 2,8 pCt. (gegen 4,5 bezw. 1,7 pCt. in 1895 nnd 4,4 bezw.
3,8 pCt. in 1894). Das Verhältniss der Verwerfungen und
namentlich der TotalverwerfuDgen hat sich also gebessert. Ganz
dem freien Verkehr überlassen wurden daher (nach Entfernung
der kranken Theile) 98 554 = 94,5 pCt., ein günstiger Procent¬
satz. Es sind auch tr- tz der allgemeinen Steigerung der Tuber¬
culose von 8ämmtlichen geschlachteten Rindern diesmal nur
0,37 pCt. wegen Tuberculose ganz verworfen worden gegen 0,58
bezw. 0,44 pCt. in den Vorjahren. Es kann also, was schon im
Vorjahre zu bemerken war, nach dem Ergebniss des Berichts¬
jahres constatirt werden, dass die gemässigten Anschauungen
betr. die Schlachtviehtnberculose in Preussen jetzt, wie schon
längere Zeit in Süddeutschland, mehr und mehr die Oberhand
gewonnen haben, und dass der prenssische Ministerialerlass betr.
Behandlung des Fleisches tuberculöser Rinder im Verein mit den
Lehren der jetzigen Autoritäten in der Fleischschau vortrefflich
gewirkt hat. Bezüglich der Verbreitung der Tuberculose in den
einzelnen Regierungsbezirken zeigen sich folgende Verschieden¬
heiten.
Die Procentsätze schwanken zwischen 3 und 39 pCt. Mit
letzterem Procentsatz steht das allerdings nur durch ein einziges
Schlachthaus vertretene Kiel obenan. Es folgen die Reg.-Bez.
Stralsund mit 29 pCt., Danzig mit 28 pCt., Aachen mit 25,5 pCt.,
Cöslin mit 23 pCt., Bromberg und Lüneburg mit je 21 pCt-,
Magdeburg, Merseburg*) und Berlin mit je 19 pCt. In den Re¬
gierungsbezirken Königsberg, Marienwerder, Potsdam, Stettin,
Aurich und Coblenz mit 16,5, 16 und 15,8 pCt., Frankfurt,
Oppeln, Erfurt, Hildesheim, Arnsberg und Wiesbaden waren
über 10—14,5 pCt.. in den Bezirken Posen, Breslau, Liegnitz,
Hannover, Stade, Osnabrück 10 pCt., Cassel, Düsseldorf, Trier
und Münster 6—10 pCt. der Rinder tuberculös. Die weitaus
günstigsten Sätzeha tten Cöln mit 3,7 pCt., Minden nnd Gumbinnen
mit 3 pCt. Am stärksten durch die Rindertuberculose verseucht
ist also, wie schon bekannt, Schleswig und Pommern; auch die
Provinz Sachsen ist allgemein stark betroffen. Auffällig ist die
isolirte Höhe im Reg.-Bez. Aachen; hier sind in der Stadt Aachen
39 pCt. der Rinder tuberculös befunden, ein sonst nur noch in
Kiel beobachteter Procentsatz. In denjenigen Bezirken, wo ein
sehr grosser Schlachthof sich befindet, beeinflusst derselbe stark
den ermittelten Procentsatz und sofern dorthin eine starke Einfuhr
von anderen Bezirken stattfindet, braucht die für den Bezirk er¬
mittelte Zahl den Tuberculosestand der einheimischen Bestände
nicht genau wiederzugeben. Um so überraschender ist trotz der
starken Einfuhr von verschiedenen Gegenden nach Cöln der für
den gleichnamigen Regierungsbesirk sich ergebende niedrige
Procentsatz.
Was die Schweinetuberculose anlangt, so wurden von
3 018 367 geschlachteten 54 558 überhaupt mit Tuberculose be¬
haftet gefunden. Das sind 1,88 pCt. gegen 1,35 pCt., 0,68 pCt.,
0,66 pCt. in den Vorjahren. Auch hier zeigt sich also die
stetige erhebliche Steigerung, denn die Zahl der
Tuberculosefälle ist gegen 1895 um 38 pCt. gewachsen
und hat sich gegen 1894 nm 176 pCt. vermehrt. Die
Schweineiuberculose wächst also, wenn auch die absoluten Zahleu
noch viel kleiner sind, viel rapider als die Rindertuberculose.
Freilich fällt dabei erheblich ins Gewicht, dass früher viel mehr
thatsächlich vorhandene Fälle übersehen worden sein mögen
als heute.
Innerhalb der einzelnen Regierungsbezirke schwanken die
Procentsätze zwischen 0,01 und 6,7 pCt. Mit dem letzteren
Procentsatz steht wiederum Schleswig allen anderen weit voran,
zumal, da hier von fremder Einfuhr weder bei Rindern noch
bei Schweinen die Rede ist, ein Beweis, wie sehr die Dichtigkeit
der Schweinetuberculose dem Stande der Rindertuberculose pro¬
portional ist. Wenn dies Verhältniss nicht in allen Bezirken mit
gleichmässiger Schäl fe hervortritt, so dürfte das grösstentheils
mit daran liegen, dass ein stärkerer Import, sei es von Rindern
oder von Schweinen, in den Regierungsbezirk (bezw. einen
grossen Schlachthof desselben) stattfindet. Es folgen auf
Schleswig mit seinen 67 pCt Danzig mit 4 pCt. (Rindertuberculose
entsprechend), Stade mit 13,6 pCt. (bei geringer Rindertnberculose),
Berlin mit 3,5 pCt., Marienwerder mit 3,3 pCt. (Rindertuberculose
entsprechend); Lüneburg 3,2 pCt. (desgl.); Stettin und Merse¬
burg je 3 pCt. (desgl.), Königsberg, Bromberg und Aachen je
2,7 pCt, (desgl.), Potsdam, Cöslin, Posen mit 2—2,3 pCt. (Rinder¬
tuberculose für Cöslin entsprechend, für Posen unverhältnissmässig
viel Schweinetuberculose, auch für Potsdam relativ viel); Han¬
nover, Hildesheim, Magdeburg, Stralsund 1,2 -1,7 pCt. (der
Rindertuberculose im Allgemeinen entsprechend, nur für Magde¬
burg und namentlich für Stralsund relativ wenig Schweine¬
tuberculose). Die Regierungsbezirke Frankfurt, Breslau, Liegnitz,
Oppeln, Cassel und Coblenz zeigen einen Procentsatz von 0,7—0,9
(im Allgemeinen der Rindertuberculose entsprechend, nur in
Frankfurt und namentlich in Coblenz relativ wenig Schweine¬
tuberculose); die Regierungsbezirke Erfurt, Aurich, Wiesbaden,
Düsseldorf, Trier, Münster, Minden und Arnsberg 0,2—0,4 pCt.
(Erfurt, Aurich, Wiesbaden, Arnsberg haben dagegen starke
Rindertuberculose.) Weniger als 1 pro Mille endlich, nämlich
0,07 und 0,05 pCt. weisen Gumbinnen und Cöln auf, (wiederum
genau entsprechend ihrem ebenfalls auf der niedrigsten Stufe be-
*) In der Tabelle ist Pag. 52 die Zahl der geschlachteten Rinder
in Halle a. S. falsch angegeben; cs muss 13000 statt 3000 heissen.
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244
Südlichen Stand der Rindertuberculose.) In Osnabrück hat sich
unter rund 10 000 Schweinen (in 2 Schlachthäusern) ein tuber-
culöses gefunden, d. h. 0,01 pCt. bei 10 pCt. Rindertuberculose;
dies ist bei einem so kleinen Material möglicherweise ein Zufall.
Von 1088 784 Kälbern sind 1257, d. h. 0,11 pCt. der ge¬
schlachteten, tuberculös, gegen 0,08 pCt., 0,05 pCt., 0,04 pCt. in den
Vorjahren. Also hier dasselbe Bild, wie bei derSchweinetuberculose.
Bei noch nicht erheblichen absoluten Zahlen sieht man doch die
Gefahr für die Rinderaufzucht in stärkstem Masse wachsen, indem
die Tuberculo8efälle sich gegen 1895 um 37 pCt. und gegen 1894
um 120 pCt. vermehrt haben.
Rinderfinnen sind in 1810 Fällen, 749 Mal oder um 70 pCt.
mehr als im Vorjahre gefunden worden. Der dadurch, da sämmt-
liche Rinder gekocht werden mussten, angerichtete Schaden ist auf
etwa 400 000 M. zu beziffern (in 1894/93/92 waren nur 710 bezw.
686 bezw. 567 Stück finnigbefunden worden). Es waren demnach fast
genau 0,25 pCr. aller geschlachteten Rinder finnig (gegen 0,16
bezw. 0,1 in den Vorjahren). In Berlin wurden 465 finnige
Rinder (0,32 pCt. der dort geschlachteten) ermittelt, d. h. etwa
ein Viertel aller Fälle. Im Vorjahr kamen noch fast ein Drittel
der Fälle auf Berlin, ein Beweis, dass jetzt allgemeiner genau
auf Finnen untersucht wird. Die Verbreitung der Rinderfinnen
scheidet sich nicht so in Ost und West, wie die der Schweine¬
finnen. Die Regierungsbezirke rangiren mit folgenden Procent¬
sätzen: Schleswig (einziges Schlachthaus zu Kiel) 0,9, Stettin 0,8
(Stadt Stettin 0,9), Oppeln 0,65 (Neisse mit 6,7 pCt., Grottkau
mit 6 pCt.), Königsberg, Danzig, Lüneburg 0,6, Erfurt 0,5,
Marienwerder, Hannover, Hildesheim 0,4; Frankfurt, Bromberg,
Breslau, Magdeburg, Potsdam, Cablenz, Aachen 0,3; Merseburg,
Posen, Trier, Liegnitz, Cöslin 0,25—0,1; Stade, Aurich, Arnsberg,
Cassel mit 0,05 -0,09; Gumbinnen, Minden, Wiesbaden, Düssel¬
dorf, Cöln 001—0,04; Stralsund, Osnabrück, Münster, Sigma¬
ringen mit 0. In Osten sind also schwach betroffen ein grosser
Theil von Pommern, Niederschlesien, Gumbinnen, nicht stark
auch Brandenburg und Posen. Dagegen sind im Westen verhält-
nissmässig stark betroffen Provinz Schleswig, Sachsen und der
grösste Theil von Hannover, sowie Trier und Aachen. Es kam
ein finniges Rind in Neisse und Grottkau auf je 17, in Oels auf
je 22, in Schneidemühl auf je 35, in Zeitz und Harburg auf je 50,
in Lissa auf 71, in Kiel und Stettin auf 111; ferner ein finniges
Rind auf 120—200 in den Regierungsbezirken Stettin, Oppeln,
Königsberg, Danzig, Lüneburg, Erfurt; 1 auf 250—350 in Pro¬
vinz Brandenburg (einschl. Berlin), Magdeburg, Merseburg,
Hannover, Hildesheim, Marienwerder, Bromberg, Breslau, Coblenz,
Aachen; 1 auf 500—1000 in Posen. Liegnitz, Cöslin. Stade,
Aurich, Cassel, Arnsberg, Trier; in den übrigen Bezirken 1 auf
mehr als 1000. Der Durchschnitt betrug für die Provinzen Ost-
preussen, Westpreussen, Pommern, Posen, Schlesien, Branden¬
burg, Sachsen, Schleswig, Hannover 0,38 pCt., d. h. ein finniges
auf 257 Rinder. In den Provinzen Westphalen, Hessen und der
Rheinprovinz betrug er nur 0,14 oder 1 auf 710. Der Gesammt-
durchschnitt war 0,249 pCt. oder ein finniges Rind auf 401 Rijider.
Schweinefinnen wurden 3159 gefunden, d. h. wenig über
0,1 pCt. gegen 0,13 pCt, im Vorjahre. Es zeigt sich also, wie
schon im Vorjahre, dass die Rinderfinne bei der genaueren Suche
2% Mal so häufig sich zeigt als die Schweinefinne. Die ehemals
räthselhafte Häufigkeit der Taenia inermis ist vollkommen erklärt,
ein Verdienst des verstorbenen Fleischschandirector Dr. Hertwig,
der zuerst den Fundort der Rinderfinnen entdeckte. Es zeigt
sich aber ferner auch, dass die Häufigkeit der
Sch weiuefinnen in constanter und rapider Abnahme
begriffen ist, was sowohl der verbesserten Haltung
derSchweine, als auch namentlich der seit Jahrzehnten
No. 21.
durchgeführten Ausrottung der Taenia solium eben
durch die Fleischschau zuzuschreiben ist. Die Abnahme
wird durch folgende Zahlen beleuchtet. Es kommt im Gesammt-
durchschnitt 1 finniges auf 955 geschlachtete Schweine
gegen 768, 407, 284 in den Vorjahren. In den einzelnen Re¬
gierungsbezirken stellen sich folgende Zahlen heraus: Oppeln
1:204; Posen 1:216; Marienwerder 1:284; Königsberg 1:332,
Bromberg 1:440; Danzig 1:503; Minden 1:600; Osnabrück
1:712; Hannover 1:763; Gumbinnen 1:915; Merseburg 1:976.
— 1 auf 1200—1950 kam in Berlin, Regierungsbezirk Breslau,
Schleswig, Hildesheim, Stade, Cas9el, Coblenz, Cöln. 1:2000 bis
3600 in Potsdam, Frankfurt, Stettin, Liegnitz, Wiesbaden, Arns¬
berg, Düsseldorf. 1:7000 —8000 in Cöslin, Münster, Aachen.
1:11 000—19 500 Trier, Lüneburg, Magdeburg, Stralsund. In
Erfurt, Aurich und Sigmaringen wurden überhaupt keine Finnen
gefunden. An der Spitze stehen also die fünf Regierungbezirke
Oppeln, Marienwerder, Königsberg, Posen und Bromberg. Aber
auch hier ist z. B. in Marienwerder in den Vorjahren 1 finniges
auf 123 bezw. 64 bezw. 28 (!) geschlachtete Schweine gekommen.
Auch in Oppeln kam im Vorjahr 1 finniges auf 121 (in Posen
allerdings 1:295, in Königsberg 1:308). Die Schweinefinnen
sind im Osten stets viel häufiger gewesen als im Westen, unter
den östlichen Bezirken zeichnen sich aber durch geringe Finnen¬
verbreitung aus Stralsund und Cöslin (haben auch auffallend wenig
Rinderfinnen); einen mässigen Stand haben auch Stettin, Liegnitz,
Breslau, ganz Brandenburg. Dagegen stehen von den westlichen
Bezirken Minden, Osnabrück und Hannover sogar über der
durchschnittlichen Häufigkeit und auch Merseburg, Hildesheim,
Stade, Cassel, Coblenz, Cöln und Schleswig haben relativ viele
Finnen.
Der Durchschnitt in den östlichen Provinzen Ostpreussen,
Westpreussen, Pommern, Posen, Brandenburg, Schlesien beträgt
1 : 683 oder 0,14 gegen 1 :444 oder 0,22 pCt. in 1895 (und
1:319 bezw. 1:197 in den vorhergehenden JahreD). Diese
Zahlen zeigen zur Genüge, wie ausserordentlich und
stetig die Verminderung der Schweinefinnen in dem
früher davon so sehr heimgesuchten Os ten ist— eine
in ihrer Wechselwirkung auf Bandwurmhäutigkeit und
Fleisch werth gewiss vortreffliche und eclatante Wirkung
der längere Zeit gehandhabten rationellen Bekämpfung
durch die Fleischschau. In den Provinzen Sachsen, West¬
phalen, Rheinland, Schleswig, Hannover und Hessen war der
Durchschnitt 1:1890 oder 0,053 pCt. gegen 1:1794 oder 0,055 pCt.
im Voija^re (bezw. 1:700—800 in den vorherigen Jahren). Auch
im Westen ist also eine Abnahme zu verzeichnen, die aber
relativ geringfügig ist. Die Schweinefinnen sind jetzt im Osten
nur noch etwa 2% Mal so häufig als im Westen, während im
Vorjahr das Verhältniss noch 1:4 stand.
Trichinen wurden bei 880 Schweinen ermittelt; d. h. 1 auf
3430 geschlachtete oder 0,029 pCt., die Finnen des Schweines
sind also nur noch 3$ Mal so häufig (früher 10 Mal) wie die
Trichinen. Die Häufigkeit der letzteren hält sich ziemlich
constant auf 1:3000. — Keine Trichinen wurden gefunden in
den Reg.-Bez. Aachen (Sigmaringen), Trier, Cöln, Coblenz, Wies¬
baden, Minden, Münster, Aurich, Osnabrück, Stade, Erfurt und
Stralsund. Auf ein trichinöses Schwein kamen 20000 und mehr
geschlachtete in Trier, Düsseldorf, Cassel. — Ferner war das
Zahlenverhältni8S 1:10 000—16 500 in Arnsberg, Lüneburg,
Hannover, Magdeburg. — 1:5000—7000 in Potsdam, Frankfurt,
Merseburg, Hildesheim. — 1 : 3000—4600 in Stettin, Cöslin,
Breslau, Liegnitz, Oppeln, Schleswig, Berlin. — 1:1200—2100 in
Gumbinnen, Danzig, Königsberg. — In Marieuwerder endlich
kam schon auf 940, in Bromberg schon auf 600 und in Posen
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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26. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
245
entsetzlicher Weise gar auf 192 geschlachtete Schweine ein trichi¬
nöses. — In Posen waren die Trichinen viel häufiger als die
Finnen (ebenso übrigens in Liegnitz, wo jedoch nur relativ wenig
Finnen vorkamen). So gut wie ganz trichinenfrei sind tliat-
sächlich die Rheinprovinz (nur in Düsseldorf einige Funde),
Hessen-Nassau, Westphalen excl. Arnsberg und die drei hannover¬
schen Bezirke Auricb, Stade, Osnabrück. Im Osten ist der
Reg.-Bez. Stralsund auch von Trichinen verschont. Er hat
sozusagen überhaupt keine thierischen Parasiten der
schlachtbareu Hausthiere, denn es wurden hier weder Trichinen
noch Rinderfinnen und nur ein Mal Schweinefinnen (unter 19000)
gefunden. So parasitenfrei ist kein anderer Bezirk. Gut stehen
auch Sachsen und Brandenburg; Schleswig unter den westlichen
Provinzen am schlechtesten. Erschreckend ist die Häufigkeit der
Trichinen in der Provinz Posen.*) Der Durchschnitt stellt sich
für die sechs östlichen Provinzen auf 1:2137 oder 0,046 pCt.,
auf die westlichen sechs Provinzen (incl. Sachsen) 1:20 449 oder
nicht ganz 0,005 pCt Von sämmtlichen Trichinenfällen kamen
,0 /n auf die östlichen Provinzen.
Die oben gegebenen Berechnungen zeigen, dass die
Schlachthaustabellen nicht allein für eine Tuberculosestatistik,
sondern auch z. B. für die Controle der Parasitenverbreitung von
praktischer Bedeutung sind und sehr wichtige, interessante
Schlüsse gestatten.
Instrument zur Oelfnung von Milzbrandcadavern.
Von
Kissuth-Guhrau,
Thler*rzt.
Die Eröffnung der Bauchhöhle von Milzbrandcadavern ist
wegen des starken Gasgehaltes in derselben bei Anwendung eines
gewöhnlichen Messers für den Obducenlen keine ungefährliche
Arbeit. Wenn auch ein jeder den ersten Einstich in den stark
aufgetriebenen Hinterleib mit möglichst abgewandtem Gesicht
vornehmen wird, um namentlich die Augen vor Berührung mit
den durch den Gasdruck der Einstichstelle entströmenden, und
von dieser aus zuweilen mit Blut vermischten Darminhaltsmassen
zu schützen, so ist doch eine Beschmutzung der Hand und des
rechten Aermels unvermeidlich.
Beides lässt sich leicht vermeiden durch Anwendung des
unten beschriebenen Instrumentes, vermittelst dessen ich einige
zwanzig Milzbrandsectionen ausgeführt habe. Ich kann den
Herren Collegen, die häufig mit Milzbrand zu thun haben, das
Instrument, welches jeder Messerschmied anfertigt, nur empfehlen.
An einer mit Holzgriff versehenen polirten, seitlich zu-
8ammengedrtickten (wegen leichteren Gewichtes) Stahlstange von
50 cm Länge befindet sich am vorderen Ende ein 5 cm langes
und 2 cm breites scharfes und sehr spitzes Messer, welches in
einem Stück aus der Stahlstange herausgeschmiedet ist und zu
der letzteren im rechten Winkel steht.
Mit diesem langgestielten Messer kann man in genügender
Entfernung, unter Vermeidung jeder Infectionsgefahr, an der ge¬
spanntesten Stelle der Banchdecken einen Einbieb und im selben
Zuge einen langen Schnitt, welcher einen Theil des Bauchinhaltes
freilegt, über die Bauchdecken machen.
Der nachfolgende Theil der Section kann nun, soweit dieselbe
überhaupt zur Feststellung der Diagnose „Milzbrand“ ausgedehnt
*) Es ist nicht anzunehmen, dass die russischen Schweine viel
seltener Trichinen haben als die posener. Diejenigen, welche die
gegenwärtige Beschränkung der freihändigen Schweinefleisch¬
einbringung aus Russland (welches keine Trichinenschau hat) am
liebsten ganz beseitigt sähen, möchten sich daher doch wohl die
Frage vorlegen, wie das eigentlich mit der heimischen kostspieligen
Trichinenschau zasammenpasBt.
wird, ohne Gefahr bequem mit dem gewöhnlichen Messer aus¬
geführt werden. Nach vollzogener Desinfection des Messers,
welche sehr einfach ist, wird über die kurze Messerklinge eine
passende, mit Knopf oder Schnalle versehene Lederscheide ge¬
zogen.
Ueber Erbrechen beim Pferde.
Von
Hugendubel-München,
atfidr. Thierarzt.
Dass das spontane Erbrechen beim Pferde nicht immer, wie
vielfach angenommen wird, das Anzeichen einer Magenruptur ist,
beweist folgender Fall:
Ich wurde zu einem Pferde gerufen, unter dem Vorbericht,
dass dasselbe sich Nachts losgorissen habe, über die Haferkiste
gerathen sei und jetzt, nachdem es sich toll und voll gefressen,
Kolikerscheinungen zeige. Ich untersuchte das Thier und konnte
vor Allem eine sehr starke Anfüllung der Gedärme mit Futter¬
massen constatiren. Während der Untersuchung hörte ich plötz¬
lich das charakteristische Brechgeränseh und sah beim Näher¬
treten, dass das Pferd aus Maul und Nase circa 1^ 1 schleimiger
Flüssigkeit entleerte.
Das Thier hatte eine halbe Stunde vorher einen Einschütt
bekommen und denselben, in Folge der starken Anfüllung des
Magens und Darmes mit Futtermassen, wieder erbrochen. Das
Erbrechen wiederholte sich im Laufe des Tages noch ein Mal
in gleicher Weise. Tags darauf sistirte die Kolik nach der
Entleerung gewaltiger Kothmassen. Vierzehn Tage später ver¬
endete das Pferd an einer Fremdkörperpneumonie, deren Einsetzen
jedenfalls auf das Erbrechen zurückzuführen ist, da der Einschütt
von einem erfahrenen und zuverlässigen Wärter gemacht wor¬
den war.
Prolapsus vaginae.
Von
Dralle-Helmstedt,
Thiorarzt.
Einen sowohl in seiner Ursache als in seiner beträchtlichen
Ausdehnung seltenen Scheidenvorfall hatte ich im vorigen Frühjahr
Gelegenheit zu beobachten. Ich wurde zu einer Kuh mit
dem Vorbericht gerufen, dieselbe hätte sich die Tracht ausgedrängt,
obwohl Bie zwar erst in 8 Tagen kalben musste und von dem
Kalbe auch noch nichts zu sehen sei. Ich fand bei meiner An¬
kunft die ganze Scheide sammt Muttermund vorgestülpt, aus dem
Muttermunde hing ein glasiger fingerdicker Strang. Ich brachte
den Vorfall zurück, und hierbei fühlte ich einen Schenkel des
Kalbes links in der Beckenhöhle oberhalb des Muttermundes, ich
drückte nun vorsichtig die Scheidenwandung gegen den Schenkel,
worauf das Kalb ihn plötzlich zurückzog. Nun legte ich zur Vor¬
sicht die von mir bereits B. T. W. No. 11 ds. Jg. beschriebene
Bandage an, die aber anderen Tages, da die Kuh nicht mehr
drängte, abgenommen wurde. Die Kuh hat dann 8 Tage später
nornial gekalbt und nie wieder bis heute die Scheide herausgedrängt
Einige Tage nach diesem Fall wurde ich zu einem hoch¬
trächtigen Rinde gerufen, weil dasselbe angeblich kalben wolle,
aber an das Kalb mit der Hand nicht zu gelangen sei. Ich fand
das Thier heftig drängend, doch den Muttermund geschlossen,
aber über demselben fühlte ich deutlich die Klauen eines Schenkels,
der durch sanften Druck verschwand, das Drängen hörte sofort auf
und das Rind kalbte 14 Tage später normal. Da dieses Thier
am Orte war, so bin ich eben noch zur rechten Zeit zu Hilfe
gerufen, sonst würde wohl auch hier durch den Reiz des bis an
den Muttermund vorgestreckten Schenkels ein prolapsus vaginae er¬
folgt sein.
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246
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
Nachtrag zum Operationstisch.
Von
Pflanz.
Za meinem Artikel über den Operationstisch ist Folgendes zu
ergänzen.
Es ist einige Male vorgekommen, dass Pferde, bei denen der
Kopf und der Schweif nicht fest genng an den Tisch herangezogen
wurden, vor demselben zusammenbrachen. Diesem Uebelstand
habe ich sehr leicht dadurch abgeholfen, dass ich um die Brust
des Pferdes einen Gurt lege, welcher in der Widerristgegend
mit einem Ringe versehen ist. In diesen Ring wird ein Strick
geschleift und derselbe an einen Ring des oberen Rahmens vom
Tische festgebunden. Will man ganz sicher gehen, so kann man
auch noch den Kopf und Schweif am oberen Rahmen festbinden.
Durch diese Vorsichtsmassregeln werden derartige Vorkommnisse
sicher vermieden, wie ich mich jetzt durch zahlreiche Versuche
auch bei sehr unruhigen Pferden überzeugt habe.
Referate.
Die Geschichte der vergleichenden Augenheilkunde,
insbesondere ihre Entwicklung unter dem Einfluss
der Thierärztlichen Hochschule in Stuttgart.
Festrede zum Geburtstage Sr. Majestät des Königs von Württemberg
am 25. Februar 1897.
Von Sanitätsrath Dr. Königshöfer.
(ZelUctir. f Thlermedlcin 1898, H. 2)
Die Thierärztliche Hochschule in Stuttgart kann mit Recht
für sich in Anspruch nehmen, die vergleichende Augenheilkunde
neu begründet zu habeo, denn erst durch Berlin’s grundlegende
Arbeiten ist diese bis in die 70er Jahre vernachlässigte Disciplin
der Medicin zur gedeihlichen Entwicklung gebracht worden.
Die Augenleiden der Hausthiere sind in der früheren Zelt
mehr oder weniger unberücksichtigt geblieben, weil diese Krank¬
heiten im Allgemeinen eine erhebliche Beeinträchtigung der
Gebrauchsfähigkeit dieser Thiere nicht bedingen. In der Gleich¬
giltigkeit gegen diese Leiden der Thiere erblickt der Redner zu¬
treffend eine unbewusste Grausamkeit oder unbewussten Egoismus
des Menschen. Nur insoweit wusste er die Gesundheit der Thiere
zu schätzen, als die Gebrauchsfähigkeit nicht in Frage kam, und
er war unempfänglich gegen die Leiden derselben, wenn diese
Gebrauchsfähigkeit nicht wesentlich beschränkt wurde.
Die ältesten Aufzeichnungen über Augenerkrankungen fand
Redner im ersten Jahrhundert bei PI in ius. Derselbe erzählt, dass
einige Lastthiere beim Zunehmen des Mondes Augenübel be¬
kommen. Auch glaubt Plinius, dassSchielen nur beim Menschen
vorkomme. Dieser Schriftsteller hat schon eine vergleichende
Anatomie und Physiologie des Auges zusammengestellt. Die
Beschreibung der Augenbrauen steht zuerst. Dieselben werden
dem Menschen allein zugeschrieben und ihre Bedeutung für den
Gesiebtsausdruck und den Ausdruck der Affecte gewürdigt. Bei
Betrachtung des Auges selbst wird erwähnt, dass die Augen der
Insecten und Weichthiere sich anders verhalten als die der
Wirbelthiero. Ferner ist daselbst die Rede von dem Augen¬
leuchten, dem Zweck der Thränenflüssigkeit, den Wimpern u. s. w.
Galen hat ebenfalls anatomische Studien an den Augen der
grossen Thiere gemacht. Vegetius Renatus von Volteria be¬
richtet in seiner Ars veterinaria (450 n. Chr.), dass es im alten
Rom Heilkünstlbr gab, welche auch die Augenkrankheiten der
Thiere behandelten. In dem Buche sind diesem Gegenstände
mehrere Capitel gewidmet. Unter Andern werden beschrieben die
Mondblindheit der Pferde, das Staphylom, die Hornhautfleckeu. Ein
Capitel handelt von der Paracentese des Augapfels, ein anderes
von Staaroperationen.
Diese und andere Kenntnisse über die Augen und Augen¬
krankheiten aus einer frühen Epoche unserer christlichen Zeit¬
rechnung bildeten einen erfreulichen Anfang der gedachten
Wissenschaft, doch in den nächsten Jahrhunderten blieb der
Fortschritt aus, und erst, mit dem 16. Säculum ist wieder eine
fortschreitende Bewegung bemerkbar. Der Redner schildert in
lebendiger Form, dass die Ungunst äusserer Verhältnisse, die
tiefen Zerrüttungen im staatlichen Leben, der lähmende Druck
religiöser Dogmen auf dem geistigen Leben der Völker lastete
und auch dem weitern Aufbau der Naturwissenschaften und der
Medicin hemmend entgegentrat.
Die reiche Erbschaft, welche aus dem Alterthum in der
griechischen Medicin den Aerzten hinterlasseD, wurde zwar noch
von den Arabern gepflegt aber nicht vermehrt. Die Medicin und
speciell die Augenheilkunde sank im Abendlande zum Handwerk
herab, welches von Staarstechern und Wundärzten betrieben
wurde. Die Thierheilkunde übten meist Schmiede und
Schäfer aus.
Erst im 18. Jahrhundert begann die Medicin wieder auf¬
zuleben. Die moderne vergleichende Augenheilkunde beginnt erst
mit dem Jahre 1807. Um diese Zeit entstand auch das erste
Werkchen der Thieraugenheilkunde: „Ueber die Natur- und
Heilung der Augenentzündung der Pferde“ von dem bayerischen
Rossarzt Ammon, welches auf der Höhe der humanen Medicin
seiner Zeit stand. Hierauf folgte Anfang der zwanziger Jahre
eine Monographie „Von den Ursachen der Blindheit bei den
Pferden“ von Toggio. Das vollständigste und beste Buch jener
Zeit (1824), welches über die Augenkrankheiten der haupt¬
sächlichsten Hausthiere geschrieben wurde, ist von dem Franzosen
Leblanc. Die Arbeit wurde mit der goldenen Medaille gekrönt.
In Deutschland erschien erst 20 Jahre später ein Handbuch der
Veterinär-Ophthalmologie für Thierärzte“ von Johann
Friedrich Müller.
Diese Bücher veralteten indessen sehr schnell nach den
grossen Entdeckungen eines Graefe und Helmholtz. Die
Thierärzte machten sich jedoch die neuen Errungenschaften
(Entdeckung des Augenspiegels u. s. w.) zunächst nicht zu Nutze,
bis die Thierarzneischule in Stuttgart die Initiative ergriff. Mit
der Berufung Berlin’s an diese Anstalt (im Jahre 1875) war ein
officieller Lehrauftrag für vergleichende Augenheilkunde verbunden.
Die wissenschaftlichen Arbeiten und das Beispiel dieses
Gelehrten wirkten überaus anregend und brachten neues Leben
in diese Disciplin. 1877 referirte Berlin über vier Arbeiten,
welche im Laufe des Jahres über Veterinär-Ophthalmologie er¬
schienen waren. Sein Nachfolger im Referat, Eversbusch,
konnte 1882 schon über 43 und Schleich 1895 über 64Arbeiten
referiren. Nach dem Vorgänge Stuttgarts wurden auch an
anderen Thierärztlichen Hochschulen specielle Lehraufträge für
vergleichende Augenheilkunde ertheilt, welche zumeist humanen
Ophthalmologen übertragen wurden. Redner bedauert, dass sich
in neuerer Zeit ein Rückgang bemerkbar mache insofern, als die
vergleichende Augenheilkunde an einigen Hochschulen nicht mehr
als Specialfach, sondern als Nebenfach behandelt würde. Es ist
ja nicht zweifelhaft, dass ein Specialist mehr leisten kann, jedoch
würde derselbe im vorliegenden Falle wohl immer ein Menschen¬
arzt sein, denn Specialärzte für Augenheilkunde wird es bei uns
kaum jemals geben. Die Lehrfächer an den Thierärztlichen
Hochschulen müssen aber logischer Weise mit Thierärzten besetzt
werden. Andererseits sind auch da, wo die vergleichende Augen¬
heilkunde von Thierärzten als Nebenfach gelehrt wurde, gute
Arbeiten entstanden, wie der Redner selbst hervorhebt. Bayer
gab einen vergleichenden ophthalmologischen Atlas heraus und
Möller schrieb ein Lehrbuch der Augenheilkunde für Thierärzte.
e
26. Mai 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 247
Der Festredner scbliesst seinen interessanten Vortrag mit
dem Wunsche, dass der Eifer für die vergleichende Augen¬
heilkunde, welcher sich jetzt allenthalben bethätige, nicht
erkalten möge, welchem Wunsche wir uns mit Wärme an-
schliessen.
Aas der geburtshilflichen Praxis.
Von Dr. Georg Schneider, Lehrer an der kaiserl. landwirthschaftl.
Schule in Rufach (Obereisass).
(Oesterr. Monataschr. 1898 H 1.)
Mittheilungen aus der geburtshilflichen Praxis sind ver-
hältnissmässig selten. Es ist wiinschenswerth, dass die Er¬
fahrungen geübter Geburtshelfer bekannt und gesammelt werden,
um die in der Veterinär-Geburtshilfe vielfach noch bestehenden
Lücken auszufüllen. Der Verf. ist der unbedingt richtigen
Ansicht, dass von dem Können und von der Geschicklichkeit in
geburtshilflichen Dingen das Ansehen des praktischen Thierarztes
in vielen Gegenden abhängig sei. Als Grundbedingung zu einem
erfolgreichen Wirken auf diesem Gebiete sei zunächst
schnelles Erscheinen am Operationsorte erforderlich. Aus diesem
Grunde wird die Benutzung des Velocipedes empfohlen, wo es
irgend angängig ist. An die Lenkstange dieses modernen
Vehikels befestigt S. eine Tasche, deren Inhalt aus vier 3 m
langen glatten Stricken, einem Paar stumpfer Augenhaken, einem
Paar spitzer Haken, einem Fingermesser, einem Irrigator (Gummi¬
schlauch mit Trichter) und 50 g Lysol besteht. Ausserdem findet
noch das Marggrafsche Stemmeisen seinen Platz in der Längs¬
richtung am Bade (?). Mit diesem einfachen Instrumentarium
ist Verf. in seiner umfangreichen Praxis stets ausgekommen.
Wenn auch die Erscheinung eines mit dem Marggrafschen
Stemmeisen bewaffneten und mit einer grossen Tasche aus¬
gerüsteten Radlers grade kein erhebendes Bild sein mag, so
kann doch die Zweckmässigkeit der Benutzung des Zweirades in
dem gedachten Falle nicht bestritten werden.
Nach dem möglichst schnell bewirkten Eintreffen auf dem
Schauplatz der geburtshilflichen Thätigkeit hat der Sachver¬
ständige nun zunächst den Umständen nach die bekannten Vor¬
bereitungen zu treffen. Liegenden Pferden sind meist die Hinter-
fös8e mit den Vorderfüssen zusammenzubinden. Es ist weiter
unerlässlich, grossen Thieren bei starkem Drängen ein Narcoticum
zu verabreichen. Ist Morphium nicht zur Hand, so leistet das
Eingeben von 1—2 Schoppen Branntwein vorzügliche Dienste.
Nachtheile wurden von diesem Mittel nicht beobachtet. Das
Hochlegen des Hintertheils durch Unterschieben von Strohbündeln
ist in vielen Fällen erforderlich, weil hierdurch das Junge nach
vorn gleitet. Dieser Vorgang ist noch leichter und vollständiger
zu erreichen, wenn Stricke an den Hinterbeinen angeschleift und
di-s Hinterhand emporgezogen wird. Bei diesem Verfahren soll
die Geburtskrücke vollständig überflüssig sein.
I't bei eintretenden Wehen der Muttermund noch geschlossen,
so soll ruhig abgewartet werden, bis die freiwillige Eröffnung
erfolgt. Ut aliquid fiat wird zur Beruhigung des Thierbesitzers
eine Salbe, bestehend aus gleichen Theilen Extr. Belladonnae und
Ugt Hydrarg. ein. zum mehrfachen Bestreichen des Muttermundes
verordnet. Nicht selten täuschen die Erscheinungen einer
Indigestion bei hochträchtigen Kühen frühzeitige Wehen vor.
Die Kühe trippeln hin und her, sehen sich um und schlagen mit
den Füssen nach dem Bauche. Der Koth ist klein geballt und
übelriechend; es besteht Verstopfung. Dieselbe ist durch Clystire,
viel flüssige Nahrung und durch Eingeben von Leinsamenab¬
kochungen zu bekämpfen.
Unter den mannigfachen Geburtshindernissen kommt nicht
selten der Fall vor, dass das Hintertheil des Jungen nicht folgt,
wenngleich das Vordertheil aus dem mütterlichen Becken heraus¬
gezogen ist. Die Ursache der Stockung schreibt S. dem Um¬
stande zu, dass die äusseren Darmbeinwinkel des Jungen sich
gegen den Beckengürtel der Mutter stemmen. Das Junge muss
in diesem Falle zurückgestossen und der Beckeneingang gehörig
eingeölt werden. Führt diese Manipulation nicht zum Ziele, so
erübrigt nur noch die Embryotomie, welche hier in der Exen¬
teration der Baucheingeweide des Jungen und Durchstossung der
Schambeinsymphyse desselben besteht.
Plötzlicher Tod des Mutterthieres nach beendeter Schwer¬
geburt soll häufig mit einer inneren Verbluiung Zusammenhängen.
In einem solchen Falle zeigte ein Pferd Anämie der Augenbinde¬
haut und Maulschleimhaut, ferner bekundete dasselbe vor dem
Tode schwindelartige Anfälle. Bei der Obduction wurde eine
Ruptur von hochgradig varicös degenerirten Gefässen in den
hinteren Abschnitten des Uterus festgestellt. Bauchhöhle und
Uterus waren mit Blut gefüllt.
Bei allen Geburten mit Hindernissen sind zunächst die Beine
des Jungen zu suchen und hervorzuziehen. Bei einem stehenden
Mutterthiere ist eine Lageberichtigung der Beine, namentlich
wenn dasselbe stark drängt, nicht leicht, hat jedoch meist keine
Schwierigkeiten, wenn das Thier auf dem Rücken liegt und hinten
hochgebettet ist
Die Infusion von desinficirenden Flüssigkeiten in den Uterus
nach erfolgter Schwergeburt hält S. für unerlässlich. Derselbe
bevorzugt für diesen Zweck die Lysollösungen.
Die Reposition einer vorgefallenen Gebärmutter wird an¬
geblich dadurch bedeutend erleichtert, dass dieselbe eine Zeit
lang mit kaltem Wasser übergossen wird, wodurch sich der Uterus
auf die Hälfte zusammenziehen soll. Der Grund wird zuerst
reponirt. Der Wurf wird mit starken Bändern zugenäht.
Zwisohen den Nähten hindurch ist der Uterus täglich mehrmals
mit starker Alaun- und Lysollösung auszuspritzen. Die Nähte
werden nach 5—6 Tagen entfernt. Zerreissungen der Uterus¬
wand. heilen häufig, weil durch die ausserordentliche Contractilität
der Uterusmusculatur die Wundränder sich eng aneinander-
schliessen.
Epizootisches Verwerfen bei trächtigen Stuten hat S. im
nördlichen Lothringen und in den anstossenden Bezirken der
Rheinprovinz beobachtet; namentlich verfohlten in der Ortschaft
Merschweiler 70 pCt. der trächtigen Stuten. Aeltere Stuten, die
im 5.-7. Trächtigkeitsmonate abortirten, zeigten keine Krankheits¬
erscheinungen; dagegen trat bei denen, die später verfohlten eine
bedeutende Alteration des Allgemeinbefindens auf: Puls und
Athmung beschleunigt, Temperatur in manchen Fällen 41°, extre-
mitale Theile bald kalt, bald heiss, Zittern; tödtlicher Ausgang
nicht selten. Die Symptome verschwanden bei eintretender Ge¬
nesung in 3—4 Tagen. Als Ursache der Krankheit will S. einen
Infectionsstoff nicht anerkennen, vielmehr beschuldigt er regneri¬
sches Wetter und schlechtes Futter.
Zar Diagnose der Lebercirrhose beim Pferd.
Von Bez.-Thierarzt B eich old.
(W. f. Thlerhlkd. u. Viehs.)
Die Lebercirrhose oder Schweinsberger Krankheit ist im
Bezirk Pfaffenhofen sehr häufig. Von 122 in 2 Jahren zur
Schlachtung gebrachten Pferden hatten 22 die Cirrhose, und
dazu kommen noch die direct an der Krankheit gestorbenen. Das
klinische Bild ist bekannt. Zuerst auffällig wird bekanntlich der
verminderte Appetit. Bei fieberfreiem Zustande erfolgt eine
auffallend rasche Abmagerung. Dann kommen die pyämischen
Störungen, die kollerartigen Zustände und die oft mit Fieber ver¬
bundenen hochgradigen Reizungs- und Depressionserscheinungen.
Trotz dieser bekannten Erscheinungen ist es oft nicht so leicht,
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248
die Cirrhose zu diagnosticiren. Schwieriger ist schon die Auf¬
gabe, frisch gekaufte Pferde zu untersuchen, für welche sich der
Käufer ausdrücklich Garantie gegen Lebercirrhose ausbedungen
hat, und die eben nur schlecht fressen. Auch die Unterscheidung
vom Dummkoller ist oft nicht leicht.
B. hat nun gefunden, dass der Urin solcher Pferde (aller¬
dings hat er nur fieberfreie untersucht) eine specifische Be¬
schaffenheit besitzt. Die Reaction war immer auffallend stark
alkalisch, die Farbe oft geradezu lehmgelb, weil die starke
Sedimentbildung die normale rothbraune Farbe verschleiert. Das
Sediment bestand ganz aus kohlensaurem Kalk. Diese Erscheinung
ist um so auffallender, als man bei dem Magen - Darmkatarrh und
dem verminderten Appetit sowie der starken Abmagerung eher
einen sauer oder nur schwach alkalisch reagirenden Harn
erwarten sollte. Wenn nun auch an und für sich ein stark
alkalischer Harn beim Pferde keine diagnostische Bedeutung hat,
so meint B. doch, dass unter diesen Umständen die alkalische
Reaction und die Sedimentbildung wohl zu beobachten sei. Ausser¬
dem hat aber B. stets einen leichteren oder stärkeren Eiweiss¬
gehalt des Harns bei der Lobercirrhose feststellen können, und
dieser Eiweissgehalt dürfte sich auch differential-diagnostisch
zur Unterscheidung des Dummkollers von der Cirrhose verwenden
lassen. Es kann ja sein, dass unter Umständen einmal diese
Merkmale fehlen; aber in der Regel sind sie vorhanden.
Was übrigens die Entstehung der Cirrhose anlangt, so sah
auch B. die Ansicht, dass die Schweinsberger Krankheit eine
Bodenkrankheit ist und durch das auf bestimmten Stellen
wachsende Futter herbeigeführt wird, durch einige Thatsachen
bestätigt. Auch in seinem Bezirk kam die Krankheit am
häufigsten und um so häufiger da vor, wo die an den Flüssen
liegenden Wiesen besonders sumpfig und moorig waren. Wie
vorsichtig man sein muss, wenn man den Stall als solchen an
dem Entstehen der Krankheit für betheiligt ansieht, lehrt
folgender Fall: Ein grösserer Grundbesitzer hatte 30 Jahre hin¬
durch fast alljährlich eins bis drei Pferde an der Cirrhose ver¬
loren und schätzte diesen seinen Verlust auf 40000 M. Derselbe
besitzt 70 Tagwerk Wiesen, von denen zehn an einem Bache
liegen. Vor fünf Jahren wurde dieser Bach regulirt, und seitdem
haben die Verluste aufgehört.
Bezirks-Thierarzt Kotz kann dieser letzteren Ansicht B.’s
nicht zustimmen. Er glaubt, dass es sich nur um einzelne auf¬
fällige Vorkommnisse handelt, wenn die Krankheitsursache auf
feuchten Wiesen etc. zu liegen scheint. Nach seiner Erfahrung
hängt die Ursache nicht mit dem W’asserstand zusammen ;
denn sie ist oft stationär in solchen Gegenden, wo fast nur aus¬
gezeichnetes Futter gebaut wird. Die Krankheitsursache ist eben
zur Zeit überhaupt unbekannt. Dass der Stoff im Boden ent¬
halten ist und sich dort vermehrt, ist mit Sicherheit anzunehmen.
Die Krankheit verbreitet sich ähnlich wie die Kleeseide auf den
Kleeäckern; sie frisst sich allmählich im Terrain weiter. Auch
die Schweinsberger Krankheit hat allmählich in Südbayem eine
enorme Ausdehnung erlangt. Die vorbeugenden und Heilungs¬
mittel sind natürlich noch in Dunkel gehüllt. Wir müssen das
Leideu gegenwärtig als unheilbar auseheu, schon weil es zu
spät möglich ist, es sicher zu erkennen. Bei frühzeitiger Er¬
kennung könnte man vielleicht an Versuche mit der Organo¬
therapie bezw. mit der Serumtherapie denken.
Beitrag zur Casuistik der Leberabscesse.
Von Dr. Sabatino de Benedictis.
(Cünica vet. J897, II. 47).
Die klinische Untersuchung bietet bei Thieren, welche an
einer purulenten Hepatitis leiden, nichts Charakteristisches.
Eine vom Verf. untersuchte und p. m. mit Leberabscessen
No. 21.
behaftet gefundene Kuh zeigte folgende Erscheinungen: Panni-
culus adiposus und Muskulatur schwach entwickelt. Sichtbare
Schleimhäute anämisch, Hauttemperatnr ungleichmässig vertheilt,
Haut hart. 90 kleine Pulse in der Min., Mastdarmtemperatur
40° C., Maul heiss, Appetitlosigkeit, Wiederkauen unterbrochen,
Fäces hart. Frühmorgens pflegte sich in diesem Krankheitsbild
eine geringe Besserung zu zeigen. Der Besitzer berichtete, dass
gegen Mitternacht das Fieber unter dem Auftreten eines all¬
gemeinen Schweissausbruches nachlasse und dass darnach die
Kuh allmählich ein munteres Verhalten annehme. Dieser Wechsel
in den Krankheitserscheinungen wiederholte sich täglich. Die
Kuh abortirte im fünften Monat unter günstigen Bedingungen,
und es wurde nunmehr eine gründliche Besserung des Krank¬
heitszustandes erwartet. Dieselbe trat jedoch nicht ein. Etwa
50 Tage nach der Untersuchung fand Verf. die Kuh in einem
geradezu beklagenswerthen Zustande. Dieselbe war stark ab¬
gemagert und so schwach, dass sie nur einige Schritte zu gehen
vermochte. Schleimhäute ganz blass, Körpertemperatur 41° C.
P. 100 Schläge in der Min. Jugularvenen gefüllt, Venenpuls,
Herztöne sehr schwach; Herzdämpfung bedeutend zugenommen
an Ausdehnung. 40—50 Athemzüge. In Anbetracht der Unheil¬
barkeit dieses Zustandes wurde die Kuh geschlachtet. Der
Sectionsbefund ergab Folgendes: Magen und Darm zeigten
Spuren eines leichten Katarrhs. Milz etwas grösser als normal,
ihre Ränder abgerundet, ihre Consistenz leicht vermehrt. Auf
die Oberfläche des Durchschnitts ergoss sich aus der verhärteten
Pulpa eine braunrothe Flüssigkeit. Milzkapsel etwas verdickt.
Inmitten der Milz und an der Basis derselben befand sich je
ein etwa pomeranzengrosser rundlicher Abscess, welcher von
dem umgebenden Milzgewebe durch eine granulirende Schicht
abgeschlossen war. Die Abscesshöhlen enthielten dichten,
sahneartigen, graugelben Eiter, der sich bei mikroskopischer Be¬
trachtung als streptokokkenhaltig erwies. Die Leber wog
5300 g; der Leberüberzug war vollständig undurchsichtig, von
gelbgrauer Farbe und an einigen Stellen mit fibrinösem Exsudat
bedeckt, die Ränder waren vollständig abgerundet; in den ober¬
flächlichen Schichten des Organs bemerkte man hier und dort
kleine Ansammlungen von gelbem Eiter. Die Gallenblase war
bis zu zwei Drittel mit einer fadenziehenden schleimigen Galle
gefüllt. Ein Schnitt durch die Leber deckte eine mit übel¬
riechendem Eiter gefüllte Abscessböble auf. Das die Höhle um¬
gebende Gewebe war eiterig infiltrirt. Der Eiter aus der Leber
enthielt Colonien von den erwähnten Eitermikroben.
Nieren und Herz befanden sich im Stadium der fettigen
Degeneration.
Verf. beklagt, dass wir nicht im Stande sind, Leberabscesse
bei den Thieren mit Sicherheit klinisch zu erkennen.
Die von Lafosse, Williams und Spinola angegebenen
Kennzeichen dieser schweren Veränderungen in dem gedachten
Organ sind nicht characteristisch.
Eine gewisse Beachtung verdient das Auftreten von Pepton
im Blut und Harn derjenigen, welche an Eiterungen der inneren
Organe leiden (Hofmeister), und in neuester Zeit habe Weiss
die Aufmerksamkeit auf die reiche Menge von Glycogenkörnchen
in den Leukocyten solcher Patienten hingelenkt.
Thierhaltung und Thierzucht.
Fruchtbarkeit bei Maulthieren.
Tegetmeier und Sutherland vertreten in ihrem Werke
„Horses and Mule Breeding“ die Ansicht, dass Maulthiere beider
Geschlechter steril sind. Die Verff. geben jedoch zu, dass ihnen
andererseits vielfach Umstände aufgefallen seien, die für die
Fruchtbarkeit der Maulthierstuten sprechen.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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26. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
249
Ein solcher Fall wird T. von einem Correspondenten Mr. A.
B. Urinston ans Mexico mitgetheilt.
Einer der ältesten und reichsten Rancheros in Mexico, St.
Luis Terrazas in Chihuahua unterhält auf seinem 3000000 Acres
umfassenden Besitzthum über 180000 Haupt Rindvieh und
mehrere Tausende von Pferden und Maulthieren. Der alte Don
Luis, ein Achtziger, hat sein ganzes Leben unter seinen Herden
zugebracht und ist einer der berühmtesten Züchter Mexicos. Er
hatte niemals eine tragende Maulthierstute gesehen. Vor einem
Jahre machte ihm jedoch einer seiner Vacqueros die Mittheilung,
dass sich eine Maulthierstute anscheinend im trächtigen Zustande
auf einer seiner Besitzungen befinde. Don Alberto, der Bruder
des Besitzers, kam bei einer näheren Besichtigung des Maul-
thieres zu derselben Annahme und liess es einfangen und nach
Chihuahua (Stadt) bringen, wo dasselbe nach Verlauf von einem
Monate fohlte. 2 Monate und 16 Tage nach der Geburt frass
das bisher ganz gesunde Fohlen zuviel Alfalfagras, trieb auf und
starb. Don Alberto hat von dem Fohlen Photogramme an¬
fertigen lassen, welche er dem Gewährsmann zur Verfügung
stellen will.
Das oft erwähnte fruchtbare Maulthier im Jardin d’Acclima-
tisation in Paris hält T. nicht für ein Maulthier sondern für eine
Eselstute mit pferdeartigem Aussehen, wahrscheinlich ein Beispiel
für Telegonie. (Vet. Record 1897, pg. 487.)
Ungarns Ein- und Ausfuhr von Vieh und thierischen Producten 1896.
Es wurden eingeführt: 57 481 Rinder (einschl. Kälber),
darunter 47 800 Ochsen; 101000 Schafe und Ziegen (einschl.
Lämmer) 40 346 Schweine, 315 Pferde. Die Schlachtochsen und
-Kühe kamen fast ausschliesslich aus Serbien (über 54000 Stück
Rinder), welches auch 33 000 Schafe und 35000 Schweine lieferte,
mithin für Ungarn der einzige bedeutende Viehlieferant ist.
Die Ausfuhr betrug 230500 Rinder, darunter 179 767 Schlacht¬
ochsen, 7969 Kälber, 260371 Schafe, Ziegen und Lämmer,
255 753 Schweine, 36 685 Pferde, darunter 1239 Rennpferde,
243 Zuchtstuten, 806 Fohlen, der Rest Wagen- und Reitpferde.
— Der Hauptabnehmer ist Oesterreich. Es gingen dahin fast
sämmtliche Schweine. 128 767 Schafe, 203 800 Rinder, 4200 Kälber,
1200 Renn- und 14420 Wagen- und Reitpferde. Am Pferdeexport
sind ausserdem wesentlich betheiligt Italien mit 11 258, und
Rumänien mit über 4000 Stück. Schafe nahm Frankreich 95000
und Rumänien 21000. Nach Deutschland gingen 876 Pferde,
2833 Schweine, 15 592 Schlachtochsen und 1100 andere Rinder.
An thierischen Producten wurden eingeführt rund 54 000 kg
Rindshäute, 1093 000 kg Schaffelle und 1740000 kg Lammfelle;
7,8 Millionen kg Fleisch, 72 000 kg Speck, 98 600 Käse, 12 500 kg
Butter, 29 600 kg Milch, 121 000 kg Thierhaare, 19 000 kg Federn,
121000 kg Hörner und Hufe, 128 000 kg Knochen, 1 240 558 kg
Wolle; im Ganzen rund 12'/» Millionen kg.
Die Ausfuhr thierischer Producte betrug: 1,1 Million kg
Rindshäute, 24 000kg andere Häute, 1500 kg Fleisch, 9000 kg Speck,
1700 kg Fett, 13 600 kg Talg, 1700 kg Butter, 4600 kg Haare,
172 000 kg Wolle, zusammen rund 1370000 kg.
Ungarn hat mithin nur eine erhebliche Ausfuhr von Rinds¬
häuten, in allen anderen Producten führt es ausschliesslich oder
ganz überwiegend ein. Es überrascht namentlich die sehr grosse
Einfuhr von Fleisch und Speck, ferner die erhebliche Einfuhr von
Käse, Butter und Milch, der fast keine Ausfuhr gegenübersteht.
Der Import von Schaf-und Lammfellen beträgt 2 833100 kg (Aus¬
fuhr 0), der von Schafwolle überwiegt um 1,06 Millionen kg, der
von Haaren und Borsten um 116 000 kg die Ausfuhr.
Tagesgeschichte.
Festbericht über die Jubiläumsfeier
von Herrn Prof. Dr. Esser.
Wennschon die zahlreichen Anmeldungen vor dem Festessen,
das gelegentlich der Jubiläumsfeier von Herrn Prof. Dr. Esser
in Aussicht genommen war, darauf schliessen Hessen, dass die
Betheiligung eine überaus grosse würde, so wurden die Er¬
wartungen an dem Festtage selbst noch bedeutend übertroffen.
Der 18. Mai, der von dem Fest-Ausschuss zur Feier bestimmt
worden, war, wenn wir Alles in Allem zusammenfassen, ein Ehren¬
tag für den Jubilar, wie er wohl selten gefeiert wird und wie
er nur dann stattfinden kann, wenn sich hervorragende Verdienste
mit allgemeiner Beliebtheit die Hand reichen. So schwer es
sonst ist, sich durch seiö Streben und Wirken in zwei Jahr¬
zehnten in den verschiedensten Kreisen allgemeine Anerkennung
der wissenschaftlichen und praktischen Leistungen zu erwerben
und dabei jedem Einzelnen gerecht zu werden, so ist doch dem
Jubilar durch seine hervorragenden persönlichen Eigenschaften
im vollen Masse gelungen, was anderen Sterblichen kaum mög-
Hch erscheinen mag. War die Freude der Freunde und Ver¬
ehrer von Herrn Prof. Dr. Esser, ihm durch das Arrangement
eines Festes ein kleines Zeichen der allgemeinen Verehrung und
Dankbarkeit zu geben, schon vor dem Feste eine grosse, so
wuchs dieselbe, als am Jubeltage selbst die entfernter stehenden
Kreise in ihren Beglückwünschungen mit einander wetteiferten.
Schon am frühen Morgen des 18. Mai begannen die Deputationen
ihre Ehrungen und Glückwünsche dem Jubilar in seinem Hause
entgegenzubringen. Den Reigen eröffneten ehemalige Schüler,
welche dem Jubilar unter der Versicherung der Verehrung und
Dankbarkeit ein kunstvoll gearbeitetes Album mit den Bildern
Bämmtlicher früheren Schüler (250) überreichten. Im Namen der
Universität erschien Herr Curator Geh. Reg.-Rath Dr. Hopfner
und aus dem engeren Kreise seiner Collegen die Professoren des
Landwirtschaftlichen Instituts der Georgia Augusta. Hieran
schloss sich der Ausschuss der Studentenschaft, der Vorstand des
Landwirtschaftlichen Hauptvereins Göttingen-Grubenhagen, die
Chargirten des Akad. Landw. Vereins, die Vertreter des Vereins
der Thierärzte der Provinz Hannover, die Delegirten des hiesigen
Landwehrvereins, die dem Jubilar gleichzeitig die Urkunde als
Ehrenmitglied überreichten, eine Abordnung seiner früheren
Assistenten, die Vertretung der Kreisthierärzte des Reg.-Bezirks
Hildesheim und ausserdem politische und persönliche Freunde.
Von auswärts, auch aus fremden Erdteilen liefen gegen 300 Tele¬
gramme und Glückwunschschreiben an dem Jubeltage ein. Gross
und zum Theil überraschend durch die künstlerische Ausstattung
ist die Zahl der Geschenke, mit denen man den Jubilar über¬
raschte. So wurde von Morgens früh bis Mittags derselbe mit
Beglückwunschungen in der verschiedensten Form und Gestalt
überschüttet.
Das Festessen selbst, wozu gegen 300 Theilnehmer aus Fern
und Nah und aus allen Schichten der Bevölkerung zusammen¬
geströmt waren, begann Nachmittags 4 Uhr im Gesellschaftshause
Union. Unter den Festgästen erwähnen wir die Repräsentanten
der hiesigen Universität in Gestalt des Prorector magnificus und
einer grossen Anzahl Professoren, die Vertreter der Staats¬
regierung und zwar die Landräthe der Kreise Göttingen, Nort¬
heim, Einbeck, Uslar, Duderstadt, Münden, die Stadtverwaltung,
vertreten durch den Bürgermeister, Magistrat und das Bürger¬
vorstehercollegium, RegimentBcommandeur Oberst Kohlhoff mit
anderen Repräsentanten des hiesigen Officiercorps, Professoren
der Thierärztlichen Hochschule Hannover, die Assistenten vom
Jahre 1877 bis jetzt, sämmtliche Kreisthierärzte des Regierungs-
Bezirks Hildesheim, viele praktische Thierärzte, zahlreiche
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250
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 21.
jetzige und frühere Hörer, Landwirthe aus Süd - Hannover,
die Delegirten des Südhannoverscheu Kriegerbundes und Mit¬
glieder der Kriegervereine aus Göttingen, eine grosse Zahl
politischer Parteigenossen nebst vielen sonstigen Freunden.
Von Letzteren erwähnen wir Herrn Geh. Rath Professor Dr. med.
König und Professor Dr. Möller, die Beide aus Berlin gekommen
waren. Herr Justizrath Dr. Eckels eröffnete die Reihe der Trink¬
sprüche, indem er eine kurze Lebensgeschicbte des Jubilars gab und
insbesondere der vielseitigen Thätigkeit und Verdienste desselben
sowie Beiner persönlichen Beliebtheit gedachte. Das stürmisch auf¬
genommene Hoch auf den Jubilar, mit dem der Fest-Vorsitzende
seine Rede schloss, gab Herrn Professor Dr. Esser wohl den
schönsten Beweis, dass alle Theilnehmer mit ganzem Herzen er¬
schienen waren, nicht etwa um einer Form der Höflichkeit zu
genügen, sondern den eigensten Gefühlen der Anhänglichkeit be¬
geisternd Ausdruck zu verleihen. Herr Professor Dr. Esser
dankte, sichtbar gerührt, für die ihm gewordene Ehrung und ge¬
lobte aufs Neue Treue der Georgia Augusta, der Stadt Göttingen
mit ihrer Umgebung, wo er die glücklichsten Stunden seines
Lebens verbracht und Freundschaft durch Freundschaft erworben
habe. Sein Hoch galt der Stadt Göttingen. Der Bruder des
Jubilars, Herr Dr. med. Esser aus Neuss am Rhein, dankte im
Namen der Familie far die Ehrenbezeugungen und fachte mit
echt rheinischem Humor die festlichgestimmten Gemüther zu
neuem Jubel an. Neben anderen Rednern heben wir haupt¬
sächlich Dr. Brücher aus Hannover hervor, der als
Vertreter der Thierärzte die fachmännischen Verdienste des
Jubilars und sein organisatorisches Talent im Vereinswesen be¬
tonte. Vor Allem rühmte er an dem Jubilar, dass er nie, so
hoch er auch im Ansehen gestiegen sei, die Interessen des thier¬
ärztlichen Standes aus dem Auge gelassen habe, dass er früher
und jetzt mit Wort und That für den Stand der Thierärzte als
echter, treuer College eingetreten sei, und kein Opfer scheue,
wenn sie für das Wohl des gesammten thierärztlicben Standes
nothwendig erscheinen sollten. Er feierte den Jubilar als den
Förderer der thierärztlichen Wissenschaft, als hervoi ragenden
Praktiker und als den tapferen Kämpfer für die Hebung unseres
Standes, dem er auch fernerhin als Vorsitzender des Deutschen
Veterinärratbs, der Centralvertretung der preustischen Thierärzte
und des Hannoverschen ProvinzialvereinB sein reges Interesse
erhalten möge.
Hubert Jacob Esser, wurde am 21. Juli 1843 zu
Neuss geboren und besuchte daselbst das Gymnasium; wo
er im Jahre 1864 die Maturitätsprüfung machte. Von 1864
bis 1868 studirte er in Berlin Thierheilkunde und erlangte
daselbst seine Approbation als Thierarzt. Bis zum Jahre 1870
studirte er in Berlin und Halle Medicin. 1871 legte er das
Examen als beamteter Thierarzt ab und wurde 1872 in Halle
auf Grund seiner Inauguraldissertation über „die Geschichte des
Aderlasses“ zum Dr. med. promovirt. Im Jahre 1870 wurde er
als Rossarzt im II. Reserve - Husaren - Regiment eingezogen,
machte den Feldzug gegen Frankreich mit und wurde noch
während desselben mit dem Eisernen Kreu* ausgezeichnet. Von
1871—1873 wirkte er als Repetitor an der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Hannover, von wo aus er 1873 als Lehrer der Thier¬
heilkunde an das Königliche Thierarznei-Institut der Universität
GöttiDgen berufen wurde. Im October 1875 wurde er zum ausser¬
ordentlichen Professor der philosophischen Fakultät und im
April 1890 zum ordentlichen Honorar-Professor der medicinischen
Fakultät ernannt.
In Folge seiner regen Theilnahme an den politischen Er¬
eignissen wurde er im Jahre 1887 von der nationalliberalen
Partei als Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Göttingen,
Duderstadt-Münden gewählt und gehörte dem Reichstag bis zum
Jahre 1890 an.
Während der 25 Jahre seiner Berufsthätigkeit in Göttingen
hat er im Thierarzneiinstitut Wandlungen geschaffen, die den
Fortschritten der Wissenschaft entsprechen, und sich während
dieser Zeit den Ruf eines ausgezeichneten Chirurgen erworben.
Litterarische Arbeiten Essers sind veröffentlicht in:
1. Enlenburg’s Handbuch der Sanitätspolizei“. 2. „Dammer’s
Handwörterbuch der Hygiene“. 3. „Conrad, Elster, Lexis,
Leuning’s Handbuch der Staatswissenschaften“. 4. „Fleisch¬
mann, Lehmann, von Seelhorst Tollen’s Journal für
Landwirtschaft“.
Ausserdem sind kleinere Artikel für landwirtschaftliche
und thierärztliche Zeitschriften zu verzeichnen u. a.: „Die
Anwendung der Anästhesie bei Operationen“; „Ueber Cocain
als locales Anästheticum fürs Auge“; „Ueber Harnverhaltung
beim Ochsen“; „Ueber Actinomycose beim Rinde“; „Ueber Brust¬
beulen beim Pferde“; „Ueber Pferdefleisch als Nahrungsmittel
beim Menschen“; „Ueber Gewährleistung beim Viehhandel“.
Für sein ständiges Streben, den tierärztlichen Stand sowohl
wissenschaftlich als auch gesellschaftlich zu heben, zeugen die
beiden Artikel: „Die Organisation der Thierarzneischulen“ und
„Ueber die Forderung der Maturität zum Studium der Thierheil¬
kunde“. Dass sein segensreiches Wirken nicht nur von Seiten der
Staatsregierung, sondern auch von seinen Berufsgenossen und von
andern Kreisen anerkannt worden ist, beweisen die zahlreichen
Auszeichnungen, die ihm in Form von Ehrenzeichen Seitens der Be¬
hörden, und Ernennungen zum Ehrenmitgliede in den verschieden¬
sten thierärztlicben und landwirtschaftlichen Körperschaften zu
Theil geworden sind Als Zeichen besonderen Vertrauens und
der Anerkennung seiner Verdienste um die Hebung des tier¬
ärztlichen Standes ist der Umstand anzusehen, dass der Jubilar
schon seit einer Reihe von Jahren zum Vorsitzenden des deut¬
schen Veterinärraths und der Centralvertretung des thierärzt¬
lichen Vereins des preussischen Staates gewählt worden ist und
nunmehr auch den Vorsitz in dem tierärztlichen Generalverein
der Provinz Hannover führt.
Durch öffentliche Vorträge nnd Belehrungen in landwirt¬
schaftlichen Versammlungen hat er weit über die Grenzen seines
Praxisbezirkes hinaus sich die Dankbarkeit und Verehrung der
Landwirthe erworben.
Auch bekleidet er schon seit Jahren das Amt des Vorsitzenden
im Südhann overEchen Kriegerbunde und in Folge seines regen
Interesses an den politischen Tagesfragen ist er von seinen
politischen Parteigenossen wiederum als Reichstagskandidat für
die bevorstehende Wahl aufgestellt worden.
VI. Plenarversammlung der Central-Vertretung der thierärztiichen Vereine
Preussens
am 21. und 22. Mai 1898.
Es waren alle Vereine mit 54 Stimmen vertreten. Es
kostete Mühe, das reichliche Material in zwei Sitzungen zu er¬
ledigen.
Heute sollen hier nur die Beschlüsse mitgetheilt werden:
zur Stellungnahme der beamteten Thierärzte. Die Forde¬
rung der Vollbesoldung unter Verbot der Privatpraxis wurde ein¬
stimmig abgelehnt.
Die Nothwendigkeit einer Pensionsberechtigung und Relicten-
versorgung unter Zugrundelegung eines angemessenen fingirten
Einkommens wurde einstimmig anerkannt.
Die Versammlung lehnte jedoch ab, eine Summe als Höhe
dieses Einkommens zu nennen.
Das Grundgehalt solle auf 1200—1800, das Tagegeld auf 9 M.
im Sinne des jetzt gütigen Gesetzes vom 9. März 1872 er-
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26. Mai 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
251
höht werden. Die Gebühren für gerichtliche Angelegenheiten
sollen ebenso hoch wie diejenigen für veterinärpolizeiliche Ge¬
schäfte bemessen werden.
Es soll endlich gebeten werden, die Kreisthierärzte in die
6. Klasse mit Vorrang in derselben zn versetzen, einen Theil der
älteren Kreisthierärzte den Rang der 5. Klasse und den Depar¬
tementsthierärzten nach ihrem Dienstalter den persönlichen Rang
der Räthe IV. Klasse zu verleihen.
Auf einen Vortrag von Peters-Bromberg wurde ohne Dis-
cussion beschlossen, eine officielle Anerkennung der thierärztlichen
Vereine bezw. eine corporative Vertretung des thierärztlichen
Standes im Sinne der Aerztekammern zu erstreben.
Das Andenken der drei grossen Lehrer der Veterinärwissen¬
schaft Gurlt, Hertwig und Spinola soll durch Aufstellung
ihrer Büsten in der Aula zu Berlin geehrt werden. Der Aus¬
schuss der Centralvertretung fungirt als Comitö.
Die Gründung eines thierärztlichen UnterstQtzungsvereins
wird beschlossen und der vorgelegte Statutenentwurf vorbehaltlich
behördlicher Genehmigung angenommen. Der Verein constituirt
sich sofort Vereinsvorstand wird der Ausschuss der Centralver¬
tretung, auf dessen Ersuchen noch Preusse- Danzig in den Vorstand
des Unterstützungsvereins gewählt und mit dessen Vorsitz beauftragt
wird. Der Beitritt (Jahresbeitrag 5 M.) steht jedem deutschen
Thierarzt offen. Offtcielle Betheiligung der Vereine in corpore
ist nicht verlangt.
Der Abschluss günstiger Bedingungen für Thierärzte mit
einer Unfallversicherungsgesellschaft wird Professor Ostertag
übertragen.
Die Centralvertretung beschliesst, eine Petition an die be¬
theiligten preussischen Herren Minister einzureichen, dahingehend,
dass gelegentlich der gesetzlichen Regelung der Fleischschau
auch das Dienstverhältnis der Sanitätsthierärzte und die Schlacht¬
hausverwaltung gesetzlich geregelt werde.
Der Herr Minister für Landwirtschaft soll gebeten werden,
die Mitwirkung der Thierärzte bei der Thierzucht durch bestimmte
Massnahmen zu unterstützen.
Eine Beschlussfassung betr. Stellung der Thierärzte zur Ge¬
werbeordnung und zum Kurpfuschereiverbot wurde zurückgestellt.
Der bisherige Ausschuss wurde wiedergewählt bis auf Prof.
Leonhardt, der die Annahme einer Wiederwahl abgelehnt hatte.
Neu hineingewählt wurde Professor Malkmus. Präsident blieb
nach einstimmiger Wiederwahl Prof. Esser.
Einladung zu der 37. Sitzung des thierärztHoben Vereint
in Westpreuuen
am 12. Juni 1898, Vorm. 11 Uhr,
in Danzig, Schlachthofrestaurant.
Tagesordnung: 1. Geschäftliches. 2. Rechnungslegung. 3.
Statutenänderung. 4. Bericht über die Plenarversammlung der
Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens am
21. Mai 1898. 5. Die Bekämpfung der Tuberculose nach
Bang’schem Verfahren. Ref. Herr Kreisthierarzt Nolte-Berent.
2 Uhr Dampferfahrt nach Zoppot. 4 Uhr Diner im Kurhaus
in Zoppot.
Um Theilnahme der Damen an der Dampferfahrt und an dem
Diner wird ergebenst gebeten.
Danzig, im Mai 1898.
Der Vereins-Vorstand. L A. Preusse.
Kleine Notizen.
Professor Anacker feiert sein öQjähriges Jubiläum als
Thierarzt. Als Herausgeber der Zeitschrift „Der Thierarzt“ hat
er das Verdienst, zuerst den Werth der Referate ans der gesammten
Literatur betont und dem durch den Charakter seiner Zeitschrift
Rechnung getragen zu haben.
Professor Schmaltz ist bis 12. Juni verreist Eine G'or-
respondenzerledigung ist während dieser Zeit nicht möglich.
V. in H. Ein Recht, nach der Verabschiedung die Uniform
weiter zu tragen, wird weder Civil- noch Militär beamten,
sondern nur Officieren verliehen.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstatistik und Teterinftrpolizei.
Thieroeuohen im Ausland. IV. Quartal 1897. Dänemark.
Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand
October 12, November 12, December 16; Rotz im October 1;
Maul- und Klauenseuche im October 1; Schafräude im November
und December je 1; milzbrandartige Rose (Rothlauf der Schweine)
October 405, November 314, December 168; Rückenmarkstyphus
der Pferde im October 2, November 3, December 1; bösaitiges
Katarrhfieber des Rindviehs im October 2, November 6, December 5.
Belgien.
Zahl der Krankheitsfälle an Milzbrand 93, Rauschbrand 98,
Tollwuth 30, darunter 1 Katze, 1 Rind und 1 Pferd, Rotz und
Wurm 13, ausserdem wurden 17 Pferde in Schlachthäusern als
rotzkrank befunden, darunter 9 aus England eingeführte. Die
Maul- und Klauenseuche herrschte im October in 92, im November
in 49, im December in 90 Gemeinden. Die bösartige Klauenseuche
der Schafe wurde bei einem Schaf festgestellt; die Lungenseuche
und Schafräude sind nicht aufgetreten.
Niederlande.
Milzbrand in 62 Fällen, Rotz in 44, Maul- und Klauenseuche
in 347000, Räude der Einhufer und Schafe in 10158; Schweine¬
rothlauf und Schweineseuche in 192 und bösartige Klauenseuche
der Schafe in 148 Fällen.
Italien.
Milzbrand wurde festgestellt bei 495 Thieren, Rauschbrand
bei 117 Thieren. An Tollwuth erkrankten 21 Hunde und 5 andere
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 113 Fällen zur Anzeige, Maul¬
und Klauenseuche in 3291 und in mehreren zahlenmässig nicht
näher angegebenen Fällen in zusammen 11 Gemeinden, Lungen¬
seuche in 1, Schafpocken in 12, Schweineseuchen in 74 t, an¬
steckender Milchmangel bei Schafen in 110, bei Ziegen in 15
und Büffeldruse in 6 Fällen.
Flelsch8chaa and Viehverkehr.
Fleisohsohau am Sohlaohthof in Leipzig 1897.
(ZelUcbr. f. Fl.- o. MUchh. Märe 1898.)
Es wurden geschlachtet 27 647 Rinder, 69 991 Kälber,
56 794 Schafe und 137 893 Schweine. Hiervon wurden
beanstandet 880 Rinder gleich 3,2 pCt., davon gänzlich
verworfen 228 Rinder, auf der Freibank verkauft roh
171 und sterilisirt oder gekocht 481. Von den Kälbern wurden
192 beanstandet, davon 132 gänzlich verworfen, 7 gekocht,
53 auf der Freibank verkauft. Von den Schweinen wurden
1670 beanstandet, davon gänzlich verworfen 41, ausgeschmolzen 294
und sterilisirt bezw. gekocht 1220. Von den ganz verworfenen
Thieren wurden wegen Tuberculose verworfen 163 Rinder,
79 Kälber und 304 Schweine. Bei den als nicht bankwürdig er.
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252
klärten war Tuberculose der Anlass bei 5G8 Rindern, 7 Kälbern
nnd 1174 Schweinen.
Was die Feststellung und Ausbreitung der Tuberculose über¬
haupt anlangt, so wurden ermittelt bei Rindern überhaupt
9899 Fälle. Hiervon waren 664 generalisirt, wobei 128 mal die
Fleischlymphdrüsen, 54 mal die Knochen, 93 mal das Euter mit¬
betroffen waren. Die übrigen 9235 Fälle waren locale Tuberculose,
die sich 7018 mal auf ein Organ und ausserdem 339 mal auf
mehrere Organe einer Körperhöhle beschränkte. Bei Kälbern
wurde die Tuberculose 139 mal, darunter 86 mal generalisirt
festgestellt; bei Schafen im ganzen 8 mal. Tuberculose Schweine
wurden 3679 ermittelt. Bei 2202 handelte es sich um locale
Tuberculose, die jedoch 1343 mal mehrere Körperhöhlen und
859 mal eine Körperhöhle betraf. Bei den 1477 mit generalisirter
Tuberculose behafteten Thieren waren 173 mal die Fleisch¬
lymphdrüsen, 161 mal die Knochen und 140 mal das Euter be¬
troffen. Die Milz war in der grossen Mehrzahl der Fälle mit¬
erkrankt, nämlich 1368 mal. Die Zahl der wegen Tuberculose
beseitigten Organe betrug bei Rindern ca. 16 500 nnd bei
Schweinen ca. 12 000, darunter 3400 RindB- und 3650 Schweine¬
lebern. Ausserdem wurden 6718 kg Rindfleisch und 1328 kg
Schweinefleisch theils vernichtet, theils auf der Freibank verwerthet.
lieber die Einwirkung des Räuoherns auf das Leben von Im Schlacht*
fleische befindlichen Tuberkelbaoillen.
Von Förster.
(D. Med. Woch. 117.8.)
F. hatte voy Jahren in gemeinsam mit Freitag aus¬
geführten Versuchen gezeigt, dass unter der Einwirkung des
No. 21.
üblichen Salzens und Räucherns von Fleischstücken, welche mit
Perlknoten durchsetzt waren, die in diesen anwesenden Tuberkel¬
bacillen ihre Entwicklungsfähigkeit und Virulenz nicht verloren.
Diese Versuche setzte Verfasser im Verein mit Dr. de Man fort
und fand, dass wiederholte Räucherung auf in Perlknoten befind¬
liche Tuberkelbacillen zerstörend einw'irkt Als grosse, mit
Knötchen besetzte Rippenstücke von perlsüchtigen Rindern, statt
nur einmal, wie das bei der gewöhnlichen Bereitung des Rauch¬
fleisches stets geschieht, zweimal nacheinander an verschiedenen
Tagen einer drei- bis fünfstündigen Einwirkung von Holzrauch
ausgesetzt wurden, ergaben nicht alle damit gemachten Impfungen
bei Meerschweinchen Impftuberculose. Von den Versuchsthieren,
welche mit dreimal hintereinander geräucherten Perlknoten
(intraperitoneal) geimpft wurden, erkrankte kein einziges mehr.
Aber auch die Perlknoten von nur einmal geräuchertem Fleische
verloren ihre Virulenz, wenn dieses nach dem Räuchern einige
Zeit in einem trockenen Raume aufbewahrt wurde. Wie lange
es dauert, bis der Virulenzverlust eintritt, ist von einer Reihe von
Umständen abhängig, z. B. Trockenheit der Kammer, in welcher
das Fleisch aulbewahrt wurde, etc. 1 1 , 3 Monat und länger nach
dem Räuchern war die Virulenz verloren gegangen; Thiere, die
nunmehr geimpft wurden, blieben auf die Dauer gesund. Während
also die in Perlsuchtknoten eingeschlossenen Tuberkelbacillen dem
Schnellräucherungsverfahren einige Zeit lang Widerstand bieten
können, gehen sie zu Gründe, wenn wiederholtes Räuchern auf
sie einwirkt oder wenn das sie enthaltende geräucherte Fleisch
mindestens l 1 /,—2 Monate in einer Trockenkammer aufbewahrt
wird.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Veterinärassessor und Landesthierarzt
Pirl zu Dessau wurden die Ritterinsignien II. Kl. des Anhaitischen
Hausordens Albrecht des Bären, dem Sanitätsrath Dr. Essberg,
früher Privatdocent für Augenheilkunde an der thierärztlichen Hoch¬
schule in Hannover, der Rothe Adlerorden IV. Kl. — verliehen.
Ernennungen: Der Leiter des Veterinärinstituts der Universität
Halle, Dr. Disselhorst, ist zum ausserordentlichen Professor
in der philosophischen Facultät der Universität Halle ernannt
worden. —
Der Rossarzt Matzki aus Königsberg i. Pr. ist zum Grenz-
thierarzt-Assistenten in Eydtkuhnen, Thierarzt Dr. Schmutzer-
Straubing zum DistrictBthierarzt in FUrstenzell ernannt worden.
Es sind gewählt worden: Thierarzt Wisnefsky zum
Schlachthofthierarzt in Stettin, Thierarzt Diedr. Fokken zum
Schiachthofinspector in Norderney. Thierarzt Heyne zum Schlacht-
hausinspector in Barth (Pommern).
Approbationen: München: Die Herren Herrn. Kroyer und
Herrn. Schmid.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Gerhardt-Dresden nachCalbe a. S.,Thierarzt F i s ch e r-Nusse
nach Reinfeld i. H., Thierarzt He rmey er-Jemgum nach Wald-
broel (R.-B. Köln). Thierarzt Häfner hat sich in StrasBkirchen
niedergelassen.
In der Armee: Versetzt Unterrossarzt Gaertner vom Ul.-Regt.
No. 13 zum Drag.-Reg. No. 16. — Rossarzt H e d 1 e r vom Hus.-Regt.
No. 13 und Oberrossarzt d. Landw. Mälzer ist der Abschied be¬
willigt worden.
Todesfälle: Stadtthierarzt Sch u st- Waiblingen, Oberamtsthier¬
arzt Kelim -Laupheim, Thierarzt Dietri ch- Jestetten (Baden).
Vacanzen.
Kreisthierarztotellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. F rankfurt: Königsberg N.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel:
Hünfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S.
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27(XX) Stück). —Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschangebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). —
R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
Santtfitsthlerarztotelieu a)NeuausgescbriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist
— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung,
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Coblenz: Schlachthof - Hilfsthierarzt — Ostrowo:
Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern): Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). —
Dre ngfurt — Gleschendorf (FürstentLum Lübeck).— Gux¬
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitschen. —
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene:
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthofj. — Kemberg: Thierarzt (städtischerZuschuss 300 M.).
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein
1800M. garantirt). AuskunftKlaadat, Tulpeniken(Ostpr.). — Moringen
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis 10.Mai
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht
(Elbe). — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bossel¬
mann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.). — Schlawa
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim:
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den
Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thierarzt Näheres
durch Gutsbes. Penner in Freienbaben bei Schönbaum. — Stras¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren
aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das
„Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Norderney. Privatstelle:
Waldbroel.
Verantwortlich fUr den Inhalt (oxcL Inseratenteil) Prot Dr. Schmalu in Berlin. — Verlag und Eigenthum von Richard SchoeU In Berlin. — Druck von W. Büxenstein, ßorlin.
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Dl« „Berliner Thler&ntllche Wooheneehrift“ enebelnt
wOehentllob ln StÄrke ron mindesten* 1% Bogen. Dieselbe
lat an belieben durch den Buchbandel, die Poat (No. 10311
oder durch die Verlagabucbhandlung von Richard
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Originalbeltrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Hlttheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW„ Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. E. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898.
M 22 .
Ausgegeben am 2. Juni.
Inhalt: Höhne: Das Schlachten nach jüdischem Ritus unter Anwendung deB K o p f h a 11 e - A p p ar a t e s. —
Wulf: Tannoform. — Schmaltz: Bemerkungen über die Gefässe des Penis beim Pferde. — Referate: Vogt:
Die Ueberbeine an den Gliedmassen des Pferdes. —Eber: Ueber Temperaturmessungen bei grossen Hausthieren. —Dupuy:
Zur Epidemiologie der Psittacosis (Papageienkrankheit). — v. Zilah: Ueber den schädlichen Einfluss von Mikroorganismen auf
die künstliche Forellenzucht. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte:
Reise-Erinnerungen. — 0 effe ntli ches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und
Viehverkehr. — Bücher-Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Das Schlachten nach jüdischem Ritus unter An¬
wendung des Kopfhalte-Apparates.
Von
Höhne,
Schlachthoflnapector.
Ist es nicht verwunderlich, dass, wo sonst allgemein in den
Schlachthöfen der Thierquälerei beim Schlachten mit allen Mitteln
zu Leibe gegangen wird, man grade beim Schächten so wenig
darauf bedacht ist, diese nicht mehr zeitentsprechende Schlacht¬
methode überall möglichst zu einer in sittlicher Beziehung
weniger anstosserregenden zu machen? Ich sage überall; denn
nicht an allen Schlachthöfen besteht die Polizeiverordnung,
dass das Schächten nur unter Anwendung eines Kopfhalte-
apparates stattfinden darf; auch wird nicht überall da, wo
eine solche Verordnung vorhanden ist, ein derartiger Apparat
benutzt. Eine Umfrage bei mehreren Schlachthofverwaltnngen
über den praktischen Werth eines Kopfhalteapparates hatte das
überraschende Resultat, dass man wohl verschiedene Arten
empfahl; über den Gebrauchswerth aber keine Auskunft geben
konnte, da ein solcher nirgends dort, wo angefragt wurde, znr
Anwendung kam. Es ist dies, nochmals gesagt, verwunderlich.
Niemand kann behanpten, dass der Anblick eines geschächteten
Rindes, welches im Moment der stärksten Muskelcontraction mit
Gewalt seinen Kopf den Händen des Haltenden entrissen hat und
dann mit voller Wucht denselben auf den harten Erdboden auf-
schlägt, so dass mitnnter die Hörner des Thieres abbrechen und
das Blut ans der Wunde heransströmt, gerade zu den angenehmen
gehört. Man wird darauf entgegnen: „So etwas darf eben nicht
Vorkommen. Ja, eigentlich nicht. Es kommt aber bei der jetzigen
noch üblichen Art des Kopf haltens zum Schächten leider vor, ohne
dass einem der dabei Beschäftigten ein Vorwurf gemacht werden
könnte. Es gehört manchmal eine ganz ungeheure Kraft¬
anstrengung dazu, den Kopf des Schlachtthieres am Boden fest¬
zuhalten; namentlich beim Schächten eines Bullen. Gerade bei
letzterem habe ich den praktischen Werth eines Kopfhalte¬
apparates erkennen können. Während es in einem Falle ohne
einen solchen Apparat absolut unmöglich war, den Schächteact
vorznnehmen, konnte es hingegen mit Hülfe eines solchen leicht
und sicher ansgeführt werden. Trotz der heftigsten, wider¬
strebenden Bewegungen des Bnllen mit den Gliedmassen konnte
der Kopf vor, während und nach dem Schächtact vollständig
unbeweglich gehalten werden. Muskelkraft brauchte dabei der
Haltende gar Dicht anzuwenden; mit dem eigenen Körpergewicht
war er im Stande, den Kopf des Thieres derartig znm Erdboden
niederzudrücken, dass auch nicht die geringste Beweglichkeit
mehr möglich war. Bei Anwendung des Kopfhalteapparates geht
der Schächtact selbst sicherer und schneller von Statten. Sieht
der den Schächtschnitt ansfnhrende jüdische Beamte, dass ein
Loslassen des Kopfes absolut unmöglich ist, dann bekommt er
selbst, die znr Ausführung so sehr nöthige Sicherheit und ruhige
Besonnenheit. Wie ängstlich sieht eB nicht ans, wenn der
Schächter mit einer gewissen Unruhe bald denjenigen, der den
Kopf ‘hält, bald das Schlachtthier selbst mustert, um gewisser-
massen zu bemessen, welche Gefahren hierbei für seine edle
Persönlichkeit selbst mit verbunden sein könnten. Er scheint
sich ?u fragen, ist auch die Kraft des Haltenden gross genug, um
den Schnitt sicher, ohne sich selbst zu verletzen, aasführen zn
können? Dieses fällt Alles fort; mit Ruhe und Besonnenheit führt
der Bpamte vorschriftsmässig den Schnitt aus. Es kann beim
Kopfhalter nicht Vorkommen, dass durch etwaiges Loslassen des
Kopfes der Schnitt unvollkommen wird, und somit die Thier¬
quälerei zu einer geradezu barbarischen wird.
Was nun den Apparat selbst anbetrifft, so sind mir nur
zwei Systeme bekannt; und zwar das von Thielemann-Halber-
stadt nnd das von Winkler-Gotha construirte. Der Thiele-
mann’8che Kopfhalter hat die Mängel, dass er sich nur am
liegenden Thier anbringen lässt, andrerseits bei hornlosen Rindern
überhaupt nicht angewandt werden kann, da die Hauptbefestigung
hier an den Hörnern stattflndet Der Winkler’sche — von der
Firma Beck & Henkel - Cassel zu beziehende — dagegen ist
änsserst praktisch. Derselbe wird gleich im Stall, wie es hei den
Schlacbtma8ken geschieht, dem Thier aufgesetzt und kann bei
jedem Rinde, ob es Hörner hat oder nicht, gebraucht werden.
Auch ist derselbe der Grösse des Kopfes entsprechend verstellbar.
Eine ausführliche Beschreibung hier hinzuzufdgen, ist nicht
nöthig^ da genannte Firma eine solche nebst Abbildung jederzeit
znr Verfügung stellt.
Es ist wohl an der Zeit, dass von Seiten der Regierung
überay dort, wo das Schächten ohne vorhergehende Betäubung
in öffentlichen Schlachthänsem noch gestattet ist, eine Vorschrift
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254
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
erlassen wird, die das Schlachten nach jüdischem Ritus zum
Mindesten nur noch unter Anwendung eines Kopfhalteapparates
zulässt. Hierbei würde nun die Frage entstehen: „Wer ist zur
Anschaffung eines solchen Apparates verpflichtet, die jüdische
Gemeinde oder der Eigenthümer des Schlachthofes?“ Ich bin der
Meinung, dass dieses Sache des Schlachthofinhabers ist. Ebenso
wie es zur Schlachthofeinrichtung gehört, Betäubungsapparate
den Schlachtenden zur Verfügung zu stellen und in Stand zu
halten, so ist es auch recht und billig, dass da, wo das Schächten
ohne Betäubung gestattet ist, zum Schlachthof in ventar auch ein
Kopfhalteapparat gehören müsste. Namentlich, wo die Stadt
Eigenthüraerin eines Schlachthofes ist, wäre es um so mehr Pflicht
derselben, einen solchen Apparat auf ihre Kosten anzuschaffen.
Macht die Stadt keinen Unterschied, wenn es sich um Steuer¬
zahlung handelt, ob es ein Jude oder ein Christ ist; müssen Beide
gleiche Lasten der Stadt gegenüber tragen, dann ist es auch
billiges Verlangen, dass Beide, Jude wie Christ, dieselben Rechte
haben, und in einem öffentlichen Institut, wie es der Schlachthof
ist, jedem die vorgeschriebenen nothwendigen Apparate zur Ver¬
fügung stehen.
Tannoform.
Von
Kreisthierarzt Wulf-Bitburg.
Im August 1897 erhielt ich von der Firma E. Merk,
Darmstadt einige Packete Tannoform zu Versuchszwecken.
Das Tannoform, CjgHaoOjs, welches nach J. v. Mering
(Americ. Med. Jury, Bullet. 1896 pag. 137) in Wasser unlöslich,
vollkommen geruch- und geschmacklos ist, wird von den Schleim¬
häuten des Mundes und des Magens vortrefflich vertragen, da es
auch in angesäuerten Flüssigkeiten unlöslich und nur im Darm¬
safte löslich ist.
Tannoform soll nach den Erfahrungen der Humanmedicin als
Adstringens auch antiseptische Eigenschaften besitzen. Ich
wandte selbiges deshalb mehrfach bei Durchfällen des Jungviehes,
welche im hiesigen Bezirke häufig beobachtet werden, an. Auf
dem Gehöfte des Mühlenbesitzers M. in B. sah ich am 9. Sep¬
tember vorigen Jahres ein Zwillingskalb, welches seit 14 Tagen
an Durchfall leiden sollte. Nach Aussage des Besitzers ent¬
wickelten sich beide Zwillingskälber bis zu ihrer sechsten
Lebenswoche egal gut. Vom 24. August vorigen Jahres aber litt
fragliches Kalb an starkem wässrigen Durchfall, geringer Fress¬
lust und magerte immer mehr ab, so dass es am 9. September
nur das reine Skelett war; seit einigen Tagen war der Durchfall
blutig und die Fresslust bei dem Thiere vollständig aufgehoben.
Der Besitzer hatte jede Hoffnung, fragliches Thier zu retten,
aufgegeben und überliess es mir gerne zu Versuchen mit Tanno¬
form. Am 9. und 10. September erhielt das Kalb täglich 4 mal
je einen Theelöffel voll Tannoform mit Wasser gemischt. Da
hiernach die Faeces breiig und hellgelb wurden, gab man dem
Kalbe am 11. und 12. täglich nur 3 mal je einen Theelöffel voll
Tannoform mit Wasser. Am 12. war der Dünger normal und die
Fresslust eine ziemlich rege. Am 20. September berichtete der
Besitzer, dass fragliches Kalb an Fleisch gut zagenommen habe
und normalen Appetit zeige. Bei meiner Besichtigung am
18. October zeigten die beiden Zwillingskälber keinen Unter¬
schied im Wachsthum und Ernährungszustände.
Mehrere Kälber im Alter von 8 bis 14 Tagen erhielten bei
wässerigem Durchfalle pro Tag je 2 Theelöffel voll Taunoform
und waren nach zweitägiger Verabreichung der Arznei gesund.
Ein 9 Monate altes Fohlen litt schon seit 5 Monaten an
leichtem Durchfall und war im Nährzustande znrtickgegangen
Verschiedene Arzneien, von einem Collegen verordnet, hatten
nicht geholfen. Dem Fohlen wurde drei Tage hindurch täglich
3 mal je ein Esslöffel voll Tannoform in Wasser gegeben; es
gingen am dritten Tage zahlreich Spulwürmer ab, der Durchfall
war noch nicht vollständig gehoben. Erst nachdem noch drei
Tage lang Tannoform in gleicher Dosis verabreicht worden war,
trat vollständige Heilung des Thieres ein. — Auch bei dem Ohr¬
wurm des Hundes rief Tannoform nach sechstägiger Behandlung,
bestehend in täglich einmaligem Einblasen von reinem Tannoform,
Heilung hervor. — Bei Hautwunden der Thiere habe ich dieses
neue Arzneimittel häufiger angewandt und zwar mit sehr gutem
Erfolge, da es wie Prof. Fröhner in No. 13 der B. T. W. an-
giebt, stets gute Schortbildung erzeugt.
Tannoform kostet in Blasen zu 100 gr nur 70 Pfg. und kann
somit für die Veterinär-Medicin als ein billiges und sehr gut
wirkendes Arzneimittel empfohlen werden, um so mehr, da es
den Appetit nicht stört, wie andere Präparate so leicht thun.
Bemerkungen Uber die Gefässe des Penis beim
Pferde.
Von
Professor Dr. Sohmaltz.
Die Blutversorgung des corpus cavernosum penis, des bulbus
und corpus spongiosum urethrae, sowie der glans ist durch sorg¬
fältige Injectionen, namentlich von Hau smann*) und Kobelt**),
genau ermittelt worden. Um diese feinere Darstellung der Ge-
fässgebiete im Penis handelt es sich hier nicht. Ich möchte nur
einige Bemerkungen machen über die Anordnung der Gefässe
ausserhalb des Penis, mit Rücksicht auf die hiervon in den ana¬
tomischen Handbüchern gegebenen Beschreibungen.
Am Penis sind als m. o. w. selbstständige Gefässgebiete drei
Theile zu unterscheiden: 1) der RutheDschwellkörper (corpus
cavernosum penis); 2) der Schwellkörper des Ruthenstückes (pars
cavemosa) der Harnröhre (bulbus urethrae und corpus spon-
giosum); 3) die Eichel (glans).
An der Blutzufuhr sind beim männlichen Pferde bekanntlich
dr ei Arteri e n betheiligt, die arteria pudendaexterna, obturatoria
und pudenda interna (s. a. d. Skizze).
In den anatomischen Handbüchern liegen darüber folgende
Beschreibungen vor:
Ellenberger-Müller-Baum: Die pudenda externa
giebt Zweige an die Leistendrüsen, den Hodensack, namentlich an
den Schlauch und ausserdem die art. dorsalis penis ab. Letztere
läuft in einer Rinne am Dorsalrand der Ruthe mit einem Aste rück¬
wärts, mit einem anderen bis zur Eichel; ihre Zweige durchbohren
die fibröse Haut des schwammigen Körpers und verbreiten sich in
letzterem (diese Angabe ist wörtlich aus Gurlts Anatomie V. Aufl.
übernommen). Von der arteria obturatoria iBt nur gesagt, dass
von ihr ein Zweig in den schwammigen Körper der Ruthe trete. Die
arteria penis von der art. pudenda interna spaltet sich sogleich
in die art. dorsalis und art. profunda penis. Die art dorsalis ist nur
kurz und verbindet sich am dorsalen Rand der Ruthe mit dem an
letzterem laufenden Ast der obturatoria. Die art. profunda geht in
den Körper der Harnröhre und dringt mit kleinen Gefässen in die
Wurzel des corp. cavernorum penis (wörtlich auch so schon in Gurlt,
V. Auflage dargestellt).
Frank-Martin: Die äussere Schamarterie (pudenda -
externa) theilt sich in zwei Hauptäste. Von dep Zweigen der¬
selben geht einer an den Hodensack, mehrere an den Schlauch.
Einer wird zur art. dorsalis penis inferior und anastomoBirt mit der
oberen Ruthenarterie (vgl. art obturatoria). Art obturatoria:
der mediale Ast theilt sich am hinteren Sitzbeinrand in folgende
Aesten 1) die art. co* poris cavernosi penis, welche, den Gesässbein-
ruthenmuskel durchsetzend, in den cavernösen Körper der Ruthe
*) Ueber die Zeugung und Entstehung des wahren weiblichen
Eis. Hannover 1840.
**) Die männlichen und weiblichen Wollustorgane des Menschen
und einiger Säugethiere. Freiburg i Br. 1844.
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2:-Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
255
eindringt; 2) die obere RUckenarterie der Ruthe, art. dorsalis penis
Superior, geht in eine Rinne bis über den Hodensack und anasto-
mosirt dort mit der art dorsalis inferior. Die art. p u d e n d a
interna giebt ab die art. bulbosa (art. profunda penis Gurlts);
diese dringt in die Harnröhrenzwiebel ein.
Ch auveau-Arloing: Artftre honteuse externe:
l'artäre dorsale antöricure de la verge gagne le bord supörieur du
p6nis (aprös avoir fourni une ou deux branches scrotales) etsepar
tage en deux rameaux: Tun, postörieur, rencontre la dorsale caver-
neuse de la verge et anastomose avec eile; l’autre, antörieur suit le
bord dorsal (du pönis) jusqu’A son extremitö antöricure et se plonge
dans le tissu örectile (de cette exti emitö = glandis penis). A r 16 r e
obturatrice: il en est deux ou trois (branches), qui se portent
Bur les racines du pönis pour se plonger dans le tissu 6rectile du corps
caverneux; l'une (Teiles, beaucoup plus importante, est d6signe sous
le nom d’artere caverncuse, Ce vaisseau—atteint la racine du corps
caverneux et s'y plonge par plusieurs rameaux, aprös s’avoir fourni —
Tariere dorsale posterieure de la verge. Celle ci — va s'anastomoser
avec le rameau postörienr de la dorsale antörieure. Art 6 re
betheiligt wird. Bei den Thieren ohne Eichel liefert die pudenda
interna ausschliesslich die Versorgung auch des Ruthenendes.
Die arterielle Versorgung des Penis beim Pferde ist demnach
eine ganz besondere.
Ich habe an einer Anzahl von Injectionen den Verlauf der
oben citirten Arterien geprüft und gefunden, dass die in den
Anatomien gegebene Beschreibung, namentlich diejenige von
Gurlt-Ellenberger-Müller, einiger Modificationen bedarf. Die
Anordnung der drei Arterien des Penis ist folgende:
Die arteria pudenda interna geht beim Pferde neben
dem Beckenstück der Harnröhre vorbei, jederseits zwischen der
glandula bulbo-urethralis(Cowperi) und dem mnsc. ischio-cavernosus
in den bulbus urethrae. Sie versorgt also diesen für die Erection
sehr wichtigen Theil des Harnröhrenschwellkörpers. Sie ist des¬
halb auch bereits von Frank-Martin und Chauveau-Arloing
zutreffend als arteria bulbosa (bulbeuse) bezeichnet und auch
bulbus u reib rar
a rteria
! b,u I b i
I.tutf iler Harnröhre
Sittbeinhaciitr
Harn
blase
Poramen
nh/uruturn
Jnnstunmsr d .obturatoria
u.pudenda interna
arteria
profunda
.penis
& u pudtndOi
honteuse interne: Quant ä 16xtr6mit6 terminale du vaisseau,
eile s’intinue sous le rauscle acc616rateur et se partage immödiate-
raent en une multitude de ramuscules, qui se plongent au milieu du
tissu 6rectile du bulbe urätral. Quelque fois la bulbeuse donne seule-
ment la dorsale postörieure de la verge.
Schliesslich seien zum Vergleich die Verhältnisse beim
Manne hier angeführt: Hier scheiden art pudenda externa und
öbturatoria überhaupt aus. Die Zufuhr besorgt die arteria
pudenda interna allein. Dieselbe giebt an den Penis
drei Hauptäste: eine arteria bulbi urethrae in die Harn röhre n-
Zwiebel, eine arteria profunda penis in die Wurzel der corpus
cavernosum penis und eine arteria dorsalis penis, welche von der
Peniswurzel her auf der Rückenfläche des Penis entlang bis zur
Biohel zieht
Beim Hunde verhalten sich die Arterien übrigens ganz ähnlich
wie beim Manne, d. b. die art pudenda interna ist das Hauptgefass,
giebt die art. bulbr ab und spaltet sich in profunda penis und
dorsalis penis, letztere anastomosirt jedoch (nach E 11 e n b e r g e r)
mit der art pudenda externa, so dass diese an der Blutzuleitung
richtig beschrieben worden. Nach dem neuen Nomenclator ana-
tomicus hom. wird der Name jedoch in arteria bnlbi urethrae
umzuwandeln sein. Ihre Darstellung und Benennung in der
Anatomie von Gurlt-Ellenberger-Müller ist demnach nicht
richtig. Sie kann weder arteria profunda penis genannt werden,
noch spaltet sie sich in diese und die arteria dorsalis penis. Ihr
Stamm geht vielmehr ganz in den bulbus urethrae. Sie giebt
jedoch constant einen langen, aber dünnen Zweig ab, welcher mit
der art. obturatoria anastomosirt. Als eine Spaltung des Stammes
kann <Rese einfache und relativ schwache Anastomose ebensowenig
beschrieben werden, wie der anastoraosirende Ast als arteria
dorsalis penis, da er das dorsum penis gar nicht erreicht (obwohl
er den nervus dorsalis penis bis an die Ruthenwurzel begleitet).
Die arteria obturatoria zieht mit dem hier in Betracht
kommenden Ast an der Unterfläche des Sitzbeins bis zum
hinteren Sitzbeinrand (arcus ossium ischii) und dringt durch den
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
hier entspringenden mnsc. iscbio-cavernosus jederseits in das crus
corporis cavernosi penis. Ein schwacher Ast von ihr geht noch
einige cm weit auf dem Penis (auf der der Harnröhre entgegen¬
gesetzten zum dorsum penis werdenden Fläche) entlang, uip sich
dann ebenfalls ins corpus cavernosum penis einzusenken. Dieser
Ast bildet eine nur etwa in der Hälfte der Fälle vorhandenen
Anastomose mit einem der hinteren Aeste der arteria pudenda
externa (die Anastomose ist eventuell auch nur einseitig). Ein
anderer Zweig dieses Astes bildet die schon beschriebene
constante Anastomose mit der arteria pudenda interna. (Einmal
fand sich auch ein Zweig, der von der arteria obturatoria
schon oberhalb des foramen obturatum abgegeben worden war
und, in der Beckenhöhle bis zum hinteren Sitzbeinrand gelaufen,
ebenfalls in die Anastomose mit der arteria pudenda interna ein¬
trat). Die arteria obturatoria versorgt also, wie überall zutreffend
angegeben ist, die Wurzel des Ruthenschwellkörpers. Dieser
Hauptast ist die arteria profunda penis hom. Die bisherige
Benennung arteria corporis cavernosi muss dementsprechend umso¬
mehr geändert werden, als durch diesen Namen der Anschein
erweckt werden kann, als ob sie die einzige oder Haupt-Arterie
des corpus cavernosum sei, was gar nicht der Fall ist Wie die
arteria pudenda interna, giebt auch die arteria obturatoria auf
die Oberfläche des Penis nur eine mässige Anastomose, die noch
dazu häufig fehlt, ab. Dieselbe ist in den oben citirten Quellen als
arteria dorsalis penis superior (dorsale posterieure) genannt
worden. Dieser Name kann, wie ich meine, um so eher eine un¬
zutreffende Vorstellung erzeugen, als der Ast ganz kurz ist und
gar nicht unmittelbar auf dem Penis entlang läuft; es ist eben
ein einfacher ramus anastomoticus*). Ellenberger-Müller er¬
wähnen ihn nur als Anastomose mit der arteria pudenda interna,
nicht aber seine Anastomose mit der pudenda externa und be¬
zeichnen ihn deshalb auch nicht als hintere Rückenarteriev Als
solche nennen diese Autoren vielmehr, wie schon oben erwähnt,
den ramus anastomoticus der arteria pudenda interna.
Die acteria pudenda externa giebt, aus dem Leistencanal
hervorgetreten, lange Zweige an den Schlauch. (Allgemein wird
angegeben, dass sie auch Aeste an den Hodensack giebt. Ich
habe bei ein em Hengst keinen solchen gefunden, was aber natürlich
die bisherigen Angaben nicht widerlegt) Der Stamm der pudenda
erreicht den Penis überhaupt nicht, sondern theilt sich vorher in
ein vorderes und ein hinteres Büschel Aeste, welche langgestreckt
nach dem Penis ziehen. Die Stellen, wo sie den Penis erreichen,
liegen meist (mit einer Ausnahme, wo die Aeste mehr auf einen
*) Bei dieser Gelegenheit möchte ich eine andere nicht un¬
wichtige Anastomose der arteria obturatoria erwähnen, welche nicht
beschrieben ist. Im foramen obturatorium entspringt ein Ast (X),
der somit innen und hinten am Pfannengelenk zu liegen kommt.
Dieser Ast bildet 2 Paar Anastomosen, nämlich: ,
1) — nicht constant — a) Eine Anastomose mit der obturatoria
der anderen Seite. Diese Queranastomose liegt unter den rami
superiores (Querästen) des Schambeins hinter den ligamenta
accessoria, d. h. der von der Sehne des graden Bauchmuskels zu
den Oberschenkelköpfen tretenden Sehnenschenkels, b) Aus diesem
Gefässbogen jederseits eine Anastomose zur arteria pudenda externa
und zwar zu dem an den Penis gebenden Ast.
2) Eine doppelte Anastomose mit der arteria circumflexa femoris
medialis (posterior), a) Die eine Anastomose geht unmittelbar'neben
der Pfanne aus dem foramen obturatum in die circumflexa, bezw.
noch in den Stamm der a. femoris profunda, welche sich hier zwischen
Pfannengelenk und rausc- ilio-psoas zur hinteren Fläche des femur
wendet b) Der fortlaufende (oben mit X. markirte) primäre Ast
giebt Zweige an die untere und hintere Fläche der Pfannengelenks-
Kapael (während die obere und vordere Fläche derselben von der
arteria circumflexa femoris lateralis versorgt wird), geht dann vom
caput femoris lateral gegen den trochanter major, dann am lateralen
Rand der Hinrerfläche des femur herab ebenfalls in die circumflexa
posterior.
Fleck, etwa in der Mitte des Penis herantraten) weit von einander.
Die hinteren Aeste laufen, ohne sich dem Penis anzulegen, bis
gegen die Peniswurzel und dringen an Rücken- bezw. auch
Seitenflächen ins corpus cavernosum penis. In etwa der Hälfte
der Fälle kommt zwischen einem derselben und der art. obtu¬
ratoria die oben erwähnte Anastomose zu Stande. Die vorderen
Aeste dringen etwa von der Mitte des Penis ab ebenso in die
vordere Hälfte der corpus cavernosum penis. Einer dieser Aeste
legt sich von der Mitte bezw. vom Beginn des vordersten Ruthen¬
drittels ab der dorsalen Penisfläche auf und läuft auf ihr in die
Eichel. Diese Arterie (von der nur wenige Aestchen ins corpus
cavernosum sich abzweigen) ist verhältnissmässig schwach, war
in einem Falle sogar nur einseitig. Eine Verbindung zwischen
ihr und den in den hinteren Theil des Penis gehenden Aesten
der pudenda externa in Gestalt einer den dorsalen Rand des
Penis von der Wurzel ab begleitenden Rückenarterie existirt
nicht. Es giebt mithin beim Pferde keine eigentliche
arteria dorsalis penis, wie beim Menschen. Der Lage nach
könnte man nur den nach der Eichel gehenden Ast als die arteria
dorsalis inferior (anterior) anerkennen. Da aber diese der art dorsalis
penis hominis nur zum Theil entspricht, so wäre vielleicht der
Name arteria dorsalis besser fallen zu lassen und jener Ast,
seiner einzigen Bestimmung entsprechend, als arteria glandis
zu bezeichnen. Im Uebrigen ergiebt sich, dass die arteria pudenda
externa keineswegs blos diese arteria dorsalis anterior, sondern
sehr zahlreiche lange rami corporis cavernosi abgiebt (s. d. Skizze),
welche sich in den anatomischen Beschreibungen nicht erwähnt
finden. Dieselben sind regelmässig vorhanden, bisweilen auf der
einen Seite zahlreicher als auf der ande-en. Die art pudenda
externa giebt also nicht blos die Arterie für die Eichel, sondern
ist eine der obturatoria (profunda penis) ebenbürtige Versorgerin
des. Ruthenschwellkörpers, den sie, von aussen betrachtet, in
seiner ganzen Länge beschickt, während die obturatoria sich auf
die Wurzel beschränkt
Zusammenfassung: Die Eichel erhält (abgesehen von dem
aus dem Harnröhren schwellkörper ihr zuströmenden Blut), aus
der arteria pudenda externa eine directe arterielle Zufuhr, welche
als arteria glandis (arteria dorsalis penis anterior s. inferior
der Autoren) zu bezeichnen ist. Der Ruthenschwellkörper
erhält 1) in seiner ganzen Länge eine Anzahl Aeste von der art
pudenda externa (rami corporis cavernos. oder arteriae
superficiales penis) und 2) den Hauptast der arteria obturatoria,
welcher in die Penis-Wurzel dringt und die arteria profunda
penis hom. bildet (art. corporis cavernosi der Autoren). Der Harn¬
röhrenschwellkörper wird von dem ganzen Endstarara der
art. pudenda interna als arteria bulbi urethrae (bnlbosa)
versorgt.*)
Beim Manne existirt ein genau entsprechender Ast. Als art.
profunda penis darf das Ende der art. pudenda interna nicht
bezeichnet werden, weil die profunda penis hom. nicht in den
bulbus urethrae, sondern in das crus penis geht. Die profunda
ist vielmehr beim Pferde, wie gesagt, das Ende der obturatoria.
Beim Menschen und ähnlich bei den anderen Hausthieren
versorgt die art. pudenda interna den Penis allein; sie giebt die
arteria bulbi ab und spaltet sich dann in eine art. profunda und
art. dorsalis penis. Beim Pferde endet die pudenda interna schon
als art. bulbi. Sie kann sich daher auch nicht in eine arteria
profunda und dorsalis spalten (vgl. Gurlt-Ellenberger-Müller).
*) Uebrigens hat Hausmann (s. pg. 254, Anm.) durch seine
feinen Injectionen festgestellt, dass zwischen dem Gefässgebiet des
Harnröhren- und Ruthenschwellkörpers (art bulbi und art profunda
penis) Anastomosen bestehen. Es giebt auch, von aussen betrachtet,
die art. bulbi Zweigehen an die Ruthenwurzel und die art obturatoria
desgl. an den bulbus urethrae.
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2. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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Diese Aeste werden von der art. obturatoria und pudenda externa
abgegeben; und zwar bildet die Obturatoria die profnnda penis; die
pudenda externa schickt diejenigen Zweige ins corpus cavernosura,
welche beim Menschen aus der art. dorsalis entspringen, vertritt
also die letztere. Eine eigentliche auf dem dorsalen Rand des Penis
von der Wurzel aus entlang laufende art. dorsalis existirt
beim Pferde überhaupt nicht Nur das vordere (auch beim
Manne in die Eichel gehende) Stück der art. dorsalis penis hom.
ist als arteria glandis (dorsalis anterior) — ebenfalls ein Ast der
pudenda externa — vertreten.*)
Die drei beim Pferde den Penis versorgenden Arterien
bilden in der Nähe der Peniswurzel eine Tripel-
Anastomose, indem sich einer der hinteren Aeste der pudenda
externa mit einem oberflächlichen Zweige der obturatoria und
dieser wieder mit einem aus dem Becken tretenden Zweige der
pudenda interna verbindet. Doch ist nur die Anastomose
zwischen obturatoria und pudenda interna constant, die zwischen
letzteren beiden und der pudenda externa nicht. [Dagegen
bildet die obturatoria eventuell schon unter dem vorderen Scham¬
beinrand eine Anastomose mit d.em pudenda externa — s. Anm.]
Schliesslich mögen hier folgende Bemerkungen über die
Venen angehängt werden. Der ganze Rücken des Penis ist von
einer Venenmasse lose bedeckt. Man kann in der Hauptsache
etwa 4 mächtige Langstämme (mit Klappen) unterscheiden, welche
durch zahlreiche Anastomosen verbunden sind. Dieselben ent¬
stehen vorn aus dem schotenförmigen fingerlangen Fortsatz,
welchen der Eichelscbwellkörper auf das dorsum penis schickt.
Sie bilden also den Abzug für das Eichelblut und nehmen auch
die Venen des Ruthenschwellkörpers auf. Auf der hinteren Hälfte
des Penis wird die Venenmasse erheblich schwächer und voll¬
ständig geflechtartig. Die Abflüsse sind folgende: 1. Den
weitaus stärksten Abfluss bildet die vena pudenda externa, welche
etwa in der Mitte des Penis aus der Venenmasse (die von hier
ab nach der Ruthen-Wurzel zu oben deshalb erheblich schwächer
wird) entsteht, eine mächtige Queranastomose mit der der anderen
Seite bildet und bekanntlich unter dem Schambeinrand nach
hinten ziehend, hinter dem musc. pectineus in den Schenkelkanal
(canalis adductorius, nach dem nomenclator anatomicus) eindringt,
während ein nur schwacher Ast die Arterie vor dem Schambein¬
rand in den Leistencanal begleitet.
2. Am musc. ischio-cavernosus geht aus dem schwächer ge¬
wordenen Venengeflecht jederseits ein (injicirt etwa bleistiftstarker)
Ast hervor, welcher durch den musc. ischio-cavernosus auf die
Unterfläche des Sitzbeins nach dem Lauf der art. obturatoria
geht und zur vena obturatoria wird.
3. Aus dem bulbus urethrae kommt eine verhältnissmässig
recht schwache Vene, welche die art. pudenda interna begleitet
[Der Hauptast der vena pudenda interna geht durch ein Loch
des ligamentura sacro-spinosum et-tuberosum aussen um den
äusseren Sitzbeinast (ramus superior) herum auf die Unterfläche
des Sitzbeins und anastomisirt da mit der vena obturatoria.]
Eine Vene, welche etwa am hinteren Rand des Sitzbeins
durch den musc. ischio-cavernosus von der Unterfläche zur Ober¬
fläche des Sitzbeins, d. h. von der dorsalen Venenmasse (bezw.
*) Was die Blutversorgung des weiblichen Penis, d. h. der
Clitoris betrifft, so scheidet die pudenda externa (weil ihr Oefäss-
gebiet der Unterbauch ist) selbstverständlich aus. Es sind nur
pudenda interna und obturatoria betheiligt, welche am hinteren
Sitzbeinrande anastomosiren. Aus der jederseitigen Anastomose geht
eine art dorsalis clitoridis bis zur glans clitoridia. Es kann jedoch die
eine Arterie die andere völlig vertreten. Ja es kommt sogar vor,
dass auf der einen Seite lediglich ein Ast der pudenda interna, auf
der anderen nur ein solcher der obturatoria in die Clitoris eintritt.
von der vena obturatoria) in das Becken zur vena pu4enda interna
ginge, 1 existirt nicht.
Demnach kann bei der Erection bezw. bei der an derselben
mitwirkenden Stauung der hintere Venenabfluss (2 und 3) bezw.
dessen Sperrung nur eine Nebenrolle spielen. Eine eigentliche
venöse Stauung kann erst eintreten bei Sperrung des vorderen
Abzuges, d. h. der äusseren Schamvenen. Diese findet, wie schon
Günther sen. betont hat, erst bei der Begattung, und zwar als
einfache Folge der Stellung des Hengstes statt, durch welche die
venae pudendae gegen den Schambeinrand zusammengepresst
werden. Hierdurch erklärt es sich einfach, warum die Eichel
während der Begattung einen so ausserordentlichen Umfang an¬
nimmt, während sie vor dem Einspringen mässig gefüllt erscheint.
Referate.
Die Ueberbeine an den Gliedmassen des Pferdes.
Von Vogt
(W f. Th. und Vlehz. 7—9, 98)
Die Ueberbeine an den Pferdefüssen führt man hauptsächlich
auf mechanische Einwirkungen zurück. Auch die meisten Sports¬
leute und hippologischen Schriftsteller glauben, dass die Ueber¬
beine durch Anschlägen entstehen. Der alte Havemann erklärt
sich gegen diese Theorie und bringt das Auftreten von Osteophyten
am Metacarpus mit dem Bau des Carpus zusammen. Auch
Dieckerhoff hat die anatomische Einrichtung zur Erklärung der
Entstehung der Ueberbeine herangezogen. Er weist darauf hin,
dass die fascia antibrachii an der Volarfläche jederseits mit einem
Schenkel am Griffelbein endige, dass diese Fascienschenkel be¬
lastet würden, namentlich der mediale, und dass durch abnorme
Belastung hier Veränderungen entstünden. Dieckerhoff nennt die
so entstehenden Ueberbeine spontane. Auch die Vererbung wird
in Betracht gezogen.
Vogt wendet sich nun gegen die Anschauung Havemann’s.
Dieser hatte darauf hingewiesen, dass das os multangulum minus
ausschliesslich auf dem medialen Griffelbein liege und bei un¬
gleicher Belastung der Vorderfusswurzel Verschiebungen des
medialen Griffelbeins bedinge, wodurch es zu Zerrungen des
Periosts zwischen Griffelbein und Metacarpus und zu Knochen¬
auftreibungen komme. Dagegen ist einzuwenden, dass Exostosen
an den correspondirenden Stellen aussen am Metacarpus auf-
treten, dass der Bau der Vorderfusswurzel dagegen spricht und
dass Entzündungsprocesse am Carpalgelenk beim Auftreten von
Ueberbeinen fehlen. Der Druck der Körperlast fällt zunächst
auf das os radiale, und zwar nach dessen medialer Seite, also
mehr »in die Mitte des Gelenks. Ein einseitiger Druck auf das
os multangulum minus fällt deswegen weg. Ausserdem
ist dasselbe mit den anderen Knochen so innig verbunden, dass
eine Verschiebung nicht in Frage kommen kann. Es müssten mit
einer solchen Verschiebung auch nothwendig sich pathologische
Processe am Carpus vereinigen. Bänderzerrungen können nicht
ohne nachtheiligen Einfluss auf die fraglichen Gelenke bleiben
und solche Bänderzerrungen müssen doch der Verschiebung des
genannten Knochens vorangehen. Wenn, was allgemein an¬
genommen wird, das Sprunggelenk auf Bänderzerrungen mit
bleibender Lahmheit und Knochenneubildung reagirt, so könnte der
gleiche Vorgang auf das Carpalgelenk nicht ohne Wirkung
bleiben. Damit fällt die Havemann’sche Anschauung und auch
8ämmtliche Ansichten, welche sich auf dieselbe stützen.
Anders verhält es sich mit der Di eck erhoff sehen An¬
schauung, welcher Zerrungen der Carpalbinde als Ursache be¬
zeichnet. Nach Vogt’B Anschauung kommt diese Auffassung
dem wirklichen Sachverhalt am nächsten. Nur glaubt V. nicht,
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
dass der Einfluss der Zerrungen sich hauptsächlich an den
Fascienschenkeln bemerklich mache und sich vom subfascialen
Bindegewebe aus auf das Periost ausdehne; denn da könnten
entsprechend der jeweiligen Ausdehnung der Exostose immer nur
eine beschränkte Zahl Fascienfasern gezerrt und entzündet
gewesen sein. Eine Zerrung würde sich vielmehr auf den ganzen
Fascienschenkel erstrecken. Die Fascienschenkel setzen sich an
den volaren Rand der Griffelbeine an und gehen von hier in
dünner oberflächlicher Lage in das angrenzende Gewebe über.
Wenn sich ein Entzündungsprocess in den Carpalbinden abspielen
würde, so müssten Knochenneubildungen zunächst am hinteren
Rand der Griffelbeine auftreten und von da seitlich übergreifen,
wir würden dann hinten die ältesten und vorn die jüngeren Ver¬
änderungen treffen. Man findet aber, dass die Knochenneu¬
bildung gleicbmässig vom Metacarpus und vom Griffelbein aus¬
geht. Es muss mithin ein Reiz eingewirkt haben, der an zwei ein¬
ander gegenüberliegenden Punkten eingesetzt hat. Vogt gelangt
daher zu der Ansicht, dass die Bildung der Exostose mit der
Verknöcherung der ursprünglichen bindegewebigen Verbindung
zwischen Griffelbein und Metacarpus aufs engste zusammenhängt.
Diese Verknöcherung ist bereits erblich geworden. Sie tritt bei
Bämmtlichen Pferden nach dem ersten Lebensjahre mehr oder
weniger ausgedehnt auf und wird vielleicht später einmal schon
bei der Geburt ausgebildet sein. Am frischen Präparat kann
man sich überzeugen, dass bei Belastung der Gliedmassen durch
die Carpalbinde ein beträchtlicher Zug auf die Griffelbeine aus¬
geübt wird, der um so stärker ausfällt, je mehr der Carpalwinkel
sich öffnet, d. h. je mehr sich das Stützbein der abstemmenden
Stellung nähert. An der medialen Seite bekommt der betreffende
Bindenschenkel noch einen Zuzug vom flexor carpi ulnaris.
Durch diesen Zug nun werden beim jungen Thiere die Griffel¬
beine vom Metacarpus abgezogen, und zwar medial Btärkqr als
lateral. Dadurch wird das ligamentum interosseum gespannt, und
fia es von beiden Seiten in das Periost übergeht, so tritt hiermit
die Möglichkeit einer Reizwirkung auf das Periost des Metacarpus
und des Griffelbeins ein. Es führt dies zunächst zur Ver¬
knöcherung des Zwischenknochenbandes. Diese Verknöcherung
ist an den Vordergliedmassen innen immer stärker als aussen.
An den Hintergliedmassen ist die Verknöcherung nicht so
stark ausgeprägt; auch hier aber ist die Verknöcherung innen
stärker.
Der Reiz nun, welchen die physiologische Verknöcherung
zwischen Metacarpus und Griffelbein herbeiführt, die eigentlich
in ihrem Anfang auch pathologisch ist, wird nun ab und zu
durch stärkere Anspannung zu einem pathologischen werden. Es
wird sich dann eine Periostitis ossificans einstellen. Die Ueber-
beine sind demnach nichts Anderes als eine abnorme Ver-
grös8erung einer normalen Verknöcherung zwischen Mittelfuss
und Griffelbein. Dass höher aufwärts am Griffelbein noch ein
zweites Ueberbein entstehen kann, wenn weiter abwärts schon
eins sich gebildet hat, erklärt sich leicht; denn so lange nicht
völlige Verknöcherung erfolgt ist, bleibt immer oberhalb Be¬
wegungsmöglichkeit. Auch die Entstehungszeit der Exostosen ist
mit der Vogt’schen Anschauung in Einklang zu bringen, denn
wenn erst die normale Verknöcherung zwischen den Fussknochen
vollendet ist, tritt nie mehr ein spontanes Ueberbein auf. Deren
Entwicklung ist somit auf das jüngere Lebensalter beschränkt.
Unter diesen Umständen können auch die bisher zur Verhütung
der Ueberbeine empfohlenen Massnahmen, wie Bandagiren
u. dergl., nichts nützen. Ebenes Auftreten, Schonen der Trachten,
alle Vorkehrungen, welche die Zerrungen abschwflchen können,
könnten noch am meisten nützen.
lieber Temperatnrmessnngen bei grossen Hausthieren.
Von Professor W. Eber-Berlin.
(ZelUchr. f. Thlermed. 1898 H. 1)
Bei einer früheren Gelegenheit hat E. bereits darauf hin¬
gewiesen, dass bei der Temperaturmessung unserer grossen
Hausthiere leicht Fehler in der Feststellung der Körperwärme
entstehen, wenn nicht gewisse Vorschriften inne... gehalten
werden.
Vergleichende Messungen haben ergeben, dass die laugen
Thermometer (18—20 cm) die unzuverlässigsten Resultate geben
und meist 0,2—0,4° weniger anzeigen als die kurzen Thermometer.
Als Ursache dieser Abweichung wird angenommen, dass die Queck¬
silberkugel bei den langen Thermometern entweder frei in den
ampullenartig erweiterten Mastdarm hineinragen oder auch irr
einen Kothballen versenkt werden kann. Die kleinen Thermo¬
meter werden dagegen von Sphincter- oder Mastdarmschleimhaut
fest umschlossen. Letztere haben weiter den Vorzug, dass:'-sich
störrische Thiere dem Einfuhren nicht so sehr widersetzen als bei
der Verwendung langer Thermometer und deshalb auch weniger
zerbrochen werden.
E. empfiehlt daher bei Tuberculinproben das auf seinen Vor¬
schlag verbesserte Kaninchen-Thermometer Hauptner’s zu ver¬
wenden. Die Verbesserung besteht in der Entfernung der ge¬
wöhnlichen Metallkappe, die sich nach einer grösseren Anzahl
von Messungen stets lockert. Die Glasröhre wird jetzt oben zu¬
geschmolzen und etwa 2 cm unterhalb des oberen Endes eine ring¬
förmige Furche zur Befestigung des Fadens angebracht.
DieseForm des Thermometers führt dieBezeichnungHauptner’s
Reformthermometer.
Verf. macht noch darauf aufmerksam, dass auch eine Steige¬
rung der Temperatur um 0,4° erzeugt werden könne, wenn das
Thermometer zur wiederholten Controlle des Temperaturstandes
öfter herausgezogen und zurückgeschoben werde. Diese Mani¬
pulation verursache eine Hyperämie im Anus und somit eine
künstliche Erhöhung der Temperatur.
Die Differenzen von 0,4° nach oben und nach unten müssen
aber vermieden werden, wenn bei den Tuberculosetilgungsver-
suchen ein sicheres Resultat erzielt werden soll.
Zar Epidemiologie der Psittacosis (Papageienkrankheit).
Von D up uy.
(Progrfc* medical 41|43 97).
Die Psittacosis wurde zum ersten Male im Jahre 1892 in
Paris beobachtet und hat seitdem fast jedes Jahr kleine Epide¬
mien veranlasst. Mit den zwei Fällen, welche D. in diesem Jahre
beobachtete, ergaben sich im Ganzen 70 Fälle, wovon 24 mit
tödtlichem Ausgange. Diese relativ hohe Sterblichkeit (über
34 pCt.) macht es erklärlich, warum Aerzte und Behörden der
Papageienkrankheit eine erhöhte Aufmerksamkeit schenken.
Nachdem auch der Krankheitserreger bacteriologisch erwiesen
ist, stellt sie sich als eine ganz specifische Infectionskrankheit dar,
welche von Thier auf Mensch, von Mensch auf Mensch, so¬
wie auch von den durch die Thiere verunreinigten Gegenständen
auf diesen übergehen kann. Dem in der Abhandlung beschriebenen
Symptomenbilde schliessen sich die ausführlich dargelegten
prophylactischen Massregeln an, welche sich theilweiBe schon aus
der Aetiologie ergeben. (Münch. Med. Woch. 47/97).
Ueber den schädlichen Einfluss von Mikroorganismen
auf die könstliche Forellenzucht.
Von Andreas v. Zilah. Aus dem k. k. embryologischen -
Institute des Prof. Schenk in Wien.
(Oeaterr. Moualwchr. f. Thlerhlk. 189 H. 10)
Verf. bemerkt einleitend, dass es die Fische im Kampfe um
das Dasein nicht leicht haben. Eine grosse Anzahl Sohädlich-
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2. Juni 1898.
keiten drohen ihren Keimen nnd den entwickelten Fischen. Für
den Fischzüchter hat es ein besonderes Interesse, die Feinde der
Fische und ihrer Brat zu kennen. Aus dem Thierreich stellen den
Fischen nach die Fischottern, die Wasservögel der verschiedensten
Art, Frösche, Salamander, Schlangen nähren sich von Fischbrut
und vertilgen junge Fische. Wasserinsecten, die Schwimm- und
Wasserkifer, Tauchkäfer (Dycticidae), weiter die Karpfenlaus ge¬
hören zu den gefährlichsten Feinden der Fische. Nicht zu ver¬
gessen sind schädliche Einflüsse chemischer und mechanischer
Art, die oft den Fischreichthum von Bächen oder kleinen Flüssen
zerstören. Chemische Stoffe, welche aus Fabriken in die fliessen¬
den Gewässer abgeleitet werden, richten oft die Fischzucht zu
Grunde. Manche fischreiche Gebirgsbäche sind andererseits
dadurch fischarm geworden, dass Holzsflgespäne ans Sägemühlen
ins Wasser gelangten, sich in die Kiemen der Fische festsetzten
und hier als fremde Körper wirkend die Circulation behinderten,
bis die Fische endlich zu Grunde gingen.
Ofb sind es auch Pilze, die eine schädliche Wirkung auf die
Fische, noch'mehr auf die Fischbrut ausüben.
Der Verf. beobachtete bei seinen Studien über die Ent¬
wickelung der Fische, dass Forelleneier öfters ohne äussere Ver¬
anlassung in grossem Wässern trübe wurden und abstarben. Als
Ursaehe dieser Erscheinung, wies er den Bacillus fluorescens
liquefaciens nach. Das Brutwasser, oder die aus demselben
herausgenommenen Eier, gaben auf Gelatine- und Agarplatten die
characteristischen grünlich fluorescirenden Culturen, welche den
Nährboden schnell verflüssigen. Auch aus Membranstückchen und
Dotterpartikelchen todter Eier konnte der Mikroorganismus ge¬
züchtet werden. Es besteht also kein. Zweifel, dass der sonst
als nicht pathogen bekannte Bacillus Forelleneier vernichten kann.
Zuweilen wurde gleichzeitig der B. fluorescens non liquefaciens
gefunden. Die Einwanderung der kleinen Bacillen in die Forellen-
efcer kann leicht vor sich gehen, denn die Eihülle ist von verhält-
nissmässig grossen radiär verlaufenden Poren durchbrochen.
; Die Erfahrung, dass nicht zu den pathogenen zählende Mikro¬
organismen tödtlich auf Keime während der Entwicklung ein¬
wirken, hat schon Lederer bei seinen Versuchen an Hühner¬
eiern gemacht.
Kleine Mittheiluugen.
Zar Verhütung des Prolapsus uteri.
NU88 schreibt in der Dtsch. tbierärztl. W.: Das Vernähen
der Schamöffnung, um einen Prolapsus zu verhüten, ist an und
für sich ein sehr unsicheres Mittel. Auch setzen die zurück¬
bleibenden Narben den Verkaufswerth der Thiere herab. N. hat
daher nicht die leicht zerreisslichen Schamlippen, sondern die
Haut bei den Gesässbeinhöckern in eine Naht fest zusammen¬
gezogen, wodurch eine Ausdehnung der Scheide unmöglich
gemacht wird. Diese Nähte sitzen wegen der Derbheit jener
Haut sehr gut und reissen nie aus. Die Narben werden durch
die Haare verdeckt. Das Durchstechen der Haut ist allerdings
ziemlich schwer, sodass man am besten eine am Heft sitzende
Nadel verwendet.
Uterusverdrehung bei der Stute.
Bezirksthierarzt Siecheneder theilt in der Wschr. f. Thier-
heilkunde, März 1898, Folgendes mit:
Nach Frank soll die Uterustorsion beim Pferde sehr selten
sein. Auch S. hat nach 20jähriger Praxis zum-ersten Male eine
solche beobachtet. Die 9jährige Fuchsstute wies alle Anzeichen
der nähem Geburt auf, war aber mit Schweiss bedeckt und sehr
unruhig. Sie zeigte schon seit drei Viertel Tag beunruhigende
-Erscheinungen und der Besitzer hatte auf Kolik geschlossen.
Die manuelle Untersuchung durch die Scheide ergab eine reicli-
259
liehe halbe Drehung des Uterus. Mit grosser Mühe nur konnte
ein Finger in den Gebärmutterhals eingeführt werden. Es wurde
nun ein genügender Platz zurecht gemacht, Vorder- und Hinter-
fü8se je für sich zusammengebunden und mit 5 Mann die Wälzung
des Mutterthieres vollzogen, was beim Pferde freilich recht schwer
ist. Nach lOmaliger Umdrehung gelang die Lösung vollständig
und nach einer halben Stunde wurde die Geburt eingeleitet,
wobei das sehr schwere Junge auch noch in fehlerhafter Haltung
sich befand. Nachtheilige Folgen traten nicht ein.
Warzenpooken bei einer Kuh.
Nach einer Mittheilung von Heichlinger in der W. f. Th.
hatte eine 4jährige Kuh auf allen Eutervierteln stecknadelkopf-
bis erbsengrosse hellrothe, feste, schmerzhafte Knötchen, sowie
erbsen- bis haselnussgrosse gelbliche bis bläulichweisse, im
Centrum eingedrückte, rothumränderte Bläschen mit serös¬
trübem Inhalt oder mit Eiter gefüllt. Andere Pusteln waren
verschorft. Nach 14 Tagen war die Eruption im Ganzen ab¬
geheilt. Irgend welche Ursache dieser pockenartigen Hautkrank¬
heit war nicht zu ermitteln. Weder ein anderes Thier noch ein
Mensch zeigte ähnliche Krankheitserscheinungen. Als H. nach
6 Monaten die Kuh wieder besah, fanden sich an Stelle der ehe¬
maligen Pusteln kegelförmige, braune, 7—8 mm hohe papillöse
Wucherungen, welche gleich nach dem Eintrocknen der Blasen
aufgetreten waren. Hiernach handelte es sich also um eine nicht
infectiöse unechte Pocke, die ans einer Papillarkörperentzündung
hervorgegangen war, welche dann in Wucherungen ausartete.
Wirkung der wilden Tamarinde, Leuoaena glauca, auf Nicht-Wiederkäuer.
Dr. Moris hat im Journal of comp. med. and veter. arch.
November 1897 eine in der Dtsch. thierärztl. W. referirte Arbeit
veröffentlicht, der kurz Folgendes zu entnehmen ist. Jene an
den FlusBufern des tropischen Amerikas wachsende Pflanze hat
eine eigentümliche Wirkung auf Nicht-Wiederkäuer, die ihre
Blätter, Hülsen und Samen verzehren. Den Thieren des Pferde¬
geschlechts gehen Mähnen- und Schweifhaare aus, Schweine
werden ganz nackt. Pferde erhalten, wenn man ausschliesslich
Korn und Heu füttert, die Haare wieder; doch sind sie oft anders
gefärbt und nicht so hart. In einem Falle schuhte ein Pferd
aus. Bei Wiederkäuern zeigte sich eine ähnliche Wirkung nicht;
die wilde Tamarinde wird vielmehr als Futter für Rinder, Schafe
und Ziegen verwendet.
Thierhaltung und Thierzucht.
Erneute Gerichtsentscheidung betr. die Privatzuchtgenossenschaften.
In der Strafsache gegen die Besitzer etc. (folgen 12 Namen)
hat auf die von der Königlichen Staatsanwaltschaft gegen das
Urtheil der III. Strafkammer des Königlichen Landgerichts zu
Gnesen vom 9. October 1897 eingelegte Revision der Strafsenat
des Königlichen Kammergerichts in der Sitzung vom 14. Februar
1898, für Recht erkannt:
Auf die Revision der Königlichen Staatsanwaltschaft wird
das Urtheil der dritten Strafkammer des Königlichen Land¬
gerichts in Gnesen vom 9. October 1897 aufgehoben und die
Saohe zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch
über die Kosten der Kevisionsinstanz, an das Berufungsgericht
zurückverwiesen.
Gründe:
Der Revision der Königlichen Staatsanwaltschaft, welche
Verletzung des § 17 der Polizei-Verordnung vom 20. Juni 1893
durch Nichtanwendung und des Genossenschaftsgesetzes vom
1. Mai 1889 durch unrichtige Anwendung rügt, konnte der Erfolg
nicht versagt werden.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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260
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 22.
Der Ausführung des Vorderrichters, dass das Verbot des
§ 17 der Polizei-Verordnung des Regierungs-Präsidenten zu
Bromberg vom 20. Juni 1893, unter Androhung einer Strafe? von
30 bis 60 Mark eine fremde Stute von seinem nicht gekörten
Hengste, und seine Stute von einem fremden ungekörten Heigste
decken zu lassen, und die Bestimmung, dass auch den Besitzer
eines im Miteigentlium stehenden ungekörten Hengstes, Welch'
ersterer seine eigene Stnte von dem Hengste hat decken lassen,
ohne dem Landrathsamte als der hierzu berechtigte, bezeichnet
zu sein, eine gleiche Strafe treffe, der Rechtsgiltigkeit ent¬
behre, weil diese Vorschrift mit dem durch das Genossenscliafts-
gesetz vom 1. Mai 1889 gewährleisteten Rechte, Genossenschaften
zum Halten von Zuchtstieren zu bilden, im Widerspruch stehe,
kann nicht beigetreten werden.
Die gedachte Polizei-Verordnung ist formell und materiell
giltig. Sie ist im Amtsblatt der Königlichen Regierung zu
Bromberg von 1893 Seite 306 bis 308 verkündet. Die materielle
Rechtsgiltigkeit der im Wege der Polizeiverordnung erlassenen
Körordnungen ist vom Kammergericht in fortdauernder Recht¬
sprechung (Jahrbuch der Entsch. Bd. 8 S. 237, Bd. 16 S. 480
und 482) anerkannt worden in der Erwägung, dass sie zu dem
Zwecke erlassen sind, im öffentlichen Interesse die Verschlechterung
der Pferderacen durch Benutzung untauglicher Deckhengste zu
verhüten und daher in dem § 6 Buchstaben a und c des Gesetzes
über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 ihre gesetzliche
Begründung finden. Die in Rede stehende Polizeiverordnung ist
daher, weil sie im besonderen Interesse des Regierungsbezirks
Bromberg mit Zustimmung des Bezirksausschusses vom Regierungs¬
präsidenten erlassen ist nach §§ 6 Buchstaben a und i, 12 a. a. 0.
und §§ 137 und 138 des Gesetzes über die allgemeine Landes¬
verwaltung vom 30. Juli 1883 rechtsgiltig. Allerdings wird durch
die Bestimmungen der §§ 1 und 17 der Polizeiverordnung die
durch das Genossenschaftsgesetz vom 1. Mai 1889 eingeräumte
Befugnis, Genossenschaften zum Halten von Zuchtthieren zu
bilden, erheblich beschränkt.
Allein die Beschränkung des Eigenthums, also auch des
Miteigenthums der Genossenschaften, kann nach §§ 29 bis 32
Theil I Titel 8 A. L. R. im Wege der Gesetzgebung im Interesse
des öffentlichen Wohls beschränkt werden. Dass dies durch
Polizeiverordnungen geschehen kann, ist in den §§ 6 und 12 des
Gesetzes über die Polizei-Verwaltung vom 11. März 1850 aus¬
gesprochen und zum Erlass solcher Polizeiverordnungen für den
Umfang eines Regierungsbezirks ist der Regierungspräsident
nach §§ 137 und 188 des Gesetzes über die allgemeine Landes¬
verwaltung vom 30. Juli 1883 mit Zustimmung des Bezirksaus¬
schusses befugt. Die Einwendungen gegen die Notwendigkeit
und Zweckmässigkeit der Körordnung entziehen sich nach § 17
des Gesetzes über die Polizeiverwaltung vom 11. März 1850 der
Prüfung des Gerichts.
Das Urtheil des Berufungsgerichts war daher aufzuheben.
Sogleich zu erkennen erschien nicht zweckmässig, da einige
Angeklagte Veijährung eingewendet haben und bezüglich des
Angeklagten Kaebelmann mehrere strafbare Handlungen zur
Anklage stehen, der Berufungsrichter aber in die Prüfung 'dieser
Fragen nicht eingetreten ist.
Gemäss § 394 der Strf-Prz.-Ordnung war daher die Sache
zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung in die Vorinstanz
zurückzuverweisen, der auch die Entscheidung über die kosten
der Revisionsinstanz vorzubehalten war.
AuBgefertigt,
Berlin, den 21. Februar 1898.
Tagesgeschlchte.
Reise-Erinnerungen.
Von
Dr. Arndt-Oppeln,
DepartemenUthierarzt
Während meiner vorjährigen Sommerreise hatte ich Gelegen¬
heit bei einem Aufenthalte in Bukarest der dortigen thierirztlichen
Hochschule einen Besuch abzustatten. Obschon zu meinem Be¬
dauern sowohl der Director, Herr Prof. Locusteanu, wie die
meisten Professoren abwesend waren, — dieselben hatten während
der Ferien die heisse Stadtluft mit den Sommerfrischen am
Schwarzen Meere vertauscht, — wurde es mir doch möglich, unter
der liebenswürdigen Führung eines der anwesenden Herren einen
Einblick in das Institut zu thun und seine Einrichtungen kennen
zu lernen.
Die scöla superiöra de medicinä veterinariä dinBucuresci ist
eine noch jange Anstalt. Gleichwohl überrascht dieselbe sowohl
durch die Trefflichkeit und Vollkommenheit ihrer Anlagen, wie
auch durch die unter den gegebenen Verhältnissen sehr zweck¬
mässige Organisation. Die im Westen der Stadt belegene Hoch¬
schule nimmt ein erhebliches Terrain ein. An der vorderen
Strassenfront steht das Hauptgebäude mit seinen Auditorien,
Dienstwohnungen etc.; an dasselbe schliesson sich rechter- und
linkerseits in der Richtung von vorn nach hinten die in sehr
grosser Zahl vorhandenen Institute, klinischen- und Wirthschafts-
gebäude an, welche durch breite, freie Zwischenräume von
einander getrennt sind.
Bei einem Rundgange gelangt man, von dem Hauptgebäude
zunächst absehend, rechterseits nach einer allerdings sehr klein
und dürftig ausgestatteten Apotheke, in ein Stallgebäude zur Auf¬
nahme grösserer Hausthiere. In der vorderen Abtheilung der¬
selben stehen Pferde und Büffel, dre zu Untersuchungszwecken
bzw. wegen innerer Krankheiten eingestellt sind. Die hintere
Abtheilung ist für äusserliche Krankheiten bestimmt und enthält
nur Pferde. Ein besonderer Abschnitt dieses Stalles enthält vier,
verschiedenen therapeutischen Zwecken dienende Boxen und zwar:
eine boxa obscura für augenkranke, eine boxa capitonata für
gehirnkranke Pferde, eine b. pentru irrigatione für Lahmheiten
und eine b. de bai für Vollbäder. Die letztere, eine nur in
Kliniken mögliche, für die Praxis werthlose Spielerei, besteht
aus einer versenkbaren eisernen Platte, auf welche das betr. Pferd
gestellt wird; nach dem Versenken wird in den cementirten Raum
Wasser bis zu beliebiger Höhe eingelassen.
Der Aufnahmepreis für Pferde in den Kliniken beträgt 3 Lei
(3 fr.) pro Tag.
Auf diese Boxen folgen Stallräume für Zwecke der Schul¬
ökonomie, in denen einige Arbeits-Ochsen und -Pferde unter-
gebracht sind. Dann gelangen wir in die Lehrschmiede
— potcovaria —, die einem sehr gut besoldeten Lehrschmiede¬
meister unterstellt ist, (250 fr. pro Monat neben freier Woh¬
nung pp.) In einer sehr grossen und zweckmässig eingerichteten
Halle wird der Beschlag, wie ich mich überzeugt habe, in
ein wandsfreier Weise und Exactheit ausgeführt. Bei dem durch¬
schnittlich sehr werthvollen Pferdematerial der Hauptstadt, auf
welches ich weiter unten noch mit ein paar Worten zurück¬
kommen werde, kann dies kaum überraschen. Mustergiltig ist
die Sammlung von Hufeisen, Instrumenten, anatomischen und
pathologischen Hufpräparaten und namentlich reichhaltigen Gyps-
modellen.
Ein grosses Gebäude, Laboratorium für Physik und
Chemie mit amphitheatralisch aufgebautem Auditorium beendet
im ersten Hofe die Gebäudereihe der rechten Seite. Im
zweiten Hofe schliesst sich an derselben Seite zunächst ein
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2. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
261
kleinerer Bau an, der Sammlungen der verschiedensten Art ent¬
hält: Schädelpräparate, Schafwollen, Sämereien, Modelle für Pferde-
beschirrnng etc. Darauf folgt ein Stallgebäude für kleine Thiere,
und zwar zunächst für Kaninchen aller Arten: kleine Ställe mit
vielen, mannshoch mit Blech verschalten Abtheilungen; ferner
geräumige Geflügelställe für Gänse, Enten, Hühner und Tauben
mit Bassins, Taubenhaus u. dgl. Auch für Versucbshunde ist hier
eine lange Stallabtbeilung mit einzelnen Ställen angefügt. zu jedem
der letzteren gehört ein langer Laufzwinger.
Als weiteres Gebäude schliesst sich hieran ein grosser Zucht-
bezw. Rassen-PferdeBtall, der mit geräumigen Boxen (zu jeder
ein Tummelplatz im Freien) versehen und vorzüglich ventilirtist.
In demselben ist das rumänische Landpferd durch drei Stuten
mit Fohlen vertreten; ferner stehen hier russische und ungarische
Stuten sowie solche des kaltblütigen Schlages, theils trächtig,
theils mit Fohlen, auch ein, in seiner Güte zwar nicht gaoz ein¬
wandsfreier, schwerer kaltblütiger Hengst. (Die Zuchtställe
haben zweifellos einen grossen Werth für die Ausbildung der
Studirenden. Giebt es doch bei uns nicht wenig Thierärzte, die
schon seit Jahren approbirt sind, aber weder vom Geburtsact
noch von der Aufzucht der Fohlen aus eigener Anschauung
Kenntniss haben.)
Das folgende Gebäude enthält etwa 16 grosse und trefflich
angelegte Schweineställe, ein jeder mit einer im Freien liegenden
Bucht und einem peinlich sauber gehaltenen Badebassin ver¬
bunden. Neben Landschweinen sind auch englische, französische
und deutsche Schweinerassen vertreten.
Der nicht allzu geräumige aber zweckmässig angelegte
Bindvieh-Zucht- und -Rassenstall enthält vorwiegend Thiere
rumänischer Land- sowie der Schweizer Rassen, darunter drei
bis vier Bullen verschiedenen Alters; in einem Ausbau dieses
Stalles sind Schafe, Merinos sowie rumänische Landschafe und
Kreuzungen untergebracht. An den Kuhstall schliessen sich sehr
grosse Laufgärten (Weiden) an, auf denen sich das Jungvieh
(etwa zehn bis zwölf Stück zur Zeit) tummelt.
Den Abschluss der Gebäude nach hinten zu bildet das Impf¬
institut, versehen mit modernsten Einrichtungen, namentlich sehr
zweckmässigen kleinen Kälberställen, die musterhaft sauber ge¬
halten sind. Das Institut dient nur zur Gewinnung animalischer
Pockenlymphe; jeden Morgen von acht bis neun Uhr werden
daselbst Kinder gratis geimpft. (Das Pasteur-Impfinstitut ist an
anderer Stelle in Bukarest untergebracht)
Während die letzt beschriebenen Gebäude den zweiten Hof¬
raum ausfüllen, befindet sich an der linken Seite des ersten Hofes
im hinteren Theile noch zunächst ein botanisches Gewächshaus
von nur mässigem Umfange. Darauf folgt das Spital für
Seuchenkrankheiten — ein besonders abgeschlossener Hof- bezw.
Gebäude-Complex. Derselbe war zur Zeit angeblich wegen einer
klauenseuchekranken Kuh gesperrt Die Absperrung wurde in
für die Sache anerkennenswertber Weise sehr streng überwacht,
soda88 es mir — bei der Abwesenheit des Dirigenten —» nicht
möglich wurde, diesen Hof zu betreten.
Das originell angelegte Hundespital — spitalu kainilor —
folgt hierauf. Ein Vorraum, der zu Operations- und Demonstrations¬
zwecken dient, ist durch eine grosse Glaswand von den dahinter
befindlichen Zwingern getrennt; die letzteren (24 an Zahl) sind
hoch und geräumig und liegen im nach vorn offenen Halbkreis in
zwei Etagen übereinander; zu jedem der unteren Zwinger gehört
noch ein nach hinten gelegener freier Sommerzwinger (Garten¬
platz). Der Aufnahmepreis für Hunde beträgt 1 fr. für Luxus-
und 0,50 fr. für gewöhnliche Hunde. Als Futter wird Milchfleisch¬
suppe verabreicht.
Die hierauf folgende Operationshalle für grosse Hausthiere
liegt etwas isolirt. Dieselbe steht in unmittelbarer Verbindung
auf ,der einen Seite mit den Zimmern für die Instrumenten¬
sammlung, auf der anderen, durch einen breiten Gang getrennt,
mit einzelnen Ställen zur Aufnahme der zu operirenden Thiere.
In einem der letzteren befand sich eine eben erst per vaginam
castrirte Kuh. Hengste kommen sehr viel zur Castration. Zum
Niederlegen der Thiere wird eine auf einem niedrigen, fahrbaren
Tisch befindliche Matratze benutzt, die aufzustellen und nieder-
zulegen ist. Die Instrumentensammlnng ist sehr reichhaltig,
namentlich bezüglich der Zahninstrumente, — hier ist der Einfluss
französischer Anstalten unverkennbar. Brenneisen älterer Methode
werden nicht angewendet, dagegen wird sehr viel mit dem
Paqijielin gearbeitet.
Weiter nach vorn liegt ein grosses Laboratorium für Anatomie
und Physiologie mit Präparirsälen, sehr sauber. Im Erdgeschoss
befinden sich einige Hundezwinger (anscheinend zu Lehi zwecken)
auch als Kuriosität ein brauner Bär, ein mächtiger Geselle, an
einer Kette liegend. Letzterer hatte sich acht Tage zuvor noch
sehr unliebenswürdig gezeigt; er war Nachts ausgebrochen und
hatte einen vor dem Hause in einer Decke schlafenden Rumänen
mit fortgescbleppt, der dieser peinlichen Umarmung nur dadurch
entgangen war, dass er beim Weiterlaufen aus der von dem
Tbiere umklammerten Decke herausglitt
Mehr nach der Mitte zu gelegen ist die sehr grosse, gut be¬
lichtete Reitbahn, in welcher täglich von 8—12 Uhr Poliklinik
abgehalten wird.
Den Schluss nach vorn macht ein grosses elegantes Gebäude,
das histologische und pathologisch-anatomische Laboratorium.
Das zu Anfang erwähnte Hauptgebäude liegt mit seiner
langen Vorderfront durch einen kleinen Garten getrennt nach
der Strasse zu, zwei Seitenflügel erstrecken sich nach hinten.
Im Parterre liegen die Auditorien mit Fussböden aus Steiufliesen
(staubfrei!). In der ersten Etage befinden sich nach vorn die
Bibliothek- und Sammlungszimmer, während die Seitenflügel die
Wohnungen der Studirenden enthalten, grosse Schlafsäle je zu
etwa 18 Betten, sowie gemeinsame Waschräume u. dgl.
I
Bezüglich des Studiums und der Studirenden sind folgende
Einzelheiten vielleicht von Interesse. Für die Studirenden besteht
ein Internat. Man unterscheidet „Bursiers“ und „Solventen“. Die
erstgenannten sind mittellose Studirende, die Alles frei haben,
während die Solventen einen bestimmten Beitrag bezahlen müssen.
Die Bnrsiers müssen Rumänen sein und sich verpflichten, beim
ev. Zurücktreten vom Studium dem Staate alle Auslagen zu
ersetzen.
Als Solventen studiren auch Ausländer, namentlich Bulgaren.
Zur Aufnahme in das Institut ist an Ausweisen neben dem Geburts¬
und IT aufschein ein Absolvirungszeugniss von mindestens vier
Gymnasialklassen erforderlich. Im Uebrigen ist aber die Aufnahme
noch an das Bestehen einer Vorprüfung gebunden; hierdurch ist
es möglich, die besten unter den sich Meldenden auszuwälilen
und die Gesammtzahl in bestimmten gleichmässigen Grenzen zu
halteif. Von dieser Vorprüfung sind Abiturienten ausgenommen.
Die Splventen müssen beim Eintritt eine beglaubigte Verpflichtung
der Eltern zur Zahlung von 600 Lei (fr.) pro Jahr des Studiums
vorlegen. Dafür erhalten dieselben — ebenso wie die Bursiers —
freie Wohnung, vollständige Verpflegung, freies Studium, freien
Arzt j u. dgl. — die Bekleidung (eine einfache, aber kleidsame
Uniform) wird für alle Studirenden vom Staate geliefert
Die Hausordnung für die Studirenden ist eine sehr strenge.
Sowohl zum Aufstehen des Morgens und zu den gemeinschaftlichen
Mahlzeiten, wie zum Beginn der Vorlesungen wird geläutet.
Ausser am Sonntag Nachmittag darf in der Woche noch zweimal
ausgegangen werden. Für die Verpflegung ist ein besonderer
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262
BERLINER THIERÄRZTLIOHE WOCHENSCHRIFT.
No. 2*
Oekonom angestellt, der täglich in Begleitung eines Studirenden
zum Einkauf der erforderlichen Lebensmittel zur Stadt ttezw.
zum Markt fÄhrt. Der Einkauf derselben, wie überhaupt aller
für die Anstalt erforderlichen Utensilien und Gegenstände, erfolgt
ausschliesslich gegen Bons. Die Anstalt untersteht auch bezüglich
der Verwaltung unmittelbar dem Ackerbauministerium. Auch ein
Ordonanzdienst besteht für die Studirenden, welcher abwechselnd
für die Dauer von 24 Stunden versehen wird. \
Auf Pünktlichkeit und Pflichterfüllung, namentlich auf genaue
Innehaltung der Vorlesungen und Dienststunden sowohl seitens
der Studirenden als auch der Professoren wird streng gesehen.
Ueber vorkommende Verspätungen, auch seitens der Docenten,
wird ein kurzes Protokoll aufgenommen (process verbal); dem
Betreffenden wird dafür pro poena ein Gehaltsabzug gemacht
(von 5 fr. und mehr). Ich habe selbst eine solche Verhandlung
gelesen, die gegen den derzeitigen Director gerichtet war. Wenn
auch eine solche Art der Bestrafung für viele sehr schmerzlich
wirkt, so ist doch die Gleichmässigkeit des Verfahrens gegen
Lehrer und Studirende Behr wohl dazu angethan, die Härten,
die das Internatswesen mit sich bringt, leichter erträglich zu
machen.
Die Studiendauer beträgt 5 Jahre, dazu kommt nach Ablauf
derselben in der Regel noch ein Semester zur Anfertigung der
sog. „These“, der schriftlichen Prüfungsarbeit, die gedruckt
werden muss und nach Art und Umfang regelmässig eine
Monographie darstellt. Nach jedem Jahre des Studiums wird ein
Examen abgelegt; das Hauptexamen, — ein eigentliches
Repetitionsexamen, in welchem alle DiBciplinen gefragt werden —
erst nach Vollendung der Studienzeit. Ist auf der einen Seite
die Zahl der Examina eine beklemmend grosse, so kann andrer¬
seits doch der Studiosus das Staatsexamen unbegrenzt, so oft er
will wiederholen. Z. Zt. befanden- sich 116 Studirende öü hl der
Anstalt. Hospitanten gibt es nicht und sog. „2. Klasse-Tbier-
ärzte“ oder Pfuscher werden nirgends ausgebildet.
Einschliesslich des Directors, dem die Anstalt unterstellt ist,
und der neben freier Wohnung pp. ein Monatsgehalt von 700 frs.
bezieht, gehören zum Lehrkörper 8 Professoren, ferner 7 Chefs
der einzelnen Abtheilungen (Docenten) und 4 sog. Conferentiere
(etwa Hilfslehrer). Für die Anstellung der jungen Thierärzte
übernimmt der Staat gewisse Garantie. Nach erlangter Approbation
(Diplomirung) werden die betreffenden zunächst irgendwo unter¬
gebracht, in einer kleinen Stadt zur Ausübung der Praxis^ oder
als Assistenten an irgend einem (auch Nahrungsmittelunter-
8uchung8-)Institut, mit einem Anfangsgehalt von 300 frs. pro
Monat. Bei eintretender Vacanz erfolgt die feste Anstellung für
den Staatsdienst, etwa als Districtsthierarzt für einen bestimmten
Landbezirk mit 400 frs. Gehalt monatlich. Im letzteren Amte
sind bestimmte, regelmässige Inspectionsreisen zu machen, deren
Ausführung von dem Primär (Ortspolizeibehörde) controlirt wird
Im Uebrigen ist der veterin.-polizeiliche Dienst ähnlich dem
unsrigen.
Der Gesammteindruck, den man bei der Besichtigung der
rumänischen thierärztlichen Hochschule, wie bei der Orientirung
über die bestehenden Einrichtungen erhält, ist ein vorzüglicher;
besonders hervorheben muss ich noch einmal die ausserordent¬
liche, minutiöse Sauberkeit, die man in allen Instituten und An¬
lagen antrifft. Man ist, wie in Allem, so auch hierin auf das
Angenehmste überrascht, wenn man die culturellen Verhältnisse
in den andern Balkanländern mit denen Rumäniens vergleicht.
Hier hat man überall die Empfindung, dass man es mit einem
kräftig aufblühenden Gemeinwesen zu thun hat, in welchem
namentlich den Schulen eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu¬
gewendet wird, — das Studium an den Landesuniversitäten zu
Bukarest und Jassy ist kostenfrei, — auch prächtig eingerichtete
Volksschulen entstehen allerorts; die letzteren fallen auch in
kleinen Landgemeinden durch ihre baulich und hygienisch treff¬
liche Einrichtung als kleine Schulpaläste in die Augen. Der Ein¬
fluss des Hohenzollernfür8ten in der Verwaltung ist unverkennbar.
Schliesslich möchte ich noch einige Bemerkungen über das
Pferdematerial und die Fuhrwerke der rumänischen Hauptstadt
anschliessen. Eine der auffälligsten Erscheinungen für jeden
Besucher Bukarests ist, dass dort ausserordentlich viel und vor¬
züglich gefahren wird: vor Allem nehmen die Öffentlichen Fuhr¬
werke das Interesse gefangen. Der Wiener Fiaker hat gewiss
sein „Zeugl“ im Schuss, aber mit der Eleganz der Bukarester
Droschken und vor Allem mit dem Fahren daselbst kann er einen
Vergleich nicht annähernd aushalten. Der Unterschied fällt um
so mehr auf, wenn man aus Siebenbürgen kommt, wo mit relativ
guten Pferden im Allgemeinen recht schlecht gefahren wird. —
Die Droschken in Bukarest sind meist hochelegante Halbchaisen
oder Landauer vorzüglichster Ausstattung, die Beschirrung ist
russisch und überall reich mit Silber plattirt. Die grossen und
kräftigen Pferde, durchweg Russen und zum grössten Tbeil
Hengste, sind nicht nur sehr gut gehalten und gepflegt, sondern
auch im Durchschnitt von grosser Schönheit der Formen und
Leistungsfähigkeit. Man findet vielfach Traber aus den besseren
und besten Gestüten Russlands und es ist durchaus nichts Un¬
gewöhnliches, dass der Bukarester Fiaker für seine beiden
Pferde 4000 fr. und darüber anlegt. Der Kutscher, der zugleich
Besitzer ist, sitzt wie ein Pascha auf dem Bock; man sieht einem
jeden den Stolz auf sein Vehikel an. Er trägt die rassische
Tracht aber nicht von der zweifelhaften Beschaffenheit, wie ich
sie in Kiew oder Moskau ausnahmslos gefunden habe, sondern
von peinlichster Sauberkeit und Güte; der lange Kaftan von
dunklem^ glänzendem Sammet und die breite seidene Schärpe
darüber von grüner oder rother Farbe, stets wie neu. Nicht
ohne Interesse dürfte die mir von verschiedenen glaubwürdigen
Personen gemachte Mittheilung sein, dass noch ein grösserer
Theil der Bukarester Kutscher Castraten sind. Dieselben gehören
einer russischen Secte an, bei welcher gewisse männliche Mit¬
glieder, nachdem sie sich verheirathet und wieder einen männ¬
lichen Nachkommen erzielt haben, sich castriren Hessen. Seit
mehreren Jahren soll indessen hiergegen behördlicherseits piit
Energie eingeschritten worden sein Thatsächlicb kann man die
Betreffenden unschwer an ihrem Habitus erkennen.
Das Fahren selbst findet bezüglich seiner Schnelligkeit und
Exactheit auf dem Continent — ausser in Petersburg — nicht
Beines Gleichen. Trotz des ausserordentlichen Wagenverkebrs
kommen Unglücksfälle kaum vor. Die Kutscher fahren auf den
Millimeter an einander vorbei. Jedem, der auf dem Bocke zu
Hause ist, lacht das Herz im Leibe, wenn er die eleganten
Gespanne in scharfer Gangart im Gewühl des Corso auf der
sogen. „Allee“ hart an einander vorüber sausen sieht. Dass die
Eleganz der Privatfuhrwerke wie die Güte der Pferde, welche
im Besitz der reichen Kaufleute oder Bojaren in der Hauptstadt
gefahren werden, die der Bukarester Droschken noch übertrifft,
braucht nicht erwähnt zu werden.
Im Gegensatz zu den in der Hauptstadt für den Wagendienst
gehaltenen Pferden steht freilich das im Land fast überall in
gleicher Beschaffenheit anzutreffende rumänische Landpferd: ein
kleines, meist schlecht gehaltenes Thier, mit hässlichem Kopf,
magerem Hals, häufig säbelbeinig, aber mit langem Widerrist
und mit breiter und fest geschlossener Niere. Der fiühere
Moldauische Pferdeschlag ist verschwunden oder doch entartet.
Gleichwohl ist dieses unansehnliche kleine Pferd sehr leistungs¬
fähig. Auf dem Rücken von Thieren, wie man sie bei uns nur
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2. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
263
mit verächtlichem Blick streifen würde, noch dazn bei nnglanblich
roher nnd nnzweckmässiger Sattelung, wird man in den rumäni¬
schen, wie auch siebenbürgischen Karpathen ohne Schwierigkeit
den ganzen Tag hindurch auf die höchsten Berge getragen.
Wenn man den Abstieg etwa aus Mitleid mit den kleinen Thieren
oder zum eigenen Trainiren zu Fuss zurücklegt, wird man in
der Regel noch erleben, dass sich der rumänische Bauer, welcher
den Führer machte, auf eben dasselbe Pferd setzt und haar¬
sträubender Weise im Trabe die abschüssigen Gebirgspfade
zurückreitet.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senehenstatistik und Veterinärpolizel.
Thierseuchen im Auslande.
Oesterreich L Quartal 1898.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den ein¬
zelnen Monaten des Berichtsquartals auf 20, bezw. 12, bezw. 23
beim Milzbrand, auf 1, bezw. 0, bezw. 1 beim Rauschbrand, auf
64, bezw. 44, bezw. 73 bei der Wuth, auf 55, bezw. 66, bezw. 63
beim Rotz und Wurm, auf 2948, bezw. 1278, bezw. 510 bei der
Maul- und Klauenseuche, auf 32, bezw. 28, bezw. 58 beim
Bläschenausschlag, auf 32, bezw. 41, bezw. 57 bei der Räude,
auf 46, bezw. 45, bezw. 71 beim Rothlauf der Schweine, auf 425,
bezw. 297, bezw. 349 bei der Schweinepest (Schweineseuche).
Lnngensenche und Rinderpest sind im Berichtsquartal nicht auf¬
getreten.
Ungarn I. Quartal 1898.
Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an:
Januar
Februar
März
Milzbrand.
26—41
26—32
22—32
Wuth.
79—112
107—128
128—132
Rotz und Hautwurm . .
90—98
87—91
90—109
Maul- und Klauenseuche
69—81
36—57
22—29
Lungenseuche ....
3-6
1—2
0—2
Blattern.
19—22
13—17
8—10
Bläschenausschlag . .
1
4
6-9
Räude.
20—25
26-40
51—78
Rothlauf der Schweine .
40-49
39—44
30-38
Schweineseuche . . .
640—740
480—555
367-423
Norwegen I. Quartal 1898.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Januar 29,
im Februar 40, im März 28; bösartiges Katarrbaifieber des Rind¬
viehs im Januar 21, im Februar 21, im März 31; Rothlauf der
Schweine im Januar 44, im Februar 29, im März 21; ausserdem
wurden im Februar 2 Fälle und im März 1 Fall von Rauschbrand
und im Februar 2, im März 12 Fälle von Bradsot der Schafe
gemeldet.
Die Riederpest und die sibirische Pest (Milzbrand) In Russland
im III. Quartal 1897..
Getödtet wurden wegen Rinderpest im III. Quartal 1897
1076 Stück Rindvieh. Es fielen während dieser Zeit 1731 Rinder.
Die Zahl der durch sibirische Pest (Milzbrand) verseuchten
Gouvernements und Gebiete betrug 183. Als gefallen an Milz¬
brand wurden gemeldet 17 203 Thiere.
Frankreich IV. Quartal 1897.
Von Lungenseuche wurden im October, November und
December je 12 Gemeinden betroffen. Geimpft wurden 364 Rinder.
Milzbrand herrschte im October in 56, im November in 55, im
December in 27 Ställen. 239 Pferde wurden wegen Rotz
getödtet. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde belief sich
auf 131, bezw. 153, bezw. 140 Maul- nnd Klauenseuche trat im
October in 27, im November in 30, im December in 16 Gemeinden
auf. In 40, bezw. 43, bezw. 27 Heerden wurden Schafpocken,
in 37, bezw. 39, bezw. 58 Heerden Schafräude festgestellt Rausch¬
brand trat im October in 138, im November in 209, im December i
in 151 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 23 bezw.
12, bezw. 12 Departements beobachtet. In 14, bezw. 10, bezw.
8 Beständen wurde die ansteckende Lungen- und Darmentzündung
der Schweine festgestellt -
Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrug im
October 851, im November 414, im December 333, die der
getödteten im October 146, im November 598, im December 552.
Der Gesammtverlust belief sich also auf 2924 Thiere
Als an sibirischer Pest (Milzbrand) gefallen wurden ge¬
meldet im October 1135, im November 762, im December
580 Thiere. Der Gesammtverlust belief sich also auf 2477 Thiere
gegen 2060 Thiere im Vorjahre.
Rinderpest In Deutsch-SGdwest-Afrika.
Nachrichten vom 15. December 1897 zufolge sind im Bezirke
Gibeon Schutzimpfungen gegen die Rinderpest mit gutem Erfolge
vorgenommen worden. Etwa 90 pCt. der Thiere sollen gerettet
sein. Von 207 Thieren bei 3 Besitzern sind bis zum 20. Tage
nach der Blutimpfung nur 8 verendet. In einem Bestände auf
ZubgBus, wo einen Tag an der Gallenimpfung eine Seuchen¬
einschleppung infolge Unachtsamkeit der Besitzer erfolgte, sind
von 433 Thieren etwa 20 pCt. verloren gegangen. Im Bezirke
Keetmanshoop sollen Impfstationen eingerichtet werden.
-
Fleischschan and Yiehverkehr.
lieber des Minderwerth eines Thleres mit looaler Tuberoulose.
Ostertag theilt in der Ztscbr. f. Fl. u. Milchh. ein von der
thierärztlichen Hochschule zu Berlin erstattetes Gutachten mit,
welches folgenden Inhalt hat:
Der Kläger behauptete, dass die Kuh, welche er für 210 M.
gekauft hatte, wegen Tuberculose nur einen Wertb von 150 M.
hätte. Thierärztlich ist festgestellt, dass sich Tuberkeln an
Lunge, Leber, Milz und Darm gefunden haben. Das Fleisch war
nach Entfernung der Brusthaut frei gegeben, die erkrankten
Theile vernichtet worden. Das Fleisch war weder für voll-
werthig, noch für minderwertig erklärt worden. Der klagbar
gewordene Schlächter bezeichnete den Werth der vernichteten
Theile mit ungefähr 10 M., behauptete aber ausserdem, dass das
Fleisch um 8—10 Pfg. minderwertig gewesen sei; dass er
weniger als 210 M. erlöst habe, glaube er nicht. Das Gut¬
achten führt ans: Die Verwerthung des Fleisches war nach der
Freigabe desselben in keiner Weise beschränkt; die festgestellte
Tuberculose war mithin auf den Werth des Fleisches ohne Ein¬
fluss und die Behauptung, dass dasselbe 8—10 Pfg. pro Pfund
weniger werth gewesen sei, unbegründet, wie sich auch aus dem
bezeugten Erlös ergiebt. Von dem Werthe der Sciachtkuh geht
also nur der Werth der vernichteten erkrankten Theile ab, der
aber ganz unerheblich ist, da dieselben nicht 10 M., sondern nur
4% M. werth sind, nämlich die Lunge 20—25 Pfg., die Leber
3 M., d,er Darm 1,25 M. und die Milz 10 Pfg.
Auch lässt sich die Frage, ob die Kuh geringer bezahlt
worden, wäre, wenn der Käufer von der Tuberculose derselben
gewusst hätte, nicht mit Sicherheit entscheiden. Jedenfalls ist
nicht ausgeschlossen, dass der Käufer für die streitige Kuh auch
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264 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 22.
den Preis bezahlt hätte, wenn er das Vorhandensein einer den 1
Flei8chverkaof nicht beeinträchtigenden Tobercnlose gewusst hätte.
Krankhafte Beschaffenheit amerikanischer Rinderdärme.
Lorenz und Rievel haben in der Ztschr. f. Fl. und MÜlchh. |
mitgetheilt, dass sich in eingeführten amerikanischen Rinderdärmen
verkäsende Knötchen vorfanden. Nach der Mittheilung Rivels
wurden Parasiten darin nicht nachgewiesen. Das ganze Bild
war dasjenige der Darmtubercnlose. Bei einem wegen Zurück¬
nahme der gelieferten Därme angestrengten Processe behauptete
die Hamburger Grossfinna, dass diese Veränderungen normale,
den amerikanischen Rindern eigentümliche Gebilde seien, von
denen die Thierärzte im Binnenlande keine Kenntniss haben
könnten. Auch dürfe wegen der Geringfügigkeit der ganzen
Sache die Einfuhr von Därmen aus Amerika nicht durch das
Verbot des Verkaufs solcher Därme gehemmt werden, da die
Darmeinfuhr einen enormen Aufschwung genommen und die betr.
Finna in den letzten Jahren allein für 6 Millionen importirt habe.
Ostertag fügt hinzu, dass in der That diese Knötchendärme so !
häufig seien, dass sie eine besondere minderwertige Klasse I
bildeten. I
Prüfung du Büchsenfleisches
Nach einem Referat in der Zeitschrift für Fl - u. Milchh. ist
die Büchse vor dem Oeffnen darauf zu untersuchen, ob sie ver¬
letzt oder ihr Boden vorgewölbt ist. Lässt sich der vorgewölbte
Boden zurückdrängen, um wieder vorzuspringen, so beweist das
die Anwesenheit Gas erzeugender Bacterien. Fischiger Geruch,
scharfer oder charakteristisch fader Geschmack hat ebenfalls
Beanstandung zur Folge. Sehr verdächtig ist, wenn die Gallerte
in der Büchse verflüssigt oder trübe aussieht Die Mulkelfasern
sind mikroskopisch auf Querstreifung zu untersuchen. Ebenso
ist der Nachweis von Bacterien mittelst Färbungen zu versuchen.
Das Vorhandensein nur einzelner Bacterien hat keine Bedeutung.
Altersbutimmung bei Karpfen.
Das Alter der Karpfen soll man folgendermassen nach der
Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. bestimmen können. Man nimmt eine
Seitenschuppe, reinigt sie sorgfältig in Alkohol und hält sie gegen
das Tageslicht. Zeigt die Mitte der Schuppe einen glänzenden
hellen Punkt, so ist der Karpfen einsömmrig. Beim zwei-
Bömmrigen Karpfen ist der Punkt mit einem Ring umgeben, beim
dreisömmrigen mit zwei Ringen u. s. w.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Neue Eingänge.
(Besprechung Vorbehalten.)
Behrens : Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen
Arbeiten. 3. Auflage. Braunschweig bei Harald Bruhn.
1898. 6 M.
Weiohselbaum : Parasitologie. Jena bei G. Fischer.
1898. 6 M.
Leisering: Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen
Hausthiere. Neu herausgegeben von Ellenberger-Öaum.
Lieferung 1. Leipzig bei Teubner. 9 Lieferungen ä M. 6.
Personalien.
Ernennungen:
Es sind gewählt worden: Schlachthof-Assistenzthierarzt
Dr. Carl K ick- Frankfurt a. M. zum Schlachthofinspector in Bocken-
heim-Frankfurt a. M., Thierarzt Klieber zum Schlachthof-HillS'
tbierarzt in Coblenz, Schlachthofthierarzt Kupfer aus Dresden •
zum städtischen Thierarzt in Fürstenberg a. 0.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: Thierarzt Melde-Marburg, Thierarzt Max Jostes-
Marienwerder, Rossarzt B a r k o w - Schlawe, RossarztDr. Go Idbe o k.
Approbationen: Berlin: Die Herren Alwin Mann und Franz
Brinkmann.
Wohnsitzverflnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen:- Thier- <
arzt Wolfsberg - Hamburg nach Kappeln a. d. Schlei, Thierarzt '
E. L'an ge-Meissen nach Leipzig. — Thierarzt Mildenberg hat sich i
in Witten niedergelassen.
In der Armee: Befördert zu Oberrossärzten: Rossärzte Rein- ;
län der vom Drag.-Rgt. No. 19, Goer'te von der Militär-Lehrschmiede in I
Berlin unter Versetzung zum Hus.-Rgt No. 15. — Befördert zu Ross¬
ärzten: Unterrossärzte Plath vom Feld-Art.-Rgt. No. B5, Traeger
vom Leib-Hus.-Rgt. No. 1 unter Versetzung zum Hus.-Rgt. No. 6,
Kuske vom Hus.-Rgt. No. 6 unter Versetzung zum Drag.-Rgt No. 12.—
Befördert zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes die Unterrossärzte 1
der Reserve Ooblenzer, v. Wahlde, v. Werder. — Versetzt die
Oberrossärzte Schatz vom Ul.-Rgt. No. 1 zum Feld-Art.-Rgt. No. 5, I
Littmann vom Hus.-Rgt. No. 15 zum Ul-Rgt No. 1, die Rossärzte
Draegert vom Feld-Art.-Rgt. No. 24 zur Militär-Lehrsclimiede in
Berlin, Rautenberg vom Drag.-Rgt. No. 11 zum Hus-Rgt. No. 3, |
Eicke vom Drag.-Rgt. No. 12 zum Drag.-Rgt. No. 11.
Todesfälle: Departementsthierarzt a. D. Gips-Kolberg, Bezirks¬
thierarzt Ross-Achern (Baden).
Yacanzen.
KrelstblerarztstellM : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl.Theil). — R.-B. Kassel:
Htinfeld (schleunigst zu besetzen). — R.-B. Oppeln: Falkenberg O./S.
zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück). —Neustadt
j (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und 300—400 M.
Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). —
I R.-B. Schleswig: Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning.
Sanitätsthierarztstellen a) N eu a us ge s c hr i e b e n e S te 11 en:
I Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist
i — H ir s c h b e r g i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung,
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern):
Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). —
Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitschen. —
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene:
Argenau: Tbierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof). — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 800 M.).
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein
1800M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken(Ostpr.). — Moringen
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 M.). Meldungen bis 10.Mai
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — 0 b e r m a r s c h a c h t
(Elbe). — Rodacli (Herzogth. Coburg): Tbierarzt für Stadt- und
Amtsbezirk (Fixum 1700 M.). Meid, an Magistrat. — Satow
(Mecklbg - Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.-
Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg. - Schw.). — Schlawa
i. Schics.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat. — Schlotheim:
Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den
Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Tbierarzt. Näheres
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1600 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren
aus einzufühlender FleiscliBchau ca. 2000 M.). Näheres durch das
„Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Coblenz.
VerantwortUch fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Schmält* ln Berlin. — Verla« und Klsrenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von W. BQxenstein, Berlin.
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Die „Berliner Thlertrztllehe Woebeneehrlft“ eraeheint
wöchentlich ln Starke von mindestem 1'/« Bogen. Dieselbe
ist so bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder dnrch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetx, Berlin NW., Luisenstraese 36, cum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrtge werden mit 60 Hk. Ar den Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen and redaetlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW„ Lulsenstraase 56.
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 23 . Ansgegeben am 9. Jnni.
Inhalt: Zwicker: R a d i c a 1 o p e r a t i o n eines Nabelbruchs bei einem einjährigen F o h I e n. — Loweg: B e m e r k u n ge n
zur Geburtshilfe. — Hugendubel: Complete periphere Facialis-Paralvse. — Dralle: Perosomus
elumbns. — Ma>zef: Beiträge zur allgemeinen Anästhesie einiger Hausthiere. — Referate : Fröhner:
Beste Methode der Kryptorchidencastration. — Olt: Fettgewebsnecrose bei den Haussieren. — Langd on: Impfversiiche an
Kälbern mit dem menschlichen Tuberkelbacillus. — Lewin: Der Uebertritt von festen Körpern und Luft aus der Blase in
die Nieren und entferntere Körperorgane. — Laache: Ueber die Anwendung des Aderlasses bei Uraemie. — Ehrmann:
Ueber Pigmentbildung, Melanose. Blutbildung und Haarwechsel. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thier¬
zucht. — Tagesgeschichte: Die 25jährige Jubelfeier des Semesters 1870/73. — Verschiedenes. — Oeffentliches
Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. —
V acanzen.
Radicaloperation eines Nabelbruchs bei einem
einjährigen Fohlen.
Von
S. Zwicker-Prachatitz,
Stadt- und Beiirkathierarst.
Am 16. April 1898 kam der Pferdezüchter Franz Grosser
ans Haberles mit dem Ansuchen zu mir, ich möge ihm ein mit
einem Nabelbruche behaftetes einjähriges Fohlen, schweren
Schlages, operiren. Es müsste, meinte der Mann, die Operation
gleich vorgenommen werden, weil das Fohlen fast täglich in
Folge Einklemmung des Bruches an Kolik erkranke und dem¬
selben immer erst durch längeres Kneten und endliches Zürück-
schieben des Bruchinhaltes geholfen werden könne. Nach
weiteren Angaben wurde alles mögliche bereits früher versucht,
zuerst scharfe Einreibungen, Abbinden, dann das Abkluppen,
ohne dass ein Erfolg zu verzeichnen gewesen wäre. Bei der
Untersuchung des Fohlens fand ich einen Nabelbrach von mehr
als Apfelgrösse und rundlicher Form. Der Inhalt liess sich in
die Bauchhöhle zurückschieben. Der Brachring war sehr deutlich
abfühlbar, fast kreisrund mit einem Durchmesser von 6 cm. Nach
Rücksprache mit dem Pferdebesitzer entschloss ich mich, mit
dessen Einverständnis die Radicaloperation mit Eröffnung des
Bruches und Vernähung des Bruchringes vorzunehmen. Mein
Plan war folgender: Nach vorhergehender strenger Diät durch zwei
Tage, Niederlegen des Pferdes, hierauf Chloroformnarcose, dann
peinlichste Desinfection und Reinigung des Braches sammt Um¬
gebung, Rasiren der Haare daselbst, hierauf unter strengsten
antiseptischen Cautelen Eröffnung der Haut, Zurückschieben des
vorsichtig abzulösenden Bruchsackes in die Bauchhöhle und Ver¬
nähen des Brachringes.
Ueber die Durchführung dieses Planes kann ich Folgendes be¬
richten. Das Fohlen erhielt durch zwei Tage nur flüssiges Futter
und zwar einige Male des Tages laues Wasser mit gut abge¬
brühter Kleie in geringer Menge. Am dritten Tage um 7 Uhr
früh wurde das Fohlen in einem vorher gut gelüfteten lichten
Gewölbe niedergelegt. Hierauf wurden in die vorher gut ein¬
gefetteten Nasenöffnungen je ein mit Chloroform getränkter asepti¬
scher Schwamm eingeführt, die von ei' em Gehilfen leicht mit
den Zeigefingern in dieser Lage erhalten wurden, und auf welche
während der Operation noch Chloroform nachgeträufelt wurde.
Jetzt kam das Waschen des Bruches und dessen ganzer Um¬
gebung, zuerst mit Seife durch 10 Minuten, darauf ausgiebige Des-
infection mit Sublimatlösung, Einseifen und Rasiren der Haare
und nochmalige Desinfection. Instrumente waren alle in pein¬
lichster Weise desinficirt, ebenso hatten ich and mein Assistent
Hände und Arme durch 15 Minuten gewaschen, vollkommen ge¬
reinigt nnd desinficirt. Ich ging nun daran und machte den
Hautschnitt in der ganzen Ausdehnung des Bruches genau ent¬
sprechend der Längsachse des Hautbeutels. Nach Durchtrennung
der Haut löste ich dieselbe vollkommen von dem Bruchsacke ab, der
nunmehr nach Zurückschieben der den Bruchinhalt darstellenden
Gedärme in die Bauchhöhle die Form eines an der Oberfläche
mehrfach gefalteten derben, fibrösen Beutels zeigte. Die Wan¬
dungen dieses Beutels waren in Folge vorhergegangener Ent¬
zündungen bedeutend verdickt und schwartenartig. Ich war des¬
wegen gezwungen, um zur Bruchpforte zu gelangen, auf den
Bruchsack einzuschneiden. Diesen fixirte an der Basis und
machte entsprechend der Lage und Form des Bruchringes am
Grunde des Bruchsackes einen kreisförmigen Schnitt durch die
ganze Dicke der Wand langsam und vorsichtig bis an das die
innerst gelegene Haut darstellende eigentliche Bauchfell vor¬
dringend. Nun begann wieder sehr vorsichtig mit Pincette und
Messer einerseits, andererseits mit dem Finger das Baucbfell von
der übrigen bedeutend verdickten Wand des Bruchsackes abzu¬
lösen. Diese Arbeit, die unter Carbolspray vor sich ging, war
der schwierigste Theil der Operation. Nachdem das Bauchfell
zum grössten Theile abgelöst war, wobei ich gestehe, dass es
trotz grösster Vorsicht zur Eröffnung der Bauchhöhle kam, ent¬
fernte den abgetragenen Beutel und schob das Baucbfell nach
ausgiebiger Desinfection und Abtupfen mit Carboiwattetampons
in die Bauchhöhle zurück. Darauf untersuchte die Ränder des
Bruchriuges, die etwas verdickt waren. Ich schacte dieselben mit
den Bistouris ein wenig ab, um dann mit der Anlage einer Knopf¬
naht zu beginnen. Als Material verwendete Nähseide, die eine
viertel Stunde in Via» Sublimatlösung gekocht, hierauf durch
24 Standen in einer solchen Lösung aufbewahrt und endlich
durch Vs Stunde in abs. Alcohol gelegt wurde. Die Naht voll¬
führte ich mit eiuer gewöhnlichen Heftnadel. Trotz der
runden Form der Ränder legten sich dieselben ganz gut an¬
einander , nur muss hierbei bemerken, dass die Assistenz
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266
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHKIFT.
No. 23.
schwierig ist, weil sich die Wundränder in Folge Spannung
und Festigkeit der Bauchdecke sehr schwer mit den Fingern und
Pincette heben lassen. Es machte auf mich schon während der
Anlage der Naht den Eindruck, dass es viel besser war, den
grossen Theil des ausgestülpten Bauchfelles, welches nun unter
der Wunde lag, zuröckgeschoben zu haben, weil dadurch die ge¬
nähte Bauchdeckenwunde einen recht guten Schutz nach innen
fand, was hei vollständiger Exstirpation des Bruchsackes nicht
der Fall gewesen wäre. Nach Anlage der Naht und ausgiebiger
Desinfection musste ich von den Wundrändern der allgemeinen Haut
je ein ziemlich grosses Stück wegschneiden, um dann dieselben
durch eine Kürschnernaht zu deren Unterstützung eine Ent¬
spannungsnaht mit Drainageröhren beitrug, zu vereinigen. An
der tiefsten und zugleich vordersten Stelle wurde ein gut desin-
ficirtes, gefenstertes Drainagerohr eingelegt. Hierauf Bestreichen
mit Jodoformcollodium und Andrücken einer Schichte Carbolwatte.
Das Niederlegen wurde durch Hinaufbinden verhindert. Binden
wurden keine angelegt. Die Anlage der Entspannungsnähte
machte zum grossen Theile allein die Anwendung von Binden,
deren Gebrauch an dieser Stelle sehr umständlich gewesen wäre,
überflüssig und bewirkte mit der Kürschnernaht, dass die Höhle
zwischen Bauchdecke und Haut ganz klein blieb und sich in
auffallend rascher Zeit durch gesunde Granulationen füllte. Die
Nachbehandlung geschah streng nach den Regeln der antisep¬
tischen Wundbehandlung. Die Reaction auf das Allgemeinbefinden
des Fohlens nach der Operation war zu meiner Verwunderung
unmerklich; in den nächsten Tagen auch nicht die mindeste
Temperaturerhöhung. Das Fohlen erhielt als Getränke frisches
Wasser und jedesmal in dasselbe einen Löffel Bittersalz, ausserdem
einige Ma'e des Tages etwas gutes Heu. Nachdem Anfangs
der Kothabsatz verzögert war, wurden den nächsten Tag früh
und Nachmittags Seifenclystiere gesetzt, worauf dann Entleerung
eintrat. Darauf fand keine Störung im Befinden mehr statt. Der
Heilungsprocess der Wunde ging sehr rasch von statten. Eiterung
war gering. In den ersten Tagen wurde die Wunde mit Lysol¬
lösung ausgespritzt, hierauf am 7. Tage an Stelle des Drainage¬
rohres Jodoformtampons eingeführt. Am 8. Tage wurden die
Entspannungsnähte, am 11. Tage die Nähte der allgemeinen
Decke entfernt. Fieber fehlte vollkommen. Vom 7. Tage an
wurde das Thier Vor- und Nachmittags je eine halbe Stunde be¬
wegt. Am 3. Mai, also in 17 Tagen, konnte kein Tampon mehr
eingeführt werden An diesem Tage wurde das Fohlen dem Be¬
sitzer übergeben und als Nachbehandlung Reinhaltung der Nabel¬
stelle und Bestreichen mit Zinksalbe empfohlen. Am 15. Mai
wurde das Fohlen wieder vorgeführt, dasselbe war vollkommen
gesund, die Wunde ganz abgeheilt.
Bemerken möchte ich zum Schlüsse Folgendes: Die Narcose
hat mir bei dieser Gelegenheit recht gute Dienste geleistet, und
war die Wirkung derselben ganz gut, so dass ich fast ohne
Widerstand arbeitete.
Ausserdem muss ich gestehen, dass der Erfolg der Operation
für mich überraschend war, nachdem ich glaubte, dass durch die
Reizung des Bauchfelles, noch dazu bei eröffneter Bauchhöhle,
es jedenfalls zu einer schweren Bauchfellentzündung oder Sepsis
kommen würde. Ich schreibe den Erfolg dem gewissenhaft durch¬
geführten antiseptischen Vorgänge bei der Operation zu.
Nachdem auch eine Adhäsiou der Ränder des Bruchringes in
verhältnissmässig kurzer Zeit stattfand, so werde ich mich nicht
scheuen, bei einem zweiten, bereits angemeldeten Falle wieder
zur Radicaloperation zu schreiten, weil ich der Ansicht zu¬
stimme, dass die Furcht vor Eröffnung der Bauchhöhle und
Reizung des Bauchfelles infolge angeblich übermässiger
Empfindlichkeit des letzteren bei Pferden nicht ganz berechtigt
ist, vorausgesetzt, dass unter strengster Antisepsis und Asepsis
gearbeitet wird.
Bemerkungen zur Geburtshilfe.
Von
Loweg- Herborn.
Thierarzt.
In No. 5 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift brachte
Herr Thierarzt Dralle-Helmstedt einen Artikel über torsio uteri,
auf welchen ich erst durch eine kurze Entgegnung des Herrn
Thierarztes Haase-Hohenmölsen in No. 7 obiger Zeitschrift auf¬
merksam wurde. Herr Dralle empfiehlt in demselben die
Günther’sche Kopfschlinge aus einem Stricke hergestellt, zum
Gebrauche bei Geburtshilfe. Herr Haase will dieselbe aber
aus Leinwand oder Geflecht hergestellt wissen. Neuerdings tritt
nun Herr Dralle in No. 11 mit besonderem Interesse für seine
Empfehlung ein und versucht es, durch eine eingehendere Er¬
örterung die Meinung des Herrn Haase, als könne eine solche
aus einer Leine z. B. Pflugleine augefertigte Schlinge Ver¬
letzungen hervorrnfen, zu entkräften. Dass Herr Dralle damit
aber allgemeine Zustimmung findet, möchte ich sehr bezweifeln.
Ich halte mit Herrn Haase die Befürchtung, dass eine Leine ver¬
letzen könnte, für sehr berechtigt. Dieselbe ist nach meiner
Ansicht durchaus keine theoretische Schlussfolgerung, sondern
das naturgemässe Resultat practischer Erfahrung. Ich selbst
habe mit der Schlinge nach Dralle construirt, schlechte Er¬
fahrungen gemacht Es lässt sich eben nicht immer eine Ver¬
letzung vermeiden, denn es wird wühl Niemand im Stande sein,
eine Leine, an der mehrere Personen ziehen, stets in passender
Richtung zu halten. Auch nicht volles Zutrauen habe ich zu einer
Schlinge, die aus Leinwand hergestellt ist Aus diesem Grunde
habe ich mit einem Lederriemen Versuche angestellt und mit
demselben in langjähriger Praxis ausgezeichnete Erfahrungen
gemacht Ein solcher Lederriemeu ist zwei Meter lang und
1 cm breit; die beiden Enden sind fest zusammengenäht. Auf
dem so entstandenen Doppelriemen ist ein Schieber angebracht
Die Ränder des Riemens sind schön abgerundet und geglättet.
Diesen Riemen, den ich vorher gut einöle, führe ich leicht über
den Kopf eines Kalbes, schiebe den Schieber fest vor und lasse
am äusseren Ende ziehen. Dieses Geburtsinstrument hält eine
bedeutende Zugkraft aus und eine Verletzung ist vollständig
ausgeschlossen. Ausserdem habe ich noch gefunden, dass man
einen solchen Lederriemen leichter über den Kopf eines Kalbes
führen kann, wie einen Strick, der, soviel ich erfahren habe,
trotz Einölung bedeutend zuiückhalt
Ferner räth Herr College Dralle in No. 5, bei Geburtshilfe
möglichst viel die Hand zu gebrauchen und möglichst wenig zur
Embryotomie zu schreiten. Ich halte den Rath in dieser All¬
gemeinheit aus manchen Gründen für uupractisch. Herr Dralle
findet es z. B. schon verwunderlich, dass man bei seitwärts ver¬
schlagenem Kopfe zum Messer greife und hält es im Interesse
des Thieres für angebracht, viel die Hand zu gebrauchen. Ich
bin nun im Gegentheil der Meinung, dass ich gerade im Interesse
des Thieres handele, wenn ich auch schon bei einer solchen
Lage unter häufigen Umständen zum Messer greife Zufälliger¬
weise habe ich gestern noch bei der Geburt eines Fohlens, wo
der Kopf seitwärts lag, beide Vorderbeine abgetrennt und zwar
aus dem Grunde, weil ich sab, das ich höchstens nach längerer
Arbeit ohne Messer vielleicht zum Ziele gekommen wäre. Damit
habe ich doch ganz entschieden das Mutterthier geschont, indem
ich ihm eine lange andauernde Quälerei ersparte, die vielleicht
noch ohne Erfolg geblieben wäre. Und so mag es in manchen
Fällen sein, wo Herr Dralle vielleicht einige Zeit sich abmüht,
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Jubiläumi kiällitäs. Böcs 1898.
Mäjus- October.
müszergyärtmänyainak kiällitäsa.
XV csoportozat „Veterinärwesen“.
A földmivelesi csoportozatnak inditö czölja e jubiläumi kidllitason, hogy mindazon
elörehaladdst szembe tüntesse, melyeket a földmiveles az utolsö 50 öv folyaman tett.
A kidllitdsnak „Veterinärwesen“ nevü XV. csoportozata örömteljesen fog a neki
szdnt munka vögzedehez, mert az dlattan öppen az utolsö 50 öv folyamdn kivdlö ös
szembetünö sikert aratott. Kiindulva azon szempontbol, hogy „a tudomdny nöpközi“, a
kidllitds igazgatösdga szives volt a vildg minden nemzetseget meghivni, hogy a „Veterinär¬
wesen“ csoportozatot megküldje. Az aldzattal alulirt czeg — Hauptner H, Berlin NW —
köszönettel fogadta ezen meghivöt es legujabb müszergydrtmdnyait a földmiveles es
dlattan terön a- „Veterinärwesen“ nevü XV. csoportozatban kidllittotta mög pedig a czelbol,
hogy megmutassa, mily nagy elörehaladdst tett müszergyara az dlattan teren. Gydrom
ugyanis 40 övi fenndlldsa öta mindig csakis az dlattani müszereket különös szakmakönt
kösziti ös mig a többi hasonlö gydr az efföle müszereket csak mellökelve gydrtmdnyozza, ön
kizarölagosan az dlattani müszereket keszitem. Persze inagdtol örtetödik aztdn, hogy
gydrom az egy es ugyanazon tdrgygyal valö folytonos foglalkozdsa folytdn a mechanika
elörehaladdsdval lepöst tart es övröl evre reszint egösz uj taldlmdnyokat hozok, reszint meg
rögibb szerkezetü gydrtmdnyaim javuldst nyernek. Söt meg több. Gydrom — persze az
aseptikus jelieg megörzese mellett — arra is ügyel, hogy az egy es orszdgok mily alakü
ös mily szerkezetü müszereket haszndlnak ös a tisztelt dllatorvos urak ebbeli kivdnatait
mindig örömmel teljesitem. Gydrtmdnyaim a kidllitasnak jelzett czoportozatdban külön,
belsö ös külsö disze dltal feltünö kioszkban 57 osztdlyba osztva lathatök.
Mindenki, a ld gyartmdnyaimat övatosan vizsgdlja, meggyözödhetik arröl, hogy
mily nagy gondossdggal van minden darab el köszitve, de mindenkinek egyszersmind
szemebe is tünik az egösz instrumentdrium külseje, mely valödi dlanyozds következtöben
ezüstfehör fönyt öbreszt. E valödi dlanyozds gydrom több sajdtsdgdnak egyike, mely a
legtöbb orezdgban kidllitds alkalmdval a legnagyobb ördemjegyekkel lett kitüntetve.
A kioskban fekvö köpes katalogus segelyövel az egynehdny ezer darabböl dllö
kidllitdsom könnyen atnezhetö. A gydrtdsi mödrol is egyes müszerek köszülesük külön-
bözö stadiumdban, azonkivül 24 nagyobb fönykep ad felvilagositdst. Ez utöbbiak mög
külön szintön a.,kioskban fekvö Jeirdsok dltal vannak megmagyarazva. Gyaromban, mely
mög mindig nagyobbodik, jelenleg több mint 150 ember dolgozik; külön teremben a rendelesek
kieszközöltetnek ös külföldre szdnt küldemenyeknel a rendelök különfele elönyöre fek-
tetünk sülyt Az Osztrdk-Magydrorszagban ölö dllatorvos urakröl mög oly formdn is
gondoskodtam, hogy pl. levelezöket tartok az orszdg minden nyelvöre, a rendelesek
vdmmente8en eszközöltetnek ös ez egybekötve czegem ismert alapteteleivel — minden
darabert jöt dllok, pröbadarabokat küldök ös kicserelek — t. vevöimnek nagy mörvü
biztonsagot nyujt.
Czögem arra törekedett, hogy a jelenlegi kidllitdson oly dlattani müszertdrt mutasson,
melyet e tökeletessögben eddigelö nem ldttak, kerem tehdt a t. dllatorvos urakat, tessek
megldtogatdsukkal megszerencseltetni.
Kivdlö tisztelettel
Hauptner H.
BERLIN N.W.
Die Ausstellung H. Hauptner, Berlin NW.,
in der Gruppe XV «Veterinärwesen“ der
Jubiläums - Ausstellung Wien 1898 besteht
aus folgenden 57 Gruppen:
Instrumente zur Anatomie
Instrumente und Utensilien zur Mikroskopie und
Bakteriologie
Utensilien zur Fleischbeschau
Instrumente zur Physiologie
Zwangsmittel und Apparate zum Narkotisiren
Instrumente zur Percussion und Auscultation
Thermometer
Beleuchtungsapparate
Apparate zur Harnuntersuchung
Lancetten, Bistouris, Scalpells, scharfe Löffel
Schoeren
Pincetten, Zangen, Haken
Sonden
Haarseilnadeln
Nähinstrumente
Aderlass- und Scariflcations-Instrumente
Instrumente zur Compression, Unterbindung u. Ligatur
Ecraseure
Instrumente zur Anwendung des Feuers, der Elektri¬
zität und Acupunctur
Trocare
Impf-Instrumente
Instrumente zur Injection und Aspiration
Irrigations-, Kühl- und Klystier-Apparate, Utensilien
zur Desinfeetion
Sterilisationsapparate
Zerstäuber für Flüssigkeiten u. Pulver, Aetzmittelträger
Verbandtaschen
Aseptische Taschenbestecke
Verbandstoffe, Verband- und Arzneikästen, Waagen
zum Recepturgebrauch
Instrumente zur Trepanation
Au gen i ns tru m ente
Zahninstrumente
Instrumente zur Kehlkopfoperation
Instrumente für Operationen an der Luftröhre
Instrumente für Schlundoperationen und zum Ein¬
geben von Medicamenten
Instrumente zu Bruchoperationen
Instrumente zu Operationen am Euter
Instrumente zu Operationen an den Harnorganen
Instrumente zur Castration
Instrumente zur Geburtshilfe
Instrumente zu Operationen an den Gliedmassen
Instrumente zum Englisiren und Coupiren
Instrumente zu Operationen am Huf
Rotten's Huflederkitt zur Herstellung eines natur-
gemässen Hufbeschlages
Instrumente zum Beschneiden der Klauen
Bandagen und Apparate zur Thierpflege
Apparate gegen Unarten
Hornleiter, zum Richten der Rindviehhörner
Messbänder und Messstöcke
Scheerapparate
Tätowir- und Kerbzangen zum Kennzeichnen von
Thieren
Ohrmarken in 9 verschiedenen Constructionen zum
Kennzeichnen von Thieren
Instrumente zum Bonitiren der Wolle
Schaf- und Kuhgeläuto
Betäubungsapparate für Schlachtthiere
Lehrmittel für thierärztliche und landwirtschaftliche
Unterrichtsanstalten
Apparate zur Milchuntersuchung
Fabrikationsstadien scharfer und stumpfer Instrumente
zur Erläuterung der Fabrikationsmethode.
Die Ausstellung
dor
Instrumenten-Fabrik H. Hauptner, Berlin NW.
in der
Gruppe XV „Veterinärwesen“
der
Jubiläums-Ausstellung Wien 1898.
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J
Hauptner H, Berlin NW,
müszergyärtmänyainak kiallitasa
jubiläumi kiällitäsnak
„"Veterinärwesen“ nevü XV csoportozatäban.
Becs 1898.
Hauptner H, Berlin NW.
Ki&llitÄsa a jubiläumi kiällitäson — Becs
1808 — a „Veterinärwesen“ nevü XV. csopor-
tozatban a következö 57 csoportböl üll:
Boncztani eszközök,
mikroskopikus 6s baktoriologiai szerek 6s eszközök,
eszközök a hüs megvizsgaläsdhoz,
szerv61ettani müszerek,
böditö eszközök,
megfigyelösi szerek,
hömörök,
vildgitö szerek,
k6szül6kek a hügy megvizsgdldsdra,
gerelyek, szikek, 61es kanalak,
ollök,
csipeszek, fogök,
liorgok,
szörköteles tük,
varröszerek,
eret vdgö es karczolö szerek,
össze-6s lekütu szerek,
köszülökek a tüz 6s villanyossäg alkalmazäsdra,
csaptük es csapk6sek,
oltötük 6s köszülökek,
lohezösi k6szü!6kek,
öntözösi, hiivösltö 6s klystölyi k6szül6kek,
magtalanitö k6sziil6kek,
sebkötöszerek, gyögyszorszekrenyek,
mörlegek,
16kezesi es zközök,
szem 6sfogszerek,
eszközök a torok, 16gcsö 6s g6ge gyögymetsz6s6hez,
k6szül6kek orvossdg beaddsdra,
k6szül6kek töredök gyögymetsz6s6re,
k6szül6kek a tölgy gyögymetsz6s6re,
her616si köszülökek,
szül6szeti szerek,
k6sziil6kek a vögtagok gyögymetsz6s6re,
köszülökek a pata gyögyraetszösöre,
Itottenuek pataragasza term6szetes patkö elöallitdsdra,
patametsz6si k6sziilekek,
kütöszerek,
k6szülekek mindennemü csintalansdg ollen,
lötrdk a szarv kiegyenlt6s6re,
mörökötelek 6s botok,
hajvdgö köszülökek,
rovö fogök az ällatok megismertet6s6re,
0 kiilönbözöszerkezotüszeraz ällatokmegisraertet6s6re,
gyapjü tisztltö köszülökek,
tehön 6s birkaesengetyiik,
böditö szerek az ällatok levägäsdnäl,
dlattani 6s foldmlvelösi tanszerek,
töjvizsgälö szerek,
Öles es tompa szerek egyes gyartdsi stadiumokban a,
gydrtdsi möd megmagyärdzdsdra.
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Jubiläums -^ussfellung U3ien 1898.
Die Ausstellung
der
Ifistrameöteö-Fabrik H- Hauptöer, Berlin ]4W.
in der Gruppe XV „Veterinärwesen“.
Die Fortschritte auf dem Gebiete der Landwirtschaft während der letzten 50 Jahre
zur Schau zu bringen, ist der leitende Gedanke für die landwirtschaftliche Abteilung
der Jubiläumsausstellung Wien 1898.
Die Gruppe XV „Veterinärwesen“ darf an die ihr zufallende Mitarbeit zur Er¬
füllung dieser Aufgabe mit freudigem Gefühl gehen, da gerade in den letzten 50 Jahren
die tierärztliche Wissenschaft hochbedeutende, entscheidende Erfolge erzielt hat. In
Würdigung des Grundsatzes: „Die Wissenschaft ist international“ sind zur Beschickung
der Gruppe „Veterinärwesen“ alle Nationen eingeladen worden. Diesem Rufe ist die
Instrumenten-Fabrik für Thiermedicin und Landwirtschaft von H. Hauptner, Berlin NW.
gefolgt, um von den Fortschritten auf dem Gebiete der tierärztlichen Instrumententechnik
Zeugniss abzulegen. Seit mehr als vier Jahrzehnten betreibt die Firma H. Hauptner,
Berlin, die Fabrikation tierärztlicher Instrumente als Specialität. Während tierärztliche
Instrumente im Allgemeinen in den Werkstätten für human-chirurgische Instrumente nur
nebenher erzeugt werden, verwendet die genannte Firma ihre ungeteilte Aufmerksamkeit
ausschliesslich auf das tierärztliche Instrumentarium. Welche Erfolge dieser Geschäfts¬
grundsatz gezeitigt hat, lässt die Ausstellung der Firma H. Hauptner in der Gruppe
„Veterinärwesen“ erkennen. In einem besonderen Kiosk, dessen innerer und äusserer
Schmuck andeutet, welche Sorgfalt auf die Erfüllung der gestellten Aufgabe verwendet
wird, sind in 57 Gruppen die Erzeugnisse in einer überraschenden Mannigfaltigkeit aus¬
gestellt. Der internationale Charakter der Gruppe XV offenbart sich auch in dem Kiosk
H. Hauptner durch die den verschiedenen Ländern eigenen Formen und Constructionen
von Instrumenten, welche unter steter Wahrung des aseptischen Princips den Thierärzten
aller Länder von der Firma H. Hauptner dargeboten werden.
Lässt die genaue Besichtigung der Fabrikate die Sorgfalt erkennen, mit welcher
jedes einzelne Instrument gearbeitet ist, so erstrahlt das Aeussere des gesammten In¬
strumentariums in dem silberweissen Glanze einer besonders gediegenen Vernickelung, die
eine der vielen Eigenheiten Hauptner’scher Instrumente bildet. Letztere haben wieder¬
holt den Prüfungen durch Preisgerichte auf Ausstellungen verschiedener Länder unter¬
standen und sind mit den höchsten Preisen ausgezeichnet worden.
An der Hand des illustrirten Instrumenten-Kataloges, der im Kiosk aufliegt, lässt sich
die aus einigen Tausend Instrumenten bestehende Ausstellung leicht übersehen. Auch über
die Fabrikationsmethode geben Instrumente in verschiedenen Fabrikationsstadien sowie
24 grössere Photographien aus dem Fabrikbetriebe Aufschluss, die durch eine ebenfalls
aufliegende Schilderung erläutert werden. Der in stetem Wachsen befindliche Betrieb be¬
schäftigt zur Zeit über 150 Personen; eine Versandabtheilung bewirkt die Expedition der Fabri¬
kate nach allen Ländern der Welt, wobei auf besondere Vortheile für die Abnehmer im Aus¬
lande Hauptwerth gelegt wird. Für die Herren Thierärzte in Oesterreich-Ungarn sind im
Verkehr mit der Firma H. Hauptner die denkbarsten Erleichterungen vorgesehen, z. B.
Correspondenz in allen Sprachen Oesterreich-Ungarns, zollfreier Versand etc., wodurch in
Verbindung mit den allgemeinen Geschäftsgrundsätzen der Firma — Garantie für jedes
Stück, Probesendung und Umtausch — eine schätzenswerthe Sicherheit für den Käufer
gewährleistet wird.
Die Firma H. Hauptner ist bemüht gewesen, durch ihre Ausstellung in der Gruppe
„Veterinär wesen“ auf der Jubiläums-Ausstellung ein thierärztliches Instrumentarium in
einer noch nicht gesehenen Vollkommenheit vorzuführen; an die Herren Thierärzte richtet
die Firma die Bitte, den Kiosk H. Hauptner mit einem Besuche zu beehren.
Druck von Albert Damcke, Berlin SW. 12.
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
267
9. Juni 1898.
ich aber das Messer gebrauchen würde. Zudem ist es doch auch
ein nicht zu unterschätzender Umstand, mit seinen eigenen
Kräften etwas rationell umzugehen, besonders, wenn man hei
Geburtshilfe vielfach in Anspruch genommen ist. Ein eigenartiger
aber immerhin doch ein Grund, geburtshilfliche Instrumente an-
znwenden, ist auch das Uebergewicht über den Pfuscher, der
einem gerade bei Geburtshilfe am meisten in die Quere kommt.
Denn handliche Fertigkeit haben die meisten Pfuscher sich schon
erworben, dagegen an die Embryotomie wagen sie sich nicht
heran.
Complete periphere Facialis-Paralyse.
Von
Hugendubel-München,
■tJtdiücher Thierarzt.
Bei einem, an einer heftigen Kolik erkrankten Luxuspferde,
das den Kopf aus dem Halfter gezogen hatte und heftig um sich
6chlug, war eine thierärztliche Hilfeleistung erst möglich, nach¬
dem man das Pferd hochgebracht, mittelst Gurten befestigt und
den Kopf mit dem Halfter hochgebunden hatte. Kaum hatte ich
eine Morpbiuminjection gemacht, als das Pferd, das vollständig
erschöpft war, zusammenbrach. Dies erfolgte so plötzlich, dass
die Schleife, mit der das Halfter an der Raufe befestigt war, nicht
sofort aufgezogen werden konnte, wodurch in Folge des Zugs des
schweren Körpers, der Bacbenriemen des Halfters, wie ich deutlich
beobachten konnte, eine heftige Quetschung auf die Umbiegungs¬
stelle des nervus facialis ansübte. Kurze Zeit hierauf bemerkte
ich, dass die Unterlippe des Pferdes, die bei der einige Minuten
zuvor vorgenommenen Untersuchung sich völlig intact gezeigt
hatte, beiderseits vollständig gelähmt herabhing. Augenlider
und Ohrmuskeln zeigten keine Spur von Lähmung, ein Beweis,
dass die Lähmung keine centrale, sondern durch die kurz vor¬
hergegangene starke Quetschung entstanden war. Ueber den
weiteren Verlauf ist nichts bekannt, weil das Pferd bald darauf
mit Tod abging.
Pero8omus elumbus.
Von
Dralle-Helmstedt,
Thierarzt
Glücklicherweise kommt diese Abnormität ziemlich selten vor,
bis jetzt war ich erst ein Mal genöthigt, ein Perosomus elumbus
zu entwickeln. Bei der betreffenden Kuh war das Fruchtwasser
zwei Stunden vor meinem Erscheinen abgelanfen und vergebens
von einem Laien die Geburt versucht. Bei meiner Untersuchung
stellte ich fe6t, dass eine Steissgeburt in Rückenlage vorlag,
wobei die Schenkel des Kalbes nach oben und vorn standen. Ich
suchte durch Druck gegen die Sitzbeine das Kalb zurückzu¬
schieben, um Platz zum Strecken der Schenkel zu gewinnen, doch
stieg das Hintertheil dadurch nach oben und vorn und ich fühlte
nun unter dem Hintertheil einen Stumpf, sodass ich eine dem
Schistosoma reflexnm ähnliche Missgeburt vor mir zu haben
glaubte. Ich versuchte nun die Hinterschenkel zu strecken, doch
war dies trotz grosser Kraftanstrengung unmöglich, da sämmtliche
Gelenke steif und unbeweglich waren ; desshalb entschloss ich mich
schnell, ehe der Uterus sich noch mehr zusammenziehen konnte,
zur Embryotomie. Nachdem ich den linken Hinterschenkel des
Kalbes beinahe abgetrennt hatte, versuchte ich ihn herauszudrehen;
bei dieser Manipulation drehte sich auf ein Mal das ganze Hinter¬
theil hernm, sodass ich beide Beine in die Geburt bekam und
nun das Kalb ganz leicht entwickeln konnte. Nun sah ich erst,
mit was für einer Missgeburt ich zu thun gehabt hatte.
Beiträge zur allgemeinen Anästhesie einiger
Hausthiere.
Von
Professor M. Malzef-Charkow (Russland).
(An» dom RufislschoD Uberseiet) *)
Bei unseren Hausthieren ist das Chloroform allein kein voll¬
ständig zuverlässiges anästhetisches Mittel; für gewisse Thiere,
wie z. B. für Katzen und Schafe, erscheint das Chloroform sogar
gefährlich, weil tödtlich. Desshalb strebten und streben viele
Thierärzte danach, das Chloroform durch irgend ein zuverlässigeres
und zugleich gefahrloses anästhetisches Mittel zu ersetzen oder
sie bedienen sich einer gemischten Narkose. Wir haben
während unserer chirurgischen Praxis und an Versuchsthieren, bei
Ausführung von Laparotomie an den letzteren, zum Zwecke der
Erreichung einer allgemeinen Anästhesie, uns vor Allem des
Chloroforms, des Aethers, Morphiums und Chloralhydrates be¬
dient. Die von uns festgestellten Facta in dieser Richtung sind
folgende:
Das Chloroform, in fünf Fällen bei Hunden angewendet, um
bei ihnen eine allgemeine Anästhesie zu erzielen, ergab in zwei gar
keine Narkose, obgleich die Chloroformirung mehr als eine
Stunde dauerte. In zwei Fällen trat der Schlaf zwar ein, war
aber weder fest noch lang. Und nur in einem Falle gelang es,
einen festen Schlaf zu erhalten, der 24 Minuten dauerte. Nach
der Chloroformirung wurde an allen Hunden entweder eine be¬
deutende Unruhe oder ein deprimirter Zustand mit Merkmalen
einer allgemeinen Zerrüttung bemerkt.
In 22 Fällen wandte mau bei Hunden Morphium und Chloro¬
form zusammen an. Ersteres wurde 5 -12 Minuten vor dem Chloro-
formiren, unter die Haut ein geführt, in der Menge von 0,02
bis 0,06 Gramm, je nach der Grösse des Hundes. Der Schlaf
trat nach 6—12 Minuten ein und nur bei einem Hunde nach
22 Minuten. Es war gerade derselbe Hund, bei welchem man
durch Chloroform allein keine allgemeine Anästhesie erzeugen
konnte.
In allen Fällen trat vollständig fester Schlaf ein, der 30—70
Minuten dauerte. Die Menge verbrauchten Chloroforms, nach vorher¬
gehender Morphium - Injection, betrug 8—25 Kubikcentim. Eine
Aufregung vor dem Schlafeintritt wurde nicht beobachtet; nur in
einigen Fällen bemerkte man eine unbedeutende Salivation. Nach
der Morphium-Einspritzung trat bei denjenigen Hunden, welche
man vor der Operation nicht in Diät gehalten hatte, Er¬
brechen ein.
Nach einer wirklichen gemischten Narkose zeigten sich bei
den Hunden gar keine anormalen Erscheinungen, und nur in zwei
Fällen wurde ein deprimirter Zustand beobachtet, der nicht be¬
sonders lange währte.
Es fanden einzelne Versuche statt, eine allgemeine Anästhesie
bei den Hunden hervorzurufen durch Aether allein, Morphium
allein, Aether mit Chloroform in gleichen Theilen. Da es aber
einzelne Fälle waren, welche dazu noch gar keine besonders
guten Resultate ergaben, so beabsichtigen wir, uns über sie nicht
weiter auszulassen.
Auf solche Weise kann bei Hunden, auf Grund des eben Ge¬
sagten, als ein vollständig zuverlässiges anästhesirendes Mittel,
das rasch einen festen und andauernden Schlaf hervorruft, ohne
alle Komplikationen die Kombination von Morphium und Chloro¬
form dienen.
Mit der festgestellten Thatsache rechnend, dass die Katzen
bei der Chloroform-Narkose nmkommen infolge des eingeathmeten
*) Das russische Original dieses Artikels erschien im December-
hefte 1897 der Petersburger Monatsschrift „Archiv für Veteriuär-
wissenschaften.“
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268
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 23.
Chloroforms, und nachdem wir uns auch durch eigene Erfahrung
überzeugt hatten (von 5 chloroförmirten Katzen verendeten drei
während der Einathmung von Chloroform), versuchten wir eine all¬
gemeine Anästhesie bei Katzen durch Aether zu erreichen. Das
Resultat war aber, dass es in allen 6 Fällen nicht gelang, mittels
der Aetherisirnng, die 20—60 Minuten lang dauerte, bei den
Katzen eine vollständige allgemeine Anästhesie zu erreichen.
Sie schliefen nicht ein und offenbarten keinen Verlust von Empfind¬
samkeit.
An 8 Katzen wurde Aether mit Chloroform in gleichen Theilen
erprobt. Bei allen 8 Katzen trat der Schlaf infolge dieser ge¬
mischten Narkose rasch ein, in 5—15 Minuten. Er war voll¬
ständig fest und währte 15—70 Minuten. Die Mischung wurde
in der Quantität von 14—31 Kubikcent. verbraucht. Vor Eintritt
einer allgemeinen Anästhesie wurde in 4 Fällen eine unbedeutende
Salivation beobachtet, sowie eine nicht besonders starke Auf¬
regung; in den übrigen 4 wurden solche Erscheinungen nicht be¬
merkt. Nach dem Erwachen zeigten die Katzen gar keine anor¬
malen Erscheinungen.
Also: bei Katzen kann als ein vollständig zuverlässiges und
ganz gefahrloses anästhesirendes Mittel die Mischung von Aether
mit Chloroform in gleichen Theilen dienen.
Bei 10 jungen Ochsen, im Alter von 9 Monaten bis zu zwei
Jahren, bediente man sich, um eine allgemeine Anästhesie zu er¬
halten, einer gemischten Narkose — des Morphiums und Chloro¬
forms. Das Morphium wurde im Gebiete des Halses unter die
Haut eingeführt in der Quantiät von 0,12—0,2 Gramm. 3—12
Minuten nach der Morphiuminjection begann man das betreffende
Thier zu chloroformiren und erzeugte dadurch nach 10—40
Minuten in 7 Fällen einen festen und ruhigen Schlaf, mit einer
Aufregung geringsten Grades. In 6 Fällen dauerte der Schlaf
50—55 Minuten und in einem Falle nur 5 Minuten.
In den übrigen 3 Fällen gelang es nicht, eine vollständige
Anästhesie zu erreichen, trotzdem die Chloroformirung lange
— ca. eine Stunde — dauerte. Zur Erreichung einer allgemeinen
Anästhesie und zur Festhaltuog derselben während eines gewissen
Zeitraumes wurden 15—68 Kubikcent. Chloroform verbraucht.
Nach Erwachen vom Schlaf offenbarten die jungen Ochsen gar
keine anormalen Erscheinungen. An einem 2jährigen Kalbe
wurde der Versuch gemacht, mittelst Aethers eine vollständige
Anästhesie hervorzurufen. Die Aetherisirung dauerte 45 Minuten,
wobei 90 Kubikcent. Aether verbraucht wurden; es misslang aber
nicht nur eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen, sondern das
Tbier verlor sogar seine Empfindsamkeit nicht.
Beim Rindvieh können das Morphium und Chloroform nicht
immer ein positives Resultat ergeben. Von zehn jungen Ochsen
gelang es (wie gesagt) bei dreien nicht, eine allgemeine Anästhesie
hervorzurufen, weshalb die vorliegende Kombination nicht als
vollkommen zuverlässig gelten kann, um beim Rindvieh eine
Anästhesie zu erreichen. Andererseits aber kann man auch nicht
den Umstand ignoriren, dass bei drei jungen Ochsen, bei
welchen es nicht gelang eine complete Anästhesie zu erzeugen,
die Empfindsamkeit immerhin soweit verloren ging, dass man die
Operation ohne jedes Hinderniss von Seiten des Thieres durchführen
konnte.
ln acht Fällen gebrauchten wir bei Pferden zu einer all¬
gemeinen Anästhesie Morphium und Chloroform. Das erstere
wurde unter die Haut im Hals-Gebiet in der Quantität von
0,12—0,18 Gramm eingeführt.
5—15 Minuten nach der Morphiura-Injection begann man
das Thier zu chloroformiren. Zur erfolgreichen Hervorrufung
einer allgemeinen Anästhesie, wie bei Pferden so bei anderen
Thieren, befolgen wir alle Regeln, welche zu diesem Zwecke
empfohlen werden.
Das mit Chloroform durchtränkte Netz wurde nur an einem
Nasenloche des Thieres festgehalten, das andere blieb vollständig
offen, um der Luft freien Zutritt zu gestatten. Um die Reizung
der Schleimhaut durch Chloroform zu verhüten, wurde die Um¬
gebung des Nasenloches von innen und aussen mit Vaseline ein¬
geschmiert. Bei 4 von 8 Pferden gelang es nach 10—25 Minuten,
ohne jede Aufregung, eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen.
Der Schlaf war fest und dauerte 40—75 Minuten; Chloroform
wurde dabei 46—90 Kubikcent. verbraucht. Das Alter dieser
Pferde betrug wie folgt: bei einem Pferde 6 Monate, bei einem
anderen 8, beim dritten 1 Jahr und beim vierten 22 Jahre. Bei
den übrigen' vier Pferden — im Alter von 4, 22, 23, und 24
Jahren — gelang es nicht, eine vollständige Anästhesie zu
erreichen. Bei diesen letzten vier Pferden wurde während der
Chloroformirung eine unbedeutende Aufregung bemerkt, und
nach Erwachen offenbarten alle 8 Pferde einen deprimirten Zu¬
stand und eine gewisse Schwäche, die bald vorüberging..
Noch bei 4 Pferden, im Alter von 2, 13, 16 und 22 Jahren,
benutzten wir folgende gemischte Narkose. Zuerst führten wir
im Clystier Chloralhydrat ein und zwar:
Rp. Chloral. hydrati 30,0
Gummi arabici 15,0
Aq. de8tillatae 60,0
M. ds.
Darauf führten wir unter die Haut Morph, muriat. 0,25 ein
und nach 12—15 Minuten begannen wir mit der Chloroformirung.
Bei den ersten zwei Pferden trat ein fester Schlaf nach 9—11
Minuten ein und währte mehr als eine Stunde (64 bezw. 72 Min.)
Chloroform wurde 68 bezw. 81 Kubikcent. verbraucht. Bei den
zwei übrigen Pferden trat ebenfalls Schlaf ein und zwar nach
22—36 Minuteo, aber er war nicht so fest und dauerte nicht so
lang wie bei den ersten zwei Pferden.
Auf solche Weise kann man aus den hier angelührten That-
sachen über die Anästhesie bei Pferden nicht umhin, zu bemerken,
dass es bei ihnen ziemlich schwierig ist, eine vollständige all¬
gemeine Anästhesie zu erreichen. Besonders schwer unterliegen
der Narkose erwachsene Pferde. Bei ihnen erreichte man das
beste Resultat nach einer gemeinsamen Einwirkung von Morph,
muriat., Chloral. hydrat. und Chloroform. Aber auch hier war das
Ergebniss nicht in solchem Grade gut, in welchem man es ge¬
wünscht hätte. Als einen Mangel der hier erwähnten complizirten
gemischten Narkose muss man hauptsächlich die Erscheinungen
betrachten, welche sich nach derselben entwickeln. Das Thier
bleibt einen bedeutenden Zeitraum hindurch offenbar in einem
deprimirt-er8chlafTten Zustande und ist, wenigstens im Laufe einer
halben Stunde, nicht imstande, sich auf die Beine zu er¬
heben.
Bei 7 Schafen versuchten wir durch eine Injection von Morph,
muriat. unter die Haut eine allgemeine Anästhesie hervorzurufen.
Bei zwei jungen, nicht grossen Schafen führte man unter die
Haut je 0,12 Gramm von Morphium muriat. ein. Die Empfind¬
samkeit bei diesen Schafen ging nicht verloren: sie reagirten
während der Operation (Laparotomie). Bei einem Schafe, welchem
man unter die Haut 0,2 Gramm Morphium eingeführt hatte, wurde
auch eine Reaktion bemerkt, aber bereits eine schwache. Bei vier
Schafen verschwand die Empfindsamkeit ganz: sie offenbarten
nicht die geringste Reaktion. Morphium war ihnen unter die
Haut in folgenden Dosen eingeführt worden: 0,25; 0,3; 0,35 und
0,4 Gramm. Eine allgemeine Anästhesie gelang es aber in keinem
von den 7 Fällen durch Morphium allein zu erreichen.
In 6 Fällen versuchten wir bei Schafen eine allgemeine
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9. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
269
Anästhesie durch Chloroform allein zu erreichen. Fröbner er¬
wähnt in seinem Lehrbuche der Pharmakologie nur eine Dose
von Chloroform 5,0—10,0 Gramm als zur Erreichung einer all¬
gemeinen Anästhesie bei Schafen angeblich ausreichend. Prei-
pitsch*), im Gegentheil, berichtet, auf Grund seiner Unter¬
suchungen, dass die Schafe nach der Ckloroformirang um¬
kommen infolge der sich bei ihnen entwickelnden Broncho¬
pneumonie.
Sechs Schafe, die man der Chloroform-Narkose unterzog,
wnrden während 20 — 37 Minuten chloroformirt, wobei
18—30 Kubikcent. von diesem Betäubungsmittel verbraucht
wurden. Bei 3 Schafen trat nach 5 bezw. 8 und 15 Minuten
Schlaf ein, mit einem vollständigen Verluste der Empfindsamkeit
im Gebiete der Hornhaut, aber dieser Schlaf war sehr kurz —
nur 4 beiw. 8 und 10 Minuten. Nach Erwachen trat der Schlaf
nicht wieder ein, obgleich die Chloroformirung jedesmal noch
einige Minuten dauerte. Pei den übrigen 3 Schafen gelang es
während der ganzen Periode der Chloroformirung nicht, den
Schlaf hervorzurufen. Während der. Chloroformirung äusserteu
die Schafe keine Unruhe, aber sehr bald wurden die Athem-
bewegungen häufiger und erreichten die Zahl von ICO in einer
Minute, darauf aber wurden sie selten und beschwerlich. In den
folgenden Tagen nach der Chloroformirung waren fünf Schafe
sehr krank. Die Erscheinungsformen der Krankheit sind: das
Thier liegt die ganze Zeit hindurch; der Zustand ist deprimirt;
der vollständigste Appetitsverlust; das Athmen ist beschwerlich,
häufiger und oberflächlich, auf Entfernung hörbar; es findet ein
Ausfluss aus den Nasenlöchern statt, der zu Rinden vertrocknet;
die Temperatur beträgt 39,7°—40,4° C.
Von diesen fünf Schafen verendeten vier im Laufe von
1—5 Tagen nach der Chloroformirung. Ein Schaf erholte sich
wieder nach einer sehr prägnanten fünftägigen Krankheit. Das
sechste Schaf, welches die kleinste Chloroformdose, 18 Kubikcent.
erhalten batte, offenbarte keine Krankheitserscheinungen.
Die Obduction der vier verendeten Schafe zeigte in all¬
gemeinen Zügen, dieselben pathologisch - anatomischen Ver¬
änderungen.
Das Blut ist flüssig, wässerig, färbt die Finger nicht und
verändert seine Farbe an der Luft nicht. Die Nasenlöcher sind
mit einer schleimig-eitrigen Flüssigkeit und mit Rinden be¬
schmutzt. Die Schleimhaut der Nasenhöhlungen ist blass-
grau, dicker als gewöhnlich und angeschwollen. Der Schlund¬
kopf ist mit einer blutig-schäumenden Flüssigkeit vollständig an¬
gefüllt. Die Schleimhaut ist geschwollen, diffus-roth, von der
Oberfläche lässt sich eine schleimig-eiterige Flüssigkeit abkratzen.
Die ganze Trachea ist mit einer blutig-schäumenden Flüssigkeit
angefüllt Die Schleimhaut ist geschwollen, verdickt, fleckig-
roth. In der Brusthöhle befindet sich eine bedeutende Quantität
transsudativ-blutiger Flüssigkeit (circa 2 Gläser). Die Pleura ist
glatt, glänzend. Die Lunge erweist sich beim Betasten als com¬
pact, mit bläulicher Schattirung. Beim Durchschneiden der
Lunge lässt sich vom Schnitt eine bedeutende Menge einer blutig-
schäumenden Flüssigkeit abkratzen. Die Lunge ist ödematös.
Im Herzbeutel befindet sich ebenfalls eine bedeutende Menge von
transsudativer Flüssigkeit.
Auf solche Weise ergiebt sich aus den erhaltenen Thatsachen
vollständig klar die Unbrauchbarkeit von Choroform zur Erhaltung
einer allgemeinen Anästhesie bei Schafen. Dasselbe erzeugt bei
ihnen in solchem Grade bedeutende krankhafte Erscheinungen in
den Athemwegen, dass die Chloroformirung am häufigsten mit
dem Tode des Thieres endigt; und zugleich ist das Chloroform
(* Berliner thierärztliche Wochenschrift, 1996, No. 16, S. 187—188.
kein zuverlässiges Präparat im Sinne der Hervorrufung einer
allgemeinen Anästhesie bei Schafen.
Dies sind die wenigen Thatsachen, welche uns gelungen
ist, bei der allgemeinen Anästhesie einiger von unseren Haus-
thieren festzustellen.
Referate.
Beste Methode der Kryptorchidencastration.
Von Prof. Fröhner.
(Mth. f. Thierfalk , Bd. 9, H. 8.)
F. hat an 24 Klopphengsten die vier bekannten Methoden,
die dänische, die belgische von Degive, die französische von
Cadiot und die Methode Günther untersucht. Es waren unter
den Hengsten 17 abdominale und 7 inguinale Kryptorcbiden,
dreimal mit doppelseitigem Kryptorchismus. Die dänische,
belgische und französische Methode sind nur Variationen einer
Grundform, indem bei allen von der Leistengegend aus vor¬
gedrungen wird, während im Gegensatz dazu Günther eine
gewissermassen ventrale Methode einschlägt, indem er von den
Bauchdecken ausgeht. In Dänemark, dem Stammlande der
Kryptorchidencastration, wurde früher der Flankenschnitt aus¬
geführt und später erst von Stockfleth ab die inguinale Methode
eingeschlagen. Winter und Sand operiren ähnlich wie in Belgien
mittelst Perforation des Bauchfells am hinteren Rand des inneren
schiefen Baucbmuskels. In Deutschland hat Möller zuerst die
inguinale Methode empfohlen.
P'röhner hat nun zwanzigmal nach der inguinalen Methode
und viermal nach der ventralen Methode castrirt. Nach seiner
Erfahrung ist die erstere der letzteren vorzuziehen. Von den
einzelnen Modificationen der ersteren hat jede ihre besonderen
Vortheile. F. zieht die belgische Methode vor, wonach nicht
der innere schiefe Baucbmnskel, sondern das Bauchfell in der
Nähe des Anulus vaginalis etwas lateral von demselben perforirt
wird (welche Methode auch Sand in Kopenhagen und Töpper
in Deutschland ansführen. Von den 20 danach operirten Pferden
ist nur eins verloren gegangen.
Was die Vortheile der einzelnen Methoden anlangt, so ist
die eigentliche dänische Methode am leichtesten auszuführen, weil
die Hand am wenigsten tief einzudringen hat. Darmvorfälle sind
bei ihr aber am ehesten zu erwarten. F. begegnete ein solcher
Fall, wobei allerdings die Reposition ohne weitere Nachtheile
ausführbar war. Bei der belgischen Methode sind Darmvorfälle
wenig zu befürchten und bei ihr entspricht die Perforationsstelle
am meisten der anatomischen Lage des in der Bauchhöhle
liegenden Hodens, welche gewöhnlich in der Nähe des Anulus
vaginalis (Eingang in den Scheidenhautbeutel) sich befindet. Die
französische Methode soll wegen der Lage der Perforationsstelle
in der Lendengegend am ehesten einem Darmvoifall Vorbeugen.
F. hat jedoch gerade hierbei einen tödtlichen Vorfall beobachtet.
Ein Nachtheil ist, dass die Perforationsstelle von der Einschnitt¬
stelle weit entfernt ist, die Handbewegung gehindert wird und
der Hode sich schwerer auffinden lässt. Bei den Inguinal-
kryptorchiden ist selbstverständlich eine Perforation überflüssig.
Hier giebt es keine besondere dänische etc. Form, sondern es
wird nach allen Formen übereinstimmend bis zum Anulus vaginalis
vorgedrungen. Diese Fälle sind mittelst der ventralen Methode
überhaupt nicht zu operiren. Ein eingehendes Studium der Be¬
schreibung der Autoren über ihre Methode ist für den Operateur
unerlässlich. Es ist hierbei namentlich auf die Cadiot’schen
Abbildungen im Bd. 4 der Fröhner’schen Monatshefte hin¬
zuweisen. Die Operation muss am Cadaver eingeübt werden.
Es sind dabei besonders die Fragen zu beachten: wie ist der
Kryptorchismus zu diagnosticiren ? wie soll man das Pferd vor-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
bereiten? wie ist die sicherste Asepsis zu erzielen? ist die
Narcose empfelilenswerth? wie soll der Hautschnitt angelegt
werden? soll die Wnnde genäht werden? ist ein Verband anznlegen?
welche Nachbehandlung ist einzuleiten? wann kann das Pferd
wieder gebraucht werden?
„Zur Diagnose gehört eine gewisse Uebnng. Die Rectal¬
untersuchung erfordert Vorsicht. Der Hode ist von der Bauch¬
höhle her möglichst gegen die Beckenhöhle zu schieben. Er
fühlt sich als ein schlaffes, plattes, verschiebliches, in der Form
unveränderliches Gebilde an, wie ein mit Quecksilber gefülltes
Säckchen, wie Sand sagt. Das Fehlen einer Castrationsnarbe
auf der betreffenden Seite ist insofern nicht beweisend, als beide
Hoden durch eine Castrationswunde entfernt werden können.
Andererseits beweist eine Narbe nicht, dass das Pferd castrirt
ist, was viel häufiger der Fall ist. Auch wird statt des Hodens
bisweilen nur ein Nebenhoden entfernt. Aeusserungen von Ge¬
schlechtstrieb sind kein zuverlässiges Kennzeichen, da echte
Wallache oft ausgesprochene Hengstnatur zeigen.
Nach den Erfahrungen dänischer Thierärzte können Kryptor-
chiden oft ohne besondere Vorbereitungen wie gewöhnliche
Hengste castrirt werden. Ist Zeit vorhanden, wird eine solche
immerhin zweckmässig sein, namentlich bei fetten Pferden eine
8tägige Diät. Auch lässt F. für Darmentleerung sorgen und ver¬
hindert daB Streufressen durch Maulkorb bezw. lässt kein Rauh¬
futter verabreichen. Drei Tage lang Schwächung vor der Ope¬
ration ist nicht empfehlenswert!!, da die Pferde längere Zeit
nachher stehen müssen. Das Werfen ist nach der dänischen
Methode zu vollziehen.
Dieser Punkt ist sehr wichtig, weil beim dänischen Abwerfen
ein bequemes Operationsfeld geschaffen wird. F. empfiehlt ohne
Narcose zu operiren. Er giebt L a b a t Recht, dass infolge Er¬
schlaffung der Bauchdecken durch das Oloroformiren die Ent¬
stehung von Darmvorfällen, namentlich bei der dänischen Methode,
begünstigt wird. Morphium ist auch nicht zu empfehlen.
Eine sorgfältige Asepsis ist die wichtigste Grundbedingung
für das Gelingen der Operation; möglichst gründliche Desinfection
des Operateurs, des Pferdes und der Instrumente. Leistengegend,
Schlauch, Bauchdecken, Schenkelinnenfläche und Hufe werden
gründlich mit Sublimat und Creolinwasser abgespült, die Hinter¬
hufe mit aseptischen Leinwandlappen verbunden und die Leisten¬
gegend noch mit öprocentigem Alkohol, l%o Sublimat desinficirt;
Instrumente, Handtücher etc. vorher ausgekocht; Hände und
Arme 10 Minuten lang abgeseift und gebürstet, mit warmem Sub-
liraatwasser bespült und mit 50 pCt. Alkohol übergossen. Bei
der Operation verfährt F r ö h n e r wie folgt: Anlegen eines
10—12 cm langen Hautschnittes über dem leicht fühlbaren
äusseren Leistenring und in dessen Längsachse, Unterbindung
oder Abdrehung blutender Gefässe nach Durchschneidung der unter
der Haut liegenden Fascie. Jetzt wird das Messer weggelegt
und nur noch mit den Fingern operirt Es wird der (bei den
abdominalen Kryptorchiden leere bezw. mit lockerem Binde¬
gewebe gefüllte) Weg, den sonst der normale Leistencanal nimmt,
gebahnt, indem der musc. obliquus internus vom Poupart’schen
Band (gleich Aponeurose des obliqu. extern.) in Form eines
Canals in der Richtung gegen den inneren Leistenring bezw.
Scheidenring getrennt wird. Die Richtung des Canals geht nach
unten, aussen und vorn auf den äusseren Darmbein¬
winkel zu. Die Länge beträgt etwa 20 cm. Am
Grunde des Canals fühlt man deutlich den scharfen Rand
des obliqu. intern. Nun wird das Bauchfell etwa handbreit
entfernt vom Rande des inneren schiefen Bauchmuskels durch-
stossen in raschem Ruck mit dem Zeigefinger, worauf Mittel¬
finger oder Daumen nachgefdhrt wird. Man sucht zunächst nach
dem Samenleiter oder dem sehr langen Schweife des Nebenhodens
bezw. Hodengekröse, die von Darmschlingen leicht genug zu
unterscheiden sind; indem man sie hervorzieht, zieht man die
Hoden nach. Wird versehentlich eine Darmschlinge hervorgezogen,
so schadet das durchaus nicht, wenn sie gehörig wieder versenkt
wird. Den Hoden selbst sucht man erst dann, wenn die anderen
genannten Theile nicht zu finden waren, wobei man dann aller¬
dings oft die Oeffnung im Bauchfell vergrössern und mit der
ganzen Hand in die Bauchhöhle eingehen muss, auch manchmal
längere Zeit bis >/, Stunde zu suchen hat. In einzelnen Fällen
ist er nach Degive’s Angaben seiner Kleinheit wegen überhaupt
nicht zu finden. Endlich wird dann der Hode entfernt, der
Samenstrang versenkt (Anlegen einer Castrirzange, Unterbindung
des Samenstranges in 2 Theilen mit sterilisirter Seide, Abschneiden
des Hodens unter den Ligaturen). Die Wunde wird vernäht,
nachdem mittelst sterilisirter Tupfer das Wundsecret aus dem
Canal entfernt ist. Drainage ist nicht nothwendig. Die Naht
muss aber exact sein und wird mit Airolpaste ein gerieben. Ein
Verband, der. nur schwer, anzulegen wäre, ist- dann nicht nath-
wendig. Als Nachbehandlung wird das Pferd 6—8 Tage hoch¬
gebunden und auf hinten stark erhöhte Streu gestellt. Seiten¬
bewegungen werden durch Lattirbäume verhindert Das Hinten¬
hochstellen ist ganz ausgezeichnet, um einen Darmvorfall zu
verhindern. Etwas Weiteres ist, abgesehen von sorgfältiger
Ueberwachung, nicht nothwendig. Die meisten Kryptorchiden
waren dauernd fieberfrei; kleine Steigerungen bis zu 39V» sind
belanglos. Mit einer Ausnahme heilten alle Fälle per primam.
Die Pferde konnten durchschnittlich nach 14 Tagen zum Gebrauch
zurückgegeben werden. Doppelseitige Kryptorchiden hat Fr ohne r
in 2 Operationen mit 4 wöchentlicher Zwischenpause castrirt.
Das Gewicht der Hoden schwankte zwischen 9 und 175 g.
Vor der ventralen Gtinther’schen Methode warnt Fröhner.
Sie ist unpraktisch und unsicher und 2 von den 4 danach operirten
Pferden starben. — Günther hat Beine Methode übrigens auch nur
an einem einzigen Pferde ausgeführt. — In den beiden tödtlich
verlaufenen Fällen trat einmal der Samenstrang aus der nach
Günther’s Rath weitläufig genähten Wunde hervor und es folgte
eine Bauchfellentzündung. Im zweiten Falle trat trotz sorg¬
fältigsten Vernähen8 ein Darmvorfall mit septischer Peritonitis
ein. Die genähte gelbe Bauchhaut war an den genähten Stellen
durch den Druck der Eingeweide eingerissen. In den beiden
andern Fällen, wo infolge dieser Erfahrungen Fröhner Bauch¬
fell, Muse, rectus, Tunica flava und schliesslich die Haut je für
sich sorgfältig vernäht hatte, war der Verlauf allerdings ein
günstiger, was angesichts mangelnder Vortheile und der Un¬
sicherheit und Schwierigkeit jedoch nicht zur Empfehlung der
Methode führen kann.
Fettgewebsnecrose bei den Haosthieren.
Von Dr. Olt.
(Dttch thierfntl. W. 9«, 11.)
1882 machte Baiser (Virchow’s Arch. Bd. 90) auf eine
Affektion des Pankreas beim Menschen aufmerksam, wobei
necrotische Herde im Fettgewebe zwischen den Drüsenläppchen
auftreten. Ponfick sah ähnliche Veränderungen im Fettmark
der Röhrenknochen. Bei den Hausthieren bat zuerst Ostertag
die Fettgewebsnecrose beschrieben und Mareck in der Dtsch.
Ztschr. f. Thiermed. 1897 eine eingehende Untersuchung geliefert.
Dazu kommt die Fettgewebsnecrose namentlich bei ungarischen
Schweinen in Form mohnsamengrosser circumscripter glanzloser
und graugelber Knötchen zwischen normalem Drüsen- und Fett¬
gewebe vor. Die Herde bestehen aus abgestorbenen Fettzellen,
zwischen denen das Bindegewebe theils noch erhalten, theils
geschwunden ist In den Fettzellen liegen Fettsäure, Crystalle
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9. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
271
and körnige Massen. Diese von Mareck beschriebenen Herde
breiten sich nun oft über weite Strecken unter den serösen
Häuten, über das Fettgewebe der ^Bauchdecken aus. Die Necrose
setzt sich auch in das intermu9culäre Fettgewebe, ergreift selbst
das Muskelgewebe. Olt fand necrotische Muskelbündel im
necrotischen Fett an der Zwischenrippenmuskulatur. Beim Rinde
finden sich gelegentlich umfangreiche necrotische Zustände
namentlich am Gekröse und im Nierenfett. Davon verschieden
sind N»crose im Fettgewebe vor dem Brustbein, welche Tendenz
zur Verkalkung zeigen. Mitunter ist das ganze Fettgewebe des
Dickdarmgekröses höckrig derb, auf der Schnittfläche trübe und
rauh und schwielig. Es zeigen sich verwaschene Flecke von
wei8B bis orangefarben, und wallnuss- bis hühnereigrosse, an
normales Fett grenzende Herde. Die Uebergangszonen sind
grauroth, die ältesten Herdtheile citronengelb und pigmenthaltig.
Die Fettzellen sind trübe durch massenhafte Fettsäurecrystalle.
Bei Schwefelsäurezusatz wird Stearin- und Palmitinsäure aus¬
gefällt; auch Calciumsulfatcrystalle sind zu beobachten. Das
Bindegewebsgerüst ist vermehrt - (bildet jene Schwielen). Von
dem interstitiellen Gewebe strahlen feine Zellausläufer in das
Lager der Oelkugel. Dem Schwund des Fettes entspricht also
eine Vermehrung des Bindegewebes. Das Letztere ist durchaus
nicht betroffen, sondern nur die eigentlichen Fettzellen.
Die Bezeichnung „Fettgewebsnecrose“ ist daher für das
Rind insofern nicht zutreffend, als es sich nur um eine Necrose
(Schwund?) der Fettzellen handelt, welche eine productive Ent¬
zündung im Gefolge hat.
Die im prästernalen Fettgewebe beim Rinde vorkommenden
eigentümlichen Verkalkungen beruhen, wie schon Ostertag an¬
gegeben, wahrscheinlich auf mechanischen Läsionen; mit den hier
beschriebenen Vorgängen haben jene Verkalkungen nichts gemein.
Am meisten unter den Haustieren ist für Fettgewebsnecrose
das Schaf veranlagt. Die Herde sind jedoch linsengross, rein
weiss und nach dem Erkalten des Talges kaum vom normalen
Fettgewebe zu unterscheiden, entziehen Bich deshalb oft
der Beobachtung. Erwärmt man jedoch den Talg bis zur durch¬
scheinenden Beschaffenheit, so fallen die opaken Herde sofort auf,
wie dies auch beim frischen Talg der Fall ist. Manchmal ist das
ganze abdominale Fett erkrankt. Beim Schafe sind nicht nur
die Fettzellen betroffen, sondern es stirbt auch das Binde-
gewebsgerüst ab. Hier ist es also eine Necrose des ganzen
Gewebes.
Olt hat auch zwei entsprechende Fälle beim Hunde beob¬
achtet, welche an Vergiftung gestorben waren. Es fanden sich
im Gekrösfett grieskorn- bis linsengrosse circumscripte Herde,
die knötchenartig derb waren. Viele Fettzellen waren gänzlich
geschwunden. Dafür fand sich zahlreiches Granulationsgewebe.
In den Fettzellen lagen Fettsäurecrystalle und homogene Massen,
wie sie Baiser bei der Fettgewebsnecrose des Menschen sah.
Diese Massen fand Olt auch besonders reichlich im necrotischen
Fettgewebe des Geflügels. Sie sind resistent gegen Säuren,
Basen, Alkohol und fettlösende Mittel. Beim Geflügel ist die
Fettgewebsnecrose überhaupt häufig oft über das ganze abdominale
Fett verbreitet Die necrotischen Herde sind verschieden gross,
honiggelb und scharf umgrenzt Nach den bisherigen Unter¬
suchungen Olt’s, die derselbe vervollständigen will, ist die Fett
gewebsnecrose durch eine unbekannte Ursache veranlasst, welche
nutritive Störungen macht In den Oeltropfen der Fettzellen voll¬
zieht sich eine regressive Metamorphose, wobei chemisch
unbekannte Degenerationsproducte abgespalten werden und Fett¬
säuren entstehen, die zum Theil an Calcium gebunden werden.
Das Bindegewebsgerüst kann absterben oder, wie beim Rind,
proliferiren.
Impfversuche an Kälbern mit dem menschlichen
Tuberkelb&cillus.
Von Dr. Langdon-Frothingham,
Assistent am pathol. Institut der Harvard Veterinärschule
zu Boston.
(Deutsche Zeitlichr. f. Thlermed. Neue J olge 1897, H. 5)
Nach dem biologischen und auch morphologischen Ver¬
halten der Tuberkelbacillen verschiedener Thierarten muss an¬
genommen werden, dass es verschiedene Varietäten dieses Bacillus
giebt. Morphologische und biologische Unterschiede bestehen
bekanntlich zwischen dem Bacillus der Vögel- und Säugethier-
tuberculose. Der Bac. tuberculi des Rindes ist für Meerschwein¬
chen bedeutend virulenter als der des Menschen.
Uebertragungsversuche des menschlichen Tuberkelbacillus auf
Thiere sind bisher verhältnissmässig wenig ausgeführt worden.
Fr. erwähnt nur 3 Autoren (Bollinger, Crookshank und Theobald
Smith), die derartige Versuche angestellt haben.
In einer 1. Versuchsreihe experimentirtc der Verfasser mit
1 Monat alten Reinkulturen des menschlichen Tuberkelbacillus,
der auf Blutserum gezüchtet war und etwa die 20. Generation
einer Origioal-Cultur darstellte. Mit Aufschwemmungen dieser
Cultur in sterilisirtera Wasser wurden Kälber geimpft, deren
Mütter oder die selbst vorher der Tuberkulinprobe unterzogen
worden waren und bei denen keine Reaction beobachtet wurde.
Zur Ernährung der Kälber wurde Milch von Kühen verwendet,
die ebeufalls nach Einspritzung von Tuberkulin keine wesentliche
Temperatursteigerung erkennen liessen. Jedem Versuchskalbe
wurde 1 ccm der Aufschwemmung eingeimpft. Ein 3 Monate
und ein 3 Wochen altes Kalb erhielten die Tuberkelbacillen-
Aufschwemmung in die Bauchhöhle. Eine 5 Wochen später voi-
genommene Tuberculinprobe hatte bei beiden Kälbern ein positives
Ergebniss und nach der 6 Wochen bezw. 5 Monate nach der
Impfung vorgenommenen Tödtung derselben, wurde durch Sektion
u. mikroskopische Untersuchung die Erkrankung an Tuberkulose
mit Bestimmtheit nachgewiesen.
Von zwei anderen Kälbern, denen der Infektionsstoff in die
Luftröhre eingespritzt wurde, erkrankte nur eins an Tuberkulose.
Im Allgemeinen lässt sich über die erfolgreichen Infektionen
noch bemerken, dass die deutlichsten Veränderungen in der
Umgebung der Impfstelle vorhanden waren bei der Injektion
in die Bauchhöhle im Netz und im Peritoneum, bei der intra¬
trachealen Impfung in den Muskeln des Halses und in den
Lymphdrtisen der gleichen Seite.
Alle andern Veränderungen im Körper waren so gering, dass
sie nur durch mühevolles Suchen zu finden waren. Dagegen
erkrankte ein als Controlthier dienendes intratracheal geimpftes
Meerschweinchen an allgemeiner Tuberkulose.
Eine zweite Reihe von Versuchen wurde mit Tuberkelbacillen
haltigem Sputum angestellt. Dasselbe wurde mit destillirtem
Wasser verrieben und subcutan bezw. intratracheal inflcirt.
Ein subcutan geimpftes Kalb blieb gesund während zwei intra¬
tracheal geimpfte Kälber nach 4 Monaten tuberkulöse Ver¬
änderungen aufwiesen. Ein zur Controle ebenfalls in die
Luftröhre geimpftes Meerschweinchen zeigte nach 5$ Wochen
bei der Sektion generalisirte Tuberkulose.
Die Versuche lehren, dass Kälber für menschliche Tuberkel¬
bacillen nicht sehr empfänglich sind.
Der Uebertritt von festen Körpern und Lnft ans der
Blase in die Nieren und entferntere Körperorgane.
Von L. Lewin.
(D. Med. Wochen lehr. 52/97.)
Entgegen der früheren Annahme, dass ein Rückstrom von
Blaseninhalt in den Harnleiter wegen des eigenthümlichen Ver-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
Schlusses der Uretermündung unmöglich sei, wiesen L. und
Goldschmidt nach, dass bei contractionsfähiger Blase sowohl
bald nach Injection von Flüssigkeit in dieselbe, als auch durch
künstliche Retention der Aufstieg von Blaseninhalt oft experi¬
mentell direct zur Anschauung zu bringen ist. Die Druck¬
verhältnisse in der Blase selbst sind bei gut scliliessender vesicaler
Ureteröffnung für das Zustandekommen dieses Phänomens nicht
ausschlaggebend, denn auch bei weniger als mittlerer Blasen¬
füllung kann die Rückfluth erfolgen, und andererseits kann sie
bei maximalem Blasendruck ausbleiben. Der Uretermund muss
sich bei der Rückfluth öffnen; aus welchen Gründen und wann
er dies timt, ist bis jetzt jedoch vollkommen unbekannt. Verf.
suchte nun, um die Materie möglichst vollkommen zu ergründen,
folgende drei Fragen zu erledigen:
1) Können auch feste Körper nach Einbringung in die Blase
in die Nieren gelangen, und zwar bald nach der Einspritzung
und unter verschiedenem Binnendruck der Blase respective nach
Retention?
2) Welche Wege der Verbreitung nehmen ev. diese Körper
in der Niere?
3) Gehen unter verschiedenen Versuchsbedingungen fremder
Inhalt des Nierenbeckens respective feste, in ihm vertheilte
Körper in das Blut und von dort in entfernte Körpertheile über?
Zu den Versuchen wurde in Wasser verriebenes grünes oder
blaues Ultramarin benutzt
ad 1) Wie die Versuchsordnung auch getroffen wurde, fand
sich Farbstoff im Nierenbecken. Der Blasendruck konnte auch
jetzt nicht für die Rückfluth verantwortlich gemacht werden. Es
muss vielmehr angenommen werden, dass der Blaseninhalt, un¬
abhängig vom Druck, auf den Ureter einen Reiz ausübt, der zur
Oeffnung des Uretermundes führt.
ad 2) Für die in das Nierenbecken gelangten Farbstoff-
theilchen stehen drei Canalräume für ein eventuelles centralwärts
gerichtetes Weiterdringen zur Verfügung: die Harncanälchen,
die Lymphräume und die Blutgefässe. In allen drei Systemen
fand L. den fremden, farbigen Inhalt des Nierenbeckens. Es
scheint aber, dass ein directer Eintritt des Nierenbeckeninhaltes
in die Blutgefässe nicht stattfindet; es kommen hierfür nur die
Harncanälchen und ganz besonders die Lymphgefässe in Betracht.
Stellenweise liess sich eine vollkommene Ausfüllung der Lymph-
bahnen nachweisen.
ad 3) Das Vorhandensein von Farbstoff in den Nieren-
gefässen lässt es wahrscheinlich erscheinen, dass man ihn auch
in entfernteren Körpertheilen finden würde, um so mehr, als es
schon Poirier gelungen war, nach Ipjection von Wasser in den
Ureter dieses aus der Vena renalis wieder herausfliessen zu sehen.
Durch diese Versuche ist der Weg gekennzeichnet, auf dem
Fremdkörper und in viel leichterer Weise belebte, pilzliche
Wesen denselben Weg zurücklegen können, und damit ist auch
etwas Licht gebracht in das Entstehen mancher infectiöser All¬
gemeinerkrankung, deren Ausbildung bisher dunkel war.
Ueber die Anwendung des Aderlasses bei Uraemie.
Vortrag, gehalten von Professor L a a c h e auf dem internation.
med. Congr. zu Moskau.
(D. Mod. Woch. 9/98)
Verf. berichtet im ganzen über drei Fälle von Anurie resp.
Uraemie, wo ein ausgiebiger Aderlass sofort oder in ganz kurzer
Zeit alle bedrohlichen Symptome beseitigte. In dem Falle von
Anurie bestand dieselbe bereits volle sechs Tage, ohne dass irgend
ein Mittel die Secretion herbeiführen konnte. Einige Stunden
naoh dem Aderlass war die Secretion nicht allein in vollem
Gange, sondern sie wurde sogar überaus reichlich. In den beiden
anderen Fällen handelte eB sich neben vollkommener Anurie um
heftige uraemische Krämpfe. In dem einen Falle hörten die Krämpfe
fast momentan nach dem Aderlass auf und die Diurese stieg bis
zu 8 1 den Tag an; im anderen Falle schwanden die Krämpfe
erst einige Stunden nach dem Aderlass.
Da es sich bei der Uraemie um eine Autointoxication handelt,
so glaubt Verf., dass durch ihn eine depurative Entleerung von
Schlackenproducten, eine „Reinigung des Blutes“ vorgenommen
wird; wahrscheinlich kommt aber noch in Betracht, dass durch
die Blntentleernng gewisse mechanische Hindernisse für die
Circulation beseitigt werden. Obwohl Verf. im Aderlass kein
Universalheilmittel gegen die Uraemie sieht, so glaubt er doch
zu einem Versuch in geeigneten Fällen rathen zu müssen.
Heber Pigmentbildung, Melanose, Blotbildong and
Haarwechsel.
Von Dr. Ehrmann.
(Jasper referirt in der Dtsch. thierärztl. W. über die als
Broschüre erschienene Arheit, Ehrmannn’s, welche der Er¬
forschung der bisher noch immer nicht genügend erklärten
Pigmentbildung gilt Die Schlusssätze sind folgende: Der
Pigmentbildung dienen besondere Zellen, die Melanoblasten.
Diese sind Abbildungen des mittleren Keimblattes, welche in die
Epidermis einwachsen und eine selbstständige Existenz führen.
Das von ihnen verarbeitete Material entstammt dem Blut und ist
Hämoglobin, welches in starker Verdünnung in den Gewebssäften
enthalten ist. Die Entstehung von melanotischem Pigment, aus
Kcrnbestandtheilen oder Umwandlung farbloser Protoplasmatheile
ist unbewiesen, ebenso die extracelluläre Bildung von Pigment.
Was nach Blutungen als extracelluläres Pigment beobachtet
wurde, sind hämatische Schollen. Echtes melanotisches Pigment
kann nur beim Zerfall pigmentirter Zellen extracellulär liegen.
Das Pigment soll sich durch protoplasmatische Strömungen auf
Protoplasmafäden übertragen, welche die Melanoblasten mit den
Epithelzellen verbinden. Kurz nach seiner Entstehung ist das
Pigment ein in zähflüssiger Substanz gelöster Körper.
Kleine Mittheilungen.
Der 6rad der Empfänglichkeit der Klauenthiere für Maul- und
Klauenseuche.
Aus einer in Baden aufgestellten Statistik ergiebt sich,
nach einer Mittheilung von Fehsenmeier in der „Dtsch.
thierärztl. W.“ No. 17, für die Jahre 1888 bis 1897 Folgen¬
des: Von den in den verseuchten Beständen aufgestelRen
Thieren erkrankten folgende Procentzahlen: Von 12447 Rindern
86 pCt., von 323 Schweinen 68 pCt., von 136 Ziegen 87 pCt. und
von 1140 Schafen 68 pCt. Demnach sind die Ziegen mindestens
ebenso empfänglich wie die Rinder, und Schafe und Schweine
haben eine gleichmässig geringere Empfänglichkeit. Die Versuche
im Kaiserlichen Gesundheitsamt über künstliche Erzeugung der
Maul- und Klauenseuche hatten bekanntlich ein anderes Ergeb¬
nis, indem hier Rinder und Schweine gleich gut reagirten, wäh¬
rend bei Ziegen und Schafen, selbst mit grossen Mengen viru¬
lenter Lymphe, ausgesprochene Erscheinungen nicht hervorgerufen
werden konnten.
Unterscheidung der sporadischen Lungenentzündung und der
Lungenseuche beim Rind.
Ein Bericht des Dr. Smith an das Agricultur-Departement
der Vereinigten Staaten enthält Folgendes: Die sporadische
Pneumonie ist eine Bronchopneumonie, die wohl meist durch den
Eintritt von Flüssigkeit beim Trinken verursacht wird, manchmal
auch an die Tuberculose sich anschliesst. Im weiteren Fall ist
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9. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
273
sie natürlich besonders charakterisirt. Andernfalls kann dadurch,
dass Emphysem and interlobuläre Exsudation sich anschliessen,
das Bild der Lungenseuche vorgetäuscht werden.
(Referat von Vogel in der „Dtsch. thierärztl. W.“)
Thierhaltung und Thierzucht.
Ueber die Aufbesserung der Ziegenzucht durch Import.
Schon mehrfach ist von practischen Züchtern der Ratli ge¬
geben worden, die rationelle Ziegenzucht durch Verbesserung des
einheimischen Materials zu bewirken, und es ist davor gewarnt
worden, ohne Weiteres die Schweizer Saanenziegen, welche so
sehr in Mode gekommen waren, zu verwenden; denn dieses an¬
scheinend sehr bequeme Mittel ist nicht bloss kostspielig,
sondern auch gefährlich, weil es sehr fraglich ist, ob die
Saanenziege die deutschen Verhältnisse verträgt und ihre Vor¬
züge in denselben bewahrt, ob sie sich zur Haltung
seitens kleiner Leute eignet, weil ferner unter diesen Thieren
verheerende Krankheiten beobachtet sind, und weil endlich
namentlich das gegenwärtig von der Schweiz verkaufte Zucht¬
material grossentheils sehr minderwertig ist. Auf diesen Um¬
stand weist anch Dr. Willsdorf auf Grund seiner Beobachtungen
im Racenstall der Universität Leipzig und neuerdings nach einer
Mittheilung der Dtsch. thierärztl. Wschr. Dr. Hertzog aus
Colmar hin. Der gesammte Ziegenbestand des Saanenthals be¬
trägt nur wenig über 2000 Stück. Die besten Exemplare werden
sowieso nicht abgegeben, und was exportirt wird, ist grössten-
tbeils nur Schlachtwaare. Dabei hatte der Export im Jahre 1893
allein einen Werth von 40000 M. Uebrigens kommen bei den
Ziegenlämmern oft Missbildungen der Gescblechtstheile vor, die
natürlich untauglich zur Nachzucht machen.
Melasse als Milchfuttermittel für Kühe.
Prof. Ramm in Bonn hat nach einem Referat der Dtsch.
thierärztl. Wschr. aus den Landw. Jahrb. von 97, H. 4 u. ft, aus¬
gedehnte Fütterungsversuche mit verschiedenen Melassepräparaten
namentlich unter Berücksichtigung von deren Wirkung auf die
Milchergiebigkeit aogestellt. Es wurden 8 kg Melasse resp. Prä¬
parate davon pro 1000 kg Lebendgewicht verabreicht. Torf¬
melasse und Palmkernmelasse verursachten bei einigen Kühen
leichte Blähungen. Gegen die Melassepulpe zeigten einige Thiere
eine gewisse Abneigung, und es konnten davon nicht mehr als
3,8 kg pro 1000 kg Lebendgewicht verfüttert werden. Eine von 12
Versuchskühen vertrug überhaupt die Melasse schlecht. Die
Thiere giugen im Körpergewicht ein wenig zurück; nur die
MelasBeschnitzel bewirkten erhebliche Gewichtszunahme. Dagegen
bewirkte die Melasse eine erhebliche Erhöhung des prozentischen
Fettgehaltes in der Milch. An erster Stelle standen die Melasse¬
schnitzel Fast ebensogut war die flüssige Melasse — letztere
hat, verglichen mit dem Gerstenmehl, das beste pekuniäre Er¬
gebnis geliefert. Dann folgen Torfmelasse und MelaBseschnitzel.
In letzter Linie erst Palmkernmelasse und Melassepulpe. Der
Zuckergehalt der Milch wurde nicht berührt. Die von der Milch
gewonnenen Molkereiproducte waren vollwert big. Zwei Hoch¬
tragende Kühe wurden in den letzten Monaten und auch nach
der Geburt ebenfalls mit den Melasserationen gefüttert, ohne
irgend einen Nachtheil erkennen zu lassen. Die Melasse ist
demnach ein billiges, wohlbekömmliches und in seiner Wirkung
auf die Milch sehr gutes Futtermittel.
Die Vererbung der Haarfarbe beim Pferd.
Nach den in den landwirthschaftL Jahrbüchern mitgetheilten
Untersuchungen von Wilkens (Referat aus Koch’s „Rev.
f. Thierhlkd.“ und Anacker’s „Thierarzt“) ergab sich bei 1000
Paarungen gleichfarbiger Vollblutpferde 856 Mal die Vererbung
der Haarfarbe. Bei Farbenkreuzungen erbten unter 1000 437
Fohlen die Farbe des Vaters, 508 die der Mutter (also im Grunde
gleiche Vertheilung); 55 wurden andersfarbig. Bei Farbenrein¬
zucht überträgt sich die Fuchsfarbe am häufigsten, 976 Mal unter
1000. Bei Farbenkreuzungen dagegen überwiegt die braune
Farbe, während die Rappfarbe am seltensten sich vererbt, indem
unter 1000 Paarungen bei Rapphengsten 116, bei Rappstuten nur
92 Rappfohlen gezählt wurden Aueh bei englischen Vollblut¬
pferden wird bei Farbenreinzucht die Fachsfarbe weitaus am
häufigsten (946: 1000), bei Farbenkreuzungen dagegen am
leichtesten die braune Farbe übertragen und die Rappfarbe nur
spärlich vererbt. Araberpferde, Vollblut und Halbblut, vererben
in 1000 Fällen bei gleichfarbigen Eltern 837 Mal die Haarfarbe,
bei Farbenkreuzungen war vererbt unter 1000 313 Mal die Farbe
des Vaterthieres, 566 Mal die Farbe der Mutter, 121 Mal traten
andere Farben auf. Bei Farbenreinzucht überträgt sich hier am
häufigsten die Schimmelfarbe ( 9 /, 0 ) und ebenso bei Farbenkreuzungen
(729 unter 1000); daran schliesst sich die braune Farbe. Auch
hier wird die Rappfarbe am seltensten vererbt. Unzweifelhaft
überträgt sich also im Allgemeinen die Fuchsfarbe am leichtesten,
die Rappfarbe am schwersten. Das Geschlecht spielt insofern
eine Rolle, als Stuten, namentlich mit brauner Farbe, ihre Farbe
besser vererben als Hengste.
Tagesgeschichte.
Die 25jährige Jubelfeier des Semesters 1870/73.
Der Anregung des einladenden Comlt^s zur Theiluahme einer
Feier des 25jährigen thierärztlichen Jubiläums waren 15 Theil-
nehmer gefolgt:
Cleve-Cassel, Felisch-Inowrazlaw, Fleischer-Relliehausen
Gaedtke-Darmstadt., Heyne-Posen, Hildebrandt-Ludwigslust,
| Höhne-Giünberg, Koesters-Berlin, Nagler-Berlin, Martens-
Sangerhau8en,Peter8-Bromberg, Sager-Laugszargen, Scharmer-
Liegnitz, Virchow-Potsdam, Willutzki-Wehlau.
Das Semester bestand seinerzeit aus 30 Militär- und 11
Civilstudirenden; davon hatten 3 das Studium vor dem Examen
anfgegeben. 11 hatte der unerbittliche Tod bereits dahin ge¬
rafft, Born, Domke, Groening, Hahn, Hansen Kapelke,
Lehnhardt, Niescotta, Schröder, Wilmsen und Todt.
Die Uebrigen waren am Erscheinen verhindert.
Am 23. Mai, nachdem die Sitzung der Centralvertretung
Mittags beendet war, fanden sich die zur Feier erschienenen
Abends mit ihren Damen im Rheinischen Hof zasammen, wozu
Bich noch die „Reste“ der Central Vertretung gesellten.
Die herzliche Freude des Wiedersehens nach 25 Jahren
hatte sichtlich jeden Einzelnen ergriffen. Der Austausch von
dem während der 25 Jahre erlebten Wohl und Wehe verbunden
mit dem Prosit des Wiedersehns, die Erinneruug an Erlebnisse
und Jugendstreiche aus dem studentischen Leben vor 25 Jahren
und das Gedenken der Abwesenden und der Gestorbenen Hessen
die Stunden im Nu verfliegen.
Am 24. Mai Nachmittags 4 Uhr fand das Festessen im
Englischen Hause statt. Ausser dem als Vertreter des Lehr¬
körpers geladenen derzeitigen Rector der thierärztlichen Hoch¬
schule, Geh. Reg.-Rath Dr. Dieckerhoff waren noch Verwandte
eines Collegen und fast sämmtliche Frauen der Jubilare er¬
schienen.
Das soleune Mahl und da« ganze Fest verlief in feierlich
gehobener, freundschaftlicher Stimmung. Es wäre, wie in der
Begrüssungsrede hervorgehoben wurde, keine demonstrative Jubel-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
274
feier vorgesehen, sondern die Feier sollte dem Wiederfinden
alter engverbnndener Frennde, die vor 25 Jahren sich das Ver¬
sprechen gegeben hätten, nach 25 Jahren sich in Berlin wieder
zu sehen, geweiht sein. Dass das Semester von 1870/73 von
jeher so eng unter einander verbunden gewesen sei, läge in dem
Zusammenschluss während des grossen Jahres 1870/71. Denn
trotz aller Anstrengungen sei es nicht zu erreichen gewesen, an
dem Kampfe gegen den Feind persönlich Theil zu nehmen.
Durch das von dem Kriegsminisler v. Roon mitgetheilte Königs¬
wort: „Jeder Mann auf den ihm angewiesenen Posten“ — wäre
das Semester vom Feldzuge fern gehalten und noch vor Beginn
der eigentlichen Studienzeit enger zusammengefiibrt und zum
Ausharren in Berlin gezwungen, woselbst es andererseits allerdings
Zeuge grosser Ereignisse geworden sei. Iudess sei dadurch
Entsagung und Erziehung zum Pflichtgefühl geübt — Tugenden,
die als beste Mitgift der Jugend diesem Semester mit auf den
Weg gegeben seien.
Weitere Reden: Begrüssung des Rectors und dessen Ant¬
wort, welche in einem Hoch auf die thierärztliche Wissenschaft
ansklang, — eines anwesenden Gastes, der als Jurist das
Zusammenwirken der Rechtsprechung mit der Thierheilkunde
pries8 — ferner das Hoch auf die Damen, dem der Schwedische
Ausdruck „Hustrue“ Haustreue für Hausfrau untergelegt war
u. 8. w., u. 8. w. würzten das Maid und riefen die heiterste
Stimmung hervor. Es wurde dann auch der Beschluss gefasst,
nicht erst nach 25, sondern schon wieder nach 10 Jahren die
Feier zu wiederholen. An die offlcielle Feier schloss sich eine
ziemlich weit ausgedehnte Fidelitas.
Am nächsten Tage wurde ein Ausflug nach Potsdam unter
der sachkundigen Führung von Collegen Virchow und Gattin
unternommen, welcher seinen Abschluss in einer reizenden
Dampferparthie auf den Havelseen fand.
Die Feier wird jedem der Theilnehmer Dach eigenster Ver¬
sicherung unvergesslich bleiben. Möge es allen Theilnehmern
und Theilnehmerinnen vergönnt sein, die ferneren Jubiläen in
ungetrübter Gesundheit zu erleben — zum ersten Male also nach
zehn Jahren auf Wiedersehen! P.
Nachruf.
Am 24. Mai er. hat in Kolberg nach langem, schwerem Leiden
im Alter von 65 Jahren der
Königliche Departements-Thierarzt a. D.
Herr Karl Friedrich Wilhelm Gips
die Augen zum ewigen Schlafe geschlossen.
Mit dem Verewigten ist ein ehrenwerther Vertreter der
Thierheilkunde aus dem Leben geschieden. Voller Hingebung
für seinen Beruf, schlicht, offen und freundlich im Verkehr mit
Jedermann, nachsichtig und milde in der Beurtheilung der
Fehler und Schwächen seiner Mitmenschen ist er durchs Leben
gewandert.
Andauernde schwere Krankheit nöthigte ihn, sich am 1. No¬
vember 1896 in den Ruhestand zurückzuziehen, bei welcher
Gelegenheit er in Anerkennung seiner Verdienste um den Verein
der Thierärzte im Reg.-Bez. Köslin — er war Mitbegründer des
Vereins und leitete diesen 13 Jahre — zum Ehrenvorsitzenden
desselben ernannt wurde.
Wir verlieren in ihm einen Collegen, der in allen Fragen des
Amts und des Berufes jederzeit mit Rath und That zu helfen
bereit und vielen, die ihm nahe standen, ein wahrer Freund war.
Wir werden deshalb noch über das Grab hinaus ihm ein treues,
ehrendes Andenken bewahren
Die Mitglieder des Vereins der Thierärzte
im Reg.-Bez. Köslin.
LA.: Brietzmann.
Das spanische Milltärveterlntrcorps.
Der spanische Militärveterinär Serrano publicirt im Bulletin
vötörinaire (Aug. 1897) folgende Angaben über das spanische
Militärveterinärcorps. Dasselbe ist durch Kgl. Edict vom
3. Februar 1897 neuorganisirt worden und besteht aus:
1 Veterinärunterinspector 1. Classe (Oberst),
2 Veterinärunterinspectoren 2. Classe (Oberstlieutenant),
9 Veterinärmajore (Major),
73 Veterinäre 1. Classe (Rittmeister),
87 „ 2. „ (Premierlieutenant),
63 „ 3. „ (Secondelieutenant).
Von diesen 235 Thierärzten befinden sich 1 Veterinärmajor,
11 Veterinäre 1. CI., 45 2. CI., 27 3. CI. auf Cuba; 2 Veterinäre
1. CI., 5 2. CI., 2 3. CI. auf den Philippinen; 2 Veterinäre 1. CI.,
2 2. CI. auf Portorico.
Der Veterinärunterinspector 1. CI. ist dem Kriegsministerium
zugetheilr (Remonte und Hauptdepotabtheilung), von den beiden
Veterinärunterin8pectoren2.Cl. gehört einer zum Kriegsministerium,
wo er die Personalien des Veterinärcorps verwaltet, der zweite
ist Consulent für das Veterinärwesen. Die acht in der Metropole
verbliebenen Veterinärmajore dienen als Chef des Veterinärdienstes
bei den Armeecorps. — Die Veterinäre 1., 2. und 3. CI. sind den
Truppentheilen, Remontedepots, Hauptdepots und Schulen über¬
wiesen.
Die spanischen Militärveterinäre sind den Truppenoffizieren
in allen Beziehungen (Rang, Vorrechte, Gehalt etc.) vollständig
gleichgestellt. Die pecuniären Competenzen betragen pro Jahr:
Veterinär 3. CI. 2100
Pesetas
= 1680 M..
2. CI 2400
V
-= 1920
ff
1. CI. 3000
ff
= 2400
ff
Veterinärmajor 5000
ff
-- 4000
Unterinspector 2. CI. 6000
ff
— 4800
ff
„ 1. CI. 8000
ff
“ 6400
ff
Alle Gehälter (mit Ausnahme desjenigen des Unterinspectors
1. CI.) steigen jährlich um 20 Pesetas - 16 M., bis dass die
nächstfolgende Gehaltsstufe erreicht ist.
Sämmtliche Veterinäre haben Anspruch auf ein Chargenpferd
und einen Burschen.
Die Uniform besteht aus einem Shako von weissem Filz mit
schwarzem Rand, silbernen Rangstreifen und weissem Haarbusch,
ev. blaue Tuchmütze mit Rangstreifen. Blauer Waffenrock mit
Silberstickerei am Kragen, Ranginsignien auf den Aermeln. Diese
bestehen bei den Stabsoffizieren aus 12 mm breiten Silberborten
und Sternen mit 8 Spitzen, drei Sterne und drei Borten beim
Unterinspector 1. Cl-,.Z.wei Sterne und zwei Borten beim Unter¬
inspector 2. CI., eine Borte und zwei Sterne (1 Gold, 1 Silber)
beim Major. Die Subalternofficiere tragen schmälere (6 mm) Silber¬
borten und Sterne mit sechs Spitzen, und zwar drei Borten und
drei Sterne bei den Veterinären 1. CI., zwei Borten und zwei
Sterne bei den Veterinären 2 CI., eine Borte und zwei Sterne
(1 Gold, 1 Silber) bei den Veterinären 3 CI. Beinkleid aus blauem
Tuch mit rotliem Band. Achselstücke aus Silber nebst silberner
Fouragirleine. Bandolier mit Verbandtasche. Als Mantel dient
ein Pelzattila, als Waffe der Degen. Der Unterinspector 1. CI.
und die Corpsveterinäre haben ausserdem das Recht einen
Commandostab zu tragen.
Die Altersgrenze ist für die Veterinäre 3. bis 1. CI. auf 60,
für die Majore und Unterinspectoren 2. CI. auf 62, für den Unter¬
inspector 1. CI. auf 64 Jahre noimirt. Pensionsberechtigt sind
die Veterinäre vom 20. Dienstjahre ab, die Pension steigt bis zum
35. Dienstjahre nnd beträgt dann 90 pCt. des Gehalts. Die Studien¬
jahre gellen als Dienstjahre. Das Wittwen- und Waisengeld, das
nach zwölfjähriger Dienstzeit ausbezahlt wird, beträgt 25pCt. des
Gehalts des betr. Offiziers.
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9. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
275
Zahl der Aerzte zu der Bevölkerung in den Gressstädten.
Es kommt ein Arzt in
Charlottenburg
auf
624
Einw.
Biaunschweig auf 1203 Einw.
Halle
684
Düsseldorf
ff
1227
tf
München
M
778
yy
Cöln a. Rh.
yy
1250
ft
Frankfurt a. M.
1»
785
yy
Hamburg
1284
ft
Königsberg
yy
792
yy
Nürnberg
it
1336
ft
Berlin
807
ff
Magdeburg
tf
1339
ff
Stuttgart
ti
810
Bremen
tf
1364
•f
Breslau
V
834
ff
Dortmund
ft
1566
ff
Dresden
tt
943
yy
Altona
yy
1752
•y
Hannover
>i
974
yy
Elberfeld
f }
1960
tt
Stettin
tt
1042
yf
Chemnitz
ff
1987
ff
Danzig
yy
1064
ff
Barmen
yy
2082
Leipzig
yy
1082
ft
Crefeld
ft
2145
n
Aachen
ff
1162
Hierbei sind die nicht prakticirenden Aerzte mit einbegriffen,
wodurch sich das Verhältnis etwas verschiebt; auf einen Arzt
kommen danach etwas mehr Einwohner, als die vorstehenden
Zahlen angeben. Ganz besonders kommt dies für Berlin in Be¬
tracht, wo eine grosse Zahl junger Aerzte sich Studien halber
aufhält und eine ebenfalls grössere Anzahl älterer Aerzte sich zur
Ruhe gesetzt hat; auch die grosse Zahl der Militärärzte ist hierbei
in Betracht zu ziehen. Trotzdem bleibt das Verhältnis der Zahl
der Aerzte zn der der Einwohner in den Grossstädten sehr ungünstig.
Kreisthierärztliches Examen In Berlin.
Professor Dr. Kaiser von der Tierärztlichen Hochschule in
Hannover ist zum Mitgliede der Commission für die krcisthier-
ärztliche Prüfung in Preussen ernannt worden.
Ausstellung der deutschen Landwirthschafts-Besellschaft In Dresden.
Aus Anlass der in den Tagen vom 30. Jnni bis 5. Juli d. J.
in Dresden stattfindenden Ausstellung der deutschen Landwirth-
scbaft8-Gesell8chaft hat der Dresdner thierärztliche Verein einen
thierärztlichen Ausschuss gewählt, welcher sich aus den Unter¬
zeichneten zusammensetzt.
In der sicheren Erwartung, dass diese Ausstellung auch von
Thierärzten zahlreich besucht werden wird, hat der Unterzeichnete
Ausschuss sich die Aufgabe gestellt, den die Ausstellung be¬
suchenden Herren Collegen in der Beschaffung von Wohnungen
behülflich zu sein, Auskünfte jeder Art zu ertheilen und Vor¬
kehrungen auch für gesellige Veranstaltungen in und ausserhalb
der Ausstellung zu treffen.
Die Unterzeichneten stellen sich daher, ein jeder für sich,
allen Herren Collegen, welche die Ausstellung zu besuchen ge¬
denken. bereitwilligst zur Verfügung behufs Auskunftsertheilung etc.,
bitten aber, Bestellungen auf Wohnungen unter genauer Angabe
von Zeit, Bettenzahl, Hotel und Privatwohnung und sonstigen
Ansprüchen möglichst bald aufgeben zn wollen, da schon jetzt
solche in grosser Zahl bei dem von der Ausstellungsleitung
eingerichteten Wobnungsbureau eingehen. Letzterem, welchem
Wohnungen jeder Grösse und Preislage zur Verfügung stehen,
wird auch von den Unterzeichneten, unter ihrer persönlichen
Mitwirkung, die Vermittelung von Wohnungen für die Herren
Collegen übertragen werden müssen.
Dresden, den 26. Mai 1898.
Otto Beier, Bezirksthierarzt, Dresden-Neustadt, Königs-
brückerstr. 47. Max Redlich, Amtsthierarzt, Dresden-Altstadt,
Amalienstr. 23. Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-Neustadt,
Bischofsweg 18.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Seuchenstatistik nnd Veterin&rpolizei.
Thierseuchen im Auslande. I. Quartal 1898.
Grossbritannien.
An Milzbrand erkrankten bei 151 Ausbrüchen 243 Thiere,
wovon 140 auf England, 96 auf Schottland und 7 auf Wales
kamen. Die Tollwuth betraf 6 Thiere (und zwar nur Hunde in
England); 63 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausserdem
getödtet worden. An Rotz erkrankten in England 267, iu Schott¬
land 114 Pferde. Die Zahl der wegen Schweinelieber geschlachteten
bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen Schweine betrug
11 783, wovon auf England 10 359, auf Wales 399 und auf
Schottland 1025 kamen. Der Lungenseuche ansteckungsverdächtig
sind in England 220 Rinder erachtet worden, ausserdem ist ein
seucheverdächtiges Thier polizeilich getödtet, aber seuchefrei
befanden worden.
Schweden.
Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 12, der
an Rauschbrand 4, der an Maul- und Klauenseuche und Schweine-
souche (Schweinepest) je 3.
Serbien.
Die Zahl der Erkranbungsfälle betrug: Milzbrand 8; Toll-
wnth 1; Maul- und Klauenseuche 334 Rinder und 54 Schafe;
Schafpocken 374; Schweinepest 37.
Dänemark.
Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand
Januar 18, Februar 12, März 17; Rothlauf der Schweine (Milz¬
brandartige Rose) Januar 126, Februar 120, März 89; Rücken¬
markstyphus der Pferde im Januar 2, Febrnar 1, März 2; bös-
Veterinärbeamte.)
artiges Katarrhfieber des Rindviehs im Januar 3, Februar 5,
März 7; chronische Schweinediphtherie im Januar 3, Februar 3,
März 1.
Ergebnisse der Tuherculln-Impfungen In den Seequarantfiaeanstalten.
Im IV. Quartal 1897 wurden in den Seequarantäneanstalten
zu Kiel, Altona - Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Hvidding,
Tönning, Warnemünde-RoBtock, Lübeck und Hamburg eingeführt
19 939 dänische und 2 363 schwedische Rinder, von denen der
Tuberculinprobe unterworfen wurden 21 750 Stück. Von diesen
wurden durch die Re&etion verdächtig 7197 -=» 33,08 pCt, davon
wurden nach dem Abschlachten als tuberculös befunden durch¬
schnittlich 85 pCt.
Während des Jahres 1897 wurden über die genannten See¬
quarantäneanstalten eingeführt 70097 dänische und 6981 schwe¬
dische Rinder, von denen der Tuberculinprobe unterworfen
wurden 74 813 Stück. Von diesen wurden durch die Reaction ver¬
dächtig 23 085 = 30,85 pCt. Nach dem Abschlachten wurden
hiervon als tuberculös befunden durchschnittlich 85 pCt,
Vernichtung des Centrifugenschlammes.
Die zur Verhütung der Verbreitung der Maul- und Klauen¬
seuche angeordnete Vernichtung des Centrifugenschlammes ist
ausser in den bereits genannten Regierungs-Bezirken Bron.berg,
Königsberg, Danzig, Breslau und Lie^niiz (B. T. W. pg 72 und
Beilage No. 3 und 5.) auch in folgenden Bezirken durchgeführt:
Potsdam, Stralsund, Posen, Bromberg, Berlin, Merseburg, Erfurt,
Schleswig, Hildesheim, Magdeburg, Lüneburg, Stade, Osnabrück,
Aurich, Münster, Minden, Arnsbeig, Cassel, Coblenz, Trier,
Aachen, Sigmaringen.
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276
Dänemark und Norwegen. Unterm 25 April bezw. 7 Mai d. J.
haben die Regierungen in Dänemark und Norwegen wegen Auf¬
tretens der Maul- und Klauenseuchen in Schweden die Einfuhr
von Hornvieh, Schafen und Ziegen, sowie von Milch, Heu und
Stroh aus Schweden bis auf Weiteres verboten.
Schweden: Unterm 7. Mai d. Js. ist jegliche Ausfuhr von
Rindern und Schweinen ans den Provinzen Malmöhns und
Christianstadt bis auf Weiteres verboten.
Fleischschan and Yiehverkehr.
Wie lange hält sich das Fleisch bei gewöhnlicher Aufbewahrung?
Genauere Angaben über diese so wichtige Frage finden sich
bisher nur in einem alten Werke von Johann Peter Frank
„System einer vollständigen medicinischen Polizei“, Manheim 1804.
Hiernach beträgt im Sommer, allerdings nicht bei Gewitter¬
schwüle, die Haltbarkeit beim Wildpret nnd Wildgeflügel 4 Tage,
bei Hasen jedoch nur 3, beim Wildschwein und Auerhahn 6.
Rebhühner sollen sich nur 2 Tage halten. Unter den Hans-
thieren haben das haltbarste Fleisch die Truthühner und Gänse
4 Tage; Hühner-, Rind- und Schweinefleisch hält sich 3 Tage,
alles übrige nur 2 Tage. Im Winter beträgt die Haltbarkeit
bei Auer-, Birk-, Fasanenhähnen 10 Tage, beim Auerhahn
speciell 14. Ebenfalls 10 Tage beim Wildschwein, 6 Tage beim
Hasen, 8 Tage beim Rothwild. Truthühner, Gänse, alte Hühner, -
Kapaunen, Rind- und Schweinefleisch halten sich 6 Tage, jnnge
Hühner, Tauben, Kälber und Lämmer 4 Tage, Schöpse nur 3 Tage.
Lungenflnnen beim Rind.
Nach der Clinica veter. Januar 1897 fanden D e 1 c i d i und
C o t o 1 d i bei einem 56 Tage alten Kalbe ausser dem Herzen
No. 23.
und wenigen in der Zunge nnd in den Kaumuskeln, sowie in
einigen anderen Muskeln eine grosse Zahl von Finnen in Lunge
und Leber.
Ebenso fand im Schlachthof zu Troyes nach dem Rec. de
m£d. v£t, 97, 2, Morot bei einer ca. 16jäh)igen Kuh 45 theils
durchscheinende, theils trübe Bläschen in den Lungen, die sich
als Cysticercus inermis erwiesen. Die hierauf untersuchten
LymphdrÜ8en, Herz-, Kaumuskeln und anderen Muskeln wurden
frei von Finnen gefunden.
Finnen beim Reh.
Bei einer ^jährigen Ricke war die gesammte Muskulatur
hochgradig mit Finnen durchsetzt, die einen Unterschied von
Cysticercus cellulosae nicht erkennen Hessen. An den Ein-
geweiden soll sich nichts gefunden haben. Die Finnen waren
roggenkorngrosB und intact.
(Dr. Aronsohn, Ztschr. f. Fl. n. Milchh.)
Vorgehen gegen die Eutertubercoioee.
Nach einer Mittheilung in der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. ist in
Schweden unter dem 15. October 1897 bereits eine Verfügung
erlassen worden, welche Folgendes bestimmt: Jeder Thierarzt,
der beim Rindvieh Eutertuberculose wahrnimmt, hat es an-
euzeigen. Die Behörde hat die Abschätzung und Abschlachtung
anzuordnen. Der Besitzer wird entschädigt unter Anrechnung
der noch verwerthbaren Theile des Thieres.
Der rechtliche Begriff „Kindermilch“.
Das Reichsgericht hat in einer Strafsache gegen den Director
einer elsässischen Molkereigenossenschaft entschieden, dass die
Bezeichnung gewöhnlicher Milch als Kindermilch strafbar sei.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Oberrossarzta. d. Schmidt-
Elbing für den Kreis Elbing, Thierarzt H a n s - Nordhausen für den
Kreis Nordhausen, Thierarzt Assenmacher -Heinsberg für den
Kreis Heinsberg, Thicrarzt A. Blume- Stallupönen für den Kreis
Eiderstedt mit Wohnsitz in Tönning, Thierarzt Meyerstrasse-
Othfresen für den Kreis HUnfeld.
Kreisthierarzt Schmitt- Cleve ist zum commiss. Departements¬
thierarzt für den Reg.-Bez. Düsseldorf ernannt worden.
Es ist gewählt worden: Thierarzt R. L i n d e - Osnabrück
zum Schlachthuf-Inspector in Bielefeld.
Promotion : Rossarzt Hengs- Paderborn von der philosophischen
Facultät der Universität Leipzig.
Approbationen: Berlin: Die Herren Katschinski und
Wieler. — Hannover: Die Herren Bambauer, Lüne¬
mann, Türk und V o i t m a n n.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt G. Cieslik - Steinau O.-S. nach Breslau-Pöpelwitz, Thierarzt
J. Graf - Oschersleben nach Fraulautern b. Saarlouis, Thierarzt
H. Sieber- Berleburg nach Zabrze, Thierarzt H. Wulf- Klempau
nach Othfresen b. Goslar a. H., Schlachthofvorsteher Vömel-
Nordhausen nach Langelsheim (Braunschweig), ThierarztEdm. Otto-
Wiehe nach Stotternheim b. Erfurt
Todesfälle: Rossarzt Schultz- Stallupönen, Bezirksthierarzt
Reimer- Schönberg (Mecklenburg-Str.), Thierarzt Samplebe-
Schöppenstedt. _
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. F r a n k f u r t: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln:
Falkenbcrg 0 /S. zum L Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück).
— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und
300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablau fder Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen • a) NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magi st
— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt (2160 M.). Bew. bis 10. Juni
an Verwaltung. — Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M.i
freie Wohnung, Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch anbesetzte
Stellen: Ostrowo: Schlachthofinspector. — Schlawe (Pommern):
Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
Bartenstein (Ostpr.) — Butzbach. — Creuzburg (Werra). —
Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck).— Gux¬
hagen (Regierungs-Bezirk Cassel). — Maulbronn. — Pitseben. —
Pollnow. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene:
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat.
— Einbeck (Prov. Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg
(Schlachthof,. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.).
Bew. an Magistrat. — Lasdehnen: Thierarzt (vom landw. Verein
1800 M. garantirt). Auskunft Klaadat, Tulpeniken (Ostpr.). — Moringen
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 M.). Meldungen bis 10.Mai
an Magistrat. — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht
(Elbe). — Rodach (Herzogth. Coburg): Thierarzt für Stadt- und
Amtsbezirk (Fixum 1700 M.). Meid, an Magistrat. — Satow
(Mecklbg. - Schw.): Thierarzt. Auskunft L. Bosselmann in Gr.-
Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg. - Schw.). — Schlawa
i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat — Schlotheim:
Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den
Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres
durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Stras¬
burg (Uckermark): (Gebühren aus Fleischschau 1300 bis 1500 M.).
Auskunft Polizei-Verwaltung. — W etter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren
aus einzufühiender Fleischschau ca. 2000 M ). Näheres durch das
„Amt“ daselbst.
Besetzt: StaatBstelle : Eiderstedt, Hünfeld.
Verantwortlich nir den Inhalt (excl. InseraieD'.heil) Prof. Dr. Scbmaltt tu Berlin. — Verlag und Klirenthum von Richard Sclioota in Berlin. — Druck von Vf. BOxenateln. Berlin.
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OrlfkuUbdtiftm worden mit M Hk. ftr den Bogen honorirt
Alle Manuseripte, Mltthellonren nnd redeetlonellen An¬
fragen beliebe man zu «enden an Prof. Dr. Sehmaltx,
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., Luiienstraaxe .16.
Oorrecturen, Receniiom- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. E. Schmaltz, Dr. E. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Die „Berliner ThieriLratUche Woehena« hrlft“ erscheint
wöchentlich in Stärke von mindestens l 1 /, Bogen. Dieselbe
ist xu beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Klchara
Schoetz, Berlin NW., Luisenstnsse SG, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Jahrgang 1898. M 24. Allsgegeben am 16. Juni.
Inhalt: DleokerhofT: Obergatachten Uber den Fehler des Beissens and Schlagens bei einem Pferde —
Truelsen: Tuberculose beimPferde. — Schultz: Einführung der I mp fung mit Tuberculinum Kochii und
Anderes. — Knoll: Mastitis mit septischen Erscheinungen. — Referate :01t: üeber die entozoischen Follicular-
erkrankuugen im Sc'iweinedarm. — Tartakowsky: Der afrikanische Rotz der Pferde. — Höflich: Zur Bekämpfung der
Schweinepest. — Matthies: Hämaturie der Rinder. — Strobel: Fruchthältervorfall bei der Stute. — Ueber Erkrankungen
nach dem Genüsse der Milch von Kühen, welche mit Kupfersalzlösung besprengtes Weinlaub als Futter erhielten. — N u 11 a11:
Zur Aufklärung der Rolle, welche stechende Insecten hei der Verbreitung von Infectionskrankheiten spielen. — Stutzer und
Hartleb: Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche. — Bowhil: Eine neue Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei
Gebrauch einer OroeYnbeize. — Beck: Ueber die histologischen Unterschiede zwischen Blastomyceten und hyaliner Degene¬
ration. — Kleine therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thier¬
ärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mpi 1898. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen:
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Obergutachten über den Fehler des Beissens und
Schlagens bei einem Pferde.
Von
DleokerhofT.
In der Rechtssache des Gerbermeisters St. zu W. gegen den
Bierverleger E. zu Berlin ertheile ich in Erledigung des Gerichts¬
beschlusses vom 3. December v. J. das nachstellende Gut¬
achten :
Beweisfrage.
Ob nach dem Ergebnisse der Beweisaufnahme, insbesondere
nach dem Attest des Kreisthierarztes Er. vom 27. September 1897
angenommen werden muss, dass das streitige Pferd be¬
reits am 7. September 1897 die Untugend des Beissens und
Schlagens gehabt hat? oder ob diese von dem Kläger bezw.
dessen Leuten an dem Pferde wahrgenommenen Untugenden
durch eine unsachgeraässe Behandlung des Pferdes hervorge-
rnfen siud?
Thatbestand:
Auf dem Markte zn Charlottenburg am 7. September 1897
schlossen die Parteien das Kaufgeschäft, durch welches das hier
streitige Pferd zum Preise von 310 M. in den Besitz des Klägers
überging, ln der Klageschrift wird behauptet, dass das Pferd
zur Zeit der Uebergabc die Untugend des Beissens nnd Schlagens
gehabt habe. Dagegen bemerkt der Beklagte, dass das Pferd
bis znr Uebergabe am 7. September kein Beisser und Schläger
gewesen sei. Wenn dasselbe im Besitze des Klägers ein Beisser
und Schläger geworden sei, so könne dies nur durch sachwidrige
Behandlung des Pferdes verschuldet sein.
Nach Blatt 9—11 d. A. hat der Kreisthierarzt Er. das
streitige Pferd am 22. September 1897 in einem Ausspannnngs-
stalle zu J. untersucht. Dasselbe (Fuchsstute, 7—8 Jahre alt)
stand in einem kleinen Stalle mit einem zweiten Pferde.
Zwischen beiden befand sich eine feste hölzerne Wand. Das
Pferd bekundete keine Krankheitserscheinongen nnd verhielt sich
auch scheinbar gleichgültig bei der Annäherung fremder Personen.
Sobald sich aber.die Personen der hölzernenWand nähern, wendet es
plötzlich und unerwartet den Kopf nach der Seite oder springt
direct auf die Personen los und sucht dieselben mit den Zähnen
zu fassen. Gleichzeitig drängt es mit der Hinterhand gegen die
Holzwand au und schlägt mit den Hinterfüzsen gegen die letztere,
in der Absicht, die sich nähernden Personen zn treffen. Dieses
Benehmen hat sich wiederholt, soj oft sich Jemand dem Pferde
näherte.
Das_Herausnehmen des Pferdes war gleichfalls mit erheb¬
lichen Schwierigkeiten verknüpft nnd gelang nur dadurch, dass
der Kätscher in die Krippe stieg und die Halfterbänder löste,
nachdem das Pferd vorher fest am Halfter gepackt war.
piernach erachterEr., dass die Stute mit der Untugend des
BeisSens und Schlagens in hohem Grade behaftet und dass des¬
halb die Benutzung derselben für den Besitzer mit Gefahren ver¬
banden sei.
Durch die Beweisaufnahme sind folgende Zeugenaussagen
gerichtlich festgestellt worden:
1. Gerbergeselle Sch. (Bl. 21). Ich stehe seit etwa fünf
Jahren bei dem Kläger im Dienste, woselbst ich die Pferde
füttere nnd putze. Am Tage nach der Ablieferung der streitigen
Fuchsstnte wollte ich dieselbe im Stalle des Klägers pntzen.
Sofort schlug das Thier mit den Vorderfüssen nach mir, ging
auf mich zu und machte Miene, mich zn heissen, indem es mit
den Zähnen mich zu fassen suchte. Das Pferd ist ausserordent¬
lich empfindlich. Man darf ihm im Stalle mit der Striegel nicht
zu nahe kommen, da es sonst sofort zu schreien anfängt und
anf den Mann, der es pntzen will, losgeht. Ausserhalb des
Stalles ist das Patzen nur ausznführen, wenn das Pferd durch
eine andere Person gehalten wird. Auch dann kann dies nur
mit grösster Vorsicht geschehen, da das Pferd sich an den
Banchtheilen nur schwer ankommen lässt. Das Pferd ist von
mir und, soviel ich gesehen, vom Kläger stets gut und ruhig
behandelt worden. Aach beim Anfschirren und namentlich beim
Znschnallen des Bauchriemens versucht das Pferd zu beissen
nud zn schlagen.
2. Händler Z. (Bl. 32). Anf dem Markte zu Charlottenburg
war ich zugegen, als der Kläger mit dem Beklagten wegen der
Fnchsstnte verhandelte and dieselbe kaufte. Die State war ein
gespannt. Beklagter setzte sich anf den Wagen und fuhr nach
dem Gasthofe. Hier spannte der Beklagte das Pferd aus und
nahm ihm das Geschirr ab. Hierauf forderte mich der Kläger
auf, dem Pferde die Decke 'aufzulegen und den Gurt nmzn-
schnallen. Als ich im Begriff war, das letztere zn thnn, sprang
das Pferd in die Höhe und schrie auf.
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24
278
3. Kätscher K. zu Berlin (Bl. 50). Seit Frühjahr 1896
habe ich die fragliche Fuchsstute ein- und zweispännig gefahren
und gefüttert. Ich habe niemals bemerkt, dass das Thier
gebissen oder ausgeschlagen hat. Ich habe nur wahrgenom men,
dass das Pferd, wenn es mit der Striegel unter dem Bauch und
an den Hinterfüssen geputzt wurde, hochgesprungen ist und
gejauchzt hat.
4. Kellerarbeiter B. (Bl. 51). Seit Juli 1897 bin ich in dem
Geschäfte des Beklagten. Ich habe niemals wahrgenommen, dass
das fragliche Pferd gebissen oder geschlagen hat. Auf mich hat
es den Eindruck gemacht, dass es sich gut leiten lässt.
5. Schmied M. zu Berlin (Bl. 51). Ich habe die fragliche
Fuchsstute mehrere Male beschlagen, aber niemals wahrgenommen,
dass dieselbe beisst oder schlägt. Im August 1897 holte ein
kleiner Junge das Pferd aus der Schmiede ab. Dasselbe war
immer willig.
Gutachten.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass das streitige Pferd
einen unleidlichen Charakter besitzt und infolgedessen bei dem
gewöhnlichen Putzen mit einer Striegel am Bauche oder am
Hinterschenkel in die Höhe springt und aufschreit (Zeuge Kr.).
Ebenso verhält sich das Pferd beim Anlegen eines Brust¬
oder Bauchgurtes, wie der Zeuge Zw. am Tage des Kaufes
constatirt hat. Hiermit stimmen die Wahrnehmungen überein,
welche der Zeuge Sch. in der Besitzzeit des Klägers, und zwar
am Tage nach der Uebergabe und in der Folgezeit bei dem
Pferde gemacht hat.
Aus den eidlich erhärteten Beobachtungen der vorgenannten
Zeugen geht hervor, dass das streitige Pferd zur Zeit der Ueber¬
gabe nicht die gewöhnliche Frömmigkeit eines guten Arbeits¬
pferdes gehabt hat, sondern mit einem abnorm erregbaren
Temperament behaftet ist und deshalb gegen das Putzen und
Anschirren durch fremde Personen sich widerspenstig benimmt.
ErfahrungsgemäsB kommt bei solchen Pferden die Untugend des
Beissens und Schlagens sehr leicht zur vollständigen Ausbildung.
Dass das streitige Pferd schon zur Zeit der Uebergabe Personen
durch Beissen und Schlagen angegriffen habe, geht aus den
Acten nicht hervor. Wohl aber ist als actenmässig festgestellt
anzusehen, dass derselbe Temperaraentsfehler, der bei der Unter¬
suchung des Pferdes am 22. September 1897 sich durch den Ver¬
such des Beissens und Schlagens gegen Personen äusserte, in
einem niedrigen Grade schon vor der Uebergabe bei dem Pferde
vorhanden gewesen ist.
Durch den Untersuchungsbericht des Kreisthierarztes Er.
wird dargethan, dass das Pferd im Stalle auf Personen direct
losBprmgt und dieselben mit den Zähnen zu fassen sucht, sowie
dass es im Stalle mit den Hinterfussen gegen Personen schlägt.
Hiernach muss angenommen werden, dass das Pferd fremde Per¬
sonen, welche ihm nahekommen, gefährdet, dass hierdurch die Ver¬
wendung des Pferdes erschwert wird und dass der Werth desselben
deshalb erheblich verringert ist. Die Meinung, dass diese Un¬
tugend durch eine nicht sachgemässe Behandlung des Pferdes
erst in der Besitzzeit des Klägers hervorgerufen sei, wird durch
das Ergebniss der Beweisverhandlnngen widerlegt Denn zu den
Symptomen des bei dem streitigen Pferde bestehenden fehler¬
haften Temperamentes gehört sowohl das von dem Zeugen Kr.
schon vor der Uebergabe constatirte Hochspringen und Jauchzen
beim Striegeln, wie das am Tage der Uebergabe vom Zeugen Z.
beobachtete Springen und Schreien beim Anlegen des Bauch¬
gurtes.
Demnach hat das Pferd zur Zeit der Uebergabe die beim
Ankauf von Arbeitspferden gewöhnlich vorausgesetzte Frömmigkeit
nicht gehabt. Es war vielmehr gegenüber der Stallpflege, ins¬
besondere der gewöhnlichen Reinigung der Haut mit einer
Striegel, sowie gegenüber dem Anlegen des zum Geschirr ge¬
hörenden Brustgurtes infolge einer abnormen Reizbarkeit der
Haut von widersetzlichem Charakter und deshalb mit einem
Mangel behaftet, welcher bei der zum Abschlüsse von Pferdekauf-
geschäften üblichen Aufmerksamkeit für Laien nicht erkenn¬
bar ist.
Die Schlussfolgerung, dass das streitige Pferd ein fehler¬
haftes Temperament besitzt, wird durch die Aussagen der Zeugen
Kr., B. und M. nicht widerlegt. Denn nach der Erfahrung ver¬
halten sich viele Pferde, welche wie das hier streitige Pferd
ein unleidliches Temperament besitzen, unter der Führung des
bekannten Kutschers oder Dienstknechtes in der Arbeit willig
und folgsam. Es ist auch nicht auffallend, dass das streitige
Pferd von einem kleinen Jungen aus der Schmiede abgeholt
werden konnte. Denn hierbei brauchte eine Berührung der Haut
am Bauche oder an den Hinterschenkeln oder das Anlegen eines
Arbeitsgeschirrs nicht zu erfolgen. Mangelhaft ist das streitige
Pferd aber dadurch, dass dasselbe gegenüber fremden Personen
nicht stallfTomm ist und insbesondere nicht von einem gewöhn¬
lichen, in der Pferdepflege wenig geübten Kutscher oder Dienst¬
knecht ohne Gefahr geputzt und angeschirrt werden kann. Ein
derartiges Pferd kann zwar bei geschickter Führung die gewöhn¬
lichen Dienstarbeiten ebenso gut verrichten wie ein mangelfreies
Pferd von gleicher Bauart; es lässt sich aber im Handelsverkehr
der Regel nach nur zu einem erheblich geringeren Preise ver¬
kaufen.
Aus vorstehenden Gründen ertheile ich das geforderte Gut-
( achten dahin:
Nach dem Ergebniss der Beweisaufnahme, insbesondere nach
dem Attest des Kreisthierarztes Er. ist anzunehmen, dass das
streitige Pferd bereits bei der Uebergabe am 7. September 1897
im Stalle und beim Anschirren nicht die gewöhnliche Frömmigkeit
eines guten Arbeitspferdes besessen hat. Dasselbe war vielmehr
mit einem erheblichen Mangel — mit der Untugend des Beissens
und Schlagens — behaftet.
Berlin, den 6. Januar 1898.
Dr. Dieckerlioff.
Tuberculose beim Pferde.
Von
T ruelsen - Schweidnitz,
Thierarzt.
So reich wie die Litteratur der Tuberculose der Rinder ist,
ebenso arm sind wir an Mittheilungen von wirklich einwands-
freieu Tuberculosefällen bei Pferden. Aus dem Grunde ist es
meines Erachtens eine grobe Unterlassungssünde, derartige
Krankheitsgeschichten dem allgemeinen Interesse vorzuenthalten.
Während man bei Kühen die Diagnose der Tuberculose
intra vitam oft — auch ohne die jetzt üblichen Tuberculin-
iqjectionen — mit ziemlicher Sicherheit stellen kann, ist das
Krankheitsbild der Pferdetuberculose kein charakteristisches.
Entgegen der Beobachtung des Herrn Prof. Dr. Dieckerlioff,
dass „der Entwicklung tuberculöser Krankheitszustände nur alte
Pferde unterworfen zu sein scheinen und ihm kein Fall bekannt
ist, der bei Fohlen oder jungen Pferden festgestellt wäre“, spielte
sich der in Folgendem mitgetheilte tuberculöse Process bei einem
circa 5 Jahre alten Pferde ab.
Ein hiesiger Zimmermeister hatte im Februar 1897 von
einem Landwirthe ein Pferd gekauft, welches am Abend des
Kauftages unter den Erscheinungen der Druse erkrankte. In den
nächsten 14 Tagen complicirte sich diese mit einer acuten
Laryngopharyngitis und beiderseitigen Pneumonie. Im Verlauf
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
379
von weiteren zwei Wochen waren die KrankheitserBcheinungen
im Re8pirationBtractu8 zurückgetreten, und zeigte das Pferd
ausser einer etwas gesteigerten Athemfrequenz (20 Athemzüge in
der Minute im Stande der Ruhe!) nichts Krankhaftes mehr. Die
Temperatur betrug 38,0° C., Puls 46—50 in der Minute.
Auf meine Veranlassung wurde darauf das Pferd zu leichten
Fuhren eingespannt. Indess noch am selbigen Tage musste hier¬
von Abstand genommen werden, da das Thier plötzlich starken
Schweissausbruch, dyspnoisches Athmen und leichte kolik¬
artige Erscheinungen zeigte. In den folgenden Wochen hatte
ich Gelegenheit, das erkrankte Pferd, welches der Besitzer auf
mein Ersuchen in meine Stallung einstellte, täglich zu beobachten.
Trotzdem sich in den Lungen weder durch Auscultation, noch
durch Percussion krankhafte Veränderungen nachweisen
Hessen, war die Athmung immer angestrengt und vermehrt. Der
Appetit war wechselnd, in der Regel und besonders gegen Ende
der Krankheit oft ganz verschwunden. Ab und zu traten leichte
Kolikerscheinungen sowie zunehmende Schwäche in der Hinter¬
hand auf, und es ging das Thier in seinem Nährzustand von
Woche zu Woche sichtlich rapide zurück. Das Deckhaar wurde
glanzlos und struppig, die Flanken fielen ein. die Kopfschleim¬
häute erblassten — das typische Bild einer chronischen Cachexie!
Obgleich ich bei diesem Befunde den Zustand für unheilbar
hielt, liess ich doch von Seiten des Besitzers dem tödtlichen
Verlaufe nicht vorgreifen, theils ans Neugier über die weitere
Krankheitsentwicklung, theils aus Vorsicht, um bei einem event.
Process gegen den Vorbesitzer wegen Rückzahlung der Kauf-
summe den Fall nicht unnöthig zu erschweren. Am 5. Mai 1897
endlich unter heftigen, zwei Tage andauernden Kolikerscheinungen
Exitus letalis.
Bei der Section, die der College Herr Rossarzt Pittier hier
auf meine Bitte mit mir zusammen vornahm, konnten wir folgenden
Befund feststellen:
Die Lungen waren nicht verändert, Luftröhre und Nasen¬
schleimhaut normal.
In der Bauchhöhle befand sich circa % Eimer grau-
rothe, blutige, trübe Flüssigkeit. Das Peritoneum viscerale et
parietale verdickt und stellenweise mit kleinen, fadenartigen
Wucherungen sammetartig besetzt
Die Milz war fast um das Dreifache vergrössert, höckerig,
mit 7—8 wallnuss- bis mannesfaustgrossen Tumoren durchsetzt.
Der Milzüberzug von gelblichweissem, glänzendem Aussehen, an
den prominirenden Stellen schwartig, bis auf einen Zoll verdickt und
mit der Milzpulpa durch reichliche, neugebildete Bindegewebs-
massen fest verwachsen. Die einzelnen Tumoren bestanden aus
einem Conglomerat von vielen kleineren (hirsekorn- bis erbsen-
grossen) Knötchen, die, mit einer Art bindegewebiger Kapsel
umgeben, theils von einer dickflüssigen, schmierigen, gelben
Masse, theils von einer kalkartigenbröcklichen Einlagerung angefüllt
sind. An ihrem ganzen äusseren Rande ist die Milz durch dicke Binde-
gewebsstränge mit dem angrenzenden Peritoneum verwachsen.
Die Bauchspeicheldrüse ist vergrössert und mit zahlreichen
kleineren und grösseren Abscessen durchsetzt
Die Leber ist parenchymatös entzündet; die portalen Lymph-
drüsen, ebenso wie die Leisten- und Lendendrüsen sind stark
vergrössert und käsigen, kalkartigen Inhalt*. Eine gleiche patho¬
logische Veränderung zeigen die rosenkranzartig angeschwollenen
Jdesenterialdrüsen, die stellenweise die Starke eines GänseeieB
erreichen.
Die beiden Nierenkapseln sind theilweise zu einer dicken,
schwartigen Wand umgewandelt. Die Nieren selbst, welche auf
dem Durchschnitt fleckige Röthung zeigen, sind vergrössert und
von weicher Consistenz. !
Beim Durchschneiden derselben entleert sich aus dem Nieren¬
becken ein gelber rahmartiger Eiter.
In dem aus diesem Material hergestellten, nach der Koch»
Ehrlich’schen Tinctionsmethode präparirten Ausstrichen liessen
sich Tuberkelbacillen in grossen Mengen nachweisen. Herr Prof.
Dr. Schütz hatte die Liebenswürdigkeit, auf Grund der Unter¬
suchung einiger von uns an das pathologische Institut der Hoch¬
schule zu Berlin eingesandter Tumoren die Richtigkeit unseres
mikroskopischen Befundes und unserer Diagnose zu bestätigen.
Es handelt sich in diesem Falle zweifelsohne um eine von
der Darmschleimhaut — in der zwar keine tubercnlösen Ver¬
änderungen mehr nachgewiesen wurden — ausgehende Primär-
affection, von wo aus sich der Krankheitsprocess auf dem Wege
der Lymphbahnen über die Organe der Bauchhöhle verbreitet
hat, und glaube ich der Theorie Bang’s, welcher derartige In-
fectionen auf Genuss von Milch tuberculöser Kühe zurückführt, als
für diesen Fall ätiologisch besonders passend beipflichten zu
müssen, zumal hier in Schlesien, wo die Tuberculose sich einer
stark ausgedehnten Verbreitung erfreu», Fohlen häufig mit roher
Kuhmilch ernährt werden.
Die unmittelbare Folge dieses Sectionsbefundes war, dass
der vom letzten Besitzer des verendeten Pferdes auf
Herauszahlung des Kaufpreises und der erwachsenen Unkosten
gegen den Vorbesitzer angestrengte Process zu Gunsten des Ersteren
entschieden wurde, da den oben beschriebenen pathologischen
Veränderungen — nach Analogie der bei der Rindertuberculose
üblichen Beurtheilungsweise — mit Fug und Recht eine Ent-
wicblung8dauer bis zu 6 Monaten zugestanden werden musste.
Einführung der Impfung mit Tuberculinum Kochii
und Anderes.
Von
Schnitz-Schlüchtern.
Komm. Krelaihiorarst.
Im Kreise Schlüchtern, in dem sehr vieles und schönes Vieh
gezüchtet wird — meist Simmenthaler Kreuzung, zum Theil mit
Einführung der echten Zuchtbullen aus dem Simmenthal und aus
oberbadischen und andern bewäbiten Zuchtgenossenschaften —,
gelang es mir, als Mitglied der Körungscommission durch¬
zusetzen, dass kein Zuchtbulle zum Sprung verwendet, und seit
circa l 1 /* Jahren auch, dass kein Bulle überhaupt zur Körung
gebracht werden darf, der nicht zuvor von mir mit Tuberculin
geimpft und unverdächtig befunden wurde.
Den wohlmeinenden Absichten des Ministenums, der Tuber-
culinimpfung bei den Viehbesitzern Eingang zu verschaffen»
wird, wie die Herren Collegen mir zustimmen werden, trotz
aller Mühe aussichtslos sein. Ich wenigstens konnte trotz
aller belehrenden und vom Landrath eindringlichst unterstützten
VortrSge im landwirtschaftlichen Verein und in mehreren
von mir angeregten Versammlungen nichts weiter erreichen, als
dass unter Verzicht auf alle Gegenleistungen teitens der Vieh¬
besitzer sich endlich eine Gemeinde dazu verstand, ihr Vieh auf
Kreiskosten zum Theil mit Tuberculin impfen zu lassen. Trotz¬
dem diese Gemeinde, nach den Verlusten der hier bestehenden
Kreisviehversicherung gerechnet eine der voraussichtlich von
Tuberculose am meisten verschonten ist, ergab die Impfung, dass
15 bis 16pCt. der geimpften Thiere reagirten, also immer noch
bedeutend mehr als die aus den Schlaclithausresultaten ge¬
wonnenen Ergebnisse, die für den Reg.-Bez. Cassel 8—10 pCt
feststellen.
Ein Hinderniss, das kaum sachgemäss widerlegt werden
kann, findet die Impfung in der gegründeten Furcht des Eigen-
thÜrners vor dem Bekanntwerden der Resultate und den unver-
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280
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
»eidlichen nachtheiligen Folgen, unter denen dann die Ver-
äusserung des betr. Schlacht- und Zuchtviehs leidet. Zu Schutzvor¬
richtungen etc., wie sie vom Ministerium mit Recht als Aequivalent
für die Gratisirapfung gefordert werden, versteht sich der Land¬
mann nun erst gar nicht; die Antworten derselben, die ich in
Versammlungen etc. zu hören bekam, waren oft sehr drastische.
Doch darüber stand schon in der Thierärztl. Wochenschrift zu
lesen. — Eher, wie gesagt, lässt sich eine Impferlaubniss er¬
langen, wenn ohne Verbindlichkeit zu Gegenleistungen, etwa auf
Kosten des Kreises, geimpft wird. Die Resultate sind allerdings
dann bloss von statistischem Werth. Da aber nun dieses auch
für den Kreis zu kostspielig wäre, so haben wir hier dadurch
Abhilfe zu schaffen gesucht, dass von mir eine Anzahl (16) von
in den verschiedenen Gemeinden (besonders den entfernter ge¬
legenen) wohnhaften, geeigneten Leuten, fast durchweg Trichinen¬
schauer, im Gebrauch des Thermometers und der Technik
sowolil der Taberculin-Impfung, als auch der Rothlauf-Impfung
(Lorenz’sches Verfahren) unterrichtet und als vereidete Impf¬
beamten ausgebildet und geprüft werden. Dadurch, dass der
Impfstoff stets durch meine Vermittlung bezogen wird und ich
Bericht über die Resultate erhalte, bleibt die Sache immer unter
Gontrole des beamteten Thierarztes. Ich werde später berichten,
wie sich die Einrichtung bewährt.
Erwähnen will ich noch, dass ich bei den hier häufig tor¬
kommenden Processen wegen Tubercnlose stets vor der Ob*
duction resp. Schlachtung aus eigener Initiative die Impfting
der Processthiere vornahm, die bis jetzt stets mit dem Ergebnisse
der Obduction übereinstimmte. Das spricht sich sehr rasch
hemm und es wurde schon mancher kostspielige Process dadurch
vermieden, dass der Eigenthtimer die Währschaftsklage erst vom
Ausfälle einer vorherigen Impfung abhängig machte, andererseits
der Verkäufer auf Grund des Impfresultats sich zur RttckiiShfae
des Thieres ohne Process verstand.
Zum Schlüsse will ich noch eine in meinem Kreise vor
Kurzem erlassene Kreisverordnung erwähnen, die zur Unter¬
drückung der Verheimlichung von Viehseuchen sehr sichtlich bei¬
getragen bat und sich auch als wirksames Mittel darstellt, bei
Heerdeerkrankungen die Entfernung verdächtiger und erkrankter
Thiere (z. B. bei Räude der Schafe) unter dem Vorwände, als
seien solche Thiere verendet, zu verhindern. Der Eigentümer,
Fleischbeschauer, sowie der Hirt sind unter Strafe verpflichtet,
von jedem verendeten vierfnssigen Hansthiere innerhalb 24 Stunden
der Ortspolizeibehörde Anzeige zu machen, die ihrerseits ver¬
pflichtet ist, darüber Buch zu führen und fflr die Vergrabung auf
dem Gemeindeanger unter polizeilicher Ueberwachung, event. für
Requirirung des beamteten Thierarztes in verdächtigen Fällen
Sorge zu tragen.
Mastitis mit septischen Erscheinungen.
Von
Knoli-Prenzlau,
Schlachihoflnipector.
Auf den Schlachthof wurde eine abgemagerte Kuh eingeführt.
Nach dem äusseren Eindruck der ungleichmässig vertheilten
Körperwärme, den heissen und kalten Ohren war augenscheinlich
Fieber vorhanden. Die Besichtigung ergab ausserdem, dass das
Euter ca. um das vierfache des Volumens eines solchen von
mittlerem, normalem Umfange vergrössert war. Nach der
Schlachtung und dem Enthäuten des Körpers wurde die weitere
Untersuchung vorgenommen und zuerst das Euter abgetrennt.
Dasselbe war stellenweise fest, theilweise weich. Die festen
Stellen entsprachen harten, sehnenartigen Bindegewebssträngen,
die weichen einer leicht zerdrückbaren und mit dem Finger leicht
zu durchstossenden Substanz. Die letztere Masse nahm etwa zu
dreiviertel Theilen des Ganzen ein. Der Durchschnitt zeigte
eine röthlich-braune Farbe. Nach dem Oeffhen der Bauchdecken
und dem Dnrchtrennen des Schambeins fielen sofort die enorm
vergrösserten Lymphdrüsen der Beckenhöhle in die Augen. Zwei
Lymphdrüsen waren etwa kindskopfgross und hatten jede den
Harnleiter ihrer Seite mehr oder weniger verlegt, so dass be¬
sonders der eine gut in Daumenstärke hervortrat. Auch alle
übrigen Lymphdrüsen der Beckenhöhle waren sehr stark vergrössert,
ferner die Lymphdrüsen der Bauchhöhle, wie Gekrösdrtisen, und
die am Ueberzuge des Darms, am Mesenterium. Der Durchschnitt
der grösseren zeigte überall eine röthlich-braune Farbe und mürbe
Consistenz, bei den kleineren war nur mehr die Randzone ge-
röthet. Eiterung war weder im Euter noch auch in den vorer¬
wähnten kindskopfgrosBen Gebilden nachzuweisen. Die Milz war
nnr wenig verändert, die Follikel erschienen etwas stärker, da¬
gegen war die Leber geschwollen und von weisslich-hellgrau-
durchBchimmernden Herden durchsetzt, dieselben waren etwa
Stecknadelkopf- bis nicht ganz erbsengross, von hellgrauer Farbe
und mäasig derber Festigkeit.
Das Herzfleisch, besonders die Vorkammerwände und Herz¬
ohren in ihrem ganzen Umfange hatten eine blasse, wachsartige
Farbe angenommen. In der jpshten Herz- oder Lungenkammer
ein derartiger etwa htthnereigrosser Herd, in der Aortenkammer
mehrere kleinere Herde sichtbar. Das Bindegewebe der Lungen
war verbreitert, die Bronchial- und Mediastinaldrüsen ganz be¬
deutend vergrössert, auf dem Durchschnitt von saftiger, weicher
Beschaffenheit.
Referate.
Ueber die entozoischen Follikalarerkrankangen im
Schweinedarm.
Von Dr. Olt
(Zuohr. f. PI. u. Mllchh., April 1898.)
In der Darmschleimhaut des Schweins zeigen in der Regel
mehrere Solitärfollikel Veränderungen. In einem etwa linsen¬
grossen gerötheten Hof befindet sich eine 1 mm weite krater¬
förmige Vertiefung, unter welcher der geschwollene, an der Ober¬
fläche ulcerirende Follikel sitzt ln den Wintermonaten ver¬
schwinden diese Erscheinungen meistens, während sie sich im
Sommer fast bei allen Schweinen finden u. zw. bei manchen
Thieren in grosser Zahl. 0. fand einen Schweinedarm, der mit
solchen Flecken völlig übersät war, namentlich im Rectum und
Colon, im Dünndarm spärlicher. Vielfach lässt sich aus diesen
kleinen Knoten eine graue käsige Masse beranspressen, in welcher
sich ein geschlängelter Rundwurm befindet, der sich beim Schneiden
des Herdes in Paraffin stets nachweisen lässt, während er beim
Zerzupfen meist zerrissen wird. Die Würmer sind 1,7 mm lang,
0,1 mm dick, manchmal auch grösser, und stellen Larven von
Strongyliden dar, für welche Ostertag dem Verfasser den Namen
Strongylus follicularis vorgeschlagen hat Wenn auch solche
Follikulargeschwüre gewöhnlich leicht abheilen, so können sie
doch zu infektiösen Darmerkrankungen disponiren.
0. hat gefunden, dass der Wurm vom Darmlumen aus in den
Follikel eindringt, nnd dass, wenn er denselben verlassen hat, die
zurückbleibende Zerfallsmasse in den Darm abgeschoben wird,
worauf Vernarbung eintritt Unzweifelhaft gehen aber die käsigen
Darmerkrankungen bei der Schweineseuche gern von solchen
Follikulargeschwüren aus. Die sporadisch auftretenden Ver¬
käsungen im Darm des Schweins finden in manchen Fällen eine
ungezwungene Erklärung.
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERARZTLICflE WOCHENSCHRIFT.
281
Der afrikanische Rotz der Pferde.
48 8titen mit 7 Tafeln (Ratilsrh).
Von M. G. Tartakowsky-Petersburg 1897.
(Centralbl. für Bact 1897, 8. »4-25.)
Nach dem Referat von ücke.
In Afrika kommt unter den Pferden eine Krankheit vor,
welche in seltenen Fallen auch in Italien nnd Frankreich nnd
auch im europäischen Russland beobachtet wurde, während die¬
selbe in Deutschland und Nordeuropa vollständig unbekannt ist.
Die Krankheit ist ansteckend und kann wegen ihrer Aehnlicbkeit
mit Malleus leicht Veranlassung zu Verwechselungen geben.
Im Sommer 1896 wurde in ein Dorf des Gouvernements
Nowgorod ein mit der fraglichen Krankheit behaftetes Pferd ein¬
geführt, welche sich im December desselben Jahres bereits auf
16 und im März 1897 auf 26 Pferde des Dorfes verbreitet hatte.
Auch im benachbarten Gouvernement Olonetz kam die Epizootie
später zur Feststellung.
Die krankhaften Veränderungen entwickeln und lokalisiren
sich bei den betroffenen Pferden in der Haut nnd Nasenschleimhaut
Epidermis, Cutis und Snbcutis weisen verschiedengrosse Knötchen
und Knoten auf, welche beim Durchschneiden einen grünlich¬
gelben zähen eiterartigen Inhalt entleeren. Bei Knoten mit
grösseren Höhlen ist der Inhalt durch beigemengtes Blut bräunlich
gefärbt. Die Knötchen sind von einem straffen weisslichen Ge¬
webe umgeben. Nach Durchbrach des eitrigen Inhaltes heilen
die Höhlen durch Granulationsbildung aus. Euter und Präputium
bilden Prädilectionssitze für den Krankheitsprocess, doch kommt
derselbe auf der ganzen Körperoberfläche vor. Da die tiefer ge¬
legenen Gewebe und die inneren Organe stets frei von Krankheits¬
herden sind, so ist das Allgemeinbefinden der erkrankten Pferde
nicht gestört.
Bei Erkrankung der Nasenschleimhaut sind auch die sub-
inaxillaren Lymphdrüsen VergVössert. *'Die Beschaffenheit der
Knötchen bietet genug Charakteristisches, um dieselben von
rotzigen Veränderungen unterscheiden zu können. In Er¬
mangelung jeden entzündlichen Reizes in der Umgebung fehlt
auch der Nasenausfluss. Weiter ergiebt die MalleYuprobe ein
negatives Resultat, und im Eiter liessen sich keine Rotzbacillen
nachweisen. Verf. fand vielmehr in dem Eiter die ovalen noch
nicht genau bestimmten Gebilde, welche Rivolta unter dem Namen
Kryptokokkus farciminosus zuerst beschrieben hat, und die einer¬
seits zu den Coccidien, anderseits zu den Hefen gestellt
worden sind.
Zar Bekämpfung der Schweinepest.
Von Höflich.
(Wichr. f. TfalerhUc. 42, No. 14.)
Höflich hat einen Versuch, die Schweinepest mit Blutserum¬
anwendung zu bekämpfen, gemacht. Auf einem grösseren Gute
waren 1895 mehrere Schweine eingeführt worden, und in der
Folge traten eine grössere Zahl von Erkrankungen auf, weshalb H.
im Juni 1896 zu Rathe gezogen wurde. Von 14 Mutterschweinen
waren 4 krank. Im October bekam eins derselben Junge, die
sämmtlich binnen zwei Monaten verendeten, indem sie meist in
einem Alter von 14 Tagen bis 3 Wochen krank wurden. Aber
auch die Ferkel der anderen scheinbar noch gesunden Mutter¬
schweine erkrankten in der Mehrzahl und gingen ein. Kein
Wurf blieb verschont. Der miteingeführte Eber, bei dem schon bald
nach der Ankunft Husten beobachtet worden war, zeigte Fieber
und Husten, sonst nichts. Dass er die Pest eingeschleppt hatte,
war nicht zu bezweifeln. Die Seuche wüthete bis Anfang 1897.
Nun wurde ein Impfversuch gemacht bei einem Wurf von elf
Ferkeln, die am 19. März geworfen waren. Der oben genannte
2 Centner schwere Eber wurde geschlachtet. Er erschien vor
der Schlachtung gesund, was sich auch bei der Section erwies.
Das in der bekannten Weise gewonnene Serum wurde nun zehn
der genannten Ferkel, und zwar dem einen 4 ccm, den andern
je 2 ccm am 4. Tage nach ihrer Geburt iujicirt. 3 Tage später
wurden sie noch einmal mit je 6 ccm von dem noch wohl-
erhaltenen Serum geimpft und von demselben wurden einem neu
angekommenen 2 Ctr. schweren Eber im Ganzen 65 ccm ein-
gespritzt. Impfnachtheile traten nicht ein. Die geimpften Ferkel
blieben völlig gesund, der Eber desgleichen. Aber auch das un-
geimpft gebliebene Ferkel ist nicht erkrankt. Den Versuch
weiter fortzusetzen war leider nicht möglich.
Ganz sicher ist das Resultat, wie man sieht, nicht. Von den
10 geimpften Schweinen wurden 3 nach 5 Monaten geschlachtet
und mit Serum von denselben wiederum die Ferkel von drei
neueren Würfen geimpft, die ebenfalls gesund blieben. Eine
Wirkung des Serums kann das letzte Resultat kaum ge¬
wesen sein.
Häinatorie der Rinder.
Von M a 11 h i e s-Lyon.
Nach Beobachtungen von Prof. Matthies in Lyon geht die
Hämaturie aus einer chronisch ulcerativen und hämorrhagischen
Entzündung der Blase hervor. Die Ulcerationen, oft nur steck¬
nadelkopfgross, entstehen aus kleinen Knötchen und veranlassen
Blutungen in die Blase. Die Zerstörung kann durch das sub-
mucöse Bindegewebe bis in die Muskelschicht dringen. In erster
Linie bedeckt sich die Schleimhaut mit kleinen graurothen
Knötchen, die zu Himbeerformen zusammenfliessen können, leicht
zerreisslich sind und hauptsächlich aus Capillaren bestehen.
Danp zeigt die Blasenschleimhaut katarrhalische Schwellung,
wird höckerig, ist mit Schleim- nnd Blutcoagulis bedeckt. Das
8ubmucöse Bindegewebe zeigt Jugendform. Die Harnröhre ist
ofyigiehr oder weniger durch Blutcoagula gefüllt, event. so ver¬
stopft, dass es zur Blasenruptur kommt (?). Die Blase ist oft
erweitert, desgl. die Harnleiter und die Nieren hydro-nephrotisch.
Die Drainage der feuchten Wiesen und Düngungen mit Kalk
und Phosphorsäure bringen öfter die Hämaturie zum Schwinden.
Detroye will in dem Harn einen pathogenen Mikrokokkus
gefanden haben. Galtier fand zwar verschiedene Bacterien,
aber sie waren nicht pathogen. Eine Distomatose ist nicht die
Ursache der Hämaturie; denn dieselbe entsteht auch bei distomum-
freien Thieren.
(Echo vdtdr. No. S; Anacker’s „Thierarzt“.)
Fr ochth älter Vorfall bei der Stute.
Von S t r e b e 1-Freiburg.
Strebei schreibt im Schw. Arch. Bd. 39,6 Folgendes: Der
Profapsus uteri ist bei Stuten selten. In der thierärztlichen
Literatur ist darüber wenig enthalten. Strauss sah unter 5300
Geburten nur zwei Vorfälle. Violette und St. Cyre konnten im
Ganzen aus der Literatur 25 Fälle sammeln. S. hat im Ganzen sechs
zu behandeln Gelegenheit gehabt, von denen fünf durch brutale
Eingriffe bei der Geburt veranlasst waren, weil in jener Gegend
der Missbrauch herrschte, die Nachgeburt loszureissen, wenn die¬
selbe nicht binnen zwei oder drei Stunden abgegangen war. Ein
Thierarzt hatte in einem Fall den Uterus schleunig sammt der
Placenta reponirt, worauf eine langwierige Metroperitonitis, aller¬
dings mit schliesslicher Genesung, folgte. Der nicht durch ein
solches Verschulden bewirkte Uterusvorfall kommt nach S.’ An¬
sicht bei der Stute ebenso wie bei der Kuh hauptsächlich dadurch
zu Stande, dass während der Geburt das trächtige Uterushorn in
sich selbst hineingezogen wurde und dass diese Einstülpung ein
heftiges Drängen veranlasste. Was die Behandlung anlangt, so
haben einige Autoren die Chloroformirung vorgeschlagen. Strebei
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282
widerspricht dem. Par et and Schneider Hessen die sehr
widerspenstigen Stuten an den Sprunggelenken hochbinden,
worauf die Reposition ohne grosse Mühe vollzogen werden konnte.
In allen den sechs Fällen, die Str. behandelte, hatte der Uterus
schon 3—4 Stunden Vorgelegen. S. liess die Stute einfach hinten
hochstellen und bremsen. In dieser Stellung gelang es trotz
starken Drängens, die Reposition zu bewirken. Ungünstige Aus¬
gänge traten dabei nicht ein. Dagegen berichten die französischen
Antoren von vielen ungünstigen Ausgängen. S. findet die Repo¬
sition bei der Stute leichter als bei der Kuh: 1. weil die volu¬
minösen Cotyledonen fehlen, 2. weil der Uterus weicher und ge¬
schmeidiger ist und 3. weil die Stute eben ein grösseres Becken
hat. Um die Abschwellung des vorgefallenen Uterus zu bewirken,
leisten anhaltende Kaltwasserbegiessungen Vorzügliches. Bei
solchen Stuten, die bösartig und die nicht zum Aufstehen zu
bringen sind, wird allerdings die Aether-Chloroformnarcose sowie
das Aufwinden der Hinterhand nothwendig sein.
Heber Erkrankungen nach dem Genüsse der Milch von
Kühen, welche mit Kupfersalzlösang besprengtes Wein-
l&ab als Futter erhielten.
Nach den Mittheilungen des „Oesterreichischen Sanitäts-
wesens“ haben im vergangenen Jahre mehrere Aerzte auf Grund
ihrer Beobachtungen berichtet, dass Nahrungs- und Genussmittel,
zu deren Einhüllung Blätter des WeiDstockes benutzt wurden,
welche zur Bekämpfung der Peronospora mit Kupfersalzlösungen
besprengt worden waren, Krankheitserscheinungen bei Menschen
veranlassen könnten. Auch soUten Kühe, welchen solche Blätter zur
Nahrung gedient hatten, gesundheitsschädliche Milch liefern. Ins¬
besondere war über diarrhoische Erkrankungen bei Säuglingen be¬
richtet worden, welche Milch getrunken hatten, die von Kühen her-
rührte,die mit Kupfersalzlösungen besprengtes Weinlaub, als
bekommen hatten.
Das Ministerium des Innern stellte hierauf in den öster¬
reichischen Kronlilndern über diese Frage Erhebungen an; gleich¬
zeitig wurden am pathologisch-chemischen Institut der Wiener
Universität Kühe versuchsweise mit Weinlaub gefüttert und die
Milch chemich untersucht.
Die Versuche ergaben: „1. Milch nach Verfütterung von
Weinlaub, das mit Kupfervitriol besprengt war, enthält eine eben
noch erkennbare Spur von Kupfer. 2. Milch nach Verfütterung
von reinem Weinlaub war frei von Kupfer.“
Die in den Ländern angestellten Ermittlungen lieferten
wenig positives Material: Im Bezirke Oberhollabrunn (Nieder¬
österreich) wurden im Juni 1896 bei einer grossen Anzahl von
Kindern im Alter von 2—14 Monaten heftige Magen- und Darm¬
katarrhe beobachtet, an welchen 5 Kinder starben. Alle erkrankten
Kinder hatten Milch von Kühen genossen, denen man mit Kupfer¬
salzlösungen besprengtes Weinlaub gefüttert hatte. In diesem
Falle kann die Möglichkeit, dass das Kupfer die Erkrankungen
hervorrief, nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Auch in
einem anderen Bezirk dieses Landes, Gross-Enzersdorf, erkrankten
zwei Kinder nach dem Genüsse solcher Milch, genasen aber
wieder, als andere Milch verabreicht wurde. Aus Böhmen wird
berichtet, dass Gänse eingingen, welche zwischen Weinstöcken
stehendes Unkraut gefressen hatten, das beim Besprengen der
ersteren mit Kupfersalzlösung ebenfalls benetzt worden war. Ein
Fall von diarrhoischer Erkiankung bei Säuglingen, welche ver-
muthlich der fraglichen Ursache zuzuschreiben war, wurde noch in
Krain beobachtet.
Es ist immerhin sehr fraglich, ob diese Erkrankungen von
einem schädlichen Kupfergehalt der Milch herrühren In der
Umgebung von Bozen ist Bchon vor der Verwendung von Kupfer-
No. 24.
Salzlösungen zur Besprengung des Weinlaubes bekannt gewesen,
dass bei Kindern häufig Dmchfall entsteht, wenn sie mit Milch
ernährt werden, welche von Kühen während der Weinlaubfütterung
geliefert wird. Als wahrscheinliche Ursache dieser schädlichen
Einwirkung wurde der reiche Gehalt an Pflanzensäuren
angenommen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.)
Zar Aafklärang der Bolle, welche stechende Insekten
bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten spielen.
Aus dem hygienischen InBtitut von Berlin. Von George H. F. N uttal I,
Dr. med. et phil.
(Centralbl. f Bakt. 1898 H. 15.)
Die Ansicht, dass Fliegen von Milzbrandkadavern den Milz¬
brand auf Menschen übertragen können, ist im Volke weit ver¬
breitet. In den Aufsätzen über die Pestepidemie in Bombay
wurde auch in wissenschaftlichen Kreisen als Verbreitungsweg
der Seuche die Uebertragung durch Bettwanzen angenommen.
Durch die im Centralbl. f. Bakt. früher (Bd. XXII. 1897) ver¬
öffentlichten Versuche Nuttall’s ist es jedoch als unwahrschein¬
lich hingestellt, dass eine solche Weiterverbreitung der Pest
vorkommt. Die im Wanzenleibe befindlichen Pesterreger gehen
vielmehr aUmälig zu Grunde.
Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich nun mit Infektions¬
versuchen an Mäusen durch Wanzen und Flöhe, welche mit Milz¬
brand, Hühnercholera und Mäuseseptikämie inficirt wurden.
Die Insekten wurden mit an dieser Seuche sterbenden oder ver¬
endeten Mäusen zusammengebracht, bis sie sich nachweislich
voll Blut gesogen hatten, und darauf zu gesunden Mäusen gesperrt.
In keinem einzigen Falle kam jedoch durch die Stiche der in der
angegebenen Weise inficirten Wanzen und Flöhe eine Erkrankung
zustande. Die mit Wanzen- und Flohinhalt gemachten Kultur-
und Impfversuche und die mikroskopische Untersuchung beweisen,
dass die Infektionserreger in den Insekten zu Grunde gehen.
Es kann hiernach als festgestellt erachtet werden, dass eine Ver¬
breitung von Seuchen durch Insekten zu den Ausnahmen gehört.
Abdecker sollen sich bei der Zerlegung von Milzbrand¬
kadavern besonders vor Fliegenstichen in Acht nehmen, aus
Furcht vor einer Infektion. Dieselbe dürfte jedoch weniger durch
UebertragUDg des Ansteckungsstoffes von Fliegen als vielmehr
dadurch zustande kommen, dass infolge eines Fliegenstiches an
den Händen, bei ev. Besudelung dieser kleinen Wunde mit Milz¬
brandblut, die Bacillen vom Cadaver aus direkt in den Körper
gelangen können.
Das Bacteriam der Maul- and Klauenseuche.
Von
Dr. Stutzer und Dr. H a r 11 e b.
(Arch. f. Hygiene BJ. 30)
Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche will bereits
eine grössere Anzahl von Forschern entdeckt haben; ein Theil
derselben wie z. B. S i e g e 1 ist jedoch von selbst davon ab¬
gekommen, das von ihm entdeckte Bacterium noch weiter für den
Erreger der Maul- und Klauenseuche zu halten. Die Autoren
haben nun ebenfaUs über den Erreger der Seuche Untersuchungen
angesteUt und in dem Schleim des Maules, in der Flüssigkeit der
Blasen und in der Milch erkrankter Thiere eine ganz bestimmte
Bacterienart in sehr grosser Menge gefunden. Ganz eigentümlich
ist dieser Bacterienart, dass Bie sich sehr leicht den verschieden¬
sten Nährmedien anpasst, dabei jedoch nicht selten eine Ver¬
änderung der äusseren Form erleidet. Dieser Umstand veranlasst
die Verff. anzunehmen, dass sie, van Niessen, Siegel und
andere ein und denselben Mikroorganismus bei der Seuche
beobachtet haben, dass derselbe jedoch in Folge der ungleichen
Züchtung8metboden geringe morphologische Veränderungen zeigte.
Pathogen erwies sich das Bacterium gegen Mäuse und Meer-
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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16. Jnni 1898. _ BERLINER THIERARZTLICHE W0CHEN8CHEIFT. 283
8chweinchen, indem es diese Thiere unter ganz Charakter- Kleine therapeutische Notizen.
istischen Erscheinungen tödtete, Schafe, Schweine und Hühner
waren indifferent gegen dasselbe, bei Kälbern veranlasste es
Fieber. Als Hauptaufgabe stellen die Autoren die Forderung
auf, die Physiologie und nicht die Morphologie des Erregers der
Maul- und Klauenseuche zu erforschen.
Eine neue Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei
Gebrauch einer Orceinbeize
empfiehlt Bowhil in der Hyg. Rundschau.
Zunächst sind zwei Lösungen anzufertigen:
Lösung 1. Lösung 2.
Orceln 1,0 Gerbsäare 8,0
Alkohol, absolut 50 ccm Aqu. destill. 40 ccm
Aqu. destill. 44 ccm (Säure durch Erwärmen zu
lösen.)
Gleiche Theile von Lösung 1 und 2 werden vor dem Gebrauch
gemischt und filtrirt.
Methode: 1. Die aus einer frischen Cultur auf Agar stammen¬
den Bacterien werden in einem Reagenzglas in abgekochtem
deBtillirten Wasser suspendirt 2. Nachdem die Flüssigkeit
5 Min. ruhig gestanden hat, wird ein Tropfen der Bacteripu-
Suspension auf ein reines Deckglas gebracht und an der Luft
getrocknet. 3. Das Deckglas, zwischen den Fingern gehalten
(damit es nicht zuviel erhitzt wird), wird in der Flamme tixirt
4. Etwas Orceinbeize wird in ein Uhrschälchen gethan und das
Deckglas, mit der Bacterienseite nach unten, darauf zum
Schwimmen gebracht. Die Beize wird gelinde erwärmt und das
Präparat 10—15 Min. deren Wirkung ausgesetzt 5. Das Prä¬
parat wird auf übliche Weise mit Wasser abgespült und ge¬
trocknet, darauf 6. mit Ehrl ich’s Anilinwasser-Gentianaviolett
gefärbt, indem aus einem Filter ein Tropfen des Farbstoffes
darauf gebracht und bis zur Dampfbildung erwärmt wird.
7. Das Präparat wird abgesptilt, getrocknet und in Xylol¬
balsam eingeschlossen.
Mit der Methode wurden dargestellt die Geisseln von B.
typhi abdom., Spirill. cholerae asiatic., Prot, vulg., B. subtilis.
(Centralbl. f. Bact 1898, H. 15.)
Ueber die histologischen Unterschiede zwischen
Blastomyceten und hyaliner Degeneration.
Vortrag, gehalten von Beck in der biologischen Abtheilung d.
ärztl. Ver. zu Hamburg.
(Manch. Med. Woch S3T.H )
Beck bespricht nur Beobachtungen, die Pelagatti bei
seinen Untersuchungen im Laboratorium Dr. Unna’s machte.
Er verglich Reinculturen von Blastomyceten mit denjenigen Ge¬
bilden, welche man in malignen Tumoren, besonders Carcinomen
und chronischen GrannlationsgeschWülsten findet, und welche auf
Grund morphologischer Aehnlichkeit von vielen, zumeist von
italienischen Antoren ebenfalls als Blastomyceten betrachtet
worden sind. Die Untersuchungen ergaben, dass diese Gebilde
nicht mit Blastomyceten zu identificiren sind, weil sie sich be¬
züglich ihrer Färbbarkeit grundverschieden von den Blastomyceten
verhalten. Während nämlich die letzteren bei Anwendung der
Unna’ sehen combinirten Hyalinfärbungsverfahren sich nicht
specifi8ch färben lassen, sondern eine Mischung von benutzten
Farben annehmen, zeigen die ähnlichen Gebilde in den ver¬
schiedensten pathologischen Gebilden nur zu einem der nach¬
einander angewandten Farbstoffe Affinität und geben alle
Reactionen des Hyalin. Die Körperchen stehen in keiner
ätiologischen Beziehung zu den neugebildeten Geweben, in welchen
sie zu finden sind, sie sind vielmehr als ein Degenerationsproduct
der Zellen aufzufassen.
Antiseptische Seifen.
Curcio prüfte die Wirksamkeit der Seifen auf Eitererreger:
17oo Sublimatseife wirkungslos, 10 proc. Carbolseife wirkungslos,
dagegen 3 proc. Salicylsäure oder 5 proc. Borsäure in den Seifen
von thatsächlicker antiseptischer Wirkung, die sich schon nach
5 Minuten äussert.
Nach einem Artikel im Arch. f. Hyg. wurden in gleicher
Richtung gewöhnliche Schmierseife, weisse Mandelseife und feste
Patentkaliseife geprüft. Mit 10 proc. Lösung dieser Seifen wurden
Choleravibrionen in einer halben Minute getödtet und mit 5 bezw.
2 1 /,proc. Gemischen nach 5 Minuten. Wäsche, Kleider etc. können
also durch Einlegung in Seifenlösung und ebenso können die
Hände durch einfaches Waschen rasch und völlig von Cholera¬
keimen befreit werden. Eine gleich hohe Wirksamkeit zeigten
die Seifen gegen Typhusbacillen und das Bacterium coli in 10 proc.
Lösung und bei 1 Minute langer Einwirkung. Gegen Eiter¬
erreger versagen auch diese Seifen völlig. Die Lysolseife erwies
sich als viel weniger wirksam wie eine reine Lysollösung von
gleichem Procentsatz. Dasselbe galt von der Carbolsäureseife.
Hieraus ergiebt sich, dass die Herstellung von Seifen mit Zusatz
eines speciellen Desinfectionsmittels nicht rationell ist und dass
man die Hände zunächst am besten mit der Seife und dann mit
dem Desinfectionsmittel behandelt.
Hexamethylen-tetramln.
Das H. ist ein Condensationsproduct von Tanuin und
Urotropin, dem Tannalbin in Wirkung und Anwendung sehr
ähnlich.
Eosot und Geosot
E. und G. sind nach Dr. Wend die valeriansauren Salze
des Kreosot und Gutyakol. Dosis des G. 0,9 bis 5 g pro Tag.
Turnisirender Effect auf Herz und Nervensystem und Appetit¬
anregung. Flüssige Arzneiform geeignet bei Lösung in 4 Theilen
95 pOt. Alkohol und Verabreichung mit Milch. In kleinen Dosen
erfolgreich bei Diarrhoe, auch gegen Brechreiz.
Sanoform.
Das Sanoform ist Dyodsalicylsäuremethyläther mit 62 pCt.
Jodgehalt Ein unzersetzüches Pulver, das leicht in Alkohol und
Aether, auch in Vaseline löslich ist und von Arnheim als Ersatz¬
mittel für Jodoform empfohlen wird.
Tumenol.
Das T. ist von Ne iss er schon 1891 empfohlen, aber nicht
viel verwendet worden. Mit Ausnahme der allerersten Stadien
bewährt es sich bei der Ekzembehandlung, namentlich im
nässenden Stadium als gut austrocknend und die Ueberhornung
befördernd. Auch bei Verbrennungen ersten und zweiten Grades
emplehlenswerth als 5—10 proc. Zusatz zu gewöhnlicher Ziukpaste
oder als 10 proc. Lösung in Aetherspiritus oder Glycerinwasser.
Phesin und Cosaprin.
Ph. und C. sind nachVamocci und Fengoessy brauchbare
Antipyretica, und zwar Sulfoderivate des Phenacetin bezw.
Antifebrin. Sie sollen im Vergleich zu diesen beiden Grund¬
präparaten unschädlich sein, sind ausserdem in Wasser sehr leicht
löslich und ermöglichen bequeme subcutane Injection. Ihre
Wirkung ist jedoch von kurzer Dauer. Es sind die doppelten
Dosen der Grundpräparate erforderlich.
Aatifebrin als Verbandmittei.
Idanoff empfiehlt das Antifebrin als Ersatz für Jodoform
als secretionsvermindernd u. s. w.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Tagesgeschlchte.
VI. Plenar^Versaminlang der Centralvertretung der
thierärztlichen Vereine Prenssens
za Berlin am 21. and 22. Mai 1898.
Die Versammlung gehörte der Tagesordnung nach za den
arbeitsreichsten und wichtigsten und war ihrer Bedeutung ent¬
sprechend besucht
Bereits bei der am Vorabend der ersten Sitzung stattfindenden
gegenseitigen Begrüssung hatte der Präsident Professor Dr. Esser
der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, dass es unmöglich sei, das
vorliegende Berathungsmaterial an einem Tage zu erledigen. Es
waren daher eine Sonnabend- und Sonntag-Sitzung in Aussicht ge¬
nommen und deren Beginn auf 9 Uhr früh festgesetzt worden.
I. Sitzung.
Die Feststellung der anwesenden stimmberechtigten
Vereinsdelegirten ergab, dass 17 Vereine mit 54 Stimmen ver¬
treten waren, und zwar folgende:
Die Provinzial vereine für
Ostprenssen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte
Dr. Mehrdorf und Regenbogen und den Kreisthierarzt
Dr. Augstein.
Westpreussen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Preusse.
Brandenburg (6 Stimmen) durch Prof. Scbmaltz, Kreisthierärzte
Claus und Kieckhäfer, Schlachthofdirectoren Wulff
und Schräder und Oberrossarzt a. D. Brandt. '
Posen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Heyne und
Peters und Kreisthierarzt Dr. Felisch.
Schlesien (6 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Dr. Arndt
und Scharmer und Schlacbthofdirector Hentschel.
Sachsen (5 Stimmen) durch die Kreisthierärzte Th u necken-und
Liebener.
Westphalen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Dr. Steinhach.
Rheinprovinz (4 Stimmen) durch die Departementsthierärzte
Dr. Lothes und Koll.
Schleswig (4 Stimmen) durch Kreisthierarzt Eid er-Flensburg und
Schlacbthofdirector Ruser-Kiel.
Hannover (8 Stimmen) durch die Professoren und Departements¬
thierärzte Dr. Esser und Dr. Malkmus.
Ferner die Vereine von
Pommern-Stettin-Stralsund (3 Stimmen) durch Schlachthofdirector
Falk.
Pommern-Cöslin (1 Stimme) durch Departementsthierarzt Brietz¬
mann.
Berlin (3 Stimmen) durch Prof. Oster tag, Oberrossarzt a. D.
Luchau und Thierarzt Rietzei.
Erfurt und Thüringen (1 Stimme) durch Departementsthierarzt
Wallmann.
Reg.-Bez. Düsseldorf (2 Stimmen) durch den jetzigen Departementa-
tbierarzt Schmidt-Düsseldorf.
Kurhessen (1 Stimme) durch Veterinär-Assessor Tietze-Cassel.
Reg.-Bez. Wiesbaden (1 Stimme) durch Kreisthierarzt Pitz-
Eltville.
Ohne Vertretung geblieben waren nur der thierärztliche
Verein für das Saargebiet und der Verein der Schlachthaus-
thierärzte im Reg.-Bezirk Arnsberg.
Der Präsident Prof. Esser eröffnet die Sitzung mit folgender
Rede:
Hochverehrte Herren und liebe Collegen!
Die C.V. der thierärztlichen Vereine des Preussischen Staates
ist bereits in das zweite Decennium ihrer Thätigkeit eingetreten.
Dieselbe constituirte sich am 1. Februar 1886 und hat bislang fünf
Plenarversammlungen abgehalten. Heute wollen wir die sechste be¬
ginnen. Als zeitiger Vorsitzender habe ich die Ehre, die Herren
Delegirten und die Herren Gäste im Namen des ständigen Aus¬
schusses zu begrüssen und herzlich willkommen zu heissen.
Meine Herren! Wenn wir die Thätigkeit unserer Körper¬
schaft während des abgelaufenen Decenniums überblicken, so
dürfen wir ohne Ueberhebung sagen, dass wir unsere Ziele
mit Einmtithigkeit und Beharrlichkeit verfolgt haben. Wenn
wir auch nicht immer unsere Bestrebungen von Erfolg ge¬
krönt sahen, so haben wir doch Vieles erreicht, was wahrschein¬
lich heute noch frommer Wunsch für uns wäre, wenn wir uns
nicht fest aneinander geschlossen und unser Ziel mit dem ganzen
Gewicht der Gesammtheit verfolgt hätten.
Meine Herren! Nicht mit fanatischer Rücksichtslosigkeit
suchen wir unseren berechtigten Ansprüchen bezüglich Besserung
unserer Standesinteressen Geltung zu verschaffen, sondern mit
ruhiger Klarheit über das Erreichbare, mit unerschütterlicher Pflicht¬
treue in unserem Berufe und im felsenfesten Vertrauen auf den
hochherzigen Fürsten, der mit klarem Blick die Aufgaben der
Gegenwart erfasst hat und sich der ernsten Pflicht der Herrscher
voll bewusst ist nach dem Wahlspruche der Hohenzollern „Suum
cuique“, unser Staatsschiff durch die Brandung widerstreitender
Anschauungen und Interessen ungefährdet hindurcbzuBteuern.
Wir Thierärzte bilden zwar nur eine kleine Zahl unter den
preussischen Staatsbürgern, aber wir stehen hinter keiner Berufs¬
klasse zurück in unserer Bereitwilligkeit mit Allem, was wir haben
und was wir können, in aller Freudigkeit dem Gemeinwohle zu
dienen. Meine Herren! Unser allergnädigster König und Kaiser hat
in einer bald zehnjährigen Regierungszeit gezeigt, dass er in
seiner unermüdlichen Pflichttreue und in seiner hervorragenden
geistigen Begabung der würdige Nachfolger seiner grossen Vor¬
gänger ist. Wie jene, so hat auch er sich die Liebe und Treue
seines Volkes erworben. Und wir hier versammelten preussischen
Thierärzte folgen nicht dem äusseren Zwange der Pflicht, sondern
einem starken inneren Verlangen, wenn wir unsere Berathungen
mit dem aus treuerfülltem Preussenherzen kommenden dreifachen
Jubelruf beginnen: Unser allergnädi gster Kaiser, König
und Herr, Wilhelm II., er lebe hoch — hoch — hoch.
(Die Versammlung erhebt sich und stimmt freudig ein.)
Der unerbittliche Tod hat in einer kurzen Spanne Zeit zwei
der hervorragendsten Vertreter unseres Faches, der mannhaftesten
Vertheidiger unserer Bestrebungen für Besserung unserer
Standesangelegenheiten dahingerafit.
Am 22. Februar d. J. verschied unser College Professor Dr.
Rabe, welcher bereits in der constituirenden Versammlung
unserer Körperschaft erfolgreich mitwirkte und in keiner späteren
Plenarversammlung fehlte. Wir Alle habon seinen belehrenden,
überzeugenden Worten gern gelauscht, wir Alle verehrten den
vornehmen, charakterfesten, uneigennützigen, streng wahrheits¬
liebenden Mann. Wenn in unseren Reihen mit hartnäckiger
Beharrlichkeit di vergütende Ansichten verfochten wurden, gelang
es dem Verewigten oft, durch seine mit köstlichem Humor
gewürzten Reden, die stets in gewähltester, vornehmster Form
vorgetragen wurden, die Gegensätze auszugleichen und Dis¬
harmonien fernzuhalten.
Professor Dr. Pütz, der frühere Präsident unserer Körper¬
schaft, folgte Rabe am 4. März d. J. nach in die Ewigkeit.
Soll ich zu Ihnen noch ein Wort reden, wie Pütz für die
Förderung der thierärztliohen Standesinteressen thätig gewesen?
Der Name Pütz ist mit unvertilgbaren, goldenen Lettern in den
Annalen unserer Körperschaft verzeichnet. Noch steht er vor
unserm geistigen Auge, der Jüngling im Silberhaar, dem man
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
nnr den einen Vorwurf machen könnte, dass er in blinder Liebe
zn seinem Fache und zu seinen Fachgenossen oftmals zu ungestüm
und stürmisch auf sein Ziel zueilte.
Nicht ist hier der Ort, davon zu reden, was ein Rabe und
ein Pütz für die thierärztliche Wissenschaft geleistet haben; hier
aber wollen wir es dankerfüllten Herzens aussprechen, dass die
prenssischen Thierärzte aufrichtig trauern über den Verlust der
beiden charakterfesten Förderer der thierärztlichen Standes¬
interessen, dass ihr Andenken stets in höchsten Ehren bei uns
bleiben wird. Möchten die theuren Entschlafenen der jüngeren
Generation ein Vorbild sein und bleiben zur treuen, uneigen¬
nützigen Arbeit in ihrem Geiste!
Wir aber, verehrte Herren Collegen, wollen uns zum äusseren
Zeichen unserer Dankbarkeit, Verehrung und Liebe, die wir
für die beiden verschiedenen Heroen unseres Standes im Herzen
tragen, von den Sitzen erheben. (Geschieht.)
Meine Herren! Der ständige Ausschuss wurde 1893 im
Februar auf drei Jahre gewählt; derselbe ist also eigentlich seit
1896 nur noch interimistisch im Amte (cf. § 4 al. 4 unseres Statuts).
Wir werden demnach heute vor Allem die Wahl des ständigen
Ausschusses vorzunehmen haben.
Die Beschlüsse unserer letzten Versammlung sind ausnahms¬
los ausgeführt worden. Einen Erfolg haben wir bislang nicht
erzielt mit unserer Petition für das Prtifnngsrecht der Kreisthier¬
ärzte betreffend Trichinenschauer und ebensowenig betreffend
Pensionsberechtigung und Rangänderung der beamteten Thier¬
ärzte. Dagegen hat unsere Petition an den Kriegsminister
betreffend die Militär-Rossarzt-Aspiranten die Wirkung gehabt, dass
denselben die Bezeichnung „Rossarzt-Aspiranten“ zur Unter¬
scheidung von den Mannschaften verliehen worden ist und dass
dieselben auch Schnüre tragen, ähnlich wie die der Einjährigen.
' Besonders möchte ich auch noch das glänzende Gelingen der
Ueberreichung einer Ehrengäbe an den im Jahre 1896 aus seinem
Amte ausgeschiedenen Geheimrath Beyer erwähnen, worüber
zur Zeit in der „B. T. W.“ eingehend berichtet wurde.
Möchten auch unsere heutigen Berathungen zu gutem Erfolge
führen. (Fortsetzung des Berichts folgt.)
Karzer Berioht Ober die am 5. Juni a. or. abgehaltene 24. ordentllohe
Generalversammlung des thierärztllchen Vereins Im Herzogthum
Braunsohwelg.
Vorsitzender: Kreisthierarzt S aake-Wolfenbüttel,
Schriftführer: Thierarzt L ö h r-Königslutter.
Die Versammlung war von 16 Mitgliedern besucht Als Gast
war der Thierarzt Römer aus Mascherode erschienen.
Nach einer herzlichen Begrüssung der Anwesenden eröffnete
der Vorsitzende 11 % Uhr die Versammlung mit einer Anrede, in
welcher er besonders die Bedeutung und den Werth der thier¬
ärztlichen Vereine und deren Centralisirung für gemeinsame Ver¬
tretung der thierärztlichen Interessen hervorhob.
I. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass der Verein
35 Mitglieder zählt. Neu aufgenommen wurde der Thierarzt
K ö r n e r-Holzminden. Freiwillig ausgeschieden ist der Director
N a h d e. Durch Tod ausgeschieden sind die Mitglieder Thier¬
arzt Fritz Samplebe - Schöppenstedt, Medicinalassessor
Heinrich Lies-Braunschweig und das Ehrenmitglied Prof.
P ü t z-Halle. Zugleich wurde gedacht der verstorbenen Pro¬
fessoren Dr. Rabe und Lustig in Hannover. Der Vorsitzende
widmete den Verewigten warme Worte der Anerkennung. Zum
ehrenden Angedenken an dieselben erhoben sich die Anwesenden
von ihren Sitzen.
Die Einnahmen des Vereins betrugen 132 M., die Ausgaben
82 M. 42 Pf. Es bleibt ein Kassenbestand von 339 M. 19 Pf.
Nachdem die Kassenrevisoren Hilpert und Witte die
285
Rechnung für richtig befunden hatten, wurde dem Kassenführer
Entlastung ertheilt.
H. Bei der erfolgten Neuwahl des Vorstandes wurde der bis¬
herige Vorstand per acclamationem wiedergewäblt. Als Stellver¬
treter für den Präsidenten wurde der Kreisthierarzt Schräder-
Helmstedt, für den Schriftführer der Kreisthierarzt Dr. Bertram
gewählt. Die Wahl eines Delegirten für den Deutschen Veterinär¬
rath fiel auf den Vorsitzenden.
HI. Es wurde beschlossen zu den Kosten des im nächsten
Jahre nach Baden-Baden einzuberufenden VH. internationalen
thierärztlichen Congresses 100 M. zu bewilligen und für ein
event. sich ergebendes Deflöit mit einem Geldbeträge bis zu
100 M. einzutreten.
IV. Für die im Juni nächsten Jahres stattfindende Feier des
25jährigen Bestehens des Vereins wurde ein Fest-Comitö ge¬
wählt, welches besteht aus den Herren Hilpert, Bake und
Frede. Demselben wurde für das Arrangement der Feier ein
unbegrenzter Credit gewährt.
V. Als Mitglied des Vereins wurde aufgenomraen der Thier¬
arzt List aus Calvörde.
VI. Eine Besprechung über die im October d. Js. im Herzog-
thum einzuführende allgem. obligator. Fleischbeschau hatte mehr
ein locales Interesse.
Der letzte Gegenstand der Tagesordnung „Mittheilungen aus
der Praxis“ gab zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Kreis¬
thierarzt Schräder besprach ausführlich die Entfernung der
Fremdkörper aus der Rachenhöhle und dem Schlunde. Thierarzt
Meyer-Lesse referirte über das Kalbefieber und dessen
Therapie mit Jodkaliuminjectionen in das Euter. Ueber den
Werth dieser Behandlung waren die Ansichten sehr getheilt.
Schluss der Sitzung 2^ Uhr. Darauf gemeinsame Tafel mit
Damen.
Versammlung beamteter Thlerlrzte des Reg.-Bez. Breslau.
Ih Anwesenheit des Regierungs-Präsidenten Dr. von Heyde-
bränfi und der Lasa fand unter dem Vorsitz des Departements-
tliierarztes Dr. Ulrich am 2. April d. J. im Sitzungssaale des
Regierüngsgebäudes eine Conferenz der Kreisthierärzte des Bres¬
lauer Bezirkes statt, an welcher auch die Regierungs-Assessoren
Landmann und Hauk theilnahmen. — Vor Beginn der Ver¬
handlungen hielt der Herr Regierungs-Präsident eine Ansprache
über den Zweck der Conferenz, welche ihm Gelegenheit gäbe,
die beamteten Thierärzte persönlich kennen zu lernen und ihre
Ansichten über die neuerdings im Einverständnis mit den
Regierungen von Liegnitz und Oppeln geschaffenen landers¬
polizeilichen Anordnungen zu hören. In letzteren seien zur
besseren und sicheren Abwehr und Unterdrückung der die Land¬
wirtschaft so Bchwer schädigenden Viehseuchen einzelne Mass-
regelü verschärft, andere ganz neu geschaffen, aber auch nicht
unbedingt notwendige Härten gemildert oder ganz beseitigt
worden. — Die neuesten Bestimmungen stellten erhöhte An¬
sprüche an die Leistungen der beamteten Thierärzte, welche im
Bewusstsein ihrer grossen Verantwortlichkeit sich zu bestreben
hätten, allgemeine wie Sonderinteressen nach jeder Richtung hin
zu wahren. Sodann aut die Rechtfertigung des Departements¬
thierarztes Dr. Ulrich durch das landwirthschaftliche Ministerium
gegenüber dem Beschlüsse des Ehrenraths des „Vereins schle¬
sischer Thierärzte“ übergehend, hob er hervor, dass nach ein¬
gehender Prüfung des eingeforderten gesammten Actenmaterials
das Ministerium zu diesem Urtheilsspruche gekommen sei. —
Dem Herrn Regierangs - Präsidenten dankte hierauf der Vor¬
sitzende Dr. Ulrich in warmen Worten für die Ehre, welche
der Präsident der Versammlung durch sein Erscheinen in der
Conferenz habe zu THeil 1 werden lassen.
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16. Juni 1898.
BERLINER THiERÄKc ny
SchJes\yi£
Stade
Liinebu
nabruck.
rseburg;
Arnsber*
Kassel
Die Verbreitung der Maul- u.
Regierungsbezirk
Marienwerder.
Potsdam.
Frankfurt.
Stettin.
Posen.
Bromberg.
Breslau. . •.
Liegnitz.
Magdeburg.
Merseburg.
Erfurt.
Schleswig.
Hannover .
Hildesheim.
Lüneburg .
Münster.
Arnsberg .
Cassel.
Wiesbaden.
Coblenz.
Düsseldorf.
Köln.
Trier.
Aachen .
Sigmaringen . . . . . .
Summa
Klauenseuche in Preussen. Ende Mai 1898.
Die Seuche herrschte
in
Kreisen Gemeinden
(Gntsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
2
4
1,76
9
19
7,33
6
17
6,24
3
5
2,66
10
22
6,67
5
10
4,49
6
, 17
4,47
5
1 9
3,19
10
25
17,35
3
7
3,02
1
1
1,70
4
( 5
2,34
1
i 1
1,58
2
5
6,90
1
1
0,67
1
2
7,46
3
3
3,52
1
2
1,19
7
7
7,47
6
11
10J>2
6
8
18,60
4
5
16,89
9
1 28
24,84
1
1
2,56
1
1
7,18
107
216
—
Nachweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 31. Mai 1898.
Es waren am 31. Mai in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgonde Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Königsberg 1 (1). R.-B. Gumbinnen 1 (l).
R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R-B. Potsdam
3 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen
6 (9). R.-B. Broraberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (4) R.-B. Liegnitz
2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 2 (2). R.-B. Köln
1 (1> Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishaopun.
Dres4en 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Braun -
schweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (oxcl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (70). R.-B. Niederbayern 1(1)
R.-B. Pfalz 7 (20). R.-B. Oberpfalz 5 (7). R.-B. Oberfranken 5 (7)
R.-B. Mittelfranken 10 (22). R.-B. Unterfranken 9 (15). R.-B
Schwaben 19 (37). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 2 (4)
Württemberg: Neckarkreis 11 (29J. Schwarzwaldkreis 4 (7)
Jagstkreis 12 (34). Donaukreis 16 (43). Baden: Landescomm
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm
Karlsruhe 6 (17). Landescomm. Mannheim 4 (6). Hessen
Provinz Starkenburg 2 (3). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz
Rheinhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin 1 (1). Sachsen
Weimar: 2 (2). Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 1. Braun
schweig: 3(7). Sachsen-Meiningen: 3 (7). Sachsen-Alten
bürg: 2(2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1)
Oeffentlichen V
(Mittheilungen f ft t v
1 * \ i
Seuchenstatistik und
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
im Mai 1898.
Origloalbeitrkge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorirl
Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaetionellen An.
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält/.,
Berlin, thlvrkrztlicbe Hochschule, NW., Luiaenatraaae 56.
Correclnren, Recenaiona-Kxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
henschrift
hes.
'•5 IOO
WO - ICO
eben am 23. Juni.
eher unsicht-
L ’entralvertretung
j Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender 200
Hohen^^ I Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen über 200
Gemeinden verseucht waren
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
widerspricht dem. Par et und Schneider Hessen die sehr
widerspenstigen Stuten an den Spmnggelenken hochbinden,
worauf die Reposition ohne grosse Mühe vollzogen werden konnte.
In allen den sechs Fällen, die Str. behandelte, hatte der Uterns
schon 3—4 Standen Vorgelegen. S. liess die State einfach hinten
hochstellen and bremsen. In dieser Stellung gelang eB trotz
starken Drängens, die Reposition zu bewirken. Ungünstige Aus¬
gänge traten dabei nicht ein. Dagegen berichten die französischen
Autoren von vielen ungünstigen Ausgängen. S. findet die Repo¬
sition bei der Stute leichter als bei der Kuh: 1. weil die volu¬
minösen Cotyledonen fehlen, 2. weil der Uterus weicher und ge¬
schmeidiger ist und 3. weil die Stute eben ein grösseres Becken
hat. Um die Abschwellung des vorgefallenen Uterus zu bewirken,
leisten anhaltende Kaltwasserbegiessungen Vorzügliches. Bei
solchen Stuten, die bösartig und die nicht zum Aufstehen zu
bringen sind, wird allerdings die Aether-Chloroforranarcose sowie
das Aufwinden der Hinterhand nothwendig sein.
Geber Erkrankungen nach dem Genuese der Milch von
Kühen, welche mit Knpfersalzlöeung besprengtes Wein-
lanb als Futter erhielten.
Nach den Mittheilungen des „Oesterreichischen Sanitäts¬
wesens“ haben im vergangenen Jahre mehrere Aerzte auf Grund
ihrer Beobachtungen berichtet, dass Nahrungs- und Genussmittel,
zu deren Einhüllung Blätter des Weinstockes benutzt wurden,
welche zur Bekämpfung der Peronospora mit Kupfersalzlösungen
besprengt worden waren, Krankheitserscheinungen bei Menschen
veranlassen könnten. Auch sollten Kühe, welchen solche Blätter zur
Nahrung gedient hatten, gesundheitsschädliche Milch liefern. Ins¬
besondere war über diarrhoische Erkrankungen bei Säuglingen be¬
richtet worden, welche Milch getrunken hatten, die von Kühen her-
rübrte,die mit Kupfersalzlösnngen besprengtes Weinlaub, als Jettet;
bekommen hatten.
Das Ministerium des Innern stellte hierauf in den öster¬
reichischen Kronlandern über diese Frage Erhebungen an; gleich¬
zeitig wurden am pathologisch-chemischen Institut der Wiener
Universität Kühe versuchsweise mit Weinlaub gefüttert und die
Milch chemich untersucht.
Die Versuche ergaben: „1. Milch nach Verfütterung von
Weinlaub, das mit Kupfervitriol besprengt war, enthält eine eben
noch erkennbare Spur von Kupfer. 2. Milch nach Verfütterung
von reinem Weinlaub war frei von Kupfer.“
Die in den Ländern angestellten Ermittlungen lieferten
wenig positives Material: Im Bezirke Oberhollabrunn (Nieder-
ÖBterreich) wurden im Juni 1896 bei einer grossen Anzahl von
Kindern im Alter von 2—14 Monaten heftige Magen- und Darm¬
katarrhe beobachtet, an welchen 5 Kinder starben. Alle erkrankten
Kinder hatten Milch von Kühen genossen, denen man mit Kupfer¬
salzlösungen besprengtes Weinlaub gefüttert hatte. In diesem
Falle kann die Möglichkeit, dass das Kupfer die Erkrankungen
hervorrief, nicht ganz von der Hand gewiesen werden. Auch in
einem anderen Bezirk dieses Landes, Gross-Enzersdorf, erkrankten
zwei Kinder nach dem Genüsse solcher Milch, genasen aber
wieder, als andere Milch verabreicht wurde. Aus Böhmen wird
berichtet, dass Gänse eingingen, welche zwischen Weinstöcken
stehendes Unkraut gefressen hatten, das beim Besprengen der
ersteren mit Kupfersalzlösung ebenfalls benetzt worden war. Ein
Fall von diarrhoischer Erkiankung bei Säuglingen, welche ver-
muthlich der fraglichen Ursache zuzuschreiben war, wurde noch in
Krain beobachtet.
Es ist immerhin sehr fraglich, ob diese Erkrankungen von
einem schädlichen Kupfergehalt der Milch herrühren In der
Umgebung von Bozen ist Bchon vor d^r Verwendung von Knpfer-
salzlösungen zur Besprengung des Weinlaubes bekannt gewesen,
dass bei Kindern häufig Duichfall entsteht, wenn sie mit Milch
ernährt werden, welche von Kühen während der Weinlaubfütterung
geliefert wird. Als wahrscheinliche Ursache dieser schädlichen
Einwirkung wurde der reiche Gehalt an Pflanzensäuren
angenommen. (Thierärztl. Centralbl. 1897, H. 17.)
Zor Aufklärung der Bolle, welche stechende Insekten
bei der Verbreitung von Infektionskrankheiten spielen.
Aus dem hygienischen Institut von Berlin. Von George H. F. Nuttall,
Dr. med. et phil.
(CentralM. t. B»kt. 1898 H. 15.)
Die Ansicht, dass Fliegen von Milzbrandkadavern den Milz¬
brand auf Menschen übertragen können, ist im Volke weit ver¬
breitet In den Aufsätzen über die Pestepidemie in Bombay
wurde auch in wissenschaftlichen Kreisen als Verbreitungsweg
der Seuche die Uebertragung durch Bettwanzen angenommen.
Durch die im Centralbl. f. Bakt. früher (Bd. XXII. 1897) ver¬
öffentlichten Versuche Nuttairs ist es jedoch als unwahrschein¬
lich hingestellt dass eine solche Weiterverbreitung der Pest
vorkommt. Die im Wanzenleibe befindlichen Pesterreger gehen
vielmehr allmälig zu Grunde.
Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich nun mit Infektions-
versnchen an Mäusen durch Wanzen und Flöhe, welche mit Milz¬
brand, Hühnercholera und Mäuseseptikämie inficirt wurden.
Die Insekten wurden mit au dieser Seuche sterbenden oder ver¬
endeten Mäusen zusammengebracht, bis sie sich nachweislich
voll Blut gesogen hatten, und darauf zu gesunden Mäusen gesperrt
In keinem einzigen Falle kam jedoch durch die Stiche der in der
angegebenen Weise inficirten Wanzen und Flöhe eine Erkrankung
zustande. Die mit Wanzen- und Flohinhalt gemachten Kultur-
und Impfversuche und die mikroskopische Untersuchung beweisen,
dass die Infektionserreger in den Insekten zu Grunde gehen.
Es kann hiernach als festgestellt erachtet werden, dass eine Ver¬
breitung von Seuchen durch Insekten zu den Ausnahmen gehört
Abdecker sollen sich bei der Zerlegung von Milzbrand¬
kadavern besonders vor Fliegenstichen in Acht nehmen, aus
Furcht vor einer Infektion. Dieselbe dürfte jedoch weniger durch
Uebertragung des Ansteckungsstoffes von Fliegen als vielmehr
dadurch zustande kommen, dass infolge eines Fliegenstiches an
den Händen, bei ev. Besudelung dieser kleinen Wunde mit Milz¬
brandblut, die Bacillen vom Cadaver aus direkt in den Körper
gelangen können.
Das Bacterium der M&ul- und Klauenseuche.
Von
Dr. Stutzer und Dr. H a r 11 e b.
(Arch. f. Hygiene BJ. SO)
Das Bacterium der Maul- und Klauenseuche will bereits
eine grössere Anzahl von Forschern entdeckt haben; ein Theil
derselben wie z. B. S i e g e 1 ist jedoch von selbst davon ab¬
gekommen, das von ihm entdeckte Bacterium noch weiter für den
Erreger der Maul- und Klauenseuche zu halten. Die Autoren
haben nun ebenfalls über den Erreger der Seuche Untersuchungen
angestellt und in dem Schleim des Maules, in der Flüssigkeit der
Blasen und in der Milch erkrankter Thiere eine ganz bestimmte
Bacterienart in sehr grosser Menge gefunden. Ganz eigenthümlich
ist dieser Bacterienart, dass sie sich sehr leicht den verschieden¬
sten Nährmedien anpasst, dabei jedoch nicht selten eine Ver¬
änderung der äusseren Form erleidet. Dieser Umstand veranlasst
die Verff. anzunehmen, dass sie, van Niessen, Siegel und
andere ein und denselben Mikroorganismus bei der Seuche
beobachtet haben, dass derselbe jedoch in Folge der ungleichen
Züchtungsmethoden geringe morphologische Veränderungen zeigte.
Pathogen erwies sich das Bacterium gegen Mäuse und Meer-
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
283
schweinchen, indem es diese Thiere unter ganz charakter¬
istischen Erscheinungen tödtete, Schafe, Schweine und Hühner
waren indifferent gegen dasselbe, bei Kälbern veranlasste es
Fieber. Als Hauptaufgabe stellen die Autoren die Forderung
auf, die Physiologie und nicht die Morphologie des Erregers der
Maul- und Klauenseuche zu erforschen.
Eine neue Methode der Baeterien-Geisselfärbung bei
Gebrauch einer Orceinbeize
empfiehlt Bowhil in der Hyg. Rundschau.
Zunächst sind zwei Lösungen anzufertigen:
Lösung 1. Lösung 2.
Orceln 1,0 Gerbsäure 8,0
Alkohol, absolut 50 ccm Aqu. destilL 40 ccm
Aqu. deBtill. 44 ccm (Säure durch Erwärmen zu
lösen.)
Gleiche Theile von Lösung 1 und 2 werden vor dem Gebrauch
gemischt und filtrirt.
Methode: 1. Die aus einer frischen Cnltur auf Agar stammen¬
den Bacterien werden in einem Reagenzglas in abgekochtera
destillirten Wasser suspendirt 2. Nachdem die Flüssigkeit
5 Min. ruhig gestanden hat, wird ein Tropfen der Bacteripu-
Suspension auf ein reines Deckglas gebracht und an der Loft
getrocknet. 3. Das Deckglas, zwischen den Fingern gehalten
(damit es nicht zuviel erhitzt wird), wird in der Flamme Üxirt.
4. Etwas Orceinbeize wird in ein Uhrschälchen gethan und das
Deckglas, mit der Bacterienseite nach unten, darauf zum
Schwimmen gebracht. Die Beize wird gelinde erwärmt und das
Präparat 10—15 Min. deren Wirkung ausgesetzt. 5. Das Prä¬
parat wird auf übliche Weise mit Wasser abgespült und ge¬
trocknet, darauf 6. mit Ehrlich’s Anilinwasser-Gentianaviolett
gefärbt, indem aus einem Filter ein Tropfen des Farbstoffes
darauf gebracht und bis zur Dampfbildung erwärmt wird.
7. Das Präparat wird abgespült, getrocknet und in Xylol¬
balsam eingeschlossen.
Mit der Methode wurden dargestellt die Geissein von B.
typhi abdom., Spirill. cholerae asiatic., Prot, vulg., B. subtilis.
(Centralbl. f. Bact. 1898, H. 15.)
Ueber die histologischen Unterschiede zwischen
Blastomyceten und hyaliner Degeneration.
Vortrag, gehalten von Beck in der biologischen Abtheilung d.
ärztl. Ver. zu Hamburg.
(MOnch. Med. Woch WM )
Beck bespricht nur Beobachtungen, die Pelagatti bei
seinen Untersuchungen im Laboratorium Dr. Unna’s machte.
Er verglich Reinculturen von Blastomyceten mit denjenigen Ge¬
bilden, welche man in malignen Tumoren, besonders Carcinomen
und chronischen Granulationsgeschwülsten findet, und welche auf
Grund morphologischer Aehnlichkeit von vielen, zumeist von
italienischen Autoren ebenfalls als Blastomyceten betrachtet
worden sind. Die Untersuchungen ergaben, dass diese Gebilde
nicht mit Blastomyceten zu idenlificiren sind, weil sie sich be¬
züglich ihrer Färbbarkeit grundverschieden von den Blastomyceten
verhalten. Während nämlich die letzteren bei Anwendung der
Unna’ sehen combinirten Hyalinfärbungsverfahren sich nicht
specifisch färben lassen, sondern eine Mischung von benutzten
Farben annehmen, zeigen die ähnlichen Gebilde in den ver¬
schiedensten pathologischen Gebilden nur zu einem der nach¬
einander angewandten Farbstoffe Affinität und geben alle
Reactionen des Hyalin. Die Körperchen stehen in keiner
ätiologischen Beziehung zu den neugebildeten Geweben, iu welchen
sie zu finden sind, sie sind vielmehr als ein Degenerationsproduct
der Zellen aufzufassen.
Kleine therapeutische Notizen.
Antiseptlsohe Seifen.
Curcio prüfte die Wirksamkeit der Seifen auf Eitererreger:
17 «, Sublimatseife wirkungslos, 10 proc. Carbolseite wirkungslos,
dagegen 3 proc. Salicylsäure oder 5 proc. Borsäure in den Seifen
von thatsächlicher antiseptischer Wirkung, die sich schon nach
5 Minuten äussert.
Nach einem Artikel im Arcb. f. Hyg. wurden in gleicher
Richtung gewöhnliche Schmierseife, weisse Mandelseife und feste
Patentkaliseife geprüft. Mit 10 proc. Lösung dieser Seifen wurden
Choleravibrionen in einer halben Minute getödtet und mit 5 bezw.
2'/jproc. Gemischen nach 5 Minuten. Wäsche, Kleider etc. können
also durch Einlegung in Seifenlösung und ebenso können die
Hände durch einfaches Waschen rasch und völlig von Cholera¬
keimen befreit werden. Eine gleich hohe Wirksamkeit zeigten
die Seifen gegen Typhusbacillen und das Bacterium coli in 10 proc.
Lösung und bei 1 Minute langer Einwirkung. Gegen Eiter¬
erreger versagen auch diese Seifen völlig. Die Lysolseife erwies
sich als viel weniger wirksam wie eine reine Lysollösung von
gleichem Procentsatz. Dasselbe galt von der Carboisäureseife.
Hieraus ergiebt sich, dass die Herstellung von Seifen mit Zusatz
eines speciellen Desinfectionsmittels nicht rationell ist und dass
man die Hände zunächst am besten mit der Seife und dann mit
dem Desinfectionsmittel behandelt.
Hexamethyleo-tetramin.
Das H. ist ein Condensationsproduct von Tannin und
Urotropin, dem Tannalbin in Wirkung und Anwendung sehr
ähnlich.
Eosot und Geosot
E. und G. sind nach Dr. Wend die valeriansauren Salze
des Kreosot und Gutyakol. Dosis des G. 0,9 biB 5 g pro Tag.
Turnisirender Effect auf Herz und Nervensystem und Appetit¬
anregung. Flüssige Arzneiform geeignet bei Lösung in 4 TUeilen
95 pCt. Alkohol und Verabreichung mit Milch, ln kleinen Dosen
erfolgreich bei Diarrhoe, auch gegen Brechreiz.
Sanoform.
Das Sanoform ist Dijodsalicylsäuremethyläther mit 62 pCt.
Jodgehalt Ein unzersetzliches Pulver, das leicht in Alkohol und
Aether, auch in Vaseline löslich ist und von Arnheim als Ersatz¬
mittel für Jodoform empfohlen wird.
Tumenol.
Das T. ist von Neisser schon 1891 empfohlen, aber nicht
viel verwendet worden. Mit Ausnahme der allerersten Stadien
bewährt es sich bei der Ekzembehandlung, namentlich im
nässenden Stadium als gut austrocknend und die Ueberhornung
befördernd. Auch bei Verbrennungen ersten und zweiten Grades
emplehlenswerth als 5—10 proc. Zusatz zu gewöhnlicher Zinkpaste
oder als 10 proc. Lösung in Aetherspiritus oder Glycerinwasser.
Phesin und Cosaprin.
Ph. und C. sind nachVamocci undFengoeeay brauchbare
Antipyretica, und zwar Sulfoderivate des Phenacetin bezw.
Antifebrin. Sie sollen im Vergleich zu diesen beiden Grund¬
präparaten unschädlich sein, sind ausserdem in Wasser sehr leicht
löslich und ermöglichen bequeme subcutane Injection. Ihre
Wirkung ist jedoch von kurzer Dauer. Es sind die doppelten
Dosen der Grundpräparate erforderlich.
Aatifehiin als Verbandnittel.
Idanoff empfiehlt das Antifebrin als Ersatz für Jodoform
als secretionsvermindernd u. s. w.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Tagesgeschichte.
YI. Plenar-Versammlung der Central Vertretung der
thieiärztlichen Vereine Preussens
zn Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
Die Versammlung gehörte der Tagesordnung nach zu den
arbeitsreichsten und wichtigsten und war ihrer Bedeutung ent¬
sprechend besucht
Bereits bei der am Vorabend der ersten Sitzung stattfindenden
gegenseitigen Begriissung hatte der Präsident Professor Dr. Esser
der Ueberzeugung Ausdruck gegeben, dass es unmöglich sei, das
vorliegende Berathungsmaterial an einem Tage zu erledigen. Es
waren daher eine Sonnabend- und Sonntag-Sitzung in Aussicht ge¬
nommen und deren Beginn auf 9 Uhr früh festgesetzt worden.
I. Sitzung.
Die Feststellung der anwesenden stimmberechtigten
Vereinsdelegirten ergab, dass 17 Vereine mit 54 Stimmen ver¬
treten waren, und zwar folgende:
Die Provinzialvereine für
Ostpreussen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte
Dr. Mehrdorf und Regenbogen und den KreiBthierarzt
Dr. Augstein.
Westpreussen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Preusse.
Brandenburg (6 Stimmen) durch Prof. Schmaltz, Kreisthierärzte
Claus und Kieckhäfer, Schlachthofdirectoren Wulff
und Schräder und Oberrossarzt a. D. Brandt. '
Posen (3 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Heyne und
Peters und Kreisthierarzt Dr. Fe lisch.
Schlesien (6 Stimmen) durch die Departementsthierärzte Dr. Arndt
und Scharmer und Schlach.thofdirector Hentschel.
Sachsen (5 Stimmen) durch die Kreisthierärzte Thu neck*».-und
Liebener.
Westphalen (2 Stimmen) durch Veterinär-Assessor Dr. Steinbach.
Rheinprovinz (4 Stimmen) durch die Departementsthiefärzte
Dr. Lothes und Koll.
Schleswig (4 Stimmen) durch Kreisthierarzt Eider-Flensburg und
Schlachthofdirector Raser-Kiel.
Hannover (8 Stimmen) durch die Professoren und Departeraents-
thierärzte Dr. Esser und Dr. Malkmus.
Ferner die Vereine von
Pommern-Stettin-Stral8und (3 Stimmen) durch Schlachthofdirector
Falk.
Pommern-CÖBlin (1 Stimme) durch Departementsthierarzt Brietz¬
mann.
Berlin (3 Stimmen) durch Prof. Oster tag, Oberrossarzt a. D.
Luch au und Thierarzt Rietzei.
Erfurt und Thüringen (1 Stimme) durch Departementsthierarzt
Wallmann.
Reg.-Bez. Düsseldorf (2 Stimmen) durch den jetzigen Departements¬
thierarzt Schmidt-Düsseldorf.
Kurhessen (1 Stimme) durch Veterinär-Assessor Tietze-Caspel.
Reg.-Bez. Wiesbaden (1 Stimme) durch Kreisthierarzt Pitz-
Eltville.
Ohne Vertretung geblieben waren nur der thierärztliche
Verein für das Saargebiet und der Verein der Schlachthaus¬
thierärzte im Reg.-Bezirk Arnsberg.
Der Prisident Prof. Esser eröffnet die Sitzung mit folgender
Rede:
Hochverehrte Herren und liebe Collegen!
Die C.V. der thierärztlichen Vereine des Preussischen Staates
ist bereits in das zweite Decennium ihrer Thätigkeit eingetreten.
Dieselbe constitnirte sich am 1. Februar 1886 und hat bislang fünf
Plenarversammlungen abgehalten. Heute wollen wir die sechste be¬
ginnen. Als zeitiger Vorsitzender habe ich die Ehre, die Herren
Delegirten und die Herren Gäste im Namen des ständigen Aus¬
schusses zu begrüssen und herzlich willkommen zu heissen.
Meine Herren! Wenn wir die Thätigkeit unserer Körper¬
schaft während des abgelaufenen Decenniums überblicken, so
dürfen wir ohne Ueberhebnng sagen, dass wir unsere Ziele
mit Einraüthigkeit und Beharrlichkeit verfolgt haben. Wenn
wir auch nicht immer unsere Bestrebungen von Erfolg ge¬
krönt sahen, so haben wir doch Vieles erreicht, was wahrschein¬
lich heute noch frommer Wunsch für uns wäre, wenn wir uns
nicht fest aneinander geschlossen und unser Ziel mit dem ganzen
Gewicht der Gesammtheit verfolgt hätten.
Meine Herren! Nicht mit fanatischer Rücksichtslosigkeit
suchen wir unseren berechtigten Ansprüchen bezüglich Besserung
unserer Standesinteressen Geltung zu verschaffen, sondern mit
ruhiger Klarheit über das Erreichbare, mit unerschütterlicher Pflicht¬
treue in unserem Berufe und im felsenfesten Vertrauen auf den
hochherzigen Fürsten, der mit klarem Blick die Aufgaben der
Gegenwart erfasst hat und sich der ernsten Pflicht der Herrscher
voll bewusst ist nach dem Wahlspruche der Hohenzollern „Suum
cuique", unser Staatsschiff durch die Brandung widerstreitender
Anschauungen und Interessen ungefährdet hindurcbzusteuern.
Wir Thierärzte bilden zwar nur eine kleine Zahl unter den
preussischen Staatsbürgern, aber wir stehen hinter keiner Berufs¬
klasse zurück in unserer Bereitwilligkeit mit Allem, was wir haben
und was wir können, in aller Freudigkeit dem Gemeinwohle zu
dienen. Meine Herren! Unser allergnädigster König und Kaiser hat
in einer bald zehnjährigen Regierungszeit gezeigt, dass er in
seiner unermüdlichen Pflichttreue und in seiner hervorragenden
geistigen Begabung der würdige Nachfolger seiner grossen Vor¬
gänger ist. Wie jene, so hat auch er sich die Liebe und Treue
seines Volkes erworben. Und wir hier versammelten preussischen
Thierärzte folgen nicht dem äusseren Zwange der Pflicht, sondern
einem starken inneren Verlangen, wenn wir unsere Berathungen
mit dem aus treuerfülltem Preussenherzen kommenden dreifachen
Jubelruf beginnen: Unser allergnädigster Kaiser, König
und Herr, Wilhelm II., er lebe hoch — hoch — hoch.
(Die Versammlung erhebt sich und stimmt freudig ein.)
Der unerbittliche Tod hat in einer kurzen Spanne Zeit zwei
der hervorragendsten Vertreter unseres Faches, der mannhaftesten
Vertheidiger unserer Bestrebungen für Besserung unserer
Standesangelegenheiten dahingerafft.
Am 22. Februar d. J. verschied unser College Professor Dr.
Rabe, welcher bereits in der constituirenden Versammlung
unserer Körperschaft erfolgreich mitwirkte und in keiner späteren
Plenarversammlung fehlte. Wir Alle haben seinen belehrenden,
überzeugenden Worten gern gelauscht, wir Alle verehrten den
vornehmen, charakterfesten, uneigennützigen, streng wahrheits¬
liebenden Mann. Wenn in unseren Reihen mit hartnäckiger
Beharrlichkeit divergirende Ansichten verfochten wurden, gelang
es dem Verewigten oft, durch seine mit köstlichem Humor
gewürzten Reden, die stets in gewähltester, vornehmster Form
vorgetragen wurden, die Gegensätze auszugleichen und Dis¬
harmonien fernzuhalten.
Professor Dr. Pütz, der frühere Präsident unserer Körper¬
schaft, folgte Rabe am 4. März d. J. nach in die Ewigkeit.
Soll ich zu Ihnen noch ein Wort reden, wie Pütz für die
Förderung der thierärztliohen Standesinteressen thätig gewesen?
Der Name Pütz ist mit unvertilgbaren, goldenen Lettern in den
Annalen unserer Körperschaft verzeichnet. Noch steht er vor
unserm geistigen Auge, der Jüngling im Silberhaar, dem man
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
nur den einen Vorwurf machen könnte, dass er in blinder Liebe
zn seinem Fache und za seinen Fachgenossen oftmals za nngestüm
and stürmisch anf sein Ziel zneilte.
Nicht ist hier der Ort, davon zu reden, was ein Rabe and
ein Pütz für die thierärztliche Wissenschaft geleistet haben; hier
aber wollen wir es dankerfüllten Herzens anssprechen, dass die
preussischen Thierärzte aufrichtig trauern über den Verlast der
beiden charakterfesten Förderer der thierärztliohen Standes¬
interessen, dass ihr Andenken stets in höchsten Ehren bei uns
bleiben wird. Möchten die thearen Entschlafenen der jüngeren
Generation ein Vorbild sein and bleiben znr treuen, uneigen¬
nützigen Arbeit in ihrem Geiste!
Wir aber, verehrte Herren Collegen, wollen ans znm äusseren
Zeichen unserer Dankbarkeit, Verehrung und Liebe, die wir
für die beiden verschiedenen Heroen unseres Standes im Herzen
tragen, von den Sitzen erheben. (Geschieht.)
Meine Herren! Der ständige Ausschuss wurde 1893 im
Februar auf drei Jahre gewählt; derselbe ist also eigentlich seit
1896 nnr noch interimistisch im Amte (cf. § 4 al. 4 unseres Statuts).
Wir werden demnach heute vor Allem die Wahl des ständigen
Ausschusses vorzunehmen haben.
Die Beschlüsse unserer letzten Versammlung sind ausnahms¬
los ausgeführt worden. Einen Erfolg haben wir bislang nicht
erzielt mit unserer Petition für das Prtifnngsrecht der Kreisthier-
ärzte betreffend Trichinenschauer und ebensowenig betreffend
Pensionsberechtigung und Rangänderung der beamteten Thier¬
ärzte. Dagegen hat unsere Petition an den Kriegsminister
betreffend die Militär-Rossarzt-Aspiranten die Wirkung gehabt, dass
denselben die Bezeichnung „Rossarzt-Aspiranten“ zur Unter¬
scheidung von den Mannschaften verliehen worden ist und dass
dieselben auch Schnüre tragen, ähnlich wie die der Einjährigen.
' Besonders möchte ich auch noch das glänzende Gelingen der
Ueberreichnng einer Ehrengäbe an den im Jahre 1896 aus seinem
Amte ausgeschiedenen Geheimrath Beyer erwähnen, worüber
znr Zeit in der „B. T. W.“ eingehend berichtet wurde.
Möchten auch unsere heutigen Berathnngen zu gutem Erfolge
führen. (Fortsetzung des Berichts folgt.)
Karzer Beriobt über die am 5. Jani a. er. abgebaitene 24. ordeatllohe
Generalversammlung des thierärztliohen Vereins im Herzogthum
Braunsohwelg.
Vorsitzender: Kreisthierarzt S a a k e-Wolfenbüttel,
Schriftführer: Thierarzt L ö hr-Königslutter.
Die Versammlung war von 16 Mitgliedern besucht. Als Gast
war der Thierarzt Römer aus Mascherode erschienen.
Nach einer herzlichen Begrüssnng der Anwesenden eröffnete
der Vorsitzende Il5( Uhr die Versammlung mit einer Anrede, in
welcher er besonders die Bedeutung und den Werth der thier-
ärztlichen Vereine und deren Centralisirnng für gemeinsame Ver¬
tretung der thierärztliohen Interessen hervorhob.
I. Aus dem Geschäftsbericht ist zu entnehmen, dass der Verein
35 Mitglieder zählt. Neu aufgenommen wurde der Thierarzt
Körner-Holzminden. Freiwillig ausgeschieden ist der Director
N a h d e. Durch Tod ausgeschieden sind die Mitglieder Thier¬
arzt Fritz Samplebe - Schöppenstedt, Medicinalassessor
Heinrich LieB-Braunschweig und das Ehrenmitglied Prof.
P ü t z-Halle. Zugleich wurde gedacht der verstorbenen Pro¬
fessoren Dr. Rabe nnd Lustig in Hannover. Der Vorsitzende
widmete den Verewigten warme Worte der Anerkennung. Zum
ehrenden Angedenken an dieselben erhoben sich die Anwesenden
von ihren Sitzen.
Die Einnahmen des Vereins betrugen 132 M., die Ausgaben
82 M. 42 Pf. Es bleibt ein Kassenbestand von 339 M. 19 Pf.
Nachdem die Kassenrevisoren Hilpert und Witte die
Rechnung für richtig befunden hatten, wurde dem Kassenführer
Entlastung ertheilt.
n. Bei der erfolgten Neuwahl des Vorstandes wurde der bis¬
herige Vorstand per acclamationem wiedergewählt. Als Stellver¬
treter für den Präsidenten wurde der Kreisthierarzt Schräder-
Helmstedt, für den Schriftführer der Kreisthierarzt Drt Bertram
gewählt. Die Wahl eines Delegirten für den Deutschen Veterinär¬
rath fiel auf den Vorsitzenden.
HI. Es wurde beschlossen zu den Kosten des im nächsten
Jahre nach Baden-Baden einzuberufenden Vü. internationalen
thierärztlichen Congresses 100 M. zu bewilligen nnd für ein
event. sich ergebendes Defiöit mit einem Geldbeträge bis zu
100 M. einzutreten.
IV. Für die im Juni nächsten Jahres stattfindende Feier des
25jährigen Bestehens des Vereins wurde ein Fest-Comitö ge¬
wählt, welches besteht ans den Herren Hilpert, Bake und
Frede. Demselben wurde für das Arrangement der Feier ein
unbegrenzter Credit gewährt.
V. Als Mitglied des Vereins wurde aufgenoraraen der Thier¬
arzt List aus Calvörde.
VI. Eine Besprechung über die im October d. Js. im Herzog-
thmn einzuftihrende allgem. obligator. Fleischbeschau hatte mehr
ein locales Interesse.
Der letzte Gegenstand der Tagesordnung „Mittheilungen aus
der Praxis“ gab zu einer lebhaften Debatte Veranlassung. Kreis¬
thierarzt Schräder besprach ausführlich die Entfernung der
Fremdkörper aus der Rachenhöhle und dem Schlunde. Thierarzt
Meyer -Lesse referirte über das Kalbefieber und dessen
Therapie mit Jodkaliuminjectionen in das Euter. Ueber den
Werth dieser Behandlung waren die Ansichten sehr getheilt
Schluss der Sitzung 2^ Uhr. Darauf gemeinsame Tafel mit
Damen.
Versammlung beamteter Thierärzte des Reg.-Bez. Breslau.
Ih Anwesenheit des Regierungs-Präsidenten Dr. von Heyde-
bränll und der Lasa fand unter dem Vorsitz des Departements-
thierarztes Dr. Ulrich am 2. April d. J. im Sitzungssaale des
Regierüngsgebäudes eine Conferenz der Kreisthierärzte des Bres¬
lauer Bezirkes statt, an welcher auch die Regierungs-Assessoren
Landmann und Hank theilnahmen. — Vor Beginn der Ver¬
handlungen hielt der Herr Regierungs-Präsident eine Ansprache
über den Zweck der Conferenz, welche ihm Gelegenheit gäbe,
die beamteten Thierärzte persönlich kennen zu lernen und ihre
Ansichten über die neuerdings im Einverständniss mit den
Regierungen von Liegnitz und Oppeln geschaffenen landes-
polizeilichen Anordnungen zu hören. In letzteren seien zur
besseren und sicheren Abwehr und Unterdrückung der die Land-
wirthschaft so schwer schädigenden Viehseuchen einzelne Maas-
regeln verschärft, andere ganz neu geschaffen, aber auch nicht
unbedingt nothwendige Härten gemildert oder ganz beseitigt
worden. — Die neuesten Bestimmungen stellten erhöhte An¬
sprüche an die Leistungen der beamteten Thierärzte, welche im
Bewusstsein ihrer grossen Verantwortlichkeit sich zu beBtreben
hätten, allgemeine wie Sonderinteressem nach jeder Richtung hin
zu wahren. Sodann aut die Rechtfertigung des Departements¬
thierarztes Dr. Ulrich durch das landwirthschaftliche Ministerium
gegenüber dem Beschlüsse des Ehrenraths des „Vereins schle¬
sischer Thierärzte“ übergehend, hob er hervor, dass nach ein¬
gehender Prüfung deB eingeforderten gesammten Actenmaterials
das Ministerium zu diesem Urtheilsspruche gekommen sei. —
Dem Herrn Regierungs - Präsidenten dankte hierauf der Vor¬
sitzende Dr. Ulrich in warmen Worten für die Ehre, welche
der Präsident der Versammlung durch sein Erscheinen in der
Conferenz habe zu Theil' werden lassen.
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286
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Die Tages-Ordnung umfasste folgende Punkte:
I. Polizeiliche Verordnungen über Maul- und Klauenseuche,
über Schweineseuche und deren Wirkungen.
II. Zeitweise Untersagung des Hausirhandels mit Schweinen.
III. Unschädliche Beseitigung des Milzbrandcadavers. Ab¬
deckereiwesen.
IV. Diagnose der Tollwuth.
V. Geflügelcholera. — Einsendung der Cadaver an die Kreis¬
thierärzte.
VI. Anträge aus der Mitte der Versammlung.
Bei Besprechung des Punktes I war die Debatte lebhaft, und
es wurde über mehrere aus der Versammlung heraus ge¬
stellte kritische Fragen bereitwilligst von den Herren der
Regierung eingehendste Auskunft ertheilt. Dieselben be¬
trafen insbesondere Einbruchsstationen, Viehtransporte und deren
Unternehmer, die Untersuchungszeiten, Nachuntersuchung der
Transporte, Gebühren, Ueberwachung des Hausirhandels mit
Schweinen u. s. w.
Zu Pankt II der Tagesordnung gab der Herr Regierungs¬
präsident die Erklärung ab, dass vom Standpunkte der Gewerbe¬
ordnung nur ein zeitweises Verbot des Hausirhandels möglich
sei, während vom Standpunkte des Viehseuchengesetzes und zur
Hebung der einheimischen Schweinezucht eine dauernde Unter¬
sagung erforderlich wäre. Bei der günstigen Wirkung dieses
Verbots sei in mehreren Kreisen des Bezirks eine Verlängerung
desselben angeordnet worden. Nach Erledigung des Punktes Hl
der Tagesordnung mussten wegen der vorgerückten Stunde die
weiteren Verhandlungen abgebrochen werden.
Es wurde nur noch beschlossen, eine Vereinigung der
beamteten Thierärzte des Regierungs-Bezirks Breslau unter dem
Vorsitz des Departeraentsthierarztes Dr. Ulrich zu gründen und
in jährlich zwei Mal stattflndenden Zusammenkünften, welchen
der Herr Regierungs-Präsident auch weiter seine Aufmerksamkeit
zu schenken versprach, wichtige veterinärpolizeiliche Fragen. an
der Hand praktischer Erfahrung zu erörtern.
L A.:
Dr. Schulz.
Versammlung der beamteten Thlerftrzte des Reg.-Bez. Breslau.
In Folge der an die beamteten Thierärzte des Regierungs-
Bezirkes BreBlau von dem Königlichen Departementsthierarzt
Dr. Ulrich zum 14. Mai 1898 ergangenen Einladung hatten Bich
Nachmittags vier Uhr im Pschorrbräu folgende Collegen ein¬
gefunden: Dr. Ulrich, Koschel, Becker - Breslau, Frauen-
holz-Brieg, Hocke - Frankenstein, Kissuth-Guhrau, Gückel-
Münsterberg, Wittlinger - Neumarkt, Dr. Schulz - Nimptsch,
Schwintzer - Oels, Klingmüller - Strehlen, Scharsich-
Striegau, Knauff-Trebnitz, Wittenbürk-Waldenburg, HäKel-
Wartenberg, Dr. Söhngen - Wohlan.
Die Tagesordnung lautet:
1. Constituirung der Vereinigung.
2. Besprechung der Tagesordnung der am 21. d. M. in Berlin
stattfindenden Plenar-Versammlung der Central-Vertretung der
thierärztlichen Vereine Preussens, insbesondere: Reform der
Stellung der Kreisthierärzte.
3. Sonstige Mittheilungen.
Zu Punkt 1 erwähnt Dr. Ulrich eingangs der Versammlung,
dasB diese, wie schon am 2. April d. J. besprochen, den Zweck
haben soll, Sonderinteressen der beamteten Thierärzte in jährlich
zwei Mal stattfindenden Zusammenkünften zur Sprache zu
bringen und zu vertreten. Vereinsvermögen durch jährliche Bei¬
träge zu erwerben, würde nicht beabsichtigt. Die Repartition
aller dem Verein erwachsenden Unkosten sei nach der Kopfzahl
der Mitglieder vorzunehmen. Hierauf constituirt sich die
Versammlung als Vereinigung der beamteten Thierärzte des
Regierungs-Bezirks Breslau und es wird Dr. Ulrich - Breslau
zum Vorsitzenden, Becker - Breslau zum Schriftführer und
Frauenholz - Brieg zum Rendanten gewählt.
Bei Besprechung des Punktes 2 der Tagesordnung, welcher
eine lebhafte Debatte hervorruft, wird beschlossen, der als
Delegirter zur Plenar - Versammlung bestimmte Vorsitzende
Dr. Ulrich möge für Folgendes eintreten:
1. Das Grundgehalt der Kreisthierärzte sei festzusetzen auf
1800—2400 Mark.
2. Die eventuelle Pension, eine Relicten-Versorgung etc. sei
zu normiren nach dem fingirten Gehalt von 3600—4800 Mark.
Bezüglich des anderen Programms wolle sich der Delegirte
der Minorität anschliessen, für das Erreichen der Maturitas solle
er aber warm eintreten, da die Versammlung der Ueberzengung
ist, dass sich alle Fragen durch Gewährung dieser am besten
von selbst regeln werden.
Nachdem noch des Weiteren über Unterstützungskassen,
Theilnahme der Thierärzte an Prämiirungscommissionen etc. Be¬
schlüsse gefasst worden, wird die Versammlung nach sieben Uhr
geschlossen, da ein geselliges Zusammensein mit Damen verab¬
redet ist, welches die Theilnehmer noch recht lange bei ein¬
ander hielt
Dr. Ulrich, Becker,
Vorsitzender. Schriftführer.
Rethlaufsohutzserum Lorenz.
Obermedicinalrath Dr. Lorenz hat sich sein Verfahren zur
Herstellung des Rothlaufschutzserums nunmehr patentiren lassen.
(D. R.-P. 11380). Unbeschadet der von der Landwirthschafts-
kammer der Provinz Brandenburg erworbenen Rechte bildet sich
eine Gesellschaft zur Ausnutzung dieses Patentes mit dem Sitz
in Berlin. Diese Gesellschaft übernimmt die Herstellung des
Impfmaterials ausserhalb Preussens (wo nach wie vor allein von
der Anstalt zu Prenzlau geliefert wird) bezw. Deutschlands.
t
Am 12. Juni starb in Insterburg infolge einer schnell ver¬
laufenden Lnngenbru8tfellentzündung der Nestor der beamteten
Thierärzte des Regierungsbezirkes Gumbinnen, der Königl. Kreis¬
thierarzt
Herr Carl Heinrich Friebel
im 69. Lebensjahre.
Der Verstorbene hat die Kreisthierarztstelle der Kreises
Insterburg seit dem Jahre 1877 treu und gewissenhaft verwaltet
und mit seltener Schaffensfreudigkeit und Pflichttreue, in voller
Hingebung für seinen Beruf die thierärztliche Praxis während
33 Jahren dort ausgeübt. Ausgerüstet mit einem reichen Masse
von thierärztlichem Wissen, das er durch fleissiges Studium der
neuen Errungenschaften auf der Höhe der Zeit zu erhalten
wusste, von edelster Gesinnung, offen und freundlich im Verkehr
mit Jedermann, hatte er es verstanden, sich die allgemeine
Achtung und Verehrung in einem ungewöhnlichen Grade zu
erwerben.
Den Standesangelegenheiten brachte er stets das regste Inter¬
esse entgegen; er war ein eifriger und muthiger Verfechter
derselben.
Der thierärztliche Stand verliert in dem Verstorbenen einen
mustergiltigen Vertreter, wir aber betrauern einen lieben, guten
Freund, Berather und Berufsgenossen. Möge er in Frieden ruhen;
wir werden ihm noch über das Grab hinaus ein treues, ehrendes
Andenken bewahren.
Im Namen der beamteten Thierärzte
des Regierungsbezirks Gumbinnen:
Regenbogen, Departements-Thierarzt.
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16. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
287
Oeffentliches Teterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seochenstatistik und Teterinärpolizei.
ssmm
W’Xw!
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
im Mai 1898.
mmbinnei
SchJesvyi^
Marienwerder
unter V
nabruck)/hannoyG?
Die Schraffierungen £eben (nach nebenstehender
Scala) an. wie viel pro mille dervorhandenen
Gemeinden verseucht waren
Die Verbreitung der Maul- u. Kiauenseuohe in Prassen. Ende Mal 1898. ! Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Marienwerder.
2
4
1,76
Potsdam.
9
19
7,33
Frankfurt.
ü
17
6,24
Stettin.
3
5
2,66
Posen.
10
22
6,67
Bromberg.
5
10
4,49
Breslau . . •.
6
17
4,47
Liegnitz.
5
9
3,19
Magdeburg.
10
25
17,35
Merseburg.
3
7
3,02
Erfurt.
1
1
1,70
Schleswig.
4
i 5
2,34
Hannover .
1
1
1,58
Hildesheim.
2
5
6,90
Lüneburg .
1
l
0,67
Münster.
1
2
7,46
Arnsberg .
3
3
3,52
Cassel.
1
2
1,19
Wiesbaden.
7
7
7,47
Coblenz.
6
11
10,52
Düsseldorf.
6
8
18,60
Köln.
4
5
16,89
Trier.
9
28
24,84
Aachen .
1
1
2,56
Sigmaringen.
„-1
1
1
7,18
am 31. Mai 1898.
Es waren am 31. Mai in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Königsberg 1 (1). R.-B. Gumbinnen 1 (1).
R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1. R-B. Potsdam
3 (3). R.-B. Frankfurt 1 (3). R.-B. Stettin 1 (1). R.-B. Posen
6 (9). R.-B. Bromberg 1 (1). R.-B. Breslau 4 (4) R.-B. Liegnitz
2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 2 (2). R.-B. Köln
1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishanptm.
Dres4en 1 (1). Württemberg: Donaukreis 2 (2). Braun-
schweig: 1 (1). Elsass-Lothringen: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (oxcl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (70). R.-B. Niederbayern 1(1)
R.-B. Pfalz 7 (20). R.-B. Oberpfalz 5 (7). R.-B. Oberfranken 5 (7)
R.-B. Mittelfranken 10 (22). R.-B. Unterfranken 9 (15). R.-B
j Schwaben 19 (37). Sachsen: Kreisbanptm. Dresden 2 (4)
Württemberg: Neckarkreis 11 (29). Schwarzwaldkreis 4 (7)
Jagstkreis 12 (34). Donaukreis 16 (43). Baden: Landescoram
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm
Karlsruhe 6 (17). Landescomm. Mannheim 4 (6). Hessen
Provinz Starkenburg 2 (3). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz
Rheinhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin 1 (1). Sachsen
j Weimar: 2 (2). Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 1. Brann
schweig: 3 (7). Sachsen-Mein i ngen: 3 (7). Sachsen-Alten
bürg: 2(2). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (L
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288
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 24.
Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt: 1(2). Sch warzburg-Rudol-
stadt: 1 (3). Waldeck: 1 (1). Bremen: 1 (2). Elsass-
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 6 (17). Bez. Ober-Elsass 6 (14).
Bez. Lothringen 2 (9).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. StralBund 1 (1). R.-B. Posen 1 (1). R.-B.
Magdeburg 3 (8). R.-B. Merseburg 2 (2). Sachsen: Kreis-
hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1).
Fleischschan and Yiehverbehr.
Berlin: Auszug nun dem Flelscbeohauberloht für Monat Mai 1898.
A. Schlacbthof.
B. UntersuchungSBtationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
17 057
11345
1901
11598
Beanstandet.
25
22
—
2
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
6
1
Davon sind sterilis. verwertbet
4/4
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen
2
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
5
—
—
Davon schwach finnig and
gekocht verwerthet . . .
4
—
—
—
Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 1719 dänische Rinder¬
viertel, 22 dänische Kälber und 84 Wildschweine.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet and untersucht .
11349
15116
30136
55 689
Ganz beanstandet. ....
173
35
5
395
Ueberhaupt mit Tnberculose
behaftet.
3081
52
—
2 513
Davon gänzlich verworfen .
39
2
_
65
„ sterilisirt und verwerthet
65
3
l
229
„ theilweise verworfen . .
35
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2 942
47
1
2219
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
6
Mit Finnen behaftet ....
58
3
—
26
Stark finnig, technisch ver-
werthet .
1
—
—
8
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig and gekocht
verwerthet .
57
3
—
18
Aasserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen n. b.w. sind
|
gekocht verwerthet . .
—
| —
—
31
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 5831 Stück, bei Kälbern 142 Stück, bei Schafen 2175 Stück,
bei Schweinen 8872 Stück.
Das Fleleoh abgehetzter Thlere.
Villain hat im Echo v^tdr. No. 8 einen Aufsatz über ge¬
hetztes Fleisch geschrieben. Danach ist dasselbe dunkelroth,
Bchneidet sich wie Gummi, klebt an der Messerklinge, ist trocken
in seinen Fasern und enthält keinen Muskelsaft, während das
Fleisch von stark fiebernden Thieren viel Flüssigkeit trans-
sudiren lässt und auch aus den gesunden Muskeln sich ein röth-
licher Saft ergiesst. Ausserdem hat das gehetzte Fieisch einen
widerlichen, säuerlichen, öfter einen ätherartigen Geruch. Die
Spongiosa der Knochen solcher Thiere ist dunkel, das Mark
hämorrhagisch, die Lymphdrüsen injicirt, das Fett, besonders
da\ Nierenfett, stellenweise röthlich. Zwischen den Hals- und
Schenkelmuskeln blutig seröse Ergiessungen, unter der Schulter
Injection, die Venen strotzend gefüllt. Thiere, welche eine lange
Reise oder Eisenbahntransport hinter sich haben, zeigen eben¬
falls ein alterirtes dunkleres und trockenes Fleisch, was jedoch
nicht der Fall ist, wenn vor dem Schlachten Ruhezeit gewährt
wird. Solches Fleisch verdirbt leicht, giebt eine schlecht riechende
! Fleischbrühe und einen zähen, unschmackhaften Braten. Das
| Fleisch enthält 10 Mal mehr Creatin als normal und Producte
der Zersetzung zeitiger Elemente. Es ist ausserdem nicht gehörig
ausgeblutet. (Anacker’s „Thierarzt“.)
Personalien.
Ernennungen: Roßsarzt a. D. Matzke zu Königsberg ist zum
Grenzthierarzt - Assistenten in Eydtkuhnen und Districtsthierarzt
Jos. Mitteldorf - Schwabmünchen zum Bezirksthierarzt für das
Bezirksamt Donauwörth ernannt worden.
Versetzt sind: Districtsthierarzt F ä u s 11 e-Egling nach Krai-
burg (Oberbayern), Districtsthierarzt P o n a d e r- Kraiburg nach
Aibling Bezirksthierarzt S. B e i c h o 1 d - Pfaffenhofen nach Bruck.
Thierarzt P r o f 6 ist zum Assistenten am hygienischen Institut
der thierärztlichen Hochschule in Berrlin ernannt worden.
Schlachthausinspector H i s s b a c h-Finsterwalde ist zum Schlacht¬
hausinspector in Ostrowo, Bezirksthierarzt Z a h n - Wiesloch desgl.
zum Schlachthofinspector in Heidelberg gewählt und Schlachthof¬
inspector B i 11 n e r-Neustrehlitz zum Scnlachthofdirector ernannt
worden.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬
arzt Jos. Kelle r-München nach Jestetten, Thierarzt Scherwitz-
Bruchsal nach Ebingen.
In der Armee: Rossarzt Bongert vom 2. Garde Art.-Rgt. ist
zum hygienischen Institut der thierärztlichen Hochschule in Berlin
commandirt worden.
Todesfall : Thierarzt Reissmann - Strassburg U -M.
Vacanzen.
Kreisthiera*ztotellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Meid, bis 11. Juli an Reg.-Präsident —
R.-B. Düsseldorf:J^Clove Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsident. —
R.-B.F r a n k fu r t: KönigsbergN.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln:
Falkenberg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück).
— Neustadt (Herzogtbum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und
300—400 M. Fleiscbschaugebührenl.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanititsthlerarztatellen : a) NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Osnabrück: 2. Schiachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung,
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen:LUbeck: Schlachthofhilfsthierarzt. — Scb 1 awe(Pommern):
Schlachthofinspector.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
— Creuzburg (Werra). — Drengfurt. — Gleschendorf
i Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Regierungs-Bezirk Cassel.) —
’itschen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene:
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Cal lies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat.
— Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thicrarzt — Eddelak (Holstein):
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov.
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof;. —
Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
600 Mark). Meldungen bis 10. Mai an Magistrat — Nüsse
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Römhild:
Thierarzt (1140 M.) Näheres durch Thierarzt Giraud. Berlin S. 0.
Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt Auskunft
L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.).
— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft der Magistrat —
Scblotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.600M.)
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum.
— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Ostrowo. Privatstellen:
Bartenstein, Butzbach, Maulbronn, Lasdehnen, Pollnow, Rodach,
Strassburg.
Verantwortlich Ar den Inhalt (excl. IimerateDthell) Prof. Or. Schmält* In Berlin. — Verla« und Eleentlium von Richard Schoet* ln Berlin. — Druck von W. Böxenateln, Berlin.
Digitized by LjOOQie
Dl* „Berliner ThlerirxUiche Wochenschrift“ erscheint Oriffiaalbeltrige werden mit 60 Bk. für den Bogen honorirt
wöchentlich ln St&rke yon mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe Alle Manuicripte, Mittheilnngen und redaetionellen An¬
ist sn bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 10311 ■ M | • fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltx,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard Ave I v vv /VBA Berlin, thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstraase 56.
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von ■ ^ ■ ■ ■ ■ ■ Ä-B ■ Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5,— pro Vierteljahr. ^ W M B B B I 1 gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 25 . Ansgegeben am 28. Juni.
Inhalt: Brauer: Peroccphalus aprosopus synotus. — Hugendubel: Zahnanomalie. — Hoehne: Ueber unsicht¬
baren Spat der Pferde. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — VI. Plenar-VersammliiDg der Centralvertretung
der tierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Oeffentliches Veterinärwesen:
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vaoanzen.
Perocephalus aprosopus synotus.
Von
Brauer-Seeunderabad (Ostindien), ,
Thierarzt.
Es wurde mir ein neugeborener todter Hund weiblichen Ge¬
schlechts gebracht, welcher einen komischen Anblick gewährte.
Der Körper des Hundes war vollständig ausgebildet, das Gewicht
desselben betrug 235 g. Die Mutter ist eine schwarze Pariah-
Hündin und hat nur dies eine Junge zur Welt gebracht.
Vom Kopfe des Jungen ist nur der Cranialtheil, und zwar
sehr verkümmert, vorhanden. Die Ohren stossen ventralwärts
zusammen; die äusseren Gehörgänge sind als knorpelige Stränge
unter der Haut fühlbar. Augenlider sied nicht angedeutet, auch
sind keine Augenhöhlen im Schädel fühlbar. Oeffnungen an
Stelle des Maules und der Nase sind nicht vorhanden. Unter den
Ohren bildet die Haut eine weite Falte, wie aus der beigefügten
Abbildung ersichtlich. Nachdem das Fell von Kopf und Hals
entfernt worden war, konnte ich Folgendes constatiren: „In der
von den Ohren caudalwärts gelegenen Falte liegt eine kleine
Zange, welche mit Zungenbeinen ausgestattet ist, und deren
Grund sich am Keilbein, vor der Insertionsstelle der Kopfbeuger
anheftet. Ein Schlundkopf fehlt. Oesophagus und Trachea enden
blind hinter dem Znngengrnnde; der Kehlkopf ist gnt ausgebildet.
Direct über der Zunge sind zwei blasenförmige, knorpelige Ge¬
bilde, die lose in entsprechend grossen Vertiefungen des Schädels
sitzen. Auf dem Durchschnitte kann man deutlich vordere und
hintere Augenkammer unterscheiden. Die Gesichtsknochen sind
durch einen hufeisenförmigen Knochen, der sich direct über und
nach innen von den Augen an die Stirnbeine anheftet, an¬
gedeutet. Ein spitzer, dreikantiger Knoipel, der sich zwischen den
Schenkeln des hufeisenförmigen Gebildes anheftet, stellt die
Nasenscheidewand dar. Hinterhauptbein, Schläfen-, Scheitel- und
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BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25
Stirnbeine sowie Keilbein bilden zusammen eine ziemlich ver¬
knöcherte Capsel von der Grösse einer sehr kleinen Haselnuss.
Eine weiche, graue, durchscheinende Masse ohne Furchung füllt
die Capsel aus. Die Halswirbel und der übrige Körper sind
normal ausgebildet.
Zahnanomalie.
Von
Hugendubel-MUnchen,
Stäili. Tlmr»rz\
Die Schneidezähne einer 18—20jährigen Kuh zeigten folgende
Eigenthümlichkeiten, die auf der beigegebenen Zeichnung leicht
ersichtlich sind.
Der eine J, ragt in einer Länge von cm aus dem Zahn¬
fleisch heraus, sein Kronrand ist defect; medial ist ein Stück des
Zahnes abgesprungen. An Stelle des andern J, und der beiden
J 4 sind rundliche Geschwülste vorhanden, von denen die erstere
nussgross, die beiden andern haselDUssgross sind; ausserdem
haben alle eine weissgelbe Farbe und eine fibromähnliche Con-
sistenz. Beim Durchschneiden dieser Neubildungen stösst das
Messer öfters auf verkalkte Gewebspartien, die vom theilweisen
Uebergaug des fibromartigen Gewebes in Zahnbeingewebe zeugen.
Dem ganzen Befund
nach sind diese
Geschwülste den
weichen Odontomen
zuzuzählen. Die J*
fehlen in dem Kiefer
völlig, an ihrer
Stelle ist eine weite
Lücke. Die J 3 sind
beide noch gut er¬
halten; sie sehen
nur mit der Krone
aus dem Zahnfleisch
heraus. Der eine
J 3 hat noch einen ganz intacteu Kronrand und besitzt eine
schmale facettenförmige Kaufläche. Der Kronrand rundet sich
seitlich ab und hat keine scharfen Winkel. Der andere J 3
unterscheidet sich von ihm nur durch einige kleine Ein¬
kerbungen am Kronrand. Die Beschaffenheit und Form der
beiden J 3 , sowie der Umstand, dass sie mehr als einen Centimeter
kürzer sind als der oben beschriebene J,, beweist, dass letzterer nicht
der gleichen Zahnungsperiode angehören kann, wie die beiden Jj,
sondern sicher den einzig übrig gebliebenen ersten Ersatzzahn
darstellt, während die J 3 als zweite Ersatzzähne, an Stelle der aus¬
gefallenen ersteD, getreten sind. Die Odontome sind sehr wahr¬
scheinlich nur modificirte Zahnneubildungen, die erst im hohen
Lebensalter der Kuh entstanden und deren weiches ursprüngliches
Gewebe, jedenfalls der mangelnden Kalksalze wegen, nicht mehr
die nöthige Energie besaes, sich in Zahngewebe umzubilden und
so seinen anfänglichen Charakter beibehielt, und sich nur durch
Zubildung von Bindegewebe vergrösserte.
Ueber unsichtbaren Spat der Pferde.
Von
Hoehne-Grünberg,
Krelaihierarat.
In No. 21 Jahrgang 1897 d. B T. W. S. 243 giebt Meine eine
„neue Methode zur radicalen Behandlung des Spats“ bekannt.
Seine Ausführungen veranlassen mich, über obiges Thema noch¬
mals zu schreiben. Ich glaubte in der Tliat, dass das, was ich
in No. 7, Jahrgang 1892, d. B. T. W. schrieb, in thierärztlichen
Kreisen nicht wirkungslos verpufft sei. weil ich seit jener Zeit
von neuen Methoden der Spatbehandlung weder etwas gehört
noch gelesen, während bisher wohl in keinem Jahrgange einer
periodischen Zeitschrift „neue Spatbehandlungen“, „neue Mittel
zur radicalen Beseitigung des Spat“ fehlten. Vorgenannter
Artikel aber, sowie Discussionen mit älteren und jüngeren
Collegen, als auch die Nachuntersuchung von hinkenden Pferden,
welche von Collegen als spatlahm erklärt und darauf behandelt waren,
d. h. indem in der Regel ein intactes Sprunggelenk mit Ferrum
candens bea) beitet wurde, nöthigten mir die Ueberzengung auf, dass
nach wie vor die tliierärztliche Welt an der Ueberlieferung fest¬
hält: das andauernde Hinken der Pferde mit einem Hinterfuss
sei bedingt durch Spat, jener geheimnissvollen Entzündung des
Sprunggelenks, welche Monate lang als „unsichtbarer Spat“ ohne
jede Spur einer nachweisbaren Veränderung oder Verletzung der
Linien eines Sprungrelenks besteht, oder es sei bedingt andern¬
falls durch das Hervortreten des Spatknochens, jener ebenso sehr
gefürchteten Knochenwucherung, weil alle bisher bekannten
Methoden diese chronische Panaithritis mit Erfolg zu behandeln
und zu beseitigen nur zu häufig im Stich Hessen und somit die
Spatbehandlungen zu einem wahren Lotteriespiel machten.
Dass eine unter Umständen so räthselhafte Lahmheit, wie
der Spat es gewesen, das Interesse der thierärztlichen Welt er¬
regen musste, geht aus der ziemlich umfänglichen Literatur
hervor, welche Dieckerhoff (Spat der Pferde, Berlin 1875) in
seiner berühmten Monographie vorführt. Das Erstaunen des un¬
befangenen Lesers dieser Schrift wächst mit der Auhäufung des
Stoffes, den der Spat sowohl für Theoretiker als auch Praktiker
geliefert hat, und schliesslich fragt sich Letzterer, wie ist es
möglich, dass altbewährte Heilmethoden meistens versagen bei
Angriffen auf das Sprunggelenk, obgleich Letzteres für therapeu¬
tische Angriffe mindestens ebenso günstig liegt wie die Vorder-
fusswurzel, und obgleich die hier häufig auftretenden Ent-
j Zündungen, welche in ihrer Art denen de6 Sprunggelenks voll-
I kommen gleichen, durch eben dieselben Methoden erfolgreich
j behandelt werden können? Ziehe ich aber die Belastungsverhält-
1 nisse zwischen Vorder- und Hinterfüssen in Vergleich, so ergiebt
sich für das Sprunggelenk, dass dieses sich in unbedingt
günstigerer Lage befindet, weil der Schwerpunkt des Körpers
den Vorderfüssen näher liegt und das Sprunggelenk das weniger
belastete erscheint.
Nach diesen Erwägungen müsste ein Entzündungsprocess
am Sprunggelenk, der in der Folge den Spatknochen erzeugt,
sicherer zu beseitigen sein, als ein solcher am correspondirenden
Gelenk des Vorderbeins; nach bisherigen thierärztlichen An¬
schauungen soll dies aber nicht der Fall sein. Alle hierfür
geleisteten Erklärungsversuche entbehren der überzeugenden
Kraft und thun z. Th. den natürlichen Verhältnissen Gewalt an.
Die pathologischen Veränderungen am spatigen Sprunggelenk
sind dieselben, die man an anderen complicirten Gelenken findet,
an denen solche Zustände zum Abschluss kommen, so dass sie
Lahmheiten nicht mehr bedingen. Nach meinen Erfahrungen
ist der Spat weder etwas Specifisches noch Geheimnissvolles,
sondern eine chronische Gelenkentzündung und heilbar im
selben Masse wie jede andere Gelenksentzündung. Lässt eine
Spatbehandlung — scharfe Einreibung oder Brennen neben
längerer Ruhe — im Stich, d. h. bleibt Lahmheit be¬
stehen, so liegt stets ein Diagnosenfehler vor; das
Leiden war dann nicht im Sprunggelenk, sondern anderwärts
zu suchen. Jede Entzündung an einem Knochen markirt
sich durch eine Umfangsvermehrung — Knochenauftreibung,
Ueberbeine —, welche nach kurzer Entzündungszeit sichtbar
werden. Viel eher aber als dem Auge machen sich solche Ent-
' Zündungen der Hand durch erhöhtes Wärmegefühl bemerkbar.
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23. Juni 1898.
Jede noch so kleine unscheinbare Entzündnng am Knochen, welche
zunächst durch Störung der Linie nicht sichtbar ist, wird durch
erhöhte Wärme für die tastende Hand an einer Stelle nachweis¬
bar, und zwar nm so sicherer, wenn man die zu untersuchenden
Theile mit kaltem Wasser wäscht. Ich lasse zu dem Zweck den
lahmen und den anderseitigen gesunden Fuss in gleicher Höhe
mit kaltem Wasser waschen, bis die Haare durchtränkt sind und voll¬
ständig glatt anliegen. Durch Abstreichen mit der Hand wird
das überflüssige Wasser entfernt und das Haar glatt gestrichen.
Nach einigen Minuten macht sich eine umschriebene Entzündung
am Knochengelenk etc. durch erhöhte Wärme der langsam über¬
streichenden Hand unzweifelhaft bemerkbar; die Feststellung wird
gesichert, wenn am gesunden Bein an correspondirender Stelle die
Wärmeerhöhung fehlt; später auftretende Exostosen bestätigten
bisher stets die Richtigkeit meiner Beobachtung. Dies Verfahren
hat mich bisher nie getäuscht, sobald es sich um Feststellung
häufig recht geringfügiger Knochenentzündungen an den unteren
Beintheilen handelte, welche, wenn auf der Streckseite gelegen,
bei oberflächlicher Untersuchung nur zu oft neben negativem
Befunde und charakteristischer Bewegung des Beins Schulterlahm-
heit vortäuschten. Im letzten Jahrzehnt meiner praktischen
Thätigkeit ist mir nie eine Schulterlahmheit (ausser der durch
Verletzung erzeugten) zu Gesicht gekommen, namentlich nicht
rheumatische, welche ältere Collegen so oft sahen und wofür sie
einen mindestens ebenso mannigfachen Heilapparat bereit hielten
wie für die Spatbehandlung. Wer die ältere Literatur, nament¬
lich die periodische, noch kennt, wird gefunden haben, dass die
so sehr gefürchtete rheumatische Schulterlahmheit der Pferde ein
häufig wiederkehrender Gegenstand der Betrachtung war; die
neuere Literatur kennt diesen Stoff für Abhandlungen nicht mehr.
Dass diese Art von Lahmheiten seltener geworden wäre, ist
nicht anzunehmen; ich kann nur vermuthen, dass die jetzige
Generation von Thierärzten infolge exacterer Untersuchungen
die Ursache von Lahmheiten in anderen auffindbaren Zuständen
feststellt und behandelt; man kommt nicht mehr so leicht in
die Lage, nach eingehender, namentlich manueller Untersuchung
mit der Wasserprobe an den unteren Extremitäten vor einem
negativen Befunde zu stehen und die Verlegenheitsdiagnose
„Schulterlahmheit“ aussprechen zu müssen.
Was für die älteren Thierärzte die so oft gesehene
Schulterlahmheit war, mag für die derzeitigen Thier¬
ärzte noch der oft gesehene Spat sein — eine Ver¬
legenheitsdiagnose. Mir ist auB der Studienzeit noch erinner¬
lich, dass bei andauerndem Hinken auf einem Hinterfüss die
Diagnose unbedenklich auf „unsichtbaren Spat“ gestellt wurde,
sobald neben Muskelschwund am lahmenden Bein die sonstige
Untersuchung einen negativen Befund ergab oder sobald das
Pferd bei den erste.i Tritten aus dem Stalle heraus hinkte und
die Lahmheit bei der Bewegung verschwand.
Ich habe in der Folge Pferde mit unsichtbarem Spat Jahre
lang beobachtet; in einem Falle lahmte das Pferd — im Fuhr¬
werksdienst thätig, sodass ich es beim Selbstgebrauch fast all¬
wöchentlich vor dem Wagen sah — über 8 Monate, ohne dass
auch nur die geringste Abweichung am Sprunggelenk wahr¬
zunehmen war, nach dieser Frist bildete sich im geringen Grade
Schaale aus und erst viel später markirte sich an der innern
Seite des Sprunggelenks „verletzte Linie“ und es trat der Spat¬
knochen vor.
Ich habe Pferde mit „unsichtbarem Spat“ wiederholt der
Kaltwasserprobe unterworfen, habe aber nie am Sprunggelenk,
spec. am Sitz des Spatknochens, eine Entzündung, die sich durch
vermehrte Wärme hätte äussern müssen, wahrgenommen.
Es widerspricht aber allen Erfahrungen, dass eine schmerz-
291
hafte und somit Lahmheit verursachende Knochen- oder Gelenks-
entzündnng Monate lang bestehen könnte, ohne sie sich
durch erhöhte Temperatur oder durch Knochenauftreibung und
Ueberbeinbildung nach aussen hin bemerkbar machen sollte.
Ich bin ferner wiederholt in die Lage gekommen, diese
von Collegen gestellte Diagnose auf ihre Richtigkeit prüfen zu
können; in jedem Falle handelte es sich zunächst um ein voll¬
ständig intactes Sprunggelenk. Ich habe in solchen Fällen die
Ursache der Lahmheiten in krankhaften Veränderungen eines
andern Gelenks gefunden.
Es wurde schliesslich bei mir Gepflogenheit, jeden am Hinter-
fuss lahmenden Gaul, sobald er für mich erreichbar war, zu
untersuchen, und das Resultat dieser fortgesetzten Untersuchungen
ist dies, dass ich selten einen Lahmen fand, bei
dem nicht das Kniegelenk Sitz von krankhaften
Veränderungen gewesen wäre.
Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist das
Kniegelenk sowohl bei Pferden als auch Rindern
am häufigsten Sitz von Lahmheit verursachen¬
den krankhaften Veränderungen; dann folgt
das F e b s e 1 - und Kronengelenk; in dritter Linie
das Hüftgelenk und erst in vierter Linie das
Sprunggelenk.
Man wird mir entgegen halten: Wie ist es möglich, dass das
Gros der Thierärzte bisher anderer Meinung gewesen? Die
Antwort ist nicht schwer.
Bisher galt es als Dogma, was von den Jüngern der Kunst
gläubig hingenommen wurde, dass der Spat die an Hinterfüssen
am häufigsten vorkommende Lahmheit sui; der Glaube daran
wuselte so fest, dass die Diagnosen „mit d-m Krückstock ge¬
stellt“ wurden. Das Kniegelenk ist ausserdem für die Unter¬
suchung Bchwer zugänglich, es liegt zu sehr versteckt; man
kennt von ihm nur einen krankhaften Zustand: die deutlich und
sichtbar vortretende Kniegalle. Diesen beiden Umständen ist es
zuzuschreiben, dass Veränderungen am Kniegelenk bisher so
wenig und selten beobachtet wurden.
Bei der chronischen Kniegelenksentzündung erkrankt zunächst
in nachweisbarer Art der innere Knorren am Kniegelenkskopf
des Unterschenkelbeins. Die Feststellung des Entzündungsherdes
hat anfänglich ihre Schwierigkeiten; da das Gelenk ziemlich ver¬
deckt liegt, so bedarf es öfterer Palpationen von Kniegelenken,
namentlich der inneren Seite, bevor die tastende Hand in erster Linie
das richtige Gefühl für gesunde, normale Verhältnisse sich aneignet;
in zweiter Linie macht sich eine gewisse Uebung im Umfassen
des Kniegelenkskopfes des Unterschenkels nothwendig, um das
richtige Gefühl für Abmessungen des von der Hand umspannten
Theiles zu erhalten; endlich ist es erforderlich, dass die innerj
Handfläche geübt ist, thermische Abweichungen nach oben hin
leicht zu ermitteln; alsdann macht die Feststellung einer
chronischen Kniegelenksentzündung keine allzugrossen Schwierig¬
keiten.
Jede Kniegelenksentzündung raarkirt sich zunächst dadurch,
dass der innere Kniegelenksknorren des Unterschenkelbeins
schärfer hervortritt; verglichen mit derselben Stelle am gesunden
Bein, erweckt er häufig das Gefühl, als ob daselbst ein Ueberbein
sitze; im ferneren Verlauf tritt eine Umfangsvermehrung des
ganzen Gelenkkopfes ein; sie macht sich dadurch kenntlich, dass
die unterhalb der Kniescheibe den kranken Theil umfassende
Hand verglichen mit der gesunden Seite das Gefühl der grösseren
Fülle hat. Vermehrung des Gelenksinhalts äussert sich dadurch,
dass die Kapsel unterhalb der Kniescheibe, auch häufig nach der
äussern Seite hin, gespannter und voller erscheint, was für Ge¬
sicht und Gefühl leicht wahrnehmbar ist; endlich machen sich auch am
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
äussern Gelenkknorren Knochenauftreibungen für Gesicht und
Gefühl bemerkbar, wie denn im späteren Verlauf eine auffallende
Umfangs Vermehrung der ganzen Kniegelenkspartie auftritt.
Die chronische Gelenksentzündung äussert sich dadurch, dass
die damit behafteten Pferde bei beginnender Bewegung,
namentlich die ersten Schritte aus dem Stalle heraus,
hinken; die Lahmheit verschwindet bei anhaltender Be¬
wegung; recht bald stellen sich die Anzeichen eines an¬
haltenden schmerzhaften Leidens ein — Schwund der Kruppen-
rausculatur. Die Lahmen suchen das ergriffene Gelenk
zu schonen und ausgiebige Bewegungen zu vermeiden; sie er¬
reichen dies dadurch, dass sie das Kniegelenk möglichst fteiren
und den so entstehenden Ausfall an Bewegung durch erhöhte
Beugung und Streckung anderer Gelenke auszngleichen suchen.
Vornehmlich fällt diese Aufgabe dem Sprunggelenk zu. Dieses
erfahrt bei der Vorwärtsbewegung des Beins eine ausgiebigere
Beugung und nach dem Fassen wird es sammt dem Fessel¬
gelenk in stärkere Streck Stellung gebracht. Diese der Natur der
Sache entsprechende eigentümliche Bewegung wurde früher als
ein Characteri8ticum des unsichtbaren Spats erachtet! Welche
Verirrung! Hat man schon ein Lebewesen gesehen, das den
krankhaften Zustand eines Gelenks dadurch markirt, dass es er¬
höhte Anforderungen an dasselbe stellt und grössere Leistungen
von ihm fordert, indem es übermässige Bewegungen und
Streckungen mit demselben vollführt? Ich bis jetzt noch nicht
Die Folgen dieser erhöhten Inanspruchnahme der compen-
satorisch tätigen Gelenke drücken sich im ferneren Verlauf
durch chronisch entzündliche Veränderungen an diesen aus. Das
Fesselgelenk reagirt am ersten; es nimmt eine steilere Stellung
an; man hat einen struppirtenFessel vor sich, um mit den Hippo¬
logen zu sprechen. Als nächste Folge tritt eine Entzündung des
Kronengelenks ein, desjenigen Gelenkes, welches bekanntlich am
losesten verbunden ist; Knochenauftreibungen und Ueberbein-
bildungen erzeugen eine merkliche Umfangsvermehrung und so¬
mit ein Sichtbarwerden der Schaale; in gleicher Weise reihen
sich hieran örtliche Veränderungen am Fesselgelenk. Endlich
wird dann das Sprunggelenk auch ergriffen; der Spat¬
knochen tritt heraus und aus dem „unsichtbaren Spat“ ist
struppirter Fessel, Schaale und nunmehr sichtbarer Spat ge¬
worden, und das erst, nachdem der Patient monatelang, auch
jahrelang gehinkt hat!
Dies ist die Reihenfolge der localen krankhaften Verände¬
rungen, welche andauerndes Hinken am Hinterfuss bei Pferden
erzeugt. Zwischen dem kaum nachweisbaren Beginn des Hinkens
und den ersten greifbaren Veränderungen am Kniegelenk können
Wochen liegen; regelmässig aber vergehen viele Monate, bevor
greifbare Veränderungen an den unteren Gelenken deB
Hinterbeins auftreten. Diesen Verlauf habe ich nunmehr schon
seit Jahren beobachtet, und zwar mit einer Constanz der Folge,
dass ich gezwungen bin, hierin eine Rege] zu erblicken.
Mit dem Einsetzen der Lahmheit macht sich Schwund der
Kruppeurausculatur an dem lahmen Hinterbeine bemerkbar. Der
Schwund sieht im geraden Verhältnisse zur Schmerzhaftigkeit
des Leidens und zur Dauer desselben. Nach meinen Erfahrungen
kann man schleichende Lahmheiten am Hinterfuss, welche durch
besondere locale Veränderungen noch nicht hervortreten, sicher
an den Linien der Kruppe erkennen. Man hat an der Ver¬
gleichung der Krnppenmusculatur links und rechts entschieden
den sichersten Anhalt, wenn es sich um die Beurtlieilung
eines Pferdes I andelt, ob dasselbe derzeit an einer versteckten
Lahmheit leidet oder gelitten hat. Es kommt nicht selten
versteckte Lahmheit an einem der Hinterfüsse und zuweilen
an beiden Hinterfüssen gleichzeitig vor; auch dann giebt
der Schwund der Krnppenmusculatur den sichersten Aufschluss
darüber, was man vor sich hat. Ich habe Pferde gesehen, welche
sonst gut genährt waren, und bei denen eine gewisse Dürftigkeit
in der Krnppenmusculatur ausgesprochen war; letztere stand in
eiuem durchaus nicht richtigen Verhältnis zur sonstigen Massig¬
keit und Rundung der übrigen Körperformen des Pferdes. Als
charakteristisch ist mir stets bei solchen Pferden einmal das be¬
sondere Hervortreten der Hüftknochen, welche sich durch Ein¬
sinken der Musculatur an diesem selbst besonders markirten, auf¬
gefallen, dann aber auch der Gang solcher Thiere, welche, wie
der praktische Sprachgebrauch sich ausdrückt, einen sogenannten
Hammeltrab gingen. Ich habe derartige Abweichungen besonders
gesehen bei jungen Pferden, welche vorzeitig angestrengt wurden;
als Ursache dieser Abweichung ermittelte ich regelmässig eine
Eutzündung im Kniegelenk.
Es ist mir bisher stets gelungen, diese Zustände neben ge¬
eigneter Behandlung und vor allen Dingen anhaltender Ruhe
dauernd zu beseitigen.
Als ferneres Zeichen von versteckten Lahmheiten am Hinter¬
fuss ermittelte ich bei unbeschlagenen Pferden das Abschleifen
der Hufrehen. Dasselbe ist bedingt durch eine zu weni< aus¬
giebige Beugung in den Gelenken, vorherrschend des Kniege¬
lenks. Ich habe bei Pferden Abschleifungen der Hufzehen ge¬
sehen, welche noch nicht lahmten, und welche zur Zeit der Unter¬
suchung einen einwandsfreien, tadellosen Eindruck machten. Der
Gebrauch in der Folge belehrte, dass es sich sicher auch um
versteckte Lahmheit handelte, denn in wenig Wochen trat eine
charakteristische Entzündung des Kniegelenks auf, welche soge¬
nannten unsichtbaren Spat vortäuschte.
Meine Bemühungen gingen nun darauf hin, die pathologischen
Veränderungen im Kniegelenk kennen zu lernen. Ich habe auf
Abdeckereien und in Rossschlächtereien seit Jahren alle mir zur
Verfügung stehenden Kniegelenke geöffnet und recht wenig ge¬
funden. Ausser Verdickungen an der Gelenkcapsel, namentlich
derjenigen unterhalb der Kniescheibe, und ausser einigen blumen¬
kohlartigen Knochengewächsen, welche die Kniegelenksköpfe
des Oberschenkels umsäumten, sodass diese das Aussehen
einer Rehkrone bekamen, fiel die Untersuchung ergebnisslos aus.
Die durch Palpationen intra vitam festgestellte Umfangsvermehrung
und Vergrösserung der Kniegelenksköpfe nötkigte mir die Ueber-
zeugung auf, dass die krankhaften Zustände, welche zu den
chronischen Lahmheiten der Hinterfüsse führten, und deren Sitz
im Kniegelenk ist, in der Veränderung des Knochens selbst
zu suchen sein müssen. Zu dieser Annahme wurde ich gedrängt,
nachdem ich das Werk des Herrn Professor Eichbaum, „Beiträge
zur Statik und Mechanik des Pferde-Skeletts“, Berlin 1890, ge¬
lesen. Darnach ist der Kniegelenkskopf des Unterschenkelbeines
beim Pferde und jedenfalls aucli bei andern Hausthieren von $atnr
besonders prädisponirt für Läsionen, welche durch Druck, Stoss
uni Abscheerung im Knochen erzeugt werden. Normalmässig
breitet sich im Kniegeleukskopf die Compacta fächerförmig, ge-
wissermassen in Form eines Gitterwerks, welches dem einer
Eisenconstruction einer Brücke nicht unähnlich ist, nach der
Kniegelenkfläche zu auB. Die Compacta löst sich in eine viel¬
gestaltige Spongiosa auf. Der Gedanke, wie sich Läsionen an
dieser Spongiosa ausgleichen könnten, führte zu folgenden Be¬
trachtungen: Bei jeder Knochenfractur bildet sich unter Ein¬
schmelzung der der Bruchstelle benachbarten Knochenpartien ein
Callus, welcher später der Verknöcherung unterliegt, womit dann
die Heilung vollzogen ist. Der Vorgang selbst ist ein äusserst
schmerzhafter; selbst nach vollzogener Heilung ist die ansgeheilte
Bruchstelle gegen Belastung, Druck und Abscheerung noch äusserst
empfindlich, wie wir das bei Thieren sehen und durch das subjective
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23. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
293
Gefühl beim Menschen ermitteln können. Denkt man sich nun
eine Läsion der Spongiosa im Kniegelenbskopf des Unterschenkels,
so werden sich dort folgende Zustände abspielen müssen: Es tritt
eine Einschmelznng der verletzten Knochenbalken ein mit Callus-
bildang und nachfolgender Verknöcherung (Eburnatiou). Dass
solcher Vorgang genau wie an jedem Röhrenknochen ein äusserst
schmerzhafter sein muss, dürfte keinem Zweifel unterliegen; er
wird um so mehr schmerzhaft sein, als die starre Nachbarschaft
die so nothwendige Anschwellung der verletzten Theile absolut
verhindert Wir finden hier einen ähnlichen Zustand, wie einen
gewöhnlichen Entzündungsvorgang mit Eiterung in der Hufcapsel
des Pferdes, welche ja bekanntlich auch colossal schmerzhaft
sind. Die Spongiosa am Kniegelenk ist aber besonders geeignet
für Fortleitung von Entzündungen, und dass solche fast bei jeder
geringfügigen Entzündung dortselbst stattfinden müssen, dafür
zeugt, dass diese krankhaften Zustände intra vitam recht bald
durch Betasten der Hand und Umfangsvermehrung des Kniegelenks¬
kopfes festgestellt werden können. Dass auch hier ein Ausgleich,
eine restitutio ad integTum stattfinden kann, ist selbstverständlich,
wie solche an jedem verletzten und gebrochenen Knochen sich
unfehlbar vollzieht
Es handelte sich bei meinen weiteren Untersuchungen darum,
ob sich diese rein theoretischen Erwägungen durch Untersuchung
pathologischer Präparate verwirklichen würden.
Anhalt zur Beurtheilung der am Knochen sich abspielenden
Vorgänge kann nur das Knochengerüst selbst geben, und somit
war der nächstliegende Weg gegeben, durch Ausglühen und
Weissbrennen der Knochen und Anlegen von Sägeschnitten durch
dieselben von den Vorgängen im Knochen selbst Kenntniss zu
nehmen. Da der ausgeglühte Knochen bei Sägeschnitten zer¬
splittert und keine glatte Schnittfläche lieferte, so liess ich die
frischen Gelenkenden mit Sägeschnitten nach verschiedenen
Richtungen hin versehen, und sie dann ins Feuer bringen. Auf
Grund jahrelanger Untersuchungen bin ich zu folgendem Resultat
gelangt:
1. Der Kniegelenkskopf, vielmehr die Spongiosa des Unter¬
schenkels dortselbst, ist in Betreff seiner Architectur beziehungs¬
weise Stärken Verhältnisse der einzelnen Balken vom Beginn eines
anhaltenden Gebrauchs des Pferdes an in fortwährender Um¬
änderung begriffen, die sich dahin präcisiren lässt, dass die
einzelnen Knochenbalken von Jahr zu Jahr an Stärke und Dicke
zunehmen, so zwar, dass bei alten 18jährigen Pferden, welche
pathologische Abweichungen an ihren Gelenken und Knochen
überhaupt nicht zeieen, statt der Spongiosa eiue Compacta im
Kniegelenkskopf des Unterschenkels sich bildet, welche an der
Gelenkoberfläche die Dichtheit einer Compacta erreicht und nach
unten zu allmählich sich in ein verjüngendes Gitterwerk ausdehnt.
2. Bei Pferden, welche an einer Entzündung des Kniegelenks
leiden (unsichtbarer Spat), bilden sich kegel- oder kugelförmige
Eburnationskerne in der Spongiosa des Kniegelenkskopfes, deren
Basis der Gelenksfläche zugekehrt ist und in der Regel die Stelle
umschreibt, auf welcher von Seiten der Oberschenkelköpfe der
ausschliessliche und vorherrschende Druck und Stoss auf die
unterliegenden Gelenksflächen ausgeübt wird. Der Eburnationskern
ist in seiner Dichtheit verschieden gestaltet; in der Regel zeigt
die Basis die stärkste Eburnation, während die Spitze sich
successive in das normal gestellte Gitterwerk der Spongiosa
auflöst. Die während des Lebens festgestellte Umfangsvennehrung
des Unterschenkelkopfes ist auch nachträglich durch vergleichende
Messungen festzustellen. Mit dem Tasterzirkel gemessen vom
innern zum äussern Condylus beträgt die Vergrösserung nicht
selten bis zu 1 cm. Statt der Eburnationskerne findet man
häufig, vorherrschend am inneren CondyluB, lediglich eine Ver¬
stärkung und dichtere Lagerung namentlich der senkrecht nach
unt-n, d. h. von der Gelenksfläche schräg zur Corticalis verlaufenden
Knochenbalken.
Bei eingehender Würdigung aller vorausgeschickten Ver¬
hältnisse dürfte dem Eingeweihten wohl die Ueberzeugung auf-
zunöthigen sein, dass Krankheitsprocesse beschriebener Art am
Kniegelenkskopf zn denjenigen gehören, welche einen überaus
chronischen, häufig kaum abzuseheuden Verlauf nehmen müssen;
und wer die Geschichte des Spats kennt mit seinem überaus
unsicheren Verlauf, der wird in diesen Verhältnissen die Auf¬
klärung finden für Manches, was bisher schlechterdings unerklär¬
lich schien, solange man den Sitz des unsichtbaren Spats im
Sprunggelenk suchte.
Die überaus werthvollen Directiven und Fingerzeige, welche
Professor Dieckerhoff in seinem classischen Werke „Spat der
Pferde“ gegeben hat, passen ganz genau auf Alles, was man bei
der Beobachtung vorwürfiger Lahmheit zu sehen bekommt. Der
College, der einmal eine Monographie über unsichtbaren Spat,
bedingt durch die Entzündung des Kniegelenks, schreiben wird,
kann sich wörtlich an das anlehnen, was Professor Dieckerhoff
über den Spat überhaupt schreibt.
Nun zur Heilung: Die Heilung der Kniegelenksentztindung
erfordert in erster Linie anhaltende absolute Ruhe, welche nicht
zu kurz bemessen sein darf; daneben haben sich scharfe Ein¬
reibungen des Kniegelenks, innen sowohl, wie aussen, soweit die
localen Verhältnisse das zulassen, nach meinen Erfahrungen bis¬
her stets als wirksam erwiesen, und das ist nichts Neues; denn
aus der Spatbehandlung ist längst bekannt, dass neben scharfen
Einreibungen und Brennen Ruhe der Hauptheilfactor ist.
Wieviel Wochen bezw. Monate ein im Kniegelenk lädirtes Pferd
zu .seiner Heilung bedarf, richtet sich nach der Jugend des
Thieres und nach der Länge und dem Bestehen des Leidens.
Ich habe gefunden, dass junge Thiere, welche zu frühzeitig an¬
gestrengt wurden und an Läsionen des Kniegelenks litten, bereits
nach vier bis sechs Wochen langer Ruhe die alte Actionsfähigkeit
ihrer Hintergliedmassen wieder erworben hatten, und dass auch
einseitige Lahmheiten während der Zeit schon verschwunden
waren. Dass bei älteren Pferden und bei längerem Bestehen der
Entzündung die Aussichten auf Heilung geringer bezw. schwieriger
werden, ist selbstverständlich. Eine volle Heilung ist aber
immer zu erwarten, genau so wie an jedem andern entzündeten
und lädirten Gelenk, mit Hilfe von Ruhe und Rast.
Schluss: Es liegt immer ein Diagnosenirrthum vor, wenn
man von verdecktem oder unsichtbarem Spat spricht; Spat
kommt als Ursache von Lahmheit, kommt überhaupt erst
dann in Frage, wenn am Sprunggelenke die Erscheinungen
einer Entzündung — erhöhte Wärme, Urafangsvermehrung
— deutlich sich markiren. Hierauf fussend, wird der Prak¬
tiker selten in die Lage kommen, Sitz und Ursache einer
Lahmheit im Sprunggelenk zu ermitteln — ausgenommen
Rehbein, Hasenhacke — um einen therapeutischen Angriff
auf dasselbe zu veranlassen.
Das sog. praeservative Spatbrennen der Engländer und
deren Nachahmer war die grösste Thorheit, die zu denken
ist. Die Bezeichnung unsichtbarer Spat muss aus der thier¬
ärztlichen Nomenclatur verschwinden; es sei denn, dass
man die vorstehend beschriebene Entzündung des Knie¬
gelenks als Ursache anhaltenden Hinkens für die Folge
damit zu bezeichnen gedächte.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
Tagesgeschichte.
t
Ara 12. d. M. ist der Senior des thierärztlichen Vereins für
die Provinz Brandenburg, Thierarzt H. Reissmann zu Stras¬
burg in der Uckermark, gestorben. Fast 53 Jahre ist der Ver¬
storbene als Thierarzt thätig gewesen, und in das Grab folgt ihm
der Dank seiner Collegen für die Tüchtigkeit und Treue, mit
der er, ein untadelhafter Ehrenmann, den thierärztlichen Beruf
wahrgenommen und an der Stätte seines Wirkens in Ansehen
erhalten hat. Eine tiefe Wehmuth, die eine von Bangigkeit
nicht freie Frage an die Zukunft einschliesst, bewegt, uns, wenn
wir Mann für Mann die Alten von uns scheiden sehen, die noch
jenen unglaublich kleinen Anfang des ihierärztlichen Standes
mitgesehen und mitgemacht haben, deren Vorbildung und wissen¬
schaftliche Ausbildung mehr als mangelhaft war und die doch so
ausgezeichnete Vertreter ihres Standes geworden sind, indem sie
brave Männer waren, den Beruf des Arztes im engeren Sinne
mit hohem Ernste auffassten und mit staunenswerter Energie
es, trotz umfangreicher praktischer Thätigkeit, verstanden, den
gewaltigen Fortschritten ihrer Wissenschaft zu folgen, die Lücken
ihrer Kenntnisse nicht bloss durch praktische Erfahrung,
sondern auch durch Nachstudien zu füllen. Der alte Reissmann
gehörte zu diesen Männern. Sein wissenschaftliches Interesse
war, wie sein praktischer Fleiss, rege bis zum Tode. Ein wie
guter Beobachter er war, zeigt die Thatsache, dass er über die
eigentümliche Uebertragung der Pferdestaupe, die später durch
eine grössere Arbeit dänischer Forscher (vergl. B. T. W. 1894)
bestätigt worden ist, als der erste vorher im Brandenburger
Verein berichtet hat. Noch in letzter Zeit publicirte er eine
Mitteilung. In den Vereinsversaramlungen fehlte er fast nie. Und
wenn er erschien, so ruhten die Augen mit Verehrung auf dem
feinen Greisengesicht. Denn er erfüllte die schöne Aufgabe des
Alters, ein ehrwürdiges Vorbild zu sein den Jüngeren. Wer
wollte einen Todten beklagen, dem das Glück beschieden war,
sein Leben in nützlicher und anerkannter Thätigkeit zu solcher
Höhe zu führen und dann, von Siechthum verschont, sai.fr hin¬
überzuschlummern. R. i. p.
Für den tierärztlichen Verein der
Provinz Brandenburg:
Schmaltz.
t
In der Nacht zum 12. d. M. verschied zu Insterburg in nicht
ganz vollendetem 69. Lebensjahre nach kurzem schweren Leiden
an Lungen- und Brustfellentzündung unser langjähriges ge¬
schätztes Mitglied,
der Königliche Kreisthierarzt des Kreises Insterburg
Herr Carl Heinrich Friebel.
Länger als 33 Jahre hindurch hat der Verewigte mit nie
erlahmender Schaffensfreudigkeit und mit ungewöhnlich grossem
Erfolge daselbst die thierärztliche Praxis ausgeübt. Im Besitze
umfassender Fachkenntnisse, die er bis an sein Lebensende den
Fortschritten der Wissenschaft entsprechend duich fortgesetztes
Studium zu erweitern und zu vertiefen suchte, ist es ihm ver¬
möge seiner Befähigung und durch unermüdlichen Fleiss bei
pflichtgetreuer Erledigung seiner beruflichen Obliegenheiten ge¬
lungen, sich in seinem Wirkungskreise nicht allein reiche persön¬
liche Sympathien, sondern bei allen Betheiligten auch ein un¬
begrenztes Vertrauen und in seltenem Masse die Anerkennung
seiner Leistungen zu erwerben. Sein warmes Herz für alles
Edle und Gute, sein grader fester Sinn, sein liebenswürdiges und
entgegenkommendes Wesen, wie überhaupt seine reichen Geistes¬
und Herzensgaben, die er selbstlos zum Wolile des Ganzen über¬
all einzusetzen pflegte, haben ihm ausserdem selbst über seinen
Geschäftskreis hinaus allgemeine Achtung und zahlreiche treue
und aufrichtige Freundschaften gesichert.
Unser Verein verdankt sein Dasein zum nicht geringen Theile
der energischen Initiative des Verblichenen, stets hat er bereit¬
willigst seine reichen Erfahrungen in den Dienst desselben ge¬
stellt, und nimmer müde wurde er in seinen Bemühungen, die
Vereinsangelegenheiten zu fördern, mochten sich gegen die Er¬
füllung seiner Bestrebungen noch so grosse Schwierigkeiten
mannigfacher Art aufthürmen. Wir verlieren mit ihm eins unserer
treuesten, strebsamsten und uneigennützigsten Mitglieder.
Auch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Vereins
bezw. als dessen Stellvertreter und als Delegirter zu den Ver¬
sammlungen der Centralvertretung der preussischen thierärzt¬
lichen Vereine, zu welchen Ehrenämtern er durch das Vertrauen
der Vereinsgenossen zeitweise berufen wurde, ist der Heim¬
gegangene für die Interessen des Standes stets aufs Wärmste
und nach besten Kräften eingetreten, und seinen Herzenswunsch,
zur Hebung desselben und zur Förderung seiner Angelegenheiten
für seinen Theil mit beizutragen, hat er jeder Zeit mit Umsicht
und, wo es Noth tliat, mit Thatkraft und Nachdruck in die Wirk¬
lichkeit überzuführen gesucht.
Tiefschmerzlich beklagen wir seinen Verlust, der in unsere
engere Gemeinschaft eine so tiefe Lücke gerissen hat, dass wir
sie lange Zeit schwer nachempfinden werden.
Sein Andenken wird bei uns ein unverlöschlich gesichertes
und gesegnetes bleiben. Möge Er in Frieden ruhen!
Königsberg, den 17. Juni 1898.
Der Verein ostpreussischer Thierärzte.
I. A.: Dr. Mehrdorf.
f
Professor Wilhelm Eber.
Die thierärztliche Hochschule zu Berlin steht vor einem tief-
schmerzlichen Ereigniss. Der Professor Wilhelm Eber hat sich
in geistiger Umnachtung mit einer Sublimatlösung vergiftet und
ist nach mehrtägigem qualvollen Leiden am 22. er. gestorben.
Wilhelm Eber war 1863 in Hannover geboren, studirte
dort auf der damaligen Thierarzneischule und verrieth schon
dabei unermüdlichen Fleiss und grosse Begabung. Nachdem er
1884 die Approbation erworben, kam er 1886 als Assistent an
die medicinische Klinik der thierärztlichen Hochschule zu Berlin,
folgte dann, nachdem er eine Zeit lang Kreisthierarzt in Berlin ge¬
wesen, einem Rufe als Medicinalassessor und Docent nach Jena.
Von hier wurde er 1895 nach Berlin als Lehrer der Pharmakologie
und Leiter der Klinik für kleine Hausthiere berufen.
Ebers Specialgebiet war die praktische Chemie. Während
seiner Assistentenzeit trat er mit einer Arbeit über Eseridin
hervor, welcher sehr exacte, in thierärztlichen Kreisen weniger
bekannt gewordene chemische Untersuchungen folgten. Praktisch
werthvoll wurden seine auf die Nahrungsmitteluntersuchung be¬
züglichen Arbeiten. Schon in Jena und fortgesetzt in Berlin
studirte er die Aetiologie gewisser Krankheiten, welche nach
seinen Forschungen als Automtoxicationen zu deuten waren, und
bei der diesjährigen Feier des Geburtstages Sr. Majestät hielt
er noch eine sehr eindrucksvolle Rede über diesen Gegenstand.
Der Verstorbene war ein echter Gelehrter von unermüdlichem
Eifer. Eine etwas phantastische Neigung, welche früher sein
Arbeiten beherrschte, begann mehr und mehr zu weichen und
einer Art des Denkens und Forschens Platz zu machen, welche
zu den besten Hoffnungen berechtigte. Dabei war Eber ein
sorgsamer, klarer und erfolgreicher Lehrer.
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23. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
295
Eine gewisse Versonnenheit und eine Neigung zur Melancholie
machten sich jedoch schon an dem Studenten bemerkbar und
steigerten sich unter der aufreibenden Arbeit seines Berliner
Amtes. Es fing ihn an der Gedanke zu ängstigen, dass er seiner
Aufgabe nicht gewachsen sei und seiner Lehrpflicht nicht ge¬
nüge. Schon 1896 war er schwer niedergedrückt, erholte sich
aber durch eine kurze Zeit der Schonung. Seit einiger Zeit je¬
doch verfiel er in eine unverkennbare, tiefe Schwermuth und
Willensschwäche, so dass seine Freunde ihm mehrfach erfolglos
riethen, seine Thätigkeit zu unterbrechen. .
Schliesslich beging er die That, der er erlegen ist. Wenn
es eines Beweises bedürfte, dass er in völliger geistiger Um¬
nachtung gehandelt hat, so wäre er schon allein dadurch er¬
bracht, dass er, der kundige Pharmakologe, durch ein so grauen¬
volles Gift sein Leben beschloss.
So darf sich kein Urtheil heranwagen an diese traurige That,
die 6 Kinder zu hülflosen Waisen machte. Von reinem Mitleid
erfüllt dürfen wir tieferschüttert um dieses in der Blüthe ver¬
nichtete Leben trauern und das Andenken des Todten in Ehren
bewahren. S c h m a 11 z.
Versuche zur Heilung der Rindertuberculose.
In No. 16 der B. T. W. ist über den Vortrag Behring’s auf
dem Congress berichtet worden, worin B. die Aussicht auf eine
Heilung der Rindertuberculose eröffnete.
Die darauf abzielenden Versuche werden auf der Tierärzt¬
lichen Hochschule zu Berlin von Geheimrath Schütz vorgenommen
werden, und es sind hierfür namhafte Staatsmittel zur Verfügung
gestellt worden.
VI. Plenar-Yersammlnng der Central vertreten g der
tierärztlichen Vereine Prenssens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Zur Geschäftsordnung stellt der Präsident Folgendes fest:
Nach der von der letzten Versammlung beschlossenen Statuten-
Aenderung tritt jetzt zum ersten Mal der Fall ein, dass Delegirte
anwesend sind, welche mehrere Stimmen vertreten. Es ist daher
der Modus der Stimmenberechnung festzusetzen.
Bei allen Zettelabstimmungen (Wahlen) kann natürlich jeder
Zettel nur eine Stimme repräsentiren, da einem Stimmenden
mehrere Stimmen nur dann zugemessen werden können, wenn
der Name des Stimmenden bekannt und dadurch die Richtigkeit
der von ihm beanspruchten Stimmenzahl controlirbar ist. Bei
allen wichtigen Abstimmungen kann namentliche Abstimmung
beantragt werden, und hierbei vertritt jeder Delegirte die ihm
znkommende Stimmenzahl. Es werden für diese Fälle Stimmen¬
zähler zu ernennen sein, zur raschen und sicheren Feststellung
des Ergebnisses. Wenn die namentliche Abstimmung nicht bean¬
tragt ist und Abstimmung durch Handaufheben etc. vorgenommen
wird, also bei weniger wichtigen Fragen, so richtet sich die
Stiminenzahl einfach nach der Personenzahl, wie früher.
Der Präsident schlägt ferner vor, den Punkt V der Tages¬
ordnung, welcher wohl der wichtigste sei und vielleicht die ein¬
gehendste Berathung erfordere, zuerst zu behandeln.
Die Versammlung stimmt dem zu und ernennt ausserdem
zwei Stimmenzähler.
Die Reform der Stellung der Kreisthierärzte.
(Punkt V der Tagesordnung.)
Der erste Referent, Kreisthierarzt, Oberrossarzt a. D.
Bermbach, vertrat in gewandter und eindringlicher, auch durch
ihre Form ansprechender Rede seinen Standpunkt mit etwa
folgenden Ausführungen:
Die Privatpraxis der beamteten Thierärzte stellt eine eherne
Fessel für unser gesammtes Staatsveterinärwesen dar. Dies lehrt
ein Ueberblick über die Thätigkeit der beamteten Thierärzte,
welche sich mit der Privatpraxis nicht mehr vereinen lässt
Der Kreisthierarzt hat seine 8 bis 10 Meilen Landweg täglich
zu bewältigen. Er soll ja nicht blos die Thatsache des Aus¬
bruchs einer bestimmten Seuche feststellen, sondern Herkunft
und Ursache ermitteln und genau prüfen, wie im Specialfall die
Massregeln, namentlich auch hinsichtlich der Desinfection, aus-
znführen sind. Das Alles beansprucht doch sehr viel Zeit. Und
nun kommen dazu die Obductionen; die Nothwendigkeit,
Diagnosen in den meisten Fällen mit dem Mikroskop, sehr häufig
auch noch durch Cultur und Impfung sicherzustellen; dann die
oft langen und oft schwierigen Berichte darüber. Wieviel Sorg¬
falt erfordert das Alles. Man denke nur an die Verantwortung
bei Feststellung der Tollwuth, wenn ein Mensch gebissen worden
ist. Die grosse Aufgabe des Schutzes der Thierbestände ist
eben heute eine ganz andere geworden und legt ganz andere
Pflichten auf, als früher. Es ist heut ein nobile officium z. B., die
Seuchendiagnose auch auf bacteriologischer Basis zu begründen.
Was macht ferner die Ueberwachung der Märkte für Arbeit;
sie erfordert ca. 60 Tage im Jahr. Neuerdings müssen auch
noch die Tagegelder für eine Dienstreise und die Marktüber¬
wachungsgebühr an demselben Tage zu einer einfachen Gebühr
zusammengezogen werden. In des Redners Wirkungskreise sind
etwa 90 Gastställe, welche möglichst gelegentlich anderer Dienst¬
reisen 8 bis 10 Mal im Jahre revidirt werden sollen. Die Eisen¬
bahnen sollen ebenfalls kostenlos revidirt werden. Die Geflügel¬
cholera muss neuerdings im Hause festgestellt werden.
Es giebt also Geschäfte ohne Zahl. Und wie misslich ist es
andererseits, wieviel Unzufriedenheit erregt es auch, wenn sich
gelegentlich vorgenommener Revisionen der Kreisthierarzt von dem
revidirten Händler oder Fleischer seine Bezahlung ausbitten muss.
Eine Reform ist also unbedingt erforderlich, und zwar eine
gründliche. Die Kreisthierärzte sind so lange in eine untergeord¬
neten Stellung geblieben, weil man sie eben nur als halbe Be¬
amte betrachtet hat und betrachten konnte, ihrer Privatpraxis
wegen. Daher muss die Privatpraxis fallen.
Dazu kommt, dass eine ausgedehnte Privatpraxis der Be¬
kämpfung der Viehseuchen auch deswegen nachtheiiig wird, weil
der beamtete Thierarzt in seiner Privatpraxis nicht so gegen
Uebertretungen des Seuchengesetzes Vorgehen kann.
Die Klagen wegen der Ohnmacht der Viehseuchenbekämpfung
mehren sich und sind ganz berechtigt. Aber nicht das Gesetz
i't schuld, sondern einzig und allein die Zwitterstellung der
Kreisthierärzte, die nicht aus freien Stücken, sondern weil sie es
nöthig haben, Praxis treiben.
Nun macht man den Einwand, viele Kreisthierärzte würden
mit amtlichen Angelegenheiten allein zu wenig beschäftigt sein.
Erstens ist das kaum richtig; heute hat kein Kreisthierarzt über
Mangel an Beschäftigung zu klagen. Andererseits aber wäre das
auch gar kein Gegengrund. Die Obersteuercontroleure in den
Rübengegenden u s. w. haben ja auch nur im Winter Beschäfti¬
gung. Auch könnte man übrigens Kreise mit geringer amtlicher
Thätigkeit Zusammenlegen. Alle Eingaben, welche von Kreis¬
thierärzten gemacht sind, motiviren ja die Gehaltserhöhung
gerade mit der starken Beschäftigung.
Was nun den Besoldungsmodus anbetrifft, so wäre die Art,
wie eben alle Beamten besoldet werden, die beste. L's käme
dann allerdings zu einer gänzlichen Umgestaltung der Verhält¬
nisse, aber die thut uns eben gerade Noth. Denn auf die blosse
Erhöhung der Einnahmen um einige hundert Mark kommt es am
wenigsten an. DieHöhe der Einnahmen ist nicht das Entscheidende
für dieGeltnng unserer Stellung. Denn sonst würde ja andererseitsdie
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296
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
Geringfügigkeit unserer Besoldung die doch unzweifelhaft schon
vollzogenen Fortschritte unserer Stellung aufgehalten haben, was
sich nicht gezeigt hat. Durch die gänzliche Umgestaltung unserer
Verhältnisse würde unzweifelhaft auch die Stellung der
Departementsthierärzte gewinnen. Es wäre nach diesem Modus
eine Besoldung von 3000—4800 M. für die angemessene zu halten.
Will man aber für die Kreisthierärzte eine besondere Be¬
soldungsform beibehalten, so wäre neben den jetzigen Reisekosten
und Tagegeldern ein Gehalt von 1500 steigend bis 2400 M. zu
gewähren. Es wäre jedoch die zuerst angeführte Lösung der
Frage diesem letzteren Auskunftsmittel weit vorzuziehen.
In jedem Falle müsste neben der Besoldung eine ent¬
sprechende Dienstaufwandentschädigung gegeben werden. Andere
Beamte bezahlen nicht eine Stahlfeder und die Kreisthierärzte
müssen gegenwärtig sehr erheblich gewordene Auslagen ohne
jede Entschädigung machen.
Der Redner schliesst mit einer nochmaligen dringenden Auf¬
forderung, seinen Standpunkt anzunehmen und giebt entschieden
der Ueberzeugung Ausdruck, dass amtliche Thätigkeit und Privat¬
praxis sich nicht länger vereinigen Hessen.
Referent Veterinärassessor Dr. Steinbaoh:
Die Verbesserung der KreisthierarztsteUen ist nicht bloss ein
dringender Wunsch der Stelleninhaber, sondern auch die Land-
wirthe sind durchaus bereit, diesen Wunsch zu unterstützen.
Die Geschäfte haben sich ausserordentUch vermehrt. Vieles
muss unentgeltlich geleistet werden. In Seuchenzeiten liegt
überdiess aus leicht verständlichen Gründen die Privatpraxis ganz
darnieder. Manche Kreisthierärzte müssen nach einer länger
dauernden Epizootie wieder ganz von vorn anfangen, sich eine
Praxis zu erwerben.
Ueber die Nothwendigkeit der Verbesserung besteht also,
weit über den Kreis der Berufsgenossen hinaus, Uebereinstimmung.
Nur über die Art des Vorgehens stimmen die Meinungen auch
unter uns nicht allseitig überein. Der Westfälische Verein hat
sich für ein Gehalt vou 1200—1800 M. ausgesprochen. Die
Privatpraxis muss den Kreisthierärzten belassen bleiben. Eine
Vollbesoldung wird erst dann erstrebt werden können, wenn der
Geschäftskreis der Veterinärpolizei bezw. der Kreisthierärzte
erheblich erweitert und abgeschlossen sein wird. Dies wird der
Fall sein, wenn die Seuchentilgung im Kreise, die Oberaufsicht
über die Fleischschau und eine wesentliche Mitwirkung bei der
Thierzucht dem Kreisthierarzt übertragen sein wird. Dann wird
man 2100—4800 M. Gehalt erwarten dürfen. Dann wird natürlich
auch der Ein wand, manche Kreisthierärzte seien dafür nicht
genügend beschäftigt, wegfallen. Schon jetzt könnte man übrigens
aUerdings manche Kreise, wo wenig vorzukommen pflegt, Zu¬
sammenlegen.
Mit dem, was jetzt an Verbesserungen erbeten und erhofft
werden kann, braucht aber auch nicht etwa auf den Abschluss
der Medicinalreform gewartet werden. Die Gewährung einer
Pensionsberechtigung ist eigentlich etwas selbstverständliches.
Der Noth, in die gegenwärtig Hinterbliebene gerathen können,
muss möglichst bald gesteuert werden. Darum haben wir übrigens
schon mehrfach, 1893 und 1895, in Eingaben an das Vorgesetzte
Ministerium gebeten. Die Frage, wie und nach welchem Gehalts¬
satz die Pension resp. Relictenversorgung bemessen werden soll,
wird allerdings nicht ohne Schwierigkeiten zu lösen sein.
Neben der oben schon erwähnten Erhöhung des Grundgehaltes
ist eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. im Sinne des Gesetzes
vom 9. März 1872 zu erstreben. Namentlich die niedrigen Ge¬
bühren in gerichtlichen Angelegenheiten müssen beseitigt werden,
denn sie erschüttern gradezu das Ansehen der Kreisthierärzte.
Wenn, was beabsichtigt scheint, dieses Gesetz geändert
bezw. aufgehoben wird und wenn das allgemeine Gesetz über
Tagegelder und Reisekosten der Beamten von 1873/1897 in An¬
wendung kommen soll, sind 12 M. Tagegelder zu erstreben,
welche bei eintägigen Reisen, wie sie die Kreisthierärzte aus¬
führen, nach letzterem Gesetz ebenfaUs auf 9 M. sich ermässigen.
Dieser Tagegeldersatz entspricht der sechsten Rang¬
klasse. Ebendeshalb weil bei einer etwaigen gesetzlichen
Neuregelung der Tagegelder der Rang wesentlich mitspricht,
muss aber vorher auch die Rangstellung geregelt sein. Diese
Angelegenheit darf daher von uns nicht vertagt werden. Das
wäre an sich unmotivirt, aber namentlich aus dem angeführten
Grunde ein schwerer tactischer Fehler und ein Hemmniss für die
ErfüUung auch der übrigen Wünsche. Dieser Gesichtspunkt wird
auch diejenigen Collegen zu einer Aenderung ihrer Meinung
bringen, welche in diesem Punkte noch für das Aufschieben ein¬
genommen sind. Die Rangfrage ist von der ganzen Reform
keinesfalls zu trennen.
Im Uebrigen brauchen wir in dieser Beziehung nur einen Schritt
zu wiederholen, den wir schon vor 10 Jahren gethan haben. Schon
1888 hat nämUch die Central Vertretung eine Petition an den da¬
maligen Herrn Minister v. Lucius gerichtet um Regelung der
Rangverhältnisse.
Damals wurde gebeten, es möchten die Kreisthierärzte in
die VI. Klasse versetzt und ihnen innerhalb dieser Klasse ein
Vorrang von den in derselben Klasse befindlichen nicht academisch
gebildeten Beamten eingeräumt werden. Einem Theil der älteren
Kteisthierärzte sollte noch als Auszeichnung persönUch in irgend
einer Form der Rang der Räthe V. Klasse verliehen werden.
Auf den Boden dieser Petition von 1888 können wir uns
auch heute stellen. Was wir wollen, ist dann also gar nichts Neues.
Es sollten aber auch die Departementsthierärzte berück¬
sichtigt werden. Die Besoldung derselben ist jetzt ausreichend,
wenn noch das Gehalt einer Kreisthierarztstelle mit dem der
Departeraentsthierarztstelle verbunden ist. Dagegen sollte ihnen
wenigstens der persönliche Rang der Räthe vierter Klasse offen¬
stehen. Das ist wohl nicht zuviel, wenn man bedenkt, dass
ehemalige Oekonomiecommissare mit dem Einjährig - freiwilUgen-
Zeugniss als Oekonomierätbe undKreisschuHnspectoren mit semina¬
ristischer Bildung als Schulräthe in die vierte Klasse gelangen.
Man mag über den Werth der Rangordnung denken, wie
man will. Solauge aber aUe andern Beamten Werth auf Rang
legen, müssen die beamteten Thierärzte das erst recht thun.
Der Referent formulirt seinen Standpunkt in Anträge, die er
dem Präsidenten überreicht
Referent Kreisthierarzt Kieokhfifer.
Der Referent berichtet zunächst über die Versammlung,
welche die Kreisthierärzte der Provinz Brandenburg abgehalten
haben, um ein Vorgehen zu berathen. Mit allen Stimmen gegen
eine haben sich die Versammelten auf gewisse Grundsätze ge¬
einigt und beschlossen, dieselben in einer Eingabe dem Herrn
Minister unverzüglich zu unterbreiten.
Der Referent giebt Erklärungen dafür, warum die Brandenburger
Kreisthierärzte es für unumgänglich nothwendig gehalten hätten,
ohne Verzug ihre Eingabe zu überreichen und warum sie desshalb zu
einem scheinbar isolirten Vorgehen sich hätten entschliessen müssen.
Im Uebrigen bewegen sich die Ausführungen des Redners in
der Richtung der von den Brandenburger Kreisthierärzten dem
Herrn Minister überreichten Petition*), und er begründet die dort
aufgestellten Forderungen: Pensionsberechtigung, Relictenver¬
sorgung, Grundgehalt von 1800—2400 M. und 9 M. Tagegelder,
sowie einen angemessenen Rang. Die Rangclasse zu benennen,
haben die Brandenburger Kreisthierärzte vermieden.
•) Vergl. „B. T. W.“ No. 10.
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23. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Referat des Kreisthierarzt Thuneoke.
(Wörtlich nach dem Manuscript.)
Durch die eingehenden Vorträge der geehrten Herren Vor¬
redner, wie auch durch die zahlreichen Artikel in der Fachpresse
werden selbst auch diejenigen von den hier anwesenden Herren,
welche über die augenblickliche Stellung der Kreisthierärzte nicht
gehörig informirt waren, nun doch zu der Ueberzeugung ge¬
kommen sein, dass es unbedingt nöthig ist, in der jetzigen
Stellung der Kreisthierärzte Wandel zu schaffen, und dass wir
versuchen, dies sobald als möglich zu erringen und nicht auf die
Maturitätsreife warten. Wir haben viel zu lange an unserem
eigenen Körper und an unseren Familien gesündigt, und hätten
schon viele von den bereits verstorbenen Collegen bei ihren Leb¬
zeiten die Vortheile geniessen müssen, die wir jetzt erstreben;
ich bin der Ueberzeugung, dass für uns die Aussicht, die Ma¬
turitätsreife werde als Vorbildung zum thierärztlichen Studium
gefordert, jetzt weiter entfernt liegt als je zuvor, und daher bitte
ich Sie heute von dem Grundsatz auszugehen, dass jetzt etwas
gethan werden muss, um die absolut nicht mehr zeitgemässe
Stellung der Kreisthierärzte zu bessern. Es können ja auch nur
noch ganz vereinzelt Collegen wünschen, dass an der augen¬
blicklichen Stellung nicht gerüttelt werden dürfe. — Wir müssen
aus den geschilderten Verhältnissen schliessen, dass einzelne
Collegen in ihrer jetzigen Stellung den Anforderungen, die an
sie gestellt werden, nicht genügen können, ohne dass sie in ihren
persönlichen Verhältnissen geschädigt werden. Es wird, wie
schon erwähnt, verlangt, dass wir in die Tilgung der Viehseuchen
kräftig mit eingreifen sollen; man begnügt sich nicht mehr damit,
dass wir nur feststellen, „hier herrscht eine Seuche*', sondern
wir sollen geeignete Vorschläge machen, in welcher Weise die¬
selbe event. auf ihren Herd beschränkt und getilgt werden kann.
Auch werden von uns zeitraubende Untersuchungen und Versuche
verlangt und hierüber wieder eingehende Berichte. Es ist keine
Frage, und dies ist ja auch von allen Vorrednern schon an¬
geführt, dass die amtliche Thätigkeit der meisten Kreisthierärzte
sich in den letzten zehn Jahren um das Zehnfache vermehrt hat.
Wenn wir uns nun aber auch sämmtlich darüber einig sind, dass
eine Aenderung in unserer Stellung nöthig ist, so gehen die An¬
sichten der Herren Collegen, in welcher Weise eine solche Aende¬
rung — und sagen wir eine Verbesserung — stattfinden möge,
so weit auseinander, dass man annehmen möchte, es wäre gar
keine Einigung zu erzielen. Einige wünschen eine völlige Re¬
form des Civil-Veterinärwesens; andere wollen nur, dass die
Kreisthierärzte keine Privatpraxis betreiben sollen, damit sie un¬
abhängig von den Viehbesitzern dastehen, und wieder andere
möchten bei Beibehaltung des jetzigen Modus hauptsächlich eine
Verbesserung ihrer pecuniären Lage, damit sie den an sie in ihrer
Eigenschaft als Kreisthierarzt gestellten Anforderungen besser
genügen können. Diese verschiedenen Ansichten entspringen
aber unzweifelhaft den in den einzelnen Kreisen stark ver¬
schiedenen gegebenen Verhältnissen. Während einige Collegen
derart jetzt schon amtlich und nebenamtlich beschäftigt sind,
dass sie zur Ausübung ihrer Privatpraxis sich ein oder zwei
Assistenten halten müssen, welche nebenbei sie auch noch in
ihren schrifiliehen Arbeiten unterstützen, und in Folge dieser
amtlichen Thätigkeit recht gern auf die Ausübung der Privat¬
praxis verzichten möchten —, haben andere nur so wenig amt¬
lich zu thun, dass sie diese Beschäftigung nur als nebensächlich
ansehen können. Man findet diesen Unterschied schon in ein
und demselben Regierungsbezirk derartig ausgeprägt, dass ein
College in einem Monat zehn Journalnummern und der andere
College in demselben Bezirk in demselben Monat 120 hat. Die
hierüber von mir eingezogenen Zahlen diffeiiren in den einzelnen
297
Regierungsbezirken wie in den einzelnen Provinzen. Leider
konnte ich die Zahl von allen Regierungsbezirken nicht erhalten,
wohl aber habe ich von ziemlich 300 Collegen die Journalnummer
und auch die amtliche Thätigkeit aus den Tagebüchern zu er¬
mitteln versucht und bin dabei zu folgendem Resultat gekommen.
Es differiren die Journalnummern zwischen 60 und 1700
und die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit zwischen 100 Mark
und 6500 Mark pro Jahr, und zwar in der Weise, dass etwa
20 pCt. bis zu 200 Journalnummern, dann weitere 40 pCt. bis
zu 500 Journalnummern, dann wieder 20 pCt. bis zu 800 Jourual-
nummern, hierauf 10 pCt. bis zu 1000 und 10 pCt. über 1000
Journalnummern haben. Dem entsprechend ist auch ohngefälir
die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit.
Sie sehen, wie sehr verschieden die Kreisthierärzte heute
amtlich beschäftigt sind, und werden mir nun zugeben müssen,
dass sie unter solchen Verhältnissen nicht überall zu denselben
Wünschen berechtigt sind.
Einige möchten die Privatpraxis los sein, die anderen köunen
dieselbe nicht entbehren. Desshalb wird es auch sehr schwer
halten, Beschlüsse zu fassen, die jedem Einzelnen Zusagen.
Ich stehe persönlich auf dem Standpunkt, dass die Kreis¬
thierärzte nur dann voll und ganz ihre Schuldigkeit bei der
Tilgung der Viehseuchen thun können, wenn sie völlig unabhängig
von den Viehbesitzern dastehen und wenn sie Reisen und Unter¬
suchungen vornehmen können, ohne jedes Mal erst ängstlich in
Erwägung ziehen zu müssen, ob nicht die Vorgesetzte Behörde
in dieser Reise oder aus diesem Vorschläge den Verdacht schöpfen
könne, es geschehe dies lediglich im Interesse des eigenen Ver¬
dienstes. Viele von den Herren Collegen werden schon über
solchen unwürdigen verletzenden Verdacht empört gewesen sein,
und doch geht es bei der jetzigen Methode nicht anders, wir
müssen reisen, und wir müssen von diesen Reisen unsere Existenz
sichern, und ist es uns häufig nicht möglich, besondere Rücksicht
auf die Staatskasse zu nehmen, da wir auch von unseren 6 Mark
Diäten noch unsere Familie zu Hause ernähren sollen.
Wenn wir nun in unserer amtlichen Thätigkeit derart
beschäftigt werden, dass uns nur sehr wenig Zeit zur Privat¬
praxis bleibt, wenn wir zur Tilgung der Viehseuchen unabhängig
von den Viehbesitzern dastehen sollen, und wenn wir den Verdacht,
die Staatskasse unnöthig zu belasten, stark entgegen treten
wollen, so bleibt uns allerdings nur der Ausweg, der Privatpraxis
zu entsagen und dahin zu streben, dass wir vollbesoldete Staats¬
beamte werden. Ich habe auch in der Versammlung der Kreis¬
thierärzte der Provinz Sachsen diesen Standpunkt vertreten, und
wurde derselbe von allen Collegen als völlig richtig anerkannt,
trotzdem wurde aber einstimmig erklärt, das9 wir auf die Privat¬
praxis nicht verzichten könnten, weil dieselbe bei der grossen
Mehrzahl der Collegen die Haupteinnahme bedinge und sicher
nicht annähernd aus der Staatskasse entschädigt werden würde.
In der Provinz Sachsen, welche mit Bezug auf ihren Viehreichthum.
Handel und Gewerbe, und demzufolge auch Viehseuchen, nicht
untenan steht, würden von den 39 Kreisthierärzten nicht 10 in
ihren Kreisen derart amtlich beschäftigt, dass sie ihre Zeit
damit voll und ganz ausfüllen, und was sollen nun die übrigen
30 beginnen?
Ziehe ich hieraus und unter Zuhiilfenahme der gesammelten
Journalnummern einen Schluss auf die Gesammtheit der Collegen,
so würden jetzt wohl ca. 20pCt. voll beschäftigt werden, und diese
hätten dann auch Anspruch auf eine angemessene Besoldung.
80 pCt. dagegen würden in ihrer jetzigen amtlichen Thätigkeit
allein keine volle Befriedigung finden, und von diesen 80pCt.
hätte sicher die Hälfte so wenig zu thun, dass es ihnen
unbequem sein müsste, selbst wenn ihnen ein angemessenes Ge-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 25.
Geringfügigkeit unserer Besoldung die doch unzweifelhaft schon
vollzogenen Fortschritte unserer Stellung aufgebalten haben, was
sich nicht gezeigt hat. Durch die gänzliche Umgestaltung unserer
Verhältnisse würde unzweifelhaft auch die Stellung der
Departementsthierärzte gewinnen. Es wäre nach diesem Modus
eine Besoldung von 3000—4800 M. für die angemessene zu halten.
Will man aber für die Kreisthierärzte eine besondere Be¬
soldungsform beibehalten, so wäre neben den jetzigen Reisekosten
und Tagegeldern ein Gehalt von 1500 steigend bis 2400 M. zu
gewähren. Es wäre jedoch die zuerst angeführte Lösung der
Frage diesem letzteren Auskunftsmittel weit vorzuziehen.
In jedem Falle müsste neben der Besoldung eine ent¬
sprechende Dienstaufwandentschädigung gegeben werden. Andere
Beamte bezahlen nicht eine Stahlfeder und die Kreisthierärzte
müssen gegenwärtig sehr erheblich gewordene Auslagen ohne
jede Entschädigung machen.
Der Redner schliesst mit einer nochmaligen dringenden Auf¬
forderung, seinen Standpunkt anzunehmen und giebt entschieden
der Ueberzeugung Ausdruck, dass amtliche Thätigkeit und Privat¬
praxis sich nicht länger vereinigen liessen.
Referent Veterinärassessor Dr. Steinbach:
Die Verbesserung der Kreisthierarztstellen ist nicht bloss ein
dringender Wunsch der Stelleninhaber, sondern auch die Land-
wirthe sind durchaus bereit, diesen Wunsch zu unterstützen.
Die Geschäfte haben sich ausserordentlich vermehrt. Vieles
muss unentgeltlich geleistet werden. In Seuchenzeiten liegt
überdiess aus leicht verständlichen Gründen die Privatpraxis ganz
darnieder. Manche Kreisthierärzte müssen nach einer länger
dauernden Epizootie wieder ganz von vorn anfangen, sich eine
Praxis zu erwerben.
Ueber die Nothwendigkeit der Verbesserung besteht also,
weit über den Kreis der Berufsgenossen hinaus, Uebereinstimmung.
Nur über die Art des Vorgehens stimmen die Meinungen auch
unter uns nicht allseitig überein. Der Westfälische Verein hat
sich für ein Gehalt von 1200—1800 M. ausgesprochen. Die
Privatpraxis muss den Kreisthierärzten belassen bleiben. Eine
Vollbesoldung wird erst dann erstrebt werden können, wenn der
Geschäftskreis der Veterinärpolizei bezw. der Kreisthierärzte
erheblich erweitert und abgeschlossen sein wird. Dies wird der
Fall sein, wenn die Seuchentilgung im Kreise, die Oberaufsicht
über die Fleischschau und eine wesentliche Mitwirkung bei der
Thierzucht dem Kreisthierarzt übertragen sein wird. Dann wird
man 2100—4800 M. Gehalt erwarten dürfen. Dann wird natürlich
auch der Einwand, manche Kreisthierärzte seien dafür nicht
genügend beschäftigt, wegfallen. Schon jetzt könnte man übrigens
allerdings manche Kreise, wo wenig vorzukomraen pflegt, Zu¬
sammenlegen.
Mit dem, was jetzt an Verbesserungen erbeten und erhofft
werden kann, braucht aber auch nicht etwa auf den Abschluss
der Medicinalreform gewartet werden. Die Gewährung einer
Pensionsberechtigung ist eigentlich etwas selbstverständliches.
Der Noth, in die gegenwärtig Hinterbliebene gerathen können,
muss möglichst bald gesteuert werden. Darum haben wir übrigens
schon mehrfach, 1893 und 1895, in Eingaben an das Vorgesetzte
Ministerium gebeten. Die Frage, wie und nach welchem Gehalts¬
satz die Pension resp. Relictenversorgung bemessen werden soll,
wird allerdings nicht ohne Schwierigkeiten zu lösen sein.
Neben der oben schon erwähnten Erhöhung des Grundgehaltes
ist eine Erhöhung der Tagegelder auf 9 M. im Sinne des Gesetzes
vom 9. März 1872 zu erstreben. Namentlich die niedrigen Ge¬
bühren in gerichtlichen Angelegenheiten müssen beseitigt werden,
denn sie erschüttern gradezu das Ansehen der Kreisthierärzte.
Wenn, was beabsichtigt scheint, dieses Gesetz geändert
bezw. aufgehoben wird und wenn das allgemeine Gesetz über
Tagegelder und Reisekosten der Beamten von 1873/1897 in An¬
wendung kommen soll, sind 12 M. Tagegelder zu erstreben,
welche bei eintägigen Reisen, wie sie die Kreisthierärzte aus¬
führen, nach letzterem Gesetz ebenfalls auf 9 M. sich ermässigen.
Dieser Tagegeldersatz entspricht der sechsten Rang¬
klasse. Ebendeshalb weil bei einer etwaigen gesetzlichen
Neuregelung der Tagegelder der Rang wesentlich mitspricht,
muss aber vorher auch die Rangstellung geregelt sein. Diese
Angelegenheit darf daher von uns nicht vertagt werden. Das
wäre au sich nnmotivirt, aber namentlich aus dem angeführten
Grunde ein schwerer tactischer Fehler und ein Hemmniss für die
Erfüllung auch der übrigen Wünsche. Dieser Gesichtspunkt wird
auch diejenigen Collegen zu einer Aenderung ihrer Meinung
bringen, welche in diesem Punkte noch für das Aufschieben ein¬
genommen sind. Die Rangfrage ist von der ganzen Reform
keinesfalls zu trennen.
Im Uebrigen brauchen wir in dieser Beziehung nur einen Schritt
zu wiederholen, den wir schon vor 10 Jahren getban haben. Schon
1888 hat nämlich die Centralvertretung eine Petition an den da¬
maligen Herrn Minister v. Lucius gerichtet um Regelung der
Rangverhältnisse.
Damals wurde gebeten, es möchten die Kreisthierärzte in
die VI. Klasse versetzt und ihnen innerhalb dieser Klasse ein
Vorrang von den in derselben Klasse befindlichen nicht academisch
gebildeten Beamten eingeräumt werden. Einem Theil der älteren
Krei8thierärzte sollte noch als Auszeichnung persönlich in irgend
einer Form der Rang der Räthe V. Klasse verliehen werden.
Auf den Boden dieser Petition von 1888 können wir uns
auch heute stellen. Was wir wollen, ist dann also gar nichts Neues.
Es sollten aber auch die Departementsthierärzte berück¬
sichtigt werden. Die Besoldung derselben ist jetzt ausreichend,
wenn noch das Gehalt einer Kreisthierarztstelle mit dem der
Departementsthierarztstelle verbunden ist. Dagegen sollte ihnen
wenigstens der persönliche Rang der Räthe vierter Hasse offen¬
stehen. Das ist wohl nicht zuviel, wenn man bedenkt, dass
ehemalige Oekonomiecommissare mit dem Einjährig - freiwilligen-
Zeugniss alsOekonomieräthe und Kreisschulinspectoren mit semina¬
ristischer Bildung als Schulräthe in die vierte Klasse gelangen.
Man mag über den Werth der Rangordnung denken, wie
man will. Solauge aber alle andern Beamten Werth auf Rang
legen, müssen die beamteten Thierärzte das erst recht thun.
Der Referent formulirt seinen Standpunkt in Anträge, die er
dem Präsidenten überreicht.
Referent Kreisthierarzt Kieckh&fer.
Der Referent berichtet zunächst über die Versammlung,
welche die Kreisthierärzte der Provinz Brandenburg abgehalten
haben, um ein Vorgehen zu berathen. Mit allen Stimmen gegen
eine haben sich die Versammelten auf gewisse Grundsätze ge¬
einigt und beschlossen, dieselben in einer Eingabe dem Herrn
Minister unverzüglich zu unterbreiten.
Der Referent giebt Erklärungen dafür, warum die Brandenburger
Kreisthierärzte es für unumgänglich nothwendig gehalten hätten,
ohne Verzug ihre Eingabe zu überreichen und warum sie desshalb zu
einem scheinbar isolirten Vorgehen sich hätten entschlossen müssen.
Im Uebrigen bewegen sich die Ausführungen des Redners in
der Richtung der von den Brandenburger Kreisthierärzten dem
Herrn Minister überreichten Petition*), und er begründet die dort
aufgestellten Forderungen: Pensionsberechtigung, Relictenver¬
sorgung, Grundgehalt von 1800—2400 M. und 9 M. Tagegelder,
sowie einen angemessenen Rang. Die Rangclasse zu benennen,
haben die Brandenburger Kreisthierärzte vermieden.
•) Vergl. ,,B. T. W.“ No. 10.
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23. Juni 1898.
Referat des Kreisthierarzt Thuneoke.
(Wörtlich nach dem Manuscript.)
Durch die eingehenden Vorträge der geehrten Herren Vor¬
redner, wie auch durch die zahlreichen Artikel in der Fachpresse
werden selbst auch diejenigen von den hier anwesenden Herren,
welche über die augenblickliche Stellung der Kreisthierärzte nicht
gehörig informirt waren, nun doch zu der Ueberzeugung ge¬
kommen sein, dass es unbedingt nöthig ist, in der jetzigen
Stellung der Kreisthierärzte Wandel zu schaffen, und dass wir
versuchen, dies sobald als möglich zu erringen und nicht auf die
Maturitätsreife warten. Wir haben viel zu lange an unserem
eigenen Körper und an unseren Familien gesündigt, und hätten
schon viele von den bereits verstorbenen Collegen hei ihren Leb¬
zeiten die Vortheile geniessen müssen, die wir jetzt erstreben;
ich bin der Ueberzeugung, dass für uns die Aussicht, die Ma¬
turitätsreife werde als Vorbildung zum thierärztlichen Studium
gefordert, jetzt weiter entfernt liegt als je zuvor, und daher bitte
ich Sie heute von dem Grundsatz auszugeben, dass jetzt etwas
gethan werden muss, um die absolut nicht mehr zeitgemässe
Stellung der Kreisthierärzte zu bessern. Es können ja auch nur
noch ganz vereinzelt Collegen wünschen, dass an der augen¬
blicklichen Stellung nicht gerüttelt werden dürfe. — Wir müssen
aus den geschilderten Verhältnissen schliessen, dass einzelne
Collegen in ihrer jetzigen Stellung den Anforderungen, die an
sie gestellt werden, nicht genügen können, ohne dass sie in ihren
persönlichen Verhältnissen geschädigt werden. Es wird, wie
schon erwähnt, verlangt, dass wir in die Tilgung der Viehseuchen
kräftig mit eingreifen sollen; man begnügt sich nicht mehr damit,
dass wir nnr feststellen, „hier herrscht eine Seuche*', sondern
wir sollen geeignete Vorschläge machen, in welcher Weise die¬
selbe event. auf ihren Herd beschränkt und getilgt werden kann.
Auch werden von uns zeitraubende Untersuchungen und Versuche
verlangt und hierüber wieder eingehende Berichte. Es ist keine
Frage, und dies ist ja auch von allen Vorrednern schon an¬
geführt, dass die amtliche Thätigkeit der meisten Kreisthierärzte
sich in den letzten zehn Jahren um das Zehnfache vermehrt hat.
Wenn wir uns nun aber auch sämmtlich darüber einig sind, dass
eine Aenderung in unserer Stellung nöthig ist, so gehen die An¬
sichten der Herren Collegen, in welcher Weise eine solche Aende¬
rung — und sagen wir eine Verbesserung — stattfinden möge,
so weit auseinander, dass man annehmen möchte, es wäre gar
keine Einigung zu erzielen. Einige wünschen eine völlige Re¬
form des Civil-Veterinärweseos; andere wollen nur, dass die
Kreisthierärzte keine Privatpraxis betreiben sollen, damit sie un¬
abhängig von den Viehbesitzern dastehen, und wieder andere
möchten bei Beibehaltung des jetzigen Modus hauptsächlich eine
Verbesserung ihrer pecuniären Lage, damit sie den an sie in ihrer
Eigenschaft als Kreisthierarzt gestellten Anforderungen besser
genügen können. Diese verschiedenen Ansichten entspringen
aber unzweifelhaft den in den einzelnen Kreisen stark ver¬
schiedenen gegebenen Verhältnissen. Während einige Collegen
derart jetzt schon amtlich und nebenamtlich beschäftigt sind,
dass sie zur Ausübung ihrer Privatpraxis sich ein oder zwei
Assistenten halten müssen, welche nebenbei sie auch noch in
ihren schrifiliehen Arbeiten unterstützen, und in Folge dieser
amtlichen Thätigkeit recht gern auf die Ausübung der Privat¬
praxis verzichten möchten —, haben andere nur so wenig amt¬
lich zu thun, dass sie diese Beschäftigung nur als nebensächlich
ansehen können. Man findet diesen Unterschied schon in ein
und demselben Regierungsbezirk derartig ausgeprägt, dass ein
College in einem Monat zehn Journalnummern und der andere
College in demselben Bezirk in demselben Monat 120 hat. Die
hierüber von mir eingezogenen Zahlen diffeiiren in den einzelnen
297
Regierungsbezirken wie in den einzelnen Provinzen. Leider
konnte ich die Zahl von allen Regierungsbezirken nicht erhalten,
wohl aber habe ich von ziemlich 300 Collegen die Journalnnmmer
und auch die amtliche Thätigkeit aus den Tagebüchern zu er¬
mitteln versucht und bin dabei zu folgendem Resultat gekommen.
Es differiren die Journalnummern zwischen 60 und 1700
und die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit zwischen 100 Mark
und 6500 Mark pro Jahr, und zwar in der Weise, dass etwa
20 pCt. bis zu 200 Journalnummern, dann weitere 40 pCt. bis
zu 500 Journalnnmmern, dann wieder 20 pCt. bis zu 800 Journal¬
nummern, hierauf 10 pCt. bis zu 1000 und 10 pCt. über 1000
Journalnummern haben. Dem entsprechend ist auch ohngefähr
die Einnahme aus der amtlichen Thätigkeit.
Sie sehen, wie sehr verschieden die Kreisthierärzte heute
amtlich beschäftigt sind, und werden mir nun zugeben müssen,
dass sie unter solchen Verhältnissen nicht überall zu denselben
Wünschen berechtigt sind.
Einige möchten die Privatpraxis los sein, die anderen köunen
dieselbe nicht entbehren. Desshalb wird es auch sehr schwer
halten, Beschlüsse zu fassen, die jedem Einzelnen Zusagen.
Ich stehe persönlich auf dem Standpunkt, dass die Kreis¬
thierärzte nur dann voll und ganz ihre Schuldigkeit bei der
Tilgung der Viehseuchen thun können, wenn sie völlig unabhängig
von den Viehbesitzern dastehen und wenn sie Reisen und Unter¬
suchungen vornehmen können, ohne jedes Mal erst ängstlich in
Erwägung ziehen zu müssen, ob nicht die Vorgesetzte Behörde
in dieser Reise oder aus diesem Vorschläge den Verdacht schöpfen
könne, es geschehe dies lediglich im Interesse des eigenen Ver¬
dienstes. Viele von den Herren Collegen werden schon über
solchen unwürdigen verletzenden Verdacht empört gewesen sein,
und doch geht es bei der jetzigen Methode nicht anders, wir
müssen reisen, und wir müssen von diesen Reisen unsere Existenz
sichern, und ist es uns häufig nicht möglich, besondere Rücksicht
auf die Staatskasse zu nehmen, da wir auch von unseren 6 Mark
Diäten noch unsere Familie zu Hause ernähren sollen.
Wenn wir nun in unserer amtlichen Thätigkeit derart
beschäftigt werden, dass uns nur sehr wenig Zeit zur Privat¬
praxis bleibt, wenn wir zur Tilgung der Viehseuchen unabhängig
von den Viehbesitzern dastehen sollen, und wenn wir den Verdacht,
die Staatskasse unnöthig zu belasten, stark entgegen treten
wollen, so bleibt uns allerdings nur der Ausweg, der Privatpraxis
zu entsagen und dahin zu streben, dass wir vollbesoldete Staats¬
beamte werden. Ich habe auch in der Versammlung der Kreis¬
thierärzte der Provinz Sachsen diesen Standpunkt vertreten, und
wurde derselbe von allen Collegen als völlig richtig anerkannt,
trotzdem wurde aber einstimmig erklärt, dass wir auf die Privat-
praxis nicht verzichten könnten, weil dieselbe bei der grossen
Mehrzahl der Collegen die Haupteinnahme bedinge und sicher
nicht annähernd aus der Staatskasse entschädigt werden würde.
In der Provinz Sachsen, welche mit Bezug auf ihren Viehreichthum.
Handel und Gewerbe, und demzufolge auch Viehseuchen, nicht
untenan steht, würden von den 39 Kreisthierärzten nicht 10 in
ihren Kreisen derart amtlich beschäftigt, dass sie ihre Zeit
damit voll und ganz ausfüllen, und was sollen nun die übrigen
30 beginnen?
Ziehe ich hieraus und unter Zuhülfenahme der gesammelten
Journalnummern einen Schluss auf die Gesammtheit der Collegen,
so würden jetzt wohl ca. 20pCt. voll beschäftigt werden, und diese
hätten dann auch Anspruch auf eine angemessene Besoldung.
80 pCt. dagegen würden in ihrer jetzigen amtlichen Thätigkeit
allein keine volle Befriedigung finden, und von diesen 80pCt.
hätte sicher die Hälfte so wenig zu thun, dass es ihnen
unbequem sein müsste, selbst wenn ihnen ein angemessenes Ge-
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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298
halt gezahlt würde. Wenn der Kreisthierarzt vollbesoldeter
Staatsbeamter werden soll, so muss er auch eine seiner Stellung
nach volle Beschäftigung haben, und dass in einzelnen
Kreisen solche Beschäftigung erst gesucht werden soll, ist nicht
rathsam. Wenn ich auch den Ideen einzelner Collegen, — Berm¬
bach, Gueckel, Höhne etc. viel Sympathie entgegenbringe, so
bin ich aber stark dagegen, dass wir versuchen, jetzt schon eine
völlige Reform des Veterinairwesens herbeizuführen, denn ich
glaube, wir finden bei der Staatsregierung hier sehr wenig Gehör
und würden wir noch recht lange darauf warten können, dass
wir dadurch eine Verbesserung unserer jetzigen Stellung bekämen.
Wir wissen ja aus Erfahrung, wie wenig energisch die Staats¬
regierung für eine Reform des Veterinairwesens eintritt, denn
es sind heute noch 6 bis 7 Departementsthierarztstellen so unselbst¬
ständig, dass die Herren Departementsthierärzte kaum erfahren,
welche Seuchen in ihren Bezirken herrschen. Dies ist doch
sicher der Staatsregierung bekannt, und hätte dieselbe, wenn sie
das Bedürfniss dafür anerkennen wollte, schon Abhülfe geschaffen.
Wie viel weniger wird sich die Staatsregierung nun darauf ein¬
lassen, die Kreisthierarztstellen jetzt schon zu vollbesoldeten
Beamtenstellen einzurichten, namentlich da doch nur verhältniss-
mässig wenig solche Stellen, wo der Beamte vollbeschäftigt
sein würde, vorhanden sind. Bringt die Zeit mehr Beschäftigung
für alle Kreisthierärzte, so wird allerdings dadurch entsprechend
die Zeit zur Ausübung der Privatpraxis beschränkt und müssen
wir desshalb heute schon darauf Rücksicht nehmen, dass bei den
Collegen, welche durch ihre amtliche Thätigkeit in ihrer Privat¬
praxis geschädigt werden, auch eine entsprechende Erhöhung des
Einkommens aus der amtlichen Thätigkeit erzielt werden kann.
Durch diese klargelegten Verhältnisse musste auch ich mich
überzeugen lassen, dass das Verbot der Ausübung der Privat¬
praxis siel} nur für verhältnissmässig wenig Kreisthierarztstellen
eigne, und mich desshalb für die Beibehaltung der Privatpraxis
erklären. Vielleicht könnte es sich empfehlen, einzelne Kreis¬
thierarztstellen, wo sich die Nothwendigkeit herausstellt, analog
der Grenz- oder Departementsthierarztstellen derart einzurichten,
dass dort den Inhabern die Betreibung der P’rivatpraxis untersagt
und sie für den Ausfall derselben entschädigt würden.
Es ist nun also die Frage zu beantworten: Wie ist bei der
Beibehaltung der Privatpraxis eine Verbesserung unserer
Stellung zu ermöglichen? In erster Linie muss ein jeder Kreis¬
thierarzt in den Stand gesetzt sein, auf seine amtliche Thätigkeit
auch die genügende Zeit verwenden zu können, ohne gleich einen
Ausfall in seinen weiteren Einnahmen befürchten zu müssen; er
muss für jede amtliche Thätigkeit genügend bezahlt werden; und
denken wir zunächst an die Beschäftigung, die der Kreisthierarzt
in seinem Wohnorte resp. in seinem Hause hat, namentlich an
die vielen Berichte etc., so ist es ohne Frage, dass dafür die
Besoldung von 600 Mark, wie wir sie bisher erhalten haben,
nicht mehr ausreicht, da dieselbe doch auch für die Beschaffung
der für jeden Kreisthierarzt nöthigen Instrumente etc. gezahlt
wird. Wir müssen daher um Erhöhung dieses Grundgehaltes
bitten.
Wenn nun den Collegen der Provinz Sachsen der Vorwurf
allzu grosser Bescheidenheit in der Feststellung dieser Erhöhung
gemacht und ihnen Mangel an Selbstvertrauen vorgeworfen ist,
so muss ich Letzteres entschieden zurückweisen. Bescheiden sind
wir gewesen und wollen es auch bleiben, und von dem Grundsätze
ausgehend, dass das Gehalt nur ein Theil der Einnahmen der
Kreisthierärzte sein soll, wofür \ der Gesammtheit nur verhältniss¬
mässig wenig zu thun hat, so glauben die Kreisthierärzte der
Provinz Sachsen, dass eine Erhöhung auf 1000 Mark, die von
zwei zu zwei Jahren um 100 Mark steigt, bis zum Höchstbetrage
No. 25.
von 1500 Mark eine genügende Entschädigung für die Arbeits¬
leistung, welche wir in unserem Wohnorte haben, sein wird.
Aber um eine Erhöhung unseres Grundgehalts auf 2400 Mark
oder wohl gar auf 3000 Mark zu bitten, halte ich für unrichtig;
denn diejenigen Collegen, welche täglich amtlich beschäftigt sind
und dafür ihre Tagegelder beziehen, auch zeitweise noch Ueber-
schüsse aus den Reisekosten haben, werden ja dann auch ge¬
nügend besoldet, wenn ihnen neben dem auf etwa 1500 Mark
erhöhten Grundgehalt auch noch eine Erhöhung der Tagegelder
bevorsteht, und desshalb muss zweitens hauptsächlich danach
gestrebt werden, dass die Kreisthierärzte für die Zeit, in der sie
amtlich beschäftigt sind, genügend entschädigt werden durch die
Erhöhung der Tagegelder. Völlig unzureichend sind sechs Mark.
Wenn wir den ganzen Tag, auch wohl noch die Nacht unterwegs
sein müssen, der Entfernung wegen die Eisenbahn benutzen und
unser Fuhrwerk desshalb zu Hause lassen, so weiss ich nicht,
was ich mit den sechs Mark bezahlen soll, ob meine Ver¬
pflegung, die Verpflegung meiner Familie oder mein Gespann zu
Hause. Hier würde ich auf dem Standpunkt stehen und behanpten,
zwölf Mark Tagegelder wären nicht zuviel. Denn dies ist doch
hauptsächlich die Bezahlung für die Leistung der Kreistliierärzte,
und muss denjenigen Collegen, die stark beschäftigt sind, mehr
zu statten kommen als denjenigen, welche ihre Zeit auf die
Privatpraxis verwenden können. Um aber nicht unbescheiden zu
erscheinen, fassten die Kreisthierärzte der Provinz Sachsen den
Beschluss, nur um die Erhöhung der Tagegelder auf neun Mark
zu bitten. Hierbei kommt nun sogleich die Rangfrage in Be¬
tracht. Im Grossen und Ganzen sind ja die Kreisthierärzte stets
bescheiden gewesen, und es ist, im Grunde genommen, wohl
ziemlich gleich, in welcher Rangclasse wir stehen, da alle
Collegen wohl durch ihr persönliches Auftreten sich ihre
Stellung in der Welt derart gemacht haben, wie wir es nur ver¬
langen können. Aber schon mit Rücksicht auf die Erhöhung
der Tagegelder, welches meiner Meinung nach die Hauptsache
ist, und dann auch auf diejenigen Personen, durch deren Hände
stets unsere Berichte gehen und umgekehrt die Verfügungen zu
uns kommen, halten wir es für geboten, gleichzeitig um die Ver¬
setzung in eine höhere Rangclasse zu bitten. Denn nur dadurch
können wir eine Erhöhung der Tagegelder erstreben. Da die
Departementsthierärzte jetzt in der fünften Rangclasse stehen, so
glaube ich, würde es uns als Ueberhebung angerechnet werden
können, wenn wir auch diese Classe forderten; es bleibt uns
also, um ein erreichbares Ziel vor Augen zu haben, nur übrig,
für die Einreihung in die sechste Classe zu bitten; möchte aber
dringend davon abrathen, hierbei die Stellung der Regierungs¬
und Kreissecretaire zu berühren.
In unserer jetzigen Stellung steht es uns nicht zu, eine
höhere Rangclasse zu fordern, und würde es für uns viel
unangenehmer sein, wenn öffentlich erklärt würde: „Ihr überhebt
Euch, Ihr gehört nur in die sechste Rangklasse“, deshalb lassen
Sie uns doch auch nur das fordern, wozu wir voll berechtigt sind.
Werden mal höhere Anforderungen an uns gestellt, so bleibt es
uns resp. unseren Nachfolgern unbenommen, dann auch wieder um
eine Erhöhung ihres Ranges zu bitten.
Meine Herren! Hier muss ich nochmals darauf zurückkoramen,
dass Sie sich nicht der Hoffnung hingeben wollen, es werde die
Maturitätsreife als Vorbildung für das thierärztliche Studium in
absehbarer Zeit gefordert. Aus Mittheilungen, welche mir von
eingeweihten Personen gemacht sind, ist daran vorläufig gar nicht
zu denken, und um mit Recht die Forderung der Erhöhung der
Tagegelder etc. stellen zu dürfen, müssen wir wohl auch gleich¬
zeitig die Forderung auf Versetzung in eine höhere Rangclasse
stellen.
BERLINER TH 1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
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23. Juni 1898
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
295)
Die letzte Forderung, „Gewährung einer angemessenen Pen¬
sion“, wird ja auch von allen Betheiligten gestellt, und ist wohl voll
berechtigt. So wenig wie ein Kreisthierarzt, namentlich in seinem
Amte, auf seine Gesundheit Rücksicht nehmen kann und so vielen
Gefahren, wie sein Körper stets ansgesetzt ist, ist wohl bei
keiner andern Beamtenkategorie zu finden, und wenn wir nun
bedenken, wie tlieuer der Lebensunterhalt einer Familie jetzt ist,
und wie gering die Kreisthierärzte bisher besoldet sind, so ist
hieraus sofort die Unmöglichkeit zu folgern, dass die Kreis¬
thierärzte in der kurzen Zeit, wo sie in ihrer vollen Kraft thätig
sein können, so viel erübrigen, dass sie davon in ihren alten
Tagen zu leben haben, daher ist j t auch wohl diese Forderung
schon als berechtigt anerkannt. Es handelt sich augenblicklich
nur um die Form und Höhe, welche wir erbitten wollen. Auch
hier wieder möchte ich zur Mässigung ratlien; ich meine, es ist,
doch ein Unterschied darin zu machen, ob wir vollbeschäftigte
Beamte sind, oder ob wir neben unserer privaten B schäftigung
noch ein Amt haben; uni wenn wir bedenken, dass wir bisher
gar keine Pension haben, so glaube ich, sollen wir ursere
Forderungen auch hierin nicht zu hoch stellen. Viele selbst mit
Maturitätsreife versehene Beamte haben nur ein Anfangsgehalt
von 240'i M. steigend bis etwa 5200 M. Da in Preussen in der
Regel die Pensionsberechtigung erst nach Ablauf von 10 Jahren
mit »/« des derzeiten Gehaltes beginnt, das Höchstgehalt aber
j erst nach ca. 20 Jahren erreicht wird, so kann auch eine
! Pensionirung der Kreisthierärzte von einem bestimmten fingirten
Gehalt nicht stattfinden, und haben die Kreisthierärzte Sachsens
b-i ihrem Beschlüsse im Auge gehabt, dass die Summe von
3600 M. etwa einem Gehalt entsprechen solle, welches die
Beamten der Kategorie, die mit 2400 M. Gehalt beginnen, nach
Ablauf von 15 Jahren haben würden. Ich möchte desshalb hier
den Antrag dahin präcisiren, dass die Kreisthierärzte bitten, von
einem fingirten Gehalt in Höhe von 3000—4000 M. nach Mass-
gabe der übrigen Staatsbeamten pensionirt zu werden.
Ich schliesse nun mit dem bestimmten Anträge des tl ierfirzt-
lichen Vereins der Provinz Sachsen, Anhalts und der Thüringischen
Staaten und bitte die Ceutral-Vertretung der thierärztlichen
Vereine Preussens, sobald als thunlich an zuständiger Stelle in
geeigneter Weise dahin vorstellig zu werden, dass den Kreis¬
thierärzten Preussens
1. eine Erhöhung des Grundgehalts auf 1000 M., steigend in
Zwischenzeiten von je 2 Jahren um 100 M. bis zum Höchst¬
betrage von 1500 M.;
2. die Versetzung aus der 8. in die 6. Rangklasse unter
Zubilligung von 9 M. Tagegeldern, und
3. eine Pensionirung unter Zugrundelegung des Modus für
alle Staatsbeamte von einem fingirten Gehalt von 3000 bis
4000 M. gewährt werde. (Forts, d. Berichts folgt.)
Oeffentliches Yeterinarwesen.
(Mittheilungen für
Senchenstatistik and Yeterinärpolizei.
Tuberculingewöhnung.
Nocard hat festgestellt, wie lange Zeit eine erfolgte Tuber-
culininjection das Eintreten der Reaction bei Wiederholung der
Injection verhindern kann. Es ergiebt sich, dass diese Zeit etwa
1 Monat beträgt. Nach dem Kauf von Rindern sollte daher
1 Monat vergehen, bevor man eine Tuberculinprobe mit sicherem
Resultat vornehmen kann. Dementsprechend würde auch eine
30tägige Quarantäne an der Grenze erforderlich sein, die natürlich
unmöglich ist. Nun soll aber Roux schon vor der Entdeckung
des Tuberculins durch Koch verschiedene Impfstoffe in unbekannter
Manier hergestellt haben, deren Wirkung durch eine vorher¬
gegangene Tuberculininjection nicht beeinflusst werden soll. N.
empfiehlt, diesen Roux’schen Impfstoff an der Grenze zu ver¬
wenden, und glaubt damit betrügerische vorherige Injection fest¬
stellen zu können.
Aenderung des Seuchennachrichtendienstes.
Der deutsche Landwirthschaftsrath hatte, wie s. Z. auch in
der B. T. W. mitgetheilt worden ist, verschiedene Ausstellungen
an dem bisherigen Seuchennachrichtendienst gemacht und
beschlossen, um einige Aenderungen zu bitten.
Die hierauf behördlicherseits angestellten Erhebungen haben
zu einer Vorlage beim Bundesrath geführt, welche derselbe
kürzlich angenommen hat.
Die neuen Bestimmungen dehnen die Berichterstattung auch
auf Schweineseuche und Schweinepest aus. Die von den
beamteten Thierärzten dem Kais. Gesundheitsamt einzusendenden
Seuchenmeldungen sollen alle 14 Tage erstattet und veröffentlicht
werden. Für Maul- und Klauenseuche soll ein eigner Meldedienst mit
Berücksichtigung der grossenViehhandelsplätze eingerichtet werden,
dessen specielle Anordnung den Landesregierungen überlassen wird.
- Fleisehschan und Vieh verkehr,
lieber die Blutmengen, welohe bei den verschiedenen Schlachtmethoden
gewonnen werden.
Von Schlachthof director Goltz-Halle.
(Ztachr. f. Fl.- u. Mllchhyg. Mal 9S.)
Gegenüber den Behauptungen des Herrn Dembo, eines
Veterinärbeamte.)
russischen Arztes, der ganz besonders für das Schächten eintritt
hat Herr Goltz umfassende Untersuchungen angöstellt. Dembo
hat anscheinend nur an den Kaninchen einige wenige Versuche
gemacht, aus denen er folgerte, dass geschachtete Thiere im
Allgemeinen viel mehr Blut verlören als vorher betäubte. Die
völlige Unhaltbarkeit dieser Behauptung weist Goltz an einer
grösseren Reihe von Untersuchungen, die an schlachtbaren Haus¬
sieren, namentlich an Rindern, aber auch an Kälbern und
Schafen gemacht worden sind, nach. Die aus den Versuchen
schliesslich gewonnene exacte Tabelle erstreckt sich auf 17 Rinder,
8 Kälber und 9 Schafe. Bei Rindern wurden danach im Durch¬
schnitt gewonnen beim Schächten 3,24, bei der Schussmaske 3,20
und bei der Schlagmaske 2,89 pCt. des Lebendgewichts. Die Ver¬
suche an Kälbern ergaben eine gewonnene Blutmenge von 4,91
bezw. 4,90 bezw. 5,7 pCt. beim Schächtschnitt, dem gewöhnlichen
Fleischerhalsschnitt und dem Keulenschlag. Bei Schafen endlich
ergab der Schächtschnitt 4,15, der Halsstich 4,31 und der Kenlen-
schlag 4,35pCt. des Lebendgewichts.
Hieraus ergiebt sich, dass bald bei der einen Methode, bald
bei der andern etwas mehr oder etwas weniger Blut gewonnen
wird, dass es aber im Ganzen hinsichtlich der Ausblutung völlig
gleichgiltig ist, ob jüdisch rituelles Schlachten stattfindet oder
eine Betäubung der Blutentziehung vorausgeht. Wenn die von
Dembo an Kaninchen gewonnenen Resultate auch richtig sein
mögen, so lassen sie sich doch mindestens nicht auf Schlacht-
thiere übertragen. Die Versuche sind auf Schweine nicht aus¬
gedehnt worden, weil bezügl. dieser Thiere noch Niemand die
Behauptung riskirt hat, dass sie schlechter ausbluteten, wenn sie
betäubt worden sind, als ohne Betäubung.
Ueber Entschädigungsansprüche bei Beanstandung einzelner Organe.
Amtsthierarzt Augst macht über diesen lästigen Punkt der
Fleischschau in der Ztschr. f. Fl.- und Milchhyg. folgende Be¬
merkungen. Dass die Fleischer wegen Beanstandungen einzelner
Organe oft ungebührlich hohe Ersatzansprüche an den produciren-
den Landwirth stellen, darüber wird vielfach geklagt. Meistens
scheuen sich die Landwirthe, dagegen Front zu machen, weniger
aus Scheu vor den Kosten der Untersuchung oder aus Misstrauen
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3C0 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 25.
gegen den untersuchenden Thierarzt, als weil der Landwirth
zweierlei vermeiden will: einmal die ihm zur Verfügung gestellten
Thiere selber zu verwerthen und zweitens, das Vorkommen der
Tuberculose in seinem Viehstand bekannt werden zu lassen.
Bei schweren Stücken oder im Sommer ist der Verkäufer so wie so
in einer Zwangslage. Wenn hier der Bauer nicht thut, was der
Schlächter will, so riskirt er, dass dieser ihm das Stück über¬
haupt zur Verfügung stellt und ihm womöglich noch eine Rechnung
macht, bei der, in Sachsen wenigstens, die Summe von
50—80 M. herauskommen kann, indem er ein Entgelt für Geschäfts¬
schädigung, Ersatz der Schlachtsteuer, Arbeitslohn etc. etc. ver¬
langt. Dann soll der Bauer das Rind nach Hause fahren, soll es
dort ausbieten, dabei auch noch einen Hausschlächter engagiren.
Das ist Alles gar nicht möglich.
Unter diesen Umständen befürwortet Augst, und zwar mit
grossem Recht, dass bei der gesetzlichen Regelung der Fleisch-
schau der Werth der einzelnen Organe festgesetzt werde, und
dass bei sonst vollwertigem Fleisch die Entschädigungsansprüche
lediglich hiernach gestellt werden können. Eine derartige Werthliste
ist auch von der Berliner Fleischerinnung aufgestellt und mit den
auf dem Berliner Schlachthof versichernden Schlachtvieh¬
versicherungsgesellschaftenvereinbartworden. Was diesen gegen¬
über geht, muss natürlich auch den Landwirthen gegenüber gehen.
Wird eine derartige Massregel getroffen, so würden sich auch die
Landwirt he sehr bald allgemein mit der Fleischschau aussöhnen.
Fleischbeschau in Baden 1897.
Während des Berichtsjahres sind im Ganzen nachweislich
492 826 Stück Schlachtvieh geschlachtet worden, d. i. eine Ab¬
nahme der Schlachtungen nm 16,42 pCt. gegen das Voijahr.
Von den 492 826 geschlachteten Thieren sind 9057 rntli-
ge8chlachtet worden. Diese Zahlen vertheilen sich auf folgende
Thiere: 120131 Rinder (6995),*) 122 328 Kälber (1084), 32 999
Schafe und Ziegen (68), 216151 Schweine (874) und 1217 Pferde
(36). Von den geschlachteten Thieren wurden 1392 = 0,28 pCt.
(gegen 0,26 pCt. im Vorjahre) ganz und von einer nicht
ermittelten Zahl von Schlachtthieren 15 4.4 Theile (darunter
7575 Lungen und 5118 Lebern) als ungeniessbar befunden. Von
diesen gewerbsmässig betriebenen Schlachtungen kommen für die
Volksernährung noch etwa 208 529 häusliche Schlachtungen
in Betracht, so dass sich ungefähr ein Gesammt-Fleischverbraiuh
von 699 963 Thieren (gegen 796 498 im Vorjahre) ergiebt. Bei
einem durchschnittlichen Schlachtgewicht dieser Thiere mit
71554 000 kg entfallen auf den Kopf der Bevölkerung 42,1 kg
(gegen 47,9 kg im Jahre 1893).
*) Die Zahlen in Klammern geben die Nothscblachtungen an.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt Engel vom Feld-Art.-Rgt.
No. 5 und dem Oberrossarzt a. D. Weishaupt in Bremen wurde
der Rothe Adler-Orden IV. Klasse verliehen.
Ernennungen:
Der Kreisthierarzt des Kreises Guhrau, Haunschild, ist aus
dem Staatsdienst geschieden, und der Thierarzt Kissuth aus Grau-
denz zum Kreisthierarzt des Kreises Guhrau ernannt, desgl. Thierarzt
Gasteiger-Kissingen zum Bezirksthierarzt in Pfaffenhofen (Ober¬
bayern); Rossarzt a. D. Nickel zum Schlacht!.ofinspektor in Schlawe
gewählt.
Approbationen: Berlin: Die Herren Wilhelm Belitz, Jacob Gold¬
stein, Hugo Meier, Kurt Lehmann.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
R. Karnahl-Pegau nach Zwenkau (b Leipzig). — Tbierarzt Scharr
hat sich in Kletzke (Brdbg.) niedergelassen.
Todesfälle: Kreisthierarzt Dr. Bertram-Braunschweig, Professor
Wilhelm Eber-Berlin, Kreisthierarzt Friebel Insterburg, Thierarzt
König-Moringen, Rossarzt Schultz-Stallupönen.
Yacanzen.
Kreis'hierarztsteilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsident. —
R.-B. Düsseldorf: Cleve Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsident. —
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Oppeln:
Falkenberg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbcstand im Kreise 27000 Stück).
— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und
300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. anMagist
— Hirschberg i. Schl.: Schlachthof-Assistenzthierarzt (1000 M.
und 120 M. Wohnungsgeld, Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.
— Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung,
Heizung, Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Ahlen (Westf.)
— Creuzburg (Werra). — Drengfurt. — Gleschendorf
(FUrstenthum Lübeck). — Guxhagen (Regierungs-Bezirk Cassel.) —
Pitschen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene:
A r g e n a u: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat
— Dassuw (Mccklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein):
Thierar/.t. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov.
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bollö-Magdeburg (Schlachthof . —
Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. au
Magistrat— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
500 Mark). — Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe).
— Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud.
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-
Schw.).— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat. —
Schlotheim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M. >
Hew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬
arzt Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbanm.
— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Schlawe (Pommern).
Ausstellung der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft in Dresden.
Der Unterzeichnete Ansschuss giebt hiermit bekannt, dass als
Standquartier für die Herren Thierärzte während der in den
Tagen vom 30. Jnni bis 5. Juli d. J. in Dresden stattfindenden
Ausstellung der Deutschen Landwirtschafts - Gesellschaft das
Restaurant „Redlichhaus“ an der Carolabrücke bestimmt
worden ist
Ferner wird bekannt gegeben, dass am Sonnabend den
2. Juli er. die Landsmannschaft „Alemannia“ im Saale des Musen¬
hauses and die Landsmannschaft „Saxonia“ in Helbig’s Restaurant
an der Elbe, ihre Stiftungscommerse, beide nm 8 Uhr Abends be¬
ginnend, abhalten werden, wozu die genannten Landsmannschaften
die zu dieser Zeit hier anwesenden Herren Thierärzte hiermit
ergebenst einladen.
Für einen am Montag den 4. Juli in Begleitung mit Damen
in Anssicht genommenen Ansflug nach der Bastei wird das Nähere
durch Anschlag im thierärztlichen Bureau auf dem Ausstellungs-
platze, woselbst Auskünfte jeder Alt, soweit dies möglich ist,
immer und gern ertheilt werden, noch bekannt gemacht werden.
Dresden, den 14. Juni 1898.
Otto Beier, Bezirksthierarzt. Dresden-N., Königsbrückerstr. 47.
Max Redlich, Amtstbierarzt, Dresden-A., Amalienstr. 23.
Karl Schade, Oberrossarzt, Dresden-N., Bischofsweg 18.
Ich bin von meiner Reise zurückgekebrt.
Schmaltz.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratepihell) Prof. Dr. Schmält» ln Berlin. — Verlag und Eieenttaum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. Büxenstciu. Berlin.
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Dl« „Berliner ThierinUiehe Wochenschrift" erscheint
wöchentlich ln Stftrke von mindestens l'/t Bogen. Dieselbe
Ist in bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoett, Berlin NW., Luisenstrasse 36, um Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbeltrftge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬
fragen beliebe man sn senden an Prof. Dr. 8chmaltz,
Berlin, thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
i
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 26 . Ansgegeben am 30. Jani.
Inhalt: Tdpper: Die Castration der Cryptorchiden. — Referate: Sud er: Ueber das eintägige Fiebern beim Pferde. —
Nocard: Die Lungenseuche beim Rinde.— Therapeutische Notizen. —Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung
der Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Verschiedenes. —
Oeffentliches Veterinärwesen: Senchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Perso¬
nalien. — Vacanzen.
Die Castration der Cryptorchiden.
Vortrag, gehalten in der Versammlung des Brandenburger Vereins
Von
Dr. Töpper-Berlin.
Oberrossarzt der König). Marsttlle.
Die Castration der Cryptorchiden ist eine Operation der Neu¬
zeit. Trotzdem besitzen wir über dieselbe schon eine ansehnliche
Litteratur, die ich am Schlüsse des Vortrages für diejenigen
Herren, die sich speciell für die Operation interessiren, anführen
will. Die dänischen Thierärzte waren die ersten, die die Operation
mit Erfolg aiisführten. "‘Stockfleth, Hogar, Barford.
Sonken, G. Jensen veröffentlichten in der Tidskrift for Veterin.
im Jahre 1856 bemerkenswerthe Artikel, denen solche von
C. Jensen nnd den erwähnten anderen dänischen Forschern im
Jahre 1867, von H. Jensen 1869, Petersen 1872, R. Jensen
1878, Bagge und Stelkens 1881, Silfverkjelm nnd Abergh
im Jahre 1882 nnd endlich von Bang in dem Handbuch der
thierärztlicheu Chirnrgie von Stockfleth und Steffen folgten.
Augenblicklich sind es hauptsächlich Professor Sand-Kopenhagen,
der die meisten Cryptorchiden in Seeland, und Thierarzt Winter,
der fast alle Cryptorchiden in Jütland operirt. In Norwegen und
Schweden ist die Operation von Lindqnist, Vennerholm ge¬
macht und beschrieben worden. In Frankreich wurde die
Operation bereits im Jahre 1846 von Marrel eingeführt und
später von Capon und dessen Assistenten Jacoulet im
Jahre 1878 und 1886, ferner von Mauri nnd Trasbot gelehrt.
Einen sehr guten Artikel über die Castration der Cryptorchiden
hat Cadiot geschrieben. Derselbe findet sich, übersetzt von
Prof. Dr. Fröhner, in den „Monatsheften für practische Thier¬
heilkunde“ im IV. Band und 9. Hefte.
In Belgien waren es van Haelst und van Seymortier,
welch letzterer die erste Beschreibung der inguinalen Operations¬
methode giebt. Namen wieBrogniez, Diericx, ganz besonders
aber Degive sind es, die bei Operation der Cryptorchiden einen
sehr guten Klang haben.
In Deutschland wurde von der Operation in den alten
Veterinär-Chirurgien von Hering, Hertwig etc. abgerathen,
da die meisten Pferde nach derselben starben. Departements¬
thierarzt Schmidt - Aachen, der Professor Degive bei
drei Castrationen assistirte, beschrieb die Operation im Jahre
1885 im „Archiv für Thierheilknode“. Professor Möller ver¬
öffentlichte ira Jahre 1888 einen trefflichen Artikel in den
„Monatsheften für Thierheilknode“ von Fröhner. Ostermann
und Peters vervollkommneten die Methode des Flanken Schnittes
durch Antiseptik. Günther veröffentlichte einen grösseren
Artikel über die Cryptorcbidenoperation bei Pferden in der
„Deutschen Thierärztlichen Wochenschrift“ 1894, Seite 61 und
plaiilirt für eine eigene Operations-Methode vom Bauche aus.
Nachdem dieser Vortrag bereits gehalten, schrieb Professor
Fröhner in den „Monatsheften für practische Tbierheilkunde“,
üXl' Band, 8. Heft einen Aufsatz: „Welche Methode der
Cryptorcbidenoperation ist die beste?“
Die sehr werthvollen Erfahrungen Fröhner’s habe ich an
einzelnen Stellen des Vortrags zum Ausdruck gebracht.
Im Jahre 1896 assistirte ich Professor Möller bei sieben
Cryptorchidenoperationen in Ostpreussen. Professor Sand, der
im Juli 1896 das Hauptges üt Trakehnen besuchte, hatte die
Liebenswürdigkeit, mich einzuladen, nach Kopenhagen zu kommen,
um unter Beiner Aufsicht und Anleitung die Cryptorcbidenopera¬
tion auszuführen. Ich will nicht verfehlen, Herrn Professor
Sand hiermit meinen öffentlichen Dank auszusprechen. In der
uneigennützigsten Weise demonstrirto mir Herr Professor Sand
die Operation nnd gestattete, dass ich dieselbe unter seiner Auf¬
sicht bei acht, darunter zwei beiderseitigen abdominalen Cryptor-
ebiden ausführte. Nach mündlicher Mittheilung hatte Herr Pro¬
fessor Sand in den letzten sechs Jahren 250 Cryptorchiden
castrirt und hierbei nur einen Verlust zu verzeichnen. Bei zwei
Cryptorchiden konnten die Hoden nicht entfernt werden, da sie
verwachsen waren, bei zwei Cryptorchiden worden die Hoden
nicht gefunden.
Die angeführten, theilweise ausgezeichneten Veröffentlichungen
über dies Thema, die Versicherung verschiedener Specialisten
bezüglich der Einfachheit dieses Verfahrens werden kaum die
Unentschlossenheit vieler Thierärzte beseitigen und bewirken,
dass sie die Operation vornehmen. Dennoch wäre es jetzt an
der Zeit, wo wir mit der Anti- nnd Asepsis besser Bescheid
wissen wie früher, wenn mehr Thierärzte versuchten, die Opera¬
tion vorzunelimen. Fröhner sagt: „Eine sorgfältige Asepsis
ist die wichtigste Grundbedingung für die Operation“. Möller,
Cadiot, Degive versichern, dass neben absoluter Asepsis nur
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302
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
anatomische Kenntnisse, Geschicklichkeit und Uebung nothwendig
sind, nra die Operation mit Erfolg auszuführen. Professor Sand
behauptet in seiner bescheidenen Weise, dass die Operation von
den Dänen nur deshalb besser und mit grösseren Erfolgen, als
in Deutschland ausgeführt würde, weil durch das Hinwerfen und
durch die Befestigung der Füsse der Pferde nach dänischer
Methode das Operationsfeld klar und bequem zur Anschauung
gebracht wird und die Operation hierdurch bedeutend erleichtert
wird. Wer direct ungeschickt ist, soll nicht operiren.
Bevor ich die Operation beschreibe, will ich einige Er¬
fahrungen, die ich über den Cryptorcbismus in Ostpreussen bei
meinen Operationen gesammelt habe, voransschicken.
Unter Cryptorchismus (von xqvtxthv verbergen und og/ji der
Hoden) versteht man denjenigen Zustand bei männlichen Thieren,
bei dem der eine oder sogar beide Hoden den Bauchring nicht
passiren, um in den Hodensack zu gelangen, sondern in der
Bauchhöhle Zurückbleiben. Degive betrachtet als echte
Cryptorchiden nur Thiere, bei denen ein oder beide Hoden in der
Bauchhöhle liegen oder bei denen der verborgene Hoden so
wenig entwickelt ist, dass er auf keine Art genau in seinem Sitze
festgestellt werden kann. Liegen die entwickelten Hoden im
Leistenkanale und sind also fühlbar, dann handelt es sich um
einen Pseudo-Cryptorchismus, der gerichtlich nicht als Cryptor¬
chismus bezeichnet werden sollte. Bekanntlich entwickeln sich
die Hoden aus dem mittleren Keimblatte und zwar aus den
Urnieren oder den Wolff’schen Körpern. In einer vor¬
geschrittenem Periode des Foetallebens beginnt der Hoden, der
ursprünglich unter den Lendenwirbeln in der Nähe der Nieren
liegt, seine Lage zu wechseln und rückt nach dem Becken herab,
um von dem Hodensacke, einem Anhangsgebilde der Leibeshöhle
aufgenommen zu werden. Dieser Vorgang ist als Des-
census te8ticulorum bekannt. Tritt der Hoden nicht in den Hoden¬
sack, sondern bleibt im Bauche liegen, so werden ihm auch die
Hüllen felilen, denn die Hüllen des Hodens entsprechen gemäss
ihrer Entwicklung den einzelnen Schichten der Leibeswand. Ich
mache deshalb hierauf aufmerksam, damit, falls Sie einer Castration
von Cryptorchiden beiwohnen, Sie sich nicht täuschen lassen.
Stösst der Operateur mit den Fingern in den Leistenkanal und
bringt einen Hoden hervor, der von der tunica vaginalis communis
umgeben ist, so ist es immer ein inguinaler, nie ein abdominaler
Cryptorchide gewesen. Oder mit andern Worten: muss der
Operateur, um zum Hoden zu gelangen, erst die Häute mit dem
Messer öffnen, so lag der Hode im Leistenkanal, bringt er dagegen
den Hoden ohne Häute zum Vorschein, so war der Operateur
mit den Fingern in der Bauchhöhle und der Cryptorchide
abdomiual. Manchmal kommt es vor, dass der Hoden abdominal liegt.
Cadiot *) behauptet, dass der Hoden beim Pferde gewöhnlich
gegen das Ende des sechsten Monats nach der Geburt im Hoden¬
sacke anlangt. Ich habe daraufhin im Hauptgestüt Trakehnen
sowohl wie in meiner Privatpraxis in Ostpreussen viele neu¬
geborene Fohlen untersucht, konnte aber nur feststellen, dass bei
den meisten Fohlen gleich nach der Geburt die Hoden sich schon
im Hodensacke befinden. Mein früherer Assistent Dr. Bernhard
in Trakehnen castrirte 1 Fohlen, ich selbst 3 Fohlen im Alter
von 14 Tagen resp. 3 Wochen. Allgemein wird ferner behauptet,
dass diese Anomalie in den Ländern des Nordens, wie Dänemark,
Belgien, Holland, England häufiger vorkäme als in Frankreich,
am seltensten soll sie in Deutschland, Italien, Russland und im
Orient nach Angabe der dortigen Schriftsteller Vorkommen..
Nach meinen Erfahrungen kommen in Ostpreussen fast eben-
*) De la castration du cheval cryptorchide. Par P. J. Cadiot,
Professeur ä l’6cole v6t6rinaire d’Alfort. Avec II figures dans le
texte. Paris, Asselin et Ilouzeau 1893.
so viele Cryptorchiden vor als in Dänemark. Vom November 1896
bis zum October 1897 habe ich in Ostpreussen 21 Cryptorchiden
castrirt. Ausserdem hatten mich 10 Besitzer gebeten, die
Operation vorzunehmen, zogen aber den Auftrag zurück, weil
ihnen dieselbe zu theuer war. Da die Operation meist nur
an werthvollen Pferden in Ostpreussen, besonders nur zukünftigen
Remonten ausgeführt wird, erhält man von den minderwerthigen
Cryptorchiden selten Kenntniss, besonders wenn, wie es-vorkommt,
bei täglicher Arbeit die Klopphengste ruhig sind. In dem kleinen
Dorfe Trakehnen und einem Nachbardorfe von Trakehnen be¬
fanden sich vier Cryptorchiden, von denen ich erst hörte, als ich
mich näher erkundigte. Ein Castrirer aus Detmold castrirte in
meiner Gegenwart allein auf einem Rittergute bei Trakehnen
5 und in zwei naheliegenden Dörfern 2, also im Ganzen in
zwei Tagen 7 Hengste; Prof. Möller im Jahre 1895 einen und
1896 in Ostpreussen 5 Cryptorchiden.
Man unterscheidet einen abdominalen Cryptorchismus, wenn die
Hoden sich im Bauche, einen inguinalen Cryptorchismus, wenn
der Hoden sich im Leistencanale befindet Manchmal kommt es
vor, dass im processus vaginalis, der bekannten Ausstülpung des
Peritoneums, der Nebenhoden liegt und beim Zuge an demselben,
vorausgesetzt, dass der Scheidencanal weit genug ist, der Hoden
aus der Bauchhöhle herausspringt. Ist eine Hode verlagert, so
spricht man von einfachem Cryptorchismus oder Monorchismus;
sind beide Hoden in der Bauchhöhle geblieben, so nennt man es
Cryptorchismus im eigentlichen Sinne, endlich kann er auf einer
Seite abdominal und auf der anderen inguinal sein. Pferde, welche
mit der Verlagerung der Hoden behaftet sind, nennt man Klopp¬
hengste, Spitzhengste, Cryptorchiden. Falsche Spitzhengste
heissen diejenigen, bei denen der Hoden im Leistencanal liegt.
Die beste Bezeichnung für die beiderseitigen Cryptorchiden hat man
in Dänemark. Man nennt sie „Urbengste.“ Dies bedeutet, dass
der Hengst in Betreff der Hoden in seinem Urzustände ver¬
blieben ist.
Der Monorchismus kommt rechts und links nicht in
gleicher Häufigkeit vor. Von den 22 von mir castrirten Crypt¬
orchiden waren 9 inguinal und 13 abdominal, dabei zwei beider¬
seitig, 5 rechtsseitig, 15 linksseitig. Möller fand von 13 Fällen
6 rechts, 4 links, 3 beiderseitig. Cadiot hat von 15 Fällen
10 linksseitig, Trasbot unter 12 neun, Degive unter 37
34 linksseitig, Donals von 46 sogar 45 linksseitig constatirt
Wie 68 scheint, überwiegt die Verlagerung des Hodens in der
linken Seite. Der Hoden der Cryptorchiden behält in der Regel,
ganz egal, wo er verlagert ist, foetale Eigenschaften, d. h. er
ist meistens klein, schlaff und bei abdominalen Cryptorchiden in
der Regel 10—15 cm vom Schwänze des Nebenhodens entfernt.
In drei Fällen beobachtete ich, dass der in der Bauchhöhle
liegende Hoden zwar schlaff und welk war, dass er aber voll¬
ständig die Grösse eines normalen Hodens besass. Mikroskopisch
war ich auch im Stande, Samenfäden bei diesen drei Hoden
nachzuweisen. Diese in der Banchhöhle verlagerten Hoden, die
von normaler Grösse waren, gehörten Pferden an, die ein Alter
von 7 resp. 8 Jahren besassen, und bei denen der eine Hoden
bereits, als die Pferde ljährig waren, weggeDommen war.
Das Gewicht der Hoden beträgt 20—50 g, bei einem von
Möller castrirten Hengste hatte der Hoden ein solches von 146,5
und ein anderer wog sogar 222,5 g, (bei den oben erwähnten drei
Hoden differirte das Gewicht zwischen 120—150 g.). Jacoulet*)
fand einen zurückgebliebenen Hoden 420 g schwer und von Kinds¬
kopfgrösse. Diese abnorm grossen Hoden, ganz besonders aber
patholog. entartete Hoden, setzen der Operation die grössten
Schwierigkeiten entgegen. Bei den 22 von mir castrirten
*) Jacoulet, Repertoire de police sanit v6t
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30. Juni 1898. BERLINER THIERARZTLIOHE WOCHENSCHRIFT. 303
Cryptorchiden habe ich nie einen krankhaft entarteten Hoden ge¬
funden.
Der verlagerte Hoden ist fast immer frei, beweglich, manch¬
mal zwischen Darmschüngen liegend, meistens liegt er auf der
Bauchwand ein wenig vor dem vorderen Beckenrande. Der
Hoden ist aufgehängt an einer Bauchfelldnplicatur, Hodengekröse
(Mesorchium) genannt, das sich von der Gegend der Lendensäule
einerseits zur oberen Fläche der Blase und andererseits nach der
Leistengegend zieht. Das Hodengekröse besitzt zwei freie Ränder,
einen vorderen Rand, der die Blutgefässe des Hodens, einen
hinteren Rand, welcher den Samenleiter und Nebenhoden enthält
(siehe Abbildung). Bei einem vollständigen abdominalen Cryptor-
chiden fehlt die Scheidenhaut vollständig. Oft befindet Bich ein
Fortsatz derselben, der Scheidenfortsatz (processus vaginalis) im
Leistencaual. In diesem Scheidenfortsatz befindet sich dann das
Hunter’sche Leitband und der Schweif des Nebenhodens. Der
Hoden selbst liegt oft in der Lendengegend, steht aber immer
du rchdas Leitband und den Nebenhoden mit dem Gründe
des Processns vaginalis in Verbindung. Ausgezeichnet
sind diese anatomischen Verhältnisse, die für die Castration der
Cryptorchiden von der grössten Wichtigkeit sind, beschrieben
im Frank (Handbuch der Anatomie der Hausthiere II. Auflage)
pag. 680 und 681 und in der 6chon erwähnten Abhandlung von
Cadiot 1. c. pag. 390 nnd 391. Hierbei will ich Folgendes
voransschicken. Fragen wir uns, meine Herren, wie ist der
Cryptorchismns zu erklären? Unter dem „Hunter’sehen Leit¬
bande“ versteht man einen mit glatten Muskelzellen ansgestatteten
Bindegewebsstrang, der den Grund des Scheidenfortsatzes mit
dem Hoden und Nebenhoden verbindet. Dies Band schwindet
beim Pferde nie vollständig, selbst beim Ciyptorchiden nicht.
Nach Eichbanm (Untersuchungen über den Descensns testicu-
lorum Koch’s Revue für Thierheilkunde und Thierzucht pag. 1
Jahrgang 1883) verschwindet das Gubernaculum Hunteri allmälig
bis auf einen kleinen Rest, welcher das Nebeuhodenband darstellt.
Früher glaubte man nämlich, dass das Hunter’sche Leitband
auf die Hoden einen Zug ausübe, wobei man auf die in ihm ent¬
haltenen Muskelfasern hinwies, oder eine Verkürzung des Binde-
gewebsstranges durch allmälige Schrumpfung annahm. (cf. Eich¬
baum 1. c.). Diese Erklärung hat man neuerdings verworfen.
Man erklärt den Descensus testiculorum sich jetzt durch un¬
gleiche Wachsthumsvorgänge. Während die in der Lenden- und
Beckengegend gelegenen Theile mit ihrer Musculatnr sich
strecken und das Hunter’sche Leitband nicht mitwächst,
sondern klein bleibt, so muss es, da sein eines Ende in der Haut
der Leistengegend, das andere an dem Hoden festgeheftet ist,
den Hoden als den verschiebbaren Theil nothwendigerweise nach
unten herabziehen; es zieht ihn zuerst allmälig in die Becken¬
höhle und schliesslich, wenn die anderen Theile noch grösser
geworden sind, wenn dabei auch die Bauchwand um ein Viel¬
faches dicker geworden ist, in die Nähe des Leistenringes.
Bleibt der Descensus testiculorum ein unvollständiger, 60 dass
der Hoden in der Bauchhöhle zurückbleibt, resp. im oberen Theile
des Leistencanals seine Lage nimmt, so bezeichnen wir diesen
Zustand als Cryptorchismus. Vom Standpunkte der Embryologie
bezeichnet man derartige Anomalien als Hemmungsmissbildungen,
da sie ihre Erklärung in Entwicklungsvorgängen finden, welche
nicht zu ihrem regelrechten Abschluss gelangt sind. (Dr. Oscar
Hertwig, Lehrbuch der Entwicklungsgeschichte des Menschen
nnd der Wirbelthiere pag. 290—292).
Beim inguinalen Cryptorchismus befindet der Hoden sich immer
im Leistenkanal und ist immer von der gemeinschaftlichen
Scheidenhaut umschlossen. Der Leistenkanal ist manchmal gross,
in der Regel aber bei den inguinalen Cryptorchiden sehr klein,
sodass Stockfleth behauptet, dass er viel kleiner sei, wie beim
abdominalen Cryptorchismus.
Ist der Hals des Scheidenkanals weit und besitzt der Hoden
eine bestimmte Beweglichkeit, so kann dadurch, dass der Hoden
in die Bauchhöhle zurücktritt, abwechselnd abdominaler nnd
inguinaler Cryptorchismus Vorkommen.
Nach den Beobachtungen von Paugone, Degive u. A.
vererbt sich der Cryptorchismus. Beiderseitige Cryptorchiden
sollen fast immer unfruchtbar sein. Bei Monorchiden wies
Möller in zwei Fällen lebende, bewegliche Spermatozoen nach,
bei 3 Hengsten fand ich auch vollständig ausgebildete Sper¬
matozoen.
Der schwierigste Theil bei der Castration der Cryptorchiden
war anfänglich für mich die Diagnose, an welcher Seite der
Hoden verlagert ist. Oft ist dies sehr leicht, oft aber auch sehr
schwer. In der Regel wird man nur zur Operation aufgefordert,
wenn das betreffende Thier viel schreit, sich hengstig geberdet und
schon castrirt ist. Diejenigen Besitzer in Ostpreussen, die ihre
Remonten 1- resp. 2jäbrig ankanfen, werden erst durch die
Hengstmanieren des Fohlens aufmerksam gemacht. Sie haben
zwar das Thier als Wallach gekauft, sich aber nicht davon über¬
zeugt, ob das Thier thatsächlich an beiden Seiten castrirt ist.
Diejenigen Besitzer, die ihre Remonten als halbjährige Fohlen
ankanfen, wissen zwar, dass dem Fohlen bei der Castration nur
ein Hoden genommen wurde, können aber in der Regel nicht mit
Sicherheit angeben, an welcher Seite dies geschehen ist. Kann
der Besitzer nun diejenige Seite, an welcher das Fohlen castrirt
ist, nicht bestimmt angeben, so bitte ich ihn, mir Nichts zn
sagen, sondern verlasse mich nur auf die Untersuchung der
Geschlechtsorgane.
Ist der Hoden an einer Seite thatsächlich entfernt, so ist
eino Narbe vorhanden, die denjenigen Narben gegenüber, die nur
gemacht sind, um Täuschung hervorznrufen, eine besondere Be¬
schaffenheit hat. Diese Narbe ist immer eingezogen, trichter¬
förmig und im Umkreis des Trichters mit Falten versehen.
Bewegt man die Volarfläche der Finger an der Seite des
Schlauches von vorne nach hinten, so findet man fast immer
einen griffel- bis kleinfingerdicken Strang unter den Fingern hin-
und hergleiten. Diesen Strang kann man dann bis znm unteren
Leistenring verfolgen. Es ist der Stnmpf des Samenstranges.
An der Seite, wo der Hoden verlagert ist, findet man niemals die
charakteristische Beschaffenheit der Narbe und den Samenstrang¬
stumpf. An Stelle des letzteren befindet sich eine fast dreieckige
Grube, die man besonders bei mageren Pferden sehen kann, da
die Haut sich dann straff an den Schlauch anlegt. Jedoch ist
man Täuschungen manchmal ansgesetzt. Ist z. B die Leisten¬
portion des Gubernacnlnm Hunteri sehr stark entwickelt, so
kann sie wohl einen Saraenstrangstumpf vortänschen. Es fehlt
dann aber immer die Narbe. Hat man festgestellt, an welcher
Seite der Hoden nicht entfernt ist, so kommt es darauf an: hat
man einen inguinalen oder abdominalen Cryptorchiden vor sich.
Für die Operation ist dies ohne praktische Bedeutung, da der
Anfang der Operation bei beiden Arten von Cryptorchiden
derselbe ist. Zur sicheren Feststellung, ob der Hoden im Leisten¬
kanal sich befindet, gehört Uebung. Hat man dieselbe, so ist es
eigentlich sehr leicht. Man spitzt die Finger der einen Hand
conisch zn und dringt bis zum unteren Leistenring vor. Liegt
der Hoden im Leistenkanal, so findet man einen rundlichen,
dicken Körper, der sehr beweglich ist. Will man sich genauer
überzeugen, so betastet man per anura vergleichshalber beide
Leistenringe und findet dann den inneren Leisten ring von einem
dünnen Strang durchzogen.
Wi'l man mit Sicherheit feststellen, ob es sich um einen
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301
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
inguinalen Monorcbiden oder Castraten handelt, empfiehlt Ries*)
folgendes Verfahren. Man sucht mit der in den Mastdarm ein¬
geführten Hand sich den inneren Leistenring der fraglichen Seite
auf, legt die Beere des Zeigefingers darauf und lässt durch einen
Gehilfen einen Zug auf den Hodensack ausüben. Ist es ein
Castrat, so gleitet der Samenstrang unter dem Zeigefinger, ist es
ein inguinaler Monorchide so fühlt man keine Bewegung.
Ist es ein abdominaler Cryptorchide, so findet man bei der
Untersuchung keinen Hoden im Leistencanal. Oft liegt der Hoden
am vorderen Rande des Schambeins und ist dann leicht durch
Untersuchung per anum festzustellen. Die beste Methode zur
Feststellung des abdominalen Cryptorchiden, die zu gerichtlichen
Zwecken oft von der grössten Wichtigkeit ist, giebt Möller
an. Möller empfiehlt folgendes Verfahren: Man suche mit der
ira Mastdarm befindlichen Hand den vorderen Rand des Scham¬
beins auf. Dicht vor diesem oder etwa 10—15 cm neben der
linea alba breite man die Finger soweit wie möglich aus und
lege die Hand hier auf die untere Bauchwand. In der Regel
fühlt man den halbrunden, weichen Hoden unter der Hand und
kann ihn mit den Fingern betasten. Zuweilen gelingt der Nach¬
weis des Hodens erst bei einer wiederholten Untersuchung, und
nachdem der Mastdarm durch Abführmittel oder Clystire entleert
ist. Bei einiger Uebung aber fällt es meist leicht, nicht nur den
Hoden, sondern auch seine Grösse einigermassen festzustellen.
Findet man den Hoden nicht, so räth Möller das Degive’sche
Verfahren anzuwenden, das darin besteht, mit der in den Mast¬
darm eingeführten Hand an der Seitenwand der Bauchhöhle von
oben nach unten zu gleiten.
Uebt man auf den Hoden einen Druck aus, so vermag man
oft hierdurch characteristische Erscheinungen hervorzurufen, wie
Lenglen, R. Jensen, Bang und Möller bewiesen.
In Graditz untersuchte College Wagner-Jonastlial einen, ab¬
dominalen Cryptorchiden per anum. Bei jedem Druck auf den
Hoden fing der Hengst an zu wiehern. (Mündliche Mittheil, des
Herrn Grafen Lehndorff).
Fröhner 1. c. pag. 342 und 343 empfiehlt mit Bang, den
Hoden mit der flachen Hand von der Bauchhöhle her nach hinten
gegen die Beckenhöhle zu schieben, wo er leichter mit den Fingern
fixirt und betastet werden kaDn. Im Gegensatz zu den derben,
rundlichen, plastisch knetbaren und dabei indolenten Kothballen
fühlt er sich als ein schlaffes, plattes, wohl begrenztes, sehr
leicht verschiebbares, seine Form immer beibehaltendes, bei Druck
mitunter empfindliches Gebilde an. Sehr treffend, sagt Fröhner,
erscheint mir eine Bemerkung von Sand, wonach sich der Hoden
wie ein Säckchen anfühlt, das mit Quecksilber ge¬
füllt ist.
Die Dänen untersuchen zum Zwecke der Castration per anum
überhaupt nicht. Sie thun es nur, wenn es sich um die Diagnose
bei gerichtlichen Streitfällen handelt. Auch Möller unter¬
sucht neuerdings nicht mehr zum Zweck der Castration per anum.
(Mündliche Mittheilung.)
Es hat die Untersuchung per anum vorher für die Operation
auch wenig Zweck, denn wenn ich selbst den Hoden an einer
bestimmten Stelle finde, so kann derselbe, durch das Hinlegen oder
die Darmperistaltik veranlasst, bei der Operation ganz wo anders
seine Lage genommen haben. Anderntheila ist es schwer, die
Hand, mit der ich die Untersuchung vorgenommen, falls dieselbe
kurz vorher geschehen ist, so zu reinigen, dass ich aseptisch
operiren kann
Die Operation ist in allen den Fällen von Cryptorchisraus
angezeigt, wo sich die Thiere schwierig behandeln lassen,
* Ries, Note sur Ie diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de
möd. vtH. 18!>2.
schreien und Geschlechtstrieb zeigen. Ist dies nicht der Fall, so ist
die Operation auch nicht nothwendig. Von der Operation bei
Fohlen vor dem dritten Lebensjahre rathe ich ab. Einestheils
ist es möglich, dass der Hoden bis zu dieser Frist in den Hoden¬
sack herabsteigt, anderntheils sind die Gewebe des Fohlens so
wenig widerstandsfähig, weich, dass bei einer Operation leicht
der vordere Winkel des unteren Leistenringes beschädigt wird
und hierdurch die Operation nicht ungefährlich ist. Nach meinen
Erfahrungen kann man zu jeder Zeit operiren, jedoch ist das
Frühjahr und der Herbst die beste Zeit hierzu. Möller castrirte
Anfang August in der grössten Hitze, die im Sommer 1896 in
Ostpreussen herrschte, sechs Cryptorchiden. Alle heilten per
primam intentionem. Im August 1897 castrirte ich drei Klopp¬
hengste, die ebenfalls per primam intentionem heilten, ebenso im
Februar bei 2—5° Kälte. Wichtig ist es, nie in einem Bestände
von Pferden zu castriren, in denen Druse oder Brustseuche herrscht,
denn jeder Thierarzt kennt den schlechten Einfluss dieser Krank¬
heiten auf die Operations-Wunden.
Vorbereitung zur Operation. Hierbei kommt es auf den
Ernährungszustand des Pferdes an. Nielsen sagt: „Je magerer
das zu operirende Pferd ist, desto sicherer und leichter ist die
Operation.
Möller, der diesem Satze zustimmt, lässt 8—14 Tage
voluminöses Futter vermeiden, vollleibige Pferde regelmässig
bewegen, und giebt ihnen eine Aloepille und einige Stunden vor
der Operation Wasserclystiere. Nach Cadiot hält man die
Thiere 5—6 Tage vor der Operation diät, indem man sie aus¬
schliesslich mit Stroh und Kleie füttert, welcher man eine
kleine Meuge Glaubersalz beimengt, um den Darminhalt zu ent¬
leeren. Degive legt der medicamentösen Vorbereitung einen
grossen Werth bei. Eine Woche lang erhalten die zu operirenden
Pferde täglich 60 g einer Mischung von Arnicatinctur und Carbol-
sänre (300:50). Andere geben Naphthol, Salicylsäure, Alcohol.
Die Gabe von Medicamenten ist überflüssig. I6t das Pferd mager
oder nur im massigen Ernährungszustände, so ist eine Vorbereitung
vollständig unnöthig. Prof. Sand-Kopenhagen lässt die Pferde
gar nicht zur Operation vorbereiten, er ordnet nur an, dass die
Pferde am Operationstage kein Fntter erhalten. Ich lasse höchstens
die Pferde 18—24 Stunden hungern, eine längere Zeit halte ich
für unnöthig, ja bei der Castration normaler Hengste sogar für
schädlich. Bei sämmtlichen Cryptorchiden, unter ihnen drei
Pferde, die fett waren, war keine andere Vorbereitung geschehen.
Sehr zweckmässig ist es, den Mastdarm der Pferde */a Stunde
vor dem Werfen durch leichte Bewegung der Pferde zu entleeren.
Fröhner entzieht den Pferden mehrere Tage hindurch die
Streu (Maulkorb) und einen Theil des Rauhfutters, verordnet
ihnen drei Tage vor der Operation je eine Arecolininjection und
lässt sie unmittelbar vor der Operation bewegen. Dagegen ver¬
meidet Fröhner Clystiere vor der Operation und lässt sie höchstens
eine Nacht vorher hochbinden, damit nicht eine allzu starke
Schwächung und Ermüdung der meist kaltblütigen Pferde statt-
findet. —
Die Operation der abdominalen Cryptorchiden hat man nach
fünf Methoden vorgenommen.
Diese Methoden kann man eintheilen:
A. in solche, wo man entweder von der Flanke aus oder von
der unteren Bauchwand in die Bauchhöhle gelangt,
B. in solche, bei denen man vom Leistencanal in die Bauch¬
höhle eindringt: dies ist die dänische, belgische und
französische Methode.
Fröhner verwirft sehr richtig die Benennung der einzelnen
Methoden nach der Nationalität, da in den genannten Ländern
zu verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Methoden in Anwendung
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30. Juni 1898.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
305
kamen, and schlägt vor, nnr zwei Hauptformender Cryptor-
chidenoperation zu unterscheiden, nämlich die inguinale und die
ventrale.
Die Operation von der Flanke aus ist die älteste Operations-
Methode. Zu ihren Anhängern gehören Ostermann, Peters,
Schoeberl, Marks, Angerstein u. Andere. Ostermann und
Peters haben dieselbe modificirt und sie unter aseptischen
Cantelen ansgeführt. Sehr interessant ist die Operation von
Angerstein. Angerstein operirte einen rechtsseitigen in¬
guinalen Cryptorchiden mittelst Flankenschnittes. Der hühnerei¬
grosse Hoden lag im Leistencanal, war 4 cm vom inneren Bauch¬
ring entfernt. Seine Verwachsung mit der Wand des Leisten¬
canals wurde getrennt, der Hoden zwischen Zeige- und Mittel¬
finger genommen und nach aussen gezogen. Die Operation
dauerte zwei Stunden. Nach Entleerung eines Abscesses vom
Leistencanal aus, Heilung des Patienten in 24 Tagen. Hätte
Angerstein vom Leistencanal aus operirt, so hätte selbst ohne
Assistenz die Operation höchstens \ Stunden gedauert und bei der
Geschicklichkeit, die College Angerstein bei der Operation
selbst bekundet hatte und der guten Desinfection, wäre jedenfalls
die Heilung per primam erfolgt, während, wenn es nicht zur
Abscedirung gekommen wäre, der Patient gestorben wäre. Die¬
ser eine Fall genügt vollständig, um die ganze Operations-Methode
mittelst Flankenschnittes zu verurtheilen.
Im Jahre 1893 operirte Günther einen abdominalen Cryptor¬
chiden als alter Herr mit grossem Geschick, durch Oeffnung der
Bauchhöhle von der unteren Bauchgegend aus. Die Operations¬
stelle liegt 5—6 cm von der Mittellinie entfernt, neben dem
Schlauche. Auf Grund dieser einen Operation und des
guten Erfolges plaidirt Günther für Anwendung dieser
Methode bei der Operation abdominaler Cryptorchiden und sieht
sich veranlasst zu einem grossen Artikel „Die Cryptorchiden-
Operation beim Pferde ', den er in der Deutschen thierärztlichen
Wochenschrift II. Jahrgang, No. 8—12 veröffentlicht. Günther
bezeichnet das Vorgehen bei den anderen Operations-Methoden
als planlos und glaubt, dass das Auffinden des Hodens mehr
dem Zufälle überlassen ist. Hätte Günther nur einige Male
nach der dänischen oder belgischen Methode operirt, so wäre er
wohl bald zu der Einsicht gelangt, dass diese Methoden der
von ihm vorgeschlagenen sowohl was Orientirung in der
Bauchhöhle anbetrifft als auch der grossen Einfachheit wegen
bedeutend vorzuziehen sind. Sieht man ab von der harten Kritik,
die Günther den anderen Methoden zollt und die nebenbei
gesagt, gar nicht begründet ist, so kann man den Artikel von
Günther Jedermann, der die Absicht hat, sich mit der Operation
der Cryptorchiden zu beschäftigen, nur empfehlen. Er wird in
demselben neben ausgiebiger Litteratur viel Wissenswert lies finden.
Um ein sicheres Urtheil über eine Methode zu gewinnen, ist es
nothwendig, selbst dieselbe in Anwendung zu bringen. Der
Assistent Th. Schmidt-Wien operirte nach der Günther’schen
Methode einen rechtsseitigen bösartigen Abdominal-Cryptorchiden
mit Erfolg. Heilung per primam intentionem und Ingebrauch¬
nahme des Pferdes nach 22 Tagen (Thierärztliches Centralblatt
1897, No. 21). Professor Fröhner veröffentlicht (1. c. pag. 349)
seine Erfahrungen mit der ventralen (Günther’schen) Methode
und warnt vor derselben, da sie unsicher und unpractisch ist.
Von vier nach dieser Methode operirten Pferden verlor Fröhner
zwei. Die Mortalitätsziffer betrug darnach 50 pCt.
Bei der Eröffnung der Bauchhöhle vom Leistencanale aus
kommen die dänische und belgische und französische Methode in
Betracht.
Die dänische Methode ist zuerst von Stockfleth beschrieben
und von Bang modificirt worden. Sie wird von Nielsen,
Möller, Petersen, vielen dänischen und deutschen Thierärzten
mit grossem Erfolge ausgeführt.
Die belgische Methode besitzt ihren hauptsächlichsten Ver¬
treter in Degive, der diese Methode auch ausgezeichnet be¬
schrieben hat. Van Seymortier, Diericx, Capon, Jacoulet,
Donald, Mauri, Trasbot, Cadiot sind die Namen derjenigen
Operateure, die nach dieser Methode operirt haben. Nach
Cadiot (1. c. pag. 409) gebührt ohne Zweifel der belgischen
Methode in allen Fällen der Vorzug vor der anderen Methoden.
Nach der dänischen Methode erfolgt der Hautschnitt genau
über dem äusseren Leistencanal, das Eindringen in die Bauch¬
höhle beruht auf der Perforation des kleinen schiefen Bauch¬
muskels in der Längenrichtung seiner Fasern, wodurch, wie
Möller angiebt, eine Knopflochwunde entsteht, die durch ihren
Verschluss einen Vorfall der Baucheingeweide verhindert.
Bei der belgischen Methode geschieht der Einschnitt auf
dem Scrotnm, es erfolgt Aushöhlung des Leistencanals und Ein¬
dringen in die Bauchhöhle an dem hinteren Rande des kleinen
schiefen Bauchmuskels, indem man nur einfach das Peritoneum
durchstösst.
Die Methode nach Professor Sand in Kopenhagen stellt eine
Combination der dänischen und belgischen Methode dar. Ganz
in ähnlicher Weise operirt der dänische Thierarzt Winter in
Silkeborg. Die Dänen, die anfänglich ihre Pferde gern ver¬
sicherten, thun dies jetzt gewöhnlich nicht mehr, da ein Todes¬
fall in Folge der Cryptorchidenoperation bei den beiden geübten
hervorragenden Operateuren nur zur Seltenheit gehört.
Letztere Methode unterscheidet sich von der belgischen dadurch,
dass der Hautschnitt oberhalb des äusseren Bauchringes und nicht
am Scrotnm angelegt wird, von der dänischen dadurch, dass bei dem
Eindringen in die Bauchhöhle nicht die Fasern der kleinen
schiefen Bauchmuskeln durchbohrt werden, sondern das Peritoneum
am hinteren Rande des kleinen schiefen Banchmuskels durch¬
brochen wird. Die Perforation an dieser Stelle hat den Vorzug,
dass man mit den Fingern circa 2—3 cm mehr nach hinten in
die Bauchhöhle gelangt, als bei dem Durchstossen des m. obliquus
internus. Da der Samenleiter, die GefäsBe des Hodens oder des
Gubernaculum Hunten aber fast immer nach hinten und aussen vor
der Durchbruchsstelle liegen, so hat man den Vortheil, die
genannten Theile von hier aus leichter zu erreichen und
ist nicht gezwungen, mit der ganzen Hand, sondern nur mit
2 Fingern in der Bauchhöhle zu operiren.
Die Veranlassung zur Operation meinerseits geschah durch
folgende Umstände. Die ersten Cryptorchidenoperationen voll-
führte ich als Kreisthierarzt des Regenwalder Kreises im
Jahre 1885. Der erste Hengst, den ich operirte, war ein drei¬
jähriger inguinaler Cryptorchide, bei dem der Hoden tief im
Leistencanale lag. Einschnitt am Scrotum, Einbohren mit drei
Fingern in den Leistencanal, Hervorziehung des Hodens, Oeffnung
der Scheidenhaut und Abtragen des Hodens vermittelst des
Chassignac’scheu Ecraseurs. Heilung durch Eiterung in vier
Wochen. Die zweite Operation betraf einen sehr bösartigen
Cryptorchiden, der acht Tage vorher einem Manne den Arm ge¬
brochen und zerbissen hatte. College Biernacki-Schivelbein
hatte die Freundlichkeit, mir zu assistiren. Vorher Morphium-
injection von 0,5, theilweises Chloroformiren schon im Stande,
da es lebensgefährlich war, an den Hengst heranzukommen.
Daun Abwerfen des Hengstes und tiefe Chloroformnarcose, die
noch eine Stunde nach der Operation anhielt. Desinfection des
Operationsfeldes, Eindringen in die Bauchhöhle vom Leistencanal
aus, erst mit drei Fingern, dann mit dem ganzen Arm, planloses
UmherBUchen in der Bauchhöhle, wobei der Hoden nicht gefunden
wurde. Hervortveten des Dünndarms während der Operation in
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301
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
inguinalen Monorcbiden oder Castraten handelt, empfiehlt Ries*)
folgendes Verfahren. Man sucht mit der in den Mastdarm ein-
geführten Hand sich den inneren Leistenring der fraglichen Seite
auf, legt die Beere des Zeigefingers darauf und lässt durch einen
Gehilfen einen Zug auf den Hodensack ausüben. Ist es ein
CaBtrat, so gleitet der Samenstrang unter dem Zeigefinger, ist es
ein inguinaler Monorchide so fühlt man keine Bewegung.
Ist es ein abdominaler Cryptorchide, so findet man bei der
Untersuchung keinen Hoden im Leistencanal. Oft liegt der Hoden
am vorderen Rande des Schambeins und ist dann leicht durch
Untersuchung per anum festzustellen. Die beste Methode zur
Feststellung des abdominalen Cryptorchiden, die zu gerichtlichen
Zwecken oft von der grössten Wichtigkeit ist, giebt Möller
an. Möller empfiehlt folgendes Verfahren: Man suche mit der
im Mastdarm befindlichen Hand den vorderen Rand des Scham¬
beins auf. Dicht vor diesem oder etwa 10—15 cm neben der
linea alba breite man die Finger soweit wie möglich aus und
lege die Hand hier auf die untere Bauchwand. In der Regel
fühlt man den halbrunden, weichen Hoden unter der Hand und
kann ihn mit den Fingern betasten. Zuweilen gelingt der Nach¬
weis des Hodens erst bei einer wiederholten Untersuchung, und
nachdem der Mastdarm durch Abführmittel oder Clystire entleert
ist. Bei einiger Uebung aber fällt es meist leicht, nicht nur den
Hoden, sondern auch seine Grösse einigermassen festzustellen.
Findet man den Hoden nicht, so räth Möller das Degive’sche
Verfahren anzuwenden, das darin besteht, mit der in den Mast¬
darm eingeführten Hand an der Seitenwand der Bauchhöhle von
oben nach unten zu gleiten.
Uebt man auf den Hoden einen Druck aus, so vermag man
oft hierdurch cbaracteristische Erscheinungen hervorzurufen, wie
Lenglen, R. Jensen, Bang und Möller bewiesen.
In Graditz untersuchte College Wagner-Jonasthal einen, ab¬
dominalen Cryptorchiden per anum. Bei jedem Druck auf den
Hoden fing der Hengst an zu wiehern. (Mündliche Mittheil, des
Herrn Grafen Lehndorff).
Fröhner 1. c. pag. 342 und 343 empfiehlt mit Bang, den
Hoden mit der flachen Hand von der Bauchhöhle her nach hinten
gegen die Beckenhöhle zu schieben, wo er leichter mit den Fingern
fixirt und betastet werden kann. Im Gegensatz zu den derben,
rundlichen, plastisch knetbaren und dabei indolenten Kothballen
fühlt er sich als ein schlaffes, plattes, wohl begrenztes, sehr
leicht verschiebbares, seine Form immer beibehaltendes, bei Druck
mitunter empfindliches Gebilde an. Sehr treffend, sagt Fröhner,
erscheint mir eine Bemerkung von Sand, wonach sich der Hoden
wie ein Säckchen anfühlt, das mit Quecksilber ge¬
füllt ist.
Die Dänen untersuchen zum Zwecke der Castration per anum
überhaupt nicht. Sie thnn es nur, wenn es sich um die Diagnose
bei gerichtlichen Streitfällen bandelt. Auch Möller unter¬
sucht neuerdings nicht mehr zum Zweck der Castration per anum.
(Mündliche Mittheilung.)
Es hat die Untersuchung per anum vorher tür die Operation
auch wenig Zweck, denn wenn ich selbst den Hoden an einer
bestimmten Stelle finde, so kann derselbe, durch das Hinlegen oder
die Darmperistaltik veranlasst, bei der Operation gauz wo anders
seine Lage genommen haben. Anderntheils ist es schwer, die
Hand, mit der ich die Untersuchung vorgenommen, falls dieselbe
kurz vorher geschehen ist, so zu reinigen, dass ich aseptisch
operiren kann
Die Operation ist in allen den Fällen von Cryptorchismus
angezeigt, wo sich die Thiere schwierig behandeln lassen,
* Ries, Note sur le diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de
möd. v6t. 18!'2.
schreien und Geschlechtstrieb zeigen. Ist dies nicht der Fall, so ist
die Operation auch nicht nothwendig. Von der Operation hei
Fohlen vor dem dritten Lebensjahre rathe ich ab. Einestheils
ist es möglich, dass der Hoden bis zu dieser Frist in den Hoden¬
sack herabsteigt, anderntheils sind die Gewebe des Fohlens so
wenig widerstandsfähig, weich, dass bei einer Operation leicht
der vordere Winkel des unteren Leistenringes beschädigt wird
und hierdurch die Operation nicht ungefährlich ist. Nach meinen
Erfahrungen kann man zu jeder Zeit operiren, jedoch ist das
Frühjahr und der Herbst die beste Zeit hierzu. Möller castrirte
Anfang August in der grössten Hitze, die im Sommer 1896 in
Ostpreussen herrschte, sechs Cryptorchiden. Alle heilten per
primam intentionem. Im August 1897 castrirte ich drei Klopp¬
hengste, die ebenfalls per primam intentionem heilten, ebenso im
Februar bei 2—5 0 Kälte. Wichtig ist es, nie in einem Bestände
von Pferden zu castriren, in denen Druse oder Brustseuche herrscht,
denn jeder Thierarzt kennt den schlechten Einfluss dieser Krank¬
heiten auf die Operations-Wunden.
Vorbereitung zur Operation. Hierbei kommt es auf den
Ernährungszustand des Pferdes au. Nielsen sagt: „Je magerer
das zu operirende Pferd ist, desto sicherer und leichter ist die
Operation.
Möller, der diesem Satze zustimmt, lässt 8—14 Tage
voluminöses Futter vermeiden, vollleibige Pferde regelmässig
bewegen, und giebt ihnen eine Aloepille und einige Stunden vor
der Operation Wasserclystiere. Nach Cadiot hält man die
Thiere 5—6 Tage vor der Operation diät, indem man sie aus¬
schliesslich mit Stroh und Kleie füttert, welcher man eine
kleine Menge Glaubersalz beimengt, um den Darminhalt zu ent¬
leeren. Degive legt der medicamentösen Vorbereitung einen
grossen Werth bei. Eine Woche laug erhalten die zu operirenden
Pferde täglich 60 g einer Mischung von Arnicatinctur und Carbol-
säure (300:50). Andere geben Naphthol, Salicylsäure, Alcohol.
Die Gabe von Medicamenten ist überflüssig. Ist das Pferd mager
oder nur im massigen Ernährungszustände, so ist eine Vorbereitung
vollständig unnöthig. Prof. Sand-Kopenhagen lässt die Pferde
gar nicht zur Operation vorbereiten, er ordnet nur an, dass die
Pferde am Operationstage kein Futter erhalten. Ich lasse höchstens
die Pferde 18—24 Stunden hungern, eine längere Zeit halte ich
für unnöthig, ja bei der Castration normaler Hengste sogar für
schädlich. Bei sämmtlichen Cryptorchiden, unter ihnen drei
Pferde, die fett waren, war keine andere Vorbereitung geschehen.
Sehr zweckmässig ist es, den Mastdarm der Pferde ’/a Stunde
vor dem Werfen durch leichte Bewegung der Pferde zu entleeren.
Fröhner entzieht den Pferden mehrere Tage hindurch die
Streu (Maulkorb) und einen Theil des Rauhfutters, verordnet
ihnen drei Tage vor der Operation je eine Arecolininjection und
lässt sie unmittelbar vor der Operation bewegen. Dagegen ver¬
meidet Fröhner Clystiere vor der Operation und lässt sie höchstens
eine Nacht vorher hoclibinden, damit nicht eine allzu starke
Schwächung und Ermüdung der meist kaltblütigen Pferde statt-
findet. —
Die Operation der abdominalen Cryptorchiden hat man nach
fünf Methoden vorgenommen.
Diese Methoden kann man eintheilen:
A. in solche, wo man entweder von der Flanke aus oder von
der unteren Bauchwand in die Bauchhöhle gelangt,
B. in solche, hei denen man vom Leistencanal in die Bauch¬
höhle eindringt: dies ist die dänische, belgische und
französische Methode.
Fröhner verwirft sehr richtig die Benennung der einzelnen
Methoden nach der Nationalität, da in den genaunten Ländern
zu verschiedenen Zeiten ganz verschiedene Methoden in Anwendung
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30. Juni 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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kamen, und schlägt vor, nur zwei Hauptformen der Cryptor-
cliidenoperation zu unterscheiden, nämlich die inguinale und die
ventrale.
Die Operation von der Flanke aus ist die älteste Operations-
Methode. Zu ihren Anhängern gehören Ostermann, Peters,
Schoeberl, Marks, Angerstein u. Andere. Ostermann und
Peters haben dieselbe modificirt nnd sie unter aseptischen
Cautelen ansgeführt. Sehr interessant ist die Operation von
Angerstein. Angerstein operirte einen rechtsseitigen in¬
guinalen Cryptorchiden mittelst Flankenschnittes. Der hühnerei-
grosse Hoden lag im Leistencanal, war 4 cm vom inneren Bauch¬
ring entfernt. Seine Verwachsung mit der Wand des Leisten¬
canals wurde getrennt, der Hoden zwischen Zeige- und Mittel¬
finger genommen und nach aussen gezogen. Die Operation
dauerte zwei Stunden. Nach Entleerung eines Abscesses vom
Leistencanal aus, Heilung des Patienten in 24 Tagen. Hätte
Angerstein vom Leistencanal aus operirt, so hätte selbst ohne
Assistenz die Operation höchstens \ Stunden gedauert und bei der
Geschicklichkeit, die College An gerstein bei der Operation
selbst bekundet hatte nnd der guten Desinfection, wäre jedenfalls
die Heilung per primam erfolgt, während, wenn es nicht zur
Abscedirung gekommen wäre, der Patient gestorben wäre. Die¬
ser eine Fall genügt vollständig, um die ganze Operations-Methode
mittelst Flankenschnittes zu verurtheilen.
Im Jahre 1893 operirte Günther einen abdominalen Cryptor¬
chiden als alter Herr mit grossem Geschick, durch Oeffnnng der
Bauchhöhle von der unteren Bauchgegend aus. Die Operations¬
stelle liegt 5—6 cm von der Mittellinie entfernt, neben dem
Schlauche. Auf Grund dieser einen Operation und des
guten Erfolges plaidirt Günther für Anwendung dieser
Methode bei der Operation abdominaler Cryptorchiden und sieht
sich veranlasst zu einem grossen Artikel „Die Cryptorchiden-
Operation beim Pferde *, den er in der Deutschen thierärztlichen
Wochenschrift II. Jahrgang, No. 8—12 veröffentlicht. Günther
bezeichnet das Vorgehen bei den anderen Operations-Methoden
als planlos und glaubt, dass das Auffinden des Hodens mehr
dem Zufalle überlassen ist. Hätte Günther nur einige Male
nach der dänischen oder belgischen Methode operirt, so wäre er
wohl bald zu der Einsicht gelangt, dass diese Methoden der
von ihm vorgeschlagenen sowohl was Orientiruug in der
Bauchhöhle anbetrifft als auch der grossen Einfachheit wegen
bedeutend vorzuziehen sind. Sieht man ab von der harten Kritik,
die Günther den anderen Methoden zollt und die nebenbei
gesagt, gar nicht begründet ist, so kann man den Artikel von
Günther Jedermann, der die Absicht hat, sich mit der Operation
der Cryptorchiden zu beschäftigen, nur empfehlen. Er wird in
demselben neben ausgiebiger Litteratur viel Wissenswert lies finden.
Um ein sicheres Urtheil über eine Methode zu gewinnen, ist es
nothwendig, selbst dieselbe in Anwendung zu bringen. Der
Assistent Th. Schmidt-Wien operirte nach der Günther’schen
Methode einen rechtsseitigen bösartigen Abdominal-Cryptorchiden
mit Erfolg. Heilung per primam intentionem und Ingebrauch¬
nahme des Pferdes nach 22 Tagen (Thierärztliches Centralblatt
1897, No. 21). Professor Fröhner veröffentlicht (1. c. pag. 349)
seine Erfahrungen mit der ventralen (Günther’schen) Methode
und warnt vor derselben, da sie unsicher und unpractisch ist.
Von vier nach dieser Methode operirten Pferden verlor Fröhner
zwei. Die Mortalitätsziffer betrog darnach 50 pCt.
Bei der Eröffnung der Bauchhöhle vom Leistencanale aus
kommen die dänische nnd belgische und französische Methode in
Betracht.
Die dänische Methode ist zuerst von Stock fl et h beschrieben
und von Bang modificirt worden. Sie wird von Nielsen,
Möller, Petersen, vielen dänischen und deutschen Thierärzten
mit grossem Erfolge ausgeführt.
Die belgische Methode besitzt ihren hauptsächlichsten Ver¬
treter in Degive, der diese Methode auch ausgezeichnet be¬
schrieben hat. Van Seymortier, Diericx, Capon, Jacoulet,
Donald, Mauri, Trasbot, Cadiot sind die Namen derjenigen
Operateure, die nach dieser Methode operirt haben. Nach
Cadiot (1. c. pag. 409) gebührt ohne Zweifel der belgischen
Methode in allen Fällen der Vorzug vor der anderen Methoden.
Nach der dänischen Methode erfolgt der Hautschnitt genau
über dem äusseren Leistencanal, das Eindringen in die Bauch¬
höhle beruht auf der Perforation des kleinen schiefen Bauch¬
muskels in der Längenrichtung seiner Fasern, wodurch, wie
Möller angiebt, eine Knopflochwunde entsteht, die durch ihren
Verschluss einen Vorfall der Baucheingeweide verhindert.
Bei der belgischen Methode geschieht der Einschnitt auf
dem Scrotum, es erfolgt Aushöhlung des Leistencanals und Ein¬
dringen in die Bauchhöhle an dem hinteren Rande des kleinen
schiefen Bauchmuskels, indem man nur einfach das Peritoneum
durchstösst.
Die Methode nach Professor Sand in Kopenhagen stellt eine
Combination der dänischen und belgischen Methode dar. Ganz
in ähnlicher Weise operirt der dänische Thierarzt Winter in
Silkeborg. Die Dänen, die anfänglich ihre Pferde gern ver¬
sicherten, thun dies jetzt gewöhnlich nicht mehr, da ein Todes¬
fall in Folge der Cryptorchidenoperation bei den beiden geübten
hervorragenden Operateuren nur zur Seltenheit gehört.
Letztere Methode unterscheidet sich von der belgischen dadurch,
dass der Hautschnitt oberhalb des äusseren Bauchringes und nicht
am Scrotum angelegt wird, von der dänischen dadurch, dass bei dem
Eindringen in die Bauchhöhle nicht die Fasern der kleinen
schiefen Bauchmuskeln durchbohrt werden, sondern das Peritoneum
am hinteren Rande des kleinen schiefen Bauchmuskels durch¬
brochen wird. Die Perforation an dieser Stelle hat den Vorzug,
dass man mit den Fingern circa 2—3 cm mehr nach hinten in
die Bauchhöhle gelangt, als hei dem Durchstossen des m. obliquus
internus. Da der Samenleiter, die Gefässe des Hodens oder des
Gubernaculum Hunteri aber fast immer nach hinten und aussen vor
der Durchbruchsstelle liegen, so hat man den Vortheil, die
genannten Theile von hier aus leichter zu erreichen und
ist nicht gezwungen, mit der ganzen Hand, sondern nur mit
2 Fingern in der Bauchhöhle zu operiren.
Die Veranlassung zur Operation meinerseits geschah durch
folgende Umstände. Die ersten Cryptorchidenoperationen voll¬
führte ich als Kreisthierarzt des Regenwalder Kreises im
Jahre 1885. Der erste Hengst, den ich operirte, war ein drei¬
jähriger inguinaler Cryptorchide, bei dem der Hoden tief im
Leistencanale lag. Einschnitt am Scrotum, Einbohren mit drei
Fingern in den Leistencanal, Hervorziehung des Hodens, Oeffnung
der Scheidenhaut und Abtragen des Hodens vermittelst des
Chassignac’schen Ecraseurs. Heilung durch Eiterung in vier
Wochen. Die zweite Operation betraf einen sehr bösartigen
Cryptorchiden, der acht Tage vorher einem Manne den Arm ge¬
brochen und zerbissen hatte. College Biernacki-Schivelbein
hatte die Freundlichkeit, mir zu assistiren. Vorher Morphium-
injection von 0,5, theilweises Chloroformiren schon im Stande,
da es lebensgefährlich war, an den Hengst heranzukommen.
Daun Abwerfen des Hengstes und tiefe Chloroformnarcose, die
noch eine Stunde nach der Operation anbielt. Desinfection des
Operationsfeldes, Eindringen in die Bauchhöhle vom Leistencanal
ans, erst mit drei Fingern, dann mit dem ganzen Arm, planloses
Umhersuchen in der Bauchhöhle, wobei der Hoden nicht gefunden
wurde. Hervortveten des Dünndarms während der Operation in
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306
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26
die Wunde, Zurückbringen desselben und Zunähen der äusseren
Hautwunde. Nach der Operation traten die Baucheingeweide
nicht mehr vor. Tod nach drei Tagen. Der Hoden lag, wie ich
später hörte, in der Lendengegend. Nach dieser missglückten
Operation wagte ich mich nicht mehr, bis zum Jahre 1896, wo
ich in Dänemark war, an eine neue heran.
Im Frühjahre des Jahres 1895 liess das Rittergut Szirgupoenen
sich einen Castrirer aus Detmold kommen, dessen Sohn einige
Jahre vorher in Ostpreussen mit Glück verschiedene Cryptorcbiden
operirt hatte. Der Sohn soll die Operation in Amerika von
einem Professor der Thierarzneischule in New-York gelernt
haben. Als dieser Detmolder Castrirer starb, übernahm sein
alter Vater, ein Mann von 60 Jahren, gewissermassen als Ver-
mächtniss, die Operation, die der Sohn ihm gezeigt hatte. Der
Administrator hatte die Liebenswürdigkeit mich zu der Operation
einzuladen. Dieselbe war für mich in vieler Beziehung ganz
besonders in Betreff des Wurfzeuges und der Desinfection
interessant. Der Castrirer machte anf mich den Eindruck eines
soliden Mannes mit guten Manieren. Sein Wurfzeug, die In¬
strumente, Seide, Creolin trug er in einer Ledertasche bei sich.
Die Instrumente bestanden nur ans einem einfachen Klappmesser
und 1 Bündel strohhalmdicker weisser Seide. Das Wurfzeug
war eine Art ungarisches. Ein Lederriemen ähnlich wie ein
Kummet wurde dem Pferde um den Hals gelegt. An beiden
Seiten des Lederriemens waren eiserne Oesen angebracht, in
welchen 2 kleine ebenfalls eiserne Rollen sich befanden.
Ausser diesem Riemen gehörten zu dem Wurfzeug noch zwei
Fesselriemen, an deren vorderer Fläche sich ebensolche Oesen
mit Rollen wie am Lederriemen befanden. Zwei Stricke gingen
von der vorderen Fläche der Hinteifessel nach den Oesen am
Lederriemen und liefen hier wie an der Fessel in den angeführten
Rollen. Die Hinterfüsse wurden den zu werfenden Pferden
einfach unter dem Bauch weg nach vorne an den Lederriemen
gezogen. Das Pferd legte sich meistens langsam hin. Dadurch
aber, dass die Vorderfüsse zuerst garnicht befestigt wurden,
sprang das Pferd oft verschiedene Male auf, schob sich dabei
den Riemen vom Hals herunter und war frei. Bei drei Pferden
gelang es erst nach zwei Versuchen die Pferde niederzuschnüren.
Nachdem die Stricke, die die Hinterfüsse an den Lederriemen
gezogen hatten, geknotet waren, wurden die Vorderfüsse einfach
mit Stricken zusammen gebunden und das Pferd auf den Rücken
gelegt.
Zur Desinfection verwandte der Castrirer Creolin. Mit einer
3 pCt Creolinlösung reinigte er oberflächlich das Operationsfeld,
wusch sich dann die völlig entblössten Arme ebenfalls mit der
Lösung und begann die Operation, indem er den Hautschnitt am
Scrotum anlegte. Dann bohrte er mit der ganzen Hand, indem
er die Finger spitz zusammenlegte, und drehende Bewegungen
machte, in den Leistencanal hinein. Bei den zuerst operirten
zwei einjährigen Fohlen lag der Hoden im Leistencanal. Er
holte ihn heraus, schnitt die Scheidenhaut auf und ur terband den
Samenstrang mit einer dicken Seidenschnur, die er, nachdem der
Hoden unterhalb der Ligatur abgeschnitten war, aus der Wunde
heraushängen liess. Der dritte füo(jährige Cryptorchide sollte
ein abdominaler sein. Das Pferd war verkauft gewesen und
musste zuiückgenommen werden. Da die Leute, die bei der
ersten Castration zugegen waren, behaupteten, dass der Hoden
an der linken Seite fehle, ging der Castrirer mit der
Hand bis zur Mitte des Unterarmes in die Bauchhöhle,
suchte V* Stunde in derselben herum, und erklärte, dass im
Bauche keinHoden vorhanden wäre. Jetzt griff er nach der rechten
Seite. Hier lag der sehr kleine Hoden dicht unter der Haut am
äusseren Bauchringe, so dass er denselben wie bei der gewöhn¬
lichen Castration wegnehmen konnte. Die Wunde an der linken
Seite wurde nicht geheftet Als das Pferd 10 Minuten im Stalle
stand, kam der Wäiter heraus und berichtete, dass aus der
Wunde ein Stück Darm heraushänge. Das Pferd wurde wieder
geworfen und nun versuchte der Castrirer, den Darm hinein¬
zustopfen. Als ihm dies nicht gelang, ging ich mit der linken
Hand in den Mastdarm und zog den Darm mit Leichtigkeit in
die Bauchhöhle. Auf den unteren Leistenring wurde ein Tampon
von Jodoformgaze gelegt und die Haut darüber geheftet; Tod
nach 24 Stunden durch Peritonitis. Der letzte 4jährige Crypt¬
orchide war ebenfalls ein abdominaler. Die Operation wurde in
derselben Weise, wie eben beschrieben, ausgeführt. In circa fünf
Minuten brachte der Castrirer den Hoden zum Vorschein. Die
Hautwunde wurde ebenfalls nicht genäht Am nächsten Tage
war das Thier munter, frass gut, hatte 40 Pulse und 38,3° C.
innere Körpertemperatur. Dieser Zustand blieb so acht Tage,
dann trat plötzlich Fieber ein, der Hengst frass schlecht, magerte
ab und starb nach drei Wochen. Bei einem 1jährigen Fohlen,
das der Castrirer l / 4 Meile von Szirgepoenen einem anderen Be¬
sitzer operirte, traten, als derselbe kaum 10 Minuten vom Hofe
war, ebenfalls die Eingeweide hervor. Der Besitzer liess es
sofort tödten. Aus Obigem sehen wir, wie selbst der Laie bei
grosser Geschicklichkeit Fiasco macht, obwohl er nicht die Regeln
der Asepsis kennt.
Kurze Zeit hierauf operirte dann Professor Dr. Möller in
Goeritten in Gegenwart von 4 Collegen einen abdominalen
Cryptorcbiden mit solcher Eleganz und Geschicklichkeit, dass der
Besitzer, ein Landtags-Abgeordneter, überall mit der grössten
Hochachtung und Verehrung den Ruf Möllers in Ostpreussen
verbreitete. Iin Sommer 1896 operirte Möller mit demselben
Erfolge noch weitere 6 Cryptorcbiden. Sämmtliche heilten per
priniam intentionem.
Im Sommer 1896 besuchte Prof. Sand-Kopenhagen Trakehnen
und gestattete mir auf meine Bitte, unter seiner Leitung, die
Cryptorchidencastration zu studiren. Ich operirte in Dänemark
8 Cryptorchiden, darunter 2 Urhengste.
Bevor ich die Operation selbst beschreibe, will ich noch in
aller Kürze einige anatomische Bemerkungen über die Gegend
des Leistencanals vorausschicken, deren Kenntniss zur Operation
nothwendig ist. Der Leistencanal, der schief von oben nach
unten, von aussen nach innen und schwach von vorne nach hinten
verläuft, bildet einen engen Raum zwischen dem kleinen schiefen
Bauchmuskel und dem Poupart’schen Bande, der Eingang in
den Leistencanal wird repraesentirt vom unteren oder äusseren
Leisten ring. Derselbe wird von zwei Faserzügen des grossen
schiefen Bauchmuskels gebildet, hat eine eiförmige Gestalt und
zeigt in seinem grossen Durchmesser eine schiefe Richtung. Man
unterscheidet am unteren Leistenring 2 Ränder und 2 Winkel.
(Schluss folgt).
Referate.
Ueber das eintägige Fiebern beim Pferd.
Von Unterrossarzt S u d e r.
(ZUchr. f. Veierinirkd , Dccember 1897 )
Anknüpfend an einen Artikel von Malkmus, der auch in
der B. T. W. (Jahrg. 1897 No. 21 pag. 245) referirt worden ist,
theilt S. seinerseits 7 in dieses Gebiet schlagende Fälle mit. Am
25. Januar erkrankte ein Pferd an Kolik, welche nach einer
Eserininjection wich. Am 28. Januar hatte die Stute Morgens
nicht gefressen und stark gezittert; sie hatte bei 52 Pulsen
40° Temperatur. Am nächsten Tage war sie gesund. — Am
21. April verschmähte ein Escadronpferd, ohne vorher irgendwie
krank gewesen zu sein, jegliche Nahrungsaufnahme. Es zeigte
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30. Juni 1898.
am ganzen Körper starke clonisclie Krämpfe, das Haar war
aufgebürstet, die Obren waren eiskalt, das Benehmen apathisch
und die Körpertemperatur stand auf 39,8. Am Abend war das
Thier völlig gesund. Es wurde bis zum 29. April nur auf
dem Reitplatz bewegt und ging an diesem Tage mit zum Exer-
ciren. Mittags rührte es das Futter nicht mehr an. Es zeigte
Schüttelfrost, kalte Extremitäten, während der Rumpf brennend
heiss war, und eben solches Fieber bei 60 Pulsen. Das Fieber
stieg um 4 Uhr Nachmittags auf 40,7 und stand Abends um 6 Uhr
auf 40,2. Am Abend verzehrte das Pferd schon theilweise sein
Futter und war am nächsten Tage gesund. Ein Anfall ist nicht
wieder eingetreten. — Ein anderes Pferd hatte nach dem Ein¬
rücken noch ruhig Heu verzehrt und Mittags völlig das Futter
verweigert. Auch hier zeigten sich starke clonische Krämpfe,
Temperatur 39,6. Abends war das Pferd gesund — Ein anderes
Pferd war am 11. Juni Abends an Kolik erkrankt und musste
zwei Eserininjectionen erhalten. Am 12. Morgens frass das Pferd
regelmässig und zeigte sich munter. Es wurde auf dem Reitplatz
bewegt. Mittags versagte es das Futter, hatte heftige clonische
Krämpfe am ganzen Körper, war ganz apathisch, die Extremi¬
täten eiskalt, der Rumpf brennend heiss, das Haar anfgebürstet,
die Conjunctivalschleimhaut schmutzig gelblichroth. Die Tem¬
peratur stand auf 39,8 und stieg bis auf 41. Der Puls stieg
allmälig bis auf 100. Dem Pferde wurde ein Senfbrei gelegt,
der vier Stunden liegen blieb. Die Temperatur stand Abends
noch auf 40,4 bei 72 Pulsen. Am 13. Juni Morgens war das
Pferd viel munterer, hatte ziemlich guten Appetit, hustete häufig
und zeigte nur noch 38,7. Die Temperatur fiel im Laufe des
Tages auf 38,1. Der Puls beruhigte sich binnen 24 Stunden. —
Ein andres Escadronpferd war scharf eingerieben und gebrannt
worden wegen einer Sehnenentzündung. Zehn Tage später ver¬
sagte es ohne vorausgegangene Krankheit das Futter, hatte
Schüttelfrost und über 40°. Am nächsten Morgen betrug die
Temperatur nur noch 38,8 bei 56 Pulsen, und Mittags war das
Pferd gesund. — Bei einem andern Pf«-rde, das ebenfalls wegen
des gleichen Leidens in gleicher Weise behandelt war, trat
sechs Tage später ein ganz ähnlicher Anfall auf. Die Stute eines
ländlichen Besitzers erhielt wogen Kolik am 30. eine Aloepille,
wurde am 31. eingespannt und nach der Stadt gefahren. Hier
erkrankte sie wieder an Kolik, genass jedoch am ersten. Am
zweiten wurde das Pferd wieder gefahren, blieb auf halbem Wege
plötzlich stehen, zitterte stark, athmete beschleunigt und waj-
sehr hinfällig. Es wurde nach Hause geführt. Ara nächsten Tag
war das Pferd völlig gesund.
Von den aufgeführten Pferden hatten also drei vorher Kolik¬
anfälle gehabt. Hier dürfte die Einwirkung reizender Stoffe auf
die Digestionsschleimhaut die Krankheitserscheinungen hervor¬
gerufen haben. Zwei Pferde wurden nach dem Exerciren krank,
nachdem sie noch bei der Ankunft im Stalle gefressen hatten
Hier dürfte es sich um eine Erkältung, vielleicht durch Zug im
Stalle, handeln. In zwei Fällen endlich waren die Pferde vorher
eiogerieben worden, obwohl sich hier die Krankheitserscheinungen
erst 5 bezw. 10 Tage später einstellten. In allen mitgetheilten
Fällen war übrigens auch die Athmung beschleunigt. Häufig be¬
stand etwas Nasenausfluss bezw. leichter Hustenreiz.
Die Langenseache beim Binde.
Vortrag, gehalten von Nocard auf dem IX. internation. Congress
für Hygiene und Demographie zu Madrid.
(MQnch Med. Woch. 18/98.)
Schon seit fünfzig Jahren weiss man, dass man durch die
gelbliche subpleurale Lymphe aus den Lungen frisch geschlachteter
oder getödteter Thiere die Krankheit auf andere übertragen kann.
Man weiss, dass die Thiere, wenn die Impfung an der Schwanz-
307
spitze erfolgt, sich nach der Impfung bald erholen, sonst aber zu
Grunde gehen. Die Schwierigkeit, Thiere durch Schwanzimpfung
zu immunisiren, bestand nur darin, dass Impflymphe nur durch
fortwährende Uebertragung des Virus von Kalb zu Kalb erlangt
werden konnte. Alle Bemühungen, den Erreger der Krankeit
ausserhalb des Thierkörpers zu züchten, misslangen bis in die
jüngste Zeit. Metschnikoff gab nämlich neuerdings eine Methode
an, durch die es gelingt, die Erreger der Krankheit zu züchten.
Er brachte in die Bauchhöhle eines Kaninchens ein Säckchen aus
Collodium, nachdem es mit Bouillon gefüllt, mit einer Spur des
auf Mikroorganismen zu untersuchenden Serums geimpft und unter
antiseptischen Cautelen wieder verschlossen war. Der klare Inhalt
des Säckchens trübte sich nach 15 bis 20 Tagen ein wenig, es
diffandirte eine Spur Eiweiss hinein, doch gingen weder Mikro¬
organismen heraus, noch Phagocyten hinein. Mikroskopisch er¬
kannte man sogar bei 16—1800facher Vergrösserung nichts
Genaues; kleinste rundliche und längliche Organismen Hessen sich
färben, ohne dass über ihre Formen genaue Angaben möglich
sind. Die Kaninchen mit solchen Säckchen in der Bauchhöhle
magerten ab, litten also offenbar durch ein Toxin, das hinaus
diffundirte. Lange wollte es nicht gelingen, in Nährlösungen
ausserhalb des Thierkörpers die analoge Opalescenz durch Ent¬
wicklung des Orgauismus zu erzielen, — endlich fand sich in
einer 4 pCt. Serum enthaltenden Peptonlösung ein geeigneter
Nährboden, und jetzt gelingt die Cultur in vitro sehr gut. Die
Cultur in vitro ist von conslanter hoher Virulenz, während die
Culturen aus der Bauchhöhle nur eine abgeschwächte Virulenz
besitzen, sich aber zu Schutzimpfungen zu eignen scheinen. Es
ist durch diese Untersuchungen gezeigt, dass die negativen
Resultate, welche die bisherigen Untersuchungen bei so vielen
Infectionskraukheiten lieferten, z. Th. nur darin ihren Grund
haben dürften, dass die specifischen Organismen zu klein sind,
um sich deutlich erkennen zu lassen und an die Nährböden An¬
forderungen stellen, die wir noch nicht genügend kennen.
Therapeutische Notizen.
Erfolgreiche Anwendung des Nocard’schen Antitetanusserume.
In der dtsch. thierärztl. Wschr. No. 1, 1898 theilt Kreisthier¬
arzt Mulotte die Erkrankung eines Pferdes mit, welches sich
14 Tage vor der Untersuchung einen Nagel eingetreten hatte
und bei Hinzukommen des Sachverständigen am Morgen nach
dem Auftreten sichtbarer Kranklieitserscheinungen ausgesprochenen
Starrkrampf zeigte. Es wurden sofort 50 ccm Serum anti-
tetanique, aus dem Institut Pasteur bezogen, eingespritzt und
am 3., 4. und 5. Tage von neuem je 20 ccm iujicirt. Am 6. Tage
war eine Besserung bemerkbar. Die Genesung nahm noch etwa
18 Tage in Anspruch. In einem zweiten Falle wurden am 1. Tage
50 cdin und in den folgenden Tagen noch je 20 bezw. 10 ccm in-
jicirt. Auch hier trat Genesung ein.
i
Berichtigung betr. Tannoform.
Die Firma Merck-Darmstadt sandte folgende Mittheilung
ein: In Nummer i2 Ihrer geschätzten Zeitung sehe ich aut
Seite 254, dass Herrn Kreisthierarzt Wulf in Bitburg in seinem
Aufsatze über „Tannoform“ am Schlüsse desselben insofern ein
Irrthum unterlaufen ist, als er angiebt, dass mein Tannoform in
„Blasen“ zu ICO g 70 Pt. koste. Es ist auf diese Preisangabe
bei Bestellungen schon wiederholt Bezug genommen worden.
Leider ist es mir aber nicht möglich, das Präparat zu diesem
geringen Preise zu liefern. Das Tannoform kommt übrigens
nicht, wie Herr Wulf in seinem Artikel angiebt, in „Blasen“ zu
100 g, sondern in Originalbeuteln zu 25 g in den Handel. Der
Preis für einen solchen Beutel beträgt aUerdings 70 Pf.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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308
Tagesgeschichte.
TI. Plenar-Versanimlung der Centralvertretnng der
thierärztlichen Vereine PrenssenH
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Präsident: Ich danke den Herrn Referenten für ihre fleissigen
und wohldurchdachten Referate, durch welche diese wichtige
Frage von allen Seiten beleuchtet und zurBeratlmng aufs Beste
vorbereitet worden ist.
Ich muss jedoch gegenüber dem Herrn Kreisthierarzt Kieck-
liäfer, der gelegentlich seines Referates das gesonderte Vorgehen
der Kreisthierärzte von Brandenburg zu begründen versucht hat,
den Standpunkt unserer gemeinsamen Organisation wahrnehmen.
Von diesem Standpunkt aus kann ich jenen Schritt einer
einzelnen Gruppe, deren Mitglieder doch wohl alle einem Verein
und mit diesem der Centralvertretung angehören, nicht für richtig
und dem Ganzen dienlich halten. Dass dann noch ein grosser
Verein, derjenige der Provinz Schleswig, sich angeschlossen hat,
ändert natürlich an dieser meiner Ansicht nichts. M. H., ich bin
ja überzeugt, dass die Herren in bester Absicht, auch gegenüber
der Gesammtheit, gehandelt haben und dass sie glaubten, durch
besondere Umstände zur Eile veranlasst zu sein. Aber wie auch
immer die augenblicklichen Verhältnisse liegen mögen, niemals
dürfen sie Veranlassung zu Zersplitterungen geben oder auch
nur die Gefahr einer solchen herbeiführen. Die preussischen
thierärztlichen Vereine haben sich freiwillig zu einer einheitlichen
Organisation zusammengeschlossen; sie ha v >en die Central¬
vertretung zur Vertretung ihrer Standesinteressen gewählt; die
Centralvertretung ist keine selbstständige neben den Vereinen
stehende Körperschaft, sondern sämmtliche Vereine bilden sie,
indem sie ihre besten Kräfte in die Centralvertretung delegiren.
Angelegenheiten, die gemeinsame Interessen berühren, müssen da¬
her durch die Centralvertretung gehen, und es kann nicht als
zulässig gelten, wenn ein einzelner Verein oder eine Gruppe von
Vereinsmitgliedern für sich handelt, ohne vorher eine gemein¬
same Verständigung anzubahnen. M. H., wir sind insgesammt
nur eine kleine Zahl. Wenn wir Eindruck erzielen wollen und
wenn wir etwas erreichen wollen, dann muss der eine Grundsatz
über alle gehen: Wir müssen geschlossen handeln. (Allseitige Zu¬
stimmung.)
Schmaltz (zur Geschäftsordnung). Wir sind keine öffentliche,
sondern eine geschlossene Versammlung. Wir haben jetzt eine
der wichtigsten Fragen zu berathen. Ueber einige Punkte sind
auch unter uns die Meinungen getheilt. Wir müssen uns hier
unter uns mit voller Deutlichkeit aussprechen können. Es kann
dabei nicht jedes Wort ängstlich gewogen werden, und es werden
auch Dinge zur Sprache kommen, die rein häusliche Angelegen¬
heiten sind. Ich beantrage einen Beschluss, dass über diese
Discussion nichts in die Oeffentlichkeit, namentlich nicht in die
Presse gebracht werden darf. Sämmtliche Delegirte sind an
einen Majoritätsbeschluss in diesem Sinne gebunden. Ich sehe
auch einige Collegen als Gäste. Diese erkennen dadurch, dass
sie im Saale bleiben, die ihnen durch einen solchen Beschluss
auf erlegte Verpflichtung ebenfalls an.
Die Versammlung beschliesst einstimmig, dass die
Discussion über den in Rede stehenden Gegenstand der
Tagesordnung als geheim zu behandeln ist Alle Ab¬
stimmungen sollen namentlich sein.
Nach Schluss der ebenso eingehend als sachlich geführten
Discussion lässt der Präsident zunächst die Versammlung zu
zwei einander gegenüberstehenden Principien durch Abstimmung
Stellung nehmen.
Die sich aus dem Referat des (als Referent, aber nicht als
No. 26.
stimmberechtigter Delegirter anwesenden) Kreisthierarztes Berm¬
bach ergebende Frage:
Sollen die Kreisthierärzte, unter Umwandlung
ihrer Stellen in vollbesoldete Beamtenstellen, die
Befugniss zur Privatpraxis verlieren?
wird mit allen Stimmen verneint
Hierauf wird der Grundsatz einstimmig angenommen:
Bei der anzustrebenden Verbesserung der kreis¬
thierärztlichen Stellung ist, unter Erhöhung ge¬
wisser Dienstbezüge, das Hauptgewicht auf die Ge¬
währung von Pensionsberechtigung und Relicten-
versorgung zu legen.
Die Versammlung beschliesst mit 34 von 54 Stimmen
den Herrn Minister zu bitten, den Kreisthierärzten An¬
spruch auf eine angemessene Pension und Hinterbliebenen-
Versorgung zu gewähren (Antrag Schmaltz - Scharmer).
Andere Anträge, welche bezweckten, die Höhe eines fingirten Ge¬
halts*) zu bezeichnen, nach dem die Pension bemessen werden sollte,
oder überhaupt bestimmte Vorschläge zur Pensionsberechnung
zu machen, waren damit, dass die Versammlung dem allgemeinen
Ausdruck „angemessen“ zustimmte, gegenstandslos geworden.
Dagegen nahm die Versammlung bezügl. der Erhöhung des
derzeitigen Grundgehaltes, die im Princip einmüthig für noth-
wendig erklärt wurde, nicht denselben Standpunkt ein. Ein An¬
trag, auch hierbei nur um eine Erhöhung ohne Angabe einer Summe
zu bitten, wurde gegen 8 Stimmen abgelehnt.
Es gelangte schliesslich, unter Ablehnung aller übrigen
auf die Gehaltsböhe bezüglichen Vorschläge, der Antrag Felisch
mit 34 Stimmen zur Annahme,
Den Herrn Minister um eine Erhöhung des Grundge¬
haltes auf 1200 steigend bis 1800 Mark zu bitten.
Widerspruchslos wurde auch der Antrag Lothes genehmigt, als
Zusatz zu dem letztgenannten Beschluss hinzuzüfügen:
Ausserdem ist die Gewährung einer Büreaukosten-Ent-
schädigung erforderlich.
Die Versammlung schliesst sich ferner mit sehr grosser
Majorität der Ansicht an, dass die Rangverhältnisse zugleich
geregelt werden müssen, und fasst mit der gleichen Majorität,
gemäss dem Antrag Steinbach, den Beschluss:
Den Herrn Minister zu bitten, festzustellen, dass die Kreisthier¬
ärzte der VI. Beamtenklasse angehören, ihnen innerhalb dieser
Klasse den Vorrang einzuräumen und für eine Anzahl
älterer Kreisthierärzte die Verleihung des RaDges der
Räthe V. Klasse als persönliche Auszeichnung vorzusehen.
Ueber die Nothwendigkeit der Erhöhung der Tagegelder
herrscht keine Meinungsverschiedenheit. Ein Antrag, in der Ein¬
gabe an den Herrn Minister nur von „dem Range angemessenen“
Tagegeldern zu sprechen, wird abgelehnt. Dagegen wird der
Antrag (Felisch) angenommen:
Den Herrn Minister um eine Erhöhung der Tagegelder auf
9 Mk. im Sinne des Gesetzes vom 9. 3. 72 zu bitten.
Scharmer-Schmaltz beantragen selbstständig neben der Bitte
um Erhöhung der Tagegelder den Grundsatz aufzustellen:
Die Gebühren für gerichtliche Angelegenheiten bedürfen
besonders der Abänderung und sollen jedenfalls auf die
Höhe der Gebühren für veterinärpolizeiliche Geschäfte
gebracht werden.
*) Bemerkt werden darf liier aus der Discussion die sachliche
und den allermeisten neue Mittheilung eines Delegirten, dass es be¬
reits eine Beamtenclasse giebt, deren Pension unter Zugrundelegung
eines fingirten Einkommens berechnet wird. Das sind die im
Wesentlichen auch für die einzelnen Dienstgeschäfte bezahlten Ge¬
richtsvollzieher. Die Berechnung der Pension der Kreis¬
thierärzte nach einem fingirten Gehalt wäre also nichts neues und
daher auch nicht so schwierig.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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30. Juni 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
309
Der Antrag wird mit grosser Majorität angenommen.
Der von Steinbach gestellte Antrag:
Den Herrn Minister zu bitten, zu veranlassen, dass den
Departementsthierärzten bei einem entsprechenden Dienst¬
alter der Character als Veterinärrath und der persönliche
Rang der Räthe IV. Classe verliehen werde,
wird mit grosser Majorität angenommen. Damit ist Punkt V der
Tagesordnung erledigt
Stiftung einer Büste des Professors Dr. Hertwig anlässlich seines
hundertjährigen Geburtstages.
(Punkt X der Tagesordnung.)
Referent Kreisthierarzt Liebener:
Ein einflussreicherer und beredterer Mann wollte die An¬
gelegenheit vor Ihnen vertreten. Als vor Kurzem die Fachzeit¬
schriften die Mittheilung brachten, dass am 10. Januar der
100jährige Geburtstag des am 19. Juli 1881 verstorbenen Medi-
cinalratbs Professors Dr. med. Hertwig war, verhandelte der
damalige Vorsitzende des thierärztlichen Central-Vereins für die
Provinz Sachsen, Anhalt und Thüringen, Professor Dr. Pütz
gelegentlich eines Zusammentreffens mit mir, wies darauf hin,
welch hervorragender thierärztlicher Lehrer Hertwig gewesen
sei, nud veranlasste mich bei dem Verein eine Ehrung Hertwig’s
anlässlich seines 100jährigen Geburtstages zu beantragen. Er
wollte den Antrag befürworten und näher begründen. Bald darauf
starb Pütz. Der Antrag ist in der Frühjahrs-Versammlung des
Vereins eingebracht und es ist in derselben einstimmig beschlossen
worden: „Das Andenken Hertwig’s möglichst durch Aufstellung
seiner Büste in der Aula der thierärztlichen Hochschule in Berlin
zu ehren und bei der Central-Vertretung der thierärztlichen Ver¬
eine Preussens die weiter erforderlichen Schritte zu thun.“
Da ich weiss, dass ich einem der letzten Wünsche des Pro¬
fessors Pütz, des um die Hebung unseres Standes so hoch ver¬
dienten Mannes willfahre, habe ich in dieser hochansehnlichen
Versammlung gern das Referat übernommen.
Karl Heinrich Hertwig wurde am 10. Januar 1798 zu
Ohlau, wo seine Eltern eine Brauerei besassen, geboren. Bis
zu seinem 13. Jahre besuchte er die Schule in seiner Vaterstadt;
sein Wunsch nach Absolvirung der Stadtschule ein Gymnasium
zu besuchen, konnte nicht erfüllt werden, da Ohlau ein solches
nicht besass und seine Eltern infolge ihrer Verluste bei der
französischen Occnpation im Jahre 1806 ausser Stande waren,
ihm die Mittel zum Unterhalt in einer anderen Stadt zu gewähren.
Glücklicherweise fanden sich zwei wohlwollende Männer, ein
Mediciner und ein Philologe, die sich des jungen Hertwig an-
nahmen und ihn durch Privatunterricht so weit brachten, dass
er 1815 in die Prima des Gymnasiums in Brieg aufgenommen
werden konnte. Nach Erlangung des Maturitäts-Zeugnisses
studirte Hertwig unter grossen Entbehrungen 2 1 /, Jahre am
chirurgischen Institut in Breslau, erlangte die Approbation als
Chirurgns und ging dann mit Staatsstipendien nach Wien, studirte
unter Veith, Waldinger u. A. drei Semester Thierheilkunde
und setzte dabei auch seine medicinischen Studien fort. Im
Herbst 1820 siedelte Hertwig nach München über, studirte bei
der dortigen Thierarzneischule zwei Semester, besuchte dann
auch noch die übrigen deutschen thierärztlichen Lehranstalten
und kam im Herbst 1821 behufs Vollendung seiner thierärztlichen
Studien nach Berlin.
Ein Jahr später bestand er hier die Prüfung als Thierarzt
Michaelis 1823 wurde Hertwig Repetitor an der damaligen
Thierarzneischule und lehrte an derselben mit kurzen Unter¬
brechungen, die er zu wissenschaftlichen Reisen nach Frankreich,
England und Russland benutzte, 53j£ Jahre, ein Zeitraum, wie
nur sehr Wenige an so schwieriger Stelle zu wirken im Stande
sind. Und wie erfolgreich war seine Thätigkeit! Er hatte, wie
selten einer, hervorragend die Gabe, aus seinem reichen Wissen
und seinen Erfahrungen zu geben und mitzutheilen und tüchtige
praktische Thierärzte zu bilden. In Berlin vollendete Hertwig
dann auch sein medicinisches Studium und legte 1827 die Staats¬
prüfung als Arzt und Wundarzt ab, nachdem er bereits im
Februar 1826 zum Doctor medicinae promovirt war. 30 Jahre
leitete Hertwig fast ununterbrochen die Klinik für grössere
Hausthiere, die sich unter ihm so hob, dass bereits Mitte der
dreissiger Jahre 80—90 Patienten in den Ställen standen. Kein
Assistent half ihm, jeden Tag war er 5 Stunden in der Klinik
beschäftigt und wurde bei Eingang eines schwerkranken Thieres
auch noch Nachts gerufen. Ausserdem hatte er wöchentlich
9 Stunden Vorlesungen. Wiederholt wurde Hertwig auch
die Leitung des Spitals für kleine Hausthiere übertragen, 1859
übernahm er die ambulatorische Klinik, die er mehr als ein
Jahrzehnt behielt, auch besorgte er während dieser Zeit die kreis¬
thierärztlichen Geschäfte in den Kreisen Niederbarnim, Osthavel¬
land und Teltow.
Hertwig wurde 1829 zum Oberlehrer, 1833 zum Professor
und 1837 zum Veterinärassessor ernannt und als er 1870 aus
dieser Stellung schied, erhielt er den Charakter als Medicinal-
rath und wurde commissarisch Departementstbierarzt für Potsdam,
welche Stellung er bis 1875 bekleidete. 1855 wurde er auch als
Lehrer der Pferdekenntniss an der allgemeinen Kriegsschule an-
geBtellt.
Hertwig hat fast unausgesetzt specielle Chirurgie, Operations¬
lehre und Arzneimittellehre, sehr wichtige Fächer, gelesen und
auch als thierärztlicher Schriftsteller und Forscher hervorragendes
geleistet.
Schon 1829 gab er sein classisches Werk: „Beiträge zur
näheren Kenntniss der Tollwnth der Hunde“ heraus, eine Arbeit,
die allein schon genügt hätte, ihm einen Platz unter den Be¬
gründern unserer Wissenschaft zu sichern. Sein „Handbuch der
Arzneimittellehre“ ist ferner von grosser Bedeutung und beweist
den enormen Fleiss bei Ausführung zahlloser Versuche; noch
heute ist dasselbe eine Zierde jeder thierärztlichen Bibliothek.
Ferner schrieb Hertwig das „Praktische. Handbuch der
Chirurgie für Thierärzte“, „Die Krankheiten der Hunde und
deren Heilung und die „Operationslehre“, die er gemeinschaftlich
mit G n r 11 verfasste. Er gab das Taschenbuch der gesammten
Pferdekunde heraus und hat in verschiedenen Zeitschriften, ins¬
besondere im Magazin für die gesammte Thierheilkunde“, welches
er gemeinschaftlich mit G u r 11 1835 gründete und bis 1884 her¬
ausgab, viele werthvolle Arbeiten veröffentlicht.
Hertwig war eben ein hervorragender Thierarzt, ein bevor¬
zugter thierärztlicher Lehrer und ein erfolgreicher Schriftsteller
und Forscher und ich beantrage daher:
„Die Centralvertretung der tierärztlichen Vereine Preussens
wolle beschlossen, ihn anlässlich seines hundertjährigen Geburts¬
tages möglichst durch Aufstellung seiner Büste in der Aula der
thierä'ztlichen Hochschule in Berlin zu ehren und die dazu er¬
forderlichen Massnahmen in die Wege leiten.“
Die Aufbringung der erforderlichen Mittel dürfte bei der oft
bewiesenen Opferfreudigkeit der thierärztlichen Vereine und der
Thierärzte nicht schwierig sein und ein Appell an dieselben nicht
im Stich lassen.
Scbmaltz: Der Gedanke, einem verstorbenen verdienten Lehrer
der Veterinärwissenschaft eine pietätvolle Ehrung zu erweisen,
kann mir nur von Herzen lieb sein. Trotzdem kann ich dem Herrn
Referenten nur unter einer ganz bestimmten Bedingung zu¬
stimmen.
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310
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
Meine Herrn! Ihren wissenschaftlichen Weltruf verdankt
die alte Berliner Thierarzneischule einem leuchtenden Dreigestirn:
Gurlt, Hertwig, Spinola. In diesem gebührt aber der erste
Platz nicht Hertwig, sondern unbedingt Gurlt. Gurlt war
nicht Thierarzt, sondern Arzt, aber einer der wenigen Aerzte,
denen das Veterinärwesen etwas, ihm sehr viel sogar verdankt.
Dieser Dank darf nicht vergessen werden, und es würde mir als
Vertreter des Gurlt’sclien Lehrfaches, als Nachfolger Gurlts
schlecht anstehen, wenn ich nicht für diese Dankespflicht ein-
treten wollte.
Schon als zuerst der Gedanke auftauchte, Gerl ach ein
Denkmal zu setzen, habe ich im Honnoverschen Verein da¬
gegen gesprochen, dass Gurlt übergangen werden sollte. Erst
dann habe ich dem Gerlach-Denkmal freudig zugestimmt, als
ich eingesehen hatte, dass das Denkmal garnicht den Director
Gerlach, auch nicht den Verfasser der gerichtlichen Thierheil¬
kunde verherrlichen sollte, sondern dass es fast zu einer Allegorie der
Entwicklungskraft, Widerstandsfähigkeit und Kampfesfreude
des thierärztlichen Standes wurde, jedenfalls nur Gerlach dem
Rufer im Streite galt. Da natürlich konnte keiner neben ihm
in Frage kommen, Gurlt ebensowenig wie Hertwig.
Aber als Lehrer und Förderer der Wissenschaft steht Gurlt
an erster Stelle. Bedenken Sie, was er gethan. Er hat die
Veterinäranatomie erst wirklich begründet, er hat sie gleichmässig
auf alle Hausthiere erstreckt. Er hat sie vor Allem angeschlossen an
die Menschen-Anatomie. Er hat damit die wissenschaftliche Ver¬
bindung der Thiermedicin mit der Menschenmedkin herangebildet
und der Thierarzneikunde wissenschaftliche Bahnen gewiesen.
Seine Thätigkeit geht ja noch viel weiter, sie umfasst namentlich
auch die Physiologie. Lassen Sie es mich kurz sagen: Gurlt ist der
Schöpfer der wissenschaftlichen Grundlage, auf welcher sich die
practische Veterinärmedicin wissenschaftlich entwickeln konnte.
In diesem Verdienst kommt ihm auch’ Hertwig nicht gleich’."
Wollen Sie also Ihre Pietät erweisen, so ehren Sie beide ver¬
dienten Männer. Dann stimme ich freudig zu
Liebener: Ich nehme die Ausführungen des Vorredners als
eine wünschenswerte Ergänzung meiner Bestrebung auf und
erweitere meinenAntrag dahin, dass Gurlt, Hertwig und Spinola
Büsten, zur Aufstellung in der Aula der Tierärztlichen Hoch¬
schule in Berlin, gewidmet werden mögen.
Nach kurzer unerheblicher Discussion beschliesst die Central¬
vertretung, die Stiftung der Büsten von Gurlt, Hertwig und
Spinola nach Kräften zu fördern, und beauftragt ihren Aus¬
schuss, als Comite für diese Stiftung zu fungiren, alle Vor¬
arbeiten selbstständig zu erledigen und demnach die Sammlungen
einzuleiten. (Fortsetzung des Berichts folut.)
Reichsfleischschau - Gesetz.
Eine Conferenz zur Vorberathung der reichsgesetzlichen
Regelung der Fleischbeschau wird schon in allernächster Zeit im
Kaiserlichen Gesundheitsamt zusammentreten.
Thierärztliche Hochschule zu Dresden.
Die PersoDalveränderungen, von denen schon längere Zeit
gesprochen wurde, sind in der Hauptsache perfect geworden.
Geheimrath Siedamgrotzky, dessen Geschäfte als Landes¬
thierarzt durch die jüngst angenommenen Gesetze betr. Fleisch¬
schau und Viehversicherung (B. T. W. No. 1 Beil. 1) ihn ganz in An¬
spruch nehmen und der schon vor einigen Jahren den Vorsitz
in der Direction niedergelegt hatte, scheidet aus seinem Hanpt-
lehramt als Leiter der Klinik aus, behält jedoch gewiss« Vor¬
lesungen bei. Als klinischer Lehrer ist der Bezirksthierarzt
Dr. Röder berufen worden. Anatomie und Physiologie, die noch
immer unter Leitung des zugleich die Directionsgeschäfte führen¬
den Obermedicinalraths Ellenberger vereinigt sind, dürften in
Bälde definitiv in zwei Ordinariate geschieden werden. Professor
Baum hat neben der Anatomie noch Zoologie und Geschichte der
Thierheilknnde zu lesen. Die dem physiologischen Ordinariat
unterstellte Stelle eines Chemikers, welche früher Hoffmeister,
nach diesem Dr. Seeliger innehatte, wird durch einen Thierarzt
neu besetzt
Uebrigen8 werden an der Hochschule auch umfangreiche Er-
weiterungs- und Neubauten vorgenommen.
Besoldung der beamteten Thierärzte in Hessen.
Wie früher in der B. T. W. mitgetheilt worden ist, hatte
die Grossherzoglich Hessische Regierung eine Vorlage betr. Er¬
höhung der Bezüge der Kreisveterinärärzte auf 1600 — 3600 M.
eingebracht. Die zweite Kammer hat nicht nur dem Entwurf zu¬
gestimmt, sondern dabei das Anfangsgehalt noch auf 2400 M. er¬
höht. Nunmehr hat auch die erste Kammer dem Entwurf zu¬
gestimmt, so dass derselbe nunmehr Gesetz geworden ist, und
zwar mit Geltung vom 1. April 1897. Bravo!
Jubiläum.
Dr. med. vet. Anacker, ehemals Professor an der Thier-
arzneisclmle in Bern, auch preussisclier Departementsthierarzt,
seit 1892 ausser Dienst, hat am 22. Mai sein 50jähriges Jubiläum
als Thierarzt feiern können. Der Jubilar, der jetzt zu Binger¬
brück lebt, hat sich namentlich um die periodische thierärztliche
Literatur ein Verdienst erworben, indem er als der erste 1864
eine thierärztliche Zeitschrift herausgab, welche das Princip ver¬
folgte, durch kurze, die gesammte medicinische Wissenschaft
berücksichtigende Referate den Leser allgemein zu orientiren.
Diese Zeitschrift erscheint bekanntlich heute noch unter dem
Titel „Der Thierarzt“.
-...t.-...
Am 22. er. verschied unser allverehrter College
Herr Prof. Wilhelm Eber.
Ein frühzeitiger Tod im besten Mannesalter hat seinem
Schaffen nnd Streben ein baldiges Ziel gesetzt. Wie der Ent-
1 schlafene in wissenschaftlicher Beziehung gewirkt, und was er
geleistet hat, ist an anderer Stelle gewürdigt worden. Wir wollen
hier aber in dankbarer Erinnerung Zengniss ablegen von seiner
Treue und Hingabe für unseren Verein. Zweimal im Laufe der
Jahre ist der Dahingeschiedene in amtlicher Stellung hier tbätig
gewesen und beide Male ist er als Mitglied unserem Verein bei¬
getreten. Durch Vorträge und rege Betheiligung an den Ver¬
handlungen hat er belehrend und belebend auf uns eingewirkt,
namentlich gab er Anregung zur Anwendung und Erprobung neuer
Arzneimittel in der Praxis.
Wir betrauern sein Hinscheiden um so mehr, als wir in ihm
einen hochgeschätzten und liebenswürdigen Collegen verlieren,
der sich durch sein schlichtes, biederes Wesen die Achtung, Ver¬
ehrung und Liebe der Vereinsmitglieder in hohem Masse er¬
worben hat.
Das Andenken an den Verstorbenen wird bei uns in Ehren
bewahrt werden.
Berlin, den 27. Juni 1898.
Der Verein practischer Thierärzte zu Berlin.
Rietzei.
Zenker f
Nach Zeitung8meldnog ist im Alter von 73 Jahren Albert
von Zenker gestorben, der die Trichinenkrankheit entdeckte
und damit vielleicht die ganze heutige Fleischschau in erster
Linie veranlasst hat. Bekanntlich war die Trichine selbst längst
gefunden. Man wusste nur nicht, dass sie beim Menschen pathogen
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30. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
311
war. Die häufig vorkommenden Fälle von Trichinose und Massen¬
erkrankungen daran wurden für Typbus oder für Vergiftungen
gehalten; die letztere Annahme führte sogar mehrfach dazu, dass
Unschuldige des Giftmordes bezichtigt wurden. Da fand Zenker
1860 in den Muskeln einer angeblich an Typhus verstorbenen
Person die Trichinen und erkannte sie als die Krankheitsursache.
Dies war natürlich die wichtigste Thatsache. An der Erforschung
des Lebensganges der Trichine haben sich auf Grund der Zenker-
schen Entdeckung dann andere Gelehrte betheiligt, darunter auch
V i r c h o w und G e r 1 a c h.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(M i 11 h e i 1 u n g e n für
Seuchenstatistik und Yeterln&r polizei.
Thierseuchen Im Ausland.
I. Quartal 1898.
Bulgarien.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug: Milzbrand 12;
Rauschbrand 1; Tollwuth 24; Rotz 8; Maul- und Klauenseuche 6;
Schaffrocken 58; Räude der Schafe 46; Räude der Rinder und
Ziegen je 1; Schweineseuche 2.
Italien.
Milzbrand wurde festgestellt bei 293 Thieren, Rauschbrand
bei 80 Thieren. An Tollwuth erkrankten 53 Hunde und 6 andere
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 59 Fällen zur Anzeige, Maul¬
und Klauenseuche in 15709 und ausserdem in mehreren zahlen-
mässig nicht näher angegebenen Fällen in 108 Gemeinden,
Schweineseuchen in 603 Fällen, ansteckender Milchmaugel bei
Schafen in 1020, Büffeldruse in 3 Fällen.
Belgien.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: beim Milzbrand 111,
beim Rauschbrand 61, bei der Tollwuth 56 Hunde und 1 Schaf,
beim Rotz 59; ferner werden 83 Fälle von bösartiger Klauen¬
seuche der Schafe und 206 Fälle von Schafräude berichtet. Die
Maul- und Klauenseuche ist in 195 Gemeinden, die Lungenseuche
gar nicht aufgetreten.
Veterinärpollzelllche Verordnungen im In- und Auslande.
Sachsen.
Da die Tollwuth unter den Hunden im Königreich Sachsen
nicht nur nicht nacblässt, sondern in einzelnen Gegenden sogar zu¬
nimmt, wird unterm 13. Mai d. J. in den Amtshauptmannschafieu
Zittau, Pirna und Dresden angeordnet, dass Hunde nur dann frei
umherlaufen dürfen, wenn sie mit einem sichern Maulkorb ver¬
sehen sind.
Württemberg.
Hinsichtlich der andauernden Verbreitung der Maul- undKlauen-
seuche wird unterm 28. Mai d. J. das Feilbieten von Rindvieh und
Schweinen im Umherziehen bis zum 30. September d. J. verboten.
Niederlande.
Vom 6. Mai d. J. ab sind die am 19. Juli, 9. August und
2. November 1897 erlassenen Verordnungen zur Bekämpfung der
Maul- und Klauenseuche aufgehoben.
Schweden.
Die unterm 7. Mai d. J. (S. 276) verbotene Ausfuhr von Rindern,
Schweinen und andern Einhufern aus den Provinzen Malmöhus
und Christianstadt ist vom 23. Mai d. J. ab wieder gestattet.
Schweiz.
Unterm 20. Mai d. J. ist die Einfuhr von Klauenvieh aus
Spanien bis auf Weiteres verboten.
Anzeigepflioht für Geflügeloholera.
Laut Verfügung des Herrn Reichskanzlers vom 16. Juni er.
ist für das Königreich Sachsen die Anzeigepflicht für die Ge¬
flügelcholera eingeführt worden.
Schwelnefl 6 l 80 h-Einfahr aus Russland.
Die Regierungspräsidenten der russischen Grenzbezirke de-
Veterinärbeamte.)
clariren mit Genehmigung des Ministers für Landwirtschaft,
Domainen und Forsten die den Grenzbewohnern erteilte Er¬
laubnis zur Einführung von ungekochtem Schweinefleisch bis
zum Gewicht von 2 kg dahin, dass sich diese ErlaubnisB nur auf
Schweinefleisch im engeren Sinne, nicht aber auf Blasen, Därme
und andere gewöhnlich nicht zum menschlichen Genuss dienende
Bestandteile geschlachteter Schweine erstreckt (Reg. Präs.
Gumbinnen vom 20. Juni 1898, etc.)
Bezirke, welobe als an Maul- und Klauenseuche verseuoht gelten.
Als Seuchenbezirke, aus denen Vieh nur unter den bekannten
Controlmassregeln eingeführt werden darf, bezeichnet eine Ver¬
fügung des Reg. Präs, von Bromberg folgende:
1. Aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬
schaften Bautzen, Dresden, Leipzig, 4. aus den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarz waldkreis, Jagstkreis, Donaukreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Konstanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogtum
Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum Oldenburg, 9. aus
dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzogtum Sachsen-
Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Altenburg, 12. aus
dein Herzogtum Sachsen-Coburg-Gota, 13. aus dem Herzogtum
Anhalt, 14. aus dem Fürstentum Schwarzburg-Sondershausen,
15. aus dem Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt, 16. aus dem
Fürstentum Waldeck, 17. aus dem Fürstentum Reuss ältere
Linie, 18. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen.
Fleischschan und Vieh verkehr.
Ministerialerlass betr finniges Rindfleisch.
Den Regierungspräsidenten ist über die Unterscheidung von
schwachfinnigem und starkfinnigem Rindfleisch folgender Ministerial¬
erlass zugegangen:
Die mit Runderlass vom 18. November v. J. — M. d. g. A.
M. 7841 II, M. f. Landw. I G. 8775, M. d. Inn. H 15859 — be¬
kannt gegebenen Grundsätze für das gesundheitspolizeiliche Ver¬
fahren bei finnigen Rindern und Kälbern haben ihrer Bestimmung
über die schwach- und starkfinnigen Thiere durch eine Abhand¬
lung des Professors Dr. Ostertag in der „Zeitschrift fürFleisch-
und Milchhygiene“, Januar 1898, Heft 4, Seite 64, eine Auslegung
dahin erfahren, dass für die Zählung der Finnen nur diejenigen
in Betracht kommen, welche die beim Schlachten zu Tage tretende
Musculatur, insbesondere die äusseren und inneren Kaumuskeln,
die Zunge und das Herz entalteo und nicht etwa auch diejenigen,
welche bei der Zerlegung der Cadaver in 2 Vi kg schwere Stücke
nachträglich gefunden werden.
Dieser Darlegung gegenüber heben wir hervor, dass eine
derartige Begriffsbestimmung von schwach- und starkfinnigen
Thieren nicht zutreffend und insbesondere auch mit den gutacht¬
lichen Aeusserungen der Königlichen Wissenschaftlichen Deputation
für das Medicinalwesen unvereinbar ist. Nach den mitgetheilten
Grundsätzen sollen vielmehr bei der Berechnung der Zahl der in
den geschlachteten Thieren Vorgefundenen Finnen alle lebens-
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312
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 26.
fähigen Finnen in Betracht gezogen werden, welche vor der
Abkochung, vor der Pökelung oder vor dem Aufhängen des
Fleisches in den Kühlräumen überhaupt in einem Schlachtthier
ermittelt worden sind, gleichviel an welchen Stellen und zn
welcher Zeit, ob während des Schlachtens oder bei der weiteren
Zerlegung des Fleisches. Erreicht die Gesammtzahl aller auf¬
gefundenen Finnen die Zahl von mehr als zehn, so ist das
Schlachtthier als ein starkfinniges zu bezeichnen und zn be¬
handeln.
Hiernach sind die zuständigen Behörden und betheiligten Kreise
unverzüglich mit der erforderlichen Mittheilung zu versehen.
Berlin, den 16. Juni 1898.
Der Minister Der Minister
der geistlichen, Unterrichts- und für Landwirtschaft, Domänen
Medicinal-Angelegenheiten. und Forsten.
Im Aufträge: Förster. In Vertretung: Sterneberg.
Der Minister des Innern.
Im Aufträge: von Bitter.
Personalien.
Auszeichnungen : Dem Thierarzt A1 b r ec h t- Crefeld wurde der
Kronen-Orden IV. Classe verliehen.
Ernennungen eto.: Der Thierarzt Deubel aus Hechingen zura
preussischen Bezirksthierarzt für die Oberamtsbezirke Hechingen und
Haigerloch ernannt, desgl. zu bayerischen Bezirksthierärzten Thierarzt
S p a e t h - Waldshut in Achern, Districtsthierarzt Pröls -Windsbach
in Neustadt und Thierarzt S c h a i bl e - Zell a. H. in Eppingen.
Thierarzt 0. Schneider - Taubenheira zum Schlachthof¬
vorsteher in Sagan, Thierarzt Kopp-München zum Schlachthaus¬
inspector in Metz, Thierarzt Lohgee -Pieschen zum Schlachthof-
Assistenzthierarzt in Hirschberg (Schles.) gewählt.
Versetzt sind: Bezirksthierarzt Fehsenmeier - Konstanz
nach Rudolfzeli, Bezirksthierarzt P f i s t n e r - Oberkirch nach Schopf¬
heim, Bezirksthierarzt Dotter - Waldkirch nach Konstanz, Bezirks-
tbicrarzt Sauter - Schopfheim nach Wiesloch, Bezirksthierarzt
Bechtold Eppingen nach Oberkirch.
Der Kreisthierarzt des Kreises Falkenberg in Oberschlesien,
G1 o k k e, ist aus dem Staatsdienst geschieden, desgl. der bayerische
Bezirksthierarzt May in Bamberg.
Examina: Approbirt wurden in Berlin: Die Herren August
Graening, Wilhelm Glasomersky, Georg Lux, Georg Schwebs.
In München: die Herren Hans Gutbrod, Wilhelm Haberl,
Max Madel und Fritz Wunder.
Das Examen alsbeamteteThierärzte bestanden
in Berlin: Thierarzt R e i c h s t e i n - Königsberg (Brdbg.), Thier¬
arzt G rube-Crefeld, Schlachthofinspector S t ö c ke r - Lüben,
Oberrossarzt L ü b k e - Tilsit, Thierarzt J u s t - Schkölen, Thierarzt
K1 a e g e r - Loitz, Thicrarzt L o e w e 1 - Langensalza. '■
In der Armee (XIII A.-C.): Befördert Rossarzt Breitschuh im
29. Art.-Rgt zum Oberrossarzt; Unterrossirzt Völker , unter Ver¬
setzung vom 20. Ulan.-Rgt. z. 29. Art.-Rgt, zum Rosfarzt Gloz,
Unterrossarzt der Landwehr, zum Rossarzt.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier-
aizt Wisnefsk y-Stettin nach Wismar (Mecklbg), Thierarzt Krexa-
Reinfeld nach Lübeck. — Thierarzt N i e m e r - Paderborn hat sich
in Ahlen (Westf.), Thierarzt Meyer in Erxleben niedergelassen
Todesfälle: Schlachthof-Assistenzthierarzt W i n te r-Hirschberg
(Scbles.) _
Yacanzen.
Kreis'hiera'Ttstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsidcnt. —
R.-B. Düsseldorf: Cleve Bew. bis 1. Juli an Reg.-Präsidcnt. —
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).-- R.-B. Gum¬
binnen: Insterburg (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Oppeln:
Falkenbcrg O./S. zum 1. Juli (Grossviehbestand im Kreise 27000 Stück).
— Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle (500 M. und
300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitfitsthierarzt8telien a)Neuausgescl<ricbeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (PrivatpraxiB gestattet). Bew. an Magist
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung,
Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Scblachthofhilfsthierarzt.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
— Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). —
Guxhagen (Regierungs - Bezirk Cassel.) — Pitseben. —
Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Argenau:
Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt zum 1. Juli. Bew. an Magistrat.
— D a s s o w (Mecklbg.-Scbw.): Thierarzt. — E d d e 1 a k (Holstein):
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov.
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthof). —
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat.
— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark).
— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). —
Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud.
Berlin S. O. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt.
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-
Schw.). — Schl awa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat—
Schlotheim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500M.)
Bew. an den Stadtratb. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaum.
— Wetter (Ruhr): Thicrarzt (Gebühren aus einzuführender Fleiscb-
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle: Hirschberg (Schles). —
Privalstelle: Ahlen (Westf).
Aufruf an die Collegen.
Ein tragisches Geschick hat das Leben des Professors an
der tbierärztlichen Hochschule zu Berlin, Wilhelm Eber ge¬
endet. Der Verstorbene ist nur 34 Jahre alt geworden. Früh
verwaist und ohne Vermögen hat er 8. Z. mit Hülfe fremder
Mittel seine Studien- und seine Dienstzeit absolviren müssen.
Er ist dann eine Reihe von Jahren in Stellungen gewesen, deren
Einkünfte nur eben für den Lebensunterhalt seiner rasch an¬
wachsenden Familie ansreichten. In der kurzen Zeit, in welcher
er sein Amt an der hiesigen Hochschule versehen konnte, ist es
ihm daher nicht möglich gewesen, seine Verhältnisse soweit zu
verbessern, dass er auch die Zukunft seiner Familie hätte sicher¬
stellen können.
Neben der Wittwe blieben 6 Kinder im Alter von 7 Jahren
bis zu wenigen Monaten ohne eigene Hülfsmittel zurück. Da
der Verstorbene kaum die Pensionsberechtigung erlaDgt hatte,
so können die Wittwenpension und die Erziehungsgelder auch
bei grösstem Wohlwollen der Vorgesetzten Behörde nur so gering
ausfallen, dass private Hülfe nicht zu entbehren ist.
Das Lehrercollegium der Berliner thierärztlichen Hochschule
wird in besonderer Weise seiner Ehrenpflicht, helfend einzu-
greifeu, nachkommen; doch genügt diese Hülfe nicht. Im Ein-
verständniss mit den übrigen Mitgliedern des Collegiums wenden
sich die Unterzeichneten daher bittend an den weiteren Kreis
aller Collegen.
Es handelt sich vor Allem darum, die Erziehung der 6 Waisen
zu sichern. Die einkommenden Beiträge sind ausdrücklich zu
diesem Zwecke bestimmt und werden mit dieser Bestimmung dem
Vormund ausgehändigt werden.
Die Herren Collegen werden herzlich gebeten, Beiträge an
einen der Unterzeichneten einzusenden.
Dr. E. Fröhner. Dr. R. Schmaltz. Dr. R. Ostertag.
Professoren an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin.
Bitte.
Die Herren Collegen werden gebeten, rotzkranke und zur
Tödtung bestimmte Pferde vor der Tödtung mit einem von
mir nach neuerer modificirter Methode hergestellten und zu
diesem Zweck kostenlos und portofrei zur Verfügung Btehenden
Mallein zu impfen und mir ihre Wünsche mitzutheilen.
Dr. Foth,
Kreisthierarzt in Wresclien (Prov. Posen).
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prot Dr. Sohmalti in llcrlin. — Verla* und Eifrenthum von Richard Schoet* in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin.
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Die „Berliner Thlerftrstllche Woehemi hrift“ eraehelnt
wöchentlich in 8tirke von mindeitem l 1 /. Bogen. Dleeelbe
lat an belieben durch den Buchhandel, die Poat (No. 1031)
oder durch die Verlagabuchbandlung von Richard
Seboetz, Berlin NW., Luiaenatraaae 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalheitrige werden mit U Mk. fttr den Bogen honorirt
Alle Manuacripte, Mltthellnngen und redaetionellen An¬
fragen beliebe man au senden an Prof. Dr. Sohmalu,
Berlin, thierkratllcbe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenalona-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 27 . Ausgegeben am 7. Juli.
Inhalt: Tripper: Die Castration der Cryptorchiden. — Referate: Michaelis: Ueber die Vorgänge bei der Milch-
secretion. — Almy: Traumatische Hydronephrose beim Hunde. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar¬
versammlung der Central Vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. — Perso¬
nalien. — Vacanzen.
Die Castration der Cryptorchiden.
Vortrag, gehalten in der Versammlung des Brandenburger Vereins
Von
Dr. Tripper-Berlin.
Oberrossarzt der Königl. Marstklle-
(Schlass.)
Befestigung des Pferdes, Vorbereitung znr Operation, Instrumente.
Die Operation geschieht, wenn es die Witterung erlaubt, im
Freien. Am besten eignet sich liierzn eine mit Gras bewachsene
fenchte Wiesenfläche, die etwas weich ist Das Pferd wird dann i
ohne Strohunterlage geworfen. Als Tageszeit wählt man am
gflnstigsten die Morgenstunden, wo noch die Grasflächen vom
Thau feucht sind. Ist es windig, so muss da88 Pferd so placirt
werden, dass der Wind vom Hintertheil des Pferdes nach vom
weht. Wäre es umgekehrt der Fall, so würden Haare nnd Unrein¬
lichkeiten des Körpers leicht die Operationswunde verunreinigen.
Ebenso ist es von Vortheil, wenn das Hintertheil des Pferdes
höher als das Vordertheil zu liegen kommt Ist dies nicht mög¬
lich, so kann man sich dadurch helfen, dass man unter das Kreuz
ein Bündel Stroh legt Ist man gezwungen, im Stalle zu operiren,
so lasse ich das Stroh durch eine Giesskanne mit Wasser be¬
feuchten. Prof. Sand legt auf diese Kleinigkeiten grosses Ge¬
wicht und auch mit Recht. Das Pferd wird auf die entgegen-
i gesetzte Seite gelegt, an welcher der Hoden verlagert ist. Das
Werfen geschieht mit dem dänischen Wnrfzeuge. Repetitor
W. Pfeiffer-Berlin hat in den Monatsheften für praktische
Thierheilkunde IX. Band, Heft 6, pag. 262 bis 269, die
dänische -Wurfmethode beschrieben und dieselbe für die
Abbildung 1
Pferd mit dänischem Wurfxeug niederyelegt.
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314
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
Verhältnisse der Berliner
chirurgischen Klinik pas¬
send abgeändert. Bekannt¬
lich ist das dänische Wurf¬
zeug zuerst von Abild-
gaard construirt und von
Seiten vieler Thierärzte
abgeändert. In Dänemark
habe ich allein drei solcher
Abänderungen gesehen.
Am besten jedoch gefällt
mir die Abänderung von
Prof. Sand-Kopenhagen,
und zwar deshalb, weil
dieselbe am einfachsten ist.
Je einfacher ein Instru¬
ment, desto praktischer ist
es in der Regel. Mein
Wurfzeug ist genau nach
Angaben des Professor
Sand in Trakehnen an¬
gefertigt und genannter
Herr hatte die grosse
Liebenswürdigkeit, mir an
einem Ackerpferd in Trakehnen die Auwendung des Wurfzeuges ;
genau zu zeigen. Ich musste dann so lange das Werfen wieder¬
holen, bis ich es genau konnte. Das dänische Wurfzeug besteht
aus einem 2,20 m langen Brustgurt, angefertigt aus zwei doppelten
Lederlagen. Die Breite der unteren Lederlage beträgt 14 cm, die
der oberen 10 cm. An dem einen Ende befindet sich eine grosse
aus Schmiedeeisen gefertigte Schnalle. Von dieser Schnalle 50 cm
entfernt ist zwischen den beiden Lederlagen ein grosser schmiede¬
eiserner Ring angebracht und wird ebenso wie der andere von
diesem ein Meter entfernte Ring durch vier starke Niete be- i
festigt. Der letztere Ring ist vom Ende des Gurtes 70 cm ent¬
fernt. Der eine Ring kommt auf dem Rücken, der andere am
Brustbein zu liegen. Beide Ringe liegen mit ihren Ringöffnungen
von vorn nach hinten, im Gegensätze zu dem Wurfzeug, das
Pfeiffer beschrieben, an welchem der obere Ring die Ringöffnung
von einer zur andern Seite besitzt. Damit der Gurt sich nicht
nach hinten verschieben kann, habe ich zwei verschiebbare
Schlaufen am Gurt anbringen lassen, die in je einen Riemen
auslaufen. Diese Riemen werden über die Vorderbrust geschnallt,
und zwar so, dass die Schnalle immer auf die Aussenseite des
Pferdes zu liegen kommt.
Je nachdem man das Pferd auf die rechte oder linke Seite
legt, verschiebt man die Schlaufen und bekommt, auf diese Weise
immer die Schnalle nach oben zu liegen. Ausserdem gehören zu
dem dänischen Wurfzeug vier Fesselriemen. An dem Ringe
zweier Fesselriemen befindet sich je ein ca. 11 m langer runder
Hanfstrick. Legen wir z. B. das Pferd auf die linke Seite, so
dient der eine mit einem Hanfstrick versehene Fesselriemen als
Hanptfessel und wird um den rechten Vorderfessel befestigt.
Von diesem wird der Strick durch den Ring des linken Vorder¬
fesselriemens und von hier durch den Ring des linken Hinter¬
fesselriemens geführt und geht dann durch den am Brustbein
liegenden grossen Ring des Brustgurtes von hinten nach vorn.
Der andere mit einem Hanfstrick versehene Fesselriemen wird
um den rechten Hinterfessel gelegt und dann der Hanfstrick
durch den am Rücken befindlichen Ring des Brustgurtes nach
der linken Seite des Pferdes geführt. Drei Gehülfen, die an der
linken Seite des Pferdes stehen, erfassen den durch den Rücken- !
ring gehenden Strick, — drei Gehilfen, an der rechten Seite stehend, |
den Strick, der durch den
Brustbeinring geht Ein
Mann steht an der linken
Seite des Kopfes und er¬
fasst mit der linken Hand
das linke Ohr, mit der
rechten Hand die über den
oberen Rand des Halses
gelegten, straff angezoge¬
nen Zügel. Lässt man nun
zu gleicher Zeit die Ge¬
hilfen beide Stricke und
den Mann am Kopfe die
Zügel anziehen, so legt
sich das Pferd sanft auf
die linke Seite. Der rechte
Hinterfuss wird nun bis
auf ca. einen Fuss an den
Rückenring gezogen, der
Strick zweimal um ‘ das
Fesselbein geschlungen und
dann nach hinten (das
Pferd liegend gedacht)
unterhalb des Schienbeins
um den Unterschenkel gelegt. Indem man den Strick wieder nach
vorn nach dem Fesselbein führt, beschreibt man mit demselben
Achtertouren, die sich unterhalb des Schienbeins kreuzen. Man
hat darauf zu achten, dass die um den Unterschenkel geführten
Touren immer höher nach dem Pferdekörper, während die Touren
am Fessel immer mehr nach der Hufspitze zu gelegt werden und
der Strick bei jeder Tour angezogen wird. Jetzt wird das Ende
des Strickes einfach in der Mitte des Schienbeins einige Male um
das Schienbein und die Kreuzungsstelle der Achtertouren gewunden,
geknotet und einem GeLilten in die Hand gegeben. (Siehe Ab¬
bildung.) Auf diese Weise wird die ausgiebigste Beugestellung
sämmtlicher Gelenke des rechten Hinterschenkels herbeigeführt.
Die drei anderen Beine werden fest bis an den Brustbeinring ge¬
zogen und zur besseren Befestigung das Ende des Strickes
nochmals durch den Ring hindurcbgeführt. Indem man nun den
Strick zweimal um den Fessel wickelt, beschreibt man ebenso wie
am rechten Hinterfuss Achtertouren um den Unterschenkel und
Huf des linken Hinterfusses und bekommt so den linken Hinter-
fnss ebenfalls in starke Beugestellung sämmtlicher Gelenke.
Will man das Pferd, wie es bei der Cryptorchidencastration
nothwendig ist, auf den Rücken legen, so hebt man dasselbe
einfach an und schiebt unter das Schulterblatt der rechten Seite
einen mit Häcksel festgestopften Sack. Dann befindet sich die
Vorderhand des Pferdes in der halben Seitenlage, die Hinterpartie
in der Rückenlage. Für Kliniken hat das von Pfeiffer be¬
schriebene Kissen entschieden die von ihm erwähnten grossen
Vortheile und ist zu empfehlen. Für die Landpraxis genügt aber
vollständig ein mit Häcksel oder Stroh festgestopfter Sack. In
der Abhandlung über das dänische Wurfzeug von Pfeiffer ist
auf Seite 267 Zeile 4 jedenfalls ein Druckfehler vorgekommen,
denn hier ist sicher nicht der linke, sondern rechte Hinterbnf
gemeint. Damit der Schweif bei der Operation nicht im Wege
ist, schlingt man um denselben einen Strick und befestigt denselben
an dem am Brustgurte befindlichen Rückenring. Ist die Operation
beendet, so geschieht die Entfesselung dadurch, dass man zunächst
die Achtertouren beider Hinterfüsse löst, dann die Fessel sowohl
der Hinter- wie Vorderfüsse aufschnallt. Dann wird vom Rücken
aus der Brustgurt wie der denselben in der Lage haltende über
die Brust laufende Riemen gelöst. Manchmal ist es mir passirt,
Abbildung 2.
Pferd mit anyelelegtem dänischen 1 Vurfxeuy.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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dass das Pferd ehe die Fesselriemen anfgeschnallt werden konnten,
aufsprang. Es stand dann in der Regel anf allen 4 Füssen, und
wurden die Fesseln wie die Gurte nachträglich im Stehen ab¬
genommen.
Diese Wurfmethode hat für die Cryptorchidencastration
zunächst den grossen Vortheil, dass bei der Beugestellung sämmt-
licher Gelenke der Hinterschenkel mehr Raum zur Operation
vorhanden ist und der Leistenkanal weiter wird. Ausserdem
gelangt durch das Abziehen des Hinterschenkels die ganze
Leistengegend so bequem zur Anschauung, dass man bequem
operiren kann.
Ich war zuerst der Meinung, dass nur die. dänischen Pferde
mit ruhigerem Temperamente so still bei der Operation lägen.
Dies ist aber nicht der Fall. Sehr empfindliche ostpreussische
Pferde sowie Vollblutpferde liegen ebenso ruhig wie die
dänischen. Die Pferde sind einfach ohnmäcntig, sie sind nicht im
Stande, sich viel zu rühren. Dies ist aber auch leicht erklärlich.
Durch die excessive Beugestellung sämmtlicher Gelenke der
Hinterschenkel ist das Pferd nicht im Stande seine ganze Kraft
zu entwickeln und auf die Rückenmuskeln zu übertragen. Wendet
es aber wirklich noch mit den am unteren Brustring befestigten
Beinen genügend Kraft an, so muss es einen Stützpunkt haben,
und dieser liegt am Brustring. Es wird versuchen, die Vorder-
und Hinterbeine zu strecken und zieht hierdurch den Brustring
nach unten, biegt dabei die Wirbelsäule nach unten und nähert
somit die Ansatzpunkte der langen Rückenmuskeln einander,
wodurch dieselben nicht mehr im Stande sind, auf die Wirbel
selbst zu wirken und diese zu zerquetschen. Ich bin daher ganz
der Ansicht von Prof. Sand, dass bei dieser Wurfmethode weder
Wirbel- noch Oberschenkelbrüche Vorkommen können. In Dänemark
sind solche, wenn nach dieser Methode geworfen wurde, nie
beobachtet. In der Klinik in Kopenhagen wird je nachdem,
wo operirt wird, entweder das dänische oder auch das Berliner
Wurfzeug angewandt. Im Jahre 1897 habe ich 150 Pferde mit
dem dänischen Wurfzeuge geworfen und ist mir nie ein Nachtheil
bei Anwendung desselben passirt. Wie Pfeiffer schon sehr
richtig erwähnt, kommt es bei grösseren Operationen, bei denen
die Hinterschenkel des Pferdes in der Beugestellung sämmtlicher
Gelenke längere Zeit verharren müssen, vor, dass die Pferde mit
denjenigen Hinterschenkel, der an den Rückenring gezogen war,
Überköthen. Zweimal habe ich dies Ueberköthen an beiden
Hinterfesseln beobachtet, meistens aber nur an dem oben erwähnten.
Es hat dies aber gar nichts zu bedeuten, nach 6-8 Tritten be¬
lasten die Pferde in der Regel den Schenkel wieder ordnungs-
mässig.
Wegen der Unfähigkeit der Pferde, bei dieser Wurfmethode
sich viel zu rühren, chloroformiren die Dän^n in den meisten Fällen
nicht. Sämmtliche acht von mir in Dänemark operirten Cryptorchiden
wurden nicht chloroformirt. Die ersten acht in Ostpreussen
operirten Pferde chloroformirte ich. Das neunte Pferd starb in Folge
Erbrechens und Aspiration von Futterstoffen in die Luftröhre
nach der Chloroformnarkose. Seit dieser Zeit chloroformire ich
nicht mehr, sondern injicire den Pferden nur 0,5 Morphinum
hydrochlor. und beginne mit dem Werfen schon % Stunde nach
der Injection. Bei inguinalen Cryptorchiden operire ich immer
ohne vorherige Morphiuminjection. So hält Mass die Narkose
für überflüssig, Bang, Trasbot und Cadiot halten die Narkose
zwar bei erregbaren Pferden für nützlich, sonst aber auch nicht
für nothwendig. Möller lässt die Pferde in der Regel cbloro-
formiren. Cadiot narkotisirt mit Aether. Fröhner empfiehlt
ohne Narkose zu operiren.
An Instrumenten werden zur Operation gebraucht: 1 geballtes
Bistouri, 1 Scheere, mehrere Schieberpincetien (ich gebrauche
jetzt nur noch die Pean’schen Pincetten), die Sandwehe Castrir-
zange, 1 kleine Hakenzange und neben Heftnadeln Strohhalm dicke
Seideufäden, die vorher 1 Stunde in öprocent. Carbolsäurelösung
gekocht sind und in öprocent. Carbolwasser aufbewahrt werden.
Ausserdem müssen 5—6 Pack sterilisirter Watte ä 50 g und
2 reine Bürsten vorhanden sein. Die Dänen verwenden sowohl
zur Desinfection des Operationsfeldes und der Hände als auch
zur Aufbewahrung der Instrumente während der Operation
Lysollösnng. Ich benutze 3 Schüsseln mit lauwarmem Wasser;
in der einen befindet sich entweder 3procent. Lysolwasser oder
lpromill. Sublimatlösung und eine Bürste, in der anderen die In¬
strumente in 4procent. Carbolsäurelösung, in der dritten 1 promill.
Chinosolwasser, das ich zum Abspülen der Hände gebrauche.
Das Operationsfeld wasche und bürste ich mit Sublimat- oder
anderer gewöhnlicher Seife, spüle dann mit 3procent. Lysol oder
lpromill. Sublimatlösung ab und reibe so lange mit Tampon aus
sterilisirter Watte die Haut, bis ich keine Unreinlichkeit mehr
bemerke, dann erfolgt Abreibung mit absolutem Alkohol oder
Aether und nochmaliges Abspülen mit lpromill. Chinosolwasser.
Die oberen Partien der Hinterschenkel, besonders ihre Innenfläche,
werden mit Lysolwasser befeuchtet, die beiden Hinterhufe mit
einem mit Lysollösung befeuchteten Lappen umwickelt und in
den ebenfalls gereinigten Schlauch ein Pack sterilisirter Watte
gelegt. Der Operateur muss mit einem reingewaschenen
Operationsmantel ohne Aermel bekleidet sein. Die Hände und Arme
wasche ich sauber mit Seife, bürste sie dann mit 2- oder 3 procent.
Lysollösung, reinige genau die Fingernägel, reibe mit einem
reinen wollenen Lappen, der mit absolutem Alkohol getränkt ist,
die Hände ab und spüle sie dann 3—5 Minuten in lpromill. Chinosol¬
wasser. Das Chinosolwasser ist mir deshalb sehr angenehm,
weil es die Haut der Hände etwas adstringirt. Wer viele
Cryptorchiden castrirt, thut gut, die Nägel der Zeige- und Mittel¬
finger zu pflegen, dieselben etwas lang zu lassen und so zu
schneiden, dass der Nagel in der Mitte scharf und spitz ist. Die
Perforation des Peritoneums geschieht mit etwas scharfen
Fingernägeln sehr viel leichter.
Genau oberhalb und in der Mitte des äusseren Leistenringes
wird die äussere Haut in einer Länge von 10 cm durchschnitten,
dann folgt allmälig und vorsichtig die Durchschneidnng der
Tunica dartos und der Fascia. Kommen Blutgefässe zum Vor¬
schein, so werden dieselben doppelt unterbunden und dann durch¬
schnitten; dann zerreisst man behutsam mit beiden Zeigefingern
oder Daumen das lockere Bindegewebe bis zum unteren Leisten¬
ring. Bis zu diesem Punkte ist die Operation inguinaler und
abdominaler Cryptorchiden gleich, und daher versäume man
nicht, genau den unteren Leisteoring und diese Gegend zu
untersuchen, ob sich nicht in derselben oder im Leistencanale der
verkümmerte Hoden befindet. Man fühlt ihn dann als eine rund¬
lich eiförmige, sich weichlich aufühlende Masse. Um ihn zu er¬
greifen, gehe ich mit dem Zeigefinger der linken Hand in den
Leistencanal und berühre ihn mit der Beere des Fingers. An
diesem Finger entlang führe ich mit der rechten Hand eine kleine
Hakenzange bis zur Spitze des Fingers, fasse mit der Zange
zu und hole die gemeinschaftliche ScheMenhaut mit dem in der¬
selben befindlichen Hoden hervor. Neben der Zange schneide
ich die gemeinschaftliche Scheidenhaut weit auf, worauf der
Hoden sofort hervortritt. Nachdem die Scheere fortgelegt, er¬
fasst man den Hoden und beseitigt auch die Hakenzange. Mit
den Fingern trennt man den Samenstrang nebst Samenleiter von
dem Nebenhodenbande, schiebt dann in diesen Spalt dieSand’sche
Castrirzange, schliesst dieselbe und durchschneidet dann das
Nebenhodenband dicht am Hoden mit der Scheere oder dem
Messer. Jetzt dreht man den Hoden langsam ab, wobei es nicht
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
nöthig ist, einen grösseren Stumpf zu lassen. Der % bis 1 cm lange
Stumpf genügt vollständig, es tritt nicht die geringste Blutung
ein. Damit beim Abdrehen die Flügelschraube nicht hindert,
muss die letztere so angelegt werden, dass die Schraube nach
dem Leistencanal sieht. Nach dem Abdrehen des Hodens tupfe
ich den Samenstrangstumpf sowie die ganze Wunde mit asepti¬
schen Tupfern ab und reibe den Samenstrangstumpf mit Glutol
ein. Dann nehme ich die Zange ab und der Samenstrang stumpf
zieht sich zurück. In die Wunde schütte ich dann noch reich¬
lich Glutol und nähe die Hautwunde durch 4—5 Hefte. Es näht
sich am besten, wenn man den vorderen und hinteren Winkel
der Hautwunde von einem Assistenten halten und anziehen lässt,
damit die Wundränder sich genau aneinander legen. Die ge¬
nähten Wundränder bestreue und reibe ich dann mit Glutol ein.
Hierauf werden die Stricke und Fesseln gelöst, damit der Hengst
aussen mit einem geknöpften Bistouri und zog den Hoden hervor.
Sicherer und besser ist, den Processus vaginalis unberücksichtigt
zu lassen und die Operation wie folgt auszuführen.
Es kommt jetzt der schwierigste Theil der Operation, denn
von der richtigen OefFnung der Bauchhöhle hängt am meisten
der Erfolg ab. Sand benutzt zur Operation der rechten Seite
(das Pferd stehend gedacht) die linke Hand, zur Operation der
linken Seite die rechte Hand, Möller und Cadiot machen es
umgekehrt. Da Sand mein Lehrer bei der Cryptorchidenoperation
war, so mache ich es genau so wie er. Wenn man hinter
dem auf dem Rücken liegenden Pferde steht, so passt die rechte
Hand besser zur Operation der linken Seite. Diese will ich be¬
schreiben. Man legt den Zeige- und Mittelfinger fest zusammen,
die Volarfläche der Finger nach oben gerichtet, und stösst die¬
selben mit einem kurzen Ruck, und indem man mit den Fingern
Abbildung 3.
Harnblase Mastdarm
Hoflengekröse
innerer Jjeistenring
Samenleiter
Hoden
Hodengekröse
innerer Leistenring
processus vaginalis*)
Samenleiter
Hoden
äusserer Leistenring grader Bauchmuskel äusserer I^eistenring
Ansicht der Gegend der Leistenkanäle von innen mit in der Bauchhöhle liegenden Hoden (nach Cadiot).
aufstehen kann. Den inguinalen Cryptorchiden lasse ich in
seinen gewöhlichen Stand stellen und leicht mit Weizenkleie und
Heu füttern.
Findet man den Hoden nicht, so kommt es manchmal vor,
dass sich der Processus vaginalis im Leistencanal befindet.
Bang und Möller rathen mit Recht, denselben nicht zu berück¬
sichtigen, sondern einfach die Operation weiter auszuführen.
Gleich beim zweiten von mir castrirten beiderseitigen Cryptor¬
chiden fand ich denselben an beiden Seiten im Leistencanal,
zog ihn heraus, öffnete die gemeinschaftliche Scheidenhaut und
übte einen Zug auf den Samenleiter aus. Da hier der Scheiden¬
canal (Schmaltz) weit genug war, kam sogleich der in der
Bauchhöhle befindliche Hoden zum Vorschein, und ich brauchte
nicht mit den Fingern in die Bauchhöhle einzudringen. Solches
Glück hat man aber sehr selten. In der Regel ist der
Scheidencanal so eng, dass der Hoden nicht passiren kann.
Möller spaltete zweimal mit Erfolg den Leistencanal nach
*) Der processus vaginalis steckt im inneren
schiefen BaucIimuBkel durchschimmerte.
! eine drehende Bewegung macht, wobei die Dorsalfläche der Finger
| nach oben kommt, in den Leistencanal. Der Weg und die
| Führung der Hand sind bei dem Eindringen in den Leistencanal
I genau vorgeschrieben. Man lege den Ellenbogen fest an den
I Körper und operire nur im Handgelenk. Die Finger dringen
| nach aussen, unten und vorn in den Leistencanal ein, die obere
Fläche der Finger stütze man am Poupart’schen Bande, die
Fingerspitzen richte man genau nach aussen unten und vom
gerade auf den äusseren Darmbeinwinkel zu. Durch bohrende
Bewegung der Finger sucht man dann weiter zu kommen, bis
man zum hinteren Rand des kleinen schiefen Bauchmuskels ge-
! langt Durch das noch nicht perforirte Peritoneum fühlt man
deutlich die Darmschlingen. Jetzt hat man nur noch nöthig daB
Peritoneum zu durchstossen. Dies geschieht am besten durch
eine drehende kurze Bewegung des Zeige- oder Zeige- und
I Mittelfingers. In der Regel stosse ich nur den Zeigefinger durch
1 das Peritoneum und zwänge dann behutsam auch den Mittel-
Leistenring bezw. Leistenkanal und ist hier so gezeichnet, als ob er durch den kleinen
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finger durch das Loch. Durch die kurze drehende Bewegung
wird das Peritoneum gespannt und eine Abhebung des¬
selben auf eine grössere Fläche hin vormieden. Man
hüte sich, einen Druck auf die innern oder äusseren Winkel
des Leistencanals auszuöben und vermeide mit grösster Sorgfalt
das ZerreisBen des inneren Winkels. Zerreisst derselbe, so
kommen auch in der Regel die Darmeingeweide zum Vorschein.
Der Verschluss des gebohrten Ganges zwischen Poupart’schem
Bande und dem kleinen schiefen Bauchmusbel kommt dadurch
zu Stande, dass die Baucheingeweide, wenn das Pferd steht, den
inneren schiefen Bauchmuskel gegen das Poupart’sche Band
drücken und so wieder einen luftdichten Vepscblussder Bauch¬
höhle herbeiführen. Ist der innere Winkel des äusseren Leisten¬
ringes aber aufgerissen und klappt das Poupart’scbe Band nach
unten, so fallen die Darmschlingen leicht vor.
Befindet man sich mit den Fingern in der Bauchhöhle, so
sucht man nach drei Gegenständen, nämlich:
1. nach dem Samenleiter, der die Stärke eines Strohhalms
oder Gänsekiels besitzt und sich hart wie Bindfaden anfßhlt.
Er liegt in der Regel nach aussen und hinten von der Oeffnung
(siehe Abbildung), oder
2. nach dem Hodengekröse. Es liegt sehr oft genau an
der Durchbruchstelle des Peritoneum auf den Dünndärmen. Es
ist weicher wie der Darm, flottirend und hat grosse Neigung,
sofort dem Zuge der Finger zu folgen, worauf Cadiot besonders
aufmerksam macht;
3. nach dem Hunter'sehen Leitbande, das sehr schwer zu
finden ist und dessen Aufsuchen grosse Uebung verlangt, weil
es sehr klein ist.
Auch Fröhner empfiehlt pag. 347: „Man suche zunächst
nicht nach dem Hoden, sondern nach dem Samenleiter, dem
meist sehr langen Schweif des Nebenhodens oder dem Hoden¬
gekröse. Man fasse überhaupt alles Verdächtige, was zwischen
die Finger kommt und ziehe es in den Wundcanal hinein.
Ich muss mich diesen Rathschlägen Fröhner’s voll¬
ständig anschliessen, denn zieht man selbst eine Darmschlinge
hervor, so schadet dies absolut nicht, wenn sie nur gehörig
tief — wie sich Fröhner ausdrückt — wieder versenkt wird.
Ist man einmal in der Bauchhöhle, so ziehe man die Finger erst
dann wieder zurück, wenn man ziemlich sicher ist, dass man
eines der genannten Gebilde erfasst hat. Bei einiger Uebung er¬
kennt man dies sehr bald. Es kommt beim wiederholten Ein¬
dringen in die Bauchhöhle vor, dass man die Oeffnung im Peri¬
toneum nicht mehr findet und man gezwungen ist, wie es mir
anfänglich zwei Mal passirte, nochmals das Peritoneum zu durch-
stossen. Es war dies zwar ohne jeglichen Nachtheil geschehen,
ist aber, wenn möglich, zu vermeiden, da auch bei wiederholtem
Eindringen in die Bauchhöhle leichter eine Infection herbei¬
geführt wird.
Bei einem 8iährigen abdominalen Cryptorchiden, bei dem der
Hoden sehr gross war, erfasste ich das Hodengekröse, das so
stark entwickelt war wie bei einem normalen Hengste, so dass
ich sicher glaubte, es wäre der Darm. Zieht man eins der oben
genannten Gebilde hervor, so orientire man sich erst genau, was
man vor sich bat. Man erkennt den Samenleiter an der glänzend
wei6sen Farbe, das Hodengekröse an den blaugefärbten grossen
Blutgefässen. Uebt man jetzt einen allmäligen langsamen Zug
auf diese Gebilde aus, so springt in der Regel der Hoden heraus.
Es ist dies aber nicht immer sofort der Fall. Da man nicht
weiss, an welcher Seite des erfassten Samenstranges der Hoden
liegt, so ziehe man zuerst langsam nach der einen Seite hin.
Stösst man hier auf Widerstand, so ziehe man nach der anderen
317
Seite. An der Seite, die nachgiebt, hängt in der Regel an dem
langen Hodengekröse der Hoden.
Sehr oft findet man, hat man erst einige Uebung, die oben¬
genannten Gebilde sehr bald, oft gleich nach dem Durchstossen
des Peritoneum. Manchmal muss man aber auch bis '/* Stunde
suchen; ich taste dann die ganze Umgebung, die mit den beiden
Fingern erreichbar ist, sorgfältig, ruhig und langsam ab, indem
ich, soweit irgend möglich, vermeide, das Loch im Peritoneum zu
vergrössern. Finde ich dann nicht eines der genannten Gebilde
oder den Hoden, so vergrössere ich behutsam die Oeffnung im
Peritoneum, indem ich mit der ganzen Hand eindringe. Es
kommt vor, dass man den Hoden dann leicht findet. Ist dies
aber nicht der Fall, so gehe man mit der Hand auf die Blase,
versuche den Samenleiter zwischen Zeige- und Mittelfinger zu
erfassen und verfolge ihn bis zum Nebenhoden. Die Vorschrift
ist zwar sehr einfach, doch ist dies nicht so leicht auszuführen,
da zwischen den Dünndärmen der Samenleiter leicht aus den
Fingern schlüpft. In einigen wenigen Fällen kommt es vor, dass
der Hoden seiner Kleinheit wegen überhaupt nicht aufzufinden ist,
oder er existirt gar nicht. So konnte Degive in vier Fällen, Sand in
zwei Fällen den Hoden nicht finden. Hoden von enormer Aus¬
dehnung oder Hoden von anderer pathologischer Beschaffenheit
sind mir bei den 30 operirten Chryptorchiden nicht vorgeboramen.
Bei abdominalen Cryptorchiden ist der Samenstrang zäher
und lässt sich schwerer abdrehen. Daher unterbinde ich den
Samenstrang, und zwar durch Anlegen von zwei Seidenligaturen.
Die Seide, die ich hierzu benutze, ist strohhalmdick und wird
vorher in 5 procentiger wässeriger Carbolsäurelösung eine Stunde
lang gekocht und in derselben Flüssigkeit aufbewahrt. Die eine
Ligatur lege ich um den Samenstrang, die andere um den Samen¬
leiter. Die Ligaturen sind sehr fest anzulegen, wovon man sich
vorsichtshalber durch Befühlen mit den Fingern überzeugen muss.
Die Enden der Seidenligaturen behalte ich noch in der Hand
und schneide dann 1 cm unterhalb der Ligatur den Samenstrang
und Samenleiter ab. Mit aseptischen Tupfern entferne ich dann
von dem Stumpfe das Blut, bestreue denselben mit Glntol,
schneide dann die Enden der Seidenligaturen ab und lasse den
Samenstrang in die Bauchhöhle schlüpfen. Jetzt überzeuge ich mich, ob
kein Darmtheil eingeklemmt ist, und schiebe, hat der Samenstrang¬
stumpfsich nicht in die Bauchhöhle zurückgezogen, denselben hinein»
In die Wunde streue ich noch Glutol- Schleich und vernähe die¬
selbe, wie bei Castration der inguinalen Cryptorchiden beschrieben,
durch 4 oder 5 Seidenhefte. Die Naht wird dann mit Glutol-Schleich
bestreut und eingerieben, wodurch ein luftdichter Verschluss
hergestellt wird. Nachdem das Wurfzeug gelöst und das Pferd
aufgestanden ist, stelle ich dasselbe in einen Stand, dessen Boden
mit feuchtem Sand bestreut ist. Der Sand ist hinten einen Fnss
höher zu schütten, damit das Pferd mit seinem Hintertheil hoch-
gestellt werden kann. Zur Vermeidung von Seitenbewegungen
wähle ich einen Kastenstand oder lasse vorher denselben her-
stellen, was auf dem Lande sehr bald gemacht ist. Dadurch,
dass das Hintertheil des Pferdes viel höher steht, sinken die
Eingeweide nach vorn und wird ein Darmvorfall am besten
vermieden. Die Athmung der Pferde wird anfänglich durch
Behinderung des Zwerchfells etwas erschwert, doch gewöhnen
sie sich sehr bald hieran und athmen ruhiger. Ist das
Pftrd in den nach obiger Angabe hergerichteten Stand ge¬
bracht, so überzeuge ich mich regelmässig durch Besichtigung
der vernähten Wunde, ob eine Geschwulst an dieser Stelle ein¬
getreten ist. Ist dies der Fall, so handelt es sich in der Regel
um einen Darravorfall. Ich gehe dann in den Mastdarm mit der
rechten Hand ein, wenn die Operation an der linken Seite ge¬
schehen ist, und umgekehrt mit der linken Hand, ist sie an der
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
rechten Seite ansgeführt. Vom Mafitd&nn ans suche ich mir die
im Peritoneum gemachte Oeffnung. Befindet sich eine Dünndarm¬
schlinge in der Oeffnung, so übe ich vom Mastdarm ans einen
Zug anf dieselbe ans und unterstütze den Zng mit der anderen
gut desinficirten Hand, indem ich von aussen die Geschwulst nach
oben schiebe. Geschieht dies bald nach der Operation, so ist die
Diinndarrasclilinge noch nicht eingeklemmt und die Reposition
gelingt leicht. Schiebt man die Dünndarmschlinge weit nach vorn
in die Bauchhöhle, so kommt es sehr selten vor, dass sie wieder,
da das Pferd hinten hoch steht, hervortritt. Zweimal passirte
mir dieser Fall, nnd zwar bei dem letzten in Dänemark operirten
Pferde und bei dem ersten in Ostpreussen. In Dänemark brachte
Professor Sand in der eben beschriebenen Weise den Darm
zweimal zurück, worauf er dann auch in der Bauchhöhle
blieb. Nach füuf Minuten stellte sich ein kleines
Oedera an der Operationsstelle ein, das naturgemäss den Darm¬
vorfall verhinderte. Bei beiden Pferden trat Heilung per primam
intentionem ein. Es ist zur eigenen Beruhigung überhaupt sehr
vortheilhaft, wenn man, bevor man den Patienten verlässt, sich
durch eine Untersuchung per anum überzeugt, dass an der
Operationsstelle Alles in Ordnung ist. Professor Sand thut dies
fast regelmässig, ehe er den Patienten dem Wärter allein über¬
lässt. Im Stande wird der Patient hochgebnnden und ihm, damit
er Beschäftigung hat, etwas Heu vorgelegt, was er in der Regel
auch frisst. Ausserdem wird eine Wache aufgestellt, die die
ersten 21 Stunden ununterbrochen beim Patienten bleibt. Der
Wärter bekommt den Auftrag, hin nnd wieder sich die operirte
Stelle, die man demselben zeigt, anzusehen und den Besitzer
sofort zu benachrichtigen, sollte sich plötzlich an dieser Stelle
eine Geschwulst zeigen. Bei fast sämmtlichen von mir operirten
Pferden assistirte mir derjenige Thierarzt, der auf dem Gute die
Praxis hatte. Den Besitzer bat ich, falls die oben beschriebene
Geschwulst eintreten sollte, sofort den Thierarzt zu requiriren.
Im Uebrigen wurde bei den Patienten täglich die innere Körper¬
temperatur festgestellt, wobei sich ergab, dass die Thiere immer
fieberlos waren. Am sechsten Tage lasse ich die Nähte lösen,
das Pferd 10—15 Minuten Schritt führen und dann täglich zwei
Mal die Wunde mit lauwarmer 2 procent. Creolinlösung aus¬
spülen. Oft entleert sich bei der Herausnahme der Hefte eine
grosse Quantität hellgelber klarer Flüssigkeit.
Die Patienten werden dann täglich i / l — 1 / a Stunde im Schritte
bewegt nnd hiernach die Ausspülung der Wunde gemacht. Die
vollständige Heilung erfolgt in der Regel nach 14 Tagen bis
3 Wochen.
In Ostpreussen wurden vom October 1896 bis October 1897
von mir an 16 Orten 22 Cryptorchiden operirt. Bei 21 Cryp-
torchiden erfolgte die Heilung per primam. Ein 3jähriger Fuchs-
hengst starb in Folge von Chloroformnarkose, trotzdem das Pferd
nur 20Gramm Chloroform erhalten hatte. Herr College Karschat-
Nordenburg schreibt mir hierüber wörtlich Folgendes: „Wie
Herr H. Lingwarowen Ihnen bereits mitgetheilt, ist der letzt-
castrirte Fuchs in der Nacht nach der Castration eingegangen.
Ich bin am Charfreitag in L. gewesen und habe die Section
gemacht und die Todesursache fi.-stgestellt. Doch ich will den
Sectionsbericht der Reihe nach mittheilen. Zunächst öffnete ich
die Bauchhöhle, um eine genaue Besichtigung der Operationsstelle
vorzunehmen. Die Besichtigung ergab, dass eine Einklemmung
eines Darmtheiles in die Operationswunde nicht bestand. Die
Wunde selbst sah vorzüglich aus und wäre ohne Frage gut
geheilt. Die übrigen Erscheinungen waren postmortale. Die
Palpation des Schlundes ergiebt, dass derselbe voll gefüllt ist
von Futtermassen, was nach Durchschneidung des Schlundes be¬
stätigt wird. Somit war der Fingerzeig gegeben, wo die Todes¬
ursache zu suchen sei. Die Luftröhre ist mit Schaum und
Schleim gefüllt, die Schleimhaut stark entzündet und geschwollen.
Die Lunge in allen ihren Theilen hochgradig entzündet; die
kleineren und kleinsten Bronchien mit Futterstoffen gefüllt!!
Somit ist die Todesursache ohne jede Frage: Fremdkörper-
Pneumonie, so entstanden zu denken, dass das gegen Chloroform
so empfindliche Thier in Folge der Nachwehen der Narkose
erbrochen hat (was ja erwiesen ist), wobei die erbrochenen
Futtermassen durch Aspiration in die Luftröhre und Lunge gelangt
sind und dort die tödtliche Lungenentzündung hervorgerufen
haben. Erwähnen will ich noch, dass sich im Herzbeutel etwa
v, Liter Flüssigkeit befand. Ob das Pferd einen Herzfehler
besessen oder aber, ob die Flüssigkeit sich erst während der
Krankheit gefunden, lasse ich dahingestellt. Jedenfalls bedauere
ich sehr, dass die so gut angelegte und ausgeführte Operation
einen solchen Ausgang gehabt hat.
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de la clinique de l’ecole de mdd. v6t. de l’dtat pendant l’annee
1871—72, Annales de m£d. vdt., 1873; Castration des animaux
cryptorchides, Ibid., 1875; Cryptorchidie fausse ou atrophique, Ibid.,
1878. — Lenglen, Castration de chevaux crytorchides,
Recueil de mäd. v^t., 1874. — A b a d i e, Ibid., 1875. —
R. Jensen, Castration der Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin.,
1878. — Bagge, Castration der Cryptorchiden von der Flanke.
Kopenhagen 1881. — Stelkens, Castration der Cryptorchiden,
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7. Juli 1898.
Thierarzt 1881. — Silfverkjelm und Abergh, Tidsskrift for
Veterin., 1882. — Till mann, Zur Castration der Hengste,
Thierarzt, 1883. — Bassi, Sopra la castrazione di un cavallo
cryptorchido, II med. vet., 1883. — Lindqvist, Tidsskrift de
Stockholm, 1883. — Bailey, Castration of the stallion and cryptorch
with and without restraint, Americ. vet. Rev., 1884. — Nielsen,
Die Castration von Spitzhengsten, Zeitschr. f. Thierheilk., 1884. —
Schmidt-Aachen Die Castration der Cryptorchiden, Berliner
Archiv 1885, Seite 77. — Munn, Castration of Cryptorchid. liorses
The vet. Journal 1886, Bd. XXII pag. 399. — Gresswell, On
certain pathological conditions in the testicles of horses, The
vet. Journ. 1886. — Degive, Le diagnostic de la cryptorchidie
coDsidöree au point de vue lögal, Annales de med. vet. 1886. —
Degive, castration du clieval cryptorchide, Annales belgics
pag. 473, Particularitös de deux cas de castration de crypt-
orchides, ibid. 1888. — Jacoulet, Castration de clievaux crypt-
ocbides Recueil de möd. vöt. 1886 pag. 348. — Peuch et
Toussaint, Precis de Chirurgie veterinaire, 2. ödit. Paris 1887.—
Ostermann u. Peters, Berliner thierärztl. Wochenschrift 1889,
pag. 178. — Thomassea, Accident consecutif, ä la castration
d’un cheval cryptorchide, Annales de med. v6t. 1889 pag. 629. —
Bergstrand, Operat. of Klapphingßt, Tidsskrift f. Veterin. 1889. —
Bang, Castration der Cryptorchiden, Handbuch der thierärztlichen
Chirurgie von Stockfleth u. Steffen, Leipzig 1889. — Becker,
Jörgensen, Petersen, Winter, Beiträge zur Castration der
Cryptorchiden (citirt nach Bang). — Möller, Zur Castration der
Cryptorchiden, Monatshefte für praktische Thierheilkunde 1890, —
Andersen, Castration der Cryptorchiden, Tidsskrift for Veterin.
1890. — Pütz, Castration der Cryptorchiden, Stuten und Kühe,
Deutsche Zeitschrift für Thiermedicin, pag. 192, 1890. —Derselbe,
Ueber die Castration der Cryptorchiden, Tageblatt der Naturforscher-
Versammlung, 1891. — Cagny, castration des chevaux crypt-
orchides Rec. Bull. pag. 404. — Degive, Pseudohernie inguinale et
hydrocele vaginale chez le cheval cryptorchide et chez le cheval
hongre, Annal.de med. vet, 1891.— Schoeberl, Castration eines
Cryptorchiden durch den Flankenschnitt, Wochenschrift für Thier¬
heilkunde und Viehzucht 1891. — Marks, Cryptorchidencastration
mit Flankenschnitt, Berlin, thierärztl. Wochenschrift 1891, pag.
258. — Donald, The Castration of cryptorchids, Journ. of com.
path. and therap. 1891, Vol. IV. pag 139. — Baldonie e Lanzi-
lotti-Buonsanti, Castrazione di un cavallo cryptorchido, Clinica
vet. 1891, XIV. pag 122. — Mauri, La castration des chevaux
cryptorchides, Revue vötörinaire 1891—92, pag. 508, 617. —
Ries, Note sur le diagnostic de la cryptorchidie, Recueil de möd.
vöt. 1892. — Ries, Die Castration der Cryptorchiden, Recueil
de möd. vöt. No. 6, pag 187. — Trasbot, Note sur la castration
par la voie inguinales des chevaux cryptorchides, Recueil de med.
vöt. 1892, pag 129. — Queen, Castration of a double cryptorchid.
The veterin. 1892, LXV, pag 1. — Mauri, La castration des chevaux
cryptorchides, Paris. — Derselbe, Ueber die Castration der
Cryptorchiden, Revue vötör. pag. 1; — derselbe, Noch ein Wort
zur Castration der Cryptorchiden, Rev. vet. pag. 124. —
Degive, Castration du cheval cryptorchide; Ryste sereux
d’un fort volume dans le testicule; proced^ opöratoire
simple et efficace, Annal. belg., 42. Jahrgang pag 12. — Cadiot,
Ueber die dänische Art der Castration der Cryptorchiden.
Recueil Bull. 510,— Peuch, F., Castration eines Cryptorchiden,
Lyon, Journ. p. 139. — Petersen, Zur Cryptorchiden - Castration,
Berliner thierärztl. Wochenschr. S. 196. — Jacoulet, Cryptor-
chidencastration, Repertoire de police sanit. vet. — Solimani,
Francesco, Castrazione di un cavallo cryptorchide, Clin. vet. XIX,
pag. 319. — Angerstein, Castration eines rechtsseitigen Cryptor¬
chiden durch Flankenschuilt, Monatshefte für' Thierheilkunde,
319
V. Bd. S. 529. — Donald, J., Die Castration von Cryptorchiden,
Journ. of comp. path. and therap. VII, pag. 355. — Elnaes, A.,
On Castration of cryptorchide. — Raaner, Norweg. Tidsskrift für
Vet. 1893, Bd. V, pag. 36. — Günther, Ueber Cryptorchiden-
operation bei Pferden, Deutsche thierärztliche Wochenschr. II,
S. 65. — Vennerholm, Castration of Kryptorchiden T. f. Vet.
Med. XIII, pag. 93. — Th. Schmidt, Wien, Thierärztl. Central¬
blatt 1897, No. 21. — Fröhner, Welche Methode der Cryptor-
chidenoperation ist die beste? Monatshefte für prakt. Thierheil¬
kunde., IX. Bd., 8. Heft, pag. 337. — Pfeiffer, ebenda Heft 6.
Referate.
Ueber die Vorgäuge bei der Milchsecretion.
Von Dr. Michaelis.
In der Ztschr. f. Fl.- u. Milclih. Mai 1898 referirt Dr. Dissel¬
horst über die obengenannte Arbeit, welche im Institut des
Prof. Hertwig-Berlin angefertigt und von der medicinischen
Fakultät preisgekrönt wurde.
Das Resultat der meisten bisherigen Versuche geht dahin:
das secernirende Epithel der Milchdrüse ist einschichtig. Kern-
theiluDgen Anden darin während der Lactation sehr wenig statt.
Die Fetttropfen bilden sich in den Epithelzellen und werden in
das Lumen der Acini ergossen. — Zweifelhaft haben die bis¬
herigen Versuche Folgendes gelassen: 1. ob die stete Form¬
veränderung des Drüsenepithels von der Secretionsthätigkeit oder
von dem Füllung.<grad des Lumens der Acini abhängig ist; 2. ob
ein Zerfall von Epithelkernen stattfindet und auf welche Weise
diese Kerne ersetzt werden; 3. welchen Antheil an der Milch¬
bildung die Leukocyten haben und 4. ob das in den Drüsen¬
zellen auftreteude Fett Degenerations- oder Secretionsproduct sei.
Diese Fragen hat Michaelis zum Gegenstand seiner Unter¬
suchung gemacht an Kühen, Meerschweinchen und Mäusen.
Die Milchdrüse besteht aus Gängen, an denen beerenförmige
laterale und terminale Ausbuchtungen, die Drüsenalveolen bezw.
Acini, sich befinden. Im Uebrigen enthalten die Acini dasselbe
Epithel wie die Gänge. Bei der Secretion gehen an beiden
Epithelien dieselben Veränderungen vor sich. Im Lumen der
Alveolen tragender Thiere fanden sich mächtige Leukocyten in
amöboider Bewegung, welche nur einen Kern besitzen. Ausser¬
dem sind in den Alveolen und im interstitiellen Gewebe massen¬
hafte mehrkörnige Lymphkörperchen beobachtet, ebenso grosse
Mengen eosinophiler Zellen. Die durch vier Wochen fortgesetzte
Untersuchung des Drüseuinhalts trächtiger Meerschweinchen
ergab häufig alternirendes Auftreten von Leukocyten und
Colo8trumkörperchen und von Uebergangsformen zwischen beiden.
M. folgert daraus, dass, entgegen allen früheren Ansichten, die
Colostrumkörperchen aus Leukocyten bestehen, und zwar aus den
einkernigen, welche Milchkügelchen in sich dauernd aufnehmen.
Durch fettige Degeneration von Leukocyten kommen sie nicht
zu Stande, da sie amöboide Bewegungen zeigen. Die mehr¬
kernigen Leukocyten dagegen unterliegen einem Zerfall, dem
eine lebhafte amitotische Kerntheilung vorangeht. Ueber
das weitere Schicksal der Colostrumkörperchen konnte M.
zu keiner festen Ansicht gelangen. Eine Zurückwanderung
derselben in die Lymphbahn ist schon ihrer Grösse wegen
unwahrscheinlich. Alle diese Erscheinungen zeigen sich an der
Drüse des trächtigen Thieres. Die des säugenden bietet ein
total verändertes Bild. Das interstitielle Bindegewebe reducirt
sich auf ein Minimum, Lymphkörperchen sind darin nicht mehr
vorhanden. Die acidophilen Zellen verschwinden, und im Secret
finden sich haufenweise freie Kerne, die den Kernen der Epithel¬
zellen gleichen. Dies ist schon früher beobachtet, aber wegen
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
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320
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
des Mangels an Kerntheilungserscheinungen stets für den rätsel¬
haftesten Pankt bei der Milchsecretion angesehen worden. Jeden¬
falls enthält die secernirende Drüse mehr Kerne als die nicht
secernirende. M. konnte dies ans der Thatsache erklären, dass
er mehrkernige Epithelzellen fand und directe amitotische Kern¬
teilungen beobachtete. Die gleich nach der Geburt massenhaft
in das Lumen ausgestossenen Kerne kommen also aus den
Epithelzellen, in denen sie durch directe Kernteilungen ent¬
stehen; sie gehen jedoch durch Chromatolyse zu Grunde und
sind daher in der fertigen Milch nicht mehr entalten. Die
Drüsenepitelien selbst sind bei der Lactation erst cubisch, dann
knppenförmig, dann wieder cubisch und schliesslich platt Mög¬
licher Weise ist das Milcheiweiss ein Product der Zellkuppen.
Bezüglich der Entstehung des Milchfettes liegt die Annahme
nahe, dass es sich wie bei den Talgdrüsen um ein Product zer¬
fallender Drüsenzellen handelt. Dies wäre aber nur bei Zwei¬
schichtigkeit des secernirenden Epithels überhaupt möglich. Das
Fett bildet sich daher nicht durch Degeneration, sondern durch
Infiltration — eine Bethätigung der höchsten Lebensfähigkeit
des Zellorganismus und kein ZerstörungsVorgang.
Michaelis bestätigte ferner die Feststellung Kehrers, dass
die Milchkügelchen eine Hüllmembran nicht besitzen. Das
Casein setzt sich aus den von den Zellen abgesonderten und aus
dem durch den Zerfall gebildeten Eiweiss zusammen. Der Kern¬
zerfall erklärt den Nuclei'ngehalt der Milch. Daraus erklärt sich
auch, dass die Colostrummilch, welche fast gar keine Kerne ent¬
hält, mehr Albumin, die normale Milch mehr Nucle'in enthält.
Das Secret eines hochträchtigen Meerschweinchens ist von dem
eines seit einem Tage nicht mehr säugenden Thieres nicht zu
unterscheiden. Nach dem Entfernen der Jungen erfolgt die
Rückbildung der Drüse sehr bald unter bedeutender Verkleinerung
der Alveolen und Zunahme des interstitiellen Bindegewebes.
Die wichtigsten Ergebnisse sind also die: Das Milchfett ist
kein Zerfallsproduct, sondern ein Secret der Zellen. Das Eiweiss
bildet sich theils aus Zellsecret, theils aus zerfallenen Kernen.
Die Colostrumkörperchen entstehen aus grossen einkörnigen
amöboiden Leukocyten. An der Milchbildung haben die Leuko-
cyten keinen Antheil.
Traumatische Hydronephrose beim Hunde.
Von A1 m y • AlforL
(Recuell, SO. XI. 97.)
Ein dreijähriger, sehr magerer Hund trägt einen enormen
Abdominaltumor. Eine secundum artem vorgenommene Explorativ-
laparotomie lässt den Tumor aufdecken; er ist fluctuirend,
elastisch, adhaerirend an der Lende und an seiner Basis in Ver¬
bindung mit den grossen Bauchgefässen.
Eine Punction mit dem Aspirator giebt mehr als einen Liter
einer trüben Flüssigkeit. Nach der Punction wird eine Jod¬
waschung vorgenommen. Drei Monate später geht das Thier
ein infolge neuer Ansammlung und Entleerung in die Peritoneal¬
höhle.
Bei der Section findet man, dass der Tumor eine kindskopf¬
grosse Nierencyste war. Sie hat eine dünne fibröse Rinde und
enthält eine gelbe übelriechende Flüssigkeit. Die Nephrectomie
war wegen der Verbindung mit den Gefässen nicht möglich ge¬
wesen.
Kleine Mittheilungen.
ChlorbarlumwirkuitQ.
Imminger-Donauwörth theilt in der W. f. Thierhlkd. mit,
dass die Anwendung des Chlorbariums ihn vollkommen befriedigt
habe, indem nach seiner Erfahrung kein Mittel eine gleich
prompte Wirkung ausübt Er hat nie über 0,5 g gegeben und
bei Pferden, die hohes Fieber zeigten, oder bei denen wegen der
schon längere Zeit bestehenden Symptome eine Darmverlagerung
angenommen werden musste resp. Zeichen von Herzschwäche be¬
standen, die Chlorbariumanwendung unterlassen. Einen letalen
Ausgang als Folge des Chlorbariums hat er nicht beobachtet.
Ganz prompt wirkt auch das Chlorbarium beim Rind. 4—8 g, je
nach Alter und Grösse, in destillirtem Wasser aufgelöst, per os
eingegeben, hatten eine exacte Wirkung innerhalb einer Stunde,
wobei auch Wanstbewegungen und Wiederkauen stark angeregt
wurden.
Auch Ammerschläger-Aschaffenburg theilt in derselben
Nummer mit, dass bei einer seit 3 Tagen an Indigestion leidenden
Kuh 16 g Chlorbarium, in Leinsamenschleim innerhalb 2 Stunden
auf 2 Mal bei gleichzeitiger Anwendung von warmen Priessnitz-
umschlägen gegeben, schon Dach einigen Stunden stärkere Wanst¬
bewegungen und Abgänge von Gasen und Excrementen zur Folge
hatten. Nach 24 Stunden wurde das Mittel wiederholt. Es trat
darauf Diarrhoe ein, und die Kuh wurde recht hinfällig, genas
aber nach 3 Tagen. — Auch Merkle-Wollnzach hat in 8 Fällen
von Chlorbariumanwendung eine prompte Wirkung beobachtet,
während Bezirksthierarzt Hauch eine ungleichmässige, in manchen
Fällen gar keine Wirkung beobachtete und in allen Fällen der
SubcutaniDjection (also keine intravenöse Anwendung) eine starke
Schwellung eintreten sah.
Orthoform.
Klaussner (Dtsch. med. Wschr. 46, 97) hat in der chirur¬
gischen Poliklinik mit dem 0. ausgezeichnete Erfahrungen ge¬
macht. Nach Art des Jodoforms löst es sich sehr langsam und
ist gänzlich ungiftig. Der Erfolg ist sicher überall, wo es aut
offene Wunden, Geschwüre u. s. w., also auf freiliegende Nerven¬
endigungen einwirken kann. Bei Verbrennungen zweiten und
dritten Grades, bei Zahncaries u. s. w. tritt Schmerzlosigkeit in
wenigen Minuten auf, ob nun ein Pulver oder eine 10—20proc.
Salbe verwendet wird. Die Dauer der anästhesirenden Wirkung
ist etwa 30 Stunden, manchmal mehrere Tage. Secretions-
beschränkungen stets nachweisbar. Es wurde meist die Base
verwendet; das salzsaure Orthoform schmerzt unmittelbar nach
der Application eine kurze Zeit. Die Ungiftigkeit ergiebt sich
daraus, dass in einem Fall 60 g ohne Nachtheil verwendet
wurden.
Morphium und Cocain bei Krebs.
Schow will bei fortgesetzter Anwendung von Morphium und
Cacai'n eine fast specifische Wirkung auf Krebswucherungen
gesehen haben, indem wenigstens bei beginnenden Recidiven die
Entwicklung gehemmt wurde.
Uraniumnitrai
Samuel West empfiehlt gegen Diabetes das Uraniuranitrat
bei Menschen in Dosen von 0,3—0,6 g. Die Wirkung zeigt sich
erst allmählich.
Jodtinctur mit starkem Jodgehalt.
Ricci benutzt eine 20proc. alkoholische Jodlösung, die das
Wachsthum der Granulation in ausgezeichneter Weise beför¬
dern soll.
Protargol.
Nach Neisser (Dermatol. Ctrbl. 97) ist das P. eine
chemische Verbindung von Silber mit einem ProteYnstoff, ein in
kaltem und heissem Wasser unter Umschütteln lösliches Pulver
ohne jede reizende Wirkung. N. prüfte es bei Gonorrhoe, drei
Mal täglich ipjicirt. Die Wirkung soll rasch eintreten.
Cocainbase.
Die Cocainbase (Merckl empfiehlt Unna als Hautanaestheticum
. bei juckenden Hautkrankheiten mit unverletzter Haut, bei denen
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7. Juli 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
821
die sonst verwendeten CocaYnsalze wirkungslos sind, da sie die
Hornschicht nicht durchdringen. Solche Affectionen sind: Pruritus
senilis, Ekzema prurigiuosum, Lichen planus. Natürlich hat
daneben die eigentliche Behandlung dieser Krankheiten statt¬
zufinden. Als Anwendungsformen werden angegeben:
Cocai'ni puri Merck 1,0— 2,0 Cocai'ni puri Merck . . 1,0
Spiritus aetherei . 50,0 Sapon. ungninosi Mielk ad 50,0
Collodii. 1,0
Cocaini puri Merck.1,0
01. Amygdal.50,0.
(D. med. Woch.)
Formalin.
Zwar nicht als radicales Heilmittel, aber als gutes Sympto-
maticum empfiehlt Unna Formalin gegen Hyper- und Osmidrosis
der Achseln und Hände und zwar entweder als Kühlsalbe
Adipis lanae .... 20,0
Solut. Formalin. . . 10,0—20,0
Vaselini. 10,0
oder als 5proc. überfettete Formalinseife, die auch als desodorirendes
Waschmittel für die Hände nach Beschäftigung mit putriden
Stoffen brauchbar ist. (D. med. Woch.)
Tagesgeschichte.
VI. Plenar-Versammlnng der Central Vertretung der
thieiärztlichen Vereine Preussens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Die Nothwendlgkeit einer officieil anerkannten thlerirztlichen Standes¬
vertretung.
(Punkt VII der Tagesordnung.)
Referent der Antragsteller, Departementsthierarzt Peters-
Brom berg:
Der Gedanke zu diesem Anträge entsprang der Wahrnehmung,
dass auf der Tagesordnung des Veterinärrathes schon mehrfach,
selbst mit Intervallen von Jahrzehnten, Gegenstände berathen sind,
deren Beschlüsse an massgebenden Stellen zur Kenntniss gebracht
wurden, ohne dass sie Beachtung gefunden hätten.
Die Absicht indess, im October v. Jahres den hier gedachten
Antrag im Veterinärrathe einzubringen, wurde dadurch vereitelt,
dass ich für Bayern die von mir in Aussicht genommene Anregung
bereits vorfand.
Da demnach für den Veterinärrath als Gesainmtvertretung
der Thierärzte Deutschlands dieser Antrag hinfällig wurde, so
richte ich ihn an die thierärztliche Centralvertretung Preussens,
wo höchst wahrscheinlich doch in kürzerer Zeit bedeutende
Veränderungen für uns bevorstehen und wo künftighin die thier¬
ärztlichen Aufgaben noch mancher Erweiterungen bedürfen. Eine
festere Anlehnung an die massgebenden Behörden würde demnach
nicht nur im allgemeinen Interesse, sondern auch in unserm
eigenen Interesse durchaus nützlich und sogar nothwendig sein.
Nichts liegt mir im Uebrigen ferner, als die grossen Ver¬
dienste der massgebenden Behörden und unsere allgemeinen und
specielleren Corporationen für unsere Sache nicht anzuerkennen
oder zu schmälern. Aber es gilt auch hier das Wort: Rasten
ist Rosten!
Meine Herren! Zum bessern Verständniss für das, was ich
mir Ihnen vorzuschlagen erlaube, schicke ich einen Vergleich
mit anderen Kreisen voraus. Die Einrichtung von Corporationen,
welche mit dem Aehnlichkeit haben, was ich beabsichtige,
ist in den staatlich anerkannten Zusammenschlüssen der Land¬
wirtschaft, des Handels, der Aerzte, der Rechtsanwälte und zum
Theil auch der Apotheker bereits in Preussen geschaffen.
Die älteste dieser Einrichtung ist die von Frankreich über¬
kommene Einrichtung der Handelskammer, deren Anfänge
bis zum Beginn dieses Jahrhunderts (in Cöln und Frankfurt a. M.)
zurückzudatiren sind, obgleich schon Commerz-Collegien 1738 in
Schleswig-Holstein vorhanden waren. Durch eine Königl. Ver¬
ordnung wurde dann 1848 die Errichtung der Handelskammer ge¬
schaffen, deren Verbesserung durch das Gesetz vom 24. Februar
1870 vorgenommen wurde.
Im § 4 der Verordnung von 1848 war als Zweck der Handels¬
kammer angegeben:
Auf Verlangen der Provinzial- und Cetitralbehörden Berichte
und Outachten über Handel- und Gewerbe-Angelegenheiten xti er¬
statten, aber auch nach eigenem Ermessen Mittel und Wege
anxugeben, durch welche Handel und Gewerbe gefördert werden.
Die vielen Bedenken, die gegen eine derartige einzelnen
Erwerbsständen durch gesetzliche Organe zugesicherte Stellung
laut geworden sind, wurden nach und nach beseitigt. Selbst der
Landwirtschaft wurden Vorwürfe gemacht, dass sie aus dem
Rahmen der freien Vereinigung, deren Anfänge auch für sie bereits
bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurückreichen, nicht
herauskam und sich die Erfolge und Erfahrungen der Handels¬
kammern nicht nutzbar machte.
Es hat auch nicht an Versuchen gefehlt, auf andern als dem
den Handelskammern zugewiesenen Wege der Landwirtschaft zu
helfen: Zunächst 1811 durch das Landes-Cultur-Edict, dann 1842
durch Gründung des Landes-Oekonomie-Collegiums; 1850 wurde
alsdann von letzterm mit dem landwirtschaftlichen Central-
Verein der Preuss. Monarchie über die Anbahnung gemeinsamer
Interessenvertretung berathen, ohne aber zu einem greifbaren Re¬
sultate zu kommen; ferner die Bildung des Congresses norddeutscher
Landwirte der sechsziger Jahre, die des deutschen Landwirth-
schaftsrathes 1873 u. s. w. — sie alle erreichten aber einen für
die Landwirtschaft greifbaren Nutzen nicht. 1884 wurde dann
die Frage über Neubelebnng der landwirtschaftlichen Vereine
vom Landes-Oekonomie-Collegium zur Discussion gestellt. Ein
Erfolg wurde aber nicht erreicht. Erst als nun 1890 der land¬
wirtschaftliche Central-Verein der Provinz Sachsen einen Antrag
auf Errichtung eines der Handelskammer ähnlichen Institutes für
Landwirtschaft beim Landes-Oekonomie-Collegium einbrachte,
wurde am 16. November 1892 beschlossen, an den Herrn Land-
wirthschaftsminister die Bitte zu richten, die Bildung von
Landwirtschaftskammern anzubahnen, und so ist das Gesetz vom
30. Juni 1894 entstanden.
Der Zweck der Landwirthschaftskammern ist im § 2 an¬
gegeben:
Ihre Bestimmung im Allgemeinen ist, die Gesummt-Interessen
der Ijand- und Forstwirtschaft wahrxunehmen , alle auf Hebung
des lätidlichen Grundbesitzes abxielenden Einrichtungen xu fördern.
Sie haben das Recht, selbstständige Anträge xu stellen, die Ver¬
waltungsbehörden durch Gutachten xu unterstützen, über Mass-
regeln der Gesetzgebung und Vertcaltung sich nicht nur xu äussem,
sondern auch mitxuwirken und technische Fortschritte xu fördern.
Es ist auch für die Landwirtschaft nicht leicht gewesen,
eine auf gesetzlicher Basis begründete Interessenvertretung zu
erreichen; wie es scheint, ist aber die Mühe nicht verloren.
Die Anwaltskammer hat sich in gleicher Vorstufe der
Entwickelung befunden. Auch vor dieser Einrichtung bestanden
freie Vereinigungen und diesen (Juristentag, Anwaltstag) ist es
wohl wesentlich zuzuschreiben, dass das Gesetz vom 1. Juli 1878,
welches die Bildung von Anwaltskammern vorschreibt, zu Stande
kam. Wenngleich auch die Anwaltskammern wesentlich Disciplinar-
rechten dienen sollen, so ist ihnen doch in den §§ 49 und 50 die
Berechtigung zugesprochen:
Vorstellungen und Anträge, welche das Interesse der Rechtspflege oder
der Rechtsanwaltschaft betreffen, an die LandesvsrwalUtng xu richten.
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322
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
Die Aerztekammer ist nicht durch Gesetz, sondern durch
Königl. Verordnung vom 25. Mai 1887 betreffend die Ein¬
richtung einer ärztlichen Standesvertretung errichtet, nachdem
die freie Vereinigung der Preuss. Aerzte schon lange darauf
gedrängt hatte. Wesentlich wurden ihre Wünsche dadurch
unterstützt, dass in Baden seit 1864, in Sachsen seit 1865 und in
Bayern seit 1871 eine staatliche Organisation für Aerzte bestand.
Die Königliche Verordnung betreffs Errichtung der Aerztekammern
bestimmt für jede Provinz eine Kammer, deren Geschäftsbereich
besteht in:
Erörterung aller Fragen und Angelegenheiten, welche den ärzt¬
lichen Beruf oder das Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege
betreffen — oder auf Wahrnehmungen und Vertretung der ärztliehe/i
Standesinieressen gerichtet sind. Die Aerztekammern sind befugt ,
innerhalb ihres Geschäftskreises Vorstellungen und Anträge an die
Staatsbehörden zu richten und die letzteren sollen geeigneten Falls,
insbesondere auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege den
Aerztekammern Gelegenheit geben , sich über einschlägige Fragen gut¬
achtlich zu äussem. *)
Nachträglich ist die Königl. Verordnung noch durch einen
Nachtrag vom 6. Januar 1896 (G. S. S. 1) dahin ergänzt, dass
ein Aerztekammer-Ausschuss gebildet ist.
Der corporative Zusammenschluss der Apotheker reicht bis
in die Anfänge dieses Jahrhunderts zurück. 1820 entstand der
Apotheker-Verein für Westfalen, der sich bald über die Grenzen von
Westfalen ausdehnte und 1821 zum Apotheker-Verein im nörd¬
lichen Deutschland aufschwang. In demselben Jahre übernahm der
Preuss. Cultusminister das Protectorat und 1869 erhielt der Verein
die Rechte einer juristischen Person. Nach der Gründung des
Deutschen Reichs erfolgte 1872 die Verschmelzung der süd¬
deutschen und norddeutschen Apotheker - Vereine zu einem
deutschen Apothekerverein, der 1873 die landesherrliche Ge¬
nehmigung erhielt, wie sie früher der norddeutsche Apotheker¬
verein hatte. Der deutsche Apothekerverein beruht jetzt auf
den durch Allerhöchsten Erlass vom 17. April 1893 bestätigten
Satzungen. Letztere umfassen:
Die Fortbildung der Pharmacie, die Wahrung der sittlichen ,
gesellschaftlichen und materiellen Interessen des Apothekerstandes
und die Unterstützung von hülfsbedürfügen Fachgenossen.
Die Thierärzte Preussens befinden sich noch im Stadium der
freien Vereinigung. Ausser Bayern hat meines Wissens kein
Bundesstaat eine staatlich anerkannte Vertretung der Thierärzte
eingerichtet. In Bayern aber haben die thierärztlichen Vereine
eine seit 20 Jahren schon bestehende Interessenvertretung, und
zwar durch Allerhöchste Verordnung vom 11. Februar 1877
erlangt:
Die Kreis vereine (lieg.-Bezirks- Ver.) sind hiernach als die zur
Vertretung der Interessen der Thierärxte des betreffenden Itegicrungs-
Bczirks bei der Staatsregierung zuständigen Organe anerkannt, sie
können sowohl vom Staatsministerium des Innern, sowie von der
Kammer des Innern zur Abgabe von Gutachten über Gegenstände
des Vetcrinärwesens aufgefordert werden, insbesondere über Fragen
und Angelegenheiten, welche sich auf die. thicrärxtlichcWissenschaft als
solche, oder auf die Veterinär-Polizei oder auf die. Entwicklung der
Hausthierzucht und die allcnfalsigcn Mittel zu ihrer Verbesserung
oder auf die öffentliche Gesundheitspflege oder auf die Wahrung
der Stamlcsintcrcssen der Thierärxte beziehen. Die genannten
Vereine sind auch befugt, aus eigener Initiative auf das Veterinär¬
wesen bezügliche Anträge an die Staatsregierung zu richten.
Der etwaige Einwand gegen meinen Antrag, dass die Handels¬
kammern und Landwirthschaftskammern u. s. w. ungleich grössere
Gebiete umschlössen als das uns zngewiesenc, ist nicht berechtigt,
denn unser Gebiet ist keineswegs so unbedeutend, und bekanntlich
soll man mit fremdem Eigenthum gewissenhafter verfahren wie
•) Beiträge können durch die Aerztekammern nicht zwangsweise
erhoben werden, weil sie nicht durch ein Gesetz gebildet sind.
Erlass vom 19. Mai 1894.
mit eigenem: das trifft aber für uns gegenüber den vorerwähnten
Kreisen am meisten zu; endlich ist auch das Allgemeinwohl
des Staates an der Sache nicht unwesentlich interessirt.
Das Gleichartige nun, was meinen Antrag mit den Ein¬
richtungen der vorerwähnten Corporationen verbindet, ist lediglich
in dem Zweck derselben begründet. Ich habe die Motive schon
bei den einzelnen Corporationen hervorgehoben; er ist bei allen
— trotz der ausserordentlichen Verschiedenheit der Stellung z. B.
der Aerzte und der Landwirthschaftskammern; der Rechtsanwalt¬
kammern gegenüber den Apothekern — derselbe und einem
anderen Zwecke soll auch dieser Antrag nicht dienen als:
1. Die gesetzlich gewährte Theilnahme an den uns ob¬
liegenden Aufgaben; und
2. die Interessen unseres Standes durch anerkannte Ver¬
tretung zu schützen und zu fördern.
Meine Herren! Bislang drehte sich die Aufgabe der Thier¬
ärzte vornehmlich um zwei Aufgaben, welche auch wohl immer¬
hin das Wesentlichste unseres Thuns bleiben werden: Die Be¬
handlung kranker Thiere und die Bekämpfung von Seuchen, wo¬
zu als dritte die Fleischschau, bezw. das hygienische Gebiet hin-
zngekommen ist.
Wenn es aber wahr ist — und es wird ja von allen Seiten,
selbst in den gesetzgebenden Körperschaften, anerkannt und hervor¬
gehoben — dass uns der ausserordentlich werthvolle Viehbestand
als Nationalvermögen anvertraut ist, dann lösen wir unsere Auf¬
gabe nicht, wenn wir uns nur auf die Beseitigung von Krank¬
heiten und Seuchen beschränken, sondern wir haben unsere Auf¬
gabe auch wesentlich darin zu suchen, das uns anvertrante Gut
zu erhalten, zu verbessern und zu vermehren.
Um diese grossen Aufgaben aber zu verwirklichen und uns
nützlich für das Allgemeinwohl zu machen, können wir uns nicht
darauf beschränken, zu warten, bis uns auf Umwegen etwas zu-
gewiesen wird, sondern hier kann nur eigene Initiative von Erfolg
sein. Eine erfolgreiche Initiative wird aber nur dann eintreten,
wenn sie aus gesetzlich anerkannten Körperschaften entspringt —
das ist nun einmal eine Conseqnenz unseres intensiv regierten
Vaterlandes!
Der einzelne Mann ist machtlos; die Thätigkeit der frei¬
willigen Vereinigungen findet kaum Beachtung. Wie viel vor¬
treffliche Rathschläge sind nicht lange vor Anbahnung der
Seuchengesetze aus den Kreisen der im öffentlichen Leben
stehenden Thierärzte allein zur Bekämpfung von Seuchen ge¬
geben, sowohl ans amtlichen Anlässen, wie aus eigener Initiative
und auch in regelmässigen Berichten, ohne dass sie je Beachtung
gefunden hätten. Wie viel vortreffliche Rathschläge werden heute
nicht noch in Tinte und Druckerschwärze umgesetzt und wandern
den Weg allen Staubes.
Gegenüber diesen Thatsachen geht aber aus den Erfolgen
und der Bedeutung der Eingangs erwähnten Corporationen deut¬
lich der Unterschied hervor, wie ganz anders die Wirkung amt¬
lich anerkannter Corporationen ist, z. B. solche der Handels¬
kammern. Selbst in unser Gebiet hat sie mit Erfolg wiederholt
eingegriffen. War es doch die Handelskammer von Hanau, die
durch ihre Eingabe das Handelsministerium veranlasste, auf Be¬
seitigung oder Aendernng des § 24 des Preuss. Gesetzes vom
12.3.81 hinzuwirken. Glaubt man etwa, der „kaufmännische
Verein“ von Hanau hätte trotz derselben Mitglieder ein Preuss.
Handelsministerium in Bewegung setzen können?
Selbst das junge Institut der Landwirthschaftskammern hat
schon so bedeutende Erfolge aufzuweisen. Ich erinnere hier nur
an die Rothlauf-Impfung. Oder glaubt man, ein landwirt¬
schaftlicher Verein hätte dasselbe fertig gebracht? Dann
bitte ich, hiermit die an sich sehr gut gemeinten, aber doch
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7. Juni 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
etwas schwächlichen früheren Versuche mit der Lungenseuche-
Impfnng in Sachsen zu vergleichen.
Es hat ja in Prenssen schon lange ein Bedürfnis der Mit¬
wirkung der im öffentlichen Leben stehenden Thierärzte Vor¬
gelegen, das ist bei uns draussen am Ende eines Apparates viel fühl¬
barer als anderswo. Aber wenn bislang als einzige sachverständige
Behörde die Deputation für das Veterinärwesen fungirte, so lag
das daran, dass in Prenssen die allgemeine Bekämpfung der Seuchen
im Vordergründe stand nnd hierauf das wesentlichste Augenmerk
gerichtet wurde, während sonst Vieles unterblieben ist.
Der Apparat muss aber für die Zukunft versagen, weil es sich
künftighin nicht mehr um die an sich einheitlich zu bekämpfenden
ausgedehnten Seuchen handelt, sondern vornehmlich um andere, den
örtlichen Verhältnissen angepasste Massregeln und andere Zweige
der thierärztlichen Aufgaben. Die ausserordentlich grosse Ver¬
schiedenheit im Osten und Süden, Norden und Westen der
Monarchie auf fast allen Gebieten unserer Thätigkeit, die
Verschiedenheit der Führung der Landwirtschaft, der Thierzucht,
des Viehbandeis bezügl. des Exports und Imports, der Bedürf¬
nisse des grossen und kleinen Landwirtes, der Fleischschau,
Viehversicherungen u. s. w. zwingen, von beratenden Centralen
auf locale Berather überzugehen.
Es sei fern, eine Kritik zu üben; aber der Mangel anKennt-
niss der verschiedenen Bedürfnisse hat doch auch schon zu Vor¬
schlägen geführt, die das Ziel nicht getroffen haben. Ich erinnere
hier nur an das Gutachten über Einrichtung der Viehhöfe; damit
ist doch ausserhalb Berlins kaum etwas anzufangen. Hierzu
kommt, dass unserer ersten Vertretung das lähmende Moment
einer consultativen Behörde anhafiet; sie hat keine Initiative
und rangirt damit in der Stellung aller übrigen Deputationen in
den Ministerien (Medicin, Pharmacie u. s. w.), die nur antworten,
wenn sie gefragt werden.
Endlich gestatte ich mir noch, auf einen Punkt hinzuweisen,
nämlich den, dass bei der demnächst eintretenden Verjüngung der
Deputation und bei der bislang geübten Gepflogenheit, statt Fach¬
leuten aus dem öffentlichen Leben nur Gelehrte in diese zu schicken,
eine Calamität für die Deputation selbst entstehen muss.
Käme es zur Verwirklichung meines Vorschlages, so wäre
es zweckmässig, nach dem Sinne der preuss. Aerztekammern oder
nach dem Vorgänge der Allerhöchsten Verordnung für Bayern
vom 11. Februar 1877 für die thierärztlichen Vereine Bayerns, je
einen Vertreter der Vereine in die Deputation zu entsenden.
Gleiche Verhältnisse wie in Preussen mit der Deputation
bestehen auch im Reiche beim Reichsgesundheitsamte.
Ein weiterer Grund, den im öffentlichen Leben stehenden
ThierSrzten eine Initiative für unsere Sache zu gewähren, liegt
in dem Umstande, dass in unsern gesetzgebenden Körperschaften
kein Abgeordneter unseres Standes vorhanden ist. Die dort oft
mit bester Absicht angerührten Punkte verrathen oft eine grosse
Unkenntniss. Ein paar Worte eines fachmännischen Abgeordneten
in den Commissionen oder im Plenum würden mit Leichtigkeit
bei der oft schwierigen und unbekannten Materie meist mehr
leisten, wie ein ganzes Ries Papier und lange Reden.
Es sind ja freilich einmal in der Commission zur Berathung
der Abänderung des Reichsviehseuchengesetzes in der neunten
Legislatur-Periode 1893/94 (No. 189 der Drucksachen) thierärzt¬
liche Sachverständige zugezogen, aber die Commissionsmitglieder
sind mit ihren Anträgen mehr den im praktischen Leben stehen¬
den Thierärzten gefolgt. In dieser Commission wurde auch ver¬
sucht, dem § 12 des Reichsviehseuchengesetzes einen Zusatz zu
geben, der die Anordnung zur Verhängung von allgemeinen
Massregeln — in eiligen Fällen schon vor polizeilichem Ein¬
schreiten — nicht nur über kranke und verdächtige Thiere, durch
beamtete Thierärzte ermöglichen sollte. Aber <tu
Regierung erachteten es für bedenklich, den beamteten
eine derartige Befugniss einzuräumen. Nun, man we.
dieser Mangel des § 12 der Bekämpfung der Maul- und Kla.
seuche schadet.
Viele dem gegenwärtigen Verfahren der Vorbereitung von
gesetzlichen Massnahmen anhaftende Mängel würden beseitigt
werden, wenn derartige gesetzliche Massnahmen einer vorher¬
gehenden sachverständigen Prüfung unterzogen würden, wie es
auch in andern Zweigen sich bereits eingebürgert hat, z. B. bei
den Aerztekammern, bei den Pharmaceuten, Handwerkerorgani¬
sationen n. s. w.
Der zweite Theil meines Antrages bezweckt, die Interessen
unseres Standes durch amtliche Anerkennung unserer Vereine zu
schützen nnd zu fördern.
Was den Aerzten Preussens von Sr. Majestät dem König von
Preussen und den Thierärzten Bayerns durch Allerhöchste Ver¬
ordnung als nützlich zugewiesen ist, sollte den Thierärzten
Preussens nicht vorenthalten werden.
Es handelt sich bei dem Antrag darum, die Interessen der
Thierärzte auf gesetzlichem Wege vertreten zu wissen und das
Wohl unseres Standes selbst zu schützen. Der freien Vereinigung
der Thierärzte würde nach dem bis heute üblichen Verfahren ein
Recht der Selbstbethätigung nicht zugestanden werden, selbst bei
den eingreifendsten Veränderungen nicht. Dass hierbei wiederum
die technische Deputation als einzig vorhandene Corporation in
die Lücke einspringen müsste, ergiebt sich von selbst. Ob sie,
die nicht einmal in ihrem engem Rahmen aus Thierärzten allein
zusammengesetzt ist, für alle derartigen Fragen aber genügen
würde, muss an sich und nach dem Modus der Heranziehung
aller übrigen Deputationen bestritten werden, denn ans welchem
andern Grunde sind jetzt die Aerztekammern, Apothekerrath u. b. w,
eingerichtet, als dass sie in eigener Angelegenheit trotz ihrer
Deputationen mitwirken sollen — schliesslich ist bei den Depu¬
tationen alle, ja auch schon in ihrer Bezeichnung „wissen¬
schaftliche Deputationen“ der Umfang ihres Geschäftskreises
gekennzeichnet.
Wie die heutige Verhandlung zeigt, stehen wir vor dem Anfang
einschneidender Veränderungen. Nothwendig ist auch die Ab¬
änderung des thierärztlichen Liquidations - Wesens durch Be¬
seitigung des stellenweise nicht mehr gültigen Gesetzes vom
21. Juni 1815, bei denen die Stimmen der im öffentlichen Leben
stehenden Thierärzte mehr Geltung haben dürften, wie jede andere
Meinung. Soll aber eine Mitwirkung an derartig einschneidenden
Fragen erlangt werden, so kann das nur geschehen auf dem
Wege der gesetzlichen Anerkennung unserer Corporationen. Wer
das bezweifelt, den bitte ich die Stellung und Erfolge der Ein¬
gangs von mir erwähnten Corporation vor und nach ihrer
amtlichen Anerkennung zu studiren.
Mein Antrag, den ich mir erlaube, Ihnen zur Beschlussfassung
zu unterbreiten, geht nun dahin:
1. Die Centralverwaltung der thierärztlichen Vereine Preussens
erkennt die Nothwendigkeit der gesetzlich geregelten Mit¬
wirkung der Thierärzte an den ihnen zufallenden Aufgaben
durch amtliche anerkannte Vertretung etwa nach der Ein¬
richtung der Preuss. Aerztekammern oder der thierärzt¬
lichen Vereine Bayerns an;
2. Die Centralvertretung beschliesst durch eine Commission
dem Herrn Landwirthschaftsminister die Bitte zu unter¬
breiten, den Punkt 1 zu verwirklichen.
Meine Herren! Ich begleite meinen Antrag mit der auch oft
anderweitig an uns gerichteten Mahnung, jederzeit wachsam auf dem
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824
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 27.
Posten za stehen; es könnte sonst leicht kommen, dass wir
dnrch die von allen Seiten versackte Cernirong aaf ein kleines
Arbeitsfeld zusammengedrückt werden.
Aus der Gestüts-Carr iere sind wir schon herausgedrängt,
dort soll ein abgegangener Militär mehr leisten, wie ein durch¬
gebildeter Veterinär Ob das in der Tliat der Fall ist, muss ich
nach allen Beobachtungen bezweifeln; es muss erst noch durch
die bis jetzt fehlende fruchtbringende Thätigkeit bewiesen werden.
Die Aerzte knüpfen an ihre demnächstige Ueberweisung an
ein anderes Ministerium besonders auf dem Gebiete des Fleisch¬
schauwesens und der Hygiene grosse Hoffnung; besonders nach
der Ueberweisung an das Ministerium der inneren Verwaltung.
Die Nahrungsmittelchemiker und Apotheker haben
in ihrem Studiengange Ausbildungen genossen, durch welche sie
sich berufen fühlen, auf unser Gebiet sich auszudehnen; die
qiarktpolizeilichen Untersuchungen von Fisch und Fleisch und
andere tbierischen Nahrungsmittel werden ihnen vielfach schon
jetzt zugewiesen.
Den Landwirthschaftskammern scheint bereits die Be¬
kämpfung der Tuberculose und der Schweineseuchen in den
Schoss gefallen zu sein; wer will ihnen wehren, statt der Thierärzte
Bacteriologen oder andere Personen für diese Thätigkeit zu ver¬
wenden. Das Zuchtgebiet nimmt die Landwirthschaftskammer
vollauf für sich in Anspruch, wer wird ihr auch hier wehren,
statt Thierärzte Landwiithe oder nach dem Vorgänge des Staates
abgegangene Officiere für Zuchtkunde zu verwenden V Ein ein¬
zelner gegenteiliger Fall erobert noch nicht das ganze Gebiet
für den Stand.
Selbst guf dem Gebiete der Thierseuchen scheint das Ver¬
trauen zu den Thierärzten und thierärztlichen Lehranstalten ge¬
litten zu haben, wie die Heranziehung anderer Institute zur
Untersuchung von Thierkrankheiten beweist. Vielfach kommt
das auch davon, weil uns Rückgrat fehlt; wir suchen viel zu
viel Anlehnung an andere Institute und geben damit die Karten
aus der Hand. Hat es uns Thierärzte doch nicht wenig ver¬
letzt, einen unserer Professoren nur als thierärztlichen Berather
in der Commission zur Erforschung der Maul- und Klauenseuche
im hygienischen Institute zu sehen; in allen Kreisen wurde man
darauf angefasst. Dazu bedurfte es doch nicht eines unserer
hochverdienten Lehrer; diese Stellung konnte auch der jüngste
Thierarzt ausfüllen.
Wir haben, meine Herren, alle Veranlassung toujours en ve-
dette zu stehen. Ich hoffe, nach der Erfüllung dieses Antrages
wird manches in bessere Wege geleitet werden.
(Allseitiger Beifall)
Auf Antrag Mehrdorf’s wird von einer Discussion abgesehen
und einstimmig beschlossen, dass der Anregung des Referenten
Seitens der G'entralveitretung Folge gegeben werden soll. Dem
Ausschuss werden die zunächst nothwendigen vorbereitenden
Schritte überlassen. (Fortsetzung des Berichts folgt).
Personalien.
Ernennungen etc.: Kreisthierarzt Klebba-Halle i>t zum
Departementsthierarzt für den Reg.-Bez. Potsdam unter Anweisung
seines Wohnsitzes in Potsdam ernannt worden. —
Thierarzt Taubert- Heldburg zum Amtsthierarzt in Rodach,
Schlachthofthierarzt Carl- Karlsruhe zum Bezirksthierarzt in
Neckargemünd, Thierarzt Griesow-Naumburg, commiss. zum Kreis¬
thierarzt des Kreises Naumburg.
Tuierarzt H e n g e n - Rülzheim zum Zuchtinspector des Verbandes
für die Zucht des Glan-Donnersberger Viehs in Kaiserslautern, Thier¬
arzt M ü 11 e r - Fürstenberg a. 0. zuin Assistenten an der Rothlauf-
lmpfanstalt der brandenburgischen Landwirthschaftskammer zu
Prenzlau, Amtsthierarzt E. Möbius- Lengenfeld zum Amtsthierarzt
bei der städtischen Fleischbeschau in Dresden, Tbierarzt Dr. 0.
Müller-Hvidding zum Hilfsthierarzt bei der städt. Fleischbeschau
in Dresden, Thierarzt R ö s s 1 e - Langenburg zum Stadtthierarzt in
Waiblingen — gewählt.
Versetzt sind: Bezirksthierarzt W e h r 1 e - Neckargemünd
nach Moshaoh, Bezirksthierarzt V a e t h - Mosbach nach Heidelberg^
Bezirksthierarzt Hotz-Stetten nach Zell a. H.
Geheimrath Prof. Dr. Dieckerhoff ist von der nebenamtlich
verwalteten Stelle deB Departementsthierarztes bei der Regierung
zu Potsdam entbunden worden.
Approbationen : Hannover: Die Herren Heinrich N e f f g e n ,
Carl N e n h a u s, Erich R u p p e r t.
Wohn8ltzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen sind die
Thierärzte Lehmann-Callies nach Barmstedt (Holstein), Hansen
von Steinbergkirche nach Schöllkrippe, Brinkmann von Würzbnrg
nach Kissingen, Gutfeld von Heidelberg nach Bruchsal. — Thierarzt
Rosenplenter hat sich in Adenstedt bei Peine niedergelassen.
In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt: Rossarzt Paul
vom Feld-Art.-ltgt. No. 35 unter Versetzung zum Drag.-Rgt No. 4. —
Befördert zum Rossarzt: Unterrossarzt J a r m a t z vom Drag.-Rgt.
No. 6 unter Versetzung zum Feld-Art.-Rgt. No. 34. — Befördert zu
Rossärzten des Beurlaubtenstandes: Unterrossärzte der Reserve
Assenmacher und Büttner. — Versetzt: Oberragsarzt
Füchsel vom Drag.-Rgt No. 4 zum Leib-Garde-Hus.-Rgt., Robs-
arzt Schmidt vom Leib-Kür.-Rgt No. 1 zum 2. Garde-Feld-Art-
Rgt. — Oberrossarzt D i s c h e r e 11 auf seinen Antrag mit Pension
in den Rahestand versetzt.
Todesfälle : Thierarzt K r o s c h - Erxleben; Tuierarzt Beck¬
mann- Schledehausen._
Yaeanzen.
Kreis*hieraritstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Breslau: Steinau a. 0. Bew. bis 11. Juli an Reg.-Präsident. —
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Gum¬
binnen: Insterburg (noch nicht ausgeschrieben). — Neustadt
(Herzogthnm Coburg): Amtsthierarztstelle (500M. und 300—400 M.
Fleischschangebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Gumb inn e n:
Stallupönen (Assistent des Grenzthierarztes). — R.-B. Oppeln:
Falkenberg O./S. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanltitsthlerarztoteileo :a)NeuausgesohriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist—
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, Heizung,
Beleuchtung). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthof hilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra):
Thierarzt (400 bis 600 M. Fixum). Bew. an Gemeindevorstand. —
Drengfurt: Auskunft Gutsbes. Baranowsky, Fürstenhof b. Dreng-
furt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck): Auskunft J. Prahl,
Grakau b. Gleschendorf. — Guxhagen (Regierungs - Bezirk
Cassel): Auskunft Apotheker Klingestein. — Pitschen. —
Schwarzenau.— 1898 bekannt gegebene: Argenau:
Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. —
Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — Eddelak (Holstein):
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Einbeck (Prov.
Hannov.): Auskunft Thierarzt Bolle-Magdeburg (Schlachthofi. —
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Floisch-
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat.
— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark).
— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschaoht (Elbe). —
Römhild: Thierarzt (U40M.) Näheres durch Thierarzt Giraud.
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg-Schw.): Thierarzt
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienbagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-
Schw.). — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat—
Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.)
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung): Thier¬
arzt Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Sohönbaum.
— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. InReratentbeil) l*rof. Ür. Schmält» in Berlin. — Verlag und Uitrcntlium von Uichard Schoctz ln Berlin. — Druck von W. Büxengteln. Berlin.
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Dl* „Berliner Thlerirztllche Wochemchrift“ erecbeint Origiaalboitr&ge werden mit 50 Hk. flir den Bogen bonorlrt
wöchentlich in Stärke von mindeitem l'/t Bogen. Dleielbe Alle Manuacripte, Mittheilungen und redaetionellen An¬
ist mu beziehen durch den Iiucbh*ndel, die Poet (No. 1031) I M "■ 0 fragen beliebe man zu eenden an Prof. Dr. Schmaltx,
oder durch die Verlagebucbliandlung von Richard ma ■ /\-*a Berlin, thierärztliche Hochachule, NW., Luieenetraeae 56.
Schoetz, Berlin NW., l.uieenatraete 36, cum Preiee von ||M ■ I I ■ ■ ■ Correcturen, Reeenelona-Exemplare und Annoncen da-
Mk. 5 , — pro Vierteljahr. M W ™ J ■ M m I I t^l gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 28 . Ausgegeben am 14. Jnli.
Inhalt: Meyerstrasse: Zur Behandlung gewisser Lahmheiten mit Atropin- Morphium-Lösung. — Aronsohn: Zur
Aetiologie der primären Pleuritis. — Wandt: Behandlung der Haemoglobinaemie mit Veratrin. —
Prayon: Zur Anwendung des Arecolins bei Hufrliehe. — Referate : F1 o c a r d: Ueber die Castration der Kühe. —
Rexilius: Blutharnen beim Pferde. — Roger: Ueber die Bedeutung des Netzes als Schutzorgan des Bauchfelles. — Thera¬
peutische Notizen — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preiissens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Verschiedenes. — Oeffentliches Veteriuärwesen:
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Zur Behandlung
gewisser Lahmheiten mit Atropin-Morphium-Lösung.
Von
Meyerstrasse-Hünfeld,
KreUlbierarzt.
Wie die Veröffentlichung einer Reihe von Fällen, in denen
gewisse Lahmheiten durch Injection von Atropin - Morpliinm-
Lösnng geheilt worden sind, beweist, sind hierbei anch zuweilen
Erscheinungen der Atropinvergiftung beobachtet worden In
No. 17 (S. 198) dieser Wochenschrift ist die Meinung aus¬
gesprochen, dass es sich dabei wohl um eine Idiosynkrasie handeln
möchte. Dass die Empfindlichkeit der Pferde gegen Atropin eine
sehr verschiedene und keineswegs allein abhängig ist von dem
Körpergewichte, beweisen die Fälle, in denen ich zur Heilung
bestimmter Lahmheiten von der erwähnten Lösung Gebrauch
machte. Ich habe die Atropin-Morphium-Lösung in 11 Fällen
lahmen Pferden injicirt, seitdem ich von der günstigen Wirkung
derselben nach der ersten Veröffentlichung Kenntniss erlangt
hatte. Bei drei Pferden von sehr verschiedenem Körpergewichte
und Alter machten sich die Erscheinungen der Atropinvergiftung
in beängstigender Weise bemerkbar und ich verfehle nicht,
meine diesbezüglichen Beobachtungen zur allgemeinen KenntnisR
zn bringen, wobei es mir zunächst, gestattet sein möge, einiges
über die erzielten Erfolge vorausznschicken.
Die Erfolge von der Atropin-Morphinm-Behandlung waren je
nach Art der Lahmheit sehr verschieden. Einige Lahmheiten
wurden dauernd geheilt, während andere nur vorübergehend
gebessert und endlich manche gar nicht beeinflusst wurden.
Was nun zunächst die erste Gruppe anbelangt, so versnehte
ich das Mittel zuerst bei einem ca. 700 kg schweren dänischen
Fuchswallach, der nachweislich schon seit 9 Jahren auf dem
linken Vorderfusse stark lahmte und mit den verschiedensten
Einreibungen monatelang erfolglos behandelt worden war. Das
einzige zur Zeit noch wahrnehmbare Symptom war eine Ver¬
kürzung der Schrittlänge der betreffenden Vordergliedmasse,
wobei das Thier häufig mit der Zehe anstiess, da der Fuss nicht
genügend gehoben wurde. Schwellungen etc. im Bereiche der
oberen Gelenke waren nicht zu constatiren. Eine Atrophie der
Schultermuskulatnr war nicht vorhanden. Es bestand bei der Be¬
wegung im Schritt starke und dauernde Lahmheit. Zum Traben
war das Pferd überhaupt nicht zu bewegen. Mit dieser Lahm¬
heit behaftet hatte es jahrelang die äusserst geringe Arbeits¬
leistung nur mühsam verrichten können. Seit etwa einem Jahre
hatte sich auch eine Lahmheit auf dem rechten Hinterbeine
bemerkbar gemacht, die ohne nachweisbare Ursache plötzlich
entstanden war. Fraglicher Fnss wurde im Stande der Ruhe
nicht belastet, im Fesselgelenk gar nicht oder nur unvollständig,
oft in mehreren Absätzen durch getreten. Schwellung und ver¬
mehrtet Wärme waren im Bereiche des Fesselgelenkes nicht zu
constatiren. Auch äusserte das Thier bei Drehbewegungen des
Gelenkes keine Schmerzen. Die weitere Untersuchung des be¬
treffenden Hinterschenkels ergab einen negativen Befand. An¬
dauernde Ruhe und eine längere Zeit hindurch fortgesetzte Be¬
handlung mit Kühlen, Einreibungen nnd Priessnitz-Umschlägen
hatte keine nennenswerte Besserung zur Folge. Das Thier war
in diesem Zustande werthlos und sollte zum Schlachten abgegeben
werden. In dieser Zeit wurde mir die erfolgreiche Behandlung
der chronischen Schulterlahmheit mit Atropin-Morphium-Lösung
bekannt Eine von mir znbereitete Lösung von Atropinura sulfuric.
0,0b und Morphinnm hydrochloric. 0,2 in 20,0 destillirtem Wasser
injicirte ich dem Tliiere frühmorgens in die Unterbaut der linken
Schultergegend und Hess den Stall tagsüber möglichst dunkel
halten. Nach Aussage des Besitzers hat das Pferd einige Zeit
nach der Injection mit den Vorderfüssen etwas gescharrt nnd
Mittags das Futter versagt. Weitere Erscheinungen sind ihm
nicht aufgefallen. Am folgenden Morgen Hess ich das Pferd
ans dem Stalle bringen und eine kurze Strecke führen, wobei
die Lahmheit auf dem rechten Hinterfusse bereits vollständig
verschwunden war und sich vorn schon bedeutend gebessert
hatte. Das Pferd verblieb noch drei Tage im Stalle nnd hat dann
einen Weg von 15 km fast ganz im Trabe znrückgelegt, ohne
nur im geringsten zu lahmen. Der Besitzer erklärte mir auch,
dass das Pferd ein sehr lebhaftes Temperament gezeigt habe,
i was er bei demselben früher nicht bemerkt hätte. Das Thier
arbeitet nun schon seit dem 8. November vorigen Jahres wieder,
! sowohl auf hartem Wege als auch auf dem Acker, ohne je wieder
i lahm gewesen zu sein.
Der zweite Fall betrifft das Pferd eines Hofbesitzers, welches
periodisch auf dem linken Hinteifusse lahmte und wegen dieser
i Lahmheit regelmässig thierärztlich behandelt worden ist. Patien
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BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHEN SCHRIET.
zeigte folgende Erscheinungen: Im Fesselgelenk wird nicht ge¬
nügend, ab und zu, besonders bei der Wendung, ruckweise in
mehreren Absätzen durch getreten. Weitere locale Erscheinungen
sind nicht zu constatiren. Auch konnte mit Rücksicht auf die
früheren Anfälle sowie durch die weitere Befnnderhebung eine
andere Lahmheit mit Bestimmtheit ausgeschlossen werden.
Meinen Vorschlag, dem Thiere eine Atropin - Morphiumlösung zu
injiciren, nahm der Besitzer an. Ich beabsichtigte, die Ipjection
in die lockere Unterbaut der Kniegelenksgegend zu machen.
Nach der Abendfütterung nahm ich die Einspritzung vor. Trotz¬
dem das Thier gebremst war, zeigte es sich derartig aufgeregt
beim Einstechen der Hohlnadel, dass ich die Injection notli-
wendigerweise an der seitlichen Halsfläche vornehmen musste.
Am folgenden Morgen um 5 Uhr zeigte dies Thier die Er¬
scheinungen einer hartnäckigen Verstopfungskolik, welche trotz
Behandlung bis zum Abend dauerte. Die Lahmheit ist seitdem
verschwunden, und nach Aussage des Besitzers hat das Pferd
während der ganzen Frühjahrsbestellung angestrengt gearbeitet,
ohne zu lahmen, und mehr leisten können als je zuvor. Auf die
Vergiftungserscheinungen werde ich später znrückkommen. Bei
diesem Thiere hat demnach keine locale Behandlung mit der
Atropin - Morphiumlösung stattgefundeu, sondern die Injection
wurde an der seitlichen Halsfläche gemacht, trotzdem ist die
Lahmheit geheilt.
Im dritten Falle handelt es sich um ein Pferd, welches seit
mehreren Jahren an Schulterlahmheit litt. Die Lahmheit trat
besonders stark bei anstrengender Arbeit hervor. Das lahme
Bein wurde dann nur halb so weit vorgeführt als das gesunde.
Andere Erscheinungen waren nicht vorhanden. Auch waren an
der betreffenden Gliedmasse keine anderweitigen Veränderungen
zu constatiren, welche als Ursache der Lahmheit gelten konnten.
Bei diesem Pferde, welchem die Atropin-Morphiumlösung in der
gewöhnlichen Dosis injicirt wurde, war nach einigen Tagen eine
dauernde Heilung zu constatiren. Der Besitzer hat keine auf¬
fallenden Erscheinungen, abgesehen von der stets zu beobachtenden
vorübergehenden Appetitstörung, der Trockenheit des Maules und
der Zunge, dem Auskauen von trockenen Heuballen etc. neben
einer gewissen Unruhe, bemerkt.
Ein ähnlicher Fall kam ebenfalls noch zur Behandlung, nur
mit dem Unterschiede, dass die Schulterlahmheit erst kurze Zeit
bestand. Die Lahmheit war angeblich durch Stossen der Deichsel
gegen das Gelenk entstanden. Es waren zunächst die Zeichen
der acuten Entzündung zu constatiren. Als letztere nach mehr¬
tägiger Ruhe und Behandlung verschwunden waren, iujicirte ich
dem Thiere Abends vor dem Füttern 15 Gramm! der erwähnten
Lösung. Ich nahm schon wegen des geringen Körpergewichts
(ca. 450 kg) an und für sich, wie auch wegen des schlechten
Nährzustandes von der vollen Dosis Abstand. Trotzdem ist dies
Pferd am folgenden Tage ziemlich schwer an Kolik erkrankt, so
dass der Besitzer es bestimmt zur Behandlung geschickt hätte,
wenn er von mir nicht vorher auf die event. eintretenden Er¬
scheinungen aufmerksam gemacht worden wäre. Das Thier ist
ohne Behandlung gewesen, auch war keine Lahmheit später mehr
zu constatiren.
In den angeführten Fällen von Lahmheiten, von denen drei
chronisch und rheumatischer Natur waren, eine dagegen acut und
höchst wahrscheinlich durch mechanischen Insult entstanden war,
ist dauernde Heilung durch die Atropin-Morphiurawirkung herbei¬
geführt worden. Bei zwei der behandelten Thiere trat eine un¬
angenehme Nebenwirkung des Atropins ein.
Interessant ist noch die Wirkung der Atropin-Morphiumlösung
bei einem 20jährigen Pferde, das mehrere Jahre an einseitiger
Hiift^elenksenizündung gelitten hat und deswegen mit Haarseil
No. 28.
J und verschiedenen Einreibungen behandelt worden ist. Das Thier
war sehr lahm, führte den lahmen Fnss nur wenig vor und
konnte damit nicht über die Stallschwelle treten. Wurde es zum
Uebertreten über die Schwelle gezwungen, so führte es den ge¬
sunden Schenkel dicht vor dieselbe und brachte dann mit einer
hüpfenden Bewegung desselben die Hinterhand über die Schwelle
hinweg. Obgleich ich kaum einen Einfluss der Atropin-Morphium-
lösnng auf die veraltete und hochgradige Lahmheit annehmen
durfte, spritzte ich dem Pferde dennoch die Lösung ein. Nach
einigen Tagen war eine Besserung zu beobachten. Das Thier
setzte den Schenkel freier vor und konnte ihn auch ohne be¬
sondere Anstrengung über vorgelegte Gegenstände und die Stall¬
schwelle heben. Die Besserung war aber keine dauernde, denn
als das Pferd wieder anstrengende Arbeit verrichten musste, kehrte
die Lahmheit in dem früheren Grade zurück.
Eine vorübergehende Besserung konnte ich auch noch bei
einem in Folge chronischer Kniegelenksentzüudung hochgradig
lahmen Pferde constatiren. Das Pferd, ein Amerikaner, magerte
trotz guter Fütterung bei leichter Dienstleistung ab, was
| besonders wohl darin begründet ist, dass sich das Thier niemals
freiwillig hinlegt, sondern nur dann liegt, wenn es vor grosser
Ermüdung umfällt lind sich dann oft bis zum starken Schweiss¬
ausbruche abarbeitet, wenn ihm nicht gleich durch geeignete
Unterstützung das Aufstehen ermöglicht wird. Bei diesem
Pferde traten am Tage nach der Injection heftige Vergiftungs¬
erscheinungen hervor, welche sich nach Aussage des Besitzers
bis zu kollerartigen Erscheinungen steigerten. Da ich den
Patienten nicht sofort besuchen konnte, waren bei meiner An-
i kunft, etwa zwei Stunden später, die Erscheinungen bereits
i wieder verschwunden, nur war das Thier noch über und über
mit Schweiss bedeckt, frass aber schon wieder das vorgelegte
Futter. Die Vergiftungssymptome wurden erst am Tage nach
der Injection beobachtet. Während einiger Wochen war die
Lahmheit geringer geworden, das bei diesem Patienten stets
beobachtete fast permanente Hochziehen des lahmen Schenkels
an den Hinterleib liess aber durch die Atropiu-Morphiumwirkung
nicht nach.
Ebenso war der Erfolg nur ein vorübergehender bei einem
schweren hannoverschen Pferde, das plötzlich vor dem Wagen
nach einem Seitensprunge sehr stark auf dem linken Hinter-
fusse lahmte. Die wahrnehmbaren Symptome liessen auf eine
Kniegelenkslahmheit schliessen. Da ich das Pferd schon wegen
ausgebreiteter rheumatischer Erkrankung früher einmal behandelt
hatte, hielt ich es nicht für ausgeschlossen, dass es sich auch
jetzt um eine rheumatische Lahmheit handeln könnte. Einige
Tage nach der Injection der Atropin-Morphiumlösung schwand
die Lahmheit vollständig, diese Besserung hielt aber nur wenige
Tage an, denn bei dem Arbeiten im gepflügten Lande lahmte das
Pferd ebenso hochgradig wie früher.
Bei vier anderen lahmen Pferden, bei denen in zwei Fällen
die Ursache der Lahmheit innerhalb der Hufkapsel lag, in den
anderen im Kronengelenke bezw. einer Sehnenscheide, trat auch
keine vorübergehende Besserung ein. Letztere Pferde waren
sämmtlich sehr gut genährt und bei keinem traten Vergiftungs¬
erscheinungen auf, obwohl eins derselben nur ein leichtes ost-
preussisches Wagenpferd war, dem ich 18 ccm von der fraglichen
Lösung injicirt hatte.
Bezüglich der Vergiftungserscheinungen muss ich hervor¬
heben, dass solche bei drei Pferden auftiaten, und zwar äuaserten
sich dieselben hauptsächlich als Kolikerscheinungen, welche ca.
8—10 Stunden nach der Injection der Atropin-Morphiumlösung
auftraten. In dem einen Falle dauerte die hartnäckige Ver¬
stopfungskolik ungelähr 12 Stunden. Das Thier war sehr unruhig,
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f4. Juli 1898.
wälzte sich im Stalle fortwährend nnd zeigte Athembeschwerden.
Eine erhebliche Pulsverändernng ist mir nicht anfgefallen. Es
war tympanitisch aufgetrieben, wobei die Darmperistaltik gänz¬
lich si8tirte. Das Pferd drängte häufig, entleerte aber nur
schleimige Massen. Es wurde zur Anregung der Darmbewegung
eine Aloepille gegeben und häufige Einfüllungen von Wasser in
den Mastdarm gemacht. Nachdem die Kolik gehoben war, hat
das Thier wieder lebhaften Appetit gezeigt Da ich bei diesem
Pferde die Injection nach der Abendfütterung gemacht hatte, wo
also der Magendarmkanal mit Futtermassen angefüllt war, wollte
ich dies in Zukunft vermeiden. Deshalb spritzte ich den Thieren
später die Lösung erst dann ein, wenn dieselben einen halben
Tag gehungert hatten. Diese Methode bot keine wesentlichen
Vortheile, denn bei dem nächsten auf die beschriebene Weise
vorbereiteten Pferde wurden dennoch Kolikersclieinungen be¬
obachtet. Dieses Thier war ein leichtes hannoversches Pferd
und sehr mager, erhielt deshalb nur 17 Gramm! der Lösung
injicirt. Nach dem Berichte des Besitzers waren die Er¬
scheinungen ziemlich hochgradige, eine Behandlung ist nicht
eingeleitet worden. Ueble Folgen sind ebenfalls nicht beobachtet.
Auch das amerikanische Pferd, welches sehr hochgradige
VergiftungBerscheinungen, Tobsucht etc. zeigte, war gleich dem
zuletzt besprochenen sehr mager, hatte aber doch ein Körper¬
gewicht von ca. 550 kg. Eine Behandlung ist auch bei diesem
Patienten nicht eingeleitet worden, trotzdem verloren sich die
Vergiftungssymptome nach ca. dreistündigem Bestehen voll¬
ständig.
Es ist demnach in den drei von mir beobachteten Fällen, in
denen üble Nebenwirkungen auftraten, auffällig, dass gerade
zwei sehr schlecht genährte Pferde davon betroffen wurden, während
von den übrigen solche, die sich in einem sehr guten Nähr¬
zustande befanden, deren Lebendgewicht aber niedriger war,
keine Vergiftungserscheinungen zeigten, obwohl ihnen eine
gleiche bezw. etwas höhere Dosis eingespritzt wurde.
Es ist daher vielleicht anzunehmen, dass gerade die etwas
heruntergekommenen, abgemagerten Pferde am empfindlichsten
gegen die Atropinwirkung sind. Weitere Beobachtungen werden
diese z. Zt. noch offene Frage zweifellos aufklären. Wenn nun
auch auf Grund der bereits veröffentlichten sowie der von
mir beobachteten Fälle kein Anlass zu Befürchtungen übler
Folgen bis dahin vorliegt, da die Vergiftungserscheinungen selbst
dann, wenn sie sehr hochgradig waren und dennoch unbehandelt
blieben, regelmässig nachliessen, so wird es sich für den Thier¬
arzt immerhin empfehlen, die Besitzer auf die ev. Folgen auf¬
merksam zu machen. Vielleicht gelingt eB auch, einen Modus
ausfindig zu machen, um die Empfänglichkeit der Thiere für das
Gift herabzusetzen, ohne aber andererseits die günstige Wirkung
des Mittels auf die fragliche Lahmheit zu beeinträchtigen.
Wünschenswerth wäre dies schon aus dem Grunde, dass das
vorzügliche Mittel bei den Besitzern wegen der ev. unangenehmen
Nebenwirkung nicht in Misscredit geräth, andererseits ist aber
auch nicht ausser Acht zu lassen, dass durch die bei der Ver¬
giftung regelmässig auftretende Unruhe der Thiere der Heil¬
vorgang ungünstig beeinflusst werden kann.
Zur Aetiologie der primären Pleuritis.
Von
Dr. Aronsohn-Köbel (i. Meckl.),
Thierarzt.
Als ursächliches Moment für das Zustandekommen einer
primären Pleuritis gelten vorzugsweise ungünstige atmosphärische
Einflüsse (rheumatische Pleuritis); inwieweit Infectionsstoffe
hierbei eine Rolle spielen, und ob letztere für sich allein in
jenen Fällen, wo eine Erkältung ausgeschlossen werden muss,
327
eine primäre Brustfellentzündung bewirken können, ist mit Sicher¬
heit nicht festgestellt.
Auf hämatogenem Wege kommt nach Dieckerhoff (spec.
Pathologie und Therapie, Bd. I, pg. 792) eine primäre Entzündung
der Pleura wahrscheinlich nicht zu Stande.
Folgende zwei im Frühjahre des vorigen und dieses Jahres
von mir beobachteten Krankheitsfälle scheinen mir geeignet, die
Aufmerksamkeit auf eine andere in der Litteratur bisher noch
nicht erwähnte Ursache für die Entstehung einer primären
Brustfellentzündung hinzulenken.
Da die beiden Fälle bei zwei acht Wochen alten, von der¬
selben Mutterstute stammenden Saugefohlen in durchaus überein¬
stimmender Weise verliefen, so beschränke ich mich auf die
Schilderung des zuletzt beobachteten Krankheitsverlaufes.
Am ersten Krankheitstage bemerkte der Besitzer an dem
acht Wochen alten Fohlen nur einen etwas verminderten Appetit
und vermisste die sonst an demselben gewohnte Munterkeit.
Als ich am zweiten Tage zu Rathe gezogen wurde, stellte
ich Folgendes fest:
T. 40,6°, P. 124 Mal. p. M. an der Maxillararterie schwach
fühlbar; beide Herztöne rein; Conjunctiva schmutzig roth.
Die Athmuug geschieht sehr angestrengt, 60 Mal in der
Minute, mit oberflächlicher Bewegung der Rippen und forcirter
in- und exspiratorischer Anspannung der Bauchdecken unter
gleichzeitiger Erweiterung der Nüstern.
In den unteren Dritteln beider Brustseiten ist das Athem-
geräusch fast vollkommen unterdrückt, in den übrigen Theilen
hört man Bronchialathmen bezw. verschärftes in- und exspira-
torisches Vesiculärgeräusch.
Der Percussionsschall ist in den unteren Dritteln beider
Brustwandungen gedämpft; es lässt sich ausserdem eine horizon¬
tale Dämpfungslinie deutlich nachweisen.
Einem Druck gegen die Brustwand weicht das Fohlen aus
und äussert dabei durch Stöhnen lebhaften Schmerz.
Husten wird nicht gehört.
Das Fohlen hält den Kopf mit halb geschlossenen Augen¬
lidern gesenkt oder stützt ihn zeitweise auf die Krippe oder
gegen die StaUwand und bekundet eine starke Eingenommenheit
des Bewusstseins und heftigen Kopfschmerz.
Der Gang ist gespannt und unsicher, der Appetit vollständig
geschwunden.
Diagnose: Pleuritis exsudativa.
Die sofort eingeleitete Behandlung — eine Punction des
Thorax wurde nicht ausgeführt — konnte in beiden Fällen den
tödtlichen Ausgang, welcher am dritten resp. vierten Krankheits¬
tage eintrat, nicht abwendeu.
Bei der Section fand sich in beiden Pleurasäcken ein grau-
rüthliches, trübes, wässeriges Exsudat, sowie ein über 1 cm
dicker fibrinöser fester Belag auf der Pleura costalis und eine
nach Entfernung desselben zu Tage tretende ausgebreitete Blut-
gefässinjection des Brustfelles.
Die Lungen waren bei beiden Fohlen gesund; auch die üb¬
rigen Organe zeigten ausser parenchymatöser Degeneration keine
bemerkeuswerthen pathologischen Veiänderungen.
Was nun die ätiologische Erklärung dieser beiden Fälle
einer primären Pleuritis betrifft, so ist eine ungünstige Ein¬
wirkung atmosphärischer Einflüsse als Ursache ausgeschlossen.
Die gut genälirten Fohlen befanden sich mit der Mutterstute in
einer geräumigen, gut ventilirten, zugfreien Boxe und kamen
nur bei gutem Wetter für kurze Zeit des Tages ins Freie.
Gegen eine rheumatische Brustfellentzündung spricht auch
das Fehlen irgend eines anderen Symptoms einer Erkältung, so¬
wie der schnelle tödtliche Verlauf, der auf eine ganz besondere
Schädlichkeit hinweist.
Auf infectiösen Ursprung lässt sich die Erkrankung aus dem
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRITT.
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328
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
Grunde kaum zurückführen, weil sonst wohl auch das eine oder
andere der übrigen Thiere des Besitzers Gelegenheit zur Auf¬
nahme des Infectionsstoffes gefunden hätte.
Näher liegt folgende Erklärung:
Die Mutterstute erhielt sowohl im vorigen wie in diesem
Jahre ausser Hafer ein Drittel der Ration an Wicken, weissen
und schwarzen, 6 Pfund täglich. Etwa 10—12 Tage vor Be¬
ginn der Erkrankung hatten nachweislich beide Fohlen aus der
Krippe von dem der Stute eingegebenen Futter nennenswerthe
Mengen mitgefressen.
Nun hat die Erfahrung gelehrt, dass Wickenfütterung, be¬
sonders bei jüngeren Thieren, durch Reizung der Hirnhäute und
der Huflederhaut Gehirnentzündung bezw. Rhehe erzeugen
kann.
Nach eingehender Würdigung aller in Betracht kommenden
Fragen glaube ich nun mit Recht behaupten zu dürfen, dass
durch die in den Wicken präformirte oder sich aus denselben
im Körper bildende Schädlichkeit nicht bloss, wie schon all¬
gemein bekannt war, Gehirn und Huflederhaut, sondern auch
die serösen Häute, insbesondere das Brustfell, betroffen werden
können, und dass die hierdurch verursachte Brustfellentzündung
einen besonders schweren und schnell tödtlichen Verlauf nimmt.
Behandlung der Haemoglobinaemie mit Yeratrin.
Von
Wundt-Linx (Baden),
Thieraizt.
Angesichts der frappirenden Erfolge, die in letzter Zeit bei
der Behandlung des Kalbefiebers resp. der Schulterlahmheit mit
betr. Arzneimitteln erzielt werden, möchte ich mir gestatten, hier
einen Fall von Haeraoglobinämie anzufnhren, bei dem sich die
subcutane Injection von Veratrinum sulfnric. von gleicher
frappirender Wirkung erwies.
Im Winter, bei strenger Kälte, wurde ich eines Mittags von
einem hiesigen Besitzer gerufen, der angab, sein Pferd (schwere
Elsässer Schimmelstute) wäre beim Holzholen plötzlich um¬
gefallen und läge nun, & Stunde von hier entfernt, auf freiem
Felde, vollständig gelähmt, so dass es unmöglich sei, das Thier
znm Aufstehen und heim zu bringen. Ich fuhr mit einem „Dielen¬
wagen“ an Ort und Stelle und fand dort das Pferd mit einem
anscheinend schweren Anfall von Haemoglobinämie seit ca.
% Stunden auf dem blanken, kalten Boden liegend, unfähig, die
geringste selbstständige Bewegung anszuführen. Ich liess daher
kurzer Hand das Pferd auf den mitgebrachten Wagen laden und
heimfahren. (MitHülfedes uatürlich zahlreich aus dem nächsten Dorfe
erschienenen Publikums wurde, nachdem die Hinterräder vom
Wagen entfernt und das Pferd auf diesen hinaufgezogen war,
Beides hochgehobeu und die Räder wieder angebracht. Ebenso
wurden die „Dielen“ aufgestellt, damit das Pferd nicht seitlich
herunterfallen konnte.) Während des ganzen Transportes lag
das Thier — halb in Rückenlage, alle vier Beine aufwärts —-
ohne sich zu rühren; ebensowenig versuchte es die geringste Be¬
wegung während des Abladens und In-den-Stall-Schleifens. Der
Besitzer nahm sich unter sothanen Umständen das Schlimmste
vor, und meine Prognose konnte ihm nichts Gutes versprechen.
Ich liess nun das Pferd, in reichliche Streu verbracht, vor
Allem tüchtig frottiren und machte — ehe ich an das an¬
genehme (?) Geschäft des In-die-Gnrte-Hängens ging — zur
Probe eine Injection von Veratrinum sulfuric. 0,1.
Als ich unmittelbar darauf in’s Haus gegangen, an moiner
Injectionsspritze reinigte, hörte ich schon draussen rufen: er
steht, er steht! Zu meinem eigenen, nicht geringen Erstaunen
fand ich das Pferd aufrecht; es gerieth darauf ziemlich stark in
Schweiss und bald nachher nahm es Heu und Kleientrank auf.
Am Abend zeigte es, nachdem es mehrmals dunkelrothen Urin
abgesetzt hatte, ausser einer geringen Vermehrung der Pulszahl
nichts Abnormes mehr.
Ich habe seitdem keine Gelegenheit mehr gehabt das Vera¬
trinum in ähnlichem Falle anzuwenden, werde dies aber event.
sofort thun. Abgesehen von einer möglicherweise günstigen
Wirkung des Arzneimittels auf den Verlauf der Krankheit über¬
haupt, animirt doch gewiss schon die Aussicht, das Pferd so in
die Höhe zu bringen, znr Wiederholung des obigen Experiments.
Zur Anwendung des Arecolins bei Hufrhehe.
Von
Prayon-Stolberg (Rbld.),
Thierarzt.
Die unter „Therapeutische Notizen“ in Nummer 20
der B. T. W. gemachte Mittheilung über die Anwendung des
Arecolin bei Hufrebe veranlasst mich, mehrerer Fälle von
schwerer Hufrehe Erwähnung zu thun, in denen ich die Wirkung
des Arecolin zu erproben Gelegenheit hatte. Neben einem
sofortigen starken Aderlass, kalten Umschlägen um die Hufe
(resp. Stehen der Thiere in eiskaltem Wasser). Priessnitz’schen
Umschlägen und Laxantien wurde jeden zweiten Tag eine sub¬
cutane Injection von Arecolin. hydrobrom. 0,06—008 gemacht
und in allen Fällen auffallend schnelle Heilung erzielt. In einem
Falle hatte eine Behandlung, welche versuchshalber nur in
Arecolin-Injectionen, verbunden mit kalten Umschlägen um die
Hufe bestand, denselben schnellen Erfolg.
Referate.
Ueber die Costration der Kühe.
Von Flocard-Genf.
iRef. von Degive und Heul ln Annales de med. vet. April 1898 und von Le bla ne.
ln Journal de Lyon, Mai 1898.)
F. berichtete der Soci^te nationale d’ agriculture de France
am 12. Januar 1898 über seine Wahrnehmungen bei der Castration
der Kühe. Von 1879 bis 1888 hat er 1950 Kühe castrirt, die
Mortalität war , / a pCt., von 1888 bis Ende November 1897 hat
er 2505 Kühe operirt, ohne einen Todesfall vermerken zu müssen.
F. giebt die ökonomischen Vortheile an, welche die Operation
zur Folge hat, nämlich: Verlängerung der Dauer derMicliserection,
Verbesserung der Milch in Bezug auf Qualität, Erleichterung der
Mast, Verbesserung der Qualität des Fleisches; es soll, nach den
in Genf gemachten Beobachtungen das Fleischgewicht der
castrirten Kühe gegenüber dem Lebendgewicht um 6 pCt. höher
sein als dasselbe Verhältniss bei nicht castrirten Kühen. Das
Fleischgewicht betrug 60 pCt. des Lebendgewichts.
Diese Feststellungen, die auf einer so grossen Zahl von
Fällen basirt sind, haben gewiss eine« Werth und zeigen, dass
die Operation unter Umständen von Vortheil ist.
Prof. Reul bestreitet diesen Vortheil. Nach einer längeren
Darlegung der Geschichte der Ovariotomie giebt er die Relation
einer Castration, die er vor acht Jahren verfolgt hat, und aus
dieser einzigen Beobachtung schliesst er „dass diejenigen, die
Milchwirtschaft treiben, einsehen werden, dass die Vortheile
nicht auf der Seite der Operation sind.“ Prof. Reul bemerkt am
Schlüsse seines Referats, dass dieVerallgemeinerung der Castration
der guten Milchkühe als sicheres Resultat das Verschwinden
der guten Producte haben würde, und dass eine Hebung der
Rindviehzucht damit vereitelt wäre. Nach Leblanc stellt sich
aber Reul hierbei nicht auf den richtigen Standpunkt, denn es
sei evident, dass die Castration keinen Zweck habe bei den
meisten guten Milchnerinneu, dass sie aber absolut augezeigt
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14. Juli 1898.
sei bei älteren Kühen, bei welchen die Productionskraft nach-
lasse, und bei den Reiterinnen.
Prof. Degive glaubt, dass der Operationsmodus eine grosse
Einwirkung auf das Resultat der Castration habe. Die Ovariotomie
sei immer mit einer mehr oder weniger grossen Blutung in die
Peritonealhöhle verbunden, die die unregelmässigen und unvoll¬
ständigen Resultate erkläre, die bei Kühen erzielt werden, welche
mit dem Ecraseur operirt sind. Diese Blutung, glaubt
Leblanc, könne aber nur gering sein, wenn das Ecrasiren, wie
Flocard es tliut, ganz langsam geschieht.
Blntharnen beim Pferde.
Von Ober - Rossarzt Rexilius.
(Zuchr. f, Veterinärkd , Juci 1898)
Dass das bei Rindern häufige Blutharnen auch bei Pferden
auftrete, ist in der Litteratur bisher nicht erwähnt. R. hat aber
einige Fälle davon beobachten können. Dieselben ereigneten
sich meist selbständig, einige Male jedoch als Complication der
Druse. Die Erscheinungen waren in den ersten 8—10 Tagen
sehr unauffällig. Die Pferde zeigten grossen Appetit, im Gang
eine geringe, sich bald verlierende Spannung. Die Conjunctiven
waren hochroth und glasig, die Herzthätigkeit war verstärkt, die
Temperatur nicht erhöht. Harndrang bestand nicht, auch keine
Schmerzäusserung beim Urioiren. Der Urin war wässrig und
burgunderroth, in einigen Fällen bis schwarzroth und dicklich.
Die Excremente waren gelbgrau und weich, beim Druck auf die
Lenden bogen die Pferde nicht den Rücken durch.
Nach 8—10 Tagen jedoch konnten die Pferde nicht mehr
stehen, fielen um und waren auch nicht mehr in die Höhe zu
bringen. Sie lagen ruhig und behielten ihren Appetit Die
Empfindlichkeit der Gliedmassen war herabgesetzt Nach
1—3 tägigem Liegen trat der Tod ein. Die ganze Krankheits¬
dauer belief sich somit auf 13—14 Tage in den tödtlich ver¬
laufenen Fällen.
Die Section eines der eingegangenen Pferde ergab Folgendes:
Noch nach 11 Stunden hochgradige Todtenstarre bei Stall¬
temperatur; Hantvenen wenig gefüllt; Musculatur graurotb und
mürbe, besonders an den Leodeomuskeln, welche fast grauweiss
waren, Darmkanal normal, Nierenkapsel leicht abziehbar, Nieren¬
rinde dunkelblauroth, weich; Markstrahlen sehr deutlich; im
Nierenbecken dunkelrothe schleimig eitrige Massen; in der Harn¬
blase etwas braunrother Harn; die übrigen Organe normal.
Die Krankheitsursache war nicht genau festzustellen, ist
jedoch wohl im Futter zu suchen, umsomehr, als ein Futter¬
wechsel heilsam wirkte. Es war anscheinend gutes, mit Klee
gemischtes Wiesenheu verfüttert worden, welches jedoch mit
Mehlthau befallen gewesen sein soll; in einem andern Falle
etwas feuchtes Kleestroh, von dem ein Rest sich jedoch auch als
befallen erwies. Das von derselben Wiese in den vorigen Jahren
gewonnene Heu hatte keine Nachtheile herbeigeführt, das mit
demselben Kleestroh gefütterte Rindvieh zeigte keine Gesundheits¬
störungen. Die Behandlung bestand in Futterwechsel und Ver¬
abreichung von Ferrum sulfuricum mit Natrium bicarbonicum
3 stündlich esslöffelweise mit Leinsamenschleim. Bei den ge¬
nesenen Pferden erfolgte die Heilung am 4.-6. Tage.
Bei eiDem der letzten zur Behandlung gelangten Pferde hatte ein
Knecht heimlich Wicken verfüttert. Am nächsten Morgen frass
das Pferd weniger gut, versagte schliesslich vollständig das Futter
und konnte sich schon Mittags nicht mehr erheben. Die Hinterglied¬
massen waren völlig gelähmt, der Puls schlug 76 mal, die
Temperatur stand auf 38,6. Zahl der Athemzüge 38, CoDjunctiven
dunkelroth. Schon um 5 Uhr Nachmittags trat der Tod ein,
wobei sich aus der Scheide eine grosse Menge dunkelbraunrothen
329
wässerigen Urins entleerte. Die Section ergab keinen Anhalt für
eine Organerkrankung.
Ueber die Bedeutung des Netzes als Schutzorgan des
Bauchfelles.
Vortrag, gehalten von Roger in der Sociötö de biologie.
(i». Mod. Wochenschr. 9,88.)
Da die Lymphdrüsen auf Grund klinischer Thatsachen als
Schutzorgane gegen Mikroben anzusehen sind, und da nach
Ranvier das Netz als eine flächenförmige Lymphdrnse betrachtet
werden kann, so versuchte Roger die Richtigkeit dieser Auf¬
fassung auf experimentellem Wege zu prüfen. Er exstirpirte zu
diesem Zwecke einigen Kaninchen und Meerschweinchen das
Netz möglichst vollständig. 1 oder 2 Monate nachher injicirte er
denselben und gleichzeitig Vergleichsthieren, von welchen einige
vorher ohne Netzresection laparotomirt worden waren, einige
Tropfen einer Cultur von Staphylokokkus aureus in die Bauch¬
höhle oberhalb des Nabels. Während die Vergleichsthiere am
Leben blieben, starben die anderen sämmtlich im Verlauf von
1—3 Tagen. Roger glaubt sich somit zu dem Schlüsse be¬
rechtigt, dass das Netz der Bauchhöhle als Schutzorgan gegen
Bacterieninfectionen diene. Die Darmbacterien haben demnach,
wenn sie den Gesammtorganismus befallen wollen, nach allen
Wegen Schutzvorrichtungen zu überwinden; auf dem Lymph-
wege sind es die Lymphdrüsen, auf dem Blutwege der Portal¬
vene die Leber und bei Bacterieninvasionen durch die Darmwand
hindurch das Netz.
Therapeutische Notizen.
Chlorbariumanwendung Ir der Armee.
Nach einer Mittheilung der „Ztschr. t. Veterinärkd.“ (Mai 1898)
ergeben die Berichte aus dem 4. Quartal vorigen Jahres, dass das
Cblorbarium in der Armee viel angewandt wird und mehr und mehr
an Boden gewinnt. Die Berichte lauten diesmal fast überein¬
stimmend günstig. Ueber schlimme Ausgänge wird nicht berichtet.
Fast alle Berichterstatter stimmen darin tiberein, dass endovenöse
Application der von Dieckerhoff zuletzt bestimmten fractionirten
Dosen ungefährlich ist
Veratrio.
Qneyron hat bei Löserverstopfungen, Tympanitis, acutem
Gastro -Iutestinal-Katarrh das Veratrin mit einem viel grossem
Erfolge angewandt als Pilocarpin und Physostigmin. Das Veratrin
übt besonders wegen seiner die Muskelfasern contrahirenden
Wirkung gegen die Erschlaffung der Magenwandungen einen
vortrefflichen Einfluss aus. Dasselbe wird von Qu. hypoder-
matisch applicirt und zwar in einer Weinsäurelösung.
10 cg. Veratrin. sulfuric. werden in Aqua und Acid. tartaric. q. s.
gelöst und eingespritzt. Nach kurzer Zeit pflegt das Rind
unruhig zu werden und später Futtermassen aus dem Pansen
auszuwerfen. Die früher von Qu. gebrauchte Lösung des
Veratrins in Alkohol gab meist Abscesse an der Injectionsstelle,
welche bei der beschriebenen Anwendung nicht entstanden.
(Progrös vütörin. u. Oesterr. Monatsschrift 1898 H. 2.)
Tannalblnum veteriqarlum Knoll.
In der Wschr. f. Th. findet sich eine Zusammenstellung von
Mittheilungen, die allerdings von der Fabrik Knoll u. Co. in
Ludwigshafen a. Rh., jedoch auf Grund der Urtheile von 14 Thier¬
ärzten znsammengestellt sind. Hiernach empfiehlt sieb das Mittel
bei Durchfällen der Thiere sehr. Als Dosen sollen verwendet
werden: bei Fohlen 8—15 g täglich als Pulver mit Honig etc.
oder in Pillen mit Opiumzusatz; bei Kälbern 3—5 g mehrmals
täglich bis 15 g pro Tag in Schleim oder Syrup, bei Kälberrnhr
mit einem Zusatz von Salicylsäure; bei Pferden und Rindern
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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330
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
6—10 g mehrmals täglich mit ähnlichem Zusatz, Tagesdosis für
Pferde 20—30 g.
Resorcin.
Thierarzt Heng empfiehlt in der Wschr. f. Th. das R. in
schwachen Lösungen zur innerlichen Verabreichung bei abnormen
Gäliruugszuständen. In der Bienenwirthschaft wurde dasselbe
prophylaktisch gegen die gefürchtete Ruhr angewendet, indem
es schon bei der Spätjahrfütterung zugesetzt wurde. Erfahrene
Imker empfehlen daher schon jetzt das Resorcin als bestes
Ruhrmittel vor den bisher verwendeten Salicylpräparaten.
Extractum Hydrastis fluidum
Gestütsthierarzt Diem (Wschr. f. Th.) hat das Extract
fünf Mal beim Zurückbleiben der Nachgeburt angewandt und
niemals die nachgerühmte Wirkung erzielt, trotzdem er 50—60 g
auf ein Mal gab.
Jedpräparate.
Die (Wsch. f. Th.) empfiehlt reines Jod 3 g, Kaliumjodat
5 g und Jodtinctur 30 g als zuverlässigstes Mittel gegen Ueber-
beine, täglich einzupinseln unter Druckverband. Bei Uterus¬
entzündungen verwendet er verdünnte Lugol’sche Lösung, auf
einen Liter einen Esslöffel voll. Irgend welche Nebenerscheinungen,
namentlich das lästige Drängen traten nicht auf. Lei bänger
behandelte ein an allen vier Füssen schwer am Strahlkrebs
leidendes Pferd dadurch erfolgreich, da^s er vier Wochen lang nach
Entfernung der erweichten Masse Einschnitte in den Strahl machte,
welche täglich zweimal mit Jodtinctur ausgepinselt und unter
Druckverband gehalten wurden.
Alkoholverband.
Thierarzt Steger macht in der Wschr. f. Th. No. 26
folgende Mittheilungen. Ein Wallach war seit ä Jahre vergeblich
an einem Hufleiden behandelt. Es bestand Auftreibung des
medialen Ballens, an dem sich zwei Fisteln öffneten und wahr¬
scheinlich Mitaffection des Knorpels. Die Fisteln wurden mit
20procentiger Zinkchloratlösung ausgespritzt und ein anti¬
septischer Gaze verband aufgelegt. Später, als der Eiter geringer
wurde, kam Liquor villati zur Anwendung. Nach drei Wochen
bestand merkliche Besserung, aber noch lange keine Heilung,
indem sich neue Fisteln bildeten und der Ballen nicht abschwoll.
Nun wurden alle 2—3 Tage Sublimatbäder gemacht, die Aus¬
spritzungen fortgesetzt und ein Alkoholverband angelegt
(chemisch reine Watte mit Spiritus vini getränkt und darüber
gefensterter Guttaperchataffet; das Ganze mit Mullbinde befestigt).
Der Verband wurde alle 24 Stunden erneuert. Nach zehntägiger
Behandlung vollständige Heilung; die Fisteln gesc ssen, die
Ballenauftreibung kaum noch kenntlich, die Belastung der Glied¬
masse sehr gut. Das Pferd konnte beschlagen werden. Ein Re-
cidiv trat nicht ein.
Soda-Umschläge bei Eiterung.
Georgewski empfiehlt im „Wratsch“ zur Verhinderung und
Beschränkung der Eiterbildung Umschläge mit gewöhnlichen
Soda, die bei circumscripter oder diffuser Phlegmone vorzüglich
wirken sollen. Die Sodalösung muss aber in directe Berührung
mit dem entzündeten Gewebe kommen. Man würde also bei
Abscessen in der Unterbaut einen Abscess spalten, den Eiter
entleeren und dann erst den Sodaverband appliqiren. Auf diese
Weise sollen diffuse Eiterungen noch am selben Tage zum Still¬
stand gebracht werden. Eine Erklärung für die überraschend
prompte Wirkung vermag Verfasser nicht zu geben. Sehr grosse
Vortheile sind neben der prompten Wirkung das Fortfallen der
Drainage der Eiterhöhlen, die sehr viel grössere Ruhe für den
Patienten, Reinlichkeit, Geruchlosigeit und schnellere Heilung.
No. 2«.
Glutol-Schleich.
Thomalla empfiehlt in den therap. Mtsh. das Glutol,
namentlich bei Riss- und Lappenwunden, die nicht genäht werden
können, wo es Eiterung absolut verhindert. Bei eiternden
Wunden, wo infolge von Höhlenbildungen genügender Abfluss
fehlte, tritt Erfolg nur dann ein, wenn bei jedem Verbandwechsel
der Glutolschorf entfernt wird. Wenn dann frisches Glutol auf¬
gestreut wird, so schwindet die Eiterung in wenigen Tagen.
Besonders gut fand T. das Glutol bei Brandwunden bewährt.
Hier entfernt man den Schorf zunächst, und findet sich keine
Eiterung, so bleibt der Schorf liegen, worauf glatte narbenfreie
Heilung erfolgt. Ferner ist das Glutol empfehlenswert bei allen
Wunden, wo ein Verband nicht angelegt werden kann. Es wird
eingestreut, Collodium darüber gegossen und noch eine Schicht
aufgestreut, wodurch ein undurchdringlicher Verband erzielt wird.
T. bezeichnet das Glutol als das beste Antisepticum.
Tagesgeschichte.
VI. Plenar-Versammlung der Central Vertretung der
thierärztlichen Vereine Preussens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Oie Errichtung einer Unterstfitzungskasse für Thierärzte.
(Punkt III der Tagesordnung.)
Zu diesem Gegenstand lag ein von Professor Schmaltz
ausgearbeiteter 80 Paragraphen umfassender Statuten-Entwnrf
vor, welcher allen Delegirten bereits mit der Einladung zur Ver¬
sammlung behufs Prüfung zugestellt worden war.
Referent Preusse: Die Centralvertretung hat Ig95 die Be¬
gründung einer Unterstützungskasse für Thierärzte Preussens,
nicht Deutschlands beschlossen. Eine Commission, zu der ich
gehörte, sollte einen Statutenentwurf ansarbeiten. Ich hatte ein
Statut von 15 Paragraphen entworfen, an der Commissions-
beratlmng jedoch nicht theilgenommen. Ich war nun erstaunt,
jetzt ein Statut von 80 Paragraphen zu erhalten. Wir sind gar-
nicht befugt, ein solches Statut zu berathen. Das kann nur eine
Versammlung von Kassenmitgliedern. Wir sollen nur Grundzüge
feststellen. Auf Grund derselben muss die Gründung der Kasse
erfolgen und eine danach einzuberufende erste Versammlung von
Kassenraitgliedern kann dann das Statut selbst festsetzen. Dieses
Statut bedarf unbedingt der ministeriellen Genehmigung, da die
Unterstützungskasse unter den Begriff der Versicherungsanstalt
fällt, für die nach dem Strafgesetzbuch die Genehmigung ein-
znholen i6t Auch aus einer Oberverwaltungsgerichtsentscheidung
geht ganz klar hervor, dass unsere Kasse der Genehmigung be¬
dürfen würde (Redner verliesst die Entscheidung). Der
Schmaltz’sche Entwurf hat keine Aussicht auf Genehmigung,
schon desshalb nicht, weil er auch nichtpreussische Thierärzte
zulassen will. Eine solche Kasse könnte der preussische Minister
des Innern gar nicht genehmigen. Ausserdem ist das Statut
viel zu lang.
Redner bemängelt dann einzelne Punkte des Inhalts des
Statutes und beantragt, nochmals eine Commission zu wählen,
welche einen geeigneteren Statuten-Entwurf bearbeiten soll, und
die definitive Beschlussfassung einer ersten Versammlung der
Kassenmitglieder zu überlassen.
Feilsch erklärt ebenfalls den Statuten-Entwurf für unannehmbar.
Die Genehmigung der Kasse müsse unter allen Umständen nach¬
gesucht werden. Erst müsse natürlich ein annehmbarer Statutenent¬
wurf ausgearbeitet werden.
Der Präsident spricht sich dahin aus, dass jedenfalls in der
gegenwärtigen Sitzung eine Berathnng des Statutenentwurfs nicht
werde durchgeführt werden können.
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14. Juli 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 331
Sohmaltz: Die Angelegenheit spielt nun schon seit 1893.
Herr College Felisch regte damals die Gründung der Kasse an.
Ich war ein Gegner derselben, weil ich sie für undurchführbar
hielt. Nachdem sich aber einmal die Versammlung von 1895 für
die Gründung einer Kasse mit facultativem Beitritt ausgesprochen
hat und ich in die Commission geschickt worden bin, habe ich
für die Sache das Meinige thun zu müssen geglaubt. Die
Commission bestand ans Kampmann, Mehrdorf, Preusse,
Steinbach und mir. Bei der mündlichen Berathnng erschien
Herr College Preusse nicht, hatte aber seinen Entwurf ein-
gesandt, der übrigens keineswegs blos Grundzüge, sondern auch
schon Details enthielt. Die Commission war nun doch nicht ge¬
halten, sich an den Preusse'schon Entwurf zu binden. Wir
stimmten mit dessen Fassung nicht überein, hielten namentlich eine
Vervollständigung für nothwendig. Dem Commissionsbeschluss
entsprechend habe ich den heutigen Entwurf ausgearbeitet. Wenn
Sie der Ansicht Preusse’s folgen würden, dass nur eine Ver¬
sammlung von Kassenmitgliedern ein Statut berathen könne, so
wüsste ich nicht, warum die Commission 1895 beauftragt worden
wäre, der Centralvertretung ein Statut vorzulegen. Das ist doch
geschehen, damit die Centralvertretung das Statut beräth,
nicht, um sich nun für incompetent zur Berathnng zu erklären.
Wenn die Herren Preusse und Felisch meinen Entwurf
für unannehmbar erklären, so ist das ihre persönliche Ansicht.
Die Versammlung wird hoffentlich deswegen nicht von einer
näheren Prüfung abstehen. Uebrigens bestreite ich, dass wir
eine genehmigungspflichtige Kasse gründen. Es handelt sich
nicht um eine Versicherungsanstalt, denn dazu gehört, dass
Jemand gegen gewisse Zahlungen rechtlich begründete Ansprüche
erhält. Bei uns erhält Niemand Ansprüche. Unsere Kasse ist
einem Verein gegen Verarmung und Bettelei zu vergleichen; der
Vergleich ist zwar nicht schön, aber treffend. Ein solcher Verein
braucht keine Genehmigung und kann sich ungehindert über die
ganze Welt ausbreiten. Als Beispiel nenne ich Ihnen den
Buchhändler-Unterstützungsverein, der Mitglieder selbst in Amerika
hat. Doch die Frage der Genehmigungspflicht, die auch ich nicht
competent beantworten kann, ist heute Nebensache. Jedenfalls
müssen wir auch behufs eventueller Einholung einer Genehmigung
eben erst ein Statut berathen haben. Wollen Sie meinen Ent¬
wurf in Statut und Geschäftsordnung zerlegen, so ist das gewiss
möglich und empfehlenswerth. Einzelne streitige Puncte lassen
sich ja beseitigen. Es ist eben ein Entwurf, nicht ein fertiges
Statut. Ich erwarte ja nicht dessen Annahme en bloc, aber
ebensowenig kann man ihn en bloc für unannehmbar erklären.
Vor Einem warne ich jedenfalls Alle, die die Kasse wollen. Ver¬
schieben Sie die Sache nicht nochmals. Dies ist die dritte Ver¬
sammlung, die sich mit der Angelegenheit befasst. Fällt dieselbe
auch diesmal unerledigt unter den Tisch, so findet sich meiner
Ueberzeugung nach keine Versammlung, die sie wieder hervorholt.
Ostertag und Malkmns sprechen sehr entschieden für Erledigung
der Angelegenheit. Ostertag beantragt, die Centralvertretung
wolle sogleich die Begründung einer Unterstützungskasse be-
Bchliessen nach Massgabe der in dem vorgelegten Statutenentwurf
niedergelegten Grundsätze und vorbehaltlich der Genehmigung
der zuständigen Behörde. Malkmus empfiehlt die Beschluss¬
fassung auf die morgige Sitzung zu vertagen und heute eine
Commission zu ernennen, die bis zur morgigen Sitzung eine
Prüfung des Entwurfs vorzunehmen habe.
Die Verhandlung stimmt diesen Anträgen zu und ernennt
zunächst eine Commission bestehend aus den Delegirten Felisch,
Lothes, Malkmus, Mehrdorf, Ostertag, Preusse, Schmaltz.
Diese Commission trat am nächsten Morgen zusammen und
erledigte in l'/s ständiger Berathnng ihre Aufgabe vollständig.
Nach Beginn der 2. Sitzung am 22. Mai um 9# Uhr Vormittags,
referirte Malkmus über diese Commissionsberathung. Die
Commission habe den Entwurf in Statut und Geschäftsordnung
zerlegt. Die zu letzterer gehörigen Paragraphen könnten für
eine spätere Berathung zurückgestellt werden. Die in das Statut
die aufzunehmenden Paragraphen des Entwurfs seien von der
Commission mit nebensächlichen Aenderungen einstimmig gebilligt
worden. Der Referent empfiehlt, die Kasse sofort zu constituiren
und das Statut in der Commissionsfassung en bloc anzunehmen.
Das Statut wird einstimmig angenommen und die Kasse als
constituirt erklärt mit folgenden Delegirten als ersten Mitgliedern:
Heyne, Steinbach, Preusse, Mehrdorf, Tietze, Schmidt-
Düsseldorf, Regenbogen, Augstein, Wulff, Wallmann,
Felisch, Hentschel-Oels, Koll, Brand, Claus, Luchhan,
Falk, Malkmus, Lothes, Peters, Scharmer, Arndt,
Eiler, Pitz, Kieckhäfer, Thunecke, Klebba, Esser,
Schmaltz.
Das Statut lautet wie folgt:
Statut des Unterstützungs-Vereins für Thierärzte.
§ 1 .
Der „Unterstützungs-Verein für Thierärzte“ wird be¬
gründet von der „Centralvertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens“ mit dem Sitze in Berlin.
Er beginnt seine Thätigkeit am 1. Januar 1899.
Mitgliedschaft.
§ 2 .
Die Mitgliedschaft können alle deutschen Tbierärzte er¬
werben durch Anzeige bei dem Vorsitzenden und Zahlung der
Beiträge nach § 3.
§ 3.
Die Mitgliedschaft wird erworben durch Zahlung eines jähr¬
lichen Beitrages von 5 Mark oder durch eine einmalige Zahlung
von 100 Mark. Die letztere Art des Erwerbs wird auf der jedem
Mitglied zu ertheilenden Mitgliedskarte bescheinigt.
§ 4 .
Mitglieder, welche gröblich gegen Bestimmungen des Statuts
verstossen oder welche Mitglieder des Vereinsvorstandes wegen
ihrer Thätigkeit in diesem beleidigen, können auf Antrag des
Vorstandes durch eine Versammlung der Vereinsmitglieder aus
der Mitgliederliste gestrichen werden.
§ 5.
Die Mitglieder sind gleichberechtigte alleinige Eigentümer
des VereinsveFmögens. Das Verfügungsrecht der Eigentbümer ist
jedoch durch die Bestimmungen dieses Statutes begrenzt.
§ 6 .
Solange die im § 1 genannte Centralvertretung besteht,
sind Versammlungen der Vereinsmitglieder im Anschluss
an jede Versammlung der Centralvertretung abzuhalten. Falls die
Centralvertretung nicht mehr bestehen sollte, sind besondere
Versammlungen nach Berlin einzuberufen. In jedem Falle hat
mindestens alle 3 Jahre eine Versammlung von Vereinsmitgliedern
stattzufinden. Die Vereinsraitglieder sind hierzu rechtzeitig unter
Mittheilung der Tages-Ordnung durch die thierärztliche Presse
einzuladen.
Die Versammlung der Vereinsmitglieder, in der jedes Mit¬
glied eine Stimme hat, fasst ihre Beschlüsse mit einfacher
Majorität, sofern das Statut nicht für gewisse Beschlüsse andere
Bestimmung trifft (vgl. §§ 36, 37). Bei Wahlen entscheiden die
höchsten erreichten Stimmenzahlen.'
Eine ordnungsmässig eiuberufene Versammlung der Vereins¬
mitglieder ist ohne Rücksicht auf die Zahl der erschienenen Mit¬
glieder beschlussfähig.
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332
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28.
§ 7.
Die Mitglieder des Unterstützungs-Vereins haben
a) in erster Linie Aussicht auf Gewährung von Vortheilen
aus der Vereins-Kasse nach Massgabe der Bestimmungen
des Statuts und der verfügbaren Mittel;
b) das alleinige Recht, Statutenänderungen zu beschliessen,
soweit dieselben nach dem bei der Gründung der Unter¬
stützungskasse beschlossenen Statut zulässig und rechts¬
verbindlich sind (§ 17 u. 3t»);
c) das Recht, die Mitglieder des Vereinsvorstandes zu
wählen, soweit dieselben nach Massgabe des Statuts
nicht anderweitig zu ernennen sind (§ 9);
d) das Recht, gelegentlich jeder Versammlung der Vereins¬
mitglieder von dem Vereinsvorstand einen vollständigen
Rechenschaftsbericht einzufordern, denselben durch eine
von den Versammelten zu wählende Commission, welche
einen sachverständigen Revisor zuziehen kann, prüfen
zu lassen und über Ertheilung der Entlastung zu ent¬
scheiden, sowie ausserordentliche Commissionen zur
Prüfung aller Angelegenheiten zu ernennen;
e) principielle Directiven bezüglich der Zuwendung von
Unterstützungen (unbeschadet der §§ 25—35) zu geben
(Entscheidung über Einzelfälle siehe § 30—31);
f) das Recht auf sofortige Einberufung einer Versammlung,
sobald 10 pCt. der Vereinsmitglieder diese verlangen.
Vorstand.
§ 8.
Die Verwaltung untersteht, unbeschadet der den Mitgliedern
vorbehaltenen Rechte, einem Vereinsvorstand mit mindestens 5
bis höchstens 8 Mitgliedern.
§ 9.
Solange die im § 1 genannte Centralvertretnng besteht, gehört
der Ausschuss der Centralvertretnng bezw. fünf von demselben
zu bestimmende Mitglieder desselben eo ipso zum Vorstand
und der Vorsitzende der Central Vertretung ist zugleich Vor¬
sitzender des Vorstandes des Unterstützungsvereins.
Die Mitglieder des Ausschusses der Centralvertretnng können
jedoch den Eintritt in den Vorstand ablehnen.
§ 10 .
Soweit die Zahl der zum Vorstand gehörigen Mitglieder
des Ausschusses der Centralvertretung einschliesslich des Vor¬
sitzenden die statutenmäs8ige Mindestzahl der Vorstandsmit¬
glieder nicht erreicht, sind Ergänzuugswahlen aus der Zahl der
Vereinsmitglieder vorzunehmen.
Eine Verstärkung des Vorstandes, bis zur statutenmässig
höchsten Mitgliederzahl, ist sowohl auf Antrag des Vorstandes
als auch in Folge eines Beschlusses der Vereinsmitglieder zu
bewirken.
§ 11.
Der Vorstand kann, unbeschadet der Bestimmungen des
Statuts, eine Geschäftsordnung, sowie die Vertheilnng der Ge¬
schäfte unter sich vereinbaren.
Die in Bezug auf die Geschäftshandhabung gefassten Be¬
schlüsse sind in einem Protokollbuch zur Orientirung künftiger
Vorstände zu sammeln.
Jedes mit laufender Correspondenz, Buchführung und Kassen¬
geschäften beauftragt Vorstandsmitglied kann für die genannten
ihm obliegenden Geschäfte Scbreibhülfe und andere Unterstützung
requiriren und liquidiren. Die Prüfung der Angelegenheit der
Liquidationen steht dem Gesammtvorstande zu.
§ 12.
Alle Beschlüsse des Vorstandes erfolgen durch einfache
Majorität der abgegebenen Stimmen. Bei Stimmengleichheit ent¬
scheidet die Stimme des Vorsitzenden.
§ 13.
Die wichtigsten Aufgaben des Vorstandes sind nutzbringende
Vermögensverwaltung und zweckmässige Vertheilnng der Unter¬
stützungen.
Vermögensverwaltung.
§ 14 .
Der Vorstand ist in dem Vertrauen gewählt, dass er die
Verwaltung des Vermögens nach besten Kräften und mit äusserster
Vorsicht führen werde. Eine Haftbarkeit für Verluste ruht auf
dein Vorstande nur in soweit, als Verluste 1. durch Verfehlungen
im Sinne des Strafrechtes entstehen sollten, oder 2. die nach¬
weislichen Folgen der Nichtbeobachtung ausdrücklicher Be¬
stimmungen dieses Statutes sind.
§ 15.
. Der Unterstützungsverein muss bestrebt sein, ein festes Ver¬
mögen (Stammcapital) zu sammeln. In jedem Falle sind:
a) Die Zinsen des in Werthpapieren oder Hypotheken
(Grundstücken) anzulegenden Stammcapitals so lange
zum Capital zu schlagen, bis dasselbe die Summe von
100 (XK) M. erreicht hat.
Von diesem Zeitpunkt ab ist von jeder Versammlung
der Vereinsmitglieder besonderer Beschluss über die Ver¬
wendung der seit der letzten Versammlung angewachsenen
Zinsen zu fassen.
b) Von den eingehenden Mitglieds-Beiträgen 10 pCt., zum
Stammcapital zu schlagen bis dieses 10000 M. beträgt.
c) die nach § 3 eingehenden Mitgliedsbeiträge von 100 M.
immer dem Stammkapital zuznführen.
§ 16 .
Grössere Zuwendungen, Schenkungen und Vermächtnisse sind
stets dem Stammcapital znzuführen, wenn die Geber dies nicht
ausdrücklich anders bestimmen.
Solche Zuwendungen im Betrage von mindestens 3000 M.
können als besondere Stiftungen mit dem Namen des Gebers für
alle Zeiten verbunden werden, bilden aber im Uebrigen Theile des
gesammten Stammcapitals.
§ 17.
Das Stammcapital ist für alle Zeiten unangreifbar. Ein
Beschluss, es anzngreifen, kommt einem Auflösungsbeschluss gleich
und hat unmittelbar dessen Folgen (§ 37).
Die zum Stammkapital gehörigen Werthstücke sind von allen
übrigen Beständen ausdrücklich zu scheiden.
Ein Beschluss, Werthstücke in das Stammcapital überzuführen,
kann nicht znriickgenoramen werden.
§ 18.
Eine Verpflichtung zur Verausgabung der verfügbaren Ein¬
nahmen besteht nicht.
Jedoch sollen wirklich begründete Unterstützungsgesuche
nicht, um aus den verfügbaren Mitteln Ersparnisse zu machen,
zurückgewiesen werden.
§ 19 .
Von den Mitgliederbeiträgen sind, abgesehen von den Ab¬
gaben an das Stammkapital, 10 pCt. zu einem Reservefonds bis
znr Höhe von 3000 M. anzusammeln.
§ 20 .
Sobald das Stammcapital die Höhe von 100000 M. erreicht
hat, können die Zinsen (soweit nicht deren anderweitige Ver¬
wendung beschlossen wird nach § 15, a, Abs. 2) sowie die nicht
anderweitig zu verwendenden Mitgliedsbeiträge zur Erhöhung des
Reservefonds über 3000 Mk. hinaus verwendet werden.
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14. Juli 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
333
§ 21 .
Der Reservefonds kann bei anssergewöhnlicher Häufung der
Unterstätzungsgesuche mit Genehmigung einer Versammlung der
Vereinsmitglieder zu Unterstützungen mitverwendet werden,
soweit dies unumgänglich erforderlich scheint.
Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann bei länger
dauernder Calamität die Genehmigung zu derartiger Verwendung
von Theilen des Reservefonds auf Jahre hinaus ertheilen.
§ 22.
Die Versammlung der Vereinsmitglieder kann, falls die Höhe
des Reservefonds dies zu gestatten scheint, die Ueberfülirung von
Theilen desselben zu dem Stammcapital beschliessen.
§ 23.
Alle Sparkassenbücher, Staatspapiere und geldwerthige Docu-
mente sind unter für die Verwaltung und Sicherheit des Vereins¬
vermögens geeigneten Bedingungen principiell bei der Reichsbank
zu deponiren.
Falls solche Bedingungen mit Reichsbankstelleu nicht zu
erlangen sind, kann durch Beschluss des Vorstandes die Auf¬
bewahrung bei einem oder mehreren anderen Bankinstituten
unter obigen Bedingungen erfolgen, wodurch die Vorstands¬
mitglieder ebenso von etwaiger Verantwortung, wie bei Auf¬
bewahrung auf der Reichsbank, entlastet werden. Diese Banken
gelten dann als Reichsbankstellen im Sinne des Statuts.
§ 24.
Am Jahresschluss ist die Jahresrechnung und der Vermögens¬
stand aufzunehmen und durch mindestens 2 Vorstandsmitgl eder,
welche an der Kassenführung nicht betheiligt sind, zu revidiren.
Das Ergebniss des Jahresabschlusses ist durch die thier¬
ärztliche Presse zur Kenntniss der Vereinsmitglieder zu bringen.
Unterstützungen.
§ 25.
Die Ertheilung von Unterstützungen erfolgt durch Beschluss¬
fassung des Vorstandes, unbeschadet der in § 7e, 21, 31, 34 be¬
stimmten Einschränkungen und innerhalb der Grenzen der für
Unterstützungen nach MasBgabe der Einnahmen und des § 15
verfügbaren Mittel.
§ 26.
UnterBtützung8gesnche sind stets dem Vorsitzenden schriftlich
einzureichen. Die Gesuche können sowohl von den Unterstützungs¬
suchenden als auch für diese von anderen Personen eingereichtwerden.
§ 27.
Der Unterstützungsvereiu hat folgende, in der hier ge¬
gebenen Reihenfolge nach einander zu berücksichtigende Zwecke:
1. Unterstützung vorübergehend oder dauernd arbeitsunfähig
gewordener Vereinsmitglieder.
2. Unterstützung von Vereinsmitgliedern in besonderen
Nothlagen.
3. Unterstützung von Hinterbliebenen der Vereinsmitglieder.
Als Hinterbliebene gelten solche Personen, deren gegen¬
über das Mitglied eine gesetzliche oder moralische Unter¬
haltungspflicht hatte.
4. Unterstützung von Wittwen und Waisen solcher Thier¬
ärzte, welche nicht Vereinsmitglieder waren.
§ 28.
In jedem Falle ist der Nachweis dringender Bedürftigkeit
die Vorbedingung für die Gewährung jeder Unterstützung.
§ 29.
Alle Vereinsmitglieder sind verpflichtet, wahrheitsgetreue
Auskunft zu ertheilen bezw. ihnen an Ort und Stelle vom Vereins-
Vorstand übertragene Ermittelungen vorzunebmen.
§30.
Ueber die Gewährung einmaliger Unterstützungen entscheidet
endgültig der Beschluss des Vorstandes.
Die Versammlungen der Vereinsmitglieder haben nicht das
Recht, an solchen Beschlüssen irgend welche Kritik zu üben.
§ 31.
Ablehnung von Unterstützungsgesuchen wird ebenfalls durch
Beschluss des Vorstandes ausgesprochen.
Gegen einen solchen ablehnenden Beschluss kann jedoch
Protest erhoben werden.
Wenn der Protest von mindestens 50 Vereinsmitgliedern
unterzeichnet ist, muss der Vorsitzende, in anderen Fällen
kann der Vorsitzende dem Vorstande die Sache zur nochmaligen
Beschlussfassung unterbreiten.
Falls die Majorität des Vorstandes bei ihrer Ablehnung ver¬
bleibt, muss der Fall der nächsten Versammlung der Vereinsmit¬
glieder zur Entscheidung vorgelegt werden, falls der Protest von
50 Mitgliedern des Vereins unterzeichnet gewesen ist. In allen
andern Fällen kann nur seitens einer gegen die Ablehnung
votirenden Minorität von Vorstandsmitgliedern die Entscheidung
der Versammlung der Vereinsmitglieder verlangt werden.
Die sofortige Einberufung einer Versammlung der Vereins¬
mitglieder zum Zwecke der Entscheidung über die Ablehnung eines
Unterstützungsgesuches kann nur imFalle des § 7f verlangt werden.
Die Beschlussfassung der Versammlung der Vereinsmitglieder
ist jedenfalls eine endgültige.
Falls ein Unterstützungsgesuch, dessen Ablehnung von der
Versammlung der Vereinsmitglieder bestätigt worden ist, erneuert
wird und dann der Vorstand zu der Entscheidung kommt, dass eine
Veränderung der Verhältnisse nicht vorliege und eine aber¬
malige Ablehnung zu erfolgen habe, so ist gegen diese Ent¬
scheidung ein Protest nicht zulässig.
§ 32.
Der Vorstand kann beschliessen, alle Gesuche, deren Be¬
gründung ihm zweifelhaft und deren Erledigung nicht absolut
dringend erscheint, zurückzustellen und erst beim Jahres¬
abschluss unter Berücksichtigung der verfügbaren Mittel und
unter objectiver Vergleichung der verschiedenen zur Erledigung
vorliegenden Gesuche eine Entscheidung zu treffen.
§ 33.
Die Höhe der einzelnen Unterstützungen hat der Vorstand
zu bemessen.
§ 34.
In jedem Falle (excl. § 35,3) darf die Unterstützung inner¬
halb eines Jahres nicht die Summe von 1000 M. übersteigen.
§ 35.
Ueber die Verwendung der nach Abschluss der Jahres¬
rechnung verbleibenden und nach § 15—21 zu Unterstützungs¬
zwecken eventuell verfügbar bleibenden Mittel beschliesst der
Vorstand spätestens im Januar des folgenden Jahres.
Dieselben können verwendet werden:
1. zur Gewährung noch unerledigter Gesuche.
2. zur nachträglichen Bewilligung abschläglich beschiedener
Gesuche.
3. zur Nachzahlung an im Laufe des vergangenen Jahres bereits
unterstützte Personen, wobei der § 34 ausser Betracht bleibt,
4. zur Vermehrung der zu Unterstützungszwecken verfüg¬
baren Mittel des nächsten Jahres durch Uebertragung auf
neue Rechnung,
5. zu Ueberweisungen an das Stammkapital oder gemäss § 20
an den Reservefond.
Besondere Bestimmungen.
§ 36.
Statutenänderungen können nur von einer Versammlung
der Vereinsmitglieder und nur dann beschlossen werden, wenn die
darauf abzielenden Anträge bei der Berufung der Versammlung
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 28
334
wörtlich bekannt gemacht worden sind. Aendernng der § 15—17
und 37 erfordert % Minorität.
§ 37.
Die Auflösung des Unterstützungsvereins kann nnr
mit 4 /j Majorität auf einer Vereinsversammlung beschlossen werden.
Ein Beschluss, das Stammvermögen anzugreifen, ist einem
Anflösnngsbeschluss gleich zn achten (vergl. § 17).
Die Annahme einer Aendernng dieses Paragraphen 37 kommt
ebenfalls einem Anflösungsbeschlusse gleich.
Das Stammvermögen der aufgelösten Kasse füllt einer an¬
erkannten, für Thierärzte nützlichen bezw. einer wohlthätigen
Einrichtung zu. (Fortsetzung des Berichts folgt.)
VII. Internationaler thierärztlicher Congress vom 9. bis 14. August 1899
zu Baden-Baden.
Zu den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des
Congresses erhielt der Cieschäftsausschuss, abgesehen von den
beträchtlichen Unterstützungsgeldern aus dem Dispositionsfonds
des Herrn Reichskanzlers (10000 M.) und aus der Grossherzogi.
bad. Staatskasse (2000 M.), von nachstehenden thierärzt¬
lichen Vereinen Deutschlands, deren Bezeichnung kurz
nach dem Lande, nach der Provinz oder nach der Stadt erfolgt,
die Zusage von Zuschüssen im unten angegebenen Betrage:
Bestimmt
Zuschuss
für den
zugesagter
Zuschuss
Falleines
Deficits
Thierärztlicher Verein
in Baden ....
1200
M.
Verein prakt.
Thierärzte
in Berlin . . .
200
yy
Thierärztlicher Verein
in
Brandenburg . .
200
yy
800 M.
yy
yy
yy
Braunschweig. .
100
yy
100 „
yy
yy
Hamburg-Altona .
200
yy
yy
yy
yy
Mecklenburg . .
100
yy
yy
yy
yy
Mittelfranken . .
100
yy
100 „
yy
yy
yy
Oberfranken . .
200
yy
yy
yy
Oldenburg . . .
200
yy
yy
Rheinbayern . .
200
yy
yy
yy
yr
Schwaben-Neuburg
100
yy
yy
yy
yy
Thüringen . . .
100
..
yy
yy
yy
Westpreussen. .
200
yy
yy
yy
Württemberg . .
500
yy
3600 M. 1000 M.
Der Geschäftsausschuss dankt den verehrliclien Vereinen
für die gef. Zusagen bestens. Nach dem sorgfältig aufgestellten
und mehrmals nachgeprüften Kostenvoranschlag sind im Zu¬
sammenhalt mit den derzeitig zugesagteu Unterstützungen noch
12 500 M. aufzubringen, um die Congresskosten zu decken.
Wenn es gelingen sollte, 600 zahlende Mitglieder zu gewinnen,
so würde sich der angegebene Fehlbetrag auf 5300 M. ver¬
mindern. Die genannte Summe muss durch freiwillige Beiträge
aufgebracht werden. Wir bitten daher die deutschen thierärzt¬
lichen Vereine dem Beispiel der oben genannten Vereine recht
bald zu folgen und es auf diese Weise zu ermöglichen, dass der
Geschäftsausschuss den aufgestellten Plan zur Abhaltung eines
allgemein nützlichen Weltkongresses unverkürzt auszuführen in
die Lage komme. Sämmtliche Kassengeschäfte besorgt die
Filiale der Rheinischen Creditbank in Baden-Baden.
Baden-Baden, den 11. Juli 1898. Der Geschäftsausschuss.
Kleine Mittheilungen.
In Tübingen ist der Zoologe Professor Eimer gestorben.
Wie der Tod Leuckarts so bedeutet auch deijenige Eimers
für die Thierärzte einen schweren Verlust. Denn bei beiden
Zoologen fanden die Thierärzte weitgehendes Entgegenkommen
und freundlichste Aufnahme. In den Laboratorien zu Tübingen wie
zu Leipzig bildeten junge Thierärzte einen festen Stamm von
gros8entheils recht erfolgreichen Arbeitern. Bei den Schwierig¬
keiten, welche an vielen Stellen den Thierärzten, die promo-
viren wollen, gemacht werden, sind solche ihnen gern geöffnete
Freistätten wissenschaftlichen Arbeitens von besonders hohem
Werth. Wie Leuckart, so sind auch Eimer die Thierärzte
Dank schuldig und nicht bloss die, welche bei ihm gearbeitet
haben. Prof. Gmelin-Stuttgart, der zu den Schülern Eimers
gehört, widmet Letzterem einen warmen Nachruf in der Deutsch.
Thierärztl. Wochenschrift und fuhrt zugleich 14 in Eimers
Laboratorium von Thierärzten ausgefübrte Arbeiten an. Darunter
befindet sich eine gekrönte Preisschrift über die Athmungswerk-
zeuge der Vögel (1896) von Dr. M. Baer, der z. Zt. Assistent
am zoologischen Institut zu Tübingen ist.
Nach einer Mittheilung der Deutsch. Thierärztl. Wochenschr.
ist der in einem württembergischen Wahlkreise gewählte Reichs¬
tagsabgeordnete Hoffmann der Professor Hoffmann von der
thierärztlichen Hochschule. Sehr zu bedauern bleibt es, dass
der Präsident des Deutschen Veterinärrathes und der preuss.
Centralvertretung, Prof. Esser, in Göttingen nicht gewählt worden
ist. Es ist übrigens unbegreiflich, wie bei dem notorisch grossen
Einfluss, den Thierärzte in gewissen Wahlkreisen haben, nicht
wenigstens einige Vertreter des thierärztlichen Standes unter den
Abgeordneten sich befinden, wenn man andererseits die grosse
Zahl von Aerzten im Reichs- und Landtage bedenkt. Dieser
Mangel ist für den thierärztlichen Stand ebenso nachtheilig, wie
andererseits die Anwesenheit von thierärztlichen Abgeordneten
für die Landwirthe von Vortheil sein müsste, namentlich bei der
bevorstehenden Entscheidung wichtiger, überwiegend demVeterinär-
wesen angehöriger Fragen.
Die durch den Tod des Professor Wilkens frei gewordene
thierärztliche Stelle an der Hochschule für Bodencultur zu Wien
wird in zwei Ordinariate, eins für Thierzucht und eins für Thier¬
physiologie, zerlegt. Das erstere ist bereits dem Professor
Adametz aus Krakau übertragen worden. Das letztere ist zur
Zeit noch unbesetzt
Der am 1. Juli unter Verleihung des Kronen - Ordens
III. Klasse aus dem Staatsdienst geschiedene Departementsthier¬
arzt Renner zu Düsseldorf (approb. 1856) ist der erste beamtete
Thierarzt in Preussen, der den Vortheil der Pensionsberechtigung
geniesst. Bei der Berechnung der sich auf über 1200 Thaler be¬
laufenden Pension ist die gesammte kreisthierärztliche und
Militär-Dienstzeit zur Anrechnung gelangt
Zur Aufklärung der vielen gehässigen Angriffe, die Ende 1896
und Anfang 1897 in zwei Zeitungen des Münsterlandes gegen
den Departemeut8thierarzt und Veterinärassessor Dr. Steinbach
unternommen wurden, hat das Ministerium für Landwirthschaft etc.
eine Disciplinaruntersuchnng wider Dr. Steinbach geführt.
Die sehr umfangreiche Beweisaufnahme hat ergeben, dass die
Angriffe auf den gemeinsten Verleumdungen beruhen. Das Disci-
plinarverfahren ist eingestellt worden.
Versammlung der beamteten Thierfirzte des Reg-Bez. Posen.
Ara 3. Juli er. fand unter dem Vorsitze des Herrn Departements¬
thierarztes Heyne zu Posen eine Versammlung der beamteten
Thierärzte des Reg.-Bez. Posen statt, an welcher die Herren
Kreisthierärzte Bauer-Obornik, Berterlt-Ostrowo, Dr. Foth-
Wreschen, Frick-Rawitsch, Huebner-Kosten, Jacob-Posen,
Jacobi - Pieschen, Liesenberg-Meseritz, Lorenz-Kempen,
Ohl mann-Schildberg, Prieur-Jarotschin, Schwanke-Birnbauni,
Rauschert-Opalenitza, Reinemann-Krotoschin, Roempler-
Schrimm, Roskowski-Fraustadt, Schnibbe-Schmiegel und
Szymanski -Gostvn theilnahmen.
Nach Begrüs8ung der Anwesenden durch den Vorsitzenden
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
335
14. Juli 1898.
wurde zunächst in eine Besprechung der demnächst einzu¬
reichenden Nachweisung, betreffend die Einkonnnensverhültnisse
der Kreisthierärzte aus ihrer amtlichen Stellung während der
letzten 5 Jahre, eingetreten und sodann noch eine Reihe anderer
amtlicher Angelegenheiten erörtert.
Schliesslich wurde einstimmig beschlossen, aus Anlass des
„Aufruf an die Collegen“ in No. 26 der Berliner Thierärztlichen
Wochenschrift einen Beitrag von 100 Mark einzusenden.
Nach der Sitzung fand ein Diner statt, an welchem die
Mehrzahl der Versammelten Theil nahm.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
SenchenStatistik und Veterinärpolizei.
(Siehe di<
.Fleischschan und Yiehverkehr.
Kann daa Inland den Fleischbedarf allein decken?
Zu dieser in letzter Zeit oft angeregten und von den ver¬
schiedenen Interessenten widersprechend beantworteten Frage
giebt Oeconomierath Boysen in No. 42 der „Deutschen Land¬
wirtschaftlichen Presse“ an der Hand der hier folgenden Tabellen
interessante Berechnungen.
Die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit die deutsche
Landwirtschaft im Stande ist, den Bedarf der im Wachsen be¬
griffenen Bevölkerung an Fleisch zu decken, ohne eine Steigerung
der Preise befürchten zu müssen, — denn diese würde notwendig
eine Einschränkung des Fleischconsums der weniger gut situirten
Bevölkerung nach sich ziehen, — gestaltet sich um so schwieriger,
als der Fleischbedarf zu verschiedenen Zeiten verschieden ist.
Eine einigermassen zutreffende Antwort kann hier nur in Berück¬
sichtigung der wirtschaftlichen Lage im Allgemeinen gegeben
werden. Da nun im Laufe der letzten Jahre, insbesondere im
Jahre 1897, unsere Industrie und der Handel einen erfreulichen
Aufschwung genommen und sich im gleichen Masse die Wohl¬
fahrt und damit auch die Kaufkraft des ganzen Volkes gehoben
hat, dürfte sich der Versuch rechtfertigen, an der Hand der Ein-
und Ausfuhrlisten des Jahres 1897 einen Ueberblick darüber zu
gewinnen, in welchem Grade ein Bedürfniss für die Einfuhr
lebenden Viehes, bezw. von Fleischwaaren vorliegt. So
zeigt zunächst die Tabelle I, welche Anzahl lebender Thiere
1897 ein- bezw. ausgeführt worden ist, ferner deren Fleisch¬
gewicht und endlich den wirklichen Einfuhr- und Ausfuhrüber¬
schuss der Stückzahl bezw. dem angenommenen Gewicht nach.
Tabelle I.
Gattung
u
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w
Stück
<-
•a
00
3
Stück
Ueberschuss
b 1 b
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a ; ®
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Stück j Stück
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Ueberschuss
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Rinder . . .
202970
12125
190845
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477112
_
Kälber . . .
14597
455
14142
—
25
3535
—
Schweine . .
89826
4592
85234
—
60
51140 !
—
Ferkel . . .
2051
2298
—
244
10
— j
24
Schafe . . .
1988
199295
—
197307
30
59192
Lämmer. . .
431
17651
—
17220
10
— i
1722
Zusammen dz
531787
60938
Einfuhr-Ueberschuss. 531787 dz
Au8fulir-Ueber8chu88 . 60 938 „
Melireinfuln-Ueberschuss 470 849 dz
Tabelle II zeigt die Ein- und Ausfuhr von frischem und
conservirtem Fleisch bezw. von Wurstwaaren. Gleich¬
zeitig ist hier versucht worden, die nach Gewicht eingeführten
Fleischquantitäten auf lebende Thiere zu reduciren, um zu be¬
weisen, welche Anzahl lebender Thiere an Stelle der Fleisch¬
waaren nöthig gewesen wäre.
Beilage.)
Tabelle II .
Gattung
!■<
•1
M
dz
u
-C
.3
Hi
3
dz
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3
3
dz
O
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sps &.
◄3
kg
Ueberschuss
- ' 1
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3 1 <
Stück Stück
Rindfleisch
1
(auch Kalb-
fleisch) . .
44990
11194
33796
—
250
13520
1
Schweine-
i
fleisch . .
Ci
ot
112113
754
111359
i —
60
185595
! _
Hammel-
*
fleisch . .
865
1590
—
725
30
—
2415
sonstiges
Fleisch . .
82
11
71
_
_
_
, _
Rindfleisch
(auch Kalb-
fleisch) . .
21705
921
20784
—
200
10392
_
Schweine-
&
fleisch,
t
Schinken, i
&
Speck und
.C
Würste . .
264278
2383ä
240443
—
40
601107
_
sonstiges
Fleisch . .
1463
134
1329
—
_
_
Büchsen-
fleisch . J
34544
881
33063
—
200
16831
Zusammen dz |
441445
, 725
Einfuhr-Ueberschuss. 441 445 dz
Ausfuhr-Ueberschu8s. 725 „
Mehreinfuhr-Ueberschuss 440 720 dz
Bei einer Einwohnerzahl des Deutschen Reiches von 52 Mil¬
lionen entfällt von dem Einfuhr-Ueberschuss der Tabelle II auf
den Kopf der Bevölkerung ein Quantum von 0,85 kg im Jahre 1897.
Im Vergleich hierzu kam z. B. in England in demselben Jahre
ein Quantum von 13,60 kg auf den Kopf der Bevölkerung,
d. i. genau das Sechszehnfache. Rechnet man den Einfuhrüber¬
schuss beider Tabellen zusammen, so ergiebt sich ein Quantum
von 911569 dz, oder pro Kopf der Bevölkerung 1,75 kg im
Jahre 1697.
In der Annahme, dass der für Berlin im Jahre 1895 ermittelte
Durchschnittsfleischverbrauch von 73,5 kg pro Kopf der Einwohner
im Allgemeinen für Deutschland zutreffend ist, so ergiebt sich,
dass im Jahre 1897 im Ganzen 2,38 pCt. des Fleischverbrauchs
vom Auslande hat bezogen werden müssen. Hiermit ist aber
auch das Verhältnis gegeben, um welches zur vollen Befriedigung
des Inlandbedarfs die deutsche Viehzucht zu vermehren bezw.
die Production zu steigern wäre.
An der Hand der beiden Tabellen ist ferner leicht festzu.
stellen, welche Anzahl lebender Thiere hätte eingeführt werden
müssen, wenn die Einfuhr frischen oder conservirten Fleisches
etwa verboten gewesen wäre. Der Einfuhrüberschuss würde sich
dann im Jahre 1897 auf 231 588 Stück Rinder und 871 936 Stück
Schweine stellen; diesen Zahlen steht aber ein Ausfuhrüberschuss
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336
von 199722 Stück Schafen gegenüber. Zieht man nun in Betracht
dass 1892 — also fünf Jahre früher — der Einfuhrüberschuss an
Rindern 245 414 und an Schweinen 980 528 Stück betragen hat,
und dass im letztgenannten Jahre ausserdem 212 816 dz frisches
und conservirtes Fleisch (gleich 500 000 Stück lebende Schweine)
mehr eingeführt als ausgeführt worden sind, so dürfte damit ein
klarer Beweis dafür erbracht sein, dass trotz der Futternoth des
Jahres 1893 die deutsche Viehzucht sich gehoben hat und weiterer
Ausdehnung fähig erscheint. Im Jahre 1897 hat sich der vom
Auslande bezogene Fleischantheil auf 1,75 kg pro Kopf der Be¬
völkerung gestellt, 1892 aber (bei 2 Millionen Einwohnern weniger
als 1897) noch auf 2,65 kg.
Im Jahre 1892 betrug der Einfuhrüberschuss an lebendem
No. 28.
Vieh und eingeführtem Fleisch nach Abrechnung des Ausfuhr¬
überschusses für die Schafe 1 325 126 dz Fleisch. Angenommen,
dass die Bevölkerung von 1892 bis 1897 nicht um 2 Millionen
oder 4 pCt. gestiegen wäre, so wäre bei einem Durchschnitts ver¬
brauch von 58,65 kg pro Kopf schon im Jahr 1897 ein Ueber-
8chnss bei dem Stande unserer Viehzucht zu verzeichnen gewesen,
denn der Fleischbedarf von 2 Millionen Köpfen ä 58,65 kg pro
Jahr beträgt 1 173 000 dz. Bei gleich gebliebener Bevölkerungs¬
ziffer 1892 und 1897 hätte letzteres Quantum 1897 also entbehrt
werden können, der Einfuhrüberschuss des letzten Jahres stellt
sich aber nur auf 911 369 dz, und hieraus folgt, dass ein Posten
von ca. 100 COO dz überflüssig gewesen wäre, wenn die Be¬
völkerung den an sich erfreulichen Zuwachs nicht erfahren hätte.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Aufzeichnungen : Dem Departementsthierarzt Renner- Düssel¬
dorf wurde bei seinem Ausscheiden aus dem Staatsdienst.der Kö iigl.
Kronen-Orden III. Classe verliehen.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Fried- .
rieh- Halle für den Saalkreis, Thierarzt Hummel- Znin für den |
Kreis Znin, Thierarzt D ft w e 11 - Blumenthal commiss für den Kreis
Bluuienthal.— Thierarzt H eg er- Heidelberg zum Grenzthierarzt 1
in Waldshut, Thierarzt Dörr Wächter - Endlagen zum Verbands-
Inspector bei dem badischen Viehversicherungs-Verbande.
Berichtigung: In No. 27 musste es heissen: Krtli. Griesor,
nicht Griesow.
Gewählt: Thierarzt A g e r t h - Friedland zum Schlachthaus-
In.'pcctor in Neu-Brandenburg.
Approbationen: Berlin: Die Herren Emil Gail u s , Hermann
Kettner, Otto K i e s e 1, Wilhelm K o 1 a n u s , Paul Simon,
Max Richter, Andreas Schütt. Hannover: Die Herren
August Bock, Conrad Ilerbig, Göttlich Knolle.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier-
aizt L. Wundt-Linx nach Endingen, Thierarzt Fr 6 e s c-Moftng'eii
nach Einbeck.
In der Armee: Befördert zu Untenossärzten: die Thierärzte
Belitz im Art.-Regt. No. 33, Glasomersky im Drag -Regt.
No. 23, Gröning im Kür-Regt. No. 4, Lehmann im Ul.-Regt.
No. 1], Sch web s im Art.-Rcgt. No. 5 — Unterrossarzt Ras sau
im Feld - Art. - Regt No. 14 zur Schntztruppc in Kiautschou über¬
getreten. — Oberrossarzt Ruttkowski vom Feld-Art.-Regt. No. 21
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt
Todesfälle: Kreisthierarzt W i 11 u t z k i - Wehlau (Ostpr.). De¬
partementsthierarzt Pech- Trier.
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
K.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cas-el. —
R.-U. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil;.— R.-B. Gum¬
binnen: Insterburg. Bew. an Reg.-Präsident in Gumbinnen.—
K -B. Königsberg: Welilau. — R.-B. Trier: Daun (1800 M.) Bew.
an Reg.-Präsident in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): \
Amtsthierarztstclle (500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebührenl.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
S teilen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes).— R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen a) NeuausgeschriebeneS teilen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist.—
Düsseldorf: Schlachthof-Assistenzthierarzt (2100 M.) zum 1. Oct. [
Bew. bis 20. Juli er. an Oberbürgermeister Lindemain. —
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500 M., freie Wohnung, Heizung,
Beleuchtung). Bew. an Magist.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
— Drengfurt. — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. —Schwarzenau. —
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht seihst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thier¬
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt.
— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher
R. Lau. — Friedland (Mecklbg.): Thierarzt. — Hermeskeil:
Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. bis 28. Juli an Bürgermeister. —
Joachimsthal: Thierarzt zum 25. Juli. (Einnahme aus Fleisch-
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei-Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat.
— Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Marki.
— Nüsse b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). —
Römhild: Thierarzt (1140M.) Näheres durch Thierarzt Giraud.
Berlin S. 0. Skalitzerstr. 141a. — Satow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt.
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-
Schw.). — Schl awa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat. —
Kchlothcim: Thierarzt. (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.)
bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung): Thier¬
arzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schönbaun).
— Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender Fleisch¬
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Privatstelle: Einbeck.
Unter8tü!zunflsverein für Th-erärzte.
Bei Gelegenheit der Delegirtenversammlung der Central-
Vertretnng der thierärztlichen Vereine Preussens am 22. Mai
d. J. ist auf Grund früherer Beschlüsse ein Unterstützungsverein
für Thierärzte gegründet worden, welchem sämmtliche an¬
wesende Delegirten beigetreten sind. Letztere haben den in dem
Bericht der Centralvertretung (siehe pg. 331 ff.; mitgetheilten
Statutenentwurf angenommen, welcher noch der behördlichen
Bestätigung bedarf. Der Vorstand des Unterstützungsvereins
fordert nun sämmtliche deutschen Thierärzte zum Beitritt zu
diesem Verein auf. Die Zwecke und Ziele desselben, sowie die
Rechte und Pflichten der Mitglieder sind aus dem mitgetheilten
Statutenentwurf ersichtlich. Meldungen zum Beitritt sind an
den Unterzeichneten Vorsitzenden, Departementsthierarzt Preusse
in Danzig, Schleusengasse 11, zu richten.
Der Vereins- Vorstand
I. A.: Preusse.
Deutscher Veterinärkalender.
Behufs rechtzeitiger Vollendung und genauer Richtigstellung
des Persoaalverzeichnisses des Deutschen Veterinärkalender s
bitte ich alle Herreu Collegen, gefä'ligst die sie selbst betreffenden
Angaben in dem genannten Verzeichniss auf deren Richtigkeit
hin prüfen und etwaige Correcturen möglichst umgehend an die
Verlagsbuchhandlung von R. Schoetz einsenden zu wollen.
Dr. Schmaltz.
Dieser Nummer der B. T. W. liegt der von R. Schoetz auf¬
gestellte Katalog der neuen Literatur des Veterinftrwesens und ver¬
wandter Gebiete von 1. Apr. 1889 —1. Juli 1898 als Gratisbeilage bei
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Imeratemheil) Prof. Dr. Schmaltz iu Berlin. — Verlag uud Eigcnthuin von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BUxenstein. Berlin.
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Dt« »Berliner ThlarftratUeha Woohenxihrift“ anehelnt
wöchentlich in Stärke von mindeiten* 1*/« Bogen. Dieselbe
tat an bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richara
Schoets, Berlin KW, Lnisenttrasse 86, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeitrige werden mit 60 Mk. für den Bogen honorlrt
▲Ile Manuscripte, Mittheilungen und redaotionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, KW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 29 . Allsgegeben am 21. Jnli.
Inhalt: Meyer : Ursache und Behandlung der Gebärparese nach Schmidt-Kolding. — Kubasohewskl: Behänd-
lnng der Gebärpareee nach Schmidt-Kolding. — Zinke: Poudre uterine. — Referate : Sennner: Mallein
und Tuberculin. — Winkler: Lungenentzündung bei Rindern. — Cliauvrad: Apoplexie der Cerebralmeningen. — Weiterer
Bericht Robert Koch’s über das Texasfieber. — Paese: Die Büffelseuche. —TageBgeschichte: VI. Plenar-Versammlung
der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Verschiedenes.—
Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieh verkehr. — Bücher-
Anzeigen und 'Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen
Ursache und Behandlung der Gebärparese nach
Schmidt-Kolding.
Von
W. Meyer - Lesse (Braunschweig).
(Vortrag, gehalten im thierärztlichen Verein zu Braunschweig.)
Am Ende des vorigen Jahres erschien in der Berl. Thier-
ärztlichen Wochenschrift ein kurzes Referat, nach welchem
Schmidt-Kolding die Ursache der Gebärparese in das Euter ver¬
legt und durch Einfüllung von ca. einproc. Jodkalinmlösung in
das Euter in ca. 90 pCt. der Erkrankungsfälle Heilung erzielte.
Wohl von einem jeden Thierarzte, welcher viel mit qu. Krank¬
heit zu thun hat, wurde diese Mittheilung freudig begrüsst, und
die Behandlungsweise mit mehr oder weniger Erfolg an¬
gewandt.
Ich hatte nun im Anfang dieses Jahres ziemlich viele Fälle
von Gebärparese und wandte, um die Wirkung der Behandlungs¬
methode besser beurtheilen zu können, abwechselnd die von
Schmidt-Kolding empfohlene — Kal. jodat. und Aloe — und
meine alte Theraphie — Tart. stib. und Caffee mit Wein — an.
Die Resultate waren ganz überraschende.
Von fünf mit Tart. stib. behandelten Thieren wurden zwei
während der Krankheit, zwei nach überstandener Krankheit
wegen einer sich entwickelnden Fremdkörperlungenentzündung
geschlachtet und ein Thier genas vollständig. Von den mit
Jodkalium behandelten fünf Thieren genas kein einziges, alle
wurden während der Krankheit geschlachtet, eins vielleicht zu
früh. Von einem Collegen wurden mir noch drei Fälle mit-
getheilt, welche mit Jodkalium behandelt waren. Von diesen
genas ein Thier. Bemerken will ich noch, dass die Schlachtungen
9 bis 48 Stunden nach Beginn der Krankheit vorgenommen sind,
und dass die Behandlung theilweise schon eingeleitet wurde,
wenn die Thiere noch standen.
Durch diese Ergebnisse waren meine Erwartungen natürlich
sehr getäuscht, und ich sachte nach Gründen, welche diese Miss¬
erfolge hervorgerufen hatten. Dieselben konnten nun eingetreten
sein einmal durch fehlerhafte Application des Jodkaliums, dann
konnte aber auch angenommen werden, dass die Toxine, welche
die Gebärparese hervorrufen sollen, durch das Jodkalium nicht
paralysirt oder überhaupt nicht im Euter gebildet werden.
Was nun die Behandlungsmethode anbelangt, so habe ich
ach bestem Wissen und Können dieselbe nach den Angaben
von Schmidt-Kolding ausgeführt. Ich Hess das Euter voll¬
ständig ausmelken, führte dann nach gründlicher Reinigung des
Euters mit Sodawasser und Lysolwasser durch die Strichöffnung
einen Katheter ein, durch welchen mittelst Glastrichters und
2 m langen Gummischlauches ein Liter einer 0,8- bis 1 proc. Jod¬
kaliumlösung infundirt wurde. Das Wasser, in welchem das
Jodkalium aufgelöst wurde, war frisch aufgekocht und auf ca.
40° C. abgekühlt; Schlauch und Trichter hatten während der
Zeit, also ca. eine viertel Stunde, in Lysolwasser gelegen.
Während und einige Zeit nach der Einfüllung wurde das vorher
gut ausgeraolkene Euter kräftig massirt; auch gelangte Luft mit
in das Euter, so dass alle Bedingungen erfüllt waren. An der
Art der Anwendung konnte also der Misserfolg nicht liegen; es blieb
nur die zweite Möglichkeit, eine Unwirksamkeit des Jodkaliums
auf die Toxine oder eine andere Bildungstätte derselben übrig.
Zur Beleuchtung dieser Möglichkeit muss ich etwas näher
auf die Gründe, welche Schmidt zu seiner Annahme veranlassten,
und auf die Vorgänge bei der Milchsecretion, soweit sie in Be¬
tracht kommen, eingehen.
Nach einem Referat in No. 14 der Berliner Thierärztlichen
Wochenschrift sagt Schmidt: „Es dürfte sich also bei dem plötz¬
lich erhöhten Stoffwechsel im Euter ein giftig wirkendes
Spaltungsproduct entwickeln, welches in den Blutstrora übergeht
und eine Autointoxication erzeugt. Während der Colostrum¬
periode wird eine bedeutende Menge von Enterdrüsenzellen mit
ausgeschieden. Dabei werden voraussichtlich auch andere und
eventuell toxische Stoffwechselproductc später gebildet. S.
ist der Meinung, dass es sich um eine Art von Reinigungs-
process bei der Abstossung der alten Zellen handelt.“
Die Ursache — ein Toxin — als erwiesen angenommen,
würde vielmehr anf einen anderen Entstehungsort hinweisen als
auf das Euter. Hierfür sprechen einmal die Drüse als Excretions-
organ und dann die Vorgänge bei der Milchsecretion.
Die Annahme, dass das im Euter sich bildende Toxin in
die Blutbahn gelangt, muss jedenfalls als eine ganz willkürliche
bezeichnet werden. Ich habe wenigstens nirgend gefunden, dass
vom intacten Euter aus irgend welche Stoffe dem Körper ein¬
verleibt werden können. Es werden vielmehr entsprechend
seiner Bestimmung durch dasselbe fremde Substanzen, z. B.
Arzneien, resorbirte Zersetzungsprodukte bei zurückgebliebener
Nachgeburt, aus dem Organismus ausgestossen. Hiernach kann
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338
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
viel leichter angenommen werden, dass, wenn Toxine im Enter
oder in der Milch nachgewiesen werden sollten, diese sich nicht
hier gebildet haben, sondern erst nach Passiren der Blutbahn
dorthin gelangt sind. Aus den angeführten Gründen kann auch
das in das Euter eingeführte Jodkaliuni keine Wirkung haben,
weil eine Aufnahme in die Blutbahn ausgeschlossen ist und die
im Euter sich findenden Gifte so wie so schon unschädlich sind.
Ob eine Verminderung der Milchsecretion bei dieser Anwendungs¬
weise eintritt, kann ich nicht beurtheilen, da mir eine gesunde
Knh zn Versuchszwecken nicht zur Verfügung gestanden hat.
Einen Schluss auf die Wirkung des Jodpräparats ans der ver¬
minderten Milchsecretion bei an Gebärparese erkrankten Thieren
zu ziehen, ist jedenfalls sehr gewagt, da in den meisten Fällen
die Euterthätigkeit mit Beginn der Krankheit herabgesetzt ist.
In einem Falle konnte ich die Secretion nicht durch Kal. jodat.
vermindern, was mir sehr unangenehm war, da ich den Besitzer
vorher auf ein Verschwinden der Milch aufmerksam gemacht
hatte. Als Jodkaliumwirkung wird noch das alsbaldige Ansteigen
der Temperatur angeführt. Auch dieses Argument ist nicht
einwandsfrei. Ich habe jedesmal kurze Zeit nach Einleitung der
Behandlung eine Temperaturerhöhung von ca. 0,5° C. beobachtet,
einerlei, ob Jodkalium eingeführt war oder nicht. Diese Wärme-
zunahme muss zurückgeführt werden auf das Frottiren des
Rückens mit spirituösen Mischungen und die hierdurch ver¬
mehrte Hautthätigkeit. Da ich diese Beobachtung aber nur nach
der jedesmaligen ersten Einreibung gemacht hatte, so machte
ich den Versuch, um einen Irrthum zu vermeiden, bei einem
gesunden Ochsen. Vor der Application von Spirit, camphorat.,
01. Tereb. und Liq. Ammon, caust. ää betrug die Temperatur
des Versuchstliieres 38,4° C., 10 Minuten nach derselben 39,1° C.
Nach diesen Erw'ägungen muss man zu dem Schluss kommen,
dass eine Beeinflussung des Krankheitsverlaufs durch Jodkaliura
vom Euter aus und die Bildungsstätte des Toxins in demselben
zum mindesten anzuzweifeln ist. Für dieses Letztere sprechen
auch die Vorgänge bei der Milchsecretion speziell bei Bildung
der Colostrumkörperchen.
Schmidt steht auf dem Standpunkte Haidenhains, welcher
die Colostrumkörperchen ans abgestossenen Epithelzellen sich
bilden lässt, wie aus der Aeusserung hervorgeht: „dass es sich
um eine Art von Reinigungsprocess bei der Abstossung der
alten Zellen handelt.“ Nun ist aber in neuerer Zeit von
Michaelis im Laboratorium von Prof. 0. Hertwig in Berlin
nachgewiesen, dass das Epithel in den Alveolen und kleineren
Milchgängen einschichtig ist und die Hauptbestandteile der
Milch, das Fett und zum Theil das Casein, liefert. Es müsste
also, wenn eine Abstossung dieses einschichtigen Epithels statt¬
fände, eine Behinderung oder Veränderung in der Milchsecretion
die nothwendige Folge sein. Das vom Euter gelieferte Product
würde dann nicht mehr die Beschaffenheit der Milch haben,
sondern müsste dem Secrete ähnlich sein, wie es sich bei
Mastitis parenchymatosa findet.
Von demselben Forscher ist aber auch nachgewiesen, dass
die Epithelien mit der Bildung der Colostrumkörperchen nichts
zu thun haben. Dieselben entstehen vielmehr aus Leukocyten,
welche vermöge ihrer amöboiden Bewegungen Milchkügelchen
in sich aufnehmen und auf diese Weise die bekannten brombeer-
artigen Körperchen hervorbringen. Diese Gebilde sind mit der
Geburt gar nicht unzertrennlich verbunden, denn sie entstehen
auch bei der secernirenden Milchdrüse, wenn die Säguung unter¬
lassen wird, also Milchstauung eintritt.
Wenn nun nach diesen Erwägungen angenommen werden
muss, dass die Bildungsstätte des Toxins nicht das Euter ist, so
drängt sich die Frage auf, wo findet die Bildung des Giftes
statt? Ich meine die Antwort kann nur lauten: im Uterus. Es
ist diese Behauptung schon früher aufgestellt und deshalb ange-
zweifelt, weil Ausspülungen der Gebärmutter bei an Gebärparese
erkrankten Kühen nicht die gewünschten Resultate gehabt
hatten. Man muss aber in Betracht ziehen, dass nicht die
Toxine, welche sich noch im Uterus finden, die Krankheit hervor-
rufen, sondern diejenigen, welche von der wunden Schleimhaut
aufgenommen sind und im Körper kreisen, also durch die ein¬
gefüllten Desinficientien nicht mehr erreicht werden.
Wodurch in Dänemark so günstige Resultate erzielt sind,
kann ich nicht beurtheilen, bemerken will ich nur noch, dass
wahrscheinlich die Witterung einen Einfluss auf den Verlauf
der Krankheit ausübt, derart, dass bei sinkendem Luftdruck ein
letaler Ausgang, bei steigendem Luftdruck dagegen Genesung
zu erwarten steht. Diese Beobachtung habe ich bei 13 Fällen
gemacht. Wenn auch das vorliegende Material ein noch zu
geringes ist, um daraus einen Schluss zu ziehen, so hat diese
Mittheilung vielleicht doch den Wert, dass auch andere Collegen
das Barometer beobachten und ihre Erfahrungen veröffentlichen.
Es ist doch immerhin schon etwas, wenn man bei einer so heim¬
tückischen Krankheit, wie die Gebärparese ist, eine einiger-
massen sichere Prognose stellen kann.
Bei der nun folgenden Debatte ist Kreisthierarzt Saake.
Wolfenbüttel der Meinung, dass als Bildungsstätte für das
Krankheitsgift das Euter nicht in Betracht kommen könne, da
bei der Bildung von Toxinen immer Bacterien zugegen sein
müssten. Diese hätten aber bei dem festen Zitzenverschluss
während der Zeit, in welcher die Kühe trocken stehen, gar
keine Gelegenheit in das Euter einzuwandern. Ausserdem sei
es überhaupt noch zweifelhaft, ob die Gebärparese durch ein
Toxin hervorgerufen würde; dasselbe müsste sich doch auf irgend
eine Art nachweisen lassen, was bisher weder durch Impfung
noch mit Hülfe der Chemie geschehen sei. Was nun die
günstigen Resultate in Dänemark anbelange, so beeinflussen
dort vielleicht dieselben Umstände die Krankheit /vyie.in Olden¬
burg. Dort habe er bei Behandlung mit Crotonoel von mehreren
hundert Erkrankungsfällen im Durchschnitt jedesmal die 18. Kuli
verloren, obgleich die einzelnen Fälle scheinbar ungleich schwerer
aufgetreten seien wie hier. Auch habe er dort die Beobachtung
gemacht, dass Gebärparese nur bei niedrigem Luftdruck und
feinem Staubregen auftrete. Diese für die dortige Gegend
geltenden Erscheinungen träfen hier in Braunschweig, speciell
Wolfenbüttel, nicht zu, wesslialb er sich der Ansicht zuneige,
dass locale Einflüsse auf den Verlauf und Ausgang der Krank¬
heit vorhanden sein müssten. In Betreff der Behandlung halte
er es mit Viborg, welcher einmal gesagt habe: „Manchmal
hilfts Alles, manchmal hilft Nichts“.
Als entschiedener Anhänger der Jodkalium-Euter-Infusionen
erweist sich der College Reinbold-Meine. Er begründet seine
Ueberzeugung durch eine Gegenüberstellung der Erfolge bei
seiner früheren und jetzigen Behandlungsmethode, welche auf
seinen Wunsch im Folgenden etwas genauer geschildert werden
soll. Nachdem R. in längerer Ausführung die Symptome der
Krankheit geschildert hat, geht er auf die von ihm angewandten
Behandlungsweisen und die hierdurch erhaltenen Erfolge über.
Während ihm sonst bei dem Eingeben per os nur sehr wenig
Thiere gesund wurden, änderte sich dies bei raschem Hinzu¬
gezogenwerden und schleunigster Injection von 0,1 Eserin in
10,0 möglichst warmen Wassers gelöst. Ausserdem gab er bei
noch vorhandenem Schluckvermögen gut warmen durchgesiebten
Thee von Carum Carvi und Fol. Veronic. Aeusserlich verordnet«
er: Einreiben des Rückens mit 01. Tereb. etc., dann warm Ein¬
decken, Entleeren des Mastdarms und der Blase, Einfüllen von
l‘/2 proc. kaltem Lysolwasser in den Uterus, Hochrichten und
Kühlen des Kopfes und häufiges Ausmelken mit Massage des
Euters. Auch blieb er längere Zeit dort, um ein zu frühzeitiges
Schlachten bei etwa eintretendeu Unruheerscheinungen zu ver-
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Google
339
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
21. Juli 1898.
hindern. Bei dieser Behandlung erzielte er in 66 pCt. Genesung.
Nach Einführung der Jodkalium-Euter-Infusionen hat er obige
Behandlung im Grossen und Ganzen bis auf die Massage des
Enters beibehalten. Er hat bis jetzt 10 Kühe behandelt. Von
diesen ist eine Kuh kurz nach Beginn der Krankheit und eine
nach ca. 20 Stunden geschlachtet, obgleich bei dieser scheinbar
alle Gefahr vorüber war; ein Thier blieb gelähmt und eins ging
an einer Fremdkörperlungenentzündung zu Grunde, 6 >vurden
vollständig in Zeit von 10 bis 30 Stunden gesund.
Indem er zum Schluss auf die guten Resultate hinweist,
betont er nochmals die Nothwendigke.it der möglichst frühzeitigen
Einleitung der Behandlung und des längeren Verweilen« beim
Patienten.
Kreisthierarzt Schräder-Helmstedt verlegt die Bildungs¬
stätte des Toxins in den Uterus. Desslialb hat er auf einem
Gute, wo vielfach Gebärparese vorkam, sofort nach dem
Kalben die Gebärmutter mit desinficirenden Mitteln ansspülen
lassen. Die Krankheit ist danach nicht wieder aufgetreten.
Wegen der vorgeschrittenen Zeit wird hiermit die Debatte
geschlossen.
Behandlung der Gebärparese nach Schmidt-Kolding.
Von
Kubaschewski-Angerburg.
Krelsthierarxt.
Angeregt durch die Mittheilung des Herrn Collegen C. Tempel
in No. 18 der „B. T. W.“, möchte auch ich über die beiden von
mir behandelten Fälle von Gebärparese berichten:
Der erste Fall betraf eine sehr gut genährte Holländer Kuh,
welche Tags nach dem Kalben an Gebärparese erkrankte. Ich
gelangte ca. sechs Stunden nach dem Einsetzen der Krankheits¬
erscheinungen, Mittags 12 Uhr zur Behandlung.
Status praesens: 110 drahtförmige kleine Pulse. Die
Temperatur musste sich unter 35° C. bewegen, denn die
heruntergeschlagene Quecksilbersäule des sonst zuverlässigen
Thermometers blieb auf ihrem niedrigsten Stande. Darmperi¬
staltik liegt völlig darnieder. Stöhnen bei jedem Athemzuge, der
Kopf wird meist weit zurück in die Flanke gelegt. Starke Ein¬
genommenheit des Bewusstseins; ab und zu Husten, was durch
die vorher von dem Besitzer vorgenommenen Eingiessungen von
Kamillenthee zu erklären war, welche bei der schon eingetretenen
Schlucklähmung tbeilweise in die Lungen gerathen sein mussten.
Nach diesen Befunden musste besonders rücksichtlich des
wider Erwarten niedrigen Standes der Temperatur meine
Diagnose sehr ungünstig lauten. Behandlung: Infusion von
10,0 Kal. jodat. in einem Liter Wasser gelöst in die vier Euter¬
viertel na<h den vorhergegangenen bekannten Vorbereitungen.
Frottiren des ganzen Körpers mit Bürsten. Injection von
0,2 Eserin, sulf. und 5,0 Coffein, natr-benz., zweistündl. Wasser-
clystire.
Nach dem späteren Berichte des Besitzers war bereits in
der folgenden Nacht eine entschiedene Besserung in dem Be¬
finden der Kuh eingetreten, das Stöhnen hatte aufgehört, der
Blick wurde lebhafter, es erfolgte Kothabsatz. An dem darauf¬
folgenden Vormittag hatte die Kuh lebhaftes Verlangen nach
Futter und machte vorläufig nutzlose Aufstehversuche. Am Nach¬
mittage stand die Kuh von selbst auf.
In dem zweiten Falle handelte es sich um eine Kuh, zu
deren Behandlung ich bereits drei bis vier Stunden nach der
Erkrankung kam.
Patientin konnte sich in meiner Gegenwart nicht mehr von
selbst erheben. P. 90 A. beschleunigt und oberflächlich, Darm¬
peristaltik noch vorhanden, aber träge. Vollständige Inappctenz
und Stöhnen.
Behandlung wie im Fall eins; nur statt Eserin wurden
100,0 Aloepulver per os gegeben. Schon acht Stunden danach
hatte die Kuh Aufstehversuche gemacht und nach weiteren vier
Stunden war dieselbe genesen.
Ein Ausbleiben der Milch trat in beiden Fällen nicht ein.
Sehr beachtenswerth ist der Umstand, dass das behandelte
Euter nicht zu früh, d. h. nicht vor Ablauf von 18
bis 24 Stunden ausgemolken werden darf. Auf die Nicht¬
beachtung dieses Umstandes ist mit Sicherheit ein Misserfolg
zurflckzuführen, den eio College hatte, nachdem er schon wenige
Stunden nach der Application das Euter ausmelken Hess.
Wir Thierärzte aber haben allen Grund, dem Herrn Collegen
Schmidt für das Resultat seiner Forschungen dankbar zu sein,
namentlich alle Diejenigen, welche, wie ich, bisher dieser heim¬
tückischen Krankheit machtlos gegenüber gestanden haben.
Poudre uterine.
Von
Zinke-Weissenfels,
RoHint.
In letzter Zeit hatte ich Gelegenheit, die Wirkung des Poudre
Utdrine zu beobachten. Früher habe ich das Pulver zu jenen
wohl empfohlenen aber nichtsdestoweniger werthlosen Mitteln
gezählt, mit welchen der Praktiker nur gebrandschaizt wird.
Erst als ich mehrmals von Besitzern um das Pulver ersucht
wurde, zog ich bei Landwirthen, welchen Poudre Uterine von
Herrn Rossarzt a. D. Steinmeyer verordnet war, Erkundigungen
ein. Die Besitzer waren ausnahmslos mit dem Pulver zufrieden.
Hierauf habe ich das Pulver in verzögerten Fällen ebenfalls
angewandt. Da ich annahm, dass der therapeutische Werth des
Pulvers noch von vielen Herrn angezweifelt wird, gestatte ich
mir die Resultate kurz mitzutheilen.
Das Poudre utdrine ist das beste und ein sicheres Mittel
znm Abtreiben der Nachgeburt.
Das Allgemeinbefinden bessert sich in wenigen Tagen, selbst
wenn das Thier bereits hochgradig erkrankt war.
Da die Ordination des Poudre Uterine für den Arzt bequem,
ihn auch gegen lästige Infektionen schützt, kann ich das Pulver
nur empfehlen.
Um eine Schädigung unserer Interessen zu verhüten, hat
HerrSteinmeyer contractlich sichergestellt, dass Poudre uterine
von Apothekern nur anf thiei ärztliches Recept abgegeben
werden darf.
Referate.
Möllern and Tabercalin.
Von Prof. E. Semmer, St. Petersburg.
Oetlerr. Mon*U.ch>. 1898, H. O
S. hebt nicht nur den diagnostischen Werth des Tuberculins
bei der Tnberculose der Rinder hervor, sondern er ist auch der
Ansicht, dass das Mittel heilkräftig gegen diese Krankheit wirken
kann. Diese Folgerung sei aus der Thatsache abzuleiten, dass
vielfach in den mit Tuberculin behandelten Heerden nach der
ersten Injection die Zahl der reagireuden Thiere eine grössere
war als nach späteren Tubercnlininjectionen. Die von Sachs
in Russland angestellten Untersuchungen zeigten, das bei der
zweiten, dritten und vierten Tuberculineinspritzung nach zwei,
fünf und sechs Monaten die Zahl der Reactionen sich progressiv
verminderte. Die Schlachtung von Thieren, die bei der ersten
Ipjection stark und bei der dritten nicht mehr reagirten, ergab,
dass in einzelnen inneren Organen nur noch total verkalkte
Knötchen gefunden wurden. Bang in Dänemark hat ähnliche
Resultate gehabt.
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340 BERLINER TI11ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 29.
Im kaiserlichen Institut für Experimentalmedicin in St. Peters¬
burg wurde ermittelt, dass durch snbcutane Application allmälig
gesteigerter Dosen voo Tubercnlin (Kälber erhielten im Laufe
von 2—3 Monaten 75—100 g, erwachsene Rinder 2C0—300 g
Tubercnlin) Immunität gegen Impfung mit virulenten Tuberkel¬
bacillen und tuberculö86m Material erzielt wurde. Das ver¬
wendete Tubercnlin ist vollständig frei von giftigen Neben-
producten. Es wird in dem genannten Iustitut mittelst fort¬
gesetzter Züchtung virulenter Tuberkelbacillen in Bouillon bei
37—38° C. bis zur vollständigen Erschöpfung des Nährbodens
und Aufzehrung sämmtlicher Albuminate und stickstoffhaltigen
Bestandteile gewonnen. Dieses Präparat ist erwachsenen ge¬
sunden Rindern und Pferden in subcutanen Dosen bis zu 50 g
absolut unschädlich. Dasselbe soll in nächster Zeit auch bei der
menschlichen Tuberculose versucht werden.
Dieselben Wirkungen, welche das Tuberculin bei der Tuber-
cnlose auszuüben vermag, vindicirt S. dem Maliern in seinem
Einfluss auf rotzkranke Pferde. Bei Anwendung des Malleins
zur Diagnose der Rotzkrankheit habe er in Nordrussland in
allen Fällen mit typischer Reaction bei der Section rotzige Ver¬
änderungen nachweisen können (meist in den Lungen, Luftwegen
und Lymphdrüsen). Rotzfreie Pferde zeigten nie eine typische
Reaction. Bei chronischer veralteter Rotzkrankheit manifestire
sich oft eine geringere Reaction als bei frischen Fällen mit ge¬
ringgradigen Läsionen (gleich der Tuberculose). Diese Er¬
fahrungen sind an einer umfangreichen Anzahl von Beobachtungen
(etwa 1000 Pferden) gewonnen worden.
In Südrussland zeigten von ca. 700 mit Mallein behandelten
Pferden, unter denen 60 ausgesprochene Rotzfälle vorgekommen
waren, etwa 50 pCt. eine typische Reaction. 22 dieser Pferde
wurden getödtet, und bei allen Pferden durch die Section in
Lungen, Lymphdrüsen, Nase nur wenig ausgesprochene B#tz-
processe (Narben und kleine Geschwürchen, verkalkte oder ver¬
käste Knötchen, die nicht mit den Knötchen entozooischer
Herkunft identisch waren) festgestellt. Impfungen mit diesen
Knötchen an kleinen Thieren und Aussaaten auf Kartoffeln,
Bouillon, Agar ergaben negative Resultate. Nur in einem Falle
gelang es im Institut für Experimentalmedicin mit Nasenansfluss
eines mit der chronischen Rotzkrankheit behafteten Pferdes eine
Katze zu inficiren. Das Impftbier verendete an Rotz. Aber die
aus der Katze gewonnenen Reinculturen von Rotzbacillen waren
so abgeschwächt, dass sie bei Pferden, Katzen und Meerschweinchen
nach der Verimpfung ausgesprochenen Rotz nicht mehr zu er¬
zeugen vermochten. Das Pferd, welches das Impfmaterial lieferte,
lebt heute (nach 2 Jahren) noch und zeigt keine Erscheinungen
der Rotzkrankheit mehr. Ebenso verhalten sich die oben er¬
wähnten 350 Pferde (50 pCt. von 700), welche 1893 und 1894 geimpft
worden waren und typisch reagirt hatten. Hiernach Hesse sich
nicht von der Hand weisen, dass es gutartige, heilbare Fälle von
Rotz gebe, wie es heilbare Fälle von Tuberculose und von
Lues giebt.
Durch allmälig gesteigerte subcutane Gaben von Maliern
können Pferde immun gemacht werden. Mit kleinen Mengen
beginnend, kann die einmalige subcutane Einspritzung bis auf
100 g gesteigert werden. Die Pferde waren gegen die virulentesten
Rotzbacillen und gegen virulentes Rotzmaterial geschützt nach
allmäliger Einverleibung von ca. 500 g Mallein.
„Blutserum rotzimmuner Pferde verleiht nur vorübergehende
Immunität, seine Einwirkung auf virulente Rotzbacillenculturen
vermindert aber progressiv deren Virulenz und hebt sie schHesslich
ganz auf.“
S. bemerkt schliesslich, dass dieses Veifahren der Mitigation
von Koch zur Abschwächung des Rinderpestcontagiuras benutzt
worden sei, und dass er selbst im Jahre 1893 im Poltavaschen
Gouvernement bereits ähnliche Versuche mit dem Rinderpest-
contagium angestellt habe.
Diese Versuche sind leider nicht zum Abschluss gekommen,
weil, wenn wir recht unterrichtet sind, dem unermüdlichen Forscher
keine ausreichenden Mittel bewilligt wurden.
Lungenentzündung bei Rindern.
Von Bez.-Thierarzt Winkler.
(Wochenschrift f. Tbierhlkd.)
In einem Stalle begannen plötzlich sämmtliche Rinder zu
husten. Die Untersuchung ergab hochgradige Lungenentzündung
bei einem Ochsen und zwei Kühen, während die übrigen acht
Thiere nur beschleunigt athmeten und schmerzhaften schwachen
Husten zeigten. Die Erstgenannten genasen nach mehreren
Tagen. Bei der Auscultation und Percussion konnte ein er¬
krankter Lungentheil nicht nacbgewiesen werden. An Lungen¬
seuche konnte nicht gedacht werden, schon wegen des Fehlens
hepatisirter Stellen nicht. Bezüglich der Ursache stellte sich
aber Folgendes heraus: Zur Einstrea war Haferstroh und Spreu
verwendet, die dicht mit Schimmelpilzen besetzt waren. Die
massenhafte Inhalation von Schimmelpilzen dürfte also eine
mykotische Pneumonie hervorgerufen haben. Nach Entfernung
dieses Streumaterials verloren sich allmälig die pneumonischen
Erscheinungen. Dagegen zeigte ein junges Rini einige Tage
später Lähmung des Schlundes und der Gliedmassen und starb.
Auch in einem andern Stalle erkrankten von drei Rindern zwei,
nachdem sie Häcksel von stark verschimmeltem Haferstroh ver¬
zehrt hatten, und zwar das eine Thier an Lähmung des Schlundes
und der Gliedmassen, das andere an Nierenentzündung.
Apoplexie der Cerebralmeniiigeii« *
Von C'hauvrad, Militürthicrarzt in Batua (Algerien).
(Iti-cuoil du inüd. vüt. 30. XI. 1897.1
Nach einem kurzen, nicht anstrengenden Ritt bei kaltem
und regnerischem Wetter zeigt ein zehnjähriges Pferd plötzlich
Aengstlichkeit, Speichelfluss und Kopfschütteln. Bald darauf
dreht es den Kopf nach links, schwankt und fällt auf die rechte
Seite. Der Kopf bleibt nach links abgebogen, ebenso die Lippen
und die Nase. Die Speichelung ist sehr stark.
Das Pferd wird aufgehoben; es zeigt wieder Schwindel,
fällt wieder auf die rechte Seite und bleibt mehr als 20 Minuten
am Boden liegen. Die Glieder zeigen Zuckungen; die Athmung
bleibt langsam und regelmässig. Alternativ ist das Thier auf¬
geregt und schläfrig. Man beobachtet auch Kreisbewegungen
im Schritt und im Trab.. Schüttelfrost, Contractionen der Kiefer,
automatische fo. twährende Schluckbewegungen, Retraction oder
convulsive Erschlaffung der Bauchmuskeln mit nachfolgender
unwillkürlicher Defäcation. Das Sehvermögen ist aufgehoben.
Nach zwei Tagen ging das Thier nach einem ziemlich
langen comatösen Stadium ein.
Bei der Section fand C. als hauptsächliche Laesion eine
sehr starke Hämorrhagie der rechten Arachnoidea und der
rechten Pia inater. Die Hirnhäute sind dunkelroth, das extra-
vasirte Blut theilweise geronnen, ockergelb gefärbt durch Trans¬
fonnation des Hämoglobins. Das Innere des Gehirns ist fast
blutleer.
Weiterer Bericht Robert Kocli’s über
das Texasfieber.
(Am dem DUcli. Colonialbl. No. 7)
Dass die Erreger des Texasfiebers durch Zecken übertragen
werden, ist bekanntl'ch von den Entdeckern dieser Erreger, den
Herren Smith und Kilborne, schon festgestellt worden. Koch
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21. Juli 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
341
bat ergänzende Untersuchungen angestellt, die sich in folgender
Richtung bewegten. Von Thieren ans einer mit Texasfieber
inficirten Heerde, die aber gesund schien, wurden Zecken ent¬
nommen, in ein Glas gesetzt und unter Watteverschlnss auf¬
bewahrt. Ebenso wurden von einem hochgradig texasfieber¬
kranken Kalbe Zecken abgenommen. Nach wenigen Tagen be¬
gannen die Zecken in den Gläsern ihre Eier abzulegen, und es
gelang Koch während eines zweiwöchigen Marsches Hunderte
junger Zecken lebend zu erhalten Dieselben wurden auf Rinder
gesetzt, die aus dem Innern stammten und nie mit Texasfieber
in Berührung gekommen waren, und zwar auf 2 Thiere Zecken
von den scheinbar gesunden Rindern und auf 2 andere Thiere
die Zecken von dem kranken Kalbe. In 3 Wochen waren einige
Zecken schon zur vollen Grösse herangewachsen, die übrigen
zeigten noch alle Abstufungen bis zur Mohnkorngrösse herab.
An jedem Versuchsthier sassen hundert und mehr Zecken. Auf¬
fallende KrankheitserBcheinungen zeigte kein Thier. Aber am
22. Tage ergab die Blutuntersuchung zum ersten Male das Vor¬
handensein des Pyrosoma bigeminum in den ausserordentlich
charakteristischen birnenförmigen Form des erwachsenen Para¬
siten bei denjenigen beiden Rindern, denen die Zecken des
kranken Kalbes angesetzt waren. Die beiden andern Rinder,
welchen die Zecken von den anscheinend gesunden Thieren an¬
gesetzt waren, blieben ihrerseits dauernd gesund. Der Verlauf
der Infection bei den erstgenannten Thieren entsprach also der
leichten Form des Texasfiebers, obwohl die Erreger von einem
schweren Fall (dem kranken Kalbe) genommen waren.
Nunmehr wurden mit dem Blute des einen inficirten Thieres
4 andere gesunde Rinder geimpft (20 ccm defibrinirtes Blut
unter die Haut). Sämmtliche Thiere bekamen am 5. Tage Temperatur¬
steigerung und schienen schwer krank, und schon von diesem
Tage ab fanden'Sich Pyrosumem • in viel grösserer Zahl, hielten
sich aber nur etwa 10 Tage lang. Jetzt wurden 2 frischen
Kindern und ausserdem jenen 4 ersten Rindern, denen die Zecken
ursprünglich angesetzt worden waren, je 20 ccm Blut ein¬
geimpft. Die beiden frischen Thiere und die beiden andern,
welche bei jenem ersten Versuch Licht erkrankt waren, erkrankten
in der zuletzt beschriebenen Weise. Die beiden Rinder dagegen,
welche durch das Ansetzen der Zecken inficirt worden waren
und eine leichte Krankheitsform überstanden hatten, blieben voll¬
kommen gesund, und in ihrem Blute konnte kein Parasit auf¬
gefunden werden. Sie waren also vollkommen immun.
Hiermit ist also folgendes erwiesen: 1. Junge Zecken,
welche selber mit kranken Rindern nicht in Berührung gekommen
sind, aber von Zecken abstammen, die an kranken Rindern ge¬
sessen haben, vermögen ihrerseits das Texasfieber zu erzeugen;
2. das Ueber8tehen des Texasfiebers auch in leichter Form ver¬
leiht völlige Immunität.
Die schwere und schnell tödtliche Form des Texasfiebers
durch die Uebertragung zu erzielen war nicht gelungen.
Die Versuche sollen noch in der Weise fortgesetzt werden,
dass geprüft wird, ob die oben erwähnten durch die Versuche
immunisirten Thiere sich auch im Seuchengebiet gegen natürliche
Infection immun erweisen, und wie sich dieselben gegen Ein¬
spritzung solchen Blutes verhalten werden, welches die Jugend¬
fora des Texasfieberparasiten enthält.
Die Bfiffelseoche.
Von Vet-Capt H. T. Pease, F. Z. S.,
Director des Veterinary College in Labore.
(Yeteriuarian 1898 S. 5?).)
Die Büffel in den indischen Besitzungen Englands werden
häufig von einer Seuche befallen, welche im südlichen Panjab mit
dem Namen Ghotwa, Gharra oder Galghotu belegt und von den
Sachverständigen früher dem Milzbrand zugerechnet wurde. Auch
in anderen Gegenden mit Büffelhaltung, wie in Italien und Ungarn,
ist die fragliche Seuche bekannt und ist u. A. von Oreste und
Armanni, Sanfelice, v. Rätz beschrieben wortlen. Meistens
werden junge Büffel befallen, welche sich in einem guten Nähr¬
zustande befinden. Auch Rinder und Schweine werden spontan
von der Krankheit ergriffen. Der Ansteckungsstoff wird wahr¬
scheinlich durch die Haut oder durch die Verdauungswege auf¬
genommen. Die wesentlichsten Symptome der Seuche sind: hohes
Fieber, starke Depression, Anschwellung im Kehlgang, im Gesicht, in
Schulter und Hals, Abfluss von Speichel aus dem Maul, frequenter
(62—80 p. M.) später kaum fühlbarer Puls. Athembeschwerden mit
Dilatation der Nasenöffnungen, Rasselgeräusche, Nasenschleimhaut
cyanotisch. Die Zunge uud die umgebenden Theile schwellen
derart an, dass das Maul offen gehalten wird und die Zunge heraus¬
hängt. Der Dung ist oft hart, röthlich gefärbt und mit Schleim
gemischt. Im letzten Stadium der in 90—96 % der Fälle tödt-
lichen Krankheit liegen die Thiere am Boden, athmen dypnoisch
und sterben unter suffocatorischen Erscheinungen.
Der Krankheitsverlauf beträgt oft nur 6—7, in den meisten
Fällen 12—24 Stunden, in einzelnen Fällen dauert die Krankheit
2 oder 3 Tage.
P. beschreibt einen Bacillus, welchen er bei den gefallenen
Büffeln im Blut gefunden hat und der morphologisch mit den von
Oreste und Armanni bei der gleichen Krankheit entdeckten
Mikroben identisch ist. Die Bacillen ähneln denen der Hühner¬
cholera. Sie sind 0,9—1,8 n lang und 0,6/< dick und färben sich
mit Gentianaviolett oder Methylenblau besonders gut an den Polen,
während die Mitte ungefärbt bleibt. In Agar oder Glycerinagar
entwickeln sie ein üppiges Wachsthum. Durch Uebertragung der
C-alturmasse oder des Blntes erkrankter Büffel sind gesunde Büffel,
weiter Rinder, Pferde, Schweine, Meerschweinchen, Kaninchen,
weisse und graue Mäuse und Tauben leicht zu inficiren. Hunde
und Schafe zeigen eine grosse Resistenz gegen die Seuche.
Kaninchen sind für den Spaltpilz sehr empfänglich und erkranken
schon, wenn sie mit kranken Büffeln in demselben Raume gehalten
werden.
1 Tagesgeschichte.
YI. Plenar-Yersammlang der Centralvertretang der
thierärztlichen Vereine Prenssens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Nachdem in der ersten Sitzung die Besprechung der Gründung
einer Unterstützungskasse durch Annahme des Antrags auf Be¬
schlussfassung in der zweiten Sitzung beendet war, kam noch in der
ersten Sitzung der verwandte Gegenstand IV zur Erledigung.
Ueber Unfallversicherungen flir Thierfirzte.
Referent: Dr. Ostertag: Die letzte Versammlung der Central¬
vertretung der thierärztlichen Vereine Preussens hat unter Anderem
beschlossen, eine Umfrage bei versicherten Collegen darüber an¬
zustellen, welche von den zur Zeit bestehenden Unfallversicherungs¬
gesellschaften zum Abschluss bezüglicher Versicherungen am
meisten empfohlen werden kann. Das Ergebniss dieser Umfrage
sollte unter Umständen die Grundlage dafür bilden, mit derjenigen
Gesellschaft, welche die günstigsten Bedingungen unter der
Voraussetzung bester Gewähr der Solidität bietet, ein Abkommen
zu treffen, durch das den Angehörigen der bei der Central-
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342
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Vertretung vertretenen thierärztlichen Vereine noch besondere
Vergünstigungen erwirkt werden sollten.
Zur Veranstaltung und Bearbeitung der Umfrage sind die
Herren Departementsthierarzt Heyne, Dep.-Thierarzt Wallmann,
Schlacht-Viehhofdirector Colberg und Schlachthofdirector Falk
und endlich icli selbst gewählt worden. Von den Herren
Heyne, Wallmann, Colberg, Falk und von mir selbst sind
Umfragen innerhalb der thierärztlichen Vereine in der Provinz
Posen, Halle und Thüringische Staaten, Provinz Sachsen
Provinz Pommern, Provinz Brandenburg und der Stadt Berlin
angestellt worden. Das Material habe ich zusammengestellt
und übersichtlich bearbeitet. Dasselbe befindet sich bei den
Acten der Centralvertretung und ist, soviel ich weiss, auszugs¬
weise in der B. T. W. mitgetheilt worden. Aus dem Ergebnis
der Umfrage kann ich nach dem Gedächtniss Folgendes mittheilen.
Es war festzustellen, dass ein grosser Theil der in der Praxis
thätigon Collegen gegen Unfall versichert ist. Die Versicherung
war bei den verschiedensten Gesellschaften abgeschlossen. Be¬
sonders bevorzugt war, soweit ich mich entsinne, keine.
Die versicherten Collegen rühmten z. Th. die prompte Er¬
ledigung der Entschädigung durch die Versicherungen. Die
Mehrzahl der Versicherungsnehmer beklagte sich aber über die
hohe Gefahrenklasse, in welche die Thierärzte eingereiht werden,
und darüber, dass die Versicherungsgesellschaften in verschiedenen
Fällen nach Geltendmachung eines Entschädigungsanspruches
einfach den Versicherungsvertrag kündigten.
Ausschliessliches Lob oder ausschliesslicher Tadel war auch
hier summarisch keiner Versicherungsgesellschaft zu ertheilen.
Am meisten wurden noch die Schweizer Gesellschaften wegen des
entgegenkommenden und prompten Entschädigungsverfahrens
gelobt.
Weiter stellte sich heraus, dass die Zahl der Unfälle, welche
von den versicherten Collegen angemeldet wurden, eine recht
kleine im Verhältnis zu der Zahl der versicherten Herren war;
ferner dass schwerere Unfälle, welche ganze oder theilweise
Invalidität bedingten, ganz fehlten.
Dann wurde aber auch ein sehr wichtiger Punkt festgestellt,
der die ganze Unfallversicherungs-Angelegenheit in einem neuen
Lichte erscheinen liess. Ich selbst bin seit dem Jahre 1891 bei
der Berliner Victoria versichert und empfahl die Versicherung
angelegentlichst auch Bekannten, unter dem Hinweis auf die
hohe Summe, die dem Versicherten beim Eintritt der Erwerbs¬
unfähigkeit durch Unfall gegen eine verhältnissmässig geringe
Prämie zustelie. Die Frau eines dieser Bekannten übte die Vor¬
sicht, zunächst die Statuten durchzulesen, was ich seiner Zeit
unvorsichtiger Weise nicht gethan hatte. Die Statuten ergaben,
dass dem Versicherten beim Eintritt ganzer Invalidität nicht die
versicherte Summe, sondern lediglich eine entsprechende Rente
ausbezahlt wird. Dies war für mich eine hohe Ueberraschung,
denn beim Abschluss der Versicherung war mir, soweit ich mich
entsinne, von dem Versicherungsagenten gesagt worden, dass nur
im Falle der Invalidität durch Unfall die ganze in der Ver¬
sicherungspolice genannte Summe ansbezahlt werden solle. In
der Versicherungspolice steht auch auf der Abschlussseite ledig¬
lich die impouirende Unfallssumme, nicht aber, dass von dieser
Summe nur die Rente bezahlt wird. Letzteres ist erst in den
umfangreichen und wegen des Kleindrucks sehr schwer lesbaren
Versicherungsbedingungen ausdrücklich gesagt. Ich will nun mit
dem Angeführten keinen Vorwurf erheben, denn wer etwas
unterschreibt, hat dies zuvor gründlich durchznlesen. Aber das
Eine will ich constatiren, dass mit der Entdeckung, dass im Falle
eines Unfalls nicht die ganze Summe, sondern nur eine Rente
bezahlt wird, die ganze Unfallversicherung für mich hinfällig
wird. Denn die Veranlassung, eine Unfallversicherung abzu-
schliessen, war für mich einzig und allein der Wunsch, im Falle
eines Unfalles, der mich zum Krüppel machte, ein Capital in die
Hände zu bekommen, mit dem ich etwas Anderes anfangen
könnte oder das ich meinen Angehörigen zur Begründung irgend
eines nutzbringenden Unternehmens zu hinterlassen im Stande
war. Eine Rente, wie sie nach den Statuten der Versicherungs¬
gesellschaften bezahlt wird, etwa 60 bis 100 M. pro 1000 M., je
nachdem der Versicherte 30 bis 60 Jahre alt ist, hätte mich
nicht veranlassen können, in eine Unfallversicherung zu gehen,
ebensowenig wie die Ausbezahlung von Tagegeldern oder die
Versicherung gegen Todesfall in Folge Unfalls. Denn gegen
Todesfall ist die allgemeine Lebensversicherung viel zweck¬
mässiger, und wer im Staude ist, die Unfallversicherungsprämie
zu bezahlen, kann es auch einmal auskalten, wenn er einige
Tage oder selbst einige Wochen seinem Berufe nicht nach¬
zugehen vermag Mithin bleibt das Wichtigste die Versicherung
gegen solchen Unfall, der uns direct invalid macht, dass wir
unserem Berufe nicht mehr nachgehen können.
Als ich mich bei versicherten Collegen darnach erkundigte,
welche Auffassung sie über die Invaliditätsversicherung besussen,
fand ich, dass die Mehrzahl im gleichen Irrthum befangen war
wie ich.
Ich nahm nun zunächst mit einem Generalagenten der „Vic¬
toria“ Rücksprache, wobei mir erklärt wurde, es sei rechnerisch
absurd, gegen die statutengemäss gezahlten Prämien die Aus¬
bezahlung der normirten Invalidilätssumme zu verlangen.
Von meinem Bruder war mir aber mitgetheilt worden, dass
er bei einer schweizerischen Versicherung versichert sei und das
Alternativrecht habe, zwischen Rente und Invaliditätssumme zu
wählen.
Hieraufhatte ich Gelegenheit, mit den Vertretern verschiedener
Unfallversicherungsgesellschaften in Unterhandlungen darüber zu
treten, unter welchen Umständen die Gesellschaften bereit wären,
statt der Invaliditätsrente die Invaliditätssumme auszubezahlen.
Von deu deutschen Versicherungsgesellschaften, mit denen ich in
Beziehung treten konnte, zeigte sich zuerst nur der Stuttgarter
Versicherungsverein geneigt, mit unB den Versuch zu machen,
das Versicherungscapital statt der Rente auszubezahlen, und zwar
gegen einen Zuschlag von 33'/ 3 pCt. zu der Jahresprämie. Ans
diesem Grunde war der Stuttgarter Versicherungsverein zu em¬
pfehlen. Indessen kamen in jüngster Zeit, wohl infolge des Stutt¬
garter Angebots, noch bessere Anerbietungen. Die „Wilhelma“ in
Magdeburg erbot sich durch Schreiben vom 24. Januar 1898 zur
Capitalszahlung gegen einen Zuschlag von 100 pCt. zur Invaliditäts-
prämie. Dies bedeutet in Wirklichkeit unter Umständen weniger
als die 33>/ 3 pCt., welche der Stuttgarter Verein zur Gesammt-
prämie erhebt. Wenn ich mich beispielsweise mit 30000 M.
gegen Tod, 30000 M. gegen Invalididät und 15 M. Tagegeld ver¬
sichere, so habe ich nach den allgemeinen Wilhelma - Sätzen
282 M. pro Jahr zu bezahlen, 51 M. für die Versicherung gegen
Tod, 75 M. für die Versicherung gegen Invalidität und 81 M. für
die Versicherung gegen vorübergehenden Unfall. Als Zuschlag
würde ich nach dem Stuttgarter Angebot 94 M. zu bezahlen
haben, nach dem der „Wilhelma“ dagegen nur 75 M.
Ferner bezahlt der Stuttgarter Verein im Todesfälle die ver¬
sicherte Summe nur dann ganz, wenn die verunglückte Person
Ehegatten oder eheliche Kinder hinterlasseu hat. An andere
Erben wird nur die Hälfte der versicherten Summe ausbezahlt.
Die „Wilhelma“ entrichtet die volle Versicherungssumme an alle
empfangsberechtigten Personen.
Der Stuttgarter Versicherungsverein anerkennt weiter nur
3 Grade der Invalidität, vollständige, halbe und ein Drittel, die
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21. Juli 1898- BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 343
Wilhelma dagegen jeden durch ärztliches Gutachten bescheinigten
Grad.
Vor allem aber ist der Stuttgarter Verein ein Gegenseitigkeits-
institut, so dass die Möglichkeit von Nachschus-prämien besteht.
Einem solchen Institut gegenüber ist eine Versicherungs-Actien-
gesellschaft vorzuziehen.
Die „Wilhelma“ wäre nun bereit, 10 pCt. Prämienrabatt von
vornherein zu gewähren und nach Ablauf von je 3 Jahren weitere
10 pCt für jede volle 20 pCt. Reingewinn der betreffenden Ver¬
sicherungsperiode. Die Wilhelma würde, um dies zu ermöglichen,
die Versicherung der Mitglieder der thierärztlichen Vereine
Preussens als eine besondere Abtheilung behandeln.
Meine Herren! Dies ist ein Angebot, das deswegen sehr
einladend ist, weil wir an dem aus unseren Versicherungen sich
ergebenden Gewinn betheiligt werden und ausserdem einen
Anhalt dafür bekommen, in welche Gefahrenklasse die Thierärzte
thatsächlich eingereiht werden müssen, wenn die Versicherungen
dabei bestehen bleiben sollen.
Es kam aber ein noch günstigeres Angebot.
Die Unfall- und Haftpflichtversicherungs-Aktiengesellschaft
Zürich erbietet sich zur Capitalsausbezahlung bei
1,90 M. Prämie pro 1000 M. auf Todesfall,
2,20 „ ,. „ 1000 „ „ Invaliditätsfall,
5,10 ,, „ pro Mark täglicher Entschädigung.
Die Wilhelma verlangt dagegen
1,70 M. pro 1000 M. auf Todesfall,
3,75 „ „ 1000 „ „ Invalidität,
5,40 „ pro Mark tägliche Entschädigung.
Dies ist also erheblich mehr, wenn wir au h an dem Rein¬
gewinn betheiligt werden. Es wäre wünschenswerth im Interesse des
Abschlusses möglichst vieler Versicherungen, wenn die Wilhelma
ihre Prämiensätze etwa auf die Höhe der Züricher reducirte.
Die Wilhelmasätze sind an und für sich relativ hoch. Sie
betragen bei Rentenzahlung
1,70 M. pro 1000 M. für den Todesfall,
2,50 „ „ 1000 „ „ Invalidität,
5,40 ,. für jede Mark täglicher Entschädigung bei vorüber¬
gehendem Unfall.
Die Kölnische Unfallversicherungsgesellschaft verlangt hier¬
gegen nur 1,30 M., 2 M. und 3,20 M. als entsprechende Sätze.
Ich möchte nun die Herren Delegirten bitten, zuerst sich
darüber zu äussern, was ihnen über die Leistungsfähigkeit und
Güte der Wilhelma und der Zürich, die uns annehmbare An¬
gebote gemacht haben, bekannt ist. Ich bin dafür, wenn möglich
das Abkommen mit einer deutschen Gesellschaft zu treffen. Wenn
den Herren die Wilhelma als eine gut fundirte Gesellschaft
bekannt ist, werde ich beantragen:
Die Centralvertretung beschliesst,
den Vorsitzenden der Centralvertretung zu beauftragen, mit
einer leistungsfähigen UnfallversicherungsgesellBchaft ein
Abkommen auf Grundlage des Angebots der „Wilhelma“
vom 24. Januar 1898 unter möglichster Reduction der Prämien¬
sätze etwa zur Höhe der von der „Zürich“ angebotenen
Sätze dahin zu treffen, dass den Mitgliedern der thierärzt¬
lichen Vereine Preussens die in dem Abkommen zu fixiren-
den Begünstigungen zu Theil werden.
Die Centralvertretung verpflichtet sich in dem Abkommen,
von letzterem den Mitgliedern der Vereine Kenntniss zu
geben und dieselben zum Abschluss von Versicherungen
mit der betreffenden Gesellschaft aurzufordern. Ausserdem
überreicht die Centralvertretung der Gesellschaft jährlich
ein VerzeichDiss sämmtlicher in Frage kommenden Vereins¬
mitglieder.
In dem Abkommen ist auch ein Schiedsgericht vor¬
zusehen bei Beschwerden gegen den Ausschluss versicherter
Vereinsmitglieder von weiterer Versicherung sowie bei Be¬
schwerden gegen die Festsetzung des Grades der Invalidität
und die Erledigung anderer Ansprüche der versicherten
Vereinsmitglieder an die versichernde Gesellschaft.
Die Versammlung bekundet dem Referenten allseitig ihren
Dank für die von ihm bewirkten werthvollen Aufklärungen und
giebt ihm Vollmacht, die Verhandlung mit derjenigen Gesellschaft
zu Ende zu führen, welche ihm weiterhin die besten und sichersten
Bedingungen zu gewähren scheint.
Der Referent erkärt sich zur Uebernahme der weiteren
Schritte bereit.
Es folgte noch die Rechnungslegung.
Die Rechnung der Centralvertretungskasse ist zuletzt am
19. Februar 1893, also bei unserer vorletzten Generalversammlung,
geprüft worden. Damals blieb ein Baarbestand von 155 M.
45 Pf. Es wurde damals beschlossen, dass jeder Verein für jedes
seiner Mitglieder einen einmaligen Betrag von 75 Pf. an die
KasBe der Centralvertretung einzusenden habe. Dieser Beitrag
ist bisher nur von drei Vereiuen — dem ehemaligen Verein
beamteter Thierärzte des Regierungsbezirks Magdeburg, dem
Verein der Thierärzte Ostpreusseus und dem Verein des
Regierungsbezirks Köslin - geleistet worden. Der Baarbestand
von 1893 und die Beiträge der drei genannten Vereine ergeben
eine Gesammteinnahme von 211 M. 70 Pf. Dieser steht eine
Gesammtausgabe von 103 M. 40 Pf. gegenüber, so dass uns
gegenwärtig noch ein Baarbestand von 108 M. 30 Pf. verbleibt
Gerade mit Rücksicht auf das noch vorhandene Vermögen, und
da in den letzten Jahren auch mancherlei sonstige Aufwendungen
seitens der Einzelvereine bezw. ihrer Mitglieder zu machen waren,
habq ich bisher von einer nachdrücklichen Beitreibung der rück¬
ständigen Beiträge abgesehen, ich möchte aber heute an den
Herrn Vorsitzenden die Bitte richten, die Vertreter der Vereine
daran zu erinnern, dass nunmehr die aus dem Jahre 1893 rück¬
ständigen Beiträge alsbald an mich einznsenden seien.
Für die schon vorher auf Antrag des Präsidenten ernannten
Revisoren referirt Ostertag und beantragt die Ertheilung der
Decharge. Die Versammlung beschliesst demgemäss.
Der Präsideut ersucht die anwesenden Delegirten, bei ihren
resp. Vereinen dafür zu sorgen, dass der noch ausstehende ein¬
malige Beitrag nunmehr geleistet werde.
Schluss der ersten Sitzung.
(Fortsetzung des Berichts folgt.)
Kleine Mittheilungen.
Die Rothlauf-Serum-Gesellschaft für den Vertrieb des paten-
tirten Lorenz'sehen Serums im Auslande, von deren Gründung
neulich berichtet wurde, hat ihre Serumgewinnungsstation im
Schlachthause zu Landsberg a./W. gegründet und die wirth-
schafilich-technische Leitung dem Kreisthierarzt Graffun der
übertragen, während das Laboratorium von dem bisherigen
Assistenten des Prof. Johne-Dresden, Thierarzt Dr. Schreiber
übernommen wird.
Am Berliner Institut für Infectionskrankheiten ist eine Ab¬
theilung für Tollwuth-Studien und Tollwnth-Irapfung nach Pasteur
eröffnet worden. Bisher bestand in ganz Deutschland noch kein
solches Impfinstitut. Viel zu thun wird es bei uns auch nicht
haben.
Nach einer Mittheilnng der „Landw. Presse“ soll Dr. med.
Weissenberg zu Tichau in Oberschlesien das Bacterium der
Kälberruhr und zugleich ein ausgezeichnetes Mittel dagegen ent¬
deckt haben. Wir bemerken gegenüber dem Herrn „Entdecker“,
wovon vielleicht auch die „Landw. Presse“ Notiz nimmt, dass
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344
das Bacterinm längst von dem Prof. Jensen an der Thierärzt¬
lichen Hochschule zu Kopenhagen entdeckt ist. Bezüglich des
Heilverfahrens bleiben nähere Mittheilungen abzuwarten.
t
Am 8. Juli 1898 starb zu Trier an den Folgen eines Unfalles,
welchen er sich in Ausübung seines Berufes beim Aussteigen
aus einem Wagen zugezogen hatte,
der Königliche Departementsthierarzt
Herr Robert Leopold Pech
im 64. Lebensjahr.
Der Verstorbene verwaltete die Departementsthierarztstelle
des Regierungsbezirks Trier seit dem Jahre 1889, nachdem er
vorher 10 Jahre lang in Orteisburg, in Hamm bezw. Meschede-
Brilon als Grenz- bezw. Kreisthierarzt tliätig war.
Mit seltener Energie und Schaffensfreudigkeit erfüllte er bis
zuletzt in treuer Hingabe an das übernommene Amt seinen
schweren Beruf. Mit eisernem Fleisse und festem Willen suchte
er die im Interesse des Veterinärdienstes für nöthig erachteten
Massnahmen durchzuführen, wofür er allseitig reiche Anerkennung
erntete. Als College vertrat er mit Eifer die Standesangelegen¬
heiten und wurde nicht müde, wo es galt für die Interessen
unseres Berufes einzutreten. Durch sein reiches Wissen, sein
fleissiges Streben verstand er das in der Wissenschaft Neu¬
errungene praktisch zu verwerthen. Offen und ehrlich war sein
Thun und Handeln. Frei und unerschrocken äusserte er seine
wohlerwogene Meinung.
Die Achtung und Verehrung, welche er bei seiner Behörde
und vornehmlich bei seinen Collegen genoss, sichern ihm weit
über das Grab hinaus ein ehrendes Andenken.
Alle, die ihm näher standen, betrauern in dem nunmehr
Heimgegangenen einen treuen Freund und Berather, der^u jdder
Zeit bereit war, mit Rath und That beizustehen; wir aber ver¬
lieren in ihm einen unermüdlichen Mitarbeiter und wohlwollenden
Collegen.
Möge er in Frieden ruhen, sein Andenken wird uns unaus¬
löschlich sein.
Im Namen
der beamteten Thierärzte des Regierungsbezirks Trier.'
A. M ette, Kreisthierarzt.
t
Kaum hat sich das Grab über der sterblichen Hülle unseres
verehrten Berufsgenossen F r i e b e 1 zu Insterburg geschlossen,
da werden wir nach des Allmächtigen unerforschlichem Rath-
schlusse aufs Neue an die Bahre eines anderen, nicht minder ge¬
schätzten Collegen und Vorstandsmitgliedes unseres Vereins gestellt
Am 6. d. M., Vormittags 6 Uhr, verschied im kräftigsten
Mannesalter von 49 Jahren, nachdem er am Tage zuvor unter
der Einwirkung des anstrengenden Dienstes bei Beaufsichtigung
des grossen Sommer-Pferde- und Viehmarktes zu Wehlau in¬
mitten seines rührigen Schaffens und Wirkens einen Schlaganfall
erlitten hatte, dortselbst der
Kreisthierarzt Herr Hermann Willutzki.
Seine thierärztliche Laufbahn begann der Verstorbene vor
nun bald 25 Jahren, und nahezu 17 Jahre sind jetzt verflossen,
dass er die Kreisthierarztstelle des Kreises Wehlau verwaltet
hat. Während dieser Zeit ist derselbe in seinem Fache unermüd¬
lich praktisch tliätig gewesen und hat seine Berufs- und Amts¬
obliegenheiten mit regem Eifer und nicht ohne Erfolg wabr-
genommen; immer ist er den rastlosen Fortschritten auf dem
Gebiete der Thierheilkuude auch nach der wissenschaftlichen
Seite hin gefolgt.
No. 29.
Indem der Verblichene hierdurch in jeder Beziehung seine
für den Zweck erforderlichen praktischen und theoretischen
Kenntnisse unablässig zu vervollständigen suchte, war er für
die ihm übertragene Stellung als beamteter Thierarzt in seltenem
Masse qualificirt, und in der That ist er den zeitweise ausser-
gewöhnlich schweren Pflichten, die dieses Amt ihm auferlegte,
stets treu und mit regem Eifer nachgekommen.
In wie hohem Ansehen der Dahingeschiedene in der Stadt
und im Kreise Wehlau stand, hierüber sowie über das Mass von
Achtung, Verehrung und Liebe, welches er in letzterem sich in
weiten Schichten der Bevölkerung erworben hat, legen wohl vor
aller Augen ein sprechendes Zeugniss ab die aussergewöhn-
lich grosse Zahl der Leidtragenden, die trotz der Ungunst der
Witterung am Bestattungstage von allen Seiten herbeigeeilt waren,
um ihn durch ihr Geleit zur ewigen Ruhestätte in letzter Stunde
noch zu ehren, und ausserdem die reiche Fülle von Kränzen, Palm¬
wedeln und sinnreichen Blumenarrangements, die auf dem dicht
bedeckten Sarge nur zum geringsten Theile Platz finden konnten.
Wenn es dennoch unserem Willutzki auch im Laufe der
Jahre nicht vollkommen hat gelingen wollen, unter den Land-
wirthen seines Wirkungskreises allgemein die wirklich verdiente
Anerkennung zu finden, so dürfte dies vornehmlich in der ihm
eigenen, durch sein stark cholerisches Temperament bedingten,
übergrossen und mancherorts wenig angebrachten Empfindlichkeit
begründet gewesen sein, aus deren Rückwirkung ihm leider Gegner
von nicht zu unterschätzender Bedeutung und in ansehnlicher
Zahl erwachsen sind. Der Werthschätzung seiner Person im All¬
gemeinen aber vermochte auch dieser Umstand keinerlei Beein¬
trächtigung zuzufügen.
Besonders regen Antheil nahm der Entschlafene an der
Gründung unseres Vereins; bis zu seinem unerwarteten Ableben
Jiat er stets selbstlos und mit peinlichster Gewissenhaftigkeit ia
demselben die Kassengeschäfte verwaltet, und es ist keine seiner
Versammlungen vorübergegangen, zu der er nicht persönlich er¬
schienen wäre und in welcher er an den Verhandlungen keinen
Antheil genommen hätte. Vor Allem war seine Mitgliedschaft
gekennzeichnet durch Treue und Hingabe an den Verein, so dass
er hierin jedem jüngeren Collegen zu einem nachahmungswerthen
Vorbilde dienen kann.
Für uns Alle war aber der Verblichene durch sein heiteres
Wesen, den offenen biederen Sinn und durch seinen ehrenwerthen
Charakter ein aufrichtiger liebevoller College und ein braver
Freund geworden.
Dem Unterzeichneten gegenüber sprach derselbe noch in den
letzten Wo-, heu wiederholt aus tiefempßndendera Gemüthe von den
freudigen und erfrischenden Eindrücken, die er von der Zusammen¬
kunft mit seinen Semestercollegen gelegentlich der Feier des
25jährigen Jubiläums am 23. Mai d. J. aus Berlin in die Heimath
mitgenommen habe, und dass er durch persönliche Aussprache
mit den Freunden und Bekannten aus der Zeit seiner Studien zn
erneuter Schaffensfreudigkeit gekräftigt worden sei.
In unserem engeren Gesellschaftskreise aber betrauern wir
mit der hinterbliebenen Wittwe und seinen noch recht hilfs¬
bedürftigen drei Söhnen den Heimgang eines treuen und lieben
Mitgliedes und unseres theuren Freundes.
Weit über das Grab hinaus wollen wir ihm ein ehrendes und
dankbares Gedächtniss bewahren.
Dass dem Entschlafenen die verdiente Ruhe beschießen sein
möge, die er im Leben vergeblich ersehnt hat, ist unser aus
tiefstem Herzen entspringender Wunsch, den wir hierdurch zum
Ausdruck bringen.
Der Verein der Thierärzte für die Provinz Ostprcnssen.
Mehrdorf - Königsberg.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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21. Jali 1898.
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHEN SCHRIFT.
345
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seachenstatistik and Yeterinärpolizei.
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
im Juni 1898.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preussen. Ende Juni 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Marienwerder.
1
1
0,44
Potsdam.
4
13
5,02
Frankfurt.
4
9
3,30
Stettin.
2
2
1,06
Stralsund.
1
1
1,12
Posen.
11
21
6,37
Bromberg. .
3
4
1,79
Breslau.
8
11
2,89
Liegnitz.
3
4
1,42
Oppeln.
1
1
0,35
Magdeburg .
1)
19
13,19
Merseburg.
3
3
1,29
Schleswig.
2
6
2,81
Hannover .
1
1
1,58
Lüneburg .
1
1
0,67
Münster.
3
3
9,-4
Arnsberg .
1
1
1,17
Cassel.
4
5
2,99
Wiesbaden.
7
22
23,50
Coblenz.
9
28
24,88
Düsseldorf.
6
9
20,93
Köln.
2
2
6,78
Trier.
8
32
28,39
Aachen .
3
4
10.26
Sigmaringen.
1
1
7,18
Summa
98
2U2
—
Naohwelsung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 30. Juni 1898.
Es waren am 30. Juni in nachstehenden Regierungs-
i bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1). R.-B. Marienwerder 1 (1).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 4 (4). R.-B. Frankfurt 1 (3).
R.-B. Stettin 1 (3). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Bromberg 1 (1).
R.-B. Breslau 4 (6). R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (4).
R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Köln 1 (1). Bayern: R.-B. Ober¬
bayern 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (1). Kreishauptm.
Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 2 (3). Württemberg:
Neekarkreis 1 (1). Schwarzwaldkreis 1 (1). Donaukreis 3 (3).
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1). Braunschweig: 1. Schwarz¬
burg-Rudolstadt: 1.
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 14 (53). R.-B. Niederbayern 3 (5).
R.-B. Pfalz 5 (15). R.-B. Oberpfalz 5 (9). R.-B. Oberfranken 3 (5).
' R.-B. Mittelfranken 5 (17). R.-B. Unterfranken 9 (14). R.-B.
Schwaben 15 (44). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 2 (3).
t Kreishauptm. Zwickau 1 (2). Württemberg: Neckarkreis 11 (19).
Schwarzwaldkreis 3 (4). Jagstkreis 10 (25). Donaukreis 13 (27).
Baden: Landescomm. Constanz 2 (5). Landescomm. Freiburg 1 (1).
Landescomm. Karlsruhe 6 (15). Landescomm. Mannheim 3 (4).
Hessen: Provinz RbeinhesBen 5 (5). Sachsen-Weimar: 2 (2).
Oldenburg: Fürstenth. Birkenfeld 2. Sachsen-Mein i ngen: 1 (1).
Sachsen-Coburg-Gotha: Herzog!h. Coburg 1 (2). Herzogth.
Gotha 1 (2). Anhalt: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Bremen: 1 (4).
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346
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Elsass-Lothringeu: Bez. Unter-Elsass 4 (7). Bez. Ober-Elsass
4 (7). Bez. Lothringen 3 (13).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stralsnnd 1 (1). R.-B. Poßen 2 (4). R.-B.
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis-
hauptra. Leipzig 1 (1). Kreishanptm. Zwickau 1 (1).
Preusien. Erlass des Ministeriums für Landwirtschaft etc. an
s&mmtllche Regierungspräsidenten betr. Verbot des Treibens von Geflügel.
Vom 11. Juni 1898.
Die Berichte über die Ausbreitung der Geflügelcholera im
Jahre 1897 lassen erkennen, dass die Seuche häufig durch von
Ort zu Ort getriebene Geflügelheerdeo, die den Ansteckungsstoff
auf Land- und Dorfstrassen, an Tränkplätzen und sonstigen Rast¬
stellen hinterlassen haben, verschleppt worden ist
Unter Hinweis auf meinen Erlass vom 22. August 1897 —
I. G. 6968, 6992 — ermächtige ich Eure Hochwohlgeboren daher die
zur Bekämpfung der Geflügelcholera ergangenen landespolizei¬
lichen Anordnungen auf Grund des § 20 Abs. 2 des Reichs-Vieh¬
seuchengesetzes vom nn( * des § 56 b Abs. 3 der
l. Mai ltm
Gewerbeordnung in der Fassung des Gesetzes vom 6. August 1896
(R.-G.-Bl. S. 685) dahin zu ergänzen:
Dass das Treiben von Geflügel zu anderen als zu Weide¬
zwecken verboten wird und im Uebrigen die Beförderung nur in
Wagenkäfigen, Körben etc. erfolgen darf, deren Einrichtung das
Herabfallen von Koth und Streu verhindert.
Zugleich empfiehlt es sich, anzuordnen, dass die Geflügel¬
wagen und sonstigen Behältnisse nach jeder Benutzung zur Be¬
förderung von Handelsgeflügel sorgfältig gereinigt w'erden
müssen.
Der Zweck des Verbotes wird im Wesentlichen erreicht
werden, wenn die unmittelbare Berührung von getriebenem Ge¬
flügel mit Ortschaften, Dorfteichen, Dorfstrassen oder solchen
Wegen und Plätzen verhindert wird, die vom Geflügel sonst be¬
nutzt zu werden pflegen.
Zur Vermeidung von unnöthigen Härten werden daher Aus¬
nahmen von dem Verbote für solche Fälle zugelassen sein, in
denen Geflttgeltransporte auf dem Fussmarsche stattfinden können,
ohne dass ansteckungsgefährliche Berührungen zu befürchten
sind.
Eure Hochwohlgeboren wollen sowohl bei Erlass der landes¬
polizeilichen Anordnung erwägen, ob und in wieweit eine Be¬
schränkung des Verbotes durch die örtlichen Verhältnisse des
dortigen Bezirks von vornherein gerechtfertigt erscheint, als auch
künftig etwa hervortretende Milderungsrücksichten in dem ge¬
dachten Sinne walten lassen.
Die Anordnung ist nicht vor dem 22. Juni d. J. zu veröffent¬
lichen und erst am 15. Juli d. J. in Kraft zu setzen, damit den
Geflügelhändlern etc. Zeit gelassen wird, sich auf die veränderten
Transportbedingungen einzurichten.
gez. von Hammerstein.
Auf Grund dieses Erlasses ist in den Regierungsbezirken das
Nöthige veranlasst worden (vgl. auch letzte Nummer, Beilage).
Nach Meldungen der Tagespresse bemüht sich die russische
Regierung gegenüber dieser Massregel gewisse Erleichterungen
für den Import russischer Gänse zu erlangen. Diese Erleich¬
terungen würden darin bestehen sollen, dass den russischen
Gänsetransporten gestattet wird, gewisse der Grenze zunächst
liegende deutsche Eisenbahnstationen zu Fuss zu erreichen.
Damit im Zusammenhang steht folgende Verfügung des Re¬
gierungspräsidenten von Oppeln.
„Mit Ermächtigung des Herrn Ministers für Landwirthschaft,
Domänen und Forsten wird hierdurch in Ergänzung der Ver¬
ordnung vom 25. Juni 1898 angeordnet:
Der Fusstransport (das Treiben) von Gänsen aus
Russland wird auf der Wegstrecke von den russischen Grenz¬
übergängen bei Zawisna, Kreis Rosenberg O.-S., und Herby,
Kreis Lublinitz, bis zu den Bahnhöfen in Landsberg bezw.
Herby gestattet“.
Oppeln, den 18. Juli 1898. Der Regierungs-Präsident.
Fleischsch&a and Yiehverkehr.
Berlin: Auszug aus dem Flelschscbauberioht für Monat Juni 1898.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
10841
13 808
39196
52141
Ganz beanstandet. ....
199
52
14
458
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2323
41
—
2173
Davon gänzlich verworfen .
62
7
—
54
., sterilisirt und verwerthet
57
11
—
272
„ theilweise verworfen . .
20
—
—
—
Also vollständig freigegeben
2184
23
—
1847
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
11
Mit Finnen behaftet ....
63
3
—
24
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
1
2
—
4
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
62
1
—
20
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
1
2
, ...29
, o ■ ,
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 4682 Stück, bei Kälbern 86 Stück, bei Schafen 2458 Stück,
bei Schweinen 9582 Stück.
B. Untersuchnngsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
16 726
8432
3380
9 357
Beanstandet.
67
12
1
9
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
36
3
Davon sind sterilis. verwerthet
12
—
— I
3
Mithin gänzlich verworfen .
24
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
1
Mit Finnen behaftet ....
7
—
—
l
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
7 1
—
—
1
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1606 dänische Rinder¬
viertel, 18 dänische Kälber, 5 dänische Schafe und 73 Wildschweine.
Ueber die Gefährlichkeit des Fleisohes bei Schweiaeseucbe.
Zschokke schreibt im Schw. Arch. Bd. 29: Schon von
Silberschmied, Pouch et wurden gewisse durch Schweinefleisch
erzeugte Verg ftungen mit der vorher bestandenen Schweine¬
seuche in Zusammenhang gebracht. Nach Beobachtungen Z’s.
erkrankten Mitte April 1897 neun Personen 10—36 Stunden nach
dem Genuss von Schweinefleisch an Durchfall, Erbrechen, Mattigkeit
und hohem Fieber. Die Erscheinungen verschwanden nach 6 bis
8 Tagen, dauerten bei zwei Patienten jedoch wochenlang.
Nur zwei Personen von denen, die das Fleisch genossen hatten,
blieben gesund Gegessen worden war ein Schinken, welcher
14 Tage lang in Salz gelegen hatte und drei Tage geräuchert
war. Von demselben war etwas roh, das meiste jedoch gekocht
gegessen worden. Aus den Resten konnte Z. Bacterien isoliren,
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21. Juli Ibab.
BERLINER THIERÄKz.TLlChE WOCHENSCHRIFT.
347
die mit denen der Sch weineseuche tibereinstimmten und für
Kaninchen tödtlich waren. Z. kommt dadurch zu der Ansicht,
dass die Infection mit Schweineseuchebacterien den Grund zur
Fleischvergiftung gegeben habe; doch bestreitet er auch selbst
nicht, dass die Möglichkeit einer anderen Ursache der Vergiftung
nicht ausgeschlossen sei. Ostertag erklärt es in der Ztschr. f.
Fl.- u. Milchh. für wahrscheinlich, dass eine Salpetervergiftung
Vorgelegen habe, wofür auch die tausendfältige Erfahrung spricht,
dass das Fleisch von schweineseuchekranken Thieren ohne Nach- i
theil genossen worden ist.
Verein der Fleltchwaaren-Importeure.
Am 21. Juni ist, wie die „Deutsche Fleischer-Zeitung“ be- j
richtet, in Köln ein „Verein zur Wahrung der gemeinsamen '
Interessen des deutschen Handels und der Industrie von Fleisch- !
und Fettwaaren“ gegründet worden. Der Verein will den „Ver¬
dächtigungen aller ausländischen Fleisch- nnd Fettwaaren“,
welche geeignet sind diese dem Publicum zu verekeln, entgegen¬
arbeiten; er hofft sein Ziel in folgenden Richtungen zu er¬
streben: 1. Aufklärung der Behörden über alle seinen Handels¬
zweig betreffenden Fragen und Anstrebnng von Verordnungen,
die ebenso das hygienische Bedürfnis rechtfertigen, wie den
breitesten Volksschichten eine bessere Ernährung durch Bezug
billiger Fleisch- und Fettwaaren ermöglichen; 2. Abwehr un¬
berechtigter Angriffe auf ausländische Fleisch- und Fettwaaren
nnd Richtigstellung irriger Mittheilungen über deren Herstellung
und Qualität; 3. Befürwortung in den Productionsländern einer
immer mehr vervollkommnten Behandlung der Waaren, damit
deren Güte den Anfeindungen böswilliger oder kurzsichtiger
Gegner jeden Boden entzieht. (!!)
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Hofmann und Beisswaenger, Regierungsräthe: Die Viehseuohengesetze
mit den zu ihrer Ausführung im Reich und in Württemberg ergangenen
Vorschriften. Im Aufträge des Kgl. württembergischen Ministerium
des Innern zusammengestellt und erläutert. Ueber 600 Seiten
Octav. Stuttgart bei Kohlhammer 1897.
Juaglnger, Bezirksthierarzt: Das Civilveterinärwesen Bayerns. Er-
ginzungsband. Würzburg bei Stüber 1897.
Toscano und Postolika, k. k. Amtsthierärzte zu Wien: Handbuoh der
Thierseuchrngesetzgebung. Gesetze, Verordnungen, Erlasse etc. für
Thierärzte, Behörden und Richter. Zweite durchgesehene und ver¬
mehrte Auflage. Wien bei Moritz Perles 1897.
Die Entwicklung der Viehseuchengesetzgebung, die Häufung
der Vorschriften innerhalb der deutschen Einzelstaaten, die inter¬
nationalen Beziehungen des Viehhandels und damit der Veterinär¬
polizei machen es ebenso nothwendig, dass den Veterinärbeamten
vollständige' und übersichtliche mit zuverlässigen Erläuterungen
versehene Sammlungen der Gesetze und Verordnungen des eignen
Landes zur Verfügung stehen, als andrerseits den Veterinär¬
beamten erwünscht ist, sich durch solche Werke über die veterinär¬
polizeilichen Sonderverhältnisse der einzelnen Bundesstaaten und
des Auslandes orientiren zu können.
Was Deutschland anlangt, so sind in dem ersten und ältesten
in vierter Auflage vorliegenden Werke von B. Beyer neben der
Reichsgesetzgebung speciell die preussisclien Landesgesetze und
Verordnungen berücksichtigt. Ausserdem existiren Specialwerkc
über das sächsische, bayerische und württerabergische Veterinär¬
wesen.
Das vorliegende Werk von Hofmann und Beisswaenger be¬
handelt das württembergische Veterinärwesen in sehr gründlicher
und übersichtlicher Form. Es ist in sechs Abschnitte getlieilt: der
erste betrifft das Reichs-Viehseuchengesetz und alle in Verfolg
desselben erlassenen gesetzlichen und sonstigen Bestimmungen,
der zweite die Entschädigung für Milzbrand, Rauschbrand und
Maul- und Klauenseuche, der dritte die Rinderpest, der vierte
die Vorschriften über den Verkehr mit lebendem Vieh gegenüber
dem Auslande und im Inlande, der fünfte die Beseitigung von
Ansteckungsstoffen bei Viehbeförderungen und die Ueberwachung
des Eisenbahnverkehrs, der sechste endlich die Thierseuchen¬
statistik. In einem Anhang zum ersten Abschnitt sind die Seuchen
behandelt, welche Massregeln unterliegen, ohne schon in das Gesetz
aufgenommen zn sein; auch hat hier die Regelung des „Klee¬
meistereiwesens“ Platz gefunden.
Alle Abschnitte, und namentlich der erste, enthalten neben
dem Wortlaut der Gesetze und Verordnungen eine grosse Fülle
ergänzender Belehrungen, Erläuterungen und Entscheidungen von
^Behörden und Gerichten über Einzelfragen. Zahlreiche Hin¬
weise verbinden die verschiedenen Capitel und erleichtern die
Lectüre.
Der Orientirung im Stoff dient wesentlich auch ein chrono¬
logisches Verzeichniss aller aufgeführten Gesetze und Verord¬
nungen. In einem Anhang sind endlich auch gewisse nicht
eigentlich veterinärpolizeiliche Theile des Veterinärwesens berück¬
sicht, so die thierärztlichen Prüfungen, die Bestimungen über den
Verkehr mit Fleisch uud die Bestimmungen über die Organisation
des thierärztlichen Vereins.
Das Beisswaenger’sche Buch sei allen deutschen Veterinär¬
beamten nicht blos zur Orientirung über die Württembergische
Veterinärpolizei, sondern auch als ein werthvoller Commentar zur
Reichsgesetzgebung empfohlen.
Das Civil veterinärwesen Bayerns hat bekanntlich Bezirks¬
thierarzt Junginger in ähnlicher Weise behandelt. Der vor¬
liegende Ergänzungsband bringt alle seit der Herausgabe des
Hauptwerkes neuerschienenen Gesetze und Verordnungen
resp. Veränderungen früherer Bestimmungen uud bildet einen
integrirenden Theil des Ganzen. Es genügt, die Besitzer des
Hauptwerkes darauf zu verweisen.
Das Werk der österreichischen Autoren Toscano und Postolka
endlich ist bereits seit längerer Zeit bekannt und liegt in zweiter
Auflage vor. Die Art des Inhalts ist dieselbe, wie in dem zuerst
genannten Werke. In acht Theilen sind benannt: Das allgemeine
Viehseuchengesetz vom 29. Februar 1880, unter welches in
Oesterreich auch schon Rothlauf (seit 1885) und Schweinepest
(seit J895) fallen: das besondere Lungenseuchetilgungsgesetz;
das Rinderpestgesetz; Gesetz, betreffend Viehtransporte auf Eisen¬
bahnen und Schiffen; Gesetze betr. Viehversicherungen; die
Vet^rinärpolizei in den einzelnen Kronländern; Instruction betr.
Abfassung von Seuchenberichten und sonstigen thierärztlichen
Schriftstücken; endlich Beschreibung der unter das Gesetz fallen¬
den Seuchen. Auch hier ist ein chronologisches Verzeichniss
aller Gesetze und Verordnungen beigefügt.
Bei den mannigfachen Beziehungen, welche die deutsche
Veterinärpolizei zu derjenigen Oesterreichs hat, wird das Werk
auch vielen deutschen Veterinärbeamten willkommen sein.
Personalien.
Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt A. Harde-
Badbergen für den Kreis Bersenbrück. — Amtsthierarzt Spürer-
Rodach zum Distriktsthierarzt in Wolfstein (Pfalz), Distriktsthier¬
arzt P 1 e t z n e r - Pfaffenhausen zum Distriktsthierarzt in Schwab-
münChen.
Kreisthierarzt Schlitzberger -Grebenstein in die Kreis-
thierarztstelle des Stadtkreises Cassel versetzt. (Der Landkreis
Cassel verbleibt in der Verwaltung des Departementsthierarztes.)
Promotion: Thierarzt Hans Davids aus Pritzwalk von der
inedic. Facultät der Universität Giessen zum Dr. med. vet.
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348
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 29.
Approbationen: München: die Herren Gottlieb B e r n h a r d,
Franz Mayer, Joseph Sepp, Johann Wucherer, Armin Fe ser,
Heinrich Jakob.
Wobnslbverfinderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬
arzt Glaser-Dölitz nach Liebenwalde, Thierarzt Türk nach
Meiningen als Assistent des Amtathierarztes daselbst, Thierarzt
Scherwitz -Ebingen nach Stetten (Baden), Thierarzt Haber 1 -
Regensburg nach Tölz als Assistent des Bezirksthierarztes daselbst,
desgl Thierarzt M a d e 1 - Ichenhausen nach Bruck. — Thierarzt
Harder hat sich in Römhild, Thierarzt Lame he in Oranienburg
niedergelassen.
In der Armee: Ernannt zum Unterrossarzt Thierarzt Mann im
Hus.-Rgt. No. 10. — Versetzt: Unterrossarzt Münsterberg vom
Ul.-Rgt. No. 12 zum Leib-Garde-Hus.-Rgt., Unterrossarzt Rode vom
Leib-Garde-Hus.-Rgt. zur Feldart-Schiessschule.
Todesfille : VeterinärasBessor Dr. Ulrich- Br< slau, Kreisthier¬
arzt Aug. S a e z 1 e r - Görlitz.
Vacanxen.
Krelsthlerarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg -Präsident in Cassel. —
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).— R.-B. Gum¬
binnen: Insterburg. Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident in
Gumbinnen. — R.-B. Königsberg: Wehlau (nicht ausgeschrieben).—
R.-B. Trier: Daun (1800 M.) Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident
in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtstbierarztstelle
(600 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. O. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes).—R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss).
Saattfitsthlerarztsteliea a)Neuausgeschriebene8tellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist—
Düsseldorf: Schlachthof-Assistenzthierarzt (2100 M.) zum 1. Oct.
Bew. bis 20. Juli er. an Oberbürgermeister Lindemann. —
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung,
Beleuchtung). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. - Schwarzenau. -
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt
— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher
R. Lau. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. bis
28. Juli an Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt zum
25. Juli. (Einnahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Pplizei-
Vcrwaltung. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.).
Bew. an Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse b. Mölln i. L. — Ober¬
marschacht (Elbe). — S a t o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt
Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nienhagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-
Schw.), und Thierarzt Hallier-Rostock. — Schlawa i. Schles.:
Thierarzt. Auskunft durch Magistrat — Schlot heim: Thierarzt
(Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den Stadtrath. —
Schönbaum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Pennerin Freienhaben bei Schönbaum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt
(Gebühren aus einzuführender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres
durch das „Amt“ daselbst
Besetzt: Privatstelle: Römhild.
Erste Quittuag
über Beiträge za dem Fonds für die Waisen des Professor Eber.
Bis zum 15. Juli waren bei uns von folgenden Herren Beträge
eingegangen:
Je 3 Jt von Höhne-Neustadt, Schuman-Naumburg, Witte-
Quedlinburg. — Je 4 Jt von Schmey-Beutheu, Marcus-Liebstadt —
Je 5 Jt von Beiss-Detmold; cand. med. vet Gallus-Brrlin; Joseph-
Wriezen; Maier-Neckarbischofsheim; Piroth-Prüm; Schaaf-Freiburg
i. Sachsen; Schlake-Königsberg; Schüler-Potsdam; Storch-Schmal¬
kalden; Weidefeld-Rügenwalde; Ziegfeld-Bant (bei Wilhelmsbafen). —
Je 6 Je, Gostar & Sprenger in Aachen; Hansen-Hollehitt (bei Sörup);
Krankowski-Hammerstein; Queitsch-Aachen; Röbert-Annaberg i. S. —
8 Jt. Siegert-Tarnowitz. Zusammen 110 Jt
Je 10 Jt Dr. Aronsohn-Röbel (Mecklenburg); Bass-Graetz; Bens-
Breslau; Becker-Hanau; Dr. Bernhardt-Trakehnen; Bockeimann-
Aachen; Bolle-Magdeburg; Bongert-Berlin; Brohmann-Burg bei
Magdeburg; Prof, de Bruin Utrecht; Büsing-Naarden (Holland);
Buhmann-Magdeburg; Dick-Zülpich; Dlugay-Filebne; Elschner-Kolmar
(Posen) jEnders-WeissenfelB; Fisch-Heiligenbeil; Fischöder-Mohrungen;
Freigang-P ätsch kau; Friedrich-Halle; Gabbey-Ohlau; Gaedke-Magde-
burg; Götzke-Bemau; Dr. Goldbeck-Hofgeismar; Göroldt-Hammera-
leben; Graul-Kattowitz; Grashorn-Ovelgönne; Güttlich-Namslau;
Gützlaff-Guben; Gundelach-Magdcburg; Haas-Metz; Haas-Zerbst;
Haase-Hohenraölsen; (Schlachthausthierarzt) Hertz-Harburg a. E.;
Hirschland-Essen; Hinrichsen-Osnabrück; Hogrefe-Wesel; Jensen-
Itzehoe; Dr. Jess-Charlottenburg; (Oberrossarzt) König-Berlin;
Kissuth-Guhrau; Kubaschewski-Angerburg; Lebmann-Kalau; Lewin-
Verden; Levy-Brühl; Matthias-Trakehnen; Dr. Meyer-Barmen;
Möbius-Plauen i. Sachs.; Naumann-Halberstadt; Neubarth-Züllichau ;
Nolte-Berent; Ostermann-Hcrford; Ostertag-Gmünd; Pasch-Benken-
dorf; Pauly-Teltow; Dr. Peter-Berlin; Plessow-Ballenstedt; Pflanz-
Canth; Profö-Berlin; Richter-Landsberg, Richter-Siegburg; Rogge-
Potsdam; Rüstow-Magdeburg; Schiel-Wandsbeck; Schlieper-Ortels-
burg; Dr. Schmidt-Aachen; Schulz-Genthin; Schultz-Schlüchtern;
Seemann-Zell a. M.; Siebert-Caloar; Siemsen-Krappitz; Stein-Bern¬
burg; Stier-Wesel; Premier-Lieutenant v. Stephanitz-Berlin; Tiede-
mann-Skaisgirren; Türks-Hagen i. W.; Uhde-Kalbe a. M.; Warncke-
Drossen; v. Wedel-Jerichow; Werner-Lübeck; Winkel-Berlin;
Zahn-Bernstadt; (Corpsrossarzt) Zorn-Magdeburg; Ungenannte W. L.
Berlin, Grevenbroich, Güsten. — Zusammen 860 Jt
Je 12 Jt Protzen-Wusterhausen; Dr. Schwarz-Stolp ; Sieker-
Neustadt O./S. — Je 15 Jt ßrietzmann-Cö8lin; Holtzhauer-Lüneburg;
John-Haynau; von den Rossärzten des 19. Dragoner-Regiments;
von den Rossärzten des 8. Kürassier-Regiments. — 18 Jt Brost-
Münster. Zusammen 129 Jt.
Je 20 Jt Dr. Achilles-Wernigerode; Altfeld-Bochum; Bartke-
Stettin; Behrens-Peine; Behm-Gnoien (Mecklenburg); Borchardt-
Cölleda; Buch-Frankfurt a. 0; Bürger-Stargard i. Pom.; Decker-
Meisenheim ; Dove-Lingen; v. Drygalski-Lyck; Gabbey-Pless:
(Oberrossarzt) Giesecke-Berlin ; Hell-Altona; Heyne-Posen ; Hummel-
Znin ; Jacobi - Pieschen; Jostes - Marienwerder; Kläger-Loitz;
Dr. Keuten-Geldern; Klipstein-Jauer; Knebel-Gramzow; Koll Coblenz ;
Lappöhn-Cranz; Lau-Gelsenkirohen; Leistikow-Magdeburg; Liebener-
Delitsch; Dr. Lorenz-Darmstadt; Lorenz-Kempen ; Lübke-Tilsit;
LUtkemUUer-Lublinitz, Marks-Posen; Dr. Marks-Ohlau; Müller-
Horneburg (Hannover); Müller-Seelow; Pauli-Berlin ; Peschke-
Rastenburg; Rautenberg-Gerdauen; Rietzei-Berlin; Rust-Königsberg;
Schirmer-Gemünd (Eifel); Dr. Scbuberth-Horka; Schröder-Berlin;
Schulze-Burg b. Magdeburg; Spitzer-Dramburg; Dr. Vaerst-Meiningen;
Voliers-Altona; Wenke-Pillkallen; Wermbter-Pr.-Holland, Winkler-
Marie nwerder; Ziegenbein-Wolmiratedt; Rossärzte des Truppen¬
übungsplatzes Münster (10. Art-Brig.); Ungenannt-Berlin; T.-Berlin:
S.-Charlottenburg; Trier. Zusammen 1120 Jt
Dr. Bondi-Berlin 25 Jt. ; Ruhs-Massow 25 Jt; van Straaten und
Morgenstern-Dinslaken 25 Jt ; Niemer-Paderborn, Steinkühler und
Wilkens-Warendorf 25 Jt —- Bolle-Eberswalde, Griesor-Naumburg,
Oberrossarzt a. D. Ibscher-Guhrau und Rossarzt Ibscher-Züllichau
gemeinsam, Klebba-Potsdam, Meinickmann-Bossolt, Nutt-Brackel,
RUckner-Glatz, Departementsthierarzt a. D. Steffen-Gr.-Lichterfelde>
Ungenannt-Stuttgart, je 30 Jt — Dr. Klee-Leipzig 33 Jt — Lohsee-
Hirschberg 40 Jt ; Dr. Mebrdorf-Königsberg 40 Jt; Dr. Diehn und
Wirth-Frankfuit a. M. 40 Jt; Breslauer Veterinärbüreau (Schilling,
Becker, Koschel, Sporleder) 40 Jt — Ungenannt 50 Jt.; Ungenannt
50 Jt; Ungenannt 50 Jt; Oeconoraierath Grub 50 Jt; Sächsische
Vieh-Versicherungs-Gesellschaft 50 Jt.; Bertelt-Ostrowo 75 Jt Zu¬
sammen 888 Jt.
Kgl. Inspection für das Militärveterinärwesen 100 Jt; Commerzien-
rath Bolle-Berlin 100 Jt; Verein pract. Thierärzte zu Berlin 100 Jt;
Versammlung der beamteten Thierärzte der Provinz Posen 100 Jt
Oberrossarzt a. D. Seyderhelm-Strassburg i. E. 200 Jt
Gesammtsumma: 3707 Jt.
Herzlichen Dank!
Dr. Frühner. Dr. Schmaltz. Dr. Ostertag.
Verantwortlich lUr den Inhalt (excl. Imeratentheil) Prof. L)r. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eiirenthum von Richard Schoets in Berlin. — Druck von W. Bdxenateln, Berlin.
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DI« „Berliner Thlerkrstliche Wochenschrift“ encheinl
wöchentlich ln Stärke ron mindestens 1'/* Bogen. Dieselbe
ist in bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
oder durch die Verlagsbuchhandlung Ton Richard
Schoets, Berlin NW„ Luisenstrasse S6, zum Preise von
Mk. 5,— pro VierteljaJtr.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Sclimaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 80. Ausgegeben am 29. Jnli.
I n li a 11 : Müller: Wirkung des Jodkali um s bei Septicaemie. — Kalteyer : Vereidete Impfbeamte des c. Kreis¬
thierarztes Schultz in Schlüchtern. — Referate : E b e r 1 e i n: Begriff und Formen der Pododermatitis beim Pferd.
— Wohlgemuth: Ueber die locale Anaestbesie. — Hoffmann: Ueber Arsenikbehandlung bei Otitis externa der Hunde
und sogenanntes Ausbrennen des Gebörganges. — Liönaux: Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmnscularis beim
Hunde als Ursache einer persistirenden Diarrhöe. — Perforation des Dünndarms verursacht durch Strongylns tetracanthns- —
Noch zwei Gase in der Atmosphäre. — Therapeutische Notizen. — Thierhaltung und Thierzucht — Tages¬
geschichte: VL Plenar-Versammlung der Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Prenssens zu Berlin am 21. und
22. Mai 1898. (Fortsetzung.)— Verschiedenes.—Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
— Fleischschau und Viehverkehr. — Gerichtsentscheidungen. — Bücher-Anzeigen und .Besprechungen. —
Personalien. — Vacanzen.
Wirkung des iodkaliums bei Septicaemie.
Von
F. L. W. Müllar-Homeburg (Hann.),
Thierarzt
Wenn man sich die Wirkung des Jods und seiner Salze bei
den verschiedenen Erkrankungen, bei denen es mit Erfolg an¬
gewandt wird, vergegenwärtigt und sich zu erklären sucht, so
drängt sich einem der Gedanke auf, als ob Jod im Organismus
eine desinficirende Rolle spiele und bei der Herstellung der
sog. Schutzstoffe innerhalb des Körpers gegen von anssen ein-
dringende Schädlichkeiten verwandt werde. Von dieser Voraus¬
setzung ausgehend, habe ich Jodkali angewandt bei Septicaemie,
ausgehend von einer Infection der Geburtswege im Anschluss
an die Geburt, welcher Zustand hier zu Lande allgemein als
kalter Brand bezeichnet wird, und der auffälliger Weise in
diesem Jahre häufiger als in früheren Jahren von mir beobachtet
wurde. Erfahrungsgemäss gingen die davon befallenen Thiere
mit wenigen Ausnahmen in kurzer Zeit zu Grunde, auch wenn
in exakter Weise eine frühzeitige locale Behandlung eingeleitet
wurde.
ad 1. Vorbericht: Zweieinhalbjährige Kuh; dieselbe hat vor
36 Stunden ziemlich schwer gekalbt, Nachgeburt einige Stunden
nach der Geburt abgegangen. Die bislang vollständig munter ge¬
wesene Kuh ist plötzlich sehr krank und hinfällig geworden, dabei
ist auffälliger Weise nach Angabe des Besitzers die bis dahin
starke Geschwulst des Euters vollständig verschwunden und statt
deren eine derbe Anschwellung der Scheide eingetreten.
Befund: Trauriger Gesichtsausdruck, Augen liegen tief in
den Höhlen, Haarkleid rauh. Grosse Schwäche, aber klares Be-
wnsstsein, ca. 90 kleine hüpfende Pulse. Athmung ruhig.
41,8° C. Mastdarmtemperatur. Am Respirations- und Digestions¬
apparat nichts, was man als Krankheitsursache ansehen könnte.
Scheide sehr heiss, hart, schmerzhaft und geschwollen. Beim
Oeffnen derselben fallen einige gelblichgrüne necrotische Ge-
websfetzen auf der Schleimhaut auf.
Diagnose: Septicaemie. Prognose: Schlecht. Therapie:
Tiefe Scarificationen und nachfolgende Sublimatwasserbäder.
Innerlich 2 Mal 6,0 Jodkali.
Am andern Morgen anscheinend geringgradige Besserung,
Temperatur 41,5°. Am Abend desselben Tages verendete die Kuh.
ad 2. Zweieinvierteljährige Kuh hat vor ca. 30 Stunden
Berliner
Orlgtnalbeltrige werden mit 60 Hk. (Ur den Bogen honorirt
Alle Mannsoripte, Mitthellangen and redeetlonellen An¬
fragen beliebe man zu «enden an Prot Dr. Scbmaltx,
Berlin, thierirztliebe Hochschule, NW, Laisenslrasae S6.
Correcturen, Receniiom-Exemplare and Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
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350
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30.
ziemlich schwer gekalbt, Nachgeburt rechtzeitig abgegaDgen, ist
plötzlich sehr schwer erkrankt.
Befund: Augen halb geschlossen, liegen tief in ihren Höhlen,
der Kopf wird auf die Lagerstatt gestützt. Bewusstsein jedoch
klar. Haarkleid rauh; über hundert Pulse, klein, unregelmässig
und bereits aussetzend, an der Maxlliaris unfühlbar; 41,9° C.
Mastdarmtemperatur. Mit Mühe erhebt sich das Thier. Es
macht den Eindruck, als ob der Tod bald einträte. Die Scheide
mannBkopfgross, hart, heiss, sehr schmerzhaft, blauroth. Schleim¬
haut zeigt gelbgrüne Stränge.
Diagnose: Septicaemie. Prognose: Sehr schlecht. Therapie:
Tiefe Scariflcationen der Scheide und Sublimatwasserbäder.
Ausserdem innerlich sofort 12,0 Jodkali und sechs Stunden
später nochmals 12,0 Jodkali.
Vier Stunden nach Verabreichung der ersten Dosis eine
deutliche Steigerung des Kraftgefühls, von da ab sichtbar zu¬
nehmende Besserung des Allgemeinbefindens. Befund 16 Stunden
nach der ersten Untersuchung: Allgemeinbefinden bedeutend
besser, die Augen blicken frei und füllen die Augenhöhlen aus,
ca. 60 Pulse, 39,3° C. Mastdarmtemperatur.
Nochmals 6,0 Jodkali. 48 Stunden später leichtes Abführ¬
mittel. Nach ca. zehn Tagen wurde ein ca. mannskopfgrosser,
necrotischer Theil aus der Scheide entfernt, danach vollständige
Genesung.
ad 3. Acht Tage später zweijährige Kuh, hat vor ca-
28 Stunden schwer gekalbt, ist sonst munter gewesen, liegt
seit einigen Stunden und ist anscheinend sehr krank, dabei
drängt sie in kurzen Zwischenpausen auf die Geburtswege.
Besitzer ist der Meinung, dass noch ein Kalb zurück sei.
Befund: Kuh sieht recht krank aus, die Augen liegen tief
in den Höhlen, sie sind halb geschlossen. Haarkleid rauh. ca.
100 Pulse pro Minute, elend, klein und unregelmässig 41,7° C.
Mastdarmteinperatur. Athmung ruhig. Scheide hart, blaufoth
und schmerzhaft, Innenseite mit gelbgrünen Striemen belegt.
Diagnose: Septicaemie. Prognose: Schlecht. Therapie:
Vorsichtige Oelinfusionen in die Scheide, innerlich 12,0 Jodkali»
nach sechs Stunden nochmals 12,0 Jodkali.
24 Stunden später Allgemeinbefinden bedeutend besser.
Gesichtsausdruck frei. Ab und zu wiederkaut die Kuh bereits.
Deutliche Besserung soll nach ca. sechs Stunden bemerkbar
gewesen sein. Ab und zu drängt das Thier noch auf die Geburts¬
wege, Pulse ca. 70, bedeutend kräftiger. Mastdarmtemperatur
39,8° C., nochmals 6,0 Jodkali, locale Behandlung hört auf.
Fortschreitende Besserung. Leichtes Abführmittel. Nach zehn
Tagen Ausstossung eines Brandschorfes und vollständige Genesung.
ad 4. Vier Wochen später zweijährige Kuh, hat ziemlich
leicht gekalbt, Scheide ist aber sehr succulent gewesen.
36 Stunden nach der Geburt plötzlich sehr krank und hinfällig.
Hin- und Hertrippeln, Schweifwedeln und häufiges Harnlassen.
Befund: Die Kuli hat anscheinend sehr grosse Schmerzen,
Athmung etwas vermehrt, ca. 120 kleine, hüpfende Pulse, 41,9° C.
Temperatur, Scheide mässig geschwollen. In kurzen Intervallen
wird ein röthlicher, mit gelblichen Flocken untermischter Urin
in kleinen Quantitäten abgesetzt. Die Harnröhre fühlt sich als
ein harter, derber Strang an; die Innenseite der Scheide mit
gelbgrünen, streifigen Striemen belegt. Leichtes Drängen auf
die Scheide.
Diagnose: 1. Septicaemie. 2. Entzündung der Harnröhre
und wahrscheinlich auch der Blase. Prognose: Sehr schlecht.
Therapie: Zwei Mal 12,0 Jodkali innerhalb sechs Stunden.
Nach zehn Stunden 41,8° C. Mastdarmtemperatur, nach
weiteren zehn Stunden 40,3° C. und Allgemeinbefinden besser.
Urinabsatz mit grossen Schmerzen verbunden. Nochmals 12,0 Jod¬
kali. In den nächsten drei Tagen sinkt die Temperatur auf
39,5. Allgemeinbefinden bessert sich geringgradig. Nach ca.
sieben Tagen werden mit dem Urin grössere Mengen von gelblich¬
grünen Fetzen und Flocken ausgeschieden. Leichtes Abführ¬
mittel. Allgemeinbefinden bessert sich. Nach ca. 16 Tagen
vollständige Restitutio ad integrum. Eine locale Behandlung der
Scheide, Harnröhre und Blase hat nicht stattgefunden, weil be¬
fürchtet wurde, es könnten dabei Verletzungen der Organe Vor¬
kommen, die leicht verhängnissvoll hätten werden können.
Beim Rückblick auf diese hier kurz geschilderten Krankheits¬
fälle ist die Wirkung des Jodkaliums als eine ganz augenfällige
zu bezeichnen, da es sich um schwere Allgemeinerkrankungen
handelt, die erfalirungsgemäss in weitaus den meisten Fällen in
kurzer Zeit letal endigen. Die örtliche Behandlung, die in drei
Fällen stattgefunden hat, ist nach meinem Urtheil belanglos
gewesen, in Rücksicht darauf, dass sie früher allein angewandt,
im Stiche gelassen hat, und in Rücksicht auf die letzte sehr
schwere Erkrankung der Harnröhre und Blase, bei der gar keine
örtliche Behandlung eingeleitet wurde. Eine unangenehme
Wirkung oder Nachwirkung der hohen Jodkalidosen in der
schnellen Aufeinanderfolge ist nicht beobachtet worden. Die
letzte Kuh soll sich zeitweise sehr besorgnisserregend geberdet
haben, doch ist dies wohl auf das sehr schmerzhafte Blasen¬
leiden zurückzuführen. Auf denselben Umstand ist der protrahirte
Verlauf und das länger dauernde Fieber bei dieser Patientin in
Anrechnung zu bringen. Ich habe diese vier Fälle veröffentlicht,
um zu weiteren Versuchen in dieser Richtung anzuregen und
bitte gegebenen Falles an dieser Stelle über etwaige weitere
Erfolge und, nicht zu vergessen, Misserfolge zu berichten.
Vereidete Impfbeamte des c. Kreisthierarztes Schultz
in Schlilchtern.
Von
Kalteyer - Eschwege,
Krelittaierarst
Die Mittheilungen des Herrn Collegen Schultz in Schlüchtern
in No. 24 der B. T. W. über Einführung der Impfung mit
Tuberculinum Kochii haben mich in ein solches Erstaunen ver¬
setzt, dass ich nicht umhin kann, Einiges hierauf zu entgegnen,
zumal ich durch Ausführung sehr zahlreicher Privatimpfungen in
den letzten Jahren und durch Leitung eines staatlichen Tuber-
culose-Tilgungsversuches auf der Domäne Niederhone glaube über
eine hinreichend grosse praktische Erfahrung über den Werth
und die Ausführung solcher Impfungen zu verfügen.
Es dürfte wohl jedem Collegen, der sich mit Tuberculose-
Tilgungsver8uchen beschäftigt hat, hinreichend bekannt sein,
dass eine Tuberculose-Tilgung, sei es auch nur in einem ein¬
zelnen Rindviehbestande, eine ausserordentlich schwierige Sache
ist. Niemals wird dieselbe aber gelingen können, wenn nicht, wie
Herr College Schultz sich ausdrückt „Schutzvorrichtungen etc.
oder Gegenleistungen seitens der Landwirthe“ gefordert werden,
d. h. wenn nicht das Bang’sehe Verfahren auf das Gewissen¬
hafteste und mit aller Strenge durchgeführt wird. Insbesondere
möchte ich hier betonen die Bildung von Gruppen der Thiere des
Bestandes: 1. solche Thiere, welche äussere Erscheinungen der
Tubercnlose zeigen, 2. solche Thiere, welche auf die Einspritzung
von Tuberculin reagirt haben, und 3. solche Thiere, welche auf
die Einspritzung von Tuberculin nicht reagirt haben; dann räum¬
liche Trennung dieser Gruppen, sorgfältigste Desinfection der
betr. Stallungen, Ernährung der Kälber mit sterilisirter Milch,
Wiederholung der Impfung in Zwischenzeiten von je 6 Monaten
bei Thieren der Gruppe 3 etc.
Mit der Impfung allein und der durch dieselbe erlangten
Kenntniss, dass das Thier reagirt hat oder nicht, ist es doch
wahrlich nicht gethan, sondern diese Kenntniss ist eben erst die
Grundlage, auf der sich das ganze weitere Verfahren und über-
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28. Juli 189*-
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
351
hanpt die Möglichkeit der Tilgung aufbaut. Es müssen daher
von den betr. Besitzern die vorhin kurz anfgeführten nnd vom
Ministerium geforderten Anordnungen auf jeden Fall streng
durchgeführt werden, soll überhaupt ein Erfolg erzielt werden,
einerlei, ob das Verfahren auf Staatskosten, Kreiskosten oder auf
Kosten des Besitzers selbst eingeleitet und ausgeführt wird. Dass es
für einen Besitzer eine sehr schwierige Sache ist, auf diese Be¬
dingungen einzugehen und dieselben gewissenhaft zu erfüllen,
dass auch nicht unbedeutende Geldopfer unter Umständen gebracht
werden müssen, ist sicher. Aber wer die Unbequemlichkeiten und
Kosten scheut, wird sich eben gedulden müssen, bis der Staat
helfend eingreift, insbesondere bis für tuberculöse Thiere, welche
bei der Schlachtung gänzlich verworfen oder minderwerthig be¬
funden werden, eine Entschädigung, sei es vom Staate, sei es
von einer Zwangsversicherung, gewährt wird.
Denn die halbe Durchführung eines Verfahrens ist Zeit- und
Geldverschwendung und leider nur allzusehr geeignet, das ganze
Verfahren in Misscredit zu bringen.
Ich komme nun zu dem zweiten Theile der Schultz’sehen
Mittheilungen, und zwar zu der Ausführung der Impfung durch ver¬
eidete Impfbeamte.
Ich persönlich bin thatsächlich aufs äusserste überrascht,
dass ein Sachverständiger, ein Thierarzt auf die Idee verfallen
konnte, Laien in der Impftechnik zu unterrichten, dieselben als
vereidete Impfbeamte auszubilden und zu prüfen. Herr College
Schultz muss demnach zu schliessen, das mannigfache Impf¬
verfahren bei unseren Haussieren für eine sehr einfache Sache
halten, dass er glaubt, Laien so ausbilden zu können, dass die¬
selben Impfungen von Thieren, sowohl Tuberuclin-Impfungen als
auch Rothlauf-Impfüngen (Lorenz’sches Verfahren) exact und
lege artis ausführen können. Ich — und ich glaube mit mir alle
Herren Collegen, die Impfungen, insbesondere Impfungen mit
Tuberculin Kochii bei Thieren ausgeführt haben, sind ganz ent¬
gegengesetzter Ansicht.
Herr College Schultz meint, dass dadurch, dass der Impf¬
stoff stets durch seine Vermittelung bezogen wird und er die Be¬
richte über die Resultate erhält, die Sache immer unter Controle
des beamteten Tbierarztes bleibt. Ich muss sagen, ich verstehe
unter Controle, wenigstens unter sachverständiger Controle einer
Impfung doch etwas ganz Anderes. Ich gehe bei der Controle
der von mir selbst ausgeführten Impfungen sogar so weit, dass ich
jede einzelne Messung der geimpften Thiere selbst vornehme,
denn schon ein ganz geringer Irrthum beim Ablesen der Tempe¬
raturen führt doch zu den grössten Trugschlüssen. Ich kenne
überhaupt kein Verfahren, bei dem es so gerade sehr darauf an¬
kommt, die Temperaturen auf das Genaueste festzustellen, wie bei
der Impfung mit Tuberculinum Kochii.
Noch viel mehr Sorgfalt und wirkliche Sachkenntnis ist
aber absolut nöthig bei der eigentlichen Ausführung der Impfung.
Ich will nur kurz Folgendes erwähnen. Zunächst die Auswahl
der Thiere, ob sie überhaupt geeignet sind zur Impfung. Z. B.
Ausschluss solcher Thiere von der Impfung, bei denen bereits
durch die klinische Untersuchung Erscheinungen der Tuberculöse
festgestellt werden können, oder fieberhaft erkrankter Thiere etc.
Weiter Berücksichtigung der Temperaturschwankungen gesunder
Thiere, die peinlichste Reinlichkeit der zur Impfung nothwen-
digen Instrumente, Desinfection derselben, Reinigung und Des-
infection der Impfstelle, die Ausführung der Einverleibung des
Impfstoffes durch Einstich etc. etc. Wenn Herr College Schultz
dies alles Laien überlassen zu können glaubt, so habe ich da¬
gegen die schwersten Bedenken und muss mich entschieden da¬
gegen erklären.
Abgesehen aber davon, dass meiner Meinung nach ein Laie
niemals im Stande ist, Impfungen exact ausznführen, so ist das
Verfahren des Collegen Schultz auch desslialb anfechtbar, weil
es thatsächlich darauf hinauskommt, immer noch mehr Pfuscher
heranzubilden. Denn anders wie als Pfuscher kann ich solch
einen Laien, und wenn er noch so gut unterrichtet ist, doch nicht
bezeichnen. Ich meine, wir hätten in unserm Berufe doch wahr¬
lich schon mit Pfuschern genug zu thun, ich erinnere nur an
Schäfer, Schmiede und alle mögliche anderen Personen, die Thier¬
heilkunde in jeglicher Art und Weise ausüben, Geburtshelfer,
deren es in jedem Orte einen oder gar mehrere giebt, Fleisch¬
beschauer mit allen möglichen Befugnissen, Viehcastrirer für jeg¬
liche Thiergattung vom Schwein bis zum Pferd etc. Und da
sollen wir uns selbst auch noch Impfpfuscher heranbilden für
Tuberculin-, Rothlauf- und wer weiss was noch alles für Impfungen!
Ich muss offen gestehen, diesen Vorschlag aus Fachkreisen hätte
ich nicht für möglich gehalten.
Ist denn den Aerzten schon jemals der Gedanke gekommen,
die Schutzpockenimpfung beim Menschen, die doch gewiss viel
einfacher ausführbar ist als eine Impfung mit Tuberculinum
Kochii mit ihren ziemlich genauen Temperaturmessungen, Laien,
vereideten Impfbeamten zu übertragen und sich solche Leute
selbst heranzubilden?
Wenn Herr College Schultz sich in seinem Kreise solche
Leute herausbildet, so ist das ja freilich zunächst sein Nachtheil
und seine Sache. Ich fürchte auch nicht etwa, dass sich Collegen
bewogen finden könnten, ihm das nachzumachen. Aber
etwas anderes fürchte ich, wenn die Landwirthe in
benachbarten Gegenden von den schönen, billigen Tuberculin-
impfungen im Kreise Schlüchtern hören, so könnten sie besonders
mit Rüqksicht auf die grosse Billigkeit des Verfahrens leicht
dazu kommen, diese Einrichtung auch in ihrer Gegend zu be¬
antragen.
Desshalb hat diese Sache eine Bedeutung, welche über den
Kreis Schlüchtern hinausreicht und es darf desshalb, auch mit
Rücksicht auf landwirtschaftliche Kreise nicht verschwiegen
werden, wie andere Sachverständige darüber urtheilen.
Im Uebrigen darf man sehr gespannt sein auf die von Herrn
Collegen Schultz in Aussicht gestellten weiteren Mitteilungen,
wie sich die neue Einrichtung bewährt hat.
Referate.
Begriff und Formen der Pododermatitis beim Pferd.
Von Eberl ein.
(Mt8h. f. Thlerhlkd., Bd. 9, H. 10.)
Vatel hat schon 1829 versucht, verschiedene Formen der
Huflederhautentzüudung zu unterscheiden, und zwar die Ent¬
zündung der zottigen und die der blättrigen Papillen (Fleisch¬
blättchen) von der Entzündung der tieferen Bindegewebsschichten
(Podophlegmatitis). Möller hat im Allgemeinen in Ueber-
einstimmnng damit die beiden ersteren Formen als Pododerma¬
titis superficialis zusammengefasst und die Entzündung der tieferen
Schichten als P. parenchymatosa bezeichnet. Ausserdem hat er
Werth auf die Unterscheidung zwischen acuter und chronischer
Entzündung gelegt. Hertwig hat dagegen nach der Ursache
eine traumatische, rheumatische und metastatische Form differen-
zirt. Anker endlich empfiehlt, die Entzündung nach ihrem
Charakter und Umfang einzutlieilen.
E. findet zunächst, dass diese Eintheilungen der heutigen
Kenntniss von Bau und Verhalten der Huf haut nicht mehr ent¬
sprechen. Er schlägt vor, zunächst eine Pododerm. acuta und
chronica zu unterscheiden, und bei der acuten Entzündung eine
seröse und eine hämorrhagische Form, die gleichzeitig aseptisch
sind, sowie eine suppurative und eine gangränöse, die zugleich
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BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
infectiös sind, anzunehmen, während die chronische P. in eine
hyperplastische und suppurativ eitrige Form zerfällt.
Hiernach acceptirt also E. zunächst die von Möller ein-
geführte, unzweifelhaft berechtigte Unterscheidung zwischen
acuten und chronischen Hufhaut-Entzündungen und unterscheidet
dann, also in Anlehnung an das Anker’sche Princip, nach dem
Charakter der Entzündung.
Das Wesentliche ist die von ihm gegebene Begründung
dafür, dass eine oberflächliche und eine tiefere Form nach der
Art des Entzündungsvorganges nicht unterschieden werden kann.
Er fand nämlich ausnahmslos, dass die Entznndungserscheinungen
ihren Ausgang nicht von den oberflächlichen Schichten der Cutis
nehmen, sondern vielmehr von dem Stratum vasculosum, welches
den eigentlichen Bindegewebskörper der Huflederhaut darstellt,
im Gegensatz zu dem Papillarkörper einerseits und zu den den
Knochen direct aufgelagerten also periostalen Schichten anderer¬
seits. Von dem Stratum vasculosum greifen erst im Verlauf des
Processes die entzündlichen Vorgänge auf den Papillarkörper,
d. h. auf die oberflächlichen Theile über. Demnach würden die
Entzündung in den tieferen Schichten die leichtere Form und ent¬
zündliche Veränderungen in den oberflächlichen Schichten bereits
eine Coinplication bezw. eine schwerere Form darstellen, während
man bisher geneigt war, unter den oberflächlichen Entzündungen
die leichter verlaufenden Processe zu verstehen. Bei chronischer
Entzündung der Huflederhaut findet man übrigens ebenfalls die
schwersten und ältesten Veränderungen stets im Stratum vascu¬
losum; die Heftigkeit der productiven Entzündung nimmt nach
der Oberfläche der Fleischblättchen hin ab. Es ist übrigens schon
aus mechanischen Gründen leicht erklärlich, dass Entzündungsreize
in erster Linie das Stratum vasculosum beeinflussen; denn es sitzt
sozusagen zwischen zwei festen Flächen, nämlich zwischen den
periostalen Schichten und den in der Hufcapsel eingekeilten
Fleischblättchen. Zerrungen und dergl. werden also das Stratum
vasculosum betreffen.
Ueber die locale Anaesthesie.
Vortrag, gehalten von W r ohlgemuth im Verein für innere Medicin.
(Allg. med. Centr. Zig.)
Nach den Ausführungen des Verfassers haben wir drei
Grundformen der Localanaesthesie: die Compression, die Kälte
und die local-medicamentöse Anaetbesie. Die Compression ist
schon seit sehr langer Zeit bekannt, und schon vor 100 Jahren
führte James Moore unter Anwendung des Bügelcompressoriums
schmerzlos eine Amputatio femoris aus. Die Compression als
solche allein findet aber heute keine Anwendung mehr. Auch
die Anwendung der Kälte zum Zwecke der localen Anaesthesie
ist lange bekannt. Rietschhausen war der Erste, der durch
künstliche Zerstäubung von Aetlier hohe Leistungen erzielte.
Der Aetherspray wird auch heute noch verwendet; in neuerer
Zeit ist ihm im Aethylchlorid ein Rivale erwachsen. Es hat den
Vortheil vor dem Aether, dass es grössere Kälte erzeugt.
Während ersteres bis — 18° erzielt, erzielt man mit letzterem
Temperaturen bis — 36°. Beide Mittel empfehlen sich nicht bei
sehr stark gefalteter Haut; entzündete Gewebe bieten der Ein¬
wirkung der Kälte auch kein günstiges Feld: denn die grosse
Kälte bringt zunächst grossen Schmerz bei der Application zu
Stande; nicht zu empfehlen ist das Verfahren auch in der Nähe
von Auge, Mund und Nase, überhaupt nicht auf Schleimhäuten.
Die Kälte wirkt endlich nur oberflächlich.
Weitaus das grösste Gebiet der localen Anaesthesie ist das
der medicaraentösen Anaesthesie. Bis jetzt lief das CocaYn allen
anderen Mitteln den Rang ab; ein ungeahntes Gebiet der localen
Cocain-Anaethesie ist neuerdings durch die S chl ei ch’sche
Methode eröffnet worden. Aber auch dieser Methode haften
Mängel an, und zwar: PaDaiitien und Phlegmonen an Hand und
Fus8 können nicht gut anaesthetisch gemacht werden, weil die
Injectionen in die straff gespannte Haut ziemlich schmerzhaft
sind, und weil man unter Umständen, wenn die Hohlnadel in die
Absces8höhle geräth, den Druck der Eiterhöhle noch erhöht und
enorme Schmerzen hervorruft; ferner kann die Methode nicht an¬
gewendet werden bei straff gespannter Haut, bei physiologischer
wie pathologischer Verdickung der Haut. Dagegen ist die
Schleich’sche Methode bei grossen Operationen, Laparotomien,
Oophoritis etc., namentlich wenn der Allgemeinzustand schlecht
ist, nicht mehr gut zu umgehen. Um bei Phlegmonen Anaesthesie
zu erzeugen, haben Corning und dann Obevitt eine Methode
angegeben; sie umschnüren z. B. die Basis des Fingers mit
einem Gummidrain und spritzen in die Eintrittsstelle der Nerven-
stämme ‘/a g einer lproc. Cocainlösung. Es ist dies ein voll¬
kommenes Verfahren, dessen Gebiet aber sehr begrenzt ist.
Die Ersatzmittel haben bis jetzt das Cocain nicht ersetzen
können: Eucaln B hat zwar auf Schleimhäuten dieselbe Wirkung,
für die subcutane Injection eignet es sich aber viel weniger; eB
macht auch nicht dieselbe Gefässverengerung und Anaesthesie
wie das Cocain. Das Orthoform wirkt nur auf entblösste Gewebe
energisch anaesthetisch; zu subcutanen Zwecken ist es nicht zu
gebrauchen. Ueber Aneson und Anesin giebt W., obwohl einige
Versuche günstige Resultate ergaben, kein abschliessendes Urtheil.
Nach des Autors Ansicht ist aber die Anaesthesie überhaupt
noch in den Kinderschuhen und hat noch eine grosse Entwicklung
vor sieb.
(Jeber Arsenikbehandlung bei Otitis externa der Hunde
nnd sogenanntes Ansbrennen des Gehörganges.
Von Prof. H offmann-Stuttgart.
(Oe*terr. Mon*ts*clir f. TLlerblk. 1838, H 5.)
Die weit verbreitete chronische Entzündung des äusseren
Gehörganges des Hundes ist ein hartnäckiges Uebel. Dasselbe
besteht in einer katarrhalischen Erkrankung der Schleimhaut des
äusseren Gehörganges mit reichlicher Absonderung der in die
Schleimhaut eingebetteten Talg- und Schweissdrüsen (Ohrenfluss),
welche braun, dicklich oder grau oder dünnflüssig gelblich eiter¬
ähnlich und übelriechend ist. Die Mündung des Gehörganges
nach aussen im Grunde der Ohrmuschel ist gerötliet, vermehrt
warm und meist wenig geschwollen.
Um das Symptomenbild vollständig zu machen, ist diesen Er¬
scheinungen noch das andauernde charakteristische Schütteln mit
dem Kopfe hinzuzufügen.
Die Schwierigkeit, mit welchen dieses Leiden zu beseitigen
ist, setzt die Geduld des behandelnden Thierarztes und des Hunde¬
besitzers oft auf eine harte Probe. Ein dauernder Erfolg wird
bei inveterirten Fällen mit den jetzt bekannten Behandlungs¬
methoden gewöhnlich nicht erzielt.
H. berichtet zunächst über ein Heilverfahren, welches ein
bulgarischer Student der Thierheilkunde in Stuttgart vorzeigte
Dasselbe lässt nach den Angaben des Verf. ebenfalls im Stiche,
verdient aber seiner Originalität wegen weiter bekannt zu werden.
Ein quadratisches Stückchen feiner Leinwand von 30 cm Seite
wird in geschmolzenes Wachs eingetaucht und darauf während
des Erkaltens des Wachses in eine spitze Düte aufgerollt. Die
Spitze bleibt offen und wird dem auf dem Tisch liegenden Hunde
tief in den äussern Gehörgang eingeführt. Hierauf wird der
Rand der Wachsdüte angezündet und bis an den Kopf des Hundes
abgebranDt. Nach dem Auslöschen der Flamme zieht man den
Rest der Düte aus dem Gehörgang hervor, der jetzt mit einem
weisslichen trockenen Pulver oder mit einer breiigen Masse an¬
gefüllt ist. Der Gehörgang soll ein völlig reines Aussehen dar¬
bieten. Die Reinigung soll sich in der Weise vollziehen, dass
durch die kreisförmig am Dütenrande herabbrennende Flam
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
353
28. Juli 180&
eine sangende Wirkung am offenen spitzen Ende der Düte ent¬
stellt^ welche die daselbst vorhandenen Absondernngsproducte an¬
saugt. Heilerfolge hat H. mit diesem „Ausbrennen“ des äussern
Gehörganges (eine Bezeichnung, die der Beschreibung nach nicht
zutrifft) nicht gewonnen.
Erfolgreicher war eine von dem Verf. versuchte medicamen-
töse Kur mit Arseniklösung.
Bei fortgesetzter sorgfältiger localer Behandlung mit den
empfohlenen Mitteln ist dem Hunde in verdünnter Milch tropfen¬
weise Sol. Fowleri sechs Wochen lang zu verabreichen. Die
Nahrung darf dabei nur aus ca. 1 Liter verdünnter Milch und
wöchentlich ein- bis zweimal etwas Weissbrot bestehen. Der
Hund ist während der Kur vor Erkältung zu schützen und darf
nicht auf die Jagd gehen. Treten infolge der Behandlung Ver¬
giftungserscheinungen (Appetitlosigkeit, Erbrechen) aut, so ist die
Medicin vorübergehend auszusetzen, nach dem Verschwinden der
Krankheitssymptome aber gleich wieder fortzugeben.
H. empfiehlt 30 g Sol. Arsenicalis Fowleri in einem Tropf¬
glase zu verordnen und dem kranken Hunde am ersten Tage drei
Tropfen nach Aufnahme seiner Milchnahrung in etwa zwei Ess¬
löffeln voll verdünnter Milch darzureichen. An den folgenden
Tagen erhält der Hund steigend je 1 Tropfen mehr, bis nach
20 Tagen die Zahl von 20 Tropfen erreicht ist, alsdann geht es
in absteigender Scala Tag um Tag wieder bis auf 3 Tropfen
zurück. Zur Vermeidung von Verwechselungen in der an den
aufeinander folgenden Tagen zu verabreichenden Tropfenzahl
soll eine Tabelle angefertigt werden, auf welcher die steigenden
Tropfenzahlen täglich einzutragen sind.
Mit diesem Verfahren hat H. mehrfach vollkommene Heilungen
erzielt.
Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmuscularis
beim Hunde als Ursache einer persistirenden Diarrhöe.
Von Repetitor L i 6 n a u x-Brüssel.
(Annalea Je möd. v6t, Febr. 1809.)
Ein vieljähriger Setter wurde getödtet, weil er seit einigen
Monaten an einer unbezwingbaren Diarrhöe erkrankt ist. Die ver¬
abreichte Nahrung geht in demselben Zustand ab, das ingerirte
Fleisch ist kaum alterirt.
Die Section zeigt, dass der Magen das erkrankte Organ ist;
derselbe ist dilatirt, seine grosse Curvatur misst 50 Centimeter,
er ist hart und widersteht dem Druck. Die Mucosa ist glatt,
weniger gefaltet als im normalen Zustand, sie ist verdünnt und
adhaerirt stark an der Muscularis, die ihrerseits sehr stark ver¬
dickt ist und an der Cardia und an der grossen Curvatur 28,
beim Pylorus 20 und an der kleinen Curvatur bei der Cardia
11 Millimeter misst. Die Magenöffnungen und die Serosa sind gesund.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass es sich um
eine Sclerose der Muscularis handelt, die Mucosa ist normal ge¬
blieben mit Ausnahme der tieferen Schichten, die von fibrösem
Gewebe durchsetzt ist.
Die Veränderung der Magenmusculatur hatte eine Insufficienz
der mechanischen Thätigkeit der Magenverdauung zur Folge, die
ihrerseits eine unvollständige Darmverdauung verursachte. Patient
zeigte nie Erbrechen, weil der rigide Magen nur unter der Ein¬
wirkung der Bauchmusculatur comprimirt werden konnte.
Die Pathogenie dieser Laesion blieb unbekannt. Es war
keine functionelle Hypertrophie, weil kein Hinderniss in der
Pylorusgegend existirte.
Perforation des Dünndarms verursacht durch
Strongylus tetracanthus.
(Vet. Rec. 19-J8. H. 511 )
Eine zwölfjährige Halbblutstute erkrankte an einem heftigen
Kolikanfall und ging nach 24stündiger erfolgloser Behandlung ein.
Bei der Obduction wurden in der Bauchhöhle 2—3 Quart
einer leicht rothgefärbten Flüssigkeit gefunden, welche mit Darm¬
inhalt gemischt war. Zwischen den Darmschlingen wurden
gleichfalls Ingeste beobachtet. Die Eingeweide hatten bis auf
das Ilium ein normales Aussehen. Dasselbe war stark entzündet
und mit schwarzen Flecken bedeckt. An acht oder neun Stellen
war dieser Darmtheil perforirt. Die Löcher hatten eine ver¬
schiedene Grösse, von der eines Steckuadelkopfes bis etwa zur
Grösse eines silbernen Zwanzigpfennigstücks.
Die Schleimhaut des Coecums und Colons war von einer
grossen Zahl von Strongylus tetracanthus bedeckt, Tausende
lagen tief in die Schleimhaut selbst eingebettet. Im Ueum waren
viele Exemplare des gedachten Rundwurms zu beobachten, theils
frei, theils mit ihrem Saugapparat der Schleimhaut anhaftend,
theils in ihrem Gewebe eingeschlossen.
Neben den vorhererwähnten Perforationsstellen, welche
augenscheinlich durch eine allmälige Verdünnung der Darmwand
von innen her verursacht worden waren, zeigte die Schleimhaut
zahlreiche rundliche Ulcera mit scharfen Rändern von der Grösse
einer Erbse. Einzelne Geschwürchen sassen flach, andere waren
tiefer bis in die Submucosa und Muscularis vorgedrungen und
standen bereits in Begriff die Darmwand zu durchbrechen. Die
Wand der Art. mesenteric. ant. enthielt einige gut entwickelte
Exemplare von Str. armatus und in der Ven. mesenteric. ant.
fand sich ein Coagulum (?), welches den gleichen Parasiten in
grösserer Anzahl einschloss.
Noch zwei Gase in der Atmosphäre.
Den vor zwei Jahren entdeckten Bestandtheilen der Luft
Argon und Helium hat der Mitentdecker beider, Prof. Ramsay,
noch zwei weitere hinzugefügt, welche er vorher für eins hielt
und mit dem Namen Crypton bezeichnete. Die spärlichen Mit¬
theilungen darüber besagen, dass die Entdeckung gemacht wurde,
als Ramsay flüssiges Argon verdampfte. Eins von den beiden
neuen Gasen blieb in crystallisirtem Zustande zurück. Bei lang¬
samer Verdampfung zeigte sich die Gasnatur. Es zeigte ein dem
Argon ähnliches Spectrum. Prof. Ramsay nennt es daher
„Metargon“. Das andere Gas zeigte Lichterscheinungen beim
Durchgang der electrischen Entladung. Es besitzt ein schönes,
rothes und gelbes Spectrum. Die Dichte ist wahrscheinlich
etwa 12—13, eher geringer .Die Zahl würde eine leere Stelle in
der Reihe der Elemente ausfüllen. Das letztere Gas hat Prof.
Ra msey „Neon“ getauft. Es bildet einen unendlich kleinen Tlieil
der Atmosphäre.
Es erheben sich nun zwei Fragen, nämlich ob das Argon
wieder aus der Reihe der Elemente zu streichen und ob das
Crypton mit dem Gemisch von Metargon und Neon identisch ist.
Werden sie bejaht, so haben wir es vorläufig mit drei neuen
Gasen zu thun, mit Helium, Metargon und Neon, sonst aber
vielleicht mit fünf! Die Experimentaluntersuchungen gehören zu
den schwierigsten und kostspieligsten, welche je geführt wurden.
Ramsay arbeitet mit seinem Assistenten Morris Travers zu¬
sammen. (Techn. Rundsch.)
Therapeutische Notizen.
Tenalin.
Tenalin ist ein neues Präparat der namentlich in der
Veterinärpraxis, als Wurmmittel angewandten Arecanuss, welcher
die anthelminthisch wirkenden Alcaloide, Arecain, Arecaldin und
Guvacin enthalten und frei sein sollen von dem toxisch wirkenden
Arecolin. Prof. F. Hobday, welcher das Mittel in mehr als
60 Fällen bei Thieren versucht hat, bezeichnet es als ein vor¬
züglich wirkendes Vermifugum sowohl gegen Bandwürmer als
auch gegen Ascariden. Da das Mittel die Peristaltik und die
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30.
354
Secretion der Darmschleimhant anregt nnd flüssige Entleerungen
hervorruft, ist die gleichzeitige oder nachfolgende Anwendung
eines Laxans überflüssig. Die Dosis beträgt ein Tropfen pro
Pfand Körpergewicht und wird zweckmässig mit der gleichen
Menge Wasser vermischt verabreicht. Ohne Schaden kann die
Dosis verdoppelt werden. Die einzige beobachtete Wirkung ist
die vermehrte Peristaltik, Kolikschmerzen und dünnflüssige Ent¬
leerungen. Dass jedoch das Tenalin nicht ganz ungiftig ist, gebt
ans einem Versuche hervor, bei welchem ein etwa 4 Pfund
schwerer Terrier nach subcutaner Injection von einer Drachme
Tenalin nach 15 Minuten unter Bewusstlosigkeit, Abnahme der
Respiration verendete. Zur subcutanen Injection eignet sich
das Mittel nicht. (Ther. Monatsh.)
Apooynum cannabinum gegen Wassersucht.
Alekscjew stellte fest: Das Mittel wirkt durch Stärkung des
11er zmuskels und ist, daher der TroikaranWendung überlegen. Es ist
indidrt bei Herzklappenfelilern und uncompensirter Herzthätigkeit.
Die Wirkung zeigt sich schon am zweiten oder dritten Tage.
Die Anwendung grosser Dosen ist unnöthig. Beim Menschen
M—5 Tropfen 11-4 Mal täglich; grössere Dosen machen Störungen.
Das Mittel wirkt diuretisch, ebenfalls durch Hebung der Herz-
thlltlgkoit und kann längero Zeit gebraucht worden.
Auch Kloptowitzsch macht auf die günstige Wirkung bei
verschiedenen Herzkrankheiten nufmorksam. Schon nach Gaben
von 10 15 Tropfen tritt starke Diurese ein, der Puls wird
langsamer und voller. Als Ersatzmittel der Digitalis sehr zu
empfehlen.
Sallgenla und Amlnoforn gegen Blökt.
Nach Walter (Münch, med. W6chr. 98,10) eignen sich die
Mittel an Stelle der Salieylsänre, die bisher vorzugsweise an¬
gewendet wurde, aber wegen Ihres widerlichen Geschmacks und
ihrer Nebenwirkungen wenig geeignet ist. Das S. hat diese
Uobolstttnde nicht und das A. hat dieselbe Wirksamkeit gegen
gichtische akute Gelenkentzündungen und scheint sogar als Prophy-
laktieum gegen die gichtische Diathese *n wirken. Nikolaier
nennt das Aminoform Urotropin. Gichtige, welche täglich einen
gestrichenen Kaffeelöffel Aminoform nahmen, ohne dass dadurch
übrigens unangenehme Zustände hervorgerofen wurden, blieben
von den Anfällen verschont.
Auwtuduug des BruststioM NI Nr Brustswohe.
Aus einem Bericht über die Brustseuche im Regiment Gardes
du l'orps in der /.«sehr. f. Yeterinärkd. ist folgender Einzelfall
t\\ entnehmen. Boi einem Pferde wurde der Thorax an beiden
Seiten troiearirt, sechsmal in Zwischenräumen von je 3 Tagen,
dreimal rechts und links, zweimal links und einmal rechts. Es
wurden das erst* Mal ü,\ l, drei Tage später 15 1. drei Tage
später links l'.' und wiederum nach drei Tagen rechts 13 1 und
endlich die beiden letzten Male an der linken Seite 14 nnd 10 1,
im Gänsen 89 l Kvsudat entfernt. Während de* Abflusses
wurde» Pansen nicht eingelegt, der Pols wurde genau controlirt,
und je mehr Wasser ahtioss, um so kräftiger wurde er nnd am
so mnntetvr der Angx'nausdruck. Allerdings xvurxie der dünne
Bauptnevsche Brusttrvücar xerxxcndet, nnd es dauerte recht
lange, ehe damit ein Kimer gefüllt werxien konnte. Das Pferd
statb fteilich schhesshch doch am 31. Tage der Erkrankung.
OmfeMtiMi m feältratfeaaaaaeatNafe uM OrtNferm
Die 8cMeu'h‘sche Methode der Anaesthesirung au Operation*-
»weehen hat steh langsam, aber sicher l*ahn gehrxvheu. Ein
***4gev Nachtheil derselben besteht darin, das* die aas wuudor-
y»e gtvnxcndc ( nemptindhchkxMt der behandelte* Partien sehen
**0 " ' ■ »ten xvvschxx indet ja sogar manchmal einem
emündlichen Nachschmerz Platz macht. Diesen Nachtheil zn ver¬
meiden, ist nach Dreyfass die Combination der Schleich'schen
Anaesthesie mit Orthoformanwendung sehr geeignet Verf. fand,
dass bei Personen, die mit Schleich’scher Anaesthesie operirt
waren und nachher grosse Schmerzen empfanden, jeder Schmerz anf-
hörte, sobald Orthoform anf das Operationsterrain gebracht wurde.
Seit dieser Zeit bringt Verfasser auf jede Operationswunde
Orthoform und hat niemals wieder Patienten über Schmerzen
nach der Operation klagen hören.
(Münch, med. Wochenschr. 97/98.)
Blausäure als Antidot bei Cbloroformasphyxle.
Hobday hat durch Thierversuche festgestellt, dass dieleicht
resorbirbare Blausäure ein rasch and kräftig wirkendes nnd
den Strychnininjectionen überlegenes Stimulans der Athemthatig-
keit nnd daher Antidot bei Chloroformasphyxie ist. Anznwenden
mittels graduirter Tropfstäbchen in entsprechender Verdünnung
auf dem Zungenrücken. (Lancet, Januar 98.)
Ueber Folia digital!*.
Dr. Strahler (Therapeut. Mtsh. 6, 96) betont gegenüber
gewissen gelegentlich ungünstigen Erfahrungen mit der Ver¬
wendung von Folia digital« die Abhängigkeit der Wirksamkeit
von dem Umstande, dass die Blätter von den im Aufblühen
begriffenen Pflanzen im Monat Juli nnd August eingesammelt
sind, an einem schattigen Orte getrocknet werden, von den Blatt¬
stielen und Rudimenten des Zellengewebes befreit sind, bald
geschnitten, in gnt verschlossenen Blechbüchsen anfbewahrt nnd
jährlich erneuert werden. Auch ist es wirknngswidrig, wenn,
wie in Apotheken häoüger geschieht, ein Infusnm concentratum
vorräthig gehalten wird. Freilich ist auch das Wetter von
Einflass auf die Wirksamkeit. Alle diese Umstände haben zn
den Versuchen geführt, das Wirksame aus den Blättern zu
isoliren. Doch sind die so gewonnenen Präparate alle so wenig
genügend, dass ihnen die Blätter selbst immer noch vor¬
zuziehen sind.
Thierhaitang and Thierzncht
Die Ziegenxacht im oberen KQglitzthale.
Von Amtsthierant Angst i. L.
(Sic*». UadwtntMokaft]
Die Zucht der lange Zeit so gänzlich vernachlässigten Ziege,
der „Kuh des kleinsten Mannes“, zum Gegenstand allgemeiner
Aufmerksamkeit und rationeller Pflege zn machen, ist ein
erfreulicher Weise sieh erfolgreich ausbreitende* Bestreben.
Und noch erfreulicher ist es, dass zugleich mehr und mehr die
Ansicht sich Bahn bricht, dass in unseren heimischen Schlägen
ein sehr verbesserungsfähiges und treffliches Material zu finden
ist, so dass es zur Hebung der deutschen Ziegenzucht durchaus
nicht erforderlich ist, für importirtes, unseren Verhältnisse* gar
nicht entsprechendes Zuchtmaterial grosse Summen ins Ausland
fliessen zu lassen, und an Stelle unserer einheimischen Thiere die
weichliche, hornlose, hässliche Saasenziege zu setzen.
Dass in Deutschland in vielen Gegenden sehr brauchbare
einheimische Stämme existiren. zeigt aach der Aufeatz des Herr*
Augst über die Ziege* im obere* Mägiitzthal (Laueastein, Gemng,
Alteabergl im Bereich des laadwhrthsehaftüehea Kreisvereins
Dresden. Freilich hat man aach hier, zam Theil mH sehr
«weifelbaften Erfolg, einige Schweizer Bücke angeführt.
Di« Ziegen sind im Besitz von Arbeitern m. s. er. Sie
werxien im Herbst fest ausnahmslos aaf die Weide getrieben.
Die Luft ist gut. di« Dampfeesea etc. feh l e n , die Witterung, der
Höhenlage entsprechend, jedoch oft rank Die Ziegen nnd daher
•ehr abgehärtet. Neben guten Weid e ti c ke n gieh* es auch viel
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
855
28 Jn\i 189 8 -
moorige Stellen. Die Stallhaltung der Ziegen ist leider die
denkbar schlechteste.
Die Merkmale des ursprünglichen Landschlages, den man
seit 1894 auch angefangen hat, mit Schweizer Ziegen zn kreuzen,
sind etwa folgende: Farben rehbraun, Grauschimmel, Schecken
und schwarz mit weissen Augenstreifen. Haai Qualitäten sehr
verschieden. In allen Färbungen giebt es ungehörnte (Schafziegen)
und gehörnte, unter den rehbraunen im Allgemeinen die schönsten
Thiere. Die Hörner eines dreijährigen Bockes wogen 2 kg, hatten
eine senkrechte Höhe von 24 cm, eine Länge an der äusseren
Krümmung von 66 cm und eine Spitzenentfernung von ca 70 cm.
Die Böcke sind meist noch gut gehörnt; vier und sechs Hörner
kommen vor. Der Schopf ist nur beim Bock, hier stark ent¬
wickelt, so dass er oft fast die Augen verdeckt. Der Wuchs ist
im Allgemeinen kräftig, die Form befriedigend, namentlich, Dank
dem Weidegang, gut in der Brust. An den Gliedmassen kommen,
unbeschadet guter Bemuskelung, öfter gewisse Fehler vor. Nicht
selten sind Voibiegigkeit der Vorderfusswurzelu (Bockbeinigkeit)
und Kuhhessigkeit. Letztere, gepaart mit starker Durchtrittigkeit,
ist auf angeborene Fehler zurückzuführen. Im Uebrigen aber
würden viele Stellungsfehler vermieden werden können, wenn
während der Stallhaltung die Klanen öfters beschnitten würdeu
(Hutmesser, gewöhnliches Messer, auch sogen. Kosen-Scheere),
während sie meist ganz vernachlässigt werden. So kommt es,
dass das Wandhorn nach vorn über das Sohlenhorn zu einer
schnabelschuhähnlichen Spitze zusammenwächst, oder dass die
Hornwand sich nach aussen biegt und ein förmlicher Gänsetuss
entsteht Das Euter soll eine breite Basis haben, rund uud rein in
Haut und Haar, sowie mit kurzen konischen Strichen versehen
sein; lange, baumelnde Euter sind nicht blos unschön, sondern
auch erfahrungsgemäss nicht so gut, obwohl sie übrigens häufig
Vorkommen. Ausgeglichenheit des Schlages besteht im Allgemeinen
nicht (wird aber durch Schweizer Kreuzungen wohl am wenigsten
erreicht werden. D. Ref.).
Die ausgezeichnetste Eigenschaft ist die Milchergiebigkeit,
über welche Dr. Kohlschmidt*) ausgiebige Untersuchungen
angestellt hat. Von 27 Ziegen, darunter drei Jährlingsziegen,
betrug der durchschnittliche Jalirest-rtrag 725 Liter, alle 24 ältere
Ziegen gaben über 600, acht über 800 und davon drei über 1000;
der Durchschnitt für die 24 älteren Ziegen allein betrug 778 Liter.
Bei den Jährlingsziegen schwankte der Ertrag zwischen 328 und
642 Litern. Die Ergiebigkeit erhält sich drei Monate nach Be¬
ginn der Lactation auf der Höhe, um dann allmälig zu sinken.
Der Fettgehalt beträgt durchschnittlich 3,4 pCt.
Das Körpergewicht der weiblichen Ziegen schwaukt zwischen
56 und 118 Pfund. Die Ziegen sind auch als Schlachtthiere ge¬
schätzt. Die Ziege liefert 30—40, der Bock 50—80, ein Cast rat
60—70 Pfund Fleisch. Ziegenlämmer sind am schmackhaftesten,
wenn man sie drei bis vier Wochen hat säugen lassen. Erwachsene
Ziegen liefern das beste Fleisch mit vier bis fünf Jahren, Schnitt¬
böcke mit zwei Jahren. Auch Bockfleisch schmeckt sehr gut.
Der Bock wird meist um Johanni geschlachtet, weil dann der
Bocksgeruch am schwächsten ist; auch muss das Fleisch luftig
hängen und gehörig auskühlen; es ist endlich üblich, dem Bock
nach dem Betäuben, jedoch vor dem Ausbluten, beide Hoden
wegzuschneiden. Ausserdem liefert eine Ziege sechs bis acht
Pfund Talg im Durchschnitt, die Haut gilt etwa drei Mark.
Der Ziegenbestand beträgt in sechs Ortschaften 1244 im
Werthe von ca. 23000 M. Deren Gesammtertrag wird auf
jährlich 104000 M. geschätzt, wovon 98500 M. auf die Milch
kommen, deren Gesammtmenge bei 966 Milchziegen auf 703000
*) Untersuchungen Uber die Milohergiebigkeit des im östlichen
Erzgebirge verbreiteten Ziegeusclilages.
Liter a 14 Pf. geschätzt wird. Uebrigens vertritt Amtsthierarzt
Augst durchaus nicht die oben ausgesprochene Ansicht, dass eine
Verbesserung des einheimischen Materials ohne Schweizer
Kreuzung angestrebt werden solle, redet Letzterer vielmehr das
Wort für den Fall, dass weitgehende Inzucht unter den Kreuzungs-
producten vermieden wird.
Der Vortheil der Ziegenhaltung für die Arbeiterbevölkerung
liegt auf der Hand. Die Ziege ist leicht zu lüttem und zu halten.
Sie liefert die Milch für eine ganze Familie. Wird sie krank,
so schützt ihre baldige Abschlachtung vor grösserem Verlust,
denn zwischeu Fleisch- und Zuchtwerth besteht keine zu grosse
Differenz. Eine neue Ziege endlich kann auch der Aermere baar
bezahlen, während er eine Kuh auf Credit nimmt, sie über Gebühr
bezahlen muss, in Wuchererhände geräth und bei Verlust häutig
genug ruinirt ist.
Pinzgauer Stiermarkt.
Die Redaction ist ersucht, mitzutheilen, dass am 7. September
er. zu Zell am See zum 3. Male der neugeschaflene Pinzgauer
Stiermarkt abgehalteu wird. Es sollen hauptsächlich 1—2 jährige
Stiere aus den bäuerlichen Stammzuchten mit eiugerichteter Zucht-
buchtührung und von den Juugstier-Alpgenossenschafteu in
St Johann im Pongau und Niedersill im Pinzgau, z. Th. sehr
edler Qualität, im Ganzen 150—200 Stück zum Auftrieb gelangen.
Weibliche Rinder, alles Händlervieh, sowie fremde, d. h. nicht
aus dem Pinzgau oder Pongau stammende Thiere sind unbedingt
ausgeschlossen. Nähere Auskunft ertheilt die k. k. Landwirth-
schaftsgesellschaft Salzburg und die Gemeindevorstehung in
Maishofen. Letzteres liegt eine Stunde von Zell am See, hat
Telegraphen- und Eisenbahnstation.
r . , Tagesgeschichte.
t
Am 17. d. Mts. verschied zu Breslau der Königl. Departemeuts-
thierarzt und Veterinär-Assessor Herr Dr. Carl Ulrich im
Alter von 77‘/ a Jahren nach längerem, schwerem Leiden.
Ulrich war am 20. December 1820 in Saalfeld, Bez. Königsberg
geboren. Die thierärztliche Approbation erlangte er im Mai 1842.
Schon im Jahre 1843 wurde ihm die Verwaltung der Kreis¬
thierarztstelle des Kreises Ziegenrück übertragen, ein Jahr t-päter
erhielt er eine Berufung als Lehrer an die Laudwirthschaftliche
Academie zu Müglin, und im Nebenamte die Kreisthierarztstelle
zu Wrietzen. 1853 wurde er Repetitor in Berlin uud 1854
Departementsthierarzt in Liegnitz. Im Jahre 1868 wurde er als
solcher nach Berlin berufen uud 1871 nach Breslau versetzt.
Der Entschlafene hat im Jahre 1853 den Verein schlesischer
Thierärzte mitbegründet und — mit nur kurzer Unterbrechung —
fast 38 Jahre hindurch geleitet. Ganz besonders unter den
schwierigen Verhältnissen der ersten Lebensjahre des jungen
Vereins, als die Thierärzte im öffentlichen Leben noch nicht die
Stellung von heute bekleideten, hat es Ulrich verstanden, in
einer fest zusammenschliessenden Vereinsthätigkeit das innere
Leben der Thierärzte Schlesiens zu einem gedeihlichen, anregen¬
den und belebenden zu gestalten.
Wenn sich auch der Verstorbene infolge besonderer Umstände
bewogen fühlte, im vorigen Jahre aus dem Verein auszutreten,
so wird doch sein langjähriges, erfolgreiches Wirken in demselben
unvergessen bleiben und ihm ein ehrendes Andenken bewahrt
werden.
Möge er in Frieden ruhen! Arndt.
In dem am 17. Juli in dem hohen Alter von 77 Jahren zu
Breslau verstorbenen Veteriuärassessor Dr. Ulrich betrauert
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352
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
infectiös sind, anzunehmen, während die chronische P. in eine
hyperplastische und suppurativ eitrige Form zerfällt.
Hiernach acceptirt also E. zunächst die von Möller ein-
geführte, unzweifelhaft berechtigte Unterscheidung zwischen
acuten und chronischen Hufhaut-Entzündungen und unterscheidet
dann, also in Anlehnung an das Anker’sche Princip, nach dem
Charakter der Entzündung.
Das Wesentliche ist die von ihm gegebene Begründung
dafür, dass eine oberflächliche und eine tiefere Form nach der
Art des Entzündungsvorganges nicht unterschieden werden kann.
Er fand nämlich ausnahmslos, dass die Entziindnngserscheinungen
ihren Ausgang nicht von den oberflächlichen Schichten der Cutis
nehmen, sondern vielmehr von dem Stratum vasculosum, welches
den eigentlichen Bindegewebskörper der Huflederhant darstellt,
im Gegensatz zu dem Papillarkörper einerseits und zu den den
Knochen direct aufgelagerten also periostalen Schichten anderer¬
seits. Von dem Stratum vasculosum greifen erst im Verlauf des
Processes die entzündlichen Vorgänge auf den Papillarkörper,
d. h. auf die oberflächlichen Theile über. Demnach würden die
Entzündung in den tieferen Schichten die leichtere Form und ent¬
zündliche Veränderungen in den oberflächlichen Schichten bereits
eine Complication bezw. eine schwerere Form darstellen, während
man bisher geneigt war, unter den oberflächlichen Entzündungen
die leichter verlaufenden Processe zu verstehen. Bei chronischer
Entzündung der Huflederhaut findet man übrigens ebenfalls die
schwersten und ältesten Veränderungen stets im Stratum vascu¬
losum; die Heftigkeit der productiven Entzündung nimmt nach
der Oberfläche der Fleischblättchen hin ab. Es ist übrigens schon
aus mechanischen Gründen leicht erklärlich, dassEntzündnngsreize
in erster Linie das Stratum vasculosum beeinflussen; denn es sitzt
sozusagen zwischen zwei festen Flächen, nämlich zwischen den
periostalen Schichten und den in der Hufcapsel eingekeilten
Fleischblättchen. Zerrungen und dergl. werden also das Stratum
vasculosum betreffen.
Ueber die locale Anaesthesie.
Vortrag, gehalten von Wohlgemuth im Verein für innere Medicin.
(Allg. med. Centr. Zig.)
Nach den Ausführungen des Verfassers haben wir drei
Grundformen der Localanaesthesie: die Compression, die Kälte
und die local-medicamentöse Anaethesie. Die Compression ist
schon seit sehr langer Zeit bekannt, und schon vor 100 Jahren
führte James Moore unter Anwendung des Bügelcompressoriums
schmerzlos eine Amputatio femoris aus. Die Compression als
solche allein findet aber heute keine Anwendung mehr. Auch
die Anwendung der Kälte zum Zwecke der localen Anaesthesie
ist lange bekannt. Rietschhausen war der Erste, der durch
künstliche Zerstäubung von Aether hohe Leistungen erzielte.
Der Aetherspray wird auch heute noch verwendet; in neuerer
Zeit ist ihm im Aethylchlorid ein Rivale erwachsen. Es hat den
Vortheil vor dem Aether, dass es grössere Kälte erzeugt.
Während ersteres bis — 18° erzielt, erzielt man mit letzterem
Temperaturen bis — 36°. Beide Mittel empfehlen sich nicht bei
sehr stark gefalteter Haut; entzündete Gewebe bieten der Ein¬
wirkung der Kälte auch kein günstiges Feld: denn die grosse
Kälte bringt zunächst grossen Schmerz bei der Application zu
Stande; nicht zu empfehlen ist das Verfahren auch in der Nähe
von Auge, Mund und Nase, überhaupt nicht auf Schleimhäuten.
Die Kälte wirkt endlich nur oberflächlich.
Weitaus das grösste Gebiet der localen Anaesthesie ist das
der medicamentösen Anaesthesie. Bis jetzt lief das Cocain allen
anderen Mitteln den Rang ab; ein ungeahntes Gebiet der localen
Cocain-Anaethesie ist neuerdings durch die S chl ei ch’sche
Methode eröffnet worden. Aber auch dieser Methode haften
Mängel an, und z\*ar: Panaiitien und Phlegmonen an Hand und
Fass können nicht gut anaesthetisch gemacht werden, weil die
Injectionen in die straff gespannte Haut ziemlich schmerzhaft
sind, und weil man unter Umständen, wenn die Hohlnadel in die
Abscesshöhle geräth, den Druck der Eiterhöhle noch erhöht und
enorme Schmerzen hervorruft; ferner kann die Methode nicht an¬
gewendet werden bei straff gespannter Haut, bei physiologischer
wie pathologischer Verdickung der Haut. Dagegen ist die
Schleich’sche Methode bei grossen Operationen, Laparotomien,
Oophoritis etc., namentlich wenn der Allgemeinzustand schlecht
ist, nicht mehr gut zu umgehen. Um bei Phlegmonen Anaesthesie
zu erzeugen, haben Corning und dann Obevitt eine Methode
angegeben; sie umschnüren z. B. die Basis des Fingers mit
einem Gummidrain und spritzen in die Eintrittsstelle der Nerven-
stämme '/a 8 einer lproc. Cocainlösung. Es ist dies ein voll¬
kommenes Verfahren, dessen Gebiet aber sehr begrenzt ist.
Die Ersatzmittel haben bis jetzt das Cocain nicht ersetzen
können: Eucain B hat zwar auf Schleimhäuten dieselbe Wirkung,
für die subcutane Injection eignet es sich aber viel weniger; es
macht auch nicht dieselbe Gefässverengerung und Anaesthesie
wie das Cocain. Das Orthoform wirkt nur auf entblösste Gewebe
energisch anaesthetisch; zu subcutanen Zwecken ist es nicht zu
gebrauchen. Ueber Aneson und Anesin giebt W., obwohl einige
Versuche günstige Resultate ergaben, kein abschliessendes Urtheil.
Nach des Autors Ansicht ist aber die Anaesthesie überhaupt
noch in den Kinderschuhen und hat noch eine grosse Entwicklung
vor sich.
Ueber Arsenikbehandlang bei Otitis externa der Hunde
und sogenanntes Ausbrennen des Gehörganges.
Von Prof. Hoffmann-Stuttgart.
(Oeaterr. Monatsaclir f. TLierblk. 1898, II 5.)
Die weit verbreitete chronische Entzündung des äusseren
Gehörganges des Hundes ist ein hartnäckiges Uebel. Dasselbe
besteht in einer katarrhalischen Erkrankung der Schleimhaut des
äusseren Gehörganges mit reichlicher Absonderung der in die
Schleimhaut eingebetteten Talg- und Schweissdrüsen (Ohrenfluss),
welche braun, dicklich oder grau oder dünnflüssig gelblich eiter¬
ähnlich und übelriechend ist. Die Mündung des Gehörganges
nach aussen im Grunde der Ohrmuschel ist geröthet, vermehrt
warm und meist wenig geschwollen.
Um das Symptomenbild vollständig zu machen, ist diesen Er¬
scheinungen noch das andauernde charakteristische Schütteln mit
dem Kopfe hinzuzufügen.
Die Schwierigkeit, mit welchen dieses Leiden zu beseitigen
ist, setzt die Geduld des behandelnden Thierarztes und des Hunde¬
besitzers oft auf eine harte Probe. Ein dauernder Erfolg wird
bei inveterirten Fällen mit den jetzt bekannten Behandlungs¬
methoden gewöhnlich nicht erzielt.
H. berichtet zunächst über ein Heilverfahren, welches ein
bulgarischer Student der Thierheilkunde in Stuttgart vorzeigte
Dasselbe lässt nach den Angaben des Verf. ebenfalls im Stiche,
verdient aber seiner Originalität wegen weiter bekannt zu werden.
Ein quadratisches Stückchen feiner Leinwand von 30 cm Seite
wird in geschmolzenes Wachs eingetaucht und darauf während
des Erkaltens des Wachses in eine spitze Düte aufgerollt. Die
Spitze bleibt offen und wird dem auf dem Tisch liegenden Hunde
tief in den äus9ern Gehörgang eingeführt. Hierauf wird der
Rand der Wachsdüte angezündet und bis an den Kopf des Hundes
abgebrannt. Nach dem Auslöschen der Flamme zieht man den
Rest der Düte aus dem Gehörgang hervor, der jetzt mit einem
weiselichen trockenen Pulver oder mit einer breiigen Masse an¬
gefüllt ist. Der Gehörgang soll ein völlig reines Aussehen dar¬
bieten. Die Reinigung soll sich in der Weise vollziehen, dass
durch die kreisförmig am Dütenrande herabbrennende Flam
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28. Juli 1898.
Berliner thierärztliche Wochenschrift.
353
eine saugende Wirkung am offenen spitzen Ende der Düte ent¬
stellt^ welche die daselbst vorhandenen Absonderungsproducte an¬
saugt. Heilerfolge hat H. mit diesem „Ausbrennen“ des äussern
Gehörganges (eine Bezeichnung, die der Beschreibung nach nicht
zutrifft) nicht gewonnen.
Erfolgreicher war eine von dem Verf. versuchte medicamen-
töse Kur mit Arseniklösung.
Bei fortgesetzter sorgfältiger localer Behandlung mit den
empfohlenen Mitteln ist dem Hunde in verdünnter Milch tropfen¬
weise Sol. Fowleri sechs Wochen lang zu verabreichen. Die
Nahrung darf dabei nur aus ca. 1 Liter verdünnter Milch und
wöchentlich ein- bis zweimal etwas Weissbrot bestehen. Der
Hund ist während der Kur vor Erkältung zu schützen und darf
nicht auf die Jagd gehen. Treten infolge der Behandlung Ver-
giftüngserscheinungen (Appetitlosigkeit, Erbrechen) aut, so ist die
Medicin vorübergehend auszusetzen, nach dem Verschwinden der
Krankheitssymptome aber gleich wieder fortzugeben.
H. empfiehlt 30 g Sol. Arsenicalis Fowleri in einem Tropf¬
glase zu verordnen und dem kranken Hunde am ersten Tage drei
Tropfen nach Aufnahme seiner Milchnahrung in etwa zwei Ess¬
löffeln voll verdünnter Milch darzureichen. An den folgenden
Tagen erhält der Hund steigend je I Tropfen mehr, bis nach
20 Tagen die Zahl von 20 Tropfen erreicht ist, alsdann geht es
in absteigender Scala Tag um Tag wieder bis auf 3 Tropfen
zurück. Zur Vermeidung von Verwechselungen in der an den
aufeinander folgenden Tagen zu verabreichenden Tropfenzahl
soll eine Tabelle angefertigt werden, auf welcher die steigenden
Tropfenzahlen täglich einzutragen sind.
Mit diesem Verfahren hat H. mehrfach vollkommene Heilungen
erzielt.
Plastische Linitis resp. Sclerose des Magenmascolaris
beim Hände als Ursache einer persistirenden Diarrhöe.
Von Repetitor L i 6 n a u x-Brüssel.
(Annalea <le m6d. vit, Febr. 1898.)
Ein vierjähriger Setter wurde getödtet, weil er seit einigen
Monaten an einer unbezwingbaren Diarrhöe erkrankt ist. Die ver¬
abreichte Nahrung geht in demselben Zustand ab, das ingerirte
Fleisch ist kaum alterirt.
Die Section zeigt, dass der Magen das erkrankte Organ ist;
derselbe ist dilatirt, seine grosse Curvatur misst 50 Centimeter,
er ist hart und widersteht dem Druck. Die Mucosa ist glatt,
weniger gefaltet als im normalen Zustand, sie ist verdünnt und
adhaerirt stark an der Muscularis, die ihrerseits sehr stark ver¬
dickt ist und an der Cardia und an der grossen Curvatur 28,
beim Pylorus 20 und an der kleinen Curvatur bei der Cardia
11 Millimeter misst. Die Magenöffnungen und die Serosa sind gesund.
Die mikroskopische Untersuchung zeigt, dass es sich um
eine Sclerose der Muscularis handelt, die Mucosa ist normal ge¬
blieben mit Ausnahme der tieferen Schichten, die von fibrösem
Gewebe durchsetzt ist.
Die Veränderung der Magenmusculatur hatte eine Insufficienz
der mechanischen Thätigkeit der Magenverdauung zur Folge, die
ihrerseits eine unvollständige Darmverdauung verursachte. Patient
zeigte nie Erbrechen, weil der rigide Magen nur unter der Ein¬
wirkung der Bauchmusculatur comprimirt werden konnte.
Die Pathogenie dieser Laesion blieb unbekannt. Es war
keine functionelle Hypertrophie, weil kein Hinderniss in der
Pylorusgegend existirte.
Perforation des Dünndarms verursacht durch
Strongylus tetracanthns.
(Vet. Rec. 1898. H. 511 )
Eine zwölfjährige Halbblutstute erkrankte an einem heftigen
Kolikanfall und ging nach 24stündiger erfolgloser Behandlung ein.
Bei der Obduction wurden in der Bauchhöhle 2—3 Quart
einer leicht rothgefärbten Flüssigkeit gefunden, welche mit Darm¬
inhalt gemischt war. Zwischen den Darmschlingen wurden
gleichfalls Ingeste beobachtet. Die Eingeweide hatten bis auf
das Ilium ein normales Aussehen. Dasselbe war stark entzündet
und mit schwarzen Flecken bedeckt. An acht oder neun Stellen
war dieser Darmtheil perforirt. Die Löcher hatten eine ver¬
schiedene Grösse, von der eines Stecknadelkopfes bis etwa zur
Grösse eines silbernen Zwanzigpfunnigstücks.
Die Schleimhaut des Coecums und Colons war von einer
grossen Zahl von Strongylus tetracanthns bedeckt, Tausende
lagen tief in die Schleimhaut selbst eingebettet. Im Ileum waren
viele Exemplare des gedachten Rundwurms zu beobachten, theils
frei, theils mit ihrem Saugapparat der Schleimhaut anhaftend,
theils in ihrem Gewebe eingeschlossen.
Neben den vorhererwähnten Perforationsstellen, welche
augenscheinlich durch eine allmälige Verdünnung der Darmwand
von innen her verursacht worden waren, zeigte die Schleimhaut
zahlreiche rundliche Ulcera mit scharfen Rändern von der Grösse
einer Erbse. Einzelne Geschwürchen sa9sen flach, andere waren
tiefer bis in die Submucosa und Muscularis vorgedrungen und
standen bereits in Begriff die Darmwand zu durchbrechen. Die
Wand der Art. mesenteric. ant. enthielt einige gut entwickelte
Exemplare von Str. armatus und in der Ven. mesenteric. ant.
fand sich ein Coagulum (?), welches den gleichen Parasiten in
grösserer Anzahl einschloss.
Noch zwei Gase in der Atmosphäre.
Den vor zwei Jahren entdeckten Bestandtheilen der Luft
Argon und Helium hat der Mitentdecker beider, Prof. Ramsay,
noch zwei weitere hinzugefügt, welche er vorher für eins hielt
und mit dem Nameu Crypton bezeichnete. Die spärlichen Mit¬
theilungen darüber besagen, dass die Entdeckung gemacht wurde,
als Ramsay flüssiges Argon verdampfte. Eins von den beiden
neuen Gasen blieb in crystallisirtem Zustande zurück. Bei lang¬
samer Verdampfung zeigte sich die Gasnatur. Es zeigte ein dem
Argon ähnliches Spectrum. Prof. Ramsay nennt es daher
„Metargon“. Das andere Gas zeigte Lichterscheinungen beim
Durchgang der electrischen Entladung. Es besitzt ein schönes,
rothes und gelbes Spectrum. Die Dichte ist wahrscheinlich
etwa 12—13, eher geringer .Die Zahl würde eine leere Stelle in
der Reihe der Elemente ausfüllen. Das letztere Gas hat Prof.
Ra msey „Neon“ getauft. Es bildet einen unendlich kleinen Theil
der Atmosphäre.
Es erheben sich nun zwei Fragen, nämlich ob das Argon
wieder aus der Reihe der Elemente zu streichen und ob das
Crypton mit dem Gemisch von Metargon und Neon identisch ist.
Werden sie bejaht, so haben wir es vorläufig mit drei neuen
Gasen zu thun, mit Helium, Metargon und Neon, sonst aber
vielleicht mit fünf! Die ExperimentaluntersuchuDgen gehören zu
den schwierigsten und kostspieligsten, welche je geführt wurden.
Ramsay arbeitet mit seinem Assistenten Morris Travers zu¬
sammen. (Techn. Rundsch.)
Therapeutische Notizen.
Tenalin.
Tenalin ist ein neues Präparat der namentlich in der
Veterinärpraxis, als Wurmmittel angewandten Arecanuss, welcher
die anthelminthisch wirkenden Alcaloide, Arecain, Arecaldin und
Guvacin enthalten und frei sein sollen von dem toxisch wirkenden
Arecolin. Prof. F. Hobday, welcher das Mittel in mehr als
GO Fällen bei Thieren versucht hat, bezeichnet es als ein vor¬
züglich wirkendes Vermifugum sowohl gegen Bandwürmer als
auch gegen Ascariden. Da das Mittel die Peristaltik und die
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854
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30.
Secretion der Darmschleimhaut anregt und flüssige Entleerungen
hervorruft, ist die gleichzeitige oder nachfolgende Anwendung
eines Laxans überflüssig. Die Dosis betrügt ein Tropfen pro
Pfund Körpergewicht und wird zweckmässig mit der gleichen
Menge Wasser vermischt verabreicht. Ohne Schaden kann die
Dosis verdoppelt werden. Die einzige beobachtete Wirkung ist
die vermehrte Peristaltik, Kolikschmerzen und dünnflüssige Ent¬
leerungen. Dass jedoch das Tenalin nicht ganz ungiftig ist, geht
aus einem Versuche hervor, bei welchem ein etwa 4 Pfund
schwerer Terrier nach subcutaner Injection von einer Drachme
Tenalin nach 15 Minuten unter Bewusstlosigkeit, Abnahme der
Respiration verendete. Zur subcutanen Injection eignet sich
das Mittel nicht. (Ther. Monatsh.)
Apocynum cannabinum gegen Wassersuoht
Aleksejew stellte fest: Das Mittel wirkt durch Stärkung des
Herzmuskels und ist daher der Troikaranwendung überlegen. Es ist
indicirt bei Herzklappenfehlern und tincompensirter Herzthätigkeit.
Die Wirkung zeigt sich schon am zweiten oder dritten Tage.
Die Anwendung grosser Dosen ist unnötbig. Beim Menschen
3—5 Tropfen 3-4 Mal täglich; grössere Dosen machen Störungen.
Das Mittel wirkt diuretisch, ebenfalls durch Hebung der Herz¬
thätigkeit und kann längere Zeit gebraucht werden.
Auch Kloptowitzsch macht auf die günstige Wirkung bei
verschiedenen Herzkrankheiten aufmerksam. Schon nach Gaben
von 10—15 Tropfen tritt starke Diurese ein, der Puls wird
langsamer und voller. Als Ersatzmittel der Digitalis sehr zu
empfehlen.
Saligenin und Aminoform gegen Gloht.
Nach Walter (Münch, med. Wschr. 98,10) eignen sich die
Mittel an Stelle der Salicylsäure, die bisher vorzugsweise an¬
gewendet wurde, aber wegen ihres widerlichen Geschmacks und
ihrer Nebenwirkungen wenig geeignet ist. Das S. hat diese
Uebelstände nicht und das A. hat dieselbe Wirksamkeit gegen
gichtische akute Gelenkentzündungen und scheint sogar als Prophy-
lakticum gegen die gichtische Diathese zu wirken. Nikolaier
nennt das Aminoform Urotropin. Gichtige, welche täglich einen
gestrichenen Kaffeelöffel Aminoform nahmen, ohne dass dadurch
übrigens unangenehme Zustände hervorgerufen wurden, blieben
von den Anfällen verschont.
Anwendung des Bruststiohs bei der Brustseuohe.
Aus einem Bericht über die Brustseuche im Regiment Gardes
du Corps in der Ztschr. f. Veterinärkd. ist folgender Einzelfall
zu entnehmen. Bei einem Pferde wurde der Thorax an beiden
Seiten troicarirt, sechsmal in Zwischenräumen von je 3 Tagen,
dreimal rechts und links, zweimal links und einmal rechts. Eä
wurden das erste Mal 25 1, drei Tage später 15 1, drei Tage
später links 12 und wiederum nach drei Tagen rechts 13 1 und
endlich die beiden letzten Male an der linken Seite 14 und 10 1,
im Ganzen 89 1 Exsudat entfernt. Während des Abflusses
wurden Pausen nicht eingelegt, der Puls wurde genau controlirt,
und je mehr Wasser abfloss, um so kräftiger wurde er und um
so munterer der Augenausdruck. Allerdings wurde der dünne
Hauptner’sche Brusttroicar verwendet, und es dauerte recht
lange, ehe damit ein Eimer gefüllt werden konnte. Das Pferd
starb freilich schliesslich doch am 31. Tage der Erkrankung.
Combination von Inflltrationsanaeathesie und Orthoform.
Die Schleich’sche Methode der Anaesthesirung zu Operations¬
zwecken hat sich langsam, aber sicher Bahn gebrochen. Ein
einziger Nachtheil derselben besteht darin, dass die ans wunder¬
bare grenzende Unempfindlichkeit der behandelten Partien schon
nach 20 Minuten verschwindet, ja sogar manchmal einem
emfindlichen Nachschmerz Platz macht. Diesen Nachtheil zn ver¬
meiden, ist nach Dreyfuss die Combination der Schleich*sehen
Anaesthesie mit Orthoformanwendung sehr geeignet Verf. fand,
dass bei Personen, die mit Schleich’scher Anaesthesie operirt
waren und nachher grosse Schmerzen empfanden, jeder Schmerz auf¬
hörte, sobald Orthoform auf das Operationsterrain gebracht wurde.
Seit dieser Zeit bringt Verfasser auf jede Operationswunde
Orthoform und hat niemals wieder Patienten über Schmerzen
nach der Operation klagen hören.
(Münch, med. Wochenschr. 97/98.)
Blausäure als Aatidot bei Chloroformasphyxie.
Hobday hat durch Thierversucbe festgestellt, dass die leicht
resorbirbare Blausäure ein rasch und kräftig wirkendes und
den Strychnininjectionen überlegenes Stimulans der AthemthStig-
keit und daher Antidot bei Chloroformasphyxie ist. Anzuwenden
mittels graduirter Tropfstäbchen in entsprechender Verdünnung
auf dem Zungenrücken. (Lancet, Januar 98.)
lieber Folia digitalls.
Dr. Strahler (Therapeut. Mtsh. 6, 96) betont gegenüber
gewissen gelegentlich ungünstigen Erfahrungen mit der Ver¬
wendung von Folia digitalis die Abhängigkeit der Wirksamkeit
von dem Umstande, dass die Blätter von den im Aufblühen
begriffenen Pflanzen im Monat Juli und August eingesammelt
sind, an einem schattigen Orte getrocknet werden, von den Blatt¬
stielen und Rudimenten des Zellengewebes befreit sind, bald
geschnitten, in gut verschlossenen Blechbüchsen aufbewahrt und
jährlich erneuert werden. Auch ist es wirkungswidrig, wenn,
wie in Apotheken häufiger geschieht, ein Infusum concentratura
vorräthig gehalten wird. Freilich ist auch das Wetter von
Einfluss auf die Wirksamkeit. Alle diese Umstände haben zu
den Versuchen geführt, das Wirksame aus den Blättern zu
isoliren. Doch sind die bo gewonnenen Präparate alle so wenig
genügend, dass ihnen die Blätter selbst immer noch vor¬
zuziehen sind.
Thierhaltung und Thierzucht
Oie Ziegenzncht im oberen ■üglitzthale.
Von Amtsthierarzt Augst i. L.
(Sich«, landwlnbichaftl Zelinng.)
Die Zucht der lange Zeit so gänzlich vernachlässigten Ziege,
der „Kuh des kleinsten Mannes“, zum Gegenstand allgemeiner
Aufmerksamkeit und rationeller Pflege zu machen, ist ein
erfreulicher Weise sich erfolgreich ausbreitendes Bestreben.
Und noch erfreulicher ist es, dass zugleich mehr und mehr die
Ansicht sich Bahn bricht, dass in unseren heimischen Schlägen
ein sehr verbesserungsfähiges und treffliches Material zu finden
ist, so dass es zur Hebung der deutschen Ziegenzucht durchaus
nicht erforderlich ist, für importirtes, unseren Verhältnissen gar
nicht entsprechendes Zuchtmaterial grosse Summen ins Ausland
fliessen zu lassen, und an Stelle unserer einheimischen Thiere die
weichliche, hornlose, hässliche Saanenziege zu setzen.
Dass in Deutschland in vielen Gegenden sehr brauchbare
einheimische Stämme existiren, zeigt auch der Aufsatz des Herrn
Augst über die Ziegen im oberen Müglitztbal (Lauenstein, Geising,
Altenberg) im Bereich des landwirthschaftlichen Kreisvereins
Dresden. Freilich hat man auch hier, zum Theil mit sehr
zweifelhaftem Erfolg, einige Schweizer Böcke eingeführt.
Die Ziegen sind im Besitz von Arbeitern u. s. w. Sie
werden im Herbst fast ausnahmslos auf die Weide getrieben.
Die Luft ist gut, die Dampfessen etc. fehlen, die Witterung, der
Höhenlage entsprechend, jedoch oft rauh. Die Ziegen sind daher
sehr abgehärtet. Neben guten Weideflächen giebt es auch viel
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2 8 3u\i 1»9 8-
moorige Stellen. Die Stallhaltung der Ziegen ist leider die
denkbar schlechteste.
Die Merkmale des ursprünglichen Landschlages, den man
seit 1894 auch angefangen hat, mit Schweizer Ziegen zu kreuzen,
sind etwa folgende: Farben rehbraun, Grauschimmel, Schecken
und schwarz mit weissen Augenstreifen. Haai Qualitäten sehr
verschieden. In allen Färbungen giebt es ungehörnte (Schafziegen)
und gehörnte, unter den rehbraunen im Allgemeinen die schönsten
Thiere. Die Hörner eines dreijährigen Bockes wogen 2 kg, hatten
eine senkrechte Höhe von 24 cm, eine Länge an der äusseren
Krümmung von 66 cm und eine Spitzenentfernung von ca 70 cm.
Die Böcke sind meist noch gut gehörnt; vier und sechs Hörner
kommen vor. Der Schopf ist nur beim Bock, hier stark ent¬
wickelt, so dass er oft fast die Augen verdeckt. Der Wuchs ist
im Allgemeinen kräftig, die Form befriedigend, namentlich, Dank
dem Weidegang, gut in der Brust. An den Gliedmassen kommen,
unbeschadet guter Bemnskelung, öfter gewisse Fehler vor. Nicht
selten sind Voi biegigkeit der Vorderfusswurzelu (Bockbeinigkeit)
und Kuhhessigkeit. Letztere, gepaart mit starker Durchtrittigkeit,
ist auf angeborene Fehler zurückzulühren. Im Uebrigen aber
würden viele Stellung^fehler vermieden werden können, wenn
während der Stallhaltung die Klauen öfters beschnitten würdeu
(Hufmesser, gewöhnliches Messer, auch sogen. Kosen-Scheere),
während sie meist ganz vernachlässigt werden. So kommt es,
dass das Wandhorn nach vorn über das Sohlenhorn zu einer
schnabelschuhähnlichen Spitze zusammenwächst, oder dass die
Hornwand sich nach aussen biegt und ein förmlicher Gänsef'uss
entsteht Das Guter soll eine breite Basis haben, rund uud rein in
Haut und Haar, sowie mit kurzen kouischen Strichen versehen
sein; lange, baumelnde Euter sind nicht blos unschön, sondern
auch erfahrungsgemä8s nicht so gut, obwohl sie übrigens häufig
Vorkommen. Ausgeglichenheit des Schlages besteht im Allgemeinen
nicht (wird aber durch Schweizer Kreuzungen wohl am wenigsten
erreicht werden. D. Ref.).
Die ausgezeichnetste Eigenschaft ist die Milchergiebigkeit,
über welche Dr. Kohlschmidt*) ausgiebige Untersuchungen
angestellt hat. Von 27 Ziegen, darunter drei Jährlingsziegen,
betrug der durchschnittliche Jahresertrag 725 Liter, alle 24 ältere
Ziegen gaben über 600, acht über 800 und davon drei über 1000;
der Durchschnitt für die 24 älteren Ziegen allein betrug 778 Liter.
Bei den Jährlingsziegen schwankte der Ertrag zwischen 328 und
642 Litern. Die Ergiebigkeit erhält sich drei Monate nach Be¬
ginn der Lactation auf der Höhe, um dann allmälig zu sinken.
Der Fettgehalt beträgt durchschnittlich 3,4 pCt.
Das Körpergewicht der weiblichen Ziegen schwankt zwischen
56 und 118 Pfund. Die Ziegen sind auch als Schlachtthiere ge¬
schätzt. Die Ziege liefert 30—40, der Bock 50—80, ein Caslrat
60—70 Pfund Fleisch. Ziegenlämmer sind am schmackhaftesten,
wenn man sie drei bis vier Wochen hat säugen lassen. Erwachsene
Ziegen liefern das beste Fleisch mit vier bis fünf Jahren, Schnitt¬
böcke mit zwei Jahren. Auch Bockfieisch schmeckt sehr gut.
Der Bock wird meist um Johanni geschlachtet, weil dann der
Bocksgeruch am schwächsten ist; auch muss das Fleisch luftig
hängen und gehörig auskühlen; es ist endlich üblich, dem Bock
nach dem Betäuben, jedoch vor dem Ausbluten, beide Hoden
wegzuBchneiden. Ausserdem liefert eine Ziege Bechs bis acht
Pfund Talg im Durchschnitt, die Haut gilt etwa drei Mark.
Der Ziegenbestand beträgt in sechs Ortschaften 1244 im
Werthe von ca. 23000 M. Deren Gesammtertrag wird auf
jährlich 104000 M. geschätzt, wovon 98500 M. auf die Milch
kommen, deren Gesammtmenge bei 966 Milchziegen auf 703000
*) Untersuchungen Uber die Milohergiebigkeit des im östlichen
Erzgebirge verbreiteten Ziegeuschlages.
355
Liter ä 14 Pf. geschätzt wird. Uebrigens vertritt Amtsthierarzt
Augst durchaus nicht die oben ausgesprochene Ansicht, dass eine
Verbesserung des einheimischen Materials ohne Schweizer
Kreuzung angestrebt werden solle, redet Letzterer vielmehr das
Wort für den Fall, dass weitgehende Inzucht unter den Kreuzungs-
producten vermieden wird.
Der Vortheil der Ziegenhaltung für die Arbeiterbevölkerung
liegt auf der Hand. Die Ziege ist leicht zu lüttern und zu halten.
Sie liefert die Milch für eine ganze Familie. Wird sie krank,
so schülzt ihre baldige Abschlachtung vor grösserem Verlust,
denn zwischen Fleisch- und Zuchtwerth besteht keine zu grosse
Differenz. Eine neue Ziege endlich kann auch der Aermere baar
bezahlen, während er eine Kuh auf Credit nimmt, sie über Gebühr
bezahlen muss, in Wuchererhände geräth und bei Verlust häutig
genug ruinirt ist.
Pinzgauer Stiermarkt.
Die Redaction ist ersucht, mitzutheilen, dass am 7. September
er. zu Zell am See zum 3. Male der neugeschafiene Pinzgauer
Stiermarkt abgehalten wird. Es sollen hauptsächlich 1—2 jährige
Stiere ans den bäuerlichen Stammzuchten mit eingerichteter Zucht¬
buchführung und von den Jungstier -Alpgenossenschaften in
St. Johann im Pongau und Niedersill im Pinzgau, z. Th. sehr
edler Qualität, im Ganzen 150—200 Stück zum Auftrieb gelangen.
Weibliche Rinder, alles Händlervieh, sowie fremde, d. h. nicht
aus dem Pinzgau oder Pongau stammende Thiere sind unbedingt
ausgeschlossen. Nähere Auskunft ertheilt die k. k. Landwirth-
schaftsgesellschaft Salzburg und die Gemeindevorstehung in
Maishofen. Letzteres liegt eine Stunde von Zell am See, hat
Telegraphen- und Eisenbahnstation.
► . Tagesgeschichte.
t
Am 17. d. Mts. verschied zu Breslau der Königl. Departements¬
thierarzt und Veterinär-Assessor Herr Dr. Carl Ulrich im
Alter von 77‘/ a Jahren nach längerem, schwerem Leiden.
Ulrich war am 20. December 1820 in Saalfeld, Bez. Königsberg
geboren. Die thierärztliche Approbation erlangte er im Mai 1842.
Schon im Jahre 1843 wurde ihm die Verwaltung der Kreis¬
thierarztstelle des Kreises Ziegenrück übertragen, ein Jahr später
erhielt er eine Berufung als Lehrer an die Laudwirthschaftliche
Academie zu Möglin, und im Nebenamte die Kreisthierarztstelle
zu Wrietzen. 1853 wurde er Repetitor in Berlin und 1854
Departementsthierarzt in Liegnitz. Im Jahre 1868 wurde er als
solcher nach Berlin berufen uud 1871 nach Breslau versetzt.
Der Entschlafene hat im Jahre 1853 den Verein schlesischer
Thierärzte mitbegründet und — mit nur kurzer Unterbrechung —
fast 38 Jahre hindurch geleitet. Ganz besonders unter den
schwierigen Verhältnissen der ersten Lebensjahre des jungen
Vereins, als die Thierärzte im öffentlichen Leben noch nicht die
Stellung von heute bekleideten, hat es Ulrich verstanden, in
einer fest zusammenschliessenden Vereinsthätigkeit das innere
Leben der Thierärzte Schlesiens zu einem gedeihlichen, anregen¬
den und belebenden zu gestalten.
Wenn sich auch der Verstorbene infolge besonderer Umstände
bewogen fühlte, im vorigen Jahre aus dem Verein auszutreten,
so wird doch sein langjähriges, erfolgreiches Wirken in demselben
unvergessen bleiben und ihm ein ehrendes Andenken bewahrt
werden.
Möge er in Frieden ruhen! Arndt.
In dem am 17. Juli iu dem hohen Alter von 77 Jahren zu
Breslau verstorbenen Veterinärassessor Dr. Ulrich betrauert
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30
nicht nur der Verein schlesischer Thierärzte, sondern auch der
thierärztliche Verein für die Provinz Brandenburg seinen Be¬
gründer. Während seiner Thätigkeit als Departementsthierarzt
von Berlin hat der Verstorbene die Thierärzte der Provinz
Brandenburg 1869 zur Gründung eines Vereins anzuregen
gewusst, den er zugleich in freundliche Persoualbezielmngen zu
dem bereits bestehenden Berliner Verein zu bringen verstand.
Dass der Verstorbene ein tüchtiger Veterinärbeamter gewesen
ist, der das Vertrauen seiner Regierung in hohem Masse besass,
das hat er bis in die letzte Zeit bewiesen. Noch im Greisen-
alter hat er das selbstständige Decernat für das Veteriuärwesen
übernommen und zur vollen Zufriedenheit verwaltet.
Aber die Begründung thierärztlicher Vereine in zwei land¬
wirtschaftlich hervorragenden Provinzen zeigt, in welcher
Richtung das hauptsächliche Verdienst liegt, welches der Ver¬
storbene sich auch um den thierärztlichen Stand erworben hat.
Unsere ältesten Vereine sind wenig über 5U Jahre alt. Die
Vereinsorganisation war, als Ulrich seine einflussreiche Thätig¬
keit begann, noch sehr lückenhaft. Dass heute die Thierärzte
aller Provinzen in Vereinen gesammelt und diese wieder unter
sich zusammengeschlossen sind, das ist wesentlich mit des alten
Ulrich Werk gewesen. Und dieses Werk ist kein geringes. Denn
ohne die Wirksamkeit unserer geschlossenen Vereinsorgauisation
überschätzen zu wollen, muss doch der objective Kenner der letzten
fünfzig Jahre sagen, dass die thierärztlichen Vereine an allen
Fortschritten eifrig mitgearbeitet, viele angebahnt, manche allein
herbeigeführt haben und jedenfalls an der Entwicklung des thier¬
ärztlichen Standes einen sehr bedeutenden Antheil besitzen.
Der Verstorbene hat sein Verständniss und Interesse nicht
nur durch Gründung zweier Vereine bethätigt, er hat sich das¬
selbe auch zeitlebens bewahrt. Er hat nicht nur im Kreise seines
Vereins gewirkt, sondern er hat auch allen grösseren Cor-
porationen angehört. Auf den Versammlungen des Veterinär¬
raths, der preussischen Centralvertretung, auf den internationalen
Congressen, überall war der alte Ulrich eine nie fehlende,
typische Erscheinung, und oft hat er bei den Verhandlungen, ohne
sich hervorzudrängen, doch namhaft eingegriffen. In dieser
Weise ist er ein thätiger, erfolgreicher und für die Jüngeren
aneifernder, ein verdienstlicher Standesvertreter gewesen.
Dje preussischen Thierärzte werden dieses Verdienst,
der brandenburger Verein wird seinen Begründer nicht ver¬
gessen.
Namens des thierärztlichen Vereins
für die Provinz Brandenburg
der Vorsitzende
Schmaltz.
VI. Pleuar-Versammlang der Central Vertretung der
thierärztlichen Vereine Preussens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Zweite Sitzung.
Utber die Nothwendigkeit, bei Erlast eines Fleischschau - Gesetzes die
Stellung der Sohlachthofbeamten gesetzlich zu regeln.
(Punkt VI der Tagesordnung.)
Referent: Schlachthofdlreotor Schrader-Brandenburg.
Schon seit längerer Zeit besteht in den Kreisen der Sanitäts¬
thierärzte eine gewisse Beunruhigung und Unzufriedenheit, da
alle Bemühungen derselben, auf legalem Wege ihre Anstellungs¬
und Dienst-Verhältnisse so zu ordnen, wie sie es nach dem be¬
stehenden Rechte verlangen können und wie es ja auch eine
grosse Zahl derselben durch das lobenswertho Entgegenkommen
ihrer Magistrate erlangt hat, gescheitert sind.
Man strebt jetzt darnach, die Fleischschau zu verallgemeinern,
ja völlig gleich zu gestalten durch ein Reichs-Fleischschau-Gesetz,
dessen Emanation nach einer Mittheilung des Herrn Reichs¬
kanzlers im Parlamente bestimmt bevorsteht. Dann wird die
Vieh- und Fleischschau, sonst eine nur auf communalem Gebiet
getriebene und gross gewachsene Disciplin, unter die direkte
Aufsicht des Staates kommen. Der commnnale Schlachthofbeamte
wird zweien Herren dienen müsseD. Er soll als einziger, com-
petenter thierärztlicher Berather der Gemeinde dafür sorgen, dass
reichs- und landesgesetzliche, communale und polizeiliche Be¬
stimmungen genau und exact gehandhabt werden; dass die hohen
und unteren Mitmenschen so nützlichen, leider auch zu oft so
sehr nnbequemen Forderungen dev Hygiene auf dem Schlachthofe
erfüllt werden. Nehmen wir nun einmal an, und viele Vor¬
kommnisse berechtigen dazu, dass aus allen möglichen Gründen
die Interessen der Staatsverwaltung mit denen der Gemeinde, die
oft recht weit gehenden Wünsche der Gewerbetreibenden mit den
veterinären und sanitären Ansprüchen in Widerstreit gerathen!
wer wird bei dem Widerspiel der divergirenden Kräfte gar zu
leicht in eine schiefe, ja ganz unhaltbare Lage kommen und
sogar seine mit vieler Mühe wohlgegi ündete Stellung scheitern
sehen?! — Der jederseit kündbare Sanitäts-College, während
der definitiv angestellte zum allgemeinen Wohle nicht nach
rechts noch links schauen braucht und lediglich nach seinem
eigenen Wissen und Gewissen für das Richtigste und Beste
wacker eintreten kann.
Ist es doch vorgekommen, dass ein Schlachthof-Inspector
einen Brief des Bürgermeisters, ohne vorherige Anhörung des
Magistrats, erhielt, in dem folgender Passus vorkam: „Augesichts
dieses Schreibens sind Sie Ihrer Stellung enthoben!“ Zugleich
war damit die Aufforderung verbunden mitten im Winter in ganz
kurzer Zeit seine Wohnung zu räumen. Auf Beschwerde setzte
die Regierung den Collegen wieder ein.
Wo bleibt bei solchen Stellungen die Achtung der übrigen
Städtischen Beamten vor unserem wissenschaftlichen Berufe?!
Kann nicht der unkündbare Nuntius, der definitiv angestellte
Polizei - Beamte mit Wohlbehagen auf die Sanitätsthierärzte
herabblicken, wenn ihre Stellungen so unsicher sind?
Zur Characteristik der ganzen Lage will ich noch einen Fall
aus einer sehr grossen Stadt anführen: dort war ein College
17 Jahre in der Fleischschau thätig, acquirirte die Tuberculose
und siechte langsam dahin. Acht Tage vor dem Weihnachtsfeste
lag unter Hinweis auf seine Dienstuntauglichkeit der Brief mit
seiner einfachen Entlassung (ohne Pension) vor ihm.
Eine bittere Enttäuschung war es nun, als die ausgezeichnet
begründete Petition der Schlachthof-Directoren: Wulff, Falk,
Goltz und Ibscher vom 19. Juni 1897 insofern ohne Erfolg
blieb, als vier Ministerien den Bescheid erliessen, die Sanitäts¬
thierärzte möchten sich von Fall zu Fall an ihre Magistrate
wenden. Dass das nicht so Erfolg versprechend ist, mag man
daraus entnehmen, dass ein allgemein bekannter und sehr
tüchtiger College dreimal abschlägig, auch nach einer Beschwerde
bei der Regierung, beschieden wurde, das letzte Mal mit der
Motivirung, dass er ein reicher Mann sei und eine definitive
Stellung darum nicht nöthig habe. Auch vor kurzer Zeit ist eine
Petition der Berliner Schlachthof-Collegen von den Städtischen
Behörden rund abgeschlagen worden.
Der Klageweg ist nach der ganzen Lage der Sache wohl
ausgeschlossen, da es Jahre dauern kann, bis alle Instanzen
erschöpft sind und wie soll ein vermögensloser oder siecher und
darum vielleicht entlassener College es möglich machen, solche
Klage wirklich mit Energie dnrchzuführen?
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28. JaW 189 »-
Die vielen nnd guten Gründe, welche in den letzten Petitionen
angegeben sind, will ich bei der schon langen Dauer unserer
Verhandlungen hier nicht wiederholen, da ich annehmen darf,
dass dieselben aus der Fachpresse bekannt sind. Ich möchte
nur, und darauf ist wohl in den Petitionen nicht energisch genug
hingewiesen, noch darlegen, dass das klare formale Recht auf
Seiten der städtischen Thierärzte steht.
Die Städte-Ordnnng sagt kurz nnd bändig nnd ohne jede
Einschränkung im § 56 6 : „Die Anstellung der Gemeinde-Beamten
erfolgt, soweit es sich nicht um vorübergehende Dienstleistungen
handelt, auf Lebenszeit Viele Communen sagen nun, die
Schlachthofbeamten sind keine Gemeindebeamten, da sie nur an
einer gewerblichen Unternehmung der Gemeinde thätig sind
und auf diese sich die Städte-Ordnnng nicht bezieht. Wir
Sanitätsthierärzte sind nun ganz anderer Meinung über die
Kategorie, in welche ein Schlachthof gehört.
Eine gewerbliche Unternehmung kann man nur dahin
deflniren, dass dieselbe eine auf die Hervorbringung von Gütern
einer bestimmten Art und auf den Zweck des Gewinnes ge¬
richtete Vereinigung von Capital und Arbeit ist, wobei das
öffentliche und sanitäre Interesse hinter dem der Gewinnerzielung
zurücktritt. Legt man diese Definition an unsere Schlachthof-
Verhältnisse an, so kann man zu einem zweifelhaften Schlüsse
gar nicht kommen. Es giebt sogar einen Gesetz-Passus aus der
neuesten Zeit, der unsere Ansichten vorzüglich unterstützt. Im
Artikel 3, Abs. 2 der Anweisung zur Ausführung des Communal-
Abgaben-Gesetzes vom 14. Juli 1893 (Ges. Samml. Seite 152)
heisst es: Zu den gewerblichen Einrichtungen (der Communen)
gehören im allgemeinen alle privatwirtschaftlichen Unternehmungen,
deren Betrieb als solcher auf die Erzielung von Gewinn gerichtet
ist und den Mitgliedern (der Gemeinde) eine Nöthigung zur
Benutzung nicht auferlegt.
Darnach sind also die Schlachthöfe, besonders, sobald der
Schlachtzwang eingeführt ist, keine gewerblichen Unter¬
nehmungen, und somit die Schlachthof-Thierärzte rechtlich öffent¬
liche Gemeinde-Beamte.
Viele sind nun der Ansicht, dass ein Staud, der sich seine
Rechte verkümmern lässt, nicht werth sei, solche zu besitzen,
und dass der ganze thierärztliche Stand die Pflicht habe, für die
bedrängten Special-Collegen ganz und voll einzutreten.
Soll man nun in der Presse vor der Uebernahme solcher
kündbarer Stellen warnen oder sollen wir auf gemeinsame Kosten
Klagen durchführen? Ich meine, so lange nicht alle anderen,
milderen Wege versucht sind, muss so etwas unterbleiben.
Die Regierungen sagen nun auf unsere Petitionen, dass es
ihnen leider an der gesetzlichen Grundlage fehle, auf Grund
deren sie die Städte zur festen Anstellung der Thierärzte anhalten
können. Es dürfte nun bei der Schaffung des neuen Reichs-
Fleischschau-Gesetzes die Gelegenheit gekommen sein, die Ein¬
bringung eines Passus über die Dienst- und Anstellungs-Ver¬
hältnisse des Fleischschan-Beamten anzustreben. Ich sage mit
Absicht: Fleischschau-Beamte im Allgemeinen, da ich der Ansicht
bin, dass auch der Laienfleischbeschaner mit einem guten Beamten-
Rückgrat ausgestattet werden muss, damit die Ausführung der
Fleischscbau auch auf dem Lande gesichert wird. Für die Laien¬
fleischbeschauer sowie für die Collegen, welche in Orten ohne
Schlachthof thätig sind, muss verlangt werden, dass ihre Be¬
stallungen nur mit Genehmigung des zuständigen Regierungs¬
präsidenten und auch nur bei Fahrlässigkeit zurückgenommen
werden dürfen.
Ein fernerer erheblicher Mangel ist es, dass an manchen
Schlachthöfen die Leiter derselben nicht zu der über das Wohl
357
nnd Wehe desselben verfügenden Verwaltungs-Deputation gehören,
während man häufig findet, dass die den Schlachthof benutzenden
Gewerbetreibenden eine tüchtige und ausgiebige Vertretung darin
besitzen und einen grossen Einfluss ausüben. Wir haben hier
dann den wohl einzig dastehenden Fall, dass der zu beauf¬
sichtigende Gewerbetreibende zugleich zu den Vorgesetzten des
die Aufsicht führenden Beamten gehört. Die Gründe, welche
Herr Departements-Thierarzt Peters gestern für die Theilnahme
der Thierärzte an der Gesetzgebung anführte, mache ich auch
sinngemäss zu den meinen, für die Theilnahme der Sanitäts-
Thierärzte an den Berathungen der Gemeinde-Organe, soweit sie
sich auf Fleischschau beziehen.
Auch wäre es durchaus zu wünschen, dass an dem neuen
Fleischschau-Gesetz in der Praxis stehende Sanitäts-Thierärzte
nnd Schlachthof- Directoren mitarbeiten könnten, damit dabei die
Erfahrungen der Praxis und die Kenntniss lokaler Eigen¬
tümlichkeiten genügend verwerthet werden.
Ich bitte daher die Plenar-Versammlung, zu beschliessen,
dass der ständige Ausschuss bei den zuständigen Ministerien in
Form einer Petition für folgende Grundsätze eintreten möge:
1. Zur Sicherung einer exacten Ausführung des neuen Fleisch¬
schau-Gesetzes sind die Fleischschau-Bearaten in Städten
mit Schlachthöfen als Gemeindebearate definitiv anzustellen,
die Bestallungen der Fleischschaubearaten in Orten ohne
Schlachthof dürfen nur bei grober Fahrlässigkeit und nur
mit Genehmigung des Regierungs-Präsidenten zurückgezogen
werden.
2. Bei Schaffung des neuen Fleischschaugesetzes ist die Mit¬
wirkung der Sanitätsthierärzte in weitem Umfange zuzu¬
lassen.
3. Der leitende Schlachthofthierarzt hat an den Sitzungen der
Verwaltungs-Deputation Theil zu nehmen und hat ebenfalls
Sitz und Stimme, sobald ein Vertreter der Händler oder
solche Fleischer besitzt.
Die Ditcusslon ergab sachlich keine Meinungsverschieden¬
heit, und es wurde nur die Form des Vorgehens besprochen,
namentlich auch die Frage, ob Eingaben an die Reichs- oder
die Landesbehörden, nnd an welches preussische Ministerium sie
zu richten seien.
Schliesslich wurde ohne Widerspruch ein Vermittlungs-
Antrag (Schm altz) angenommen: Die Centralvertretung be-
schliesst, eine Petition an die betheiligten preussischen
Herrn Minister einzureichen, dahin gehend, dass ge¬
legentlich der gesetzlichen Regelung der Fleischbeschau
auch das Dienstverhältniss der Sanitätsthierärzte und
die Schlachthausverwaltung geregelt werde.
Nunmehr wurde die Wahl des Vorstandes statutenmässig
mittelst Stimmzetteln vorgenommen. 29 gültige Zettel wurden
abgegeben. Es erhielten im ersten Wahlgange Esser als Vor¬
sitzender 29 Stimmen, ferner als Beisiter Schm altz 29,
Heyne 27, Steinbach 18, Malkmus 12, Lothes und Fetisch
je 8 Stimmen (13 Stimmen zersplittert.) Esser, Schmaltz,
Heyne und Steinbach haben somit die absolute Majorität und
sind gewählt. Zur Wahl des fünften Ausschussmitgliedes ist
eine Stichwahl zwischen Malkmus, Fetisch und Lothes
erforderlich, wobei ersterer bei 15 von 29 Stimmen gewählt
wird.
Hierauf folgte die schon mitgetheilte Schlussberathung über
die Begründung des Unterstützungsvereins und die Constituirung
desselben. Nach § 9 des beschlossenen Statuts ist der Ausschuss
der Centralvertretung Vorstand des Unterstützungsvereins, falls
seine Mitglieder dies nicht ausdrücklich ablehnen. Die eben ge¬
wählten Ausschussmitglieder erklären sich bereit, in den Vor-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30.
stand des Unterstützungsvereins einzutreten, lehnen es jedoch
sämratlicb ab, das besonders wichtige Amt des Vorsitzenden im
letzteren Verein zn übernehmen. Hieraus ergiebt sich die Noth-
wendigkeit der Ergänzung des Vorstandes durch Wahl eines
Vorsitzenden. Auf allgemeines Ersuchen erklärt sich Veterinär¬
assessor Preusse bereit, den Vorsitz des Unterstützungsvereins zu
übernehmen und wird durch Zuruf gewählt.
(Fortsetzung des Berichts folgt.)
Veränderungen der Besoldung der Kreisthierärzte.
Es ist bekannt geworden, dass bei den Kreisthierärzten eine
behördliche Umfrage angestellt worden ist, erstens zur Ermittelung
der Höhe ihrer Einnahmen aller Art, zweitens um die Stellung
derselben zur etwaigen Gewährung von Pauschalentschädigungen
an Stelle der Tagegelder und Reisekosten kennen zu lernen.
Wir kommen in nächster Nummer darauf zurück.
Apothskerkammern.
Nach Zeitungsmeldungen sind im prenssischen Cultus-
ministerium die Vorarbeiten ira vollen Gange, um den Apothekern
eine Standesvertretnng in Form von Apothekerkammern nach
dem Muster der Aerztekararaern einzurichten.
Dann würden also auch die Apotheker auf dem besten Wege
sein, als Medicinalpersonen an den Thierärzten vorbeizngehen.
Man sieht, wie ausserordentlich zeitgemäss die vom Departements-
tbierarzt Peters auf der letzten Plenarversammlung gegebene
Anregung war, dass sich auch die Thierärzte in Preussen endlich
eine offlciell anerkannte Standesvertretung sichern sollten.
Naturforsoher-Vorsammlung zu Düsseldorf.
Die Naturforscherversammlung findet bekanntlich in diesem
Jahre zn Düsseldorf, und zwar vom 19. bis 24. September statt.
Für die allgemeinen Sitzungen sind folgende Vorträge bestimmt:
Geheimrath Kl ein-Göttingen: Universität und technische Hoch¬
schule; Medicinalrath Tillmann-Leipzig: Hundert Jahre Chirurgie;
Geheimer Baurath Intze-Aacben: Ueber Thalsperren und deren
wirtschaftliche Bedeutung; Professor Martins-Rostock: Krank¬
heits-Ursachen und -Anlagen; Professor van t’Hoff-Berlin: Die
zunehmende Bedeutung der anorganischen Chemie; Dr. Mendel¬
sohn-Berlin: Bedeutung der Krankenpflege für die wissenschaft¬
liche Therapie; eventuell Virchow über ein vorbehaltenes
Thema. Für die Abtheilungssitzungen haben sich bereits 400
Redner angemeldet. Im Anschluss an die Versammlung sind eine
wissenschaftlich-photographische und andere Ausstellungen, ferner
ein Ball, ein Fest in dem berühmten Malkasten, Ausflüge nach
allen Seiten u. A. auch zu der Müngster Riesenbrücke u. a. m.
geplant.
Frequenzen der tierärztlichen Hochschulen S. S. 1898.
Die Zahl der Studirenden an der thierärztlichen Hochschule
zu Berlin beträgt innerhalb der ersten sieben Semester 486,
einschliesslich 95 an die thierärztliche Hochschule commandirten
Militär-Rossarzt-Eleven. Dazn kommen noch eine grössere Anzahl
Studenten älterer Semester, welche als Hospitanten gerechnet
werden.
An der thierärztlichen Hochschule zu Mönchen stndiren
207 Bayern und 36 Nichtbayern, zusammen 243.
Oeffentliches Veterinär wesen
(Mittheilungen für
SenchenHtatistik und Yeterinärpolizei.
Massregeln gegen die Geflügelcholera.
Bezüglich des für ganz Preussen (cf. vorige No. der B. T. W.)
in Kraft gesetzten Verbotes des Fusstransportes von Handels-
geflngel haben nunmehr die Präsidenten sämmtlicher an Russland
grenzenden Regierungsbezirke Verordnungen in der Fassung er¬
lassen, dass an bestimmten Grenzstellen Fusstransporte von
Gänsen passiren und bis zur nächsten prenssischen Bahnstation
getrieben werden können. In Bromberg ist es zu diesem Zwecke
dem Landrath überlassen, Ausnahmen da zu gestatten, wo der
Fusstransport ohne Berührung von Ortschaften, Dorfteichen und
von sonstigem Geflügel zn benutzenden Wegen und Plätzen aus¬
geführt werden kann. In den anderen Bezirken sind bestimmte
Passagen bezeichnet worden (cf. Oppeln in voriger No. der
B. T. W.)
Fletachschan und Yiehyerkehr.
Jahresbericht über den Vieh- und Schlachthof zu Berlin 1896/97.
Aus dem letzten Jahresbericht seien folgende bis jetzt wegen I
Raummangel nicht veröffentlichte Angaben zum Vergleich mit j
den Berichten früherer Jahre (vgl. B. T. W. 1897, pg. 59) kurz ,
mitgetheilt.
Auf den Viehmarkt wurden aufgetrieben 205 310 Rinder, i
170 684 Kälber, 585 083 Schafe und 894 885 Schweine. Davon
wurden lebend wieder ausgeführt 58 7C0 Rinder, 28 000 Kälber,
200 000 Schweine = 22 pCt. des Auftriebes und 189 000 Schafe !
= 32 pCt. des Auftriebes (gegen 230,247 und 373 Tausend in
den Vorjahren). Der Fleischverbrauch von Berlin (bei welchem
nicht nur die Einwohnerschaft, sondern der sehr starke, 1896
durch die Gewerbeausstellung gesteigerte Fremdenstrom zu
Veterinärbeamte.)
berücksichtigen ist) berechnet sich unter Abzug jener Wiederaus¬
fuhr und sonstiger Abgänge, wie folgt:
Rindfleisch (das Rind zu 235 kg und geschlach¬
tet eingeführt zu 150 kg) . •. 42 870 715 kg
Schweinefleisch (das Schwein zu 82 kg und ge¬
schlachtet eingeführt zu 64 kg). 65 760 984 „
Kalbfleisch (Kalb zu 58 bezw. 30 kg) .... 12 135 310 „
Hammelfleisch (Schaf zu 20 kg). 8 579 794 „
129 346 803 kg
Die Einfuhr des Fleisches, welches nicht über die Unter-
suchnngsstationen ging, einschl. Conserven wird auf 8 Millionen,
das Gewicht der essbaren Eingeweide und Abfälle der geschlach¬
teten Thiere auf 5.3 Millionen kg geschätzt, wozu noch
7 538 Pferde mit 1 696 050 kg Fleisch kommen. Die Gesaramt-
fleischraenge, ohne Wild, Geflügel und Fische, beläuft sich daher
auf ca. 145 Millionen kg = 84 kg auf den Kopf der ein¬
gesessenen Bevölkerung, die dies aber, wie gesagt, nicht allein
aufisst.
In den städtischen Schlachthäusern wurden geschlachtet
145 000 Rinder, 141762 Kälber, 393 159 Schafe und 690025
Schweine.
Davon wurden beanstandet an ganzen Thieren 2 677 Rinder,
566 Kälber, 123 Schafe und 4 445 Schweine. Von diesen bean¬
standeten Thieren wurden der Abdeckerei überwiesen 991 bezw.
487 bezw. 123 bezw. 1423; sterilisirt resp. gekocht 1686 bezw.
79 bezw. 0 bezw. 3022. Die Verluste durch diese Beanstandungen
betragen von den Schlachtungen bei Rindern 1,8; bei Kälbern 0,4;
bei Schafen 0,03; bei Schweinen 0,64; durchweg etwas mehr als
im Vorjahre.
Ausser den ganz beanstandeten Thieren wurden an Organen
und Theilen beschlagnahmt und vernichtet 128 535, und zwar
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28. Juli \m
BERLINER TH1ERÄRZTLICBE WOCHENSCHRIFT.
359
45 762 von Rindern, 276 von Kälbern, 23115 von Schafen und
58140 von Schweinen. Darunter waren 4900 Rinds-, 12 950
Schweins-, 50 Kalbs- und 5875 Schafslebern, zusammen 23 775
Lebern und über 82000 Lungen.
Tuberculös wurden befunden:
Rinder 30 291 = 20,6 pCt. Davon wurden 92 pCt. ganz
freigegeben, 1105 ganz vernichtet und 1182 sterilisirt. Gesammt-
verlust also 2287 Stück = 7 pCt. der tuberculösen und 1,5 pCt.
der überhaupt geschlachteten.
Schweine 24419 = 3,5 pCt. Davon ganz freigegeben 21302
= 87 pCt., vernichtet 554, sterilisirt 2583. Gesammtverlust 3137
= 12,8 pCt der tuberculösen und 0,4 pCt. der überhaupt ge¬
schlachteten.
Ferner wurden tuberculös befanden 205 Kälber (0,14 pCt.)
und 18 Schafe (0,0046 pCt).
Wegen Finnen sind 559 Rinder, 15 Kälber und 509 Schweine
beanstandet = 0,38 bezw. 0,004 bezw. 0,074 pCt. Die Häufigkeit
des Finnenfundes beim Rind ist also jetzt fünfmal so gross wie
beim Schwein. Davon sind 552 Rinder, 15 Kälber und 258
Schweine gekocht worden. 7 Rinder und 251 Schweine nur
technisch verwerthet. Unter den finnigen Rindern waren 491
einfinnige. Bei der Zerlegung etc. wurden nur bei 28 Rindern
Finnen noch in anderen Organen als in den Kaumuskeln gefunden.
Darunter im Herzen allein lOmal, 18mal auch in anderen Muskeln.
Wie man sieht, verursachen jetzt die Rinderfinnen ein Viertel
soviel Verluste wie Tuberculose.
Ueber die städtischen UntersuchuDgsstationen gingen 194 050
Rinderviertel, 132 616 Kälber, 35 432 Schafe und 141 884 Schweine.
Laboratorium zur Untersuchung von Nahrungsmitteln In Berlin.
Die Stadt Berlin beabsichtigt, ein Laboratorium, in erster
Linie zur Untersuchung von Nahnungsmitteln zu errichten,
welches zugleich eine Universalanstalt für alle chemischen,
mikroskopischen und verwandten Untersuchungen werden soll.
Oekonomieratli Haus bürg constatirt in dem Bericht, dass
die Mastviehpreise gesunken sind, trotz Verminderung der
Rindereinfahr um 30 pCt. und der Schweineeinfuhr um 69 pCt,
und knüpft daran den Satz: Wir sehen, wie wenig die agrarische
Hoffnung auf ein Steigen der Mastviebpreise durch Erschwerung
der Einfuhr erfüllt worden ist. Sehr richtig! Nun ziehe man
aber auch gefälligst die sich von selbst ergebende Schluss¬
folgerung: Wir sehen daraas, wie unberechtigt es ist, gegen die
Beschränkungen der Vieheiofuhr fortwährend mit dem Feld¬
geschrei von der „unerträglichen Fleischvertheuerung“ zu agitiren.
Fleischvergiftung.
In Altona sind bekanntlich Soldaten eines Regiments in
grosser Zahl, glücklicherweise nicht lebensgefährlich, erkrankt.
Nach Zeitungsmeldungen hat die Untersuchung ergeben, dass die
Erkrankung durch den Genuss von zu Fricandellen verarbeiteten
Schweinefleisch hervorgerufen ist. DiesesFleisch soll amerikanischer
Import gewesen und von den Lieferanten noch vor dem Erlass
des Einfuhrverbotes in das Hamburger Kühlhaus eingelagert
worden sein. Ganz abgesehen von der Verdorbenheit des
Fleisches soll der Lieferant dadurch seinen Contract verletzt
haben, nach welchem nur die Lieferung von Fleisch in Hamburg
oder Altona geschlachteter Schweine zulässig war.
Gerichtsentscheidungen über thierärztliche Gebühren¬
forderungen.
I. Zum Vorzugsrecht Im Concursverfahren.
Kreisthierarzt M. hatte in einer Streitsache wegen Bevor¬
rechtigung seiner Forderung an einer Concursmasse ein ob¬
siegendes amtsgerichtliches Urtheil erstritten.
Auf die Berufung des Concursverwalters hin bat das Land¬
gericht zu Stendal am 20. Mai 1898 jenes erste Erkenntniss auf¬
gehoben und die Forderung als nicht bevorrechtigt erklärt. In
der Begründung wird Folgendes ausgeführt: Namhafte Commen-
tatoren, wieSarwey, Wilmowsky, Völderndorf, Petersen-
K1 ein fei ler haben allerdings die Ansicht, dass dem Thierarzt
das den Aerzten im § 54 4 der Concursordnung zugebilligte Recht
ebenfalls zustehe, weil im § 29 der Gewerbeordnung die Thier¬
ärzte zu den Aerzten gerechnet seien und weil auch bei Er¬
krankung von Thieren wie beim Menschen, Sitte und Menschlich¬
keit die Hülfeleistung erfordern. Fitting und Dernburg haben
die entgegengesetzte Ansicht, welche namentlich überzeugend in
einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Naumburg von 1897
(„Anwaltszeitung“ pg. 104) begründet sei und die sich auch das
Berufungsgericht zu eigen gemacht habe.
Aus der Fassung des § 54 4 der Concursordnung, wo neben
den Aerzten die Wundärzte, ferner Hebammen und Kranken¬
pfleger besonders aufgeführt seien, gehe hervor, dass eben nur
diese besonders aufgeführten Kategorien den Aerzten in qu. Be¬
ziehung gleichgestellt werden sollten. Im § 29 der Gewerbe¬
ordnung seien ferner ersichtlich die Thierärzte nur deswegen zu
zu den Aerzten gerechnet, weil sie, wie diese, der Approbation
bedürften. Endlich spreche die Entstehung des § 54 4 der Reichs-
Concursordnung gegen die Zurechnung der Tbierärzte, denn in
den Motiven sei gesagt, dass die Vorrechte, welche die preussische
Concursordnung gewährt habe, aus Gründen der Sitte und Sitt¬
lichkeit anerkannt bleiben müssten, obwohl ein Zwang zur Hilfe¬
leistung nicht mehr bestehe. Hierbei könne nur Hilfe bei mensch¬
lichen Krankheiten gemeint worden sein, da bei Zuziehung thierärzt¬
licher Hilfeleistung in erster Linie der öconomische Werth der Thiere,
Grundsätze der Sittlichkeit und Menschlichkeit aber nur in sehr
geringem Grade massgebend seien. Weder aus den Worten noch
aus der Begründung des Gesetzes lasse sich daher die Ueber-
zeugung gewinnen, dass der Gesetzgeber den Thierärzten das
Vorrecht ebenfalls habe gewähren wollen.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Leiserlng’s Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen Haus-
thiere. HI. Auflage unter Mitwirkung von Prof. Or. Baum
in erweiterter Form neu herausgegeben von Ober¬
in edicinalratli Dr. Ellenberger. Für Thierärzte, Studirende,
Landwirthe, Pferdeliebhaber und Künstler in 54 Tafeln mit Text,
9 Lieferungen zu 6 M. Erste und zweite Lieferung Tafel 1—12.
Leipzig bei B. G. Teubner 1898.
Der Leisering’sche Atlas war mit Recht an die Stelle des
Gurlt’schen Atlas getreten und blieb dann Jahrzehnte lang das
einzige, einer vollständigen Darstellung der Anatomie namentlich
des Pferdes dienende Bildwerk. Er ist in dieser Zeit so verbreitet
worden, dass er der Mehrzahl der deutschen Thierärzte bekannt
sein dürfte.
Ein Atlas ist nicht wie der Text eines Buches beliebig ver¬
änderlich, sondern die ehemals fertig gestellten Original¬
zeichnungen, Holzschnitte, Steinzeichnungen und dergl. stellen
ein Capital dar, welches bei späteren Auflagen natürlich ver¬
werthet werden muss. So ist auch der Herausgeber der vor¬
liegenden Auflage des Leisering’schen Atlas an das Vorhandene
gebunden gewesen. Der Charakter des ganzen Werkes, das
neben grossen Vorzügen auch Seiten aufweist, wo vielleicht
principielle Aenderungen in Frage zu ziehen wären, ist daher
der alte geblieben. Auch die meisten Tafeln werden voraus-
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860
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 30.
Bichtlich unverändert übernommen werden. Abgesehen von einer
Vermehrung der Tafeln hat aber der Herausgeber offensichtlich
eine sehr genaue Prüfung der Tafeln vorgenommen, welche viel¬
fach zu Veränderungen von Einzelheiten geführt hat.
Die vorliegenden zwölf Tafeln entsprechen den Tafeln 1—11
der ersten Auflage und enthalten Knochen, Bänder und Körper¬
muskeln. Eine Tafel ist neu zngefügt. Dieselbe bietet instructive
Abbildungen der Kopfhöhlen des Pferdes, welche mit einer Aus¬
nahme bereits in der „topographischen Anatomie des Pferdes“
von denselben Autoren veröffentlicht worden sind und hier eine
sehr passende Ergänzung bilden. Die Tafeln 1, 4, 5, 9 und 10
sind unverändert. Erwünscht wäre es vielleicht gewesen, wenn
auch die Figur 4 auf Tafel 11 und namentlich Figur 6 auf
Tafel 10, die zu den schwächsten Darstellungen des Leisering-
schen Atlas gehört, eine Umwandlung erfahren hätten. Auf
Tafel 2 ist Figur 11 durch Einzeichnungen der Gehirnnerven in
die Schädelbasis ergänzt. Auf Tafel 6 ist Figur 2a, Darstellung
des Ellbogengelenks von innen, neu und Figur 3 etwas verändert
Auf Tafel 8 ist die Innenansicht der Vordergliedmasse bis zum
Huf vervollständigt; die alten Figuren 8 und 11 fehlen und dafür
ist ein Querschnitt durch den Unterarm und einer durch den Fuss
neugezeichnet. Auf Tafel 11 ist eine Ansicht der Zusammen¬
spannung von Knie- und Sprunggelenk neu eingefügt, desgl. auf
Tafel 12 eine Abbildung der Kniekehle. Der bessernde Stift des
Zeichners hat ansserdem überall kleine Auffrischungen etc. her¬
beigeführt; dagegen hat der Druck gegenüber der ersten Auflage
vielfach gelitten.
Der Herausgeber hat sioh jedenfalls durch die sorgfältige
Ergänzung und Verbesserung des Bilderschatzes um die neue
Auflage ein thatsächliches Verdienst erworben. Schmaltz.
Personalien.
Ernennungen : Dr. Bruno Hofer, Docent für Fischkunde an der
thierärztlichen Hochschule in München, zum ausserordentlichen Pro¬
fessor für Zoologie und Fischkunde an der genannten Hochschule.
Thierarzt H. Dexler, Adjunkt au der thierärztlichen Hochschule
in Wien, zum ausserordentlichen Professor der Thierseuchenlehre
und Veterinärpolizei an der deutschen Universität in Prag. — Dem
Lehrer für Hufbeschlag und Vorstand der Lehrschmiede an der
thierärztlichen Hochschule in München, F. Gutenäcker, wurde
der Titel Professor verliehen.
Bezirksthierarzt S. B e i c h o 1 d - Bruck zum ausserordentlichen
Mitgliede für thierärztliche Angelegenheiten des bayer. Ober-
medicinalauBschusses.
Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Spitzer-Dramburg für
den Kreis Dramburg, Thierarzt Diedrichs, bisher Assistent am
patholog. anatom. Institut der thierärztlichen Hochschule in Hannover,
für den Kreis Münster i. W. — Thierarzt Popp, bisher Assistent an
der thierärztlichen Hochschule in Stuttgart, zum Oberamtsthierarzt
in Mergentheim.
Thierarzt Dr. S e y b o 1 d, bisher klinischer Assistent an der
thierärztlichen Hochschule in Hannover, zum Assistenten im pathol.-
anatom. Institut daselbst, Thierarzt M ö g e I e - Cannstatt zum
klinischen Assistenten an derselben Hochschule.
Approbationen: Berlin: die Herren Emil Krüger, Max
Eggebrecht, Jacob Seegmüller. — Hannover: die Herren
Carl Klein, Hermann K o t h e, Eduard Maier.
Wohn8itzverindernngen, Niederlassungen etc.: Thierarzt Suckow,
bisher in Berlin, hat sich in Stadthagen (Schaumburg-Lippe) nieder¬
gelassen. Verzogen: Thierarzt E g g e 1 i n g - Berlin nach Stettin.
In der Armee: Rossarzt Schmidtke vom Art.-Regt. No. 30
und Rossarzt Patschke vom Feld-Art-Rgt. No. 36 auf ihren
Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
Yacanzen.
Krelsthlerarxtstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
r.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. —
R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). — R.-B. Gum¬
binnen: Insterburg. Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident in
Gumbinnen. — R.-B. Königsberg: Wehlau (nicht ausgeschrieben).—
R.-B. L1 e g n i t z: Görlitz (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Trier: Daun (1800 M.) Bew. bis 1. August an Reg.-Präsident
in Trier. — Neustadt (Herzogthum Coburg): Amtsthierarztstelle
(500 M. und 300—400 M. Fleischschaugebühren).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Gumbinnen: Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes).—R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss).
SanKfitsttilerarztstelleo: a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist —
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten. —
Osnabrück: 2. Schlachthofthierarzt (1500M., freie Wohnung, Heizung,
Beleuchtung). Bew. an Magist
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum
1. Oct — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatsteileo: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). —Gux¬
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. — Schwarzenau. —
1898 bekannt gegebene: Argen au: Thierarzt (nicht selbst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬
arzt Bew. an Magistrat. — Dassov (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt
— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde-
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. —
Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). —
Nüsse b. Mölln i. L. - Obermarschacljt (Elbe). — Satow
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nien-
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.), und Thierarzt Hallier-
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬
strat. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
500M.) Kew. an den Stadtrath. — Schönbaum(DanzigerNehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst
Bericht des deutschen Veterinärrathes.
Die Berichte über die letzte Plenar-Versammlung des Deutschen
Veterinärrathes sind bereits vor Monaten versendet worden. Durch
eine Anfrage hat sich jetzt herausgestellt, dass der ca. 70 Mitglieder
zählende tbierärztliclie Verein von Oberbayern das die Berichte ent¬
haltende Postpacket nicht erhalten hat. Der Verbleib lässt sich nicht
mehr feststellen. Ebenso ist es unmöglich, aus vorhandenen Rest¬
beständen den Verlust zu ergänzen, da nur eben soviel Exemplare,
als nöthig, hergestellt worden sind.
Unter diesen Umständen wende ich mich mit einer Bitte an die
geehrten Vereins-Vorstände. Es werden vielen Vereinen einige
Exemplare mehr, als sie Mitglieder zählen, zugegangen Bein. Ebenso
werden vielfach Exemplare unvertheilt geblieben sein. Endlich
werden viele Thierärzte als Mitglieder zweier Vereine Doubletten
besitzen.
Ich bitte nun darum, diesen Ueberschuss an Exemplaren mir
ütigst zusenden zu wollen, damit ich dem Verein für Oborbavern
ie ihm zukommenden Exemplare noch aushändigen kann. Das Porto
wird erstattet werden.
Der Schriftführer des Deutschen Veterinärrathes.
Schm altz.
Sammlung zum Fonds für die Waisen des Professors Eber.
Da die Herren Prof. Fröhner nnd Prof. Oster tag in der
nächsten Woche verreisen, so wird gebeten, alle Beiträge an
Prof. Schmaltz zn senden nnd zwar gütigst bis 12. September,
von wo ab auch letztgenannter verreist ist.
L A.: Schmaltz.
Verantwortlich fllr den Inhalt (excL Insera tenthell) Prot Dr. Schmält* in Berlin. — Verla« und Eieenthum von Richard Schoet* in Berlin- — Druck von W. BQxenitein. Berlin.
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Dlo „Berliner rfHer&rztllclie Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln Stlu-Ve von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe
ist su besiehen durch den Uuclihandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 3u, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbcilr&go werden tuiiöOHk. für den Bogen Uonorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltx,
Berlin, thlcrarztllcho Hochschule, NW., Luisenstrasse 50.
Correcturcn, ltecensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 31 . Ausgegeben am 4 Angust.
Inhalt: Moeblus : Zur Ursache und Behandlung der Gebärparese naeh Schmidt-Kolding. — Sohrader: Ueber
Entfernung von Fremdkörpern aus dem Schlunde des Rindes. — Referate : Eber: Die Aulointoxicationen
der Thiere. — Albrecht: Ueber Leberabscesse bei Pferden. — Magnin: Beitrag zum Studium der Asphyxie durch Strangn-
lation. — Joshua A. Nunn: Intravenöse Injection von Chlorbarium nach Dieckerhoff bei einem Fall von intestinaler
; Obstruction. — Koorevaar: Hypoderma bovis und ihre jüngsten Larven. — Biedl und Kraus: Ueber die Ausscheidung
von Mikroorganismen durch drüsige Organe. — Frantzius: Die Galle toller Thiere als Antitoxin gegon Tollwuth. — Tages-
S eschichte: Ueber die Form der Bezahlung der Dienstverrrchtungen der beamteten Thierärzte. — VI. Plenar-Versammlung
er Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Fortsetzung.) — Oeffent-
liches Veterinärwesen: Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Zur Ursache und Behandlung der Gebärparese
^ nach Schmidt-Kolding.
Von
PHoebiiw-Plauen.
In der Berliner Wochenschrift No. 14/1898 ist von Schmidt-
Kolding der Behandlung der Gebärparese Erwähnung getlian
und genannte Krankheit in Verbindung gebracht worden mit
einer Toxinbildung im Colostrum bez. in der Milch. Als heilend
wird empfohlen: das Euter der Kühe aoszumelken und bis 10 g
Jodkalium in 1 Liter heissen Wassers gelöst, das bis 40° C. ab¬
gekühlt ist, in alle 4 Zitzen des Euters zu infnndiren. Schmidt
nahm hierzu einen Infusionspparat, bestehend ans einem l l /. { m
langen Kautscliuckschlauclie und einem Glastrichter. Das Euter
wurde während des Infundirens massirt.
Der von mir näher anfgezeichnete Krankeitsfall, bei welchem
ich die Schmidt’sche Behandlung anwendete, ist folgender:
Am 19. Mai d. J., Morgens 6 Uhr, wurde ich auf das Ritter¬
gut Reinsdorf, 20 Minuten von liier, zu einer Kuh mit „Kalbe¬
fieber“ gerufen. Dieselbe, eineWilster, hatte am 17. Mai d. J.
leicht gekalbt und sich gereinigt und war am 19. Mai d. J.
früh, als die Schweizer fütterten, plötzlich unter Brüllen hin¬
gefallen.
Das Thier lag bewusstlos da, die Inneutemperatur betrug
37° C., die Haut fühlte sich kühl an. Dabei bestand Speicheln
und leichtes Aufblähen. Der Kopf wurde nach hinten geworfen.
Im Uebrigen zeigte das Thier vollständige Apathie und Gefühl¬
losigkeit bei Nadelstichen in den Rücken.
Die Behandlung bestand in Injection der betreffenden
Jodkaliumlösung ins Euter, 10 g in einem Liter kochenden
Wassers gelöst, das auf 40° C. abgekühlt war. Hiernach Massage.
Ich verwendete zum Einverleiben der Flüssigkeit eine Injections-
spritze von Hauptner, weil mir Anderes nicht zur Verfügung
stand. Vorher wurde das Euter ausgemolken. Behilflich war mir der
Besitzer der Kuh, Herr Rittergutspächter Schattelius. Wir
führten die Behandlung mit Vorsicht und Genauigkeit aus. Wir
fanden, dass die Einführung der Injectionsnadel in die Enge der
stark hyperämischen Strichei ziemliche Schwierigkeiten bereitete,
und ich fürchte, dass sich das Einbringen von Röhrchen in die
Strichei nicht in allen Fällen gut durchfuhren lassen wird. Was
den Druck anlangt, der durch die Injectionsspritze erzielt wurde,
so war derselbe vielleicht noch stärker wie hei der Infusion der
Flüssigkeit ins Enter. Innerlich erhielt Patient 30 g Aloe
capensis pulv. mit Althääpulver als Trank. Der Frnchthälter
nnd der Mastdarm wurden mit Schlauch und Trichter ausgespfllt.
Diese Behandlung zeigte nach mehreren Standen nicht die ge¬
ringste Besserung. Darauf wurde der Rücken des Thieres ge¬
plättet und Rothwein eingegeben, eine sonst hier übliche Be¬
handlung. Alles vergebens! Schon am I Uhr Mittags am
19. Mai musste die Knh, welche verendet wäre, geschlachtet
werden.
Die Section. Lunge emphysematos, Leber und Milz fast
gewöhnlich, etwas blutreicher. Fruchthälter rerhältnissmässig
abgeschwollen und rein. Das Enter hatte infolge der Injection
stark gelitten, es war blntig-serös infiltrirt, sogar in den Milch¬
venen. Fleisch als geniessbar erklärt.
Ein Patient mit Gebärparese konnte nicht schneller behandelt
werden and doch hatte ich mit der Schmidt’schen Behandlung
keinen Erfolg. Ich vermuthe nur, dass die abführende Behandlung
in manchen Fällen von günstigem Einfluss gewesen ist.
Wenn ich auf den Zweck der Behandlung, „die Zerstörung
der Toxine im Euter“, zurückkomme, so erscheint mir diese
Theorie zweifelhaft. Bei dem sogenannten „Milchschuss“ der
Kühe, der in dem Eintritte eines höchst milchreichen, entzündlichen
Euters nach der Geburt und bei hohem Fieber besteht, könnte
man eine Toxinbildung eher annehmen and dennoch leidet kein
dergl. Patient an Lähmung nnd Bewusstlosigkeit, sondern an
Schmerzen, und bei der Schlachtung findet man Lungenödem.
Es ist wohl eher anznnehmen, dass die Ursache der Gebärparese
„Gehirnödem“ ist, das infolge Stauung des Blutes vor und
nach der Geburt entsteht. Der Eintritt des Kalbefiebers be¬
kundet sich durch eine Ohnmacht. Die Ohnmacht aber wird sehr
leicht bei dem reizbaren Hirn durch eine Erkältung hervorgerufen.
Auch im Reinsdorfer Falle bemerkte ich, wie iu früheren Fällen
schon oft, dass die Kuh Zugluft bekommen hatte Ich liess zwar
früh sofort das qu. hohe Stallfenster schliessen, leider zu spät, es
hatte während der Nacht offen gestanden. — Kftlberkühe sind
für Zugluft sehr empfindlich, das beweisen die oft nach dem
Kalben eintreteuden entzündlichen Enter.
Auch der Toxinbildung im Fruchthälter bei Kalbefieber gegen-
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362
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31;
über, welcher Theorie ich früher vollständig beipflichtete, bin
ich etwas misstrauischer geworden, da ich in Schlachtefällen den
Frnchthälter rein und verhältnissmässig gut zusammengezogen
fand. Das zeitweilig plötzliche Verschwinden der Lähmungs-
erscheinunge^ erklärt nicht die Entfernung eines Giftes ans dem
Körper. Ein Oedem des Gehirns kann nach dem Grade eben
auch schnell verschwinden. Wenn die Gebärparese nur bei
Kühen vorkommt, die schon geboren haben, so finde ich gerade
hierin eine Erklärung für das Vorhandensein eines Gehirnödems,
als bei wiederholten Geburten, erst solche Gefässerweiternngen
entstehen, die za Darchschwitzangen in den Geiässen führen.
Gifte sind erfahrnngsgemäss sehr schwer ans dem Körper zn
bringen, ich erinnere nur an Schlangen- und Leichengift.
Das Gehirnödem können wir bei an „Kalbefieber“ ge¬
schlachteten Kühen leider nur sehr selten nachweisen, da die
Patienten ausnahmslos erst durch Kopfschlag betäubt werden.
Ueher Entfernung von Fremdkörpern aus dem
Schlunde des Rindes.
Von
Sohrader-Helmstedt,
Krcitthlorarzt.
(Au* den Verhandlungen de* Thlerärttllchcn Vereins zu Braunscliwulg.)
Das Steckenbleiben von Fremdkörpern — Rübenstücken und
Rübenköpfen, Kartoffeln, hier nnd da anch Obst, Maiskolben etp. —
im Schlunde ist ein recht häufiges Vorkommniss. Die Methoden
zur Entfernung derselben sind so vielfach beschrieben und die
Erscheinungen so bekannt, dass es überflüssig erscheinen könnte,
darüber noch Worte zu verlieren, dennoch möchte ich nicht unter¬
lassen, meine Erfahrungen bekannt zu geben.
Sollte Würgen und Speicheln aus dem Manie anfgehört haben
nnd die Diagnose zweifelhaft sein, so lasse ich eine Fläche
Wasser eingeben und beobachte, ob das Wasser wieder aus¬
gewogen wird oder nicht.
Zunächst möchte ich bemerken, dass der Tliierarzt frische
Fälle ausnahmsweise zu sehen bekommt; erst wenn der Fremd¬
körper nach oft stundenlangem Bemühen Seitens verschiedener
„Sachverständiger“ nicht von der Stelle zn bewegen war und
Gefahr im Verzüge liegt, wird der Thierarzt zngezogen. Diesem
gelingt nun das Zurückdrängen des Fremdkörpers in die Maul¬
höhle nnd das Zerdrücken in der Regel nicht mehr. Die An¬
wendung von Zangen und Bohrer ist als gefährlich zu verwerfen;
anch die Anwendung der Schlundsonde hat nicht immer Erfolg.
In der Hand des Laien ist Letztere ein nicht ungefährliches In¬
strument; die Schlnndsonde darf nur mit Vorsicht applicirt werden,
weil bei zu starkem Druck nicht selten der Schlund durchbohrt
wird nnd die Sonde tief in das Zellgewebe eindringt. Die Gefahr
wird als beseitigt betrachtet, aber bald stellt sich am Halse ein
mehr oder weniger umfangreiches Emphysem ein, und das Ende
vom Liede ist schlachten.
Seit Decennien wende ich nun folgendes Verfahren an:
Solange sich der Fremdkörper noch in den Halspartien des
Schlundes befindet und von aussen zu fühlen ist, entferne ich
denselben mit der Hand und zwar nicht nur, wenn er im Sclilund-
kopfe oder nnmittelbar dahinter, sondern auch wenn er tief im
Schlunde sitzt.
Zu diesem Zwecke wird das fragliche Thier mit dem Hinter¬
kopfe an das Joch oder einen Pfosten gut befestigt und nun das
Maulgatter eingesetzt, welches von zwei Personen gehalten wird.
Ich ergreife die Zunge und gehe mit der Hand resp. dem Arme
oft bis an die Schulter in den Schlund ein, lasse den Fremd¬
körper, wenn ich mit den Fingern darauf stosse, durch einen
Gehilfen von aussen in der Richtung nach dem Schlundkopfe zu
fixiren, ergreife den Fremdkörper nnd fördere ihn zn Tage.
Faustgrosse Kartoffeln und Rübenköpfe von 6—7 cm Durchmesser,
also einer Peripherie von etwa 20 cm, habe ich auf diese Weise
aus dem Schlunde entfernt. Der Schlnnd des Rindes ist ausser¬
ordentlich ausdehnungsfähig, man kann mit der Hand resp. dem
Arme tief in den Schlund eingehen und hat bei einiger Vorsicht
Verletzungen nicht zu befürchten. Die ganze Operation dauert
wenige Minuten und wird in der Regel im Stehen ansgefuhrt,
nur in einem Falle wurde wegen grosser Unruhe des Thieres
das Niederlegen nothwendig. Diese Methode dürfte wohl als die
beste zu bezeichnen sein, weil das Uebel schnell, sicher nnd ohne
irgend welche Nachtheile gehoben wird.
Befindet sich der Fremdkörper bereits in der Brustpartie
des Schlundes, ist er also mit der Hand nicht mehr zu erreichen,
so wird das Hinabstossen mittelst der Schlundröhre in vorsichtiger
Weise versucht
Führt auch das nicht zum Ziel, tritt erhebliche Aufblähung
ein, so wird der Pansenstich gemacht. Die Trocarhülse bleibt
liegen, bis der Fremdkörper aus dem Schlunde verschwunden ist,
was in der Regel innerhalb 12 Stunden geschieht.
In der sich anschliessenden Discnssion stellte sich herans,
dass manche Thierärzte sich um den Fremdkörper gar nicht
kümmern, sondern trocariren und den Erfolg abwarten — ein
Verfahren, welches den Vorzug bat, recht bequem zu sein.
Bei meinem Verfahren habe ich in einer 34jährigen Praxis
nicht nötliig gehabt, den Schlundschnitt zu machen.
Obgleich sowohl der letztere als auch der Pansenstich keine
schwierigen und meistens ungefährlichen Operationen sind, so bin
ich doch der Meinung, dass, ähnlich wie in der Geburtshilfe,
auch hier die Hand das beste Instrument ist. Aber der Schlund¬
schnitt ist nicht absolut ungefährlich, die Heilung und damit die
völlige Genesung erfordert mqhr oder wepiger Zeit; selbst der
Pansenstich hat zuweilen Verklebungen des Pansens mit der
inneren Banchwand nnd Abscessbildnng zur Folge.
Französische Tbierärzte — cfr. Guittard path. bov. —
empfehlen bei Vorhandensein von Fremdkörpern in der Brust¬
partie die subcutane Zerkleinerung und auch die Oeffnung des
Schlundes und nun das Herausholen der Fremdkörper mit einer
geeigneten Zange oder das Hinabstossen.
Nahe der Cardia festsitzende Fremdkörper sollen durch die
Gastrotomie entfernt werden. Hierüber, sowie über die subcutane
Anwendung von Arecolin (Fröhner) und Apomorphin und Pilo-
carp. (Mölter-Immelmann) habe ich keine Erfahrung.
Der Zweck meiner Zeilen ist, darauf hinzuweisen, dass die
Entfernung der Fremdkörper aus dem Schlunde mittelst der
Hand das schnellste, sicherste nnd gefahrloseste Verfahren ist,
welches in erster Linie und mehr als bisher Anwendung finden
sollte und wodurch operative Eingriffe — Schlundschnitt, Trocart,
Schlundrohr — in vielen Fällen vermieden werden könnten.
Viel seltener ist das Steckenbleiben von Fremdkörpern in
der Rachenhöhle des Rindes; mir ist nur ein einziger Fall zur
Behandlung gekommen.
Ein etwa lfcjäliriges Rind konnte Flüssigkeiten schlucken,
kaute aber festes Futter zusammen nnd liess es wieder aus dem
Maule fallen. Als ich nach mehrtägiger Dauer dieses Zustandes
zugezogen wurde und eine Untersuchung der Maul- und Rachen¬
höhle vornahra, fand ich in der letzteren einen 9—10 cm langen
holzigen Stengel von Tanalet. vulg. stecken, welcher sich tief
in die Seitenwände eingebohrt hatte, aber sofort entfernt werden
konnte.
Auch von einem Pferde kann ich über einen ähnlichen Fall
berichten. Dasselbe verweigerte das Futter, streckte den Kopf
uud zeigte bei Druck auf die Kehle heftige Schmerzen. Bei
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4. AnguBt
BERLINER TII1EKÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
363
Untersuchung der Rachenhöhle fand ich einen Zweig von
Crataegus, dessen Stacheln sich in die Schleimhaut eingebohrt
hatten. Nach Entfernung des Zweiges verschwanden die Er¬
scheinungen sofort.
Referate.
Die AutointoxicatioDen der Tbiere.
Festrede, gehalten am Geburtstage Seiner Majestät des Kaisers und
Königs in der Aula der Thierärztlichen Hochschule in Berlin
von Professor W. Eber.
(Archiv f. wiMOimcb. TUerhlkd. 1S98. H. 3 u. 4.)
Der Vortrag beginnt mit einer kurzen Erläuterung des Be¬
griffes „Autointoxication“ und mit dem Hinweis, dass das Wesen
dieser Krankheitsgruppe an die Vorstellung erinnere, welche sich
schon die Griechen (nach dem Inhalt der Krasenlehre) von den
Krankheitsursachen gemacht hätten. Die Vorstellung von der
abnormen Säftemischung habe sich durch den Wandel der medici-
nischen Anschauungen bis auf deu heutigen Tag erhalten, weil
sie eine Wahrheit enthielt.
Die Betrachtung der in der Thierheilkunde vorkommenden
Autointoxicationen wird mit der Selbstvergiftung durch Kohlen¬
säure eröffnet. Die COa-Autointoxication kann gleichsam als
Paradigma für die gedachte Krankheitsgruppe dienen, denn die
chemische Zusammensetzung und Wirkung des die Rolle spielenden
Giftes ist bekannt, ebenso lassen sich die Bedingungen seiner
Bildung und Ausscheidung ziemlich gut tibersehen. Wenn die
Ausscheidung der Kohlensäure durch die Lungen aufgehoben
wird, tritt bekanntlich Erstickungstod ein. Wir beobachten diese
Art der COa-Autointoxication bei Verschluss der luftführenden
Wege durch Fremdkörper oder durch entzündliche Schwellung
der Respirationsschleimhant. Selbstvergiftungen durch Kohlen¬
säure kommen nuu andrerseits auch zu Stande, wenn keine groben
Hindernisse in den Respirationswegen bestehen. Die hierbei
thätigen Einflüsse sind keineswegs geklärt. Das Rind ist wegen
seiner verhältnissmässig kleinen Lunge für die COa-Autointoxication
prädisponirt. Athmungsgifte, wie das Physostigmin, können des¬
halb beim Rinde nur mit grosser Vorsicht gebraucht werden.
Schon kleine Dosen erzeugen Athemnoth, welche durch gleich¬
zeitig einwirkende Nebenumstände physiologischer Natur (Zunahme
des Pansenumfanges durch Gase oder Futterstoffe, Trächtigkeit)
bis zur Lebensgefahr gesteigert werden kann. Weiter können
COa-Intoxicationen begünstigt werden durch Märsche und Trans¬
porte infolge Steigerung der COa-Bildung und der ungewöhnlichen
Anforderungen an die Respirationsapparate und Behinderung der
COa-Abgabe. Chronische Lungenleiden vermögen in Verbindung
mit den erwähnten arzneilichen und hygienischen Einflüssen die
CO,-Ausscheidung so stark zu hemmen, dass der Tod eintreten
kann. Bekannt sind die COj-Intoxicationen der Wiederkäuer in¬
folge mechanischer Behinderung des Zwerchfells bei Tympanitis
und fetter Schweine, welche bei grosser Hitze transportirt
werden.
Die Selbstvergiftungen, welche eine Folge von Störungen
der Nierenthätigkeit sind, haben in der Thierheilkuude eine
geringe Bedeutung. Das „Urämiegift 1 ist seiner chemischen Zu¬
sammensetzung nach nicht bekannt. Die bisher genannten Auto¬
intoxicationen lassen sich unter dem Namen Retention st oxicosen
znsammenfassen. Der Begriff' soll aber nicht nur die Krankheiten
umfassen, welche durch verminderte Ausscheidung schädlicher
Stoffe entstehen, sondern auch diejenigen, welche durch eine
Hemmung des Stoffwechsels (der Oxydation, Reduction, Hydroxy-
lirung, Bildung von Doppelverbindungen etc.) hervorgerufen
werden und zn Selbstvergiftungen führen.
Der Gruppe der Retentionstoxicosen stehen die „Pro-
ductionstoxicosen“ gegenüber, bei welchen die Selbstvergiftung
durch Bildung von dem normalen Stoffwechsel fremder Substanzen
zu Stande kommt. So bilden eich beim Diabetiker neben der
Anhäufung von Traubenzucker im Blute, noch Producte des
rapiden Eiweisszerfalles (Oxybuttersäure etc), Welche sonst
nur bei den schwersten Formen der Cachexie angetroffen
werden. Der Tod des Diabetikers wird auf Säureintoxication
zurückgeführt.
,Zu den Productionstoxicosen der Thiere dürften die „schwarze
Harnwinde“ und das „Kalbefieber“ gehören. Bei der erstem
Krankheit wird angenommen, dass sich durch die Ruhe und
intensive Ernährung des Pferdes ein Gift im Muskel anhäuft.
Kältereiz und Arbeit sollen dann das latente Stadium in ein
actiyes überführen. Für die Richtigkeit dieser Auffassung sprechen
verschiedene Thatsachen: 1. Die Krankheit kann vermieden
werden, wenn die schweren Arbeitspferde, welche der Regel nach
betroffen werden, an den arbeitsfreien Tagen weniger intensiv
gefüttert werden, und wenn die Stallruhe durch kurzes Bewegen
unterbrochen wird. 2. Die Muskeln, welche beim Ziehen die
grösste Arbeit haben, erkranken am stärksten. Hierbei würde
die Vorstellung Platz greifen müssen, dass die Menge der hypo¬
thetischen, giftigen Substanz, welche das Product der gesteigerten
Zellentliätigkeit sein soll, proportional dem Stoffwechsel in deu
durch Arbeit besonders belasteten Muskeln zugenommen hat.
3. vfrird die Annahme einer Autointoxication unterstützt durch die
erfolgreiche Behandlung der Krankheit mittels grosser Dosen
doppeltkohlensauren Natrons. Diese Therapie setzt voraus, dass
es sich bei der schwarzen Harnwinde um eine allgemeine Säure¬
inlokication handle, eine Annahme, die jedoch noch des ex¬
perimentellen Nachweises bedarf.
Ebenso hat die Hypothese einer Autointoxication beim Kalbe-
flehter - zu einem Heilverfahren geführt, welches bereits die
günstigsten Erfolge aufgewiesen hat. Schwerkranke Kühe, die
bisher der Regel nach dem Tode verfallen waren, genesen binnen
wenigen Stunden durch Infundiren einer halb- bis einprocentigen
Jodkaliumlösung in die MUchcisternen des Euters. Das Gift
dürfte sich demnach nicht, wie allgemein angenommen wurde, in
der Gebärmutter, sondern in der Milchdrüse bilden. Schliesslich
wird noch kurz der Verdauungstractus als Quelle der Intoxi-
catibnen in die Betrachtung anfgenommen. Hier sind es weniger
die Producte, welche ans der Thätigkeit der lebenden thierischen
Zellte, als vielmehr die der Gährung durch Fermente oder Mikro-
orgänismen, welche mit der Autointoxication im ursächlichen Zu¬
sammenhang stehen. Nur diejenigen Krankheiten, welche durch
die Wirkung saprophytischer Spaltpilze erzeugt werden, lassen
sich noch in das Gebiet der Autointoxication einbezieheD. Denn
die Schädlichkeit bildet sich durch die Veränderung todten Ma¬
terials. Krankheitsprocesse dagegen, welche durch das Schmarotzer-
thutb von Parasiten in lebenden Geweben verursacht werden,
charakterisiren sich als Infection.
Hiernach unterscheiden sich auch Prophylaxe uud Therapie
diesbr Krankheitsgruppen. Ueber diese Unterschiede bemerkt
Redner zum Schluss seines lehrreichen Vortrags Folgendes: „Die
Prophylaxe der Intoxicationen heisst: Verhütung der Aufnahme
des Giftes; die Prophylaxe der Autointoxicationen: Verhütung
der Zurückhaltung oder Bildung des Giftes durch Beeinflussung
def physiologischen Körperfunctionen; die Prophylaxe der Seuchen
und Infectionskrankheiten: Verhinderung der Aufnahme des be¬
lebten Krankheitsgiftes durch die Isolirung erkrankter Thiere
und Desinfection derjenigen Stoffe, welche Träger des Contagiums
sein können.
Die Therapie der Autointoxicationen ist angewandte Toxi-
therapie im weitesten Sinne des Wortes: Entleerung des In-
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364
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
testinaltractus, Neutralisation des Giftes, Erregung aller Secretionen,
insbesondere der Haut-, Speicheldrüsen- und Nierenthätigkeit,
Erhöhung oder Erniedrigung des Stoffwechsels des gesaramten
Körpers oder einzelner Organe. Für die Pharmacotherapie er-
giebt sich die*Regel, der Autointoxication bei der Dosirung und
Auswahl der Mittel gerecht zu werden.“
Ueber Leberabscesse bei Pferden.
Von Professor A 1 b r e c h t.
(W»chr. f. Th. u. Vieha., No. I u 2.)
Die Leberkrankheiten sind beim Pferde sehr schwer zn
diagnosticiren. Der vorhandene Icterus lässt keineswegs immer
auf Erkrankung der Leber schliessen. Leberabscesse scheinen
bei Pferden sehr selten vorzukoramen und sind gewiss am
schwersten festzustellen. A. hat nur einmal ein Pferd mit Leber-
abscessen behandelt. In einem Stall war die Druse aufgetreten.
Eins der Pferde fing fünf Wochen nach dem Auftreten der
Krankheit an schlechter zu fressen und zeigte einen leichten
Kolikanfall. Bei der Untersuchung fand man es abgemagert.
Die Schleimhäute nicht gelb, der Puls etwas beschleunigt und
mässig voll. Die Peristaltik träge, der Koth kleingeballt und
ziemlich hell, aber keineswegs acholisch. Der Harn spielte ins
Braune, war leicht sauer und enthielt auch Eiweiss. Der Rumpf
wurde auffallend steif gehalten. Die Temperatur schwankte
zwischen 40 und 41. Oft trat ein matter Husten ein. Dabei
waren die Luftwege gänzlich gesund. Der Verdacht auf einen
pyämischen Process lag nahe. Den Sitz desselben anzugeben,
war unmöglich. Das Pferd ging unter steigender Abmagerung
und stärkerer Beschleunigung des Pulses nach 12 Tagen zu
Grunde. Sectionsergebniss: Am Respirationsapparat keine Ab¬
normitäten. In der Bauchhöhle 1 1 röthlicb trüber Flüssigkeit.
Verdauungsapparat normal, ebenso die Gekrösdrüsen. In' der
Leber ein grosser und zahlreiche kleine Abscesse. Der erstere
fingerlang, von einer etwa 1 mm dicken Wand nmgeben. Die
kleinen Abscesse bis wallnussgross. Die Milz um ein Drittel ver-
grössert.
Brieflich wurde dem Verf. folgender Fall miigetheilt. Eine
6jährige robuste Stute war seit drei Jahren nie krank gewesen.
Plötzlich zeigte sie Unlust zum Fressen und nahm nur noch
Heu und Stroh zu sich. Sie fieberte und hustete öfter, sonst
war nichts Krankhaftes zu finden. Nach einiger Zeit wurde das
Pferd vorübergehend besser, frass dann fast gar nichts mehr.
Der Husten hatte aufgehört, aber aus dem Wiehern des Pferdes
war ein Hauchen geworden. Der Puls schlug 70—80 mal und
war leidlich kräftig. Die Temperatur stand trotz grosser
Antifebrindosen auf 40—11. Bei der Section fand sich ein
faustgrosser, verkäster Abscess in der Leber, die ausserdem
mit einer grossen Zahl kleinerer Eiterherde durchsetzt war.
Fleisch und Fett leicht icterisch. Der Athmungsapparat ganz
normal.
Als auffällige Erscheinungen traten also hervor: Appetit-
losibkeit, Fieber, Husten, grosse Schwäche und steife Bewegungen.
Der Husten kann nur als Reflex erklärt werden. Auffällig war
in beiden Fällen das Fehlen icterischer Erscheinungen auf den
Schleimhäuten. Die Symptome sind also ziemlich spärlich und
keineswegs charakteristisch. Ausser dem hohen und der Be¬
handlung trotzenden Fieber scheint der reflectorische Husten bei
Normalität des Athmungsapparates charakteristisch und würde
namentlich Verdacht erwecken, wenn eine Druse vorhergegangen
ist. Man muss annehmen, dass der Infectionsstoff von den Kopf-
lymphdrüsen aus in die Leber gelangt ist, wobei freilich auffällig
genug ist, dass die Lungen intact blieben.
Beitrug zum Studium der Asphyxie durch Strangulation.
Von Militärveterinär Magnin-Tours.
(Recueil de mdd vdt. SO. 1. 897.)
Die Strangulation wird verursacht durch die Constriction der
grossen Gefässe der Nerven der Halsgegend und der Trachaea,
resp. des Larynx und hat den raschen Tod zur Folge. Sie
unterscheidet sich vom Aufhängen dadurch, dass dieses noch eine
Zerrung der Halswirbel und eine Verlängerung des Bulbes mit
sich bringt.
M. schildert die Laesionen, die er bei mehreren strangulirten
Pferden vorfand.
In sämmtlichen Fällen war das Blut schwarz, flüssig, un¬
geronnen. Die oberen Regionen des Kopfes und des Halses waren
stark congestionirt; die Jugularis war stark gespannt, die anderen
Gefässe geschwollen und vergrössrt; die Muskeln, das Bindegewebe
der Parotisgegend, der Zunge und der Kehle waren ecchymosirt
und infiltrirt. Die Luftröhre enthielt eine spumöse, röthliche
Flüssigkeit; die Lungen fallen nur wenig nieder; sie sind mit
schwarzem, flüssigem Blut vollgepfropft; ihre Oberfläche ist mit
ecchymotischen Flecken bedeckt, die man auch auf dem Zwerchfell
findet. In der Bauchhöhle ist nichts Bemerkenswerthes zu finden.
Die Cerebralmeningen sind regelmässig stark congestionirt;
auf der Schädelbasis findet man haemorrhagische Herde, die
reichlich vorhandene Hirnflüssigkeit ist dunkelroth gefärbt. In
keinem Falle fand M. cerebrale Haemorrhagien, sowie Fracturen
der Trachaea, des Kehlkopfes oder der Zungenbeine.
M. schlieBst mit der Ansicht, dass die strangulirten Thiere
durch Asphyxie und Congestion der Häute des Centralnerven¬
systems verenden.
Intravenöse Injeetion von Chlorbarium nach DieckerhofT
bei einem Fall von intestinaler Obstroction.
Von Joshua A.Nunn F. R. C. V. S., F. R. G. S., C. I. E. D. S. 0,
Vet.-Major A. V. D.
(Vet Record l l 98, H. 617 )
Eine zehnjährige Stute des in Kensington garnisonirenden
Truppentheils erkrankte am Morgen des 27. Mai an schwerer
Kolik. Die von dem Fahnenschmied eingegebenen Mittel blieben
ohne Wirkung. AlsN. die Stute untersuchte, bekundete dieselbe
starke'Hinterleibsschmerzen und entleerte unter heftigemDrängen ver¬
einzelte, von einer dicken Schleimschicht bedeckte Kothballen von
harter Beschaffenheit. Durch manuelle Untersuchung wurde fest¬
gestellt, dass das Rectum leer war, dagegen war das Colon durch
teste Ingesta angefüllt und ausgedehnt. Die Application eines
Senfbreies auf die Bauchdecken, weiter Bähungen, Infusionen in
den Mastdarm und die Einverleibung verschiedener Medicamente
verschafften der Stute keine Linderung. Vielmehr trieb der
Bauch tympanitisch auf, die Schleimhäute zeigten Inject onsröthe
und der Puls wurde schwach und schnell. Hierauf wurde in die
rechte Jugalarvene eine Einspritzung von Chlorbarium ( , / a Drachme)
gemacht, welche alsbald ihre Wirkung manifestirte, indem unter
heftigem Drängen enorme Mengen von Fäces (etwa eine halbe
Stall karre voll) ausgestossen wurden. In % Stunden wurden
etwa 30 Entleerungen beobachtet. Die ersten waren sehr hart,
die letzten fast flüssig. Die Genesung der Stute trat hiernach
in kurzer Zeit ein.
Der Verf. hat die Dieckerhoff’sche Kolikbehandlung
(Dieckerhoffs treatment) schon in Indien mit Erfolg angewendet.
Er empfiehlt, das Chlorbarium in den Krankheitsfällen möglichst
frühzeitig und nicht erst als extrema ratio, wenn die Kräfte des
Thieres bereits erschöpft sind, zu gebrauchen.
Zu diesem sehr verständigen Rathschlag ist nur noch hinzu¬
zufügen, dass auch die von Dieckerhoff dringend anempfohlene,
fractionirte Dosirung stets berücksichtigt werden möge. Der
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
365
4. Ang\iBt ^ ^8.
Verfasser dieBer Mittheilung hat die Hälfte einer Drachme
= 1,875 g auf ein Mal dem kolikkranken Pferde in die Vene
eingespritzt. Die Anwendung einer so grossen Dosis ist höchst
gefährlich und kann unter Umständen den Tod des Pferdes auf
der Stelle verursachen. Solche Fälle sind natürlich geeignet,
dieses ausgezeichnete Kolikmittel in Misscredit zu bringen.
Hypoderma bovis and ihre jüngsten Larven.
Von P. Koorevaar, Thierarzt am Schlachthof zu Amsterdam.
(Centralbl. f. Bact. 1898, H. 80.)
Ruser und auch Hinrichsen haben 1896 die Ansicht aus¬
gesprochen, dass die Larven von Hypoderma bovis durch die
Maulhöhle in den Rinderkörper gelangten. Verf. wollte die
Richtigkeit dieser Annahme prüfen und ging von der Ueberlegung
aus, dass, wenn die Larven thatsächlich durch die Maulhöhle auf-
genommeu würden, dieselben auch kurz nach dem Anfang des
Schwärmens der Rinderbremse in den obersten Verdauungswegen
gefunden werden müssten. Die Schwarmzeit der Dasselfliege
wird von Juni bis September angegeben, deshalb empfiehlt es
sich bereits im Juni die Rachenhöhle der Rinder auf Larven zu
untersuchen. In Wirklichkeit fand auch K. Ende Juni bei einem
Kalbe von etwa drei Monaten in der Oesophaguswand sehr kleine
glashelle Larven von 2 —i mm Länge. Dieselben lagen im
lockern Bindegewebe zwischen Muscularis und Mucosa.
Im Juli waren die Larven bereits durch die Muskelschicht
hindurch in die Adventitia des Schlundes gewandert. Mitte
August wurden bereits Exemplare im epiduralen Fett des Wirbel¬
kanals angetroflen, besonders wenn Schlund und Mediastinum von
einer grossen Anzahl der Schmarotzer besetzt war. In den Herbst¬
monaten kamen wohl noch ausgewachsene Larven (5—13 mm
lang) in der Schlundwand vor, die Mehrzahl derselben fand sich
jedoch zu dieser Jahreszeit im Wirbelcanal. Nicht selten wurden
in der Zeit vom October bis Januar 40 spirale Larven bei einem
Thier angetroffen. Ein junges Rind hatte 57 Larven im epiduralen
Fett und noch 34 Stück im Schlund. Derselbe sah wegen seiner
stark infiltrirten Wand „wie eine dicke Wurst“ aus. Schmutzig¬
braune Oedeme erstreckten sich in einem proliferirenden Binde¬
gewebe bis unter den Pharynx und hinter die Cardia. In den
Wintermonaten ist das Vorkommen der Larven gleichzeitig im
Oesophagus, epiduralen Fett und in der Subcutis keine Seltenheit
Verf. nimmt an, dass die jungen Lärvchen, welche ans den
auf die Haut abgesetzten Eiern der Dasselfliegenweibchen ans¬
geschlüpft sind, durch ihr Kriechen Juckreiz verursachen. Das
mit den Larven behaftete Rind beleckt die juckenden Hautstellen
und bringt hierdurch die kleinen Larven in die Maulhöhle, welche
im Pharynx die Mucosa durchbohren und von hier aus in die
Wand der Speiseröhre Vordringen, von wo aus später die weitere
Wanderung erfolgt K. stellt über Zeit und Ort des Vorkommens
der Oestruslarven bei den Rindern folgende Regeln auf: Von
im Juni schwärmenden Rinderbremsen werden die Larven an¬
getroffen :
Juli — September im Oesophagus,
September — Januar im Wirbelcanal,
Januar — Mai in der Subcutis und in der Haut.
Von den im September fliegenden Bremsen:
October — December im Oesophagus,
September — Januar im Wirbelcanal,
April — August in der Subcntis und in der Haut.
Die jüngern Rinder sind am häufigsten und auch am stärksten
mit Hypodermalarven behaftet.
Die Infection von Kälbern kann im Jnni mit dem ersten
Weidet? ang statthaben.
Ueber die Ausscheidung der Mikroorganismen durch
drüsige Orgaue.
Von DDr. B i e d 1 und Kraus.
(ZelUehr. t. Hygiene n Infectiomkr. Bd. XXVI, S.)
Seitdem durch eine Reihe von Untersuchungen schon vor
längerer Zeit festgestellt wurde, dass die im Blute kreisenden
Mikroorganismen unter gewissen Umständen nicht nur die ge¬
schlossene Kreislaufbahn verlassen und in die verschiedenen
Gewebe eintreten, sondern speciell bei den drüsigen Organen
zusammen mit den Secretionsproducten in die Aussenwelt
gelangen können; seitdem ferner auch beim Menschen in einer
grossen Anzahl von Infectionskrankheiten die spec. Krankheits¬
erreger in den Se- und Excreten vorgefunden werden konnten,
besteht wohl keine Meinungsdifferenz mehr darüber, dass ein Aus¬
tritt der in die Blutbahn eingedrungenen Mikroorganismen aus
dem Körper möglich ist und in vielen Fällen auch thatsächlich
erfolgt. Die Meinungsdifferenz tritt erst zu Tage bei der Frage
über den Modus des Ueberganges der Mikroben in die Secrete.
Ein Theil der Autoren nimmt an, dass der Austritt von Mikro¬
organismen aus dem Blute und der Uebergang derselben in die
Secrete nur möglich ist, wenn bereits gröbere Gewebsläsionen
bestehen; der andere Theil der Autoren konnte dagegen in zahl¬
reichen Untersuchungen nachweisen, dass gröbere Gewebsläsionen
zum Austritt von Mikroorganismen aus dem Blute absolut unnöthig
sind; trotzdem nahm aber auch diese Gruppe an, dass die
Bacterien vor ihrem Austritt aus den Gefässen an diesen be¬
stimmte, noch nicht nachweisbare Veränderungen herbeiführen.
Diese Veränderung wird die „moleculäre“ Alteration genannt.
Die Elimination der Mikroorganismen aus dem inficirten Körper
kommt also nach beiden Anschauungen nur durch pathologisch
verändertes Gewebe zu Stande Diesen Anschauungen gegen¬
über haben die Verf. schon früher nachgewiesen, dass die im
Blute kreisenden Mikroorganismen durch die vollkommen intacte
Niere infolge ihrer physiologischen Function durchtreten können,
dass demnach eine wirkliche Ausscheidung möglich sei und
thatsächlich erfolge. Verf. dehnten nun ihre dementsprechenden
Untersuchungen auch auf die Leber, Speichel- und Schleimdrüsen
sowie das Pancreas aus und fanden: Bei der Ausscheidung von
Mikroorganismen durch drüsige Organe ist vor Allem als fest¬
stehend zu betrachten, dass von den beiden bei diesem Processe
betheiligten Factoren, nämlich den eingedrungenen Mikro¬
organismen und dem eliminirenden Organismus, dem letzteren die
Hauptrolle zugeschrieben werden muss. Die früheren An¬
schauungen, nach welchen die Art, Form, Grösse und Beweglich¬
keit der Bacterien, ferner deren Pathogenität und Virulenz vor
Allem entscheidend wären und der Organismus selbst sich nahezu
passiv verhielte, können den durch Experimente erwiesenen That-
sachen gegenüber nicht mehr aufrecht erhalten werden. Es liegen
vielmehr Anhaltspunkte vor, welche die Annahme gestatten, dass
sich die Mikroorganismen in dieser Richtung ebenso verhalten,
wie leblose geformte Körperchen, dass sie in Bezug auf die erste
Zeit der Ausscheidung nur als sonstige im Blute kreisende
corpusculäre Elemente betrachtet werden können. Dass die
Mikroorganismen späterhin bei länger bestehender Blutinfection
vermöge ihrer specifisch deletären Wirksamkeit auf den
Organismus sich besondere Wege zu bahnen im Stande sind, ist
natürlich nicht ausser Acht zu lassen. Für die wirkliche Aus¬
scheidung ist in erster Reihe das Verhalten des inficirten Körpers
bezw. seiner secernirenden Organe massgebend. Bezüglich dieses
Factors wissen wir, dass:
1. die normale, unveränderte Gefässwand von im
Blute kreisenden Mikroorganismen auf dem Wege der
Diapedese passirt werden kann,
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366
2. dass auch das intacte Gewebe der Passage kein
Hinderniss entgegenstellt, dass aber
3 die Elimination der Mikroorganismen dennoch
im Wesentlichen an den Ban und die specifische
Leistung der betreffenden Drüsen geknüpft ist. — In
diesem Sinne ist das Erscheinen der Mikroorganismen
in den Drüsensecreten als wirkliche physiologische
Ausscheidung zu betrachten.
Drüsige Organe, bei welchen das Vorkommen einer
solchen Ausscheidung nachgewiesen wurde, sind: Niere
und Leber, während Speichel- (Schleim-) Drüsen und
Pancreas de norma keine Mikroorganismen aus-
scheiden.
Die Galle toller Thiere als Antitoxin gegen Tollwuth.
Von E. J. Frantzius-Tiflis.
(Centralbl. für Bact 1868, H. 18)
Die Erfolge Robert Koch’s mit der subcutanen Verwendung
der Galle pestkranker Rinder gegen die Rinderpest brachten den
Verf. auf den Gedanken, zu versuchen, ob sich die Galle nicht
auch als Heilmittel gegen die Tollwuth bewähre. Nachdem F.
bei verschiedenen Impfungen von Versuchskaninchen und Meer¬
schweinchen bemerkt hatte, dass die Galle tollwuthkranker Thiere
that8ächlich eine neutralisirende Kraft auf das Lyssagift aus¬
zuüben im Stande sei, stellte er folgendes Experiment an. In
einem sterilisirten Glase wurden 0,2 g Lyssagalle mit 0,0 g
starker Emulsion der an Virus fixe eingegangenen Thiere ge¬
mischt und gesunde Kaninchen mit kleinen Mengen dieser
Mischung snbdural geimpft. Neun in dieser Art behandelte Thiere
blieben am Leben, während neun nur mit giftiger Markemulsion
monilirte Controlthiere an Rabies starben.
Aus der Gesammtheit seiner Versuche leitet Verf. mithin
das Ergebniss ab, dass die gesunde Galle der Ochsen, Schweine,
Schafe etc. keine antitoxischen Eigenschaften besitzt, während
die Galle der an Tollwuth eingegangenen Thiere ein Antitoxin
enthält, dass an Kraft alle bis jetzt beschriebenen Rabiesantitoxine
übertrifft.
Durch die Arbeit ist ein neuer Beweis geliefert, dass die
Galle inficirter Thiere neutralisirend auf das Gift der ent¬
sprechenden Infectionskrankheit wirken kann, wie die Galle
giftiger Schlangen gegen die durch den Schlangenbiss bedingte
Vergiftung heilkräftigen Einfluss ausübt.
Tagesgeschiclite.
Ueber die Form der Bezahlung der Dienstverrichtungen
der beamteten Thierärzte.
Von S c h m al tz. r
Die Frage der Besoldung oder richtiger der Bezahlung der
Kreisthierärzte ist Vorjahren aufgetaucht und seither nicht inehr
aus den Erörterungen verschwunden.
Die Aufrollung dieser Frage ist Seitens der Thierärzte
erfolgt. Ganz ohne Bedenken war das nicht. Denn, abgesehen
von allen Hindernissen und Schwierigkeiten, die ja eben durch
ein Vorgehen beseitigt werden sollen und bei dem Entschluss
dazu daher keine Rolle spielen können, hatte diese Angelegenheit
von vornherein zwei heikle Seiten.
Einmal die Ungleichheit der Interessen unter den Kreisthier¬
ärzten selbst.
Es giebt eine Anzahl unter den heutigen Verhältnissen
wirklich guter Kreisthierarztstellen, obwohl diese Zahl wohl nicht
so gross ist, als man vielleicht manchmal glaubt. Es mag sogar
einige aussergewöhnlich gute Stellen geben, welche man auch
als fette Pfründen bezeichnet hat, obwohl sie wohl alle auf¬
reibende Arbeit kosten und deshalb eine Pfründe nicht genannt i
werden können. Die Inhaber solcher Stellen können, das ist ^
No. 31.
ganz klar, bei jeder Neuregulirung nach der rein pecuniären
Seite hin nur verlieren.
Die wohl grosse Mehrzahl aber bilden die Kreisthierärzte,
welche thatsächlich zum grossen oder grössten Theil auf Privat¬
praxis angewiesen blieben, deren amtliche Einnahmen, von vor¬
übergehendem Anschwellen gelegentlich eines Seuchenganges
abgesehen, gering waren und die natürlich ein dringendes
Interesse hatten, eine Erhöhung des für ihr Einkommen erheb¬
lichen Grundgehaltes und eine Revision der einzelnen zu niedrigen
Gebührensätze, noch besser aber einfach eine vollbesoldete Staats¬
beamtenstellung zu erreichen. Dipse stellten auch die, wenigstens
die ersten, Redner für die Reorganisation. Der unläugbare Inter¬
essengegensatz war die eine heikle Seite.
Die andere aber lag in eitler Allen gemeinsamen Gefahr.
Dieselbe besteht darin, dass bei dem Klagen über die Gesainmt-
höhe der Kosten der Veterinärpolizei einerseits und bei dem
Klagen über die Niedrigkeit der Einzelsätze andrerseits schliess¬
lich eine gänzliche Umwandlung des ganzen Bezahlungsprincips
herauskommen könnte, welche sehr wenig dem entspräche, was
die, welche die Bewegung anregten, eigentlich wollten. Wenn
man einzelne Aeusserungen hörte von Kreisthierärzten, „es sei
der gegenwärtige Bezahlungsmodus nicht richtig, denn jetzt
hätten die Kreistbierärzte ja ein Interesse an vielen Seuchen"
und dergleichen, so konnte man sich nicht verhehlen, dass solche
Auffassungen eine grosse Gefahr in sich schlossen, dass sie das
Gespenst der Zukunft, das Pauschquantum, geradezu herauf¬
beschworen.
Dazu kam noch etwas Anderes. Die Kreisthierärzte bezogen,
und das hat sich immer mehr gesteigert, nur einen Theil ihrer
Einnahmen aus Amtsgeschäften vom Staate, einen anderen Theil
von Communen- und Privatleuten. Letztere Einnahmen waren
und sind in einer Anzahl von Stellen sogar recht eiheblich, und
man wird wohl sagen dürfen, dass die Qualität der oben erwähnten
guten Stellen durchweg in solchen Einnahmen begründet ist.
Diese Bezahlung von zwei oder drei Stellen aus, die mit einander
in keinerlei Connex stehen, hatte natürlich einen gewissen Vor¬
theil. Es war zehn gegen eins zu wetten, dass eine Reorgani¬
sation der amtlichen Bezüge und die dabei angestellten Er¬
mittelungen zu einer Aenderung speciell dieses vortheiIhaften
Verhältnisses führen würden.
Diese Angelegenheit, hat sich nun so entwickelt, wie voraus¬
zusehen war und wie ich vorausgesagt habe.
Es Bind zwei Anfragen an die Herren Regierungspräsidenten
ergangen:
1. wie die zu vielen Unzuträglichkeiten Anlass bietende
Einrichtung zu beseitigen sein möchte, dass die beamteten
Thierärzte für eine Reihe von amtlichen Geschäften Ge¬
bühren unmittelbar von den Zahlungspflichtigen zu er¬
heben haben, deren Betrag überdies der Vereinbarung
überlassen bleibt?
2. ob und unter welchen Bedingungen die Gewährung einer
Pauschalvergütung für Reisen in veterinärpolizeilichen
Geschäften anstelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen
an die Kreisthierärzte für möglich und zweckmässig zu
halten wäre?
Es sind diese Fragen wohl Seitens der Regierungen allen
Kreisthierärzten zugestellt worden, und es sind dieselben zugleich
veranlasst worden, die den Regierungen unbekannte Höhe der
Einnahmen aus den nicht von der Staatskasse bezahlten Geschäften
abzuschätzen.
Dass diese Umfrage getheilte Empfindungen erweckt, ist
sicher und geht aus den wenigen bisher laut gewordenen Aeusse¬
rungen hervor.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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4 AuguBt 1Ö98.
In der deutschen Thierärztlichen Wochenschrift sind zwei
Aeusserungen vom Departementsthierarzt Dr. Malkmus und
eine vom Departementsthierarzt Hinrichsen (No. 29, 30 und 31
erschienen).
Dr. Malkmus erklärt sich zunächst gegen die Uebernahme
der jetzt den Unternehmern zur Last fallenden Kosten auf die
Staatskasse (ad 1). Er führt — gewiss zutreffend — aus, dass
die Einnahmen der Kreisthierärzte sich dadurch verringern
würden und dass andererseits mit dem jetzigen Zustand weder
eine Belastung der Staatskasse noch dienstliche Unzuträglich¬
keiten verbunden seien. Denn der Kreisthierarzt brauche diese
Gebühren nicht direct vom Unternehmer zu erhalten, sondern
könne sie durch die Behörde beitreiben lassen. Auch für die Unter¬
nehmer sei der gegenwärtige Zustand vorteilhaft, weil dieselben
gegen Erlegung der Gebühr Ort nnd Zeit der Untersuchung nach
ihrem Interesse wählen können, während der Staat aus Ersparniss-
rücksichten allerlei einschränkende und drückende Vorschriften
werde erlassen müssen.
Bezüglich der Umwandlung der aus der Staatskasse zu
zahlenden Einzelliquidationen in Pauschal Vergütungen hat
Dr. Malkmus ebenfalls gerechtfertigte Bedenken, — nament¬
lich die Schwierigkeit der gerechten Abmessung bei den
Schwankungen der veterinärpolizeilichen Geschäfte, selbst inner¬
halb der einzelnen Kreise, sowie die Befürchtung, dass der Kreis¬
thierarzt ganz anders werde in Anspruch genommen worden,
wenn das Einzelgeschäft nichts koste. Er hält aber die Schwierig¬
keiten für nicht unüberwindlich unter der Voraussetzung, dass
das Grundgehalt erhöht werde, dass das Pauschquantum für jeden
Kreis besonders und in mehrjährigen Zwischenräumen wieder er¬
neut nach Massgabe der Tagebücher festgesetzt werde, wobei
etwa sechs Classen zu schaffen wären, und dass endlich eine
Dienstinstruction erlassen werde. Er meint, dass die Kreis- '
thierärzte dadurch in nähere Beziehungen zum Staate kommen
könnten und die Gewährung von Pensionsberechtigung, Be¬
messung der Pensionen etc. sich leichter vollziehen würde. Er
erklärt also unter gewissen Bedingungen Pauschalvergütungen
ans der Staatskasse für möglich und zweckmässig.
Departementsthierarzt Hinrichsen ist bezüglich der von
den Unternehmern zu tragenden Gebühren etwas anderer Meinung
als Malkmus. Er meint, dass Unzuträglichkeiten bestehen und
die Uebernahme auf die Staatskasse gerechtfertigt sei, namentlich
bei Revisionen von Gast- und Händlerställen und Privatschlacht¬
häusern, kurz bei solchen Anlässen, wo einzelne Personen die
Kosten tragen müssen. Er fürchtet allerdings auch eine Ver¬
ringerung der Einnahmen nnd namentlich die Möglichkeit, dass
den Kreisthierärzten möglichst viele solche Verrichtungen
„gelegentlich“ aufgetragen werden würden. Er schlägt vor, unter
Erhöhung des Grundgehalts und der Diäten auf 9 M., die
Revisionen der Gast- und Händlerställe und Privatschlachthäuser
auf die Staatskasse zu übernehmen, während alle übrigen im
öffentlichen Interesse erwachsenden Kosten vorläufig weiter von
Unternehmern unmittelbar erhoben werden sollten. Der Zukunft,
die eine weitere Steigerung der amtlichen Thätigkeit bringen
werde müsse es Vorbehalten bleiben, eine Pauschalvergütung im
Allgemeinen an Stelle des jetzigen Liqnidationswesens zu setzen.
Soweit die bisher veröffentlichten Aeusserungen.
Man könnte vielleicht meinen, dass ja alle einzelnen be¬
amteten Thierärzte Gelegenheit erhalten hätten, ihre Meinung
zu äussern, und dass daher eine literarische Besprechung über¬
flüssig sei. Auch sind vielleicht nur die beamteten Thierärzte
völlig competent, diese Sachlage zu beurtheilen. Nachdem eine
Aeusserung von solchen nun aber hier nicht eingegangen ist,
halte ich es, vollends, nachdem in der Presse die Discussion eröffnet
367
ist, für berechtigt, auch meinerseits dieser Frage eine Betrachtung
zu widmen.
Es könnte zunächst angesichts der sich jetzt bietenden
Perspective, die Frage auftauchen, ob es nicht vielleicht besser
gewesen wäre, an der Besoldungsfrage überhaupt nicht zu rühren.
Diese Frage ist mit Nein zu beantworten. Von einigen weniger
geeigneten Aeusserungen abgesehen, war das Vorgehen der be¬
amteten Thierärzte richtig und nothwendig. Namentlich ist es
nur vorteilhaft, dass erst ganz kürzlich auf der Central-
Vertretung völlige Klarheit über die tatsächlichen . Wünsche
der Kreisthierärzte geschaffen wurde. Dort hat sich gezeigt,
dass nicht blos die Inhaber schlechter Stellen, sondern auch die¬
jenigen guter Stellen einmütig den gegenwärtigen Zustand für
verbesserungsbedürftig halten. Die letzteren werden sich darüber
klar geworden sein, dass eine Reorganisation zugleich ein Ni¬
vellement bringen kann, welches ihnen in manchen Punkten Opfer
auferlegt. Sie müssen demnach sich in die Ueberzeugung ein¬
gelebt haben, dass diese Opfer durch gewisse der Gesammtheit
zu gewährende Vortheile aufgewogen werden können.
In der Tbat wäre es nicht richtig gewesen, ans Be¬
sorgnis vor der Verringerung gewisser Vorteile sich in Still¬
schweigen zu hüllen, wenn auf der andern Seite — dies aller¬
dings vorausgesetzt — grössere und allgemeinere Vorteile zu
erlangen sind.
Die beamteten Thierärzte haben um so weniger Grund, die
durch sie erfolgte Umfrage zu bereuen, als bei der Beurteilung
der jetzigen Umfrage zweierlei jedenfalls feststeht.
Erstens ist das die Gewissheit, dass die leitende Staats¬
behörde, wenn sie eine Umwandlung unternimmt, nicht beab¬
sichtigt, auf der einen Seite zu geben, um auf der andern
mindestens ebensoviel zu nehmen. Man darf vielmehr das feste
Zutrauen haben, dass die einmal begonnene Reorganisation in
ihrer Gesammtwirkung eine tatsächliche grosse Förderung
werden wird, selbst wenn zugleich manches aufgegeben werden
müsste. Die Energie, mit welcher die Umwandlung der Departements¬
tierarzt stellen, die noch vor 10 Jahren ein frommer Wunsch schien,
durchgeführt ist, lässt in Bezug auf die bestehenden Absichten
und die Triebkräfte ihrer Verwirklichung keinen Zweifel zu.
Zweitens ist der gewählte Weg der Umfrage bei den Re¬
gierungen, und mittelbar bei den Kreisthierärzten, der denkbar
beste, um über die Verhältnisse und Wünsche wirkliche Auf¬
klärung zu erhalten. Denn die Befragung einzelner Techniker oder
einzelne öffentlich laut werdende Stimmen geben oft kein richtiges
Bild. So hätte man z. B. auch aus der reichlichen Pressdiscussion
den Schluss ziehen können, dass die Anhänger der „Vollbesoldung
untef Beseitigung der Privatpraxis“ mindestens eine starke Partei
bildeten, und ich gestehe, dass ich selbst überrascht gewesen bin,
als dann bei der mündlichen Berathung der Centralvertretung
sich Einstimmigkeit für den gegenteiligen Standpunkt ergab.
Die Antworten der Kreisthierärzte werden also die wirk¬
liche allgemeine Meinung ja in unmittelbarer Treue zum Aus¬
druck bringen. Wie diese Antworten ausgefallen sein mögen,
ist mir nicht bekannt.
Dass bezweifle ich aber nicht; das Pauschquantum ist etwas
Unheimliches wohl für die Mehrzahl. Und die misstrauische Be¬
trachtung dieses Gebildes hat unzweifelhaft ihren Grund. Man
begrdft sie, wenn man an die Ansichten denkt, die früher hier
und da hervorgetreten sind darüber, was etwa den Thierärzten
angemessen sei. Man ist zwar zu dem Schluss berechtigt, dass
die Anschauungen sich geändert haben, ob dies aber allseitig der
Fall gewesen ist, darüber ist man doch noch nicht sicher. Und
dann denkt man auch an die Erfahrungen, welche die bayerischen
Colle^en mit dem Pauschquantum gemacht haben.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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368
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
Trotzdem also diese Bedenklichkeit mindestens erklärlich ist,
so wäre es doch weder thnnlich noch richtig, den Gedanken des
Pauschquantums a limine abzuweisen. Es bedarf doch vielmehr
näherer Prüfung, ob nicht ein Pauschquantum innerhalb gewisser
Grenzen zweckmässig bezw. erträglich wäre für gewisse Aequi-
valente und unter bestimmten Voraussetzungen. Es handelt sich
nur darum, über eben diese Voraussetzungen keinen Zweifel anf-
kommen zu lassen.
Dasselbe gilt hinsichtlich der anderen Frage, ob die Staats¬
kasse die' Auszahlung gewisser jetzt von den Unternehmern be¬
zahlten Gebühren selbst übernehmen soll. Auch hier handelt es
sich um die Erwägung von Voraussetzungen und Aequivalehten.
Selbstverständlich ist, dass durch die Einführung der beiden
Neueinrichtungen, auf welche sich die Anfragen des Ministeriums
beziehen, eine ganz andere Sachlage geschaffen würde, als die¬
jenige war, welche die Centralvertretung bei ihren Beschlüssen
in Betracht ziehen konnte. Auf dieser neuen Basis würden die
Beschlüsse vielleicht theilweise anders lauten. Es ist also nicht
ausgemacht und bleibt zu untersuchen, ob die Gewährung der
dort ausgesprochenen Wünsche die Voraussetzungen schaffen
würde, unter denen jene Neueinrichtungen für die Thierärzte
zufriedenstellend würden. (Schluss folgt.)
VI. Plenar-Yersammliiiig der Central Vertretung: der
thierärztlichen Vereine Prenssens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
(Fortsetzung.)
Mitwirkung der Thierärzte bei der Thierzucht.
Antrag des Vereins schlesischer Thierärzte.
Die Central Vertretung wolle beschliessen, den Herrn
Minister zu bitten, er möge die Mitwirkung der Thier¬
ärzte bei der Hebung der Viehzucht veranlassen'* dnd
die Gewährung von Staatsbeiträgen zu Thierschauen,
Stutenmusterungen and ähnlichen landwirtschaftlichen
Veranstaltungen von der Voraussetzung abhängig
machen, dass den Prämiirungs - Commissionen je ein
Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied angehöre.
(Punkt 8 der Tagesordnung).
Referent: Departementsthierarzt Dr. Arndt.
Der vorliegende Antrag ist in der Herbstsitzung des Vereins
schlesischer Thierärzte gestellt worden, und zwar einerseits in
Erwägung der wie anderwärts so besonders in Schlesien hervor-
tretenden Thatsache, >
dass den Thierärzten in allen thierzüchterischen Angelegen¬
heiten im Allgemeinen kein oder doch ein ganz unzureichen¬
der Einfluss eingeräumt wird; dass hierdurch den Thier¬
ärzten ein ihnen zukommendes und dankbares Arbeitsfeld
entzogen bleibt und ihr Ansehen nach dieser Richtung eine
grosse Einbusse erleidet,
andererseits
in der Erwägung, dass nach dem Beispiel anderer Staaten
die Thierzucht gerade durch die Mitwirkung der Tbierärzte
eine wirksame Förderung erfährt.
Wie die Verhältnisse bei uns bis zur Gegenwart noch liegen,
ist zu bekannt, als dass ich mich ausführlich darüber verbreiten
müsste. Mit wenigen Ausnahmen werden fast überall nicht nur
die Körgeschäfte, sondern auch alle andern landwirtschaftlichen
Veranstaltungen im Interesse der Thierzncht — wie Stuten- und
Fohlenausstellungen und Thierschauen nebst Prämiirungen — der
Regel nach ohne Zuziehung oder mitentscheidende Thätigkeit der
Thierärzte abgehalten. <
ln Süddeutschland dagegen, vor Allem in dem durch den i
Aufschwung seiner Viehzucht berühmt gewordenen Grossherzog- I
thum Baden, ist der Thierarzt der berufene Sachverständige,
dessen Mitwirkung die erzielten Erfolge nicht zum geringsten
Theile zu verdanken Bind.
Wenn nun auch zur Erklärung dieser Gegensätze bezw. der
bevorzugten Stellung der süddeutschen Collegen in der Thier¬
zucht die grossen und beispiellosen Verdienste des Altmeisters
Lydtin obenan gestellt werden müssen, so kommen des
Weiteren doch noch sehr wesentlich die wirthschaftlichen Ver¬
hältnisse der Länder sowie die Verwaltung derselben in Betracht.
Dass die wirthschaftlichen Verhältnisse von besonderem Ein¬
fluss auf die Heranziehung der Thierärzte in der vorliegenden
Frage sind, ergiebt sich ohne Weiteres daraus, dass auch bei
uns in Norddeutschland in einzelnen, allerdings sehr begrenzten
Gebieten die thierärztliche Mitwirkung in der Viehzucht sich er¬
möglicht und nutzbringend entwickelt hat. Thierärzte, wie der
mir persönlich befreundete College Faller in Simmern, wie auch
der hier anwesende College Sch armer in seinem früheren
Wirkungskreise und gewiss noch viele Andere haben sich Namen
und Ansehen dadurch verschafft. Es sind jedoch Ausnahmen und
betreffen Gegenden mit vorwiegend bäuerlichem bezw. kleinem
Grundbesitz, namentlich gewisse Theile der westlichen Provinzen
(Rheinland, Hessen, Schleswig-Holstein) u. dgl. Der kleine
Mann mit seinen bescheidenen Mitteln und seinem beschränkteren
Gesichtskreise kann sich zum selbständigen Züchter nicht heraus¬
bilden, er bedarf der Anlehnung und Führung.
Wo aber der Grossgrundbesitz zu Hause ist oder auch nur
die führende Stelle einnimmt, da ist der Thierarzt bisher nicht
nur entbehrlich erschienen, seine Mitwirkung ist sogar nicht ge¬
wünscht und als ein Eindringen in ihm nicht zustehende Gebiete
angesehen worden.
Gerechterweise wird man ja ohne Weiteres zugeben müssen,
dass unsere Grosslandwirthschaft in ihrer heutigen Entwickelung
die Fragen der Thierzucht zu einem beträchtlichen Theile ihrer
Vertreter in mustergiltiger Weise beherrscht; gestehe ich doch
unumwunden ein, dass ich meine Kenntnisse der Materie in der
Hauptsache dem Verkehr mit thierzüchterisch tüchtigen, ge¬
bildeten Landwirthen verdanke.
Es ist aber auch nicht zu verkennen, dass oft ein gewisser
Dünkel unserer adeligen Grossgrandbesitzer, namentlich der
früheren Cavallerie-Officiere, dem Thierarzt die Betheiligung an
der Viehzucht, insonderheit der Pferdezucht erschwert oder ganz
unmöglich macht.
Thatsächlich dominirt nun in dem weitaus grössten Theile
Deutschlands der Grossgrundbesitz.
Auch in der Art der Landesverwaltung liegen Schwierig¬
keiten für eine gedeihliche Bethätigung der Thierärzte.
In einem kleineren Lande oder Gebiete mit einfacher Ver¬
waltung, wie etwa in Baden, musste es einem vorzüglich be-
anlagten Thierarzte gelingen, einen hervorragenden Einfluss auf
die Zucht zu erlangen; anders in einem grösseren Staate oder
anch nur in einer Provinz, in welcher verschiedene Verwaltungen
neben einander laufen und sich nicht selten entgegen arbeiten.
Sehr fühlbar ist dies unlängst erst hervorgetreten bei dem
Erlass der Zwangskörordnung für die Provinz Schlesien vom
4. April d. J.
Nachdem unter dem 19. August v. J. für die Provinzen
Schlesien und Hessen-Nassau das sogenannte Bollenhaltungsgesetz
erlassen worden war, welches die Gemeinden zur Haltung einer,
dem Bedürfnis entsprechenden Zahl Ballen verpflichtet, wurde
in nothwendiger Ergänzung desselben die Einführung des Kör¬
zwanges in die Wege geleitet.
Im Regierungsbezirke Oppeln, in welchem bereits einige gut
functionirende Kreiskörordnungen bestehen, war man sich dar-
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4. August 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
369
über einig, dass der Kreisthierarzt neben den vom Kreisansschuss
bezw. der Landwirthschaftskammer zn bestimmenden Mitgliedern
ebenfalls ein ständiges Mitglied der Körcommissionen sein müsse.
Es wurde dies auch in dem diesbezüglichen Entwürfe zu einer
Körordnung zum Ausdruck gebracht. In der Motivirung des¬
selben wurde die Zugehörigkeit des Kreisthierarztes zur Com¬
mission als unerlässlich bezeichnet und darauf biügewiesen, dass
derselbe mehr als jeder Andere Gelegenheit finde, in die Ställe
und Wirtschaften auch der kleineren Viehbesitzer des Kreises zu
kommen und deren Bedürfnisse kennen zu lernen; auch werde er
als Commissionsmitglied leicht eine nutzbringende ständige Con-
trole über die Haltung der Bullen in den Gemeinden ausüben
können.
Ich hatte erwartet, dass diese Auffassung bezüglich der
Zusammensetzung der Körcommission überall die gleiche sein
würde, es ist aber anders gekommen.
In der Ober-Präsidial-Verordnung vom 4. April lautet der
über die Bildung von Körcommissionen handelnde § 3:
Für jeden Körbezirk wird eine Körcommission gebildet.
Dieselbe besteht, je nach der Anordnung des Kreis-
ausschusses aus 3 bis 5 Mitgliedern.
Die Mitglieder sind vom Kreisausschuss nach Anhörung
der Kreiscommission der Landwirthschaftskammer zu wählen.
Der Kreisansschuss bestimmt den Vorsitzenden und seinen
Stellvertreter. Für jedes Mitglied ist ein Stellvertreter zu
wählen. Die Wahl erfolgt auf 6 Jahre. Die Mitglieder
haben jedoch ihr Amt bis zum Eintritt ihrer Nachfolger weiter
zu führen.
Der Thierarzt ist also darin zunächst ganz unberücksichtigt
geblieben. Allerdings findet sich in dem dazu ergangenen Aus¬
führungserlasse am Schlüsse folgender Passus:
„Schliesslich bemerke ich, dass die Körordnung über die
Betheiligung des Kreisthierarztes an den Körterminen
nichts enthält. Es wird jedoch hierdurch die Befugniss des
Landraths nicht ausgeschlossen, im Veterinär-polizeilichen
Interesse die Theilnahme desselben an einzelnen Kör¬
terminen anznordnen, wie es andrerseits auch zulässsig und
vielfach auch erwünscht sein wird, dass der Kreis-Thier¬
arzt zum Mitgliede der Körkommission gewählt wird.“
Was diesem Wunsche bei den bekannten Tendenzen der in
Schlesien dominirenden Grossgrundbesitzer für eine Bedeutung
zuznmessen ist, liegt nahe.
Ein analoges Beispiel, wie schwierig es ist, im Verordnungs¬
wege allgemeine Massregeln für ein grösseres Verwaltungsgebiet
einzufdhren, liefert die beabsichtigte Einführung der allgemeinen
Fleischschau. Das, was sich in einem Regierungs-Bezirk
(Oppeln) spielend durchführen liess, gestaltete sich ausserordentlich
schwierig, als es sich um die Einführung für die ganze Provinz
handeln sollte.
Jedenfalls ist die Mitwirkung der Thierärzte Schlesiens am
Körgescbäft durch die angeführte Verordnung sehr aussichtslos
geworden.
Da auch anderwärts sich bezüglich der Betheiligung der
Thierärzte an der Körung vielfach dieselben Schwierigkeiten
entgegenstellen werden, scheint es zweckmässig, zunächst davon
abzusehen, diese Frage in den dem Herrn Minister event. zu
unterbreitenden Antrag hineinznziehen.
Dagegen erscheint es n. m. A. nicht aussichtslos, das zu
erstreben, was z. Z. wenigstens erreichbar ist; das sind die iu
dem Antrag gestellten Forderungen, dass die Gewährung von
Staatsbeiträgen zu Thierschauen etc. an die Bedingung geknüpft
ist, dass je ein Thierarzt als stimmberechtigtes Mitglied den
Prämiirungscommissionen angehöre.
Bei der Begründung dieses Antrages wird, neben dem Hin¬
weise darauf, dass die bisherige Stellung der preussischen Thier¬
ärzte in thierzüchterischen Fragen ihrem Ansehen nicht entspricht,
znm mindesten nicht förderlich ist, in erster Linie der Nutzen
zu betonen sein, welcher nicht nur der kleinen, sondern auch der
grossen Landwirtbschaft aus einer Betheiligung der Thierärzte
an allen die Thierzucht betreffenden Fragen erwächst. Bei aller
Würdigung der Befähigung der Landwirthe zur Beurtheilung der
zur Zucht qualificirenden Eigenschaften eines Thieres im All¬
gemeinen, ist doch der thierärztliche Sachverständige eben nicht
ganz zu entbehren. Man muss es mit angesehen haben, wie oft
bei Thierschauen, namentlich bei Stutenmusterungen oder Fohlen¬
schauen, Thiere mit thatsächlich schon vorhandenen vererbbaren
Lahmheiten oder auch Augenfehler, ja nicht selten der Dämpfig¬
keit (Kehlkopfpfeifen), bezw. mit der unverkennbaren Anlage zu
bestimmten groben Mängeln prämiirt oder mit freiem Deckschein
u. s. w. ausgestattet worden sind.
Hier ist der Thierarzt unentbehrlich, und
auf diese Seite der Thätigkeit d e s s e 1 b e n wi r d
der Schwerpunkt zu legen sein, in höherem Masse
jedenfalls, als auf die Fähigkeit, die Thiere nach Rassereinheit,
Leistungsvermögen für bestimmte Zwecke u. dergl. in. zu be¬
urteilen.
Bezüglich der letzteren Fähigkeit darf man sich allerdings
der Erkenntniss nicht verschliessen, dass die preussischen Thier¬
ärzte zum grösseren Theile ausreichende Kenntnisse nicht besitzen,
theils in Folge einer bedauerlichen Lücke in der thierärztlichen
Ausbildung, theils auch eben deshalb, weil nur wenige Thierärzte
Gelegenheit haben, sich durch die Praxis in rein thierzüchterischen
Fragen fortzubilden. Giebt es doch manchen schon Jahre lang
thätjgen Thierarzt, der den Geburtsakt aus eigner Anschauung
nicht kennt; und nun erst der Anfänger; durch die harmloseste
Frage aus dem Gebiete der Aufzucht junger Thiere wird er
nicht selten in die grösste Verlegenheit gebracht.
Man wird aber auch weiter noch zugeben müssen, dass es
unter den jüngeren Collegen, manch Einem, wenigstens in den
ersten; Jahren seiner Thätigkeit noch sehr daran gebricht, auch
den rein thierärztlichen Theil in der Frage der Vieh¬
zucht gründlich zu bestreiten. Vom thierärztlicben Stand¬
punkte ist das wohl zn begreifen, es fällt eben kein Meister vom
Himmql, und zur Fertigkeit in der Praxis reicht die kurze
Studienzeit nicht aus.
Der Landwirth begreift dies jedoch nicht und lächelt über¬
legen Uber den Thierarzt, der bei einem notorisch spatlahmen
Pferde die Lahmheit am rechten oder linken Vorderfusse sucht.
Ich möchte es an dieser Stelle nicht unausgesprochen lassen, dass
namentlich eine Reihe verantwortlicher Stellen, Kreisthierarzt¬
stellen mit zu jungen Collegen besetzt werden, nicht selten mit
solchen, die eben von der Hochschule bzw. der Assistenten¬
zeit kommen und noch mit keinem Fusse in der Praxis ge¬
wesen. sind.
Mit Rücksicht auf die mangelnde Routine Einzelner ist auch
bei Besprechung des Antrages im schlesischen Verein davon ab¬
gesehen worden, die Zuziehung der beamteten Thierärzte zu fordern;
es ist als nützlich nod erforderlich hingestellt worden, dass über¬
haupt nur ein Thierarzt zugezogen werde.
Bei dieser weiteren Fassung und bei der heute schon ziem¬
lich dichten Verbreitung der Thierärzte dürfte es wohl überall
möglich sein, einen für die Beurtheilung der Thiere nicht nur
wissenschaftlich, sondern auch praktisch hinlänglich geschulten
Thierarzt erlangen zu können.
Ich bitte demnach den Antrag des Vereins schlesischer
Thierärzte: annehmen bezw. darüber beschliesseu zu wollen.
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370
BERLINER THLERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
Der Präsident dankt dem Referenten nnd bemerkt, dass die
thierärztliclien Körperschaften die Beschäftigung der Thierärzte
mit der Thierzucht niemals aus den Augen verloren hätten und
dass auch der Deutsche Veterinärrath sich in seiner Berliner |
Sitzung damit befasst habe. In der Sache selbst bestehe wohl
Einmiithigkeit.
Maikimi8 stimmt den Ausführungen Arndt’s zu, wünscht aber
in der Eingabe an den Herrn Minister, dass mit der Nothwendigkeit
der Mitwirkung der Thierärzte an der Thierzucht zugleich begründet
werde die Nothwendigkdt eines weitergehenden Unterrichts in
der Thierzucht an der thierärztlichen Hochschule. Die thier¬
ärztliche Hochschule in Hannover erhalte bei ihrem Neubau nicht
einmal einen Rassestall, während die Berliner allerdings einen
besitze. Eine solche Einrichtung sei für den Unterricht vom
höchsten Werth. Sie ermögliche nicht allein die Rassenkenntniss,
die Lehre von der Haltung der Thiere, den Unterricht in der ,
Handhabung des Messstockes u. s. w. wesentlich zu unterstützen,
sondern gewähre zugleich den Anschauungsunterricht in der j
Geburtshülfe. In beiden Disciplinen, Thierzucht wie Geburtshülfe,
sei eine practischere Ausbildung der Studirenden nicht länger zu
entbehren.
Schmaitz vermag den Werth des Rassestalles nicht anzu¬
erkennen. Der Berliner Rinderstall stifte mehr Aerger als Nutzen.
Der Ankauf unter Berücksichtigung dt-r Mittel sei so schwierig,
dass von einer wirklichen vollständigen Sammlung von Vertretern
der interessanten Rassen nicht die Rede ^ei. Der Geburtshülfe
diene der Stall nun schon gar nicht, denn die wenigen Geburten
bei einem bis anderthalb Dutzend Standkühen vollzögen sich
meist des Nachts. Er erinnere sich nicht eines Falles, wo die
Studirenden eine Geburt im Rassestall hätten mit ansehen können.
Thierzucht könue seiner Ansicht nach überhaupt nicht auf der
Academie, sondern nur in practischer Bethätigung gelernt werden.
Abgesehen davon aber empfehle er aus tactischen Gründen, die
ganze AusbiMungsfrage in der Eingabe nicht zu erwähnen. Denn
wenn man über die mangelhatte Ausbildung der Thierärzte klage,
so gebe man ja gewissermassen den Landwirthen Recht, welche
sagen: „Wir wollen die Thierärzte nicht in den Körcommissionen,
denn sie verstehen davon nichts.“ Der Hauptzweck der Eingabe
werde also durch die Verbindung mit der Ausbildungsfrage eher
gefährdet als unterstützt.
Scharmer und Arndt sprechen sich dahin aus, dass allerdings
der Unterricht ein anderer, viel weitergehender und practischer
werden müsse.
Lothes betont, dass die Körorduungen schuld an dem ganzen
Uebelstand seien. Die alten Körordnungen seien viel besser ge¬
wesen. Im Rheinland waren früher die Kreisthierärzte Mitglieder
der Körcommissionen. Nach der neuen Körordnung seien sie es
nicht mehr. Den Thierärzten werde somit jede Gelegenheit zu
officieller Betheiligung bei thierzüchterischen Angelegenheiten
entzogen. Dies sei die Wurzel des Uebels.
Esser erkennt an, dass auch an der Ausbildung der .'Thier¬
ärzte in der Thierzucht nnd Geburtshülfe noch manches zu bessern
sei Ob aber die thierärztlichen Hochschulen, selbst mit noch so
vortreftliehen Einrichtungen, wie Rassestall u. dergl., überhaupt
im Stande seien, alles zu bieten, was noth thue, scheine zweifel¬
haft. Der academische Unterricht könne nicht alles leisten.
Uebrigens stehe aber ja dem nichts entgegen, dass in der Ein¬
gabe an den Herrn Minister auch auf die möglichste Ausgestaltung
des Unterrichts hingewiesen werde.
Einem Antrag auf Schluss der Debatte wird zugestimmt.
Der Antrag des schlesischen Vereins wird angenommen.
(Schluss des Berichtes folgt.)
Mitwirkung der Thierärzte bei der Pferdezucht
Der Centralvorstand des rheinpreussischen landwirtschaft¬
lichen Vereins hat den Thierärzten in Pferdezucht-Angelegenheiten
eine Vertretung eingeiäumt, in dem er in den Ausschuss für
Preisvertheilung bei Pferdeschau den Departementsthierarzt
Dr. Lothes zu Cöln als Mitglied und den Veterinärassessor
Koll-Coblenz als Stellvertreter gewählt hat.
Aus den Hundstagen?
Für eine Hundstagsnachricht muss man wohl folgende Mit¬
theilung der „Kieler neuesten Nachrichten“ vom 13. Juli halten,
die aber doch, weil einmal veröffentlicht, hier nicht unerwähnt
bleiben kann. Der Ausschuss für Rinderzucht der Landwirth-
8chaftskammer für die Provinz Schleswig bezw. die Kammer
auf Antrag jeneB Ausschusses soll nämlich nach dem genannten
Blatte beschlossen haben: „Da bei Feststellung von Seuchen
Irrthümer untergelaufen seien, wodurch das Vertrauen zu der
Zuverlässigkeit der jetzigen Seuchenfeststellung erschüttert werde,
so solle die Staatsregierung ersucht werden, die endgültige Ent¬
scheidung in Form eines Obergutachtens einem Collegium zn
übertragen, welches aus einem Docenten einer thierärztlichen
Hochschule, dem Veterinärpliysicus und einem in dem betreffenden
Kreise ansässigen Landwirthe zu bestehen habe.
Wir können die Nachricht, wenigstens in dieser Form, un¬
möglich für richtig halfen. Es läge doch eine zu groteske Selbst¬
überschätzung iu der Idee: „Die Kreisthierärzte können keine
Seuchen feststellen; das können nur Departementsthierärzte und
Professoren; aber auch die können es nicht allein, sondern müssen
dazu noch einen Landwirth als Beirath haben, nnd solche Land¬
wirthe, die mithin mehr verstehen müssen als sämmtlicke Kreis¬
thierärzte, und mindestens soviel, wie ein Professor, findet man
unter -den Eingesessenem jedes.Kreises“ .„.Wozu. in...aller ..Welt
würde man eigentlich noch Thierärzte ausbilden, wenn sie blos
Dinge lernen, die sozusagen jeder Bauer besser weiss Ausser¬
dem aber liegt die gänzliche Unausführbarkeit und Unüberlegtheit
eines solchen Antrages zu unzweifelhaft klar, als dass man
glauben könnte, eiue officielle landwirthschaftliche Vertretung
könne es für richtig finden, an den Herrn Minister für Landwirt¬
schaft mit einem derartigen Ansinnen überhaupt ernsthaft heran¬
zutreten. Wir halten also die Zeitungsmeldung für falsch.
Im Uebrigen sei bemerkt, dass diagnostische Irrthümer in derge-
sammten Medicin unvermeidlich sind, dass Klagen daher nur berech¬
tigt sind, wenn solche Irrthümer sich häufen sollten, und dass über
häutige Fehldiagnosen beiThierseuchen noch niemals geklagtwerden
konnte, gewiss auch nicht in Schleswig, wo ein Belir tüchtiger
Stamm einheimischer Thierärzte sitzt, die sonst mit den Land¬
wirthen sich immer in bestem Einvernehmen befunden haben, so
dass auch gerade aus dieser Provinz ein derartiges landwirtschaft¬
liches Misstrauensvotum besonders unwahrscheinlich klingt.
Sieg des Frauenstudiums.
Bekanntlich hat der Aerztetag neuerdings wieder mit
grosser Majorität und einem Schwall von Gründen gegen das
medicini8che Studium der Frauen Stellung genommen. Dass die
Aerzte die weibliche Concurrenz fürchten, wird zwar zurück¬
gewiesen, der Gedanke an sich, ohne ihn als Motiv jener Stellung¬
nahme bezeichnen zu wollen, liegt aber nahe genug. Denn in den
Städten wird vielleicht einst der weibliche Hausarzt überwiegen:
Frauen und Kinder bilden ja das Gros der „leichten Patienten"
und alles Andere wird mehr und mehr der Specialist besorgen. Im
Streit gegen die Anerkennung der weiblichen Collegen werden
die heutigen Aerzte so sicher unterliegen, wie die alten boch-
mögenden Mediciner gegenüber den einst auch aus ihrem Ge-
lehrtenkreise ausgeschlossenen Chirurgen. Denn die Zulassung
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371
4. August 1898.
BERLINER Till ER ÄRZTLICH E WOCHENSCHRIFT.
weiblicher Aerzte ist nicht bloss eine Forderung der Gerechtigkeit
den Frauen gegenüber, welche studiren wollen, sondern sie ist
in der Gesammtheit unserer sittlichen Anschauungen begründet
und ist bloss deshalb nicht längst hervorgetreten, weil die Vor¬
bedingung, die studirenwollende Frau, fehlte. Es ist mit unsern
Anschauungen und Gefühlen, nicht bloss mit denen der Franen,
sondern auch mit denen der Männer, unvereinbar, es ist geradezu
empörend, dass Frauen sich in intimen Angelegenheiten an Männer
wenden müssen, die nicht ihre Ehemänner sind. Wem das noch
nicht zum Bewusstsein gekommen ist, der hat eben noch nicht
darüber nachgedacht oder nicht nachdenken wollen. Man hat
sich bis jetzt abgestumpft gefügt, weil es nicht anders ging.
Jetzt aber, wo sich die Möglichkeit einer Aenderung zeigt, wo
auch das breitere Publikum anfängt nachzudenken, wird es nicht
lange dauern und ein Sturm der öffentlichen Meinung wird die
Hindernisse wegfegen, die jetzt noch gerade in Deutschland diesem
Fortschritt bereitet werden. Andere Staaten sind schon weiter
und es ist soeben das Fräulein Dr. Katharina von Tuschen -
broeck zum Professor der Gynäkologie ernannt worden, nicht
etwa in Petersburg oder Zürich, sondern in — Utrecht. Ist das
deutsche Publikum wirklich noch schwerfälliger als der biedere
Holländer? Denn die Volksstimmung muss hier den Wandel
schaffen. Es hiesse den Aerzten zuviel zumuthen, wenn man
erwarten wollte, dass von ihnen eine Förderung des Medicin-
studium8 der Frauen ausgehen sollte; sie sind in dieser Frage
nothgedrungen Partei.
Oeffentliches Veterinär wesen.
Fleischschau und Viehverbehr.
Viehbestand und Fleischverbrauch in England im Jahre 1897.
Der eben herausgegebene, von Mtyor Craigil erstattete
Jahresbericht des englischen landwirtschaftlichen Ministeriums
für das Jahr 1897 giebt Aufschluss über den Viehbestand und den
Fleischverbrauch in England.
Was zunächst die Fleischpreise betrifft, so sind allerdings
die Durchschnittspreise nicht nach einem einheitlichen System,
wie z. B. bei den Kornpreisen aufgenommen worden, es sind in¬
dessen die Notirungen der verschiedenen Märkte zusammengestellt
und ist hiernach der Durchschnitt berechnet worden. Für die
letzten fünf Jahre stellt sich der Durchschnitt folgendermassen:
Britisches Rindvieh
Britische Schafe
per
Cent.
per
Cent.
8. d.
bis
s. d.
s. d.
bis s. d.
1893
39,8
ff
66,6
51,4
„ 75,10
1894
33,10
ff
63,0
50,2
„ 81,8
1895
37,4
ff
63,0
54,10
,. 82,10
1896
32,8
ff
61,10
45,6
„ 75,10
1897
33,10
ff
63,0
51,4
„ 79,4
Die Preise haben demnach gegen das Vorjahr eine Steigerung
erfahren, wenn auch die hohen Fleischpreise vom Jahre 1893
nicht wieder erreicht worden sind. Bei der Berechnung der
Preise ist das Schlachtgewicht der Thiere zu Grunde gelegt. Bei
dem inländischen Schlachtvieh stellten sich die Preise am Londoner
Viehmarkt auf 33/10 bis 63/10, am Liverpooler Markt auf 35/0
bis 49/0, am Glasgower Markt auf 35/0 bis 53/8. Am Londoner
Fleischmarkt, wo auch das gekühlte und gefrorene Fleisch, sowie
das Fleisch von den Thieren gehandelt wird, welche lebend irn-
portirt werden, sind die Preise niedriger 30/4 bis 57/2. Beim
importirten frischen Rindfleisch ist als Durchschnittspreis für 1897
per Cent. 38 s. 5 d. angegeben. Bei jeder Gattung Rindfleisch
waren die Preise im Berichtsjahre höher als 1896.
Das Schaffleisch, welches von inländischen Schafen stammt,
ist ebenfalls gegen das Vorjahr im Preise gestiegen, am Londoner
Viehmarkt wurde notirt per Cent. 51/4 bis 79/4, am Londoner
Fleischmarkt 23/4 bis 67/8, am Liverpoolmarkt 42/0 bis 70/0, am
Glasgower Markt 47/10 bis 65/4, dagegen zeigt das gefrorene
Hammelfleisch einen weiteren Preisabfall auf 30/3. Seit dem
Jahre 1882, wo zuerst 9500 Tons gefrorenes Hammelfleisch ein¬
geführt wurden, die durchschnittlich 67 b. per Cent, erzielten bis
zum Jahre 1897, wo 160000 Tons eingeführt wurden, die durch¬
schnittlich 30 s. 3 d. erzielten, ist der Preis um 55 Procent ge¬
fallen.
Der Handel nach Lebendgewicht bricht sich nur lang¬
sam in England Bahn. Von 11150C0 Stück Rindvieh, die 1897
in 19 Städten zum Verkauf gestellt waren, wurden nur 112 000
(10 pCt.) gewogen gegen 92000 von 1219 000 Thieren im Jahre
1893. 78 000 Stück sind 1897 nach Lebendgewicht gehandelt
worden (1893 57 000 Stück). Als Durchschnittspreis für 100 Pfund
(engl.) Lebendgewicht wurden notirt:
London Liverpool Newcastle
I. Qual.
II. Qual.
I. Qual.
II. Qual.
I. Qual.
II. Qual.
s. d.
8. d.
8. d.
8. d.
8. d.
s. d.
1893
39,4
35,0
34,6
29,4
35,10
31,4
1894
38,6
34,0
32,4
28,4
35,4
34,0
1895
38,0
34,4
33,8
27,10
35,4
33,0
1896
37,0
32,0
32,4
28,4
33,10
30,4
1897
38,10
33,8
32,8
30,0
36.2
30,8
'
Aberdeen
Dundee
Edinburgh
I. Qual.
II. Qual.
I. Qual.
H. Qual.
I. Qual.
II. Qual.
s. d.
s. d.
s. d.
s. d.
8. d.
s. d.
1893
37,4
33,2
35,4
33,2
36,0
33,8
1894
36,3
32,3
34,2
31,10
34,8
33,4
1895
36,8
32,9
35,3
33,2
35,1
34,6
1896
34,10
31,6
33,6
31,4
33,4
32,6
1897
36,0
33,0
35,0
32,6
35,8
33.10
Für III. Qualität sind Lebendgewichtspreise nicht zu geben,
weil diese zu wenig nach Lebendgewicht gehandelt werden. Man
sieht aber doch, dass auch die Lebendgewichtspreise gegen das
Vorjahr eine Steigerung erfahren haben.
Die Einfuhr von lebenden Thieren, Fleisch, Molkerei-
producten, Eiern und Geflügel hat im Jahre 1897 ebenfalls zu¬
genommen. Der Werth der Einfuhr dieser Producte stellte sich auf
71500000 £. Gegen 1896 hat der Werth der Einfuhr des leben¬
den Viehes um rund 1000 000 £, des Fleisches um 2 500000 £.
und der Molkereiproducte um 1800 0GO £. zugenommen.
Die Einfuhrzahlen im Berichtsjahre sind für Rinder
618 000 Stück, für Schafe 612 000 Stück. Diese Thiere repräsen-
tiren -einen Fleischwerth von 4 500 000 Cent., während das ein¬
geführte Rindfleisch, Hammelfleisch, Speck, Schinken und präservirte
Fleisch über 14 700000 Cent, ausmacht. Gegen 1896 ergiebt sich somit
ein Ueberschuss von 1 650 000 Cent. Auf den Kopf der Bevölkerung
kommen 1897 54 Pfund eingeführtes Fleisch gegen 40 Pfund im
Jahresdurchschnitt 1891/95. Da die Zahlen für das einheimische
Fleisch nahezu dieselben geblieben sind, hat der Fleisch¬
verbrauch in England wiederum zugenommen. Rechnet man
den einheimischen Fleischverbrauch schätzungsweise hinzu, so
entfällt auf den Kopf der Bevölkerung pro Jahr 131 Pfund Fleisch
gegen 122 Pfund pro Jahr in der Zeitperiode 1891/95. Der
Fleischbedarf ist demnach vom Inlande nur mit 59 pCt. gedeckt
worden, während vom Auslande 41 pCt. der Fleischnahrung heran¬
gezogen sind.
Unter den Quellen der Fleischversorgung von auswärts
nehmen die Vereinigten Staaten den ersten Platz ein. Zwei
Drittel der lebend eingeführten Rinder kommen von diesem Lande.
Argentinien hat mehr Schafe lebend eingefdhrt als irgend ein
anderes Land. Das eingefuhrte Fleisch ist mehr als zur Hälfte
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372
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 31.
ans Amerika bezogen. Drei Viertel des frischen Rindfleisches
und mehr als zwei Drittel des eingeführten Specks und Schinkens
sind amerikanischen Ursprungs. Die zweite Stelle nimmt Australien
ein. Mehr als zwei Drittel des eingeführten Hammelfleisches
kamen von diesem Erdtheil.
Der Lebendviehbestand Englands zeigt ira Jahre 1897
einige bemerkenswerthe Veränderungen. Die Rinder haben be¬
sonders in Schottland zugenommen, namentlich der Bestand von
älteren Thieren. Im Westen und Südwesten Englands zeigt der
Viehbestand eine Abnahme. Für den Totalbestand stellen sich
die Zahlen folgen dermassen:
Rindvieh.
Kühe
2 Jahr alt
und darüber
1—2 Jahr
alt
Unt. 1 Jahr
alt
Zusammen
1893
2 355 000
1580 000
1355000
1211000
6 701000
1894
2460000
1517 000
1217 000
1153000
6 347000
1895
2 466 000
1432 000
1 190 000
1247 000
6 335 000
1896
2 512000
1385000
1306 000
1311000
6 494000
1897
2 532 000
1323000
1361000
1284000
6500 000
Der Schafbestand hat hinsichtlich der Zuchtschafe um
81000 Stück zugenommen. Lämmer waren 237 000 Stück weniger
vorhanden. Ein Jahr und darüber alte Schafe haben um 209 000
abgenommen.
Schafe.
ZuchtBchafe
Andere
ält. Schafe
Zusammen
Schafe
Lämmer
Schafe u.
Lämmer
1893
10 129 000
6 911000
17040 000
10041000
27 231000
1894
9 668 000
6 343 000
16011000
9 851000
25 862 000
1895
9 663000
6 334 000
15 997 000
9 795 000
25 791 000
1896
9 226000
6 428 000
16 354000
10 352000
26 706000
1897
10007000
6219000
16 226 000
10115 000
26 341000
Der Schweinebestand zeigt auffallende Aenderungen in den
letzten Jahren, wie nachfolgende Zahlen ergeben.
Schweine.
Zachtschweine
Andere Schweine
Zusammen
1893
309 000
1805 000
2114 000
1894
351000
2 039 000
2 390000
1895
415 000
2 469 000
2 884000)
1896
394 000
2 485 000
2 879 000'
1897
334000
2008000
2 342 000
Fassen wir die Einzelheiten des Berichtes zusammen, so er-
giebt sich vor allen Dingen die Thatsache, dass der Fleischver¬
brauch in England im Steigen begriffen. Die Veranlassung des
Mehrverbrauchs muss darin gesucht werden, dass die Einfuhr von
Fleisch ständig zugenommen und die Preise für das eingeführte
Fleisch ständig niedriger geworden sind. Die Zunahme der
Lebendvieheinfuhr ist aber ein deutlicher Fingerzeig dafür, dass
das Publikum dem in England geschlachteten Fleisch den Vorzug
giebt. Deshalb behaupten sich auch die Preise für da^ ein¬
heimische Vieh nicht nur, sondern sind sogar gestiegen? Der
brittische Landwirth wendete sich aus diesem Grunde wieder
mehr und mehr seinem eigentlichen Berufe, dem der Vieh¬
züchtung und Viehmästnng zu, wie die Zunahme der Rinder und
Schafe erweisen. Die Schweinezucht und -Mästung zeigt wohl
aus dem Grunde einen Rückgang, weil sie unter den Swine fever-
Bekämpfungsmassnahmen sehr zu leiden hat
_ Kübnan.
Personalien.
Ernennungen : Thierarzt Dr. Kaspärek-Wien zum ausser¬
ordentlichen Professor der Thierseuchenlehre und Veterinärpolizei
Neustadt a. d W. N. in Weiden (Oberpfalz), Thierarzt Joh. Aigner-
Bruck in Pfaffenbausen (Schwaben!.
Gewählt: Thierarzt Vortmann zum 2. Schlachthofthierarzt
in Osnabrück, Thierarzt Miesen er zum städt Thierarzt in Berlin.
Promotion: ThierarztR. Schmidt-Elbing zum Dr.rer. nat von
der naturwissenschaftl. Facultät der Universität Tübingen.
Approbationen: Berlin: die Herren Fritz Guhrauer, Arthnr
Hellmuth, Friedrich Otto, Willy Pitt, Hugo Schröter,
Heinrich L o h b e c k.
Wohnsitzveränderongen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt A. B o k e m ü 11 e r - Sontra (Hessen-Nassau) nach Cassel, Thier¬
arzt 0. Schmidtke-Rastatt nach Halle a. S., Thierarzt Jos.
Z i s s 1 e r - Stepperg nach Ising (Oberbayern), Thierarzt Sigm.
S ette 1 e-Ising nach Pasing, Thierarzt Hugo Heiss-Pasiog
nach Straubing. — Thierarzt J. Dahms hat sich in Stargard i.
Pom. niedergelassen.
In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt an der Militär-Lehr¬
schmiede in Berlin Rossarzt Krüger vom Train-Bat. No. 4, zum
Rossarzt: UnterroBsarzt G a u c k e vom Ul.-Rgt No. 4, zu Rossärzten
des Beurlaubtenstandes: Die Unterrossärzte der Res. Wertheim
und T r o p s. — Versetzt: Oberrossarzt Hönscher von der Militär-
Lehrschmiede in Berlin zum Feld-Art..-Rgt No. 21, Rossarzt
M i c h a 1 s k i vom Hus.-Rgt No. 4 zum Train-Bat. No. 4. — Rossarzt
Matzki vom Kür.-Rgt. No. 8 auf seinen Antrag mit Pension in
den Ruhestand versetzt.
Todesfälle: Kreisthierarzt Kruckow-Rosenberg (Marienwerder),
KreiBthierarzt a. D. Vormeng -Neustadt (Westpr.).
Berichtigung: Die Herren Seybold undMögele sind Assistenten
an der thierärztlichen Hochschule zu Stuttgart, (nicht, wie in
No. 30 verschrieben war, zu Hannover).
Vacanzen.
Krelsthlerarrtstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. —
R.-B. Königsberg: Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Liegnitz: Görlitz (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B. Marien¬
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen-: R.-B. Br e*« Tau: «tdlnaint. 0.‘ — R:-B."DlTs s e 1 <förf:
Cleve. — R. - B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). —
R.-B. Gumbinnen: Insterburg. Stallupönen (Assistent des Grenz¬
thierarztes). — R.-B. Oppeln: FalkenbergO./S. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun. — Neustadt
(Herzogthum Coburg): Amtstbierarztstelle.
Sanitätsthlerarztstelien :a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew. an Magist.—
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum
1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). — Gux¬
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitschen. — Schwarzenau.—
1898 bekannt gegebene: Argenau: Thierarzt (nicht selbst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Cal lies: Thier¬
arzt. Bew. an Magistrat. — D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt
— Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde¬
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch-
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat —
Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). —
Nus8e b. Mölln i. L. - Obermarschacht (Elbe). — Satow
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr.-Nien-
hagen bei Gerdshagen (Mecklbg.-Schw.), und Thierarzt Hallier-
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi¬
strat. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
600M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Sanitätsthierarztstelle Osnabrück.
an der böhmischen Universität in Prag.
Zu Distriktsthierärzten: Thierarzt Max Spiegler-
Verantwortlich fflr den Inhalt (excl. InseratODthell) Prof. Dr. Schmälte ln Berlin. — Verla* und Eiirenthum von Richard Schoete ln Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin.
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Dl* „BaUaar Thlarftrvtlleh« W<xshen«chrift“ eraohetnt
wöchentlich ln Stftrk« ron mlndeiten« 1'/« Bogen. Dleielbe
Ut so bestehen durch den Buchhsndel, die Po*t (No. 1081}
oder durch die Verlegabuebbandlung ron Rieh erd
Bchoets, Berlin NW, Luiiemtruae 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierte 1Jehr.
Berliner
Originalbeltrlge werden mit SO Hk. für den Bogen honorirt
Alle Manutcripto, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man tu «enden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierirstliche Hochschule, NW., Lniienetrasse 56.
Correctnren, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagabuehhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 32 . Ausgegeben am 11. August.
Inhalt: Schnaltz: Ueher die Form der Bezahlung der Dienstverrichtungen der beamteten Thierärzte.—
Referate : Merkt: Die Trepernation der Schädelhöhle beim Rind. — flobday: Ueber die therapeutirchen und toxicologisczen
Wirkungen des Chinosols. — Basch und Wekminsky: Ueber die Ausscheidung von Mikroorganismen durch die thätige
Milchdrüse. — Galli: Der gegenwärtige Stand der Krage Uber die Indentität der Diphtherie des Menschen und der Vögel. —
Schwartz: Ueber Ganglienzellen am Herzen der Säugethiere. — Petrone: Sichtbarmachung der Kerne der rothen Blut¬
körperchen. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: VI. Plenar-Versaramlung der Central Vertretung der thier-
ärztlichen Vereine Prenssens zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898. (Schluss.) — Verschiedenes. — Oeffentliches Vete¬
rinärwesen: Fleiechschau und Viehverkehr. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Gerichtsentscheidungen. — B üc h e r •
Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber die Form der Bezahlung der Dienst¬
verrichtungen der beamteten Thierärzte.
Von
Sohnaltz.
(Schluss.)
Zweierlei muss man, wenn es sich um Beurtheilung
der gegenwärtigen Einkommensverhältnisse der Kreis¬
thierärzte handelt, vorausBchicken.
Zunächst ist von dem Gesammteinkommen der Kreisthierärzte
ein hoher Betrag für thatsächliche Unkosten abznziehen.
Wenn aber auch ein Kreisthierarzt 6000 M. netto einnimmt,
so hat er noch lange nicht das Einkommen eines Staatsbeamten
mit 6000 M. Gehalt. Denn letzterer bekommt Pension und
WohnangBgeldznschuss. Ersterer muss das Wohnungsgeld ab-
ziehen und dann noch soviel erübrigen, dass er ein Capital j
sammelt, welches eine der Höhe der Pension entsprechende Leib- I
Rente giebt Erst was danach bleibt, ist dasjenige Einkommen,
welches er ebenso gut, wie der peusionsberechtigte Staatsbeamte,
verwenden kann und was mit dessen Gehalt in Vergleich tritt.
Rechnen wir den Fall, das der Staatsbeamte X. mit 10 Dienst-
Jahren im 40. Lebensjahr dienstunfähig würde, so hat er von
6000 M. Gehalt 1500 M. Pension. Wenn er 60 Jahr alt wird,
also noch 20 Jahre die Pension bezieht, so sind das 1500x20 M.=
30000 M. Nachzahlungen. Der Kreisthierarzt N. würde, um in
gleichem Falle 20 Jahre hindurch eine jährliche Rente von auch
nur 1000 M. (entsprechend einem Gehalt von 4200 M.) zu haben,
sich von seinem Diensteinkommen in den 10 Dienstjahren jährlich
1300 Mark (Zins auf Zins gerechnet) haben zurücklegen müssen,
wozu noch ein Abzug von rund 500 M. für Wohnungsgeld kämen.
In Wirklichkeit hätte also der Staatsbeamte X. 6000 M. zu
verzehren, Kreisthierarzt N. 6000—1800 = 4200 M.
Oder ein anderes Beispiel: Ein Beamter mit 6000 M. geht
in Pension mit 60 Jahren nnd wird anch nur 70 Jahre alt. Er
hat 30 Jahre Dienstzeit Das giebt eine Pension von 3700 M. (incl.
Pensionsquote vom Wohnungsgeld) oder 10 X 3700 = 37 000 M.
Nachzahlungen. Gesetzt den Fall, ein Kreisthierarzt hätte mit
30 Jahren ein Netto-Elinkommen von 6000 M., was gar nicht
möglich ist and behielte es 30 Jahre. So würde er, um auf
10 Jahre eine Rente von auch nur jährlich 3150 M. (Pensions¬
satz von 5000 M.) zu haben, jährlich (Zins auf Zins gerechnet) 570 M.
erspart haben müssen. Von seinem Einkommen wären also jährlich
570 M. - 4 - 500 M. Wohnungsgeld = 1070 M. abgegangen und
dasselbe wäre in der That nur einem pensionsfähigen Einkommen
von 4950 M gleichgekommen.
Nehmen wir zwischen beiden Fällen das Mittel, so ergiebt
sich für den Vergleich des Einkommens eines pensionsberechtigten
Staatsbeamten und eines Kreisthierarztes, dass man erstens von
demTetztereii etwa 500 M. statt Wohnungsgeldzuschusses in Abzug
bringen muss nnd dass von dem Rest der Kreisthierarzt
durchschnittlich jährlich etwa 18 %, d. h. fast ein Fünftel zurück¬
legen muss, nm eintretenden Falls eine Pension zu haben, welche
einem peusionsfähigen Gehalt in Höhe von etwa drei Vierteln
seines Einkommens entsprechen würde. Das Einkommen eines
beamteten Thierarztes ist also einem in der Summe gleichen
Gehalt eines pensionsberechtigten Beamten im Werthe nicht
gleich, sondern nur gleich etwa drei Vierteln davon, weil der
Kreisthierarzt kein Wohnungsgel bezieht und ihm die Pensions¬
berechtigung fehlt.
Dies muss doch erwogen werden, wenn man unter den
heutigen Verhältnissen die heutigen Einkünfte eines Kreisthier¬
arztes mit denen eines pensionsberechtigten Staatsbeamten ver¬
gleicht
Andrerseits würde natürlich umgekehrt die Verleihung der
Pensionsberechtigung ein Viertel der heutigen Einkünfte auf¬
wiegen.
Ebenso, wie das pensionslose Einkommen mit pensions*
fähigem Gehalt nicht zu vergleichen ist, sind zweitens die Tage¬
gelder der Kreisthierärzte etwas ganz Anderes als die
Tagegelder der übrigen Staatsbeamten. Die letzteren
werden für ihre Dienstleistung bezahlt durch ihr Gehalt'; das
Tagegeld ist nur ein noch hinzukommender Ersatz für die durch
den Aufenthalt ausser dem HanBe entstandenen Auslagen und, so¬
weit ein Ueber8chn88 bleibt, für die Mühwaltung der Reise an sich.
Für den Kreisthierarzt ist das Tagegeld nicht blos Tage¬
geld in diesem Sinne, sondern zu gl eich Gehalt Es stellt seine
Bezahlung für die tägliche Dienstleistung selbst dar. Denn das
sogenannte Grundgehalt ist seiner Geringfügigkeit nach sowie
nach ausdrücklicher Bestimmung nur eine Bezahlung fdr die
Verrichtungen am Wohnort. Daran würde sich auch nichts
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BE EILINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 82.
374
ändern, wenn das jeteige Grundgehalt eine geringe Aufbesserung
erfahren sollte. Demnach sind im Tagegeld der Kreisthier¬
ärzte thatsächlich zwei ganz verschiedene Bestandteile
versteckt, und damit sie erkennbar werden, wäre es richtig,
entweder statt des Tagegeldes zwei verschiedene Gebühren zu
zahlen oder vor allen den Namen Tagegeld ganz zu be¬
seitigen, damit der Irrthum verschwinde, als ob diese „Tage¬
gelder“ mit den Tagegeldern der übrigen Staatsbeamten innerlich
verglichen werden könnten.
Diese Erwägung müsste natürlich ganz entscheidend ins Ge¬
wicht fallen, wenn es sich einmal darum handeln sollte, Pausch-
quanten und überhaupt neue Einheitssätze unter veränderten
Verhältnissen festzustellen.
Stellen wir einmal eine Rechnung aut, wieviel ein voll¬
besoldeter Beamter täglich ausser etwaigem Tagegeld erhält.
Nehmen wir einen mittleren Beamten mit 4500 M. Gehalt und
300 M. Wohnnng8geldzu8chuss an. Das sind auf den
Tag 13 M. Die Rechnung modificirt sich jedoch etwas.
Das Jahr hat 365 Tage, wovon rund 65 Feiertage. Ausserdem
erhalten Beamte durchschnittlich 4 Wochen Urlaub. Es bleiben
also überhaupt nur 270 Arbeitstage im Jahre übrig. Auf diese
Arbeitstage muss das Gehalt vertheilt werden, denn auch der
Kreisthierarzt bekommt nur dann etwas, wenn er beschäftigt ist.
4800
Da ergeben sich = 18 M. täglich. Reist ein mittlerer Be¬
amter, so erhält er ausserdem 9 M. Tagegelder, macht für einen
Reisetag 27 M. excl. Reisekosten.
Wieviel soll nun ein Kreisthierarzt an einem Arbeitstage
erhalten?
Dass dem Kreisthierarzt die Möglichkeit bleiben muss, bei
zuerkannter Pensionsberechtigung 4500 M. und den Betrag eines
massigen Wohnungsgeldes jährlich netto zu verdienen, nehme ich
als feststehenden Satz an. (Ohne Pensionsberechtigung würde
dieser Satz nach obiger Berechnung auf 6000 M. steigen.)
Wollte man dies Einkommen für die Stellung des Kreisthierarztes
noch zu hoch finden, so muss bedacht werden: erstens, dass dieses Ein-
kommenihm nicht festgezahlt wird, wie anderenBeamten, sondern dass
er nur sozusagen ein Tagesgehalt ausgezahlt erhält an jedem
Tage, an dem er beschäftigt ist; zweitens, dass, wenn er im Dienst ist,
dieser Dienst mit dem der Bureaubeamten, denen man ihn etwa
gleichstellen möchte, nicht zu vergleichen ist, weder nach den
körperlichen und sonstigen Anforderungen, noch in der Regel
auch nach der Zahl der Arbeitsstunden.
Also nehmen wir 4500 M. + 300 M. Wohnungsgeld = 4800 M.
als berechtigtes Nettoeinkommen eines pensionsberechtigten
Kreisthierarztes an, so muss er bei 270, ich möchte sagen etats-
mässigen, Arbeitstagen täglich also 18 M. netto verdienen. Dazu
kommen ein persönlicherTagesaufwand bei Reisen von 5 M.,*) macht
23 M.; endlich die tägliche Quote für Unterhaltung von Kutscher,
Wagen und zwei Pferden (mit denen man oft kaum ausreicht);
Diese Quote ist mit 7 M. täglich sicher nicht zu hoch ver¬
anschlagt. Da aber die Reisekosten nur eben für Reisetage
gezahlt werden, Kutscher und Pferde aber tägliches Geld kosten,
so muss dieser Aufwand auf die wirklichen Reisetage (die auch
nicht 270 betragen werden) vertheilt werden. Dann erhöht sich
der Satz für einen Reisetag auf 10—12 M. (Miethsfnhrwerk wäre
noch theuerer).
•) Von dem Tagegeld von 9 M. würden also 4M. übrig bleiben,
die mit in den Netto-Verdienst einzurechnen sind, obwohl bei anderen
Beamten auch dieser Ueberschuss neben dem Gehalt (alias Netto¬
verdienst) herläuft. Da der KreiBtbierarzt aber sehr viel reist, so
stellt jener Ueberschuss eine laufende Einnahme dar, welche also in
der Netto-Einnahme eine Rolle spielt.
Es muss also für einen Arbeitstag auf Reisen eine Brutto-
Einnahme von 33—35 M. herauskommen, wenn ein pensionsbe¬
rechtigter Kreisthierarzt einen Beamten mit 1500 Thaler gleich
gestellt sein soll.
Ein nicht pensionsfähiger Thierarzt (bezw. Kreisthierarzt),
der sich, im Gegensatz zu Beamten, eine die Pension vertretende
Rente heraussparen muss und demnach noch 1500 M. mehr netto
verdienen muss, würde eine Bruttoeinnahme von ca. 40 M. haben
müssen.
An den Tagen, wo der Kreisthierarzt staatlich nicht in An¬
spruch genommen ist, muss er zusehen, wie er sich durch Privat¬
praxis sein Tageseinkommen verdient.
An dem Tage, wo ihn der Staat in Anspruch nimmt,
muss ihm aber auch der Staat sein Tagesgehalt ge¬
währen.
Rechnet man die sachlichen Unkosten durchschnittlich als durch
die Reisekosten gedeckt, so wären noch 23 M. (einschliesslich
des persönlichen Reiseaufwands) für einen vollen im Staats¬
interesse ausserhalb des Wohnortes verwendeten Tag zu zahlen.
Am Wohnort selbst müssten 18 W. gezahlt werden (wofür das
Grundgehalt entsprechend anzurechnen wäre).
Wenn die Kreisthierärzte gegenwärtig 6 M. Tagegelder er¬
halten, und selbst wenn sie 9 M. erhielten, so arbeiten sie that¬
sächlich, mit anderen Beamten verglichen, fast umsonst, denn sie
bekommen bei Dienstreisen blos das, was andere Beamte ausser
ihrem Gehalte erhalten und wovon gegenwärtig den Kreis-
thierärzten nur eine Kleinigkeit übrig bleibt
Wenn das bisher nicht hervorgehoben worden ist, wenn man
stillschweigend acceptirt hat, dass die sogenannten Tagegelder
der Kreisthierärzte mit den Tagegeldern besoldeter Beamten ver¬
glichen wurden, obwohl sie factisch eine ganz andere Bedeutung
haben, wenn noch neulich die Kreisthierärzte um eine Erhöhung
dieser „Tagegelder“ auf blos 9 Mk. erbeten haben, so hatte das
seinen Grund in Verhältnissen, welche eine radicale Umwandlung
erfahren, sobald jene beiden an die Regierungen gerichteten Um¬
fragen im bejahenden Sinne beantwortet werden sollen.
Früher, als noch wenig veterinärpolizeilich zu thun war, da
war der Kreisthierarzt eben einfach Privatmann; ein Thierarzt
der ein für alle Mal mit staatlichen Aufträgen bedacht wurde,
ebenso wie ein Localblatt ein für allemal die amtlichen Annoncen
erhält. Das nicht hohe Entgelt war eine angenehme Nebenein¬
nahme. Pferd und Wagen hatte man doch nötig, der Privatpraxis
wegen; die Privatpraxis war durch die amtliche Thätigkeit so gut
wie gar nicht behindert. Was man an Tagegeldern und Reise¬
kosten einstrich, war baarer Nettoverdienst.
Mit der Zeit hat sich das sehr verändert. Die amtlichen Ge¬
schäfte sind mehr und mehr Hauptsache geworden. Das Ver-
bältniss wurde ein umgekehrtes. Man mu s ste Pferd und Wagen
für die amtliche Thätigkeit halten und konnte die curative
Privatpraxis nur noch nebenbei erledigen. Zu gewissen Zeiten
musste man diese curative Privatpraxis ganz vernachlässigen.
Dadurch wurde die Rechnung schon ganz anders.
Jedoch abgesehen davon, dass mit der kreisthierärztlichen
Function andererseits auch indirecte Vortheile für die curative
Privatpraxis verbunden waren, so wurde ein Ausgleich
namentlich durch einen anderen Umstand herbeigeführt.
Es entwickelte sich nämlich eine andere, ich möchte sagen, eine
polizeithierärztliche Privatpraxis. Während die curative
nothwendiger Weise ebenso einschrumpft, als die veterinärpolizei¬
liche Beschäftigung sich ausdel.nt, hatte diese neue Privatpraxis
den Vortheil, in ganz demselben Masse zu steigen. Sie hatte ferner
das Gute, dass sie in Kreisen, wo curativ nicht viel zu thun
das war, sich gauz ebenso entwickelte. Sie verwandelte daher
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11. August 1898.
viele bisher ganz schlechte Stelleu in leidliche und hat einige, wie
schon oben erwähnt, ganz ungewöhnlich gute Stellen geschaffen.
Diese „polizeiliche Privatpraxis“ besteht eben in jenen Ein¬
nahmen ans amtlichen Verrichtungen, welche die Unternehmer etc.
(also jedenfalls nicht die Staatskasse) bisher zu tragen haben.
Dieselben haben sich mehr und mehr zu Haupteinnahmen, an
Stelle der früheren curativen Privatpraxis, entwickelt. Die Ein¬
nahmen aus der Staatskasse blieben nach wie vor Nebenein¬
nahmen. Jene Privateinnahmen allein haben es bewirkt, dass den
Kreisthierärzten bisher noch nicht zum Bewusstsein gekommen ist,
dass sie eigentlich aus der Staatskasse keine Bezahlung für ihre
Dienstleistungen erhalten und dass die Tagegelder eine Bolche
Bezahlung nicht sind.*)
Wenn nun diese recht beträchtliche halbamtliche (oder wie
man es nennen will) Privatpraxis verstaatlicht werden soll und
damit staatliche Bezahlungsgrundsätze Platz greifen, so ist die
entscheidende Voraussetzung ganz klar: Dann müssen eben
auch die bisherigen Grundsätze der staatlichen Be¬
zahlung der Kreisthierärzte sich ändern.
Wenn man auch diese Privatpraxis aufhebt und damit die
bisherige Ausnahmestellung des Kreisthierarztes unter den Be¬
amten beseitigt, so muss man auch seine Ausnahmestellung in
der BeBoldnng beseitigen, d. h. man muss ihm auch ein Gehalt
zahlen und muss aufhören, die Tagegelder, die andere Beamte
neben dem Gehalt beziehen, als genügende Bezahlung zu be¬
trachten.
Wie man dieses Gehalt zahlt, ist dabei Nebenfrage, wenn nur
überhaupt eins gezahlt wird. Man könnte dem Kreisthierarzt ein
festes Jahresgehalt zahlen oder man kann ihm Tagesgehälter für
die Tage, an denen er beschäftigt ist, also etwa eine Beschäftigungs¬
gebühr zahlen. Das Erstere wird nicht in der Absicht liegen.
Das Letztere ist das bessere für beide Theile, für die Staatskasse,
die nichts umsonst zu geben braucht, und für den Beamten, der
das angenehme Bewusstsein hat, dass seine Einnahmen sich ganz
nach seinen Leistungen richten.
Diese Tagesgehälter oder Beschäftigungsgebühren müssten
also neben den Tagegeldern in gewöhnlichem Sinne gezahlt
werden.
Es kann m. A. n. gar keine Rede davon sein, dass den
Kreistbierärzten statt ihrer bisherigen Einnahmen aus jenen
von den Unternehmern etc. zu bezahlen den Geschäften etwa blos die
staatlichen Tagegelder geboten werden könnten, selbst wenn die¬
selben auf 9 oder 12 M. erhöht würden.
Es müssen den Kreisthierärzten Gebühren gezahlt werden,
welche nicht unter dem Namen „Tagegelder“ einbegriffen werden
dürfen, damit nicht der unrichtige Vergleich dieser Tagegelder
mit den Tagegeldern anderer (im Genüsse eines vollen Gehaltes
befindlicher) Beamter für die Bemessung jener Gebühren mass¬
gebend bleibt.
Diese Gebühren würden für den vollen Arbeitstag ca. 15 M.
betragen, bei Reisen neben 9 M. Tagegeldern und den Reise¬
kosten, welche wohl künftig nach dem allgemeinen Gesetz über
Reisekosten etc. berechnet werden dürften.
Üb man bei kurzdauernden Geschäften die Gebühren nur
halb (jedoch bei vollem Tagegeld) auszahlen sollte und dergl.,
das sind Details, worauf es hier nicht ankommt.
Ebenso mag dahingestellt bleiben, ob diejenigen veterinär¬
polizeilichen Geschäfte, welche bisher aus der Staatskasse bezahlt
*) Bei der Verschiedenartigkeit der Stellen und der Beschäftigung
trifft das natürlich nicht für alle Verhältnisse zu. Eb giebt auch
Stellen, wo die 6 M .Tagegelder täglich und in so kurzer Zeit bezw.
ohne Aufwand verdient werden, dass sie eine Bezahlung darstellen
Dies ist aber die Ausnahme.
375
wurden, gegen ermässigte Gebühren oder auch ferner gegen aller¬
dings erhöhte Tagegelder geleistet werden könnten. Hierbei könnte
ja als Aequivalent die Möglichkeit betrachtet werden, dass der Kreis¬
thierarzt sich mit curativer Privatpraxis noch etwas verdient.
Freilich darf diese Möglichkeit nicht hoch angeschlagen werden,
denn die amtlichen Geschäfte wachsen immer mehr und würden
rapide wachsen, wenn die besprochenen Umwandlungen sich voll¬
ziehen sollten. Und wenn der Kreisthierarzt noch Privatpraxis
ausübt, so thut er es sicher nnter einem Aufwand von Arbeit
und Zeit, der den eines gewöhnlichen amtlichen Arbeitstages er¬
heblich übersteigt.
Jedoch dies sind, wie gesagt, vorläufig Nebenfragen. Die
Hauptsache lässt sich in dem Satz zusammenfassen: Die Ein¬
nahmen der Kreistkierärzte aus den bisher nicht aus
der Staatskasse bezahlten dienstlichen Verrichtungen
dürfen nicht durch einfache, wenn auch erhöhte Tage¬
gelder abgelöst werden. Es müssen vielmehr neben
den Tagege Idem Gebühren für die amtlichen Geschäfte,
auch am Wohnorte, gezahlt werden, deren ungefähre
Höhe nach den obigen Ausführungen zu veranschlagen wäre.
Ein zweites kommt noch hinzu. Wenn durch jene Um¬
wandlung die Kreistkierärzte noch mehr als bisher den übrigen
Beamten gleich werden und wenn sie dabei unstreitig gewisser
Vortheile verlustig gehen, so wird der Anlass auch noch
dringender als bisher, ihnen auch den Hauptvorzug der Beamten¬
stellung, die Pension und Relicten-Versorgung, zuzuwenden,
über deren Bemessung hier nicht von Neuem gesprochen zu
werden braucht. Dies wäre die zweite Voraussetzung, deren Er¬
füllung auch wohl sicher beabsichtigt ist.
Wenn aber diese beiden Voraussetzungen einträfen, so
würde ich nicht sehen, welche stichhaltigen Gründe man gegen
das Princip einwenden könnte, dass der beamtete Thierarzt für
amtliche Verrichtungen auch ausschliesslich auf amtlichem Wege
seine Bezahlung erhält.*)
Man muss diese Massregel nicht einseitig vom pecuniären
Interessenstandpunkt, sondern man muss sie auch vom Stand¬
punkt der Organisation des Beamtenthums aus betrachten. Der
Geschäftsmann und Gewerbetreibende stellt sich mit Recht bloss
auf den ersteren Standpunkt. Für den Beamten ist der zweite
sogar der wesentlichere. Die Kreisthierärzte wünschen selbst
möglichste Annäherung an die übrigen Beamten. Also müssen
sie auch hier die Consequeuz ziehen.
Vom ersteren Standpunkt aus ist eine gewisse Besorgniss
ja gerechtfertigt. Eine Verringerung der Einnahmen ist trotz
der oben befürworteten Voraussetzungen wahrscheinlich.
Aber einmal würde diese Verringerung zu einem guten Theil
aufgewogen durch die Vortheile der Pensionsberechtigung.
Io Anbetracht dieses Vortheils erscheint es zweitens
fraglich, ob die Gesammtheit oder nur die Mehrzahl sehr
erheblichen pekuniären Nachtheil (immer unter den beiden
obigen Voraussetzungen) haben würde. Jene Einnahmen sind
sehr verschieden und nur, wo sie jetzt sehr hoch sind, würden
*) Es ist nicht unsere Sache, zu untersuchen, ob die Staatskasse
jene recht erheblichen Kosten Übernehmen oder sich ihrerseits durch
Abgaben der Interessenten schadlos halten sollte. Man sollte
aber meinen, dass für die Staatskasse um so weniger Grund be¬
steht, Bich hierbei zu belasten, als dadurch speciell den Landwirthen
eine Erleichterung nicht oder wenigstens nicht zunächst gewährt
würde. Denn diese Gebühren betreffen iin Wesentlichen den Vieh¬
handel, der dieselben doch wohl nur theilweise auf die Landwirthe
abzuladen vermag. Es ist überdies auch ein Mittel, die Händler etc.
zur Sorgfalt zu veranlassen, wenn ihnen event. directe Kosten er¬
wachsen Für die Kreisthierärzte wäre cs natürlich, wie leicht er¬
sichtlich, ein Vortheil, wenn die Staatskasse die Kosten in irgend
einer Form von den Interessenten einzöge.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
376
sie dann allerdings sehr erheblich zasammenschrumpfen. Das
sind aber doch nur wenige besonders bevorzugte Stellen. Wenn
es zutrifft, dass es einige Kreisthierarztstellen giebt, welche gute
Viehuntersuchungsstationen umfassen und bei dem heutigen
SjBtem daraus Nettoeinnahmen von 10000 M. abwerfen, so muss
man nicht nur billiger Weise zugeben, dass diese Einnahmen
eben verhältnissmässig zu hoch sind, sondern man muss auch
fragen: Welches Interesse hat denn die Gesammtheit der Kreis¬
thierärzte an dem Fortbestand einzelner solcher Stellen? Wenn
die Gesammtheit der (mit durchschnittlich sehr viel geringeren
Einnahmen versehenen) Kreisthierärzte von einer Veränderung
einen Vortheil hat, so könnte die Einbusse der augenblicklichen
Inhaber einzelner Ausnahmestellen demgegenüber gar nicht ins
Gewicht fallen.
Und einen Vortheil hat die Gesammtheit, wenn man die
Frage von dem Standpunkt des Beamten betrachtet.
Denn dass mit der Bezahlung eines Beamten durch Privat¬
personen Unzuträglichkeiten verbunden sind, ist kaum abzu¬
weisen; das giebt auch Hinrichsen zu.
Man muss füglich anerkennen, dass dieser Zustand in der
Organisation des Beamtenstandes etwas Ausnahmsweises ist und
nicht recht hineinpasst. Die Gerichtsvollzieher befinden sich in
ähnlicher Lage; mit ihnen werden sich aber die Kreisthierärzte
nicht vergleichen wollen.
Der Ausweg, dass der Landrath die Liquitation einkassiren
lässt, vermeidet nur das äusserlich Peinliche der directen In¬
empfangnahme von dem übellaunigen Privatmann. An dessen
Gefühlen ändert Bich nichts, von wem ihm auch die Rechnung
für die jedesmalige Anwesenheit des Kreisthierarztes präsentirt
wird. Auch kann man vom Staat nicht wohl verlangen, dass er
Privalgelder einkassirt. Das wäre wohl ebenfalls ein Unicum. Ent¬
weder es sind Privateinnahmen, und dann braucht die Behörde
nicht ihre Autorität zu ihrer Beitreibung herzuleihen; oder es
sind StaatBgelder, dann zahlt eben die Staatskasse die Gebühren
nach ihren Grundsätzen, d. h. dann tritt der Zustand ein, dessen
Für und Wider hier besprochen wird.*)
Für das persönliche Ansehn und die Beamtenstellung des
Kreisthierarztes kann es nur ein Vortheil sein, wenn er jeden¬
falls nicht, was auch Hinrichsen besonders betont, Einnahmen für
amtliche Verrichtungen von einzelnen Personen zu beziehen
braucht, die dann seine Leistung gegen ihre Zahlung abfällig ab¬
zuschätzen sich erlauben. Gegen Bezüge aus Communalkassen
ist ja in dieser Beziehung nichts einzuwenden.
Hiernach muss zugegeben werden, dass die Veterinärver-
waltung ein Interesse daran hat, den jetzigen Zustand in
gewissem Masse zu ändern. Es will auch scheinen, dass diese
Aenderung unter den oben besprochenen beiden Voraussetzungen
den Kreisthierärzten im Allgemeinen (von einzelnen abgesehen)
keinen effectiven Nachtheil bringen, dass vielmehr eine eventuelle
Einbusse durch die Pensionsberechtigung und andere Vortheile
reichlich aufgewogen werden würde.
Die zweite Frage, welche aufgeworfen worden ist
und mit dem bisher besprochenen Gegenstand nur indirect
znsammenhängt, betrifft die ganze oder theilweise Ersetzung der
Einzelliquidationen durch ein Pauschquantum.
Wenn diese Frage so gestellt werden sollte: „Ist es an-
gezeigt, den Kreisthierärzten für ihre Gesammtdienstverrich-
*) Will ein Händler usw. die Untersuchung in seinem Interesse
an besonderem Ort und zu besonderer Stunde, so wird er dies nach
wie vor gegen besondere Bezahlung erlangen können. Einem
solchen Verlangen des Interessenten nachzugeben, wird dem Kreis¬
thierarzt jedentalls gestattet werden können.
tungen ein Pauschquantum zu zahlen“, so wäre diese Frage¬
rn. E. n. mit einem runden „Nein“ zu beantworten.
Es ist hier schon öfters betont worden, dass bei der in ihrem
Mass so ausserordentlich schwankenden thierärztlichen Thätigkeit
das einzig gerechte Prinzip in der Bezahlung der Einzelleistung
zu suchen ist. An dieser Ansicht kann die jetzt gestellte Frage
nichts ändern.
Bei Zahlung eines Pauschquantums schlichtweg hat immer ein
Theil Nachtheil und demnach Verdruss. Die Verwandlung der kreis-
thierärztlichen Einnahmen in eine Pauschsumme ist mit der Zu¬
weisung eines Pauschquantums für Reisen an die Obersteuer¬
controleure z. B. ja auch gar nicht zu vergleichen. Denn für
Letztere ist es bloß Dienstaufwandsentschädigung neben ihrem
festen Gehalt. Für die Kreisthierärzte wäre es zugleich mindestens
der Haupttheil ihres Gehalts. Dies ist bei den Tagegeldern
schon besprochen.
Wenn man aber die ganze an Stelle des Gehalts stehende
Einnahme des Kreisthierarztes in eine Pauschsumme verwandeln
und ihm zugleich davon die Pensionsberechtigung ertheilen
wollte, so wäre es ja einfacher, das Pauschquantum einfach Gehalt
zu nennen, aus dem Kreisthierarzt also einen vollbesoldeten
Beamten zu machen, ihm eine Dienstaufwandsentschädigung zu
geben und der verschiedenen Arbeitslast der Stellen durch Stellen¬
zulagen Rechnung zu tragen.
Dann käme es also auf etwas ganz Anderes heraus, als was
von Seiten der Thierärzte und wahrscheinlich auch von Seiten
der Verwaltung gemeint wird.
Das Pauschquantum würde voraussichtlich keine Befriedigung
erwecken. Denn entweder die betreffenden Sätze werden hoch¬
gegriffen, dann hat der Staat sicher eine höhere Ausgabe als
jetzt. Oder sie werden unter dem Durchschnitt der bisherigen Ein¬
nahmen bemessen, dann würden die Kreisthierärzte nicht zufrieden
sein können. Wenn das Pauschquantum für jede Stelle besonders
und in kurzen Zwischenräumen neu festgesetzt werden sollte, so
wäre dies Verfahren ebenso complicirt, wie das bisherige System,
und doch nie so gerecht im Einzelnen.
Wenn also das Generalpauschquantum inFrage steht, so
giebt es nur zweierlei:
Entweder es soll nicht Ersparnisse bewirken, sondern blos
das Liquidationswesen verbessern. Dann bietet es keine nennens¬
werten Vortheile, wohl aber sicher den Nachtheil, dass Leistung
und Gegenleistung nicht mehr in so genauem Verhältnis berechnet
werden. Dann wäre die einfache feste Besoldung vorznziehen.
Oder das Pauschquantum soll die Aufwendungen deß Staates,
also die Einnahmen der Kreisthierärzte vermindern. Dann muss
eingewendet werden, dass eine solche Verminderung für die Kreis¬
thierärzte schon durch die Verstaatlichung der „amtlichen Privat¬
einnahmen“ bewirkt wird.
Eine von beiden Einbussen kann durch die Pensions¬
berechtigung ausgeglichen werden, beide zugleich nicht.
Die Wirkung deß Pauschquantums in diesem Sinne würde also
den Kreisthierärzten statt der erhofften Verbesserung eine unaus¬
geglichene Beeinträchtigung ihrer Lage bringen.
Indessen ein solches Pauschquantum für alle Geschäft« ohne
Unterschied kommt vielleicht gar nicht in Frage, ist jedenfalls
nicht allein in Betracht zu ziehen.
Es kann vielmehr sehr wohl für gewisse Geschäfte
die Einzelliquidation beibehalten, für andere aber das
Pauschquantum eingeführt werden.
Es ist klar, welche Geschäfte sich zur Zahlung eines Pausch¬
quantums eignen. Es sind einerseits diejenigen, deren Umfang
sich annähernd vorausbestimmen lässt bezw. die von vornherein
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11. August 1898.
>rliner Thierärztlichen Wochenschrift.
feststehen. Andrerseits sind es solche, bei a
eilige Erledigung ankommt.
Für Marktrevisiouen sind seit lange
hart; die Zahl und Zeit dieser Revisionen siehv
Städte zahlen Für die Beaufsichtigung ihrer Viehhöfe
Pauschquantum. Warum sollte nicht ebenso ein Paus,
gezahlt werden dafür, dass der Kreisthierarzt au t,
Tagen zu bestimmten Stunden auf einer Eisenbalmst
wesend ist und das hier einkommende Vieh untersuc.
das — und so noch manches Andere — ist ein nach H;
und Zeit genau vorauszubestimmendes Geschäft.
Sehr gut angängig wäre es ferner, ein Pauschquai
gewähren für sämmtliche Revisionen von Schlachthäusern, >"
Ladeplätzen etc., die so und so viele Male im Jahre
werden müssen, ohne dass es dabei auf den Tag des 1
ankommt, wobei sich also der Kreisthierarzt eine ihm p
Gelegenheit aussuchen kann.
Die Beispiele Hessen sich wohl noch vermehren,
sieht aber schon, dass vorzugsweise solche Verrieb
die Vorbedingungen für das Pauschquantum in sich t
deren Kosten bisher dem Unternehmer zur Last
Wenn diese Vorrichtungen seiner Zeit bei der
kasse liquidirt werden sollten, so würde die Umwandlung
Liquidationen in Pauschquanten gerechtfertigt sein, vorausg'
dass der Abmessung der Summen jene ungefähre Höhe von '1
geschäftsgebübr zu Grunde gelegt wird, welche oben berechnet
worden ist.
Dagegen kann man nur, aus vollster Ueberzeugung und
keineswegs blos des pekuniären Interesses wegen, dagegen sprechen,
dass ein Pauschquantum festgesetzt werde für jene Geschäfte,
welche den Kern der alten Veterinärpolizei bildeten, die man
etwa unter dem Namen „Seuchenfeststellung und -Tilgung in
landwirthschaftlichen Gehöften“ oder „Thätigkeit bei Seuchen-
ausbrücben“ zusamnienfassen könnte und die so ungefähr die
Hauptsumme dessen ausmachen, was jetzt der Staat bezahlt.
Auch bei reichlicher Bemessung (die doch wohl sehr fraglich
wäre) wäre hier das Pauschquantum ungeeignet. Denn diese
Leistungen lassen sich ihrem Umfange nach nicht annähernd vorher
bestimmen und erfordern eiligste Erledigung in jedem Falle, stehen
also in beiden Punkten im Gegensatz zu den obengenannten Vor¬
bedingungen für ein Pauschquantum. Das Pauschquantum kann
hier nie dem augenblickli chen Umfang der Leistung Rechnung
tragen und doch wäre dies gerade hier richtig und wichtig.
Denn die Einzelbezahlung erhöht das Interesse an der einzelnen
Verrichtung, spornt zur prompten Erledigung an und lässt vor
Allem Missmuth bei der Häufung solcher Verrichtungeu nicht
aufkommen. Wenn aber die Vergütung feststeht, so würde nicht
allein die Pünktlichkeit leiden (denn man würde einzelne
Reisen zu verschieben suchen) sondern man würde auch von
Missmuth ergriffen werden, wenn sich die Arbeit plötzlich über¬
mässig häuft. Dieses ganz natürliche Gefühl würde unbeschadet
voller Pflichtreue Platz greifen und würde trotz letzterer jenen
wichtigsten Theil des Dienstes beeinträchtigen.
Zusam menfassung.
a) Es ist vom Beamtenstandpunkt aus gerechtfertigt, wenn
die Bezahlung beamteter Thierärzte für amtliche Verrichtungen
durch Privatpersonen aufhört.
b) Die Ablösung dieser Einnahmen durch blosse Tagegelder
wäre aber unbillig, weil diese Tagegelder, die andere Beamten
neben ihrem Gehalt erhalten, eine Bezahlung nicht darstellen.
Es wäre vielmehr eine Geschäftsgebühr von etwa 15 M. auf den
Arbeitstag, neben dem Tagegeld von 9 M. bei Reisen, angemessen.
c) Gewisse Dienstgeschäfie, welche nach Häufigkeit und
für Veterinärbeamte.
hlreioher Departements- und Landesthierärzte
Nummern.
^898.
M 9.
rankte Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen
r iigniss zur amtlichen Untersuchung des Schweinc-
hinen und Finnen wird von der Ortspolizeibehörden,
Vorbehalte des Widerrufes, erteilt.
"«teilenden Trichinen- und Finnenschaiter richtet
n Bedürfnisse. Hierbei ist in Erwägung zu
■ geeignete Stellvertretung gesorgt werde,
Trichinen- und Finnenschauer an einem
uchungen die Anzahl von 10 Schweinen
in der Regel nicht überschreiten,
an öffentlichen Schlachthäusern an-
11 haben auf die Untersuchung der
•hproben 15—20 Minuten, auf die
es 5— lOMinuten zu verwenden.
Hier werden von den Orts-
-fÜhrung ihres Gewerbes
1 r öffentlichen Kenntniss
kus und Kreisthierarzt
eilen.
er stempelpflichtig
h auszusprechen,
des § 36 der
'e angestellt
schmerzen zeigen. F er ne r aui
laufen stets im kleinen Kreise nach
nach der entgegengesetzten Seite drehen od
hobenem Kopf geradeaus tappen, endlich n „ r
Thiereil, bei denen der Sitz der Blase festgestellt
und dieser Sitz durch die Richtung des Drehens ein.- j>
erfährt. Dann wird man keine Misserfolge haben
ersonen
Operation erst im Publikum mehr eingeführt, so kam
der »Uz T,
schliesslich auch Thiere Irepaniren, bei denen
Blase nicht zu finden ist, oder die plötzlich hochgradige Störung,.,
zeigen. Zur Feststellung des Blasensitzes wird an dem ent
sprechend gehaltenen Thiere mit einem Hammer die Stirnwand
abgeklopft, jedesmal zwei leise Schläge von der Medianlinie aus¬
gehend, und ebenso genau an der entgegengesetzen Seite. Wenn
der Hammer dumpfer auffällt und man dabei das Gefühl be¬
kommt, als ob an der betr. Stelle ein Tuch aufläge, so ist da¬
durch der Sitz der Blase angezeigt. Diese Stelle wird durch
Haarscheereu vermerkt. Nun lässt man das Thier frei laufen,
wobei es von hinten her zum Geradeausgehen angetrieben wird.
Wenn es sich dann dreht und die Drehung nach der Seite
erfolgt, wo die Blase sitzt, so ist dao it die vorherige Unter¬
suchung bestätigt, Weichheit des Schädelknocheus beim Druck
hat M. nie gefunden, Auftreibung nur 2 oder 3 Mal. Entstehen beim
Percutiren Krämpfe, so ist die Prognose ungünstig. Bei der
Operation ist daranf Werth zu legen, dass das Thier nach der¬
selben mehrere Stunden ruhig liegen bleibt und auch nach dem
Aufstehen auf seinem Platze verbleiben kann. Der Kopf wird
genau wie beim Percutiren so gehalten, dass die Nase auf den
Boden fixirt ist. Der Operateur kniet vor dem Kopf. Es wird
ein Schnitt 4 cm lang parallel der Medianebene und 1 cm davon
entfernt geführt, der nicht zu hoch aufwärts begonnen werden
darf. Dazu wird rechtwinklig ein 2% cm langer Querschnitt
geführt und dann ein zweiter Längsschnitt. Der so abpräparirte
Hautlappen wird nach hinten gehalten, das Periost sauber ent¬
fernt und eine Trepanationsöffnung von l 1 /, cm Durchmesser
angelegt. Nun liegt oft die innere Stirnplatte mit der äusseren
Platte zusammen oder ist auch manchmal resorbirt. Ist dies
nicht der Fall, so kann man diese Platte mit dem Trepan-
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BERLINER TH TER ÄRZ TLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
374
ändern, wenn das jetzige Grundgehalt eine geringe Aufbesserung
erfahren sollte. Demnach sind im Tagegeld der KreiBtkier-
ärzte thatsächlich zwei ganz verschiedene Bestandteile
versteckt, und damit sie erkennbar werden, wäre es richtig,
entweder statt des Tagegeldes zwei verschiedene Gebühren zu
zahlen oder vor allen den Namen Tagegeld ganz zu be¬
seitigen, damit der Irrthum verschwinde, als ob diese „Tage¬
gelder“ mit den Tagegeldern der übrigen Staatsbeamten innerlich
verglichen werden könnten.
Diese Erwägung müsste natürlich ganz entscheidend ins Ge¬
wicht fallen, wenn es sich einmal darum handeln sollte, Pausch-
quanten und überhaupt neue Einheitssätze unter veränderten
Verhältnissen festzustellen.
Stellen wir einmal eine Rechnung aut, wieviel ein voll¬
besoldeter Beamter täglich ausser etwaigem Tagegeld erhält.
Nehmen wir einen mittleren Beamten mit 4500 M. Gehalt und
300 M. WohnungsgeldzuschuBS an. Das sind auf den
Tag 13 M. Die Rechnung modißcirt sich jedoch etwas.
Das Jahr hat 365 Tage, wovon rund 65 Feiertage. Ausserdem
erhalten Beamte durchschnittlich 4 Wochen Urlaub. Es bleiben
also überhaupt nur 270 Arbeitstage im Jahre übrig. Auf diese
Arbeitstage muss das Gehalt vertheilt werden, denn auch der
Kreisthierarzt bekommt nur dann etwas, wenn er beschäftigt ist.
4800
Da ergeben sich = 18 M. täglich. Reist ein mittlerer Be¬
amter, so erhält er ausserdem 9 M. Tagegelder, macht für einen
Reisetag 27 M. excl. Reisekosten.
Wieviel soll nun ein Kreisthierarzt an einem Arbeitstage
erhalten ?
Dass dem Kreisthierarzt die Möglichkeit bleiben muss, bei
zuerkannter Pensionsberechtigung 4500 M. und den Betrag eines
mässigen Wohnungsgeldes jährlich netto zu verdienen, nehme ich
als feststehenden Satz an. (Ohne Pensionsberechtigung würde
dieser Satz nach obiger Berechnung auf 6000 M. steigen.)
Wollte man dies Einkommen für die Stellung des Kreisthierarztes
noch zu hoch finden, so muss bedacht werden: erstens, dass dieses Ein¬
kommen ihm nicht fest gezahlt wird, wie anderenBeamten, son dem dass
er nur sozusagen ein Tagesgehalt ausgezahlt erhält an jedem
Tage, an dem er beschäftigt ist; zweitens, dass, wenn er im Dienst ist,
dieser Dienst mit dem der Bureaubeamten, denen man ihn etwa
gleichstellen möchte, nicht zu vergleichen ist, weder nach den
körperlichen und sonstigen Anforderungen, noch in der Regel
auch nach der Zahl der Arbeitsstunden.
Also nehmen wir 4500 M. + 300 M. Wohnungsgeld = 4800 M.
als berechtigtes Nettoeinkommen eines pensionsberechtigten
Kreisthierarztes an, so muss er bei 270, ich möchte sagen etats-
mässigen, Arbeitstagen täglich also 18 M. netto verdienen. Dazu
kommen ein persönlicher Tagesaufwand bei Reisen von 5 M.,*) macht
23 M.; endlich die tägliche Quote für Unterhaltung von Kutscher,
Wagen und zwei Pferden (mit denen man oft kaum ausreicht);
Diese Quote ist mit 7 M. täglich sicher nicht zu hoch ver¬
anschlagt. Da aber die Reisekosten nur eben für Reisetage
gezahlt werden, Kutscher und Pferde aber tägliches Geld kosten,
so muss dieser Aufwand auf die wirklichen Reisetage (die auch
nicht 270 betragen werden) vertheilt werden. Dann erhöht sich
der Satz für einen Reisetag auf 10—12 M. (Miethsfnhrwerk wäre
noch thenerer).
•) Von dem Tagegeld von 9 M. würden also 4 M. übrig bleiben,
die mit in den Netto-Verdienst einzurechnen sind, obwohl bei anderen
Beamten auch dieser Ueberschuss neben dem Gehalt (alias Netto¬
verdienst) herläuft. Da der Kreisthierarzt aber sehr viel reist, so
stellt jener Ueberschuss eine laufende Einnahme dar, welche also in
der Netto-Einnabme eine Rolle spielt.
Eb muss also für einen Arbeitstag auf Reisen eine Brutto-
Einnahme von 33—35 M. herauskommen, wenn ein pensionsbe¬
rechtigter Kreisthierarzt einen Beamten mit 1500 Thaler gleich
gestellt sein soll.
Ein nicht pensionsfähiger Thierarzt (bezw. Kreisthierarzt),
der sich, im Gegensatz zu Beamten, eine die Pension vertretende
Rente heraussparen muss und demnach noch 1500 M. mehr netto
verdienen muss, würde eine Bruttoeinnahme von ca. 40 M. haben
müssen.
An den Tagen, wo der Kreisthierarzt staatlich nicht in An¬
spruch genommen ist, muss er zusehen, wie er sich durch Privat¬
praxis sein Tageseinkommeu verdient
An dem Tage, wo ihn der Staat in Anspruch nimmt,
muss ihm aber auch der Staat sein Tagesgehalt ge¬
währen.
Rechnet man die sachlichen Unkosten durchschnittlich als durch
die Reisekosten gedeckt, so wären noch 23 M. (einschliesslich
des persönlichen Reiseaufwands) für einen vollen im Staats¬
interesse ausserhalb des Wohnortes verwendeten Tag zu zahlen.
Am Wohnort selbst müssten 18 M. gezählt werden (wofür das
Grundgehalt entsprechend anzurechnen wäre).
Wenn die Kreisthierärzte gegenwärtig 6 M. Tagegelder er¬
halten, und selbst wenn sie 9 M. erhielten, so arbeiten sie that¬
sächlich, mit anderen Beamten verglichen, fast umsonst, denn sie
bekommen bei Dienstreisen blos das, was andere Beamte ausser
ihrem Gehalte erhalten und wovon gegenwärtig den Kreis¬
thierärzten nur eine Kleinigkeit übrig bleibt
Wenn das bisher nicht hervorgehoben worden ist, wenn man
stillschweigend acceptirt hat, dass die sogenannten Tagegelder
der Kreisthierärzte mit den Tagegeldern besoldeter Beamten ver¬
glichen wurden, obwohl sie factisch eine ganz andere Bedeutung
haben, wenn noch neulich die Kreisthierärzte um eine Erhöhung
dieser „Tagegelder“ auf blos 9 Mk. erbeten haben, so batte das
seinen Grund in Verhältnissen, welche eine radicale Umwandlung
erfahren, sobald jene beiden an die Regierungen gerichteten Um¬
fragen im bejahenden Sinne beantwortet werden sollen.
Früher, als noch wenig veterinärpolizeilich zu thun war, da
war der Kreisthierarzt eben einfach Privatmann; ein Thierarzt,
der ein für alle Mal mit staatlichen Aufträgen bedacht wurde,
ebenso wie ein Localblatt ein für allemal die amtlichen Annoncen
erhält. Das nicht hohe Entgelt war eine angenehme Nebenein¬
nahme. Pferd und Wagen hatte man doch nötig, der Privatpraxis
wegen; die Privatpraxis war durch die amtliche Thätigkeit so gut
wie gar nicht behindert. Was man an Tagegeldern und Reise¬
kosten einstrich, war baarer Nettoverdienst.
Mit der Zeit hat sich das sehr verändert. Die amtlichen Ge¬
schäfte sind mehr und mehr Hauptsache geworden. Das Ver-
hältniss wurde ein umgekehrtes. Man mu s ste Pferd und Wagen
für die amtliche Thätigkeit halten und konnte die curative
Privatpraxis nur noch nebenbei erledigen. Zu gewissen Zeiten
musste man diese curative Privatpraxis ganz vernachlässigen.
Dadurch wurde die Rechnung schon ganz anders.
Jedoch abgesehen davon, dass mit der kreisthierärztlichen
Function andererseits auch indirecte Vortheile für die curative
Privatpraxis verbunden waren, bo wurde ein Ausgleich
namentlich durch einen anderen Umstand herbeigeführt.
Es entwickelte sich nämlich eine andere, ich möchte sagen, eine
polizeithierärztliehe Privatpraxis. Während die enrative
nothwendiger Weise ebenso einschrumpft, als die veterinärpolizei¬
liche Beschäftigung sich ausdel-nt, hatte diese neue Privatpraxis
den Vortheil, in ganz demselben Masse zu steigen. Sie hatte ferner
das Gute, dass sie in Kreisen, wo curativ nicht viel zu thun
das war, sich gauz ebenso entwickelte. Sie verwandelte daher
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
375
11. August 1898.
viele bisher ganz schlechte Stellen in leidliche und hat einige, wie
schon oben erwähnt, ganz ungewöhnlich gute Stellen geschaffen.
Diese „polizeiliche Privatpraxis“ besteht eben in jenen Ein¬
nahmen aus amtlichen Verrichtungen, welche die Unternehmer etc.
(also jedenfalls nicht die Staatskasse) bisher zu tragen haben.
Dieselben haben sich mehr und mehr zu Haupteinnahmen, an
Stelle der früheren curativen Privatpraxis, entwickelt. Die Ein¬
nahmen aus der Staatskasse blieben nach wie vor Nebenein¬
nahmen. Jene Privateinnahmen allein haben es bewirkt, dass den
Kreisthierärzten bisher noch nicht zum Bewusstsein gekommen ist,
dass sie eigentlich aus der Staatskasse keine Bezahlung für ihre
Dienstleistungen erhalten und dass die Tagegelder eine solche
Bezahlung nicht sind.*)
Wenn nun diese recht beträchtliche halbamtliche (oder wie
man es nennen will) Privatpraxis verstaatlicht werden soll und
damit staatliche Bezahlungsgrundsätze Platz greifen, so ist die
entscheidende Voraussetzung ganz klar: Dann müssen eben
auch die bisherigen Grundsätze der staatlichen Be¬
zahlung der Kreisthierärzte sich ändern.
Wenn man auch diese Privatpraxis auf hebt und damit die
bisherige Ausnahmestellung des Kreisthierarztes unter den Be¬
amten beseitigt, so muss man auch seine Ausnahmestellung in
der Besoldung beseitigen, d. h. man muss ihm auch ein Gehalt
zahlen und muss aufhören, die Tagegelder, die andere Beamte
neben dem Gehalt beziehen, als genügende Bezahlung zu be¬
trachten.
Wie man dieses Gehalt zahlt, ist dabei Nebenfrage, wenn nur
überhaupt eins gezahlt wird. Man könnte dem Kreisthierarzt ein
festes Jahresgehalt zahlen oder man kann ihm Tagesgehälter für
die Tage, an denen er beschäftigt ist, also etwa eine Beschäftigungs¬
gebühr zahlen. Das Erstere wird nicht in der Absicht liegen.
Das Letztere ist das bessere für beide Theile, für die Staatskasse,
die nichts umsonst zu geben braucht, und für den Beamten, der
das angenehme Bewusstsein hat, dass seine Einnahmen sich ganz
nach seinen Leistungen richten.
Diese Tagesgehälter oder Beschäftigungsgebühren müssten
also neben den Tagegeldern in gewöhnlichem Sinne gezahlt
werden.
Es kann m. A. n. gar keine Rede davon sein, dass den
Kreisthierärzten statt ihrer bisherigen Einnahmen aus jenen
von den Unternehmern etc. zu bezahlen den Geschäften etwa blos die
staatlichen Tagegelder geboten werden könnten, selbst wenn die¬
selben auf 9 oder 12 M. erhöht würden.
Es müssen den Kreisthierärzten Gebühren gezahlt werden,
welche nicht unter dem Namen „Tagegelder“ einbegriffen werden
dürfen, damit nicht der unrichtige Vergleich dieser Tagegelder
mit den Tagegeldern anderer (im Genüsse eines vollen Gehaltes
befindlicher) Beamter für die Bemessung jener Gebühren mass¬
gebend bleibt.
Diese Gebühren würden für den vollen Arbeitstag ca. 15 M.
betragen, bei Reisen neben 9 M. Tagegeldern und den Reise¬
kosten, welche wohl künftig nach dem allgemeinen Gesetz über
Reisekosten etc. berechnet werden dürften.
Üb man bei kurzdauernden Geschäften die Gebühren nnr
halb (jedoch bei vollem Tagegeld) auszahlen sollte und dergl.,
das sind Details, worauf es hier nicht ankommt.
Ebenso mag dahingestellt bleiben, ob diejenigen veterinär¬
polizeilichen Geschäfte, welche bisher aus der Staatskasse bezahlt
*) Bei der Verschiedenartigkeit der Stellen und der Beschäftigung
trifft das natürlich nicht für alle Verhältnisse zu. Es giebt auch
Stellen, wo die 6 M .Tagegelder täglich und in so kurzer Zeit bezw.
ohne Aufwand verdient werden, dass sie eine Bezahlung darsfellen
Dies ist aber die Ausnahme.
wurden, gegen ermässigte Gebühren oder auch ferner gegen aller¬
dings erhöhte Tagegelder geleistet werden könnten. Hierbei könnte
ja als Aequivalent die Möglichkeit betrachtet werden, dass der Kreis¬
thierarzt sich mit curativer Privatpraxis noch etwas verdient.
Freilich darf diese Möglichkeit nicht hoch angeschlagen werden,
denn die amtlichen Geschäfte wachsen immer mehr und würden
rapide wachsen, wenn die besprochenen Umwandlungen sich voll¬
ziehen sollten. Und wenn der Kreisthierarzt noch Privatpraxis
ausübt, so thut er es sicher unter einem Aufwand von Arbeit
und Zeit, der den eines gewöhnlichen amtlichen Arbeitstages er¬
heblich übersteigt.
Jedoch dies sind, wie gesagt, vorläufig Nebenfragen. Die
Hauptsache lässt sich in dem Satz zusammenfassen: Die Ein¬
nahmen der Kreisthierärzte aus den bisher nicht aus
der Staatskasse bezahlten dienstlichen Verrichtungen
dürfen nicht durch einfache, wenn auch erhöhte Tage¬
gelder abgelöst werden. Es müssen vielmehr neben
den Tagege Idem Gebühren für die amtlichen Geschäfte,
auch am Wohnorte, gezahlt werden, deren ungefähre
Höhe nach den obigen Ausführungen zu veranschlagen wäre.
Ein zweites kommt noch hinzu. Wenn durch jene Um¬
wandlung die Krei8tkierärzte noch mehr als bisher den übrigen
Beamten gleich werden und wenn sie dabei unstreitig gewisser
Vortheile verlustig gehen, so wird der Anlass auch noch
dringender als bisher, ihnen auch den Hauptvorzug der Beamten¬
stellung, die Pension und Relicten-Versorgung, zuzuwenden,
über deren Bemessung hier nicht von Neuem gesprochen zu
werden braucht. Dies wäre die zweite Voraussetzung, deren Er¬
füllung auch wohl sicher beabsichtigt ist.
Wenn aber diese beiden Voraussetzungen einträfen, so
würde ich nicht sehen, welche stichhaltigen Gründe man gegen
das Princip einwenden könnte, dass der beamtete Thierarzt für
amtliche Verrichtungen auch ausschliesslich auf amtlichem Wege
seine Bezahlung erhält.’ 11 )
Man muss diese Massregel nicht einseitig vom peenniären
Interessenstandpunkt, sondern man muss sie auch vom Stand¬
punkt der Organisation des Beamtenthums aus betrachten. Der
Geschäftsmann und Gewerbetreibende stellt sich mit Recht bloss
auf den ersteren Standpunkt. Für den Beamten ist der zweite
sogar der wesentlichere. Die Kreisthierärzte wünschen selbst
möglichste Annäherung an die übrigen Beamten. Also müssen
Bie auch hier die Consequenz ziehen.
Vom ersteren Standpunkt aus ist eine gewisse Besorgniss
ja gerechtfertigt. Eine Verringerung der Einnahmen ist trotz
der oben befürworteten Voraussetzungen wahrscheinlich.
Aber einmal würde diese Verringerung zu einem guten Theil
aufgewogen durch die Vortheile der Pensionsberechtigung.
In Anbetracht dieses Vortheils erscheint es zweitens
fraglich, ob die Gesammtheit oder nur die Mehrzahl sehr
erheblichen pekuniären Nachtheil (immer unter den beiden
obigen Voraussetzungen) haben würde. Jene Einnahmen sind
sehr verschieden und nur, wo sie jetzt sehr hoch sind, würden
*) Es ist nicht unsere Sache, zu untersuchen, ob die Staatskasse
jene recht erheblichen Kosten übernehmen oder sich ihrerseits durch
Abgaben der Interessenten schadlos halten sollte. Man sollte
aber meinen, dass für die Staatskasse um so weniger Grund be¬
steht, sich hierbei zu belasten, als dadurch Bpeciell den Landwirthen
eine Erleichterung nicht oder wenigstens nicht zunächst gewährt
würde. Denn diese Gebühren betreffen im Wesentlichen den Vieh-
bandel, der dieselben doch wohl nur theilweise auf die Landwirthe
abzuladen vermag. Es ist überdies auch ein Mittel, die Händler etc.
zur Sorgfalt zu veranlassen, wenn ihnen event. dirccte Kosten er¬
wachsen Für die Kreisthierärzte wäre cs natürlich, wie leicht er¬
sichtlich, ein Vortheil, wenn die Staatskasse die Kosten in irgend
einer Form von deu Interessenten einzöge.
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No. 32.
sie dann allerdings sehr erheblich zusammenschrumpfen. Das tnngen ein Panschquantum zu zahlen“, so wäre diese Frage¬
sind aber doch nur wenige besonders bevorzugte Stellen. Wenn m. E. n. mit einem runden „Nein“ zu beantworten,
es zutrifft, dass es einige Kreisthierarztstellen giebt, welche gnte Es «t hier schon öfters betont worden, dass bei der in ihrem
Viehuntersuchungsstationen umfassen und bei dem heutigen Mass so ausserordentlich schwankenden thierärztlichen Thätigkeit
System daraus Nettoeinnahmen von 10000 M. abwerfen, so muss das einzig gerechte Prinzip in der Bezahlung der Einzelleistung
man nicht nur billiger Weise zugeben, dass diese Einnahmen zu suchen ist. An dieser Ansicht kann die jetzt gestellte Frage
eben verhältnissmässig zu hoch sind, sondern man muss auch nichts ändern.
fragen: Welches Interesse hat denn die Gesammtheit der Kreis- Bei Zahlung eines Pauschquantums schlichtweg hat immerein
thierärzte an dem Fortbestand einzelner solcher Stellen? Wenn Theil Nachtheil und demnach Verdruss. Die Verwandlung der kreis-
die Gesammtheit der (mit durchschnittlich sehr viel geringeren thierärztlichen Einnahmen in eine Pauschsumme ist mit der Zu-
Einnahmen versehenen) Kreisthierärzte von einer Veränderung Weisung eines Pauschquantums für Reisen an die Obersteuer¬
einen Vortheil hat, so könnte die Einbusse der augenblicklichen controleure z. B. ja auch gar nicht zu vergleichen. Denn für
Inhaber einzelner Ausnahmestellen demgegenüber gar nicht ins Letztere ist ob blos Dienstaufwandsentschädigung neben ihrem
Gewicht fallen. festen Gehalt. Für die Kreisthierärzte wäre es zugleich mindestens
Und einen Vortheil hat die Gesammtheit, wenn man die der Haupttheil ihres Gehalts. Dies ist bei den Tagegeldern
Frage von dem Standpunkt des Beamten betrachtet. schon besprochen.
Denn dass mit der Bezahlung eines Beamten durch Privat- Wenn man aber die ganze an Stelle des Gehalts stehende
personen Unzuträglichkeiten verbunden sind, ist kaum abzu- Einnahme des Kreisthierarztes in eine Pauschsumme verwandeln
weisen; da9 giebt auch Hinrichsen zu. un d Z nglei C h davon die Pensionsberechtigung ertheilen -
Man muss füglich anerkennen, dass dieser Zustand in der wollte, so wäre es ja einfacher, das Pauschquantum einfach Gehalt
Organisation des BeamtenBtandes etwaB Ausnahmsweises ist und ZQ nennen, auB dem Kreisthierarzt also einen vollbesoldeten
nicht recht hineinpasst. Die Gerichtsvollzieher befinden sich in Beamten zu machen, ihm eine Dienstaufwandsentschädigung zu
ähnlicher Lage ; mit ihnen werden sich aber die Kreisthierärzte geben und der verschiedenen Arbeitslast der Stellen durch Stellen-
nicht vergleichen wollen. Zulagen Rechnung zu tragen.
Der Ausweg, dass der Landrath die Liquitation einkassiren Dann käme es also auf etwas ganz Anderes heraus, als was
lässt, vermeidet nur das äusserlich Peinliche der directen In- von Seiten der Thierärzte und wahrscheinlich auch von Seiten
empfangnabme von dem übellaunigen Privatmann. An dessen der Verwaltung gemeint wird.
Gefühlen ändert sich nichts, von wem ihm auch die Rechnung Das Pauschquantum würde voraussichtlich keine Befriedigung
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
für die jedesmalige Anwesenheit des Kreisthierarztes präsentirt
wird. Auch kann man vom Staat nicht wohl verlangen, dass er
Privalgelder einkässirt. Das wäre wohl ebenfalls ein Unicum. Ent¬
weder es sind Privateinnahmen, und dann braucht die Behörde
nicht ihre Autorität zu ihrer Beitreibung herzuleihen; oder es
sind Staatsgelder, dann zahlt eben die Staatskasse die Gebühren
nach ihren Grundsätzen, d. h. dann tritt der Zustand ein, dessen
Für und Wider hier besprochen wird.*)
Für das persönliche Ansehn und die Beamtenstellung des
Kreisthierarztes kann es nur ein Vortheil sein, wenn er jeden¬
falls nicht, was auch Hinrichsen besonders betont, Einnahmen für
amtliche Verrichtungen von einzelnen Personen zu beziehen
braucht, die dann seine Leistung gegen ihre Zahlung abfällig ab¬
zuschätzen sich erlauben. Gegen Bezüge aus Communalkassen
ist ja in dieser Beziehung nichts einzuwenden.
Hiernach muss zugegeben werden, dass die Veterinärver¬
waltung ein Interesse daran hat, den jetzigen Zustand in
gewissem Masse zu ändern. Es will auch scheinen, dass diese
Aenderung unter den oben besprochenen beiden Voraussetzungen
den Kreisthierärzten im Allgemeinen (von einzelnen abgesehen)
keinen effectiven Nachtheil bringen, dass vielmehr eine eventuelle
Einbusse durch die Pensionsberechtigung und andere Vortheile
reichlich aufgewogen werden würde.
Die zweite Frage, welche aufgeworfen worden ist
und mit dem bisher besprochenen Gegenstand nur indirect
zu8amitfenhängt, betrifft die ganze oder theilweise Ersetzung der
Einzelliquidationen durch ein Pauschquantum.
Wenn diese Frage so gestellt werden sollte: „Ist es an¬
gezeigt, den Kreisthierärzten für ihre Gesammtdienstverrich-
*) Will ein Händler uaw. die Untersuchung in seinem Interesse
an besonderem Ort und zu besonderer Stunde, so wird er dies nach
wie vor gegen besondere Bezahlung erlangen können. Einem
solchen Verlangen des Interessenten nachzugeben, wird dem Kreis¬
thierarzt jedenfalls gestattet werden können.
erwecken. Denn entweder die betreffenden Sätze werden hoch¬
gegriffen, dann hat der Staat sicher eine höhere Ausgabe als
jetzt. Oder sie werden unter dem Durchschnitt der bisherigen Ein¬
nahmen bemessen, dann würden die Kreisthierärzte nicht zufrieden
sein können. Wenn das Pauschquantum für jede Stelle besonders
und in kurzen Zwischenräumen neu festgesetzt werden sollte, so
wäre dies Verfahren ebenso complicirt, wie das bisherige System,
und doch nie so gerecht im Einzelnen.
Wenn also das Generalpauschquantum inFrage steht, so
giebt es nur zweierlei:
Entweder es soll nicht Ersparnisse bewirken, sondern blos
das Liquidationswesen verbessern. Dann bietet es keine nennens-
werthen Vortheile, wohl aber sicher den Nachtheil, dass Leistung
und Gegenleistung nicht mehr in so genauem Verhältnis berechnet
werden. Dann wäre die einfache feste Besoldung vorzuziehen.
Oder das Pauschquantum soll die Aufwendungen des Staates,
also die Einnahmen der Kreisthierärzte vermindern. Dann muss
eingewendet werden, dass eine solche Verminderung für die Kreis¬
thierärzte schon durch die Verstaatlichung der „amtlichen Privat¬
einnahmen“ bewirkt wird.
Eine von beiden Einbussen kann durch die Pensions¬
berechtigung ausgeglichen werden, beide zugleich nicht.
Die Wirkung des Pauschquantums in diesem Sinne würde also
den Kreisthierärzten statt der erhofften Verbesserung eine unaus¬
geglichene Beeinträchtigung ihrer Lage bringen.
Indessen ein solches Pauschquantum für alle Geschäfte ohne
Unterschied kommt vielleicht gar nicht in Frage, ist jedenfalls
nicht allein in Betracht zu ziehen.
Es kann vielmehr sehr wohl für gewisse Geschäfte
die Einzelliquidation beibehalten, für andere aber das
Pauschquantum eingeführt werden.
Es ist klar, welche Geschäfte sich zur Zahlung eines Pausch¬
quantums eignen. Es sind einerseits diejenigen, deren Umfang
I sich annähernd vorausbestimmen lässt bezw. die von vornherein
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11. August 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
377
feststeheD. Andrerseits sind es solche, bei denen es nicht auf
eilige Erledigung ankommt.
Für Marktrevisionen sind seit lange Pauschquanten verein¬
bart; die Zahl and Zeit dieser Revisionen steht fest. Grosse
Städte zahlen für die Beaufsichtigung ihrer Viehhöfe längst ein
Pauschquantum. Warum sollte nicht ebenso ein Pauschquantum
gezahlt werden dafür, dass der Kreisthierarzt an bestimmten
Tagen zu bestimmten Stunden auf einer Eisenbahnstation an¬
wesend ist und das hier einkommende Vieh untersucht. Auch
das — und so noch manches Andere — ist ein nach Häufigkeit
und Zeit genau voranszubestimmendes Geschäft.
Sehr gut angängig wäre es ferner, ein Pauschquantum zu
gewähren für sämmtliche Revisionen von Schlachthäusern, Ställen,
Ladeplätzen etc., die so und so viele Male im Jahre besucht
werden müssen, ohne dass es dabei auf den Tag des Besuches
ankommt, wobei sich also der Kreisthierarzt eine ihm passende
Gelegenheit aussuchen kann.
Die Beispiele Hessen sich wohl noch vermehren. Man
sieht aber schon, dass vorzugsweise solche Verrichtungen
die Vorbedingungen für das Pauschquantum in sich tragen,
deren Kosten bisher dem Unternehmer zur Last fallen.
Wenn diese Vorrichtungen seiner Zeit bei der Staats¬
kasse liquidirt werden sollten, so würde die Umwandlung dieser
Liquidationen in Pauschquanten gerechtfertigt sein, vorausgesetzt,
dass der Abmessung der Summen jene ungefähre Höhe von Tages-
geschäftsgebtthr zu Grunde gelegt wird, welche oben berechnet
worden ist.
Dagegen kann man nur, aus voUster Ueberzeugung und
keineswegs blos des pekuniären Interesses wegen, dagegen sprechen,
dass ein Pauschquantum festgesetzt werde für jene Geschäfte,
welche den Kern der alten Veterinärpolizei bildeten, die man
etwa unter dem Namen „SeuchenfeststeUung und -Tilgung in
landwirtschaftlichen Gehöften“ oder „Thätigkeit bei Seuchen¬
ausbrüchen“ zusammenfassen könnte und die so ungefähr die
Hauptsumme dessen ausmachen, was jetzt der Staat bezahlt.
Auch bei reichlicher Bemessung (die doch wohl sehr fraglich
wäre) wäre hier das Pauschquantum ungeeignet. Denn diese
Leistungen lassen sich ihrem Umfange nach nicht aunähernd vorher
bestimmen und erfordern eiligste Erledigung in jedem Falle, stehen
also in beiden Punkten im Gegensatz zu den obeugenannten Vor¬
bedingungen für ein Pauschquantum. Das Pauschquantum kann
hier nie dem augenblicklichen Umfang der Leistung Rechnung
tragen und doch wäre dies gerade hier richtig und wichtig.
Denn die Einzelbezahlung erhöht das Interesse an der einzelnen
Verrichtung, spornt zur prompten Erledigung an und lässt vor
Allem Missmath bei der Häufung solcher Verrichtungen nicht
aufkommen. Wenn aber die Vergütung feststeht, so würde nicht
aUein die Pünktüchkeit leiden (denn man würde einzelne
Reisen zu verschieben suchen) sondern man würde auch von
Missmuth ergriffen werden, wenn sich die Arbeit plötzlich über¬
mässig häuft. Dieses ganz natürliche Gefühl würde unbeschadet
voller Pflichtreue Platz greifen und würde trotz letzterer jenen
wichtigsten Theil des Dienstes beeinträchtigen.
Zusammenfassang.
a) Es ist vom Beamtenstandpunkt aus gerechtfertigt, wenn
die Bezahlung beamteter Thierärzte für amtliche Verrichtungen
durch Privatpersonen aufhört.
b) Die Ablösung dieser Einnahmen durch blosse Tagegelder
wäre aber unbillig, weil diese Tagegelder, die andere Beamten
neben ihrem Gehalt erhalten, eine Bezahlung nicht darstellen.
Es wäre vielmehr eine Geschäftsgebühr von etwa 15 M. auf den
Arbeitstag, neben dem Tagegeld von 9 M. bei Reisen, angemessen.
e) Gewisse Dienstgeschäfte, welche nach Häufigkeit und
Zeit voraus bestimmbar sind, bezw. sich zur gelegentlichen Er¬
ledigung eignen, können durch ein Pauschquantum bezahlt werden.
d) Bei den durch Seuchen-Ausbrüche bedingten Geschäften
ist es dringend wünschenswert!^ die Einzelbezahlung der Einzel¬
leistung beizubehalten.
e) Die Verleihung der Pensionsberechtigung wäre geeignet,
die nach a und b zu erwartende pecuniäre Einbusse au 8 zu-
gleichen. Eine materielle Verbesserung würde demnach
in einer Erhöhung des Grundgehalts und der gegenwärtigen
Tagegelder zu suchen sein. Die Verleihung der Pensions¬
berechtigung und die unter a genannte Massregel lassen aber
andrerseits auch einen ideellen Vortheil hinsichtlich der Beamten¬
stellung der Kreisthierärzte erwarten.
Referate.
Die Trepanation der Schädelhöhle beim Bind.
Von Bez.-Thierarzt Merkt.
(W. t Thlerhlkd. n. Vieht.)
M. weist darauf hin, dass die Trepanationen bei der Dreh¬
krankheit zu selten ausgeführt werden und dass er bei der
Hälfte der operirten Thiere seit 30 Jahren einen guten Erfolg
hat. Sehr gut genährte Thiere, die als Schlachtthiere voU Ver-
werthung finden können, operirt er aUerdings auch nicht. Man
versuche die Operation nur bei mageren und übrigens Nutzen
in Aussicht steUenden Thieren, die noch keine schweren Kopf¬
schmerzen zeigen. Ferner nur bei solchen, die beim Freiumher-
laufen stets im kleinen Kreise nach derselben Seite, niemals
nach der entgegengesetzten Seite drehen oder mit hoch ge¬
hobenem Kopf geradeaus tappen, endlich nur bei solchen
Thieren, bei denen der Sitz der Blase feBtgestellt werden kann
und dieser Sitz durch die Richtung des Drehens eine Bestätigung
erführt. Dann wird man keine Misserfolge haben. Ist die
Operation erst im Publikum mehr eingeführt, so kann man
schliesslich auch Thiere trepaniren, bei denen der Sitz der
Blase nicht zu finden ist, oder die plötzUch hochgradige Störungen
zeigen. Zur Feststellung des Blasensitzes wird an dem ent¬
sprechend gehaltenen Thiere mit einem Hammer die Stirnwand
abgeklopft, jedesmal zwei leise Schläge von der Medianlinie aus¬
gehend, und ebenso genau an der entgegengesetzen Seite. Wenn
der Hammer dumpfer auffällt und man dabei das Gefühl be¬
kommt, als ob an der betr. Stelle ein Tuch aufläge, so ist da¬
durch der Sitz der Blase angezeigt. Diese Stelle wird durcli
Haarscheeren vermerkt. Nun lässt man das Thier frei laufen,
wobei es von hinten her zum Geradeausgehen angetrieben wird.
Wenn es sich dann dreht und die Drehung nach der Seite
erfolgt, wo die Blase sitzt, so ist da » it die vorherige Unter¬
suchung bestätigt. Weichheit des Schädelknochens beim Druck
hat M. nie gefunden, Auftreibung nur 2 oder 3 Mal. Entstehen beim
Percutiren Krämpfe, so ist die Prognose ungünstig. Bei der
Operation ist darauf Werth zu legen, dass das Thier nach der¬
selben mehrere Stunden ruhig liegen bleibt und auch nach dem
Aufstehen auf seinem Platze verbleiben kann. Der Kopf wird
genau wie beim Percutiren so gehalten, dass die Nase auf den
Boden fixirt ist. Der Operateur kniet vor dem Kopf. Es wird
ein Schnitt 4 cm lang parallel der Medianebene und 1 cm davon
entfernt geführt, der nicht zu hoch aufwärts begonnen werden
darf. Dazu wird rechtwiokUg ein 2% cm langer Querschnitt
geführt und dann ein zweiter Längsschnitt. Der so abpräparirte
Hautlappen wird nach hinten gehalten, das Periost sauber ent¬
fernt und eine Trepanationsöffnung von l 1 /* cm Durchmesser
angelegt. Nun Hegt oft die innere Stirnplatte mit der äusseren
Platte zusammen oder iBt auch manchmal resorbirt. Ist dies
nicht der Fall, so kann man diese Platte mit dem Trepan-
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378
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
schwer erreichen und M. hat stets mit leichtem Meissei oder
noch besser mit der Knochenschraube und einer starken Korn¬
zange dieselbe entfernt. (Es ist überhaupt zu empfehlen, sobald
das trepanirte Knochenstück sich locker zeigt, die Knochen¬
schraube auznsetzen.) Alle kleinen dünnen Knochenreste müssen
mit der Kornzange sauber entfernt werden. Es darf auch nicht
eher trepanirt werden, als bis die Hautblutung aufgehört hat.
Ist die Durchbohrung hergestellt, so drängt sich das Gehirn
gegen die Knochenöffnung und durch einen Kreuzschnitt in die
harte Hirnhaut tritt die gefüllte Blase hervor.
Nun muss der Kopf so gelegt werden, dass die betr. Hirn¬
seite tief liegt, was den Austritt der Blase begünstigt. Platzt
sie, so wird sie mit der Pincette ergriffen und vorsichtig und
langsam herausgezogen, die Flüssigkeit durch eine eingeführte
Hohlsonde abgeleitet. Dann wird alles sauber gereinigt und der
Hautlappen wieder aufgelegt. Die Wunde heilt stets durch Ver¬
klebung. Die Behandlung erstreckt sich nur auf Sorge für
völlige Ruhe. Der Raum wird geschlossen. Alle Personen ent¬
fernen sich bis auf zwei.
Eb folgt ein förmlicher Betäubungszustand und das Thier
wird erst entfesselt, wenn es aufstehen will und namentlich
den Kopf frisch trägt. Oft ruhen die Thiere 12 Stunden lang
und das ist viel besser, als wenn sie gleich aufspringen wollen.
Es wird dann im Stalle so angebunden, dass es verkehrt steht,
zwischen zwei Stangen, an die es durch Stricke befestigt ist,
welche von einem um den Hals gelegten Sack ausgehen. Es
kann sich dann am Kopfe, wenn es nach vorwärts schiebt, nicht
beschädigen. In den ersten Tagen werden ihm ausserdem die
Augen zugebunden.
Ungünstige Umstände bei der Operation sind folgende:
Wenn die innere Stirnbeinplatte thatsächlich vorhanden und von
der äusseren ziemlich weit entfernt ist, so ist die Operation schon
viel schwieriger. Wenn die Blase nicht ganz oberflächlich im
Gehirn liegt, sondirt M. vorsichtig mit einem Messingdraht. Das
Aufflnden tiefer Blasen unter Schonung des Gehirns ist eine
Hauptkunst; denn schon geringe Blutungen sind in der Regel
tödtlich. Ist die Blase klein, so sind sicher mehrere vorhanden,
und dann ist die Prognose bedenklich; ebenso, wenn die Wurm¬
blase am Grunde ein etwas gelbliches Aussehen hat. Wenn die
Percussion kein sicheres Resultat ergeben hat, so bleibt die
Blase oft unerreichbar. Nur einmal kam es vor, dass die Blase
auf der entgegengesetzten Seite lag, nach welcher das Thier
drehte. In keinem Fall ergab sich noch nach dem siebenten Tage
eine Nothwendigkeit zur Schlachtung. Meist waren es Thiere von
115 bis 5 Jahren, welche trepanirt wurden; nur in einem Falle
eine 8jährige Kuh, bei der selbstverständlich die Percussion
keinen Anhalt gewähren konnte. Manchmal zeigen die Thiere
nach 2—3 Tagen plötzlich Convulsionen oder Überhaupt be¬
unruhigende Symptome. Ist in einem solchen Falle der stets
concave Hautlappen gewölbt, dann hat sich meistens Serum
darunter angesammelt und kann mit der Hohlsonde entfernt
werden.
Im Anschluss an die Ausführungen Merkt’s macht Imminger
darauf aufmerksam, duss beim Simmenthaler Vieh der Sitz der
Blase ein ungünstiger ist, was von anderer Seite als nicht all¬
gemein giltig hingestellt wurde. Districtsthierarzt Lehn er theilt
mit, dass er nach den Merkt’schen Angaben operirt und den
besten Erfolg erzielt habe. Es handelte sich um einen Bullen.
Nach Durchschneidung der Dura mater trat die Blase nicht sofort
hervor. Dies geschah aber, nachdem der Kopf des Thieres stark
gebeugt wurde und der Bulle pustete. Bei Herausnahme der
Blase wurde er bewusstlos. Erst nach 28 Stunden hob er den
Kopf, schlief dann wieder ein und versuchte, nach einer Stunde
aufzustehen. Die Wunde heilte per primam.
lieber die therapeutischen nndtoxicologischen Wirkungen
des Chinosols.
Von F. Hobday F. R. C. V. S., Prof, der Pkarmacologie am
Royal Veterinary College, London.
(Jonrn. of Comp. P«th and Therap. 1898, Vol. XI, Thl 1.)
Der Verf. hat das Chinosol äusserlich und suboutan bei einer
grösseren Anzahl von Hunden und Katzen versucht und folgende
Ergebnisse gewonnen:
1. Chinosol hat, in bestimmten Verhältnissen angewendet, eine
gute antiseptische, desinficirende und desodorirende Wirkung.
2. Die Wirkung des Präparates ist stärker in Lösung als in
Pulverform.
3. Das Pulver ist auf frischen Wunden nicht geeignet, vor¬
ausgesetzt, dass es nicht auf irgend eine Weise verdünnt wird.
4. Bei der Desinfection von Instrumenten müssen concentrirte
Lösungen vermieden werden.
5. Das Mittel besitzt toxische Eigenschaften.
6. Subcutaner Gebrauch in zu concentrirter Form verursacht
locale Entzündung und Schwellung. Die zu subcutanen In-
jectionen für die Behandlung von Menschen empfohlenen Lösungen
von 1:600 bis 1:200 sollten auch in der Thierheilkunde nicht
überschritten werden.
7. Die Katze ist gegen das Präparat empfindlicher als der
Hund, und es düifen bei Katzen zur Vermeidung von Vergiftungen
nur die niedrigsten Dosen in Anwendung kommen.
8. Von der unverletzten Haut wird Chinosol langsam ab-
sorbirt, und es können mehrere Tage hindurch sogar ziemlich
concentrirte Lösungen auf die Haut desselben TbiereB applicirt
werden, ohne dass Entzündung und Schorfbildung eintreten.
9. Die hauptsächlichsten Symptome der Vergiftung sind:
Niesen und Husten, vermehrte Absonderung eines zähen Speichels,
subnormale Temperatur, schwankender Gang, beginnende Läh¬
mung der Hinterhand, starker Kräfteverfall und schliesslich Tod
durch Herzlähmung.
10. Bei der Obduction tritt der charakteristische Geruch nach
Chinosol an einzelnen Organen hervor; ausserdem ist auch noch
das Vorhandensein von schaumigem Speichel im Pharynx, Oeso¬
phagus oder Magen ein Kennzeichen der Chinosolvergiftung.
Ueber die Ansscheidnog von Mikroorganismen durch
die thätige Milchdrüse.
Von Dr. Basch und Dr. Wekminsky.
(Ber). Klln. Wochen »ehr. 45/97.)
Die gegenwärtig herrschende Anschauung über die Aus¬
scheidung von Infectionserregern mit der Milch geht im
Allgemeinen dahin, dass alle Keime, die im Blute kreisen, durch
die thätige Milchdrüse abgesondert werden können. Bagenau
fand i. J. 1895, dass durch die Milchdrüse nur bei schwerer und
lange dauernder Etkrankung wahrscheinlich infolge Degeneration
der Gefässwände Mikroorganismen ausgeschieden werden können.
Verff. stellten Versuche über diese Frage an, zunächst mit nicht
pathogenen Mikroorganismen, dann auch mit pathogenen
(Bacillus antbracis). In allen Fällen blieb die Milch steril.
Eine andere Stellung nimmt dagegen der Bac, pyocyaneus
ein. Verff. injicirten '/»—2 Oesen einer 1—3 tägigen Pyocyaneus“
cultur fünf Bangenden Meerschweinchen intravenös. In allen
Fällen konnten sie den Pyocyaneus nach 5—8 Stunden in der
Milch nachwemen. Sie glauben dieses dem Anthrax entgegen¬
gesetzte Verhalten auf die Haemorrhagien beziehen zu dürfen,
die in verschieden starkem Grade regelmässig eintraten; durch
sie werden nicht nur die Keime aus den Gefässen in die Gewebe
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Gratis-Beilage zur Berliner Thierärztlichen Wochenschrift,
Mitteilungen fftr Veterinärbeamte.
Dieselben erseheinen unter Mitwirkung zahlreicher Departements- und Landesthierärzte
in zwanglosen Nummern.
VI. Serie. 11. August 1898. M 9.
Regierungsbezirk Cöln.
Polizei-Verordnung betreffend die Untersuchung des
Schweinefleisches auf Trichinen und Finnen.
Auf Grund der. §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes Uber die Polizei-
vcrwaltung vom 11. März 1850 (G.-S. S. 205) und in Gemässheit des
§ 137 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltung vom
30. Juli 1883 (G.-S. S 195) wird unter Zustimmung des Bezirksaus¬
schusses für den Umfang des Regierungsbezirks Cöln folgende
Polizeiverordnung erlassen.
§ 1. Ein Jeder, der ein Schwein schlachtet oder schlachten lässt,
ist verpflichtet, dasselbe nach Herausnahme der Eingeweide, jedoch
vor der Zerlegung in mehr als zwei Tlieile durch den hierzu amtlich
bestellten Beschauer auf Trichinen oder Finnen untersuchen zu lassen.
Die Brusteingeweide nebst Zwerchfell und Leber sind im Zu¬
sammenhang herauszunehmen und bis zur beendigten Untersuchung
thunlichst in unmittelbarer Nähe des Schweines aufzubewahren.
Vor stattgehabter Untersuchung und abgegebener Erklärung
des amtlichen Beschauers, dass das Schwein trichinen- und tinnenfrei
befunden sowie vor ausgeführter Bezeichnung des Schweines mittels
des Stempels darf das Fleisch zum Genuss für Menschen weder ver¬
kauft, zubereitet oder verarbeitet, noch an Andere überlassen werden.
§ 2. Kaufleute und Händler, welche Schweinefleisch oder daraus
bereitete Fleischwaaren zum Verkauf führen, desgleichen alle Fleisch-
waarenfabrikanten dürfen eingeführte Fleischwaaren weder auslegen
noch feilhalten, noch verkaufen, bevor letztere durch einen von einer
deutschen Polizeibehörde vorschriftsmässig bestellten, für den Unter¬
suchungsort zuständigen Trichinenhauer untersucht und trichinen-
und fiimenfrei befunden worden sind.
§ 3. Jeder, der gewerbsmässig Fleischwaaren oder Schweine¬
fleisch feilbietet, verkauft oder sonst an andere überlässt, hat ein
vorschriftsmässig eingerichtetes Fleischw.mienbuch zu führen. Das
letztere hat den Vermerk, oder bei eingeführten S< hweinefleisch-
waaren den Belag (Zeugniss des Trichinenschauers) über die ge¬
schehene amtliche Untersuchung zu enthalten. Das Fleischwaaren-
buch und die hierzu gehörigen Beläge sind ein Jahr lang, von der
letzten Eintragung ab gerechnet, aufzubewahren und der Polizei¬
behörde auf Verlangen vorzulegen.
Von den Bestimmungen dieses Paragraphen sind die Metzger
der Orte mit öffentlichen Schlachthäusern dann ausgenommen, wenn
dieselben ausschliesslich Schweinefleichwaaren führen, die von
Thieren herrühren, die in dem betreffenden Schlachthause geschlachtet
sind.
§ 4. Wird durch den angestellten Trichinenschauer in Schweine¬
fleisch oder den daraus bereiteten Fleischwaaren das Vorhandensein
von Trichinen oder Finnen festgestellt, so hat sowohl der Sachver¬
ständige als auch der Besitzer des Schweines oder der Fleischwaaren
der Ortspolizeibehörde ohne Verzug hiervon Anzeige zu machen. Der
Besitzer hat zunächst für sichere Aufbewahrung des betreffenden
Schweines oder der Fleischwaaren Sorge zu tragen und die weitere
Anordnung der Polizeibehörde abzuwarten.
§ 5. Sowohl rohes wie verarbeitetes Schweinefleisch, das
trichinen- und finnenhaltig befunden wird, ist nebst den zugehörigen
ausgeweideten Theilen nach den von der Ortspolizei zu treffenden
Anordnungen und unter deren Aufsicht unschädlich zu machen.
Ebenso sind diejenigen Fleischwaaren, bezüglich deren der Nach¬
weis, dass dieselben trichinen- und finnenfrei sind, mit der erforder¬
lichen Sicherheit nachträglich nicht mehr erbracht werden kann, un¬
schädlich zu machen.
§ 6. Für die Ausführungen dieser Polizeiverordnung wird der
Regierungs-Präsident eine besondere Anweisung erlassen.
§ 7. Die in den vorstehenden §§ 1 bis 5 einschliesslich ent¬
haltenen Vorschriften finden auf erlegte Wildschweine und deren
Theile sinngemässe Anwendung.
§ 8. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften dieser Ver¬
ordnung werden, soweit nicht nach Massgabe des Strafgesetzbuches
eine höhere Sirafe eintritt, mit einer Geldbusse bis zu 60 Mark für
jeden Uebertretungsfall oder mit verhältnissmässiger Haft geahndet.
§ 9. Die Polizei-Verordnung tritt am 1. Juli 1898 in Kraft. D : e
Polizeiverordnung vom 7. Oktober 1878 (Amtsblatt S. Ic5) und die
hierzu erlassene Ergänzungs-Verordnung vom 14. Juni 1892 (Amts
blatt S. 286) werden mit dem gleichen Tage aufgehoben.
Cöln, den 12. Mai 1898. Der Regierungs-Präsident
Freiherr von Richthofen.
Ausführungs-Anweisung.
Unter Bezugnahme auf § 6 der vorstehenden Polizei-Verordnung
erlasse ich hiermit nachfolgende Anweisung zur Ausführung der
Polizei-Verordnung vom 12. April 1898 betreffend die zwangsweise
uneingeschränkte Untersuchung des Schweinefleisches auf Trichinen
und Finnen.
1. Die Befugniss zur amtlichen Untersuchung des Schweine¬
fleisches auf Trichinen und Finnen wird von der Ortspolizeibehörden,
und zwar mit dem Vorbehalte des Widerrufes, erteilt.
Die Zahl der anzustellenden Trichinen- und Finnenschauer richtet
sich nach dem örtlichen Bedürfnisse. Hierbei ist in Erwägung zu
ziehen, dass überall für geeignete Stellvertretung gesorgt werde,
sowie dass die von einem Trichinen- und Finnenschauer an einem
Tage auszuführenden Untersuchungen die Anzahl von 10 Schweinen
oder 50 Fleiscliwaarenstiicken in der Regel nicht überschreiten.
Ausgenommen hiervon sind die an öffentlichen Schlachthäusern an-
gestellten Trichinenschauer. Diese haben auf die Untersuchung der
einem Schweine entnommenen Fleischproben 15—20 Minuten, auf die
Untersuchung eines Fleischwaarenstückes 5—lOMinuten zu verwenden.
2. Die anzustellenden Trichinenschauer werden von den Orts¬
polizeibehörden zur gewissenhaften Ausführung ihres Gewerbes
eidlich verpflichtet Ihre Namen werden zur öffentlichen Kenntniss
gebracht und sind dem zuständigen Kreisphysikus und Kreisthierarzt
durch die Ortspolizeibehörde besonders mitzutheilen.
ln der den Trichinenschauern kostenfrei, aber stempelpflichtig
auszuhändigenden Anstellungsurkunde ist ausdrücklich auszusprechen,
dass sie lediglich als Gewerbetreibende im Sinne des § 36 der
R.-G.-O., und zwar auf Widerruf, nicht aber als Beamte angestellt
werden.
3. Als Trichinen- und Finnenschauer können nur solche Personen
angcstellt werden, welche
a) das 21. Lebensjahr vollendet haben,
b) die vorgeschriebene Fachprüfung (vergl. Ziffer 4 dieser An¬
weisung) bestanden haben und
c) den Nachweis der Unbescholtenheit durch polizeiliches, sowie
der körperlichen Befähigung durch ärztliches Attest (insbesondere
über normale Sehschärfe) erbringen.
Haus- und Bankschlächter dürfen als Trichinenschauer nicht
bestellt werden.
Befreit von der Ablegung der Fachprüfung sind nur approbirte
Aerzte sowie beamtete und diejenigen npprohirten Thierärzte, welche
die thierärztliche Prüfung auf Giund des Prüfungsreglements vom
25. September 1869 bestanden haben, oder vor dieser Zeit in Berlin
oder Hannover auf Grund der abgelegten Prüfung für befähigt
erachtet worden sind, in gerichtlichen und polizeilichen Fällen Gut¬
achten abzugeben und bei Massregeln gegen Verbreitung von Thier¬
seuchen mitzuwirken.
4. Die unter Ziffer 3 dieser Anweisung vorgeschrie¬
bene Fachprüfung wird vor einer, aus dem zuständigen
Kreisphysikus und Kreisthierarzt bestehenden Kom¬
mission abgelegt und findet am Wohnsitz dieser Beamten statt.
Zweck dieser Prüfung ist, zu ermitteln, ob der Prüfling sich in
theoretischer und praktischer Hinsicht im Besitze aller behufs zu¬
verlässiger Ausübung der Trichinen- und Finnenschau erforderlichen
Kenntnisse und Fertigkeiten befindet. Hierzu gehört auch eine
genaue Kenntniss der bezüglich der Trichinen- und Finnenschau
geltenden Polizeivorschriften.
Treten in der Kommission Meinungsve rschieden-
heitenüber das Ergebniss der Prüfung bei einem
oder mehreren Prüflingen auf, so haben sich die
Letzteren einer weiteren Prüfung vor dem zustän¬
digen Departementsthierarzt zu unterziehen.
Diese Prüfung findet amWohnorte dieses Beamten
statt, ist kostenlos und giebt injedemFalle den
Ausschlag.
Besteht der Prüfling die Prüfung, so erhält er von der vor-
bezeichneten Commission beziehungsweise vom Dcpartementsthier-
arzt ein stempelpflichtiges PrüfungszeugniBS über seine Befähigung,
als amtlicher Trichinen- und Finnenschauer thätig zu sein.
Dieses Prüfungszeugnis darf nur solchen Personen ausgehändigt
werden, welche sich im Besitze eines nach dem Gutachten der
prüfenden Beamten für die Zwecke der Trichinen- und Finnenschau
völlig geeigneten Mikroskopes befinden. Ein hierauf bezüglicher
Vermerk ist in das Prüfungszeugniss aufzunehmen.
Ausgenommen hiervon sind aie an solchen öffentlichen Schlacht¬
häusern zu beschäftigenden Trichinen- und Finnenschauer, an denen
die Mikroskope von der Verwaltung gestellt werden.
5. Auch die ohne das Erforderniss einer Fachprüfung anzu-
stellenden Trichinen- und Finnenschauer (vergl. Ziffer 3 dieser
Anweisung) müssen durch ein Zeugniss des Kreisphysikus oder
Kreisthierarztes den Besitz eines für die Zwecke der Trichinen- und
Finnenschau völlig geeigneten Mikroskopes nachweisen.
6. Sämmtliche Trichinen- und Finnenschauer
unterstehen in technischer Beziehung der dienst-
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2
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
No. 9.
liehen Aufsicht des Kreisphysikus und des Kreis-
thierarztes, im Uebrigen der Aulsicht der Anstellungsbehörde.
Die genannten Beamten haben deshalb die Thätig-
keit eämmtlicher Trichinenschauer ihres Ver¬
waltungsbezirks, so oftsich dazu eine passende
G e 1 e g e n h e i t b i e te t, z u b e a u f s i c h t i g e n , indem sie
dieselben u n v e r m u t h e t i n ihren Geschäftsräumen
aufsuchen. Die PrUfung hat sich hierbei insbesondere auf die
Beschaffenheit der Mikroskope und aut die ordnungsmässige Führung
der Schaubücher (vergl. Ziffer 18 dieser Anweisung) zu erstrecken.
Von etwaigen Mängeln, Unregelmässigkeiten oder Nachlässigkeiten
hat der revidirende Beamte unverzüglich der Ortspolizeibehörde
zur weiteren Veranlassung Anzeige zu machen.
7. Jeder auf Grund einer Prüfung bestellte Trichinen- oder
Finnenscbauer hat sich, sofern derselbe nicht an einem öffentlichen
Schlachthause thätig ist, alle 3 Jahre einer Nach prttlung
zu unterziehen, für welche die Bestimmungen unter No. 4 dieser
Anweisung massgebend sind.
Die Terminstunden zu den Nachprüfungen Bind so anzusetzen,
dass die auswärts wohnenden Trichinen- und Finnenschauer möglichst
an demselben Tage den Hin- und Rückweg zurücklegen könne».
Die Auswahl derselben ist derartig zu treffen, dass einzelnen
Gegenden am Prüfungstage nicht sämmtliche Trichinen- und Finnen¬
schauer entzogen werden.
In den Naciiprüfungsterminen haben die Trichinen- und Finnen¬
schauer ihre Prüfungszeugnisse (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung),
ihre Anstellungsurkuuden, ihre Mikroskope nebst Zubehör, sowie
ihre Schaubücher (vergl. Ziffer 18 dieser Anweisung) vorzuzeigen.
Die Ortspolizeibehörden haben dafür Sorge zu tragen, dass kein
auf Grund einer Prüfung bestellter Trichinen- und Finnenschauer
sich der vorgeschriebenen Nachprüfung innerhalb der dreijährigen
Frist entzieht.
Trichinen- und Finnenschauer, die bei der Nachprüfung ein
ungenügendes Wissen zeigen oder im Besitze unbrauchbarer In¬
strumente befunden werden, sind nach erfolgloser Belehrung der
Ortspolizeibebörde behufs Erwägung des Widerrufes der Anstellung
anzuzeigen.
Diejenigen, welche ohne begründete Entschuldigung zur Nach¬
prüfung nicht erscheinen, sind der Ortspolizeibehörde namhaft zu
machen und, wie die entschuldigt fehlenden, zu einem neuen Termine
zu laden. Wiederholtes unentscbuldigtes Ausbleiben ist der Orts¬
polizeibehörde zur weiteren Veranlassung anzuzeigen.
Wer gemäss der Vorschrift unter Ziffer 4 dieser Anweisung auf
Grund bestandener Prüfung ein Prüfungszeugniss über seine Be¬
fähigung als Trichinen- una Finnenscbauer erworben hat und nicht
binnen drei Jahren nach erfolgter PrUfung als solcher bestellt wird,
darf nur angestellt werden, wenn er die in Vorstehendem vor¬
geschriebene Nachprüfung mit Erfolg abgelegt hat
Die an öffentlichen Schlachthäusern thätigen Trichinen- und
Finnenschauer haben sich alle 3 Jahre einer Nachprüfung vor einer
Kommission zu unterziehen, die aus dem Departemeu'sthierarzt als
Vorsitzenden und dem zuständigen Kreisthierarzt sowie einem vom
Regierungs-Präsidenten Für jede dieser Nachprüfungen besonders zu
bezeichnenden Schlacbthoftnierarzte als Beisitzer besteht.
8. Der Trichinen- und Finnenschauer ist verpflichtet, jedem
Anträge auf mikroskopische Untersuchung von Schweinefleisch oder
dergleichen Waaren am selben Tage oder spätestens im Laufe des
Vormittags des folgenden Tages nachzukommen und die zur Unter¬
suchung erforderlichen Fleischproben selbst zu entuehmen. ln
öffentlichen Schlachthäusern dürfen die Fleischprobeu durch von der
Ortspolizeibehörde hierzu eidlich verpflichteten Personen (Probe¬
nehmern) entnommen werden. Zu letzteren dürfen nur durchaus
zuverlässige und hierzu besonders unterrichtete Leute verwendet
werden, die die Fachprüfung (Ziffer 4 dieser Anweisung) be.-tanden
haben.
9. Behufs der Untersuchung sind jedem geschlachteten Schweine
wenigstens 6 fettfreie Fleischproben, jede von der Grösse einer
Wallnuss zu entnehmen, und zwar:
je 1 Probe aus dem rechten urd linken Zwerchfellpfeiler,
je 1 Probe aus den beiderseitigen Zwerchfellmuskeln (Rippen-
theil des Zwerchfelles),
je 1 Probe aus den Kehlkopfmuskeln.
Diese Proben sind möglichst nahe den sehnigen Ansätzen zu
entnehmen.
Der Trichinenschauer hat alsdann aus jeder vorbezeichneten
Fleiscbprobe 3, mithin im Ganzen 18 haferkorngrosse Stücke zu
entnehmen und hieraus saubere und so durchsichtige Präparate
anzufertigen, dass durch dieselben hindurch Druckschrift deutlich
gelegen werden kann.
10. Behufs Untersuchung eines Schinkens oder eines anderen
einzelnen Fleischstückes sind mindestens 3 möglichst tief gelegene,
fettfreie, _ etwa bohnengrosse Fleischproben von verschiedenen
Stellen, jedoch in thunlichster Nähe der sehnigen Ansätze, zu ent¬
nehmen.
Auf jeder dieser Fleischproben hat der Trichinenschauer 3,
mithin im Ganzen 9 Präparate von der unter Ziffer 9 dieser An¬
weisung bezcichneten Art anzufertigen.
Bei Würsten sind zum Zwecke der Untersuchung drei dünne
Scheiben für jedes Kilogramm in entsprechender Vertheilung heraus¬
zuschneiden. Von jeder dieser Scheiben sind je zwei Präparate von
der unter Ziffer 9 angegebenen Art aus denjenigen Fleischstückchen
anzufertigen, welche anscheinend aus Schweinefleisch bestehen.
11. Sämmtliche Fleischproben sind in Blechkästen mit num-
merirten Fächern oder in weissen Papierbeuteln aufzubewahren,
auf denen die Nummer und Stückzahl des Schweines und der Name
des Besitzers oder Antragstellers deutlich aufgeschrieben ist.
Desgleichen sind die Theile des Schweines, aus denen die Proben
entnommen sind, sowie die Eingeweide durch Einschneiden und
Nummerireu derart deutlich zu kennzeichnen, dass eine Verwechse¬
lung ausgeschlossen ist.
12. Die mikroskopische Untersuchung der angeferligten Prä-
f iarate geschieht in der Weise, dass jedes Präparat langsam, gründ-
ich und vorsichtig und zwar methodisch von rechts nach links und
von oben nach unten durchmustert wird.
Bei zweifelhaftem Befunde sind so viele Fleischproben zu ent¬
nehmen, und aus denselben so viele Präparate anzufertigen und zn
untersuchen, als zur völligen Aufklärung erforderlich sind.
13. Findet der Beschauer die von ihm untersuchten Fleisch¬
proben trichinenfrei, so hat er oder der verpflichtete Probenehmer
vor der Abstempelung das ausgeschlachtete Thier bezw. die ihm
vorgelegten einzelnen Fleischstücke auf Finnen zu untersuchen.
Hierbei sind die Bauchmuskeln nach Entfernung des Bauchfettes
(Pflomen oder Lünte<, die Einwärtszieher des Hinterschenkels (Muskeln
am sogenannten Schluss), die muskulösen Theile des Zwerchfelles,
die Zwischenrippenmuskeln, die Brustbeinmuskeln, die Halsmuskeln,
die Vorarmstrecker (Muskeln über der sogenannten Hacke), das
Herz, die untere Fläche der Zunge und die Kaumuskeln zu berück¬
sichtigen. Herz und Kaumuskeln sind zu diesem Zwecke an¬
zuschneiden.
14. Die Abstempelung der bei der Untersuchung trichinen- und
finnenfrei befundenen Schweine bezw. Fleischstücke hat durch die
Trichinenschauer, in öffentlichen Schlachthäusern eventuell durch
den Probenehmer zu erfolgen. Zur Abstempelung, die beim Schweine
6 fach, und zwar an den Schinken, den Speckseiten und Schulter¬
blättern beider Seiten zu bewirken ist, sindFaib-, Stich- oder Brenn¬
stempel zu verwenden, die Namen und Wohnort des untersuchenden
Trichinenschauers nachweisen. Die Stempel sind durch die Orts-
f iolizcibehörden erstmalig zu beschaffen und in der Folge erforder-
ichen Falles auf Kosten des betreffenden Trichinen- und Finnen¬
schauers zu erneuern. Als Stempelfarben dürfen nur unschädliche
Farbstoffe benutzt werden.
15. Ueber das Ergebniss der Untersuchung des in den Regierungs¬
bezirk Cöln eingeführten Schweinefleisches hat der Trichinenschauer
ausserdem je nach Wahl desjenigen, auf dessen Antrag die Unter¬
suchung stattgefunden hat, ein Attest auszustellen oder in das von
dem Antragsteller nach dem in der Anlage A angegebenen Muster
anzulegende Fleischwaarenbuch (§ 3 der Polizeiverordnung) die er¬
forderlichen Eintragungen zu machen.
16. Findet der Trichinen- und Finnenschauer in den untersuchten
Fleischproben Trichinen oder Finnen, so hat er sofort
a) demjenigen, auf dessen Antrag die Untersuchung stattgefunden
hat, hiervon unter Hinweis auf die Vorschriften in § 4 der
Polizeiverordnung Kenntniss zu geben;
b) ebenso der Ortspolizeibehörde unter Angabe des Sachverhalts
Anzeige zu erstatten; in öffentlichen Scnlachtbäusern tritt an
die Stelle der Ortspolizeibebörde der mit der technischen
Aufsicht betraute Thierarzt;
c) die trichinen- und finnenbaltig befundenen Präparate wohl
verkittet, oder in anderer Weise gut erhalten und deutlich
bezeichnet, behufs etwaiger Nachuntersuchung drei Monate
lang unter sicherem Verschlüsse aufzubewahren und alsdann
zu verbrennen.
Nach Massgabe der vorstehend unter a und b aufgefUhrten Vor¬
schriften hat der Trichinen- oder Finnenschauer auch dann zu ver¬
fahren, wenn er zwar Trichinen oder Finnen in den untersuchten
Fleischproben nicht auffindet, jedoch an dem Schweine oder der
Flei8chwaaro eine sonstige Veränderung wahrnimmt, die seiner
Meinung nach darauf schliessen lässt, dass der Genuss des Fleisches
geeignet sei, die menschliche Gesundheit zu schädigen.
17. Für die Ausnutzung und Vernichtung trichinenhaltiger oder
finniger Fleiscliwaaren sind folgende Bestimmungen massgebend:
1. Trichinenbaltiges Schweinefleisch oder dergleichen Fleisch-
waaren dürfen nur zu gewerblichen, niemals aber zu Nahruugs-
zwecken für Menschen oder Thiere verwendet werden. Ge¬
stattet sind folgende Ausnutzungen zu gewerblichen Zwecken:
1. das Abhäuten (Abschwarten) und das Entfernen der Borsten,
sowie freie Verwerthung der Haut und der Borsten;
2. nach vorheriger Zerstückelung und mindestens 8 Stunden
lang bei wenigstens 100° C. — insoweit erforderlich unter
Wasserzusatz — fortgesetztem Durchkochen der Fleisch- und
Fetttheile dürfen die hierbei ausgeschlossenen Fettmengen
zu gewerblichen Zwecken benutzt werden. Die übrig ge¬
bliebenen Bestandtheile (Fleisch, Knochen, Eingeweide u. 8. w.)
sind zu verbrennen;
3. die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife
und Leim;
4. die chemische Bearbeitung des ganzen trichinenhaltigen
Schweines bezw. der Fleiscnwaaren.
Wird eine zulässige Ansnutzung vom Eigenthümer nicht
gewünscht, oder ist eine solche überhaupt nicht durchführbar, so ist
der ganze trichinenhaltige Gegenstand zu verbrennen. Derselbe
darf unter keinen Umständen vergraben werden.
Ila. Strakfinniges Schweinefleisch oder dergleichen Fleischwaaren
(d. h. bei denen sowohl an der Oberfläche als auch an den
verschiedenen Durcbschnittflächen auf einem etwa handteller¬
grossen Theile der Fläche sich mehr als eine Finne findet)
unterliegen den bei I gegebenen Vorschriften.
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11. August 1898.
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINARBEAMTE.
8
Nachgelassen wird jedoch:
1. die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen ge¬
wonnenen Fettes zu Nahrungszwecken för Menschen und
Thiere;
2. das Vergraben des ganzen finnigen Gegenstandes. Derselbe
ist vor dem Vergraben mit Petroleum oder roher Carbol-
säure zu übergiessen. Die Grube ist an einer geeigneten
Stelle so tief anzulegen, dass die Oberfläche des Thierkörpers
von einer unterhalb des Randes der Grube mindestens
1 m starken Erdschicht bedeckt wird.
Ilb. Schwachfinniges Schweinefleisch oder dergleichen Fleisch-
waaren dürfen zu Nahrungszwecken benutzt werden, wenn die
mageren Fleischtheile in Stücke von höchstens acht Centi-
metern Durchmesser zerkleinert und vollständig gar gekocht
sind. Bei dem erst dann zulässigen Verkaufe derartigen
Fleisches ist anzugeben, dass dasselbe mit Finnen behaftet ist.
Die Ausnutzung und Vernichtung trichinen- oder finnenhaltiger
Schweine oder trichinen- oder finnenhaltiger Fleischtheile muss stets
unter Aufsicht der Ortspolizeibehörde geschehen.
18. Sind in Fleischproben durch den Trichinenschauer Trichinen
oder Finnen vorgefunden und entstehen Zweifel an der Richtigkeit
dieses Befundes, so hat die Ortspolizeibehörde auf Antrag des Be¬
theiligten oder von Amtswegen zu veranlassen, dass der Trichinen¬
schauer diejenigen mikroskopischen Präparate, auf welche er seine
Ansicht gründet, nebst einigen Fleischproben des untersuchten
Schweines oder der Fleischwaaren dem am schnellsten zu erreichen¬
den Kreisphysikus oder Kreisthierarzt des Regierungsbezirks behufs
nochmaliger Untersuchung auf sichere Weise unter sicherem Ver¬
schlüsse sofort übermittelt Werden durch diese Untersuchung die
Zweifel nicht beseitigt, so entscheidet in letzter Instanz der zustän¬
dige Departementsthierarzt
19. Jeder Trichinenschauer hat ein Geschäftsbuch nach dem in
Anlage B näher bezeichneten Muster zu führen.
Die Seiten des Schaubuches sind mit fortlaufenden Nummern
zu versehen. Die Anzahl der Seiten ist von der Ortspolizeibehörde
auf der ersten und letzten Seite zu bescheinigen. Jede Unter¬
suchung muss der Zeitfolge nach in das Buch eingetragen werden.
Das abgeschlossene Schaubuch, sowie das Schauhuch, welches
sich bei dem Dienstaustritt eines Trichinen- oder Finnenschauers
im Besitze desselben befindet, ist der Ortspolizeibehörde zur Auf¬
bewahrung zu übergeben.
Trichinen- oder Finnenschauer, welche in öffentlichen Schlacht¬
häusern Untersuchungen des Schveinefleisches auf Trichinen und
Finnen vornehmen, sind von der Führung des Schaubuches befreit,
falls ein von der Verwaltung des Schlachthauses geführtes Register
die nach Vorstehendem für die Schaubücher der Trichinen- und
Finnenschauer vorgeschriebenen Angaben enthält.
20. Die Trichinen- und Finnenschauer haben den Gebrauch der
in Gemässheit des § 3 der Polizeiverordnung zu führenden Fleiscb-
waarenbücher zu überwachen und insbesondere darauf zu achten,
dass alle nach den §§ 1 und 2 der Polizeiverordnung der Unter¬
suchungspflicht unterliegenden Schweine und Fleischwaaren zur
Untersuchung gelangt sind Dieselben haben jede zu ihrer Kenntniss
gelangende Zuwiderhandlung der OrtspolizeiDehörde anzuzeigen.
21. Die Prüfungscommission ist für die in Gemässheit der Ziffer
3 und 4 dieser Anweisung erforderliche Fachprüfung eines Tiichinen-
und Finnenschauers, einschliesslich der Ausstellung des Prüfungs-
zeugnisseB und der Prüfung des Mikroskopes, sowie der betreffs des
letzteren in das Prüfungszeugniss aufzunehmenden Bescheinigung,
ausser dem gesetzlichen Stempel eine Gebühr von 10 Mark von dem
Geprüften zu entrichten. Dieser Betrag wird unter die Mitglider
der Commission gleichmässig vertheilt. Die Gebühr für den von einem
Kreisphysikus oder beamteten Thierarzt oder einem thierärztlichen
Schlachttiofleiter den Trichinen- und Finnenschauer ertheilten
theoretisch-praktischen Unterricht wird auf 10 Mark festgesetzt.
22. Für die in Gemässheit der Ziffer 7 dieser Anweisung er¬
forderliche Nachprüfung eines Trichinen- und Finnenschauers ein¬
schliesslich der Prüfung des Mikroskops hat derselbe eine Gebühr
von 3 Mark zu zahlen, welcher Betrag gleichmässig unter die Mit¬
glieder der Prüfungscommission vertheilt wird.
Die Mitglieder der an Schlachthäusern prüfenden Commissionen
erhalten bei Prüfungen am Wohnorte Tagegelder, ausserhalb des
Wohnortes ausserdem Reisekosten nach den Bestimmungen des
Gesetzes vom 9 März 1872. Die Gebühren für die Nachprüfung ge¬
hören zu den Kosten der örtlichen Polizeiverwaltung und fallen
daher demjenigen zur Last, der diese Kosten zu tragen hat Die
Ortspolizeibehörde ist jedoch befugt, diesen Gebührenbetrag von
dem Trichinen- und Finnenschauer wieder einzuziehen, wenn in
Folge von Nachlässigkeit Unwissenheit oder sonstigen eigenen
Verschuldens desselben eine Wiederholung der Nachprüfung inner¬
halb eines kürzeren als dreijährigen Zeitraumes nothwenaig ge¬
worden ist.
23. Dem Trichinen- und Finnenschauer stehen für die amtliche
Untersuchung eines Schweines je nach den örtlichen Verhältnissen
50—80 Pfennige zu. Innerhalb dieser Grenzen werden die Unter¬
suchungsgebühren in den Landkreisen durch den Kreistag, in den
Stadtkreisen durch die Stadtverordneten-Versammlung festgesetzt
Für die Untersuchung von Fleischstücken bis zu einem Gewicht
von 5 kg sind 15 Pfennige, für solche von Uber 5 kg 25 Pfennige
an Schaugebühren zu entrichten. Unter die festgesetzten Gebühren
darf der Trichinenschauer nicht herabgehen.
Sind zur Vornahme der Untersuchung Wege in einer Entfernung
von mehr als 2 km zurückzulegen, so sind vom Besitzer des
Schweines oder der Fleischwaaren für jeden weiteren Kilometer bis zu
einer Gesammtentfernung von einschliesslich 4 km 20 Pf, für jeden
demnächst weiteren Kilometer 10 Pf. zu zahlen. Der angefangene
Kilometer wird mitberechnet. Streitigkeiten über die Kilometerzahl
entscheiden die Ortspolizeibehörden.
In öffentlichen Schlachhäusern können die Trichinenschauer
mit einer von der Verwaltung festzuBetzenden Renumeration ab¬
gefunden werden. Eine derartige Regelung der Gebührenfrage be-
dar in jedem Falle der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
24. Für eine in Gemässheit der Ziffer 18 dieser Anweisung er¬
forderte Nachuntersuchung mikroskopischer Präparate auf Trichinen
und Finnen hat der zugezogene Kreisphysikus oder beamtete Thier¬
arzt eine Vergütung von 3 Mark zu beanspruchen, ln diesem Be¬
trage ist die Gebühr für die Ausstellung eines Befundscheines über
das Ergebniss der Nach-Untersuchung einbegriffen.
25. Von dem bei der Anstellung der Trichinen-Finnenschauer in
Gemässheit der Ziffer 1 dieser Anweisung vorzubehaltenen Wider¬
rufsiechte ist in der Regel Gebrauch zu machen:
a) bei Pflichtwidrigkeit;
b) wenn ein Tricninenschauer in den Dienst von Schweine¬
schlächtern oder Schweinehändlern tritt, oder von diesen
Geschenke annimmt, oder den Handel mit Schweinefleisch-
waaren gewerbsmässig betreibt oder Agent einer Versicherungs¬
gesellschaft gegen Trichinen oder Finnen wird;
c) wenn er weniger oder mehr als die vorgeschriebene Unter¬
suchungsgebühren erhebt;
d) wenn er der unter Ziffer 7 dieser Anweisung vorgeschriebenen
Nachprüfung sich entzieht oder wenn durch die Nachprüfung
oder auf sonstige Weise dargethan wird, dass er sich nicht
mehr im Besitz der zur Ausübung der Trichinen- und Finnen¬
schau erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten oder eines
brauchbaren Mikroskopes befindet.
In den bei a und b erwähnten Fällen hat der Trichinen- und
Finnenschauer ausser der sofortigen Entlassung auch die Zurück¬
nahme des Prüfungszeugnisses (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung) zu
gewärtigen.
Die erfolgte Entlassung und die Zurücknahme des Prüfungs¬
zeugnisses wird von der Ortspolizeibehörde öffentlich bekannt gemacht.
Erstmalige Verstösse gegen die Bestimmungen zu 8 können
seitens der Ortspolizeibehörden durch Ordnungsstrafen geahndet
werden.
26 Die Ausführungsverordnung zur Untersuchung des Schweine¬
fleisches auf Trichinen und Finnen vom 7. October 1878 verliert mit
dem 1. Juli 1898 ihre Gültigkeit.
Cöln, den 12. Mai 1898. Der Regierungs-Präsident
Freiherr von Richthofen.
Anlage A-
Fleischwaaren buch.
1.
2. 1 3. | 4. | 5. | 6.
7.
Lau¬
fende
No.
Tag des
Eingangs
Bezeichnung
der
Waare
Oewii-bt
der¬
selben
in
kg
Bezugsort
und
Verkäufer
Zeit und Art
der
Unter¬
suchung
Ergeb¬
niss der¬
selben
Anlag
B B.
Ges
c. h ä f
18 b n c h.
a.
b.
c.
d.
e.
f.
©
5
rs
a
«2
3
ca
Name und
Wohnort des
Eigenthümer8
des Schweines
bezw. der
Fleischwaaren
Bezeichnung
des Schweines
(Alter, Ge¬
sell leebt) bezw.
der
Fleischwaaren
Tag und
Stunde
der
Unter¬
suchung
Ergebniss
der
Unter¬
suchung
Bemer¬
kungen
1
Regierungsbezirk Bromberg.
Polizei-Verordnung betreffend die mikroskopische Unter¬
suchung des Schweinefleisches auf Trichinen und Finnen.
Auf Grund der §§ 6, 12 und 15 des Gesetzes über die Polizei-
Verwaltung vom 11. März 1850 ^Gesetz-Sammlung Seite 265) in Ver¬
bindung mit §§ 137 und 139 des Gesetzes über die allgemeine
Landesverwaltung vom 30. Juli 1883 (Gesetz - Sammlung Seite 195)
wird mit Zustimmung des Bezirksausschusses für den Umfang des
Regierungsbezirks Folgendes verordnet:
§ 1 -
Jeder, der einSchwein schlachtet oder schlach¬
ten lässt, ist verpflichtet, dasselbe vor der Zerlegung und ehe
Fleisch oder Fett von dem Schweine getrennt werden, durch den
von der Ortspolizeibehörde für den betreffenden Bezirk bestellten
Trichinenschauer auf Trichinen und auf Finnen untersuchen zu
lassen.
§ 2 .
Schweinefleisch oder die unter Verwendung
von Schweinefleisch bereiteten Lebensmittel,
welche von ausserhalb des Regierungsbezirks
aber innerhalb des Deutsehen Reiches geschlachteten
Schweinen stammen, dürfen im Regierungs¬
bezirk nur dann verkauft oder im Gast- oder
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4
No. 9.
MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
Speise wirth sc haftsbetriebe verwendet werden,
wenn das Fleisch oder die Lebensmittel am Ursprungsorte
innerhalb des Deutschen Reiches ' on einem amt¬
lichen Trichinenschauer untersucht und tricliinen- und finnenfrei
befunden worden sind.
Wer Schweinefleisch oder Schwein efleisch-
waaren einführt, deren Ursprung ausserhalb des
Deutschen Reiches gelegen ist, ist verpflichtet, die Waaren durch den
von der Ortspolizeihehürde für den betreffenden Bezirk bestellten
Trichineuschauer auf Trichinen und Finnen untersuchen zu lassen.*;
Nun gewinnt es zwar den Anschein, als ob ausländische
Schweinefleischwaaren zweimal untersucht werden müssten,
wenn sie in den Rgb. Bromberg eiugeführt werden. Dem ist aber
nicht so; wer dieses vermeiden will, hat die Auslandswaare im
Transitverkehr der Seehäfen direct nach einem inländischen Zoll-
amte (Bromberg etc.) zu senden, wo er den Einfuhrzoll erledigen
und die Untersuchung auf Trichinen erstmalig und einmalig vor¬
nehmen lassen kann.
Solche Waare allerdings, die bereits einmal in den Seehäfen
oder anderswo untersucht war, muss ohne Weiteres noch einmal im
Rgb. Bromberg untersucht werden. Gründe hierfür sind den Ein¬
geweihten nicht unbekannt.
Es fehlt nun noch die Declaration der ausländischen Waaren
im Detail-Handel, denn ausländischer Speck wird allerorts anstands¬
los für inländischen verkauft — die Vortheile erhalten die Im¬
porteure und Kaufleute, nicht aber die Consumenten und Produ¬
centen; geräucherter amerikanischer Speck soll 26 Pf. in Chicago
kosten — hierorts kostet jeder geräucherte Speck 70—80 Pf.
§ 3.
Erst, wenn auf Grund der Untersuchung von dem Trichinen¬
schauer eine Bescheinigung darüber ausgestellt ist, dass die Unter¬
suchung auf Trichinen und Finnen erfolgt ist und dass die unter¬
suchten Theile trichinen- und finnenfrei befunden sind, ist es ge¬
stattet, das Schwein weiter auszuschlachten oder die daraus bereiteten
Lebensmittel im Gast- oder Speisewirthschaftsbetriebe zu verwenden
oder weiter zu verkaufen.
§ 4.
Wer gewerbsmässig Schweine schlachtet oder schlachten lässt,
um mit diesen in rohen oder verarbeiteten Zustand Handel zu treiben,
hat, sofern nicht die Bestimmungen des § 6 Platz greifen, ein
Fleischbuch mit folgenden Spalten zu führen:
1. Laufende Nummer,
2. Tag des Schlachtens,
3. Bezeichnung des Schweines,
4. Angabe des Bezugsortes und des früheren Besitzers,
5. Tag und Ort der mikroskopischen Untersuchung,
6. Bescheinigung des Trichiuenschauers über das Ergebniss
der Untersuchung und dessen Namensunterschrift,
7. Bemerkungen.
Die 4 ersten Spalten des Buches sind vor dem Schlachten aus-
zutüllen und das Buch ist sodann dem Trichinenschauer bei der
mikroskopischen Untersuchung zur weiteren Ausfüllung vorznlegen.
Denjenigen, welche nicht gewerbsmässig ein Schwein schlachten
oder schlachten lassen, bleibt es freigestellt, ein gleiches Fleisch¬
buch zu halten. Anderenfalls müssen sie sich von dem Trichinen¬
schauer vibtr jedes ausgeschlachicte Schwein eine besondere Be¬
scheinigung ausstellen lassen, welches die den Spalten des Fleisch¬
buchs entsprechenden Angaben enthält.
§ 5.
Beziehen die im § 4 Absatz 1 genannten Personen das Schweine¬
fleisch oder die unter Verwendung von Schweinefleisch bereiteten
Lebensmittel von auswärts, so sind sie verpflichtet, ein Fleisch-
waarenbuch mit folgenden Spalten zu führen:
1. Laufende Nummer,
2. Tag des Bezuges,
3. Bezeichnung der Waare nach Zahl, Art und Gewicht,
4. Ort des Bezuges,
5. Nachweis der Untersuchung am deutschen Ursprungsort,
6. In Fällen, wo nach § 2 der Polizei-Verordnung am Einfuhr¬
orte eine Untersuchung erforderlich {jeworden ist, — unter¬
schriftliche Bescheinigung des Trichincnschauers über das
Ergeh niss,
7. Bemerkungen.
§ 6.
ln Gemeinden, in welchen ausschliesslich zu be¬
nutzende öffentliche Schlachthäuser bestehen
und das Ergebniss der Untersuchung in dem amtlichen Schlacht¬
hausregister vermerkt wird, sind die gewerbsmässig Schlachtenden
von der Führung des Fleischbuches hinsichtlich der im Schlacht¬
haus untersuchten Fleischwaaren befreit.
Die gewerbsmässig Schlachtenden und deren Gesellen, Gehilfen
*) Massgebend für diese neue, wohl das erste Mal zur Durch¬
führung gebrachte Anordnung war wohl das wiederholte Auffinden
von Trichinen in a u s 1 ä n d i s c h e n Fleischwaaren und der Um¬
stand, dass bis jetzt nirgends eine allgemeine Bestimmung über die
Untersuchung ausländischer Fleischwaaren beim Eintritt ins Deutsche
Reich bestand. Es war auch anzunehmen, dass in den Seehäfen¬
städten die Importeure nur einzelne Sendungen untersuchen Hessen,
andere nicht, wodurch leichtes Durchschlüpfen von trichinöser
Waare begünstigt wurde. Diesbezügliche Fälle sind dann auch in
der Zeitschrift für Fleischschau und Milch mehrfach mitgetheilt
worden. Beim Landtransport ausländischer Waare bedurfte
es ebenfalls einer Untersuchung.
und sonstige Angestellte und sofern der Schlachtzwang durch Ge¬
meindebeschluss aut Privatpersonen ausgedehnt ist, auch diese und
deren Stellvertreter, sind verpflichtet, den Trichinenschauern und
den Schlachthofbeamten die für die Eintragung ins Schlachthaus¬
register erforderliche Auskunft vor dem Schlachten pünktlich und
Wahrheitsgemäss zu geben.
§ 7.
Die Fleischbücher und besonderen Bescheinigungen (§ 4 und
§ 5) sowie die Fracht- und Liefet uncsscheino über die von auswärts
bezogenen Waaren sind mindestens ein Jahr lang aufzubewahren und
der Ortspolizeibehörde oder deren Organen auf Verlangen jederzeit
vorzuzeigen.
§ 8 .
Sobald durch die vorgenommeneUntersuchung das Vorhandensein
von Trichinen oder Finnen festgestellt ist, hat der Trichinenschauer
den, welcher das Schwein oder die Waaren untersuchen zu lassen
verpflichtet war, hiervon unverzüglich zu benachrichtigen und der
Ortspolizeibehörde schriftlich Anzeige zu machen.
ln öffentlichen Schlachthäusern, in welchen der Schlachthaus-
verwalter ein approbirter Thierarzt ist, genügt die Anzeige an
Letzteren.
§ 9 -
Nachdem die im § 8 bezeichnete Mittheilung gemacht worden
ist, hat derjenige, welcher das Schwein oder die Waare untersuchen
zu lassen verpflichtet war, diese abgesondert und unter Verschluss
aufzubewahren und sich bis zur erfolgten Anordnung seitens der
Polizeibehörde jeder Verfügung darüber zu enthalten.
§ 10 .
Ergeben sich im Falle des § 8 Zweifel an der Richtigkeit des
Befundes oder wird Seitens eines Betheiligten bei der Polizeibehörde
darauf angetragen, so findet eine Nachuntersuchung durch der.
Kreisphysikus statt, ln denjenigen Orten jedoch, in w-elchen sich
öffentliche Schlachthäuser befinden, oder wo die obligatorische all¬
gemeine Fleischschau eingeführt ist, erfolgt die Nachprüfung nach
Massgabe der im Schlachthausregulativ oder in besonderen Polizei-
Verordnungen hierfür ergangenen Bestimmungen.
Erklärt der betreffende Beamte auf Grund der Nachprüfung das
Schwein für trichinen- und finnenfrei, so hat die Polizeibehörde
dasselbe freizugebon.
§ 11 .
Wird das Vorhandensein von Trichinen oder Finnen festgestellt,
so ist gemäss der zur Ausführung dieser Polizeiverordnung 'erlassenen
Anweisung zu verfahren.
§ 12.
Die in den vorstehenden Paragraphen enthaltenen Vorschriften
finden auf Wildschweine und deren Theile sinngemässe Anwendung.
§ 13.
Zuwiderhandlungen ge^en die Vorschriften dieser Polizeiver¬
ordnung werden, soweit nicht nach den allgemeinen Strafgesetzen
höhere Strafe verwirkt i^t, mit Geldstrafe bis zu 60 Mark, im Un¬
vermögensfalle mit Haft bestraft.
§ 14.
Die Polizeiverordnung tritt am 1. Januar 1898 in Kraft.
Mit demselben Tage werden die Polizeiverordnung vom 28. Sep¬
tember 1886 nebst dem dazu unter dem gleichen Datum ergangenen
Reglement und der Instruction für die Fleischbeschauer (Arntsbl.
S. 343 ff) sowie die Polizei-Verordnung vom 29. August 1889
(Amtsbl. S. 292) und vom 1. Juli 1890 (Arntsbl. S. 221 ff.) auf¬
gehoben.
§ 15.
Soweit die Untersuchung frischen Schweinefleisches auf Trichinen
und Finnpn in Orten mit öffentlichen Schlachthäusern gemäss § 2
des Gesetzes, betreffend die Errichtung öffentlicher, ausschliesslich
zu benutzender Schlachthäuser, vom bereits anderweit
’ 9. Marz 1891
geregelt worden ist, findet die Polizei-Verordnung keine Anwendung
Bromberg, den 1. November 1897.
Der Regierungs-Präsident
von Tie dem an n.
Anweisung zur Ausführung obiger Polizeiverordnung.
Schau bezirke.
1. Die Befugniss zur amtlichen Untersuchung des Schweine¬
fleisches auf Trichinen und Finnen wird von den Ortspolizeibehörder,
und zwar unter Vorbehalt des Widerrufs, ertheilt.
Zum Zwecke der Ausführung der Trichinen- und Finnenschau
werden Schaubezirke gebildet. Die Ortspolizeibehörde bestimmt —
in den Landkreisen unter Zustimmung des Landraths —, ob eine
Ortschalt einen oder mehrere Schaubezirke bilden soll oder ob
mehrere Ortschaften zu einem Schaubezirke zu vereinigen sind.
Die Zahl der für einen besiimmten Schaubezirk anzustellenden
Trichinenschauer richtet sich nach dem örtlichen Bedürfniss, wobei
überall für geeignete .Mellvertretung zu sorgen ist. Ausset halb des
ihm zugewiesenen Bezirks darf ein Trichinenschauer amtliche Unter¬
suchungen von Schweinefleisch auf Trichinen und Fii.nen nicht vor¬
nehmen.
Anstellung der Trichinenschau-er.
2. Die an/.ustellenden Triebinenschauer werden von der Orts-
polizoibchörde zur gewissenhaften Ausübung ihres Gewerbes eidlich
verpflichtet. Ihre Namen werden unter Angabe des Wohnortes und
des ihnen zngewiesenen Schaubezirks von der Ortspolizeibehörde in
orisüblichor Weise bekannt gemaenr. In gleicher Weise erfolgt die
Bekanntmachung der emtretenden Aenderungen.
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MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
11. August 1898.
In der den TricMnenscliauern auszuhändigenden Anstellungsur¬
kunde ist ausdrücklich auszusprechen, dass die Trichir.enschauer
lediglich als Gewerbetreibende im Sinuc des § 36 der R.-G.-O. und
zwar auf Widerruf, angestellt sind.
Fachprüfung.
3. Als Trichincnschauer können nur solche Personen angestellt
werden, welche
a) die vorgeschriebene Fachprüfung (vergl. Ziffer 4 dieser
Anweisung) bestanden haben und
b) den Nachweis der Unbescholtenheit durch polizeiliches,
sowie der körperlichen Befähigung — insbesondere nor¬
male Sehschärfe — durch amtsärztliches Attest er¬
bringen.
Unbedingt ausgeschlossen von der Zulassung als Trichincnschauer
sind Fleischer, Hausschlächter, sowie alle diejenigen, welche Fleisch
von Haus- oder Wildschweinen oder Zubereitungen davon gewerbs¬
mässig verkaufen, sowie Personen, welche im Dienste von Fleischern
und Fleischändlern stehen, ferner alle Agenten von Versicherungs¬
anstalten gegen Trichinen und Finnen.
Befreit von der Ablegung der Fachprüfung (vergl. Ziffer 3
unter a) sind Personen, welche als Arzt, Thierarzt oder Apotheker
vorschriftsmässig approbirt sind.
4. Die unter Ziffer 3 vorgeschriebene Fachprüfung wird vor
dem zuständigen Kreisphysikus, und zwar an dessen Wohnsitz,
abgelegt.
Zweck dieser Prüfung ist, zu ermitteln, ob der Prüfling sich in
theoretischer und praktischer Hinsicht im Besitze aller, behufs zu¬
verlässiger Ausübung der Trichinen- und Finnenschau erforderlichen
Kenntnisse und Fertigkeiten befindet.
Zu den erforderlichen Kenntnissen gehört auch eine Kenntniss
der für die Trichinen- und Finnenschau geltenden Polizeivorschriften.
Besteht der Prüfling die Prüfung, so erhält er von dem Kreis¬
physikus ein Prüftingszeugniss über seine Befähigung zum amtlichen
Trichinen- und Finneuschaucr.
Dieses Prüfungszeugniss darf nur solchen Personen ausgehändigt
werden, welche sich im Besitze eines nach dem Gutachten des Kreis¬
physikus für die Zwecke der Trichinen- und Finnenschau völlig ge¬
eigneten Mikroskopes befinden. Ein Vermerk hierüber ist in das
Priifungszeugniss aufzunehmen.
Als geeignetes Mikroskop gilt ein solches, welches bei genauer
Centrirung, sowie genügend grossem Objekttische und genügend
grossem Gesichtsfelde die Trichinen klar und deutlich in scharfen
Umrissen zeigt.
5. Auch die ohne das Erforderniss einer Fachprüfung anzu¬
stellenden Trichinenschauer (vergl. den letzten Absatz der Ziffer 3
dieser Anweisung) müssen sich im Besitz eines für die Zwecke der
Trichinen- und Finnenschau völlig geeigneten Mikroskopes be¬
finden.
Beaufsichtigung und Nachprüfung.
6. Sämmtliche Trichinenschauer unterstehen in technircher
Beziehung der Aufsicht des zuständigen Kreisphysikus, im l'ebrigen
der Aufsicht der Anstellungsbehörde.
Der Kreisphysikus hat desshalb die Thätigkeit sämmtlicher
Trichinenschauer, auch unaufgefordert, so oft sich dazu eine passende
Gelegenheit bietet, zu beaufsichtigen, indem er die Trichinenschauer
unvermuthet in ihren Geschäftsräumen aufsucht. Die Prüfung hat
sich hierbei insbesondere aut die Beschaffenheit der Mikroskope und
auf die ordnungsmässige Führung der Schaubücher (vergl. Ziffer 19
dieser Anweisung) zu erstrecken. Von etwaigen Mängeln, Unregel¬
mässigkeiten oder Nachlässigkeiten hat der Kreisphysikus unver¬
züglich der Ortspolizeibehörde zur weiteren Veranlassung Anzeige
zu machen.
7. Jeder auf Grund einer Prüfung bestellte Trichinenschauer
hat sich, so lange er nicht an einem unter thierärztlicher Leitung
stehenden Schlachthaus beschäftigt ist, alle zwei Jahre einer Nach
prüfung vor dem zuständigen Kreisphysikus zu unterziehen.
Die an einem solchen Schlachthaus beschäftigten Trichinen-
schauer haben an Stelle der Nachprüfung dem Kreisphysikus eine
Bescheinigung darüber einzureichen, dass sie noch am Schlachthaus
beschäftigt sind und zur Zufriedenheit des thierärztlichen Leiters
ihren Dienst versehen haben.
Die Nachprüfungen sind in der Regel am Wohnsitze des Kreis¬
physikus abzuhalten.
Die Terminsstunden zn den Nachprüfungen sind so anzusetzen,
dass die auswärts wohnenden Trichinenschauer möglichst an dem¬
selben 'läge den Hin- und Rückweg zurücklegen können.
Die Trichinenschaucr sind so zn laden, dass einzelnen Gegenden
am Prüfungstage nicht sämmtliche Trichinenschauer entzogen
werden.
ln den Nachpriifungsteiminen haben die Trichinenschauer ihre
Prüfungfzcugnisse (vergl. Ziffer 4 dieser Anweisung), ihre Anstellungs-
urkundon. ihre Mikroskope nebst Zubehör, sowie ihre Schaubücher
(vergl. Ziffer 19 dieser Anweisung) vorzulegen.
ln den Nachprüfungen ist festzustellen, ob der Nachzuprüfende
sich noch im Besitze der bei seiner Anstellung als Trichinenschaucr
vorausgesetzten, für die Ausübung der Trichinen- und Finnenschau
erforderlichen Kenntnisse uud Fertigkeiten, sowie im Besitze der
normalen Sehschärfe befindet; auch ist jedes Mikroskop darauf zu
untersuchen, ob es noch geeignet ist.
Die Kreisphysiker haben dafür Sorge zu tragen, dass kein auf
Grund einer Prüfung bestellter Trichinenschaucr ►ich der vorge-
geschriebenen Nachprüfung innerhalb der zweijährigen Frist
entzieht
Trichinenschauer, die bei der Nachprüfung ein ungenügendes
Wissen zeigen oder im Besitze ungeeigneter Instrumente befunden
werden, haben rieh innerhalb 6 Wochen einer nochmaligen Prüfung
vor dem Kreisphysikus zu unterwerfen. Bei abermaligem unge¬
nügenden Ausfall der Prüfung ist die Berechtigung zur amtlichen
Untersuchung des Schweinefleisches zu entziehen. Innerhalb des
vorgedachten Zeitraums zwischen der nicht bestandenen ersten und
zweiten Nachprüfung hat sich der Trichincnschauer der Ausübung
der Trichinen- und Finnenschau zu enthalten.
Wer gemäss der Vorschrift unter Ziffer 4 dieser Anweisung auf
Grund bestandener Prüfung ein Prüftingszeugn-ss über seine Be¬
fähigung als Trichinen und Finnenschaner erworben hat und nicht
binnen Jahresfrist nach erfolgter Prüfung zum Trichinenschaucr
bestellt wird, darf als solcher nur angestellt werden, wenn er die
vorgeschriebene Nachprüfung für Tricliinenschauer mit Erfolg ab¬
gelegt hat.
Dienstobliegenheiten.
8. Der Trichinenschauer ist verpflichtet, innerhalb seines Schau¬
bezirkes jedem Anträge auf mikroskopische Untersuchung von
Schweinefleisch oder unter Verwendung von Schweinefleisch be¬
reiteten Lebensmitteln möglichst sofort nachzuk<>mmen und die
zur Unteisuchung erforderlichen Fleischproben selbst zu entnehmen.
Im Verhinderungsfälle sind die Nachsuchenden von dem zuständigen
Trichincnschauer sogleich an den ernannten Stellvertreter (siehe
Ziffer 1) zu verweisen.
In öffentlichen Schlachthäusern dürfen die Fleischproben durch
von der Ortspolizeibehörde hierzu eidlich verpflichtete Personen
(Probenehmer) entnommen werden. Zu Letzt* ren dürfen nur durch¬
aus zuverlässige und hierzu besonders unterrichtete Leute, welche
das Pri.fungs/.eugniss als Trichincnschauer erlangt haben, ver¬
wendet werden.
9 Der Trichinenschauer hat jede bei Ausübung seines Amtes
zu seiner Kenntniss gelangende Zuwiderhandlung gegen die Be¬
stimmungen der Polizeiverordnuug der Ortspolizeibehörde anzu¬
zeigen.
Widerruf der Anstellung.
10. Von dem bei der Anstellung der Trichinenschauer in Ge-
mässheit der Ziffer 1 dieser Anweisung vorzubehaltenden Wider¬
rufungsrechte ist Gebrauch zu machen.
a) bei wiederholten Zuwiderhandlungen gegen die Polizei¬
verordnung oder diese Ausführungsanweisung,
b) wenn ein Trichinenschauer in den Dienst von Schweine¬
schlächtern oder Schweinehändlern tritt, oder von diesem
Geschenke annimmt, oder das Schlachten von Schweinen
oder den Handel mit Schweinefleischwaaren gewerbs¬
mässig betreibt, oder Agent einer Versicherungsge¬
sellschaft gegen Trichinen und Finnen wird,
c) wenn er der unter Ziffer 7 dieser Anweisung vorgeschrie¬
benen Nachprüfung sich entzieht oder wenn durch die
Nachprüfung oder auf sonstige Weise dargethan wird,
dass er sich nicht mehr im Besitze der zur Aus¬
übung der Trichinen- nnd Finnenschau erforderlichen
Kenntnisse und Fertigkeiten oder der gehörigen Seh¬
schärfe befindet,
d) wenn im Uebrigen aus Handlungen oder Unterlassungen
des Trichinenschauers der Mangel derjenigen Eigen¬
schaften klar erhellt, welche bei der Anstellung nach
den Vorschriften der Polizeiverordnung und dieser
Ausführungsanweisung vorausgesetzt werden mussten.
Die erfolgte Entlassung und die Zurücknahme des Prüfungs-
Zeugnisses wird von der Ortspolizeibehörde in ortsüblicher Weise
bekannt gemacht.
Verfahren bei der Untersuchung auf Trichinen
und Finnen.
11. Behufs der Untersuchung sind von jedem geschlachteten
Schweine wenigstens 4 fettfreie Fleischproben, jede von der Grösse
einer Haselnuss, zu entnehmen und zwar:
2 Proben aus dem Zwerchfell
a) vom Nierenzapfen,
b) vom Kronenfleisch,
1 Probe aus den Zungenmuskeln,
1 Probe aus den Kehlkopfmuskeln.
Die Proben sind möglichst nahe den sehnigen oder Knochen-
Ansätzen zu entnehmen.
Der Trichinenschauer hat aus jeder der vorstehend bezeichneten
Fleischproben je 5, mithin im Ganzen 20 Präparate von je einem
Quadratcentimeter Grösse sauber und so durchsichtig anzufertigen,
dass durch dieselben hindurch Druckschrift deutlich gelesen
werden kann.
12. Behufs Untersuchung eines Schinkens oder eines anderen
einzelnen Fleischstückes sind mindestens 3 möglichst fettfreie, etwa
haseliiussgrosse Fleischproben von verschiedenen Stellen, jedoch in
möglichster Nähe der seimigen oder Knochen-Ansätze zu entnehmen.
Aus jeder dieser Fleischproben hat der Tricliinenschauer je 4,
mithin im Ganzen 12 Präparate von der unter Ziffer 11 dieser An¬
weisung bezeichneten Art anzufertigen.
Behufs der Untersuchung von Würsten sind aus jeder Wurst
3 dünne Scheiben für jedes Kilogramm in entsprechender Ver¬
keilung 1 erauszuschneiden.
Von jeder dieser Scheibpn sind je 4 Präparate, im Ganzen also
12 Präparate von der unter Ziffer 11 bezeichneten Art aus den¬
jenigen Fleischstücken an/.ufertigon, welche anscheinend aus
Schweinefleisch bestehen.
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MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE.
No. 9.
13. Sämmtliche Fleischproben sind in Blechkasten mit nume-
rirten Fächern oder in weissem Pergamentpapier aufzubewahren;
auf den Behältern ist die Nummer des Schweines und der Name
des Besitzers oder Antragstellers deutlich zu notiren.
Desgleichen sind die Theile des Schweines, aus denen die
Proben entnommen sind, sowie die Eingeweide durch Einschneiden
und Numeriren derart deutlich zu kennzeichnen, dass eine Ver¬
wechslung ausgeschlossen ist.
14. Die mikroskopische Untersuchung der angefertigten Prä¬
parate geschieht in aer Weise, dass jedes Präparat langsam und
sorgfältig und zwar methodisch von rechts nach links und von oben
nach unten durchmustert wird.
Bei zweifelhaften Befunden sind so viele Fleischproben zu ent¬
nehmen und aus denselben so viele Präparate anzuiertigen und zu
untersuchen, als zur völligen Aufklärung erforderlich sind.
Die mikroskopische Musterung der von einem Schweine her-
rührenden Präparate hat mindestens 20 Minuten zu dauern.
Abstempelung.
15. Findet der Trichinenschauer die von ihm untersuchten
Fleischproben trichinen- und finnenfrei, so hat er das Schwein oder
die Fleischwaaren vorschriftsmässig — siehe Ziffer 16 —abzustempeln
und ausserdem — im Falle des§4 letzter Absatz der Polizei-Verordnung
— nach Wahl desjenigen, auf dessen Antrag die Untersuchung statt¬
gefunden hat, entweder eine Bescheinigung Uber das Untersucnungs-
ergebniss auszustellen oder in das Fleischbuch (Schlachtbuch) oder
in das Fleischwaarenbuch das Erforderliche einzutragen. Vergl.
§§ 4 und 5 der Polizeiverordnung.
16. Die Abstempelung (vergl. Ziffer 15 dieser Anweisung) ist
mittelst viereckigen Farbenstempels, welcher den Namen und erfor¬
derlichenfalls die Nummer des Schaubezirks enthält, mindestens
sechsfach (auf beiden Schinken, Speckseiten und Schulterblättern)
deutlich und haltbar auszuführen. Als Stempelfarben dürfen nur
unschädliche Farbstoffe verwendet werden.
Verfahren bei Trichinen- oder Finnenbefund.
17. Findet der Trichinenschauer in den untersuchten Fleisch¬
proben Trichinen oder Finnen, so hat er sofort
a) demjenigen, auf dessen Antrag die Unter.'Uclung statt¬
gefunden hat, hiervon unter Hinweis auf die Vor¬
schriften in § 8 der Polizei-Verordnung Kentniss zu
§ eben,
er Ortspolizeibehörde unter Angabe des Sachverhalts
Anzeige zu erstatten,
c) die trichinen- oder finnenhaltig befundenen Präparate,
wohl verkittet oder in anderer Weise gut erhalten und
deutlich bezeichnet, behufs etwaiger Nachuntersuchung
drei Monate lang unter sicherem Verschlüsse aufzube¬
wahren und dann zu verbrennen,
d) die Fleischproben, aus denen die trichinös befundenen
Präparate berriihren, sofort zu verbrennen.
Nach Massgabe der vorstehend unter a und b aufgeführten
Vorschriften hat der Trichinenschauer auch dann zu verfahren, wenn
er zwar Trichinen oder Finnen in den untersuchten Fleischproben
nicht auffindet, jedoch an dem Schweine oder der Fleischwaare eine
sonstige Veränderung wahrnimmt, die seiner Meinung nach darauf
schliessen läst, dass das Thier an einer Seuche eikrankt gewesen
oder der Genuss des Fleisches geeignet sei, die menschliche Ge¬
sundheit zu schädigen.
Verwendung trichinenhaltiger oder finniger
Fleischwaaren.
18. Für die Ausnutzung und Vernichtung trichinenhaltiger oder
finniger Fleischwaaren sind folgende Bestimmungen massgebend:
L Trich inen h a 11 i ges Schweinefleisch oder
trichinen haltige Fleischwaaren dürfen nur zu gewerb¬
lichen, niemals aber zu Nahrungszwecken für Menschen oder Thiere
verwendet werden.
Gestattet sind?folgende Ausnutzungen:
a) das Abhäuten und das Entfernen der Borsten, sowie freie
Verwerthung der Haut und der Borsten,
b) die Verwendung geeigneter Theile zur Bereitung von Seife
und Leim,
c) die chemische Verarbeitung des ganzen trichinenhaltigen
Gegenstandes.
Die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und Aus¬
kochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für Menschen und
Thiere ist gestattet.
Wird eine zulässige Ausnutzung vom Eigentümer nicht ge¬
wünscht oder ist eine solche überhaupt nicht durchführbar, so ist
der ganze trichinenhaltige Gegenstand nach vorheriger Zerstücke¬
lung mindestens 8 Stunden lang bei wenigstens 100 0 C — insoweit
erforderlich unter Wasserzusatz — zu durchkochen.
11a. S t a r k fi n n i g e s Schweinefleischoderstark-
finnige Fleischwaaren, d. h. solche, bei denen sowohl an
der Oberfläche, als auch an den verschiedenen Durchschnittsflächen
auf einem etwa handtellergrossen Theile der Fläche sich mehr als
eine Finne findet, unterliegen den bei I gegebenen Vorschi iften.
Nachgelassen wird jedoch:
1. die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und
Auskochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für
Menschen und Thiere;
2. im Falle der nicht gew ünschten Ausnutzung das Vergraben
des ganzen finnigen Gegenstandes.
Derselbe ist vor dem Vergraben mit Theer oder Petroleum oder
roher Karbolsäure zu übergiessen. Die Grube ist an einer geeigne¬
ten Stelle so tief anzulegen, dass die Oberfläche des Thierkörpers
von einer mindestens 1 Meter starken Erdschicht bedeckt wird.
II b. Schwach finniges Schweinefleisch oder
schwach finnige Fleischwaaren dürfen zu Nahrungs¬
zwecken benutzt werden, wenn die mageren Fleischtheile in Stücke
von höchstens acht Centimeter Durchmesser zerkleinert und voll¬
ständig gar gekocht sind. Hei dem erst dann zulässigen Verkaufe
derartigen Fleisches ist anzugebeu, dass dasselbe mit Finnen durch¬
setzt ist. Die Verwendung des durch gehöriges Ausschmelzen und
Auskochen gewonnenen Fettes zu Nahrungszwecken für Menschen
und Thiere ist gestattet
19. Jeder
Spalten zu Führen:
Schaubüche r.
Trichinenschauer hat ein Schaubuch mit folgenden
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der Untersuchung
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Die Seiten des Schaubuches sind mit fortlaufenden Nummern za
versehen. Die Anzahl der Seiten ist von der Ortspolizeibehörde auf
der ersten Seite zu bescheinigen. Jede Untersuchung muss der
Zeitfolge nach sofort in das Buch eingetragen werden.
Das abgeschlossene Scbaubuch. sowie das Schaubuch, welches
sich bei dem Dienstaustritte eines Trichinenschauers im Besitze des¬
selben befindet, ist der Ortspolizeibehörde zur Aufbewahrung zu
übergeben.
Trichinenschauer, welche in öffentlichen Schlachthäusern Unter¬
suchungen auf Trichinen und Finnen vornehmen, sind von der
Führung des Schaubuches befreit falls ein von der Verwaltung des
Schlachthauses geführtes Register, die nach Vorstehendem für die
SchaubUcber der Trichinenschauer vorgeschriebenen Angaben
enthält.
Gebühren und Vergütungen.
20. Dem Kreisphysikus ist Für die in Gemässheit der Ziffer 3
und 4 dieser Anweisung vorgeschriebene Fachprüfung eines Trichinen¬
schauers, einschliesslich der Ausstellung des Prüfungszeugnisses
über die Befähigung als amtlicher Trichinen- und Finnenbeschauer
und einschliesslich der Prüfung des Mikroskops, sowie der betreffs
des letzteren in das Prüfungszeuguiss aufzunehaoenden Bescheinigung,
eine Gebühr von 6 Mark von dem Geprüften zu entrichten.
21. Nachprüfungen der Trichinenschauer sind gebührenfrei.
22. Für jede mikroskopische Untersuchung der zu einem
Schweine gehörigen Fleischtheile und für die Ausstellung des
Attestes hat der Besitzer des ausgeschlachteten Schweines an den
Trichinenschauer den Betrag von zusammen einer Reichsmark zu
zahlen, für die Untersuchung u. s. w. einzelner Fleisch heile oder
Fleischwaaren sind je 0,25 Mark zu erheben.
Die Ortspolizeibehördn ist ermächtigt — in den Landkreisen
mit Zustimmung des Landraths — diese Gebühr bis auf 0,50 Mark
zu erhöhen.
Der Trichinenschauer erhält ferner von dem Besitzer des
Schweines eine Vergütung von 0,30 Mark für jeden über 2 Kilometer
von seinem Wohnorte zur Untersuchung des Schweines, bezw. zur
Entnahme der Probe zurückgelegten Kilometer Weges mit der Mass¬
gabe, dass bei Berechnung der Kilometerzahl nur der Hin- oder
Rückweg berücksichtigt wird. Eine Reisevergütung ist nicht zu ge¬
währen. wenn dem Trichinenschauer der Besitzer des Schweines
einen Wagen zur unentgeltlichen Benutzung gestellt hat oder hat
stellen lassen.
B romberg, den 1. November 1897.
Der Regierungs-Präsident,
von Ticuemann.
Nr. 2345 G. T. M. lb.
Polizei-Verordnung, betreffend den Verkehr mit Milch,
insbesondere mit Kuhmilch.
Auf Grund der §§ 5 und 6 der Verordnung über die Polizei-
Verwaltung in den neu erworbenen Landestheilen vom 20. September
1867 und der §§ 142, 143 und 144 des Gesetzes über die Allgemeine
Landesverwaltung vom 30. Juli 1«83 wird mit Zustimmung des
Magistrats der Stadt Frankfurt a. M. und des Kreis-Ausschusses des
Landkreises Frankfurt a. M. tiir don S adt- und für den Landkreis
nachstehende Polizei-Verordnung erlassen.
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11. Anglist 1898. MITTHEILUNGEN FÜR VETERINÄRBEAMTE. 7
§ 1. In dem Stadt- und Landkreise Frankfurt a. M. wird die
Kuhmilch nur in zwei Beschaffenheiten zugelassen, und
zwar:
a) als unveränderte ganze Milch — Vollmilch —
b) mit der einzigen Veränderung durch Abrahmen als — ab¬
gerahmte Milch. —
Mischungen von Vollmilch mit abgerahmter Milch sind verboten.
§ 2. Vom Handelsverkehr ist im gesundheitspolizeilichen Inter¬
esse diejenige ganze oder abgerahmte .Milch ausgeschlossen, welche
abstammt
1. von kranken, insbesondere von euterkranken Thieren, sowie
von solchen, welche husten und abmagern, oder welche
mit krankhaften Ausflüssen vornehmlich in Folge zurück
gebliebener Nachgeburt behaftet sind,
2. von Thieren, welche mit einer Seuche behaftet sind, es sei
denn, dass der Verkauf solcher Milch durch die einschlägigen
gesetzlichen Bestimmungen anderweitig geregelt ist.
3. von Kühen innerhalb der ersten sechs Tage nach dem
Kalben.
Vom Handelsverkehr ist ferner ausgeschlossen: jede bittere,
schleimige, abnorm gefärbte, oder sonst ekelerregende, verdorbene
Milch, sowie Milch, welche fremdartige Stoffe, Kuhhaare, Stallschmutz
und dergleichen, oder sogenannte Conservirungsraittel irgend welcher
Art enthält.
§ 3. Voraussetzungen für die Zulässigkeit (Marktfähigkeit) der
Vollmilch im Handelsverkehr ist, dass dieselbe bei einer Temperatur
von 15 Grad Celsius ein specifisches Gewicht von 1,028 bis 1,031,
sowie einen Mindest-Fettgehalt von 3 pCt hat
Die für den Verkauf bestimmte abgerahmte Milch ist als
solche in der Weise zu bezeichnen, dass dieselbe in Gelassen aut-
bewahrt, bezw. feilgeboten wird, welche an ihrem oberen Theile
mit einem festgelötheten, rings umlaufenden gelben Messingreifen
— mindestens 5 cm breit — versehen sind, aut dem mit deutlichen
Buchstaben die Bezeichnung:
„Abgerahmte Milch“
steht
Unter Milch ohne nähere Bezeichnung, auch unter dem Namen
Hausbaltung6milch, frische Milch und dergleichen wird immer nur
Vollmilch verstanden.
Die Milchverkäufer sind verpflichtet, die Milch vor jeder Ent¬
nahme gehörig umzuschüttelu. Die Einrede, dass der Fettgehalt
durch das Ausmessen vermindert sei. schützt nicht vor Bestrafung.
§ 4. Der Händler hat sich von der Güte der angekauften Milch
zu überzeugen.
§ 5. Mit dem Melken, Transportiren, Verkaufen der Milch oder
sonst welcher Behandlung derselben, sowie mit dem Reinigen der
Geschirre und der Aufbewahrungsräume (Verkaufsräume) dürfen
Personen nicht betraut werden, welche mit ansteckenden oder ekel¬
erregenden Krankheiten behaftet sind, ferner auch solche nicht,
welche mit derartigen Kranken in Berührung kommen.
§ 6. Transport und Aufbewahrung, bezw. Verarbeitung der
Milch muss in einer Weise geschehen, dass dadurch deren Geniess-
barkeit und Haltbarkeit nicht beeinträchtigt wird.
Die Milchverkaufs- und Verarbeitungsräume müssen stets aufs
Sorgfältigste rein gehalten und ausgiebig gut gelüftet werden.
Wohn- und Schlafräume dürfen hierzu niemals dienen.
§ 7. Die zur Aufbewahrung, zum Transport, zum Verkauf und
zum Ausmessen der Milch bestimmten Gefässe dürfen zu anderen
Zwecken nicht verwendet werden.
In Getässen von Zink, Kupfer oder Messing, in Thongefässen
mit schadhafter oder schlechter Glasur oder in gusseisernen Gefässen
mit bleihaltiger Emaille darf die Milch nicht aufbewahrt oder feil¬
geboten, bezw. ausgeraessen werden. Alle derartigen Geräthschaften
müssen so beschaffen sein, dass sie weder an die Milch irgend welche
Bestandtheile abgeben, noch die Beschaffenheit der Milch in irgend
einer Weise verändern können.
§ 8. Als Kur- und Kindermilch darf nur eine solche Milch be¬
zeichnet werden, welche den hygienischen Ansprüchen genügt, die
für Produktion, Aufbewahrung und Transport einer Kur- und Kinder¬
milch massgebend sind.
Der Verkauf von Kur- und Kindermilch, oder auch sterilisirter
Milch muss polizeilich angemeldet und begründet sein.
§ 9. Andere Sorten als wie die Kuhmilch (Ziegen-, Schaf- und
Eselsmilch) sind als solche zu bezeichnen und nach analogen Grund¬
sätzen zu behandeln und zu beurtheilen.
§ 10. Sogenanntes Gespül und Küchenabfälle, sowie andere
faulige oder leicht faulende Gegenstände dürfen auf dem Milch¬
wagen nur in einem von den Milchgefässen vollkommen abge¬
schlossenen Theile des Wagens und nur in verschlossenen Gefässen
mit dichtscbliessenden Deckeln mitgeführt werden.
§ 11. Die zum Verkauf eingeführte oder sonst feilgehaltene
Milch unterliegt jederzeit der Untersuchung der von Seiten des
Polizei-Präsidiums beauftragten Organe. Dieselben sind berechtigt,
aus jedem Gefässe Proben Dis zu einem Liter behufs der Unter¬
suchung zu entnehmen, wofür auf besonderes Verlangen Ent¬
schädigung in Höhe des üblichen Kaufpreises zu leisten ist Der
Verkäufer ist befugt, von den revidirenden Beamten eine versiegelte
Gegenprobe zu verlangen, sowie sich eine Bescheinigung über die
Entnahme der Milch und die Zeit, zu welcher diese Entnahme erfolgt
ist, ausstellen zu lassen.
§ 12. Die Milch Verkäufer sind verpflichtet, ein Exemplar dieser
Polizei-Verordnung in ihren Verkaufsräumen sichtbar auszuhängen.
§ 13. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen dieser
Polizei-Verordnung unterliegen einer Bestrafung von 5 Dis 30 Mark,
falls nicht die in dem Reichsgesetze vom 14. Mai 1819, bezw. im
Strafgesetzbuche vorgesehenen höheren Strafen einzutreten haben.
§ 14. Diese Polizei-Verordnung tritt mit dem 1. Februar 1898
in Kraft.
Frankfurt a. M., den 24. Dezember 1897.
Der Polizei-Präsident. I. V.: v. Wehrs.
Preussen. Regierungsbezirk Bromberg.
Verordnung, betreffend die Maul- und Klauenseuche.
Vom 6. Januar 1898.
Wiederholte und zum Tbeil nicht unbegründete Klagen Uber die
Einrichtung der Sperrzonen bei der Bekämpfung der Maul- und
Klauenseuche geben mir die Veranlassung, zur Erreichung einer
gleichmässigen, richtigen und zweckentsprechenden Auwendung der
betreffenden Bestimmungen Folgendes zu bemerken:
Die in der neuen Bundesraths-Instruktion vom 27. Juni 1895 zum
Reichsviehscuchengesetze vorgesehene Sperrzone hat den Zweck,
einer Weiterverbreitung der Seuche auch dadurch vorzubeugen, dass
neben der in verseuchten Orten verhängten Stallsperre, Gehöfts¬
sperre, Orts-, Weide- und Feldmarkssperre, auch Gehöfte und Ort¬
schaften in die Schntzmassregel bezw. Sperren mit eingeschlossen
werden, in denen die Seuche noch nicht herrs ht.
Wegen der überaus leichten Uebertragbarkeit des Ansteckungs¬
stoffes, wegen der Neigung mancher Viehbesitzer, die Anzeige des
Seuchenverdachtes zu unterlassen und wegen der oft geringen
äus8ern Erkennbarkeit der Seuche, insbesondere bei Schafen,
Schweinen und Ziegen, ist es unbedingt notwendig, bei ineinander-
geschobcnen Ortschaften, unmittelbar benachbarten Guts- und
Geraeinde-Hezirken, bei unbekanntem Ursprung der Seuche und
endlich bei unbekannter Begrenzung derselben, eine Sperrzone zu
schaffen.
Andererseits kann bei verseuchten Ortschaften, wenn sie isolirt
und von anderen Ortschaften in einer gewissen Entfernung und ohne
gegenseitigen Verkehr liegen, ein Anlass zur Bildung einer Sperr
zone überhaupt nicht gegeben sein, sofern Ursprung der Seuche und
ihre Begrenzung bekannt sind.
Sache der Behörden wird es also in jedem Falle sein, den Um¬
fang und die Abgrenzung der Sperrzone nach den vorstehend
aufgefübrten Gesichtspunkten und den örtlichen, besonders den
Verkehrsverbältnissen, zweckmässig su bemessen und in jedem
einzelnen Falle dabei sorgfältig zu prüfen, dass durch die Ein¬
richtung von Sperren der zulässige \ iehverkehr nicht weiter als
nothwendig gehemmt wird, ln letzterer Beziehung sind nicht un¬
berechtigte Klagen seitens der Viehbesitzer erhoben worden.
Es sind z. B. Orte, in denen sämmtliche Thiere zu Anfang der
Seuchenperiode durchgeseucht hatten, monatelang wegen benach
harter neuer Seuchenausbrüche unter der Sperrzone gehalten worden.
Ferner ist die Ausfuhr von Schlachtthieren bei durchseuchten
(§ 69 der B. I.), aber noch in der Sperrzone befindlichen Beständen
sehr häufig von der Beibringung eines thierärztlichen Attestes ab¬
hängig gemacht worden (§ 59, Abs. 7), während in diesen Fällen die
Ausfuhr ohne jede Gefahr der Weiterverbreitung der Seuche nach
§ 64 der B.-i. ohne thierärztliches Attest hätte geschehen
können.
In manchen Fällen ist überhaupt jede Ausfuhr von Schlacht¬
thieren trotz des thierärztlichen Attestes selbst bei durchgeseuchten
Beständen verweigert worden.
Nicht selten ist auch den Besitzern durchgeseuchter und bereits
esund befundener t§ 69 der B.-I.) aber noch in der Sperrzone be-
ndlicher oder durch neue benachbarte Seuchenausbrüche wieder
hineingebracht**r Bestände aufgegeben worden, nur gekochte Milch
abzugeben.
Die Genehmigung zur Ausfuhr von Sperrvieh zum Schlachten
ist vielfach davon abhängig gemacht worden, dass der Besitzer
in jedem einzelnen Falle die im §59, Abs. 7, Ziffer 2a der
Bundesrath-Tnstruktion vorgesehene Genehmigung der Polizei-Behörde
des Schlachtortes zu der Einführung der Thiere beibringt, während
es sich empfehlen würde, sofern eine bestimmte Gegend ihren regel¬
mässigen Schlachtviehabsatz nach einem bestimmten benachbarten
Schachthause bat, die Erlaubniss zur Einfuhr von Schlachtthieren
zwischen den Polizeibehörden der Ausfuhrorte und den Polizei¬
behörden des Schlachtortes, sobald der erste Antrag auf die Ausfuhr¬
genehmigung gestellt wird, gleich allgemein für die Dauer einer
Seuchenperiode zu vereinbaren.
Unerlässlich ist dabei aber allerdings in jedem Einzelfalle die
rechtzeitige Anmeldung und bestimmte Zeitangabe des Eintreffens
der Sperrthiere am Schlachtorte und die Controle der Isolirung der
Thiere während des Transportes.
Bei keiner anderen Thierseuche ist den Behörden eine so weit¬
gehende Befugniss eingeräumt worden, die Ausnutzung von Thieren
mit den polizeilichen Schutzmassregeln abzuwägen, wie bei der
Maul- und Klauenseuche. Umsomehr ist aber auch jede schablonen-
mässige Anwendung von Schutzmassregeln, besonders die Ab¬
grenzung der Sperrgebiete nach der geographischen Umgebung ohne
Rücksicht auf die örtlichen Verhältnisse, zu vermeiden.
Die event. Abgrenzung und Verhängung der Sperrzonen muss
sofort nach Feststellung der Seuche geschehen und nicht allein
durch das oft nur zweimal in der Woche erscheinende Kreisblatt,
sondern durch directe Bekanntmachung in den gesperrten Orten
zur Kenntniss der Betheiligten gebracut werden, weil die dem
Seuchenfalle benachbarten Besitzer anderenfalls aas abzugebende
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No. 9.
8 MITTHEILUNGEN FÜR
Vieh schleunigst verkaufen und dadurch die Seuchenverbreitung
unterstützen.
Unbequemlichkeiten und Härten für den einzelnen Besitzer
lassen sich leider nicht umgehen, sie können aber dadurch ver¬
mindert werden, dass die Betheiligten auch ihrerseits nach Möglich¬
keit für die baldige Unterdrückung der Seuche durch Selbstschutz
Sorge tragen und den Behörden in der Aufdeckung jedes Seuchcn-
falles bellillflicli sind.
Der Herr Minister für Landwirtschaft hat jetzt für den dies¬
seitigen Bezirk den Kunderlass vom 16. November 181)3 — I, 24Ö10—
mitgetheilt durch meine Verfügung vom 4 Dezember 1893 — No. 1934
T lb. — insofern ausser Kraft gesetzt, als die Verpachtung der
Behörden zur Anwenduug der darin bezeichneten schärferen Mass¬
regeln aufgehoben, die Ermächtigung hierzu aber belasset ist.
Dadurch haben die Polizeibehörden die Befugniss erhalten, je nach
Lage des Falles, die schäiferen oder die weniger scharfen Massregeln
anzuwenden, sowie auch Erleichterungen in der Ausnutzung von
Thieren zu erreichen, wozu besonders die §§59 59a und 64 der B.-I.
eine entsprechende Handhabe bieten
Selbstverständlich dürfen die vorstehenden Directiven nicht An¬
lass zu einer laxeren Handhabung der Schutzmassregelu bieten.
Vielmehr erwarte ich, dass gerade jetzt im Winter während des
geringeren Verkehrs von Personen und Vieh energisch vorgegangen
wird, um die Seuche zu unterdrücken, und dadurch eine grössere
Ausbreitung derselben im Frühjahr bei regerem Personen- und
Viehverkehr zu verhindern.
Die Kreisthierärzte haben von dieser Verfügung mit dem Auf¬
träge Kenntniss erhalten, die Polizeibehörden mit entsprechenden
Vorschlägen gegebenenfalls zu unterstützen.
Ueberdruck-Exemplare erfolgen als Anlage.
I. V.: v. Barnekow.
An 8ämmtliche Herren Landräthe des Bezirks und die städtische
Polizeiverwaltung in Bromberg.
Abschrift erfolgt zur Kenntnissnahme mit dem Ersuchen, die
Polizeibehörden gegebenenfalls mit entsprechenden Vorschlägen zu
unterstützen.
Unterschrift wie oben.
An 8ämmtliche Herren Kreisthierärzte des Bezirks.
Landespolizeiliche Anordnung.
Behufs Abwehr und Unterdrückung der bei den Schweinen auf¬
tretenden Seuchen ordne ich auf Grund der §§ 17, 19 ff. des Reichs-
Viehseuchengesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894 (R.-G.-B1. 1880
S. 153 ff./1894 S. 409 ff.) in Verbindung mit § 1 des preussischen
Ausführungsgesetzes vom 12. März 1881 ( G.-S. 1881 S. 128) und § 1
der Bumtesrathslnstiuction vom 27. Juni 1895 iR.-G.-BI. 1895 S. 357)
VETERTNÄRBEAMTE.
mit Genehmigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten hiermit Folgendes an:
§ 1. Sofern in den für den Hausirhandel mit Schweinen ge¬
sperrten Kreisen des Bezirks der Handel mit Schweinen von festen
Verkaufsstätteu aus stattfiuden soll, ist der Ortspolizeibehörde von
der Errichtung einer solchen Verkaufsstätte vor Beginn des Ver¬
kaufs Anzeige zu erstatten. Bei jeder Neueintührung von Schweinen
in die Verkaufsstätte ist der Ortspolizeibehörde das Controlbuch
zur Revision vorzulegen. Von der Aufgabe der Verkaufestätte nach
erfolgter Räumung ist der Ortspolizeibehörde gleichfalls Anzeige zu
erstatten.
Als feste Verkaufsstätten im Sinne der vorstehenden Vorschriften
sind nur sulche Verkaufsstellen zugelassen, welche von den Schwarz¬
viehhändlern nicht lediglich zum Zweck des Absatzes vereinzelter
Transporte, sondern auf längere Dauer in Benutzung genommen
werden.
§ 2 . Die in der Verkaufsstätte (§ 1) befindlichen Schweinebestände
sind wöchentlich einmal durchden beamtetenoderdeninseinerBehinde-
rung vom Landrath beauftragten Thierarzt auf ihren Gesundheitszustand
zu untersuchen. Derselbe hat über die stattgehabte Untersuchung
und den Befund einen Vermerk in das Controlbuch, welches ihm
wie der Ortspolizeibehörde jederzeit auf Verlangen vorzulegen ist,
einzutragen. Die Bestimmung im § 6 der landespolizeilichen An¬
ordnung zur Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche vom 18. Ja¬
nuar 1898 (R-A.-Bl. S. 49) findet auf die in den Verkaufsstätten (§ 1)
befindlichen Schweinebestände keine Anwendung.
§ 3. Die in eine Verkaufsstätte (§ 1) cingeführten Schweine
dürfen nicht in eine andere überführt oder vor dem Yerk^pf ap#..
derselben entfernt werden...
§ 4. Die von einer festen Verkaufsstätte (§ 1) aus verkauften
Schweine dürfen nach ihrem neuen Bestimmungsorte nicht genieben
werden.
§ 5. Die Vorschriften der Polizei-Verordnung, betreffend die
Reinigung der Gastställe, Futterkrippen und Stalluteusilien, vom
12. März 1883 (R.-A.-Bl. S. 84) der Polizeiverordnung, betreffend die
Instandsetzung und Desinfection der zum Einstell« n von Handels¬
vieh benutzten Stallungen, vom 25. Juli 1886 (R-A.-Bl. S. 301, 302)
bezw. des § 15 der landespolizeilichen Anordnung, betreffend Mass¬
regeln gegen Schweineseuchen, vom 18. Januar 1898 (R.-A.-BI. S. 52,
53) finden auf die feoten Verkaufsstätten (§ 1) entsprechende An¬
wendung.
§ 6. Zuwiderhandlungen gegen vorstehende Vorschriften werden,
soweit nicht deu bestehenden Strafgesetzen zulolge eine höhere
Strafe verwirkt ist, gemäss § 66 Ziffer 4 des Reichs-Viehseuchen-
Gesetzes bestraft.
§ 7. Diese Anordnung tritt mit dem Tage ihres Erscheinens im
Regierungsamtsblatt in Kraft.
Breslau, den 13. Juli 1898.
Der Regierungspräsident.
Dr. von Heydebiand und der Lasa.
Berlin, Druck von \V. BQxenstein
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11. August 1898.
BERLINER TH 1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
verschleppt, sondern es wird in der Milchdrüse auch die schützende
Decke der Epithelien zerstört and die Keime in das. Lumen der
DrÜBengänge gebracht, von wo sie als mechanische Beimengung
in die Milch gelangen. Man muss also annehmen, dass nnr solche
Keime mit der Milch ansgeschieden werden, die Haemorrhagien
verursachen. Im Widerspruch damit scheint die Rindertuber-
culose zu stehen; ungefähr V» der perlsüchtigen Kühe, in deren
Milch Tuberkelkeime gefunden worden, hat scheinbar keine Local¬
erkrankung des Euters. Doch weisen die Verff. darauf hin, wie
leicht bei einem so grossen Organ, wie es das Euter einer Kuh
ist, ein oder der andere kleine Herd der Untersuchung entgehen
kann.
Der gegenwärtige Stand der Frage Aber die Identität
der Diphtherie des Menschen nnd der Yögel.
Von Dr. Bruno Galli - Valerio,
Professor an der medicinischen Facultät zu Lausanne.
(Centralbl. f. Bakt. 1897, H. 18/19.)
Der Streit über die Identität der Diphtherie des Menschen
mit der der Vögel ist noch nicht entschieden. Noch immer
stehen die Unisten, Fachgelehrte, welche beide Krankheiten auf
einen Mikroben zurückführen wollen, den Dualisten gegenüber,
die für jede Form eine besondere parasitäre Ursache in Anspruch
nehmen möchten. Die Frage ist nicht nur vom wissenschaft¬
lichen, sondern auch vom practischen Standpunkt wichtig, denn
von der Identität beider Diphtherieformen hängen gewisse sanitäre
Massnahmen ab.
Der Verf. versucht nun durch eine Kritik der bezüglichen
Publicationen, welche, chronologisch geordnet, aufgeführt werden.
die Stellung darzulegen, welche die Sanitätspolizei bis zur
weitern Klärung der Sache nothwendiger Weise einzunehmen
habe, und kommt zu folgenden Schlusssätzen: 1. Mit dem Namen
Diphtherie werden bei den Vögeln verschiedene Krankheitsformen
bezeichnet. 2. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass unter
diesen die echte, durch den Bacillus Klebs - Löffler verursachte
Diphtherie vorhanden ist, die auf den Menschen übergehen kann.
3. Es giebt sicher auch noch andere Formen, welche, wie die von
Loir und Dncloux beobachtete, beim Menschen pseudo-
diphtheritische Anginen erzeugen können.
Hiernach müsse die Sanitätspolizei jeder Vogeldiphtherieform
misstrauisch gegenüberstehen und Massregeln treffen, eine mög¬
liche Uebertragung auf den Menschen zu verhüten.
Ueber Ganglienzellen am Herzen der Säugethiere.
Von Dr. Schwartz.
(D. med. Woch 30 |!I8).
Da über die Lage der Herzganglien bisher eine Einigung
nicht erzielt werden konnte, so unternahm er von Neuem, nach
dieser Richtung hin Untersuchungen anzustellen. Um von den
Nervenstämmen und -Fasern unabhängig zu sein, wählte Verf.
eine FSrberaethode, welche für die Ganglienzellen ausserordent¬
lich geeignet ist, nämlich die Thioninmethode, bei der sich die
Ganglienzellen, nicht aber die Nervenfasern färben; um auch
möglichst keine Stelle des Herzens ununtersucht zu lassen,
hat Verf. Serienschnitte in drei Richtungen gemacht, in sagittaler,
frontaler und transversaler Richtung. Jeder fünfte Schnitt wurde
gefärbt, später auch die Zwischenschnitte. Bei dieser gewiss
gründlichen Methode fand Sch. Folgendes:
1. Die Ganglienzellen kommen im Herzen der Säugethiere
nur auf einem beschränkten Gebiete vor.
2. Das Gebiet befindet sich auf der Hinterfläche der Vor¬
höfe, liegt zwischen den hinteren Endigungen der Herzohren
mehr links als rechts um den Sinus herum und erstreckt sich
nach unten bis zum Sulcus coronarius transversns. Sie sind
unter dem Epicard gelagert.
379
3. Ausser den Ganglienzellen findet man auf der Oberfläche
des Herzens noch eine Art von Zellen — die Mastzellen —,
welche wie unter dem Pericard, so auch im Myocard verbreitet
sind und wie den Gefässen, so auch den Nerven folgen.
4. Weder an drr Oberfläche, noch im Myocard der Ventrikel,
noch im Myocard der Vorhöfe findet man echte Ganglienzellen.
5. Die Untersuchungen stehen mit den Angaben, wie sie
His jnn. für die Embryonen machte, im Einklänge.
Sichtbarmachung der Kerne der rothen Blutkörperchen.
Von P e t r o n e.
(Xaturw. Akud. zu Catania. MQuoli. med. Woch £8 98)
Petrone empfiehlt zur Sichtbarmachung des Kerns der
rothen Blutkörperchen Lugol’sche Lösung und demnach Gold¬
chlorid oder Argentum nitricum. Die specifische Reaction auf
diese Medien, welche den rothen Blutkörperchen nicht nur vor
den Leucocyten. sondern vor allen anderen Zellen eigenthüralich
ist, macht es mehr als wahrscheinlich, dass es das Eisen des
Blutkörperchenkernes ist, welches Bie veranlasst. Das Hämoglobin
enthält viel weniger Eisen. Dem Kern der Leucocyten fehlt das
Eisen gänzlich, während im Protoplasma derselben sich Spuren
zeigen. Bei Oligäraien ergiebt die chemische Reaction einen viel
geringeren Eisengehalt des Kernes der rothen Blutkörperchen als
in normalen Zuständen.
Therapeutische Notizen.
Die Tetanusbehaudlung nach Bacoelll.
Die Tetanusbehandlung nach Baccelli, das ist die subcutane
Injection von 2 bis 3 pCt. Carboisäurelösung (3 bis 4 cg pro
Dosi und bis 35 cg Carbolsäure in 24 Std.), erfreut sich in
Italien noch grosser Anerkennung. Die Carbolsäure soll auf das
im Blute circulirende Tetanusgift sicherer wirken als das Te¬
tanusheilserum, ausserdem auch auf die schon vom Gift ge¬
troffenen Nervenelemente. Diese Behandlung ist für den practischen
Arzt leicht ausführbar und wenig kostspielig; in allen Fällen
sollte sie wenigstens die Sernmbehandlung begleiten. Ascoli hat
über die mit dieser Methode erlangten Resultate eine Mittheilung
an die Academia medica zu Rom gemacht.
Das Verhältnis der Todesfälle zu den Heilungen bei den
verschiedenen Behandlungsarten soll sich folgendemassen stellen:
Nach Baccelli’schen Methode 1: 30,
Tizzoni’8 Serum . . . . 8:40,
Behring’s Serum No. I. . 4 :11,
„ „ „ H. . 2: 9.
Die ganz wunderbare Thatsache, dass so grosse Mengen
Carbolsäure ohne jede Intoxikationserscheinungen dem Organismus
einverleibt werden konnten, erklärt Verf. durch eine besondere
Resistöns der Tetanischen gegen das Gift.
(Münch, med. Woch. u. Dtsch. med. Ztg.)
Ueber antlenzymische Wirkung des Blutserums.
Das Blutserum hat ausser den bactericiden, agglutimirenden
und antitoxischen Eigenschaften noch eine dritte Kraft, welche
Enzyme (Trypsin) inactiv zu machen im Stande
ist. Die antienzymische Wirkung hat F. im Jahre 1894 ent¬
deckt, als er versuchte, das Schicksal der Enzyme im Körper
zu verfolgen. Dabei stellte sich heraus, dass das Trypsin weder
durch den Harn noch durch den Darm eliminirt wurde. Es
musste deshalb im Organismus zerstört werden. Wennn frische
Organstücke, Muskelfleisch, Milz, Leber, Nieren fein zerhackt und
mit Trypsin vermischt wurden, war dasselbe nach 24 Stunden in
der. Mischung nicht mehr nachweisbar. Dasselbe Resultat ent¬
stand, wenn das Trypsin der Wirkung des Blutserums und des
Blutes unterworfen wurde. Bei der Erwärmung verliert das
Serum seine antienzymische Kraft. (Aus dem Institut der Königl*
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380
Universität Rom. Von Dr. C. Fermi. Centralbl. f. Bact. 1897.
Bd. XXn, H. I.)
La poudre uterine de Roux.
In den Nummern 4 und 5 des schweizerischen Bulletins
über ansteckende Krankheiten werden verschiedene Geheim¬
mittel empfohlen, unter denen sich auch das Roux’sche Pulver
gegen das Zurückbleiben der Nachgeburt befindet.
Nun hat sich die Vereiniguug der schweizerischen Thierärzte
bei der Agricultur-Abtheilung in Bern über diese Anpreisungen
beschwert. Die Beschwerde wird besonders damit begründet,
dass ein Packet von 150 g Pulver (Roux) für den theuern Preis
von 5 Francs (4 Mark) verkauft wird, während dasselbe nach
einer amtlichen Analyse nur aus Fenchelsamen, kleinen
Quantitäten von Secale cornutum, Samen von Foenum
graecum und aus Asa foetida bestehe.
Der Minister Deucher hat angeordnet, dass ähnliche Inserate
nicht mehr in diese officiellen Mittheilungen aufgenommen werden.
(Clin. vet. 1898, H. 25.)
Gegen puerperale Eklampsie.
Gordon erzielte beim Menschen durch subcutane Injection
von 5 Tropfen des Fluidextractes von Rhizoma Veratri viridis
prompten Erfolg. Die arterielle Spannung und Pulsfrequenz
wurde vermindert; Convulsionen traten nicht wieder auf.
Dtsch. med. Wschr. 2,98.)
Menthol bei Hautkrankheiten.
10—20 pCt. Mentholkollodium 1—2 Mal täglich mindert bei Con-
tusionen den Schmerz sehr rasch und fördert durch den Kollodium¬
druck die Resorption. Gegen aufgesprungene Hände ist empfehlens¬
wert!^ Menthol 0,5, Oleum Olivar. 1, Lanolin 50.
Thlol.
Wirz (Dtsch. med. Wschr. 97, 27) verwendet statt Ichthyol
Thiol mit bestem Erfolge unter den mannigfaltigsten Verhältnissen.
Bei Entzündungen schmerzlindernd und resorbirend, bei
Eiterungen den Durchbruch befördernd. Phlegmonen bilden sich
in wenigen Tagen zurück. Bei Typhlitis, Peri- und Parametritis,
Otitis externa etc. ebenfalls empfehlenswerth. Anwendung am
besten als Tbiolum liquidum purum in dem dickflüssigen
Fabrikationszustand, nicht in der von den Apothekern mit Wasser¬
zusatz bewirkten dünnen Lösung, weil jede Verdünnung Abnahme
der Wirksamkeit bedingt. Geruchlosigkeit, Billigkeit und gute
Wirksamkeit sind Vorzüge des Thiols gegenüber dem Ichthyol.
Chirurgischer Verband mittelst Baisamum peruvianum und Oleum Riclni.
Gal laut hebt den Werth beider Substanzen als chirurgische
Verbandraittel hervor, gestützt auf 29 000 probirte Fälle. Blut
und Eiter werden resorbirt. Am besten wird reines Ricinusöl
in Verbindung mit 6—10 proc. Perubalsam verwendet, die Mischung
mittelst Sprayapparat auf Gaze gebracht, diese in mehreren
Lagen auf die Wunde gelegt, mit Guttapercha etc. bedeckt
und befestigt. Bei grösseren Wundflächen kann vorher Jodoform
und Aehnliches aufgepudert werden. Stärkere Concentration
von Perubalsam ist reizend. Der beschriebene Verband saugt
wie ein Schwamm die Secretion auf. Sterilisation beider Substanzen
überflüssig. Der Verband wurde bei Verbrennungen, Biss- und
Schusswunden, Abscessen, Geschwüren etc. verwandt; er braucht
nur zweimal wöchentlich erneuert zu werden.
Heftklammern für Wunden.
Wach8mann benutzte bei Wunden, welche hätten genäht
werden müssen, Wundklaramern zum Verschluss. Es sind ver¬
nickelte, gerade, öhrlose Nadeln, deren beide scharf geschliffenen
Spitzen einen Winkel von 45° mit einander bilden.
(Berl. klin. Wschr. 96, 45.)
No. 32.
Geronnenes Oel bei Nenrektomle.
Nach Corning (Mödical record) ist sowohl in der Menschen¬
ais der Thierheilkunde zur Ausführung der Neurektomie die An¬
wendung geronnenen Oeles empfehlenswerth und von ihm probirt,
um die Wiedervereinigung durchtrennter Nerven zu verhindern.
Das Mittel hat den Vortheil, dass statt der Neurektomie die ein¬
fache Neurotomie genügen soll. Durch Schmelzen von Theo¬
brominöl im Wasserbade und Hinzufügen von soviel Paraffin,
dass der Schmelzpunkt über 41° C. liegt, stellt er eine Masse
her, die mit gewöhnlicher Pravaz’spritze um die zu durch¬
trennende Nervenstelle injicirt wird. Die Masse bildet einen
festen Wall zwischen den Nervenenden, der eine Wiederver¬
einigung unmöglich machen soll.
Tagesgeschichte.
VI. Plenar-Versammluiig der Central Vertretung der
thierärztlichen Vereine Prenssens
zu Berlin am 21. und 22. Mai 1898.
.(Schluss.) ..
Der letzte Gegenstand der Tagesordnung, „Stellungnahme der
Thier&rzte bez&glloh des Erlasses eines Knrpfusoherei-Verbotes“, ge¬
langte nicht zur Erledigung.
Der Referent, Schlachthofdirector, Oberrossarzt a. D. Wulff,
hatte die Angelegenheit seiner Zeit im Brandenburger Verein zur
Sprache gebracht. Angesichts der Bestrebungen der Aerzte um
Ausscheidung aus der Gewerbeordnung und Wiederherstellung
des ehemaligen Kurpfuscherei-Verbotes gelangte der Verein zu
der Ansicht, dass eine Besprechung des Gegenstandes in der
Centralvertretung wünschenswert sei und stellte bei letzterer
einen entsprechenden Antrag.
Der Referent Wulff trat entschieden für die Notwendigkeit
eines Kurpfuscherei-Verbotes ein und belegte diese Forderung mit
drastischen Beispielen aus dem Pfuscherthum, betonte auch, dass
thatsächlich nicht einmal die Bezeichnung als Thierarzt aus¬
reichend geschützt sei. Die Versammlung war in der Beurteilung
der Schäden des Pfuscherthums einig, Oberrossarzt Luch au hielt
aber ein Verbot nicht tür durchführbar.
Auch der Präsident wies auf die Schwierigkeiten hin, welche
der gesetzlichen Verhütung der Pfuscherei entgegenstehen, und
teilte mit, dass die Aerztekammeru beschlossen hätten, bis auf
Weiteres das Vorgehen für ein Pfuschereiverbot zu vertagen.
Unter diesen Umständen war die Stimmung der Versammlung
nicht für eine Verfolgung dieser Angelegenheit. Es wurde daher
ein Antrag (Schmaltz) angenommen: Die Centralvertretung
stellt eine Beschlussfassung über die Stellung der
Thierärzte in der Gewerbeordnung und über das Ver¬
bot der Kurpfuscherei zurück, bis die Stellungnahme
der Aerzte in dieser Frage feststeht.
Damit sind die Verhandlungen beendet.
Der Präsident dankt den erschienenen Delegirten, stellt mit
Genugtlmung fest, dass die gründlichen und sachlichen Verhand¬
lungen zur Aufklärung und Einigkeit in schwierigen Fragen ge¬
führt hätten und fordert die anwesenden Vertreter aller Vereine
in warmen Worten auf, weiter treu festzuhalten an der segens¬
reich wirkenden festen Gesammtorganisation, Absonderungen
einzelner Gruppen und alle sonstigen den Keim einer Zersplitterung
in sich tragenden Vorgänge zu vermeiden und immer eingedenk
zu bleiben, dass es keine Sachlage gebe, die es rechtfertigen
könne, etwas zu thun, was zum Schaden der Gesammtheit aus-
schlagen könne. (Beifall.)
Veterinärassessor Dr. Mehrdorf dankt dem Präsidenten und
bringt ein Hoch auf denselben aus, welches von der ganzen Ver¬
sammlung lebhaft aufgenommen wird.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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11. August 1898.
Das nachfolgende Diner gab dem Professor Schmaltz Ge¬
legenheit, daran zu erinnern, dass der allverehrte Präsident
der Centralvertretuug vor Kurzem sein 25jähriges Jubiläum als
Mitglied der Universität Göttingen gefeiert habe. Der Redner
sprach dem Jubilar die herzlichsten Glückwünsche der Ver¬
sammlung aus und feierte ihn als ausgezeichneten Repräsentanten
seines Berufes, als treuen Thierarzt und erfolgreichen Führer
seines Standes.
Der Jubilar stehe an einem Platze, an dem eine aus¬
gezeichnete Vertretung für den thierärztlichen Stand ganz be¬
sonders bedeutungsvoll sei. Und er fülle diesen Platz als Ver¬
treter seiner Wissenschaft und als Mensch in so hervorragender
Weise aus, dass man wohl sagen könne: Wenn wir überall auf
wichtigen Posten so vertreten wären, würden wir im Sturm¬
schritt vorwärts kommen. Der Jubilar habe alle Gesellschafts¬
kreise, hoch und niedrig, die Vertreter der Wissenschaft wie
Bürger, Bauern und alte Soldaten für sich gewonnen. Das habe
das Fest bewiesen, welches ihm die Göttinger Bevölkerung unter
der Aegide der Universität zu seinem Jubiläum bereitet habe.
Die Thierärzte müssten ihm aber nicht allein dafür dankbar
sein, dass er ein ausgezeichnetes, sondern viel mehr noch dafür,
dass er ein treues Mitglied ihres Standes sei. Wie viele, die an
einen Platz gestellt sind, wo seien repräsentiren und nützen könnten,
hätten nichts eiliger zu thun, als sich selbst und Fernstehende
vergessen zu machen, dass sie noch Thierärzte seien. Und wie
nahe sei es grade dem Professor Esser gelegt, aus dem thier-
ärztlichen Kreise herauszutreten, als ordentlicher Professor einer
Universität, dessen Thätigkeit ihn mit Tbierärzten gar nicht
in Fühlung halte. Trotzdem sei er uns treu geblieben, habe er
Überall, in Worten und Thaten, sich als Thierarzt gefühlt und
gegeben, als College gedacht und gehandelt.
Und er sei nicht allein ein treues Mitglied des thierärzt¬
lichen Standes geblieben. Er sei auch dessen Führer geworden.
Mit Ehrenämtern überladen, hahe er auch das schwere Amt der
thierärztlichen Standesvertretung bereitwillig auf sich genommen.
Die Thierärzte wüssten, was sie seinem offnen entschiedenen
Auftreten, seinem Einflass und seiner Bereitwilligkeit verdankten.
Selten sei ein Vorsitzender, der so die Eigenschaften der Liebens¬
würdigkeit, Geistesgegenwart, Würde und Entschiedenheit in
sich vereinige. Wenn man auch um sich blicke, es sei keiner,
der ihn hier ersetzen und keiner, der sich in diesen seinen Ver¬
diensten um den thierärztlichen Stand derzeit mit ihm messen
könne.
Die Versammlung gab am Schluss der Rede ihren Sympathien
für den Gefeierten sehr lebhaften Ausdruck.
Schmaltz.
t
Durch den unerbittlichen Tod hat der Verein der Thierärzte
in Westpreussen in kurzer Zeit zwei Mitglieder verloren, die zu
den eifrigsten und thätigsten desselben gehörten.
Am 27. v. Mts. starb nach längerem Leiden der Königliche
Kreisthierarzt Herr Heinrich Kruckow in Rosenberg W.-Pr.
im 56. Lebensjahre. Seit einer Reihe von Jahren im Kreise
Rosenberg W.-Pr. thätig, hat sich der Verstorbene allseitige
Liebe und Achtung zu erwerben gewusst. Im rüstigsten Mannes-
alter hat er dahinscheiden müssen; sein Tod hat eine unersetz¬
liche Lücke in unsere Reihen gerissen. Wer den Collegen
Kruckow gekannt hat, wird dies wohl zu würdigen wissen. Er
besass eine selten veranlagte Natur. Neben tüchtigem Wissen
und praktischem Können verfügte Kruckow über einen un¬
verwüstlichen Humor, der ihn selbst in trüben Stunden nicht ver-
liess. Er war ein sehr eifriger Besucher unserer Vereins-
381
Versammlungen und bildete darin ein äusserst belebendes Element.
Sein oft derber, selbst auch sarkastischer Witz vermochte auch
den trockendsten Stoff zu einem anregenden und unterhaltenden
zu machen. Wir verdanken dem liebenswürdigen Wesen unseres
Kruckow so manche fröhliche und heitere Stunde. Ihm soll
weit über das Grab hinaus ein treues Angedenken bewahrt bleiben.
Am 1. d. Mts. starb plötzlich der Königliche Kreisthierarzt
Herr Friedrich Schmidt in Elbing im 62. Lebensjahre. Auch
dieser College befand sich noch in rüstigem Mannesalter, als ihn
der Tod abrief. Sein Hinscheiden wird allseitig auf das tiefste
bedauert. Seit fast 30 Jahren in Elbing thätig, hatte er es ver¬
standen, die Liebe und die Achtung nicht nur seiner Collegen,
Bondern auch der ihm ferner stehenden Kreise zu erwerben; er
nahm in Folge dessen in Elbing eine hochgeachtete Stellung ein.
Bis 1886 Oberrossarzt im Ostpr. Ulanen-Regiment No. 8, welches
damals in Elbing garnisonirte, übte er, nachdem er den von ihm
erbetenen Abschied erhalten hatte, in Elbing eine sehr thätige
und erfolgreiche Privatpraxis au3. Nach dem Tode des Kreis-
thierarztes Oldendorf im April 1897 wurde er zum Kreisthierarzt
ernannt und ihm die Elbinger Kreisthierarztstelle übertragen.
Er sollte dieselbe nur kurze Zeit innebaben. Mit der Familie
stehen die näheren Freunde und Collegen tiefbetrübt an dem
Sarge dieses hochachtbaren Mannes, dessen liebenswürdiges, stets
hilfsbereites Wesen unser aller Herzen eingenommen hatte.
Unser Verein speciell verliert in dem Verstorbenen ein sehr
tbätiges, verdienstvolles Mitglied. Er ist Jahre lang Vorstands¬
mitglied in demselben gewesen und gehörte zu seinen Mit¬
begründern. Bei den Vereinsversammlungen hat er selten ge¬
fehlt und hat stets ein grosses, thätiges Interesse für die Förderung
unserer Wissenschaft und unseres Standes an den Tag gelegt.
Auch ihm werden wir ein dauerndes Angedenken in unseren
Herzen bewahren.
Danzig, den 2. August 1898.
Preusse,
Vorsitzender des Thierärztlichen Vereins
in Westpreussen.
Naturforscher-Versammlung In Düsseldorf.
Zu der 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte,
welche vom 19.—24. September 1898 in Düsseldorf tagt, wird
seitens des hierzu berufenen Central-Comit£s eine rege Thätig¬
keit entfaltet, um die Versammlung neben der Reichhaltigkeit
des Stoffes eine glänzende Aussenseite zu sichern. Es möge
diese Thatsache dazu Anregung geben, dass seitens der Vertreter
der thierärztlichen Wissenschaft Alles aufgeboten werden müsse,
um den übrigen auf der Versammlung vertretenen Wissenschaften
ebenbürtig zu erscheinen. Es bedarf wohl kaum eines Hinweises,
dass vorgenannter Zweck nur durch möglichst zahlreiches Er¬
scheinen der Fachgenossen, Bowie durch die Reichhaltigkeit fach-
und gemeinwissenschaftlicher Vorträge erreicht werden kann.
Von der medicinischen Hanptgruppe, zu welcher die Abtheilung
Thierheilkuude gehört, ist der Arbeitsplan bereits festgestellt.
Es ist im Allgemeinen die Vorkehrung getroffen, dass Vormittags
die einzelnen Abtheilungen ihre Vorträge halten, dagegen sind
die Nachmittage bestimmt zu gemeinwissenBchaftlichen Vorträgen
und zu Vergnügungen, wie Ausflüge, Besichtigung der Sehens¬
würdigkeiten von Düsseldorf und Umgegend u. s. w.
Zur Beantwortung etwaiger Anfragen sind die Unterzeiclmeten
gern bereit.
Die bereits angemeldeten Vorträge werden wie auch spätere
Anmeldungen, durch nachträgliche Veröffentlichung zur Kenntniss
gebracht.
Renner. Junker. Frisch.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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382 BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 32.
Aus SchleswigHolstein.
In No. 31 war eine Zeitungsmeldung mitgetheilt, betreffend
einen angeblich in der Schleswigschen Landwirtbschaftskammer
verhandelten bezw. angenommenen Antrag, welcher so geartet
war, dass man an der Richtigkeit jener Meldung zweifeln musste.
Wie uns mitgetheilt wird, ist aber tliatsächlich ein dem Sinne
nach gleichlautender Antrag von einem Ausschuss der Kammer
gestellt worden. Es ist im Plenum jedoch nicht zur Verhandlung
gelangt, sondern (nach einem Bericht im landwirtschaftlichen
Wochenblatt) in Folge eines Bescheides des Herrn Oberpräsidenten
von Köller zurückgezogen worden.
Rothlaufserum.
In der Versammlung der Vereinigung deutscher Schweine¬
züchter vom 1. Juli er. wurde von Neuem allseitig festgestellt,
dass das Lorenz’sche Verfahren der Schutzimpfung gegen den
Schweinerothlauf alle Erwartungen befriedige. Die meisten Mit¬
glieder verfügen über ein reiches jErfahrungsmaterial; so hat
Rittergutsbesitzer Bernsten allein 2000 Schweine ohne jeden
Fehlschlag impfen lassen. Dabei wurde aber bittere Klage
darüber geführt, dass die Serum-Gewinnnngsanstalt zu Prenzlau
das Bednrfniss nicht befriedigen könne und dass die Beschränkung
des Bezuges auf diese Stelle daher sehr lästig und nachtheilig
sei. Auf Antrag des Zuchtdirectors Marks-Posen wurde be¬
schlossen, den Herrn Minister für Landwirthschaft zu bitten, den
Bezug von Lorenz’schem Serum aus staatlichen Impfanstalten
preiswerth zu ermöglichen.
Aus Deutsoh Süd west- Afrika.
Zu Folge' directer Mittheilungen sind im Süden der Colonie
folgende Resultate zu verzeichnen: In der Bezirkshauptmannschaft
Gibeon stellt sich der Verlust bei den Rinderpestimpfnngen auf
13,6 pCt. In der Bezirkshauptmannschaft Keetmanshoop bestehen
vier „GallenBtationen“, welche mit Verlusten von 5,5 pCt.,
7,6 pCt., 12,7 pCt. und ca. 5 pCt. arbeiten. In der Capcolonie
schwanken die besten Resultate zwischen 10 bis 15 pCt. Man
muss dabei bedenken, dass bei der Undnrchführbarkeit einer
vollständigen Sperre häufig in schon inficirten Beständen ge¬
arbeitet wird, dass die Desinfectionsanstalten nur schwer den
Anforderungen anzupassen sind und dass die Sorglosigkeit der
Eingeborenen Alles ausserordentlich erschwert Wenn die Um¬
stände noch etwas günstiger werden, so wird die K o c h’sche
Gallen-Impfmetbode mit 5 pCt. Verlust arbeiten können. Das
bedeutet, dass die K o c h’sche Methode alle anderen Methoden
hinter sich lässt und ein ausserordentlicher Segen für die anf
Viehzucht angewiesene Colonie ist
Der Krebspesterreger.
Nach einer Zeitungsmeldung hat der Professor für Zoologie
und Fischkunde an der thierärztlicheu Hochschule zu München
Dr- Hofer den Bacillus der Krebspest entdeckt und wird seine
Resultate dem VII. deutschen Fischerreitag zu Schwerin (18. biö
21. August) vorlegen. Man kann nur hier auch sagen: Was
nutzt der Bacillus, wenn er nicht zu tödten ist. Ob die Ent¬
deckung irgend ein praktisches Ergebniss haben wird, bleibt
daher abzuwarten.
Frequenzen thierärztlicher Hoohsohulen Sommer-Semester 1898.
Dresden: 219 Hörer einschliesslich 27 Hospitanten; darunter
63 Sachsen, 57 Prenssen, 21 Bayern, 33 ans anderen Bundesstaaten,
18 Ausländer.
Giessen: 63 an der Universität studirende Veteriuärmediciner.
Hannover: 218 Studirende und 20 Hospitanten, davon 197 aus
PreusseD, 8 Süddeutsche, 31 aus Mittel- und Norddeutschen
Bundesstaaten (11 Braunschweiger) 2 Ausländer.
Stuttgart: 90 Studirende.
Oeffentliches YeterinSrwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
(Vergleiche auch die Beilage zu dieser Nummer.)
Fleischschan und TiehYerkehr.
Berlin: Auszug aus dem Flelsobschauberioht für Monat Juli 1898
A. Schlachthof.
Rinder !
Kälber
Schafe |
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
11280
11830
39463
47 466
Ganz beanstandet.
200
49
3 i
444
Ueberhanpt mit Tuberculose
behaftet.
2127
37 i
2 370
Davon gänzlich verworfen .
60
1
— |
57
„ sterilisirt und verwerthet
65 i
16
— |
250
„ theilweise verworfen . .
io !
—
— !
—
Also vollständig freigegeben
1992
20
—
2063
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
7
Mit Finnen behaftet ....
61
4
33
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
1
1
— ■
6
Finnig und wässerig, tech-
1
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
60
3
—
27
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementcn, mul¬
tiplen Blutungen u. s. w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
—
— '
11
An einzelnen Organen and Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 3821 Stück, bei Kälbern 60 Stück, bei Schafen 2482 Stück,
bei Schweinen 8703 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Untersucht.
18 359
7124
3404
WLm
Beanstandet.
58
6
—
19
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
29
_
3
Davon sind sterilis. verwerthet
15
—
— 1
3
Mithin gänzlich verworfen .
14 !
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
7
—
—
1
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
7
—
—
1
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1944 dänische Rinder¬
viertel, 20 dänische Kälber, 2 dänische Schafe nnd 73 Wildschweine.
Senchenstatistik and Veterinärpolizei.
Ma8sregeln gegen Geflügelcholera.
Durch Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom
21. Juli bezw. 3. August er. ist die Anzeigepflicht für Geflügelcholera
eingeführt in den Grossherzogthümern Mecklenburg-Schwerin und
Baden bezw. Hessen.
Im Anschluss daran hat das grossh. mecklenb.-schwerinsche
Ministerium eine Verordnung erlassen, welche mit der in vielen
preussischen Regierungsbezirken schon 1897 erlassenen (vergl.
B. T. W. 1897, pg. 418) wörtlich übereinstimmt, und ausserdem
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11. Angast 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
383
das nenerdings anch in Preossen ergangene ergänzende Verbot des
Treibens von Geflügeltransporten nnd die dazu gehörigen Be¬
stimmungen über Transportgefässe (vergl. B. T. W. 1898, No. 29
pg. 346) enthält. Eine gleichlautende Verfügung ist am 25. Juli
für den R.-B. Aachen ergangen.
Belgischer Seuchenberioht für 1896.
Der Rotz (Wurm) ist in 116 Fällen, zusammen in 22 Ge¬
meinden (1895:49) aufgetreten. Der Gesammtverlust beträgt
116 Pferde, 2 gefallene, 45 getödtete erkrankte und 69 getödtete
verdächtige. Ueber 10 Pferde sind in folgenden Provinzen ge-
tödtet worden: Brabant 63, Hennegau 27. Ausserdem ist der
Rotz bei 131 im Schlachthause getödteten Pferden festgestellt,
von denen 63 auB dem Auslande eingeführt waren.
Die Lnngensenche ist in einer Gemeinde der Provinz Lüttich
bei 3 Rindern eines Viehhändlers beobachtet worden. Ausser
diesen sind 42 Rinder wegen Ansteckungsverdacht getödtet
worden. Der stete Rückgang der Seuche von 1890—1896 ergiebt
sich anB nachstehenden Zahlen: 893, 655, 470, 256, 147, 115,
3 Fälle.
Die Tollwuth wurde in den Provinzen Antwerpen, Brabant,
Westflandern, Ostflandern und Hennegau festgestellt. Der
Gesammtverlust an gefallenen und getödteten Thieren betrug 96
(87 im Voijahre), davon 65 Hunde, 2 Rinder, 1 Ziege,
2 Schweine nnd 3 Katzen erkrankt getödtet, 19 Hunde, 1 Ziege
und 3 Katzen wegen Verdachts getödtet. Die Mehrzahl der
wuthkranken Hnnde ist aus der Provinz Westflandern (28) ge¬
meldet.
Der Verlust an Thieren durch Milzbrand betrug 330, davon
waren 2 Pferde und 328 Rinder. Die Milzbrandfälle vertheilen
sich auf 257 Gemeinden aller Provinzen. Die meisten Thiere
fielen in den Provinzen: Westflandern (90) und Lüttich (67).
Rauschbrand ist bei 244 (193 im Vorjahre) Thieren festgestellt
worden. Der Verlust vertheilt sich auf 142 Gemeinden in allen
Provinzen; in Westflandern kamen allein 113 Fälle zur Anzeige.
Die Maul- und Klauenseuche wurde aus allen Provinzen bei
2561 Thieren (1895 :14 879) gemeldet Die meisten Erkrankungs¬
fälle betrafen die Provinz Hennegau (534) die wenigsten Luxem¬
burg (22). Die bösartige Klauenseuche der Schafe ist in 4 Pro¬
vinzen an 64 Thieren festgestellt worden. Die Räude trat im
Berichtsjahr nicht auf.
Die Tuberculose unter dem Rindvieh wurde aus allen Pro¬
vinzen berichtet. Von 19 004 der Tnberculinimpfung unterworfenen
Thieren reagirten 9289 = 48,88 pCt.
An Entschädigungen wurden gezahlt für 6184 aus Anlass der
Tuberculose getödtete Rinder 721 584,47 Fr., für an Milzbrand
gefallene Rinder 53 353,04 Fr.
Thlerteuchen In Auslande. I. Quartal 1898.
Frankreich.
Von Lnngensenche wurden 28 Gemeinden der Depar¬
tements Nord, Oise, Seine, Haute-Garonne betroffen. Zur Schlach¬
tung kamen 75 Rinder. Die Impfung wurde an 150 Rindern
angewandt. Der Milzbrand herrschte über 44 Departements in
96 Ställen.
Die Rotz- und Wurmkrankheit kam in 54 Departements
zur amtlichen Kenntniss. Die Zahl der getödteten Pferde betrog
313. Eine ebenso grosse Ausbreitung als im I. Quartal des
Vorjahres nahm die Tollwuth. Die wuthkranken Hunde ver¬
theilten sich in den drei Monaten des Berichtsquartals, der Reihen¬
folge entsprechend, auf 76, 84, 109 Gemeinden in 34, 29,
37 Departements. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde beträgt
139 bezw. 148 bezw. 175 = 462 (470 im Vorjahre). Die Maul-
und Klauenseuche wurde in 46 Departements mit 747 Gemeinden
festgeBtellt (in 53 bezw. 586 im Vorjahre). Die Schafpocken
herrschten im Januar in 36, im Februar in 15, im März in
12 Heerden von 8, 5, 6 Departements. Die Schafräude wurde
constatirt im Januar in 16 (70 im Vorjahr) Heerden von 8 Depar¬
tements, im Februar in 18 (41 im Vorjahr) Heerden von 7 Depar¬
tements nnd im März in 19 (134 im Vorjahr) Heerden von
15 Departements. Der Rauschbrand wurde beobachtet im Januar
in 103 Ställen von 25 Departements, im Februar in 79 von 27
und im März in 80 von 24 Der Rothlauf der Schweine trat
auf in 8, 9, 3 Departements, die ansteckende Lungen-Darm-
entzündung der Schweine in 7, 11, 13 Beständen von 5, 8,
10 Departements. Seuchenfälle sind nicht gemeldet aus 7, 7, 13
Departements.
Schweiz.
Die Zahl der ErkrankungsfÄlle betrog: Milzbrand Januar 29,
Februar 18, März 28; Ranschbrand Januar 9, Februar 5, März 12;
Wuth Januar 18, Februar und März je 3; Rotz und Hautwurm
Januar 1, Februar 2, März 3; Maul- und Klauenseuche Januar
2191, Februar 977, März 1261; Rothlauf der Schweine und
Schweineseuche Januar 78, Februar 85, März 42; Räude der
Schafe Januar 153, Februar 65, März —.
Niederlande.
Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 94, Rotz nnd Wurm 9,
Maul- und Klauenseuche 1466, Räude der Einhufer und Schafe
1075, Schweinerothlauf nnd Schweinesenche 30, bösartige Klauen¬
seuche der Schafe 17.
Die Rinderpest nnd die sibirische Pest in Russland.
Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrog im
Januar 476, im Februar 53, im März 56, die der getödteten im
Januar 114, im Februar 8, im März 2. Der Gesammtverlust
belief sich also auf 709 Thiere. Als an sibirischer Pest (Milz¬
brand) gefallen wurden gemeldet im Januar 532, im Februar 699,
im März 794 Thiere.
Gerichtsentscheldnngeii etc.
MInlsterlalbesoheld betr. Wahrung des Abdeokerel-Prlvlleglums.
In Mecklenburg-Schwerin hatte sich ein Abdecker beschwerde¬
führend an das Ministerium des Inneren gewendet, deswegen, weil
der Thierarzt T. ausserhalb der Abdeckerei gefallene Thiere,
welche dem Abdecker abzuliefern waren, obducirt habe. Das
Grossherzogliche Ministerium hat hierauf den Bescheid ertheilt,
dass Obdnctionen gefallener Thiere ausserhalb der Abdeckerei
nicht ohne Weiteres das Abdeckerei-Privilegium verletzen h dass
es dem Abdecker übrigens, wenn er sich im Einzelfalle geschädigt
glaube, überlassen bleiben müsse, auf gerichtlichem Wege vor¬
zugehen, falls er sich davon Erfolg verspreche.
Nichtanwendung des Gesetzes auf einen thierärztllohen Sachverständigen
vom 9. März 1872.
Das Königliche Amtsgericht zu A. batte den Professor
Dr. Esser, der zugleich Departementsthierarzt für denReg.-Bez.
Hildesheim ist, in einer Strafsache als Sachverständigen ver¬
nommen. Derselbe hatte die ihm als Departementsthierarzt
zustehenden Gebühren liqnidirt. Das Gericht änderte die
Liquidation ab mit der Begründung, dass Professor Esser
nicht als Departementsthierarzt, sondern lediglich als Sach¬
verständiger vernommen sei. Der Unterschied betrug beiläufig
1 M.; das Gericht hatte also nicht etwa den Satz für Kreisthier-
ärzte in Anwendung gebracht, sondern nach dem Reichsgesetz
betreffend die Gebühren der Zeugen und Sachverständigen die
Liquidation bemessen.
Diese Auffassung erscheint mit den gesetzlichen Bestimmungen
als unvereinbar, denn das Reicbsgesetz bestimmt ausdrücklich,
dass, wenn für einzelne Kategorien von Sachverständigen irgend'
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884
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 32.
wo besondere Bestimmungen in Kraft sind, diese nach Wahl des
Sachverständigen znr Anwendung kommen müssen. In Preussen
besteht das Gesetz für Medicinalbearate, welches ausdrücklich die
Gebühren für diese als Sachverständige vor Gericht ganz im
Allgemeinen festsetzt, ohne dass eine ausnahmsweise Nicht¬
anwendung des Gesetzes für gewisse Fälle vorgesehen wäre.
Ausdrücklich ist ferner gesagt, dass Aerzte und Thierärzte die¬
selben Gebühren wie Medicinalbeamte zu beanspruchen haben.
Nach der Fassung des Gesetzes kommt es also nur darauf an,
dass der Medicinalbeamte bezw. Tbierarzt überhaupt als Sach¬
verständiger vernommen wird, nicht aber darauf, welcher Art
das von ihm verlangte Sachverständnis gewesen ist.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Biroh - Hirschfeld. Lehrbuch der pathologischen Anatomie.
Fünfte völlig umgearbeitete Auflage. I. Band. Theil 1 und 2.
1896/97.
Das Birch - Hirsch fei d’sche Lehrbuch ist zweifellos für
den Thierarzt dasjenige Werk, welches ihm zum Studium der
pathologischen Anotomie am nächsten liegt. Dem offen zu Tage
liegenden Bedürfnis der Veterinärmedicin nach einem pathologisch¬
anatomischen Handbuch ist gerade im Birch - Hirschfeld
dadurch Rechnung getragen, dass schon in einigen früheren Auf¬
lagen die Pathologie der Thierkrankheiten von Prof Johne be¬
arbeitet und im Text des Buches verflochten wurde.
Die dem Werke einverleibten Illustrationen, welche zum Theil
farbig und in denjenigen Farbenunterschieden gehalten sind, wie
sie der Untersncher in den Präparaten erblickt, erleichtern das
Verständniss sehr, zumal dieselben in hervorragender Schönheit
wiedergegeben sind. Die zweite Hälfte des ersten Bandes bildet
einen gesonderten Theil und handelt zunächst von den thierischen
und pflanzlichen Parasiten der Menschen und Hausthiere; auch
hier ist das für den Thierarzt so bedeutsame Feld in ausführ¬
lichster und dabei doch übersichtlicher und klarer Weise von
Johne bearbeitet Für demjenigen aber, welcher selbst Studien
machen will, ist die bezügl. Literatur an den betreffenden Stellen
im Text vermerkt. Der bacteriologische Abschnitt enthält für
den Thierarzt alles Wissenswerthe in gedrängter Kürze, auch
finden sich farbige Darstellungen bacteriologischer Präparate,
welche in wohlgelungener Weise Contrastfärbungen wiedergeben.
In einem Anhang sind von Dr. Schmorl die pathologisch¬
histologischen Untersnchungsmethoden bearbeitet In dem Rahmen
einer kurzen Besprechung ist es nicht möglich, besondere Vorzüge
und Verbesserungen zu registriren, man wird aber das Birch-
Hirschfeld’sche Lehrbuch, welches sich fortlaufend bemüht, auf
der Höhe der Wissenschaft zu stehen und nicht nur für die
Mediciner, sondern auch besonders für die Veterinärpathologen
den Schatz an Erfahrungen zusammenträgt, nicht aus der Hand
legen, ohne die Ueberzeugung erlangt zu haben, dass dieses
Lehrbuch für den Thierarzt und Studirenden der Thierheilkunde
unentbehrlich ist _ Dr. Jess.
Personalien.
Auszeichnungen, Ernennungen etc.: Der Vorsitzende des Deutschen
Veterinärrathes Prof. Dr. Esser wurde vom thierärztlichen Verein
für Württemberg zum Ehrenmitglied; der Sanitätsrath Dr. Königs¬
dörfer, Lehrer der Augenheilkunde an der thierärztlichen Hoch¬
schule zu Stuttgart wurde zum Professor und der Kgl. Bayr. Kreis-
thierarzt Jmminger zum Mitglied des Unterfränkisclien Kreis-
medicinal-Ausschusses ernannt; dem Thierarzt Bisch off zu Stadt¬
hagen in Schaumburg-Lippe, ernannt zum Kreisthierarzt in Falken¬
berg 0. S. wurde das Fürstlich Schaumburg-Lippe’sche silberne
Verdienstkreuz verliehen. — Promovirt wurden: Bezirksthierarzt
F a m b e r g zum Dr. pbil. in Basel und Thierarzt P r o f 6 zum
Dr. phil. zu Greifswald. — Dem Oberrossarzt a. D. Eichhorn-
Pirna wurde die Bezirksthicrarztstelle Rochlitz; dem Rossarzt a. D.
Matzki wurde die Grenzthierarzt-Assistentenstelle zuStallupönen
und dem Thierarzt Voogdt zu Wipperfürth die einstweilige Ver¬
waltung der neuerrichteten Kreisthierarztstelle des gleichnamigen
Kreises übertragen.
Wohnsitzverisderunges, Niederlassungen eto.: Versetzt wurden der
Kgl. Bayer. Bezirkzthierarzt Huber von Staffelstein nach Pfaffen¬
hofen und Humann von Ebern nach Bamberg. — Als Tbierarzt
für Fleischbeschau wurde angestellt: Amtsthierarzt C. Krause in
Lengefeld i. V. — Verzogen sind die Thierärzte S c h 1 a t h ö 1 1 e r
und E b e 1 i n g von Hannover nach Werl in Westphalen bezw.
Schledehausen; G r u p e von Stolzenau nach Strasburg i. d. Ucker¬
mark; Schaaf von Zwickau nach Glauchau; Both von Berlin
nach Altdamra; Schermer von Herxheim nach Rülzheim (Bayern).
Examina: Approbirt wurden in Berlin die Herren: Hock,
Fischer, Junack, Neumann (Paul), Budnowski, Mozer, Platschek;
in Hannover die Herren Schlathölter, Brandt, Braun, Müller
(Wilhelm); in Stuttgart die HerrenBenkendörfer,Blümer, Braun,
Bruchbacher, Kiesel, Mögele, Schach aus Württemberg, Enz aus
Baden, Rick und Thieme a. d. Eisass, Bock aus Bitburg (Preussen'.
Todesfälle: Kreisthierarzt, Oberrossarzt a. D. S c h m i d t-Elbing,
Tbierarzt Bombach -Bochum, Rittmeister in Schkeuditz,
Kreisveterinärarzt Köster in Alzey.
Yacanzen.
Krellthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. —
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Königsberg: Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Marienwerder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). —
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier:
Daun.
Sanltfitsthlerarztstellen a)NeuauBgeschriebeneSteIlen:
Elbing: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew. an Magist. —
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum
1. Oct. — Lübeck: Scblachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra)-
— Drengfurt — Gleschendorf (Fürstenthum Lübeck). —Gux¬
hagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pitscheju —Suhwa-rzenau. —
1898 bekannt gegebene: Argenau: Tbierarzt (nicht selbst
dispensirend). Auskunft Apotheker Fr. Krüger. — Callies: Thier¬
arzt. Bew. an Magistrat. — Dassow (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt.
— Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher
R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinde¬
rath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M. Fixum). Bew. an
Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch-
schau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung. — Kemberg:
Thierarzt (städtischer Zuschuss 800 M.). Bew. an Magistrat —
Moringen: Tbierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). —
Neukirch (Ostpr.) Auskunft Adler-Apotheke. — Nüsse bei
Mölln i. L. — Obermarsch acht (Elbe).— Satow (Mecklbg.-
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier-
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬
strat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
600M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (DanzigerNehrung) :
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Sohön-
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzuführender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Grenzthierarztstelle Stallupönen.
Verantwortlich für den Inhalt (excl. Inseratenteil) Pro t Dr. Sohmalti in Berlin. — Verlag and Eigentham von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin.
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Die „Berliner 'l^ilirHr/ ülehe Wochenichrlft“ eraebelni Originklbeltrtge werden mit 60 Hk. fOr den Bogen honorlrt
wöohentllch ln ö^rke von mindestem 1'/» Bogen. Dieselbe _ Alle Menuscripte, Mitthellungen und redaettonellen An¬
ist tu bexietaen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031) ■ M ■ • fragen beliebe man tu senden an Prof. Dr. Scbmalta,
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard A"V I -wt /Vf* Berlin, thiertrztliehe Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Schoeta, Berlin NW., Luisenstraase 36, tum Preise von ■ I ■ ■ ■ ■ Correcturen, Recenslons-Kxemplare und Annoncen da*
Mk. 5,— pro Vierteljahr. B »1 / M 1 U I 1 \ y M gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstraase 36.
Jahrgang 1898. M 33 . Ausgegeben am 18. August.
Inhalt: Buch: DergegenwärtigeStandderLehrevonderlmmunität. — Referate: Rosolino: Ueber die Empfind¬
lichkeit der Rinder gegen Quecksilberpräparate. — Cadöac: Beitrag zur physikalischen Diagnostik der Pneumonie. —
Schindelka und Latschen berger: Die französische Hühnerschlachtmethode. — Connochie: Erbrechen beim Pferde
infolge Embolie in der Vena mesenterica anterior. — Maffucxi und Sirleo: Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger
bei bösartigen Tumoren. — Grassert: Die Plasmodien des Kopfes. — Busse: Ueber die durch pathogene Hefen hervor¬
gerufenen Tumoren. — Sobernlieim: Ueber Immunisirung gegen Milzbrand. — Therapeutische Notizen. — Tages-
geschichte: Aenderung der Concursordnung bezüglich der Bevorrechtigung thierärztlicher Forderungen. — Nochmals das
Pauschquantum. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Das neue französische „Feldpolizeigesetz“. —
Personalien. — Vacanzen.
Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität.
Von
Buch,
Departements thierarzt.
Unter Immunität im Allgemeinen versteht man die Un¬
empfindlichkeit gegen nachtheilige Einflüsse bezw. einen auf
normaler Organisation beruhenden natürlichen Schutz gegen äussere
Einwirkungen.
Man unterscheidet aber zwischen natürlicher und erworbener
Immunität.
Sowohl die natürliche wie die erworbene Immunität in
unserem Sinne setzen voraus, dass das betreffende Individuum gegen
Infections- und gegen Intoxicationskrankheiten sicher geschützt
ist. Schon im Alterthum waren beide Arten der Immunität be¬
kannt. Aber erst der neueren Zeit ist es Vorbehalten gewesen,
die Lehre der Immunität auf Grund der genaueren Kenntniss der
Infections- und Intoxicationskrankheiten soweit zu fördern, dass
wir heute einen verhältnissmässig klaren und weiten Einblick in
die überaus complicirten Vorgänge haben. Die Fülle des Dar¬
gebotenen war gross, so dass eine Theilnng der Arbeit noth-
wendig wurde, die dadurch eine ungewöhnlich schnelle und gründ¬
liche Förderung erfahren hat.
Die Erforschung der Ursachen der Immunität bildet ein
Gebiet, das weit über den Rahmen des früheren Gebietes der
Bacteriologie binauBragt.
Aus dem grossen Gebiete der Lehre von der Immunität sind
in der nachstehenden Erörterung nur diejenigen Versuche auf¬
geführt und diejenigen Ansichten der Autoren wiedergegeben, die
zum Verständnisse der vielen complicirten Vorgänge nicht ent¬
behrt weiden können.
Einleitend sei hervorgehoben, dass von Infectionserregern
verursachte Krankheiten als „Inf e ctionsk rank hei ten“, die
durch gewisse Gifte erzeugten Krankheiten aber als „In¬
toxicationskrankheiten“ bezeichnet werden. Die Infections-
erreger machen den Körper entweder durch ihr Eindringen in
denselben an sich krank oder sie bilden Gifte (Toxine), die als
solche den Körper beschädigen. Viele Bacterien rufen septi-
cämische Erscheinungen, andere dagegen, die stark wirkende
Toxine abscheiden, wie die Tetanus- und Diphtheriebacillen,
heftige Vergiftungen hervor.
Eine natürliche Immunität gegen Infectionserreger und gegen
Gifte von Infectionserregern besitzt der menschliche und thierische
Organismus nur in beschränktem Masse. Gegen Alkaloide nnd
gegen Gifte, wie beispielsweise gegen das Schlangengift, ist der
höher organisirte Organismus „natürlich“ nicht geschützt, dagegen
kann eine gewisse Immunität auch gegen diese Gifte erworben
werden.
Die erworbene Immunität gegen Gifte wird bedingt durch
allmälige Angewöhnung der Körperzellen an kleine Dosen der
Gifte, so dass man, wenn auch häufig eine vollständige Immunität
gegen grosse Dosen nicht erreicht wird, in gewissem Sinne doch
von einer erworbenen Immunität zu sprechen berechtigt ist; denn
man weiss durch die tägliche Beobachtung, dass Menschen und
Thiere, die allmälig stufenweise an grosse Dosen Gifte orga¬
nischer und anorganischer Natur gewöhnt werden, schliesslich
sonst tödtiiche Dosen derselben anfzunehmen vermögen, ohne sich
zu vergiften. Die snccessive Aufnahme von Arsenik und Morphium
und die dadurch erworbene Abstumpfung gegen diese Gifte ist
hierfür ein eclatantes Beispiel.
Für uns kommen aber hauptsächlich diejenigen Giftstoffe in
Betracht, die von Infectionserregern innerhalb des menschlichen
oder thierischen Organismus oder bei deren künstlicher Züchtung
abgeschieden werden und die man allgemein als „Toxine* be¬
zeichnet.
Nachdem das Diphtherie- und Tetannstoxin entdeckt und die
erworbene Giftfestigkeit einer wissenschaftlichen Bearbeitung
unterzogen worden war, versuchte man Thiere mit diesen
Toxinen gegen die natürliche Wirkung der im Körper selbst von
den Diphtherie- und Tetanusbacillen producirten Toxine zu
schützen. Anfangs wollten die nach dieser Richtung hin an-
gestellten Versuche nicht gelingen, weil die Versuchstiere an
chronischer Vergiftung zu Grunde gingen. C. Fränkel und
Behring liessen daher eine gewisse Zersetzung der Toxine ein-
treten, um deren Wirkung bei Vornahme der Immunisirung ab-
znschwächen. Dies wurde erreicht, indem die Toxioe höheren
Temperaturen ausgesetzt oder indem ihnen chemische Substanzen,
wie das Jodtrichlorid, zugesetzt wurden. Vertrugen die so vor¬
behandelten Versuchstiere tödtiiche Dosen davon leicht, so
wurden ihnen die reinen unzersetzten Toxine verabfolgt, womit
ihre Giftfestigkeit erhöht wurde.
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386
Bald sollte es gelingen, die Methode zu vereinfachen, indem
Behring and Andere das richtige Mass der Dosirung und
Verabfolgung der Toxine in gewissen bestimmt abgegrenzten
Zeiträumen fanden, wodurch die Verwendung der unzersetzten
und unabgeschwächten Toxine zum Zwecke der Immunisirung
möglich geworden ist.
Die Arbeiten wurden nunmehr eifrig gefördert von Pasteur
und Behring und deren Schülern, sowie von Kitasato und
Anderen.
Behring fand, dass das Blutserum von künstlich gift¬
befestigten Thieren die Eigenschaft besitzt, andere frische Thiere
gegen die betreffenden Toxine sicher zu schützen. Das Blut¬
serum giftbefestigter Thiere besitzt mithin ein ausgesprochen
antitoxisches Vermögen gegen das entsprechende Gift; es enthält
demnach einen Körper, den man das Antitoxin nennt. Die
Natur des Antitoxins, sowie seine Entstehungsart sind noch ein
Problem, das zu erforschen augenblicklich die Aufgabe der
Bacteriologen bildet.
Ueber die speciellen Versuche, die nach dieser Richtung hin
ausgeführt wurden, und über die Ansichten der Erklärung des
Problems der einzelnen Forscher sei das Wichtigste hier mit-
getheilt. Einen grossen bahnbrechenden Gedanken verwirklichte
auf Grund gründlichster und sachgemässester Versuche Behring,
indem er das in dem Blutserum giftimmunisirter Tbiere befind¬
liche Antitoxin direct auf das Toxin einwirken liess. Er ipjicirte
antitoxinhaltiges Blutserum zusammen mit dem entsprechenden
Toxin nichtiramunen Thieren in die Blutbahn bezw. in die Sub¬
cutis, wobei die so behandelten Thiere nach der Einverleibung
tödtlich wirkender Dosen des unzersetzten und nicht abge¬
schwächten Giftstoffes gesund blieben, während die Controlthiere
starben. Behring fand auch, dass wenn das Toxin und das
antitoxische Blutserum getrennt und in nicht allzu weit ,ausr
einander liegenden Zeiträumen eingespritzt wird, eine immuni-
sirende Wirkung auf nicht immune Thiere ausgeübt wird. Dabei
machte er die wichtige Entdeckung, dass, wenn das antitoxin-
haltige Blutserum eine gewisse Zeit vor dem Toxin iqjicirt
wird, das Serum eine vorbeugende Wirkung ausübt, während
bei der getrennten Einverleibuog der beiden Substanzen in um¬
gekehrter Reihenfolge dasselbe eine mehr oder weniger heilende
Wirksamkeit besitzt.
Anf diese Versuche stützen sich alle weiteren Versuche, weil
jene das Fundament der Serumtherapie bilden. ,
Ehrlich stellte eine Reihe Versuche an, die sich auf die
Wirkung schon bekannter Gifte nicht bacteriellen Ursprungs,
wie das Ricin, Robin und Abrin, bezogen. Er fand, dass die
Versuchsthiere durch Verfüttern steigender Quantitäten dieser Gifte
gegen nachher verabreichte tödtliche Dosen derselben stark imipun
waren. Auch mit dem Schlangengift wurden in dieser Hinsicht
positive Resultate erzielt.
Die weitgehende Entdeckung Behring’s regte nunmehr zu
weiteren Versuchen mit bacteriellen Toxinen an, wobei das
Problem des Zustandekommens der Immunisirung von den
einzelnen Forschern verschieden gedeutet wurde. Behring und
Ehrlich sprachen Anfangs der antitoxischen Eigenschaft des
Blutes den wahren Grund der erworbenen Immunität zu. Künst¬
lich geschützte Thiere sollten nach der Ansicht dieser Forscher
giftfest sein, weil das Blnt solcher Thiere im Stande sei, das
eingeführte Toxin zu entgiften.
Man unterschied zwischen einer natürlichen und einer
erworbenen Immunität. Die natürliche Immunität kann an
sich eine durch besondere Eigenschaften des Körpers bedingte
Immunität sein. Aber auch die erworbene Immunität kann eine
natürliche Bein, wenn sie beispielsweise entstanden ist durch das
No. 33.
Ueberstehen einer Infectionskrankheit, die Immunität zurücklässt;
eine künstlich erworbene ist sie aber dann, wenn sie auf künst¬
lichem Wege erworben wurde, wie beispielsweise durch Ein¬
verleibung infectiöser Substanzen zum Zwecke der Erzeugung
einer theilweisen oder ganzen Immunität. Von Ehrlich wurde
auch die Bezeichuung active und passive Immunität in die
Wissenschaft eingeführt. Unter ersterer soll nur verstanden
werden, das dass betreffende Thier durch Ueberstehen der In-
fection mit abgeschwächten Bacterien oder der Toxinen einen
natürlichen Schutz gegen diejenige Infection erwirbt, die durch
die betreffenden Bacterien oder deren Toxine sonst hervor¬
gerufen wird. Unter passiver Immunität versteht man da¬
gegen diejenige Eigenschaft des Körpers, die erst durch Ein¬
verleibung von Körpertheilen (Serum, Lymphe etc.) entsteht, die
activ immuni8irten Thieren entnommen sind. Bei der passiven
Immunität wird demnach die Immunität durch einfache Ueber-
tragung der bei der activen Immunität vorhandenen fremden
Giftfestigkeit hergestellt. Die von activ geschützten Thieren
entnommenen Gegengifte (Antikörper und Antitoxine) führen dem
frischen Organismus ein gewisses Mass von fremden Gegen¬
giften zu, die diesen in den Stand setzen, die fremden Elemente
fflr sich gelegentlich der Einverleibung entsprechenden Infections-
materials mobil und dadurch letzteres unwirksam zu machen oder
wenigstens so zu schädigen, dass es eine Infections- oder
Intoxicationskrankheit der gleichen Art auszulösen nicht mehr
im Stande ist. Wie sich die Vorgänge hierbei eigentlich ab¬
spielen, ob auf chemischem oder physiologischem Wege, ist noch
nicht genügend bekannt.
Mit der anfänglichen Anschauung von Behring und Ehrlich,
wonach künstlich geschützte Thiere einfach dadurch giftfest sein
sollen, dass ihr Blut das Vermögen besitze, das Toxin zu ent¬
giften)' musste man- bald brechen, zumal durch Versuche von
Vaillard gezeigt wurde, dass „eine künstliche Immunität
wohl vorhanden sein kann, ohne dass dabei das Blut
eine antitoxische Wirksamkeit entfaltet.“ Und umgekehrt
wurde durch die weiteren Versuche von Roux und Vaillard
festgestellt, dass das Blut eine starke antitoxische Eigenschaft
besitzen kann, ohne dass der Organismus selbst gegen das be¬
treffende Gift geschützt ist. Behring kam daher auf Grund
weiterer Versuche zu der Ansicht, dass ausser der antitoxischen
Eigenschaft des Blutes, die Zellelemente des Körpers
einen wesentlichen Antheil an dem Zustandekommen der Im¬
munität bezw. an der Bildung der antitoxischen Substanzen haben
müssten. Versuchsthiere, die ein hochgradig antitoxisches Blut
lieferten, besassen gleichzeitig eine überaus grosse Empfänglichkeit
gegen die Toxine. Die Zellelemente des Körpers nehmen danach
grossen Antheil an dem Zustandekommen der künstlichen Gift-
immunität; denn bei den durch eine Giftbehandlung immunisirten
Thieren verschwindet das Antitoxin aus dem Blute — Ab¬
scheidung durch Harn, Milch etc. — ohne dass die Im¬
munität aufhört. „Lebende Theile des Organismus, die vorher
giftempfindlich waren, sind jetzt unempfiudlich“, sagt Behring
Behring nimmt an, dass die künstliche active und passive Gift¬
immunität eine Blutimmunität — hämatogene Immunität — sei,
während nur die natürliche Immunität gegen Toxine als Zellen¬
giftimmunität — histogene Immunität — bezeichnet werden müsse.
Die künstliche Giftimmunität soll demnach aus¬
schliesslich auf der „antitoxischen Wirkung derKörper-
flüssigkeiten“ beruhen.
Metschnikoff aber ist der Meinung, dass gegen diese An¬
nahme die Abnahme der Giftempfindlichkeit der Zellen künstlich
immunisirter Thiere spreche; auch die Versuche von Vaillard,
wonach gegen Tetanus geschützte Kaninchen trotz der Immunität
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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18 August 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 38?
kein antitoxisches Blut Latten, müsste in diesem Sinne gedeutet
werden. Er stellt daher den Satz auf: „dass bei der künst¬
lichen Giftimmunität eine Abstumpfung der Gift¬
empfindlichkeit stattfindet, folglich, dass diese Art
der Immunität, der früheren Ansicht Behring’s gemäss,
zur Kategorie der histogenen Immunität zugerechnet
werden müsse.“
Zur weiteren Erklärung der Fragen, wo und wie die Anti¬
toxine im Organismus entstehen, dienten die Versuche von
Calmette und Delüarde, die nachwiesen, dass die kaltblütigen
Wirbelthiere nicht im Stande sind, antitoxisches Blut (Serum)
gegen Abrin und Schlangengift zu liefern. Diese Versuche unter¬
stützten die Annahme, dass das Fieber im Zusammenhänge mit
der Antitoxinbildung stehe, insbesondere, da man gefunden hatte,
dass Säugethiere, die Toxine eingespritzt erhalten, in der Regel
eine fieberhafte Reaction auslösen. Metschnikoff nimmt aber
an, dass das Fieber nicht als ein nothwendiger Factor für das
Zustandekommen der Antitoxine anzusprechen sei. Er fand
beispielsweise, dass das Krokodil wirksame Antitoxine schnell zu
bilden im Stande ist, obwohl es keine fieberhafte Reaction auslöst.
Metschnikoff sagt in seiner classischen Abhandlung über Im¬
munität — Handbuch der Hygiene von Wey 1 — hierüber Folgendes:
„Schon in 24 Stunden nach der Einspritzung des Tetanustoxins
und in 6 Tagen nach der Einführung des löslichen Choleragiftes
wird sein Blut (des Kroko iils) antitoxisch gegenüber diesen
Giften, gegen welche das Krokodil überhaupt äusserst un¬
empfindlich ist. Diese Versuche weisen noch darauf hin, dass
die Antitoxinbildung eine ganz eigenartige Function darstellt,
welche weder mit dem Fieber, noch mit der Immunität in einem
nothwendigen Zusammenhänge 6teht. Junge Krokodile und
Schildkröten sind ebenfalls sehr unempfindlich gegen das
Tetanustoxin, von welchem sie wahrhaft enorme Dosen vertragen;
und doch bilden diese Thiere sehr langsam (junge Krokodile)
oder gar keine (Schildkröten) Antitoxine.“ Er nimmt daher an,
dass die Antitoxine (Antikörper) wahrscheinlich zum grössten
Theil eine Modification der Toxine darstellen, die von gewissen
zeitigen Elementen gebildet und dann in die Blutflüssigkeit ab¬
geschieden werden. Sie sollen nach seiner Ansicht im Blut¬
plasma und in der Lymphe circuliren und auch schliesslich in
die Abscheidungen des Körpers, wie in die Odemflüssigkeit, in
die Milch etc. und sogar in den Humor aqueus gelangen. Wie
die Vorgänge aber in Wirklichkeit hierbei im Körper verlaufen,
ist noch nicht genügend bekannt; soviel Bteht jedoch fest, dass
sie bei den verschiedenen Thieren sich nicht unter einheitlichem
Bilde abspielen, wodurch das Problem noch schwieriger zu lösen
ist. Man weiss noch nicht bestimmt, welchen Zellen die Haupt¬
rolle aufgetragen ist. So wird das tetanustoxinhaltige Blut des
Scropions in kurzer Zeit von diesem Gifte befreit, während das
Gift monatelang an die Leber gebunden bleibt, ohne sich dabei
zu verändern.
Auch in zelligen Elementen des Körpers wurde das Antitoxin
aufgefunden, so von F. Klemperer im Eigelb des Eies. Die
Frage, ob der Antikörper vom Blute aus dorthin abgeschieden
wird, oder ob er sich in der Eizelle selbst bildet, ist noch
nicht entschieden.
Zn erörtern bleibt nunmehr noch bei der Untersuchung über die
künstliche Immunität gegen Toxine die Frage, wie, um mit
Metschnikoff zu sprechen, „die Wirkung der Antitoxine
bei der sogenannten passiven Immnnisation des
Organismus zu deuten ist.“
Ursprünglich glaubte Behring, dass die Vernichtung oder
Unschädlichmachung' des vorhandenen oder einverleibten Toxins
durch das Antitoxin nach Art einer chemischen Reaction zu
Stande komme. Gegen diese Annahme erheben sich aber Be¬
denken, nachdem Wassermann und Calmette bei Ver¬
suchen mit Schlangengift gefunden hatten, dass eine Mischung
von Toxin und Antitoxin des Pyocyaneus durch Kochen ihre
Ungiftheit verliert, nachdem die Mischung sich vorher als neutral
erwies. Das Antitoxin war mithin durch das Kochen zerstört
worden, während das Toxin in Wirksamkeit blieb. Wasser¬
mann stellte daher die Hypothese auf, dass nicht das Antitoxin
unmittelbar auf das Toxin einwirke, sondern dass erst nach
Vermittelung des lebenden Körpers aus dem Antitoxin
eine active Verbindung frei werde, die als solche das
Toxin vernichte bezw. unschädlich mache. Die ausserhalb
des lebenden Körpers nach dieser Richtung hin angestellten
Versuche decken sich nicht mit den im lebenden Körper sich ab¬
spielenden Vorgängen, so dass noch manches Unerklärte einer
wissenschaftlichen Aufklärung bedarf.
Weitere Versuche ergaben, dass es Thiere giebt, die zwar
ein ausgesprochen antitoxisches Serum haben, selbst aber keines¬
wegs gegen die betreffende Infection geschützt sind.
Ein eclatantes Beispiel hierfür liefert das normale Blut
vom Flusskrebse, das eine intensive antitoxische Wirkung ent¬
faltet gegen die Vu-giftung der Mäuse durch Scorpioneugift.
Wälirend eine tödtliche Dosis Scorpionengift, das mit einer ge¬
ringen Menge Krebssernm vermischt wurde, die damit injicirten
Mönse nicht beschädigt, sind die das Blut bezw. Serum liefernden
Krebse selbst gegen die geringsten Dosen dieses Giftes sehr
empfindlich.
Das Krebsserum vermag daher seine Wirkung nur zu ent¬
falten, wenn es den Mäuseorganismus passirt; dem Flusskrebse
selbst injicirt, hat es keinerlei Wirkung bei etwaiger Vergiftung
mit Scorpionengift. Das Antitoxin des Krebsserums wirkt daher
nicht direct auf Toxine, sondern auf den prädisponirten Organismus.
Seine Wirkung ist demnach eine indirecte auf Gifte und eine
directe aut den Organismus bezw. auf die Zellelemente. So
complicirt die Vorgänge an und für sich auch sind, sie liefern
doch den Beweis, dass man in solchen Fällen eigentlich nicht
von einer passiven Immunität sprechen kann, denn die Antitoxine,
die sich im Blute so vorbehandelter Thiere befinden, wirken nicht
passiv, sondern durch „eine active Vermittelung des
Organismus auf Toxine ein. (Metschnikoff, Immunität.)
Wie ist die natürliche Immunität gegen Bacterien-
gifte, sowie gegen organische Gifte im Allgemeinen
zu erklären?
Die natürliche Giftimmunität trifft man bei weitem seltener an
als die natürliche Iummunität gegen die Giftbildner selbst. Es
giebtBacterien, gegen die der Organismus eine natürliche Immunität
besitzt. Häufig geht der Organismus aber trotzdem zu Grunde,
weil die Bacterien Capillargefässe wichtiger Organe verstopfen
oder weil der Organismus an den Folgen der Ermattung der
Bacterien auf seine Körpersäfte erschlafft.
Die natürliche Immunität gegen Toxine beruht offenbar auf
einer antiinfectiösen Eigenschaft des Blutes des betreffenden
Individuums, wobei eine antitoxische Eigenschaft nicht ange¬
nommen werden kann. In dem Blute natürlich geschützter Indi¬
viduen gegen Bacteriengifte müssen daher besondere Kräfte auf¬
gespeichert sein, die bei passender Gelegenheit in Action treten.
Wo diese besonderen Kräfte gebildet werden, ist bis jetzt noch
nicht erforscht; jedenfalls muss angenommen werden, dass es
sich dabei um eine active Betbeiligung lebender Körpertheile
(Zellen) handelt. Diese Art der Immunität bezeichnet Behring des¬
halb „histogene Immunität“.
Zu der Schlussfolgerung, dass es sich dabei um eine active
Betheiligung der zelligen Elemente des Körpeis handeln müsse,
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388
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33
gelangte man auf Grund der au niederen Thieren gemachten Be¬
obachtungen in Folge des Experiments.
Bald nach der Auffindung des Tetanustoxins, und nach Fest¬
stellung der speciellen Eigenschaften desselben im Verhalten zu
den verschiedenen Thierarten, wurde ermittelt, dass Schildkröten
und Nashornkäferlarven immun sind gegen das Tetanusgifr.
Wurde diesen 'I liieren das Gift der Tetanusbacillen einverleibt,
so erzeugte deren Blut mehrere Monate hindurch bei anderen
Thieren ausgesprochenen Tetanus, während die Blutlieferauten
selbst völlig gesund blieben.
Das Blut muss demnach die Fähigkeit haben, das Gift zu
conserviren, ohne dass es selbst bei dem betreffenden Individuum
eine giftige Wirkung auszulösen im Stande ist.
Die Immunität der Schildkröten und Nasliornkäferlarven
gegen Tetanusgift beruht daher nicht auf den bereits fertigen
oder im Körper durch die Einverleibung des Giftes erst künst¬
lich erzeugten Antitoxinen, sondern lediglich auf einer ange¬
borenen Unempfindlichkeit der Zellelemeute.
Da das Tetauustoxin bei den in Rede stehenden Thieren
nur sehr langsam und erst nach längerer Zeit ausgeschieden
wird, so kann die natürliche Giftimmunität in solchen Fällen
nicht in der raschen Zerstörung oder Ausscheidung der Toxine
beruhen.
Es muss für das Zustandekommen der natürlichen Giftim¬
munität demnach lediglich die Sensibilität der Körperzellen
in Anspruch genommen werden. Mit Recht wurde dieser Zustand
daher als ein „histogener“ bezeichnet.
Um einen Einblick in die vielen überaus interessanten und
lehrreichen Experimente, die zur Herbeiführung der Lösung der
schwebenden Frage nach der eigentlichen Ursache der natür¬
lichen Immunität von verschiedenen Forschern ausgeführt w'urden,
zu gewinnen, seien in Nachstehendem die wichtigsten Resultate
derselben mitgetheilt.
Bald nach Inangriffnahme der Arbeiten wurde gefunden,
dass Tetanustoxin, das bekanntlich das stärkste der bekannten
Toxine ist, für mehrere Vogelarten, sowie für Insecten, Scorpione
und Spinnen so gut wie unwirksam ist. Krokodile und Schild¬
kröten können sehr grosse Mengen davon vertragen, während
andere Reptilien gänzlich immun sind.
Das Schlangengift wirkt bei vielen Schlangen, sowie beim
Igel, beim Schweine und beim Ichneumon überhaupt nicht.
Wunderbar erscheint die Thatsache, dass Scorpione gegen ihr
eigenes Gift immun sind. Das Diphtherietoxin ruft bei Ratten
gar keine und bei Mäusen nur eine geringe Reaction hervor.
Bei Krokodilen wirkt es sehr heftig, obwohl diese Thiere gegen¬
über vielen Infectionserregeru vollständig immun sind.
Zu erwähnen sind noch besonders die von Metschnikoff
in seiner Abhandlung über Immunität (S. 21 und 22) angeführten
Versuche, die überaus instructiv sind. Metschnikoff sagt
darüben Folgendes: „Unter den Thieren, welche gegenüber
bacteriellen Giften natürlich, und zwar hochgradig immun sind,
müssen verschiedene wirbellose, namentlich Arthropoden, citirt
werden. So sind die Larven des Nashornkäfers natürlich immun
gegen grosse Dosen von Diphtherie-, Tetanus- und Choleragift.
Frösche sind dagegen sehr empfindlich für beide letztgenannten
Gifte. Spritzt man den Nashornkäferlarven und kleinen grünen
Fröschen (R. esculenta) desselben Gewichtes die gleiche Quantität
(0,5 ccm) löslichen Choleragiftes ein, so bleiben die ersteren
dauernd gesund, während die letzteren binnen einer Stunde an
Vergiftung sterben. Wenn man dagegen, statt des fertigen
Giftes, den beiden genannten Thierarten lebende Choleravibrionen
(je Vi* Agarcultur) einspritzt, so gehen die Nashornkäferlarven
au allgemeiner Choleravibriouensepsis zu Grunde, während die
Frösche gesund bleiben. Die Ursache dieses verschiedenen Ver¬
haltens liegt darin, dass die Leucocyten der Frösche gierig die
Choleravibrionen auffressen und sie in ihrer Giftproduction ver¬
hindern, während die Leucocyten der Käferlarven diese Batterien
unberührt lassen, sodass diese ungestört den ganzen Larven¬
organismus erfüllen und dadurch zu Grunde richten“.
Damit wären wir zu dem Capitel über die sogenannte
Bacterienimmunität gelangt, die ebenso wie die Giftim¬
munität eine natürliche und eine künstliche erworbene sein kann.
Das Wesen der Bacterienimmunität ist wie das der Giftim-
raunität von vielen Vorgängen in dem Organismus abhängig, die
zum Theil auch bei der Giftimmunität einen wesentlichen Factor
für das Zustandekommen der Immunität darstellen.
Als wichtigstes Moment für das Zustandekommen der Bacterien¬
immunität muss das zeitige Element, müssen die Körperzelleu
selbst, die Leucocyten, angesprochen werden. Diese Art der Im¬
munität ist daher in ausgesprochenem Masse eine „liistogene^
Immunität, weil sich die Körperzellen activ an ihrem Zustande¬
kommen betheilen
Der Organismus hat es mit seinem Heer von beweglichen
und freien Zellelementen in der Hand, sich fremder Eindringlinge
zu erwehren, indem die Zellen die eingedmngenen Bacterien
direct oder indirect vernichten. Viele Bacterienarten werden
von den Zellen einfach verschluckt und somit unschädlich beseitigt
Zuerst ist demnach an der Hand der bisherigen Forschung
die Frage zu erörtern:
Auf welche Weise macht der natürlich immune
Körper die eingedrungenen Bacterien unschädlich und
wie verhindert er im Allgemeinen ihre krankmachende
Wirkung im Organismus?
Diese Fragen können nur beantwortet werden, wenn ein
Ueberblick über die in dieser Richtung angestellten Arbeiten
gegeben wird, durch die man nach und nach zur Erkenntniss
der soeben augeführten, jetzt fast allgemein anerkannten An¬
schauung gelangte.
Die natürliche Immunität gegenüber pathogener
Bacterien wurde von Flügge in chemischen Eigenschaften des
Blutes und der Körpersäfte vermuthet, während Behring glaubt,
dass beispielsweise die milzbrandabtödtende Wirkung des von
gegen Milzbrand immunen weissen Ratten stammenden Blutes auf
dem Vorhandensein einer organischen Base bernhe. Indessen
nahm Büchner im Blute natürlich immuner Thiere sogenannte
Alexine an. Es sollten dies albuminoide Stoffe sein, deren chemische
Zusammensetzung noch nicht bekannt ist.
Das wirksame Princip der bactericiden Säfte (Blutserum etc.)
sollte in diesen Alexinen zu suchen seiu. Im Widerspruch mit
der Lehre von den Alexinen stand aber die Thatsache, dass
gerade Kaninchen für Milzbrand sehr empfänglich sind, obschon
ihr Blut eine ausgezeichnete bactericide Fähigkeit (Fähigkeit
zur Unschädlichmachung der Bacterien) für Milzbrandbacillen
besitzt. Andererseits haben die sonst gegen Milzbrand immunen
Hunde ein Blut, in dem die Milzbraudbacillen sich gut fort¬
entwickeln.
Die meisten Forscher haben daher ihre Ansicht von der
rein humoralen Theorie der bactericiden Wirkung der Körper-
säfie als Erklärung der natürlichen Immunität aufgegeben und
nehmen auf Grund der Versuche von Büchner, Halm und
Bordet an, dass die Leucocyten bactericide Stoffe (bactericide
Antikörper) an das Blut abgebeu. Die Menge der Leucocyten
soll daher für die bacterientödtende Wirkung des Blutes ein
wesentlicher Factor sein.
Metschnikoff, der ein hohes Verdienst um die Erklärung
des Zustandekommens der natürlichen Bacterienimmunität
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18. August 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
389
hat, legt der Phagocytose eine hervorragende Bedeutnng bei.
Er lässt so wohl bewegliche wie ffste Phagocyten sich an der
Wirkung betheiligen, zti denen die ein- und mehrkörnigen Leuco-
cyten, sowie die Endotbelieu, die Pulpazellen der Milz und des
Knochenmarks, zum Theil auch die Nervenzellen seiner
Ansicht nach gehören.
Die Phagocyten sollen danach am Orte der Einwandnng der
Bacterien sich deren bemächtigen und sie auffressen. An den
Orten, wo die Zellen zur Bewältigung der Bacterien nicht hin¬
reichend verhanden sind, wandern die Phagocyten hin (Entzündungs-
process) und überwältigen die Bacterien.
Auch das Schicksal der Bacterien innerhalb des Zellleibes
der Phagocyten ist bereits eingehend erforscht. Danach ver¬
nichten diese die Bacterien, indem sie deren Weiterentwicklung,
sowie Bildung von Sporen und von Toxinen verhindern. Die Ver¬
nichtung bezw. Hemmung der Entfaltung der Wirkung der
Bacterien geschieht durch frisch gebildete chemische Stoffe inner¬
halb der Phagocyten. Wagner fand, dass Hühner, die gegen
Milzbrand immun sind, ihrer natürlichen Immunität durch starke
Einwirkung von Kälte beraubt werden können. Die Phagocyten
des Huhns müssen datier durch die Einwirkung der Kälte stark
beschädigt werden, wodarch sie ihre Fähigkeit verlieren, sich
der Milzbrandbacillen zwecks ihrer Unschädlichmachung zu be¬
mächtigen. Das Huhn wird in der That wie Pasteur und
Tobert nachgewiesen haben, bei starker Kälteeinwirkung
empfänglich Für Milzbrand. Seiner natürlichen [mmnnifät ist es
demnach auf künstliche Weise beraubt worden.
Die natürliche Immunität gegen Bacterien kann auch auf¬
gehoben werden, wenn die bereits mit der Arbeit der Vernichtung
der Bacterien beschäftigten Leucocyten zu Grunde gehen, wo¬
durch die Bacterien wieder frei werden. Sind die chemischen
Einflüsse der Leucocyten noch keine stark schädigenden für
die Bacterien gewesen, so werden sie noch eine volle oder ge¬
schwächte Wirksamkeit auf den Organismus auszuüben ver¬
mögen. Andererseits ist es einleuchtend, dass unter normalen
Verhältnissen eine grosse Anzahl in der Production von sogen.
Antikörpern (Alexine) begriffenen Zellen zu Grunde gehen, wo¬
durch diese Körper der Körperflüssigkeit (Blutserum,
Lymphe etc.) beigemischt werden. Diese Antikörper
entfalten dann lür sich eine gewisse Wirkung auf die
Bacterien, die eine verschiedene sein kann.
Wie kommt nun die natürlich erworbene und die künst¬
lich erworbene Immunität gegen Bacterien zu Stande?
Bei der Erörterung über das Wesen der künstlich erwoibenen
Immunität soll das diese Art der Immunität bedingende Schutz¬
impfungsverfahren näher erörtert werden.
Die natürlich erworbene Immunität, die zuletzt besprochen
werden soll, entsteht, um es gleich vorweg zu erwähnen, nach
dem Ueberstehen von Infectionskrankheiten. Sie hat demnach
eine ganz natürliche Entstehung.
Um die natürliche sowie die natürlich erworbene Immunität
ganz zu verstehen, muss man die wichtigsten Versuche kennen,
durch die man das Wesen der künstlich erworbenenlmmunität aufzu¬
klären unternommen hat. Die Versuche gipfeln in den be¬
kannten Schutzimpfnngsverfahren, durch die die Immunitätsfrage
im Allgemeinen, wenn auch noch nicht in ihrem innersten Wesen,
so doch in einzelnen Vorgängen unserem Verständnisse wesentlich
näher gerückt ist.
Das Verfahren, Thiere und Menschen gegen die krank¬
machende Wirkung der Bacterien und deren Toxine sowie der
Gifte im Allgemeinen zu schützen, ist nicht neuen Ursprungs. Die
empirischen Versuche nach dieser Richtung hin, durch die der
Weg gezeigt wurde — es sei nur au die Schutzimpfung gegen
Pocken erinnert — begannen schon zu einer Zeit, in der die
Kenntnis der Bacterien noch in weiter Ferne lag.
Die wissenschaftliche Erforschung der erworbenen Immu¬
nität beginnt eigentlich erst mit der Entdeckung Pasteurs, dass
nach dem Einverleiben abgeschwäcliter Bacterien ein sicherer
Schutz gegen vollvirulente Bacterien erzielt werden kann. Die
ersten Versuche in dieser Hinsicht machte Pasteur mit dem
Hühnercholerabacillus.
Diese neue Entdeckung regte eine grosse Zahl von Forschern
an, das überaus complicirte Wesen der künstlichen Schutzimpfung
genauer zu erforschen.
Mit Substanzen, die nicht von Bacterien stammen, wurden
schon früher Versucho angestellt
Issneff fand, dass nach dem vorherigen Einspritzen von
physiologischer Kochsalzlösung, Bouillon, Harn, normalem Serum
etc. die experimentelle Choleraperitonitis bei Versuchsthieren ver¬
hindert wird. Der Vorgang bei diesem Experiment spielt sich
folgendermassen ab: Sobald die nicht specifische Substanz in
den Peiitonealsack gelangt, vermindern sich die Leucocyten
in der Peritoneallymphe in auffallender Weise. Sie gehen der
neuen Zusammensetzung der Lymphe aus dem Wege, sie ver¬
einigen sich zu Haufen und viele ziehen sich aus der Peritoneal¬
lymphe ganz zurück. Am meisten werden dabei die grossen
einkernigen Leucocyten angegriffen, während die Lymphocyten
am wenigsten beeinflusst werden. Nach einer gewissen Zeit
kehren die Leucocyten aber wieder zurück, weil sie sich an die
neue Substanz gewöhnt haben. Diesen Vorgang hat Stahl auch
an ausserhalb der Thierkörper vorgenommenen Versuchen mit
Plasmodium der Myxomyceten festgestellt. Diese Schleirapilze
ziehen sich sofort von der Oberfläche eines Wasserspiegels
zurück, wenn dem Wasser eine 1- oder 2 proc. Traubenzucker-
lösnng zugesetzt worden ist. Die Schleimpilze accomodiren sich
aber bald an die neue Zusammensetzung des Wassers und kehren
deshalb in dasselbe wieder zurück, ohne Schaden erlitten zu
haben.
Auch die Leucocyten kehren bald in die Peritoneallymphe
zurück, wobei sie oft eine höhere Thätigkeit entfalten als zuvor.
Das Zurückziehen der Leucocyten aus der Lymphe bezeichnete
Metschnikoff als Phagolyse.
Gelangen gerade zu der Zeit, in der die Leucocyten zurück¬
kehren, Bacterien in die Bauchhöhle, so werdensie, da die Leucocyten
eine vermehrte Lebensenergie besitzen, diese sich der fremden Ein¬
dringlinge bemächtigen und sie durch Verschlucken vernichten.
Einen besonders instructiven Versuch machte Pierallini.
Er injicirte flüssige Tusche Meerschweinchen in die Peritoneal¬
höhle. Die dort vorhandenen Leucocyten bemächtigten sich aber
nur weniger Körnchen Tusche. Einem anderem Meerschweinchen
injicirte er darauf eine physiologische Kochsalzlösung. Applicirte
er nun dem so vorpräparirten Meerschweinchen dieselbe Menge
Tusche, so wurde die ganze Masse der Tusche von den Leucocyten
verschluckt, wobei die Leucocyten nicht nur an Zahl vermehrt
wurden, sondern auch eine erhöhte Function derselben statt¬
fand. Metschnikoff sagt daher: „Die künstliche Immunität
durch einfach zusammengesetzte Schatzflüssigkeiten
wird folglich durch eine Steigerung der phagocytären
Reaction ermöglicht.“ (Schluss folgt).
Referate.
Heber die Empfindlichkeit der Kinder gegen (Jnecksilber-
Präparate.
(C in. vit. 189*, II. 1 i.)
Dr. Rossi Pilo Rosolino in S. Matteo beliebtet über
mehrere Fälle von Quecksilbervergiftungen bei Rindern, die
folgende Entstehung haben:
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
No. 33.
Einige Ställe, in welchen der seuchenhafte Abortns herrschte,
worden znra Zwecke der Desinfection mit Kalkmilch ansgespriUt,
der 5 promille Sublimat zngesetzt worden war. Es wurde sorg¬
fältig vermieden, diese Lösung mit den Krippen oder mit den
Stellen der Mauer und des Fussbodens in Berührung zu bringen,
welche von den Kühen beleckt werden konnten. Weiter kamen
täglich Morgens und Abends Waschungen der Vulva mit einer
einpromill. Sublimatlösung zur Anwendung. In einem Stalle hatte
dieses Verfahren keineNachtheile im Gefolge und tilgte das seuchen¬
hafte Verwerfen.
In zwei andern Fällen traten dagegen Quecksilbervergiftnngs-
erscheinungen bei den Rindern ein. Als bei dem einen Besitzer
die Thiere (16 Kühe, vier Ochsen und einige Kälber) in dem
frisch desinficirten Stalle untergebracht waren, zeigten sie Dyspnoe
und wollten nicht fressen. Nach einer halben Stunde verschwand
die Athemnotli und das Futter wurde wie gewöhnlich anf-
genommen. Sieben Tage später wurde R. benachrichtigt, dass
sich von neuem Vergifiungserscheinungen eingestellt hätten.
Die Untersuchung des Bestandes ergab, dass fast sämmtliche
Kühe husteten und drei derselben hochgradige Dyspnoe, blasse
Schleimhäute, sehr kleinen Puls und eine Temperatur von 40,1
bis 40,5° zeigten. Der Koth war trocken und mit Schleim über¬
zogen. Im zweiten Falle bezogen 19 Kühe erst nach drei Tagen
den in der gedachten Weise desinficirten Stall und erkrankten
acht Tage nach Ausführung der Desinfection. Die Erscheinungen
waren denen des vorhergehenden Falles im Allgemeinen gleich.
Einige Kühe frassen gar nicht, während andere eine Art
Gefräs6igkeit zeigten. Ptyalismus kam nur bei einem Rind zur
Beobachtung, während bei zwei Kühen leichtgraliges mercurielles
Eczem an der Vulva aufirat. Es wurden ferner festgestellt:
Leichter Tliränenflnss bei einzelnen Individuen und als prädomi-
nirendes Symtom Verstopfung. Durchfall zeigte sich nur. bei
einer Kuh kurz vor ihrem Tode. Die Obduction ergab folgende
Veränderungen: Gastroenteritis mit zahlreichen Eccbymosen in
der Wand der Magenabtheilungen, speciell des Labmagens,
Zellenblase gefüllt, Wände (Schleimhaut?) derselben im Congestiv-
zustande, Leber fester als normal, Milz leicht geschwollen.
Das Herz mit zahlreichen Petechien bedeckt. Die Lungen tragen
die Kennzeichen einer inteusiveu Bronchitis. Drei weitere Kühe,
welche in Folge der Vergiftungen eingingen, und eine vierte Kuh,
die getödtet wurde, hatten nur eine leichte Gastroenteritis, da¬
gegen starken Bronchialcatarrb oder Lungengangrän.
Die Kraukheit8dauer bis zum letalen Ausgang betrug bei
einigen Kühen 22 Tage. Diejenigen, welche gesund wurden,
verloren den Husten erst innerhalb eines Monats.
In welcher Weise die Vergiftung zu Stande kommen konnte,
vermochte R. nicht zu erklären.
Bei der Lösung von HgCl, in Ca(OH) 3 bildet sich Qoeck-
silberoxyd, welches nicht flüchtig ist.
Hg CI, -f Ca(OH), ^ CaCl, + HO -f H,0.
Auch die Einwirkung des in den Stallgaseu enthaltenen N H,
bedingt die Entstehung einer festen, nicht flüchtigen Quecksilber¬
verbindung.
Hg CI, + NH, = HCl H HgNH,Cl.
Es müsse daher die Entwickelung noch einer andern Queck¬
silberverbindung vermuthet werden, deren Auffindung Verf. der
Wissenschaft überlässt.
Beitrag zur physikalischen Diagnostik der Pneumonie.
Von Prof Cadeac-Lyon.
(Jouru. de Lyon, Juli lByS.)
Bei yielen Pferden beginnt die iufectiöse Pneumonie plötz¬
lich ohne charakteristische Erscheinungen; nur zwei Symptome,
die Beschleunigung der Athmungsbewegungen und die Erhöhung
der Temperatur, lassen das Eintreten einer schweren Affection der
Lungen vermuthen.
Es ist nothwendig, so früh wie möglich die localen Störungen
zu erkennen, welche es ermöglichen, diese Vermutlmng zur Sicher¬
heit zu machen. Unter den hierzu verwerthbaren Symptomen
giebt C. dem pulmonalen Blasengeräusch als frühzeitiges Anguika
einer Lungenalteration einen besonderen Werth. Um seine Be¬
deutung zu verstehen, müsse man sich den Zustand der Lunge
bei den meisten infectiösen Pneumonien vergegenwärtigen. Leicht
congestimirt in den vorderen Theilen und in den unteren Rändern,
sei das Lungenparenchym nicht fest genug, um ein tubäres
Geräusch zu erzeugen; die erkrankten Theile sind zu tiefliegend
oder liegen zu weit nach vorn, um hinter der Schulter und oben
die charakteristischen Erscheinungen der Pneumonie erkennen zu
lassen, man kann höchstens in dieser Höhe ein verstärktes
bronchiales Athmen hören. In diesen Fällen kann das von C.
erwähnte Symptom dienlich werden.
Um es zu finden, muss der Vorderfuss, der linke mit Vorzug,
vorgezogen werden, als wenn man das Herz auscultiren wollte.
In der Nähe des Herzens hört man dann ein doppeltes, exclusiv
pulmonäres Blasengeräusch, das durch die Herzbewegungen ver¬
ursacht wird. Bei jeder Systole werden die leicht congestio-
mirten Lungenpartien comprimirt und erhalten so die nöthige
Solidität, um die Resonanz der in den Bronchien enthaltenen
Luft zu sichern. Nach Potain wird dieses blasende Geräusch
verursacht durch die plötzliche Aspiration einer gewissen Luft¬
quantität in die zwischen Herzkammern und Brusthöhle befind¬
liche Lungenpartie.
Dieses Geräusch, dessen Charaktere dem tubären Blasen
ähnlich sind, unterscheidet sich von ihm durch seine Kürze; man
merkt, dass es offenbar in Bezug auf seine Dauer mit den Herz¬
bewegungen und nicht mit den langsameren Athmungsbewegungen
in Conclation steht. Dieses blasende Geräusch wird zwei oft bis drei
Tage, mitunter noch früher, vor dem tubären Geräusch gehört.
Letzteres kann übrigens während der ganzen Kranheitsdauer
feilten.
Die französische Hühnerschlachtmethode.
Von Prof Dr Schind elka und Prof. Dr. Latsch enberger.
(Tblerirzll. Centralbl. 1898, H. 18.)
Das Schlachtverfahren nimmt nach den Angaben der Verff.
folgenden Verlauf: Der Schlächter fasst das Huhn mit der linken
Hand beim Kamme am Kopfe, biegt diesen und den Hals gegen
den Rücken des Thieres und legt dasselbe in Rückenlage auf
den Handrücken, so dass die Beine nach aufwärts und der Kopf
nach abwärts gerichtet sind. Mit einem cylindrischen, 4 cm
dicken und etwa 50 cm langen Holzstücke werden einige kräftige
Schläge gegen den Kopf an der Schnabelwurzel des Huhnes
geführt. Die linke Hand, welche bisher den Kopf fixirte, öffnet
nunmehr den Schnabel und die rechte Hand dringt mit einer
passenden scharfen Scheere durch den Schnabel bis zur hintern
Rachenwand und durchschneidet daselbst alle grossen Halsgefässe.
Aus dem geöffneten Schnabel lässt man hierauf das Blut in ein
Gefäss ablaufen. Nach dem Aufhören der Verblutungskrämpfe
werden die Hühner sofort gerupft. Die Scheere hat die Form
einer mittelgrossen Nähscheere. Die Verff., welche zu unter¬
suchen hatten, ob die Scblachtmethode thierquälcrisch sei, kamen
zu dem Resultate, dass sie eine weit geringere Thierquälerei sei,
als das Verfahren mit offenem Halsschnitt. Denn das Huhn wird
durch seine Lagerung auf den Rücken und seine Kopfhaltung in
hypnotischen Zustand versetzt (Experimentum mirabile Kircheri),
sodass es ohne Gegenwehr die Schläge empfängt, welche die
Betäubung erzeugen. Dieselbe ist so vollständig; dass beim
Oeffnen des Schnabels und beim Durchschneiden der Gefässe
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18. August 1898.
keine Bewegung beobachtet wird. Erst nach der Verblutung
treten die durch Hirnanämie hervorgerufenen bekannten Ver¬
blutungskrämpfe ein, welche den Eindruck der Schmerzens-
äusserungen machen. Die Erscheinung ist jedoch bei jeder Ver¬
blutung zu beobachten und hat mit der Schlachtmethode nichts
zn thun.
Erbrechen beim Pferde infolge Embolie in der Vena
mesenterica anterior.
Von J. Connochie, M. R. C. V. S.
(Vetericary Journal 1898, H. 275)
Ein Hackney-Füllen im Alter von drei Jahren zeigte seit
zwei Tagen wenig Fresslust, am dritten Tag äusserte dasselbe
Kolikerscheinnngen, indem es sich wiederholt niederwarf, wälzte
und auf dem Rücken eine Zeit lang liegen blieb. Verf. beob¬
achtete weiter am Oesophagus eine peristaltische Bewegung und
gleichzeitig am Halse eine spasmodische Contraction der Muskeln,
welche Erscheinungon er als Brechanstrengungen deutete. Nach
Verlauf von drei Stunden entleerte das Pferd durch die Nüstern
eine schmutzige, übelriechende, strohfarbene Flüssigkeit, die mit
Heupartikelchen etc. gemischt war. Das Erbrechen währte un¬
ausgesetzt neun Stunden lang, in welcher Zeit enorme Quanti¬
täten von Ingesta ausgeworfen wurden. Einige Stunden vor dem
Tode sistirte diese Erscheinung.
Bei der Section des Füllens wurde im Wesentlichen Folgendes
festgestellt: Das Pankreas hat eine grüne Farbe, der Darm ist
stark geröthet, die Mesenterialvenen sind strotzend gefüllt, dass
man dieselben bis in ihre kleinsten Verzweigungen deutlich ver¬
folgen kann. In einem gleichen Zustande befanden sich die
Lymphgefässe, und das Mesenterium hat infolge dessen seine
transparente Beschaffenheit verloren und ist sehr dick und schwer
geworden. Die starke Iojection des Venen- und Lymphsystems
gab efn interessantes anatomisches Bild ab. Als Ursache dieser
Veränderung wurde ein Embolus in der Vena mesenterica anterior
angesprochen. Derselbe hatte ein blasses Aussehen, bröckelige
Beschaffenheit und adhärirte der Intima ziemlich fest. Es war
hiernach anzunehmen, dass die Verstopfung der Vene eine Stasis
des Venenstromes bedingt hatte. Das vor dem Ende des Thieres
beobachtete Erbrechen erklärt C. als Reflexbewegungen, welche
durch Venendruck auf die nervösen Elemente zum Plexus solaris
und von hier auf Anastomosen zum Pneumo-gastricus übergeleitet
wurden.
Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger bei
bösartigen Tumoren.
Von Maffucci und Sirleo.
(ZeiUchr. f. Hygiene u. Infrctionskr XXVII, 1)
Die Verfasser kommen zu folgenden Schlüssen:
1. A priori halten wir viele bösartigen Tumoren für in-
fectiösen Ursprungs.
2. Diese infectiöse Ursache ist vorläufig noch nicht genügend
durch biologische und experimentelle Beweise festgestellt.
3. Die For.-chung nach der infectiösen Ursache bei Tumoren
darf sich nicht auf eine Parasitenklasse beschränken.
4. Bis jetzt haben unsere Untersuchungen über Blastorayceten
festgestellt, dass sich einige unter ihnen von pathogenem Ver¬
mögen befinden.
5. Die bis jetzt von Blastomyceten hervorgehobenen Processe
zeigen keineswegs eine Form der Neubildung, welche der
anatomischen Bildung des Krebses oder des Sarkoms gleichkommt.
6. Bis jetzt rufen die Blastomyceten bei Menschen und
Thieren Septicämie, Eiterung und chronische entzündliche Neu¬
bildung hervor nach Art der Granulome.
7. Die Blastomyceten, welche bis jetzt dem Krebs des
391
Menschen entnommen wurden, haben nur gewöhnliche Ent¬
zündungen bei den Thieren hervorgerufen, welche für krebsartige
Neubildungen empfänglich sind.
8. Die Blastomyceten beim Krebs und Sarcom des Menschen
lassen sich nicht immer durch histologische Untersuchungen oder
Cultur anffinden.
9. Die Blastomyceten finden sich leichter bei bösartigen
verschwärten Tumoren des Menschen.
10. Die topographische Vertheilung der Blastomyceten in
verschwärten Tumoren lässt annehmen, dass eine Infection zum
Tumor hinzugekommen ist.
11. Wir schliessen nicht aus, dass Blastomyceten Krebs und
Sarcom hervorrufen können, aber vorläufig haben wir dafür noch
nicht den experimentellen Beweis.
12. Wir verneinen nicht, dass die Psorozoaren das Vermögen
zur Neubildung besitzen, das beweist das Papillom durch Coc-
cidium, aber bis jetzt haben wir noch nicht den experimentellen
Beweis, dass sie Krebs und Sarcom in den Thieren hervorrufen
können, die für diese Läsionen empfänglich sind.
I
i Die Plasmodien des Kropfes.
Von G ra sse t.
j (Acadömic dea Sciences. Münch. Med. Wooh. 30 58.)
Grasset stellte seine Beobachtungen in einer Gegend am
wo. am stärksten von ganz Frankreich der Kropf endemisch ist.
Er. glaubt, dass derselbe nicht eine locale, sondern eine allgemeine
Krankheit ist, deren Hauptsymptome die Struma darstellt. Ebenso
wie die Milzvergrösserung als ein Charakteristicum der Malaria
anzusehen ist, ebenso verhalte es sich bezüglich der Schilddrüsen-
vergrösserung beim Kropf. Die Parallele bei beiden Krank¬
heiten sei übrigens merkwürdig; beide haben eine specielle
geographische Verbreitung, beide Drüsen eine sogenannte innere
Sepretion und in beiden Fällen ist der äusserste Grad der Er¬
krankung eine Kachexie, in dem einen der Cretinismus, in dem
anderen die Malariakachexie. Von der infectiösen Natur der
Struma überzeugt, untersuchte Gr. seit 1897 das Blut der
Kranken und fand bei älteren Fällen keine abnormen Bestand¬
teil in demselben, bei 8 Personen aber, 6 Frauen und 2 Männern,
welche erklärten, ihr Kropf datire erst seit 10—14 Tagen,
spezielle parasitaire Elemente. Es Bind das rundliche Körper,
grösser wie die rothen Blutkörperchen, ohne Kern und rothe
Pigmentkörperchen enthaltend, mit einer lebhaft beweglichen
Geissei, deren Länge viermal grösser als der Durchmesser eines
Blutkörperchens ist, und um welche die Blutkörperchen rasch
und ungeordnet sich bewegen. Ausserdem fanden sich noch
eckige Körperchen, angehäuft oder vereinzelt und einer mit un¬
regelmässigen Formen. Die verschiedenen Elemente erinnnern
an die Malariaplasmodien, von welchen sie durch die rothe
Färbung der Pigmentkörner und die Abwesenheit von Wachs-
thum8tiguren sich unterscheiden. Keiner der untersuchteu Kranken
way jemals mit Malaria behaftet.
lieber die durch pathogeue Hefen hervorgerufenen
Tumoren.
Von Busse.
(D. Med. Woch. 30,99.)
Pathogene Hefen sind erst seit 1894 bekannt. Die seit dieser
Zeit angestellten Untersuchungen haben uns eine grosse Anzahl
pathogener Hefen aus der Classe der Blastomyceten kennen
lassen. Die nakten Formen der Hefen umgeben sich im Thier¬
körper mit einer mehr oder minder breiten Kapsel, die oft eine
concentrische Schichtung erkennen lässt. Diese Kapsel ist
charakteristisch und verleiht den Blastomyceten eine grosse
Aehnlichkeit mit vielen von den Formen, die in Geschwülsten
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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392
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
als Zelleinschüsse beschrieben und abgebildet sind und als Para¬
siten und Erreger der Tumoren ausgegeben werden. Die Hefen
für die Aetiologie derselben in Anspruch zu nehmen, liegt um
so näher, weil dieselben dem Thierkörper einverleibt, thatsächlich
geschwulstartige Bildungen hervorbringen. Bei mikroskopischer
Untersuchung erkennt man, dass diese scheinbaren Tumoren sich
in keine der bekannten Geschwulstarten ihrem histologichen Bau
nach einordnen, sondern vielmehr nur Riesencolonien der Pilze
im thieri8chen Organismus darstellen. Das Gewebe verhält sich
an der Stelle sowohl, wo die Injection der Hefen stattgefunden
hat, als auch in anderen Organen, vollkommen passiv gegenüber
der massenhaften Invasion der Parasiten. Werden aber ganz
alte Culturen injicirt, dann findet eine sehr beträchtliche
Wucherung des benachbarten Gewebes statt. In der Lunge
bildeten sich dann sogar Riesenzellen in grosser Zahl. Aehnliche
entzündliche Wucherungen des Gewebes wie Verf. haben auch
einige italienische Experimentatoren bei Injection ihrer Hefen
erhalten und als künstlich erzeugte maligne Tumoren beschrieben.
Es ist aber bisher noch nicht gelungen, durch Injection von
Blastorayceten Sarcome zu erzeugen, es ist aber nicht unmöglich,
dass wir noch einmal dahin kommen werden, nämlich dann, wenn
es gelingt, die Virulenz der Hefen weiterhin so zu verändern,
dass nur wenige Blastomyceten erhebliche Gewebswucherungen
hervorrufen.
lieber Inimanisirang gegen Milzbrand.
Von Sobernheim.
(MQnch. Med. Woch. 4/98.)
S. suchte die Frage zu beantworten, ob mit dem Blute milz-
brandimmuner Thiere andere Thiere vor Milzbrand geschützt
werden können. Rinderblut hat in keinem Falle irgend welche
schützende Substanzen enthalten. Blut von Schafen, welche
hochgradige Immunität erworben haben, besitzt schützende
Eigenschaften. Kanninchen eignen sich zum Nachweis dieser
schützenden Eigenschaften nicht, da sie unsichere Resultate
ergeben. Schafe erhalten sicheren Impfschutz durch das Serum
immuner Schafe. Es ist jedoch nöthig, die Menge des Schutz¬
stoffes genau zu dosiren und zu berücksichtigen, dass das Serum
nur kurze Zeit beständig bleibt, mithin ist die Verwendung eine
beschränkte. Praktische Erfahrungen sprechen bis zu einem
gewissen Grade dafür, dass das Serum auch gegen die Iufection
vom Magendarmkanal aus Schutz verleiht.
Therapeutische Notizen.
Wirkung der Mydriatica und Myotica.
Schulz (Dtsch. med. Wschr. 48, 97) prüfte an Katzen, auf
welche Weise die Wirkung von Atropin, Cocain, Eserin und
Muscarin zustande kommt. Das Atropin wirkt mydriatisch durch
Lähmung der Nervenendigungen im Spliincter pupillae, lähmt
aber nicht die sympathischen Fasern. Demgegenüber wirkt Cocain
mydriatisch durch Reizung des Sympathicus und in starken
Lösungen (5 proc.) zugleich durch Lähmung der Verengerer.
Eserin wirkt myotisch durch Reizung der Nervenenden des
Sphincter, ist also reiner Antagonist des Atropin. Dasselbe gilt
vom Muscarin.
Ausschälung des Hygroms auf dem Tuber Calcanel beim Pferde.
Nach der Klin. veter. hat Professor Lanzillotti öfter diese
Operation mit gutem Erfolg ausgeführt. Nach exacter Des-
infection wird auf dem Hygrom ein etwa 10 cm langer eiförmiger
Einschnitt nach der Länge des Calcaneus gemacht, um das Hy¬
grom mit dem Messer aus seiner Umgebung lösen zu können.
Die Wunde wird drainirt, mit einer Knopfnaht geheftet, am
nächsten Morgen irrigirt und dann alle 24 Stunden mit einer
ätherischen Jodoformlösung befeuchtet. Nach einigen Tagen kann
das Drainrohr entfernt werden und die Wunde heilt per primam.
(Anacker’s „Thierarzt“.)
„Pural“ ein neues Desinfectionsmittel für den täglichen Gebrauch.
Das von Heumann-Berlin hergestellte und Pural benannte
Desinfectionsmittel besteht aus pulverisirter Holzkohle, welche
mit Acidum carbolicnm liquefaetnm, Menthol und Acidum ben-
zoicum imprägnirt ist. Durch Corapression ist diese Kohle in
eine cylindrische, handliche Form gebracht worden. Die Be¬
nutzung des Mittels ist eine sehr einfache. Es wird mittelst
eines Streichholzes oder eines Lichtes an seinem weissen Rande
zum Glühen gebracht und dann mit der glühenden Seite nach
unten auf einen gewöhnlichen Teller gelegt. Es entwickeln sich
dann sofort die desinficirenden Dämpfe. Diese Dämpfe beein¬
trächtigen nach den Untersuchungen von Piorkowski das
Wachsthum der ortsüblichen Luftkeime und Spaltpilze, üben aber
keinen schädigenden Einfluss auf die Laboratoriumsthiere ans.
Rosenthal versuchte das Pural am Krankenbett. Er fand, dass
dem Pural in erster Reihe eine hohe luftreinigende und des-
odorirende Wirkung zukommt. Es genügte im Zimmer, wo sich
Kranke mit Lungengangrain, zerfallenden Carcinomen etc. auf¬
hielten, zwei bis dreimal am Tage das Pural zu verwenden, um
eine geruchfreie Luft zu erhalten. Mit guten Erfolgen wurde
das neue Desinfectionsmittel bei Keuchhusten verwendet. Endlich
erleichtern die Puraldämpfe auch die dyspnoi6chen Anfälle der
Asthmatiker. (Deutsch, med. Ztg. 43/98.)
Loretln.
Diem (Wschr. f. Th.) konnte bei einer Schlagwunde, wo er
sowohl das Pulver als eine wässrige Emulsion anwandte, eine
Wirkung nicht erzielen. Es trat eine phegmonöse Erkrankung
des Unterschenkels ein. Dagegen leistete das L. bei pustulösen
und nässenden Ekzemen des Schweins ganz vorzügliche Dienste,
wobei andere Mittel versagt hatten.
Mutterpech.
Diera verwendet 01. Ric. 50 und Hydrarg. chlor, mite 3
neben Oelklystiren bei Nicht-Abgang von Mutterpech mit sehr
gutem Erfolge.
Jodoformal.
Reuth er (Dt9ch. med. Wschr. 97, 32) fand, dass das Jodo¬
formin stärker antibakteriell wirkt und dass das Jodoformal noch
stärker wirksam ist. Letzteres wandte R. als Streupulver,
Emulsion, Salbe und mit Collodium au. Erfolge bei eiternden
Wunden sehr gut; ebenso bei Mastitis, Erysipel, Furunculose etc.
Anwendung bei eiternden Wunden rein oder mit Talcum oder
Borsäure Salbe keiuesfalls über 10 pCt., weil dann reizend,
schon l pCt. ausreichend. Jodoformal ist leider nahezu unlöslich,
daher mit Collodium schwer zu verwenden. Abgesehen von der
höheren bakteriziden Wirkung riecht es nur sehr schwach. Die
fehlende Giftigkeit, die stärkere Austrocknung bei langsamer
Lösung sind ebenfalls Vorzüge vor dem Jodoform.
Benzosol.
Go fron empfiehlt das B. als Ersatzmittel des Creosot; eB ist
chemisch reines Guajakolbenzoat mit 54 pCt. Guajakol, passirt
unverändert den Magen und wird durch den alkalischen Darmsaft
in Benzoesäure und Guajakol zerlegt.
Tagesgeschichte.
t
Am 13. d. Mts. schloss der Kreisthierarzt a. D. Herr
Hermann Glocke zu Falkenberg O.-S. die Augen zum ewigen
Schlafe. Mit seinem Hinscheiden hat der Verein Schlesischer
Thierärzte, dessen Ehrenmitglied der Entschlafene war, einen
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18. August 1898.
BERLINER THIEBARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
393
schmerzlichen Verlust erlitten. Noch vor einem halben Jahre
stand der alte Herr trotz seiner 76 Jahre ungebeugt an Geist
und Körper mit eiuer bewundernswerthen Frische in seiner
vollen Berufsthätigkeit, bis ihn im März ein tückischer Schlag¬
anfall auf das Krankenlager warf, von dem er sich nicht wieder
recht erholen sollte. — Glocke erfreute sich als Mensch wie
insbesondere auch als Thierarzt einer ausserordentlichen Be¬
liebtheit und hohen Achtung. Wenn auch aus der alten Schule,
gehörte er doch zu denjenigen Thierärzten, die eben wegen der
geringen technischen Hilfsmittel ihrer Zeit sich zn besonders
scharfen Beobachtern und vorzüglichen Diagnostikern heraus¬
bildeten. Dabei war Glocke noch bis in sein hohes Alter
wissenschaftlichen Fortschritten mit regem Interesse gefolgt und
staunenswerth war die Schärfe, mit welcher er noch unlängst
mit mir gelegentlich eines Besuches einige neue Entdeckungen
auf bacteriologischem Gebiete besprach. — Ein warmes, für den
thierärztlichen Stand und dessen Interessen lebhaft pulsirendes
Herz, ein grader, unbestechlicher Sinn, eine edle, vornehme
Denkart und goldene Treue zeichneten den sonst so schlicht und
bescheiden auftretenden Collegeu aus. Dazu besass Glocke
einen köstlichen Humor, mit dem er oft im engeren Kreise der
Oberschlesischen Thierärzte den Frohsinn der Anwesenden zu
beleben wusste. Er war es, der den Alten die Grillen ver¬
scheuchte, zu dem die Jüngeren mit Begeisterung aufsahen, den
Alle mit Stolz und Freude den Ihrigen nannten. Wer hätte dem
„alten Glocke“ nicht gern die Hand gedrückt.
Der Verein wird seiner stets als „eines seiner Besten“ ge¬
denken. Arndt.
Aenderung der Conctirsordiiung bezüglich der Bevor¬
rechtigung thierärztlicher Forderangen.
Der § 54, 4 der alten Reichsconcursordnnng hat nach seinem
Wortlaut bekanntlich stets zu Zweifeln und selbst zu sich wider¬
sprechenden Gerichtsentscheidungen geführt, darüber, ob das dort
den ärztlichen Forderungen eingeräumte Vorzugsrecht auch auf
Thierärzte sinngemässe Anwendung finden müsse. Noch in No. 30
der B. T. W. ist eine (wohl die letzte) Entscheidung mitgetheilt,
welche diese Frage verneinte.
Der deutsche Veterinärrath hatte auf Anregung des Vereins
mecklenburger Thierärzte diesen Gegenstand auf die Tagesordnung
seiner letzten Sitzung zu Cassel gesetzt, woselbst Veterinärrath
Peters- Schwerin das Referat erstattete.
Im Sinne dieses Referates wurde beschlossen, um eine
Aenderung jenes Paragraphen in einem den Thierärzten günstigen
Sinne oder wenigstens eine klarere Fassung dieses Paragraphen
vorstellig zu werden, da die Berathuug einer Novelle zur Reichs-
concursordnung bevorstand.
Der Ausschuss des Veteriuärrathes hat dementsprechend zur
gelegenen Zeit der für die Vorbereitung der Concursordnung
eingesetzten Reichstags-Commission eine jenen Wunsch be¬
gründende Petition übersandt.
Dieselbe hat den erfreulichen Erfolg gehabt, dass nicht allein
die Klarstellung, sondern die für die Thierärzte günstige Ent¬
scheidung erreicht ist.
In der nunmehr Gesetz gewordenen neuen Reichscoucurs-
ordnung von 1898 lautet der an Stelle des alten § 54 getretene
§ 61 betr. Concursgläubiger wie folgt.
Die Concursforderungen werden nach folgender
Rangordnung, bei gleichem Range nach dem Verhältniss
ihrer Beträge berichtigt:
1. die Forderungen der Dienstboten etc. für das letzte Jahr;
2. die Forderungen des Fiscus etc., ebenfalls vom letzten Jahr;
3. die Forderungen der Kirchen, Schulen etc. desgl.;
4. die Forderungen der Aerzte, Wundärzte, Thierärzte,
Apotheker, Hebammen und Krankenpfleger wegen
Kur- und Pflegekosten aus dem letzten Jahre
vor der Eröffnung des Verfahrens, insoweit der Betrag der
Forderungen den Betrag der taxmässigen Gebührnisse
nicht übersteigt;
5. Forderungen der Kinder, Mündel und Pflegebefohlenen;
6. alle übrigen Concursforderungen.
Damit ist diese leidige Streitfrage endlich zu Gunsten der
Thierärzte entschieden.
Nochmals das Pauschquantum.
In No. 32 der B. T. W. war ausgeführt wordeu, dass ein
Pauschquantum wohl für gewisse, der Zeit, Zahl und Art nach
vorausbestimmbare Geschäfte eingeführt werden könne, dass aber
für die Thätigkeit bei Seuchenausbrüchen, also für die Haupt¬
masse der jetzt aus der Staatskasse bezahlten Dieustgeschäfte,
die Einführung eines Pauschquantums ganz unmöglich sei, weil
bei dieser schwankenden Thätigkeit jeder Massstab dafür fehlen
würde.
Es war dort namentlich darauf hingewiesen wordeu, dass
notlnvendiger Weise bei den Kreisthierärzten sich ein gewisser
Missinuth einstellen werde, wenn diese Geschäfte sich zu manchen
Zeiten ausserordentlich häufenund die Kreisthierärzte für ihre Mehr¬
arbeit nicht nur keine Mehreiunahme haben, sondern jene sogar
mit einer Ein b us se bezahlen würden, indem in solchen Zeiten ihnen
eine Privatpraxis ganz unmöglich gemacht wird.
Es hätte dabei gleich noch ein anderer Grund gegen das
Pauschquantum, der nur angedeutet wurde, besonders in den
Vordergrund geschoben werden können. Nicht nur das ist es näm¬
lich, dass in Folge des Pauschquantums vielleicht der Eifer der
Kreisthierärzte zum Nachtheil der Seuchenvertilgung sich verändern
könnte, sondern auch die Anforderungen der requirirenden Be¬
hörden würden sich und zwar sehr zum Nachtheil der Kreisthier-
ärzfe verändern. Wenn nicht mehr jede Requisition Geld kostet, so
würden sich die Requisitionen nur so jagen. Der Kreisthierarzt
würde gar nicht mehr zu Athem kommen; dabei würde natürlich
schleunigste und directeste Ausführung aller Dienstgeschäfte verlangt
werden. Niemand würde dem Kreisthierarzt irgend eine Gewähr und
nöthigeu Falls einen Schutz geben können, dass auch seine Inter¬
essen thunlichst berücksichtigt werden. Es ist doch Thatsache,
dass sich in sehr vielen Kreisen der Landrath um diese Dinge
gar nicht kümmert, sondern dass sie ausschliesslich der Herr
Kreissecretär bearbeitet. Es ist auch bekannt, dass ein Theil
unserer Subalternbeamten ein gewisses Behagen daran empfindet,
Anderen das Leben — sagen wir — nicht zu erleichtern. Gewiss
würde mancher dieser „stellvertretenden Laudräthe“ etc. mit grossem
Vergnügen einem Kreisthierarzt, der am Morgen nach X. gefahren
ist, am Nachmittag noch einmal Veranlassung geben, dorthin
zurückzukehren. Mau kann Vieles so oder so einrichten, ohne
dass irgend ein Verstoss gegen eine Vorschrift vorliegt. Zu
machen ist dagegen gar nichts.
Die beamteten Thierärzte brauchen daher bei den hier be¬
sprochenen Dieustgeschäften die Eiuzelbezahlung zum Schutz
gegen ungebührliche Anforderungen untergeordneter Verwaltungs¬
organe.
Welche Erfahrungen aber anderwärts auch mit derBeme ssuug
des Pauschquantums gemacht wordeu sind, das zeigen z. B. aueh
die Verhältnisse in Elsass-Lothringen.
Dort hat man — übrigens ganz unerklärlicher Weise — 1872
das Pauschquantum eingeführt, obwohl es damals in Frankreich
eine unbekannte Einrichtung war und auch heute noch ist, also im
Eisass keineswegs ortsüblich und doch auch in Deutschland nicht
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33.
394
gebräuchlich war. Die Kreise sind dort durchschnittlich grösser
als in Prenssen. Die Pauschqnanten wurden auf *200 bis 450 M.
bemessen. Das war allerdings vor der Einführung des Viehseuchen¬
gesetzes, wo also auch noch wenig und blos nebenher amtlich
zu thun war.
Als nun das Reichs-Viehseuchengesetz eingeführt wurde und
nun die Kreisthierärzte erst eigentlich anfingen, amtlich be¬
schäftigt zu werden, hätte man meinen sollen, dass das Pausch¬
quantum eine gänzliche Veränderung hätte erfahren müssen, da
doch die verlangte Leistung eine ganz andere wurde (dies noch
um so mehr, als 1876 bezw. 1883 auch die obligatorische Fleisch¬
schau im ganzen Reichslande zu Einführung gelangte).
Das war aber durchaus nicht der Fall. Nach langen Ver¬
handlungen wurde das Pauschquantum, statt vervierfacht, auf
500—700 M. gebracht, etwa ein Fünftel dessen, was den Kreis¬
thierärzten zukommen würde, wenn sie Reisegebühren erhielten,
wie andere Beamte, die überdies ausser ihren Reisegebühren ihr
Gehalt beziehen. Dabei giebt es in Folge des Pauschquantums
so viel Requisitionen, dass die Privatpraxis ganz zur Nebensache
wird.
Es kann nicht genug hervorgehoben werden, dass die
Verhältnisse sich radical geändert haben, dass der Kreisthierarzt
früher in seiner Privatpraxis nicht behindert war und die Amts¬
gebühren nebenbei verdiente, während heute Dienst, Dienst und
nochmals Dienst kommt, ehe an die Praxis gedacht werden darf.
Dann muss aber eben auch der Dienst seinen Mann ernähren,
oder wovon soll denn eigentlich der reichsländische Kreisthierarzt
leben? von 200 Thalern Gehalt und 200 Tlialern Pauschquantum
als einzige Bezahlung seiner ganzen Dienstgeschäfte doch wohl
nicht?
Inzwischen ist in den Reichslanden den Kreisthierärzten
natürlich auch die Bekämpfung der Schweineseuchen etc. neu-
aufgetragen worden, wieder ohne Erhöhung der Bezüge. Was
würde man in jedem anderen Arbeitsverhältniss (etwas Anderes
ist es ja nicht, da es sich nicht um pensionsfähige Beamte handelt)
dazu sagen, wenn der eine Theil schliesslich das Doppelte and
Dreifache an Leistung verlangen würde und der andere sich
„unentwegt“ dieselbe Bezahlung dafür sollte gefallen lassen. Man
würde in jedem anderen Falle ein solches Ansinnen einfach
wunderlich finden. Was aber in privaten Verhältnissen für
unmöglich gilt, das sollte doch in öffentlichen Verhältnissen auch
nicht existiren.
Deshalb sollte man in Elsass-Lothringen auch endlich einmal
ernstlich an eine radicale Aenderung denken, und man sollte das
um so eher, als man das gute Beispiel so nahe hat, von Strass¬
burg aus blos über die Rheinbrücke hinüber.
Andererseits beweisen aber diese Verhältnisse zur Genüge, was
das Pauschquantum mit sich bringen kann und mutatis mutandis
fast unfehlbar mit sich bringt. Es kann den preussischen Thier-
ärzten nicht verdacht werden, wenn sie sich mit Offenheit und Ent¬
schiedenheit gegen das allgemeine Pauschquantum erklären. S.
Besetzung des erledigten Ordinariates an der Berliner thierSrztlicbea
Hochschule.
Die durch den Tod des Professors Eber erledigte Lehr¬
kanzel, welche die Vorträge über Arzneimittellehre und allgemeine
Therapie sanirat der Leitung des Spitals für kleine Hausthiere
umfasst, ist dem Departementsthierarzt Regenbogen in Gum¬
binnen unter vorläufiger Ernennung zum commissarischen Lehrer
übertragen worden.
Departementsthierarzt Regenbogen hat sich als Assistent
des verstorbenen Prof. Rabe in Hannover mit der Leitung einer
Klinik für kleine Hausthiere vertraut gemacht und ist für die
von ihm zu übernehmenden Vorträge nach der pharmakologischen
Seite hin durch seine ursprüngliche Zugehörigkeit zum Apotheker¬
beruf, nach der therapeutischen Seite durch eine fast 20jährige
practi&cbe Thätigkeit besonders vorbereitet. Er ist 1878 approbirt
und war lange Jahre Kreisthierarzt in Schlesien, bis er 1895
Nachfolger des nach Hannover berufenen Prof. Malkmus in der
Departementsthierarztstelle zu Gumbinnen wurde.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Das neue französische „Feldpolizeigesetz.“
Unterm 21. Juni 1. J. ist in Frankreich ein neues Feld-
polizeigesetz erlassen worden, das in seinen ersten drei Ab¬
schnitten gewissermassen eine Umarbeitung des Seuchengesetzes
von 1881 darstellt.
Die §§ 1 bis 13 enthalten allgemeine Bestimmungen über die
Zuständigkeit der einzelnen Verwaltungsorgane etc.
§ 14 handelt von den auf gefährliche (bösartige) Thiere
anzuwendenden Massnahmen; § 15 von solchen für herrenlose
Thiere.
§ 16 bestimmt, dass Hunde ein Halsband mit Namen und
Wohnort ihres Besitzers tragen müssen. Herrenlose Hunde und
solche, die ohne dieses Halsband auf Landstrassen oder auf dem
Felde getroffen werden, sind einzufangen und nach einer Frist
von 48 Stunden, wenn sie nicht reclamirt werden, zu tödten.
Hunde mit Halsband oder mit Marke müssen bis zu acht Tagen
gehalten werden.
Die Bürgermeister können anordnen, dass die Hunde dauernd
an der Leine zu führen sind oder dauernd einen Maulkorb tragen
müssen. Frei umherlaofende Hunde sind wie herrenlose Hunde
zu behandelu.
§§17 bis 26 haben keinen directeu Bezug auf das Veterinär-
weseu.
Veterin&rbeamte.)
§ 27 schreibt vor, dass das Fleisch von an irgend welcher
Krankheit verendeten Thieren nicht verkauft und zum Consum
zugelassen werden kann.
An nicht ansteckenden Krankheiten verendete Thiere müssen
innerhalb 24 Stunden nach einer regelmässig concessionirten
Abdeckerei transportirt oder in derselben Frist entweder durch
chemische Mittel zerstört oder verbrannt werden, oder mindestens
100 Meter von jeder Wohnung verscharrt werden, so dass sie mit
mindestens einem Meter Erde bedeckt werden. Es ist verboten,
todte Thiere in Wälder. Bäche, Flüsse, Teiche etc. zu werfen oder
an Orten zu verscharren, die den obigen Bestimmungen nicht
entsprechen. § 28 macht die Bürgermeister für die Beachtung dieser
Bestimmungen auf die Cadaver herrenloser Thiere verantwortlich.
§ 29 bestimmt die anzeigepflichtigen Seuchen. Es sind dies:
Tollwuth bei allen Hausthieren;
Rinderpest bei allen Wiederkäuern;
Lungenseuche, Rauschbrand und Tuberculose beim Rind;
Pocken und Räude beim Schaf und der Ziege;
Maul- und Klauenseuche beim Rind, Schaf, Ziege und Schwein;
Rotz, Wurm uud Beschälseuche beim Pferd, Esel und ihren
Kreuzungen;
Milzbrand beim Pferd, Rind, Schaf und Ziege;
Rothlauf und Schweineseuche beim Schwein.
§ 30 gestattet die Ausdehnung der Anzeigepflicht durch
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18. August lös«.
BERLINER THIERARZTLICBE WOCHENSCHRIFT.
395
Decret deß Präsidenten der Republik und die Anordnung von
Massregeln auch auf andere Seuchen.
Nach § 31 sind zur Anzeige verpflichtet der Besitzer und
alle Personen, denen Thiere zur Obhut und Pflege überliefert
sind, sowie Thierärzte. An Seuchen erkrankte oder einer Seuche
verdächtige Thiere müssen sofort, noch vor dem Einschreiten
der Polizei, abgesperrt und abgesperrt gehalten werden von allen
Thieren, die für die betreffende Krankheit empfänglich sind. Es
ist verboten, vor Ankunft des beamteten Thierarztes solche Thiere
oder deren Cadaver zu entfernen.
Der Bürgermeister hat nach § 32 die Beachtung der vor¬
erwähnten Bestimmungen zu erwirken und den beamteten Thier¬
arzt zu benachrichtigen. Dieser hat auf diese Nachricht hin die
Untersuchung vorzunehmen, die nothwendigen Massregeln alsbald
vorzuschreiben und dem Präfecten (Regierungspräsidenten) Be¬
richt zu erstatten, welcher die von dem beamteten Thierarzt an¬
geordneten Massregeln bestätigt.
§ 33 bestimmt, dass eine detaillirte Instruction für die ein¬
zelnen Seuchen zu erlassen ist. Diese Maassregeln können sein:
1. Die Isolirung, Sequestration, Untersuchung, Zählung und
Markirung der Thiere und Heerden eines bestimmten Districts;
2. die Interdicirung dieses Districts;
3. das momentane Verbot oder die Einschränkung der Vieh-
märkte, des Transports oder der Circulation von Thieren;
4. die Desinfection der Stallungen, Wagen und Transport¬
mittel; die Desinfection, unter Umständen die Vernichtung der
Gerätschaften etc., die mit verseuchten Thieren in Berührung
kamen, und aller Gegenstände, die als Contagionsvehikel dienen
könnten.
Die §§ 34 und 35 handeln von der Rinderpest. Erkrankte,
seuchenverdächtige und ansteckungsverdächtige Thiere sind nach
Abschätzung auf daB Gutachten des beamteten Thierarztes hin
sofort zu tödten. Schafe und Ziegen, die der Ansteckung aus¬
gesetzt waren, sind besonderen Absperrungsmassregeln zu unter¬
werfen.
Nach § 36 sind Thiere, die an constatirtem Rotz, Wurm oder
Tuberculose leiden, zu tödten.
Für Lungenseuche schreibt § 37 vor, dass die Diagnose durch
den Departementsthierarzt festzustellen ist, und dass zwei Tage
nach dieser Feststellung die erkrankten Thiere abzuschlachten
und die Rinder in dem inficirten Rayon zu impfen sind. Diese
Impfung kann nachgelassen werden bei Thieren, deren Be¬
sitzer sich verpflichten, dieselben innerhalb drei Wochen nach
dem Bekanntwerden des Seuchenausbruchs schlachten zu lassen.
Die Abschlachtung der geBammten Bestände kann vom Minister
für Landwirthschaft angeordnet werden.
Bei Tollwuth findet sofortige Tödtung auch der verdächtigen
Thiere statt (§ 38)
Bei Pocken kann die Impfung, wenn sie der Besitzer nicht
freiwillig vornehmen lässt, angeordnet werden (§ 39). Die
Impfung gesunder Thiere, wenn keine Seuchenfälle vorgekommen
sind, bedarf der Genehmigung durch den Präfecten.
Nach § 40 i8 1 die Ausübung der Thierheilkunde
bei an ansteckenden Krankheiten leidenden Thieren
Jedermann verboten, der nicht approbirter Thier¬
arzt ist.
§ 41 verbietet sodann den Verkauf, das Anbieten zum Ver¬
kauf und die Ausstellung von seuchekranken oder seuche¬
verdächtigen Thieren. Die Besitzer solcher Thiere dürfen die¬
selben nur in den zu der Seucheninstruction vorgeschriebenen
Bedingungen und Terminen aus der Hand geben.
§ 42 bestimmt, dass die Cadaver der an ansteckenden Krank¬
heiten verendeten oder wegen solcher getödteten Thiere inner¬
halb 24 Stunden auf chemischem Wege oder durch Verbrennung
zerstört werden müssen, oder dieselben müssen mit ungelöschtem
Kalk verscharrt und mit einer mindestens einen Meter hohen
Erdschicht überdeckt werden. Die Haut der an Rinderpest,
Milzbrand und Rauschbrand erkrankt gewesenen Thiere muss vor
der Verscharrung zerschnitten werden.
Das Fleisch von wegen Rinderpest, Rotz, Wurm, Milzbrand,
Rauschbrand, Rothlauf und Tollwuth getödteten Thieren darf
nicht zum Consum zugelassen werden.
Die Seucheninstruction soll genaue Vorschriften über den
Transport, die Zerstörung oder die Verscharrung der Cadaver
enthalten.
§ 43 schreibt vor, dass das Fleisch von wegen Lungenseuche
Tuberculose und Schweineseuche getödteten Thieren nur nach
schriftlich motivirter Begutachtung durch den beamteten Thier¬
arzt zum Consum zugelassen werden darf. Die Eingeweide sind
gemäss § 42 zu zerstören. Der Bürgermeister hat für Beachtung
der Anordnungen zu sorgen und dem Präfecten sofort eine Be¬
scheinigung über die Ausführung zu übersenden. Das schon er¬
wähnte Seuchenreglement soll die Fälle specificiren, in welchen
Fleisch von an obengenannten Seuchen erkrankten Thieren zum
Consum zugelassen werden kann.
Auch für die der Ansteckung verdächtigen Thiere muss bei
Rinderpest der beamtete Thierarzt die Consumfähigkeit des
Fleisches begutachten (§ 44); die Häute und Abgänge können
aber nur nach Desinfection aus dem Schlachtlocal entfernt
werden.
§ 45 behandelt die Desinfection der zum Transport von
Thieren bestimmten Eisenbahnwagen, Schiffe, Fuhrwerke etc.,
sowie der Stallungen, Rampen, Höfe etc., in welchen die trans-
portirten Thiere sich aufgehalten haben.
.,§46 bestimmt, dass die Entschädigung für wegen Rinderpest
getödtete Thiere drei Viertel des Werthes zu betragen hat.
Bei Lungenseuche beträgt die Entschädigung:
die Hälfte des Werthes, wenn die Section die Diagnose be¬
stätigt;
drei Viertel des Werthes bei angesteckten Thieren;
deq vollen Werth, wenn die Thiere in Folge der Impfung um-
gestanden sind.
Der volle Werth darf 800 Francs (640 M.) nicht übersteigen.
Nach § 47 ist bei Lungenseuche keine Entschädigung zu
zahlen, wenn die Thiere vor weniger als drei Monaten nach
Frankreich eingeführt sind. Nach § 48 gehört der Erlös aus
Thieren, deren Fleisch oder sonstige Abgänge verkauft werden
dürfen, dem Eigenthümer. Ist dieser Erlös höher als der dem
Besitzer zur Last fallende Werthantheil, so wird die Differenz
von der Entschädigung abgezogen.
Die Abschätzung geschieht durch den Departementsthierarzt
und einen von dem Besitzer bezeichneten Experten; versäumt
der Besitzer die Bezeichnung eines Experten, so operirt der
Departementsthierarzt allein. Der Entschädigungsanspruch muss
innerhalb dreier Monate dem Minister für Landwirthschaft unter¬
breitet werden; Nichtbeachtung der sanitären Vorschriften hat
den Verlust des Entschädigungsanspruches zur Folge. Die
Entscheidung trifft der Minister, dem Besitzer steht das Recht
der Berufung an den Staatsrath zu (§§ 49 bis 51).
§ 52 macht die Gewährung von Entschädigungen für Tuber¬
culose von der Beachtung der sanitären Massnahmen (Tuberculin-
probe, Isolirung der erkrankten und verdächtigen Thiere von den
nicht reagirenden, getrennte Aufzucht der Kälber etc.) abhängig.
Die §§ 53 und 54 ordnen die Schaffung besonderer Seuchen¬
rasenplätze an, verbieten den Weidegang auf diesen Plätzen und
die Verwendung des auf denselben gewonnenen Futters.
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396
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 33
Die §§ 55 und 56 schreiben die Untersuchung der auB dem Aus- |
lande importirteuThiere vor. §57 und §60 ermächtigen die Regierung,
die Einfuhr und Ausfuhr von Thieren zu verbieten, sowie eine
Quarantäne für Thiere und von Gegenständen, welche eine Ver¬
seuchungsgefahr mit sich bringen, die Abschlachtung ohne Ent¬
schädigung aller kranken oder verdächtigen Thiere und endlich
alle Massregeln anzuordnen, die die Befürchtung der Ein¬
schleppung einer Seuche nöthig erscheinen liesse.
§ 58 bestimmt, dass die sanitären Massregeln an der Grenze
durch die zuständigen Beamten nach Begutachtung durch den
Grenzthierarzt zu ergreifen sind und dass die Zollbeamten zur
Ausführung requirirt werden können.
Die §§ 59 und 61 schreiben die Anlage von Auslade- und
Qnarantänestatioien in den Seehäfen, sowie die Kostenabrechnug
der Tödtungs-, Versicherungs-, Transport-, Quarantäne- und
Desinfectionskosten vor.
Die §§ 62 bis 63 bestimmen weiter, dass in jedem Departement
der Veterinärsanitätsdienst auf Kosten des Departements statt¬
findet, dass die Beaufsichtigung der Viehmärkte, Schlachthäuser
und Waarenplätze Zwangsausgaben für die Gemeinden sind.
§ 64 handelt vom Comitd consultativ des epizooties (Seuchen¬
rath), der beim LandwirthschaftBministerium eingerichtet ist
§ 65 verbietet die Thierquälerei. § 66 schreibt vor, dass
auf dem Transport (zu Wasser und zu Land) befindliche Thiere
mindestens alle 12 Stunden getränkt und gefüttert werden müssen,
dass der Transportunternehmer (Eisenbahngesellschaft etc.) hierfür
verantwortlich ist und auch, wenn die Thiere begleitet werden,
die zur Tränkung und Fütterung nothwendigen Geschirre sowie
das Wasser unentgeltlich zu liefern hat.
§ 67 überlässt es den Präfecten, die von den Bürgermeistern
erlassenen Vorschriften über die Ueberführung von Thieren nach
den Schlachthäusern und über die Schlachtung für ihre De¬
partements einheitlich zu regeln.
§ 68 bestimmt, dass sofort nach jedem Markte die sämmt-
lichen von Thieren berühiten Localitäten zu reinigen und zu
desinficiren sind, und zwar unter Verantwortung des Bürger¬
meisters.
§ 69 schreibt die periodische Besichtigung der Marktplätze,
Markthallen, Verlade- und Ausladestationen, Gastställe etc. durch
die beamteten Thierärzte vor. Dieselben haben nach § 70 und 71
über ihren Befund Bericht zu erstatten und haben die Präfecten,
wenn die Bürgermeister den Aufforderungen des beamteten Thier¬
arztes keine Folge geleistet haben, die Ausführung in bestimmter
Frist anzuordnen.
§ 72 schreibt vor, dass vom Tage der Zustellung an die
Verwendung eines den sanitären Anforderungen nicht ent¬
sprechenden Locales verboten ist.
Die übrigen Paragraphen haben für das Veterinärwesen
keine directe Bedeutung.
Erlasse.
Geflügelcholera. Im Herzogthum Anhalt ist durch Bekannt¬
machung des Herrn Reichskanzlers vom 5. August er. die An¬
zeigepflicht für Geflügelcholera eingeführt.
Finnen. Unter dem 21. Juli er. ist von den drei Ministerien
der Medicinalaugelegenheiten, für Landwirthschaft und des Inneren
verfügt worden, dass bei Untersuchung von nicht über 6 Wochen
alten Saugkälbern von den Schnitten durch die Kaumuskeln ab¬
gesehen werden kann.
Personalien.
Auszeichnungen, Ernennungen eto.: Der Departementsthierarzt
Regenbogen zu Gumbinnen ist commissarisch zum Leiter der
Klinik fUr kleine Hausthiere und Lehrer für Pharmakologie etc und
allgemeine Therapie an der thierärztlichen Hochschule zu Berlin;
der Kreistiiierarzt Bongartz zu Bonn ist nebenamtlich zum
Lehrer der Thierarzneikunde an der landwirtschaftlichen Academie
zu Poppelsdorf — ernannt worden. — Der Departementsthierarzt a. D.
Schell hat sein Lehramt zu Poppelsdorf niedergelegt. — Der
Kreisthierarzt des Landkreises Breslau, K o s c h e 1, wurde zum
commissarischen Departementsthierarzt des Reg.-Bez. Breslau
ernannt und der Kreisthierarzt Rust zu Königsberg in die Kreis¬
thierarztstelle des Landkreises Breslau versetzt. — Dem Kreisthierarzt
Schultz zu Schlüchtern wurde die bisher commissarisch verwaltete
Kreisthierarztstelle und dem Thierarzt Bartels die Kreisthierarzt¬
stelle Nienburg und Neustadt a. R. definitiv übertragen.
In der Armee: Zu Unterrossärzten ernannt: Simon iO. Art.-Reg;
Kettner 8 Hus -Reg; S c h’ ü 11 15 Art.-Reg; Richters. Art-
Reg.; Hellmuth 24. Drag -Reg.; Guh rauer 2. Art.-Reg.; Egge¬
brech t 9. Art - Reg.; K r i'i g e r 12. Ulan.-Reg.; Seegmüller
14. Art. - Reg. — Unterrossarzt Freude vom 24. (Giosbü Hess)
Drag.-Reg. zum Königs-Ulan.-Reg. versetzt. — Rossarzt B a r t e 11
vom 14. Drag.-Reg. pensionirt.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Thierarzt Eis n er
von Falkeuberg nach Steinau a. 0.; Thierarzt Komm nach Lauen¬
burg i. Pomm.
Approbationen: In Berlin die Herren Hitze, Sturhan, Dudzus
und B i e r m a n n.
Todesfälle: Kreisthierarzt G 1 o k k e - Falkenberg 0. S; Kreis¬
thierarzt Mcnske, bisher zu Steinau a. 0.
Yacanzen.
Krelsthlerarztsteilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. —
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben).
— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht aus¬
geschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Tlieil). --
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun.
Sanitätsthierarztsteilen a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bewan Magist.—
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Geroeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum
1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfurt. — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Casse ). — Pit-
seben. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Kr. Krüger. — Callies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. — Dassow
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt.
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt.
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M.
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimstahl: Thierarzt (Ein¬
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung.
— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬
gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
500 Mark). — Nenkirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg -
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier-
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi¬
strat. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
500 M.) I!ew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus einzutührender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Grenzthierarztstelle Stallupönen.
Verantwortlich fllr den Inhalt (czcl. l»»eratentlieil) l’rof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und ICisenthum von Hichard äclioclz in Berlin. — Druck von W. BQzenatein. Berlin
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Die „Berliner Tfclerärxtllch« Wochenschrift“ ereehelnt
wßohenUleh ln Bl*rke von mindesten* 1*/» Bogen. Dieselbe
ist eu beilehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetx, Berlin NW., Luisenstrasse S6, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Origlnalbcitrfcge werden mit 60 Hk. für den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*,
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliehe Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898.
M 34 .
Altsgegeben am 25. August.
Inhalt: Buch : Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität. — Storch: Ueber seuchenartig auf¬
tretende Gangrae n der Vulva bei Kühen. — Referate : K 1 i m m e r: Ist Zucker ein normaler Bestandteil des Harns
unserer Säugethiere? und Zwei neue klinische Methoden der quantitativen Zuckcrbestimmung im Harn. — Schmidt: Das
Püanz’sche Embryotom. — Bournay: Sarcomatöso Pseudo-Tuberculose beim Hunde. — Saenger: Ueber die Schutzimpfung
einer gesunden Nase gegen Schädlichkeiten in der Inspirationsluft. — Loewit: Ueber die Beziehung der Leucocyten zur
bactcriciden Wirkung und zur alcalischen Reaction des Blutes und der Lymphe. — Hirschfeld: Beiträge zur vergleichenden
Morphologie der Leucocyten. — Therapeutische Notizen. — Tage sge s c h i c h te: Bericht über die Versammlung der be¬
amteten Thierärzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm. 11$ Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftsbaus zu Lüneburg. —
0 effe n tlich es Veteri n är wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Flcischschau in
Dänemark. — Personalien. — Vacanzen.
Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität.
Von
Buch,
Depnrtetnentsthierarzt.
(Fortsetzung statt Schluss.)
Wie bereits erwähnt, beginnen die Immunisirungsversnche
mit abge8cliwächten oder vollvirulenten Coltaren oder deren Pro¬
dukten, den Toxinen, mit der Entdeckung Pasteur’s, dass ein
Impfschutz gegen Hühnercholera nach vorheriger planmässer
Einverleibung von Culturen des Hühnercholerabacillus erzielt
werden kann. Die Versuche wurden mit Milzbrand- und Roth-
laufbacillen in derselben Weise ausgefühlt und das frühere Ver¬
fahren modificirt. Die bekannten Schutzimpfungsverfahren gegen
Milzbrand und Rothlauf der Schweine basiren anf diesen Ver¬
suchen.
Durch Büchner, Huhn und Bordet wurde bewiesen, dass
die Leucocyten gewisse Stoffe bilden uud diese an das Serum
abgeben (bactericide Stoffe sog. Antikörper), die tödtend
oder lähmend auf die eingedrungenen Bacterien ein¬
wirkten. Die bacterientödtende bezw. bacterienlähm ende
Wirkung des Blutes wird somit um so grösser sein,
je mehr Leucocyten im Blute vorhanden sind.
Die Leucocyten verschlucken daher nicht allein die ein¬
gedrungenen Bacterien, sondern sie geben auch in ihrem natür¬
lichen und in ihrem künstlich gereizten Zustande Stoffe an das
Blut ab, die ihrerserseits wiederum eine vernichtende Wirkung
entweder auf die Bacterien selbst oder auf deren Toxine aus¬
üben. Diese Extracelluläre Bacterienvernichtung entzog
sich bis auf die letzte Zeit fast gänzlich der Beobachtung.
Während einige Forscher, wie Emmerich und Pfeiffer,
die extracellnläre Abtödtung der Bacterien auf Grund eingehender
Versuche anuehmen, weisen andere Forscher darauf hin, dass das
Pfeiffer'sehe Phänomen keine allgemeine Erscheinung der er¬
worbenen Immunität darstellt, da es zuweilen nur in der Bauch¬
höhle beobachtet wird.
Pfeiffer fand nämlich mit Issaöff, dass das Absterben der
Bacterien in der Peritoneallymphe ausserhalb der Leucocyten er¬
folgt, wenn die Bacterien gegen die betreffende Infectionskrank-
heit künstlich gut geschützten Thieren eingespritzt wird. Die
Versuche wurden zuerst mit Cholera- und später im Verein mit
Kolle mit Typhusbacillen angestellt, wobei wabrgenommen
wurde, dass die Bacillen sich in kleine Kügelchen verwandeln
und in diesem Zustande zu Grunde gehen. Andere Forscher,
Wassermann und vor allem Voges, welch’ Letzterer ähnliche
Versuche betreffs der erworbenen Immunität der Meerschweinchen
i gegen den Schweineseuchebacillus anstellte, haben das Pfeiffer¬
sche Phänomen nicht beobachtet. Demnach ist sogar für die
Bauchhöhle nicht bewiesen, dass dieses Phänomen auf einem all¬
gemeinen Gesetze basirt, sondern lediglich nnr häufig vorkommt.
Andererseits wurde von Gr über und Durham behauptet, dass
die agglutinirende Wirkung des Blutserums keineswegs
nur bei immunen Thieren vorkomme, sondern auch bei nicht
immunen Thieren, weshalb Metschnikoff die agglutinirende
Wirkung des Blutes geschützter Thiere nicht für die Ursache
der Immunität, sondern nur für eine Nebenwirkung derselben
erklärt.
Bei den Versuchen von Chavrin und Roger wurde bemerkt,
um dies noch zu erwähneu, dass die Bacillen des blauen Eiters
sich im Blutserum ungeschützter Thiere vertheilen, wodurch die
Nährflüssigkeit gleichmässig getrübt wird, während diese Bacterien
im Serum geschützter Thiere auf den Boden des Glases fallen,
wo sie sich zu Klumpen vereinigen (agglutiniren). Metschnikoff
konnte dieses Verhalten für den Bacillus pyocyaneus, den B.
Metschnikowi und den Pneumococcus des Menschen bestätigen.
Hochwichtig und höchst interessant ist die Entdeckung
Metschnikoff’s, dass das Blut auch an uud Für sich Eigenschaften
hat, die man als antiinfectiöse Eigenschaft bezeichnet hat,
die aber weder mit der antitoxischen, noch mit der bactericiden
Eigenschaft desselben etwas gemein hat; denn nach Fränkel
und Sobernheim kann das Choleraserum präventiv wirken,
obschon es durch Erwärmen auf 60° seine bactericideu Eigen¬
schaften verliert. Die antiinfectiöse Eigenschaft des Blutserums
ist demnach etwas ganz Eigenartiges, dessen innerstes Wesen
nicht bekannt ist. Das Merkwürdigste ist, dass das Serum ge¬
sunder, nicht geschützter Individuen auch antiinfectiöse Eigen¬
schaften hat, wie Issaeff vom Blutserum gesunder Menschen
Meerschweinchen gegenüber bei der Injection von Cliolerabacillen
in die Bauchhöhle nachwies. Voges gelangen Versuche mit
Blutserum von gegen Schweineseuche nicht immuner Thiere
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398 BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 84.
bei der Injection der Bacillen der Schweineseuclie in den Peri¬
tonealsack.
Es ist demnach feststehend, dass ähnlich wie die Bouillon
eine antiinfectiöse präventive Wirkung auf Bactericn ausznüben
vermag, obschon diese in ihr selbst gut fortkommen, auch das
Blutserum von empfänglichen Thieren frische Thiere schützen
kann, obwohl in ihnen selbst die betreffenden Bacterien gut ge¬
deihen.
Das Blutserum enthält daher eine antiinfectiöse Substanz,
die darin aufgelöst ist. Sie geht ebenso wie die Antikörper
in die Körpersecrete über. Die Hauptrolle spielen aber bei der
künstlichen Immunität nach Ansicht Metschnikoff’s die zelligen
Elemente. Diese sind es, die die eingedrungenen Bacterien
in ihrem Zellleib abtödten. Sobald das Blutserum gleichzeitig
bactericid wirkt, erstreckt sich dieser abtödtende Einfluss niemals
auf die Gesaramtheit der Bacterien, sagt Metschnikoff. Die
Pliagocytose spielt nach diesem Forscher bei der künstlich er¬
worbenen Immunität die Hauptrolle; sie ist bei geschützten Thieren
viel lebhafter als bei empfänglichen, worauf eine gewisse Sensi¬
bilität der Phagocyten bei künstlich geschützten Individuen ge¬
schlossen wird. Die Phagocyten geschützter Thiere nehmen
lebende Bacterien auf, die ihre volle Virulenz haben. Die An¬
sicht, dass durch humorale Einflüsse erst eine gewisse Ab-
schwächnng der Virulenz eintreten müsse, bevor die Bacterien
von den Phagocyten angenommen werden, bat sich als unhaltbar
erwiesen, nachdem für Milzbrandbacillen und für die Bacterien
der Schweineseuche nachgewiesen worden war, dass diese von den
Phagocyten aufgenommenen Bacterien ihre volle Virulenz andern
Versuchstieren gegenüber bewahrt hatten. Es steht auch ausser
Frage, dass bei Versuchen, die sich ausserhalb des Körpers ab¬
spielen, leicht falsche Schlüsse gezogen werden können, da die
Phagocyten bei der Entfernung aus dem Körper sicher erheblich
beschädigt werden und mithin einen grossen Theil ihrer Lebens¬
energie einbüssen. Die unbeschädigten, im Organismus befind¬
lichen Leucocyten haben die künstlich und natürlich geschützten
Thiere gegen eingedrungene Bacterien, gegenüber denen das
betreffende Individuum geschützt wurde, eine gesteigerte Sensi¬
bilität, die sie zur Aufnahme der Schädlinge veranlasst. Die Ab-
tödtung bezw. Hemmung der Entwicklung erfolgt in den im
Körper befindlichen Leucocyten in energischer Weise, bei den
beschädigten ausserhalb des Körpers befindlichen Leucocyten
können z. B. Milzbrandbacillen sich im Zellleib weiter entwickeln
und nach dem Platzen der Zelle eine ungeschwächte Virulenz
anderen ungeschützten Thieren gegenüber entfalten.
Einige Forscher wollten der agglutinirenden Eigenschaft des
Blutes eine hohe Bedeutung bei der Unschädlichmachung viru¬
lenter Bacterien in geschützten Organismen znsprechen, indem
sie glaubten, dass die agglutinirende Eigenschaft des Blutes erst
die Bacterien zur Aufnahme vorbereiten.
Die Fähigkeit zur Aufnahme und Vernichtung der Bacterien
kann durch einfache indifferente Substanzen, durch Bouillon-, Koch¬
salzlösung erhöht werden, was Metschnikoff zu der Annahme
veranlasste, dass das antiinfectiöse Serum nur als Stimulans bei
der Aufnahme der Bacterien zu betrachten sei. Die im Blute
circulirenden Agglutinine und die antiinfectiöse Substanz unter¬
stützen nur die Phagocyten in ihrer Thätigkeit bei der Ver¬
nichtung lebender und virulenter Bacterien in geschützten Indi¬
viduen.
Metschnikoff ist der Ansicht, dasB die bactericiden, im
Serum befindlichen Substanzen — Antikörper, Antitoxine — in
geschützten Thieren nach ihrer Bildung in den Leucocyten erst
frei werden, wenn letzere eine gewisse Beschädigung erleiden.
Dieser Ansicht widersprechen mehrere Forscher, neuerdings
ganz besonders van de Velde auf Grund von Versuchen mit
Staphylococcus pyogenes, van de Velde (Centr. Bl. f. Bact.
III. Bd.) behauptet, wobei er eine diesbezügliche Arbeit von
Bail bespricht, dass die bactericide Kraft in Exsudaten her¬
stamme von lebenden secretirenden Leucocyten, und dass die
Versuche von Büchner, Hahn, Schattenfroh und Bail
Mos beweisen, „dass die den Exsudaten entnommenen Leuco¬
cyten noch eine grosse Menge bactericider Substanzen enthalten,
welche man durch Zerstörung dieser Leucocyten zur Erscheinung
bringt/ 4
Sobald die Leucocyten aus dem Körper entnommen und in
Serum gebracht werden, unterbrechen sie nach van de Velde
merkwürdigerweise ihre Secretion, auch wenn sie durch Bacterien-
toxine, gegen die sie äusserst empfindlich sind, einen Reiz er¬
fahren. Die Gründe hierfür sind gänzlich unbekannt. Es müssen
demnach uds noch unbekannte Gesetze im Spiele sein, denen die
Secretion unterworfen ist.
Wie Eingangs darauf hingewiesen wurde, spielen die Gift¬
wirkungen der Antitoxine bei der Immunisirungsfrage eine
wesentliche Rolle. Es giebt Antitoxine, die direct auf die Leuco¬
cyten einwirken, van de Velde machte die wichtige Entdeckung,
das pyogene Staphylococcen durch ihre Product» die Leucocyten
schädigen und sie tödten. Dieses die Leucocyten vernichtende
Gift belegte er mit dem Namen Leucocytin. Wurden Kaninchen
aber gegen Staphylococcen geschützt, so enthielt ihr Blutsernm
eine Substanz, die die Wirkung des Leucocytins aufbebt. Er
nannte diese Substauz Antileucocytin. Nach Metschnikoff
handelt es sich daher „bei der künstlichen Immunität um die
Bildung dieses Antitoxins, welches die Leucocyten vor der Gift-
wirknng schützt und ihnen dadurch erlaubt, die Staphylococcen
aufzunebmen und abzutödten.“
Für andere pathogene Bacterien haben, die mit dieser Frage
sich beschäftigenden Forscher nachgewiesen, dass gegen diese
Bacterien geschützte Thiere dennoch gegen deren Toxine em¬
pfindlich bleiben. So hat Behring gefunden, dass Thiere, die
gegen Diphtheriebacillen geschützt sind, noch nicht geschützt
sind gegen das Toxin dieser Bacillen. Es muss daher eine be¬
sondere Immunisation mit dem betreffenden löslichen Toxinen
noch stattflnden, wenn die Thiere auch gegen die Toxine ge¬
schützt sein sollen. Für die Bacterien der Cholera wurde diese
Thatsache übereinstimmend von mehreren Forschern festgestellt.
Wassermann, der mit dem Bacillus pyocyaneus experimentirte,
stellt den Satz auf, dass die so mit lebenden Bacterien vorbe-
handelten Thiere nur gegen die Bacterien, aber nicht gegen das
Toxin geschützt sind, während die mit dem Toxin vorbehau-
delten Thiere gleichzeitig mit dem Giftschutz auch gegen die
Bacterien geschützt sind. Es ist mithin bei der erworbenen
wie bei der natürlichen Immunität möglich, dass die
betreffenden Thiere immun sind gegen die Infections-
erreger, während sie noch eine hohe Empfindlichkeit
gegen die entsprechenden Toxine haben.
Was nun die natürlich erworbene Immunität betrifft, ist
zu bemerken, dass die natürlich erworbene Immunität unter den
gleichen Voraussetzungen zustande kommt, wie die durch künstliche
Immunisirung erworbene Immunität. Demnach befinden sich im
Blute von an Infectionskrankheiten genesenen Menschen und
Thieren Antikörper, die aber zuweilen nicht nachweisbar sind,
weil sie häufig bald wieder aus dem Blute verschwinden. That¬
sache ist es, dass man nach dem Ueberstehen des Abdominal¬
typhus, der Diphtherie und der Cholera des Menschen antitoxi¬
sche, antiinfectiöse und agglutinirende Wirkungen des Blutes
walirgenommen hat. Bei der natürlich erworbenen Immunität spielt
aber die individuelle Beschaffenheit des Individuums eine so
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25. August 1898.
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
399
grosse Rolle, dass die Gesetzmässigkeit wie bei der künstlich
erworbenen Immunität vielfach nicht nachznweisen ist. Das Blnt
von Kindern beispielsweise, die nie an Diphtherie erkrankt waren,
wnrde häufig stärker antitoxisch angetroffen, als das Blut von
Kindern, die in der Genesung begriffen waren. Unzweifelhaft
harrt anf diesem Gebiete noch manches der wissenschaftlichen
Aufklärung.
Bei der natürlich erworbenen Immunität interessirt uns auch
die Vererbung erworbener Immunität. Und dabei können wir
Thatsachen anführen, die als feststehende nicht mehr angezweifelt
werden können, die aber ebenso wie das grossd Gebiet der
Immunität im Allgemeinen noch weiter durch systematische
Forschungen bekräftigt und erklärt werden müssen. In erster Reihe
hat sich Behring bemüht, den Problemen der durch Vererbung
erworbenen Immunität näher zu treten. Er fand dabei, dass die
Immunität nur von der mütterlichen Seite auf die Nach¬
kommen tibergeht Er bewies auch, dass vom künstlich im-
munisirten Vater aus eine Uebertragung der Immunität auf das
Junge nicht erfolgen kann.
Ehrlich nimmt an, dass die Nachkommen dadurch immun
werden, dass sie Antikörper aus dem Blute der immunen Mutter
in sich aufnehmen, wodurch die Jungen passiv immun würden.
Willard glaubt aber, dass es sich hierbei nicht um eine
passive Immunität handle, da diese erworbene Immunität meist
mehrere Monate dauere, wogegen die passive Immunität, die
durch Einverleibung des Serums immunisirter Thiere entstehe,
nur wenige Wochen bestehen bliebe. Er nimmt daher auch für
die durch Vererbung erworbene Immunität an, dass sich an ihrem
Zustandekommen die Zellenelemente betbeiligen, wodurch eine
celluläre Immunität der Nachkommen entstehe. Auf die Zell¬
elemente wirkten, so erklärt sich Vaillard den Vorgang, während
der ganzen Zeit der Schwangerschaft die von der Mutter an das
Junge abgegebenen Antikörper ein.
Ehrlich machte darauf aufmerksam, dass die Antikörper
der Mutter auch durch die Milch bei der Säugung direct auf das
Junge übertragen werden. Dass aber eine Immunität bei allen
Thierarten durch die Säugung von immunen Müttern anf die
Jungen verpflanzt werde, ist nicht anzunebmen, da Vaillard
beispielsweise der Milch der Kaninchen und der Meerschweinchen
diese Eigenschaft auf Grund von einwandsfreien Versuchen
abspricht. (Schluss folgt)
Ueber seuchenartig auftretende Gangraen der Vulva
bei Kühen.
Von
Storch - Schmalkalden,
coram KreUthicrarxL
Am 2. April d. J. untersuchte ich die einzige, plötzlich
schwer erkrankte Kuh des Nagelschmiedes M. in dem zum hiesigen
Kreise gehörigen Dorfe Herges-Hallenberg. Dieselbe hat angeblich
vor 4 Tagen gekalbt; die Geburt, bei welcher der Kuhhirte des
Ortes Hilfe geleistet hat, ist rasch und leicht von statten ge¬
gangen; seit dem gestrigen Abende jedoch, bis zu welchem das
Befinden des Thieres ein ungetrübtes gewesen ist, soll sich
eine immer mehrzu nehmende Anschwellung des Wurfes bemerkbar
machen.
Die Untersuchung hatte folgendes Ergebnisse Die ungefähr
6 Jahre alte, gelbrothe, dem fränkischen Schlage angehörende
Kuh liegt und steht erst nach wiederholtem Antreiben auf. Ohr¬
muscheln eisig kalt. Flotzmanl trocken. Die Augäpfel stecken
tief in ihren Höhlen. Pulsus tremulis. Athmung mässig be¬
schleunigt. Hungergruben eingefallen. Der ganze Wurf zeigt
unförmige, doppelmannskopfgrosse Schwellung. Die Haut der
Schamlippen ist gespannt, glänzend, diffus blauroth gefärbt;
letztere fühlen sich kühl an, sind teigig und aufDruck unempfindlich
Unter der Epidermis der rechten Schamlippe befindet sich nahe
der oberen Commissur eine apfelgrosse Gasblase (Brandblase).
Ein knisterndes Geräusch entsteht beim Ueberstreichen der ge¬
schwollenen Partien mit den Fingern nicht. Im unteren Scham¬
winkel befindet sich ein pfenniggrosses, seichtes Geschwür. Die
Schleimhaut des Scheidenvorhofes ist düster geröthet und blau
gestreift. Beim Einschneiden in die Schamlippen verräth Patient
nicht den geringsten Schmerz. Von der verhältnissmässig
trockenen Schnittfläche fliesst nur eine geringe Menge röthlichen,
geruchlosen Serums ab; Gasblasen befinden sieb in dem durch¬
schnittenen Gewebe nicht.
Die eingeleitete Behandlung bestand in tiefen Incisionen in
die geschwollene Vulva, sowie stündlich wiederholten Be¬
rieselungen der Schnittflächen und der Scheidenscbleimhaut mit
Creolinemnl8ion.
In dem aus den Einschnitten abgeträufelten Gewebssafte
fanden sich bei der mikroskopischen Untersuchung, welche wegen
des bestehenden Milzbrandverdachtes alsbald vorgenommen wurde,
keine Anthraxbacillen, wohl aber Diplo-, Tetra-, Strepto- und
Staphylococcen in massiger Menge, sowie ganz vereinzelt
Bacillen vom Aussehen des Oedembacillus.
Im Laufe des' folgenden Vormittages verendete die Kuh.
Section wurde nicht gemacht.
Am 25. April erhielt ich die telegraphische Aufforderung,
eine unter gleichen Erscheinungen erkrankte Kuh des Strassen-
wärters A. zu untersuchen. Derselbe besass ausser dem erkrankten
Thiere noch eine hochträchtige Kuh. Patient hatte am 23. April
gekalbt. Der erwähnte Hirte hatte auch im vorliegenden Falle
Geburtshilfe geleistet. Die linke, grauroth gefärbte Schamlippe
deß Thieres war zweifaustgross geschwollen und blau gefleckt.
Verletzungen der hochgerötheten Vaginalschleimhaut waren nicht
zu constatiren. Puls klein, Pulsfrequenz 84 in der Minute.
Temperatur 39,20. Im Uebrigen waren die krankhaften Er¬
scheinungen die gleichen wie bei der zuerst erkrankten Kuh.
Trotz der alsbald eingeleiteten Behandlung, die in tiefen
Einschnitten, Auswischen der Schnittflächen mit lOproc. Chlor¬
zinklösung und Creolininfusionen bestand, trat auch in diesem
Falle nach 24 Stunden Exitus letalis ein.
Bei der^ wenige Stunden nach dem Tode ausgeführten Section
fand sich — kurz resumirt — Folgendes: Schnittfläche der kopf¬
gross geschwollenen, teigigen, linken Schamlippe relativ trocken,
grauroth, von schwarzen Blutpunkten durchsetzt, ohne Gasblasen.
Subcutis an den Innenflächen der Hinterschenkel sulzig infiltrirt.
Magendarmcanal ohne Veränderungen. Milz nicht geschwollen,
Kapsel runzelig, Parenchym schwarzroth, breiig, nicht ausfliessend.
Leber lehmfarbig, mürbe. Nierenparenchym getrübt. Oberfläche
des gut contrahirten Uterus glatt, glänzend, grau-rosa. Im
rechten Gebärmutterhorn ca. V* Liter rötlilich-gefäi bte, schleimige
geruchlose Flüssigkeit; Schleimhaut grau-weiss bis grau-roth,
grubig, es bestehen nirgends Geschwüre, Wunden oder Blutungen ;
Cotyledonen hasel- bis wallnussgross und von fester Consistenz.
Linkes Horn stark zusammengezogen, ohne Veränderungen. Unter
dem Rippenfell der linken Seite zahllose Blutpunkte. Lunge
überall lufthaltig. Herzmuskel getrübt, fleckig. Unter dem Endo-
card der linken Kammer mehrere strichförmige Hämorrhagien.
Die bacteriologische Untersuchung des von den Schnitt flächen der
Schamlippen abgestricbenen Saftes hatte dasselbe Resultat wie
bei der ersten Kuh. In Ausstrichpräparaten, die aus dem Milz-
und Leberparenchyme angefertigt wurden, fanden sich ausser
vereinzelten Bacillen des malignen Oedems keine Bacterien, ins¬
besondere keiue Anthraxstäbchen.
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400
Da die Ställe, ia denen ich die beiden gleichartigen Krank¬
heitsfälle festgestellt batte, im Dorfe ziemlich weit von einander
entfernt lagen, and weder die Thiere noch die Insassen der zwei
Gehöfte mit einander in Berührung gekommen waren, erschien
die Annahme berechtigt, dass der erwähnte Hirte bei der den
Thieren geleisteten Geburtshilfe die Infection verursacht habe.
Ich ertheilte deshalb den Rath, letzteren zur Hilfeleistung bei
Geburten vorläufig nicht wieder zu verwenden oder ihn erst dann
Geburtshilfe leisten zu lassen, nachdem er Hände und Arme in
der von mir beschriebenen Weise mit Seifenwasser und Creoljn-
emulsion sorgfältig gereinigt und desinficirt, Wurf und Scheide
der gebärenden Kühe mit Creolinlösung irrigirt habe.
Am 30. April wurde die Erkrankung dreier weiteren Kühe
gemeldet Bei meiner Ankunft waren bereits zwei derselben ver¬
endet, die dritte lebte noch, starb aber auch im Laufe des Tages.
Sämmtliche drei Kühe waren von dem Kuhhirten entbunden
worden. Die eine hatte — wie diejenige des Strassenwärters A.
— am 23. April gekalbt und war am 27. erkrankt Die beiden
anderen Thiere hatten am 26. April geboren und am 28. bezw. 29.
die ersten Krankheitssymptome gezeigt Es waren bei diesen
Kühen angeblich die von mir empfohlenen DesinfectionBmass-
regeln ausgeführt worden. Die aufgenommenen klinischen und
pathologisch-anatomischen Befunde waren den vorher beschriebenen
analog. Verletzungen in der Scheide waren nicht aufzufinden.
Dass der Hirte Zwischenträger des Infectionsstoffes sein
musste, erschien nunmehr zweifellos; denn es hatten seit Auf¬
treten des ersten Krankheitsfalles eine Anzahl von Kühen im Orte
ohne Hilfe des Hirten gekalbt, und alle diese Thiere — wie¬
viele , konnte nicht genau festgestellt werden — waren ge¬
sund geblieben, während von den innerhalb der letzten 14 Tage
vom Hirten entbundenen acht Kühen sechs Stück verendet
waren.; > « i
Ich ertheilte aus diesem Grunde der Ortspolizei den R£th',
dem Hirten bis auf Weiteres jegliche Geburtshöfe zu verbieten
und die Ställe, in denen Krankheitsfälle aufgetreten waren, genau
so zu desinficiren, wie es für Milzbrand vorgeschrieben ist.
Im Stalle des Strassenwärters A., in welchem entgegen den
von mir ertheilten Rathschlägen das Feldsteinpflaster nicht
aufgebrochen und die durchfeuchtete Erdschicht nicht
abgegraben worden war, erkrankte die noch darin befind¬
liche, Eingangs erwähnte Kuh, welche ohne Hilfe des Hirten
am 6. Mai gekalbt hatte, am 9. Mai ebenfalls am beschriebenen
Leiden und verendete nach zweitägiger Krankheitsdauer.
Nachdem nach Ablauf von 4 Wochen keine weiteren Fälle
beobachtet worden waren, trotzdem mehrere Kühe gekalbt hatten,
wurden die sämmtlichen Kleider des Hirten, die er bei Vornahme
der verschiedenen Geburtshilfen getragen hatte, durch Auskochen
desinficirt und demselben wieder gestattet, bei normalen Geburten
Hilfe zu leisten. Es sind seitdem keine Fälle von Vulvagangraen
wieder aufgetreten.
Letztere erscheinen in dreifacher Beziehung interessant.
Erstens zeigen sie von Neuem, welche schlimme Rolle der Ge¬
burtshelfer als Zwischenträger von Infectionsstoffen spielen katan.
Zweitens sind sie wiederum ein Beweis für die Wichtigkeit der
Stalldesinfection zur Verhütung puerperaler lnfectionen. Drittens
sind wohl die beobachteten, nach Ablauf von 1—2 Tagen letal
verlaufenden Krankheitsfälle an und für sich bemerkenswerth,
da ein vollständig gleiches Leiden meines Wissens nach bisher
nicht beschrieben worden ist; denn es bandelt sich weder um die
von de Bruin geschilderte „puerperale Phlegmone“, noch um die
als „Geburtsrauschbrand“ bezeichnete Infectionskrankheit, da
eine Ansammlung von Gasen in den Schamgeschwülsten nicht
vorhanden war. Am meisten Aehnlichkeit noch dürfte die beob-
No. 84.
achtete Krankheit mit dem von Froehner-Hünfe Id beschriebenen
„gangraenescirenden Oedem der Rinder und Schafe“ besitzen.
Ich will noch erwähnen, dass Tauben und Kaninchen nach
subcutaner Einimpfung des Schnittflächensaftes der erkrankten
Vulva nicht verendeten.
Referate.
Ist Zocker ein normaler Bestandtheil des Harns unserer
S&ngethiere?
und
Zwei nene klinische Methoden der quantitativen Zucker-
bestimmong im Harn.
Von Thierarzt Martin Klimmer,.
(ZelUchr. f. Thlermod. 1838 H. Z.)
Im Blute und in den Organen der Thiere ist Traubenzucker
nachgewiesen worden. Consequenter Weise ist dieser Körper
auch in den Se- und Excreten des Körpers zu erwarten. Ueber
das Vorkommen des Traubenzuckers als normaler Bestandtheil
des Harns unserer Haussäugethiere sind bis jetzt nur unzureichende
Angaben gemacht worden. Um diese Lücke in der vergleichenden
Biologie auszufttllen, hat der Verf. mit der Untersuchung des
Rinder- und Schweineharns den Anfang gemacht.
Im Allgemeinen kommt hier von den Zuckerarten hauptsächlich
der Traubenzucker in Betracht, die übrigen Zuckersorten spielen
eine ganz untergeordnete Rolle.
Die Methoden, welche zur Zuckerbestimmung im normalen
Harn benutzt werden, zerfallen bekanntlich in zwei Gruppen.
Entweder wird der Zucker zuerst ausgefällt und im Niederschlag
durch die gewöhnlichen Reactionen bestimmt, oder derselbe wird
direct im Harn nachzuweisen gesucht.
Am meisten werden die Reductionsproben nach der zweiten
Gruppe benutzt. Aber auch dorch diese Methoden wird kein
sicheres Resultat gewonnen, denn dieselben geben mit anderen
Harnbestandtheilen, welche nicht zur Zuckergruppe gehören,
ähnliche Reactionen. Vor einem Irrthum kann man sich zwar
in der Weise bewahren, dass die Probe nach demVergähren des
Harnzuckers wiederholt wird und beide Resultate vor und nach dem
Vergähren verglichen werden; ein geringer Zuckergehalt lässt
sich inde88 auch durch diese Methode nicht erkennen.
Dem Verf. gelang es nun, durch Versetzen der FehliDg’scben
Flüssigkeit mit alkalischer Guaninlösung ein Verfahren zu finden,
welches feinere Reactionen giebt. Es verbindet sich nämlich, wie
Balke festgestellt hat, ein Molekül Guanin mit einem Molekül
Knpferoxydul zu einem weissgefärbten flockigen voluminösen
Salze von der Formel C s H 5 N % 0. Cu 3 0, welches in Ammoniak,
Creatinin, Creatin, Pepsin u. s. f. unlöslich ist. Bei Gegenwart
von Guanin im Harn fällt hiernach sämmtliches Kupferoxydul aus,
was sonst nicht der Fall ist, weil Ammoniak und Körper, die
beim Erhitzen mit Kali Ammoniak liefern, ferner Pepton, Pepsin,
Creatin und Creatinin zuweilen ganz erhebliche Mengen in
Lösung halten. Hierin liegt auch die Ursache, weshalb in vielen
namentlich in dunkelgefärbten Harnen, kein Zucker nach¬
zuweisen ist
Dagegen hat nach dem Verf. der Zusatz von alkalischer
Guaninlösung zur Fehling’schen Lösung den Vortheil, dass der
bei der reducirenden Einwirkung des Zuckers sich bildende
voluminöse Niederschlag von Kupferoiydul-Guanin alle Stoffe mit
niederschlägt welche die schmutzig grünlichbraune Trübung ver¬
ursachen. Die Voluminosität und die weisse Farbe des Guanin-
Kupferoxyduls lässt eine stattgehabte Reduction in der blauen
Fehling’schen Lösung leichter erkennen.
Mit Hilfe dieser modificirten Trommer’schen Probe hat K.
festgestellt, dass der Traubenzucker ein normaler Bestandtheil
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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55. August 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
401
des Harnes von Rindern und Schweinen ist. Während sich mit
der parallel ausgeführten Nylander’schen Probe bei Rindern
ca. 12 pCt., bei Schweinen in 10 pCt Zucker im normalen Harn
nachweisen liess, hatte das neue Verfahren in 25 pCt. bezw.
20 pCt. aller Fällen positive Resultate.
Die beiden neuen klinischen Methoden znr quantitativen
Zuckerbestimmung im Harn beruhen ebenfalls auf dem Gebrauch
der Fehling’sehen Lösung mit einem Zusatz von alcalischer
Guaninlösung. Die Anwendung der Methoden ist in einem 2. Ab¬
schnitt genau beschrieben.
Nach den Untersuchungen des Verf. schwankt der Trauben¬
zuckergehalt im Harn des Rindes zwischen 0,005—0,062 pCt., im
Harn des Schweines zwischen 0,004—0,06 pCt. Diese Zahlen
stimmen mit dem im menschlichen Harn gefundenen Zuckergehalt
überein.
Verf. glaubt also auf Grund seiner Untersuchungen annehmen
zu können, dass in jedem normalen Harn von Rindern und
Schweinen Zucker vorhanden ist „Seine Menge ist jedoch zumeist
so gering, dass er mit den heutigen Methoden noch nicht in
allen Fällen sicher nachgewiesen werden kann. Nur dann ist
jetzt seine Gegenwart zu constatiren, wenn er sich dem physiologi¬
schen Maximum nähert.“
Die Annahme, dass der Zucker in jedem Harn vorkomme,
wird damit begründet, dass derselbe ein normaler Bestandtheil
des Blutes und aller Organe ist und dass er zu den Stoffen ge¬
hört, die thierische Membranen leicht durchdringen.
Das Pflanz’sche Embryotom.
Vom Departements-Thierarzt Schmidt-Buxtehude.
(Dtsch. TblorKrztl. Wschr. M, 1898.)
Departements-Thierarzt Schmidt schreibt über das seiner
Zeit in der B. T. W. beschriebene Embryotom Folgendes:
In den Geestbezirken kommen seit einer Reihe von Jahren
namentlich bei erstgebärenden Thieren, da, wo Holländer Bullen
eingestellt sind, Schwergeburten vor in Folge zu grosser Kälber.
Denn es sind hier Kälber von 120 Pfund Gewicht bei den ver-
hältnissmässig schmalen Geestkühen häufig, und Sch. bat schon
Kälber von 140 Pfund gesehen, die allerdings nur durch die
Embryotomie stückweise herausbefördert werden konnten, während
dagegen bei den breiteren Kühen der Marschbezirke meist nur
Kälber von 80—100 Pfund beobachtet werden.
Die Embryotomie muss daher häufig angewandt werden, und
S. hat dabei das Pflanz’sche Embryotom erprobt. Vorzüglich be¬
währt sich dasselbe beim Durchschneiden der hinteren Hälfte des
Kalbes in der Beckenfuge, nachdem das Vordertheil entwickelt
und abgeschnitten ist. Das Kettenmesser ist hierbei leicht anzu¬
legen, Verschiebung und Flachlegen desselben leicht zu verhüten.
Sehr gute Dienste leistet da9 Embryotom ferner bei der Steiss-
lage. Die Kette lässt sich hierbei leicht um die unter dem Bauche
liegenden Hinterschenkel legen. Man durchschneidet zunächst
den einen und dann den andern, doch muss das Oberschenkelbein
möglichst nahe am Hüftgelenk abgeschnitten werden, da sonst die
Extraktion doch noch Schwierigkeiten macht.
Schwieriger ist es, wenn bei einem zu grossen Kalbe die
Hinterschenkel nicht unter dem Bauche liegen, sondern in die
Scheide getreten sind. Hierbei ist es S. nicht gelungen, die Ent¬
fernung durch das Embryotom zu bewerkstelligen, da das Ketten¬
messer abglitt. Er hat deshalb in solchen Fällen wieder zu der alten
Methode zurückgegriffen, die Hinterschenkel aus der Haut heraus¬
zuziehen, was jedoch an diesen viel mehr Arbeit macht wie an
den Vorderfüssen.
Bei abnormen Kopflagen, wenn sie nicht anders zn beseitigen
sind oder das Kalb schon todt ist. ist das Pflanz’sche Embryotom
wieder sehr zu empfehlen. — Querlagen sind S. noch nicht vor¬
gekommen, seit er das Jnstrument besitzt; doch hält er es auch
hierbei für sehr verwendbar.
Ganz vorzügliche Dienste leistet das Embryotom aber bei
Durschneidungen der Vorder- bezw. Hinterschenkel, anFusswurzel-
und Sprunggelenk, bei Beugestellung derselben. Hierbei sucht
sich das Messer sozusagen von selbst die richtige Stelle
und durchschneidet die Gelenke sehr leicht, indem es zwischen
den Knochenreihen hindurchgeht. Das ist besonders bei den langen
Extremitäten der Füllen von grossem Werth, wobei die früher
verwandten Instrumente sehr mangelhaft funktionirten. — S. hält
daher das Pflanz’sche Embryotom für ein sehr empfeblenswerthes
Instrument.
Sarcomatöse Psendo-Tabercnlose beim Hände.
Von Prof. Bournay-Toulouse.
(Revue vet., Pebr. 1898.)
Eine 7jährige Bracke frass unregelmässig und magerte seit
zwei Monaten stark ab. In den letzten vierzehn Tagen hatte sie
ausserdem fünf oder sechs epileptiforme Anfälle. Die Unter¬
suchung ergab: die schon erwähnte starke Abmagerung, die Haut
adbärirend, die Schleimhäute blass, die Augen tief, die Crotophiten
atrophisch sowie ein ausgesprochenes canceröses Aussehen. Die
Brust schien weit, dilatirt; die Rippen waren wie beim Hydrothorax
vortretend, die Anscultation und Percussion Hessen jedoch nichts
Anormales in der Lunge finden. Die Herzschläge sind sehr
stark, 120 in der Minute, die Auscultation lässt ein systolisches,
an der Herzbasis localisirtes blasendes Geräusch erkennen. Die
Palpation des Abdomen lässt nichts finden. Eine Tuberculin-
injection hat kein Ergebnis.
Nach 10 Tagen ging Patient ein.
Bei der Section fand B. die Leber auf ihrer ganzen Ober¬
fläche und im Innern mit gelblichen, gut abgegrenzten Knötchen
besetzt, die fest, isoUrt oder confluirend, erbsen- bis Unsengross
und aus einem homogenen fibrösen Gewebe gebildet waren. Die
Nieren, das Mesenterium, die Wand des Duodenum, die Lunge,
das Pericardium und die Pleura Bind mit solchen Knötchen dicht
besetzt. Einzelne umgeben den Ansatz der grossen Gefässe an
der Herzbasis, zwei comprimiren und verengern die Aorta.
Die mikroskopische Untersuchung ergab die Anwesenheit von
Sarcomen; es wurden keine Bacillen gefunden und waren auch
Impfversuche erfolglos.
Ueber die Schotzwlrkang einer gesunden Nase gegen
Schädlichkeiten in der Inspirationslnft.
, Von S a e n g e r. (XVI. Cong. f. innere Medicin 14/98.)
(PorUehr. d. Medicin.)
, Die eingeathmete Luft nimmt auf dem Wege durch die
Nasenhöhlen Wärme und Feuchtigkeit auf, und zwar in dem
Masse, dass sie, selbst wenn sie ursprünglich sehr kalt und
trocken ist, in genügend erwärmtem und angefeuchtetem Zustande
in den Rachen, den Kehlkopf und in die tieferen Luftwege
gelangt. Beim Aufenthalt in Btaubiger Luft bleibt der ein-
gepthmete Staub zum allergrössten Theil auf der feuchten
N^sensclileimhaut haften. Etwa in der Inspirationsluft enthaltene
krankmacheude Mikroorganismen werden, wie die Forschungen
in der jüngsten Zeit ergeben haben, durch die Berührung mit
normalem Nasensecret abgetödtet bezw. unschädlich gemacht.
Diese Schutzwirkungen der Nase fehlen selbstverständlich, wenn
in Folge krankhafter Zustände der letzteren oder des Nasen¬
rachenraums die Athmung durch die Nase unmöglich ist und
durch die Mundathmung ersetzt wird. Die Schntzwirkungen
können aber auch trotz des Unbehindertseins der Nasenathmung
fehlen oder wesentiieb abgeschwächt sein, wenn die Nasenhöhlen
von abnormer Weite sind. Die Schleimhaut ist «<ann zur Er-
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402
BERLINER THIERARZTLICHE W0CHEN80HRIFT.
No. 84.
Wärmung und Anfeuchtung der durchstreich enden Luft nicht
geeignet, sie ist anämisch, trocken oder mit dem angetrockneten
Secret - bedeckt; sodann gelangt die Luft auch in weniger
-innige Berührung mit der Schleimhaut und ihrem Secrete.
Meist ist dann auch das Secret von abnormer Beschaffenheit.
Gerade aber eine abnorme Weite der Nasenlöcher ist eine sehr
häufige Erscheinung. Fehlt aber die Schutzwirkung der Nase,
dann kommt es leicht zu catarrhalischen und bactericiden Er¬
krankungen der Luftwege.
TTeber die Beziehung
der Lencocyten zur bactericiden Wirkung und zur
alcalischen Beaclion des Blutes und der Lymphe.
• Von Loewit
(Zleglcr'a Beiträge z pfttbol. Anatomie u allg. Pathologie)
Bekanntlich stehen sich die Untersuchungen H. Buchner’s
und Emm er ich’s über das Zustandekommen der bactericiden
Wirkungen des Blutserums unvermittelt gegenüber. Büchner
knüpft dieselben an das Vorhandensein der Alexine im Serum
und fasst letztere als ein Secretion 'product der weissen Blut¬
körperchen auf, während Emmerich >n eine indirecte Wirkung
der weiss°n Blutkörperchen denkt, indem von den weissen Blut¬
körperchen ein Impuls ausgehe — in den Versuchen war es ein
freies Alcali —, welcher die Serumkräfte znr Activität brächte.
Um diese strittige Frage der Lösung naher zu bringen, hat
Loewit die Aorta von Kaninchen unterbunden und gefunden,
dass dadurch, wenn auch nicht im parallelen Verhältnisse, die
Zahl der Leucocyten und der Alcalescpnzgrad des B'utes sehr
bedeutend sinken kann. In den Fällen hochgradiger Herab¬
setzung der Lencocytenzahl sank nun auch die bactericide
Wirkung des rj u.oerums bis zum Erlöschen. Da die mehr¬
kernigen Leucocyten am meisten von der Verminderung be¬
troffen waren, liegt es nahe, gerade diese als Quelle der
bactericiden Kraft des SerumB anzusehen. Trotz der beobachteten
Alcalescenzverminderung glaubt L., dass dieselbe nicht das
Wesen der Abscbwächung der bacterientödtenden Wirkung aus¬
mache. Ebenso spricht er sich gegen die Möglichkeit aus, dass
Auflösung rother Blutkörperchen, Eindicknng des Blutes oder
andere Dingen dieser letztem zuzuschreiben sei. Loewit hat
durch Zerreibung von serumbefreiten Lencocyten eine bacterien-
tödtende, hitzebeständige Substanz in denselben entdeckt,
welche sich durch diese letztere Eigenschaft von den hitze-
unbeständigen Alexinen Buchner’s unterscheidet L. bringt
dieselbe in Verbiniung mit Nuclei'n und Nuclelnsänre, möchte
sich jedoch vor der Hand darauf beschränken, seine Entdeckung
einfach zu registriren. Andere Versuche ergaben, dass das
Lymphserum zwar nicht, wie Neisser angegeben, bactericider
Fähigkeiten bar ist, dieselben jedoch aus einem nicht bekannten
Grunde in weit geringerem Masse besitzt als das Blutserum.
Beiträge zur vergleichenden Morphologie der Lencocyten*
Von H. Hirschfeld.
(Vircb. Arcb 149.)
Um über die Frage, inwieweit das Vorkommen und Ver¬
halten der Granula in den Lencocyten für verschiedene Tliiere
charakteristisch sei, Aufschluss zu erlangen, untersuchte H. mit
den von Ehrlich angegebenen Methoden das Blut von Schaf,
Ziege, Rind, Schwein, Kaninchen, Meerschweinchen, Pferd,
weisser Maus, Ratte, Hund und Katze. Es trat eine sehr grosse
Mannigfaltigkeit in der Structur der Lencocyten zu Tage, ohne
dass sich indessen besondere Ordnungs- oder Gattungscharaktere
aufstellen Hessen. Nur die einkernigen Elemente zeigen bei
allen Thieren constante Eigenschaften, was um so auffallender
ist, als diese ja die Stammformen für die übrigen so vielgestaltete,
Leucocyten sein sollen. Neutrophile Granula von der Grösse
Anordnung und tinctoriellen Beschaffenheit der menschlichen
kommen bei keinem der bis jetzt untersuchten Thiere vor; acido-
pliile Granula finden sich bei allen Thieren, eine besondere
Groppe, die indulinophilen Zellen, findet sich bei Meerschweinchen.
Eine neue Form stellen die aurantiophilen Zellen dar, die ein
Gemisch saurer Farben (Eosin und Aurantia) zu gleicher Zeit
aufnehmen; amphophile Zellen können zweierlei Art sein, ent¬
weder sich mit sauren und neutralen oder mit sauren und
basischen färben; letztere kommen nur bei Kaninchen vor. Bei
einigen Thieren hat die Mehrzahl der multinucleären Zellen
keine Granula, vielleicht vermitteln diese denUebergang von den
mononucleären zu den polynucleären Zellen. Das Verhältnis der
einzelnen Leucocytenarten zu einander ist bei den einzelnen
Thierspecies grossen Schwankungen unterworfen.
Therapeutische Notizen.
Natriumsiilfat In kleinen Dosen als Haemostatlcum.
Prof. Reverdin hat in einer Anzahl von Fällen capillärer
Blutung, die den gewöhnlichen äusserlichen Mitteln getrotzt batten,
mit dem Natriumsulfat glänzende Erfolge erzielt. Nach der Vor¬
schrift Kussmanl’s giebt er stündlich 0,1 mmg. Inden erfolgreich
behaudelten Fälllen handelte es sich theils um Epistaxis, tbeils
um Metrorrhagien, theils um Operationswunden, aus denen keine
grössere Gefässblutung, sondern eine Blutung „wie aus einem
Schwamm“ erfolgte. In einigen Fällen Hess das Mittel ira Stich.
Was die Erklärung der blutstillenden Wirkung anlangt, so glaubt
Verf., dass dieselbe in einer rascheren Gerinnung des Blutes zu
suchen sei. Nach dieser Richtung hin angestellte Thierversuche
ergaben bei extravenöser Einverleibung und Verfütterung des
Natriumsulfhts überwiegend positive Resultate, während subcutäfie
Injection eher Gerinnung verzögerte. (D. Med. Zig.)
lieber Antipyrin als wehenbeftfrderades Mittel.
Eberson berichtet in No. 26/1898 der Medico üherAntipyrin als
wehenbeförderndes Mittel. Vor mehreren Jahren wurde er zu
einer Wöchnerin aufs Land berufen, die vor 36 Sturden ein ge¬
sundes Kind geboren hatte und die bis zur Stunde die Nach¬
geburt wegen Mangel an Wehen noch nicht ausgestossen hatte.
Muttermund vollkommen verschlossen, nicht einmal für den Finger
durchgängig. Verf. beabsichtigte künstliche Erweiterung des
Uterusmundes mit nachfolgender manueller oder instrumenteller
Lösung der Placenta; er gab der Wöchnerin, die über Kopf¬
schmerzen klagte, drei Antipyrinpulver ä 1 g; die Placenta sollte,
es war in der Nacht, am nächsten Tage losgelöst werden. In der
Frühe wurde Verf. durch die Nachricht überrascht, die Nach¬
geburt sei glatt unter Wehen, die sich bald nach Einnahme der
Pulver eingestellt hätten, vollständig abgegangen.
Seit der Zeit benutzte er das Antipyrin in halbstündigen
Dosen a 0,3 in mehreren Fällen von Wehenschwäche mit gutem
Erfolge.
Tagesgeschichte.
Bericht Aber die Versammlung der beamteten Thier-
ftrzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm,
llfc Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftsbaus zu Lfineburg.
Tagesordnung.
1. BegrÜ88ung der Erschienenen durch den Vorsitzenden,
Departementsthierarzt Holzhauer.
2. Allgemeines über Viehseuchen: Statistik und kurze Be.
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25. August 1898.
sprechung der seit der October-Versammlung ergangenen
Verfügungen. — Referent: Der Vorsitzende.
3. Der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Verbreitung
von Thierseuchen und die zweckmässigste veterinär¬
polizeiliche Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen
und Verordnungen, unter besonderer Berücksichtigung
der Verhältnisse des diesseitigen Regierungsbezirks. —
Referent: Kreisthierarzt Matthiesen - Celle.
4. Die öffentlichen Viehverkäufe, Auctionen u. s. w. und
die veterinärpolizeiliche Ueberwachung derselben. —
Referent: Der Vorsitzende.
5. Die Stellung der beamteten Thierärzte und die Beschlüsse
der Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens. — Referent: Der Vorsitzende.
6. Allgemeines.
Die Versammlung, zu welcher sämmtliche Kreisthierärzte des
Bezirks erschienen waren und an der sowohl auf eigenen Wunsch
als auch auf Veranlassung des stellvertretenden Herrn Regierungs¬
präsidenten der Decernent der Veterinär - Angelegenheiten Herr
Regierungs-Assessor von Wussow theilnahm, wurde vom Vor¬
sitzenden mit begrässenden Worten eröffnet und dem Herrn De-
cernenten der Dank der Versammlung für sein Erscheinen ans¬
gesprochen. Es wurde nochmals auf die Zweckmässigkeit solcher
periodischen Zusammenkünfte zur Besprechung und Berathung
dienstlicher Angelegenheiten und veterinär-technischer Fragen für
die isolirt stehenden Veterinärbeamten hingewiesen und der
Wunsch für die Beibehaltung dieser Einrichtung allseitig zum
Ausdruck gebracht
Zu Punct 2 der Tagesordnung werden vom Vorsitzenden
einige allgemeine Bemerkungen betreffs der sorgfältigen Auf¬
stellung der Viehseuchen-Statistik gemacht und um möglichst
frühzeitige Einsendung der im Juli fälligen Statistik für April-
Juni, und zwar bis spätestens 10. Juli, gebeten, da die
königl. technische Deputation mehrfach den Wunsch ausge¬
sprochen hat, das Material dieses Quartals möglichst frühzeitig
zu erhalten.
Im Anschluss daran werden die seit der letzten Versammlung
vom 23. October a. c. zu Celle in veterinärpolizeilichen und
dienstlichen Angelegenheiten ergangenen Verfügungen kurz be¬
sprochen und theilweise erläutert. Hierbei kam auch der
Ministerial-Erlass betr. die Abänderung der landespolizeilichen
Anordnung zur Bekämpfung der Geflügelcholera zur eingehenden
Discussion. Der Herr Decernent theilte den Erlass mit und
forderte die Kreisthierärzte zur Mittheilung ihrer Ansicht über
Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit der darin empfohlenen
Massnahmen hinsichtlich des Handels mit Treibgänsen auf Grund
der in ihren Kreisen gewonnenen practischen Erfahrungen auf.
Es wird bei der Discussion im Allgemeinen festgestellt, dass
eine ziemlich bedeutende Einfuhr sogen. Treibgänse von den
grossen Gänsemärkten in Rummelsburg bei Berlin in die süd¬
lichen und östlichen Kreise des Bezirks, Gifhorn, Bergdorf, Isen¬
hagen, Lüchow, Dannenberg und Bleckede, und zwar nach der
Ernte, in den Monaten August und September stattfindet, während
die Kreise Harburg, Winsen, Fallingbostel, Soltau und auch
Lüneburg und Uelzen für eine solche Einfuhr wenig oder gar
nicht in Betracht kommen. In den erstgenannten Kreisen soll
nach Ansicht der Kreisthierärzte Röttger, Matthiesen,
Oelkers, Nitzschke und Ehling diese Zufuhr von Magergänsen
für die landwirthschaftliche Bevölkerung von grosser Bedeutung
sein, insofern, als diese Gänse hauptsächlich der Federn wegen
und bei den verhältnissmässig billigen Preisen, zu denen sie zu
haben sind, mit grosser Vorliebe fast in allen Höfen gekauft und
unter guter Ausnutzung der Stoppelfelder zur Mästung gebracht
403
werden. Die genannten Kreisthierärzte glauben, dass durch die
Einführung eines Verbotes des Treibens dieser Magergänse der
Handel mit denselben sehr erheblich erschwert und wesent¬
lich vertheuert würde, wodurch für die bäuerliche Bevölkerung
dieser Kreise zweifellos nicht unerhebliche Nachtheile entständen.
Diese wirtschaftlichen Nachtheile würden im Hinblick auf die
bisher in den genannten Kreisen in sehr geringem Umfange zur
Beobachtung gekommenen Fälle von Einschleppung der Geflügel-
cbolera durch solche Treibgänse für erheblicher gehalten als
eine eventuelle Einschleppung der Seuche selbst, um so mehr als
Ausbrüche der Seuche bei der jetzt bestehenden Anzeigepfiicht
baldigst zur Kenntniss der Behörden kämen und zur Ergreifung
zweckentsprechender Tilgungsmassregeln führten. Die Mehrzahl
der anwesenden beamteten Thierarzte hält zudem die Durchführ¬
barkeit des Fahrens dieser grossen Gänseherden für sehr
schwierig und fast unmöglich. Unter Berücksichtigung des Um¬
standes, dass die Thiere zeitweise behufs Wartung und Pflege
die Transportwagen verlassen müssten, hierbei auch in den seitens
der Händler dazu ausgewählten Ortschaften Gelegenheit zur Ein¬
schleppung des etwa vorhandenen Ansteckungsstoffes gegeben
wäre und dass ferner bei der Ausübung des Handels selbst eine
Berührung der Thiere mit den Dorfstrassen kaum zu verhindern
sein dürfte, auch die völlige Sicherung der Transportwagen gegen
Herabfallen von Excrementen u. s. w. nicht einwandfrei zu er¬
reichen wäre, wurde einstimmig anerkannt, dass bei der schwer
einschneidenden Massnahme doch die genügende Sicherung gegen
die event. Seucheneinschleppung nicht gegeben sei. Eine Controle
dieser Gänsetriebherden wurde indessen für zweckmässig er¬
achtet, jedoch gingen die Ansichten über die Ausführung der¬
selben auseinander. Während von einer Seite verlangt wurde,
dass die Händler ein Geschäftsbuch bei sich führen, beim Be-
..tyjeten eine* Ortschaft dem Ortsvorsteher die Stückzahl ihrer
Herde nachweisen und beim Verlassen der Ortschaft wiederum
den- Abgang durch Verkauf u. s. w. feststellen lassen müssten,
hält man von anderer Seite eine Untersuchung der Treibherde
durch den beamteten Thierarzt beim Eintritt in den Kreis für
zweckmässig. Nachdem Seitens des Vorsitzenden auf die
Schwierigkeit und Unzuverlässigkeit solcher summarischen Unter¬
suchungen unter besonderer Berücksichtigung des Auftretens und
Verlaufs der Geflügelcholera beim Wassergeflügel aufmerksam
gemacht worden war, wurde dieser Gegenstand als genügend
geklärt betrachtet und zu Punct 3 der Tagesordnung über¬
gegangen.
' Kreisthierarzt Matthiesen erstattete in höchst eingehender
und sachlicher Weise das Referat Aus demselben ist hervor¬
zuheben, dass der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Aus¬
breitung von Thierseuchen, besonders für die Tuberculose der
Rinder und Schweine und für die Maul- und Klauenseuche durch
die i bisher gewonnenen Erfahrungen einwandfrei feststeht und
als sehr erheblich bezeichnet werden muss. Diese Erkenntniss
hat, denn auch bereits bei der Bearbeitung der Novelle zum
Reichsviehseuchengesetz vom 1. Mai 1894 und der dazu erlassenen
Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Einführung von
Massnahmen geführt, durch die die Ausbreitung besonders der
Mafil- und Klauenseuche durch die aus den Sammelmolkereien
in die verschiedenen Wirtschaften zurückgehende, mit Infectiona-
keimen beladene Magermilch verhütet werden soll. Die Sicher¬
heit dieser Massnahmen, die das Erhitzen der Magermilch aut
90 bezw. 100° C. anordnen und dadurch Abtödtung der Keime be¬
zwecken, kann aber nur dann als einwandsfrei angenommen werden,
wenn in allen Sammelmolkereien genügende Einrichtungen zur
Durchführung derselben vorhanden sind und diese auch zweck¬
entsprechend gehandhabt werden. Nachdem der Referent die
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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404
BERLINER THIERÄ BZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34.
„/» «iner Anordnung als wttnschenswerth bezeichnet hatte,
«ÄlS v-ww. - h ihrer E1 "“ efer "” g ln
Molkerei dem Sterillsationsverfshren zu unterwerfen wäre,
und er weiter die zur Zeit vorhandenen, zu diesem Zweck mein
oder wenitter geeigneten technischen Apparate erklärt und be-
Utlgllch Ihrer Brauchbarkeit krltisirt hatte, wobei die Schritte,
nie »eiten, de. landwirth.chafttlol.en Ministerium» bereit, gethsn
Ulnd und die Stellungnahme der bei der Frage wesentlich e-
thelligten landwlrthschaftllchen Kreise mltgethellt wurden, kam
er auf die zur Zelt bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und
erlassenen Verordnungen behufs Verhütung der Verbreitung der
Maul- und Klauenseuche durch die Magermilch aus Sammel¬
molkerelen zurück und erörterte die zweckmässlgste Handhabung
derselben unter Berücksichtigung der Verhältnisse des diesseitigen
Bezirks. Nachdem Referent noch die verschiedene Art der
Ilurchführung der Erhitzung der Magermilch in den verschieden
eingerichteten Molkereien des Bezirks geschildert und erläutert
hatte, fasste er zum Schlüsse seiner Ausführungen die zweck-
massigste Handhabung dahin zusammen, dass
1. die Anordnung der gesetzlich gegebenen Befugnisse
(§ 44a deB Ges. und § Gl der Instr.) möglichst frühzeitig,
d. h. schon beim ersten Ausbruch der Seuche und unab¬
hängig davon getroffen würde, ob das betreffende Gehöft
einer Sammelmolkerei angeschlossen ist oder nicht, und
dasB diese Massnahme (§ 44a Abs. 2) gleich für einen
grösseren Umfang des Verwaltungsbezirkes (Kreis oder nach
Lage der Verhältnisse benachbarte Kreise u. s. w.) an¬
geordnet würde;
2. die Oontrole der Einrichtungen der von dieser An¬
ordnung betroffenen Molkereien und der Erhitzung der
Magermilch dem beamteten Thierarzt übertragen werde,
wobei derselbe sein Augenmerk gleichzeitig aufdie Reinignng
und De&infection der Milchkannen und Milchwagen zu
richten und sich zu überzeugen haben würde, dass die
landespolizeiliche Anordnung betreffend Vernichtung des
Ceutriftigenschlammes richtig beobachtet werde;
ft, die Anordnung dieser Massnahmen mit grösster Eile unter
thunlichster Zuhilfenahme des Telegraphen oder Telephons
zu erfolgen habe.
ln der hieran anschliessenden Discussion wurde den Aus¬
führungen des Referenten in Allgemeinen allseitig beigesümmt
und die Einführung einer gesetzlichen Bestimmung znr Sterilisation
sänuntlicher in die Molkereien gelangenden Vollmilch für durchaus
forderlich erachtet.
Die Schlusssätze 1 und ft fänden gleichfalls einstimmig An¬
nahme. Zu 2 wurde die Unmöglichkeit betont, dass der Kreis¬
thierarzt überall die Oontrole der Erhitzung u. s. w. ausführen
könnte, und es wurde für richtiger gehalten, wenn bei der ersten
Besichtigung der betreffenden Molkereien durch den Kreisthierarzt
dem Molkereileiter protokollarisch die sorgsamste Durch¬
führung der Erhitzung in der aufgegebenen Weise auf-
eliegt würde. Polizeiliche Oontrole müsste dann die Durch¬
führung überwachen. Per Molkereileiter wäre im Contra venüons-
falle mit hoher Geldstrafe zu belegen.
Zu l'unkt 4 der Tagesordnung theilte der Vorsitzende
zunächst mit. dass seinerseits im Anschluss an die Mai-
x >rsammlung im vorigen Jahre dem Herrn Regierungspräsidenten
ausführlicher Bericht über die im Bezirk bestehenden un-
frieichen Verhältnisse bezüglich der Beaufsichtigung der Vieh¬
märkte und öffentlichen Yiehverkäufb erstattet worden sei. Im
AnsukUs* hieran sei den Polizeibehörde® aafgegebe® worden,
ihr* gv\»ste Sorgfalt der veterinärpoliieiHohen Ueberwaehnng
Viehmärkte, insbesondere der Schweine- und Ferkelmärkt«
im Hinblick auf die Gefahr der Schweinesenche, »»
und auch die Bestimmungen der Landes-Pelineiverordnong v m
25. September 1882 betr. die öffentlichen Viehverkilufe mogl cte
zur Durchführung zu bringen. Gleichzeitig £**?£££
darüber angestellt worden, ob sich bei den öffentlic
von nicht zusammen gebrachtem Vieh einzelner Züc ter nn
wirthe Missstände herausgestellt hätten, die eine Ab^dening der
Polizeiverordnnng erforderlich erscheinen liessen.
eine Hälfte der Polizeibehörden nach der Richtung hin ® ,n ®
stände beobachtet hat und eine Abänderung nicht für e or
hielt, hatte die andere Hälfte entweder in der Tbat Fälle vo
Seuchenverschleppungen (Schafräude) durch solche
öffentliche Verkäufe festgestellt oder hielt eine obb f a ‘°" 8 “
Beaufsichtigung »ämmtlicher öffentlicher ' ieh ^ e ! kftU ( ? fl d n “f' n
beamtete Thierärzte aus allgemeinen vetermärpolizeilichen
für erforderlich. ,, a»
In der Discussion dieser Angelegenheit kam der B gn
öffentlichen Viehverkäufe im Sinne des § 17 des ReicbngeseU«
znr eingehenden Besprechung und es wurde besonders von Sei es
des Herrn Decernenten ausgeführt, dass es sich bei er
führurg der Beaufsichtigung öffentlicher Viehverkäu e, e
Ermessen des Herrn Regierungspräsidenten anheimgegeben sei,
immer auf Grund dieses § 17 um zusammengebrachte Vieh¬
bestände handle. Sollten auch bei den Verkäufen private
Züchter etc., wo nur eigene Viehstücke zum ******
Verkauf gestellt würden, sich derart erhebliche Gefahren
herausstellen, die veterinärpolizeiliches Einschreiten erforder¬
lich machten, so könnten solche Beaufsichtigungen nur nach
entsprechender Abänderung des § 17 angeordnet werden. Eine
solche Abänderung dieses in seiner jetzigen Fassung so auss
ordentlich wichtigen Paragraphen wurde danach allersei s
nicht wünschenswert angesehen. Da es nur im Interesse
beamteten Thierärzte hegen kann, wenn die Bestimmungen er
landespolizeiliehen Anordnung vom 25. September 1882 u e
einheitlich und gleichmässig beobachtet würden, so wurde es am
Schlüsse der Discussion als erforderlich erachtet, dass je er
beamtete Thierarzt des Bezirks diese öffentlichen Verkäufe m
seinem Kreise sorgfültigst beobachtet und Contraventionen gegen
die Untersuchnngsbestimmungen unnachsichtlich znr Anzeige bringt-
Bei Punkt 5 der Tagesordnung referirt der Vorsitzende über
die seit ungefähr zwei Jahren mehr in Fluss gekommene Be¬
wegung znr Verbesserung der Stellung der beamteten Wr-
ärzte. Wenngleich die letzteren schon längst die Unhaltbar ei
ihier Stellung im Vergleich zu den nach der Entwicklung
der Veterinärgesetzgebung an sie gestellten Forderungen er*aM
hätten, hofften sie immer auf die Fürsorge der höheren Be o
und verhielten sich schweigsam. Erst als in den V erhan ungen
des preussischen Abgeordnetenhauses gelegentlich der ^
sprechungen der Viehseuchenangelegenheiten in den beiden letzten
Jahren die Organisation der Veterinärpolizei und ihrer Beam e “
znr Sprache kam. wurde auch die Stellung der beamteten * r
ärzte in den Kreis der Betrachtungen gezogen, erst nachdem er
Herr Landwirthschaltsminister unter ausdrücklicher Anerkennt
der Leistungen dieser Beamtenkategorie ausgefuhit halte, '
: er ebenfalls die Stellung dieser Beamten hinsichtlich ihrer
1 soldungsVerhältnisse für mangelhaft hielte, ihm aber Kl*«***
den Kreisen derselben noch nicht zu Ohr« gekommen
regte es sich auch in den Reihen der beamteten Thieriizt«
es erschienen in den Fachzeitschriften Artikel, die sich
einer Reform der Stellungen beschäftigten. Nachdem .
verschiedenen thierämlieben Vereine in den Provinze* d»e ^
angenommen hatten, wurde dieselbe in der Versammle *
( Central Vertretung der thierärxükhen Vereine Preuzseu»
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25. August 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 405
Mai d. J. auf die Tagesordnung gebracht. Die hier gefassten
bekannten Beschlüsse wurden vom Referenten nochmals verlesen
und eingehend beleuchtet.
Nachdem die Motive zu diesem Vorgehen in längerer Dis-
cussion besprochen waren und die seitens der Centralvertretung
aufgestellten Punkte als richtig und massvoll, der Entwicklung
der Stellung der beamteten Thierärzte und der an sie gestellten
Anforderungen und von ihnen gegebenen Leistungen entsprechend
allseitig anerkannt waren, wurde seitens des Decernenten der
Erlass des Herrn Ministers betr. die Erhebungen über die Ein-
kommensverbältnisse der Kreisthierärzte mitgetheilt und auf die
möglichst sorgfältige Aufstellung des Formulars hingewiesen.
Hierbei wurde auch die in dem Erlass gestellte Frage bezüglich
der Zweckmässigkeit der Gewährung eines Pauschalsatzes für
Gebühren an Stelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen zur
Discussion gebracht und es wurde ein solcher Besoldungsmodus
für den diesseitigen Bezirk bei der Verschiedenheit der dienst¬
lichen Thätigkeit der Kreisthierärzte in den einzelnen Kreisen
als unzweckmässig und kaum möglich bezeichnet.
Der zweite Punkt des Erlasses, der Vorschläge wünscht über
die Beseitigung der zu Unzuträglichkeiten Anlass bietenden Ein¬
richtung, dass die beamteten Tbierärzte für amtliche Geschäfte
von den Zahlungspflichtigen Gebühren nach Vereinbarung zu er¬
heben haben, kam ebenfalls zur Discussion. Es wurde allseitig
anerkannt, dass bei gewissen amtlichen Verrichtungen, die auf
besondere allgemeine Anordnung auszuführen und für welche auf
Grund des § 24 des preuss. Ausführungsgesetzes von den Be¬
theiligten die Kosten zu tragen seien — wie Revisionen der Vieh¬
händler- und Gasthofsställe, — die Einführung der Erhebung der
Gebühren durch diejOrtspolizeibehörde wünschenswert!) sei. Anderer¬
seits wäre dieser Modus bei den Untersuchungen der zum öffentlichen
Verkauf zu stellenden Thiere, die durch die landespolizeiliche An¬
ordnung vom 25. September 1882 im Bezirk eingeftthrt sind,
nicht richtig, da es bei der Verschiedenheit des Umfanges dieser
Amtsgeschäfte nicht möglich sei, feste Sätze für die einzelnen
Fälle aufzust.ellen und auch den Handeltreibenden hierdurch
eine grosse Erschwerung auferlegt werden würde. Hierbei wird
es für richtig gehalten, dass der Kreisthierarzt je nach Umfang
des jeweiligen Amtsgeschäftes seine Gebühr vom Beantrager der
Untersuchung in gleicher Weise erhebt, wie er es auch in der
Privatpraxis und bei Ausstellung von Attesten über Gewährs-
mängel beim Vieh tliun muss.
Nachdem die Tagesordnung in dreieinhalbstündiger Sitzung
erledigt war, schloss der Vorsitzende die Versammlung mit dem
Ausdruck der Hoffnung, dass die hohen Behörden, die auf allen
Gebieten bestrebt sind, ausgleichende und zweckmässige Ordnung
der Verhältnisse der Staatsbeamten herbeizuführen, und die auch
dem thierärztlichen Stand und seinen beamteten Vertretern jeder¬
zeit und in hohem Masse Wohlwollen gezeigt hätten, auch diese
berechtigten und massvollen Forderungen derselben gewähren
mögen.
Das sich anschliessende Diner hielt die Theilnehmer der Ver¬
sammlung noch bis zum Abgang der Züge in fröhlichster Stimmung
zusammen. Es wurde Gelegenheit genommen, dem Herrn Decer¬
nenten nochmals Dank für seine rege Theilnahrae an den Tages-
fragen ausznsprechen, worauf auch er seiner besonderen Freude
Ausdruck gab, Gelegenheit gehabt zu haben, die einzelnen be-
amteteten Herren des Bezirks kennen zu lernen und in der Be¬
ratung und Besprechung wichtiger dienstlicher Fragen offene,
vom praktischen und fachmännischen Standpunkt dictirte Aeusse-
rnngen zu hören.
Auf Wunsch des Herrn Regierungspräsidenten ist vom Vor¬
sitzenden über die Versammlung in einer eingehenden Registratur
berichtet worden, worauf derselbe die Anlegung besonderer Acten
über die jährlichen Versammlungen der beamteten Thierärzte des
Bezirks zur Verwertung des daraus gegebenen Materials verfügt
hat:.. Es dürfte dies eine Bestätigung für die Zweckmässigkeit
und Wichtigkeit solcher periodischen Zusammenkünfte und ein
Ansporn zur baldigen Wiederholung sein, wenn auch dem Ein¬
zelnen mehr oder weniger grosse Opfer dadurch auferlegt werden.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für
Senchenstatistik and Veterinfirpolizei.
fiefllgelcholera.
Die Anzeigepflicht ist durch Bekanntmachung des Reichs¬
kanzlers vom 17. er. auch für die Fürstentümer Waldeck uud
Pyrmont eingeführt wordeD.
Verletzungen von Menschen durch toliwüthige Thiere.
In einer Ministerialverfügung, welche bezüglich der Ver¬
schärfung der Tollwuthbekämpfnng neulich an die Regierungs¬
präsidenten der östlichen Grenzbezirke ergangen ist, findet sich
die Angabe, dass im Jahre 1897 in Preussen 152 Personen von
tollen oder der Tollwut dringend verdächtigen Thiere gebissen
worden sind, eine Zahl, die vielen überraschend gross erscheinen
wird. Gestorben sind nur 5 — 3,3 pCt., ein wieder überraschend
geringer Procentsatz. Von den Gestorbenen waren 2 gar nicht,
2 unzweckmässig (Wundnaht mit Jodoformverband) behandelt.
Acht der Gebissenen gingen in ausländische Pasteur-Institute.
Die Mehrzahl wurde an Ort und Stelle einfac h mit Ausbrennen
und Ansätzen der Wunde behandelt. Die Bisse rührten von
2 Katzen und 102 Hunden; bei 77 der letzteren war die Tollwut
unzweifelhaft festgestellt. An den Fällen sind die drei schlesischen
und die beiden ostpreussischen Bezirke mit 110 beteiligt; Marien¬
werder, Danzig, Posen und Bromberg mit je 4 bis 9 Fällen; die
übrigen kommen vereinzelt vor in Stettin, Merseburg, Schleswig
und Frankfurt.
Veterinärbeamte.)
NaobwelsuM Ober den Stand der Vieheeaehen In Deutschen Reiohe
an 31. Juli 1898.
Es waren am 31. Juli in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1) R.-B. Marienwerder 1 (1).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (3).
R.-B. Köslin 1 (1). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Breslau 3 (4).
K.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (5). R.-B. Düsseldorf 1 (1).
R-B. Trier 3 (5). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2(2). Kreis-
hanptm. Leipzigl (2). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis
3 (4). Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (2).
Ö. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R-B. Oberbayern 16 (54). R.-B. Niederbayern 2(3).
R.-B. Pfalz 5 (9). R-B. Oberpfalz 2 (4). R.-B. Oberfranken 2 (2).
R.-B., Mittelfranken 7 (20). R.-B. Unterfranken 10 (18). R-B.
Schwaben 12 (19). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1)
Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreishauptm. Zwickaul (1). Württe m-
berg: Neckarkreis 10 (14). Schwarz waldkreis 4 (4). Jagstkreis 9(32).
Donankrei8 13 (19). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3).
Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm. Karlsruhe 7 (17).
Landescomm. Mannheim 4 (4). Hessen: Provinz Rheinhessen 3 (5).
Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenth. Birkenfeld 1.
Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Meiningen: 1 (2). Sachsen-
Coburg-Gotha: Herzogth.Gotha 3 (6). Anhalt: 2 (5) Waldeck:
2 (9). Bremen: 7. Elsass-Lotbringen: Bez. Unter-Elsass 1(6).
Bez. Ober-Elsass 3 (6). Bez. Lothringen 4 (10).
C. von Lungenseucbe:
Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B.
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis-
haupim. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1).
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400
Da die Ställe, in denen ich die beiden gleichartigen Krank¬
heitsfälle festgestellt hatte, im Dorfe ziemlich weit von einander
entfernt lagen, and weder die Thiere noch die Insassen der zwei
Gehöfte mit einander in Berührung gekommen waren, erschien
die Annahme berechtigt, dass der erwähnte Hirte bei der den
Thieren geleisteten Geburtshilfe die Infection verursacht habe.
Ich ertheilte deshalb den Rath, letzteren zur Hilfeleistung bei
Geburten vorläufig nicht wieder zu verwenden oder ihn erst dann
Geburtshilfe leisten zu lassen, nachdem er Hände und Arme in
der von mir beschriebenen Weise mit Seifenwasser und Creoljn-
emulsion sorgfältig gereinigt und desinfleirt, Wurf und Scheide
der gebärenden Kühe mit Creolinlösung irrigirt habe.
Am 30. April wurde die Erkrankung dreier weiteren Kühe
gemeldet. Bei meiner Ankunft waren bereits zwei derselben ver¬
endet, die dritte lebte noch, starb aber auch im Laufe des Tages.
Sämmtliche drei Kühe waren von dem Kuhhirten entbunden
worden. Die eine hatte — wie diejenige des Strassenwärters A.
— am 23. April gekalbt und war am 27. erkrankt. Die beiden
anderen Thiere batten am 26. April geboren und am 28. bezw. 29.
die ersten Krankheitssymptome gezeigt. Es waren bei diesen
Kühen angeblich die von mir empfohlenen Desinfectionsmass-
regeln ausgeführt worden. Die aufgenommenen klinischen und
pathologisch-anatomischen Befunde waren den vorher beschriebenen
analog. Verletzungen in der Scheide waren nicht aufzufinden.
Dass der Hirte Zwischenträger des Infectionsstoffes sein
musste, erschien nunmehr zweifellos; denn es hatten seit Auf¬
treten des ersten Krankheitsfalles eine Anzahl von Kühen im Orte
ohne Hilfe des Hirten gekalbt, und alle diese Thiere — wie¬
viele , konnte nicht genau festgestellt werden — waren ge¬
sund geblieben, während von den innerhalb der letzten 14 Tage
vom Hirten entbundenen acht Kühen sechs Stück verendet
waren., - i «
Ich ertheilte aus diesem Grunde der Ortspolizei den Rdth',
dem Hirten bis auf Weiteres jegliche Geburtshöfe zu verbieten
und die Ställe, in denen Krankheitsfälle aufgetreten waren, genau
so zu desinficiren, wie es für Milzbrand vorgeschrieben ist.
Im Stalle des Strassenwärters A., in welchem entgegen den
von mir ertheilten Rathschlägen das Feldsteinpflaster nicht
aufgebrochen und die durchfeuchtete Erdschicht nicht
abgegraben worden war, erkrankte die noch darin befind¬
liche, Eingangs erwähnte Kuh, welche ohne Hilfe des Hirten
am 6. Hai gekalbt hatte, am 9. Mai ebenfalls am beschriebenen
Leiden und verendete nach zweitägiger Krankheitsdauer.
Nachdem nach Ablauf von 4 Wochen keine weiteren Fälle
beobachtet worden waren, trotzdem mehrere Kühe gekalbt hatten,
wurden die sämmtlichen Kleider des Hirten, die er bei Vornahme
der verschiedenen Geburtshilfen getragen hatte, durch Auskochen
desinfleirt und demselben wieder gestattet, bei normalen Geburten
Hilfe zu leisten. Es sind seitdem keine Fälle von Vulvagangraen
wieder aufgetreten.
Letztere erscheinen in dreifacher Beziehung interessant.
Erstens zeigen sie von Neuem, welche schlimme Rolle der Ge¬
burtshelfer als Zwischenträger von Infectionsstoffen spielen kahfl.
Zweitens sind sie wiederum ein Beweis für die Wichtigkeit der
Stalldesinfection zur Verhütung puerperaler lnfectionen. Drittens
sind wohl die beobachteten, nach Ablauf von 1—2 Tagen letal
verlaufenden Krankheitsfälle an und für sich bemerkenswerth,
da ein vollständig gleiches Leiden meines Wissens nach bisher
nicht beschrieben worden ist; denn es bandelt sich weder um die
von de Bruin geschilderte „puerperale Phlegmone 0 , noch um die
als „Gebartarauschbrand 0 bezeichnete Infectionskrankheit, da
eine Ansammlung von Gasen in den Schamgeschwülsten nicht
vorhanden war. Am meisten Aehnlichkeit noch dürfte die beob-
No. 84.
achtete Krankheit mit dem von Froehner-Hünfeld beschriebenen
„gangraenescirenden Oedem der Rinder und Schafe 0 besitzen.
Ich will noch erwähnen, dass Tauben und Kaninchen nach
subcutaner Einimpfung des Schnittflächensaftes der erkrankten
Vulva nicht verendeten.
Referate.
Ist Zocker ein normaler Bestandtheil des Ilarns unserer
Säogethiere?
und
Zwei nene klinische Methoden der quantitativen Zocker¬
bestimmung im Harn.
Von Thierarzt Martin Klimmer,.
(ZeiUchr. f. Thlenned. 1838 H. 8.)
Im Blute und in den Organen der Thiere ist Traubenzucker
nachgewiesen worden. Consequenter Weise ist dieser Körper
auch in den Se- und Excreten des Körpers zu erwarten. Ueber
das Vorkommen des Traubenzuckers als normaler Bestandtheil
des Harns unserer Haussäugethiere sind bis jetzt nur unzureichende
Angaben gemacht worden. Um diese Lücke in der vergleichenden
Biologie auszufüllen, hat der Verf. mit der Untersuchung des
Rinder- und Schweineharns den Anfang gemacht.
Im Allgemeinen kommt hier von den Zuckerarten hauptsächlich
der Traubenzucker in Betracht, die übrigen Zuckersorten spielen
eine ganz untergeordnete Rolle.
Die Methoden, welche zur Zuckerbestimmung im normalen
Harn benutzt werden, zerfallen bekanntlich in zwei Gruppen.
Entweder wird der Zucker zuerst ausgefällt und im Niederschlag
durch die gewöhnlichen Reactionen bestimmt, oder derselbe wird
direct im Harn nachzuweisen gesucht.
Am meisten werden die Reductionsproben nach der zweiten
Gruppe benutzt. Aber auch durch diese Methoden wird kein
sicheres Resultat gewonnen, denn dieselben geben mit anderen
Harnbestandtheilen, welche nicht zur Zuckergrnppe gehören,
ähnliche ßeactionen. Vor einem Irrthum kann man sich zwar
in der Weise bewahren, dass die Probe nach dem Vergäbren des
Harnzuckers wiederholt wird und beide Resultate vor und nach dem
Vergähren verglichen werden; ein geringer Zuckergehalt lässt
sich indess auch durch diese Methode nicht erkennen.
Dem Verl gelang es nun, durch Versetzen der Fehling’schen
Flüssigkeit mit alkalischer Guaninlösung ein Verfahren zu finden,
welches feinere Keactionen giebt. Es verbindet sich nämlich, wie
Balke festgestellt hat, ein Molekül Guanin mit einem Molekül
Kupferoxydul zu einem weissgefärbten flockigen voluminösen
Salze von der Formel C 4 H 5 N * 0. Cu s 0, welches in Ammoniak,
Creatinin, Creatin, Pepsin u. b. f. unlöslich ist. Bei Gegenwart
von Guanin im Harn fällt hiernach sämmtliches Kupferoxydul ans,
was sonst nicht der Fall ist, weil Ammoniak und Körper, die
beim Erhitzen mit Kali Ammoniak liefern, ferner Pepton, Pepsin,
Creatin und Creatinin zuweilen ganz erhebliche Mengen in
Lösung halten. Hierin liegt auch die Ursache, weshalb in vielen
namentlich in dunkelgefärbten Harnen, kein Zucker nach-
zuweisen ist
Dagegen hat nach dem Verf. der Zusatz von alkalischer
Guaninlösung zur Fehlin g’schen Lösung den Vortheil, dass der
bei der reducirenden Einwirkung des Zuckers sich bildende
voluminöse Niederschlag von Kupferoxydul-Guanin alle Stoffe mit
niederseblägt, welche die schmutzig grünlichbraune Trübung ver¬
ursachen. Die Voluminosität und die weisse Farbe des Guanin-
Kupferoxyduls lässt eine stattgehabte Reduction in der blauen
Fe hl in g’schen Lösung leichter erkennen.
Mit Hilfe dieser modificirten Trommer'sehen Probe hat K-
festgestellt, dass der Traubenzucker ein normaler Bestandtheil
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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55. August 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 401
des Harnes von Rindern und Schweinen ist. Während sich mit
der parallel ausgeführten Nylander’schen Probe hei Rindern
ca. 12pCt., bei Schweinen in lOpCt. Zucker im normalen Harn
nachweisen Hess, hatte das nene Verfahren in 25 pCt. bezw.
20 pCt. aller Fällen positive Resultate.
Die beiden neuen klinischen Methoden zur quantitativen
Zuckerbestimmung im Harn beruhen ebenfalls auf dem Gebrauch
der Fehling'schen Lösung mit einem Zusatz von alcalischer
Guaninlösung. Die Anwendung der Methoden ist in einem 2. Ab¬
schnitt genau beschrieben.
Nach den Untersuchungen des Verf. schwankt der Trauben¬
zuckergehalt im Harn deB Rindes zwischen 0,005—0,062 pCt., im
Harn des Schweines zwischen 0,004—0,06 pCt. Diese Zahlen
stimmen mit dem im menschlichen Harn gefundenen Zuckergehalt
überein.
Verf. glaubt also auf Grund seiner Untersuchungen annehmen
zu können, dass in jedem normalen Harn von Rindern und
Schweinen Zucker vorhanden ist „Seine Menge ist jedoch zumeist
so gering, dass er mit den heutigen Methoden noch nicht in
allen Fällen sicher nachgewiesen werden kann. Nur dann ist
jetzt seine Gegenwart zu constatiren, wenn er sich dem physiologi¬
schen Maximum nähert.“
Die Annahme, dass der Zucker in jedem Harn vorkomme,
wird damit begründet, dass derselbe ein normaler Bestandtheil
des Blutes und aller Organe ist und dass er zu den Stoffen ge¬
hört, die thierische Membranen leicht durchdringen.
D&8 Pflanz’sche Embryotom.
Vom Departements-Thierarzt Schmidt-Buxtehude.
(Dtsch. Tblor&rztl. Wscbr. *8, 1898.)
Departements-Thierarzt Schmidt schreibt über das seiner
Zeit in der B. T. W. beschriebene Embryotom Folgendes:
In den Geestbezirkeu kommen seit einer Reihe von Jahren
namentlich bei erstgebärenden Thieren, da, wo Holländer Bullen
eingestellt sind, Schwergeburten vor in Folge zu grosser Kälber.
Denn es sind hier Kälber von 120 Pfund Gewicht bei den ver-
hältni8smässig schmalen Geestkühen häufig, und Sch. hat schon
Kälber von 140 Pfund gesehen, die allerdings nur durch die
Embryotomie stückweise herausbefördert werden konnten, während
dagegen bei den breiteren Kühen der Marschbezirke meist nur
Kälber von 80—100 Pfund beobachtet werden.
Die Embryotomie muss daher häufig angewandt werden, und
S. hat dabei das Pflanz’scbe Embryotom erprobt. Vorzüglich be¬
währt sich dasselbe beim Durchschneiden der hinteren Hälfte des
Kalbes in der Beckenfuge, nachdem das Vordertheil entwickelt
und abgeschnitten ist. Das Kettenmesser ist hierbei leicht anzu¬
legen, Verschiebung und Flachlegen desselben leicht zu verhüten.
Sehr gute Dienste leistet das Embryotom ferner bei der Steiss-
lage. Die Kette lässt sich hierbei leicht um die unter dem Bauche
liegenden Hinterschenkel legen. Man durchschneidet zunächst
den einen und dann den andern, doch muss das Oberschenkelbein
möglichst nahe am Hüftgelenk abgeschnitten werden, da sonst die
Extraktion doch noch Schwierigkeiten macht
Schwieriger ist es, wenn bei einem zu grossen Kalbe die
Hinterschenkel nicht unter dem Bauche liegen, sondern in die
Scheide getreten sind. Hierbei ist es S. nicht gelungen, die Ent¬
fernung durch das Embryotom zu bewerkstelligen, da das Ketten¬
messer abglitt. Er hat deshalb in solchen Fällen wieder zu der alten
Methode zurückgegriffen, die Hinterschenkel aus der Haut heraus¬
zuziehen, was jedoch an diesen viel mehr Arbeit macht wie an
den Vorderfüssen.
Bei abnormen Kopflagen, wenn sie nicht anders zu beseitigen
sind oder das Kalb schon todt ist, ist das Pflanz’sche Embryotom
wieder sehr zu empfehlen. — Querlagen sind S. noch nicht vor¬
gekommen, seit er das Jnstrument besitzt; doch hält er es auch
hierbei für sehr verwendbar.
Ganz vorzügliche Dienste leistet das Embryotom aber bei
Durschneidungen der Vorder- bezw. Hinterschenkel, an Fusswurzel-
und Sprunggelenk, bei Bengestellnng derselben. Hierbei sucht
sich das Messer sozusagen von selbst die richtige Stelle
und durchschneidet die Gelenke sehr leicht, indem es zwischen
den Knochenreihen hindurchgeht. Das ist besonders bei den langen
Extremitäten der Füllen von grossem Werth, wobei die früher
verwandten Instrumente sehr mangelhaft funktionirten. — S. hält
daher das Pflanz’sche Embryotom für ein sehr empfehlenswerthes
Instrument.
Sarcomatöse Pseudo-Tube rculose beim Hunde.
Von Prof. Bournay-Toulouse.
(Revue vet., Febr. 1898.)
Eine 7jährige Bracke frass unregelmässig und magerte seit
zwei Monaten stark ab. In den letzten vierzehn Tagen hatte sie
anBserdem fünf oder sechs epileptiforme Anfälle. Die Unter¬
suchung ergab: die schon erwähnte starke Abmagerung, die Haut
adbärirend, die Schleimhäute blass, die Augen tief, die Crotophiten
atrophisch sowie ein ausgesprochenes canceröBes Aussehen. Die
Brust schien weit, dilatirt; die Rippen waren wie beim Hydrothorax
vortretend, die Auscultation und Percussion Hessen jedoch nichts
Anormales in der Lunge finden. Die Herzschläge sind sehr
stark, 120 in der Minute, die Auscultation lässt ein systoUsches,
an der Herzbasis localisirtes blasendes Geräusch erkennen. Die
Palpation des Abdomen lässt nichts finden. Eine Tuberculin-
injection hat kein Ergebniss.
Nach 10 Tagen ging Patient ein.
Bei der Section fand B. die Leber auf ihrer ganzen Ober¬
fläche und im Innern mit gelblichen, gut abgegrenzten Knötchen
besetzt, die fest, isolirt oder confluirend, erbsen- bis linsengross
und ans einem homogenen fibrösen Gewebe gebildet waren. Die
Nieren, das Mesenterium, die Wand des Duodenum, die Lunge,
das Pericardium und die Pleura sind mit solchen Knötchen dicht
besetzt. Einzelne umgeben den Ansatz der grossen Gefässe an
der Herzbasis, zwei comprimiren und verengern die Aorta.
Die mikroskopische Untersuchung ergab die Anwesenheit von
Sarcomen; es wurden keine Bacillen gefunden und waren auch
Impfversuche erfolglos.
Ueber die Schadwirkung einer gesunden Nase gegen
Schädlichkeiten in der Inspirationsluft
, Von S a e n g e r. (XVI. Cong. f. innere Medicin 14/98.)
(Fortsehr. d. Medicin.)
l
Die eingeathmete Luft nimmt auf dem Wege durch die
Nasenhöhlen Wärme und Feuchtigkeit auf, und zwar in dem
Masse, dass sie, selbst wenn sie ursprünglich sehr kalt und
trocken ist, in genügend erwärmtem und angefeuchtetem Zustande
in den Rachen, den Kehlkopf und in die tieferen Luftwege
gelangt. Beim Aufenthalt in staubiger Luft bleibt der ein-
ge^ithmete Staub zum allergrössten Theil auf der feuchten
Nasenschleimhaut haften. Etwa in der Inspirationsluft enthaltene
krankmachende Mikroorganismen werden, wie die Forschungen
in der jüngsten Zeit ergeben haben, durch die Berührung mit
normalem Nasensecret abgetödtet bezw. unschädlich gemacht.
Diese Schutzwirkungen der Nase fehlen selbstverständlich, wenn
in Folge krankhafter Zustände der letzteren oder des Nasen¬
rachenraums die Athmung durch die Nase unmöglich ist und
durch die Mundathmung ersetzt wird. Die Schutzwirkungen
können aber auch trotz des Unbehindertseins der Nasenathmung
fehlen oder wesentlich abgeschwächt sein, wenn die Nasenhöhlen
von abnormer Weite sind. Die Schleimhaut ist öann zur Er-
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402
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 84.
wärmnng und Anfeuchtung der durchstreichenden Luft nicht
geeignet, sie ist anämisch, trocken oder mit dem angetrockneten
Secret' bedeckt; sodann gelangt die Luft auch in weniger
innige Berührung mit der Schleimhaut und ihrem Secrete.
Meist ist dann auch das Secret von abnormer Beschaffenheit.
Gerade aber eine abnorme Weite der Nasenlöcher ist eine sehr
häufige Erscheinung. Fehlt aber die Schutzwirkung der Nase,
dann kommt es leicht zu catarrhalischen und bactericiden Er¬
krankungen der Luftwege.
Feber die Beziehung
der Leucocyten zur bactericiden Wirkung und zur
alcalischen Reaclion des Blutes und der Lymphe.
• Von Loewit
(Ziegler'* Beiträge z pathol. Anatomie u allg. Pathologie)
Bekanntlich stehen sich die Untersuchungen H. Buchner’s
und Emmerich’8 über das Zustandekommen der bactericiden
Wirkungen des Blutserums unvermittelt gegenüber. Büchner
knüpft dieselben an das Vorhandensein der Alexine im Serum
und fasst letztere als ein Secretion -product der weissen Blut¬
körperchen auf, während Emmerich >n eine indirecto Wirkung
der weis8°n Blutkörperchen denkt, indeu von den weissen Blut¬
körperchen ein Impuls ausgehe — in den Versuchen war es ein
freies Alcali —, welcher die Serumkräfte zur Activität brächte.
Um diese strittige Frage der Lösung näher zu bringen, hat
Loewit die Aorta von Kaninchen unterbunden und gefunden,
dass dadurch, wenn auch nicht im parallelen Verhältnisse, die
Zahl der Leucocyten und der Alcalescenzgrad des B'utes sehr
bedeutend sinken kann. In den Fällen hochgradiger Herab¬
setzung der Leucocytenzahl sank nun auch die bactericide
Wirkung des ivuioerums bis zum Erlöschen. Da die mehr¬
kernigen Leucocyten am meisten von der Verminderung be¬
troffen waren, liegt es nahe, gerade diese als Quelle der
bactericiden Kraft des Serums anzusehen. Trotz der beobachteten
Alcalescenzverminderung glaubt L., dass dieselbe nicht das
WeBen der Abschwächung der bacterientödtenden Wirkung aus¬
mache. Ebenso spricht er sich gegen die Möglichkeit aus, dass
Auflösung rother Blutkörperchen, Eindickung des Blotes oder
andere Dingen dieser letztem zuzuschreiben sei. Loewit hat
durch Zerreibung von serurabefreiten Leucocyten eine bacterien-
tödtende, hitzebeständige Substanz in denselben entdeckt,
welche sich durch diese letztere Eigenschaft von den hitze-
unbeständigen Alexinen Buchner’s unterscheidet. L. bringt
dieselbe in Verbindung mit Nuclei'n und Nuclelnsäure, möchte
sich jedoch vor der Hand darauf beschränken, seine Entdeckung
einfach zu registriren. Andere Versuche ergaben, dass das
Lymphserum zwar nicht, wie Neisser angegeben, bactericider
Fähigkeiten bar ist, dieselben jedoch aus einem nicht bekannten
Grunde in weit geringerem Masse besitzt als das Blutserum.
Beiträge znr vergleichenden Morphologie der Leacocyten*
Von H. Hirschfeld.
(VIrch. Arcb 149.)
Um über die Frage, inwieweit das Vorkommen und Ver¬
halten der Granula in den Leucocyten für verschiedene Thiere
charakteristisch sei, Aufschluss zu erlangen, untersuchte H. mit
den von Ehrlich angegebenen Methoden das Blut von Schaf,
Ziege, Rind, Schwein, Kaninchen, Meerschweinchen, Pferd,
weisser Maus, Ratte, Hund und Katze. Es trat eine sehr grosse
Mannigfaltigkeit in der Structur der Leucocyten zu Tage, ohne
dass sich indessen besondere Ordnungs- oder Gattnngscharaktere
aufstellen Hessen. Nur die einkernigen Elemente zeigen bei
allen Thieren constante Eigenschaften, was um so auffallender
ist, als diese ja die Stammformen für die übrigen so vielgestaltete,
Leucocyten sein sollen. Neutrophile Granula von der Grösse
Anordnung und tinctoriellen Beschaffenheit der menschlichen
kommen bei keinem der bis jetzt untersuchten Thiere vor; acido-
phile Granula finden sich bei allen Thieren, eine besondere
Gruppe, die indulinophilen Zellen, findet sich bei Meerschweinchen.
Eine neue Form stellen die aurantiophilen Zellen dar, die ein
Gemisch saurer Farben (Eosin und Aurantia) zu gleicher Zeit
aufnehmen; amphophile Zellen können zweierlei Art sein, ent¬
weder sich mit sauren und neutralen oder mit sauren und
basischen färben; letztere kommen nur bei Kaninchen vor. Bei
einigen Thieren hat die Mehrzahl der multinucleären Zellen
keine Granula, vielleicht vermitteln diese den Uebergang von den
mononucleären zu den poljnucleären Zellen. Das Verhältnis der
einzelnen Leucocytenarten zu einander ist bei den einzelnen
Thierspecies grossen Schwankungen unterworfen.
Therapeutische Notizen.
Natriumsulfat in kleinen Dosen als Haemostaticum.
Prof. Reverdin hat in einer Anzahl von Fällen capillärer
Blutung, die den gewöhnlichen äusserlichen Mitteln getrotzt hatten,
mit dem Natriumsulfat glänzende Erfolge erzielt. Nach der Vor¬
schrift Kussm an l’s giebt er stündlich 0,1 mmg. Inden erfolgreich
behaudelteu Fälllen handelte es sich theils um Epistaxis, theils
um Metrorrhagien, theils um Operalions wunden, aus denen keine
grössere Gefässblutung, sondern eine Blutung „wie aus einem
Schwamm“ erfolgte. In einigen Fällen Hess das Mittel im Stich.
Was die Erklärung der blutstillenden Wirkung anlangt, so glaubt
Verf., dass dieselbe in einer rascheren Gerinnung des Blutes zu
suchen 6ei. Nach dieser Richtung hin angestellte Thierversuche
ergaben bei extravenöser Einverleibung und Verfütterung des
Natriumsulfats überwiegend positive Resultate, während subcutane
Injection eher Gerinnung verzögerte. (D. Med. Ztg.)
Ueber Antipyrin als wehenbefdrderades Mittel.
Eberson berichtet in No. 26/1898 der Medico äberAntipyrin als
wehenbeförderndes Mittel. Vor mehreren Jahren wurde er zu
einer Wöchnerin aufs Land berufen, die vor 36 Sturden ein ge¬
sundes Kind geboren hatte und die bis zur Stunde die Nach¬
geburt wegen Mangel an Wehen noch nicht ausgestossen hatte.
Muttermund vollkommen verschlossen, nicht einmal für den Finger
durchgängig. Verf. beabsichtigte künstliche Erweiterung des
Uterusmnndes mit nachfolgender manueller oder instrnmenteller
Lösung der Placenta; er gab der Wöchnerin, die über Kopf¬
schmerzen klagte, drei Antipy rinpulver k lg; die Placenta sollte,
es war in der Nacht, am nächsten Tage losgelöst werden. In der
Frühe wurde Verf. durch die Nachricht überrascht, die Nach¬
geburt sei glatt unter Wehen, die sich bald nach Einnahme der
Pulver eingestellt hätten, vollständig abgegangen.
Seit der Zeit benutzte er das Antipyrin in halbstündigen
Dosen a 0,3 in mehreren Fällen von Wehenschwäche mit gutem
Erfolge.
Tagesgeschichte.
Bericht Ober die Versammlung der beamteten Thier¬
ärzte des Reg.-Bez. Lüneburg am 19. Juni er. Vorm,
llfc Uhr in Kaulitz’ Gesellschaftshaus zu Lüneburg.
Tagesordnun g.
1. Begrtissung der Erschienenen durch den Vorsitzenden,
Departementsthierarzt Holzhauer.
2. Allgemeines über Viehseuchen: Statistik und kurze Be.
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25. AuguS^ 1898.
sprechung der seit der October-Versammlung ergangenen
Verfügungen. — Referent: Der Vorsitzende.
3. Der Einfluss der Sammelraolkereien auf die Verbreitung
von Thierseuchen und die zweckmässigste veterinär¬
polizeiliche Handhabung der gesetzlichen Bestimmungen
und Verordnungen, unter besonderer Berücksichtigung
der Verhältnisse des diesseitigen Regierungsbezirks. —
Referent: Kreisthierarzt Matthiesen - Celle.
4. Die öffentlichen Viehverkäufe, Auctionen u. s. w. und
die veterinärpolizeiliche Ueberwachung derselben. —
Referent: Der Vorsitzende.
5. Die Stellung der beamteten Thierärzte und die Beschlösse
der Central - Vertretung der thierärztlichen Vereine
Preussens. — Referent: Der Vorsitzende.
6. Allgemeines.
Die Versammlung, zu welcher sämmtliche Kreisthierärzte des
Bezirks erschienen waren und an der sowohl auf eigenen Wunsch
als auch auf Veranlassung des stellvertretenden Herrn Regierungs¬
präsidenten der Decernent der Veterinär - Angelegenheiten Herr
Regierungs-Assessor von Wussow theilnahm, wurde vom Vor¬
sitzenden mit begrüssenden Worten eröffnet und dem Herrn De-
cernenten der Dank der Versammlung für sein Erscheinen aus¬
gesprochen. Es wurde nochmals auf die Zweckmässigkeit solcher
periodischen Zusammenkünfte zur Besprechung und Berathung
dienstlicher Angelegenheiten und veterinär-technischer Fragen für
die isolirt stehenden Veterinärbeamten hingewiesen und der
Wunsch für die Beibehaltung dieser Einrichtung allseitig zum
Ausdruck gebracht.
Zu Punct 2 der Tagesordnung werden vom Vorsitzenden
einige allgemeine Bemerkungen betreffs der sorgfältigen Auf¬
stellung der Viehseuchen-Statistik gemacht und um möglichst
frühzeitige Einsendung der im Juli fälligen Statistik für April-
Juni, und zwar bis spätestens 10. Juli, gebeten, da die
königl. technische Deputation mehrfach den Wunsch ausge¬
sprochen hat, das Material dieses Quartals möglichst frühzeitig
zu erhalten.
Im Anschluss daran werden die seit der letzten Versammlung
vom 23. October a. c. zu Celle in veterinärpolizeilichen und
dienstlichen Angelegenheiten ergangenen Verfügungen kurz be¬
sprochen und theilweise erläutert. Hierbei kam auch der
Ministerial-Erla8s betr. die Abänderung der landespolizeilichen
Anordnung zur Bekämpfung der Geflügelcholera zur eingehenden
Discussion. Der Herr Decernent theilte den Erlass mit und
forderte die Kreisthierärzte zur Mittheilung ihrer Ansicht über
Durchführbarkeit und Zweckmässigkeit der darin empfohlenen
Massnahmen hinsichtlich des Handels mit Treibgänsen auf Grund
der in ihren Kreisen gewonnenen practischen Erfahrungen auf.
Es wird bei der DiscusBion im Allgemeinen festgestellt, dass
eine ziemlich bedeutende Einfuhr sogen. Treibgänse von den
grossen Gänsemärkten in Rnmmelsburg bei Berlin in die süd¬
lichen und östlichen Kreise des Bezirks, Gifhorn, Bergdorf, Isen¬
hagen, Lüchow, Dannenberg und Bleckede, und zwar nach der
Ernte, in den Monaten August und September stattfindet, während
die Kreise Harburg, Winsen, Fallingbostel, Soltau und auch
Lüneburg und Uelzen für eine solche Einfuhr wenig oder gar
nicht in Betracht kommen. In den erstgenannten Kreisen soll
nach Ansicht der Kreisthierärzte Röttger, Matthiesen,
Oelkers, Nitzschke und Ehling diese Zufuhr von Magergänsen
für die landwirtschaftliche Bevölkerung von grosser Bedeutung
sein, insofern, als diese Gänse hauptsächlich der Federn wegen
und bei den verhältnissmässig billigen Preisen, zu denen sie zu
haben sind, mit grosser Vorliebe fast in allen Höfen gekauft und
unter guter Ausnutzung der Stoppelfelder zur Mästung gebracht
403
werden. Die genannten Kreisthierärzte glauben, dass durch die
Einführung eines Verbotes des Treibens dieser Magergänse der
Handel mit denselben sehr erheblich erschwert und wesent¬
lich verteuert würde, wodurch für die bäuerliche Bevölkerung
dieser Kreise zweifellos nicht unerhebliche Nachteile entständen.
Diese wirtschaftlichen Nachteile würden im Hinblick auf die
bisher in den genannten Kreisen in sehr geringem Umfange zur
Beobachtung gekommenen Fälle von Einschleppung der Geflügel¬
cholera durch solche Treibgänse für erheblicher gehalten als
eine eventuelle Einschleppung der Seuche selbst, um so mehr als
Ausbrüche der Seuche bei der jetzt bestehenden Anzeigepfiicht
baldigst zur Kenntniss der Behörden kämen und zur Ergreifnng
zweckentsprechender Tilgungsmassregeln führten. Die Mehrzahl
der anwesenden beamteten Thierärzte hält zudem die Durchführ¬
barkeit des Fahrens dieser grossen Gänseherden für sehr
schwierig und fast unmöglich. Unter Berücksichtigung des Um¬
standes, dass die Thiere zeitweise behufs Wartung und Pflege
die Transportwagen verlassen müssten, hierbei auch in den seitens
der Händler dazu ausgewählten Ortschaften Gelegenheit zur Ein¬
schleppung des etwa vorhandenen Ansteckungsstoffes gegeben
wäre und dass ferner bei der Ausübung des Handels selbst eine
Berührung der Thiere mit den Dorfstrassen kaum zu verhindern
Bein dürfte, auch die völlige Sicherung der Tran Sportwagen gegen
Herabfallen von Excrementen u. s. w. nicht einwandfrei zu er¬
reichen wäre, wurde einstimmig anerkannt, dass bei der schwer
einschneidenden Massnahme doch die genügende Sicherung gegen
die event. Seucheneinschleppung nicht gegeben sei. Eine Controle
dieser Gänsetriebherden wurde indessen für zweckmässig er¬
achtet, jedoch gingen die Ansichten über die Ausführung der¬
selben auseinander. Während von einer Seite verlangt wurde,
dass die Händler ein Geschäftsbuch bei sich führen, beim Be-
. treten einejj Ortschaft dem Ortsvorsteher die Stückzahl ihrer
Herde nachweisen und beim Verlassen der Ortschaft wiederum
den Abgang durch Verkauf u. s. w. feststellen lassen müssten,
hält man von anderer Seite eine Untersuchung der Treibherde
durch den beamteten Thierarzt beim Eintritt in den Kreis für
zweckmässig. Nachdem Seitens des Vorsitzenden auf die
Schwierigkeit und Unzuverlässigkeit solcher summarischen Unter¬
suchungen unter besonderer Berücksichtigung des Auftretens und
Verlaufs der Geflügelcholera beim Wassergeflügel aufmerksam
gemacht worden war, wurde dieser Gegenstand als genügend
geklärt betrachtet und zu Punct 3 der Tagesordnung über¬
gegangen.
Kreisthierarzt Matthiesen erstattete in höchst eingehender
und sachlicher Weise das Referat. Aus demselben ist hervor¬
zuheben, dass der Einfluss der Sammelmolkereien auf die Aus¬
breitung von Thierseuchen, besonders für die Tuberculose der
Rinder und Schweine und für die Maul- und Klauenseuche durch
die; bisher gewonnenen Erfahrungen einwandfrei feststeht und
als sehr erheblich bezeichnet werden muss. Diese Erkenntniss
hat, denn auch bereits bei der Bearbeitung der Novelle zum
Reichsviehseuchengesetz vom 1. Mai 1894 und der dazu erlassenen
Bundesrathsinstruction vom 27. Juni 1895 zur Einführung von
Massnahmen geführt, durch die die Ausbreitung besonders der
Maiul- und Klauenseuche durch die aus den Sammelmolkereien
in die verschiedenen Wirtschaften zurückgehende, mit Infections-
keimen beladene Magermilch verhütet werden soll. Die Sicher¬
heit dieser Massnahmen, die das Erhitzen der Magermilch auf
90 bezw. 100° C. anordnen und dadurch Abtödtung der Keime be¬
zwecken, kann aber nur dann als einwandsfrei angenommen werden,
wenn in allen Sammelmolkereien genügende Einrichtungen zur
Durchführung derselben vorhanden sind und diese auch zweck¬
entsprechend gehandhabt werden. Nachdem der Referent die
BERLINER THlEgÄ^TLlCHE WOCHENSC HRIFT.
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404
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 34.
Einführung einer Anordnung als wünschenswerth bezeichnet hatte,
nach welcher die gesammte Vollmilch nach ihrer Einliefernng in
die Molkerei dem Sterilisationsverfahren zu unterwerfen wäre,
und er weiter die zur Zeit vorhandenen, zu diesem Zweck mehr
oder weniger geeigneten technischen Apparate erklärt und be¬
züglich ihrer Brauchbarkeit kritisirt hatte, wobei die Schritte,
die seitens des landwirthschafttichen Ministeriums bereits gethan
sind, und die Stellungnahme der bei der Frage wesentlich be¬
theiligten landwirtschaftlichen Kreise mitgetheilt wurden, kam
er auf die zur Zeit bestehenden gesetzlichen Bestimmungen und
erlassenen Verordnungen behufs Verhütung der Verbreitung der
Maul- und Klauenseuche durch die Magermilch aus Sammel¬
molkereien zurück und erörterte die zweckmässigste Handhabung
derselben unter Berücksichtigung der Verhältnisse des diesseitigen
Bezirks. Nachdem Referent noch die verschiedene Art der
Durchführung der Erhitzung der Magermilch in den verschieden
eingerichteten Molkereien des Bezirks geschildert und erläutert
hatte, fasste er zum Schlüsse seiner Ausführungen die zweck¬
mässigste Handhabung dahin zusammen, dass
1. die Anordnung der gesetzlich gegebenen Befugnisse
(§ 44a des Ges. und § 61 der Instr.) möglichst frühzeitig,
d. h. schon beim ersten Ausbruch der Seuche und unab¬
hängig davon getroffen würde, ob das betreffende Gehöft
einer Sammelmolkerei angeschlossen ist oder nicht, und
dass diese Massnahme (§ 44a Abs. 2) gleich für einen
grösseren Umfang des Verwaltungsbezirkes (Kreis oder nach
Lage der Verhältnisse benachbarte Kreise u. s. w.) an¬
geordnet würde;
2. die Controle der Einrichtungen der von dieser An¬
ordnung betroffenen Molkereien und der Erhitzung der
Magermilch dem beamteten Thierarzt übertragen werde,
wobei derselbe sein Augenmerk gleichzeitig auftdie Reinignng
und Desinfection der Milchkannen und Milchwagen zu
richten und sich zu überzeugen haben würde, dass die
landespolizeiliche Anordnung betreffend Vernichtung des
Centrifugenschlammes richtig beobachtet werde;
3. die Anordnung dieser Massnahmen mit grösster Eile unter
thunlichster Zuhilfenahme des Telegraphen oder Telephons
zu erfolgen habe.
In der hieran anschliessenden Discussion wurde den Aus¬
führungen des Referenten in Allgemeinen allseitig beigestimmt
und die Einführung einer gesetzlichen Bestimmung zur Sterilisation
sämmtlicher in die Molkereien gelangenden Vollmilch für durchaus
forderlich erachtet.
Die Schlusssätze 1 und 3 fanden gleichfalls einstimmig An¬
nahme. Zu 2 wurde die Unmöglichkeit betont, dass der Kreis¬
thierarzt überall die Controle der Erhitzung u. s. w. ausführen
könnte, und es wurde für richtiger gehalten, wenn bei der ersten
Besichtigung der betreffenden Molkereien durch den Kreisthierarzt
dem Molkereileiter protokollarisch die sorgsamste Durch¬
führung der Erhitzung in der aufgegebenen Weise auf¬
erlegt würde. Polizeiliche Controle müsste dann die Durch¬
führung überwachen. Der Molkereileiter wäre im Contraventions-
falle mit hoher Geldstrafe zu belegen. ?
Zu Punkt 4 der Tagesordnung theilte der Vorsitzende
zunächst mit, dass seinerseits im Anschluss an die Mai¬
versammlung im vorigen Jahre dem Herrn Regierungspräsidenten
ein ausführlicher Bericht über die im Bezirk bestehenden un¬
gleichen Verhältnisse bezüglich der Beaufsichtigung der Vieh¬
märkte und öffentlichen Viehverkäufe erstattet worden sei. Im
Anschluss hieran sei den Polizeibehörden aufgegeben worden,
ihre grösste Sorgfalt der veterinärpolizeilichen Ueberwachung
der Viehmärkte, insbesondere der Schweine- und Ferkelmärkte
im Hinblick auf die Gefahr der Schweineseuche, zu schenken
und auch die Bestimmungen der Landes-Polizeiverordnung vom
25. September 1882 betr. die öffentlichen Viehverkäufe möglichst
zur Durchführung zu bringen. Gleichzeitig sind Erhebungen
darüber angestellt worden, ob sich bei den öffentlichen Verkäufen
von nicht zusammengebrachtem Vieh einzelner Züchter und Land-
wirthe Missstände herausgestellt hätten, die eine Abänderung der
Polizeiverordnung erforderlich erscheinen Hessen. Während die
eine Hälfte der Polizeibehörden nach der Richtung hin keine Miss¬
stände beobachtet hat und eine Abänderung nicht für erforderUch
hielt, hatte die andere Hälfte entweder in der That Fälle von
Seuchenverschleppungen (Scbafräude) durch solche uncontrolirte
öffentliche Verkäufe festgestellt oder hielt eine obligatorische
Beaufsichtigung sämmtlicher öffentlicher Vieh Verkäufe durch
beamtete Thierärzte aus allgemeinen veterinärpolizeilichen Gründen
für erforderUch.
In der DiscusBion dieser Angelegenheit kam der Begriff der
öffentlichen Viehverkäufe im Sinne des § 17 des Reichsgesetzes
zur eingehenden Besprechung und es wurde besonders von Seiten
des Herrn Decernenten ausgeführt, dass es sich bei der Ein¬
führung der Beaufsichtigung öffentiicher Viehverkäufe, die dem
Ermessen des Herrn Regierungspräsidenten anheimgegeben sei,
immer auf Grund dieses § 17 um zusammengebrachte Vieh¬
bestände handle. Sollten auch bei den Verkäufen privater
Züchter etc., wo nur eigene Viehstücke zum öffentlichen
Verkauf gestellt würden, sich derart erhebliche Gefahren
herausstellen, die veterinärpolizeiliches Einschreiten erforder¬
lich machten, so könnten solche Beaufsichtigungen nur nach
entsprechender Abänderung des § 17 angeordnet werden. Eine
solche Abänderung dieses in seiner jetzigen Fassung so ausser-
ordentHch wichtigen Paragraphen wurde danach allerseits als
nicht wünschenswerth angesehen. Da es nur im Interesse der
beamteten Thierärzte liegen kann, wenn die Bestimmungen der
landespolizeilichen Anordnung vom 25. September 1882 überall
einheitlich und gleichmässig beobachtet würden, so wurde es am
Schlüsse der Discussion als erforderlich erachtet, dass jeder
beamtete Thierarzt des Bezirks diese öffentlichen Verkäufe in
seinem Kreise sorgfältigst beobachtet und Contraventionen gegen
die Untersuchungsbestimmungen unnachsichtlich zur Anzeige bringt
Bei Punkt 5 der Tagesordnung referirt der Vorsitzende über
die seit ungefähr zwei Jahren mehr in Fluss gekommene Be¬
wegung zur Verbesserung der Stellung der beamteten Thier¬
ärzte. Wenngleich die letzteren schon längst die Unhaltbarkeit
ihrer Stellung im Vergleich zu den nach der Entwicklung
der Veterinärgesetzgebung an sie gestellten Forderungen erkannt
hätten, hofften sie immer auf die Fürsorge der höheren Behörden
und verhielten sich schweigsam. Erst als in den Verhandlungen
des preussischen Abgeordnetenhauses gelegentlich der Be¬
sprechungen der Viehseuchenangelegenheiten in den beiden letzten
Jahren die Organisation der Veterinärpolizei und ihrer Beamten
zur Sprache kam, wurde auch die Stellung der beamteten Thier¬
ärzte in den Kreis der Betrachtungen gezogen, erst nachdem der
Herr Landwirthschaftsminister unter ausdrücklicher Anerkennung
der Leistungen dieser Beamtenkategorie ausgeführt hatte, dass
er ebenfalls die Stellung dieser Beamten hinsichüich ihrer Be¬
soldungsverhältnisse für mangelhaft hielte, ihm aber Klagen aus
den Kreisen derselben noch nicht zu Ohren gekommen seien,
regte es sich auch in den Reihen der beamteten Thierärzte and
es erschienen in den Fachzeitschriften Artikel, die sich mit
einer Reform der Stellungen beschäftigten. Nachdem auch die
verschiedenen tierärztlichen Vereine in den Provinzen die Frage
aufgenommen hatten, wurde dieselbe in der Versammlung der
Centralvertretung der thierärztlichen Vereine Preussens im
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26. August 1898.
Mai d. J. auf die Tagesordnung gebracht. Die hier gefassten
bekannten Beschlüsse wurden vom Referenten nochmals verlesen
und eingehend beleuchtet.
Nachdem die Motive zu diesem Vorgehen in längerer Dis-
cussion besprochen waren und die seitens der Central Vertretung
aufgestellten Punkte als richtig und massvoll, der Entwicklung
der Stellung der beamteten Thierärzte und der an sie gestellten
Anforderungen und von ihnen gegebenen Leistungen entsprechend
allseitig anerkannt waren, wurde seitens des Decernenten der
Erlass des Herrn Ministers betr. die Erhebungen über die Ein¬
kommensverhältnisse der Kreisthierärzte mitgetbeilt und auf die
möglichst sorgfältige Aufstellung des Formulars hingewiesen.
Hierbei wurde auch die in dem Erlass gestellte Frage bezüglich
der Zweckmässigkeit der Gewährung eines Pauschalsatzes für
Gebühren an Stelle der jetzt üblichen Einzelliquidationen zur
Discussion gebracht und es wurde ein solcher Besoldungsmodus
für den diesseitigen Bezirk bei der Verschiedenheit der dienst¬
lichen Thätigkeit der Kreisthierärzte in den einzelnen Kreisen
als un zweckmässig und kaum möglich bezeichnet.
Der zweite Punkt des Erlasses, der Vorschläge wünscht über
die Beseitigung der zu Unzuträglichkeiten Anlass bietenden Ein¬
richtung, dass die beamteten Tbierärzte für amtliche Geschäfte
von den Zahlungspflichtigen Gebühren nach Vereinbarung zu er¬
heben haben, kam ebenfalls zur Discussion. Es wurde allseitig
anerkannt, dass bei gewissen amtlichen Verrichtungen, die auf
besondere allgemeine Anordnung auszuführen und für welche auf
Grund des § 24 des preuss. Ausführungsgesetzes von den Be¬
theiligten die Kosten zu tragen seien — wie Revisionen der Vieh¬
händler- und Gasthofsställe, — die Einführung der Erhebung der
Gebühren durch dieJOrtspolizeibehördewünschenswerthsei. Anderer¬
seits wäre dieser Modus bei den Untersuchungen der zum öffentlichen
Verkauf zu stellenden Thiere, die durch die landespolfeeilicbe An¬
ordnung vom 25. September 1882 im Bezirk eingeführt sind,
nicht richtig, da es bei der Verschiedenheit des Umfanges dieser
Amtsgeschäfte nicht möglich sei, feste Sätze für die einzelnen
405
Fälle aufzustellen und auch den Handeltreibenden hierdurch
eine grosse Erschwerung auferlegt werden würde. Hierbei wird
es für richtig gehalten, dass der Kreisthierarzt je nach Umfang
des jeweiligen Amtsgeschäftes seine Gebühr vom Beantrager der
Untersuchung in gleicher Weise erhebt, wie er es auch in der
Privatpraxis und bei Ausstellung von Attesten über Gewährs-
mängel beim Vieh thun muss.
Nachdem die Tagesordnung in dreieinhalbstündiger Sitzung
erledigt war, schloss der Vorsitzende die Versammlung mit dem
Ausdruck der Hoffnung, dasB die hohen Behörden, die auf allen
Gebieten bestrebt sind, ausgleichende und zweckmässige Ordnung
der Verhältnisse der Staatsbeamten herbeizufnhren, und die auch
dem thierärztlichen Stand und seinen beamteten Vertretern jeder¬
zeit und in hohem Masse Wohlwollen gezeigt hätten, auch diese
berechtigten und massvollen Forderungen derselben gewähren
mögen.
Das sich anschliessende Diner hielt die Theilnehmer der Ver¬
sammlung noch bis zum Abgang der Züge in fröhlichster Stimmung
zusammen. Es wurde Gelegenheit genommen, dem Herrn Decer¬
nenten nochmals Dank für seine rege Theilnahme an den Tages¬
fragen auszusprechen, worauf auch er seiner besonderen Freude
Ausdruck gab, Gelegenheit gehabt zu haben, die einzelnen be-
amteteten Herren des Bezirks kennen zu lernen und in der Be-
rathung und Besprechung wichtiger dienstlicher Fragen offene,
vom praktischen und fachmännischen Standpunkt dictirte Aeusse-
rungen zu hören.
Auf Wunsch des Herrn Regierungspräsidenten ist vom Vor¬
sitzenden über die Versammlung in einer eingehenden Registratur
berichtet worden, worauf derselbe die Anlegung besonderer Acten
über die jährlichen Versammlungen der beamteten Thierärate des
Bezirks zur Verwerthung des daraus gegebenen Materials verfügt
hatu Es dürfte dies eine Bestätigung für die Zweckmässigkeit
und Wichtigkeit solcher periodischen Zusammenkünfte und ein
Ansporn zur baldigen Wiederholung sein, wenn auch dem Ein¬
zelnen mehr oder weniger grosse Opfer dadurch auferlegt werden.
BERLINER THIEBARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(M i 11 h e i 1 u n g e n für
Senchenstatistik and Yeterinärpolizei.
fieflügeloholera.
Die Anzeigepflicht ist durch Bekanntmachung des Reichs¬
kanzlers vom 17. er. auch für die Fürstenthümer Waldeck und
Pyrmont eingeführt worden.
Verletzungen von Menschen durch tollwüthlge Thiere.
In einer Ministerialverfdgung, welche bezüglich der Ver¬
schärfung der Tollwuthbekämpfang neulich an die Regierungs¬
präsidenten der östlichen Grenzbezirke ergangen ist, findet sich
die Angabe, dass im Jahre 1897 in Preu6sen 152 Personen von
tollen oder der Tollwuth dringend verdächtigen Thiere gebissen
worden sind, eine Zahl, die vielen überraschend gross erscheinen
wird. Gestorben sind nur 5 = 3,3 pCt., ein wieder überraschend
geringer Procentsatz. Von den Gestorbenen waren 2 gar nicht,
2 unzweckmässig (Wundnaht mit Jodoformverband) behandelt.
Acht der Gebissenen gingen in ausländische Pasteur-Institute.
Die Mehrzahl wurde an Ort und Stelle einfach mit Ausbrennen
■c
und Ausätzen der Wunde behandelt. Die Bisse rührten von
2 Katzen und 102 Hunden; bei 77 der letzteren war die Tollwuth
unzweifelhaft festgestellt. An den Fällen sind die drei schlesischen
und die beiden ostpreussischen Bezirke mit 110 betheitigt; Marien¬
werder, Danzig, Posen und Bromberg mit je 4 bis 9 Fällen; die
übrigen kommen vereinzelt vor in Stettin, Merseburg, Schleswig
und Frankfurt
Veterinärbeamte.)
Nacbweliung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiohe
am 31. Juli 1898.
Es waren am 31. Juli in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Danzig 1 (1) R.-B. Marienwerder 1 (1).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 3 (3). R.-B. Stettin 1 (3).
R.-B. Köslin 1 (1). R.-B. Posen 5 (6). R.-B. Breslau 3 (4).
K.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 3 (5). R.-B. Düsseldorf 1 (1).
R.-B. ; Trier 3 (5). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 2(2). Kreis-
hanptm. Leipzigl (2). Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis
3 (4). Braunscbweig: 1 (1). Waldeck: 1 (2).
B. von Maul- und Klauenseuche fexcl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (54). R.-B. Niederbayern 2(3).
R.-B. Pfalz 5 (9). R.-B. Oberpfalz 2 (4). R.-B. Oberfranken 2 (2).
R.-B., Mittelfranken 7 (20). R.-B. Unterfranken 10 (18). R.-B.
Schwaben 12 (19). Sachsen: Kreishauptm. Dresden 1 (1)
Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreishauptm. Zwickaul (1). Württem¬
berg: Neckarkreis 10 (14). Schwarzwaldkreis 4 (4). Jagstkreis 9(32).
Donankrei8 13 (19). Baden: Landescomm. Constanz 3 (3).
Landescomm. Freiburg 1 (1). Landescomm. Karlsruhe 7 (17).
Landescomm. Mannheim 4 (4). Hessen: Provinz Rbeinhessen 3(5).
Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 1 (1). Fürstenth. Birkenfeld 1.
Braunscbweig: 1 (1). Sachsen-Meiningen: 1 (2). Sachsen-
Coburg-Gotha: Herzogth.Gotha 3 (6). Anhalt: 2 (5) Waldeck:
2 (9). Bremen: 7. Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass 1(6).
Bez. Ober-Elsass 3 (6). Bez. Lothringen 4 (10).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B.
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis-
liaupim. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwicaau 1 (1).
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Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
mmbinnei
Schleswig
Marienwerder
Bromberg
unter
Liineburi
nabrück.
Hannover
Frankfurt
Münster
Breslau
Kassel
Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender
Scala) an, wie viel pro mille der vorhandenen
Gemeinden verseucht waren.
Hohen^
zolleriv
40«
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 84.
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die 80er Jahre hinein als vorzüglicher Abnehmer für die
dänische Ueberproduction erwiesen. Ein gefährlicher Con-
current entstand den Dänen um diese Zeit in Amerika und
weiter auch in Australien. Beide Erdtheile traten als Mitbewerber
am englischen Vieh- und Fleischmarkt auf und bedrängten die
dänische Einfuhr immer mehr und mehr. Dänemark wandte des¬
halb seine Blicke zuerst nach Deutschland. Deutschland erwies
sich denn auch als ein vorzüglicher Markt, wo der Ueberschuss
an Schweinen und die Absatzkühe sowie Bullen zu Gelde ge¬
macht werden konnten. Die Schweine wurden in den nordischen
Einfuhrplätzen, namentlich Hamburg, sortirt, die schweren
Schweine gingen in die Wurstfabriken nach Mittel- und Süd-
deutschlaud und die leichten Schweine (Sengschweine) wurden
in den Sengschlächtereien zu Speck verarbeitet und gingen in
diesem Zustande uach England. Die Bullen wurden ebenfalls
für die Wursfabriken gebraucht und die Absatzkühe gingen nach
den Industriestädten des Rheingebietes.
Eine unliebsame Störung erfuhr der Viehhaudel mit Däne¬
mark durch das wegen des Ausbruchs der Schweinepest in
Dänemark am 29. November 1887 erlassene Verbot der Ein¬
fuhr von Schweineu, Schweinefleisch und Würsten aus Dänemark.
Dänemark suchte nun zunächstseine Schweine lebend nach Eng¬
land zu versenden und es wurden wöchentlich über 1000 Schweine
von Esbjirg aus nach verschiedenen Plätzen Englands verschifft.
Das Risiko und die erzielten niedrigen Preise veranlassten aber
die Dänen, selbst Sengschlachtereien (sogenannte Antheils-
schlaclitereien) zu errichten. Auch die deutschen Seng¬
schlachtereien, welche nach Inkrafttreten des Verbotes ihren
Betrieb einstellen mussten, siedelten nach Dänemark über. Mit
Hülfe dieser Schlachtereien schafften sich die Landwirthe einen
directen Absatz nach England. Die Ausfuhr von Speck und Schinken
stieg enorm, war doch die Netto-Ausfuhr 1888 fast 48 Mill. Pfund
grösser als die Ausfulir im Durchschnitt der letzten fünf Jahre.
Die Gestattung der Wiedereinfuhr von Schweinen nach
Deutschland im Jahre 1890 unter gewissen Bedingungen konnte
; dem neu entstandenen Industriezweige nicht viel Schaden zu-
Die Verbreitung der Maul u. Klauenseuche in Preussen. Ende Juli 1889-
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen i Gemeinden
| (Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutshez.)
waren
verseucht
Marienwerder.
2
2
0,88
Berlin.
1
1
—
Potsdam.
2
4
1,54
Frankfurt.
3
8
2,94
Stettin.
1
1
0,53
Posen.
14
27
7,18
Bromberg.
3
4
1,79
Breslau.
6
7
1,84
Liegnitz.
1.
4
1,42
Magdeburg .
9
11
7,«3
Merseburg.
3
4
1,73
Erfurt.
2
2
3,10
Schleswig.
1
1
0,46
Hildesheim.
1
1
1,38
Lüneburg .
2
2
1,34
Münster.
2
2
7,46
Arnsberg .
2
6
7,04
CasBel.
2
4
2,39
Wiesbaden.
9
23
24,45
Coblenz.
10
39
37,32
Düsseldorf.
4
1 8
18,60
Köln.
6
14
47,29
Trier.
9
25
22,19
Aachen .
1
2
5.13
Summa
9o
202
—
Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark
von Kühnau-Hamburg.
Dänemark ist infolge seiner Lage und Bodenbeschaffenheit
auf Landwirtschaft und Viehzucht angewiesen. Der Bedarfs¬
überschuss au Vieh und landwirtschaftlichen Producten ist des¬
halb von jeher ein sehr erheblicher gewesen und Dänemark musste
für diesen Ueberschuss Absatzgebiete im Auslande suchen. Eng¬
land kam hierbei in erster Linie in Frage und hat sich bis in
25. August 189b.
fügen. In der Hauptsache gelangten nur schwere Schweine nach
Deutschland.
Wenn nun auch die Schweineeinfuhr nach Deutschland ab¬
genommen hatte, so trat dafür die Einfuhr von Rindvieh mehr
und mehr in den Vordergrund, zumal als England im Jahre 1890
die Einfuhr von lebenden Rindern aus Dänemark verboten
hatte.
Nicht allein Absatzkühe und Bullen, sondern auch eine
grosse Menge reifgemästetes Jungvieh gelangte nach Deutschland.
Das Auftreten der Maul- und Klauenseuche in Jütland im Jahre
1892 führte zu einer Beschränkung der Einfuhr von Wiederkäuern
und Schweinen, insofern als durch die erlassenen Bestimmungen
die Einfuhr per Eisenbahn anfhörte. Die Thiere gelangten auf
dem Seewege in die verschiedenen Einfuhrhäfen und mussten
hier abgeschlachtet werden. Die Einfuhr von Magervieh war
nach Abwartung einer siebentägigen Quarantaine gestattet.
Am 1. October 1895 traten die vom Bundesrath beschlossenen
Bestimmungen über die aus dem Auslande auf dem Seewege zur
Einfuhr gelangenden Wiederkäuer und Schweine in Kraft. Die
Thiere aus Dänemark und Schweden-Norwegen mussten hiernach,
bevor sie in den Verkehr gelangten, erst eine lOtägige Quaran¬
taine abwarten. Das Auftreten des Rothlaufes unter den
Schw’einen in verschiedenen Quarantaineanstalten führte am
18. December 1895 zum Verbot der Einfuhr von Schweinen und
frischem Schweinefleisch aus Dänemark. Eine Verschärfung er¬
fuhren die Vorschriften über die Seequarantainen dadurch, dass
vom 1. März 1897 ab alle Rinder einer Tuberculinimpfung unter¬
zogen werden mussten und die Thiere, welche auf die Impfung
reagirten, in den öffentlichen Schlachthäusern der Quarantaine-
städte abgeschlachtet werden mussten.
Der Bundesrathsbeschluss im Februar 1898 führte, eine
weitere Verschärfung herbei, indem er bestimmte, dass die
Rinder, welche auf die Tuberculinimpfung reagirten, von der
Einfuhr zurückzuweisen seien, und die übrigen Thiere in öffent¬
lichen Schlachthäusern, unter gleichen Bedingungen wie das
österreichisch-ungarische Schlachtvieh, abzuschlachten sind.
Diese letzten Bestimmungen haben die Einfuhr von
Rindern so erschwert, dass wöchentlich nur noch einige
Hundert Rinder aus Dänemark nach Deutschland eingeführt
werden.
Die Dänen mussten deshalb auf eine andere Verwerthuug
ihres Viehüberschnsses Bedacht nehmen und haben denn auch
in einer grossen Anzahl von Plätzen Rinderexportschlachtereien
errichtet, um das überschüssige Rindvieh in geschlachtetem
Zustande auszuführen.
Wenn nun auch schon früher gesalzenes und frisches Rind¬
fleisch aus Dänemark in Deutschland eingeführt wurde, so hat
diese Einfuhr erst seit diesem Frühjahr beträchtliche Dimen¬
sionen angenommen und zu lebhaften Erörterungen in der Fach-
und Tagespresse geführt.
Um nun ein persönliches Urtlieil über die entstandene
Fleischindustrie Dänemarks, sowie die hierbei zur Ausführung
gelangende Fleischschau zu haben, unternahm ich im Juni d. J.
eine Studienreise nach Dänemark und habe die Hauptplätze, an
denen Exportschlachtereien errichtet sind, besucht.
Der Unterschied zwischen Deutschland und Dänemark fällt
jedem Reisenden sofort auf, sowie die Grenze passirt worden
ist. In Deutschland vorwiegend Körnerbau, in Dänemark vor¬
wiegend Weideland und Wiesen, und dabei diese rationelle Aus¬
nutzung der Weiden. Alle Rinder, Schafe und Pferde, mit Aus¬
nahme der ganz jungen Thiere, sieht man getüdert, so dass sie
sich nur in einem bestimmten Kreis bewegen können. Dasselbe
Bild in Jütland, auf Fühnen, auf Seeland und den anderen Inseln.
Die Thiere werden dadurch gezwungen, einen bestimmten Theil
der Rasenfläche^ abzufreBsen. Ist dies [geschehen, werden sie
407
vorgeschoben und so fort, bis sie am Ende der Weide angelangt
sind. Inzwischen ist am Anfang der Weide soviel nach¬
gewachsen, dass hier von Neuem mit dem Weiden begonnen
werden kann. Durch diese Art des Weidegan^s und nicht durch
Zoll beschwerte Einfuhr von Futterstoffen ist der dänische Land-
wirth in der Lage, sein Vieh billig erhalten und mästen zu
können. Die Gehöfte liegen auch in den Dörfern nicht dicht
zusammen, sondern inmitten seines Landes wohnt der dänische
Bauer und kann so nach allen Theilen seines Landes bequem
hinkommen. Nur wenig grössere Plätze trifft man. Esbjerg
ist die erste grössere Stadt, und wir finden in dieser nicht
weniger als vier Exportschlachtereien. Esbjerg, früher ein kleines
Fischerdorf, jetzt eine rasch im Aufblühen begriffene Hafenstadt,
welcher das Nordseebad Fanoe gegenüberliegt, vermittelt haupt¬
sächlich den Verkehr nach England und nach den Nordseehäfen
Deutschlands. Infolge dieser günstigen Lage finden wir hier
auch einen Hauptauegangspunkt des dänischen Vieh- und Fleisch¬
exports. Wöchentlich strömt hier das Vieh aus Jütland zusammen,
entweder ungeimpft oder bereits mit Tuberculin geimpft. Am
Balmhof und am Hafen sind Stallungen vorhanden, in denen
das Vieh untergebracht wird. Die Ställe, von denen jeder etwa
200 Rindern Aufnahme gewähren dürft«, sind von einfacher
Fachwerkconstruction, aber mit undurchlässigem Fussboden aus¬
gestattet. Die Krippen befinden sich in Mundhöhe der Thiere
und ruhen auf Pfeilern, zwischen denen, von dem die ganze
Länge der Ställe durchtheilenden Futtergange ans den Thieren
Heu zugesteckt wird. Die Stallungen am Bahnhof dienen gleich¬
zeitig als Markt; der letztere findet Mittwochs statt und werden
hier die Rinder sortirt. Die, welche nicht auf die Impfung
reagirt haben — die Atteste mit der Temperaturtabelle sind zur
Stelle — werden zum Export nach Deutschland angekauft,
während die Rinder, welche reagirt haben oder die überhaupt
nicht geimpft worden sind, in die Exportschlachtereien wandern.
Die Jmpfung mit Tuberculin in Dänemark wird bei dem
zum Export bestimmten Vieh genau conform der Impfung, wie
sie in den Quarantaine-Anstalteu gebräuchlich ist, gehandhabt.
Auch hier gilt 1,5° C. Temperaturerhöhung als Reaction. Weiter
schliesst man aber auch noch alle Thiere vom Export aus, die
eine anhaltende Temperaturerhöhung von 1° C. und darüber
gehabt haben. Die der Tuberculose nicht verdächtigen Rinder
werden nun gegen eine in der Quarantaine-Anstalt dennoch auf¬
tretende Reaction versichert, verschifft und den bestimmten See-
quarantaine-Anstälten in Deutschland zugeführt. Die übrigen
zum Export bestimmten Schlachtrinder werden nun in den
Exportschlachtereien abgeschlachtet. In den beiden
Schweineexportschlachtereien sind hierfür Räume hergerichtet,
ferner dient diesem Zweck die Schlachtstätte eines Schlachters
in der Stadt und das eigentlich zum Hammelschlachten bestimmte
Schlachthaus am Hafen. An Stelle dieser provisorischen Schlacht¬
häuser soll ein neues Exportschlachthaus für Rindvieh nebst
Kühlhaus erbaut werden. Ich wohnte in dem Schlachthaus am
Hafen der Abschlachtnng von 17 Rindern bei, die aus der Hois-
dinger Quarantaine-Anstalt stammten und von der Einfuhr nach
Deutschland zurückgewiesen waren, weil sie auf die Impfung
mit Tuberculin reagirt hatten. Aus der genannten für Mager¬
vieh bestimmten Quarantaine-Anstalt nimmt Dänemark das Vieh
zurück, während es die Wiedereinfuhr von dem Vieh, welches
in den Seequarantaine-Anstalten reagirt hat, verboten hat. Die
Schlachtung der Rinder erfolgte durch dänische Schlachter¬
gesellen, während man sonst in den Schweineexportschlachtereien
vielfach deutsche Schlachter antrifft. Die Organe und Kopf der
geschlachteten Thiere wurden in einem benachbarten Raume auf¬
gehängt. Damit Verwechselungen nicht Vorkommen können,
werden die Tlieile mit derselben Nummer wie das Schlachtstück
versehen. Jedes Thier wird registrirt und mit einer Numme r
BERLINER THlER ARZTLI CBE WOCHENSCHRIFT.
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408
versehen. Die Nummer befindet sich auf einer Metallplatte, die
an einem zugespitzten Eisenstift hängt, welcher durch das Olir
gestossen und eingebogen wird. Sobald vom Thier nach der
Schlachtung die Haut getrennt, wird die Nummer auf einen
Zettel geschrieben und dieser mittelst Bindfaden an das Schlacht¬
stück befestigt. Für die Besitzer der Thiere ist hierdurch die
Identität genau gewahrt und haben die Einsender die amtliche
Abrechnung über jedes einzelne Thier.
Da alles zum Export bestimmte Fleisch thierärztlich unter¬
sucht werden muss, so war es mir vergönnt, die Art und
Weise der Untersuchung, sowie auch gleichzeitig das
Ergebnis der Tuberculin-Impfung bei den 17 Rindern in Augen¬
schein zu nehmen. Der untersuchende dänische Thierarzt nahm
die Fleischschau sehr gewissenhaft vor. Einige Thiere, die
geringartige tuberculöse Veränderungen zeigten, wurden mit dem
II. Klassenstempel versehen und nicht zum Export zugelassen,
während die übrigen den I. Klassenstempel und damit die
Erlaubnis zum Export bekamen. Bei eingehender Untersuchung
konnten bei fast allen Thieren tuberculöse Veränderungen, be¬
sonders in den Bronchiallymphdriisen, wenn auch meist sehr
geringfügiger Natur, aufgefunden werden. Da es sich um knapp
No. 34
2jährige Thiere handelte, will ich diesen Befund nicht unerwähnt
lassen, zeugt er doch wiederum für den Werth der Tuberculin-
Impfung als Diagnosticum der Rindertuberculose.
Das Fleisch wird nach Deutschland in gut ventilirten Wagen
exportirt, nach England gehen ebenfalls wöchentlich Schiffs¬
sendungen ab. Die Schiffe sind mit besonderen Hängeräumen
für das Rindfleisch ausgestattet. Die Sendungen nach England
werden jedesmal von jungen dänischen Veterinärbeamten be¬
gleitet, die über die sorgfältige Behandlung des Fleisches wachen
müssen, sowie über etwaige in England erfolgende Beschlag¬
nahmungen Bericht erstatten müssen. Welche Alt der Ver¬
sendung nach Deutschland die beste ist, ob einfach veiiti-
lirte Wagen, oder mit Eiskühlung versehene Wagen, oder mit
Eiskühlung und Ventilation versehene Wagen, ist noch Streit¬
frage, und man sucht sich durch sorgfältige Messungen der
Temperatur im Innern des Fleisches vor, während und nach
dem Eisenbahntransport hierüber Klarheit zu verschaffen.
Diese Untersuchungen erfolgen durch Functionäre der dänischen
Regierung und man kann daran ermessen, wie die Regierung
bestrebt ist, dem Fleischexport mit allen Mitteln zu Hilfe zn
kommen. tFortsetzung folgt).
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen, Ernennungen etc.: Zu Ehrenmitgliedern deB thier-
ärztlichen Vereins für Württemberg wurden noch ernannt: Ober-
medicinalrath Dr. Lorenz-Darmstadt, Prof. Dr. Fröhner-Bcrlin,
Prof. Klunzinger-Stuttgart, Oberamtsthierarzt Ostertag-Gmünd.
Dem Thierarzt Kissuth in Guhrau wurde die commissarische
Verwaltung der Kreisthierarztstelle in Guhrau und dem Thierarzt
H cy zu BernstadtdieSchlachthausinspectorstelle in Namlau übertragen.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Die Thierärzte
Loweg von Leipzig nach Ahlen (Westf.), Hei nick von Dyhern-
furth nach Xions (Posen), Eggert von Lehesten nach Prenzlan,
Weid es von Nürnberg als Assistent d. Bez.-Th. Hermann nach
Münchert verzogen. Thierarzt Gebhardt hat sich in Könitz, Tltier-
arzt Zissler in Isen am Inn (Bayern) niedergelassen.
Todesfälle: Kreisthierarzt a. D. Eberhardt-Fulda; Bezirksthier¬
arzt a. D. Hübner-Dresden; Stabsveterinär a. D. Hofbauer-
Bamberg.
Yacanzen.
Kreiithierarztotelleu : a) Neu ausgeschriebene Stellen
R.-B. Cassel: Hofgeismar. Bew. an Reg.-Präsident in Cassel. —
R.-B. Danzig: Elbing (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben).
— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht aus¬
geschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. —- R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). —
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun.
Sanitätothierarzt8tellen a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist.—
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Düsseldorf: Schlachthof - Assistenzthierarzt zum
1. Oct. — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngf ur t — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit-
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. — D ass o w
(Mecklbg.-Scbw.): Tbierarzt — Eddelak (Holstein): Thierar/.t.
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thicrarzt.
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M.
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimstahl: Thierarzt (Ein¬
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung.
— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬
gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbesclinn
500 Mark). — Neukirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg.-
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Ilallicr-
Iiostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magi
strat. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
500 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrungi:
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Scliün-
baum. — Wetter (Ruhr): Thicrarzt (Gebühren aus einzuführender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Nochmalige Bitte um Uebersendung von Aphthen-Lymphe.
Herr College Hecker, der Leiter des bacteriologischen
Laboratoriums der sächsischen Landwirthschaftskammer, hat
schon mehrfach darum gebeten, ihm frischen Blaseninhalt zn
übersenden (vergl. B. T. W. No. 18. Alle Auslagen etc. werden
mit 3 M. pro Kubikcentimeter erstattet. Der Blaseninhalt ist
mittelst einer durch Auskochen oder mit Alkohol nnd Aether
sterilisirten Pravaz-Spritze aaszuziehen, die Bläschen selbst sind,
wenn möglich vorher mit Alkohol zu reinigen. Auch kleinste
Quantität, namentlich auch von Schafen, sind willkommen. Adresse:
Landwirthschaftskammer Halle a. S., Karlstr. 16). Er schreibt,
dass mit einer einzigen Ausnahme seine Bitte bisher vergeblich
gewesen sei. Da an Manl- nnd Klauenseuche bisher in Deutsch¬
land immer noch kein Mangel ist, so liegt die Möglichkeit das
gewünschte Material zu beschaffen, unzweifelhaft in vielen
Fällen vor. Ich wiederhole daher an dieser Stelle nochmals die
Bitte des Herrn Hecker, nnd möchte mir erlauben, die Herrn
Collegen daran zu erinnern, dass es sich hier um Versuche
handelt, die bestimmt sind und geeignet erscheinen, eine uns von
Medicinern gemachte Concurrenz aus dem Felde zu schlagen,
deren Unterstützung also nicht blos eine Gefälligkeit gegen einen
Einzelnen, sondern ein Standesinteresse ist. Schmaltz.
Originalartikel für die B. T. W. z. Z. eingelaufen und bis zn
No. 34 incl. noch nicht pnblicirt von S . . . h in H . .. e; S. • • z
in S . . . n; F . . . r in L . . . k; K . . . g in C . . . 1; V..■ 1
in K . . . k; P . . . z in C . . . h; H . . . e in H . . . n; W.
L . . . n in N.-Y.; Sch . . . 1 in M. H ... d; H ... n in B .. •
W . . . y in S . . . n. — Verbindlichsten Dank; die Veröffent¬
lichung wird baldmöglichst erfolgen. Die Redaction^
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. InnerateDthell) Prof. Dr. Schmaltz in Berlin. — Verlag und Eigentbum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOzenrtein. Bert* 8-
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Dl« „Berliner ^^® r ^r«tUche Woohenn brift“ erscheint
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fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltz.
Berlin, thierkrstllche Hochschule, NW., Lnisenstrasse 56.
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gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 35 . Ansgegeben am 1. September.
Inhalt: Buch: Der gegenwärtige Stand der Le h re von der Immunität. — Referate: Cadöac: Extraction einer
Glasröhre aus der Brusthöhle eines PferdeB. — Alb recht: Ueber abnorme Haltung der Hintergliedmassen bei Fohlen¬
geburten. — Bonaretti: Behandlung der Schweineseuche. — Chelmonski: Ueber die Erkältung als Krankheitsursache.
— Sanarelli: Das myxomatogeue Virus. — Kressin: Heilung eines komplizirten Fesselbeinbruch s. — Barn ick: Be¬
merkungen über das Hochbinden der Pferde. — Therapeutische Notizen. — Tagesgeschichte: Ordentliche General¬
versammlung des thierärztlichen Vereins von Schleswig im Bahnhofshötcl zu Neumünster. — Verschiedenes. —Oeff ent¬
lieh es Veterinär wesen: Scuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark
— Personalien. — Vacanzen.
Der gegenwärtige Stand der Lehre von der Immunität.
Von
Buch,
Departementsthierarzt
(Schluss.)
Nach diesen Ausführungen, die sich an die von Metschni-
koff in seiner Abhandlung über Immunität in grossen Zügen be¬
handelten Fragen über das Zustandekommen der Immunität an¬
bahnen, sollen auch diese Fragen, die über diesen Gegenstand
von dem deutschen Forscher „Behring“ neuerdings wieder
anfgerollt wurden, geziemend berücksichtigt werden. Obschon
es dabei unvermeidlich ist, dass Wiederholungen entstehen, so
ist die knrze Rekapitulirung des Stoffes im Sinne Behring’s
aber schon aus dem Grande von hohem Interesse, weil der
deutsche Forscher sich in mehrfacher Beziehung in Meinungs¬
verschiedenheiten über das Zustandekommen der Immunität mit
Metschnikoff und Anderen befindet. Jedenfalls dürfte es aber
an nnd für sich zur Vollständigkeit dieser Erörterungen gehören,
auch die neueste Ansicht Behring's, die er klar und unter
grossem Beifall gelegentlich des diesjährigen Geburtstages Seiner
Majestät des deutschen Kaisers in der Aula der Universität
Marburg zum Ausdruck gebracht hat, hier wiederzngeben, soweit
dies der engbegrenzte Rahmen dieser Abhandlung gestattet.
Einen nicht minder klaren Einblick in das Wesen der Im¬
munität gewährt die Abhandlnng von Voges und Schütz im
Band 24 des Archivs über im Aufträge des Herrn Landwirth-
schaftB - Ministers angestellte Versuche zur Auffindung
eines neuen Schutzimpfungsverfahrens gegen Schweinerothlanf
und zur Prüfung der in die Praxis eingeführten Impfverfahren
von Pasteur, Lorenz und dem Mannheimer Farbwerk
Friedrichsfeld. Auch diese gross angelegte und hoch interessante
Arbeit wird, insoweit das darin enthaltene „Neue“ in Frage
kommt, eine entsprechende Berücksichtigung an dieser Stelle
finden.
Anknüpfend an das ätiologische nnd isopathische Heilprincip
erörtert Behring die Wirkung des Chinins als Specificum bei
Malaria. Das Chinin wirkt direct auf die Malariaamöbe, wodurch
die Krankheitsursache unschädlich gemacht wird nnd die
Schädigungen, die dieselbe hervorgemfen hat, nunmehr vom
Organismus durch eigene Kräfte beseitigt werden können. Das
Tetanus- und Diphtherieantitoxin wirken ähnlich. Das von den
Bacillen gebildete Gift wird von dem Antitoxin der entsprechenden
Bacillen nentralisirt. Die an bestimmten Localisationsstellen des
Organismus festBitzenden Tetanns- nnd Diphtheriebacillen ver¬
lieren dadnreh ihre vernichtende Macht. Sie werden an ihrer
Existenz behindert nnd verfallen dann durch die natürlichen Kräfte
des Organismus der Vernichtung.
Das isopathische Heilprincip läuft demnach darauf hinaus, eine
vermehrte Antitoxinbildung im Körper zu bilden. Die Organ¬
therapie, die Jenner’sche Schutzpockenimpfang, die Pasteur’sche
Tollwnthbehandlnng und die im Vordergründe stehende Tuberculin-
behandlnng nach Koch liegen diesem Principe zu Grunde.
Behring, dessen Heilversnche gegen Rindertubercnlose seiner
Zeit durch einen in Spanien gehaltenen Vortrag dem grossen
Publikum bekannt wurden, giebt in Marburg das Verfahren an,
durch das es ihm in der That gelangen ist, Heilungen bei
Taberculose der Rinder zu erzielen. Er gelangte zu
diesem Erfolge durch Einverleibung immer steigender Giftmengen
des Tubercelbacillns, die zuletzt das tausend- nnd mehrfache
(etwa 1 Liter) deijenigen Dosis Tubercnlin betrugen, die man
zum Zwecke der Ermittelung der Tnberculose den Thieren ein¬
zuverleiben gewohnt ist. Die auf diese Weise dem Organismus
zugeführten Gifte regen diesen zu energischer Bildnng von Anti¬
toxinen (Antikörpern) an, die sich im Verhältnisse zu den ein¬
verleibten Toxinen gradatim den flüssigen Bestandteilen des
Körpers beimischten. Meerschweine sind durch die Behandlung
mit Blut von auf diese Weise vorbehandelten Rindern bei der Ein¬
verleibung sicher tödtlicher Tnberculosegiftdosen völlig gesund
gebljaben. Das Tnbercnloseantitoxin fängt die von den Tnbercel-
bacillen stetig abgesonderten Giftmengen ab, neutralisirt sie
nnd verhindert die krankmachende Zellenvergiftung, sagt
Behring.
Ehrlich erklärt in neuester Zeit das Entstehen einer In-
fectionskrankheit mit der Einwirkung der von den Bacterien
gebildeten Toxine auf bestimmte dafür empfängliche
Organe. Er verweist im Besonderen hierbei auf das Tetanus¬
toxin, das speciell anf das Nervensystem wirkt. In den be¬
troffenen Organen giebt es nach Ehrlich’s Ansicht bestimmte
Zellen, die speciell für das betreffende Gift empfind-
liQh sind.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
In den Zellen selbst sind es aber wieder ganz bestimmte
Substanzen, die specifisch empfänglich sind. Das Gift wird von
diesen Substanzen aufgenommen und an sie gebunden. Dass
dieser Vorgang eine stürmische Reaction in der Zelle hervorruft,
dürfte ohne Weiteres verständlich sein. Hierbei entsteht also in
der Zelle selbst ein Verlust an Material, der durch Neubildung
wieder ersetzt werden muss. Bei dem Versuche der defecten
Zelle, die verlorene Substanz wieder zu ersetzen, was übrigens
naturgemä88 bei jeder lebenden Zelle nach einer Defectivität ein-
tritt, leistet die betreffende Zelle einen gewissen Ueberschuss der¬
selben Art der verlorenen Substanz. Diejenige Zelle, die dennoch
auf Tetanustoxin in dieser Weise zu reagiren gezwungen wird,
wird bei dem Versuch der Regeneration auf die Lädirung durch
das Toxin des Tetanusbacillus hin eine überschüssig gebildete
Substanz, das specifische Material produciren, welches in ver¬
wandtschaftlichem Verhältnisse zu dem Toxin steht, und das ist
das specifische Antitoxin gegen das Toxin des Tetanusbacillus.
Die Zellen liefern mithin auf eine etwas ungestüme Einwirkung
des Toxins hin das specifische Antitoxin, das als überschüssiges
Material von der Zelle in die Blutflüssigkeit abgeschieden wird.
Gelangt in ein solches mit Antitoxin geschwängertes Blut das
Toxin des entsprechenden Microorganismus, bo wird dieses Toxin
von den Antitoxinen, schon bevor es auf die Zellen wirkt, un¬
schädlich gemacht.
Es ist mithin keine Frage, dass im lebenden gesunden Körper
schon Kräfte aufgespeichert sind, die specifisch auf das betreffende
einverleibte Gift wirken. Diese aufgespeicherten latenten Substanzen,
die unzweifelhaft, selbst Gifte (inactive) sind, sind daher unter
normalen Verhältnissen die Bedingung und auch die Voraussetzung
einer Vergiftung, während sie, wenn sie in die Blutflüssigkeit
abgeschieden werden, im Blute als antitoxische Substanzen Ur¬
sache der Heilung der betreffenden Krankheit sind. Wird daher
dem Organismus unter bekannten Bedingungen nach und nach
eine gewisse Menge Toxin einer bestimmten Bacterienart, gegen
die der Organismus immunisirt werden soll, einverleibt, so sammelt
sich allmälig im Blute des betreffenden Individuums eine grosse
Menge Antitoxin an, das die eingedrungenen Bacterien entgiftet
und somit unschädlich macht.
Bei langsam verlaufenden Krankheiten, wie bei derTubercu-
lose (der chronischen Schweineseuche), findet nur eine geringe
Giftbildung der Bacterien statt. Die vorher erwähnten Zellen
vermögen aber unter dieser Voraussetzung ihre giftbindende
Substanz nicht in dem Masse zu vermehren, dass sie überschüssige
Substanz (Antitoxin) an das Blut abgeben können.
Bei acuten InfectionBkrankheiten wird dagegen wegen des
stürmischen Verlaufes bezw. der energischen Einwirkung des
reichlich vorhandenen Toxins an den Zellen eine entsprechend
grosse Antitoxinmenge an das Blut abgeführt, wodurch die
weiteren Toxine und somit auch die Bacterien selbst vernichtet
werden. Es tritt Heilung der Krankheit ein. Andererseits kann
aber bei acuten Infectionskrankheiten das von den Bacterien
producirte Toxin so gross sein, dass es die Zellen tödtet, wodurch
die Production von Antitoxin (Antikörpern) aufgehoben ist. Der
Organismus wird in solchem Falle zu Grunde gehen.
Würde der behandelnde Arzt bei diesen acuten Zuständen
eine vermehrte Antitoxinbildung erstreben, also das isopathische
Heilprincip anwenden, so würde er die Krankheit ungünstig
beeinflussen und sogar den letalen Ausgang herbeiführen
können. Hier ist daher die unmittelbare Zuführung des Antitoxins
am Platze.
Bei der Tuberculose, sowie bei allen andern chronisch ver¬
laufenden Infectionskrankheiten besteht oft schon au sich ein
abnorm hoher Reizzustand. Die Patienten fiebern zuweilen in
reichlichem Masse. Wollte man hier das isopathische Heilprincip
anwenden, also durch Tuberculinbehandlung einen hohen Reiz¬
zustand der Gewebszellen behufs reichlicher Production von Anti¬
toxin hervorrufen, so würde man die Zellen entweder schädigen
oder gänzlich zum Absterben bringen. Das Tuberculin ist daher,
wie auch Koch vorschreibt, in solchen Fällen als Heilmittel nicht
zu verwenden. „Die Zellenvergiftung und Zellenreizung bei der
tuberculöBen Infection reicht blos aus zur Vermehrung von gift-
bindender Substanz innerhalb der giftempfindlichen Gewebe, was
durch die erhöhte Reactionsfähigkeit gegenüber dem Tuberculin
zum Ausdruck kommt. Tuberculose Kranke sind, wie wir uns
ausdrücken, überempfindlich gegenüber dem Tuberculosegift, sagt
Behring.
Würde dagegen solchen Patienten eine genügende Menge
bereits anderwärts fertig gebildeter Antitoxine einverleibt werden,
so wäre das Heilprincip für diese gefunden.
Bei nicht fieberhaft erkrankten tuberculösen Thieren hat
Behring versucht, die Antitoxiubildung unbeschadet der Gesund¬
heit des Individuums allmälig und so enorm zu steigern, dass
dadurch eine Heilung erzielt wird.
Behring legte sich selbst bei der Inangriffnahme der Ver¬
suche die Frage vor: „wie es möglich sei, dass durch ein Plus
von demselben Gifte, welches wir als die Ursache der allgemeinen
Krankheitserscheinungen der Tuberculose und der Hundswuth
ansehen, ein Heileffect erzielt werden kann.“ Er erklärte seine
Erfolge damit, dass er annahm, der zwar schon vorhandene, aber
für eine reichliche Antitoxinproduction zu geringe Giftreiz würde
durch die Steigerung des Giftreizes (Zufuhr von allmälig ge¬
steigertem Toxin — Tuberculin bei Tuberculose —) vermehrt
und die Production von Antitoxin im Blute eine so genügende
werden, dass das von den Krankheitserregern, beispielsweise der
Hundswuth und der Tuberculose, gebildete Gift zerstört werde.
Wie bereits erwähnt, ist aber die Anwendung des iso-
pathischen Heilverfahrens nicht allein bei acuten, sondern vielfach
auch bei chronisch verlaufenden Infectionskrankheiten aus dem
Grunde nicht anwendbar, weil die lebenden Zellen oft nicht ohne
einen gewissen Grad der Erzeugung einer Vergiftung zur Neu¬
bildung und Abgabe giftbindender Substanz (Antitoxin) gebracht
werden können.
Für die Praxis ist daher die Herstellung eineB genügend
starken Tuberculinantitoxins der springende Punct, wenn Heil¬
erfolge bei der Tuberculose erzielt werden sollen. Für die Be¬
handlung der chronischen Schweineseuche und Schweinepest
kommen meiner Ansicht nach dieselben Principien in Frage.
Voges und Schütz gaben in oben genannter Arbeit Ueber-
blicke über die drei gebräuchlichen Impfverfahren gegen Roth-
lauf der Schweine. Alle drei Verfahren beruhen auf dem
Princip, Schweine mittelst abgeschwächter Rothlaufbacillen zu
immunisiren.
Erläuternd sei vorausgeschickt, dass es zwei Arten von
Bacteriengiften giebt, die das Krankheitsbild bei Infections¬
krankheiten bedingen. Man unterscheidet Bacteriengifte, die in
Wasser löslich sind, und solche, die an die Bacterienzellen ge¬
bunden sind, sogenannte: Zellgifte. Zu ersterer Gruppe gehören
die Diphtherie- und Tetanusbacillen, der Bacillus des Botulismus
und der Bacillus pyocyaneus, zu letzterer gehören Bacterien, wie
der Cholerabacillus, der Rothlaufbacillus, die Bacterien der
Schweineseuche und der Geflügelcholera.
Viele Bacterien wirken im Körper zunächst nur durch ihre
localen Zerstörungen. Erst nach ihrem Absterben werden die
Zellgifte frei und verursachen die allgemeine Vergiftung. Ein
gutes Beispiel hierfür liefert der Ciiolerabacillus, der, obwohl er
an die Darmgegend gebunden ist, eine allgemeine Vergiftung
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1. September 1898.
verursacht Das Experiment gab über dieses scheinbar abnorme
Verhalten des Cholerabacillus die gewünschte Aufklärung. Man
fand nämlich beim Filtriren der in Bouillon gezüchteten Cholera¬
bacillen die rückständigen Bacillen dann giftig, wenn sie ab-
getödtet und einem Versuchstiere (Meerschweinchen) in die
Bauchhöhle eingespritzt wurden, während das Filtrat selbst un¬
giftig war. Unzweifelhaft geben daher die Cholerabacillen nur
Gifte ab, wenn sie zerstört werden. Der Körper besorgt diesen
Vorgang, indem er die Hüllen der Bacillen auflöst und die
Bacterienzelle selbst resorbirt. Die resorbirte Zelle ist aber
giftig, woraus sich die Vergiftungserscheinungen bei den be¬
troffenen Individuen erklären.
Andere Bacterien, wie die Tetanusbacillen, scheiden in die
Flüssigkeiten, in denen sie cultivirt werden, Gifte ab. Es bedarf
daher hier weder der Abtödtung noch der künstlichen oder
natürlichen Zerstörung der Bacterienhülle mit darauffolgender
Resorption der Zelle selbst, um Vergiftungen hervorzurufen.
Die Rothlaufbacillen verhalten sich ähnlich wie die Cholera¬
bacillen in Bezug auf die Giftigkeit der Bacterienzelle. Sie
produciren daher kein Toxin beim Züchten in gewissen Nähr¬
medien oder durch Behandlung mit Wasser. Sie zeigen ein
eigentümliches Verhalten, das sich von dem des Cholerabacillus
in mancher Hinsicht unterscheidet durch die wachsartige Hülle,
die die Bacterien fest umgiebt. Hierdurch sind die Rothlauf¬
bacillen ungemein widerstandsfällig sowohl resorbirenden Sub¬
stanzen des Körpers gegenüber, als auch der lebenden Natur
gegenüber, die durch Austrocknung etc. eine Zerstörung nicht
herbeizuführen vermag.
Der lebende Körper beseitigt aber den Mantel der lebenden
Bacterienzelle. Die Auflösung desselben erfolgt durch die Thätig-
keit des einen oder anderen Körperorganes. Das bactericide
Serum greift die in der Theilung begriffenen Jugendformen des
Bacillus an, bevor sich an der Theilungstelle die feste Hülle
gebildet hat. Die Zerstörung des Bacterienleibes erfolgt daher
durch bactericid wirkendes Blutserum.
Die Immunisirung der Schweine gegen Rothlauf ist in praxi
zur Zeit nur möglich durch Einverleibung abgeschwächter, mit
nachfolgender Einverleibung vollvirulenter Rothlaufbacillen-
culturen.
Abgetödtete Rothlaufculturen machen beim Schwein Immu¬
nität, sobald sie direct in die Blutbahn injicirt werden, was prak¬
tisch nicht ausführbar ist. Im subcutanen Gewebe verhalten
sich die abgetödteten Culturen völlig indifferent, da sie vom sub¬
cutanen Gewebe aus nicht resorbirt werden, wodurch sie nicht
in die Blutbahn und mithin auch nicht an die Bildungsstätte der
Rothlaufschutzstoffe gelangen können.
Die resorbirten lebenden Rothlaufbacillen überschwemmen
das Blut, worin sie 6 bis 10 Tage nachweisbar sind. Die ab-
geschwächten Bacillen — bezw. deren Protoplasmainhalt —, die
nach und nach in die Blutbahn eintreten, regen zur Bildung der
Antikörper an, die um so reichlicher gebildet werden, je plan-
mässiger die Injectionen ausgeführt werden. Ein solch präpa-
rirtes Serum ist geeignet, passive Immunität für eine kurze Zeit
bei anderen Thieren zu erzeugen.
Warum bei der massenhaften Ueberschwemmung des Blutes
mit Rothlaufbacillen die Thiere in den meisten Fällen völlig ge¬
sund erscheinen, ist noch nicht aufgeklärt. Der Grund, dass das
Gift an die Bacterienzelle selbst gebunden ist, ist hierfür nicht
allein ausschlaggebend; jedenfalls ist das Gift in der Rothlanf-
bacterienzelle in geringerer Menge vorhanden als in den Bacillen¬
leibern der Schweineseuche und der Hühnercholera.
Bei den Versuchen über die Erzeugung einer dauernden
Immunität wurden viele interessante Thatsachen ermittelt, die
411
mancherlei Aufschluss über bisher läthselhafte Vorgänge
geben.
Wie bereits erwähnt, ist es nicht gelungen, Antitoxin durch
Injection des Zellgiftes beim Rothlauf zu erzeugen. Das Blut
immunisirter Schweine enthält keine Spur von Antitoxin.
Auffallend war allerdings die Thatsache, über die schon
Emmerich und Mastbaum berichten, dass, wenn man Versuchs-
thieren Rotblaufschutzserum und Rothlaufbacillencultur gleich¬
zeitig einspritzt, die Rothlaufbacillen schon nach wenigen Stunden
verschwinden. Das Serum von immunisirten Thiere hat daher
unzweifelhaft eine bacterienvernichtende Wirkung, die auf sehr
widerstandsfähigen bactericiden Antikörpern beruht. Diese Anti¬
körper wirken aber nicht direct, sondern durch Vermittelung des
lebenden Körpers auf die Bacillen; sie sind daher in inactiver
Form im Blutserum aufgespeichert und werden erst durch Ver¬
mittelung des lebenden Körpers in die active Form übergeführt.
Der Körper verfügt daher an sich oder durch die künstlich
erzeugte Immunität über einen gewissen Vorrath von Antikörpern,
die ans dem inactiven Zustande mit Hülfe der Körperzellen in
den activen Zustand bei der Einwanderung der Rothlaufbacillen
verwendet werden. Bei der natürlichen Infection mit Rothlauf¬
bacillen wird der ungeschützte Körper nur so lange Stand halten
können, als die Körperzellen im Stande sind, die activen Anti¬
körper gegen die Infectionserreger ins Feld zu führen. Kann
dies nicht mehr geschehen, so werden die Zellen selbst durch die
Infectionserreger erkranken, wodurch meist der letale Ausgang
besiegelt ist. Interessant ist die Thatsache, dass im Rothlauf-
schutzserum nicht alle Antikörper in der inactiven Form ent¬
halten sind. Geringe Quantitäten sind vielmehr wie die Ver¬
suche ergeben haben, auch in activer Form darin enthalten. Die
Antikörper werden beim Rothlauf der Schweine nur langsam ge¬
bildet. Oft werden nur soviel gebildet, um den eigenen Körper
gegen eine Infection zu schützen. Sollen aber mehr Antikörper
aufgespeichert werden, so bedarf es einer häufigen und plan-
mäsBigen energischen Reizung der abscheidenden Zellen durch
wiederholte Einfuhr von Infectionserregern. Dass der Körper
noch über andere Abwehrkörper verfugt, über die aber noch
nicht genügend Licht verbreitet ist, ist Eingangs bereits er¬
wähnt worden. Gedacht wird dabei an die sogenannten anti-
infectiösen Substanzen — die LeucocytOBe, überhaupt an die ver¬
mehrten Bactericiden —, die zum Theil einen unbestimmten Be¬
griff involviren. Schütz und Voges bezeichnen diesen Factor
als „Resistenz“. Auf ihr soll die Widerstandsfähigkeit der ver¬
schiedenen Schweinerassen gegen Rothlauf beruheu. Die natür¬
liche Resistenz ist daher für die ganze Frage der Benrtheilung
des Auftretens deB Rothlaufs ein Factor von weittragender Be¬
deutung.
Die Immunität, die nach dem Pasteur’schen Verfahren —
das Porcosan soll hier wegen seiner dem Pasteur’schen Ver¬
fahren ähnlichen, aber weniger sicheren Wirkung nicht besonders
berücksichtigt werden — erzielt wurde, ist eine rein active, die
auf der intensiven Bildung von Antikörpern und Abscheidung der¬
selben in das Blut des betreffenden Individuums beruht. Der hierbei
sich abspielende Vorgang ist durch die vorstehenden Erörterungen
hinreichend aufgekärt worden. Nur soviel soll noch erwähnt
werden, dass die durch das Pasteur’sche Verfahren erzeugte
künstliche Immunität durch allmäliges Ausscheiden der Anti¬
körper in die den Körper verlassenden Flüssigkeiten nach einer
gewissen Zeit wieder verloren geht. Die nach Pasteur immu¬
nisirten Thiere sind daher nur für eine gewisse Zeit immun, aber
vollständig immun gegen die natürliche Infection mit Rotlauf¬
bacillen. Die bei der Pasteur'schen Methode hervorgerufenen
häufigen Erkrankungen und Verluste an Schweinen beruht nach
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
Schütz und Voges auf der mangelhaften Resistenz der be¬
treffenden geimpften Schweine. Danach werden feine weniger wider¬
standsfähige R.gen ebenso wie unter natürlichen Verhältnissen
bei Impfungen nach dem Pasteur’schen Verfahren eher durch
die Impfung erkranken als die resistenten Ra^en, wozu das
„Landschwein“ im Gegensatz zu den sogenannten „feinen Racen“
gehört.
DievonSchütz und Voges gegebenen wissenschaftichen Erklä¬
rungen für das Zustandekommen der künstlichen Immunität nach dem
Lorenz’schen Verfahren sind so interessant und lehrreich, dass
sie an dieser Stelle eine etwas eingehendere Besprechung ver¬
dienen.
Ueber welche bactericiden Abwehrkräfte das Serum, das nach
einem bestimmten Verfahren den mit abgeschwächten Rothlauf-
culturen vorbebandelten Schweinen genommen ist, verfügt, ist
bereits erörtert worden.
Stellen wir uns nun vor, einem mit Schutzserum vorge¬
impften Thiere würden virulente Rothlaufbacillen in die Subcutis
geimpft. Durch die vorherige Zufuhr des Serams verfügt der
Organismus dann über eine gewisse Menge passiver bactericider
Substanzen. Die von der Subcutis aus nach und nach in das
Blut aufgenommenen Bacillen werden von den in die active Form
umgewandelten bactericiden Schutzstoffen angegriffen nnd über¬
wältigt, gleichzeitig werden aber auch die durch das Serum „ge¬
weckten“ übrigen „Abwehrkräfte“ des Organismus, die Schütz
und Voges als „Resistenzkräfte“ bezeichnen, sich an der Ver¬
nichtung der Bacillen betheiligen. Voges sagt weiter: „Die
Combination beider Factoren bedingt eine Abtödtung etwa ein¬
dringender lebender Rothlaufkeime. Der Grad der Abtödtung ist
aber abhängig von der Grösse der Abwehrkräfte nnd der Menge
der zu vernichtenden Keime“. Voges stellt drei Möglichkeiten
auf, die bei der Lorenz’schen Schutzimpfung, theoretisch ge¬
dacht, eintreten können.
1. Sind soviel Schutzstoffe vorhanden, dass die injicirten
lebenden Rothlaufbacillen relativ sehr schnell abgetödtet werden,
so vermögen die die Bildung activer Antikörper im Körper an¬
regenden Bacillen dies nur in geringem Masse oder gar nicht
auszuführen; die Folge davon ist, dass, da die durch das Serum
hervorgerufene passive Immunität verbraucht ist oder bald
ganz verloren geht und das Thier über weitere active Anti¬
körper nicht mehr verfügt, die Immunität entweder gar nicht
oder nur in geringem Grade zu Stande kommt.
2. Die sämmtlichen Abwehrkräfte des vorbehandelten Orga¬
nismus reichen überhaupt nicht aus, die Bacillen nach und nach
zu vernichten. Die nicht vernichteten Bacillen vermehren sich
dann und verursachen eine Rothlauferkrankung.
3. Der grösste Theil der injicirten Bacillen wird getödtet;
nur ein ganz geringer Theil bleibt im lebensfähigen Zustande
im Unterhautgewebe zurück. Zur Abtödtung der grossen Masse
der Bacillen sind die im injicirten Serum enthaltenen Schutzstoffe
verbraucht worden. Auf Grund dessen muss der Körper auf die
übrigen Abwehrkräfte zurückgreifen, um den Bacillenrest zu
überwältigen und das sind die an den Platz der Aufspeicherung
der Bacillen vom Körper abgesandten „resistenzauslösenden
Kräfte.“ Reichen diese Kräfte nicht aus zur Bewältigung der
Bacillen, so vermehren sich die Bacillen und machen das Thier
krank (siehe No. 2), werden die Bacillen aber von diesen Kräften
zerstört, so „kommt die Immunität in Folge der bekannten
Rcaction zu Stande.“
Voges nimmt daher an, dass der Hanptfactor für das Zu¬
standekommen der Immunität die natürlich oder künstlich ge¬
steigerte „Resistenz“ des Organismus sei. Da nun aber die
Resistenzwirkung bei den einzelnen Individuen verschieden ist,
so sei es auch nicht möglich, vor dem Immunisirungsverfahren
die Resistenz einesThieres festzustellen. Bei dem Lorenz’schen
Impfverfahren müsste daher mit einer unbestimmten Resistenz
bei jedem einzelnen Individuum gerechnet werden, die ausschlag¬
gebend für den Erfolg des Verfahrens wäre.
Soweit die theoretischen Erwägungen.
Die praktischen Versuche haben Folgendes gelehrt:
Die in die Subcutis injicirten Rothlaufbacillen dringen all-
mälig in die Blutgefässe ein und gelangen somit in die Blutbahn.
Je virulenter sie sind, desto schneller erfolgt das Eindringen,
bei hochvirulenten Bacillen schon nach zwei bis drei Tagen, bei
weniger hoch virulenten Culturen, wiebei derL o r e n z 'sehen, aber erst
acht bis zehn Tage nach der Impfung, wenn vorher kein Schatz¬
serum injicirt worden ist Die aus Backsteinblattern gezüchteten
Bacillen treten nach der Verimpfung verhältnismässig erst spät
im Blute auf. Das späte Auftreten der Bacillen im Blute ist
aber für das Zustandekommen der Immunität ein wesentlicher
Factor, wie wir im Folgenden sehen werden. Lorenz ver¬
wendete daher zu seinen Injectionen aus Backsteinblattern ge¬
züchtete Culturen und erreichte damit, dass durch das späte
Auftreten der Bacillen im Blute der Organismus Zeit gewann,
„Beine Abwehrkräfte zu sammeln und zum Schutze gegen die
Infection zu verwerthen.“
Schweine, denen BackBteinblatternculturen ohne Weiteres
injicirt werden, sterben nicht an der Iojection, sondern erkranken
nur leicht. Die Verfasser sind daher der Ansicht, dass gerade
dass späte allmälige Uebertreten der Bacillen in die Blutbahn
für „den Erfolg des Lorenz’schen Verfahrens offenbar von
grösserer Bedeutung sei als die Serumbehandlung“.
Da die langsame Invasion der Bacillen in die Blutbahn der
entscheidende Punkt ist, die Culturen aber auf bestimmte
Schweinerasen eine ungleiche Wirkung ausüben, je nach der
Resistenz der betreffenden Rase, so verwendete Lorenz, um
diesem Uebelstande abzuhelfen, das Schutzserum, das bezw.
dessen baderidicide Antikörper, „in einen Kampf mit den inji¬
cirten Culturen treten.“
Wie spielt sich nun der Vorgang nach der Injection viru¬
lenter Rothlaufculturen bei einem mit Schutzserum vorbehandelten
Thiere eigentlich ab?
Die im Unterhautgewebe befindlichen Bacterien bleiben zu¬
nächst an der Injectionsstelle liegen, wo sie mit dem „Säftestrom
des Körpers“, in dem das Schutzserum vertheilt ist, in Berüh¬
rung kommen. Eine kleine Menge Serum wird in Folge dessen
ständig mit den Bacterien an der Injectionsstelle in Berührung
treten. Die im Serum aufgespeicherten Antikörper vernichten so¬
dann dieBacterienzellen. Vernichtet werden aber nur in derTheilung
begriffene Bacterien, und zwar die Jugendforraen derselben.
Voges ist der Ansicht, dass die übrigen Bacillen vom Serum
überhaupt nicht angegriffen werden. Nach und nach werden die
an der Injectionsstelle befindlichen Antikörper verbraucht; da
aber inzwischen die Bacillen sich vermehren, strömen auf dem
Wege der Diffusion neue Antikörper der Injectionsstelle zu, um
dort in Wirksamkeit zu treten. Schliesslich werden sämmtliche
durch das Schutzserum eingeführte und in den Körpersäften auf¬
gespeichert gewesene Antikörper verbraucht sein.
Inzwischen hat sich der Organismus aber auf diesen Moment
vorbereitet, indem er selbst präparirte Antikörper auf den
Kampfplatz sendet und gleichzeitig noch einen solchen Ueber-
schuss von Antikörpern in seinen Säftestrom aufspeichert, dass
der Körper dadurch immun wird.
Veranlasst werden die Zellencomplexe, durch die die Immu¬
nität bedingt wird, Antikörper zu produciren, wahrscheinlich
durch das Verschwinden der mit dem Schatzserum eingefiihrten
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1. Septemt> er 1898.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
Antikörper, welches sie als chemischen Reiz empfinden, vielleicht
auch durch Reize, die durch Substanzen ausgelöst werden, deren
Entstehung auf die Verbindung der Antikörper mit den Bacterien-
giften zuriickzufuhren ist und von der Injectionsstelle aus in das
Blut gelangt und die betreffenden Zellen reizen. Da die Anti¬
körper beim Schwein nur langsam gebildet werden, gelingt es
vielen Bacterien in die Blutbahn zu gelangen, was aber, wenn
dies langsam und spät erfolgt, ohne Bedeutung ist, da die Zellen-
complexe inzwischen soviel Antikörper an das Blot absenden, dass
die Bacillen unschädlich gemacht werden. Sind aber noch nicht
genügend Antikörper zur Stelle, während das Blut schon mit
Bacillen überschwemmt ist, so wird der Organismus bis zum
Eintreffen derselben sich seiner Resistenzkräfte bedienen und
mit deren Hilfe sich der Bacillen eine Zeit lang erwehren.
Nach der Methode von Lorenz zieht sich daher der Immn-
nisirungsvorgang acht Tage lang hin. An den betreffenden
Schweinen werden aber Krankheitserscheinungen nicht wahrge¬
nommen.
Da bei dem zur Zeit gebräuchlichen Impfverfahren lebende
Rothlaufculturen zur Immunisirnng verwendet werden, so sind
Voges und Schütz der Ansicht, dass durch Verschütten der
Culturen der Rothlanfbacillus in sonst rothlauffreie Räume ver¬
pflanzt werden könne. Auch trage der Umstand eventuell zur
Verbreitung des Rothlaufs bei, dass, da das Blut der geimpften
und scheinbar gesunden Thiere tagelang mit virulenten Bacillen
überschwemmt sei, die durch Verletzungen der Haut (Schrunden),
oder durch die lädirten Nieren (Blutungen), oder den lädirten
Darmcanal (Darmkatarrh mit Desquamation des Epithels) nach
aussen gelangten Bacillen sich weiter entwickelten.
Lorenz, sowie diejenigen Thierärzte, welche das von ihm
empfohlene Schutzimpfungsverfahren in der Praxis angewendet
und dessen Erfolge zu beobachten Gelegenheit gehabt haben,
legen diesen theoretischen Möglichkeiten, mit denen übrigens bei
dem Pasteur’schen Verfahren wegen der Verwendung virulenter
Culturen ebenso zu rechnen wäre, keine praktische Bedeutung
bei. Lorenz sagt in einem in Frankfurt a. M. im Jahre 1896
gehaltenen Vortrage darüber, dass bei vorsichtiger Anwendung
sein Verfahren eine Verbreitung des Rothlaufs herbeizufflhren
nicht im Stande wäre, und dass Thiere, die man nach Anwendung
einer genügenden Serumdosis mit Rothlaufkeimen inficirt, solche
Keime nicht ausscheiden; das hätten die Praxis und seine Versuche
bewiesen. Jedenfalls ist, wenn man die ausserordentlich günstigen
Erfolge des Lorenz’schen Schutzimpfungsverfahrens berücksichtigt
und wenn man erwägt, dass durch dessen Anwendung bis jetzt
über Schädigungen directer oder indirecter Art nichts bekaunt
geworden, das Schutzimpfungsverfahren nach Lorenz für die in
Deutschland gezüchteten Schweinerasen als das zur Zeit sicherste
Schutzmittel gegen die natürliche Infection mit Rothlaufbacillen
anznsehen und dessen Anwendung iu Orten, wo der Rothlauf
ständig oder spontan herrscht, oder wo in Gehöften (Mästereien etc.)
die Gefahr des Ausbruchs des Rothlaufs besteht, nur zu em¬
pfehlen
Schütz und Voges versuchten, von abgetödteten Bacilleu
Schutzstoffe zu gewinnen. Diese Versuche sind aber misslungen.
Die immunisirende Substanz, die an den Zellleib gebunden is*t,
lässt sich aus der Bacterienzelle nicht extrabiren, weil der wachs¬
artige Mantel der Zelle durch Zerreiben der Bacterienmasse nicht
beseitigt werden kann, und weil die einzige, den Mantel zum
Theil lösende Substanz, die Lauge, auch die immunisirenden
Substanzen zerstört. Die subcutane Einverleibung abgetödteter
Rothlaufbacillen bleibt, wie bereits erwähnt, wirkungslos, weil
die Bacillen sich im subcutanen Gewebe völlig indifferent ver¬
halten.
419
Im Interesse der Veterinärpolizei müsste übrigens bei der
Rothlauf-Impfung zweierlei verlangt werden. Es müsste verboten
werden, die Rothlanf-Culturen resp. das Porcosan Laien in die
Hand zu geben. Deon das Verschütten der Culturen kann
in der That zur Verbreitung der Rothlaufseuche beitragen und
die nöthige Vorsicht kann nur bei Sachverständigen vorausgesetzt
werden. Ausserdem müssten die Privatthierärzte, welche impfen,
veranlasst werden, das Ergebniss den beamteten Thierärzten
mitzutheilen. Eine gewisse Staatscontrole wäre also am Platze,
um möglichst Missbränche und Nachtheile zu verhüten, was
wiederum verhindern würde, dass die Impfung durch irgend einen
Zufall in Misscredit gebracht wird.
Referate.
Extraction einer Glasröhre ans der Brusthöhle
eines Pferdes.
Von Prof. C a d 6 a c - Lyon.
(Journal do Lyon, Juli 1MH )
Ein an doppelseitiger Pleuritis erkranktes Militärpferd war
mit frühzeitigen Punctionen auf beiden Brustseiten behandelt
worden. Als auf der linken Seite die Flüssigkeit purulent wurde,
öffnete der behandelnde Thierarzt (Blin, vom 11. Dragoner-Rgt.)
den Pleuralsack. Zu diesem Zwecke wurde die Haut oberhalb
der Sporader in einer Länge von 10 Centimeter zwischen der
7. und 8. Rippe gespalten, die Intercostalmuskel durchgeschnitten
und die Pleura mit dem Finger durchbohrt. Mit dem Finger
konnte man flottirende, harte Membranen durchfühlen, die sich
zu organisiren begannen. Die Entleerung erfolgte rasch, ein
dicker Drain wurde eingelegt und vermittelst eines Verbandes
festgehalten. Einige Stunden später wurde eine Waschung mit
einem Syphon vorgenommen.
Zu den Waschungen wurden die Antiseptica wiederholt ge¬
wechselt. Bei einer Waschung wurde aber das gläserne Ende
des Syphons durch eine brüske Bewegung des Thieres abgebrochen
und blieb in der Brusthöhle liegen. Trotzdem verminderte sich
die Pleuraleiterung und die Wunde vernarbte.
Des Interesses halber gab das Kriegsministei iura das Pferd
der Lyoner Klinik. Bei seiner Ankunft war das Thier gesund,
die Temperatur betiug 38°; man fand nur an der Operationsstelle
des Empyems eine narbige Depression und einen sehr engen
Fistelgang. Normale Athmungsgeräusche waren beiderseits und
auf der ganzen Höhe zu hören, nur im linken unteren Drittel
war ein sehr ausgesprochenes pleuritisches Reibungsgeräusch
wahrnehmbar. Nach einigen Minuten im Trabe war eine Zwei¬
theilung des Flankenschlages bemerkbar. C. beschloss, die in der
Brusthöhle gebliebene Glasröhre zu extrahiren.
Das Thier wurde auf die rechte Seite gelegt, die linke Brust
wurde geschoren und das ganze Operationsfeld mit Sublimatlösung
desinflcirt. Es wurde senkrecht genau auf der Narbe der ersten
Operation eingeschnitt- n, aber die Wunlräuder näherten sich so
stark unter der Einwirkung der Bewegungen, dass es nicht
möglich war die Fistelöffnung zu erreichen. Ein senkrecht zum
ersten und hauptsächlich nach vorn gerichteter neuer Einschnitt
gestattete, die 7. und 8. Rippe, den Intercostalmuskel und die
Fistelöffnung frei zu legen. Die Fistelöffnung wurde leicht er¬
weitert, damit der Finger eingeführt werden konnte, mit welchem
das dicht unter der Oeffnung liegende Zwerchfell zurückgeschobeu
wurde. Die Hauptschwierigkeit der Operation bestand in der
Schonung dieses Muskels bei der beabsichtigten Anlage eines
Fensters in der Brustwand.
Die 7. Rippe wnrde 3 Centimeter oberhalb der Fistelöffnung
durchgesägt, die beiden Enden leicht auseinander gehalten, so
dass zuerst zwei Finger, dann die ganze Hand in das Innere der
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414
BERLINER THIERÄKZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
Eiterhöhle, welche den Fremdkörper enthielt, eingeführt werden
konnte. Diese Höhle war 35 Centimeter tief; sie ging nach vorn
und nach oben gegen das obere Drittel der Schulter; sie war
15 bis 20 Centimeter breit; die Hand konnte ohne Schwierigkeit
überall hin gelangen; man konnte mit ihr deutlich die Oberfläche
des Herzens fühlen und fand vor diesem Organ inmitten einer
erheblichen Kitermenge die Glasröhre. Dieselbe war 9 Centimeter
lang und 5 Millimeter dick. Nach sorgfältiger Desinfection der
Eiterhöhle mit Sublimat wurde die Wunde zur Erleichterung des
Eiterausflusses offen gelassen und das Thier zum Aufstehen
gebracht.
Die Folgen dieser Operation waren gelind. Das Thier hörte
nicht auf zu fressen, die Temperatur stieg auf 38,9, ging aber
bald anf 38,5 zurück. Die Vernarbung der äusseren Wunde er¬
folgte rasch bei antiseptischen Waschungen. Ein Monat nach
der Operation schien die Verwachsung der durclsägten Rippe
erzielt zu sein; man bemerkte nur noch eine enge Fistel, aus
welcher ein reichlicher, weisser, dicker Eiter floss. Die Grösse
der Eiterhöhle schien stark vermindert, die eingeführte Sonde
führte kaum halb so weit als früher. Die häufig wiederholten
Injectionen von ein pro inilliger Sublimatlösung oder von con-
centrirter Picrinsäurelösung hatten die eiternde Fläche bedeutend
reducirt. Da die Vernarbung Stillstand, Hess C. irritirende Jod-
tincturinjection zu 30 pCt. vornehmen und wiederholte dieselben
alle 8 Tage einen Monat lang. Als auch die Fistel stationär
blieb, wurde am 1. Mai eine Iujection von reiner Jodtinctur vor¬
genommen. Eine Stunde nachher war reine generalisirte
Schwellung der ganzen Gegend zu bemerken, die Umgebung der
Fistel war Leiss und sehr schmerzhaft, die Temperatur stieg auf
40°. Am nächsten Tage ging die entzündliche Schwellung zurück,
die Temperatur ging um einen Grad zurück, aus der Fistel floss etwas
seröser Eiter. Die Menge dieses Eiters nahm progressiv ab, Jiüch
vierzehn Tagen war sie sehr gering.
Eine am 15. Mai vorgenommene Sondirung ergab wesentliche
Fortschritte, eine neue Injection von reiner Jodtinctur beschleunigte
dieselbe uoch mehr, am 1. Juni war die Ausdehnung der Eiter¬
höhle kaum ein Viertel der Grösse vom 1. Mai.
Das Pferd konnte als nahezu geheilt betrachtet werden und
sollte dasselbe wieder seinem Regiment zurückgeschickt werden,
als es wegen eines Unfalles (Fractur des rechten Hinterfusses)
getödtet werden musste. Die Obdaction ergab eine fast perfecte
Pleuralsymphyse der ganzen Seite; die Lunge ist überall absolut
intact, die viscerale Pleura ist auf der ganzen Obei fläche an
das parietale Blatt angelöthet, nur in der Nähe der Fistel findet
sich noch eine 2 bis 3 Centimeter breite, 6 Centimeter tiefe
Stelle, an welcher die Eiterung noch nicht vollständig auf¬
gehört hat.
Die Pleuritis des Pferdes kann somit chirurgisch behandelt
werden durch weite Oeft’nungen der Brustwand; C. glaubt, dass
es nützlich ist, frühzeitig chirurgisch einzuschreiten, damit die
Lungen nicht atelectatisch werden und dieses Organ durch seine
Bewegungen die sich bildenden falschen Membranen zerstört
Leber abnorme Haltnng der Hintergliedmaeseu bei
Fohlengeburten.
Von Prof. A 1 b r o c h t.
(W»cbr. f Tblerblkd. 23, 1898.)
Unregelmässige Haltung der Hintergliedmassen ist schon im
Allgemeinen schwer zu beseitigen; ganz besonders aber beim
Fohlen. Hier ist die Berichtigung der reinen Steisslage ohne
Gefahr für die Mutter überhaupt nur bei einem kleinen Fötus
möglich, vorausgesetzt noch, dass gleich nach Beginn der Geburt
eingegriffen werden kann, ln andern Fällen versucht A. die
Berichtigung gar nicht mehr. Kleine Früchte können ohne
Schaden für die Stute in der reinen Steisslage ausgezogen
werden. Ist man sich nicht klar darüber, so ist ein Versuch für
die Stute ungefährlich. Lässt sich der Fötus durch einen Zug
von 4—5 Personen an der Soeke'sehen Schlinge nicht ent¬
wickeln, so löst man eine Hintergliedmasse aus. Es ist das
besser, als wenn ein zu verstärkter Zug angewendet wird.
Unter Umständen ist die Auslösung der unter den Leib ge¬
schlagenen Gliedmassen allerdings schwierig. Eine tiefbauebige
Pinzgauer Stute, welche schon seit drei Tagen augenscheinlich
Abfluss von Fruchtwasser gezeigt hatte, wurde nach der tier¬
ärztlichen Hochschule gebracht, bereits mit septischen Symptomen.
Der Fötus befand sich in Beckenendlage, war sehr gedunsen,
das linke Hinterbein war völlig unter den Leib geschoben, das
rechte mit dem Sprunggelenk vorgetreteu. Da die Streckung des
rechten Hinterbeins nicht gelang, so wurde dasselbe im Sprung-
gelenk abgesägt. Als auch jetzt die Geburt noch nicht zu be¬
werkstelligen war, wurden die Reste der Hintergliedmasse im
Pfannengelenk entfernt und die Baucheingeweide herausgenommen.
Auch jetzt war die Extraction noch nicht möglich. Es musste
also auch die linke Hintergliedmasse im Pfannengelenk, und
zwar- möglichst subcutau, gelöst werden.
Es war aber unmöglich, von der Innenseite der Gliedmasse
her an das obere Schenkelende zu gelangen und A. musste sich
eutschliessen, zuerst das ganze Becken zu entfernen. Haut und
Musculatur wurden vorn bis über die Darmbeine und nach hinten
bis auf die Sitzbeine soviel als möglich vom Becken abgetrennt,
vorzugsweise mit der Hand. Dana wurde die Beckenfüge durch¬
stemmt uud dasselbe mit den beiden inneren Darmbeinwinkeln
am Kreuzbein vorgenommen. Dann wurde mit einem in das
foramen obduratum gesetzten Haken zunächst die rechte Becken¬
hälfte herausgezogefi. Hiernach wurde dasselbe bei der linken
Hälfte versucht, die noch mit der verlagerten Hintergliedmasse
in Verbindung stand. Dabei riss das Sitzbein durch. Nun
wurde der Haken am vorderen Rande des Darmbeins angesetzt,
und es Hess 6ich auch die linke Beckeuhälfte entfernen. Der
Oberschenkel lag frei und konnte jetzt herausgezogen werden.
Dabei stürzte jedoch die Stute zusammen und verendete. Trotz
der langen und gefährlichen Arbeit war der Uterus völlig intact.
Der emphysematische Fötus wog 108 Pfund.
Was die eingetretene bezw. vorgetretene Sprunggelenks¬
haltung anbetrifft, wie Harms die Haltung mit gebeugtem
Sprunggelenk, je nachdem sie schon in den Beckenraum ein¬
getreten ist oder sich noch vor dem Scbambeinrand befindet,
nennt, so ist es nach Albrecht’s Erfahrungen am zweckmässigsten,
bei todten Fohlen das betreffende Bein einfach im Sprunggelenk
abznsägen oder mit dem Meissei abzuspalten. Es gelingt dies
auch dann, wenn das Sprunggelenk nur vorgetreten ist, obwohl
hierbei seine Lage nicht fixirt erscheinen sollte. Das Sägen ist
übrigens besser als das Stemmen. Die Kettensäge verdient
überhaupt eine viel grössere Beachtung und Verwendung, als sie
bis jetzt gefunden hat. Bei der Gelenktrennung bleiben am
besten das Spruogbein und Fersenbein am Unterschenkel.
Behandlung der Schweinesenche.
Von Dr. Vaifro Bonaretti - Pavia.
(Cllnic. vet. 189«, H. 31.)
Dr. Giovanni Marenghi, Privatdocent der allgemeinen
Pathologie und Director des Serum-Instituts in Pavia, hat erfolg¬
reiche Experimente in der Behandlung der Schweineseucbe ge¬
macht, welchen Bonaretti beigewohnt hat und deren Resultate
er in der genannten Fachzeitung zur allgemeinen Kenntnis
bringt. Die mit der Seuche behafteten Schweine standen in einem
Alter von 7 Monaten und waren 25 Tage nach der Gebort
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1. September 1898. BERLINER TÜ1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. __ _415
präventiv mit Peroncito-Bruscliettini’scher Lymphe geimpft
worden. Die Schweine zeigten sämmtlich eine Körpertemperatur
von mehr als 41°, husteten hin und wieder, einige atbmeten mit
Anstrengung. Die Faeces waren fast schwarz gefärbt und sehr
übelriechend. Einige Schweine liessen die Ohren herabhängen,
andere bekundeten Schwäche in den Füssen.
Die fragliche Behandlung besteht in intravenösen Injectionen
folgender Lösung:
Hydrar. bichlorat.
Natr. chlorat. ää 1,0,
Aq. destill. 1000,0.
Subcutane oder peritoneale Injectionen sind wirkungslos, und
tracheale lassen sich kaum anwenden.
Die anzuwendende Dosis beträgt 1,5 bis 3 ccm Lösung. Die
Injection wird bei grossen Schweinen an einer Ohrvene, bei
kleinen an einer Bauchvene vorgenommen. Bei sehr dicker Haut
ist vor dem Einstechen der Nadel ein Hautschnitt zn machen.
Die auf die Injection folgende Blutung kann man durch leichte
Compression der Vene und Auftröpfeln von Collodium auf die
Einstichstelle stillen.
Von den behandelten Schweinen (die Zahl ist nicht an¬
gegeben) ging nur eins zu Grunde, dessen Ende bereits vor der
Behandlung zu prognosticiren war. Die Autopsie dieses Schweines
ergab, dass es einer schweren Nephritis erlegen war. Die
übrigen Schweine wurden in kurzer Zeit gesund.
Weitere Nachrichten über die Behandlungsweise sind ab¬
zuwarten.
Das Mittel ist einfach; nur dürfte die Injection desselben in
die verhältnissmässig kleinen Venen, besonders bei dicker Haut,
einige Schwierigkeiten machen.
Ueber die Erkältung als Krankheitsursache.
Von Chelmonski.
(D. Arch. f. k'.in. Med.)
Die „Erkältung“, die vielfach als Krankheitsursache angesehen
wird, ist uns ihrem Wesen nach nicht bekannt. Zahlreiche der
experimentellen und theoretischen Abhandlungen, die sich mit
derselben befassten, berücksichtigten nur die Einwirkung sehr
niedriger Temperaturen auf den Organismus. Eine grosse Reihe
alltäglicher Erfahrungen aber lehrt uns, dass man sich wohl
unter gewissen Verhältnissen erkälten kann, dass jedoch die Ein¬
wirkung einer sehr niedrigen Temperatur das allein ausschlag¬
gebende Moment nicht darstellt. Die hohen Kältegrade veran¬
lassen im Gegentheil meistens keine Erkältungskrankheit, da
ihnen als sehr starken Hautreiz leicht eine Reaction folgt, wo¬
gegen mittlere Kältegrade, die es entweder gar nicht oder doch
nur erst spät zu einer Reaction (Hauthyperämie) kommen lassen,
weit eher zu manchen Krankheiten disponiren. Hierbei spielen
individuelle Eigenschaften im Verhalten gegen thermische Ein¬
flüsse eine Rolle. Eine Erkältung kann aber als ein lediglich
gewisse Circulationsstörungen hervorrufender Factor an und für
sich keine Entzündung hervorrufen; sie wirkt nur als disponi-
rendes Moment. Um über die Disposition zu Erkältungskrank¬
heiten Aufschluss zu bekommen, untersuchte Ch. bei 42 Kranken
die Reactionsfähigkeit auf einen gegebenen Kältereiz. Seine
Beobachtungen fasst er, wie folgt, zusammen:
1) Die Erkältung im üblichen, bis jetzt herrschenden Sinne
existirt nicht
2) Im Allgemeinen spielt die Erkältung als äetiologisches
Moment eine sehr untergeordnete Rolle; in entzündlichen Krank¬
heiten kann die Erkältung blos als disponirendes Moment hervor¬
treten.
3) Die Erkältung beruht auf der Einwirkung der thermischen
Agentien, welche meistens nicht zu vermeiden sind, d. i. anf Ein¬
wirkung vor allem sehr geringer Kältegrade.
4) Der Grad der Hautreaction auf den gegebenen thermischen
Reiz weist darauf hin, ob das gegebene Individuum unter ge¬
wissen Verhältnissen sich erkälten kann.
5) Der Grad der Disposition bildet keine constante Eigen¬
schaft des gegebenen Individuums.
6) Individuen in höherem Alter, Fiebernde, Nierenkranke
scheinen mehr zu Erkältungskrankheiten disponirt zu sein.
7) Es existirt zwischen der Disposition zu einer Erkältungs¬
krankheit einerseits und dem Ernährungszustände und der
Temperaturempfindung andererseits kein Zusammenhang.
8) Die gegen Erkältung allgemein applicirten Vorsichtsmass-
regeln sind nicht nur von einem direct entgegengesetzten Erfolge
begleitet, sondern setzen vielmehr den Organismus einer viel
ernsteren Gefahr aus, als dies von der Erkältungskrankheit zu
erwarten wäre.
9) Man kann sich vor Erkältungskrankheiten lediglich dadurch
schützen, dass man die Reactionsfähigkeit auf thermische Reize
durch geeignete Uebungen zur Entwicklung bringt.
Das myxomatogene Virus.
Beitrag zum Studium der Krankheitserreger ausserhalb des
Sichtbaren.
Von Prof. G. Sanarelli, Direktor des hygien. Instituts in
Montevideo.
(Contralbl. f. Bact. 1808, H. JO)
Es giebt eine Reihe von infektiösen Krankheiten, die sich
durch ihren Verlauf und ihre ungewöhnliche Physiognomie von
denen unterscheiden, welche durch Microben verursacht werden
oder von welchen wir eine solche Entstehung vermuthen. Zu
dieser Klasse von virulenten Krankheiten zählt Verf. u. a. die
Rabies und die Syphilis. Da wir jedoch nach dem klinischen und
pathologisch-anatomischen Krankheitsbild dieser beiden Krank¬
heiten ebenfalls ein pathogenes Agens organisirter Natur an¬
nehmen müssen, so dürfte es sich in diesen Fällen um Krank¬
heitserreger handeln, die so klein sind, dass sie auch für das
bewaffnete menschliche Auge nicht sichtbar sind. An der Grenze
j der Sichtbarkeit liegt das von Pocard und Roux nacbgewiesene
I Bacterium der Peripneumonie (Lungenseuche).
Bei der myxomatösen Krankheit der Kaninchen blieb
jede bacteriologische Forschung unter Anwendung aller Kunst¬
griffe, die heute im Laboratorium üblich sind, erfolglos, obwohl
die Krankheit sich unbeschränkt von einem Kaninchen auf das
andere durch einen Tropfen Blut, durch das Bruchstück eines
Tumors, durch eine Spur Augenlidsekretion übertragen liess.
Hiernach gelangt Verf. zu der Schlussfolgerung, „dass das ätio¬
logische Agens keinem jener organisirten Wesen augehört, welche
wir gegenwärtig als die Ursache specifischer Krankheiten anzu¬
sehen gewohnt sind“.
Die myxomatöse Krankheit der Kaninchen beginnt mit einer
katarrhalischen Blepharo-Conjunctivitis an beiden Augen, welche
nach 24—48 Stunden eine so hochgradige Schwellung der Augen¬
lider verursacht, dass der Augapfel in den Grund der Orbita
zurückgedrängt wird. Gleichzeitig entwickeln sich an verschiedenen
Körpertheilen kleine subcutane Tumoren von verschiedener
Grösse. Der Kopf des Kaninchens verändert nunmehr seine
Gestalt; Maul und Nase verdicken sich so sehr, „dass sie ein
löwenartiges Aussehen annehmen“. Ausser den neoplastischen
Tumoren zeigen diese Kaninchen einen hyperplastischen Vor¬
gang an den Stellen, an welchen das Hautgewebe in die Schleim¬
haut übergeht (Oeffnungen des Afters, der Geschlechts- und Harn¬
organe etc.). Nach diesem Krankheitsstadium tritt innerhalb
2—5 Tagen der Tod ein. Sectionsresultat: Sehr gefässreiche
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41<i
BEKLINEK THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
elastische, subcutane Tumoren. Hypertrophie der Lymphdrüsen,
Orchitis, Anschwellung der Milz.
Uebertragungen der Krankheit auf andere Thiere gelangen
nur bei einem Hunde. Einspritzungen von Blutserum eines
erkrankten Kaninchens bei Menschen bedingen Congestions-
erscheinungen in der Bindehaut des Auges mit ödematöser
Schwellung und Schmerzen des Augapfels.
Zwei Kaninchen, welche die Krankheit nach der künstlichen
Infection überstanden, wurden immun gegen Injectionen einer
reichlichen Menge virulenten Blutes. Dagegen ist eine Vacci-
nation eines Kaninchens gegen das myxomatöse Virus nicht ge¬
lungen.
Heilung eines complicirten Fesselbeinbruehs.
Von Rossarzt K r e s s i n.
(Zeitschrift f. VcterinSrkundf, Juli 1898.)
Eine werthvolle tragende Stute zog sich einen complicirten
Bruch des Fesselbeins zu. An der äusseren Seite war die Haut
durch mehrere Knochensplitter durchbohrt; drei waren lose und
wurden herausgezogen. Nach gründlicher Desinfection wurde
mittelst dicker Wattelagen, Binden und Holzschienen ein Verband
angelegt, der 8 Tage ohne merkliche Verschiebung liegen blieb.
Beim Verbandwechsel zeigte die Wunde ein gutes Aussehen.
Nach 6 Wochen war der Verband nicht mehr nothwendig, und
das Pferd konnte aus dem Hängegurt herausgenommen werden.
Von nun an lag es viel und stand nur zur Futteraufnahme auf.
Die Wunde war geheilt, das Fesselbein hatte die normale
Richtung, war jedoch um das Doppelte verdickt. Nach dem
zweiten Monat wurde die Gliedmasse mehr belastet. 4 Monato
später warf die Stute ein gut entwickeltes Fohlen. Die Anfangs
sehr starke Lahmheit nahm von Tag zu Tag ab. 6 Monate
später war es im Schritt nicht mehr zu bemerken. Von jetzt al>
konnte das Pferd zu schwerer Arbeit herangezogen werden.
Bemerkungen über das Hochbinden der Pferde.
Von Oberrossarzt Barn ick.
(Ztachr. f. Vetorlnürkd., Juli »8.)
Ein Pferd war an der äusseren Seite des Kniegelenkes ge¬
schlagen worden; die Wunde reichte bis zum Gelenk und ent¬
leerte Synovia. Das Pferd wurde hochgebunden und entsprechend
behandelt. Am 4. Tage fing es an zu husteu und mangelhaft zu
fressen. Die Temperatur stand auf 40,3. Bei starkem Nasen-
ansfluss hustete das Pferd häufig scharf und augenscheinlich
schmerzhaft. Die Untersuchung ergab eine beginnende Lungen¬
entzündung. Das Pferd wurde in den Hängegnrt gestellt und
lang gebunden, war am nächsten Tage fieberfrei, zeigte sich bei
Appetit; der Nasenausfluss war geringer, der Husten häufig nnd
locker.
B. glaubt, dass es sich um eine beginnende Lungenentzündung
gehandelt habe, die durch das tagelange Hocbbinden verursacht
war. Er hat auch sonst schon Beobachtungen gemacht, dass
Pferde, die einige Tage hochgebunden wurden, ganz ähnliche
Erscheinungen zeigten. Es dürfte das so zu erklären sein, dass
nicht alle Pferde, die hochgebunden sind, energisch genug husten
können, um den sich in den Luftwegen ansammelnden Schleim
zu entfernen. Die Schleimanhäufung stellt dann eine Schädlichkeit
dar, welche weitere Folgen nach sich zieht.
Therapeutische Notizen.
Das Protargol gegen eitrige Augenentzündungen.
Nach Davied besitzt das Protargol die Fähigkeit, rasch
eitrige Augenentzündungen, besonders die schwerste derselben,
die blennororagische, zur Heilung zu bringen. Es hat den Vor¬
theil, keine oder fast keine ätzende Wirkung, selbst in 50pro-
centiger Lösung und rein als Pulver aufgestreut, auf Conjunctiva
und Cornea auszuüben. Für die leichteren Fälle genügt eine
öprocentige Lösung, welche der Patient selbst zwei- bis viermal
täglich instilliren kann, für die schwereren muss der Arzt selbst
von der 20- bis 50procentigen allmälig in zweimal täglichen Ein¬
träufelungen hinaufgehen, um bei Abnahme der Secretion die¬
selben in grösseren Pausen vorznnehmen. Man darf aber nicht
sofort die Behandlung sistiren, wenn die Secretion, was oft sehr
schnell der Fall ist, aufgehört hat.
Das Xeroform in der Augenheilkunde.
Das Xeroform hat Professor Wicherkiewicz (Krakau) mit
gutem Erfolge aus mannigfaltigen Indicationen in der Augenheil¬
kunde verwendet. Er hat es theils als Pulver zu Einstäubungen,
theils als öproc. oder lOproc. Salbe bei nässendem Lideczem,
folliculärer und pustulöser Conjunctivitis gegeben. Gegen acute
Conjunctiviten mit erheblicher Absonderung ist es nicht erheblich
wirksam, dagegen leistet es bei chronischen Conjunctiviten, be¬
sonders alter Leute, in Form der Einstäubung ganz vorzügliche
Dienste, und hat diese Behandlung als Vorbehandlung in einigen
Fällen die gefahrlosen Ausführungen der Staarextraction bei alten
Leuten überhaupt erst ermöglicht. Den grössten Vortheil ge¬
währt das Xeroform dadurch, dass es, ohne Zersetzung befurchten
zu müssen, durch Erhitzung sterilisirt werden kann, so dass die
Gefahr der Infection nicht besteht. Wolffberg benutzte mit Er¬
folg Xeroform bei Ulcus corneae. (Alig. Med. Centr.-Ztg.)
Neue Silbersalze In der Augenheilkunde.
Das Argentum nitricnm ist bei allen secretorischen Con¬
junctiviten ein wahres Specificum. Indess hat dasselbe den Nach¬
theil, dass es zu ätzend wirkt. Darier macht deshalb den Vor¬
schlag, das Arg. nitric. durch organische Salze zu ersetzen.
Hierzu eignet sich besonders das Protagol, welches bacteiicide
Wirkung besitzt, nicht reizt und sich in Lösung nicht verändert.
Das Protagol fällt ausserdem nicht aus in Gegenwart von Albumin,
Alkalien und Sulfuraten. Es kann auch mit Cocain verordnet
werden. (Jonrn. de Med. Vöt. et de Zoot. u. Clin. vet. 1898, H. 15.)
Jodoform und Perubalsam zur Fiotelbehandlung.
Nach Georgiewsky muss die Mischung wie folgt zusammen¬
gesetzt sein: Jodof. pulv. 20,0, Bals. Peruv. 4,0, Vaselin. 6,0,
01. Menth, pip. gutt. No. V.
(Clin. vet. 1898. Heft 15.)
Tagesgeschichte.
t
Nach kurz dauernder Erkrankung starb heute der Thierarzt
Wilhelm Junkers in Düsseldorf. Mit ihm ist einer von den
wenigen thierärztlichen Veteranen aus dem Leben geschieden,
die unter ungünstigen Verhältnissen sich dem thierärztlichen
Stande gewidmet und bei ihrer weiteren wissenschaftlichen Ent¬
wicklung fast ausschliesslich auf sich selbst angewiesen gewesen
sind. In diesem Streben hat der Verblichene nach dem Urtheile
Aller, die ihn näher gekannt haben, sich rühmlichst ausgezeichnet.
Ausser Anderem spricht hierfür die Thatsache, dass seinen Be¬
strebungen es mit zu verdanken gewesen ist, dass die Thierärzte
des Reg.-Bez. Düsseldorf vor ca. 25 Jahren den zur Zeit blühenden
thierärztlichen Verein ins Leben gerufen haben. Seinem Vor¬
schläge gemäss hat der genannte Verein eine Unterstützungs¬
kasse für die Hinterbliebenen von Thierärzten vor ungefähr
3 Jahren gegründet, der mit wenigen Ausnahmen sämmtliche
Collegen des Bezirks beigetreten sind.
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1. September 1898. BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 417
Als Mensch und als Thierarzt hat Junkers sich in hohem
Grade der Achtung seiner Mitbürger zu erfreuen gehabt Ins¬
besondere war er hinsichtlich seiner Leistungen als practischer
Thierarzt den Besten des Standes zuzuzählen.
Ein ehrendes Andenken ist ihm gesichert.
Düsseldorf, den 27. August 1898.
Renner Schmitt
Depart.-Thierarzt a. D. comm. Depart.-Thierarzt.
Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen
Yereins von Schleswig im Bahnhofshotel zn Neomiinster.
Erster Tag, Sonnabend den 9. Ootober 1897.
Der Vorsitzende, Herr Kreisthierarzt Voliers-Altona, er-
öffnete um 8$ Uhr Abends die Verhandlungen, nach dem die An¬
wesenden — gegen 40 Collegen — begrüsst und der Vorschlag
gemacht, den zweiten Punkt der Tagesordnung — Mittheilungen
aus der thierärztlichen Praxis — zuerst zu nehmen, womit ein¬
verstanden.
Herr Koch-Borby erbittet das Wort und erwähnt eines
eigenthümlichen Krankheitsfalles bei einem Pferde. Das Thier
will oder kann nicht ziehen, ist für buglahm auf beiden Vorder¬
beinen erklärt; er habe dasselbe nach den Erscheinungen als mit
dem Dumkoller behaftet angesehen und die Diagnose sei von
College Eggeburg bestätigt. Die Behandlung ist dement¬
sprechend mit Verabfolgung von Laxantien eingeleitet und hat
das Pferd unbehelligt die volle Saatzeit im Frühjahre hindurch
gearbeitet. Nachdem dasselbe dann 14 Tage auf der Weide
gegangen, haben sich Kolleranfälle bei demselben eingestellt.
Um es zu untersuchen, wird eine Halfter angelegt, anstatt aber
vorwärts gebracht zu werden, legt es sich straff in den Zügel
rückwärts, fällt um und ist todt. Bei der Section wird zwischen
den Hemisphären des Grossgehirns eine Neubildung vorgefunden
von der Grösse eines Fingers, so hart, wie Sehnenmasse, und die
Untersuchung in Berlin hat ergeben, dass sie aus Bindegewebe
mit eingelagerten Cholestearincrystallen bestand. Referent findet
es eigenthümlich, dass das Thier, welches diesen Fehler doch
schon gehabt haben muss, inzwischen ganz gesund erscheinen konnte-
Herr Völlers macht auf einen ähnlichen Fall aufmerksam,
wo im Gehirn eine Sandgeschwulst, Psammo, vorgefunden wurde
Bargum-Pinneberg stellte bei einem Pferde, welches kurz-
athmig war und nicht fressen wollte, zunächst Laryngitis fest,
nach einigen Tagen war es fast allgemein gelähmt, konnte nicht
aufstehen, die Zunge hing aus dem Maule und da sich stinkender
NasenausflusB eingestellt, wurde eitrige Gehirnentzündung an¬
genommen. Der Tod trat bald ein und wurde bei der Section
ein wallnussgrosser Abscess im Gehirn vorgefanden, der geplatzt
war, auch das Siebbein war einseitig nekrotisch.
Ein ähnlicher Fall ist beobachtet mit Necrotisirung des
ersten Halswirbels. In Anlehnung an diese Fälle entspinnt sich
eine Meinungsverschiedenheit über den Begriff „Dummkoller“.
Während einerseits davon ausgegangen, dass nicht die chronische
Gehirnwa8sersncht als alleinige Ursache zu gelten habe, wird
andererseits — Schröder-Preetz — das bisherige Princip fest-
gehalteD, da Neubildungen im Gehirne Vorkommen, die von
Dummkollerer8cheinnngen nicht begleitet sind. Hansen-Haders¬
leben führt die neue Behandlung des Milchfiebers mit Jodkalium
vor. Eine Lösung von 10 g in 1 Liter lauwarmen Wassers
wird innerhalb 12 Stunden mittelst einer Spritze in die vier
Striche gedrückt und wenn erforderlich, ist die Hälfte zu wieder¬
holen. Die Erfolge sind günstig gewesen, denen Struwe-Sonder-
burg nach seinen gemachten Versuchen beistimmt.
Die Verhandlungen werden vorläufig abgebrochen und zu¬
nächst auf den Punkt
1. der Tagesordnung „Praktische Demonstrationen mittelst des
Projectionsapparates über verschiedene Pilze, Milzbrandbacterien
etc.“ übergegangen.
Herr Voliers-Altona erläutert die einzelnen, ausgezeichnet
dargestellten Bilder, macht namentlich auf den Heubacillus
wegen seiner Aehnlichkeit mit dem Milzbrandbacillus aufmerk¬
sam und weist auf den grossen Unterschied zwischen diesem und
dem Rauschbrandbacillus hin. Die Darstellungen finden all¬
gemeine und befriedigende Anerkennung.
Hiernach wird in den praktischen Mittheilungen weiter fort-
gefahren.
Koch-Borby ist zu einer Kuh gerufen, die über Einzäunungs¬
draht gehangen, in Folge dessen anscheinend aufgebläht sei,
indem die linke Hungergrube hoch gefüllt, aber hart anzufühlen
gewesen. Die Untersuchung ergiebt, dass bei dem hochtragenden
Thiere das Kalb mit der Gebärmutter nach links hinüber?
geschoben und die Blase sehr stark gefüllt ist. Nachdem das
Wasser abgenommen und durch die Scheide mit der Hand das
Kalb wieder nach rechts geschoben war, kalbte die Kuh normal
am anderen Tage.
Völlers-Altona bringt die Uebertragung des Milzbrandes
auf Menschen zur Sprache, führt einen Fall aus der Quarantäne
an, indem eine Kuh Nachts nothgeschlachtet, aber bei der Section
mit dem Milzbrände behaftet befunden ist. Nach 8 Tagen zeigte
sich am Arme des Knechtes, der die Abhäntung besorgte, eine
dunkelblaue Stelle von der Grösse eines Fünpffeunigstückes, trock-
ner Karbunkel. Im Krankenhause ist die Stelle ausgeschnitten,
behandelt und nach 3—4 Wochen Genesung eingetreten. Zwei
andere Personen, die in einer Gerberei inficirt worden sind,
starben.
Fenner-Lübeck führt zwei Fälle an, in denen Menschen
dtrirch Enthäuten eines milzbrandkranken Cadavers inficirt wurden,
pastula maligna in bester Form zeigten und starkes Fieber
hatten, die Pusteln sind ausgeschnitten, gebrannt und mit Carbol
gewaschen. In einem anderen Falle stirbt plötzlich ein Thier;
der Mann, der es abhäutete, bekam eine Karbunkel am Nasen¬
flügel, und fand der Kreisphysikus nach acht Tagen Milzbrand-
bacillen in dessen Blut, an dem Thiere waren auch makrosko¬
pische Erscheinungen vorhanden gewesen. Dem Manne ist der
linke Nasenflügel necrotisch abgefallen.
Völlers hebt hervor, dass Milzbrand gar nicht so selten
vorkommt, dem Struwe zustimrat; auch er habe im letzten Jahre
fünf Milzbrandfälle zu Gesicht bekommen, und sind sieben Per¬
sonen inficirt gewesen. Struwe bestreitet die Bodeninficirung
und nimmt hier eine Einschleppung durch Futterstoffe an.
Fenner bezweifelt dagegen die Richtigkeit von Struwe’s
Angaben und glaubt, dass Sporen hier ebenso gut vorhanden
sein können, wie anderswo, aber die EntwicklungsVerhältnisse
sind vielleicht weniger günstige. Hierzu bemerkt Völlers, dass
die Milzbrandsporen bei 12° keimen, und wenn die Theile genügend
vergraben werden, kann ein Ausbruch nicht leicht anftreten. In
Bahrenfeld ist die Krankheit jedenfalls durch das Heu einge-
schlefppt und Struwe fügt hinzu, dass der Boden im Hannover¬
schen jedenfalls inficirt sei, somit auch die dort gewonnenen
Futterstoffe gefährlich werden könnten. Ruser-Kiel nimmt an,
dass auch hier Milzbrand aus dem Boden hervorkommen kann,
meistens aber durch Futterstoffe eingeschleppt werde, da auch
im Gegenden, wo die Seuche epidemisch auftrete, die Sache sich
ganz verschiedentlich gestalte und an einzelnen Stellen viele
Todesfälle Vorkommen.
Schlüter-Kiel hat vor etlichen Jahren mehrere Krankheits¬
fälle bei Menschen zu beobachten Gelegenheit gehabt, so ein
Mädchen mit einer Karbuukel am Arme, das blos eine Thierhaut
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418
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
zur Seite gelegt hatte, ist gestorben, — an einer andern Stelle
starben drei Pferde an Kolik, der Arbeiter häutete sie ab, bekam
Carbunkel am Arme, ist aber geheilt, — eine des Morgens im
Stalle todt Vorgefundene Kuh wurde vom Knechte und Tage¬
löhner zum Theil abgehäutet, da sie aber zu schlecht aussah,
Hessen sie davon ab. Als ich nach acht Tagen das Thier unter¬
suchte, hatten die Leute angeschwollene Hände mit necrotischen
Stellen, die ausfielen, und stellte bei dieser Gelegenheit fest, dass
auf der betreffenden Landstelle ab und zu bald das eine, bald
das andere Thier gestorben war, die Cadaver nur oberflächlich
verscharrt wurden und hier ein stationärer Seuchenherd vorlag.
Koch citirt einen Fall, wo eine Kuh auf der Weide verendet,
nach Hanse zum Abhäuten geschleppt, der Cadaver auf den
Dünger geworfen und darnach 47 Schweine, die davon gefressen,
gestorben sind; vor vielen Jahren ist auf derselben Stelle eine
Seuche gewesen. Fenner-Lübeck fragt an, wie die Häute be¬
handelt werden sollen, es handelt sich um ausländische, die ja
angefeuchtet sein müssen.
Koch hat in einem Falle das Tetanusantitoxin mit Erfolg
verwendet, die Einspritzung ist aber sehr schwierig.
Kreutzfeld-Eutin referirt über plötzliche Todesfälle bei
Jungvieh, welches bei recht guter Fresslust an starkem Durch¬
falle litt, der auch auf dem Stalle beigeblieben sei, und 20 seien
bis zu einem cachectischen Zustande abgemagert. Die Section
hat Erkrankung des Labmagens und des Zwölffingerdarmes er¬
geben. Drews-Ahrensbnrg hat beim Jungvieh auf dem Stalle
Durchfall beobachtet, der leicht zu Krämpfen führte; er beschul¬
digt schlechte Ventilation und hat von Creolin gute Wirkung
gesehen.
Fock-Ahrensboek bringt das Milchfieber wieder zur Sprache,
da er in einem landwirtschaftlichen Blatte gelesen, dass das
seltene Melken die Krankheit verhüte; so soll es in den ersten
vier Tagen vermieden werden, welches doch übertrieben scheint.
Schlüter-Kiel ist nicht für das Melken vor der Geburt,
nach derselben ist es natürlich, da das Kalb saugt, ob das genügt,
ist fraglich, er gebe nichts auf das Melken nebenbei.
Struwe-Sonderburg meint, dass die Behandlung des Milch¬
fiebers mit Jodkalium etwas für sich habe, wenn auch die ver¬
schiedenen Hypothesen mangelhaft begründet wären, so könne
doch ebenso gut angenommen werden, dass eine Vergiftung vom
Euter aus stattfinde und er könne nur zur weiteren Prüfung des
Verfahrens rathen.
Fenner-Lübeck findet, dass, wenn eine Ptomaine als Ur¬
sache gelten solle, das Gift durch solche Mittel nicht wegzubringen
sei. Schlüter ist für ein energisches Eingreifen mit inneren
Mitteln und zweifelt daran, dass eine Vergiftung die Ursache ist.
Fenner nimmt nicht an, dass das Milchfieber vor dem Kalben
auftreten kann. Fock ist auch stets derselben Ansicht gewesen,
bis er vor zwei Jahren von dem Gegentheile überzeugt worden
sei. Schlüter und Schröder sind auch der Ansicht, dass es
vordem Kalben Vorkommen kann, und Franzenberg-Schleswig
macht darauf aufmerksam, dass auch Fälle für Milchfieber ge¬
halten würden, die es nicht wären.
Koch-Borby räth von der Anwendung der Hoffmann’schen
Methode der Castration ab, da er schlechte Erfahrungen damit
gemacht, indem mehrere Thiere drei bis vier Wochen nachher an
Bauchfellentzündung gestorben seien.
Mayfart-Lensahn berichtet über eine Rinderkranheit, die
an einigen Tagen viele Thiere, namentlich Ochsen, die mit
Zuckerrübenschnitzel gefüttert, ergriffen hätte, mit hochgradigem
Fieber — 41,5° — einherging und heftigen Catarrh der Luftwege
bei vorgenommener Nothschlachtung constatirt wäre, bei guter
Lüftung sind die Thiere in zwei Tagen gut.
Fenner giebt an, schon früher über diose Krankheit ge¬
schrieben zu haben, er habe sie contagiösen Catarrh genannt, der
sich durch hohes Fieber, irougöse Ablagerungen auf der Nasen¬
schleimhaut ausgezeichnet habe.
Masch-Wilster klagt über die Pfuscherei in der Ausübung
der Castrationen. Ein Stier, der von einem Schlächter geschnitten,
sei unterm Bauche längs bis an die Vorderbeine angeschwolleu
gewesen, er habe grosse Fetzen herausgeschnitten, später sei der
Schwanz und das eine Hinterbein necrotisch geworden und ab¬
gefallen.
Drews-Oldesloe erwähnt eines Falles, in dem bei einer Kuh
nach überstandenem Milchfieber der Fessel necrotisch ab¬
gestorben sei.
Schröder-Preetz berichtet über Netzvorfall nach der
Castration; hat selbiges, wie auch Drews-Oldesloe, einfach ab¬
geschnitten ohne nachtheilige Folgen.
Um 11'/, Uhr Abends werden diese Besprechungen mit einem
Danke an Herrn Völlers jun. für die ausgezeichnete Vorführung
der Photogramme geschlossen. (Schluss folgt).
Naturforscher-Versammlung zu DOsseldorf.
In den allgemeinen Sitzungen werden Vorträge gehalten:
Prof. Tillmanns über „Hundert Jahre Chirurgie“, Prof. Intze
(Aachen) über „Thalsperren“, Prof. Krohn über „Brückenbauten“,
Prof. Frey über „Die Thätigkeit des Herzens in ihren physio¬
logischen Beziehungen“, Prof. Thoma über „Die Erkrankungen
der Gefässwandungen als Ursachen und Folgen von Circulations-
störungen“, Prof. Krehl über „Die Vorgänge am Herzen und
im Gefässsystem unter pathologischen Bedingungen“, Prof.
Martins über „Krankheitsursachen und Krankheitsanlagen“,
Prof, van t’Hoff über „Die zunehmende Bedeutung der an¬
organischen Chemie“, Dr. Mendelssohn über „Die Bedeutung
der Krankenpflege für die wissenschaftliche Therapie“.
Der Vortrag des Herrn v. Oefele über den Veterinärpapyrus
von Kahon findet im Gewerbemuseum am Dienstag Morgen um
9 Uhr statt.
Thierfirzte als Militlranwärter?
Uns wirdeine aus Stuttgart datirte Zeitungsmittheilung über¬
sandt, wonach das Ministerium des Innern in der Liste der den
Militäranwärtern vorbehaltenen Stellen Folgendes veröffentlicht
haben soll: „An den Landgestüten sind für MilitäranWärter Vor¬
behalten die Stellen als Verwalter, Thierärzte, Aufseher, Schmiede
und Knechte.“
Seit die Rossärzte obere Militärbeamte sind, kann es un¬
möglich noch als Thierärzte approbirte Militäranwärter geben.
Deshalb können Militäranwärtern auch keine Thierarzt st eilen an
staatlichen Anstalten Vorbehalten sein. Augenscheinlich ist es
lediglich übersehen worden, diesen aus älterer Zeit herrührenden
Passus aus der betreffenden Liste Beiner Zeit zu beseitigen. Dies
dürfte daher nachznholen sein.
Verurtheilong wegen Führung eines thierärztllohen Titels.
Ein Butterhändler (!) war beschuldigt, sich in der Umgegend
von Koblenz widerrechtlich als Thierarzt bezeichnet zu haben.
Er pfuschte gewerbsmässig, und die Köpfe seiner Receptformulare
trugen die Aufschrift „Oberbeschlag- und Kurschmied“. Der
Pfuscher war thatsächlich gelernter Schmied, aber auch nicht
Fahnenschmied. Derselbe wurde zu 60 Mark Strafe verurtheilt.
Der Staatsanwalt führt aus, dass die Bezeichnung Kurschmied
zu den den Thierärzten vorbehaltenen Titeln gehöre. Dies ist
unzweifelhaft sachlich zutreffend, wenn auch formell wohl etwas
anders auszudrücken. So wenig die Thierärzte selbst geneigt
sein werden, den Titel „Kurschmied“ zu den ihrigen zu rechnen,
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1. September 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
419
so bat derselbe doch bis Anfang der sechziger Jahre als dienst¬
liche Bezeichnung der Militärthierärzte bestanden. Ira Publikum
ist damals diese Bezeichnung allgemein bekannt gewesen und
dementsprechend würde auch heute noch durch die Bezeichnung
Kurschmied der Irrthum erweckt werden können, der Betreffende
habe eine thierärztliche Qnalification.
Die Bezeichnung Kurschmied gehört daher zwar glücklicher¬
weise nicht mehr zu den „den Thierärzten vorbehaltenen“ Titeln,
aber zu denjenigen Bezeichnungen, welche geeignet sind, dem
nicht unterrichteten Publikum vorzutäusclien, dass ihr Inhaber
eine geprüfte Medicinalperson sei.
Verurtheilung eines Thierarztes.
Die Ferienstrafkammer zu Kiel hat am 2. August den Thier¬
arzt Dr. Ehlers zu einem Monat Gefängniss verurtheilt aus
folgenden Gründen: Ein Ochse war verendet und der Besitzer
hegte Verdacht auf Milzbrand. Dr. E. war nicht der Meinung,
dass Milzbrand vorliege, sandte Blutproben an das pathologische
Institut zu Hannover und erhielt angeblich von dem Assistenten i
desselben eine Bescheinigung, dass keine Milzbrandbacillen ge- l
funden worden seien. Er übergab diese Bescheinigung dem Be«
sitzer. Nun sind aber Zweifel an der Echtheit dieses Bescheides
entstanden; das Cadaver war auch von anderen Thierärzten
untersucht worden, welche Milzbrandsymptome gefunden hatten,
und man hegte Verdacht, dass Dr. E. den Bescheid des
Assistenten verfälscht habe, um seine Ansicht aufrecht zu er¬
halten. Es wurde daher die Anklage wegen Urkundenfälschung
und Uebertretung der Vorschriften bezüglich Bekämpfung des
Milzbrandes (Unterlassung der Anzeige) erhoben. Die Be¬
scheinigung konnte nicht mehr zur Stelle gebracht werden. Das
Gericht kam aber zu der Ueberzengung, dass Dr. E. den Bescheid des
Assistenten des pathologischen Instituts verfälscht habe. Der Be¬
scheid sei, weil nicht von einem Beamten ausgestellt, keine öffentliche,
wohl aber eine zum Beweise von Rechten und Rechtsverhältnissen
erhebliche Privaturkunde gewesen. Als strafmildernd wurde in
Betracht gezogen, dass Dr. E. nicht aus Gewinnsucht, sondern
anscheinend nur aus Hartnäckigkeit gehandelt habe. Wegen
der Unterlassung der auch für Milzbrandverdacht vorgeschriebenen
I Anzeige wurde auf 30 M. Geldstrafe erkannt.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seuchenstatistik and Veteriniirpolizei.
Geflügelcholera.
Die Anzeigepflicht für Geflügelcholera ist für das Herzogtlmm
Sachsen-Meiningen durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vom
20. August er. eingeführt worden.
Lande8polizolliche Anordnung.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬
lage zu Nr. 49 des Amtsblatts für 1895), bestimme ich, dass die
Vorschriften der vorbezeichneten landespolizeilicben Anordnung
sich auf das aus nachbenannten Reichstheilen:
1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter-
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬
schaften Dresden, Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus der hessischen Provinz Rheinhessen,
7. aus dem Grossherzogthum Sachsen-Weimar, 8. aus dem Gross¬
herzogthum Oldenburg, 9 aus dem Herzogthum Braunschweig,
10. aus dem Herzogthnm Sachsen-Meiningen, 11. aus dem
Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthnm
Anhalt, 13. aus dem Fürstentum Waldeck, 14. aus den Reichs¬
landen Elsass-Lothringen im Regierungsbezirk Bromberg zur
Entladung mit der Eisenbahn gelangende Rindvieh bis auf
weiteres beschränken.
Bromberg, den 9. August 1893.
Der Regierungs-Präsident.
Der Yiehverkehr und die Fleischschan in Dänemark.
Von Kühnau-Hamburg.
(Fortsetzung.)
Von den beiden Schweineexportschlächtereien Esb-
jergs habe ich mir die eine angesehen. Dieselben sind ganz
nach dem Princip wie die ehemaligen Hamburger Sengschlach¬
tereien eingerichtet. Die Schweine werden hochgewunden,
dann gestochen, bluten ab, laufen dann an Ueberhauptschienen
hängend zum Brühbottich, werden abgeborstet, durchlaufen den
Sengofen, werden nun gereinigt, ausgeweidet, gewogen, geteilt
und kommen in die Kühlräume, wo sie bei 2—4° C. durch¬
kühlen, um alsdann gesalzen zu werden und in den Salzkellern
bis zur Versendung nach England zu lagern. Die Seng¬
schlachtereien sind gleichzeitig mit einer Wurstfabrik ver¬
bunden, in der der Schweinefleischabfall zu Wurst verarbeitet
wird. Das Kopffleisch der Rinder wird hierzu ebenfalls benutzt
und ausserdem schlachten die Schlachtereien auch noch meist
nach Bedarf Bullen und Kühe. Die Schweineexportschlachtereien
in Esbjerg sind einer staatlichen Fleischschau nicht unter¬
worfen. Demnach findet eine tierärztliche Untersuchung der
geschlachteten Schweine nicht statt, trotzdem viel Wurst nach
Deutschland exportirt wird. Im Gegensatz hierzu ist zum Bei¬
spiel für das in den Kopenhagener Wurstfabriken zur Ver¬
arbeitung gelangende Schweinefleisch eine Untersuchung vor¬
geschrieben.
Die werthvolleren Fleischabfälle, wie z. B. die Mürbe¬
beeten (Filets) werden an Ort und Stelle verkauft und kann
man frisch gebratene Schweinsmürbebraten in den Schlächter¬
läden, das Stück zum Preise von 50 Oere bekommen. Auch
sonst bleibt manches gute Fleischstück im Lande, und ich konnte,
mich hiervon an der Mittags- und Abendtafel in meinem
Hotel „Spangsberg“, Bes. G. Olsen, überzeugen. Dank der
billigen Preise für Fleisch, landwirtschaftliche Producte, Fische
u. s. w. sind die Speisetafeln in Dänemark überhaupt so reichlich
besetzt, wie man es in Deutschland bei der Anlegung des gleichen
Preises nie finden wird.
Nachdem ich noch dem Nordseebad Fanoe einen Besuch
abgestattet und auch hier wieder gefunden hatte, in wie sorg¬
fältiger Weise jeder Grasfleck zwischen den Dünen durch
Schafe, die alle gefudert sind, ausgenützt wird, verliess ich
Jütland, wo noch in Holding, Horsens, Fredrikshavn, Aarhus,
Ronders u. s. w. gleiche Exportschlachtereien errichtet sind,
um dem Odenseer Schlachthaus auf Fühnen eine Besichtigung
zu widmen.
Odense, eine Stadt von 25000 Einwohnern, besitzt einen
Viehmarkt und ein sehr schönes Schlachthaus, welches ganz
nach deutschem Vorbild eingerichtet ist. Der Viehmarkt be-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 35.
findet sich in der Stadt und wird im Freien abgehalten, während
das Schlachthaus sich ausserhalb der Stadt am Bahnhof befindet.
Auf dem Markt mochten an dem Tage wohl ca. 400 bis 500
Rinder aufgetrieben sein. Im Gegensätze zu dem schwarzweiss
und grauweiss gefleckten, jütischen Vieh, sieht man hier das
grosse braunrothe Vieh der dänischen Inseln rein oder mit
Shorthorn gekreuzt. Auf dem vorzugsweise mit Milchvieh be¬
schicktem Markte waren viele schöne Kühe zu sehen. Gutes
breites Becken, kräftiges Euter, gut gebildetes Vordertheil
und feiner Knochenbau zeigten eine grosse Anzahl der Thiere.
Einige ausgemästete Bullen und Kühe standen ebenfalls zum
Verkauf.
Der Schlachthof, welcher früher der Firma Dessau &
Küster gehörte, ist von' diesen an eine bäurische Genossen¬
schaft verkauft worden. Es sind Schlachthallen für Rinder,
Schweine und Kleinvieh vorhanden, nebst Kühlhaus und den
erforderlichen Nebenräumen, ferner ein Schauamt für das von
auswärts eingeführte Fleisch. An das für die Stadt bestimmte
Schlachthaus gliedert sich eine Schweineexportschlachterei
und eine sehr praktisch eingerichtete Wurstfabrik an, in der
ebenfalls deutsche Schlachter das Wurstmachen besorgen. Die
fertige Wurst ist in prachtvollen Hängeräumen untergebracht
und trocknet hier, bis sie zum Räuchern fertig ist, oder bis sie
als Dauerwaare versandt werden kann. Vorn am Schlachthof
befindet sich ein geräumiger Fleischerladen, in dem der Ab¬
fall der Exportschlachtungen an die städtische Bevölkerung
verkauft wird. Für die Sterilisation des minder-
werthigen Fleisches ist ein Rohrbeck’scher Apparat und zur
technischen Ausnutzung der Confiscate ein Podewills’scher
Apparat aufgestellt. Hier in Odense hatte ich auch Gelegenheit
das neue dänische Schnellsalzverfahren kennen zu lernen.
Der Erfinder, Herr A. Fjelstrup, war selbst zugegen und führte
mir seine Methode vor. Ein dem Zweck dienender Bulle wurde
mittelst Schussmaske, wie auch alle übrigen Rinder im Schlacht¬
hofe, niedergestreckt. Die mit der Anwendung des Schuss¬
apparates verbundene Knallerei ist durch eine von dem Ober¬
thierarzt des Schlachthauses, Herrn Andersen construirte Ver¬
stärkung des Mantels des Schiessapparates wesentlich ver¬
mindert worden. Das Niederstrecken der Thiere mittelst des
Schussapparates ging ausserordentlich schnell und sicher
vor sich, und sollte man diese Betäubungsart auch in
unseren deutschen Schlachthäusern mehr und mehr einführen.
Der niedergestreckte Bulle blieb so lange liegen, bis die
Reflexzuckungen vorbei waren. Dann wurde das Thier auf den
Rücken gelegt, Haut und Brustbein durchtrennt und die Brust¬
höhle eröffnet. Um die Beschmutzung der Costalpleura mit
Blut zu verhindern, wurden mehrere Eimer Wasser in die Brust¬
höhle hineingegosssen, das Herz aus dem Herzbeutel heraus¬
genommen, die linke Herzkammer eröffnet, ein Schlauch in die
Aorta hineingeschoben und letztere auf dem Schlauchansatz
festgebunden, zum Schluss wurde die rechte Herzkammer ge¬
öffnet. Aus einem Behälter strömte nun die Salzlösung unter
einem Druck, der ebenso stark gewählt ist wie der Blutdruck,
in die Aorta hinein und wurde mit dem Einspritzen der Salz¬
lösung so lange fortgefahren, bis aus der rechten Kammer die
klare Salzlösung herauslief. Der Apparat wurde nun abgestellt
und das Thier ausgeschlachtet.
Am ausgeschlachteten Thier machte sich eine etwas
feuchtere Beschaffenheit des Unterhautbindegewebes bemerkbar,
der Ton des Fleisches zeigte einen Stich ins Graurothe, die
Knochen waren etwas mehr ausgewaschen, Milz und Leber
bedeutend durch Flüssigkeit aufgeschwellt. Das Rippenfell
durch den Wassereinguss und Blut verwaschen roth. Ueberdie
Conservirung und die Haltbarkeit des Fleisches sind die Er¬
fahrungen noch nicht abgeschlossen, der Fleischverbrauch des
Fleisches bringt aber einen erheblichen Uebelstand mit sich, der
je deutlicher hervortritt, je mehr Salpeter zur Salzlösung ge¬
geben ist. Wird das Fleisch gekocht, so wird es nicht grau,
sondern behält eine rothe Farbe. Das Publikum, hieran un¬
gewohnt, trägt gegen den Genuss derartigen Fleisches Be¬
denken, und sind daraus schon unliebsame Weiterungen ent¬
standen. Infolgedessen hat man auch das Spritzverfahren für
frisches Fleisch in Odense wieder einstellen müssen.
(Schluss folgt.)
Personalien.
Wohnsitzveränderungen: Verzogen sind in Bayern: Districtsthier-
arzt Hauck von Schönenberg nach Pasing, Districtsthierarzt
Lallinger von Hollfeld in gleicher Eigenschaft nach Windsbach,
Assistenzthierarzt Bl ahn von Nürnberg nach München zur Assistenz
des Bczirksthierarztes Schneider bei der Vertretung des auf ein
Jahr beurlaubten Bezirksthierarztes Drechsler.
In Preussen: Thierarzt Helfers von Frankfurt a. 0. an die
Rothlautserum - Anstalt nach Prenzlau. Thierarzt Schache aus
Elberfeld zum Assistenzthierarzt am Sc'dachthof zu Düsseldorf.
In der Armee: XII. Armeecorps. Kunze, Rossarzt vom Garde-
Reiter-lteg. zum Oberrossarzt im 28. Art.-Reg. und Eberhardt,
Unterrossarzt vom 12. Art.-Reg. zum Rossarzt im Gai de-Reitcr-Reg.
— befördert. — Eichhorn, Oberrossarzt vom 28. Art.-Reg-, und
Krause, Rossarzt vom 1. Ulan.-Reg. zur Landwehr 2. Aufgebots
übergetreten bezw. pensionirt.
Vakanzen.
Kreisthierarz «teilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Cassel: Hofgeismar. — R.-B. Danzig: Elbing. Bcw. bis
22. Sept. — R.-B. Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch
nicht ausgeschrieben). — R.-B. Liegnitz: Freystadt. Bew. bis
1. October. — R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht
ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). —
R.-B. Os nabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun.
Sanitätsthierarztstellen a)Neu ausgeschriebeneStellen:
Elbing: Assistenzthierarzt (Privatpraxis gestattet). Bew.an Magist—
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bcw. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: — Lübeck: .Schlachthof hilfsthierarzt.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra;.
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfurt — Gleschendorf
(FUrstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pü¬
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. —Cal lies: Thierarzt Bew. an Magistrat. — Dassow
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt.
Näheres Gemeinde-Vorsteher lt. Lau. — Elsterberg: Thierarzt.
Auskunft Stadtgemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M.
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Joachimsthal: Thierarzt (Ein¬
nahme aus Fleischschau ca. 1700 M.). Meid, an Polizei - Verwaltung.
— Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Ma¬
gistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau
500 Mark). — Neukirch (Ostpr.) Ausk. Adler-Apotheke. — Nüsse
b. Mölln i. L. — Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklbg.-
Schw.): Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen
bei Gerdshagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Hallier-
Rostock. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magi¬
strat — Schlotheim: Tbierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca.
500M.) Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum(DanzigerNehrung):
Tbierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — Wetter (Ruhr): Tbierarzt (Gebühren aus einzuführender
Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Assistenzthierarzistelle in Düsseldorf.
Verantwortlich JUr den Inhalt (excL InseratentheU) Prof. Dr. Schmaltx in Berlin. — Verla« und Eisrenthum von Richard Schoet* ln Berlin. — Druck von W. BOxemteln. Berlin.
Digitized by VjOOQie
Die „Berliner TM® r ^ r *tUcho Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich InSvirW® Von mindesten* 1'/, Bogen. Dieselbe
ist su bestehen durch aen Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Kicbara
Scboets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, sum Preise von
Mb. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeihr&ge werden mit 60 Mb. flir don Bogen honorirt
Alle Manuscripte, Mittheilungen nnd rcdaciionellen An¬
fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thlerftrxtliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correoturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. DieckerhofF, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 36 . Ausgegeben am 8. September.
Inhalt: An unsere LeBer. — Nevermann: Zur Jodkali-Behandlung des Kalbe fi eher s. — Hell: Ueber Fehler
beim Hufbeschlage. — Referate: Karl: Ausgebreitete Actinomycose beim Schwein. — Herzaffection als Nachkrankheit
bei Maul- und Klauenseuche. — Bosso: Septicaemia haemorrhagica beim Rind. — Perdoni: Modification der Schmidt’schen
Methode in der Behandlung des Michfiebers. — Festes Diphtheriehellserum. — Tagesgeschichte: Ordentliche General¬
versammlung des thierärztlichen Vereins von Schleswig im Bahnhöfshötel zu Neuraünster. — Verschiedenes. — Oeff ent¬
lieh es Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark.—
Personalien. — Vacanzen.
An unsere Leser.
Am 6. September 1888 ist die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ zum ersten Mal vor
die Thierärzte getreten mit folgendem Programm:
„Die Redaction wird sich unablässig bemühen, für die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ Originalarbeiten
tüchtiger und bewährter Fachgenossen zu erwerben und so derselben einen nach jeder Hinsicht werthvollen Inhalt zu
sichern, der geeignet ist, dem Bedürfniss der Leser nach wissenschaftlichem Fortschreiten zu genügen und ihnen
practischen Nutzen zu gewähren.
t Die Redaction ist sich indessen wohl bewusst, dass sie allein nicht im Stande ist, dies Ziel zu erreichen,
ohne die werkthätige Hülfe der Herren Collegen, sie wendet sich daher an alle, denen gleich ihr die Fortentwicklung
der thierärztlichen Wissenschaft und deren Betätigung nach aussen am Herzen liegt, mit der Bitte, soweit dies die
Verhältnisse gestatten, die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ nach Kräften zu unterstützen.
Sie erblickt diese Unterstützung in erster Linie in der Uebersendung wissenschaftlicher Beiträge, denn nur
damit kann die „Berliner Thierärztliche Wochenschrift“ inhaltlich vollkommen gestaltet werden; wird dies aber erreicht,
so braucht eine anderweite Unterstützung, d. h. die durch Abonnement zu gewährende, nicht erbeten zu werden,
sie wird sich von selbst ergeben.
Die Redaction hält es für ihre wichtigste Aufgabe, den Interessen der Mehrzahl ihrer Leser streng Rechnung
zu tragen, indem sie bestrebt ist, solche Publicationen zu bringen, welche von thatsächlichem Werth für die Er¬
weiterung der thierärztlichen Wissenschaft, von Einfluss für die practische Anwendung derselben oder sonst in erster
Linie dem die Praxis ausübenden Thierarzt nützlich und erwünscht sein dürften.
t Solche Arbeiten können aber nicht allein aus Instituten und Laboratorien hervorgehen, sondern sie selbst
oder die Anregungen dazu müssen zum guten Theil als Resultate aus der practischen Anwendung unserer Wissen¬
schaft sich ergeben und deshalb aus den Reihen der practischen Thiferärzte selbst kommen.
Die Herren Collegen wollen versichert sein, dass die iRedaction jeden, noch so kleinen Beitrag zur Be¬
reicherung des thierärztlichen Erfahrungsschatzes und der pathologischen Casuistik dankbar willkommen heissen wird;
sie ist gern bereit, ihr übersandte diesbezügliche Notizen, zu deren Ausarbeitung dem Herrn Einsender vielleicht die
Zeit mangelt, selbst zur Veröffentlichung fertig zu stellen und andrerseits ersten literarischen Versuchen wohlwollendste
Prüfung und weitgehendste Unterstützung zu Theil werden zu lassen.
: Dass sie übrigens auch sonst jederzeit zu Rath und Unterstützung bereit ist, darf als selbstverständlich gelten.
In Berücksichtigung des Umstandes, dass die Mehrzahl der Leser nur e i n wissenschaftliches Blatt zu halten
in der Lage sind, wird die Redaction der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift nicht ermangeln, durch kurze Referate
über die einschlägige Literatur ihre Leser von allen gemachten Fortschritten zu unterrichten und ihnen so jederzeit
ein Bild von dem Stande der gesammten medicinischen Wissenschaft zu verschaffen.
Bei dem regen Trieb nach weiterer Entwickelung der Organisation des gesammten Veterinärwesens, bei
den Veränderungen, die im Gefüge derselben die kommenden Jahre noch bringen dürften und in Anbetracht der
noch ungelösten bedeutungsvollen Fragen ist es weiterhin als eine der vornehmsten Aufgaben jedes Fachblattes zu
betrachten, diesen mit dem Wohl und Gedeihen des thierärztlichen Standes innig verknüpften Fragen eine stetige
Aufmerksamkeit und ihrer praktisch durchführbaren und heilsamen Lösung eine energische Unterstützung zu Theil
werden, zu lassen.
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422 BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 36
Die Redaction der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift ist sich dieser Ehrenpflicht vollkommen bewusst und
wird für dieselbe mit allen Kräften eintreten im Sinne eines stetigen, gesunden, den Verhältnissen Rechnung tragenden
Fortschreitens. Im Bewusstsein, dass ein solches Ziel nicht durch Unbesonnenheit und Gehässigkeit, aber auch nur
durch Entschiedenheit und Festigkeit zu erreichen ist, wird sie niemals eine unklare und planlose Agitation, aber
jede thatkräftige, auf einen guten und greifbaren Zweck gerichtete Bestrebung unterstützen.
In voller und dankbarer Anerkennung der grossen Fortschritte, die sich in letzter Zeit haben vollziehen
können, wird sie sich begnügen, noch bestehende Uebelstände sachlich zu constatiren, nicht um einen Streit herbei¬
zuführen. sondern um dieselben zur Kenntniss zu bringen und womöglich Abhülfe zu veranlassen.
Sie würde es zwar bedauern, wenn sie dabei in thierärztlichen Kreisen Gegner fände, niemals aber würde
sie sich aus Rücksicht auf solche von der Verfolgung eines Zieles abhalten lassen, dessen Erreichung von der öffent¬
lichen Meinung als für das Wohl der Gesammtheit nothwendig erkannt ist.
Dem für die Einigung aller Fachgenossen hochwichtigen Vereinswesen wird die Redaction der „Berliner
Thierärztlichen Wochenschrift“ stets warmes Interesse entgegenbringen.
Die. Redaction ist beim Antritt ihrer Thätigkeit nur von dem Wunsche beseelt, die vorgesteckten Ziele
erreichen und dadurch nutzbringend für die thierärztliche Wissenschaft und den thierärztlichen Stand wirken
zu können.
Möchte sie dabei die Zustimmung und Hülfe der Fachgenossen finden“.
Ob ich jenes, vor 10 Jahren von mir entworfene Programm gehalten habe, brauche ich mich — das kann
ich mit Freude heut aussprechen — nicht zweifelnd zu fragen.
Die Antwort haben mir bereits im Laufe des Decenniums die Thatsachen ertheilt, und der Umstand, dass
die B. T. W. mehr als drei Viertel der überhaupt in Deutschland wohnenden Thierärzte zu ihren Abonnenten, zu
Lesern also wohl noch ein wenig mehr, zählt, schafft mir die Gewissheit, dass ich das Richtige in der Hauptsache
getroffen habe.
Wenn ich von den drei Hauptpunkten jenes Programms die publicistische Behandlung der Standes¬
angelegenheiten als das mir am bedeutsamsten Erscheinende an erster Stelle betrachte, so darf ich in Anspruch
nehmen, dass die B. T. W., in der hierbei meine Feder ganz allein tliätig gewesen ist, ihre vor zehn Jahren aus¬
gesprochenen Vorsätze bis zum Buchstaben getreu erfüllt hat. Sie hat „ niemals eine unklare und planlose Agitation,
aber jede thatkräftige auf einen guten und greifbaren Zweck gerichtete Bestrebung “ verfochten und durchführen helfen.
Ich habe das unabhängig nach allen Seiten und namentlich gänzlich unbekümmert um Einfluss, Meinung und
Sonder-Interessen thierärztlicher Grössen gethan. Ich halte die Alleinherrschaft Einzelner in einem Stande, wie der unsrige
ist, für einen Fehler; mir ist dies immer als die drückendste und gefährlichste Art der Abhängigkeit erschienen, uud
die B. T. W. darf sich einiges Verdienst zuschreiben, wenn heute bei uns von einer solchen Abhängigkeit nicht
gesprochen werden kann. Wenn mir dabei hier und da Gegner erstanden sind, so bedauere ich das in der That.
Aber ich kann es nicht ändern und es kan« mich nicht ändern.
Was die wissenschaftliche Seite der B. T. W. anlangt, so ist sie der vor zehn Jahren programmatisch ge¬
kennzeichneten Richtung gefolgt. Sie hat sich hinsichtlich der Originalartikel bemüht, die practischen Interessen in
den Vordergrund zu stellen und die practischen Thierärzte zur Mitarbeit heranzuziehen. Es ist ihr einmal der Vor¬
wurf gemacht worden, dass das im Programm verheissene Wohlwollen gegenüber literarischen Versuchen aus der
Praxis hier und da zu weit getrieben werde. Ich muss bemerken, dass dies mit voller Absicht geschehen ist. Es
ist eine wesentliche Aufgabe, die jüngeren Collegen in der Praxis zu Publicationen zu erziehen; ein strenges Mäkeln
an Einzelheiten würde diesem Zweck nur entgegen wirken, und alten verdienten Herren gegenüber wäre es erst recht
nicht am Platze. Es steckt auch in unscheinbarer Schale oft ein brauchbarer Kern, und darauf kommt es an. Ein
besonderes Bedürfniss ist es mir aber, an dieser Stelle auf den hohen practischen und erzieherischen Werth der
zahlreichen Artikel Dieckerhoffs, namentlich auch aus der gerichtsthierärzlichen Praxis, besonders hinzuweisen.
Das Hauptgewicht hat die B. T. W. auf die Verwirklichung des Satzes gelegt: ln Berücksichtigung des
Umstandes , dass die Mehrzahl der Leser nur ein wissenschaftliches Blatt zu halten (bezw. zu lesen) im Stande sind , wird
die B. T. W. nicht ermangeln, durch Referate über die einschlägige Literatur ihre Leser von allen gemachten Fortschritten
zu unterrichten und ihnen so jederzeit ein Bild von dem Stande der gesammten medicinischen Wissenschaft zu verschaffen.
Ich glaube, dass auch dieser Vorsatz voll erfüllt worden ist und diss den Lesern der B. T. W. nichts
Wesentliches entgangen ist, was in der thierärztlichen Wissenschaft und den damit Fühlung nehmenden Zweigen
der practischen Humanmedicin sich entwickelt hat. Hierbei bin ich von einer Anzahl sehr thätiger Mit¬
arbeiter in dankenswerthester Weise unterstützt. Um der Fülle des Materials Genüge leisten zu können, hat sich
inzwischen eine erhebliche Vergrösserung der B. T. W. herausgebildet.
Mit der Durchführung dieses Vorhabens, eine wissenschaftliche und practische Gesammtübersicht zu bieten,
hat die B. T. W. eine Neuheit geschaffen, die auch in der Medicin in dieser Vollständigkeit nicht vorhanden
war (und ist).
Beide Aufgaben, die wissenschaftlichen Referate und die publicistische Behandlung der Tagesereignisse
Hessen sich nur erfüllen im Rahmen einer grossen wöchentlich erscheinenden Zeitschrift. Die bereits vorhandenen
so sehr verdienstvollen Zeitschriften ähnlicher Richtung (die Wochenschrift für Thierheilkunde und Viehzucht und
die referirende Monatsschrift Anackers) waren aber ihres geringen Umfanges wegen nicht im Stande, allen Auf¬
gaben gleichzeitig und so umfassend gerecht zu werden.
Es ist ein Verdienst des Herrn Verlegers der B. T. W., dass er vor dem Risiko der Begründung einer
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8. September 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 423
thierärztfichen Wochenschrift im grossen Styl, die sich den grossen medicinischen Blättern an die Seite stellen
konnte, nicht zurückgeschreckt ist, dieselbe vielmehr in thatkräftigster Weise in die Hand genommen hat. Es hat
sich freilich bald genug gezeigt, dass das tliier-ärztliche Fach ein sehr geeignetes Feld für eine solche Wochenschrift war.
Seitdem hat die periodische thierärztliche Literatur eine völlige Umgestaltung, und zwar in durchaus
practischer Richtung, und mehrfache werthvolle Bereicherung erfahren. Die Monatshefte für practische Thierheilkunde, die
Zeitschrift für Veterinärkunde, Organ für die Rossärzte der Armee, die Zeitschrift für Fleisch- und Milchhygiene
und die Deutsche thierärztliche Wochenschrift sind neu hinzugetreten.
Die B. T. W. kann mit einer gewissen Genugthuung auf die Thatsache zurückblicken, dass sie diese neue
Zeit und neue Richtung eingeleitet hat.
Sie hatte in ihrer Special-Anlage und -Bestimmung als Wochenschrift kein Vorbild. Die Thatsache, dass
das später zunächst als Gegensatz zu ihr geschaffene Organ (die Verhältnisse und Personen haben inzwischen ge¬
wechselt und ich kann diese lediglich retrospective Bemerkung wohl machen) nicht besseres zu tliun wusste, als in
der ganzen Anlage der B. T. W. möglichst ähnlich zu werden, ist mir als die beste Anerkennung in dieser Beziehung
erschienen, die ich erhalten konnte.
Für dieses „Ich“ bin ich schliesslich meinen verehrten Lesern noch eine Erklärung schuldig. Jene vor
zehn Jahren erschienene erste Nummer ist nicht von mir, sondern von einem unserer thierärztlichen Veteranen, dem
Herrn Oberrossarzt a. D. Grosswendt gezeichnet. Gleichwohl ist die B. T. W. durch eine besondere Verkettung
von Umständen von Anbeginn an von mir redigirt.
Mein Verleger, der eine andere thierärztliche Zeitschrift erworben hatte, war plötzlich in die Lage versetzt,
einen neuen Redacteur suchen zu müssen und wandte sich an mich. Ich konnte mich dazu jedoch nicht entschlossen,
nicht weil ich mich vor der Verantwortung gescheut hätte, sondern weil meine Erziehung und Gesinnung mir eine
tiefe Abneigung gegen die Presse und Alles, was damit zusammenhängt, eingeflösst hat, die ich auch heute noch
nicht überwunden habe, obwohl mich die Verhältnisse selber jener in die Arme führten.
Da ein Aufschub nicht möglich war, so übernahm Herr College Grosswendt freundlichst die Repräsentation,
ich, durchaus vorläufig, die Arbeit und ausserdem die Suche nach einem Redacteur, denn nur eine jüngere Kraft
konnte das Unternehmen durchführen. Ich habe keinen gefunden und habe mich denn schliesslich und namentlich,
als später Herr Professor Dieckerhoff sich zur Mitübernahme der Repräsentation entschloss, bestimmen lassen, dabei
zu bleiben.
Ich bin heut weit entfernt davon, den Werth auch der Fachpresse zu verkennen; ich habe manchen Erfolg, manch’
freundliche Zustimmung und viel innere Befriedigung dabei gewonnen. Aber unbequem ist mir das Zeitungschreiben
auch heute noch.
Wenn ich gleichwohl „der Noth gehorchend, nicht dem eigenen Triebe“, auch ferner in der B. T. W. die
Feder zu Führen mich anschicke, so liegt diese Nöthigung für mich glücklicherweise nicht in äusseren Umständen.
Aber ich habe je länger je mehr eingesehen, dass man mit der publicistischen Vertretung der Bedürfnisse und
Interessen unserer Gemeinschaft, wenn man auch eigene Irrthümer und fremde Angriffe mit in den Kauf nehmen muss,
doch nützen kann, und mich zwingt das Bewusstsein, dass Jeder die einfache Verpflichtung hat, an seinem Platz und
mit den ihm gegebenen Mitteln sich in den Dienst öffentlicher Interessen zu stellen.
Ich habe an der Schwelle des zweiten Jahrzehnts nur den Wunsch, dass es mir ebenso, wie im ersten, ge¬
lingen möge, den Ton zu treffen, der auch in der Brust der grossen Mehrzahl meiner Collegen eine gleichgestimmte
Saite erklingen macht. Schmaltz.
Zur iodkali-Behandlung des Kalbefiebers.
Von
Nevermann-Bremervörde.
KreUtblerarxt.
Im Nachstehenden soll kurz über eine Reihe Kalbefieber-
erkranknngen berichtet werden, welche ich mit Kal. jodat. be¬
handelt habe. Wenn es richtig ist, dass diese Krankheit in den
verschiedenen Gegenden von wechselnder Heftigkeit ist, so ge¬
hört der hiesige Kreis nebst Umkreis zu den Bezirken, wo das
Milchfieber sehr bösartig auftritt. Meine frühere Behandlungsweise
theils mit Tart. stibiat. (Harms), theils mit Eserin, Coffein, Kaffee-
aufguss, Einreibung sowie mit antiseptischen Ausspülungen des
Uterus hat nur in einem recht geringen Procentsatz Heilung her¬
beiführen können.
Um so freudiger überrascht bin ich von der prompten Wirk¬
samkeit des Kal. jodat. Die Art und Weise der Application ist
in allen Fällen genau die von Schmidt-Kolding angegebene ge¬
wesen. Stets sind 10,0 Kal. jodat in 1000,0 frisch V* Stunde ge¬
kochten Wassers gelöst, mittelst Glastrichter, Gummischlauch und
metallenem Milchkatheter infundirt worden, welche durch 2proc.
LysollÖBung sterilisirt waren. Daneben habe ich mehrfach
Coffein natrio - benzoYc. 5,0 subcutan gegeben. Die einzelnen
Krankheitsgeschichten sind folgende:
L Kuh des Brennereibesitzers B. in Bremervörde. Grosse,
gut genährte Kuh, ostfriesischer Abstammung, mit sehr stark
entwickeltem Euter, hat vor 24 Stunden gekalbt, soll vor etwa
zwei Stunden erkrankt sein.
Status praesens: Kuh liegt mit ausgestreckten Beinen auf
der Seite, völlig besinnungslos and fühlt sich über die ganze
Körperoberfläche kühl an. Begiessen des Kopfes mit kaltem
Wasser, Aufrichten und Hochheben des Kopfes lassen das Thier
ohne Reaction. Mastdarmtemperatur 37,2° C., 90 schwache
Pulse, Athmung geschieht röchelnd etwa 20mal in der Minute.
Es werden sofort 10,0 Kal. jodat. infundirt, subcutan 5,0
Coffein natrio-benzoi'c.; Abreiben des Körpers mit Branntwein
reichliches Belegen mit wollenen Decken.
Nach etwa drei Stunden steht die Mastdarmtemperatur auf
38,3° C. Die Kuh hat den Kopf seitlich an die Brustwand ge¬
legt i Körperoberfläche unter den Decken warm anzufühlen. Nach
sechs Stunden erwacht die Kuh bei der Erneuerung der kalten
Kopfumschläge. Nach zwölf Stunden wird die Kuh im Stalle
stehend gefunden. Sie wird jetzt zum ersten Male seit der Iu-
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424
fusion wieder gemolken, nnd etwa ein Liter normal anssehender
und süss schmeckender Milch gewonnen.
Am nächsten Morgen (20 Standen nach der ersten Behandlung)
frisst die Kuh etwas Heu und trinkt '/? Eimer Brotwasser. Aus
beiden Nasenlöchern entleert sich in reichlicher Menge ein
schleimiger, leicht weisslicher Ausfluss. Die Kuh prustet öfters.
Es besteht profuser Durchfall Am nächsten Tage 6—7 Liter
Milch; Allgemeinbefinden gut. Die Milchsecretion steigt in
8 Tagen wieder auf 12—15 Liter pro Tag.
II. Kuh des Hofbesitzers und Müllers St. in Basdahl. Sehr
grosses, mässig genährtes Thier hat angeblich vor 3 Tagen
gekalbt, hat vor etwa 3 Stunden beim Melken nicht mehr stehen
können.
Status praesens: Das Thier kann sich trotz vieler An¬
strengungen nicht mehr erheben; arbeitet sich fortwährend im
Stalle umher. Temperatur 38° C., 60 Pulse, 24 Athemzüge.
Behandlung: 10,0 Kal.jodat., 5,0 Coffein, ratrio-benz. subcutan.
Kuh steht nach 6 Stunden wieder auf. Am Tage darauf ist das
Thier völlig gesund, giebt aber nur die halbe Milch. Nach
4 Tagen Milchproduction auf normaler Höhe.
III. Kuh des Bäckermeisters B. in Bremervörde soll vor
2 Tagen gekalbt haben, hat morgens noch „einen Eimer“ Milch
gegeben und kann jetzt nicht mehr aufstehen.
Status praesens (vormittags 10 Uhr): Grosse, mässig ge¬
nährte Kuh, ostfriesischer Rasse mit ganz gewaltig entwickeltem
Euter. Das Thier liegt auf dem Brustbein mit an die Brustwand
gelehntem Kopfe; Augen fast geschlossen, Cornea leicht trübe.
Temperatur 37,5° C., 60 Pulse, 12 Athemzüge.
Behandlung: 10,0 Kal. jodat., 5,0 Coffein, natrio-benzoi'c.
subcutan. Am nächsten Morgen steht die Kuh wieder, nimmt
etwas Getränk, aber kein Futter. Reichlicher schleimiger Nasen¬
ausfluss, profuser Durchfall. Im Laufe des Tages stellt sich der
Appetit wieder ein. Nach 3 Tagen giebt die Kuh schon wieder
12 Liter Milch.
IV. Kuh des Altentheilers B. in H. hat angeblich vor 4 Tagen
gekalbt, kann jetzt nicht mehr stehen, versucht aber noch vorn
sich zu erheben.
Behandlung: 10,0 Kal. jodat.
Nach 5 Stunden steht das Thier wieder auf und ist am
nächsten Tage ziemlich gesund. Milchsecretion aber noch etwa
eine Woche mässig, steigt in der zweiten Woche wieder auf die
alte Höhe.
V. Kuh des Häusling G. in Altwistedt soll vor 4 Tagen
gekalbt haben und liegt bei meiner Ankunft schon seit l'/ 2 Tagen
— ich war durch Krankheit verhindert — völlig besinnungslos
am Boden. Durch den Besitzer sind bereits mehrere Flaschen
voll Leinöl und Schmalz zu gleichen Theilen eingegeben worden,
sowie Glaubersalz insgesammt etwa 2 Pfund.
Status praesens: Grosses, gut genährtes Thier liegt auf der
Seite mit ausgestreckten Beineu nnd Halse; 18—20 laut röchelnde
Athemzüge, 100 Pulse. Temperatur 37° C. Körperoberfläche
fühlt sich kalt an. Milch fast ganz versiegt.
Behandlung: Infusion von 10,0 Kal. jodat., 5,0 Coffein sub¬
cutan. Nach 18 Stunden steht das Thier wieder auf, frisst etwas
und nimmt auch etwas Brotwasser. Am folgenden Tage stellt
sich Athemnoth ein, die Fresslust nimmt ab. Am dritten Tage Noth-
schlachtung wegen hochgradiger Athemnoth. Bei der Fleisch¬
beschau findet sich eine ausgebreitete Fremdkörperpneumonie,
sonst keine krankhaften Veränderungen.
VI. Kuh des Vorstehers K. in Mehedorf, gut genährt, soll
vor zwei Tagen gekalbt haben und hat angeblich am Morgen
nur mit Mühe aufstehen können. Milch sehr wenig geworden.
Status praesens: Kuh steht, schwankt aber im Hiutertheil,
No. 36.
schlägt öfter mit den Hinterbeinen, macht zackende Bewegungen
mit denselben und trippelt hin und her.
Behandlung: Es werden versuchsweise 10,0 Kal. jodat.
per os gegeben. Nach einigen Stunden sind alle krankhaften
Erscheinungen verschwunden. Die Milchsecretion steigt in den
nächsten Tagen wieder auf die gewohnte Literzahl.
VII. Kuh des Gastwirths H. in Mulsum soll vor drei Wochen
gekalbt haben und vor drei Stunden erkrankt sein. Milchsecretion
liegt darnieder.
Status praesens: Gut genährtes Thier, liegt auf der Seite,
vermag aber noch anfzustehen. Im Stehen hält das Thier die
Vorderbeine gespreitzt, schwankt mit dem Htntertheil hin und
her und fällt mehrfach um. Die Körperoberfläche fühlt sich kalt
an. Temperatur 37,3 0 C., 60 Pulse, 20 Athemzüge.
Behandlung: 10,0 Kal. jodat werden in das Euter infandirt.
Am anderen Morgen steht die Kuh sicher auf den Beinen,
nimmt aber noch kein Futter. Die Besserung schreitet rasch
fort, sodass nach drei Tagen die Milchproduction die alte Höhe
erreicht.
VIII. Kuh des Schiffseigeuthümers M. in Ottendorf hat an¬
geblich drei Tage vorher gekalbt und soll vor 19 Stunden die ersten
Krankheitssjmptome gezeigt haben: Schwanken im Hintertheil,
beschwerliches Aufstehen; liegt seit sechs Stunden unbeweg¬
lich fest.
Status praesens: Ziemlich gut genährtes Thier liegt auf der
Seite mit ausgestreckten Beinen und Halse; versucht man den
Kopf aufzurichten, so fällt er wieder kraftlos in seine frühere
Lage zurück. Die Augen sind geschlossen, die Cornea ist ge¬
trübt. Körperoberfläche kalt, Temperatur 37,0 0 C., Puls schwach
und etwa 100 Mal in der Minute zu fühlen, Athmung ober¬
flächlich, kaum sichtbar, 24 Mal in der Minute zu zählen. Milch-
prodnction sehr gering.
Behandlung: Infusion von 10,0 Kal. jodat und 5,0 Coffein,
subcutan.
Fünf Stunden nach der Behandlung (vier Uhr Nachmittags)
drehte sich das Thier auf die andere Seite, um 4 y, Uhr hob es
schon den Kopf, um 5'/j Uhr bekam es zu trinken, um sieben
Uhr zum zweiten Male, um acht Uhr stand es auf und frass
Gras.
Was den Fall VI anbetrifft, so bemerke ich, dass die Be¬
handlung lediglich ein Versuch war, aus dem ich vor der Hand
keinerlei Folgerungen ziehen möchte. Derartig rasche Genesungen
kommen bei leichten Erkrankungen an Milchfieber auch ohne jede
Behandlung nicht selten vor.
Dagegen geben die übrigen 7 Fälle ein in ihrem Verlaufe ganz
gleiches Bild. In allen Fällen konnte die einige Stunden nach
der Behandlung einsetzende, stetig fortschreitende Besserung
constatirt werden, welche das „Milchfieber“ stets zur Heilung
brachte. Die im Falle V erfolgte Nothschlachtung hatte mit der
ursprünglichen Erkrankung nichts mehr zu schaffen, sondern ist
die Folge des Eingebens von ganz unzweckmäSBigeu und neben¬
bei schlecht zu schluckenden (Schmalz und Leinöl) Hausmitteln,
wie der Krankheitsverlauf schon diagnosticiren liess und die
Section klar vor Augen führte.
Für mich unterliegt es keinem Zweifel, dass der günstige
Ausgang in den 7 Fällen nicht Zufallssache, sondern Folge der
Jodkali-Behandlung ist. Dabei sind unangenehme Neben¬
erkrankungen niemals nachzuweisen gewesen, speciell sind keine
Euterentzündungen aufgetreten. Die erste nach der Behandlung
gemolkene Milch hatte in keinem Falle irgendwelche Gerinnsel
aufzuweisen, vielmehr war Farbe, Geruch und Geschmack normal.
Um so mehr musste es auffallen, dass in der B. T. W. 1898
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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8. September 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
425
No. 29 und 31 sich zwei abfällige Urtheile über Schmidt’sclie
Behandlung fanden.
Es liegt sicherlich im Interesse der Sache, etwas genauer die
Begründung dieser Urtheile anzusehen.
Meyer-Leese hat 5 Fälle mit Jodkalium behandelt und
keine Genesung zu verzeichnen, sondern 5 Nothschachtungen.
Bei einem Thier gibt M. za, dass die Nothschlachtung vielleicht zu
früh vollzogen wurde. Ich meine, dass bei Milchfieber aus Noth-
schlachtangen überhaupt kein Urtheil sich gewinnen lässt.
Die richtige Zeit der Nothschlachtung ist bei dieser Erkrankung
m*. E. überhaupt nicht recht zu bestimmen. Die von mir aufge-
führten Fälle 1 und 8 waren gewiss so hochgradige Erkrankungen,
dass man eine Genesung kaum erwarten konnte, und dieselbe ist
doch eingetreten. Die Nothschlachtung hätte mithin hier zu einem
gänzlich falschen Urtheil geführt. Es erscheint daher sehr rath-
sam, Noth8chlachtungen nicht direct gegen den Werth des Jod¬
kali zu verwenden, sondern sie höchstens als unentschiedene
Behandlnngsversnche gelten zu lassen, sie weder pro noch contra
anzurechnen.
Was die Mittheilung von Moebius-Plauen anbelangt, so ist
dieser einzige Fall doch zu einem Urtheile wohl kaum zu ver-
werthen. Das Thier soll beim Füttern plötzlich „unter Brüllen
hingefallen sein“. Es bestand Speicheln, leichtes Autblähen, Be¬
wusstlosigkeit , vollständige Apathie und Gefühllosigkeit bei
Nadelstichen in den Rücken. Der Krankheitsfall ist, wenn man
ihn unter Gebärparese einreihen will, mindestens aussergewöhnlich.
Ich habe bei der Gebärparese niemals gewisse Vorboten ver¬
misst: Schwanken, Trippeln, eigen thümliche zuckende Be¬
wegungen mit den Hinterfüssen, rasche und bedeutende Abnahme
der Milchsecretion. Beim Lesen der Mittheilnng von Moebius
hat sich mir der Gedanke aufgedrängt, ob nicht am Ende
doch etwas Anderes als Milchfieber Vorgelegen hat. Ich
gebe aber gern zu, dass die knappen Mittheilungen M.’s über
die Krankheitserscheiuungen hier störend eingewirkt haben
können.
Den Werth der neuen Behandlungsmethode beweisen auch
die bisher veröffentlichten Krankenberichte von C1 a u s s e n*)-
Bergedorf, Ehling*), H o 1 m*), K a i s e r*), Dr. Künneman n*),
K u b asch e ws k i**), S c h m i d t*)-Buxtehude, C. Tempel**).
Rechnet man dazu die oben von mir besprochenen 7 Fälle, so
umfassen diese Berichte 65 Fälle mit 56 Heilungen, 7 Todes¬
fällen und 2 Nothschlachtungen, was einen Verlust von 13,8 pCt.
ergeben würde.
Nun müssen aber 4 Fälle ausgeschieden werden, bei denen
durch die Obdnction Fremdkörperpneumonie nnd Blutungen in
die Medulla oblongata nachgewiesen worden sind, bezw. bei denen
eine durch steigendes Fieber (40 und 41°) sich anzeigende Misch-
infection bestanden hat. Dann ergeben sich unter 61 Fällen nur
5 Verluste gleich 8,2 pCt.
Es würde danach höchst wahrscheinlich bei Zugrundelegung
einer grossen Zahl von Erkrankungen die Verlustziffer sich auf
etwa 10 pCt. stellen wie in Dänemark (500 Fälle; 90 pCt.
Genesungen).
Freilich ist eins unbedingt nöthig: Die Nothschlachtung muss
bis aufs Aeusserste beschränkt werden, sonst kommen sofort ganz
andere, freilich falsche Resultate heraus, wie das die Mit¬
theilungen von Husfeld-Wandsbeck und Meyer-Leese ergaben.
Beide haben zusammen 18 Fälle behandelt, wovon 9 Thiere
geheilt und 9 Thiere nothgeschlachtet sind. Verlust 50 pCt.
Es ist danach eine wesentliche Aufgabe des Thierarztes, nicht
nur die Kühe, sondern auch die Besitzer zu „behandeln“. Bei
*) Deutsche Thierärztliche Wochenschr. No. 15, 23, 28, 31.
**) B. T. W. No. 18, 29.
den schlechten. Erfolgen der bisherigen Behandlungsmethoden
sind die Viehbesitzer nur zu geneigt, zum Messer zu greifen.
Hier gilt es von vornherein auf das Neue der Behandlungs¬
weise aufmerksam zu machen und zu betonen, dass nicht eine
sofortige Besserung zu erwarten ist, sondern dass ein geduldiges,
stundenlanges Zuwarten am Platze.
Ich lasse endlich jede theoretische Erwägung über die
Wirkung der Behandlung und die Ursache des Milchfiebers ganz
aus meiner Betrachtung heraus, halte auch derartige durchweg
(Schmidt-Kolding eingeschlossen) nur auf sehr schwachen
Gründen aufgebaute Betrachtungen zur Zeit für äusserst inopportun!
Es handelt sich vor der Hand lediglich darum, festzustellen, ob
Schmidt-Kolding uns — wie ich glaube — mit einem Heilmittel
der Gebärparese beschenkt hat. Diese Untersuchung hat zu
geschehen auf Grund statistischen Materials. Ich bin auch der
Ansicht, dass die Zeit zu einer Umfrage bei den Thierärzten
schon jetzt gekommen ist; denn es unterliegt keinem Zweifel,
dass eine bei Weitem grössere Zahl von Erkrankungen an
Gebärparese schon jetzt der Behandlung mit Jodkalium unter¬
zogen ist, als wie die thierärztliche Literatur sie nacbweist.
Ich denke mir eine solche Sammlung der gemachten Erfahrungen
in der Weise, dass ein Fragebogen aufgestellt und an
eine möglichst grosse Zahl von Thierärzten verschickt
wird. Das so erhaltene Material müsste dann zusammengestellt
und veröffentlicht werden.
Zu einer solchen Bearbeitung der eingesandten
Beobachtungen erkläre ich mich gerne bereit.
Ich habe zu dem Zwecke am Schlüsse hiermit einen Frage¬
bogen entworfen, von welchem die Buchhandlung von
Schoetz Separatabzüge den Herren Collegen auf
Wunsch zur Verfügung stellen wird. Die ausgefüllten Frage¬
bogen wären dann etwa bis zum 1. October dieses Jahres an
mich einzusenden, worauf die Bearbeitung und Veröffentlichung
des eingesandten Stoffes alsbald erfolgen würde.*)
In die Tabelle habe ich drei inzwischen behandelte Fälle
(die Tabelle ist nach Einsendung der übrigen Arbeit aufgestellt)
eingetragen, um die Art der Eintragung verständlicher zu machen.
Für die oben gegebene Statistik sind diese drei Fälle noch nicht
verwerthet
Zur Statistik der Jodkali-Behandlung des Milchflebers
gesammelt von.
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5
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Hat gekalbt
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Zur Zeit der
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tu
Wann hat
das Thier
sich wieder
erhoben?
Bemerkungen:
1. ob schwer er¬
krankt
2. event. Obduc-
tionsbefund.
3. ob Complicatio-
nen vorhanden.
1.
3
24 Stunden
10,0
1
—
-
Nach
8 Stunden
mittelschwer
krank.
2.
1
10 Stunden
10,0
1
—
—
12 „
schwerkrank:liegt
bewegungslos.
3.
2
4 Stunden
10,0
1
—
—
?
Anfangsstadium.
*) Durch solche Umfragen, wie sie oben der Herr College
Neverraann in sehr practisclior Weise anregt, haben die dänischen
Thierärzte schon öfters wichtige Fragen, die sich anders gar nicht be¬
antworten lassen, statistisch entschieden. Diese bewährte Methode
verdient auch bei uns Aufnahme zu finden, und ich bitte die Herren
Collegen auch meinerseits, der Anregung des Herrn Verfassers nach¬
zukommen. Fragebogen sind von R. Schoetz gratis zu beziehen
(unter gefl. Angabe, wie gross ungefähr der Bedarf).
Schmaltz.
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426
Ueber Fehler beim Hufbeschlage.
Von
Hell,
Corpiroaaarzt.
Vortrag im Verein der Thierärzte von Schleswig.
(Bericht siehe unter Tagesgeschichte.)
„Kein Fass, kein Pferd!“ Dieser von dem alten Lafosse
herrährende Satz behält noch jetzt seine volle Berechtigung.
Am Fass ist ja der Huf der wichtigste Theil, da er die vom
Erdboden empfangenen Erschütterungen schmerzlos aufnehmen
soll zum Schutz der in ihm und über ihm liegenden Knochen
und Weichtheile. Er muss deshalb in hohem Masse widerstands¬
fähig und elastisch sein und durch Hufpflege und Hufbeschlag
so erhalten bleiben.
Die Hufpflege ist besonders bei dem heranwachsenden
Pferde von Werth, findet leider bei dem Züchter noch lange nicht
genug die ihr gebührende Beachtung, häufig wird er erst durch
den materiellen Schaden, der ihm beim Verkauf eines mit
schlechten Hufen versehenen Pferdes erwächst, darauf aufmerksam
gemacht, dass zu einem guten Pferde auch gute Hufe gehören.
Der Händler setzt sich auch noch zu oft über mangelhafte Be¬
schaffenheit der Hufe hinweg, er kauft die „Blender“ in der
sicheren Voraussetzung, dass er schon einen Abnehmer finden
wird, der den Vortheil eines festen Hufes nicht zu schätzen
versteht, ja selbst auf die Warnung des Sachverständigen nicht
allzugrossen Werth legt. So lange das Pferd beim Züchter auf
der Weide oder auf weichem Boden und bei ruhiger Arbeit rieh
befindet, merkt man in der Regel nichts von dem Nachtheil einer
vernachlässigten Hufpflege oder eines schlechten Beschlages, die
Eisen liegen ja bekanntlich nicht selten 2—3 Monate auf dem
Hufe, ohne dass Dienstpferde lahm werden. Anders aber beim
Wechsel, wenn das Pferd Tag für Tag Pflaster treten und dabpj
noch schnell laufen oder schwere Lasten ziehen soll. Aus dem
frischen Pferde mit den flotten geräumigen Gängen wird gar bald
ein stumpfer Gaul, der bald links bald rechts lahmt, oder doch
wenigstens klamm geht, und wenn jetzt der Schmied nicht sein
Handwerk versteht, so ist und bleibt das Pferd pflastermüde.
Das Bedürfniss eines guten Hufbeschlages liegt somit in
vollem Masse vor; dass es von den Behörden anerkannt ist,
beweist die Errichtung der Lehrschmiede sowie die Bestimmung
über die Prüfung der Beschlagschmiede. Aber trotzdem sieht es
mit dem Hufbeschlage stellenweise noch recht traurig aus Die
Schmiede fallen selbst bei guten theoretischen Kenntnissen oder
practiscber Geschicklichkeit gar zu leicht in ihren alten bequemen
Schlendrian zurück; das, was ihnen mit vieler Mühe in der Lehr¬
schmiede beigebracht ist, vergessen sie, sobald sie sich selbst
überlassen sind. Sieht man sich den Gang des Beschlages in
einer Privatschmiede genauer an, so fällt in der Regel auf, dass
den wichtigeren Theil, das Beschneiden, der Unerfahrene oder
Mindergeschickte, ein Lehrling oder Geselle, besorgt, während
der Meister sich mit dem Zupassen des Eisens begnügt. Beide
arbeiten selten Hand in Hand, sondern vielmehr jeder nach seinem
Kopfe oder auch ohne Gedanken. Was der Eine vielleicht noch
gut macht, verdirbt der Andre.
Ein anderer Uebelstand beim Hufbeschlage ist der, dass der
Hufschmied dem Wunsche oder den Anordnungen des Besitzers
oder .Kutschers gern oder ungern sich fügen muss, wenn anders
er nicht seine Kundschaft verlieren will. Der Griff und die hohen
Stollen an den Vordereisen sind erfahrungsgemäss beim Fehlen
der Glätte überflüssig und meistens nachtheilig und doch sieht
man in grossen Städten noch die meisten Zugpferde so beschlagen.
Von den mannigfachen Fehlern beim Hufbeschlage mögen
hier nur die wichtigsten hervorgehoben werden:
No. 36.
1. Beim Zubereiten des Hufes. Wenn der Hutbeschlag den
Zweck haben soll, den Huf gegen das zu starke Abnutzen zu
schützen, ohne dass dabei seine natürliche Form und Beweglichkeit
besonders beeinträchtigt wird, so muss sich für den denkenden
Hufschmied von vornherein der Grundsatz ergeben, dass bei dem
häufigen Beschlagwechsel das zu starke Behauen, Be¬
schneiden und Beraspeln ein Fehler ist. Eher den Huf
zu gross lassen, als zu klein machen, eher Sohle und Strahl gar
nicht beschneiden, als zu weich machen, sollte für jeden Hof¬
schmied Regel sein. Aber in Wirklichkeit ist es anders. Die
Hornwand wird mit der Hauklinge rücksichtslos bearbeitet, dabei
die Trachten in der Regel gegen die Zehe zu niedrig gehalten,
oder es werden Löcher ausgebauen, welche erst durch Btarkes
Aufbrennen des Hufeisens beseitigt werden können. Die Eck¬
streben werden häufig zu tief ausgeschnitten und dabei gleich¬
zeitig zwischen Trachteuwand und Strahl ordentlich „Luft"
gemacht. Ein grober Fehler ist das zu dünne Beschneiden der
Sohle an der Zehe, wo sie gerade am empfindlichsten ist und
doch das Aufbrennen oder den Druck des Eisens leiden kann.
Viele Schmiede schneiden die Sohle bis über die weisse
Linie hinaus hohl, sodass der Tragerand zu schmal
wird und Huf und Eisen eine zu geringe Berührungsfläche
haben. Die Hauklinge ist ein gefährliches Iostrument in der
Hand des ungeschickten und gedankenlosen Schmiedes, das Huf¬
messer und die Raspel sollten in den meisten Fällen zum Zu-
bereiten des Hufes ansreichen. Die Raspel wird aber gewöhnlich
zu wenig bei Egalisirung des Tragerandes und zu viel bei
Glättung der Hornwand benutzt.
2. Beim Zurichten und Aufpassen des Hufeisens. Hierbei
wird häufig der Fehler gemacht, dass das Eisen nicht nach der
Hufform gerichtet ist Ein zu kurzes Eisen sucht der Schmied
gerne dadurch passend zu machen, dass er die Zehenwand im
Bereich des Aufzuges zu stark verkürzt; ausserdem werden die
Eisen an dem Zehentheil häufig zu eng gehalten. Dieser Fehler
fällt besonders an den Vorderhufen der schweren Zugpferde auf.
Aus der von Natur weiten fast kreisrunden Form entwickelt sich
unter der Hand des Schmiedes allmälig ein fast dreieckiger
Huf, ähnlich dem Hinterhuf. Denkt man sich auf einem derartig
verstümmelten Hufe ein schmales Eisen mit hohem Griff und
hohen Trachten, so kann man sich nicht wundern, dass das
Pferd schlechter von der Schmiede kommt, als es hingiDg.
Durch das Zuenggerichten der Eisen und der Zehen und durch
das zu starke Beraspeln der Zehen- und Seitenwand wird haupt¬
sächlich die Entstehung des bröckligen Hufes, der Wandfäule
und der hohlen Wand begünstigt.
Während der Zehentheil des Eisens zu spitz oder zu eng,
wird umgekehrt der Trachtetheil häufig zu weit gehalten; manche
Schmiede suchen etwas darin, den äussern Eisenschenkel lyra¬
förmig nach aussen nmzubiegen. sodass die starke gesunde Tracht
zollaug freiliegt und die angrenzende Seitenwand abgezerrt wird.
Ein weiterer grober Fehler ist das Aufbrennen des zu stark
oder ungleich erwärmten Eisens. Durch das Aufbrennen eines
stark erhitzten Eisens kann die Sohle, besonders am Zehentheil,
leicht verbrannt werden, ausserdem wird das Eisen in Folge des
späteren Abkühlens zu eng. Durch das Aufpassen eines ungleich
erwärmten Eisens wird der Tragerand nngleichmässig gebrannt,
das abgekühlte Eisen liegt beim Aufschlagen nicht fest auf,
sondern wackelt.
3. Fehler beim Aufschlagen des Eisens. Anstatt das Eisen
mit den beiden Zehennägel lose aufzuheften und dann zur Con-
trole der Lage des Eisens das Pferd mit dem Fass vorsichtig
auftreten zn lassen, begehen viele Schmiede den Fehler, die
ersten Nägel sofort mit aller Kraft einzuschlagen, sodass das
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
8. Septem^ r 1898.
etwa nothwendig werdende Vorschieben des Eisens nur durch
gewaltsames Gegen schlagen nnd Abbiegen möglich wird, dem
Thiere mithin unnöthige Schmerzen und an Horn- und Weich-
theilen mehr oder weniger starke Zerrungen nnd Trennungen ver¬
ursacht werden.
Der Nagel soll der Regel nach in die weisse Linie ein- und
dnrch die Mitte der Dicke der Hornwand in entsprechender
Höhe durchdringen. Defecte Hornstellen sollen vermieden werden.
Dadurch dass die gebräuchlichen Eisen nur 6—8 Naggellöcher
haben, kommen die Nagellöcher des neuen Beschlages in der
Regel in nächster Nähe der alten Nagellöcher, wodurch die Wand
bei der häufigen Beschlagerneuerung vernagelt ist und bei
sprödem rissigen Horn bald ihre Haltbarkeit verliert. Die in der
preussischen Armee gebräuchlichen Eisen haben dagegen 14—20
Nagellöcher, lassen daher eine beliebige Auswahl zu Gunsten einer
sicheren Befestigung des Eisens zu.
Die Folgen der Beschlagfehler machen sich durch
schmerzhafte Zustände am Hufe selbst oder an den benachbarten
Gelenken, Sehnen und Bändern bemerkbar. Im geringeren Grade
geht das Pferd klamm oder blöde, im höheren Grade aber
wirklich lahm. Der unnütze Beschlag mit hohen Stollen ruft bei
jungen Pferden, die bisher auf weichem Boden gingen, sobald sie
auf Pflaster kommen, leicht Trachtenzwang hervor, da der Strahl
vom Erdboden entfernt ist. Das ungleiche Beschneiden der
Wände führt zn schmerzhaften Zerrungen nnd Dehnungen der
Fleischwand, der Bänder und Sehnen.
Die Steingallen sind bekanntlich eine regelmässige Folge
des Hufbeschlages, ohne dass in jedem Falle ein Beschlagfehler
vorliegt; viele Hufe neigen dazu. Aber ein grosser Fehler ist es,
die Steingallen, selbst wenn sie nicht Ursache einer Lahmheit
sind, übermässig tief bis aufs Blut auszuschneiden und das Eisen
übermässig stark an die Trachten schweben zu lassen; hierdurch
wird die Steingalle nur unterhalten und nicht selten aus der ein¬
fachen unschuldigen Art ein eiterige geschaffen, die dann schwer
zu heilen ist.
Gegen ein mässiges Schweben der Trachten bei schmerz¬
haften Zuständen derselben lässt sich nichts einwenden, bei den
gesunden Hufen hält es Referent nicht für nothwendig; die
Trachten sollen tragen, selbst wenn sie bei hoch gehobenem
Fusse nicht das Eisen berührten, bei der Belastung senken sie
sich doch herab und mit dem Nachwachsen des Hornes wird die
dauernde Berührung mit dem Eisen bald wieder hergestellt.
Zu den Folgen der Beschlagfehler gehört ferner die lose
und die hohle Wand. Beide Hufübel haben verschiedene Ur¬
sachen. Bei der losen Wand spielen mechanische Verhältnisse
eine Hauptrolle; in der Regel rücken die Trachten unter der
schädlichen Einwirkung des Beschlages nach vorne, die Seiten¬
wände biegen sich dadurch ab und trennen sich mehr weniger
von der weissen Linie. Bei der hohlen Wand wirken Fäulniss-
erreger, vielleicht specifischer Art, ein. Sind die widerstands¬
fähigen oberen Schichten der Wand beim Beschläge zu stark
weggeraspelt, sodass die grössere weichere Schicht frei liegt, so
würde diese unter dem Einfluss des Dunges und der Jauche
mürbe und bröcklig und zerfällt allmälig in grosser Ausdehnung.
Heilung ist hier nur durch gründliche, längere Zeit fortgesetzte
Desinfection des Hufes möglich. Die Vorbeuge ist aber ein
rationeller Beschlag, bei dem die feste Schutzschicht, die Wand,
über dem Eisen vollständig erhalten bleibt.
Die Entstehung der Hornspalte, soweit es sich um Kronen¬
wandspalten bandelt, ist, wenn auch nicht immer, so doch in
manchen Fällen auf schlechten Beschlag zurückzuführen, Stollen¬
eisen, starkes Schwebenlassen der Trachtenwand, verkehrter
Tragerand der Eisen an der eingezogenen Wand, ungleich-
mässiges Beschneiden der Wände sind die Hauptfehler. Gerade
bei der Beseitigung einer Hornspalte zeigt sich die Tüchtigkeit
der Hufschmiede und event. auch des praktischen Thierarztes.
Die Behandlung der Hornspalte hat zwei wichtige Indicationen:
Beseitigung der Ursache und Erzielung eines gleichmässig auf
Wand, Sohle und Strahl wirkenden Bodendrucks.
Am Schlüsse seines Vortrages rätli der Referent besonders
den jüngeren Collegen, bei den anderweitigen Fortschritten der
thierärztlichen Wissenschaft die Kenntnisse über Hufbeschlagkunst
und Hufkrankheiten nicht zu nebensächlich, die sogenannte
schwarze Kunst nicht als ein unangenehmes Anhängsel unserer
Beruf8thätigkeit betrachten zu wollen. Der im Hufbeschlage
und in Hafkrankheiten erfahrene Thierarzt, der das Hnfmesser
geschickt führen kann, ist in der Regel auch nach anderer
Richtung hin tüchtig, vor allem auch ein geschickter Operateur.
Referate.
Aiisgebreitete Actinomycose beim Schwein.
Von K a r 1 - Karlsruhe.
(Dtich. thlerKrztl. W. 5, 98.)
Beim Schwein sind einige Fälle generalisirter Actinomycose
von H e r t w i g und K n o 11 beobachtet Bank fand die Acti¬
nomycose im Schweineeuter in 3 Monaten 52 mal; selten dagegen
ist bei den Hausthieren Actinomycose des Darms, und zwar nur
in einigen Fällen beim Rinde von Jensen beobachtet worden.
In Karlsruhe wurde nun eiu Bmonatiges anscheinend ganz ge¬
sundes Schwein geschlachtet. Bei der Oeffnung desselben zeigte
sich die linke Niere von einer grauweissen, speckigen Binde-
gewebsmasse umhüllt, welche mit einer Dicke von 3 cm bis zum
Beckeneingang reichte, und in der verschiedene nnssgrosse Abs-
cesse von verschiedener Consistenz eingelagert waren. Lenden-,
Darmbein-, Kreuzbein- und Leistendrüsen sind in eine gelblich
breiige Masse umgewandelt. In der Castrationsnarbe sass ein
kirschgrosser Abscess, ein ebenso grosser in der Spitze der
Milz, die sonst intact war. In allen diesen Abscessen waren
schon mit blossem Ange die bekannten kleinen schwefelgelben
Körnchen festzustellen, in denen die Actinomycesrasen, allerdings
meist nicht so schön keulenförmig wie beim Rinde, ansgebildet
waren. An der Anssenwand des Magens sass ein mehrere centi-
metergro8ser Knoten in der Serosa, in dessen maschigem Ge¬
webe Actinomycesrasen sich befanden. In der Darmwand sassen
im Ganzen 38 mindestens bis wallnussgrosse Actinomycome.
Meist war die Serosa über denselben verdickt und umhüllte eine
bröcklige Masse. Der Process hatte durch die Muse ilaris auf
die Mucosa übergegriffen und diese nach innen knotenartig vor¬
getrieben, ohne dass die Schleimhautobei fläche selbst erkrankt
war. Bei einzelnen Knoten war nur die Serosa ergriffen, bei
zwei anderen wiederum war der Process nach innen durch¬
gebrochen und ein actinomycotisches Geschwür entstanden. Im
Dickdarm herrschte stellenweis ein anderer Charakter vor. Hier
war die Infection nachweisbar vom Darmlumen aus nach aussen
gegangen, wobei ersichtlich die Infection durch die Follikel,
welche z. T. erbsen- bis kirschgross waren, eingedrungen war.
Die Mesenterial- und Magendrüsen sind sind z T. abscedirt.
Im grossen Netz zwei bohnengrosse Actinomycome, vier ähnliche
auf und in der Leber. Am Rande einer Lunge zwei actinomy-
cotische Anhängsel.
Karl meint aus dem Umstande, dass in der Bauchhöhle die
schwersten Veränderungen sich befanden, und zwar nicht aus
dem Innern des Darms heraus, sondern von aussen in denselben
hinein, schliessen zu dürfen, dass von der Castrationswnnde aus
das Bauchfell inficirt worden sei. Die Verschleppung der Acti-
nomyces muss mit den Lymphbahnen stattgefanden haben. Sie
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 36.
sind von der Serosa des Dünndarms ans gegen das Innere des¬
selben vorgedrungen, an zwei Stellen durcbgebrocben, und nun¬
mehr konnten sie im Dickdarm vom Darmlumen aus eine In-
fection bewirken.
Herzaffection als Nachkrankheit bei Hanl- und
Klauenseuche.
(Wochemebr. fUr Thlerhellkd und Viehzucht.)
Bei dem ungeheuren Seuchenzug der Maul- und Klauen¬
seuche hat sich dieselbe nicht allein direct als diejenige Krank¬
heit gezeigt, welche die finanziell bedeutungsvollste ist, sondern
sie hat auch eine ganze Reihe von Nachkrankheiten lierbei-
geführt. Unter diesen gelangten zur Beobachtung: Verlust der
Klauen, Geschwnrsbildungen in den Muskeln und bei der letzten
Invasion in hunderten von Fällen eine früher nur vereinzelt
beobachtete Herzerkrankung. Dieselbe bestand in einer passiven
Herzerweiterung, trat besonders bei Kühen auf und machte
dieselben oft Monate lang zu jeder Arbeit unfähig, führte zu
starker Einschränkung der Milchsecretion und unterbrach die
Mastfähigkeit. Solche Tliiere wurden bald müde, hatten struppiges
Haar, hochgradige Athembeschwerden ohne Husten, die sich bei
der Bewegung zur Dyspnoe steigerten, beiderseitig fühlbaren
schlaffen Herzschlag mit kleinem weichen Puls, hundert Schläge
in der Minute, sowie Magendarmkatarrh infolge der venösen
Stauungen. Ganz erholten sich diese Thiere nie. Bei einigen
nothgescblachteten fanden sich: der Herzmuskel blass und mürbe,
die rechte Kammerwand verdünnt und deren Raum erweitert.
Bekanntlich führt die bösartige Maul- und Klauenseuche häufig
zum Tode durch Herzlähmung und Lungenödem. — Die hier
beobachteten Fälle von Herzerkrankung dürften eine leichtere
Form der bösartigen Maul- und Klauenseuche darstellen.
Septic&emia haemorrhagica beim Rind.
Von B o s s o.
(Annall della akademia d’agrikulture dl Tnrino. Bd. 40. — Dtach th. W»clir. 59, 98.)
In der Provinz Venedig herrschte eine seuchenartige tödtliche
Krankheit unter dem Rindvieh, die weder Milzbrand noch Rinder¬
seuche war, sie trat plötzlich auf, charakterisirte sich durch zu¬
nehmende Schwäche im Hintertheil, Krümmung des Rückens,
heftiges Drängen ohne Kotabsatz, Benehmen fast wie bei einer
Geburt. Die Thiere haben offenbar heftige Schmerzen, magern
in 3—4 Tagen deutlich ab, liegen schliesslich wie gelähmt am
Boden, brüllen vor dem Tode furchtbar, bleiben aber bis zum
Ende bei Bewusstsein und sterben in 3—4 Tagen. Die Krank¬
heit trat nur in niedrigen Sumpfgegenden auf. Bosso konnte
nur Organe verendeter Thiere untersuchen. Das Herzfleisch
erwies sich als normal, zeigte jedoch unter Endo- und Epicardium
zahlreiche Blutungen. Die Milz war auf das Doppelte vergrössert;
die Nieren sehr blutreich; am nervösen Ceutralorgan nichts
Abnormes. Im Blut und in der Milz ergab die bacteriologische
Untersuchung zahlreiche ovoide Bacterien mit Einschnürung und
hellem Fleck in der Mitte, die dem Bacterium der Septicaemia
liaemorrhagica-Hüppe vollkommen glichen. Kaninchen reagirten
auf subcutane Impfungen nicht, wenn das Material direkt vom
Rinde stammte, dagegen bei Reinculturimpfungen und bei intra¬
peritonealen Impfungen stets. Der Obductionsbefund an ihnen ist
unbeständig. Weisse Mäuse sterben. In den Gefässen und
Lymphspalten der Nieren fanden sich massenhafte Microben.
Die Kerne der Endothelzellen der Capillaren in den Glomerulis
sind vermehrt, die Epithelien der Kapsel abgestossen, die Inter-
stitien zwischen den Harnkanälchen infiltrit. Eine Verwechselung
mit anderen bisher beschriebenen Nierenentzündungen (Pyelo-
Nephritis bacillosa und der von Thomassen beschriebenen
Nephritis der Kälber) hält B. für ausgeschlossen. — In einem
anderen Falle konnte er aus einem Herzstück ovoide Bacterien
mit hellem Centrum isoliren, welche ein etwas abweichendes
Verhalten zeigten, die er aber gleichwohl für identisch mit den
Bacterien der Septicaemie hält.
Modiflc&tion der Schmldt’schen Methode in der
Behandlung des Milchflebers.
Von Dr. Ettore Perdoni.
(Clinlca veteriaaria 1898 87.)
Perdoni versuchte an Stelle der etwas umständlichen In-
jection von Jodkaliumlösung in die Milchcysternen des Enters
nachstehendes Verfahren : Möglichst vollständige Entleerung des
Euters, Abwaschen desselben mit warmem Seifenwasser, nach¬
haltiges Frottiren der Milchdrüse mit 100 g einer lOproc. Jod¬
kaliumsalbe. Innerliche Verabreichung von 20 g Jodkaliuni,
gelöst in einem Gentianadekokt (50:1000 Aq.) und zwar alle
zwei Stunden % der Lösung. Sechs Kühe, welche in den ersten
zwölf Stunden der Krankheit in der angegebenen Weise be¬
handelt wurden, heilten vollkommen. Eine andere Kuh, bei
welcher nach 24 stündiger Krankheit die paralytischen Zustände
schon zu weit vorgeschritten waren, konnte durch diese Kur¬
methode nicht gerettet werden.
Festes Diphtherieheilserum.
Nachdem es gelungen ist, festes Diphtherieheilserum her¬
zustellen, hat der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten
auf Grund des Ergebnisses kommissarischer Berathungen, welche
im kaiserlichen Gesundheitsamt stattgefunden haben, sowie von
Besprechungen, welche mit Vertretern der in Preussen befindlichen
Fabrikationsstätten gepflogen worden sind, über die Prüfung und
den Vertrieb des festen Diphtherieheilserums Folgendes bestimmt:
1. Das feste Diphtherieheilsernm unterliegt ebenso wie das
flüssige der staatlichen Controle, welche in dem Kgl. Institut für
Serumforschung und Serumprüfung in Steglitz nach der für
dieses geltenden Anweisung auszuführen ist.
2. Das feste Diphtherieheilserum soll in 1 g mindestens
5000 Immunisirungseinheiten besitzen; ferner soll es gelbe durch¬
sichtige Blättchen oder ein gelblichweisses oder weisses Pulver
darstellen, welches sich in zehn Theilen Wasser zu einer in
Farbe und Aussehen dem flüssigen Serum entsprechenden
Flüssigkeit lösen muss; endlich soll es vollkommen keimfrei sein
und darf keinerlei antiseptische Zusätze oder sonstige differente
Substanzen enthalten.
Die Fläschchen sind in lichtdichter Verpackung auf¬
zubewahren und abzugeben. Jedem Fläschchen ist eine Ge¬
brauchsanweisung beizugeben, welche genaue Angaben darüber
enthält, wie die Lösung zu erfolgen hat.
3. Der Vertrieb des geprüften und plombirten Serums darf
nur in den Apotheken geschehen. Das Mittel darf von den
Apothekern an Nichtärzte nur auf schriftliche, mit Datum und
Unterschrift versehene Anweisung eines Arztes und, soweit auf
dem Recept nicht anders vorgeschrieben ist, nur in Lösung ver¬
abfolgt werdeu. Die Lösung soll mittels destillirten sterilisirten
Wassers von 1 ccm auf je 250 Immunisirungseinheiten in dem
Originalfläschchen jedesmal frisch bereitet werden; Bie soll bis
auf kleine Eiwi issflöckchen von klarem Aussehen sein und in den
Originalfläschchen abgegeben werden.
4. Der Preis des festen Diphtherieheilsernm wird bis auf
Weiteres auf höchstens 2 M. für eine Dosis von 250 und auf
höchstens 8 M. für eine solche von 1000 Immunisirungseinheiten
festgesetzt. Eine Preisermässigung für Krankenhäuser, Kassen etc.
findet bis auf Weiteres nicht statt. Dem Apotheker stehen für
die Lösung und den Vertrieb des festen Diphtherieheilserums
75 Pfennig für ein Fläschchen mit 250 und 1,25 M. für ein
solches mit 1000 Immunisirungseinheiten zu.
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8 September 1898.
BERLINER THtEKARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
429
Tagesgeschichte.
Ordentliche Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins von Schleswig im Bahnhofshotel zn Neomünster.
(Schluss.)
Zweiter Tag. Sonntag, den 10. Ootober 1897.
Um 9'/* Uhr eröffnet der Vorsitzende die von reichlich
40 Mitgliedern besuchte Versammlung mit einem Danke für das
Erscheinen.
Tagesordnung.
ad 1. Geschäftliche Mittheilungen Der Herr Vor¬
sitzende referirt, dasB die Vereinsthätigkeit für das verflossene
Jahr nicht viel geboten, dass die Mitgliederzahl wegen der Fern¬
haltung der Hamburger Thierärzte auf 86 znrückgegangen und
dass vier, nämlich die Collegeu Dr. Iwersen, Andrews,
Tallich sen. und Göttsche mit Tode abgegangen seien und
bittet das Andenken durch Erheben von den Sitzen zn ehren,
welches geschieht. Es haben sich einige Herren zur Aufnahme
in den Verein gemeldet, und zwar Herr Bo ge-Kaltenkirchen,
v. Werder-Kiel, Wessel-Wilster und J. Voliers-Lübeck; Ein¬
wendungen werden nicht erhoben und sind sie als Mitglieder zu
verzeichnen.
Um die milde Beurtheilung des durch den Druck verviel¬
fältigten Protokolls vom Voijahre wird gebeten, da sich recht
viele und erhebliche Fehler eingeschlichen hätten, die bei der
Correctnr wegen Mangel an Zeit übersehen sind.
ad 2. Rechnungslegung. Der Vorsitzende ertbeilt dem
Kassirer das Wort Die Kassenverhältnisse werden in grossen
Umrissen klargelegt, und es ergiebt sich ein Bestand von 163,22 M.
der Vereinskasse und ein solcher von 46,07 M. der Hilfskasse,
das Grundcapital der letzteren beträgt 2902,28 M., nachdem im
Vorjahre 247 M. hinzukamen. Es sind vier Unterstützungen
ä 50 M. gewährt und wird um die Einwilligung zur Gewährung
einer Unterstützung an die Schwester eines verstorbenen Collegen,
der allerdings nicht Mitglied gewesen, aber die Verhältnisse
liegen trübe, gebeten, er schlägt vor, 50 M. jährlich auf drei
Jahre. Dem Vorstande wird überlassen, das Nöthige zu besorgen.
Der Vorsitzende bemerkt zum Schlüsse, dass sämmtliche Rech¬
nungen und Bücher von den Herren Ruser und Schröder
revidirt nnd nichts zu erinnern gefunden ist, er nehme deshalb
Anlass, dem Kassenverwalter für dessen Mühewaltungen besonders
zu danken und wenn Niemand noch etwas zu erinnern habe, ge-
geschieht nicht, ertheile er im Namen des Vereins hiermit dem¬
selben Decharge.
ad 3. Berathung des neuen Statuts - Geschäfts¬
ordnungs-Entwurfs, sowie Beschlussfassung darüber. Der
Vorsitzende hebt hervor, dass allen Mitgliedern die Entwürfe im
Drucke zugegangen seien; einzelne Paragraphen, die wesentlich
seien, könnten ja berathen werden, wenn verlesen. Zu § 2 wird
bemerkt, dass anstatt des letzten Absatzes — sowie das ehemalige
Herzogthum und Fürstenthum Lübeck — einzuschieben sei. § 7
wird abgeändert und erhält die ursprüngliche Fassung wieder,
nämlich: einen Vorsitzenden, dessen Stellvertreter, einen Schrift¬
führer, dessen Stellvertreter und einen Kassirer. § 9 ist zu
theilen in der Weise, dass die ersten drei Absätze — bis „fest¬
gesetzt“ — in demselben verbleiben, der übrige Theil desselben
als neuer Paragraph— 10 — gilt; demgemäss §§ 10 und 11 die
Nummern §§ 11 und 12 erhalten. Im Uebrigen wird das ganze
Statut angenommen.
Der Herr Geh. R.-R. Petersen - Schleswig ist mittlerweile
eingetreten und wird vom Vorsitzenden begrüsst.
Die Veränderungen im Statute sind auch auf die einzelnen
Artikel der Geschäftsordnung zu übertragen. Ueber diese ent¬
spinnt sich eine lebhafte Discussion, namentlich bezüglich der
Reisekosten und Tagegelder, sowie über die Führung des Kassen¬
wesens, deshalb diese zur Erledigung wieder vorzulegen ist.
ad 4. Vorstandswahlen. Dem neuen Statute entsprechend
wird zur Wahl des Vorstandes geschritten, Zettelwahl, zum Vor¬
sitzenden wird gewählt Völlers - Altona mit 30, als dessen
Stellvertreter Struwe-Sonderburg mit 14, zum Schriftführer
Eil er-Flensburg mit 28, als dessen Stellvertreter Ruser - Kiel
mit 12 und zum Kassirer Schlüter-Kiel mit 29 Stimmen; die
Wahl wird angenommen.
ad 5. Erfahrungen über Milzbrand und mikroskopische
Demonstrationen über Färbung mittelst eines neuen Färbemittels
wird in der Weise erledigt, dass Schlüter-Kiel das Mikroskop
einstellt und Jeder sich das mit Safranin gefärbte Milzbrand¬
präparat ansehen kann.
ad 6. Praktische Uebung mit dem Embryotom vom
Thierarzt Pflanz in Canth. Herr Wessel-Wilster demonstrirt
den zur Stelle befindlichen Apparat, er hat ihn praktisch weiter
verwerthet. Masch-Wilster glaubt nicht, dass dieses Iustrument
sich einbürget n werde, er habe vielfach eine Kettensäge ge¬
braucht, die alte Form sei aber unpraktisch, indem sie zu breit
und zu flach, sich voll Haare setze und so nicht mehr functionire.
Deshalb habe er ein Gliedermesser anfertigen lassen, womit die
Haut zu durchschneiden sei, um darnach eine viel schmälere
Säge, die wie eine Holzsäge gestellt, anzuwenden und sehr leicht
zu handhaben ist. Wessel hebt zum Schlüsse hervor, dass das
Embryotom meistens unzweckmässig, zu kurz und zu schwer ist
und empfiehlt auch die Kettensäge. Der Vorsitzende schlägt vor,
die Punkte 7 und 9 von der Tagesordnung abznsetzen, womit
einverstanden und ertbeilt zu Punkt 8, fehlerhafter Hufbeschlag,
das Wort dem Corps-Rossarzt Hell-Altona.
(Der Vortrag ist unter den Originalartikeln xum Abdruck
gebracht).
Der Herr Vorsitzende dankt dem Referenten für den klaren
Vortrag und stellt denselben zur Discussion.
Fenner-Lübeck interessirt, dass der peripherische Sohlen-
theil mittragen kann, entgegen der früheren Meinung im Militär,
die Folge dieser Ansicht war, dass die Hufe zu lang gelassen
wurden nnd sich das Streichen einstellte; eine grössere Anzahl
Nägel halte auch er für zweckmässig, er warnt jedoch vor dem
Gebrauche von Torfstreu, die Zwanghuf veranlasse. Eil er fügt
diesem hinzu, dass überhaupt die Ernährung der Unterextremitäten
dadurch gestört werde. Völlers ist dagegen der Ansicht, dass
Torfstreu nicht austrocknet, dass das Ausgefälltsein zwischen
Eisen den Zwanghuf verhindere.
Koch benutzt 3 / 4 Eisen bei Steingallen, Schlüter hatNach-
theile nicht davon gesehen, wenn im Falle von Steingallen das
Eisen an den Trachten nicht anliegt. Hell erwidert, dass seine
Hinweise sich auf den Beschlag von gesunden Hufen bezögen, die
Sache läge bei vorhandenen Steingallen anders; am besten sei,
solche Thiere etwas ohne Eisen gehen zu lassen, sonst 3 / 4 - oder
halbmondförmig. Wenn der Beschlag an und für sich Uebel-
stände genug mit sich bringt, werden sie noch häufig dadurch
übertrumpft, dass durch besonders hohe Stollen ein wackelndes
Auftreten, eia Festklemmen in Rillen und Schienen, sowie das
Streichen begünstigt werde. Letzteres werde auch noch dadurch
erheblich befördert, dass der Schmied glaubt, gut zu thun, die
innere Zehenwand recht zu beschneiden, auch sind die soge¬
nannten Streicheisen meistens ohne Nutzen, weil die meisten
Pferde mit der Zehe streichen.
Hiermit wird die eigentliche Tagesordnung abgeschlossen.
Herr Fenner-Lübeck schlägt vor, ein Telegramm an den z. Zt.
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430
io Kassel tagenden Veterinärrath mit Beglückwünschung zum
guten Erfolge der Verhandlung und Gross, ebenfalls ein Tele¬
gramm an Veterinärphysikus Wedekind-Altona gelangen zu
lassen mit Gross der Versammlung und Wunsch, ihn bald wieder
genesen zu wissen von dem schweren Unfälle.
Schliesslich werden zwei Delegirte für die Centralvertretung
in den Veterinärrath gewählt, nämlich die Herren Fenner-Lübeck
und Ruser-Kiel, die unter sich losen können. Bei dieser Ge¬
legenheit bringt Fenner zur Sprache, dass die in der Geschäfts¬
ordnung festgesetzten Entschädigungen für solche Reisen zu
niedrig seien und wurde beschlossen, 12 Mark Tagegelder sowie
zweite Classe Eisenbahn zu gewähren.
F. All hier, Schriftführer.
Thierärztllche Hochschule in Hannover.
Die Hochschule ist in dem eben abgelaufenen Sommersemester
von 218 Studirenden und 22 Hospitanten, insgesammt von
240 Hörern besucht worden. Von diesen stammen 197 aus den
verschiedenen Provinzen Preussens, 41 aus den übrigen Staaten
des Deutschen Reiches, 2 ans dem Auslande. — Der Unterricht
hat durch die Einschaltung seuchenklinischer Demonstrationen
eine Erweiterung erfahren, was sich wegen der in Folge der Er¬
leichterung des Verkehrs immer mehr zunehmenden Ausbreitung
der Thierseuchen als dringlich erwies. Desgleichen ist eine Aus-
No. 36.
dehnung der praktischen Unterweisung der Studirenden in der
Fleischbeschau in Aussicht genommen. Die grosse Zahl von
Thierärzten, welche durch die fortgesetzt steigende Zahl öffent¬
licher Schlachthäuser absorbirt werden, und die bevorstehende
Einführung einer allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau im
Reiche machen diese Massnahme unerlässlich. — Die neue, Dank
der Einsicht der Staatsregierung mit allen modernen Hülfsmitteln
ausgestattete Hochschule ist ihrer Vollendung nahe und wird im
kommenden Jahre bezogen werden.
Einladung zur Herbst-General-Versammlung des Vereins Rhein-
preusslscher Tbierärzte
am Donnerstag, den 22. September er., Vormittags 11 Uhr im
Hotel Heck, Blumenstrasse 16—18 in Düsseldorf.
Tagesordnung:
1. Vereins- und Standesangelegenheiten.
2. Vortrag des Herrn Departementsthierarzt Koll-Coblenz,
Thema Vorbehalten.
3. Referat des Herrn Departementsthierarzt Dr. Lothes
über die Berathungen der Centralvertretung.
4. Mittheilungen aus der Praxis.
Aachen, den 4. September 1898.
Der Vorsitzende des Vereins
Dr. Schmidt.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für
Der Viehverkehr und die Fleischschau in Dänemark.
Von Kühnau-Hamburg.
(Schluss.)
Die Fleisch schau wirb in Odense von dem Oberthierarzt,
und zwei Thierärzten ausgeübt und hat im letzten Jahre folgendes
Ergebniss gehabt.
Uebersicht über die im Jahre 1897 untersuchten Thiere:
Ochsen
Pferde Schweine
Fette
Kälber
Magere
Kälber
Schafe
und
Lämmer
Im öffentlichen
Schlachthaus 3528
461
2446
2241
1027
3857
In der Unter¬
suchungsstation
f. eingef. frisch.
Fleisch . . . 2636'/ a
In den Export¬
214 %
3275
3526
7848
5336
schlachtereien 1770
—
64000
46
—
78
Zusammen 7934 ’/ a
675%
69721
5813
8875
9271
Hiervon ex-
portirt . . . 2591
In der Stadt
61000
46
—
78
verblieben . . 5343%
675%
5721
5767
8875
9195
Von den im öffentlichen Schlachthause geschlachteten
Thieren wurden mit Tuberculose behaftet befunden 1076
Rinder (30,5 %), 1 Pferd, 104 Schweine (4,2 %), 5 Kälber (0,1 %)
und keine Schafe. Von dem eingeführten Fleisch waren tuber-
culös 616 Rinder (23,3%), 84 Schweine (2,6%) und 12 Kälber
(0,1%). In den Exportschlachtereien wurde Tuberculose ermittelt
bei 374 Rindern (21,1%) und 2136 Schweinen (3,3%).
Von den mit Tuberculose und anderen Leiden behafteten
Thieren wurden ausser den erkrankten Organen im öffentlichen
Schlachthaus 25 Rinder, 3 Pferde, 12 Schweine und je ein fettes
Kalb, mageres Kalb und Schaf gänzlich vernichtet, 44 Rinder
und 4 Schweine wurden gekocht und 186 Rinder, 8 Pferde,
Veterinärbeamte.)
55 Schweine, 7 fette, 4 magere Kälber und 2 Lämmer mit
dem 2. Classe-Stempel versehen. Von dem eingeführten Fleisch
wurden ausser den Organen 26 Rinderviertel, 14 Pferdeviertel,
13 halbe Schweine und 6 nüchterne Kälber vernichtet. 28
Rinderviertel wurden gekocht und 836 Rinderviertel, 37 Pferde¬
viertel, 193 halbe Schweine, 31 fette, 147 nüchterne Kälber und
9 Schafe als minderwertliig abgestempelt. Von den Export¬
schlachtungen wurden ausser Organen 4 Rinder und 34 Schweine
gänzlich vernichtet, 6 Ochsen und 14 Schweine gekocht und 48
Rinder, sowie 31 Schweine mit dem 2. Classe-Stempel versehen.
Das Fleisch, welches mit dem 2. Klasse - Stempel
abgestempelt worden ist, darf zur Fabrikation von Nahrungs¬
mitteln, die ganz oder theilweise aus zertheiltem Fleische be¬
stehen und die zum Verkauf bestimmt sind, nicht verwendet
werden.
Der ganze Fleischverkehr in der Stadt Odense wird geregelt
durch die Bekanntmachung des Stadtraths über Einführung
von öffentlicher Schlachtung und Fleischcontrole in der Stadt
Odense vom 19. März 1896, und enthält dieselbe nicht nur Be¬
stimmungen über die Untersuchung und Behandlung der Fleisches
sondern auch Bestimmungen über die Einrichtung und Be¬
schaffenheit des Verkaufsstätten für frisches Fleisch und der
Wurstfabriken.
Ausser in Odense, habe ich noch in Slagelse anf Seeland
eine Genossenschaftsschlachterei besichtigt. Diese unter
Leitungvon Director Jacobsen arbeitende Exportschlachterei
„Dana“ ist von kleineren Dimensionen, aber ausserordentlich
praktisch und meisterhaft angelegt. Bei der Besichtigung betritt
man zunächst den Sch lach träum, in dem vier Rinder zu¬
gleich bearbeitet werden können. Sind diese hochgewunden,
ausgeweidet und durchgespalten, werden sie in den Hänge-
raum geschoben, der sich hinter dem Schlachtraura befindet.
Derselbe ist an beiden Seiten mit Holzjalousien ausgestattet, so-
dass frische Luft imunterbrochen hindurchströmen kann. An¬
gegliedert an die Rinderschlachterei befindet sich eine Schweine-
Schlachterei und neuerbaute Wnrstfabrik. Bei der Aus-
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8. September 1898.
BEHLINEU THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
431
Schlachtung: der Thiere wird die Fleisch sch au durch einen
regierungsseitig bestellten Thierarzt wahrgenommen. Die
Schlachterei besitzt eine eigene Schweine- und Bullen¬
mästerei, ausserdem werden die Thiere zum Schlachten an-
gekanft. An dem Besuchstage sah ich ausgesucht schönes Vieh
schlachten. In der Bullenmästerei waren zur Zeit 200 see¬
ländische Bullen zur Mast aufgestellt, darunder recht wohl¬
gebildete Exemplare. In der Mästerei sah ich auch eine Anzahl
castrirter Küche, und erklärte mir der führende Thierarzt, Herr
Möller, dass die Castration der Kühe in Dänemark recht
oft ansgeführt wird und hinsichtlich der Verlängerung der
Lactationsperiode recht beachtenswerthe Resultate ergeben hat.
Die Castration erfolgt von der Scheide aus mittelst des
Ecraseurs. Die grosse Anzahl der Bullen in Dänemark
erklärt sich aus der isolirten Lage der einzelnen Gehöfte. Die
Schlachterei vertreibt ihr Fleisch nach England und Deutsch¬
land, namentlich nach Hamburg, und ist hier die Marke „Dana“
ein gesuchter Artikel. Die Abfälle gehen ebenfalls nach
Deutschland oder England oder werden in den Schweine¬
mästereien aufgefüttert. Die Art und Weise des Betriebes liefert
so recht ein Beispiel, wie die Dänen trotz der vielen Schwierig¬
keiten gelernt haben, ihren Viehüberschuss zu verwerthen.
Von Slagelse wandte ich mich nach Kopenhagen, stattete
dort der thierärztlichen Hochschule unter Führung von Prof.
Dr. Bang einen Besuch ab, und besichtigte den Viehmarkt,
Schlachthof und Fleischmarkt. Die Kopenhagener Hoch¬
schule ist als Musterinstitut bekannt, und hat die Regierung
diese Anstalt zum Nutzen des Landes recht opulent ans-
gestattet.
Auf dem Viehmarkt fand ich das dänische Vieh in allen
seinen Schlägen und Kreuzungen vertreten und wurde auch hier
viel Vieh, besonders von einer Berliner Firma zum Export an¬
gekauft. Frappirend wirkte auf dem Viehmarkt der colossale
Antrieb von Lämmern. Es mochten an dem Tage wohl 2000
Stück aufgetrieben sein. Die Dänen sowohl wie die Kopen¬
hagener im Besonderen haben eine Vorliebe für junges Schlacht¬
vieh und sieht man in den Schlächterläden neben den Lämmern
auch viele junge l'/ 2 - bis 2-jährige Rinder. Die dänische Fleisch¬
speisen sind denn auch von einer Zartheit, wie man sie sonst
recht selten nur findet.
Der Schlachthof ist älteren Datums und weist eine ganze
Reihe von Anbauten auf. In der Einrichtung weicht er nicht
wesentlich von dem bekannten Typus der deutschen Schlacht¬
höfe, die mit Hallensystem ausgestattet sind, ab. Die Fleisch¬
schau steht unter Leitung eines Oberthierarztes und sieht man
auch hier Fleisch, welches mit 1. Classe-Stempel, und solches,
welches mit 2. Classe-Stempel versehen ist. Das eingeführte
Fleisch zeigt wieder verschieden geformte Stempel und ver¬
schiedene Stempelfarbe. Auffallend in den Schlachthallen waren
mir lose Hakengestelle für die Organe, die je nach Bedarf
benutzt werden können.
Am Fleischmarkt sieht man ausserordentlich viel in ge¬
schlachtetem Zustande eingeführte Schweine, die vielfach, von
der Grösse unserer Blockschweine, doch zu dem billigen Preise
von 35 Oere pro Pfund verkauft wurden.
Nachdem noch Malmoe in Schweden und das dänische Bad
Clampenborg besucht worden war, ging’s wieder über Korsoer-
Kiel nach Deutschland, und kann ich am Schlüsse meines Be¬
richts nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dass die Dänen
trotz der Schwierigkeiten, welche ihnen immer wieder in den
Weg geworfen sind, es verstanden haben, sich den veränderten
Verhältnissen anzupassen. Sie haben eine Verwertlmng ihres
Viehüberschusses ermöglicht, haben eine blühende Fleischindustrie
ins Leben gerufen, unterstützt dabei durch weise Massnahme
der Regierung, die bestrebt gewesen ist, durch Einführung der
Fleischschau für das zum Export gelangende frische Fleisch
die Einwände gegen die Einfuhr von dänischem Fleisch zu ent¬
kräften und den Absatz von Fleisch nach dem Auslande zu
sichern.
Seuchenstatistik und Yeteriniirpolizei.
Thierseuchen in Deutschland im I. Quartal 1898.
Staaten
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—
77
Brandenburg . . .
115
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108
3
10, 19
43
—
—
71
Pommern.
8
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7
—
1
3
—
—
77
Posen .
254
60 342 42
60
2
13
—
—
—
77
Schlesien .
183
27 506jl60
240
8
19
3
30
—
—
71
Sachsen .
234
66 017, 49
76
2
5
20
64
27
2 979
77
Schleswig . . . .
6
320; 8
14
—
18
88
—
—
77
Hannover.
47
6 6.35 22
50
16
56
50
1 971
>7
Westfalen . . . .
60
1 898,' 48
74
—
—
9
11
41
2 715
77
Hessen .
112
6 689 30
31
—
—
46
312
42
2 778
71
Rheinprovinz . . .
298
14 242:109
127
—
—
20
46
153
77
Hohenzollern . ■
4,
331 5
6
—
5
29
—
Preussen zusammen
Bayern . . .
Sachsen . .
Württemberg
Baden . . ,
Hessen . . .
Mecklenburg-Schwerin
Sachsen-Weimar .
Mecklenburg-Strelitz
Oldenburg . . .
Braunschweig . .
Sachsen-Meiningen
Sachsen-Alten bürg
Sachsen-Coburg-Gotha
Anhalt.
Schwarzburg-Sondersh.
Schwarzburg- Rudolstadt
Waldeck . . .
Reuss ä. L. . .
ReuSB j. L. . .
Schaumburg-Lippe
Lippe ....
Lübeck ....
Bremen . . .
Hamburg . . .
Elsass-Lothringcn
1413232963592
690, 44 604 53|
57; 5805! 89,
3491 26 398 48|
103 3 946 18
C2, 4 202| 21
937 j - 1
2 431 26
944j -
530 1
3 280 23
356 1
305' 16j
2 4911 2
3 113: 12|
844 17
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189o! 1
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|2994340 296935!1222 20114445,2252*)! 292)
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10 442
282
598
632
14
i: 350
122
16463
') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬
findlichen Bestände umfassten 165 529 Rinder, 126 643 Schafe,
lö^Ziegen, 46436 Schweine. Davon kamen auf Preussen 94 934 Rinder,
108635 Schafe, 807 Ziegen, 28 587 Schweine.
*) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 36 Pferde,
1091 Kinder. 71 Schafe, 22 Schweine, 2 Ziegen. Auf Preussen kamen
34 Pferde, 725 Rinder, 63 Schafe, 21 Schweine und 1 Ziege.
*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 30 Gemeinden (da¬
von 21 in Preussen, 4 in Bayern, 2 in Württemberg und je 1 in Sachsen,
Sachsen-Weimar und Braunschweig). Am Schluss des Quartals blieben
verseucht 25 Gemeinden (davon i9 in Preussen, 4 in Württemberg,
je 1 in Sachsen und Braunschweig).
*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch
des Besitzers getödtete Thiere.
*) In einem vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenherd.
•) Davon 2084 Rinder, 168 Pferde (in PreusBen 716 Rinder,
49 Pferde.
7 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden
blieben betroffen am Quartalsschluss 221 (davon 127 in Preussen,
23 in Bayern, 17 in Braunschweig, 11 in Württemberg, 10 in Baden,
8 in Sachsen-Coburg-Gotha, 7 in Sachsen-Weimar, 5 in Mecklenburg-
Schwerin je 4 in Oldenburg und Elsass-Lothringen.) 3 in Hessen, je 1
in Reuss ä. L. und Lippe).
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432
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
An Ranschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten: |
Preussen (Reg.-Bez. Königsberg, Danzig, Erfurt, Schleswig,
Hannover, Stade, Aurich, Münster, Minden, Arnsberg, Kassel,
Wiesbaden, Coblenz, Düsseldorf, Aachen, Sigmaringen) 65 Rinder,
— Schafe, — Pferde (davon 14 im Reg.-Bez. Münster, 9 im Reg.-
Bez. Düsseldorf, 8 im Reg.-Bez. Aachen, je 5 in den Reg.-Bez.
Schleswig, Coblenz, Sigmaringen, 4 im Reg.-Bez. Arnsberg, je 3 in
den Reg.-Bez. Aurich, Cassel, Wiesbaden, 2 im Reg.-Bez. Erfurt,
je 1 in den Reg.-Bez. Königsberg, Hannover, Stade, Minden),
Bayern 37 Rinder, Baden 13 Rinder, Württemberg 8 Rinder,
Hessen 6 Rinder und 5 Schafe. Elsass-Lothringen 4 Rinder,
Sachsen und Sachsen-Meiningen je 1 Rind.
Von der Tollwuth wurden betroffen in 6 Staaten 280 Ge¬
meinden, und zwar in Preussen 247 (davon in Schlesien 80,
Ostpreussen 59, Westpreussen 39, Posen 38, Pommern 20,
Brandenburg 5, Sachsen 4, Westfalen 2), in Sachsen 28, in
Reuss ä. L. 2, in Württemberg, Sachsen-Altenburg und Reuss j.L.
je 1. Getödtet wurden im Ganzen 248 Hunde, 4 Pferde, 12 Rinder,
2 Schweine, 2 Katzen, ausserdem 648 ansteckungsverdächtige
Hunde, 23 Katzen und 89 herrenlose, wuthverdächtige Hunde,
zusammen 1026 Thiere.
Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor.
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Stettin, Stralsund,
Magdeburg und Merseburg. In Magdeburg waren verseucht,
6 Gemeinden, neu betroffen wurden 10, es blieben verseucht 9.
In Merseburg, Stettin und Stralsund waren je 1 Gemeinde ver¬
seucht, es blieben verseucht je 1 Gemeinde in Stettin und i
No. 30
Stralsund, in Merseburg wurde 1 Gemeinde neu betroffen, es
blieben verseucht 2. In Sachsen war verseucht 1 Gemeinde in
Zwickau, neu betroffen wurde keine, in Zwickau erlosch die
Seuche im Berichtsquartal.
Die Pferderäude befiel 208 Pferde und 1 Esel. Von dieser
Zahl fallen auf Preussen 180 Pferde und 1 Esel, auf Bayern
12 Pferde, auf Anhalt 7, auf Württemberg 6 und auf
Sachsen 3.
An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in
folgenden Staaten: Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Mecklen¬
burg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt,
Reuss j. L. und Hamburg 2362 Schweine, davon sind gefaUen
oder getödtet 1854 Schweine, auf Preussen kommen 2202 erkrankte
und 1733 verloren gegangene. Verluste durch Geflügelcholera
sind nur aus Preussen und Hamburg berichtet worden. In
Preussen erkrankten 2190 Hühner, 144 Gänse, 116 Enten, 225
Tauben und 106 andere Geflügelarten, hiervon sind gefallen oder
getödtet 2094 Hühner, 138 Gänse, 107 Enten, 195 Tauben und
99 andere Geflügelarten, zusammen 2633 Vögel. In Hamburg er¬
krankten 3 Hühner, welche der Seuche erlagen.
Das Auftreten der Rothlaufseuche wird aus folgenden
Staaten angegeben: Preussen, Sachsen, Baden, Hessen, Mecklen¬
burg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, Anhalt,
Reuss j. L., Lübeck und Elsass-Lothringen. Als erkrankt
wurden gemeldet: 1692 Schweine, davon allein in Preussen 1590,
gefallen oder getödtet sind im Ganzen 1593 Schweine, davon
1499 in Preussen.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem ordentlichen Honorar-Professor in der
medizinischen Facultät der Universität Göttingen, Dr. Esser ist
der Character als Geheimer Medizinalrath, dem Geheimrath
Dr. D a m m a n n das Ehrenkreuz 3. Klasse des lippeschen Haus-
ordens und ‘dem Landstallmeister Dr. Grabensee der kgl. bayer.
Michaelordcn 3. Klasse verliehen worden.
Ernennunsen: Zum Kreisthierarzt: Thierarzt Albert
E gg e 1 i n g - Wernigerode für den Kreis Randow mit Amtssitz in
Stettin.
Zum Districtsthierarzt: Thierarzt Haus Gutbrod-
München in Mitterfels (Niederbayern). — Thierarzt D i m pf 1-Nürnberg
und Militär-Veterinär a. D. K u c h t n e r-Landshut zu Vorstehern
der Hufbeschlagschulen in Nürnberg bezw. Landshut.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Karl Gasteiger -Pfaffenhofen nach Erding (Oberbayern),
Thierarzt M a h i r • München nach Egling, Thierarzt Marder- Zinten
nach Römhild. — Thierarzt Freiberger hat sich in Oberstdorf,
Thierarzt Wu n d e r- Bamberg in Weyhern (Oberbayern) —- nieder¬
gelassen.
In der Armee: Bayern: Befördert zu Veterinären im activen
Heere die Unterveterinäre Georg Costa im 2. schweren Reiter-Rgt.
und Emil R o s s m U 11 e r im 1. Ul.-Rgt.
Veterinär* K u c h t n e r im 1. Feld-Art.-Rgt. auf seinen Antrag
mit Pension in den Ruhestand versetzt
Yacanzen.
Krelsthierarz(stellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Danzig: Elbing. Bew. bis 22. Sept. — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B
Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October.— R.-B. Marien¬
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Clevo. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil). —
R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun.
Sanitätsthierarztstellen :a)NeuausgeschriebeneStellen :
Elbing: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew.an Magistrat. 1
— Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde filr städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatsteilen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit-
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt (nicht selbst dispensirend). Auskunft Apotheker
Fr. Krüger. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. — D ass o w
(Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — Eddelak (Holstein): Thierarzt
Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Thierarzt
Auskunft Stadtgeraeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt (800 M.
Fixum). Bewerb, an Bürgermeister. — Ke mb erg: Thierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Moringen:
Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). — Neukirch
Ostpr.): Auskunft Adler-Apotheke. — Nüsse bei Mölln i. L. —
Obermarschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin):
Thierarzt Auskunft L. Bosselmann in Gr. - Nienhagen bei Gerds¬
hagen (Mecklenburg - Schwerin), und Thierarzt Ha liier-Rostock.
— Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat —
Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.).
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — S c h ö n fl i e b s (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimsthal. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren auB einzu¬
führender Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt 4 -
daselbst.
Besetzt: Kreisthierarztstelle Hofgeismar.
Obwohl die vorige Nummer der B. T. W. am Donnerstag
wie gewöhnlich zur Post gegeben wurde, ist nur ein Theil der
Kreuzbandsendungen an diesem Tage abgestempelt und expedirt
worden. Der andere Theil der Sendungen trägt den Stempel
Freitag zwischen 10—11 Uhr expedirt.
Ich habe bereits wegen dieser verspäteten Expedition bei
der Kaiserl. Ober-Post-Direction Beschwerde erhoben.
Richard Schoetz.
Verantwortlich fUr den Inhalt (ezcl. Inieratentheil} Prof. Dr. Schmaltt in Berlin. — Verla« und Eigenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOzenzteln. Berlin.
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wöcbentUch m atirke von minde.ten. l 1 /, Bogen. Dieselbe
lat an . ur P,“ den Bnchhandel, die Poat (No. 1031)
oder durch Qie Verlag.buchhandlung von Richard
Schoetx, Benin Nw^ Luiaenatraaae 36, »um Preise von
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gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 37 . Ausgegeben am 15. September.
Inhalt: Sohultz: Vereidete Impfbeamte des Kreises Schlüchtern — Lellmann: Ein Fall von multipler Scle-
rose des Gehirns und Rückenmarks bei einem Hunde. — Stletenroth : Zur Schraidt-Koldingschen
Behandlungsmethode des Kalbefiebers. — Referate : Sauer: Zur Behandlung der Gebärparese. — Fröhner:
Tödtlicbe Myositis parenchymatosa in Folge Abwerfens beim Pferd. — Olt: Strongylus paradoxus in der Schweinelunge.—
Weidmann: Silber als äusseres und inneres Antisepticum. — Scarpinato: Ueber die Wirkung der Purgantien von der
Hautaus. — Schmidt: Didymchlorid als Desinfectionsmittel. — Normann: Dürfen wir aus den Reactionen niederer Thiere auf das
Vorhandensein von Schmerzemptindungen schliessen. — Kleine Mittheilungen. —Thierhaltung und Thierzucht. —
Tagesgeschichte: DasCominunalbeamtengesetz. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchen¬
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Gerichtsentscheidung in Gebührensachen. — Bücher¬
anzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen.
Vereidete Impf beamte des Kreises Schlüchtern.
Von
Sohultz-Schlüchtern,
commias. Kreisthierarzt.
Um die Kritik des Herrn Collegen Kalteyer-Eschwege
(No. 30 der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift 1898) nicht
zn lange unbeantwortet zu lassen, will ich heute bereits referiren,
wie sich die Einrichtung des Systems der Impfgehilfen im Kreis
Schlüchtern bewährt hat.
Beabsichtigt war die Heranbildung and Benutzung von
Impfgehilfen zur Tuberculininjection, sowie zur Lorenz'schen
Impfnng gegen Schweinerothlauf. Die Letztere wurde sofort —
schon vor Erscheinen meiner Bekanntgabe in No. 24 der Berliner
Thierärztlichen Wochenschrift, die sich verspätet hatte — fallen
gelassen, die Gründe pro et contra bedürfen also keiner Er¬
wähnung mehr. Dagegen hat sich das Institut der Impfgehilfen
bei der Tuberculinimpfung bis jetzt bewährt. Eine Wiedergabe
der ganzen Dienstanweisung für diese Impfbeamten, die vom
Landrathe als Vorsitzenden des Kreisansschnsses und dem Kreis¬
thierarzte erlassen ist, würde zu weit führen. Es genügt zu
bemerken, dass die sämmtlichen Impfgehilfen ans der Zahl der
Trichinen- resp. Fleischschauer entnommen und vom Kreisthier¬
arzte in dem Gebrauche des Thermometers und in der Impf¬
technik eingehend unterrichtet und geprüft wurden. Die Impf-
gehilfen haben die Messungen der Vortemperatnr sowie die
Tabercolin-Injection selbstständig zu besorgen, die Abnahme der
Nachtemperatur und die Beurtheilung derselben bleibt dem Kreis¬
thierarzt Vorbehalten, durch den allein anch der Impfstoff bezogen
wird. Eine Impfung ohne Mitwirkung des Kreisthierarztes ist
also ansgeschlossen. Die Dienstanweisung enthält noch die
Höchsttemperatur, bei der überhaupt geimpft werden darf, die
Form der durch die Impfgehilfen zu führenden Tabellen u. s. w.
Ich kann bis jetzt mittheilen, nachdem die Einrichtung in
nnserem Kreise seit 1. Februar dieses Jahre besteht:
1. Die Impfgehilfen haben bis jetzt zur vollen Zufrieden¬
heit gearbeitet. Ihre Aufzeichnungen, die ich mehrmals
controllirte, waren augenscheinlich richtig und das anf Grund
ihrer Vorarbeiten von mir ermittelte Resultat kann ich inso¬
fern ein zuverlässiges nennen, als es bereits öftere Male durch
das Schlachtresultat bestätigt wnrde.
2. Die Impfgebilfen haben sich geradezu als Agenten in
der Propaganda für die Tuberculinimpfung erwiesen.
Es sind mehr denn hundert Thiere bereits geimpft resp. zur
Impfung nach Vollendung der Erntearbeit angemeldet und zwar
durch Vermittelung der Impfbeamten.
Weiteres kann für die kurze Zeit seit 1. Februar dieses
Jahres nicht erwartet werden.
Bemerken will ich hier, dass die im Kreise Schlüchtern
obligatorische Tuberculinimpfung der Zuchtbullen vor deren
Körung dem Kreisthierarzte völlig Vorbehalten ist.
Ich habe schon früher erwähnt, dass die Impfresultate vor¬
läufig im Grossen nnr statistischen Werth haben; das ist jeden¬
falls schon an und für sich werthvoll; jedoch werden, falls die
geimpften Thiere der Kreisviehcasse angehören, diejenigen, die
Reaction zeigen, znm Schlachten gebracht, und dasselbe thnt
auch der Nicht-Versicherte in vielen Fällen, wenn auch nicht
allgemein. Die Ausbildung von Impfgehilfen aber geschah, eines-
theijs um Stimmung für das Impfen zu machen, anderntheils um,
sobald die vom Veterinärrathe und der Landwirtschaft verlangte
allgemeine Tuberculoseimpfung in Angriff genommen werden soll,
die nöthigen, geschulten Hilfskräfte zur Verfügung zu haben,
j und nicht zuletzt, um anch das Verfahren billiger gestalten zu
können. Die Notwendigkeit und Möglichkeit der Verwendung
von zn unterrichtenden Laien beim Impfgeschäfte hat in der
letzten Sitzung des Veterinärrates in Cassel, in der ich zugegen
war, Herr Hans Edler zu Putlitz betont und sie blieb nicht nur
unwidersprochen, sondern erhielt in der Discnssion von Peters-
Bromberg geradezu Unterstützung. Ueber das Wie lässt sich
ja reden, nnr nicht im Tone des Herrn Collegen Kalteyer.
Das wird wohl zunächst von den Verhältnissen in jedem einzelnen
Kreise abhängen, and ich glaube, dass man die Vormessnng und
Impfnng selbst recht wohl Leuten anvertrauen kann, denen viel
Schwierigeres und viel Wichtigeres anvertraut ist, nämlich der
Schutz der menschlichen Gesundheit vor trichinösem oder sonst¬
wie verdorbenem, gesundheitsschädlichem Fleische.
Man wird zugeben müssen, dass man diesen Leuten das
Zutrauen schenken darf, dass sie das eine Amt so gewissenhaft
verwalten als das andere.
Es handelt sich also nur um die Frage, ob die Handhabung
des Thermometers eine so schwierige ist, dass man das Ablesen
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434
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37.
desselben einen Trichinensebaner nicht lehren kann und ob
die Technik der Injection eine so difflcile ist, dass sie ein Laie
nicht exact ausführen kann, denn um Weiteres als diese mecha¬
nischen Hilfeleistungen, durch die gleichwohl mehrfache Besuche
des Thierarztes erspart werden, handelt es sich absolut nicht;
die Beurtheilung resp. Abnahme der Reactionstemperatur, die
Beurtheilung des klinischen Zustandes im Vergleich zu den
gewonnenen Thermometerresultaten, die eventuelle Anordnung
und Durchführung von Tilgungsmassregeln bleibt völlig Sache
des Thierarztes. — Collegen gegenüber, die alle ja selbst Sach¬
verständige sind, brauche ich das Folgende nicht erst zu docu-
mentiren, aber auch in Laienkreisen hat die Berliner Thierärzt¬
liche Wochenschrift ihre Leser, und desshalb sei es gesagt: Das
richtige Einlegen und nachherige Ablesen eines Maximalthermo¬
meters ist um keinen Deut schwieriger zu erlernen, als seine
Taschenuhr aufzuziehen und richtig lesen zu können.
Dass der Impfgehilfe das mechanische Zurückschleudern der
Quecksilbersäule vor oder nach jedem Gebrauche fertig bringt,
wird wohl Niemand bezweifeln; dass bei einer gefundenen
Temperatur über 39,5° C. vom Impfen Abstand genommen
wird, ist eine Vorschrift, die ausser dem richtigen Ablesen des
Thermometers weiter keine Kenntnisse voraussetzt.
Und nun das Impfen selbst. Die Technik ist so einfach,
dass meine Impfgehilfen ohne Ausnahme sowohl das Einstethen
der Hohlnadel unter die Haut als auch das Füllen der Spritze
mit Tuberculin und Entleeren derselben durch die Hohlnadel in
das Unterhantbindegewebe schon bei der ersten Probe völlig zu¬
friedenstellend ausführten. i
Man bedenke doch nur, dass das Tuberculin in der Dosis
von 0,5 Gramm mit 4,5 Gramm J$proc. Carbolwasser verdünnt,
von den Apotheken der thierärztlichen Hochschulen fix und fertig
geliefert wird und dass die Injectionsspritze gerade diese Quan¬
tität von 5 Gramm Flüssigkeit aufzunehmen im Stande ist, und
man muss sich sagen, ein Fehlgriff in der Quantität der einzu¬
spritzenden Flüssigkeit ist ausgeschlossen.
Wer übrigens sich das sehr empfehlenswerthe Büchlein von
Dr. A. Eber „Tuberculinprobe etc. beim Rinde“ Berlin, Patey,
1898, einmal angesehen hat, kann auf Seite 11 finden, dass selbst
die zehnfache Dosis Tuberculin den Rindern nichts schadete.
Und sollte durch Unvorsichtigkeit von dem Tuberculin elwas
verschüttet werden, so hat dies ausser dem Verluste des Tuber-
culins nichts zu bedeuten, denn das Tuberculin enthält ja keine
Lebewesen mehr, die eine Vermehrung herbeiführen könnten.
r
Es wäre noch die so sehr betonte Desinfection zu betrachten.
Den Impfgehilfen wird Reinigen der Hände und Desinficirung
der Nadel und Spritze sofort nach dem Gebrauche durch Aus¬
spülen resp. Ausspritzen derselben mit Alkohol und Nachspülen
mit Brunnenwasser zur Pflicht gemacht und von diesen auch
befolgt.
Weiteres, wie Abscheeren der Haare, Desinfection der Haut,
ist völlig entbehrlich. Ich verweise wiederum auf die Broschüre
von Dr. A. Eber, Seite 9 und 10, indem ich hinzufüge, dass ich
bei mehr als 200 von mir ohne vorherige Präparation der In-
jectionsstelle geimpfter Rinder niemals einen Abscess oder gar
Phlegmone entstehen sah. Es leuchtet dies aber auch sofort ein,
wenn man bedenkt, dass der Impfstoff ja nicht verunreinigt,
sondern selbst deBinficirt, da er mit der neunfachen Menge
Carbolwasser verdünnt ist. Das Res um 6 dieser Betrachtung
lautet:
1. Wir brauchen bei umfangreicheren Tuberculinimpfungen
Laienhilfe, da die Zahl der Thierärzte nicht ausreicht und die
Kosten sich erheblich verringern.
2. Es ist völlig unbedenklich, die Vormessungen und die
Impfung selbst dazu ausgebildeten Laien zu übertragen, wodurch
die grössere Hälfte der Arbeit dem Thierarzte von den Schultern
genommen wird. Die Vorkenntnisse sind derart einfache, dass
überall Leute zu finden sind, die genügend Intelligenz zur Er¬
lernung derselben besitzen.
3. Die Laiengehilfen bringen die Tuberculinimpfung keines¬
wegs in Misscredit, sie können vielmehr geradezu als Agenten
für die Impfung bezeichnet werden, die der allgemeinen Ein¬
führung der Tuberculinimpfung, die doch die erste Etappe des
Tuberculosetilgungsverfahrens bildet, die Bahn ebnen.
Da ich das hier Ausgeführte nur stets wiederholen könnte,
so werden spätere Mittheilungen sich nur noch auf die Zahl der
vorgenommenen Impfungen, den Procentsatz der reagirenden
Thiere und die zur Tilgung getroffenen Massnahmen beschränken.
Herr College Kalteyer muss sehr schlechte Erfahrungen in
seinem Kreise gemacht haben. Ich kann demgegenüber nur
constatiren, dass durch Ausbildung der öffentlichen Trichinen-
und Fleischbeschauer im Kreise Schlüchtern die Zahl der Kur¬
pfuscher nicht vermehrt, sondern eher vermindert ist; ich glaube
sogar die Beobachtung gemacht zu haben, dass, je mehr Laien
über die physiologischen Vorgänge im Thierkörper wirklich
unterrichtet werden, um so mehr die Neigung in der Laien¬
bevölkerung, sich an Kurpfuscher zu wenden, abnimmt. — Dem
sei aber wie ihm wolle. Wer den Kampf gegen die Tuberculose
ernstlich will, der kommt an der Verwendung von Laiengehilfen
nicht vorüber, was wohl allgemein anerkannt ist. Da nun bei
der rapiden Vermehrung der Tuberculose unter dem werthvollen
Viehstand meines Kreises der Kampf nothwendig aufgenommen
werden musste, so war die Ausbildung von Gehilfen für mich
einfach ein Gebot der Noth und keineswegs ein Act blos freier
EntsChliessung. Hätte ich wirklich nach-dem WiHen fies Herrn
Collegen Kalteyer aus Vorurtheil oder einseitigem Standes¬
interesse abgelehnt, so würde der landwirtschaftliche Kreisverein
längst einen Arzt gewonnen haben, der die Ausbildung von
Impfern übernommen hätte, da gesetzliche Hindernissgründe be¬
kanntlich nicht entgegenstehen. Ich habe statt dessen alle ein¬
seitigen Bedenken fallen lassen und den Versuch gewagt. Der¬
selbe ist nach den bisher vorliegenden Erfahrungen gelungen,
und ich habe, was mir im thierärztlichen Interesse besonders
wichtig erscheint, die Sache in der Hand behalten, deren Leitung
mir sonst entfallen wäre. Ich glaube deshalb, dass Herr College
Kalteyer durch seine entgegengesetzten, etwas voreiligen Vor¬
schläge gerade dem thierärztlichen Interesse recht wenig ge¬
dient bat.
Zum Schlüsse möchte ich die Gegenfrage an den Herrn
Collegen richten:
War es wirklich opportun, Herr College, in einem Augen¬
blick, wo die Reicksregierung damit umgeht, das Institut der
obligatorischen Trichinen- und Fleischbeschau, wie es in der Provinz
Hessen-Nassau seit länger als 10 Jahren mit Erfolg besteht, im
Reich allgemein einzuführen und damit die Heranbildung un¬
gezählter Laienhilfskräfte in die Wege zu leiten — allen diesen
zukünftigen Hilfskräften des Medicinaldienstes den Vorwurf
„Pfuscher“ im Voraus an den Kopi zu schleudern? Wollten Sie
diese Hilfskräfte im Voraus in der öffentlichen Meinung dis-
creditiren? Oder etwa nur die Hochachtung vor unserem Stande
in der Laienwelt durch Ihre absprechenden Aeusserungen ver¬
mehren? Beides wird Ihnen nicht gelungen sein. Zum Trichinen-
und Fleischbeschauer sowie zum Impfer gehört nicht grosses
Fachstudium, sondern ein tüchtiger Lehrmeister und strenge
Gewissenhaftigkeit, und ich kann nicht einsehen, warum
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15. September 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
435
diese Eigenschaft bei Laien seltener sein sollte als bei Tbier-
ärzten. Wir mQssen uns nur gegenwärtig halten, dass hier,
wie so häufig, das Beste eben der Feind des Guten ist.
Ein Fall von multipler Sclerose des Gehirns und
Rückenmarks bei einem Hunde.
Von
Wllfred Lellmann.
Dr. mod. ve*. ProfeMor at New York College of Veterlaary Sargeona.
Wenn ich diesen Fall der Oeffentlichkeit übergebe, so geschieht
es allerdings mit einer gewissen Zurückhaltung, da ich leider
trotz grössester Bemühung den hier in Frage stehenden Hund
zum Zwecke einer Obduction nicht erhalten konnte, nicht für
Geld und gute Worte. Da es sich aber um einen äusserst
interessanten Fall von Lähmung handelt, so kann ich nicht umhin,
denselben zu veröffentlichen. Die Diagnose, welche ich in diesem
Falle gestellt, mag vielleicht bei Diesem oder Jenem nicht vollen
Anklang finden; indess gemäss einer gründlichen Untersuchung
und einer genauen Anamnese scheint mir über die Diagnose dieses
Falles kaum ein Zweifel zu bestehen. Im September vorigen
Jahres wurde ich gebeten, einen Mopshund zu untersuchen, der
nach Aussage der Besitzerin im Verlaufe eines halben Jahres
allmälig gelähmt worden sei. Auf genaues Befragen erfuhr ich
von der Besitzerin des Thieres etwa Folgendes:
Das Erste, was sie bemerkt, vor circa einem halben Jahre
sei ein zeitweise sehr starkes Zittern in den Extremitäten ge¬
wesen; allmälig hätten sich schwankende Bewegungen in den
Hinterextremitäten bemerkbar gemacht, bis schliesslich Lähmung
eingetreten sei; die Vorderextremitäten seien auch schwächer ge¬
worden. hauptsächlich aber die rechte. Der Hund, welcher gut
dressirt sei und manche Kunststücke früher gemacht habe, schien
alle bis auf eines völlig vergessen zu haben. Der Besitzerin
war ferner aufgefallen, dass der Hund sehr schlecht sehen könne.
Der Appetit sei bis vor Kurzem gut gewesen. Ferner fügte die
Besitzerin hinzu, komme ihr das Gesicht des Thieres verstellt
vor. Der Hund habe in letzter Zeit fast nur flüssige Nahrung
zu sich genommen und es habe der Besitzerin geschienen, als ob
er nicht so gut mehr habe schlucken können. Auf Befragen, wie
es sich mit dem Stuhlgänge und Urin verhalte, versicherte mir
die Dame, dass sie keine Störungen so weit bemerkt habe.
Meine Untersuchung ergab folgendes Resultat: Männlicher
Mopshund, ca. 6 Jahre alt, übermässig stark genährt, Haarkleid
matt glänzend, die sichtbaren Schleimhäute erscheinen anaemisch.
Der Puls ist klein, unregelmässig und ca. 100 mal per Minute
fühlbar, an den beiden Brachialarterien gefühlt, erscheint er nicht
gleichzeitig. Temperatur per rectum gemessen, beträgt 102° F.
Der Herzstoss erscheint abgeschwächt und ist nur an der
linken Seite des Thorax schwach tühlbar. Percussion der Herz¬
gegend ergiebt vergrösserte Dämpfungslinien. Bei der Aus-
cultation hört man den ersten Herzton ziemlich deutlich, während
der zweite erheblich geschwächt, kaum hörbar und verändert er¬
scheint Fast gleichzeitig mit der Diastole des Herzens lässt sich
ein schwaches abnormes Geräusch wahrnehmen. Nach dem Befunde
der Herzuntersuchung konnte es sich nur um eine Insnfficienz
der Semilunarklappen oder um eine Erweiterung der Aorta
ascendens handeln oder um eine Combination beider. Ferner
war auch wohl eine Dilatation des linken Ventrikels mit ziem¬
licher Sicherheit anzunehmen.
Percussion der Thoraxwandungen ergab ausser der ver-
grÖ88erten Herzdämpfung nichts Abnormes. Auscultation der
Lungen ergab trockene bronchiale Rasselgeräusche. Die Unter¬
suchung des Digestionsapparates ergab nichts wesentlich Abnormes;
ein leichter Darmkatarrh war vorhanden. Störung in der Function
des Sphincter ani war nicht zugegen. Die Function des Urogenital¬
apparates erschien nicht gestört, ausgenommen, dass Eiweiss im
Urin nachgewiesen wurde und die Prostata ziemlich stark ver-
grössert war.
Die Psyche des Thieres war nicht völlig frei. Der Hund
zeigte deutlich Apathie. Die genaue Untersuchung der Augen
ergab erhebliche Erweiterung der Pupille, partielle Atrophie der
Papilla optici, kleine aber nicht wesentliche Trübungen der
Linsen.
Die Hinterextremitäten sind fast völlig gelähmt und werden
beim Versuche, zu gehen, nachgeschleppt. In den Vorder¬
extremitäten machen sich schon paretische Symptome bemerkbar,
die rechte Vorderextremität ist entschieden schwächer.
Blasen- und Mastdarmstörungen sind noch nicht zugegen,
ebenso keine wesentlichen Muskelatrophien des Rumpfes und der
Extremitäten; geradezu verblüffend ist die Atrophie der beiden
Schläfenmuskeln.
Beim Versuche zu gehen, tritt erhebliches Zittern in den
Extremitäten auf, hauptsächlich in den Vorderbeinen; während
der Ruhe verschwinden diese zitternden Bewegungen vollständig.
Die Sensibilität erscheint nicht wesentlich gestört; dagegen sind
die Sehnen und Periostreflexe deutlich gesteigert.
An den hinteren Extremitäten macht sich auch deutlich
erhöhter Patellarreflex und intensives Fussphaenomen bemerkbar
Die Muskeln der Hinterextremitäten hauptsächlich befinden sich
in einer Art tonischer Starre; der Gang ist paretisch - spastisch.
Die .passiven Bewegungen sind erschwert. Die Hautreflexe
verhalten sich normal. Trophische Störungen der Haut sind
nicht zugegen. Obgleich das Thier noch in übermässig gutem
Ernährungszustände sich befindet, versichert die Besitzerin doch,
dasq der Hund wesentlich im Körperumfange abgenommen. Auf
mqji), Ersuchen wird dem Thiere etwas Milch vorgesetzt, welche
auch theilweise aufgenommen wird; dabei bemerke ich, dass sich
leichte Störungen im Schlucken zeigen. Die Unterlippe hängt
etwas nach links herunter; es ist mir nicht möglich, positive
Veränderungen an der Zunge festzustellen. Die Stimme des
Hundes ist ebenfalls etwas verändert. Diese Thatsache wurde
mir übrigens auch schon von der Besitzerin mitgetheilt. Diese
zuletzt genannten Erscheinungen lassen sich nur auf pathologische
Herdp in der Medulla zurückfuhren, während die Atrophie der
Papilla optici von cerebralen Veränderungen herrühren dürfte;
die Paraplegie der Hinterextremitäten ist wahrscheinlich Folge
von ^clerotischen Herden in den Seiten- und Vorderstrangbahnen
des Rückenmarks. Es ist ja leicht erklärlich, dass das klinische
Bild einer multiplen Sclerose des Gehirns und Rückenmarks ein
äusserst variables sein kann, je nach dem Sitze der Herde. In
dem concreten Falle beschränkt sich die Localisation der Herde
hauptsächlich auf die Occipitallappeu des Grosshirns und wahr¬
scheinlich auch auf den Thalamus opticus, auf die Medulla und
das Rückenmark im Verlaufe des Brust- und Lendenmarks.
Der Grund meiner Diagnose auf Sclerose ist evident, da
nicht der geringste Verdacht auf irgend welche Neubildung vor¬
lag; diese Annahme war auch schon a priori durch den langsamen
Verlauf ausgeschlossen. Filarien im Blute waren ebenfalls ausser
Frage gestellt.*)
Da die Prognose als absolut schlecht zu bezeichnen war, so
wurde der Hund auf meinen Rath hin mit Chloroform getödtet.
Was nun die Aetiologie dieses jedenfalls seltenen Falles an¬
betrifft, so möchte ich annehmen, dass die sclerotischen Herde
vielleicht die Folge von Gefässveränderungen waren, etwa fettige
Degeneration der Muscnlaris feiner Arterien oder auch arterio-
*) N&chkrankheit oder Rückbleit sei von Staupe war ebenfalls
ausgeschlossen.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37.
sclerotische Veränderungen, gefolgt von Thrombose und Embolie
feinster Arterien des Centralnervensystems.
Die Annahme solcher Veränderungen wird bekräftigt durch
den Ernährungszustand und die Lebensweise des Patienten, ferner
durch das Ergebniss der Auscultation des Herzens und die Be¬
schaffenheit des Pulses. Dieselben ergaben Veränderungen am
Herzen und auch zweifelsohne der Aorta, hauptsächlich Insufficienz
der Semilunarklappen und wahrscheinlich auch Veränderungen
anderer Arterien. (Ungleichzeitiger Puls beider Brachialarterien.)
Die Verkalknngsherde in den Linsen mögen die Kette der
Verdachtsgründe scbliessen.
Der hier kurz beschriebene Fall ist jedenfalls eine Lähmung, wie
sie nur selten beobachtet wird. Ob ähnliche Fälle oder ein ähn¬
licher Fall schon in unserer Literatur beschrieben wurde, möchte
ich fast bezweifeln. Soweit es mir möglich war, habe ich mich
davon zu überzeugen gesucht, indess erfolglos. Natürlich wäre
es weit zufriedenstellender für mich gewesen, wenn ich in der
Lage wäre, hier einen genauen postmortalen Befund sowohl
makroskopisch als auch mikroskopisch über die Veränderung des
Gehirns und Rückenmarks zu veröffentlichen. Leider, wie ich
Eingangs dieser Veröffentlichung erwähnte, war es mir nicht
möglich, das Cadaver für Geld und gute Worte zu bekommen.
Zur Schmidt-Koldingschen Behandlungsmethode des
Kalbefiebers.
Von
Stietenroth-Halle i. Br.
Thiernrrt
Als zu Anfang dieses Jahres die neueste Behandlungsmethode
des Kalbefiebers von Schmidt- Holding pnblicirt wurde, ver¬
säumte ich nicht, mir den dazu nöthigen Schlauch sowie äuch
die betreffenden Medicamente anzuschaffen, um bei einem dies¬
bezüglichen Erkrankungsfalle die Methode in Anwendung bringen
zu können. Diese neue Therapie war für mich um so will¬
kommener , weil ich stets mit Unlust an die Behandlung von
Kalbefieber herantrat, da ich fest von der Nutzlosigkeit der¬
selben überzeugt war.
Es sind in meiner Praxis seitdem drei solcher Erkranldungs-
fälle vorgekommen, wovon der eine nicht zur Behandlung kommen
konnte, weil Patient bei meiner Ankunft bereits eingegangen war.
Die zuerst behandelte Kuh war ein schweres, sehr gut ge¬
nährtes Thier, holländer Rasse. Bei derselben hatte man Nachts
um 1 Uhr schon einige Mal Brüllen gehört und Neigung • zum
Umfallen bemerkt. Um 5 Uhr Morgens waren dann die Sym¬
ptome des Kalbefiebers zum Vorschein gekommen. Zwei
Stunden später fand ich die Kuh liegend, stark stöhnend, in
vollständiger Lethargie vor. Ueber den ganzen Körper war die¬
selbe gegen Nadelstiche unempfindlich, Schaum stand vor dem
Maule, der Kopf wurde auf den Boden gestreckt und mitunter in
die Seite gelegt. Der gut fühlbare Puls wurde 85 Mal in der
Minute gezählt.
Die Schmidt-Koldingsche Kur wurde genau nach Vorschrift,
bei sorgfältiger Desinfection eingeleitet und nebenbei auch zwei
Mal innerlich 1 Pfund Natr. sulf. mit 80,0 Aloe verabreicht.
Schon während des Infundirens der Jodkalium-Flüssigkeit in
das Euter nahm das Stöhnen ab und trat ruhigeres Athmen ein.
Dies bessere Befinden hielt bis gegen Mittag an, worauf die
Paroxysmen sich erneuerten. Nach einer zweiten Infundirung
von 10,0 Jodkalium um 12 Uhr Mittags liess sofort das starke
Stöhnen nach und um 2 Uhr Nachmittags erhob sich das Thier
schon wieder und nahm Nahrung zu sich. Ein Einfluss auf die
Milchsecretion liess sich ebenso wenig, wie eine Enterentzündung,
nach weisen.
Auf gleiche Weise wurde erst kürzlich wieder von mir eine
starke rothbunte Kuh, ostfriesischer Rasse, behandelt, welche den
dritten Tag nach dem Kalben an Gebärparese erkrankt war.
Auch dieses Thier reagirte über dem ganzen Körper nicht auf
Nadelstiche und legte stets den Kopf in die Seite. Das Thier
konnte schon vier Stunden nach Infundirung den Kopf hoch halten
und vermochte sich an demselben Tage zu erheben. Das Wieder¬
käuen stellte sich allerdings erst nach zwei Mal 24 Stunden ein.
Zweifellos verdient die neue Behandlungsmethode Vertrauen.
Ob die Auffassung des dänischen Collegen, dass ein Gift, Leuco-
main genannt, das im Euter durch Zerfall von Drüsenzellen
entstehen soll, die Parese bewirke, richtig ist, bleibt gleich¬
gültig. Es ist vorläufig erst die Hauptsache, dass die nach dieser
Hypothese ausgedachte Behandlung Erfolg hat. Beim Lesen des
Artikels „Wirkung des Jodkaliums bei Septicaemie“ von Müller-
Horneburg in Nummer 30 der B. T. W. bin ich auf den Ge¬
danken gekommen, ob es nicht ebenso rathsam wäre, die
Schmidtsche Jodkaliumflüssigkeit gleich in das subcut&ne Ge¬
webe am Halse oder Bonst am Körper zu infundiren, da es
immerhin möglich ist, dass dadurch Infectionsstoffe in das Euter
gelangen und eine Mastitis erzeugt werde könne, ein Ereigniss,
das gerade nicht zur Empfehlung der Methode dienen würde.
Würde der Schlauch auf eine Hohlnadel geschoben, so fände der
Abfluss von einem Liter Flüssigkeit unter die Haut ebenso rasch
statt, wie in die Milchcysternen des Euters. Auch ohne Massiren
würde die Flüssigkeit in kurzer Zeit resorbirt. Auf den richtigen
Wärmegrad kommt es auch beim Infundiren in das Euter nicht
an, auf 40 Grad kann man das Wasser während der Zeitdauer
der Procedur nicht halten. Träte eine Heilung der Gebärparese
auch bei dieser Application ein, so wäre die Hypothese, dass die
Infection durch den Uterus stattfände, schon mehr berechtigt.
Um eine richtige Statistik zu schaffen, ist es zweckmässig,
dass nach Behandlung von 50 oder 100 Fällen Berichte in der
Fachpresse veröffentlicht werden.
Referate.
Zur Behandlung der Gebärparese,
nach Schmidt- Holding.
Thierarzt Sauer- Neustadt a. H. veröffentlicht in der
Wschr. f. Thierhlkd. 98 No. 30 ebenfalls seine Beobachtungen.
Der erste Fall misslang. Eine zweite Kuh war seit 24 Stunden
krank. Es wurde Lugol’sche Lösung, 75 g mit 130 g Wasser
verdünnt, in die Zitzen gespritzt. Nach 12 Stunden waren die
Erscheinungen des Kalbefiebers verschwunden, doch hatte die
Behandlungsweise den Patienten angegriffen. Das Euter war rot.
das Melken schmerzhaft, die Milch schmeckte dem Kalbe auch
2—3 Tage nicht. Ausserdem zeigte die Kuh einen Jodschnupfen,
Conjunctivitis, auffallende Fettabnahme, Muskelzittern und einige
Tage wechselnden Appetit. — In einem dritten Fall hatte die
Krankheit schon 14 Tage nach der Geburt sehr heftig eingesetzt.
Es wurden 85 g Lugol’sche Lösung mit V« 1 Wasser auf 3 Mal
innerhalb 6 Stunden angewandt. Die Aussichten waren bei der
Art der Krankheit schlecht. Gleich nach der ersten Injection
war eine deutliche Besserung wahrzunehmen; nach 3 Stunden
aber trat ein soporöser Zustand ein, nach 24 stündiger Dauer
der Behandlung war S. vom ungünstigen Ausgang überzeugt.
Mehr um des Besitzers willen verabreichte er 4 gr Coffein als
Einguss. Die Kuh wurde dann ziemlich aufgeregt, beruhigte
sich schliesslich und sprang nach 32 stündiger Behandlung auf.
um an der Krippe nach Futter zu suchen. Auch hier zeigte sich
aber die Jodwirkung in einem leichten Nasenkatarrh, Magen¬
darmkatarrh, Euterentzündung und Muskelschwäche. Das Kalb
sog ohne Schädigung an der Kuh.
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15 September 1898.
BERLINER TH1EKARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
437
Wegen der unangenehmen Nebenwirkungen des Jods wurden
bei einem neuen Fall Jod 0,1, Kal. jodat. 8, aqu. dest. 150 an¬
gewendet. Die Injection fand 9 Stunden nach dem Eintritt der
Krankheit statt Das vorher wie tot daliegende eisig kalte
Thier erhob sich nach l*/ 9 Standen und war gerettet. Das Euter
war diesmal nur in geringem Grade gerötet Der Jodschnupfen
trat wieder auf, wenn auch nur für einen Tag. Sonstige Nach¬
theile wurden nicht bemerkt.
Es ist die Frage berechtigt, ob das Fleisch eines mit Lugol-
scher Lösung behandelten Thieres geniessbar ist. Schädliche
Folgen für den Consnraenten können wohl nicht entstehen; doch
ist die officinelle Lugol’sche Lösung (1:5: 100) entschieden zu
concentrirt. S. hält daher für besser, mit Rücksicht auf eine
eventuelle Nothschlachtung vom Jod ganz abzusehen und nur
Jodkalium 10 : aqua 200 zu verwenden.
Was die ätiologische Frage anbetrifft, so scheint dieselbe
auch durch die Bewährung der neuen Behandlung dem Verfasser
nicht gelöst. Er führt aus, dass das Jodkalium ein Specificum
gegen Exsudate sei, speciell für Gehirnapoplexie; da sich die
Wirkung nach der Einspritzung in’s Euter auf den ganzen Orga¬
nismus erstreckt, so sei man zu der Annahme berechtigt, dass
eben das Gehirnödem zur Heilung gebracht werde. Freilich
müsste man dann auch bei innerlicher Verabreichung ein an¬
nähernd ähnliches Resultat erreichen.
Ausserdem weist S. noch auf Folgendes hin. Der Ausgang
der Fälle von Gebärparese zeigt den Jahren nach erhebliche
Schwankungen. Auf einen Zusammenhang der Krankheit mit
den Luftdrnckverhältnissen ist ja auch früher schon von anderer
Seite hingewiesen worden. Dies ist bei den Resultaten, die etwa
mit einer Behandlung erzielt werden, wohl zu beachten.
Ueber durchweg günstige, überraschende Erfolge ohne unan¬
genehme Nebenwirkungen berichten Thierarzt Graf (Wschr. f.
Thierhlkd.) 1 Fall, Thierarzt H e n g e n ebenda 2 Fälle.
Todtliche Myositis parenchymatosa iu Folge Abwerfens
beim Pferd.
Fröhner hat schon früher darauf hingewiesen, dass in
Folge des Niederlegens beim Pferde acute Muskelerkrankun¬
gen eintreten können. Im 11. Heft des 9. Bandes seiner
Monatshefte beschreibt er einen neuen Fall. — Ein 18 Jahre
altes Pferd, schwerer Belgier, wurde wegen einer Samenstrang¬
fistel eingestellt. Es handelte sich um ein enormes, sechsmanns¬
kopfgrosses Botryomykom des Schlauches und Samenstranges.
Die Operation wurde trotz geringer Aussicht auf Erfolg auf
Wunsch vorgenommen. Sie verlief normal ohne Chloroform. Der
Uebelstand war nur das auffallend heftige Sträuben des riesen¬
haften, 184 cm hohen Pferdes. Nach der Operation Mittags
12 Uhr wurde das Pferd in den Stall geführt und gefüttert. Um
fünf Uhr stürzte es plötzlich hinten zusammen, konnte zunächst
wieder auf die Beine gebracht werden, brach aber wieder¬
holt zusammen und starb binnen $ Stunde unter allgemeiner
Lähmung und Herzlähmung. Die Section ergab: Der Herz¬
muskel auf dem Durchschnitt grauroth, trocken, trübe und sehr
brüchig. Die Lendendarmbeinmuskeln und mehrere Kruppenmnskeln
grauroth, auf der Schnittfläche trocken, trübe und sehr brüchig.
Die mikroskopische Untersuchung ergab körnige Trübung der
Muskelfasern. Sonstige Veränderungen, auf die der Tod hätte
bezogen werden können, waren nicht vorhanden. Hiernach
handelte es sich also nm eine acute Degeneration der Lenden-
und Kruppenmuskeln und des Herzens als Folge der übermässigen
Anstrengung des Pferdes bei seiner Gegenwehr gegen das
Werfen.
Strongylns paradoxus in der Schweinelange.
Von Dr. 0 11.
(Dl*ch. Th. W. 1896, 0.)
Die Erkrankungen der Schweinelnnge werden am häufigsten
durch Strongylus paradoxus herbeigeführt. Ueber die dadurch
bedingten Veränderungen haben bereits Bollinger und Müller
genauere anatomische Studien veröffentlicht. Die Veränderungen
erstrecken sich in erster Linie auf die Bronchialwände. Die
Würmer bilden bekanntlich ganze Ballen und können die Bron¬
chien verlegen. Chronische Bronchitis, Verdickungen der Bronchial¬
wand und Bronchiectasie sind die gewöhnlichen Folgen. Auch
eine geringe Anzahl von Parasiten kann bereits solche Ver¬
änderungen herbeiführen. Die erweiterten Bronchien kann
man bis fast an die Spitze der Lungenlappen aufschneiden und
schon beim äusseren Betasten kann man die Verdickungen der
Bronchienwände feststellen. Auch mikroskopische Präparate
erweisen namentlich eine auffällige Hyperplasie der tubulösen
Drüsen, welche zwischen der Muscularis und den Knorpelinseln
eine mächtige Schicht bilden. Diese Drüsen sind vielfach cystisch
erweitert und mit Schleim gefüllt. Dazu kommt eine Proliferation
des peribronchialen Bindegewebes und Hepatisation des un¬
mittelbar angrenzenden Lungenparenchyms, wodurch bis hasel¬
nussgrosse Knoten, Peribronchitis chronica nodosa, entstehen.
Die von der Bronchialschleimhaut ausgegangenen Granulationen
werden von ungewöhnlich breiten Zügen glatter Musculatur
umrahmt. Die Dicke dieser Muskelzüge erreicht das Zehnfache
der Norm. Die Hypertrophie der Musculatur ist äugen cheinlich
auf deren erhöhte Thätigkeit behufs Fortbeförderung der Para¬
siten zurückzuführen. Zwischen der Musculatur finden sich
Inseln von Granulationsgewebe, welche sich in dem vermelirten
peribronchialen Bindegewebe fortsetzeu. In demselben können
sich» Riesenzellen finden, welche oft als umfangreiche Plasma¬
massen einen grossen Theil des Wurmes umlagern und Ausläufer
aussenden, oft mehrere hundert Kerne enthalten, andrerseits aber
auch» mehr den Formen gleichen, die bei der Tuberculose, Acti-
nomycose und in alten Rotzknötchen gefunden werden. Die
Kerne liegen in der Regel an der Seite, die dem Parasiten ab¬
gekehrt ist. Der Fremdkörper ist — das findet man nicht bloss
bei Parasiten, sondern überall, auch bei Actinomycesrasen etc.
etc. t— ein Attractionspunkt für Plasma, nicht dagegen für die
Kerne. An den Bronchien, von welchen die knotenförmigen Ver¬
dickungen ausgehen, finden sich beim Abpräpariren des Lungen¬
gewebes zahlreiche peribronchiale und perivasculäre graue durch¬
scheinende Knötchen, die bei alten Wurminvasionen dem an sich
schon verdickten Bronchius massenhaft aufsitzen und an Lyrnph-
follikel erinnern, aber nicht so scharf umschrieben sind. Es sind
dies kleinzellige Infiltrationsherde, von denen manche Parasiten
enthalten, andere aber nicht. Es handelt sich hier unzweifelhaft
um lymphatisches Gewebe und die Frage nach der Entstehung
dieser kleinzelligen Infiltrate deckt sich mit der Frage nach
dem Ursprung der lymphoiden Zellen bei entzündlichen Vor¬
gängen überhaupt. Ribbert hat kürzlich in Vircho w’s Archiv,
Bd. 150, H. 3, die Ansicht vertreten, dass die lymphoiden ein¬
kernigen Zellen der kleinzelligen Infiltrate nicht im Zusammen¬
hang mit den mehrkernigen Leukocyten stehen und nicht wie
letztere aus den Blutgefässen auswandern. Jene Lymphoidzellen
sollen vielmehr aus lymphatischen Herden stammen, die im
normalen Gewebe vorwiegend die Gefässe umgeben und bei Ent¬
zündungen eine Zellvermehrung erfahren. Auch hierbei ent¬
stehen jene zeitigen Infiltrationen, welche von den aus den
Gefässen wandernden Leukocyten streng zu scheiden sind. Auch
durch Färbungen lässt sich die Differenz erweisen. Lymphoide
Knötchen, die nicht ganz so scharf umschrieben sind wie die
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438
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37.
Darmfollikel kommen ja auch in normalen Organen vor und
Arnold (Virchow’s Archiv, Bd. 80) hat auch im peribronchialen
Gewebe solche nachgewiesen. Unzweifelhaft gehen die klein¬
zelligen Infiltrationen bei der Strongylose der Lungen von jenen
Arnold’schen lymphatischen Apparaten des peribronchialen
Bindegewebes aus.
Endlich findet man noch eine Gruppe von Knötchen im
Lungenparenchym scharf umschrieben, hirsekorn- bis erbsengross,
röthlich-grau, von intactem Lungengewebe umgeben oder an die
Blutherde angrenzend Stets findet sich im Centrum ein
Strongylus paradoxus immer nur ein einzelnes Exemplar, niemals
tritt ein Bronchius an das Knötchen heran. Unzweifelhaft ist die
Entwickelung des Knötchens vom Lungengewebe ausgegangen
und der Strongylus muss sich also hier in das Parenchym verirrt
haben. Diese Knötchen zeigen Uebereinstimmung mit den parasi¬
tären Knötchen in der Pferdelunge, in welchen Grips und Olt
1895 einen Rundwurm entdeckten.
Die Angabe Müller’s, dass sich der Strong. nie im Lungen¬
gewebe selbst finde, ist dagegen nicht haltbar. An den Knötchen
kann man unterscheiden die Kapsel, das Gerüst, das Stroma.
Das Ganze ist von follikulärem Aussehen. Der Wurm ist
lebendig oder eventuell zerfallen bezw. verkalkt. Die männliche
Spicula erhält sich am längsten. Geschlechtsreife Würm-
exemplare befanden sich jedoch nie in solchen Knötchen, sondern
nur in den peribronchitischen Knoten. Hiernach scheinen in das
Lungengewebe nur Parasiten in frühem Entwickelungsstadium zu
gelangen.
Was das Eindringen der Würmer in die Lungen überhaupt
anbetrifft, so nehmen viele Autoren an, die Brut werde aspirirt,
erwiesen ist es jedoch nicht. Leuckart ist es nicht gelungen,
eine Invasion herbeizuführen. Es ist daher anzunehmen, dass
noch unbekannte Entwickelungsformen dieselbe einleiten. Ge¬
wöhnlich vertheilen sich die Strongyli herdweise auf die
Bronchien einzelner Lungenlappen, namentlich an der Spitze der
Lungen. Das hinter dem Sitz der Parasiten liegende Lungen-
gewebe ist natürlich beeinflusst Die Alveolen füllen sich mit
Flüssigkeiten und Epitlielien, die erkrankten Lungenläppchen
werden grauroth, ein Theil der Alveolen bleibt allerdings luft¬
haltig. Auch atelektatische Stellen finden sich. Besteht ein
dauernder Verschluss des zufübrenden Bronchius, so folgen
schliesslich bindegewebige Indurationen der Loboli und an den
Lagerstätten der Parasiten Verkalkung.
Bekanntlich kommen in den Schweinelungen häufig käsige
Knoten vor, die durch keine charakteristischen, auf die Herkunft
deutenden Merkmale ausgezeichnet sind. Zum Theil sind sie
sicher auf Strong. parad. zu beziehen, doch nur ihre Lage in¬
mitten alter, durch Wurmbrut bedingter pneumonischer Herde
rechtfertigt diese Annahme. In diesen Knoten finden sich stets
Bacterienformen, welche mit der Verkäsung augenscheinlich in
Zusammenhang stehen, darunter auch ovoide, den Schweine-
seuchebacterien ähnliche Formen.
Silber als äusseres und inneres Antisepticnm.
Von A. Weidmann, K. K. Bezirks-Thierarat.
(Oecterr. Monatlich! - . 1898, H. 8.)
In der Silberwundbehandlung wurden mit gutem Erfolg ver¬
wendet: 1. Das milchsaure Silber-Actol (Arg. lact. puriss.).
Dieses Präparat bewährte sich bei erstmaligen Desinfectionen
und insbesondere bei Uterusausspülungen. Zur Uterusbehandlung
wurden Actollösungen von 1 : 1000 Aq. dest. oder eine Actol-
t&blette auf 200 g Aq. dest. verwendet und Heilung in den Fällen
erzielt, in welchen bereits Peritonitis, hochgradiges Fieber und
jauchiger Ausfluss bestand. Diese Heilwirkung schreibt Verf.
den bactericiden Eigenschaften des metallischen Silbers zu.
2. Das citronensaure Silber (Arg;, citr. pnriss.) Itrol,
Über dessen therapeutischen Werth W. schon im Decemberheft 97
der Oesterr. Monatsschr. referirt hat, ist hanptsächlich als
Wundstreupulver zu gebrauchen, wozu Actol seiner ätzenden
Eigenschaft wegen nicht anwendbar ist Die Wunden sind mit
dem Streupulver nur ganz dünn zu bestäuben. Um einen zu
grossen Verbrauch des Mittels zu verhüten, bat der Erfinder der
Silberwnndbehandlung, Hofrath Cred£, dem Verf. geratben, das¬
selbe mit Milchzucker zu mischen, 1,0 Itrol zu 9,0 Milchzucker.
3. Argentum Credö ist fast metallisches Silber, löst sich
1 : 100 in destillirtem Wasser und wird entweder subcutan bei
phlegmonösen Processen oder in Form von:
4. Unguentum Credä bei Lymphangitis, Phlegmone und allen
septischen Processen angewendet. Bei der hartnäckigen Otitis
der Hunde wurde mit Actol-Ausspülungen und darauffolgendem
Belegen der erkrankten Stellen mit Unguentum Credd schnelle
und dauernde Heilung erzielt.
Ueber die Wirkung der Purgantien von der Haut ans.
Von G. Scarpinato.
‘Nach einem Ref. ln der D. Med. Ztg)
Ueber die Wirkung der Purgantien von der Haut, auf
8ubcutanem oder cutanem Wege, ist bisher nichts bekannt
geworden. S. fand, dass die salinischen Abführmittel, in kleinen
Dosen subcutan verabfolgt, eine wenn auch unbedeutende
purgirende Wirkung haben. Am geeignetsten erwies sich das
Magnesium sulfuricum, und zwar in Dosen von 0,12 — 0,15 g
pro kg Körpergewicht. In grösseren Dosen verursachen alle
salinischen Abführmittel Verstopfung. Aloin, Citrullin, Colocyn-
thin und Cathartinsäure wirken von der Haut aus sogar noch
langsamer als vom Magen, selbst wenn bei Weitem grössere
Dosen verwendet wurden. Dagegen konnte immer mit 6 bis
10 Tropfen Crotonöl auf 20 g Olivenöl von der Haut aus eine
abführende Wirkung erzielt werden. In höheren Concentrationen
blieb diese Wirkung aus und es erfolgte heftige örtliche
Reaction. Diesen Einreibungen mit Crotonöl ist Verf. geneigt,
eine Verwendbarkeit in der Praxis für manche Fälle einzuräumen.
Didymchlorid als Desinlectionsmlttel.
Von Schmidt- Dresden.
(DUch. Th. W«chr. ?8, 1898.)
Die Firma Drossbach & Co. bringt unter dem Namen
Didymchlorid, D. R. P. 94739, eine Flüssigkeit in den Handel,
welche in Wirklichkeit eine 25 bis 30pCt. Lösung der genannten
Substanz ist. Das Mittel soll angeblich in einer Verdünnung von
1 : 2000 die Bildung von Stapbylococcen verhindern. S. machte
daher Versuche mit Bacillus cyanogenus subtilis, Rothlaufbacillen,
Milzbrandbacillen undBacterium coli sowie mit faulendem Fleisch.
Die Lösung betrug etwa 1 : 500 und der Erfolg blieb aus. Selbst
der empfindliche Rothlaufbacillus gedieh noch sehr gut; die
sporenbildenden Milzbrandbacillen wurden Überhaupt nicht be¬
einflusst. Hiernach ist eine Verwendung des Mittels in der
Veterinärpraxis vorläufig nicht zu empfehlen.
Dürfen wir ans den Keactionen> niederer Thiere auf das
Vorhandensein von Sehmerzentpfindnngen schli essen!
Von Prof. Normann.
(Pflüger'» Aroh. t d. ge». Phyalol.)
Schneidet man einen Regenwurm in der Mitte durch, so zeigen
nicht etwa beide Hälften die bekannten windenden, schlagenden
Bewegungen, sondern nur die hintere Hälfte, die vordere kriecht
weiter. Es wäre nun sonderbar, dass gerade die hintere gehirn¬
lose Hälfte eines Regenwurms Schmerzempfindnngen darbieten
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15. September 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
489
sollte, während die vordere Hälfte keine derartigen Reactionen
zeigt. Verf. erweiterte nach einem Referat in der deutschen
Medicinal Zeitung die oben berichtete, schon von Friedländer
und Loeb beobachtete Thatsache und fand, dass, wenn man mit
der Theilung der Stücke fortfährt und sie mehrmals wiederholt,
jedesmal nur das hintere Stück windende Bewegungen bei der
Durchschneidung zeigt, während das vordere keine Reactionen
darbietet, die im Sinne einer Schmerzhypothese zu deuten wären.
Vom anthropomorphen Standpunkte aus müsste man hiernach zu
der unmöglichen Ansicht kommen, dass immer nur die hintere
Hälfte eines Wurmes oder eines beliebig aus ihm geschnittenen
Stückes der Schmerzempfindung fähig sei, während die vordere
Hälfte keine Schmerzempfindungen habe. Zu schliessen ist aber
aus den Versuchen nur, dass eine durch einen Schnittreiz aus¬
gelöste Erregung sich in anderer Form nach rückwärts, als nach
vorwärts ansbreitet; bei der Ausbreitung nach rückwärts scheinen
unregelmässige Contractionen der Längsmuskulatur hervorgerufen
zu werden, bei der nach vorwärts scheint es mit zu geordneten
Locomotionen zu kommen.
Kleine Mittheilungen.
Die SohBtz’eohen Pneumoniebacterien und der Streptococcus der Druse.
Lignieres zieht im Rec. de med. vet. No. 12, 1897, aus
seinen Untersuchungen folgende Schlüsse: Die Schütz’sche
Bacterie ist ein Streptococcus, der nichts Anderes ist als der
Streptococcus der Druse. Dasselbe gilt von dem Streptococcus
vonDelamotte und Chantemesse und dem Str. anteriditis von
Galtier und Violet. Alle färben sich nach der Gram'sehen
Methode.
Die Streptococcen sind in zwei grosse Gruppen, die des
Erysipels und die der Druse, zu trennen. Man findet den
Schntz’schen Str. in den Organen und pathologischen Producten
deijenigeir Pferde, welche verendet sind an Pneumonia a frigore,
infectiöser Stall- und drüsiger Pneumonie, Pneumo-Enteritis,
Pleuro-Pneumonie, Pleuresie, Broncho-Pneumonie oder Influenza.
Er existirt häufig im Darrainhalt, im Mist, in der Streu, im
Rauhfutter. Nach einer Impfung des Drusestreptococcus haftet
eine zweite Impfung schwer, ohne jedoch eine solide Immunität
zu Stande zu bringen. Die Einhufer bleiben immer dafür
empfänglich. Die reelle pathologische Rolle des Schütz’schen
Streptococcus in der Pneumonie bleibt daher noch zu bestimmen.
(Anacker's „Thierarzt“.)
Weber den Ursprung des sogenannten Lurtblasengekröses beim Schwein.
Thierarzt Dupraz hat im Juniheft des Journ. de med. vet.
von 1897 folgende Ansicht ausgesprochen. Es soll sich um eine
proliferirende Lympbanitis handeln, wobei sich unter dem Ein¬
fluss von Mikroorganismen Gascysten bilden. Der Ursprung bzw.
die stärkste Entwickelung des Emphysems weist stets auf Zu¬
sammenhang mit den P e y e r 'sehen Plaques hin. Zugleich be¬
stehen Ecchymosen mit vielfachen Schleimhauterosionen, welche
wahrscheinlich den Mikroorganismen als Eingangspforte dienen.
Es fanden sich in den Cysten Colibacillen und ein Coccus lique-
faciens, der als das wirksamste Agens anzusehen sein soll und
durch dessen Culturen beim Meerschweinchen und Hunde eben¬
falls Bildung von Gascysten bewirkt wurde. Der Autor meint,
die Mikroorganismen sollen in den Lymphgefässen Embolien
bilden, dadurch die Circulation der Lymphe hindern und das Ge-
fäss erweitern. Die erweiterten Stellen werden durch Gasbildung
zu Cysten.
Gehlrneutzfludung in Folge geschlechtlicher Aufregung. (?)
Ein 2 3 / 4 jähriger Hengst zeigte sich auf der Weide mit den
anderen Pferden zusammen im Zustand fortgesetzter geschlecht¬
licher Aufregung und gebärdete sich so unbändig, dass ihm der
Schweiss in Strömen herablief. Der thierärztliche Rath, das
Pferd zu isoliren, wurde mit der züchterischen Erfahrung zurück¬
gewiesen, dass solche Pferde sehr schneidige Deckhengste würden.
Der Hengst war Anfang Mai auf die Weide gekommen und er¬
krankte im Juni an subacuter Gehirnentzündung. Sofortige
Pilokarpineinspritzungen, leichte Laxantien, Einstellung in
luftigen Stall brachten ihn so weit, dass er kastrirt werden konnte.
Auf diese Operation hin änderte sich das ganze Befinden des
Hengstes und es liess sich keine krankhafte Erscheinung mehr
nachweisen. (Wschr. f. Thieihkd.)
Zur Verminderung der Keime in der Milob.
Im Heft 2 des Berichts des Landwirtschaftlichen Instituts der
Universität Königsberg (Berlin 1898), hat Prof. Backhaus Unter¬
suchungen veröffentlicht, die kurz folgendes Resultat haben. Frische
Milch hatte einen Keimgehalt von 6600 imCubikcentimeter. Schüttete
man sie nach einander in sechs sehr sorgfältig gereinigte Gefässe,
so stieg diese Menge auf 23000 bis 162 000. Hieraus folgt der
Grundsatz: man verwende möglichst wenige Gefässe. Sorgfältiges
Putzen und Waschen des Euters reducirt den Keimgehalt der
Milch ausserordentlich. Die reinlichste Milch wird beim Melken
im Freien erzielt. Dem kommt am nächsten ein gut gehaltener
Stall. Bei Verwendung von Torfstren beträgt der Keim¬
gehalt nur die Hälfte wie bei der Verwendung von
Strohstreu. Wesentlich ist es auch, die ersten 3 bis 6 Züge
wegzumelken, da die erste Milch immer am stärksten bacterien-
lialtig ist. Emaille- und Blechgefässe sind besser als hölzerne
Melkkübel. Die Gefässe werden am besten mit einer '^proc.
warmen Natronlauge ausgebürstet, darauf mit kaltem Wasser ge¬
spült (event. Dampfsterilisation). Das sogenannte nasse Melken
ist zu vermeiden.
(Referat von Dr. Nörner in der Dtsch. thierärztl. W.)
Rhehe bei Lämmern.
In einem Stalle, wo bisher Aehnliches nicht beobachtet war,
erkrankte fast die Hälfte der Lämmer, und zwar diejenigen, die
auf der Südseite des Stalles standen, während die andere Hälfte
ganz gesund blieb. Die Lämmer lagen und konnten nicht
stehen. Das Futter hatte aus Heu und Maisschrot bestanden.
Die Fussschmerzen wiegen auf Rhehe. Es wurde die Zehenwand
verdünnt und der Fuss in kaltes Wasser getaucht, was augen¬
scheinlich wohlthat. Nach acht Tagen genasen alle Thiere.
Thierhaltung und Thlcrzucht
Neue Thierzeichenmarke für Vertlcheruugszwecke.
Unter den verschiedenen Ohrmarken zum Kennzeichnen der
Thiere unterscheidet man solche, bei welchen sich die Zeichen
auf den mit dem Verschlussmechanismus versehenen Knöpfen
befinden, und solche, bei denen die Verschlussknöpfe mit be¬
sonderen Platten unlösbar verbunden sind. Während die erste
Sorte nur während der Fabrication mit Zeichen versehen werden
kann, können Marken mit besonderer Zeichenplatte jeder Zeit,
also auch kurz vor dem Gebrauch, gestempelt werden. Marken
mit besonderer Zeichenplatte haben auch den Vortheil, dass die
Zeichenplatte mit den Verschlusstheilen unlösbar verbunden ist,
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440
so dass Betrügereien durch Verwendung des das Zeichen tragenden
Markentheiles ausgeschlossen sind. Während die unlösbare Ver¬
bindung der Zeichenplatte mit dem Verschlussknopf (Hauptner’s
D. R. G. Muster 61 254) bisher hauptsächlich bei Marken an¬
gewendet wurde, die durch Vernietung der beiden Markentheile
am Thierohr befestigt werden, ist jetzt dieselbe Einrichtuug auch
an der Art von Ohrmarken angebracht worden, welche von der
Perleberger Viehversicherung benutzt wird. Wie bei der be¬
kannten Hauptner’schen Marke Signum A, ist der Feder-
Verschlussknopf mit der Zeichenplatte durch Ineinanderkapseln
zu einem Ganzen unlösbar verbunden worden, wodurch erreicht
wird, dass die zweimalige Benutzung der Zeichenplatte unmöglich
wird, nachdem die beiden Markentheile durch den Feder¬
mechanismus verbunden worden sind. Die neue Marke wird von
der Firma H. Hau ptner-Berlin fabricirt.
Wirkungen des Radsports auf den Pferdehandel.
In Amerika hat der Radsport eine so grosse Ausdehnung
gewonnen, dass eine Reihe Gewerbe, welche ihre Einnahmen aus
anderen Sportzweigen herleiten, beträchtlichen Schaden erleiden.
Am empfindlichsten wird aber der Pferdehandel getroffen. In
dem westlichen Territorium von Washington sollen die Pferde
ganz werthlos sein und heerdenweise umherlaufen, ohne dass
sich die Besitzer um dieselben kümmern. Auf dem Markte in
Tacoma wird das Stück für 3—15 Dollars verkauft.
Tagesgeschichte. *)
Das Co mmunalbeamtengesetz. ,
In dem Anzeiger für Gemeindebeamte vom 0. September
findet sich der „Entwurf eines Gesetzes betr. die Rechtsverhält¬
nisse der Communalbeamten“, welcher im Aufträge des Herrn
Ministers des Innern ausgearbeitet ist.
Dieser Entwurf bestimmt u. A. ungefähr Folgendes:
§ 9. Die Anstellung deijenigen städtischen Beamten, welche
nicht zum Magistrat u. s. w. gehören, erfolgt auf
Lebenszeit.
§ 10. Bei lediglich vorübergehenden Dienstleistungen kann
die Annahme der Beamten zur Vorbereitung oder auf
Probe erfolgen.
§ 11. Bestimmungen, welche von dem Grundsätze der lebens¬
länglichen Anstellung abweichen, können nur mit Ge¬
nehmigung des Bezirksausschusses durch Ortsstatut
u. s. w. festgesetzt werden.
Die Genehmigung kann auf Widerruf ertheilt
werden.
Auf die Beamten der städtischen Betriebsverwaltungen findet
der Grundsatz der Anstellung auf Lebenszeit nur insoweit An¬
wendung, als die Stadtgemeinden dies beschliessen.
Während im § 12 bestimmt wird, dass die Städte befugt
sind, die zu technischen oder zu mechanischen Dienstleistungen
erforderlichen Kräfte im Wege des privatrechtlichen Vertrags
einzustellen, aber mit der Einschränkung, sofern den Ein¬
zustellenden obrigkeitliche Befugnisse nicht übertragen werden
sollen, wird durch das geplante Gesetz den Beamten der Betriebs¬
verwaltungen jeder Anspruch auf lebenslängliche Anstellung einfach
abgeschnitten.
Hierzu ist zu bemerken:
Der Ausdruck Betriebsverwaltung ist ein zweideutiger. Dass
eine Gasanstalt, ein Electricitätswerk, ein Wasserwerk eine
Betriebsverwaltung ist, ist klar, ebenso, dass deren Beamte
mangels obrigkeitlicher Funktionen einer lebenslänglichen An-
*) In No. 36 ist bei dem Bericht über die Versammlung des
Vereins der Thierärzte von Schleswig der am Schluss Unterzeichnete
Name deB Schrifttührers, Herrn Kreisthierarztes Eiler verdruckt
worden.
No. 37
Stellung weniger bedürfen; sehr zweifelhaft erscheint es aber ob
ein öffentliches Schlachthaus, ein Krankenhaus u. s. w. als Betriebs¬
verwaltung betrachtet wird.
Ein Betrieb dürfte wohl sein eine gewerbliche Einrichtung
zwecks Production irgend welcher Objecte.
Beamte solcher Betriebsverwaltungen sind gewerbliche An¬
gestellte.
Ganz anders liegen die Verhältnisse in einem städtischen
Schlachthause.
Aus vorwiegend sanitären Gründen ist dasselbe eingerichtet.
Die Verwaltung verfolgt keine gewerblichen Zwecke, producirt
nichts, sie stellt die Räume mit zweckmässigen Einrichtungen zur
Verfügung und überlässt es den Gewerbetreibenden, ihre gewerb¬
lichen Geschäfte selbst zu besorgen.
Die städtischen Schlachthäuser sind öffentliche Anstalten, in
denen auf Grund erlassener Schlachthaus-Polizei-Verordnungen,
Ortsstatute von Seiten der Schlachthausbeamten der Verkehr zu
überwachen, Sicherheit, Reinlichkeit, Ordnung aufrecht zu er¬
halten ist.
Dem Schlachthofvorsteher und den übrigen Aufsichtsbeamten
ist im Schlachthofe Gehorsam zu leisten; ersterer hat das Recht
und die Pflicht, Verstösse zu rügen, zur Bestrafung anzuzeigen,
Widerspenstige, Ruhestörer u. s. w. entfernen zu lassen.
Als Schlachthau8tbierarzt hat er hauptsächlich die Aufgabe,
gesundheitsschädliches oder verdorbenes Fleisch zu beanstanden
und zu beschlagnahmen. Er ist in erster Linie städtischer
Sanitätsbeamter, hat in starkem Masse polizeiliche Funktionen
auszuüben und dabei ist ihm die sachliche Verwaltung der An¬
lage, die Beaufsichtigung resp. Leitung der meist aber nicht
nothwendiger Weise damit verbundenen Betriebe, wie des Kühl¬
hauses u. s. w., übertragen.
Der Schlachthofvorsteher hat so bedeutende QbrigkfiiUiv.ke
Befugnisse, dass er des Rückenhaltes der lebenslänglichen An¬
stellung nicht entbehren kann, viel weniger als irgend ein
städtischer Bureaubeamter.
Die das öffentliche Schlachthaus regelmässig benutzenden
Fleischer, Händler, Gesellen zeichnen sich vielfach durch besondere
Rücksichtslosigkeit und Dreistigkeit aus, da die Fleischer meistens
Angehörige ihres Standes in den Stadtverordneten-Versammluugen,
Schlachthaus-Commissionen haben, auch sonst im Allgemeinen es
verstehen, die städtischen Verwaltungen zu beeinflussen, so liegt
es klar zu Tage, dass ein pflichttreuer Schlachthofvorsteher nach
dem geplanten Gesetze mit einer Kündigung seiner Stelle dauernd
bedroht ist.
In letzter Zeit haben die zuständigen Regierungsbehörden
wiederholt darauf hingewirkt, dass die Schlachthausdirectoren
u. 8. w. lebenslänglich angestellt werden, weshalb will man
mittelst des in Aussicht genommenen Gesetzes das Erreichte
wieder in Frage stellen.
Es empfiehlt sich, unverzüglich geeignete Schritte zwecks
Abänderung des Gesetzentwurfs zu thun, ehe es zu spät wird.
Ronneberger.
Unterstützungsverein für Thierärzte.
Wie sich aus dem Bericht der Centralvertretung ergiebt, ist
nach vielen Mühen der Unterstütznngsverein für Thierärzte end¬
lich ins Leben getreten. Das Verdienst der Anregung einer der¬
artigen Einrichtung gebührt dem westpreussischen Verein.
Ursprünglich war eine Kasse mit obligatorischem Beitritt aller
preussischen Vereine bezw. Vereinsmitglieder geplant. Diese
Idee musste aufgegeben werden, da mehrere Vereine sich ent¬
schieden gegen eine Verpflichtung der Vereine als solcher aus-
sprachen und der Zusammenhalt aller Vereine selbstverständlich
um keinen Preis gelockert oder gefährdet werden durfte.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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15. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 441
So wählte man die jetzt festgestellte freiere Form, indem
zugleich der Beitritt allen deutschen Thierärzten geöffnet wurde.
Dass nicht von vornherein der Verein als deutsches Unternehmen
unter Führung des deutschen Veterinärrathes angebahnt wurde,
hatte mehrere entscheidende Gründe. Einmal war eine deutsche
Unterstützungskasse schon durch Herrn Geheimrath Dr. Dammann
begründet worden, ohne dass freilich die bisherige Entwicklung
den Hoffnungen ganz entsprochen hätte. Es wäre somit eine
schwer zu lösende Concurrenz entstanden. Sodann besitzen die
Thierärzte des zweitgrössten Bundesstaates, Bayerns, bereits eine
reich fundirte und ausgezeichnet wirkende Unterstütznngskasse
und können sich daher gar nicht an anderer ähnlicher Einrichtung
betheiligen. Es war daher das einzige Mögliche, dass man in
Preussen für sich die Initiative ergriff. Wenn dabei den deutschen
Thierärzten insgesammt der Beitritt anheim gestellt wurde, so
geschah dies mit Rücksicht auf die in den kleineren Bundes¬
staaten wohnenden Collegen, welche in ihren weniger zahlreichen
Kreisen eigne derartige Einrichtungen kaum dürften begründen
können und wollen.
Der Verein ist begründet wesentlich mit der Absicht, die
bisher in einzelnen dringenden Nothfällen ins Werk gesetzten
öffentlichen Sammlnngen durch eine andere Form der Hülfe-
leistung zu ersetzen. So sehr diese Sammlungen bisher immer
dem Wohlthätigkeits- und GemeiDsinn der Thierärzte ein glän¬
zendes Zeugniss ausgestellt haben, so empfindet man doch auch
ziemlioh allgemein ihre peinlichen Seiten, von anderen Schwierig¬
keiten abgesehen.
Daher ist der dem Unterstützungsverein zu Grunde liegende
Gedanke gewiss ein guter, dass die Collegen, anstatt durch einzelne
Hülferufe in Anspruch genommen zu werden, in Zukunft ihrer
Menschenfreundlichkeit durch regelmässige, verhältnissmässig
geringe Jahresbeiträge genügen und dass diese von einer C •ntral-
stelle aus mehr im Stillen vertheilt werden können.
Um diesen Zweck erreichen zu können, ist freilich eine
möglichst allgemeine Betheiligung erforderlich. Der Verein wird
in der angebenen Richtung erst zu wirken im Stande sein, wenn
er mindestens 600 Mitglieder hat. Im Verhältniss zur Zahl, auch
allein der preussischen Thierärzte, sollte eigentlich eine derartige
Mitgliederzahl nicht schwer zu erreichen sein. Es sei daher
allen Collegen der Beitritt*) dringend ans Herz gelegt.
Schmaltz.
*) Anmeldungen desselben sind bekanntlich an den Vorsitzenden
des Unterstützungsvereins, Herrn Veterinärassessor Preusse in
Danzig, Straussgasse, zu richten.
Frequenz der deutschen medioinischen Facuitäten.
Winter 1897/98
Sommer 1898
In¬
länder
Aus¬
länder
Summa
In¬
länder
Aus¬
länder
Summa
Berlin.
921
439
1360
783
307
1090
Bonn.
249
15
264
318
19
337
Breslau ....
330
15
345
350
14
364
Erlangen . . .
173
167
340
140
176
316
Freiburg. . . .
88
231
319
82
364
446
Giessen ....
91
127
218
86
143
229
Göttingen . . .
189
47
236
175
50
225
Greifswald . . .
274
19
293
298
25
323
Heidelberg . . .
49
154
203
55
217
274
Halle.
217
48
265
200
45
245
Jena.
51
147
198
59
153
214
Kiel.
192
71
263
306
122
428
Königsberg. . .
210
25
235
220
29
249
Leipzig ....
327
343
670
299
287
586
Marburg ....
203
46
249
224
50
274
München ....
485
661
1146
458
724
1182
Rostock ....
59
47
1C6
54
45
99
Strassburg . . .
169
160
329
163
161
324
Tübingen . . .
136
119
225
133
145
278
Wttrzburg . . .
196
478
674
176
451
627
Zusammen
4609
3359
7968
4579
3527
8106
Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche.
Die Landwirthschaftskammer der Provinz Sachsen giebt im
8. Heft ihrer Zeitschrift bekannt, dass die vom Vorstand ihres
bacteriologischen Laboratoriums, Thierarzt Hecker, ange-
stellten Schutzimpfungs-Versuche zum Abschluss gelangt sind und
durchweg günstige Resultate ergeben haben. Es sollen nunmehr
practische Versuche im Grossen vorgenommen werden, und die
Viehbesitzer in verseuchten Gegenden werden ersucht, Stallungen
mit Ochsen, Mast- oder Jungvieh zur Vornahme von Impfungen
zur Verfügung zu stellen. Das betreffende Vieh muss noch
seuchenfrei und auch noch nicht verseucht gewesen sein. Für
eventuellen Schaden infolge der Impfung kommt die Landwirth¬
schaftskammer auf. Im Uebrigen sind aber bisher irgend welche
: Schädigungen durch die Impfung noch nicht hervorgetreten. An-
i fragen sind zu richten an die Landwirthschaftskammer für die
! Provinz Sachsen, Halle a. S., Karlstrasse 16.
Zur Verurtheilung eines Thierarztes (No. 35 der B. T. W.).
: Herr Tbierarzt Dr. Ehlers theilt mit, dass er gegen seine
Verurtheilung Berufung eingelegt hat und dass eine Ergänzung
! der Beweisaufnahme in Aussicht steht.
Oeffcntliches Veterinär wesen,
(Mittheilungen fti
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Erlass belr. Schutzimpfungen gegen die Tollwuth.
Die Minister der Medicinalangelegenheiten, für Landwirt¬
schaft und des Inneren haben an sämmtliche Regierungspräsidenten
einen Erlass (22. Juli) gerichtet, der die Einrichtung einer
Abteilung für Schutzimpfungen gegen die Tollwut bei dem
Königlichen Institut für Infectionskrankheiten zu Berlin NW.
Charitöstrasse 1 mittheilt und Folgendes bestimmt:
In dem Institut können Gebissene behandelt werden. Die
Behandlung, welche 20—30 Tage in Anspruch nimmt, besteht in
einer täglichen Einspritzung. Die Aufnahme des Patienten in
das Institut ist daher in der Regel nicht erforderlich und ist,
wenn sie ambulatorisch erfolgt, unentgeltlich. Doch kann,
mangels geeigneter Unterkunft in Berlin, die Aufnahme in das
Institut erfolgen. Verletzte sind von der Ortspolizeibehörde
• Veterinärbeamte.)
j schriftlich oder telegraphisch anzumelden. Diese Behörde hat
i auch nach Ablauf eines Jahres über den Ausgang an das Institut
' zu berichten.
Kopf und Hals der wegen Tollwuth bezw. wegen des Ver-
i dachte getöteten Thiere sind von der Polizeibehörde, im Sommer
möglichst in Eis verpackt, mit Eilpost, nebst einer Abschrift des
Obductionsprotokolls, dem Institut einzusenden. Dieses theilt
seinerseits dem Regierungspräsidenten das Ergebniss seiner
! Untersuchung mit und erstattet im übrigen einen Jahresbericht
i an den Minister der Medicinalangelegenheiten. Für das Bekaant-
werden des Erlasses unter der Bevölkerung ist möglichst Sorge
zu tragen.
Anzeigepflicht für Influenza.
Für die Provinz Ostpreussen ist die Anzeigepflicht bei In¬
fluenza der Pferde eingeführt worden. (Zeitungsmeldung).
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442
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
No. 37.
Schleswig
Marienwerder
Hannover
Frankfurt
Munster-
deshm
lersebur^
O O
Arnsberg
o
Kassel
lesbädfen
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche in Preussen
im August 1898.
.. •
—V>XAurich
unter l t
20 - .30
.30 - W
•tO - 60
50 - 15
15 - WO
00-150
150-200
Die Schraffierungen £eben .(nach nebenstehender
Scala) an, wie viel pro mille dervorhandenen über 200
Gemeinden verseucht waren,
Pie Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche In Preueteu. Ende August 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Marienwerder.
2
4
1,76
Potsdam.
6
6
2,24
Frankfurt.
2
2
0,72
Posen.
13
34
10,31
Bromberg.
4
6
2,69
Breslau.
4
7
1.84
Liegnitz.
2
4
1,42
Magdeburg .
8
12
8.33
Erfurt.
1
1
1,70
Hildesheim.
1
1
1,38
Lüneburg .
1
1
0,67
Münster.
2
6
18,48
Minden.
1
1
1,96
Arnsberg .
2
2
2,35
Cassel.
3
3
1,78
Wiesbaden.
7
19
20,2!)
Coblenz.
12
76
72,72
Düsseldorf......
3
3
6,97
Cöln.
9
33
111,48
Trier.
9
29
25,73
Aachen .
6
16
41,04
Summa
93
266
—
Naobweisung über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiohe
am 31. August 1898.
Es waren am 31. August in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Prpnssen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Stettin 1 (3). R.-B. Köslin 1 (1). I
K.-B. Posen 2 (3). K-B. Bromberg 1 (1). K.-B. Breslau 2 (3).
R.-B. Liegnitz 1 (1). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Düsseldorf 1 (1)
R.-B. Trier 2 (5). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen:
Kreishanptm. Bautzen 3 (4). Kreishanptm. Leipzig 1 (2).
Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 3 (4). Braun-
8cliweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Be¬
zirk Lothringen 1 (1).
B. von Hanl- nnd Klauenseuche (excL Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 19 (49). R.-B. Niederbayern 3 (3)
R.-B. Pfalz 7 (16). R.-B. Oberpfalz 3 (10). R.-B. Oberfranken 1(1).
R.-B. Mittelfranken 8 (18). R.-B. Unterfranken 12 (24). R.-B.
Schwaben 13(36). Sachsen: Kreishanptm. Leipzig 2 (3). Kreis¬
hauptm. Zwickau 1 (1). Württemberg: Neckarkreis 8 (13).
Schwarzwaldkreis 8 (20). Jagstkreis 11 (45). Donaukreis 10 (16).
Baden: Landescomm.Constanz3(3).Landescomm. Karlsruhe2(6).
Landescomm. Mannheim 3 (3). Hessen: Provinz Oberhessen 1(1).
Provinz Rheinhessen 4 (14). Sachsen-Weimar 1 (1). Olden¬
burg: Herzogth. Oldenburg 1 (3). Fürstenth. Birkenfeld 1 (8).
Braunschweig: 2 (2). Sachsen-Meiningen: 3 (3). Sachuen-
Coburg-Gotha: Herzogth. Gotha 2(3). Schwarburg-Rudol-
stadt: 1 (1). Waldeck: 2 (6). Bremen: 1 (4). Elsass-
Lotbringeu: Bezirk Unter-Elsass 2(2). Bezirk Ober-Elsass 1 (2).
Bezirk Lothringen 2 (9).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (5). R.-B.
Magdeburg 3 (4). R.-B. Merseburg 1 (1). Sachsen: Kreis-
hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishauptm. Zwickau 1 (1).
/
f
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
443
15. September 1898.
Fletechschau and Viehverkehr.
Berlin: Auszug aus dem Fleisohsohauberloht für Monat August 1898.
A. Schlachtbot.
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
11814
11961
41890
47 815
Ganz beanstandet. ....
154
49
11
416
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2002
40
—
2411
Davon gänzlich verworfen .
38
—
—
47
„ sterilisirt und verwerthet
42
8
1
235
„ theilweise verworfen . .
9
—
—
—
Also vollständig freigegeben
1913
32
1
2129
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
6
Mit Finnen behaftet ....
66
1
—
35
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
—
—
—
16
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
66
1
—
19
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
gekocht verwerthet . . .
—
2
1
39
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 2422 Stück, bei Kälbern 64 Stück, bei Schafen 1 Stück, bei
Schweinen 3126 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
17 540
6314
3236
9306
Beanstandet.
Wegen Tubercnlose wurden
48
14
2
19
beanstandet.
17
—
—
—
D^vpn sind sterilis. verwerthet
7
—
—.
—
Mithin gänzlich verworfen .
10
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
Davon schwach finnig und
12
—
—
—
gekocht verwerthet . . .
12
—
—
—
Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 24 dänische Kälber,
85 Wildschweine sowie 1269 dänische Rinderviertel.
Ergebnisse der Trlohlnen- und Finnensohau In Preussen 1897.
Laut einem Nachweis in den Veröffentlichungen des Kais.
Gesundheitsamtes wurden in Preussen im Jahre 1897 in Schlacht¬
häusern und auf dem platten Lande zusammen 8 320 405 Schweine
untersucht. Davon wurden trichinös befunden 1558 Stück =
0,018 pCt. oder 1,8 von 10 000, (ausserdem erwiesen sich 502 ame¬
rikanische Schinken und Speckseiten trichinös) und finnig 5646
= 0,067 pCt. oder 6,7 von 10C00, also 4 Mal soviel als trichi¬
nöse. Die Zahl der beschäftigten Fleischbeschauer betrug 27 441.
Gar keine Trichinen wurden gefunden in den Regierungsbezirken
Osnabrück, Aurich, Koblenz und Aachen, dagegen in Posen
498 = 0,21 pCt., also das 10 fache des Durchschnittes.
Bayern.
Uebersicht über das Vorkommen und die sanitätspolizeiliche
Behandlung tubercnlöser Schlachtthiere in den öffentlichen
Schlachthöfen Bayerns im Jahre 1897.
(Im Aufträge des K. Staatsministeriums des Innern zusammen¬
gestellt.)
Die Zahl der Schlachtungen betrug:
233 865 Rinder,
479 983 Kälber,
690 757 Schweine,
125 049 Schafe und Ziegen,
in Summa: 1 529 654 Thiere.
Hiervon waren tuberculös:
12 209 Rinder (5,2 pCt.),
233 Kälber (0,05 pCt.),
1816 Schweine (0,26 pCt.),
32 Schafe und Ziegen (0,03 pCt.),
in Summa: 14 290 Thiere (0,93 pCt.).
Hiervon sind
auf der Freibank
vernichtet
freigegeben
verkauft
worden
Rinder. . 8 187 (67,1 pCt)
3 690 (30,2 pCt.)
332 (2,7 pCt)
Kälber . . 35 (15,0 „ )
190 (81,6 „ )
8 (3,4 „ )
Schweine 1 105 (60,8 „ )
664 (36,6 „ )
47 (2,6 „ )
Schafe und
Ziegen 23 (71,9 „ )
4 (12,5 „ )
5 (15,6 „ )
Gesammt-
zahl . . 9 350 (65,4 ,. )
4 548 (31,8 „ )
392 (2,8 „ )
Gerichtsentscheidung in Gebfihren-Sachen.
Departements- oder kreisthierärztliche Gebühren.
In einer Privatstreitsache um ein Pferd hatte der Departe¬
mentsthierarzt K o 11 zu Koblenz verschiedene Verrichtungen,
darunter auch Reisen nach Neuwied etc. im Aufträge des Ge¬
richtes ausgeführt. Hierfür hatte ihm das Landgericht zu
Neuwied nur kreisthierärztliche Reisekosten und Tagegelder zu¬
gewiesen unter der Begründung, dass er departeraentsthierärzt-
liche Gebühren nur zu beanspruchen haben würde, wenn er im
besonderen Aufträge seiner Vorgesetzten Behörde thätig ge¬
wesen sei.
Das Oberlandesgericht zu Frankfurt a. M. hat am 2. März er.
diese Entscheidung aufgehoben und ihm departementsthierärzt-
lig^S (Gebühren zugebilligt. In der Begründung wird ausgeführt,
dass die Departementsthierärzte die ihrer Stellung zukommenden
Gebühren zu erhalten hätten in allen Fällen, welche nicht einen
Gegenstand ihrer kreisthierärztlichen Thätigkeit betreffen. Im
vorliegenden Processe habe aber die Untersuchung des streitigen
Pferdes und die Begutachtung zu Neuwied weder sachlich
noch örtlich mit der Thätigkeit des Sachverständigen als des
Kreisthierarztes des Kreises Koblenz in Berührung gestanden.
Die Ansicht (Albrecht Verordnungen und Ergänzungen betr.
die Rangverhältnisse; 1889, S. 143), dass Departementsthierärzte
in gerichtlichen Angelegenheiten überhaupt nur ausnahmsweise
die höheren Gebühren liqnidiren könnten, wenn sie in besonderem
Aufträge ihrer Vorgesetzten Behörde thätig gewesen seien, stehe
mit den Bestimmungen des Gesetzes vom 9. März 1872 nicht im
Einklang. Die höheren und niedrigen Sätze haben vielmehr bei
allen von Gerichten den Departementsthierärzten aufgetragenen
Verrichtungen unterschiedslos Anwendung zu finden, je nachdem
es sich um Reisen innerhalb oder ausserhalb des kreis¬
thierärztlichen Bezirkes handelt. In letzterem Falle sind al 60
jedesmal departementsthierärztliche Gebühren zu bewilligen.
Meiner Meinung nach ist dieser letztere Grund nicht ent¬
scheidend. Es entscheidet vielmehr die Art der Thätigkeit.
Denn nach der durch die Kgl. Verordnung vom 17. September 1876
abgeänderten Fassung des § 2 erhalten die Departementsthier¬
ärzte die höheren Gebühren in gerichtlichen Angelegenheiten bei
Verhandlungen, welche nicht einen Gegenstand ihrer kreisthier¬
ärztlichen Thätigkeit betreffen.
Die Untersuchung bezw. gerichtliche Begutachtung eines
Processpferdes im Währschaftsstreite ist nun niemals ein Gegen¬
stand kreisthierärztlicher Thätigkeit, mag sie im Kreise oder
ausserhalb desselben stattfinden. Es ist lediglich eine im Privatr
interesse vorgeuommene Handlung, die mit dem Amte des be-
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444
BERLINER THIERÄKZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 37.
treffenden Kreisthierarztes schon deswegen keine Beziehung hat,
weil das Gericht auch jeden Privatthierarzt damit beauftragen
könnte. Da die Handlung also nicht kreisthierärztlich ist, so
greifen in jedem Falle die departementsthierärztlichen Gebühren
Platz nach der Fassung des § 2, welche alle nicht kreisthier¬
ärztlichen (also auch die durch Privatinteresse veranlassten)
Verrichtungen den kreisthierärztlichen gegenüberstellt
Demnach ist dieser Fassung gegenüber auch der Einwand
hinfällig, dass der betreffende, wenn nicht als Kreisthierarzt, so
auch nicht als Departementsthierarzt gehandelt habe. Letzteres
i st gar nicht nöthig; entscheidend ist nur, dass er nicht als
Kreisthierarzt functionirt hat. Aber selbst, wenn man dem
Einwand stattgeben wollte, so wäre der Erfolg nur der, dass der
Betreffende dann eben als Privatthierarzt thätig gewesen ist.
Privatthierärzten stehen aber dieselben Gebühren zu, wie den
beamteten Thierärzten. Ein Departementsthierarzt würde also
auch in seiner Function als Privatthierarzt departementsthier¬
ärztliche Gebühren beanspruchen können, weil er eben die Stellung
eines solchen hat, sofern er nicht ein kreisthierärztliches Geschäft
vertreten hat. Es bleibt also bei jeder Auffassung dasselbe:
Departemontsthierärzte haben in privaten Rechtsstreitigkeiten in
jedem Falle auch als Departementsthierärzte zu liquidiren.
Biichcranzeigen und Kritiken.
Parasitologie.
Von Dr. A. Weichselbaum, o. ö. Prof, der pathol. Anatomie
in Wien. Verlag von G. Fischer, Jena 1898, 284 S. 78 Abb.
Preis 6 M.
Die vorliegende Abhandlung bildet die 36. Lieferung jenes
grossen Handbuchs der Hygiene von Th. Weyl. Da die Arbeit
nur für den Humanmediciner geschrieben ist, so erklärt es sich,
dass hauptsächlich nur die Parasiten berücksichtigt wurden,
welche für den menschlichen Organismus von Wichtigkeit sind.
Von den Parasiten der Thiere konnten nur die kurz Beachtung
finden, welche direct oder indirect zu Erkrankungen des Meuschen
führen. Gewisse Theile der Parasitologie, wie Epidemiologie,
Immunitätslehre, Schutzimpfungen u. s. w, welcho in anderen
Abschnitten des Handbuches behandelt werden, blieben gleichfalls
fort. Die Einschränkungen lassen es erklärlich erscheinen, dass
die Arbeit für den Veterinärmediciner nur von geringerer Be¬
deutung sein kann.
An sich zeichnet sich die Abhandlung vor Allem durch seine
übersichtliche und präcise Darstellung aus, welche alles über¬
flüssige Beiwerk vermeidet. Die Abbildungen sind ausreichend
und sehr anschaulich. Besonders werthvoll wird das Buch durch
die sorgfältige und reiche Bearbeitung der Literatur
Zu der Bemerkung über Rothlauf, pag. 228:
,. Ucher den praktischen Erfolg der bisher im Gebrauch stehenden
Schutzimpfungsmethoden , der älteren von Pasteur und Thui liier
und der neueren von Lorenz , sind aber die Meinungen noch getheilt.
Nach Voges genügt keine dieser Methoden den Anforderungen der Praxis “,
erwidert Ref., dass die Meinung der ausschlaggebenden Fachleute
— der prakticirenden Thierärzte — wohl keineswegs mehr als
„noch getheilt“ zu bezeichnen ist. Die praktischen Erfolge
sind entschieden grössere bei Methode Lorenz wie bei Methode
Pasteur, und in diesem Sinne genügt sie auch vollkommen
den „Anforderungen der Praxis!“ Bei den Kritiken für Methode
Pasteur vergisst man so häufig die beschränkte und bedingte
Anwendung, welche Alter der Thiere, Jahreszeit, bereits
herrschende Epidemie u. s. w. auferlegen, — ganz abgesehen von
den Bedenken über stets gleichmässige Stärke der gelieferten
Vaccins. Selbst die Gefahr der Verwechselung der Vaccins
Seitens der Laboratorien scheint vorhanden!
(Hierzu cf. Voges und Schütz, Impfungen gegen den Roth¬
lauf der Schweine, Zeitschr. f. Hyg. Bd. XXVIII, 1. Heft pag. 67.)
Ref. Hecker-Halle a. S.
Personalien.
Versetzt: Veterinär - Assessor und Departementsthierarzt Dr.
8 t e i n b a c h-Münster in die Departementsthierarztstelle des Reg.-
Bez. Trier, Kreisthierarzt J o h n-Haynau in die Kreisthierarztstelle
des Kreises Görlitz, Kreisthierarzt W a n c k e-Freystadt in die
Kreisthierarztstelle des Kreises Haynau.
Gewählt: Thierarzt 0. ß ä r 11 i n g-Hannover zum Schlachthaus-
Assistenzthierarzt in Erfurt.
Wohnsitzveränderungea, Niederlassungen eto.: Verzogen: Thier¬
arzt N e u m a n n-Darkehmen nach Neukirch (Ostpr.), Thierarzt
M o r d-Mainz nach Stommeln, Thierarzt K. Mülle r-Prenzlau nach
Frankfurt a. 0., Thierarzt Kypke-Daun nach Trier.
In der Armee: Befördert zum Rossarzt im Drag.-Reg. No. 14 der
Unterrossarzt Brohl vom Drag.-Rgt. No. 8, zum Rossarzt des
Beurlaubtenstandes der Unterrossarzt d. R. Dolle. — Versetzt:
Rossarzt Kösters vom Hus.-Rgt. No. 13 zum Ul-Rgt. No. 11,
Rossarzt Franke vom Feld.-Art.-Rgt No. 7 zum Hus.-Rgt. No. 13.
Auf ihren Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt die
Rossäi zte Zimmermann vom Drag.-Rgt. No. 1 und I b s c h e r
vom Ul.-Rgt. No. 10.
Todesfälle: Kreisthierarzt Grasnick-Kattowitz (0. S.), Bezirks¬
thierarzt a D. Jos. W i 11 m a n n - Pöcking (Bay.).
Yacanzen.
Kreisthierarz («teilen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Danzig: Elbing. Bew. bis 22. Sept — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land; Wehlau (noch nicht ausgeschrieben). — R.-B.
Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October. — R.-B. Marien¬
werder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Frankfurt: Königsberg N.-M. (nördl. Theil).—
R.-B.Osnabrück:Meppen(800M.Zuschuss). — R.-B. Trier: Daun.
Sanitätsthierarztstellen a)NeuausgeschriebeneStellen:
Elbi ng: Assistenzthierarzt(Privatpraxisgestattet). Bew.an Magistrat.
— Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindeanstalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: — Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendort
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit-
schen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt. Bew. an Magistrat —
Dassow (Mccklbg.-Schw.): Thierarzt — Eddelak (Holstein):
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel:
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann.
— Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. —
Geringswalde: Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Gross-
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Bew.
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kernberg: Thierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat — M a s s o w
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1GOO M.).
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans
Fleischbeschau 600 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬
marschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin): Thier¬
arzt — Schlawa i. Sohles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat
— Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 500 M.).
Bew. an den -Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutabes. Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimsthal. — Wetter (Ruhr): Thierarzt (Gebühren aus Fleisch-
schau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst.
Besetzt: Privatstelle: Neukirch (Ostpr.).
Verantwortlich Air den Inhalt (excl. Inneratenthell) Prot Dr. SchmalU in Berlin. — Verla« und Ei«enthum von Richard 8choett in Berlin. — Druck von W. Böxen*tein. Berlin.
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Die „Berliner Ttlerlrxülche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in ö“rfce von mindestens )*/* Bojen. Dieselbe
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Bchoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Origtnalbeitrfcge werden mit 50 Uk. fUr den Bogen honorin
Alle Manuscripte, Mittheilnngen und redaetionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Kzemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes,
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 38 . Ansgegeben am 22. September.
I n lial t: Pflanz: Ue b e r M o rp h i u m - A t r o p i n - E i n s p ri tzu n ge n bei Schulterlahmheiten. — Haase: Ein Fall von
G c li i r n t u b e rc u 1 o s e. — Wisnefsky: Schusswunden. — Referate: Schwarznecker: Keratitis punctata. —
Imrainger: Therapeutische Mittheilungen. — Früh n er: Der Nervenschnitt beim Spath nach Bosi. — M ft n z e r: Die Dürre,
ihr Einfluss auf die Viehhaltung und einige Folgekrankheiten derselben, nebst therapeutischen Bemerkungen. — Williams:
Myotomie des Schweifes und Klitoridektomie. — Katzke: Alopecia symptomatica, ein Beleg für Quecksilbervergiftung beim
Pferde durch therapeutische Dosen grauer Salbe. — Petruschky und Hinz: Ueber die Desinfection von Kleidungsstücken
mittelst strömenden Formaldehyds. — Cyon: Ueber die Function der Hypophysis ccrebri. — Unger: Das Colostrum. —
Therapeutische Notizen. — T h i e r h a 1 1 u n g und T h i e r z tt c h t. -—Tagesgeschichte: Landwirthschaft und Veterinär¬
wesen. — Ein Wort an die Schlacht haustlderärzte. — Verschiedenes. — Oeffentliches V e t e ri n ä rw e s e n : Seuchen¬
statistik und Veterinärpolizei. — Flcischscl au und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Ueber Morphium-Atropin-Einspritzungen bei
Schulterlahmheiten.
Von
Pflanz - Canth,
TLiersrzt
Injectionen von Morphium-Atropin sind von mir in letzter
Zeit in drei Fällen vorgenommen worden, von denen zwei recht
charakteristisch sind, weshalb ich mich entschlossen habe, die¬
selben zu veröffentlichen.
1. Eins meiner Wagenpferde wurde unterwegs plötzlich vorn
rechts lahm. Die Lahmheit wurde in kurzer Zeit so stark, dass
das Pferd nur mühsam die letzten fünf Kilometer bis zu meiner
Wohnung znrücklegen konnte.
Die Untersuchung des Hufes, der Gelenke etc. ergab ein
negatives Resultat.
Beim Vorführen wurde der Fass stark nachgeschleppt, die
Belastung war unvollkommen, auch bekundete das Thier starken
Schmerz beim Hervorziehen des Fusses nach vorn, sodass die
Diagnose „S c h u 11 e r 1 a h m h e i t“ leicht zu stellen war.
Ich Hess das Pferd in den Stall führen und eine halbe Stunde
rnhen. Als es nach dieser Zeit wieder herausgenommen wurde,
war die Lahmheit so stark ansgebildet, dass der kranke Fass
kaum die Hälfte der Schrittlänge ansführen konnte wie der ge¬
sunde.
Es wurde noch am selben Nachmittag 0,03 Atropin, 0,2 Mor¬
phin. und 20,0 Aqu. dest. injicirt und das Pferd gnt in warme
Decken eingehüllt.
Als ich am nächsten Morgen den Patienten vorführen Hess,
war die Lahmheit vollständig geschwunden. Ich gab dem Pferde
noch zwei Tage Ruhe und habe es seitdem wieder zu allen grossen
Touren benutzt, ohne dass bisher die geringste Spnr einer Lahm¬
heit wieder aufgetreten wäre.
Es sind seitdem mehr als drei Monate verstrichen.
2. Ein Pferd war von mir anf beiden Hinterfüssen am Strahl¬
krebs operirt worden. Die Operation nahm, da die Zerstörungs-
processe an beiden Hufen sehr weit vorgeschritten waren und
auch grössere Theile der Wand mit entfernt werden mussten,
längere Zeit in Anspruch. Die Operation war unter Narcose ans
geführt worden, wodurch ebenfalls noch einige Zeit verstrichen
war, sodass der Patient über zwei Stunden in den Fesseln ge¬
legen hatte.
Als das Pferd aufstand, war eine complette Radialislähmnng
des linken Vorderfusses eingetreten. Das Pferd belastete zeit¬
weilig den Fuss, knickte aber nach einigen Secunden immer
wieder nach vorn über. Ich Hess das Thier in den Nothstand
stellen und durch Bauchgurte unterstützen. Anfangs schien sich
der Zustand auch bessern zu wollen, sodass icli schon meinte, es
läge nur eine starke Compression und Lähmung der Musculatur vor.
Nach etwa zwei Stunden jedoch war die Lähmung eine voll¬
ständige, sodass überhaupt keine Belastung mehr erfolgte.
In den folgenden sechs bis sieben Tagen wurde täglich zwei
Mal je eine halbe Stunde Massage angeordnet, jedoch ohne jeden
Erfolg, ebenso blieben Injectionen von Veratrin ohne Wirkung.
Da das Pferd auf beiden Hinterfüssen ebenfalls grosse
Schmerzen hatte, so konnte es sich nur mit Mühe aufrecht er¬
halten, und es war der tägliche Verbandwechsel mit grossen
Schwierigkeiten verknüpft.
Als nach acht Tagen noch keine Besserung der Lähmung ein¬
getreten war, gab ich subcntan Morphin. 0.2, Atropin 0,05 and
Aqu. dest. 20,0. Am nächsten und übernächsten Tage war der
Zustand unverändert.
Als ich jedoch am dritten Tage in den Stall kam, sah ich zu
meiner Frende, dass die Lähmung vollständig gehoben war.
Das Pferd belastete den linken Vorderfuss genau so gut wie
den rechten, auch bei der Bewegung war keine Störung mehr be¬
merkbar. Ein Recidiv ist bis hente nicht eingetreten.
3. Der dritte Fall betraf ein Pferd mit Sehnenscheidenent¬
zündung. Es war dies nur ein Versuch, von dem ich mir von
vornherein nichts versprach. Selbstredend blieb die Injection
in diesem Falle ohne Wirkung.
Unangenehme Nebenwirkungen traten bei keinem der drei
Pferde auf.
Ein Fall von Gehirntuberculose.
Von
C. Haase-Hohenmülsen.
Thierarzt.
Am 13. Mai wurde ich von einem Landwirthe eines benach¬
barten Dorfes anfgefordert, eine seiner Kalben zu untersuchen,
da dieselbe heute plötzlich niedergefallen sei und Krämpfe zeige
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44G
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3H
Dieselbe habe schon 14 Tage znvor solchen Anfall von kurzer
Dauer gehabt. Als ich am 14. früh der Aufforderung nachkam,
fand ich das Thier gerade in einem Anfalle vor. Es lag auf der
rechten Seite, hatte den Kopf und Hals in der Weise gedreht,
dass Kehlgegend und Unterkiefergegend schräg nach oben
zeigten. Dabei bestanden andauernd Gesichtskrämpfe, Verdrehen
und Rollen der Augen, krampfhafte Zuckungen der Lippen,
Knirschen mit den Zähnen unter Stöhnen, Speicheln, so dass die
Maulspalte durch schaumigen Speichel zum Theil verdeckt war.
Ferner wurden die Gliedmassen in anhaltenden Krämpfen ständig
vor und zurück bewegt. Die Athmung war freqnent und ange¬
strengt. Wie mir der Besitzer mittheilte, hatte das Thier
w'ährend der Nacht mehrere solcher Anfälle gehabt, welche von
krampffreien Pausen unterbrochen waren. An dem Thiere,
welches sich in gutem Ernährungszustände befand, waren andere
Abweichungen, welche zur Erklärung des Zustandes herangezogen
werden konnten, nicht zu finden; jedoch war es entsprechend
seinem Alter etwas klein und im Wachsthum zurückgeblieben.
Diagnose: Gehirnkrämpfe, deren Ursache unbekannt.
Ich rieth zur Nothschlachtung, welche dann auch sofort, noch
während des Anfalles, vollzogen wurde. Vor der vollständigen
Abhäutung wurde der Kopf vom Halse zwischen Hinterhauptsbein
und Atlas getrennt. Dabei lag das Thier auf dem Rücken und
war der Kopf, auf der Stirn liegend, auf dem Boden ausgestreckt.
Nachdem alle Organe an der ventralen Halsseite durchschnitten
waren, wurde das untere Verstopfungsband, sowie die beiden
Kapselbänder zwischen Hinterhauptsbein und Atlas an der ven¬
tralen Seite mit einigen vorsichtigen Zügen durchschnitten und
somit der Raum zwischen beiden vollständig freigelegt. Es fiel
sofort eine ganz klare, wasserhelle Flüssigkeit auf, mit welcher
der Subduralraum an dieser Stelle prall angefüllt war*).
Bei vollständiger Trennung des Kopfgelenks und Qurch-
schneidung des Rückenmarks floss diese Flüssigkeit in ziemlich
bedeutender Menge ab; leider war ich nicht vorbereitet, dieselbe
anfzufangen.
Die weitere Autopsie ergab dann generalisirte Tuberculose,
in Folge deren das Fleisch ungeniessbar war.
Die Veränderungen des Gehirns waren speciell folgende:
Pia mater an der Basilarfläche und dem unteren Theil der
nach den Seiten der Hemisphäre aufsteigenden Furchen mit zahl¬
reichen grieskorngrossen weissgrauen Tuberkeln besetzt, welche
perlschnurartig den Furchen und Gefässen entlang angeordnet
sind. Viele solcher Knötchen befinden sich in der Pia mater des
Balkens zwischen beiden Hemisphären. Das kleine Gehirn ist
frei von tuberculösen Veränderungen, während die Basilarfläche
der Medulla nahezu vollständig bedeckt ist mit Tuberkeln gleicher
Grösse und Beschaffenheit.
Nach beendigter Section dräugte sich mir die Frage auf:
Sind die bei Lebzeiten des Thieres beobachteten Krampfanfälle
durch die Anwesenheit des Transudats in den Subduralräumen
und Kammern des Gehirns verursacht oder durch die Tuberkeln?
Ich beantwortete mir dieselbe dahin: Durch die Anwesenheit des
Transudats und durch Druck desselben auf das Gehirn, denn die
Anfälle wurden, mit Ausnahme von einem früheren, in den letzten
12—18 Stunden beobachtet. Dieselben mussten also durch eine
kurz zuvor eingetretene Veränderung bedingt sein. Diese Ver¬
änderung kann jedoch nur die gradatim zunehmende Ausscheidung
•) Meiner Ansicht nach dürfte diese Stelle am Geeignetsten sein
zur Beurtheilung der Frage, ob sich ein pathologisches Transudat
und in welcher Menge an der Basilarfläche des Gehirns und der
Medulla befindet, und auch zur Punktion und Aufsaugung des Tran¬
sudats mit Pravatz’scher Spritze etc. will mir diese Stelle am
Passendsten erscheinen; natürlich in gestreckter Dorsallagc des
Cadavers.
des Vorgefundenen Transudats sein. Wären die Krampfanfälle
durch die Tuberkeln verursacht, so hätten solche schon längere
Zeit zuvor zur Beobachtung gelangen müssen, und hätten dann
durch die ganze Zeit bis zum Tode des Thieres andauern müssen.
Da wir den am Gehirn Vorgefundenen tuberculösen Veränderungen
jedoch ohne jeden Zweifel ein bei weitem höheres Alter als
18 Stunden beimessen müssen — dieselben dürften mindestens
einige Wochen alt sein —, und da in der Zwischenzeit, vom
ersten Anfalle bis zu demjenigen am 13. Mai beobachteten das
Thier vollständig gesund erschien, so ist es ausgeschlossen, dass
die Krampferscheinungen durch die Tuberkeln an und für sich
hervorgerufen sein könnten.
Ist aber erwiesen, dass die Krampferscheinungen durch die
Anwesenheit des Transudats verursacht sind, so sehe ich in der
mitgetheilten Beobachtung einen Beweis für die Richtigkeit der
von mir mitgetheilten Behauptung, dass die bei der Cerebrospinal¬
meningitis epidemica des Pferdes beobachteten Krampf- und
Unruheerscheinungen lediglich und allein durch die Anwesenheit
eines Transudats und Druck desselben auf das Parenchym des
Gehirns ausgelöst werden. (Siehe „B. T. W.“ 1896. p. 603 und
folgende.)
Schusswunden.
Von
Wisaefsky-Stettin,
Tliienrit.
Schu8sverletznngen mit tödtlichem Ausgang gehören, ab¬
gesehen von einzelnen Fällen, die bei Jagdhunden durch Schrotkörner
verursacht werden, in Friedenszeiten zu den Seltenheiten. Der
vorliegende Fall verdient um so mehr Interesse, als es sich dabei
um die böswillige Tödtung eines Pferdes durch einen Schuss
handelt. Gelegentlich eines Besuches in F. wurde ich von dem
Halbbauer G. zu F. aufgefordert, ein demselben gehöriges Pferd
zu besichtigen, welches nach seiner Angabe in der Nacht vom
16. zum 17. Januar d. J. von seinem Gehöft gestohlen sein sollte
und welches er am anderen Morgen todt aufgefunden hatte. Nach
seiner Meinung sollte das Pferd erschossen worden sein.
Ich begab mich in Folge dessen von F. nach G. und fand das
Pferde ca. eine halbe Stunde vom Dorfe entfernt, halb auf der
rechten Seite in einem Wassergraben liegend.
Nährzustand des Thieres gut, Todtenstarre eingetreten, Zahn¬
reihen fest geschlossen. Blutausfluss ans den natürlichen Körper¬
öffnungen nicht vorhanden. Sichtbare Schleimhäute anämisch,
ebenso die Zange, die aus dem linken Maulwinkel heraushing.
Im unteren Drittel der linken Brustwand ein kreisrundes,
haselnussgrosses, glattrandiges und tiefes Loch. Die Haare in
der Umgebung dieses Loches sowie die Wundränder selbt waren
nicht verbrannt. Auf der rechten Brustwand eine Gegenöffnung
in der Grösse eines Apfels, die tiefer lag als diejenige der linken
Seite und deren Wundränder stark zerrissen waren. Es handelte
sich also wahrscheinlich um die Tödtung durch einen Schuss und
bei der am folgenden Tage beim Abdecker zu N. vorgenommenen
Section stellte ich nun Folgendes fest:
Beim Abledern der Haut bemerkte man auf der linken Brust¬
seite, dass das Unterhautbindegewebe im Umkreise von Hand¬
flächen um die Einschussöffnung blutig infiltrirt war. Beim Ein¬
fuhren des Fingers in dieselbe erweiterte sich das Loch nach
seinem Durchtritt durch die Schnlteraponeurose und ausserdem
fühlte man in der Tiefe zerrissene Musculatur. Die um die
Schussöffnung liegenden Muskeln waren im Bereich des Brust¬
kastens nach hinten ungefähr bis zur 9. Rippe, nach vorn bis zum
Ansatz des Halses blutig infiltrirt Beim Abtrennen des Schulter¬
blattes trat flüssiges, dunkelroth gefärbtes Blut ans der Schuss¬
wunde hervor, und ich konnte nun feststellen, dass der Schuss
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447
22. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
zwischen der 3. und 4. Rippe, uugefälfr 20 cm über dem Brust¬
bein, durchgegangen war. Die zwischen den Rippen befindliche
Oefihung war von der Grösse einer starken Wallnuss.
Am unteren Rand des linken vorderen Lungenlappens zeigte
sich ein faustgrosser „Substanzverlust“ mit sehr stark zerfetzten
Rändern. Nach Eröffnung des Brustkastens entleerte sich etwa
ein Eimer theils geronnenen, theils flüssigen schwarzroth ge¬
färbten Blutes. Der Herzbeutel war prall gefüllt, beim Ein¬
schneiden entleerten sich grosse Klumpen dunkelroth gefärbter
Coagula. Bei Herausnahme des Herzens aus dem Herzbeutel
liess sich ein Kanal feststellen, der quer durch die rechte Herz¬
kammer ging. Die Oeffnung, die sich auf der linken Seite des
Herzens befand, war etwa pflaumengross und zeigte zerrissene
Wundränder; die der rechten Seite war apfelgross und hatte sehr
zerfetzte Wundränder. Die Oeffnung linkerseits lag an der Kranz¬
furche, ungefähr 3 cm von der linken Längsfurche entfernt, die
der rechten Seite etwa in der Mitte der rechten Kammer, dicht
unter der Kranzfurche.
Die Lungenarterie war beim Eintritt in den rechten Ventrikel
zerrissen, ebenso waren auch die Tricuspidalklappen zerfetzt.
Die linke Herzkammer war theilweise mit geronnenem Blut
angefüllt.
Der vordere rechte Lungenlappen war blutig infiltrirt. Der
vordere Rand der rechten Rippe zeigte einen pflaumengrossen
Substanzverlust mit stark zerrissenen Rändern.
Die rechte Körperseite war nach hinten bis zur 9. Rippe,
nach vorn etwa bis zur Mitte des Halses sulzig und blutig in¬
filtrirt. Die übrigen Theile der Brustorgane waren blassroth
gefärbt. In der Bauchhöhle befand sich eine kleine Menge seröser |
Flüssigkeit.
Die Bauchorgane, insbesondere Magen und Darm, waren sehr
blass und blutleer, ebenso auch das Gekröse. Die Milz zeigte
eine graublaue Farbe.
Der mittlere und rechte Lappen der Leber waren durch
Hypostase dunkelroth gefärbt, während der linke Lappen ein
lehmfarbenes, ausgewässertes Aussehen hatte. Die gesammte
Musculatur des Cadavers zeigte eine blassrothe Farbe.
Referate.
Keratitis punctata.
Von Corpsrossarzt Schwarznecker.
(Zuchr. f. Veterlo&rkd., M*1 1898.)
Schwarznecker hat schon früher hervorgehoben, dass einer
späteren inneren Augenentzündung oft eine Erkrankung der
Cornea vorangeht, welche zahlreiche kleine, scharf begrenzte
Trübungen enthält und offensichtlich mit der inneren Augen¬
entzündung Zusammenhänge S. hat in den letzten Jahren bei
zwei preuBsischen und zwei österreichischen Pferden eine ähnliche
Form von Hornhanterkrankung beobachtet. Entzündliche Er¬
scheinungen bestanden nicht. Beide Augen wurden gleichmässig
gut geöffnet. Von der Seite schien die Cornea glatt und spiegelnd,
aber bei guter Beleuchtung von der Seite und bei durchfallendem
Licht zeigten sie unzählige kleine punktförmige, grauweisse,
scharf begrenzte Trübungen. In den Abständen derselben war
das Gewebe völlig klar. Die meisten Punkte sassen peripher.
Bei dem ersten zufälligen Fund waren Gefässbildungen am Rande
noch nicht vorhanden, ebensowenig innere Augenveränderungen
nachzuweisen.
Der weitere Verlauf gestaltete sich nun verschieden. Bei
dem ersten Pferde waren die Veränderungen erst auf dem linken,
14 Tage später auf dem rechten Auge entstanden. Die Punkte
vergrösserten nnd vereinigten sich. Am Rande trat Gefässbildnng
auf. Am oberen und unteren Rande entstanden flache Hervor¬
wölbungen, dagegen trat weder Lichtscheu noch Thränenfluss
ein. Eine vier monatliche Behandlung verminderte zwar die
Trübungen im Centrum; am Rande blieben sie aber bestehen und
wurden pigmentirt. Sehvermögen fast aufgehoben.
In zwei Fällen beschränkte sich die Erkrankung auf das
linke Auge, das rechte blieb während fünfmonatlicher Beobachtungs¬
zeit gesund. Die punktförmigen Trübungen flössen nur an wenigen
Stellen zusammen und blieben auf den Rand beschränkt. Bei
einem Pferde entstand auch eine graugelbe Hervorwölbung vom
Durchmesser einer Erbse. Durch Tuschiren mit dem Höllen¬
steinstift wurde die Trübung grösstentheils beseitigt.
Im vierten Falle bestanden zahlreiche Punkte auf dem rechten
Auge. Innere Veränderungen ergaben sich nicht, 4 Monate lang
blieb der Zustand still stehen. Dann war eine merkliche Steigerung
der Trübung festzustellen, die einen Einblick ins Augeninnere
nicht mehr gestattete. Die Behandlung führte zu einer Ver¬
minderung der Trübung.
Das Leiden, über welches bisher nur vereinzelte Mittheilungen
gemacht sind, ist unzweifelhaft bedenklich und zeichnet sich
durch seinen chronischen Verlauf aus. Die Gefässbildung
am Rande der Cornea konnte erst nach Ablauf von 4 Wochen
nachgewiesen werden. Sitz der Erkrankung ist derBindegewebs-
theil der Cornea, während das Epithel auch in den schweren
Fällen intact bleibt. Ueber die Ursache des Leidens konnte nichts
ermittelt werden, da die Pferde neu gekauft waren. In Bezug
auf die gerichtliche Begutachtung kann diese Erkrankung der
Hornhaut der periodischen Augenentzündung ziemlich gleich¬
gestellt werden.
Therapeutische Mittheilungen.
Von Kreisthierarzt Imminger.
(Woohr. f. Th. Bd. 42, No. SS—$5.)
Die Sommerräude der Pferde macht manchem Praktiker viel
zu schaffen. Das Ekzem breitet sich bekanntlich über den ganzen
Körper aus und die Thiere benehmen sich wie bei der Räude.
Der nicht übertragbare Charakter zeigt sich daran, dass die mit
demselben Putzzeug gereinigten Nachbarpferde nicht erkrankten.
Imminger hat gegen dieses schwierig zu behandelnde Leiden
nur folgendes Mittel bewährt gefunden: Er reibt die Pferde nur
einmal, aber gehörig an den erkrankten Stellen ein mit 50 g
sublimirtem Schwefel, in einer Reibschale mit 5 g metallischem
Queksilber vermischt, bis das Pulver eine dunkelgraue Farbe
bekommt; dazu 20 g feinst gepulverte Canthariden gleichmässig
vertheilt und das Ganze mit 400 g amerikanischer Vaseline ver¬
bunden. Bei sehr ausgebreitetem Ekzem dürfen nicht alle Stellen
gleichzeitig eingerieben werden, und es empfiehlt sich, die
Geschirrlage zuerst zu behandeln. Nach 2 Tagen ist die ein¬
geriebene Stelle mit Wasser und Seife gut zu reinigen, worauf
dann an anderen Stellen fortgefahren werden kano. Bei sen-
sibeln Pferden muss man die erkrankte Partie in kleine Abschnitte
theilen. Wenn der Kopf ergriffen ist, erfordern die Augen Vor¬
sicht. Es kann Vorkommen, dass einzelne Stellen übersehen
werden; der weiter bestehende Juckreiz zeigt das an, nnd hier wird
etwas nachgerieben. Einige Tage später sind die Pferde wieder¬
holt mit Seife und warmem Wasser zu waschen, um die Ab¬
schuppung zu beseitigen. Auch ist das Putzen einige Zeit mit
Schonung vorzunehmen. Mit derselben Salbe können übrigens
auch räudekranke Pferde mit Erfolg behandelt werden. Auch
beim Mähnengrind ist der Erfolg ein sehr guter. Hier muss man
aber eventuell innerhalb 2—3 Tagen wiederholt einreiben, auch
die an den erkrankten Stellen noch vorhandenen langen Haare
abscheeren. Dabei darf acht Tage lang kein Kummetgeschirr
aufgelegt werden. Auch der öfter bestehende Juckreiz am Schwanz
ist, von der Reinlichkeit abgesehen, eventl. mit jener Salbe zu
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448
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 3a
behandeln. Vorsicht für die angnnzenden feinen Hautpartieu
ist erforderlich. Bei sehr edlen Pferden würde die Salbe hier zu
verdünnen sein. Auch bei Hnnden hat sich die Salbe bewährt.
Ein fast vergessenes Mittel ist das sogenannte Binz'sehe
Liniment, welches gegen Brustbenlen schon von Hertwig
empfohlen und von Iversen etwas modificirt ist. Letztere
Modification empfiehlt Imminger. Die Zusammensetzung ist:
Hydrarg. bichlorat. corros. 3,75 Pulv. cantharid. und Gummi
euphorb. pulv. aa. 655, Acid. nitric. fumans 10,3, Acid. sulfur.
concent. 14,05. — Es empfiehlt sich, die Arzneistoffe erst unmittel¬
bar vor der Anwendung zu mischen. Die Säuren werden für
sich gemischt; die Pulver in einer Reibschale innig zusammen¬
gerieben und dann die Säure zugesetzt. Nach dem Zugiessen ist
das Pulver rasch umzurühren, und zwar mit langem Pistill, da
die Masse unter Hitzeentwickelung und Dampf aufbraust (Alles
am besten im Freien). Die Masse wird so warm als möglich
aufgetragen, nachdem vorher die Umgebung mit Tischlerleim ein¬
gestrichen ist. Das Mittel empfiehlt sich bei derben Schwellungen
verschiedener Art, wo sich die Wirkung sehr bald bemerklich
macht. So hatte ein Arbeitspferd an der linken Vorderbrust eine
schmerzlose stetig wachsende Geschwulst von 45 : 35 cm Durch¬
messer und 15 cm Tiefe, die schon nach 2 bis 3 Wochen ge¬
schwunden war. Die eigentliche Brustbeule behandelt Imminger
jedoch stets operativ. Auch bei alten harten Stollbeulen, bei
denen sich die Operation in der Praxis nicht empfiehlt, ist die
Wirkung des Binz’schen Liniments vorzüglich. Auch bei harten
bindegewebigen Verdickungen im Bereich des Bandapparates der
Kniescheibe sind Erfolge zu erzielen, wobei die Pferde 2 bis 3
Wochen lang Ruhe haben müssen. Eben so empfiehlt Imminger
das Liniment beim Spat. Es ruft eine lange derbe, gleichmässige
Entzündung hervor und bringt die sichtbaren Knochenauftreibungen
zum Schwinden. Auch hier müssen die Pferde 2 bis 3 Wochen
lang stehen. Imminger trägt das Liniment dabei an einer hand¬
tellergrossen Stelle auf, deren Umgebung auch wieder mit Leim
bestrichen ist. Das Pferd ist 24 Stunden lang hoch zu binden.
Die Fowler’sche Lösung ist ebenfalls ein Mittel, welches
bei verschiedenen Leiden zur Anwendung gebracht zu werden
verdient. Es wird ganz in der Zusammensetzung der Pliarma-
copoe auf das Futter gegeben oder im Getränk verabreicht.
Gegen Spulwürmer der Pferde ist der Erfolg ausgezeichnet.
Fohlen haben oft sehr viel Ascariden, ohne dass ein Wurm ab¬
ginge; welche fressen schlecht und magern ab, andere wieder
zeigen regen Appetit und guten Nährzustand. Der Thierarzt
wird aber gerufen, weil das Fohlen nicht mehr so leicht auf¬
stehen kann, so dass der Besitzer einen Kreuzschaden vermuthet.
Man würde dabei au alles Andere eher als an das Vorhanden¬
sein von Würmern denken. Die Kreuzschwäche wird aber immer
stärker. Es tritt Fieber, plötzliche Abmagerung und Tod ein,
und es finden sich dann ungeheuere Mengen von Würmern. Es
scheint, als ob die Ascariden im Darm einen giftigen, lähmenden
Stoff fabriciren. Ist steifer Gang mit etwas steifer Haltung des
Halses verbunden, so kann fast mit Bestimmtheit auf das Vor¬
handensein der Parasiten geschlossen werden. Das Arsenik darf
nicht in Pulverform gegeben werden, weil dadurch leicht An¬
ätzungen entstehen. Man gebe Fohlen im Alter von 3 bis 6
Monaten täglich 1 bis 2 Kaffeelöffel Arseniklösung. Vorsicht ist
erforderlich, da manche Thiere sehr empfindlich sind. Treten
heftige Diarrhoen auf, so wird 1 bis 2 Tage ausgesetzt Sind
übrigens erst Lähmungserscheinungen aufgetreten, so hilft die
Beseitigung der Würmer nichts mehr. Aelteren Pferden kann man
täglich Früh und Abends je 2 Esslöffel geben. Die Würmer
gehen meistens am 3. und 4. Tage ab. Auch Leberegel der
Rinder können, wenn noch nicht eine völlige Kachexie ausgebildet
ist, mit dem Liquor, kafc arsen. abgetrieben werden. Grosse
Rinder erhalten täglich früh und Abends je 2, kleinere je 1 Ess¬
löffel im Getränk. Nach 8 bis 10 Tagen finden sich zahlreiche
Egel im Kotb. Bei chronischem Magen- und Darmkatarrh, sowie
bei infectiösem Katarrh ist die Fowler’sche Lösung ebenfalls
bewährt. Bricht letztere Krankheit im Stalle aus, so gebe man
den noch gesunden Pferden sofort Arseniklösung ins Futter,
älteren Thieren täglich | Esslöffel 8 bis 10 Tage lang, jüngeren
weniger. Sehr wirkungsvoll ist eine 14tägige Arsenikkur bei
Fohlen, welche mit Fremden zusammen auf Weiden gebracht
werden Collen, weil dadurch die Widerstandsfähigkeit gegen
infectiöse Katarrhe gehoben wird. Ueber die Art der Arsenik¬
wirkung hat Dr. Hans Büchner (München 1883) eine inter¬
essante Arbeit veröffentlicht.
Das Jodkalium ist schon längst als erstes Mittel bei Actinomy-
cose der Rinder empfohlen. Die neuerdings von Schmidt-
Kolding eingeführte Therapie der Gebärparese hat einen ganz
vorzüglichen Erfolg, den Imminger jedoch früher schon durch
innerliche Gaben von Jodkalium erzielen konnte, wie überhaupt
bei allen noch sehr dunkeln Futter- und anderen Vergiftungs¬
formen das Jodkalium in täglich dreimaligen Gaben von 10 g
frappante Dienste leistet. Nachzuprüfen empfiehlt Imminger
die Wirkung des Mittels bei malignem Oedem. Er konnte bei
frühzeitiger Verwendung immer einen Stillstand in der Weiter¬
entwickelung des Krankheitsprocesses besonders beim Rinde
beobachten (4 bis 6 Tage lang, täglich drei Mal 8 bis 10 g).
Seine Versuche sind jedoch noch nicht zahlreich genug. Es
empfiehlt sich im Uebrigen aber bei Anwendung des Jodkaliums
den Besitzer darauf aufmerksam zu machen, dass nach wenigen
Tagen, namentlich bei Dürrfütterung, über den ganzen Körper
ein Jodausschlag auftritt, verbunden mit Husten und Nasen-
ausfiuss.
Der Nervenschiiitt beim Spath nach Bosi.
Von Prof. Fröhner.
(Mtsb. f. Tblerblkd., Bd. 9, 9.)
Bosi hat, wie auch in der B. T. W. No. 18 referirt worden
ist, die gleichzeitige Durchschneidung des Nervus peroneus und
tibialis empfohlen. F. hat dieses Verfahren an einem spathlabmen
Pferde nachgeprüft. Das Pferd war ein Jahr lahm; es bestand
erhebliche Lahmheit und starke Exostose. Die Diagnose war un¬
zweifelhaft. Es wurde zunächst in der bekannten Weise die
Neurectomie am Tibialis vorgenommen, dann das Pferd über den
Rücken gewälzt, der Peroneus etwa in gleicher Höhe zwischen
dem langen und seitlichen Zehenstrecker aufgesucht und durch¬
schnitten. Schon als das Pferd sich erhob und herumgefflhrt
wurde, war die Lahmheit verschwunden. Als das Pferd am
5. März im Schritt und Trab vorgeführt wurde, war die Lahm¬
heit vollständig beseitigt und blieb es auch. Dieser Erfolg er¬
muntert zu weiteren Versuchen.
Fröhner weist jedoch daraufhin, dass die Doppelneurotomie.
auch wenn sie sich bewährt, die Anwendung des perforirenden
Spathbrennens nicht ausschliesst. Das letztere ist ein so aas¬
gezeichnetes und einfaches Mittel, dass eB in der Praxis deD
Vorrang vor der Neurotomie behaupten wird. Aber es hilft nicht
in allen Fällen, und in diesen würde als ultima ratio die Neuro¬
tomie an der Innen und Aussenseite Beachtung verdienen.
Die Dörre, ihr Einfluss auf die Viehhaltung und einig®
Folgekrankheiten derselben, nebst therapeutischen
Bemerkungen.
Von Hugo Münzer, Bezirkstbierarzt in Plan.
(Oeilerr. MouaUichr. f. Thlkd. 1898, H. 6.)
Im Sommer 1893 hatte der politische Bezirk Plan, d er
Wohnsitz des Verf., unter grosser Dürre und Trockenheit z“
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22. September 1898.
leiden. Es entstand in Folge dessen ein äusserst empfindlicher
Mangel an Fntter und Stroh für das Vieh. Grossgrundbesitzer
und Bauer mussten ihre Bestände vielfach um die Hälfte redu-
ciren. Und die übrig bleibenden Thiere litten an Krankheiten,
welche durch das kärglich gewonnene minderwerthige Futter
bedingt wurden.
Eine weit verbreitete Erscheinung bei dem unter der Miss¬
ernte leidenden Vieh war Schwäche und Steifheit in den Füssen-
Weiter kam epizootisch Fragilitas ossium vor, welche Verf.
nicht lediglich dem Mangel an Kalksalzen in den Futterpflanzen
zuBchreibt, sondern noch auf andere Einflüsse, verdorbene Futter¬
mittel etc. zurückführt.
Gleichzeitig mit dem Auftreten der Knochenbrüchigkeit
wurden Verletzungen der Zunge beobachtet, die durch das E-n
stechen rauher, harter Futtertheile erzeugt wurden. Auftällig
häufig entstanden die Verletzungen an der Zungenwulst bei
denjenigen Thieren, bei denen sich dieser Theil im scharfen Ab¬
satz über den Rücken der Zunge emporhebt, während die Indi¬
viduen mit ebener Zungenoberfläche an diesen Nachtheilen nicht
litten. Infolge der Verwundung entwickelte sich an der Zungen¬
wulst eine Art Geschwür, womit starkes Geifern und Schluck-
beschwerden verbunden waren. Das Leiden wird in jener
Gegend mit der Bezeichnung „Wolf' belegt.
Zungenactinomycose hat der Verf. in seiner bujatrischen
Praxis in anderen Jahren nur selten beobachtet, im Herbste
1893 gelangte die Krankheit nicht weniger als 14 Mal zu seiner
Kenntniss und Behandlung. Glänzende Erfolge lieferte hierbei
die von Prof. Thomasken empfohlene Jodkalibehandlung.
Von andern Krankheiten nahmen noch acute und chronische
Magen- und Darmkatarrhe überhand, ferner kamen mehr als
sonst Fremdkörper im Magen vor. Das eingeführte gepresste
Stroh und Heu waren mit Draht gebunden. Theile dieses
Drahtes gelangten ins Futter und wurden von den Rindern häufig
mit abgeschluckt.
Myotomie des Schweifes and Klitoridektomie.
Von W. L. Williams, D. V. S, Ithaca.
Aus d. Chirurg, und geburtahilfl. Klinik des New York State
Veterinary College.
(Vet. Journal 189< H 277.)
Jn der periodischen Literatur ist mehrfach mitgetheilt worden,
dass bei kitzlichen mit der Untugend des Leinenfangens und
Strangschlagens behafteten Stuten durch die Exstirpation der
Klitoris das fehlerhafte Temperament beiseitigt oder gebessert
worden sei. Einen gleichen Erfolg will Verf. auch in zwei
Fällen erzielt haben durch die Myotomie des Schweifes. Eine
gut gezogene Traberstute und eine kleine, schon bejahrte Stute
des amerikanischen Landschlags hatten die üble Gewohnheit, mit
dem Schweif nach der Leine zu greifen und dann hinten auszu¬
schlagen, sodaBS der Kutscher jedesmal in Gefahr gerieth. Verf.
trennte nun bei den Pferden die Mm. coccygei infer. und schnitt
gleichzeitig ein 5 Zoll langes Muskelstück aus. Nach Heilung
der Wunden hatten die Pferde angeblich ihre Untugenden ver¬
loren.
Alopecia symptomatica, ein Beleg für Quecksilber¬
vergiftung beim Pferde durch therapeutische Dosen
graner Salbe.
Von Rossarzt Katzke.
(ZUchr. f. Veterln&rkd. Juni 1898.)
Nach neueren Untersuchungen in der Menschenheilkunde ist
die Alopecia areata specifisch infectiös. Dagegen wird die
A. symptomatica übereinstimmend als Theilerscheinung irgend
einer Allgemeinerkrankung aufgefasst. Es ist nicht immer leicht,
die Ursache des Allgemeinleidens ausfindig zn machen. In den
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verschiedenen Artikeln, betreffend Beobachtungen beim Pferde,
enthalten sich daher die Autoren einer Aeusserung über die
Ursache der Krankheit. — Ein Pferd war von K. wegen einer
wallnu88grosBen verhärteten Anschwellung am linken Fersenbein
behandelt worden. Zur Unterstützung der übrigen Behandlung
war eine Salbe von Unguentum kalii jodati und Unguentum
hydrargyri cinerei zu gleichen Theilen täglich in etwa bohnen¬
grossen Quantitäten zur Anwendung gelangt. Etwa 14 Tage
später zeigte das Thier bei einem Besuch Schweissausbruch am
Halse. An der Innenseite der betr. Gliedmasse war eine kahle
Stelle entstanden. Von der Salbe waren bisher 15 g verbraucht.
Einige Tage später war der betr. Hinterfuss sehr dick geworden,
ohne dass irgend eine Quetschung etc. nachgewiesen werden
konnte. Drei Wochen nach dem Beginn der oben erwähnten Be¬
handlung endlich sollte das Pferd unter dem Reiter schlaff ge¬
worden sein. Im Stalle war das Pferd wie gewöhnlich munter
und lebhaft, beim Vortraben jedoch war es weniger frisch. An
beiden Gesichtshälften und Halsseiten, an den Ellenbogengegenden
und Kniefalten, an der Innenfläche beider Hinterschenkel und der
Schweifwurzel bestand Epidermisabschuppung. Der Pferdepfleger
will dieselbe am Tage vorher zuerst bemerkt haben. Alle
vier Füsse mässig geschwollen, Verletzungen nirgends nachweisbar.
Die Haut an der linken Halsseite lag in Falten, war warm und
empfindlich. Es bestand Juckreiz. Die Haare lassen sich
büschelweise ausziehen. An den Wurzeln kleben eine Menge
Schuppen. Die haarlos gemachten Hautstellen nehmen leichte
Fingereindrücke an. Die Körpertemperatur war ein wenig
erhöht. Das Pferd wurde ausser Dienst gestellt, sorgfältig
gepflegt und mehrmaliges Putzen täglich empfohlen. K. ver-
muthete, dass das Pferd in etwa 8—14 Tagen kahl werden
würde. Der Verlauf entsprach dieser Vermutlmng aber nicht.
Die ödematöse Schwellung und die Abschuppung steigerte sich
in deh nächsten Tagen; die Temperatur wurde normal; die kahlen
Stellen an den Gliedmassen vergrössern sich allmälig. 14 Tage
später waren im Allgemeinen nur an den mittleren Gliedmassen-
partieu die Haare noch vollständig, an den übrigen Körper¬
teilen mehr oder weniger gelichtet. Die zuerst behandelte
kahle Stelle zeigte einen Flaum neuer Härchen. Von da ab
steigerte sich der Haarausfall nicht mehr. Die früher gelockerten
Haare waren erhalten geblieben und sämmtliche kable Stellen
zeigten einen neuen Flaum.
Bezüglich der Ursache schien K. die Anwendung der Queck¬
silbersalbe verdächtig (denn das Jodkalium konnte nicht in Frage
kommen).
Fröhner, der im Uebrigen angiebt, dass Mercurialismns bei
Pferden nicht beobachtet sei, zählt als Symptome derselben, die
jedoch nicht immer alle zugleich beobachtet werden, auf: etwas
Athembeschwerde, Ekzema squamosnm, starkes Jucken, Haut¬
verdickung und -Schwellung Haarausfall, lähmungsartige Schwäche,
geringe oder keine Temperatursteigerung. Diese Symptome be¬
standen zum grössten Theile bei dem streitigen Pferde, und mit
nichts Anderem wie mit der Quecksilbervergiftung stimmen die
beobachteten Erscheinungen überein. — Etwa einen Monat später
wurde bei demselben Pferde dieselbe Salbe gegen dasselbe Grund¬
übel zur Anwendung gebracht. Schon nach zwei Tagen bewegte
das Pferd die linke Hintergliedmasse unter dem Reiter schwer¬
fälliger, und das Bein schwoll an. Der Versuch konnte natürlich
nicht weiter fortgesetzt werden. Immerhin spricht der Wieder¬
eintritt gewisser Erscheinungen ebenfalls für die Annahme, dass
bei dem fraglichen Pferde eine individuelle Empfindlichkeit be¬
züglich der grauen Salbe bestand; denn dass eine derartige Reaction
auf so geringe Mengen grauer Salbe bei Pferden etwas ganz Aus-
nahrasweises ist, kann nicht bezweifelt werden. Dass übrigens
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
andrerseits auch nicht alle Kinder gleich empfindlich für die
Quecksilbersalbe sind, hat neulich erst Lucet im Rec. 1896
(ß. T. W. 1897, pag. 6) hervorgehoben. Nach dessen Angabe
würde es sich auch beim Rind nur um eine individuelle, wenn
auch sehr viel häufiger aufrretende Disposition für Quecksilber¬
wirkung bandeln.
Ueber die Desinfection von Kleidnngsstftcken mittelst
strömenden Formaldehyds.
Von Dr. Petruschky und Hinz.
(D. Med. Woch. 83/98.) t
Verff. unternahmen es in dankenswerter Weise, die auch
für Thierärzte wichtige Frage zu prüfen, ob mit Hilfe von
Formaldehyd Kleidungstücke leicht und sicher desinficirt werden
könnten. Die Lösung dieser Frage ist von grosser practischer
Bedeutung, da ja Kleidungsstücke, Ledersachen etc. durch Darapf-
desinfection beschädigt oder gar vernichtet werden. Die Frage
musste in befriedigender Weise gelöst werden, wenn es gelang,
das Formaldehyd zum Eindringen in die Gegenstände, in ihre
Falten und Taschen zu bringen. Alle Versuche, die in dieser
Beziehung bisher gemacht wurden, Hessen erkennen, dass dem
Formaldehyd nur ein ganz geringes Penetrationsvermögen zu¬
kommt. Die Verff. versuchten nun, analog den grundlegenden
Versuchen Koch’s über die Wirkungen „strömenden“ Wasser¬
dampfes, durch strömendes Formalin jene Schwierigkeit zu be¬
seitigen. Die Desinfectionsversuche wurden nun mit Hilfe eines
Trillat’schen Apparates, der das Formalingas mit einem Druck
von drei Atmosphären ausströmen lässt, angestellt. Ein Kleider¬
schrank wurde zunächst mit alten Operationsmänteln vollgehängt,
in deren Taschen die Desinfectionsmittel, noch in Fliesspapier
eingeschlagen, untergebracht wurden, ferner wurde in einen der
unteren Winkel des Schrankes ein offenes Schälchen mit -Des-
infectionsobjecten gestellt. Zu weiteren Versuchen wurden auch
wollene Kleider, sowie ein Besen und ein langschäftiger Leder¬
stiefel verwendet. Die Desinfectionsobjecte bestanden aus Seiden¬
fäden mit Milzbrandsporen, Leinwandläppchen mit Diphterie-
culturen, endlich aus Reagensgläschen mit schrägen Agarflächen,
die mit Typhus oder Milzbrand besät waren. In die Rückwand
des Schrankes wurde ein Loch gebohrt und auf diese Weise das
FormaUngas in den Schrank eiDgeleitet. Nach einstündiger
Einwirkung des Trillat’schen Apparates waren alle in
den Taschen untergebrachten, sowie auch die im unteren
Winkel des Schrankes aufgestellten Objecte sterilisirt.
Die zwischen den Borsten des Besens angebrachten Milzbrand¬
fäden zeigten nach einstündiger Forraalineinwirkung partielles,
sehr verzögertes Wachsthum. In den 1,5 cm weiten Reagens¬
röhrchen war nach einstündiger Einwirkung die Abtödtung bis
zu 13 cm Tiefe erfolgt, während die noch tiefer gelegenen Stellen
im Brutschrank noch Wachthum zeigten. Die in der Fussspitze
des langen Lederstiefels untergebrachten Milzbrandsporen waren
auch nach einstündiger Einwirkung des strömenden Gases noch
nicht abgetödtet. Hier zeigte sich wieder die grosse Wirkung
„todter Winkel“. Immerhin erscheint es den Verff. nach diesen
vorläufigen Versuchsergebnissen als zweifellos, dass die Des¬
infection von Kleidern auf diesem Wege mit ziemlicher Leichtig¬
keit gelingt.
Ueber die Fnnctioneu der Hypophysis cerebri.
Vortrag, gehalten voti de Cyon in der Acadfemie des Sciences.
(Münch med. Woch. 23/98.)
Die Untersuchungen von de Cyon bestanden in intravenöser
Injection des wässerigen Extractes der vorher getrockneten und
pulverisirten Hypophysis, in electrischer oder mechanischer Er¬
regung und in Exstirpation dieses Organes. Eingeschlossen in
einer Höhle mit starren Wänden und in dem meist geschützten
Theile des knöchernen Schädels, durch das Infundibulum in Ver¬
bindung mit der dritten Hirnkammer stehend, überreich mit Blut¬
gefässen versorgt und ausBerdem von mächtigen Venensinus um¬
geben, ist die HypophyBis besonders geeignet, durch Druck¬
schwankungen des Liquor cerebrospinaUs oder des Blutes beein¬
flusst zu werden. Jeder ganz geringe Druck auf die Hypophysis
bekundet sich in der That durch einen raschen Wechsel der
Blutspannung und durch beträchtliche Verlangsamung der Herz¬
schläge, deren Stärke gleichzeitig beträchtlich vermehrt wird;
noch intensiver sind diese Erscheinungen durch electrische Reizung,
selbst mit ausserordentlich schwachen Strömen. Ausser dieser
rein mechanischen hat die Hypophysis noch eine chemische RoUe :
sie producirt eine Substanz, welche dazu bestimmt ist, die entere
Function zu erleichtern. Das Organextract, Thieren intravenös
injicirt, hat auf Herz- und Blutdruck dieselbe Wirkung wie
mechanische oder electrische Reizung der HypophyBis. Die active
Substanz ist eine organische Phosphorverbindung, für welche
de Cyon den Namen Hypophysin oder Phosphorhypophysin vor¬
schlägt. Auf die vagi wirkt diese Substanz in analoger Weise
wie das Jodothyrin auf das vasomotorische System verschieden
von dem letzteren. Die Resultate dieser Untersuchungen können
also erklären, wie die Hypophysis bei Abwesenheit oder auf¬
gehobener Function der Schilddrüsen diese ergänzen kann. Einer¬
seits ersetzt das Hypophysin die Wirkung des Jodothyrins auf
die Herznerven, andererseits verursacht der directe Einfluss der
Bypophysis auf die vagi und das sympathische System noch so
bedeutende Veränderungen im Blutkreisläufe, um beim Fehlen
der Schilddrüsen das Gehirn gegen die Gefahren plötzUcben Blut-
zuflusses zu schützen. Die Hypertrophie der Hypophysis, welche
z. B. beim Kaninchen nach Exstirpation der Schilddrüsen constant
ist, beweist deutlich die vermehrte Arbeit, welche sie nach dieser
Operation leisten muss.
Das Colostrum.
Von Unger.
(Virch. Arch. Kd. 161.)
Unger’s Untersuchungen über das Colostrum führten un¬
gefähr zu denselben Ergebnissen wie die von Czerny und werden
ungefähr wie folgt zusammengefasst. Die Erklärung, dass die
Colostrumkörper für die Erstlingsmilch charakteristisch sind, ist
unhaltbar; sie treten in den verschiedensten Perioden der
Lactation auf, vor Allem, wenn nicht gestillt wird, also die Ent¬
leerung der Drüse eine unvollkommene ist, sie sind nichts An¬
deres als Leucocyten, die bei fehlender Abführung der Milch
durch die Ausführungsgänge in die Brustdrüsenräume eindringen.
die unverbrauchten Milchkügelchen aufnehmen, zerteilen und be¬
hufs weiterer Rückbildung in die Lymphbahnen abführen, wie
dies die histologischen Befunde beweisen. Neben diesen mit Fett
beladenen Leucocyten findet sich noch eine zweite Art von Zellen,
die die Fettreaction geben, und die offenbar verfettete Epitlielien
von Talgdrüsen sind, welche ganz dicht neben den Milchkanälchen
münden und in Folge grösserer, durch die Lactation bedingter
Blutzufuhr auch erhöhte Secretion zeigen. Die Mastzellen, die
während der Lactation ebenfalls vermehrt sind, und zwar gleich¬
falls, „wenn zwar Milch gebildet, aber nicht entleert wird“, sind
auch Leucocyten und stellen nur einen besonderen Functions¬
zustand derselben dar; in ihnen finden sich neben den Granulis
grössere und kleinere Fetttröpfchen; die Mastzellen komm en
überall im Gewebe neben den gewöhnlichen Leucocyten vor und
betheiligen sich an dem Fetttransport zu den Lymphbahnen.
(Vergl. auch Michaelis B. T. W. No. 27).
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22. September 1898.
Therapeutische Notizen.
Urticaria.
Gaucher empfiehlt zur Beseitigung des Juckreizes bei Urti¬
caria die Anwendung einer Waschung oder eines Sprays fol¬
gender Lösung: Menthol. 5,0, Chloroform, Aether sulfuric., Spiritus
camphor. ää 15,0. Die benetzten Stellen sind darauf mit Wund¬
streupulver oder Zinkoxyd einzupudern. (Münch, med. Wochen¬
schrift.) Von anderer Seite wird folgendes Recept empfohlen:
Cocain, mnriat. 1,0, Chloral 0,6, Aq. Lauroceras. 6,0, Aq. dest.
ää 50,0.
Resoroin bei Hautkrankheiten.
Hartzell empfiehlt in der Allg. Med. Centr.-Ztg. das Resorcin
gegen Ekzem, Ulcus chronicum crnris und Psoriasis. Bei nassem
Ekzem haben sich folgende Recepte bewährt: Resorcin. 0,6 bis
1,0, Aq. dest. 30,0, Natr. chlorat. 0,15, mehrmals täglich aufzu¬
streichen, oder: Resorcin. 0,6—1,0, Dermatol. 2,0, Glycerin
Gutt. X, Aq. calcis 30,0. Ist die Haut trocken geworden, so
ordinirt H. Resorcin 1,0, Amyl., Zinc. oxyd. ää 8,0, Vaseline 15,0.
Bei Favus wird Resorcin in folgender Zusammensetzung em¬
pfohlen: Resorcin. Lanol. ää 3,5, Vaselin. Zinc. oxyd. Amyl. ää
0,8. Bei Alopecia areata lässt Brocy folgende Salbe einreiben:
Resorcin. 0,1, Chin. bydrochl. 0,2, Vasel. pur. 30,0. Diese soll
aber nur auf eine kleine Stelle auf einmal eingerieben werden.
Dauert der Haarausfall fort, so können 15—20 Tropfen Cantha-
ridentinctur zugesetzt werden oder Schwefel, z. B. Resorc. 0,2,
Chin. hydr. 0,3, Sulfur, praecip. 2,0, Vaselin, pur. 30,0. Bei sehr
starker Reizung wird diese Salbe eine Zeit lang durch Borax¬
vaseline ersetzt (2 :10).
Kupferoxyd als Bandwurmittel.
Von Hager stammen zwei Recepte, die auch Filatow sehr
empfiehlt. Für Erwachsene:
I. Rp. Cnpri oxydati nigr. 6,0, Cretae praep. 2,0, Argillae
albae pulv. 12,0, GlyceriDi 10,0, M. f. pil. No. 120.
D. S. Erste Woche viermal tägl. 2 Pillen; zweite Woche
viermal tägl. 3 Pillen bis 50 bis 60 Pillen, dann Ricinusöl.
H. Cupri oxydat. nigri 5,0, Cretae praep., Magnes. alb.
Tragacanth. ää 10,0, Glycerini 5,0, Sacch. albi. 40,0, M. f.
trochisci No. 50.
D. S. Für Kinder bis 7 Jahren viermal tägl. */a Plätzchen,
von 8 bis 12 Jahren 2 bis 3 Stück pro Tag.
Kohlencaicium gegen Hufkrebs.
Das Kohlencalcium ist eine im elektrischen Ofen gewonnene
Mischung von Kalk und Kohle und giebt in Berührung mit
Wasser das Acetylengas. Mesnard benutzte es zur Behandlung
des Strahlkrebses, zunächst in einem Falle, der schon lange
anderer Behandlung getrotzt hatte. Nach Abtragung der
kranken Theile wurde eine gepulverte Mischung von 20 g
Kohlencalcium, 5 g essigsaurem Kupfer und 5 g Jodürstärke-
mehl aufgetragen. Leichter Druckverband mit täglicher Er¬
neuerung und Entfernung der unvollständig adhärirenden Krusten.
Nach zehn Tagen war die kranke Fläche trocken und mit dünner
Hornschicht bedeckt.
lohtbyol bei Krankheiten der Athmungsorgane.
Die Ztschr. f. Veterinärkd. referirt eine Mittheilung des Dr.
Lataneur in den Wiener med. Bl. (97, 48). Danach hat der
Autor seit zwei Jahren bei chronischen Lungenkrankheiten, in
neuerer Zeit aber auch in acuten Fällen, das Ichthyol mit gutem
Erfolg angewendet in gelatinirten Kapseln ä 0,25 g 8—12 St. pro
die, Monate lang hintereinander. Das Mittel wird gut vertragen,
trockener Bronchialkatarrh wird günstig beeinflusst, der Husten
vermindert. Auch bei eitrigen Katarrhen bewährte sich die Be¬
handlung. Bei acuter Bronchitis hörte der Husten oft schon
451
nach drei Tagen auf. Auch der Allgemeinezustand wurde ge¬
bessert. Der Appetit nahm gewöhnlich zu, wärend er bei
Guajakol oft abnimmt. Hierzu wird bemerkt, dass in der Thier¬
heilkunde Rabe das Ichthyol innerlich bei Hundestaupe an¬
gewandt hat. _
Thierhaltung und Thierzucht
Von der Ausstellung der Deutschen Landwlrthschafts-Gesellschaft In
Dresden.
In Dresden war, wie Professor Pusch in der„Dtsch.thierärztl.
Wschr.“ rnittheilt, die Ziegenabtheilung reichhaltiger beschickt,
und zwar mit 62 Thieren aus Sachsen sowie mit 43, die aus
Alzey, Heppenheim und Pfungstadt von der Hessischen Genossen¬
schaft bezw. von Engelbrecht aus Sonneborn in Sachsen-Coburg-
Gotha ausgestellt waren. Die hessischen Ziegen sind hauptsäch¬
lich aus der Schweiz importirt; von im Inland gezogener Nach¬
zucht war nicht viel zu sehen. In Sachsen haben sich seit 1894
20 Ziegenzucht-Genossenschaften gebildet; drei Genossenschaften
im Erzgebirge züchten rehgraue Ziegen, die jedoch mit Böcken
der Saanenrasse gekreuzt werden. Die Milchergiebigkeit der
sächsischen Ziegen beläuft sich nach Untersuchungen von
Dr. Kohlschmidt an 27 Thieren auf 600 bis 1000 Liter. PuBch
empfiehlt daher, mit der Einführung anderer Schläge zu Kreuzungs¬
zwecken vorsichtig zu sein, da die Milchleistung die Hauptsache
ist. Bei der Preisbewerbung siegten allerdings die hessischen
Genossenschaften mit ihrem importirten hochwerthigen Material.
Es wäre vielleicht richtig, da es keine Kunst ist, mit impor¬
tirten Qualitäten grosse Erfolge zu erreichen, andererseits aber
gerade bei der Ziegenzucht es werthvoll erscheint, dass das vor¬
handene einheimische Material verbessert wird, da die Besitzer
kleine Leute sind — wenn bei der Concurrenz speciell die mit
einheimischem Material erreichten Resultate, wenn sie auch an
Qualität noch zurüokstehen, eine besondere Berücksichtigung er¬
führen und für sie besondere Preise ausgesetzt würden.
Trabrennlflistuag kaltblütiger Pferde.
Nach einer Mittheilung derCentralztg. für Thierzucht wurde bei
Gelegenheit der diesjährigen Rennen des Jülicher Rennvereins
am 21. August von rheinisch-belgischen Pferden folgende Leistung
von einer siebenjährigen Stute erzielt: Trabreiten über 15C0 Meter
2 Min. 30 Sek. = 1 Kilometer in 1 Min. 40 Sek. Dasselbe
Pferd ging einige Minuten nach dem Trabrennen im Sulky über
eine Strecke von 2000 Meter in 3 Min. 36 Sek. — 1 Kilometer
1 Min. 48 Sek. Gewicht der Stute 634 kg. Drei nach dieser in
bestem Zustand eingelaufenen Stute folgende rheinisch-belgische
Pferde liefen im Dogcart den Kilometer in 2 Minuten.
Tagesgeschichte.
Landwirtschaft and Yeterinärwesen.
Von Bermbach-Schroda.
In letzter Zeit wurde in der antiagrarisch gesinnten Tages-
presse so häufig das Verhältniss zwischen Landwirthschaft und
Veterinär-Polizei berührt, dass es in der That verlohnt, dieses
Verhältniss auch einmal vom thierärztlichen Standpunkte etwas
näher zu beleuchten. Es handelte sich bei diesen Press-
äusserungen in erster Linie um die momentan brennend ge¬
wordene Frage der Grenzsperre, namentlich gegen die Einfuhr
von Schweinen, wobei des Oefteren betont wurde, dass die Grenz¬
sperre verhängt worden sei resp. aufrecht erhalten würde, trotz¬
dem die Sachverständigen diese Massregel nicht für erforder¬
lich hielten.
Zunächst muss hervorgehoben werden, dass diejenigen Thier¬
ärzte — denn etwas Anderes kann man sich unter den Sachver¬
ständigen doch wohl kaum denken — für recht merkwürdige
BERLINER THIER ÄRZ TLICHE WOCHEN SCHR IFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
Sachverständige gelten müssen, die der Ansicht sind, dass die
Schliessung der Grenze gegen Schweineeinfuhr eine überflüssige
Maassregel sei.
Die erste nnd vornehmste Aufgabe der Tbierheilkunde in
allen ihren Zweigen besteht darin, der Landwirtschaft zu helfen
und die landwirtschaftliche Viehhaltung nach Kräften zu fordern
und sie möglichst auf der Höhe zu erhalten. Die Interessen der
Landwirtschaft und Thierheilkunde sind so eng miteinander
verknüpft, dass die letztere ohne die erstere überhaupt nicht
denkbar sein würde. Schon diese einfache und naheliegende
Erwägung müsste jeden Unbefangenen daran bindern, zu be¬
haupten, dass die Veterinär-Polizei irgend etwas für überflüssig
hielte, was im vitalsten Interesse der deutschen Schweinehaltung
dringend geboten ist. Die Thierheilkunde würde damit nichts
Anderes tun, als was jener Beelzebub that, der sein eignes Reich
zerstörte! Die Thierheilkunde hat heute nicht mehr allein die
Aufgabe, kranke Thiere zu heilen, sondern ihr liegt ferner die
viel wichtigere Aufgabe ob, Krankheiten, insbesondere Seuchen,
von unseren Haustieren fern zu halten, und ausserdem ist es
ihr unbestrittenes Recht und ihre Aufgabe, dem Landwirt in
allen Fragen, welche die Viehzucht und Thierhaltung im All¬
gemeinen anbetrefien, als Rathgeber und erfahrener Sachver¬
ständiger zur Seite zu stehen.
Es muss daher auch dem Veterinärwesen schwere Sorgen
bereiten, zu sehen, wie die einheimische Schweinezucht, die ehe¬
mals einen blühenden Zweig der landwirtschaftlichen Viehhaltung
darstellte, so sehr ermattet am Boden darniederliegt, und sie
muss sich deshalb die Frage vorlegen, durch welche Mittel der¬
selben wieder aufgeholfen werden kann.
Die Beantwortung dieser Frage, die von vornherein gewisse
Schwierigkeiten bietet, wird um so einfacher, je mehr man dem
Kern der Sache naherückt und je öfter man Gelegenheit bäh,-die-
Verhältnisse aus eigner Anschauung kennen zu lernen. Wer
sollte aber competenter sein, die Verhältnisse bis in die kleinsten
Details hinein zu übersehen, als der beamtete Tbierarzt, der in
Folge seiner amtlichen Thätigkeit doch fast tagtäglich Gelegen¬
heit hat, den Niedergang der einheimischen Schweinezucht und
die Ursachen, durch welche derselbe herbeigeführt wird, aus
nächster Nähe kennen zu lernen?
Und klar in die einschlägigen Verhältnisse hineinsehen zu
können, ist vor allen Dingen nöthig, festzustellen, dass die
deutsche Schweinezucht infolge der niedrigen Preise, welche die
reife Waare wegen der grossen Zufuhr von aussen in den
letzten Jahren nur erzielte, und dann wegen der grossen
Verluste, welche die Bestände durch Seuchen erlitten, sehr
sehr rapide zurückgegangen ist, so zwar, dass heute die in¬
ländische Production allerdings nicht im Stande ist, den Bedarf
vollkommen zu decken. Volkswirthschaftlich bedeutet das einen
nicht zu unterschätzenden Rückgang im nationalen Wohlstände,
der noch dadurch sehr bedenklich gesteigert wird, dass ein
grosser Theil des deutschen Capitals, um den Bedarf zu be¬
friedigen, ins Ausland strömt.
Wie kann nun diesen thatBächlichen Uebelständen am besten
ab geholfen werden?
Das erste und wirksamste Mittel, der einheimischen
Schweinezucht wieder aufzuhelfen, besteht in der
dauernden Schliessung der Grenzen gegen jede Zufuhr
von Schweinen und von Schweinefleisch im rohen, ge¬
pökelten oder geräucherten Zustande.
Es ist nicht zu verkennen, dass durch eine derartige Mass-
regel die Preise für Schweinefleisch sehr schnell in die Höhe
geschraubt werden, aber in diesem Umstande liegt gerade die
Garantie dafür, dass die Schweinezucht sich in kürzester Zeit
wieder bedeutend heben wird. Denn wenn der Landwirthschaft
die Gewissheit geboten ist, dass die einheimische Waare nicht
wieder durch übermässige Zufuhr von aussen einen unnatürlichen
Preisdruck erleiden wird, so wird sie sehr bald ihr volles Inter¬
esse der Schweinezucht wieder zuwenden. Bei den Preisen, wie
sie bis vor kurzer Zeit waren, war die Schweinezucht nur mit
Verlusten verknüpft, namentlich wenn man die häufigen und sehr
erheblichen Schäden durch Seuchen in Rechnung zieht Es lohnte
in der That bis dahin nicht, irgend etwas für die Schweinezucht
aufzuwenden, und in diesem Umstande liegt nicht zum kleinsten
Theile die Schuld, dass die Schweineseuchen so erheblich an
Ausdehnung gewinnen konnten. Wenn aber die Schweinezucht
einen lohnenden Betrieb darstellt, so wird der Züchter natur-
gemäss eher geneigt und auch in der Lage sein, die Einrichtung
seiner Ställe den Anforderungen der Hygiene entsprechend zu
gestalten, und die unmittelbarste Folge davon wäre, dass die
Seuchen sich zum Rückzuge bequemen müssen.
Auf der andern Seite darf man aber auch nicht übersehen,
dass die Preissteigerung für Schweinefleisch, wie sie z. B. momen¬
tan in Folge der Grenzsperre besteht, nur eine vorübergehende
ist, da die Landwirtschaft, wie oben ausgeführt, sehr bald der
Schweinezucht wieder ihre vollste Aufmerksamkeit znwenden
wird, so dass die Production in kurzer Zeit für den Bedarf ans¬
reicht und die Preise eine gleichmässige normale Höhe behalten
werden. Für jeden Einsichtsvollen, der mit den Verhältnissen
bewandert ist, steht es fest, dass die vorübergehende Preis¬
erhöhung im Interesse der deutschen Schweinezucht, die einen
ganz wesentlichen Theil unseres Nationalvermögens ausmachen
sollte, ertragen werden muss. Das deutsche Volk ist auch wohl
in der Lage, für kurze Zeit etwas höhere Preise für Schweine¬
fleisch zu zahlen, denn Handel und Industrie stehen vollauf in
Blüthe, die Löhne sind allgemein erheblich gestiegen und die
Beamtengehälter durchweg nicht unbedeutend gewachsen.
Der Vortheil der Grenzsperre beruht auch noch in einem
zweiten sehr wichtigen Moment:
Wir Alle sind uns darüber klar, dass die Schweineseuchen
vom Auslande her nach Deutschland eingeschleppt worden sind.
W'er aus eigner Anschauung weiss, wie viel Millionen von
Bacterien in einem seuchekranken Schweinekörper vegetiren, und
wer eine Ahnung davon hat, auf wie mannigfache Weise diese
Seuchen verschleppt werden können, der weiss auch ganz genau
zu beurtheilen, wie unsäglich viel Schaden ein von aussen ein¬
geführtes seuchekrankes Schwein unter den Beständen einer bis
dahin von der Seuche verschonten Gegend anzurichten vermag,
da doch bekanntlich das allergeringste Theilchen eines inficirten
Schweinekörpers genügt, um einen ganzen Bestand zu verseuchen.
Um das Unheil aber in seinem ganzen Umfange zu übersehen,
muss man daran denken, dass die bei Weitem am meisten ver¬
breitete Schweineseuche, d. i. der Rothlauf, wie von mir bereits
in einem früheren Aufsatze hervorgehoben (vergl. No. 14 Jahr¬
gang 1897 der Berl. thierärztL Wochenschrift), vornehmlich als
eine Bodenseuche angesehen werden muss, und dass die Rothlauf-
erreger sich jahrelang im Boden lebensfähig erhalten.
Nun muss man zwar anerkennen, dass ein nicht unerheblicher
Theil unseres deutschen Vaterlandes schon mit den ansteckenden
Schweinekrankheiten verseucht ist, aber um so mehr muss Vor¬
sorge getroffen werden, dass diese Seuchen nicht noch weiter an
Ausdehnung gewinnen, und dazu ist in erster Linie erforderlich
dass keine kranken Schweine von aussen zugeführt werden.
Man wird zwar billigerweise einwenden können, dass an den
Grenzen Vorkehrungen getroffen seien resp. in erhöhtem Fasse
getroffen werden könnten, dass keine kranken Schweine eingefübrt
würden. Das ist allerdings leicht gesagt, aber schwer gethan.-
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22 September 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
453
Bei dem rapiden Verlauf der Schweineseuchen können die Thiere
beim Ueberschreiten der Grenze noch ganz gesund erscheinen
und nach einer Stunde vielleicht schon setzen die ersten Krank¬
heitserscheinungen ein. Hiergegen kann auch die eingehendste
Untersuchung durch den erfahrensten und gewissenhaftesten
Sachverständigen nicht schützen, da bekanntlich zwischen dem
Moment der Absteckung und dem Ausbruch der Krankheit ein
Zeitraum von 1—3 Tagen liegt, während welcher Zeit die Thiere
scheinbar völlig gesund sind.
Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, muss die
Veterinär-Polizei die dringende Forderung stellen, die
Grenzen gegen jede Einfuhr abzuschliessen.
Ein zweites, nicht weniger wirksames Mittel, der
einheimischen Schweinezucht zu helfen, bestände darin
dass da, wo Schweinezucht in grösserem Massstabe be¬
trieben wird, den Deputat-Leuten nicht mehr gestattet
würde, Schweine zu halten. So merkwürdig es auch von
vornherein klingen mag, der Schweinezucht zu helfen, indem man
einem erheblichen Theil des schweineziehenden und -mästenden
Publikums die Schweinehaltung unterbindet, so richtig ist dieser
Ausspruch! Der ländliche Arbeiter glaubt nicht an die grosse
Gefahr, welche die Schweineseuchen mit sich bringen, er weist
jede Belehrung in dieser Hinsicht mit der Frage, woher denn
das erste Schwein krank geworden sei, von sich und glaubt einen
hohen Grad von Frömmigkeit zu bezeugen, indem er es dem
lieben Gott ganz allein überlässt, dafür zu sorgen, dass sein
Schwein von Seuchen verschont bleibt. Er zeigt auch verbält-
nissmässig selten die Seuche an und thut auch sonst Nichts, da¬
mit die Seuche nicht weiter um sich greift, weil er eben nicht
an die Uebertragbarkeit der Seuchen glaubt. Dabei treiben sich
seine Schweine meist an den Landstrassen umher, und die
Händler und Fleischer verkehren immerzu in seinem Stalle. In.
Folge dieser Umstände wütlien die Seuchen am meisten unter den
Schweinen der sogenannten kleinen Leute und finden von hier
in der Regel den Weg zu den Schweinebeständen der Gutsherr-
scbaft. Wenn daher auf denjenigen Gütern, wo eine nennens-
werthe Schweinehaltung betrieben wird, den Deputat-Leuten die
Schweinehaltung nicht mehr gestattet wird, so werden — wenn
sonst keine Vorsichtsmassregel ausser Acht gelassen wird —
dort die Schweineseuchen ganz erheblich an Häufigkeit einbüssen.
Ich verkenne dabei nicht, dass die Durchführung der vor-
geBcblagenen Massregel an manchen Stellen zu mancherlei Un¬
zuträglichkeiten Veranlassung geben wird, aber dort, wo sie
geboten ist, erwachsen der Gutsherrschaft durch dieselbe so
grosse Vortheile, dass dieselbe sich sehr wohl dazu verstehen
kann, den Arbeiter in anderer Weise hierfür schadlos zu halten.
Der Arbeiter kann bei diesem Handel nur gewinnen, denn
unter den heutigen Verhältnissen büsst er sein kleines Vermögen,
welches er besitzt, sehr schnell durch das Schweinesterben wieder
ein, und wer öfters Gelegenheit gehabt hat, das herzzerreissende
Weh, welches einer armen Arbeiterfamilie durch die Schweine-
seucben zugefügt wird, mit anzusehen, wird sich der Einsicht
nicht verscbliessen, dass in der von mir erwähnten Massregel —
vorausgesetzt, dass der Arbeiter auf andere Art hierfür schadlos
gehalten wird — für diesen nur eine Wohlthat liegen würde.
Das dritte Mittel, durch welches die inländische
Schweinezucht wirksam gefördert werden kann, beruht
in der Impfung. Ueber den Nutzen der Impfung ist soviel
gesprochen und geschrieben worden, dass ich davon absehen
kann, noch etwas zu ihrer Empfehlung anzuführen. Ich möchte
jedoch hier erwähnen, dass die Klagen der Landwirthe, dass der
Lorenz’sche Impfstoff nur sehr spärlich oder auch meist garnicht
zu erhalten ist, immer mehr und mehr zunehmen. Wenn die
Impfung überhaupt den erhofften Erfolg haben soll, dann muss
Vorsorge getroffen werden, dass die Impfung jeder Zeit und in
jeder Quantität stets frisch zu erlangen ist, und es müssen des¬
halb genügend Anstalten vorhanden sein, in denen die Herstellung
desselben betrieben wird. In den östlichen Theilen des deutschen
Reiches müsste mindestens in jeder Provinz eine derartige An¬
stalt vorhanden sein, und es wäre für die in Frage kommenden
Landwirtschaftskammern eine dankbare Aufgabe, sich dieser
Sache tbatkräftig anzunehmen.
Wenn ich so die Frage, durch welche Mittel der deutschen
Schweinezucht in wirksamer Weise wieder aufgeholfen werden
kann, in den Rahmen der vorliegenden Abhandlung hiueingezogen
habe, so geschah dies nicht zum Wenigsten deshalb, weil es
nützlich scheint, angesichts der vielfachen in der antiagrarisch
gesinnten Presse gemachten gegenteiligen Aeusserungen das
enge Verhältniss zwischen Landwirtschaft und Thierheilkunde
in das richtige Liebt zu stellen. Was an der Thierheilkunde
liegt, der Landwirtschaft zu nützen, ist im vollsten Umfange
geschehen, und das Streben jedes einsichtsvollen Thierarztes ist
darauf gerichtet, die heimischen Viehbestände, soviel er nur kann,
vor Schäden durch Seuchen zu bewahren.
Zum Schluss noch Eins.
In jüngster Zeit ist in der Münch. Medicin. Wochenschrift
und auch in politischen Zeitungen wieder die Ansicht vertreten,
dass es dem Ansehen und der Bedeutung des Medicinalwesens
entspräche, ein besonderes Medicinal - Ministerium zu errichten.
Angesichts dieser Vorgänge kann nicht oft und nicht eindringlich
genug darauf hingewiesen werden, dass Landwirthschaft und
Veterinär-Wesen nicht nur technisch, sondern auch in der Ver¬
waltung aufs Engste Zusammenhängen, und dass eine Lostrennung
des letzteren vom landwirthschaftlichen Ministerium für beide in
Be$rapht kommende Theile eine bedenkliche Schädigung herbei--
führen würde. Die Mediciner mögen ein so schönes und grosses
Ministerium haben, wie sie nur wünschen, aber wir wollen damit
nichts zu schaffen haben.
Ein Wort an die Schlaehthausthierärzte.
Schreibe ich: An die Schlaehthausthierärzte, so meine ich
hier speciell an diejenigen, welche kleineren oder mittleren Be¬
trieben vorstehen und mit den Fleischern resp. den Leuten der¬
selben direct in Berührung kommen; vor Allem jedoch die jungen
Schlaehthausthierärzte, welchen es häufig genug recht schwer
wird, den Leuten gegenüber, mit denen sie dienstlich zn thun
haben, den richtigen Verkehrston zu treffen.
Specielle Veranlassung zu diesen Zeilen wurde mir schon
vor einiger Zeit gegeben durch recht traurige Vorkommnisse,
die sich an einigen Schlachthöfen kleineren Betriebes abgespielt
haben.
In einem Falle ist der betreffende Schlachthausthierarzt von
den Schlächtergesellen misshandelt worden. Im anderen Falle,
war der Schlachthausthierarzt in einem ebenfalls kleinen Be¬
triebe in einer ganz unglaublichen Art und Weise vom Aufseher
mit Worten und Drohungen angegriffen worden, und hatte es
denn auch vorgezogen, schon nach vier Wochen wieder zu ver¬
schwinden.
Solche Vorkommnisse dürfen sich nun und nimmer ereignen.
Mögen auch im Schlächtergewerbe vielfach rohe Elemente thätig
sein, so muss umsomehr hauptsächlich der Thierarzt auf Ver¬
meidung solcher Fälle von vornherein Beine ganze Sorgfalt und
Aufmerksamkeit richten. Vor Allem muss er wohl beim Antritt
seiner Stellung genau die Frage erwägen: Was soll ich thun
und was kann ich dann von den mir Untergebenen erwarten
resp. verlangen!
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454
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 38.
Es kommt aber doch auch vor, dass der Thierarzt zu viel
verlangt, ohne seine eigenen Verpflichtungen peinlich zu erfüllen,
wozu gerade in kleineren Betrieben eine gewisse Gefahr vorliegt.
Die Bureaustunden werden nicht genau eingehalten, die Unter¬
suchungen nicht zur Zeit erledigt, die Fleischer müssen warten,
haben pecuniären Schaden und werden natürlich schwierig.
Was für Schaden ein Fleischer infolge von Nachlässigkeiten
von Seiten des Schlachthofthierarztes haben kann, weiss nur der,
welcher sich die Sache mal klar gemacht hat, statt gedankenlos
darüber hiuwegzugehen. In Büchern kann dies natürlich nicht
geschrieben stehen.
Oder es wird Dieses oder Jenes beanstandet, vielleicht ohne
genügende Ueberlegung, und dann auf Bitten wieder freigegeben.
Wie sehr die wirkliche Autorität des Schlachhofthierarztes dar¬
unter leidet, wird den Betreffenden oft zu spät klar.
Genaue Untersuchung, reifliches Erwägen, dann erst den
Entschluss fassen, und dann soll das entscheidende Wort fallen,
welches auch, einen genügenden Wissensschatz vorausgesetzt, das
richtige sein wird.
Solche Widerrufe von Beanstandungen können sehr leicht den
Verdacht der Parteilichkeit erzeugen und sehr böses Blut machen,
was noch schlimmere Folgen haben kann, als dass durch diese
Widerrufe bei den Fleischern Zweifel an der wissenschaftlichen
Fähigkeit des Thierarztes erweckt werden; der leitende Grund-
satz des Schlachthofthierarztes muss sein:
Schütze das Publikum vor Gefahr und vor Betrug, wahre
aber auch nach Kräften die Interessen der Fleischer!
Beides ist auch, richtig angefangen, durchzufübren gar nicht
schwer für den, der es sich zum Grundsatz macht, vor allen
Dingen auch sich selbst nichts zu schenken, sich selbst nicht
über Sachen hinwegzutäuschen, wenn es ihm vielleicht gerade so
bequem sein sollte.
Wenn ich hier besonders die jungen Collegen im Auge habe,
so geschieht das nur aus dem Grunde, dass denselben, frisch vom
Studium bezogen, häufig noch alle Lebenserfahrungen, ich möchte
sagen, das volle Verständniss für den Ernst auch kleiner Dinge
abgehen.
Ich muss hier an die Worte des allverehrten Prof. Rabe
denken, des Meisters der pathologischen Anatomie, dem wir
Schlachthausthierärzte, die wir in Hannover dem Studium obgelegen
haben, ja zu ganz besonderem Danke verpflichtet sind.
Er sagte bei einer Gelegenheit: „So lange ich noch mit am
Ruder bin, werde ich es zu verhindern wissen, dass Subjecte in
die Praxis gelangen, die unserem Stande Schande machen werden!“
Diese Worte des nunmehr Entschlafenen sind hart, doch
gerecht!
Doch sind sie so leicht nicht durchführbar, denn wo die
Kenntnisse auch genügen, sogar gut sind, wo die Approbation
deshalb erfolgen muss, ist nicht immer auch die moralische Reife
vorhanden. Dafür giebt es leider Beispiele.
Und wenn solche Vorkommnisse sich ereignen können, deren
ich Anfangs Erwähnung that, so ist zwar hier nicht gerade von
Unehre zu reden, ich bin sogar fest überzeugt, dass keineswegs
seitens der betroffenen Thierärzte ein halbwegs genügender Anlass
dazu gegeben worden war; indessen, hübsch ist es keinesfalls,
anhören zu müssen, dass zwischen dem Schlachthausthierarzt und
den Schlächtergesellen eine Prügelei auf Tod und Leben statt-
gefunaen hat Man erröthet unwillkürlich bei solchen Mit-
theilnngen.
Der Schlachthausthierarzt ist stets in der Lage, Uebergriffe
von Seiten der Schlächter auf Grund der bestehenden Verord¬
nungen anzuzeigen und zur Bestrafung zu bringen und sich da¬
durch, wenn er nicht selbst die Besonnenheit verliert, auch seine
Stellung zu wahren. Es bedarf dazu weder der Grobheit noch
der Handgreiflichkeit.
Ebenso verkehrt ist es nun auch, in das Gegentheil zn ver¬
fallen und vertrauliche Annäherungen zu machen oder zu dulden'
Hiervor kann gar nicht genug gewarnt werden, denn solche
freundliche und vertrauliche Annäherungen kommen meist an die
falsche Adresse, die Allerwenigsten wissen sie in der richtigen
Weise zu schätzen.
Also auch hier ist der goldene Mittelweg der beste, sich gleich
zu bleiben, weder zu streng noch zu freundlich sein — aber immer
gerecht!
In solchen Momenten, wo, ich gebe gern zu, einem häufig
„die Galle überlaufen möchte“, ist es die Selbstdisciplin, die
Selbstbeherrschung des geistig Ueberlegenen, der die Oberhand
behalten und gewinnen muss. Ein Colleg hierüber kann man
leider nicht belegen. Hier sind das Leben und die erfahrenen
Widerwärtigkeiten allein Lehrmeister.
Durchaus liegt es mir fern, schulmeistern zu wollen, das
mögen ältere und berufenere Leute thun, auch ist es zu undankbar
aber ich meine doch, es ist bequemer, eine gute Lehre, die die
Erfahrung Anderen gezeitigt hat, sich mühelos freiwillig zu Nutze
zu machen, ohne erst selbst in Folge eigener Erlebnisse, die,
wie es sich zeigt, oft der traurigsten Art sind, sich zu dem
Besitz derselben durchzuarbeiten.
Ich für meine Person, und ich glaube, jeder sich nicht für
unfehlbar haltende College denkt für seinen Theil ebenso, wäre
herzlich froh gewesen, seiner Zeit bei Antritt meiner Stelle eine
leitende Freundeshand zu besitzen. Ich hätte dann so manchen
Stein vermieden, an den ich so oft anstossen musste, ehe ich ihn
mir aus dem Wege räumen konnte.
Programm der ordentlichen Generalversammlung des thlerirztllche»
Vereins In Schleswig-Holstein
am 24. und 25. September 1898 im Bahnhofshotel zu Neumünster.
Tagesordnun g.
1. Tag, den 24 September, Abends 8 Uhr. 1. Ueber Haemo-
globinuria. Referent Kreisthierarzt Franzenburg-Schleswig.
2. Atropin-Morphium - Einspritzungen gegen chronische Lahm
heiten. Referent Kreisthierarzt Struwe-Kiel. 3. Mittheilungen
aus der thierärztlichen Praxis. Zunächst Discussion über die
Behandlung des Milchfiebers (Gebärparese) mit Jodkalium.
2. Tag, den 25. September, Vormittags 9 Uhr. A. Vereins¬
angelegenheiten. 1. Geschäftsbericht. 2. Aufnahme neuer Mit¬
glieder. 3. Bericht über die Verhandlungen der Central-
Vertretung preussischer Thierärzte. 4. Rechnungslegung über die
Vereins-Hilfskasse, Unterstützungsangelegenheiten und Budget¬
aufstellung. 5. Abänderung des § 4 im Statut und Annahme
der Geschäftsordnung. 6. Wahlen: eines Vorstandsmitglieds
eines Revisors und der Delegirten. B. Vorträge'. 7. Ueber
Fleischbeschau bei Nothschlachtungen. Referent Kreistbierarzt
Jenseu-Itzehoe. 8. Ueber die verschiedenen Grade und Formen
der Rothlaufseuche bei Schweinen. Referent Kreisthierant
Struwe-Kiel. 9. Der Staar bei Pferden in forensischer Be-
Ziehung. Referent Corps-Rossarzt Hell-Altona. 10. Verschiedene»
und Anträge. Der Vorstand.
I. A.: Ei ler, Schriftführer.
Bericht über die 70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerrte
in Düsseldorf
vom 19. bis 24. September 1898.
Als Theilnehmer zu der vorbezeichneten Versammlung,
welche wir später noch eingehend berichten werden, hatten
bis zur Drucklegung dieser Nummer bei der Section 35
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22. September 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 455
Veterinär - Medicin — eingeschrieben: Die Schlachthof-
directoren Albert-Iserlohn und Bockelmann-Aachen, Thier¬
arzt Braselmann und Kreisthierarzt Eckardt-Neuss, Thier¬
arzt Frisch-Düsseldorf, Kreisthierarzt Imminger-Wiirzburg,
Thierarzt Kraus-Odenkirchen, Departementsthierarzt Dr. Lothes-
Köln a. Rh., cand. med. vet. Sch eurer-Berlin, Departements¬
thierarzt S ch mi tt-Düsseldorf, Oberrossarzt Dr. Schulz-
Düsseldorf.
Die constituirende Abtheilungs-Sitzu ng wurde am 19. Sep¬
tember, Nachmittags drei Uhr durch den Einführenden Schmitt-
Düsseldorf eröffnet und nach Feststellung der Tagesordnung
Dr. Lothes-Köln zum Vorsitzenden für die zweite auf
den 20. September 11 Uhr Vormittags anberaumte Abtheilungs-
Sitzung gewählt. Vor letzterer nahmen die Collegen einer Ein¬
ladung der 34. Section — Geschichte der Medicin und Natur¬
wissenschaften — folgend, an deren Sitzung theil, in welcher
I Dr. von 0 efele-Neuenahr einen sehr anziehenden Vortrag,, Ueber
! den Veterinär-Papyrus von Kahun'* hielt.
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Seochenstatistik und Veterinärpolizei.
Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die alt Influenza der Pferde
bezelchneten Krankheiten.*)
Vom 3. September 1898. (R.-A. No. 211)
Auf Grund des § 10 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die
Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen, vom ^ j^i* 1894
(Reicbs-Gesetzbl. 1894, S. 409) bestimme ich:
Für die preussische Provinz Ostpreossen wird vom 1. Oktober
d. J. ab bis auf Weiteres für die als Influenza der Pferde be-
zeichneten Krankheiten (Pferdestaupe und Brustseuche) die An¬
zeigepflicht im Sinne des § 9 des erwähnten Gesetzes eingeführt.
Berlin, den 3. September 1898.
Der Reichskanzler.
I. V.: Graf von Posadowsky.
Bekanntmachung, betr. die Anzeigepflicht für die Schweineseuche, die
Schweinepest'und den Rothlauf der Schweine.
Vom 8. September 1898. (R.-A. No. 213.)
Auf Grund des § 10 Absatz 2 des Gesetzes, betreffend die
Abwehr und Unterdrückung der Viehseuchen, vom
.(Reichs-Gesetzbl. 1874, S. 409) bestimme ich:
Für den ganzen Umfang des Reiches wird vom 1. Oktober
d. J. ab bis auf Weiteres für die Schweinesenche, die Schweine¬
pest und den Rothlauf der Schweine die Anzeigepflicht im Sinne
des § 9 des erwähnten Gesetzes eingeführt.
Durch diese Bestimmung werden die bisher für einzelne
Bundesstaaten und Gebietstheile erlassenen Bekanntmachungen
gleichen Inhalts ersetzt.
Berlin, den 8. September 1898.
Der Reichskanzler.
I. V.: Graf von Posadowsky.
Holländischer Seuchenbericht für 1896.
Die Lungenseuche ist im Berichtsjahr in den Niederlanden
j nicht anfgetreten; ebenso blieben die Niederlande frei von
| Rinderpest, Schafpocken und der Trichinenkrankheit der Schweine.
Die Maul- und Klauenseuche herrschte in 1289 Beständen in
! allen 11 Provinzen unter 11542 Rindern; am stärksten war
Gelderland betroffen. Schafe erkrankten 4671 in 62 Gemeinden,
Zdegen 94 in 31 Gemeinden und Schweine 2750 in 101 Gemeinden.
An Rotz erkrankten 99 Pferde (gegen 43 im Vorjahre). Räude
1 wurde festgestellt bei 13 Pferden und 155 Schafneerden (gegen
110 im Vorjahre). An Milzbrand starben 249 Rinder, 3 Schafe,
1 2 Ziegen, 5 Pferde, 4 Schweine, zusammen 263 Thiere. Tollwnth
wurde bei 1 Hunde festgestellt. An Schweinerothlauf erkrankten
3056 Thiere, von denen 961 fielen, 1422 geschlachtet wurden,
| 331 genasen; von 342 ist der Ausgang der Krankheit nicht nach-
1 gewiesen. Die Schweinesenche wurde an 7 Schweinen constatirt,
von denen 5 der Krankheit erlagen, während bei 2 Thieren der
; Verlauf unbekannt geblieben ist. Der Schutzimpfung gegen
; Milzbrand wurden unterworfen 661 Rinder, 35 Pferde, 242 Schafe,
3 Ziegen und 27 Schweine. Sämmtliche Thiere wurden zweimal
; geimpft und haben die Impfung gut überstanden mit Ausnahme
I von einem Schweine und einer Ziege, welche nach der ersten
Impfung an Milzbrand fielen. Von 77 (gegen 202 im Vorjahre)
gegen Rothlauf geimpften Schweinen im Alter von 7 bis 12 Wochen
gingen 19,5% zu Grunde, 35,1 % wurden minderwertbig und
45,5 % überstanden die Impfung ohne Nachtheil (gegen 82 % im
Vorjahre).
.Was die Ein- und Ausfuhr anlangt, so betrug die Einfuhr
15449 Pferde, davon 5939 aus Preussen, 583 Rinder, 45 448 Schafe,
56 Schweine, 28 Ziegen, zusammen 61564 Thiere (gegen 23 372
im Vorjahr); dagegen die Ausfuhr nach Preussen: 6671 Pferde,
230 Rinder und 60 Schafe.
Geflügeicholera.
Die Anzeigepfiicht für Geflügelcholera ist für das Gross¬
herzogthum Sachsen Weimar und das Herzogthum Braunschweig
vom 15. September d. J. ab bis auf Weiteres dnreh Bekannt¬
machung des Reichskanzlers vom 6. September er. eingeführt
worden.
Regelung dee Abdeokereiwesens in Baden.
Nach einer Mittheilung der Dtscb. Th. Wschr. 98, No. 27,
ist der badischen Kammer ein Gesetzentwurf betreffend Regelung
des Abdeckereiwesens zugestellt worden, in dem die Grundsätze
enthalten sind, die der Deutsche Landwirthschaftsrath in seiner
letzten Sitzung (vgl. B. T. W. No. 12) sich angeeignet hatte.
*) cfr. B. T. W. No. 37, S. 441.
Thierseuohen im Auslande. II. Qsartal 1898.
Italien.
Milzbrand wurde festgestellt bei 357 Thieren, Rauschbrrand
bei 84 Thieren. An Tollwuth erkrankten 44 Hunde und 9 andere
Hausthiere. Rotz (Wurm) kam in 78 Fällen zur Anzeige, Maul-
und Klauenseuche in 21 289 Fällen und ausserdem in zahlreichen
j ziffernmäS8ig nicht näher angegebenen Fällen in 188 Gemeinden,
Schafräude in 1153 (und vielen nicht näher angegebenen Fällen)
und Schweineseuche in 1141 Fällen.
Flelschschau und Viehverkehr.
Australiens Ausfuhr an gefrorenem Fleisch.
Was die Ausfuhr von gefrorenem australischem Fleisch an¬
betrifft, so ist ein Rückgang in diesem Artikel zu constatiren.
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456
Dieser Rückgang ist ebenso wie der geringe Wollertrag auf die
im vergangenen Jahre herrschende Trockenheit zurückzuführen.
1897 worden 250000 Schafe und Lämmer weniger als im Vorjahr
exportirf, und in diesem werden die Zahlen noch geringer sein.
Trotzdem blieb der Durchschnittspreis in London gleich niedrig,
denn der Ausfall von Australien wurde durch einen erhöhten
Export von 480000 Stück aus Neuseeland und 300000 Stück von
Südamerika mehr als reichlich ausgeglichen.
Die ganze Quantität gefrorenen Fleisches, die 1897 in Gross¬
britannien eingeführt wurde, bestand aus 6 184 000 Schafen und
Lämmern, sowie 468 000 Rindvieh. Hierzu kommen noch
622 000 lebende Schafe und 626 000 Stück lobendes Rindvieh.
Diese Zahlen beweisen, dass der Handel mit gefrorenem Fleisch
sich hauptsächlich auf Schafe erstreckt. Der Export lebenden
Viehs aus Australien ist bis jetzt wenig erfolgreich gewesen, da
die Tliiere durch die lange Seereise zu sehr leiden. Soweit die
jetzigen Erfahrungen reichen, wird Australien nicht im Stande
sein, hierin mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika und
mit Argentinien zu concurriren, und muss sich, bis nicht bessere
Einrichtungen getroffen sind, auf den Export gefrorenen Fleisches
beschränken.
Nachfolgende Zahlen zeigen die Zunahme des Exports an
gefrorenen Schafen aus Australien von Beginn dieses Handels
im Jahre 1880 bis heute: Im ersten Jahre wurden 400 Carcases
exportirt, im folgenden schon 17 275 Carcases. Von da an nahm
der Export regelmässig zu und erreichte 1896 seinen Höhepunkt
mit 1 643 243 Carcases. Im letzten Jahre ist, wie schon bemerkt,
ein Rückgang eingetreten und wurden nur 1 394 513 Carcases
exportirt. Neuseeland allein exportirte zuerst im Jahre 1882
£889 Stück. Die Ausfuhr stieg rapide und erreichte im letzten
No. 38,
Jahre die enorme Höhe von 2 696 137 Carcases. Neuseeland hat
damit Argentinien bereits überflügelt, das im letzten Jahre nnr
2 068 039 Carcases verschiffte.
Nachfrage nach gefrorenem Fleisch hat mit der Zufuhr
hierin nicht Schritt gehalten, und sind die Preise zurückgegangeD,
| Für australisches Fleisch stellten sie sich auf 2 I /J bis 2^ Penre
i pro Pfund, Neuseeländer wird durchschnittlich 1 Pence höher be-
: zahlt, was seinen Grund in der besseren Verschiffung und Hand¬
habung findet. Zur Zeit sind 101 Schiffe, nämlich 97 Dampfer
und 4 Segelschiffe mit Gefrierapparaten versehen, die den Fleisch¬
export zwischen England und Australien vermitteln. Sie können
3 955 000 Carcases laden, sie sind also im Stande, im Jahre
9 850 000 Carcases zu verschiffen. (D. Landw. Pr.)
I
Jahresbericht des Schlachthofes zu Nürnberg 1897.
Geschlachtet wurden 20 347 Rinder, 29 73t Kälber, 23897
Schafe, 102 604 Schweine und 475 Pferde. Ausserdem wurden
| geschlachtet eingeführt 14 542 Kälber, 1694 Schafe, 2507 Schweine.
Davon ganz beanstandet und vernichtet 9 Rinder, 26 Kälber,
10 Schafe, 77 Schweine und 9 Pferde. Als noch geniessbar. je¬
doch minderwerthig, wurde der Feibank überwiesen das Fleisch
| von 160 Rindern, 289 Kälbern, 109 Schafen, 1 Ziege und 781
| Schweinen. Zur Beanstandung ganzer Tliiere führte die Tuber-
J cnlose in 23 Fällen, Gelbsucht in 7, Wassersucht in 4, Rotklaof
der Schweine in 21, Finnen in 7, Trichinen in 23, Abmagemog in 5 .
Pyämie und Septicämie in 9 Fällen. Die Procentzahl der gänz¬
lich vernichteten bezw. der auf die Freibank verwiesenen Tliiere
belief sich bei Rindern auf 0,04 bezw. 0,78 pCt., bei Schweinen
i auf 0,07 bezw. 0,74 pCt., bei Pferden auf 1,89 pCt. (Bericht
über die Betriebsergebnisse des Schlacht- und Viebhofes der Stadt
' Nürnberg für 1897 von Rogner.)
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen: Den Oberrossärzten Herbst von der Militär-
Lelirsclimiede in Hannover, Mittmann vom Ul.-Rgt. No. 5,
R o s c n f e 1 d vom Ilus.-Regt. No. 17 und Wassersleben vom
Feld-Art-Rcgt. No. 10 ist der Königl. Kronen-Orden IV. Klasse, dem
Docenten für Thierheilkunde an der Landwirtschaftlichen Akademie
in Poppelsdorf, Departementstliierarzt a. D. A. 8 c li e 11 das Prädikat
„Professor“ — verliehen worden.
Ernennungen: Thierarzt W. D 11 r r b e c k - München zum I. Assi¬
stenten an der Seuchen-Versuclisstation der thicrärztl. Hochschule
zu München für den von dieser Stelle zurückgetretenen Thierarzt
K. Höflich, Thierarzt A. Vosshage -Hannover zum klinischen
Assistenten an der Thierärztl. Hochschule in Hannover. —
Thierarzt K y p k e - Trier zum Kreisthierarzt-Assistenten in Trier,
Thierarzt E. Reichsten)- Königsberg zum conim. Kreisthierarzt
für den Kreis Königsberg N.-M., Districtsthierarzt Sperling-
Langenau zum Oberamtsthierarzt in Laupheim.
Gewählt: Thierarzt U. L u ft - Cottbus zum Schlachthof-Thierarzt
in Mainz, Thierarzt Dr. R. Schmidt zum Schlachthof-Assistcnz-
Thierarzt in Elbing.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Gerhardt- Sandertlcben nach Alslebcn a. S, Thierarzt
J. Zissler-Iscn nach Taufkirchen (bei Erding).
In der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Petersen vom Rc-
montedepot Jurgaitschen nach Remontcdepot Mecklenhorst, Hoss¬
arzt Pelka vom Feld-Art.-Regt. No. 25 nach Remontedepot Jur¬
gaitschen.— Pensionirt: Oberrossarzt Pichei vom Remonte¬
depot Mecklenhorst.
Vacanzen.
Kreitthier arztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Königsberg: Königsberg Land; Wehlau (noch nicht aus¬
geschrieben). — R.-B. Liegnitz: Freystadt. Bew. bis 1. October.
— R.-B. Marienwerder: Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben),
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Verantwortlich für den Inhalt (excl. In.eratenthell) Prof. Dr. Schmalta in Berlin. — Ve
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Danzig:
Eibing. — R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen :a)NeuauBgeschriebeneStelleo:
Lübeck: Schlachthausinspector zum 1. October (3200—4200 M.).
Bew. an Verwaltungsbehörde für städtische Gemeindcaostalten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Crenzburg (Wem
Auskunft Bürgermeister Wcirich. — Drengfurt. — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pb'
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt Bew. au Magistrat. -
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt. — E d d e 1 a k (Holstein::
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel:
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann,
i — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. -
| Geringswalde: Thierarzt AuskunftBürgermeister — Gross
schönau: Thierarzt (Fixum 1590 M.) zum 1. Jan. 1899. Be«-
bis 15. Oclober an Gemeinderath. — H e r in e s k e i 1 :• Thierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt
' (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masso»'
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.i
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus
i Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober-
marschacht (Elbe). — Satow (Mecklenburg - Schwerin): Thier
arzt. — Schlawa i. Schles.: Thierarzt. Auskunft durch Magistrat-
! — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. WO M.)-
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung :
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schön-
] bäum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimsthal. — Stoppenborg (bei Essen): Thierarzt Näheres
| durch den Bürgermeister. — Wetter (Rohr): Thierarzt (Gebühren
aus Fleischschau ca. 2000 M.). Näheres durch das „Amt“ daselbst
Besetzt: Staatsstellen: Königsberg N.-M , Daun. Sanitäts¬
thierarztstelle: Elbing.
lag und Bieenthum von Richard Schoetz in Berlin. — Druck von W. BOxen»tein. Berlin
Digitized by
Google
D1 * v"®.Ä fSä" 1 "«*» Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich ln HUrk® yon minderten. 1'/, Bogen. Die.elbe
ist *u beziehen durch den Buchhandel, die Po«t (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung »on Richard
ßchoeu, Benin NW^ Luiaermnuise Stf, iura Preise ron
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltr&ge werden mit SO Hk. fflr den Bogen honorlrt
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redaetlonellen An¬
fragen beliebe man zu «enden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierkrztliche Hochschule, NW., I.uiienitraase 36.
Correcturen, Kecenaiom- Kxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 39 . Ausgegeben am 29. September.
I n li a 11 : Vogel: Aneurysma der Arteria facialis und ihrer Ve r /. weig lingen bei einer Kuh. — Jess: Todesfall
bei Atropin-Morphium-lnjection gegen Schulterlahm lieit. — Kosmag: ZurCblorbaryumbehandlung
d e r K o 1 i k. — Jahrbuch der Deutschen Landwirtlischafis-Gese.Isclialt Hcransgegt-ben vom Directoiium. Band 12, 1897. —
Referate: Fröhner: Falsche und echte ZaMifiateln beim Pferd. — Glage: Zur Differentialdiagnose der Knochentuberculose
beim Schwein. — Strecker: Ein Fall von Magenzerreissung beim Pferd. — Fab er: Zur bösartigen Form der Maul- und
Klauenseuche. — Mahony: Erfolgreiche Behandlung des verstopften Thränenkanals beim Pferde. — Wulfsohn: Ueber die
Arbeit der Speicheldrüsen. — S e i z: Ueber Täuschungen durch Röntgen-Bilder. — Kleine Mitheilungen. — Tagesgeschichte:
Die Veterinär-Organisation im Gouvernement Moskau. — Verschiedenes. — Oeftentliches Veterinärwesen: Seuchen-
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vichverkehr. — Bücheranzeigen uud Kritiken. — Personalien.
— Vacanzen.
Aneurysma der Arteria facialis und ihrer Ver¬
zweigungen bei einer Kuh.
Von
Dr. Vogel-Kreuznach,
Thicrzrzt
Anfangs Jnni d. J. hatte ich Gelegenheit, ein merkwürdiges,
die Berichterstattung wohl werthes, multiples Aneurysma der
rechtsseitigen Arteria facialis und ihrer Verzweigungen bei einer
mir zur Untersuchung vorgeführten schweren Simmenthaler Kuh j
zn constatiren.
Soweit die Arterie unter der Haut verfolgbar war, erwies sie
sich nämlich durchgehends, aber sehr ungleichmässig, mehrfach
buchtig und sackartig erweitert, und zwar vomGefäss-Ausschnitt des
Unterkiefers, wo die Arteria facialis sich vom Kehlgang auf das
Gesicht amschlägt an bis auf die Stirn oberhalb des rechten
Auges, d. h. also im Verlauf der Augenwinkelarterie. Vom Ge- !
fä88-Ausschnitt nach vorn und aufwärts befinden sich zwei etwa j
haselnussgrosse Anschwellungen, weiter oben und nach vorwärts,
der Nase zu, wo sich die Arteria facialis verzweigt, ist eine stärkere
längliche ungleichmässig daumendicke Erweiterung resp. Hervor-
ragung. Die stärkste, hühnereigrosse Erweiterung aber liegt auf
der Stirne oberhalb des rechten Auges, also am Ende der Angen¬
winkelarterie, wo sie mit einem stumpfen Sack abschliesst. Die
sträng- und geschwulstartigen Dilatationen fühlen sich in ihrem
ganzen Verlaufe elastisch, fluctuirend und kräftig pnlsirend an;
stellenweise ist die Pulsation sichtbar, und beim Anlegen des
Ohres hört man sehr deutlich die regelmässig pulsirenden
schwirrenden resp. zischenden Geräusche, zumal an den hervor- I
ragendsten Geschwülsten. Die Pulse (80 pro Minute) sind syn¬
chron mit den Herzschlägen. Beim Einstechen mit einer
Injectionsnadel in das dickste oberste Aneurysma ergiesst sich !
hellrothes arterielles Blut. Die oberflächlich sichtlichen Blut¬
gefässe des rechten Augapfels sind stark gefüllt und die Sclerotica
mehrfach diffus blutunterlaufen; das Auge wird indess gut offen
gehalten und zeigt keine entzündlichen Erscheinungen, auch soll
das Thier sonst munter und wohl sein.
Die Kuh war erst vor etwa vierzehn Tagen angeschafft
worden. Die Anschwellungen sollen damals lange nicht so
stark gewesen seien, doch ist diese Angabe des Besitzers nicht i
ohne Weiteres als richtig anzunehmen, denn seine mir etwa vier¬
zehn Tage nach meiner ersten Untersuchung ausgesprochene
Meinung, dass die Geschwülste wieder viel dünner geworden
seien, hat sich mir bei einer gelegentlichen Augenscheinnahme
als falsch erwiesen; sie waren noch ebenso wie früher, aber
die blutigen Färbungen des Augapfels waren verschwunden.
Ende August hatte ich wiederum Gelegenheit, die Kuh zu
sehen. Die aneurysmatischen Auftreibungen sind stärker, be¬
sonders diejenige oberhalb des rechten Auges ist fast faustgross
geworden, und es lassen sich dieselben jetzt deutlich von da
weiter bis zum Grand der rechten Ohrmuschel verfolgen; die
Blutgefässe der Sclerotica am rechten Auge sind strotzend gefüllt
und von bläulichem Aussehen.
Im Anschlüsse hieran möchte ich noch ein eigenartiges
Aneurysma resp. Varice beschreiben, welches ich vor vielen
Jahren bei einem Pferde sab. An der Jugularis der unteren
Halshälfte linkerseits befand sich eine stark haselnussgrosse
Ausbuchtung, welche sich bei jedem Puls bewegte und ein
stark schwirrendes Geräusch vernehmen liess. Es lag hier offen¬
bar eine Verbindung zwischen Jugularis und Carotis vor, ent¬
standen durch einen angeblich vor einiger Zeit vorgenommeuen
fehlerhaft ausgeführten Aderlass, welcher an zu tiefer Stelle er¬
folgt war und nach Durchschlagung der jenseitigen Wandung
der Jugularis auch die Carotis verletzt hatte, sodass an der
Verletzung eine Verwachsung mit Anastomose der Arterie und
Vene entstand. _
Todesfall bei Atropin-Morphium-lnjection gegen
Schulterlahmheit.
Von
Dr. iess- Charlottenburg.
Des Oefteren habe ich Gelegenheit gefunden, die Atropin-
Morphiumlösung gegen die sehr lästigen und auf anderweite
therapeutische Massnahmen nicht reagireuden Schulterlahmheiten
anzuwenden. Ich will vorweg registriren, dass der Erfolg that-
sächlich in einigen Fällen ein geradezu frappanter, nnd ich kann
auch hinzufügen, anhaltender war. Die Anwendung geschah in
der von Schmidt-Dresden beschriebenen (B. T. W. 98 p. 219)
Weise: Morph. 0,2, Atropin 0,05 an drei aufeinanderfolgenden
Tagen je '/a-
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458
No. 39.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
Hei edleren Pferden Labe ich stets eine sehr unangenehme
Kolik nach dieser nahezu homoeopathischen Dosis beobachtet;
in einem Falle hatten die zu Tage tretenden Erscheinungen
mehr die Natur von Gehirnsymptoraen, das Thier ging wörtlich
die Wände hoch, schlug andauernd mit den Vorderextremitäten
und schwankte erbeblich mit dem Hintertheil. Nach einsttindigem
Umherführen hatten sich, bis auf eine nicht unbedeutende Er¬
schöpfung, wesentliche Symptome verloren. Auch bei allen
Uebrigen, mit Ausnahme der schweren belgischen und dänischen
Arbeitspferde, waren Kolik-Erscheinungen zu beobachten, in allen
Fällen trieb der Darm auf, die Peristaltik sistirte oder war sehr
verlangsamt Ich wäre nicht auf den Gedanken gekommen diese
unwesentlichen Beobachtungen der Oeffentlichkeit bekannt zu
machen, weil dieselben im diesjährigen Jahrgang der B. T. W,
Behr zahlreich berichtet sind und schliesslich von Jedermann
jeden Augenblick demonstrirt werden können. Es entzieht sich
meiner Kritik auch gänzlich, ob jemand werthvolle Pferde in
die bei Kolik entschieden vorhandene Gefahr bringt, um eine
Lahmheit vielleicht zu heben. Schliesslich ist doch der Begriff
Schulterlahmheit ein Sammelbegriff, der alle möglichen Gelenk¬
veränderungen, Veränderungen der Bänder, Sehnen etc. involvirt.
Eine chronische Arthritis oder eine Veränderung der Muskel¬
substanz wird genau so unverändert bleiben, wie bei Injectionen
von NaCl und Veratrin. Wenn man mit absoluter Sicherheit
nachweisen könnte, in dem betr. Falle liegt jene obscure Krank¬
heit — rheumatische Schulterlahmheit — vor, und wenn man
nicht einfach empirisch vorzugehen brauchte, sondern eine Er¬
klärung für die Wirkungsweise dieser Composition hätte, dann
erst scheint es mir, könnte der Thierarzt es verantworten, diese
Medication bei den ihm anvertrauten Thieren anzuwenden.
Von gewisser Wichtigkeit erschien mir die Beobachtung,
welche ich bei einem leichten Pferde des Besitzers X. in Y. nach
Injection von V 3 d. A.-M.-Lösung machte. Das qu. Pferd bekam
prompt seine Kolik, aber ziemlich spät; das Stallpersonal war
ausserhalb beschäftigt, und wie man am Abend wiederkehrte, war
der Patient todt. Das Cadaver war ganz enorm aufgetrieben.
Möglicherweise hatte sich das Pferd heftig niedergelegt und war
entweder an Erstickung infolge Atherabehinderung durch Be¬
lastung des Zwerchfells oder an Zerreissung verendet, leider
konnte ich keine Section machen.
Das Pferd batte Erhaltungsfutter Kleie und Heu erhalten,
wie ich es stets vor und während der Behandlung mit A.-M.-
Lösung verordne, um schon Kolik zu vermeiden. — Ich halte es
für meine Pflicht, diesen Fall hier anznfübren. Im Allgemeinen
kann man das Urtheil über A.-M.-Lösung dahin zusammenfassen:
1. Die Wirkungsweise derselben ist völlig unbekannt
2. Es kommen thatsächlich einige Heilungen vor bei Lahmheiten
der vorderen Extremitäten, welche sonstigen Medicationen trotzten.
3. Durch die Anwendung dieser Mittel kommt das Thier in
Lebensgefahr, und der verantwortliche Thierarzt muss den Besitzer
hiervon vor Anwendung benachrichtigen, um dessen ausdrückliche
Einwilligung zur Vornahme dieser versuchsweisen Medication
nach Darlegung aller event. eintretenden Zufälle zu erlangen
(so muss dem Besitzer bekannt sein, dass event. Kolik eintritt,
dass das Pferd bewacht werden muss etc.).
Zur Chlorbaryumbehandlung der Kolik.
Von
Kosmag-Cassel,
UoterroRaarst im Haa&ren-Regtraent No. 14.
In Anbetracht des noch vielfach vorhandenen Misstrauens
gegenüber der Wirkung des zur Behandlung der Kolik von Geh.
R.-R. Dr. Dieckerhoff eingeführten Chlorbaryums möchte ich
versuchen, durch einige Zahlen den Beweis zu erbringen, wie
wenig gefährlich — oder besser vielleicht sogar: wie viel un¬
gefährlicher dieses Mittel ist als die bisher angewandten sub-
cutanen: Eserin, Pilocarpin, Eserin-Pilocarpin ää und Arecolin.
Ich habe seit mehr denn zwei Jahren Gelegenheit gefunden,
das Chlorbaryum anzuwenden, und greife wohl nicht zn hoch,
eher zn niedrig, wenn ich die Zahl der von mir mit Chlor¬
baryum behandelten Kolikpatienten auf 50 angebe. Es sind dies
alles Erkrankungen, die auf jeden Fall ein medicamentöses Ein¬
greifen nöthig machten, während die schon durch einfaches Frot-
tiren des Hinterleibes, Priessnitz’sehen Umschlag und Kalt¬
wasserinfusionen zur Heilung gekommenen Erkrankungen gar
nicht in Betracht gezogen sind.
Anfangs wandte ich die Dosis von 0,5—0,7 an, ging aber
bald darauf auf 0,35 ad 10,0 aqu. herab, welche Menge ich mir
stets selbst dispensire und davon mehrere Pulver immer bei
mir trage. Gleich ist es nun — soweit ich Gelegenheit batte,
dies zu beobachten — ob zur Lösung kaltes oder Bluttemperatur
besitzendes Wasser verwendet wird; wo es irgend angängig war
wurde selbstverständlich letzteres vorgezogen.
Die Anwendung des CblorbaryumB erfolgte in den qu. Fällen
immer erst dann, wenn ich durch die oben erwähnten Mass¬
nahmen innerhalb einiger Zeit nichts erreicht hatte und nun zu
einem Arzneimittel gegriffen werden musste. In den ersten von
mir behandelten Erkrankungen nahm ich keine Rücksicht auf
ev. Herzaffectionen, erst als mir durch die Zeitschriften mehrere
tödtliche Ansgänge infolge der endovenösen Injection bekannt
wurden, vergewisserte ich mich regelmässig durch Auscnltation
des Herzens und Palpation der Maxillaris von dem Fehlen irgend¬
welcher erheblicher Herzleiden. Ich nahm jedoch nicht Anstand,
die Injection auszuführen, wenn sich der Puls aussetzend oder
doppelschlägig erwies.
Da es mir bei der Unruhe der Pferde in seltenen Fällen möglich
wurde, die Einstichstelle vorher zu desinficiren, so wurde nur die
Nadel in etwas Creolinwasser gereinigt.
In vielen Fallen injicirte ich nach Verlauf von etwa 1'/* bis
2 Stunden — wenn der Erfolg auszubleiben schien — auf der
anderen Halsseite noch einmal 0,35 Chlorbaryum ad 10,0 aqu.
Bei einem Pferde gelangten sogar drei Dosen innerhalb eines
Tages zur Anwendung, wobei zwischen der zweiten und dritten
Injection demselben noch Pulv. Extr. Aloes 30,0, Bar. chlorat. 10,0,
Natr. bicarb. 25,0 per os verabreicht wurden. Hierauf trat Ge¬
nesung ein. Bemerkt sei noch, dass betr. Patient ein habitueller
Koliker war, bei dem ein anderer Kolikanfall erst nach zwei
Chlorbaryum- und einer Eserin-Injection sowie obigem Pulver ge¬
hoben wurde.
Erwähntes Pulver, ev. mit der Abänderung von Aloes 20—25
und Bar. Chlor. 8 sowie Natr. sulfuric. bezw. Magn. sulfuric.,
wurde nach der Chlorbarynm-Injection wohl in einem Drittel der
Fälle verordnet und, in warmem Wasser gelöst, applicirt.
Niemals habe ich eine irgendwie nachtheilige Wirkung be¬
obachten können. Nach den meisten Injectionen trat innerhalb
weniger Minuten Flähmen der Lippen, starkes Drängen auf den
Mast darin, sowie Absatz einiger Fäces ein. Einige Patienten
8tiessen mehrmals helle, wiehernde Töne aus und zeigten einige
Augenblicke lang ein gewisses Angstgefühl.
Von allen derart behandelten Patienten gingen nur drei ein.
Diese Todesfälle auf die Chlorbarynmwirkung zu setzen, schliesst
wohl der Sectionsbefund aus wie auch der ganze Krankheits¬
verlauf. Zu allen drei Patienten kam ich erst nach 12—24 Stunden,
nachdem sich dieselben inzwischen verschiedene Male geworfen
und gewälzt hatten. Die bei zweien sofort gegebene Morphium¬
dosis hatte eine zeitweise Beruhigung zur Folge, wonach ich zur
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29. September 1898.
Injection des Chlorbaryams schritt. Dieses wie alle anderen noch
angewandten Mittel konnten den exitus letalis nicht abwenden.
Die Obduction ergab einmal eine etwa '/» m lange Invagination
des Dünndarms in sich, das andere Mal eine wohl fünffache
Drelmng einer Dünndarmschlinge um das Gekröse, Volvnlus. Im
dritten Falle fand sich eine Umknicknng (Drehung um die Quer¬
achse) des Blinddarmes mit Perforation der Blinddarmspitze und
verschiedene ulceröse Herde in deren Umgebung.
Im Vergleich hierzu sei bemerkt, dass unter den zehn ledig¬
lich mit Eserin bezw. Eserin-Pilocarpin ää von mir behandelten
Pferden ebenfalls ein Todesfall, und zwar infolge Achsendrehung
des Grimmdarms, zu verzeichnen war.
Es ergiebt dies also bei etwa 50 in der Hauptsache mit
Cblorbaryum behandelten Fällen 3 Todte = 6 pCt. und bei 10 haupt¬
sächlich mit Eserin behandelten 1 Todten = 10 pCt. Trotzdem
soll ausser Frage gestellt bleiben, wie viele der angegebenen
Fälle auch ohne die Anwendung des Chlorbaryums oder erst durch
das eine oder andere der noch darauf angewandten Mittel sowie
auch durch den vorgenommenen Darmstich (der bei dem schon
oben erwähnten habituellen Koliker nicht weniger denn dreimal
bei verschiedenen Anfällen ausserdem noch zur Anwendung kam)
zur Heilung gelangt wären — es soll dies ja nicht der Zweck
meiner Zeilen sein, sondern es soll nur hierdurch gezeigt
werden, dass jegliche Gefahr bei einiger geringer Vorsicht aus¬
geschlossen ist. Auch das zufällige Einströmen von Luftblasen
in die Blutbahn bei endovenöser Injection mit nicht völlig ge¬
füllter Spritze kann ich nicht als unbedingt gefahrvoll betrachten,
da mir dies in der Eile und bei ungenügender Beleuchtung in
drei Fällen mit unterlief, ohne dass ich unangenehme Zufälle be¬
merkt habe.
Was Grösse und Alter der behandelten Pferde betrifft, so
waren diese sehr verschieden. Ein Theil derselben bestand ans
Cavalleriepferden, schwere Cürassier- und leichte Husarenpferde,
und ein Theil aus Arbeitspferden, den verschiedensten Schlägen
angehörig. Eben so mannigfach waren auch die Ursachen der
Erkrankungen.
Ein gänzliches Ausbleiben einer Wirkung nach der Injection
ist mir nicht zu Gesicht gekommen. Mindestens zeigte sie sich
durch Anheben bezw. Lebhafterwerden der verringerten Peristaltik
sowie Absetzen einiger Fäces.
Nach all dem Angeführten komme ich zu dem Schluss, dass
eine Gefahr bei der Anwendung des Chlorbaryums — auf
keinen Fall mehr als bei den subcutanen Mitteln — vorliegt,
dass sich mit dem so viel billigeren Chlorbaryum wohl
dasselbe erzielen lässt wie durch obige Medicamente, dass
ferner das Chlorbaryum ein Präparat ist, welches den
Händen des Besitzers nicht anvertraut werden kann und
darf, und so in etwas dem Pfuscherthum der so gerne
namentlich Kolik selbstbehandelnden Besitzer entgegentritt,
und last not least, dass die Operation der endovenösen
Injection auf den Laien einen grösseren Eindruck macht
und ihm viel schwieriger, chirurgischer und kunstgeraässer
erscheint als die einfache subcutane Injection.
Jahrbuch der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft.
Heraasgegeben vom Directorium. Band 12, 1897.
Mit der Pünktlichkeit des Erscheinens bringt das Jahrbuch
der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft wiederum eine Fülle
des Interessanten.
Dem einleitenden Geschäftsbericht, der die Thätigkeit der
Gesellschaft vom 1. October 1896 bis dahin 1897 umfasst, ent¬
nehmen wir zunächst, dass die Zahl der Mitglieder am 1. October v. J.
11773 betrug; es hat eine Znnahme von 688 stattgefunden.
459
Dieser Zuwachs ist in den Zeiten des Darniederliegens der
Landwirtschaft als ein erfreulicher zu betrachten, beweist er
doch, dass die Landwirthe mit dem obersten Grundsätze der
Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft, dem der Selbsthilfe
vollständig einverstanden sind. Wenn auch, wie es ferner im
Geschäftsbericht heisst, der Cassenbestand mit einem Minus ab-
Bchliesst, so ist doch eine Znnahme infolge des günstigen Aus¬
falls der Hamburger Ausstellung zu erwarten.
Auch im Winter 1896/97 fand eine Hauptversammlung sowie
anch solche der einzelnen Abtheilungen (Dünger-, Ackerbau-,
Thierzucht-Abtheilung n. s. w.) verbunden mit Vorträgen, statt.
In der uns hier speciell interessirenden Sitzung der Thierzncht-
Abtheilnng wurde über die Zugprüfung für Pferde und Rinder
auf den Ausstellungen der Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft
gesprochen. Es wurde empfohlen, an Stelle der Leistungs-
prtifungen Gebrauchsprüfungen zu setzen. Ein weiterer Vortrag:
„Ueber die Auswahl der Kühe nach dem Fettgehalt der Milch“,
ist als Stück 5 der „Mittheilungen“ des laufenden Jahrgangs zur
Veröffentlichung gelangt.
Den Hauptinhalt und damit auch das Hauptinteresse nimmt,
wie immer, die Darstellung der Wanderausstellung der Deutschen
Landwirthschafts-Gesellschaft in Anspruch. Die 1897er Aus¬
stellung fand bekanntlich in Hamburg statt. Dem daselbst er¬
statteten Bericht über die Thätigkeit der Thierzucht-Abtheilung
entnehmen wir, dass das grosse Werk über die deutschen
Rinderscbläge in Angriff genommen worden ist. Dasselbe wird
wahrscheinlich im laufenden Jahre zum Abschluss kommen. Auf
Veranlassung des Sonderausschusses für Pferdezucht wurden
durch einen Beauftragten im Berichtsjahre sämmtliche Land-
bescbäler in Preussen gemessen und gewogen. Aus der
Zusammenstellung dieser Ergebnisse dürfen wir eine Erweiterung
unserer Kenntnisse auf dem Gebiete der Pferdezucht erwarten.
Im Interesse der Kostenersparnis sowohl als auch besserer
Uebersichtlichkeit sollen in Zukunft die Thierausstellungen der
Deutschen Landwirthschafts-Gesellschaft beschränkt werden.
Weiter wurde die grundsätzliche Bestimmung getroffen, dass bei
jedem Thier, das zur Ausstellung gebracht wird, der Züchter
nachgewiesen sein muss. Ferner sollen nur solche Thiere zu¬
gelassen werden, die sich nicht nur sechs Monate im Besitze des
Ausstellers befunden haben, sondern auch auf dessen Wirtschaft
tatsächlich eingestellt gewesen sind. Man sucht sich dadurch
gegen die Ausstellung von Thieren, die eigens zu Ausstellungs¬
zwecken gekauft worden sind, zu schützen.' Diese Bestimmungen
sollen sich also hauptsächlich gegen Händler richten.
Der Sonderausschuss für Thierabbildungen war bestrebt,
nicht nur das Aufnehmen der Thiere auf den Ausstellungen
weiter auszubilden, sondern auch Anregung zu ausgedehnterer Ver¬
breitung der Thierbilder zu geben. Als Erfolg dieser Bestrebungen
ist zu erwähnen, dass in Zukunft Mappen mit den auf den Aus¬
stellungen der Deutschen Landwirtschaft^ - Gesellschaft ge¬
nommenen Bildern auf kleinen Thierschauen im Königreich
Preussen als Preise ausgegeben werden.
Der Sonderausschuss zur Bekämpfung von Thierkrankheiten
beschäftigte sich n. A. mit der Frage der Tilgung der Tuberculose
und der Rothlaufseuche.
Ueber die Beschickung der Ausstellung selbst kann ich hin¬
weggehen, da in dieser Zeitschrift seinerzeit darüber schon berichtet
worden ist. Wie bei allen Ausstellungen der Deutschen Land¬
wirthschafts-Gesellschaft, so war auch in Hamburg die Heimat-
provinz am stärksten vertreten. Sie umfasste diesmal die
beiden Mecklenburg, Schleswig-Holstein, Hamburg und Lübeck.
Ausgestellt waren: 606 Pferde (die grösste Anzahl auf allen bis¬
herigen Wanderausstellungen), 1189 Rinder, 479 Schafe, 523
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
Schweine and 89 Ziegen. Die Rindviehausstellung bot hinsicht¬
lich der Niederuugsrassen das Vorzüglichste, das je gesehen
w tide. Aach in Hamburg wurden an Schweinen wiederum
Messungen vorgenommen.
In dem allgemeinen Aasstellungsbericht wird wiederum des
vorzüglich organisirteu veteriuärpolizeilichen Dienstes auf der
Ausstellung lobende Erwähnung gethan.
Jeder Besucher kann dies nur bestätigen. Interessant sind
ferner die von hervorragenden Sachkennern auf der Haupt¬
versammlung gehaltenen Vorträge über den Stand und die Ent¬
wicklung der Landwirtschaft in oben genannten Provinzen
(Gau 4); nameutli h sind die thierzflckterischen Darstellungen
sehr anziehend und von grosser volkswirtschaftlicher Anregung.
Von dem im Berichtsjahre erschienenen und uns hier inter-
essirenden „Arbeiten“ der Deutschen Landwirthschafts - Gesell¬
schaft, die im Jahrbuche nur auszugsweise wiedergegeben werden,
seien hier erwähnt:
Prof. Dr. Ramen-Bonn: „Viehzuchtbetrieb im Allgemeinen,
Stand der Aufzucht und der verschiedenen Nutzungsrichtungen.“
Prof. Dr. Hansen: „Bäuerliche Viehwirtschaft.“
Prof. Dr. Lehmann: „Ernährungs- und Futtermittellehre.“
Rittergutsbesitzer Brödermann: „Züchtungsgrundsätze und
Züchter-Vereinigungswesen.“
Prof. Dr. Fleischmann: „Ueber die gegenwärtige Lage der
Milchwirtschaft“
Regierungsrath Beisswänger: „Ueber Seuchenbekämpfung.“
Ministerialdirector Dr. Thiel: „Oeffentliche Mittel zur
Förderung der Viehzucht; Ausstellungswesen.“
Oeconomierath Johannsen: „Molkerei-Absatz und Genossen¬
schaftswesen.“
Aus Vorstehendem ersehen wir, wie die Deutsche Landwirt¬
schafts-Gesellschaft auf allen Gebieten fördernd und nutzbringend
vorgeht.
Am Schlüsse des Jahrbuchs findet sich das Namensverzeichniss
der Leitung der Gesellschaft vom 1. October 1897 bis 30. Sep¬
tember 1898 vor. Der ThierzuchtabtheiluDg wären wohl noch
mehr in practischer Thätigkeit befindliche Thierärzte zu
wünschen. Vielleicht gehen gerade auf diesem Gebiete die
preussischen Landwirtschaftskamraern anregend vor.
Schliesslich sei noch erwähnt, dass 1898 die Wanderaus¬
stellung der Deutschen Landwirtschaftlichen - Gesellschaft in
Dresden, 1899 in Frankfurt a. M. und 1900 in Posen stattfinden
wird.
Das Jahrbuch, das sich in jeder Hinsicht seinen Vorgängern
würdig anreiht, ist im Buchhandel für 6 M. zu haben. Die
Mitglieder der Gesellschaft erhalten dasselbe neben den anderen
Drucksachen gratis. Es kann dem Thierarzt, der sich für die
Thätigkeit der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft
interessirt, nur aufs Beste empfohlen werden.
Ad. Maier- Neckarbischofsheim.
R © f e r at e.
Falsche and echte Zahnflsteln beim Pferd.
Von Prof. Frilhncr.
(Muh. f. Tü. Bd. 9, 11 9)
F. weist darauf hiu, dass das Wort „Zahnfistel“ vielfach
nicht correct angewendet werde, indem sehr häufig nicht eine
echte Zahnfistel, sondern eine Knochenfistel am Kiefer bestehe,
die er „falsche Zahnfistel“ nennt.
Die echte Fistel wird durch einen kranken Zahn veranlasst,
complicirt sich allerdings mit Knochenfisteln und ist eine ge¬
wöhnlich durch Zahncaries bedingte eitrige Alveolarperiostitis.
Es besteht, also die Knochenfistel und ausserdem die Zahnkrank¬
heit. Die echte Zahnfistel ist natürlich häufiger bei älteren
Pferden. Sie kommt namentlich am Oberkiefer auch an den
Molaren vor, während die reine Knochenfistel besonders die Prä¬
molaren betrifft. Meist wird bei der echten Zahnfistel die Knochen¬
auftreibung eine viel erheblichere; auch findet man längere
Fistelkanäle, reichlicheres und übelriechendes Secret. Zur Fest¬
stellung des ZuBtandes ist unbedingt die Untersuchung des Hanls
erforderlich. Die Prognose ist nicht so günstig, die Entwicklung
meist eine spontane und sehr langsame. Neben der Entfernung
des Zahnes ist auch die Behandlung der Knochenfistel an sich
erforderlich.
Die falsche Zahnfistel, d. h. die reine Knochenfistel, ent¬
wickelt sich meist aus traumatischen Gründen. Sie findet sich
besonders häufig bei Fohlen bezw. jüngeren Pferden. Die Zähne
sind gesund, Kaustörung fehlt also. Die Knochenauftreibung wird
nur taubenei- bis gänseeigross, der Fistelkanal nur wenige Centi-
meter lang; doch kann er auch länger sein. Oft sind mehrere
Fistelkanäle vorhanden, in deren Tiefe necrotische Knochenstucke
sitzen. Die Prognose ist viel günstiger. Die einfache Knochen¬
fistel dürfte einen erheblichen Fehler nicht darstellen, die gründ¬
liche Behandlung ist nur durch Necrotomie, d. h. Anfmeisseln
und Auskratzen des Fistelkanals und gründliche Entfernung der
Sequester, zu bewerkstelligen.
Das Ausbrennen und Ansätzen der Kanäle ist nicht sehr Er¬
folg versprechend, es kann auch, wenn Sequester vorhanden sind,
gar nichts nützen. Das Ausziehen eines Zahnes beim Vorhanden¬
sein einer solchen falschen Zahnfistel ist natürlich falsch und
geradezu schädlich, weil dadurch die einfache Knochenfistel oft
in eine Zahnfistel umgewandelt wird.
Bei der Operation muss das Pferd geworfen werden. DieHaare
werden rasirt, in den Fistelkanal wird eine Sonde eingefdhrt und
entsprechend der Richtung ein senkrechter Hautschnitt bis auf
den Knochen geführt, die Fistelöffnnng spindelförmig Umschnitten.
Dann wird die Haut zurückpräparirt, die Knochenauftreibung
von den Weichtheilen befreit und der Kanal entweder mit einem
Hohlmeissei bis zu seinem Ende freigelegt oder es wird mit
einem graden Meissei zu beiden Seiten des Kanals gemeisselt.
Sequester und Granulationsgewebe wird ausgekratzt, die Knochen¬
kohle mit Jodoformgaze gefüllt uud zunächst eine Hautnaht an¬
gelegt, um das Ausfallen der Tampons zu verhindern. Nach
einigen Tagen werden Tampons und Nähte entfernt. Die Wunde
wird offen behandelt.
Zar Differenti&ldiagnose der Knochentuberculose beim
Schwein.
Von Glage.
(Z'*chr. f. PI. n. Milchh. Sept. 1804.)
Bei der Behandlung der Knochentuberculose der Schweine
können in erster Linie Geschwülste die Tuberculose Vortäuschen.
Die von Pflug und Glage beobachteten Sarcome sind zu selten,
um eine praktische Bedeutung zu haben. Häufiger dürfte zu
Verwechselungen Veranlassung geben das Lipom, welches
Glage öfter in den Wirbelkörpern gefunden hat. Es bildet
erbsen- bis haselnussgrosse scharfumschriebene, runde, weiche
Geschwülste, die von einer dünnen Knochenkapsel mit glatten
Wänden umschlossen sind. Die mikroskopische Untersuchung
zeigt spärliches Bindegewebe 'und grosse Fettzellen. Mit der
Bildung von Fettmark hat diese Veränderung nichts gemein
Die Knochenkapseln stehen in der Regel durch einen Kanal mit
dem Wirbelkanal in Verbindung. Die mit Fett ausgefüll leD
Höhlen dürften daher Erweiterungen der Havers’schen Kanäle
sein, an denen man auch andernfalls oft genug bauchige Er¬
weiterungen findet. Die Verwechselung mit Tuberculose lieg*
besonders dann nahe, wenn bei dem behufs Zerlegung üblichen
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29. September 1898.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
461
Spalten der Wirbelsäule die Neubildung aus der Knoclienkapsel
herausfällt und letztere leer zurückbleibt. Die platte nicht aus¬
gebuchtete und nicht zerfressene Wand und das Fehlen jeder
äus8erlichen Deformität am Wirbel geben schon einen gewissen
Anhaltspunkt.
Ein Fall von Magenzerreissung beim Pferd.
Von Corpsrossarzt a. D. S t r e c k e r - Hannover.
(Zttch f. V.'ieiiuärkd, Auf — Scpt. 1898.)
Eine 17 Centn^r schwere belgische Stute war seit vier Wochen
6ckulterlahm. Es wurde ihr eine combinirte Morphium - Atropin-
Injection gemacht (0,2 Morph., 0,05 Atropin). Bei der nach-
herigen Untersuchung zeigte das Pferd etwas Muskelzittern,
einige Tropfen Schweiss, massig beschleunigten Puls und etwas
Unruhe. Acht Stunden später wurde das Pferd unruhiger, warf
sich wiederholt nieder, sprang schnell wieder auf, fing plötzlich
an aufzutreiben und verendete in einer Stunde. Bei der Section
fanden sich: In der Bauchhöhle 61 blutig gefärbter Mageninhalt;
der Magen an der grossen Krümmung von einem Ende bis zum
andern total zerrissen; in der Nähe des Risses ein grosses Blut-
coagulum; der aus Hafer, Heu und Häcksel bestehende Magen¬
inhalt wog 34 kg, wozu noch die in die Bauchhöhle ergossene
Flüssigkeit gerechnet werden muss. Demnach war der Magen
mit etwa 30 kg belastet, und wahrscheinlich ist er in Folge dessen
bei dem wiederholten Niederwerfen zerrissen. Selbstverständlich
ist dies ein Fall, der der Behandlung mit Atropin nicht zur Last
gelegt werden kann. Da aber solche Unruhe nach Atropin er¬
klärlich ist, so dürfte es sich empfehlen, die Atropin - Morphium-
Einspritzung nach 12—24 stündigem Fasten vorzunehmen oder
noch besser, dem Pferde 1—2 Tage vorher eine Aloepille zu
verabfolgen.
Zar bösartigen Form der Manl- and Klauenseuche.
Von F a b e r - Durlach.
(Dlicb. th. W«chr. No 3->.)
Die seit mehreren Jahren gutartige Maul- und Klauenseuche
trat in den letzten Monaten recht bösartig auf. 9 Stück fielen;
bei allen war bereits Besserung eingetreten, als plötzlich ein
Rückschlag erfolgte. Meist am fünften und sechsten Tage zeigten
die Thiere grosse Hinfälligkeit, stürzten zusammen, lagen theil-
nahmslos und zeigten überhaupt alle Erscheinungen schwerster
Erkrankung. Unter Zunahme der Symptome gingen sie sehr
rasch ein. Bei der Obduction fanden sich immer neben den
bereits in Heilung begriffenen Erosionen am Zahufleisch ge-
schwürige Veränderungen der Magen- und Darmwand, in einem
Falle bis thalergrosse Flächen. Besonders der Pansen und der
Psalter sowie der Dünndarm waren betroffen. Leber und Milz
schienen vergrössert, die Lungen ödematös, das Myokardium wie
gekocht. Am Zwischenklauenspalt fanden sich nässende Stellen.
Hieraus ergiebt sich, dass bei der bösartigen Form der Maul¬
und Klauenseuche eine hochgradige Darmerkrankung die Haupt¬
sache darstellt. — F. liess den schwerkranken Thieren zweimal
täglich 1 1 kuhwarme Milch von gesunden Kühen einschütten,
welche sich beim Einstreichen von Geifer erkrankter Kühe vor¬
her als immun erwiesen hatten. Das Verfahren hatte immer eine
recht günstige Wirkung und F. giebt dem Gedanken Raum, dass
die Milch der gegen Manl- und Klauenseuche immunen Kühe
einen speciell wirksamen Stoff enthalten könnte. Er macht
schliesslich darauf aufmerksam, dass es nothwendig ist, die Ein¬
güsse zu überwachen, da die an der bösartigen Maul- und
Klauenseuche erkrankten Thiere immer an Schlingbeschwerden
leiden.
Erfolgreiche Behandlung des verstopften Thrftnenkanals
beim Pferde.
Von James Mahony.
(VeL Journal 1898, H *77.)
Bei einem dreijährigen Cob sammelte sich in einem Augen¬
winkel eine so grosse Menge von Materie an, dass das Pferd
hierdurch sehr stark belästigt wurde, und da«s das Auge wegen
des verursachten Reizes unterwegs beim Fahren alle 3—4 Meilen
gereinigt werden musste. Die Untersuchung ergab, dass das
Auge ganz gesund war. Bei Besichtigung der Nase stellte sich
heran«, dass der Ductus ad nasum fehlte. Verf. stellte nun
einen künstlichen Kanal in folgender Weise her: Das Pferd
wurde niedergelegt und das Thränenbein an der Stelle trepanirt,
an welcher der Kanal liegen musste. Hierauf wurde von der
Trepanationsstelle aus mit einer zugespitzten Stahlsonde bis zu
den Thränenpunkten aufwärts und nach der Nase abwärts in der
Richtung des Thränenkanals eine Passage hergestellt und durch
dieselbe ein feines Drainrohr vom inneren Augenwinkel bis in
die Nähe der unteren Nasenöffnung gelegt. Der dünne Gommi-
schlauch blieb 10 Tage in dem künstlichen Kanal und wurde
zweimal täglich hin- und herbewegt. Nach der Operation trat
eine starke Entzündung des Auges ein, welche aber bei zweck¬
mässiger Behandlung bald vorüberging. Nach Entfernung des
Drains wurde von Zeit zu Zeit eine Gummisonde in den Kanal
geschoben. Derselbe blieb in der Folge ohne weitere Behandlung
offen und erfüllte seinen Zweck vollständig. Denn das Pferd
wurde ohne Wiedeikehr der geringsten Spuren des Leidens von
seinem Besitzer noch 3 Jahre gefahren und dann auf dem Markte
in Thurles gesund verkauft.
lieber die Arbeit der Speicheldrüsen.
Vortrag, gehalten von Wulfsohn in der Gesellschaft der
russischen Aerzte.
W. untersuchte einerseits die Submaxillar- und die Sublingual¬
drüsen zusammen und andererseits die Ohrspeicheldrüse. Sowohl
die beiden ersteren, wie auch die letzteren sondern bei Einnahme
von trockener Nahrung mehr Speichel ab, als bei der Einnahme
von wasserreicher Nahrung; ebenso produciren die beiden ersteren
bei Einführung von geniessbaren Substanzen dichten und mucin-
reichen Speichel, bei der Einführung von ungeniessbaren Sub¬
stanzen fliesst dagegen nur einförmiger wässriger Speichel. Die
Ohrspeicheldrüse, deren Secret kein Mucin enthält, reagirt sowohl
auf geniessbare wie auf ungeniessbare Substanzen mit ein¬
förmigem, an festen Substanzen armem Speichel. Die Hanpt-
be8timmung der Ohrspeicheldrüse ist somit die, trockene Nahrung
zu befeuchten. Ausserdem hat diese Drüse scheinbar die Eigen¬
schaft, Säuren zu binden, da sie auf verschiedene Säuren mit
eiweissreicherem Speichel reagirt. Fernere Experimente zeigten,
dass der Speichel nur dann fliesst, wenn er eine bestimmte Auf¬
gabe zu verrichten hat: kein isolirter mechanischer oder Wärme¬
reiz vermag, eine Speichelsecretion herbeizuführen. Zu weiterem
Verständnis der Physiologie der Speichelabsonderung muss man zur
Psychologie dieser Absonderung znrückgreifen. Vom Standpunkte
des psychologischen Einflusses können sämmtliche Substanzen
welche Speichelsecretion herbeiführen, in zwei Klassen getheilt
werden: in geniessbare und ungeniessbare; zwischen diesen zu
wählen und somit die Arbeit der Speicheldrüsen zu bestimmen,
ist die Aufgabe der Psyche. Die Theilnahme der letzteren wird
dadurch bestätigt, dass die Resultate, welche bei directer Be¬
rührung der verschiedenen Substanzen mit der Mundhöhle heraus¬
kommen, auch dann erzielt werden, wenn das Thier mit diesen
Substanzen blos geneckt wird. Die Function der Speichel¬
drüsen zeigt somit eine strenge Zweckmässigkeit und ein be-
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462
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
deutender Theil der Aufgabe, diese Zweckmässigkeit zu verwirk¬
lichen fällt der Psyche zu. (Allg. med. Centr.-Ztg.)
Ueber Tän schlingen durch Röntgen-Bilder.
Von Dr. Seiz.
(Ther. Monat.-h. 8, 98 )
Ohne die grosse Bedeutung der Röntgen-Strahlen und ihrer
Eigenschaften für die Heilkunde zu verkennen, glaubt S. sowohl
aus verschiedenen Aeusserungen anderer Aerzte als auch aus
seinen eigenen Erfahrungen nachweisen zu können, dass die
Rönten-Bilder nicht immer eine ganz richtige Anschauung zu
geben vermögen. Die Mängel bestehen zunächst in Folgendem:
Bei Verwundungen ist zwar der Sitz des Geschosses meist zu
erkennen, nicht aber das Vorhandensein von Holzsplittern, Tuch¬
fetzen, Ledertheilen etc., die etwa mit dem Geschoss in den Körper
eingedrungen sind und für sich Eiterungen veranlassen und ufater-
halten können. Aber auch die Lage des Geschosses geht aus dem
Röntgen-Bilde nicht immer mit der nöthigen Deutlichkeit hervor,
nicht einmal auf der Röntgen - Photographie, während die Be¬
obachtung auf dem fluroscirenden Schirm noch weniger zuverlässig
ist. Es sind zwar bereits vor einer ganzen Reihe von Monaten
sowohl von deutschen als auch von ausländischen Forschern
Mittel zur Erzielung von stereoscopischen Röntgen - Bildern
angegeben worden, durch die die Lage eines Fremdkörpers voll¬
kommen deutlich erscheinen müsste, jedenfalls aber haben sich
diese Verfahren noch nicht in der ärztlichen Praxis eingebürgert.
Aus seiner eigenen Berufstätigkeit führt Dr. S. einen Fall an,
in dem die Röntgen - Photographie eines verrenkten Ellenbogen-
Gelenkes ziemlich deutlich ein abgesprengtes Knochenstück zu
zeigen schien, während die sonstigen äusseren Erscheinungen für
diese Annahme gar keinen Halt boten, so dass dieselbe als
unzutreffend betrachtet werden musste. In einem anderen Falle
war. auf der Photographie eines gebrochenen, Oberschenkels-von.
einem Knaben, der die ganz normale Heilung durch Unvor¬
sichtigkeit verhindert hatte, eine derartige Verschiebung des
Knochens zu sehen, als ob das Bein wenigstens um 7 cm kürzer
geworden sein müsste als das gesunde, während die wirkliche
Verkürzung nur 2V, cm betrug. S. schliesst aus diesen und
ähnlichen Fällen, dass Röntgen - Photographien stets eine sehr
vorsichtige Prüfung verlangen und besonders immer mit dem
übrigen Krankheitsbilde verglichen werden müssten.
Kleine Mittheilnngen.
Fibrom im Herzen einer Kuh.
Bez.-Thierarzt Henninger schreibt in der Dtsch. Thieräztl-
W. 97, 46: Eine stets gesund gewesene Kuh, welche zum Ziehen
benutzt worden war, versagte plötzlich die Arbeit und zeigte so
hochgradige Athemnoth, dass sie auf freiem Felde geschlachtet
werden musste. Das ganze linke Herz war hypertrophisch, die
linke Vorkammer erweitert. Es fanden sich in der linken Herz¬
hafte mehrere Geschwülste, die meist den Fleischbalken mit
kurzen festen Stielen aufsassen. An der Mitralis sass mit mark¬
stückgrosser Basis eine Geschwulst von der Größse eines Pferde,
hodens. Die Klappen waren verdickt. Im linken Herzohr eine
hühnereigrosse Neubildung. Die Geschwülste waren derb und
erwiesen sich als Fibrome. Die Mitralgeschwnlst hatte sich an
der Basis losgerissen und war derartig in die Aorta hinein¬
getrieben, dass sie deren Wände ausbuchtete. Dies erklärt die
plötzliche schwere Athemnoth Der Fall ist durch seinen Aus¬
gang jedenfalls eigenartig. Das Vorkommen von Fibromen im
Herzen ist schon von Kitt erwähnt.
Herzabscess bei einer Kuh.
Eine Kuh hatte eines Tages grosse Mattigkeit und Frösteln
gezeigt, das Futter versagt. Die Temperatur stand auf 40,8, der
Puls war regelmässig und pochend. Der ganze Befund deutete
auf eine Erkrankung des Herzens. Es wurde die Schlachtung
empfohlen. Der Herzbeutel war unversehrt und enthielt nur die
gewöhnliche Flüssigkeitsmenge. Auch das Herz fühlte sich
äusserlich gesund und fest an. Der vermuthete Fremdkörper
Bchien demnach nicht vorhanden. Bei der Eröffnung des Herzens
waren alle Klappen gesund. Ziemlich nahe der Herzspitze fand
sich eine haselnussgrosse Geschwulst, die nach innen geplatzt
war und Eiter enthalten hatte. Der Eiter war jedoch nicht mehr
vorhanden und war augenscheinlich mit dem Blute fort¬
geschwemmt. Daher auch die plötzliche allgemeine Erkrankung.
Multiple Abtces8e im Kuhherzen.
Bezirks-Thierarzt Möller berichtet in der „Dtsch. Thier-
ärztl. Wschr.“: Eine secbyährige Kuh, die bisher nicht krank
gewesen war, erkrankte eines Tages plötzlich unter grossen]
Angstgefühl und hochgradiger Athemnoth, weshalb sie geschlachtet
wurde. Das Herz war um die Hälfte vergrössert An der
Herzspitze fand sich eine mannsfaustgrosse fluctuirende Ge¬
schwulst, die sich als ein Abscess mit 7a cm dicker schwartiger
Wand erwies, der beinahe bis zur linken Herzkammer vordrang.
Aehnliche Abscesse fanden sich in der Musculatur der Vorhöfe
sowie im Septum ventriculorum. Ein fanstgroBser Abscess hatte
sich auf die rechte Atrioventricularklappe gelagert, wodurch
allmählich Stenose bewirkt worden war. Auch in der linken
Niere fanden sich zwei apfelgrosse Abscesse. Die betreffende
Kuh war ein Jahr vorher schwer an Maul- und Klauenseuche
erkrankt gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass die erwähnten
Abscesse von damals her metastatisch entstanden sind.
Leberegel Im Herzen.
Nach einer Mittheilung imProgr. vetdr. fand Cohn bei einer
Kuh, weicheplötzlich grosse Störungen in der Athmungund Circulation
zeigte, einen Thrombus, der vom rechten Herz in die Lungenarterie
sich erstreckte und ein lebendes Distomum beherbergte.
(Anacker’8 „Thierarzt“)
Endocarditis ulcerosa bacteridica bei einem Saugkalbe.
Professor Albrecht schreibt in der „Wschr. f. Tliierh.“
No. 29, 98: Das Herz eines 5 Wochen alten, 80 Pfund schweren
Kalbes wog 260 g. An Epicard und Myocard keine wesentlichen
Veränderungen, nur die Papillarmuskeln streifig gelb gefärbt.
Im rechten Ventrikel ein fast hühnereigrosser Thrombus, der fest
der Wand anhaftet. In seiner Umgebung das Endocardium ge¬
trübt, mit mehreren kleinen thrombotischen Auflagerungen ver¬
sehen, welche in entsprechenden ulcerösen Defecten liegen. Der
geschwürige Zerfall reicht bis an die Muscularis. Die Tricus-
pidalis ist verdickt. Mikroskopisch Hessen sich in der nekrotischen
Geschwürfläche reichliche Coccenhaufen nachweisen, die sich je¬
doch nicht in Streptococcen-, sondern eher in Staphylococcenform
zeigten. Es handelte sich also um eine Endocarditis ulcerosa.
Bei der Geburt des Kalbes war die Nabelschnur nicht gerissen
und daher abgeschnitten und mit Bindfaden unterbunden worden.
Das Kalb gedieh zunächst ganz gut, fing dann an zu kränkeln.
Bei der Section erwiesen sich die Gelenke als gesund; auch be¬
stand nirgends Wasseransammlung. Die Leber war auffallend
braun-gelb und blutleer. Die Nabelvenen erschienen verdickt und
enthielten einen Abscess. Es handelte sich also um eine Infection
vom Nabel aus mit Verschleppung des infectiösen Materials durch
die Lebervenen iu die rechte Herzhälfte.
Neubildung am Sohafherzen.
Messner fand nach einer Mittheilung in der Ztschr. f. Fl' n -
Milchh. im Herzen eines 2 jährigen englischen Schafes Folgendes.
In der bedeutend erweiterten rechten Herzkammer war & m °* ,erea
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29. September 18 98.
Drittel der Scheidewand eine Geschwulst angewachsen, die z. Th.
noch in die rechte Vorkammer ragte. Die Mündungen der Hohl¬
venen und der Arteria pnlmonalis waren frei. Die Tricuspidalis
dagegen war vollkommen verschoben. Die ganze Neubildung
war birnenförmig, waudte dem Kammerraum eine glatte Ober¬
fläche zu, schien mit dem Endocardium überzogeu und bestand
ans einer gleichförmigen derben Masse, die sich als lipomatös
erwies.
Zwei vordere Hohlvenen Im Pferdeherzen.
Prof. Böter-Hannover beschreibt in der Dtsch. Tbierärztl.
W. No. 16 das Herz eines bei den Präparirübungen verwendeten
Anatomiepferdes, welches zwei vordere Hohlveuen besass. Jede
derselben hatte einen Durchmesser von etwa 3 cm. Die rechte
verlief ziemlich gerade zum Herzen nach dem cranialen Ende des
rechten Atriums, die linke ging seitwärts an der Arteria pulmo-
nalis vorbei, dann unter dieser hinweg, umfasste die candale
Wand des linken Atriums und verlief im Sulcus coronarius bis
zum rechten Atrium, wo sie mit der hinteren Hohlvene zusammen
mündete.
Eine Missbildung am Herzen.
Bezirksthierarzt Möbius schreibt in der Dtsch. Thierärztl.
W. 3, 98: Bei einem Kalbe war das Herz breiter als lang,
575 g schwer (Normalgewicht desHerzens eines gleichaltrigen Kalbes
300 g) und die Wände beider Kammern nicht unerheblich verdickt.
Das Foramen ovale war, während es sonst bei einem dreiwöchigem
Kalbe meist schon geschlossen ist, noch mit dem Zeigefinger
passirbar; die Aorta aber entsprang — und hierin beruht die
interessante Abnormität — über einem freien Bande des Septum
mit je einer fingerdicken Oeffnung sowohl aus dem linken, als
aus dem rechten Ventrikel. Die halbmondförmige Klappe war
so gestellt, dass bei ihrem Schluss der Fluss nach beiden Kammer¬
öffnungen verhindert wurde. Die Pulmonalarterien entsprangen
dicht neben der betreffenden rechten Aortaöffnung und waren nur
für einen dünnen Bleistift passirbar, während sie normalerweise
ein grösseres Lumen als die Aorta hatten. Die Atrioventricular-
klappen functionirten nicht genügend. Der Effect der seltenen
Abnormität musste sein, dass bei der einen der Pulmonalarterien
überhaupt zu wenig arterielles Blut ins Herz kam und dass
andererseits sowohl aus der linken Kammer arterielles, wie aus
der rechten Kammer gleichzeitig venöses Blut als gemischtes
Blut in die Aorta gelangte.
Tagesgeschichte.
Die Veterinär-Organisation im Gouvernement Moskau.
Dass auch unser Nachbarreich Russland fleissig an dem Aus¬
bau seines Veterinärwesens arbeitet, wird durch eine kleine in
französischer Sprache geschriebene Brochüre unter vorstehendem
Titel belegt. Dieselbe enthält in übersichtlicher Darstellung die
Entwickelung und den gegenwärtigen Stand der gesammten thier¬
ärztlichen Thätigkeit im Gouvernement Moskau.
•Bis zum Jahre 1864 bestand das Veterinär-Personal des
Gouvernements nur aus einigen staatlich angestellten Thierärzten,
deren ausschliessliche Funktion war, das für die Hauptstadt er¬
forderliche Schlachtvieh zu untersuchen. Die Bekämpfung der
Thierseuchen in den Distrikten des Gouvernements lag den
Aerzten ob.
Der Fürsorge eines Zemstwo, der überhaupt für die Volks¬
wohlfahrt sehr thätig war, ist es zu danken, dass vom Jahre 1864
ab in den 34 Gouvernements Russlands provinzielle Institutionen
ins Leben gerufen wurden, welche die Tilgung der Seuchen
fördern sollten. Um diese Zeit erschienen auf dem platten Lande
die ersten Thierärzte, die der Bevölkerung bis dahin gänzlich
463
unbekannt waren. So wurde Zemstwo der Begründer einer
thierärztlichen Wirksamkeit in der Provinz.
Die Verluste, welche die Rinderpest unter dem Vieh des
grossen Reiches hervorrief, veranlasste weiter die Provinzialstände,
das Veterioärpersonal zu vermehren. Jedes Gouvernement erhielt
vier Veterinäre nnd mehrere Gehilfen (Feldschere). 1883 wurde
ein Veterinär-Amt gegründet und als dessen Chef der Thierarzt
und Dr. med. M. V. Nagorsky ernannt.
Mit der Einrichtung des Amtes nimmt das Veterinärwesen
nioht nur im Gouvernement Moskau, sondern auch in vielen
anderen Gouvernements einen lebhaften Aufschwung. In jedem
Gouvernement sind jetzt 19 Thierärzte und 14 Feldschere an¬
gestellt, welche nunmehr die Tilgung der ansteckenden Tliier-
krankheiten mit dem besten Erfolge durchführen. Die Pest,
welche noch im Jahre 1881 im Gouvernement Moskau einen be¬
deutenden Schaden anrichtete (es fielen 11000 Rinder im Werth
von beinahe 1000 000 Frcs.) ist seit 1887 vollständig getilgt
worden. Die Bekämpfung der Rinderpest ist in Russland durch
ein Reichsgesetz geregelt, während die Tilgung der übrigen Vieh-
seuohen den Provinzialbehörden überlassen wird. Die Regierung
des Gouvernements Moskau steht im Begriff, sanitätspolizeiliche
Vorschriften gegen den Rotz, die Wuth, die Lungenseuche, Tuber-
culose, den Milzbrand, die Maul- und Klauenseuche auszuarbeiten.
Bei den vier ersten Seuchen sollen die erkrankten Thiere ge-
tödlet werden. Der Besitzer soll eine Entschädigung erhalten,
die im Fall von Rotz, Tuberculose und Lungenseuche drei Viertel
des Werthes des betreffenden Thieres beträgt, bei Kühen jedoch
die Summe von 125 Frcs. und bei Pferden von 150 Frcs. nicht
übersteigen darf. Bei Thieren, die wegen Wuthkrankheit getödtet
worden sind, wird nur der Werth für die Haut entschädigt.
Nach Beendigung der Seuohenorganisation wurde auch den
übrigen Zweigen der thierärztlichen Thätigkeit eine grössere
Aufmerksamkeit zugewendet. In erster Linie übernahmen die
Provinzialthierärzte die Beaufsichtigung der Schlachthäuser und
der technischen Betriebe, in denen die Rohproducte von Thieren
verarbeitet wurden. Endlich in neuester Zeit hat das thierärzt¬
liche Personal auch Gelegenheit gefunden, einen grossen Theil
seiner Zeit der Praxis bezw. der Behandlung der nicht contagiösen
Krankheiten zu widmen.
In Russland giebt es in der Provinz kaum einen Privat-
thierarzt. Die Behandlung und Castration der Thiere wird in
den Dörfern ausschliesslich von Bauern besorgt, die „Conovals“
genannt werden. Bis zur Einrichtung des amtlichen Veterinär¬
dienstes in der Provinz kannte die Bevölkerung keine Thierärzte,
und die Art, in welcher diese ihre Funktionen begannen (nämlich
die Massenabschlachtung des Viehes während der Pest), trug nicht
dazu bei, ihnen bei dem Landvolke Sympathien zu erwecken.
Im Gegentheil; da dasselbe wusste, dass bei Ankunft des Thier¬
arztes immer ein grösserer Theil des Viehes abgeschlachtet wurde,
empfing es denselben mit feindlicher Gesiunung und suchte den
Ansbruch der Seuche mit allen Mitteln zu verheimlichen. Erst
durch Einführung der Viehversicherung gewann die Bevölkerung
Vertrauen zu den Thierärzten. Diese Institution wurde gleich
nach Errichtung des Veterinäramtes eingeführt. Dieselbe umfasst
jetzt 60000 Haupt, d. h. 27 pCt. des gesammten Viehstandes des
Gouvernements.
Neben dem Veterinärdienst in der Provinz (Service vdtdri-
naire de Zemstwo) erhielt 1888 die Stadt Moskau ihre besondere
Veterinär - Organisation. In diesem Jahre wurde ein grosses
städtisches Schlachthaus gegründet, welches zur Zeit die Rolle
einer Sanitäts - Station nicht nur für Stadt und Gouvernement
Moskau spielt, sondern auch für einen ausgedehnten Theil der
russischen Monarchie. 1889 entstand weiter das erste Hospiz für
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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464
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39.
die unentgeltliche Behandlung von Thieren. Der Thierarzt dieses
Institutes ward zugleich betraut mit der Bekämpfung der Rotz¬
krankheit in der Stadt. 1890/91 wurden noch drei Veterinär-
Hospize eingerichtet, denen gleiche Functionen zngewiesen wurden.
Ausserdem haben die daselbst angestellten Thierärzte oder deren
Gehilfen (Feldschere) alle Pferde zu untersuchen, welche nach
Moskau gebracht werden. Innerhalb eines Zeitraumes von 3 Jahren
(1894—96) sind durchschnittlich jährlich 89 314 Pferde untersucht
worden. 187 Stück waren mit ansteckenden Krankheiten behaftet.
Rotz und Räude wurden je 19 Mal, Druse 22 Mal, Brustseuche
17 Mal, Stomatitis pustulosa 5 Mal constatirt.
In einem besonderen Abschnitt beschreibt der Verfasser den
Viehmarkt, das städtische Schlachthaus und die thierärztliche
Beaufsichtigung desselben. In Bezug auf Lage und Einrichtung
des Schlachthauses sei nur bemerkt, dass es nordöstlich und
einige km von Moskau entfernt liegt. Es bedeckt einen Flächenraum
von 18'i ha. Der westliche Theil umfasst den Markt und der
östliche die Schlachthallen, beide Theile sind durch eine steinerne
hohe Mauer von einander getrennt.
An jedem Montag, Mittwoch und Freitag findet Grossvieh¬
markt statt. Das Vieh stammt hauptsächlich aus Südrussland
und Sibirien, von wo es durch Händler herbeigeschafft wird, die
in Russland „prassols“ genannt werden. Diese verkaufen das
Vieh durch Vermittelung von Commissionären an die Gross-
schlächter (tueurs), welche die ausgeschlachteten Thiere an die
Ladenschlächter (boutiquiers) Wiederverkäufen.
Krankes oder seucheverdächtiges Vieh wird an einem be¬
sonderen Orte untergebracht, der durch eine hohe Steinmauer
nach allen Seiten abgeschlossen ist. In dieser Abtheilung sind
auch noch die Apparate De-la-Croix aufgestellt, die zur technischen
Verarbeitung des Fleisches dienen, das nach der Schlachtung der
Thiere als schädlich für die menschliche Gesundheit erkannt’'und
beschlagnahmt worden ist.
Die Fleischbeschau wird ausschliesslich durch diplomirte
Thierärzte ausgefrihrt. Während des Beschaudienstes wird der
Thierarzt stets von einem Schreiber begleitet, welchem die Be¬
funde an kranken Organen direct in die Feder dictirt werden.
Dank dieses Systems wird im Schlachthause zu Moskau ein
reiches und genaues statistisches Material über Sitz und Aus¬
breitung verschiedener Krankheiten wie Tuberculose, Actino-
mycose u. s. w. gesammelt.
Von der Stadt sind 8 Thierärzte angestellt, denen 6 Trichinen¬
schauer beigegeben sind. Die Beaufsichtigung des Viehmarktes
wird ausserdem von 8 beamteten Thierärzten ausgeübt, sodass
insgesammt 16 Thierärzte am Schlacht- und Viehhof von Moskau
thätig sind.
Ueber den Umfang des Betriebes und des Beschaudienstes
im Schlachthause geben folgende Zahlen, welche den jährlichen
Durchschnitt von 3 Jahren (1894—1896) darstellen, ein übersieht
liches Bild:
Durchschnitt von 3 Jahren (1894-
-1896)
Geschlachtet
Mit krank¬
haften Ver¬
änderungen
behaftet
Verworfen
«tanze
Thiere 1 heilc
Organe
Grossvieh ....
177 407
123612
549 1 577
30081
Jungvieh (Ochsen u.
I
Färsen) ....
2013
62
_ _
—
Schweine ....
29 977
16 763
494 19
0 781
Kälber.
42122
412
11 —
124
Schafe.
21013
1092
— —
—
Zusammen:
272519
141941
— —
—
Von der Summe des geschlachteten Grossviehs war behaftet
mit Tuberculose 7,7 pCt.., mit Actinomycose 4,1 pCt. Von
den %-hweinen waren 3,3 pCt. mit Tuberculose, 1,8 pCt. mit
Schweineseuche, 4 pCt. mit Finnen, 0,04 pCt. mit Trichinen be¬
haftet.
Innerhalb der dreijährigen Periode wurden ausserdem con¬
statirt: Rauschbrand in 7 Herden (10 Erkrankungen), Lungenseuche
in 63 Herden (510 erkrankte Rinder auf eine Gesammtzabl von
2977 Haupt), Maul- und Klauenseuche in 92 Herden (307 anf
4086 Stück).
Die Felle der mit ansteckenden Krankheiten behafteten Thiere
(Tuberculose, Lungenseuche etc.), deren Verkauf gesetzlich nicht
verboten ist, wurden vor dem Verlassen des Schlachthofes in einer
Sublimatlösung (1:1000) desinficirt.
Die Leitung des Schlachthofes trennt sich in eine ökonomische,
thierärztliche und technische Abtheilung, welche unabhängig von
einander und der städtischen Verwaltung unterstellt sind.
Das Schlachten der Thiere wird von städtisch angestellten
Fleischern und nicht von den Fleischladenbesitzern selbst besorgt
Durch diese Einrichtung soll verhindert werden, dass letztere
in die Versuchung kommen, Theile aus den geschlachteten Thieren
auszuschneiden, die Krankheitsherde enthalten.
Bericht Ober die 53. Versammlung des Vereins Thüringer Thierä'zte,
abgehalten am 3. Juli 1898 zu Erfurt im Hotel „Weisses Ross“.
Tagesordnung: 1. Geschäftliches (Eingänge, Aufnahme neuer
Mitglieder, Vertheilung der Berichte des Veterinärraths etc.).
2. Verlesung und eventuelle Genehmigung des Protokolls der
52. Versammlung.
3. Beschlussfassung über Aufhebung des Ehrenrathes und
Statutenänderung.
4. Bericht über die Plenarversammlung der Centralvertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens am 21. und 22. Mai d. J.
in Berlin (Ref. Wallmann).
5. Vortrag des Collegen Dr. Ellinger über „Die Bedeutung
der Genitalausflüsse bei unseren Hausthieren“.
6. Vorstands wähl.
Um 11 Uhr wurde die Sitzung durch den Vorsitzenden,
Herrn Departementsthierarzt Wallmann, eröffnet; anwesend
waren 18 Mitglieder und 2 Gäste.
Entschuldigungsschreiben batten gesandt die Collegen Conze,
Dr. Lungershausen und Traut.
Zunächst giebt der Herr Vorsitzende bekannt, dass der
Verein leider den Tod eines Ehrenmitgliedes, des Herrn Pro¬
fessors Dr. Pütz-Halle a. S., zu beklagen hat, und widmet dem
Andenken des Verstorbenen, unter Hervorhebung seiner grossen
Verdienste um die thierärztliche Wissenschaft, einen ehrenden
Nachruf. In gleicher Weise wurde des leider so früh verstorbenen
ehemaligen Vereinsmitgliedes, Herrn Professors Eber-Berlin, ge¬
dacht. Zur Ehrung der Entschlafenen erhoben sich die An¬
wesenden von den Sitzen.
Zur Tagesordnung übergehend, wird zunächst von Seiten des
Vorsitzenden Mittheilung über deu Verlauf der Festsitzung des
thierärztlichen Centralvereins für die Provinz Sachsen, ‘der
thüringischen und anhaitischen Staaten, zur Feier seines
20jährigen Bestehens gemacht. Sodann wurde ein Einladungs¬
schreiben des Organisationscomites des in den letzten Tagen
des Juli oder Anfang August 1899 in Baden-Baden stattfindenden
thierärztlichen Congresses verlesen. Der Mitgliederbeitrag ist
auf 12 M. (Damenkarten 6 M). festgesetzt. Die Anmeldung
zur Theilnahme hat bis zum 1. Juli 1899 zu erfolgen.
Zu den auf 26—27 000 M. veranschlagten Kosten sind von
Seiten der deutschen Reichsregierung 10 000 M., von der badischen
und württembergischen Regierung 2000 bezw. 500 M. Zuschuss
bewilligt worden.
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29. September 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
465 «
Der Verein badischer Thierftrzte wird 1200 M. beisteuern.
Die übrigen Kosten sollen durch die thierärztlichen Vereine auf¬
gebracht werden.
Es wird deshalb darüber beratlien, ob ein Beitrag vom
Verein geleistet werden und wie hoch dieser sein soll. Auf
Antrag des Vorsitzenden werden 100 M. für diesen Zweck be¬
willigt.
Die Collegen Wall mann, Dr. Ellinger und Zeeb beab¬
sichtigen, am Congress theilzunehmen.
Als Delegirter des Vereins wird der Vorsitzende gewählt
welcher zu Gunsten der Vereinscasse auf einen Reisezuschuss
Verzicht leistet. Im Verhinderungsfälle tritt ein anderes sich am
Congress betheiligenies Mitglied ein.
Es sollen alsdann, analog der in der 52. Versammlung ge¬
fassten Entschliessung (betr. Entsendung von Delegirten zu den
Sitzungen des Deutschen Veterinärraths), solche Mitglieder als
Delegirte entsendet werden, welche bereits von Seiten ihrer Re¬
gierungen dazu ausersehen sind.
Ferner wird noch hierzu mitgetheilt, dass die Delegirten Bei¬
trag zahlender Vereine kein Eintrittsgeld (12 M.) zu entrichten
haben.
Es wurden sodann folgende Collegen in den Verein auf¬
genommen: Rettig-Nordhansen, Taubert-Rodach und Zeeb-
Langensalza.
Hierauf stellte College Dr. Ellinger einen Antrag auf Unter¬
stützung der Hinterbliebenen des auf so tragische Weise aus
dem Leben geschiedenen Professors W. Eber-Berlin. In An.
erkeunung der in einem öffentlichen Aufrufe ausgesprochenen
Nothlage der Familie wird beschlossen, durch Sammlung frei¬
williger Beiträge unter den Mitgliedern diesem Anträge zu ent¬
sprechen. Die Beiträge sind bis spätestens 1. August d. J. an
den Vorsitzenden einzusenden und dieser Beschluss soll den Mit¬
gliedern durch Circular bekanntgegeben werden.
Hierauf fand die Vertheilung der Berichte über die 8. Pleuar-
ver8ammlung des Deutschen Veterinärrathes statt.
Der zweite Gegenstand der Tagesordnung betraf die Ver¬
lesung des Protokolls der 52. Versammlung, welches genehmigt
wurde.
Zn Punkt 3 der Tagesordnung:
„Beschlussfassung über Aufhebung des Ehrenraths und
Statutenänderung“, giebt zunächst College Wallmann eine
Erklärung über die Veranlassung zur Anregung dieser Frage ab.
Ueber diesen Punkt der Tagesordnung entwickelte sich eine
lebhafte Debatte. Es wurde zunächst mitgetheilt, dass bereits
der thierärztliche Verein Hannover den Ehrenrath aufgehoben
habe.
Hierauf stellte College Dr. Ellinger folgenden Antrag:
„Der Verein Thüringer Thierärzte erklärt, in Anbetracht eines
Erlasses des preussischen Ministeriums, dass die den Vereinen
ungehörigen beamteten preussischen Thierärzte den Bestimmungen
des Vereinsehrenrath es nicht mehr unterliegen sollen; im Uebrigen
sollen die Bestimmungen für die anderen Mitglieder bestehen
bleiben.
College Dr. Vaerst entgegnet: man solle, da man in
anderen Vereinen Strafbestimmungen habe, diese auch hier be¬
stehen lassen. Es bleibe zwar den preussischen beamteten
Thierärzten keine Wahl, er könne jedoch wegen der geforderten
Ausnahmestellung der beamteten Thierärzte den Privatthierärzten
gegenüber dem Antrag nicht zustimmen.
College Löwel ist der Ansicht,, dass §8 der Vereinsstatuten
ohne Bedenken gestrichen werden könne, da es sehr wohl mög¬
lich sei, ein missliebiges Vereinsmitglied auch ohne diesen
Paragraphen zum Ausscheiden aus dem Vereine zu veranlassen.
Nach diesen Ausführungen zieht College Dr. Ellinger seiuen
Antrag zurück.
Hierauf wird vom Collegen Maximilian die Aufhebung des
Ehrenrathes beantragt und dieser Antrag findet die Zustimmung
der Versammlung um so eher, als der Ehrenrath des Vereins seit
seinem Bestehen (23. October 1887) erfreulicherweise noch nie
in Function zu treten Gelegenheit hatte.
Den § 8 der Vereinsstatuten betreffend, befürwortet College
Dr. Vaerst, denselben fortbestehen zu lassen, da es das Recht
einer jeden Corporation sei, gegebenen Falls Mitglieder aus-
zuschliessen.
Die gleiche Ansicht äussert College Maximilian mit dem
Hinzutügen, dass es nur nöthig sei, aus dem § 8 die Worte
„nach vorheriger Anhörung des Ehrenraths“ zu streichen. Die
Versammlung beschliesst demgemäss und beauftragt den Schrift¬
führer, dem König! Regierungspräsidenten in Erfurt von der
Aufhebung des Ehrenrathes Mittheilung zu machen.
Darauf ergriff College Wallmann das Wort zu seinem
Referat über die VI. Plenarversammlung der Centralvertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens und berichtete, dass
17 Vereine mit 54 Stimmen vertreten gewesen sind.
Auf die einzelnen Verhandlungsgegenstände eingehend, wies
Referent besonders auf die Gründung einer Unterstützungskasse
für deutsche Thierärzte hin, worüber das ausführliche Protokoll
wie auch der Statutenentwurf bereits in der Berliner thierärzt¬
lichen Wochenschrift veröffentlicht worden sind. Es genügt des¬
halb kurz das Wichtigste davon anzufübren. Die Mitglied¬
schaft kann durch einen jährlichen Beitrag von 5 M. oder durch
eine einmalige Zahlung von 100 M. erworben werden. Der
Beitritt aller Tbierärzte zum Unterstützung sverein ist sehr
wünschenswert!), um fortgesetzte Einzelsammlungen zu ver¬
hindern.
College Loewel beantragt, diesen Punkt auf die nächste
Tagesordnung zu setzen, und spricht für „zwangsweise“ Bethei¬
ligung.
Dagegen erklärt sich College Dr. Vaerst, welcher wünscht,
dass der Beitritt freigestellt bleibe.
College Dr. Ellinger zweifelt nicht daran, dass die gut
gestellten Collegen, wo es erforderlich ist, gern helfend ein-
greifen, aber er möchte doch die Zwangsbetheiligung empfehlen,
um zu verhindern, dass die öfteren Aufrufe zur Unterstützung in
die Oeffentlichkeit dringen.
Nachdem die Collegen Loewel, Maximilian nnd Dr. Vaerst
theils für, theils gegen die zwaugsweise Betheiligung gesprochen
haben, wird schliesslich der Antrag Loewel, die weitere Be¬
schlussfassung über ev. zwangsweisen Beitritt der Vereinsmit¬
glieder auf die nächste Tagesordnung zu setzen, angenommen.
College Loewel glaubt, dass durch den Zusatz „zwangs¬
weise“ ein zahlreiches Erscheinen der Collegen veranlasst werde.
Zu Punkt 4 der Tagesordnung erstattet der Vorsitzende
College Wallmann des Weiteren Bericht über die Verhand¬
lungen betreffend die Besoldung der beamteten Tbierärzte, die
Entziehung der Privatpraxis u. s. w. Er bemerkt, dass
1200—1800 M. Gehalt und angemessene Pension neben einem
Dienstauslagenzuschuss beantragt worden seien, und weist dabei
auf die sehr verschiedene amtliche Beschäftigung der Kreisthier¬
ärzte hin.
Er macht ferner die Mittheilung, dass der Antrag auf ein
Verbot der thierärztlichen Kurpfuscherei vorläufig fallen gelassen
worden sei.
Hierauf giebt er der Versammlung davon Kenntniss, dass
die Verhandlungen des Herrn Professors Dr. Ostertag mit ver¬
schiedenen Versicherungsgesellschaften bezüglich Ermässigung
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466
der Unfallprämie der Thierärzte bezw. Auszahlung des Capitals
anstatt der Invaliditätsrente ein ziemlich günstiges Resultat
ergeben haben, so dass der Abschluss eines Vertrags mit einer
gutfundirten Gesellschaft in allernächster Zeit zu erwarten steht.
Herr Professor Dr. Ostertag will weitere Verhandlungen
und Erhebungen einleiten und das Resultat veröffentlichen. Es
wird daher denjenigen Collegen, deren Versicherung in nächster
Zeit abläuft, gerathen, nicht wieder bei einer Privatgesellschaft
eine Einzelversicherung einzugehen, sondern sich die Vortheile
der Verbandsversicherung zu Nutze zu machen.
College Wallraann erklärte sich bereit, etwaige Anträge
auf Versicherung entgegenzunehmen.
Wegen vorgeschrittener Zeit musste Punkt 5 der Tagesord¬
nung: Vortrag des Kollegen Dr. Ellinger „Ueber das Verkält-
No. 3!'.
niss vom Bläschenansschlag zur pustulösen Scheidenentzündun;
ausgesetzt und bis zur Rerbstversammlung vertagt werden.
Es wurde darauf zur Vorstandswahl geschritten und
dabei der bisherige Vorstand wiedergewählt (Präsident:
Wallmann-Erfnrt; Vice-Präsident: Hepke-Weimar; Schrift
führer: Steuding-Gotha; Stellvertreter: Kölling II-Sömmerda:
Kassirer: Oppel-Arnstadt).
Nach Schluss der Versammlung fand ein gemeinschaftliches
Essen unter Betheilung einer grösseren Anzahl von Damen statt.
Toaste und musikalische Vorträge würzten das Mahl nnd e?
blieben auch uach Beendigung desselben die Anwesenden ia
fröhlichster Stimmung bis zum Abend vereint
Wallmann. Steuding.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
0 öffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstatlstik and Veterinär polizei.
Bekanntmachung betr. den Nachrichtendienst in Viehseuchen
Angelegenheiten.
Preussen. Allgemeine Verfügung des Ministeriums für
Landwirtschaft etc. Vom 30. Juli 1898*).
An die sämmtlichen Herren Regierungs-Präsidenten und den
Herrn Polizei-Präsidenten in Berlin.
Der Bundesrath hat am 16. v. Mts. beschlossen, dass der Nach¬
richtendienst in Viehseuchenangelegenheiten vom 1. Oktober d. J.
ab nach den anliegenden Bestimmungen geregelt werden solle.
Diese Bestimmungen treten an Stelle der mit dem Erlasse vom
27. März 1894 (I. 6112) übersandten Bestimmungen vom 8. März 1894,
von denen sie in folgenden Punkten abweichen:
a) Unter die Krankheiten, deren Ausbrüche den Polizeibehörden
der Nachbargemeinden anzuzeigen (Ziffer 1) und dem Kaiserlichen
Gesundheitsamte durch Postkarte mitzutheilen sind (Ziffer 3', ist die
Schweineseuche neu aufgenommen Es handelt sich dabei nicht nur
um die Schweineseuche im engeren Sinne, sondern um alle' unter
dem Sammelnamen „Schweineseuclie“ im weiteren Sinne begriffenen
Krankheiten, insbesondere auch um die Schweinepest. Um auf diese
Bedeutung der Bezeichnung Schweineseuche hinzuweisen, ist in
Klammern hinzugefügt (einschliesslich Schweinepest).
b) Die Anzeigen über die Seuchenausbriiche an die benachbarten
Polizeibehörden verlieren an Werth, wenn Bie nicht unverzüglich
erfolgen. Es ist daher in Ziffer 1 ausdrücklich darauf hinge»lesen,
dass zu diesen Anzeigen thunlichst der-Telegraph oder das Telephon
zu benutzen ist.
c) Die beamteten Thierärzte haben nach Ziffer 3 die Postkarten
mit den Angaben über den Seuchenstand künftig nicht nur am
letzten Tage, sondern auch am 15. Tage jeden Monats an das
Kaiserliche Gesundheitsamt abzusenden; erstmalig also, da die neuen
Vorschriften am 1. Oktober in Kraft treten, am 15. Oktober d. J.
d) Ueber den Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und
Klauenseuche auf Viehmärkten und Viehhöfen soll ein besonderer
Nachrichtendienst eingerichtet werden (Ziffer 4). Die Regelung ist
den Landesregierungen überlassen, jedoch ist in Absatz 1 der Ziffer 4
bestimmt, dass die Seuchenausbrüche auf den „der grössere^ Aus¬
fuhr dienenden“ Viehmärkten und Viehhöfen durch die Veterinär¬
polizeibehörde sofort dem Kaiserlichen Gesundheitsamt telegraphisch
mitzutheilen sind.
Sie wollen mir innerhalb 6 Wochen anzeigen, von welchen der
in ihrem Bezirke vorhandenen Viehmärkte und Viehhöfe in der
Regel eine grössere Ausfuhr, sei es von Zucht- oder von Schlacht¬
vieh, stattfindet. Dabei ist nur eine solche Ausfuhr grösseren Um¬
fanges zu berücksichtigen, die die Grenzen der Provinz überschreitet.
Findet von den Märkten ein regelmässiger Viehverkehr nach Märkten
in anderen Provinzen oder Bundesstaaten statt, so ist dies besonders
auzugeben. Pferdemärkte bleiben, da es sich nur um die Maul- und
Klauenseuche handelt, ausser Betracht
c) Neben diesen Mittheilungen an das Kaiserliche Gesundheits-
*) Der wesentliche Inhalt des Erlasses ist bereits in der B.
T. W. mitgetheilt worden.
amt (Ziffer 4 Abs. 1) und den Mittheilungen an die Polizeibehörden
der Nachbargemeinden (Ziffer 1) hat, wie ich zur Ausführung des
Absatzes 2 Ziffer 4 hiermit bestimme, die Polizeibehörde von jedem
Ausbruche der Maul- und Klauenseuche auf einem Viehmarkte oder
in einem Viehhofe, Bowie von dem Erlöschen der Seuche in dem
Marktorte dem Landrathe des Marktortes und den Landrätlien aller
Kreise, deren Grenzen weniger als 50 km von dem Marktorte entfern:
sind, sofort Kenntnlss zu geben. Die Landräthe haben für die
schleunige Veröffentlichung der Mittheilung in den von Landwirtlien
und Viehhändlern gelesenen Blättern Sorge zu tragen.
Der Zweck der Benachrichtigung: Die Viehbesitzer auf die
Möglichkeit der Seuchenübertragung durch das von dem Markte
abgetriebene Vieh oder durch den sonstigen Marktverkehr anf-
merksam zu machen, kann nur erreicht werden, wenn die Veröffcnt
Hebungen ohne jeden Verzug erfolgen.
Euer . Hochgeboren beuche ich, die naebgeordueten Be
tlochwohlgeboren
hörden mit Anweisung zu versehen.
Bekanntmachung 2
Die Postkarten für die beamteten Thierärzte werden in der
erforderlichen Anzahl rechtzeitig übersandt werden.
I. V.: Sterneberg.
An die Herren Ober-Präsidenten.
Abschrift lasse ich Ihnen unter Bezngnachme auf den Erlass
vom 27. März 1894 ergebenst zugehen.
Unterschrift wie oben.
Anlage.
Bestimmungen über den Nachrichtendienst in
Vieh seuchenangel eg enheite n.
1. Die Polizeibehörde hat jeden in ihrem Bezirke festgestelltcn
ersten Ausbruch von
Rotz (Wurm) der Pferde, Esel, Maulthiere und Maulesel, Maul¬
und Klauenseuche des Rindviehs, der Schafe, Ziegen und
Schweine, und Lungenseuche des Rindviehs,
(§ 10, Ziffer 3, 4 und 5 des Viehseuchengesetzes vom
'l MaM894^’ Reichs-Gesetz-Blatt 1894 Seite 410),
sowie von Schweineseuche (einschliesslich Schweinepest:
Sofort den Polizeibehörden aller dem Seuchenorte benach¬
barten deutschen Gemeinden auf mündlichem oder schriftliche®
Wege, wo thunlich unter Benutzung des Telegraphen oder Telephon«
mitzutheilen, welche ihrerseits den Seuchenausbruch auf ortsübliche
Weise zur Kenntniss der Ortsbewohner zu bringen haben.
2. Ist nach erfolgter Feststellung der Maul- und Klauenseuche
in einem Orte der beamtete Thierarzt zur Feststellung weiterer
Infectionen von bisher noch nicht betroffenen Gehöften nicht zu-
gezogen worden (§ 15 des Viehseuchengesetzes), so hat die Police 1 '
behörde demselben von jedem solchen Falle sofort Mittheilung zn
machen.
3. Jeder Kreis- (Amts- u. s. w.) Thierarzt hat am 15 uni ^
letzten Tage jeden Monats für seinen Amtsbezirk auf einer Postkarte'
eine Mittheilung an das Kaiserliche Gesundheitsamt abzusenden,
aus welcher sich ergiebt, in wie viel Gemeinden (Stadtge Bie ' n ^ en ’
!
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29. September 1898.
Landgemeinden, Gutsbezirken) und Gehöften des Amtsbezirkes an
jenem Tage die oben unter 1 genannten Seuchen herrschten, d. h.
nach den geltenden Vorschriften noch nicht für erloschen erklärt
werden konnten. Das Nichtvorhandensein einer Seuche ist durch
eine Null kenntlich zu machen. Umfasst der Amtsbezirk des Thier¬
arztes mehrere Kreise (Aemter u. s. w.), so ist ftlr jeden Kreis u. s. w.
eine besondere Postkarte zu verwenden.
4. Jeden Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauen¬
seuche auf den der grösseren Ausfuhr dienenden, von den Landes¬
regierungen zu bezeichnenden Viehmärkten und Viehhöfen haben
die dort mit der Handhabung der Veterinärpolizei betrauten Organe
sofort dem Kaiserlichen Gesundheitsamt auf telegraphischem Wege
mitzutheilen.
Im Uebrigen bestimmen die Landesregierungen, in welcher
Weise der Ausbruch und das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche
auf Viehmärkten und Viehhöfen zu veröffentlichen ist.
Fleischschan and Viehyerkehr.
Flelschoonservirung mit Formalingas.
Stroese bemerkt über die Conservirung des Fleisches in
der Thierärztl. Wsclir. No. 29 Folgendes:
Die Pökelung hat den grossen Nachtheil, dass das Fleisch
eine erhebliche Einbusse an Nährstoffen erleidet, so dass es
geradezu minderwerthig ist. Der Gebrauchswerth dieses Fleisches
ist ein geringer und überdies ist der Salpeterzusatz nicht un¬
bedenklich. Das Räuchern kann eben nur für Herstellung von
Räucherwaaren in Frage kommen, nicht aber für Koch- und
Bratfleisch. Borsäure, schweflige Säure und Salicylsäure sind für
den menschlichen Organismus nicht ganz indifferent und machen
das Fleisch nicht sehr haltbar; sie finden im Fleischereibetriebe
auch nnr für Hackfleisch und Würste Anwendung. Das Büchsen-
fleisch ist mit Hitze conservirt, die Anwendung jedoch ist eine
beschränkte, da die Conserven, welche zubereitete Fleischspeisen
enthalten, sehr theuer sind. Der Eisschrank hat für die Fleisch¬
erbaltung bekanntlich wesentliche Mängel, weil seine Unterhaltung
einmal nicht billig ist, andererseits aber Fleisch, das im Eis¬
schrank gewesen ist, ausserhalb desselben dann sehr rasch ver¬
dirbt. Die maschinellen Kühlanlagen, welche das Fleisch wochen¬
lang frisch erhalten, sind natürlich für kleine Quantitäten nicht
anwendbar. Die Schering’schen Lampen zur Entwicklung von
467
Formalingas, in den gewöhnlichen Vorrathskammern angewandt,
erhalten das Fleisch mehrere Tage frisch. Dieses einfache Ver¬
fahren hat gewiss einen grossen Nutzen; da man aber in einem
Raum, der von Personen betreten wird, nicht sehr bedeutende
Formalinmengen entwickeln kann, so genügt dies Verfahren eben
nur, wenn es sich um Conservirung auf wenige Tage handelt.
Auch der luftdicht abgeschlossene Schrank ist für Fleischconser-
virung mit Formalin weniger geeignet. Es ist also gegenüber
dem Fehlen einer im Haushalt wirklich gut verwendbaren
Conservirungsmethode ein Apparat, der eine solche Conservirung
ermöglicht, erwünscht. Stroese hat einen solchen construirt.
Es ist ein hölzerner Schrank, in dem das Fleisch aufgehängt
werden kann. Er besitzt verschiedene Ventilationsöffnungen und
ein Abzugsrohr, welches durch ein Wandloch oder Fenster ins
Freie geführt werden kann. Am besten hält sich in dem Schrank
Fleisch, welches höchstens drei Tage alt ist, da sich bei älterem
Fleisch bereits Bacterien auf der Oberfläche finden, die durch
Forinaün nicht vernichtet werden. Die Conservirung in dem
Schrank wird durch Formalin besorgt Die Einrichtung ist der¬
artig, dass zu jeder beliebigen Zeit die Schrankthür geöffnet und
Fleiscbtheile aus dem Schrank entnommen werden können. Die
genauere Gebrauchsanweisung hier zu geben, hat keinen Zweck.
Die. Bedienung des Schrankes erfordert allerdings eine gewisse
Uebung, die sich jedoch leicht gewinnen lässt. Wie lauge sich
das' Fleisch in dem Schranke hält, vermag Stroese noch nicht
vollständig zu beantworten. So viel ist aber schon festgestellt, dass
selbst zur Sommerzeit und unter ungünstigen Wittern ngsverhält-
nissön Fleisch (ganze Viertel) 4—6 Wochen lang sich conser-
viren lässt, dass es sich ferner in Bezug auf seinen Gebrauchs¬
werth nicht verschlechtert Die Kosten der Conservirung sind
dabei sehr gering, eine Formalinpastille 3 Pf. Für die Bedürf¬
nisse des Fleischers, Wildhändlers u. s. w. sowie der privaten
Consumenten genügen diese Leistungen jedenfalls. Dag Wäre
ja namentlich für Oberförstereien eine ausgezeichnete Errungen¬
schaft. Vielleicht macht Herr Dr. Stroese specielle Versuche
damit, wie sich frisches Wild in seinem Schranke conserviren
lässt und welche Dimensionen der Schrank haben müsste, um
einen Rehbock bezw. eine Anzahl Hühner darin unterzubringen.
BERLINER T0IERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
i ■ -
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Vorlesungen über Bacterien von Dr. Alfred Fischer, a. o.
Prof, der Botanik in Leipzig, Verlag G. Fischer, Jena 1897.
Mit 29 Abb., 186 Seiten, Preis 4 M.
Fischer’s Vorlesungen sind zur Einführung in die gesammte
Bacteriologie bestimmt, nicht besonders für den Mediciner sondern
hauptsächlich für den Studirenden der (allgemeinen) Natur¬
wissenschaften, der Pharmacie und der Landwirtschaft.
Grade dass das Buch von einem Botaniker geschrieben ist,
gieht demselben durch die eigene Behandlung des Stoffes einen
besonderen Reiz. Leider verbietet es der Raum, hier näher auf
die einzelnen Vorlesungen einzngehen. Nur Einiges aus der
Anordnung und einige besonders interessante Stellen mögen
angeführt werden.
In den ersten Vorlesungen behandelt F. die Morphologie der
Bacterien. Seine Darstellungen über Plasmolyse, d. h. Ab¬
lösung des Protoplasmas von der Zellwand durch den osmotischen
Druck der die Zellwand umspülenden Flüssigkeiten sollen uns
zeigen, dass bei den Färberaethoden ganz andere Bilder entstehen
als sie in Wirklichkeit die lebende Natur darbietet. Beim Ein¬
trocknen wird das Bacterium plasmolysirt, die später sichtbaren,
gefärbten Polkörperchen u. s. w. sind daher Kunstprodnkte.
I)en Leib des ’Bacteriuras betrachtet F. als kernlosen*)
Protoplasten, welcher von einer Membran umgeben ist. Die
„Cbromatinkörperchen“ sind als Reservestoffe zu betrachten. Die
intensivere und festere Färbung dieser Bacterienkörperchen wie
auch' der Zellkerne ist auf die grössere Dichte und daraus
folgend auf ein grösseres Absorptionsvermögen zu rückzuführen.
Es sind daher nicht chemische, sondern physikalische Eigen¬
schaften die Ursache, dass die Kerne die Farbstoffe stärker auf¬
speichern als das Protoplasma, das Vorhandensein von Kernfarb¬
stoffen folglich ein Mythus.
Von Kapseln sollte man nach F. nur da reden, wo that-
sächlich ein scharf umschriebener Gallerthof die Zelle umgiebt
Die Kapseln verschiedener Bacterien (z. B. Milzbrandbacillen,
Pnenmococcen) sind als Artefacte anzusehen, welche entstanden
sind durch Einschrumpfung der Bacterien beim Trocknen nach
Anlagerung des Ueberzuges aus den Stoffen gebildet, in denen
die Bacterien eingebetet lagen (z. B. Serum, Blut u. s. w.\
Besonders als Systematiker sucht F. Neues zu schaffen. Nach
Anordnung der Geissein theilt F. die Bacterien ein in mono¬
triche mit einem Geisselfaden, in lopotriche mit einem Büschel
*) In neuester Literatur sucht R Wagner-Mühlheim den
Nachweis von Zellkernen bei Bacterien zu führen, cf. C. f. Bajct
Bil. XXIIT, No. 11 u. 12. -// H.
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468
BERLINER THIERÄKZTLIOHE WOCHENSCHRIFT.
No. 39
von Geissein an einem Ende, und in peritriche, bei denen die
Geissein an der ganzen Oberfläche entspringen.
Die Streitfrage über den Werth der Bacterienspecies fasst F.
in zwei Schlagwörter zusammen:
Pleomorphie oder morphologische Wandelbarkeit und
Pleogenie oder physiologische Wandelbarkeit. F. bekämpft
entschieden die Ansicht, dass aus einem Coccus ein Bacillus,
eine Spirille u. s. w. und vice versa entstehen kann.*)
Sehr beachtenswerth ist die Systematik der Bacterien mit
Zugrundelegung der Cohn’schen nach folgenden Gesichtspunkten:
Eintheilung in Ordnungen, ob einzellige oder Fadenbacterien, und
in Familien, bei Coccen nach Art der Theilung, bei den Bacillen
nach Zahl und Anordnung der Geissein und nach der Form dej
sporenbildenden Stäbchen, bei den Spirillen nach der Stärke der
Krümmungen.
Nach ihrer Lebensweise theilt F. die Bacterien in drei
biologische Gruppen, in
1. prototrophe, welche ganz oder theilweise ohne organische
Nahrung gedeihen können;
2. metatrophe, welche organische Nahrung verlangen,
(facultative Parasiten);
3. paratropbe, die nur als echte Parasiten leben.
Für die Differentialdiagnose ähnlicher Bacterien sehr werthvoll
sind die Untersuchungen und Tabellen über das Wachsthum der
metatrophen Bacterien in Nährlösungen mit verschiedenen Kohlen¬
stoff- und Stickstoffquellen. F. giebt uns eine Eintheilung in
Pepton-, Amido-, Ammoniak- und Nitrobacterien.
In seiner Vorlesung über die Einwirkung von Physikalien
bezweifelt F. eine Abtödtung der Bacterien durch Röntgen¬
strahlen; die neuesten exacten Versuche von H. Rieder (Münch,
med. Wochenschr. 1898 No. 4) beweisen das Gegentheil.
Sehr anregend sind seine Vorlesungen über die Thätigkeit der
Bacterien auf den drei grossen Gebieten in der Natur. Sie umfassen:
1. den Kreislauf des Stickstoffes,
2. den Kreislauf der Kohlensäure,
3. die Krankheitserregung in anderen Organismen, besonders
beim Menschen und den warmblütigen Thieren.
An der klaren und schönen Darstellung von 1 und 2 sehen wir,
wie sehr hier Verfasser zu Hause ist. Auf dem 3. Gebiete, der
Krankheitserregung, deren Schluss eine Erklärung der Serum¬
therapie und Immunität durch die Fähigkeit der Giftgewöhnung
bildet, wird wohl F. zur Zeit schwerlich den ungeteilten Beifall
der Bacteriologen gewinnen.
Der Ideengang der Abhandlung ist ein derart anregender,
dass sie allen den Collegen zu empfehlen ist, welche ein Bild
der heutigen Bacteriologie in grossen Zügen gewinnen
wollen, ohne sich durch das Aufzählen von Laboratoriums¬
versuchen und Methoden ermüden zu lassen. Da Fiseber
häufig freilich seinen eigenen Gedanken und Systemen zu weit
folgt, wird es dem Anfänger mitunter schwer werden, den Ver¬
fasser stets kritisch zu begleiten.
Die Zahl der Abbildungen ist eine ausreichende. Nur
*) Dr. Arkövy will es gelungen sein, den von ihm beschriebenen
Bac. gangraenae pulpae ständig auf Gelatine in Bacillenform, auf.
Agar als Coccus zu züchten und umzuzüchten. C. f. Bact. XXIII,
pag. 921. (Vielleicht handelt es sich um Symbiose zweier Bacterien.)
Auch jenes famose Bacterium der Maul- und Klauenseuche von
A. Stutzer und R. Hartleb Arch. f. Phys. Bd. XXX, pag. 372,
lässt an Vielseitigkeit nichts zu wünschen übrig, bald ist es ein
Coccus, bald ein Bacillus u. s. f. Es leidet sogar an so starkem
Pleomorphismus, „dass aus den Bacterien und deren Umuandlungs-
formen eine Strcptothrix und aus letxterer ein Fadcnpilx gexüchtet
werden kann .“ (pag. 385.) (!)
möchte ich an dieser Stelle auch für andere Werke den Herren
Verlegern empfehlen, dass allen den Werken mit nur wenigen
Abbildungen ein Verzeichniss deiselben beigegeben werde.
Es ist für den Leser äusserst störend, wenn z. B. auf Seite :i
auf Figur 28 hingewiesen wird, welche man endlich nach langem
Suchen auf Seite 144 findet. Hecker.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Max Bisclioff
Warrabrunn commiss. für den Kreis Falkenberg O. S., Thierara
G. Rösler, Rossarzt a. D., commiss. für den Kreis Lübbecke, Thier¬
arzt Otto Schultz-Gehrden für den Kreis Hofgeismar.
Zum Bezirksthierarzt: Districtsthierarzt Ludwig Werk
meister-Volkach für das Bezirksamt Staffelstein (Oberfranken).
Der approb. Arzt und Privatdocent Dr. A. Knorr-Marburg zum
Docenten für Hygiene an der tierärztlichen Hochschule in München.
Tbierarzt C. Bauermeister-Hannover zum Assistenten am pathoL-
anat. Institut an der thierärztl. Hochschule in Hannover.
6ewählt: Schlachthofinspector Lund-Wismar zum Schlaclithol-
inspector in Lübeck, Thierarzt Lüdtke-Metz zum Gamison-
Schlachhofinspector daselbst.
Wohnsitzfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierara
F. Schti mann-Landeck nach Liebstadt bei Pirna i. S., Thierarzt
Rauer-Hohnstein nach Quaritz, Thicrarzt Hoppe-Zachan nach
Dölitz (Pom.). — Thierarzt Erich Ruppert-Hirschberg i. S. tritt
zum 1. October als Einj.-Freiw. beim Feld Art.-Rgt. No. 6 ein. -
Dr. Joest, Director der llothlauf-Impfanstalt zu Prenzlau, ist zur
Ableistung seines Militärdienstes auf 1 Jahr nach München beurlaubt
und wird während dieser Zeit von dem seitherigen ersten Assistenten,
Thierarzt Helfers-Prenzlau, vertreten.
Todesfälle: Schlacht hausdirector Reh bock-Zeitz.
Yacanzen.
Krelsthlerarztstillen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. R.-B. Marien werden
Rosenberg (noch nicht ausgeschrieben).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Breslau: Steinau a. 0. — R.-B. Düsseldorf:
Cleve. — R.-B. Liegnitz: Freystadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen
(800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Zeitz: Sclilachthofdirector (2400—3000 M.,350 M. Wohnungszuscboss).
Be w. sofort an Magistrat, b) Nach Ablauf d e r M e Idefrist
noch unbesetzte Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra.
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D re ngfurt. — Gleschendort
(Fürstentum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — P' 1-
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt. — Callies: Thierarzt Bew. an Magistrat. -
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein):
Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel:
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann
— Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderatb. -
Ge ri n gsw al d e : Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Gross¬
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Be»,
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Thierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Tbierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masso*
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M)
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober
marschacht (Elbe). — Sato w (Mecklenburg - Schwerin): Tbier¬
arzt. — Schlawa i. Schles.: Tbierarzt. Auskunft durch Magistrat.
— Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. Ö00
Hew. an den Stadtratli. — Schönbaum (Danziger Nehrung)-
Tbierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei Schön¬
baum. — S c h ö n f 1 i e s s (Neumark): Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näh erCS
durch den Bürgermeister.
Besetzt: Staatsstellen: Insterburg, Wehlau. Sanität»
thierarztstelle: Lübeck. Privatstelle: Wetter (R u r, ‘
*) No. 38 S. 41G Zeile 3.) lies statt ganz klare „glanzklare“.
Verantwortlich für den Inhalt (exel. Inseratenteil) Prof. Dr. Scbmaltz ln Berlin. — Verlag und Eisrenthum von Richard Schoetx in Berlin. — Druck von IV. Büxenstciö'
. Bert*“-
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wh p ntfich° in Wochenschrift“ erscheint
U, h Ih n dnli* J 0n “ ,nd ' 8 'e» 1'/. Bogen. Dieselbe
U * Üh dis v. ? 6n ® u °bbandel, die Post (No. 1031)
oder durch de Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoete, Berlin N>V., Lulsensirassc Sti, tum Preise von
Mk. n,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrige werden mit 50 Mk. für den Bogen honorirt.
Alle Mannscrlpte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man au sendeh an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensloris-Rzemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
H erausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
•Jahrgang 1898. _ M 40 Ausgegeben am 6. October.
Inhalt: DieokerhofT: Obergutachten über ein mitder Untugend des Fr eikoppens behaftetesPferd. — Fenner-
l“T e / k /, hrbr r g r < J- e J A \ ,C T> h von tub * rc ulösen und tuberculoseverdäohtigen Kühen. - Anaerstefn:
Be Handlung der Kolik mit B ary u m c h 1 o r a t. — Referate : S m i t h: Infectiöse Tumoren bei Hunden. - Kon-
£5” J® r: Darmperforation bei einem kolikkranken Pferde durch Spulwürm. r-Peritonitis.- Mc. D o n a 1 d: Erkrankung des Ovariums
S/I ? ¥' -Brunn er: Zur Frage der praktischen Vei wendbarkeit der Mäusetyphusbacillen, insbesondere des Löfflerschen
Bacillus typhi munum. - Puna und h lorentim: Neuer Beitrag zur Morphologie und Biologie des pathogenen Protozoon
7 *K 0taD i 0eba a P btb °£ e *) e8 ) der Maul- und Klauenseuche. — A. r k ö v y: Experimentelle Untersuchungen über Gangrän in der
Zahnpulpa und Wundgangrän. — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oe ff e n tl ich e s
Veterinärwesen: Scuchenstatistik und Vetennärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Obergutachten Uber ein mit der Untugend des
Freikoppens behaftetes Pferd.
Von
Dieckerhoff.
In Sachen der Handlung Br. zu Ste. gegen den Pferdehändler
B. zn G. ertheile ich nach Einsicht der Acten das vom König¬
lichen Amtsgericht G. beschlossene Gutachten nachstehend:
Nach dem Gerichtsbeschluss Bl. 212 d. A. hat sich das Gut¬
achten darüber zn erstrecken:
1. Ob ein Pferd, für welches ein Kaufpreis von nur 165 Mk.
gezahlt wird, durch den Fehler des Lnftschnappens nicht minder-
werthig wird, auch wenn die in den Schlnndkopf aufgenommene
Luft in den Magen gelangt?
eventuell:
2. Ob die Anssage des Sachverständigen N vom 22. Jnni 1896
(Bl. 201 d. A.) nicht ausreichend begründet erscheint, um anzu¬
nehmen, dass das streitige Pferd atmosphärische Luft nicht bloss
in den Schlundkopf aufnahm, sondern dass diese Luft auch in den
Magen des Pferdes gelangte?
3. Ob der Fehler des Lnftschnappens ein namentlich für
Pferdehändler in die Angen fallender ist?
Bei der Begutachtung dieser Beweisfragen soll auch berück¬
sichtigt werden, inwieweit die vom Beklagten Bl. 209 d. A. noch
in die Wissenschaft von Zengen gestellten Behauptungen die
Sachlage beeinflussen könuen.
Thatbestand.
Auf dem Pferdemarkte in S. am 17. Juli 1894 hat die kläge-
rische Firma vom Beklagten das streitige Pferd für 165 Mk.
käuflich erworben. In dem Klagevortrage wird das Pferd be¬
mängelt, weil es mit dem Fehler desKoppens oder Krippensetzens
behaftet sei.
Der Beklagte hat nicht in Abrede gestellt, dass das Pferd
schon vor dem Verkauf ein Krippensetzer gewesen sei. Er be¬
hauptet aber, dass dieser Fehler die Verwerthang des Pferdes
nicht behindere. Vom Beklagten wird dem Eigenthümer K. in 0.,
von welchem das Pferd am 13. Juli 1894 gekauft sei, der Rechts¬
streit verkündet.
Bl. 29 der Beiacten befindet sich die protokollarische Aus¬
sage des Sachverständigen N. vom 14. Jannar 1895, ans welcher
hier Folgendes anzuführen ist: Am 28. Angnst 1894 brachte mir
die Klägerin das streitige Pferd zur Untersuchung. Es war ein
branner Wallach, etwa 16 Jahre alt. Ich fand, dass es ein sog.
Luftschnapper oder Krippensetzer war. Solche Pferde ver¬
schlucken zn viel Luft und leiden infolgedessen an Kolik¬
schmerzen. Das fragliche Pferd hatte die Krankheit im höchsten
Grade. Der Fehler ist nicht offensichtlich, insbesondere nicht
bei dem fraglichen Pferde, weil bei demselben die Schneidezähne
nicht abgerieben waren Das Pferd hatte nur einen Werth von
allerhöchstens 60 Mk. Seit dem 28. August 1894 habe ich das
Pferd nicht wieder gesehen.
Die Acten enthalten Bl. 168 in Abschrift das von N. unter
dem 31. August 1894 ausgestellte Attest, in welchem der Sach¬
verständige augiebt, dass er die Untersuchung am 29. August
1894 vorgenommen habe. „Das mittelmässig gut genährte Pferd
stand vor gefüllter Krippe und verzehrte mit bestem Appetit das
Futter. Krankheitserscheinungen waren nicht vorhanden. An
der linken Hüfte befand sich eine von Haaren entblösste, mit
einem Schorf bedeckte Hautstelle, darunter eine längliche frische
Narbe, die von Verletzungen herrühren sollte, welche sich das
Pferd bei einer Kolik zugezogen habe. Nachdem ich das Pferd
etwa 10 Minuten beobachtet hatte, trat es von der Krippe zurück,
machte unter Anstrengung der Muskeln des Halses, der Brnst
und des Bauches eine nickende Bewegung mit dem Kopf, wobei
unter einem dem Rülpsen ähnlichen Laut eine gewisse Menge
Luft verschluckt wurde. Danach wurde das Kangeschäft wieder
aufgenoramen, bis nach einigen Minuten das Lnftschnappen in
ganz gleicher Weise sich wiederholte. In einem Zeitranm von
15 Minuten wurde das Rülpsen viermal gehört. Es trat auch
hervor, nachdem das Pferd ans dem Stalle geführt war.“
Hiernach bescheinigt N., dass das Pferd mit dem Fehler des
Koppens (Krippensetzen, Koken, Windschnappen) behaftet sei,
dass dieser Fehler oftmals die Ursache zn Verdannngstörungen
und Koliken gebe, und dass sich andere, namentlich jüngere
Pferde in dem Stalle, in welchem das fragliche Pferd unter¬
gebracht werde, den Fehler leicht aneignen.
Bei seiner gerichtlichen Vernehmung (Bl. 179 d. A.) hat N.
deponirt: „die Bezeichnungen Krippensetzer und Luftschnapper
sind insofern identisch, als bei dieser Untugend durch Ver¬
schlucken eine Menge Luft in den Magen geführt wird. Das
streitige Pferd verschlackte die Luft, ohne dabei mit den Zähnen
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470
BERLINER TH FF, R ÄR ZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
aufzusetzen. Der Fehler ist nicht immer sofort in die Angen
fallend und kann auch oft von den Pferdehändlern nicht bemerkt
werden. Er lässt sich auch durch Manipulationen, namentlich
durch Bestrafung und Bedrohung des Pferdes mit der Peitsche
zeitweilig verdecken.
Vom Thiererzt R. ist Bl. 188 d. A. deponirt worden, dass
der Fehler des Luftschnappens oder Koppens nicht immer augen¬
fällig sei. Wenn mit der Untugend keine Luft in den Magen
gelange, so werde die Gesundheit des betreffenden Pferdes durch
das Koppen nicht geschädigt.
Sachverständiger N. hat bei seiner nochmahligen Vernehmung
Bl. 201 d. A. erklärt: Meines Erachtens hat das streitige Pferd
den Fehler des Luftschnappens derartig gehabt, dass es atmo¬
sphärische Luft in den Schlundkopf aufnahm und diese Luft in
den Magen gelangte. Der ziemlich stark hervortretende Fehler
des Luftschnappens hat den Werth des Pferdes erheblich be¬
einträchtigt. Nach meinem Erachten hat deshalb das Pferd einen
Werth von höchstens 60 M. gehabt.
Vom Beklagten wird in dem Schriftsatz Bl. 209 d. A. unter
Beweis gestellt, dass das Pferd den Fehler des Koppens von
jeher gehabt, aber deshalb keine Krankheitserscheinungen ge-
äussert und insbesondere eine Kolik nie gezeigt habe. Es sei
stets gesund und gut genährt gewesen.
Gutachten.
Das „Koppen“ ist eine Untugend, bei welcher die Pferde
zeitweise den unteren Theil des Kopfes stark gegen den Hals
heranziehen und atmosphärische Luft schneller und heftiger als
beim gewöhnlichen Einathmen in die Rachenhöhle und den Kehl¬
kopf saugen. Durch das kurze und eigenartige Einathmungsspiel
kommt hierbei im Kehlkopf ein Geräusch zu Staude, welches in
der Pferdekunde als „Koken“, von den Laien auch zuweilen
als „Rülpsen“ bezeichnet wird. Nach ihrer Genesis
characterisirt sich die Untugend als eine Spielerei, welche einzelne
Pferde sich nach und nach angewöhnen.
Hinsichtlich der Art, in welcher die Pferde das Koppen aus¬
üben, wird die Untugend unterschieden:
1. Als Krippensetzen, Aufsetzen (von den Laien auch Krippen-
beissen genannt), wobei die Pferde den Kopf mit den Schneide¬
zähnen oder mit dem Kinn gegen den vorderen Rand der Krippe
oder auf einen auderen festen Gegenstand stützen und bei
starker Beugung der Genickpartie atmosphärische Luft durch
kurze und heftige Einathmung zur Erzeugung des kökeuden Ge¬
räusches in den Kehlkopf saugen;
2. Als Freikoppen, Luftkoppen (von den Laien auch wohl
Luftschnappen, Windschnappen genannt), wobei die Pferde den
Kopf, ohne ihn mit den Schneidezähnen oder mit dem Kinn auf
einen festen Gegenstand zu stützen, in der Genickpartie beugen
und im Uebrigen durch eigentümliche Muskelcontractionen,
wie in dem Falle zu 1 das kökende Geräusch im Kehlkopf
erzeugen.
Es ist oft in der tierärztlichen Litteratur behauptet worden,
dass alle mit dem Koppen behafteten Pferde bei der Ausübung
der Untugend Luft verschlucken sollen. In Wirklichkeit ergiobt
aber die sorgfältige und sachkundige Beobachtung, dass in der
grossen Mehrzahl der Fälle beim Koppen keine atmosphärische
Luft in den Magen der betreffenden Pferde gelangt. Nur bei
eiutm kleinen Theil von den mit der Untugend behafteten
Pferden erfolgt während des Koppens eine Aspiration von atmos¬
phärischer Luft in den Magen, wie ich an einem grossen Be-
obachtung8material festgestellt habe. Sowohl bei dem ad 1. vor¬
stehend definirten Krippensetzen, wie bei dem ad 2. erklärten
Freikoppen (Luftkoppen, Luftschnappen) kann Luft verschluckt
werden. In den überwiegend häufigsten Fällen wird aber sowohl
in dem Falle ad 1. wie in dem Falle ad 2. der obigen Definition
keine Luft in den Magen aspirirt.
Einen erheblichen Nachtheil für die Gesundheit und die
Gebrauchstüchtigkeit der Pferde hat das Koppen nur dann, wenn
atmosphärische Lnft verschluckt wird. Denn hierdurch wird eine
mangelhafte Ernährung oder auch wohl die Erkrankung an einer
schwer heilbaren oder tödtlichen Kolik des betreffenden Pferde«
bedingt. Dagegen erleiden die Pferde, welche beim Koppen
(Krippensetzen oder Freikoppen) keine Luft in die Speiseröhre
und den Magen aspiriren, auch keine Beeinträchtigung ihrer
Gesundheit und Diensttauglichkeit zu der gewöhnlichen Arbeits¬
leistung.
Mehrfach und zwar besonders in der älteren thierärztlichen
Literatur ist behauptet worden, dass die Untugend des Koppen«
deshalb, weil die betreffenden Pferde bei ihrer Betätigung
gelegentlich der Futteraufnahme einen kleinen Theil des Hafer«
verstreuen, die Eigenschaft eines erheblichen Mangels besitzen
soll. Diese Ansicht deckt sich aber mit der allgemeinen Auf¬
fassung der Pferdebesitzer nicht Das Verstreuen von Futter
beim Koppen ist erfahrungsgemäss unwesentlich, nnd es wird
demselben für die Ausnutzung der Leistungen eines Gebranchs¬
pferdes keine Bedeutung beigelegt.
In der Literatur wird auch bisweilen die Meinung aus¬
gesprochen, dass, wenn ein mit dem Koppen behaftetes Pferd im
Stalle zwischen anderen und namentlich jüngeren Pferden stehe,
letztere sich durch Nachahmung die Untugend aneignen sollen.
Auch diese Meinung ist nicht begründet und steht insbesondere
mit der thatsächlichen Erfahrung nicht im Einklänge. Ich habe
sehr oft in grösseren und kleineren Pferdebeständen sowohl bei
städtischen Eigentümern wie bei Gross- und Kleingutsbesitzern
beobachtet, dass ein das Koppen in der Art des Krippensetzens
oder in der Art des Freikoppens oft und leidenschaftlich aus¬
übendes Pferd mehrere Jahre hindurch mit jungen oder älteren
Pferden in demselben Stalle stand, ohne dass bei einem der letzt¬
gedachten Pferde sich die Untugend später ausgebildet hat
Nach der Anschauung der meisten Besitzer gelten aber
werthvoUe Pferde, welche sich das Koppen angewöhnt haben,
deshalb als mangelhaft, weil in Folge des bei der Untugend er¬
zeugten lauten kökenden Geräusches den Interessenten das Ver¬
gnügen an dem Besitz solcher Thiere verleidet wird. Entsprechend
dieser allgemein verbreiteten Ansicht erleiden diejenigen Pferde,
welche wegen ihrer Vorzüge, insbesondere wegen der Schönheit
ihrer Körperformen in hohem Preise stehen und neben ihrem
Gebrauchswerte noch einen Luxuswerth besitzen, eine erheblich«
Werthminderung.
Wenn aber der Werth eiues Pferdes sich lediglich oder doch
in der Hauptsache nach der Leistungsfähigkeit beim Gebrauch
als Lastpferd, Ackerpferd, Wagenpferd oder Reitpferd bestimmt,
so beeinträchtigt die etwaige Untugend des Koppens bei dem¬
selben, sofern keine Luft in die Verdauungswege eingesogen
wird, weder den ordentlichen Dienstgebrauch noch die entgeltliche
Veräusserung. Dagegen ist eine wesentliche Verminderung des
Werthes auch bei solchen Pferden dann vorhanden, wenn eie
beim Koppen atmosphärische Luft in den Magen bringen.
Das hier streitige Pferd ist für 165 M. an die Klägerin ver¬
kauft worden. Regelmässig werden im Handel und Verkehr zu
diesem relativ geringen Preise nur Pferde veräussert, welche zum
Arbeitsdienste Verwendung finden sollen und einen besonderen
Luxuswerth nicht besitzen. Demnach kann sich durch die Un¬
tugend des Koppens, welche Bchon zur Zeit des Kaufes und der
Uebergabe vorhanden war, der Werth des in Rede stehenden
Pferdes nicht verringern. Wenn aber nachgewiesen wäre, das«
die von dem Pferde in die Rachenhöhle aufgenommene Luft theil-
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6. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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weise in den Magen verschluckt wird, so müsste allerdings ange¬
nommen werden, dass der gemeingewöhnliche Werth des Pferdes
durch die Untugend des Koppens (Lnftschnappens) wesentlich
beeinträchtigt worden ist.
Nach den Untersnchnngsberichten des Sachverständigen N.
liat das hier streitige Pferd bei der Ausübung des Koppens den
Kopf nicht auf einen festen Gegenstand, insbesondere nicht auf
den vorderen Rand der Krippe festgestellt. Dasselbe war dem¬
nach mit der Untugend des Freikoppens (Luftschnappen, Wind¬
schnappen, Luftkoppen) behaftet. Dass das Pferd aber bei der
Untugend Luft in den Magen herabgeschluckt hat, lässt sich ans
den Angaben des Sachverständigen nicht schliessen. Denn beim
Verschlucken von Luft treibt gewöhnlich der- Darm durch die
sich ansammelnden Gase auf; der Bauchumfang vergrössert sich
bis zu dem Grade, dass auch den Laien die Erscheinung auffällt.
Aoch äussern die Pferde nach dem Verschlucken von Luft
polternde DarmgeräuBche mit reichlicher Entleerung von Gasen
aus dem Mastdarm, gewöhnlich auch Kolikschmerzen mit Ver¬
stopfung des Darmes und Auftreibung (Meteorismns) des Bauches.
Die Bekundungen des N. besagen indess nicht, dass bei dem
streitigen Pferde eine der vorgedachten Erscheinungen beobachtet
worden ist. Aus der Bethätignng des Koppens für sich allein
schon folgern zu wollen, dass die betreffenden Pferde Luft aus
dem Schlundkopf in den Magen bringen, ist nicht berechtigt
Die vom Beklagten in dem Schriftsätze vom 29. Juni d. J.
(Bl. 209) behauptete Thatsache, dass das streitige Pferd trotz der
seit langer Zeit vorhandenen Untugend des Koppens bis zum
Verkaufe niemals an einer Krankheit gelitten und insbesondere
keine Kolik gezeigt habe, würde, wenn sie erwiesen wäre, ge¬
eignet sein, dem schon nach Lage der Sache ausreichend be¬
gründeten Gutachten von der Unerheblichkeit des Lnftschnappens
(Koppens) eine weitere objective Unterstützung zu verleihen.
Die Untugend des Koppens, und zwar sowohl des Krippen¬
setzens, wie des Freikoppens, wird nur zeitweise von den Pferden
bethätigt. Es können mehrere Stunden darüber vergehen, bevor
die betreffenden Pferde dieselbe äussern. In der Zwischenzeit
ist aber nicht zu erkennen, dass sich ein Pferd das Koppen an¬
gewöhnt hat. Selbst bei dem eigentlichen Krippensetzen, bei
welchem das Schneidezahngebiss des Oberkiefers oder des Ober¬
und Unterkiefers sich am vorderen Rande der Krippe abschleift,
giebt es keine characteristische Erscheinung. Denn das Ab¬
schleifen der Zähne kommt auch vor bei Pferden, welche die
Spielerei des „Wetzens“ oder des „Nagens“ sich angewöbnt
haben uud keine Krippensetzer sind. Der Befund von ab¬
geschliffenen Schneidezähnen kann deshalb wohl den Verdacht
des Koppens erregen, das Vorhandensein der Untugend aber nicht
mit Sicherheit dartbun. Bei dem hier streitigen Pferde, bei
welchem nach der Aussage des Sachverständigen N. die Untugend
des Luftschnappens (Freikoppen) besteht und das Schneidezahn¬
gebiss keine Anomalie zeigt, war demnach nicht einmal der Ver¬
dacht des Koppens erkennbar.
Hiernach lässt Bich die allgemeine Behauptung, dass der
Fehler des Luftschnappens für einen Pferdehändler in die Augen
fallend sei, nicht rechtfertigen. Offensichtlich ist für letzteren
der Fehler nur dann, wenn er die Ausübung der Untugend bei
dem betreffenden Pferde beobachtet. Aus den Acten ergiebt sich
aber nicht, dass der Bevollmächtigte der Beklagten, wenn er die
gemeingewöhnliche Aufmerksamkeit nicht ausser Acht liesB,
gelegentlich des Ankaufes auf dem Markte zu S. bei dem streitigen
Pferde die Untugend des Freikoppens oder Luftschnappens hat
wahrgehmen können.
Ich re8umire mein Gutachten dahin:
1. Der Regel nach ist ein Pferd, für welche sein Kaufpreis von
nur 165 M. gezahlt wird, durch den Fehler des Lnftschnappens
(Koppen, Freikoppen, Luftkoppen) nicht minderwertig;
2. Wenn aber ein solches Pferd bei der Ausübung des Lnft¬
schnappens Luft in den Magen verschluckt, so wird der Werth
desselben durch die Untugend erheblich beeinträchtigt;
3. Aus den Bekundungen des Sachverständigen N., ins¬
besondere aus der protokollarischen Erklärung desselben vom
22. Juni 1896 (Bl. 201 D. A.) lässt sich nicht schliessen, dass
das streitige Pferd bei der Ausübung des Luftschnappens atmo¬
sphärische Luft in den Magen herabgeschlnckt hat;
4. Es kann aus den Acten nicht erwiesen werden, dass der
Fehler des Luftschnappens bei dem streitigen Pferde gelegentlich
der Kaufverhandlungen für einen Pferdehäudler offensichtlich
gewesen ist.
Berlin, den 18. September 1896. Dr. Di eckerhoff.
Inverkehrbringen der Milch von tuberculösen und
tuberculo8everdächtigen Kühen.
Von
Fenner - Lübeck,
Polizei-Tblerarxt.
Als erwiesen ist zu betrachten, dass aus dem Euter einer
„gesunden Kuh“ keimfreie Milch ansgeschieden wird. Ebenfalls
ist festgestellt, dass die Kuhmilch als vorzüglicher Nährboden
für Keime verschiedenster Art ausserhalb des Euters Krankheits¬
keime aufnimrat und dann als Träger dieser Krankheitsstoffe
durch den Genuss gesundheitsschädlich werden kann. Abgesehen
von der grossen Unsauberkeit, mit welcher leider das Milch¬
geschäft heute noch betrieben wird, wodurch Schmutz und
sonstige im Kothe befindlichen Infectionsstoffe in die Milch
gerathen und durch den Genuss die menschliche Gesundheit
beschädigen können, dürften als durch Milch übertragbare
Menschenkrankheiten insbesondere zu nennen sein: „Typhus,
Cholera, Scharlach, Diphtherie, Masern.“ Die Erreger letzterer
Krankheiten werden mit der Milch durch directe Berührung mit
kranken Menschen oder infectiösen Gegenständen, durch die
Luft und durch infectiöses Wasser übertragen und offenbaren
nun ihre Gesundheitsschädlichkeit. Gegen diese Art der Fort¬
pflanzung von Krankheitskeimen durch die Milch ausserhalb des
Kuheuters lassen sich leichter durchgreifende Massregeln zur
Verhütung von Seuchen treffen als bei den Krankheitserregern,
welche der Milch schon im Euter der Kuh anhaften, also in
den Fällen, wo die Milch schon im Euter der Kuh in Folge der
Erkrankung des Thieres inficirt ist. Ich gehe nicht näher auf die
Milch ein, die von mit Maul- nnd Klauenseuche, Milzbrand,
Lungenseuche, Wuth und mit sonstigen Krankheiten behafteten
Kühen stammt, sondern komme sogleich auf die Milch von tuber¬
culösen nnd tuberculoseverdächtigen Kühen zu sprechen.
Es ist bekannt, dass nicht allein die Kuhmilch, welche In-
fectionBkeime ausserhalb des Euters aufgenommen hat, sondern
auch die schon im Enter inficirte Milch meistentheils in keiner
Weise ihr Aussehen und ihren Geschmack ändert. So lange also
die Milch nicht ein unverändertes Aussehen hat, wird sie an¬
standslos als Nahrungsmittel für Menschen in den Verkehr
gebracht. Hierin liegt aber gerade die grosse Gefahr in Betreff
Inficirung der Menschen durch Rindertuberculose, weil weder
der Sachverständige noch der Laie der frischen Kuhmilch
makroskopisch anseben kann, ob sich Tuberkelkeime in ihr
befinden oder nicht; ebensowenig lassen sich durch Geschmack
oder Geruch der Milch diese Krankheitserreger erkennen.
Durch den von Koch erbrachten Nachweis der Identität der
Rindertubercnlose mit der Tuberculose des Menschen wird ganz
besonders in letzterer Zeit auf Grund der erschreckenden Tuber-
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472
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
culoseverseuchung des deutschen Rindviehbestandes die Frage
immer besorgnisserregender, inwieweit der Mensch die Taber-
calose durch den Genuss roher Kuhmilch erwerben kann.
Obwohl Gerlach schon durch Fütternngsversuche die Ueber-
tragbarkeit der Rindertuberculose durch rohe Milch bewiesen
hat und nach ihm sehr viele Forscher zu demselben Resultate
gekommen sind, mehrere sogar die Milch tuberculöser Kühe für
eine Ursache der primären Darmtuberculose der Kinder erklären,
so ist es heute als zweifellos zu betrachten, dass die Tuber-
culose der Kühe auf Menschen durch den Milchgenuss übertrag¬
bar ist. Gustav Petersen theilt in „Thiermedicinische Vor¬
träge von Schneidemühl 1892, S. 13“ mit, dass Hirschberger
die Frage auf experimentellem Wege zu lösen suchte, wie oft
tuberculöse Kühe tuberculöse Milch liefern und ob dieses nur bei
genereller oder auch bei localer Tuberculöse der Fall ist. Bei
Injectionen tuberculöser Milch in die Bauchhöhle von Meer¬
schweinchen trat in 55 pCt. allgemeine Tuberculöse der Bauch¬
organe ein. Milch von Kühen mit localisirter Tuberculöse war
in 33 pCt., dagegen Milch von Thieren mit allgemeiner Tuber-
culose fast stets infectiös. Bei der mikroskopischen Untersuchung
der injicirten Milch konnte er nur in einem Falle Tuberkel¬
bacillen — es lag Eutertuberculose vor — nach weisen, woraus
er schliesst, dass nicht allein durch die Bacillen, sondern auch
durch die Sporen die Infectiosität der Milch bedingt wird.
Hirschberger resultirt weiter, dass die Gefahr der Infection
durch tuberculöse Milch perlsüchtiger Kühe eine sehr grosse ist
und sowohl bei localisirter wie genereller Tuberculöse besteht.
Obwohl dieses Experiment in der Praxis dadurch herabgemindert
wird, dass der Magen- und Darmsaft eine zerstörende Wirkung
auf die mit der Milch eingeführten Tuberkelbacillen ausüben
kann, so ist aber anznnehmen, dass bei der dem Magen einver¬
leibten tuberculösen Milch nicht sämmtliche Bacillen zu Grunde
gehen oder aber die Sporen durch die Magensäure sehr wenig
angegriffen werden, weil die Erfahrung lehrt, dass unendlich
viele Kälber und Schweine durch die ungekochte Milch, welche
sie als Nahrung erhalten, die Tuberculöse acquiriren. Da nun
aber nach den neuesten Untersuchungen die Milch auch Tuberkel¬
bacillen enthalten kann, ohne dass Eutertuberculose vorliegt,
jedenfalls man aber der Milch einer anscheinend gesunden Kuh
nichts Krankhaftes ansehen kann, so dürfte es geboten sein, das
Inverkehrbringen der Kuhmilch als Trägerin und Verbreiterin
der Tuberculöse in andere Bahnen zu lenken, zumal die schon
vor vielen Jahren von Bollinger ausgesprochene Vermuthung
mit der jetzigen Erfahrung übereinstimmt, dass der Begriff
„Heredität“ in Bezug auf Tuberculöse theilweise auf Milchinfection
bei Säuglingen zurückzuführen ist.
Wenn auch in letzterer Zeit nach grossen Anstrengungen
von Seiten der Thierärzte in mehreren Provinzen und Bundes¬
staaten der Centrifugenschlamm als Träger von Tuberkelkeimen
unschädlich beseitigt wird, und viele Rindvieh- und Schweine¬
züchter endlich so weit gekommen sind, den Kälbern und
Schweinen zwecks Verhinderung derTuberculoseübertragung durch¬
gekochte Milch als Nahrung zu geben, so haben aber die fort¬
gesetzten Belehrungen, dass alle Menschen (junge und alte)
Milch nur in sterilisirtem oder gut durchgekochtem Zustande ge¬
messen möchten, nicht genügend gefruchtet.
Die Kuhmilch geniessenden Menschen noch länger mit schönen
und ermahnenden Redensarten zwecks Selbsthilfe hinzuhalten,
dürfte durchaus zwecklos sein, denn trotz aller Belehrungen
müssen viele Sachverständige wahrnehmen, dass unzählige
Menschen täglich die ungekochte Milch und somit nicht selten
Tuberkelkeime gemessen, ohne zu wissen, dass Viele hiermit dann
ihren Todeskeim trinken. Es ist an der Zeit, gegen dieses Un¬
wesen Front zu machen, auch in dem Bewusstsein, dass zweck¬
entsprechende Massregeln sehr tief in die Interessen der milch-
producirenden Bevölkerung eingreifen.
Bei der Benrtheilung der Milch betreffs Tuberculöse mnss
dem Thierarzte aber jede Parteilichkeit fernstehen, weil er pflicht¬
gemäss seine Wissenschaft nicht allein im Interesse der Milch¬
viehbesitzer, sondern auch im Interesse der Milchgeniesser practisch
zu verwerthen hat.
Meiner Meinung nach kann, so lange die Tuberculöse unserer
Hausthiere nicht dem Viehseuchengesetze unterworfen ist, in
Betreff des Inverkehrbringens von Milch nur allein das Reichs¬
gesetz betr. den Verkehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln und
Gebrauchsgegenständen vom 14. Mai 1879 die rettende Hand
bieten, und wird sich mit Hilfe dieses Gesetzes jeder Mensch, der
die in der Kuhmilch liegende grosse Ansteckungsgefahr erkennt,
sein Recht verschaffen können, damit er vom Verkäufer für sein
gutes Geld eine gesunde d. h. im gegebenen Falle tuberkelkeim-
freie Milch erhält, die nicht geeignet ist, die menschliche Ge¬
sundheit zu beschädigen oder sogar zu zerstören. Der Milch¬
käufer ist stets in dem Glauben, eine Milch von gesunden resp.
von tuberculosefreien Kühen zu bekommen, und kann sich nicht
vorstellen, dass eine Milch, an der äusserlich nichts Abnormes
wahrgenommen wird, Krankheitskeime in sich beherbergen kann,
die seine Gesundheit beschädigen können. Der Consument muss
also vom Verkäufer unter allen Umständen eine Milch empfangen,
die weder „verdorben“ noch „gesundheitsschädlich“ ist, denn
geradeso wie der Käufer ein verdorbenes oder gesundheitsschäd¬
liches Stück Fleisch oder ein sonstiges fehlerhaftes Nahrungs¬
oder Genussmittel als vollwerthige Waare mit seinem guten Gelde
nicht bezahlen braucht, hat auch der Milchkäuter nicht nöthig,
tuberkelkeimhaltige oder tuberculoseverdächtige Kuhmilch als
vollwerthig zu bezahlen und als gesund anzunehmen. Der Milch¬
viehbesitzer ist bis jetzt durchaus nicht geneigt, den Beweis der
Tuberkelkeimfreiheit seiner in den Verkehr gebrachten Milch an¬
zutreten, sondern er umgeht diesen wunden Punkt in der Milch-
wirthschaft am liebsten mit Stillschweigen.
Jeder in der Rindviehpraxis thätige Thierarzt wird es nicht
selten erfahren, dass ein Milchviehbesitzer die Milch tuberculöser
oder tuberculoseverdächtiger Kühe roh in den Verkehr bringt,
obwohl von ihm als Rath ertheilendem Sachverständigen die Ab¬
gabe der Milch nur im gekochten Zustande erlaubt wurde. Nach
dem heutigen Ergebnisse der Tuberculinprobe wird der Thierarzt
jede typisch reagirende Kuh als tuberculoseverdächtig erklären
müssen, auch wenn sie äusserlich absolut keine Merkmale der
Tuberculöse erkennen lässt, woraus gefolgert werden muss, dass
auch jede auf die Tuberculin-Injection reagirende Kuh Milch liefert,
die verdächtig ist, Tuberkelkeime zu enthalten. Nicht etwa will
ich hiermit gesagt haben, dass der Schwerpunkt zwecks Begut¬
achtung der Milch in der Tuberkulinprobe liegt, sondern ich stehe
auf dem Standpunkte, dass zur Erklärung einer tuberkelkeimfreien
Kuhmilch gehört:
1. die clinisclie Untersuchung der Kuh,
2. die Tuberculinprobe,
3. die bacteriologische Untersuchung der Milch und
4. im Zweifelfalle die Impfung von Meerschweinchen mit der
Milch.
Ist der Milchviehbesitzer bei dem Inverkehrbringen der Kuh¬
milch diesen gestellten vier Bedingungen nachgekommeu, und sind
die Untersuchungen negativ ausgefallen, alsdann kann er erst
mit gutem Gewissen die Milch als eine tuberkelkeimfreie resp.
bankfähige Waare abgeben. Wurde aber durch diese Unter¬
suchungen, die im engen Zusammenhänge mit einander nnr von
einem Thierarzte vorzunehmen sind, bei dem Thiere Tuberculöse
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6. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
473
oder Tuberculoseverdacht festgestellt, so ist es auch Pflicht des
Milchviehbesitzers, die zu liefernde Milch von dieser Kuh als eine
verdorbene oder gesundheitsschädliche Waare anzusehen und sie
nur in gut gekochtem Zustande (mindestens 85 0 C.) unter Decla¬
ration in den Verkehr zu bringen.
Lässt sich bei einer Tuberkelkeime enthaltenden Milchlieferung
die Kuh nicht sogleich ausfindig machen, von welcher die kranke
Milch stammt, so sind alle Kühe des Milchviehbestandes oder
sämmtlicher Bestände obiger Untersuchung zu unterwerfen, um
dann mit der Milch jeder einzelnen Kuh sachgemäss zu verfahren.
Deijenige Milchviehbesitzer aber, der Mischmilch resp. Sammel¬
milch abgiebt und seinen Rindviehbestand einer Untersuchung zu
unterstellen sich nicht bewogen fühlt, kann sich dem Nahrungs-
mittelgesetze gemäss nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft
nicht anders vor Unannehmlichkeiten schützen, als dass er die
Milch seines ganzen Milchviehbestandes, bevor er sie in den Ver¬
kehr bringt (Abgabe an die Meierei ist schon Inverkehrbringen!)
mindestens auf 85 0 C. erwärmt hat und als solche abgiebt.
Behandlung der Kolik mit Baryum chlorat
Von
C. Angersteln-Sternberg,
Tbierarzt
Meinen früheren Veröffentlichungen über dies Thema (cfr.
B. T. W. 1895 : 30 ; 42; 1897: 31) möchte ich folgende Serie von
Beobachtungen anreihen.
Verwendet wurde in allen Fällen Bar. chlorat. solut. sterilis.,
bezogen von der Firma Bengen & Co., Hannover. Eine von
mir dieser Firma zur Verfügung gestellte Dosis, welche mir durch
ihre röthliche Färbung auffiel, enthielt, wie die Untersuchung
ergab, eine Beimischung von Eisenchlorid. Infolge dieses Um¬
standes verwendet die Firma, wie sie mir mittheilte, zum Füllen
der Gläschen jetzt Glascanülen, um Eisenbeimischungen, welche
infolge Röstens der Stahlcanülen eintreten können, zu verhindern.
Die Applicirung erfolgt in gebrochener Dosis, in Zwischen¬
räumen von 8—10—15 Minuten, die Vene wird bei der jedes¬
maligen Application frisch angestochen. Zur Hebung von Ver¬
stopfungskolik benöthigte ich bei einem schon 2 Tage kranken
Thier 0,3 -f- 0,4 Ba. In 3 weiteren Fällen je 0,4 -f- 0,3 -+- 0,3;
in 2 Fällen je 0,4 + 0,3 + 0,3 4- 0,25. Eine ältere Stute, seit
mehreren Jahren auf dem linken Auge blind, ist seit 12 Stunden
krank, steht ruhig, liegt zuweilen. Der Puls ist elend, kaum
fühlbar, Peristaltik sistirt. Das Thier hat 2 Pillen und Clystiere
bekommen. Es wurde 0,3 + 0,3 f 0,3 + 0,35 Ba. gegeben.
Da nur geringgradiger Kothabsatz erfolgt, gab ich etwa eine Stunde
nach der letzten Ba-Gabe 0,1 Arecolin. hydrobromic. subcutan,
worauf die Darmentleerung, unter starkem Speichelfluss, ergiebiger
wurde. Etwa eine Stunde später liess ich dem Thier eine Pille
(Aloe, Tart. stib. und Hydrg. chlorat. mit. in Gelatinekapsel)
eingeben. Hierbei trat grosse Unruhe ein; als das Pferd bewegt
werden soll, zeigt es tappenden Gang, stösst mit dem Kopf gegen
die Stallwände. Das rechte, bis dahin normale Auge zeigt eine
extensive Erweiterung der Pupille und milchige Trübung der
Linse. Nach etwa einer Stunde ist der Gang wieder regelmässig,
die Pupille hat sich etwas verengert, die Linsentrübung ist nicht
mehr auffallend (Augenspiegel war nicht zur Hand). Ich ver-
ordnete, da der Zustand des Thieres sich gebessert, Priessnitz-
umschlag, Clystiere und Eingeben einer Pille nach etwa zwei
Stunden. Nach acht Tagen erhielt ich den Bericht, das Thier sei
beim Eingeben der Pille wieder sehr unruhig geworden, hätte
wieder einen tappenden, watenden Gang gezeigt, sich dann
niedergelegt und sei nach etwa */a Stunde verendet. Eine Er¬
klärung dieser Erscheinungen durch die Section ist mir zu
meinem Bedauern nicht möglich gewesen. Ich muss daher
die Frage offen lassen, ob das Arecolin vielleicht hierbei be¬
theiligt ist.
Bei der Behandlung von Wurmkoliken erfolgte einmal nach
0,4 -4- 0,3 Ba. Entleerung zahlreicher Parasiten; in einem
anderen Falle bedurfte es nach 0,3 4- 0,4 4- 0,3 Ba. noch
0,1 Eserin, sulf.
Bei Windkoliken bewirkte in einem Fall 2 X 0,35 genügende
Entleerung von Darmgasen. In 3 Fällen mussten je 0,4 -1- 0,3
+ 0,3 gegeben werden. Eine hochgradige Windkolik wurde
durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 -j- 0,25 geheilt. Ein stark aufgetriebenes
Pferd musste nach 0,4 4- 0,3 -f- 0,3 Ba. mittels Trokar behandelt
werden und erhielt dann noch 0,08 Arecolin, nach Verlauf einiger
Stunden 0,1 Eserin und später drei Pillen.
Ueberfutterungskolik wurde zweimal mit je 0,3 Ba. gehoben,
fünfmal bedurfte es je 0,4 4- 0,3 4- 0,3 und einmal 0,4 -|- 0,3
-f- 0,3 4- 0,2. Zwei Koliken, verursacht durch Verfütterung von
frischen, zu Häcksel geschnittenen Roggengarben, wurden durch
je 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba. gehoben. Ein dritter Fall bei einem
dreijährigen Füllen, welches vor meinem Eintreffen drei Pillen
erhalten, bedurfte 0,5 4- 0,35 4- 0,3; danach, weil keine be¬
friedigende Wirkung eintrat, noch 0,08 Arecolin.
Grimmdarmverstopfungen wurden folgende ausschliesslich mit
Ba. gehoben: 1 Fall durch 0,3 4-0,2; 2 Fälle durch 0,3 4- 0,3;
2 Fälle durch 0,4 4- 0,3; 8 Fälle durch 0,4 4 - 0,3 -4- 0,3; 1 Fall
durch 0,5 4- 0,5 (Pferd mit hochgradigem Lungenemphysem!);
2 Fälle durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,25; 1 Fall durch 0,4 4- 0,3
4- 0,3 4-0,3; 1 Fall durch 0,4 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,3 4- 0,3. Ein
älterer Wallach erhielt 0,4 4- 0,35 Ba., musste dann mit 0,1 Es.
weiter behandelt werden, da er sich der Manipulation des Ein¬
stechens der Hohlnadel durch Beissen, Schlagen mit den Vorder¬
füssen und Niederwerfen widersetzte. Ueberhaupt habe ich des
öfteren Pferde gefunden, welche bei wiederholtem Einführen der
Nadel in die Vene dies durch festes Herannehmen des Kopfes zu
verhindern suchten.
Ein Pferd erhielt 0,4 4- 0,3 4 - 0,3 Ba. und musste noch
0,1 Es. subcutan erhalten; ein anderes erhielt dieselben Gaben
Ba. am ersten Krankbeitstag, am zweiten 3 Pillen und am dritten
0,1 Es. Eine weitere Grimmdarmverstopfung erforderte 0,4 4- 0,3
-f- 0,55 Ba. und 0,1 Es.
Eine alte Stute ist seit zwei Tagen krank, die Beckenflexnr
ist mit festen, harten Massen angefüllt; da auf 0,3 4- 0,4 + 0,3 Ba.
nur einzelne kleine Kothballen folgen, wird 0,1 Es. injicirt, hierauf
erfolgt Abgang von Sandmassen, Torfgrus, Kohlenstückchen,
Steinen in erheblichen Mengen. Es werden in den nächsten
24 Stunden neben Klysma 4 Pillen gegeben; dann nach nochmals
0,4 4- 0,3 Ba. Genesung.
Ein älterer belgischer Hengst erhielt 0,4 4- 0,5 4- 0,55 Ba.,
darauf nach 4 Stunden 0,1 4-0,1 Es. (zweistündige Zwischenzeit)
und nach weiteren 18 Stunden 0,3 4- 0,4 4- 0,3 Ba.
Eine neunjährige Stute ist schon 2 Tage krank, erhält
0,3 4- 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba. ohne befriedigenden Erfolg, darauf
2 Pillen, die Darmentleerungen sind nur mässig, der Zustand
des Thieres bessert sich vorübergehend. 2 Tage lang werden
Priessnitzumschläge gemacht und Clystier gegeben, am 6. Tag
injicirte ich 0,08 Arecolin mit gutem Erfolg.
Ein Ponywallach ist schon mit 0,1 Es. vorbehandelt, die
Beckenflexnr ist mit harten Kothmassen gefüllt; da das Thier
schon alt und der Puls äusserst elend und beschleunigt, versuchte
ich 0,1 -f 0,2 4- 0,3 4- 0,4 Ba., es wurden nur einzelne kleine
Kothballen von harter Consistenz abgesetzt; nun wurden 2 Pillen,
Priessnitzumschlag, Clystiere verordnet. Erfolg negativ; 18 Stunden
nach der ersten Ba.-Injection gab ich 0,1! Arecolin. Der Erfolg
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474
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
war beängstigend; wässrige Kotbmassen wurden aus dem Mast¬
darm förmlich herausgeschlendert und füllten im Lauf der Zeit
8! Stalleimer, daneben starker Speichelfluss. Das Thier bedurfte
zu seiner Wiederherstellung 3 Wochen sorgsamster Pflege. Es
war dies der erste Fall, in dem ich Arecolin. hydrobromic. an-
wandte, um bei dem meiner Meinung nach unheilbaren Thier die
Wirkung kennen zu lernen, die dann auch nach etwa 8 Minuten
eintrat, nachdem schon 2 Minuten nach der Injection der
Speichelfluss begann. Schweissausbruch habe ich bisher in
allen Fällen, wo ich 0,08 bezw. 0,1 Arecolin anwandte, nicht
beobachtet.
Bei einer vierzehnjährigen, schon 4 Tage kranken Stute war
vollständige Darmlähmung eingetreten. Auf 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba.
schwache Peristaltik und geringfügige Entleerung, am folgenden
Tag 0,1 Es., am nächsten 0,4 4- 0,3 4- 0,3 Ba., beide Male zeit¬
weise Belebung der Darmbewegung und etwas Dung. Das Thier
stirbt am 10. Krankheitstag.
Ein älterer starker Wallach, längere Zeit mit 3 Mais: 1 Hafer
gefüttert, erkrankt; es werden 0,3 4- 0,4 -t- 0,3 4- 0,25 Ba.
injicirt. Tod 2 Stunden nach der letzten Injection. Sections-
ergebniss: Magenruptur, intra vitam waren keine Symptome
derselben wahrnehmbar.
Ein neunjähriger Wallach erkrankt plötzlich, Symptome:
Hacken, starker Schweissausbruch, beschleunigter Puls, geringe
Peristaltik. Aut 0,3 4- 0,3 4- 0,4 Ba. wird viel dünnbreiiger
Koth entleert, das Thier wird ruhig. 10 Minuten nach der letzten
Injection stürzt es plötzlich zusammen und verendet. Das
Section8ergebniss ist vollständig negativ.
In mehreren Fällen, wo nach dem Verhalten des Patienten
auf eine Lageveränderung im Darm zu schliessen war, gab ich
versuchsweise Ba.:
Ein zehnjähriger Pony erhielt 0,3 4- 0,3, stirbt nach zwanzig-
stündigem Kranksein.
Ein Pferd erhielt 0,5 4- 0,5; ein anderes 0,3 4- 0,4 4- 0,3
und 0,1 Es. 3 Pferde 1,25 Ba. in fractionirter Dosis; ein Hengst
1,3 Ba.
Ein Patient neben 1,4 Ba. noch 0,1 Es. 0,5 Morphium und
0,1 Es. Ein weiterer Todescandidat 1,0 Ba., am 2. Tag 2 Pillen,
am 3. Tag 1,55 Ba.
In oben angeführten 63 Fällen genügte in 48 Fällen die
alleinige Anwendung des Baryum in Gesammtdosen von 0,3—1,6.
In den übrigen 15 Fällen mussten neben einer Gesammtdosis
von 0,7—2,55 Ba. noch Eserin, Arecolin und andere Medicamente
angewandt werden.
Ausser 10 unheilbaren Patienten starben von den übrigen
53 Kolikern 2, nämlich das Pferd mit den Erblindungserscheinungen
und der plötzlich verendende Wallach.
Somit ist der Erfolg der Ba.-Behandlung als ein äusserst
günstiger zu bezeichnen. Auffällig ist nur die so sehr schwankende
Dosirung und ich glaube des Räthsels Lösung gefunden zu
haben: Bei genauer Besichtigung der einzelnen Gläschen fand
ich des öfteren, dass dort, wo die Marke zum Abbrechen der
zugeschmolzenen Spitze sich befindet, feine Risse im Glase vor¬
handen sind. Einige solche Gläschen habe ich längere Zeit auf¬
bewahrt und gefunden, dass an diesen Rissen sich ein weisser
Belag bildete, während die Flüssigkeitsmenge abnahm. Bei der
Verwendung des Inhaltes solcher Gläser habe ich nun gerade
grössere Mengen injiciren müssen und kann mich somit nicht
enthalten, die Aufmerksamkeit der Herren Collegen auf diesen
Umstand zu richten.
Referate.
Infectiöse Tumoren bei Händen.
Von Bellingham Smith M. B., B. S., u. J. W. Washbourn, M. D.
(Journ. of Comp. Path. and Terap. 1898. Vol. XL Thl. 1.)
Als Beitrag zur Uebertragbarkeit von Tumoren veröffent¬
lichen die Verff. ihre Beobachtungen, welche sie über diese
wichtige Frage bei Hunden gemacht haben. Die Infection fand
beim Begattungsact statt. Ein Hund, welcher am Penis mit
einem Gewächs behaftet war, begattete zwölf Hündinnen und infi-
cirte von diesen elf Stück. Nach Verlauf von vier Wochen
hatte sich in jedem Falle eine Geschwulst in der Wand der
Scheide gebildet, welche ungefähr einer Stachelbeere ähnelte.
Die Geschwülste nahmen allmälig zu und erreichten in einigen
Fällen die Grösse einer Orange. Die Hündinnen waren ver¬
schiedenen Alters, die jüngeren weniger stark betroffen als die
älteren. Die älteste Hündin musste der Krankheit wegen ge-
tödtet werden.
Sämmtliche Thiere hatten Blutungen aus der Vagina, in
keinem der Fälle bestand eitriger Ausfluss.
Die Entfernung der Geschwülste auf operativem Wege hat
keinen bleibenden Erfolg, da dieselben recidivirten. Ein gesnnder
Hund, welcher die afficirten Hündinnen begattete, zog sich die
gleiche Geschwulstbildung am Penis zu und steckte zwei ge¬
sunde Hündinnen beim Begattungsact an. Alle Hunde gehörten
einem Besitzer.
Die Geschwülste waren einfach oder multipel. Ihr Prädilec-
tionssitz bei Hündinnen war die Umgebung des Orificium urethrae,
sie bildeten sich jedoch auch an anderen Stellen der Scheide ans.
Wenn die Geschwülste einige Monate alt sind, haben sie
gewöhnlich das Aussehen gelappter, an der Basis etwas ein¬
geschnürter Massen von gelblicher oder purpurrother Färbung. Die
Consistenz ist weich bis fest, niemals hart. In der Regel hinten
sie leicht bei der Berührung, wenn sie die Grösse einer Maul¬
beere ereicht haben. Auf dem Durchschnitt zeigen die Gewächse
eine gleichmässige, weissliche Oberfläche. Bei mikroskopischer
Untersuchung ergiebt sich, dass dieselben hauptsächlich aus ziem¬
lich regelmässigen Zellen mit rundlichen Kernen bestehen, ln
einzelnen Geschwülsten, vermutlich in den schneller gewachsenen,
sind die Zellen lose geschichtet und haben ihre runde Gestalt
bewahrt, in andern liegen sie enger aneinander und haben eine
polyedrische Form angenommen. Ist bei der letzten Art das
Stroma stark entwickelt und werden durch dasselbe irreguläre
Alveolarräume gebildet, in welchen die Zellen liegen, so haben
die Geschwülste das Aussehen epithelialer Neubildungen. In
vielen Fällen haben sie Aehnlichkeit mit den Alveolar-Sarcomen
der menschlichen Haut. Zahlreiche Blutgefässe finden sich in
der Gerüstsubstanz, aber auch zwischen den Zellen. Protozoen
oder andere Mikroorganismen wurden bei der Untersuchung nicht
gefunden.
Metastasen nach den inneren Organen konnten die Verff.
bei den Sectionen, welche sie an zwei mit den Geschwülsten
behafteten Hunden gemacht haben, nicht nachweisen.
Die Behandlung hat nur Erfolg, wenn die Gewächse und ihre
bereits veräuderte Umgebung in der Schleimhaut excidirt wurden.
Ueber die bisher gewonnenen künstlichen Uebertragungs-
versuche wird berichtet, dass die Tumoren nicht nur in die
Schleimhaut der Geschlechtsorgane, sondern auch in das subcotane
Bindegewebe verpflanzt werden können. Die durch Inoculation ent¬
standenen Tumoren können nach Verlauf einiger Monate ver¬
schwinden.
Die Geschwülste sollen mit demjenigen infectiösen Neu¬
bildungen der Haut identisch sein, welche Geissler, Wehr,
sowie Duplay und Cazin beschrieben haben.
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6. October 1898. BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. 475
Darniperforation bei einem kolikkranken Pferde durch
Spulwörmer-Peritonitis.
Von Docent Franz Konhäuser-Wien.
(ThlerSntl Centrulbl. 1898, H. J8.)
Dieser seltene Fall wurde in dem pathologischen Institute
der Wiener Hochschule beobachtet. Bei Eröffnung des Cadavers
zeigten sich die Veränderungen einer Peritonitis. Als Ursache
derselben liess sich Folgendes feststellen: Am Uebergang des
Zwölffingerdarms in den Leerdarm liegt zwischen den beiden
Gekrösblättern eine mannskopfgrosse Geschwulst, welche bis an
den Darm heranreicht. Die Gefässe des Gekröses in der Um¬
gebung der Geschwulst sind stark injicirt und am Gekrösansatze
finden sich in der Serosa des Darmes Blutergüsse. In dem
breiigen Inhalte des Dünndarmes sind zahlreiche Spulwürmer
enthalten, und in der Nähe der Geschwulst haben sich die Würmer
zu einem festen Knäuel zusammengeballt. An der der Geschwulst
benachbarten Stelle der Darmwand sitzt eine erbsengrosse Oeff-
nung, welche in die Geschwulst führt und in der ein Spulwurm
steckt. Die Geschwulst enthält dünnbreiigen Darminhalt und
mehrere Spulwürmer. Ausser diesem Befunde bestand noch chro¬
nischer Magen- und Darmkatarrh.
inficirten Brodtstückchen werden an Arbeiter (wozu auch Schul¬
kinder verwendet werden können) vertbeilt, welche colonnenweise
über die Felder gehen und die frischen Mäuselöcher mit je einem
Stückchen beschicken. Das Auslegen der Köder geschieht am
besten vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang oder bei
bedecktem Himmel, da das Sonnenlicht die Bacillen vernichtet.
Eisenbahndämme, Feldraine, Strassengräben müssen ebenfalls
mit belegt werden, denn hier führen die Mäuse ein noch un¬
gestörteres Dasein als im Acker. Die beste Zeit der Mäuse¬
tilgung ist das Frühjahr oder der Spätherbst, in welchen
Jahreszeiten Futtermangel die Mäuse zwingt, das Brod zu
fressen.
Werden diese Vorschriften berücksichtigt, so ist der Mäuse¬
typhusbacillus ein sicher wirkendes Mittel zur Bekämpfung der
Feldmäuseplage.
Neuer Beitrag zur Morphologie und Biologie des
pathogenen Protozoon (Protamoeba aphthogeues) der
Manl- und Klauenseoche.
Von Dr. Gian Piötro Piana und Dr. Angelo Fiorentini
in Mailand.
Erkrankung des Orarinms bei einer Stute.
Von Inv. Mc. Donald M. R. C. V. S., Dufftown.
(VeterinarUn 1898 H. 590.)
Ein 15 Jabre altes schweres Arbeitspferd bekam am 15. Fe¬
bruar nach Beendigung der Tagesarbeit Kolikschmerzen. Pols
ziemlich schwach und frequent (60 p. M.), Schleimhäute etwas
mehr geröthet als normal. Fresslust unterdrückt. Fäces hart
und mit Schleim bedeckt. Die Stute wurde hiernach sympto¬
matisch behandelt. Am folgenden Tage wurden noch hin und
wieder Hinterleibschmerzen beobachtet. P. 70, A. und T. normal.
Medication: Infusionen von warmem Wasser in den Mastdarm. Die
Rectaluntersuchung ergab, dass eine Ob6truction nicht vorlag,
dagegen liess sich ein umfangreicher Tumor fühlen, welcher sich
an das Ende des linken Gebärmutterhornes anschloss. Am
20. Februar ging die Stute ein. Bei der Section stellte sich
heraus, dass die bei Lebzeiten des Pferdes festgestellte Ge¬
schwulst ein entarteter Eierstock war. Derselbe hatte ein Ge¬
wicht von 16 Pfund. Die histologische Untersuchung des Ge¬
wächses, welche im Laboratorium des Prof. Stockmann aus¬
geführt wurde, ergab, dass es vorwiegend fibrösen Character
hatte. An einzelnen Stellen hatten sich deutlich verknöcherte
Platten gebildet. Hiernach ist der Tumor zur Klasse der Tera¬
tome zu zählen.
Zur Frage der practischen Verwendbarkeit
der Mäusetyphnsbacülen, insbesondere des Löifler’sehen
Bacillus typhi murium.
Aus dem bact. Laborat. am 'K. K. Thieiarznei-Institut in Wien
Von Dr. med. F. Brunner.
(Centrulbl f. B«cU 189«, H. 2.)
Der Autor berichtet, dass das Mäusetilgungsverfahren nach
Löffler in Nieder-Oesterreich vielfach mit gutem Erfolge in An¬
wendung gekommen sei. Derselbe hänge insbesondere von der
richtigen Ausführung des Verfahrens ab, weshalb es durcli
intelligenterePersönlichkeiten überwacht werden müsse. DerLandes-
aus8chu88 von Nieder-Oesterreich delegire hierzu meistens einen
Thierarzt. Es empfehle sich, dass sich die Besitzer einer oder
mehrerer Gemeinden zu gemeinsamer Action zusammenthun.
Zur Verdünnung der Agarculturen sei aufgekochtes und wieder
abgekühltes Wasser zu verwenden und als Köder dienen hasel¬
nussgrosse Würfel gedörrten Brotes. Mit einem Liter verdünnter
Cultur lassen sich 2000^ Brodstückchen^durchtränken. Die
(Centralbl f Bakt. 1898 H 8.)
Das ergebnislose Suchen nach dem Erreger der Maul- und
Klauenseuche unter den Schizomyceten hat zur Folge gehabt,
dass auch Protozoen, welche im Aphtheninhalt nicht selten Vor¬
kommen, als Ursache der Krankheit betrachtet worden sind.
Den Beweis der specifischen Pathogenität dieser Gebilde sind die
Vertreter der Protistentheorie bis jetzt ebenfalls schuldig ge¬
blieben. Man darf wohl auch Forschern wie Löffler und Frosch
Zutrauen, dass sie auch diese Befunde bei ihren umfassenden
Untersuchungen einer sorgfältigen Prüfung unterzogen haben.
Der 8pecifische Erreger der Seuche ist nach wie vor unbe¬
kannt Die Annahme, dass der im vorliegenden Aufsatz be¬
handelte animalische Mikroparasit im ursächlichen Zusammenhang
mit der Maul- und Klauenseuche stehe, bat nach alleu Erfahrungen
wenig Wahrscheinlichkeit für sich. Auch gelang es den Verff.
nicht, zur Stütze ihrer Ansicht die Mikroparasiten zu isoliren
und mit einer Reincultur derselben die Krankheit zu erzeugen.
Wenn dieselben die Erfüllung dieser Bedingungen selbst nicht
für nothwendig erachten, so werden doch die meisten andern
Vertreter dieser Wissenschaft entgegengesetzter Meinung sein.
Durch frühere „Untersuchungen über die Aetiologie der epizooti¬
schen Aphthe“ (Centralbl. f. Bakt. Bd. XVII. 1895) haben die
Verff. schon festgestellt, dass in der Aphthenflüssigkeit und in
den angrenzenden Geweben Körperchen von äusserst va¬
riabler Grösse zu finden sind. Dieselben haben eine homo¬
gene Substanz, welche sich schwer färben lässt, und erreichen
kaum den Umfang eines rothen Blutkörperchens vom Rind oder
Schaf. Im Innern der Protoplasmaklümpchen werden nicht selten
stark lichtbrechende Kernchen wahrgenommen. Bei Zimmer¬
temperatur zeigen die Gebilde eine äusserst lebhafte Bewegung.
Die Autoren fassen die Ergebnisse ihrer neuen Untersuchungen
in folgenden Sätzen zusammen:
1. Im virulenten Materiale der epizootischen Aphthe finden
sich constant Körperchen, die sowohl von den Elementen des
Organismus als auch von den Schizomyceten unterschieden werden
können.
2. Diese Körperchen können in folgenden Formen beobachtet
werden:
a) als winzige Körperchen aus hyalinem Material; färbbar
mit den in der Histologie zur Tinction der Kerne mit oder
ohne Vacuole gebräuchlichen Mitteln (nicht ausgenommen die ge¬
wöhnlichen Carminlösungen);
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476
b) als weniger winzige Körperchen ans fein punktirtem
Material wie die vorigen färbbar;
c) als Körperchen aus hyaliner oder punktirter Substanz mit
oder ohne Vacnolen, grösser als die vorigen, sodass einige
den Durchmesser eines rothen Blutkörperchens erreichen oder
sogar übertreffen, fähig lebhafter amöboider Bewegungen auch bei
einer Temperatur von 15° C.;
d) als hyaline Körperchen, die im Innern ein oder mehrere
kleine Körperchen enthalten, welche sich durch grösseres Brech¬
vermögen des Lichtes und bedeutendere Aufnahmekraft der
Farbstoffe unterscheiden;
e) als Körperchen mit im Innern vollständig segmentirter
Substanz;
f) als ovoide Körperchen, von einer Kapsel begrenzt, die in
frischen Präparaten eine Doppelumrandung, in getrockneten und
gefärbten eine starke Farbenzone zeigen.
3) Die mit a, b, c bezeichneten Körperchen finden sich
constant und zahlreich in den durch Aphthen gesetzten Gewebs¬
veränderungen, während die Schizomyceten gänzlich fehlen
können.
4. die im Exsudate der epizootischen Aphthe vorfindlichen
Schizomyceten werden durch eine 15 Minuten dauernde Er¬
wärmung bei einer Temperatur von 50—52° C. nicht getödtet,
wenngleich das aphthöse Virus all seine Activität einbüsst.
5) Wegen Mangels eines constant in diesen Körperchen
nachweislichen Kernes müssen dieselben als Moneren classificirt
werden. Sie schieben wie die primitive Protamöbe Lappen statt
Pseudopoden vor und vermehren sich wie die Protomyxa aurantiaca
durch endogene Sporen.
6. Da die genannten Körperchen das einzige constante parasi¬
täre Element in den von der Aphthe befallenen Thieren vor-
stelleu, müssen sie als die wahren und specifischen Erreger der
Krankheit angesehen werden. Es könnte demnach die von ihnen
gebildete Art als Protamoeba aphthogenes bezeichnet werden.
Dass der pathogene Mikroorganismus der epizootischen Aphthe
thatsächlich ein Protozoon sei, ist durch die geringe Resistenz
desselben gegen hohe Temperaturen erhärtet.
Experimentelle Untersuchungen über Gangrän in der
Zahnpnlpa und Wandgangrän.
Von Dr. Joseph Arkövy, Prof, an der Universität in Budapest.
(Centralbl. f. B»ct l8»8, H. *1 u. »2 )
Beim Menschen tritt bekanntlich an den Fundi alveolares
sehr häufig ein umschriebener cariöser Process auf, der in der
stomatologischen Pathologie mit der Bezeichnung Abscessus
alveolaris chronicus belegt wird. Die Ursachen dieser hart¬
näckigen Krankheit waren trotz vieler Untersuchungen noch
immer in Dunkel gehüllt. Durch zeitraubende und mühsame
Arbeiten ist es dem Verf. nachzuweisen gelungen, dass die
Krankheit durch einen Bacillus verursacht wird, welchem er den
Namen Bac. gangraenae pulpae gegeben hat. Der Mikro¬
parasit ist dem Formenwechsel unterworfen. Auf Gelatine
bildet er gewöhnlich 4 lange Stäbchen mit scharf geschnittenen
Enden, einzeln auftretend oder in Kettenform aneinandergereiht.
Charakteristisch ist das häufige Vorkommen von paarigen Stäbchen,
die einen stumpfen Winkel mit einander bilden (Wttrstelform).
Zuweilen beobachtet man gegliederte Fadenformen. Auf Agar
bildet sich aus der Stäbchenform eine Kettenform, welche auf
Gelatine rückgeimpft wieder Stäbchenformen erzeugt Die Stäbchen
haben eine vorwärtsschreitende, fischartige Bewegung. Die Ba¬
cillen tragen zuweilen je eine glänzende, stark lichtbrechende Spore.
Der Bacillus färbt sich leicht nach Gram, die Kokkenform
nimmt Methylenblau nur in den Conturen an. Auf Gelatineplatten
sind 24 Stunden nach der Aussaat kleine weisse Colonien ge-
No. 40.
wachsen, welche mikroskopisch wie Mehlstanb aussehen; in
30 Stunden wird die Platte verflüssigt, wobei ein stinkender käse¬
artiger Geruch bemerkbar ist. Die Reaction ist stark alkalisch.
Bei Luftabschluss im Gelatinestich bleibt die Verflüssigung ans.
Der Bacillus ist facultativ anaerob, sein Temperatnroptimum liegt
bei 37,5—39,5°.
Am besten gedeiht der Bacillus auf der Zahnpulpa, wobei
auch der spec. Gangrängeruch entsteht, welcher auf anderen Nähr¬
böden anders geartet ist.
Werden Zähne von lebenden Menschen mit dem Bac.
gangraenae pulpae geimpft, so bilden sich die charakteristischen
gangränösen Veränderungen der Pulpa unter Ver¬
breitung des charakteristischen Gangrängernchs aas.
Der Bacillus vermag auch in die harte Zahnsnbstanz ein¬
zudringen. Am 26. September 1894 wurden drei extrahirte,
cariesfreie Incisivi in eine Agarcultur von Bac. gangraenae
pulpae gebracht. Am 25. November 1895 war die Cementsubstanz
dieser Zähne cariesartig erweicht und bräunlich gefärbt. Die
Dentincanälchen waren erweitert und mit dem Bac. gangraenae
pulpae besetzt.
Dieselben B icillen wurden vom Verf. auch bei Wundgangrän
und Decubitus uacbgewiesen. Gemäss seinen morphologischen
und biologischen Eigenschaften ist der Parasit zur Proteusgruppe
zu stellen.
Sollte der Bac. gangraenae pulpae nicht die einzige Ursache
der Pulpagangrän und des Abscessus alveolaris cbron. sein, so
ist doch festgestellt, dass er diese Kraokheitsprocesse ohne Mit¬
wirkung anderer Parasiten oder Einflüsse erzeugen kann. Der
Therapie dieser fatalen Zahnleiden ist daher durch die Unter¬
suchungen des Verf. eine bestimmte und klare Richtung gegeben.
Kleine Mittheilnngen.
Gehirnerkrankung hol Rindern.
Districtsthierarzt Berndorfer (W. f. Thierhlkd. No. 17)
wurde 23mal zur Behandlung einer Gehirnaffectiou bei Rindern
gerufen, während wohl noch mehr Fälle ausser Behandlung
blieben, weil die Eigenthümer die Krankheit allgemein für die
Drehkrankheit hielten. Die Fälle ereigneten sich sämmtlich im
Juli und August. Die Thiere frassen einige Tage schlechter,
dann hielten sie plötzlich den Kopf unter den Barren und wollten
ihn nicht mehr emporheben. Ein Auge wurde trübe und begann
zu thränen. Die Symptome hörten plötzlich auf. Die Thiere
wurden wieder ganz munter, um nach 5—6 Tagen in den alten
Zustand zurückzufallen. Die Therapie hatte wenig Erfolg-
Nach dem 2. Anfall wurden die Thiere meist geschlachtet. Trotz
aufmerksamster Oeffnung des Gehirns konnten Wurmblasen nicht
gefunden werden. Eine allgemeine Hyperämie war das einzige
Merkmal.
Das Leben losgetrennter Gewebe.
Busse hat bei der Untersuchung von Nasenpolypen wiederholt
beobachtet, dass selbst bis 18 Tage nach der Exstirpation
die FJimmerepithelien noch Bewegung zeigten. Auch rothe Blut¬
körperchen, Leukocyten, Muskeln erhalten längere Zeit ihr Leben.
An Spermatozoen sah Busse nach 14 Stunden, nachdem sie der
Samenblase eines todten Meerschweinchens entnommen waren,
Bewegung. (Med. Ctrlbl. No. 42; Anacker’s Thierarzt)
Otorrhoe beim Pferde.
Im Sommer wurde bei mehreren Pferden Otorrhoe beobachtet.
Es bestand eiterähnlicher Ausfluss aus der Ohrmuschel. Der
Process heilte in 14 Tagen bei einfachem Ausspülen mit Borsättr«
und Alaunlösung. (Wschr. f. Thierhlkd.)
Gelenkrheumatismus bei Schweinen.
In einer Schweinezucht trat im Monat Mai bis August bei
8ämmtlichen Sauen binnen zwei Tagen nach dem Ferkeln trotz
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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6. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
477
ungehinderten Abganges der Nachgeburt Gelenkrheumatismus
auf. Der Uterus wurde ausgespült und es wurden Gaben von
Natrinmsalicylicum verabreicht. Vom August ab wurde pro¬
phylaktisch sämmtlichen trächtigen Sauen täglich 5 g acid.
salicyl. gegeben, worauf weitere Fälle nicht vorkamen. Eins
der am Rheumatismus erkrankt geweseneu Schweine zeigte im
October einen neuen Anfall. Als man ihm dabei etwas eingeben
wollte, stürzte es vor Aufregung todt zu Boden. Bei der
Section ergab sich: Riss in der Lungenarterie, Herz fast um das
Doppelte vergrössert mit ausserordentlicher Vergrösserung und
Wucherung der Tricuspidalis, die so gross war, dass sie die
rechte Vorkammer ganz ansfüllte. Ausserdem bestand eine
eitrige Nieren- und Nierenbeckenentzündung, und diese letztere,
sowie auch Klappenwucherungen des Herzens fanden sich bei
allen krank gewesenen Schweinen, die im Laufe der nächsten
Zeit geschlachtet wurden. (Wschr. f. Thierhlkd. 22, 1898.)
Tagesgeschichte.
Protokoll
über die Herbst-Generalversammlung des Vereins Rhein-
preussischer Thierärzte am 22. September in Düsseldorf.
Mit Rücksicht auf die Tagung der Naturforscher- und Aerzte-
Versammlung hatte der Verein beschlossen, seine Herbst-General¬
versammlung iu Düsseldorf abzuhalteu. An der Versammlung
nahmen 37 Collegen Tlieil, unter denen sich auch Herr Geheim¬
rath Prof. Dr. Esser, Ehrenmitglied des Vereins, sowie Herr
Kreisthierarzt Imminger aus Würzburg befanden.
Der Vorsitzende, Departementsthierarzt Dr. Schmidt, er-
öffnete die Versammlung und begrüsste die Erschienenen auf das
Herzlichste. Sodann macht er Mittheiluug von dem Ableben der
Mitglieder, Departementsthierarzt Pech-Trier und Junkers-
Düsseldorf, deren unerwartetes Hiuscheiden von Allen auf das
Tiefste bedauert wurde, und ersuchte die Anwesenden, sich zum
ehrenden Andeukeu an die verdienten Collegen von ihren Sitzen
zu erheben.
Der Vorsitzende erinnerte nunmehr daran, dass im nächsten
Jahre der internationale thierärztliche Congress in Baden-Baden
tagen werde, der ohne Zweifel reichlicher Geldmittel zu seinen
Vorbereitungen bedürfe. Schon hätten von allen Seiten die
Vereine Beiträge gezeichnet, und es dürfte an der Zeit sein, dass
auch wir uns schlüssig machten, ob und welchen Beitrag wir be¬
willigen wollten. Auf Antrag Dr. Lothes beschliesst der Verein
einen Beitrag von 200 Mk. zu bewilligen.
Das Referat zu Punkt II der Tagesordnung hatte Departements¬
thierarzt Koll übernommen, war jedoch am Erscheinen verhindert
und hat sich bereit erklärt, in der nächsten Versammlung sein
Versprechen zu erfüllen.
Dr. Lothes nimmt nun das Wort und führte aus, dass Koll
die Absicht gehabt hätte, über die Stellung der Thierärzte bei
der Pferdezucht zu sprechen. Wie s. Zt. in der Berliner Thier¬
ärztlichen Wochenschrift mitgetheilt worden sei, habe der Aus¬
schuss für Pferdezucht ihn (Redner) als ständiges Mitglied bei
den Pferdeschauen- und Präraiirungen — und den Departements¬
thierarzt Koll als Stellvertreter ernannt. Wenn berücksichtigt
würde, wie wir Thierärzte bis jetzt grundsätzlich aus den Kör-
coramissionen als vollwertbige Mitglieder ausgeschlossen gewesen
seien, müsse diese Thatsache als ein erfreulicher Schritt zur An¬
bahnung besserer Verhältnisse bezeichnet werden. Er habe sich
überzeugt, dass bei vielen Züchtern nicht immer die nötbigen
Fachkenntnisse vorhanden seien, und ersucht alle Collegen, bei
thierzüchterischen Fragen sich in den Dienst der Landwirtschaft
zu stellen, wie es der Ausschuss als Gegenleistung erbeten habe.
Bongartz betonte, das Errungene könne freudig begrüsst
werden, aber nur im Sinne einer Abschlagszahlung. Wir dürften
nicht eher ruhen, bis die Thierärzte in den Körcommissionen
stimmberechtigte Mitglieder seien und bei allen thierzüchterischen
Fragen als Sachverständige zngezogen würden. Wie die Ver¬
hältnisse in dem grössten Theile der Provinz einmal lägen, gäbe
es bei dem zerstückelten Grundbesitz wenig grössere Züchter, so
dass es bei den meisten Landwirthen an der erforderlichen Er¬
fahrung auf dem Gebiete der Thierzuckt fehle. Er habe sich oft
überzeugt, dass dieselben sehr geneigt seien, die Rathschläge er¬
fahrener Thierärzte entgegen zu nehmen und zu verwertken.
Wir müssten danach streben, einen ähnlichen Einfluss auf die
Thierzucht zu gewinnen, wie die Thierärzte in Süddeutschlaud.
Nachdem Dr. Lothes hervorgehoben, dass auch er das Er¬
rungene nicht für ausreichend halte, vielmehr der Meinung sei,
man müsse danach streben, allmälig weiter zu kommen, wurde
zu dem dritten Punkte der Tages-Ordnung, „Referat über die
Sitzung der Centralvertretung“, übergegangen.
Referent Dr. Lothes erstattet ausführlichen Bericht und freut
sich, mittheilen zu können, dass die Beschlüsse sich fast decken
mit dem Resultat der Berathungen in der Frühjahrs-
Generalversammlung. Nur in Bezug auf die Erhöhung der
Tagegelder und die Versetzung der Kreisthierärzte in die sechste
Rangklasse sei die Centralvertretung weiter gegangen. So viel
bis jetzt bekannt geworden, dürften wir auf Entgegenkommen
seitens der Königlichen Staatsregierung hoffen.
Von grosser Wichtigkeit sei auch die Gründung einer
Unterstützungskasse für Thierärzte. Herr Pro fessorDr. Sch m alt z
habe zu diesem Zweck einen Statutentwurf mit grosser Sorgfalt
ausgearbeitet, der mit einigen geringen Aenderungen angenommen
worden sei. Endlich habe die Centralvertretung sich auch be¬
fasst mit der Frage, wie den Thierärzten die Unfall- und Haft¬
pflicht-Versicherung billiger zugänglich gemacht werden könne
und wie die Stellung der Sanitätsthierärzte gesetzlich zu regeln
sei. (Da die „Thierärztliche Wochenschrift“ hierüber ausführlich
berichtet hat, muss der Raumersparnis halber darauf verwiesen
werden.)
Der Vorsitzende dankte dem Redner für das ausführ¬
liche Referat und ging nun zum letzten Punkte der Tages-
Ordnung über: „Mittheilungen aus der Praxis“.
Zunächst theilen mehrere Collegen ihre Erfahrungen bezüg¬
lich der Jodkaliumbehandlung beim Kalbefieber mit, die durch¬
weg erkennen lassen, dass die Resultate günstig gewesen sind;
denn im Ganzen kommen etwa 50 bis 70 pCt. Heilungen heraus,
während Nachtheile nicht beobachtet wurden. Ebenso günstig
waren die Ergebnisse der Atropin-Morphium-Einspritzungen bei
Schulter- und Hüftlahmheiten. In Bezug auf die Chlorbaryum-
verwendung bei Kolik lagen Erfahrungen über mehr als 100 Fälle
vor, die durchweg gute Ergebnisse geliefert hatten. Zum
Schlüsse bringt Stelkens - Straelen eine eigene Art des
Castrirens der Kühe zum Vortrag; er benutzt zur Erweiterung
der Scheide den Gerlach'sehen Dilatator und schneidet den
Eierstock mit einer eigens dazu construirten geballten Scheere
ab, wobei keinerlei Blutung vorkommt.
Da eine Einladung der städtischen Schlachthof-Verwaltung
zur Besichtigung der neuen Schlachthofanlagen vorlag, schloss
der Vorsitzende die Sitzung und es wurde nunmehr zum
Mittagessen geschritten, das unter reger Damenbetheiligung
einen animirten Verlauf nahm. Bei demselben brachte der Vor¬
sitzende den mit Begeisterung aufgenommenen Kaisertoast aus,
Imminger brachte in launiger süddeutscher Art ein Hoch auf
die Damen. Bongartz feierte die Ehrengäste, insbesondere den
um den thierärztlichen Stand so hochverdienten Geheimrath
Dr. Esser. Letzterer dankte und trank 'auf das Wachsen und
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478
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
Blähen des Vereins. Damit hatte die officielle Sitzung ihr Ende
erreicht nnd der Nachmittag wurde zur Besichtigung der
Schlachthofanlagen verwandt. Bongartz.
Protokoll
über die 37. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen
am 12. Juni 1898 zu Danzig.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches. Der Verein bewilligt einem in Noth
gerathenen Collegen 50 Mk. Unterstützung und für die Kosten
des thierärztlichen Congresses zu Baden 200 Mk.
2. Rechnungslegung.
3. Statutenänderung. Der § 20 der Statuten, betreffend
Einrichtung eines Ehrenrathes, wird einstimmig aufgehoben.
4. Bericht über die Plenarversammlung der Centralvertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens am 21. Mai 1898.
Referent: Herr Departementsthierarzt Preusse.
5. Die Bekämpfung der Tuberculose nach Bang’schem Ver¬
fahren.
Der Referent Herr Kreisthierarzt Nolte-Berent berichtet
über die von ihm mit Herrn Departementsthierarzt Preusse
zusammen ausgefdbrte Tilgung der Tuberculose auf einem Gute
mit 31 Rindern am 27. 10. 1897.
Entsprechend der Reaction und sichtbaren Krankheits¬
erscheinungen wurden die Thiere in drei streng isolirte Gruppen
geschieden. Die Kälber erhielten nur gekochte Milch. Die ver¬
dächtigen Thiere wurden geschlachtet, bei vier Thieren konnte
eine Untersuchung nach der Schlachtung vorgenommen werden,
1 war gesund, drei tuberculös. Im December fanden sich noch
vier tuberculose Kälber, 14 später geimpfte waren alle gesund,
und der Viehstand konnte nach Entfernung der verdächtigen
Thiere als tuberculosefrei angesehen werden.
In der Discussion wurde die Abneigung der Besitzer gegen
die strengen Massregeln des Bang’schen Verfahrens, besonders
die Isolirung, hervorgehoben und zahlreiche Fälle mitgetheilt, in
denen sehr heftige Reactionen nach der Impfling auftraten, so
NasenausflusB, Appetitlosigkeit und Durchfälle, die bis 14 Tage
lang dauerten.
Als Ort der nächsten Sitzung wurde Danzig gewählt.
Preusse, Felbaum,
Vorsitzender. Schriftführer.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstatistik nnd Veterinärpolizei.
Influenza In Bayern.
Es waren 1897 überhaupt betroffen 29 Bezirksämter und un¬
mittelbare Städte, 34 Gemeinden und 66 Gehöfte. Es erkrankten
im Ganzen an Brustseuche 242, an Pferdestaupe 17, an Skalma
26, zusammen 285 Pferde (gegen 126 im Vorjahre), wovon 17
starben.
Influenza nnter den Pferden der preuselsohen Civilbevölkerung im
Jahre 1897.
In den einzelnen Monaten waren von der Seuche befallen:
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Gemeinden (Gutsbezirke)|
Gehöfte ....
47' 42 53
83 75105
48 :
39 38 35
90 73 65, 61
138111158163120125115
37; 28 40 52 62
61 37 59100116
111 771081-18221
Die Verluste betrugen in den Regierungsbezirken Königs¬
berg 44, Gumbinnen 47, Danzig 52, Marienwerder 33, Berlin 61,
Potsdam 20, Frankfurt 1, Stettin 32, Köslin 26, Stralsund 18,
Posen 3, Breslau 6, Liegnitz 3, Oppeln 12, Magdeburg 11, Merse¬
burg 15, Erfurt 3, Schleswig 7, Hannover 1, Hildesheim 3, Lüne¬
burg 2, Stade 8, Aurich 6, Kassel 17, Wiesbaden 2, Köln 8,
Trier 4, Aachen 2, Sigmaringen 12, zusammen 459 Pferde gegen
267 im Voijahre.
Thierseuchen im Au3lande. II. Quartal 1898.
Frankreich.
Von Lungenseuc he wurden 18 Gemeinden der Departements
Nord und Seine betroffen. Zur Schlachtung kamen 56 Rinder.
Die Impfung wurde an 164 Rindern angewandt. Der Milzbrand
herrschte über 34 Departements in 92 Ställen.
Die Rotz- und Wurmkrankheit kam in 51 Departements
zur amtlichen Kenntniss. Die Zahl der getödteten Pferde betrug
216. Eine noch grössere Ausbreitung als im H. Quartal des Vor¬
jahres nahm die Tollwuth in diesem Berichtsqnartal. Die wuth-
kranken Hunde vertheilen sich in den 3 Monaten des Quartals,
der Reihenfolge entsprechend, auf 96, 103, 106 Gemeinden in 36,
35, 37 Departements. Die Zahl der angemeldeten tollen Hunde
beträgt 181 bezw. 216 bezw. 278 = 675 (gegen 599 im Vorjahre).
Die Maul- und Klauenseuche wurde in 46 Departements mit
500 Gemeinden festgestellt (im Voijahre in 168 Gemeinden). Die
Schafpocken herrschten im April in 8, im Mai in 11, im Juni
in 43 Heerden von 4, 4, 6 Departements. Die Schafräude wurde
conBtatirt im April in 66 Heerden von 13, im Mai in 46 Heerden
von 9, im Juni in 61 Heerden von 13 Departements. Der
Rauschbrand wurde beobachtet im April in 56 Ställen von
20 Departements, im Mai in 81 Ställen von 27 und im Juni in
57 Ställen von 28 Departements. Der Rothlauf der Schweine
trat auf in 6, 13, 13 Departements, die ansteckende Lun ge n-
und Darmentzündung der Schweine in 18, 15, 10 Beständen
von 10, 9, 8 Departements. Seuchenfälle sind nicht gemeldet aus
0, 1, 1 Departements.
Niederlande.
Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 65; Rotz und Wurm 14:
Maul- und Klauenseuche 538; Räude der Einhufer und Schafe 393;
Schweinerothlauf und Schweineseuche 105; bösartige Klauenseuche
der Schafe 46.
Schweiz.
Die Zahl der Erkrankungsfälle betrug: Milzbrand April 29,
Mai 27, Juni 26; Rauschbrand April 16, Mai 39, Juni 108; Wuth
April 35, Mai 4, Juni 1; Rotz und Hautwurm April 4, Mai 2,
Juni 5; Maul- und Klauenseuche April 1080, Mai 1052, Juni 7082;
Rothlauf der Schweine und Schweineseuche April 54, Mai 194,
Juni 142; Räude der Schafe April 0, Mai 2, Juni 351.
Rumänien.
Zahl der Erkrankungsfälle: Milzbrand 7; Wuth 28 Hunde,
10 Rinder, 1 Pferd, 1 Schwein; Rotz (Wurm) 28; Maul- und
Klauenseuche 32; Räude der Ziegen 45; Schweineseuche 205.
Belgien.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: beim Milzbrand 114,
beim Rauschbrand 65, bei der Tollwuth 47 Hunde, 2 Katzen und
2 Schafe, beim Rotz 11, ausserdem wurden 46 Pferde in Schlacht¬
häusern für rotzkrank befunden, darunter 39 aus England im-
portirte; ferner wurden 13 Fälle von bösartiger Klauenseuche
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6. October 1898.
der Schafe und 1 Fall von Schafräude gemeldet. Die Maul- und
Klauenseuche ist in 35 Gemeinden, die Lungenseuche gar nicht
aufgetreten.
Norwegen.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im April 53,
im Mai 45, im Juni 32; bösartiges Katarrhalfleber des Rindviehs
im April 44, im Mai 22, im Juni 30; Rothlauf der Schweine im
April 47, im Mai 39, im Juni 34; ausserdem wurden im April 2,
im Mai 5, im Juni 2 Fälle von Rauschbrand und im April 7, im
Mai 5 und im Juni 16 Fälle von Bradsot der Schafe gemeldet.
Bulgarien.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften betrug: Milzbrand 9,
Rauschbrand 1, Tollwuth 26, Rotz 22, Maul- und Klauen¬
seuche 340, Schafpocken 67, Räude der Schafe 5, Räude der
Pferde 2, Rothlauf der Schweine 2, Schweineseuche 4.
Die Rinderpest und die sibirische Pest in Russland.
Die Zahl der an Rinderpest gefallenen Thiere betrug im
April 28, im Mai 48, im Juni 455, die der getödteten im April 34,
im Mai 49, im Juni 142. Der Gesammtverlust belief sich also
auf 756 Thiere. Als an sibirischer Pest (Milzbrand) gefallen
wurden gemeldet im April 820, im Mai 3003 und im Juni 7133.
Nachrichtendienst in Vlehseuohen-Angelegenheiten.
Dem Sinne nach der in der B. T. W. No. 39 S. 466 ver¬
öffentlichten Bekanntmachung betreffend den Nachrichtendienst in
Viehseuchen-Angelegenheiten für das Königreich Preussen gleich¬
lautende Bekanntmachungen sind erlassen worden für die Gross-
herzogthümer Baden, Sachsen-Weimar, Mecklenbnrg-Strelitz und
die Herzogtümer Braunschweig und Anhalt.
Fleisehschan and Yiehyerkehr.
Die Leberegel und Bandwürmer der Rinder, Sohafe und Sohweine In
besonderer Rücksioht auf die Fielsohsohau.
Von Ch. Wardell Stiles, Ph. D., Zoologist of the Bureau of Animal
Industry, U. S. Department of Agriculture. (The Veterinarian 1898.
June and July.)
Die Abhandlung von Stiles „The Ankes and tapeworms of
cattle, sheep and swine, with special reference to the inspection
of meats“ ist in erster Linie bestimmt, die Fleischschauer über
alles Wissenswerte zu orientiren, um der Weiterverbreitung der
Wurmkrankheiten vorzubengen und um die dadurch bedingten
Veränderungen sicher von anderen Krankheiten, wie z. B Tuber-
culose, unterscheiden zu können. Ferner soll der Viehbesitzer
auf die ihm durch die Wurmkrankheiten seines Viehs drohenden
Verluste hingewiesen werden, damit er sich bequemt, Mittel zur
Abwehr dieser Verluste anzuwenden. Drittens wendet sich der
Bericht an die Schlächter in den Städten, wo eine Fleisch¬
schau nicht ezistirt, damit dieselben ebenfalls ihr Theil zur Aus¬
rottung der Wurmkrankheiten beitragen.
Bei der Anlage der Arbeit waren demnach folgende
Punkte zu berücksichtigen: 1. Classification und Kennzeichen
der verschiedenen Würmer, um die Natur derselben bestimmen
zu können. 2. Zusammenstellung der bekannten verschiedenen
Bezeichnungen der einzelnen Parasiten, wie sie in den einzelnen
Werken gegeben sind. 3. Lebensgeschichte der Würmer, um an
der Hand derselben Mittel zur Verhütung feststellen zu können,
und 4. Beschreibung der pathologischen Veränderungen, welche
sie im Thierkörper hervorrnfen und ihre Unterscheidung von
anderen Krankheiten zusichern.
Bei der Bearbeitung hat Stiles ausser seinen persönlichen
Erfahrungen Zürn (1882), Blanchard (1885—95), Neumann
1892), Rail)iet (1893), Ostertag (1895) und andere zu Rathe
gezogen.
479
Zu den allgemeinen Massnahmen der Verhütung der
Parasiten-Krankheiten rechnete Stiles:
1. Die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern.
Die Privatschlachtstätten in den Dörfern und Städten sind als
Quelle der Verbreitung nicht nur der Wurmkrankheiten, sondern
auch von anderen Krankheiten, als Schweineseuche, Tuberculose
u. s. w., bekannt. In erster Linie ist es desshalb notbwendig, die
Zahl der Infectionsorte zu vermindern. Für die sämmtlichen
Schlächter eines Ortes ist die Benutzung eines öffentlichen
Schlachthauses obligatorisch zu machen. Dieses Schlachthaus
muss aus dauerhaftem Mauerwerk hergestellt sein. Je weniger
Holz, desto leichter ist der Platz rein zu halten. Der Fussboden
muss undurchlässig hergerichtet sein.
2. Gesundheitliche Ueberwachung der Schlacht¬
häuser. Die Leitung eines jeden Schlachthauses sollte einem
thierärztlichen Sachverständigen unterstellt sein. Dessen und
seiner Assistenten Aufgabe wäre es, Gebäude und Platz propre
zu halten und die Verarbeitung der Abfälle sorgfältig zu über¬
wachen. Der nicht brauchbare Abfall sollte am besten zu Dung¬
pulver verarbeitet werden. Auch besteht kein Bedenken, den Ab¬
fall von gesunden Rindern und Schafen an Schweine zu ver¬
füttern, aber Schweineabfall sollte unter keinen Umständen an
andere Schweine verfüttert werden, es sei denn in vollkommen
gargekochtem Zustande.
3. Fleischschau. In jedem Schlachthause sollte eine thier¬
ärztliche Untersuchung des sämmtlichen Fleisches stattfinden,
bevor es das Schlachthaus verlässt.
4. Fernhaltung von Hunden und Ratten. Hunde dürfen
Schlachthäuser und Fleischerläden nicht betreten, herrenlose
Hunde sollten sämmtlich getödtet werden. Dies an und für sich
würde schon zur Verhütung von einer ganzen Reihe von gefähr¬
lichen Krankheiten beitragen. Ratten sind gewöhnliche Factoren
bei der Verbreitung von Krankheiten aus Schlachthäusern, wenn
sie auch bei dieser Abhandlung nicht in Betracht kommen.
5. Halten und Mästen von Schweinen und anderem
Vieh in Schlachthöfen ist zu verbieten. Auch schädigt
sich jeder Landwirth selbst, der von dem Schlächter den Abfall
zu FütteruDgszwecken abnimmt.
6. Säuberung eingegangener Schlächtereien. Die bei
der Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern leer werdenden
Schlachtstätten sollten sorgfältig gesäubert werden, besonders
sollte die Vertilgung der Ratten ins Werk gesetzt werden, damit
sie nicht Krankheiten nach nachbarlichen Grundstücken ver¬
schleppen.
7. Kein Hausthier sollte Zutritt zu menschlichen Excrementen
oder Jauchegruben, welche mit Aborten u. 8. w. in Verbindung
stehen, haben.
Neben den prophylaktischen Massnahmen ist auf eine Be¬
handlung der parasitären Krankheiten Bedacht zu nehmen.
Die Behandlung unterscheidet Stiles in:
1. eine vorbeugende, welche bei dem Finnenzustand der
Bandwürmer und den Leberegeln allein in Frage kommt, da eine
wirksame arzneiliche Behandlung nicht bekannt ist;
2. eine arzneiliche, die sich bei den ansgebildeten Band¬
würmern und Darmegeln als wirksam erwiesen hat. Die Lebens¬
geschichte der meisten dieser Würmer ist noch nicht genügend
erforscht, um zweckentsprechende vorbeugende Massnahmen treffen
zu können.
Die Beurtheilung und Behandlung des mit Para¬
siten behafteten Fleisches richtet sich nach der Be¬
schaffenheit desselben, dem Stadium der Erkrankung und der
Schädlichkeit der Parasiten.
Das Vergraben des beschlagnahmten Fleisches verwirft
BERLINER THlERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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480
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 40.
Stil es, weil hierdurch die Gelegenheit einer Infection > nicht
gänzlich ausgeschlossen ist. Ebenso ist das Verbrennen der
Confiscate, weil es den vollständigen Verlust zur Folge hat, als
irrationell zu bezeichnen.
Dagegen sind drei Methoden offen, die Wahl derselben hängt
ab: 1. von der Natur, Ausbreitung oder Stadium der Krankheit
und 2. von den Einrichtungen, welche zur Hand sind.
Diese Methoden sind:
1. Nutzbarmachung als Düngpulver, 2. Unschädlich¬
machung des Fleisches durch Abkühlung, Kochen oder
Präserviren und nachherige Verwerthung auf dem Markt
und 3. Verkauf des Fleisches unter Deklaration des
Fehlers.
Die Herrichtung zu Düngpulver durch Sterilisatoren ist
die sicherste Methode, weil den hierbei zur Anwendung ge¬
langenden Temperaturen kein Parasit Widerstand leisten kann,
indessen kann diese technische Verwerthung nur als berechtigt
vorgeschlagen werden bei schwerer Infection oder weit vorge¬
schrittener Krankheit
Bei geringgradiger Behaftung mit Parasiten ist eine der¬
artige Vernichtung des Fleisches mit dem nationalökonomischen
Standpunkt nicht zu vereinbaren. Fehlerhafte würde es allerdings
sein, die zum Beispiel mit Finnen behafteten Fleischstücke
herauBzuschneiden und das übrige in den freien Verkehr gelangen
zu lassen. Es besteht alsdann immer noch die Gefahr der
Infection, weil in dem freigegebenen Fleisch noch Finnen ver¬
borgen sein können. Diese Gefahr muss unter allen Umständen
vorerst durch eine Vorherbehandlung des Fleisches beseitigt
werden.
Am wenigsten eingreifend in dieser Beziehung ist das Kühl¬
verfahren. Versuche haben ergeben, dass die Rinderfinne zwei
bis drei Wochen nach dem Tode ihres Wirthes abgestorben ist.
Drei Wochen Aufbewahrung in einem geeigneten Kühlhaus
machen also leicht finniges Fleisch unschädlich, so dass es zur
Nahrung ohne Gefahr verwandt werden kann. Die Schweine¬
finnen leben allerdings länger als einen Monat nach dem Tode
des Wirthes, darum muss hier die Vorherbehandlung sorg
faltiger sein.
Viele Schlachthäuser haben desshalb das Kochverfahren
für derartiges Fleisch in Anwendung gebracht. Die Rinderfinne
stirbt bereits bei fünf Minuten langer Einwirkung einer Temperatur
von 55° C. ab. Das Kochverfahren, wie es für die Herstellnnz
deB Büchsenfleisches in Anwendung kommt, ist durchaus geeignet,
eine Verwerthung des leicht finnigen Fleisches zu ermöglichen.
Auch bei den Trichinen empfiehlt sich diese Art der Ver¬
werthung. Die Trichine kann einer Temperatur von 70° C. nicht
widerstehen; wird das trichinöse Schweinefleisch so lange gekocht
bis das Stück diese Temperatur überall aufweist, was an der
grauen Verfärbung des Fleisches zu erkennen ist, so ist die
Krankheit auf den Menschen nicht übertragbar.
Durch Pökeln lässt sich ebenfalls die Unschädlichkeit de*
Fleisches herbeiführen. Rinderflnnen sterben in einer Salzlösung
innerhalb 24 Stunden ab. In keinem Falle überstehen, wie
Stiles gefunden hat, die Trichinen ein vier Monat langes Pökeln.
Die Länge der Zeit, die das Pökeln in Anspruch nimmt, hängt
von der Dicke der einzelnen Fleischstücke ab.
Zum Schluss kommt Stiles noch auf den Verkauf de*
Fleisches unter Declaration und die Einrichtung der Frei
bänke in Deutschland zu sprechen. Er redet der Einrichtung
von Freibänken das Wort, doch steht er auf dem Standpunkt,
dass alles dort zum Verkauf gelangende Fleisch nur in voll
kommen gar gekochtem Zustande oder nachdem es auf ander?
Art unschädlich gemacht ist, abgegeben werden sollte.
Kühnan.
Personalien.
Ernennungen: Zum Kreisthierarzt: Oberrossarzt a. D. Fuchs-
Bernca8tel für den Kreis Berncastel.
Thierarzt E. Meister-Weingarten (Pfalz) zum Zucht-Inspector
der Herdbuch-Gesellschaft für das Scheckvieh in Oberfranken mit
Wohnsitz in Bayreuth.
Promotion: Unterrossarzt J. Hock-Demmin von der med. Facultät
der Universität Giessen zum Dr. med. vet.
Approbationen: Berlin: Die Herren Georg Spänglcr, Karl
Loeb, Willy Müller, Willy Juckcl, Carl Mietbe, Paul Luchhau,
Georg Biscboff, Otto Purtzel, Heinr. Nabel, Ernst Grix, Fried.
Rahnenführer.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Carl Raus eher-Rothenburg a. T. nach Rosenheim als Assistent
des Bezirkstbierarztes, Rossarzt a. D. lbsch er-Züllichau nach
Berlin, Brunnenstr. 82, Tbierarzt G. Hien tsc h - Berlin nach
Jerichow a. Elbe, Thierarzt M. Müther-Vallendar nach Andernach,
Thierarzt Paul Schlathölter-Werl nacli Vallendar, Oberrossarzt a.D.
Kempa-Friesack nach Gleiwitz 0. S., Thierarzt Strohn-Rostock
nach Jatzthum b. Schmenzin (Pm), Thierarzt Neumann-Schlochau
nach Wartenburg O.-Pr., Thierarzt Rottke-Teterow nach Tessin
(Meckl.), Thierarzt Heineraann-Wolfenbüttel nach Braunschweig
als Einj.-Freiw. im Hus.-Regt No. 17.
In der Armee: von Keller, Major & la suite vom Ul.-Regt. No. 8,
Vorstand der Militärschmiede in Berlin, in den Ruhestand versetzt. —
Unterrossarzt Klinner vom Hus.-Regt. No. 9 zum Hus-Regt. No 6,
Rossarzt Schulze von der Militär-Lehrschmiede in Dresden zum
Karab.-Regt, Rossarzt Schmidtchen vom Karab.-Regt zur Militär-
Lehrschmiede in Dresden — versetzt
Todesfälle: Corpsstabsveterinär a. D. Merz-MUnchen
Yacanzen.
Krelsthierarztstsllea : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Königsberg: Königsberg Land.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve. — R.-B. Liegniti: Frey¬
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen
Zeitz: Schlachthofdirector(2400—3000 M.,3ö0 M. Wohnungszuscboüi.
Bew. sofort an Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetitt
Stellen: Lübeck: ScblachthofhilfsthierarzL
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Wem.
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Drengfurt — Gleschendor-
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pi'
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Art
genau: Thierarzt. — Callies: Thierarat Bew. an Magistrat. -
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein::
Tbierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Eickel:
Thierarzt für Fleischschau (2400 M.). Bew. sofort an den Amtmann
— Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath. -
Ge ringswalde: Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Grosi-
schönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Bew
bis 15. October an Gemeinderath. — Hermeskeil: Tbierarn
;800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierant
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Masnow
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M-i
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme
Fleischbeschau 500 Mark). — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬
mars c ha c h t (Elbe). — P lat he (Pom.): Thierarzt (Einnahme am
Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen
burg-Schwerin): Thierarzt — Scblawa i. Schles.: Thierarat A»
kunft durch Magistrat. — Schlothei m: Thierarzt (Einnahme
aus Fleischscbau ca. 600 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön¬
baum (Danziger Nehrung): Thierarat. Näheres durch Gutabea
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönf 1 iesc (hen-
mark): Näheres Thierarat Kühn- Joachimsthal. — Stoppenber?
(bei Essen): Thierarat Näheres durch den Bürgermeister.
Besetzt: Saatsstellen: Elbing. Rosenberg, Steinau a.J>
W. Bttxenitein. Berü“-
Verantwortlich für den Inhalt (excl. In«erateotheil) Prot Dr. Sohmalu in Berlin. — Verla« und Kicenthum ron Richard Schoet* in Berlin. — Druck von
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Wochcnsohrtft“ erscheint
wöchentlich ln Starke von mindesten« 1'/, Bojen. Dieselbe
Kt *u beslehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1081)
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fragen beliebe man cu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
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Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang
M 41 .
Au8gegeben am 13. October.
In halt: Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1897. — Referate : Baum und
Seeliger: 1. Die chronische Kupfervergiftnng. Ellenberger: 2. Ueber die physiologischen Wirkungen des Kupfers und
und die chronische Kupfervergiftung. — R u z i c k a: Zur Frage der inneren Structur der Mikroorganismen. — Scott:
Congenitaler Hydrocephalus bei einem Kalbe. — Fröhner: Bursitis subpatellaris beim Pferd. — V o g t: Ueber Sattelzwang. —
Oster tag: Zur Tuberculinanwendung bei Rindern. — Kempner und Schepilewsky: Ueber antitoxische Substanzen
gegenüber dem Botulismusgift. — Andrejew: Rasche Färbung von tuberculösen Sputis. Einzeitiges und complementäres Nach¬
färben des Grundes bei der Ziehl-Neelsen’scben Methode. — Munk: Zur Chemie der glatten Muskeln. — Thierhaltung und
Thierzucht: Zur Rindviehversicherung in Baden. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffentliches
Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischscnau und Viehverkehr. — Per »ona 1 ien. — Vacanzen.
n Jahre 1897. — Referate : Baum und
»hysiologischen Wirkungen des Kupfers und
Jtructur der Mikroorganismen. — Scott:
Die Betriebsresultate der preussischen Schlachthäuser im Jahre 1897
nach der im Ministerium für Landwirthsohaft etc. zusammengestellten Tabelle.
A Ausweis über das in den öffentlichen Schlachthäusern geschlachtete Vieh.
Namen
der Städte etc,
in welchen sich
öffentliche 2 a l,l
Schlachthäuser ^ g C _
befinden. sclilach-
(Die mit * teten
bezeichneten
haben keine
Freibank.)
Allenstein .
Bartenstein.
Bisciiofsburg
Braunsberg.
Cranz* . . .
Gerdauen . .
Gnttstadt . .
Heiligenbeil
Heilsberg . .
Pr. Holland
Königsberg i.p
Labiau . . .
Mohrungen .
Nordenburg
Orteisburg .
Osterode . .
Rastenburg.
Kössel....
Seeburg. . .
Sold au . . .
Tapiau . . .
Wartenburg
Wehlau . . .
Wormditt. .
Angerburg*
Darkehmen*
Goldap . . .
Gumbinnen.
Insterburg .
Johannisburg
Lötzen . . . .
Marggrabowa
Rinder
beanstandete
mit
Tuberculose
Kälber unt. 6 Woch.
beanstandete
be- I
haftete
davon
Fleisch
verworfen
aus andern
Gründen
das
Fleisch
verworfen
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der ge¬
schlach¬
teten
aus andern
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das
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verworfen
Schafe
Zahl
der ge¬
schlach¬
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beanstandete
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© verworfen
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beanstandete
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Ragnit* ....
Sensburg . . .
Stallupönen .
Tilsit.
Berent.
Danzig ....
Dirschau . .
Elbing ....
NeustadtWpr. 1 )
Pr. Stargard .
JSoppot ....
') Seit 4. August 1897 eröffnet
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2 1
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Cöslin Stettin Frankfurt Potsdai
482
BERLINER THIERARZTUCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
s
3
Namen
der Städte etc.,
in welchen sich
öffentliche
Schlachthäuser
befinden.
03
1
(Die mit *
bezeichneten
haben keine
Freibank.)
2
ü
ci
S
Briesen . . . .
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Culm.
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Dt. Eylau . . .
Dt Krone* . .
Flatow . . . .
Graudenz. . .
Jastrow* . . .
Könitz.
Landeck . . .
• Lübau .
.Marienwerder
Mewe.
Neu markt. . .
Pr. Friedland*
Riesenburg . .
Rosenberg . .
Schlochau . .
Schönsee . . .
Stuhm.
Thorn.
Tuchei.
Berlin*:')
a) . .
b) . .
Angermünde .
Brandenburga.il.
Eberswalde .
Perleberg. . .
Potsdam . . .
Prenzlau* . .
Pritzwalk . . .
Rathenow. . .
Neu-Ruppin .
Schwedt a. 0.
Spandau. . . .
Wittenberge .
Cottbus* . . .
Küstrin ....
Finsterwalde 3 )
Forst i. L* . .
Frankfurt a.O. *
Guben ....
Landsberg a w.
Schwiebus . .
Sommerfeld .
Sorau N.-L. . .
Spremberg . .
Züllichau . .
Anklam . . .
Deinmin* . .
Naugard . .
Pasewalk* .
Stargard i. P
Stettin ....
Swinemiinde
Belgard . .
Bütow . . .
Falkenburg
Cöslin . . .
Colberg .
Lauenburg*
Neustettin
Schlawe .
Stolp ...
§ [ Barth . . .
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Rinder
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_
beanstandete
mit
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1
Unter a) sind die auf Grund von Krankheitserscheinungen lebend in das Polizeischlachthaus verbrachten und dort geschlachteten
Thiere, unter b) die im Schlachthof geschlachteten Thiere aufgetührt. — *) Seit 1. Juli 1897 eröffnet
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13. October 1898.
berliner thierarztliche Wochenschrift.
483
Regierungsbezirk 1
Namen
derSlädte etc.,
in welchen sich
öffentliche
Schlachthäuser
befinden.
(Die mit •
bezeichneten
haben keine
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*) Seit 18. October 1897 eröffnet. *) Seit 10. Juni 1897 eröffnet. 3 ) Seit 12. April 1897 eröffnet. 4 ) Kälber, Schafe und Ziegen
zusammengefasst.
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484
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
—
Namen
Rinder
—
Kälber unt.
6 Woch.
Schafe
u.
Ziegen
Schweine
—
der Städte etc.,
beanstandete
beanstandete
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in welchen sich
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Stade: Stade
1 141
123
2
_
8
—
—
1399
34
4
1456
—
1
_
3 246
148
—
_
—
5
Verden.
Osnabrück:
559
65
4
2
1
3
1
847
5
2
1
1197
2
1
—
3205
71
6
1
5
2
Lingen.
570
2
2
—
—
2
—
1252
—
4
—
604
_
2066
—
4
—
1
—
Osnabrück . .
3 586
62
7
55
—
8
7
5 779
—
4
—
853
—
—
6 853
7
2
—
8
9
f Aurich* ....
634
34
7
5
1
_
910
—
3
2 007
1
1
_
1603
4
_
_
_
_
Borkum*)*. . .
519
3
3
—
—
_
—
3
—
—
296
—
—
_
7
—
—
—
—
—
Sh
Emden.
1372
305
9
296
—
1
358
1 834
—
4
17
11457
—
4
1430
2927
14
—
—
4
93
Norden.
82(5
123
4
1
—
_
657
—
—
1631
—
_
_
1303
7
—
. _
—
1
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49
10
—
—
17
—
—
—
3U
—
—
—
250
13
—
—
—
—
Burgsteinfurt.
733
14
3
—
—
622
—
—
6.'2
—
_
_
812
_
—
_
—
—
Coesfeld ....
697
2
—
2
—
2
2
1044
—
3
2
213
—
2
_
1799
_
—
—
1
—
Gronau i. W. .
379
31
—
—
—
_
—
367
—
—
146
—
—
_
860
—
—
_
—
—
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Ibbenbüren . .
505
7
4
—
_
_
789
—
_
_
83
_
_
_
498
_
_
_
—
—
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Münster i. W..
Reckling-
5158
178
9
—
—
2
6
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—
4
1
4158
—
1
1
16190
8
—
—
7
—
a
hausen . . .
1 825
276
—
2
2
2
1 851
—
1
245
_
_
5120
98
1
1
2
—
Rheine.
783
109| 3
—
—
_
42
1435
—
1
169
_
_
1662
_
_
_
—
10
Warendorf . .
663
2
2
—
—
2
—
636
—
1
mt
141
—
1
_
651
—
—-
—
_
l
') Seit 12. October 1897 eröffnet. — -) Seit 2. November 1897 eröffnet. — 3 ) Der Schlachthausbetrieb beschränkt sich auf die Badezeit.
— */ Seit 25 September 1897 eröffnet.
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13. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT
485
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o
Ch
Namen
der Städte etc.,
in welchen sich
öffentliche
Schlachthäuser
befinden.
(Die mit *
bezeichneten
haben keine
Freibank.)
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Kälber unt. 6 Woch. 1
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_
—
9 634
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13
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Herford ....
1 661
7
4
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—
1
—
2 216
—
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366
—
—
—
1 773
1
2
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4
—
Höxter.
660
48
5
—
1
—
—
1421
1
9
—
805
3
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—
1512
62
—
2
4
1
Minden ....
1 965
201
5
—
—
—
4 380
—
4
—
1 597
—
1
—
4 311
17
13
—
12
—
Oeynhausen
400
20
2
—
—
—
1190
—
3
—
692
—
—
—
497
—
—
1
—
Paderborn. . .
2 325
178
7
37
12
1
5 361
—
1
i
1316
—
—
—
3843
4
1
—
5
4
Warburg . . .
599
11
6
&
—
—
1
962
—
—
—
349
—
—
—
689
—
—
—
—
Altena.
1 232
382
_
1
—
—
—
944
1
—
145
—
—
—
1 900
—
1
1
3
—
Arnsberg . . .
701
184
_
_
—
—
1
1 552
—
—
—
444
_
—
—
1552
4
—
—
—
—
Bochum . . .
6 305
803
4
8
5
5
14
6 260
5
12
—
2 896
—
15
—
18 204
72
7
1
16
82
Camen.
667
87
2
5
2
10
621
—
3
246
—
—
—
3 268
37
—
—
3
26
Castrop. . . .
1 139
10
2
_
—
—
—
744
—
2
—
88
—
—
_
2 877
7
4
7
2
—
Dortmund . .
10 645
954
28
_
14
12
32
11 780
—
15
i
3 577
—
6
—
32 554
100
11
1
21
—
Oelsenkirchen
3 509
310
11
3
1
5
5
2 946
5
—
—
1 140
—
—
—
10 008
28
9
—
14
—
Hagen.
4 488
1426
1
15
3
1
4 516
1
1
i
848
3
—
—
9 625
23
—
—
3
—
Hamm.
1 962
212
2
10
—
2
2
3 971
—
6
—
1026
—
—
—
8 ‘928
48
—
—
10
—
Haspe.
794
1
1
—
—
—
—
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—
1
—
113
—
—
1 941
—
—
—
—
—
Hattingen . . .
1141
8
8
—
—
—
—
1 175
—
1
—
157
—
_
2 490
2
2
—
2
—
Hörde.
2 459
364
2
—
—
—
2 653
1
3
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440
—
1
—
5 622
27
2
1
1
6
Hohenlimburg
1015
27
—
—
—
1
—
664
—
2
—
281
—
3
—
1 393
2
—
—
—
1
Iserlohn ....
2 869
204
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—
—
2
—
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—
3
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—
10
—
5 762
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—
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—
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Lüdenscheid .
1 125
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2
2
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1 178
—
1
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331
—
—
_
2 341
6
—
—
5
4
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261
34
4
1
6
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—
1
—
237
—
1
—
3 184
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763
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_
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—
—
—
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—
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—
_
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—
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—
—
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—
—
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—
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—
—
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—
2
_
—
2
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2
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—
—
—
1 152
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—
—
2
2
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60
3
—
—
1
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—
1
1
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—
—
—
2 514
16
—
2
—
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2 353
242
6
—
2
—
5 236
—
3
—
1204
—
6
—
7 934
36
2
—
2
—
Soest.
1276
62
2
—
—
2
6
2 619
3
2
3
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2
7
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3 605
24
—
—
4
6
Unna* .
1157
219
1
—
1
—
—
1 606
—
1
—
365
—
—
4198
4
—
—
—
Wattenscheid.
1 799
346
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—
i
2
—
614
—
2
—
157
—
1
—
5068
6
4
—
13
—
Witten.
2 831
966
5
—
—
—
—
2 719
1
—
—
703
1
—
—
7 775
61
—
1
5
—
Cassel*.
7 517
406
22
384
18
12
443
14 261
—
4
42
11 421
—
1
471
22 827
171
5
2
12
779
E8chwege . . .
1 009
87
4
3
—
—
—
1 952
—
1
—
1 565
—
1
—
2 880
8
1
—
1
—
Fulda.
2 181
26
10
7
2
4
—
3 308
2
—
1451
—
—
—
6 259
3
2
1
—
—
Gelnhausen . .
1083
36
12
4
—
—
—
730
—
1
913
—
_
3 975
4
—
—
3
—
Hanau.
3 192
268
6
—
—
—
—
4 852
5
—
1891
—
—
_
11 455
214
—
—
27
—
Hersfeld ....
897
73
2
14
7
1
2
1470
—
1
3
1 086
—
1
1
2 959
31
1
—
1
1
Marburg ....
2 606
99
6
—
—
3
—
5046
2
8
—
1 115
4
—
_
5 807
14
3
2
17
—
Melsungen . . .
474
5
—
5
—
-
2
4 297
1
1
4
2 145
—
1
3
3 293
1
—
1
—
5
Rinteln* ....
310
3
—
—
—
3
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—
*—
—
251
—
_
686
2
—
—
1
1
Schmalkalden
871
141
—
—
1
1
—
949
—
1
—
654
1
—
2 939
40
—
1
—
—
Wetter* ....
110
—
—
—
—
—
—
23
—
—
—
29
—
—
—
71
—
—
—
—
—
Gladenbach . .
467
9
1
8
_
_
_
385
—
3
_
24
—
_
_
450
—
—
—
1
1
Frankfurt a. M.
26 994
5 391
177
—
2
30
6
62 726
4
10
1
28 613
—
2
_
84 198
207
37
1
7
24
Frankfurt-
20
Bockenheiin
3 023
841
11
—
—
3
—
2 336
—
1
—
810
—
_
V
—
—
1
—
Oberrad ....
719
13
3
—
—
—
728
—
—
355
—
—
_
2 850
11
—
1
—
Wiesbaden .
8419
196
29
—
4
3
9
18 4:30
_
10
2
8 378
—
—
—
35103
29
5
—
19
11
Coblenz 1 ) . .
5 792
1 414
10
_
46
1
_
12 653
—
3
—
3 667
1
—
—
13 863
228
4
—
1
—
Kreuznach . .
2195
585
5
580
11
1
45
5 282
2
1
21
812
4
449
5 600
126
—
3
205
Mayen.
2 694
353
2
—
8
4
—
2 103
—
—
—
802
1
2
—
3021
15
4
—
2
—
Neuwied ....
1460
105
5
1
—
—
—
4 106
3
—
—
561
—
—
—
2 967
7
—
—
—
—
Wetzlar ....
1579
60
8
—
—
1
2
2 571
—
5
—
1 130
—
—
3 869
18
—
—
3
1
Altendorf . . .
2387
589
1
2
_
_
_
1 447
—
—
—
338
—
—
—
0 652
—
5
—
—
—
Barmen ....
12070
1 667
5
22
5
13
29
13093
6
9
V,
11210
—
2
1
29 030
362
12
—
15
18
Cleve .
1290
45
_
—
1
—
1 757
—
—
—
293
—
—
—
3 403
18
—
—
—
Crefeld.
10316
733
16
2
14
_
5 869
11
—
4 364
—
—
—
16 775
194
—
9
8
Düsseldorf* . .
17 365
913
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_
2
22
_
19 471
IC
6
—
20 863
—
5
—
47 251
26
4
1
17
—
Duisburg . . .
6 000
440
_
20
_
3
24
5 101
—
8
10
1 814
—
—
—
22 500
—
—
—
2
38
Elberfeld* . . .
15122
2455
36
_
24
9
_
18 318
1
31
—
17 299
—
20
—
42 117
281
6
2
40
—
Essen.
10 654
2616
38
_
1
3
3
11 837
8
5
—
5699
1
—
—
40141
206
25
1
25
—
M.-Gladbach
5 162
298
13
4
—
4
2
3032
1
14
—
945
—
1
8 832
54
—
20
—
Lennep ....
730
88
—
—
—
2
—
966
6
—
—
57
4
—
1395
16
—
—
Mühlheim a. R.
3 759
229
8
—
1
—
1 992
—
—
—
773
—
—
11843
—
2
—
10
—
Oberhausen . .
3 471
527
26
—
1
—
1 925
—
—
—
199
—
—
—
8 334
10
—
—
2
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Neuss*.
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—
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—
—
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—
Remscheid . .
4 187
652
2
—
2
7
1
3 313
_
—
—
352
—
—
—
9 863
69
1
—
1
—
Rheydt.
2 936
307
6
17
1
2
7
1 575
—
—
1
448
—
—
—
5 603
71
—
—
1
5
Solingen* . . .
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4
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1
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2
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2
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2
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11313
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14
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Uerdingen . . .
475
57
—
—
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4
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—
1
126
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—
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19
—
—
—
Viersen ....
1 174
168
2
2
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5
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185
1
—
—
5 412
20
—
1
—
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Werden*....
80
15
—
—
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—
—
20
—
—
—
196
—
—
—
—
—
Wesel ....
2 128
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7
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4
11
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—
1
5
1 099
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1
7 487
16
1
—
—
2
Bonn.
5 923
703
24
_
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10
9
11 272
10
1
3
5 213
1
—
2
16153
15
1
—
3
—
Cöln.
28 717
1906
6
—
52
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20
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—
27 941
—
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—
101 101
113
44
1
3
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Münstereifel . .
416
14
—
—
—
—
_
418
1
1
—
141
1
—
1434
1
1
_
—
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Siegburg. . . .
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6
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—
1
2
2 254
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2
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1
2 681
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*) Für die Städte Coblenz und Ehrenbreitstein.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 4L
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—
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—
Saarbrücken .
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5
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Sigmaringen .
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1197 246
1
1710;i775
435
1 186 886 1024 576
3061
3 055130
65 439
3159
712 2 648
2 975
Berechnungen aus vorstehender Tabelle folgen.
Referate.
1.
Die chronische Kupfervergiftung.
Von Prof. Dr. Baum und Dr. S e e I i g e r.
2 .
Ueber die physiologischen Wirknngen des Kupfers und
die chronische Kupfervergiftung.
Ein Nachtrag zu den von Dr. Baum, Dr. Seeliger und
Trolldenier über dieses Capitel veröffentlichten Abhandlungen.
Von Ellenberger.
(Archiv f. wlasenacb. u prskt. Thlerlrlk. 1898, H l u i)
In dem anatomisch-physiologischen Institute der Hochschule
zu Dresden ist eine lange Reihe von mühsamen Untersuchungen
über die physiologischen Wirkungen des Kupfers und über die
chronische Kupfervergiftung auf Veranlassung und unter Leitung
Ellenberger’s von Dr. Baum und Dr. Seeliger angestellt
worden. Dieselben haben bereits in zwei längeren Aufsätzen
einen Theil ihrer Resultate bekannt gegeben, welche auch unseren
Lesern im Auszuge vorgeführt worden sind. Baum und
Seeliger bringen nunmehr ihre Schlussresultate zur allgemeinen
Kenntniss, welchen Ellenberger einen Nachtrag hinzufugt. Aus
diesem Nachtrag ist zu entnehmen, dass Ellenberger mit Hof¬
meister bereits im Jahre 1881 durch Versuche an drei Schafen
festgestellt hat, dass längere Zeit fortgesetzte Aufnahme von
Kupfer zu einer chronischen Vergiftung führt Diese Be¬
hauptung ist in der nachfolgenden Zeit vielfach angefocliten
worden. Die Einwendungen bestehen in einer Bemängelung der
Versuche und sind dahin zusammenzufassen, 1. dass ätzende
Kupferpräparate verwendet worden wären, 2. dass die Versuche
an Thieren angestellt worden wären, welche nicht erbrechen
können, 3. dass die gewählten Tagesdosen zu gross gewesen
wären. Zur erneuten Prüfung der Frage der chronischen Kupfer-
vergifiung und zur Widerlegung der vorher erwähnten Einwürfe
hat Ellenberger die Herren Baum und Seeliger zu den
gedachten umfangreichen Versuchen angeregt Dieselben er¬
streckten sich auf 1 Schaf, 2 Ziegen, 12 Hunde und 7 Katzen.
Als Versuchspräparate kamen zur Anwendung: Cuprohaemol,
Cupr. sulfuric., acetic. und oleinic.
Bei einzelnen Thieren traten trotz fortgesetzter (über
7 Monate) Verabreichung von Kupfer keine klinischen Er¬
scheinungen hervor, bei den meisten zeigten sich dagegen
Abmagerung, Verminderung des Appetits und Schwäche¬
erscheinungen, die schliesslich zum Tode der Versuchsthiere
führen können. Ausser diesen constant vorhandenen Er¬
scheinungen wurden in einzelnen Fällen noch beobachtet:
Krämpfe, Haarausfall, krankhaft gesteigertes Durstgefühl.
Auffallender und auch bei Thieren vorhanden, welche keine
Krankheitssymptome infolge der Kupferverabreichung erkennen
lassen, sind pathologisch-anatomische Veränderungen am Darm,
an Nieren und Leber, weniger constant am Gehirn, Pancreas
und an der Milz, weiter Auftreten von Blutungen am Herzen und
Zwerchfell. Die Darmerkrankung erstreckt sich hauptsächlich
auf den Dünndarm und äussert sich als eine chronische Ent¬
zündung mit Verdickung der Schleimhaut und Anschwellung der
Lympkfollikel. Die Dickdarmschleimhaut war dagegen stets
normal und der Magen befand sich einige Male im Zustande einer
katarrhalischen Entzündung. Leber und Nieren sind als Haupt¬
depositions- und Ausscheidungsorgane für das Kupfer am inten¬
sivsten verändert. Die makroskopische und mikroskopische Unter¬
suchung der Lebern und Nieren bei den Versuchsthieren hat
Trolldenier ausgeführt, wie in einem früheren Aufsatz bereits
berichtet ist. Es zeigten sich die verschiedensten Grade der
parenchymatösen Erkrankung, Schwellung, parenchymatöse Ent¬
zündung, fettige Entartung, Atrophie undNecrose der Parenchym¬
zellen.
Zu diesen Veränderungen kamen noch Stauungserscheinungen
• in den Organen, reichliche Ablagerungen von Blutfarbstoff oder
I von Hämoglobinderivaten (theils Hämatoidin, theils Hämosiderin),
Digitized by LaOOQie
13. October^l898.
subseröse Blutungen am Herzen, iu einzelnen Fällen stärkeres
Hervortreten der Malpighi’schen Körperchen der Milz und
einmal allgemeiner Icterus. Das Endergebnis aller Versuche
formuliren die Verff. dahin: 1. Man kann in einwandsfreier Weise
durch läügere Zeit fortgesetzte Verabreichung kleiner, nicht acut
reizender Kupfermen^en eine wirkliche chronische Kupferver¬
giftung im wissenschaftlichen Sinne erzeugen. 2. Die chronische
Kupfervergiftung ist im Wesentlichen dadurch charakterisirt,
dass intra vitam Abmagerung, Schwäche und Aufhören des
Appetites der Versuchsthiere, vereinzelt Haarausfall, Krämpfe
und schliesslich der Tod eintreten, während sich durch die Section
— und zwar durch die makroskopische und mikroskopische ver¬
bunden mit der chemischen Untersuchung der Organe —
in den meisten Fällen ein mehr oder weniger heftiger chronischer
Dünndarmkatarrh, in allen Fällen krankhafte Veränderungen der
Leber und Nieren (parenchymatöse Trübung der Epithelzellen),
parenchymatöse nnd fettige Degeneration und schliesslich Atrophie
oder Zerfall mit Ablagerung von Blutfarbstoffen, besonders
Hämosiderinmassen, und eine Ablagerung bedeutender Kupfer¬
mengen in der Leber (und wahrscheinlich auch in den Nieren)
nachweisen lassen. Ausnahmsweise bezw. nicht constant wieder¬
kehrend gesellen sich zu diesen Erscheinungen noch Magen¬
katarrh, Blutungen im Herzen und Zwerchfell, starkes Hervor¬
treten der Malpighi’schen Körperchen der Milz, Anämie oder
auch Hyperämie des Gehirns, krankhafte Veränderungen des
Pancreas. Ausnahmsweise fehlen die erwähnten, intra vitam zu
beobachtenden Erscheinungen gäozlich oder treten erst ganz kurz
vor dem Tode auf. 3. Die Intensität der geschilderten krank¬
haften Erscheinungen und Organveränderungen und das zeitliche
Auftreten derselben hängen im Wesentlichen von der Thierart,
von der individuell verschiedenen Widerstandskraft einzelner
Thiere einer Art und von der Grösse und Art der Kupfer¬
präparate ab, so dass z. B. Katzen im Allgemeinen als die
empfindlichsten Thiere und Cuprum oleinicum als das gefähr¬
lichste Präparat anzusehen sind.
Zar Frage der Innern Strnctor der Mikroorganismen.
Von Vlad. Ruzicka.
(Centr&lbl. f. Bakt. 1898, H. 8.)
Die bis jetzt gefundenen feineren Structurverhältnisse der
Bakterienzelle konnten noch nicht auf eine gemeinschaftliche
Basis zurückgeführt werden, weil keine Untersnchungsmethode
bekannt wurde, die eine einheitliche Erklärung der Befunde der
verschiedenen Forscher ermöglicht hätte.
R. will nun eine einfache auf histologischen Principien be¬
ruhende Methode gefunden haben, „die feineren Bestandtheile der
Bakterienzelle in unzweideutiger Weise darzustellen“. Im wesent¬
lichen soll diese Methode in Fixirung des noch nicht ganz luft¬
trockenen Deckglaspräparates mit Quecksilberchlorid, Tinction
mit Acethylenblau und Entfärbung mit angesäuertem Wasser
bestehen. Weitere ausführliche Angaben über das gedachte Ver¬
fahren behält sich der Verf. für später vor.
Da die Färbemethoden in Uebersättigung der Bakterieuzellen
mit Farbstoff bestehen, so musste das Entfärbungsprincip zur
Anwendung kommen, um eiue Structurbildung zur Darstellung
zu bringen.
Es gelang auf diese Weise, in Bakterien aller Art, in Schimmel¬
pilzen und Oidien Körnchen nachzuweisen. Dieselben lassen
sich nicht in allen Individuen desselben Präparates auffinden, ein
Umstand, der mit dem Alter der Bakterienzellen Zusammenhängen
soll. Die Körnchen zeigen je nach der Mikrobenart eine ver¬
schiedene Zahl und Anordnung. In Kokken findet sich ein central
oder selten zwei peripherisch gelagerte Körnchen. Die Stäbchen
enthalten meistens je ein Körnchen an einem oder an beiden
487
Polen, zuweilen liegen zwei bis drei Körnchen an einem Ende.
In Schimmelpilzen und Oidien sind die Körnchen in den einzelnen
Gliedern im allgemeinen zahlreicher als in den Bakterienzellen
und oft metachromatisch (violett) gefärbt. Auch die beginnenden
Scheidewände bei Theilungsvorgängeu Hessen sich mit der
Methode zur Anschauung bringen.
Die Stelle, welche den Körnchen bei der Theilnng zukommt,
soll erst später in einem ausführlichen Artikel ihre Erörterung
finden. — Warten wir also die weitere Publication ab!
Congenitaler Hydrocephalus bei einem Halbe.
Von W. M. Scott, M. R. C. V. S., Bridgewater.
(Vet. Rec. 1898, H 513.)
Mr. Scott wurde Anfang März ein Kalb vorgestellt, bei *
welchem ein fluctuirender Tumor von der Frontalgegend des
Craniums herabhing. Aus dem inneren Winkel des Hnken
Auges hatte Bich der Blinzknorpel um ‘/s Zoll unter dem Augen¬
lid hervorgeschoben. Im Uebrigen zeigte das Kalb keine Ver¬
änderungen und bekundete ein normales Verhalten.
Die Geschwulst wurde an der tiefsten Stelle mit einer
Lanzette geöffnet, worauf sich 40 Unzen (113,36 g) einer blutig¬
serösen Flüssigkeit entleerten. Alsdann wurden die Haare an
der Basis des collabirten Tumors abrasirt, die ganze Partie mit
einer antiseptischen Lösung gewaschen und der sackartige Anhang
mit sterilisirten Instrumenten abgetragen. Von der Haut lieBS
S. so viel stehen, dass die Wunde damit bedeckt werden konnte.
Nach Entfernung der überflüssigen Haut zeigte es sich, dass ein
Vorfall der Dura mater vorlag, welche die innere Auskleidung
des geschwulstartigen Sackes bildete. Dieselbe wurde sorgfältig
aufgeschnitten, wodurch das Hirn auf 2—3 Zoll Ausdehnung frei¬
gelegt wurde. Der untere Rand der Oeffnung lag am Os
ethmoideum. Die zngeschärften Ränder des Knochens, welche
die Oeffnung umgaben, waren ausserordentlich dünn und zer¬
brechlich. Die Dura wurde nunmehr sorgfältig quer über dem
Gehirn mit Catgut genäht und darüber wurden die Hautlappen
gelegt Die Wunde wurde mit Jodoform und Eucalyptol bestäubt
und mit Ausnahme des unteren Winkels des verticalen Schnittes
mit carbolisirtem Verbandstoff bedeckt. Zum Schutz erhielt der
Kopf eine Lederkappe mit vier Oeffnungen für Ohren und Augen.
Die Kappe, welche in einer antiseptischen Flüssigkeit gekocht
worden war, übte einen gelinden Druck auf die Wunde aus.
Nach drei Tagen wurde der Verband entfernt, die Wunde mit
einer schwachen Carbollösung gewaschen und von Neuem ver¬
bunden. Der Verbandwechsel fand von nun ab täglich statt.
Die Wunde heilte auf dem ersten Wege und das Kalb war bald
im Stande, seiner Mutter auf die Weide zu folgen.
Bursitis subpatellaris beim Pferd.
Von Prof. Fröhncr.
(Mtsh. f. Th.. Bd. 9, 9.1
In der Gegend der Kniescheibe finden sich beim Pferde
event. mehrere Schleimbeutel vor, welche theils typisch sind,
theils erworben sein können und gelegentlich den Ausgangspunkt
von Entzündungen bilden. Beim Menschen ist die Bursitis prae-
patellaris am häufigsten. Die betr. Bursa liegt an der Vorder¬
fläche der Kniescheibe. Fröhner hat eine solche Bursitis an
der Vorderfläche der Kniescheibe noch nicht gesehen und hält
das Vorkommen einer Bursa praepatellaris für fraglich; dagegen
hat er häufiger unmittelbar unter dem Kniegelenk an der Vorder¬
fläche der Tibia Entzündung und Hygrom einer Bursa gefunden
und nennt den Vorgang Bursitis subpatellaris. Der Ausgangs¬
punkt dürfte die Insertionsstelle des mittleren'geraden Bandes
der Patella sein. Die sieben von Fröhner beobachteten Fälle
boten ein charakteristisches Bild. Handbreit unterhalb der Knie-
BERL1NER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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488
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
scheibe findet sich, in der Regel in Folge eines Hufschlages, eine
Geschwulst, welche Anfangs eine seröse oder eitrige Bursitis ist
und später den Typus eines Bursahygroms oder einer fibrom-
artigen Neubildung annimmt. In vier Fällen hat F. auf Wunsch
der Besitzer die Geschwülste ähnlich wie bei einer Stollbeulen-
operation exstirpirt, obwohl übrigens Functionsstörungen nicht
bestanden. Eitrige Bursiten würden zu spalten sein. Dagegen
warnt F. vor Incision in allen chronischen Fällen von Hygrom-
und Cystenbildung, sowie von fibröser Geschwulst. Dieselbe
nütze nichts und habe regelmässig eine eitrige Infection mit
fistelartigen Bildungen im Gefolge. Auch die Exstirpation sollte
nur vorgenommen werden, wenn der Besitzer die Beseitigung
des Schönheitsfehlers bei einem besonders werthvollen Pferde
wünscht.
lieber gattelzwang.
Von Dr. Vogt.
(W*chr. f. Th 43. 3».)
Die thierärztliche Litteratur enthält merkwürdig wenig Auf¬
zeichnungen über diesen so wichtigen Fehler. Der Zustand
wird mehr oder weniger für eine besondere Untugend gehalten,
die mit der thierärztlicheu Behandlung nichts zu thun habe.
Dies ist jedoch nach Vogts Erfahrungen nicht so. Im Grossen
und Ganzen versteht man unter „Sattelzwang“ einen Zustand,
bei dem das Pferd sich sträubt gegen die Belastung seines
Rückens bezw. gegen die Vorbereitungen dazu. Es werden dafür
die verschiedensten Gründe angegeben mit dementsprechenden
Vorkehrungen, denen man zum Theil auch einen Erfolg nach¬
rühmt. Vogt ist nun der Ansicht, dass in vielen Fällen
pathologisch-anatomische Ursachen der „Untugend“ vorliegen.
Bei zwei von ihm vor längerer Zeit obducirten Pferden bestand
eine hühnereigrosse Knochengeschwulst an der Wirbelsäule im
Bereich der Sattellage ohne sonstige Veränderungen am Skelett.
In der letzten Zeit hatte er Gelegenheit, ein Pferd zu obduciren,
dessen Wirbelsäule folgenden Befund bot: Bedeutende Ver¬
dickung im Bereich der Sattellage vom 7.—13. Wirbel, am
stärksten unmittelbar hinter dem Widerrist, wo das Hauptgewicht
des Reiters einwirkt. Theils hat an den Wirbelkörpern eine Zu¬
bildung von Knochensubstanz stattgefunden, theils sind die
Bänder verknöchert, die Gelenke bis zur Unkenntlichkeit von
Knochenmassen umgeben. Die ganze Wirbelsäule scheint in eine
knöcherne Rinne eingebettet. Die Zwischenwirbelscheiben sind
jedoch nicht verknöchert Jede Beweglichkeit der Wirbelgelenke
ist aufgehoben. Die Wirbeldurchmesser erwiesen sich im
Körper und Bogen um 1$ bis 2 cm vergrössert. An der stärksten
Stelle betrugen die Auflagerungen seitlich 5 cm nnd ventral bis
2 1 /, cm. Alle übrigen Skelettknochen zeigten keinerlei Verände¬
rungen. Die krankhaft gebildete Knochenmasse unterschied sich
makroskopisch nicht von der gesunden. Der ganze Process er¬
weckte unzweifelhaft den Anschein, dass er mit der Dienst¬
leistung des Pferdes znsammenhängt; keine andere Einwirkung
als das Gewicht des Reiters konnte eine derartig locale Ver¬
änderung bedingen. — Die vom Verf. angestellten Erkundigungen
ergaben denn auch, dass das betreffende Pferd von Jugend auf
dem Reiter grosse Schwierigkeiten machte und lange Zeit er¬
forderlich war, um dem Thier den Sattelzwang abzugewöhnen,
was jedoch später gelang. Augenscheinlich waren mit der Aus¬
bildung der Verknöcherung die ursprünglich vorhandenen
Schmerzen geschwunden. — Hieraus ergiebt sich, dass ein junges
Pferd, bei dem Erscheinungen des Sattelzwanges auftreten, am
besten nicht zum Reitdienst verwendet wird, und, wenn dies
nicht thunlich ist, wenigstens eine schonende Behandlung er¬
fahren sollte, da sehr häufig Schmerzen und nicht Bosheit die
Ursachen des auftretenden Fehlers Bind.
Zur Tubercnlinanwenrlung bei Rindern.
Prof. Ostertag hat in der Thierzuchtabtheilung der Deutschen
Landwirthschafts-Gesellschaft einen Vortrag über die praktische
Verwendung des Tuberculins zur Tilgung der Rindertuberculose
gehalten, welcher mit Rücksicht auf die Interessen der Land-
wirthschaft das Verfahren darstellt. Am Schluss der Veröffent¬
lichung des Vortrages in der Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. hebt
Ostertag hervor, dass nach seiner Ueberzeugung die in der
Belehrung der technischen Deputation angegebene entscheidende
Temperaturdifferenz von 1!* 0 C. nicht festgehalten werden darf.
Es sind vielmehr, wie auch Kühn au betont hat, alle Thiere als
tuberculoseverdächtig anzusehen, bei denen die Temperatur nach
der Einspritzung des Tuberculins über die Norm steigt. Ausser¬
dem empfiehlt Ostertag, von der Impfung der älteren Thiere
Abstand zu nehmen, dieselben vielmehr nur auf klinische Er¬
scheinungen der Tuberculose zu untersuchen; denn die älteren
Thiere in grösseren Beständen reagiren der Regel nach und sind
so wie so suspect. Ihre Impfung hat daher keinen praktischen
Werth, die Unterlassung derselben aber bewahrt den Besitzer
vor der Entwerthung, die das Thier im Handel durch das Er¬
gebnis der Tuberculinimpfung, welches nicht verheimlicht werden
darf, erfährt. Die Impfung der Kälber und der jungen Rinder
und deren tuberculosefreie Aufzucht, die bis auf Weiteres die
Hauptsache ist, macht überdies verhältnismässig geringe Kosten.
Ostertag hebt noch hervor, dass die von Gensert in der
B. T. W. ausgesprochene Ansicht von der Unausführbarkeit der
zur Bekämpfung der Tuberculose empfohlenen Massregelo nicht
zutreffend sei und auch von den in der oben erwähnten Ver¬
sammlung anwesenden Thierzüchtern in keiner Weise getheilt
wurde.
lieber antitoxisehe Substanzen gegenüber dem
Bfttuli8inn8girt.
Von Kempner und Schepilewsky.
(Zeitachr. f. Hyg. u. InfecUomkr. XXVII, 2.)
Mischt man das Gift des Erregers der Wurstvergiftung
(Bacillus botulinus Ermenghem) mit einer Emulsion des
Gehirns oder Rückenmarks gesunder Meerschweinchen, so liess
sich die drei- bis vierfache letale Dosis unschädlich machen; bei
getrennter Injection auf beiden Körperseiten liess sich die Hälfte
der Mäuse gegen die doppelte letale Dosis schützen; auch Im-
munisirung durch 24 Stunden vorher vorgenommene Hirn-
injection gelang, ja Heilwirkungen durch Injection 6—12 Stunden
nach der Gifteinspritzung. Aehnliche Resultate sind vor Kurzem
auch bei Tetanus erzielt worden. — Wunderbarer Weise hat
von den Hirnsubstanzen Lecithin und Cholestearin eine ziemlich
hohe giftnentralisirende Wirkung, wenn es mit dem Gift zu¬
sammen iiyicirt wird, es ist dagegen ohne Wirkung bei örtlich
und zeitlich getrennter Application, auch verlieren diese Substanzen
im Gegensatz zur Hirnsubstanz ihre Wirkung nicht durch
Kochen.
Rasche Färbung von toberenlösen Sputis.
Einzeitiges und complementäres Nachfärben des Grundes
bei der Ziehl-Neelsen’schen Methode.
Von Dr. N. P. A n d r e j e w.
(Centralbl f. Bact. 1897, Heft 20 o. 21.)
Das Aufsuchen der Tuberkelbacillen im Sputum ist trotz der
entwickelten Färbemethoden oft sehr erschwert. Bei der Ziehl-
Neelsen’schen Methode ist durch eine wirksame Contrastfärbung,
welche A. im militär-hygienischen Institut zu Wilna eingeführt hat,
ein leichteres Aufflnden der Bacillen zu erreichen. Der Be¬
schreibung der Methode schickt Verf. eine kurze, lesenswerte
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13. October 1898.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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und belehrende Auseinandersetzung über die Complementär-
farbenwirkung auf unser Auge voraus.
Als beste Contrastfarbe bei Anwendung des Carboifuchsin
zur Darstellung der Tuberkelbacillen empfiehlt er ein Grün,
welches G. Grübler, Leipzig, unter der Bezeichnung Säuregrün
verschickt. Entfärbung und Complementärfärbung werden wie beim
Gabbet’schen Verfahren in einem Act vorgenommen. Die hierzu
benutzte Mischung besteht aus:
1. hei8ser lOproc. Kalium cbloricum-Lösung 100 ccm
2. Säuregrün. lg
3. 25proc. Acidum sulfuricum pur. (spec. Gew.
1,182 bei -t- 157 °).15 ccm.
Das mit Sputum bestrichene, fixirte und mit Carboifuchsin
gefärbte Objectglas wird so lange in die dunkelgrüne Flüssigkeit
gelegt, bis die rothe Farbe verschwunden ist und einer grünen bis
blaugrünen Färbung Platz gemacht hat, ein Vorgang, welcher
etwa 1 Min. in Anspruch nimmt.
Die ganze Procedur der Tuberkel-Sputumfärbung erfordert
lfc—3 Minuten und das Gelingen guter Bilder soll nicht, wie bei
anderen Verfahren, so sehr von Uebung oder Technik ab¬
hängig sein.
Zur Chemie der glatten Muskeln.
Von Professor J. Munk.
(D. Med. Woeli. 33 33.)
Zur Bestimmung der eiweissartigen Bestandteile der glatten
Mu8culatur erwies sich am besten die Benutzung von Vogel- und
Schweinemagen. Die blutfreien, zerkleinerten Muskelstücke
wurden ausgepresst, der Saft dialysirt. Dabei fiel ein Körper
aus, der alle Reactionen eines Globulins gab, das bisher in
glatten Muskeln nicht nachgewiesen war. Es coagulirte spontan
wie das Myosin, ebenso bei Erwärmen auf 54—55°. In dem bei
der Dialyse flüssig gebliebenen Antheil konnte eia Albumjp. pack-
gewiesen werden, das gleichfalls spontan gerann, ebenso bei Er¬
wärmen auf 46—50 °, also bei einer anderen Temperatur als das
Albumin der quergestreiften Muskeln. Auf ein Theil Globulin wurden
—2 Theile Albumin gefunden. Endlich konnte aus dem nach
Auspressen des Plasma verbleibenden Rest der Muskelmasse ein
Nucleoprotein dargestellt werden, das bei 15 pCt. N. 8,6 pCt.
Phosphor in der aschefreien Substauz enthielt. Aus 320 g
Muskel wurden davon 1,78 pCt. gewonnen, das Dreifache des in
den Skelettmuskeln enthaltenen, bedingt wohl durch die Menge
der in der glatten Muskulatur enthaltenen Kerne.
Thierhaltung und Thierzucht
Zur Rindvieh Versicherung in Baden.
Das badische Rindviehversicherungsgesetz war das erste in
Deutschland. Dass sich mit der Zeit Aenderungen nöthig machen,
ist daher nicht verwunderlich. Der grösste Mangel ist noch der,
dass das Gesetz bekanntlich eine obligatorische Versicherung
aller Rindviehbesitzer nicht herbeifiihrt, sondern die Bildung von
Ortsviehversicherungsvereinen einem Gemeindebeschluss anheim¬
stellt und nur den Zusammenschluss aller dieser Vereine, sowie
das gemeinschaftliche Geschäftsgebaren, die Lastenvertheilung
und die Staatszuschüsse regelt. Dass die obligatorische Ver¬
sicherung das Endziel sein müsse, hat auch Lydtin seiner Zeit
schon ausgeführt. Soweit ist man jedoch z. Z. noch nicht. Wie
Fehsenmeier in der Dtsch. Th. Wschr. mittheilt, hat die badische
Kammer eine Novelle zu dem Gesetz angenommen, welche den
bisherigen facultativen Beitritt bestehen lässt, dagegen sonst
einige beachtenswerthe und praktische durch die bisherige Er¬
fahrung begründete Neuerungen bringt.
Nach diesen Neuerungen können fortab mehrere Gemeinden
sich zu Ortsviehversicherungsvereinen zusammenthun. Wird in
einer Gemeinde die Errichtung einer Versicherung abgelehnt und
es fiudet sich binnen einem Monat nachher ein Drittel der Rindvieh¬
besitzer bereit, einen örtlichen Versicherungsverein mit frei¬
willigem Beitritt zu errichten, so kann auch ein solcher Vereiu
mit Genehmigung des Ministeriums in den Gesammtverband auf¬
genommen werden, was eine wesentliche Erleichterung der Aus¬
breitung der Viehversicherung unter der einmal gegebenen Be¬
schränkung bedeuten dürfte. Bezüglich der Verwerthung der
nothgeschlachteten Thiere wird bestimmt, dass das für geniess-
bar erklärte Fleisch unter die Tbierbesitzer des Ortsverbaudes
nach dem Verhältniss der versicherten Viehköpfe vertheilt werden
muss, sofern nicht durch einen Verkauf an Dritte ein Preis
erzielt werden kann, welcher unter dem ortsüblichen Ladenpreise
um nicht mehr als 30 pCt. zurückbleibt. Die betheiligten Be¬
sitzer haben das Fleisch nach dem letztgenannten Satze zu be¬
zahlen. Die Lastenvertheilung wird in der Weise geregelt, dass
nur noch eine Hälfte dem Gesammtverband, die andere aber
(bisher nur ein Viertel) dem Ortsverein zngescbrieben wird. Es hat
sich nämlich herausgestellt, dass, wenn der Ortsverein an dem
Schaden direct nur mit ein Viertel betheiligt ist, ein gewisser Leicht¬
sinn bei den Vergütungen u. 8. w. sich bemerklich macht. Es erfolgt
die Aenderung also mit Rücksicht auf sparsamere Wirthschaft
an Ort und Stelle. Bei geschlachteten Thieren wird nicht allein
das verworfene Fleisch, sondern auch der Minderwerth des nicht
als bankwürdig erklärten Fleisches in Zukunft entschädigt, so¬
fern die Thiere am Versicherungsort selbst oder binnen
acht Tagen in einem anderen badischen Orte geschlachtet
worden sind.
Endlich ist eine sehr wesentliche Aenderung des Artikels 48,
welche bestimmt: W’enn in einem Berichtsjahr die auch für
100 M. Versicherungswerth entfallende Verbandsumlage 20 Pf.
übersteigt, so wird der überschiessende Betrag aus Mitteln des
Reservefonds gedeckt. Nach Erschöpfung des Reservefonds wird
der hiernach erforderliche Zuschuss bis zum Jahre 1905 aus der
Staatskasse bezahlt.
Offenbar tritt der weiteren fakultativen Ausbreitung der Ver¬
sicherung vor allen Dingen die auch durch Erfahrungen der
ersten Versicherungsjahre begründete Besorgniss vor zu hohem
Beitrag entgegen. Die Beschränkung dieser Beiträge auf einen
übrigens recht mässigen Höchstsatz muss daher nothwendiger-
weise der Organisation selber ausserordentlich förderlich werden.
Bei dem derzeitigen Versicherungsbestand von über 44000 Thieren
und andererseits bei Annahme dos Höchstbetrages von 20 Pf.
würde nach den bisherigen Erfahrungen aus dem Reservefonds
bezw. der Staatskasse ein Zuschuss von mindestens 600C0 M.
erforderlich werden. (Die Verbandsumlage ist natürlich nicht
mit der Gesammtversicherungsgebühr zu verwechseln. Vergl.
übrigens B. T. W. Jahrg. 1897, pg. 441.)
Tagesgeschiclile.
Antwort auf „Ein Wort an die Schlaohthausthierirzte“.
Durch den Artikel in der B. T. W. vom 22. September d. J.
„Ein Wort an die Schlachthausthierärzte“ werde auch ich in
meinem Amte als Leiter eines mittleren Betriebes berührt.
Ich muss zunächst die gutgemeinten weisen Lehren des
nicht genannten Verfassers für meine Person durchaus zurück¬
weisen. Aber auch fast sämmtliche übrigen Collegen, mit Aus¬
nahme einzelner weniger, die in ihrer Schlachthauspraxis ver¬
unglückt sind (auch im Stande der Aerzte, Rechtsanwälte etc.
verunglücken charakterschwache Leute), werden diese Lehren
nicht nur nicht bedürfen, sondern sie werden solche theoretischen
Betrachtungen vor der Oeffentlichkeit als höchst schädlich an-
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BERLINER THIERÄ.RZ.TL1CHE WOCHENSCHRIFT.
No. 41.
sehen. Wie der Einzelne sich sein Nest macht, muss man ihm
selbst überlassen, und wenn unter vielen Hunderten Einige nicht
damit zurecht kommen, so geht das den Stand und die Allgemein¬
heit noch nichts an. Eher ist es zu verwundern, dass so wenig
Schlachthausthierärzte sich ihrer so äusserst schwierigen Stellung
nicht gewachsen gezeigt haben. Man muss bedenken, welche
grosse Macht die Metzgerinnungen in kleineren Städten im
öffentlichen Leben besitzen. In zahlreichen Städten haben diese
Innungen auch thatsächlich über die Collegen gesiegt, nicht weil
diese schwach im Amt waren, nein, weil sie im Interesse des
allgemeinen Wohles den betreffenden Metzgern zu scharf sein
mussten. Nach der Ansicht des Verfassers des erwähnten
Artikels soll der leitende Grundsatz des Thierarztes sein: „Schütze
das Publikum vor Gefahr und Betrug und wahre nach Kräften
die Interessen der Fleischer.“ Ich glaube, das Letztere besorgen
die Fleischer sehr energisch selber, soweit die Förderung der
Interessen in Frage kommen; soweit aber die Schonung der
Interessen des Publicums mitspielt, ist diese für jeden Collegen
selbstverständlich. Die Mahnung, das Publikum vor Betrug und
Gefahr zu schützen, unterschreibe ich, weil diese oft sehr noth-
wendig ist.
Im Uebrigen haben wir lediglich die Interessen der All¬
gemeinheit, der Fleischconsnmenten, der Verwaltung, der
Sanitätspolizei und last not least der Staatsregierung wahr¬
zunehmen. Wollten wir uns dazu hergeben, auf Kosten der
genannten Factoren, und anders geht es nicht, die einseitigen
Interessen der Fleischer im gewünschten Masse wahrzunehjnen,
so würden wir zu dem herabsinken, wozu viele Fleischer uns
überhaupt als vorhanden betrachten, zu ihrem Werkzeuge ohne
eigenen Willen.
Wo der Magistrat sich befindet, der es duldet, dass den
Fleischern_ aus Nachlässigkeiten des Schlachthausthi^r^rztes
Schaden entsteht, hat Verfasser nicht angegeben. Ich kenne
einen solchen nicht.
Mancher College soll (von wem?) zu viel verlangen, ohne
seine eigenen Verpflichtungen peinlich zu erfüllen. Nun,i ich
halte es eher für gut, etwas zu viel Ordnung und Sauberkeit
seitens der Fleischer, Fleiss und Aufmerksamkeit seitens der
Untergebenen zu verlangen als zu wenig. Im Allgemeinen habe
ich mehr das Zuwenig als das Zuviel beobachtet.
Das genaue Innehalten der Bureaustunde dürfte wohl, ganz
abgesehen davon, dass man oft aus privaten und amtlichen
zwingenden Gründen daran verhindert wird, auch dem Verfasser
obigen Artikels nicht möglich sein oder er müsste denn schon in
jungen Jahren so viel Weltschmerz und Entsagungskraft besitzen,
um das Leben eines Trappisten führen zu wollen. An den
kleineren und mittleren Betrieben beginnt bekanntlich durchweg der
Dienst um 5 oder 6 Uhr früh im Sommer, um 6 odfr 7 Uhr im
Winter und endet des Abends um 8 Uhr, an einzelnen Abenden
der Woche noch später. Welcher andere gebildete Mensch,
welcher andere gewöhnliche Arbeitsmann hat eine ähnlich .lange
tägliche Dienstzeit? Diese lange tägliche Dienstzeit ist für den
Schlachthausthierarzt wohl überall nur auf dem Papier vor-
gescbrieben, weil in Wirklichkeit kein Magistrat eine solche
verlangen würde. Selbst die Fleischer hegen wohl nur vereinzelt
den Wunsch, uns von Morgens früh um 5 Uhr bis Abends um
8 Uhr thätig zu sehen. Nur der erwähnte College erhebt diese
Forderung. Anderen Berufsklassen, die in der allgemeinen
Werthschätzung von Alters her festsitzen, würde keine Behörde
und kein Fleischer einen solchen Dienst zumuthen, auch auf
dem Papier nicht.
Wenn ich nun die gute Absicht des Collegen nicht verkennen
will, so kann ich ihm auch nicht verhehlen, dass die Folgen seines
Artikels für manchen im Streite liegenden Schlachthausthierarzt
schlechte sind. Schon hat sich die „Allgemeine Fleischerzeitung“
des Artikels bemächtigt und dasjenige davon veröffentlicht, was
den Fleischern in ihrem Kampfe gegen uns dienlich sein kann.
Diese Zeitung wird aber von den meisten Fleischern gelesen
und so ist es mithin geschehen, dass wir Schlachthausthierärzte,
statt von allen Collegen unteistützt zu werden, von einem der¬
selben, wenn auch gegen seine Absicht, geschädigt worden sind.
Im Allgemeinen ist der Kampf der Meinungen und Parteien
nützlich und nothwendig; ist dieser aber oft schon scharf, wo es
sich um eingebildete Güter handelt, um wie viel mal schärfer
muss er dort sein, wo der materielle Standpunkt zu verfechten
ist, wenigstens von Seiten des sich angegriffen fühlenden Fleischers.
Der Herr College thut nun so, als ob wir Schlachthaus¬
thierärzte den Fleischern gegenüber die zwecklos Angreifenden
wären, gerade so, wie diese es auch glauben.*) Nun, ich meine,
jeder Kundige wird das Gegentheil wissen. Auch sind wir
Schlachthausthierärzte von Hanse aus gar nicht so streitbare
Leute und sind froh, wenn uns die Fleischer in Ruhe lassen.
Hier aber liegt eben der Hase im Pfeffer. Wer Jahre lang
einem kleinen oder mittleren Schlachthause vorgestanden, kennt
so ziemlich all die unerfüllbaren Wünsche und Forderungen,
die die Fleischer an uns zu stellen pflegen. Wer sie erfüllt, ist
ein guter Thierarzt, wer es aber nicht thut, zieht sich den Zorn
des Einzelnen, ja den der ganzen Innung zu. Dann sprechen
die Fleischer, wie der College, man nehme ihre Interessen nicht
wahr etc. Der Kampf hat damit seinen Anfang genommen und
wird in der Regel in Permanenz erklärt. Es sorgt dann der
eine Theil mit Sicherheit dafür, dass der andere seine Pflicht
thut, und damit ist den Zwecken eineB öffentlichen Schlachthauses
am besten gedient. Der College, welcher sich schwach erweist
in diesem ewigen Kampfe, wird entweder ein willenloses Werk¬
zeug der Fleischer oder er wirft die Flinte ins Korn und quittirt
seinen Dienst In der Regel hat derjenige College, welcher in
den Sclilachthau8dieii8t tritt, von den Schattenseiten des letzteren
keine Ahnung; denn sonst würden viele es vorziehen, ihre Finger
davon zu lassen. Es gehört eine grosse Dosis Lebensklugheit,
Energie mit Lust am eventuellen Kampfe, Tactgefühl und
Sicherheit im Auftreten dazu. Mit allen diesen hervorragend
guten Eigenschaften verdient der Schlachthausthierarzt an kleinen
bis mittleren Betrieben dann schliesslich eben so viel, um sich
mit knapper Noth mit seiner Familie durch das Leben schlagen
zu können, falls er seine Einnahme nicht durch Piivatpraxis
ergänzen kann. Ein solcher Idealmensch sollte eigentlich besser
belohnt werden.
Zum Schluss will ich ein nach Ansicht vieler Collegen sehr
treffendes Wort eines Bürgermeisters einer mittleren Stadt
erwähnen, welches lautet: „Derjenige Schlachthausthierarzt ist
nicht der beste, den die Fleischer loben.“
Es ist auch meine Meinung, wir verzichten auf das Lob der
Fleischerkreise und thun unsere hehre Pflicht unverdrossen. Nur
wäre es wünschenswert^ wenn, da viele Magistrate sich auf die
Seite der Fleischer stellen, die Königl. Regierung uns etwas den
Rücken stärkte, indem sie, z. B. wie bei den Oberlehrern, sich
das Discipiinarrecht über uns vorbehielte. .e.
Nachrufi
Am 12. September verschied nach kurzem Krankenlager der
Thierarzt Hermann Ehlingin Avendorf, Landkreis Lüneburg,
im Alter von 68 Jahren. Der Unterzeichnete hatte Gelegenheit,
denselben als einen hochachtbaren, tüchtigen und mit ganzer
*) Diesen Vorwurf hat der Verfasser des hier kritisirten Artikels
durchaus nicht erhoben, sondern er hat nur vor einer Eventualität
gewarnt. Die Redaction.
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13. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
491
Liebe seinem Bernfe ergebenen Thieiarzt kenne» za lernen, der
fern vom Getriebe der grossen Welt in seinem Heimathsdorfe
und in dessen Umgebung bis kurz vor seinem Hingange in
segensreicher Weise gewirkt hat.
Ehling entstammte einer alten thierärztlichen Familie, die
ursprünglich im Eisass angesessen und nach Aufhebung des
Edicts von Nantes nach Mecklenburg ausgewandert war. Der
Grossvater, der den Siebenjährigen Krieg als Kurschmied mit¬
gemacht hatte, lebte als Thierarzt und Landwirth in Mecklenburg;
der Vater kaufte sich in Avendorf an und betrieb neben der
thierärztlichen Praxis die Landwirtschaft und Pferdezucht in
intensiver Weise. Frühzeitig entwickelte sich in Ehling die
Neigung zum thierärztlichen Beruf, und er bezog 1849 die Thier¬
arzneischule in Hannover, welche er nach bestandenem Examen
1852 veriiess. Schon als Student wurde er von seinen Commilitonen
wegen seiner praktischen Anschauung geschätzt und mit dem
Beinamen „der Praktische“ belegt. Nachdem er einige Zeit bei
seinem Vater als Assistent gewirkt batte, musste er nach den
damaligen Bestimmungen die Ausübung der Praxis im Bezirk
seines Vaters anfgeben, ,da ein Mangel an Thierärzten in der
Gegend nicht vorhanden war“. Ehling liess sich nun in Vier¬
landen bei Hamburg nieder und war hier einige Zeit als Thier¬
arzt thätig, bis er auf Betreiben seines Vaters von der Behörde
die Erlaubnis zur Ausübung der Praxis in seiner Heimath erhielt
und dorthin zurückkehrte. Hier hat er nun neben der Bewirt¬
schaftung des vom Vater übernommenen Hofes ununterbrochen
der Ausübung seines Berufes bis kurz vor seinem Tode sich
gewidmet Allseitig wird ihm nachgerühmt, dass er ein umsichtiger,
tüchtiger Thierarzt und Operateur gewesen sei.
An seinem Sarge trauerten mit seiner seit Jahren leidenden
Gattin eine Tochter und drei Söhne, die sämmtlich den thier¬
ärztlichen Beruf erwählt haben und als beschäftigte Praktiker in
der Elbmarsch ansässig sind. Zahlreiche Betheiligung seitens
der ländlichen Bevölkerung an der Trauerfeier gab Beweis für
die Liebe und das Vertrauen, welches der Entschlafene sich
erworben hatte; In ihm war ein Mann aus dem Leben geschieden,
welcher nach dem allgemeinen Urtheile keinen Feind hinterlassen
hatte. Sein Andenken wird in den beteiligten Kreisen in Ehren
gehalten werden, und auch von seinen Standesgenossen soll ihm
ein ehrendes Andenken gesichert sein!
Lüneburg, im September 1898. Holtzhauer,
Departementsthierarzt.
Oeffentüches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstatistik and Yeterin&rpolizeL
Preussen. Allgemeine Verfügung de« Ministeriums für Landwirt¬
schaft eto., hetr. die Fuhrkosten der beamteten Thierärzte. Vom
15. Juni 1898.
An sämmtliche Herren Regierungspräsidenten (ausser dem¬
jenigen in, Marienwerder) und den Herrn Polizeipräsidenten zu
Berlin.
Ener Hochwohlgloren erhllten anbei in der erforderlichen
Anzahl Abdrücke von „Grundsätzen für die Zubilligung von Fuhr-
kostenentschädigungen an beamtete Thierärzte bei Amts¬
verrichtungen an ihrem Wohnsitze oder in einem Umkreise von
nicht mehr als 2 km nach § 1 Absatz 1 des Gesetzes vom
9. März 1872 (G.-S. S. 265)“ mit dem Aufträge, die zur Durch¬
führung der Grundsätze erforderlichen Anweisungen an die unter¬
geordneten Behörden und Beamten zu erlassen und künftig bei
der Festsetzung der Kostenrechnungen der beamteten Thierärzte
darnach zu verfahren. Die Grundsätze sind im Einverständnis«
mit dem Herrn Finanzminister und der Ober-Rechnungskammer
sowie im Einklang mit einer Rechtsauffassung aufgestellt, die
das Reichsgericht, vierter Civilsenat, in einem Unheil vom
3. Juni 1897 (IV. 434/1896) zur Geltung gebracht hat
I. A.: v. Friedberg.
Grundsätze
für die Zubilligung von Fuhrkostenentschädigungen an beamtete
Thierärzte bei Amtsverrichtungen an ihrem Wohnorte oder in
einem Umkreise von nicht mehr als 2 km nach § 1 Abs. 1 des
Gesetzes vom 9. März 1872 (G.-S. S. 265).
1. Die Vergütung von 1,50 M. bei jeder einzelnen Amts¬
verrichtung ist nicht als Entgelt für die dienstliche Thätigkeit,
sondern lediglich als Pauschentschädigung für Fuhrauslagen an-
zusehen.
2. Die Gewährung der Entschädigung hängt nicht davon ab,
dass thatsächlich ein Fuhrwerk benutzt worden ist, wohl aber
ist die „objective Möglichkeit der Benutzung einer
Fuhrgelegenheit“ Voraussetzung für den Anspruch.
3. Die Vergütung kann demnach nicht verlangt werden,
wenn die Amtsverrichtung in der Wohnung des Thierarztes, auf
dem dazugehörigen Hofe oder in unmittelbarer Nähe davon vor¬
genommen ist Im Uebrigen kann eine bestimmte Mindest¬
entfernung zwischen der Wohnung des Thierarztes und dem Orte
der Amtsverrichtung nicht als Voraussetzung für den Anspruch
auf Fuhrkostenentschädigung vorgeschrieben werden. Vielmehr
wird im Zweifelfalle nach billigem Ermessen zu entscheiden sein.
Die beamteten Thierärzte sind darauf hinzuweisen, dass künftig
in der Aufnahme der Fuhrkostenentschädigungen in die Kosten¬
rechnungen (Tagebücher) auch die Versicherung liegt, dass bei
den Amt8verrichtungen am Wohnorte etc., wofür Fuhrkosten¬
entschädigung in Ansatz gebracht werden, die Benutzung einer
Fuhrgelegenheit objectiv möglich gewesen ist.
In den Kostenrechnungen ist der Ort solcher Amtsverrichtungen
kurz so zu bezeichnen, dass die Entfernung von der Wohnung
nachträglich ermittelt werden kann.
4. Die Entschädigung von 1,50 M. gehührt dem Beamten
nur einmal, wenn sich die amtliche Thätigkeit auf einen Ort
beschränkt, gleicbgiltig ob dort eine oder mehrere gleichartige
oder verschiedene Amtsverrichtungen vorgenommen sind. Wird
die auf längere Zeit an einem Tage und an einem Orte sich
erstreckende Amtstätigkeit unterbrochen, so begründet diese
Unterbrechung nur dann einen Anspruch auf nochmalige Ver¬
gütung, wenn sie an sich angemessen ist und wenn infolge der
Unterbrechung die objective Möglichkeit der Benutzung einer
neuen Fuhrgelegenheit in dem zu 3 gedachten Sinne eintritt
Ueberhaupt wird die mehrfache Zubilligung der Vergütung
an einem Tage nicht durch jeden Ortswechsel begründet Viel¬
mehr ist der Fuhrkostenersatz in Form der Pauschvergütung
immer nur einmal zulässig für jede Summe von Amtsverrichtungen,
die auf einem Rundgange oder einer Rundfahrt ohne Zurück¬
legung grösserer Entfernungen von einem Orte der Amtstätig¬
keit zum anderen nach einander sich erledigen lassen. Im Einzel¬
falle muss auch hier die Entscheidung dem billigen Ermessen der
festsetzenden Behörde überlassen bleiben.
Nach dem Grundsätze, dass alle Amtsgeschäfte unter mög¬
lichster Ersparung von Kosten für die Staatskasse auszuführen
sind, ist darauf zu achten, dass alle einzelnen Amtshandlungen
eines Tages, soweit dies nach den Umständen möglich ist, auf
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einem Rundgange oder einer Rundfahrt abgemacht werden. Ab¬
weichungen hiervon sind besonders zu rechtfertigen.
5. Auf Amtsverrichtungen, die ausserhalb des Wohnortes der
beamteten Thierärzte oder des diesem gleichgestellten Umkreises
von 2 km an verschiedenen Stellen eines Ortes ausgeführt werden,
darf der im § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. März 1872 für Fuhr-
koBtenentschädigungen aufgestellte Grundsatz nicht übertragen
werden.
Bayern: Unterm 11. September d. Js. wird in einer Bekannt¬
machung, Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche betr.,
die Einfuhr und Durchfuhr von Klauenvieh aus der Schweiz vom
15. September ab bis auf Weiteres verboten. Die Einfuhr von
Zuchtrindern und Zuchtziegen wird nur unter der Bedingung
zugelassen, dass die Einfuhr durch Landwirthe oder Züchter für
ihren eigenen wirthschaftlichen Bedarf übernommen wird. Händler
müssen in jedem Fall einen entsprechenden Einzelauftrag von
Landwirthen oder Züchtern nachweisen können. Ausserdem ist
bei der Einfuhr ein höchstens sechs Tage zuvor ausgestelltes
thierärztliches Attest vorzulegen, welches bescheinigt, dass im
Herkunftsort sowie in dessen Nachbargemeinden seit mindestens
30 Tagen kein Fall von Maul- und Klauenseuche vorgekommen
ist. Die Thiere dürfen ferner auf ihrem Transport nachweislich
nicht Gebiete passirt haben, in welchen die Maul- und Klauen¬
seuche herrscht
Baden: Eine mit der vorstehenden sinngemäss überein¬
stimmende Bekanntmachung ist für das Grossherzogthum Baden
und für Elsass-Lothringen unterm 12. bezw. 17. September d. Js.
erlassen worden.
No. 41
Fletochftchao nnd Viehverkehr.
Ueberslcht Ober die In den öffentlichen Schlachthäusern nnd
In den selbstständigen Rossschlächtereien in Preussen im Jahre 1397
gesohlaohteten Pferde.
Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken
(die Anzahl von selbstständigen Rossschlächtereien ist in Paren¬
these angegeben): Königsberg (—) 848, Gumbinnen (—) —,
Danzig (—) 510, Marienwerder (—) 199, Berlin (1) 8568, Pots¬
dam (9) 1620, Frankfurt a. 0. (4) 1360, Stettin (2) 1058, Cöslin
(—) 186, Stralsund (—) 513, Posen (3) 123, Bromberg (1) 98,
Breslau (16) 6223, Liegnitz (12) 2641, Oppeln (3) 1336, Magde¬
burg (21) 3121, Merseburg (26) 3483, Erfurt (4) 546, Schleswig
(84) 4308, Hannover (5) 2034, Hildesheim (11) 987, Lüneburg
(—) 732, Stade (11) 533, Osnabrück (—) 587, Aurich (2) 172,
Münster (10) 810, Minden (4) 975, Arnsberg (12) 5431, Cassel
(4) 469, Wiesbaden (6) 1389, Coblenz (1) 286, Düsseldorf (10)
4474, Cöln (1) 1433, Trier (2) 794, Aachen (—) 547. Insgesammt
sind also geschlachtet worden: 58 454 Pferde (gegen
50 242 bezw. 50534 bezw. 52 394 in den drei Vorjahren).
Darunter worden ermittelt 15 rotzige und 66 tuberculöse
= 0,11 pCt: Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von
468 Pferden, theilweise von 353 Pferden. Der grösste Consum
fand statt in den Regierungsbezirken Berlin, Breslau, Düsseldorf,
Arnsberg, Magdeburg, Merseburg, Schleswig. Die Zahl der
selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 266 gegen 254 bezw.
290, bezw. 314 in den drei Vorjahren.
(Siehe Statistik auf S. 481.)
BERLINER 1 HIERÄRZTLICHE WOCHEN 8CHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt G. Linker-Fritzlar ist der
Rothe Adler-Orden IV. Classe, dem Bezirksthierarzt Reindf. Rosen¬
heim der Königl. Kronenorden IV. Classe — verliehen worden.
Vom Bayerischen Landwirthschaftsrath sind nachstehende
Auszeichnungen für erfolgreiche und verdienstliche Bestrebungen
zur Förderung der Landwirtschaft an Thierärzte ver¬
teilt worden: Die goldene Vereins - Denkmünze erhielten:
Bezirksthierarzt Ebersberger - Deggendorf, Kreisthierarzt Ott-
Ansbach. Die grosse silberne Vereins - Denkmünze: Bezirks¬
thierarzt Stuffler-Mühldorf,. Bezirkstierarzt Schram - Tirschen-
reut, Bezirkstierarzt Mack-Forchheim, Bezirkstbierarzt Neid¬
hardt-Günzburg. Die kleine silberne Vereins-Denkmünze: Districts-
thierarzt Kiderle-Prien, Bezirkstierarzt Schilffahrt-Burglengen¬
feld, Districtsthierarzt Hintermayer-Nittenau. Ehrende Erwähnung:
Districtsthierarzt Bestie-Lauingen, Districtsthierarzt G. Schmidt-
Weissenhorn
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Kreisthierarzt Dr. P.
Oebmke-Zielenzig für den Stadt- und Landkreis Braunschweig,
Dr. E. Zernecke, Prosector an der tierärztlichen Hochschule in
Berlin, comra. für den Stadt- und Landkreis Elbing. —
Thierarzt W. Haberl-Regensburg zum Assistenten an der
Seuchenversuchsstation der thierärztl. Hochschule in München.
Versetzt: Bezirksthierarzt A. Hum an n-Bamberg nach Ebern,
Bezirksthierarzt Birnbaum-Roding nach Bamberg.
Bezirksthierarzt N. Hub er-Neu-Ulm in den Ruhestand versetzt.
Gewählt: Thierarzt Luft-Cottbns zum Schlachthof-Assistenz¬
tierarzt in Bad Homburg v. d. H., nach Ablehnung der Stelle
in Mainz.
Wohn8itzveränderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Ober¬
rossarzt a. D. Möhring-Wehse nach Kl.-Ziethen bei Vehlefanz (Brdbg.),
Thierarzt Hoppe Hannover nach Gross-Himstedt bei Hoheneggelsen,
Thierarzt Schmey-Beuthen nach Berlin, Landsbergerstr. 100, Thier¬
arzt Boecke 1-Popelken nach Skaisgirren, Thierarzt Türk-Meiningen
nach Rummelsburg iPomm.), Thierarzt Riethus-Magdeburg nach
Hessen (Braunschweig), Thierarzt Fiedler-Giessen nach Braun¬
schweig als Einj. Freiw. im Hus.-Rgt. No. 17, Thierarzt FaBold-
Offenbach nach Dresden, Thierarzt Länge-Leipzig nach Dresden als
Einj.-Freiw. im Garde Reiter-Rgt, Thierarzt Gerhardt-Sanderslebeu
nach Aisleben a. S., Thierarzt Freitag-Salzwedel nach Magdeburg,
Thierarzt Wenderhold-Naugard nach Kassel als Einj. Freiw. im
Art.-Rgt. No. 11.
Thierarzt L. Beye hat sich in Willingen (Hann.), Thierarzt
Geuther in Hagen (Bez. Bremen) — niedergelassen.
In der Armee: Ernannt zu Rossärzten: Unterrossarzt Pantke
vom Kür.-Regt No. 3, unter Versetzung zum Drag.-Regt. No. 1,
UnteiTOssarzt Gube vom Hus.-Regt. No. 4, Unterrossarzt Amann
vom 2. Feld-Art.-Regt. No.30. — Zu Rossärzten des Beurlaubten¬
standes: Die Unterrossärzte der Res. Abraham, Stegmann,
Flöge, Lamprecht. — Versetzt: Oberrossarzt Troester, In-
spicient bei der Militärrossarztschule zum Ul.-Regt. No. 16, Ober¬
rossarzt Lud ewig vom Ul-Regt. No. 16 als Inspicient zur Militär¬
rossarztschule, Rossarzt Ehlert vom Feld-Art.-Regt. No 18 zum
Ul.-Regt. No. 16. — Corpsrossarzt Wenzel vom XI. Armee-Corps
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt
Tudesfälle: Städt Thierarzt Henning-Berlin, Bezirksthierarzt
Fische r-Landsberg.
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präa.
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve.— R.-B. Liegnitz: Frey¬
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanititsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen.
Zeitz: Schlachthofdirector(2400—3000M.,350M. Wohnungszuschuss).
Bew. sofort an Magistrat.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachthofhilfsthierarzt.
Die Sammlung für die Waisen des Professor Eber ist ge¬
schlossen. Etwaige weitere Beiträge bitten wir dem Vormund Herrn
Docenteu Ge iss in Hannover direct zu übermitteln. Die Schluss-
Quittung erfolgt demnächst. Fröhner. Schmaltz. Ostertag.
Ich bin von meiner Ferienreise znrückgekehrt.
Berlin, den 11. October 1898. Schmaltz.
Verantwortlich für den Inhalt (excL IiueratentheU) Prot Dr. Schmält. in Berlin. - Verla« undTiKenthum von Richard SchoeU inllTrUn. - Di^ck Ton W. BOxen.tein, Berlin!
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Die „Ber\U*® r Thlerftntllche Wocbenichrift“ erscheint
wöchentlich Stärke yon mindestens 1*/* Bogen. Dieselbe
Ist su bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Sohoets. Berlin NW., Luiaenstrasae 36, zum Preise von
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Berliner
Orlglnalbeltrige werden mit 60 Mk. fflr den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu aenden an Profi Dr. Schmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstraase 56.
Correcturen, Reconaiona-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenutrasse 36.
Jahrgang 1898. M 42 . Ausgegeben am 20. October.
Inhalt: Wessel und Witt: Der Embryotom-Ecraseur. — Loweg: Eine neue Geburtssäge — Kalteyer : Die vereideten
Impfbeamten des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern. — Bericht über die 70. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19. bis 24 September 1898. — Referate:
Zschokke: Degenerationsformen der Musculatur. — Kleine thierärztliche Mittheilungen. Schmidt: Die Desinfectionskraft
antiseptischer Streupulver und Bemerkungen über die Fernwirkung des Jodoforms. — Lorenz: Berichtigung von Voges und
Schütz. — Thier Haltung und Thierzucht: Flaum: Die Landbeschälung in Oesterreich und die dazu benutzten
Vollbluthengste. — Ta ge s ge s c h i c h te: Verschiedenes. —0 e ffe n 11 i c h e s V e te ri n ä r we s e n: Seuchenstatistik und
Veterinärpolizei. — Bücher-Anzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Der Embryotom-Ecraseur.
Von
W. Wessel-Wilster, 6. Witt-Sonderburg,
Thierarzt. comm. Krelsthier&rzt.
Der in der Geburtshülfe geltende Grundsatz: möglichst wenig
mit scharfen Instrumenten, um so mehr mit einer geschickten
Hand zu arbeiten, kann sicher nicht genug beherzigt werden.
Es bieten sich aber dem vielbeschäftigten Geburtshelfer doch
Die Anwendung desselben ist nicht ganz gefahrlos. Beim
Drängen des Mnttertliieres können Theile der Gebärmutter oder
der Geburtswege zwischen die Stangen, die Kette nnd das Messer
gerathen. Und wenn es auch bei grösster Sorgfalt gelingt, ein
Zerschneiden jener Theile zu verhindern, so entstehen doch leicht
Quetschungen und oberflächliche Verletzungen, welche das Mutter-
thier in Gefahr bringen.
Es bietet endlich den Verunreinigungen so viele Ecken nnd
nicht selten Fälle, in denen eine Entwicklung des Jungen ohne
vorherige Entfernung einzelner Theile vollständig unmöglich ist
Die grosse Zahl der constrnirten Embryotome liefert dafür den
besten Beweis. — Trotz vieler Versuche ist aber die Aufgabe
nicht in erwünschter Weise gelöst, ein Instrument herznstellen,
mit dem man das Becken, den Hals oder den Körper leicht nnd
doch gefahrlos durchtrennen kann.
Das Embryotom von Pflanz in Canth hat sich in Bezog
auf seine Arbeits-Leistung gut bewährt. Es haften ihm aber
einige Nachtheile an. Es ist reichlich schwer gerathen, wiegt
16—17 Pfund, Bodass sich besonders die Thierärzte, denen nicht
Pferd nnd Wagen zur Verfügung stehen, kanm znr Anschaffung
enes solchen Instrumentes entschliessen werden.
Winkel, dass eine gründliche Reinigung nnd Desinfection recht
schwer fällt.
Wir haben uns daher von der Fabrik von H. Hauptner in
Berlin ein Instrument herstellen lassen, das die Wirkung ver¬
schiedener Embryotome in sich vereinigt, ohne dabei die gerügten
Mängel zn besitzen. Die Firma H. Hauptner,*) Berlin, entsprach
unseren Wünschen in bester Weise. Es ist die Grundform des
bekannten Schrauben-Ecraseurs für unsere Zwecke benutzt, wo¬
durch unser Instrument gleichzeitig geeignet ist, eine Lücke im
thierärztlichen Instrumentarium anszufüllen.
Es fehlte nämlich bisher ein Instrument, welches znr Be-
*) Die Firma Hauptner liefert den Embryotom-Ecraseur mit
einer Kette für M. 62, mit zwei Ketten für M. 90.
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494
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42.
seitigung von sehr grossen Neubildungen geeignet ist. Die
bekannten Ecraseure, welche in der Human-Chirurgie benutzt
werden, müssen, selbst wenn sie noch einmal so gross hergestellt
werden, für thierärztliche Zwecke immer noch als zu schwach
bezeichnet werden. Unser Instrument besteht, wie aus neben¬
stehenden Zeichnungen hervorgeht, aus einem glatten Metallrohr,
in welchem durch eine mit Armen versehene Schraubenmutter
eine Spindel auf- und abbewegt wird. Am vorderen Ende der
Spindel sitzt der Haken, an dem die Ecraseurkette befestigt wird.
Letztere besteht ans stark vernieteten, durchweg stumpfen
Gliedern; nur einige der mittleren Glieder sind geschärft. Eine
Führung in dem Rohr verhindert, dass beim festen Anziehen der
Spindel diese sich um ihre Achse dreht und so die Kette zer¬
bricht. Beim Gebrauch des Embryotom-Ecraseurs verfahren wir
in folgender Weise:
Wir fuhren die Kette entweder allein ein oder befestigen
besser an dem vorderen Ende eine Ringschnur mit einem nicht
zu leichten Ringe, damit dieser um so sicherer über das Junge
hinweg nach abwärts gleitet. Ist die Ecraseurkette um den zu
durchschneidenden Theil herumgelegt, so lassen wir das Rohr
mit der Spindel von einem Gehülfen nachschieben.
Wir haken die Kette ein, richten sie auf ihre scharfe Kante,
lassen von dem Gehülfen das Rohr fest gegen das Junge drücken
und die Spindel langsam anziehen. Mit der rechten Hand
beobachten und leiten wir die Bewegungen der Kette. Ein sich
trichterförmig erweiternder Fortsatz, der auf das vordere Ende
des Rohres geschraubt ist, verhindert das Abgleiten desselben
von dem Jungen.
Wird an Stelle der sich erweiternden ein sich verengender
Fortsatz aufgeschraubt und eine Kette mit nur stumpfen Gliedern
eingehakt, so erhält man einen Ecraseur, der zur Entfernung
der grössten Neubildungen — Botryomykome, Actinomykome,
Lipome u. s. w. — genügen wird. :f •
Das Gewicht des Embryotom-Ecraseurs beträgt annähernd
sieben Pfund; es ist daher leicht mitzuführen und lässt sich wegen
seiner einfachen Röhrenform selbst an ein Fahrrad bequem an¬
schnallen.
Seine Anwendung birgt für das Mutterthier sehr wenig Gefahr
in sich. Die Kette hat nur einige scharfe Glieder, und sie wird
in den Geburtswegen von einem glatten Rohr verdeckt, an
welchem eine Verletzung der Mutter auch bei starkem
Drängen ausgeschlossen ist. Durch das schnelle Arbeiten wird
das Mutterthier in bestmöglichster Weise geschont.
Die Reinigung und Desinfection des Instrumentes lässt sich
sehr gut ausführen, da es bequem in seine einzelnen Theile
zerlegt werden kann.
Wie bequem der Embryotom-Ecraseur zu handhaben, zugleich
auch wie unentbehrlich er ist, geht daraus hervor, dass ein Zeit¬
raum von zehn Minuten genügte, um bei einem Fohlen, bei dem
die ersten Halswirbel bei zurückgeschlagenem Kopfe verwachsen
waren, den Hais zu durchtrennen und dann die Geburt zu entwickeln.
Ein Fohlen mit Ankylose fast aller Gelenke der vier Glied¬
massen und Verwachsung der ersten Halswirbel bei schiefer
Kopfhaltung konnte mit Hülfe des neuen Instrumentes in i U Stunden
entwickelt werden, obwohl vier Durchschneidungen nöthig waren.
Eine neue Geburtssäge.
Von
Loweg-Herbern,
Thieram.
In der „Berliner Thierärztlichen Wochenschrift“ No. 42, Jahr¬
gang 1897, gelangte zur Zeit die Beschreibung eines von mir
con8truirten Embryotoms zur Veröffentlichung. Schon damals
hegte ich die Absicht, dem Embryotom bald eine Geburtssäge
folgen zu lassen. Doch haben mich die praktischen Versuche
sowie die Abänderungen der noch hervortretenden Mängel einige
Zeit aufgehalten, so dass ich erst jetzt die Geburtssäge meinen
Herren Collegen empfehlen kann. Allerdings geniesst die Geburts¬
säge ja nicht eine solche Bedeutung, wie sie das Embryotom hat,
aber doch immerhin soviel, dass man ohne dieselbe in einzelnen
Fällen nicht fertig werden könnte. Ich erinnere nur an Fälle,
wo der Brustkorb zu gross ist oder wegen der Grösse des Hinter-
theiles die Beckenknochen durchsägt werden müssen. Alle bisher
erschienenen Sägen dieser Art batten für mich den Mangel, dass
der Stiel zu kurz war. Gerade in den Fällen, wo man auch zur
Säge greifen muss, ist meistens der Raum so beengt, dass man,
wie es bei kurzen Sägen der Fall ist, die Hand im Fötus nicht
hin- und herbewegen kann. Meine Säge dagegen hat einen langen
Stiel, der Länge des Fötus entsprechend, so dass im gegebenen
Falle die Hand, welche das Instrument führt, ausserhalb des Thieres
bleiben kann. Dazu ist noch die Handhabung eine sichere und
leichte, da ich z. B. in weniger als einer Viertelstunde mit leichter
Mühe die Beckenknochen eines Kalbes durchsägen kann, um es
dann in zwei Theilen hervorzuholen.
Ich habe die Geburtssäge der bewährten Firma H. Hauptner,
Berlin NW., Luisenstr. 52, zur Herstellung übergeben.
Die vereideten Impfbeamten
des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern.
Von
Kalteyer-Eschwege,
Krel.thieranL
Da Herr College Schulz in seiner Erwiderung in No. 37
der B. T. W. directe Gegenfragen an mich richtet, so sehe ich
.mich leider gezwungen, nochmals, diesmal aber das letzte tyal
das Wort zu ergreifen.
Zunächst fällt es in der Erwiderung des Herrn Collegen
Schulz auf, dass er seine vereideten Impfbeamten nur noch in
der Ueberschrift des Artikels mit diesem schönen Namen belegt,
während er in dem Artikel selbst immer nur von Impfgehilfen
spricht.
Während es in dem ersten Artikel in No. 24 der B. T. W.
wörtlich hiess: „Dadurch dass der Impfstoff stets durch meine
Vermittlung bezogen wird und ich Bericht über die Resultate
erhalte, bleibt die Sache immer unter Controle des beamteten
Thierarztes“, wird die Oberaufsicht des Sachverständigen jetzt
dahin erweitert, dass die Impfgehilfen nur die Messungen der Vor¬
temperatur sowie die Tuberculin-Injection selbstständig zu be¬
sorgen haben; die Abnahme der Nachtemperatur und die Be-
urtheilung derselben bleibt dem Kreisthierarzt Vorbehalten.
Herr College Schulz muss also seine beeideten Impfbeamten,
jetzt Impfgehilfen, doch nicht für so ganz zuverlässig halten, indem
er es jetzt schon für nothwendig hält, wenigstens die Abnahme
der Nachtemperaturen Belbst zu besorgen.
Vielleicht kommt auch Herr College Schulz noch so weit,
dass er die Messung der Vortemperatur sowie die Tuberculin-
Einspritzung ebenfalls selbst besorgt und die Impfgrhilfen nur
zum Festhalten der Thiere und sonstigen Handreichungen bei der
Impfung benutzt, dann wird er auf dem Standpunkte, auf dem
ich aut Grund einer sehr grossen Anzahl selbstausgeführter
Tuberculin-Impfungen stehe, angekommen sein.
Wenn Herr College Schulz weiter hauptsächlich beeidete
Impfbeamte ausbildete, um bei einer Inangriffnahme der vom
Veterinärrathe und der Landwirthschaft verlangten allgemeinen
Tuberculose-Impfung die nöthigen geschulten Hilfskräfte zur Ver¬
fügung zu haben, so ist das ja höchst anerkennenswertli, aber
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
495
20. October 1898.
meiner Meinung nach doch etwas sehr verfrüht, denn erstens wird
der allgemeine Tuberculosekrieg, wie die Verhältnisse eben liegen,
überhaupt noch nicht losgehen und zweitens, wenn er wirklich
losgehen sollte, dann ist ja die Ausbildung von beeideten Impf- ;
beamten nach College Schulz so einfach und rasch zu bewerk¬
stelligen (dieselben lernen ja die Technik der Impfung bei der
ersten Probe, das Handhaben des Thermometers keinen Deut
schwerer, als ihre Taschenuhr aufzuziehen), dass man mit der
Ausbildung dieser Beamten ja jetzt noch nicht anzufangen
braucht, sondern ruhig warten kann, bis der Krieg wirklich an¬
gefangen hat.
Um aber, wie Herr College Schulz selbst sagt, im Kreise
Schlüchtern in ca. 1 Jahre etwa 100 Thiere zu impfen, dazu braucht
man doch wahrlich noch keine Impfbeamten; ich habe wenigstens
zu meinen Impfungen, die im Jahre über 600, in einer Woche bei
Ausführung des staatlichen Tuberculosetilgungsversuches in
Niederhone und Lautenbach über 200 betragen, noch keine be¬
eideten Impfbeamten nöthig gehabt.
Wie weiter aus den Ausführungen des Herrn Collegen Schulz
hervorgeht, scheint er selbst, Gott sei Dank, der Vater dieser
grossen Idee gar nicht zu sein, denn er sagt in seinem Artikel:
Der landwirtschaftliche Kreisverein würde, falls e r, aus
Vorurteil oder aus einseitigem Standesinteresse, abgelehnt hätte
vereidete Impfbeamte auszubilden, längst einen Arzt gewonnen
haben, der die Ausbildung von Impfern übernommen hätte. Es
geht also unzweifelhaft hieraus hervor, dass vom landwirt¬
schaftlichen Kreisverein dieses Ersuchen an Herrn Collegen
Schulz gestellt worden ist. Dass sich im Kreise Schlüchtern auch
Aerzte mit der Ausbildung von beeideten Impfbeamten für Thier¬
impfungen befassen, habe ich allerdings nicht gewusst
Auf jeden Fall hätte ich aber auf ein solches Ersuchen hin den
landwirtschaftlichen Kreisverein durch sachverständige Gründe
umzustimmen versucht, und wenn die berühmte Billigkeit, wie
gewöhnlich, in den Vordergrund geschoben worden wäre, auch ein
pecuniäres Opfer gebracht, wenn ich die Leitung der Sache hätte
in der Hand behalten wollen.
Was die Gegenfragen anbetrifft, so habe ich Herrn Collegen
Schulz hierauf zu erwidern:
Ich habe weder alle zukünftigen Hilfskräfte im Medicinal-
dienste in der öffentlichen Meinung discreditiren wollen, noch die
Hochachtung vor unserem Stande in der Laienwelt vermehren
wollen. Dies überlasse ich Ihnen, Herr College Schulz, auf Ihre
Art und Weise zu thun.
Dass wir Laienschlachtviehbeschauer, wo keine Thierärzte
vorhanden sind, nöthig haben, ist wohl Niemand zweifelhaft, auch
mir nicht. Deswegen spreche ich in meiner Erwiderung auch
nicht im Allgemeinen von Schlachtviehbeschauern (von Trichinen-
beschauem überhaupt nicht), sondern von Schlachtviehbeschauern
mit allen möglichen Befugnissen. Was ich damit meine, wird
Herrn Collegen Schulz, der Sie ja auch im Regierungsbezirk Cassel
thätig sind, sehr wohl bekannt sein. Ich meine damit die in der
Polizei-Verordnung vom 1. Juli 1892 vorgesehenen sogenannten
Sachverständigen, die befugt sein sollen, Fleisch kranker Thiere
zu beurtheilen.
Vereidete Impfbeamte als Hilfskräfte im Medicinaldienste
haben wir bis jetzt, so viel wie ich weiss, nur im Kreise Schlüchtern
und ich halte deren Ausbildung und Heranziehung für verfehlt
und überflüssig, wie auch den thierärztlichen Stand in jeder Be¬
ziehung schädigend.
Mit meinem Artikel wollte ich nur warnen, die Tuberculose-
tilgung auf die von Herrn Collegen Schulz in No. 24 der
B. T. W. geschilderte Art, insbesondere unter Beihilfe von be¬
eideten Impfbeamten, zu beginnen. Ich halte es ftir sehr zweck¬
mässig und angebracht, wenn diese meine Warnung auch in
Laienkreise gedrungen ist.
Bericht Uber die
70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898.
Am 19. September, Vormittags 9% Uhr, wurde in dem prächtig
geschmückten Kaisersaale der Tonhalle zu Düsseldorf die dies¬
jährige Naturforscher-Versammlung eröffnet Der Geschäftsführer
der letzteren Geh. Medicinalrath Dr. Mooren begrüsste zunächst
die zahlreich erschienenen Theilnehmer und brachte im Anschluss
hieran ein von der Versammlung begeistert aufgenommenes drei¬
faches Hoch auf Se. Majestät den Kaiser aus. Im Anschluss
hieran hiessen der Regierungs-Präsident Frh. von Rheinbaben
im Namen der Kgl. Staatsregierung, der Oberbürgermeister
Lindemann als Vertreter der Stadt Düsseldorf, der Landes¬
hauptmann Geh. Regierungsrath Dr. Klein im Namen der
Provinzial-Verwaltung, sowie der Oberstabsarzt Dr. Heckerund
der Oberlehrer Dr. Berghof als derzeitige Vorsitzende des ärzt¬
lichen bezw. naturwissenschaftlichen Vereins von Düsseldorf die
Forscher willkommen.
Nach einigen geschäftlichen Mittheilungen des Vorsitzenden
der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Aerzte, Geh. Med.-
Rathes Prof. Dr. Waldeyer erhielt das Wort zum ersten
wissenschaftlichen Vortrag über „Universität und technische
Hochschule“ der Geh. Reg.-Rath Prof. Dr. Kl ein-Göttingen.
Derselbe hob zunächst hervor, dass die Technik bei ihrer heutigen
Entwickelung eine grosse Zahl von praktisch erzogenen
Ingenieuren ohne weitgehende wissenschaftliche Ausbildung ge¬
brauche, dass aber die Candidaten für derartige Stellungen sich
doch gern auf die technische Hochschule drängen. Denselben
kommen dabei das Verhalten zahlreicher Kreise entgegen, die
an einer unterschiedslosen Vermehrung der Frequenz der tech¬
nischen Hochschule interessirt sind. Diese Momente drohen nach
Ansicht des Redners dahin zu wirken, dass der Hochschulen¬
unterricht unter Verkennung seiner eigentlichen Aufgaben auf
ein niederes Niveau herabgedrückt -wird. Hier hat daher eine
entschiedene Reform einzusetzen, und es besteht auch alle Hoff¬
nung, dass dies demnächst geschieht. Dieselbe darf sich aber
nicht darauf beschränken, dass die Hochschule verschärfte Auf¬
nahmebedingungen stellt, vielmehr ist die Forderung hinzu-
zufügen, dass der Staat der Entwickelung mittlerer technischer
Fachschulen noch viel mehr Aufmerksamkeit schenkt als bisher.
Es handelt sich hier, wie wohl qhne besondere Ausführungen er¬
sichtlich ist, nicht nur um eine Lebensfrage der Hochschulen als
solche, sondern ebenso sehr um die gesunde Entwickelung der
Industrie. Prof. Klein verlangt des Weiteren, dass aus dem
immer noch grossen Kreise deijenigen, welche die technische
Hochschule mit Fug und Recht besuchen, eine kleinere Zahl
wesentlich weiter gefördert werden muss als die Gesammtheit,
damit sie Führer auf dem Gebiete wissenschaftlichen Fortschritts
werden, eine Forderung, die auch von den in Betracht kommen¬
den Ingenieurkreisen wiederholt erhoben worden ist. Der Er¬
füllung derselben steht nach Ansicht des Redners eine doppelte
Schwierigkeil entgegen. Zunächst müsste eine Reihe neuer Lehr¬
stellen geschaffen und mit geeigneten Kräften besetzt werden, da
die jetzt vorhandenen Docenten durch die ausserordentliche Ent¬
wickelung der von ihnen vertretenen Disciplinen so überlastet
sind, dass ihnen für einen weitgehenden Specialunterricht keine
Zeit bleibt Ferner werde es schwer halten, bei den in Betracht
kommenden Zuhörern gegenüber dem mächtig entwickelten
Streben ihrer Umgebung nach praktischer Betätigung für die
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492
einem Rundgange oder einer Rundfahrt abgemacht werden. Ab¬
weichungen hiervon sind besonders zu rechtfertigen.
5. Auf Amtsverrichtungen, die ausserhalb des Wohnortes der
beamteten Thierärzte oder des diesem gleichgestellten Umkreises
von 2 km an verschiedenen Stellen eines Ortes ausgefiihrt werden,
darf der im § 1 Abs. 1 des Gesetzes vom 9. März 1872 für Fuhr-
kostenent8chädigungen aufgestellte Grundsatz nicht übertragen
werden.
Bayern: Unterm 11. September d. Js. wird in einer Bekannt¬
machung, Massregeln gegen die Maul- und Klauenseuche betr.,
die Einfuhr und Durchfuhr von Klauenvieh aus der Schweiz vom
15. September ab bis auf Weiteres verboten. Die Einfuhr von
Zuchtrindern und Zuchtziegen wird nur unter der Bedingung
zugelassen, dass die Einfuhr durch Landwirthe oder Züchter für
ihren eigenen wirthschaftlichen Bedarf übernommen wird. Händler
müssen in jedem Fall einen entsprechenden Einzelauftrag von
Landwirthen oder Züchtern nachweisen können. Ausserdem ist
bei der Einfuhr ein höchstens sechs Tage zuvor ausgestelltes
thierärztliches Attest vorzulegen, welches bescheinigt, dass im
Herkunftsort sowie in dessen Nachbargemeinden seit mindestens
30 Tagen kein Fall von Maul- und Klauenseuche vorgekommen
ist. Die Thiere dürfen ferner auf ihrem Transport nachweislich
nicht Gebiete passirt haben, in welchen die Maul- und Klauen¬
seuche herrscht
Baden: Eine mit der vorstehenden sinngemäss überein¬
stimmende Bekanntmachung ist für das Grossherzogthum Baden
und für Elsass-Lothringen unterm 12. bezw. 17. September d. Js.
erlassen worden.
No. 41
FleiRchNchan nnd Yiehverkehr.
Uebereloht über die in den öffentlichen Schlachthäuser« and
In den selbstständigen Rossschlächtereien in Prenssen im lahre 1397
geschlachteten Pferde.
Die Uebersicht über die in den öffentlichen Schlachthäusern
und den besonderen Rossschlächtereien geschlachteten Pferde
giebt folgende Resultate in den einzelnen Regierungsbezirken
(die Anzahl von selbstständigen Rossschlächtereien ist in Paren¬
these angegeben): Königsberg (—) 848, Gumbinnen (—) —,
Danzig (—) 510, Marienwerder (—) 199, Berlin (1) 8568, Pots¬
dam (9) 1620, Frankfurt a. 0. (4) 1360, Stettin (2) 1058, Cöslin
(—) 186, Stralsund (—) 513, Posen (3) 123, Bromberg (1) 98,
Breslau (16) 6223, Liegnitz (12) 2641, Oppeln (3) 1336, Magde¬
burg (21) 3121, Merseburg (26) 3483, Erfurt (4) 546, Schleswig
(84) 4308, Hannover (5) 2034, Hildesheim (11) 987, Lüneburg
(—) 732, Stade (11) 533, Osnabrück (—) 587, Aurich (2) 172,
Münster (10) 810, Minden (4) 975, Arnsberg (12) 5431, Cassel
(4) 469, Wiesbaden (6) 1389, Coblenz (1) 286, Düsseldorf (10)
4474, Cöln (1) 1433, Trier (2) 794, Aachen (—) 547. Insgesammt
sind also geschlachtet worden: 58 454 Pferde (gegen
50 242 bezw. 50 534 bezw. 52 394 in den drei Voijahren).
Darnnter wurden ermittelt 15 rotzige und 66 tuberculöse
= 0,11 pCt: Gänzlich vernichtet wurde das Fleisch von
468 Pferden, theilweise von 353 Pferden. Der grösste Consnm
fand statt in den Regierungsbezirken Berlin, Breslau, Düsseldorf,
Arnsberg, Magdeburg, Merseburg, Schleswig. Die Zahl der
selbstständigen Rossschlächtereien beträgt 266 gegen 254 bezw.
290, bezw. 314 in den drei Voijahren.
(Siehe Statistik auf S. 481.)
BERLINER 1 HIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Kreisthierarzt G. Linker-Fritzlar ist der
Rothe Adler-Orden IV. Classe, dem Bezirksthierarzt Reindl-Rosen¬
heim der Königl. Kronenorden IV. Classe — verliehen worden.
Vom Bayerischen Landwirthschaftsrath sind nachstehende
Auszeichnungen für erfolgreiche und verdienstliche Bestrebungen
zur Förderung der Landwirtschaft an Thierärzte ver¬
teilt worden: Die goldene Vereins - Denkmünze erhielten:
Bezirksthierarzt Ebersberger - Deggendorf, Kreisthierarzt Ott-
Ansbach. Die grosse silberne Vereins - Denkmünze: Bezirks¬
thierarzt Stuffler-MUhldorf,. Bezirkstierarzt Schram - Tirschen¬
reuth, Bezirksthierarzt Mack-Forchheim, Bezirkstbierarzt Neid-
hardt-Günzburg. Die kleine silberne Vereins-Denkmünze: Districts-
thierarzt Kiderle-Prien, Bezirkstierarzt Schilffahrt-Burglengen¬
feld, Districtsthierarzt Hintermayer-Nittenau. Ehrende Erwähnung:
Districtsthierarzt Bestie-Lauingen, Districtsthierarzt G. Schmidt-
Weissenhorn
Ernesnungen: Zu Kreisthierärzten: Kreisthierarzt Dr. P.
Oehmke-Zielenzig für den Stadt- und Landkreis Braunschweig,
Dr. E. Zernecke, Prosector an der thierärztlichen Hochschule in
Berlin, comm. für den Stadt- und Landkreis Elbing. —
Thierarzt W. Haberl-Regensburg zum Assistenten an der
Seuchenversuchsstation der Ihierärztl. Hochschule in München.
Versetzt: Bezirksthierarzt A. Hum an n-Bamberg nach Ebern,
Bezirksthierarzt Birnbaum-Roding nach Bamberg.
Bezirksthierarzt N. Hubcr-Neu-Ulm in den Ruhestand versetzt
Gewählt: Thierarzt Luft-Cottbus zum Schlachthof-Assistenz¬
thierarzt in Bad Homburg v. d. H., nach Ablehnung der Stelle
in Mainz.
WehnsitzveräBderungen, Niederlassungen eto. Verzogen: Ober¬
rossarzt a. D. Mö bring-Wehse nach Kl.-Ziethen bei Vehlefanz (Brdbg.),
Tbierarzt Hoppe Hannover nach Gross-Himstedt bei Hoheneggelsen,
Thierarzt Schmey-Beuthen nach Berlin, Landsbergerstr. 100, Thier¬
arzt Boeckel-Popelken nach Skaisgirren, Thierarzt Türk-Meiningen
nach Rummelsburg (Pomm.), Thierarzt Riethus-Magdeburg nach
Hessen (Braunschweig), Thierarzt Fi edler-Giessen nach Braun¬
schweig als Einj. Freiw. im Hus.-Rgt. No. 17, Thierarzt Fasold-
Offenbach nach Dresden, Thierarzt Länge-Leipzig nach Dresden als
Einj.-Freiw. im Garde Reiter-Rgt, Thierarzt Gerhardt-Sandersleben
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. In.eratenthell) Prot Dr. Schmält« In Berlin. — V
nach Alsleben a. S., Thierarzt Freitag-Salzwedel nach Magdeburg,
Thierarzt Wenderhold-Naugard nach Kassel als Einj. Freiw. im
Art-Rgt. No. 11.
Thierarzt L. Beye hat sich in Willingen (Hann.), Thierarzt
Geuther in Hagen (Bez. Bremen) — niedergelassen.
In der Armee: Ernannt zu Rossärzten: Unterrossarzt Pantke
vom Kür.-Regt No. 3, unter Versetzung zum Drag.-Regt. No. 1,
Unterrossarzt Gube vom Hus.-Regt No. 4, Unterrossarzt Amann
vom 2. Feld-Art-Regt. No. 30. — Zu Rossärzten des Beurlaubten¬
standes: Die Unterrossärzte der Res. Abraham, Stegmanu,
Flöge, Lamprecht. — Versetzt: Oberrossarzt Troester, In-
spicient bei der Militärrossarztschule zum Ul.-Regt. No. 16, Ober-
rossarzt Lud ewig vom Ul-Regt. No. 16 als luspicient zur Militär¬
rossarztschule, Rossarzt Eliiert vom Feld-Art.-Rcgt. No 18 aum
Ul.-Regt. No. 16. — Corpsrossarzt Wenzel vom XI. Armee-Corps
auf seinen Antrag mit Pension in den Ruhestand versetzt.
Todesfälle: Städt Thierarzt Henning-Berlin, Bezirksthierarzt
Fisch er-Landsberg. _
Vacanzen.
Kreisthierarzteteiien: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präs.
R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel.
b) Nach Ablauf der Me 1 defrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Düsseldorf: Cleve.— R.-B. Liegnitz: Fwy-
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanltätsthlerarztstelle» : a) Neu ausgeschriebene Stellen.
Zeitz: Schlachthofdirector (2400—8000 M.,350 M. Wohnungszuschuss).
Bew. sofort an Magistrat
b) Nach Ablauf der Meldefrist nooh unbesetzte
Stellen: Lübeck: Schlachtbofhilfstbierarzt
Die Sammlung für die Waisen des Professor Eber ist ge¬
schlossen. Etwaige weitere Beiträge bitten wir dem Vormund Herrn
Docenteu G e i s s in Hannover direct zu übermitteln. Die Schluss-
Quittung erfolgt demnächst. Fröhner. Schmaltz. Ostertag.
Ich bin von meiner Ferienreise zurückgekehrt.
Berlin, den 11. October 1898. Schmaltz^
MC und Eigenthum von Richard Schoeta in Berlin. — Druck von W. BOxenrteln, Berlin-
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wöchentlich in 8t4rke von mindestens 1*/. Bogen. Dieselbe
ist sä beziehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
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Origlnalbeltrige werden mit 60 Hk. Ihr den Bogen honorirt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden sin Prof. Dr. Schmsdtz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 66.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
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von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 42 . Ausgegeben am 20. October.
* n lia 11: Wessel und Witt: Der Embryotom-Ecraseur. — Loweg: Eine neue Geburtssäge — Kalteyer: Die vereideten
Impfbeamten des Kreisthierarztes Schulz in Schlüchtern. — Bericht über die 70. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19. bis 24 September 1898. — Referate:
Zschokke: Degenerationsformen der Musculatur. — Kleine thierärztliche Mittheilnngen. Schmidt: Die Desinfectionskraft
antiseptischer Streupulver und Bemerkungen über die Fernwirkung des Jodoforms. — Lorenz: Berichtigung von Voges und
Schütz. — Thierhaltung und Thierzucht: Flaum: Die Landbeschälung in Oesterreich und die dazu benutzten
Vollbluthengste. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Oeffeutliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und
Veterinärpolizei. — Bücher-Anzeigen und - Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Der Embryotom-Ecraseur.
Von
W. Wesael-Wilster, 6. Witt-Sonderburg,
Thierarzt. comra. Kreisthierarzt.
Der in der Geburtshülfe geltende Grundsatz: möglichst wenig
mit scharfen Instramenten, am so mehr mit einer geschickten
Hand zn arbeiten, kann sicher nicht genug beherzigt werden.
Es bieten sich aber dem vielbeschäftigten Geburtshelfer doch
Die Anwendung desselben ist nicht ganz gefahrlos. Beim
Drängen des Mutterthieres können Theile der Gebärmutter oder
der Gebnrtswege zwischen die Stangen, die Kette nnd das Messer
gerathen. Und wenn es auch bei grösster Sorgfalt gelingt, ein
Zerschneiden jener Theile zu verhindern, so entstehen doch leicht
Quetschungen nnd oberflächliche Verletzungen, welche das Matter¬
thier in Gefahr bringen.
Es bietet endlich den Verunreinigungen so viele Ecken und
nicht selten Fälle, in denen eine Entwicklung des Jungen ohne
vorherige Entfernung einzelner Theile vollständig unmöglich ist
Die grosse Zahl der constmirten Embryotome liefert dafür den
besten Beweis. — Trotz vieler Versuche ist aber die Aufgabe
nicht in erwünschter Weise gelöst, ein Instrument herzustellen,
mit dem man das Becken, den Hals oder den Körper leicht nnd
doch gefahrlos durch trennen kann.
Das Embryotom von Pflanz in Canth hat sich in Bezug
auf seine Arbeits-Leistung gut bewährt. Es haften ihm aber
einige Nachtheile an. Es ist reichlich schwer gerathen, wiegt
16—17 Pfund, sodas8 sich besonders die Thierärzte, denen nicht
Pferd und Wagen zur Verfügung stehen, kaum zur Anschaffung
eneB solchen Instrumentes entschliessen werden.
Winkel, dass eine gründliche Reinigung nnd Desinfection recht
schwer fällt.
Wir haben uns daher von der Fabrik von H. Hauptner in
Berlin ein Instrument hersteilen lassen, das die Wirkung ver¬
schiedener Embryotome in sich vereinigt, ohne dabei die gerügten
Mängel zu besitzen. Die Firma H. Hauptner,*) Berlin, entsprach
unseren Wünschen in bester Weise. Es ist die Grundform des
bekannten Schranben-Ecrasenrs für unsere Zwecke benutzt, wo¬
durch unser Instrument gleichzeitig geeignet ist, eine Lücke im
thierärztlichen Instrumentarium auszufüllen.
Es fehlte nämlich bisher ein Instrument, welches zur Be-
*) Die Firma Hauptner liefert den Embryotom-Ecraseur mit
einer Kette für M. 62, mit zwei Ketten für M. 90.
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stiUere und zunächst entsagungsvollere Thätigkeit eingehender
wissenschaftlichen Untersuchungen Entgegenkommen zu finden.
Es sei daher die Frage aufgeworfen worden, ob man diesen Theil
der Ingenieurbildung nicht lieber den Universitäten überweisen
solle. Redner wiederholt alsdann die bei anderen Gelegenheiten
abgegebene Erklärung, dass er auch bei dieser Frage für die
Entwickelung der technischen Hochschule eintrete. Unbeschadet
aller Verbindungen, die man zwischen Universität und technischer
Hochschule in Zukunft möglicherweise wird hersteilen wollen,
empfehle er den Angehörigen der Universität fürs erste, dahin
zu arbeiten, dass die Wissenschaft überall da, wo sie hingehört,
auch voll zur Geltung komme, dass der Gegensatz zwischen
Theorie und Praxis, den man ja nie völlig aus der Welt schaffen
werde und die beide einander doch so nöthig haben, nicht zu
einer Zerreissung unseres höheren Unterrichts führe. Die Be¬
tonung dieses Grundsatzes von Seiten der Universität erscheint
dem Redner viel wichtiger als die Vertheidigung sogenannter
Vorrechte. Gleichzeitig verspricht er sich mit Rücksicht auf die
hierdurch geschaffene Concurrenz von Einrichtungen der ge¬
planten Art an der technischen Hochschule eine wohlthätige
Rückwirkung auf die Universität.
Indem sich Redner zur Universität wendet, zeigt er, dass
zwischen den Aufgaben der technischen Hochschulen und der¬
jenigen der Universitäten in keiner Weise eine Bolche principielle
Verschiedenheit besteht, wie vielfach angenommen wird. Beide
haben die gemeinsame Aufgabe, durch wissenschaftliche Studien
die Grundlage für die spätere höhere Berufsthätigkeit zu schaffen.
Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, bedürfen die technischen
Hochschulen zur Entwickelung ihres Specialunterrichts Ein¬
richtungen nach Art der Universitäten, aber auch diese letztem
dürfen sich gegenüber den Fortschritten des Ingenieurwesens
nicht länger passiv verhalten. , .
Bei seinen weiteren Ausführungen bezeichnet es Kl. als einen
Fehlgriff, dass bei der vor Decennien vorgenommenen Umwandlung
der Gewerbeschulen in technische Hochschulen diese nicht
an die Universitäten angeschlossen, sondern die an letztem
vorhandenen technischen Unterrichtseinrichtungen sogar beseitigt
worden sind.
Obgleich diese Trennung der kräftigen Entwickelung des
technischen Unterrichtswesens zeitweise zu Gute gekommen wäre,
so hat sie in erster Linie die jetzt vorhandenen Missstände herbei¬
geführt. Redner hält die Zeit für gekommen, die zwischen beiden
Anstalten geschaffene Kluft zu überbrücken. Zu diesem Zweck
soll jede Anstalt bemüht sein, sich unbeschadet der eigenen
Zweckbestimmung der andern zu nähern. Am Schlüsse seiner
Ausführungen wirft Kl. die Frage auf, ob es wirklich auf die
Dauer unmöglich sei, die technischen Hochschulen vielleicht als
technische Facultäten an die Universitäten anzuschliessen. Er
nimmt zu der Frage selbst keine Stellung. Es genügt ihm viel¬
mehr, den Gedanken angeregt zu haben, der in der Oeffentlich-
keit seinen Weg machen und so eine gesunde Grundlage für die
Neuorganisation schaffen wird.
In dem zweiten Vortrage behandelte Medicinalrath Dr. Till-
mann-Leipzig das Thema „100 Jahre Chirurgie“. Redner
hob einleitend hervor, dass die ungeahnten Fortschritte in der
Chirurgie in den letzten Decennien sich an die schmerzlose
Ausführung von Operationen in der Narcose und unter Local¬
anästhesie, an die Antiseptis bezw. Asepsis und an den zu¬
nehmenden Ausbau der Chirurgie auf der Grundlage der Fort¬
schritte der Naturwissenschaften und der Medicin überhaupt
knüpfen. Nach einem Rückblick auf die Einführung der Aether-
uud Chloroformnarcose besprach er eingehender die Errungen¬
schaften der Chirurgie, welche auf die von List er seit 1865
erstrebte antiseptische Wundbehandlung, die seit Anfang der 70er
Jahre ihren Siegeslauf durch die ganze Welt genommen hat,
zurückzuführen sind.
Im Anschluss hieran erläuterte der Redner die Dienste,
welche die Bacteriologie der Chirurgie geleistet hat, indem sie
der Antisepsis bezw. Asepsis die noch fehlende wissenschaftliche
Grundlage gab. Die weitere Entwickelung der wissenschaftlichen
Chirurgie, mit der die chirurgische Technik Schritt hielt, ist auf
die eingehende Bearbeitung der chirurgischen Pathologie und
deren innige Verbindung mit der inneren Medicin zurückzufahren.
In der Folge beleuchtet der Redner die Erfolge der Serumtherapie.
Einen wesentlichen Fortschritt auf dem Gebiete der chirurgischen
Diagnostik hatte die Entdeckung der Röntgen-Strahlen zur
Folge.
Die Durchleuchtung mit diesen Strahlen hat sich als werth¬
volles diagnostisches Hülfsmittel besonders bei in den Körper
eingedrungenen Fremdkörpern, bei Verletzungen, bei angeborenen
und erworbenen Deformitäten der Knochen und Gelenke sehr
bewährt. Zur Kriegschirurgie übergehend, betont Tillmann,
dass dieselbe in Folge der gegenwärtig so vorzüglich aus¬
gebildeten chirurgischen Technik auf einer viel höheren, leistungs¬
fähigeren Entwickelungsstufe steht als früher. Trotz der stetig
zunehmenden Vervollkommnung der Schusswaffen glaubte er
nicht, dass die Zahl der Verwundeten in den Eukunftsschlachten
im Vergleich zu den früheren eine wesentlich grössere sein wird,
und erläuterte durch verschiedene Beispiele, dass die Verluste in
den grossen Schlachten der neueren Zeit, z. B. bei Königgrätz,
Gravelotte, Sedan, Wörth, Mars - la - Tour, Plewna verhältniss-
mässig geringer waren als früher, z. B. bei Leipzig, Aspern,
Borodino, Eylau und Waterloo. T. führt dies darauf zurück, dass
der Nahkampf immer seltener geworden ist und der natürliche
Schutz des Geländes besser ausgenutzt wird. Für die Unter¬
bringung der Verwundeten im Kriege empfiehlt er für das Land¬
heer vor allem Krankenzelte und die Döcker’sehen Baracken,
sofern geeignete feststehende Gebäude nicht genügend vorhanden
sind, für die Marine zweckentsprechend eingerichtete Lazarett¬
schiffe. Redner bespricht alsdann kurz die Wirkung der
modernen Geschosse und verurtheilt besonders die von den
Engländern im letzten indischen Grenzkriege benutzten partiellen
Nickelmantelgeschosse wegen ihrer grausamen, gleichsam
explosiven Wirkung. In der Folge würdigt er die Dienste, die
das Thierexperiment der Chirurgie geleistet hat, und bezeichnet
die gegentheiligen Bestrebungen gewisser Vereine als inhuman.
Für die Zukunft hält T. ein Hand-in-Hand-gehen der Chirurgie
mit der inneren Medicin als im Interesse beider Disciplinen
gelegen und hebt die enge Berührung beider auf dem Gebiete
der Organtherapie hervor. Zu dieser übergehend, berührt er die
Versuche Wernicke’s, der aus der Milz milzbrandkranker
Meerschweinchen nach Abtödtung der Bacillen ein Antitoxin
gewann, das, inficirten Mäusen einverleibt, dieselben vor dem Tod
durch Milzbrand bewahrte.
Am Schlüsse seiner Ausführungen betont Redner, dass auf
dem Gebiete der Chirurgie auch in Zukunft noch bedeutende
Fortschritte zu erwarten sind. Die späteren Geschlechter würden
aber den Chirurgen der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die
Anerkennung nicht versagen können, dass in dieser Zeit die
Fundamente der modernen Chirurgie gelegt worden sind. Indem
er die Fachgenossen zu den weiteren Arbeiten im Dienste der
leidenden Menschheit ermuntert, ruft er ihnen das Motto zu:
Schaffen und Streben allein nur ist Leben.
Zuletzt sprach Geh. Reg. Rath Prof. Intze-Aachen über
„Thalsperren“. (Fortsetzung folgt.)
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20. October 1898.
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Referate.
Degenerationsformen der Musculalur.
Von Zschokke-Zürich.
(8chw. Arcb. Bd. 40, H. 3.)
Ueber den Einfluss einer Muskelveränderung auf die Functions¬
fähigkeit ist eigentlich recht wenig bekannt Soviel weise man,
das8 gleiche Ursachen nicht überall dieselben Folgen haben. Man
denke nur an die intensive Erkrankung des Menschen, daneben
an die völlige Reactionslosigkeit des Schweins bei der Trichinose.
Schweine laufen ganz gut, auch wenn ihr Fleisch so finnig ist,
dass es wie Froschlaich aussieht. Selbst bezüglich der Herz¬
function gilt das. Bei Kühen, die im Gange nichts Besonderes
zeigten, beobachtete Z. einmal hochgradige Myositis an der
ganzen Körperhälfte.
So häufig thierische Parasiten in den Muskeln angetroffen
werden, so seltbn gedeihen dort pflanzliche Mikroorganismen.
Nur der Dunker’sche Strahlenpilz ist für den Muskel specifisch.
Bossl hat einen Mikrococcus albus et aureus myositidis equi ge¬
funden, der mindestens noch zweifelhaft ist. Die natürliche
Massage bei der Bewegung mag die Ansiedlung pathogener
Bacterien schwieriger machen. Nur ein einziges Mal hat Z.
bisher Tuberculose in einem Muskel gefunden, und auch sie ging
vom umgebenden Bindegewebe aus. Sasmussen, Kitt und
Hertwig haben bei Bind und Schwein embolische Muskeltuber-
culo8e beobachtet. Rotz scheint etwas häufiger vorzukommen,
ist aber auch selten.
Dagegen ist die Muskelzelle Toxinen (d. h. also den giftigen
Stoffwech8elproducten pathogener Bacterien) gegenüber nicht
widerstandsfähiger, sondern noch empfindlicher als andere Körper¬
zellen. Ebenso wirken viele andere Gifte pathogen (Phosphor,
Arsenik, Kohlenoxyd, Carbolsäure, Jodoform, Lupinin, Bienen¬
gift u. 8. w.). Meist ist nur vorübergehende Degeneration die
Folge; andererseits vollständiges Absterben. Hyperämie und ent¬
zündliche Exsudation sind selten.
Die häufigste Erkrankung der quer gestreiften Muskelfaser
ist die trübe Schwellung (albuminoide Trübung). Dann ist die
Faser dunkler und mit staubartigen, stark lichtbrechenden Körn¬
chen durchsetzt, die durch Essigsäure verschwinden, übrigens sind
niemals alle Fasern eines Muskels befallen, was auch für andere
Degenerationen gilt. Körnchen, welche bei Essigsäurewirkung
fortbestehen, sind Fetttröpfchen und bedeuten die fettige Degene¬
ration, welche aus der albuminoiden Trübung hervorgeht; auch
davon kann sich die Zelle erholen. Diese häufigen Veränderungen
treten schon bei Ueberanstrengung oder langdauernder Unthätig-
keit, ferner bei Vergiftungen und fieberhaften Infectionskrank-
heiten anf. Sie sind gewiss einer chemischen Wirkung auf die
Zelle zuzuschreiben; die fieberhafte Temperaturerhöhung bedingt
sie nicht allein. So sind die Muskeln bei Pferdestaupe und
croupöser Pneumonie viel mehr als bei Druse mit gleichem
Fieber betroffen, und bei der fieberlosen Hämoglobinurie ist die
Degeneration besonders heftig. Solche Muskeln sind grau, wie
„gekocht, brüchig, oft sehr wasserhaltig.
Die hyaline oder wachsartige Degeneration ist häufig genug.
Nie fehlt sie bei der Hämoglobinurie, und zwar nicht bloss im
gelähmten Körpertheil, sondern in der ganzen Scelettmusculatur
finden sich so entartete Fasern schon 4 Stunden nach einem An¬
fall. Dabei zeigt sich die Querstreifung lockerer; die Streifen
haben grössere Abstände von einander und werden bogenförmig.
Die Längsstreifung schwindet, ebenso schliesslich die Querstreifung.
Das Protoplasma erscheint zerrissen, oder es bilden sich homogene
glänzende Schollen in der ganzen Breite der Muskelfasern,
»wischen denen Lücken entstehen. Die Schollen zeigen nach
inigen Tagen ein anderes Verhalten zu Farbstoffen, namentlich
zu Hämatoxylin. Verfettung besteht nicht. Im intermusculären
Bindegewebe findet sich, namentlich in den ersten Tagen, Leuko-
cytenvermehrung, welche in die Muskelfasern zwischen die
Schollen eindringen. Regenerationserscheinungen konnte Z. nur
einmal nachweisen. Doch ist ein nachheriger Ersatz der Muskel¬
fasern angesichts der persistirenden Kerne anzunehmen. Die er¬
krankten Fasern zerfallen und werden beseitigt Da trotzdem
keine Muskelatrophie bemerkbar wird, so müssen sie ersetzt
werden. Für eine bestimmte Krankheit specifisch ist die wachs¬
artige Degeneration nicht; bei der Hämoglobinurie allerdings am
häufigsten. Hier wird der Muskel Fischfleisch ähnlich, an
der Luft dagegen die Schnittfläche wieder ziegelroth. Doch
müssen dann mindestens 20 pCt. der Fasern verändert sein. Auch
bei Kalbefieber, bei Morbus maculosus hat Z. die hyaline Degene¬
ration beobachtet; beim Menschen bekanntlich bei Typhus,
Miliartuberculose, Trichinose, Erfrierungen und Verbrennungen etc.
Ein wesentlich anderes Bild zeitigt der acute Muskelrheuma¬
tismus. Gelegenheit zur Untersuchung bei Thieren ist spärlich.
Z. konnte einen tödtlich verlaufenen Fall untersuchen bei einem
6jährigen Pferde. Der Herzmuskel zeigte trübe Schwellung.
Auch die Fasern des Longissimus dorsi waren zu 30—50 pOt. so
verändert. Daneben war eine andere, sonst von Z. nicht gesehene
Degeneration, namentlich an gehärteten und gefärbten Schnitten
zu constatiren; starke capilläre Füllung, beträchtliche Leukocyten-
anhäufuog in den Interstitien, also Entzündungserscheinungen.
In einer Menge Fasern fehlt die Querstreifung ganz oder fleck¬
weise, bei andern auch die Längsstreifnng. Dann ist der Inhalt
des Sarcolemmaschlauchs entweder eine homogene Masse oder
besteht aus gleichförmigen Schollen von der Grösse eines rothen
Blutkörperchens, die sich mit Hämatoxylin mattblau färben. In
anderen Sarcolemmaschläuchen lagen unregelmässige Protoplasma¬
zellen mit grossen bläschenförmigen oder verunstalteten Kernen.
In diesen Kernen schienen Theilungsvorgänge sich abzuspielen.
Man findet auch solche Zellen reihenweis dem Sarcolemma an¬
liegend und jene Muskelzellschläuche bildend, welche nach
Waldeyer für Muskelregeneration typisch sind.
Eine sehr wichtige Degeneration ist natürlich auch die
Atrophie, deren verschiedene Gründe ja bekannt sind. Hingewiesen
werden soll hier nur auf die Druckatrophie, wie sie durch aller¬
hand Geschwülste sowie durch die chronische Myositis hervor¬
gerufen wird. Ob in letzteren Fällen der Druck des gewucherten
Bindegewebes das Primäre ist, oder ob ein Schwund der Muskel¬
fasern aus inneren Gründen erfolgt, ist freilich nicht immer fest¬
zustellen. Jedenfalls zeigen die Fasern keine Veränderungen;
sie werden nur einfach dünner, aber die Querstreifung erhält sich
bis auf die letzte übrige Fibrille, und das Alles lässt darauf
schliesBen, dass Druck von aussen die Atrophie macht Freilich
kommen auch andere Erscheinungen vor. So fand Z. bei einer
interstitiellen Myositis des Kalbes in dem weissgelben Fleisch
fast alle Fasern fettig entartet und das interstitielle Bindegewebe
offenbar nur zur Ausfüllung der Lücken gewuchert. Jedenfalls
zeigt aber das sogenannte weisse Fleisch in den Muskelfasern
sehr häufig keinerlei Veränderungen, abgesehen vom Fehlen des
Muskelfarbstoffs (Kalb, Huhn, Schwein). Die idiopathische Form
der Myositis, wie sie nicht selten beim Rinde vorkommt, ist noch
zu wenig untersucht, um hierüber etwas sagen zu können.
Kleine thierfirztliche Mittheilnngen.
Reseotlon des Kiefergeienks.
Im 9. Bd. der Mtsh. f. Thierhlkd., H. 11 wird von Fröhner
folgender interessante Fall mitgetheilt: Ein Pferd war vor
vier Wochen gegen einen Wagen gerannt und hatte sich am
rechten Auge verletzt. Es frass nur noch wenig und konnte das
Maul schlecht öffnen. In der rechten Schläfengegend befand sich
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No. 42.
eine kindskopfgrosse Anschwellang mit FiBtelöflhungen. Die
Untersuchung ergab, dass es sich um eine complicirte Fractur
des Schläfenbeins, Jochbeins und Stirnbeins mit Sequester- und
Fistelbildungen sowie um eine Entzündung des Kiefergelenks
handelte. Das Pferd wurde geworfen, die Knochen freigelegt,
wobei zwei grosse Sequester zum Vorschein kamen, nämlich der
ganze Jochbogen und der ganze Jochfortsatz des Stirnbeins,
welche entfernt wurden. An dem stark aufgetriebenen Kiefer¬
gelenk zeigte sich der Gelenkfortsatz seitlich abgebrochen und
necrotisch, die Bänder zerrissen, die Gelenkgrube des Jochbogens
rauh und mit Eiter gefüllt. Infolge dessen wurde der Gelenk¬
fortsatz resecirt, die Gelenkgrube mit scharfem Löffel ausgekratzt,
die grosse Wundhöhle nach sorgfältiger Entfernung aller
necrotischen Theile mit Jodoformgaze tamponirt. Die Tamponade
wurde täglich erneuert. Die Knochendefecte, auch das resecirte
Kiefergelenk, füllten sich mit normalen Granulationen. Die
Beweglichkeit des Kiefers und die Futteraufnahme war schon
nach 14 Tagen wieder normal und das Pferd konnte 18 Tage
nach der Operation entlassen werden. Der Fall zeigt, dass
sich auch beim Pferde eine Gelenkresection, wie sie beim Menschen
sehr häufig vorgenommen wird, wenigstens am Kiefergelenk
ausführen lässt.
Zerrelssung des nusoulus cleldomastoideus beim Pferd.
Nach dem Bericht des Bez.-Thierarztes Flesser in der
Wschr. f. Th. 35, 97 trat bei einem Luxuspferd, welches zur
Seite auf eine Steinkante gestürzt war, eine fast völlige Zer-
reissung des Cleidomastoideus an seinem nach dem Kopf zu
gelegenen Theile ein. Bei der ersten Besichtigung zeigte sich
eine handtellergrosse Fleischgeschwulst am Halse, aus der ein
halber Liter blutig seröser Flüssigkeit entleert wurde. 2 Tage
später hatte sich die Geschwulst vergrössert und neu gefüllt
Als sie durch einen langen Schnitt gespalten war, ergab sicfy der
mitgetheilte Befund. Nachdem Heilung der Muskelzerreissang
eingetreten war, wurde das Pferd versuchsweise gefahren. Nach
einer Viertelstunde fing es an, sich auf den Zügel zu legen,
begann zu taumeln und stürzte nieder, erhob sich aber nach
einer Minute wieder. Dies geschah in den folgenden 3 Wochen
noch 3 mal. Gegenwärtig ist das Pferd vollkommen gesund und
schwindelfrei. Nach Ansicht des Berichterstatters waren die
Schwindelanfälle durch eine Quetschung des oberen AsteB vom
nervus accessorius bedingt.
Thrombose der Aobeelarterle.
Malkmus schreibt in der „Dtsch. Thierärztl. Wschr.“:
Thrombosen in der vorderen Aorta sind selten erwähnt. Am
2. October 1895 wurde nun ein vieljähriges Halbblutpferd zur
Untersuchung vorgestellt, welches eine bestimmte Bewegungs¬
störung am linken Vorderschenkel mit Atrophie zeigte. Auch der
Huf war hier kleiner. Der Schenkel war kühler, die Pulsation
der Metacarpal- und Zehenarterien gar nicht zu fühlen. Auch der
Radialispuls war schwach. Andere krankhafte Veränderungen
nicht zu ermitteln. Nach 10 Minuten langer Trabbewegung
konnte das Pferd den Schenkel nicht mehr Vorbringen. Beim
Longiren auf der rechten Hand hielt sich das Pferd besser. Die
Störungen waren bei der weiteren Beobachtung nicht immer
gleichmässig und manchmal war das Pferd nicht zum Versagen
zu bringen. Etwa ein Vierteljahr später war der Zustand besser
geworden, der Puls auf den Metarcapalarterien wieder zu fühlen,
die Atrophie jedoch noch deutlich. 5 Monate später war die Besse¬
rung vorgeschritten, die Fussstreckung in der Trabbewegung noch
mangelhaft und auch Ende des Jahres 1896 war die Lahmheit
noch nicht völlig verschwunden, aber eine Differenz im Umfange
der Extremitäten nicht mehr nachzuweisen. Die Symptome er¬
gaben mit Sicherheit, dass es sich um eine Behinderung des Blutr
Zuflusses handelte. Die in dem so langen Zeitraum allmälig
aufgetretene Besserung ist unzweifelhaft auf die Bildung von
Collateralbahnen zurückzuführen.
Thrombose der hinteren Aorta.
Nach einer Mittheilungin Anacker’s „Thierarzt“ beobachtete
Haas in Metz bei einem Pferde, welches bei Lebzeiten ent¬
sprechende Symptome gezeigt hatte, nach der Schlachtung am
Ende der hinteren Aorta einen 16 cm langen Blutpfropf, der das
Lumen zu % ausfüllte. Ebenso fand er bei einer Kuh einen
23 cm langen Thrombus in der hinteren Aorta derartig festsitzend,
dass er Verzweigungen in die Darmbein- und Beckenarterien
schickte und das Lumen der betroffenen Gefässe fast ganz aus¬
füllte. In beiden Fällen wies die Stmctur des Thrombus auf ein
längeres Bestehen hin.
Verletzung der hinteren Aorta duroh einen Fremdkörper.
Seiber t-Neukirchen schreibt in der Dtsch. Thierärztl. W.:
eine Kuh war schwer erkrankt und binnen Kurzem verendet
Circa 25 cm vom Herzen entfernt sass an der hinteren Aorta mit
dieser in festem Zusammenhang eine mannsfaustgrosse Geschwulst
Dieselbe war ein Aneurysma, welches zugleich den Ursprung der
Arteria broncho-oesophagea umfasste. Die Wandungen waren bis
2 cm dick, derb schwartig und grauweiss. Im Hohlraum lag ein
Thrombus, in dem Thrombus lag eine 5 cm lange Nähnadel, welche
augenscheinlich an der Stelle, wo die Speiseröhre die Aorta
passirte, sitzen geblieben und von hier aus gegen die Aorta vor¬
gedrungen war. Die Kuh war vorher nicht krank gewesen.
Ruptur der Aorta beim Pferd.
Engelen theilt in der Dtsch. Th. Wsch. folgende Be¬
obachtung mit: Ein Pferd verendete vor einem Grubenwagen.
Der Herzbeutel war mit geronnenem Blüte prall "gefÜIIt,'die
Aorta zeigte einen 8 cm langen Riss, der am Ursprung der
rechten Kranzarterie begann, „3^ cm vom Ursprung der ersten
halbmondförmigen Klappe entfernt, dem Rande der letzteren
parallel laufend, bis nicht ganz zum Ende der mittleren halb¬
mondförmigen Klappe reichte“. E. weist darauf hin, dass gerade
an der Ursprungsstelle die Wand der Aorta dünner sei als im
weiteren Verlaufe und dass Dieckerhoff, Lustig und Sticker
hier Aortenrupturen nach Anstrengungen, z. B. beim Rennen,
gesehen haben. Es lässt sich im vorliegenden Falle nicht sagen,
ob der Sturz des Pferdes die Aortenruptur veranlasst hat oder
ob das Pferd stürzte, weil infolge der Anstrengungen eine
Aortenruptur eingetreten war.
Fünfte Gliedmasse beim Kalb.
Nach einer Mittheilung in der D. T. W. aus einem italienischen
Journal zeigte ein Kuhkalb an der rechten Seite des Widerristes
eine vollständig entwickelte Nebengliedmasse, die pendelnd an
der rechten Schulter hing und von der Zehe bis zur oberen
Epiphyse des Armbeins völlig entwickelt war. Hier war sie
mit einem 2 cm dicken Stiel in die Schulterhaut eingepflanzt.
Die Gliedmasse wurde entfernt.
Nebenleber in der Brusthöhle des SohwelM.
Göhrig-Karlsruhe hat in der Dtsch. Thierärztl Wochenschr.
folgende Mittheilungen gemacht Nebenlebern sind abgeschiedene
Leberpartien, die bandartig mit der eigentlichen Leber Zusammen¬
hängen. Nach Kitt bilden sie einen seltenen congenitalen Zu¬
stand. G. fand nun bei einem 7 monatigen Schwein im hinteren
Mittelfellsraum zwischen Oesophagus und Aorta ein rotbraunes
Gebilde, welches 17,8 und 3 1 /, cm Durchmesser hatte und bis an
die Zwerchfellpfeiler reichte. Es lag nahezu lose; es führte jedoch
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von ihm ein straffes Band durch den Hiatus oesophageus des
Zwerchfelles zu der völlig normalen Leber. Die Leberarterie
gab auch die Gefässe des Gebildes, welches aus Lebergewebe
mit chronischer interstitieller Wucherung bestand.
Fortbestehen der Nabelvene bei einer erwachsenen Kuh.
Bei einer 11jährigen Kuh fand sich in der Bauchhöhle ein
50 cm langer Strang, der vom Nabelring nach der Mitte der
hinteren Leberfläche zog. Derselbe stellte ein echtes Blutgefäss
dar mit überall gleich grossem Lumen und mündete ohne Ab¬
grenzung in die Hohlvene, hatte hier auch vollkommen die Be¬
schaffenheit der Venenwand. Das Lumen setzte sich bis in die
Bauchwand fort und hatte offenbar Blut aus den Bauchvenen
gefühlt. (Mittheilnng von Fahretti in der Dtsch. Th. Wschr.)
Die Desinfectionskraft antiseptischer Streupulver and
Bemerkungen Aber die Fernwirkang des Jodoforms.
Von Dr. W. Schmidt, Apotheker in Dresden.
(Centndbl. f. Bact. 1897, Bd. XXIII, H. 6-13.)
Verl, experimentirte mit nachstehenden Streupulvern: Airol
(dargestellt von Hoffmann, Traub & Co. in Basel). Das Prä¬
parat ist chemisch als Wismuthoxyjodidgallat, d. h. Dermatol,
in welchem ein Hydroxyl durch Jod ersetzt ist, zu betrachten.
Amyloform (FirmaRhenania, Aachen) ist eine chemische Ver¬
bindung von Amylum mit Formaldehyd. Aristol (Bayer & Co.,
Elberfeld) ist Dithymoldijodid. Dermatol (Meister, Lucius
& Brünning, Höchst) ist basisch gallussaures Wismuth. Gallicin
(Sandoz & Co., Basel) ist der Methylester der Gallussäure.
Jodogallicin (Sandoz & Co., Basel) ist entstanden durch Ein¬
wirkung von Wismuthoxyjodid auf Gallicin und ist Wismuthoxy-
jodidmethylgalloL Jodol (Kalle & Co., Biebrich a. Rh.) ist
Tetnyodpyrol mit 89 pCt. Jodgehalt. Xeroform (v. Heyden
Nachf., Radebeul bei Dresden) ist Tribromphenylwismuth. ^ .
Die Präparate wurden künstlichen Nährböden in bestimmtem
Procentgehalt zugesetzt. Diese Nährmedien wurden mit bekannten
Bacterienformen (Milzbrandbacillen, Sraph. aureus Pyocyaneus)
beschickt und der Einfluss der genannten Mittel auf das Wachs¬
thum des Bacterium beobachtet. Die Fernwirkung des
Jodoforms, welches ausserdem bei den Versuchen als Vergleichs¬
object benutzt wurde, gelangte in folgender Weise zur Fest¬
stellung: Eine Koch’sehe Doppelschale von 35 cm Durchmesser
wurde mit einer genügend hohen Schicht Glycerinagar aus¬
gegossen und in die Mitte der Platte 1 qcm Fläche mit electro-
lytisch gefälltem Jodoform bedeckt. Parallel zu den Seiten des
Quadrats wurden nun im Abstand von je 2 cm Impfstriche der
verschiedensten pathogenen und nicht pathogenen Mikroorganismen
angebracht und an der Art des Wachsthums bezw. an der Wachs¬
thumshemmung die Einwirkung des Jodoforms constatirt.
Aus dem Gesammtresultat der Versuche ist zu entnehmen,
dass sich die Wirkung des Jodoforms mit der seiner Concurrenz-
präparate kaum in Parallele stellen lässt. Die Desinfectionskraft
des Jodoforms basirt auf folgenden Grundlagen: „Es geht mit
den Zersetzungsproducten der Mikroorganismen Verbindungen
ein; es besitzt eine Fern Wirkung, welche es befähigt, viele
Bacterien in ihrem Wachsthum zu hindern, einige sogar zu
tödten; es reizt gleichfalls, eine Folge seiner Fern Wirkung, die
Gewebe, ihre Widerstandskraft zu vermehren; es besitzt eine
wenn auch geringe bactericide Kraft, die nach Lomry haupt¬
sächlich dann zur Geltung kommt, wenn das Jodoform in Lösung
wirken kann“.
Die übrigen untersuchten Mittel zeigen eine solche Com-
binationswirkung nicht, Bondern sie wirken nur local, indem sie
den Nährboden für die Bacterien ungünstig beeinflussen oder
dieselben direct abtödten. Fernwirkung wurde bei denselben
nicht bemerkt. Airol, Jodgallicin, Xeroform und das leicht lös¬
liche Gallicin erwiesen sich als gute Antiseptica. Aristol und
Jodol haben weniger gut ausgeprägte bactericide Eigenschaften.
Amyloform und Dermatol documentiren auf künstlichen Nährböden
eine sehr minimale antiseptische Wirkung.
Nunmehr bleibt noch übrig, zu prüfen, wie sich die auf künst¬
lichen Nährböden gewonnenen Resultate auf lebenden Geweben
gestalten würden.
Berichtigung
zu dem im ersten Heft des XXVIII. Bandes der Zeitschrift für Hygiene
erschienenen Aufsatze über Impfungen zum Sohutz gegen den Rothlauf
der Schweine und zur Kenntnlss des Rothlauf baclllus von 0. Voges und
W. Schütz in Berlin.*)
Von Obermcdicinalrath Lorenz in Darmstadt.
Auf S. 43 ist als Anmerkung 2 angeführt: „Emmerich und
Mastbaum, die Ursache der Immunität, die Heilung von Infections-
krankheiten, speciell des Rothlaufs der Schweine, und ein neues
Schutzimpfungsverfahren gegen diese Krankheit, Archiv für Hygiene,
Bd. XII 1890.“
Auf S. 45 heisst es: „Mit dem Bekanntwerden der Emmerich-
schcn genialen Untersuchungen war ein neuer Weg gegeben, um zu
praktisch brauchbaren Resultaten bei den Bestrebungen zu kommen,
Schweine gegen den Rothlauf zu immunisiren; Lorenz baute aut
den Erfahrungen seiner Vorgänger weiter und schuf die nach ihm
benannte Methode.
Hatte Emmerich nachgewiesen, dass das Serum immunisirter
Thiere schützende Eigenschaften besitzt, so zeigten die Arbeiten der
Behring’schen Richtung, dass die durch Serumeinspritzungen zu
erzielende passive Immunität nur von vorübergehender Dauer
ist u. s. w.“
Zunächst ist als berichtigend hier anzuführen, dass die oben
citirte Arbeit von Emmerich und Mast bäum nicht 1890, sondern
1891, und zwar im dritten Heft des XII Bandes des „Archivs für
Hygiene“ erschien, welches in der zweiten Hälfte des Monats Mai 1891
zur, Ausgabe gelangte.
*" Meine erste Arbeit**) über Rothlauf, welche gegen Jahres¬
schluss 1891 erschienen ist, enthält auf S. 55 ff. die Resultate meiner
Versuche, mit Blut immunisirter Kaninchen bei grauen Mäusen
Immunität gegen Rothlauf, Backsteinblattern und Mäusesepticämie
zu erzeugen. Aus der Arbeit selbst geht hervor, dass jene Versuche
am 27. März 1891 begonnen wurden. Soweit in dem hier angeführten
Aufsatz über Versuche berichtet ist, waren diese bis Ende Mai 1891
beendet. Ich konnte damals schon einige Schlüsse aus meinen Ver¬
suchsresultaten ziehen, die heute noch als feststehend gelten, z. B.
„dass in dem Blute der Kaninchen, die eine der an¬
gegebenen Krankheit überstehen, sich ein Stoff-
wechselproduct bildet, welches das Bestreben des
Blutes, die Krankheitskeime zu vernichten und
e n t wi ck e I u ngs h e m m e n d auf sie einzuwirken, so¬
wie vielleicht auch die von diesen gebildeten oder
hervorgerufenen schädlichen S t offwechse1pro-
ducte zu paralysiren, wirksam unterstützt.“ Meine
Versuche hatten ferner gezeigt, „dass das wirksame Agens
dem Blute der immuniiirten Kaninchen nicht
dauernd anhaftet, sondern allmä.lig aus dem¬
selben verschwindet, dass aber in ihnen dieFähig-
keit, das fragliche Agens auf Anregung einer spä¬
teren Infection wieder frisch zu bilden, eine mehr
dauernde ist. Schoneineverhältnissmässigkleine
Menge dieses Agens, nichtimmunen Mäusen bei¬
gebracht, m a c h t e d i e s e 1 b e n aufkurzeZeit wider¬
standsfähig gegen eine Infection, vermochte sie
jedoch nicht auf längere Zeit immun zu machen,
sondern verschwand scheinbar nach 15 bis20 Tagen
aus dem M ä u s e k ö r p e r, o h n e d e m s e 1 b e n die Fähig¬
keit zu verleihen, auf Anregung einer Infection
es wieder zu erzeugen. Diese Fähigkeit erwächst
erst nach einer gleichzeitig mit der Uebertragung
*) Diese Berichtigung ist auch bereits in der Zeitschrift für
Hygiene veröffentlicht.
**) Archiv für wissenschaftl. und praktische Thierheilkunde.
1892. Bd. XVIII., 1. Heft.
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500
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42.
des Blutes vorgenommeuen Impfung und einer
balddarauf erfolgten Wiederbolungderletzteren.“
Diese und andere Wahrnehmungen, worunter auch die, „dass die
Schutzkraft des Blutes dem Serum anhaftet/ 1 hatte
ich aus eigenen Versuchen bereits bis Ende Mai 1891 gemacht, also
zu einer Zeit, in der Uber gleiche Beobachtungen Anderer mir noch
gar nichts bekannt sein konnte, abgesehen von einer Ende Februar
oder Anfang März 1891 in der „Frankfurter Zeitung“ erschienenen
kurzen Notiz von der Entdeckung der Heilkraft des Blutes gegen
Diphtherie und TetanuB immunisirter Thiere durch Behring und
Kitasato. Dass ich auf diese Notiz hin meine bezüglichen Ver¬
suche begonnen, habe ich nie in Abrede gestellt, ja Bogar öfters
hervorgehoben. Dass ich aber weiterer Feststellungen Anderer
nicht bedurft hatte, um eine Schutzimpfungsmethode gegen den
Schweinerothlauf aus meinen Versuchsergebnissen zu entwickeln,
geht schon aus der einen Feststellung hervor, dass ich bereits
Ende Mai 1891 wusste, dass man Mäuse durch Ein¬
spritzung immunisirenden Serums und gleich,
zeitige Infection mit Rothlauf gegen diesen immu-
nisiren kann — eine Behauptung, der man lange
keinen Glauben geschenkt bat, bis man im vorigen
Jahre die Uebertragung dieser Methode auf die
Immunisirung gegen Rinderpest und Maul- und
Klauenseuche erlebte. Thatsächlich sind aber schon im
Sommer 1892 derartige Schutzimpfungsversuche gegen Rothlauf bei
Schweinen in der Praxis ausgeführt worden.
Wer das Resultat der E m m e r i c h ’schen Untersuchungen, von
denen die Verfasser Voges und Schütz reden, näher betrachtet,
der wird bei einem Vergleich mit meinen Versuchen sofort erkennen,
dass diese ganz unabhängig von jenen angestellt wurden. In der
citirten Arbeit von Emmerich und Mastbaum heisst es: „Wenn
es nämlich richtig ist, dass im immunisirten Thierkörper die Roth-
laufbacillen durch ein von den Körperzellen producirtes, im intra¬
cellulären Saftstrom kreisendes chemisches Gift vernichtet werden,
dann muss der Ge webssaft immunisirter Thiere und
vielleicht auch das Blut ein Heilmittel für den zum Ausbruch
gekommenen Rothlauf sein.' 1 Emmerich legt in jener Arbeit
überhaupt den Schwerpunkt auf den Gewebssaft der immunisirten
Thiere, den er (S. 298) dadurch gewinnt, dass er die immunisirten
und darauf getödteten Thiere nach vorheriger sorgfältiger Reini¬
gung abzieht, mit allen Organen zerstückelt, durch eine Fleisch-
hackmaschine treibt und schliesslich in einer hydraulischen Presse
bei einem Druck von 300 bis 400 Atmosphären auspresst Auf S. 325
ist gesagt: „Da man den von immunisirten Kaninchen stammenden
Gewebssaft auch zur Schutzimpfung von weissen Mäusen mit bestem
Erfolg verwenden kann, so wird derselbe voraussichtlich auch zur
Schutzimpfung von Schweinen verwerthbar sein. — Wenn unter den
Schweinen eines Landwirths der erste Fall von Rothlauf auftritt,
wird derselbe die übrigen sofort mit Gewebssaft immunisirter
Kaninchen impfen und so den Ausbruch der Epizootie verhüten
können.“ Hiernach aber ist erwiesen, dass ich zur
Zeit, als die E m m e r i c b ’ s c h e Arbeit erschien,
dieser mit meinen Resultaten längst voraus war.
Der letzterwähnte Umstand hätte einem der
Verfasser des in Rede stehenden Aufsatzes, Hm.
Geheimen Regierungsrath Prof. Dr. Schütz, wohl
bekannt sein dürfen; denn ihm, als dem Herausgeber des
„Archivs für wissenschaftliche und praktische Thierheilkunde“, hatte
ich bereits Ende Mai 1891 meine Arbeit zum Abdruck in dieser
Zeitschrift zugesandt Ich besitze hierüber eine Mit¬
theilung von Hm. Schütz vom 5. Juni 1891, worin er
schreibt: „Ihre Arbeit habe ich erhalten, auch gelesen und ich
brauche wohl nicht zu versichern, dass ich mit grossem Interesse
Ihren Versuchen gefolgt bin. Die Arbeit kann leider in das nächste
Heft nicht aufgenommen werden, weil der Druck desselben fast be¬
endet ist.**. — Im Laufe des Monats Juni 1891, naohdem meine
Arbeit bereits im Besitz des Hrn. Schütz war, bekam ich die
Emmerich’ sehe Arbeit zu lesen. Es gab mir dies Veranlassung,
meiner Arbeit noch eine Bemerkung mit Bezug auf diese Arbeit
beizufügen, und ich liess mir bei einer gelegentlichen Anwesenheit
in Berlin die meinige von Herrn Schütz selbst einhändigen. Ich
habe nur einige Worte auf S. 59, sowie einen kleinen Nachtrag auf
S. 62 beigefügt und naoh wenigen Tagen meine Arbeit wieder Hrn.
Schütz zugesandt, worauf ich wieder eine Empfangsbescheinigung
vom 9. Juli 1891 erhielt, die ich ebenfalls noch besitze.
loh hatte mich mit der Einsendung beeilt, damit nicht abermals
eine Verzögerung in der Veröffentlichung eintreten möge. Bei
letzterer Unterstellung hatte ich mich allerdings getäuscht, denn der
Abdruck erfolgte erst ein halbes Jahr später im ersten Heft des
XVIII. Bandes (1892), soweit mir bekannt, Ende Dezember 1891.
In Folge dieser verspäteten Veröffentlichung
meiner Arbeit habe ich meine späteren Arbeiten
in einer anderen Zeitschrift zum Abdruck bringen
lassen.
Es war nicht meine Absicht, die hier zuletzt dargelegten Um¬
stände der Oeffentlicbkeit zu übergeben. Die einmal begonnenen
Arbeiten hatten mich zu sehr in Anspruch genommen, um mich ohne
besondere Veranl issung in Auseinandersetzungen zu verlieren.
Ich konnte mit den Erfolgen zufrieden sein, die meine mühevollen und
ohne jede Hilfe zur Ausführung gebrachten Versuohe gezeitigt batten.
In meinen Publicationen hierüber habe ich mich nie gescheut, die
Wahrheit zu pflegen, auch wenn es galt, begangene Fehler einzu¬
gestehen. Schon aus diesem Grunde glaube ich, von einer Entgegnung
auf die Angriffe der Herren Voges und Schütz gegen das aus
meinen Arbeiten erstandene, fast allenthalben als gut erkannte
Schutzimpfungsverfahren absehen zu können. Gegen die Behauptung
aber, dass ich mein ganzes System auf den Arbeiten Anderer auf¬
gebaut habe, musste ich doch auftreten, und es bedurfte dazn
auch der Auffrischung jener Erinnerung an dag
Schicksal meiner ersten Arbeit Uber Rothlauf-
immunisirung.
Darmstadt, den 29. Juli 1898. Dr. Lorenz.
Thierhaltung und Thierzucht
Die Landbeschälnng in Oesterreich nnd die dazn
benutzten Vollbluthengste.
Von Fritz Flaum.
(Oe»torr. Monalaachr. f Tblerhlk. H. 7 u P.)
Die Einrichtung der Landbeschälnng entwickelte sich durch
den Gebrauch, dass die Fürsten und Grossen des Reiches Hengste
aus ihren Marställen oder Gestüten zum Decken von Stuten ihrer
Unterthanen unentgeltlich hergaben. Als Gegenleistung mussten
sich diese verpflichten, die Stutfohlen zur Weiterzucht zu benutzen,
die Hengstfohlen für die Hofhaltung und den Kriegsdienst ab¬
zugeben und den Herren das Vorkaufsrecht zu überlassen.
In Württemberg ist unter Herzog Friedrich Karl von
dem Oberstallmeister Kniestädt bereits 1685 das erste Land¬
gestüt angelegt worden. Oesterreich hat erst hundert Jahre
später (1764) die ersten Landbeschäler aufzuweisen, welche im
Jahre 1781 schon auf 400 Stück angewachsen waren.
Ohne weiter auf die geschichtliche Entwickelung des Land¬
beschälwesens einzngehen, bemüht sich der Verf., ein Bild der
Landespferdezucht Oesterreichs in den letzten anderthalb Jahr¬
zehnten zu geben, indem er die Rassen und Schläge und Anzahl
der Zuchthengste in den einzelnen L&ndestheilen statistisch
aufführt.
Der Gesammtbestand aller Landbeschäler der im Reichsrathe
vertretenen Königreiche und Länder (Niederösterreich, Ober¬
österreich, Salzburg, Tirol, Steiermark, Kärnthen, Krain, Küsten¬
land, Dalmatien, Böhmen, Mähren, Schlesien und Bukowina) belief
sich während der Deckzeit in den Jahren
1884
auf
1966 Staatshengste
1889
>»
1976 „
1891
»
2025
1892
»
2052 „
1893
»
2057
1894
»i
2082
1895
»
2094
1896
»
2125
1897
tt
2150 „
1898
»
2199 „
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20. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHEN SCHRIFT.
501
In den letzten 9 Jahren ist also die Zahl der Landbeschäler
nm 223 Hengste vermehrt worden.
Hieran knöpft sich eine Detaillirnng des Bestandes der Staats¬
hengste nach Rasse und Zahl in den genannten Kronländern. Es
ist daraus za ersehen, dass in der Mehrzahl der Länder dieZacht
des kaltblütigen Pferdes bedeutend zugenommen hat Von den
verwendeten kaltblütigen Rassen überwiegt das Pinzgauer Pferd.
So stehen in Oberösterreich 32, in Niederösterreich 23, in Salz¬
burg, der Heimath der in Rede stehenden Rasse, 37, in Steier¬
mark 36, in Kärothen 68, in Krain 29, in Böhmen 16 Pinzgauer
Hengste. Das Pinzgauer Pferd hat als Repräsentant der alten
norischen Rasse das grösste Zuchtgebiet, welches sich über den
grössten Theil der österreichischen Alpenländer, entsprechend der
alten römischen Provinz Noricum, erstreckt. In Salzburg, wo
keine anderen als Pinzgauer Hengste vom Staate gehalten werden,
ist dieRasse am reinsten erhalten geblieben, und zwar, wie man
sagt, durch die Zucht des alten Erzbischofs von Salzburg
Hieronymus Colloredo, welcher ein Gestüt zu Ries ein¬
gerichtet batte. Von anderen kaltblütigen Schlägen sind unter
den Staatshengsten noch vertreten: Wallonen-, Burgunder, Ar-
denner Pferde, Carthorses und einzelne Suffolkpferde.
Dem edlen Pferde, Vollblut und Halbblut, englischen und
orientalischen Ursprunges verbleibt jedoch noch der grössere An-
theil an der Landbeschälung in Oesterreich. Galizien hat 504
Beschäler, darunter nur ein einziger Kaltblüter, ebenso sind in
Schlesien unter der Gesammtzahl von 54 Staatshengsten nur
zwei kaltblütige Pferde. Die Bukowina ist das einzige Land
unter den Kronländern, welches nur Beschäler (87 St.) edler Ab¬
kunft aufzuweisen hat, und bildet in dieser Hinsicht den Gegensatz
zu Salzburg, wo nur Kaltblüter (Pinzgauer) aufgestellt sind. Vor¬
wiegend wird ferner die Zucht des edlen und halbedlen Pferdes
gepflegt in Böhmen und Mähren und auch in Nieder- und Ober¬
österreich ist die Zahl der Beschälheugste edlen Schlages ver-
bältnissmässig hoch. Der Gesammtbestand der Hengste dieser
Zuchtrichtung beträgt nach Zahl UDd Rasse in den Kronländern:
96 Vollblut-, 778 Halbblut-, 202 Norfolk-, 16 orientalische Voll¬
blut-, 344 orientalische Halbblut-, 68 Lippizaner, 10 Kladruber,
125 Nonius- (Normänner) Hengste.
Erwähnenswerth ist, dass sich unter den englischen Halbblut-
beschälern in Nieder- und Oberösterreich je 3 amerikanische
Traber befinden. Ein siebenter amerikanischer Traberhengst ist
in Troppau(Schlesien) thätig.
Dass Oesterreichs Pferdezucht sich einer vortrefflichen und
kundigen Leitung erfreut, geht daraus hervor, dass von den
2199 Beschälern fast ein Drittel (632 Stück) von den Staats¬
gestüten Radautz und Piber geliefert wird. Die Staatsfohlenhöfe
Stade-Traun, Ossiach, Neuhof-Pisek und Troppau haben 1897
605 Hengste aufgezogen, welche in die Gestütsverwaltung ein¬
gestellt worden sind. 681 Hengste wurden im Inlande, 34 in
Ungarn und nur 247 im Auslande angekauft Die ausländischen
Hengste stammen grösstentheils aus Oldenburg, Hannover und
anderen Theilen Deutschlands, in denen eine constante Rasse
gezüchtet wird.
Das Deckgeld ist im Allgemeinen niedrig bemessen: 1, 2 oder
3 Gulden. Im Jahre 1896 haben 2117 Staatshengste 101 746 Stuten
gedeckt, von denen 54810 befruchtet wurden. Nach den staat¬
lichen Ermittlungen fielen von diesen Stuten 48 322 lebende
Fohlen. Durchschnittlich hat mithin jeder Hengst 49 Stuten ge¬
deckt, 26 Stuten befruchtet und 23 lebende Fohlen erzeugt. Die
in Privatpflege stehenden Hengste wurden von der Land¬
bevölkerung am meisten in Anspruch genommen. Jeder dieser
Hengste hatte 55 Stuten zu decken, während auf die Hengste in
den Deckstationen nur 46 und auf die in Miethe befindlichen
Hengste nur 31 Stuten kamen. In Krain deckte jeder Staatshengst
durchschnittlich 56, in Steiermark 55, in Mähren 51, in Böhmen 47,
in Kärnthen 46 Stuten, in Niederösterreich nur 33 Stuten. Die
Zahl der licenzirten Privathengste betrug im ganzen Lande
450 Köpfe.
Auf das 5416 Quadratmeilen grosse Reich kommen also
2199 Staatshengste, mithin entfällt auf je einen Hengst ein Gebiet
von 2,46 Quadratmeilen, während inPreussen schon auf 2,32 Quadrat¬
meilen ein Landbeschäler kommt (2748 Landbeschäler auf
6393 Quadratmeilen).
Bei einem Vergleich der Bodenverhältnisse beider Länder
soll aber Oesterreich weit besser mit seiner Pferdezucht stehen.
Schliesslich widmet Verf. dem Vollblutpferd in Oesterreich
noch einige Worte. Wenn die Vollblutzucht auch in den Kron¬
ländern nicht ein allgemeines Interesse erwecke und in einzelnen
Landestheilen überhaupt nicht verwendbar sei, so bliebe dieselbe
doch für das grosse Ganze von hoher Bedeutung. Die Leiter der
österreichischen Pferdezucht haben in richtiger Würdigung des
werthvollen Einflusses des Vollblutpferdes auf die Zucht sich nicht
gescheut, hohe Summen für erstklassige Vollbluthengste aufzu¬
wenden. So wurde 1894 Matchbox für 18 000 Guineen angekauft.
Von anderen kostbaren Vollbluthengsten österreichischer Staats¬
angehörigkeit sind zu erwähnen Stronzian, Weathercock, welcher
1896 als Dreijähriger mit einer Gewinnsumme von 144 400 Kronen
an der Spitze der siegreichen Rennpferde Oesterreichs stand,
Benoiton, Kupa, Britanniens u. s. w.
Aus einem angehängten ausführlichen Verzeichniss sämmtlicher
Vollblut-Landbeschäler sind Alter und Abstammung sowie die
Vertheilung der Hengste über das Land zu entnehmen. Der
Verf. hat feruer seinem Aufsatze eine einfache Kartenskizze bei¬
gegeben, auf welcher die Bescbälstationen und daneben die Zahl
deri Hengste nach den einzelnen Rassen übersichtlich ein-
gezekhnet sind. _
Tagesgeschichte.
Zar Reform der Stellaag der beamtete« Tblerlrzte.
Die von der letzten Plenarversammlung der Centralvertretung
der thierärztlichen Vereine Preussens beschlossene Eingabe an
Seine Excellenz den Herrn Minister, welche die Wünsche der
beamteten Thierärzte darlegen sollte, ist von dem Jäerrn Geheim¬
rath Dr. Esser selbst verfasst und am 29. August dem Herrn
Minister übersandt worden.
Gebühren der Aerzte für Theiinatime an wissenschaftlichen
Deputations-Sitzungen.
Die Tagegelder sind auf 18 und 15 M., die Reisekosten
gemäss den für die IV. Rangklasse gültigen Bestimmungen fest¬
gesetzt worden. (Veröffentl. d. Kais. Gesundheitsamtes pag. 648.)
Apotheker-Rath.
Für ElsasB-Lothringen ist durch Kaiserliche Verordnung
(Ge8.-Samml. S. 69) ein Apothekerrath geschaffen, ebenso ist eine
Aerztekammer begründet worden.
Versammlung der beamteten Thierirzte des Regierungsbezirks Magdeburg.
Der Verein der beamteten Thierärzte des Regierungs-Bezirks
Magdeburg hielt am 9. October er. aus Anlass des 80. Geburts¬
tags des Kreisthierarztes Lange- Salzwedel eine Festsitzung ab.
Der Vorsitzende hob in einer Ansprache hervor, dass die Ver¬
anlassung zu ähnlichen Feiern nur selten wiederkehre. Man
könne annehmen, dass das bisherige Leben des Collegen Lange
köstlich gewesen sei, denn Mühe und Arbeit sei ihm im reichen
Masse zugemessen gewesen.
Aus der Lebensgeschichte des Collegen Lange wurde Nach¬
stehendes mitgetheilt:
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502
Christoph Friedrich Lange wurde geboren am 7. Oc-
tober 1818 zu Salzwedel. Er besuchte das Gymnasium seiner
Vaterstadt sowie eine dortige Privat-Realscbule, bezog darauf die
Thierärztliche Hochschule zu Berlin und erhielt am 17. Mai 1842
nach einem Studium von sieben Semestern die Approbation als
Thierarzt I. Classe. Lange ging darauf in seine Vaterstadt
zurück und widmete sich der Privatpraxis. Hierbei blieb ihm
genügend Zeit, sich wissenschaftlich fortzubilden, sodass er im
Jahre 1852 das kreisthierärztliche Examen ablegen konnte.
Nachdem im Jahre 1864 in Folge Ablebens des Kreisthier¬
arztes Kühn zu Seehausen, welcher die Kreise Osterburg und
Salzwedel zusammen verwaltet hatte, aus den beiden Kreisen je
ein kreisthierärztlicher Bezirk gebildet worden war, erhielt Lange
am 20. Juni 1864 die definitive Anstellung als Kreisthierarzt für
den Kreis Salzwedel, welches Amt er heute noch verwaltet.
Im Mai 1892 konnte er sein 50 jähriges Jubiläum als Thier¬
arzt feiern, bei welcher Gelegenheit ihm in Anerkennung seiner
verdienstlichen Thätigkeit als Thierarzt und Beamter der Kronen¬
orden IV. Classe verliehen wurde.
Der Vorsitzende theilte dem Jubilar darauf mit, dass der
Verein einstimmig beschlossen habe, ihn zum Ehrenmitgliede zu
ernennen, überreichte ihm das aus diesem Anlass gestiftete
künstlerisch ausgestattete Diplom und schloss mit dem Wunsche,
dass dem Collegen Lange in voller Rüstigkeit ein schöner,
friedlicher Lebensabend beschieden sein möge. Hieran wurde
noch die Bitte geknüpft, dass Lange dem Verein auch ferner
sein Interesse widmen und wie bisher ein fleissiger Besucher der
Sitzungen sein möchte.
In das vom Vorsitzenden auf den Jubilar ausgebrachte Hoch
stimmte die Versammlung begeistert ein.
Darauf hielt der Schriftführer Kreisthierarzt Gundelach
den Festvortrag in Form eines Referats aus den Berichten von
Robert Koch über seine Reisen zur Erforschung der Rinderpest,
Tsetsekrankheit und des Texasfiebers. Schliesslich hob der Vor¬
tragende hervor, dass schon Gerlach geringe Widerstands¬
fähigkeit des Rinderpestcontagiums gegen Austrocknen betont
und beobachtet habe, dass bei den betroffenen Thieren schon
mehrere Tage vor dem Auftreten sichtlicher Krankheits¬
erscheinungen eine erhebliche Temperatursteigerung durch das
Thermometer /estgestellt werden könne, und dass für das Con-
tagium nur Wiederkäuer empfänglich seien.
Nachdem darauf noch mehrere Collegen ihre Erfahrungen
über die Lungenseuche-Zwangsimpfung mitgetheilt hatten, demon-
strirte der College Thnnecke die von ihm construirte Spritze
zur Lungenseuche-Impfung — ausgeführt von Hauptner-Berlin —
welche von den Collegen sehr beifällig beurtheilt wurde.
Durch ein gemeinsames Festmahl wurde die Feier, welche
einen sehr anregenden und würdigen Verlauf genommen hatte,
geschlossen.
Einladung
znr 43 General-Versammlung des thlerfirztliohen Central-Vereine der
Provinz Saohten, der anhaitischen und thüringischen Staaten.
Sonntag, den 23. October 1898, Vormittags 11 Uhr, im „Grand-
Hotel Bode“ zu Halle a. S.
Tagesordnung.
1. Neuwahl des Vereinsvorstandes.
2. Geschäftliches.
3 Bericht über die letzten Verhandlungen der Central - Ver¬
tretung preussischer Thierärzte. (Referent: L i e b e n e r-
Delitz8ch und Thunecke - Calbe a. S.)
4. Die Tuberculo8e in forensischer Beziehung. (Referent:
Steinmeyer - Weissenfels.)
5. Die Diffenrential-Diagnose der Maul- und Klauenseuche bei
Schafen. (Referent: Martens - Sangerhausen.)
No. 42.
6. Die Trichinose bei Hunden. (Referent: P i r 1 - Dessau.)
7. Unvorhergesehenes.
Nach Schluss der Verhandlungen gemeinschaftliches Mittag¬
essen. Zur zahlreichen Betheiligung laden ergebenst ein
0 e m 1 e r - Merseburg, P i r 1 - Dessau,
stellv. Vorsitzender. Stellv. Schriftführer.
Die Herhstversammiung des Verelui schlesischer Thierfirzte findet
am Sonntag, den 23. October d. J., Vormittags 11 Uhr präc. in
Breslau, Antonienstrasse 33 (Scepterloge) statt.
Tagesordnung.
1. Vereinsangelegenheiten.
2. Anschluss der Gruppe Sanitätstbierärzte an den Verein.
Referent: Director Schilling.
3. Zur Steuerdeclaration der Thierärzte. Referent: Kreisthier¬
arzt W i 111 i n g e r.
4. Die Behandlung des Milchfiebers (Gebärparese) mit Jodkali.
Referent: Kreisthierarzt F. Arndt.
5. Ueber die Ausbildung von Laienfleischbeschauern in Schlacht¬
häusern. Referent: Director Schmidt.
Hierzu, wie zu dem um 2% Uhr unter Theilnahme der Damen
stattflndenden Diuer, werden die Herren Collegen, auch die zu
dem bisherigen Verein Bchles. Schlachthofthierärzte gehörenden,
ganz ergebenst einzuladen.
Der Vorsitzende des Vereins schles. Schlachthof-Thierärzte
Hentschel.
Der Vorsitzende des Vereins
Dr. Arndt.
Dritte Quittung
Ober Beiträge zu dem Fond für die Waisen des Professor Eber und
Schluss-Abreohnung.
Es sind seit Erstattung der zweiten Quittung noch folgende
Beiträge eingegangen: Kiesel-Pinneberg 5 M.; Wierzba-
Myslowitz und Herbst-Wolfhagen je 6 M. Thierarzt Storch
in Posteiberg (Oesterreich) 5 fl. = 8,47 M. — Dr. Appenrodt-
Clausthal, Dr. Bettendorf-Uerdingen, Claus-Berlin, Dalchow-
Rathenow, Deigendesch - Sigmaringen, Goldstein - Hohenlim¬
burg, Krüger-Marggrabowa, Lück-Hamm, M aier-Szurklauken,
Reindl-Rosenheim je 10 M. — Hamann-Schweidnitz, Koch-
Simraern, Repetitor Pfeiffer, Schröder-Eilenburg, Struwe-
Kiel je 20 M.— Dr. Th o ms-Montabaur 25 M. — Dr. Eichbaum-
Giessen und N. N. in Berlin je 30 M. — N. N. in Merseburg
50 M. — Dr. Esser-Göttingen und König-Berlin je 100 M. —
Fabrikdirector Brandt-Hannover 300 M.
Vom Verein Anhaitischer Tbierärzte 60 M. — Vom Verein
pfälzischer Thierärzte 75 M. — Von den Rossärzten des Leib-
Kürassier - Regiments Grosser Kurfürst 15 M. — Von den Ross-
ärzten des 2. Garde Ulanen-Regiments 30 M.
Gesammtsumme I 040,50 Mark.
Abrechnung.
Betrag der ersten Quittung*) (vgl. B. T. W. No. 29) 3 687 M.
Betrag der zweiten Quittung**) (vgl. B. T. W. No. 36) 4 337 ,,
Betrag der dritten Quittung. 1040,50 „
9 064,50 H.
Ausserdem wurden von den Lehrercollegien zu Berlin,
Dresden, Hannover und Stuttgart dem Fond übermittelt 2 070 M.
Desgl. von einem ungenannten Geber. . . . . 100 „
_ Summe 11234,50 M.
*) Der Betrag der ersten Quittung ermässigt sich um 20 M.,
weil zwei Geber, welche zusammen 20 M. eingesandt hatten, irr-
tbümlich mit je 20 M. angeführt sind.
**) Der Betrag der zweiten Quittung ist 4387 M. statt 4269 M.
(Die zweite Rubrik umfasst 890, die dritte 159 M.; beide waren un¬
richtig zusammengezählt). Ausserdem musB es dort heissen Hill¬
mann- Beuthen 10 M., Anders- Beuthen 6 M.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by LaOOQie
20. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Die ansehnliche Summe, welche dem anfangB mitgetheilten
Zweck der Sammlung gemäss Eigenthnm der hinterlassenen
Waisen des Professor Eber sein soll, wird für dieselben unter
Verwaltung des Vormundes, Herrn Docenten Geiss in Hannover,
angelegt werden. Zu dem jährlichen Zinserträge treten, wie hier
mitgetheilt werden darf, noch 200 M. hinzu, welche die „Alten
Herren“ der Vereinigung Unitas alljährlich beizusteuern be¬
schlossen haben. In Jena, der ehemaligen Wirkungsstätte des
Verstorbenen sind ca. 2000 M. aufgebracht worden. Für die
ausserordentliche Betätigung der Wohlthätigkeit, welche sich
in dem Ergebniss unseres Aufrufes darstellt, gebührt allen Gebern
der herzlichste Dank. Fröliner. Schmaltz. Ostertag.
öeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinftrbeamte.)
Seuchenstatistik and Veterinärpolizei,
Verbreitung der Maul- und
Klauenseuche In Preussen
im September 1898. ^
* öTumbinnsr!
Danzig
Marienwerdbr
Königsberg
unter
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1 1
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5 §
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§ 5
SS
50- 7 6
75- /00
100-150
Ä
150-200
'//J
über 200
Die Verbreitung derNaul- u. Klauenseuche In Preussen. EndeSeptember 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Gumbinnen.
1
1
0,25
Marienwerder.
2
9
3,97
Potsdam.
2
2
0,77
Stettin.
1
1
0,53
Stralsund.
2
2
2,24
Posen.
10
41
1,24
Bromberg.
6
13
5,84
Breslau ..
5
11
2,89
Magdeburg ......
7
19
13,19
Merseburg.
2
2
0,86
Münster.
3
8
29,85
Minden.
1
1
1,96
Arnsberg .
1
1
1,17
Cassel.
5
8
4,78
Wiesbaden.
5
13
13,88
Coblenz.
11
85
81,33
Düsseldorf.
5
7
16,27
Cöln.
7
36
130,74
Trier.
8
59
52,35
Aachen .
10
67
171,79
Summa |
/ x o P p.>„ r 75. loo
100-150
Die Schraffierungen geben (nach nebenstehender ^
Scala) an.wie viel pro mille dervorhandenen ^oo
Gemeinden verseucht waren.
Naohwelsuag über den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 30. September 1898.
Es waren am 30. September in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucLt:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 2 (2).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt 1 (1).
R.-B. Stettin 1 (2). R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 4 (5). R.-B.
Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 3 (3). R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B.
Düsseldorf 1 (1) R.-B. Trier 2 (4). Bayern: R.-B. Schwaben
1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2). Kreishauptm.
Leipzig 1 (2). Württemberg: Jagstkreis2 (2). Donaukreis 1 (2).
Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 13 (31). R.-B. Niederbayern 3 (4).
R.-B. Pfalz 2 (4). R.-B. Oberpfalz 10 (52). R.-B. Oberfranken 3 (4).
R.-B. Mittelfranken 10 (25). R.-B. Unterfranken 12 (23). R.-B.
Schwaben 12 (66). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
Württemberg: Neckarkreis 8 (14). Schwarzwaldkreis 7 (17).
Jagstkreis 10 (33). Donaukreis 7 (12). Baden: Landescomm.
Constanz 2 (2). Landescomm. Freiburg 2 (4). Landescomm. Karls¬
ruhe 2 (3). Landescomm. Mannheim 3(3). Hessen: Provinz Mecklen¬
burg 1 (1). Provinz Rheinhessen 4 (11). Mecklenburg-
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504
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 42.
Schwerin: 3 (8). Sachsen-Weimar 2 (4). Oldenburg: R.-B. Posen 2 (5). R.-B. Magdeburg 1 (2). Sachsen: Kreis-
Herzogth. Oldenburg 2 (4). Fürstenth. Birkenfeld 1 (4). Braun- hanptm. Leipzig 1 (1). Kreishanptm. Zwickau 1 (1).
schweig: 2 (4). Sachsen-Meiningen: 2 (4). Sachsen-Coburg- j D von Schweineseuche (einschl. Schweinepest):
Gotha: Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt: 1 (1). Waldeck 2 (6). j Prenssen: R.-B. Frankfurt 2 (3). R.-B. Posen 5 (19). R.-B.
Schaumburg-Lippe: 1(1).Bremen: 1(3). Elsass-Lotbringon: ■ ßromberg 1 (6). R.-B. Breslau 1 (2). R.-B. Liegnitz 1 (1). R-B.
Bezirk Ober-Elsass 1 (8). Bezirk Lothringen 1 (5). I Magdeburg 1 (1). R.-B. Schleswig 2 (2). R.-B. Cassel 1 (l).R.-B.
C. von Lungenseuche: I Coblenz 1 (1). R.-B. Aachen 1 (l). Baden: Landescomm. Karls-
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Stralsund 1 (1). I ruhe 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Lothringen 2 (2).
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Neue Eingfinge. (Besprechung Vorbehalten.)
1. Prof. Dr. Eilenberger, Prof. Dr. Baum und Maler Hermann
Dlttrich. Handbuch der Anatomie der Thiere für Künstler. Liefe¬
rung I und II. Leipzig, Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung von
Theodor Weicher. 1898.
2. Lelserlng’t Atlas der Anatomie des Pferdes und der übrigen
Hausthiere; unter Mitwirkung von Prof. Dr. Baum-Dresden
in erweiterter Form neu herausgegeben von Dr. med. et phil.
W. Ellenberger. 3. Auflage; Lieferung 4 und 5. Verlag von
B. G. Teubner in Leipzig.
3. L Hoffmann, Professor für Thierzucht, Exterieur etc. an
der Kgl. thierärztlichen Hochschule in Stuttgart: Allgemeine
Thierzucht, ein Lehr- und Handbuch für Studirende und Praktiker.
Stuttgart. Verlag von Eugen Ulmer 1898.
4. E. Nooard & Leciainche: Les maladies microbiennes des
animaux. Deuxieme Edition. Paris, Masson et Cie. Editeurs. 1898.
5. Dr. med. Oscar Schwarz, Director des städtischen Schlacht-
und Viehhofes in Stolp i. P.: Ban, Einrichtung und Betrieb
öffentlicher Schlacht- und Viehhöfe. Ein Handbuch für Sanitäts¬
und Verwaltungsbeamte. Zweite, nmgearbeitete und bedeutend
vermehrte Auflage. Berlin, Verlag von Julius Springer. 1898.
6. Dr. med. Eugen Fröhner, Professor und Dirigent der chirurgi¬
schen Klinik an der Königl. Thierärztl. Hochschule in Berlin:
Compendium der speciellen Chirurgie für Thierärzte. Stuttgart,
Verlag von Ferdinand Enke. 1898.
7. Statistischer Veterinär-Sanitäts-Bericht über die prenssische
Armee für das Rapportjahr 1897. Berlin, E. S. Mittler u.
Sohn. 1898.
8. Thiele: Gebranchshnndzüchtung und Thierznchtlehre, ein
Beitrag zur Lösung der Gebranchshundfrage aus „Jagdlichen und
kynologischen Zeit- und Streitfragen (Deutsche Jägerzeitung).
Neudamm, Verlag von J. Neu mann 1898.
9. Veterinärkalender 1899, herausgegeben von Oberrossarzt
König, Berlin, Verlag von August Hirschwald. 1899.
10. Colberg, Director des städt. Schlacht- und Viehhofs Magde¬
burg: Verwaltungsbericht über den städtischen Schlacht- und
Viehhof zu Magdeburg für das Rechnungsjahr 1897/98.
11. Mittheilungen über „Mors, Regenerativ-Milcherhitzer“ (von
W. Lefeldt & Lentsch, Ingenieure in Schöningen) ans den
„Mittheilungen der Deutschen Landwirthschaftsgesellschaft“ Stück 2,
1898, und ans der „Deutschen Milchwirthschaftlichen Zeitung“
No. 6, 1898.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Schlachthofdirector
V ö I k e 1 -Elbing für den Kreis Wehlau, Schlachthausthiorarzt
Vömel -Langelsheim für den Kreis Daun.
Versetzt: Kreisthierarzt Kubaschewski - Angerburg nach
Insterburg.
Gewählt: Tbierarzt K. Z o b e 1 - Dresden zum Schlachthof¬
thierarzt in Breslau, Thierarzt Jochim- Springe a. Deister zum
Sanitätsthierarzt für die Gemeinde Eickel, Thierarzt Wisnefsky-
Berlin zum Schlachthof-Inspektor in Wismar (Mecklbg.).
Wohnsltzverftnderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Tbier-
i arzt L a n ko w-Misdroy nach Friesack (Mark), Thierarzt Becker-
! Gnesen nach Pakosch, Thierarzt Theod. Rund- Hannover nach
Pegau bei Leipzig, Thierarzt W. Müller- Glatz nach Breslau als
Einj.-Freiw. im Train-Bat. No. 6, Thierarzt Luch hau nach Berlin
als Einj.-Freiw. im II. Garde-Ul-Rgt — Thierarzt R. Holtgreve
hat sich in Schönberg (.Mecklbg.), Thierarzt L. Beye in Wittingen
(Hann. — nicht Willingen) — niedergelassen.
In der Armee: v. Woikowsky-Biedau Rittmeister und
! Eskadronchef im Drag.-Rgt No. 12 zum Vorstand der Militär-Lehr-
I schmiede in Berlin ernannt. —
Versetzt: Rossarzt Fritze vom Ul.-Rgt. No. 11 zum Drag.-
Rgt. No. 11, Rossarzt Dr. G o 1 d b e c k vom Drag.-Rgt. No. 5 zum
Ul.-Rgt. No. 11, Unterrossarzt R e h m vom Carab.-Rgt. zum Art.-Rgt.
No. 12. — Oberroesarzt Kunze vom Drag.-Rgt. No. 16 mit Pension
in den Ruhestand versetzt.
Todesfälle: Dr. E. Geisel er, Professor der Chemie an der
thierärztlichen Hochschule in Dresden.
Yacanzen.
Krelsthierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Coblenz: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
650 M.) Bew. an Reg.-Präs. — R.-B. Frankfurt: Oststernberg
mit Wohnsitz in Zielenzig. Bew. bis 5. Nov. an den Reg.-Präs. —
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis 30. Okt an den Reg.-Präs.
— R.-B. Königsberg: Königsberg,Land. — R.-B. Oppeln: Kose*
Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel.
b)NachAblauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. D ü s s e 1 d o r f: Cleve.— R.-B. Lieg nitz: Frey¬
stadt. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitfitsthlsrarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elbing: Schlachthofdirector (3000—4600 M., freie Wohnung und
Heizung. Privatpraxis ausgeschlossen. Examen als beamteter
Thierarzt.). Bew. bis 29. October an Magistrat. — Nürnberg:
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte (2400 M., Privatpraxis nicht ge¬
stattet). Bew. bis 10. Nov. an Magistrat — Zeitz: Schlachthof¬
director (2400—3000 M., 350 M. Wohnungszuschuss). Bew. sofort
an Magistrat.
Privatstellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra;
Auskunft Bürgermeister Weirich. — D r e ngfur t — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit-
sehen. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar-
genau: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt Bew. an Magistrat. -
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein):
Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg:
Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderatb. — Geringswalde:
Tbierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierant
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Tbierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Tbierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an M^tgistrat. — Massow
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.)
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Tbierarzt (Einnahme aui
Fleischbeschau 500 Mark). — Naunhof (b. Leipzig): Tbierarzt
(Zuschuss 200 M. u. Uebertragung der Fleischschau). Bew. umgebend
an Bürgermeister Igel. — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober¬
marschacht (Elbe).— Plathe (Pom.): Thierarzt (Einnahme aua
Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen¬
burg-Schwerin): Tbierarzt — Schlawa i. Schien.: Thierarzt Aua-
kunft durch Magistrat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme
aus Fleischschau ca. 500 M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön-
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt Näheres durch Gutsbes.
Pennerin Freienhaben bei Schönbaum. — Sc hönfliess (Neu¬
mark) : Näheres Thierarzt Kühn - Joachimsthal. — Stoppenberg
(bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürgermeister.
Besetzt : Privatstelle Eickel.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. lnneraten-.Iioil) Prof. Dr. Schmallz in Berlin. — Vorlau und Eiecnthum von Richard Schooti In Berlin. — Druck von W. BOxenrtein. Berlin-
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Ein Beitrag ZU den Hirntumoren, das rechte Carpalgelenk nieder und behält diese abnorme Stellung
von fünf Minuten lang bei. Alsdann springt sie mit einem grossen
Dr. Peter-Angermünde. Satz empor und sucht wiederum vorwärts zukommen, wobei sich
Am 11. Augost d. J. consultirte mich der hiesige Schlächter- dieselben Locomotionsstörungen wie vorher einstellen,
meister F. zwecks Begutachtung einer zum Schlachten angekauften Während der Gehversuche vermehren sich Puls und Athmung
Färse. Dieselbe entstammte aus einer Kreuzung der holländi- bei der Färse erheblich; beide Functionen gehen jedoch in der
sehen Zucht mit deutschem Landschlag und war etwa 18 Monate alt. Buhe schnell wieder auf die Norm zurück. Eine Störung im
Vorberichtlich wurde mitgetheilt, dass das Rind seit einigen Allgemeinbefinden lässt sich ausser den Abweichungen in der
Wochen beim Gehen Bewegungen zeige, welche bei „drehkranken“ sensoriellen Sphäre objectiv nicht nachweisen.
Schafen beobachtet werden. Das Fulter habe die Kuh seit dem Aus der Gesammtheit der Erscheinungen ist zu schliessen,
Auftreten der auffallenden Erscheinung nicht versagt, überhaupt dass die Färse an einer chronischen Veränderung (Tumor?)
habe die ganze Verdauung keinerlei Störung erlitten. im Gehirn leidet, deren Sitz mit Rücksicht auf die im
Zunächst wurde die Färse im Stalle untersucht, in welchem Sjmptomenbilde vorherrschende Willkürbewegung im
dieselbe frei umhergehen kann. Kreise nach rechts in der linken Hirnhälfte zu suchen
Der Nährzustand ist verhältnissmässig gut, das Deckhaar ist. Da das Krankheitsbild viel Aehnlichkeit mit den Er¬
glänzend und die Haut elastisch. Erscheinungen einer fieber- scheinungen der Drehkrankheit der Schafe hat, entstand die nahe¬
haften Krankheit sind nicht vorhanden. Die Färse zeigt rege liegende Vermuthung, dass sich hier die Larve der Taenia
Fresslust, sie frisst wahrend der Beobachtung Rauffutter mit Coenurus einmal eine Kuh zum Wirth ausgesucht habe, ein Fall,
einer gewissen Gier. Die Kanbewegnngen sind normal, der der mehrfach beobachtet worden ist.
Schluckact erfolgt leicht. Sich selbst überlassen bleibt die Färse Die Färse wurde nach beendeter Untersuchung durch den
mit tief gegen den Boden gesenktem Kopfe minutenlang auf der- Schächtschnitt getödtet und am 12. August obducirt. Zunächst
selben Stelle steheo. Das Auge erscheint stier und unbeweglich, wurde das Gehirn exenterirt: Schädelknochen und Hirnhäute
ohne Ausdruck. Wird dieselbe angetrieben, so erfolgt die Fort- zeigen keine krankhaften Veränderungen. Das Grosshirn hat
bewegung stets im Kreise nach rechts. Dabei wird der Kopf eine normale Form und Beschaffenheit. Die Seitenventrikel ent-
emporgehoben und in schiefer Haltung getragen, die Nase ist halten eine geringe Menge klarer schwach gelblicher Flüssigkeit,
nach oben und links gerichtet. Nähert sich jemand der Färse Der linksseitige Sehhügel und die linke Hälfte des untern Vier-
und sucht dieselbe am Kopfe auB dem Stalle ins Freie zu führen, hügelpaares springen bedeutend stärker hervor als die ent-
80 verfällt dieselbe in einen hochgradigen Erregungszustand und sprechenden rechtsseitigen Abschnitte des Mittelhirns. Die rechte
drängt rechtsseitig gegen die Mauer. Auch der freiwillige Ver- Vierhügelabtheilung wird durch die Anschwellung der linken
such der Färse, den Stall durch die offenstehende Thür zu ver- Hälfte zur Seite gedrängt. Ein Längsschnitt durch die linke
lassen, gelingt nur mit Unterstützung von Personen, denn sie Seite des Mittelhirns parallel zur Medianebene legt folgende Ver¬
bleibt mit der rechten Schulter am Thürpfosten haften, stützt sich änderungen frei: In der Substanz des linken Sehhügels und des
mit unmotivirtem Kraftaufwand gegen denselben und kann nur linken Vierhügelabschnittes sitzt ein ziemlich scharf begrenzter
mit grosser Mühe aus dieser Lage befreit werden. Im Hofe Tumor von dem Umfang eines Markstückes. Derselbe hat eine
streift die Färse mit der rechten Körperseite an der Stallmauer wellige Peripherie, die von einer Art Kapsel aus weicher Glia-
entlang und weicht den dortstehenden Gegenständen (Fässern, Substanz von 1 mm Dicke bekleidet wird. Auf dem Durchschnitt
Stallutensilien) nicht aus, sondern wirft alles um, was im Wege zeigt das Gewächs eine graue durchscheinende Grund Substanz, in
steht. Bei der Bewegung knickt das rechte Fesselgelenk mehr- die viele grieskorngrosse weissgelbe Körnchen eingebettet sind,
fach nach vorn über, so dass die dorsale Fläche der Phalangen Der Geschwulstdurchschnitt hat hiernach makroskopisch etwa das
den Boden berührt. Nach einigen Schritten sinkt die Färse auf Auesehen der gewöhnlichen Kaliseife (Schmierseife), in welcher
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506
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHEN SCHRIFT.
No. 43.
häutig körnchenartige Elemente vertheilt sind. Gefässbildung ist
in der Geschwulstmasse nicht Dachzuweisen. Die Consistenz der¬
selben ist etwas derber als die des Gehirns, jedoch so weich, das
die Körnchen mit einer feinen Pincette aus der Grundsubstanz
herausgerissen werden können. Dieselben lassen sich zwischen
Objectträger und Deckgläschen zerdrücken, wobei ein sandartiges
Knirschen empfunden wird.
Bei mikroskopischer Betrachtung mit starker Vergrösserung
(Zeiss. Oc. 3, Obj. 7) sind besondere Structurverhältnisse an den
zerdrückten Körnchen nicht bemerkbar. Die anhaftende Grund¬
substanz besteht ans kleinen Rundzellen mit feiner Granulirung
und ein bis mehreren Kernen. Zwischen den Rundzellenhaufen
kommen bei der Durchmusterung mehrerer ans der grauen, durch¬
scheinenden Geschwulstmasse gefertigter Quetscbpräparate ganz
selten zarte Faserzüge zur Beobachtung, welche das Vorhanden¬
sein einer Zwischensubstanz andeuten dürften.
Mit Hülfe des platten Endes eines Skalpellstieles gelingt es
leicht, die durch den Sagittalschnitt entstandenen beiden Ge-
schwulsttheile von der umgebenden Gehirnmasse abzulösen und
zu isoliren. Hierbei zeigt es sich, dass der Tumor bis an den
Boden des zweiten Hirnventrikels reicht, medialwärts greift der¬
selbe zwar nicht auf die rechte Vierbügelpartie über, verdrängt
dieselbe aber, wie erwähnt, ein wenig in Folge seiner Ausdehnung.
Die Oberfläche der Neubildung ist uneben. Erhöhungen wechseln
mit Vertiefungen, wodurch dieselbe von Aussen ein gelapptes
Ansehen erhält Auch an der Oberfläche sind die groben Be-
standtheile der Geschwulst gleich, wie auf dem Durchschnitt zu
erkennen ist. Das Gewicht derselben beträgt 5 g.
Wird der ganze Befund kurz zusammengefasst, so ergiebt
sich nachstehende Charakteristik von der Geschwulst: Wallnuss¬
grosser, 5 g schwerer, begrenzter, gefässarmer Tumor
von weicher Consistenz mit grobhöckeriger Oberfläche
auf der linken Seite des Mittelhirns im Bereich der
Vier- und Sehhügel. Bei Betrachtung ohne optische
Hilfsmittel zeigt derselbe in seiner ganzen Ausdehnung
eine graue durchscheinende Grundsubstanz, in welcher
sehr viele gleichmässig vertheilte grieskorngrosse
Kalkkörner liegen. Die Grundsubstanz besteht mikro.
skopisch aus kleinen feingranulirten kernhaltigen
Rundzellen und einem sehr spärlichen Zwischen¬
gewebe.
Die Cla8sificirung des Tnmors bietet wegen der heterogenen
Zusammensetzung Schwierigkeiten. Das Vorwiegen der rund¬
zeiligen Elemente und Znrücktreten der Zwischensubstanz docu-
mentiren seine Verwandtschaft mit den Sarkomen. Eine Be¬
sonderheit und ein seltenes Vorkommniss dürften die zahlreichen
verkalkten kleinen Herde in der Geschwulst sein.
Das Kleinhirn und verlängerte Mark sind von normaler Be¬
schaffenheit.
An den Organen der Brust- und Bauchhöhle waren Ver¬
änderungen frischer Natur nicht wahrzunehmen. Dagegen fanden
sich an den Bronchialdrüsen und an der Pleura pulmonalis gering¬
fügige ältere tuberculöse Erkrankungen, welche das Allgemein¬
befinden der Färse im Leben nicht beeinträchtigen konnten. Das
Auffinden tuberculöser Läsionen in der Brusthöhle gab den Anlass,
einige Ausstriche aus dem Tumorsafte anzufertigen und nach den
üblichen Methoden auf Tuberkelbacillen zu untersuchen. Das
Resultat war negativ.
* *
*
Das Vorokmmen von Hirntumoren ist bei den Hausthieren
verhältDissmä8sig selten beschrieben. Speciell ist über Seh- und
Vierhügeltumoren und Jiber die Krankheitserscheinungen, die von
ihnen ausgehen, wenig bekannt.
Das Krankheitsbild bestand im vorstehenden Falle im
Wesentlichen in Zwangsbewegungen. Diese Bewegungs¬
störungen sind im allgemeinen auf eine Erkrankung des Mittel¬
hirns zurückzuführen, doch kommen sie bei Veränderungen im
Kleinhirn auch vor. Bei den Vierhügeltumoren des Menschen
wird hauptsächlich Ophthalmoplegie beobachtet, weil der
Oculomotoriuskern, der seinen Sitz in den Vierhügeln hat, durch
die Entwickelung einer Geschwulst in diesen Theilen Ver¬
änderungen erleidet oder zerstört wird. Es ist anzunehmen, dass
auch bei der Färse Augenmuskellähmung bestanden hat, obwohl
ich diesen Zustand bei der Untersuchung nicht festgestellt habe.
Die Neubildung hatte in der linken Vierhügelabtheilung ihre
grösste Ausdehnung und dürfte daher auch das Oculomotorius-
ganglion nicht verschont haben.
Wäre hiernach durch die Untersuchung neben den Störungen
in der Ortsbewegung eine Lähmung der Augenmuskeln er¬
mittelt worden, so hätte die klinische Diagnose nicht „Hirntumor“,
sondern specieller „Vierhügeltumor“ lauten müssen.
Bericht Uber die
70. Versammlung Deutscher Naturforscher undAerzte
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898.
(Fortsetzung).
In der am Vormittag des 23. September abgehaltenen zweiten
allgemeinen Sitzung hielt zunächst Prof. Dr. Martins-Rostock
einen ausserordentlich interessanten Vortrag über „Krankheits¬
ursachen und Krankheitsanlagen“. Einleitend erklärte der¬
selbe, dass die wissenschaftliche Medicin von jeher bestrebt
gewesen sei, sich von dem einseitigen naiv ätiologischen
Denken frei zu machen. Im Begriff der Ursache liegt es, dass
die Wirkung mit Nothwendigkeit eintritt, aber nur für sehr
wenige Krankheiten sind wir im Stande, eine einzelne Ein¬
wirkung als diejenige zu bezeichnen, die jene mit Nothwendigkeit
erzeugt. Was wir von den ursächlichen Verhältnissen der
inneren Krankheiten wissen, bezieht sich grösstentheils nicht
auf Ursachen in streng logischem Sinne dieses Wortes, sondern
auf Verhältnisse, unter deren Einfluss bisweilen häufiger,
bisweilen seltener Krankheiten zum Ausbruch kommen.
Dieser Widerspruch zwischen den Forderungen der Logik und
der täglichen Erfahrung, dass ein bestimmtes äusseres Agens,
z. B. ein Gift, scheinbar willkürlich das eine Mal eine Krank¬
heit „verursacht“, das andere Mal aber nicht, war bis zum Ein¬
greifen der Bacteriologie unüberbrückt. Durch den exacten
Nachweis des längst geahnten Contagium vivum als Krankheits¬
ursache schien zum ersten Male, wenigstens auf dem Gebiete
der Infectionskrankheiten, der alte Gegensatz zwischen der
Forderung der Nothwendigkeit ursächlicher Verbindung und der
so oft beobachteten Zufälligkeit der Krankheitsentstehung aus¬
geglichen. Jedes Individuum einer überhaupt empfänglichen Species
erkrankte der neuen Lehre zufolge mit unfehlbarer Sicherheit jedes
Mal dann, wenn dielnfection mit dem betreffenden pathogenen Mikro¬
organismus wirklich erfolgt war. Sonach erschienen die
Letzteren als Alleinige und ausreichende Ursache der Krankheit,
sie erzeugten dieselbe mit Nothwendigkeit. Die ungeheure Be¬
deutung, die diese durch das Thierexperiment gewonnenen That-
sachen erlangten, lag in ihrer Uebertragung auf die menschliche
Pathologie. Waren die bei dem Versuchsthiere gewonnenen
Resultate ohne Weiteres auf den Menschen übertragbar, so
musste jede natürliche Infection eines Menschen mit einem
specifischen Krankheitserreger die typische Krankheit zur Folge
haben. Dies dem rein ätiologischen Denken als selbstv- rständ-
lieh erscheinende Aunahme hat sich als falsch erwiesen. Nach
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27. October 1898.
BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
507
Rnmpf befanden sich unter 60 Fällen, bei welchen in der !
Choleraepidemie in Hamburg im December und Januar 1892/93
Commabacillen gefunden wurden, nicht weniger als 19 Per¬
sonen, bei welchen Störungen des Allgemeinbefindens
fehlten oder kaum vorhanden waren; sechs Fälle, welche
längere Zeit unter Beobachtung standen, hatten Comma¬
bacillen nebst festem Stuhl und zeigten überhaupt keinerlei
Krankheitserscheinungen. Bei der Diphtherie und selbst bei der
Tuberculose liegen die Verhältnisse ähnlich. Der Fehler, der
zu der vorbezeichneten falschen Annahme führte, liegt in der
Deutung der Thatsachen, dass die pathogene Beziehung zwischen
Mensch und Krankheitserreger ausschliesslich von der Natur des
Letzteren abhänge, während der Mensch nur indifferenter Nähr¬
boden sei. Die Thatsachen beweisen zunächst, dass Infection
und Erkrankung keineswegs sich deckende Begriffe sind. Freilich
giebt es keine Infectionskrankheit ohne Infection, aber nicht jede
Infection ist von einer Erkrankung gefolgt. Das beste Beispiel
hierfür liefert die Tubercnlose. Würde der Tuberkelbacillus, auf
andere Individuen übertragen, stets Tuberculose liervorrufen,
so wäre es um die Menschheit schlecht bestellt. Aber glück¬
licher Weise gehört zum Ausbruch der Krankheit nach erfolgter
Ansteckung noch etwas Anderes, nämlich, dass das inficirte
Individuum auch erkrankungsfähig ist. Nur die grundsätzliche
Vernachlässigung dieses zweiten Etwas hat zu der einseitigen
Gestaltung des Begriffes „pathogen“ geführt. Von pathogenen
Bacterien schlechthin zu reden, ist nach M.’s Ansicht irrig. Es
gehört dazu immer der Nachweis, für wen und unter welchen
Umständen sie krankheitserregend sind. Der Fehler der
orthodoxen Bacteriologie bestand darin, dass sie von vornherein
das den Vorgang bestimmende Moment einseitig in der be¬
sonderen Natur des lebenden Erregers sah. Thatsächlich ist
umgekehrt in vielen Fällen die Reaction des lebenden Gewebes
auf den krankmachenden Reiz das eigentlich Specifische des
Vorganges.
In der Folge erörterte Martins eingehend den Begriff der
Disposition, unter welcher er eine veränderliche Grösse versteht,
die das Wechselverhältniss zwischen der Constitutionskraft des
Menschen und der auslösenden Energie eines bestimmten Krank¬
heitserregers darstellt. Die Auffassung, die das ursächliche Ver¬
hältnis zwischen Krankheitsanlage und Krankheitsauslösung bei
den Infectionskrankheiten erklärt, beschränkt sich nun aber nicht
nur auf diese, sie stellt vielmehr ein allgemeines Princip dar,
das die Pathogenese innerer Krankheiten überhaupt beherrscht.
Nachdem Redner diesen Gedanken an Beispielen näher erörtert
hat, schliesst er mit der Aufforderung, dass jetzt, wo der Staat
mit seinen gewaltigen Machtmitteln die grosse Culturaufgahe der
Krankheitsbekämpfung und Seuchenverhütung in die Hand nimmt,
nicht einseitig das Studium der Krankheitsursachen, sondern
ebenso die Erforschung und Bekämpfung der Krankheitsanlage
wissenschaftliche und praktische Berücksichtigung zu finden habe.
Weiter sprachen in dieser Sitzung Prof, van t’Hoff-Berlin
über die zunehmende Bedeutung der anorganischen
Chemie und Dr. Mendelsohn-Berlin über die Stellung der
Krankenpflege in der wissenschaftlichen Therapie.
Die Section 35 — Veterinär-Medicin — hielt ihre constitui-
rende Sitzung am 19. September, 3 Uhr Nachmittags, unter dem
Vorsitze des stellvertretenden Einführenden Departementsthierarzt
Schmidt-Düsseldorf, ab.
Am 20. September, Vormittags 9 Uhr, tagte diese Section
zusammen mit der Section für gerichtliche Medicin im Saale
der Kunstgewerbehalle. Hier erläuterte Dr. v. Oefelde - Neuen¬
ahr den Veterinär- Papyrus von Kahun. Redner hob in der
Einleitung zu seinen Ausführungen hervor, dass die Papyrifunde
iu Aegypten ausserordentlich zahlreich sind. Zu den ältesten
derartigen Schriftstücken gehören die medicinischen Papyri von
Kahun. Die Entstehung derselben fällt in die Zeit der 12. und
13. Dynastie, da während der ersteren Kahun erbaut und während
der letztem zerstört worden ist. Unter den medicinischen
Papyri8 von Kahun stellt der Veterinär - Papyrus insofern ein
UnicHm dar, als in demselben noch die damals nicht mehr all¬
gemein üblichen hiroglyphischen Schriftzeichen gebraucht werden
und derselbe gegen jede der zur Entstehungszeit geltenden
Regeln von rechts nach links geschrieben ist. Der Papyrus ist
von einem englischen Aegyptologen gefunden und von Dr.
Criqvitz zunächst beschrieben worden. Derselbe enthält in der
Hauptsache Anweisungen für die operative Behandlung von
Rinderkrankheiten. Daneben ist in dem Veterinär-Papyrus auch
von der Behandlung der Krankheiten anderer Thiere (Vögel,
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508
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
Fische) die Rede. Wir beschränken uns an dieser Stelle darauf,
die Schriftzeichen des Papyrus nach einer Photographie des
Dr. v. Oefele wiederzugeben, da Letzterer zusammen mit dem
Thierarzt Frisch das altägyptische Schriftstück einer eingehenden
Bearbeitung zu unterziehen gedenkt Erwähnt sei hier jedoch
Bchon, dass die Deutungen, welche von Oefele dem Veterinär-
Papyrus giebt, in vieler Beziehung von den Crievitz’schen ab-
weicben. Die sich an den Vortrag anschliessende Discussion war
sehr lebhaft. An derselben betheiligten sich von den Theil-
nehmern der 35. Section Braselmann, Frisch, Imminger
und Lothes. (Fortsetzung folgt).
Kleine Mittheilungen.
Chronisches Erbreohen bei einer Kuh.
Von Thierarzt W. Ehlers-Soltau (Hannover).
Die betreffende Kuh war seit fünf Monaten im Besitz des
Hofbesitzers B. Dieselbe erbrach laut Krankenbericht seit sechs
Wochen nach jeder Mahlzeit, namentlich nach Heufütterung,
Schleim und Wasser; nur bisweilen soll dies einen Tag aussetzen.
Der Appetit soll normal, der Milchertrag gering sein.
Bei der Untersuchung zeigte sich die Kuh fieberfrei, munter
und bei bestem Appetit. Sie verzehrte ein gehöriges Quantum
Heu. Eine halbe Stunde nachher wurde sie unruhig, trat hin
und her, hob plötzlich den Kopf und erbrach einen Strahl grünen
Schleimes, welcher geruchlos war und keine Futterstoffe enthält
Der ganze Lehmfussboden unter der Kuh war mit erbrochenem
Material durchtränkt. Nach Verabreichung von Getränk erbrach
die Kuh nicht. Sie war abgemagert, im Leibe eingefallen und
gab wenig Milch. Eine Behandlung wurde zunächst mit Alkalien
vergeblich versucht Als darauf 14 Tage lang Salzsäure-Gaben
verabreicht wurden, verschwand das Erbrecheu dauernd; Nähr¬
zustand und Milchsecretion besserten sich dementsprechend.
Penislähmung als Nachkraokhelt bei Brustseuohe.
Von Thierarzt Schulze-Burg.
In No. 5 dieses Jahrganges der B. T. W. findet sich ein
Referat über eine von Herrn Prof. Fröhner beobachtete
Lähmung des Penis als Nachkrankheit der Brustseuche. Durch
diese Beobachtung veranlasst, theile ich einen ähnlichen Fall mit.
Bei einem mageren, ca. 12 Jahre alten Wallach war der
Penis vorgefallen. Die Eichel war an verschiedenen Stellen wund
gescheuert und bildete eine kegelförmige Geschwulst. Ueber der¬
selben machte sich eine Wnlst und darüber der geschwollene
Schlauch bemerkbar. Harn wurde öfters willkürlich entleert.
Das Pferd befand sich bei der Untersuchung in einem Hänge¬
gurt, weil es am Tage zuvor nicht allein hatte anfstehen können.
Es war bei leidlichem Appetit. Die Exspirationsluft war aber
übelriechend. Die Athemzüge, etwa 20 in der Minute, waren
etwas angestrengt; die Untersuchung ergab eine Lungenentzündung.
Am nächsten Tage starb das Pferd. Die Obduction ergab die
Erscheinungen der Brustseuche.
Es war also auch hier die Penislähmung im Gefolge der
Brustseuche aufgetreten. Eine Schweiflähmung fand sich nicht,
sondern nur starkes Schwanken in der Hinterhand. Leider hatte
ich zur Zeit, als ich diesen Fall sah, jene Beobachtung von
Fröhner noch nicht kennen gelernt; sonst würde ich das Rücken-
nnd Lendenmark untersucht haben.
Zur Abwehr.
Von
Prof. C. Hoffmanh-Stuttgart.
In der Berliner Thierärztlichen Wochenschrift No. 35, 1898,
ist eine Mittheilung von Herrn Collegen Koch aus Borby
folgenden Inhaltes:
„Koch-Borby räth von der Hoffmann'sehen Methode
der Castration ab, da er schlechte Erfahrungen damit gemacht,
indem mehrere Thiere 3—1 Wochen nachher an Bauchfell¬
entzündung gestorben seien“.*)
Ich halte es doch für nothwendig, ganz in Kürze Folgendes
zur Kenntnis der werthen Herren Collegen zu bringen:
Ich habe meine Castrationsinstrumente von dem Principe
ausgehend construirt, durch dieselben nicht nur antiseptische,
sondern aseptische Operation möglich zu machen, und um dies
erreichen zu können, ist nach meiner Meinung nöthig, dass die
ganze Operation derart durchgeftthrt werden kann, dass weder
die Wunde, noch Testikel, noch der Samenstrang, überhaupt
kein offen gelegter Theil mit der Hand berührt, „befingert“
werden muss. Und um absolute Sicherheit gegen Blutung zn
haben, ist später noch das Torculum dazu gekommen. Die In¬
strumente liegen in einem Metallkasten, in dem sie gekocht und
aseptisch gemacht werden können.
Die Methode selbst, das „Abdrehen“, ist uralt Ich habe
lange die Torsion mit der Hand und einziger Hilfe einer Zange,
die den Samenstrang hielt, ausgeführt. Nach Bayer, Sand
und nach amerikanischer Sitte wird sie noch so ausgeführt
Schon R u e f f hat aber in den sechsziger Jahren auch eine Zange
zum Abdrehen construirt, Möller hat eine solche construirt,
Venerholm hat eine zum Abdrehen und eine zum Abreissen
construirt.
Ueberall sieht man das „Kluppen“ für veraltet an und zieht
das „Abdrehen“ vor.
Es würde sonderbar aussehen, wollte ich meine Instrumente
besonders hervorheben; es ist mir ganz gleichgiltig, ob sie von
Jemand oder von Niemand ausser mir gebraucht werden; auch
finde ich, dass man mit anders constrnirten dieselben Bedingungen
— Asepsis, Nichtbefingerung, Sicherheit gegen Blutung — erfüllen
kann, ich für meine Person aber bin mit der Wirksamkeit meiner
Instrumente zufrieden und, was ich anführen will, auch andere
Collegen. Dass sich das Instrumentarium nicht von selbst diri-
girt, das hat es mit anderen leblosen Dingen gemeinsam. Wie
man aber aseptischen Instrumenten den Vorwurf machen kann,
dass 3—4 Wochen nach der Operation durch die Instrumente
Bauchfellentzündung nnd Tod eintreten soll, das ist mir denn doch
unbegreiflich. Wenn der Herr College Koch die aseptischen
Instrumente auf aseptischem Wege in die Bauchhöhle hinein¬
legt nnd sie 3 —i Wochen drinnen lässt auf geeignete Weise, so
werden die Instrumente an sich auch noch keine Bauchfell¬
entzündung erzeugen und dass ebenfalls das Abdrehen an sich
nicht Bauchfellentzündung erzeugt, das wird von sämmtlichen
Collegen, welche auf diese Methode castriren, bestätigt. Wohin
fallen somit die Vorwürfe? Auf die nicht sachgemässe Des-
infection und nicht sachgemässe Anwendung, auf Fehler, welche
der Herr College Koch begangen hat.
Poudre Utärine de Roux.
Von
Stelnmeyer-Weissenfels,
Thierara t.
Im Aufträge des Herrn Collegen Roux in Grenoble erkläre
ich hiermit, dass die in schweizer thierärztlichen Zeitschriften, in
der Clinica Veterinaria und in No. 32 der Berliner Thierärzt¬
lichen Wochenschrift angegebene Zusammensetzung von Poudre
Uterine de Roux (Semen Foeniculi, Secale cornutum, Semen
Foeni graeci, Asa foetida) durchaus falsch ist.
*) Bericht über die Generalversammlung des thierirztlichen Ver¬
eins von Schleswig, pg. 418.
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27. October 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
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Pondre Uterine de Roux enthält nicht eins von diesen
Arzneimitteln.
Ich verwende Pondre Uterine de Roux seit mehr als einem
Jahre in meiner Praxis, und zwar mit dem besten Erfolge. Ich
habe durch innerliche Verabreichung dieses Mittels jede Nach¬
geburt bei Kühen, ohne die geringste Störung des Allgemein¬
befindens hervorzurufen, beseitigen können.
In zwei Fällen war eine zweite Dosis (Inhalt einer Schachtel)
nothwendig. Sämmtliche Kühe sind genesen. Mir ist nicht be¬
kannt geworden, dass auch nur bei einer der mit Pondre Uterine
de Roux behandelten Kühe weisser FIubs, Gebärmutterwasser¬
sucht oder irgend ein anderes Leiden zurückgeblieben ist.
Ich warte mit der Verordnung von Pondre Utörine de Roux
beim Zurückbleiben der Nachgeburt bei Knhen, falls das All¬
gemeinbefinden nicht merklich gestört ist, bis zum fünften oder
sechsten Tage. Innerhalb der nächsten fünf Tage controlire ich
event. die sachgemässe Anwendung des Poudre Utdrine de Roux,
untersuche die Kuh etc. Ich lasse den Inhalt einer Schachtel
entweder in 5 Liter Apfelwein auflö6en oder, falls derselbe nicht
zu haben ist, in 5 Liter Pfefferminz-Thee unter Zusatz von
einem halben Liter guten Kornbranntwein.
Besteht Fieber über 40 Grad, mangelnde Fresslust, so ver¬
ordne ich Poudre Uterine de Roux unmittelbar nach der Geburt.
Ich habe bis jetzt von sämmtlichen Collegen und Vieh¬
besitzern nur lobende Aussagen über Poudre Uterine de Roux
erhalten.
Der für Deutschland eingeführte Preis von Poudre Utürine
de Roux ist ein angemessener. Derselbe wird sich bei steigendem
Verbrauch hoffentlich verringern.
Professor Thomassen von der Veterinärschule in Utrecht
schreibt Herrn Roux Folgendes:
„Ich bin erfreut, Ihnen mittheilen zu können, dass Ihr Poudre
Uterine in den zahlreichen Fällen, in denen ich es angewendet
habe, sich sehr bewährt hat. Nach meiner Ueberzeugung ist
dieses Mittel in der Rinderpraxis sehr zu empfehlen, und Sie
können sich in Holland einen grossen Erfolg versprechen.“
Referate.
Acute Lnngentnbercnlosis beim Pferd.
Von H. Thompson M. R. C. V. S.
(Vet Journal 1898, H. 277.)
Ein achtjähriges schweres Lastpferd, welches sich bisher
einer guten Gesundheit erfreut hatte, zeigte seit dem 17. April
ein krankhaftes Verhalten, insbesondere eine angestrengte schnelle
Athmung. Bei der Untersuchung am 20. Mai stellte Verf. nach¬
stehende Erscheinungen fest: P. 65, A. 40, T. 40,5° C., Augen¬
bindehaut schmutziggelb, Husten und Nasenausfluss waren nicht
vorhanden, auch fehlten abnorme Lungengeräusche. Die arznei¬
liche Behandlung bestand in der Verabreichung von Ammonium¬
acetat, Kal. nitricum, bei fortschreitender Verschlimmerung wurden
Arsenik, Jodeisen, schliesslich Chinin und 15 Tropfen Schwefel¬
säure drei Mal täglich gegeben. Das Pferd bekundete während
der Krankheit eine rege Fressinst auf Gras, Hafer, Gerste und
Kleie. Am 1. Juni stellte sich in der Brust lautes Rasseln ein,
wie bei Bronchitis, die Temperatur stieg auf 41,1 0 C., die
Athmung betrug 70 Züge in der Minute. Der Bauch schrumpfte
bis auf Nichts zusammen. Das Pferd verendete unter zunehmender
Athemnoth.
Die Section ergab im Wesentlichen folgende Veränderungen:
Lungen stark vergrössert und mit Ausnahme eines kleineren
Abschnittes am oberen Rande dichter als normal. Pleura glatt
und nicht verdickt. In den Brustfellsäcken eine kleine Menge
seröser Flüssigkeit. Kleine Lungenstückchen sinken im Wasser
nicht unter. Bronchialdrüsen enorm vergrössert und hart. Auf
der Schnittfläche zeigt sich ein fibröses Gewebe, welches mit
käsigen Herden und Kalkpartikelchen durchsetzt ist. Die
Lungendurchschnitte haben ein Aussehen ähnlich dem bei der
Broncho-Pneumonie, d. i. kleine grauweisse Punkte in einem
scheinbar gesunden Lungengewebe zerstreut. Stellenweise sind
durch Confluenz feste weisse Massen entstanden, welche vielfach
verkäst sind. Ausserdem werden häufig Bronchialhöblen mit
eiweissähnlichem, gelblichem Inhalt bemerkt.
Director Williams, welchem Drüsen- und Lungenstückchen
zur Untersuchung eingesandt wurden, hat in beiden Geweben
Tuberkelbacillen nachgewiesen.
Ausser den Lungen und den Brustlymphdrtisen sollen sämmt¬
liche Organe des Körpers normal gewesen sein. Es ist dagegen
anzunehmen, dass in Folge des hohen, bei Lebzeiten feBtgestellten
Fiebers trübe Schwellungen bezw. Entzündung der grossen Paren¬
chyme nicht gefehlt haben.
Tetanus bei einer Knh naeh dem Kalben.
Von Henry B. Eve, M. R. C. V. S.
(Vet. Reoord 1898, II. 518.)
Eine drei Jahre alte Shorthornkuh bekundete zwei Tage
nach der Geburt eines todten Kalbes folgende Symptome:
Aengstliches Verhalten, häufiges Zähneknirschen, gespreizte
Stellung der Beine; der Kopf wird emporgehalten und der Hals
gestreckt, die Nüstern sind erweitert, der Schwanz ist auf¬
gerichtet. Der Gang ist steif und das Wenden kann nur mit
grosser Schwierigkeit vollführt werden. Die Kiefer können nur
um ein Geringes von einander entfernt werden, die Hals- und
Lendenmuskeln sind sehr hart. Beim Emporheben des Kopfes
schiebt sich der Blinzknorpel über die Augäpfel hinweg. Der
Darm ist verstopft. Die bei, Starrkrampf gewöhnlich vorhandene
nervöse Erregbarkeit bei Annäherung von Personen ist nicht
so stark ausgeprägt wie beim Pferd. Puls beschleunigt, draht-
förmig; Temperatur 103 Grad Fahrenheit Hiernach litt die
Kuh an Tetanus. Die arzneiliche und diätetische Behandlung
hatte keinen Erfolg. Als E. zwei Tage später wieder in den
Stall kam, lag die Kuh am Boden, konnte nicht aufstehen und
athmete sehr schnell. Sie ging am selben Abend ein. Die
Obdüction wurde leider nicht ausgeführt. Starrkrampf bei Kühen
ist ein seltener Fall. Auf Befragen erklärte der Besitzer, dass
er nie ein Pferd an Starrkrampf verloren habe.
Incision des indurirten Uterushalses.
Ollnioa vet H. 38, 1898.
Dr. Cesare Groci führte diese Operation mit gutem Erfolge
in zwei Fällen aus, in denen die Induration des Uterushalses
die Geburt hinderte.
1. Eine 7jährige Kuh hatte seit 36 Stunden Wehen, ohne
dass das Kalb in den Geburtswegen erschien. Bei der
Untersuchung stellte G. fest, dass der Muttermund nur soweit
offen war, dass der Zeigefinger eingeführt werden konnte. Eine
etwa 4 cm lange Stelle des Uterushalses war von einem fibrösen
Ring umgeben, der eine harte und unnachgiebige Beschaffenheit
hatte. Da eine Erweiterung dieses veränderten Muttermundes
aussichtslos erschien, wurde derselbe mit einem geknüpften Bistouri
zunächst in der Richtung von unten nach oben gespalten. Die
Blutung war nach dem Einschnitt nur gering. Nunmehr ver¬
mochte Verf. mit der ganzen Hand in den Uterus vorzudringen
und an beide Vorderfüsse und an den Unterkiefer des Jungen
Stricke anzuschleifen. Es gelang jedoch nicht, dasselbe durch
die Oeffnung hervorzuziehen, sondern erst, nachdem auch an der
gegenüberliegenden Seite des Gebärmutterhalses eingeschnitten
worden war, die Extraction eines schönen männlichen Kalbes
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
ohne Schwierigkeiten. Die äusserst geschwächte Kuh erhielt
eine Flasche Wein und später erregende Mittel. Scheide
nnd Uterus wurden mit 1 proc. lauwarmen Solveollösungen
irrigirt. Am folgenden Tage konnte die Kuh mit Unterstützung
aufstehen und nach zwölf Tagen war dieselbe ganz gesund.
2. Auch in diesem Falle konnte die Kuh nicht kalben, weil
sich der Gebärmutterhals in Folge einer fibrösen Verdichtung seiner
Gewebe nicht erweitern konnte. Die Erweiterung desselben und
die Befreiung des Kalbes liess sich ebenfalls durch zwei Incisionen
in leichter Weise erreichen.
Aus dem statistischen Veterinär*Sanitätsbericht der
prenss. Armee.
(Schluss aus No. 20 d. B. T. W.)
Von chirurgischen Krankheiten ist zunächst zu erwähnen,
dass Corpsrossarzt Hell das Ausschälen grösserer Brustbeulen
nur noch in Ausnahmefällen für nöthig hält. Er sei stets damit
zum Ziele gelangt, dass er Haut und Geschwulst in senkrechter
Richtung an der hervorragendsten Stelle 5 cm lang und ebenso
tief spalte und dann mittelst Troikars oder Hohlsonde nach dem
Centrum vorgehe. Bei geschickter Manipulation werde ein Eiter¬
herd getroffen und eine mässige Erweiterung des Stichcanals und
tägliches AusBpülen führt in acht Tagen zum Ziel. Die Ge¬
schwulst verschwände von selbst. — Von Krankheiten des Hufes
sind 2419 zur Behandlung gelangt, darunter die Hufrhehe 515 mal.
— Ueberbeine wurden bei 659 Pferden behandelt. Unter 359
Fällen waren 121 mal die Innenflächen des rechten, 178maldesgl.
die des linken Metacarpus, die Aussenflächen dagegen zusammen
nur 38 mal betroffen. An den Hinterfüssen fanden sich überhaupt
nur 9mal Ueberbeine. Die Behandlung bestand in Regelung
des Hufbeschlages, Massage, Priessnitz’schen Umschlägen, Wasser¬
glasverbänden, Brennen mit dem Stift und scharfen Einreibungen.
Ein Wasserglasverband, in drei Wochen 2—3mal erneuert, soll
das stärkste Ueberbein zum Schwinden bringen. Ueber die An¬
wendung der scharfen Pflaster gehen die Ansichten auseinander.
Es wird empfohlen, den jungen Remonten während ihrer Aus¬
bildung Bandagen oder Gamaschen anzulegen. — Knochenbrtiche
kamen bei 391 Pferden vor. Der Gesammtverlust bezifferte sich
auf 263 = 67 pCt. Betroffen waren: die Kopfknochen 34mal,
Wirbel 55mal, Beckenknochen 64mal, Rippen 6mal, die Glied¬
massenknochen 224mal; darunter 75mal der Unterschenkel, 31 mal
der Radius, 28mal der Mittelfuss, 46mal das Fesselbein, 18mal
das Hufbein, Humerus bezw. Femur 8 bezw. 5 mal, sowie einige
Male Schulterblatt, Ellenbogenbein, Kronbein, Sesambeine und
Erbsenbein. Von 111 Heilungen sind 92 speciell beschrieben.
Darunter ist hervorzuheben: ein geheilter Kreuzbeinbruch,
lömal geheilter Fesselbeinbruch, 11 mal desgl. Hufbeinbrucb,
zwei Speichenbrüche, ein Ellenbogenbruch, ein Kronbeinbruch,
eine Unterschenkelfissur. Doch handelte es sich bei vielen der ge¬
heilten Fracturen wohl um Fissuren. — Ein Pferd stürzte bei
einer Attacke, erhob sich wieder und ging, ohne zu lahmen, ins
Quartier, schwankte am nächsten Tage in der Hinterhand und
starb an Lähmung nach vier Tagen. Bei der Section zeigte
sich die ganze untere Fläche der Rückenwirbelsäule mit hasel-
nuss- bis hühnereigrossen Knochenwucherungen besetzt, welche
untereinander in Zusammenhang standen, sodass die Wirbel¬
säule ein unbewegliches Ganzes bildete. Der Körper des sechsten
Rückenwirbels war zerbrochen. — Wegen Gelenkkrankheiten
wurden 3774 Pferde behandelt, von denen 90 pCt. gesund wurdeu.
Von Verstauchungen betroffen waren 940mal das Fesselgelenk
und 478 mal das Krongelenk, zusammen 90 pCt. aller Ver¬
stauchungen. Verrenkungen kamen am öftesten an der Knie¬
scheibe, 12mal, vor. Von 17 Zerreissungen von Gelenkbändern
betrafen 6 den CarpuB, 6 das Fesselgelenk, 3 die Knieescheiben¬
bänder, wobei es sich jedoch in 2 Fällen wohl nur um Dehnung
gehandelt haben dürfte. Acute Gelenkentzündungen kamen 435,
davon 135 am Fesselgelenk, vor. Von chronischen Gelenkent¬
zündungen waren betroffen 475mal das Sprunggelenk, 413mal
das Krongelenk, 357mal das Fesselgelenk, zusammen 81 pCt
aller Fälle; ausserdem Hufgelenk, Buggelenk, Carpalgelenk,
Hüftgelenk und Knieegelenk. Die Spatbehandlung bestand meist
in Ruhe neben Anwendung des Punkifeuers. Die operative Be¬
handlung wurde wenig benutzt. Nur frühzeitig eingeleitete Be¬
handlung sichert den Erfolg. Spitze Brenneisen sind vorzuziehen.
Nach Oberrossarzt Wilden ist beim Wiedergebrauch auf das
Gewicht des Reiters Rücksicht zu nehmen und ausserdem empfiehlt
es sich, schon während der Kur lange Eisen mit Stollen und
Zehenrichtung anzuwenden. — Von Muskelzerreissungen sind an¬
gegeben: 19mal Ruptur des „Schienbeinbeugers“, ferner je lmal
Reissung des dicken Schenkelmuskels, des langen und des breiten
Einwärtsziehers vom Hinterschenkel, des langen Auswärtsziehers
vom Unterschenkel des Spanners der breiten Schenkelbinde, der
Muskeln an der Innenfläche des rechten Hinterschenkels (hierbei
Verblutung) und des vorderen Grätenmuskels. Von Sehnen-
zerreissungeu sind vermerkt solche des „Schienbeinbeugers“
12mal, des Fesselbeinbeugers 9mal; ferner einige vom Krön-
beinbeuger, Hufbeinbeuger, „Schienbeinstrecker“ vom unteren
Unterstützungsband und von allen drei Beugesebnen zugleich. —
Wegen Sehnen- und Sehnenscheidenentzündungen wurden
3484 Pferde behandelt und 97 pCt geheilt. Betroffen waren
rechter und linker Vorderfuss fast gleichmässig in je etwa45pCt.
der Fälle, beide Vorderfüsse in 14 pCt. der Fälle. Auf die
Hinterfdsse entfallen nur 6 pCt. In den meisten Fällen waren
Huf- und Kronbeinbeugsehne gleichzeitig betroffen, von 1394 Fällen
662mal. Die Fesselbeinbeugesehne allein in 285 Fällen, Hufbein¬
beugesehne allein in 243 Fällen, Kronbeinbeugesehne allein in
105 Fällen, alle 3 Beugesehnen in 35 Fällen. Die Unterstützungs¬
bänder nur 3 bezw. 7mal. 5mal entstand eine Entzündung
der Achillessehne. Die Behandlung bestand bei frischen Leiden
in nassen Umwickelungen mit Stroh, Schwamm, Filz, auch Lehm¬
anstrich während der ersten Tage, später feucht-warme Umschläge
mit Burow’scher Mischung, Massage und Hautreizung und, falls
diese Mittel nicht halfen, in scharfer Einreibung und Glfitieisen.
Nach Ansicht Hell’s hängt der Erfolg der scharfen Einreibung
oder des scharfen Pflasters wesentlich von der baldigen Anlegung
eines Drnckverbandes ab. Auch beim Bliester kann man nach
einigen Tagen einen Druckverband appliciren, indem man seitlich
neben die Sehne wurstförmige Tampons legt. Kapteinat hat
die eingeriebenen Pferde, sobald sich ein fester Schorf gebildet
hatte, mit Nutzen im Schritt bewegen lassen. Das Strichbrennen
wird der Tannenform vorgezogen. — Die Behandlung von Gallen
bestand in der Anwendung von Collodium cantliaridatum, Aus¬
saugung mittelst Pravaz’spher Spritze und nachfolgender Ein¬
spritzung von Jodtinctur oder Einreibung von scharfer Salbe
oder Sublimatcollodium 1: 3.
Basedow’sche Krankheit bei einer Kuh.
Göhrig-Karlsruhe macht in der Dtsch. Th. Wschr. 1898,
No. 35, folgende Mittheilung. Eine zehn Jahre alte Schlachtkuh
zeigte einen beiderseitigen Vorfall des Bulbus, welcher einen
Lid8chlu8B völlig unmöglich machte. Dabei bestand hochgradiger
Strabismus. Nach dem Schlachten zeigten sich am Kopfe keinerlei
Erscheinungen, welche den Exophthalmus hätten verursachen
können. Dagegen fand sich ein hühnereigrosses Struma und
eine geringgradige Herzhypertrophie mit rechtsseitiger Dilatation.
Sonstige Abweichungen konnten nicht nachgewiesen werden.
Eine genauere Untersuchung des Nervensystems war des Schlacbt-
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27. October 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
zwecks wegen nicht möglich; der Symptomcomplex lieferte
jedoch immerhin das Bild deB Morbns Basedowii. Ueber das
Auftreten dieser Krankheit bei Thieren liegen nur sehr wenige
Beobachtungen vor.
JewseBjenko hat bei einer vieljährigen Vollblutstute
16 Tage nach einem Rennen, nach dem das Thier erkrankt
war, hochgradigen Exophthalmus entstehen sehen. Derselbe
Autor und Albrecht haben je einen Fall vom Hund beschrieben.
Zwei Fälle, die noch hierher gehören könnten, sind von Cadiot
und Marek beobachtet, und endlich hat Röder bei einer Kuh
Exophthalmus bilateralis, Strabismus convergens und Struma, also
die auch von Qöhrig gefundenen Erscheinungen, beobachtet.
Eadermol and seine Anwendung bei Scabies.
Von Prof. Wolters.
(Ther. MonaUh. 8. 1898.;
Eudermol, ein neues Nicotinpräparat, bildet farblose, durch¬
sichtige Crystalle, schmilzt bei 118° und ist leicht in Wasser und
den meisten orgauischen Lösungsmitteln löslich und hat einen
leicht brenzlichen Geruch. Da sich die Nicotianaseife ganz be¬
sonders gut bei Scabies bewährt hatte, so wurde auch dieses
neue Nicotinpräparat bei dieser Erkrankung angewendet. Be¬
handelt wurden im ganzen 67 Scabieskranke. Nach einem
vorausgegangenen Seifenbade genügte bei 64 Kranken eine ein¬
malige Einreibung, um das Jucken völlig und dauernd zu be¬
seitigen, bei dreien war es auch nach der zweiten Einreibung
noch nicht völlig verschwunden. Mit Ausnahme dieser drei,
welche sechsmal eingerieben wurden, fand eine viermalige An¬
wendung der Salbe (0,1:10 Lanolin) statt. Die Patienten wurden
am dritten Tage, einige auch schon am zweiten Tage geheilt
entlassen und blieben es auch. Recidive wurden in drei Fällen
beobachtet, aber es liess sich in jedem Falle eine Neuinfection
nachweisen. Verfasser steht daher nicht an, eine 0,1 proc.
Eudermolsalbe als Heilmittel gegen Scabies zu empfehlen, zumal
das Eudermol grosse Vorzüge vor den bisher angewendeten
Mitteln besitzt. Die bestehen darin, dass die 0,1 proc. Euder¬
molsalbe nicht reizt wie Naphthalin oder Naphtholsalbe, Wilkin-
son’sche Salbe oder ähnliche, dass sie keine Albuminurie erzeugt,
wie unter Umständen Theer und Naphthalin, dass sie keine
Intoxicationen macht, wie die Nicotianaseife, und nicht wie Peru¬
balsam, Naphthalin etc. sich durch ihren Geruch bemerkbar
macht Das Mittel ist dabei nicht theuerer als die sonst ge¬
bräuchlichen. Die Substanz kostet z. Z. 200 M. pro Kilo, 3 M.
pro Gramm. Im Kleinverkauf werden fertige Salben 0,1 Proc.
Lanolin mit 0,60 M., weisse Vaseline mit 0,50 M., gelbe Vaseline
mit 0,40 M. pro 100 g vom Apotheker berechnet
Die Anwendung flüssiger Luft in der Heilkunde.
Von der Anwendung flüssiger Luft in der Heilkunde erwartet
man, wie der amerikanische „Medical Record“ mittheilt, geradezu
fabelhafte Erfolge. Es soll nämlich durch die flüssige Luft nichts
Geringeres geleistet werden als die Möglichkeit, überall, wo es
nöthig ist, eine vollkommen bacterien- und pilzfreie Luft zu
schaffen, indem man eine grosse Menge flüssiger Luft in einem
Raume verdampfen lässt. Die Vortheile würden sogar noch
grösser sein, als sie schon durch den Mangel aller schädlichen
Keime erscheinen würden. Man kann nämlich der flüssigen Luft
beliebige Mengen an flüssigem Sauerstoff oder flüssigem Ozon
zusetzen und so der Atmosphäre eines Zimmers eine beliebige,
den Bedürfnissen entsprechende Zusammensetzung geben. Für
die Behandlung mancher Krankheiten kann die anregende Wirkung
einer besonders sauerstoffr.eichen Luft von wesentlichem Nutzen
sein. Dazu kommt noch die Eigenschaft, dass die ver-
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dampfende, flüssige Luft natürlich kalt ist und dadurch eine
wohlthätige kühlende Wirkung auszuüben vermag. So könnten
z. B. die Säle der Krankenhäuser bis zu jedem gewünschten
Grade, wie er von den Aerzten verschrieben wird, abgekühlt
werden, was besonders in den Tropen von ungeheuerer Bedeutung
sein würde. Wenn man die Luft in der Umgebung von Gelben¬
fieberkranken dauernd auf dem Gefrierpunkt halten könnte, so
wäre der Krankenwärter vor jeder Ansteckung geschützt und
die Genesung des Kranken erleichtert, da der Bacillus des gelben
Fiebers eine so niedrige Temperatur nicht verträgt.
Auch andere bedeutsame Anwendungen traut man ärzt¬
licherseits der flüssigen Luft zu. So wird daran gedacht,
die ätzende Kälte, die durch diese Flüssigkeit hervorgebracht
wird, mit grossem Vortheil zur Fortbeizung von äusserlichen
Krebsgeschwülsten zu benutzen und davon ein besserer Erfolg
erwartet als von Höllenstein, da die flüssige Luft das Fleisch,
mit dem sie in Berührung kommt, gänzlich zerstört, während man
ihre Wirkung beständig beaufsichtigen und in jedem Augenblicke
unterbrechen kann. Auch Asthmatiker, vielleicht sogar Schwind¬
süchtige können in solcher künstlich erzeugten kalten und keim¬
freien Luft ohne Klimawechsel Erleichterung finden.
Ueber die Blastomyceten als Infectionserreger bei
bösartigen Tumoren.
Von Prof. Maffucci und Dr. Sirleo.
(ZeiUcbr. f. Hygiene and InfectloDakr. XXVII, l.)
Vor etwa einem Jahre haben die Autoren infolge einer
Untersuchung über einen pathogenen Blastomyceten des Meer¬
schweinchens die Ansicht geäussert, dass für die Aetiologie der
Infectionskrankheiten eine neue Classe von Parasiten gefunden
sei, eben die Blastomyceten. Ihre bisher bekannte Wirkung ist
ein chronischer Entzündungsprocess, der bald eiterig, bald neu-
biWeqd ist. Verff. hatten nun Gelegenheit, 39 Tumoren in diesem
Sinne zu untersuchen; es waren dies 27 Carcinome verschiedener
Organe und Stellen, die vom Lebenden exstirpirt wurden, darunter
einige im Eiterungszustande, ferner ein eitriges Carcinom der
Brustdrüse des Hundes, 11 Sarcome, von denen zwei nichteitriger
Natur vom Hunde stammten, ein nicht eitriges Melanosarcom der
Kuh, drei nichteitrige Sarcome vom lebenden Menschen, zwei
von menschlichen Leichen und drei von todten Hühnern. Aus
diesen Tumoren konnten nun die Autoren verschiedene Blasto¬
myceten isoliren, die sie bezüglich ihres biologischen Verhaltens,
ihrer pathogenen Wirkung etc. studirten. Auf Grund ihrer
Untersuchungen und der sich daran schliessenden Erwägungen
kommen die Autoren zu folgenden Schlüssen:
1. A priori halten wir viele bösartige Tumoren für infectiven
Ursprunges.
2. Diese infective Ursache ist vorläufig noch nicht genügend
durch biologische und experimentelle Beweise festgestellt.
3. Die Forschung nach der infectiösen Ursache bei Tumoren
darf sich nicht auf die Parasiten classe beschränken.
4. Bis jetzt haben unsere Untersuchungen über Blastomyceten
festgestellt, dass sich unter ihnen einige von pathogenem Ver¬
mögen befinden.
5. Die bis jetzt von Blastomyceten hervorgerufenen Processe
zeigen keineswegs eine Form der Neubildung, welche der
anatomischen Bildung des Carcinoms und Sarcoms gleichkoramt.
6. Bis jetzt rufen die Blastomyceten bei Menschen und Thieren
Septicämie, Eiterung und chronische entzündliche Neubildungen
hervor nach Art der Granulome.
7. Die Blastomyceten, welche bis jetzt dem Krebse des
Menschen entnommen wurden, haben nur gewöhnliche Ent¬
zündungen bei den Thieren hervorgerufen, welche für krebsartige
Neubildungen empfänglich sind.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
8. Die Blastomyceten bei Krebs und Sarcom des Menschen
lassen sich nicht immer durch histologische Untersuchungen oder
Cuituren aufßnden.
9. Die Blastomyceten finden sich leichter bei bösartigen ver-
schwärten Tumoren des Menschen.
10. Die topographische Vertheilung der Blastomyceten in
verscliwärten Tumoren lässt annehmen, dass eine Infection zum
Tumor liinzugekommen ist.
11. Wir schliessen nicht ans, dass Blastomyceten Krebs
und Sarcome hervorrufen können, aber vorläufig haben wir dafür
noch nicht den experimentellen Nachweis.
12. Wir verneinen nicht, dass die Psorozoaren das Vermögen
zur Neubildung besitzen, das beweist das Papillom durch Cocci-
dinm, aber bis jetzt haben wir noch nicht den experimentellen
Beweis, dass sie Krebs und Sarcome in den Thieren hervorrufen
können, die für diese Läsionen empfänglich sind.
lieber die ßartner’schen Gänge beim Rinde.
Von Bezirksthierarzt Dr. Oscar Röder, Meissen.
(Archiv f. wiüenich. Tblerhlk. 1898, H. 1/2.)
Die Gärtner 'sehen Gänge sind bekanntlich die Ueber-
bleibsel der W o 1 f f 'sehen Körper, welche in der Fruchtanlage
eines weiblichen Thieres während der Fötalperiode allmälig ver¬
schwinden. Die Ausführungsgänge der W o 1 f f 'sehen .Körper
bleiben bei den weiblichen Thieren im extrauterinen Leben ver¬
schieden lange erhalten. Die Gärtner 'sehen Gänge sind be¬
sonders entwickelt bei den Wiederkäuern und kommen noch beim
Schwein und beim Menschen vor. Ob dieselben bei Stuten noch
vorhanden sind, ist mit Sicherheit nicht festgestellt. Der Verf.
untersuchte die fraglichen Gebilde bei 53 Kühen und stellte fest,
dass sie Belten lateral, zumeist oral vom Orificium urethrae
münden. Bei einer Kuh lagen die Mündungsstellen gemein- j
schaftlich unter einer taschenförmigen Klappe. Die Tiefe und
Länge der Gänge hängt nicht von dem Alter der Kühe ab. Bei
6 Jahre alten Kühen können 4 cm und auch 26 cm lange Gänge
beobachtet werden. Dieselben haben gewöhnlich die Weite einer
mittelstarken Sonde, in zwei Fällen konnten ein Gänsefeder-
bezw. ein Taubenfederkiel eingeführt werden. Der linke Gang
ist meist länger als der rechte, auch fehlt der rechte Gang häufiger
als der linke. Die Gänge vergehen durch senile Obliteration,
welche bei 14- oder 15jährigen Kühen fast immer eingetreten ist
Beim rechten Gang tritt sonach die Obliteration früher auf als
beim linken. Die Gänge tragen feines Plattenepithel.
Therapeutische Notizen.
Ein einfaches Mittel gegen Vergiftungen mit Morphium, Opium und anderen
narcotischen Mitteln
empfiehlt The Weekly Scotchman im Calium perman-
ganicum. Dasselbe sollte deshalb in jedem Haushalt vorrätliig
gehalten werden. Am Besten wird der Erfolg des Mittels durch
die Mittheilung des Experimentes illustrirt, welches der Ent¬
decker der antidatischen Eigenschaft Dr. Moor in Amerika ip
Gegenwart von 12 Aerzten an sich selbst vornahm, indem er die
tödtliche Dosis von drei Grain (0,1944 g) Morphium verschluckte
und unmittelbar darauf eine Lösung von vier Grain (0,2592 g)
permangansauren Caliums in vier Unzen (ca. 114 g) Wasser
trank. Das Morphium hatte hiernach nicht die geringste Gift¬
wirkung. (Vet. Record 1898, H. 532.)
Ueber die Blutstillung bei Opirationen durch Angiotripsie.
Angeregt durch die Bemühungen Doyen’s und Tuffier’s,
die Blutstillung zu sichern, hat Schultön-Helsingfors hauptsächlich
bei Bruchoperationen etc. eine dem Wells’schen und Doyen’schen
Instrument äLnlicLe Zange (mit kuiztm Bits, aber fünlmal
längerem Handgriff) benutzt, um lediglich mit dem Druck der¬
selben auszukommen und Gefässligaturen zu vermeiden, so dass
neben dem Vorzug der Abkürzung der Operation auch die grösste
Sicherheit der trepsis (beim Wegbleiben der Ligaturen) in Be¬
tracht kommt.
Zur Wehenerregung.
In der Wschr. f. Th. No. 32 ist eine neue Methode von
Saft aus den Fortschr. d. Med. 1898 No. 13 mitgetheilt. Zur
Verhinderung unangenehmer Nebenwirkungen bringt S. das
Glycerin, in eine Fischblase eingeschlossen, direct in den Uterus,
wo es seine Wirksamkeit als Wehen erregendes Mittel äussert,
indem es aus der Gebärmutterwand und den Eihäuten Wasser
anzieht. Dagegen kann es von hier aus nicht resorbirt und des¬
wegen auch nicht schädlich werden.
Das Jod im Organismus.
Gley hat schon früher gezeigt, dass die Nebenschilddrüsen
eine relativ grössere Menge Jod enthalten, als Baumann für die
Schilddrüse (1 mg auf 10 g) bewiesen bat. Gl. fand nun neuer¬
dings Jod in der Leber, Milz und im Blute, im letzteren ca. 1 mg
auf 1 L., und zwar ist es weder im Serum noch im Plasma
vorhanden, sondern nur in den Blutkörperchen. Das Jod der
Schilddrüse scheint vom Blute herzurühren und wird durch die
Nahrung in den Körper eingeführt, denn man findet keine Spur
davon beim Fötus und in der Schilddrüse der Neugeborenen.
Thierhaltung und Thierzucht
Viehzählung in England.
Die Aufnahme des Viehbestandes in England am 4. Juni d. J.
hat ergeben, dass durchgehends eine Zunahme desselben statt-
gefunden bat. Pferde sind in der Aufnahme nicht mit einbe¬
griffen. Der Rindviehbestand hat sich gegen das Voijabr um
121867 Stück, 1,9 pCt., vermehrt, der Schafbestand um 402754 Stück,
1,5 pCt., und der Schweinebestand um 109 293 Stück, 4,7 pCt
Besonders zugenommen hat die Zahl der Kühe (um 54 811 Stück).
Die Zahl der Mutterschafe (um 131 235 Stück) und die Zahl der
Mutterschweine (um 27 956 Stück). In der Hauptsache betrifft
also die Zunahme den Zuchtviehbestand. Die Zunahme der
Lämmer um 286 662 ist immerhin beachtenswert!!, zumal wenn
man die Thatsache in Rücksicht zieht, dass in der diesjährigen
Lammungssaison weniger Zwillinge gefallen sind, allerdings war
auch die Sterblichkeit unter den Lämmern eine geringere.
Ueber die Schwankungen des englischen Viehbestandes inner¬
halb der letzten 10 Jahre giebt folgende Tabelle Auskunft:
Rinder
Schafe
Schweine
1889
6 139 555
25 632 020
2 510 803
1890
6 508 633
27 272 459
2 773 609
1891
6 852 821
28 732 558
2 888 773
1892
6 944 783
28 734 704
2 137 859
1893
6 700 676
27 280 334
2 113 530
1894
6 347113
25 861 500
2 390 026
1895
6 354 336
25 792 195
2 884 431
1896
6 493 582
26 705 329
2 878 801
1897
6 500 497
26 340 440
2 342 302
1898
6 622 364
26 743 194
2 451595
Im Jahre 1888 waren vorhanden 6 129 375 Rinder, 25 257449
Schafe und 2 404 344 Schweine. Demnach hat in den letzten zehn
Jahren der Viehbestand in England um 492 980 Rinder, 1486045
Schafe und 47 251 Schweine zugenommen. Diese Zunahme
um so mehr ins Gewicht, weDn man bedenkt, in wie ungeheurer
Weise in dieser Zeit die Einfuhrmengen an Vieh und Fleisch an¬
geschwollen sind und wie bedeutend die Preise für Vieh und
gesunken sind. Ein erklärender Umstand kann vielleicht dann
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27. October 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
513
gefunden werden, dass der englische Farmer gegen die Ein¬
schleppung von Seuchen geschützt ist und darum mit weniger
Verlusten in Folge von Seuchen zu rechnen hat.
Die Vieh- und Fleischeinfuhr hat in diesem Jahre an
Werth bis jetzt abgeDommen. Der Werth der Einfuhr bis zum
31. Juli d. J. betrug nur 6 427 140 £ gegen 6 818 091 £ in
den ersten sieben Monaten des Jahres 1897. Die Zahl der im-
portirten Ochsen betrug nur 347 601 Stück gegen 366 525 im Vor¬
jahre. Aus den Vereinigten Staaten fiel der Versand von 252 042
Stück auf 240 377 Stück. Aus Argentinien hat der Versand sich
von 48 700 Stück auf 60 605 Stück gesteigert. Schafe wurden
mehr eingeführt 448 747 gegen 413 734; gegen 1896 ist die Schaf¬
einfuhr aber zurückgeblieben, denn in diesem Jahre betrug sie
485372 Stück. Die diesjährige Zunahme stammt ausschliesslich
aus Argentinien, während die Verschiffungen aus den Vereinigten
Staaten und Canada abgenommen haben. Die Fleischeinfuhr weist
eine Steigerung auf; Rindfleisch von 1595 546 Ctr. auf 1 779 274
Centner. Der Werth dieser Einfuhrmenge stieg von 3 163 753 £
auf 3 518 753 £. Frisches Hammelfleisch stieg von 1 914 837
Centner in 1897 auf 2 037 355 Ctr. in 1898. der Werth desselben
von 2 875 383 £ auf 2 999 847 £. K.
Tagesgeschichte.
Bericht Aber die Herbstversammlung des Thierärztlicheu
Vereins im Reg.-Bez. Cöslin.
Am 9. October hielt der Thierärztliche Verein im Reg.-Bez.
Cöslin in Lüdtke’s Hotel zu Cöslin seine Herbstversammlung
ab. Erschienen waren: Departements-Thierarzt Brietzmann-
Cöslin, Kreis - Thierarzt Ulrich - Lauenburg, Kreis-Thierarzt
Göhring - Stolp, Schlachthof - Director Dr. Schwarz - Stolp,
Ober-Rossarzt a. D. Weidefeld - Rügenwalde, Kreis-Thierarzt
Eichbaum - Bütow, Kreis-Thierarzt Spitzer - Dramburg, prakt.
Thierarzt Schumacher - Cöslin, prakt. Thierarzt Petzsch-
Schlawe, prakt. Thierarzt Zeisler - Cöslin, prakt. Thierarzt
Salim - Bublitz, Schlachthof-Inspector Tschanner - Cöslin.
Später: Kreis-Thierarzt Träger - Belgard. Als Gäste waren
anwesend: Kreis-Thierarzt und Gestüts-Inspector Schul/.-
Labes, Rossarzt Tennert-Stolp und Schlachthof - Inspector
Nickel - Schlawe. Entschuldigt haben ihr Ausbleiben: Kreis-
Thierarzt Kunert - Neu-Stettin, c. Kreis-Thierarzt Paulat-
Rummelsburg, Kreis-Thierarzt Simmat - Schlawe und Schlachthof-
Inspector Loeschke - Colberg.
Nach einer herzlichen Begrüssung durch den Vorsitzenden,
Departements-Thierarzt Brietzmann - Cöslin, wird Nickel-
Schlawe in den Verein aufgenommen. Mittheilung des Vor¬
sitzenden von dem Tode des Ehrenmitgliedes, Departements-
Thierarztes a. D. Gips - Colberg. Der Verein ehrt das Andenken
des Verstorbenen durch Erheben von den Sitzen und nimmt
Kenntniss von einem Dankschreiben der Frau Gips. Sodann
berichtet der Vorsitzende über einige Punkte aus den Verhand¬
lungen der VI. Plenar-Versammlung der Central-Vertretung
1. über die in Aussicht genommene Gehaltsverbesserung der
Kreis-Thierärzte, 2. über die neugegründete Unterstützungscasse
für Thierärzte. Sämmtliche anwesenden Mitglieder erklären
ihren Beitritt zu derselben.
Aus dem Bericht des Schrift- und Cassenführers ist hervor¬
zuheben, dass 110 Brief-Ausgänge und 36 -Eingänge zu ver¬
zeichnen sind. In Folge mehrerer grösserer Ausgaben ist nur
ein Ca88enbestand von 47,36 M. vorhanden. Dem Cassirer wird
Entlastung ertheilt. Derselbe beantragt, eine einmalige Umlage
von 2 M. pro Mitglied. Auf Göhring’s Antrag wird die Umlage
auf 3 M. erhöht, so dass jedes Mitglied einschliesslich Jahres¬
beitrag 6 M. zu zahlen hat. Drei Mitglieder sind durch Fortzug
aus dem Verein ausgeschieden.
An den hierauf folgenden sehr interessanten und gut aus¬
gearbeiteten Vortrag von Spitzer-Draraburg: „Ueber Gebär¬
parese“, in welchem u. a. ca. 500 Fälle besprochen werden, von
denen bei 90 pCt. nach Einspritzung von Jodkalium-Lösung in
das Euter Heilung erzielt wnrde, schliesst sich eine sehr lebhafte
Debatte an. Brietz mann berichtet ebenfalls über einen Fall
von Heilung nach dieser Behandlung, Tschanner hat nur einen
zweifelhaften Fall, Schulz-Labes hat stets zur Behandlung
geratlien, er ist der Ansicht, dass die spärliche Anzahl von
Heilungen nur ihren Grund in dem frühzeitigen, meist unmotivirten
Schlachten habe, vor welchem nicht genügend genug gewarnt
werden könne. Eichbaum hat sogar nach Infusion von drei
Liter Lösung keine krankhaften Erscheinungen am Euter bemerkt.
Sämmtliche Redner stimmen darüber überein, dass durch Coffein-
Gaben die Heilung wirksam unterstützt würde.
Dr. Schwarz-Stolp spricht 1. über das neue Fleisch¬
beschau-Gesetz im Königreich Sachsen und besonders
über die in der Ausführungs-Verordnung getroffenen
Bestimmungen, 2. über die Entscheidung des Ober-
Verwaltungsgerichts vom 18. Juni 1898, betr. Festsetzung
der Schlachthof-Gebühren, und hebt die tief einschneidende
Bedeutung derselben hervor. Nicht zu billigen sei vor allen
Dingen, dass die Ansammlung eines Reservefonds in der Ent¬
scheidung als gesetzwidrig bezeichnet werde. Hierdurch würden,
namentlich kleineren Gemeinden, Erweiterungsbauten sehr
erschwert.
Bei dem letzten Punkte der Tages-Ordnung, „Mittbeilungen
aus der Praxis“, spricht Tennert-Stolp über Morphium Atropin-
Injectionen bei Schulterlahmheiten. An der Discussion betheiligen
8i,ch Spitzer, Ulrich und Schulz
Göhring-Stolp verbreitet sich über Rothlaufimpfnngen.
Derselbe bat bei Porcosan-Einspritzungen böse Erscheinungen
gehabt. Sämmtliche eingegangenen Thiere waren gleichzeitig
mit Tuberculose behaftet. Ein Besitzer hatte selbstständig ge¬
impft. Von 25 geimpften Thieren gingen 15 ein. In einem
Falle hat Göhring 8 Monate nach der dritten Injection mit
Lorenz’scher Lymphe Lähmungserscheinungen an den Impflingen
bemerkt. Gleichzeitig zeigten sich an verschiedenen Körper¬
teilen rothe Flecke auf der Haut. Da in der betr. Ortschaft
Rothlauf zu derselben Zeit herrschte, so ist es möglich, dass es
sich um eine leichte Erkrankung am Rothlauf in Folge
ungenügender Immunisirung handelte. Ueber die Hälfte der tra¬
genden Säue haben nach Impfung nach Lorenz versetzt.
Schulz hält jede Impfung für sehr gefährlich und meint,
man solle dieselbe nur dann vornehmen, wenn wirklich Rothlauf
herrscht, also nur in Notfällen und in grossen Beständen.
Ulrich spricht gegen Impfung mit Porcosan, weil man nicht
wisse, was man vor sich habe. Er empfiehlt Pasteur’sehe
Lymphe.
Göhring hat in Beständen, in denen ständig Rotlauf
herrschte, zwei Mal jährlich mit Pasteur’scher Lymphe geimpft,
namentlich junge, Thiere und immer mit gutem Erfolg. Die
Impfung geht sehr rasch von statten.
Eichbaum hat bei allen Impfungen nach Pasteur schlechte
Erfolge gehabt.
Schulz hält die sog. Nachkrankheiten des Rotlaufs be¬
züglich der Ansteckung gerade für sehr gefährlich.
Es folgt hierauf ein gemeinsames Mittagsmahl, welches in
bester Stimmung verlief.
Der Vorsitzende: Der Schriftführer:
Brietzmann. Dr. Schwarz.
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514
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 43.
VII. Internationaler Thierärztlicher Congress 1899
zu Baden-Baden.
Zn den Kosten für die Vorbereitung und Abhaltung des
Congresses erhielt der Geschäftsausschuss ausser den bisher be¬
willigten (8. Berl. thierärztl. Wochenschr. 1898 No. 28) weitere
Beiträge von folgenden Vereinen:
Bestimmt
zugesagter
Zuschuss
für den Fall
Thierärztlicher Verein von Eisass-
Zuschuss
eines Deficits
Lothringen.
200 M.
300 M.
Verein Unterfränkischer Thierärzte
Thierärztlicher Verein von Ober-
200 „
—
bayern .
Verein der Thierärzte des Re-
200 „
100 „
gierungsbezirks Wiesbaden . .
Der früher angegebene Zuschuss des
Vereins Mecklenburgischer Thier¬
ärzte wurde von 100 M. auf 150 M.
150 „
erhöht, Erhöhung.
Hierzu die früher angegebenen Be-
50 „
—
träge.
3 600 „
1000 „
4 400 M. 1 400 M.
Der Geschäftsausschuss dankt den verehrliclien Vereinen für
die gefl. Zusagen und bittet die deutschen thierärztlichen Vereine,
welche bisher noch keinen Beitrag bewilligt haben, dem Beispiele
der oben genannten Vereine recht bald zu folgen. Sämmtliche
Kassengeschäfte besorgt die Filiale der Rheinischen Creditbank
in Baden-Baden.
Baden-Baden, den 15. October 1898.
Der Geschäftsausschuss.
Bezüglich des Cougresses kann noch hinzugefügt werden,
dass die Tagesordnung vollständig vorbereitet ist und demnächst
mit den Namen sämmtlicher Referenten wird veröffentlicht werden
können.
Seine Königliche Hoheit der Grossherzog hat, wie ein Erlass
des Ministeriums des Innern vom 8. October er. besagt, der Ab¬
haltung des Congresses seine besondere Genehmigung zu ertheilen
geruht. Nachdem der Versammlung hierdurcli ein officiell aner¬
kannter Charakter verliehen ist, hat die Grossherzogliche Regierung
das Auswärtige Amt ersucht, den in Betracht kommenden Re¬
gierungen von der Abhaltung des Congresses Mittheilung zu
machen. Das Geueralsecretariat haben übernommen die Herren
Dr. Casper-Höchst, Dr. Olt-Hannover, Staatsthierarzt Siegen-
Luxemburg und Schlachthofthierarzt Görig - Karlsruhe unter
Leitung des Erstgenannten. Das Secrelariat des vorbereitenden
Ausschusses führt Herr Görig-Karlsruhe.
Brandenburger thierärztlicher Verein.
Die Herbstversammlung wird am Sonntag den 13. November
stattfinden. Die Tagesordnung wird demnächst bekannt gemacht
werden.
38. Sitzung des thierärztlichen Vereins in Westpreussen
am 6. November 1898, Vorm. 11 Uhr.
In Danzig, Hotel Danziger Hof, Dominikswall.
Tagesordnung:
1. Geschäftliches.
2. ,,Die Gefliigeleholera, ihre Differential-Diagnose und ihre
Bekämpfung.“ Ref. Herr Kreisthierarzt Felbaum-Graudenz.
3. „Mittheilung über Actinomycosis“ mit Demonstrationen.
Ref. der Vorsitzende.
4. Mittheilungen aus der Praxis.
Um 2 Uhr Diner unter erbetener Theilnahme der Damen.
Anmeldungen erbittet bis spätestens den 4. November 1898
Der Vereins-Vorsitzende: Prensse.
Fonds für die Waieen des Professor W. Eber.
Zu der Mittheilung in voriger Nummer der B. T. W. ist er¬
gänzend nachzutragen, dass auch die „Alten Herren“ der
Germania zu Berlin wie diejenigen der Unitas zu Hannover
einen jährlichen Beitrag von 200 M. zur Verfügung gestellt haben.
Zar Veterlnlärorganisatlon Io Russland.
In No. 39 der B. T. W. ist während meiner Abwesenheit ein
Artikel über die Veterinärorganisation in Moskau aus dem
Französischen übersetzt erschienen. In demselben befindet sich
(ob infolge eines Irrthums des französischen Textes oder des
Uebersetzers, bleibe dahingestellt) eine Unrichtigkeit. Es ist
dort die Thätigkeit der Zerastwo erwähnt, als ob es sich um
eine Person handelte. In Wirklichkeit ist die Zemstwo, die
übrigens allenthalben in Russland besteht, eine Institution, welche
sich etwa mit unseren LandwirthBchaftskammern, jedoch mit er¬
weiterten Befugnissen, vergleichen lässt. Schmaltz.
Anzahl der Thierärzte in Preueaen 1897.
(Stat.-Korr.) Nach den vom Bundesrath angeordneten Auf¬
nahmen über das Heilpersonal waren im preussischen Staat am
1. April 1876 1681, am 1. April 1887 1633 und am 1. August 1897
2250 Thierärzte (ausschliesslich der nicht praktizirenden Civil-
Thierärzte in den Jahren 1876 und 1887 und mit Einschluss
derselben im Jahre 1897) vorhanden, sodass ein Thierarzt am
1. April 1876 auf 1358 Pferde, 5140 Stück Rindvieh und auf
207 qkm, am 1. April 1887 auf 1480 Pferde, 5351 Stück Rindvieh
und auf 213 qkm, am 1. August 1897 dagegen auf 1248 Pferde,
4690 Stück Rindvieh und auf 155 qkm kam.
Für die einzelnen Regierungsbezirke liegen über die Anzahl
der Thierärzte im Jahre 1897 folgende Nachrichten vor:
Ein Thierarzt kommt auf
Regierungsbezirke
Civil- Militär-
Thierärzte
zu¬
sammen
Pferde
Stück
Rindvieh
qkm
Königsberg . .
49
17
66
3793
9089
320
Gumbinnen . .
53
17
70
2791
6028
227
Danzig ....
28
10
38
2319
5388
209
Marienwerder .
41
12
53
2710
7504
331
Berlin ....
126
27
153
329
61
0,4
Potsdam . . .
150
34
184
924
2111
112
Frankfurt. . .
74
10
84
1314
4973
229
Stettin ....
54
11
65
1432
4355
186
Cöslin ....
30
6
36
2218
7 776
390
Stralsund . . .
16
—
16
2106
8822
251
Posen . . . '.
49
9
58
2637
9 390
302
Bromberg. . .
34
12
46
2102
6353
249
Breslau . . .
70
23
93
1306
6313
145
Liegnitz . . .
47
8
55
1363
8 281
247
Oppeln ....
50
14
64
1792
7 619
207
Magdeburg . .
80
16
96
1039
3287
120
Merseburg . .
79
7
86
988
3 918
119
Erfurt ....
23
3
26
885
3 928
136
Schleswig . .
157
15
172
1047
5 061
110
Hannover. . .
72
12
84
526
2034
68
Hildesheim . .
61
—
61
623
2525
88
Lüneburg. . .
47
5
52
923
4106
218
Stade ....
32
2
• 34
1431
6 200
200
Osnabrück . .
29
—
29
963
5550
214
Aurich ....
26
—
26
1073
5 940
120
Münster . . .
37
6
43
1174
5 553
169
Minden ....
24
6
30
1424
6 206
175
Arnsberg . . .
57
—
57
925
3 794
135
Cassel ....
53
16
69
777
4 750
146
Wiesbaden . .
46
5
51
528
4 658
110
Koblenz . . .
16
6
22
967
11 949
282
Düsseldorf . .
88
12
100
706
2 628
55
Köln ....
48
7
55
593
3106
72
Trier ....
25
16
41
773
6 783
175
Aachen . . .
27
1
28
800
6143
148
Sigmaringen . .
7
—
7
758
6 687
163
Digitized by
Google
27. October 1898.
BERLINER THIEKÄK&TL1CHE WOCHENSCHRIFT.
515
0effentliche8 Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Fleisch wchau and Yiehverkehr.
Berlin: Aiiezug aus dem Flelschschauberieht für Monat September 1898
A. Schlachthof.
■
Rinder
Kälber
Schafe
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13517
11120
35 984
53367
Ganz beanstandet.
186
34
7
347
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2045
27
1
1861
Davon gänzlich verworfen .
43
—
— !
31
„ sterilisirt und verwerthet
59
4
—
204
„ theilweise verworfen . .
15
—
1
—
Also vollständig freigegeben
1928
23
1
1626
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
—
6
Mit Finnen behaftet ....
75
1
—
30
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
6
—
—
13
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
69
1
—
17
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul-
tiplen Blutungen n. s.w. sind
|
gekocht verwerthet . . .
—
j
2
45
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern 2651 Stück, bei Kälbern 42 Stück, bei Schafen — Stück, bei
Schweinen 2534 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
18 765
8 659
2 853
10120
Beanstandet.
54
11
1
8
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
15
1
Davon sind sterilis. verwerthet
9
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen .
6 ,
—
—
1
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
1
Mit Finnen behaftet ....
8
—
—
—
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
8
—
—
—
Unter dem eingeführten Fleisch waren 1359 dänische Itinder-
viertel, 11 dänische Kälber, 2 dänische Schafe sowie 33 Wildschweine.
Vieh- und Fleisoheinfuhr Spaniens.
Nach den amtlichen Ausweisen worden im Jahre 1897 in
Spanien 4964 Ochsen, 7961 Kühe, 2218 Kälber, 13095 Schweine
und 394623 Schafe, ferner 161193 Kilo Salz- und Rauchfleisch
und 849475 Kilo Speck und Schweineschmalz eingeführt.
Seuchen Statistik und VeterinärpolizeL
Kleine Mittheilungen.
Die Anzeigepflicht für Geflügelcholera ist dnreh Be¬
kanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom 17. er. eingeführt
worden für Mecklenburg-Strehlitz und Schwarzburg-Rudolstadt.
Maul-und Klauenseuche auf Schlachthöfen: Bekanntlich
ist auf Beschluss des Bundesraths ein besonderer Seuchennach¬
richtendienst für Schlacht- und Viehhöfe resp. sonstige Viehhandels¬
plätze eingeführt worden durch sofortige directe Benach¬
richtigung des Kais. Gesundheitsamts und entsprechende Bekannt¬
machung seitens des letzteren. Zu diesem Zwecke versendet
das Kaiserliche Gesundheitsamt jetzt u. A. an die Redactionen
folgende Mittheilung auf vorgedrucktem Zettel: „Der Ausbruch
der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom Schlachthofe (Vieh¬
hofe, Viehmarkte) zu — Dresden, 21., desgl. 26. October er.“
Landespolizsiliohe Anordnung.
In Verfolg der Declaration vom 9. April 1896 (Ausser¬
ordentliche Beilage zu Nr. 16 des Amtsblatts für 1896) zur
landespolizeilichen Anordnung vom 6. Dezember 1895, betreffend
die Abwehr gegen die Einschleppung der Maul- und Klauen¬
seuche in den diesseitigen Regierungsbezirk durch das aus
anderen Reichstheilen stammende Vieh (Ausserordentliche Bei¬
lage zu Nr. 49 für 1895 des Amtsblatts), bestimme ich, dass die
Vorschriften der vorbezeichneten landespolizeilichen Anordnung
sich auf das aus nachbenannten Reichstheilen:
1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. ans den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬
schaften Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donankreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den Grossherzoglich hessischen
Provinzen Starkenburg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem
GrOBsherzogthnm Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogtlmm
Oldenburg, 9 aus dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem
Herzogthum Sachsen-Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-
Coburg-Gotha, 12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. ans dem
Fürstenthum Schwarzbnrg-Rudolstadt, 14. aus dem Fürstenthum
Waldeck, 15. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen — im Re¬
gierungsbezirk Bromberg zur Entladung mit der Eisenbahn ge¬
langende Rindvieh bis auf weiteres beschränken.
Bromberg, den 7. October 1891
Der Regierungs-Präsident.
Thierseuchen im Auslande.
Grossbritannien, n. Quartal 1898.
An Milzbrand erkrankten bei 167 Ausbrüchen 253 Thiere,
wovon 172 auf England, 68 auf Schottland und 13 auf Wales
kommen. Die Tollwuth betraf 6 Thiere (und zwar nur Hunde
in England); 13 ansteckungsverdächtige Hunde sind ausserdem
getödtet worden. An Rotz erkrankten in England 302, in Schott¬
land 47 Pferde. Die Zahl der wegen Schweinefieber ge¬
schlachteten bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen
Schweine betrug 15372, wovon 13056 auf England, 1492 auf
Schottland, 824 anf Wales kommen. Die Lungenseuche ist nicht
aufgetreten; zwei als lungenseucheverdächtig polizeilich ge-
tödtete Thiere sind seuchefrei befunden worden.
Oesterreich, n. Quartal 1898.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den
einzelnen Monaten des Berichtsquartals auf 27, bezw. 42, bezw.
26 beim Milzbrand, auf 2, bezw. 14, bezw. 18 beim Rauschbrand,
auf 82, bezw. 72, bezw. 74 bei der Wuth, auf 46, bezw. 68,
bezw. 75 beim Rotz und Wurm, auf 482, bezw. 352, bezw. 587
bei der Maul- und Klauenseuche, auf —, bezw. 3, bezw. 12 bei
der Pockenkrankheit, auf 83, bezw. 172, bezw. 114 beim Bläschen¬
ausschlag, auf 78, bezw. 90, bezw. 81 bei der Räude, auf 100,
bezw. 148, bezw. 253 beim Rothlauf der Schweine, auf 400,
bezw. 436, bezw. 423 bei der Schweinepest (SchweineBenche).
Die Lungenseuche und die Rinderpest sind im Berichtsquartal
nicht aufgetreten.
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516
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
Ungarn. II. Quartal 1898.
Nach der (wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an:
April
Mai
Juni
Milzbrand.
20—42
30-42
32—53
Wuth.
143—152
141—152
126—143
Rotz und Hautwurm . .
111—113
108-112
117—131
Maul- und Klauenseuche
9—18
8-9
9—11
Lungensenche ....
1-2
—
—
Blattern.
4—6
3-4
4—6
Bläschenausschlag . .
10—13
22-25
28—32
Räude .
78—88
100—103
90—103
Rothlauf der Schweine .
25-30
27—44
46-64
Schweineseuche . . .
326—331
337—426
474-714
Dänemark. II. Quartal 1898.
Die Zahl der verseuchten Thierbestände betrug: Milzbrand:
April 18, Mai 16, Juni 7; Rothlauf der Schweine (milzbrandartige
Rose): April 102, Mai 103, Juni 113; chronische Schweine¬
diphtherie: April 2, Mai 2, Juni 1; Rückenraarkstypbus der
Pferde: April 9, Mai 2, Juni —; bösartiges Katarrhfleber deB
Rindviehs im April 7, im Mai 4, im Juni 6.
Schweden. II. Quartal 1898.
Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 25,
der an Ranschbrand 9, der an Maul- und Klauenseuche 8, der
an Schweinepest und Schweineseuche 1.
Viehseuchen und Vieheinfuhr in England Im Jahre 1897.
Der Milzbrand wurde in 44 Grafschaften in England, 5 in
Wales und 18 in Schottland festgestellt. Bei insgesammt 433 Aus¬
brüchen erkrankten 882 Thiere, und zwar 521 Rinder, 284 Schweine,
39 Schafe und 38Pferde. An derTollwuth erkrankten 151 Hunde
und 16 andere Thiere, ausserdem wurden 305 ansteckungsver-
dächtige Hunde getödtet. Rotz kam in 1635 Fällen zur Beob¬
achtung. Von den 1324 in England festgestellten Fällen kommen
allein 966 anf die Grafschaft London.
Die Lungenseuche wurde in England in den Grafschaften
Essex bei 8, Middlesex bei 15 und London bei 23 Rindern fest-
gestellt; als der Ansteckung verdächtig wurden in England 726
und in Wales 15 Thiere getödtet. An Räude erkrankten 33546
Schafe, hiervon entfallen auf England 24 112, auf Wales 7893,
auf Schottland 1541. Am stärksten betroffen waren die Graf¬
schaften Northampton mit 3153 und Notts mit 2104 Fällen.
Das Schweinefieber ist in 74 Grafschaften aufgetreten.
40432 Schweine wnrden als erkrankt oder der Ansteckung ver¬
dächtig geschlachtet, hiervon kommen 35 723 auf England,
3576 auf Schottland und 1133 auf Wales. Die Maul- und Klauen¬
seuche und die Pockenseuche der Schafe sind nicht aufgetreten.
Im Juni 1897 waren in Grossbritannien orteanwesend
6 500 497 Stück Rindvieh, 26 340 440 Schafe, 2 342 302 Schweine
gegen 6 493 582, bezw. 26 705 329, bezw. 2 878 801 Thiere im
Vorjahre.
An lebenden Thieren wurden eingeführt 1364 333 Rinder
(gegen 1244113 im Vorjahre), 1 416 019 Schafe (gegen 1506898)
und 695 307 (gegen 610593) Schweine, zusammen 3 475 659 Thiere
gegen 3 361 604 im Vorjahre.
Die Verluste an Thieren während der Ueberfahrt von den
Exportländern betrugen 8999 Rinder (1,5 pCt) und 15176 Schafe
(2,5 pCt.) gegen 6439 Rinder (l,lpCt.)und 12 520 Schafe (1,6 pCt)
im Vorjahre.
Personalien.
Ernennungen : Thierarzt W. K e 11 e r, Assistent am anatom. Institut
der Thierärztl. Hochschule in Berlin znm Prosektor, Rossarzt.Mliger
vom Drng.-Rgt No. 19 zum Assistenten — daselbst Thierarzt
C. V a e r s t - Meiningen zum Assistenten an der Thierärztl. Hoch¬
schule in Dresden. Thierarzt Christ. Wirt h-Kempten znm Assistenten
an der Lchrschmiede der Thierärztlichen Hochschule in München.
Städt. Bezirksthierarzt und Schlachthofverwalter Ludwig
S c h m i d-Passau auf sein Ersuchen in den Ruhestand versetzt
Versetzt: Kreisthierarzt Sch m itt - Mayen nach Cleve,
Kreisthierarzt Decker- Meisenheiin nach Mayen.
Gewählt: Kreisthierarzt K. Knopf- Schleusingen neben¬
amtlich zum Schlachthausthierarzt daselbst, Thierarzt K 1 ap hake-
Glisten zum Schlachthofdirector in Zeitz.
Das Examen als beamteteThicrärzte bestanden
in Berlin: Thierarzt G o e t z e , Assistent an der Thierärztlichen
Hochschule in Berlin, Thierarzt B r a e d e 1 - Berlin, Thierarzt
HUckstaedt - Weisscnsee (Pr. S.), Thierarzt Sepiney er-
Fürstcnberg i. Wcstf., Thierarzt M. B e r n h ard -Ranis (Pr. S.),
Schlachthausthierarzt Bütteh er -Stettin,Rossarzt E i c k e-Stallu-
pönen, Thierarzt H. Hoffmeister - Berlin, Thierarzt B. Schulze-
Burg, Schlachthau8thicrarzt S c h 1 i e p c r - Orteisburg, Schlachthaus¬
thierarzt W o I p e rs - JUlicb, Thierarzt Ehling-Winsen (Hann.).
Approbationen: Berlin: Stud. Fried r. Günther.
Wohn8ltzveränderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen:
Thierarzt S i e b e r-Zabrze nach Kattowitz (O -S.), Thierarzt Wilh.
Weigand-Glanmilnchweiler nach Weingarten bei GermerBheim
(Rheinpfalz), Thierarzt L. B ü tt n e r-Penzlin nach Eberswalde.
In der Armee: Rossarzt L oe w n er-Breslau zum Oberrossarzt
befördert. ___
Vacanzen.
Krelsthierarztstelien: a) Neu ausgeschriebene Steilen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
650 M.) Bew. an Reg.-Präs. — R.-B. Frankfurt: Oststernberg
mit Wohnsitz in Zielenzig. Bew. bis 5. Nov. an den Reg.-Präs. —
R.-B. Gumbinnen: Angerburg, Bew. bis *0. Oct an den Reg.-Präs.
— R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln: Kosel
Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomiscbel.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Liegnitz: Freystadt. — R.-B. Osnabrück:
Meppen (800 M. Zuschuss).
Sanitfttsthlerarztetelien : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Elbing: Schlachthofdirector (3000—1500 M., freie Wohnung und
Heizung. Privatpraxis ausgeschlossen. Examen als beamteter
Thierarzt.). Bew. bis 29. October an Magistrat. — Mainz:
Schlachthofassistenztierarzt. (150 M., freie Wohnung). Bew. bis
1. Nov. an Bürgermeisterei. — Nürnberg: Zwei Schlachtbausliilfs-
thierärzte (2400 M., Privatpraxis nicht gestattet). Bew. bis 10. Nov.
an Magistrat. — Ratibor: Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899.
(3000—3800 M. freie Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat.
Prlvatetellen: 1897 bekannt gegebene: Creuzburg (Werra).
Auskunft Bürgermeister Weirich. — Dre ngfurt — Gleschendorf
(Fürstenthum Lübeck). — Guxhagen (Reg.-Bez. Cassel). — Pit-
Beben. — Schwarzenau. — 1898 bekannt gegebene: Ar¬
gen au: Thierarzt. — Cal lies: Thierarzt. Bew. an Magistrat. -
D a s s o w (Mecklbg.-Schw.): Thierarzt — E d d e 1 a k (Holstein):
Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg:
Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — Geringswalde:
Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Massow
(Pommern): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau ca. 1000 M.)
Näheres durch Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans
Fleischbeschau 600 Mark). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt
(Zuschuss 200 M. u. Ucbertragung der Fleischschau). Bew. umgehend
an Bürgermeister Igel. — Nüsse bei Mölln i. L. — Ober-
I marschacht (Elbe). — Plathe (Pom.): Thierarzt (Einnahme aus
Fleischschau 1200 M.) Med. an Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklen¬
burg-Schwerin): Thierarzt — Schlawa i. Schles.: Thierarzt Aus-
i kunft durch Magistrat — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme
i aus Fleischschau ca. 500M.) Bew. an den Stadtrath. — Schön¬
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbes.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schön fl iess (Ncu-
mark): Näheres Thierarzt Kühn- Joachimsthal. — Stoppenberg
(bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürgermeister.
Besetzt: Staatsstelle: Cleve, Sanitätsthierarztetelie: Zeitz.
Druck von W. BBxeniteln. Berlln-
Verantwortlich Air den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prot Dr. Schmält* In Berlin. — Verla« und Eleenthum von Richard Schoetz in Berlin.
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Dia „Berliner Thlerirxtllche Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in Starke von mindesten« 1'/, Bogen. Dieselbe
Ist tu bestehen durch den Buchbendel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, sum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlglnalbeitrftge werden mit 60 Mk. für den Bogen honorirt.
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man su senden an Prof. Dr. Schmalts,
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenslons-Rxemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M U Ausgegeben am 8. November.
Inhalt: Imminger: Bericht Uber die 70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf
vom 19.—24. September 1898. — Pflanz: Ueber mein Embryotora. — Referate: Thesen des IV. französischen Con-
gresses zum Studium der Tuberculose. — Bang: Die Bekämpfung aer Thiertuberculose durch prophylactische Massregeln. —
Himmelstoss: Maul- und Klauenseuche bei Schafen und Ziegen — Fr ick: Die Akne des Hundes und ihre Heilung. —
Dur ha in: Tsetse-Krankheit. — Nosott i: Die Malariakrankheit des Rindviehs auf dem Agro romano. — Kraus: Ueber
einen electrisch geheizten und regulirbaren Objecttisch. — Piorkowski: Heizbarer Färbetisch. — B o w h i 11: Eine neue
Methode der Bacterien-Geisselfärbung bei Gebrauch einer Orce'inbase. — Fish: Ein einfaches Verfahren zum Nachweis von
Eiweise im Harn. — Thierhaltung und Thierzucht: Die landwirtschaftliche Thierhaltung in denVereinigten Staaten
von Nord-Amerika. — 0 e f f e n 11 i c h e s Veterinärweien: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und
Viehverkehr. — Büche ranzeigen und -Besprechungen. — Personalien. — Vacanzen.
Bericht über die
70. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898.
Zweite Sitzung der Section für Veterinärmedizin am 20. September.
Vorsitzender Dr. Lothes.
Ueber den sogenannten Klaoenkrebs (Klauennekrose)
beim Binde.
Vortrag von
„ J. Imminger -Würzburg, -> >
K. bzyer. Krellthierarzt.
(Fortsetzung).
Meine Herren ! Die Entdeckung des Necrosebacillaß durch
Löffler hat eine Reihe von weiteren Untersuchungen über die
Bedeutung dieses Mikroorganismus im Gefolge gehabt. Von
Letztem sind die Arbeiten Bang's als geradezu bahnbrechend
zu bezeichnen. Dieser geniale Forscher hat, wie Ihnen allen
bekannt, nachgewiesen, dass durch den Bacillns necrophorus die
verschiedensten krankhaften Veränderungen bei unseren Hans-
thieren hervorgerufen werden können. Es ist hier nicht meine
Aufgabe, die verschiedenen durch den genannten Bacillns hervor¬
gerufenen Complicatiouen näher anzuführen, sondern ich möchte
nur diejenigen Veränderungen, welche den Praktiker am meisten
beschäftigen, etwas näher in den Bereich meiner Betrachtungen
ziehen.
Welch’ grosse Verluste entstanden nicht schon in manchen
sehr werthvollen Viehbeständen durch die sogenannten bösartigen
Klauengeschwüre der Rinder, nnd welche Mühe wurde oft aof-
gewendet, nm dieses vielfach endemisch anftretende Leiden in
den betroffenen Stallangen za bekämpfen. Alles Mögliche wurde
versucht; die Erfolge entsprachen jedoch meist nicht der auf-
gewandten Mühe, denn immer wieder sah man trotz der an¬
gewandten Vorbeugungsmittel neue Fälle auftreten und ältere
scheinbar abgeheilte Krankheitsprocesse recidiviren.
Von den Krankheitserscheinungen, welche im Gefolge der
Klanengeschwüre auftreten, sind neben einer starken Deformität
der Klauen eine umfangreiche Verdickung der Fassenden, welche
sich oft bis über die Afterklanen und noch höher hinauf er¬
streckte, besonders augenfällig. Solch erkrankte Thiere zeigen
mehr oder weniger heftige Schmerzen, geringe Fresslust, be¬
deutend herabgesetzte Milchsecretion und magern allmälig ab.
Im weitern Verlauf der Krankheit liegen die Thiere viel; es
entstehen an den Carpalgelenken, an der Uuterbrnst, an der
änssern Fläche der Sprunggelenke sowie der Hüftgelenke wunde
Stellen, welche der Ausgangspunkt tiefgehender Veränderungen
sein können. Der Necrosebacillns beginnt hier in noch weit
grösserem Umfange als an den Klanen seine langsamen, aber
sicheren Zerstörungen.
Was die Ausbreitung des Leidens im einzelnen Falle anbe¬
langt, ;so habe ich schon Stallungen gesehen, in denen der vierte
Theil des gesammten Rindviehbestandes von demselben in mehr
oder weniger heftiger Weise ergriffen war.
Welche Anstecknngsfähigkeit die Krankheit; besitzt, mögen
Sie darauB ersehen, dass wenn gesunde Thiere mit völlig intakten
Klanen auf Plätze gebracht wurden, auf denen vorher erkrankte
Rinder gestanden hatten, dieselben nicht selten nach Verlauf von
wenigen Wochen ln ganz gleicher Weise erkrankten. Dabei habe
ich beobachtet, dass das Scheckvieh mit weichem weissen Klauen¬
born viel rascher hiervon befallen wird, als einfarbige mit
Bchwarzem Klauenhorn ausgestattete Thiere.
Fragen wir uns nun, wie kommt es, dass ein derartiges
Leiden in einem Stalle oft plötzlich grössere Verbreitung finden
kann, obwohl daselbst in früherer Zeit niemals ein Thier in der¬
artiger Weise erkrankt gewesen ist, so müssen wir in erster
Linie in Betracht ziehen, dass nach den Untersuchungen von
Jensen*) der Necrosebacillns ein ständiger Bewohner des Darm¬
canals ist, dasB ferner die in diesem Parasiten schlummernden
Fähigkeiten plötzlich zu erhöhter Energie angefacbt werden
können. Diese virulenten Keime gelangen mit dem Koth nach
aassen. Hierdurch ist die Möglichkeit einer allgemeinen Iofection
des Stallbodens gegeben, für welche meine langjährigen praktischen
Erfahrungen sprechen.
Meine Herren! Es entstände nun die weitere Frage, wenn
der Necrosebacillns ein ständiger Bewohner des Darmcanales ist,
wie kann es dann kommen, dasB diese Mikroorganismen plötzlich
eine erhöhte Giftigkeit erlangen, so dass durch dieselben ein
früher nie gekannter, höchst gefährlicher Krankheitsprocess her-
*) cf. Jensen: Die vom Necrosebacillus hervorgerufenen Krank¬
heiten. Referat in der Göring’schen Wochenschrift von 1897. No. 15,
Seite 144-147.
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518
vorgerufen wird? Eine Erklärung hierfür ist nur in der Weise
möglich, dass diese Saprophyten, die sonst ganz unschädliche
Bewohner des Darmcanals sind, plötzlich durch besondere, bis
jetzt noch nicht näher gekannte Umstände an Giftigkeit im Thier¬
körper gewinnen. Kitt*) hat dies bereits für das Bacterium
avicidnm angenommen, indem er schreibt: „dass diejenigen Ver¬
hältnisse, welche eine Steigerung der Virulenzenergie beim
Bacillus der Hühnercholera zu Stande bringen, noch nicht
genügend erforscht seien, jedoch gehe diese Annahme, dass dies
wirklich der Fall ist, aus praktischen Beobachtungen hervor“. Was
Kitt für das Bacterium avicidum gelten lässt, möchte ich in
ganz gleicher Weise auch für den Necrosebacillus gelten lassen.
Nach meinen gemachten Beobachtungen dürfte diese Virulenz¬
steigerung mit einer allzu intensiven Ernährung der Rinder und
insbesondere mit der umfangreichen Verabreichung von Brennerei¬
abfällen in Zusammenhang zu bringen sein. Unter derartig ge¬
haltenen Beständen finden Sie das Vorkommen necrotischer
Processe selbst nach den geringsten Verletzungen viel häufiger
als in Beständen mit anderer Fütterungsweise. Neben diesem
Umstande dürften aber auch die Bodenverhältnisse bei der Ent¬
stehung des Leidens in Betracht kommen. In stark gedüngten
schwarzen Böden, in Böden mit moorigem Grunde scheint der
fragliche Krankheitserreger sich besonders leicht lebensfähig zu
erhalten. Gleichzeitig muss er unter den vorbezeichneten Lebens¬
bedingungen lange Zeit eine weit grössere Virulenz beibehalten
können, als dies beim Aufenthalt im Darmcanal der Fall ist, da
in letzterem Falle mit dem Wechsel des Futters, d. h. mit der
Weglassung des Kraftfutters bezw. der Brennereiabfälle die
Häufigkeit solcher Erkrankungen sofort gemindert wird, sofern
die bereits hiervon ergriffenen Stücke aus dem Stalle entfernt
sind und eine exacte Desinfection der Räumlichkeiten vorgenommen
worden ist. Ungleich schwieriger gestaltet sich die Bekämpfung,
wenn Thiere auf inficirten Böden geben müssen, sei es auch,
dass sie nur beim Gang znr Tränke derartigen Boden berühren.
In diesen Fällen können schon von den oberflächlichsten Ver¬
letzungen ausgehend in kürzester Zeit die tiefgehendsten Zer¬
störungen an den Klauen entstehen. Besonders leicht treten
diese Veränderungen bei vorhandener hohler Wand, die sich bei
Stallrindern fast regelmässig vorfindet, ein. Es sei gleich hier
bemerkt, dass durch die Einlagerung von Schmutz in die hohle
Wand die zur Bekämpfung der Krankheit zu empfehlende Stall-
desinfection in der Mehrzahl der Fälle illusorisch gemacht wird.
Die Zerstörung der Klauen durch den necrotisirenden Process
beginnt der Regel nach an der Klauenspitze und macht sich nach
aussen wenig bemerkbar. Ja, es kann schon das halbe Klauen¬
bein zerstört sein, ohne dass am Fusse irgend welche Schwellung
oder bei Druck auf die Klaue Schmerzensäusserungen zu erkennen
wären. Ein derartig erkrankter Fuss ist, äusserlich betrachtet,
so tadellos, dass es fast unglaublich erscheint, dass bereits solch’
hochgradige Zerstörungen an demselben vorhanden sind. Die
einzigen Beobachtungen, welche an den so erkrankten Thieren zu¬
nächst gemacht werden können, sind die, dass sie das glänzende Haar¬
kleid verlieren und weniger gut genährt aussehen. Dieselben sind
vollständig fleberlos, die Milchsecretion geht jedoch regelmässig
nahezu bis auf die Hälfte zurück. Beim Gehen lässt sich wenig
wahmehmen, nur glaubt man ein etwas vorsichtigeres Auftreten
beobachten zu können, ähnlich dem eines Pferdes, das „klamm“
geht
Wird die erkrankte Klaue durch Abtragen des Hornes ge¬
öffnet, so entleert sich eine dicke, chocoladenbraune, schmierige
Zerfallsmasse von brenzlichem Gerüche. Derartige Zerfallsherde
zeigen, wenn sie geöffnet werden, keine Gasansammlung. Es be-
*) cf. Kitt, Bacterienkunde. II. Auflage 1893, Seite 206.
No. 44.
steht demnach in denselben kein höherer Druck, wie solches bei
den gewöhnlichen Sohlengeschwüren zu beobachten ist. Dies ist
ein Hanptunterscheidungsmoment der bösartigen Klauengeschwüre
von den gewöhnlichen Abscessen in den Klauen. Ausserdem
haben die durch die Wirkung des NecrosebacilluB veränderten
Weichtheile der Klauen ein zerfressenes, schmutzig-graublaues
Aussehen und äusserst wenig Tendenz zur Heilung.
Findet eine Oeffnung der Zerfallsherde nicht statt, so kommen
dieselben im weiteren Verlauf der Krankheit am Ballen, an der
Krone oder in der Klaueuspalte von selbst zum Durchbruche. Erst
nach eingetretenem Durchbruche wird das von dem Krankheita-
process gelieferte Secret übelriechend. Auch beobachtet man
alsdann öfters geringgradiges Fieber, welches im späteren Ver¬
laufe in der Mehrzahl der Fälle zunimmt.
Im Hinblick auf den vorbeschriebenen Krankheitsverlanf
kann ich Hess*) nicht beistimmen, wenn er sagt, dass das
Leiden mit einer oberflächlichen Hautentzündung beginne, und
vom Ballen, von der Krone, dem Klauenspalte ans, sich über die
übrigen Theile der Klauen verbreite, sondern ich möchte gerade
die vorangeführte Form als die regelmässige betrachten. Vor¬
aussetzung ist dabei, dass das Leiden frühzeitig genug erkannt
wird, d. h. ehe nach irgend einer Seite hin ein Durchbruch erfolgt
ist. Mit Rücksicht auf die Entstehung der Krankheit ist es zur
Erlangung eines dauernden Erfolges ein unbedingtes Erforderniss,
dass in Gehöften, in welchen dieselbe in seuchenhafter Ver¬
breitung auftritt, nicht nur die Stallungen, sondern ganz be¬
sonders die mit Jauche, Dünger etc. verunreinigten Hofräume
einer entsprechenden Reinigung und Desinfection unterzogen
werden. Sehr empfehlen möchte ich, solche inficirten Hofräame
nach bethätigter gründlicher Reinigung mit einer dünnen Schicht
feiner Steinkohlenasche (sog. Lösch) aufzulüllen.
Interessant ist die von mir wiederholt gemachte Beobachtung,
dass Thiere, welche beim Beginne des Klauenleidens noch ganz
geringe Veränderungen zeigen, durch das zufällige Hinzntreten
eines entzündlichen Krankheitsprozesses an einem andern Organ
in wenigen Tagen unter Eintritt hohen Fiebers hochgradig er¬
kranken. In diesen Fällen dehnen sich die necrotischen Zer¬
störungen nicht selten über die ganze Klaue aus. Der mit
diesen Leiden nicht vertraute Praktiker glaubt anfänglich diese plötz¬
liche Verschlimmerung im Befinden des Thieres als die Folgen
des entzündlichen Processes oder, sofern beispielsweise ein Gebär¬
muttervorfall hinzugekommen ist, auf die bei der Reposition
immer mehr oder weniger hervorgerufenen Verletzungen der
Uterus8chleimhaut mit ihren Folgen zurückführen zu müssen, bis
eine spätere Untersuchung diese falsche Annahme beseitigt,
indem man hierbei mit Staunen den rapiden Fortschritt der
Zerstörung an den wenige Tage vorher noch ganz leicht er¬
krankten Klauen wahrnimmt. Wir können also hier von einer
plötzlichen Steigerung der Virulenzenergie des Necrosebacillus
sprechen, hervorgerufen durch einen anderweitigen Entzündung*-
process, einen Vorgang, den ich als Symbiose bezeichnen möchte.
Am schönsten ist ein derartiger Vorgang zu beobachten, wenn
unter den Thieren eines von der Klauennecrose betroffenen Ge¬
höftes die Maul- und Klauenseuche auftritt. Hier kann man durch
das Eindringen des schon in Folge der Seuche mit erhöhter
Virulenz ausgestatteten Necrosebacillus in das an der Krone oder
an den Ballen losgelöste Klauenhorn, Zerstörungen an den darunter
liegenden Partien von verschiedener Intensität bei der Mehrzahl
der erkrankten Rinder nachweisen. Bei sehr gut und intensiv
genährten Thieren können diese Processe grossen Schaden ver¬
ursachen. Aber auch in Viehbeständen, in denen dieses Leiden
*) cf. Hess, Klauenkrankheiten des Rindes, Hufschmied, 18S&
Seite 117—119.
BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
3. November 1898.
vorher nicht geherrscht hat, sind bei Manl- und Klauenseuche
derartige Vorgänge zu beobachten. Wenn nun Hess*) solche
nach Maul- und Klauenseuche vorkommenden Veränderungen in
seiner vorerwähnten Arbeit als ein selbstständiges Leiden be¬
trachtet, und wie die meisten Praktiker diesen Krankheitsprocess
einfach als ein Folgeleiden der Maul- und Klauenseuche ansieht,
so kann ich diese Ansicht nicht theilen. Wir haben es hier viel¬
mehr mit den Zerstörungen zu thun, welche durch den in Folge
der Aphthenseuche mit gesteigerter Virulenzenergie ausgestatteten
NecrosebacillnB geschaffen sind und deren Intensität sich ganz
nach den begleitenden Umständen richtet. Die Steigerung der
Virulenzenergie ist um so grösser, je heftiger die Maul- und
Klauenseuche auftritt. Die von mir seit Jahren nach dieser
Richtung in der Praxis gemachten Beobachtungen scheinen auch
durch eine vor kurzer Zeit in der „Deutschen medicinischen
Wochenschrift“ veröffentlichte Arbeit von Brieger und Ulilen-
huth**) über „Blnt- und Organgifte“ ihre volle Bestätigung zu
finden. Diese Forscher haben im Blutserum von Rind, Schwein,
Hammel, Kaninchen und beim Menschen Necrose bildende Toxine
nachgewiesen, deren Menge bei pathologischen Zuständen, wie
Scharlach, Typhös, im menschlichen Blutserum so erheblich zu¬
nimmt, dass Meerschweinchen schon durch subcutane Injection
geringer Serummengen getödtet werden können.
Wenn ich derartige Vorgänge als eine Symbiose bezeichne,
so halte ich diese Bezeichnung insofern für gerechtfertigt, als ja
durch die vorerwähnten Forscher experimentell nachgewiesen ist,
dass andere pathogene Keime nöthig sind, um eine gesteigerte
Giftigkeit des Necrosebacillus zu veranlassen. Das gleiche Ver¬
hältnis dürfte auch beim Tetanus bestehen. Der Tetanusbacillus
ist constant im Darminhalte des Pferdes nachzuweisen. Würde
nnn die Ursache des Starrkrampfes von den betr. Bacillen allein
ausgehen, so müsste eine weit grössere Zahl von Starrkrampffällen
znr Beobachtung kommen. Da dies nicht der Fall ist, hat die
Ansicht Platz gegriffen, dass auch hier eine Art Symbiose be¬
stehen muss, die eine Virulenzsteigerung der Tetanusbacillen
hervorzurofen im Stande ist.
Auf einen weiteren Umstand möchte ich an dieser Stelle noch
hinweisen, nämlich, dass in solch inficirten Ställen bei oft ganz
geringfügigen Verletzungen in den Geburtswegen, wie dieselben
bei den leichtesten Geburten Vorkommen, necrotische Verände¬
rungen mit unglaublicher Schnelligkeit von mächtiger Ausbreitung
entstehen können, welche in kürzester Zeit den Tod des Thieres
herbeizuführen vermögen. Auch Bang***) macht bereits in seiner
betr. Arbeit auf derartige Vorkommnisse aufmerksam. Diese für
den Praktiker höchst unangenehme Thatsache mahnt daher znr
änssersten Vorsicht und zur peinlichsten Beobachtung und Be¬
handlung derartiger Patienten, um solch hochgradigen necrotischen
Zerstörungen vorzubeugen.
Erwähnen will ich noch, dass vielfach Rinderställe durch
frisch eingestellte Thiere, die mit diesem Leiden, wenn auch nnr
im geringen Grade — behaftet sind, inficirt werden können,
weshalb, wie Hessf) in seiner Publication sehr richtig bemerkt,
frisch eingestellte Thiere vorher sorgfältig zu untersuchen bezw.
vorerst zu separiren sind.
Gerade so, wie bei Tbieren mit intensiver Ernährung unter
gewissen Umständen eine gesteigerte Virulenz des Necrosebacillus
beobachtet werden kann, findet man bei Rindern, die mangelhaft,
*) cf. 1. c. Seite 114—117.
**) No. 10 und 11 der „Deutschen med. Wochenschr.“ v. h. J. und
„Centralblatt für Bactöriologie“, XXIV. Band, Seite 188.
***) cf. Bang, Om Aarsagen til local Necrose. Maanedskrift for
Dyrläger, Band II. 1890—1891, Seite 236.
t) cf. 1. c. Seite 119.
619
wie beispielsweise mit schlecht eingebrachtem oder an Nährstoffen
armem Heu, ernährt werden, also besonders in nassen Jahren, dass,
sobald bei vorgeschrittener Magerkeit eine bestimmte Erweichung
bezw. Verflüssigung des Knochenmarkes eingetreten ist, aus den
oberflächlichsten Verletzungen an den Füssen, besonders am
Carpalgelenke, am Sprunggelenke, an der Höfte, am Euter nicht
selten ausgedehnte necrotische Veränderungen hervorgehen. Hier
scheint also die verminderte Widerstandsfähigkeit des thierischen
Organismus eine gesteigerte Virulenz des Necrosebacillus zu
bedingen, denn sobald solch’ erkrankten Tbieren noch frühzeitig
genug entsprechende kräftige Nahrung gereicht wird, tritt eine
Besserung des Allgemeinbefindens unter gleichzeitiger Abheilung
der necrotischen Erkrankungsherde ein.
Ich habe diesem Leiden den Namen Klauenkrebs gegeben, da
ich diesen Namen nach den an den Klauen hierbei vor sich gehenden
Veränderungen für am geeignetsten und am einfachsten halte.
Wenn in der Literatur die Behauptung aufgestellt wird, dass
bei Rindern, wenn auch sehr selten, ein dem Hufkrebs des Pferdes
identisches Leiden schon beobachtet worden sei, und Delmer-
Alfort*) im Recueil de möd. v^t vom vorigen Jahre hierüber
berichtet, so muss ich bemerken, dass ich bei Rindern ganz
ähnliche Erkrankungen beobachtet habe, und zwar in Stallungen,
in denen durch den Necrosebacillus vielfach krankhafte Ver¬
änderungen an den Klauen hervorgerufen wurden. Dies betraf
immer solche Rinder, bei denen ein Stillstand des necrotischen
Klanenleidens ohne jedes Zuthun — also von selbst — unter
Zurücklassung einer bald grösseren, bald kleineren höchst übel¬
riechenden, dem Hufkrebs des Pferdes ähnelnden Geschwürfläche
eingetreten ist Letztere bleibt sich meist gleich und lässt keine
Tendenz zur Heilung bezw. zur Hornbildung erkennen, was jeden¬
falls zu der falschen Anschauung geführt haben dürfte, solche
Processe mit dem Hufkrebs des Pferdes zu identificiren.
Meine Herren! Ich käme nun kurz auf mein therapeutisches
Verfahren zu sprechen, und kann hierbei den diesbezüglichen
Angaben in den Arbeiten von Harms**), Hess***), Möllerf) etc.
wenig Neues mehr hinzufügen.
Mein Verfahren ist ein rein operatives. Die niedergeschnürten
Thiere werden hart neben einer ca. ein Meter hohen Holzver-
schaalung auf den Rücken gelegt und der zu operirende Fuss
an dieser Holzwand ausgebunden, gründlich gereinigt und ins¬
besondere alles Klauenhorn von den anhaftenden Kothpartikelchen
befreit. Nach hergestellter künstlicher Blutleere wird das Horn
der erkrankten Klaue soweit wie möglich niedergeschnitten, alles
unterminirte Horn entfernt und besonders jeder Horndrock bei
Veränderungen (starken Schwellungen) im Klauenspalt oder an
der Krone beseitigt-j-f).
Ist dies geschehen, dann nehme ich den scharfen Löffel und
beseitige rücksichtslos alles erkrankte Gewebe. Ist das Klauen¬
bein ergriffen, so muss dasselbe soweit von dem umgebenden
Horn und von den Fleischtheilen befreit werden, als der Krank-
heitsprocess reicht. Hierbei ist der bekannte Spruch: „lieber zu
viel als zu wenig“ ganz besonders zu beachten. Wenn man
bedeokt, dass der Necrosebacillus sich hauptsächlich in der
*) cf. Referat in der „Deutschen thierärztlichen Wochenschrift“
von 1897, No. 46, Seite 404.
**) cf. Harms, Erfahrungen über Rinderkrankheiten und deren
Behandlung, II. Auflage, 1895, Seite 297—308.
***) 1. c. Seite 119—120.
t) cf. Möller, Lehrbuch der speciellen Chirurgie, II. Band,
II Auflage 1893, Seite 928/931.
ft) Bei der Operation leisten die in Hauptner’s Catalog unter
No. 2248 und 2252 angeführten Instrumente vorzügliche Dienste.
Des Weiteren möchte ich zur Bearbeitung der kranken Theile die
Hufinstrumente von Buss ganz besonders empfehlen. Hauptner’s
Catalog No. 2126 bis 2126e. —
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520
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
Peripherie des Krankheitsprocesses nach weisen lässt und dass
derselbe die Blutgefässe ausfiillend vorwärts dringt, ohne eine
bestimmte Grenze (Demarcationslinie) zu zeigen, so werden Sie
mein rigoroses Vorgehen beim Auslöffeln solcher Veränderungen
erklärlich finden. Nur so gelingt es, alle inficirten Stellen sicher
zu beseitigen.
Bei grösseren und tieferen Kronengeschwüren, bei welchen
es schon zur Necrotisirung von sehnigen Geweben gekommen ist,
lässt sich neben dem scharfen Löffel die Scheere mit gutem Erfolg
verwenden. Mit derselben stellt man leicht ein reines Operations¬
feld her, ohne Gefahr zu laufen, das Klauengelenk zu perforiren.
Ist die Perforation dieses Gelenks bereits eingetreten, so empfiehlt
es sich, die betreffende Klaue sofort zu amputiren. Erstreckt
sich der Process weiter in die Höhe und ist insbesondere das
Krongelenk ergriffen, so muss auch das Kroobein und event. noch
Stücke des Fesselbeines entfernt werden. Die Hauptbedingung
für eine rasche Heilung ist die sichere Entfernung sämmtlicher
abgestorbener Theile. Man erzielt daher mit der Klauenamputation
in kürzester Zeit die besten Erfolge, ohne dass den Thieren
irgendwelche Nachtheile erwachsen. Die Heilung ohne Amputation
nimmt einmal lange Zeit in Anspruch und birgt ausserdem die
Gefahr in sich, dass Complicationen durch Bildung von necrotischen
Processen an andern Körperstellen hinzutreten können. Bei
länger bestehender Eiterung an dem perforirten Gelenk ist dies
nahezu die Regel. Diese Complicationen machen jedes weitere
Bemühen, einen Erfolg zu erreichen, werthlos, und sind derartige
Misserfolge nur der unterlassenen Klauenamputation zuzuschreiben.
Viele Collegen scheuen sich, eine Klauenamputation vorzu¬
nehmen. Das Operationsverfabren ist jedoch sehr einfach und
leicht anszuführen. Da dasselbe ausser von Harms und Möller*)
von W. Pfeiffer**) in seinem YVerkchen .,Operationskode für
Thierärzte und Studirende“, unter Beifügung entsprechender Ab¬
bildungen näher beschrieben worden ist, so gehe ich an dieser
Stelle nicht weiter darauf ein. Die Operationswunde tupfe ich
nach gründlichster Reinigung gut mit 5 proc. Formalinlösung ab.
Dasselbe ruft eine leichte Aetzung hervor und hat eine schöne
und rasche Granulationsbildung zur Folge. Auf die mit
Formalinlösung angefeuchtete Stelle wird Sublimatgaze sowie die
entsprechende Menge Watte gelegt und das Ganze mit 1—2
Mullbinden***) fest verbunden. Nachdem der Verband angelegt
ist, tränke ich denselben stark mit Theer, um so jedes Ein¬
dringen von Jauche und Schmutz zu verhindern.
Sind die Verbände nicht gut angelegt, und ist eine Ver¬
unreinigung möglich, so wird nicht nur die Heilung verzögert,
sondern Sie sehen auch, dass der necrotische Process in Folge
Eindringens von Infectionsstoffen sofort wieder an Ausbreitung
gewinnt. Ein exact angelegter Verband ist daher eine Haupt¬
bedingung für das Gelingen der Operation.
Während die vorerwähnten Autoren den Theer direct auf die
operirte Fläche auftragen, konnte ich mich zu einem derartigen
Verfahren niemals entschlossen. Ich durchtränke nur die
obersten Schichten des Verbandes mit Theer, um die Ver¬
unreinigung hintanzuhalten, was bei einiger Vorsicht auch leicht
gelingt.
Je nach dem Umfange des operativen Eingriffes kann der
Verband bis zu 14 Tagen und darüber liegen bleiben, sofern das
Eintreten erhöhter Schmerzen am operirten Fusse den Erfolg
*i L. c.
**) cf. W. Pfeiffer: Operationscursus für Thierärzte und
Studirende. Berlin 1897, Seite 61—63.
***) Hierzu verwende ich von der Verbandstofffabrik von
C. F. W o 1 f r a ui in Augsburg bezogene und nach meiner Anweisung
hergestellte 10 m lange und 10 cm breite Mullbinden, welche von
grösster Dauerhaftigkeit sind. 100 Stück kosten 21 Mark.
nicht zweifelhaft erscheinen lässt. In letzterem Falle muss ein
Verbandwechsel neben entsprechender Correction der operirten
Stelle vorgenoramen werden.
Um grössere Störungen bei Verletzungen der Geburtswege
in mit demNecrose-Bacillus inficirten Ställen zu vermeiden,empfiehlt
es sich, im Anschluss an die Geburt Ausspülungen der Scheide mit des-
inficirenden Flüssigkeiten vorzunehmen. Als ganz besonders wirksam
habe ich das zwei- bis dreimalige Einbringen von Pyoktanin-Streu-
pulver (Pyoktaninum coeruleum 2 proc.) in die äusseren Gebnrts-
wege gefunden. Die Einbringung des Pulvers hat gleich nach
der Geburt, und zwar in grösserer Menge zu erfolgen und ist
die folgenden 2—3 Tage noch ein- bis zweimal zu wiederholen.
Dieses Verfahren hat das eine Unangenehme, dass, da die
Application des Pulvers mit den Händen zu geschehen hat, der
Thierarzt Hände wie ein Färbermeister bekommt.
Hiermit, meine Herren, will ich schliessen, wohl wissend,
dass ich Ihnen keine erschöpfende Darstellung über die Ver¬
hütung wie über die Bekämpfung dieses Leidens gegeben habe.
Ueber mein Embryotom.
Von
Pflanz-Canth,
Tbierarxt
In No. 42 der B. T. W. ist von den Herren Wessel und
Witt ein neu construirtes Embryotom beschrieben worden. Die
Verfasser heben Eingangs des Artikels hervor, „dass trotz vieler
Versuche die Aufgabe nicht in gewünschter Weise gelöst sei, ein
Instrument herzustellen, mit dem man das Becken, den Hais oder
den Körper leicht und gefahrlos durchtrennen kann ; ‘. Es wird
dann insbesondere an dem von mir construirten Embryotom be¬
mängelt, dass die Anwendung desselben nicht ganz gefahrlos sei,
insofern, als Theile der Gebärmutter oder der Geburtswege beim
Drängen des Tbieres zwischen Stangen, Kette und Messer ge-
rathen und Quetschungen oder Verletzungen entstehen können,
ferner dass das Instrument nicht ausreichend gereinigt und desin-
ficirt werden könne, und endlich, dass es zu schwer sei.
Was zunächst diese angeblichen Mängel anlangt, so sehe ich
mich veranlasst, Folgendes zu erwidern:
Ueber die Gefahr bezw. Gefahrlosigkeit bei der Anwendung
eines Instruments entscheiden nicht theoretische Betrachtungen,
sondern die praktische Erfahrung. In dieser Beziehung bin ich
in der Lage, mittheilen zu können, dass ich selbst das Instrument
in mehr als 40 Fällen angewandt habe, sowohl bei Rindern als
auch Pferden, und dass nie eine Verletzung des Uterus oder der
Geburtswege durch dasselbe herbeigeführt worden ist. Ausser¬
dem liegen mir die Nachrichten von ca. 20 Collegen aus der
Praxis vor, welche sämmtlich die sichere und gefahrlose An¬
wendung des Instrumentes bestätigen.
Angesichts der ausgiebigen Erprobung in der Praxis, sowie
des Umstandes, dass noch von keiner Seite — auch nicht von
den Herren Wessel und Witt — thatsächliche Beobachtungen
über Verletzungen durch mein Embryotom gemacht worden sind,
wird der Einwand, dass die Anwendung desselben „nicht ganz
gefahrlos“ sei, als ein durchaus unbegründeter bezeichnet werden
dürfen.
Ebensowenig ist der Vorwurf gerechtfertigt, dass das von
mir construirte Embryotom schwer zu reinigen sei. Ich hatte
ursprünglich ein ganz gleiches Instrument construirt, wie die
Herren Wessel und Witt, dasselbe jedoch als unpraktisch
wieder aufgegeben, nachdem ich die Beobachtung gemacht, dass
das Rohr sich schwerer reinigen lässt als die Stangen. Es be¬
darf doch auch thatsächlich keiner weiteren Ausführung, dass ein
paar einfache Stangen leichter zu reinigen sind, als ein Bohr.
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3. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
521
Dagegen dürfte wohl eher die Ecrasenrkette der Herren
W e b b e 1 nnd Witt, welche abwechselnd ans doppelten nnd
einfachen Gliedern besteht, mit ihren vielen Löchern nnd Forchen
der Reinigung Schwierigkeit entgegenstellen, als dies bei meiner
einfachen Messerkette der Fall ist. Was übrigens den Körper
meines Instruments betrifft, so ist die Frage der Reinigung bei
diesem Theile von geringer Bedeutung, weil derselbe einerseits
nicht in die Geburtswege gelangt nnd andererseits weniger ver¬
unreinigt wird.
Was nun endlich das bemängelte Gewicht anbelangt, so will
ich zngeben, dass das ursprüngliche Gewicht meines Embryotoms
wohl ein reichlich hohes war; es bedurfte jedoch nicht grosser
Studien oder Experimente, um darin Wandel zu schaffen. Die in
neuester Zeit auf meine Veranlassung hergestellten Instrumente
haben durchlöcherte Zahnräder und sind zum Theil aus Hohleisen
gearbeitet, so dass das Gewicht um mehrere Pfund reducirt
wurde.
Bemerken will ich hierzu, dass ich mich zu denjenigen Thier¬
ärzten zähle, welche mit den Verhältnissen einer umfangreichen
und nicht mit denen einer Salonpraxis zu rechnen haben.
Die Frage, ob das Instrument per Fahrrad mitgenommen
werden kann, muss ich vom Standpunkte eines vielbeschäftigten
Thierarztes und Geburtshelfers als eine müssige bezeichnen. Der
Thierarzt, welcher schwere Geburten — und dazu gehören ja
die Embryotomieu — Öfter zu erledigen bat, und welcher dabei
nicht etwa nur einem kundigen Helfer Direction giebt, sondern
nach alter praktischer Gepflogenheit mit entblösstem Oberkörper
sich stundenlang unter nicht geringer körperlicher Anstrengung
abgemüht hat, dürfte in der Regel darauf verzichten, nach voll¬
brachter Arbeit auf dem Rade nach Hause zu fahren. Auch die
festeste Gesundheit würde derartige Zumuthungen nicht lange
ertragen.
Bei weitem wesentlicher als die Frage, ob ein sonst zweck¬
mässiges Instrument etwas mehr oder weniger Gewicht hat, ist
es mir erschienen, dafür Sorge zu tragen, dass der Kostenpreis
auch in solchen Grenzen bleibt, dass auch dem Anfänger die
Möglichkeit gegeben ist, Instrumente, die nicht alle Tage ge¬
braucht werden, anzuschaffen.
Nach dieser Richtung dürfte aber der Preisunterschied zwischen
35 und 62 oder gar 90 Mark doch eine grosse Rolle spielen.
So fern es mir liegt, einem Collegen das ihm unzweifelhaft
zustehende Recht der Kritik schmälern zu wollen, kann ich doch
eine solche immer nur dann als berechtigt anerkennen, wenn
sie — Gegenstände der Praxis betreffend — auch ihre Stütze in
der praktischen Erfahrung hat.
Uebrigens ist aber die wesentlichste Thatsache wohl
die, dass die Anwendung des Ecraseurs zur Embryotomie
im Princip durch mich in die Geburtshülfe eingeführt
worden ist Nachdem dies geschehen war, ist es nicht schwierig,
andere ähnliche Instrumente zu construiren. v
Referate.
Thesen des IY. französischen Congresses znm Studium
der Tubereulose.
1. Die Tuberculose soll unter die ansteckenden Krankheiten
gerechnet werden, deren Anzeigepflicht obligatorisch ist, alle
öffentlichen Locale, besonders aber die Schulen, sollen mit hygie¬
nisch als geeignet angesehenen Spucknäpfen und deutlichen,
deren Benutzung betreffenden Bezeichnungen in kürzester Zeit
versehen werden.
2. Tuberculöse dürfen nicht in Reconvalescenten-Anstalten
geschickt werden, welche auch für andere Arten von Kranken
dienen.
3. Für Kinder sollen specielle Reconvalescenten-Anstalten
eingerichtet werden.
4. Zur Errichtung einer möglichst grossen Anzahl von Sana¬
torien sollte sich die Privatinitiative der Aerzte und des Publikums
vereinen.
5. Die Vorgesetzten Behörden sollten officiell die hygienischen
Curse, welche die Liga gegenwärtig in Paris abhält, überall
unterstützen, damit diese Einrichtung auch auf die anderen Städte
Frankreichs ausgedehnt werden könnte.
6. In Anbetracht, dass die unaufhörliche Zunahme der Rinder -
tuberculose das öffentliche Wohl schwer bedroht, dass die An¬
steckung die einzig wirkliche Ursache dieser Zunahme ist, werden
folgende gesetzgeberischen Massnahmen als dringend vorgeschlagen:
Trennung der kranken von den gesunden Thieren. Verbot, die
kranken Thiere zu anderen, wie zu Schlachtzwecken, zu verkaufen.
Ueberwachung der Kuhställe, von welchen Milch zum allgemeinen
Verbrauch geliefert wird, und sofortige Schlachtung der Thiere
mit tuberculöser Euteraffection. Sterilisation oder wenigstens
Pasteurisation der Milch*), welche zur Butter- und KäsebereituDg
im Grossen dient, Ausdehnung der Fleischbeschau auf ähnliche
Weise, wie sie in Belgien seit mehreren Jahren bereits gehand-
habt wird. Endlich sollten die Regierungen Mittel suchen, womit
der betrügerische Gebrauch des Tuberculius, welcher sich ein¬
bürgert, um das Bestehen der Tuberculose bei zum Verkauf oder
zum Export bestimmten Thieren zu verbergen, unterdrückt
werden könnte.
Die Bekämpfung der Thiertnberculose durch prophy¬
laktische M&ssregeln.
Vortrag, gehalten von Bang auf dem IV. französ. Congress zum
Studium der Tuberculose.
• (Mflnch. Med. Woch. 86/98.)
Da das Rind die grösste Gefahr für den Menschen bringt
und die übrigen Hausthiere wahrscheinlich durch dasselbe ange¬
steckt werden, so muss das Hauptaugenmerk auf die Bekämpfung
der Rindertuberculose gerichtet sein. Bezüglich des Fleisches
der kranken Thiere erkennt B. an, dass in Deutschland das
Richtige geschehe, indem blos bei allgemeiner Tuberculose das
Fleisch vom Verkaufe auszuschliessen sei. Bezüglich der Milch
sollte immer mehr darauf gedrungen werden, dieselbe nur abge¬
kocht zu gemessen. Vom Standpunkte der Veterinärpolizei
wäre das Ideal, alle Thiere, welche mit Tuberculose behaftet
sind, zu entdecken; diejenigen, welche die Krankheit im höchsten
Grade und in infectiöser Form (d. h. Bacillen secerniren) be¬
sitzen, zu schlachten und die gesunden vollkommen von den
kranken zu trennen. Wenn auch das Tuberculin nicht völlig der
ersten Forderung entspricht, so bedeutet es doch einen unschätz¬
baren Fortschritt. In Dänemark wird den Thierzüchtern das¬
selbe unentgeltlich verabreicht unter der Bedingung, dass jene
Thiere, welche reagiren, von den gesunden getrennt und auch
nicht zum Verkauf auf den Markt gebracht werden. Nach
einem Jahre wird die Tuberculinprobe wiederholt; auch müssen
die Ställe, wo die gesunden Thiere verbleiben, desinficirt und
für beide Categorien verschiedenes Putzzeug etc. verwandt
werden. In dem neuen Tuberculin Behring’s, mit welchem die
Thiere mit Sicherheit und auf eine gewisse Zeit immunisirt
*) Betreffs der Sterilisation der Milch wies Bang darauf hin,
dass Prof. Störsch in Kopenhagen ein Mittel entdeckt hat, um fest¬
zustellen, ob Milch auf eine bestimmte Temperatur erhitzt worden
sei. Wenn man nämlich einer kleinen Menge Milch einen Tropfen
einer Lösung von Hj 0, und 2 Tropfen einer wässrigen 2 proz.
Paraphenyl-Diaminlösung zusetzt, so tritt eine Blaufärbung ein, wenn
die Milch nicht auf mindestens 80° erhitzt worden war; andernfalls
unterbleibt die blaue Färbung.
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522
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
werden können, sieht Bang eine neue mächtige Waffe in dem
prophylaktischen Kampf gegen die Tabercolose.
Maul- und Klauenseuche bei Schafen und Ziegen.
Von Himmelstoßs.
(W»chr. ». Tbierhlk. $7/38.)
Ueber das Vorkommen der Aphthensenche bei Schafen und
Ziegen war in der Literatur eine Erörterung nicht eher ent¬
standen, als bis Jacobi in der B. T. W. behauptete, er habe in
löjähriger Praxis niemals Aphthen auf der Maulschleimhaut des
Schafes gesehen, und andere erfahrene Praktiker diese Angaben
bestätigten. Jacobi erklärte, da eine contagiöse Klauenseuche
ohne gleichzeitige Maulaphthen nicht bestände, die Aphthenseuche
bei Schafen als eine der seltensten Krankheiten. Die oft irr-
thümlich als Aphthensenche angesehene Moderhinke ist nicht
contagiös. Es wäre durchaus zweckmässig, wenn mit Rücksicht
auf die praktische Bedeutung der Sache anlässlich der wissen¬
schaftlichen Erforschung der Maul- und Klauenseuche volle
Klarheit darüber geschaffen würde, inwieweit bei Schafen die
Aphthensenche thatsächlich vorkommt. Von älteren Autoren
scheint Dieterichs, der eine gutartige und bösartige Seuche
unterscheidet, thatsächlich Aphthensenche und Moderhinke bei
Schafen gesehen zu haben, während andere Angaben sich an¬
scheinend nur auf Moderhinke beziehen. Weinmann-Edenkoben
hat 1848 im Arch. f. Veterinärmed. von Kreuzer Bd. 4 pag. 491
behauptet, dass, nachdem seit 1780 von der Maul- und Klauen¬
seuche nichts mehr gehört worden sei, dieselbe über den Rhein
durch Schafherden von Neuem eingeschleppt worden wäre. Die
dem Reichsviehseuchengesetz von 1880/1894 beigegebene Belehrung
stellt bekanntlich die Ansicht auf, dass bei Schafen und Ziegen
die Erkrankung an den Klauen häufiger sei als im Maule, dass
hier die Bläschen nur klein seien und nur am zahnlosen Rande
des Oberkiefers vorkämen.
Gegen die Ansicht Jacobi’s ist Schräder-Helmstedt auf¬
getreten, der in der B. T. W. 1895 pag. 305 behauptete, dass er
bei ca. 20 pCt. der klauenkranken Schafe Bläschen auf der
Manlschleimhaut gefunden habe. Dieser Ansicht haben sich auch
Frick, Behrens und Saake angeschlossen (B. T. W. 1895).
Aehnliche Mittheilungen finden sich noch von anderer Seite in der
B. T. W. 1895 und 1897.
Hirn meistos 8 hat 1897 beobachtet, wie die Seuche von
Schafen auf Ziegen, Rinder und Schweine übertragen wurde,
ln einer Schafheerde waren von 50 Thieren 43 erkrankt; nur
zwei davon zeigten Veränderungen im Maule. Acht Tage lang
wurden die Tliiere täglich Stück für Stück im Maule untersucht,
aber keines zeigte weitere Veränderungen. Bei den beiden an
Maulseuche erkrankten Schafen fand sich am zahnlosen Rande
des Oberkiefers ein schmutzig-gelber Belag bezw. ein sehr kleines
stecknadelkopfgrosses Bläschen ohne jede weitere Veränderung;
auch Speicheln trat nicht ein. Es gelang auch nicht, ein anderes
Schaf künstlich im Maule zu inficiren. Die Erscheinungen dauerten
nur drei Tage.
Was die Veränderung an den Füssen anlangt, so bestand
an der Klauenkrone Schwellung und Röthung und zwischen den
Klauen Ausschwitzung einer lymphatischen Flüssigkeit. Dagegen
fanden sich weder Bläschen noch Geschwüre. Acht Tage nach
der ersten Untersuchung waren die Schafe bis auf ein einziges
gesund und lahmten nicht mehr. Von den Schafen verbreitete
sich die Seuche, wie gesagt, auf Rinder und Schweine. Das
Vorhandensein der Aphthensenche in dieser Heerde ist somit
zweifellos.
Ebenso sah Himmelst oss im August 1892 die Verbreitung
der Aphthenseuche durch Ziegen. Von der Ziegenheerde des
Ortes erkrankten 14 Stück und durch diese wurde die Seuche in
vier Rinderställe verschleppt Bei den kranken Ziegen bestanden
Veränderungen im Maule nicht.
Endlich hat Himmels tos s neuerdings bei einer Schafheerde
14 an Maulseuche erkrankte Thiere getroffen, welche eine
Schwellung der Backen und Lippen aufwiesen, wie sie schon
Frick-Hettstedt und Behrens-Peine in der B. T. W. 1895,
pag. 306 beschrieben haben. Bläschen waren nicht mehr zn
constatiren. Die Unterlippen waren mit dicken Krußteu besetzt.
Keins dieser 14 Schafe zeigte Veränderungen an den Füssen.
Wenn nicht bereits Rinder an typischer Maul- und Klauenseuche
erkrankt gewesen wären und die Ansteckung derselben durch
Schafe zweifellos gewesen wäre, so würde die Diagnose dieser
ausschliesslichen Maulinfection wahrscheinlich zweifelhaft ge¬
blieben sein.
Die Akne des Hundes und ihre Heilung.
Von Frick.
(DUob. Thierärztl. Wichr. 98, 42.)
Die nicht durch Acarusmilben bedingte Akne des Hundes,
welche auf dem Nasenrücken auftritt, ist bekanntlich ein sehr
hartnäckiges Leiden. Frick glaubt im Gegensatz zu Fröhner,
dass die Anfangsursache nicht in mechanischen Insulten durch
den Maulkorb zu suchen sei; denn er sah die Akne auch bei
solchen Hunden, die nie einen Maulkorb trugen, und an Körper¬
stellen, wo mechanische Insulte ausgeschlossen waren, nämlich
auf dem Rücken. Jedenfalls aber werden solche Insulte eine
Prädispoßition schaffen, wofür auch das Auftreten der Erkrankung
an gewissen exponirten Gelenken spricht. Im Uebrigen dürfte
aber die Akne eine infectiöse Erkrankung sein. Ueber den
Infectionsstoff ist freilich nichts bekannt.
Die Akne ist übrigens nicht blos eine lästige Hautkrankheit,
sondern kann auch lebensgefährlich werden. So sah Frick bei
zwei Teckeln, die an ausgedehnter Akue des Kopfes litten, zu¬
gleich furunculÖ8e Defecte der Haut, sowie an den Backen, und auch
am übrigen Körper einige bis wallnussgrosse subcutane Abßcesse.
Das Allgemeinbefinden war schlecht. Es bestand Temperatur¬
steigerung und bei dem einen gestorbenen Hunde ergab die
Obduction Pyämie, die von den Aknepusteln ausgegangen war.
Was nun die Heilung der einfachen, d. h. noch nicht mit
der Gefahr der Allgemeininfection verbundenen Akne anbelaugt,
so empfiehlt Frick eine Methode, welche eine günstige Prognose
gestattet. Darüber, dass die Behandlung eine chirurgische sein
muss, besteht Einigkeit. Frick hat das Feuer gewählt. Das
Spalten der einzelnen Pusteln ist jedesmal sehr zeitraubend und wird
unmöglich bei umfangreicherer Erkrankung, und ebenso ist die
totale Entfernung erkrankter Hautpartien nicht immer möglich
und jedenfalls nicht empfehlenswerte Frick anästesirt den er¬
krankten Hauttheil nach Schleich und brennt dannn jede Pustel
mit dem Paquelin'sehen Brenner, dessen Spitze er in die Pustel
einsenkt. Wenn grössere Pusteln bestehen oder die Haut weiter
unterminirt ist, so muss der Brenner nochmals eingeführt werden.
Je sorgfältiger man die stets schlaffe Granulation zerstört, um
so sicherer ist der Erfolg. Wenn bei Druck auf die soeben ge¬
brannte Stelle noch weiter entleert werden kann, so ist das
Ausbrennen noch nicht genügend. Man kann auf diese Weise
den ganzen Nasenrücken, die Lippen, Backen u. s. w. brennen,
ohne dass Blut fliegst und sonstige Schwierigkeiten entstehen.
An den Brandstellen befindet sich nach 24 Stunden ein trockener
Schorf, der bis zum Auftreten einer kräftigen Granulation,
d. h. 4 bis 5 Tage lang, täglich entfernt wird. Die verschorfte
Stelle wird dann mit 1% Sublimat betupft. Die Abstossung
aller nekrotischen Bestandteile ist am dritten, spätestens
fünften Tage erfolgt und dann deckt sich die Wunde mit
trockenem Schorf ein, unter dem nach 8 Tagen eine Narbe ent-
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3 November 1898.
stebt, die meist nur unbedeutende Spuren hinterlässt. Bei dieser
Behandlung verschwindet meist sogar die Verdickung der Haut,
und dieselbe wird wieder weicher und verschieblich. Nur selten
muss das Brennen wiederholt werden. Es empfiehlt sich aber,
dabei von vornherein jede verdächtige Stelle mitzunehmen.
Tgetse-Kraukheit.
Von H. E. Durham, Esq , Cambridge.
(Veterinarlan 1808. VoL LXXI No. SiO.)
Bruce entdeckte, dass die Krankheit durch einen Geissein
tragenden Parasiten Trypanosoma aus der Protozoengruppe ver¬
ursacht wird. Die Tsetsefliege übertrögt die Parasiten von
kranken auf gesunde Thiere. Das weibliche Insect ist vivipar.
In den „Fliegendistrieten“ Südamerikas findet Trypanosoma
die Bedingungen für seine Entwicklung auch im Blut einiger
wilden Thiere. In England ist mit den lebenden Parasiten eine
grosse Zahl Experimente von Blanford, Kanthack und Dur¬
ham gemacht worden. Die Einimpfung desselben bat einen
tödtlichen Ausgang beim Pferd, Esel, Ochsen, Hund und bei der
Ziege, weiter bei Mäusen, Batten und Igeln zur Folge. Das Meer¬
schweinchen kann in einigen Fällen der Infection mehrere Monate
Widerstand leisten. Bei Batten und Mäusen kann der Krankheits¬
erreger in den letzten Tagen der Krankheit in enormer Zahl im
Blute Vorkommen, während derselbe bei Meerschweinchen der Kegel
nach sehr sparsam auftritt, obwohl ihr Blut infectionsfähig ist Bei
den meisten Thieren ist das Auftreten des Hämatozoon während
des Krankheitsverlaufes intermittirend. Die Verbreitung der
Krankheit ist ziemlich gross; ausser in Ost- und Westafrika
kommt dieselbe am Congo und am Niger vor. Der französische
Forscher Bonget beschreibt einen Parasiten ähnlicher Art, den
er bei einem Pferde eines Eemonte-Depots in Algier fand. Die
Surra-Krankbeit unter den Thieren Indiens dürfte mit der Tsetse-
oder N’gana-Krankheit identisch sein. Es wird vermuthet, dass
die erstere ebenfalls durch eine blutsaugende Fliege verbreitet
wird. In Europa, in Indien und Ostafrika ist im Blute von
Batten ein Parasit nachgewiesen worden, welcher sich nur wenig
von dem in Bede stehenden Trypanosoma unterscheidet, jedoch
nicht pathogen wirkt.
Mittel zur Behandlung oder Verhütung der N’gana sind nicht
bekannt. Das die Bezirke der Tsetsefliege bewohnende Zebra
wird nicht von der Krankheit befallen. Die auf dieser Beobachtung
gegründete Annahme, dass es überhaupt gegen die Krankheits¬
erreger geschützt sei, hat sich jedoch nicht bestätigt. Einige
Zebra-Hybriden, welchen die Tsetse-Krankheit eingeimpft wurde,
zeigten alle Symptome der Krankheit und starben. Im Blute
waren die Parasiten nachzuweisen. Der Mensch ist nach den
bisherigen Erfahrungen für die Krankheit nicht empfänglich.
Der Parasit ist zwecks seines Lebens und Fortkommens nicht
auf das Blut beschränkt. Derselbe kommt auch in den serösen
Flüssigkeiten und in den Exsudaten fort, welche sich während
der Krankheit in die Gewebe bezw. in die Körperhöhlen ergiessen.
Bei den mit der Krankheit behafteten verschiedenen Thieren sind
die Blut bildenden Organe afficirt. Die Entwicklung des Para¬
siten geht wahrscheinlich in den Lymphdrüsen, der Milz und im
Knochenmark vor sich. Der Zusammenhang mit der Blutforma¬
tion kennzeichnet sich durch die Anämie und die Verminderung
der rothen Blutzellen.
Pferd und Esel sterben mehrere Woeben, Hunde und Katzen
14 Tage oder 3 Wochen, Kaninchen 30 bis 40 Tage, Batten etwa
14 Tage, Meerschweinchen 3 Wochen bis 3 oder 4 Monate nach
der Infection. Das anatomische Krankheitsbild variirt bei den
verschiedenen Thieren. Bei einigen sind hauptsächlich die Lymph-
528
drüsen und die Milz, bei anderen ist nur die Milz erkrankt. Zer¬
störung der Muskelsubstanz kann beim Hund und Kaninchen
Vorkommen und fehlt fast gänzlich beim Meerschweinchen.
Die Malariakrankheit des Bindviehs auf dem Agro
romano.
Ueber diesen Gegenstand hielt Prof. Nosotti einen Vortrag
in der im October stattgehabten Sitzung der Gesellschaft italieni¬
scher Landwirtlie.
Nachdem der Vortragende die Malaria des Menschen, der
Vögel, Beptilien und Amphibien kurz erwähnt hatte, wandte er
sich zur Hämatinurie oder Malaria der Binder und theilte die
Krankheit unter Beschreibung der klinischen Erscheinungen und
pathologisch-anatomischen Veränderungen in eine acute und chro¬
nische Form ein.
Die Krankheit wird durch Zecken übertragen, welche ge¬
legentlich von inficirten Bindern auf gesunde gelangen. Der die
Krankheit verursachende Parasit ist im Innern der rothen Blut¬
zellen malariakranker Binder von Smith, Celli, Sanfelice und
Koch naebgewiesen worden. Das Hämatozoon zerstört die Ery-
throcyten und erzeugt eine schwere acute Anämie, welche einen
tödtlichen Ausgang nimmt. Die Krankheit erscheint namentlich
in heissen, trockenen Jahren nach deiu ersten Begen. In diesem
Jahre zeigte sie sich in der Umgebung Borns und in der Provinz
insbesondere bei den Arbeitsochsen, verschonte aber auch die
Kühe der städtischen Milchwirtschaften nicht. Bei den Pflanzen¬
fressern verläuft die Malaria milder, führt jedoch zur Kachexie
und schliesslich auch zum Tode.
Als Vorbeugungsraassregeln empfiehlt N. das Vermeiden
sumpfiger Orte; die Ochsen sind erst nach Sonnenaufgang zur
Arbeit aufs Feld zu schicken und vor Sonnenuntergang wieder in
die Ställe zurückzubringen. Das Nächtigen der Binder auf freiem
Felde ist zu vermeiden. Das erfolgreichste Mittel bei Behandlung
kranker Thiere ist das Chinin, welches per os gegeben oder
subcutan bezw. endovenös eingespritzt werden kann Die inner¬
liche Dosis Chinin beträgt täglich 5—10 g. Ausserdem empfiehlt
sich zur Aufbesserung der Kräfte die Verabreichung von Coffein,
Alcohol, Wein, Camphor, von Milch, Eiern u. s. w. Die Malaria
wurde auch bei Pferden beobachtet und vielleicht oftmals mit
anderen Krankheiten verwechselt (acutes und chronisches Sumpf-
tieber); bei Bindern und Schweinen wird nicht selten die chroni¬
sche oder latente Form im Schlachthaus während des Schlachtens
festgestellt, welche sich durch Milztumor auszeichnet. Die Krank¬
heit soll endlich auch bei Jagdhunden Vorkommen.
Am Schluss seines Vortrages empfiehlt N. die Verbesserung
der hygienischen Verhältnisse der Malariagegenden, wodurch
nicht nur der Menschheit im Speciellen, sondern auch dem Acker¬
bau und der Viehzucht eine grosse Wohlthat erwie«en würde.
(Clinica veterinaria 1898, H. 42.)
Ueber einen electrisch geheizten und reguiirbaren
Objecttisch.
Von Dr. R. Kraus.
(Centralbl. f. Bakt 1898, H. 1.)
Der erste Objecttisch wurde von Stricker 1871 angegeben
und besteht aus einem mit Wasser gefüllten Metallkasten. Die
Wärme wird dem Wasser mittels einer Heizstange durch eine
Gasflamme zugeführt. Bei allen späteren Construcrionen wurde
das Princip des Stricker’schen Objecttisches beibehalten und
nur Aenderungen in der Heizvorrichtung und durch Einführung
von Kegulatoren getroffen.
Es gelang bisher nicht in der wünschenswerthen und noth-
wendigen Weise für biologische Zwecke die Temperatur constant
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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524
auf einer bestimmten Höhe zn halten. Durch Anwendung des
eleetrischen Stromes und des Paraffinöls, einer Flüssigkeit, welche
leitet und electrolytisch nicht zersetzt wird, ist nun durch den
Ingenieur Ehman ein Objecttisch construirt worden, welcher die
geforderten Bedingungen erfüllt.
Der Objecttisch besteht aus einem Metallkasten, welcher
mit Paraffinöl gefüllt ist. Dasselbe wird mittels einer Silber¬
spirale durch den eleetrischen Strom erwärmt. Steigt die
Temperatur über den gewünschten und durch eine Einstellungs¬
vorrichtung an einem Contactthermometer bestimmten Grad, so
wird ein Nebenstrom gebildet, welcher nach dem Principe des
Neef’schen oder Wagner’schen Hammers den Hauptstrom
unterbricht. Durch die Ausschaltung des Hauptstromes sinkt die
Temperatur des Paraffinöls, das Quecksilber im Contactthermometer
fällt und schaltet den Nebenstrom aus, welcher Vorgang wiederum
die Schliessung des Hauptstromes zur Folge hat u. s. w. Durch
diese selbstthätige Regulirung gelingt es, die Temperatur mit
der geringen Differenz von 0,1° constant zu erhalten. Ehman
hat das System zur Heizung des Objecttisches auch auf den
Thermostaten angewendet und patentiren lassen. Die schnelle
Veränderung der Temperatur nach oben oder nach unten ist
durch Einstellung an der Stellschraube des Contactthermometers
in einfacher Weise zu bewerkstelligen.
Heizbarer Färbetisch.
Von Piorbowski.
(D Med Woch. 20|98)
Einen heizbaren Färbetisch zur Färbung von Bacterienprä-
paraten hat Dr. Piorkowski construirt. Er ermöglicht eine
wesentliche Erleichterung bei der Färbung von Tuberkelbacillen,
Sporen, Geissein etc. gegenüber dem bisherigen ungleichmässigen
und zeitraubenden Verfahren. Der*Apparat besteht aus einem
viereckigen Wasserbade, dessen oberer Theil in verschiedene
Quadrate eingetheilt ist, die zur Aufnahme von Färbeflüssigkeiten
dienen. Auf diese Weise kann eine Anzahl Präparate auf ein¬
mal gefärbt werden. Ein kleiner Schornstein, dient sowohl zur
Füllung des Wasserbades wie auch zum Entweichen der Dämpfe.
Um Tuberkelbacillen zu färben, wird nach Füllung des Wasser¬
bades der Farbstoff in die Quadrate gefüllt und der dazu gehörige
Mikrobrenner angezündet. Darauf werden die vorbereiteten Deck¬
gläschen auf die Farblösung gelegt und sind nach fünf Minuten
gut gefärbt. Oder man wartet bis der Dampf aus dem kleinen
Schornstein entweicht; erst dann eingelegte Deckgläschen sind
schon nach 2—3 Min. gefärbt. Der Färbetisöh ist von F. und
M. Lautenschläger-Berlin zu beziehen. •
Eine neue Methode der ßacterien • Geisselfärbimg bei
Gebrauch einer Orceinbase.
Von Professor Thomas Bowhill.
1 g Orcein löst man in 50 ccm Alcohol absol. und 40 ccm
Wasser. Andererseits werden 8 g Acid. tannic. in 40 ccm Wasser
gelöst. Gleiche Theile der beiden Lösungen werden vor dem
Gebrauch gemischt, filtrirt und als Beize benutzt. Die Färbung
wird in folgender Weise ausgeführt. Mau suspendirt in einem
Reagenzglas mit abgekochtem destillirtem Wasser die von einer
frischen Agarcultur entnommenen Bacterien, lässt fünf Minuten
stehen, bringt einen Tropfen der Bacteriensuspension auf ein
Deckglas und lässt an der Luft trocknen. Nun fixirt man das
Präparat wie üblich in der Flamme und bringt eB auf etwas
OrceYnbeize, die man in ein Uhrglas gegeben hat, zum Schwimmen
und erwärmt gelinde. Nach 10—15 Minuten spült man in Wasser
ab, trocknet, färbt mit Ehrlich’s Anilinwasser-Gentianaviolett,
indem man bis zur Dampfabgabe erwärmt, und spült mit Wasser ab.
No. 44.
Ein einfaches Verfahren zum Nachweis von Eiweiss
im Harn
giebt P. A. Fish an: Der zu untersuchende Urin wird mit zwei
Volumen starken Alkohols versetzt. Die Flüssigkeit zeigt hier¬
nach eine wolkige Trübung und es setzt sich ein Niederschlag
ab. Derselbe kann aus Phosphaten oder aus Eiweiss bestehen.
Auf Zusatz einiger Tropfen HNO, und darauffolgendem Erhitzen
verschwinden die Phosphate, während ein Eiweissniederschlag be¬
stehen bleibt.
Diese Reaction gelingt im Reagenzglas bei einer wässerigen
Eiweisslösung von 1 : 32000, selbst in einer Lösung von 1 :64000
kann noch Eiweiss mittels dieser Probe in der Flüssigkeit con-
statirt werden.
(Americain Vet. Rev. 1898, Vol. XXII, No. 7.)
Thierhaltung und Thierzucht
Die landwirtschaftliche Thierhaltung in den Vereinigten
Staaten von Nord-Amerika.
Freiherr vonHerman, landwirthschaftlicher Sachverständiger
bei der Kaiserlich Deutschen Botschaft in Washington, berichtete
in einem am Sonnabend den 30. April 1898 in der „Urania“ in
Berlin gehaltenen Vortrage u. A. auch über die landwirt¬
schaftliche Tbierhaltnng in den Vereinigten Staaten von Nord-
Amerika.
Die Haltung der verschiedenen Arten landwirthschaftlicher
Thiere in den letzten 25 Jahren ist am besten aus folgender
Tabelle zu ersehen:
Stück Anderes
1. Jan. Pferde Maulthiere Milchkühe Rindvieh Schafe Schweine
1873 9 222470 1 310000 10575900 16413800 33002400 32632050
1880 11201800 1 729500 12027000 21231000 40765900 34034101
1890 11423837 2 331027 15952883 36849024 44336072 51602780
1896 15124057 2278946 16137586 32085409 38298783 42842759
1898 13960000 2 257665 15840886 29264197 37656960 39759993
Im Grossen und Ganzen zeigt sich eine Zunahme eigentlich
nur bei Maulthieren und Milchkühen, während die Pferde in Folge
der niedrigen Preise, das Rindvieh in Folge zeitweiliger
Geschäftsstockungen in den grossen Weidewirthschaften des
Westens, die Schafe in Folge australischen Wettbewerbes nnd
die Schweine wohl hauptsächlich in Folge der so verbreiteten
Schweinecholera an Zahl zurückgegangen sind. Im Ganzen
wird man sagen können, dass im Osten die Hochzucht der ver¬
schiedenen Rassen getrieben wird, während im Westen, vor
allem in den Prairie-Staaten, die grosse Massenproduktion vor
sich geht.
Wir finden in den Vereinigten Staaten 18 verschiedene Pferde¬
rassen,wovon der Broncho den Rest der ursprünglich aus Spanien ein¬
geführten Thiere darstellt. Die anderen sind alles englische
Rassen, belgisches Halbblut, deutscher und französischer Wagen¬
pferdeschlag.
Beim Rindvieh finden wir 15 verschiedene Rassen, darunter
alle englischen, besonders die Jerseys, dann aber viel Holländer
nnd Holsteiner, etwas Schweizer Brannvieh und neuerdings anch
Simmeuthaler.
Schafe und Schweine sind in 13 verschiedenen Rassen
vertreten.
Im Westen der Vereinigten Staaten liegen bekanntlich die
ungeheuer ausgedehnten Weidewirtschaften, auf denen 11 Millionen
StückRindvieh, 16Millionen Schafe und 2Millionen Pferde vorhanden
sein sollen, und zwar in der wildesten Freiheit lebend. Pi«
Thiere sind jahraus, jahrein im Freien; sie kennen keinen Stall
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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3. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
525
oder anderes Obdach; die Folge davon ist, dass im Winter, be- \
sonders wenn dieser sehr streng ist, oft bis 50 pCt. der Thiere j
umkommen. Es wird dann einfach veröffentlicht, dass im Staate .
so and so and so viele Thiere za Grande gegangen seien. 1
Wenn man darch diese Gegenden fährt, sieht man häufig die
Körper der verendeten Thiere liegen, ohne dass sich Jemand
weiter nm sie kümmerte. Die Leute haben an den überlebenden
grossartige Geschäfte gemacht, and damit sind sie zufrieden.
Doch fängt man jetzt im Westen auch schon an, die Thiere im I
Winter ähnlich zu füttern wie bei uns das Wild, and so werden
sie nothdürftig darch den Winter hindurch gebracht.
Wie bereits erwähnt, sind sämmtliche englische Rassen ver¬
treten, auch einige deutsche, und es ist zu hoffen, dass mit der Zeit
nicht nur in den Vereinigten Staaten sondern in ganz Amerika
sich ein Feld für deutsches Zuchtvieh eröffnen wird. Die Amerikaner
selbst machen jetzt Anstrengungen, den Zuchtviehmarkt Ostasiens,
Mexikos, Central- und Südamerikas zu erobern. (Mitth. d. D.
L. G. 98. N. 17.)
Oeffentliches Veterinärwesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstatistik and Veterin&rpolizei.
Im Jahre 1892, als die Maul- und Klauenseuche ihre ver¬
heerende Herrschaft eben begonnen hatte, habe ich die Illustration
des MonatsstandeB dieser Seuche durch Karten in die thierärzt¬
liche Literatur eingeführt. Ich habe dabei zugleich den Beweis
geliefert, dass man durch Anwendung eines einfachen Schraffirungs-
systems auch ohne Zuhülfenahrae des Farbendruckes klare Bilder
liefern kann. Diese Seuchenkarten haben soviel Anklang ge¬
funden, dass auch die deutsche thierärztliche Wochenschrift sich
zu ihrer Einführung veranlasst gesehen hat, der beste Beweis,
dass der oder jener Kritiker, welcher die Karten bei ihrer Ein¬
führung für überflüssig erklärte, Unrecht gehabt hat.
Allein die Karten haben den Fehler, dass sie viel Raum in
Anspruch nehmen, während mit diesem bei der Fülle des Materials
sehr Haus gehalten werden muss. Dies würde sich jetzt, wo eine
halbmonatliche Berichterstattung stattfindet und daher jeden 1.
und 15. eine Tabelle zu veröffentlichen ist, allzu störend bemerk-
lich machen. Ich werde daher davon abstehen, die Seuchen¬
tabelle künftig regelmässig durch eine Karte zu illustriren. Es
kann dies m. A. n. um so eher unterbleiben, als die Maul- und
Klauenseuche jetzt eine gewohnte Erscheinung geworden ist.
Die Seuchenkarte wird künftig nur dann beigegeben werden,
wenn der Sencben-Stand ein ungewöhnlicher ist, neue Centren
sich bilden oder sonst ein besonderes Interesse erregt wird.
Schmaltz.
Die Verbreitung der Maul- n. Klauenseuche In Preuesen am 15. October 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
> herrschte
l
Gemeinden
(Gntsbes.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Marienwerder.
1
9
3,97
Potsdam.
1
1
0,38
Frankfurt.
1
l
0,36
Stettin.
1
2
1,06
Stralsund.
2
2
2,24
Posen.
12
54
1638
Bromberg.
5
12
5,39
Breslau.
3
6
1,57
Oppeln.
1
1
0,35
Magdeburg.
7
21
13,88
Merseburg.
1
1
0,43
Hildesheim.
1
1
1,38
Münster.
2
6
18,48
Minden.
1
1
1,96
Arnsberg.
4
7
8,23
Cassel.
6
12
7,14
Wiesbaden.
7
15
16,02
Coblenz.
10
76
72,72
Düsseldorf.
5
15
34,88
Cöln.
6
35
118,20
Trier.
10
61
54,12
Aachen .
10
77
197.43
Summa
! »7
416
—
Nachweliung Ober den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiche
am 15. October 1898.
Es waren am 15. October in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Kotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (1). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 1 (1). R.-B. Cöslin 1 (1).
R.-B. Posen 4 (5). R-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 3 (3).
R.-B. Oppeln 2 (3). R.-B. Düsseldorf 1 (l) Bayern: R.-B.
Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2). Kreis-
hauptm. Leipzig 1 (2). Württemberg: Schwarzwaldkreis 1 (1).
Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (2). Braunschweig: 1 (1).
Waldeck: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 17 (44). R.-B. Niederbayern 4 (4).
R.-ß. Pfalz 3 (4). R.-B. Oberpfalz 13 (72). R.-B. Oberfranken 4(5).
R.-B. Mittelfranken 8 (31). R.-B. Unterfranken 15 (25). R.-B.
Schwaben 13 (79). Sachsen: Kreisbauptm. Zwickau 2 (2).
Württemberg: Neckarkreis 10 (21). Schwarzwaldbreis 5 (16).
Jagstkreis 10 (34). Donaukreis 8 (19). Baden: Landescomra.
Constanz 1 (1). Landescomm. Freiburg 3 (4). Landescomm. Karls¬
ruhe 1 (2). Landescomm. Mannheim 8 (13). Hessen: Provinz
Starkenbnrg 1(1). Provinz Oberhessen 1 (1). Provinz Rhein¬
hessen 5 (15). Mecklenburg-Schwerin: 3 (8). Sachsen-
Weimar 2 (4). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (3).
Fürstenth. Birkenfeld 1 (3). Braunschweig: 3 (5). Sachsen-
Meiningen: 2 (7). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth.
Gotha 2 (2). Anhalt: 1 (2). Waldeck 1 (5). Schaumburg-
Lippe: 1 (1). Bremen: 1 (5). Elsass-Lothringen: Bezirk
Ober-Elsass 3 (11). Bezirk Lothringen 4 (16).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (3). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Stralsund 1 (1). R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Magdeburg 1 (3).
Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (4). R.-B. Danzig 2 (6).
R.-B. Potsdam 3 (4). R.-B. Frankfurt 5 (9). R.-B. Stettin 5 (32).
R.-B. Stralsund 3 (6). R.-B. Posen 8 (25). R.-B. Bromberg 2 (3).
R.-B. Breslau 19 (99). R.-B. Liegnitz 9 (16). R.-B. Oppeln 8 (19).
R.-B. Magdeburg 2 (2). R.-B. Merseburg 2 (3). R.-B. Erfurt 1 (1).
R.-B. Schleswig 3 (5). R.-B. Hannover 3 (4). R.-B. Hildesheim
3 (8). R.-B. Lüneburg 1 (1). R.-B. Münster 4 (5). R.-B. Arns¬
berg 2 (3). R.-B. Cassel 3 (5). R.-B. Wiesbaden 1 (1). R.-B.
Coblenz 1 (2). R.-B. Düsseldorfs (6). R-B. Cöln 1 (1), R.-B.
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526
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
Trier 3 (5). Bayern: R-B. Oberbayern 2 (5). R.-B. Nieder-
bayem l (3). R.-B. Unterfranken 2 (2). Baden: Landescomm.
Karlsruhe 1 (1). Hessen: Provinz Oberhessen 1 (I). Mecklen¬
burg-Schwerin: 2 (5). Mecklenburg-Strelitz: 1(1). Brann-
schweig: 1 (1). Saclisen-Altenburg: 1 (1). Scliaumburg-
Lippe: 2 (2). Lippe: 2 (4).
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfto etc.
Kaiserliches Gesundheitsamt.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom
Schlacht-Viehhofe*) zu Berlin am 31. Oktober 1898. Auf dem
Schlachthof zu Strassbnrg ist der Ausbruch vom 29. Oktober getilgt.
*) Der Viehhof ist davon nicht betroffen.
Fleischschau und Tiehyerhehr.
Ausweis Ober das In die preueaischen Schlachthäuser 1897 geschlachtet elngefuhrte Vieh (vgl. No. 41).
Regierungs-
Bezirk
Rinder
beanstandete
mit [
Tuberculose
Königsberg
Gumbinnen
Danzig . .
Marienwerd
Berlin . . .
Potsdam . .
Frankfurt .
Stettin . . .
Cöslin . . .
Stralsund .
Posen. . . .
Bromberg .
Breslau . .
Liegnitz . .
Oppeln . . .
Magdeburg
Merseburg.
Erfurt . .
Schleswig .
Hannover .
Hildesheim
Lüneburg .
Stade....
Osnabrück
Auricli . . .
Münster . .
Minden . . .
Arnsberg .
Cassel . . .
Wiesbaden
Coblenz . .
Düsseldorf
Cöln ....
Trier ....
Aachen. . .
Sigmaringen
Zahl de - ge-
Rchlachiet
ln Orte mit
öffentlichen
Schlacht-
häunern ein
geführten
4 506 ; 438 43 1 22 j 28 5 ! 12
1)89 26 1 i — — —
1 910 1 138 2 j 1 I 13 11 —
*“58 ! 18 2 1(2-1
52117 i 176 156 I 2 21 HO I 25
1724 | 96 2 j 2 ' 15 3 ! 2
1387 107 4 2 3 4 6
Kälber unter 6 Wochen
(beanstandete
Zahl der ge-
'i-' ■** — |
achtachtet
an* andern
In Orten mit tn-
Gründen
öffentlichen ber-
daaFieiech
Schlacht- cu .
verworfen
häuaemeln-
geführten
Itheil-
Iwelae
beanstandete
Schweine
beanstandete
3857 309
1411 206
4 12 3 4
3 2 50 5
13 2 4
2 — _ —
14 —
6 3
8038 599 10 ! 7 ,13
1141 I 101 21 , 7 I 5
2 2
7 -
9 1
23 8
bKnsern ein-
14193 1 2
5482 —
3215 —
698 1
35 576 1
2113 1
3 572 —
, 297 2
5 2 898 | —
1 i “
768 ' —
2087 4
— 2
1 630 —
3044 1
3.9 —
86 2
Zahl der ge¬
lang andern schlachtet
hftoaemeln-
golflhrten
ans anders
Gründet.
dasFlelreh
verworfen
15 II i 2 _ - -
12 “ ■ i 4 ~ -
543 —
328 —
32 —
204 —
Summa 1344 91 509 |2517 ,146 82 U 78 303 i 79 236 744 \ 72 1479 74 98 772 I 16 I 127 I 24 300661 I 951 62 ' 23 171 62
Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London. a) das Council hält es für wünschenswert!], dass zwecks Ein-
London, welches bis jetzt nur die grossen Schlachtanlagen führung einer wirksamen Fleischschau alle Privatschlachthäuser
fdr überseeisches Vieh in Deptfort, das Corporationsschlachthaus in London geschlossen werden und dass den Schlächtern statt
in IsliDgton und 450 Privatschlachthäuser besitzt, geht mit der dessen durch die Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern
Absicht um, alle Privatschlachthäuser zu schliessen, öffentliche Gelegenheit gegeben würde, ihr Vieh hier zu schlachten.
Schlachthäuser zu errichten und obligatorische Fleischschau ein- b) Eine Abschrift soll der Regierung mit der Angabe über-
zuttihren. Im Sommer dieses Jahres wurde zu diesem Zwecke sandt werden, dass das Council bereit sei, die Vorschläge der
der Medical Officer of Health auf eine Inspectionsreise geschickt, j Königlichen Tubercnlose-Commission zur Ausführung zu bringen,
um öffentliche Schlachtanlagen in anderen Städten zu besuchen i wenn es von der Regierung mit den Machtbefugnissen betrant
und sich über das dortige System der Fleischscbau zu unter- würde, die zur Ausführung der Vorschläge der Tuberculose-
richten. Auf Grund dieses Berichtes und der Vorschläge der Commission nothwendig seien.
Königlichen Tuberculose-Commission beantragte das Public Health Die Anträge riefen in der Versammlung eine lebhafte Debatte
Comitee in der Versammlung des Londoner County Council am hervor, in der namentlich ausgeführt wurde, dass mau London
11. October dieses Jahres, die Errichtung von öffentlichen mit seinen sechs Millionen Einwohnern nicht mit anderen StädteD,
Schlachthäusern zur Sicherung der Durchführung einer wirk- wie Paris, Berlin, vergleichen dürfte. Die für London vor-
samen Fleischschau in die Hand zu nehmen, und stellte als ersten geschlagenen sechs öffentlichen Schlachthäuser würden den Bedürf*
Schritt in dieser Angelegenheit folgenden Antrag: nissen der Schlächter durchaus nicht entsprechen, da trotz des
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3. November 1898.
BERLINER TH1ERÄRZTL1CBE WOCHENSCHRIFT.
527
Vorschlages der Eisenbahnverbindong mit den Viehmärkten die
Schlächter doch zo weite Entfernongen von ihren Verkanfsläden
nach den Schlachthäusern znrückznlegen hatten. Die Scblachtong
des einheimischen Viehes werde dadurch erschwert und die Zu¬
fuhr des ausländischen Fleisches noch mehr befördert.
Allseitig einig war man sich darüber, dass das jetzige
System der Fleischschau den Bedürfnissen nicht entspreche.
Unter den 187 Fleischschauern seien nur wenig praktisch vor¬
gebildete Personen. Diese müssten vorerst in sorgfältiger Weise
durchgebildet werden, um die Fleischschau in wirksamer Weise
durcbzuführen, so dasB das Inverkehrgelangen von zur mensch¬
lichen Nahrung untauglichem Fleisch gebindert werde. Bei der
Wichtigkeit des Gegenstandes müssten sich die Mitglieder erst
durch Lesen des Berichtes des Medical Offleer genauer in-
formiren; es wurde daher beschlossen, diesen Bericht bei den Mit¬
gliedern des Council circuliren zu lassen und nach einem Monat
in die Debatte wieder einzutreten. Kühn au.
Ministerial-Bflsoheid betr. Uebernahae von Agenturen
der Perleberger Sohlaohtviehverelcherung seitens beamteter Thierirzte.
(Vgl. B.T.W. No. 9 pag. 108.)
Bei dem Verbote in unserem gemeinsamen Erlasse vom
3. Januar d. Js., dass beamtete Thierärzte Agenturen von Vieh¬
versicherungsgesellschaften übernehmen, muss es verbleiben. Da¬
gegen haben wir nichts dawider zu erinnern, wenn seitens der
Herren Regierungs-Präsidenten eine Beteiligung der beamteten
Tbierärzte bei dem Betriebe der Schlachtviehversicherung
widerruflich dahin gestattet wird, dass dieselben gegen an¬
gemessenes Entgelt die zur Aufnahme der Thiere erforderlichen
tbierärztlichen Untersuchungen übernehmen und die erforderlichen
Atteste ausstellen, während die eigentlichen Agenturgeschäfte von
anderen Personen besorgt werden.
Das Entgelt darf weder in einem Anteile an der Prämie
oder Versicherungssumme noch in einer sonstigen Beteiligung
an den finanziellen Ergebnissen der Gesellschaften bestehen,
sondern es ist entweder nach festen Sätzen für jede Unter¬
suchung, jedes Attest u. s. w. zu bemessen oder als feste Ver¬
gütung für einen bestimmten Zeitabschnitt festzusetzen.
Desf&llsige Gesuche sind an die Herren Regierungs-Präsidenten
zu richten.
Der Minister der geistlichen, Der Minister für Landwirtschaft,
Unterrichts- und Medicinal- Domänen und Forsten.
Angelegenheiten. In Vertretung
Im Aufträge gez. Sterneberg,
gez. Förster.
Der Minister des Innern.
Im Aufträge
gez. von Bitter.
Bücher-Anzeigen und -Besprechungen.
Handbuch der thlerirztllohen Chirurgie und GeburtshQlfe von Prof.
Dr. Bayer und Prof. Dr. Eugen Fröhner. IV. Band, 1. Theil,
II. Lieferung. Sehnen, Sehnenscheiden und Schleim¬
beutel von Professor Dr. Siedamgrotzky, Obermedicinal-
rath in Dresden. Kriegschirurgie und Statistik von
Bartke, Corpsrossarzt in Stettin.
Die reichhaltigen Erfahrungen über die Krankheiten der
Sehnen, Sehnenscheiden und Schleimbeutel, die Obermedicinalrath
Prof. Dr. Siedamgrotzky als langjähriger Vorsteher der Klinik
der thierärztlichen Hochschule in Dresden Gelegenheit hatte zu
sammeln, sind in dieser Lieferung des grossen Sammelwerkes von
Bayer und Fröhner niedergelegt. Viele neue, ausgezeichnete
Abbildungen unterstützen nicht nur das Verständnis der Ab¬
handlung, sondern dienen demselben zur grössten Zierde.
Siedamgrotzky beschreibt zunächst A) Krankheiten der
Sehnen, und zwar unter I. die Erkrankungen der Strecksehnen
der Gliedmassen, die Entzündungen beziehungsweise ContuBionen,
dann die Wunden und Zerreissungeu. In dem H. Capitel, Er¬
krankungen der Beugesehnen der Gliedmassen, werden unter 1.
Entzündungen der Beugesehnen und zwar a) Die Entzündung des
Unterstützungsbandes der Hufbeinbeugesehne, b) Die Entzündung
der Sehne des Kronbeinbengers, c) Die Entzündung der Gleich¬
beinbänder, 2. Wunden der Beugesehnen, 3. ZerreissuDgen der
Bengesebnen, a) Totale Zerreissung der Hufbeinbeugesehne,
b) Totale Zerreissung der Gleichbeinbänder, c) Partielle Zer-
reissungen der Hufbeinbengesehne, 4. Contractionen der Beuge-
sehnen beziehungsweise Stelzfuss, a) Stelzfuss, Ueberköthen neu¬
geborener Füllen, congenitaler Stelzfuss, b) Stelzfuss älterer
Fohlen, c) Sehnenstelzfuss erwachsener Pferde, 5. Würmer in den
Sehnen. III. Erkrankungen einzelner Sehnen, 1. Achillessehne,
a) Verwundungen, b)Zerreissungen der Achillessehne, 2.Luxation der
Kronbeinbeugesehne am Hinterfnss, 3. Zerreissung des Scbienbein-
beugers.— B) Krankheiten der Sehnenscheiden. 1. Sehnen¬
scheide des gemeinschaftlichen Streckers an der Vorderfusswurzel.
Von diesen Erkrankungen kommen vor: 1. die Galle des gemein¬
schaftlichen Zehenstreckers. 2. Eiterige Entzündung. H. Sehnen¬
scheide des Streckers des Vordermittelfusses: 1. Galle des Schien¬
beinstreckers, 2. Entzündung, 3. Eiterige Entzündung. III. Sehnen¬
scheide des Fesselbeinstreckers. IV. Sehnenscheide des schiefen
Streckers der Vorderfusswurzel. V. Sehnenscheide der Streck¬
sehne am Fesselgelenke: 1. Die Fesselstrecksebnengalle, 2. Ent¬
zündungen, 3. Wunden, 4. Starke Quetschungen. VI. Sehnen¬
scheide für die Sehnen des Huf- und Kronbeinbengers an der
Vorderfusswurzel: 1. Entzündung, 2. Hydrops VH. Sehnenscheiden
der Beugesehnen am Fesselgelenk: 1. Entzündung, 2. Hydrops.
VIII. Sehnenscheide der Huf beinbeugesehne am Sprunggelenk:
1. Entzündung, 2. Hydrops. IX. Sehnenscheide des Kronbein-
beugers am Sprungbeinhöcker. X. Sehnenscheide der Sehne des
seitlichen Zehen Streckers am Hinterfusse. XI. Sehnenscheide des
medialen Sehnenastes des vorderen Unterschenkelmuskels.
XH. Strahlbeinsehnenscheide der Hufbeinbeugesehne; a) acute,
b) chronische Entzündungen, Chronische Fussrollenentzündung,
Podotrochilitis chronica. — C. Erkrankungen der Schleim¬
beutel. I. Stollbeule, H. Kniebeule, III. Piephacke, IV. Hygrom
am Schienbein. Bei sämmtlichen Capiteln sind die Ursachen, Er¬
scheinungen, der Verlauf, die Prognose, Behandlung nebst aus¬
giebiger Litteratur abgehandelt. Bei der Besprechung über die
Behandlung des congenitalen Stelzfusses (Seite 233 n. 234) kann
ich nicht umhin, eine Berichtigung eintreten zu lassen, die auch
der Autor nicht wissen kann und die nur der in die Verhältnisse
des Hauptgestütes Trakehnen Eingeweihte kennt. Aus den auf
Seite 234 gemachten Ausführungen möchte man glauben, dass es
sich bei der von Mieckley und Bartels beschriebenen Vor¬
richtung gegen den Stelzfuss der Fohlen um zwei verschiedene
Apparate handelt. Dies ist nicht der Fall. Es ist derselbe Fohlen¬
schuh oder Fohlenstiefel, der sowohl von Mieckley wie von
Bartels beschrieben wurde. Der Verfertiger und Erfinder
desselben ist der Königliche Stutenmeister Klein in Bajohrgallen,
was aber auch Bartels direct in seinem Artikel, den er in der
„B. T. W.“ von 1895 pag. 614 unter der Ueberschrift „Der Stelz-
Fuss der Fohlen und seine Heilung durch den Kl ein’sehen
Fohlenschuh veröffentlicht, betont. Auch Mieckley sagt in
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 44.
seinem Artikel, dass der Fohlenschnh von einem hiesigen Stuten¬
meister angefertigt und construirt ist. Mieckley kommt das
Verdienst zu, den Fohlen schuh mit Holzschiene nicht allein
zuerst beschrieben, sondern denselben auch nach der Natur ge¬
zeichnet zu haben. Jedenfalls ist dies auch der beste Apparat
gegen den Stelzfuss der Fohlen und demjenigen vom verstorbenen
Kreisthierarzt Friebel, Insterburg, construirten bedeutend vor-
zuziehen. Bei letzterem kommen selbst bei sorgsamstem Anlegen
sehr häufig Scheuerstellen und Nekrose am Schien- und Fessel¬
bein vor, was bei dem Kl ein’sehen Schuh nie passirt.
Derjenige Thierarzt, der die radicale Heilung der Kniebeule
(siehe pag. 298 u. 299) durch ein besonderes Operationsverfahren
angegeben hat, heisst nicht March, sondern Masch in Wilster
(Holstein). Die Operation ist einfach und sehr dankbar, die
Heilung erfolgt immer per primam intentionen, befolgt man genau
die Vorschriften, die Masch giebt. Bei 15 von mir operirten
Kniebeulen hatte ich immer den angegebenen Erfolg. Sämmtliche
Kniebeulen, selbst solche, die die Grösse eines Manneskopfes
besassen, heilten per primam intentionem.
Kriegechirurgie und Statistik von Bartke. Obwohl wir über
Veterinär-Kriegschirurgie recht wenig wissen und die Erfahrungen
über die Anwendung der neuen Handfeuerwaffen Dur auf Ex¬
perimenten und Versuchen, die von verschiedenen Seiten angestellt
sind, beruhen, hat Bartke es doch verstanden, recht vortlieil-
haft alles hierüber Bekannte zu sichten und klar darzustellen.
Ebenso ist die Statistik, die auf Grund der statistischen Veterinär-
Sanitätsberichte über die preussische Armee vom Jahre 1886 bis
1895 inclusive aufgestellt ist, recht übersichtlich in X Gruppen
zusammengefasst und beschrieben. Dr. To epp er.
Personalien.
Auszeichnungen: Dem Oberrossarzt a. D. Rö g e n e r-Ortelsburg.
bisher beim Remonte-Depot Wirsitz ist der Königliche Kronenordon
IV. Classe verliehen worden.
Ernennungen; Zn Kreisthierärzten: Thierarzt Barte 11-
Lissa comm. für den Kreis Lissa, Thierarzt Braedel-Berlin comm.
für den Kreis Stuhra.
Gewählt: Thierarzt B i b e r-Maulbronn zum Stadtthierarzt in
Langenau in Württemberg, Districtsthierarzt K r o n a c h e r-Wörth
zum städtischen Thierarzt in Landsberg a. L., Thierarzt A. L o h s e e -
Hirschberg zum Schlachthof - Assistenzthierarzt in Cottbus.
Zum Schlachthofinspector in Wismar ist nicht Herr Wisnefsky,
sondern der bisherige Schlachthofverwalter zu Neumarkt, Herr
Schultz, gewählt.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden im
August*) in Berlin: Thierarzt Berner-Guttstadt, Polizei-Thierarzt
Grips -Hamburg, Thierarzt G r u n a u -Neuteich i. Westpr., Schlacht¬
haus-Thierarzt Schneeweiss - Strehlen.
Wohmitzänderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thierarzt
Nethe-Gerbstädt nach Rosenberg (Westpr.), Thierarzt Schaar¬
schmidt-Naunhof nach Gerbstädt (Prov. Sachsen), Thierarzt
J. Lenz-Berlin nach Wetzlar, Thierarzt Wagenbichl e-r-
Wartenburg nach Zinten (Ostpr.), Thierarzt K e i m-Rastenburg nach
Nimptsch (b. Breslau), Thierarzt W o 1 f r a m - Tempelbnrg nach
Bochum, Thierarzt G e 1 b k e - Nimptsch nach Creuzburg a. Werra. —
Thierarzt A. E n z hat sich in Offenburg (Baden niedergelassen.
In der Armee: Ernannt zum Rossarzt: Untcrrossarzt
Sud er unter Versetzung vom Drag. Regt. No. 12 zum Ul.-Regt.
No. 10. — Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes:
Die Unterrossärzte d. Res. Ulrich, Kolbe, Damman. —
Versetzt: Oberrossarzt L o e w n e r von der Militär-Lehrschmiede
in Breslau zum Ul.-Regt. No. 11, Rossarzt Kölling vom 3. Drag.-Regt.
zur Militär-Lehrschmiede in Breslau, Rossarzt Hogrefe vom Feld-
Art.-Regt. No. 7 in Wesel nach Düsseldorf. — Pensionirt die Ross-
*) Die Mittheilung des Ergebnisses des August-Termins war
versehentlich unterblieben.
ärzte Goldmann vom 16. Ulan.-Regt. und Scharrmann vom
16. Drag.-Regt.
Todesfälle: Thierarzt C. Neumann -Neuenburg (Westpr.).
Yacanzen.
Kreisthlerarztstellen: Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisen heim (Zuschuss 300 M. cventl. ausserdem
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln:
Koael. Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel.
Sanitfttstblerarztetellen : Neu ausgeschriebene Stellen:
Nürnberg: Zwei Schlachthaushilfsthierärzte (2400 M., Privatpraxis
nicht gestattet). Bew. bis 10 Nov. an Magistrat. — Ratibor:
Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899. (3000—3800 M. freie
Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Argenau: Thier¬
arzt. — Callies: Thierarzt. Bewerbungen an Magistrat —
Dassow (Mecklenburg - Schwerin): Thierarzt — Eddelak
(Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elster¬
berg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. — Geringswalde:
Thierarzt Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt
(Fixum 1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Kemberg: Thierarzt
(städtischer Zuschuss 300M.). Bew. an Magistrat. — Landsberg a. W.:
Assistent am Ruthlauf- Se: um - Institut (1800 M.), Bew. an Director
Dr. Schreiber. — Uassov (Pommern): Thierarzt (Einnahme aus
Fleischschau ca. 1000 M.) Näheres durch Magistrat — Mo¬
ringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 500 Mark). -
Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200 M. u. Uebertragung
der Fleischschau). Bew. umgehend an Bürgermeister Igel. —
Nüsse bei Mölln i. L. — 0 b e r m ar s c h a c h t (Elbe). — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. ao
Polizeiverwaltung. — Satow (Mecklenburg-Schwerin): Thierarzt -
Schlawa i. Schles.: Thierarzt Auskunft durch Magistrat -
Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleischscbau ca. 600M.)
Bew. an den Stadtrath. — Schönbaum (Danziger Nehrung):
Thierarzt. Näheres durch Gutsbes. Penner in Freienhaben bei
Schönbaum. — Schönfliess (Neumark): Näheres Thierarzt
Kühn-Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt
Näheres durch den Bürgermeister. — Zehden: Thierarzt.
(Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg bei Zehden).
Besetzt: Staatastelle: Freystadt. Privatstelle: Creuzburg.
Veterinär-Assessor WoifTsche Stipendien-Stiftung.
An einen Studirenden der Thierheilknnde ist znm 2. Januar 1899
für zwei Semester ein Stipendium von 300 M. zu vergeben. Be¬
rücksichtigt werden nur solche Stndirende, welche das Abiturienten,
examen auf einem Gymnasium oder Realgymnasium abgelegt und
sich moralisch gut geführt haben.
Bei der Verleihung kommen vorzugsweise Studirende in
Betracht:
a) die eine Blutsverwandtschaft mit der Familie des Stifters
nachzuweisen vermögen,
b) Nachkommen folgender Freunde des Stifters:
1. des verstorbenen Hotelbesitzers Borgmeier auf Rögen,
2. des zu Wusterhausen geborenen Rentiers Otto Gericke,
3. des zu Finkenstein W.-Pr. geborenen Chemikers Wil¬
helm Lindner,
4. des zu Calcar geborenen und verstorbenen Thierarztes,
Gustav Siebert,
c) Söhne von Thierärzten.
Den bis zum 15. December 1898 an den Vorstand z. H. des
Geheimen Regierungsrathes Professors Dr. Schütz in Berlin
(Luisenstr. 56) einzureichenden Bewerbungen sind beizufögen:
a) beglaubigte Abschrift des Maturitätszeugnisses,
b) Führungsattest,
c) vorkommenden Falles der Nachweis der Zugehörigkeit zu
den vor unter a bis c bezeichneten Categorien.
Berlin, den 29. October 1898. Der Vor stand.
Da ich das Material betr. Behandlung des Kalbefiebere nun¬
mehr znsammenstellen will, so bitte ich etwa noch beabsichtigte
Einsendungen umgehend an mich gelangen zu lassen.
Bremervörde, den 1. November 1898.
Kreisthierarzt Nevermann.
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. InseratoDiheü) Prof. Dr. Schmaltz ln Berlin. — Verlag und Etgeuthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. Büxensieln. Berlin.
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Die „Berliner Thleriratllche Wochenaehrift“ ereohelnt
wöchentlich in St&rke Ton mindesten« l 1 /« Bogen. Dieselbe
ist tu bestehen durch den Bnchhsndel, die Post (No. 1031)
oder dnrch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoets, Berlin KW, Luisenstrasse 96, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Thierärztliche Wochenschrift
Heran sgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 45 . Ansgegeben am 10. November.
Inhalt: Martens: Ueber die bösartige Klauenseuche der Schafe. — Bericht über die 70. Versammlung
Deutscher Naturforscher und Aerzte in Düsseldorf vom 19.—24. September 1898. — Entgegnung
betr. desEmbryotom-Ecraseurs. — Referate : Zschokke: Ueber Kataplasmen. — Disc bereit: Ueber Knochen¬
fissuren beim Pferd. — Buhl: Vergiftung mit Stallsalpeter. — Künnemann: Sandgeschwulst der Dura mater bei der Kub. —
Colin: Ablation einer Cyste des Vorderlcnies beim Pferde. — M’Fadyean: Sitz und Reihenfolge in der Entwickelung der
pathologisch-anatomischen Veränderungen bei derRindertuberculose. — Nocard: Indentität der menschlichen und der Vogel-
tuberculose. — S a b ra z e s: Vitalität des Tuberkelbacillus. — d e J ong: Psendotnberculose bei Schaf und Ziege. — Maragliano:
Die Serumtherapie der Tuberculose. — Stubbe: Massregeln zur Verhütung der Rindertuberculose in Belgien. — Thier¬
haltung und Thierzucht: Französische Pferdezucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Fleischschau
und Viehverkehr. — Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
1. die sog. bösartige Klauenseuche,
2. die mechanisch - traumatischen Klanenentzün-
dungen.
Bezüglich der Symptome, der Ursachen, des Verlaufs etc.
werde ich in meinem Vortrag nur das anftihren, was thatsächlich
in Differentialdiagnose zur Maul- und Klauenseuche in Betracht
kommt.
M. H.! Die bösartige Klauenseuche, das bösartige Klauen¬
weh, die spanische oder französische Seuche herrscht seit langen
Jahren in Europa, kommt in vielen Schafheerden ganz Deutsch¬
lands vor und bildet eine Plage, welche den Besitzern vielen
Schaden verursacht. Id meinem Wirkungskreise kenne ich allein
mindestens 20 grössere Heerden, welche bereits seit vielen
Jahren an der bösartigen Klauenseuche leiden. Die Er¬
scheinungen der letzteren werden Ihnen Allen bekannt sein:
anfänglich bewegen die Thiere den ergriffenen Fass schonend,
hinken leicht, man findet am inneren Bande des Hornsanms eine
leichte Trennung, die sich später erweitert. In der Klauenspalte
tritt eine schwache Eöthe und vermehrte Wärme ein. Aus der
Spalte am Hornsaum sickert eine dünne, weissliche, trübe,
schmierige, übelriechende Flüssigkeit, die später eine mehr jauchige
Beschaffenheit und graue Farbe annimmt. Der Process nimmt
unter der Hornwand vom Sanm ans besonders nach der Spitze
und der Sohle zu seinen Fortgang, so dass man nach dem Ab¬
heben der Horntbeile geschwürige Stellen und Gänge findet,
welche mit grauen, abgestorbenen Massen bedeckt bezw. gefüllt
sind. Die Unterminirnng — mit diesem Wort lässt sich der
Process am besten bezeichnen — schreitet, falls keine passende
Behandlung eintritt, nach der äusseren Seite und geht bei
längerer Däner anf die zweite Klauenhälfte über. An der Krone
treten Schwellungen, flache, blasige Abhebungen der Haut mit
dünnflüssigem, eiterig - jauchigem, stinkendem Inhalt anf, die
Bänder, Sehnen, Knochen werden schliesslich ergriffen; die
Klauen sehen deformirt, knollig aus nnd werden mit Ringen
bedeckt. Daneben finden Sie leichte Schwellung nnd Wärme des
Ballens der leidenden Klaue, Pustelbildung mit übelriechender
trüber Flüssigkeit in der Klanenspalte. Die Schafe zeigen, so
lange nicht mehrere Ftisse im umfangreichen Masse befallen
sind, rege Fresslust and Munterkeit. Der Verlauf des Leidens
ist meist ein chronischer, so dass selbst bei zweckmässiger Be-
Ueber die bösartige Klauenseuche der Schafe.
Vortrag in der Versammlung des thierärztlichen Vereins für die
Provinz Sachsen etc.
Von
Martens - Sangerhausen,
Kreistblerant.
M. H.l Unser Herr Vorsitzender hat in der vorigen Ver¬
sammlung als Gegenstand der heutigen Sitzung „die bösartige
Klauenseuche“ der Schafe vorgeschlagen und mich um Ueber-
nahme des Referats ersucht. Ich bin diesem Ersuchen gern
nachgekommen, da die genannte Krankheit von grosser veterinär-
polizeilicher Bedeutung mit Rücksicht anf die Maul- nnd Klanen-
senche ist nnd die thierärztlichen Vereine meiner Meinung nach
es als ihre vornehmste Aufgabe betrachten müssen, Stellung zn
schwebenden Streitfragen zu nehmen und zur Klärung solcher
beizutragen Denn trotzdem die bösartige Klauenseuche seit
einem Jahrhundert in Europa bekannt ist, bestehen immer noch die
verschiedensten Meinungen darüber, ob das Leiden als eine
Krankheit sui generis oder als eine Folgekrankheit der
epizootischen Aphthensenche zn betrachten nnd mit der letzteren
identisch ist. Beim Durchsehen der Literatur finden Sie, dass
der eine Autor dieser, der andere jener Ansicht huldigt; es giebt
auch verschiedene Verfasser von Artikeln, welche die Frage
über das Wesen der bösartigen Klanensenche offen lassen, znerst
dieselbe als eine Stallseuche hinstellen nnd am Schluss rigorose
Massregeln verlangen. Von den älteren Schriftstellern spricht
sich besonders Spinola, von den neueren Fröhner nnd Fried¬
berger in ihrem weit verbreiteten Lehrbnch energisch für die
Identität der bösartigen Klauenseuche mit der Maul- und Klanen¬
senche ans. Eine Anzahl von Thierärzten leugnet überhaupt das
Vorkommen der Maul- nnd Klanensenche der Schafe, so unter
anderen der verstorbene Prof. Jacobi in Erfurt. Selbst das
Ministerium fühlte sich veranlasst, in einer besonderen Verfügung
den beamteten Thierärzten grosse Vorsicht bei Feststellung der
Aphthensenche in Schafheerden zn empfehlen, damit Fehl¬
diagnosen vermieden würden. Ich habe nun mein Thema dahin
erweitert oder präcisirt, dass ich die Klanenleiden, welche nach
meinem Dafürhalten überhaupt mit der Maul- und Klauenseuche
verwechselt werden können, nach einander anführe nnd beleuchte;
es sind diese:
Berliner
Orlglnalbeltrlge werden mit 60 Sk. fflr den Bogen honoiirt.
Alle Mannscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man ru senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thier&rxtltche Hochschule, NW., Lnisenstraase 56.
Correcturen, Recenslons- Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
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530
BERLINER THLERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
handlang and günstigen Witternngsverhältnissen Wochen ver¬
gehen können, bevor eine völlige Heilung eintritt. Besonders
aber markirt sich der hartnäckige, langsame Verlauf, das eigen-
thümliche Kriechen des Processes, die Neigung zu Recidiven,
wenn der Schäfer nachlässig ist oder es nicht versteht, die
Klauen richtig auszuschneiden, die unterminirten Stellen resp.
Gänge freizulegen. Man braucht wie beim Hufkrebs der Pferde
nur einen winzigen Fleck zu fibersehen — und das Uebel ist nach
mehreren Wochen in alter Weise da. Wie bei dem einzelnen
Individuum ist auch der Verlauf in der Heerde fast immer
chronisch, so dass Monate vergehen, bis der grösste Theil der
Heerde ergriffen ist.
Ausnahmsweise können allerdings durch günstige Bedingungen,
wie plötzlich eintretendes feuchtes oder warmes Wetter, in
kurzer Zeit über 30 pCt. einer Heerde erkranken, wie ich es
vor einigen Jahren beobachtet habe.
Das Klauenweh besteht in einer Schafheerde lange Jahre,
beschränkt sich im Sommer auf einzelne Thiere und nimmt im
Herbst und Winter an Ausdehnung zu Die Schäfer in solchen
Schäfereien sind verpflichtet, täglich nachzusehen, um neue Er¬
krankungen zu ermitteln; versäumen sie dies, so häuft sich
die Zahl der Patienten in progressiver Weise. Selbst in diesem
Sommer, der doch an Trockenheit nichts zu wünschen übrig liess,
habe ich in mehreren Heerden über 25 pCt. erkrankt gefunden
und diese Verbreitung nur dem ungeschickten, nachlässigen Ver¬
fahren der Schäfer zugeschrieben. An dieser Stelle will ich noch
kurz zur Behandlung, obwohl sie eigentlich nicht in den Vortrag
gehört, Folgendes einschalten: Es ist gleichgiltig, zu welchen
desinücirenden, ätzenden, adstringirenden Mitteln man seine
Zuflucht nimmt, die Hauptsache ist und bleibt die geschickte
chirurgische Behandlung der Klauen, das zweckmässige Be¬
schneiden und Freilegen der Gänge und unterminirten Stellen;
die goldene Mittelstrasse, nicht zu viel und nicht zu wenig weg¬
zunehmen, ist hier besonders angebracht. Warnen möchte ich
noch davor, das Beschneiden der Klauen auf der Stallstreu vor¬
nehmen zu lassen, wodurch immer neue Infectionsherde ge¬
schaffen werden. Man muss die Schäfer veranlassen, die
Operation auf einer Klane auszuführen und die abgeschnittenen
Fetzen, Horntheile u s. w. regelmässig durch Verbrennen zu
vernichten.
Was die ursächlichen Verhältnisse anlangt, so ist nach
meinen Erfahrungen sicher, dass die bösartige Klauenseuche der
Schafe durch ein fixes Contagium veranlasst wird, das in dem
eiterig-jauchigen Secret steckt und besonders im Stalle haftet.
Der An8teckungs8toff bedarf zur Fortdauer und Weiter¬
entwicklung besonderer Bedingungen, die vorzugsweise durch die
Bodenbeschaffenheit und die Lage des Stalles hervorgerufen werden.
Man könnte sich sonst nicht erklären, warum in einem Orte eine
Heerde an dem Klauenweh leidet, während die anderen trotz
vielfacher Gelegenheit zur Uebertragung verschont bleiben.
Bringt man Schafe mit bösartiger Klauenseuche in Schäfereien, die
nicht den Bedingungen der Fortdauer des Contagiums entsprechen,
so nimmt die Krankheit keinen weiteren Umfang an, die Seuche
erlischt ohne besonderes Zuthun. In Gemeindeheerden, die im
Herbst und Winter in Einzelstallungen stehen, habe ich noch nie
das Vorkommen der bösartigen Klauenseuche beobachtet, sondern
nur in grösseren Gutsschäfereien. In drei solcher Schäfereien
wurde vor vier bis fünf Jahren eine Anzahl Schafe eingeführt,
welche mit dem Klauenleiden behaftet waren, und seit dieser
Zeit herrscht dasselbe ununterbrochen in denselben.
Nachdem ich in kurzen Zügen das uns für die Differential¬
diagnose Interessirende angeführt habe, fasse ich die Thatsachen
und Merkmale, welche die bösartige Klauenseuche und die
Aphthenseuche einerseits unterscheiden und andererseits fest-
steilen lassen, in Folgendem zusammen.
1. Es giebt viele Ortschaften, in denen einzelne
Heerden seit langen Jahren an bösartiger Klauen¬
seuche leiden, andere nicht, trotzdem die Schafe täg.
lieh dieselben Wege und Triften ziehen. Ferner ist
noch nie einwandsfrei nachgewiesen, dasB Rindvieh,
Schweine, Ziegen von der Aphthenseuche befallen sind,
wenn auch durch die an bösartiger Klauenseuche
leidenden Schafe fast täglich Gelegenheit zur Ueber¬
tragung geboten wird.
Man wird zugeben müssen, dass, falls die in Frage stehenden
Krankheiten identisch wären, bei der ausserordentlichen An-
steckungsfähigkeit der Maul- und Klauenseuche in kurzer Zeit
eine Infection des anderen Klauenviehs stattfinden würde. Ich
habe häufig Gelegenheit gehabt zu beobachten, dass Jungvieh,
frisch zugekaufte Stiere in Schafställe gestellt wurden, in denen
die bösartige Klauenseuche grassirte, und nie sind irgendwelche
Folgen eingetreten.
2. Es giebt manche Schafheerden, in denen das bös¬
artige Klauenweh seit Jahren herrscht, und doch
werden diese von der Maul- und Klauenseuche be¬
fallen, wenn sich eine Gelegenheit zur Anstecknng
bietet.
In den letzten grossen Seuchengängen habe ich speciell meine
Aufmerksamkeit auf diesen Umstand gerichtet und kann min¬
destens zehn grössere Schäfereien angeben, in denen die Aphthen¬
seuche durch zugekauftes Rindvieh zum Ausbruch gekommen ist,
trotzdem die bösartige Klauenseuche stark florirte. Sie werden
mir zugestehen müssen, m. H, dass, wenn es überhaupt eine
Immunität bei der Maul- und Klauenseuche gibt — und davon sind
wir wohl Alle überzeugt — dann dürfen solche Schafe bei der An¬
nahme der Identität beider Leiden nicht von Neuem erkranken.
Alle Schafe, auch die mit bösartiger Klauenseuche, zeigten nach
kurzer Zeit die bekannten Symptome der Aphthenseuche.
3. Der Verlauf bei der bösartigen Klauenseuche
ist ein chronischer, während die Aphthenseuche in
einer Heerde acut und fast immer gutartig verläuft
ln 8—14 Tagen sind die meisten oder alle Stücke einer
Heerde in einem Stalle von der Maul- und Klauenseuche befallen
und in verhältnissmässig kurzer Zeit durchgeseucht, während es
auf der Weide etwas länger dauert. Nachkrankheiten, Wund-
infectionen durch Schmutz, Panaritien im Verlauf der Maul- und
Klauenseuche habe ich sehr selten gesehen, trotzdem die Zahl
der in den letzten Jahren erkrankten Schafe viele Tausende
betrug.
4. Bei der Maul- und Klauenseuche finden sich in
einer Heerde immer Thiere, welche Erscheinungen
im Maule zeigen.
Bei Feststellung der Aphthenseuche in einer Schafheerde
lassen sich durchweg ca. 5 pCt.. ermitteln, welche Röthe.
Bläschen, Erosionen am Oberkieferrande nachweisen lassen. Die
Menge der von der Maulseuche befallenen Thiere richtet sich
übrigens nacli dem Charakter der Seuche im Allgemeinen, wie
in einzelnen Seuchengüngen auch beim Rindvieh die Maulseuche
oder die Klauenseuche prävalirt
5. Bei der bösartigen Klauenseuche leidet vorzugs¬
weise eine Klane, während bei der Maul- und
Klauenseuche in der Regel mehrere Klauen befallen
werden.
6. Das Krankheitsbild der bösartigen Klauen¬
seuche ist von dem der Maul- und Klauenseuche ver¬
schieden.
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10. November 1898.
BERLINER THIERiRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
531
Eine Verkennung der letzteren Seuche kann im Anfangs¬
stadium und auf der Höhe bei den prägnanten Symptomen der
Aphthenbildung in der Klauenspalte mit dem klaren, etwas gelb¬
lichen Inhalt, den oberflächlichen Erosionen, der Bläschenbildung
im Maule, den Fiebererscheinnngen nicht gut stattfinden Anders
gestalten sich die Verhältnisse, wenn die etwa eintretenden
Nachkrankheiten an den Klauen in Folge der Maul- und
Klauenseuche von der bösartigen Klauenseuche unterschieden
werden sollen. An einem einzelnen Thier wird dies selbst
einem mit der Sache recht vertrauten Sachverständigen schwer
fallen, wesentlich günstiger gestalten sich aber die Verhältnisse
für die Diagnose, wenn eine Anzahl Tbiere gleichzeitig erkrankt
ist, womit doch in einer Heerde immer zu rechnen ist. Wie
ich bereits erwähnt habe, kommen Nachkrankheiten an den
Klauen in Folge der Maul- und Klauenseuche selten und nur
dann vor, wenn die Schafe auf nasskalten, schmutzigen,
morastigen Wegen getrieben werden, bevor eine völlige Ab¬
heilung der Erosionen, eine Vernarbung der defecten Hautstellen
eingetreten ist In den grossen Schäfereien, in denen an Streu
kein Mangel ist, werden solche Folgezustände überhaupt wohl
selten beobachtet, während die bösartige Klauenseuche mit Vor¬
liebe in ihnen zu weilen scheint. Der Schafdünger ist meines
Erachtens wenig geeignet, Wundinfectionen zu erzeugen,
ebenso wie der Kuhdünger an nnd für sich in der Regel keine
Folgekrankheit der Maul- und Klauenseuche bewirkt, es kommt
dabei auf die Art der Fütterung an. Ich habe persönlich in
kleinen Rindviehställen nie Panaritien, Necrose etc. in Folge der
Aphthenseuche auftreten sehen, trotzdem man hier auf die Ent¬
fernung des Düngers, des Schmutzes gar nicht achtet.
Der Process der Nachkrankheiten in Folge der Maul- und
Klauenseuche ist bei Schafen ähnlich dem beim Rindvieh:
Zwischenklauenpanaritien, Schwellungen und vermehite Wärme
an der Krone, am Ballen, Eiterung unter dem Hornsaum, an der
Krone u. s. w. Den Vorbedingungen und den ursächlichen Ver¬
hältnissen entsprechend, wird bei diesen Folgekrankheiten
immerhin eine grössere Anzahl von Schafen ziemlich gleich¬
zeitig befallen und ein gleichmässiges Krankheitsbild, und zwar
an mehreren Klauen darbieten. Beim Herrschen der bösartigen
Klauenseuche in einer Heerde findet man selbstredend ver¬
schiedene Stadien der Erkrankung: frische Fälle, die mit
einer Trennung am inneren Hornsaum einsetzen, sich
häufig nur durch etwas vermehrte Wärme der einen Klauen¬
hälfte markiren; weiter vorgeschrittene Processe, wobei die
bekannten Geschwürbildnngen, die Unterminirungen unter der
Hornwand der inneren Seite gefunden werden; ferner schliess¬
lich Zustände der umfangreichen geschwürigeu Zerstörung der
ganzen Klauenhälfte, Klauendeformitäten, wie Knollen-Ringbildung
am Horn.
Den Nachkrankheiten der Maul- und Klauenseuche fehlt die
eigentümliche Geschwürbildung, das Kriechende und die Neigung
zum Unterminiren und zu Recidiven.
Der Process dieser Folgekrankheiten rührt vom Eindringen
deletärer Stoffe in die lädirte Haut her und wird sich demgemäss
mehr zwischen den Klauen, am Ballen und der Krone ab¬
spielen, während derjenige der bösartigen Klauenseuche meistens
unter der inneren Hornwand nach der Spitze und der Sohle
zu seinen Sitz hat. Zu diesen Unterschiedsmerkmalen kommt
noch, dass die Folgekrankheiten durch Einstellen auf trockene
Streu, Abwaschen mit desinficirenden Mitteln, Bestreichen
mit Theer leicht zu heilen sind, während die Zustände bei
der bösartigen Klauenseuche selbst den schärfsten Mitteln schwer
weichen. Berücksichtigen Sie dazu die Anamnese, den Verlauf,
so wird auch in diesem Stadium die Maul- nnd Klauen¬
seuche von der bösartigen Klauenseuche wohl zu unter¬
scheiden sein.
Ich komme nun zu den mechanisch-traumatischen
Klauenentzündungen, welche unter Umständen in differential¬
diagnostischer Hinsicht zur Maul- und Klauenseuche der Schafe
in Frage kommen können. Für diese Klauenleiden sind seit
langer Zeit Ausdrücke wie Moderhinke, Drecklähme, Stoppel¬
lähme landläufig geworden, wie Ihnen Allen bekannt sein wird.
Es handelt sich bei diesen Klauenkrankheiten um entzündliche
Vorgänge in der Klanenspalte und an der Krone, um Eiterungs-
processe, Loslösung des Saumbandes, Unterminirung des Klauen-
horns n. s. w.
Die ursächlichen Verhältnisse sind schon durch die Be¬
zeichnungen „Moderhinke, Drecklähme, Stoppellähme“ genügend
gekennzeichnet; die Klauen werden durch Nässe, Schmutz,
faulenden Dünger etc. erweicht und dadurch prädisponirt zu
Quetschungen, Verwundungen und oberflächlichen entzündlichen
Vorgängen, welche durch Aufnahme von Infectionsstoffen zu
tiefer gehenden Eiterungsprocessen und Zerstörungen Anlass
geben können. Das Krankheitsbild wird sich nach den Ursachen
verschieden gestalten, wenn auch im Grossen nnd Ganzen die
Klauenspalte der ursprüngliche Sitz ist; man wird bei der Dreck¬
lähme besonders Drnckflecke, bei der Stoppellähme Verwundungen
in der Klauenspalte finden. Die Thiere lahmen und zeigen an¬
fänglich Röthe und Schwellung in der Haut zwischen den Klauen
nnd an der Krone. Nach einiger Zeit ist eine seröse, gelbliche,
schmierige, später eitrige Flüssigkeit zu erkennen, die Haut ist
dann häufig pustelförmig aufgehoben. Wenn das Leiden in
diesem Stadium vernachlässigt wird, kommt es zu einer Los¬
lösung des Saumbandes, Eitersenkung, Unterminirung unter der
Hornwand, selbst zu umfangreichen Zerstörungen und zum Aus¬
schuhen.
Zu diesen Symptomen, die durch die gleichen Ursachen bei
einer grösseren Anzahl von Schafen gleichzeitig auftreten können,
kommen noch zuweilen Laesionen der Maulschleimhant durch die
scharfen Stoppeln, Bildung von Pusteln und Schwämmchen infolge
von Pilzen verschiedener Art, so dass bei oberflächlicher Unter¬
suchung das Bild der Maul- und Klauenseuche vorgetäuscht
werden kann und, wie ich aus Erfahrung weiss, auch thatsäcblicb
zur Verwechselung Anlass gegeben hat. Die Kenntniss von dem
Vorkommen dieser Complication, die genaue Aufnahme des Be¬
fundes, die ursächlichen Momente, die Erhebung der Anamnese,
das Fehlen der Ansteckungsfähigkeit wird auch hier die Fehl¬
diagnose verhüten.
Die Unterscheidung der auf mechanischen Ursachen be¬
ruhenden Klauenentztindnngen von den Nachkrankheiten der
epizootischen Klauenseuche ist wie bei der bösartigen
Klauenseuche an einzelnen Individuen nicht leicht, zumal beide
Klauenleiden Wundinfectionen darstelleu. Auch hier sind wir
gezwungen, eine grössere Anzahl von Schafen zu untersuchen, um
ein richtiges Krankheitsbild zu bekommen und eine feste Diagnose
zu stellen. Zu verwerthen ist noch der Umstand, dass infolge
der Maul- und Klauenseuche meistens geringfügige Veränderungen,
Riefen, Abblätterungen an der äusseren Hornschicht der Klauen
vom Saum aus auftreten.
Sollte die Erkennung selbst unter Berücksichtigung der
Anamnese, des Verlaufs etc. noch Schwierigkeit machen, so kann
schliesslich eine Besichtigung des etwa vorhandenen Rindviehs
auf Residuen der Maul- und Klauenseuche, die sich ebenfalls unter
dem Hornsaum an den Klauenwänden vorfinden, vorgenommen
werden.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
Bericht Uber die
70. Versammlung Deutscher Naturforscher undAerzte
in Düsseldorf vom 19. bis 24. September 1898.
(Schluss).
Bei der sich an den Vortrag anschliessenden Discussion er¬
wähnten Braselmann und Eckhardt, dass eine grosse Anzahl
der unter den niederrheinischen Viehbeständen so häufig beob¬
achteten Fälle von Zwischenklauenpanaritinm durch Infection
mit dem Necrosebacillus complicirt würden. Frisch ging des
Näheren auf den Hufkrebs und die im Verlaufe desselben auf¬
tretenden Complicationen ein. Bezüglich der Nachbehandlung
bei Klauenamputationen bemerkte Lothes, dass er bei An¬
wendung der reinen Theerverbände immer gute Erfolge erzielt
habe. Derselbe empfahl, die Bezeichnung Klauenkrebs ganz
fallen zu lassen, da dieselbe zu Missdeutungen leicht Ver¬
anlassung geben könnte.
Einem aus der Versammlung heraus gestellten Anträge ent¬
sprechend wurde die dritte Abtheilungs-Sitzung der 35- Section,
auf den 22. September, Vormittag 9 1 /-, Uhr, anberaumt, und zum
Vorsitzenden für dieselbe I m m i n g e r - Würzburg gewählt.
In der dritten Sitzung demonstrirte zunächst Frisch-Düssel-
dorf die von dem Thierarzt Hauptmann aus Wahrendorf
(Böhmen) eingesandten elastischen Binden. Als Vortheil der¬
selben wurde ihre Verstellbarkeit bezeichnet. Letztere wird durch
Einschaltung einer mit Knöpfen versehenen Filzschiene in die
aus Gummistoff bestehende Binde erreicht Hierdurch wird es
dem Pferdebesitzer möglich, ein und dieselbe Binde bei ver¬
schiedenen Pferden zu benutzen. Die Mehrzahl der Anwesenden
konnte sich von der Anwendung elastischer Binden zu thera¬
peutischen Zwecken irgendwelche Erfolge nicht versprechen.
Man glaubte es jedoch dem Collegen Hauptmann schuldig zu
sein, es nicht bei einer theoretischen Beurtheilung seiner Er¬
findung bewenden zu lassen, sondern dieselben in praxi ver¬
suchsweise in Anwendung zu bringen.
Darauf hielt Imminger-Würzburg einen Vortrag Ober
Melanome. Redner hat die Melanome bei Rindern vielfach
beobachtet. Der Regel nach handelte es sich um Scheckvieh, und
zwar meist um die Kreuzungsproducte von Simmenthalern und
den einfarbigen Landschlägen. Bei letzteren hat I. diese Neu¬
bildungen nie nachwemen können. Derselbe referirt sodann über
zwei Fälle von Melanose, die wegen der eingeschlagenen Be¬
handlung und des erzielten Erfolges besonderes Interesse er¬
heischen.
Ein Rind hatte eine fünfmarkstückgrosse Gi schwulst am
innern Augenwinkel, die sich bei näherer Untersuchung als
Melanom erwies. Da eine vollständige Beseitigung desselben
wegen der zu befürchtenden functioneilen Störnngen nicht an¬
gängig war, so entfernte I. mit dem Messer ein Segment, das
etwa den dritten Theil der gesammten Neubildung ausmachte,
und liess die Wunde mit desinficirenden Flüssigkeiten behandeln.
Als er nach einigen Tagen die Operationswunde wieder inspicirte,
waren die zurückgebliebenen Geschwulstreste verschwunden.
Ein Pferd bekundete eine harte, schmerzlose Anschwellung
an einer Hinterextremität, die von der Hüfte abwärts bis zum
Kniegelenk reichte I. machte zunächst eine Probeincision und
stellte dabei fest, dass es sich um ein Melanom handelte. Er
verlängerte nunmehr den Schnitt bis zu 30 cm und entfernte von
der Neubildung etwa 7 Pfund. Nachdem die Operationswunde,
deren Ränder ein gleichmässig schwarzes Aussehen hatten, einige
Tage antiseptisch behandelt worden war, untersuchte I. das
Pferd wieder und fand, dass die übrigen Theile des Melanoms
von der gesunden Nachbarschaft soweit abgelöst waren, dass er
dieselben mit Zuhilfenahme irgend eines Instrumentes mit der
Hand entfernen konnte. Hierdurch wurden das Oberschenkelbein
sowie das Hüft- und Kniegelenk freigelegt Trotz des tief¬
gehenden Defektes vollzog sich die Heilung unter Anwendung
einer dünnen Formalinlösung regelmässig. Nach einigen Wochen
bezw. Monaten war das Pferd soweit wieder hergestellt, dass es
zur Arbeit benutzt werden konnte. Als I. das Pferd später
gelegentlich wieder sah, waren nicht die geringsten Bewegungs¬
störungen au dem operirten Hinterbein nachzuweisen. Bei der
sich an den Vortrag anschliessenden lebhaften Discussion wurde
der operativen Behandlung der Melanome das Wort geredet
Mit der operativen Entfernung der Melanosarcome hatten die
meisten Redner schlechte Erfahrungen gemacht, indem fast regel¬
mässig Recidive auftraten. Man empfahl daher, gegen diese Neu¬
bildungen nur dann operativ vorzngehen, wenn dieselben
functionelle Störungen verursachen.
Nach beendigter Discussion dankte Dr. Lothes dem Redner,
dass er so bereitwillig für den nicht erschienenen Herrn Dr. Olt
eingetreten sei und so die Abhaltung der Sitzung ermöglicht
habe.
In einem Schlusswort an die Versammlung sprach Imminger
sein lebhaftes Bedauern über die geringe Betheiligung aus,
welche in diesem Jahre die Section 35 aufzuweisen hatte. Die
von den Collegen durch das Fernbleiben an den Tag gelegte
Interesselosigkeit hätte ihn umsomehr überrascht, als die dies¬
jährige Naturforscher-Versammlung in einem Bezirk abgehalten
worden sei, der zu den thierärztereichsten zähle. Vielen Collegen
wäre daher ohne erheblichen Aufwand an Zeit und Geld Gelegen¬
heit geboten gewesen, sich an den Verhandlungen, deren Nutzen
stiftende Wirkung für ihn als langjährigen Theilnehmer über
jeden Zweifel erhaben sei, zu betheiligen*).
Entgegnung betr. des Embryotom-Ecraseurs.
Die Behauptung, dass bisher ein wirklich zweckentsprechendes
Embryotom nicht construirt war, erlauben wir uns trotz des
Widerspruchs von Herrn Pflanz aufrecht zu erhalten. Aus den
Aeusserungen vieler Collegen haben wir dasselbe entnommen.
Die praktische Erfahrung soll die Entscheidung
treffen. Da wollen wir denn nicht verschweigen, dass gerade
diese einen von uns dahin führte, ein Pflanz’sches Instrument
gratis wegzugeben. Die Landleute einer schleswig-holsteinischen
„Salonpraxis“ wollten oder konnten sich nicht an den Anblick
eines solchen Instrumentes gewöhnen.
Die Annahme einer vollständigen Gefahrlosigkeit des Pflanz-
schen Embryotoms dürfte etwas optimistisch sein.
Dass durchlöcherte Zahnräder leichter zu reinigen sind als
das Innere eines Metallrohrs, welches man mit jedem Stock und
etwas Werg putzen kann, glauben wir nicht. Will Herr Pflanz
aber nur die Theile gründlich gesäubert wissen, die mit dem
Mutterthier in Berührung kommen, so wäre bei unserem Intrument
nur die äussere Wand eines glatten Metallrohres zu reinigen.
Die Ecraseurkette, von der Herr Pflanz schreibt, kommt
bei der Geburtshttlfe nicht in Frage, mithin auch nicht beim
Vergleich der Embryotome.
Wir eine Ecraseurkette für besondere Operationen nicht er¬
werben will, zahlt für ein Instrument zum Zwecke der Geburts¬
hilfe 62 M. Herr Pflanz meint nun, dass die Frage des
Kostenpreise b bei weitem wichtiger ist, als die des Gewichte*.
Uns scheint aber, es ist am Ende mehr von Bedeutung, dass
ein Instrument handlich ist. Dass unser Instrument aller-
*) Für die früher veröffentlichte T hei Ine hm erliste ist noch nach¬
zutragen Herr Kreisthierarzt Schaum keil-Hagen.
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10. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
533
dings um weitere 27 M. theurer, ist freilich nicht angenehm. Aber
gerade Collegen, „die mit den Verhältnissen einer umfangreichen
Praxis zu rechnen haben“, werden diese Mehraasgabe nicht
scheuen. Auch ist der Umstand nicht zu vergessen, dass das eine
Instrument die Anschaffung anderer entbehrlich macht.
Der lange Abschnitt, den Herr Pflanz dem Fahrrad widmet
— wir hatten dessen nur in wenigen Worten Erwähnung gethan —
lehrt uns, dsss er nicht Radler ist; wir wollen daher in diesem
Punkte nicht mit ihm hadern.
Die Aeusserung: „Uebrigens ist aber die wesentlichste That-
sache wohl die, dass die Anwendung des Ecraseurs zur Embryo-
tomie im Prinzip durch mich in die Geburtshilfe eingeführt worden
ist“, dürfen wir wohl nicht wörtlich nehmen. Für uns liegt die
wesentlichste Thatsache, der Schwerpunkt der Streitfrage dort:
Welches Instrument entspricht am meisten den Bedürf¬
nissen der Praxis.
Da können wir nun Herrn Pflanz mittheilen, dass auf der
thierärztlichen Versammlung in Neuraünster sich sehr viele
Collegen für unser Instrument entschieden haben.
Wir können auch die Behauptung nicht unbeanstandet lassen,
dass Herr Pflanz bereits ein ganz gleiches Instrument
construirt habe. Uns dünkt nicht einmal die Aehnlicbkeit sehr gross.
W. Wessel, G. Witt,
Thierarzt, Wilster. Kreisthierart, Sonderburg.
Referate.
Ueber Kataplasmen.
Von Zschokke.
(Schw. Arch. f. Th Bd. 40, 5)
Die zu Kataplasmen verwandten Mittel besitzen weniger in
ihrer Form als in ihrer Wirkung eine gewisse Uebereinstimmung.
Dieselbe besteht in einer Erweichung und in einer gewissen Haut¬
reizung. Die Mittel sind mit die ältesten und werden recht
eigentlich zu den Hausmitteln gerechnet. Das wirksame Princip
ist die feuchte Wärme. Das warme Wasser allein würde ge¬
nügen. Aus Nebengründen verwendet man aber allerlei Vehikel,
wie'Lebm, Fango, Leinsamen, Mehl, Camillen, selbst Kuhdünger etc.
Andere Formen wirken in der Weise, dass sie die Körperwärme
und die natürliche Hautfeuchtigkeit selbst zur Wirkung heran¬
ziehen. Hierher gehören die Priessnitz'sehen Umschläge oder
das Aufträgen von Fett bezw. von Pflastern, wodurch die Haut-
ausdünstung unterdrückt und eine Feuchtigkeitsschicht auf der
Haut erzielt wird. Wie weit neben Feuchtigkeit und Wärme
noch andere Momente in Betracht kommen, ist noch nicht ge¬
nügend aufgeklärt.
Die Feuchtigkeit bewirkt ein Aufquellen des Hautepithels
und grössere Lockerung. Die Wärme erschlafft im Allgemeinen
und dehnt aus, trockene Wärme jedoch weniger, eben wegen der
gleichzeitigen Austrocknung. Die Feuchtigkeit ergänzt also die
Wärmewirkung. Das Wasser eignet sich als Wärmetrftger ganz
besonders. Von 35° ab kann man das Wasser warm, von 37*/ 9 °
aufwärts heiss nennen. Dass kaltes und heisses Wasser auf die
sensiblen Nerven wirken, ist bekannt. Von 50° ab können directe
Zerstörungen bewirkt werden; Temperaturen von 42—50° jedoch
wirken noch nicht necrotisirend. Ilir Reiz scheint die Zellen
nutritiv und forraativ anzuregen und diese Wirkung der Kata¬
plasmen kommt neben der expandirenden in Betracht. Die Er¬
weiterung der Capillaren bedingt stärkeren Blutzufluss und die
Zellen werden angeregt, die gesteigerte Zufuhr zu verwenden.
Dass bei infectiösen Processen die Wärme, auch die äusserlich
applicirte, heilsam, die Kälte dagegen schädlich wirkt, hat
Zschokke in einem anderen Aufsatz (vgl.Referat in nächsterNo. der
B. T. W.) ausgeführt. Indem die Zellthätigkeit und damit auch die
Antitoxinbildung angeregt wird, wirkt die Wärme antiphlogistisch
oder, wie mau sagt, zertheilend. Die Wahl der Mittel wird sich
nach verschiedenen Umständen richten. Die Haupteigenschaft der
eigentlichen breiigen Kataplasmen muss jedenfalls sein, dass sie
einen gewissen andauernden Wassergehalt und ein möglichst
schlechtes Wärmeleitungsvermögen besitzen, dass sie feinkörnig
und nicht reizend sind. Z. hat nun daraufhin verschiedene Mittel
geprüft.
Neuerdings ist als Kataplasma besondere der Fango (Lini-
mentnra minerale) angepriesen worden. Es ist dies ein sehr
feiner Seeschlamm, der sich in Thermen bei Padua bildet, die
schon den alten Römern als Heilbäder bekannt waren. Das
Material wird in beinahe wasserfreiem Zustande exportirt, 100 kg
für 30 Fre., jährlich 3—4 Millionen kg. Lufttrockener Fango
enthält 5 pCt. Wasser und in seinen erdigen Bestandteilen
Kieselerde, Thonerde, Eisenoxyd, Kalk, Magnesia und 10 pCt.
organische Substanz so gut wie bacterienfrei. Beim Menschen
sind die Fangokuren neuerdings in Aufnahme gekommen. Z. hat
nun Versuche angestellt, ob der Fangoschlamm geeignet ist, die
Qualität der Kataplasmen zu verbessern. Die verschiedenen zn
vergleichenden Substanzen wurden in hohe ßechergläser gefüllt
und ein Thermometer darein versenkt. Sie wurden dann in ein
Wasserbad gestellt und erwärmt und dann wurde unter gleichen
Verhältnissen die Temperaturabnahme in ihnen gemessen. Es
ergab sich, dass Fango und Krüschbrei sich nach 20 Minuten am
intensivsten erwärmten. Bei der folgenden Temperaturabnahme
zeigte sich, dass im blossen Wasser die Temperatur sehr viel
rascher sinkt als in den Kataplasmen, und es zeigte sich ferner,
dass bezüglich des Wärmeerhaltungsvermögens der Leinsamenbrei
obenan steht. Dann folgen Krüsch und Lehm, dann Fango und
Krüsch. Kuhmist und reiner Lehm stehen diesen nach. Wasser
besitzt, wie schon erwähnt, ein grösseres Wärmeabgabevermögen
und ein noch grösseres hat das Fett. Hieraus ergiebt sich, dass
Fetteinreibungen nur dann als Kataplasma zu wirken vermögen,
wenn die Wärmeabgabe durch Wolldecken verhindert wird.
Es wurde ferner die Wasserverdunstung geprüft, indem die
zu prüfenden Substanzen ohne Erwärmung in Glasschalen ge¬
füllt und gleichmässig der Luft ansgesetzt wurden. Von Zeit zu
Zeit wurden Proben gewogen und dieselben so lange erhitzt, bis
kein Temperaturverlust mehr eintrat, d. h. bis das Wasser völlig
verdunstet war. Dabei ergab sich, dass nach 24 ständigem Aus-
trockneu verloren hatten von ihrem Wassergehalt: der Lehm
40 pCt., Lehm und Krüsch 27, Leinsamenbrei 25, Fango 22,
Krüschbrei 10 und Kuhmist 5 pCt. Die letzteren trocknen also
sehr viel weniger rasch ans als Lehm und es ergibt sich, dass
durch Beimengung pflanzlicher Stoffe Erdaiten länger feucht er¬
halten werden können. Das Gesammtergebniss ist etwa, dass
Fango ein recht geeignetes Mittel zur Verwendung als Kata-
plasma ist, wenn er auch bezüglich wärme- und wasserbinden¬
der Kraft vom Leinsamen etwas überholt wird. Vorzüge sind:
seine Bacterienfreibeit, Indifferenz (neutrale Reaction) und appetit¬
liches Aussehen. Kuhmist ist höchstens zum Aufweichen von
Huihorn geeignet. Krüsch und Leinsamenbrei sind zu Kata¬
plasmen sehr gut zu verwenden; da sie aber säuern, so müssen
sie vor Ablauf von 24 Stunden erneut werden. Lelm und Krüsch
im Verhältniss von 1:2 ist ein vorzügliches Kataplasma, dem
Fango ebenbürtig, und für thierärztliche Zwecke seiner Billigkeit
wegen besondere geeignet. (Was ist Krüsch?)
Ceber Knochenflssnren beim Pferd.
Von Oberrosaarzt Dischereit.
(Zuohr. f. Veterinär*. Octob. 1898 )
Am 10. September 1897 konnte D. bei der Section eines
wegen Untere) mbruchs getödteten Pferdes constatiren, dass vorher
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
eine Fissur bestanden batte, und zwar, wie aus der Beschaffen¬
heit des Knochens su schliessen war, seit etwa zwei Jahren. Die
hochedle Stute war 14 Jahre alt und brachte noch jährlich ein
vorzügliches Fohlen. Sie hatte in den letzten Jahren als Acker¬
pferd gearbeitet, war seit zwei Jahren auf dem rechten Vorder-
fuss lahm gegangen, was sich im Laufe der Zeit gesteigert hatte.
Während sie mit dem Fohlen auf der Weide war, verschwand
die Lahmheit. Manchmal wurde die Lahmheit bei der Acker¬
arbeit so schwer, dass das Pferd sich niederlegte und nnr mühsam
nach Haus gefühlt werden konnte. Ara andern Tage war die
Lahmheit wieder auf den gewöhnlichen Grad zurückgegangen.
In Rnhe wurde die rechte Gliedmasse weit nach vorn gestellt.
Am 9. September erhielt die Stute einen Schlag an die Innen¬
seite des Unterarms, der eine 4 cm lange Hautwunde und so
vollständigen Brach des Knochens herbeiführte, dass die Glied¬
masse nachgeschleift wurde.
Bei der Section ergab sieb: Der Unterarm in der Mitte schief
durchgebrocheD. Eine Anzahl Knochensplitter waren verloren
gegangen. An der hinteren Fläche des Knochens waren die
Brnchränder noch scharf, im Uebrigen fast überall elfenbeinartig
glatt, wie eine Schabe Holz walzenförmig abgeschliffen. Es hatte
also den Anschein, als wenn die Knochenenden, bevor sie völlig
von einander getrennt wurden, nur an der hinteren Fläche noch
zusammengehangen hätten. Von Callusbildnng bestand nirgends
eine Spur. Hieraus muss der Schluss gezogen werden, dass an
dem Unterarm eine Fissur vorhanden war, die mit höchster
Wahrscheinlichkeit als Ursche der Lahmheit schon zwei Jahre
bestanden hat Ein Blick auf die walzenförmig abgerundeten
und elfenbeinartig geglätteten Knochenränder liess eine andere
Deutung nicht zu. Es ist allerdings nur möglich, sich eine voll¬
kommene Vorstellung zu machen, wenn man das Präparat ge¬
sehen hat. Auf jeden Fall ist ganz ausgeschlossen, dass die Ab¬
schleifung der Bruchränder in kurzer Zeit entstanden sein könnte.
Da die Zone, an welcher die Knochenenden bis zuletzt zusammen¬
gehangen haben, verhältnissmässig beschränkt war, so zeigt der
Fall, wie gross die zusammenhaltende Wirkung der den Knochen
umschliessenden Weichtheile sein muss. D. weisst hierbei auf
einen früher von ihm beschriebenen Fall hin (B. T. W. 1Ö95, pg. 233).
Bei einem Pferde, welches anscheinend gesund die Garnison ver¬
lassen hatte, begann nach einem Marsch von 17 km das Widerrist
derartig zwischen den Schulterblättern zu versinken, dass
letztere nach oben hervorragten. Das Pferd konnte noch mühsam
ins Quartier geführt werden und starb am folgenden Tage. Bei
der Section fand sich ein Bruch beider Schulterblätter drei
Finger breit unter dem Knorpel, Bruch des Dornfortsatzes des
siebenten und achten Rückenwirbels und Muskelzerreissungen.
Der Tod war durch Verblutung erfolgt. Auch hier muss die
Fractur vorher bestanden haben, da der Bruch während des
Rittes nicht entstanden sein kann.
Vergiftung mit Stallsalpeter.
Von Thierarzt Buhl.
(Wochenschrift fflr Thicrheilknnde, 36.)
Die zu besprechende Krankheit kommt häufiger vor, als man
im Allgemeinen, namentlich anch hei dem Fehlen von Beob¬
achtungen in der Literatur, annehmen sollte. In jedem Stalle
kann man wahrnehmen, dass, so weit die aufgestellten Thiere
reichen können, die Wände von ihnen abgeleckt werden. Unter
normalen Verhältnissen gehören daher Vergiftungen mit Stall-
salpeter zu den Seltenheiten. Wenn aber zu gewissen Zeiten
einzelne Abtheilungen des Stalles nicht besetzt sind, so kommen
bei nachheriger Wiederbesetzung lebensgefährliche Vergiftungen i
bei erwachsenen Rindern und Ziegen häufig genug vor; nament- i
lieh aber werden Saugkälber und Füllen dadurch gefährdet. An- ! ]
scheinend werden solche Erkrankungen von Jungvieh mehrfach
mit weisBer Ruhr verwechselt. Die Vergiftung kommt dadurch
zu Stande, dass die Thiere den an den Wänden sich ansetzenden
Salpeter infolge seines salzigen Geschmackes ablecken. Nament¬
lich Kälber und Füllen werden oft in Stallabtheilungen gestellt,
welche längere Zeit leer gewesen sind.
Unter den Symptomen ist am auffälligsten die profuse
Diarrhoe mit wässerigen, später blutgemischten Abgängen, grosse
Schwäche, verhaltene Kolikerscheinungen und subnormale
Temperatur. Bei Kälbern und Füllen können die ersten Er¬
scheinungen schon am zweiten und dritten Tage nach der Geburt
auftreten. Der Verlauf ist abhängig von der Menge des auf¬
genommenen Giftes und von der Möglichkeit der wiederholten
Aufnahme. Bei nicht zu starkem Salpetergenuss erholen sich
erwachsene und junge Thiere nach einigen Tagen, besonders
wenn man rechtzeitig den Wänden Aufmerksamkeit znwendet
und sie abbürstet Bei schweren Vergiftungen gehen die Thiere
nach 3—8 Tagen zu Grunde. Bei der Section findet sich
Gastroenteritis, namentlich hochgradige Röthung im Labmagen
und Dünndarm. Zuletzt können Vereiterungen und Geschwüre
auftreten. Die Prognose ist nicht immer ungünstig, namentlich
bei den nicht acut verlaufenden Fällen, und bei Säuglingen ist
sie günstiger als bei der weissen Ruhr. Differentialdiagnostisch
ist die subnormale Körpertemperatur und das Fehlen der weissen
Farbe der Excremente von Bedeutung.
Die Hauptsache ist natürlich die Prophylaxe. Trockene
Stallwände und trockener Stallboden behindern bekanntlich die
Salpeterbildung. In Stallabtheilnngen, wo nach längerer Unter¬
brechung wieder Thiere eingestellt werden, sollte man die Wand
vorher abkehren. Bei nassem Baumaterial ist Theeranstrich oder
ein guter Cementverputz am Platze. Ist erst die Erkrankung
aufgetreten, so empfiehlt sich Fütterung mit sehr gutem Heu und
Mehltrank, bei Säuglingen Kaffee mit Milch 1:3, Einschöttung
von dünnem Mehlschleim, Application Priessnitz’scher Umschläge
um den Leib. Grosse Gaben von Opiumtinctur und subcutane
Einspritzungen von Campkor-Aether lindern die Schmerzen
bezw. wirken dem Kräfteverfall entgegen. Die letztgenannten
Einspritzungen 1:9 sind bei grosser Schwäche geradezu lebens-
rettend. Wegen der Dosis braucht man nicht ängstlich zu sein.
B. giebt Kälbern, Ziegen und Füllen zuerst tinctura opii, 5—10 gr,
in 2stündlichen Pausen für sich und nach der dritten Gabe mit
Schleim oder auch mit Tannin oder Tannalbin, 2—3 gr, und
etwas Wasser. Auch Morphium - Injectionen sind bei Gehirn-
Anämie nach B. empfehlenswerth. Von 16 erwachsenen Rindern,
die B. behandelte, sind 10 genesen. Das Fleisch von 4 noth-
geschlachteten Thieren wurde ohne Schaden gegessen.
Sandgeschwnlst der Dora mater bei der Kuh.
Von KUnnemann.
(Dtsch. Thi«r&rxtl. W. 98, 18.)
Neubildungen des Gehirns und seiner Häute werden bei
Hausthieren nicht so oft beobachtet. Die von K. beobachtete
Geschwulst findet sich in der Literatur noch nicht beschrieben.
Eine Kuh, die niemals Krankheitserscheinungen gezeigt und
Mittags noch gut gefressen hatte, wurde gegen 3 Uhr unruhig,
führte unter Stöhnen krampfhafte Bewegungen mit den Beinen
aus und starb nach 22 Stunden. Bei der Section zeigten sich
die Organe der Brust- und Bauchhöhle normal. Bei der Oeffnung
der Schädelhöhle war die harte Hirnhaut über dem vorderen
Abschnitte der Hemisphäre fest mit dem Schädeldach verbunden,
z. Th. sogar unlöslich. Ebenso stand sie mit dem Gehirn an
dieser Stelle in fester Verbindung. Bei dem Bemühen, die Dura
abzulösen, riss ein etwa enteneigrosser flachgedrückter Theil der
Hemisphäre ab. Die Hirnsubstanz war im Bereich des Risses
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10. November 1898.
sebr weich, das losgelöste Stück dagegen sehr derb nnd mit
faseriger Bruchfläche. Die oberflächliche Schicht zeigte das Aus¬
sehen der Hirnsubstanz. Auf der Schnittfläche ergab sich aus¬
geprägtes faseriges Gefüge. Eine deutliche Grenze zwischen
Geschwulst und Gehirn war nicht zu erkennen, ebenso wenig eine
Abgrenzung zwischen der Dura und dem augenscheinlich eine
Geschwulst darstellenden losgerissenen Hirntheil. Die Geschwulst
hatte also wahrscheinlich von der harten Hirnhaut ihren Ausgang
genommen.
Die mikroskopische Untersuchung ergab in den Schnitten
faserige Züge und Zellnester sowie in den Zellnestern und den
Faserzügen gelbliche drüsige, von- faseriger Kapsel umschlossene
Einlagerungen, deren kalkige Natur sich bei Säurezusatz zeigte.
Es wurden nun kleinere Geschwulststücke entkalkt, gehärtet und
in Paraffin eingebettet. Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin
und Eosin gefärbt. Nun zeigte sich in den Schnitten ans den
mittleren Geschwulsttheilen ein Gerüst von Bindegewebszügen
und dazwischen Stränge und Nester kleiner Zellen von ovaler
Form. Sowohl in den Faserzügen, als in den zahlreichen Ab¬
schnitten lagen kugelige Körper verschiedener Grösse und
Anordnung. Sie zeigten concentrische Schichtungen von Lamellen
einer homogenen Masse, in denen nur an der Peripherie hier und
da ein Kern zu finden war. Manche dieser Kugeln waren ans
mehreren kleineren aufgebaut. Blutgefässe waren verhältni6s-
mässig wenig in der Geschwulst enthalten. Die von der Ober¬
fläche entnommenen Schnitte waren arm an Bindegewebe, während
die Zellstränge vorherrschten. Hier und da war ein Uebergang
von Bindegewebssträngen in Zellstränge zu beobachten. Nach
dieser Beschaffenheit wäre die Geschwulst als Fibrosarcom zu
bezeichnen gewesen. Das Eigentümliche waren die kugeligen
Gebilde von lamellösem Bau und mit centraler Verkalkung,
welche die Geschwulst als eine sogen. Sandgeschwulst, Psammom
nach Virchow, charakterisirte. Solche Psammome sind bei
Thieren bisher noch nicht beschrieben worden, während sie beim
Menschen öfter gefunden worden sind. Sie sitzen beim Menschen
gewöhnlich an der Dura mater fest, ohne mit dem Gehirn in
Verbindung zu stehen. Auch Arnold hat gefunden, dass die
Zellzüge in Bindegewebszüge übergehen. Golgi nimmt bezüglich
der Entstehung der Kalkkugeln an, dass sie sich direct aus den
Bindegewebsfasern entwickeln und wie das normale Bindegewebe
aus Fasern und Zellen bestehen, in welche die Absonderung der
Kalksalze stattfindet.
I
Ablation einer Cyste des Vorderknies beim Pferde, j
Von Colin, Militärveterinär beim 27. Dragoner-Regiment.
(Recuell, 15. October 1898.)
Ein werthvolles Pferd zeigt ein Jahr flach dem Eintritt in
das Regiment, wahrscheinlich infolge von wiederholten Reibungen
gegen die Krippe, eine voluminöse Cyste auf der Vorderfläche
des rechten Knies. Sechs Monate lang wurde das Thier mit
Douchen, Camphereinreibungen, Massage, Scharfsalben und
Brennen ohne Erfolg behandelt, schliesslich hatte die Ge¬
schwulst die Grösse des Kopfes eines zehnjährigen Kindes.
Die Cyste zeigte keine Connection mit der Haut, die auf ihrer
Oberfläche geschmeidig und beweglich war und normal schien;
sie adhärirte auch nicht am Gelenk und konnte im Stadium der
Buhe auch nach der Seite bewegt werden. Bei aufgestelltem
Bein war die erkrankte Region straff gespannt, hart und ge¬
fühllos, ohne Wärme, bei aufgehobenem Fusse war sie fluctuirend.
Die Geschwulst ging vom unteren Viertel des Vorarms bis zum
unteren Drittel des Kniegelenks. Lahmheit bestand auch im
Trabe nicht.
C. schnitt nach Abrasirung und Desinfection der Haut die
CyBte in einer Länge von ca. 10 cm auf und entfernte aus dem
535
sehr verdickten und indurirten Gewebe ein elliptisches Gewebsstück,
wobei sich die Cyste leerte. Die pathologische Membran wurde
mit dem scharfen Löffel abgekratzt, die Wunde sorgfältig mit
Sublimat ausgewaschen und mit Jodoformäther imprägnirt. Die
Wundränder wurden vernäht und über das Ganze ein Compressiv-
verband mit Jodoform angelegt und mit der Kniekappe fest¬
gehalten. Der Verband wurde wöchentlich zwe/mal erneuert und
so vollkommene Vernarbung in einem Monat erzielt. Jetzt ist
die Narbe durch die Haare vollständig verdeckt und es bedarf
einiger Aufmerksamkeit, um das operirte Knie von dem anderen
unterscheiden zu können.
Sitz und Reihenfolge in der Entwickelung der patho¬
logisch - anatomischen Veränderungen bei der Rinder-
tuberculose.
Von J. M’Fadyean, Royal Veterinary College, London.
(Journal of Comp. Pathol. and Tberap., Vol XI, Part. 3., September 1898.)
Die Auffindung tuberculöser Veränderungen bei Rindern,
welche auf eine Tuberculineinspritzung reagirt haben, ist nicht
immer leicht. Johne und Andere haben Fälle beschrieben, in denen
nur durch peinlichste Untersuchung und genaue Kenntniss des
Sitzes und des Aussehens tuberculöser Läsionen das positive
Ergebniss der Tuberculinreaction bestätigt werden konnte. Zur
leichteren Erkennung der Krankheit bei der Fleischschau und zur
Vermeidung von Irrthümern empfiehlt es sich hiernach, die Lieb¬
lingssitze der Tuberculose und ihre verschiedenen Entwicklungs¬
stadien völlig klarzustellen.
Es lassen sich zur Erreichung dieses Zieles zwei Wege ein-
schlagen.
Entweder könnte man eine Anzahl gesunder Rinder auf ver¬
schiedene Weise (Inhalation, Ingestion etc.) künstlich inficiren,
dieselben in verschiedenen Zwischenräumen tödten und nachsehen,
welcher Art die Veränderungen sind. Oder es werden von einer
Reihe natürlicher Tuberculosefälle die Veränderungen sorgfältig
registrirt und aus diesen Aufzeichnungen die wahrscheinliche
Reihenfolge der Entwicklung der Läsionen und ihrer Ausbreitung
deducirt
Den zweiten Weg hat der Verf. zuerst verfolgt und 37
geschlachtete tuberculose Rinder untersucht und die Befunde auf-
uotirt. Aus der beigegebenen Zusammenstellung derselben ergiebt
sich, dass die bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen bei
Weitem am häufigsten tuberculöse Veränderungen enthalten. Bei
fünf Rindern beschränkten sich dieselben auf die Bronchialdrüsen,
bei zwei Rindern auf die Mediastinaldrüsen und bei neun Rindern
auf beide Gruppen von Drüsen. Demnach zeigten sich in 43 pCt.
aller Fälle nur Läsionen in diesen Drüsen. Ueberhaupt erschienen
dieselben in allen 37 Fällen nur zweimal gesund. Die Lungen
waren bei 16 Rindern (43 pCt.), die Mesenterialdrüsen bei 11 Stück
(30 pCt.), die Pharyngealdrüsen bei 3 Stück (8 pCt.) erkrankt.
Die Pleura war in zwei Fällen, die portalen Lymphdrüsen waren
in drei Fällen, das Peritoneum, die Leber, eine lienale und eine
upramammäre Lymphdrüse waren in je einem Falle afficirt.
Im weiteren Verfolg des Aufsatzes sucht der Verf. die Frage
zu beantworten: Welches ist der gewöhnliche Sitz der tuberculösen
Veränderungen im vorgerückten Stadium der Krankheit ? Zu
diesem Zweck theilt derselbe sechs ausführliche Obductionsbefunde
über hochgradig tuberculose Rinder mit.
Hieran schliessen sich allgemeine Bemerkungen über die
Reihenfolge der Entwicklung tuberculöser Veränderungen und
die Wege ihrer Ausbreitung im Körper. Specieller wird die all¬
gemeine Tuberculose behandelt. Generalisirte Tuberculose bildet
sich aus, wenn die Lymphdrüsen die Tuberkelbacillen nicht mehr
vor dem Eindringen in die Blutbahn aufzuhalten vermögen. Die-
BERLINER TH1ERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT
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536
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45
selben gelangen dann zunächst in die grossen Körperlymphstämme
und von hier in den Venenstrom.
Zum Schluss wird noch über drei Experimente an zwei
Kühen und einem zweijährigen Stier berichtet, welchen Suspen¬
sionen tuberculösen Materials in Bouillon oder Wasser in die
Jugulari8 gespritzt wurden. Die inficirten Rinder wurden nach
ca. 3—5 Wochen getödtet. Die Obductionen lehrten, dass die
drei Fälle in Bezug auf Yertheilung der Läsionen fast genau
übereinstimmten. In jedem Falle waren die Lungen mit Miliar¬
tuberkeln besetzt und in Leber, Milz und Nieren konnten makro¬
skopisch Tuberkel nicht nachgewiesen werden. Die bronchialen
und mediastinalen Lymphdrüsen waren deutlich erkrankt, während
die übrigen Körperlymphdrüsen mit Ausnahme eines Falles keine
in die Augen fallenden Veränderungen zeigten. Die Läsionen
in den bronchialen und mediastinalen Lymphdrüsen zeigten
secundären Charakter und waren entstanden durch den Transport
der Bacillen vom Lungengewebe zu den Drüsen auf dem Wege
der Lymphbahnen. Die in dem einen Falle fest gestellten Tuberkel
in den pharyngealen und präscapulären Lymphdrüsen waren
wahrscheinlich älteren Datums und nicht durch die künstliche In-
fection verursacht. Diese Vermuthung erhält eine Stütze dadurch,
dass das Versuchsthier, eine Kuh, am Tage vor der Einspritzung
in die Jugularis bei der Tuberculinprobe eine deutliche Reaction
gezeigt hatte.
Auch durch die mikroskopische Untersuchung der Milz, Leber
und Nieren dieser Kuh konnten keine tuberculösen Veränderungen
in den genannten Organen festgestellt werden. Bei den beiden
anderen Versuchsthieren wurden dagegen mikroskopisch kleine
frische Tuberkel in einem Falle in Leber und Milz, im anderen
nur in der Leber nachgewiesen.
Das Resultat der drei Experimente wird in folgenden Sätzen
zusararaengefasst:
1. Das untrügliche Zeichen generalisirter Tuberculose ist
das Vorhandensein annähernd gleichgrosser Tuberkel, die im
ganzen Lungengewebe verstreut liegen.
2. Beim Fehlen der Lungen kann durch die makroskopische
Untersuchung der anderen Organe nicht mit Sicherheit entschieden
werden, ob ein Thier mit generalisirter Tuberculose behaftet ist
oder nicht.
3. In Fällen von generalisirter Tuberculose können entweder
Nieren und Leber oder Milz oder alle drei Organe zugleich frei von
makroskopischen Veränderungen sein, obwohl die Lungen Tausende
von dem blossen Auge sichtbaren embolischen Tuberkeln enthalten.
4. Die mikroskopischen Tuberkel, welche in Leber, Milz,
Nieren und Lymphdrüsen angetroffen werden, sind der Regel
nach auf lymphatischem Wege entstandene Affeclionen und sind
kein Kennzeichen für Generalisirung durch die Blntbahn.
Identität der menschlichen nnd der Yogeltnbercnlose.
Vortrag, gehalten vonNocard auf dem IV. französischen Congress
zum Studium der Tuberculose.
(MOnch M'd Wocb 36/38.)
Nocard beschäftigte sich mit Versuchen über die Identität
der menschlichen und der Vogeltuberculose und glaubt, die streng
wissenschaftliche Forderung, dass beide Krankheiten resp. deren
Erreger nur dann identisch sind, wenn es gelingt, die mensch¬
liche Tuberculose in die der Vögel oder umgekehrt urazuwandeln,
erfüllt zu haben. Sein Experiment bestand, in Kurzem aus¬
gedrückt, darin, Bacillen der Menschentuberculose im Peritoneum
des Huhns durch Anwendung von Collodiumsäckchen rein zu
züchten; allraälig nahmen diese Bacillen den Charakter der Vogel¬
tuberculose an. Die beiden scheinbar so verschiedenen Krank¬
heiten sind also nur zwei Varietäten ein und derselben Art,
nicht zwei differente Arten.
Vitalität des Tnherkelbacillns.
Von Sabrazes in der Sociötä de Biologie, 28. April 1898.
(Ref. de» Journal de Lyon.)
Kuhmilch wurde einige Stunden nach dem Melken sterilisirt
und mit Tuberkelbacillen angesäet. Dieselbe wurde zehn Wochen
lang bei 39° aufbewahrt. Nach dieser Zeit bestand kein Unter¬
schied zwischen dieser und einer als Zeuge behaltenen normalen
Milch. Die Zusammensetzung war, wie die Analyse zeigte,
gleich geblieben und die Tuberkelbacillen hatten sich nicht ent¬
wickelt. Dieselben waren aber, wie aus den Impfungen ersicht¬
lich war, virulent geblieben.
Pseudotubercnlose bei Scbaf nnd Ziege.
Vortrag, gehalten von de Jong auf dem IV. französischen Congress
zum Studium der Tubercnlose.
(M. Med. Woch.)
De Jong bespricht eine Pseudotubercnlose bei Schaf nnd
Ziege, welche, durch Eingeweidewürmer (Strongylus rufescens)
verursacht, von den Fleischbeschauern bei den geschlachteten
Thieren meist für Tuberculose gehalten wird. Nur genaue
bacteriologische und histologische Untersuchung oder Impfver¬
suche können diese schwierige Diagnose sichern. Henri
Valide- Alfort hat bei Kühen eine wahre Epidemie von Pseudo-
tnberculose studirt, welche durch einen von den bis jetzt be¬
schriebenen Pseudotuberculosebacillen abweichenden Mikroorganis¬
mus verursacht ist. Die Krankheit, welche durch Infection vom
Verdauungscanal aus entstanden schien, ist dadurch zum Ver¬
schwinden gebracht worden, dass die der Ansteckung ans¬
gesetzten Thiere mit gekochter Milch genährt wurden.
Die Sernmtherapie der Tuberculose.
Vortrag, gehalten von Maragliano auf dem IV. frnnzös. Congress
zum Studium der Tuberculose.
(M. Med. Woch. 36/38.)
Die wirksamsten Toxine sind diejenigen, welche von dem
wässerigen Extract der Tuberkelbacillen stammen; das durch
Injection desselben von Thieren gewonnene Serum ist. nach zahl¬
reichen Versuchen von M. sowohl für Thiere wie Menschen un¬
schädlich. Dieses Serum enthält das Antitoxin und der mit
Tuberculose inficirte Körper setzt zu seiner Verteidigung ähn¬
liche Vorgänge ins Werk, wie sie bei Anwendung des anti¬
toxischen Serums auftreten; man findet auch im Organismus von
Kranken, bei denen die Tuberculose spontan heilt, und sogar im
Blute des gesunden Menschen das Antitoxin. Das, wie oben an¬
gegeben gewonnene Serum ist bei den mit Tuberculose ge¬
impften Meerschweinchen ohne, bei den Kaninchen hingegen von
bedeutendem therapeutischen Effect. Beim Menschen kann das
antitoxische Serum unter gewissen Bedingungen eine dauernde
Heilung der Tuberculose bewirken; man sieht in vielen Fällen
das Fieber fallen, die Bacillen aus dem Auswurf verschwinden
und broncho-pneumonische Herde zur Heilung gelangen. Aber
es ist klar, das3 man sich nicht an zu schwer Erkrankte mildem
Serum wagen darf, bei welchen jeder therapeutische Eingriff ver¬
sagt, man muss es vielmehr bei den Tuberculösen im ersten
Stadium verwenden, welche noch zu der für die Heilung nöthigen
Reaction fähig sind.
Massregeln zur Verhütung der Rindertuberculose
in Belgien.
Vortrag, gehalten von Stubbe auf dem IV. französischen Congress
znm Studium der Tuberculose.
(Münch. Mrd. Woch. 86/98.)
Im Anschluss an den von Bang gehaltenen Vortrag zählt
Stubbe die sehr strengen Massregeln auf, welche Belgien zur
Verhütung der Rindertuberculose getroffen hat. An der Grenze
werden alle Thiere einer Quarantäne von drei Tagen und inzwischen
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10. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
537
derTnberculinprobe unterzogen; diejenigen, welche reagiren,werden
zurtickbefördert Im Innern des Landes verfolgt man mit grosser
Sorgfalt alle Fälle von Rindertnberculose und die Thierärzte,
welchen allein das Tuberculin anvertraut wird, müssen dieselben
anzeigen; es folgt dann Ueberwachuug durch eigene Inspectoren
und noch eine Reihe weiterer MaBsregeln bezüglich Isolirung,
Schlachtung der Thiere und Verkauf des kranken Fleisches.
Milch einer tuberculösen Kuh darf nicht zum Verkauf gebracht
werden. Natürlich erheischen diese strengen Massregeln grosse
Geldopfer für Entschädigung an die Viehbesitzer, Für Bezahlung
der Thierärzte etc. Im Jahre 1897 wurden fflr den erstgenannten
Zweck 1 200 000 Fr. ausgegeben.
Thierhaltung und Thierzucht
Französische Pferdezucht
(Itofvrat tod Porcherel Im Journal de Lyon, Auguit 18S>8)
Die folgenden Statistiken sind dem amtlichen Bericht der
Gestütsdirection entnommen und zeigen, dass die mechanische
Traction und die Automobilen der französischen Pferdezucht noch
keinen Abbruch gethan haben.
Die zur Zucht verwendeten Hengste werden in drei Kate¬
gorien eingetheilt:
1. die dem Staate gehörenden Hengste;
2. die approbirten Hengste;
3. die gekörten Hengste.
Die Zahl der staatlichen Hengste soll von 25C0 auf 3000 er¬
höht werden. Am 1. Januar 1896 waren 2803 Stück vorhanden,
im Laufe des Jahres waren 307 durch Ausrangirung oder Tod in
Abgang gekommen, 346 Stück waren zugegangen, die tlieils aus
Pompadour stammten, theils in Frankreich, England und im
Orient angekauft waren. Ende 1896 war der Bestand:
Englisches Vollblut . . 239
Arabisches Vollblut . . 98
Anglo-arabisches Vollblut 228
Halbblut. 1891 --- 66,54 püt.,
Schwere Schläge . . . 386 -- 13,58 pCt.;
zusammen 2842 in den staatlichen Depots unterhaltene Beschäler.
1896 gab es 1221 approbirte Hengste, 708 Besitzern ge¬
hörend. Sie vertheilten sich wie folgt:
Englisches Vollblut ... 188
Arabisches Vollblut ... 9 246 Vollblut,
Anglo-arabisches Vollblut . 49
Halbblut. 504,
Schwere Schläge .... 471.
Die 184 gekörten Hengste sind;
Englisches Vollblut ... 21
Arabisches Vollblut ... 1 23 Vollblut,
Anglo-arabisches Vollblut . 1
Halbblut.16,
Schwere Schläge .... 145.
Die drei Kategorien umfassen somit 4247 Beschäler, davon
834 Vollblut
2411 Halbblut
565 Vollblut
- 19,88 pCt.,
1002 schwere Schläge.
Von den staatlichen Hengsten haben 2764 im Jahre 1896
165 610 Stuten gedeckt gegen 157 357 Stuten im Jahre 1895.
Die Vollblüter sind hauptsächlich zu Kreuzungen mit Halbblut¬
stuten verwendet worden (21401 gegen 19 344 im Jahre 1895).
Von den approbirten Hengsten haben 1204 im Jahre 1896
61195 Stuten gedeckt gegen 59 497 im Jahre 1895. Auch bei
dieser Kategorie ist eine Vermehrung der mit Vollbluthengsten
gepaarten Halbblutstuten bemerkbar (4712 gegen 4105 im
Jahre 1895).
Von den gekörten Hengsten haben 167 im Jahre 1896 6781
Stuten gedeckt gegen 5995 im Jahre 1895. 234 Stuten sind mit
Vollblut gepaart worden.
Den 233 586 Deckungen stehen 183 709 Geburten gegenüber,
wovon
Englisches Vollblut . . 1487
Arabisches Vollblut . . 42 1995 Vollblut.
Anglo-arabisches Vollblut 467
Bezüglich der Revision der Privathengste erwähnt der Be¬
richt die Abnahme des Rohrens und der Mondblindheit. Während
1887 der Durchschnitt der wegen dieser Mängel abgewiesenen
Pferde noch 10,23 pCt. betrug, ist seit einigen Jahren diese
Zahl auf 2,60—3 pCt. gefallen.
Tagesgeschichte.
Entgegnung
auf die Erwiderung des Herrn Geheimen Regierungsraths Prof.
Dr. Schütz im ersten Heft des XXIX. Bandes der Zeitschrift für
Hygiene und Infectionskrankheiten.
Von Dr. Lorenz.
Herr Geheimer Regierungsrath Dr. Schütz hat meine Be¬
richtigung zu seinem in der Zeitschrift für Hygiene und dem
Archiv für Thierheilkunde abgedruckten Aufsatze zu widerlegen
versucht. Es ist ihm dies nicht gelungen; denn seine Aus¬
führung ist unlogisch, weil darin die Begriffe „Gedanke“
und „Resultat“ verwechselt sind.
Meine von Herrn Schütz angefochtene Behauptung war die,
dass ich, als die Emmerich’sche Arbeit erschien, dieser
mit meinen Resultaten längst vorausgewesen sei. Von
einer anderen Arbeit als von der im Mai 1891 erschienenen über
„Ursache der Immunität, die Heilung von Infectionskrankheiten,
speciell des Schweinerothlaufs und ein neues Schutzimpfungs¬
verfahren gegen diese Krankheit“ war überhaupt nicht die Rede
und konnte auch nicht die Rede sein, denn die Resultate
Emraerich’s waren für den gedachten Zeitpunkt mit fraglicher
Arbeit abgeschlossen. Dass meine Resultate aber diesen voraus
waren, hat Herr Schütz nicht widerlegt. Er zieht vielmehr
eine Arbeit von Emmerich und M a 11 e i aus dem Jahre 1887
an, welche die Ursachen der Immunität zum Gegenstand hat,
nicht aber von einem positiven Resultat der Uebertragung der
Immunität von Thier zu Thier handelt. Dass diese Arbeit von
1887 die Anregung zu einem derartigen Gedanken enthalte, viel¬
leicht auch gar diesen Gedanken zum Ausdruck bringt, bestreite
ich nicht. Es hat mir nichts ferner gelegen, als die Priorität
eines Gedankens fraglicher Art für mich in Anspruch zu nehmen.
Zudem ist derselbe schon viel früher ausgesprochen worden, denn
1877 hat R e n a n d eine Uebertragung der Immunität von Thier
zu Thier durch Blutübertragung versucht und der Acadömie
fran$aise Mittheilnng davon gemacht. Meine Unterlage war
eben, wie ich offen erklärt habe, der im Frühjahr 1891
bekannt gewordene, von Behring undKitasato erbrachte
Nachweis der Möglichkeit der Uebertragung der Immu¬
nität gegen Diphtherie und Tetanus von Thier zu Thier
durch Blut Dass diese Immunitätsübertragung auch
auf den Rothlauf der Schweine sich anwenden lässt,
dass die so übertragene Rothlaufimmunität aber nur
von kurzer Dauer ist und nur durch eine gleichzeitig
oder bald darauf erfolgte Injection dauernd gemacht
werden kann, das habe ich, wie noch andere Wahr¬
nehmungen, selbstständig festgestellt. Die Emmerich-
schen Resultate gingen thatsä.chlich nicht so weit
Htrbst-Versammlung des Vereins der Schlachthofthierärzte der
Rheinprovinz am 16. November er., Vormittags II# Uhr, zu C5ln im Hotel
„Fränkischer Hof“, Commödienstrasse 34—36.
Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. 2. Neuwahl
des Vorstandes. 3. Kassenbei icht und Feststellung des Beitrages
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538 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 46.
für den VII. internationalen Congress der Thierärzte. 4. Be
sprechung über das neue Coinmunalbeamten - Gesetz. 5. Mit-
tlieilnngen aus der Schlachthof-Praxis. 6. Verschiedenes. — Nach
der Sitzung findet ein gemeinschaftliches Mittagsmahl (pr. Gedeck
2 Mark) statt. Um recht zahlreiches Erscheinen wird gebeten.
Barmen, 3. November 1898. Der Vorstand.
I. A.: Koch, I. Schriftführer.
57. General-Versammlung des thierärztlichen Vereins für die Provinz
Brandenburg am Sonntag den 13. November, 11 Uhr Vormittags,
im Hotel ,,Zu den vier Jahreszeiten“, Prinz-Albrechtstrasse, Berlin.
Tagesordnung: 1. Geschäftliches. Kassenbericht. 2. Auf¬
nahme der Herren Departementsthierarzt Klebba, Beust,
Siewer, Huth, Lenteritz. 3. Ueber Behandlung der Milzbrand-
Cadaver und Untersuchung des Milzbrand-Blutes. Vortrag von
Herrn Departementsthierarzt Buch. 4. Ueber die Grundzüge der
Beurtheilung des Rindes auf Thierschauen. 5. Ueber den gegen¬
wärtigen Stand der Schutzimpfungen gegen Maul- und Klauen¬
seuche. Vorträge von Herrn Kreisthierarzt Graffunder. Nach
der Sitzung um 3 Uhr Diner, wobei die Theilnahme der Damen
erbeten wird. Der Vorstand: Schmaltz.
Fleischschau und Vieh verkehr.
Tagesnachrichten.
Der Entwurf eines Fleischschaugesetzes bezw. die Vorschläge
zur Regelung der Fleischschau in Deutschland sind dem Bundes¬
rath e zugegangen.
Nach Zeitungsmeldungen hat die Serum-Gewinnungs-Anstalt
zu Prenzlau einen Vertrag abgeschlossen, wonach auf einem Gute
des Herrn v. Podbielsky Einrichtungen getroffen werden, zur
Haltung und Schlachtung von 2000 Schweinen jährlich zur Serum-
Gewinnung.
Jahresbericht Ober den Vieh- und Schlachthof zu Berlin
vom I. April 1897—1898.
Das finanzielle Ergebniss ist ein günstiges, indem nach Ab¬
zug von Zinsen und Amortisationsquote vom Viehhpf 546 6?7 M.
und vom Schlachthof 231 838 M., zusammen also über dreiviertel
Millionen Ueberschuss verblieben. Wir würden es für richtig
halten, wenn von diesem grossen und ständigen Ueberschuss ein
Theil verwendet würde, um die städtischen Thierärzte besser zu
bezahlen und ihnen namentlich die Pensionsberechtigung zu ver¬
leihen, da die Commune Berlin hierin hinter sehr vielen resp. den
meisten Städten zurücksteht. Die Schlachthausgebühreu betragen
für ein Rind 1,50 M., für ein Schwein 0,80, für ein Kalb 0,50,
für ein Schaf 0,30 M.
Aufgetrieben wurden auf den Viehmarkt 211097 Rinder,
853 330 Schweine, 162104 Kälber, 573 545 Schafe. Davon
wurden lebend wieder ausgeführt 60486 Rinder, 195 691 Schweine,
24 275 Kälber und 169 236 Schafe, wovon in der Provinz Branden¬
burg verblieben rund 13 000 bezw. 61000 bezw. 15000 bezw.
84 000 Stück.
Vom Viehmarkt weg wegen Krankheitsverdachts dem polizei¬
lichen Schlachthaus zugeführt wurden 1452 Rinder, 2038 Schweine,
41 Kälber und 818 Schafe. Von diesen wurden vernichtet 300
Rinder (31 gekocht), 1104 Schweine (35 gekocht), 233 Kälber,
480 Schafe, zusammen 2127 Thiere. Die übrigen konnten nach
dem Schlachten freigegeben werden.
Von den in den städtischen Schlachthäusern ge¬
schlachteten Thieren wurden ganz beanstandet (d. h. abgesehen
von den Beanstandungen innerer Organe bezw. einzelner Theile)
2132 Rinder, 4644 Schweine, 391 Kälber und 97 Schafe. Das
sind 1,61 bezw. 0,72 bezw. 0,31 bezw. 0,07 pCt. der Schlachtungen.
Im Ganzen genommen sind diese Verlustsätze mässige.
Trotzdem berechnet der Bericht selbst den Werth der bean¬
standeten Thiere ausschliesslich der im Polizeischlachthause ge¬
schlachteten und dort verendet eingelieferten Thiere auf
1 134 000 M. und den reinen Verlust nach Abzug des Erlöses
für Kochfleisch, Cadaver etc. auf eine Million. Diese Ziffer
zeigt, welche Opfer die Fleischschau im Inlande verlangt, die
doch von der Landwirtschaft getragen werden.
Von den in den Schlachthäusern beanstandeten zuletzt an¬
geführten Thieren wurden der Abdeckerei überwiesen 684 Rinder,
1478 Schweine, 322 Kälber und 89 Schafe; die übrigen worden
gekocht. Es wäre doch interessant, wenn aus dem Bericht
genauer zu ersehen wäre, wieviel Procent des Werthes der
gekochten Thiere als Rein-Erlös aus dem Kochen sich ergiebt
Dies ist nämlich sehr wesentlich zur B leuchtung der Ansicht,
dass das Kochen unbedenklich an Stelle einer Freibank für Roh¬
verkauf treten könne, eine Ansicht, an welcher man in Berlin
noch festhält, und welche auch im vorliegenden Bericht wieder zn
begründen versucht wird.
Anlass für die Vernichtung (incl. Kochen) sowohl in den
städtischen Schlachthäusern als im Polizeischlachthause gaben:
die Tuberculose bei 1466 Rindern, 3220 Schweinen, 67 Kälbern
und 3 Schafen; Finnen bei 725 Rindern, 18 Kälbern und
483 Schweinen; Trichinen bei 138 Schweinen. Der Rest vertheüt
sich auf verschiedene Ursachen; doch soll hervorgehoben werden,
dass 226 Schweine wegen Blutaustretungen und 42 wegen Kalk-
concrementen gekocht werden mussten, die sämmtlich auf eine
Freibank gehören würden, wenn eine bestände.
Ausser den ganz vernichteten Thieren mussten noch über
172000 Organe vernichtet werden, und zwar 58000 von Rindern,
81000 von Schweinen und 32000 von Schafen Die Hauptmasse
derselben fällt auf Tuberculose, daneben auch Parasiten. Wegen
Echinococcen, Fadenwürmern und Egeln mussten über
60000 Organe vernichtet werden.
Im Ganzen ist die Tuberculose festgestellt worden bei 31 535
Rindern (20,9 pCt. der geschlachteten), 241 Kälbern (0,21 pCt.),
25 541 Schweinen (3,9 pCt.) und 12 Schafen.
Hervorzuheben ist noch, dass der Vieh- und Schlachthof im
Berichtsjahre von Maul- und Klauenseuche ziemlich verschont ge¬
blieben ist.
Die Berechnung des Fleischverbrauchs in Berlin, an welchen
peben der Einwohnerschaft der starke Fremdenverkehr sehr er¬
heblich betheiligt ist, ergiebt sich aus der Zahl der hier ge¬
schlachteten und der von auswärts geschlachtet eingeführten
Thiere.
Die Zahl der letzteren belief sich auf 53 749 Rinder, 141890
Schweine, 134012 Kälber und 35 663 Schafe. Wenn das Fleisch¬
gewicht für die hier geschlachteten bezw. geschlachtet eingeführten
Thiere geschätzt wird bei Rindern auf 235 bezw. 180 kg, bei
Schweinen auf 80 bezw. 64 kg, bei Kälbern auf 50 bezw. 30 kg
und bei Schafen auf 20 bezw. 19 kg, so ergeben sich folgende
in Berlin consumirte Fleischmengen: Rindfleisch 44,8 Millionen,
Schweinefleisch 61,5 Millionen, Kalbfleisch 10,9 Millionen, Schaf¬
fleisch 8^ Millionen kg. Dazu kommen eingeführte Fleisch-
theile, Fleischpräparate etc. mit 8,2 Millionen, Lebern nnd
Schlachtabfälle mit 6 Millionen kg und 1 916 400 kg Pferdefleisch
(von 8513 Pferden). Der Gesammtconsum beträgt daher über
142 Millionen Kilogramm.
Seuchenstatistik und Veterinärpolizei.
Verordnung betreffs der Anzeigepfliclit für die Influenza der Pferde In
Regierungs-Bezirk Königsberg vom 30. October 1898.
Auf Grund der Bekanntmachung des Herrn Reichskanzlers vom
3. September d. J., betreffend die Anzeigepflicht für die als Influenz»
der Pferde bezeichüeten Krankheiten, ordne ich hiermit in Gemias-
heit der §§ 19 bis 29 des ReichsgesetzeB, betreffend die Abwehr nnd
Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894
und zufolge Ermächtigung des Herrn Ministers für Landwirtschaft,
Domänen und Forsten zur Bekämpfung der genannten Krankheiten
(Pferdestaupe und Brustsenche) für den Umfang des Regierungs¬
bezirks Königsberg bis auf weiteres Folgendes an:
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10. November 1898. BERLINER TH1ERÄRZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 539
§ 1. Der erstmalige Ausbrach der allgemeiu als Influenza be-
zeicbneten Krankheiten der Pferde (Pferdestaupe und Brustseuche)
in einem bis dahin seuchefreieil Gehöft ist nach erfolgter Feststellung
durch den beamteten Thicrarzt von der Polizeibehörde sofort auf
ortsübliche Weise und durch Bekanntmachung in dem für amtliche
Publikationen bestimmten Blatt (Krei*-, Amtsblatt u. s. w.) zur öffent¬
lichen Kenntniss zu bringen, auch den Polizeibehörden aller dem
Senchenorte benachbarten deutschen Gemeinden mitzuthcilen, welche
ihrerseits gleichfalls den Seucheuausbruch zur Kenntniss der Orts¬
einwohner zu bringen haben.
Das Seuchengehöft ist am Haupteingangsthore oder an einer
sonstigen geeigneten Stelle in augenfälliger und haltbarer Weise
mit der Inschrift „Influenza“ zu versehen. An allen Eingängen des
Seuchenortes sind Tafeln mit gleicher Inschrift aufzustellen. In
grösseren Orten ist die Aufstellung der Tafeln auf einzelne Strassen
oder Theile des Ortes zu beschränken.
§ 2 Ist der Ausbruch der Influenza (Pferdestaupe und Brust-
seucho) unter dem Pferdcbestande eines Gehöfts durch das Gutachten
des beamteten Thierarztes festgestellt, so bedarf es bis zum Er¬
löschen der Seuche (§ 8) einer sachverständigen Feststellung weiterer
Krankheitsfälle unter den Pferden des verseuchten Gehöfts nicht
mehr.
§ 3. Ist in einem Pferdebestande die Influenza oder der Ver¬
dacht derselben von dem beamteten Thicrarzt festgestellt worden,
so sind die seuchekranken oder seucheverdächtigen Pferde bis zu
ihrer vollständigen Genesung von den gesunden Pferden möglichst
derart zu trennen, dass auch jede mittelbare Berührung vermieden
wird.
§ 4. Die seuchekranken Pferde unterliegen der Gehöftsperre.
Die Entfernung der der Gehöftsperre unterworfenen Pferde auh
dem Seuchengehöft darf ohne ausdrückliche Erlaubnis der Polizei¬
behörde nicht stattfinden. Diese Erlaubnis darf nur ertheilt werden,
wenn bei der Ausführung der Pferde jede mittelbare oder unmittel¬
bare Berührung mit anderen gesunden Pferden vermieden wird.
Im Falle der mit polizeilicher Erlaubnis erfolgten Ueberführung
in ein anderes Gehöft ist dort die Gehöftsperre fortzusetzen.
Wird die Erlaubniss zur Ueberführung der Pferde in einen
anderen Polzeibezirk ertheilt, so muss die Polizeibehörde dieses Be¬
zirks von der Sachlage in Kenntniss gesetzt wt-rden.
§ 5. Fuhrwerke, die mit Pferden aus einem verseuchten Ge¬
höfte bespannt sind, haben eine Tafel mit der Inschrift „Influenza“
zu führen.
Diese Tafel ist bei den zur Führung einer Ortstafel verpflich¬
teten Fuhrwerken neben dieser, bei den übrigen Fuhrwerken an
dein Geschirr an sichtbarer Stelle anzubriDgen.
§ 6. Pferde, welche aus einem verseuchten Gehöft stammen,
dürfen in fremde Gehöfte nicht eingestellt werden. Fremde Futter¬
krippen, Tränkeeimer oder Geräthschaften dürfen für dieselben nicht
benutzt werden.
§ 7. Das Seuchengehöft ist für fremde Pferde gespeirt.
§ 8. Die Seuche gilt als erloschen, und die angeordneten
Schutzmassregeln sind aufzuheben, wenn nach Abheilung des letzten
Krankheitsfalles eine Frist von vier Wochen vergangen, nach der¬
selben die Unverdächtigkeit der Pferde durch den beamteten Thier¬
arzt festgestellt und wenn die vorschriftsmässige Desinfection (§ 9)
erfolgt ist. Nach Aufhebung der Schutzmassregeln ist das Erlöschen
der Seuche in gleicher Weise wie der Ausbruch der Seuche (§ 1)
zur öffentlichen Kenntniss zu bringen.
§ 9. Zur Desinfection der Stallungen und sonstigen Räumlich¬
keiten, in denen seuchekraiike Pferde gestanden haben, ist zunächst
nach Massgabe der §§ 4 bis 8 der Anweisung für das Desinfections-
verfahren bei ansteckenden Krankheiten der Hausthiere (Anlage A
der Bundesraths-Instruction vom 27. Juni 1895) eine gründliche
Reinigung und Lüftung vorzunehmen; da auf hat nach § 9 der An¬
weisung eine Uebertünchung der Stalldecken, Wände und Geräth¬
schaften, sowie eine Abschlämmung des Fussbodens mit aus frisch
gelöschtem Kalk hergestellter Kalkmilch zu erfolgen. Eisentheile
sind mit Theer, Lack oder Oelfarbe zu bestreichen. Das gleiche
Verfahren ist bei Holz und Steintheilen an Stelle der Uebertünchung
mit Kalkmilch anwendbar.
Die Ausführung der Desinfection ist von der Polizeibehörde zu
überwachen.
§ 10. Zuwiderhandlungen gegen die vorstehenden Bestimmungen
unterliegen, insofern nicht nach den bestehenden Gesetzen, ins¬
besondere nach § 328 des Strafgesetzbuchs, eine höhere Strafe ver¬
wirkt ist, der Strafvorschrift des § 66 Ziffer 4 des Reichs-Vieh'
scuchengesetzes vom 23. Juni 1880/1. Mai 1894.
§ 11. Die Anordnung tritt sofort in Kraft.
Königsberg, den 30. October 1898.
Der Regierungs-Präsident,
von Tieschowitz.
Thierseuchen in Deutschland im 11. Quartal 1898.
Staaten
bezw.
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Prov. Ostpreussen
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„ Westpreussen . . .
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13
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3
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—
—
—
„ Brandenburg . . .
68
13 108
92
104
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23
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49
—
„ Pommern.
13
5 198
85
3
6
2
4
—
—
„ Posen .
81
14 977
50
108
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21
—
—
„ Schlesien.
77
4 148 128
151
10
24
14
21
—
—
„ Sachsen .
75
10 811
59
75
—
—
20
80
24
857
„ Schleswig . . . .
6
1 267
10
12
—
—
46
124
—
—
„ Hannover.
15
2 487
21
29
—
—
16
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83
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„ Westfalen . . . .
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54
73
1
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„ Hessen.
49
4 1G8
43
43
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„ Rheinprovinz . . .
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89
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4
7
36
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11
479
„ Hohenzollern . . .
2
226
6
9
—
_
5
27
1
180
Preussen zusammen .
567
68 610591
861
32122231 1246252
28 928
Bayern.
444
27 533
68
83
2
3
75
298
34
1971
Sachsen .
22
1230
77
78
3
4
12
52
—
—
Württemberg . . . .
216
14 038
55
59
5
16
70
232
19
1669
Baden..
68
2 610
24
26
—
52
226
14
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Hessen.
21
870 31
58
1
1
27
167
1&
2873
Mecklenburg-Schwerin .
1
97
1
1
—
—
—
5
50
Sachsen-Weimar . . .
1
1242
26
29
—
15
310
11
666
Mecklenburg-Strelitz
—
—
—
-
—
—
—
—
Oldenburg ...
3
153
1
1
—
1
2
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104
Bratmschweig ....
14
1 525
15
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—
-
19
674
Sachsen-Meiningen . .
11
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5
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1
2
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—
—
Sachsen-Altenburg . .
2
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—
11
25
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—
Sachsen-Coburg-Gotha .
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1814
2
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—
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—
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—
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Elsass-Lothringen . .
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5074
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110
6
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1501 j127 1219471282, 45;i5O;5272803 6 )| 39o| 38 585
') Die gefährdeten, d. h. auf den neubetroffenen Gehöften be¬
findlichen Bestände umfassten 63179 Rinder, 47 972 Schafe,
«15 Ziegen, 15155 Schweine. Davon kamen auf Preussen 29 326 Rinder,
29 906 Schafe, 363 Ziegen, 9015 Schweine.
3 ) Unter den erkrankten Thieren befanden sich 33 Pferde,
1150 Rinder, 95 Schafe, 3 Schweine, 1 Ziege. Auf Preussen kamen
29 Pferde, 771 Rinder, 57 Schafe, 3 Schweine, 1 Ziege.
*) Am Beginn des Quartals waren verseucht 25 Gemeinden (da¬
von 19 in Preussen, 4 in Württemberg, je 1 in Sachsen und Braun¬
schweig). Am Schluss des Quartals blieben verseucht 38 Gemeinden
(davon 27 in Preussen, je 4 in Württemberg und Sachsen, 2 in Bayern
und 1 in Braunschweig).
*) D. h. gefallene und auf polizeiliche Anordnung oder auf Wunsch
des Besitzers getödtetc Thiere.
4 ) In einem vom Vorquartal her verbliebenen Seuchenherd.
*) Davon 2623 Rinder, 180 Pferde (in Preussen 1167 Rinder,
79 Pferde).
7 ) D. h. bei Beginn des Quartals bereits verseuchte und im Quartal
neubetroffene Gemeinden. (Die Stückzahl der Heerden ist nur aus
neubetroffenen Gemeinden angegeben.) Von diesen Gemeinden
blieben betroffen am Quartalsschluss 264 (davon 172 in Preussen,
20 in Bayern, 16 in Hessen, 10 in Sachsen-Weimar, je 9 in Württem¬
berg und Braunschweig, 8 in Baden, je 5 in Mecklenburg-Schwerin
und Oldenburg, je 3 in Sachsen-Coburg-Gotba, Waldeck und Eisass-
Lothringen, 1 in Reuss ä. L.).
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540
BEB LINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 45.
An Rauschbrand gingen ein in den nachbenannten Staaten:
Preussen (Reg.-Bez. Danzig, Posen, Erfurt, Schleswig, Stade,
Münster, Minden, Arnsberg, Cassel, Wiesbaden, Coblenz, Düssel¬
dorf, Trier, Aachen, Sigmaringen) 133 Rinder, 4 Pferde (davon
38 im Reg.-Bez. Münster, je 18 in den Reg.-Bez. Coblenz, Düssel¬
dorf, je 11 in den Reg.-Bez. Erfurt und Aachen, 12 im Reg.-Bez.
Minden;) Bayern 85 Rinder; Württemberg 20 Rinder; Baden
17 Rinder; Hessen 32 Rinder, 10 Pferde; Sachsen-Weimar
1 Rind; Elsass-LothriDgen 3 Rinder.
Von der Tollwuth wurden betroffen in 3 Staaten 281 Ge¬
meinden, und zwar in Preussen 239 (davon in Westpreussen 52,
Schlesien 51, Posen 49, Ostpreussen 48, Pommern 27, Branden¬
burg 7, Hannover 4, Westfalen 1), Sachsen 41, Sachsen-Alten-
bnrg 1. Getödtet wurden im Ganzen 266 Hunde, 3 Pferde,
14 Rinder, 10 Schafe, 1 Schwein, 2 Katzen, 1 Ziege, ausserdem
526 ansteckungsverdüchtige Hunde, 7 Katzen und 73 herrenlose,
wuthverdächtige Hunde, zusammen 903 Thiere.
Die Lungenseuche kam in Preussen und Sachsen vor.
In Preussen betraf sie die Regierungs-Bezirke Stettin, Stralsund,
Posen, Magdeburg und Merseburg. In Stettin war 1 Gemeinde
verseucht, in welcher die Seuche während des Berichtsquartals
erlosch. In Stralsund war 1 Gemeinde verseucht, welche am
Schluss des Quartals verseucht blieb. In Posen war — Gemeinde
verseucht, neu betroffen wurden 4, es blieben verseucht 4. In
Magdeburg waren verseucht 9 Gemeinden, neu betroffen wurden
6, es blieben verseucht 4. In Merseburg waren verseucht 2 Ge¬
meinden, neu betroffen wurde keine, es blieb verseucht 1.
Die Pferderäude befiel 159 Pferde. Von dieser Zahl fallen
auf Preussen 127, auf Bayern, Sachsen, Württemberg je 10, auf
Mecklenburg-Schwerin und Oldenburg je 1 Pferd.
An der Schweineseuche (Schweinepest) erkrankten in
folgenden Staaten: Preussen, Bayern, Sachsen, Baden, Hessen,
Mecklenburg-Schwerin, Anhalt und Hamburg, 3613 Schweine;
davon sind gefallen oder getödtet 2931 Schweine, auf Preussen,
kommen 3499 erkrankte und 2838 verloren gegangene.
Das Auftreten der Rothlanfseuche wird aus folgenden
Staaten angegeben: Preussen, Bayern, Sachsen, Baden, Hessen,
Mecklenburg-Schwerin, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha,
Anhalt, Bremen, Hamburg und Elsass-Lothringen. Als erkrankt
wurden gemeldet: 9336 Schweine, davon allein in Preussen 9071;
gefallen oder getödtet sind im Ganzen 8819 Schweine, davon
8588 in Preussen.
Verluste durch Geflügelcholera sind nnr aus Preussen,
Bayern und Hamburg berichtet worden. In Preussen erkrankten
6979 Hühner, 235 Gänse, 72 Enten, 73 Tauben und 105 andere
Geflügelarten, hiervon sind gefallen oder getödtet 6844 Hühner,
223 Gänse, 72 Enten, 73 Tauben und 105 andere Vögel, zu¬
sammen 7317 Vögel. In Hamburg erkrankten 7 Hühner, welche
der Seuche erlagen. In Bayern (die folgenden Zahlen beziehen
sich auf das 1. und 2. Vierteljahr) erkrankten zusammen 140 Hühner,
Gänse und Enten, welche alle der Seuche erlagen.
Maul- und Klauenseuche-Ausbrüche.
Zu Köln in dem zu den Nebenanlagen des Schlachtvieh¬
hofes gehörigen Ueberständehof 5. er. In München vom Vieh¬
hof 3. er.
Personalien.
Ernennungen: Zu Kreisthierärzten: Thierarzt Zugehör-
Schmiegel com. fllr den Kreis Schönau (Katzbach), Thierarzt Nethe-
Gerbstädt com. für den Kreis Rosenberg (Westpr.).
Versetzt: Kreisthierarzt Hirschberg-Schönau nach Frey¬
stadt (Niederschlesien), Districts - Thierarzt Bress-Bitsch nach
Schönenberg (Pfalz).
Gewählt: Thierarzt Alb. Beck er-Barmstedt zum Stadtthier¬
arzt in Murrhardt (Württbg.), Schlachthofthierarzt Zobel-Breslau
zum Schlachthofthierarzt in Königsberg i. Pr.
Approbationen: Hannover: Stud. Oskar Greiser und Heinr.
Beckedorf. — In Stuttgart: Stolpp und Schönweiler.
Wohneitzveränderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier¬
arzt Molthof-Koblenz nach Cochem (Mosel), Thierarzt Keil-Jülich
nach Keesenich bei Bonn, Thierarzt Herrn. Coblenzer-Seesen
nach Hildesheim, Thicrarzt Alf. Müller-Grimmen nach Seesen,
Tbierarzt Scharr-KIetzke nach Berlin als Einj.-Freiw. im Garde-
Drag.-Regt. — Thierarzt Zieschank hat sich in Bautzen, Thierant
Saur, bisher Einj.-Freiw. Unterrossarzt im Garde-Train-Bat, in
Penzlin (Mecklbg.), Thierarzt Zeinert, bisher Einj.-Freiw. Unter,
rossarzt im Garde-Train-Bat, in Eberswalde, Thierarzt Schön¬
weiler in Schledehausen, R.-B. Osnabrück, und Thierarzt Stolpp
in Möckmühl (Württemberg) — niedergelassen.
In der Armee: Befördert zum Oberrossarzt: Rossarzt
Huber vom Art-Rgt. No. 13 unter Versetzung zum Remontedepot
Breithülen, zu Einj.-Freiw. Unterrossärzten: Die Einj. Freiw.
im Garde-Train-Bataillon Kurzwig, Stamm, Zucker und
Dr. R. Kantorowicz vom Train-Bat. No 3.
Versetzt: Rossirzt Kölling vom Gren.-Regt. zu Pferde No. 3
zur Militär-Lehrschmiedc in Breslau; Unterrossarzt Lange vom
Train-Bataillon in Spandau zum Drag.-Regt. No. 12 in Gnesen.
Vacanzen.
Kreisthlerarzt8telien: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Coblenz: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Oppeln:
Kosel. Bew. bis 12. November. — R.-B. Posen: Neutomischel.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz in
Zielenzig. — R.-B. Gumbinnen: Angerbarg. — R.-B. Osnabrück
Meppen (800 M. Zuschuss).
Saaitfitsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Ratibor: Schlachthofthierarzt zum 1. Januar 1899. (3000—3800 M.,
freie Wohnung). Bew. bis 16. Novemb. an Magistrat
b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacht-
hofassistenztierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaushilfs¬
thierärzte.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Argen au: Thier
arzt. — Callies: Thierarzt Bewerb, an Magistrat —■ Eddelak
(Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elster¬
berg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderatb. — Geringswalde:
Thierarzt. Auskunft Bürgermeister — Grossschönau: Thierarzt
(Fixum 1600 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierant
(800 M. Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Hohnstein (Säch*.
Schweiz): Thierarzt (700 M. Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen
bis 20. November an Stadtgemeinderath. — Kemberg: Thierant
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat. — Lands borg a. W.:
Assistent am Ruthlauf-Serum - Institut (1800 M.), Bew. an Director
Dr. Schreiber. — Massow (Pommern): Thierarzt (Einnahme ans
Fleischschau ca. 1000 M.) Näheres durch Magistrat. — Mo¬
ringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleischbeschau 600 Mark). —
Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200 M. u. Uebertragung
der Fleischschau). Bew. umgehend an Bürgermeister Igel. — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. an
Polizeiverwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Tbier¬
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön¬
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbca
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬
mark) : Näheres Thierarzt Kühn-Joachimsthal. — Stoppen¬
berg (bei Essen): Thierarzt. Näheres durch den Bürger¬
meister. — Zehden: Thierarzt Näheres durch Amtsrath Ehlert
in Grüneberg bei Zehden).
Verantwortlich fUr den Inhalt (excl. Inseratenthell) Prof. Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag un i Kiircutliutn von Richard Suliocts in Berlin. — Druck von W. BOxonrteln. Berlin.
Digitized by LjOOQie
Die „Berliner Thlertrmtllehe Wochenschrift 4 * erscheint
wöchentlich ln Stirke von mindestens 1 */• Bogen. Dieselbe
Ist zu beziehen durch den Buchhsndel, die Post (No. 10311
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Riohara
Sohoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 86, znm Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Orlgtnalbeltrige werden mit 50 Mk. für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen and redacüonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Scbmaltz,
Berlin, thier&rztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correctnren, Recensions - Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lotlies, Dr. B. Peter.
Verlag von Bichard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 46 Ausgegeben am 17. November.
Inhalt: DleckerhofT: D i e Behandlung der Blutfleckenkrankheit des Pferdes mit Argentum colloidale
C r e d 6. — Haase: Einige Beobachtungen über die Gebärparese des Rindes. — Noch ein Mal das
Embryotom. — Berichtigungen. — Referate: Zschokke: Ueber die Wirkung der Derivantien. — Ni eh ei: Ueber die
Altersbestimmung des Geflügels. — C h i g o t: Notizen über Laparo-Hysterotomie — Friedrich: Ueber die strahlenpilzähnlichen
Wuchsformen des Tuberkelbaciilus im Thierkörper. — Grassberger: Zur Frage der Scheinfädenbildungin Influenzaculturen.
— Thierhaltung und Thierzucht: Bastarde zwischen Zebra und Pferd. — Tagesgescbichte: VII. Internationaler
Tierärztlicher Congress 9. bis 14. August 1899 in Baden-Baden. — Oeffentliches Veterinärwesen: Fleischschau und
Viehverkehr. — Seuchenstatistik and Veterinärpolizei. — Personalien. — Vacanzen.
Die Behandlung der Blutfleckenkrankheit des
Pferdes mit Argentum colloidale Cred6.
Von
Dr. Dieckerheff.
In der neuesten Zeit hat Hofrath Dr. Credd, Oberarzt des
Carolahanses in Dresden, die erfolgreiche Behandlung der durch
Staphylococcen und Streptococcen bei Menschen verursachten
Krankheiten mit löslichem metallischem Silber nachgewiesen
(B. Credö: Silber als änsseres und inneres Antisepticnm; Archiv
für klinische Chirurgie, 55. Bd. Heft 4. — Derselbe: Lösliches
metallisches Silber als Heilmittel; Klinisch therapeutische Wochen¬
schrift, Wien 1898 No. 14 n. 15). Der Verfasser ermittelte zu¬
nächst, dass milchsanres Silber (Actol) und citronensaures Silber
(Itrol) ebenso energische als ungiftige Antiseptica sind, und ver-
muthete nach seinen Beobachtungen, dass geeignete leicht lös¬
liche Silbersalze septische Allgemeininfectionen des menschlichen
Körpers bis zu einem gewissen Grade zu bekämpfen im Stande
seien. Er bemerkte wörtlich: „dass an eine erfolgreiche Be¬
handlung septischer Infectionen nur gedacht werden kann, wenn
metallisches Silber in flüssiger Form dem Gewebssaft zugeführt
werden kann, wobei ich annehme, dass sich dann antiseptisch
wirkende Silbersalze im Körper selbst bilden werden.“
Nach den Angaben Credö’s ist ein metallisches Silber dar¬
gestellt worden, welches sich fast vollkommen in Wasser und
eiweisshaltigen Flüssigkeiten löst und von welchem die Credd-
schen Präparate in der chemischen Fabrik von Heyden in
Radebeul bei Dresden angefertigt werden. Die Präparate finden
gegen Phlegmone (Lymphangitis mit Lymphadenitis) bei Menschen
Anwendung, und zwar:
1. Ungnentnm Credö — Argenti colloidalis 15,0, Cerae 10,0,
Adipis Builli 90,0, Aetheris benzoati 10,0 — zur „Silberschmiercur“.
2. Pilulae Argenti colloidalis — Arg. colloid. mit Milchzucker
und Glycerin — znm inneren Gebrauch.
3. Bacilli Argenti colloidalis — gegen Uterusleiden.
4. Solutio Argenti colloidalis — in destillirtem Wasser
(1 zu 200 bis 1000) zu subcutanen Injectionen.
Die intravenöse Injection der wässerigen Lösung von Argen¬
tum colloidale wurde bisher bei Menschen noch nicht versucht,
obschon Crede mit folgenden Worten darauf aufmerksam gemacht
hat: „Es wäre denkbar, dass bei schweren Fällen von Sepsis
die intravenöse Injection die energischste und wirksamste Art
der Darreichung wäre“.
Die Vorzüge der Silbertherapie bei der Behandlung phleg¬
monöser nnd septischer Erkrankungen des Menschen sind bereits
mehrfach bestätigt worden (Dr. Werler zu Berlin: Lösliches
metallisches Silber als Heilmittel; Referat und Bericht in Lassar’s
Dermatologische Zeitschrift 1898 Hett 3. — Derselbe: Ueber
chirurgische Erfahrungen mit löslichem metallischem Silber bei
der Behandlung der septischen Wundinfection; Deutsche med.
Woch. 1898 No. 40). Aus den von Werler publicirten Krank¬
heitsgeschichten ergiebt sich die bedeutende Heilwirkung des
Argentnm colloidale bei der acuten Sepsis, bei der chronischen
septischen Infection nnd bei der multiplen chronischen Fnrun-
cnlose des Menschen znr Evidenz. Nach denselben nahm ich
Veranlassung, das Credö’sche Mittel gegen innere Krankheiten
des Pferdes versuchsweise anznwenden. Ich habe zu diesen Heil-
versnchen zunächst den Morbus macnlosus des Pferdes bestimmt,
wei| diese Krankheit nach theoretischen Erwägungen einen
günstigen Erfolg des nenen Heilmittels erwarten liess.
I Auf die früher üblich gewesene incorrecte Benrtheilnng und
Benennung des Morbus macnlosus des Pferdes kann ich an dieser
Steile nicht eingehen. Es dürfte auch bekannt sein, dass ich
zuerst die Ausbildung der Krankheit von der Einführung
eines besonderen Virns in die Blutcirculation des Pferdes
abhängig erklärt habe (Pferdestaupe 1882 S. 102). Eine ausführ¬
liche Darstellung des Krankheitscharacters habe ich in meinem
Lehrbuch der spec. Pathologie and Therapie geliefert Ich
führte daselbst ans, dass noch nicht entschieden sei, ob die
blutigen Herde direkt durch die Mikroorganismen oder durch das
von ihnen producirte Gift verursacht werden. Auch jetzt ist
diese Frage nach tatsächlichen Feststellungen noch nicht voll¬
ständig aufznklären. Zweifellos ist aber die Krankheitsent-
wickelnng oft eine Folge eitriger Processe (eitriger Katarh der
Respirationsschleimhaut, Abscess, purulente Phlegmone).
In vielen anderen Fällen geschieht die Ausbildung, ohne dass bei
dem Pferde eine primäre eitrige Erkrankung nachzuweisen wäre,
demnach „auf latentem oder kryptogenetischem Wege“. Indess
ist auch für die letztgedachte Entstehung anzunehmen, dass an
einer nicht zn ermittelnden Stelle des Körpers dasselbe Virus
eindringt nnd in die Blntcircnlation gelaugt, welches die erweis-
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542
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46
liehe Ausbildung der Krankheit ans eitrigen Primäraffectionen
zur Folge hat.
Zur Charakteri8irung der Blutflecke will ich hier folgenden
Passus aus meinem Lehrbuch wiederholen. „Das extravasirte
Blut bezw. die in demselben befindliche unbekannte virulente
Substanz hat eine phlogogene Wirkung auf die Gewebe. In der
Subcutis entwickelt sich von den hämorrhagischen Herden aus
eine diffuse Entzündung mit reichlicher Exsudation von Serum
und weissen Blutkörperchen. Das Exsudat hat eine gallertartige
(sulzige), gelbliche oder gelbweisse Beschaffenheit.“ Demnach ist
die Entzündung des Bindegewebes, welche sich an die herdweisen
Blutungen in der Subcutis, der Respirations- und Digestions-
schleimhaut anschliesst, der erysipelatösen Phlegmone (Einschuss)
am Unterschenkel des Pferdes vergleichbar und es lässt sich ver-
muthen, dass an dem Zustandekommen der Blutflecken und ihrer
Folgen bei dieser Krankheit Streptococcen wesentlich betheiligt
sind. Die Erwägung dieser Thatsachen veranlasste mich im
Jahre 1886, Heilversuche mit der Einverleibung von Jod (intra¬
tracheale Injection von Lugol'scher Lösung) in die Blutcirculation
zur Vernichtung der specifischen Krankheitsursache anzustellen.
Ueber die günstige Beeinflussung des Krankheitsverlaufes durch
diese Therapie habe ich in einem Vortrage berichtet, der in
Adam’s Wochenschrift 1887 No. 12 mitgetlieilt ist. Obwohl ich
seit jener Zeit in zahlreichen Fällen und sehr oft mit Vortheil
neben der symptomatischen Behandlung die Jodtherapie in Ge¬
brauch gezogen habe, so ist doch nicht zu bestreiten, dass das
Jod auch dann nicht selten versagt, wenn die Krankheit idiopathisch
entstanden und ein unzugänglicher Eiterabscess in einem inneren
Organ des Körpers nicht vorhanden ist. Auch erfolgt die Ent¬
giftung des am Morbus maculosus leidenden Pferdes durch Jod
nicht immer so vollständig, dass der erneuten Ausbildung Von
Blutflecken und der Vergrösserung der bereits entstandenen H&de
in den folgenden Tagen vorgebeugt wäre.
Hiernach war mir der äussere Anlass zu Versuchen behufs
Behandlung der Krankheit mit löslichem metallischem Silber
willkommen. Von der Einführung des Mittels in den Magen
sowie von der „Silberschmiercur“ und auch von der subcutanen
Anwendung desselben nahm ich Abstand, weil mir nicht zweifel¬
haft sein konnte, dass die intravenöse Injection das geeignetste Ver¬
fahren ist, um die im Blute befindlichen oder in den Organen liegen¬
den Krankheitserreger und ihre Toxine unschädlich zu machen.
Einige Vorversuche an alten Pferden überzeugten mich, dass
die intravenöse Injection der 1 proc. Lösung von Argentum
colloidale reizlos für die Vene ist und auch keine sonstigen
Störungen herbeiführt. Die Dosis bestimmte ich einstweilen auf
0,5 Gramm; es wurden daher jedesmal von der 1 proc. Lösung
50,0 Gramm dem erkrankten Pferde intravenös einverleibt. Ich
benutzte eine Spritze, die 25 Gramm Flüssigkeit enthält, und liess
deshalb durch die applicirte Canüle nacheinander zwei Spritzen
voll injiciren. In den nachstehend besprochenen vier Fällen hat
die Anwendung des neuen Mittels vortreffliche Erfolge gehabt
und meine Erwartungen noch übertroffen.
1. Stute, 9 bis 10 Jahre alt, schweres Arbeitspferd, hatte
seit 8 Tagen an einem leichten Rachencatarrh gelitten und wurde
am 12. October 1898 in die Klinik eingestellt, weil die Hinter¬
gliedmassen seit einem Tage ödematös geschwollen waren.
Status am 13. October: Puls 60, Resp. 12, Temp. 39,2.
Petechien und blutige Suffnsionen in der Nasenschleimhaut än
beiden Seiten. Auf dem Nasenrücken ist die Haut handtellergross
geschwollen. Am Vorarm beider Vordergliedmassen beulen-
förmige und abgesetzte ödematöse Geschwülste der Subcutis.
Beide Hintergliedmassen zeigen eine diffuse ödematöse
Schwellung der Haut Appetit gering.
Ord. Oeftere Waschung der blutigen Herde in der Haut mit
Burow’scher Mischung unter Zusatz von Campher. In Zwischen¬
zeiten von zwei Stunden erhielt das Pferd jedes Mal durch Injection
in die V. jugularis eine Lösung von 0,5 Argent. colloid. in 50,0
Aq. dest.
Am 14. October erschienen die Petechien der Nase ab¬
geblasst und die Schwellungen der Gliedmassen zeigten die ersten
Merkmale der Rückbildung. — In den folgenden Tagen stellte
sich normaler Appetit ein und das Pferd konnte am 27. October
als vollständig geheilt aus der Klinik abgehen.
2. Mit starker Schwellung der Vorhaut und Prolapsus Penis,
Schwellung und blutiger Unterlaufung der Nasenschleimhant,
herdweiser Schwellung der Haut am Kopf und an den vier
Gliedmassen behaftet, wurde am 16. October 1898 ein sechs¬
jähriger brauner Wallach (schwerer Arbeitsschlag) in die Klinik
eingeliefert. P. 56, R. 12, T, 39,1. Appetit massig. — Die
Diagnose des Worb, macul war nach den Syptomen gesichert.
Am 17. October erschien das Verhalten des im Laufstall
untergebrachten Pferdes nicht wesentlich geändert. Am
18. October Injection von Arg. colloid. 0,5 in Aq. 50,0 in die
linke Ingnlaris. Daneben Localbehandlung der Schwellung am
Schlauch und Penis.
Die Krankheit besserte sich nach einem Tage und die
Erscheinungen heilten bis zum 25. October vollständig ab.
3. Ein Arbeitspferd (Stute, 15 Jahre alt) war aml9. October 1898
Vormittags unter den Symptomen des Morbus maculosus
erkrankt und wurde am folgenden Tage zur Klinik gebracht
Am 21. October ergab die Untersuchung: P. 40, R. 20, T. 39,8.
Geringer Appetit. Blutige Schwellung der Nasenschleimhaut und
der Subentis an den oberen Partien der Gliedmassen. Neben
den Waschungen der Gliedmassen mit Burow’scher Mischung
jyurden am 21. und 22. October- jedes Mal 0>6G g» -'Ärgert,
colloid. mit 50,0 g Aq. intravenös applicirt, worauf bis zum
23. October sich schon alle wesentlichen Erscheinungen der
Blntfleckenkrankheit verloren hatten. Am 25. October holte der
Besitzer das Pferd wieder ab.
4. Am 9. November 1898 Vormittags wurde eine gegen
16 Jahre alte Rappstute, leichtes Arbeitspferd, welche seit
einigen Tagen eine Schwellung der Hinterschenkel und seit zwei
Stunden Kolik zeigte, zur Klinik gebracht. Bei der Untersuchung
ergab sich am 9. November Vormittags 9 Uhr: Ausgebreitete
blutige Unterlaufung und Schwellung der Nasenschleimhaut,
starke Schwellung der Haut auf der Nasenfirste, an den Backen
und den Lippenwinkeln beider Seiten. Augenlider wulstig;
Conjunctiva sowohl an den Lidern, wie auf der Cornea blutig
infiltrirt. — Da auch die Haut der falschen Nasenlöcher ge¬
schwollen war, so erfolgte die Inspiration mit einem schniebenden
Nasalgeräusch. — Kolikschmerzen, wegen deren das Pferd kaum
stehend erhalten werden kann; Darmgeräusche fehlen. — Glied¬
massen nicht geschwollen. Das Pferd kann weder Futter noch
Wasser verzehren, da sowohl das Kauen wie das Schlucken
behindert ist. P. 45, R. 18. T. 39,3.
Der Krankheitsfall prägte sich als ein besonders schwerer
aus durch die umfangreiche Schwellung des Kopfes, die Kolik
und die Dysphagie. Aus den Symptomen liess sich entnehmen,
dass sowohl die Darmschleimhaut wie die Rachen Schleimhaut von
einem blutigen Heerde frisch betroffen waren. Nach meinen
Erfahrungen musste ich mich überzeugen, dass mit den bis¬
herigen Mitteln und auch mit der Jodtherapie die Wieder¬
herstellung des Pferdes nicht zu erreichen war. Der Fall schien
deshalb zur Entscheidung der Frage über den Werth der Silber¬
therapie ganz geeignet.
Das Pferd erhielt am 9. November von 9 Uhr Vormittag«
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17 November 1898. BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
bis 7 Uhr Nachmittags 5 Injectionen von 0,5 g des Mittels in
Zwischenzeiten von zwei Stunden; es wurden demnach innerhalb
10 Stunden 2,50 g Argentum colloidale in die Iugularis
injicirt.
Die Koliksymptome hörten schon nach den ersten beiden
Injectionen auf. Am Nachmittag hatte sich wieder eine geringe
Munterkeit bei dem Pferde eingestellt; es plätscherte mit dem
Maul in dem vorgehaltenen Trinkwasser, konnte aber noch nicht
schlucken. Das schniebende Athmen bestand zwar noch, hatte
aber nicht zugenommen.
Am 10. November Vorm. 9 Uhr ergab die Untersuchung
schon einen wesentlichen Nachlass der wichtigsten Symptome.
P. 48, R. 13, T. 38,1. Das Pferd konnte Trinkwasser schlucken,
aber die Schwellung und Entzündung der Subcutis an beiden
Backen und Lippen war noch nicht so weit zutückgegangen, dass
die Aufnahme und das Kauen des Futters ermöglicht werden
konnte. Ich verordnete hiernach für diesen Tag noch zwei In¬
jectionen von je 0,50 g Argent. colloidale.
Das Pferd konnte am Nachmittag des 10. November die ihm
in flachen Schnitten aut die Zunge geschobenen Mohrrüben kauen
und schlucken und nahm am Abend auch etwas Hafer auf.
Am 11. November Vormittags erschien das Pferd munter und
bei gutem Appetit. Es verzehrte sowohl Hafer wie Heu und
Mohrrüben. Die blutigen Unterlaufungen der Nasenschleimhaut
hellen sich auf und die Schwellung der Haut am Kopfe hat sich
schon erheblich zurückgebildet. Athmung frei. P. 42, R. 11,
T. 37,8.
Die vollständige Genesung erfolgte hierauf in wenigen Tagen.
Am 12. und 13. November fand sich nur noch ein geringer Aus¬
fluss von dickflüssigem, eitrig-schleimigem Material aus beiden
Nasenlöchern, den ich auf die Abheilung des blutigen Herdes in
der Rachenschleimhaut beziehen musste. Sonst war das Pferd
bereits von allen wesentlichen Krankheitserscheinungen befreit.
Nach diesen Beobachtungen betrachte ich als zweifellos, dass
das Argentum colloidale Cred£ ein sehr wirksames Heil¬
mittel gegen die Blutfleckenkrankheit des Pferdes ist. Bei der
Behandlung der Pferde dürfte die leicht ausführbare intravenöse
Injection einer 1 proc. Lösung des Mittels in destillirtem Wasser
die zweckmässigste Applicationsmethode sein, namentlich in allen
Fällen, in welchen eine schnelle und energische Allgemeinwirkung
erforderlich ist, um der Fortentwicklung der Krankheit Einhalt
zu thun. Ueber die beste Dosirung und die Zeit, in welcher die
Anwendung zu wiederholen ist, wird erst durch weitere und viel¬
seitige Beobachtungen ein abschliessendes Urtheil zu gewinnen
sein. Dass die Pferde relativ grosse Dosen von Argent. colloid.
ohne Nachtheil ertragen, beweist schon die vorstehend unter 4.
mitgetheilte Krankheitsgeschichte. Inwieweit die subcutane
Injection des in Wasser gelösten Präparates, die von den Pferden
auch gut ertragen wird, der Heilindication genügen kann, ist
noch durch weitere Versuche klarzustellen.
Dass das Mittel gegen die Complicationen des Morbus macu-
losuB (Mortification der Haut an den Blutflecken der Gliedmassen
und des Kopfes, Kehlkopfstenose, Pneumonie) keinen Nutzen
bringen kann und überhaupt nur in den ersten Stadien der
Krankheit einen guten Erfolg haben wird, bedarf keiner Erläuterung.
Auch die als Vorkrankheit oft vorhandenen Abscesse und
eitrigen Katarrhe dürften von demselben kaum beeinflusst werden.
Es wird deshalb für eine Reihe von Fällen neben der Anwendung
von Argentum colloidale die Behandlung nach symptomatischen
Indicationen auch in Zukunft anzuordnen sein.
Ausser der Blutfleckenkrankheit wird Argentum colloidale
sehr wahrscheinlich auch bei anderen Allgemeinkrankheiten der
Hausthiere sich vorteilhaft erweisen, namentlich bei eitrigen
und septischen Blutvergiftungen. Vielleicht wird es auch bei der
diffusen Elephantiasis an den Gliedmassen des Pferdes gute
Dienste leisten. Wie beim Menschen, so werden sich bei den
Thieren die phlegmonösen Erkrankungen der Unterhaut nach
Wundinfection mit dem Mittel wirksam bekämpfen lassen.
Auf den Verlauf der typischen Pneumonie (Brustseuche) des
Pferdes hatte aber die intravenöse Injection des Mittels in zwei
Fällen, die ich zu dieser Behandlung auswählte, keinen Einfluss.
Der Preis steht der Anwendung des Präparates in der thier¬
ärztlichen Praxis nicht entgegen. Es kosten 10,0 Gramm Argen¬
tum colloidale 3,50 Mark im Drogenhandel. In den Apotheken
wird sich demnach der Preis von 1,0 Gramm auf etwa 0,50 Mark
stellen.
Einige Beobachtungen Uber die Gebärparese des
Rindes.
Von
C. Haase- Hohenmölsen,
Tblerarst
In neuerer Zeit haben sich die in der Praxis stehenden Thier¬
ärzte, durch die von Sch midt-Kolding vorgeschlagene Behand¬
lung angeregt, mehrfach mit der Gebärparese des Rindes be¬
schäftigt, wie die diesbezüglichen Veröffentlichungen in dieser
Zeitschrift beweisen. Die betreffende Behandlungsmethode wird
in der grossen Mehrzahl der Fälle als erfolgreich gepriesen,
wenn auch andererseits Misserfolge Vorkommen. Alle betonen
jedoch bedauernd, dass das Wesen der Krankheit noch nicht
vollständig erkannt sei. Es dürfte daher wohl angezeigt sein,
Beobachtungen aus der Praxis, welche zur Aufklärung des
Krankheitszustandes beitragen könnten, der Allgemeinheit. mit-
zntheilen; dies will ich mit einigen von mir gemachten in Nach¬
folgendem thun.
L Am 26. März 1894 wurde ich zu einer hochtragenden Kuh
gerufen. Dieselbe, Holländer Abstammung (Genthiner), ist in
sehr gutem Ernährungszustände. Nach Bericht liegt sie seit
einigen Tagen viel, seit selbigem Vormittag ganz und gar; sie
ist nicht fähig, sich zu erheben, auch nicht auf Antrieb. Futter-
und Getränkaufnahme wird versagt. Der Kopf wird entweder
auf dem Boden ausgestreckt gehalten oder in die Seite zurück¬
geschlagen. Dabei ist das Sensorium ganz benommen. Die
Augenlider werden geschlossen gehalten; das BHd ist ganz das
des paralytischen Kalbefiebers. Das Euter ist sehr stark ge¬
schwellt schon seit mehreren Tagen und die Milch eingetreten.
Das Orificium und der Cervicalcanal sind so weit geöffnet, dass
die Falten ausgeglichen sind. Das Kalb, welches die intrauterine
Lage bereits verlassen hatte, stand mit seitlicher Kopfhaltung
vor dem inneren Orificium. Es wurde mit vieler Mühe entwickelt,
wobei Quetschungen und Läsionen der Geburtswege wegen der
unverhältni8smä88igen Grösse des Kalbes nicht vermieden werden
konnten. Die Kuh verendete einige Tage darauf, ohne sich wieder
zu erheben.
In vorliegendem Falle war die Parese schon vor der Geburt
eingetreten; die letztere war allerdings verzögert infolge nicht
genügender Eröffnung des Cervicalcanals und der damit ver¬
bundenen abnormen Lage des Fötus.
II. Am 19. und 20. Juni 1898 behandelte ich eine granweisse
Holländer Kuh, welche einige Tage zuvor gekalbt hatte, an Ge¬
bärparese vergeblich. Die Nothschlachtung wurde am 21. Juni,
Vormittags 10 Uhr, die Section Nachmittags 2 Uhr ausgeführt.
Die Kuh war leider durch Stirnschlag betäubt worden, sodass
ich in den Subpialräumen im Bereich des vorderen Theils der
rechten Hemisphäre eine ca. einhalbhandtellergrosse elliptische
Blutung fand — Intrameningeale Pia mater-Blutung —; im
Uebrigen sind die krankhaften Veränderungen durch den Kopf-
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544
BERLINEU TlilERARZTUCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46.
schlag nicht beeinflusst worden. Es fällt eine starke Füllung der
Basilargefässe und der aufsteigenden Aeste mitBlnt auf. Inder
einen Arterie eine senfkorngrosse Gasblase, welche sich bei Be¬
rührung des Gefässes in diesem fortbewegt, ähnlich wie die
Libelle einer Wasserwaage. Die Adergeflechte sind stark gefüllt.
In den Subduralräumen and den Ventrikeln blntigrothe seröse
Flüssigkeit in geringer Menge. Dieselbe ist jedenfalls in grösserer
Menge vorhanden gewesen und abgeflossen, da der Kopf vor
meiner Anwesenheit abgetrennt worden war. Das Gehirn¬
parenchym ist feucht, von etwas weicherer Consistenz. Die weisse
Substanz auf dem Durchschnitt verfärbt, cremefarben. Euter
mässig geschwellt.
IH. Am 4. September 1898. Schwarzweisse Kuh, Holländer,
in sehr gutem Ernährungszustände, angemästet, hat am 2. Sep¬
tember gekalbt. Sie liegt in einem mit ca. 18 Stück Rindvieh
belegten, warmem Stalle gleich am Eingänge; sie steht auf Antrieb
nicht auf. Innere Temperatur 38,6°. Athmung etwas beschleunigt.
Ohren, Hörner und Extremitäten warm. Kopf wird meistens auf
dem Boden ausgestreckt gehalten, zuweilen auch in die Seite
znrückgeschlagen. Sensorinm benommen. Mässiger Lidschluss.
Darmbewegung und Kothabsatz verzögert.
Behandlung: Innerlich 40 g Aloö. Eisaufschläge auf die
Stirn. Oefteres Ansmelken des sehr stark geschwellten Euters.
Die Schmidt'sche Behandlung mit Jodkalinm unterblieb aus
äusseren Gründen. Am 5. September Verschlimmerung des Zu¬
standes. Das Thier ist vollständig ohne Bewusstsein und
Empfindung. Innere Temperatur 38,3°. Athmung frequent und
etwas ziehend. Augenlider vollständig geschlossen. Leises
Stöhnen oder Brummen. Der Kopf wird auf dem Boden aus¬
gestreckt und zeitweise auch in die Seite gelegt. Hebt
man denselben hoch, so fällt er sofort schwerfällig' in
die Lage zurück, da das Thier nicht im Stande ist, denselben
aufrecht zu tragen. Nothschlachtung auf mein Anrathen'fmd
in meiner Gegenwart. Dieselbe wird ohne Stirnschlag ’und
nach Art des Schächtens vollzogen, wobei das Thier eine
grosse Menge Blut abgiebt Section: In gestreckter
Dorsallage Entfernung der Halsmuskeln in der Gegend des ersten
Halswirbels und des unteren Verstopfangsbandes; dabei wird der
Subduralraum mit seröser kirschrother Flüssigkeit angefüllt ge¬
funden. Eine davon entnommene Probe zeigt durch das Mikroskop
rothe und weisse Blutkörperchen in den verschiedenen Stadien
des Zerfalls; Mikroorganismen sind nicht vorhanden. Nach Oeff-
nung der Schädelhöhle durch Entfernung des Schädeldachs wird
dieselbe Flüssigkeit zwischen Dura und Pia bemerkbar. Sie ist
auch in den Sulci unter der Pia vorhanden, man kann sie mit
dem Finger oder dem Messerrücken über die Pia streichend in
den Sulci fortbewegen. Die Gefässe, besonders die Basilar-
gefässe prall hervorueteud; sie sind mit blutiger Flüssigkeit an¬
gefüllt, welche Gasblasen enthält Dies ist besonders an den
Arteriae fossae Sylvii bemerkbar; man kann die Gasblasen durch
Streichen den Gefässen entlang hin und her bewegen, wobei sie
am leichtesten auffallen. Durchschneidet man solches Gefäss
quer, so entweichen die Gasblasen*) an der Durchschnittsstelle und
das Gefäss collabirt
*l Diese Blutgase sind schon früher beobachtet worden, so be¬
sonders von Harms, welcher dieselben als Luft bezeichnet Von
anderen Autoren ist dem Vorhandensein derselben keine Bedeutung
beigemesseu worden, wohl mit Unrecht; andere erklären sie als
Fäulnisserscheinungen. ln vorliegendem Falle kann jedoch von
Fäulnissgasen keine Rede sein, da die Scction des Gehirns unmittel¬
bar nach der Schlachtung erfolgte. Gleichwohl sind sie als ein Zer-
setzungsproduct des Blutes aufzufassen. Ob diese Blutzersetzung
nur in den Gehirngetässen durch die Stauung in denselben be¬
günstigt oder in der gesammten Blutmenge statifindet, lasse Ich
dahingestellt.
In den Ventrikeln dieselbe seröse Flüssigkeit Das Gehirn-
parenchym ist verändert, auf dem Durchschnitt feucht, von
weicherer*) Consistenz als normales Parenchym.
Die Grenze zwischen weisser und grauer Substanz ist nicht
mehr so scharf hervortretend, erscheint vielmehr verwischt hn
Uebrigen sind die Veränderungen des Parenchyms an der weissen
Substanz am leichtestenzu erkennen; dieselbe besitzt nicht mehr
den alabasterweissen geringgradig mattfeuchten Glanz, sondern
ist stärker durchfeuchtet, hat einen Stich ins Gelbliche an¬
genommen; sie erscheint cremefarben. Die Adergeflechte der
Ventrikel und des Kleinhirns sind mit Blut stark angefällt
Bei Abnahme des sehr grossen Euters fliessen einige Liter
Milch von eigentümlicher, granweisser Farbe ab, welche einen
grünlichen Farbenton hat
Das Orificium ist ziemlich contrahirt, so dass man nur noch
3—4 Finger einführen kann. Der Uterus enthält 3—1 Liter
dickschleimiger gelblicher Loohialflüssigkeit. Die Codyledonen
sind in Rückbildung begriffen, zum Tbeil in eine breiige Urne
zerfallend. Die Haube ist stark und prall gefüllt.
Wenn ich nun aus den vorstehend mitgetheilten Erkrankungen
auch das Wesen der Gebärparese nicht zn erklären vermag,
so geht doch aus denselben hervor, wie dies auch viele von
anderer Seite gebrachte Beobachtungen darthun, und dies anch
wohl allgemein anerkannt wird, dass die Krankheit auf einer
Gehirnentzündung beruht Das Gehirn entzündet sich in Folge
Einwirkung eines Reizes, welcher noch nicht näher erkannt ist.
Am meisten dürfte wohl die Ansicht für sich haben, dass diese
Reizung durch ein Ptomain, ein Cadaveralcaloid, herbei¬
geführt wird.
Wie schon der Name Cadaveralcaloid besagt, bilden sich
diese Gifte vorwiegend nur in Leichen oder Leichentheilen, d. b.
$9. bilden sich aus den die Organe . des Körpers. zusammen-
setzenden Stoffen, und zwar aus den Albuminen bei Abschluss
von Sauerstoff**). Es findet jedoch nicht nur in Cadavern diese
Ptomainbildung statt, sondern auch im lebenden Körper bei Abschluss
vou Sauerstoff in bestimmten Geweben, oder auch schon bei begrenztem
Zufluss des den Sauerstoff führenden Blutes. Diese hervor¬
gehobenen Bedingungen des Albumingehaltes und des unter¬
brochenen oder doch ungenügenden Sauerstoffzuflusses dürften
nun bei der Gebärparese des Rindes zwei Organe in auffallender
Weise bieten. Wir haben dieselben auch bei der Section des
mitgetheilten Falles HI gefunden. Es sind dies Gewebe, welche
von den Thierärzten schon recht häufig als Sitz der sich bildenden
causa morbi bezeichnet worden sind. Einmal ist die in ziemlicher
Menge im Uterus Vorgefundene schleimige, gelbe, eiweisshaltige
Lochialflü8sigkeit in Betracht zu ziehen und zweitens das krank-
lmft veränderte Euter. Die retinirte Lochialflüssigkeit schwimmt
frei im Uterus, ist also vollständig von dem Gasaustausch des
Blutstromes abgeschlossen. Die Vorbedingungen zur Ptomain¬
bildung, Albumingehalt und Abschluss der Sauerstoffzufuhr sind
also bei diesem Gewebe vorhanden.
Wie ferner die meisten thierärztlichen Beobachter der Gebär¬
parese hervorheben, ist das Euter verändert; dasselbe kann bis
*) Von der weicheren oder derberen Consistenz des Parenchym*
mich zu überzeugen, nehme ich nach Eröffnung eines Ventrikels
und Besichtigung der Schnittfläche wie des Ventrikelinhalte die
Grosshirnriude zwischen Daumen und Zeigefinger und übe einen
leichten Druck aus. Für den Ungeübten dürfte es sich empfehlen,
wie ich dies auch ausgeführt habe, iu dieser Weise die Consisten*
an einem gesunden Rindergcbirn festzustellen, wozu man in jedem
Schlachthause Gelegenheit hat. Der Unterschied zwischen der etwa«
derberen Consistenz eines solchen Gehirns und der weicheren de«
Gehirns einer an Gebärparese in vorgeschrittenem Stadium er¬
krank en Kuh wird einem deutlich auffallend.
**) Offinger, DiePtoinaineoderCadavcralcaloido. 18fc5, p-31 ft
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17. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
545
zu sehr bedeutendem Grade geschwellt und derb sein. In einem
enorm geschwollenen Enter dürften jedoch die Gefässe comprimirt
sein und die Blutcircnlation in demselben dadurch behindert,
wenn nicht ganz aufgehoben sein. Mehr oder weniger grosse
Abschnitte des Euters dürften daher in anämischem Zustande und
in Folge dessen zur Ptomainbildung geeignet sein. Die aus
solchem Euter abgemolkene Milch zeigt sich znm grossen Theil
ans Colostrum bestehend, wie dies auch bei Fall III gefunden
wnrde. Die bei der Section aus dem Euter abgeflossene Milch
war von grünlich-grauweisser Farbe, zeigte also das Aussehen
von Colostralmilch noch am vierten Tage nach dem Kalben. Wie
es also scheint, ist die Ausbildung der Milch im Euter verlang¬
samt, denn unter gewöhnlichen normalen Verhältnissen hat die
Milch am vierten Tage post partum nicht m**hr das Aussehen von
Colostralmilch, sondern eine normale sattweisse Farbe. Demnach
scheinen die Degenerations- oder Infiltrationsvorgänge der Epithel¬
zellen in den Milchdrüsen verzögert, was ich auf einen Mangel
an Lebensenergie in diesen Zellen in Folge fehlenden oder zu
schwachen Blutzuflnsses zurückzuführen geneigt bin.
Am Ende meiner Ausführungen komme ich zu folgenden
Schlussfolgerungen:
1. Von den bisher über die Ursache und das Wesen
dor Gebärparese des Rindes angeführten Erklärungen
dürfte die am meisten begründet erscheinen, dass die
Krankheit durch ein im Körper gebildetes Ptomain
verursacht wird.
2. Ist dies der Fall, bo dürfte entweder die Lochiah
flüssigkeit oder das Euter als Muttersubstanz dieses
Giftes anzusehen sein.
Ob dies nun wirklich an dem ist, und ob die Ptomainbildung
unter Mitwirkung von Mikroorganismen oder ohne diese statt-
flftäet,' bleibt einstweilen eine offene Frage, deren Beantwortung
weitere Untersuchungen ergeben müssen.
IV. Ich füge noch eine beobachtete Erkrankung an, welche
der Gebärparese sehr ähnlich war, jedoch unmöglich dieselbe
gewesen sein kann, da das Thier schon ca. \ Jahr zuvor ge¬
kalbt hatte.
Am 3. Juni 1898 untersuchte ich eine ca. 6jährige Weiss¬
gelbe Kuh Simmenthaler Race, welche seit einigen Tagen an-
daUernd gelegen hatte, da sie nicht imStande gewesen war, sich
zu erheben. Futter und Getränkaufnahme waren während dieser
Zeit sehr mangelhaft. Dieselbe war wie das übrige Vieh des
Stalles in sehr gutem Ernährnngsznstande, fett; dasselbe gehörte
einer Mühle an und wurde intensiv gefüttert. Die Kuh zeigt 38° innere
Temperatur, erhebt sich auch anf Antrieb nicht. Das Sensorinm
ist etwas benommen; der Kopf wird dann und wann auf den
Boden ausgestreckt. Vermehrte Wärme am Vorkopf. Athmung
etwas beschleunigt nnd angestrengt Die Kuh ist nicht wieder
zum Bullen geführt worden, jedoch bis kurze Zeit zuvor ge¬
molken worden. Diagnose: Lähmung in Folge Cerebrospinal¬
meningitis. Daranf gab ich den Rath zur Nothschlachtnng, auf
Welchen der Besitzer um so mehr einging, als das Thier so schon
zum Mästen bestimmt war. Dieselbe wurde am 4. Juni früh ans¬
geführt. Leider wurde vor meinem Erscheinen das Thier durch
Stirnschlag betänbt, weshalb die Veränderungen des Gehirns
durch Blutungen alterirt waren. Jedoch konnte ich trotzdem
starke Füllung der Basilargefässe, die Anwesenheit eines serösen
blutig-rothen Exsudats auf der Basis der Schädelhöhle, Gehirn-
Ödem, Veränderungen des Parenchyms in Farbe und Consistenz
feststellen.
Sollte diese Erkrankung in ätiologischer Beziehung identisch
mit der Gebärparese sein, was ich nicht für ausgeschlossen halte,
so dürfte die Prodncirung eines Ptomains auch noch unter anderen
Verhältnissen und in anderen Organen als den hervorgehobenen
stattfinden können. Vielleicht ist auch der Umstand mit schädlich
gewesen, da68 das Ausmelken plötzlich unterlassen und somit die
Lactation unterdrückt wurde. Hieraus und aus der fortgesetzten
Ernährung mit intensiven Futtermitteln resultirte vielleicht eine
Veränderung des Euters, welche der bei der Gebärparesc vor¬
kommenden ähnlich ist. Es bleibt das natürlich nur eine An¬
nahme, für welche ich keine Beweiskraft beanspruchen kann.
Noch ein Mal das Embryotom.
Auf die „Entgegnung betr. des Erabryotom-Ecraseurs“ bin ich
gezwungen, eine kleine Berichtigung folgen zu lassen.
Ich hatte in dem Artikel über mein Embryotom erwähnt,
dass ich ein ganz gleiches Instrument wie der Embryotom-
Ecraseur es ist, construirt, dasselbe aber als unpractisch wieder
bei Seite gelegt hatte.
Ueber dieses Instrument, welches genau wie das der Herren
Wessel und Witt aus einem Rohr bestand, in welchem eine
Schraube das Anspannen der Kette bewirkte, habe ich nichts
veröffentlicht; die Herren Wessel und Witt können also un¬
möglich wissen, ob dasselbe eine Aehnlichkeit mit ihrem jetzigen
Instrument hatte oder nicht.
Auf den übrigen Theil der „Entgegnung“ näher einzugehen,
halte ich für überflüssig. Pflanz.
Berichtigungen.
, fe In dem Vortrage „Ueber die bösartige Klauenseuche
der Schafe“ von Kreisthierarzt Martens, No. 45 der B. T. W.
muss es heissen: Auf pag. 530, Spalte 2, No. 4 „Bei Fest¬
stellung der Aphthen8enche in einer Scbafheerde lassen sich
durchweg ca. 15 pCt ermitteln“ (nicht 5 pCt.); ferner auf pag.
53p, Spalte 1, Absatz 3, drittletzte Zeile „auf einer Plaue“
(nicht Klaue).
, In dem Artikel „Ein Fall von Gehirntuberculose“
von H a a s e - Hohenmölsen in No. 38 der B. T. W. soll es
pag. 446, Zeile 30 heissen nicht „ganz klare Flüssigkeit“,
sondern „glanzklare Flüssigkeit“, s. v. w. klar und glänzend.
Referate.
Ueber die Wirkung der Derivantien.
Von Professor Zschokke -Zürich.
(MUh. r. Th. Bd. 9 , H 12.)
Die Medicin hat die sogenannten ableitenden Heilmethoden
mehr oder weniger verlassen; in der Veterinärmedicin erhalten
sie sich als unentbehrlich. Immerhin besteht auch hier eine ge¬
wisse Neigung zu ihrer Beschränkung — mit Unrecht. Aller¬
dings befriedigt die bisherige Erklärung der Wirkung dieser
Mittel nicht ganz.
Z. hat sich die Aufgabe gestellt, diese Wirkung, wenn auch
hypothetisch, zu prüfen. Er kommt dabei zunächst auf die
Beeinflussung von Fieber und Infection durch auf die
Haut wirkende Reize im allgemeinen sowie auf das
Verhältniss zwischen Fieber und Infection unter sich
Zu sprechen.
Im Jahre 1895 würden an der Züricher Thierarzneischule
einige Pferde zur Gewinnung von Diphtherieheilsernm präparirt.
Auf die hierzn nöthige Ipjection von fiUrirten Cultnren reagirten
sie mit Temperatursteigerung von zwei und mehr Grad. Das
Fieber dauerte meist 18—36 Stunden. Als aber ein allein
Stehendes Pferd von Zugluft getroffen worden war, hielt es
48 Stunden an. Hierdurch aufmerksam geworden, prüfte
Zschokke die Wirkung eines kalten Luftzuges nnd fand sie jedes
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546
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 46.
mal gleich, bestehend in einer Verlängerung des Fiebers. In ge¬
wisser Beziehung hierzu stehen die Versuche von Lode, der
Thiere einer Erkältung aussetzte und dann mit Friedländer’scljen
Pneumoniebacillen inficirte. Fast alle so behandelten starben,
während von 45 nicht abgekühlten Thieren nur 9 zu Grunde
gingen. Auch von den anderen Autoren sind mehr oder weniger
ähnliche Versuche gemacht.
Nun muss die Temperatursteigerung als eine reactive Wirkung
des Toxins gelten, welches demnach einen Reiz auf das Wärme¬
regulationscentrum ausüben muss. Hiernach muss die Fieber¬
dauer etwa derjenigen Zeit entsprechen, in welcher ein Ueber-
schuss von Toxin im Blut circulirt (Freilich erzeugen nicht alle
Toxine Fieber.) Wenn nun dauernde Abkühlung das Fieber
länger andauern lässt, so scheint es, dass der abgekühlte Körper
weniger schnell im Stande ist, das Toxin zu eliminiren oder zu
neutralisiren. Da nun die Unschädlichmachung der Toxine vor¬
wiegend auf Antitoxinbildung beruhen dürfte, so wäre der Schluss
berechtigt, dass die Antitoxinbildung durch Kalte behindert, um¬
gekehrt durch Wärme begünstigt werde. Da nun das Fieber
selber Wärme erzeugt, so würde hiermit gleichzeitig die Ansicht
begründet sein, dass das Fieber eine Heilreaction des Körpers
ist, was man bekanntlich schon vor sehr langer Zeit, wenn atich
nicht unbestritten, angenommen hat. Bei einem sehr hohen Fieber
freilich sind andererseits seine schädlichen Nebenwirkungen nicht
zu vergessen. Die praktische Consequenz wäre, dass das Fieber,
wenn es nicht einen aus anderen Gründen schädlichen Grad er¬
reicht, bei Infectionskrankheiten nicht bekämpft werden darf, weil
es die Entgiftung des Körpers unterstützt.
Man nehme also den Satz an, dass Wärme die Antitoxin¬
bildung fördert. Dann kommt zweitens in Frage, wo die Anti-
toxinbildung stattfindet. Gegenwärtig darf man wohl sagen, dass
das Antitoxin ein normales physiologisches Product der Körper-'
zellb ist, wobei die Frage ausser Betracht bleiben kann, welche
Zellart hierin die wesentlichste Thätigkeit entfaltet. Dass auf
die Zelle die Temperatur einen Einfluss ausübt, sieht man z. B.
an dem Grade der amöboiden Bewegung bei verschiedener Tempe¬
ratur. Im Allgemeinen wird Wärme die Zellthätigkeit steigern,
was um so erklärlicher ist, als es sieh um Oxydationsvorgänge
handelt.
Man kann auch constatiren, dass bei örtlichen äussefen
Infectionen (wobei eine örtliche Antitoxinbildung stattfinden dürfte)
die Wärme heilsam wirkt, ganz in demselben Sinne wie das
Fieber bei Allgemeininfection. Der warme Watteverband lindert
das Erysipel. DerAbscess erfordert warme Kataplasmen, während
die Anwendung von Eis auf örtlich inficirte Stellen intensivere
Krankheitsprocesse hervorruft.
Auch das Wesen der Erkältung würde im Sinne dieser Aus¬
führungen verständlich. Man nimmt heute an, dass das Wesen
der Erkältung in einer Verringerung der Widerstandskraft gegen
Infection durch die Abkühlung beruht. Nichts hindert, dem hinzu-
zufügen, dass die verringerte Widerstandsfähigkeit eben vOn
verminderter Antitoxinbildung herrührt.
E8 würde hieraus also folgen, dass gesteigerte
innere Wärme (Fieber) oder äusserlich zugeführte
Wärme die Antitoxinbildung unterstützt, und zwar,
indem sie die Zellthätigkeit erhöht Um eine Infection zu
verhüten oder zu bekämpfen, alias die Antitoxinbereitung zu
fördern, muss alles ferngehalten werden, was letztere hemmt.
Dass die Erkältung als ein solches Hemmniss angesehen werden
kann, ist besprochen. Auch die Muskelarbeit (obwohl diese
andrerseits Wärme prodnzirt) scheint, wenn sie ermüdend wirkt,
die Antitoxinbildung zu hemmen, was experimentell erwiesen ist
Arbeit scheiut souach bei fiebernden Thieren verhäDgniBSVoll zu
wirken, indem die Temperatur übermässig steigt und das Fieber
auch länger anhält Wenn fiebernde Pferde nicht geschont
werden, wird die Prognose ungünstiger. Als practische Con¬
sequenz würde sich also eine doppelte Forderung ergeben: Rnbe
und Warmhalten; beides unterstützt die Heilreaction
des Körpers bei fieberhaften Krankheiten. Die Zell-
ihätigkeit wird aber auch gesteigert durch Förderung der
Circulation, weshalb herzkräftigende Mittel bei drohender
Herzschwäche auch fieberwidrig wirken.
Hier gelangt die allgemeine theoretische Be¬
trachtung nun auf die Derivantien vom Priessnitz’schen
Umschlag und dem Kataplasma bis zur scharfen Salbe. Dass
diese Mittel Schmerz und Fieber mindern und infectionswidrig
wirken, ist feststehend. Im Allgemeinen glaubt man mit den
Derivantien eine innere Entzündung auf die Haut abzuleiten
durch Veränderung der Circulation. Nun weiss man aber doch,
dass Blntentziehungen Infectionen ungünstig beeinflussen. Auch
kann eine Hauthyperämie die Wärmeabgabe nicht so nennens-
werth steigern, dass das Fieber sinken müsste. Ausserdem würde
man doch auf diese Weise das krankmachende Agens nicht an¬
greifen. Die Entzündung ist in gewisser Weise ebenfalls eine
örtliche Heilreaction des Körpers. Jene bisher übliche Erklärung
der Wirkung der Derivantien scheint also nicht befriedigend.
Z. spricht vielmehr die Vermuthang aus, dass die Derivantien
zunächst die örtliche Antitoxiubildung steigern, indem sie die
Körperzellen zur vermehrten Thätigkeit bezw. AntitQxinbiidang
anregen. Ob sie dies durch Vermittlung der Nerven auf
weitere Entfernungen vermögen oder ob die Wirkung sich auf
die ihrem örtlichen Einfluss unterliegenden Hautzellen beschränkt
das ist eine Frage für sich.
Es bleibt aber zu erwägen, in welcher Weise die Derivantien
sonst noch die Körperzellen . beeinflussen, könne».--. Hier >iit
zwischen Nah- und Fernwirkung zu unterscheiden. Die Nah¬
wirkung dürfte, abgesehen von oberflächlicher Zerstörung, in
einer Reizung der Zellen in nutritiv belebendem,
formativ anregendem Sinne bestehen, wie Zschokke des
näheren begründet. Weniger leicht oder ganz unthunlich ist
eine physiologische Erklärung darüber, in welcher Art die Fern-
Wirkung der Derivantien die Zelle beeinflusst: Vielleicht wirkt
der starke Reiz auf die Nerven ermüdend. So Hesse sich z, B
die allgemein beruhigende Wirkung der Priessnitz’scheD
Umschläge erklären. Aber die Fernwirkung ist nicht allein eine
beruhigende. Die Priessnitz’schen Umschläge wirken auch
antipyretisch. Der durch sie bedingte Hautreiz wird vielleicht
auch zu den Wärmeregulationscentren geleitet und führt eben¬
falls durch Ueberreizung zu geringerer Erregbarkeit • derselben.
Diese Herabsetzung der Erregbarkeit wäre der Narcose ver¬
wandt, und es ist ja bekannt, dass eine Reihe narcotischer
Mittel antipyretisch, also auf die Wärmeregulationscentren wirken.
Die Fernwirkung der eigentlich hautreizenden Mittel könnte man
äbnUch wie die der Priessnitz’schen Umschläge erklären.
Ob durch die Hautreize eine Fernwirkung im
Sinne einer Steigerung der Antitoxinbildung möglich
ist, darüber fehlt noch eine Aufklärung auf experimenteller
Grundlage. Möglich ist immerhin, dass ein mächtiger Hautreiz
allgemein die Zellthätigkeit belebt, wie etwa ein kaltes Bad das
Allgemeinbefinden beeinflusst. Ein direkter Einfluss der Nerven
ist eben auf viele Zellen möglich. Da die Heilwirkung der Acria
auch da eintritt, wo die .Temperatur nicht alterirt ist, so darf
man annehmen, dass die antipyretische und die antiinfectiöse
Wirkung nicht nothwendig von einander abhängen. Die erstere
würde mit einem gewissermassen narcotisirenden Einfluss auf
das Wärmecenirum zu erklären sein, die letztere dagegen könnt«
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17. November 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
nur anf einer allgemeinen Steigerung der Antitoxinbildung
beruhen, wofdr zur Zeit thatsftchliche Beweise fehlen. Im All¬
gemeinen zieht Zschokke aus seinen Folgerungen den Schluss:
Fieber und Entzündung sind Heilreaction, wobei nicht
ausgeschlossen ist, dass sie in gewissen Graden
schädliche Wirkungen entfalten. Ruhe und Wärme
fördern Antitexinbildung und Regeneration, Abkühlung
und Ermüdung hemmen sie. Die Derivantien wirken
wesentlich als nutritiver Reiz. Sie erhöhen die örtliche
Antitoxinbildung. Ob sie in diesem Sinne auch eine
Fernwirkung haben, steht noch dahin.
Ueber die Altersbestimmung des Geflügels.
Von Niebel.
(ZUchr. f. FL u. Milchb. Novemb. 98.)
Merkmale, die für alle Geflügelarten zutreffen, können nicht
angegeben werden. Im Allgemeinen kommen folgende Punkte
in Betracht: Die Beschaffenheit der äussersten Handschwinge,
bei gewissen Vögeln der Sporn, ferner die Widerstandsfähigkeit
der Luftröhrenringe gegen Druck, die Verknöcherung des Kammes
und des hinteren Endes vom Brustbein und die Farbe der Mns-
culatur. Besonders eignet sich die Schwungfeder oder änsserste
HaSdsclTwinge zur Altersbenrtheilung, weil sie • bei Perlhuhn,
Pute, Birkhuhn, Haselhuhn, Rebhuhn eine ganz charakteristische
Verschiedenheit zwischen dem jungen und alten Thier erkennen
lässt. Diese Feder wird betrügerischer Weise bei alten Tbieren
ausgezogen, was man an der Form des Flügels sowohl wie an
dem Vorhandensein des leeren Federbalges leicht erkennen kann.
Der Sporn kommt in Frage beim Haushahn, Truthahn, Auerhahn
und Fasan. Von den Knochen, die für das Alter in Frage
kommen, sind besonders Brustbein, Scham- und Sitzbeim zu
nennen. Diese sind in der Jugend knorplig und biegsam und
lassen sich immer schwerer zerbrechen.
Beim Haushnhn unterscheidet man 3 Altersstadien: Das ganz
junge, bis 6 Wochen alte, sogenannte Hamburger Huhn, das
junge Huhn bis zur Geschlechtsreife, alBO etwa bis zu 9 Monaten
(Poularden) und das ausgewachsene geschlechtsreife alte Huhn.
Bei der ersten Klasse ist das hintere Brustbeinende noch bieg¬
sam; bei der zweiten bricht dasselbe leicht ab; beim alten Huhn
ist es nur mit erheblicher Anstrengung zu zerbrechen. Der Brust¬
beinkamm biegt sich beim jungen Huhn auf die Seite um; Schäm¬
end Sitzbein lassen sich bei demselben gegen die Beckenhöhle
hineindrücken. Bei alten Thieren brechen sie dagegen mit
knackendem Geräusch. Der alte Hahn hat einen 1 cm langen
Sporn. Derselbe kann zwar schon mit 8—9 Monaten vorhanden
sein, hat dann aber in der Regel noch keine Hornspitze, sondern
ist mit Schuppen bekleidet. Mit 4% Monaten ist der Sporn nach
Cornevin und Lesbre (Trait6 de l’äge des animaux do-
mestiques, Paris 1894) erst durch eine breite Schuppe angedeutet.
Mit 7 Monaten ist er 3 mm lang. In späteren Jahren erreicht er
eine Länge bis 6 cm.
Beim Truthahn reicht der Sporn hin, um ein altes und junges
Thier zu unterscheiden. Sicherer noch ist die Spitze der Hand¬
schwinge, welche beim jungen Thier spitz ausläuft, beim alten
mehr und mehr abgerundet ist. Beim alten weiblichen Thiere
ist der After von einem rothen Ring, dem sogenannten Legekranz,
umgeben.
Beim jungen Fasanhahn ist der Sporn kurz und stumpf, beim
alten 1 cm und darüber lang und spitz ausgezogen. Das hintere
Ende des Brüstbeins ist in frühester Jugend biegsam, lässt sich
beim jungen Thiere leicht brechen, beim alten nicht. Hänflg
wird beim alten Hahn übrigens der Sporn abgekniffen und der¬
selbe mit der Feile zugespitzt. Bei genauer Besichtigung, evtl,
freilich mit der Lupe, kann man die Feilenstriche erkennen.
Als junge Taube bezeichnet man ein Thier von bis zu 5 oder
6 Monaten. Bei ganz jungen Tauben erscheint die Brust weise;
später wird sie bläulich roth und schliesslich blauroth (d. h. die
durch die Haut schimmernde Musculatur). Bei ganz jungen
Tauben biegt sich das ganze Brustbein beim Druck auf dasselbe
ein, bei etwas älteren nur das hintere Ende. Bei alten Tauben
auch dieses nicht mehr. Auch der Brustbeinkamm biegt sich bei
jungen Tbieren um, bei alten nicht. Die Spule einer Steuerfeder
ist bei einer jungen weich, bei einer alten hart Eine alte Taube
soll rotligefärbte Beine und keine Flaumfedern haben. Allerdings
ist eine Taube, die noch Flaumfedern hat, jung; aber auch
wenn diese fehlen, kann die Taube noch jung sein, da die Federn
auch früh verschwinden. Die Farbe der Beine ist überhaupt
nicht massgebend.
Beim Birkhuhn entscheidet die Spitze der äussersten Hand¬
schwinge, die beim jungen Thiere sehr spitz, beim alten ab¬
gerundet ist.
Beim jungen Rebhuhn sind die Beine bekanntlich mehr gelb¬
lich, beim älteren mehr grau. Die Federn des Kopfes sind an¬
fangs grau, im October und später dagegen auch bei jungen
Rebjiühnern schon gelbbraun wie bei den alten. Die äusserste
Handschwinge bleibt dagegen auch dann noch beim jungen Thier
spitzer als beim alten.
Notizen Aber Laparo-Hysterotomie.
Von Tliicrarzt Cliigot-Paris.
(Recue.l, 15. Oci 1898)
Bei der Hündin sind die Scliwergeburten »ehr häufig, die
Embryotomie ist aber wegen der geringen W’eite der Vulva und
der Vagina oft unmöglich und hat wie die gewaltsame Entfernung
als sichere Folge den Tod des Fötus nnd sehr oft den Tod des
Mutiertliieres. Der Kaiserschnitt hat den Vortheil, dass die
Jungen gerettet werden können und dass viele Chancen auch für
die Erhaltung des Mntterthieres bestehen, was bei dem comraer-
ciellen Werth einiger Rassen und bei der Ai hänglichkeit der
Besitzer sehr in Betracht zu ziehen ist.
Cb. hat den Kaiserschnitt wiederholt vorgenommen, allerdings
erst nach Erschöpfung aller sonstigen Mittel; die zu operirenden
Thiere befanden sich deshalb in einem für den Ausgang der
Operation nicht sehr günstigen Schwächezustand, es fragt sich
deshalb, ob man nicht im Allgemeinen etwas früher operiren
sollte. Trotz dieses Schwächezustandes sind zwei von vier
Opqrirten heute noch munter, und eine derselben hat dreizehn
Monate nach der Operation von selbst Junge geboren, ein Zeichen,
dass der Uterus vollständig ausheilte. Bei früherem Eingreifen
dürfte das Resultat noch günstiger sein. Ch. hält das Vernähen
des,Uterus für absolut nothwendig zur Vermeidung des Ausflusses
von Uterussecret in das Peritoneum. Durch dieses Vernähen sei
es möglich, Ausspülungen des Uterus vorznnehmen, wodurch die
ei m Hunde so oft letale Metritis verhütet werden könne.
Ueber die strahlenpilzähnlichen Wuchsformen
des Taberkelbacillns im Thierkorper.
Von Prof. Friedrich.
(D. Med. Woch. 9 ", 4'.)
Bei der Diagnose Aktinomycose legen wir grosses Gewicht
auf den Befund verflochtener Mycelien und kolbiger Bildungen
am Ende derselben bezw. in der Umgebung der Mycelrasen.
Diese meist strahlig gestellten Keulen- oder Kolbenformen zeigen
ein von dem Mycel scharf sich unterscheidendes Verhalten gegen¬
über Farbstoffen. Mit basischen Anilinfarben färben sie sich
gar nicht oder mangelhaft. In neuerer Zeit sind auch bei dem
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548
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
' No. 46
Tuberkelbacillns kolbenähnlicbe Gebilde beobachtet worden.
Diese Befände erstrecken sich aber entweder änf Bacillenrein-
cultnren oder anf Tuberkelbacillen in Spntis, Cavernenfnhalt
n. dgl. and sind als kolbige Endverdickungen der za Fäden aas-
gewachsenen Tuberkelbacillen aufzufassen, die auch die charakte¬
ristischen Färbeeigen c chaften der Taberkelbacillen bewähren.
Niemals wird jedoch bisher berichtet, dass inmitten des Gewebes,
an den Tnberkelherden selbst derartige Kolbenbildungen, wie
beim Strahlenpilz, gefunden wurden. Verf. ist es nun gelungen,
zu bestimmten Zeiten Kolben bei den Tuberkelbacillen nach¬
zuweisen, welche den Kolben des Strahlenpilzes hinsichtlich Form,
Anordnung und Färbeeigenthttmlichkeiten glichen. Führte er
durch eine Schnittöffnung in der rechten Carotis eines Kaninchens
eine feine Kanüle bis in den linken Ventrikel und injicirte durch
dieselbe 0,2 - 0,5 ccm in physiologischer Kochsalzlösung suSpen-
dirte Tuberkelbacillen in den Ventrikel, so entstand eine tuber-
culöse Infection auf arteriellem Wege, welcher die Thiere inner¬
halb 24 bis 86 Tagen unterlagen. Diese „Carotistliiere“ zeigten
immer tuberculöse Nephritis, Iritis, eine disseminirte Tubercnlose
der Lungen meist ohne Pleuritis, nie war die Milz oder das
Zur Frage der Scheinfädenbildnng in Infloenzaeoltnren«
Von Dr. R. Grassbergei', ,
' Assistent am hygienischen Institut der Universität Wien.
(Cent dbl. f'Bact 1896, H. 9/ 0)
In dert Reineulturen des von R. Pfeiffer entdeckten In-
flnenzabacfllua sind von verschiedenen Untersuchern Scheiaf&den
beobachtet worden. Der Verf. hat nun bei seinen Untersuchungen
in Agarcnlturen folgende Wachsthumsformen bemerkt: Fäden,
die, von Stelle zu Stelle .plumpspindelig verdickt sind. Die
zwischen den Spindeln liegenden Partien sind ganz dünn und an
der Grenze der Sichtbarkeit angelangt. Die spindelartigen An¬
schwellungen sind intensiv gefärbt und heben sich gut von den im
Präparat vorhandenen Kurzsüibchen ab. In anderen Präparaten
sind unförmlich keulen-, birnen- oder spindelförmig angeschwollene
Fäden sichtbar. Birnenförmige grosse Elemente, die zu zweien,
an einzelnen Stellen zu dreien, zuweilen auch rosettenförmig Zu¬
sammenhängen, kommen häufig vor. Daneben werden plumpe
dreieckige Gebilde mit staehelig ausgezogenen Ecken beobachtet.
Ob diese Verzweigungen nngewöhnliche Inrolntionsformen
Peritoneum afficirt, dagegen fast
immer das Gehirn und einmal auch
die gesammte Muscnlatnr. Färbte
nun Verf. bei den innerhalb 25
Tagen verendeten Thieren die tuber-
cnlösen Ilerde im Schnitt nach
Koch, Ehrlich etc., so wurden
keine Sonderheiten gefunden. Wich
jedoch Veif. von den üblichen Fär¬
bungsmethoden ab und Hess er z. B.
nach Vorfärbung mit Victoriablan
und Differenzirung mittels salz¬
sauren Alcohols wasserlösliches
Eosin einwirken und differenzirte
danach mit Alcalien (das Verfahren
wird genau beschrieben), so erhielt
er an den Präparaten von
Niere, Lunge und Iris die Ba¬
cillen inmitten eines schönen
Kranzes strahlig angeordneter
und so gestalteter Keulen
oder Kolben, wie sie für Actino-
rnycose typisch sind. Die Versuchs-
resultate waren für Verf. zu Anfang Zebroid „Ixirdcllo 1 aus einem Zebrahengst und einer Pferdestute; gezüchtet von Herrn Barao de Pnrann
so überraschend, dass er an Cultur- in Rio de Janeiro.
Verwechselungen etc. dachte. Nach- '
dem jedoch durch Jahr und Tag die Versuche mit gleichem Resultat sind oder ob sie als. Wachsthumsformen zu betrachten sind gleich
fortgesetzt sind, ist jeder Irrthum ausgeschlossen. Der positive denjenigen, die in Diphtherie- und Tuberkelbacilluscnlturen zur
Versuchsausfall ist abhängig von der Zeit der Unter- Beobachtung kommen, konnte Verf. nicht entscheiden,
suchung nach erfolgter Infection und der Technik des
Färbeverfahrens. Und zwar zeigt sich die bemerkenswerthe Tllicrhftltllllg UH(1 ThlCrZllCllt» •
Erscheinung hinsichtlich der Zeit, dass bei Thieren, welche die Bastarde zwischen Zebra and Pferd,
arterielle Infection über den 30. Tag hinaus überleben, der Nach- In der Deutschen Landwirtschaftlichen Presse berichtet
weis der Keulen oder Kolben nicht mehr gelingt; dass er schon Dr. Steinriede über erfolgreiche Kreuzpngsversuche zwischen
regelmässig zu erbringen ist vom 15. Tage an nach der Infection Pferd und Zebra. Gerade letztere Species dei Gattung Eqons
nnd somit zwischen dem 15. und 30. Tage am prägnantesten ist. hat durch unsere afrikanischen Colonien auch für uns erhöhtes
Der Umstand, dass die Kolbenbildung bei Thieren über den be- Interesse gewonnen, denn wir brauchen dort Arbeitsthiere, die
zeichneten Zeitpunkt der Infection hinaus nicht mehr beobachtet an das Klima gewöhnt sind. Das Zebra stellt uns einmal in
wird, ist gewiss geeignet, die bisherigen Vorstellungen über die seinem überaus kräftigen und ausdauernden Körper eine be-
biologische Bedeutung der Kolben sehr in Frage zu ziehen. Aus- achtenswerte Arbeitskraft zur Verfügung und ist andererseits,
fnhrliche Mittlieilungen über das entsprechende Verhalten der trotz einer planlosen und geradezu vernichtenden Jagd, in Ost-
Geflügeltuberculose und ähnlicher interessanter Dinge behält sich afrika noch in ungeheuerer Anzahl vorhanden. Von verschiedenes
Verf. vor. 4 Reisenden und Forschern ist schon wiederholt auf die Möglichkeit
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17. November 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
549
and den Nutzen der Zähmung und der Kreuzung dieser Equiden
mit Gattungsgenossen hingewiesen worden.
Während Kreuzungen zwischen Zebra- und Eselarten häufiger
in der Literatur erwähnt werden, sind Kreuzungen zwischen
Pferd und Zebra seltener. Cu vier scheint die erste Kreuzung
mit theilweisem Erfolg versucht zu haben. Die von einem Pferde¬
hengst gedeckte Zebrastute starb aber nach einer Tragezeit von
acht Monaten mit einem noch haarlosen Fötus. Des Weiteren
berichtet Hnet von einem Bastard zwischen Pferdehengst und
weiblichen Dauw, welcher 1879 im Pariser Jardin d’acclimatisation
gezeigt wurde; dieses Thier glich in Form und Färbung mehr
dem Vater als der Mutter.
In der Zeitschrift „Der zoologische Garten“ wird 1884 von
einem Bastard zwischen Zebrahengst und einer Ponystute be¬
richtet, welcher im Jardin des Plantes geworfen wurde und sich
in Hagenbeck’s Besitz befand. Dieser Bastard war dadurch
besonders interessant, dass er einem anderen selbstständigen
Thiertypus ausserordentlich, seinen Eltern verhältnissmässig wenig
ähnlich war. Er glich frappant dem Equu9 hemionus, noch mehr
Aehnlichkeit hatte das Thier mit einem von Przewalski ent¬
deckten wildeu Esel im „Petersburger Zoologischen Museum“.
Weitere erfolgreiche Kreuzungen wurden durch Ponyhengste
mit einer Zebrastute und umgekehrt iu England erzielt. Schliess¬
lich theilt Brehm noch einen Fall mit, in dem ein Quaggahengst
mit einer arabischen Stute einen weiblichen Bastard erzeugte,
welcher mit einem Pferdehengst ein Fohlen zeugte, das wenigstens
nnoch die kurz aufgerichtete Mähne und einige Streifen seines
Grossvaters besessen habe.
Besonders beachtenswert sind nun die zuletzt vorgenommenen
Kreuzungsversuche wischen Zebra und Esel und Zebra und
Pferd, welche beweisen, dass sich Bastarde dieser Kreuzung selbst
-wieder fruchthar vermischen können. So berichtet „Der Zoologisch^
Garten“ von einer gelungenen KreuzungeinesPonyhengstesmiteinem
Nachkommen vonEsel undZebrastute in derKenowsley-Menagerie.
Die Abbildung zeigt die Photographie eines Bastardes,
welcher in Rio de Janeiro im Jahre 1896 bezw. 1898 von dem
Züchter Barao de Parana erzielt wurde von einem Zebrahengst
und einer Pferdestute. Wie die Abbildung zeigt, besitzt das Thier
die Figur der Mutter; auch die kurzen Ohren und der lange
Schweif erinnern an diese, während der Vater die deutliche Zebra-
8treifung am Halse, in der Schulter- und Rückengegend und an
den Beinen, ferner die kurze, aufrechtstehende Mähne und die
Behaarung au den Ohrmuscheln vererbt hat. Die Streifung ist
im Ganzen etwas verwaschen; am schärfsten prägt sie sich am
Unterarm aus. Die Grundfarbe des Thieres ist braunroth, die
Streifen sind schwarz, vom Widerrist ab io ein dunkles Braun¬
roth übergehend.
Es wäre wünschenswert!], zu erfahren, welcher der bis jetzt
beschriebenen sieben Zebraarten das Vaterthier angehört, und
durch weitere Versuche zu ermitteln, ob die Kreuzungsproducte
fortpflanzungsfähig sind und wie sich die Eigenschaften der
Elternthiere auf die Nachkommen vererben.
Tagesgeschichte.
VII. Internationaler Thierärztlicher Congress vom 9. bis
14. Angnst 1899 in Baden-Baden.
Verhaadlungsgegenstände und Berichterstatter.
a) Schutzmassregeln gegen die Verbreitung von
Thierseuchen im Gefolge <Les internationalen Vieh-
verkehre.
Berichterstatter: Cope, Veterinärsectionsvorstand im Acker-
baumini8terinm in London; Dr. Hutyra, Professor nnd Director
der Veterinäracademie in Budapest; Leblanc, Seuchenthierar/.t,
Mitglied der Acaddmie de mddecine in Paris; Völlers, Staats¬
thierarzt in Hamburg. -
b) 1. Die Bekämpfung der Tuberculose unter den
Hausthieren.-
Berichterstatter: Dr. Bang, Professor ander ThierSrztlichen
Hochschule in Kopenhagen; Dr. Siedamgrotzky, Geh. Medicinal-
rath, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hoohschule in Dresden,
Landesthierarzt im Königreich Sachsen; Dr. med. Stubbe,
Veterinärinspector im Landwirthschaftsministerium in Brüssel.
2. Die Verwendung des Fleisches und der Milch
tuberculöser Thiere.
Berichterstatter: Butel, Schlachthofthierarzt in Meaux;
de Jong, Kgl. Staatsthierarzt in Leyden; Dr. Oster tag,
Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Berlin.
3. Die neuesten Anforderungen an eine wirksame
Fleischbeschau.
Berichterstatter: Dr. Edelmann, Director der Fleisch¬
beschau in Dresden; Kjerrulf, Staats Veterinärarzt in Stockholm;
Postolka,K. K. Ämtsthierarzt in Wien.
c) Die Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche.
Berichterstatter: Paul Cagny, Thierarzt in Senlis; Cope,
wie oben, in London; Dr. Dammann, Geh. Regierungs- und
Medicinalrath, Professor und Director der Kgl. Thierärztlichen
Hochschule in Hannover; Dr. Furtuna, Vorstand des Veterinär¬
dienstes in Bukarest; Hafner, Regierungsrath und veterinär¬
technischer Referent im Grossh. Ministerium des Innern in Karls¬
ruhe; He88, Professor an der Thierarzneischule in Bern; Lind-
quist, Professor und Director des Veterinärinstituts in Stock¬
holm (hat noch nicht bestimmt zugesagt); Dr. Wirtz, Professor
uud Director der Thierärztlichen Hochschule in Utrecht (hat noch
nicht bestimmt zugesagt).
d) Die Bekämpfung der Schweineseuchen.
Berichterstatter:, Leclainche, Professor an der Thierarznei¬
schule in Tonlouso; Dr. Lorenz, Grossh. Obermedicinalrath in
Darmstadt; Dr. Perroncito, Professor an der Thierärztlichen
Academie in Turin.
e) Die Erweiterung des thierärztlichen Unterrichts,
insbesondere die Errichtung von Seuchenversuohsan-
stalten und von Lehrstühlen für vergleichende Medicin
an den Thierärztlichen Hochschulen.
Berichterstatter: Degive, Professor und Director der Tier¬
ärztlichen Hochschule in Brüssel; Dr. Kitt, Professor an der Kgl.
Thierärztlichen Hochschule in München; Dr. Malkmus, Professor
an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Hannover; Dr. Nocard,
Professor an der Thierärztlichen Hochschule in Alfort, Mitglied
der Acaddmie de mddecine in Paris;, Dr. Raup ach, Staatsrath,
Professor und Director des Kais. Veterinärinstituts in Dorpat (hat
noch nicht bestimmt zugesagt); Dr. Schütz, Geh. Regierungs¬
rath, Prof, an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Berlin.
f) Endergebniss der Arbeiten über die Aufstellung
einer einheitliche^ anatomischen Nomenclatur in der
Veterinärmedicin, bezw. die Ausführung der bezüg¬
lichen Beschlüsse des VI, Congresses.
Berichterstatter: Dr. Ellenberger, Obermedicinalrath, Pro¬
fessor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in Dresden; Dr.
Sussdorf, Professor an der Kgl. Thierärztlichen Hochschule in
Stuttgart.
g) Das Veterinär-Beamtenthum.
Berichterstatter: Dr. med. Lydtin, Geh. Oberregierungs¬
rath in Baden-Baden.
Die Berichterstatter haben in der Mehrzahl zugesagt, die
Berichte bis Januar 1899 einzuliefern. Die Uebersetzung und
der Druck der Berichte werden etwa 2—3 Monate in Anspruch
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550 BERLINER TH1ERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT. No. 46.
nehmen. Einzelne Berichte können aber schon im ersten Viertel¬
jahr 1899 znr Versendung gelangen.
Damit nun die Herren, welche an den Arbeiten des Con-
gresses theilnehmen wollen oder sonst sich für die Arbeiten des
Congresses interessiren, die Berichte und sonstige Veröffent¬
lichungen des Congresses rechtzeitig empfangen, ist es erwünscht,
dass die genannten Herren jetzt schon, längstens aber bis zum
31. März nächsten Jahres, sich als Mitglieder des Congresses
erklären.
Dies geschieht durch Einsendung des Mitgliederbeitrages von
12 M. (= 15 Frcs. = 14 Kronen 5 Kreuzer österr. W. = 3 Rubel
75 Kopeken*) an die Filiale der Rheinischen Creditbank
in Bade n-Baden.
Die Herren, welche sich als Mitglieder erklären, erhalten,
gleichviel, ob sie bei dem Congress persönlich erscheinen oder
nicht, sämmtliche Veröffentlichungen des Congresses einschliesslich
des Generalberichtes durch die Post portofrei zugesandt. Die¬
jenigen Herren, welche sich erst bei der Eröffnung des Congresses
einschreiben, empfangen die Veröffentlichungen erst nachträglich.
*) Damen-Mitglieds-Karten die Hälfte.
Der Geschäftsausschuss gestattet sich, abermals darauf auf¬
merksam zu machen, dass jetzt schon Bestellungen auf Wohnungen
und Pensionen beim Ortsausschüsse, Lichtenthalerstrasse 9, I
Baden-Baden gemacht werden können.
Baden-Baden, 10. November 1898.
Der Geschäftsansschuss:
(gez.) Dr. Casper. Dr. Lydtin.
Verein der Thierlrzte des Saargebiete.
Die Herbstversammlung findet am 27. November, Vom.
11 Uhr, im „Alten Münchner Kind’l“ in St Johann a. d.
Saar statt.
Tagesordnung: 1, Vereins- und Standesangelegenheiten.
2. Festsetzung des zu bewilligenden Beitrages für den VIL inter¬
nationalen thierärztlichen Congress zu Baden-Baden. 3. Mit¬
theilungen aus der Fleischbeschau (Ref. Dr. Bützler-Trier).
4. Mittheilungen aus der Praxis.
Nach Schluss der Versammlung gemeinsames Diner mit
Betheiligung der Damen.
Der Schriftführer: Hauck.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(M i 11 h e i 1 u n g e n für
Fleischschaii and Yiehverkehr.
Berlin: Auszug aus den Flelsobsobaubericht für Monat Ooteber 1898.
A. Schlachthof.
Rinder
Kälber
Schafe Schweine
Geschlachtet und untersucht .
16534
9 496
33050 57 086
Ganz beanstandet. ....
222
70
17 301
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2421
33
— 1839
Davon gänzlich verworfen .
46
2
- .38
„ sterilisirt und verwerthet
63
7
- 161
„ theilweise verworfen . .
18
—
— —
Also vollständig freigegeben
2294
24
— 1650
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
- 5
Mit Finnen behaftet ....
98
3
- 45
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
4
—
- 25
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
— —
Schwach finnig und gekocht
verwerthet.
94
3
20
Ausserdem wegen Behaftung
mitKalkconcrementen, mul-
j
tiplen Blutungen u. s.w. sind
i
gekocht verwerthet . . .
—
1
- 1 28
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Rindern: 6087 Stück, bei Kälbern: 64 Stück, bei Schafen: 4142 Stück,
bei Schweinen: 9069 Stück.
B. Untersuchungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
1
19 351
i
9900
2 623
8865
Beanstandet.
112
40
1
8
Wegen Tubercnlose wurden
beanstandet.
63
—
—
2
Davon sind sterilis. verwerthet
30
—
—
1
Mithin gänzlich verworfen .
33
—
—
1
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
8
—
—
—
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
8
—
—
—
Unter dem eingeführten
Fleisch
waren 44
1 schwedische und
1749 dänische Rinderviertel, 12 dänische Kälber, 55 dänische Schafe
und 105 Wildschweine.
Veterinärbeamte.)
Seuchen Statistik and Yeterin&rpolizei.
Zur Sohutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche.
Die Arbeiten der Commission znr Erforschung der Manl-
und Klauenseuche, d. h. der Herren Löffler und Frosch, sind
bekanntlich bezüglich des Infectionsstoffes negativ verlaufen.
Dagegen haben sie doch dazu geführt, dass jetzt ein Schutz¬
impfstoff praktisch hergestellt werden kann, welcher den Namen
Seraphthin erhalten hat. Die Herstellung des noch sehr
theneren StoffeB (Dosis 4,50 M.) ist wieder den Höchster Farb¬
werken übertragen, welche nunmehr die nachstehend wörtlich
veröffentlichte Ankündigung und Gebrauchs - Anweisung ver¬
senden:
Das Seraphthin wird in unserer bacteriologischen Abtheilung
unter Controle des Herrn Geheimrath Professor Dr. Löffler her-
gestellt und besteht aus einer Mischung des Blutserums immuni-
sirter Thiere mit virulenter Lymphe.
Es kommt zur Anwendung:
1. In Beständen, in welchen die Maul- und Klauenseuche aus-
gebrochen ist. Die erkrankten Thiere werden von den
gesunden isolirt und ihre Stände mit 2 procentiger Formol-
lösung oder mit Kalkmilch desinficirt. Die noch nicht
erkrankten Thiere werden möglichst schnell der Schulz-
impfung unterzogen. Die Mehrzahl dieser der Infektion aus¬
gesetzten Thiere wird dann nicht erkranken.
2. In gesunden Beständen, in deren Nachbarschaft die Seuche
ausgebrochen ist.
3. In gesunden Beständen, in welche von ausserhalb bezogene
Thiere eingestellt werdeu sollen.
Das Seraphthin kommt in Flaschen aus braunem Glas zu 10,15,
20, 50 und 100 ccm zur Versendung. Die Flaschen sind der Ein¬
wirkung des Sonnenlichtes zu entziehen und bis zur Verwendung
an einem kühlen aber frostfreien Orte aufzubewahren. Unter dieser
Voraussetzung bleibt der Wirkungswerth mindestens vier Wochen
unverändert.
Vor der Zersetzung durch Mikroorganismen ist das Mittel durch
einen Gehalt von 0,5 pCt. Carbolsäure geschützt.
Die Menge der elnzuepritzenden Flüssigkeit beträgt bei Rindere »kr
400 kg and bei Schweinen 10 oom. Bei Thieren von 400—800 kg
15 oom und bei noch schwereren Thieren 20 oom. Die Dosirungeu zu
10, 15 und 20 ccm enthalten Je ty s ccm Lymphe und entsprechen
dem vorstehend angegebenen Gewicbtsverhältniss der Thiere. Es
darf daher eine Füllung von 20 ccm nloht für zwei Thiere benutzt
resp. zwei Füllungen zu 10 ccm dürfen nicht einem Thiere ein¬
gespritzt werden. Die Füllungen zu 50 und 100 ccm dürfen
nur zu je 10 ccm zur Verwendung kommen.
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17. November 1898.
Die Einspritzung erfolgt bei Rindern Intravenös, am besten in die
vena jugularis mittels einer Pravatz’schen Spritze. Man kann die
Injection der Regel nach am stehenden Thiere ausführen; nur bei
besonders widerspenstigen und bösartigen Thieren (Bullen) empfiehlt
es sich, dieselben niederzuschnüren. Das Abrasieren und Abscheeren
der Haare, sowie das Abseifen der Haut ist nicht erforderlich, es
genügt, die Impfstelle mit einem in 3proc. wässrige alcoholische
Carbollösung (Carbol 3,0, Alcohol 30,0, Wasser 70,0) getauchten Tuch
oder Wattebausch gründlich abzureiben.
Das Thier wird rückwärts in eine Ecke gestellt und mit einer
Seite gegen die Wand godrückt Ein kräftiger Mann nimmt den
Kopf des Tbieres auf die Schulter, sodass der HalB gestreckt ist.
Hierauf wird die Canüle in die Vene, welche man entweder mit dem
Strick oder durch Auflegen der linken Hand comprimirt, mit einem
kräftigen Druck eingestochen. Der Austritt eineB Blutstrahles be¬
weist, dass die Spitze der Canüle sich in der Vene befindet Jetzt
setzt man die gefüllte Spritze auf die Canüle auf, ohne letztere zu
verschieben, lässt den Strick los und spritzt die erforderliche
FlUssigkeitsmenge ein. Wir empfehlen die Canüle in der Richtung
von oben nach unten, nach der Brust zu, nicht umgekehrt, einzu-
stecben.
Bei Sohweinen macht die intravenöse Injection in der Praxis
Schwierigkeiten; man macht daher die Injeotion bequemer In die
Masoulatur de« Hlntersohenkels.
Die Spritze muee vor dem Bebrauch desiofloirt werden.
Dies erreicht man in der Praxis am einfachsten dadurch, dass
man die Spritze und Canüle mit absolutem Alcohol durchsprilzt. Zu
diesem Zwecke wird der Alcohol in die Spritze mehrmals eingesogen
und wieder entleert, worauf dann der Stempel wiederholt auf- und
abzuschieben ist, um den Alcohol möglichst vollständig aus der Spritze
und der Canüle zu entfernen. (Dies ist zur Vermeidung von Fällungen
unbedingt erforderlich). Die Canüle wird nach jeder einzelnen
Impfung mit einem mit Carbollösung befeuchteten Wattebausch ab¬
gerieben. Nach Beendigung des Impfgeschäfts wird Spritze und
Canüle erst mit reinem WasBer und zuletz mit absolutem Alkohol
gründlich ausgespült. (Wenn man nach der Impfung die Spritze
sofort mit absolutem Alcohol ausspült, so entsteht ein Niederschlag,
der sich an der Wand der Spritze festsetzt und sehr schwer zu'
entfernen ist.)
Was die Dauer der Immunität anbelangt, so haben sich mit der
Schutz-Serum-Lymphe (Seraphthin) behandelte Thiere 3 Monate nach
der Behandlung gegen Einspritzungen virulenter Lymphe in die
Blutbahn immun erwiesen. Voraussichtlich wird die künstliche
Immunität ebenso lange dauern wie die natürliche Immunität, deren
Dauer nach den bisherigen practischen Erfahrungen zu einem bis
mehreren Jahren ermittelt ist
Höchst a. M., den 15. October 1898.
Farbwerke vorm. Meister Lucius & Brüning.
Naohwelsung über den Stand der Viehseuchen Im Deutschen Reiohe
am 31. October 1898.
Es waren am 31. October in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise und Gemeinden verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder 3 (3). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Potsdam 2 (2). R.-B. Frankfurt l (1). R.-B. Cöslin 1 (1).
R.-B. Posen 3 (4). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau 2 (2).
R.-B. Oppeln 1 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1). Bayern: R.-B.
Oberbayern 1 (1). R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm.
Bautzen 1 (2). Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Württemberg:
Schwarzwaldkreis 1 (1). Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1).
Braunschweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (55). R.-B. Niederbayern 2 (3).
R.-B. Pfalz 5 (13). R.-B. Oberpfalz 15 (78). R.-B. Oberfranken 6(9).
R.-B. Mittelfranken 9 (49). R.-B. Unterfranken 14 (31). R.-B.
Schwaben 20 (116). Sachsen: Kreishauptm. Zwickau 3 (4).
Württemberg: Neckarkreis 14 (49). Schwarzwaldkreis 8 (19).
Jagstkreis 11 (48). Donaukreis 9 (31). Baden: Landescomm.
Constanz 1 (1). Landescomm. Freiburg 3 (4). Landescomm. Karls¬
551
ruhe 6 (10). Landescomm. Mannheim 9 (20). Hessen: Provinz
Starkenburg 4 (6). Provinz Oberhessen 2 (5). Provinz Rhein-
hessen 9 (19). Mecklenburg-Schwerin: 3 (3). Sachsen-
Weimar 3 (8). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 2 (6).
FtirBtenth. Birkenfeld 1 (1). Braunschweig: 4 (5). Sachsen-
Meiningen: 2 (7). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth.
Coburg 1 (1). Anhalt: 2 (4). Schwarzburg-Sondershausen:
I (1). Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck 1 (2).
Bremen: 1 (4). Elsass-Lothringen: Bez. Unter-Elsass 1 (1).
Bez. Ober-Elsass 2 (2). Bezirk Lothringen 3 (23).
C. von Lungenseuche:
Preussen: Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Posen 2 (3). R.-B.
Magdeburg 1 (2). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen:
Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (3). R.-B. Danzig 2 (5).
R.-B. Marienwerder 1 (1). R.-B. Potsdam 2 (4). R.-B. Frankfurt
8 (19). R.-B. Stettin 4 (13). R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen
II (21). R.-B. Bromberg 6 (6). R.-B. Breslau 19 (108). R.-B.
Lie^nitz 9 (15). R.-B. Oppeln 7 (13). R.-B. Magdeburg 3 (3).
R.-B. Merseburg 4 (4). R.-B. Schleswig 3 (7). R.-B. Hannover
3 (4). R.-B. Hildesheim 2 (4). R.-B. Osnabrück 1 (1). R.-B.
Münster 2 (4). R.-B. Arnsberg 2 (2). R.-B. Cassel 3 (5). R.-B.
Wiesbaden 4 (6). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf 3 (7).
R.-B. Trier 4 (5). Bayern: R.-B. Oberbayern 3 (6). R.-B.
Niederbayern 1 (2). R.-B. Pfalz 1 (1). R.-B. Mittelfranken 2 (5).
R.-B. Unterfranken 1 (1). R.-B. Schwaben 3 (3). Württem¬
berg: Schwarzwaldkreis 1 (1). Jagstkreis 1 (1). Baden:
Landescomm. Karlsruhe 1 (1). Landescomm. Mannheim 1 (1).
Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1). Mecklenburg-Schwerin:
4 (t(j)). Braunschweig: 1 (l). Sachsen-Altenburg: 1 (1).
Schaumburg-Lippe: 2 (2). Lippe: 2 (6). Lübeck 1 (1).
Die Verbreitung der Masl- ■. Klauenseuche In Preussen am 31. Ootsber 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
i herrschte
\
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(GutsbezJ
waren
verseucht
Danzig.
1
1
0,79
Marienwerder.
2
7
3,09
Berlin.
1
1
—
Frankfurt.
3
6
2,16
Stettin.
1
2
1,06
Stralsund.
1
2
2,24
PoBen .
14
57
1728
Bromberg. ..
5
15
6,74
Breslau.
3
12
3,14
Liegnitz ...... ^
1
1
0,35
Oppeln.
1
3
1,07
Magdeburg.
11
19
13,19
Merseburg.
7
12
5,19
Erfurt.
1
2
3,41
Hilclesheim.
1
2
2,76
Stade .
2
4
5,50
Münster.
2
4
14,92
Arnsberg .
4
9
10,58
Cassel.
6
20
11,95
Wiesbaden.
6
17
18,22
Coblenz.
10
70
66,98
Düsseldorf.
8
20
46,51
Cöln.
7
34
114,81
Trier.
11
81
71,87
Aachen .
11
83
212,82
Summa |
i2Ö
474 |
—
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by AjOOQle
552
Zur Rothlauf-Schutzimpfung.
Von Bermbach-Schrotla, Kreisthierarzt
Nachdem der Pasteur’sehe Impfstoff, namentlich im Jahre
1896 und 1897, in der Fachpresse abfällig beurtheilt worden war,
wobei ich selber die Ansicht äusserte, dass die Methode an sich
gut sei, jedoch die Controle bei der Herstellung des Impfstoffes
unzulänglich zu sein scheine, habe ich es nicht unterlassen, diesen
Impfstoff hin und wieder noch zur Anwendung zu bringen. Ich
liess mich dabei von der Erwägung leiten, dass infolge der zu¬
nehmenden Concurrenzfähigkeit des Lorenz'sehen Impfstoffes
und auch, weil die Nicht erfolge bei der Pasteur'sehen Impfung
öffentlich hinlänglich gerügt worden waren, das Laboratorium
Pasteur Alles daransetzen werde, einen möglichst guten Impf¬
stoff zu liefern.
Nach den Erfahrungen, die ich in diesem Jahre gemacht
habe, scheine ich in dieser Hinsicht nicht unrichtig calculirt zu
haben, denn seit April 1898 sind von mir 220 Schweine nach
Pasteur geimpft worden, ohne dass Missstände dabei hervor¬
getreten wären.
Die Impfungen erfolgten in zwei Gütern, in denen der Roth¬
lauf sonst zu Hause war. Impfverluste sind drei zu verzeichnen,
Kümmerer gar keine. Von den Geimpften sind auch später
keine an Rothlauf erkrankt. Die Reaction äusserte sich nur
nach der zweiten Impfung, indem die Schweine 5—6 Tage krank
waren und schlecht frassen.
Nun passirte es, dass ich 49 Läuferschweine infolge Unauf¬
merksamkeit der Hilfsmannschaften zweimal mit dem Vaccin I
impfen musste, und zwar am 20. Sept. und 1. Oct. Nach zwölf
Tagen, also am 12. October, wurden diese 49 Läufer mit
No. 46.
Vaccin II geimpft. Während nun die Schweine, die nur einmal
mit Vaccin I geimpft waren, nach der zweiten Impfung auffällig
erkrankten und auch regelmässig Verluste an Impfrothlauf dabei
zu verzeichnen waren, überstanden die zweimal mit Vaccin I
geimpften 49 Läufer die zweite Impfung ohne die ge¬
ringsten nachtheiligen Folgen, d. h. Impfverluste traten
nicht ein und die Schweine zeigten gar keine Störungen im
Allgemeinbefinden.
Diese zufällig gemachte Erfahrung giebt zu der Vermuthung
Anlass, dass bei dem Pasteur’schen Verfahren der Uebergang
von dem I. zum II. Impfstoff etwas zu unvermittelt stattfindet,
und es scheint demnach eine Modification des Verfahrens nach
dieser angedeuteten Richtung hin von grossem Vortheil zu sein.
Jedenfalls kann ich diese Art der Impfung mit einer wiederholten
Injection des Vaccin I sehr anempfehlen.
Im Uebrigen will ich aber noch einmal hervorheben, dass
nach meinen Erfahrungen das Laboratorium Pasteur in letzter
Zeit bessern Impfstoff liefert als in früheren Jahren, wenigstens
in den Jahren 1896 und 1897, und wenn die von mir erwähnte
Modification des Impfverfahrens sich bewährt, so hat die deutsche
Schweinezucht erheblichen Vortheil davon!
Maul- und Klauenseuche auf Viehhäfen eto.
Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist neuerdings
gemeldet vom Schlachtviebhof München am 12. November.
Erloschen ist die Maul- und Klauenseuche in Metz (Ausbruch
am 8. Novbr.) am 12. Novbr. desgl. in Dresden. Der Ausbruch
auf dem Berliner fichlachthofe ist noch am selben Tage ge¬
tilgt worden.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Ernennungen : Rittergutsbesitzer von Puttkamer -Treblin
(Kreis Rummelsburg) und Graf von Schimmelmann -Ahrens
bürg (Kreis Stormarn) — zu ausserordentlichen Mitgliedern der
Technischen Deputation für das Veterinärwesen.
Zu Kreist hierärzten: Thierarzt Q u a t s c h a - Striegau
comm. flir den Kreis Angerburg, Thierarzt J. N u s s - Nieder- Moos
für den Kreis Rimbach i. 0. Zum Dlstrictsthierarzt in Egling, Thier¬
arzt M a h i r - Egling.
Versetzt: Kreisthierarzt H a h n - Reichelsheim nach Alzey
(Hessen), Kreisthierarzt Dr. Erben ich -Reinbach nach Reichels¬
heim i. 0.
Bayern : Das Examen behufs Erlangung amtsthierärztlicher
Functionen haben im 1898er Prüfungstermine bestanden die Herren:
S t r o h-Ichenhausen; G a s t e i g e r-Erding; Hamme r-Mutterstadt;
Mattem-Hasslach; Zölch, Veterinär zu Landshut; Feser-
Starnberg; Ruck e r - Iffeldorf; S c h m i d-Seeg; B 1 a i m-München;
Dr. Borgert - Hamburg; Zink- Seeslach; K r e m p l-Kissingen ;
S u m m a - Münnerstadt; Oskar-Hanau; D ü r b e c k - München;
Abele- Roth a. S.; Strauss -Wending; Halter - Rottenbuch.
Wohnsltzver&nderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen:
Rossarzt H e i n r i c h s - Metz nach Montigny, Thierarzt Scherrer-
Nauenbeim nach Tauberbischofsheim. Thierarzt Morgenstern-
Duisburg nach Münster als Einj.-Freiw. im Art.-Regt. No. 27,
Thierarzt F eldhofen - Bruchsal nach Baden-Baden als Assistent
des Bezirksthierarztes, Thierarzt J. H au c k-Schönoberg nach
München, Thierarzt Loos -Stadtlauringen nach Volkart (Unterfrk.),
Thierarzt W. W e i g a n d - Kaiserslautern nach Weingarten. — Thier¬
arzt Kerlen hat sich in Güsten (Anhalt), Thierarzt Hänsgen
in Satow (Mecklbg) niedergelassen.
In der Armee: Befördert zum Rossarzt: Unterrossarzt
Gottleuber vom Ul.-Regt. No. 18 unter Versetzung zum Ul -Regt.
No. 17.
Todesfälle : Oberrossarzt a. D. Scharffenberg - Mühlheim,
Thierarzt A n d r e e - Hohenziatz i. S.
Yacanzen.
KreUthlerarztsteilen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim iZuschuss 300 M. eventl. ausserdem
650 M.) — R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen:
Neutomischel.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Januar 1899 (18ÜU M.,
fr. Wohnung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacht¬
hofassistenztierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaushilf«-
thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
Privatstelien: 1898 bekannt gegebene: Callies: Thierarzt.
Bewerb, an Magistrat. — Eddelak (Holstein): Thierarzt Nähere«
Gemeinde-Vorsteher R. Lau. — Elsterberg: Tbierarzt. Auskunft
Stadtgemeinderath. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum
1500 M.) zum 1. Jan. 1899. Hermeskeil: Thierarzt (800 M.
Fixum). Bew. an Bürgermeister. — Hohnstein (Sächs. Schweiz):
Thierarzt (700 M. Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen
bis 20. November an Stadtgemeinderath. — Kemberg: Thierarzt
(städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an Magistrat — Landsberg a. W :
Assistent am Rothlauf-Sei um - Institut (1800 M.), Bew. an Director
Dr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt (Einn. aus Fleischbeschau
500 M.). — N a u n h o f (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss 200M. u.Ueber-
tragung der Fleischschau). Bew. umgeh.an Bürgerin. Igel. —Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einpahme aus Fleischschau 1200 M.) Med. an
Polizeiverwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier¬
arzt Helfers. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch-
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön¬
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt Näheres durch Gutsbe«.
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬
mark): Näheres Thierarzt K ü h n - Joachimsthal. — Stoppen¬
berg (bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürger¬
meister. — Z e h d e n : Tbierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert
jn Grüneberg bei Zehden).
Besetzt: Staatsstelle Angerburg, Privatstelle Massow.
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inseratenteil) Prof. Dr. Sclimaltz in Merlin. — Verla« uu.l Eigentum von Richard Suhoets in Berlin. — Druck von W. Büxenstein. Berlin.
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Dl« „Berliner Thier&rxtUohe Wochenschrift“ erscheint
wfichentllch in St&rka von mindestens 1*/» Bogen. Dieselbe
ist za beziehen dnreh den Buchhandel, die Post (No. 1091)
oder dnreh die Verlagsbuchhandlung von Richard
Bchoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36, zum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Originalbeltrige werden mit 60 Mk« für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactionellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thierlrztllche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensioni-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckeriioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW«, Luisens trasse 36.
Jahrgang 1898.
M 47 .
Ansgegeben am 24. November.
I n h a 11: Matthiesen : Milch und Molkerei in veterinär-polizeilicher Hinsicht. — Hecker : Erwiderung auf das
Sammelreferat von Th. Kitt „Neueres aus der S e u c h e n k u n d e“. — Protokoll der General¬
versammlung des thierärztlichen Vereins inSchleswig-Holsteinam24. und 25. September 1898
zu Neumiiuster im Bahnhofshötel. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — Seuchenstatiatik und
Veterinärpolizei. — Bücheranzeigen und Kritiken. — Personalien. — Vaoanzen.
Milch und Molkerei in veterinär-polizeilicher Hinsicht
Von
Mattbiesen-Celle.
(Vortrag, gehalten am 19. Juni 1898 in der Versammlung der Kreis¬
thierärzte des Regierungsbezirks Lüneburg.)
Meine Herren! Der Genoss der von senchekranken Rindern
stammenden Milch im rohen Zustande bringt für Menschen and
Thiere manche Gefahren mit sich. H e r t w i g hat schon fest¬
gestellt, dass die Manl- and Klanenseache auf den Menschen über¬
geht. Bu8senia8 and Siegel haben in der Literatur bis
jetzt 900 bis 1000 Infectionen mit Manl- and Klanenseache beim
Menschen verzeichnet gefunden. Die Jahresberichte über die
Verbreitung der Thierseochen im Deutschen Reich erwähnen,
dass in den Jahren von 1887 bis 1894, also in einem Zeitraum
von sieben Jahren, 600 derartige Infectionen beim Menschen vor¬
gekommen sind.
Die Uebertragung der Maul- und Klauenseuche anf Kälber
und Schweine durch rohe Milch kranker Kühe ist seit mehr als
50 Jahren bekannt. Im Jahre 1890 sind solche Fälle hänfig
festgestellt. Im Jahre 1897 habe ich die Gefährlichkeit der
rohen Milch kranker Thiere oft beobachten können. Wenn es
für die Infectiosität der Milch nothwendig wäre, dass das Euter
selbst ergriffen ist, so wäre die Milch der kranken Thiere nicht
immer gefährlich. Jedenfalls hat die Annahme, dass die Milch
anch infectiös sein kann, ohne dass eine Erkrankung des Enters
vorliegt, mehr für sich. Bezüglich der Tuberculose ist durch
B o 11 i n g e r festgestellt, dass die Milch bei Eutertuberculose
und genereller Tuberculose am gefährlichsten ist, und Milch aus
erkrankten Entern enthält auch fast immer Tnberkelbacillen.
Aber auch bei localer Tuberculose kann sie infectiös sein und
dnreh Impfang ist thatsächlich die Virulenz der Milch anch bei
nicht wahrnehmbarer Entererkranknng erwiesen. Olt hat den
Nachweis geliefert, dass in der Marktmilch Tnberkelbacillen Vor¬
kommen nnd dass solche bacillenhaltige Milch, auf Meer¬
schweinchen verimpft, diese tnbercnlös macht. Demnach ist die
Möglichkeit einer Infection des Menschen dnreh den Genuss der
Milch gegeben. Für Kälber nnd Schweine ist die rohe Milch
tubercalöser Kühe nachweislich sehr gefährlich. Die Schweine-
tuberculose, welche nach Ostertag fast immer eine Fütterungs-
tuberculose ist, nimmt erschreckend zu. In Dänemark sind 10
bis *14 pCt., in Deutschland 3 bis 4 pCt. der auf Schlachthöfen
geschlachteten Schweine tnbercnlös befanden.
In Danzig hat man von 45000 geschlachteten Schweinen
llpCt. tubercnlös gefunden und waren die Schweine ans Sammel¬
molkereien gefüttert, so stieg der Procentsatz anf 60. Bang
betont, dass es Viehbestände giebt, in denen nnr jüngere Thiere
auf Tuberculin reagiren, also Thiere, welche jedenfalls durch die
Milch inficirt worden sind.
Wenn somit die Milch der an Manl- und Klauenseuche oder
Tuberculose erkrankten Kühe im Stande ist, die Krankheit auf
Menschen nnd Thiere zu übertragen, so ist Angesichts des riesigen
Verkehrs, der heutzutage mit der Milch als Nahrungsmittel statt¬
findet, wohl einznsehen, warum die genannten Krankheiten so an
Ausdehnung gewinnen konnten.
Viele Menschen trinken die Milch am liebsten ungekocht.
Die Landwirthe verfüttern die Milch roh an ihre Kälber und
Schweine, weil ihnen das Abkochen zu zeitraubend nnd kost¬
spielig ist.
Die vielen in den letzten Jahrzehnten errichteten Genossen¬
schafts-Molkereien nehmen die Milch aus den verschiedensten Wirt¬
schaften, mischen sie, entziehen ihr die Fettbestandtheile und
geben sie dann an die Lieferanten im rohen Zustande zurück.
Die Milchempfänger gemessen die Milch oder verfüttern sie, wie
sie kommt. Da diese Milch ein Gemisch von Milch der ver¬
schiedensten Kühe and Bestände ist, so ist sie meistens inficirt.
Denn diese Eigenschaft hat sie, wenn ihr Milch von einer einzigen
mit Eatertnbercnlose behafteten Kuh beigemischt ist. F r i i s
verimpfte die Sammelmilch von 30 Kühen mit Erfolg und stellte
darattf fest, dass sich im Bestände eine Kuh mit Eutertuberculose
befand. Die starke Verdünnung der Milch hatte also ihre Viru¬
lenz nicht aufgehoben. Die Eutertuberculose ist auch durchaus
nicht selten. In Sachsen hat man bis za 3 pCt. der geschlachteten
tnberculö8en Thiere mit Eutertuberculose behaftet gefunden.
Es giebt zudem Producenten genug, welche aus Gleichgültigkeit
oder Gewinnsucht Milch von tnberculösen Kühen in die Molkerei
gelapgen lassen. Genau so steht es mit der Maul- und Klauen¬
seuche. Die Milchlieferanten stellen oft genug die Milchlieferung
nicht dann ein, wenn sie Krankheifserscheinungen an ihrem Vieh
merken, sondern erst dann, wenn sie die Ueberzeugung nicht mehr
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No. 47.
554 BERLINER THIKKÄRZTL
verbergen können, dass es sich um Maul- und Klauenseuche
handelt.
Solche Milch inficirt die ganze Magermilch und trägt den
AnBteckungsstoff in alle diejenigen Gehöfte, welche Magermilch
ans der Molkerei erhalten. In meinem Amtsbezirke habe ich oft
gesehen, dass die kleinen Kälber und Schweine, welche die aus
der Molkerei zaröckgekommene Milch erhielten, zuerst erkrankten
und dann erst das Rindvieh ansteckten. Diese Thatsache wird
vielfach übersehen, weil die kleinen Kälber, wenn sie nicht schnell
unter den Erscheinungen eines Magendarmkatarrhs eingehen, wenig
von ihrem Kranksein verrathen. Sie saufen ihre Milch, speicheln
wenig oder garnicht, und es wird unter solchen Umständen weder
der Besitzer noch seiu Personal Veranlassung nehmen, nach dem
Maul oder den Klauen der zudem oft dunkel und abseits stehenden
Kälber zu sehen.
Geht also von den Molkereien eine solche verderbliche
Wirkung aus, dann müssen wir darnach streben, diesem Uebel-
stand abzuhelfen.
Die Milch seuchekranker Kühe von den Molkereien ganz fern¬
zuhalten, ist vorläufig nicht möglich. Dazu ist die Tuberculose
unter uuserm Milchvieh zu sehr verbreitet. So weit, dass alle
MihLieferanten in ihren Beständen die tuberculösen Tbiere fest¬
stellen lassen und von der Milchlieferung ausschliessen müssen,
sind wir leider noch nicht. Die Ausschliessung der Milch maul- i
und klauenseuchekranker Kühe allerdings ist durchführbar, weil I
diese Seuche ohne Weiteres erkennbar ist und die verseuchten
Gehöfte bekannt werden. Das Verbot der Lieferung solcher
Milch an Molkereien ist daher auch im § Gl Absatz 1 der
Seucheninstruction klar ausgesprochen.
Leider wird dies Verbot meistens zu spät beachtet und es
kommt immer wieder vor, dass Milch von bereits kranken Kühen
in die Molkerei gelangt. Auch sollte das Verbot, wenn es einmal
erlassen ist, auch dann noch aufrecht erhalten werden, wenn für
die zugehörigen Molkereien das Weggeben ungekochter Milch
verboten ist.
Dieses letztere Verbot schliesst die Erhitzung der Magermilch
in sich.
Die in den Molkereien bei dem Entrahmungsprocess statt-
flndende Erwärmung der Vollmilch auf 30—GO" C. genügt zur
Zerstörung der in der Milch vorhandenen Keime nicht.
Eine Erhitzung der Magermilch auf 85 0 C. genügt nach
A. Eber, um den Tuberkelbacillen die Wirksamkeit zu nehmen,
und nimmt der Milch den Geschmack der rohen nicht. Für die
Abtödtung des Maul- und Klanenseuchenerregers wird die Ab¬
kochung oder die Erhitzung der Milch auf 100° oder die
viertelstündige Erhitzung der Milch auf 90 0 für nothwendig gehalten
und ist daher in § 61, Absatz 3 der Seucheninstruction vor¬
geschrieben. Hierbei verliert zwar die Milch an Wohlgeschmack,
aber nicht an Tauglichkeit.
Was die Ausführung dieser Vorschrift betrifft, so ist zunächst
von Werth zu wissen, dass Milch in einem offenen Gefäss durch
Einleiten heissen Dampfes V 4 Stunde auf 90 0 C. erhitzt werden kann.
Diese Art der Erhitzung ist auch in kleinen Molkereien durch¬
führbar. Man stellt ein grosses Gefäss auf, lässt es mit Mager¬
milch volllaufen, stellt den Betrieb ab und erhitzt die Milch durch
den Dampfstrahl '/« Stunde auf 90 °. Dann wird die Magermilch
zum Abkühlen abgelassen, der Betrieb wieder aufgenommen und
der aufs neue gefüllte Behälter erhitzt. Diese Erhitzuugsart ist
jedoch für grosse Molkereien, die wegen ihres grossen Milch-
qnantums im ununterbrochenen Betriebe arbeiten müssen, nicht
angängig.
Eine Molkerei, die täglich 10003 Liter verarbeitet, kann
nicht jedesmal, wenn 500 Liter die Centrifugen passirt haben,
1CUE WOCHENSCH RIFT.
den Betrieb abstellen, um die Magermilch zu erhitzeB. Dazn irt
keine Zeit da. Auch kann die Molkerei mit der Erhitzung sicht
warten bis nach Schluss des Betriebes. Dazu sind keine Behälter
da. Auch kostet die besondere Erhitzung viel Arbeit und Geld.
Zur Milcherhitzung im fortlaufenden Betriebe der grösseren
Molkereien eignet sich das von Foth empfohlene Verfahren seiner
Einfachheit und Billigkeit wegen, welches statt der viertel¬
stündigen Erhitzung auf 90° die Erhitzung auf 100° erzielt.
Hier flie-st die aus den Centrifugen kommende Magermilch
in einen offenen Behälter und wird durch einen 150° heissen
Darapfstrahl in kurzer Zeit auf 100° gebracht. Die erhitzte
Milch flieset durch eine am oberen Rande des Behälters
befindliche Oeffnung in demselben Maasse, wie sie zu flieset, ab in
einen zweiten bezw. dritten Behälter, in denen sie sich wieder
abkühlt. Eines besonderen Rührwerkes bedarf es nicht, da der
Dampfstrom die Milch in Bewegung hält. Die durch den Dampf
erzeugte geringe Milchverdünnung ist ohne Belang, weil sie alle
Abnehmer gleichmässig trifft und eine verdünnte Milch schliesslich
besser ist als eine infectiöse.
Nun soll es in den Molkereien nicht selten Vorkommen, dass
von einzelnen Besitzern angesäuerte Milch eingeliefert wird,
was zur Folge hat, dass die Magermilch schon bei einem
geringen Gehalt an solcher Milch bei Erhitzung auf 100 °C.
Gerinnsel ausscheidet. Wenn es nicht möglich ist, solche Milch
von der Verarbeitung fernzuhalten oder auf irgend eine Weise
diese Gerinnselbildung zu verhindern, so kann dieser Vorgang
unter Umständen die ordnungsmässige Erhitzung sehr erschweren:
in einem offenen Behälter, in dem der Dampfstrahl die Milch in
Bewegung hält, allerdings wohl kaum. Aber es giebt Molkereien,
in deren Hochdrackpasteuriseur die continuirlich durchgehende
Milch durch den auf die Kesselwand von aussen wirkenden
Dampf mit Leichtigkeit auf 100 0 gebracht wird, solange sie keine
sauren Beimischungen enthält, in dem aber die Temperatur aof
90° und darunter fällt, wenn saure Milch in der Magermilch
vorhanden ist Die Temperatur ist nicht auf 100° zu halten,
weil die sich bildenden Gerinnsel der heissen Kesselwand sich
innig anlegen und diese mit einer festen Schicht bedecken, sodass
die Hitze des in dem umhüllenden Mantel vorhandenen Dampfes
auf die im Kessel vorhandene Milch nicht mehr genügend ein¬
wirken kann. Dann wird die Milch aber weder auf 100° noch
eine Viertelstunde auf 90° gebracht Aushalten können diese
duich einen Deckel verschliessbaren Hochdruckpasteuriseure den
Druck und die Hitze auf die Dauer wohl. Die früher mehr
gebräuchlichen offenen Erhitzer haben vielleicht dem Druck oft
auf die Dauer nicht Stand gehalten. Aber ob in diesen Hoch-
druckpasteuriseuren selbst tadellos süsse Milch in allen ihren
Theilen auf ICO 0 erhitzt wird, ist mehrfach bezweifelt worden.
Denn wenn auch in dem Milchkessel ein Rührwerk zu gleich-
mässiger Mischung der Milch arbeitet, so ist am Ende doch nicht
ausgeschlossen, dass einzelne Milchtheilchen den Kessel schneller
durcheilen als andere und somit nicht ausreichend erhitzt werden.
Eine gleichmässige Erhitzung erfährt die Milch jedenfalls in dem
Sterilisator von Kleemaun & Comp, in Berlin, in welchem die
Milch nicht durch einen einfachen cylindrischen Kessel, sondern
in einer Trommel durch auf und absteigende erhitzte Röhren ge¬
trieben wird. Ob in demselben eine Gerinnselbildung angesänerter
Milch nicht stattfindet, weiss ich nicht. Jedenfalls wird von dem
Apparat behauptet, dass er bei sorgsamer Bedienung B e '
friedigendes leistet.
Die directe Einleitung des heissen Dampfstrahles in die
Milch und die Einwirkung des heissen Dampfes von anssen auf
die Wand des Milchkessels verbindet ein neuerer Apparat von
Kleemann & Comp, in zweckmässiger Weiae ufit einander.
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24. November 1896.
BERLINER THlERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
555
Der Apparat scheint für eine vorschriftsmässige Erhitzung
Sicherheit zu bieten und eignet sich auch für kleinere Betriebe
ohne Dampfkesselanlage, weil der Apparat sowohl den Dampf¬
entwickler als den Milchkessel in sich schliesst. Die Technik ist be¬
müht, Apparate zu constrniren, die allen Anforderungen an
Sicherheit, Schnelligkeit und Billigkeit der Ausführung ge¬
nügen.
Möglich aber ist es schon jetzt, in kleinen wie in grossen
Molkereien die Magermilcherhitznng nach den gesetzlichen Vor¬
schriften auszuf&hren.
Das Vollkommenste bleibt allerdings immer die Erhitzung
der Vollmilch vor ihrer Verarbeitung. Sie allein nimmt mit
Sicherheit der Milch und ihren Producten die Eigenschaft
eines Seuchenverschleppers und ihre Einführung würde einen
grossen Fortschritt in veterinär-polizeilicher Hinsicht bedeuten.
Ist dieselbe vor der Hand nicht durchzuführen, so bleibt
wenigstens die ständige Erhitzung sämmtlicher Magermilch an
Stelle der bedingungsweise vorgeschriebenen sehr erstrebenswerth.
Denn wenn die Abkochung der Magermilch in der Molkerei erst
dann vorgenommen wird, wenn einer der betheiligten Vieh¬
bestände unter Sperre gestellt ist, dann kommt sie meistens zu
spät. Von dem Recht, die Weggabe ungekochter Milch aus
Sammelmolkereien zu verbieten, wird nicht genug Gebrauch ge¬
macht, obschon doch die Seuchengefahr gegeben ist, wenn in
einem Molkereibezirke irgend wo die Seuche ausbricht, auch
wenn das Gehöft zur Molkerei in Beziehung nicht steht.
Lothes fordert diese Maassregel sogar für die ganze Provinz
beim ersten Auftreten der Maul- und Klauenseuche, weil das
Verbot in vielen Fällen für den Regierungs-Bezirk nicht aus¬
reichend sei.
Besser, wie gesagt, wäre die ständige Abkochung der
Magermilch. Es fehlt nicht an Stimmen, welche diese Ange¬
sichts der erschreckenden Zunahme der Tuberculose und der
anhaltenden Plage der Maul- und Klauenseuche als unbedingt
nothwendig hinstellen (Peters, Baranski, Malkmus u. A.).
In Dänemark ist schon 1897 beim Landthing die Vorlage
eingegangen, dass die Abgabe nicht pasteurisirter Milch zu
verbieten sei und nach Bang ist in diesem Jahre für Dänemark
zum Gesetz erhoben, dass keine Molkerei die abgerahmte Milch
abgeben darf, ohne sie auf 85° erhitzt zu haben.
Im Molkereiwesen giebt es aber neben der Milch noch andere
Seuchenverschlepper. Die Milchwagen, auf denen Milch aus
mangelhaft schliessenden Kannen verschüttet wird und die
Kannen, indem sie mangelhaft gereinigt oder ihre Deckel ver¬
wechselt werden, mögen oft verderblich wirken. Sorgfältige
Reinigung der Milchwagen und Milchgefässe ist von grosser
Bedeutung.
Ein anderer Uebelstand, dem erfreulicher Weise in fast
allen Regierungs-Bezirken durch landespolizeiliche Anordnung
abgeholfen ist, war die Verfütterung des Centrifugenschlammes
an Schweine, welche erfahrungsgemäss zur Verbreitung der
Schweinetuberculose viel beigetragen hat. Bang hat nach¬
gewiesen, dass durch die centrifugale Kraft der Milchschleuder
neben dem Schmutz auch die Tuberkelbacillen aus der Milch
zum grossen Theil entfernt werden und in den Centrifugen-
schlamm übergehen. Dem städtischen Oberthierarzt Kjerrulf
in Stockholm gebührt das Verdienst, zuerst darauf aufmerksam
gemacht zu haben, dass der Centrifugenscblamm, dadurch dass er
auch an Schweine verfüttert werde, so die Tuberculose verbreite.
Diese Verfütterung geschah bisher unbedenklich. Die Schweine
frassen den Centrifugenschlamm gern, denn er enthält 25 pCt.
Protei'nstoffe und daneben etwas Milchzucker und Fett.
Mecklenburg ordnete schon Mitte 1897 an, dass der Centri¬
fugenschlamm durch Verbrennen zu vernichten sei. Anfang dieses
Jahres trafen die Regierungs-Präsidenten zu Königsberg, Lüne¬
burg und Stralsund die Anordnung, dass die Centrifuge nach
jeder Benutzung vom Centrifugenschlamm zu reinigen und dieser
zu verbrennen sei. Der Regierungspräsident von Königsberg
ordnete speciell auch an, dass die beamteten Thierärzte und die
Ortspolizeibehörden das zu überwachen haben und dass ihnen
jederzeit der Zutritt zu den Centrifugenmolkereien zu gestatten ist.
Diese letztere Anordnung dürfte sehr zweckmässig sein. Das
Gefühl, jederzeit controlirt werden zu können, dient jedenfalls
dazu, die gewissenhafte Ausführung dieser Massregel zu fördern.
Nun wäre noch mit einem Worte der Selbsthülfe der Milch¬
producenten zu gedenken. Jeder Landwirth kann die Mager¬
milch, bevor er sie verwendet, durch Abkochen oder durch Er¬
hitzen im Wasserbade selbst ungefährlich machen. Noak weist
auf ein einfaches Verfahren hin. In einen Waschkessel, dessen
Boden durch irgend eine Einlage eben gemacht ist, wird das
Wasser zum Kochen gebracht. Darauf setzt man die offenen
Milchkannen hinein, bringt das Wasser wieder ins Kochen und
hält es eine Viertelstunde kochend. Ob sich alle Landwirthe
zur regelmässigen Durchführung eines zwar einfachen, aber Zeit
und Geld kostenden Verfahrens entschlossen werden, bleibt
zweifelhaft. Immerhin ist es wohl der Mühe werth, den Land¬
wirth in privater und öffentlicher Belehrung auf diese Selbst¬
hülfe hinzu weisen.
Für die Abstellung der gerügten Uebelstände im Molkerei¬
wesen bleibt, wie schon erwähnt, die Erhitzung der Vollmilch
vor ihrer Verarbeitung das erhabenste Ziel. Ist diese und auch
die ständige Erhitzung der Magermilch vor der Hand nicht er¬
reichbar, so müssen wenigstens die folgenden Massnahmen als
unumgänglich nothwendig bezeichnet werden.
1. Möglichst frühzeitige Anwendung der durch § 44 a des
Reichsviehseuchengesetzes in Verbindung mit § 61 der Seuchen¬
instruction gewährten Befugnisse. Da schon beim ersten Aus¬
bruch der Maul- und Klauenseuche die Seuchengefahr vorhanden
ist, so muss für den Umfang des ganzen Kreises oder für das
in Betracht kommende Productionsgebiet das Verbot des Weg¬
gebens ungekochter Milch unverzüglich und nicht erst dann er¬
lassen werden, wenn das befallene Gehöft an einer Sammelmolkerei
betheiligt iBt.
2. Der Kreisthierarzt ist mit der ständigen Controle dieses
Erhitzungsverfahrens in den Molkereien zu betrauen. Er muss
die Revisionen unvermuthet vornehmen und hat gleichzeitig auf
die ordnungsmässige unschädliche Beseitigung des Centrifugen¬
schlammes und auf die Reinigung und Desinfection der Milch-
gefässe und Milchwagen das nöthige Augenmerk zu richten.
Erwiderung auf das Sammelreferat*) von Th. Kitt
„Neueres aus der Seuchenkunde.“
Von
C. Hecker.
Als der „Summarische Bericht der Commission zur Erforschung
der Maul- und Klauenseuche“ in No. 39 der B. T. W. 1897 er¬
schien, veranlassten mich die bedauernden Worte der Redaction,
„dass bei dieser zur Zeit wichtigsten Thierkrankheit der
Siegespreis einem Mediciner überlassen bleiben muss“, den
Nachweis unter Vorlegung amtlicher Documente zu erbringen,
dass von meiner — also von thierärztlicher — Seite schon
vor Zusammentreten der Commission sehr erfolgreiche Schutz¬
impfungen und Untersuchungen ausgeführt worden waren. Nur
aus Standesinteresse suchte ich meine Beobachtungen kurz
*) Wochenschrift für Thierheilk. Jahrg. 1897.
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556
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47.
and möglichst schnell za veröffentlichen. Eine längere Darlegung
meiner Versuche war mir bei der schnellen Folge der Nummern
39 und 40 der B. T. W. nicht möglich.
Die für einen einzelnen Forscher so zeitraubenden Unter¬
suchungen, die Lösung vieler wissenschaftlicher Fragen, welche
die Commission vielleicht nicht beschäftigt haben, veranlassten
mich immer Wieder, von einer weiteren Veröffentlichung meines
grossen gesammelten Materials abzusehen.
In Folge jenes einzigen Artikels wurde ich aber mehrfach
angegriffen. So beklagte sich Prof. Dr. Schneidemühl*) zu¬
nächst darüber, dass die jüngeren Publicisten so wenig Rücksicht
nehmen auf die frühere Literatur, denn auch er **) hätte bereits
1893 den Gedanken veröffentlicht betreffend Impfversuche mit
Blutserum von Thieren, welche die Maul- und Klauenseuche über¬
standen haben.
Wenn ich mich auch nicht zu den .jüngeren Publicisten“
rechne, so möchte ich doch erwähnen, dass mir mit der Wieder¬
gabe jenes Schreibens an die Landwirthschaftskammer für die Pro¬
vinz Sachsen nur daran lag, zu beweisen, einflussreiche Kräfte für
meine Ideen gewonnen zu haben. Dass ich meine Vorschläge
an richtiger Stelle und völlig im Sinne der Landwirthe gemacht
hatte, zeigen die kurze Zeit später im Reichstage und im preussi-
schen Landtage erfolgten Anträge bezüglich Erforschung und
Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche. Zur besseren In-
formirung bemerke ich, dass derjenige Landtags-Abgeordnete,
welcher den Antrag stellte und durchbrachte, Heir Landes-
öconomierath von Mendel-Steinfels, auch leitender Director
der Landwirthschaftskammer für die Provinz Sachsen ist. — Bei
Vorschlägen kommt es nicht blos darauf an, dass man sie macht,
sondern dass man sie auch an der richtigen Stelle macht!
Auch bei älteren thierärztlichen Publicisten wird sogar bei
ihren grösseren Sammelwerken mitunter das Fehlen der Literatur
bemängelt! So lese ich z. B. in einer Besprechung***) der
II. Lieferung über „Schneidemühl, Lelirb. der vergl. Path. u.
Therap. des Menschen und der Hausthiere“ folgenden Passus:
„Nur mag auf die eigenartige Schreibweise der lateinischen
Wörter (k statt c auch in Worten, die nicht aus dem Griechischen
stammen) und das fast völlige Fehlen von Literaturangaben hin¬
gewiesen werden.“ (!)
Bei den hier in Frage kommenden Berichten könnte man
wohl eher der Commission den Vorwurf des Nichtbeachtens der
thierärztlichen Literatur machen. Ich erinnere nur an die Er¬
widerungen thierärztlicherseits bezüglich der Immunitätsdaner.
In der letzten Nummer der Monatshefte für prakt. Thierheil¬
bunde kritisirt Herr Prof. Kitt ebenfalls meine „Bemerkungen“
aus der B. T. W., und zwar in einer Weise, welche weniger
die Sache als die Person trifft. Wir finden leider derartige
Expectorationen in unserer thierärztlichen Literatur häufiger;
meist sind es freilich nur Aeusserungen des Aergers Miss¬
vergnügter.
Herr Prof. Kitt wendet sich zunächst gegen meine Vor¬
schläge an die Landwirthschaftskammer. Dass nach den kurzen
Notizen jedes Institut arbeiten kann, mag meinerseits Optimismus
gewesen sein. Ich habe in dem seuchenpathologischen Institute
der Landwirthschaftskammer nach meinem Programm entschieden
sehr günstige Resultate erzielt, welche ich voraussichtlich bis
zum nächsten internationalen Congress in Baden - Baden habe
veröffentlichen können.
*) Monatshefte für prakt Thierhcilkunde, Bd. X.
**) Dr. G. Schneidemübl. Abwehr, Tilgung und Verhütung
der Maul- und Klauenseuche. Berlin 1893.
***) Deutsche Medic. Wochenscbr. 1897. No. 51, pag. 177 der L. B.
Die Versuche der Münchener Hochschule unter Herrn
Prof. Kitt haben wohl nicht so glücklich abgeschnitten.
Herr Prof. Kitt versucht meine in der B. T. W. gemachten
Notizen in Frage zu ziehen.
Meinem Artikel kann doch aber nur der „Summarische
Bericht“ der Commission entgegengestellt werden.
Jener Bericht giebt aber noch durchaus keine beweisenden
Details. Es werden nur einzelne Hypothesen anfgestellt, welche
z. Th. unrichtig (z. B. No. 6 „Entgegen den herrschenden An¬
sichten thierärztlicher Autoritäten“ u. 8. w.), z. Th. auch heute
noch nicht einwandsfrei bewiesen sind. Es wird z. B. gesagt,
dass im Blute der immun gewordenen Thiere Stoffe vorhanden
sind, welche, mit frischer Lymphe gemischt, diese bei Injection
des Gemisches in den Körper empfänglicher Thiere unwirksam
machen.
Meine sehr exacten Versuche im seuchenpathologischen
Institut der Landwirthschaftskammer stellen diese Hypothese
sehr in Zweifel. Es sind von mir Versuche gemacht mit Blut¬
serum von Thieren, welche nachweislich seit Jahren nicht an der
Maul- und Klauenseuche gelitten hatten, gemischt mit '/. 0 ccm
frischer Lymphe unter Zusatz von V, pCt. Carbolsäure (womit
ja auch die Präparate der Commission conservirt werden).
Diese Versuche ergaben, dass auch Rinderblut tob
nicht durchseuchten Thieren das Virus derart ab¬
schwächt, dass Erkrankungen infolge der Ein¬
spritzungen nicht mehr vorkaraen, „sofern die Lymphe
mit dem Serum genügend lange in Contact gewesen
war“*); dass aberBlut von Thieren, welche vor 2—3Wochen
durchgeseucht waren, das Virus bei kurz er Mischung
mit Lymphe nicht abschwächte. Nicht specifische
Stoffe bewirkten wohl demnach in diesem Falle die Unwirksam-
machung, sondern der lange Contact mit Rinderblutserum
im Allgemeinen.
Ueber die Zeitspanne, welche die Umgrenzung „genügend
lange in Contact“ umfasst, geben uns die Berichte keine Aus¬
kunft. Die Immunisirungsversuche der Commission in Bolten¬
hagen und Rappenhagen bei Berlin beweisen gleichfalls, dass das
Immunblut frische Lymphe durchaus nicht immer unwirksam
macht..
Wenn also Herr Prof. Kitt in der Gegenüberstellung des
summarischen Berichtes und meiner Bemerkungen**) (denn nur
diese beiden Artikel können zunächst wohl bei der Kritik iu
Frage kommen) die rückhaltlosen Veröffentlichungen der Com¬
mission preist, so dürfte dies vielleicht etwas gewagt sein. Was
sollte wohl ein Thierarzt anfangen, welcher auf Grund jener
Hypothese Impfungen versucht hätte, mit derartigen Misserfolgen!
Es ist wohl auch sehr die Frage, ob das Wort „Lymphe-Immun-
blutgemi8ch“ viel mehr sagt und klarer ist als „Serum¬
präparat“. Dass ,jeder Thierarzt durch sie an praktische Ver¬
suche herantreten kann,“ dürfte man bezweifeln.
Die Behauptung, dass der summarische Bericht ver¬
früht ist, unddassdie Commission wesentliche Bedenken
bei der Impffrage auch in ihren abschliessenden
Berichten unerörtert gelassen hat, ist durchaus nicht
von der Hand zu weisen!
Weiter scheint es fast, als ob Herr Prof. Kitt meine An¬
gabe überhaupt in Frage stellt, er schreibt, „H. will eine Methode
gefunden haben; er will die Priorität vor den Versuchen der
Commission besitzen.“ Meine Mittheilungen waren bona fide
gemacht und durch beweiskräftige, z. Th. amtliche Documente
*) Ich nahm drei Wochen.
**) cf. Deutsche Med. Wochenschr. No. 35, Jahrg. 98, pag- ^
Spalte 2.
Digitized by LjOOQie
24. November 1898.
BERLINER TfflERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
557
unterstützt, wie auch aus der Anmerk. d. B. T. W. in No. 40
hervorging.
Dass durch derartige persönliche Kritiken unsere
Literatur gehoben wird, möchte ich nicht behaupten.
Es wäre vielleicht dienlicher iür unseren Stand, wenn
die Kritiken der Hochschulen ihre einstigen Schüler
in der Praxis mehr unterstützten und nicht immer nur
in oft rein persönlicher Weise ihr Missvergnügen
äusserten.
Gerade unsere Zeit ist reich an Errungenschaften
aus der Praxis heraus, und grade sie beweisen doch
das kräftige Emporblühen unserer Wissenschaft und
unseres Standes, freilich aber auch, dass die Hoch¬
schulen die Wissenschaft nicht immer in Erbpacht
haben!
Herr Prof. Kitt kritisirt ferner die Patentanmeldung.
Auch mir lag der Gedanke der Patentanmeldung zunächst
sehr fern und war mir durchaus unsympathisch. Erst nach
Vorstellungen des Bürgermeisters S. in E., des Amtsrichters
Dr. N. in E. und des Gutsbesitzers und Mitgliedes der Land-
wirthschaftskammer S. in S. bei E. übergab ich mit Wider¬
streben meine Versuche zur Bearbeitung einem Patentanwalt.
Ein Verkennen der Sachlage, wie Prof. Kitt schreibt, liegt auch
nicht vor. Eine Patentirung ist nach der Reichsgerichts¬
entscheidung vom 10. Jan. 1891 sehr wohl möglich. Die Zurück¬
haltung der Thierärzte ist doch leicht erklärlich. Der Human-
mediciner kann mit seinen Erfindungen viel freier herausgehen,
denn ihn kann der Staat event. durch Controle bei der Her¬
stellung der betreffenden Fabrikate schützen. Bei Thierheil¬
mitteln ist eine derartige Controle wohl nicht möglich. Jede
chemische Fabrik, jeder Apotheker kann die Entdeckung für seine
Zwecke ausbeuten oder als Geheimmittel verbreiten. Ich erinnere
hier nur an das Porcosan!
Dass ich meine Versuche gern einer staatlichen Controle
unterbreitet hätte, zeigt die Bereitwilligkeit, mit der ich mein
Verfahren dem Kaiserlichen Gesundheitsamte zur Verfügung
stellen wollte. Eine Antwort ist mir, wie bemerkt, nicht zu Theil
geworden.
Das Kaiserl. Gesundheitsamt hat nun zwar, wie ich aus einer
Unterredung mit Herrn Dr. M. vom Gesundheitsamt erfuhr, die
Schriften vom Patentamt erhalten. Die Ausarbeitungen des
Patentanwaltes, welcher ja nicht Fachmann ist, decken sich aber
keineswegs mit meinen Versuchen und weiteren Arbeiten bis
August 1897.
Ebenso bereitwillig habe ich mein Verfahren den Landwirth-
schaftskammern zu Versuchen, ohne Anspruch auf Entschädigung
zur Verfügung gestellt.
Herr Prof. Kitt schreibt: ,,Wenn eine Sache gut ist, so wird
der Erfolg nicht ausbleiben und besteht keine Gefahr, dass der
Entdecker zu kurz kommt.“
Wie sagt doch eine mir competentere Autorität, Herr Prof.
Behring, in dem Artikel „In eigner Sache“*): „. . . . ans bester
Kenntniss der Sachlage kann ich ideal angelegten Naturen von
der Art des Herrn Isidor Kastan die belehrende Versicherung
geben, dass es heutzutage bei uns in Deutschland ein sehr ge¬
wagtes Ding ist, im Vertrauen auf die Dankbarkeit der Nation
als Entdecker oder als Erfinder die geschäftlichen Vortheile der
Entdecker- oder Erfinderthätigkeit ausser Acht zu lassen.“ Und
an anderer Stelle**) bezüglich seiner amerikanischen Patent¬
anmeldung: „Ich meinerseits halte einen legitimen Gelderwerb
*) Deutsche Med. Wochenscbr. Jahrg. 98, No. 37, pag. 595.
**) Leipziger Neueste Nachrichten 6. Sept. 1898, 4. Beilage.
nicht für unehrenhaft; ich möchte beinahe soweit gehen, die
Verzichtleistung auf einen rechtmässig zustehenden, erheblichen
Vermögensvortheil als unverantwortlichen Leichtsinn zu be¬
trachten.“
Auch mir, dem mittellosen Thierarzt, der die Ersparnisse einer
mehrjährigen Praxis für seine Versuche zum Opfer brachte, der
bei seiner bedeutenden und anstrengenden Praxis meist die
Nächte für seine wissenschaftlichen Arbeiten verwenden musste
und vielleicht seine Gesundheit untergrub, wird ein Vorwurf ge¬
macht, wenn ich vielleicht eine pecuniäre Entschädigung suchte!
Uebrigens kann ich Herrn Prof. Kitt verrathen,
dass ich für meine Arbeiten, für meine bedeutenden
Geldopfer auch noch nicht einen Heller gefordert oder
angeboten erhalten habe! Auch mein jetziges Gehalt
als Beamter der Landwirthschaftskammer ist bei
Weitem nicht so hoch, wie die Einnahmen meiner
früheren Praxis!
Die Commission Löffler-Frosch hingegen arbeitete mit
ganz bedeutenden staatlichen Mitteln, sie war daher wohl that-
sächlich moralisch verpflichtet, über ihre Arbeiten anch öffentlich
Rechenschaft abzulegen! Trotzdem ist das Verfahren einem
privaten Unternehmen überlassen worden.
Glaubt Herr Prof. Kitt, dass Herr Geheimrath Prof. Dr.
Löffler die Controle der Herstellung ohne pecuniäre Ent¬
schädigung ausübt, als Mediciner, nur aus Liebe zur Bekämpfung
der Maul- und Klauenseuche ? Sollten die Höchster Farbwerke im
Interesse der Landwirthschaft auf jeden Verdienst verzichten?
Die enorm hohen Preise für das Tetanusantitoxin und früher für
das Tuberculin mögen als Hlustration gelten!
Ich möchte an dieser Stelle noch erörtern, weshalb ich bisher
von weiteren Veröffentlichungen absah!
Als Praktiker lag mir vor Allem daran, eine Methode zu
schaffen, welche eine leichte und billige Herstellung der Impf¬
stoffe, eine einfache nnd haltbare Conservirung und auch eine
einfache und sichere Anwendung in der Praxis gestatten!
Prüfen wir auf diese Bedingungen einmal die Schutzserum¬
lymphe „Seraphthin“ der Höchster Farbwerke:
I. Es ist sehr theuer: ein Kalb, ein Schwein erfordert schon
für 3 Mark Impfstoff; eine Kuh, ein Ochse für 4,50 M. bis 5,50 M.
Wir, haben nach der Statistik vom 1. December 1897 über
10# Millionen Rinder, 9,4 Millionen Schweine. Eine allgemeine
einmalige Impfung würde unter Zugrundelegung der Höchster
Preise ca. 70—80 Millionen Mark kosten!
H. E8 ist nicht haltbar! Das Inserat sagt selbst: „Seraph¬
thin eignet sich wegen seiner kurzen Haltbarkeit nicht für den
Zwischenhandel“, und weiter: „Wir nehmen die Lymphe unter
keinen Umständen, auch nicht in Tausch gegen Fläschchen
anderer Füllung, zurück.“
HL Die Anwendung ist eine sehr complicirte! Man
denke sich die Vornahme der intravenösen Impfung bei Weide¬
vieh, bei Bullen oder bei Jungvieh, Stieren in Laufställen. Fast
jedes einzelne Thier muss geworfen werden!
Was soll da bei der theuren Lymphe für seine Mühe der
Thiefrarzt liquidiren.
Und ferner: Welcher Besitzer wird gestatten, dass z. B. bei
Mastschweinen bei der Impfung in die Musculatur des Hinter¬
schenkels eine Canüle und Impfstoff getrieben wird. Kann der
Thiei-arzt wirklich dafür garantiren, dass sich kein Abscess
bildet?
IV. Bei Nothimpfungen sollen die kranken Thiere von den
gesunden isolirt und ihre Stände desinficirt werden. Es wird
versprochen, dass dann die geimpften Thiere in der Mehrzahl nicht
erkranken werden.
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568
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47.
Es wäre mir sehr interessant, zu erfahren, wo der Besitzer
mit den kranken Thieren hin soll. Wenn er die kranken Thiere
erfolgreich isoliren kann, braucht er vielleicht überhaupt keine
Impfung. — In dem Prospect wie in den Berichten der Commission
vermisse ich sehr eine Angabe, ob die geimpften Thiere nicht
etwa ansteckungsfähig sind für nicht geimpfte, ob durch Ver¬
schütt en von Impfstoff nicht eine Verbreitung der Seuche er¬
folgen kann, ob die geimpften Thiere nach dem Seuchengesetz
nicht unter Stallsperre gestellt werden müssen?
Diese Fragen haben aber für die Thierärzte wie für die
Landwirthe ganz wesentliche Bedeutung. Gerade die Fest¬
stellung dieser Fragen hindert mich besonders noch an einer Ver¬
öffentlichung meiner Versuche.
Der Voraussicht, dass die künstliche Immunität ebenso lange
dauern wird wie die natürliche, d. h. ein bis mehrere Jahre,
muss ich leider nach meinen Erfahrungen vorläufig sehr skeptisch
entgegensehen. Bisher ist diese Annahme durch nichts
bewiesen!
Die Schutzimpfung wird nach meinem Erachten nur dann
eine gleiche Immunitätsdauer erreicbeu wie die sog. natürliche
Immunität, wenn wir nach ca. 2—3Monaten mit virulenter
Lymphe nachimpfen. Bei dieser Nachimpfung würden aber
möglicher Weise ca. 25 bis mehr Procent an der Maul- und
Klauenseuche trotz der Schutzimpfung erkranken!
Wie verhält es sich aber bei Nothimpfungen mit Lymphe-
Immunblutgemisch?
Für den Landwirth wird zunächst wohl die Nothimpfung
in Frage kommen. Der letzte Bericht der Commission besagt:
„Die Versuche ergaben, dass die Thiere nahezu ausnahmslos
drei Wochen nach der Schutzimpfung eine Probeimpfung mit
Vso ccm virulenter Lymphe vertragen.“
Es geht zwar aus diesen Worten nicht klar hervor, ob die
Thiere erst nach diesem Zeitpunkte immun werden oder noch
sind. Der frühere Bericht der Commission vom 8. Januar d. J.
giebt jedoch klar an, dass der Zeitpunkt der Immunität erst rund
drei Wochen nach der Impfung eintritt.
Eine Nothimpfung, welche erst nach Wochen Schutz¬
kraft gewährt, kommt in der Regel zu spät. In der Praxis
gilt es hauptsächlich bei plötzlichen Seuchenausbrüchen, die
Nachbargehöfte, die Theilhaber einer Sammelmolkerei
sofort zu schützen, ja wenn möglich die noch gesunden
Thiere eines Seuchenstalles zu immunisiren, und gerade
dann versagt das Verfahren.
Auf Nothschutzimpfungen habe ich in letzter Zeit mein Haupt¬
augenmerk gerichtet. Es gelang mir bei allen Nothimpfungen die
Mehrzahl der geimpften Thiere vor der Erkrankung zu be¬
wahren, ohne dass auch nur ein Thier, ob gesund oder krank,
aus dem Stalle entfernt wurde.
Ich freue mich, an dieser Stelle gleich bemerken zu können,
dass ich bei allen Collegen kräftige Unterstützung und wahrhaft
erquickendes Entgegenkommen gefunden habe.
In meinen Collegen sind mir daher eine stattliche Zahl classi-
scher „Eideshelfer“ bei der Feststellung der Impfresultate ge¬
worden, welche wohl auch Herr Professor Kitt anerkennen wird.
Bei ca. 600 Nothimpfungen ergaben sich folgende Gesammt-
resultate:
1. Schutzerfolge von 60—100 Procent der geimpften Thiere,
je nach der rechtzeitigen Ausführung der Impfung.
2. Bei fast allen geimpften Thieren, welche trotzdem er¬
krankten (und zwar meist innerhalb der ersten fünf Tage, sodass
die Annahme einer vor der Impfung stattgehabten Infection be¬
gründet ist), wesentlich abgeschwächten Verlauf, keine
bösartigen Nebenerscheinungen resp. Nachkrankheiten.
Sehr interessant war das Ergebniss der Impfung auf der
Domäne Tundersleben (Kreis Neuhaldensleben).
Am 21. October er. wurde ich durch Depesche dorthin
gerufen. Bei meiner Ankunft traf ich die Herren Collegen
Kreisthierarzt B e r n d t - Neu-Haldensleben und Rossarzt Ebertz
vom ReichsgeBundheitsamt, welcher zwecks Lympheentnahme
dorthin gereist war. Die Herren waren so liebenswürdig ge¬
wesen, alle Thiere zu untersuchen und die nicht erkrankten durch
einen Kreidestrich kenntlich zu machen.
In den Ställen standen 60 Kopf Rindvieh, und zwar 8 Stiere,
20 hochtragende Färsen, 9 Bullen, 23 Ochsen; die Thiere waren
nach Angabe des Herrn Administrators im Besitz der Domäne
noch nicht verseucht gewesen.
Die Seuche war am 18. October gemeldet, Einschleppungs-
ursache: Ankauf frisch eingeführter Stiere.
Erkrankt waren in den Stallungon 3 Färsen.
Geimpft wurden 58 gesunde Thiere, 1 kranke Färse.
Tag der Impfung: 21. October.
Es erkrankten nach vorliegender Tabelle des Herrn
Administrators von den geimpften Thieren:
Am 22. October 1 Färse,
„ 23. „ 1 Färse (nur mit wenig Schutzlymphe geimpft).
1 Färse,
„ 24. „ 1 Stier,
1 Bulle, „ „
„ 25. ,, 1 Ochse,
also innerhalb vier Tagen nach der ImpfuDg noch 6 Thiere. Die
Erkrankung war nach dem Berichte eine äusserst milde.
Von den drei erkrankten Färsen war die geimpfte am
25. October laut Bericht gesund, bei meiner Controls am
5. November zeigten sich nur noch einige Narben. Von den
nichtgeimpften Thieren lag eine Färse, von welcher durch Herrn
Ebertz auch Lymphe entnommen war, bei meiner Controle
schwer erkrankt am Boden und ist voraussichtlich an Decubitns
zu Grunde gegangen.
Von den geimpften Thieren hatten mehrere während der
Zeit der Seuche gekalbt; von den Kälbern war kein Thier ein¬
gegangen. Ein sicher sehr zufriedenstellender Erfolg!
Aehnliche Resultate liegen noch von mehreren Hundert
Impfungen vor.
Einen ausführlichen Bericht werde ich nach Abschluss meiner
Versuche den Collegen übergeben!
Protocoll der Generalversammlung
des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein
am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im
Bahnhofshotel.
I. Tag, den 24. September.
Anwesend 50 Mitglieder.
Der Vorsitzende, Herr Kreisthierarzt Voliers-Altona, er¬
öffnet um gut 8 Uhr abends die Versammlung mit einem Grosse
und Danke an die erschienenen Collegen.
Zum ersten Referate über „Atropln-llorphlum-EinsprltzMQW“
Lahmheiten erhielt Kreisthierarzt Struwe-Kiel darauf das Wort
und leitete es in folgender Weise ein:
M. H., Im vorigen Jahre wurde dieses Mittel gegen Schalter¬
lahmheit empfohlen, die in vier Tagen geheilt sein sollte und
war dauernd; seitdem sind ca. 30 Fälle in der Literatur ver¬
öffentlicht, von denen zwar drei recidivirten und fünf ganz °^ De
Erfolg blieben, jedoch mich nicht abhalten konnten, bei gegebener
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24. November 1898.
Gelegenheit den Versuch zn machen und so habe ich mehrere Fälle
behandelt Einem Pferd, welches wegen Spatlahmheit bereits be¬
handelt worden war, ich nach den Erscheinungen aber für htiftlahm
halten musste, habe ich die vorgeschriebene Dosis injicirt und
nach zwei Tagen war die Lahmheit verschwunden. In einem
zweiten Falle lag unbedingt Schulterlahmheit vor, die auf die
Einspritzung wohl verschwand, aber später wiederkehrte. Auch
ich habe nach einer solchen Einspritzung Vergiftungserscheinungen
zu Gesichte bekommen, jedoch nicht, wie College Meinicke be¬
richtet, Tobsuchtsanfälle, sondern Kolikerscheinungen, mit Unruhe,
Kratzen, Heben des Schweifes etc., die gewöhnlich 5—6 Stunden
nach der Einspritzung sich einstellen und recht lange anhalten, aber
ohne Gefahr und vielleicht der verwendeten grossen Dosis zuzu¬
schreiben sind. Ich bitte um Mittheilung weiterer Erfahrungen.
Koch-Borby: Ich habe nicht gewusst, dass dieses Mittel
schon so lange bekannt, ich habe erst kürzlich davon gelesen
und dasselbe auch angewendet. Ein Pferd, welches seit elf
Wochen vorn lahm und an dem alles Mögliche ohne Erfolg ver¬
sucht, wurde von mir nach vorherigem Hungern an der rechten
Schulter eingespritzt. Zwei Stunden später stand das Thier ganz
steif mit erweiterten Pupillen, und war eiskalt über den ganzen
Körper. Nach 8 Stunden fing es an zu fressen, und nachdem es
am dritten Tage hinausgeführt wurde, war die Lahmheit vorüber.
Es wurde vorgespannt, ungenirt damit gefahren und ist bis jetzt
ohne Rückfall geblieben.
Fenner-Lübeck: Ich muss bemerken, dass nicht Tempel,
sondern ein Italiener es gewesen ist, der zuerst diese Injection
gemacht und empfohlen hat. Die Zusammensetzung von Atropin
und Morphium ist eigentlich nicht richtig, da diese beiden Mittel
Antidote sind, Irotzdem sind sie viel angewandt, haben geholfen
und nicht geholfen; zu empfehlen sind sie wohl nur gegen rheu¬
matische Leiden, aber die Diagnose ist häufig recht schwer. Ich
behandelte einen Fall mit diesem Mittel, aber in weit geringerer
Dosis (0,005 -f- 0,002), sah freilich keine Vergiftungserscheinungen,
aber auch keine Heilung. Von Veratrin-Einspritzungen habe ich
ähnliche Vergiftungserscheinungen beobachtet.
Reimers-Hohenwestedt: Ich habe eine ganze Reihe Pferde
mit dem fraglichen Mittel wegen Lahmheit behandelt und gute
Erfolge erzielt 1. Ein Pferd, welches schulterlahm und bei dem
ich Verschiedenes versucht hatte, spritzte ich ein, worauf Besse¬
rung eintrat, nach acht Tagen machte ich eine zweite Injection,
und die Lahmheit schwand. 2. In diesem Falle der Buglahmheit
liess ich das Pferd nach der Einspritzung acht Tage auf dem
Stalle stehen, es war dann geheilt. 3. Das buglahme Pferd
hatte eine harte Anschwellung am Gelenk — Arthritis —,
das Thier wurde weder nach der ersten, noch zweiten Ein¬
spritzung geheilt. 4. Hier lag acute Buglahmheit vor, indem
das Pferd mit der Schulter gegen einen Baum gelaufen war,
Anschwellung und bedeutende Schmerzen zeigte. Auf die In¬
jection trat nach 9 Stunden schwere Kolik mit angestrengtem
Athem, aufgetriebenem Bauche, glanzlosem Blicke, häufigem Koth¬
absatze ein, welche Erscheinungen auf eine Eserineinspritzung
nach 10 Stunden verschwunden waren und nach acht Tagen war
das Thier geheilt. 5. Hier lag Zerrung der inneren Schulter¬
muskeln vor, das Bein wurde etwas seitwärts gestellt, die Ein¬
spritzung rief nach neun Stunden Kolikerscheinungen hervor,
welche acht Stunden andauerten. 6. Ein Pferd war auf dem
rechten Vorderfusse ausgeglitten, buglahm geworden, aber auf die
Einspritzung in acht Tagen geheilt.
Hiernach nehme ich an, dass das Mittel bei Muskelaffectionen
und rheumatischen Leiden angebracht ist.
Fenner-Ltibeck: Zwei von dem Vorredner aufgeführte
Fälle eignen sich meines Erachtens entschieden nicht für diese
569
Einspritzung, denn wo offensichtlich Quetschung und Muskel¬
zerrung vorliegen, darf man nicht zu solchen Mitteln greifen, da
reichen andere aus.
Struwe-Kiel: Ich ermahne ebenfalls zur Vorsicht mit der
Anwendung dieser Einspritzung; ich bin der Ansicht, dass kein
Nutzen damit gestiftet wird, wo mechanische Veränderungen in
den Geweben vorliegen, sondern es ist ein Aushilfsmittel, wo nichts
Ursächliches zu finden ist.
Braasch-Thürk: Ich habe in drei Fällen diese Injectionen
angewendet, zuerst bei einem jungen Pferde mit Kreuzlähme
von der Art, dass namentlich eine Zerrung und Steifheit, Gespannt¬
sein in den Muskeln und deren Fascien angenommen werden
musste, aber ohne Nutzen, — dann bei einem Pferde wegen Rhehe
mit Muskelaffection, auch resultatlos; zuletzt bei einem Hunde,
einer grossen Dogge, ohne Erfolg; das Thier bekam aber schon
l U Minute nach der Einspritzung heftiges Erbrechen.
Drews-Oldesloe: Ich habe ein Pferd mit Kreuzlähme, die
vier Wochen bestanden hatte, in dieser Weise behandelt, jedoch
ohne Erfolg, die Muskulatur schien erschlafft.
Der Vorsitzende: Ich resumire über das Gehörte, dass wir
uns nicht zu grossen Illusionen über die Nützlichkeit dieses
Mittels hingeben dürfen, und dass eine Anzeige zum Versuche
vorliegt, wenn es sich um chronische Lahmheiten handelt, die in
einer Muskelzerrung oder Nervenleiden begründet liegen.
Masch-Wilster: Ich habe 12 Fälle der Schulterlähme mit
dem Mittel behandelt, wovon 8 geheilt wurden; das eine Pferd
wurde sofort angespannt und grössere Strecke gefahren, ermattete
aber, — ein anderes ging nach der Einspritzung in der Runde,
litt anscheinend an Meningitis. Die Vergiftungserscheinungen
habe ich besonders bei alten und mageren Pferden beobachtet,
nach Anderen sollen sie auch bei gut genährtem Zustande auftreten.
Wulf-Bornhöved: Ich habe in sechs Fällen von Schulter-
läbme die volle Dosis eingespritzt und nur einmal Vergiftungs-
erscheinungen gesehen, Misserfolge ergeben sich bei Arthritis.
Fenner-Lübeck: Ich nehme an, dass die Stärke der
Wirkung des Atropin-Morphium davon abhängig ist, ob zufällig
bei der Einspritzung ein Lymph- oder Blutgefäss getroffen wird.
,Eiler-Flensburg glaubt andererseits, dass die Kolik¬
erscheinungen alsdann auftreten werden, wenn ein Leberleiden
gleichzeitig vorliegt.
Der Vorsitzende stellt darauf die Behandlung der „Bebärpareae
vermittelst Jodkalium“ zur Discussion und bittet, nur die präktischen
Erfahrungen über die Wirkung mitzutheilen, nicht aber auf
Symptome und Ursachen der Krankheit einzugehen.
Eiler-Flensburg: Der Thierarzt Hansen-Hollehit ent¬
schuldigt wegen Kränklichkeit sein Ausbleiben und hat mir einen
Brief zugestellt, in dem er seine Resultate mittheilt und haupt¬
sächlich Aufschluss über die eventuelle Nothschlachtung in solchen
Fällen wünscht. Herr Bansen hat seit vorigem Octobermonat
72 Kühe wegen Milchfieber mit Jodkalium behandelt, von denen
20 Fälle einen ungünstigen Verlauf genommen haben. Zwei Kühe
sind nach gehobener Krankheit am zweiten und dritten Tage
in Folge starker und brandiger Euterentzündung gestorben,
welches später nicht wieder passirte, nachdem gleichzeitig das
Euter mit Lysollösung gut abgewaschen worden war. Eine Kuh
zeigte acht Wochen nach dem Kalben die Erscheinungen der
Gebärparese und genas nach der Injection in kurzer Zeit, sie zeigte
eine Temperatur von 37,6 °; — eine andere Kuh zeigte die Krank¬
heit vor dem Kalben, die Geburt wurde leicht beschafft und die
Behandlung mit Erfolg geleitet. Ich darf darauf aufmerksam
machen, dass der hier anwesende College Thoisen-Schotzbüll
einige Aufschlüsse über die erlangten Resultate in Dänemark
geben kann.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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560
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47.
Thoisen-Schotzbüll: Soweit ich habe Notizen machen können
in der zn Kopenhagen abgehaltenen Versammlung, sind in Däne¬
mark die Resultate von 1660 Milchfieberfällen gesammelt, die mit
Jodkalium behandelt wurden. Es sind davon im Ganzen zur
Heilung gelangt 86,4 pCt., in der Paralyse 4 pCt. und notk-
geschlachlet oder an Folgekrankheiten eingegangen 9,6 pCt.
Ueber 874 Fälle sind nähere Aufzeichnungen gemacht, was das
Alter und die Zeit des Eintrittes der Krankheit anbelangt.
Darnach tritt die Krankheit am häufigsten nach dem siebenten
bis neunten Kalbe und zwischen 18 und 24 Stunden nach dem
Abkalben auf; sieben Fälle sind vor der Geburt beobachtet und
im Ganzen nur 44 Fälle über 48 Stunden nach derselben. Ich
habe selber im Laufe des letzten Jahres 47 Fälle behandelt,
wovon 40 in Genesung übergingen, drei Kühe sind gestorben an
Folgekrankheiten — Metritis, Lungengangrän, Nierenblntung,
am fünften bis sechsten Tage, andere wegen Lähmung getödtet.
Lubeseder-Elmshorn: Ich habe im letzten Jahre 60 Fälle
behandelt, davon 45 mit Jodkalium und 15 nach älteren Methoden.
Von den ersteren genasen 33, den letzteren sieben resp. zwölf
und acht sind geschlachtet, theils gleich, tlieils später. Euter-
entzünduog ist vier Mal eingetrefen, aber geheilt. Neben
der Injection des Jodkaliums habe ich nach Umständen noch eine
innere Behandlung mit Ricinusöl, Aloe, Glaubersalz oder Coffein-
Einspritzung für nothwendig erachtet. Eine Kuh, die nur mit
dem Mittel innerlich behandelt wurde, musste geschlachtet
werden; zuweilen lässt Alles im Stiche.
Eckeberg-Schuby: Von den 25 behandelten Kühen sind
19 innerhalb 6 bis 24 Stunden geheilt worden und aufgestanden,
zwei in der Parese gestorben, vier geschlachtet auf Wunsch der
Besitzer zwölf Stunden in der Krankheit, wovon die eine Uterus¬
vorfall gehabt, eine bereits Genesene einen solchen nach fünf
Tagen bekam. ;
Hansen-Hadersleben: Zunächst möchte ich den Angaben
des Herrn Thoisen noch Näheres hinzufügen. Von den
1660 Kühen sind 1380 ohne Nachkrankheiten geheilt, 203 ge¬
storben, 27 wegen Lahmheiten und 14 wegen Fremdkörper¬
pneumonie geschlachtet, Jodvergiftung ist selten aufgetreten,
mehrere Male Zerreissung des Zwillingsmuskels. Die Injectiopen
sind vermittelst eines Trichters mit Gummischlauch und Katheter
gemacht und es ist fast immer Luft mit in die Eutercisterne ein¬
gedrungen. Selbst habe ich 30 Kühe behandelt, wovon drei in
der Parese gestorben, eine am vierten Tage, diese hatte Lungen-
tuberculose; mehrere waren leberkrank, eine Kuh hat vier Wochen
gelegen und ist darnach geheilt. Auch Bromkalium soll bereits
Verwendung gefunden haben. ,
Koch-Borby: Zunächst bin ich ein Gegner der Noth-
schlachtung beim Kalbefieber, sobald die Behandlung eingeleitet
worden ist. Ich habe 37 Fälle zur Behandlung bekommen,
wovon fünf zum Tode führten, bei dreien dieser ergab die Section
Tuberculose, 24 Kranke standen innerhalb 24 Stunden auf, sechs
nach48Stunden undzwei nachdreiTagen,eineKuhverlorzweiZitzen,
vielleicht vom Drucke herrührend, eine wurde ganz trocken; die
Gestorbenen waren alle Hofkühe. Innerliche Mittel verwende ich
nicht, nur lasse ich fleissig Kaltwasserclystire appliciren.
Petersen-Leck: Die beiden von mir behandelten Kühe, die
eine nur mit Jodkalium, die andere nebenbei mit Aloe und Coffein
behandelt, sind beide nach 36 Stunden gestorben, nachdem.sie
soweit gekommen, dass sie aufrecht lagen und Getränk zu sich
genommen; Section «gab negativen Befund.
Struwe-Kiel: In 19 Fällen sind 17 geheilt und zwei ge¬
storben, auch ich stimme mit College Koch darin überein, dass
für diese Krankheit die Nothschlachtungen aufhören müssen.
Thoisen-Schotzbüll: Ich bringe andere Mittel, namentlich
auch nicht Laxantien mehr zur Anwendung, dagegen halte ich
es für erforderlich, wo Herzlähmungsgefahr vermuthet werden
muss, zu Camphoriryectionen zu greifen. Ich kann hier drei
Fälle anführen, die unbedingt zum Tode hätten führen müssen,
wenn ich nicht diese Injectionen angewendet hätte. In einem
Falle lag das Thier mit aus dem Maule hängender Zunge,
schnappte nach Luft mit aufgeblasenen Backen und hatte eine
Temperatur von 35,8; es wurde sofort eine subcutane Camphor-
einspritzung gemacht — ein Theil Camphor, sechs Theile Spirit,
aether. —, nach einer Stunde noch eine, die Temperatur stieg
dann auf 36,9, nach zwei Stunden auf 37,4 und nach weiteren
zwei Stunden auf 38,4, womit das Thier auf Alles reagirte und
genas. In einem anderen Falle war die Krankheit bereits
gehoben, das Thier munter, bekam aber nach 36 Stunden einen
schweren Rückfall mit vollständigem Collaps; es wurden drei
Campkoreinspritzungen in zwei Stunden applicirt und die Gefahr
war vorüber; ähnlich ging es in einem dritten, wo auch die sehr
niedrige Temperatur bald sich hob. Ich halte diesen Eingriff für
absolut nothwendig und rat he von jeglicher Nothschlachtung nach
Einleitung einer Behandlung ab.
Fenner-Lübeck: Ich habe freilich nur eine Kuh nach
dieser Methode behandelt, die leider gestorben ist; wenn andere
Collegen Euterentzüudungen nach der Anwendung von Jodkalium
und Fremdkörperpneumonie nach letalem Ausgange gesehen
haben, so ist das erklärlich. Anders steht es mit der eigen¬
artigen Wirkung des Jodkaliums in dieser Krankheit. Es ist
ein Mittel zur Resorption von Exsudaten und deshalb nehme ich
an, dass bei diesem Leiden Oedem im Gehirne die Hauptursache
ist, und glaube nicht, dass sich im Euter durch Zerfall ein Gift
bildet. Aus diesem Grunde meine ich, dass die innerliche Ver¬
abfolgung des Jodkaliums gute Dienste leisten könnte, jedenfalls
wäre es des Versuches werth; ich möchte sogar soweit gehen,
das Mittel vor dem Eintreten des Kalbefiebers als Propbylakticum
zu verabreichen.
Drews-Oldesloe: Ich habe mehrere günstige Fälle zu ver¬
zeichnen gehabt; aber bin der Meinung, dass die mehrfach ein¬
tretende Euterentzündung und das vollständige Fehlen des
Appetits nach tiberstandeuer Krankheit dadurch hintangehalten
werden können, dass das Natr. jodat. als milderes Mittel anstatt
dessen Verwendung findet. Die Thiere sind gewöhnlich nach 6
bis 8 Stunden aufgestanden und fangen an zu fressen, während
sie bei derBeliandlung nach anderen Methoden erstAppetit bekommen
und dann aufstehen. Der Jodismus tritt gewöhnlich nach 24 Stun¬
den auf mit Nasenfluss; Necrose äusserlich habe ich nicht be¬
obachtet, dagegen glaube ich, dass es rathsam ist, die Kuh nach
dem Aufstehen recht häufig zu melken.
Voliers-Altona: Ich glaube nicht, das die Erscheinungen
des Schnupfens und Nasenflnsses anf Jodismus zurückzuführen
sind, da erfahrungsmässig viel grössere Gaben und längere Ver¬
wendung hierzu erforderlich sind.
Kreutzfeld-Eutin: Ich habe 15 Fälle behandelt, wovon
2 Kühe gestorben sind, bei 5 habe ich am nächsten Tage noch
die halbe Dosis mehr appliciren müssen, in 2 Fällen trat Euter¬
entzündung ein, in einem mit kleinen Knötchen in der Haut des
Euters; ich nehme an, dass das zum Abwaschen benutzte
Wasser nicht rein genug gewesen ist.
Eggeberg-Schuby: Ich habe Gebrauch davon gemacht,
recht viel Luft mit zu infundiren; in diesem Falle habe ich am
dritten Tage nach dem Aufstehen Euterentzündung beobachtet
und glaube deshalb, dass die Luft es gemacht hat. Abführmittel
halte ich auch für entbehrlich, sie können unter Umständen erst
nach 3 Tagen nützliche Verwendung finden.
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24. November 1898.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
561
Thoisen-Schotzbüll: Wahrend meiner 29jährigen Praxis
habe ich 696 milchfieberkranke Kühe behandelt, aber nur in den
ersten Jahren Abführmittel gebraucht; am meisten habe ich stets
von Catnphor gehalten, nur durfte ich ihn früher nicht recht an¬
wenden, weil die Besitzer sich stets das Schlachten vorbehielten;
dagegen empfehle ich dringend kalte Klystiere.
Mayfart-Lensahn: Ich habe 17 Kühe nach dieser Methode
behandelt, wovon 5 crepirt sind. Von den genesenen bekam die
eine Euterentzündnng, der letale Ansgang erfolgte bei einer
Kuh schon nach einer Stunde, bei einer anderen infolge Lungen¬
entzündung am dritten Tage. Hieran möchte ich den Vorschlag
knüpfen, dass von Vereins wegen eine Statistik über die Erfolge
dieser Behandlungsmethode aufgestellt werde, in dem jedem Mit-
gliede ein vom Vorstande ausgearbeitetes Formular zuzustellen
sei, worin die verschiedenen wichtigen Momente aufgeführt sein
müssen und auch über die Verabreichung des Mittels per os zu
berichten wäre. Ich erlaube mir, einen Entwurf zu diesem For¬
mulare zu überreichen.
Nachdem Eiler-Flensburg hierzu noch bemerkt, dass auch
den Nichtmitgliedern ein solches Formular zur Ausfüllung zu¬
gestellt werden möchte, wurde ein dahingehender Beschluss gefasst.
F o c k - Ahrensboek: Ich höre, dass neben Jodkalium auch
häufig noch andere Mittel innerlich verwendet werden, und zwar
dieselben, die früher allein im Gebrauche standen. Um aber die
reine Jodkaliurawirkung kennen zu lernen und ein objectives
Urtheil abgeben zu können, muss das Jodmittel nur allein
zur Verwendung kommen.
Koch-Borby: Ich möchte glauben, es wäre jetzt an¬
gebracht, Nothschlachtungen in diesen Krankheitsfällen über¬
haupt nicht mehr vornehmen zu lassen, und schlage vor, dass
allgemein dagegen vorgegangen wird.
T h o i s e n - Schotzbüll: Das Einbringen des Armes in den
Mastdarm ist ohne Gefahr, und das Blut, welches beim Ansnehmen
wahrgenommen wird, rührt nicht von Verletzungen mit den
Fingern her, sondern ist bei milchfieberkranken Kühen sehr
häufig im Dickdarm vorhanden. Ich habe hierüber die Erfahrung
gemacht, dass, je mehr Blut vorgefunden wird, es desto
schwieriger ist, die Thiere auf die Beine zu bekommen, auch
findet sich Blutausschwitzung zwischen den Zwillingsmuskeln, wo¬
durch zunächst eine Anschwellung entsteht, die meistens mit
Muskelruptur endet. Ferner ist häufig der Urin dunkel
gefärbt, meistens aber nicht gleich, sondern erst 12 bis
13 Stunden nach Beginn der Krankheit; ich sehe dies für eine
Blutbeimischung an und halte deshalb auf die baldige Ent¬
leerung vermittelst des Katheters. Die Schwierigkeiten, das
Thier hochzubekommen, haben ihren Grund hauptsächlich in
einem Lähmungszustande des Herzens und ich bin deshalb dafür,
diesem energisch entgegenzulreten.
S ch m i d t - Kolstrup: Ob die Injectionen in das Euter mit
oder ohne Luftsäulen gemacht werden, ist auf den Erfolg ohne
Einfluss; die snbcutanen Einspritzungen haben sich resnltatlos
erwiesen, aber auch Schmidt- Kolding hat zu Versuchen mit
anderen Mitteln angeregt und um Staatsmittel zu diesem Zweck
gebeten.
D irck s - Lunden : Von 5 behandelten Kühen sind 4 ge¬
nesen, eine ist nothgeschlachtet.
B r a a s c h - Thürk: Ich habe zwei leichtere, eiDen schweren
Fall behandelt, alle mit Erfolg. In einem Falle ereignete sich
ein Uterusvorfall, der allerdings leicht zu reponiren war, jedoch
eine schlechte Prognose zuliess, indem schon eine Parese be¬
standen haben muss, weil eine halbe Stunde später das Milchfieber
in hohem Grade vorhanden war und die Kuh sofort geschlachtet
wurde.
Nachdem noch S t r u w e - Kiel hervorgehoben, dass nach
Beschränkung der Nothschlachtungen die Zahl der Genesungen
noch zunehmen werde, und Fock- Ahrensboek seine Ver¬
wunderung ausgesprochen, dass noch so viele Nothschlachtungen
hinter dem Rücken des Thierarztes vorgenommen würden, ob¬
gleich ein Gesetz für die Provinz bestehe, wonach in diesen
Fällen stets ein Thierarzt zugezogen werden müsse, resumirte
der Vorsitzende noch kurz:
Der Erfolg der Behandlung mit Jodkalium hat sich
als ein sehr günstiger erwiesen, indem über 80 pCt.
geheilt worden sind, ferner ist ansserdem Camphor
sowie Coffein mit Nutzen verwendet worden. Als
Nebenkrankheiten sind besonders Entere ntzüdung,
Fremdkörperpneumonie und Metritis beobachtet.
Hiermit wird die Besprechung geschlossen.
Der Vorsitzende leitet die Discussion über das Thema
„Haemoglobinurle“ wegen Nichteintreffens des Referenten, Herrn
Franzenburg - Schleswig, in folgender Kürze ein:
Voliers-Altona: M. H.! Unter verschiedenen Benennungen,
wie schwarze Harnwinde, Kreuzlähme, Nierenentzündung, Krenz-
schlag, Rückenmarkstyphus, Lumbago, Hämoglobinurie etc.,
kommt nicht selten bei Pferden ein Leiden mit Schwäche in der
Hinterhand vor, über dessen Wesen die Ansichten noch sehr ge-
theilt sind.
Namentlich stehen Dieck erhoff und Fröhner sich gegen¬
über in der Erklärung der Erscheinungen und Ursachen.
Während Dieckerhoff mehr eine entzündliche Affection der
Muskeln in der Hinterhand und das Vorhandensein einer Osteo¬
myelitis annimmt, wobei sich Hämoglobin ablagert, führt Fröhner
die Ursachen auf Erkältung zurück, indem eine Störung der
sensitiven Hautnerven von schädlichem Einflüsse auf den Stoff¬
wechsel ist, und dass sich nicht Hämoglobin in den Muskeln und
dem Knochenmarke ablagert, sondern durch die Nieren aus-
gesChieden wird. Diese Streitfragen haben wir hier nicht zu er¬
ledigen, fest steht für uns, dass schwere, kaltblütige Pferde, die
schweres Körnerfutter bei Stallruhe bekommen, von der Krankheit
befahlen werden, wenn sie alsdann wieder in Gebrauch genommen
werden. Es steht ferner fest, dass eine parenchymatöse Muskel-
Nierenentzündung vorhanden ist mit dunklem, mit Hämoglobin
untermischten Urin, dass die Kruppenmuskel ein- oder beiderseitig
stark geschwellt und deshalb das Thier nicht im Stande ist, zu
stehen und zu gehen. Die Muskelschwellung wird von Diecker¬
hoff als willkürlich von dem Thiere hervorgebracht angesehen,
um die durch die Osteomyelitis angegriffenen und schmerzhaften
Extremitäten zu schonen. Einzelne Fälle sind so leichter Natur,
dass die Thiere nicht einmal zum Liegen kommen, häufig auch
ohne Fieber; in anderen Fällen sind die Erscheinungen sehr
heftige mit ergiebigem Schweissansbruche, Stöhnen, Unruhe und
Zucken. Was die Behandlung anbelangt, so ist vor Allem Schutz
der Haut gegen Decubitus erforderlich, weshalb das Thier am
Besfen auf Torfstreu zu legen ist und dann, dass es Wasser zu
sich nimmt, deshalb ist der Durst anzuregen durch Glaubersalz
Natr. bicarb. in grossen Mengen, auch Eserineinspritzungen haben
sich bewährt, und äusserlich auf den Kruppenmuskeln ist entweder
eine scharfe Einreibung zu appliciren oder besser heisse Säcke
anzulegen. Als Nachkraukheiten erweisen sich häufig halbseitige
Lähmungen, die von recht langer Dauer sein können.
Ich stelle das Thema hiermit zur Discussion.
Schlüter-Kiel: Ich habe häufig Gelegenheit gehabt, solche
Thiere in Behandlung zu nehmen, habe sie aber meistens
schlachten lassen müssen. Am meisten ist die Krankheit bei
mehr oder minder gut genährten Pferden in der heissen Jahres¬
zeit alsdann aufgetreten, wenn dieselben lange gestanden, auf
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 47.
562
Höfen vor dem eigentlichen Kleesclinitte. Das häufige Wenden
ist Hauptsache. Bei der Section eines Falles zeigten sich die
Kruppenmuskeln stellenweise ganz blass, in anderen Partien mit
hämorrhagischen Exsudaten, und das Blut war venös dunkel
gefärbt.
Koch-Borby: Ich habe beobachtet, dass die Krankheit be¬
sonders im Winter bei Kälte und rauher Luft auftritt, dass bei
der Behandlung namentlich für das Ablassen des Urins gesorgt
werden muss, welches bei Stuten ja leicht ist, bei Wallachen
durch den Mastdarm, vermittelst Druckes auf die Blase zu ge¬
schehen hat, und dass bei der Section die Kruppenmuskeln wie mit
Tinte durchtränkt erscheinen, auch das Fleisch von den Knochen
gelöst ist.
Rn s er -Kiel: Die Krankheit kommt am häufigsten bei
schweren Pferden nach mastigem Futter, nach vorangegangener
längerer Ruhe, vor, und ist desshalb, namentlich an Feiertagen
in diesen Fällen nur die halbe Ration zu geben, um eine Stockung
im Stoffwechsel durch zu starke Nahrungsmittel hintan zu halten.
Auch bei Rindern habe ich die Krankheit beobachtet nach langen
Transporten.
Nach dem noch Fenner-Lübeck bemerkt, dass die Krankheit
bei Militärpferden nicht vorkommt, Veratrin ohne Erfolg ange¬
wendet ist; — Braasch-Thürk besonders heisse Säcke über
dem Kreuze empfiehlt und ein fettes dänisches Pferd mehrere
Male so behandelt habe, die Krankheit jedoch leichteren Grades
gewesen sei; — und Struwe-Kiel noch auf das Schwinden der
Kniescheibenmuskeln als Nachkrankheit aufmerksam gemacht
hatte, wurde vom Vorsitzenden auf die Fälle von Kreuzlähme
mit tödtlichem Ausgange verwiesen, die sich in der Eiderstedter
und Wüster Marsch zugetragen hätten.
Harmsen-Süderstapel und Claussen-Husum berichteten
über die ersteren. Hiernach seien in einem Stalle in kurzer Zeit
zwei Pferde gestorben, eines wieder zugekauft, aber bald nach
einem anderen Stalle zu zwei Pferden gebracht und alle drei mit
Tod abgegangen, ausserdem sei noch eins bei einem Nachbarn
unter gleichen Erscheinungen umgestauden. Ueber das Wesen
und die Ursachen seien damals alle möglichen Untersuchungen an¬
gestellt, aber ein einwandfreies Resultat nicht erzielt.
Masch-Wilster hatte während des Sommers bei Stallfütterung
Gelegenheit, auf fünf Höfen, die alle an einem und demselben
Wasserlaufe lagen, plötzliche Erkrankungen und Todesfälle zu
beobachten. An der ersten Stelle erkrankten vier Pferde, wovon
drei geheilt wurden, an der zweiten starben zwei, an der dritten
eins, an der vierten erkrankten zwei und genasen, ebenfalls an
der fünften wurden fünf Pferde geheilt. Die Recherchen ergaben,
dass ein sogenannter, im Schatten und von Bäumen umgebener
Hofgraben, der mit abgefallenen Blättern zum Theil gefüllt, in
vielen Jahren nicht gereinigt worden war; von dem darin be¬
findlichen Wasser waren alle Thiere getränkt.
Claussen-Husum hat bei einem Mühlenbesitzer drei Pferde
secirt, die schlecht genährt waren, und blutige Nierenentzündung
constatirt, während der Urin in der Blase normal war. Es war
im Januar; die Ursachen sind nicht ermittelt, wenn auch auf
Schachtelhalm und schlechtes Heu gefahndet wurde.
Thoisen-Schotzbüll glaubt, dass die Fälle, wo der Urin
nicht gefärbt gewesen ist, dem sogenannten Rückenmarkstyphus
angehören. Kreutzfeld-Eutin hebt hervor, dass nach Professor
Möller der Schwund der Kniescheibenmuskel auf eine Störung
im nerv, crural. zurückzuführen ist.
Lubeseder-Elmshorn erwähnt einen Fall, wo drei Pferde
in eigenartigerweise erkrankt waren; im Stalle war den Thieren
anfänglich nichts anzusehen, beim Gehen knickten sie hinten zu¬
sammen, richteten sich wieder hoch; Muskelspannung am Rücken
war nicht vorhanden, der Urin hell. Die Thiere schwanden all-
mälig hin und starben. Es wurde Vergiftung mit Taumellolch,
Lolium tremulentum, angenommen.
Koch-Borby führte einen Fall an, wo bei einem Pferde eine
grössere Geschwulst auf dem Rücken und eine am Schenkel sich
befand mit einer kleinen Oeffnung; als Ursache derselben wurde
die Anwesenheit von Oestruslarven ermittelt.
Nachdem der Vorsitzende noch der Lahmheit auf einem
Vorderfus8e bei einem Pferde Erwähnung gethan, die grosse
Aehnlichkeit mit der Hufgelenklähme gehabt, aber es sich beim
Schlachten herausgestellt, dass das Strahlbein gänzlich fehlte,
dankte er für die interessanten Verhandlungen und die reiche
Betheiligung an den Discussionen.
Schluss um ll'/j Uhr Abends.
Das im Vorjahre von Pflanz-Canth vorgezeigte Embryo¬
tom wurde in wesentlich verbesserter Form und Ausführung
von Wessel-Wilster demonstrirt und fand allseitige Anerkennung.
Eiler,
Schriftführer.
Tagesgeschichte.
Die Art der Seuchen-Anzeigen vor Gericht.
Das Gesetz betr. die Abwehr und Unterdrückung der Vieh¬
seuchen schreibt bekanntlich die Anzeigepflicht für Seuchen vor,
ohne die Form der Anzeige zu bestimmen. Für den gesunden
Menschenverstand ergibt sich nur eine selbstverständliche Forde¬
rung, dass die Anzeigepflicht möglichst schnell erfüllt werde.
Es gibt aber nun einmal eine Anzahl untergeordneter Beamter,
denen nicht sowohl die Sache, als das Schreibwesen am Herzen
liegt und die sich herausnehmen, dem Worte Anzeige eine Aus¬
legung nach ihrer Manier zu geben, indem sie darunter nur ein
Schriftstück verstehen wollen.
Schon vor einiger Zeit konnte ein solcher Fall aus
dem Rheinland mitgetheilt werden, wo ein Polizeibüreau-
beamter eine telephonisch erstattete Anzeige nicht beachtet,
vielmehr eine Anklage wegen Unterlassung der vorschrifts-
mässigen Anzeige veranlasst hatte. Das Gericht erkannte
dort unter Freisprechung des Angeklagten, dass eine Anzeige
durch das Telephon vollgiltig und wegen ihrer Schnelligkeit auch
zweckmässig sei.
Ein ähnlicher Fall gelangte neulich vor dem Landgericht zu
Stendal zur Verhandlung. Der Bürgermeister F. hatte angezeigt,
dass der Wirthschaftsführer S. und der Thierarzt R. die Anzeige
eines Lungenseucheausbruches unterlassen hätten. Das Schöffen¬
gericht verurtheilte die Angeklagten. Der Sachverhalt war
folgender: Thierarzt R. hatte eine Kuh behandelt, ohne eine
Diagnose stellen zu können. Es wurde darauf Kreisthierarzt E-
als consultirter Privatthierarzt zugezogen. Dieser fand ver¬
dächtige Symptome, empfahl die sofortige Schlachtung und con-
statirte die Lungenseuche. Hierauf schickte der Angeklagte 8.
sofort einen Boten zum Bürgermeister F. zum Zweck münd¬
licher Anzeige des Ausbruches der Lungenseuche. Der
Bürgermeister erschien auch infolge dessen nach einer halben
Stunde auf dem Seuchengehöft und besichtigte die geschlachtete
Kuh. Vor Gericht behauptete der Bürgermeister F., die münd¬
liche Mittheilung sei keine Anzeige. Der als Sachver¬
ständiger geladene Geheimrath Dieckerhoff bekundete noch,
dass dem Thierarzt R. daraus, dass er die Lungenseuche vor der
Schlachtung nicht habe feststellen können, ein Vorwarf der
Anzeigevernachlässigung nicht gemacht werden könne. D* e
Strafkammer sprach die Angeklagten frei und legte sämmtliche
Kosten der Staatskasse auf. In der Begründung wurde hervor-
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24. November 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
668
gehoben, dass die Anzeige nach Feststellung der Senche unver¬
züglich erfolgt sei und dass durch die mündliche Form der An¬
zeige dem Gesetz Genüge geschehen sei.
Zur Verbesserung der thlerfirztllchen Vorbildung.
Die Gesellschaft Schweizerischer Thierärzte hat an den
Schweizerischen BundeBrath eine eingehend und sehr gut motivirte
Eingabe gerichtet, welche in der dringenden Vorstellung gipfelt,
dass für die Thierärzte dieselbe Vorbildung wie für die Aerzte
unbedingt erforderlich sei.
Rangverhältaisse.
Bei der von den Kreisthierärzten angestrebten Rangerhöhung
dürfte die seit 3 / 4 Jahren geregelte Rangstellung der Lehrer an
den fast in jeder Provinz errichteten Kgl. Baugewerkschulen von
allgemeinem Interesse sein.
Die fraglichen Lehrer sind Architecten, die nur die Reife
für Obersecnnda auf der Schule erreicht zu haben brauchen.
Nach vorangegangener praktischer Ausbildung haben dieselben
sechs Semester an einer technischen Hochschule Vorlesungen
gehört. Ohne irgend ein Examen bestanden zu haben, werden
dieselben Kgl. Oberlehrer und gehören der V. Rangklasse an
Die Hälfte derselben wird Professoren, ein Drittel letzterer erhält
den Rang der Räthe IV. Klasse. S . . . j.
Vereinsnachrichten.
Der Brandenburger thlerarztliche Verein hielt am 13. November
seine von 50 Mitgliedern besuchte Herbstversammlung ab. Die
Sitzung nahm, dank der gehaltenen Vorträge, einen sehr ange¬
regten Verlauf.
Departementsthierarzt Buch sprach über die Beseitigung
von Milzbrandcadavern und die Untersuchung des Milz¬
brandblutes. Hieran knüpfte sich eine vielseitige Discussion
über die Zweckmässigkeit und Nachtheile des bisherigen Ver¬
fahrens. Das Thema wird den Gegenstand einer besonderen
Veröffentlichung in der B. T. W. bilden. Der Redner demon-
strirte ferner am Präparat eine interessante Mischinfection von
Schweineseuche und Rothlauf.
Kreisthierarzt Graffunder machte Mittheilungen über seine
Versuche mit dem Hecker’schen Verfahren einer Schutz
impfung gegen Maul- und Klauenseuche. Er forderte zu
Versuchen mit dem neuerdings von Höchst zum Verkauf
gestellten Seraphthin von Löffler & Frosch auf. Als einen
Nachtheil müsse man abgesehen von dem Preise, der einer all¬
gemeinen Anwendung entgegenstehe, namentlich den Umstand
bezeichnen, dass der Impfschutz erst nach drei Wochen eintrete.
Die Hecker’scbe Lymphe immunisire, soweit ein Urtheil gestattet
sei, sofort. Hecker habe sich übrigens nähere Mittheilung selbst
Vorbehalten (siehe oben pg. 555).
Sodann hielt derselbe Redner einen sehr instructiven Vortrag
über das Prämiirungsverfahren und Pointirungssystem
bei Rindern und forderte die Collegen dringend auf, sich in jeder
Weise an den Aufgaben der rationellen Rinderzucht zu betheiligen
Verein Kurhessischer Thierärzte.
XXXIII. Generalversammlung, Sonntag den 27. November 1898,
Vormittags 10 Uhr, im Hotel zum „Casseler Hof' in Cassel.
(Daselbst am Abend vorher Zusammentreffen.)
Tagesordnung.
1. Geschäftliche Mittheilungen. Rechnungs-Ablage.
2. Bericht über die VI. Plenarversammlung der Central-Ver¬
tretung der thierärztlichen Vereine Preussens zu Berlin am
21. und 22. Mai 1898. Referent: Herr Veterinär-Assessor
Tietze-Cassel.
3. Differential-Diagnostisches über Rothlauf des Schweines und
Schweineseuche. Referent: Herr Docent Dr. Olt-Hannover.
4. Mittheilungen aus der Praxis: über Geflügel-Cholera, Be¬
handlung der Kolik. Referent: Herr Dr. Rievel-Marburg.
5. Neuwahl des Vorstandes.
Hannover, 12. 11. 1898. Der Vereins-Präsident:
Dr. Kaiser.
Thierärztilcher Verein von Elsass-Lothringen.
Generalversammlung in Strassburg, Guttenbergplatz (Hotel
du Commerce, Saal der Gesellschaft zur Förderung der Künste,
Ackerbau und Wissenschaften) am Sonntag, den 4. December 1. J.,
Vormittag 11 Uhr.
Tagesordnung.
1. Verlesung des Protokolls der letzten Generalversammlung.
2. Commissionsbericht betr. die Gründung einer Kranken- und
Unterstützungskasse. Referent: Herr Zündel.
3. Vortrag des Herrn Schlegel, vom thierhygienischen Institut
in Freiburg i. B., über „Moderne Seuchenforschung“.
4. Vortrag des Hern Mandel über „Beamtete Thierarzte und
praktische Thierärzte“.
5. Vortrag des Herrn Haas über „Die Genickbeule beim
Rind“.
6. Vortrag des Herrn Zündel über „Die Einrichtung einer
Wasenmeisterei nach System Otte in Mülhausen“.
7. Wahl eines 2. Delegirten zum Deutschen Veterinärrath.
8. Vorschläge für die nächste Generalversammlung. 9. Wahl des
Ortes der nächsten Generalversammlung. 10. Verschiedenes.
Nach der Versammlung gemeinschaftliches Mittagessen im
Hotel zur Krone.
Der I. Schriftführer: Der Präsident:
J. Zündel. V. Haas.
Quittung.
In Vollmacht von zwei Herren in Dresden, deren Namen mir
nicht mitgetheilt sind, wurde mir durch Herrn Medicinalrath
Prof. Dr. Johne als jährlicher, jedes Mal am 1. October zu
zahlender Erziehungsbeitrag für die Kinder meines verstorbenen
Bruders die Summe von 250 M. zugesichert und der erste Beitrag
für das Jahr 1898 ausgezahlt, worüber hiermit herzlich dankend
quittirt wird.
Dresden, den 19. November 1898. Dr. A. Eber.
Seuchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Geflügel-Untersuchungen.
Das Polizeipräsidium von Berlin hat unterm 6. November
folgende Bekanntmachung erlassen:
Es ist verboten, die auf den Bahnhöfen Lichteuberg-Friedrichs-
felde, Viehstation und Rangirbahnhof Rummelsburg, Schlesischer
Bahnhof, Ostbabnhof, Frankfurter Allee und Weissensee an-
kommenden Rinder, Schafe, Schweine, Geflügel ausländischen Ur¬
sprungs sowie Gänse in- und ausländischen Ursprungs ohne vor¬
herige Untersuchung durch einen beamteten Thierarzt ausznladen
bezw. vom Bahnhof zu entfernen.
Ergebnisse tferTuberculln-lmpfungen in den Seequarantineanstalten.
Im II. Quartal 1898 wurden in den Seeqnarantäneanstalten
zu Kiel, Altona-Bahrenfeld, Flensburg, Apenrade, Hvidding,
Tönning, Warnemünde-Rostock, Lübeck und Hamburg eingeführt
7068 dänische und — schwedische Rinder, von denen der
Tuberculinprobe unterworfen wurden 7063 Stück. Von diesen
wurden durch die Reaction verdächtig 1201 = 17 pCt. befunden.
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564
BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT.
No. 47.
Elsass-Lothringen.
Unterm 9. November d. J. ist mit Rücksicht auf das Auf¬
treten der Maul- und Klauenseuche in französischen Grenzbezirken
verordnet worden, dass „längs der französisch-elsass-lothringischen
Grenze bis auf Weiteres bezüglich des Rindviehes, der Schafe,
Schweine, Ziegen auch die Einfuhr von denjenigen Thieren verboten
ist, welche infolge der für den kleinen Grenzverkehr nach Massgabe
des örtlichen Bedürfnisses angeordneten besonderen Erleichte¬
rungen zollfrei eingehen“.
Die Maui- und Klauenseuche in der Sohweiz
beginnt laut „Vaterland“ im luzernischen Hinterlande unheimliche
Dimensionen anzunehmen. In vier Gemeinden sind 36 Ställe mit
370 Stück Grossvieh verseucht.
Einfuhrverbot Italiens gegen die Schweiz.
Ein unter dem 21. October d. J. veröffentlichtes Decret unter¬
sagt die Einfuhr von Ochsen, Kühen, Rindern, Schafen, Ziegen
und Schweinen schweizerischer Herkunft nach Italien wegen der
Maul- und Klauenseuche. Die Präfecten der Grenzprovinzen
werden ermächtigt, die Einfuhr von Ochsen und Kühen
schweizerischer Herkunft, die nicht von den Alpen kommen, zu
gestatten, unter Befolgung nachstehender Bedingungen:
1. Vorweisung eines Gesundbeitsscheines, aus dem hervor¬
geht, dass der Ort der Herkunft seit mehr als 30 Tagen seuche¬
frei ist.
2. Die Transporte sollen ausschliesslich mit der Bahn er¬
folgen.
3. Bei der Ankunft am Bestimmungsort sollen die Thiere
einer zehntägigen Quarantäne unterworfen werden.
Maul- und Klauenseuche auf Vieb-Stapelpiltzen.
Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet vom
Schlachthofe München am 17. Novbr.
. ... .... W-.
Das Erlöschen der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet
vom Ueberständehofe zu Cöln am 15. Novbr.
Ein Ausbruch auf dem Schlachthofe zu Breslau am 14. Novbr.
ist am 15. Novbr. wieder getilgt worden; desgl. zu Strassburg
am 21. Novbr.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Nachbars Rath in ViehnSthen oder: „Wie der Landmann erkranktes
Vieh pflegen und heilen soll“. Langjährige Erfahrungen, mitgetheilt
von Dr. L. Steuert, Professor an der Kgl. Bayer. Academife für
Landwirtschaft in Weihenstepban, Verfasser von: „Das Buch vom
gesunden und kranken Hausthier“. Preis 2,50 M. Grössere
Posten billiger. Verlag von Paul Parey.
Der obige Titel ist sehr schön. Es wäre in der Thai ein
idealer Zustand, wenn jeder Bauer zum Nachbar einen Professor
hätte, der ihm Rath in allen Nöthen ertheilt. Der Gedanke,
diesen Zustand wenigstens in litteris lür zwei Mark fünfzig
herbeizuführen, mnss daher ein ausserordentlicher genannt werden.
Anch die Thierärzte werden einstimmig ausrufen: Wirklich
ein netter Herr Nachbar! Schmakz.
Personalien.
Ernennungen : Dr. Schmidtmann, Geheimer Medicinalratb
und Vortragender Rath im Ministerium der geistlichen, Unterrichts¬
und Medicinalangelegenheiten, zum Mitglied der Technischen Depu¬
tation für das Veterinärwesen. Schlegel, Assistent an der thier-
hygienischen Abtheilung des hygienischen Instituts zu Freiburg von
der philosophischen Facultät daselbst promovirt.
Zum Kreisthierarzt: Thierarzt T r o p s - Langen für den Kreis
Worms.
Schlachtbofverwalter C. Ullrich- Münster zum Scblaclu-
hausdirector, Thierarzt H o h m a n n zum Schlachthofthierarzt in
Hamburg.
Bezirksthierarzt Kronburger -Beilngries pragmatisch an
gestellt.
Promotion: Thierarzt Johann- Teterow von der philosophischen
Facultät der Universität Rostock.
Approbationen: In Berlin Stud Herr Joseph Neubauer.
Wohnsltzveräaderungen, Niederlassungen eto. : Verzogen: Thier¬
arzt R ö m e r- Melverode nach Oscbersleben, TKierarzt Feser-
Starnberg nach Abensberg (Bay.), Thierarzt S t e n z e 1 - Rodenkirchen
nach Springe (Hann.), Thierarzt H a n s e n - Nordballig nach Tritten
(Holstein). — Tbicrarzt G e r k e hat sich in Lewe-Liebenburg a. fl.,
Thierarzt Neffgen in Miilheim a. Rh. — niedergelassen.
In der Armee: Versetzt: Unterrossarzt D a i n g h a u s vom Art.-
Rgt. No. 29, unter Beförderung zum Rossarzt in das Art-Rgt No. 13;
Einj.-frw. Unterrossarzt Kurtzwig vom Garde - Train - Bat zum
2 Garde-Drag.-Rgt
Todesfälle: Oberamtstbierarzt Hausmann-Nürtingen, Ober¬
amtsthierarzt a. D. H e t z e 1 - Oberndorf a. N., Oberrossarzt Klett-
Oels, Oberrossarzt a. D. Rob. Ibscher -Gubrau.
Yacanzen.
Kroisthierarzt8tellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenbeim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De-
cember 1898 an Regierungspräsidenten. — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel.
b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz io
Zielenzig. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen
(800 M. Zuschuss).
Santtitsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Haltern: Thierarzt zum 1. Januar 1899 (ca. 1200 M. aus Fleisch,
schau u. 800 M. Zusch. PrivatpraxiB.). Bew. b. 5. Dec. an Bürgermstr.
— Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. 1899 (1800 M.,
fr. Wohnung,Privatpraxisgestattet).Meid, bis 15.Dec. an Bürgermeister.
— S t r as b u rg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600M. bis2500H..
freie Wohnung). — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. December
an Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Elbing: Schlachthofdirector. — Mainz: Schlacbt-
hofasaintenzthierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthansbilft-
thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
Privatstelle«: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt
(aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat —
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher B-
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath.-
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. FleischschaugebühreD,
Bewerb, an Magistrat — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬
rath. — Remberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an
Magistrat — LandBberg a. W.: Assistent am Rothlauf-Serum-Inatitut
(1800 M.), Bew. an DirectorDr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt
(Einn. aus Fleischbeschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Tbierarzt
(Zuschuss 200 M u. Uebertragung der Flei-tchschau). Bew. umgeh-ian
Bürgerm. Igel. — Obermarsch acht (Elbe): Tbierarzt — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleiscbschau 1200 M.) Meid, au Polizei¬
verwaltung. — Poulheim (Kr. Köln): Thierarzt. (Eink. ca. 10000M.)
Ausk. Gemeiudevorst. — Preuzlau: Assistent am Rothlauf-Serum-
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier¬
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Scbön-
baum (Danziger Nehrung): Thierarzt. Näheres durch Gutsbex
Penner in Freienhaben bei Schönbaum. — Schönfliess (Neu¬
mark): Näheres Thierarzt Kü h n - Joachimsthal. — Stoppe"'
berg (bei Essen): Thierarzt Näheres durch den Bürger¬
meister. — Z e h d e n: Thierarzt. Näheres durch Amtsratb Ehlert
jn Grüneberg bei Zehden).
Besetzt: Privatstellen: Hermeskeil, Callies,
Verantwortlich fllr den Inhalt (excl. Inieratenthcil) Prof. Dr. Schmält« in Berlin. - Verla* und Kiirenthnm von Rlohar.l SchoeU in Berlin. — Druck von W. BOrenrteU. B««®-
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Die „BerlJ®® r ThtorlntUehe Wochensohrlft“ erscheint
wöchentlich ln Sterke von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe
ist au besleben durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoets, Berlin NW., Luisenstrasse 36, mm Preise von
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Originalbeltrige werden mit 60 Hk. fttr den Bogen honorfrt.
Alle Manuscrlpte, Mittheilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man au senden an Prof. Dr. 8chmaltz,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenaions - Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 48 . Ausgegeben am 1. December.
Inhalt: Seharmer : A tte 8 te ü b e r T u b e rc u 1 i n -I m p f u n g e n. — OyensUeber die Behandlung des Strahlkrebses
mit F o r m a 1 i n. — Oberscbulte : Die Behandlung des Kalbefiebers. — Thoms: lieber Atropin-Mo rphium-
I n j e c t i o n. — Dlugay : Zwangsmittel bei Schweinen. — Notizen. — Referate : K e i s i n g e r: Versuche mit Aeroform.
— Aus dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht für die preussische Armee, Rapportjahr 1897. —Roy: Generalisirte Sclerose
der Lunge. — Bose und Vedel: Klinische Studie über dio intravenösen und subentanen Injectionen von Salzwasser beider
Behandlung von Infectionen und Intoxicationen. — tirigorjew: Zur Frage Uber die Natur der Parasiten bei Lyssa. —
Anatomisch-physiologisches. — Tagesgeschichte: Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schles¬
wig-Holstein am 24. und 25. September 1898 zu Neumünster im Bahnhofshötel. — Sitzungsbericht der 43. General-Versammlung
des thierärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der thüringischen und anhaitischen Staaten am 23. October 1898 in Halle a. S.
— Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinär wesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und
Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Atteste Uber Tuberculin-Impfungen.
Von
Scharnier - Liegnitz,
Depertementsthlerarzt.
In der letzten Zeit beschäftigt sich die landwirtschaftliche
Presse sowie die „Allgemeine Centralzeitnng“ für Thierzucht mi
den von Tbierärzten ausgestellten Attesten über Tuberkulin
Impfungen.
Veranlassung hierzu hat der in No. 33 der „Zeitschrift der
Landwirthschaftskammer“ für die Provinz Schlesien von Schlar-
banm-Annenhof veröffentlichte Fall gegeben. Derselbe kaufte
von einem Znchtvieblieferanten, welcher einen grossen Transport
schwarzbunter Bullen zum Verkauf gestellt hatte, einen knapp
zweijährigen Original-Oldenburger Bullen nnd erhielt den be¬
dungenen Impfschein nicht bei der Uebergabe des Bullen, sondern
erst später zugestellt. In der Zwischenzeit wurde dieser Bnlle
von einem Thierarzte nach eingehender Untersuchung für höchst
toberkulo8everdächtig erklärt. Anf die Tuberkulin-Injection trat
eine Temperatursteigernng von 38,5° auf 40,1° C. ein. Der von
dem Händler zngeschickte Schein, welcher von zwei Thierärzten,
darunter ein Kreisthierarzt, unterschrieben war, besagte, dass
e i n schwarzbrauner Bnlle des Herrn X. mit Tuberkulin geimpft
worden sei, aber nicht reagirt habe. Auf dem Impfschein war der
Bnlle weder nach Alter und Rasse, noch nach Abzeichen, Horn¬
brand etc. gekennzeichnet.
Dieser Fall, der nach meiner Erfahrung nicht vereinzelt
dastebt, ist wegen der weitgehenden Bedeutuug der Atteste über
Tuberkulin - Impfungen für die Viehzüchter von H. Lehnert-
Miersdorf in No. 35 der „Zeitschrift der Landwirthschaftskammer
für die Provinz Schlesien“ nnd von mir am 23. October d. J. in der
Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte znr Sprache ge¬
bracht worden. Da sieb die landwirtschaftlichen Organe mit
diesem Impfatteste beschäftigten and Vorkehrungen gegen der¬
artige Blanco-Atteste in Erwägung zniehen, dürfte es angezeigt
sein, dass auch die thierärztliche Presse diesen Fall gehörig
würdigt.
Zur Rechtfertigung des Eingangs skizzirten Attestes kann
leider nici.fs beigebracht werden. Es ist ein Blanco-Attest, das
in der Hand des Händlers beliebig verwendet und zu Täuschungen
benutzt werden kann. Dies muss auf alle Fälle durch genaues
Signalement und Angabe sonstiger Verhältnisse, Veranlassung
und dergl. seitens des bescheinigenden Thierarztes vermieden
werden; da demselben die auftraggebende Persönlichkeit sowie
der Zweck der Bescheinigung bekannt sind, muss er mit pein¬
licher Sorgfalt jede Unterschiebung von vornherein anszuschliessen
suchen. Fehlen besondere Merkmale, so müssen Kennzeichen
(Hon- oder Klanenbrand, Ohrmarke and dergl.) verlangt werden,
widrigenfalls die Attestirnng verweigert wird. Lieber etwas
weniger verdienen, als etwaigen unlauteren Machenschaften Vor¬
schub zu leisten. Nicht Geld nnd Gut können den makellosen
Namen sowie die Achtung der Collegen und der anderen Menschen
ersetzen.
Das Bedauerlichste an solcher Attestfabrikation ist, dass die
Aussteller nicht allein darunter zu leiden haben; der ganze thier¬
ärztliche Stand wird in Mitleidenschaft gezogen. Die Anerkennnng,
welche dem thierärztlichen Stande in den letzten Jahren zu Theil
geworden ist, verpflichtet die Mitglieder des Standes, derartige
Verrichtungen, welche ein gewisses öffentliches Interesse haben,
möglichst genau nnd vollständig zn erfüllen. Nicht Moral will
ich predigen, zeigen wir uns aber würdig des uns entgegen¬
gebrachten Vertrauens. Lassen wir nie ausser Acht, dass wir nur
durch ein correctes Verhalten in jeglicher Beziehung die stellen¬
weise noch nicht ganz beseitigten Vorortheile überwinden können.
wird unserem Stande die ihm gebührende sociale Stellung
allgemein znerkannt werden.
Jeder Thierarzt, beamteter sowie privater, der es gut mit
sich nnd seinem Amte bezw. Stande meint, mnss es als die vor¬
nehmste Pflicht erachten, alle seine Handlungen so zu gestalten,
dass seine Ehre nnd sein Ansehen und die Ehre und das Ansehen
des gesammten thierärztlichen Standes dadurch gewinnen oder
doch dadurch nicht herabgemindert werden.
Ueber die Behandlung des Strahlkrebses mit
Formalin.
Von
Oyeu-Kostenblut,
Thierarzt.
Am 3. Juni dieses Jahres wurde ich von einem hiesigen
Gutsbesitzer zu einem vieljährigen Wallach belgischer Abkunft
gerufen, bei dem sich beim Ausschneiden der Hufe bedeutende
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I
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 4«.
566
Horndefecte am Strahl und an der Sohle sowie an den Eckstreben
und an den Hinterfdssen sogar an der Krone zeigten. Aus¬
gesprochene Lahmheit bestand nicht; doch ging das Thier mit
gespreizten Hinterfüssen, als ob es sich fürchtete, die äusseren
Wände der Hinterhufe zu belasten. Eine genaue Untersuchung
der Hinterfüsse hatte folgendes Resultat: Der ganze Strahl
beider Hufe, die Hälfte der Sohlen und die beiden äusseren Eck¬
streben waren total unterminirt. Nach sorgfältiger Entfernung
des losen Hornes präsentirten sich namentlich in den Eckstreben¬
winkeln lange Zotten. Mit einer Sonde konnte ich in den
äusseren Eckstrebenwinkeln an der Wand entlang bis hinauf an
die Krone gelangen. Auch die Sporen und der Saum der Hufe
waren mit zerfallenem, schmierigem Horn bedeckt. Die Köten-
haare standen borstig und auseinandergesträubt, dadurch lebhaft
erinnernd an das Bild des Straubfusses.
An den Vorderhufen war der Zerstörungsprocess noch nicht
so weit vorgeschritten, aber mit der Sonde fand ich doch einen
grossen Theil des Strahles unterhölilt und der Strahlfnrche konnte
ich eine respectable Menge zerfallenen Horns entnehmen.
Es handelte sich nun darum, den Strahlkrebs — denn dass
es solcher war, stand zweifellos fest — einer energischen Behand¬
lung zu unterziehen.
Angeregt durch einen Artikel des Herrn Professor Fröhner
in der , ; B T. W.“ betreffend die Behandlung des Strahlkrebses
mit Formalin, beschloss ich von einer Operation abzustehen.
Ich nahm nun zuerst den rechten Vorder- und den linken
Hinterfuss in Behandlung.
Nach sorgfältiger Entfernung des losen Horns reinigte ich
den rechten Vorderhuf sauber mit lauem Seifwasser, trocknete
ihn mit Watte ab und belegte die nackten zottigen Stellen mit
einer dünnen, mit Formaldeliyd getränkten Lage Watte. Sodann
legte ich einen Druckverband an. An dem linken Hinterhuf
musste ich die langen Zotten mit der Scheere fortschneiden
und verfuhr dann in derselben Weise wie mit dem andern Huf.
Von den beiden andern Hufen entfernte ich vorläufig nur sorg-
fältigst das lose Horn, reinigte die betreffenden Stellen und
pinselte sie vorsichtig mit Formalin aus, worauf ich sie noch mit
etwas Jodoform bepuderte.
Am zweiten Tage nach Anlegen der Verbände sahen die be¬
handelten Hnfe überraschend schön aus. Ueberall, wo die mit
Formalin getränkte Watte hingekommen war, fand ich einen
braunen, festen, trockenen Schorf. Ich bepinselte nun die be¬
handelten Hufe mit Formalin und legte nun den andern beiden
Hufen Formalinverbände an.
Nach mehrmaliger wechselseitiger Erneuerung der Verbände
sowie nach darauffolgender Bepinselung der Hufe mit einer
Mischung von Aloe- und Myrrhentinctur, der ich etwas Carbol-
säure zusetzte, konnte ich das Thier, welches im Anfang der Be¬
handlung in Folge der durch die Aetzung hervorgerufenen
Schmerzen lahm gegangen war, auf lehmigem Boden tüchtig be¬
wegen lassen. Sobald das Pferd wieder in den Stall kam, wurden
die Hufe sauber abgewaschen, abgetrocknet und mit der Tinctur
bepinselt.
Nach 14 Tagen war das Horn der Vorderfüsse fest und über¬
all trocken. Auch der Strahl der flinterhufe sowie die Sohle
waren, wenn sie auch etwas deform geworden waren, fest und
mit gesundem Horn bedeckt. Die Schorfe, denn als Bolche sind
doch die mit Formalin gebeizten Stellen zu betrachten, sind nicht
abgefallen, sondern wurden später beim Ausschneiden der Hufe
entfernt.
Am meisten zog sich die Heilung der Eckstreben in die
Länge; das Pferd arbeitete jedoch von der sechsten Woche der
Behandlung ab mässig im weichen Acker barfuss.
Am 6. September, also ca. 13 Wochen nach Beginn der Behand¬
lung, konnte ich keine Stelle mehr an den Hufen entdecken, wo
sich irgend welche Recidive bemerkbar gemacht hätten.
Das Thier arbeitet bis zum heutigen Tage barfuss auf jedem
Boden.
Demnach ist vollständige Heilung eines gewiss schwierigen
Falles von Hufkrebs durch Behandlung mit Formalin ein¬
getreten.
Die Formalinverbände bieten auch den Vortheil, dass bei
gleichzeitiger Erkrankung mehrerer oder aller Hufe gleichzeitige |
Behandlung derselben stattfinden kann.
Auch scheint die Aetzung mit Formalin doch lange nicht
solche Schmerzen zu verursachen wie die Operatiion des Huf-
krebses. Das betreffende Pferd liess sich stets, ohne ansser-
gewöhnlichen Widerstand zu leisten, ruhig die Verbände anlegen,
hat auch nie einen derselben heruntergerissen oder durch¬
geschlagen.
Eigentümlich ist es noch, dass mir dieser Tage wieder eis
Fohlen mit Strahlkrebs vorgeführt wnrde, das von demselben
königlichen Hengst wie mein obiger Patient stammt Die Be¬
sitzer der Umgegend haben schon häufig bei den von diesem
Hengst gezogenen Fohlen Neigung zum Strahlkrebs beobachtet.
Auch ich war im Besitze eines zweijährigen Fohlens, das
von diesem Hengste stammt; dasselbe hat jedoch bis heute Hofe
von tadelloser Beschaffenheit
Oie Behandlung des Kalbefiebers.
Von
Oberschulte-Lüdenscheid.
Folgende elf Fälle von Kalbefieber verschiedenen Grades und
verschiedener Behandlung bringe ich als Material ftir die Kalbe¬
fieberstatistik zur Veröffentlichung.
1. Schwere Kuh, Tags vorher gekalbt, schwankt, frisst wenig.
90 gut fühlbare Pulse.
Diagnose: leichtes Kalbefieber.
Therapie: belebende innere und äussere Mittel.
Ausgang: gesund in 24 Stunden.
2. Mittelschwere Kuh, zwölf Stunden vorher gekalbt, liegt in
vollkommener Ohnmacht am Boden, mehr als 100 noch fühl¬
bare Pulse.
Diagnose: schweres Milchfieber.
Therapie: Abführmittel, Ausspülungen des Uterus, Lysol-
injectionen ins Euter durch den Strichcanal, Excitantien.
Ausgang: Tod nach 36 Stnnden.
Nach Veröffentlichung der Sch midt-(Kolding)-Bebandlungin
der B. T. W.:
3. Schwere Kuh, zwei Tage vorher gekalbt, seit 24 Stunden
krank, liegt regungslos am Boden, leises Stöhnen, kein Puls mehr
fühlbar.
Diagnose: schwerstes Kalbefieber.
Therapie: einmalige Infusion nach Schmidt und subcut Coffein-
injection.
Ausgang: Schlachtung durch den Besitzer, weil „es ihm so
lange dauerte“, 24 Stunden nach der Infusion, bis dahin keine
Besserung.
4. Leichte Kuh, vor zwei Tagen gekalbt, steht noch, frisst noch
etwas, 80 sehr schwache Pulse.
Diagnose: Verdacht des Kalbefiebers.
Therapie: Nach Schmidt-Kolding und Excitantien.
Ausgang: Tod am offensichtlichen Kalbefieber, ca. 24 Stnnden
nach der Infusion.
5. Mittelschwere Kuh, vor l 1 /, Tagen gekalbt, liegt «eit
fünf Stunden, PuIb nicht fühlbar.
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' “V
1 Deeember 1898.
BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
567
Diagnose: schweres Kalbefieber.
Therapie: Infasion nach Schmidt, Coffein snbcutan.
Ausgang: Tod zwölf Stunden später.
6. Schwere Kuh, zwölf Stunden vorher gekalbt, liegt seit vier
Stunden am Boden, starke Ohnmacht, über 100 sehr schwache
Pulse.
Diagnose: schwerstes Milchfieber.
Therapie: Infusion nach Schmidt, Coffein subcutan.
Ausgang: Tod drei Stunden nach der Infusion.
7. Schwere Kuh, vor ca. zwölf Stunden gekalbt, liegt seit
vier Stunden am Boden, vermag den Kopf noch in die Seite zu
schlagen, ist sehr unruhig, Pulszahl ca. 80.
Diagnose: mittelstarkes Kalbefieber.
Therapie: Infusion nach Schmidt, Excitantien, Abführmittel
per os.
Ausgang: Besserung nach zehn Stunden (d. h. sie vermag
mit Hilfe aufzustehen), vollkommen gesund nach 24 Standen.
8. Mittelschwere Kuh, gekalbt vor 24 Stunden, liegt seit
einer Stunde am Boden, 90 kräftige Pulse, grosse Unruhe.
Diagnose: schweres Kalbefieber.
Therapie: Infusion nach Schmidt, Coffeininjection, Camphor
und starke Abführmittel per os.
Ausgang: 24 Standen unverändert, nach 36 Stunden Besse¬
rung, d. h. sie vermag mit Nachhilfe aufzustehen, gesund bis
auf leichte Schwäche nach 48 Stunden.
9. Mittelschwere Kuh, liegt seit fünf Stnnden am Boden,
80 gut fühlbare Pulse, grosse Unruhe.
Diagnose: schweres Milchfieber.
Therapie: Jodkalium nach Schmidt, Coffein, Aloe.
Ausgang: gesund, d. h. sie steht auf und frisst nach acht
Stunden.
10. Leichte Kub, gekalbt vor ca. 24 Stunden, steht vor der
Krippe, frisst nicht und schwankt im Hiutertheil, ca. 80 gut fühl¬
bare Pulse.
Diagnose: leichtes Kalbefieber.
Therapie: Jodkalium nach Schmidt, Abführmittel per os.
Ausgang: Symptome sind nach zehn Stunden verschwunden.
11. Schwere Kuh, liegt seit zwei Stunden am Boden, vermag
den Kopf noch etwas zu heben, sehr ruhig, 80 kräftige Pulse.
(Drückende Gewitterschwüle.)
Diagnose: schweres Kalbefieber.
Therapie: Infusion nach Schmidt, starke Abführmittel per os.
Ausgang: Besserung nach drei Stunden, Aufstehen nach neun
Stunden, vollkommen gesund nach 20 Stunden.
Das Resultat der 9 nach Schmidt-Kolding behandelten
Fälle ergiebt also fünf Mal Genesung, vier Mal Tod. Die Pro¬
gnose hat sich offenbar nach der Beschaffenheit des Pulses zu
richten, was ich auch in zahllosen früheren Fällen gefunden habe.
Ueber Atropin-Morphium-Injection.
Von
Dr. Thoms-Montabaur,
Krelithlerarzt.
Den von Herrn Dr. Jess in No. 39 der B. T. W. mit-
getheilten Bericht bin ich in der Lage, noch dahin zu
ergänzen, dass auch bei kaltblütigen Pferden rash dieser
Einspritzung, welche ich nie mehr anwendea werde, so
schwere Kolikanfälle eintreten können, dass dieselben den Tod
zur Folge haben. Es handelt sich um ein sehr schweres,
belgisches Arbeitspferd, welches wegen rheumatischer Muskel¬
erkrankung bes. der Nachhand schon 14 Tage erfolglos behandelt
war. Ich injicirte Morphii 0,2, Atrop. sulfuric. 0,05 und Aq. destill.
20,0. Das Thier war vor der Injection fieberfrei und frass mit
grösstem Appetit das vorgelegte Futter. Irgend welche Symptome
einer inneren Krankheit waren nicht vorhanden; an einer Kolik
hatte das Thier nie zuvor gelitten. Nach circa 6 Stunden traten
die ersten Kolikerscheinungen unter gleichzeitigem Meteorismus
auf. Dieselben nahmen in rascher Zeitfolge an Intensität so be¬
deutend zu, dass das Thier vier Stunden später unter enormen
Schmerzen wahrscheinlich in Folge einer durch hochgradige Tympa-
nitis hervorgerufenen Erstickung verendete. Die Lösung war in
meiner Gegenwart in der hiesigen Apotheke hergestellt; Fehler in der
Anfertigung sind nicht gemacht worden. Wenngleich der hohe
therapeutische Werth dieses Mittels, welches sich in vielen Fällen
so ausserordentlich bewährt hat, nicht bestritten werden soll, so
halte ich es doch für unumgänglich nothwendig, solange vor der
Anwendung desselben zu warnen, bis die durch den Gebrauch
derselben eiDgetretenen Todesfälle ihre wissenschaftliche Er¬
klärung gefunden haben.
Es muss meiner Ansicht nach bei einzelnen Thieren ge-
wissermassen eine Idiosynkrasie gegen das Atropin bezw. gegen
Atropin-Morphium besteben, da, wie ich aus eigener Erfahrung
weiss, die angegebene Stärke der Dosis in den meisten Fällen
selbst bei leichten Pferden absolut unschädlich ist und keinerlei
Krankheitserscheinungen hervorruft. Interessant ist die That-
sache, dass beim Menschen erst Dosen von 0,01 toxisch wirken
und dass Fälle vorgekommen sind, wo nach einer Menge von
0,06 Atropin eine Wiedergenesung erfolgte.
Zwangsmittel bei Schweinen.
Von
Dlugay - Filebne,
KreUthlerarzt.
Um widerspenstige und bösartige Schweine zwecks Vornahme
operativer Eingriffe zu bändigen, hat sich folgendes Verfahren
gut bewährt:
Am zweckmässigsten gehtder Schweinepfleger mit einem langen,
starken Strick, an dessen einem Ende eine Schlaufe zurechtgemacht
ist, in die Bucht, besänftigt das Thier durch Vorhalten des
Futters und Kratzen des Rückens und sucht eine passende Ge¬
legenheit, die Schlaufe des Strickes um den Oberkiefer anzulegen
und durch Anziehen eine Loslösung des Strickes zu verhüten.
Nun wird sofort das andere Ende des Strickes von bereit stehen¬
den Gehülfen angezogen und an einem passenden Gegenstände
befestigt.
Ich habe immer gefunden, dass die Schweine unter Geschrei
nach rückwärts drängen und in dem Bestreben, sich von'dem
Stricke loszumachen, alles Uebrige ausser Acht lassen. Selbst
sehr schmerzhafte Operationen an den Klauen, dem vorgefallenen
Mastdarm etc. konnten bei sehr kriegerischen Thieren ohne Ge¬
fahr vorgenommen werden.
Dieses Verfahren dürfte auch bei der Geburtshilfe und bei
den Schutzimpfungen der Schweine mit Vortheil anzuwenden sein.
Notizeu.
Berichtigung.
In dem Artikel von Hecker in der vorigen Nummer sind
zwei Literaturcitate unrichtig gestellt. Pg. 555, Anmerkung, muss
es heissen: „Monatshefte für pract. Thierheilkunde Bd. X“;
dagegen pg. 556, Anmerkung 1: „Wochenschrift Für Thierheil¬
kunde 1897“.
Anfrage.
Hat einer der Herren Collegen jemals beobachtet, dass ein
Pferd unter keinen Umständen im Stall, wohl aber im Freien und
bei der Arbeit gekoppt oder aufgesetzt hat?
Christiani, Darmstadt.
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568
BERLINER THIERÄRZTLICHE W0CHEN8CHRIFT.
No. 48.
Referate.
Yersnche mit Xeroform.
Von L. Rei8ingcr, Assistent in Wien.
(Thiorüml. Ceutralbl., 1«98, H 24.)
Von den Ersatzmitteln, welche für das Jodoform bei Behand¬
lung chirurgischer Leiden empfohlen worden sind, hat sich das
Xeroform nach den bisherigen Erfahrungen eine vorwiegende
Anerkennung verschafft. Es ist ein jodoformfthnliches Pulver
und seiner chemischen Constitution nach Tribromphenolwismuth.
Dasselbe wirkt stark antiseptisch, reizt nicht, ist absolut ungiftig
und nahezu geruchlos. Die Unlöslichkeit des Präparates in
Wasser bedingt seine Anwendung in Pulver- und Salbenform.
Als Versuchstiere verwendete der Verf. zuerst Katzen, da
diese Thiere gegen die Einwirkung local angewandter Antiseptica
oft eine starke Empfindlichkeit bekunden und sogar au schäd¬
lichen Allgemeinwirkungen solcher Mittel eingehen können. U. A.
wurden einer Katze vom 15. bis 31. December täglich 6 g.
Xeroform innerlich verabreicht, ausserdem die ganze Körperober¬
fläche mit einer 50 proc. Salbe eingerieben, ohne dass sich
krankhafte Erscheinungen zeigten. Die Katze blieb vollkommen
gesund, auch die Haut entzündete sich nicht.
Hunde verschiedener Grösse und verschiedenen Alters er¬
hielten vier Tage hintereinander 10 bis 24 g innerlich ohne jeden
Nachtheil. Ebensowenig wurde bei einem Pferd nach innerlicher
Verabreichung von 30 g ein schädlicher Einfluss wahrgenommen.
Verf., welcher an der med. Klinik der Wiener Hochschule
Assistent ist, beobachtete eine schnelle Heilwirkung des Mittels
bei nässenden und eiternden Ekzemen und bei der Behandlung
von Drüsenabscessen. In den erstem Fällen trocknete das Xero¬
form rascher aus und beseitigte den Juckreiz schneller als das
Jodoform und Dermatol. Innerlich leistete das Mittel sehr gute
Dienste als desodorirendes Darmdesinflciens und als Styptioum^
bei Staupediarrhöen der Hunde und Katzen. Das Pulver wurde
in Gummi-Emulsion oder mit Zucker zu gleichen Theilen in Tages¬
dosen von I bis 4 gegeben. In fast allen Fällen konnte die
Diarrhöe bei dreimaliger Verabreichung von 0,5—1 g in zwei bis
drei Tagen vollständig beseitigt werden. Nicht blos in frischen
Fällen, sondern auch bei länger bestehenden colliquativen Diarr¬
höen der Hunde wurde das Mittel erfolgreich benutzt.
Hiernach dürfte es empfehlenswerth sein, mit dem Xeroform
ausgedehnte Versuche bei acuten und chronischen Darmkatarrhen
der kleinen Hausthiere zu machen. Insbesondere soll auch auf
die noch zu erprobende Wirkung des Präparates bei der Diarrhöe
der Kälber hingewiesen werden (D. Ref.).
Auf die schweren colliquativen Diarrhöen des Pferdes, welche
im Verlaufe der Brustseuche auftreten, konnte mit täglichen
Gaben von 20—30 g ein günstiger Einfluss nicht erzeugt werden.
Die Anwendung des Mittels in der Rinderpraxis, hauptsächlich
bei Milchkühen, empfiehlt sich besonders wegen seiner Geruch¬
losigkeit.
In demselben Fachblatt (No. 28) beschreibt Rosenfeld die
vollständige Heilung einer penetrirenden Sprunggelenkswuude
durch Xeroform, nachdem die Wunde durch das empirische Ver¬
fahren eines Kurschmiedes erfolglos behandelt worden war.
Aus dem statistischen Yeterinär-Sanitätsbericht für die
preossische Armee, Rapportjahr 1897.
Die Gesammtzahl der Pferde des activen Dienststandes betrug
77404. Davon kamen in Behandlung 28395, d. s. über 36 pCt.
Seit dem Jahre 1888 hat übrigens diese Behandlungsziffer
zwischen 35 und 47 pCt. geschwankt.
Von den 28395 Pferden sind 90,73 pCt. geheilt. Als ge¬
storben, getödtet und ausrangirt werden 1643 angeführt, d. s.
5,78 pCt. der behandelten Pferde und 2,12 pCt der Etatsstärke.
Wegen Brustseuche wurden 3116 Pferde = 4 pCt. des Be¬
standes und 11 pCt. der Erkrankten behandelt; 126 = 4 pCt
der Erkrankten sind gestorben. Im ersten und vierten Quartal
war die Zahl der Fälle bei weitem am grössten. Betroffen
wurden 63 berittene Truppentheile. Von einzelnen Beobachtungen
über Brustseuche ist Folgendes hervorznheben: Die Herkunft
der Seuche ist sehr häufig nicht ermittelt. In Ostpreussen liess
sich jedoch die Wahrnehmung machen, dass die Seuche sich
allmälig von Osten nach Westen ausdehnte. Beim Husaren¬
regiment No. 1 wurden Beobachtungen gemacht, nach denen die
Uebertragung des Contagiums durch die Luft wahrscheinlicher
wird, als man bisher annimmt Vielfach wurde auch wieder
beobachtet, dass die ersten Fälle unter wenig ausgeprägten
Symptomen verliefen. Der Seuchengang war vielfach ein
schleppender. Das Durchseuchenlassen zum Zwecke der Ab¬
kürzung führte mehrfach nicht zu dem gewünschten Erfolg. Das
absolute Durchseuchenlassen, d. b. das Verfahren, dass kranke
und gesunde Pferde in ihren Ständen stehen bleiben, welches
man versuchsweise in der Armee ausführen wollte, findet in dem
Bericht durchaus keine Fürsprache. Die Frage, ob diese Mass-
regel im einzelnen Falle zu empfehlen ist, ist von den speciellen
Umständen abhängig. Will man andererseits von der Absonderung
der Pferde einen Erfolg erwarten, so ist das Entscheidende, ob
der erste Krankheitsfall richtig erkannt war. Sind erst einige
Fälle von Katarrh und Lungenentzündung vorangegangen, die in
Wirklichkeit Brustseuche waren, so hat das Absondern keinen
Werth mehr. Für grössere Garnisonen würde sich die Errichtung
eines grösseren Absonderungsstalles in gehöriger Entfernung vom
Casernement empfehlen. Unter den Nachkrankheiten wurden
recht häufig Sehnenentzündung 68 Mal, Kehlkopfpfeifen 45 Mal,
sowie auch innere Aqgenentzündung -14,Mal beobachtet.jEs ist
auch zu beachten, dass der Ansteckungsstoff sich in dem schein¬
bar wiederhergestellten Patienten lange erhalten kann, weshalb
man Reconvalescenten nicht zu früh unter die gesunden Pferde
zurückstellen darf. Eine junge Renionte erkrankte am 25. August,
war am 4. September aber wieder fieberfrei und wochenlang
scheinbar gesnnd. Am 2. Oktober stürzte sie um und verendete.
Die Obduction ergab Gehirnblutung; in der rechten Lunge aber
eine zweifaustgrosse Verdickung mit mehreren graugelben und
graurothen Herden. Ein gutes Desinfectionsmittel ist leider noch
nicht gefunden. Versuche mit Holzin haben ergeben, dass das¬
selbe nur unvollkommen desinficirt. Beim Husarenregiment No. 1
sind dagegen mit Vortheil die von der Schering’schen Fabrik
in den Handel gebrachten Formalin-Desinfectoren benutzt worden,
wobei ohne Gefährdung für Mensch und Thier sämmtliche Stall¬
öffnungen geschlossen werden konnten.
Was die Impfungsfrage anbetrifft, so finden sich darüber in
dem Bericht folgende Mittheilungen: Im 1. Husarenregiment
waren 700 ansteckungsfähige Pferde vorhanden. Es wurde daher
das Durchseuchenlassen empfohlen. Leider war der Verlauf des
Seuchenzuges ein schleppender und hat l 1 /, Jahre gedauert Als
die Seuche sich Monate lang stetig weiter verbreitet hatte, wurden
am 23. August Schutzimpfungen mit Serum begonnen. Die
Veranlassung zu diesen Impfungen gab, wie der Bericht hervor¬
hebt, das Bekanntwerden der Jensensehen Versuche. Die
Impfungen wurden September bis November vorgenommen. Efi
wurden theils Impfungen mit unversetztem Serum, theils mit
solchem Serum vorgenommen, wo eine 0,8proc. Lösung chemisch
reiner Oxalsäure dem Blute im Verhältnis von 1:10 zugesetzt
war. Im ersteren Falle wurden theilweise die mit dem Blut ge¬
füllten Glascylinder sofort in Eiswasser gesetzt, theilweise aber
wurden sie in die geheizte Dispensiranstalt gebracht. Die gleich-
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1. Decembcr 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
569
mässige Kühlung des Blutes erwies sich jedoch als vorteilhafter,
weil dabei mehr Serum gewonnen wird. Die Menge des mit
Dieckerhoff’scher Hohlnadel aus der Drosselvene gewonnenen
Blutes schwankte zwischen 4 und 6 Liter pro Pferd. Es wurde
nur von solchen Pferden entnommen, die nachweislich im letzten
Halbjahr die typische Brustseuche überstanden hatten, zum
Theil von solchen, welche erst seit 8 Tagen fieberfrei waren.
Geimpft wurde an der Vorderbrust. Gesundheitsstörungen traten
auch nach Einspritzung von 200 ccm nicht ein. Etwaige Schwel¬
lungen verschwanden in 48 Stunden. Die Dienstleistungen wurden
durch die Impfung nicht gestört. Die Dosen schwankten zwischen
60 und 200 g zusatzfreien Serums bezw. 200—300 g Oxalsäure-
Serums. Die Pferde der zuletzt erkrankten Escadron erhielten
innerhalb 14 Tagen 300, davon in den ersten 5 Tagen 200 g. Die
längste einwandsfrei beobachtete Immunitätsdauer, welche durch
die Impfung erzielt wurde, betrug 60 Tage. In der Regel kamen
nach den Impfungen in verschieden langen Zwischenräumen
immer neue Brustsenchefälle vor, weshalb man schliesslich die
Impfungen einstellte. An 8 Pferden wurden Heilversuche vor¬
genommen, und wenn diese sich auch schneller zu erholen
schienen, sowie in einigen Fällen die Körpertemperatur auffallend
zarückging, so konnte doch das Fortschreiten der Lungenent¬
zündung nicht verhindert und bestimmte Resultate nicht erzielt
werden. Auch beim Dragonerregiment No. 10 konnte ein Ein¬
fluss der Impfung auf den Seuchengang nicht festgestellt werden.
Was die Incubationsdauer anbetrifft, so traten in einer
Schwadron die ersten Erkrankungen auf ca. 22 Tage nach Er¬
krankung des Pferdes, welches die Seuche eingeschleppt hatte
und 12—13 Tage nach dem Verlassen des inficirten Stalles. Auch
mehrere andere Beobachtungen sprechen dafür, dass die Incuba-
tionszeit 12—30 Tage betragen kauu.
Bezüglich der Behandlung der Krankheit tritt die diätetische
Seite immermehr in den Vordergrund. Von Senfspirituseinreibungen
kommt man ab; nur bei sicheren Anzeichen von Brustfellentzündung
sind sie zu empfehlen. Priessnitz’sche Umschläge in den ersten
Tagen sind vortheilhaft. Auch Kaltwasserdouchen mit der „doppelt
wirkenden Hydronette“ waren nach Reinmann vorzüglich. Die
Temperatnr sank oft um 2° C., wobei dann allerdings 24 Eimer
Wasser auf beide Brustwände in Zeiträumen von 4 zu 4 Stunden
verspritzt wurden. Gegen Herzschwäche wurden Jodkalium 5 g,
Camphoröl 10 g subcutan gegeben (auch Digitalis 5 g, Strophantus-
tinctur 25 g). Nach Subcutaninjectionen von Camphorspiritus
am Halse traten höchst unangenehme Abscesse ein. Die von
Dieckerhoff empfohlene Einspritzung vor der Brust ist daher
vorzuziehen, weil hier die Abscessbehandlung leichter ist.
Pferdestaupe kam bei 1481Pferden vor, halb so oft als Brust¬
seuche. Bei einem Regiment erkrankten 373 Pferde. Das Dürch-
Beuchenlassen hatte bei dieser Krankheit einen entschieden
günstigen Erfolg. Die Therapie beschränkte sich in der Haupt¬
sache auf Regelung der Diät. Todesfälle und Nachkrankheiten
kamen nicht vor.
Generallsirte Sclerose der Lunge.
Von Roy, Militärveterinär in Limoges.
(Revne vit. April 1898).
Verf. beschreibt einen Fall von chronischer Pneumonie, die zu
einer wirklichen Sclerose der Lunge wurde. Patient war eine
Stute, die früher sehr energisch, mit der Zeit immer weicher und
träger wurde. Gleichzeitig verschlechterte sich auch ihr Allgemein¬
zustand. Als Symptome wurden Husten und Dyspnoe vermerkt.
Auscultation und Percussion liessen aber nichts besonderes in der
Brust finden. Nach einer vorübergehenden Besserung verendete
das Thier plötzlich nach einer nur leichten Bewegung.
Die Lunge war blassgrau, fiel nicht zusammen, war schwer
zu durchschneiden und derb unter dem Messer. Die Consistenz
war fibrös und auf der Schnittfläche waren die Lnmina der
Bronchiolen kaum zu sehen. Das Herz war hypertrophisch.
Histologisch erwiesen sich die Alveolarwandungen verdickt,
die von ihnen begrenzten Höhlungen fast ganz verengend. Die
Alveolen enthielten pigmentirte Zellhaufen und fettige Granu¬
lationen, einzelne waren leer und ohne Epithel Auch die Wan¬
dungen der Bronchien waren stark verdickt.
Klinische Studie über die intravenösen und subcutaneu
Injectionen von Salzwasser bei der Behandlung von
Infectionen und Intoxicationen.
Von Bose und Vedel.
(Revue de midie. — M. Mod. Wocb.)
Die Krankheiten, welche die Autoren in den Bereich ihrer
Versuche zogen, waren Pneumonie, Septicaemie, Typhus, Dysenterie,
Uraemie und Cholera. Während der Injection tritt eine merk¬
liche Besserung des Allgemeinzustandes ein bis zu dem Momente
(am Ende der Injection oder bis £ Stunde darnach), wo ein Schüttel¬
frost den Eindruck plötzlicher Verschlimmerung macht; nach
diesem Kältestadinm kommt ein solches der Wärme mit profuser
Schweissabsonderung. Die Temperatur fällt dabei allmälig, bis
sie Hach vier bis sechs Stunden wieder normal geworden ist. Die
der Injection folgende Reaction ist zuweilen auch unregelmässig
und unvollständig. Es kann schon, wie z. B. in einem Falle von
Pneumonie, nach einer Injection Heilung eintreten, meist sind
aber zwei bis vier oder noch mehr nöthig. Die Wirkung der
subentanen Injection ist im Allgemeinen weniger rasch, weniger
intensiv und weniger anhaltend als die der intravenösen; ist die
erste Injection eine intravenöse, so können die folgenden sub-
cfltjuqen von- gleich günstigem Einfluss sein. Die Injectionen mit
Kochsalzlösung sind indicirt bei allen septicaemischen oder
toxischen Infectionen oder bei Autointoxicationen; man soll aber
nie bis zu dem Augenblicke warten, wo der Zustand schon ein
sehr , schlechter ist, sondern möglichst bald beginnen. Ob die
Injectionen täglich oder weniger häufig zu machen sind,
darauf weist der Erfolg der ersten hin. Was nun die
Allgemeinwirkung betrifft, so bewirken die Salzwasserein-
spritzungen eine Summe von Modificationen, welche bei
genauem Studium mehr und mehr den Vertheidigungsmechanismus
des Organismus erkennen lassen. Das Kochsalz rührt, in die
Blutbahn gebracht, alle durch die Infection gelähmten Ver-
theidigungsmittel wieder auf und bewirkt diese Allgemeinreaction,
durch welche die Natur sich der Krankheit zu erwehren vermag:
anfallsweiBe Hyperthermie, Pulsbeschleunigung, Erhöhung des
Blutdrucks, rasche und starke Vermehrung der Harnabsonderung
und der Harnsalze, Schüttelfrost, Schweiss, Erbrechen, Diarrhöe,
allgemeines Wohlbefinden.
Zur Frage über die Natur der Parasiten bei Lyssa.
Von Grigorjew.
1 (Centralbl. f. Bacterlol., Parasitonk. n. Infectionakr.)
Von 50 bacteriologisch untersuchten Fällen von Laboratoriums¬
lyssa bei Kaninchen erhielt Verf., nach einem Referat in den
Fortschritten der Medicin, Culturen von Bacterien aus dem Ge¬
webe der Medulla oblongata, und zwar in V« der Fälle. Bei drei
derartig untersuchten Hunden fanden sich immer die Bacterien.
Von 30 Kaninchen und 6 Hunden ergab die am Ende des Incu-
bationsstadiums ausgeführte bacteriologische Untersuchung Culturen
bei 5 Hunden und 8 Kaninchen. Am häufigsten fand Verf.
Mikrokokkus tetragenus albus liquefaciens, Sarcina flava und alba,
Bac. xerosis conjunctivae und Bac. coli communis. Viermal fand
er rosa, einmal weisse Hefe, zwölfmal einen sehr winzigen
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
Mikrokokkns, der sieb nicht nach Gram färbte, in Bouillon und
Löffler’schem Blutserum gut, aber auf festen Nährmedien nicht
wuchs und für Kaninchen sehr pathogen war. Verunreinigungen
des Lyssavirus mit diesem Mikroorganismus bewirkten einen
früheren Ausbruch und einen schwachen Verlauf der Laborato¬
riumslyssa. Die Bacterien verschwanden jedoch bei weiteren
Uebertragungen vollständig, so dass Verf. mit Sicherheit behaupten
kann, die Bacterien sind nur zufällige Begleiter, nicht die Er¬
reger der Lyssa. Als diese spricht er Protozoen aus der Classe
der Amoeben an, die er freilich nicht züchten konnte, die sich
aber bei der Uebertragung des Lyssavirus in die vordere Augen¬
kammer am Versuchsthiere im Kammerwasser nachweisen Hessen.
Es waren protoplasmatische Körperchen mit unregelmässigen
gezackten Conturen und Kern, welche langsame amoeboide Be¬
wegungen machen und Pseudopodien aussenden. Diese Amoeben
zerfallen bei 37,5° C. nach Verlauf von 2 Stunden in einzelne
Körner. Verf. behauptet nicht, aber vermuthet, dass sie die Er¬
reger der Wuth sein können. Die Bacterien Bruschettini’s
und die Blastomyceten von Memino hält er nur für secundäre
Begleiter der Lyssaerreger.
Anatomisch-physiologisches.
Die Acoommodation de« Auges in der Thierreihe.
Vortrag, gehalten von Beer auf dem 4. intern. Physiologencongress,
Cambridge.
(Sonder-Beilage „D. med. Wocta.“)
Um das Auge für verschiedene Entfernungen einzustellen,
sind zwei Principien in der Thierreihe realisirt: 1. Die
Krfimraungsänderung brechender Flächen (speciell der Linse).
2. Die Aenderung des Abstandes brechender Medien vom auf¬
fangenden Schirm (speciell der Distanz zwischen Linse und Netz¬
haut). Die Kriimmung8änderung besteht ausschliesslich in einer
activen Accommodation für die Nähe mit entsprechender Vermehrung
der Wölbung. Sie findet sich bei Säugethieren, Vögeln, Reptilien.
Der Mechanismus der Accommodation ist überall der, dass die
Linse im Ruhezustände des Auges durch die Anspannung ihrer
Aufhängevorrichtung relativ abgeflacht erhalten wird; bei der
Accomodation wird durch Muskelwirkung die Aufhängevorrichtung
entspannt und dadurch der Linse gestattet, ihre mehr gewölbte
Ruhelage anzunehmen. — Die Aenderung der Linsenuetzhaut¬
distanz erfolgt nach zwei Richtungen: Bei Kephalopoden und
Knochenfischen — deren Auge im Ruhezustand für die Nähe
eingestellt ist — wird activ für die Ferne accomodirt, indem die
Linse der Netzhaut genähert wird. Bei Amphibien und Schlangen
erfolgt eine active Einstellung des Auges für die Nähe, indem die
Linse vortritt, weit von der Netzhaut entfernt. Bei den Knochen¬
fischen zieht ein eigner Muskel (Retractor lentis Beer) die Linse
retinalwärts. Bei den Kephalopoden, Amphibien und Schlangen
spielen Veränderungen des intraocularen Druckes durch die Con-
traction des kreisförmig angeordneten Muskels eine Rolle. Eine
besondere Accommodationsbreite findet sich bei einigen Schild¬
kröten, die unter Wasser tauchend, nicht nur den Verlust der
Hornhautbrechuug durch stärkere Linsenwölbung ausgleichen,
sondern selbst unter Wasser für die Nähe accommodiren.
Ueber die Conservirung des Centralnervensystems durch Formol in situ.
Von Dr. Sainton und Kattwinkel.
(Ü. Arch. f. klin Med — Allgem. Med-Cent.-Zig.)
Bei der Nothwendigkeit, noch unveränderte Gehirn- und
Rückenraarkstheile für die Färbemethoden zur Verfügung zu haben,
in einer Frühe, wie sie die aus äusseren Gründen oft erst viele
Stunden post mortem stattfindende Autopsie nicht mehr liefern
kann, haben Verff. folgende Methoden auf Veranlassung von
Pierre Marie nachgeprüft und weiter ausgebaut; sie zogen das
untere AugenUd nach abwärts, machten am inneren Augenwinkel
an der CoDjunctivalfalte einen Einschnitt und stiessen das Messer
tief in die Orbita; jetzt wurde ein Troicart eingefuhrt und mit
diesem durch die Fissura sphenoidalis dicht neben dem Türken¬
sattel in das Schädelinnere eingegangen. Eine Läsion des
Gehirns lässt sich bei einiger Uebung vermeiden. Jetzt wurde
an die Canüle ein Gummischlauch mit Drähten befestigt und in
jede Orbita 80—100 ccm einer 6proc. Formollösnng eingegossen.
Die Procedur soll für jedes Auge ca. 2 bis 3 Minuten dauern.
Eine bessere Härtung und Ausbleiben einer Entstellung des
Gesichtes durch Lidödera wurde dadurch erzielt, dass der Troicart
durch die Nase und Lamina cribrosa eingestossen wurde. Hier
wurden für jedes Nasenloch 100—200 ccm Flüssigkeit verwendet.
Durch diese Methode erhält das gesammte Centralnerven¬
system bis zum Conus terminalis herunter eine vollständige Härte
und bewahrt so seine natürliche Form — ein Umstand, der
auch dem normalen Anatomen beim Studium der gröberen Ver¬
hältnisse gute Dienste leistet.
Die morphologischen Veränderungen der Blutkörperchen and des Fibrins
bei der vitalen extravasculfiren Gerinnung.
Von Müller.
(Ziegler’a Beiträge z. patbol. Anat u. allg. Pathol.)
Der Verf. kommt zu folgenden Schlusssätzen:
1. Bei den Kaninchen verläuft die innerhalb und ausserhalb
des lebenden Organismus vor sich gehende Blutgerinnung nach
dem gleichen Typus.
2. Die rothen Blutkörperchen besitzen verschiedene Wider¬
standsfähigkeit und zeigen verschiedenartige Zerfallerscheinungen.
3. Bei der Entstehung deB Faserstoffes sind die Erythrocyten
wesentlich betheiligt.
4. Die Blutplättchen entstammen zum grössten Theil den
rothen, zum kleinen Theil den weissen Blutkörperchen. Sie ent¬
stehen aus den ersten auf verschiedene Art: durch Abschnürung
oder Fragmentirung oder Ausscheidung.
5. Die sogenannten Körnerkugeln Lemmer’s sind in Zerfall
begriffene Erythrocyten.
6. Ein Beweis für den ausschliesslich leukocytären Ursprung
der Blutgerinnung lässt sich aus den bekannten morphologischen
Thatsachen nicht herleiten.
7. Das bei der Blutgerinnung entstehende Fibrin zeigte der
Weigert’schen FibrinfÜrbemethode gegenüber ein sehr ver¬
schiedenes Verhalten.
Ueber die Nothwendigkeit, mehrere Arten von Leukocyten zu unter¬
scheiden.
Von Denys.
Serum, welches mit Lymphdrüsen und Darmfollikeln verrieben
worden war, hatte keine Mikroben schädigende Wirkung, hin¬
gegen mit Knochenmark verrieben, war es exquisit bactericid.
Daraus folgt, dass die bactericide Wirkung den Myelocyten zu¬
kommt. In den durch Mikroben hervorgerufenen Exsudaten finden
sich vorwiegend Myelocyten. Bringt man Lymphocyten und
Myelocyten zusammen mit Bacterien, so üben nur die Myelocyten
eine kräftige Phagocytose aus.
Tagesgeschichte.
Protocoll der General Versammlung
des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein
am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im
Bahnhofshotel.
(Fortsetzung.)
Zweiter Tag. 25. September.
Bei Anwesenheit von reichUch 60 MitgUedern eröffnete der
Vorsitzende gegen 9% Uhr Vormittags die Hauptversamm-
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1. December 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
571
lang und begrüsste die Collegen. Es wurde dann zur Tages¬
ordnung übergegangen, und zwar zu:
a) Vereinsangelegenheiten.
1. Geschäftsbericht.
M. H.! Hier ist nicht viel zu berichten, da ja allen Mit¬
gliedern das vorjährige Protocoll gedruckt zugestellt ist, sonst
noch Exemplare hier vorräthig sind und ausserdem die
gedruckten Verhandlungen der Plenarversammlung des Central¬
vereins preußischer Thierärzte in genügender Anzahl hier zur
Verfügung stehen. Es sind zwei Vorstandssitzungen abgehalten,
in denen die Verhandlungsgegenstände besprochen und die Tages¬
ordnung für die diesjährige Hauptversammlung festgelegt ist.
Alle Mitglieder sind ferner durch Circular aufgefordert, etwaige
Wünsche und Anträge einzureichen, wovon aber nur in einem
Falle Gebrauch gemacht ist. Der Verein besteht gegenwärtig
ans 87 Mitgliedern; eines derselben ist im vergangenen Jahre durch
Tod abgegangen, nämlich Reimers - Schönberg i. M.; ich bitte
das Andenken durch Erheben von den Plätzen ehren zu wollen;
— geschieht.
2. Aufnahme neuer Mitglieder.
Hier habe ich die erfreuliche Mittheilung zu machen, dass
sich zwölf Collegen zur Aufnahme gemeldet haben, nämlich:
Herr Th. Andresen - Wesselburen, W. Brincker - Neustadt,
J. Hinrichsen - Zarpen, W. Janssen - Flensburg, W. Kruse-
Ratzeburg, C. Petersen- Klautoft, 0. Pflug - Marne,
A. Schröder - Meldorf, P. Thoisen - Schotzbüll, E. Voss-
Uetersen, G. Witt - Sonderburg, F. Wulff-Bornhöved. Ich
frage jetzt, ob Jemand gegen die Aufnahme dieser Herren etwas
einzuwenden hat, wenn nicht, ist sie vollzogen. Einwendungen
werden nicht erhoben. Ein Mitglied, nämlich Thomsen-
Flensburg, hat seinen Austritt angemeldet ohne Angabe von
Gründeo.
Der Geh. Reg.-R. Petersen-Schleswig erscheint und wird
begrüßet.
3. Bericht über die Verhandlungen der Centralver¬
tretung.
Ruser-Kiel und Eiler-Flensburg haben als Deligirte fungirt.
Herr Ruser bittet um Nachlass der Erstattung eines Berichtes,
da er in gedruckter Form vorliege und deshalb es nur Zeitver¬
geudung wäre; doch müsse er darauf aufmerksam machen, dass
die pflichtmäßsigen Beiträge baldigst abzuführen seien.
Eiler-Flensburg hebt die geschehene Errichtung einer Unter-
Btützungskasse für deutsche Thierärzte und deren Angehörige
hervor und bittet, derselben beizutreten mit. einem einmaligen
Beitrage von M. 100 oder einem Jahresbeiträge von M. 5; das
Statut finde sich bei den Drucksachen vor. Es könne eine Unter¬
stützung bis zu M. 1000 gewährt werden.
4. Rechnungslegung.
Schlüter-Kiel als Kassirer giebt folgende Uebersicht über
die Kassenverhältnisse: Die Vereinskasse weist mit Zinsen bis
zum 1. April d. J. ein Grundvermögen von M. 168,11 auf, die
Einnahmen haben M. 1157,60, die Ausgaben M. 186,75 betragen,
mithin ein Kassenbestand von M. 970,85. Das Grundvermögen der
Hilfskasse — zwei Sparkassenbücher — nebst Zinsen bis zum
1. April d. J. M. 1132,22 und Zuschuss an M. 872,72, macht im
Ganzen eine Summe von M. 3004,79 aus. Die Einnahmen hier
beliefen sich auf M. 256,07, die Ausgaben auf M. 252,50, mithin
ist ein Kassenbestand von M. 3,57 vorhanden. Die Rechnungen
und Bücher sind revidirt und für richtig befunden, weshalb ich
um Ertheilung der Decharge antrage. Auf Befragen, ob die
Versammlung mit dem Anträge einverstanden ist, wird dies
bejaht und der Vorsitzende ertheilt mit einem Danke für die
gehabte Mühewaltung dem Kassirer Entlastung. Was die Unter¬
stützung Bedürftiger anbelangt, so sind Anträge an den Vorstand
zu richten. Im verflossenen Jahre haben fünf Personen Unter¬
stützung im Betrage von M. 250 erhalten.
Zu der Aufstellung des Voranschlages erbittet der Schrift¬
führer das Wort:
M. H.! Wenn ich mir erlaube, Ihnen nach dem Statute ein
Formular zu dem jährlich aufzustellenden Voranschläge zu unter¬
breiten, geschieht es nur, um allen Mitgliedern eine leichte Ueber¬
sicht über die Vermögensverwaltung des Vereins zu gewähren.
Ich habe es so eingerichtet, dass die bisher geübte Kassen¬
führung ganz in gewohnter Weise weiter laufen kann. Der Vor¬
stand kann mit Leichtigkeit hiernach den Voranschlag aufstellen
nach dem jedesmalig vorhandenen Materiale, solches dürfte
auch für den Kassirer willkommen sein, weil die einzelnen Posi¬
tionen die Grenzen angeben. Ich bitte um Annahme der Vorlage.
Der Kassirer glaubt, dass das System zu complicirt ist,
und bittet um Ablehnung. Nach einer ausgiebigen Debatte schien
die Sache noch nicht gereift zu sein und der Schriftführer zog
vorläufig die Vorlage zurück und blieb das alte Verhältniss, wo¬
nach M. 3 für die Vereins- und M. 5 für die Unterstützungskasse
gebucht werden, bis auf Weiteres bestehen.
5. Abänderung des § 4 des Statuts.
Der Vorsitzende: M. H.! Bald nach Annahme des neuen
Statuts im Vorjahre wurde ich von der Kgl Regierung darauf
aufmerksam gemacht, dass es nicht zulässig sei, beamtete Thier¬
ärzte vor einen Ehrenrath zu ziehen; wir haben demzufolge darauf
Bedacht nehmen müssen, dem ersten Punkt in § 4 entweder
entsprechend abzuändern oder ganz zu streichen, wenn es den
beamteten Thierärzten ermöglicht bleiben soll, dem Vereine an¬
zugehören. Auf allseitigen Wunsch wird beschlossen in § 4,
Punkt 1 ganz zu streichen und das Statut im Uebrigen endgültig
anzunehmen.
Eiler-Flensburg äussert sich zu der Geschäftsordnung, wie
folgt: Schon im Voijahre ist allen Mitgliedern die Geschäfts-
I Ordnung im Entwürfe gedruckt vorgelegt worden. Die damaligen
Berathungen führten nicht zur Annahme, sondern zu dem Be¬
schlüsse, unter Abänderung der Reisekosten und Tagegelder so¬
wie der Uebersichtsformulare dieselbe auf der nächsten Haupt¬
versammlung wieder vorzulegen. Die festzustellende Geschäfts¬
ordnung hat hauptsächlich Bedeutung für die Arbeiten des Vor¬
standes, und wenn nun infolge des obigen Beschlusses zur Statut¬
änderung die Ausführungen zu 1 in § 4 wegfallen, die Reise¬
kosten auf den Betrag der zweiten Klasse Eisenbahn und die
Diäten auf M. 12 festgesetzt werden, so darf ich wohl um die
Bestätigung der Vorlage bitten.
Fenn er-Lübeck beantragt noch, dass ansserdem für Zu- und
Abgänge 3 M. und iür Nachtlogis 6 AJ. bewilligt werden, da von
einem Delegirten eine pecuniäre Einbosse ausser Zeitaufwand
wohl nicht verlangt werde. Nachdem der Schriftführer diesem
entgegengetreten, ergiebt die Abstimmung die Annahme des Vor¬
schlages von Eiler, womit die Geschäftsordnung sanctionirt ist.
6. Wahlen.
Nach Artikel HI der Geschäftsordnung zu § 7 des Statuts
scheidet dieses Jahr der Schriftführer Herr Eiler aus dem
Vorstande. Eiler übergiebt dem Stellvertreter Herrn Ruser
die Protokollführung und verlässt die Versammlung. Nach
dem Wiedereintritte wird ihm die Wiederwahl mitgetheilt, die
er annimmt.
Als Revisoren wurden gewählt die Herren Ruser-Kiel und
Schröder-Preetz. Der Vorsitzende theilt die Einladung und das
Programm des internationalen Congresses in Baden-Baden mit;
es wurde beschlossen, zur Deckung der Kosten des Unter¬
nehmens einen Beitrag von 200 M.aus Vereinsmitteln zu bewilligen.
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572
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
Als Delegirte Für die Centralvertretung der thierärztlichen
Vereine wurden Struve-Kiel und Schröder-Preetz gewählt.
Sitzungsbericht der 43. General-Versammlung des thier¬
ärztlichen Centralvereins der Provinz Sachsen, der
thüringischen nnd anbaltischen Staaten
an 23. Ootober 1898 In Halle a. S.
Anwesend waren die Vereinsmitglieder:
Thierarzt Becher-Salzmünde, Kreis-Thierarzt Borchardt-
Cölleda, Schlacbthof-Thierarzt Bunge-Halle a. S., Kreis-Thier¬
arzt Busch-Torgan, Schlachthaus-Director Colberg-Magdeburg,
Thierarzt Conrad-Belgern, Thierarzt Cordes-Coswig, Kreis-
Thierarzt Enders-Weissenfels, Kreis-Thierarzt Enke-Halle a. S.,
Hof-Thierarzt Ern st-Quedlinburg, Kreis-Thierarzt Friedrich-
Halle a. S., Sanitäts-Thierarzt Geldner-Burg b. M., Kreis-
Thierarzt Gotting-Aschersleben, Kreis-Thierarzt Griesor-
Naumburg, Thierarzt Just-Schkölen, Kreis-Tbierarzt Kloos-
Eisleben, Thierarzt Ko hl-Lützen, Kreis-Thierarzt Lauclie-
Bitterfeld, Departements-Thierarzt Leistiko w-Magdeburg, Kröis-
Thierarzt Liebener-Delitzsch, Kreis-Thierarzt Martens-Sanger-
hausen, ThierarztMei 8s n er- Schafstädt, Kreis-Thierarzt Memmen-
Hettstedt, Schlachthaus-Director Mugrowsky-Halberstadt, Thfer-
arzt Naumann-Halberstadt, Departements-Thierarzt Oemler-
Merseburg, Thierarzt Pa sch-Benkendorf, Landes-Thierarzt Pirl-
Dessau, Thierarzt Sehlemmer-Gröbzig, Thierarzt Dr. Sch midt
Halle a. S., Thierarzt Schröder-Eilenburg, Thierarzt Schulze-
Bernburg, Thierarzt Schumm-Naumburg, Thierarzt Siebert-
Schönebeck, Schlachthaus-Inspector Sorge-Stassfart, Schlacht¬
haus- Jnspector Spuhrmann-Stendal, Tbierarzt Steinmeyer-
Weissenfels, Kreis-Thierarzt Tannebring-Querfurt, Schlacht¬
haus-Director Trautwein-Eisleben, Kreis-Thierarzt Thunecke-
Calbe a. S., Thierarzt Willielm-Brehna, Schlachthof-Director
Witte-Quedlinburg, Thierarzt Wor$h-Löbejün, Kreis-Thierarzt
Ziegenbein-Oscherslebeu, Kreis-Thierarzt Ziegenbein-Wol-
mirstedt, Thierarzt Zschernitz-Kösen.
Die Sitzung wurde um 11 */a Uhr Vormittags vom stell¬
vertretenden Vorsitzenden Departements-Thierarzt Oemler
unter herzlicher Begrüssung der Anwesenden eröffnet.
In die Tagesordnung eintretend, beschloss die Versammlung
zum ersten Punkte, betr. „Neuwahl des Vereinsvorstandes“, auf
Vorschlag des stellvertretenden Vorsitzenden, die Wahl erst nach
Erledigung der übrigen Gegenstände vorzunehmen.
Zum geschäftlichen Theile wurde, nachdem der Bericht der
letzten Sitzung genehmigt war, zunächst die Zahlung eines ein¬
maligen Beitrags von 200 Mark aus Vereinsmitteln für den
VII. internationalen thierärztlichen Congress, der 1899 zu Baden-
Baden stattfinden wird, ohne Uebernahme von weiteren Ver¬
pflichtungen, seitens der Versammlung bewilligt und sodann be¬
schlossen, die Frage bezüglich der Entsendung von Delegirten
zu diesem Congress in der nächsten Sitzung zu erörtern.
Ferner gewährte die Versammlung der jetzt in Köln a. Rh.
lebenden Wittwe des vor Jahren in Hettstedt verstorbenen Kreis-
Thierarztes Sturm eine einmalige Unterstützung im Betrage
von 50 Mark aus der Vereinskasse. Alsdann beantragt der stell¬
vertretende Vorsitzende, der in Merseburg wohnhaften Tochter
des verstorbenen Thierarztes Müller, die in sehr bedrängten Ver¬
hältnissen lebe und ebenso unterstützungsbedürftig wie -würdig
sei, eine kleine Unterstützung zu gewähren. Auf Vorschlag des
Collegen Lieben er wurde zu diesem Zwecke sofort eine
Sammlung unter den anwesenden Collegen veranstaltet, durch die
35 M. 50 Pf. einkameD, die der Genannten überwiesen werden
konnten. Der schliesslich noch vom stellvertretenden Vor¬
sitzenden gestellte und warm befürwortete Antrag, für die Hinter¬
bliebenen des verstorbenen Prof. Dr. Eber-Berlin einen Beitrag
aus Vereinsmitteln zu leisten, wurde von der Versammlung des¬
halb abgelehnt, weil die meisten der anwesenden Vereins-
mitglieder bereits einen Beitrag gezahlt hatten nnd ein Anlass
zu einer weiteren Unterstützung nicht vorhanden sei.
Nach Erledigung dieser Angelegenheiten wurde auf Vorschlag
des stellvertretenden Vorsitzenden das Mitglied des Vereins, der
Kreis-Thierarzt Fr. Lange-Salzwedel, der kürzlich seinen
80. Geburtstag gefeiert hat, einstimmig zum Ehrenmitgliede des
Vereins ernannt und ferner an das sich um die tierärztlichen
Standesinteressen so hoch verdient gemachte Ehrenmitglied des
Vereins, den Herrn Geh. Medicinalrath Dr. Esser-Göttingen,
aus Anlass seines 25jährigen Jubiläums als Mitglied der
Universität Göttingen und zu der vor Kurzem erfolgten Charakter¬
verleihung als Geheimer Medicinalrath, ein Glückwunsch-Telegramm
des Vereins abgesandt.
Zur Aufnahme als Mitglied hatten sich folgende in der
Sitzung anwesende Collegen gemeldet:
1. Schlachthof - Thierarzt Bolle-Magdeburg, 2. Thierarzt
Hecker-Halle a. S., 3. Schlachthof-Director Klapbake-Zeitz,
4. Thierarzt Dr. Nörner-Halle a. S. und 5. Thierarzt Teutsch-
b ein-Delitzsch.
Nachdem deren Aufnahme widerspruchslos erfolgt war, wurden
sie vom stellvertretenden Vorsitzenden als Mitglieder des Vereins
herzlich begrüsst.
Zum Schluss des geschäftlichen Theils stellte Departements-
Thierarzt Leistikow den Antrag, § 10 der Vereins-Statuten
dahin zu ändern, dass die Sitzungen fortan abwechselnd in Halle
und Magdeburg abzuhalten seien. Aus der hierüber gepflogenen
Debatte gingen folgende Beschlüsse der Versammlung hervor:
a) Die nächste Sitzung findet in Magdeburg statt, b) der
Leistikow’sche Antrag auf Abänderung des § 10 der Statuten ist
für diese Sitzung auf die Tagesordnung zu setzen, c) an die in
Betracht kommenden Collegen, welche noch nicht Mitglied des
Vereins sind, ist eine Einladung zu dieser Sitzung zu erlassen.
Damit war der ziemlich umfangreiche geschäftliche Theil
der Tagesordnung erledigt und nun folgte zu Punkt 3 derselben
durch die Collegen Liebener und Thunecke eine ebenso
interessante wie umfassende Berichterstattung über die letzten
Verhandlungen der Central-Vertretung preussischer Tbierärzte,
worauf jedoch hier nicht weiter einzugehen ist, da durch die
Fachpresse bereits alles Wesentliche aus jenen Verhandlungen
veröffentlicht worden ist. Die Versammlung folgt den Aus¬
führungen der Referenten mit lebendigem Interesse. Nach Schloss
derselben sprach der stellvertretende Vorsitzende den Genannten
für deren Mühewaltung und die ohne Vergütung ausgeführte
Reise sowie für die eingehende Berichterstattung den ver¬
bindlichsten Dank des Vereins ans.
Nachdem die Versammlung des Weiteren von einer inzwischen
eingegangenen Begrüssungsdepesche des Herrn Geh. Med.-Rath
Prof. Dr. Esser Kenntniss genommen, Hess der stellv. Vor¬
sitzende eine Pause eintreten. Nach Ablauf dieser gelangte der
vierte Gegenstand der Tagesordnung: „Die Tuberculose in
forensischer Beziehung“, durch den Collegen Steinmeyer-
Weissenfels zum Vortrage. Derselbe theilte nach einleitenden
Worten zunächst einen besonders interessanten Fall, betr. Be-
urtheilung der Entstehungszeit der Tuberculose bei einer Kuh
mit, welcher z. Zt. noch Gegenstand der richterlichen Ent¬
scheidung sei. Hieran anknüpfend, berührte Ref. alsdann die
Geschichte der Rindertuberculose und bemerkte dabei u. A., dass
die Behauptung, im dritten Buche Mosis 22, 8 befände sich eine
auf Tuberculose hindeutende Angabe, nicht zutreffe, eher könnte
V. 24 1. c. in Betracht kommen. Auf Grand seiner weiteren
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1. December 1898.
BERLINER THIERARZTLICflE WOCHENSCHRIFT.
573
Betrachtungen gelangte Ref. zu der Ansicht, dass die Taberculose
und die Schädlichkeit des tuberculösen Fleisches jedenfalls bereits
Moses und seinem Volke sowie den alten Aegyptern bekannt
gewesen sei und dass wir noch immer zu unserer Beschämung
eingestehen müssten, dass die Juden seit Moses Zeiten eine
Fleischbeschau besässen, während bei uns eine solche noch nicht
allgemein zur Ein- und Durchführung gelangt sei. Nachdem Ref.
sodann Gerlach’s Verdienste auf beregtem Gebiete beleuchtet
und die Koch’sche Entdeckung des Tuberkelbacillus betont und
gewürdigt hatte, ging derselbe des Näheren auf die Morphologie
und Histogenose sowie auf das Wachsthum, die Verbreitung, die
Aetiologie und die Pathogenese des Tuberkels bezw. der Tuber-
culose ein und hob schliesslich für die forensische Beurtheilung
etwa Folgendes hervor:
Es sei nicht in Abrede zu stellen, dass beim Rinde locale
tuberculöse Herde etc. % Jahr und darüber im Körper bestehen
können, ohne die Gesundheit des Individuums irgend merklich
zu schädigen, dass diese gewöhnlich erst nach der Schlachtung
der Thiere entdeckt werden. In der Regel liessen sich jedoch
auch die hochgradigsten pathologischen Veränderungen bei der
Tuberculöse auf nicht länger als Jahr zurückdatiren. Eine
Zeit von zwei Monaten genüge, um ausgebreitete Tuberculöse der
Lungen, des Brust- oder Bauchfells etc. hervorzurufen. Die
Mehrzahl der Herde werde hierbei noch von weicher, saftiger
bezw. auch gallartiger ConsisteDz sein, doch könne auch schon
Verkäsung und Verkalkung bestehen, sodass z. B. die Lunge
unter dem Messer leicht knirsche. Auch könnten die Bronchial¬
drüsen apfelgross und noch grösser, sowie fast ganz oder theil-
wei8e verkalkt sein. In drei Monaten könne die Verkäsung und
Verkalkung in den Lungen schon erheblich sein und könnten
sich hier bis kartoffelgrosse Cavernen, auf dem Brustfell bis
faustgrpsse Trauben etc. gebildet haben.
Hinsichtlich des Werthes der Tuberculinprobe für die Beur¬
theilung bemerkt Ref., dass auch die positivste und beste Reaction
beim Rinde für das Vorhandensein von Tuberculöse in forensischer
Hinsicht nicht als beweiskräftig zu erachten sei.
Zur Frage: Wie ist die angeborene Tuberculöse zu
beurtheilen? führte Ref. im Wesentlichen Folgendes aus: Selbige
sei jedenfalls sehr selten. In München habe man beispielsweise
unter einer Million geschlachteter Kälber nur fünf Stück als mit
angeborener Tuberculöse behaftet befunden.
Die Behauptung, dass ein tuberculös geborenes Kalb auch
eine tuberculöse Mutter haben müsse, lasse sich nicht aufrecht
erhalten, weil nicht nur eine ovogene, sondern auch eine vom
Vaterthiere ausgehende spermatogene Infection möglich sei,
ferner weil die Tuberkelbacillen möglicherweise die Mutter
passiren und den vom Vaterthiere prädisponirten Fötus inficiren
können, ohne dass die Mutter tuberculös wird, und endlich, weil
es möglich wäre, dass bei einer bereits befruchteten Kuh die
Bacillen durch den nachträglichen Begattungsact von einem
anderen tuberculösen Bullen mit der Samenflüssigkeit (Sperma,
Schleim) in die Scheide gelangen und eine Infection des Fötus
herbeiführen könnten. Auch sei noch mit der Möglichkeit zu
rechnen, dass eine derartige Infection dann stattfinden könne,
wenn Tuberkelbacillen ähnlich, wie es bezüglich des Infections-
stoffes des seuchenartigen Verkalbens höchstwahrscheinlich sei,
auf andere Weise in die Scheide und von hieraus bis in den
Fötus gelangen.
Um mehr Licht in die Frage nach der Vererbung derTuber-
culose zu bringen, richtete Ref. an die Collegen das Ersuchen,
durch Vornahme von Obductionen an neu- oder todtgeborenen
Kälbern sowie an Föten geschlachteter oder gefallener Thiere
auf obigen Punkt fortgesetzt zu achten.
Ara Schlüsse seines Vortrages warf Ref. sodann noch einen
Blick auf den Stand und die allgemeine Bedeutung der Tuber-
culose, wobei die Koch’sche Entdeckung und die daran ge¬
knüpften Hoffnungen und Erwartungen der Menschheit etc. in
treffenden Worten ihre Erörterung fanden.
Der stellv. Vorsitzende dankte sodann dem Referenten für
seinen interessanten Vortrag und er öffnete darüber die Discussion,
an welcher sich ausser ihm namentlich noch die Collegen Kohl,
Thunecke und Pirl betheiligten.
Hierauf erhielt College Martens-Sangerhausen zu seinem
inzwischen bereits in No. 45 der B. T. W. veröffentlichten Vor¬
trage, betr. „die Differential-Diagnose der Maul- und Klauenseuche
bei Schafen“, das Wort, wofür ihm nach Schluss desselben der
Dank der Versammlung vom stellv. Vorsitzenden ausgesprochen
wurde. Die über diesen Gegenstand eröffnete Discussion war
eine sehr lebhafte und betheiligten sich an dieser der stellv.
Vorsitzende sowie die Collegen Leistikow, Tannebring,
Ziegenbein-W. und Pirl. Es ist zu erwähnen, dass die Ver¬
sammlung den Ansichten des Referenten in allen wesentlichen
Punkten zustimmte und dass von keiner Seite die Identität der
bösartigen Klauenseuche der Schafe mit der Maul- und Klauen¬
seuche zugegeben wurde.
Nachdem dieses Thema seine Erledigung gefunden hatte,
wurde zur Vorstandswahl geschritten, welche zu folgendem
Ergebniss führte:
a) Vorsitzender: Departeraents-Thierarzt Oemler-Merseburg,
b) stellv. Vorsitzender: Departements-Thierarzt Leistikow-
Magdeburg,
c) Schriftführer: Kreis-Thierarzt Friedrich-Halle a. S.,
d) stellv. Schriftführer: Landes-Thierarzt Pirl-Dessan und
e) Cassirer: Kreis-Thierarzt Thunecke-Calbe a. S.
Punkt 6 der Tagesordnung, „Die Trichinose bei Hunden“,
konnte der vorgeschrittenen Zeit wegen nicht mehr erledigt
werden und soll dieser Gegenstand sowie ein vom Collegen
Grisor-Naumburg zugesagter Vortrag „Ueber subcutane An¬
wendung der Alkaloide“ auf die nächste Tagesordnung gesetzt
werden.
In Folge eines vom Collegen Thunecke ausgehenden Aufrufs
meldeten sich 31 Collegen zum Beitritt der allgemeinen Unter¬
stützungskasse für Thierärzte und entrichteten an den Genannten
sofort ihren diesbetreffenden Jahresbeitrag.
Da sich sonst Niemand mehr zum Wort meldete, schloss
hierauf der Vorsitzende die sehr interessante Sitzung.
Das sich anschliessende gemeinsame Mittagessen, welches
durch ein Hoch auf Seine Majestät Kaiser Wilhelm H. und eine
Reihe von Trinksprüchen sowie Ansprachen Seitens der neu-
aufgenommenen Mitglieder belebt und gewürzt wurde, verlief in
schönster Harmonie und hielt die Theilnehmer bis zum Aus¬
einandergehen in Eintracht und heiterer Stimmung beisammen.
Oemler, Pirl,
Vorsitzender. stellv. Schriftführer.
General-Versammlung des Vereins der Thierfirzte des Regierungsbezirks
Düsseldorf
am Sonntag den 4. December 1898, Vormittags 11 Uhr, im Bahn¬
hof-Hotel zu Düsseldorf.
Tagesordnung.
1. Jahresbericht, erstattet vom Vorsitzenden, Departements-
Thierarzt a. D. Renner.
2. Kassenbericht, erstattet vom Kreisthierarzt Hirschland.
3. Neuwahl des Gesammt-Vorstandes.
4. Vortrag über Tuberculöse der Hausthiere und ihre Til¬
gung. (Referent Thierarzt Pfleger-Elberfeld.)
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574
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
5. Mittheilungen aas der Praxis (Erfahrungen über Jod¬
kali Behandlung bei Milchfieber).
6. Ersatzwahl in den Vorstand der Sterbekasse an Stelle
des verstorbenen Kassirers Thierarzt Junkers.
7. Rechnungsablage der Sterbekasse.
Nachher gemeinschaftliches Mittagsessen im grossen Saale
des Bahnhof-Hotels. I. A.: Fr. Bettelhäuser,
Zur Notiz
In der Vacanzenliste der B. T. W. war eine Privatthierarzt¬
stelle zu Poulheim bei Köln ausgeschrieben. Diese angebliche
Vacanz ist aus der Liste gestrichen worden, weil der Re¬
daction von competente8ter Seite mitgetheilt worden ist, dass die
Ausschreibung lediglich die Folge eines persönlichen Streites
zwischen dem ausschreibenden Gemeinde - Vorsteher und dem
Thierarzt in dem dichtbenachbarten Stommeln ist. Schon vor
zwei Jahren hat ein Thierarzt vergeblich versucht, sich in Poul¬
heim eine Praxis zu gründen.
Vom Schiaohthof zu Mainz.
Der erst vor Kurzem ernannte Director des Schlachthofes
zu Mainz, ein ehemaliger Bürgermeister, hat, wie vor einiger
Zeit bekannt wurde, sein Amt bereits wieder niedergelegt. An
seiner Stelle ist ein Polizeicommissar gewählt worden.
Der Director erhält 5000 M. Die erste Thierarztstelle wird
im Nebenamt von dem beamteten Thierarzt Dr. Wollpert für
3600 M. wahrgenommen. Kassirer und Buchhalter beziehen
2600 und 2200 M. Für einen zweiten Thierarzt sind 1800 M.
ausgeworfen; die Stelle ist aber unbesetzt. Es functioniren drei
Fleischbeschauer, über deren Beanstandungen der Thierarzt die
Oberentscheidung hat.
Es bestehen also ganz eigenartige Verhältnisse. Das Nächst¬
liegende wäre wohl, wenn dem beamteten Thierarzt nicht ge¬
stattet würde, im Nebenamte die Leitung der Fleischbeschau an
einem so grossen Schlachthofe, wie dem Mainzer, wahrzunehmen.
Oeffentlichcs
(Mittheilungen fü
Senchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Die Verbreitung der Maul- u. Klauenseuche in Preussen amlS.December 1898
Regierungsbezirk
Die Seuche
ii
Kreisen
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez;'
waren
verseucht
Danzig.
1
1
0,79
Marienwerder.
2
2
0,88
Potsdam.
2
4
1.54
Frankfurt.
4
6
2,20
Stettin.
1
1
0,53
Stralsund.
1
2
2,2
Posen.
14
59
17,90
Bromberg.
5
13
5,7p
Breslau . . •.
5
23
6,05
Liegnitz.
1
1
0,35
Oppeln.
1
1
0,35
Magdeburg .
10
15
10,41
Merseburg.
8
18
7,78
Erfurt.
2
2
3,40
Hannover..
2
4
6,35
Hildesheim.
4
6
8,0
Lüneburg .
1
1
0,67
Stade .
2
6
8,26
Münster.
4
8
29,85
Arnsberg .
7
17
20,0
Cassel.
6
30
17,94
Wiesbaden.
4
9
9,61
Coblenz.
11
71
67,95
Düsseidort.
16
42
97.67
Cöln.
7
42
141.89
Trier.
12
88
78,08
Aachen .
10
83
212,82
Summa
143
555
—
Nachweisung Ober den Stand der Viehseuchen im Deutschen Reiche
am 15. November 1898.
Es waren am 15. November in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Marienwerder 2 (2). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 1 (1). R.-B. Cöslin 1 (1).
R.-B. Posen 3 (4). R.-B. Bromberg 2 (2). R.-B. Breslau I (1).
R.-B. Oppeln 1 (1). R.-B. Düsseldorf 1 (1). R.-B. Trier 1 (4). Bayern:
R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1 (2).
Kroi8hanptm. Leipzig 1 (2). Württemberg: Schwarzwaldkreis
1 (1). Jag8tkrei8 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braunschweig: 1 (1).
Wald eck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 1 (1).
Bezirk Ober-Elsass 1 (1).
VeterinSrwesen.
r Veterinärbeamte.)
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 15 (56). R.-B. Niederbayern 2 (4).
R.-B. Pfalz 7 (24). R.-B. Oberpfalz 13 (26). R.-B. Oberfranken
11 (14). R.-B. Mittelfranken 9 (29). R.-B. Unterfranken 17 (40).
R.-B. Schwaben 22 (131). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(1).
Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 1 (2). Kreis¬
hauptm. Zwickau 2 (5). Württemberg: Neckarkreis 14 (51).
Schwarzwaldkreis 7 (16). Jagstkreis 14 (52). Donaukreis 11 (36).
Baden: Landescomm. Constanz 2 (2). Landescomm. Freibnrg
5 (11). Landescomm. Karlsruhe 6 (14). Landescomm. Mannheim
9 (15). Hessen: Provinz Starkenburg 5 (9). Provinz Ober¬
hessen 3 (9). Provinz Rheiuhessen 4 (23). Sachsen-Weimar:
3 (12). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 4(7). Braunschweig:
2 (3). Sachsen-Meiningen: 3 (6). Sachsen-Coburg-Gotha:
Herzogth. Coburg 1 (1). Anhalt: 3 (7). Schwarzburg-Sonders-
hausen: 1 (1). Schwarzburg-Rudolstadt: 1 (1). Waldeck;
1 (2). Bremen: 2 (4). Elsass-Lothringen: Bez. Ober-Elsas«
4 (4). Bez. Unter-Elsass 4 (7). Bez. Lothringen 6 (35).
C. von Lungensouche:
Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1.
R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Magdeburg 2 (3). Bayern: B.-B.
Schwaben 1(1). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (0-
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 3 (8). R.-B. Stettin 2 (4).
R.-B. Stralsund 3 (4). R.-B. Posen 8 (14). R.-B. Bromberg 6 (•')•
R.-B. Breslau 19 (77). R.-B. Liegnitz 11 (79). R.-B. Oppeln 8 (15).
R.-B. Magdeburg 4 (5). R.-B. Merseburg 2 (2). R.-B. Schleswig
5 (10). R.-B. Hannover 2 (3). R.-B. Hildesheim 2 (6). B.-B
Stade 2 (3). R.-B. Münster 3 (4). R.-B. Arnsberg 4 (5). B.-B-
Cassel 2 (3). R.-B. Wiesbaden 3 (6). R.-B. Coblenz 1 (1). B.-B.
Düsseldorf 5 (10). R.-B. Cöln 1 (1). R.-B. Trier 3(5). Bayern:
R.-B. Oberbayern 1 (1). R.-B. Pfalz 2 (2). R.-B. Mittelfranken
1 (1). R.-B. Unterfranken 2(2). R.-B. Schwaben 3 (3). Württem¬
berg: Jagstkreis 1 (2). Hessen: Provinz Oberhessen 1 (1)-
Mecklenburg - Schwerin: 3 (7). Oldenburg: Herzogthn®
Oldenburg 1 (1). Braunschweig: 1 (1). Sachsen-Alten-
bürg: 1 (2). Lippe: 1 (1).
Schwelne-Verkaufsstätten.
In den Bezirken Breslau und Liegnitz ist eine dem Sinne nach
gleichlautende Verfügung folgenden Inhalts erlassen worden: Sofern
in den für den Hausirhandel mit Schweinen gesperrten Kreisen der
Handel in festen Verkaufsstätten stattfinden soll, ist der Orts-
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1 . December 1898.
BERLINER THIERÄBZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
575
Polizeibehörde Anzeige zu machen von der Errichtung der
Verkaufsstätte und ihrer Aufgabe. Bei jeder Neueinführung von
Schweinen ist der Polizeibehörde das Controlbuch zur Revision
vorzulegen. Die Schweine sind wöchentlich ein Mal von dem
beamteten Thierarzt zu untersuchen. Sie dürfen nicht in eine
andere Verkaufsstätte überführt oder sonst vor dem Verkauf
entfernt werden. Die verkauften Schweine dürfen nach ihrem
Bestimmungsort nicht getrieben werden. Die Vorschriften für
Handelsviehstallungen finden auch auf die VerkaufsBtätten An¬
wendung. Als feste Verkaufsstätte sind nur solche zugelassen,
welche nicht zum Absatz einzelner Transporte, sondern auf
längere Zeit in Benutzung genommen werden sollen.
Bromberg: Untersuchung importirten Viehs.
Den vorgescbriebenen Untersuchungen muss nach Verfügung
vom 9. November unterzogen werden das aus folgenden, als ver¬
seucht anzusebenden Landestheilen eingeführte Vieh:
1. aus den preussischen Regierungsbezirken Magdeburg,
Merseburg, Erfurt, 2. aus den bayerischen Regierungsbezirken
Oberbayern, Pfalz, Oberpfalz, Oberfranken, Mittelfranken, Unter¬
franken, Schwaben, 3. aus den sächsischen Kreishauptmann¬
schaften Leipzig, Zwickau, 4. aus den württembergischen
Kreisen Neckarkreis, Schwarzwaldkreis, Jagstkreis, Donaukreis,
5. aus den badischen Landescommissariaten Constanz, Freiburg,
Karlsruhe, Mannheim, 6. aus den hessischen Provinzen Starken¬
burg, Oberhessen, Rheinhessen, 7. aus dem Grossherzogthum
Sachsen-Weimar, 8. aus dem Grossherzogthum Oldenburg, 9 aus
dem Herzogthum Braunschweig, 10. aus dem Herzogthum Sachsen-
Meiningen, 11. aus dem Herzogthum Sachsen-Coburg-Gotha,
12. aus dem Herzogthum Anhalt, 13. aus dem Fürstenthum
Schwarzburg-Rudolstadt, 14. aus dem Fürstenthum Waldeck,
15. aus den Reichslanden Elsass-Lothringen.
Schweinefleisch-Einfuhr.
Das Vorbot der Einfuhr frischen Schweinefleisches aus
Holland über die Grenze des Kreises Rees ist am 20. er. auf¬
gehoben worden.
Maul- und Klauenseuche Nachriohten.
Auf dem Ueberständehof zu Cöln ist am 24. er. die Maul¬
und Klauenseuche ausgebrochen. Ausbruch und zugleich Er-
öschen der Seuche (durch Abschlachtung aller Tbiere, ist am
26. er. aus Dortmund gemeldet. Noch nicht gemeldet ist das
Erlöschen des Ausbruchs vom 17. er. aus München.
Fleischschan and Viehverkehr.
Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London.
Von
M r. S h i r 1 e y F. Murphy.
(Auszug aus dem Bericht des Medial offleer of Health.)
Die Frage der Ersetzung der Privat-Schlachtstätten durch
öffentliche Schlachthäuser ist in London schon seit langer Zeit
Gegenstand der Erörterung gewesen. Um einen möglichst um¬
fassenden Bericht zu erstatten, besuchte Mr. Murphy unter anderen
Städten des Continents Berlin, Leipzig, Halle, Hamburg Brüssel,
Copenhagen und in England Edinburgh, Glasgow, Carlisle,
Breadford, Leeds, Huddersfield, Manchester, Liverpool und
Birkenhead, um die hier bestehenden öffentlichen Schlachthäuser
und Einrichtungen der Fleischschan in Augenschein zu nehmen.
Die Umstände, welche für das bisherige Fortbestehen der
Privatschlachthänser verantwortlich gemacht werden müssen, er¬
hellen am besten aus dem Bericht des im Jahre 1873 nieder¬
gesetzten Unterhaus-Ausschusses, der in Anlehnung an das
Bebauungsgesetz vom Jahre 1844 über schädliche Geschäfts¬
betriebe berathen sollt«. Das Bebauungsgesetz verbietet a) die
Errichtung von Wohnhäusern innerhalb einer Entfernung von
50 Fuss von einem Schlachthause; b) die Einrichtung einer
Schlächterei, wenn dieselbe nicht mindestens 40 Fuss von einer
öffentlichen Strasse oder 50 Fuss von einem Wohnhause entfernt
ist; im Falle des Bestehens einer nicht diesen Vorschriften ent¬
sprechenden Schlächterei darf dieselbe nicht über 30 Jahre hinaus
fortbetrieben werden, wenn nicht eine besondere Erlaubnis hier¬
für vorhanden ist.
Diese Bestimmungen, weit entfernt, die Schlachtbetriebe an
dem Fortbestehen zu hindern, sollten auf Vorschlag des Aus¬
schusses folgende Abänderungen erfahren:
1. So weit eine Behinderung des Handels nicht stattfände und
den Interessenten nicht unverhältnismässig hohe Kosten auf¬
gebürdet würden, sollten die Privatschlachthäuser vermindert oder
doch die Verminderung beschleunigt werden.
2. Durch die Errichtung eines Schlachthauses am Islington-
Markt und weitere Bequemlichkeiten sollten die Schlächter ver¬
anlasst werden, ihr Vieh dort zu schlachten, und dasselbe nicht
durch die Strassen nach ihren Behausungen zu treiben.
3. Zwischen Privatschlachthäusern in Verbindung mit dem
Markt und öffentlichen Schlachthäusern sollte scharf unterschieden
werden.
4. Kein Privatschlachthaus sollte im Innern der Stadt er¬
laubt werden, wenn nicht unter ganz besonderen Umständen, und
dann nur mit Genehmigung der Grafschafts-Regierung.
5. Die Stadt sollte die Berechtigung erhalten, öffentliche
Schlachthäuser zu errichten, wenn dadurch die Zahl der Privat¬
schlachtstätten in dicht bevölkerten Districten vermindert würde.
Die Gründe, welche dem Ausschuss für das Fortbestehen der
Privatschlachthäuser angeführt wurden, sind folgende:
1. Bei heissem Wetter würde, ohne dass Privatschlacht¬
häuser vorhanden seien, frisches Fleisch in London nicht za
halten sein.
2. Der Abfall, den die ärmere Bevölkerung consumire,
würde bei dem Nichtbestehen von Privatschlachthäusern fast
wegfallen, zu manchen Jahreszeiten überhaupt nicht herbeizu¬
schaffen sein.
3. Das Fleisch würde vor • dem Transport nicht genügend
durchgekühlt sein und leicht unansehnlich werden sowie schneller
in Zersetzung übergehen.
4. Der Handel würde in die Hände der Grossschlächter ge¬
trieben und monopolisirt werden.
5. Die Ausgaben würden durch die Ueberführung der Tbiere
nach den öffentlichen Schlachthäusern und nachherigen Transport
des Fleisches in die Läden steigen.
6. Ausgaben würden dnreh das nothgedrungene Halten von
mehr Leuten erwachsen.
7. Der Verlust an Fett etc. würde ein grösserer sein, wenu
die Thiere in öffentlichen Schlachthäusern geschlachtet würden.
Seit der Erstattung des Ausschussberichtes hat sich die
Fleischversorgung Londons in gewaltiger Weise geändert, so
dass die Gründe, welche 1873 gegen die Aufhebung der Privat¬
schlachtstätten mit einem Schein der Berechtigung angeführt
werden konnten, gegenwärtig als stichhaltig nicht mehr erachtet
werden können.
Gegen den ersten Einwurf ist anzuführen, dass die statistischen
Uebersichten ergaben, dass der Zntrieb des Viehs zum inländi¬
schen Viehmarkt sich stetig vermindert bat, während der Zntrieb
zum ausländischen Viehmarkt in Deptford, wo alles Vieh ab¬
geschlachtet werden muss, stetig zugenommen hat. Grosse Quanti¬
täten Fleisch gelangen von hier ans nach London, welche vor
1873 durch die Privatschlachthäuser gegangen sein würden. Aber
noch viel grössere Mengen an geschlachtetem Fleisch empfängt
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576
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 48.
London nicht nur von anderen Theilen des Inlandes, sondern so¬
gar von Amerika, Australien, Neu-Seeland, und zwar im Gewicht
von mehr als zwei Millionen Centner pro Jahr. Ferner hat man
jetzt Külilhäuser zur Aufbewahrung des Fleisches, welche vor
1873 noch unbekannt waren. Die Privatschlachthäuser sind des¬
halb für den Fleisch Verkäufer weniger nothwendig geworden, wie
auch die stetige Verminderung derselben erweist. Im Jahre 1873
waren in London bei einer Einwohnerzahl von 3 386 267 ungefähr
1500 Privatschlachtstätten, dahingegen waren im Jahre 1897 bei
einer Bevölkerung von 4484 720 Personen einschliesslich der
Schlachthäuser in Islington und Deptford 467 Privatschlacht¬
häuser, ausschliesslich 8 in der City belegenen, vorhanden. Wäh¬
rend sich demnach die Bevölkerung um ca. 32 pCt. vermehrt hat,
hat die Anzahl der Schlachthäuser um 69 pCt. abgenommen.
Nicht einem Einzigen würde es einfallen, zu behaupten, dass bei
dem Mangel an Privatschlachthäusern frisches Fleisch bei
heissem Wetter in London nicht zu beschaffen sei.
Bezüglich des zweiten Einwurfes ist zu bemerken, dass die
Armen Londons jetzt viel weniger auf den Abfall angewiesen
sind als früher, auch würde der Abfall, welcher in zweck¬
mässig vertheilten öffentlichen Schlachthäusern von den dort
geschlachteten, verhältnissmässig wenigen Thieren gewonnen
würde, nicht verloren gehen.
Der Einwand der schnellen Verderbniss des Fleisches würde
wegfallen, wenn in Verbindung mit den Schlachthäusern gleich¬
zeitig Kühlanlagen vorgesehen würden.
Der Handel würde auch nicht in die Hände der Gross¬
schlächter getrieben werden, wenn der Kleinschlächter Gelegen¬
heit hätte, sein Vieh in den zerstreuten öffentlichen Schlacht¬
häusern zu schlachten.
Die Ansgaben würden auch nicht belangreich erheblicher
sein, wenn das Vieh mittels Eisenbahn von dem Markte in dag
dem Schlächter nächst gelegene öffentliche Schlachthaus, welches
sich nicht zu weit von seinem Laden befindet, überführt wird.
Ein vernünftiger Grund, dass mit dem Schlachten im öffent¬
lichen Schlachthause ein Verlust an Abfall verbunden sei, ist
auch nicht herbeizuschaffen, wenn zur Bearbeitung desselben
Gelegenheiten vorhanden sind. Die Gründe, welche 1873 gegen
die Privatschlachthäuser ins Feld geführt wurden, beruhten haupt¬
sächlich darauf, dass dieselben Belästigungen für die Nachbar¬
schaft heraufbeschworen und dass das Vieh durch die Strassen
Londons getrieben werden musste. Dank dem behördlichen Ein¬
schreiten sind die Belästigungen im Wesentlichen geschwunden,
wenn auch nicht alle Nachtheile, die ein Schlachthaus mit sich
bringt, ausgeglichen werden konnten, weil ihre Entstehung meist
einer lange vergangenen Zeitepoche angehört. Mehr noch ist das
Viehtreiben zurückgegangen, einmal durch die Abnahme der
Schlachtungen und dann durch die Beschränkung des Treibens
auf gewisse Stunden. (Schluss folgt.)
Flelsch-Untersuchungs-Plombea.
Die Firma Reuss, Hamburg, Bäckerstrasse 16, versendet
Proben von Plomben, die bestimmt sind, untersuchtes Fleisch zn
bezeichnen. Dieselben sind dünne, sehr biegsame, leicht zu be¬
festigende Aluminiumstreifen, welche weder durch Pökellake noch
Rauch angegriffen werden sollen. 1000 Stück kosten 10 M.; m
gehört dazu aber noch eine Verschlusszange. Auf der Plombe
können Worte etc. eingeprägt werden. Dieselben scheinen praktisch
zu sein, sind übrigens angeblich bei der Hamburger Fleischschau
1 in Gebrauch.
Personalien.
Ernennungen: Stau ff, städtischer Oberthierarzt zu Königsberg
zum Schlachthofdirector zu Elbing. — Districtsthierarzt Kamm-
Feuchtwangen zum Bezirksthierarzt in Roding. — Thierarzt Heiss-
Straubing definitiv zum Bezirksthierarzt. — Districtsthierarzt Bern-
d o r f e r - Abensberg zum städt. Thierarzt in Passau.
In den R u h e s ta n d getreten: Der Direktor des Veterinär¬
instituts in Leipzig, Hofrath Professor Dr. Zürn; Bezirks¬
thierarzt Schlicht- Nördlingen.
Approbationen: ln Berlin: Die Herren Franz Reimer und
Oscar Hämmerling.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Thier¬
arzt Staubitz nach Mannheim als Schlachthofthierarzt, Thierarzt
Fr. Eggert-Prenzlau nach Dallmin b. Karstädt, Thierarzt Stern-
Stettin nach Schönbaum, Thierarzt L. S c h m i d t - Passau (früher
städt. Thierarzt) nach München , Thierarzt B o 1 8 i n g e r von
Schw.-Gmünd nach Zell a. Mosel.
Yacanzen.
Krelsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De-
cember 1898 an Regierungspräsidenten. — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land. — Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikers-
heim (ca. 700 M.). — R.-B. Posen: Neutomischel.
Sanitätsthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Haltern: Thierarzt zum 1. Januar 1899 (ca. 1200 M. aus Fleisch¬
schau u. 800 M. Züsch. Privatpraxis.). Bew. b. 5. Dec. an Biirgermstr.
— Königsberg: 2. Thierarzt für Schlacht- und Viehhof zum
1. Januar 1899 (2400—8000 M. davon 300 M. Abzug für Wohnung;
nach einjähr. Probedtenst pensionsberechtigt). Meid, an Director.
— Moseritz (Posen): Schlachthausinspector zum 1. April 1899
(1500 M. etc. Privatpraxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat.
— Münstereifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. ,1899 (1800 M.,
fr.Wohnung,Privatpraxisgestattet).Meld. bis 15.Dec. an Bürgermeister.
— Strasburg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M.,
freie Wohnung). — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. Decembcr
an Bürgermeister.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Mainz: SchlachthofassiMenzthierarzt. —Nürnberg:
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarit
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. —
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteber K.
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderatb.-
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaiigebühren,
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sachs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an
Magistrat — Landsberg a. W.: Assistent am Rothlauf-Serum-Institut
(1800 M.), Bew. an Director Dr. Schreiber. — Moringen: Thierarzt
(Einn. aus Fleischbeschau 500 M.). — N a u n h o f (b. Leipzig): Thierarzt
(Zuschuss 200 M. u. Uebertragung der Fleischschau). Bew. umgeh..™
Bürgerm. Igel. — Oberraa r schacht (Elbe): Thierarzt — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, au Polizei¬
verwaltung. — Prenzlau: Assistent am Rothlauf-Serum-
Institut (1800 M.). Bewerb, an den Leiter der Anstalt, Thier-
arzt Helfers. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön-
fliess (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kübn-
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres
durch den Bürgermeister. — Zeh den: Thierarzt. Näheres durci
Amtsrath Ehlert in Grüneberg bei Zehden).
Besetzt : Schlachthofstelle: Elbing. — Privat
stello:Schönbaum.
Verantwortlich für <len Inhalt (axel. In*cratentholl) Prof. I)r. ächmaltz in Merlin. - Verlag uml Kieenthuiu von Richard Hchoetz in Berlin.— Druck von W. Btlxen«teln. Bcri 111 -
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Die Thlerirxtllche Wochenschrift" eracheint
wöchentlich in Stärke von mindesten« l'/t Bogen. Dieselbe
ist tu beziehen durch den Buchhandel, die Poat (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
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Alle Manuscripte, Mittheilungen und redactloneilen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmält*,
Berlin, thierärztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recenslons-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898.
M 49
Ausgegeben am 8. December.
Inhalt: BrQcher sen. : Kreuz- oder Lendenlähme? Etwas aus der Praxis für die Praxis. — Protokoll der
Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein am 24. und 25. Sep¬
tember 1898 z n Neumünster im Bahnhofshötel.— Referate: Lübke: Eigentümliche Fohlenerkrankung. — Winter:
Ueber Tuberculose der Mandeln. — Rem b old: Zur Heilwirkung des Tuberculins bei Lungentuberculose. — Aus dem statistischen
Veterinär-Sanitä'sbericht für die preussischc Armee. — Smythe: Leucämie beim Hund. — Mosselmann und Höbraud:
Anormale Färbung des Sccletts bei einem Rinde — Kleine Mittheilungen. — Tagesgeschichte: Sitzung des Vereins
schlesischer Thierärzte zu Breslau am 23. October 1898. — Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchen¬
statistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Kreuz- oder Lendenlähme?
Etwas aus der Praxis für die Praxis.
Von
Dr. BrQcher sen. -Hannover.
Als eines der wichtigsten und angenfälligsten Symptome der
Kreuz- und Lendenlähme bei Pferden wird allgemein die
schwankende und drehende Bewegung derselben im Hintertlieile
angesehen. Sicher ist, dass dieses Symptom bei den genannten
Leiden niemals fehlt; indess darf man es nicht immer ohne
Weiteres als ein krankhaftes, noch viel weniger als ein patho-
gnoraisclies bezeichnen. Es giebt Pferde, die bei einiger
schwankender Bewegung im Hintertheil bis zum höchsten Alter
durchaus tüchtige Arbeitspferde bleiben, während andere mit
weniger schwankender Locomotion in dieser Beziehung zu
wünschen übrig lassen. In dem einen Falle liegt die beregte
Bewegung8ersclieinung einfach in dem normalen, anatomischen
Bau begründet (so meistens bei schmalen, langen, eingesenkten,
selten bei breiten, kurzen, hohen Lenden), wohingegen sie in dem
anderen Falle ihre Ursache in einem krankhaften Zustande, and
zwar zunächst in einer pathologishen Veränderung des Lenden¬
oder des Krenzmarkes beziehungsweise der Lenden- oder der
Krenznerven hat. Bei der allgemeinen Untersuchung der Pferde
ist es daher nöthig, sich über den Grund des Schwankens oder
Drehens im Hintertheil ein klares Bild zu verschaffen, da man
dasselbe einmal für g eichgiltig, ein andermal für bedenklich zu '
erklären hat. Dass diese Unterscheidung eine ganz besondere
Bedeutung erlangt bei Benrtheilong von Handelspferdeu, muss
nm so mehr einleuchten, als jeder Käufer von dem Sachverstän- j
digen ein nach Möglichkeit bestimmtes Urtheil zu erhalten be- I
rechtigt ist. Ich bin fest überzeugt, dass jedem Collegen, der |
häufiger Gelegenheit hatte, Pferde zu benrtheilen, derartige Fälle
zur Begutachtung vorgekommen sind, und bin ebenso fest davon
überzeugt, dass schon mancher College bei Beu theilnng derselben
die gleiche Verlegenheit gefühlt hat, wie ich sie empfunden, be¬
vor ich mir die Sache klargelegt hatte, nach Ausweis vorliegender
Arbeit. Wie nämlich jeder gewissenhafte Thierarzt bemüht sein
wird, für die in Rede stehende Erscheinung des Schwankens
eine wissenschaftliche Begründung zn liefern, so habe auch ich
versucht, eine solche zu finden, um mit möglichster Bestimmtheit
dieselbe beurtheilen zu können — und zwar auf anatomisch¬
physiologischer Grundlage.
Sämmtüche Muskeln des Hintertheil» resp. der Hinter¬
schenkel, die hier in Frage kommen, erhalten ihre Nerven theils
vom Kreuz-, theils vom Lendengeflecht. Es ist deshalb eine
richtige Beurtheilung der Bewegung des Hintertheils nur möglich,
wenn man die Wirkung der Muskeln, welche ihre Nerven aus¬
schliesslich oder doch vornehmlich vom Leudengeflecht empfangen,
scharf auseinanderhält von der Thätigkeit derjenigen Muskeln,
die ihre Nerven aus dem Kreuzgeflecht beziehen.
Am wenigsten auffällig sind in der Regel die Functions¬
störungen an den von dem Lendengefleclit versorgten Muskeln,
da diese, wenn auch in geringerem Grade, noch Nerven vom
Krenzgeflecht erhalten. In die Augen springend dagegen und
leicht verständlich sind Störungen in der Thätigkeit der Muskeln,
deren Nerven vom Kreuzgeflecht stammen.
Die vom Lendengeflecht innervirten Muskeln haben die
Function, die freien Hinterextremitäten nach vorn zu bewegen,
die Kruppe lierabzndrücken und namentlich auch das Gleich¬
gewicht im Hintertheil zu erhalten. Sie sind Vorwärtsführer des
Hinterschenkels nnd Ueberzielier der Schwerlinie.
Wenn somit ein Pferd die Hinterschenkel nicht entsprechend
nach vorn bringt, gern gestreckt mit auseinander gestellten
Sprunggelenken steht, die Krnppe beim Misten oder Uriniren
nicht entsprechend nach abwärts drückt und besonders beim
Drehen des Körpers das Gleichgewicht nicht zu halten vermag,
dann ist es mit Bestimmtheit als lendenlahm zu bezei chnen.
Den vom Krenzgeflecht versorgten Muskeln fällt hauptsächlich
die Aufgabe zu, den Rumpf auf den nach vorn festgestellten
Hinterschenkel hinüberzuschieben und das sichere Eingreifen der
Hufe in den Erdboden zu bewirken. Sie sind im Wesentlichen
Nachschieber des Rumpfes und werden nur gelegentlich, wie
beispielsweise beim Hintenausschlagen, zu anderen Leistungen
herangezogen. Die Wirkung dieser Muskeln ist leicht zu
erkennen. Insbesondere ist es aber diejenige des Kniekehl¬
muskels (musculus popliteus), die augenfällig hervortritt. Ich
muss gestehen, dass gerade das Verhalten des letztgenannten
Mnskels mir den ersten Fingerzeig bei der Ernirung der Ursache
der schwankenden Bewegung im Hinteriheil des Pferdes gab and
die Grundlage für die Differential-Diagnose zwischen Lenden-
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
578
und Kreuzlahme lieferte, da dieser Muskel seine Nerven aus¬
schliesslich vom Kreuzgeflecht empfängt. Der Kniekehlmnskel
liegt bekanntlich hinter dem Kniegelenk (Femoro-tibialgelenk)
nnd der Tibia. Er entspringt am lateralen Condylus des Femur
und endet am medialen Rande der hinteren Fläche der Tibia —
bis etwa zur Mitte der letzteren. Bei seiner Wirkung dreht er
die Tibia von innen nach aussen um ihre Längsachse, und zwar
dergestalt, dass deren hintere Fläche mehr nach aussen (lateral),
und deren vordere mehr nach innen (medial) zu liegen kommt.
Die Folge hiervon ist, dass die Zehe nach innen und das Sprung¬
gelenk entsprechend nach aussen gestellt wird. Besonders in die
Augen springend ist die Wirkung des genannten Muskels bei
Pferden, die schwer ziehen müssen.
Mich berührt es stets angenehm, wenn ich sehe, dass ein
Pferd, welches im Trabe vorgeführt wird, die Wirkung des Knie¬
kehlmuskels so recht erkennen lässt, bei sonst sicherer und fester
Haltung des Hintertheils.
Wenn nun dieser Muskel keine deutliche Wirkung äussert,
das Pferd bei der Bewegung die Zehe nicht entsprechend nach
innen und das Sprunggelenk nicht nach aussen bringt, so ist es
eben ein Beweis dafür, dass eine Innervationsstörung am Kniekehl¬
mnskel vorliegt, mithin das Schwanken im Hintertheil seinen
Grund in einer Kreuzlähmung hat.
Beiläufig will ich erwähnen, dass hierbei nicht selten die
Hinterschenkel beim Gehen weit über die Fussstapfen des Vorder-
fusses hinausgreifen, auch wohl der Mistabsatz mit Schwierigkeit
verbunden ist, und ein gewisses Drängen erfordert.
Wenn indess umgekehrt die Kniekehlmuskeln eine auffällig
starke Action zeigen, also die Sprunggelenke übermässig aus¬
einanderweichen, und die Zehen zu 6tark nach innen gestellt
werden, dann ist wieder die Annahme berechtigt, dass der
schwankende Gang mit einer Lendenlähmung in ursächlichem Zu¬
sammenhang steht.
Ein solches Verhalten weist auf ein Missverhältniss zwischen
der Wirkung der vom Lendengeflecht innervirten und der vom
Kreuzgeflecht versorgten Muskeln hin; es zeigt an, dass d : e
ersteren den letzteren gegenüber zu schwach sind, und erfahrungs-
gemäss wissen wir, dass in der bei weitem grösseren Mehrzahl
der Fälle Muskelschwäcben und Muskellähmungen nervösen Ur¬
sprungs sind.
Fehlen nun bei der allgemeinen Untersuchung eines Pferdes,
das ein mehr oder weniger auffälliges Schwanken im Hintertheil
zeigt, die bestimmten oben angegebenen Symptome für Kreuz¬
oder Lendenlähme, dann kann man die Bewegungs-Anomalie als
unbedenklich bezeichnen; im Gegentheil bat man sie bestimmt als
nachtheilig zu erklären.
Bei plötzlich auftretenden Lähmungen im Hintertheil ist man
auch im Stande, unter Berücksichtigung der oben angeführten
Erscheinungen zu bestimmen, ob Patient vornehmlich kreuz- oder
lendenlahm ist, und giebt auch hierbei besonders das Verhalten
des Kniekehlmuskels den Ausschlag.
Ein Uebel, welches anderweitig mit Kreuz- oder Lenden¬
lähmung leicht verwechselt werden kann, ist die Lähmung des
Schenkelnerven, zumal wenn dieselbe beiderseits auftritt. Von
dem Schenkelnerv werden bekanntlich die Kniescheibenmuskeln
versorgt, und von diesen letzteren, so pflegte der sei. Günther
zu sagen, wird das ganze Hintertheil commandirt; sind sie ge-
gelähmt, dann knicken alle Gelenke zusammen, sodass die Thiere
wie vollständig gelähmt im Hintertheil erscheinen.
Es ist hierbei in der Tliat sehr schwer, um nicht zu sagen
kaum möglich, a priori zu bestimmen, ob eine heftige Lenden¬
lahme — da der Schenkelnerv aus dem Lendengefieckt entspringt
— oder ob nur eine Lähmung der Schenkelnerven für sich be¬
steht. Dass eine solche Schenkelnervlähmung für sich ohne
Lendenlähmung bestehen kann, ist erfahrungsgemäss, wie ja auch
der für sich bestehende Krampf in^ den Kniescheibenmuskeln
(Ramm) beweist.
Ist der Schenkelnerv nur für sich erkrankt, dann hat das
Uebel nicht annähernd die Bedeutung wie bei Lendenlähmung;
es tritt meistens vollständige Heilung ein. Nur in seltenen Fällen
bleibt eine gewisse Schwäche in den Kniescheibenmuskeln zurück,
was besonders auffällt, wenn die Pferde hoch hintenansschlagen
und dann wohl beim Auffangen der Last zusammenknicken.
Noch will ich bemerken, dass ebenso wie Schenkelnerv¬
lähmung auch ausnahmsweise die Kreuzlähmung einseitig Vor¬
kommen kann. — Vor Jahren wurde mir das Pferd eines noch
in Hannover weilenden Arztes in Behandlung gegeben, welches
augenfällig einseitig kreuzlahm war. Ich erklärte das Leiden für
eine Lähmung der Hüftnerven (nervus ischiadicus).
Da Bich recht bald Verschwind einstellte, rieth ich, das Pferd
als werthlos zu tödten oder aber der damaligen Thierarzneischnle
zu schenken, da der Krankheitsfall sehr interessant sei. Letzteres
geschah. Meine Diagnose wurde als richtig erkannt, und das
Pferd, als es an der einen Kruppenhälfte zum Skelett geworden,
während die andere Seite durchaus normal blieb, getödtet Dass
auch in forensischer Beziehung eine Unterscheidung der im Vor¬
stehenden besprochenen Uebel ihre Bedeutung hat, wurde bereits
angedentet. Wirklich kreuzlahme Pferde sind als dauernd werth-
los zu betrachten, während lendenlahme Pferde znm Zugdienst,
besonders auf dem Acker, meistens sehr wohl brauchbar bleiben.
Es ist daher weder vom praktischen, noch viel weniger vom
rein wissenschaftlichen Standpunkte aus zu rechtfertigen, obige
sehr wohl zu trennenden Uebel ohne Ausnahme unter dem allge¬
meinen Namen Lumbago oder auch Kreuzlahme zusammen¬
zufassen. Solch’ allgemeine Bezeichnungen sind ausnahmsweise
zu rechtfertigen, z. B. bei Gesammtlähmung des Hintertheils
infolge Rückenraarksafifection, bei der sog. schwarzen Harnwinde
und dergl.
Bei einiger Uebung in der Beurtheilung der Gangart der
Pferde und bei gutem Willen ist es durchaus nicht allza schwer,
die vorstehend kurz besprochenen Uebel zu erkennen und zn
unterscheiden.
Uebung macht auch hier den Meister, und es bleibt immer
wahr, was der sei. Günther sen. sagte: Pferdekenner wird man
nicht hinter dem Studirtisch, sondern nur durch die Praxis.
Wer immer wirklich Pferdekenner werden will, der lasse
kein Pferd an sich vortibergehen, ohne dasselbe, wenn auch nur
flüchtig, zu beurtb eilen.
Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins in Schleswig-Holstein
am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im
Bahnhofshotel.
(Fortsetzung.)
„Die verschiedenen Grade und Formen der Rothlaufseucbe bei
Schweinen.“
Vortrag von Kreisthierarzt Struwe-Kiel.
M. H. Unsere Tagesordnung bezeichnet das von mir
für heute zu einer kurzen Besprechung gewählte Thema kaum
ganz richtig. Ich will hier keinen ausführlichen Vortrag
über die Rothlaufseucbe der Schweine halten und namentlich
auch nicht die verschiedenen Krankheitsbilder dieser Plage
unserer Schweinezüchter schildern. Die Geschichte dieser
Krankheit, ihre Aetiologie und ihre Differentialdiagnose
sind auch schon auf unsern Generalversammlungen des
Oefteren erörtert worden.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
8 December 1898.
Nachdem jedoch neuerdings exaclere Berichterstattung
über die Verbreitung d-r verschiedenen, der Anzeigepflicht unter¬
liegenden Schweineseuchen gefordert wird, dürfte es trotzdem
angezeigt sein, hier nochmals die Frage zu ventiliren, welche
Krankheitszustände der Schweine unter das Gesetz
fallen, und speciell ob das als Nesselfieber allgemein be¬
kannte Leiden dieser Thiere dem Roth lauf hinzuzurechnen
ist and deshalb angezeigt werden muss.
Zum Schluss möchte ich mir alsdann noch gestatten,
kurz die neueren Ansichten über die Bekämpfung des
Rothlaufs zu erwähnen.
Gesetzliche Massregeln sollen, wie Ihnen bekannt ist,
Platz greifen beim Milzbrand, bei der Schweineseuche,
der Schweinepest und beim Rothlauf.
Sie wissen nun aber, m. H., dass erst vor einigen Jahren
eine Scheidung unter den verschiedenen ansteckenden Schweine¬
krankbeiten angenommen worden ist, und da68 bis dahin in der
Erkennung und der Bezeichnung derselben der grösste Wirrwarr
geherrscht hat. Alle mehr oder weniger heftig verlaufenden
Leiden der Schweine, welche mit einer Hautröthung einber-
gingen, bezeichnete man vor noch nicht langer Zeit als Rothlauf. Die
Periode allerdings, in welcher man die erwähnte Krankheit
dem Milzbrände zuzählte, liegt etwas weiter zurück, sodass
wir jüngeren Thierärzte die Benennung Milzbrandrothlauf
wohl kaum noch gebraucht haben. Und demnach war auch der
uns geläufige Name „Rothlauf ', wie schon erwähnt, ein Sammel¬
begriff. Erst die klinischen und bacteriologischen Unter¬
suchungen von Eggeling, Lydtin, Schottelius, Schütz,
Löffler und Anderen führten dazu, dass wir zu scheiden anflngen
zwischen dem eigentlichen Milzbrand, der Schweineseuche,
der Schweinepest, dem Rothlauf, dem Nesselfieber u.8.w.
Es wurde uns gelehrt, dass Milzbrand bei Schweinen ausser¬
ordentlich selten vorkomme und selbstverständlich nur dann vor¬
liege, wenn Milzbrandbacillen nachgewiesen werden.
Von der Schweineseuche erfuhren wir, dass sie eine
multiple lobulär auftretende necrotisirende Pneumonie sei, deren
Ursache wir in einem sich eigenartig färbenden kurzen Bacillus
zu suchen hätten Derselbe nimmt, wie Ihnen bekannt ist, den
Farbstoff besonders stark an beiden Polen auf, während das Mittel¬
stück so gut wie ungefärbt bleibt.
Die Schweinepest endlich soll im Gegensätze zur Schweine¬
seuche ihren Hauptsitz im Verdanungstractus der Schweine
haben, dort, namentlich im Dickdarm, tiefgehende diphtherische
Entzündungen der Schleimhaut hervorrufen und durch einen
ganz ähnlichen Mikroorganismus, wie den der Schweineseuche,
bedingt werden. Namhafte Forscher sind allerdings mittlerweile
zu der Ansicht gelangt, dass eine Trennung zwischen Schweine¬
seuche und Schweinepest nicht aufrecht zu halten ist.
Nach ihneu soll die Schweinepest nur eine besondere Form
der Schweineseuche sein, da bei beiden Uebelu der Krankheits¬
erreger derselbe ist. Ich will hier erwähnen, dass ich erst
vor einigen Wochen zusammen mit dem Collegen BuBe Gelegen¬
heit gehabt habe, bei zahlreichen schweineseuchekranken Thieren
neben den Veränderungen in den Lungen gleichzeitig diphthe¬
rische Erkrankungen der Darmschleimhaut, also Erscheinungen
der Schweinepest, zu sehen.
Was nun speciell den Rothlauf der Schweine betrifft, so
muss dieser nach dem gegenwärtigen Stande unserer Wissenschaft
als eine unter dem Bilde der Septicämie verlaufende ln-
fectionskrankheit bezeichnet werden, welche ausschliesslich durch
ein wohl charakterisirtes Stäbchenbacterium bedingt wird. Die
Bacillen finden sich überall in den Capillaren der kranken
Schweine zwischen den rothen Blutkörperchen und häufig in
grösserer Anzahl in den weissen eingeschlossen. Sie haben
eine grosse Aehnlichkeit mit den Koch’sclien Mäuse-
septicämiebacterien, mit welchen sie übrigens entgegen der
Ansicht von Lorenz-Darmstadt nicht identisch sind, wie durch
viele Versuche nachgewiesen worden ist Sie wissen nun
weiter, m. H., dass wir im Stande sind, die Rothlauf-
bacillensehrleichtzu züchten und in ihren ganz charakteristischen
Culturen bestimmt zu erkennen. In einer Nährgelatinestichcul-
tur, wie Sie hier solche sehen, entwickeln sich bei gewöhnlicher
Zimmertemperatur Colonien, welche das Aussehen einer Gläser¬
bürste zeigen. Auch durch die Impfung kleinerer Versuchs-
thiere lässt sich die Diagnose des Rothlaufs in jedem Falle
sichern. Besonders empfänglich für die Seuche Bind weisse
Mäuse und Tauben. Beide Thierarten erkranken nach
der Impfung in charakteristischer Weise und gehen recht bald
an dem Uebel zu Grunde. In den Cadavern dieser Versuchs¬
tiere lassen sich alsdann wiederum zahlreiche Rothlaufstäb-
chen nachweisen und gelingt es namentlich mit diesen sehr
leicht, die charakteristischen Culturen zu erzeugen. In den
meisten Fällen ist es allerdings auch ohne weitere bacte-
riologische Untersuchungen schon durch die Obduction ganz
leicht, aus dem Zusammentreffen der typischen Veränderungen,
welche wir an der Milz, den Nieren, der Leber, dem Herzen, in
den Lymphdrü8en und am Darm finden, die Diagnose auf Rothlauf
zu stellen, zumal wenn es sich um ein seuchenhaftes Auftreten
dieser Krankheit handelt, und somit der klinische Verlauf schon
den Leichenverdacht erweckt hatte.
Trotzdem wir es also in dem Rothlauf mit einer in bac-
teriologischer Hinsicht vollkommen klargestellten Krankheit
zu thun haben, waren wir dennoch über eine Form desselben,
über die sogen. Backsteinblattern, das Nesselfieber, voll¬
kommen im Unklaren. Man hielt dasselbe für eine besondere
Krankheit, welche mit dem Rothlauf gar nichts gemein habe
und höchst unschuldiger Natur sei. Noch im Jahre 1892 ver¬
treten Friedberger und FrÖhner in ihrem Lehrbuch der
spec. Pathologie und Therapie diese Anschauung und fügen noch
hinzu, dass ein Todesfall bei dieser Krankheit noch nie beob¬
achtet worden sei. Diese letztere Angabe wird wohl Ihnen
Allen nicht zugesagt haben. Es ist allerdings ganz
richtig, das Nesselfieber der Schweine, welches sich
klinisch neben gastrischen und fieberhaften Störungen
durch seine auftretenden charakteristischen, theilweise
Hautveränderuugen auszeichnet, verläuft der Regel nach gatartig.
Die erkrankten Thiere genesen meistens nach einigen Tagen
wieder vollständig. Sie Alle werden aber auch die Er¬
fahrung gemacht haben, dass in vereinzelten Fällen eine
diffuse Hautröthung heftigere Erkrankung der Patienten und
der Tod derselben statt der erwarteten Besserung eintreten.
Andererseits haben wir auch nicht ganz Belten
Gelegenheit, von den Besitzern der an Backstein¬
blattern erkrankt gewesenen Thiere zu hören, dass diese
trotz scheinbarer Besserung nicht wieder in der früheren Weise
gedeihen, sondern in ein chronisches Siechthum verfallen und
deshalb sehr bald von dem Schlächter verwerthet werden mussten.
Diese Vorkommnisse konnten wir uns früher nicht
erklären, da uns doch der unschuldige Charakter der frag¬
lichen Krankheit allgemein gelehrt wurde. Ich erinnere mich
noch sehr gut eines Falles, in welchem ich einem Besitzer
einen günstigen Verlauf beim Auftreten des Nesselfiebers in
seinem grösseren Schweinebestande in Aussicht gestellt und wie
ich sehr bald darch die Thatsachen eines Andern belehrt wurde.
Die ersten Fälle verliefen ganz programmmässig, indem die
Patienten sich sehr bald erholten. Später aber traten jedoch zu
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
meiner Ueberraschung einige Todesfälle ein. Ich suchte mich
damals bei dem Besitzer mit der Erklärung herauszureden, dass
der eigentliche Rothlauf binzugekommen sei, wir es also mi
zwei verschiedenen Krankheiten zu thun gehabt hätten. Dem
war nun allerdings, wie wir jetzt wissen, in Wirklich¬
keit nicht so, sondern Rothlauf bestand bei dem Patienten von
Anfang an, nur war in den günstig verlaufenden Fällen
die Virulenz der Bacillen keine sehr grosse, weshalb die
Krankheit unter dem Bilde des Nesselfiebers gutartig verlief.
Als jedoch später durch irgend welche Umstände die An¬
griffs kraft der Bacillen erhöht wurde, traten die eigentlichen
Rothlauffälle und damit auch die Verluste auf. Rothlauf-
bacillen sind sowohl beim eigentlichen Rothlauf als auch
beim Nesselfieber vorhanden, wie wir vor einigen Jahren
durch die Untersuchungen von Jensen - Copenhagen und
Lorenz - Darmstadt belehrt worden sind. Beide Forscher er¬
kannten gleichzeitig vollständig unabhängig von einander, dass
das Nesselfieber nur eine milder verlaufende Form des
Rothlaufs ist.
Damit, meine Herren, bin ich zu dem Cardinalp unkt
meiner Besprechung gekommen. Es ist bacteriologisch
nach gewiesen, dass Nesselfieber mit Rothlauf identisch ist,
folglich muss auch das Erstere nach den für das Letztere
geltenden Bestimmungen behandelt werden. Es ist diese An¬
schauung nicht nur aus theoretischen Erwägungen be¬
rechtigt, sondern dieselbe muss auch aus veterinär-
polizeilichen Rücksichten empfohlen werden. Es ist nach
meinem Dafürhalten als ei wiesen anzusehen, dass Urticaria¬
fälle in den eigentlichen Rothlauf übergehen können,
dass jedenfalls aber die Bacillen, welche von nesselfieberkranken
Thieren in die Aussenwelt gelangen, unter besonderen, bis¬
her nicht näher bekannten Verhältnissen ihre Virulenz err
höhen und, falls sie wieder in den Thierkörper gelangen, den
eigentlichen Rothlauf erzeugen könuen.
Auch ist bei der Frage noch der Umstand zu bedenken,
dass der Verheimlichung des Rothlaufs Vorschub
geleistet würde, wenn das Nesselfieber der Anzeigepflicht nicht
unterworfen wäre.
Wird in Schleswig-Holstein diese Anschauung be¬
folgt? Ich glaube kaum. Wenn ja, so müsste über die Ver¬
breitung des Rothlaufs in unserem Regierungsi ezirk ein ganz
anderes Bild entstehen, als wir es jetzt in den betreffenden
statistischen Zahlen gezeichnet finden. Sie alle wissen, dass an
der Westküste der Rothlauf zu gewissen Jahreszeiten an
vielen Orten epidemisch mit hohen Verlustziffern auftritt, auf
dem Mittelrücken unserer Provinz kommen besonders im Herbst
zahlreiche Fälle des Nesselfiebers, also der milderen Form des
Rothlaufs, vor, und an der Ostküste finden wir beide, sowohl
Nesselfieber als auch Rothlauf. Die Rothlaufbacillen sollen im
feuchten Lehm- und Thonboden am besten gedeihen und ihre
grösste Vif uleuz erreichen, während magerer Sandboden für
ihre Entwicklung weniger günstige Verhältnisse bietet. Hier¬
nach lässt sich das verschiedenartige Auftreten der Seuche
in unserer Provinz ganz ungezwungen erklären.
Gestatten Sie, m. H., dass ich zum Schluss noch mit einigen
Worten auf die Bekämpfung des Rothlaufs eingehe. Die ge¬
setzlichen Schutz- und Tilgungsmassregeln gegen diese
Seuche beschränken sich auf den Versuch, beim Auftreten der
Krankheit eine Verschleppung nnd Weiterverbreitung der Krank¬
heitskeime zu verhüten und diese später durch geeignete Des-
infectionsmittel unschädlich zu machen. In solchen Fällen,
wo es sich um das Auftreten des Rothlaufs in einen bis dahin
von demselben verschont gebliebenen Stalle, also nm eine Ein¬
schleppung von Krankheitskeimen in eine früher rothlauffreie
Gegend handelt, sind die erwähnten Schutz- und Tilgungsmass¬
regeln durchaus empfehlenswerth und auch sehr wirksam. Ich
selbst hatte hier in Neumünster Gelegenheit, mich davon zu
überzeugen, dass es unter den erwähnten Umständen möglich ist,
durch strenge lsolirung der kranken Thiere und gleich¬
zeitige gründliche Desinfection der verseuchten Localitäten
den Rothlauf wirksam zu bekämpfen. Wie aber sollen wir nun
Vorgehen, meine Herren, in solchen Gegenden, wo der Roth¬
lauf stationär ist, wo alljährlich Fälle desselben auftreten und
eine Bodeninfection mit Rothlaufbacillen angenommen werden
muss? Wie Sie wissen, ist in solchen Fällen die Schutz¬
impfung gegen die Krankheit empfohlen. Schütz und Voges
haben nun neuerdings die verschiedenen Impfmittel und Impf-
metboden gegen den Rothlauf einer wissenschaftlichen und
äusserst interessanten Nachprüfung unterzogen. Wie Sie wissen,
giebt es ein Impfmittel von Pasteur, ein solches von Lorenz
und endlich das namentlich in den Kreisen der Landwirthe so
oft genannte Porcosan.
Pasteur hatte schon früher gefunden, dass man das
Hund8wuthgift in seiner Virulenz durch geeignete Massnahmen
wesentlich abschwächen könne. Zusammen mit Thailiier gelang
es ihm, nun auch die Giftigkeit der Rothlaufbacillen abzuändero.
Impften sie ein Kaninchen mit einer Reincultur derselben und,
nachdem dieses gestorben war, mit dem bacillenhaltigen Blute
desselben ein neues Thier, von diesem wieder ein drittes und so
fort, so waren die Bacillen zuletzt für Schweine weniger
virulent geworden, dieselben erkrankten nach einer Impfung
mit dem Kaninchenblute in einem sehr geringen Grade. Wurden
dagegen statt der Kaninchen Tauben zu den Impfungen
benutzt, so trat statt der Abschwächung eine Steigerung der
.Virulenz ein. Mit bacillenhaltigera Taubenblut geimpfte
Schweine gingen in sehr kurzer Zeit an Rothlauf zu Grunde.
Wurden nun aber die Schweine zunächst mit den Bacillen des
Kaninchenrothlaufs und dann mit den Bacillen des
Taubenrothlaufs geimpft, so starben dieselben nicht und
zeigten sich später auch immun gegen die natürliche Infection
mit Roth lauf keimen. Zwischen den beiden Schutzimpfungen
legte Pasteur eine Zeit von zwölf Tagen.
Für den Werth der Pasteur’schen Impfung spricht die
Thatsache, dass die Zahl der nach Beiner Methode geimpften
Thiere in Ungarn von Jahr zu Jahr steigt, was sicher nicht
geschehen würde, wenn der Impfung ein Werth nicht beizumessen
wäre.
Lorenz geht bei seineu Impfungen zum Schutze gegen den
natürlichen Rothlauf in etwas andererWeise vor. Er machte sich die
Thatsache zu Nutzen, dass das Blutserum immunisirter Thiere
schützende Eigenschaften besitzt. Er impfte daher das erste
Mal mit einem Serumpräparat. Da aber die in dieser Weise
übertragene passive Immunität nur von vorübergehender
Dauer ist, so impft Lorenz zum zweiten Male mit einer Rein¬
cultur von Backsteinblatternbacillen. Er macht in dieser
Weise, wie auch Pasteur, die Impflinge activ immun und damit
widerstandsfähig gegen eine natürliche Ansteckung mit Rothlauf¬
bacillen.
Lorenz hat für die Impfung folgendes Verfahren empfohlen:
1. Einspritzung einer bestimmten Menge Rothlaufschutz-
serum, gewonnen von immunisirten Schweinen.
2. 3—5 Tage darauf Einspritzung von 0,25—1 ccm Bouillon-
cultur von lebenden Rothlaufbacillen einer Backstein-
blatterncultur.
3. 12—15 Tage später Wiederholung der Cultureinspritzung
in derselben Menge.
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8. December 1898. BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT 581
Das Lorenz'sehe Verfahren hat, trotzdem es etwas um¬
ständlicher ist als die Pasteur'sehe Methode, letztere in
Deutschland fast vollständig verdrängt
Was nun endlich das Porcosan, ein Geheimmittel, anbelangt,
so scheint dasselbe nach den Untersuchungen von Voges eine
aus Fleischextract hergestellte Bouilloncultur von
Rothlaufbacillen zu sein, denen reichlich Glycerin zugesetzt
ist. Durch diese Beimischung sind die Bacillen in ihrer Virulenz
sehr abgeschwächt, jedoch noch immer lebensfähig. Mit Porcosan
soll eine einmalige Impfung genügen, um sicheren Schutz
gegen den natürlichen Rothlauf zu gewähren. Voges und
Schütz gelangten nun auf Grund ihrer zahlreichen Versuche zu
der Meinung, dass für gröbere Schweinerassen jedenfalls die
Pasteur’Bche Methode mit der Modification zu empfehlen sei,
dass zwischen den beiden Impfungen statt der 12 Tage
mindestens 3—4 Wochen liegen müssen. Nach den erwähnten
Forschern ist die Pasteur'sehe Methode billig, einfach und
gewährt auch die grösste Immunität.
Für feinere Schweinerassen soll indess die Lorenz’sche
Methode den Vorzug verdienen. Die Impfung mit Porcosan
ist nicht zu empfehlen, da die Eigenschaften desselben zu unbe¬
ständig sind.
Bei ihren Versuchen fanden jedoch Voges und Schütz,
dass in allen Methoden nicht unwesentliche Gefahren liegen.
Um einen Erfolg durch die Impfung zu erzielen, werden sowohl
von Pasteur als auch von Lorenz wie auch im Porcosan
lebende Rothlaufbacillen in den Thierkörper der Impflinge
gebracht, u n d z w ar müssen di e B ac i 11 e n noch einen gewissen Grad
von Virulenz besitzen, da sonst eine Immunität nicht erzeugt wird.
Es ist nun leicht verständlich, dass bei einem derartigen
Vorgehen in einzelnen Fällen acute Rothlauf-
erkrankungen nicht ausbleiben können. Besonders zu fürchten
aber sind die chronischen Erkrankungen, welche in Folge
der Impfung entstehen. Da bei den Impflingen längere Zeit hin¬
durch lebende Bacillen im Blute kreisen, so können namentlich
schwere Erkrankungen der Gelenke und der Herz¬
klappen, die Bang’schen chronischen Rothlaufformen, zu Stande
kommen. Unsere Landsleute würden nun aber vielleicht
noch diese Schäden ganz ruhig in den Kauf nehmen
können, wenn nicht eine noch grössere Gefahr bei der
Impfung bestände. Zunächst ist es fast unvermeidlich, dass
Impfmaterial verschüttet wird. Aber auch durch die ge¬
impften Thiere können sehr leicht die Bacillen in die
Aussenwelt gelangen, wo sie, wie wir sicher wissen, nicht nur
Gelegenheit zur Vermehrung, sondern auch zur Erhöhung
ihrer Virulenz unter besonderen nicht näher bekannten Umständen
finden würden.
Schütz und Voges wollen aus diesen Gründen die Impfungen
nur angewandt wissen, wenn Schweine in einem Bestände bereits
an Rothlauf erkrankt sind (Nothimpfung) oder, wenn die
Schweine zwar noch gesund sind, aber an solchen Orten ge¬
halten werden, an welchen erfahrungsgemäss alljährlich
Fälle von Rothlauf unter den Schweinen Vorkommen (Prä¬
ventionsimpfung). Dagegen soll die Impfung von Schweinen,
welche in Gegenden gehalten werden, wo der Rothlauf nicht
regelmässig beobachtet wird, also die eigentliche Schutz¬
impfung, unterbleiben.
Referate.
Eigenthümliche Fohl euer krankung.
Von Oberro8sarzt Lübke.
(Ztachr. t Veterinirkd., Augnat, September 1896)
Ein Landwirth hatte einen Bestand von 20 Pferden, darunter
5 zweijährige Fohlen. Dieselben standen in einem besonderen
Stalle, der an einem Abhange mit der Front nach Nordost lag.
Die Wände waren aus dünnem Lehmschlack, die Thüren undicht,
der Fussboden ungepflastert. Die Füllen erhielten ausschliesslich
Thimotheeheu, welches zwei Jahre alt war und gut eingemiethet
auf dem Felde gestanden hatte. Die Fohlen hatten bis zum
Herbst die Weide besucht und waren während des Winters nicht
aus dem Stalle gekommen. Am 2. Februar erkrankte ein schlecht
genährtes Fohlen an Starrkrampf und ging nach achttägiger
Krankheitsdauer zu Grunde. Nach dem Bericht des Besitzers
hatte es das Maul nicht öffnen und nicht kauen können und war
ganz steif gewesen. Behandelt war es nicht worden. Am
8. März erkrankte nun ein zweites Fohlen, welches L. unter¬
suchte. Die Glieder waren vollkommen steif. An der Kruppe
bestand eine umfangreiche derbe, schmerzhafte, warme An¬
schwellung. Der Appotit und die Verdauungsthätigkeit waren
nicht gestört Die Temperatur stand auf 39°. In dem Benehmen
zeigte sich leichte Schreckhaftigkeit. Ehe noch eine Arznei ver¬
ordnet werden konnte, war der Tod des Thieres eingetreten. Am
15. März erkrankte ein drittes Fohlen unter gleichen Symptomen,
nur fehlte die Muskelschwellung. Diesem Thiere wurden 3 Liter
Blut abgenommen, Laxantien und grosse Dosen von Natrium-
bicarbonicum gegeben. Der nach zwei Tagen zur Untersuchung
überbrachte Urin war dunkelroth, dickflüssig, eiweisshaltig und
alkalisch. Dieses Pferd genas nach achttägiger Krankheitsdauer.
Beide letzteren Erkrankungsfälle waren eingetreten an Tagen,
an welchen eisigkalter Nordostwind wehte. Vom 12. März
ab wurde nichts mehr von dem oben erwähnten Heu verfüttert.
Die beiden noch Übrig gebliebenen Fohlen wurden in eine gut
temperirte Wagenremise gebracht. Am 20. März erkrankte aber
auch eins von diesen. Bei ihm zeigten sich auflUllige Kau- und
Schlingbeschwerden. Das Pferd ging nach achttägiger Krank-
heitsdauer ein, ohne dass eine B Handlung versucht wurde. Auch
hier soll der Urin blutig ausgesehen haben. Die Section dieses
Thieres ergab Folgendes: Hämorrhagien in der Unterhaut; in
der Bauchhöhle 3 Liter gelblicher Flüssigkeit; in der vorderen
GekrÖBarterie ein bedeutender Thrombus; kleine embolische ver¬
kalkte Pfropfe in den Arterienästen; Magen- und Darmschleim¬
haut mit galligem Belag; Nieren leicht hämorrhagisch entzündet;
Harnblase leer. Sonstige krankhafte Veränderungen fehlen. Nur
die Körpermusculatur war blassgelbroth und wässrig. Das
Rückenmark und das Knochenmark konnten nicht untersucht
werden. Die Section hatte somit keinen Aufschluss gegeben.
Ob es sich hier um eine Vergiftung oder um eigenartige Fälle
von Lumbago gehandelt hat, ist nicht zu entscheiden. Uebrigens
sind aber im Laufe des Frühjahrs von mehreren Besitzern ähn¬
liche Erkrankungen unter ihren Pferden gemeldet worden, dar¬
unter solche von tragenden Stuten, die nicht aus dem Stall ge¬
kommen waren.
Ueber Taberculose der Mandeln.
Von W i n t e r-Bromberg.
(Zttchr. f. Fl.- u. Mllchh. Decemb. 98.)
Während Virchow noch in seinem Werk über die krank¬
haften Geschwülste Fälle von Mandeltuberculose beim Menschen
nicht anführen konnte, sind später solche Fälle beobachtet
worden. In der thierärztlichen Literatur dagegen ist eine
Angabe über Tonsillartuborculose nicht vorhanden, was um so
auffallender ist, als doch bei den Schlachtthieren die Tonsillen
angeschnitten werden müssen. Winter hat Beobachtungen
gemacht, wonach die Mandeltuberculose gar nicht so selten zu
sein scheint, wenigstens beim Rinde. In dem einen Falle fand
sich neben Tuberculose der Lungen, der Mittelfelldrüsen, der
Leber und Gekrösdrüsen, des Brust- und Bauchfells, der Hirn¬
haut und der retropharyngealen Lymphdrüsen (bei intacten Kehl-
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
gangsdrüsen) eine Vergrösserung der Mandeln anf das Doppelte.
Sie zeigten kugelige hellgelbe Hervorragungen; die Schnittfläche
derselben bestand ans znsammenfliessenden Tuberkeln, deren
bröckliges Centrum sich herausdrücken liess. Die mikroskopische
Untersuchung ergab Riesenzellen mit vereinzelten Bacillen. In
einem zweiten Falle fand sich neben allgemeiner Tuberculose
keine Vergrösserung der Mandeln, aber in der rechten Mandel
ein erbsengrosser gelbgrauer Herd, der Riesenzellen, jedoch keine
Bacillen enthielt. An einer andern Stelle fanden sich Tuberkeln
mit Bacillen. Die linke Mandel war normal. In einem dritten
Falle, ebenfalls mit allgemeiner Tuberculose, waren beide Mandeln
karto£Felgro8s. In einem vierten Falle bestand allgemeine Tuber¬
culose. An den Mandeln war äusserlich gar nichts zu erkennen,
erst auf dem Durchschnitt sah man fast in jedem Läppchen
einen aus kleinen Knötchen zusammengesetzten Herd von ungefähr
Linsengrösse. Die Knötchen hatten kalkharte Centren; viele
Tuberkelbacillen nachweisbar. Auch in einem fünften Falle
waren die Mandeln äusserlich nicht abweichend, enthielten aber
auf dem Durchschnitt ein pfennigstückgrosses Conglomerat. In
einem sechsten Falle endlich fanden sich auch erbsengrosse
Hervorragungen von gelblichgrauer Färbung auf den Mandeln.
Es fielen also in drei Fällen die Mandeln schon äusserlich auf,
während in drei anderen Fällen erst die genauere Untersuchung
zum Resultat führte. Mit einer Ausnahme waren stets beide
Mandeln tuberculös; in allen Fällen waren zugleich die retro¬
pharyngealen Lymphdrüsen, die Kehlgangslymphdrüsen jedoch nicht
minder tuberculös. In fünf Fällen bestand allgemeine Tuber¬
culose, in einem Fall locale Tuberculose, die besonders stark an
den Kopforganen aufgetreten war.
Zur Heilwirkung des Tuberculins bei Lungentnberculose.
Von Rem bold.
(Zeltschr. t. Hyg. u. Inf. XXVI, 2.)
Verf. giebt in dieser Arbeit einen werthvollen Beitrag zur
Tuberculinbehandlung, der den grossen Vorzug hat, jahrelange
Erfahrungen am Krankenbette und die Erfolge der Behandlung
bekannt zu geben. R. theilt den definitiven Ausgang von 70 mit
Tuberculin behandelten Fällen mit, bei welchen seit dem Ab¬
schluss der Behandlung mindestens sechs Jahre dahingegangen sind.
Am ungünstigsten für die Tuberculinbehandlung sind die Fälle,
in welchen höhere Temperatursteigerungen Vorkommen. Als
reine Tuberculosen werden diejenigen Fälle bezeichnet, welche zu
Beginn der Behandlung kein (der höchstens vorübergehend und
nicht hohes Fieber aufweisen. Die hierher gehörigen Fälle
werden je nach dem Grade der Krankheit in drei Categorien ge¬
schieden. R. giebt dann eine eingehende Darstellung der einzelnen
Krankheiten, nebst dem Verlaufe der Krankheit nach der Ent¬
lassung aus dem Krankenhause.
Auf Grund seiner Erfahrungen stellt R. folgende Schluss¬
sätze auf:
1. Das Tuberculin ist ohne jede günstige Wirkung bei Fällen
von Miscbinfectionen; Vorbedingung einer Tuberculinbehandlung
ist daher die Sicherheit, dass eine solche nicht vorhanden, und
muss diese ev. durch bacteriologische Untersuchung gewonnen
werden.
2. In Fällen reiner Tuberculose der Lungen ist durch An¬
wendung deB Tuberculins
a) wenig Erfolg zu erhoffen, wenn die Erkrankung bereits
grosse Bezirke ergriffen hat,
b) bei mittlerer Ausdehnung der Erkrankung vielfach er¬
hebliche und dauernde Besserung zu erwarten,
c) in den Anfangsstadien fast ausschliesslich guter Erfolg,
und zwar meistens völlige Heilung, mindestens aber er¬
hebliche und dauernde Besserung zu erzielen.
3. Bei strenger Einhaltung der Indicationen und vorsichtiger,
streng individualisirender und durch genaue Untersuchungen der
Kranken controlirter Dosirung sind die Gefahren der Tuberculin¬
behandlung minimale.
4. Diagnostisch ist das Tuberculin ein sehr brauchbares
Hilfsmittel.
Aas dem statistischen Veterinär-Sanitätsbericht fflr die
preußische Armee.
(Vgl No. 48, pg. 668.)
Die Blutfleckenkrankheit kam nur elf Mal vor, Druse
115 Mal mit zwei Verlusten. — An der schwarzen Harnwinde
erkrankten 31 Pferde. 50 pCt. starben. Ueber die Behandlung
wird nichts Besonderes mitgetheilt. — Von Epilepsie werden
sechs Fälle verzeichnet, wovon jedoch drei ein und dasselbe Pferd
betreffen. Dieses war am 10. Juli aus dem Depot gekommen
und sollte am nächsten Tage in die Reitbahn geführt werden.
Auf dem Wege blieb es plötzlich stehen, hob den Kopf, krümmte
den Hals nach rechts, taumelte, stürzte, konnte nicht hochkommen
und blieb bewusstlos liegen. Auf der rechten Kopfseite ent¬
standen Zuckungen. Man übergoss den Kopf mit kaltem Wasser,
und nun konnte das Pferd wie jedes andere geführt werden.
Die Anfälle wiederholten sich in den nächsten 24 Stunden
13 Mal. Am 11. Juli, Abends 9 Uhr, trat der letzte Anfall ein.
Am 10. October jedoch erfolgte ein neuer und am 27. November
in neun Stunden sieben Anfälle. Bei dem Pferde waren in¬
zwischen Kehlkopfspfeifen und ein Herzleiden festgestellt worden.
Die Herztöne waren unregelmässig, der erste Ton bisweilen un¬
deutlich, oder es fehlten beide Töne auf einige Coutractiouen. Der
Puls war aussetzend. Es bestand Venenpuls. Das Pferd wurde
ausrangirt. — Von 47 Starrkrampfpatienten wurden 27 mit
Antitoxin behandelt, von denen nur 6 geheilt worden sind. Die
Berichterstatter stimmen darin überein, dass das Antitoxin wenig
oder gar keinen therapeutischen Werth besitzt.
Die periodische Augenentzündung kam bei 117 Pferden
vor, wovon 107 geheilt wurden. Nur 13 Mal wurden beide Angen
betroffen. In leichten Fällen blieben sichtbare Veränderungen
nicht zurück; in den anderen Fällen entstand Trübung der Linse,
Verengerung der Pupille u. s. w.
Ein enzootischer Katarrh der Luftwege trat bei
87 Pferden der Garnison Schwetzingen auf. In den ersten Fällen
verweigerten die Thiere 24 Stunden lang jede Futteraufhahme
bei sehr grossem Durst und zeigten 40,5 0 Temperatur. Die
späteren Fälle ergaben weniger Fieber; auch blieb massiger
Appetit bestehen. Die Thiere husteten oft hintereinander, batten
schleimigen Ausfluss, Puls- und Athembeschleunigung. Sie
wurden völlig geschont, viel an die Luft gebracht und gut ver¬
pflegt, sonst nicht behandelt. Trotzdem die Krankheit längstens
drei Tage dauerte, kamen die Patienten doch sehr zurück. Es
scheint sich um Scalma gehandelt zu haben.
Die Kolik betraf 3519 Pferde, d. h. 12,4 pCt. der erkrankten
und 41» pCt. des Bestandes. Davon wurden 86,33 pCt. gebeilt,
und 478 Stück gleich 137» pCt. starben. Auch in diesem Jahre
ist also die gewöhnliche Verlustziffer von ca. 13 pCt, die sich
bei der Kolik überall ergiebt, innegehalten. Bei den ein¬
gegangenen Pferden fanden sich u. A. folgende Todesursachen:
Magenzerreissung 54 Mal (elf pCt. der Gestorbenen), Achsen¬
drehung des Grimmdarms 71 Mal (ca. 14 pCt.), Verschlingung
des Dünndarms 74 Mal (ca. 14 pCt.), so dass diese Fälle zu¬
sammen etwa 40 pCt. der Todesursachen ausmachen. Darmzer-
reissungen wurden 41 Mal, Zwerchfellrisse 16 Mal, Einklemmungen
des Darms im Winslowschen Loch 15 Mal und in einem alten
(angeborenen ?) Zwerchfellloch vier Mal beobachtet. „Darm¬
lähmung nach Embolie und Thrombose“ wird 27 Mal angeführt
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8 December 1898. BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT. 583
BemerkenBwerthe nene Beobachtungen über die Kolikursachen
sind nicht gemacht worden. Auch besondere Mittheilnngen über
die Chlorbariumanwendung enthält der diesmalige Bericht nicht.
Ueble Zufälle scheinen überhaupt nicht vorgekommen zu sein.
Im Uebrigen wollen die Berichterstatter auch auf die früher
üblichen Mittel grossentheils nicht verzichten. Auch Arecolin
allein und in Verbindung mit Eserin ist vielfach versucht worden.
Pries betont, dass es einen starken Durst erzeuge und so die
Patienten zum Trinken veranlasse, was sie freiwillig sonst nicht
thäten.
Leukämie beim Hund.
Von E. R. Smythe, K. R. C. V. S.
(Vet. Rec. 1898, H. MO.)
Eine fünfjährige Bullterrierhündin hatte bei ihrem Besitzer
in den letzten drei Jahren stets einen guten Gesundheitszustand
bekundet und zwei Mal Junge geworfen, welche sämmtlich ein¬
gingen. Als die Hündin wiederum von einem gesunden Hunde
belegt worden war, zeigten sich sechs Tage nach dem Begattungs¬
act Krankheitssymptome. Fünf Tage später wurde dieselbe von
S. untersucht und Nachstehendes festgestellt: Grosse Schwäche
und Anämie. Erhebliche Dyspnoe, besonders während derBewegung.
Beide Schilddrüsen vergrössert. Die Lymphdrüsen in der
Cervical-, Präscapular- und Inguinalgegend waren beträchtlich
geschwollen und nicht schmerzhaft bei Berührung. Hinter der
linken Unterrippengegend war die Milz deutlich fühlbar und ver¬
ursachte bei Druck Schmerzen. Die mikroskopische Untersuchung
ergab eine grosse Zahl weisser Blutkörperchen. Ihre Zahl und
sonstigen Eigenschaften sind vom Verfasser nicht ermittelt
worden. Die Hündin ging 18 Tage nach dem Auftreten der
Krankheit ein.
Bei der Obduction wurden im Wesentlichen folgende Ver¬
änderungen festgestellt: Milz vergrössert, ihre Oberfläche glatt
und mit dem Omentum verwachsen, Schnittfläche eben und von
röthlich-weisser Farbe. Die Malpighi 'sehen Körpereben nicht
sichtbar. Lymphdrüsen sehr stark vergrössert, auf dem Durch¬
schnitt eben und von grauer eiterähnlicher Farbe. Leber ver¬
grössert, von dem Aussehen einer Muskatnussleber. Nieren
grösser als normal, grauroth gefärbt; die Kapsel ist leicht abzu¬
streifen.
Mangels eingehender Blutuntersuchungen verliert der Bericht
leider bedeutend an wissenschaftlichem Werth.
Anormale Färbung des Sceletts bei einem Rinde.
Von Prof. MoBselmann und Höbraud in Brüssel.
(Ann»le» de m£d. vöt. April 1898.)
Ein in Tirlemont geschlachtetes mittelmässig genährtes Rind
fiel durch eine besondere braunrothe Färbung der säramtlichen
Knochen auf. Um nun die Ursache und die Natur dieser Färbung
festzustellen, wurde die chemische Analyse der Knochen vor¬
genommen, dieselbe zeigte aber, dass die Bestandtheile in nor¬
malem Verhältniss vorhanden waren. Die Versuche, den färben¬
den Stoff zu isoliren, waren erfolglos, sie gestatteten aber den
Schluss, dass in Anbetracht seiner Eisen und Stickstoff enthaltenden
Zusammensetzung dasselbe ein Depressionsproduct des Hämo¬
globins sein musste. Die histologische Untersuchung ergab, dass
der Farbstoff ausschliesslich in den Knochenzellen fixirt war in
Form von Pigmentgranulationen und dass an einzelnen Stellen die
Knochen einen Anfang von Degeneration zeigten.
Kleine Mittheilnngen.
Was Ist „Krüsoh“ ?
Diese Frage war in der B. T. W. No. 45 pg. 533 gestellt
worden bei einem Aufsatze von Zschokke über „Kataplasmen“,
worin unter den Kataplasma-Stoffen auch Krüsch genannt war.
Hierzu wird uns freundlichst mitgetheilt, dass dies eine in der
Schweiz und auch in angrenzenden süddeutschen Landestbeilen
übliche Bezeichnung für Kleie ist.
Berichtigung meiner Mittheilung über die Streptothrixformen des
Rothlaufbaclllu8.
Von Prof. Dr. Th. Kitt.
(Centralbl. f- Baki. 189< H. II.)
Ueber die Entdeckung einer Streptothrixform desRothlaufbacillus
durch Professor Kitt ist bereits in der B. T. W. No. 7 pag. 77 referirt
worden. Weitere Untersuchungen haben jedoch den Verf. belehrt,
dass er durch eine Verunreinigung der Ausgangskultur getäuscht
worden ist. Er macht jetzt bekannt, dass die vermeintliche
Streptothrixform des Rothlaufbacillus sich in Wirklichkeit als
eine hartnäckige enge Symbiose einer Streptothrix mit dem
Rothlaufbacillus entpuppt hat.
Ueber den Bacteriengehalt der Luftwege.
Von Dr. Theodor Barthel.
(Centralbl. f. Bact. Bd. XXIV. H 11 u. 18.)
Dr. Barthel wurde zu seinen Untersuchungen durch eine
Arbeit von Dr. Dürck angeregt, welcher den Satz aufstellte,
dass die nicht pneumonisch erkrankte Lunge ein Bacterien-
gemisch enthalte, in welchen, wie bei der pneumonisch afficirten
Lunge, der Diplokokkus pneumoniae vorherrsche. Ebenso sollte
sich die Lunge frisch getödteter Hausthiere verhalten. B. hat
dagegen die Lungen von gesunden Menschen frei von pathogenen
Bacterien gefunden. Die mittleren und grösseren Bronchien
andrerseits enthielten stets pathogene Bacterien. Dieselben
treten zunächst nur als harmlose Saprophyten auf, sie können
indess pathologische Bedeutung erlangen, wenn ein Defect im
Schleimhautepithel durch Katarrhe oder Fremdkörper ver¬
ursacht wird.
Die Pathogenese der Pleuritis.
Bei einer Lungengangrän zeigte ein bei einer Pleurapunction
entnommenes Stückchen des Rippenfells viel schwarzes Pigment.
Grawitz fand auch bei jüngeren, der Staubinhalation nicht
besonders ausgesetzten Individuen Ablagerungen von Kohlen-
theilchen, Eisenstaub etc. in der Pleura costalis. Diese können
entweder durch retrograde Lymphbewegung in die Pleura costalis
gelangt sein, oder mit den Lymphwegen der Lunge zur Pleura
pulmonalis kommen, hier ausgeschieden und von der Pleura
costalis aufgeDommen werden. Grawitz liess nun ein vom
Lande bezogenes Kaninchen, dessen Pleura pigmentfrei war,
durch die eröffnete Trachea verschiedene Staubsorten einathmen.
Nach 24 Stunden fanden sich einzelne Staubtheilchen auf der
Pleura costalis. Wurde ein Pneumothorax angelegt, behufs
Retraction der Lunge auf der einen Seite, und Staub ein¬
geblasen, so zeigte nur die Pleura der gesunden Seite Staub¬
partikelchen, nicht die an der operirten Seite. Daraus ergiebt
sich, dass die eingeathmeten Theilchen die Lunge durchwandern,
auf deren Pleura ausgeschieden und in die parietale Pleura ein¬
gelagert werden. Daraus ergiebt sich die Folgerung, dass durch
Inhalation reizender Staubsorten eine Pleuritis ohne bacterielle
Mitwirkung erzeugt werden kann. (Med. Ctrbl. No. 43.)
Ueber das Bienengift.
In den Mtsh. f. Th. wird in einem Sammelreferat von
Gm einer auf eine Arbeit Lang er’s über das Gift unserer Honig¬
biene im Arch. f. experiment. Pathol. u. Pharmakol. 1897 hin¬
gewiesen. Langer hat etwa 25000 Bienen zu seinen Versuchen
verwandt. Jede Biene wurde vorsichtig erfasst, am Abdomen
mässig gedrückt und der sofort hervorgeschnellte Stachel schnell
in Wasser getaucht und so das daran hängende Gifttröpfchen in
Lösung gebracht. Langer hat bewiesen, dass in dem Gift
Ameisensäure enthalten ist, aber dass diese nicht das wirksame
Princip darstelle. Das wirksame Princip ist eine Basis. Auf der
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BERLINER TflIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
unversehrten Haut entsteht keine Reizwirkung, wohl aber auf der
verwundeten. Bei subcutaner Application zeigen sich die Ver-
8ucli8thiere unruhig, durstig, zeigen auch wohl Eiweiss im Harn.
Oertlich tritt eine locale Necrose ein mit Rundzelleninfiltration,
Oedem und Hyperämie in der Umgebung. Bei intravenöser
Application von 6 ccm einer 1)$ procent. Lösung beim Hunde
stellte sich starkes Absinken des Blutdrucks und ganz auffällige
Pulsverlangsamung ein. Letztere machte allmählich einer
Steigerung Platz und nun entstehen klonische Zuckungen mit
Trismus und Nystagmus, und das Thier geht unter Respirations¬
stillstand zu Grunde. Das Blut ist lackfarben, im Präparat
zeigen sich nur wenig gut erhaltene Körperchen. Das ganze
Sectionsbild hat auffällige Aehnlichkeit mit der Wirkung des
Schlangengiftes, dem das Bienengift mithin anzureihen ist.
Etherion. (Aetherlon), ein neues Gas.
Auf der Versammlung der amerikanischen Gesellschaft zur
Förderung der Wissenschaft machte Charles Brush die vor¬
läufige Ankündigung, dass er ein neues Gas in der Atmosphäre
entdeckt habe. Charakteristisch für das neue Element wären die
niedrige Spannung und die grosse Wärmeleitungsfähigkeit.
Brush machte seine Entdeckung, als er nach absorbirtem Wasser¬
stoff fahndete. Er nennt das neue Gas Etheriou, weil man nach
seinen Eigeusc’ aften annehmen muss, dass es nicht auf die
Atmosphäre der Erde beschränkt ist und wahrscheinlich den
Weltraum erfüllt. Die Molecular-Geschwindigkeit schätzt er auf
über 100 englische Meilen in der Secunde, seine Dichtigkeit auf
ein Tausendstel der des Wasserstoffes und seine specifische
Wärme auf das Sechstausendfache des Wasserstoffes. Vielleicht
ist es noch in mehrere Gase zu scheiden und bildet dann eine
neue periodische Gruppe von Elementen. (Techn. Rundsch.)
Infectlöse Bauchfellentzündung bei Kälbern.
Nach einer Mittheilung des „Progr. vetörin.“ hat Boccalari
folgende Beobachtungen bekannt gegeben: In Oberitalien
namentlich kommt bei 2—4 Monate alten Kälbern sehr häutig
eine Peritonitis vor, bei der ein sehr reichliches blutiges bezw.
serofibrinöses Exsudat entsteht. Die Krankheitserscheinungen
sind nicht sehr auffallend. Der Darm selbst ist nicht krank. Die
betreffende Krankheit ist bisher nicht erwähnt.
(Vogel, „Dtscli. th. Wschr.“, Referat).
Tagesgeschichte.
Sitzung des Vereins schlesischer Thierärzte zn Breslau
am 23. Oktober 1898.
Vor Eintritt in die Tagesordnung spricht der Vorsitzende,
Departementsthierarzt Dr. Arndt, unter Begrüssung der An¬
wesenden seine Freude darüber aus, dass zur gegenwärtigen
Sitzung eine so grosse Anzahl von Collegen erschienen ist, wie
wohl selten vorher. Hierauf gedachte derselbe der Verluste,
welche der Verein seit seiner letzten Sitzung durch den Tod er¬
litten, mit anerkennenden Worten die Verdienste der Ver¬
blichenen um den Verein hervorhebend: es waren dies der De¬
partementsthierarzt Dr. Ulrich und die Kreisthierärzte Sätzler,
Grassnick und Glokke, letzterer Ehrenmitglied des Vereins.
Das Andenken an die Verstorbenen wurde durch Erheben von
den Sitzen geehrt.
Punkt I der Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten. Ihren
Austritt aus dem Vereine haben angezeigt die Herren Güttlich
(Namslau), Frauenholz (Brieg) und Gückel (Münsterberg);
dagegen haben sich College Koschel (Breslau) wieder, sowie
die Collegen Grüner (Rosenberg), Nitschke (Liegnitz), Schnee-
weiss (Stiehlen), Bischoff (Falkenberg), Lindner (Frankeu-
stein), Cieslik (Bieslau), Berenz (Glogau), Elsner (Steinau
O.-S.) und Sturm (Kätscher) neu zur Aufnahme angemeldet; den
Gesuchen derselben wurde entsprochen.
Das langjährige, treue Vereinsmitglied, Kreisthierarzt Riedel
(Neisse) wird auf Vorschlag des Vorsitzenden durch einstimmigen
Beschluss der Versammlung zum Ebrenmitgliede des Vereins er¬
nannt. Das neue Ehrenmitglied spricht bewegt seinen Dank aus
für die ihm gewordene Auszeichnung.
Zur Deckung der Kosten des im nächsten Jahre in Baden-
Baden stattfindenden internationalen thierärztlichen Congresses,
zu dem eine grössere Anzahl thierärztlicber Vereine bereits Bei¬
träge gezeichnet haben, werden 150 M. bewilligt.
Auf die Frage Angenheister’s nach dem Stande der
Vereinsfinanzen, erstattet der Cassirer Wittlinger Bericht.
Derselbe beantragt zugleich die Vornahme der nach den Statuten
fälligen Cassen-Revision. Die als Revisoren gewählten Herren
Tappe und Angenheister führen dieselbe aus durch Prüfang
der Bücher, Rechnungen und Quittungen und beantragen darauf
Decharge. Letztere wird dem Cassirer ertheilt unter lebhaftem
allgemeinen Dankesausdruck für die vorzügliche Leitung der
Cassengescbäfte.
Die fällige Wahl der Delegirten zur Centralvertretung wird
in der nächsten (Frühjahrs-) Zusammenkunft des Vereins vor¬
genommen werden. Die Delegirten, welche an der letzten Sitzung
der Centralvertretung in Berlin theilgenommen haben, und
welchen dafür Reisekosten und Tagegelder zustehen, beanspruchen
nur die baaren Auslagen für die Fahrkarten.
Ueber Punkt II: Anschluss des Vereins schlesischer
Schlachthof-Thierärzte an den Verein, referirt Director
Schilling. Derselbe weist in längerer, trefflicher Auseinander¬
setzung auf das Unzweckmässige einer Trennung in der Vereins-
Organisation hin und empfiehlt den Anschluss des Vereins der
Schlachthausthierärzte unter den in der IX. Sitzung dieses
Vereins am 8. Mai er. zu Breslau beschlossenen „Fusions-
Bedingungen' 1 an den allgemeinen Provinzialverein.
Scharmer bespricht einzelne dieser Bedingungen aus¬
führlicher. Nachdem sich auch Schilling, Arndt, Hentschel
u. A. noch wiederholt an der Debatte über diesen Gegenstand
betbeiligt haben, erfolgt die Verschmelzung beider Vereine sodann
auf Grund der 8. Z. bekannt gegebenen Bedingungen und nach
kleinen redactionellen Aenderungen im Wortlaute derselben. Der
Vorsitzende dankt allen, welche die Verschmelzung beider Vereine
vorbereitet und dadurch erleichtert haben, und heisst die Mit¬
glieder des bisherigen Vereins schlesischer Schlachthoftkierärzte
als Mitglieder des „Vereins schlesischer Thierärzte“ herzlich will¬
kommen, die nunmehr eine Gruppe des Provinzialvereins bilden.
Die bisher nicht berührte pecuniäre Seite der Fusion findet
dadurch ihre Erledigung, dass auf den Antrag Hentschel-
Runge der Kassen-Restbestand des früheren Vereins schlesischer
Schlachthofthierärzte den Erben des verstorbenen Professor
W. Eber übermittelt werden wird.
Zu Punkt III: Steuerdeclaration der Thierärzte,
spricht Kreis-Tkierarzt Wittlinger (Neumarkt) in längerem, sehr
interessantem Vortrage und verliest schliesslich die in dieser
Sache von ihm aus principiellen Gründen herbeigeführten Ent¬
scheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts.
Da der Referent seinen Vortrag demnächst in einer thier¬
ärztlichen Wochenschrift veröffentlichen, sowie im veterinär-
medicinischen Taschenbuchs von Kühn abdrucken lassen wird,
so wird hier davon abgesehen, einen Auszug aus demselben mit-
zutheilen. Bemerkt sei indessen schon jetzt wegen des Interesses,
welches die Sache für die beamteten Thierärzte hat, dass nach
Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichts der Ueberschoes der
I gezahlten Tagegelder und Obductionsgebtihren steuerpflichtig »*•
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8. December 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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Scli arm er ergänzt den Vortrag durch die Mittheilung, dass
die Thierärzte im Allgemeinen nicht berechtigt seien, die Gebühren
für die Unfallversicherungen von ihrem Gesammteinkommen in
Abzug zu bringen, da diese Vergünstigung nur denjenigen Steuer¬
zahlern zustehe, welche ein jährliches Einkommen bis zu 2000 M.
haben und daher zur Unfallversicherung gesetzlich verpflichtet
sind, die Thierärzte aber mit einem fast durchweg höheren
jährlichen Einkommen als 2000 M. die Unfallversicherung nicht
gezwungen, sondern freiwillig eingehen.
Ueber Punkt IV: Die Behandlung des Milchfiebers
(Gebärparese) mit Jodkali, macht der referirende Kreis-Thier¬
arzt F. Arndt (Landeshut) an der Hand und unter Dar¬
legung zahlreicher von ihm behandelter Fälle sehr beachtens¬
werte Ausführungen. Er giebt zunächst der Vermutung Raum,
dass die in seinem Wirkungskreise häufige Krankheit in Bezug
auf Entstehung und Behandlung von localen Einflüssen nicht
ganz unabhängig sei; er habe wenigstens die Erfahrung gemacht,
dass dieselbe zu manchen Jahreszeiten in bestimmten Gegenden
seines Bezirks sehr verbreitet auftrete, während sie zur selben
Zeit in anderen Gegenden nicht vorkäme, obgleich hier die
tütterungswirthschaftlichen und sonstigen Verhältnisse die näm¬
lichen seien wie dort; ferner war zu gleicher Zeit die Behandlung
in der einen Gegend von sicherem Erfolge, während sie, obgleich
dieselbe und ebenso genau durchgeführt, in anderer Gegend ab¬
solut im Stiche liess, wobei alle bisher empfohlenen Behandlungs-
metoden durchgeprobt wurden.
Der Referent hat sodann, bald nach Veröffentlichung der
Behandlungsweise nach Schmidt-Kolding, auch diese nnd deren
Modificationenversucht, und empfiehlt aufgrund seines Erfahrnngs-
materials die Infusionen wässeriger Lösungen von Jodkali ins
Euter möglichst frühzeitig nach Eintritt der Krankheitserschei¬
nungen ganz angelegentlichst. Einige Stunden nach dieser
Infusion, meist nach zwei bis sechs Stunden, gehen die Lähmungen
ganz auffallend zurück, wobei Unruheerscheinungen bei den
Thieren auftreten, die beängstigend für den Besitzer sein können
und auch mitunter Veranlassung zu voreiligen Nothschlachtungen
gegeben haben. F. Arndt macht deshalb die Besitzer stets auf
die eintretende Unruhe ganz besonders aufmerksam. Mitunter
tritt profuser Durchfall ein, der indessen immer bald heilt. Die
nach der Besserung bezw. Genesang der Patienten entnommene
Milch ist unverändert und anscheinend von normaler Beschaffen¬
heit Das Abmelken darf aber durchaus nicht zu früh, am besten
nicht vor zwölf Stunden nach der Euterinfusion, erfolgen. In
einem Falle musste die Infusion drei Mal vorgenommen werden,
weil bald nach Eintritt der Besserung immer wieder eine Ver¬
schlechterung im Befinden der kranken Kuh eingetreten war.
Nach vielem Hin- und Herfragen erfuhr dann A., dass der
betreffende Besitzer immer ein paar Stunden nach dem Einleiten
der Behandlung das Euter hatte ausmelken lassen; erst nachdem
das Melken zwölf Stunden nach der dritten Infusion geschah,
genas die Kuh.
Der Referent hat auch einige Male LugoEsche Lösung
infundirt, aber dadurch äusserst schmerzhafte Euterentzündungen
entstehen sehen, weshalb er davon bald Abstand nahm.
Neuerdings hat A. Jodbehandlung auch prophylaktisch, kurz
vor dem Kalben, mit bestem Erfolge angewandt, indem auf einer
grösseren Besitzung, auf welcher das Kalbefieber sehr häufig war,
die Krankheit seitdem nicht mehr vorgekommen ist.
Die sich hieran anschliessende Debatte findet starke Be¬
theiligung. Auch nach Angenheister's Ansicht ist das Milch¬
fieber an Oertlichkeiten gebunden, sein Vorkommen zuweilen nur
auf ein und denselben Stall beschränkt
Sch arm er empfiehlt, da die Krankheit nur bei gut ge¬
nährten Thieren vorkommt, diese Thiere prophylactisch etwa vier
bis sechs Wochen lang vor dem Kalben auf knappe Diät zu
setzen eventuell ihnen auch Abführmittel zu geben.
Punct V: Ueber die Ausbildung von Laienfleischbeschauern
in Schlachthäusern spricht Director Schmidt. Als Leiter des
Schlachthauses zu Oppeln hat derselbe seit dem Monat Februar
1897 bis zur Gegenwart in fünf Cursen über 100 Personen zu
Laienfleischbeschauern ausgebildet, welche den verschiedensten
Ständen der Bevölkerung angehörten (Landwirthe, kleinere Kauf¬
leute, Handwerker, Restaurateure, ja ein 82 Jahre alter ärztlicher
Pfuscher und ein 67 Jahre alter thierärztlicher Kurpfuscher
waren darunter, letzterer trat jedoch vor Beendigung des Cursus
zurück). Als Altersgrenze für die Cursisten empfiehlt Referent,
das 60. Lebensjahr festzuhalten, da er beim Unterrichten älterer
Personen kein erfreuliches Resultat erzielt hat. Erforderlich ist,
wenigstens innerhalb einer Provinz, eine gewisse Gleichmässigkeit
in der Ausbildung. Die Dauer eines Cursus ist für Oberschlesien,
wo bisher nur die Schlachthäuser zu Oppeln, Ratibor, Neisse,
Beuthen und Kattowitz für Abhaltung von solchen Cursen zu¬
gelassen waren, auf sechs Wochen festgesetzt; es ist, wenigstens
nach den dort gemachten Erfahrungen nicht räthlich, Curse von
kürzerer Zeit, etwa wie im Königreiche Sachsen von vier Wochen,
abzuhalten. Der Unterricht muss in einen theoretischen und
einen praktischen Theil zerfallen, indem auf ersteren täglich etwa
zwei Stunden — wenn noch Ausbildung in der Trichinenschau
mit dem Mikroskop, dann eine Stunde länger — verwendet und
bald nach einigen Tagen die Schüler durch Fragestellen geprüft
werden, ob sie das Vorgetragene verstanden haben; der letztere
praktische Theil wird in den Ställen und Schlachthallen während
der Schlachtstunden geübt. Unbedingtes Erforderniss ist es, dass
den Beschauern der Gang der Untersuchung eines Schlachtthieres
bald, und durchaus geläufig wird. Nach vier Wochen muss das
ganze Thema besprochen sein, so dass die letzten 14 Tage auf
die durchaus nothwendigen Repetitionen verwendet werden
können. Die Trichinenschau ist in den ganzen Lehrplan mit
einzuschliessen und für sämmtliche Cursisten obligatorisch, selbst
wenn unter ihnen schon angestellt gewesene Trichiuenschauer
sich befinden, deren zuweilen angetroffene Unkenntniss der Materie
Staunen erregt.
Die Zahl der Theilnehmer an einem Schlacbtviehbeschau-
Cursus ist auf höchstens 15—20 zu beschränken (in Sachsen
werden jedesmal nur zehn Personen zugelassen).
Als Unterrichtsbuch empfiehlt der Referent ganz besonders
den Leitfaden von Fischoeder, obgleich die Werke von Simon
und von Eh rieht auch recht brauchbar sind. Nicht empfehlens-
werth sind solche Lehrbücher, in welchen der Unterrichtsstoff
nach Frage und Antwort geordnet ist, durch welche der Schüler
zum ganz mechanischen Auswendiglernen verleitet wird, ohne das
Gelernte auch mit dem Verstände erfasst zu haben. Schmidt
lehrt seine Schüler, entgegen Wagenhäuser und Fröhner, in
der Zuständigkeit der Beurtheilung des Fleisches geschlachteter
Thiere auch bei krankhaften Veränderungen noch weiter zu
gehen, als Peters und Fischoeder dies wollen: die Noth¬
schlachtungen, event. mit Ausnahme bei frischen Knochenbrüchen,
sind das Gebiet der Thierärzte im Allgemeinen, die Seuchen und
deren Verdacht das der beamteten Thierärzte allein, alles Uebrige
das der Fl* ischbeschaner, soweit es die gesetzlichen Bestimmungen
zulassen. Im Regierungsbezirk Oppeln ist man damit bisher
ganz gut gefahren. Ist der Schlachtviehbesitzer mit der event.
Beanstandung des Fleisches durch den Laien-Fleischbeschauer
nicht zufrieden, so ist es ihm unbenommen, selbst oder durch
die Polizeibehörde ♦ inen thierärztlichen Obergutachter bei¬
zuziehen.
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586
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
Das Honorar für den Curaus darf nicht zn hoch bemessen
werden, mit Rücksicht darauf, dass die Beschauschüler meistens
nicht begütert sind und sie neben dem Verlust des Erwerbes in
der Heimath den Aufenthalt in einer fremden Stadt mit seinen
Unkosten für Wohnung und Lebensunterhalt selbst bestreiten
müssen, wozu noch die Ausgaben für Mikroskop nebst Zubehör
und Lehrbuch kommen. Die Regierung zu Oppeln hat, sofern es
sich um die Ausbildung in geschlossenen Cursen handelt, das
Honorar für jeden Theilnehmer, wenn derselbe schon Tricbinen-
schaner war, auf 20 M. festgesetzt; war aber auch noch die
Ausbildung in der Trichinenschau erforderlich, dann wurden
10 M. mehr gefordert. Ausbildungen Einzelner sind nicht vor¬
genommen worden.
Auf eine im Anschluss an den Vortrag gestellte Frage
Schilling’8, ob es empfehlenswerth sei, Frauen bezw. weibliche
Personen als Schlachtviehbeschauer anzustellen, erwidert
Sch armer, dass er wegen der oft rohen Fleischer und wegen
der zuweilen erforderlichen Touren nach anderen Ortschaften
Frauen nicht für geeignet zu diesem Amte halte, während
Riedel (Neisse), in dessen Bezirk einige weibliche Personen
versuchsweise als Schlachtviehbeschauerinnen angestellt sind, die
Erfahrung gemacht hat, dass Frauen oft zuverlässiger als Männer
seien und dass sie, wie die Hebammen es auch thun müssen,
Wege selbst bei schlechtem Wetter nach anderen Ortschaften
nicht scheuen.
Bezüglich des Honorars gibt Hartmann-Rawitsch noch an,
dass er für einen Curaus von zehn Doppelstunden zur Ausbildung
einiger Zahlmeister in der Fleischbeschau in seiner Garnison
60 M. erhalten habe.
Schliesslich erwähnt Sch armer noch eine Notiz aus der
Zeitschrift der Landwirthschaftskammer für die Provinz Schlesien,
wonach ein Thierarzt ganz .allgemein, ohne, die Unterscheidungs¬
zeichen der Thiere von einander anzugeben, bescheinigt hat,
dass er bei einem bestimmten Besitzer 6 Kühe — schwarzweiss —
mit Tnberculin geimpft und tuberculosefrei befunden habe.
Scharmer räth, bei dergleichen Bescheinigungen, zur Vermeidung
des Missbrauchs mit denselben, die geimpften Thiere durch ganz
genaue Angaben des Signalements, der Brandzeichen etc. zweifel¬
los zu bestimmen.
Im Anschluss an die Sitzung fand ein gut besetztes Diner
unter Theilnahme einer grossen Anzahl von Damen statt.
ln Vertretung des erkrankten Schriftführers
gez. Kattner, Kreisthierarzt.
Patentlrung nedioinlscher Entdeckungen.
Auf ein Verfahren zur Herstellung einer hochgiftigen und
immunisirenden Substanz ans Tuberkelbacillen bezw. Tuberkel-
bacillenculturen haben Geheimrath Dr. Behring und Dr. W. G.
Ruppel in Marburg beim Kaiserlichen Patentamt (Kl. 30
B 23 460) ein Patent angemeldet.
Rothlauf-Impfanstalt der Landwirthschaftskammer für die Proviaz
Brandenburg.
Um im nächsten Jahre Serumpräparat-Lorenz in grösserer
Menge liefern zu können, ist von der Landwirthschaftskammer für
die Provinz Brandenburg am 1. December d. J. in Dallmia bei
Karstadt eine zweite Filiale der Rothlauf-Impfanstalt errichtet
worden. Die zur Serumgewinnung nothwendigen Schweine
werden aus den Zuchten Sr. Excellenz des Herrn Staatssecretair
von Podbielski und des Herrn Rittergutsbesitzer von Winter¬
fel d-Karwe gestellt.
Diese zweite Filiale ist dem bisherigen Assistenten an der
Hauptansta'.t zu Prenzlau, Herrn Thierarzt Fr. Eggert, unter¬
stellt worden. Die an der Hauptanstalt frei gewordene Assistenten-
stelle ist Herrn Thierarzt Georg Moumalle-Id6tein übertragen.
Die eigentliche Darstellung des Serumpräparates sowie der
Versand geschieht nach wie vor ausschliesslich von der Haupt¬
anstalt zu Prenzlau aus.
Universität Leipzig.
An Stelle des zum.1. April nächsten Jahres in den Ruhestand
tretenden Hofrath Zürn ist Dr. August Eber, Leiter der
Ambulatorischen Klinik und Bezirksthierarzt zu Dresden, unter Er¬
nennung zum ausserordentlichen Professor, zum Director des
Veterinärinstituts der Universität Leipzig ernannt worden. Die
Veterinärklinik, welche erat vorübergehend ganz geschlossen, dann
unter Leitung des Dr. R. Klee als gesonderte Anstalt wieder
eröffnet worden war, wird wieder mit dem Veterinärinstitat ver¬
einigt.
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für Veterinärbeamte.)
Senchenstati8tik and Veterinärpolizei,
Maul- und Klauenseuche-Nachrichten.
Der Ansbruch der Maul-und Kl-menseuche ist gemeldet; Vom
Schlachthof zu Strassburg am 5. December. Wiederholt vom
Schlachthof zu München am 28. November, 30 November und
3. December. Vom Viehmarkt zu Crefeld am 6. December. Vom
Ueberatändehof zu Mainz am 6. December. Das Erlöschen ist
gemeldet vom Ueberatändehof zu Köln (Ausbruch vom 24. Novem¬
ber) am 30. November, doch hat bereits am 5. December daselbst
ein Neuausbruch stattgefnnden. Nach Ausbruch sofort getilgt
wurde die Seuche auf den Schlachthhöfen zu Breslau am
6./7. December und Nürnberg am 5. December.
Gesetzentwurf betreffend die Abwehr und Tilgung der Schweinepest
(Schweineseuche) In Oesterreich.
Ministerpräsident Graf Thun brachte die bezügliche Vorlage
am 17. October d. J. vor das Haus der Abgeordneten. Dieselbe
basirt auf dem Princip, die Schweinepest (Schweineseuche) im
Wege der Keulung gegen Entschädigung aus Staats¬
mitteln zu bekämpfen, und ist dem österreichischen Gesetz vom
17. August 1892 betr. die Abwehr und Tilgung der Lungenseuche
nachgebildet.
In § 1 wird die Tö itung der an Schweinepest kranken, dann
der der Schweinepest verdächtigen und jener Schweine vor-
geschrieben, welche mit den kranken oder verdächtigen Schweinen
gemeinsam untergebracht waren. Für die Schweine, welche nach
der von Amtswegen vorgenommenen Schlachtung als pestfrei
befunden werden, wird gemäss § 3 aus dem Staatsschätze eine
Entschädigung geleistet, die 95 pCt des pro Kilogramm ge¬
rechneten Marktpreises beträgt, der im vorausgegangenen Monate
in der betreffenden Landeshauptstadt für geschlachtete Schweine
aller Qualitäten amtlich notirt war.
Für Schweine, welche wegen Schweinepest getödtet oder
nach der von Amtswegen erfolgten Schlachtung als krank be¬
funden wurden, wird nach Massgabe des Gewichts im ans¬
geweideten Zustande eine Vergütung von 50 Procent nur während
der ersten 60 Tage nach Eintritt der Wirksamkeit dieses Gesetzes
gewährt. Nach Ablauf dieser Frist wird für erkrankt befundene
Schweine eine Entschädigung nicht mehr geleistet (§4). Dnrcb
diese im vorstehenden Satz enthaltene Vorschrift dürfte das
Gesetz viel von der erwarteten Wirkung einbüssen. Denn eine
grosse Anzahl Schweinebesitzer werden bei der Aussicht, ihre
Schweine ohne jede Entschädigung los zu werden, den Ausbrnch
der Krankheit verheimlichen und somit die schnelle Tilgung der
Seuche sehr erschweren. (Thierärztl. Centralbl. 1898, H. 31.)
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8. December 1898.
BERLINEU TH1ERÄRZTLICBE WOCHENSCHRIFT.
Russland. Einfuhr von Dr. Lorenz’ Serumpräparat gegen den Rothlauf
der Schweine.
(Deatsch. Handels-Archiv 1898, Thl. II S. 705.)
Auf Grund eines vom Minister des Innern bestätigten Be¬
schlusses des Veterinärcomites ist den Veterinärärzten erlaubt
worden, das von Dr. Lorenz erfundene „Serumpräparat“ zur
Immnnisation und Behandlung von Schweinen beim Rothlauf aus
dem Auslande zu beziehen. Das Präparat wil-d nach Art. 44 des
Zolltarifs zollfrei gelassen. (Circular des Zolldepartements vom
13. Juli 1898 Nr. 14222.)
Fleischschan nnd Vieh verkehr.
Fleischschau und öffentliche Schlachthäuser In London.
Von
M r. S li i v 1 c y F. Murphy.
(Aaszug aus dem Bericht des Medial offleer of Health.)
(Schluss.)
Während diese Gründe somit abgeschwächt sind, sind andere
Gründe, die weitaus ernsterer Natur sind, aufgetaucht. In erster
Linie steht hier die Durchführung der Fleischschau, welche un¬
möglich in sorgfältiger Weise zu handhaben ist, so lange die
Thiere in Privatschlachthäusern geschlachtet werden.
Gegenwärtig beziehen die Fleischverkäufer das Fleisch aus
folgenden Quellen:
1. Vom Smithfield - Fleischmarkt, wo das Flei-ch durch Be¬
amte der City untersucht wird.
2. Direct vom Auslandsmarkt in Deptford nnd aus Privat¬
schlachthäusern am Islingtonmarkt, ohne dass dasselbe den Smith-
fieldmarkt passirt. Dieses Fleisch ist nicht systematisch unter¬
sucht.
3. Aus dem Lande von wo das Fleisch den Fleischverkäufern
zugesandt wird; das Fleisch wird, bevor es in den Laden des
Verkäufers gelangt, nicht untersucht.
4. Von einem Privatschlachthaus in London. Dieses Fleisch
wird nur gelegentlich im Schlachlhause untersucht.
Zur Durchführung einer obligatorischen Fleischschau in London
ist es nothwendig:
1. öffentliche Schlachthäuser an Stelle der Privatschlacht¬
häuser zu errichten und alles dort geschlachtete Fleisch zu unter¬
suchen ;
2. ein sorgfältiges System der Fleischschau in den Schlacht¬
häusern in Islington und Deptford einzuführen;
3. eine kleine Anzahl von Untersuchungsstationen in London
zu errichten, in welchen das vom Lande eingesandte Fleisch,
welches den Smithfieldmarkt nicht passirt, der Fleischschau
unterzogen wird. Die öffentlichen Schlachthäuser können hierzu
dienen, auch Räume in anderen Localitäten. Fleisch von in einem
öffentlichen Schlachthause geschlachteten Thieren, welches der
Fleischschau unterzogen worden ist, darf aus anderen Städten
eingeführt werden, ohne dass es in London einer nochmaligen
Untersuchung unterliegt.
Durch die Fleischschau zur menschlichen Nahrung tauglich
befundenes Fleisch ist durch Stempelabdrücke kenntlich zu machen.
Für dieses System der Fleischschau gilt der Grundsatz, dass
kein Fleisch zur menschlichen Nahrung verwandt werden soll,
wenn es nicht der Fleischschau unterworfen war. Gegenwärtig
wird alles Fleisch in London zur menschlichen Nahrung tauglich
gehalten, wenn es nicht durch einen Sanitätsbeamten beschlag¬
nahmt worden ist. Ohne Zweifel suchen auch gegenwärtig die
reellen Fleischverkäufer ihre Kundschaft mit gesundem Fleisch zu
versorgen, indessen mangels einer Untersuchung durch Sachver¬
ständige wird diese Absicht des Fleischverkäufers nicht immer
erfüllt werden. Dagegen empfängt unzweifelhaft London krankes
Fleisch, welches von allen Theilen des Landes eingeschickt wird.
Beweis hierfür sind die kürzlich erfolgten Verurteilungen
von Fleischeinsendern in Somerset, Wills, Derbyshire, Suflulk,
Lincolnshire, Leicestershire, Devon, Norfolk, Essex, Staffordshire,
Kent und Cambridgeshire. Personen, die krankes Fleisch kaufen
und vertreiben, wird es immer geben und hiergegen kann nur
eine systematische Fleischschau helfen; gerade diese liegt im Inter¬
esse der [ärmeren Bevölkerung, welche gezwungen ist, billiges
Fleisch zu kaufen. Wohl stehen auch jetzt die Fleischläden
unter Controle und ohne Zweifel thun die Beamten ihre Pflicht,
aber eine genaue Untersuchung in den zahlreichen Schlacht¬
häusern und Schlächterläden Londons ist practisch unmöglich,
und nichts als die Centralisaiion des Schlachtens und die Er¬
richtung von Untersuchungsstationen wird im Stande sein, das
Publikum genügend zu schützen. Wenn öffentliche Schlacht¬
häuser durch das ganze Land bestehen würden und das Fleisch
dort der Fleischschau unterzogen würde, wären Fleischschau-
Stationen in London weniger nothwendig, vorausgesetzt, dass
das untersuchte Fleisch Identitäts - Merkmale trägt. Die Unter¬
suchung des geschlachteten Fleisches wird in London nur so
lange nothwendig sein, bis alles Fleisch, welches nach London
kommt, von Thieren stammt, die in öffentlichen Schlachthäusern
geschlachtet und der Fleischschau unterzogen worden sind.
Bei der Errichtung von öffentlichen Schlachthäusern dürften
folgende Punkte zu beachten sein:
Nur wenige Schlachthäuser sollten errichtet werden, dann
sind die Vortheile der Centralisation für die Zwecke der Fleisch¬
schau gegeben.
Sie sollten in nicht zu weiter Entfernung von den Verkaufs¬
läden der Schlächter sich befinden.
Durch Eisenbahn sollten sie mit allen Märkten ausserhalb
Londons wie auch mit dem Islingtoner Markt verbunden sein.
Mr. Murphy schlägt die Errichtung von sechs Schlacht¬
häusern vor, nnd zwar drei südlich und drei nördlich der Themse.
Nach dem Plane beträgt die weiteste Entfernung von irgend
einem Punkte Londons nach dem nächsten Schlachthause nicht
über sechs englische Meilen, die Durchschnitteentfernung etwa
drei englische Meilen. Nach den bei den Privatschlächtem in den
Jahren 1892 bis 1895 gepflogenen Erhebungen würden per Woche
in den öffentlichen Schlachthäusern geschlachtet werden:
No. I. Südwesten von London:
No. II.
No. III.
No. IV.
No. V.
Winter
Sommer
Rinder
72
43
Schafe und Lämmer
518
619
Kälber
2
17
Schweine
169
87
Central-Süden von London:
Rinder
167
145
Schafe und Lämmer
1661
2011
Kälber
5
38
Schweine
194
97
[. Stidosten von London:
Rinder
110
84
Schafe und Lämmer
838
1064
Kälber
7
35
Schweine
157
48
. Nordwesten von London:
Rinder
82
71
Schafe und Lämmer
866
1190
Kälber
5
32
Schweine
130
35
Central Norden von London
(Islington-Vi<
Rinder
238
262
Schafe und Lämmer
2341
3363
Kälber
8
67
Schweine
28
26
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BERLINER llllERÄRZTLlCHE WOCHENSCHRIFT.
No. 49.
588
No. VI. Nordwesten von London:
Rinder
253
230
Schafe und Lämmer
165G
2872
Kälber
3
26
Schweine
298
259.
Die Zahl der in der City zur Abschlachtung gelangenden
Thiere ist in vorstehenden Angaben nicht einbegriffen und, wie
gesagt, bestehen dort auch noch acht Privatschlachthäuser. Die
Schlachtungen würden aber ohne Unbequemlichkeit in dem unter
No. V genannten Schlachthause vorgenomraen werden können.
Im Grossen und Ganzen ergiebt sich aus den Plänen, dass
die Schlachthäuser nur geringe Grösse beanspruchen, natürlich
müsste auf Vergrösserung und zweckmässige Lage zur Nachbar¬
schaft Bedacht genommen werden.
Die Abschlachtung der Rinder, Schafe und Kälber könnte in
gemeinsamen Hallen vorgenommen werden, dagegen dürfte tür
die Schlachtung von Schweinen eine besondere Halle vorzusehen
sein. Ein besonderes Schlachthaus müsste für kranke Thiere
sein. In Verbindung mit jedem Schlachthaus sollte ein Hänge¬
raum stehen, in den die Thiere mittels Transportbahnen direct
überfuhrt werden können. Nothwendig sind ferner geeignete
Viehställe, Gelegenheiten für die Aufbewahrung der Eingeweide,
des Blutes und Fettes, ein Kühl- und Kesselhaus, ein Verwaltungs¬
gebäude enthaltend Bureuiräume und Zimmer für die mikro¬
skopische Untersuchung des Fleisches, Wohnhaus für den Verwalter,
Closet- und Pissoiranlagen und ein Waagehäuschen mit Waage.
Ob auf gleichzeitige Anlage von Darmschleimereien und Fleisch- i
kochanstalten (Freibänke) Bedacht zu nehmen ist, ist ein Punkt
weiterer Beratlmng.
An Gebühren für die Benutzung der Schlachthäuser dürften
zu erheben sein: 1 s. 6 d. für Rinder, 6 d. für Kälber, 4 d. für
Schafe, 1 s. für Schweine. Nach der Anzahl der jetzt in den
I Privatschlachthäusern zur Abschlachtung gelangenden Thiere
würde alsdann eine Einnahme von £ 13 900 pro Jahr zu erwarten
; sein. Für die Benutzung der Kühlhäuser würde eine besondere
Gebühr zu erheben sein.
Da die Errichtnng von öffentlichen Schlachthäusern aus dem
Grundsatz geboten ist, ein besseres System der Fleischschau ein¬
zuführen, sollte man zur Leitung eines jeden Schlachthauses einen
in der Fleischschau erfahrenen Thierarzt berufen, welchem die
| Verwaltung des Schlachthauses unterstellt sein müsste und der
J für die Ausführung der Fleischschau verantwortlich ist. Unter
! seiner Controle könnten möglicherweise Laienfleischschauer Ver¬
wendung finden. Jedes Thier könnte dann unter sachverständiger
Ueberwachung untersucht werden. Ein Beamter zur Führung
der Bücher und Erhebung der Gebühren sowie weiter Reinigungs-
1 personal und Bedienstete für Kühl- und Kesselhaus würden den
* Verwaltungsapparat vervollständigen.
Die Kosten der Verzinsung des Anlage-Capitals und der
Verwaltung müssten durch die aus dem Schlacht- und Küblhans
eingehenden Gebühren gedeckt werden. Die Unkosten für die
Schlächter würden, wie Murphy mit Osthoff annimmt, ungefähr
Va Pfennig pro Pfund betragen.
Die Schau des eingeführten Fleisches würde in gleicher
Weise zu handhaben sein wie im Schlachthause zu Deptford
und Islington, am Smithfield-Markt und in den Privatschlacht¬
häusern der City. Kühn au.
Personalien.
Ernennungen : Schlachthofthierarzt Liebe- Giessen zum Schlacht-
hofdirector daselbst.
Approbationen : In Berlin: Die Herren J u 1 i u s B i e s t e r f e ldt,
Theobald Dahme, Alfred Jäger. — ln München: Die
Herren Anton Schaffer und Carl Schrick er.
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬
arzt Arndt-Freystadt nach Neuenburg (W.-Pr.); Thierarzt H. Wulf-
Othfresen nach Boitzenburg; Thierarzt J. M o u m a 11 e-Idstein nach
Prenzlau als Assistent am Rotblauf-Serum-Institut; Thierarzt Braun -
Ehingen (Württ.) nach Landsberg a. W. in gleicher Eigenschaft.
in der Armee: Befördert: Frh. von Beaulieu-Mar¬
co nnay, Major im Leib - KUrassier-Regt. No. 1 und Inspecteur
des Militärveterinärwesens, zum Oberstlieuteuant.
In den Ruhestand versetzt: Oberrossarzt Schirmann
vom 3. Klir.-Rcgt.
Todesfälle: Thierarzt S t ü t z n e r-Boitzenburg.
Vacanzen.
Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. Coblenz: Meisenbeim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De-
ceinber 1898 an Regierungspräsidenten. — Jagstkreis: Distriets-
thierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M). — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. — R.-B. Stral¬
sund: Stadtkreis Stralsund und Franzburg (600 M.). Bew. bis
1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Frankfurt: Oststernberg mit Wohnsitz in
Zielenzig. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen
(800 M. Zuschuss).
Sanitfitsthlerarzt8tellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthier.irzt zuAnf. Jan. 1899
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.)
Meid, an Magistrat. — Königsberg: 2. Thierarzt für Schlacht- und
Viehhof zum 1. Januar 1899 (2400—3000 M. davon 300 M. Abzug für
Wohnung; nach einjähr. Probedienst pensionsberechtigt). Meid, an Dir.
— Malmedy: Schlachthofthierarzt (1500 M. etc.) Meldungen bis
1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen):
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat¬
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Münster¬
eifel: Schlachthausthierarzt zum 1. Jan. 1899 (1800 M., fr. Woh¬
nung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister.
— St r asb urg(Westpr.): Scldachthausinspector (1600M. bisiöOOM..
freie Wohnung;. — Warburg: Schlachthausinspector zum 1. April
1899 (1000 M. fr. Wohnung etc. Privatpraxis). Bew. bis 10. December
an Bürgermeister.
b) Nach Ablauf «ler Meldefrist noch unbesetzte
Stollen: Haltern: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M.
Privatpraxis.) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Nürnberg: Zwei Schlachthaos-
hilf8thierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Barulh: Thierarzt
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat —
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R.
Lau.—• Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath.—
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren',
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sachs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeiude-
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
beschau 500 M.i. — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss
200 M. und Ucbertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an
Bürgerm. Igel. — Obermarscbacht (Elbe): Thierarzt — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬
verwaltung. — Schlot heim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön-
f 1 i e s s (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn-
Joachirasthal. — S toppen b erg (bei Essen): Thierarzt. Näheres
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt
zum 1. December 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an Bügermeister —
Zehden: Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg
bei Zehden).
Besetzt : Assistentenstellen am Rothlauf-Serum-Institutin L a n d s-
b e r g und in Prenzlau.
VerantwortUch (Br den Inhalt (excl. Inneratentbell) Prot Dr. Schmalu ln Berlin. — Verlag und Eigentbum von Richard Scboeti in Berlin. — Druck von W. BUxenstein, Berlin.
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Dl« „Berliner Thlerintllehe Wochenschrift“ erscheint
w Sehentllch ln Sttrfce Ton mindestens l*/* Bogen. Dieselbe
Ist «u belieben durch den Buchhindel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verleesbuchbindlung von Richard
S oho et», Berlin NW, Lulsenatrasae 36, mm Preise von
Hk. 5,— pro Vierteljahr.
Thierärztliche Wochenschrift
Heraasgegeben
von
Dr. W. Dieckerhoff, Dr. ß. Schmaltz, Dr. ß. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 50 . Ansgegeben am 15. December.
Berliner
Originalbeilrige werden mit 60 Hk. ihr den Bogen honorlrt.
Alle Manusoripte, Mittheilungen und redaotlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin^ thierirztllche Hochschule, NW., Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
Inhalt: Dreymann : Ein Beitrag zur Behandlung der rheumatischen Hu fentz Undung und ihrer Naclikrank-
heit, des sogenannten Rhehehufes. — Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins in Schleswig-Holste in am 24. und 25. September 189» zu Neumünster im Uahnhofshötel. —
Referate: Preusse: Untersuchung über die giftigen Wirkungen der combinirten Morphium-Atropininjection. — Zschokke:
Ueber den gelben Galt. — Aus dem statistischen Vcterinär-Samtäts-Bericht der preussischcn Armee für 1897. — Mesnil: Die
Wirkungsart dea gegen den S:hweinerothlauf angewandten Schutzserums. — Ostertag: Was ist die typische Tuberculin-
reaction? — Gratia und L i 6 n a u x: Beiträge zum bacteriologischen Studium der Diphtherie der Vögel. — Kleine Mittheilungen.
— Tagesgeschichte: Fest-Versammlung der beamteten Tnierärzte des Regierungsbezirks Lüneburg am 9. October 189». —
Verschiedenes. — Oeffentliches Veterinärwesen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — Fleischschau und Vieli-
verkehr. — Personalien. — Vacanzen.
Ein Beitrag zur Behandlung der rheumatischen
Hufentzündung und ihrer Nachkrankheit, des
sogenannten Rhehehufes.
Von
A. Dreymann -Bleicherode,
Tlilerarxt.
Die Ursache dieser Hufentzündong beruht wahrscheinlich auf
einem bis jetzt noch nicht näher gekannten Acre im Blute, welches
durch ganz abnorme Futter- oder Witterungsverhältnisse entsteht,
in den Blntstrom gelangt und, weil es in einer uns bis jetzt un¬
bekannten Weise reizend auf die Weichtheile des Hufes einwirkt,
die Entzündung in den Hufen veranlasst.
Schon die Bezeichnung rheumatisch deutet auf etwas Un¬
bekanntes bei dieser Krankheit hin.
Ob dieses Acre ein Vivum oder eine chemische Substanz ist,
mag künftigen Forschungen Vorbehalten bleiben, dass aber irgend
ein Etwas vorhanden sein muss, geht daraus hervor, dass eine
einmaligen Ueberfütterung eine heftige Hofentzündung folgt, ohne
dass dieselbe direct mit der Huflederhaut in irgend welcher Be¬
ziehung steht. Es wäre verständlich, dass, wie ich im vorigen
Jahre beobachtete, zwei zweieinhalbjährige Fohlen nach einer
übermässigen Weizenkörner-Aufnahme Kolik bekommen hätten,
aber es würde es nicht sein, das9 sie in Wirklichkeit nach
einigen Ständen beide sehr rhehkrank wurden, wenn man die
Existenz dieser Substanz lengnen wollte. Das eigentliche Wesen
dieser Erkrankung in den Hufen liegt mehr in der Functions¬
störung als in der Entzündung der Zehen-Fleischwand, denn
erstere dauert meist unvermindert fort, nachdem letztere bedeutend
nachgelassen hat.
Die Fnnctionsstörung tritt desshalb vor den andern Ent-
zündungserscheinnngen hervor, weil der erkrankte Theil des Hofes
normaliter den weitans grösseren Antheil hei der Belastung seitens
des Körpers bekommt. Daher kommt es auch, dass schwere
Patienten meist liegen and sich anfliegen; andere wieder wohl
stehen, aber jede Bewegung ängstlich vermeiden, die Füsse weit
nach vorn stellen, nm die Zehen zu ent- und die Trachten zu
belasten oder aber den Körper auf andere Weise zu stützen
suchen und wie betänbt dastehen.
Diese scheinbar abnorm gestörte Function in der Bewegung
beruht auf einer Lockerung in der Verbindung der Fleiscl:-
blättchen mit den Hornbläl teilen. Daher die grosse Aeugstlichkeit
vor jeder Bewegung; denn die Schmerzen sind so schon in einem
Grade vorhanden, dass dieselben kaum noch vermehrt werden
können.
Allein dies gehört in das Bereich subjectiven Empfindens
und entgeht daher meist unserer Beobachtung.
Was nun die Behandlung betrifFt, so haben sich mir bewährt:
1. Ein möglichst starker Aderlass an der Jngularis;
2. Antifebrin in grossen Gaben (Phenacetin zu versuchen);
3. Verdünnung der Zehenwand, aber nicht der Sohle;
4. sehr elastischer Stand durch möglichst hohe Streu;
5. erweichende, mässig kühlende Umschläge oder Einstellen in
einen rationell hergerichteten Lehmstand, mit einem mit
einer Matratzenstren versehenen Stande dicht daneben;
6. ein weiter unten beschriebener operativer Eingriff 1 .
Der letztere ist schon nach 8—14 Tagen vorzunehmen, wenn
bis dahin keine wesentliche Besserung erfolgt ist.
Geschieht es nicht, dann kann man im weitern Verlaufe der
Erkrankung wabrnehmen, dass eine Hnfdeformität sich ausbildet,
welche man mit Rheblmf bezeichnet.
Zwar können die Entzündnngserscheinnngen sich verlieren,
aber die Lahmheit bleibt unverändert bestehen. Das Hufbein,
welches nach wie vor von der Körperlast getroffen wird, muss
natürlich, namentlich mit der Spitze, abwärts sinken, weil es an
der Zehenwand keinen festen Punkt oder Halt hat, und auf die Sohle
drücken, dieselbe nach nnten vorwölben oder die Fleischsohle
mehr oder weniger quetschen, falls die Hornsoble sich nicht nach¬
giebige zeigt, was namentlich der Fall ist, wenn die Verhältnisse
schlecht sind oder die Behandlung verkehrt war, so dass die
Lockerung an der Zehe eine sehr schnelle Ausbildung erfährt.
Sobald eiue Senkung des Hufbeines beginnt, muss nothwendig
in der Fleischwand ein verstärkter Bildungstrieb anheben, um
durch Mehrproduction den leerwerdenden Raum ausznfnllen, der
sonst mit Luft gefüllt werden müsste.
Letzteres aber ist unmöglich, so lange die Hufkapsel
intact ist.
Da die durch Wucherung entstandenen Hornblättchen von
den normalen sehr verschieden sind durch ihr Gefüge und ihren
Mangel an Festigkeit, so sind sie fnnctionsnnfähig und sind
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BERLINER T HIER Ä RZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No.
daher nur als ein nothwendiges Uebel, aber nicht als die Ursache
zur Bildung des Rhehhufes zu betrachten.
Die erste sichtbare Veränderung ist das Einfallen der Fleisch¬
krone; sie erfolgt aber, nachdem die Senkung der Huf beinspitze
vorausgegangen ist, und ist als eine Atrophie zu betrachten,
welche in Folge ihrer Functionslosigkeit entstanden ist.
Die Ringelbildung an der Zehe erklärt sich zur Genüge
daraus, dass Entzündungsphänomene bei der Rhehhufbildung nie
frühzeitig operirten Patienten zeigen keine Atrophie an der
Krone, ihr Zustand bessert sich meist zusehends; eine
Ringelbildung ist nicht zu beobachten, weil die gesunde Krone
einen starken Hornring nach unten schiebt, wodurch nach und
nach der Defect beseitigt wird. In den meisten von mir früh¬
zeitig operirten Fällen verlor sich die Lahmheit früher alB der
gemachte Defect ausgewachsen war, also nach ca. 2—3 Monaten.
Was nun diese Operation bei hochgradig ausgebildetem Relihufe
ganz fehlen und dass dieselben zeitweise vermehrt oder ver¬
mindert sind.
Dass aber die Ringel in der Mittellinie convergiren, und
nach den Seiten divergiren, liegt daran, dass die Zehenwand ein
vermindertes Wachsthum zeigt, — auch eine Folge der Functions¬
anomalie.
Wenn nichts weiter als ein übermässiger Bildungstrieb von
der rheumatischen Hufentzündung zurückgeblieben wäre, so ist
es höchst seltsam, dass der bedeutende Druck, unter welchem die
Weichgebilde des Hufes durch hermetische Einschliessung und
die geringe Nachgiebigkeit des letzteren stehen, jenen Trieb zur
Wucherung nicht in seine natürlichen Schranken zwingt. :
Giebt es doch Geschwüre und Neoplasmen innerhalb der
Hornkapsel, welche auch die verschiedenen Grade von Reizungen
kervorrnfen, aber nie den Huf aus der Fa$on bringen.
Und wenn man nun doch ein Mal an der Wucherungstheorie
festhalten will, so darf ich mir wohl die Frage erlauben, wie ist
es zu erklären, dass mein rechtzeitiger operativer Eingriff der
Deformität vorbeugt, obgleich nur durch denselben die
Fleischkrone aus ihrer Verbindung mit der Hornwand gebracht
wird ?
Man kann doch unmöglich behaupten wollen, dass dadurch
die Wucherung in der Fleischwand verhindert werden kann!
In nebenstehender Figur gestatte ich mir, diese Operation
schematisirt vorzuführen: >.
Angenommen a b sei die Fleischkrone, so ißt cd der Trage¬
rand der Wand, die von den Linien ab, ac, bd und cd ern-
geschlossene Fläche stellt die ganze Wandfläche dar und die
kleinere Figur efg dasjenige Stück der Horn- resp. Zehenwand,
welches durch Operation beseitigt werden soll.
Diese Operation soll möglichst nnblutig vorgenommen werden,
und man bedient sich dabei einer scharfen Raspel, nnd zwar
einer solchen, welche eine halbrunde Fläche hat. Man beginnt
in der Mittellinie der Zehenwand, am Saume anfangend, den¬
selben aber nicht verletzend, um parallel der Krone ein ca. (5 Zoll
langes und 1—1$ Zoll breites Stück aus der Zehenwand heraus-
zuscbneiden und lässt nur eine ganz dünne Hornschicht än der
Krone sowohl als an der Wand stehen, welche so eben ausreicht,
diese Weichgebilde zu bedecken.
Wenn man auf Letzteres sorgsam bedacht ist, so bedarf es
meist keiner Bremse, oder nur bei sehr sensibeln Thieren; im
entgegengesetzten Falle würde man Zwangsmassregeln nicht ent¬
behren können und dem Patienten ganz unnöthiger Weise
Schmerzen bereiten.
Hierauf lässt man den Patienten in einen Lanfstall mit hoher
gleichmässiger Streu stellen und die operirten Hufe täglich
1—2 Mal mit Fett einreiben; oder man setzt die Behandlung
mit erweichenden Umschlägen fort, oder stellt Patienten in einen
Lebmstand, aus welchem er zum Ausruhen in einen benachbarten
Stand mit guter Streu gebracht wird. Die auf diese Weise
anbetrifft, so fragt es sich, ob das Thier werthvoll genug ist.
dass der Heilversack sich lohnt und ob der Besitzer 6—9 Monate
die Heilung abwarten will und kann. Im entgegengesetzten
Falle stehe man von der Operation ab, oder man versuche aal'
die Art, wie es der Herr College Hingst- Crossen empfiehlt,
den Zustand zu heilen oder zu bessern, weil dieselbe vielleicht
etwas früher einen mässigen Gebrauch zulässt.
Auch bei dieser Operation entsteht die Reorganisation des
Hufes dadurch, dass die Fleischkrone wieder in Function
gesetzt wird.
Nun möchte ich die fehlerhaften Behandlungsweisen streifen,
welche vielleicht Vorkommen könnten, und vor denen dringend zu
warnen ist.
Es wird wohl zur Ableitung eine Purganz von Aloe empfohlen,
aber dies kann äusserst gefährlich werden, weil vielfach,auch
der Darmcanal schon stark gereizt ist und eine heftige Enteritis
nach der Aloe einen tödtlichen Verlauf herbeiführt; überhaupt
möchte ich die Ableitung nach dem Darmcanale als zwecklos
betrachten, weil dieselbe von zu kurzer Dauer ist, als dass sie
einen wesentlichen Einfluss auf die Hufentzündung ausüben
könnte.
Ferner ist es fehlerhaft, die Hornsohle durch Ausschneiden
zu verdünnen, da eine starke Sohle der späteren Deformirung
länger widersteht. Auch ist es fehlerhaft, durch den Beschlag
den Druck von der Sohle zu beseitigen; dadurch wird die De¬
formität beschleunigt und bohrt die Spitze des Hufbeins sieb
durch die Sohle viel schneller als ohne Beschlag. Der Zweck
wird viel rationeller durch eine recht weiche und hohe Streu
erreicht, indem die Sohle dadurch eine Unterstützung findet und
sich nicht so früh hervorwölbt. Umgekehrt ist es noch fehler¬
hafter, durch Beschlag mit einer Eisenplatte die Sohle vor dem
Hervorwölben zu schützen; dadurch kann die Sohle dem Drucke
von oben gar nicht ausweichen, die Schmerzen müssen dadurch
unendlich gesteigert werden, nnd sind Eiterungen an der Sohle
die unausbleibliche Folge
Aber die bereits stark vorgewölbte Sohle durch eine auf-
geschraubte Eisenplatte wieder zu reponireu, möchte wohl als
Unicum dastehen, obgleich sie der bisherigen Theorie und der
Entwickelung der Deformität entspricht
Ich schliesse meine Abhandlung in der Hoffnung, meine
Herren Collegen zu Controlversuchen in der angegebenen Richtung
angeret^t zu haben.
Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins in Schleswig-Holstein
am 24. und 25. September 1898 in Neumünster im
Bahnhofshotel.
(Fortsetzung.)
Der Vorsitzende ertkeilt nach Wiedereröffnung der Ver¬
handlungen dem Kreisthierarzte Je ns en-Itzehoe das Wort über:
Fleischbeschau bei Nothschlachtungen.
MH.! Es wird Ihnen bekannt sein, dass die Land-
wirthschaftskammer der Provinz Schleswig - Holstein sich in
ihrer Sommertagung in eingehender Weise mit der Frage der
auswärtigen Vieh- und Fleischeinfuhr befasst hat Selbstver-
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BERLINER THIERlRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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15. December 1898.
stündlich ist bei diesen Verhandlungen auch die Frage der Ein¬
führung der allgemeinen obligatorischen Fleischbeschau behandelt
worden. Von thierärztlicher und, wie ich glaube, berufener Seite
ist bisher zu dieser Frage speciell keine Stellung genommen.
Und doch wäre es sicherlich erwünscht gewesen, auch die Thier¬
ärzte in dieser wichtigen Frage zu hören. Wir müssen aber
leider die Erfahrung machen, dass die Landwirthschaftskammer,
welche zu Zeiten des Generalvereins zu unseren Versammlungen
regelmässig einen Vertreter zu schicken pflegte, es für gut be¬
funden hat, ohne den Rath und die Meinung der Männer von der
Praxis zu hören, vorzugehen. Es ist dies bedauerlich. Wir
Thierärzte sind dadurch in die unangenehme Lage versetzt, ohne
Verbindung mit der Landwirthschaftskammer und der von ihr
vertretenen Landwirthschaft, in deren Dienst wir uns gestellt
haben, unsere Verhandlungen zu führen.
Angesichts nun der in Aussicht stehenden allgemeinen gesetz¬
lichen Regelung des Fleischschanwesens, an welcher mitzuwirken
wir Thierärzte in unserm Sinne berufen sein werden, erschien
mir die Behandlung eines Capitels aus der alltäglichen Praxis
der Fleischbeschau angezeigt: — speciell die Beurtheilung
der Nothschlachtungen ist ein ganz besonders schwieriges Gebiet,
namentlich wenn sie auf dem platten Lande auszuüben ist, wo
der Thierarzt die Verantwortung für eine unmittelbare Schädigung
des Besitzers selbst übernehmen muss. Plötzlich aufiretende
bedenkliche Erkrankungen und Nothlagen nicht minder als
schleichende Krankheiten unserer schlachtbaren Hausthiere, die
einen bedenklichen Charakter annehmen, geben oftmals zum Ab¬
schlachten Veranlassung, damit durch entsprechende Verwerthung
des Fleisches der Schaden des Viehbesitzers sich möglichst gering
gestalte. Man bezeichnet derartige Schlachtungen kurzweg als
„Nothschlachtungen“. Die Untersuchung nothgeschlachteter
Thiere hat ungefähr in folgender Reihenfolge zu geschehen;
1. Beachtung des klinischen Befundes eventl. nach dem vom
Besitzer einzuholenden Vorbericht; auf letzteren darf
jedoch nicht zu viel Gewicht gelegt werden, weil der
Vorbericht oft dazu dienen soll, den Sachverständigen
irre zu führen.
2. Genaue Erwägung der unmittelbaren Krankheitsursachen
und Beachtung der krankhaften Veränderungen.
3. Prüfung auf septische Erscheinungen an den Organen;
insbesondere auch ermitteln, ob Todtenstarre vorhanden
oder nicht.
4. Reaction des Fleisches feststellen.
5. Mikroskopische Untersuchung der Musculatnr und eventl.
Kocbprobe.
Vor allen Dingen ist eine genaue Untersuchung der Bron-
chiallymphdrüsen, namentlich bei allen entzündlichen Krankheiten,
vorzunehmen, zumal es als feststehend zu betrachten ist, dass an
den sämmtlichen übrigen Organen gleich nach der Schlachtung
offensichtliche sepsisverdächtige Erscheinungen fehlen können,
trotzdem schon eine allgemeine Infection stattgefunden hat. Im
letzteren Falle sind die Fleischlymphdrüsen, namentlich bald
hämorrhagisch entzündet, bald ist das Gewebe blos merklich ge¬
schwollen und sehr saftreich. Es quillt über die Schnittfläche
hervor.
Eine ähnliche Erkrankung der Gelenkdrüsen bei gleichzeitiger
Darmentzündung oder der Bronchialdrüsen bei Pleuritis etc. ist
für den Allgemeinzustand belanglos. In gleicher Weise können
oberflächlich gelegene Lymphdrüsen, z. B. die Kniefaltendrüsen,
durch äussere mechanische Insulte gequetscht sein. Solche
Drüsen erscheinen dann auch auf dem Durchschnitt blutig, aber
man kann durch Ueberstreifen mit dem Messer das Blut be¬
seitigen. Auch springt das Gewebe über die Schnittfläche nicht
hervor. Diese Erscheinung zeigt sich auch bei mangelhaftem
Ausbluten der nothgeschlachteten Thiere.
Ein normaler Befund ist ferner die Einlagerung von Pigment
in der Rindenschicht der LymphdrÜBen bei älteren Kühen. Die
Corticalis der Drüsen erscheint dunkelbraun gefärbt.
Ferner findet man im subcutanen Bindegewebe kleine drüsen¬
ähnliche Gebilde, sowie in der Nachbarschaft grösserer Drüsen-
packete liegend, sogenannte Nebendrüsen, welche sämmtlich
auf dem Durchschnitt dunkelroth und fein granulirt aussehen.
Das Gewebe quillt jedoch nicht über die Schnittfläche und
letztere ist trocken.
Kann man diese normalen Zustände ausschliessen und finden
sich im Gegentheil die Lymphdrüsen im S t a d i u m der entzünd¬
lichen Affection, so ist die Diagnose auf allgemeine Infection
auch dann gesichert, wenn unmittelbar nach der Schlachtung an
den inneren Organen die Erscheinungen der Sepsis, als trübe
Schwellung und fettige Degeneration der Leber, Nieren und der
Herzmusculatur, Milztumor und leichte Dünndarmentzündung ver¬
bunden mit Blutungen unter den serösen Häuten, noch fehlen.
Nach der im Königreich Sachsen geltenden Vorschrift soll in
zweifelhaften Fällen im Sommer nach 24, im Winter nach
48 Stunden eine abermalige Untersuchung vorgenommen werden.
Hat man demnach bei der ersten Untersuchung aus dem Befunde
der Lymphdrüsen nur den Verdacht auf Sepsis aussprechen
können, so wird man bei der zweiten Untersuchung eine sicht¬
bare Degeneration, namentlich von Herz und Leber, sowie Fehlen
von Todtenstarre, alles Beweise einer Allgemeininfection, finden.
Die Fleischreaction prüft man mit rothem und blauem Lackmus¬
papier an tiefangelegten Fleischeinschnitten, indem man das
Reagenspapier etwa 10 Minuten lang liegen lässt. Die Reaction
des Fleisches ist normal sauer. Jedoch ist ein alkalischer
Befund kein sicheres Kriterium allgemeiner Sepsis.
Die mikroskopische Untersuchung nimmt man in der Weise
vor, dass man sich Zupfpräparate in Kochsalzlösung anfertigt und
bei unklarem Bilde 2 — 5 proc. Essigsäurelösung hinzusetzt.
Es ist zu beachten, dass man auch bei gesundem Fleisch einen
körnigen Zerfall der Muskelfaser bezw. Trübung und Verlust
der Querstreifung finden kann.
Der makroskopisch pathologisch-anatomische Befund ist fast
immer entscheidend. Jedoch stützt der mikroskopische Nach¬
weis die Diagnose.
Schliesslich dient noch die Kochprobe zur Feststellung
abnormer dem Fleische innewohnender Gerüche. Man nimmt
eine kleine Quantität (etwa Pfund) des zu prüfenden Fleisches,
schneidet dasselbe in Würfel und kocht es mit etwas Wasser
eine % Stunde. Abnormer Geruch, z. B. nach verabreichten
Arzneimitteln lässt sich nunmehr constatiren.
Kommt man bei Anwendung sämmtlicher hier angeführter
Untersuchungsmethoden zu keinem sicheren Resultat, so muss
man schlechterdings nach 24 bezw. 48 Stunden eine zweite
Untersuchung vornehmen.
Vor allen Dingen ist bei der Begutachtung nothgeschlachteter
Thiere Folgendes zu fordern: Vorlegung sämmtlicher Organe und
Theile des zu untersuchenden Thieres, besonders dann, wenn man
nicht in der Lage war, das Thier lebend zu untersuchen.
Krankheiten, welche erfahrungsgemäss Fleischvergiftungen
veranlassen, sind besonders alle sich an den Geburtsact an¬
schliessenden entzündlichen Erkrankungen der Geburts wege, nament¬
lich beim Zurückbleiben der Nachgeburt
Ferner kommen in Betracht an sich nicht hochgradige fieber¬
hafte Magendarmkatarrhe, bei denen die Neigung zu Blutungen,
die verwaschene Röthung der Serosa und Mucosa, die
Schwellung der Lymphfollikel, der Gekrösdrüsen, die trübe
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
Schwellung der Nieren, der Leber und des Herzens, wenn auch
noch so gering, doch auf eine Aufnahme schädlicher Substanzen
vom Darme aus in das Blut schliessen lassen.
Besondere Beachtung verdienen ferner Brust- und Bauch-
fellentzündungen in Folge von Perforation der Verdauungs¬
organe, traumatische Herzbeutelentzündungen mit häutigem Exsudat
im Herzbeutel, Naheivenenentzündungen der neugeborenen Thiere
mit secundären Gelenkerkrankungen. Auch Euterentzündungen
mit hochgradigem Allgemeinleiden und grosser Hinfälligkeit und
Schwäche gelten als verdächtig.
Die Untersuchung ist überhaupt abzulehnen, wenn nicht
sämmtliche Organe zur Stelle sind. Der Sachverständige muss
stets bedenken, dass er für eventuellen Schaden, welcher aus
dem Fleiscbgenuss entstehen kann, zur Verantwortung, welche
ihn allein trifft, gezogen werden kann.
Der Vorsitzende dankt dem Referenten für den Vortrag und
stellt letzteren zur Discussion.
Koch-Borby nimmt an, dass die zweimalige Untersuchung
des Fleisches nach 24 und 48 Stunden nicht gemacht werde ( und
auch keinen besonderen Werth haben dürfte, wogegen Ruser-
Kiel grossen Werth darauf legt, dass im Sommer 24, im Winter
48 Stunden zwischen der ersten und letzten Untersuchung liegen,
indem dann eine eventuelle Veränderung des Fleisches zum
Schlechteren sicherer constatirt werden könne und vermieden
werde, dass gesundheitsschädliches Fleisch leicht in den Handel
käme.
Struwe-Kiel glaubt, College Fenn er dahin verstanden zu
haben, dass das neue Gesetz über Fleischbeschau die Nothwendig-
keit einer thierärztlichen Untersuchung des Fleisches von noth-
geschlachteten Thieren nicht für ■ nothwendig halte, er sei aber
der entgegengesetzten Ansicht und halte eine Besichtigung bei
Noth8chlachtungen für absolut erforderlich, wie es sich hier erst
wieder erwiesen habe, indem 7 Kühe und 2 Pferde gestorben,
die an Milzbrand gelitten, und er solchen Befund schon an Schlacht-
thieren angetroffen habe.
Fenner-Lübeck erwiderte darauf: Ich bin missverstanden
worden: im Gegentheile sehe ich die jedesmalige thierärztliche
Untersuchung für nothwendig an, aber ich habe gesagt, in dem
neuen Gesetzentwürfe käme dieser Punkt nicht klar zum Durch¬
bruche. Es heisst nämlich im Entwürfe: Thiere, welche zur
menschlichen Nahrung dienen sollen, müssen vor und nach der
Schlachtung untersucht werden; erstere kann bei Nothschlach-
tungen unterbleiben, was unter Nothschlachtung zu verstehen,
hat der Bundesrath festzustellen. Bei den sogenannten Haus¬
schlachtungen ist nur eine Untersuchung herbeizuführen, wenn
Anzeichen vorhanden sind, dass die menschliche Gesundheit ge¬
schädigt werden könnte; wird dies bei der Untersuchung nicht
festgestellt, hat der Besitzer später selbst über die Waare zu
verfügen, indem angenommen wird, dass namentlich auf dem
Lande aus eigenem Interesse nichts Schädliches verwertet wird,
wogegen der Herr Reichskanzler die Hausschlachtungen nicht
ausgeschlossen wünscht, wenn auch die Untersuchung etwas weit¬
läufig erscheint. Nun sind aber gerade diese Schlachtungen ge¬
eignet, die Abgabe von verdorbenem Fleische zu ermöglichen.
Ausserdem kann nach dem Entwürfe jeder Bundesstaat separat
anordnen, was er für gut befindet; ich bin jedoch dafür — und auf
den Standpunkt müssen wir uns alle stellen — dass das Verfahren
überall ein gleichmässiges, gleichartiges wird, das Gesetz muss
einen genügenden Schutz gewähren und dieser kann nur erfolg¬
reich werden, wenn eben Alles untersucht würde. In meinem
Bezirke darf deshalb von auswärts keine geschlachtete Waare
eingeführt werden, wenn nicht alle Organe mitfolgen; hierdurch
ist der Import aus dem Auslande ganz zurückgedrängt.
Schlüter-Kiel führte zweiFällean, in denen Kühe, von tollen
Hunden gebissen, abgeschlachtet, ein Theil frisch verzehrt, die
besten Stücke gepökelt und geräuchert wurden; beim zweite Fall
seien die Fleischstücke von ihm confiscirt, die denselben Weg hätten
gehen sollen; der Besitzer habe keinen Anstoss an der Vewerthung
des Fleisches genommen, nur eine alteFrau, welche die schrecklichen
Folgen in der Familie fürchtete, wurde wahnsinnig und starb.
Voliers-Altona bemerkt zunächst zu dem Vorhergehenden,
dass Fleisch von tollwuthkranken Thieren an und Für sich nicht
schädlich sei, demnächst, dass die sogenannten Vorberichte von
den Besitzern sehr vorsichtig aufzunehmen seien und dass von
dem Referenten nicht der Temperaturmessung vor dem Schlachten
Erwähnung gethan sei. Mitunter könne das Fleisch sehr gut
aussehen, aber die kleinen mit Blut gefüllten Venen wiesen darauf
hin, dass das berüchtigte Kaltschlachten Vorgelegen haben könnte;
öfters zeige sich vor dem Schlachten bei dem Thiere eine hohe
Temperatur und nach demselben sei an dem Fleische nichts zu
sehen, deshalb sei eine fieberhafte Temperatur immer sehr er¬
heblich. In der Grossstadt gäbe die Beschau nothgeschlachteter
Thiere und eingeführter Fleischwaaren oft schlaflose Nächte für
den Thierarzt; man müsse sich in jeglicher Weise durch ver¬
schiedene Untersuchungsmethoden vor leichtfertigem Freigeben
von Fleisch sichern. Sehr zu empfehlen sei die Beobachtung der
Eber’schen Prüfung auf Ammoniakentwicklung, die jedoch nicht
in einem Locale vorzunehmen sei, wo schon vorher Dünste
sich befinden. Ferner komme das Toxin, wie auch in einzelnen
Fällen die Bacterien, in Betracht, so habe man Bacill. enteritid.
vorgefunden nach Nothschlachtungen, ohne dass am Thiere Er¬
hebliches zu entdecken gewesen wäre; derselbe befinde sich nur
im Blute und sei von Gärtner aufgefunden, auch Johne mache
auf einen Pilz aufmerksam, der Aehnlichkeit mit dem Milzbrand¬
bacillus habe. Er müsse darauf hinweisen, dass diese Vor¬
kommnisse in Ostertag’s Fleischbeschau nachzuschlagen seien.
Ru8er-Kiel macht besonders auf die Fälle von Noth¬
schlachtungen aufmerksam, wo makroskopisch nichts zu finden,
im Leben des Thieres aber eine bedeutende Erkrankung vor¬
handen gewesen sei. Bei der Untersuchung sei es sehr er¬
wünscht, die Haut mit vorgelegt zu bekommen, die manchmal
gute Anhaltspunkte für die richtige Beurtheilung abgebe, so die
Füllung der kleinen Hautvenen an der Innenfläche, auch lasse
das Vorhandensein einer Nabel- oder Gelenkentzündung auf ein
vorhanden gewesenes Allgemeinleiden schliessen.
Völlers-Altona weist noch besonders darauf hin, dass
Fleisch von nothgeschlachteten Thieren weite Transporte schlecht
vertrage und darin auch ein Anhaltspunkt gefunden werden könne.
Sehr misslich sei die Beurtheilung des Hackfleisches, welches ja
durch Hinzugiessen von Wasser bereitet werde, weshalb die
Gefahr des Vorhandenseins von Bacterien aller Art vorliege.
Das äussere Aussehen der Masse sei nicht massgebend; eine
gründliche Untersuchung sei hier vor Allem am Platze; am besten
wäre, wenigstens im Sommer, einen Vorrath von Hackfleisch zum
Verkaufe nicht halten zu dürfen.
Fock-Ahrensboek erinnert nochmals an das Vorhandensein
einer Polizeiverordnung für die Provinz über die Noth¬
schlachtung, was von dem Veterinär-Physikus bestritten wird
Fenner-Lübeck rühmt die Verwendung der Eber'sehen
Lösung bei der Untersuchung von Fischen.
Schlüter-Kiel hebt hervor, dass es bei der Untersuchung
nothgeschlachteter Schweine wesentlich sei, die Stichstelle genau
nachzusehen; könne hier nicht eine capillare Thrombose fest¬
gestellt werden, so sei das Thier nach dem Tode abgestochen.
Kreutzfeld-Eutin wünscht die Gebärmutter mit zur Stelle,
wenn eine Kuh wegen Gebärparese geschlachtet worden, da die
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15. December 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
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septische Metritis grosse Aehnlichkeit mit jener habe, aber sehr
viel gefährlicher sei
Jensen-Itzehoe hatte bei der Untersuchung grosser Wurst¬
quantitäten Stichproben genommen und mit der Eber’scben
Lösung geprüft.
Fenner-Lübeck hält dieses Verfahren nicht für ausreichend,
sondern will sowohl alle Würste, als auch Schinken zu diesem
Zwecke zerstückelt haben; bei Würsten sei die Gefahr am
grössten zu Anfang des Verderbens. Vor Ausstellung von Attesten
über Scbinkenuntersuchungen müsse er sehr warnen, wenn das
Durchschneiden der Waare nicht gestattet werde.
Ebenfalls schlägt Ruser-Kiel die Untersuchung von Wurst-
waaren aus, wenn sie nicht durchschnitten werden dürfen.
Jensen-Itzehoe versteht unter Stichproben die Herausnahme
einer grösseren Anzahl Würste, die dann gründlich untersucht
wird.
Schlüter-Kiel warnt vor der voreiligen Ausstellung von
Attesten zum Zwecke der Vornahme von Nothschlachtungen; das
Schlachten müsste sofort ausgeführt werden, um sicher zu sein,
dass auf solches Attest hin nicht später noch eine Waare ver¬
kauft werde, die sich in einem ganz anderen Stadium befunden.
Fr an zenburg- Schleswig hält das Zerstückeln der Schinken
zum Zwecke der Untersuchung für eine übertriebene Forderung,
die das Geschäft illusorisch mache.
Drews-Oldesloe lässt den GenusB des Fleisches von an
Starrkrampf leidenden Pferden zu, wie es auch in einzelnen
Schlachthäusern geschieht.
Wessel-Wilster hat die Verwerthung von Thieren, die
durch mechanische Insulte umgestanden sind, nicht zugelassen,
wie es anderswo im Gebrauche ist.
Ruser-Kiel hält solches Fleisch nicht für gesundheits¬
schädlich, sondern sieht es nur für verdorbene Waare an.
Schröder-Preetz stellt dieses Fleisch auf gleiche Stufe mit
dem geschossenen Wilde.
Wessel-Wilster führt eine eigenartige Tödtungsweise an,
um das Schlachtgewicht grösser zu erhalten; sie bestehe darin,
dass man vermittelst eines Blasebalges Luft in die Brusthöhle
treibe und eine Erstickung verursache, das Blut verbleibe dann
im Körper.
Voliers-Altona weist noch auf das Fleisch gehetzter und
das im lebenden Zustande gesalzener Thiere hin; ersteres ver¬
derbe leicht, letzteres solle nicht zuträglich sein, vielleicht wegen
des gleichzeitig mitbenutzten Salpeters.
Ruser-Kiel legt bei der Untersuchung von Wild und Fischen
grosses Gewicht auf die Prüfung auf SchwefelwasserstofFgas
vermittelst der Bleiacetatlösung; entstehe hierdurch eine Schwarz-
färbung, so sei die Waare unbedingt zu verwerfen.
Petersen-Leck beschwert sich über die vielen geheimen,
sogenannten Um- die- Ecke-Schlachtungen und die verschieden¬
artige Handhabung des Untersuchenlassens; die auf diese Weise
gewonnene Waare werde unter den verschiedensten Formen in
den Handel gebracht. Diesem Schmugglersystem entgegen zu
arbeiten, müsse unsere Aufgabe sein; es müsse eben Alles unter¬
sucht werden, was zur Nahrung für Menschen dienen solle.
Franzenburg-Schleswig führt Fälle aus seinem Wirkungs¬
kreise an, wo knochenfreies Fleisch gesalzen, in Tonnen verpackt
und nach anderen Orten versandt werde, um dort zur Wurst¬
fabrikation zu dienen, die obwaltenden Umstände seien geradezu
haarsträubend gewesen.
Nachdem Völlers noch auf das Abhetzen der Schlachtthiere
aufmerksam gemacht, hebt Ruser hervor, dass ein wesentlicher
Unterschied zwischen dem Fleische von verhetzten und dem von
erhitzten Thieren bestände; letzteres rühre nur von wild¬
gewordenen Stücken her und es könne die Todesart, ob durch
Schiessen oder die Schlachtmaske getödtet, gleichgültig sein,
solches Fleisch sei als normales zu betrachten, wenn dem nichts
Anderes entgegenstände. (Schluss des Protokolls folgt.)
Referate.
Untersuchung über die giftigen Wirkungen der
combinirten Morphium-Atropininjection.
Von Dr. P r e u s s e - Berlin.
Ueber die von Tempel empfohlene Morphium - Atropin-
injection gegen Schulterlahmheit ist in der B. T. W. mehrfach
referirt worden. Ebenso sind eine Anzahl von Beobachtungen
bekannt gegeben worden, wonach diese Injection gelegentlich
sehr unangenehme Nebenwirkungen erzeugt. Preusse ist durch
die zahlreichen Beobachtungen zu einer Untersuchung veranlasst
worden. Durch das Morphium allein konnte die Nebenwirkung
nicht wohl bedingt sein, da die Dosis von 0,2 eine geringe medi-
camentöse Gabe ist. Ebensowenig konnte dem Atropin allein
die Schuld beigemessen werden, da die Dosis von 0,05 sich in
therapeutischen Grenzen hält. Hiernach müsste eine combinirte
Nebenwirkung vermuthet werden, welche die Vergiftungs¬
erscheinungen bedingte, obwohl auf den ersten Blick gegen diese
Vermuthung die Thatsache zu sprechen scheint, dass Morphium
und Atropin Antidote sind, und dass man daher eher eine Ab¬
schwächung als eine Stärkung der Wirkung hätte erwarten sollen.
Die auf Anregung des Professors Fröhner an 13 Pferden
angestellten Versuche haben folgendes Resultat ergeben. Die
hauptsächlichsten Erscheinungen der reinen Atropin Wirkung sind:
Steigerung der Herzaction, Aufregung und Unruhe, Muskelzittern,
verminderte Speichelsecretion und Nachlassen der Futter¬
aufnahme. Die wichtigsten Symptome der combinirten Atropin-
Morphiumwirkung sind: Catarrh, Beeinflussung der Herzthätigkeit,
Aufregung und Unruhe, Schwäche, Schlummersucht, Trockenheit
der Manischleimhaut, unterdrückte Peristaltik.
Es combinirt sich also die secretionsbeschränkende Wirkung
des Atropins mit der die Darmperistaltik lähmenden Wirkung
des Morphiums. Infolgedessen kann es leicht zu schwerer Ver¬
stopfungskolik mit ihren Folgen kommen. Die mehrfach beob¬
achteten cerebralen Erregungserscheinungen sind dagegen wohl
auf die Atropinwirkung alleiu zurückzuführen, und zwar müssen
diese Wirkungen als individuelle angesehen werden, da die Dosis
von 0,05 in der Regel für Pferde ganz ungefährlich ist und
einige der Versuchspferde sogar 0,1—0,5 ertrugen, ohne zu toben
oder lebensgefährlich zu erkranken. Es scheint also bei manchen
Pferden eine Idiosynkrasie gegen Atropin vorhanden zu sein.
(Uebrigens zeigte sich in demjenigen Fällen von Schulter¬
lahmheit, die bei den Preusse 'sehen Versuchspferden bestand,
die Injection auch gegen die Lahmheit wirkungslos, da es sich
um Gelenkerkrankungen handelte. Die Heilwirkung bei rheu¬
matischer Schulterlahmheit soll nicht bestritten werden. Hierbei
wirken aber subcutane Morphiuminjectionen allein durch locale
Narcose, und diese Wirkung ist längst bekannt.
Das Versuchsergebniss ist also: Der unphysiologische Zusatz
von Atropin ist überflüssig und andrerseits geeignet, gefährliche
Erscheinungen hervorzurufen.
Ueber den gelben Galt.
Von Zschokke.
(8chw. Arch. Bd. 3-J, H. 4.)
Die Untersuchungen von Hess und Guillebeau haben er¬
geben, dass der gelbe Galt stets durch einen Streptokokkus er¬
zeugt wird, während aber die klinischen Erscheinungen erheblich
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
variiren, sodass eine sichere Diagnose auf Grund der mit blossem
Auge erkennbaren Milchveränderung und der Betrachtung der
Milchdrüsen nicht möglich ist. Hess unterscheidet einen spora¬
dischen Galt und den eigentlichen, senchenhaft auftretenden
gelben Galt. Beide Formen führen jedoch zu einer unheilbaren
Euterverödung, und Z. weist darauf hin, dass die Einteilung in
diese beiden Formen nicht haltbar ist, weil beide unzweifelhaft
übertragbar sind. Beide werden durch den Streptokokkus masti-
tidis contagiosae erzeugt. Z. hat Gelegenheit gehabt, 444 Milch¬
proben in den Jahren 1896 und 1897 zu untersuchen, die von euter¬
kranken Kühen stammten. Die Untersuchungen wurden zur
Sicherung der Diagnose des gelben Galts vorgenommen. 70 pCt.
der Proben enthielten die Pilze des gelben Galts. Das Aussehen
der Milch war in 25 pCt. der Fälle weiss mit einem Stich ins
Bläuliche, 43 pCt. gelb, 18 pCt. graugelb und 14 pCt. orange-
bis braunroth. In 74 pCt. der Fälle wurde ein Niederschlag in
den stehengelassenen Milchproben beobachtet, der vorwiegend
aus Eiter von sandigem, flockigem oder grützigem Aussehen
bestand. Eiterkörperchen finden sich in allen Fällen von gelbem
Galt in der Milch. Eine charakteristische Reaction zeigt sich
nicht, wenn sie auch in der Regel sauer ist. Auch der salzige
Geschmack, der schon in den ersten Stadien bemerkt werden
kann, ist nicht charakteristisch, da er auch bei anderen Euter¬
katarrhen aufzutreten pflegt.
Der gelbe Galt wird in der Regel nicht thierärztlich be¬
handelt, da die Euterkrankheit allmählich auftritt und keine
Störung des Allgemeinbefindens bewirkt. Die Veränderungen
betreffen das eigentliche Drüsengewebe, da der gelbe Galt zu
den Katarrhformen gehört. Im Anfang kann eine geringe
Schwellung, vermehrte Empfindlichkeit und Wärme vorhanden
sein. Im Uebrigen grenzt sich das Leiden nach Vierteln ab,
und auch innerhalb eines Viertels brauchen nicht alle Theile zu
erkranken. In vieleh Fällen (namentlich den sogenannten spbfa- 1
dischen) ist der Beginn ein plötzlicher. In der Regel macht erst
die allmähliche Milchabnahme, das Gerinnen der Milch beim
Kochen, das Blähen der Käse und der Bodensatz nach dem
Aufstellen, sowie das Auftreten grütziger Flocken beim Melken
auf das Leiden aufmerksam. Die Milchsecretion kann sich sehr
lange ziemlich normal erhalten; sie wird nur verringert, und es
bildet sich ein geringer Bodensatz. Schliesslich aber versiegt
die Secretion und die Atrophie der Drüsen kann derartig sein,
dass das Euter nur noch eine Hautfalte darstellt.
Zschokke betont nun, dass man zum gelben Galt die Form
chronischer Mastitis rechnen müsse, bei welcher im Secret
grössere Mengen von Streptokokken enthalten sind, deren Kugel¬
glieder Va—1 H Durchmesser haben. Anhaltspunkte für den
specifischen Charakter der Bacterien haben sich noch nicht ge¬
winnen lassen. Z. betont aber, dass zwei verschiedene Formen
von Kettenbildungen Vorkommen: kurzgliedrige und langgliedrige,
wobei die kurzgliedrigen meistens innerhalb der Lenkocyten, die
langen dagegen extracellulär liegen. Diese Verschiedenartigkeit
der Kettenbildung gewährt insofern die Möglichkeit, zwei Formen
von gelbem Galt zu unterscheiden, als die langen Ketten mehr
zu seuchenhaftem Auftreten Veranlassung geben. Der kurz¬
gliedrige Streptokokkus bedingt meist stürmische Erkrankungen
mit intensiver Entzündung, der lange dagegen leichtere Formen.
Beide sind übrigens sehr wenig widerstandsfähig. Beide Formen
zeigen aber in ihrer Persistenz im Euter eine wesentliche Ver¬
schiedenheit. Es lässt sich beobachten, dass durch fortgesetztes
Melken eine Art von Secretion unterhalten werden kann, während
beim Aufhören des Melkens dieselbe sofort versiegt. Nach dem
neuen Kalben stellt sich aber die Milchsecretion wieder ein.
Wenn nun der kurzgliedrige Galtpilz vorhanden ist, so ist die
Milch gesund, bleibt es auch Wochen und Monate lang, oft
dauernd. Findet sich aber der langgliedrige Streptokokkus, so
ist auch die neu erzeugte Milch verändert und bleibt es. Hier¬
aus ergiebt sich also, dass während des Trockenstehens die kurz¬
gliedrigen Formen im Euter augenscheinlich absterben, die langen
dagegen nicht. Wahrscheinlich spielt bei diesem Unterschied
Phagocytose, welcher die kurzgliedrigen Streptokokken verfallen,
eine Rolle. Mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Ausheilung
in solchen Fällen ist also das Empfehlenswertheste, die Kühe,
welche am gelben Galt erkrankt sind, überhaupt nicht mehr zu
melken, damit sie für eine längere Zeit zum Trockenstehen
kommen. Der Verzicht auf das Melken ist auch insofern das
Beste, als damit einer weiteren Verbreitung der Krankheit vor¬
gebeugt wird.
Aas dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht der
preussischen Armee für 1897.
(Siehe No. 48 u. 49.)
Die Operation gegen das Koppen wurde nach den Angaben
von Prof. Dieckerhoff mehrmals in der Armee versucht. Ein
leidenschaftlicher Köpper, der die Halfterkette durch Zurück¬
treten anspannte und deren Ende von dem Maule zum Aufstützen
benutzte, wurde unter Durchschneidung des Brustzungenbein- und
Brustschildmuskels operirt. Das Pferd wollte sofort wieder auf¬
setzen, doch geschah dies nur matt, und es konnte auch nicht
köken. Nach acht Tagen hatte es jedoch bereits seine Virtuosität
wieder erlangt.
Ein älteres Pferd setzte auf den Krippenrand auf und
schluckte meist Luft ab, sodass es in drei Wochen zweimal
heftig an Kolik erkrankte. Auch dieses versuchte nach der
Operation sofort wieder seine Untugend, was ihm jedoch nicht
mehr gelang. Nach etwa 20 Tagen konnte das Pferd wohl noch,
wenn auch seltener, den kokenden Ton erzeugen, das Luftab-
schlucken gelang jedoch nicht mehr, und es kamen auch Kolik¬
anfälle nicht mehr vor. Das Pferd, früher schlecht genährt, kam
jetzt in einen sehr guten Zustand. (In der dauernden Be¬
hinderung des Luftabschluckens ist auch der wesentliche prak¬
tische Nutzen der Operation zu suchen. D. R.). Ein andres
Pferd koppte mit solcher Fertigkeit, dass es sich bisweilen in
wenigen Minuten wie eine Trommel aufblies und sehr häufig an
Kolik litt. Dieses Pferd liess das Koppen nach der Operation
überhaupt sein, versuchte es später seltener, konnte wohl noch
einen schwachen Ton hervorbringen, aber doch keine Luft mehr
abschlucken. Auch von einem dritten und vierten Luftschnapper
wird dasselbe Resultat berichtet. Rossarzt Krill fand im Regi¬
ment zahlreiche Köpper und untersuchte einige derselben. Bei
fünf fand er den Brustzungenbein- und Brustschildmuskel, theils
mehr, theils weniger stark entwickelt, immer vor der Luftröhre
liegen. Bei drei anderen Thieren jedoch konnten in den zwei
oberen Dritteln des Halses zwischen Haut- und Luftröhre weder
die Muskeln noch sehnige Fortsetzungen derselben gefühlt werden;
sie traten vielmehr schon bald oberhalb des Sternums zur Seite.
Krill fand später unter 17 koppenden Pferden sieben Mal diese
abnorme Muskellage. Unter diesen Köppern war ein Pferd,
welches den Oberkiefer sich derartig abgenutzt hatte, dass es
nicht einmal mehr Mohrrüben zerbeissen konnte. Die Muskel
bei demselben lagen normal, und es wurde aus ihnen ein etwa
6 cm langes Stück herausgeschnitten. Nach der Operation leckte
das Pferd an den Stellen der Krippe, wo es gewöhnlich aufsetzte,
nach drei Tagen setzte es schon wieder auf und, nachdem die
Operationswunde kaum über die Hälfte vernarbt war, koppte es
wieder ebenso häufig mit kokendem Ton. Rossarzt Schmidtke
sah einen Köpper, welcher die Zunge schlaff aus dem rechten
Maulwinkel steckte, den Kopf streckte und dabei unter kökendem
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15. December 1898.
Geräusch Luft abschluckte, worauf es stark auftrieb. Kolikfälle
traten häufig ein. Nach Vornahme der Operation machte auch
dieses Thier die grössten Anstrengungen, um zu koppen, konnte
aber bei seinem eigenartigen Verfahren den Vorsatz nicht aus¬
führen. Mit der Heilung der Wunde trat die Untugend jedoch
wieder hervor, auch das kökende Geräusch wurde nach zwei Mo¬
naten wieder hörbar, und dieses Pferd trieb auch in Folge Luft¬
schluckens wieder auf. Auch bei einem zweiten Luftschlucker
wird ein Misserfolg berichtet. Als übereinstimmendes Ergebniss
dieser Versuche lässt sich also Folgendes erkennen. Die Ope¬
ration ist in allen Fällen leicht und gefahrlos am stehenden
Pferde ausznführen nnd hat keinerlei Nachtheile. Die Pferde
versuchen in allen Fällen die Uutugend fortzusetzen und in den
weitaus meisten Fällen gelingt ihnen dies auch nach längerer
Zeit wieder. Dagegen wird das Hervorbringen eines kokenden
Tones durch die Operation fast immer und das schädliche Lnft-
abschlucken stets dauernd verhindert.
Die Wirkungsart des gegen den Schweinerothlauf
angewandten Schntzsernms.
Von Mesnil.
(Annale* de l'lniUtut Pasteur, M. med. Wocb.)
Durch Impfung von Kaninchen mit der Pasteur’schen
Methode (des abgeschwächten Virus) erhält man ein Serum, welches
gegen den Erzeuger des Schweinerothlaufs wirksam ist. Dieses
Serum, bei Mäusen angewandt, hat Präventivwirkung und ist
auch ein Heilmittel, unter der Bedingung, dass es wenigstens inner¬
halb 24 Stunden nach dem Beginn der Infection angewandt wird.
Im ßeagenzglase ist das Serum nicht bacterientödtend, zeigt aus¬
gesprochene agglutinirende Wirkung auch in sehr starker Ver¬
dünnung, und die agglutinirenden Mikroben haben nichts von
ihrer Wirkung verloren. Bei den immunisirten Mäusen üben die
Körpersäfte keine Wirkung auf die Bacterien aus, deren Zer¬
störung wird vielmehr durch die Leukocyten, welche sie im
lebenden Zustande einhüllen, bewirkt. Das Serum ist nur ein
Stimulans für die mit der Vertheidigung des Organismus be¬
trauten Zellen.
Was ist die typische Tnberculinreaction?
Von Ostertag.
Ostertag veröffentlicht in den Mtsh. f. Th. Bd. 10, H. 2
einen längeren Aufsatz über den gegenwärtigen Stand der Frage,
was als Tnberculinreaction anzusehen sei, indem er dabei die
mitgetheilten Versuche einer kritischen Betrachtung unterwirft.
Aus den ersten Versuchen geht hervor, dass dann nicht Bäramtliche
Tuberculosefälle ermittelt werden, wenn als Beweis des Vorhanden¬
seins eine Temperaturdifferenz von 1,5 0 angenommen wird.
Nocard betrachtet 1,5° C. als klare Reaction,0,9—1,4 als zweifel¬
hafte und unter 0,9 als belanglos. In Belgien werden nach dem
Tuberculose-Erlass vom 31. October 1895 Rinder mit 1,4 Differenz
als tuberculös und solche mit 0,8—1,4 als verdächtig von der
Einfuhr ausgeschlossen. Bang, Eber, Fehser und Zahn ver¬
langten, dass die Temperaturmessnngen von der 9. bis 24. Stunde
nach der Impfung alle 2—3 Stunden ausgeführt werden sollen.
Nach Ostertag’s Ansicht ist keine der angeführten Reactions-
normen völlig zweckentsprechend. Auch eine Verlängerung der
Temperaturermittelungszeit ist nicht empfehlenswerth. Nach dem
bis heute angesammelten Versuchsmaterial ist vielmehr als dargethan
zu erachten, dass bei gesunden Thieren bezw. solchen, die nicht
mit Tuberculo8e behaftet sind, nach der Einspritzung selbst grosser
Mengen von Tuberculin eine Steigerung der Körperwärme über
die normale obere Grenze überhaupt nicht erfolgt. Es ist durch
die Tausende von Messungen, welche bis jetzt anlässlich der
595
Tuberculinimpfungen vorgenoramen worden sind, als festgestellt
zu erachten, dass die obere Grenze der normalen Körpertemperatur
beim Kalb innerhalb der ersten sechs Monate 40°, beim älteren
Rinde 39,5° nicht überschreitet.
Auf Grund dieser Thatsachen sollten daher alle diejenigen
Rinder als tuberculoseverdächtig angesehen werden, bei welchen
nach der Einspritzung der vorgeschriebenen Tuberculinmenge die
innere Körpertemperatur über 39,5° beim älteren Rind und über
40 0 beim Kalbe ansteigt und ferner die höchste nach der Impfung
ermittelte Temperatur um mindestens 0,5° höher ist als die
höchste vor der Impfung ermittelte.
Letzterer Zusatz ist erforderlich, um zu verhüten, dass bereits
fiebernde Thiere geimpft werden. Diese weitere Fassung des
Begriffs der Tuberculinreaction ist um so unbedenklicher, als die
Zahl der zweifelhaften Reactionen, wie die bisherigen Versuche
ergaben, überhaupt nur gering ist.
Beiträge znm bacteriologischen Stadium der Diphtherie
der Vögel.
Von Gratia und Liönaux.
• (Bull, de l’Acad. de m6d. de Belglque 5.;98).
Um die Beziehungen zwischen der Vogeldiphtherie und der
Menschendiphtherie zu erläutern, haben die Verff. nach der
Münchener medicinischen Wochenschrift folgende Methoden ge¬
braucht: 1. die therapeutische Wirkung des Diphtherieheilserums;
2. die vergleichenden Culturen der Keime, welche in den Mem¬
branen aufgefunden werden können; 3. die Impfung der Rein-
culturen auf andere Thiere. G. und L. haben sich ausschliesslich
mit der epizootischen Vogeldiphtherie beschäftigt. DasRoux’sche
und das Behring’sche Heilserum ist beim Huhn und bei der
Taube völlig erfolglos geblieben. Dieses Resultat spricht gegen
die Identität beider Krankheiten. Die Verff. haben aus den
Pseudpmembranen der Hühner die gewöhnlichen Keime züchten
können, welche auch sonst in der Mundhöhle leben. Sie ent¬
deckten jedoch keinen Mikroorganismus, der die Krankheit zu
übertragen im Stande war. Bei der diphtheriekranken Taube
fand sich allerdings ein Bacillus, welcher sich culturell und
morphologisch dem Klebs -Löffler’schen Bacillus sehr ähnlich
zeigte. Seine Virulenz ist jedoch für Säugethiere sehr gering.
Die Identität mit dem Löffler’schen Bacillus konnte zwar nicht
festgestellt werden, und obwohl es sich wahrscheinlich um einen
Pseudodiphthericus handelt, so kann die Hypothese nicht ganz
von der Hand gewiesen werden, dass Vogel- und Menschen¬
diphtherie denselben Erreger haben, der durch gewisse Umstände
seine Virulenz ändert. Die Verff. wünschen, dass auch in dieser
Richtung hygienische Massregeln vorgeschrieben werden.
.Rasches Verfahren zam Hervorrufen der Jod-
Schwefelsäure-Reaction bei amyloiden Substanzen.
Die zu untersuchenden Schnitte werden zwei oder drei
Minuten in eine Jodlösung folgender Zusammensetzung (Aq. dest.
100,0, KaL jodat. 1,0, Jod. in excess.: Reiben in einer Porzellan¬
schale) gelegt worin sich die degenerirten Theile rothbraun,
die gesunden gelb färben. Hierauf folgt ein 2 bis 3 Minuten
langes Einlegen der Schnitte in Aq. dest. mit lproc. Acid.
sulfuric. In dieser Lösung verwandelt sich die Farbe der de¬
generirten Substanz in dunkelgrün. Weiterhin kommen die
Präparate in 96proc. Alkohol, wo sie sich sofort wieder verfärben
und die dunkelgrünen Stellen schön himmelblau werden. Unter
dem Mikroskop betrachtet, zeigen diese zuletzt noch in Glycerin
getauchten Schnitte eine Doppelfärbung: das amyloid ver¬
änderte Gewebe himmelblau, das nicht degenerirte hellgelb.
(Clinic. vet. 1896, Oesterr. Monatsschr. 1898, H. 10.)
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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596
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
Kleine Mlttheiluugen.
Augentuberoulose.
Schlachthofdirector Winter-Bromberg macht in der
Ztschr. f. Fl.- u. Milchh. folgende Mittheilnng. Eine 6jährige
Kuh zeigte taumelnden Gang. Das Bewusstsein war nicht ge¬
stört. Das linke Ange verkleinert, das Angeninnere mit gelben
Knoten durchsetzt. Das rechte Auge normal. Nach der Schlach¬
tung fand sich Tuberculose der Lungen, Leber, der Serosa und
der retropharyngealen Lymphdrüsen. Die Kehlgangslymphdrösen
waren normal. Die Hirnhaut war mit Tuberkeln besetzt.
Das linke Auge ergab folgenden Befund. Durch die Cornea
schimmerten gelbe Flecke bis zu Erbsengrösse. Der grösste zer¬
klüftete Knoten reichte von innen bis an die Cornea heran. Die
Cornea war theilweise getrübt. Beim Durchschneiden des Auges
zeigte sich der Glaskörper von zähschleimigen Flocken durch¬
zogen. In der hinteren Fläche der Corona ciliaris war die Netz¬
haut dicht mit gelben Knötchen besetzt. Die Linse war in einen
gelben Brei eingebettet, der harte sandkornartige Gebilde ent¬
hielt, und war getrübt. Auf der hinteren Fläche der Iris fanden
sich netzartige gelbe Auflagerungen, zwischen denen sich ein
gelblicher Brei befand. Die Iris war vorwärtsgedrängt und mit
der Cornea verwachsen; die durch letztere durchschimmernden
Herde waren in die Substanz der Iris eingelagert. Der Process
erwies sich auch hier mikroskopisch als tuberculös.
Eugenoformium, ein neues Darmantiseptioum.
Das Eugenoform oder Eugenol entsteht durch Einwirkung
des Formaldehyds auf Phenol und crystallisirt mit Natrium
vereinigt in langen weissen Nadeln, die in Wasser leicht löslich
sind.
Das Mittel spaltet mit Leichtigkeit Forraaldehyd ab und übt
daher eine stark desinficirende Wirkung aus. Insbesondere ver¬
mag die Magensäure die wirkenden Componenten frei zu maüfcetf.
Hiernach dürfte sich das Eugenoform zur Desinfection des Magen¬
darmes in erster Linie eignen und bei Typhus, Cholera und
allen infectiösen Katarrhen Anwendung finden. Unsere bekannten
Darmantiseptica erfüllen nur in beschränktem Masse ihren Zweck.
Wenn auch die Mehrzahl dieser Mittel ausserhalb des Körpers die
Bacterien vernichtet, so versagen sie doch innerhalb desselben
sehr häufig, oder sie können wegen ihrer Giftwirkung nur in
minimalen Dosen verabreicht werden. Das Eugenoform kann da¬
gegen in einer 6—8 mal so hohen Dosis als Carbolsäure verordnet
werden. Der Mensch kann 2,5—3 g ohne jeden Nachtheil auf
einmal nehmen. Zwei Stunden später ist das Mittel im Harn
nachzuweisen, welcher mit Schwefelsäure eine rothe Zone giebt.
Ueber die Anwendung des Eugenoform bei Thieren macht
Verfasser keine Angaben. (Oesterr. Monatsschr. f. Tlihlkd. 1898,
H. 11).
Verschreibung der Medicamente in Pulver- oder Capselform.
Nach Bricemoret giebt es drei Arten von Medicamenten,
die nicht in Pulvern oder Amyloidcapsein verordnet werden
sollen. Die erste Gruppe umfasst die hygroskopischen Präparate.
Dazu gehören die Phosphorsäure und ihre Salze, die alkalischen
Phospho-Glycerate, Natr. brom. und jod., crystallis. Calcium¬
chlorid, Stront. chlor, und brom., Ferrum ammonio-citr., Chloral
und die trockenen vegetabilischen Extracte, ferner die meisten
trocken dargestellten Peptone und Organpräparate.
In die zweite Gruppe gehören die Körper, die an und für
sich zwar wasserbeständig sind, deren Mischung aber eine Ver¬
flüssigung bedingt, z. B. die Combination von Antipyrin und
salicylsaurem Natron.
Die dritte Gruppe wird gebildet von solchen Medicamenten,
welche durch den Sauerstoff der Luft zersetzt werden, was sich
äusserlich schon durch Verfärbung der Hülle kundgiebt; hierher
gehören unter anderen die alkalischen Jod- und Jodeisenpräparate
und das Aristol. Die Zersetzung der Pulver lässt sich in
manchen Fällen durch Zusatz von Pulv. rad. liquivit. und Auf¬
bewahrung derselben in gut geschlossenen Gläsern hintanhalten.
Eitrige Thrombophlebitis der vena dlgitalis interna mit Metastasenbildung
in der Lunge.
Bei einem 5jährigen Fuchswallach sollte vor 5 Tagen an
der Innenfläche des rechten Fessels plötzlich ein Eiterherd auf¬
gebrochen sein. 3 Tage nachher habe sich eine starke Schwel¬
lung des ganzen Beines eingestellt. Als das Pferd in die chirur¬
gische Klinik der Berliner thierärztlichen Hochschule gebracht
wurde, war das rechte Vorderbein vom Huf bis zur Schulter un¬
förmig geschwollen und sehr schmerzhaft. Innen am Fessel eine
Markstück grosse Wunde, etwao erhöhte Körpertemperatur und
beschleunigter Puls. Die Untersuchung der Lungen ergab nichts
Abnormes. Es kam zum Aufbrechen von Abscessen. Die Tem¬
peratur stieg auf 40°. Es stellten sich Erscheinungen von Er¬
krankungen der Athmungswege ein, und das Pferd verendete
nach 3 Wochen. Bei der Section stellten sich eitrige Throm¬
bophlebitis der vena digitalis interna, bindegewebige Sclerosirung
am ganzen Schenkel, abscedirende „subcoronäre und perichondrale“
Phlegmone und Metastasenbildungen in der Lunge, sowie eitrige
Pleuritis heraus sammt den Erscheinungen der Septicämie. Es lag
also eine Pyosepticämie vor. (Prof. Fröhner, Mtsh. f. Th. 9,5.)
Tagesgeschichte.
t
Am 3. d. Mts. starb zu Stettin unser Mitglied und früherer
Präses, der königliche Corpsrossarzt a. D. Werner, tief betrauert
von seinen Hinterbliebenen, seinen Collegen und Freunden, im
66. Lebensjahre. Werner war Ritter des Eisernen Kreuzes
II. Classe, des Rothen Adlerordens IV. Classe, des Kronenordens
III. und IV. Classe, Inhaber der Kriegsdenkmünzen von 64, 66,
70/71, der Kaiser Wilhelm-Denkmünze und Dienstauszeichnungen.
Er war einer derjenigen Collegen, dem wir überall unsere
ehrfurchtsvolle Achtung zollten. Sein vielseitiges Wissen und
seine reiche Erfahrung boten uns stets Belehrendes und
Interessantes; er war trotz seines Alters und seiner Gebrechen
bis in die letzte Zeit durch wissenschaftliche LectQre eifrig be¬
strebt, sein Wissen zu erweitern und war seinen Collegen und
Kameraden stets ein treuer, wohlwollender, aufrichtiger, ernster
Berather. So musste ihn, den offenen schlichten Mann, um den
sich, solange er noch gesund und rüstig war, die Stettiner Thier¬
ärzte an ihren geselligen Abenden gern versammelten, Jeder iu
kurzer Zeit liebgewinnen, und für alle Zeit werden uns die herr¬
lichen Worte des Trost spendenden Geistlichen am Grabe des
theuren Entschlafenen in Erinnerung bleiben: Wir tragen einen
guten Mann zu Grabe; uns war er mehr, er war unser Freund.
Und seine edlen Charaktereigenschaften documefitirte er nicht
allein seinen Collegen und Freunden gegenüber; in ganz hervor¬
ragender Weise galt seine Sorge und Liebe seinen Kindern und
bis zu seiner Sterbestunde seiner unglücklichen Frau, die, in
einer Pflege- und Heilanstalt befindlich, nicht mehr empfinden
konnte das treue hingebende Herz des besorgten Gatten.
Eines solchen Mannes Andenken werden wir stets in Ehren
halten.
Die Mitglieder des Vereins pommerscher Thierärzte
für die Regierungsbezirke Stettin und Stralsund.
I. A.: Herrn. Falk-Stettin.
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15 December 1898.
Fest-Versammlung der beamteten Thierärzte
des Regierungsbezirks Lüneburg am 9. October 1898.
Am Sonntag, den 9. October d. J. versammelten sich die
Kreistbierärzte des Regierungsbezirks unter dem Vorsitz des
Unterzeichneten Departementsthierarztes in Volkers Hotel zum
Scbiessgraben in Lüneburg, um das 25jährige Amtsjubiläum der
Kreisthierärzte Riechelm ann-Harburg, Röttger-Gifhorn und
Willigerod-Uelzen durch eine Festsitzung zu feiern. DerDecer-
nent für Veterinärangelegenheiten, Regierungs-Assessor Herr
v. Wussow, war der Einladung zur Theilnahme an der Ver¬
sammlung gefolgt
Der Vorsitzende eröffnete um 12 Uhr die Festsitzung mit
Begrüssung der Erschienenen und brachte dann den drei Jubi-
laren die Glückwünsche der beamteten Thierärzte des Bezirks
dar. In allgemeinen Zügen schilderte er die Entwicklung, welche
die Veterinärgesetzgebung in den verflossenen 25 Jahren ge¬
nommen hat und wie hierdurch die Stellung und die Wirksam¬
keit des beamteten Thierarztes so wesentliche Veränderungen er¬
fahren hat. Bei der Einführung der Institution der Kreisthier¬
ärzte, welche in Preussen bereits seit 1817 besteht, kam es für
die Provinz Hannover wesentlich darauf an, unter den im Lande
wohnenden Thierärzten, die mit Land und Leuten vertraut waren,
geeignete Personen für diese Stellung ausznwählen, und so kam es
dann, dass die Jubilare, welche in ihren Kreisen bereits lange
Jahre als praktische Thierärzte ansässig waren und sich des
Vertrauens der Obrigkeit und der Bevölkerung erfrenten, für die
Verwaltung dieser Stellen ausgewählt wurden. Der Vorsitzende
beglückwünschte die Jubilare zu den Erfolgen ihrer Thätigkeit
im Amte, indem er hervorhob, dass sie es verstanden hätten, die
schwierige und verantwortungsvolle Stellung, welche die Vete¬
rinärgesetzgebung dem beamteten Thierarzte zugewiesen habe,
richtig zu erfassen und sich das Vertrauen der Behörde sowohl
als auch der Bevölkerung zu erhalten. Er sprach den Wunsch
aus, dass eine in Aussicht stehende Reform der kreisthierärzt¬
lichen Beamtenstellung den Jubilaren, die sämmtlich hochbetagt
sind, noch ihren Lebensabend sichern und verschönern möge.
Nachdem im Anschluss hieran Herr Regierungs-Assessor
v. Wu8 8ow die Glückwünsche des Herrn Regierungspräsidenten
und die seinigen ausgesprochen hatte, wurde in die Verhandlungen
der Tagesordnung eingetreten.
Es kamen zunächst die seit der letzten Versammlung im
Juni d. J. ergangenen Verfügungen und einige Punkte zur Vieli-
seuchen-Statistik zur Besprechung. Von dem Herrn Decernenten
wurde sodann der Erlass des Herrn Ministers betr. die Kosten
thierärztlicher Amtsverrichtungen vom August d. J. bekannt ge¬
geben und die Frage der Zweckmässigkeit einzelner im Bezirk
angeordneter Amtsverrichtungen zur Discussion gestellt.
Durch Verfügung vom 9. April 1896 sind die Kreisthierärzte
des Bezirks mit der veterinärpolizeilichen Beaufsichtigung der
Stierkörungstermine beauftragt worden. Es ist die Frage ent¬
standen, ob diese Massnahmen dauernd beizubehalten oder nur
anf die Zeiten der Seuchengefahr zu beschränken wären. Die
Discussion ergab, dass die Kreisthierärzte mit nur einer Aus¬
nahme diese Beaufsichtigungen aus veterinärpolizeilichen Gründen
für zweckmässig erachten. Bei den immer wieder plötzlich auf¬
tretenden Fällen von Maul- und Klauenseuche sei derselben die
grösste Aufmerksamkeit zu schenken und besonders die Ansamm¬
lung von Thieren aus verschiedenen Beständen und Gemeinden,
wie sie bei den Bullenkörungen im Frühjahr und Herbst statt-
fänden, unter Controle zu erhalten, umsomehr als vielfach von
Händlern Bullen zur Ankörung gebracht würden. Gleichzeitig
kam es hierbei zur Sprache, dass es auch im hygienischen und
züchterischen Interesse läge, wenn die Kreisthierärzte als active
597
Mitglieder der Körcommission wirken könnten, und es wurde eine
Abänderung der Bullenkörordnung vom 12. December 1883 nach
dieser Richtung für wünschenswert und zweckmässig erklärt.
Es wurde hervorgehoben, dass die Anwesenheit des Kreisthier¬
arztes bei den Körungsterminen auch jetzt bereits nach der
züchterischen Seite hin günstigen Einfluss gehabt habe.
Des Weiteren wurde die Verfügung vom 22. Februar 1896
betr. Controle der Viehhändler und Gasthofsstallungen, sowie
Privatschlächtereien besprochen, welche damals nur für einzelne
Kreise des Bezirks angeordnet wurde und noch nicht wieder auf¬
gehoben ist, jedoch nur noch in einem Kreise praktisch geband-
habt wird. Auch hier ging die Meinung fast sämmtlicher Kreis¬
thierärzte dahin, dass diese Massnahme einheitlich im Bezirk
und zwar nicht nur zu Zeiten der Seuchengefahr, sondern dauernd
aufrecht erhalten werden müsste. Besonders wären die in der
Nähe der Eisenbahnverladestationen befindlichen Gasthofsstallungen,
in welchen regelmäsig periodische Ansammlungen von Vieh statt¬
fänden, unter Controle zu stellen und durch geeignete Vor¬
schriften bezüglich der Einrichtung und der Reinigung und Des-
infection Vorsorge zu treffen, diese Verbreitungsherde der Maul¬
und Klauenseuche unschädlich zu machen. Vom Vorsitzenden
wurde in Vorschlag gebracht, auf Grund amtlicher Erhebungen
durch die Landräthe je nach dem Umfang des Geschäftsbetriebes
der Viehhändler und nach der Häufigkeit der Viehansammlungen
in den Gasthofsstallungen eine vom Herrn Regierungspräsidenten
zu bestimmende Anzahl von Revisionen durch die Kreisthierärzte
vornehmen zu lassen. In Verbindung mit dieser Angelegenheit
wurde die Verfügung vom 16. September 1889 betr. die Revisionen
der Desinfectionsanstalten der Eisenbahnen und der Viehver¬
laderampen auf den Stationen besprochen und die einheitliche
Regelung dieser Massnahmen für alle Kreise des Bezirks ge¬
wünscht. Es wurde festgestellt, dass zahlreiche kleinere Stationen
im Bezirk ziemlich lebhafte Verladeplätze für Schweine sind und
dass die vorhandenen Einrichtungen nicht überall den von der
Veterinärpolizei zu stellenden Anforderungen entsprächen.
Für den nächsten Punkt der Tagesordnung, die Regelung
der Oadaververnichtung und des Abdeckereiweseus im Bezirk,
batte der Vorsitzende das Referat übernommen. Er führte zu¬
nächst aus, dass hinsichtlich der Vernichtung thierischer Cadaver
bei dem Mangel polizeilicher Vorschriften ziemliche Willkür
seitens der Viehbesitzer herrsche. Wenn auch für bestimmte
Seuchen und parasitäre Krankheiten gesetzliche oder polizeiliche
Verfügungen Vorschriften für die Vernichtung der Cadaver ent¬
hielten, so fehle es doch, besonders in den Landgemeinden, an
bestimmten geeigneten Verscharrungsplätzen. Hierdurch würde
schon in Seuchenfällen häufig eine schwierige Situation ge¬
schaffen, wie wohl jeder der beamteten Thierärzte aus seinem
Wirkungskreise bestätigen könnte. Der Mangel solcher aus¬
schliesslich zu benutzenden Plätze in den Gemeinden tritt aber
noch viel mehr hervor, wenn man bedenkt, dass zahlreiche Thier-
cadaver heute einfach innerhalb der Höfe und Hausgärten ver¬
scharrt werden, von denen eine Feststellung der Todesursache
nicht erfolgt ist. So wie es hierdurch zur Erhaltung und Weiter¬
verbreitung von Ansteckungskeimen kommen kann und das vete¬
rinärpolizeiliche Interesse erheblich gefährdet wird, so ist dieses
Verfahren aber auch nach der sanitären Seite von höchster Be¬
denklichkeit, da die Verwesung der Cadaver eine Verschlechte¬
rung der Boden- und Wasserverhältnisse herbeiführen muss und
dadurch die Gesundheit der Menschen bedroht wird.
Um diesen Gefahren vorzubeugen und um gleichzeitig aus
den Cadavern noch einen gewissen Nutzen zu erzielen, sind nun
schon frühzeitig Abdeckereien entstanden, die sich mit der Aus¬
nutzung und Vernichtung von Thiercadavern beschäftigten. Auch
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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593
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 50.
im diesseitigen Bezirk bestehen seit Alters her in den einzelnen
Kreisen Abdeckereien, die zwar nnter Aufsicht der Obrigkeit
stehen, für deren Betrieb es jedoch an einheitlichen polizeilichen
Vorschriften mangelt Der grösste Theil der vorhandenen Ab¬
deckereien zeigt nur äusserst primitive bauliche Einrichtungen
und giebt sowohl nach der sanitären als der veterinären Seite
hin zu den erheblichsten Bedenken Anlass. Die Abholung und
Heranschaffung der Cadaver erfolgt auf ungenügend eingerich¬
teten Wagen, sodass eine Verschüttung von blutigen und son¬
stigen Abgängen der Cadaver ungehindert stattfinden kann, wo¬
durch der Ausbreitung und Vermehrung von schädlichen Keimen
Thür und Thor geöffnet sind. Alle diese Missstände drängen
nach einer einheitlichen Regelung für die Beseitigung thierischer
Cadaver und für den Abdeckereibetrieb.
Zur Abhülfe würde sich nun der Erlass einer landespolizei¬
lichen Anordnung empfehlen, die bestimmten Vorschriften für die
Behandlung aller thierischer Cadaver, soweit nicht seuchengesetz¬
liche Bestimmungen eingreifen, zu enthalten hätte und die den
Abdeckereibetrieb regelt.
Zunächst wären die Gemeinden zur Anlegung von Ver-
scharrung8plätzen nach bestimmten Vorschriften anzuhalten, wo¬
zu durch den § 25 des preussischen Ausführnngsgesetzes zum
Reichsviehseuchengesetz eine gesetzliche Handhabe bereits ge¬
geben ist.
Ferner wäre jeder Besitzer von Thieren zu verpflichten, vor¬
kommende Todesfälle zur Kenntniss der Ortsbehörde zu bringeu
und die Verscharrung der Cadaver an der von dieser angewie¬
senen Stelle auszuführen. Auch die unschädliche Beseitigung
abgestandener und zur Nutzung nicht mehr geeigneter Thiere
müsste durch die Ortsbehörde beaufsichtigt werden, um den un¬
reellen und gesundheitsschädlichen Handel mit kranken Vieh¬
stücken nach grösseren Städten hin, wie er von gewissenlosen
Polka- und Kaltschlächtern gern betrieben wird, zu unterbinden.
Für die Einrichtung der Abdeckereien wären ferner bestimmte
Vorschriften hinsichtlich des Zerlegungsplatzes der Cadaver, der
Dünger- und Jauchegruben, der Aufbewahrungsräume und Ge-
fässe für die Cadaverproducte zu geben. Auch wären die Ab¬
decker zur Gestellung von Hülfsmitteln für die Ausführung von
Obductionen anzuhalten. Für den Betrieb wären zunächst Vor¬
schriften bezüglich des Cadavertransportes in geeigneten
Wagen und über Reinigung und Desinfection zu machen,
ferner Bestimmungen über eine vom Abdecker anzulegende
und laufend zu erhaltende Buchführung zu geben. Der
Gesammtbetrieb wäre der periodischen, mindestens einmal monat¬
lich auszuführenden Revision durch die Ortspolizeibehörde und
der vierteljährlich einmal gemeinschaftlich vorzunehmenden Con-
trole durch diese und den beamteten Thierarzt zu unterstellen.
Diese vom Vorsitzenden vorgetragenen Punkte fanden allseitige
Zustimmung, und es wurde folgende Schlusserklärung angenommen:
1. Die Versammlung der beamteten Thierärzte des Re¬
gierungsbezirks Lüneburg hält die z. Zt. im Bezirk
bestellenden Verhältnisse hinsichtlich der Vernichtung
von Thiercadavern und des Abdeckereibetriebs für
äusserst mangelhaft und dringend der Abhülfe bedürftig.
2. Sie ersucht daher den Vorsitzenden, bei der Königlichen
Regierung unter Darlegung der Missstände und Gefahren
den Erlass einer Polizei-Verordnung über die Behandlung
thierischer Cadaver und über den Abdeckereibetrieb in
Anregung zu bringen, einen Entwurf zu derselben aus¬
zuarbeiten und zu überreichen, der die in dem Referat
gegebenen Verbesserungsvorschläge enthält.
Nachdem noch in Abwesenheit des Kreis - Thierarztes
Willigerod über eine zu seinem am 31. Januar 1899 statt¬
findenden 50jährigen Jubiläum als Thierarzt von den beamteten
Thierärzten des Bezirks zu veranstaltende Ehrung Beschluss
gefasst worden war, wurde die Sitzung um 2!4 Uhr geschlossen.
Unter Betheiligung fast sämmtlicher Damen der Collegen
fand an festlich geschmückter Tafel ein Festmahl statt, welches
vom Senior der Versammlung Kreisthierarzt Willigerod mit
einer Kaiserrede eröffnet wurde. Departementsthierarzt Holtz-
hauer feierte in persönlich eingehender Weise nochmals die
Jubilare, die ihren Dank für die ihnen erwiesene Aufmerksamkeit
durch Kreisthierarzt Röttger zum Ausdruck bringen Hessen.
College Oelkers-Wittingen brachte in launiger, sinnreicher
Weise den Damen ein Hoch aus und der alte, fast achtzigjährige
Willigerod schilderte in humoristischer, gewandter Weise den
Lebenslauf des jetzigen Kreisthierarztes, der sich durch allerhand
schriftstellerische nnd schwierige Arbeiten bei fortwährendem
Kampf mit Bacterien und Kokken dnrchhauen müsste, um allen
seinen Verpflichtungen gerecht zu werden. Er liess seine Rede
in ein Hoch auf die uns verbindende Wissenschaft ausklingen.
Viel zu früh trat leider die Trennungsstunde ein. Jeder der
Theilnehmer nahm aber die Empfindung mit sich, dass die Feier
trotz ihres mehr privaten und familiären Charakters eine würdige
und schöne gewesen ist. Holtzhauer.
Versicherungswesen.
In der Generalversammlung des preuss. Beamtenvereins, der
bekanntlich auch alle Thierärzte aufnimmt, übrigens ohne Agentur-
Apparat arbeitet, wurde folgender Stand vom Jahresschluss 1897
bekannt gegeben: 48 929 Lebensversicherungs - Policen über
159 934 000 M. (ausserdem 12!* Millionen Capital in Rentenversiche¬
rung). Die wirkliche Sterblichkeit ist um 54,8 pCt. hinter der
rechnung8mässigen zurückgeblieben. Die Ausgabe für Sterbefälle
betrug 830 700 M., der erzielte Ueberschuss 1,6 Millionen, wovon
996 000 M. als Dividende zur Vertheilung gelangen. Die Ver¬
waltungskosten betrugen nur 0,87 M. auf 1000 M. versichertes
Capital. Das reine Vereinsvermögen (dem keine Passiven bezw.
Verbindlichkeiten gegenüberstehen) ist auf über 5 Millionen, die
angesammelten Prämienreserven (d. h. das zur Deckung der Ver¬
sicherungen dienende Vermögen) sind auf 37% Millionen gewachsen.
Der Rechenschaftsbericht der Lebensversicherungs- und Er-
sparnis8bank zu Stuttgart (mit welcher der Brandenburger thier¬
ärztliche Verein einen Vergünstigungsvertrag geschlossen hat)
ergibt Folgendes: Der Versicherungsbestand beträgt über eine
halbe Milliarde, das gesammte Vereinsvermögen 146,7 Millionen.
Der Gesammtüberschuss belief sich auf 5 746 716 M., sodass eine
Dividende von 38 pCt. der ordentlichen JahreBprämien vertheilt
werden kann. Die Geschäftsunkosten beliefen sich auf 5,67 pCt.
der Jahreseinnahme.
Bismarok-Sfiulen.
Die deutsche Studentenschaft erlässt einen Aufruf, der sich
in erster Linie an die alten Akademiker wendet, der einem von
Delegirten fast aller deutschen Universitäten und Hochschulen
kürzlich zu Hamburg gefassten Beschlüsse entspringt. Diesem
Beschluss liegt der originelle und sympathische Gedanke zu
Grunde, an möglichst vielen, namentlich landschaftlich geeigneten
Punkten Bismarck-Wahrzeichen aufzurichten. Dieselben sollen kein
Bild Bismarck’s darstellen, nur massige gTanitene Säulen mit
ehernen Feuerkesseln sein. Diese Feuermale sollen au geeigneten
patriotischen Gedenktagen entzündet werden und in ihrer Gleich¬
artigkeit allenthalben das Gedächtniss Bismarck’s verkünden.
Zur Errichtung solcher Säulen speciell an Hochschulorten
wird ein Fonds gebildet, für welchen die Corporationen der
deutschen Hochschulen sowie u. a. die Deutsche Bank in Berlin
Beiträge annehmen._
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15. December 1898.
BERLINER THIER ÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
599
Oeffentliches YeterinSrwesen,
(Mittheilungen für
Seuchen Statistik and Teterinärpolizei.
Die Vsrbreltssg derMsal «.Kfaaenseoche in Pressten am 30. November 1898-
Regierungsbezirk
Die Seuche herrschte
in
Kreisen . Gemeinden
| (Qntsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Danzig.
1
1 2
1,58
Marienwerder.
1
; i
0,44
Potsdam.
2
5
1,93
Frankfurt.
6
9
3,67
Stettin.
1
2
1,06
Posen.
10
25
7,58
Bromberg.
5
11
4,94
Breslau.
!»
36
9,47
Liegnitz.
1
1
0,35
Oppeln.
1
o
0,71
Magdeburg.
8
17
11,80
Merseburg.
10
32
13,84
Erfurt.
2
2
3,41
Hannover.
4
8
12,71
Hildesheim.
4
11
15,19
Lüneburg .
2
5
3,39
Stade .
2
4
5,50
Aurich.
2
2
5,84
Münster.
5
7
26,14
Minden .
1
1
1,96
Arnsberg.
9
22
25,>-8
Cassel.
6
1 26
15,55
Wiesbaden.
5
8
8,54
Coblenz.
10
59
56.46
Düsseldorf.
16
1 68
158,13
Cöln.
7
55
185,81
Trier.
13
85
75,42
Aachen .
10
76
194,87
Summa | 153 j 583 |
Naohweltaig Iber den Stand der Viebeeaebea Im Dentoohen Reiohe
an 30. November 1898.
Ea waren am 30. November in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Warienwerder 1 (1).
Stadtkreis Berlin 1 (1). R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 2 (2).
R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 1 (2). R.-B. Bromberg 3 (3).
R.-B. Breslau 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1).
R.-B. Trier 1 (4). Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1). Sachsen: |
Kreishauptm.Bautzen 1 (L). Kreishanptm. Leipzig 1 (2). Württem¬
berg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braunscliweig: 1 (1).
Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk Unter-Elsass 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (58). R.-B. Niederbayeru 2 (4'.
R.-B. Pfalz 12 (65). R.-B. Oberpfalz 13 (45). R.-B. Oberfrsnken
10 (18). R.-B. Mittelfranken 10 (21). R.-B. Uuterfranken 17 (34).
R.-B. Schwaben 22 (146). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(2).
Kreishauptm. Dresden 1 (2). Kreishauptm. Leipzig 2 (11). Kreis¬
hauptm. Zwickau 5 (15). Württemberg: Neckarkreis 15 (62).
Scbwarzwaldkreis 8 (23). Jagstkreis 14 (61). Donaukreis 13 (34).
Baden: Landescomm. Constanz 3 (5). Landescomm. Freiburg
5 (10). Landescomm. Karlsruhe 7 (18). Landescomm. Mannheim
8 (15). Hesoen: Provinz Starkenburg 7 (10). Provinz Ober¬
hessen 4 (11). Provinz Rheinhessen 4 (21). Sachsen-Weimar:
4 (13). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 6(9). Fürstenthum
Birkenfeld 1 (2). Braunschweig: 3(8). Sachsen-Meiningen:
Veterinärbeamte).
3 (9). Sachsen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1).
Anhalt: 3 (7). Bremen: 2 (3). Elsass-Lotbringen: Bez.
Unter-Elsass 5 (17). Bez. Ober-Elsass 6 (21). Bez. Lothringen 6 (36).
C. von Lungenseuche:
Preussen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1 (1).
R.-B. Posen 2 (4). R.-B. Magdeburg 2 (3). Bayern: R.-B.
Schwaben 1 (1). Sachsen: Kreishauptm. Leipzig 1 (1).
D. von Schweineseuche (einschl. Schweinepest):
Preussen: R.-B. Königsberg 2 (2). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frankfurt 4 (9). R.-B. Stettin 4 (4).
R.-B. Stralsund 2 (2). R.-B. Posen 9 (20). R.-B. Bromberg 6 (8).
R.-B. Breslau 16 (59). R.-B. Liegnitz 10 (21). R.-B. Oppeln 8 (14'.
R.-B. Magdeburg 4 (4). R.-B. Erfurt 1 (1). R.-B. Schleswig 6 (12).
R.-B. Hannover 4 (5). R.-B. Hildesheim 3 (7). R.-B. Stade 2 (2).
R.-B. Münster 1 (1). R.-B. Arnsberg 3 (3). R.-B. Cassel 2 (2).
R.-B. Wiesbaden 1 (2). R.-B. Coblenz 1 (1). R.-B. Düsseldorf
3 (7). R.-B. Cöln 1 (1). R.-B. Trier 3 (4). Bayern: R-B. Ober-
' bayern 1 (1). R.-B. Pfalz 1 (1). Württemberg: Jagstkrefs 1 (2).
Sachsen-Altenburg: 1(1).. Mecklenburg-Schwerin: 2(5).
Sachsen-Weimar: 1 (2). Lippe: 1 (3). Lübeck: 1 (1).
Maul- und Klauenseuche auf Viehhöfen.
Abermaliger Ausbruch (vergl. vorige Nummer) ist gemeldet
vom Schlachthof in München am 7. er.; desgl. in Metz vom 12. er.
! Das Erlöschen in Strassburg vom 13. er. und in Cöln vom 12. er.
Fleischschao and Viehverkehr.
Die im Octoberheft der Reichsstatistik veröffentlichten Ziffern
der Fleisch- und Vieheinfnhr wie der Viehpreise sind geeignet,
die übertriebenen Klagen über eine Fleischnoth zu widerlegen.
Es betrug in den drei Vierteljahren Januar-October die Einfuhr
von Fleisch und Würsten etc. in das deutsche Zollgebiet 1314000
Centner, gegen nur 682000 Centner in der gleichen Vorjahrszeit:
die Steigerung also 90 pCt. Zugleich ist die Einfuhr von
lebendem Vieh im October 1898 grösser gewesen als im
! October 1897, und es kosten nach der amtlichen Statistik am
Berliner Centralviehmarkt pro 100 Kilo Schlachtgewicht
1897 1898
Rinder . . 118,10 116,80 M.
Schweine . 118,60 113,40 „
Kälber . . 132,00 127,60 „
Nur bei Schweinefleisch ist eine Steigerung in den Preisen
seit 1896 eingetreten, dazu wird jedoch u. A. gesagt:
„Ueberlianpt darf nicht übersehen werden, dass die neuer¬
lichen Schweinefleischpreise durchaus nicht abnorme sind. Der
Durchschnittspreis von Schweinefleisch von Januar bis October 1898
mit 1,37 M. für das Kilo Schlachtgewicht steht unter den
Durchschnittspreisen sämmtlicher Vorjahre von 1895 ab bis 1889,
und selbst der höchste Stand im September 1898 mit 1,41 M. ist
unter dem Durchschnittspreis der Jahre 1894 (1,52 M.), 1892
(1,45 M.), 1891 (1,44 M.), 1890 (1,55 M.), 1889 (1,44 M.)“
Reichs Fleischsohau-Gesetz.
Die Thronrede ist zur allgemeinen Kenntniss gelangt. Trotz¬
dem soll hier nochmals hervorgehoben werden, dass sie den
Passus enthält, es stehe zu hoffen, dass dem Reichstag noch in
dieser Session eine die Fleischschau betreffende Vorlage zugehen
werde. Hiernach dürfte die Erledigung dieses Materials noch
keineswegs unmittelbar bevorsteheu.
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600
Berlin: Auszug aus den Flsisebsohauberiobt für Monat November 1898.
A. Schlachtbof.
Rinder
Kälber
Schafe |
Schweine
Geschlachtet und untersucht .
13612 '
10548 j
29154
55 391
Ganz beanstandet. ....
195 !
39 !
9 i
272
Ueberhaupt mit Tuberculose
behaftet.
2303
40
1639
Davon gänzlich verworfen .
35 i
—
—
27
„ sterilisirt und verwerthet
86 '
3
—
128
„ theilweise verworfen . .
17
—
— i
—
Also vollständig freigegeben
2165
37
1484
Mit Trichinen behaftet. . .
—
—
5
Mit Finnen behaftet ....
62*)
2 '
—
42
Stark finnig, technisch ver-
werthet.
2
! 2
—
18
Finnig und wässerig, tech-
nisch verwerthet ....
—
—
—
—
Schwach finnig und gekocht
1
verwerthet.
58
—
—
24
Ausserdem wegen Bebaftung
raitKalkconcrementen, mul¬
tiplen Blutungen u. s.w. sind
1
gekocht verwerthet . . .
—
1
—
37
An einzelnen Organen und Theilen wurden beanstandet: bei
Kindern: 6005 Stück, bei Kälbern: 94 Stück, bei Schafen: 5163 Stück,
bei Schweinen: 7473 Stück.
*) Von diesen 62 finnigen Kindern waren 2 Kinder gleichzeitig
tuberkulös und zwar derartig, dass sie zur Sterilisation (als tuberkl.)
überwiesen wurden.
No. 50.
B. Unteraachungsstationen.
Rinder¬
viertel
Kälber
Schafe
Schweine
Untersucht.
|
20287
11833
2453 '
9 686
Beanstandet.
100
6
22
2
Wegen Tuberculose wurden
beanstandet.
49
3
Davon sind sterilis. verwerthet
32
—
—
—
Mithin gänzlich verworfen .
17 i
—
—
—
Mit Trichinen behaftet . . .
—
—
—
—
Mit Finnen behaftet ....
4
—
—
—
Davon schwach finnig und
gekocht verwerthet . . .
4
—
—
—
Unter dem eingefUhrten Fleisch waren 2507 dänische Rinder*
viertel, 17 dänische Kälber, 89 ungarische Schweine und 198 Wild¬
schweine.
Constante Anwesenheit des Bacillus coli communis in der Kuhmiloh.
Abba injicirte von 20 Proben Knhmilch je 1 ccm Kaninchen
subcutan. Hiernach trat regelmässig ein Abscess auf, in dessen
Inhalt der Bacillus coli communis nachgewiesen wurde. (Hyg.
Bandseil. 6, 6.)
Zusammenlegbares Mikroskop für ambulante Trichinenschau.
Die Firma H au ptner-Berlin hat ein zusammenlegbares
Mikroskop angefertigt, welches in der „Ztschr. f. Fl. u. M.“ als
practisch empfohlen ist. Dasselbe eignet sich namentlich für die
Fleischbeschauer auf dem Lande. Die mikroskopischen Bilder
sind klarer. Die Vergrösserungen schwanken zwischen 30 und 550,
der Preis zwischen 54 und 85 M.
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Personalien.
Auszeichnungen und Ernennungen: Dr. August Eber, Leiter der
Ambulatorischen Klinik und Bezirksthierarzt in Dresden zum Director
des Veterinärinstituts der Universität Leipzig mit dem Prädicate
eines ausserordentlichen Professors zum 1. April 1899. — Docent
F r i c k an der Thierärztl. Hochschule in Hannover zum Professor. —
Dr. Olt, Vorsteher des Pathologisch anatomischen Instituts ebenda
zum etatsmä?sigen Docenten.
Dem Kgl. Landesinspector für Thierzucht, Dr. L. Vogel-
München Rang und Rechte eines Kreisthierarztes verliehen. — Der
coinm. Kreisthierarzt A. Blume- Eiderstedt (Wohnsitz in Tönning)
definitiv angestellt.
Approbationen: In Berlin: die Herren Carl Förster und
Wilhelm T ö 11 n c r.
Das Examen als beamteter Thierarzt in Dresden
bestand M. Bärner, Unterrossarzt und Repetitor.
Wohnsttzveränderungen, Niederlassungen etc. Verzogen: Thier¬
arzt K. W e b e r-Annaberg (Erzgeb.) nach Fulda als Assistent des
Kreisthierarzt Froehncr; Thierarzt 0. M a y e r- München nach
Starnberg als Assistent des Bezirksthierarzt Wcigenthalcr;
Thierarzt S c h r i c k e r - Passau nach Erding als Assistent des Be¬
zirksthierarzt Eder; Thicrarzt E. M U 11 e r - Liebstadt (Sachs.)
nach Exdorf b. Kömhild; Schlachthofthierarzt Zobel- Breslau
nach Königsberg in gleicher Eigenschaft; — Thierarzt Dr. Simader
hat sich in Langen (Hessen) niedergelassen — Versetzt: Bezirks¬
thierarzt R. M i 11 e r - Illertissen (Bay.) in gleicher Eigenschaft nach
Neu-Ulm. — In den Ruhestand getreten: Schlachthausthierarzt
Jüngers - Mülhausen.
In der Armee: Versetzt: Unterrossarzt M. Rossberg vom
■J. Königshus.-Rgt. No. 19 zum 2. Vl.-Rgt. No. 18. — Unterveterinär
der Res. S te i n b r ü c h e I - Nürnberg in den activen Dienst über¬
nommen und im 1. Fold-Art-Rgt. Prinz Luitpold mit Wahrnehmung
einer offenen Veterinärstelle beauftragt.
Todesfälle; Corpsrossarzt a.D.Werner-Stettin; Districts-Thierarzt
P. Lermann - Monheim (Schwab.); Kreis-Thierarzt J. Berna-
Colmnr i. Eis und Kreis-Thierarzt a. D. L. Man ge not in Saarburg.
Yacanzen.
Kreisthier arztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventL ausserdem
Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inieratentheil) Prof. Dr. Sobmaltz In Berlin. — V<
650 M.) — R.-B. Hannover: Springe (600 M.). Bew. bis 15. De-
ceinber 1898 an Regierungspräsidenten. — Jagstkreis: Districts-
thierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M). — R.-B. Königsberg:
Königsberg Land. — R.-B. Posen: Neutomischel. — R.-B. Stral¬
sund: Stadtkreis Stralsund und Franzburg (600 M.). Bew. bis
1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten.
R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors für den
Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in Ansbach zum
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- und Bureaugelder).
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach.
Sanitfitstbierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Hirschberg i. Schl.: ächlachthofa8sistenzthier.trzt zu Anf. Jan. 1899
(1000 M., 120 M. WohnungsgeldzuBCh. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.)
Meid, an Magistrat. — M a 1 m e d y: Schlachthofthierarzt (1500 M. etc.)
Meldungen bis 1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen):
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat-
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Münster¬
eifel: Schlachthausthierarzt zum 1 Jan. 1899 (1800 M., fr. Woh¬
nung, Privatpraxis gestattet). Meid, bis 15. Dec. an Bürgermeister.
— Strasburg (Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M.,
freie Wohnung).
Privatstei len: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. —
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R.
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgeraeinderath. —
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren),
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1500 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬
rath. — Kern berg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an
Bürgerin. Igel. — Obermarscbacht (Elbe): Thierarzt — Plathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬
verwaltung. — S c h I o th e i m: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön-
f 1 i o s b (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimsthal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt
zum 1. December 18'.'8 (460 M. Fixum.). Meid, an Bügermeister —
Z e h d e n : Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg
bei Zehden).
Besetzt: Kreisthier arztstelle Oststernberg mit Wohnsitz
in Zielenzig. — Schlachthofstelle in Königsberg.
ig and Eigenthum von Kichwd ScboeU in Berlin. — Druck von W. BUxenatein, Berlin.
Digitized by LjOOQie
No. 61.
BERLINER THlERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
1898.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstr. No. 36.
Tagebuch für die tierärztliche Praxis.
Vierte Auflage.
Preis M. 7,50. [i762[
Das Tagebuch ist auch in dieser Auflage, natürlich ohne
Aenderung des Systems, nach den eingegangenen Wünschen vielfach
verbessert worden. So ist z. B. der Zwischenraum der Linien für
die Eintragungen erweitert, das Register wesentlich vergrösscrt
und die Art einer neuen einfachen Buchung angegeben. Ich hoffe,
dass dasselbe jetzt allen Wünschen entsprechen wird und dass
diejenigen Herren, welche das Tagebuch für ihre Buchführung
benutzen, dem Urteil zustimmen werden, welches ein Kreistierarzt
mit grosser Privatpraxis darüber abgab. Derselbe schreibt:
Das von Ihnen eingeführte „Tagebuch für die thierärxtliche
Praxi a“ hat so viele Vorzüge , dass es jetzt ein Vergnügen ist,
Buch zu führen.
Liquidationsformulare
für die
thierärztliche Praxis.
Formular I: 2: 3:
Liquidation. Speciticirte Liquidation . Mahnung.
Preis: M. 1,20 pro 100 Stück.
' Bei Bestellung dieser Formulare genügt es, die Nnmmer an¬
zugeben. Die Formulare sind in No. 48 der B. T. W. 1897 ab¬
gedruckt. .....
Die Rechnungsformulare können dadurch, dass Name, .Titel
und Wohnort des ausstellenden Thierarztes nicht aufgedruckt ist,
sondern handschriftlich einzutragen sind, von jedem Tliierarzt in
welcher Stellung und an welchem Orte er sich auch befindetj be¬
nutzt werden, ohne dass in den Formularen etwas geändert werden
muss, es werden dieselben also beim Wechsel des Wohnortes, oder
wenn eine Titeländerung eintritt, nicht unbrauchbar, wie dies bei
anderen Formularen der Fall ist. [1703]
Formulare
zur vorläufigen Anordnung der Scliutzmassregeln
beim Seuchenausbruch.
Zweite veränderte Auflage.
Von
Professor Dr. Kaiser,
Hannover. [iT«i]
1. Maul- und Klauenseuche. I 4. Lungenseuche.
2. Milzbrand. | 5. Räude.
3. Rotz. 6. Schweineseuche, Schweinepest,
Rothlauf.
Preis: Einzelne Exemplare ä 5 Pf., 100 Exemplare M. 3.—.
Operations-Cursus
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Thierärzte und Studirende
von
W. Pfeiffer,
RepeUtor »n der cblrnrglacben Klinik der tbloräntllehen Hoeh«cbul« ln Berlin.
Mit einem Vorwort von Professor Pr. Fröhner.
Mit 32 Original-Abbildungen.
PrelB: Geb. M. 2,60.
Erfahrungen
über
Kinderkrankheiten
und deren Behandlung.
Von [1766]
Professor Dr. Carsten Harms,
vormala Leiter an der Rlnder-Kllnlic etc. an der Königl. Thleramelaebnle
su Hannover.
Zweite, nmgearbeiteto und vermehrte Auflage.
Mit 5 Abbildungen.
Preis: brosoh. M. 10.—, geb. M. 1L—.
Das Mikroskop.
Von seinen Anfängen bis zur jetzigen Vervoll¬
kommnung für alle Freunde dieses Instruments
von [176T]
Regierungsrath Dr. med. S. J. Petri,
ordentl. Mitglied des Kaiserlichen Gesundheitsamtes und Vorstand des
bakteriologischen Laboratoriums daselbst.
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Verlag von Biohard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 51 . Ausgegeben am 22. December.
Inhalt: Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen Vereins in Schleswig-Holstein am
24. und 26. September 189« zuNeumünster im Bahnhofshötel. — Wittlinger : Die Stouereinschätzung der
preussischen Thierärzte. - Referate : G r a m m I i c h: Ueber Serumimpfungen bei Brustsenche. — S t r e b e 1: Ueber
den sogenannten Geburtsrauschbrand. — Koni nsk i: Malignes Oedem mit enzootischem Character. — Hobday: Seltene
Parasiten. — Kleine Mittheilungen. — Thierhaltung und Thierzucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. —
Oeffentliches Vetcrinärwcsen: Seuchenstatistik und Veterinärpolizei. — BQc heranzeigen und Kritiken. —
Personalien. — Vacansen.
Protokoll der Generalversammlung des thierärztlichen
Vereins in Schleswig-Holstein
am 24. and 25. September 1898 in Neuraünster im
Bahnhofshotel.
(Schloss.)
Der graae Staar in forensisoher Beziehung.
Vortrag von Corps-Rossarzt Hell-Altona.
M. H.! Der grane Staar kommt für den Thierarzt weniger in
enrativer Hinsicht, als vielmehr beim Pferdeh&ndel and bei Pro¬
cessen in Betracht Eine medicamentöse oder operative Behandlung
des granen Staars unserer Haosthlere hat bisher keinen reellen
Erfolg gehabt znm Unterschiede von der Menschenheilkande, wo
die meisten Falle durch die Operation gebessert werden können.
Also nicht Behandeln, sondern Erkennen und Beurtheilen des
granen Staars ist für uns das Wichtige.
Wenngleich bei allen Haussieren vorkommend, hat der
grane Staar des Pferdes für den Tuierarzt das grösste Interesse;
daher werde ich mich in meinem Vortrage hauptsächlich hierauf
beschränken. Die sichere Erkennung und die richtige Be-
urtheiluDg des grauen Staares setzt einerseits eine gründliche
Kenntniss der Natur, Ursachen, des Verlaufs desselben, anderer¬
seits die erforderliche Uebung in der Augenuntersuchnng voraus.
Was die Natur des grauen Staars anbetrifft, so ist man
erst seit Anfang des 18. Jahrhunderts Über dieselbe im Klaren,
vordem hielt man ihn für eine vor der Papille liegende undurch¬
sichtige Haut, und noch früher galt Jahrhunderte hindurch die
von den Arabern stammende Ansicht, dass es sich um vor die
Papille herabgeflossenes und erstarrtes Wasser handele, daher
die Bezeichnung „Cataracta“. Der graue Staar ist eine Trübung
der Linse oder ihrer Capsel oder beider gleichzeitig. Je nach
Entstehung, Sitz, Ausbreitung, Farbe u. s. w. hat man den granen
Staar in verschiedene Formen eingetheilt, welche indess mehr
Werth für die Menschenheilkunde als für die Thierheilkunde haben.
Bezüglich der pathologischen Veränderungen muss
man zwischen Linsen- und CapselBtaar trennen. Der Linsen-
staar beginnt mit einer Trübung der Linsenfasern, welcher zu¬
weilen noch eine Zerfaserung vorausgeht, später quellen die
Fasern auf, ihr Inhalt wird körnig, ist mit Fetttropfen, Myelin,
Cholestesrin vermischt, zersprengt schliesslich die Hülle und er-
giesst sich als breiige Masse in die Umgebung, dadurch zu
Quellung, Trübung und Zerfall der Nachbarfasern Veranlassung
gebend, sodass allmälig grössere Theile der Linse in einen
Brei umgewandelt werden können. Die Flüssigkeit kann dann
dnreb Resorption abnehmen, es treten Kalkniederschläge anf; die
vorher stark nach den Vorderkaramern hin geschwollene LlDse
schrumpft ein. Die Trübung kann je nach der Ursache an jeder
beliebigen Stelle einsetzen, so beim Altersstaar vom Linsenkern
ans, nach entzündlichen Vorgängen von der Linsencapsel oder
von der Aeqnatorialgegend aus.
Bei Trübung der Linsencapsel ist das snbcapsnläre
Epithel derselben Sitz der Erkrankung. An demselben besteht
in der Regel Proliferation mit spätem Zerfall.
Die nächste Ursache der Linsentrübungen, soweit es sich um
erworbenen granen Staar handelt, sind Ernährungsstörungen.
Die Ernährung der Linse erfolgt dnreh Diffusionsvorgänge zwischen
Glaskörper-Linse einerseits (Eiweiss) und Linse-Vorderkammer
ahdefcerseits (Kochsalz) mit Hilfe der Gefässe des Uvealtractus.
Sind ans irgend einem Umstande die Diffasionsvorgänge gestört,
so tritt Qaellung, Trübung and Zerfall der Linsenfasern ein.
Ueber die Entstehung des angeborenen granen Staars ist
man noch im Dankei. Angeboren sind alle central gelegenen
Linsen- und Capselstaare, aber auch manche totale Cataracte.
Man nimmt an, dass es sich entweder am Bildungsanomalien
der Liusenentwicklnng oder nm intrauterine Entzündnngsvorgänge
gehandelt bat. So ist es nicht unwahrscheinlich, dass der
centrale Vordercapselstaar, den man ja beim Pferde so häufig
sieht, auf eine vorübergehende Verklebung der Cornea mit der
Capsel infolge zeitweise aufgehobener Vorderkammer zurückzn-
führen ist und dass manche an der hinteren Capsel gelegene
Centralstaare als Reste der Arteria hyaloidea anfznfassen sind.
Der Verlauf des grauen Staars ist der Regel nach ein
langsamer, nur ausnahmsweise kann sich nach Traumen schnell
eine Trübung der Linse entwickeln. Es ist ferner Regel, dass
die panktförmigen angeborenen Staarformen bleiben.
Das Sehvermögen wird infolge des granen Staars nur selten
vollständig aufgehoben, vorausgesetzt, dass nicht anderweitige
schwere Störungen am Auge bestehen. Die kleinen Trübungen
schaden in der Regel gar nichts, in einzelnen Fällen will man das
Scheuen der Pferde damit in Zusammenhang gebracht haben.
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603
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 61.
Die Diagnose des grauen Staars ist in vielen Fällen keine
schwierige, nur in Ausnahmefällen erfordert sie eine gewisse
Uebung und Sorgfalt bei der Untersuchung, falls nicht Täuschungen
oder Fehlschlüsse unterlaufen sollen.
Man untersucht das Auge auf etwaige Linsentrübungen nach
den drei allgemein üblichen Methoden der Augenbesichtigung
überhaupt: bei einfachem Tageslicht, bei focaler Beleuchtung
und mit dem Augenspiegel nach vorheriger Atropinisirung.
M. H. Zu einer eingehenden Untersuchungsmethode in strittigen
Fragen oder beim Ankauf werthvoller Zuchtpferde halte ich die
Befolgung aller drei Untersuchungsmethoden für nothwendig, in
der gewöhnlichen Praxis aber kommt man bezüglich der Fest¬
stellung der Durchsichtigkeit oder Trübung der Linse in der
Regel mit der Besichtigung des Auges bei einfachem Tageslicht
aus. Princip soll es aber stets sein, die Atropininstillation erst
nach der einfachen Untersuchung bei Tageslicht vorzunehmen.
Hierbei kommt es darauf an, weder zu grelles Sonnenlicht noch
zu mattes Tageslicht zu benutzen, ferner durch Einstellen der
Pferde in einen möglichst dunklen Raum, mit dem Kopf gegen
die nur halb geöffnete Thür, eine möglichst starke Erweiterung
der Pupille zu erzielen und alle störenden Reflexe abzuhalten.
Man untersuche das Auge auf Linsentrübnng sowohl bei ein- als
auch bei durchfallendem Lichte und halte dunkle Kleidungstücke,
Hut, Mütze, Rockärmel, von allen Seiten vor das Auge, um
Spiegelbilder abzuhalten. Die normale Pupille erscheint dann
dunkel, je nach dem Grade der Erweiterung schwarz, dunkelblau
bis graublau. Bei der focalen Beleuchtung erhalten wir ein
intensiveres Licht, die Pupille erscheint dann röthlich und alle
Trübungen in der Linse mehr oder weniger dunkel. Bei dieser Unter¬
suchungsmethode muss als Regel gelten, nicht sofort mit zu starkem
Licht, nicht sofort mit vollem Dampf zu arbeiten, denn matte
Trübungen können dadurch leicht unsichtbar gemacht werden.
Den Angenspiegel halte ich für die Untersuchung der Linse
auf etwaige Ti Übungen für nebensächlich; gewiss will ich zu¬
geben, dass kleine vollständig undurchsichtige Opacitäten, die
versteckt im Innern sitzen, dadurch herausgefunden werden
können, aber anderseits kann es auch leicht passiren, dass matte
Trübungen durch die intensive Beleuchtung übersehen werden.
Die Atropinisirung ermöglicht eine vollständige Untersuchung der
Linse, auch der äquatorial gelegene Abschnitte.
Verwechselungen der Linsentrübungen mit Reflexen des
Sehnerveintritts oder mit Spiegelbildern lassen sich bei passender
Blendung des Auges und verschiedener Haltung des Kopfes leicht
vermeiden, Trübungen der Cornea sind als solche bei seitlicher
Beleuchtung unschwer zu erkennen, Trübungen des Glaskörpers
sind durch ihre tiefere Lage und in vielen Fällen durch ihre
Beweglichkeit gekennzeichnet. Es sei noch erwähnt, dass die
Pupille normal dunkel erscheinen kann und dass dabei dennoch
totaler grauer Staar vorliegen kann, wenn nämlich die Pupille
verlegt ist oder wenn sich die Linse aus ihrem Aufhängebande
gelockert hat und in den Glaskörper luxirt ist.
M. H.! Gehen wir nach diesen allgemeinen Erörterungen zu
der speciellen Frage unseres Themas über, so müssen wir zu¬
nächst zugeben, dass der graue Staar ein redhibitorischer Mangel
im Sinne des gemeinen römischen Rechtes ist, da er in den
meisten Fällen als verborgen zu betrachten ist, den Gebrauch des
Thieres beeinträchtigt und den Werth herabzusetzen vermag.
Ich will noch hervorheben, dass es für den Begriff „grauer Staar*
ganz gleichgültig ist, ob totale Trübung der Linse oder nur
ein kleiner Staarpunkt vorliegt. Im concreten Falle ist natür¬
lich die Beurtheilung eine verschiedene. Was das Verborgensein
des grauen Staars anbetrifft, so müssen wir nach dem allgemeinen
Grundsatz dasselbe stets dann annehmen, wenn der graue Staar
ohne Sachkenntnis, also nicht von Laien, wahrgenommen werden
kann. Sichtbar werden mithin nur die totalen Cataracte sein,
sobald sie eine milchige Farbe angenommen haben.
In wieweit der Gebrauch des Pferdes herabgesetzt wird,
hängt von dem Umfange, dem Sitze, der Entstehung des Staars,
ferner davon, ob er auf einem oder beiden Augen vorhanden ist,
sowie auch von der Art der Verwendung des Pferdes selbst ab.
Jeder erfahrene Thierarzt weise, dass die kleinen central gelegenen
angeborenen Staarpunkte sich nicht erheblich vergrössern, ja zu¬
weilen nach Jahren verschwinden und dass sie desshalb Störungen
im Gebrauch kaum hervorrufen können. Aber anderseits, da die
Möglichkeit einer Vergrösserung solcher Staarpunkte zugegeben
werden muss, so können auch selbst die kleinsten Punkte Ursache
zur Rechtsfrage abgeben.
Die Herabsetzung des Werthes durch grauen Staar ist eben¬
falls eine relative. Eine kleine. Trübung auf einem Auge bei
einem Pferde von 150 Mark kann eine Verminderung des Werthes
nicht mehr bewirken, wohl aber von Bedeutung sein bei einem
Luxus- oder werthvollen Zuchtpferde.
Bei der Beurtheilung der Dauer des grauen Staars haben
wir zunächst die Erfahrung für uns, dass die Entwicklung des
erworbenen Staars eine langsame ist, dass wir mithin wohl
ohne Schaden für den Verkäufer einen Zeitraum von wenigstens
vier Wochen in jedem Falle annehmen können. Ich will gern
zugeben, dass der traumatische Staar in seltenen Fällen in
kürzerer Zeit entstehen und ausnahmsweise auch wieder schnell
verschwinden kann, aber in forensischer Beziehung gilt,' wie
schon Gerlach sagte, die Regel so lange, bis die Ausnahme
bewiesen ist. Milchige Trübungen sind auf Mouate langes Be¬
stehen zurückzuführen. Alle punktförmigen, central gelegenen
Staarbildungen der Linse oder derCapsel müssen als angeborene
gelten und sind desshalb auf ihre Dauer leicht zu beurtheilen.
Es ist selbstverständlich, dass der graue Staar nur in den
Fällen nach den angeführten Gesichtspunkten forensisch zu be¬
handeln ist, wenn er ein selbstständiges Augenleiden darstellt,
während in Fällen, wo er consecutiver Art ist, wie z. B. nach
schweren traumatischen allgemeinen Augenentzündungen, nach
der periodischen Augenentzündung oder nach manchen Infections-
krankheiten, Füllenlähme, andre Grundsätze gelten müssen,
der graue Staar ist hier nur eine Tbeilerscheinung des noch
anderweitig mehr oder weniger schwer erkrankten Auges.
Zum Schluss möchte ich auf die Schwierigkeit hinweisen,
welche voraussichtlich nach dem Inkrafttreten des Bürgerlichen
Gesetzbuches beim Pferdehandel wegen der nicht unter die Zahl
der Hauptmängel aufgenommenen Fehler nicht ausbleiben werden.
Es wird Sache der Thierärzte sein, durch sachgemässe Belehrung
der Parteien bei Abfassung der schriftlichen Kaufverträge den
unnöthigen und kostspieligen Pferdeprocessen vorzubeugen.
Im Anschluss an diesen Vortrag fand eine weitere aus¬
giebige Discussion nicht statt.
Zum Schlüsse wurde bestimmt, die nächstjährige Haupt¬
versammlung nach Flensburg einznberufen, sowie beschlossen,
die Statuten in Druck zu geben. Ein gemeinschaftliches Essen
hielt die Collegen noch einige Stunden zusammen.
E i 1 e r, Schriftführer.
Oie Steuereinschätzung der preussischen Thierärzte.
Vortrag von
C. Wittlinger, Neumarkt i. Schl.,
Königlicher KreUthlernnt,
gehalten am 23. October d. J. zu Breslau in der General-
Versammlung des Vereins Schlesischer Thierärzte.
Meine Herren! Wenn ich zu einer anscheinend so einfachen
und selbstverständlichen Sache, wie der Steuerdeclaration der
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22 December 1898.
Thierärzte, das Wort ergreife, so geschieht dies lediglich in der
Absicht, durch Aufklärung vieler bisher streitiger Punkte der
Allgemeinheit zu nützen.
Auch ich habe früher, ebenso wie die meisten von Ihnen
dies jetzt noch thun, als loyaler Staatsbürger meine Steuern,
beispielsweise im Herzogthnm Braunschweig jährlich die Gesammt-
summe von — sage und schreibe „elf Mark“, im Hannoverschen, wo
es mir beiläufig bemerkt auch schon recht gut ging, sogar jähr¬
lich 21 Mark Steuern, zu welcher Summe ich damals von der
dortigen Commission eingeschätzt worden war, ohne Murren und
Knurren bezahlt. Ich habe ferner, als die Selbsteinschätzung
begann, geglaubt, mich äusserst gewissenhaft eingeschätzt zu
haben.
* Als mir jedoch die auf Ehre und Gewissen abgegebene
Declaration bezweifelt und bekritelt wurde, als ich, trotzdem der
grösste Theil meiner gegenwärtigen Einnahme, nämlich amtliche
Fuhrkosteu und Tagegelder, laut Gesetz nicht steuerpflichtig ist.
jährlich an Gesammtsteuern über 1000 Mark bezahlen sollte, da
verwandelte sich auch bei mir die Milch frommer Denkuogsart
in gährend Drachengift.
Reclamationen durch sämmtliche Instanzen waren die Folgen,
meine Steueracten schwollen zu einem für die Commission und
mich gleich unheimlichen, dicken Fascikel an, allein endlich nach
2 1 /, Jahren bekam ich durch Entscheidung des Kgl. Oberver¬
waltungsgerichtes zu Berlin das mir so lange vorenthaltene Recht
und damit allein für das Steuerjahr 1897 ca. 400 Mark zu viel
gezahlte Steuern zurück.
Die in den verschiedenen Instanzen gemachten Erfahrungen
zu einem für Sie, meine Herren, unbedingt nutzbringenden Ratli-
geber bei der Selbsteinschätzung zu gestalten, soll der Zweck
meines heutigen Vortrages sein.
Bei der alljährlich in Preusseu vorzunehmenden Selbsteiu¬
schätzung, für welche das Einkommensteuergesetz vom 24. Juni 1891
bezw. die Instruction zu dessen Ausführung massgebend ist, sind
folgende Grundsätze zu beachten.
Als nicht steuerpflichtig sind von dem Jahres-
Gesamratbruttoeinkommen in Abzug zu bringen:
I. Sämmtliche Kosten für Unterhalt und Benutzung
von Transportmitteln: also zunächst die Unkosten für Ge¬
spann, Eisenbahn, Dampfschiff und Fahrrad, ferner der Jahres¬
zins und eine Abnutzungsquote vom Anschaffungskapital für Ge¬
spann, Reitpferd und Rad, endlich Lohn und Verpflegung des
Kutschers.
Beamtete Thierärzte sind nur zum Abzug der lediglich bei
Ausübung der Privatpraxis entstandenen Fuhrkosten berechtigt.
Der Nachweis hierfür ist bei Benutzung von Miethsfuhren und
Eisenbahn bezw. Dampfschiff durch buchmässige, genaueste
Notizen zu führen.
Bei eigener Gespannhaliung findet eine antheilige Berechnung
in der Weise statt, dass je ein dem Verhältniss der Privatpraxis
zur amtlichen Thätigkeit entsprechender Antheil der Fuhrkosten
von dem Privateinkommen in Abzug gebracht wird.
Wichtig für beamtete Thierärzte ist der höheren Orts auf¬
gestellte Grundsatz, dass für solche Reisen, auf welchen amtliche
Geschäfte und Privatpraxis combinirt würden, auch für letztere
ein Abzug nicht stattfinden darf, da man annimmt, dass durch
die von Seiten des Staates gewährten angeblich reichlichen Fuhr¬
kosten gleichzeitig auch etwaige Ausgaben für Privatpraxis völlig
gedeckt werden.
II. Miethe für Geschäftsräume: nämlich für ein Sprech-
und event. Apothekenzimmer bezw. Stallung und Kutscherwohnung.
Bel beamteten Thierärzten findet auch hier eine antheilige
Berechnung statt.
603
III. Unkosten für Instandhaltung und Ergänzung
der zur Ausübung des Berufes erforderlichen Mate¬
rialien: hierher gehören Instrumente, Lymphe, Verbandstoffe,
Droguen. Jedoch sind nur Ergänzungen und nicht etwa grössere
Neuanschaffungen, wie beispielsweise Einrichtung eines bacterio-
logischen Laboratoriums, abzugsberechtigt. Eiu Pauschquantum
ist nach höherer Entscheidung nicht abzugsberechtigt, vielmehr
muss auch hier der Nachweis durch Einzelbeläge, Rechnungen
etc. erbracht werden. Bei beamteten Tbierärzten greift event.
antheilige Berechnung Platz.
Eiu Aufwand für Bücher und Zeitschriften darf nach einer
Entscheidung des Ober-Verwaltungsgerichtes nicht in Anrechnung
gebracht werden.
IV. Vertretungskosten: sind, gleichviel aus welchem
Grunde eine Vertretung nöthig war, nach einer Entscheidung des
Ober-Verwaltungsgerichtes voll, bei beamteten Thierärzten event,
antheilig, abzugsberechtigt.
V. Unbeitreibbare Forderungen: hier muss indess der
Nachweis geführt werden, dass eine gerichtliche Beitreibung der¬
selben resultatlos war, eine Forderung, durch welche mit Rück¬
sicht auf die in solchen Fällen entstehenden Gerichtskosten, die
Absicht des Gesetzgebers illusorisch gemacht wird.
VI. Prämien zur Lebens- und Unfallversicherung,
soweit nur die Person des Declaranten in Frage kommt, bis zur
Gesammthöhe von 600 Mark jährlich.
VII. Verpflegungskosten bei Privatgeschäften ausserhalb
des Wohnortes, insofern der Nachweis hierfür erbracht werden
kann, bei beamteten Thierärzten jedoch auch für Privatpraxis
nur für solche Tage zulässig, an denen Tagegelder für dienst¬
liche Reisen bezw. an deren Stelle anderweitige Gebühren nicht
liquidirt wurden.
VIII. Diverse Ausgaben: für Drucksachen, Schreib¬
materialien, Geschäftsbücher, Stempelmarken, Porto, Depeschen,
Telephon, geschäftliche Annoncen etc.
' Was die Ersparnisse aus amtlichen Reisekosten
und Tagegeldern anbelangt, so bestanden bisher hierüber ver¬
schiedene Ansichten. Während nach den Mittheilungen einzelner
Vorsitzender von Einschätzungscommissionen dieselben steuerfrei
waren, wurden dieselben an anderen Orten, so auch an meinem
Wohnorte, trotzdem laut Artikel 22 des Steuergesetzes vom
24; Juni 1891 die für Dienstaufwand gewährte Entschädigung
nicht steuerpflichtig ist und nach Absatz 4a genannten Artikels
Reisekostenvergütungen und Tagegelder der Beamten dem
Dienstaufwande gleich erachtet werden, zur Besteuerung heran¬
gezogen.
Nunmehr hat das Ober-Verwaltungsgericht auf meine Klage
hin definitiv entschieden, dass diese Ersparnisse aus Reisekosten
und Tagegeldern, gleichviel welcher Transportmittel sich der
Beamte bedient hat, nicht steuerpflichtig sind. Die diesbezügliche
Entscheidung des Kgl. Ober-Verwaltunzsgerichtes, fünfter Senat,
dritte Kammer vom 23. December 1897 lautet in ihrem Tenor
wie folgt:
„In Sachen betreffend die Veranlagung des Königlichen Kreis¬
thierarztes Karl Wittlinger zu Nenmarkt i. Schl, zur Staats¬
einkommensteuer pro 1896/97 hat das Königliche Ober-Verwaltungs¬
gericht für Recht erkannt,
„dass die gegen die Entscheidung der Berufnngscom-
mi'Sion zu Breslau vom October 1896 Seitens des Steuer¬
pflichtigen angebrachte Beschwerde für begründet zu
erachten, die Angelegenheit zur anderweiten Entscheidung
an die B'-rufungscommission zurückzugeben uud die
Kosten des Beschwerdeverfahrens ausser Ansatz zu
lassen sind.*
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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604
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
In den zu dieser Entscheidung angeführten Gründen des
Ober-Verwaltungsgerichtes heisst es wörtlich:
„Die vorbezeichnete Entscheidung ist in Folge der vom
Steuerpflichtigen erhobenen Beschwerde nicht aufrecht zu erhalten.
Sie beruht aber auch auf unrichtiger Anwendung des bestehenden
Rechtes (§ 44 No.l des Einkommensteuergesetzes vom 24. Juni 1891),
wenn sie Folgendes ausspricht:
„Nach den amtlichen Fesstellungen hat der Pflichtige an
Fuhrkosten für Dienstreisen für l‘/ 4 (müsste heissen 1£) Jahr
7129 M., also für ein Jahr 5703 M. Diese hat er zunächst auf
die von ihm in Rechnung gebrachten Fuhrkosten (Fuhrwerk und
Bahn) anzurechnen; er hat also mehr erhalten, als er gebraucht
hat und nöthig waren! Verpflegungskosten sind nicht abzugsfähig.“
Denn Reisekosten und Tagegelder der Beamten stehen dem
Dienstaufwande gleich. Eine Untersuchung darüber, was auf
Dienstreisen gebraucht bezw. nöthig gewesen oder etwa erspart
worden ist, bleibt in Absicht auf die Einkommensbesteuerung
ebenso ausgeschlossen, wie die Wahl der Transportmittel dem
Beamten lediglich überlassen ist.
Die besonderen, event. auch anteiligen Kosten, welche
dem Censiten aus seiner Privatpraxis nachweislich entstanden
sind, gehören daher einschliesslich derjenigen für Verpflegung
ausserhalb des Wohnortes oder für Vertretung an sich zu den
abzugsfähigen Geschäftsunkosten (zu vergl. Art. 22 No. 4b und
Art. 21 No. 4a der Ausführungsanweisung vom 5. August 1891).
Die Sache liegt demnächst nicht spruchreif, sie ist desshalb
— kostenfrei für den Censiten — an die Berufungscommission
zu anderweiter Entscheidung zurückzugeben.“
Dagegen sind die Ueberschüsse der Sectionsgebühren
über die Tagegelder, und zwar als schwankende Einnahmen
nach dem Durchschnitt der letzten drei Jahre berechnet, steuer¬
pflichtig. Ich habe seiner Zeit in einer Beschwerde an das
Ober-Verwaltungsgericht dieselben unter Angabe folgender Gründe
als nicht steuerpflichtig reclamirt:
„ad Mehrbetrag der Sectionsgebühren über die
Tagegelder in Höhe von 1107 M. Nach Artikel 22 4b werden
dem Dienstaufwande gleich geachtet und sind daher bei der Besteue¬
rung gleichfalls ausser Acht zu lassen „Reisekostenvergütungen
und solche Tagegelder oder Remunerationen, welche an die
zu a erwähnten Beamten für Dienstreisen und für die Dauer
ihrer vorübergehenden Beschäftigung ausserhalb des Wohnortes
gewährt werden.“ Zweifelsohne sind die Sectionsgebühren als in
erwähnter Bestimmung angeführte Renumerationen aufzufassen
und sollte jemand hierüber noch unschlüssig sein, so beseitigt ein
bis heute noch nicht aufgehobener, mithin noch gütiger Beschluss
des Kgl. Preussischen Staatsmiuisterii vom 20. Juni 1849 jeden
Zweifel darüber. Es heisst in diesem Ministerialbeschluss bezüg¬
lich einer Beschwerde des Kreisthierarztes N. zu N. wörtlich,
„dass der N., ungeachtet der aus veterinärpolizeilichen Gründen
erfolgte Abzweigung des Kreises M., von dem ihm bei seiner
Anstellung überwiesenen kreisthierärztlichen Bezirke und der
daraus entstandenen Verminderung seiner Amtsgeschäfte in dem
gemäss des ihm durch die Bestallung vom 11. Sept. 1831 zu¬
gesicherten Gehaltes ungeschmälert belassen worden ist, dass
seine Reclamation nur die durch die Verminderung der Dienst¬
reisen sich vermindernden Diäten und Fuhrkosten betrifft, diese
aber lediglich eine Entschädigung für die Kosten der Reise und
für die durch den Aufenthalt ausser dem Hause entstehenden
Auslagen, nicht aber eine besondere Diensteiunahme zu gewähren
bestimmt sind“.“
Die hierauf erfolgende Antwort des Oberverwaltungsgerichts
lautet wie folgt:
„Die §§ 2, 3 und 5 des Gesetzes vom 9. März 1872 (Gesetzes¬
sammlung S. 265) betreffend die den Medicinalbeamten etc. zu ge¬
währenden Vergütungen in der zum Theil durch die Verordnung
vom 17. September 1876 (Gesetzessammlung S. 411) abgeänderten
Fassung trennen die den Kreisthierärzten nach § 2, II, 2 zu¬
stehenden Reisekosten und Tagegelder von Vergütungen, welche
nach § 3 für gewisse im behördlichen Aufträge vorgenommene
ärztliche Verrichtungen liquidirt werden können. Wenn dann
der abgeäuderte § 5 der Verordnung den Wegfall von Tage¬
geldern (6 M.) für den Tag, an welchem das Geschäft selbst
vorgenommen wird, für den Fall anordnet, dass der Beamte die
in § 3 festgesetzten Gebühren beansprucht, so ist damit aus¬
gesprochen, dass die Vergütungen der letzteren Art eine Ent¬
schädigung für den Dienstaufwand und zwar in dem durch das
Gesetz selbst nach Charakter und Betrag erkennbar gemachten
Umfange allerdings mitenthalten.
Der Steuerpflichtige irrt hiernach in der Annahme, die er als
selbstverständlich bezeichnet, dass die gesammten Gebühren
welche er auf Grund des § 3 des Gesetzes vom 9. März 1872
nach dessen § 5 in der durch die Verordnung vom 17. Sep¬
tember abgeänderten Fassung beanspruchen kann, aus¬
schliesslich den Charakter der Dienstaufwandsentschädigung
an sich tragen. Denn Reisekosten und Tagegelder (abgesehen
von solchen für den einzelnen Geschäftstag selbst) kann er da¬
neben in den allgemein gesetzlich vorgeschriebenen Grenzen noch
liquidiren. Nach dem Stande der Gesetzgebung bei Erlass des
Einkommensteuergesetzes vom 24 Juni 1891 gehören die den
Beamten gewährten Bezüge aller Art und Bezeichnung, z. B. Ge¬
bühren, zum anrechnungsfähigen Diensteinkommen —Besoldung —,
soweit sie nicht (ganz oder theilweise) zur Bestreitung des Dienst¬
aufwandes bestimmt sind (zu vergl. § 15 des Gesetzes; Art. 21
No. 1 und 2 bez. Art. 22 No. 1 und 3 der Ausführungsanweisung
vom 5. August 1891). Auf den § 5 in der Fassung des Gesetzes
von 1872, welcher die Liquidation von Gebühren oder Tage¬
geldern (§ 3) in die Wahl des Beamten stellte, und damit Ge¬
bühren und Tagegelder unter sich gleichartig behandelte, wäre
die Annahme des Censiten wohl noch zu begründen gewesen. Mit
dem durch die Verordnung abgeänderten § 5 ist diese Annahme
aber offenbar hinfällig geworden. Deijenige Theil der bezüglichen
Gebühren, welcher nicht die Stelle von Tagegeldern (letztere
stehen dem Dienstaufwande gleich) vertritt, ist danach steuer¬
pflichtig. Das gilt nicht nur von Sectionsgebühren. Davon kann
auch durch einen vom Censiten citirten Ministerialbeschluss vom
20. Juni 1849 nichts geändert werden.
Für die Annahme, dass in den staatlicherseits neben der
Vergütung der Reisekosten und Tagegelder gewährten Bezüge an
Gehalt, Besoldungszuschuss oder Rest - Gebühren noch irgend
welche weitere Entschädigung für Dienstaufwand enthalten
sei, fehlt jeder Anhalt. Weitere Abzüge für den amtlichen Bedarf
sind insoweit unzulässig.“
Ich beschränke mich hierbei lediglich auf die Wiedergabe der
Thatsachen und muss es einem jeden Einzelnen von Ihnen, meine
Herren, überlassen, an beiden sich diametral gegenüberstehenden
Entscheidungen Kritik zu üben.
Hiermit wären die Steuerverhältnisse der Thierärzte im All¬
gemeinen erledigt, nur bliebe noch der Veranlagung zur
Cominunalsteuer zu gedenken, welche allerdings nur für
die beamteten Thierärzte, für letztere jedoch auch um so wichtiger
erscheint.
Die von mir Ihnen hierüber vorzuführenden Punkte dürften
Ihnen sämmtlich unbekannt sein und jedem von Ihnen für das
nächste Steuerjahr eine wesentliche Herabminderung der nament¬
lich in kleinen Städten oft recht hohen Communal-Abgaben in
sichere Aussicht stellen.
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22. December 1898.
Zur Veranlagung der Communalsteuer kommen folgende Ge¬
setze in Betracht:
1. Das Gesetz vom 11. Juli 1822 betreffend Heranziehung der
Staatsdiener zu den Gemeindelasten, dessen § 2 bestimmt, dass
von dem Diensteinkommen nur 50 pCt. zu den Communalabgaben
herangezogen werden dürfen, während der § 5 lautet wie folgt:
§ 5. „Das Diensteinkommen von zufälligen Emolumenten
(d. h. Besoldungsznschnss, Sectionsgebühren und Gebühren des
Tagebuches B) wird gleich dem fixen Gehalt besteuert. Zu diesem
Behnfe bestimmt den Betrag derselben nach einer runden Summe
die den steuerpflichtigen Beamten Vorgesetzte Behörde.“
Ferner lautet § 10 desselben Gesetzes:
„Jedoch bleiben von allen directen Beiträgen zu den Gemeinde¬
lasten befreit:
c. alle diejenigen Dienst - Emolumente, welche bloss als Er¬
satz baarer Auslagen zu betrachten sind.“
2. Das Ergänzungsgesetz vom 23. September 1867, § 5:
„An coraraunalen Auflagen aller Art dürfen äussersten Falles
im Gesammten bei Besoldung unter 250 Rthlr. nicht mehr als
1 pCt., bei 250—500 Rthlr. ausschliesslich nicht mehr als 1Ü pCt.
und bei höherer Besoldung nicht mehr als 2 pCt. des gesammten
Diensteinkommens zusammen gefordert werden.“
Was den Instanzengang bei Reclamationen in Communal-
steuersachen anbelangt, so muss die Berufung binnen vier
Wochen nach Zustellung beim Magistrat (Gemeindevorstand) er¬
folgen; gegen die Entscheidung des letzteren muss binnen zwei
Wochen die Klage im Verwaltungsstreitverfahren, und zwar gegen
Gatsbezirke beim Kreisausschuss, gegen Stadtgemeinden jedoch
beim Bezirksausschuss eingeleitet werden. Gegen die Ent¬
scheidung des letzteren giebt es nur eine Revision, ev. einen Antrag
auf mündliche Verhandlung.
Mit Rücksicht auf vorstehende gesetzliche Bestimmungen
empfiehlt es sich demnach für beamtete Thierärzte, als Anhang
zur Steuerdeclaration das Diensteinkommen vom Privatein¬
kommen getrennt, etwa nach folgendem Schema, aufzustellen.
Diensteinkommen: hierher gehören
1. Gebalt,
2. etwaiger Besoldnngszuschuss,
3. Ueberschüsse der Sectionsgebühren über die Tagegelder
laut Tagebuch A,
4. Gebühren aus dem Tagebuch B, soweit dieselben bei
Dienstverrichtangen ausserhalb des Wohnortes nicht etwa mangels
für denselben Tag im Tagebuch A liquidirter Tagegelder bis
zum Betrag von 6 M. täglich unter die Rubrik „Dienstaufwand“
fallen.
Die Abzüge für Geschäftsunkosten sind logischer Weise bei
demjenigen Einkommen vorzunehmen, bei dessen Erwerb sie ent¬
standen sind, ev. antheilig; allgemeine Abzüge, z. B. Prämien
für Lebens- und Unfallversicherung sind je zur Hälfte bei dem
Privat- bezw. Diensteinkommen in Abrechnung zu bringen.
Um Ihnen den Nutzen dieser getrennten Einschätzung zu be¬
weisen, führe ich nachstehendes Beispiel an.
Jemand hat nach Abzug seiner Geschäftsunkosten sowie der
Prämien für Lebens- und Unfallversicherung ein steuerpflichtiges
Gesammteinkommen von 7200 M. und demgemäss eine Einkommen¬
steuer von 192 M. jährlich zu zahlen. Beträgt der Zuschlag für
Communalabgaben am Wohnort des Declaranteu 150 pCt., so
hätte derselbe bei nicht getrennter Declaration 230,40 M.
Communalsteuer -f- 192 M. Staatssteuer, im Ganzen mithin 422,40 M.
Gesammtsteuer jährlich zu entrichten.
Hat derselbe jedoch sein Gesammteinkommen von 7200 M.
derartig aufgestellt, dass 3200 M. auf Privateinkommen und
4000 M. auf Diensteinkommen entfallen, so beträgt bei der Steuer-
605
berechnnng sein Gesammteinkommen nicht 7200 M., sondern nur
5200 M., nämlich 3200 M. Privateinkommen + 2000 M. (= 50 pCt.
von 4000 M.) Diensteinkommen, der Steuersatz dementsprechend
nicht 192 sondern 132 M., was bei 150 pCt. Communalsteuer rot.
390 M., mithin gegen den Betrag von 422,40 M. eine Ersparniss
von 32,40 M. ergiebt.
Da mit diesen Ausführungen mein heutiges Thema erledigt
ist, verbleibt mir nur noch die angenehme Pflicht, Ihnen, meine
Herren, für die der an und für sich so trockenen Materie be¬
wiesene Aufmerksamkeit meinen verbindlichsten Dank mit dem
Bemerken auszusprechen, dass ich gerne bereit bin, etwaige dies¬
bezügliche Anfragen nach bestem Wissen zu beantworten.
Referate.
Ueber Serumimpfangen bei Brustseuche.
Von Oberrossarzt Grammlich.
(Ztschr. f. Veterinärk., Nov. !838.)
Die Veröffentlichungen Dr. Töpper’s haben, wie G. constatirt,
den Anlass gegeben, dass in der Armee die Schutzserumimpfungen
gegen Brustseuche, welche seit der Veröffentlichung von Hell
1892 sporadisch in jedem Jahr ausgeführt worden sind, wieder
häufiger versucht wurden. G. tlieilt speciell einen Versuch im
3. Garde-Ulanen - Regiment mit, wobei die Ausführung der
Impfung möglichst genau nach den Angaben Töpper’s vollzogen
worden ist. In der dritten Escadron erkrankte am 8. März ein
Pferd, und trotz sofortiger Isolirung bis zum 6. April 10 junge
und alte Remonten. Da in der Escadron 1895 die Brustseuche
geherrscht hatte, so konnte der Pferdebestand als immun
gelten. Die noch nicht erkrankten 19 Pferde der jüngeren Jahr¬
gänge wurden geimpft. Eine Neuerkrankung trat nicht mehr auf.
Bei der vierten Escadron erkrankten Mitte April acht Remonten.
Auch hier waren die Jahrgänge bis 1895 als immun zu be¬
trachten. Es wurden zwei Tage nach den ersten Erkrankungen
22 Pferde geimpft. Am 25. April erkrankte ein älteres nicht
geimpftes und am 5. Mai ein geimpftes Pferd. Weitere Er¬
krankungen kamen nicht vor. G. constatirt, dass aus diesem
Versuch Schlüsse allgemeiner Natur nicht gezogen werden
können. Bemerkenswerth bleibe jedoch, dass der Seuchengang
als solcher durch die Impfung im Wesentlichen abgeschnitten
wurde, obwohl noch infectionsfähiges Pferdematerial vorhanden
war, dass aber andererseits ein geimpftes Pferd 19 Tage nach
der Impfung erkrankte, sodass ein absoluter Impfschutz nicht an¬
zunehmen ist.
Dass durch die Impfung der Seuchengang wenigstens zeit¬
weise coupirt werden konnte, ist früher schon mehrfach beobachtet
worden. Freilich haben frühere Beobachter auch häufig fest¬
gestellt, dass nachträglich die Seuche erneut unter den geimpften
Thieren auftrat und somit nur eine Verschleppung des gesammten
Seuchenverlaufs erzielt wurde. Um letzteren Uebelstand, der
die Impfungen am meisten in Misscredit gebracht hat, aus-
zuschliessen, müssten zwei Voraussetzungen gegeben sein: ent¬
weder müsste in der Zeit der vorübergehend bestehenden Impf¬
immunität der Infectionsstoff im Stalle abgestorben sein, oder
die geimpften Tliiere müssten während ihrer vorübergehenden
Impfimmunität den Infectionsstoff anfgenommen haben und dadurch
activ immun geworden sein. Beide Voraussetzungen jedoch
erscheinen, wie die erwähnten Beobachtungen lehren, nicht sicher
gegeben zu sein.
Dazu kommt ein weiterer Uebelstand. Töpper weist darauf
hin, dass die sehr verschiedenartigen Abstufungen bei den Brust¬
seuchefällen in den einzelnen Pferdebeständen die Annahme nahe
legen, dass auch das Serum der erkrankt gewesenen Pferde
einen vollständig verschiedenartigen Immunisirungswerth besitze
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT
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606
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51
Er empfahl deshalb, solange Mittel zur Bestimmung des
Immunisirungswerthes nicht vorhanden sind, nur solches Serum
zur Impfung in einem Bestände zu verwenden, welches von
erkrankt gewesenen Pferden aus demselben Bestände entnommen
ist. Dann muss aber etwa 30 Tage lang nach dem Auftreten
des ersten Erkrankungsfalles gewartet werden, ehe dem fieberfrei
gewordenen ersten Patienten Serum entzogen werden darf, ln
dieser Zeit aber erkranken wahrscheinlich in der Regel schon
soviel Pferde (wie auch der hier besprochene Versuch lehrt), wie
überhaupt gewöhnlich in einem Bestände krank zu werden
pflegen. Unter diesen Umständen würde also der Impfmethode
der praktische Werth fehlen.
Bezüglich der Impftechnik hebt G. unter Anderem hervor,
dass die Blutentnahme mit der Dieckerhoffschen Hohlnadel
erfolgte. Diese in der Construction kräftige Hohlnadel eignet
sich zum Aderlass vorzüglich und dürfte Fliete und Lancette
vollständig verdrängen. Der Einstich muss unmittelbar über den
die Drosselvene comprimirenden Fingern geschehen. Denn wenn
auch die Spitze der Nadel leicht eindringt, so bedarf es eines
ziemlichen Druckes, um den cylindrischen Theil er Nadel hinter
der zugeschärften Spitze einzuführen; unter diesem Druck voll¬
ziehen sich leicht Verschiebungen der Haut und der Venen. Es
empfiehlt sich ferner, den Einstich bis zum Austritt von Blut in
einer nicht zu spitzwinkligen, sondern sich dem rechten Winkel
nähernden Richtung zur Hautoberfläche auszuführen und die
Mitte der abgeschwollenen Vene festznhalten. Auch ist es vor-
theilhaft, an dem aufgeschraubten Querblatt der Nadel durch
einen Strich diejenige Stelle zu markiren, die der Schrägöffnung
der Spritze entspricht und hiernach die Oeffnung stets nach
oben, also dem Blutstrom entgegen, zu kehren.
lieber den sogenannten Gebartsrauschbrand.
Von S t r e b c 1 - Freiburg.
(Schw. Arch. f. Th., Bd. 40, II. 5.)
Strebei spricht sich über das Verhältniss des Gebnrts-
rauschbrandeB zum gewöhnlichen Rauschbrand aus. Bekanntlich
findet man öfters bei Kühen, welche an Metritis erkrankten,
einige Zeit vor dem Tode emphysematose Gangräne, die dem
Rauschbrand zum Verwechseln ähnlich sind. Ihr Auftreten im
Anschluss an die Geburt unterscheidet sie an sich von dem ge¬
wöhnlichen Rauschbrand, weshalb man diese Fälle mit Geburts¬
rauschbrand bezeichnet. Guillebeau und Hess haben an¬
gegeben, dass auch der Sectionsbefund und die bacteriologische
Untersuchung eine Unterscheidung gewähren. Nach Chauvean
und A r 1 o i n g finden sich bei der emphysematosen Gangrän des
Menschen Bacillen, welche denen des Rauschbrandes im All¬
gemeinen ähnlich sind, aber dennoch gestatten, jene Krankheit
als eine besondere zu bezeichnen. Eine Anzahl von Autoren
meinen, dass der Geburtsrauschbrand durch den Bacillus des
malignen Oedems veranlasst werde. Kitt hat übrigens auch auf
die grosse Aehnlichkeit des Krankheitsbildes bei malignem Oedem
mit jenem des Ranschbrandes hingewiesen. A r 1 o i n g und
Cornevin wollen zwischen dem typischen Rauschbrand und
der emphysematosen Gangrän einen Unterschied insofern fest¬
gestellt haben, als die Rauschbrandgase fast geruchlos sein sollen
im Gegensatz zu denen der Gangrän — eine Ansicht, der auch
Siedamgrotzky zustimmt.
S t r e b e 1 widerspricht zunächst der letzteren Behauptung.
Er hat gefunden, dass sowohl beim natürlichen wie beim Impf¬
rauschbrand ein sehr widerlicher, schwer ditinirbarer Brand¬
geruch, der für den Rauschbrand charakteristisch ist, wahrnehm¬
bar ist, und er konnte diesen Geruch auch bei dem sogenannten
Geburtsrauschbrand constatiren. Hiernach würde der letztere
mit dem Rauschbrand seinem Wesen nach zu identificiren sein,
und es stimmen auch viele Thierärzte darin tiberein, dass die
von ihnen beobachteten Fälle von Geburtsrauschbrand in Bezug
auf die charakteristischen Symptome und den Sectionsbefund mit
dem gewöhnlichen Rauschbrand völlig identisch seien
Soviel S t r e b e 1 bekannt, sind alle Fälle von Geburtsrausch¬
brand hervorgegangeu au einer septischen Metritis, welche an
die Zurückhaltung einer rasch faulenden Nachgeburt besonders
bei Verletzungen der Geburtswege anschloss. Die hiernach auf¬
tretenden rauschbrandähnlichen Schwellungen sind keineswegs
immer am Hintertheil, sondern oft auch an der Schulter aus¬
gebildet. Dies ist nicht weiter auffällig; sieht man doch auch
bei der Rauschbrandschutzimpfung am Schwänze den Rausch¬
brand an der Schulter auftreten. Sie erscheinen am dritten oder
vierten Tage nach der Geburt. Der Bacteriologe A s t i e in
Lausanne konnte im Blute einer so erkrankten Kuh Rauschbrand¬
bacillen nachweisen. S t r e b e 1 hat sieben deutlich ausgeprägte
Rauschbrandfälle am zweiten oder dritten Tage nach der Geburt
beobachtet, und der von ihm aufgestellte Symptomevergleich zeigt
eine völlige Uebereinstimmung mit den characteristischen Zeichen
des typischen Rauschbrandes.
Hiernach stellt Strebei die Folgerung auf, dass der Ge¬
burtsrauschbrand und der gewöhnliche Rauschbrand entweder
durch denselben Krankheitskeim verursacht werden oder dass
wenigstens die Erreger beider Krankheitsformen ausserordentlich
nahe verwandt sind. Die Thatsache, dass häufig sogenannte
Geburtsrauschbrandfälle in Ortschaften Vorkommen, wo der typische
Rauschbrand fast unbekannt ist, beweisen gegen diese Folgerung
nichts; denn wie oft kann man einen Milzbrandfall dort consta¬
tiren, wo Milzbrand bisher nie vorgekomraen ist.
Malignes Oedem mit enzootischem Character.
Von K. K o n i n s k i - Galizien.
(Oeftterr Monatanchr. II. 1".)
In den an der ungarischen Grenze gelegenen Ausläufern der
Karpathen des Kossower Bezirkes in Ostgalizien kommt eine im
klinischen Bilde dem Rauschbrand vollkommen ähnliche Krankheit
vor die von den Bauern der dortigen Gegend dem Bisse des
Wiesels zugeschrieben wird.
Verf. hatte Gelegenheit im April d. J. mehrere dieser Fälle
in einer grösseren Rinderheerde näher zu untersuchen. Innerhalb
drei Wochen gingen in dieser Heerde drei Rinder ein, die neben
andern weniger characteristischen Krankheitssjmptomen eine
knisternde Anschwellung am rechten Hinterfuss bezw. am
Hals bezw. au der Unterbrust gezeigt hatten.
Das Cadaver des gefallenen zweiten Rindes wurde diei
Wochen nach dem Absterben vom Verf. untersucht. Dasselbe
hatte in der Erde gelegen und war von der Fäulniss mässig an¬
gegriffen. „Unter der Haut der Bauchgegend und dreier Füsse
bis zu den Klauen herab fand sich eine serösblutige, von Gas¬
blasen reichlich durchsetzte Infiltration des subcutanen Gewebes,
hämorrhagische streifenförmige Imbibition der daruuterliegenden
Musculatur, ausgesprochenes Geronnensein des Blutes, blutig¬
seröses Exsudat im Herzbeutel und in der'Brusthöhle, mässige
Hyperämie der Lungen. Die Bauchhöhle war normal, der Dünn¬
darm geringgradig katarrhalisch afficirt. Leber, Milz und Nieren
von Fäulniss zersetzt.“ An noch vorhandenen Resten der beiden
anderen Rinder wurden ausgedehnte Suffusionen unter der Haut
des Halses, der Brust und Vorderfüsse wie auch zahlreiche starke
Hämorrhagien in den vom Vordertheil stammenden Fleischstiickeu
gefunden. Das Stück einer Jugularis ext. war durch ein hämorrhagi¬
sches Oedem ihrer Adventitien zu einem fingerdicken Strange
angeschwollen.
Trotz dieser klinischen und pathologisch-anatomischen Ueber¬
einstimmung der Krankheitsfälle mit Rauschbrand will Verf. eine
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22 December 1898. BERLINER THIERARZTLiCHE WOCHENSCHRIFT.
Identität derselben mit dieser Seuche nicht anerkennen, weil er ,
bei der mikroskopischen Untersuchung des Exsudates ausser
Fftulnissbacillen nur Oedembacillen fand. Auch die Verimpfung !
des Exsudates unter die Bauchhant eines Meerschweinchens ergab,
dass in der Peritonealflüssigkeit des 24 Stunden nach der In- i
ocnlation gestorbenen Meerscliweinchens eine grosse Zahl Oedein-
bacillen nachgewiesen werden konnte.
Die hierauf gegründete Schlussfolgerung, dass die Rinder i
nicht an Rauschbrand, sondern an einem malignen Oedem ge- I
fallen sind, ist nicht einwandsfrei, denn dieselbe stützt sich auf
einen einzigen Thierversuch, wozu das Impfmaterial aus einem
bereits drei Wochen alten Rindercadaver entnommen war.
Seltene Parasiten.
Von F. Hobday, M. R. C. V. S. (Veterinary College) London.
(Journal nf l.'oinp. Falb, and Therap. Sept
Filaria haemorrhagica (Railliet).
Ein aus Russland nach England importirter Rothschimmel-
Pony hatte an verschiedenen Körperstellen, besonders an den
Schultern und inmitten des Rückens, rundliche Anschwellungen,
die zuweilen ohne erkennbare Ursache bluteten. Die Natur dieser
Hautveränderungen war dem Verf. unbekannt, und er zeigte ge¬
legentlich den Patienten einem das College besuchenden fran¬
zösischen Militär-Veterinär M. Montmartin. Derselbe schrieb
den Krankheitsznstand einem kleinen, subcutan lebenden l’nnd-
wnrm zu, welchen er bereits bei ungarischen Pferden beobachtet
hatte, die für die französische Cavallerie angekauft worden waren.
Hierauf wurde eine Beule mit dem darüberliegenden Haut-
sttick excidirt und thatsächlich die Gegenwart eines lebenden
Nematoden in der Unterbaut constatirt. Derselbe wurde von
Prof. M’Fadyean als Filaria haemorrhagica bestimmt. Die
blutenden Knötchen wurden mit Jodsalbe behandelt, worauf diese
heilten, jedoch an anderen Stellen neu entstanden. Im Winter ver¬
schwanden alle Knötchen, bei Beginn des Frühjahrs entwickelten
sich dieselben Veränderungen in der Haut wieder, aber weniger
zahlreich. Verf. hat den Rundwurm auch noch bei einem anderen
russischen Pony gefunden. In dem ausführlichen Werke von
Neu manu „Die Parasiten der Hansthiere“ wird erwähnt, dass
die in Rede stehende Hantaflection bei ungarischen, im All¬
gemeinen bei Steppenpferden nicht ungewöhnlich ist.
Plerocercoides Bailleti (Railliet).
Dieser Parasit wurde bei einem siebenjährigen Foxterrier,
gefunden. Der Hund wurde in Malta geboren und ist von Eng¬
land ans mehrere Male nach der Insel mit auf die Reise genommen
worden. Am 9. März wurde der Terrier krank, frass nicht und
bellte beständig. Er lief unruhig im Hause umher oder verkroch
sich in Ecken und Winkel. Der Hund wurde nach kurzer Beob¬
achtung wegen Tollwuthverdacht getödtet.
Bei der Obduction wurde ermittelt, dass die Brust- und
Bauchhöhle haufenweise lV a Zoll lange W T ürmer enthielten. Am
Vordertheil waren dieselben am stäiksten und nahmen nach dem
Schwänze hin allmälig ab. Die Würmer glichen aufs Haa
der Abbildung, welche Neu mann in seinem Buch von dem
seltenen Plerocercoides Bailleti giebt. Die Pleura und das Peri¬
toneum waren leicht entzündet. Alle übrigen Organe zeigten
nichts Abnormes.
Wegen des Tollwuthverdachtes wurden im Ackerbauamt
Impfungen vorgenommen, welche ein negatives Resultat hatten.
Klein« Mittheilnngen.
Zur Castration der Stuten.
Scliwendimann macht im Schw. Arcli. (Bd. 40, H. 4)
folgende Mittheilung: Eine ungarische Stute wurde unter er-
schwei enden Umständen castrirt insofern, als sie beim Umdrehen
der Ovarien sehr unruhig war. Unter heftigem Drängen nach der
Operation entwickelte sich ein umfangreicher Darmvorfall durch
die Scheidenwunde. Es trat eine HO cm lange Darmschlinge aus
der Vulva. Dieselbe wurde beschmutzt, da nicht augenblickliche
Hilfe zur Stelle war. Als S. hinzukam, wurde das Darmstück ge¬
reinigt, mit Sublimat abgespült und reponirt, was sich leicht
vollzog. Die Scheidenwunde wurde nicht vernäht, sondern die
Stute im Schritt tüchtig bewegt, bis das Drängen nachliess. Das
Thier wurde gesund.
Blutung nach Abürehung des Hodens beim Esel.
Thierarzt Benjamin tlieilt im Bullet, de la soc. centr. de
rned. vet, einen Fall mit, wo es noch, während der zweite Hoden
entfernt wurde, am Samenstrang des ersten abgedrehten Hodens
plötzlich zu einer starken Blutung kam. Obwohl die Gefässe mit
Catgnt und dann auch noch mit Seide unterbunden wurden,
dauerte die Blutung fort. Es musste daher die Höhle tamponirt
werden, worauf die Blutung zum Stehen kam.
Spatbehandlung durch Doppelneurotomie.
(Mtah I Th. B<1 10, II 2)
Frohner hat schon früher (vgl. Referate der „B. T. W. ,(
pg. 18, 448) über die Resultate geschrieben, welche er mit
der Bosi sehen Methode beim Spat erzielt hatte. Diesö
Methode besteht darin, den Nervus peronaeus und den Nervus
tibialis zu durchschneiden. Das erste von ihm in dieser Weise
operirte Pferd ist nach fünf Monaten wieder her¬
gestellt worden, mit dem Bericht, dass es niemals mehr lahm
gegangen und zu allen Dienstleistungen brauchbar gewesen sei.
Seitdem hat Frohner sieben Pferde versuchsweise nach der¬
selben Methode behandelt. Alle sieben Pferde haben ein gleich
gutes Resultat ergeben. Fröhner bezeichnet daher die Doppel¬
neurotomie als eine sehr werthvolle Behandlungsmethode beim Spat.
Bruch des Zungenbeins beim Pferd.
Bez.-Thierarzt A. Schmidt berichtet in der Wschr. f. Th.
33, 97. Eiu Pferd, das an Druse erheblich erkrankt war, wurde
vom Besitzer mit scharfer Salbe eingerieben. Es trat keine
Abscedirung ein, aber nach etwa 14 Tagen bildete sich eine
kleine Stelle, aus der sich schwärzlich gefärbte, übelriechende
Flüssigkeit entleerte. Der Geruch wies schliesslich auf aus¬
gesprochene Caries hin. Beim Sondiren gelangte man an einen
Knochen, der nicht hierher gehörte. Nachdem durch eine
Operation der Zugang freigelegt war, fanden sich 2 Knochen-
stilcke, welche vom oberen Winkel des grossen Zungenbeinastes
stammten. Unter antiseptischer Nachbehandlung verheilte das
ganze in 3 Wochen. Es dürfte sich also um einen Bruch des
Zungenbeines gehandelt haben, welcher wahrscheinlich von dem
Pferde selbst durch Reibung der geschwollenen Kehlgangsdrüsen
nai-h der scharfen Einreibung auf dieselben oder in ähnlicher
Weise herbeigeführt worden ist. Nebenbei gesagt, war die Fress¬
lust des Thieres ungestört.
Schlundverletzung beim Pferde mit Heilung.
Bez.-’lhiererzt Hock untersuchte am 11. Juni eine An¬
schwellung am Halse eines Pferdes, die erst seit einigen Tagen
bemerkt war. Dieselbe sass rechts in der Schlundkopfgegend,
war hühnereigross, ziemlich hart und zeigte keine specitischen
Symptome. Am 14. Juli erfolgte eine zweite Untersuchung, weil
das Thier heftige Athemnoth bekommen hatte. Der Besitzer hatte
inzwischen, in der Meinung, dass es sich um eine Eiterbeule
handele, die Oeffnung vorgenommen. H. fand einen 10 bis 12 cm
langen Fistelgang, der bis zum Schlunde dicht hinter den Schlund¬
kopf führte und Futterbestandtheile enthielt, welche sich auch
beim Abschlucken entleerten. Das Thier hatte dabei guten
Appetit und die Athembeschwerden waren verschwunden. Der
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608
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51
Fistelcanal wurde gereinigt und ein Tampon mit ein promilliger
Sublimatlösung und Jodoformpnlver eingelegt, was täglich er¬
neuert wurde. Bereits acht Tage später war der Fistelcanal zu¬
geheilt. (Wschr. f. Thierhlkd.)
Tollwutherkrankungen in einem Rinderbestand.
Die „Wschr. f. Th.“ 98, Nr. 25, referirt eine Mittheilung von
Paige über den Ausbruch der Wuthkrankheit in verschiedenen
Rinderbeständen einer Gegend. Auf einigen Gütern trat eine
zunächst nicht bekannte Krankheit auf, die Rinder aller Art er¬
griff, ohne Vorboten zu zeigen, und rasch ausnahmslos zum Tode
führte. P. erhielt daher den Auftrag, die Natur des Leidens
festzustellen. Die Symptome zeigten eine bemerkenswerthe
Gleichheit. DieThiere hatten die Neigung, sich abzusondern und
zu rennen, waren appetitlos, wiederkauten nicht, knirschten mit
den Zähnen und brüllten. Die Milchabsonderung nahm rapide
ab, der Puls war beinahe normal, 48 Schläge in der Minute, die
Temperatur normal. Es traten Anfälle auf, wobei die Thiere mit
den Beinen ausschlugen; dabei Muskelzittern. Im Beginn der
Krankheit zeigten die Thiere eine eigenthümliche Kopfhaltung,
Hals gestreckt, Kopf gehoben, Ohren aufgerichtet, die Angen
weit offen mit erweiterten Pupillen. Unter den ersten Sym¬
ptomen zeigte sich ausgesprochener Tenesmus. Auffallend war
der grosse Durst im ersten Stadium der Krankheit. Eine Kuh
mühte sich ab, Wasser zu nehmen, bis einige Stunden vor dem
Schlachten. Die Fortentwicklung der Symptome deutete bei
einzelnen Thieren auf Gehirnreizung, während sie bei auderen
Hinneigung zur Paralyse zeigte. Die Bewegungen waren im
ersteren Fall unbehindert, aber nicht ganz natürlich. Man trieb
eine Anzahl Kühe in einen Teich, der sehr tief war. Sie gingen
ohne Furcht hinein; manche schienen trinken zu wollen, konnten
aber anscheinend kein Wasser schlucken. Allmählich gingen alle
Symptome in Paralyse über und der Tod trat nach heftigen,
convulsivischen Krämpfen ein.
Abschnürung des Dünndarms.
Bezirks-Thierarzt Ritzer macht in der „Wschr. f. Thierhlkd.“
folgende Mittheilung: Ein zweijähriger Stier hatte nach dem
Vorbericht vor 8 Tagen Durchfall gehabt, der sich gebessert
hatte. Seit dieser Zeit war jedoch Futteraufnahme und Koth¬
absatz behindert und das Thier sehr unruhig. Bei der Unter¬
suchung zeigte sich die Blase prall gefüllt. Beim Druck auf die
Blase fing das Thier stöhnend an zu uriniren, setzte man mit
dem Druck ans, so hörte auch der Harnabsatz auf. Im Mast¬
darm fand sich etwas dünnflüssiger Koth. Bei einer folgenden
Untersuchung stand das Thier mit durchgebogenem Rücken und
leicht erhobenem Schweif. Die ganze Haltung Hess keinen
Zweifel aufkommen, dass eine Darraeinziehung vorhanden sein
müsse. Nach einem vergeblichen Versuche einer Operation
musste die Schlachtung des Thieres vorgenommen werden. Dabei
zeigte sich Folgendes: Der Dünndarm war in der rechten
hinteren unteren Banchgegend mit dem Peritoneum fest ver¬
wachsen. Die Verwachsungsstelle hatte 70 cm Umfang und war
Pentastomum denticuiatum in der Schweineleber und Ziegenlunge.
Dr. Ströse-Hannover berichtet in der Ztschr. f. Fl. u.
Milchh.: Die Leber eines Schweines war schwarzroth, zeigte
unter der glatten Kapsel 4 stecknadelkopfgrosse kreisrunde
scharfbegrenzte Flecke. Unter den erwähnten Knötchen befand
sich je ein Exemplar der Larven des Pentastomum taenioides,
welche bekanntlich als Pentast. denticuiatum bezeichnet w'erden.
Dieselben waren lebend. Beim Schwein ist dieser Parasit bisher
nicht nachgewiesen worden, wohl aber bei allen andern Haus-
thieren und beim Reh und Hasen, sowie beim Menschen. Immerhin
wird in dieser Beziehung auf die Schweinelebern künftig mehr
zu achten sein, um so mehr als man die Pentastomenknötchen
sehr wohl für Tuberkeln oder auch für Echinokokken halten kann.
Dr. Tempel theilt ebenda im Juliheft d. J. folgendes mit.
In der Lunge einer 6jährigen Ziege fanden sich eine grössere
Zahl von Larven des Pentastomum taenioides; in den übrigen
Organen wurden trotz genauester Untersuchungen keine solche
Larven gefunden. Das Vorkommen, und namentlich das alleinige
in den Lungen ist zweifellos eine sehr grosse Seltenheit. Der
Lieblingssitz der Larven sind bekanntlich die Gekrösdrüsen. Es
fanden sich in den Lungen zahlreiche liirsekorngrosso und grössere
Knötchen. Aus einigen der grösseren waren die Larven bereits
ausgewandert und lagen frei unter der Pleura, durch welche sie
durchschimmerten. Beim Ueberstreichen mit dem Messerrücken
bewegten sie sich lebhaft; einige traten sogar, das Kopfende
voran, den Rückzug in das Lungenparenchym an. Damit ist der
von Leuckhardt ausgesprochene Satz bestätigt, dass es fast
scheine, als wenn die verlassenen Gänge gelegentlich wieder
aufgesucht würden. Verkalkte Herde waren nicht vorhanden.
Der Transport der Embryonen nach den Lungen vom Nahrungs¬
schlauch aus kann nur durch den Blutstrom stattgefunden haben.
Dass die erwachsenen Larven in den Bronchien und in deren
Nähe fehlten, spricht auch gegen die Annahme, dass die Larven
ans der Lunge in die Luftröhre wanderten und so nach aussen
gelangen könnten. Die betreffende Ziege war nicht krank ge¬
wesen.
Nierensarcom bei einer Kuh.
Districtstliierarzt Handschuh schreibt in der Wschr. für
Thierheilkd.: Bei einer 13jährigen, sehr guten Milchkuh, die nach
der Geburt des 11. Kalbes geschlachtet werden musste und vorher
nie krank gewesen war, jedoch seit langer Zeit eine Verkrümmung
der Wirbelsäule nach rechts und Verbindungen der Rippenfort¬
sätze gezeigt hatte, fand sich an Stelle der rechten Niere eine
grosse, runde, glatte Geschwulst von fleischähnlicher Consistenz,
die im Längs- und Querdurchmesser 70 cm, im Höhendurchmesser
15 cm mass. Die Geschwulst wog 75 Pfund, enthielt eine Menge
hämorrhagischer Cysten und erwies sich mikroskopisch als ein
Sarcom.
Nierensteine.
Oberrossarzt Lewin fand bei einem 28jährigen Pferd,
welches nie krank gewesen und bei der Arbeit umgefallen war,
nach der vom Besitzer gewünschten Tödtung, dass die linke
Niere ein sackartiges Gebilde darstellte, welches viele Steine im
im Centrura beinahe 2 cm dick. Der Dünndarratheil, welcher Gesammtgewicht von 875 g enthielt, abgesehen von einer Menge
hier festgewachsen war, bildete mit dem umgebenden Binde- Gries. Nierengewebe war nicht mehr vorhanden, sondern nur
gewebe eine 15 cm lange Geschwulst, bei deren Dnrchschneidung eine halbcentimeterdicke Wand des Sackes. Die Nierenarterie
sich eine grössere Menge dünnflüssigen übelriechenden Eiters war durch einen festen Thrombus völlig verlegt. Die rechte
entleerte. Eine Verbindung zwischen der Abscesshöhle und dem Niere war merkwürdigerweise in Form und Grösse unverändert.
Darm bestand nicht, ein Fremdkörper fand sich nicht vor. Das
Darmlumen war aber so verengt, dass nur noch etwas Thierhaltung und Thierzucht
Flüssigkeit passiven konnte. Die Darmschleimhaut und über- Viehbestand in Frankreich,
haupt der ganze Darm war nicht verändert Wahrscheinlich Nach den von der statistischen Abtheilung des französischen
handelt es sich hier um eine Veränderung, die durch eine Ein- Ackerbauministeriums veröffentlichten Berichten zeigt der Rind¬
wirkung von aussen entstanden war. vieh- und Schafbtstand eine stetige, wenn auch kleine Zunahme,
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22. December 1898.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
609
der Schweinebestand zeigt einen leichten Abfall. Die einzelnen
Zahlen giebt nachstehende Tabelle wieder:
1897
Rinder. . . 13 486 519
Schafe. . . 21445 113
Ziegen ... 1 495 756
Schweine . . 6 262 764
1896 1895
13 334 631 13 233 828
21 190GO3 21 163 767
1499 005 1 569 502
6 402 370 6 306 019. K.
Preise für Zuchtschafe in England.
Unter den Züchtern der Lincoln langwolligen Schafe herrscht
grosse Freude über den aussergewöhnlichen Preis von 1000
Gnineen, der für einen jährigen Widder aus Mr. Henry Dudding's
Zuchtheerde in Riby-grove, Stallingborougb, Lincolnshire, erzielt
worden ist. Das Thier war Sieger auf der letzten Ausstellung
der Royal Agricultural Society. Trotz aller Anstrengungen, den
Bock dem Inlande zu erhalten — die Herren Deans boten
950 Guineen — ging das Thier für 1000 Guineen in den Besitz des
Mr. F. Miller über, der ihn zum Export nach Argentinien angekanft
hat. Vier andere Schaf bocke brachten 310 resp. 280, 250 und
235 Guineen. Bei dem Gesaromt verkauf von 52 Schafböcken
wurden 86 195 £ erzielt, 24 hiervon wurden nach Süd-Amerika
verkauft. K.
Tagesgeschichte.
Herbstversannlung des Vereins der Thlerirzte des Saargebietes
am 27. November im Restaurant „Altes Münchener Kindl“ zu
St. Johann a. d. Saar.
Der Vorsitzende des Vereins, Herr Kreisthierarzt Mette,
eröffnete die Versammlung um 11t, Uhr, indem er die Anwesenden
herzlich willkommen hiess und seiner Freude darüber Ausdruck
gab, dass die Herren Collegen so zahlreich zur Versammlung er¬
schienen waren.
Es waren anwesend: Mette - Saarbrücken, Zahn-Saar¬
brücken, Dr. Bützler - Trier, Nithack - Saarburg, Meyer-
St. Johann, Hosemann - Forbach, Schäf er - Dudweiler, Kneip-
Völklingen, Haas - Saarlouis, Wertheim - Saarlouis, Menges-
Saargemünd, Behr-Merzig und Hauck - Sulzbach.
Als Gäste: Backmund - Saargemünd, Lauff - Merzig und
Bruns - Hausweiler.
Zu Punkt 1 der Tagesordnung: Vereins- und Standes-
Angelegenheiten, wurde von dem Vorsitzenden das Austritts¬
gesuch des Herrn Sanitätsthierarztes Matt in Friedrichsthal zur
Kenntniss der Versammlung gebracht.
Die Herren Collegen Backmund - Saargemünd, Lauff-
Merzig und Bruns - Hausweiler hatten sich zur Aufnahme ge¬
meldet und wurden einstimmig aufgenommen.
Zu Punkt 2 der Tagesordnung: Der Verein bezahlt zu den
Kosten des VII. internationalen thierärztlichen Congresses zu
Baden-Baden 100 M., welche von dem Kassirer alsbald der Filiale
der Rheinischen Creditbank in Baden-Baden zu übersenden sind.
Zu Punkt 3 der Tagesordnung: Mittheilungen aus der
Fleischbeschau, hält Herr College Dr. Büt zier - Trier einen
äusserst lehrreichen Vortrag über folgende Fälle:
1. Einen Fall von Neuritis prolif. bei einem Ochsen.
2. Kreuzlähme beim Pferd, verursacht durch Rückenmarks-
erweichung.
3. Multiple Lipome beim Rind.
4. Generalisirte Tuberculose beim Rind und Schwein.
5. Beziehungen zwischen Urticaria und Schweinerothlauf.
Herr College Mette dankte unserm verehrten Herrn Dr.
Bützler für seinen äusserst interessanten Vortrag und bat ihn,
ans noch recht oft durch Vorträge aus dem Schatze seines reichen
Wissens zu erfreuen.
Hieran anschliessend wurde der neue preussische Finnen¬
erlass eingehend besprochen und seine Härten gerade hier in den
Grenzbezirken durch Beispiele reich illustrirt. Es wurde allgemein
hervorgehoben, dass die Bestimmungen des Erlasses die Fleisch¬
beschau ausserordentlich erschweren, besonders da hier vielfach
Schlachtvieh aus der Pfalz und aus Elsass-Lothringen bezogen
wird, wo eine Währschaftspflicht für Finnen bei Rindern nicht
besteht. Wegen zu weit vorgeschrittener Zeit konnte dieser
Gegenstand nicht endgültig erledigt werden und soll diese
Frage in der Frühjahrsversammlung noch ein Mal zur Sprache
gebracht werden.
Um zwei Uhr Nachmittags wurde die Versammlung durch den
Vorsitzenden geschlossen.
Nach Schluss der Versammlung faud ein gemeinsames Essen
statt, an dem sich eine stattliche Anzahl Damen und einige Gäste
betheiligten. Zwanglose Fröhlichkeit herrschte in unserm kleinen
Kreise und erst zu vorgerückter Stunde trennten sich die Letzten
mit dem Wunsche „auf Wiedersehen im Frühjahr“.
I. A.: Der Schriftführer: Hauck.
Wanderversammlung der Soadergruppe der Brandenburger Schlachthof-
Thierärzte.
Abgehalteu am 16. October auf dem Schlachthofe zu Kottbus.
Anwesend waren: Wulff-Kottbus, Abraham-Spremberg,
Arendt-Neu-Ruppiu, Falk-Schwiebus, Burggraf-Guben, Haak-
Guben (Assistent), Klepp-Potsdam, Körner-Pritzwalk, Kohl-
Sommerfeld, Litfass-Finsterwalde, Luft-Kottbus (Assistent),
Möse-Sorau, Meyer-Frankfurt a. 0., Schäf er-Züllichau,
Schrader-Brandenburg, Schröder-Forst, Seefeld-Küstrin.
Der Vorsitzende, Schlachthofdirektor Wulff, eröffnete nach
Führung durch den Kottbuser Schlachthof die Sitzung und ge¬
denkt dabei des verstorbenen Collegen Leonhard-Forst, zu
dessen Ehrung sich die Anwesenden von den Sitzen erheben.
Sodann verliest er ein Schreiben des Kollegen R. in H., in
welchem derselbe eine Verordnung des dortigen Regierungs¬
präsidenten zur Besprechung stellt, nach welcher der Fleischer
jeden Thierarzt bei Beanstandungen als Gegengutachter hin¬
zuziehen kann. Bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den
Sachverständigen sei der Departementsthierarzt hinzuzuziehen.
Die Versammlung kommt zu der Ansicht, dass in H. die Ent¬
scheidung dem Direktor R. zufallen müsse, da dieser bei der
Untersuchung nicht betbeiligt sei, und nimmt hierbei Bezug auf
den allgemein gebilligten in Absatz 4 der Eingabe an den Herrn
Minister des Innern festgelegten Standpunkt (cf. die Zeitschrift
von Ostertag, VIII. Jahrgang, S. 52). Ferner macht College
Wulff von einem Schreiben des III. Armeecorps (Corps-General¬
arzt) Mittheilung, nach welchem Sanitätsoffiziere in der Fleisch¬
beschau ausgebildet werden sollten.
Auch hierbei entwickelte sich eine lebhafte Debatte, in
welcher durch übereinstimmende Meinung festgestellt wird, dass die
Sanitätsofficiere in kurzen Cursen lediglich über die Elemente
der Fleischbeschau ausgebildet werden könnten, dass diese Curse
aber nicht genügen könnten, die Sanitätsofficiere soweit mit
Krankheiten der Schlachtthiere, ihre Erkennung bei lebenden
und geschlachteten Thieren vertraut zu machen, dass sie eine
wirkliche Fleischbeschau auszuüben im Stande wären. Im Uebrigen
sei es Sache der Militärthierärzte, die Curse für Sanitätsofficiere
zu leiten, wenn solche je eingerichtet würden, wie den Militär¬
thierärzten auch schon die Unterweisung der Intendantur- und
Proviantbeamten in der Fleischbeschau übertragen sei.
College Kl epp berichtet, dass die Fleischeriunung in Pots¬
dam vom Magistrat die Herausgabe der zum Zweck der Trichinen¬
schau entnommenen Schweinefleischproben beansprucht, obgleich
der Magistrat schon soweit eutgegengekouimen ist, dass er nach
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51
610
Einführung der Freibank den Verkauf von Proben auf derselben
unter Declaration gestatten will.
Trotz entgegengesetzter Ansicht einzelner Sachverständiger,
die ein freies Inverkehrbringen befürworten, erachtet die Ver¬
sammlung einstimmig zwar eine möglichst günstige Verwerthung
des nur gute Stücke enthaltenden Probefleisches für geboten,
jedoch dürfe dieselbe nur unter Declaration geschehen, da die
Proben aus vielen Gründen als verdorben im Sinne des Nahrungs¬
mittelgesetzes anzusehen seien.
Weiter ergreift College Schräder das Wort: Das hygie- j
nische Institut nähere sich seiner Vollendung, deshalb wäre es
nötliig, jetzt auf einen alten Plan der Versammlung zurück- j
zugreifen, nämlich die Behörden zu veranlassen, nachdem Prof.
Ostertag seine Bereitwilligkeit hierzu erklärt hätte, die Schlacht¬
hotleiter zu einem Informatiouscnrsus in der Hygiene nach
Berlin zu senden. Lebhaft wurde diesem Vorschläge beigestimmt
und beschlossen, dass der Obmann unserer Gruppe diese An¬
gelegenheit in die Hand nehmen und verfolgen solle.
Ferner referirt College Schräder über seinen Vortrag bei
der Centralvertretung, der in nachstehenden Punkten gipfelt, die
die allgemeine Billigung der Anwesenden fanden.
1. Bei der Schaffung des neuen Fleischbeschaugesetzes ist
dahin zu wirken, dass auch die Sanitätsthierärzte gutachtlich
gehört werden.
2. Zur Sicherung einer guten Ausführung des neuen Fleisch¬
beschaugesetzes siud die Fleischbeschaubeamten in Städten mit
Schlachthöfen als Gemeindebeamte definitiv anzustellen. Die
Bestallung der Beamten für ambulante Fleischbeschau dürfte
nur bei grosser Fahrlässigkeit mit Genehmigung des Regierungs¬
präsidenten zurückgezogen werden.
3. Der leitende Schlachthofthierarzt hat an den Sitzungen
der Schlachthofdeputation theilzunehmen und muss sogar Stimme
haben, wenn ein Vertreter der Interessenten solche besitzt.
Erörtert wird noch ein Urtheil des Ober-Verwaltnngsgerichtes,
dass gemäss § 5 des Schlachthausgesetzes eine Trennung der
vielfach zu einer Summe zusammengezogenen Schlacht- und
Untersuchungsgebühren durchzuführen ist. Die Bemessung der
Gebühren hat nach den Anhaltspunkten des Urtheils zu geschehen.
Der Vortrag des Collegen Meyer-Frankfurt a. 0. betreff.
Rundschreiben des Königl. Regierungspräsidenten zu Frankfurt a.O.
über die mikroskopische Schau ausländischer Schinken und Speck¬
seiten, sowie in der Praxis gesammelte Erfahrungen, wurde der
vorgeschrittenen Zeit wegen vertagt.
Zum Schlüsse vereinigte ein vom Collegen Wulff gegebenes
Mahl sämmtliche Collegen noch bis zum Abend. Bei dieser Ge¬
legenheit wurde dem Gastgeber sowohl für die Führung auf dem
Schlachthofe, als auch für seine Gastfreiheit von allen Anwesen¬
den herzlicher Dank gezollt.
Wulff, Klepp,
Vorsitzender. Schriftführer.
Oeffentliches Yeterinärwesen.
(Mittheilungen für
Senchenstatistik und Yeterinärpolizei.
Thierseuchen im Auslande im III. Quartal 1898.
Grossbritannien.
An Milzbrand erkrankten bei 100 Ausbrüchen 149 Thiere,
wovon 121 auf England, 17 auf Schottland und 11 auf Wales
kommen. DieTollwuth betraf 1 Hund in England, 3 anstecknngs-
verdächtige Hunde sind ausserdem getödtet worden An Rotz
erkrankten in England 294, in Schottland (X) und in Wales
1 Pferd. Die Zahl der wegen Schweinefieber geschlachteten
bezw. erkrankten und ansteckungsverdächtigen Schweiue betrug
7542, wovon 6345 auf England, 705 auf Schottland und 492 auf
Wales kommen. Die Lungenseuche ist nicht aufgetreten; zwei
als lungenseucheverdächtig polizeilich getödtete Thiere sind
seuchefrei befunden worden. Die Scliafräude ist im Berichts¬
quartal in England in 23 Grafschaften mit 55 Ausbrüchen fest-
gestellt worden, in Schottland in 5 mit 7 und in Wales in 5
mit 14.
Dänemark.
Die Zahl der verseuchten Bestände betrug: Milzbrand
Juli 7, August 9, September 2; Rotz: September 9; milzbrand¬
artige Rose (Rothlauf der Schweine): Juli 350, August 417,
September 716; chronische Schweinediphtherie: Juli 2, August 4,
September 5; Rückenmarkstyphus der Pferde: Juli 3, August—,
September 5; bösartiges Katarrhalfieber des Rindviehs: Juli 9,
August 9, September 8.
Norwegen.
Die Zahl der Krankheitsfälle betrug: Milzbrand im Juli 31,
im August 15, im September 30; bösartiges Katarrhfieber des
Rindviehs im Juli 25, iiu August 9, im September 29; Rothlauf
der Schweine im Juli 86, im August 94, im September 121 ;
ausserdem wurden im August und September 4 bezw. 2 Fälle
von Rauschbrand und im Juli 0 Fälle von Schweinediphtherie
gemeldet.
Veterinärbeamte).
Belgien.
‘ Die Zahl der Krankheitsfälle betrug im Üonat Juli, August
und September: bei Milzbrand 33 bezw. 36 bezw. 41; bei Rausch¬
brand 37 bezw. 43 bezw. 37; bei Wn*h 15 bezw. 20 bezw. 21;
bei Rotz (Wurm) 27 bezw. 25 bezw. 21 (wovon 14 bezw. 11
bezw. 14 ans England eingeschleppte). Die Maul- und Klauen¬
seuche ist in 32 bezw. 129 bezw. 287 Gemeinden aufgetreten.
Ferner werden von bösartiger Klauenseuche der Schafe — bezw.
6 bezw. 31 Fälle berichtet. Lungenseuche und Räude sind gar
nicht aufgetreten.
I talien.
Zahl der Erkrankungen (nach stellenweise nicht unbedingt
genauen Meldungen): Milzbrand 793; Rauschbrand 82; Tollwuth
bei Hunden 23, ausserdem bei einem Rind, 2 Pferden, 4 Schweinen,
1 Katze; Rotz (Wurm) 80; Maul- und Klauenseuche in den
einzelnen Berichtswochen: 1440 bezw. 1500 bezw. 1466 bezw. 1589
bezw. 830 bezw. 1169 bezw. 1007 bezw. 1231 bezw. 1245 bezw.
1125 bezw. 633 bezw. 2045 bezw. 481; Räude der Schafe 1099;
Schweineseuchen 1131; ansteckender Milchmangel bei Schafen
1662; Biiff'eldruse 53.
Schweden.
Die Zahl der an Milzbrand verseuchten Ställe betrug 12, der
au Rauschbrand 7, der an Maul- und Klauenseuche —, der an
Rotz 1.
Oesterreich.
Die Zahl der verseuchten Ortschaften belief sich in den ein¬
zelnen Monaten des Berichtsquartals anf 50 bezw. 60 bezw. 65
beim Milzbrand, anf 46 bezw. 26 bezw. 22 beim Rauschbrand,
auf 51 bezw. 65 bezw. 68 bei der Wuth, auf 78 bezw. 75
bezw. 61 beim Rotz und Wurm, auf 532 bezw 451 bezw. 511
bei der Maul- und Klauenseuche, anf 8 bezw. 9 bezw. 15 bei
der Pockenkrankheit, auf 62 bezw. 46 bezw. 14 beim Bläschen¬
ausschlag, auf 68 bezw. 61 bezw. 50 bei der Räude, auf 393
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22. t)öcember 1898.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
611
bezw. 405 bezw. 377 beim j Rothlauf der Schweine, auf 523
bezw. 648 bezw. 608 bei der Schweinepest;;(Schweineseuche).
Die Lungenseuche und die Rinderpest sind im Berichtsqnartal nicht
aufgetreten.
Ungarn.
Nach der.[(wenig übersichtlichen) Zusammenstellung nach
einzelnen Berichtswochen waren verseucht an:
Juli
August
September
Milzbrand.
46—61
58-67
60-92
\Vuth .
118—139
118—120
103—115
Rotz und Hautwarm . .
134—143
148-18C
174-180
Maul- und Klauenseuche
18—48
33-50
64—105
Lungenseuche ....
1
1
1
Blattern.
6-8
8-11
12—15
Bläschenausschlag . .
23—34
25—27
18—26
Räude .
37—89
72—79
50—71
Rothlauf der Schweine .
88-120
127—133
115-129
Schweineseuche . . .
853—1088
1132—1280
1244—1307
Beschlüsse des bayerischen Landwirthschaftsraths be r. Maul- und
Klauenseuche und Tubercnlose.
Der bayerische [Landwirthsehaftsrath hat am 5. November
d. J. hinsichtlich der Bekämpfung der Maul- und Klauenseuche
sowie der Tuberculose unter den Haussieren auf Antrag des
Referenten König folgende Beschlüsse gefasst:
A. Tilgung der Maul- und Klauenseuche der Hausthiere:
1. Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, iim Bundesrathe
dahin zu wirken, dass im nächsten Reichs-Etat die Posi¬
tion für wissenschaftliche Erforschung der Maul- und
Klauenseuche auf 100000 M. erhöht wird. 2. Der Werth
der Impfung gegen die Maul- und Klauenseuche ist nach’Erfolg,
Nebenwirkung und Dauer zwar noch nicht vollständig erforscht,
gleichwohl scheint diese der einzige Weg, die^ Seuche endlich
beherrschen zu lernen. Es wird daher an die Königliche Staats¬
regierung die Bitte gestellt, Besitzer bedrohter Stallungen zu
veranlassen, ihren Viehbestand amtlich impfen zu lassen mit
Garantie des Staats auf Ersatz für Thiere, welche in Folge der
Impfung zu Verlust gegangen sind. Die geimpften Thiere sind
in den Ohrmuscheln amtlich unverlöschlich zu bezeichnen.
3. Durchseuchte Thiere sind eine gewisse Zeit immun, doch ist
nicht erforscht, auf wie lange. Dies kann'nur rasch und zugleich
sicher durch die grosse Praxis festgestellt werden. Die Fest¬
stellung der Dauer deB Minimums der Immunität ist aber die
einzig sichere Grundlage iür spätere gesetzliche Massnahmen. —
Es sollen daher sämmtliche geimpften und ebenso von der Klauen¬
seuche genesenen Thiere mit Bezeichnung nach Jahr, Monat und
Datum der Impfung und ebenso der Genesung in den Ohren
amtlich unverlöschlich bezeichnet werden. 4. Der Handel mit in
den Ohren amtlich als genesen bezeichneten Thieren ist drei
Wochen nach der letzten Erkrankung der Thiere eines Gehöfts
und nachdem die Stallungen 14 Tage nach der letzten Erkrankung
desinficirt wurden, allgemein frei zu geben. Händler haben Buch
zu führen über Herkunft der bezeichneten Thiere und dürfen, so
lange die Seuche in einer Gegend, nur mit gesundeten und amt¬
lich gezeichneten Thieren Handel treiben. 5. Es wird an die
hohe Staatsregierung die Bitte gestellt, dass probeweise mit amt¬
lich als genesen bezeichneten Thieren die landesüblichen Märkte
abgehalten werden dürfen. 6. Dass die staatliche Entschädigung
des gemeinen Werthes von an Maul- und Klauenseuche gefallenen
Thieren eingeführt werde. 7. An die Königliche Staatsregierung
die Bitte zu richten, die an der thierärztlichen Hochschule
bestehende SeuchenverBUchsstation mit reichlichen
Mitteln auszustatten. 8. Dass in allen Kreisen des Königreichs,
baldmöglichst aber in einigen Kreisen mit entwickeltem Haudel
mindestens zwei bis drei Impfärzte augestellt werden, welche die
geimpften und die an der Seuche genesenen Thiere amtlich be¬
zeichnen und den Handel mit denselben überwachen.
B. Tilgung der Maul- und Klauenseuche und der Tubercu¬
lose der Hausthiere. Es sei an das Königliche Staats-Ministerium
des Innern das Ersuchen zu stellen: „Es möchte alsbald und
jährlich eine Anzahl zu amtlicher Thätigkeit durch die Staats¬
prüfung qualificirter Thierärzte an das Kaiserliche Gesund,
heitsamt zu Berlin und an die Veterinär- und Land-
wirtbschaftshochschule zu Kopenhagen entsendet, be¬
ziehungsweise zum Besuch dieser Institute mit Stipendien bedacht
werden, damit bayerischen Thierärzten die Gelegenheit geboten
ist, sowohl über das entworfene Impfverfahren gegen Maul- und
Klauenseuche, wie über die in Dänemark an der Hand der
Tuberculinprobe unternommenen Tuberculosetilgung sich eingehend
zu informiren.“
Anzeigepflicht für Geflügelcholera.
Eingeführt für sämmtliche bayerischen Regierungsbezirke
excl. Pfalz durch Bekanntmachung des Reichskanzlers vomn
14. December er.
Maul- und Klauenseuche-Nachrichten.
Ausbrüche gemeldet von Krefeld und unter den Ueberständen
des Schlachthofes zu Dresden. Das Erlöschen ist gemeldet vom
Schlachthofe zu Metz.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Der während des endenden Jahres fast stets bestehende
Raummangel hat es nöthig gemacht, eine Anzahl eingesandter
Kritiken zurückzuBtellen*), welche erst im nächsten Jahre werden
veröffentlicht werden können. Es sollen hierunter noch eine
Reihe literarischer Erscheinungen erwähnt werden, deren Be¬
sprechung nur kurze Bemerkungen erfordert.
Jahresberichte.
Jahresbericht Ober die Verbreitung der Thierseuohen im Deutschen
Reiche für 1897. Berlin, Verlag von Julius Springer. Der
Bericht, auf dessen reichen Inhalt wir referirend zurückkommen
werden, zeigt die bekannte Einrichtung. Sein Inhalt ist aber in
stetigem Wachsen begriffen. Eine Statistik des Rothlaufs aus
*) Chirurgie von Lanzillotti; Maladies microbiennes von No¬
card und Leclainche; Kayscrling, Photographiren; Casper,
Geschwülste; Compendium d. Chirurgie von Fröhner; Zuchtwahl
des Pferdes von Dünkel.berg; Thierreich von H.ecjk; Natur und
Hans von Hesdörffer; Allgem.„Thierzucht'von Hoffmann.
dem Reich, namentlich auch aus Preussen (in früheren Jahrgänge
nur aus Baden), Schweineseuche, Geflügelcholera, Gehirn- und
Rückenmarks-Entzündung, Tuberculose, Trichinen- und Finnen¬
schau sind neu hinzugekommen. Auch die Sammlung von Ge¬
setzen bezw. Verordnungen bietet des Neuen viel. Alle diese
Veränderungen machen diesen Jahrgang besonders interessant.
Jahresbericht Uber das Veterinirwesen in Ungarn für 1897.
Im Aufträge des Ackerbau-Ministeriums von Dr. Franz Hutyra.
1897 (Budapest. Druck des Franklin-Vereins). Dieser zum neunten
Male in deutscher Ausgabe erscheinende Bericht gehört in seiner
Vollständigkeit zu den besten Leistungen der Literatur des
öffentlichen VeterinärwesenB. Sein Inhalt wird demnächst referirt
werden.
Bericht Uber das Veterinirwesen im Königreich Sachsen für 1897.
Dresden. Schönfeldt, Verlagsbuchhandlung. Auch über diesen
altbekannten, an wissenschaftlichen und praktischen Beobachtungen
reichen Bericht werden zahlreiche kleine Referate in der B. T. W.
erscheinen.
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612
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. öl.
Verhandlungen des LandwirtheohafUraths von Elsas«-Lothringen
Session 1898. Strassbarg. Drack von Dumont-Schauberg. Diese
Sessionsbericbte weisen ein immer reichhaltigeres nnd vielseitigeres
Material auf, welches sich anf die gesammte öffentliche Pflege der
Landwirthschaft nnd Tbierzncht, damit auch anf die Veterinär¬
organisation erstreckt Das Stndinm dieses Berichtes ist von
hohem Interesse.
Neue Auflagen.
Hanbner’s Landwirtschaftliche Thierheilkunde. Zwölfte amge¬
arbeitete Auflage, heransgegeben von Geheimrath Siedam-
grotzky. Berlin bei Paul Parey 1898. Das Bach ist ent¬
sprechend den neueren Erfahrungen ergänzt.
Arnold (Prof, an der thierärztl. Hochschule In Hannover), Repetitorium
der Chemie. Für Mediciner and Pharmaceuten. Achte Auflage.
Hamburg-Leipzig bei Leopold Voss 1898. Die in kurzen
Zwischenräumen regelmässig erscheinenden reuen Auflagen be¬
weisen die unveränderte Werthschätzung, deren sich das praktische
Buch erfreut.
Johne, Der Trichinenschauer. Seohste Auflage. Berlin bei Paul
Parey 1898. Auch dieses Werk ist allgemein bekannt und ge¬
rühmt. Die neue Auflage zeigt eine Vermehrung sowohl des
Textes als der Abbildungen.
Pfeiffer. Operatiooscursu«. Berlin 1898, bei Richard Schötz,
liegt bereits in russischer Uebersetzung vor.
Dr. Baumgart, Grundsätze und Bedingungen der Ertheilung der
Dootor-Wiirde, bei allen Facultäten des Deutschen Reiches, sowie
in Basel, Bern, Freiburg, Zürich, Wien etc. Fünfte Auflage.
Berlin 1898, R. v. Decker’s Verlag. Auch dieses Buch ist in
früherer Auflage bereits in der B. T. W. beifällig besprochen
worden. Dass in den Statuten betr. Promotionszulassung manches
auf dem Papier steht, was sich beim praktischen Versuch anders
gestaltet, indem die Facultäten sich eine weitgehende Freiheit der
individuellen Beurtheilung Vorbehalten, kann der Verfasser nicht
ändern. Immerhin gewähren doch diese offlciellen Bestimmungen
einen im Allgemeinen zutreffenden Anhalt, und da gerade in
neuester Zeit in Deutschland vielfach neue Grundsätze zur Geltung
gelangt sind, so sei die neue Auflage Thierärzten, welche promo-
viren wollen, als Rathgeber bestens empfohlen.
Personalien.
Auszeichnungen : Dem Kreisthierarzt Dr. Wo 1 p e r t - Mainz wurde
das Ritterkreuz II. Kl. des Verdienstordens Philipps des Gross-
müthigen verliehen.
Anlässlich des Regierungsjubiläums des Kaisers von Oesterreich:
Dr. Bayer, Professor und Rector der thierärztl. Hochschule in
Wien, zum K. K. Hofrath ernannt. — Den Professoren Dr. J. C so kor
und Obersanitätsrath Dr. Polansky ebenda das Ritterkreuz des
Franz-Jo8ephs-Ordens, dem städtischen Oberthierarzt Toscano-
C a n e 11 a - Wien und dem Amtsthierarzt A. P o s t o 1 k a - Wien das
goldene Verdieustkreuz — verliehen.
Ernennungen: Thierarzt Siegm. Graf-Weitnau (Allgäu) zum
Districtsthierarzt in Wörth a. D.; Thieiarzt Lübke-Erfurt zum
comm. Bezirksthierarzt in Krankenhausen (Kyffh.). — Gewählt:
Thierarzt J. Brandmann -Fulda zum Schlachthofthierarzt in
Ottweiler (Bez. Trier).
Promotionen: Thierarzt J ac o b s - Hildesbeim von der natur¬
wissenschaftlichen Facultät zu Tübingen; Thierarzt Lothar Kan¬
tor o w i c z - Berlin von der medicinischen Facultät zu Giessen.
Approbationen: In Berlin: Die Herren Paul K n u t h und
Friedrich Hagenstein.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Berlin: Thierarzt 0. H o s a n g, Assistent am Patholog. Institut
der Thierärztl. Hochschule in Berlin; Thierarzt J. Matsch ke-
Berlin; Rossarzt Fr. Müggenbu r g-Berlin; Thierarzt P. N i p p e r t-
Berlin und Thierarzt H. S c h o 11 m a n n - Hannover, letztere beide
als Assistenten an den bezw Kliniken für kleine Hausthiere; Tbier-
arzt M. Schmey - Berlin; Thierarzt T. T i d d e n s - Ohrdurf; Thier¬
arzt Dr. J. Willerding, Repetitor rm Patholog. Institut der
Thierärztl.Hochschule in Berlin: Thierarzt E. Wu 1 f f- Stolzenau a. W.
Wohnsitzveränderungeo, Niederlassungen etc. : Verzogen: Thier¬
arzt Dr. Fr. Magdeburg - Hamburg nach Landsberg a. W. als
pract Thierarzt; Thierarzt C. T i t z e - Schwelm i. W. nach Stolzenau
(Hannover). — Thierarzt G. Lux hat sich in Beuthen (O.-S.), Thier¬
arzt Alb. Marggraff - Speyer in Niedermoos (Hessen) nieder¬
gelassen.
Berich tigung: IrrthUmlicherweise wurde in voriger Nummer
von Schlachtbofthierarzt Jüngers- Mülhausen der Rücktritt in den
Ruhestand berichtet.
in der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Loewner zum 8. Kür.-
Regt Graf Wrangel als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen
Oberrossarzt Schirmann.
Yacanzen.
Kreisthierarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
660 M.) — Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikersbeim
(ca. 700 M). — R -B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B.
Posen:.Neutomischel. — R.-B. Stralsun d: Stadtkreis Stralsund
und Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungs¬
präsidenten. — R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors
für den Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in AnBbach zum
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- uud Bureaugelder).
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach.
Thierärztl. Hochschule inMünchen: 2. Assistenten¬
stelle am patbolog.-lnstitut sofort (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an
den Director.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Oppeln:
Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Sähltätstbierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthierarzt zu Anf. Jan. 1899
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.)
Meid, an Magistrat — Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum
1. April 1899 (2400 M. u. Wohn.; vierteljährl. Künd.) Meid. b. 10. Jan.
1899 an Magistrat. — Königsberg i. Pr..* 2. Schlachthof-Thierarzt
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M.
bis 3000). Event. Wohnungsabzug. Bewerbungen sofort an den
Director. — M a 1 m e d y: Schlachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬
dungen bis 1.Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen),
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat-
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Plauen
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M.
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an Oberbürgermstr.
— St ras b u rg(Westpr.): Schlachthausinspector (1600M. bis2600M.
freie Wohnung).
b)Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Haltern: Thierarzt für Fleischschau (ca. 2000 M.
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Münstereifel; Schlachthaus-
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg:
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
— Warburg: Schlacbthofthierarzt Bew. an Bürgermeister.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat —
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R.
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. —
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren),
Bewerb, an Magistrat. — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1600 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss 300 M.). Bew. an
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
beschau 600 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an
Bürgerm. Igel. — Obermarschacht (Elbe): Thierarzt — PI athe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬
verwaltung. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
schau ca. 600 M.) Bewerbungen an den Stadtrath. — Schön-
f 1 i e s s (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn -
Joachimstbal. — Stoppenberg (bei Essen): Thierarzt Näheres
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt
zum 1. December 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an BUgermeister —
Z e h d e n : Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg
bei Zehden),
Verantwortlich für den Inhalt (exeL Ineeratenthell) Prot Dr. Schmält* ln Berlin. — Verlag nnd Klxenthum von Richard Schoetz ln Berlin. — Druck von W. BtUenateln. Berlin.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 51.
\ss3-
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse No. 36.
Soeben erschien:
Lehrbuch
der
tierärztlichen Geburtshilfe
von
Professor l)r. Carsten Harms,
vormals Leiter der externen Klinik und Lehrer der Geburtshilfe an der Königlichen Tierarzneischule zu Hannover
unter Mitwirkung von
A. Eggeling und Dr. R. Schmaltz,
Professoren an der Königlichen tierärztlichen Hochschule zu Berlin.
Dritte gänzlich umgearbeitete und stark vermehrte Auflage. pmj
Preis brosch. M. 22,—. Gebunden M. 24.—.
Inhaltsverzeichnis.
Theil 1. 8elte
I. Theil: Der Geschlechtstrieb .. 1
Quelle des Geschlechtstriebes. 1
Erwachen des Geschlechtstriebes; Mannbarkeit .... 5
Die Brunst beim weiblichen Thiere.11
Die Menstruation im Gegensätze zur Brunst.35
II. Theil: Die Begattung.39
Verhalten des weiblichen Thieres.39
Verhalten des männlichen Thieres.46
Verlauf der Begattung bei den 1 lausthierarten ..... 61
III. Theil: Die Befruchtung.70
Wesen und Bedingungen der Befruchtung.71
Die Fruchtbarkeit des Mutterthieres.93
IV. Theil: Die Vererbuug.110
Vererbungstheorien.111
Die thatsächlichen Beobachtungen Uber die Vererbuug. . 122
V. Theil: Die Entstehung (Vererbung) des Geschlechts. . . 134
I. Die Theorie vom Dualismus Bowohl der Samenfäden als
der Eizellen.135
II. Theorie: Gleichheit aller Samenfäden bezw. Eier eines
Individuums. Bestimmung des Geschlechts der neuen
Keimanlage durch Eigenschaften der Geschlechtszellen,
welche dieselben während ihrer Ausbildung und Existenz
im elterlichen Organismus erlangt haben.145
III. Theorie: Die Geschlechtszellen besitzen keine Erbanlage
für die Geschlechtsübertragung. Entscheidend für die
Geschlechtsbestimmung ist der allgemeine Zustand der
Geschlechtszellen, in welchen dieselben in der Zwischen¬
zeit von ihrer Loslösung aus der Geschlechtsdrüse bis
zur Befruchtung gerathen (Thury).157
IV. Die Theorie der hermaphroditischen Keimanlage und
nachträgliche Bestimmung des Geschlechtscharacters
während der intrauterinen Entwicklung.160
VI. Theil: Das intra-uterine Leben der Frucht.173
Grundzüge der Leibesentwicklung.174
Die Eihäute oder Fruchthüllen.180
Physiologie des Foetus.211
Das Ausreifen des Foetus.239
Die Beschaffenheit des reifen Foetus.245
Die Lagerung im UtcruB.241
VH. Theil: Die Mutter während der Schwangerschaft . . . 256
Bemerkungen über den Uterus.256
Dauer der Schwangerschaft.263
Abnorme Schwangerschaften.270
Feststellung der Schwangerschaft.274
Beeinflussung des mütterlichen Körpers durch dieSchwanger-
schaft. ..286
Diät der Schwangerschaft.289
Seit«
Vm. Theil: Die Geburt.297
Der Geburtsweg.297
Die Zeit unmittelbar vor der Geburt.313
Der normale Geburtsvorgang.317
Das Junge nach der Geburt.343
Das Mutterthier nach der Geburt.352
Theil II.
Die Pathologie des Mutterthieres.• . 1—294
„Abnormitäten der Brunst. . . . .. . ..1—W-
Abnormitäten, welche eine Begattung hindern .... 14—17
Krankheiten, die in Folge der Begattung auftreten . . 17—29
Krankheiten und Abnormitäten, welche die Konception
• verhindern.29—33
Die abnormen Trächtigkeiten.33—41
Krankheiten, die während der Trächtigkeit auftreten . 41—71
Abnormitäten und Krankheiten, welche die Geburt be¬
hindern .72—113
Krankheiten, welche beim Gebären auftreten . . . 113—183
Krankheiten, die nach dem Gebären auftreten bezw.
, zur Behandlung gelangen. 133—240
Die Krankheiten der Milchdrüse. 241—294
Die Pathologie des Foetus. 296—842
Das vorzeitige Athmen. .... 296
Der Scheintod.‘298
Der Tod.800
Die im Fruchthälter abgestorbene Frucht.301
Die absolut und relativ zu grosse Frucht.309
Zu starke Behaarung.814
Festigkeit des Nabelstranges, Umschlingungen desselben,
spontane intrauterine Amputationen.814
Festigkeit des Chorions.316
Eihautwassersucht, Eihautödem. Bluthamen (rote Blase) . 316
Wassersucht des Foetus.822
Ansammlung von Harn in der Harnblase.326
Geschwülste.327
Missgeburten.328
Die geburtshilflichen Bandagen und Instrumente . . . 348—878
Die geburtshilflichen Operationen am Foetus, Embryotomie 879—401
Die geburtshilflichen Operationen am Mutterthier. . . 401—418
Die elgentUche Geburtshilfe.
Geburtshilfliche Untersuchung.419—429
Die Lagen des Foetus und ihre geburtshilfliche Behandlung 480—495
I. Abnorme Vorderbeinhaltungen.438
II. Abnorme Kopfhaltungen.450
III. Abnorme Hinterbeinhaltungen.467
IV. Abnorme Stellungen.477
V. Abnorme Lagen.484
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eblwerthi
612
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. Bl.
Verhandlungen des Landwirthschaftaraths von Elsaei-Lothringen
ession 1898. Strassburg. Druck von Dnmont-Schaoberg. Diese
essionsberichte weisen ein immer reichhaltigeres und vielseitigeres
Material auf, welches sich auf die gesammte öffentliche Pflege der
andwirthschaft und Thierzucht, damit auch auf die Veterinär-
rganisation erstreckt. Das Studium dieses Berichtes ist von
)hem Interesse.
Neue Auflagen.
Hanbner’s Landwirthschaftllohe Thierheilkunde. Zwölfte umge-
rbeitete Auflage, herausgegeben von Geheimrath Sie dam-
rotzky. Berlin bei Paul Parey 1898. Das Buch ist ent-
»rechend den neueren Erfahrungen ergänzt.
Arnold (Prof, an der thlerftrztl. Hochschule In Hannover), Repetitorium
jr Chemie. Für Mediciner und Pharmaceuten. Achte Auflage.
amburg-Leipzig bei Leopold Voss 1898. Die in kurzen
wischenräumen regelmässig erscheinenden reuen Auflagen be¬
eisen die unveränderte Werthschätzung, deren sich das praktische
uch erfreut.
Johne, Der Triohlnensohauer. Seohste Auflage. Berlin bei Paul
arey 1898. Auch dieses Werk ist allgemein bekannt und ge-
ihmt. Die neue Auflage zeigt eine Vermehrung sowohl des
'extes als der Abbildungen.
Pfeiffer. Operatlonscursuo. Berlin 1898, bei Richard Schötz,
egt bereits in russischer Uebersetzung vor.
Dr. Baumgart, Grundsätze und Bedingungen der Ertheilung der
octor-Wflrde, bei allen Facultäten des Deutschen Reiches, sowie
i Basel, Bern, Freiburg, Zürich, Wien etc. Fünfte Auflage,
•erlin 1898, R. v. Decker’s Verlag. Auch dieses Buch ist in
•ttherer Auflage bereits in der B. T. W. beifällig besprochen
rorden. Dass in den Statuten betr. Promotionszulassung manches
uf dem Papier steht, was sich beim praktischen Versuch anders
estaltet, indem die Facultäten sich eine weitgehende Freiheit der
idividuellen Beurtheilung Vorbehalten, kann der Verfasser nicht
ndern. Immerhin gewähren doch diese offlciellen Bestimmungen
inen im Allgemeinen zutreffenden Anhalt, und da gerade in
euester Zeit in Deutschland vielfach neue Grundsätze zur Geltung
elangt sind, so sei die neue Auflage Thierärzten, welche promo-
iren wollen, als Rathgeber bestens empfohlen.
Personalien.
Auszeichnungen : Dem Ereisthierarzt Dr. W o 1 p e r t - Mainz wurde
as Ritterkreuz II. Kl. deo Verdienstordens Philipps des Gross-
]Utbigen verliehen.
Anlässlich des Regierungsjnbilänms des Kaisers von Oesterreich:
)r. Bayer, Professor und Rector der thierärztl. Hochschule in
Vien, zum K. K. Hofrath ernannt. — Den Professoren Dr. J. C so kor
md Obersanitätsrath Dr. P o I a n s k y ebenda das Ritterkreuz des
'ranz-Josephs-Ordens, dem städtischen Oberthierarzt Toscano-
lan e 11 a - Wien und dem Amtsthierarzt A. P os t o 1 k a - Wien das
oldene Verdienstkreuz — verliehen.
Ernennungen: Thierarzt Siegm. Graf-Weitnau (Allgäu) zum
)istrictsthierarzt in Wörth a. D.; Thieiarzt Lübke-Erfurt zum
omm. Bezirksthierarzt in Frankenhansen (Kyffh.). — Gewählt;
rhierarzt J. Brandmann -Fulda zum Schlachthofthierarzt in
)ttweiler (Bez. Trier).
Promotionen: Thierarzt J a c o b s - Hildesheim von der natur¬
wissenschaftlichen Facultät zu Tübingen; Thierarzt Lothar Kan-
o ro w i c z - Berlin von der medicinischen Facultät zu Giessen.
Approbationen: In Berlin: Die Herren Paul K n u t h und
•'riedrich Hagenstein.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
I erlin: Thierarzt O. Hob an g, Assistent am Patholog. Institut
ler Thierärztl. Hochschule in Berlin; Thierarzt J. Matschke-
ierlin; Rossarzt Fr.Müggenbur g-Berlin; Thierarzt P. N i p p e r t-
3erlin und Thierarzt H. Schottmann -Hannover, letztere beide
ds Assistenten an den bezw Kliniken für kleine Hausthiere; Tbier-
irztM.Schmey -Berlin; Thierarzt T. Tiddens -Ohrdurf; Thier¬
arzt Dr. J. Willerd ing, Repetitor .°m Patholog. Institut de#
Thierärztl.Hochschule in Berlin: Thierarzt E. Wulff-Stolzenau a. W .....
Wohnsitzverfinderungen, Niederlassungen etc.: Verzogen: Thier
arzt Dr. Fr. M a g d e b n r g • Hamburg nach Landsberg a. W. ah
pract Thierarzt; Thierarzt C. T i t z e - Schwelm i. W. nach Stolzenau
(Hannover). — Thierarzt G. Lux hat sich in Beutben (O.-S.), Thiei¬
arzt Alb. Marggraff - Speyer in Niedermoos (Hessen) nieder¬
gelassen.
Berichtigung: Irrthümlicherweise wurde in voriger Nummer
von Schlachthofthierarzt Jüngers- Mülhausen der Rücktritt in den I)
Ruhestand berichtet.
in der Armee: Versetzt: Oberrossarzt Loewner zum 8. Kür.- (V
Regt Graf Wrangel als Nachfolger des in den Ruhestand getretenen W
Oberrossarzt Schirmann.
rat Lieh
Vacanzen.
Kreistbierarzt8tellen: a) N eu ausgeschriebene Stellen:
Profess«
R.-B. C o b 1 e n z: Meisenheim (Zuschuss 300 M. eventl. ausserdem
660 M.) — Jagstkreis: Districtstbierarztstelle Weikersheim
(ca. 700 M). — R-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B.
Posen:.Neutomischel. —R.-B. Stralsund: Stadtkreis Stralsund
und Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungs¬
präsidenten. — R.-B. Mittelfranken: Stelle des Zuchtinspectors
für den Zuchtverband für Fleckvieh mit Wohnsitz in Ansbach zum
1. Februar 1899 (3500 M. und 1700 M. Reise- und Bureaugelder).
Meid, bis 24. December 1898 an Bezirksamtmann in Ansbach.
Thierärztl. Hochschule inMUnchen: 2. Assistenten¬
stelle am patbolog.-lnstitut sofort (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an
den Director.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Oppeln:
Kosel. — R.-B. Osnabrück: Meppen (800 M. Zuschuss).
Samtätsthierarztstellen : a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Hirschberg i. Schl.: Schlachthofassistenzthierarzt zuAnf. Jan. 1899
(1000 M., 120 M. Wohnungsgeldzusch. Privatpraxis 4 wöchentl. Künd.)
Meid, an Magistrat —Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum
1. April 1899 (2400 M. u. Wohn.; vierteljährl. Künd.) Meid.b. 10. Jan.
1899 an Magistrat. — Königsberg i. Pr.: 2. Schlachthof-Thierarzt
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M.
bis 3000). Event. Wobnungsabzug. Bewerbungen sofort an den
Director. — M a 1 m e d y: Scblachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬
dungen bis 1.Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen),
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat¬
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat. — Plauen
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M.
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an OberbUrgermstr.
— Strasburg (Westpr.): Schlachthausinspector (1600 M. bis 2500 M.
freie Wohnung).
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: Haltern: Thierarzt für Fleischscbau (ca. 2000 M.
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz:
Schlachthofassistenzthierarzt. — Münstereifel: Schlachthaus¬
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg:
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
— Warburg: Schlachthofthierarzt. Bew. an Bürgermeister.
Privatsteilen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat. —
Eddelak (Holstein): Thierarzt Näheres Gemeinde-Vorsteher R.
Lau. — Elsterberg: Thierarzt. Auskunft Stadtgemeinderath. —
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschangebühren),
Bewerb, an Magistrat — Grossschönau: Thierarzt (Fixum 1600 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde¬
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 M.). Bew. an
Magistrat. — Moringen: Thierarzt (Einnahme ans Fleisch¬
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an
Bürgerin. Igel. — Obermarsch acht(Elbe): Thierarzt — PIathe
(Pom.): Thierarzt (Einnahme aus Fleischschau 1200 M.) Meid, an Polizei¬
verwaltung. — Schlotheim: Thierarzt (Einnahme ans Fleisch¬
schau ca. 500 M.) Bewerbungen an den Stadtratb. — Schön-
fliese (Neumark): (Eink. ca. 3000 M.) Näheres Thierarzt Kühn-
Joachimstbal. — S t o p p e n b e r g (bei Essen): Thierarzt Näheres
durch den Bürgermeister. — Weitnau b. Kempten: Thierarzt
zum 1. Deoember 1898 (460 M. Fixum.). Meid, an BUgermeister —
Z e h d e n: Thierarzt. Näheres durch Amtsrath Ehlert in Grüneberg
bei Zehden).
Verantwortlich fUr den Inhalt (excL Inaeratenthcl!) Prot Dr. Schmaltt ln Berlin. — Verla« und Eirenthum von Richard Schoetz In Berlin. — Druck ron W. BOxemteln. Berlin.
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No. 61.
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Soeben erschien :
Lehrbuch
tierärztlichen Geburtshilfe
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Inhaltsverzeichnis.
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IV. Die Theorie der bennapbrodltiscben ® , arac tcrs
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Physiologie des Foetus
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14—17
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Nö. 61.
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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Die TlilerirnUlebe Wochenschrift" erschein!
wöchentlich in Slirke von mindestens l'/iHogcu. Dieselbe
ist xu bestehen durch den Buchhandel, die l’ost (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Scho«tt, Berlin NW., Luisenstrasse 36. xum I’reise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
Berliner
Uriglnalbeitrtge werden mit 50 Bk. für den Bogen honnrirt.
Alle Mauuscrlpte, Mitthel langen und redactiouelleu An¬
fragen hellebe inan zu senden an Prof. Dr. Schmaltz,
Berlin, thier&rztllche Hochschule, NW., LuisenstTasse .*>0.
Correcturen, Recensions-Exemplare und Annoncen da¬
gegen an die Verlagsbuchhandlung.
I
h
I
Thierärztliehe Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Lnisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 52 . Ausgegeben am 29. December.
Anzeigen werden zum Preise von 50 Pf. für die einmal gespaltene Petitzeile, oder deren Raum, angenommen. Bei 5- 10 maliger
Wiederholung kostet die Zeile 40 35 Pf.
Beilagen werden nach einer mit der Verlagshandlung zu treffenden Vereinbarung beigelegt.
Mit der nächsten Nummer beginnt ein neuer Jahrgang der „Berliner thierärzt-
liehen Wochenschrift 46 und werden die geehrten Abonnenten ergebenst ersucht,
das Abonnement, wo dies nicht bereits geschehen, baldigst zu erneuern.
Die Verlagsbuchhandlung.
Praxis
in einem Landstädtchen ist bis längstens 1. April 1899 an einen
verheirateten Collegen abzugeben. Einkommen 6000 Mark jährlich;
bei Uebemahme der Fleischbeschau noch 600- 700 Mark. 2200 Mark
Fixum. Zugleich kann ein Haus im Werthe von 15 000 Mark sowie
eine Hausapotheke mitübernommen werden. — [nss]
Offerten unter „Praxis* 4 an die Expedition d. Bl.
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Blicht [1783J
Vertretung
oder Assistenz Antritt sofort Nachfragen sub S. P. 17 an d. Exped.
Approb. Vertreter
für Januar u. Februar 1899 gesucht. Wohnung u. Verpflegung im
Hause. Eigenes Gespann. Offerten erbitte sofort unter: „Kreis¬
tierarzt“ an die Expedition der Zeitschrift. [1784]
Thierarzt.
Für das im Bau begriffene städtische Schlachthaus soll ein
geprüfter Thierarzt als Schlachthaus-Verwalter und Fleischbeschauer
angestellt werden.
Gehalt 1500 Mark nebst freier Wohnung, Brand, Licht und
Wasser. Privatpraxis soweit der Dienst im Schlachthaus es gestattet.
Meldungen unter Beifügung von Zeugnissen und Lebenslauf¬
beschreibung sind dem Unterzeichneten bis zum 1. Januar 1809
zuzusenden. [ ,785 1
Malmedy (Rheinpr.), den 2. Dezember 1898.
Der Bürgermeister.
_K a 1 p e r s. _
Bekanntmachung.
Die Stelle des [i78oj
zweiten Thierarztes
am städtischen Schlacht- nnd Viehhof ist möglichst zum 1. Januar 1899
neu zu besetzen. Das Jahresgehalt beträgt 2400 M., steigend von
3 zu 3 Jahren um 200 M. bis zum Höchstbetrage von 3000 M.
Falls möblirte Dienstwohnung und Beheizung gewährt werden,
worden 300 M. p. a. in Abzug gebracht. Die Stelle ist nach ein¬
jähriger Probedienstzeit pensionsberechtigt
Bewerber, welche an Schlachthöfen thätig waren, werden be¬
vorzugt. Die Bewerbungen sind möglichst sofort an den Unter¬
zeichneten einznreichen. Der Director
Königsberg i. Pr., des Schlacht- u. Viehhofs,
den 20. XII. 1898. Maske.
Kaufe stets Veterinär - Litteratur (einzelne Werke
sowie ganze Bibliotheken), und zahle gnte Preise. . [i787]
R. Zinke’« Antiquariat, Dresden, Pillnitzerstr. 32.
Bekanntmachung.
Die Kreisthierarztstelle des Kreises Meppen ist sofort neu zu
besetzen. [nssj
Das Einkommen dieser Stelle besteht in dem etatsmässigen
jährlichen Gehalt von 600 M., ausserdem bis auf Weiteres voraus¬
sichtlich in einer Stellenzulage von jährlich 300 M. und in einem
Zuschüsse ans Kreismitteln im Betrage von 500 M. jährlich. An
die Gewährung dieses letzteren Zuschusses ist die Verpflichtung
geknüpft, an der landwirtschaftlichen Winterschule in Meppen
Unterricht in der Thierheilkunde ohne weitere Vergütung zu ertlieilen.
Nach der Viehzählung vom 1. Dezember 1897 waren im Kreise
Meppen 2482 Pferde, 15 959 Stück Rindvieh, 22117 Schafe und
12 048 Schweine vorhanden. Weitere approbirte Thierärzte neben
dem Kreisthierarzt sind im Kreise Meppen nicht ansässig. Befähigte
Bewerber werden hiermit aufgefordert, sich bis zum 20. Januar k. J.
unter Einreichung der Zeugnisse und eines Lebenslaufes bei mir zu
melden.
Osnabrück, den 23. Dezbr. 1898. Der Regierungs-Präsident.
Bekanntma ebung.
Die pensionsberechtigte Stelle des Inspektors am hiesigen
städtischen Schlachthause ist sofort durch einen geprüften
Thierarzt wieder zu besetzen.
Das Stelleneinkoramen beträgt neben freier Wohnung, Brand
und Licht Anfangs 2400 Mark und steigt bei zufriedenstellenden
Leistungen bis auf 3000 Mark.
Die Ausübung der Privatpraxis ist nur innerhalb des Stadt¬
bezirks gestattet.
Beiträge zur Provinzial-Wittwen- und Waisenversorgungs-
Anstalt, welcher der Anzustellende anzugehören hat, werden ganz
seitens der Stadt gezahlt.
Bewerber um die vakante Stelle, deren Wiederbesetzung
baldmöglichst erfolgen soll, ersuche ich um sofortige Einreichung
der Zeugnisse und des Lebenslaufs.
Siegburg, den 22. Dezember 1898. [itsh]
Der Bürgermeister.
Spilles.
Von Anfang Januar 1899 auf kürzere oder längere Zeit
einen approbirten Thierarzt als
Assistent.
Freie Wohnung und Verpflegung im Hause. (nstdj
Offerten mit Ansprüchen unter S. B. 10. an die Expedition
dieser Zeitung.
Eine thierärztliche Apotheke ist preiswerth abzngeben.
Reinfeld i. Holst. (mi) Pauline Barckmann.
Digitized by VjüUV 1a~
No. 52.
BERLINER THIERARZTL1CHE WOCHENSCHRIFT.
1898.
Bekanntmachung:.
[ 1792 ]
| 1793 ]
i —
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©
U Ü
Xi 03
w *
Ein approb. Thierarzt wird zum 1. April 1899 für den
hiesigen Schlachthof als
zweiter Thierarzt
gesucht.
Jahresgehalt 2400 Mark und freie Wohnung bei viertel¬
jährlicher Kündigung.
Bewerbungen mit Lebenslauf und Zeugnissen sind bis zum
10. Januar 1899 bei hiesigem Magistrat einzureichen.
Kattowitz, den 19. December 1898.
Die Schlachthof-Direction.
A n d r i c h.
Von Mitte Januar auf längere Zeit
approb. Vertreter
gesucht. Freie Verpflegung und 4 M. Diäten. Offerten an
Witkow, 26. XII. 1898. Krüger, int. Kreisthicrarzt.
Suche für Mitte Januar nächsten Jahres [1794]
Stellvertreter
resp. Nachfolger für Fleischbeschau und Praxis. Einkommen
ca. .'5000 M. Franke, prakt. Thiorarzt,
____ Bei chtha i i. Sohl .
500 M. für Besorgung einer selbst oder [ 1795 ]
Hülfsthierarztstelle
einem an einem Schlachthofe angestellten Kollegen.
Offerten sub L. S. an die Expedition dieser Zeitschrift.
Gerl ach, Handbuch der gerichtlichen Thier¬
heilkunde, 1862, gegen Meistgebot zu ver¬
kaufen. [ 1790 ]
Off, unt. Z. 100 a. d. Exped. d. B. T. W.
Kam il ien-Vernors» nag:.
Alle deutschen Reichs-, Staats- und Kommunal- etc. Beamten,
Amts- und Gemeindevorsteher, Standesbeamten, Postagenten, ferner
die Beamten der Sparkassen, Genossenschaften und Kommandit¬
gesellschaften, Geistlichen, Lehrer, Lehrerinnen, Rechtsanwälte,
Aerzte, Thierärzte, Zahnärzte, Apotheker, Ingenieure, Architekten,
Redakteure, Offiziere z. D. und a. D., Militär-Aerzte, Militär-Apotheker
und sonstige Militärbeamten, sowie auch die bei Gesellschaften und
Instituten dauernd thätigen Privat-Beamten, welche für ihre Hinter¬
bliebenen sorgen wollen, werden auf den
Preussischen Beamten-Verein
Protektor: Seine Majestät der Kaiser
Lebens-, Kapital-, Leibrenten- und Begräbniggeld-
Versicherungs-Anstalt
aufmerksam geraaobt. [1797]
Reiner Zugang 1897 = 3238 Versicherungen Ober 12 648 750 M. Kapital
und 45 080 M. Jährl. Rente.
Versicherungsbestand 171551427 M. Vermögensbestand 47 687 000 M.
Der Ueberschuss des Geschäftsjahres 1897 beträgt rund 1600000 M.,
wovon den Mitgliedern der grösseste Theil als Dividende zugefiihrt wird.
Die Kapital-Versicherung des Preussischen Beamten-Vereins
ist vortheilhafter als die s. g. Militärdienst-Versicherung. Der Verein
stellt Dienstkautionen für Staats- und Kommunal-Aemter unter den
günstigsten Bedingungen, ohne den Abschluss einer Lebensversicherung
zu fordern. Infolge der eigenartigen Organisation (keine bezahlten
Agenten) sind die Prämien beim Verein billiger als bei allen anderen
Anstalten. Die Drucksachen desselben geben jede nähere Auskunft
und werden auf Anfordern kostenfrei zugesandt von der
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Die Thier&ntlich« Wochenschrift“ erscheint
wöchentlich in SULrke von mindestem l 1 /* Bogen. Dieselbe
Ist tu bestehen durch den Buchhandel, die Post (No. 1031)
oder durch die Verlagsbuchhandlung von Richard
Schoeta, Berlin NW, Luisenstrasse 36, sum Preise von
Mk. 5,— pro Vierteljahr.
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Originalbeitrige werden mit 60 Hk, für den Bogen honorlrt.
Alle Manuscripte, Mittbeilungen und redactlonellen An¬
fragen beliebe man zu senden an Prot Dr. Scbmaltz,
Berlin, thierirztliche Hochschule, NW, Luisenstrasse 56.
Correcturen, Recensions-Rzemplare und Annoncen da¬
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Thierärztliche Wochenschrift
Herausgegeben
von
Dr. W. Dieckerlioff, Dr. R. Schmaltz, Dr. R. Lothes, Dr. B. Peter.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse 36.
Jahrgang 1898. M 52 . Ansgegeben am 29. December.
Inhalt: Buch: Behandlung der M i I z b r a n d c a d a v e r un'd Untersuchung des M i 1 z b r a n d b I u t e s. — Schmidt:
Schutzimpfung gegen Maul - und Klauenseuche. — Referate : Aus dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht
der preussischen Armee für 1897. — Eppinger: D.is Geburtshelfer-Ekzem. — Sn der: Carcinoraatose beim Hengst. —
Teurer Zur Kasuistik der Herzkrankheiten beim Pferde. — Körner: Ueber üesinfection von Milzbrandsporen durch Phenol
in Verbindung mit Salzen. — Mario Molinari: Ueber den Ursprung des Tetanuskeimes. — Blume nthal: Ver¬
änderung des Teianusgiftes im Organismus und seine Beziehung zum Antitoxin. — Kanthack and C o n n e 11: The flagella
of the tetanus bacillus, and otlier coutributions of the morphology of the tetanus bacillus. — Thierhaltung und Thier¬
zucht. — Tagesgeschichte: Verschiedenes. — 0 e ff e n 11 i c h e s Veterinärwesen: Seuchenstatistik und
Veterinärpolizei. — Fleischschau und Viehverkehr. — Biicheranzeigen und Kritiken. — Personalien. —
V a c a n z e n.
Behandlung der Milzbrandcadaver und Untersuchung
des Milzbrandblutes.
Von
Buch -Frankfurt,
DepartementRtblersrxt.
Meine Herren Collegen! Da der Milzbrand von allen Seuchen
am besten erforscht ist, so sollte man meinen, dass über die
Verbreitung desselben durch unzweckmässiges Verscharren von
Miizbrandcadavern schon mehr bekannt wäre, als dies thatsächlich
der Fall ist. Die Untersuchnngen der Hygieniker und derBacterio-
logen im Speciellen sind nach dieser Richtnng hin noch keines¬
wegs znm Abschluss gelangt So wissen wir thatsächlich noch
nicht genan, wie weit Milzbrandsporen bei der heutigen Art der
Verscharrung von grossen Thiercadavern ans in die weitere Um¬
gebung der verwesenden Cadaver gelangen, insbesondere aber
ob es den Milzbrandsporen gelingt, die einen Meter dicke Erd¬
schicht, die das Cadaver bedeckt, im Laufe der Zeit zu durch¬
wandern, um in den oberen Erdschichten einen Rahepunkt zu
finden. Doch hierüber später mehr. Nur soviel sei an dieser Stelle
noch erwähnt, dass die bisherigen, nach dieser Richtung bin sich
bewegenden Versuche fast sämmtlich mit kleinen Thieren an¬
gestellt wurden, die einer kritischen Beleuchtung, wenn man den
Massstab an die natürlichen Vorgänge bei dem Vergraben grosser
Cadaver anznlegen gezwungen ist, nicht Stand halten können.
Die Frage nach der Verbreitung des Milzbrandes wird gerade
in der jetzigen Zeit wieder actuell, da es keinem Zweifel mehr
unterliegt, dass der Milzbrand unter den Hausthieren seit den
letzten zehn Jahren häufiger anftritt, als in den vorhergehenden
Jahren.
Wir haben daher allen Grund, uns mit dieser Erscheinung
etwas mehr zn beschäftigen, wie früher und ihren Ursachen nach-
znsptiren, schon um dessentwillen, weil leicht der Vorwurf er¬
hoben werden könnto, als trage das jetzige Verscbarrungssystem
die Schuld an dem häufigeren Auftreten des Milzbrandes.
Eine kritische Belenchtnng der Frage soll hiermit nicht ver¬
sucht werden, sondern es soll lediglich an der Hand der bisherigen
wissenschaftlichen Untersuchnngen gezeigt werden, dass in Bezog
auf die Bewegung der Milzbrandkeime auf Verscharrnngsplätzen
noch Manches der wissenschaftlichen Aufklärung harrt.
Um zu beweisen, dass der Milzbrand thatsächlich häufiger in
den letzten Jahren aufgetreten ist als früher, muss ich zu den
statistischen Aufzeichnungen des Kaiserlichen Reichs-Gesundheits-
Amtes greifen, die dafür den eclatanten Beweis liefern.
Danach wurden im Jahre 1889 im Deutschen Reiche: 2864,
in Preussen: 1571, in der Provinz Brandenburg: 93 Fälle fest-
1 gestellt. Die Senclie trat in Brandenburg in 22 Kreisen auf.
Im Jahre 1890 im Deutschen Reiche: 3271, in Prenssen:
, 1632, in Brandenburg: 193 Fälle. (In Brandenburg 24 Kreise.)
Im Jahre 1891 im Deutschen Reiche: 3257, in Preussen: 1741,
in Brandenburg: 198 Fälle. (In Brandenburg 23 Kreise.)
Im Jahre 1892 im Deutschen Reiche : 3697, in Prenssen: 1968,
I in Brandenburg: 361 Fälle. (In Brandenburg 28 Kreise.)
Im Jahre 1893 im Deutschen Reiche: 3784, in Preussen: 2339,
[ in Brandenburg: 284 Fälle. (In Brandenburg 24 Kreise.)
Im Jahre 1894 im Deutschen Reiche: 3699, in Preussen: 2453,
in Brandenburg: 374 Fälle. (In Brandenburg 25 Kreise.)
i Im Jahre 1895 im Deutschen Reiche: 3949, in Preussen: 2653,
in Brandenburg: 412 Fälle. (In Brandenburg 26 Kreise.)
Im Jahre 1896 in Deutschen Reiche: 4422, in Prenssen: 3020,
in Brandenburg: 427 Fälle. (In Brandenburg 29 Kreise.)
Aus den letzten Jahren steht mir ein übersichtliches Zahlen-
I material nicht zur Verfügung. Für die Provinz Brandenburg ist
aber, wenn ich den Regierungsbezirk Frankfurt dabei als Mass-
' stab annebme, gerade im letzten Jahre eine noch grössere Zo-
nähme der Milzbrandfäile wahrscheinlich.
Das obige Zahlenmaterial beweist evident, dass der Milzbrand
jetzt häufiger anftritt als früher. In der Provinz Brandenburg
haben sich die Fälle von 93 im Jahre 1889 auf 427 Fähe im
Jahre 1896 gesteigert.
Woher kommt nun dieseZunahme der Milzbrandfäile? Es soll ge¬
wiss nicht geleugnet werden, dass die Einführung der Entschädigung
für gefallene grosse Thiere wesentlich dazu beigetragen hat, An¬
zeigen bei plötzlichen Todesfällen mehr als bisher zn erstatten.
Andererseits ist aber die Zunahme auch schon vor der Einführung
! des Entschädigungs-Reglements in der Provinz Brandenburg zn
bemerken gewesen, so dass dieser Umstand allein nicht aus-
j schliesslich als Erklärung für das häufigere Auftreten des Milz-
j brandes gegen früher herangezogen werden kann. Ich meine
vielmehr, dass die Witterungsverhältnisse der letzten Jahre, die
1 vielfach mit erheblichen Niederschlägen und Ueberschwemmnngen
Digitized by kjOOQie
614
verbunden waren, wesentlich dazu beigetragen haben, Milzbrand¬
sporen aus Seucliendistricten in noch nicht verseucht gewesene
Gegenden zu verschleppen. Andererseits werden aber häufig
sporadische Fälle in solchen Gegenden beobachtet, die hoch liegen
und von denen man nicht behaupten kann, dass die Einschleppung
auf diesem Wege erfolgt sei. ln einem mir bekannten Falle, wo
seit Menschengedenken niemals Milzbrand vorgekommen ist, wurde
als Träger des Milzbrandcontagiums der 14 Tage zuvor in das
Gehöft eingeführte russische Leinkuchen beschuldigt, ob mit
Hecht, ist nicht ermittelt worden.
Dass der Milzbrand stationär werden kann, wenn Noth-
schlachtungen stattfinden, wobei das abträufelnde Blut mit dem
lockeren Erdreiche der Höfe, mit den Dungstätten und mit
anderen Gegenständen der WirthSchaft in Berührung kommen
kann, brauche ich wohl in dieser Versammlung nicht be¬
sonders zu betonen. Ich will nur an einen Fall erinnern, der
sich im Kreise Landsberg vor etwa fünf Jahren zugetragen
hat. Auf einem Gute daselbst wurden öfters Nothsclilach-
tungen von Rindvieh vorgenommen, bis gelegentlich amtlich
das Vorhandensein von Milzbrand bei einem nothgeschlachteten
Thiere festgestellt wurde. Da eine gründliche Desinfection des
überall beim Schleifen der Thiere mit Blut besudelten weichen
Erdreiches nicht mehr erfolgen konnte, so haben sich jedenfalls
bei der damals für die Entwickelung der Milzbrandsporen
günstigen Aussentemperatur Sporen in reichem Maasse ent¬
wickelt, die seit dem geschilderten Vorgänge jährlich zahlreiche
Opfer auf diesem Gute fordern. Das betreffende Gut ist seitdem
die gefährlichste Milzbrandstation des ganzen Regierungsbezirkes.
Ich komme nunmehr auf die Frage zurück, ob das heutige
Verscharrungssystem im Allgemeinen eine sichere Gewähr für die
unschädliche Beseitigung des Milzbrandvirus bietet.
Nur an der Hand der Ergebnisse der bisherigen Versuche
lässt sich meiner Meinung nach diese Frage entscheiden oder
wenigstens insoweit erörtern, dass man sich eine annähernde
Vorstellung von den Vorgängen, die dabei in Frage kommen, zu
machen im Stande ist.
Lösener stellte durch Versuche fest, um dies gleich vorweg
zu erwähnen, dass aus dem Erdreich, wenn es, wie der Sand¬
boden, eine genügende Filtrationskraft hat, Milzbrandsporen
durch Grundwasser nicht verschleppt werden können. Weiter
wurde durch andere bewiesen, dass sich Milzbrandbacillen lange
Zeit in den verscharrten Thiercadavern erhalten können. Es
kommt daher bei der Beurtheilung der Frage, ob eine Ver¬
schleppung des Milzbrandes durch das Vergraben der Cadaver er¬
folgen kann, lediglich darauf an, wie das Erdreich in Bezug auf
seine Filtrationskraft beschaffen ist.
Lehrreich sind auch die Versuche, die über das Verhalten
von Thiercadavern in den verschiedenen Bodenarten angestellt
worden sind. Danach befördern kalkmergel- und gipsmergel¬
haltiger Boden die Verwesung. In stark wasserhaltigen Böden
verwandeln sich die Muskeln oft in sogenanntes Leichenwachs,
welcher Vorgang den Ammoniakverbindungen der Stearin-, Pal¬
mitin- und Oleinsäure zuzuschreiben ist. In Lehm- nnd Thonböden
werden die Cadaver leicht jauchig. Die Jauche theilt sich dann
dem Wasser mit und gelangt mit diesem in Wasserläufe, oder
in die oberen Erdschichten oder gar bei nicht allzuweiter Ent¬
fernung der Cadaver von Gebäuden in Brunnen.
Einen wesentlichen Faktor für das Verschleppen von Milz¬
brandsporen stellt nach Koch, Nocard, Hueppe und Anderen
das capilläre Aufsaugungsvermögen des Erdbodens dar, während
Pettenkofer das Hauptgewicht auf die Schwankungen des
Grundwasserspiegels legt. Pasteur hat auch den Nachweis
erbracht, dass Regenwürmer im Stande sind, sporenhaltige Erde
No. 52.
aus der Tiefe an die Oberfläche des Erdbodens zn befördern.
Dass die capilläre Wirkung des Erdbodens in der That die nicht
zu weit von dessen Oberfläche liegenden Milzbrandsporen auf
diese zu befördern vermag, ist durch die Versuche von Kaspa¬
reck nnd Konauth erwiesen worden. Diese Forscher benutzten
sterilisirte Blumentöpfe, die zur Hälfte mit sterilem Boden ge¬
füllt waren. Auf den Boden brachten sie in die Mitte des Topfes
eine sporen- und bacillenhaltige Bouilloncultur und bedeckten das
Ganze mit sterilem Boden, nachdem zuvor auf die erste Schicht
keimfrei gemachter Samen von verschiedenen Getreidearten ge¬
bracht worden war. Man wollte mit diesem Versuche hauptsäch¬
lich ermitteln, ob die Milzbrandsporen in die keimenden Samen
oder sogar in die Pflanzen selbst eindringen. Nach etwa drei
Monaten fand sich die ganze obere Bodenschicht mit Milzbrand¬
sporen durchsetzt, während sich Milzbrandbacillen bezw.
Milzbrandfäden nirgends fanden. Die Pflanzen enthielten, nach«
dem sie von der anhaftenden Erde gereinigt und ausserdem
keimfrei gemacht worden waren, keine Milzbrandsporen. Es war
damit der Beweis geliefert, dass Milzbrandsporen durch das
capillare Aufsangungsvermögen des Bodens in der That an dessen
Oberfläche gelangen können, dass aber Sporen in die Pflanzen
selbst nicht einzudringen vermögen.
Auch die Versuche von Kitasato über die Sporenbildung
der Milzbrandbacillen in verschiedenen Bodentiefen haben eine
gewisse Bedeutung für die Praxis. Danach wurden in den Ba¬
cillen Sporen gebildet bei */a bis 1 m Tiefe in den Sommer¬
monaten Juni bis August; bei lü m Tiefe nur kümmerlich und
bei 2 m Tiefe nur noch ausnahmsweise im Juli; bei 3 m Tiefe
fand eine Sporenbildung überhaupt nicht mehr statt Die zu den
Versuchen verwendeten Culturen blieben im Boden sämmtlich in
ihrer Entwickelung etwas zurück; sie zeigten eine gewisse Degene¬
ration. Von denjenigen Culturen, die nicht gewachsen waren,
starben die meisten nach zwei bis drei, die übrigen aber nach
vier Wochen ab.
Von besonderem Interesse ist der Umstand, dass in mit
Fäulnissbacterien vermischtem Milzbrandblute in den Monaten
Juni bis August in ’/a bis 1 m Tiefe die darin enthaltenen Milz¬
brandbacillen schon nach acht Tagen vernichtet werden. Die
Sporenbildung trat bei diesen Versuchen nur in den Keimculturen
ein. Das Wachsthum und die Sporenbildung hängen somit auch
hier wesentlich von der Wärme ab. Steigt die Letztere über
14 °, so beginnt bereits ein spärliches Wachsthnm der Bacillen,
während bei 15 0 schon Sporenbildung eintritt.
Auch durch diese Versuche ist der Beweis erbracht, dass
die 1 m dicke Erdschicht, die nach § 11 der Bundesraths¬
instruction die Cadaver bedecken soll, von den Sporen oder den
Bacillenfäden ohne Weiteres durchwandert bezw. durchzogen
wird. Es ist aber nicht zu leugnen, dass, wenn überhaupt viru¬
lentes Milzbrandcontagium -die unterste Erdschicht durchdrungen
hat, dies durch mancherlei Zufälligkeiten in die oberen Boden¬
schichten und nach Aussen zu gelangen vermag. Ich erinnere
nur an die Gewohnheit, die Verscharrungsplätze mit Bäumen zu
bepflanzen oder sie sich selbst zu überlassen, sodass alle mög¬
lichen Arten von Gewächsen darauf sich fortpflanzen. In der
ersten Zeit nach der Verscharrung wird wohl meist nichts
pasBiren, später aber, wenn tiefgehende Wurzeln oder tief ein¬
geschlagene Pfähle wieder entfernt werden, wird sicher die Ge¬
fahr bestehen, dass virulentes Milzbrandmaterial diesen Objecten
anhaftet und dass es, wenn auch nicht immer nach aussen, so
doch meistens in die oberen Bodenschichten auf rein mechanische
Weise verschleppt wird. Es sollte daher immer darauf gehalten
werden, dasB Verscharrungsplätze mindestens ein Menschenalter
hindurch nicht bepflanzt, und dass während dieser Zeit die Plätze
BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
Digitized by kjOOQie
Deceinber 1898.
gegen das Betreten von Vieh durch räumlich weit begrenzte
Zäune geschützt werden. Denn die Gefahr der Verschleppung
des Milzbrandes von solchen Verscharrungsplätzen aus wächst in
gleichem Verhältnis mit den Jahren, da bekanntlich die Sporen
des Milzbrandbacillus nachweislich noch nach 20 Jahren volle
Virulenz haben. Es besieht auch, wie wir gesehen haben, noch
nach längeren Zeiträumen die Möglichkeit der Verschleppung der
Sporen in die oberen Bodenschichten in höherem Masse, als in
den ersten Jahren nach dem Verscharren der Milzbrandcadaver.
Ich will nun keineswegs zu schwarz malen, aber immerhin war
es nöthig, einmal auf diese Möglichkeiten der Verbreitung des
Milzbrandes nach längeren Zeiträumen nach der Verscharrung
von Milzbrandcadavern aufmerksam zu machen. Es empfiehlt
sich daher, auf die Verscharrungsplätze ganz besonders von diesen
Gesichtspunkten aus zu achten and in vorkommenden Fällen
namentlich darauf zn dringen, dass auch sonst entlegene und an¬
scheinend an sich ganz ungefährliche Verscbarrungsplätze sicher
eingefriedigt werden. Ich nehme nun nicht an, dass die Zunahme
der Milzbrandfälle auf die heutige Verscharrnngsart grosser
Cadaver zurückzuführen ist, seitdem die Cadaver in der der
Bundesrathsinstruction vorgeschriebenen Weise verscharrt wer¬
den müssen, sondern dass die Zunahme der Fälle, wie bereits
erwähnt, früheren Sünden zur Last fällt, wo Schafe und
auch grössere Thiere oberflächlich und ohne jede sonstige Vorsicht
verscharrt wurden und ferner, dass die Zunahme der in den
letzten Jahren häufig aufgetretenen Ueberschwemmungen, wobei
leicht auch tiefer im Erdboden liegende Sporen an die Oberfläche
gelängen könnten, zuzuschreiben sind. Werden übrigens die
Milzbrandcadaver stricte im Sinne des § 11 der Bundesraths¬
instruction verscharrt, so kann eine Verbreitung des Milzbrandes
von den Verscharrungsplätzen aus so leicht nicht erfolgen; denn
man ist unbedingt befugt, die Verscharrungsplätze so auszu¬
wählen, dass sie Gefahren der angegebenen Art nicht gut bringen
können. Bei der Möglichkeit des Betretens der Plätze durch
für Milzbrand empfängliche Thiere, kann man ohne Bedenken
die Umzäunung anordnen, obwohl diese nicht direct vorgeschrieben
ist; man stösst auch bei der heutigen Anschauung der Land-
wirthe über die Gefährlichkeit der Seuchen und die Art der
Verbreitung derselben bei der Anwendung derartiger Massregeln
kaum auf Widerstand, wovon ich mich in meiner amtlichen
Thätigkeit mehrfach selbst zu überzeugen Gelegenheit hatte.
Auf einen Punkt will ich aber noch aufmerksam machen,
nämlich auf den, dass man den sonst bestens angelegten Ver-
scharrungsplatz leicht zu einem gefährlichen Milzbrandherd
machen bann, wenn man es versäumt, das bei der Obduction
abfliessende Blut nicht sorgfältig in die tiefen Schichten der Grube
vergraben zu lassen. Ueberhaupt lege ich auf die Desinfection
derjenigen Stellen, an denen das Cadaver im Stalle, oder auf dem
Hofe, oder an der Obductionsstelle bezw. an der Grube gelegen
hat, das grösste Gewicht, insbesondere wenn die Lufttempe¬
ratur die schnelle Entwickelung der Sporen vermuthen lässt.
Auf diesem Wege vermag sich der Milzbrand auch leicht bei
dem Verbrennungssystem weiterzupflanzen, da hier ebenso wie
dort eine gründliche Desinfection der Abzüge und des aus dem
Cadaver etwa ausgetretenen Blutes unbedingt nothwendig ist.
Ich stehe daher nicht an, zu erklären: Das heutige, fast
noch allgemein gebräuchliche Verscharrungssystem birgt gewisse
Gefahren in sich.
Diese lassen sich aber bei sorgfältiger und intelligenter Aus¬
legung des § 11 der Bundesrathsinstruction auf ein Minimum
reduciren und ferner: Das schon in einigen Orten gebräuchliche
Verbrennungs- bez.Durchdämpfungssystem für Milzbrandcadaver er¬
reicht nur voll und ganz den beabsichtigten Zweck, wenn die
615
Abgänge der Cadaver, mögen dieselben irgend einer Art sein, mit
der grössten Sorgfalt unschädlich beseitigt werden und wenn die
allgemeine Desinfection auf das Peinlichste durchgeführt wird.
Bei dieser Gelegenheit will ich noch erwähnen, dass im
Kreise Forbach ein Verbrennungsofen aufgestellt worden ist, der
sich gut bewährt haben soll.
Die Zahl der Milzbrandfälle soll sich seitdem erheblich in
diesem Bezirke vermindert haben. Die Herstellungskosten des
Ofens betragen 600 Mark, die Kosten für eine Verbrennung ins-
ge8ammt 16 Mark bei 500—1000 Pfund schweren Cadavem und
bei einer 8—9 ständigen Verbrennungszeit.
Ich komme nun zum zweiten Theile meines Themas, den ich
nur kurz behandeln will.
Wie durch neuere Versuche bekannt geworden ist, kreisen
die Milzbrandbacillen erst kurze Zeit vor dem Tode des Thieres
im Blute. Der Milzbrand ist demnach nicht, wie noch vielfach
angenommen wird, eine Blut- sondern eine Organkrankheit. Das
Blut wird nur secundär in Mitleidenschaft gezogen, indem von
dem erkrankten Organe aus die Bacillen direct in die Blut¬
gefässe hineinwachsen und, einmal in das Blut gelangt, durch
ihre rapide Vermehrung dasselbe völlig überschwemmen. Es ist
auch bekannt, dass die Blutbacillen sich in den Organen ablagern,
und dass viele derselben im kreisenden Blute zu Grunde gehen.
Wichtig für die Praxis erscheint der Umstand, dass bei
keiner anderen Krankheit als beim Milzbrand stäbchenförmige
Bacillen in ähnlicher Beschaffenheit im Blute angetroffen werden,
es sei denn, dass eine gewisse Zeit nach dem Tode des Thiei es
verstrichen ist. Finden sich demnach im frischen Cadaverblut
zahlreiche Bacillen vor, die unbeweglich sind, so kann man sicher
annehmen, dass man Milzbrandbacillen vor sich hat, da die zur
Verwechslung mit Milzbrandbacillen Anlass gebenden Oedera-
bacillen, oder andere stäbchenförmige Fäulnissbacillen erst nach
der Auskeimung der im Darm befindlichen Sporen dieser Bacillen¬
arten in den Organen und im Blute auftreten können.
Enthält das Blut oder enthalten die Organe aber bereits
cadaveröse Bacillen, so entscheidet bei dem üblichen Fär¬
bungsverfahren immerhin noch hauptsächlich die Beschaffen¬
heit der Enden der Bacillen und die Färbbarkeit*) der Milzbrand¬
kapseln. Am vierten Tage nach dem Tode wird man allerdings
auch die Kapseln nicht mehr nachweisen können, da sie dann
Farbstoff nicht mehr aufnehmen bezw. selbst verschwinden. Bei
dieser Gelegenheit mache ich auch darauf aufmerksam, dass der
Farbstoff der gefärbten Milzbrandkapseln nach dem Einlegen der
Präparate in Canadabalsam in weitaus den meisten Fällen schon
nach ganz kurzer Zeit verschwindet.
Um zu ermitteln, wie sich Milzbrandbacillen in Bezug auf ihre
Färbbarkeit und ihre sonstigen Eigenschaften bei Zimmertempe¬
ratur in fauligen Organtheilen und im Blute verhalten, habe ich
mehrfache Untersuchungen angestellt. Aus den noch nicht ab¬
geschlossenen Untersuchungen theile ich nur Nachstehendes mit:
Erste Untersuchung am 6. Juli 1898, früh.
In Präparaten aus der ganz frischen Milz, 'wo eine Bei¬
mischung von Fäulni8Bbacterien ausgeschlossen war, bildeten die
Milzbrandbacillen vielfach Fäden, bestehend aus Gliedern bis zu
zehn Stück. Daneben einzelne zweigliederige Stäbchen, die ganz
*) Folgendes einfache Färbeverfahren dürfte noch nicht allgemein
bekannt sein. Das auf gewöhnliche Weise hergestellte Deckglas-
ansstrichpräparat wird begossen mit einer Lösung von Safranin 2 in
Aqua destillata 100 und alsdann einige Male durch die Flamme ge¬
zogen, bis die Farblösung aufbrodelt Dann wird abgespült und das
Präparat ist fertig. Die Gallerthülle der Milzbrandbacillen ist gelb
gefärbt und dadurch sind die Bacillen vor allen anderen kenntlich.
Seiner Einfachheit wegen empfiehlt sich dies Verfahren für die
Praxis besonders.
BERLINER THlERARZtLICHE WOCHENSCHRIFT.
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
typisch erschienen. Die einzelnen Glieder lassen vielfach
Zwischenräume erkennen, wodurch der Stab in zahlreiche Einzel¬
zellen zerfällt, in denen sich häufig ein ungefärbter heller ovaler
Fleck befindet. Mehrfach ist. an den den hellen Flecken ent¬
sprechenden Stellen die Wand der Bacterienzelle ausgebuchtet
Am 7. Juli früh:
Es finden sich Milzbrandfäden aus elf Gliedern bestehend.
In den meisten Zellen der Glieder beginnende Sporenbildung.
An anderen Zellen machen sich deutlich helle Stellen bemerkbar,
die aber noch keine bestimmte Form erkennen lassen. Die
Kapselfärbung— Löfflers Methylenblau und alkoholische Fuchsin¬
lösung — gelingt nur schwer.
Neben den Milzbrandbacillen sind nun runde und ovale Bacterien
von der Länge einer Milzbrandbacterienzelle nachweisbar, die
intensiv blaugefärbt sind und gruppenweise zusammenliegen.
Am 8. Juli früh:
Die Zimmertemperatur beträgt: 19'/a 0 C. Die Pulpa der
Milz, von der die Präparate angefertigt werden, in Auflösung be¬
griffen. Befund der Präparate: Kapseln der Bacillen nicht mehr
nachweisbar. Die einzelnen Zellen vieler Stäbchen etwas zu-
saramengeschrnmpft, wodurch der Anschein einer Abrundung an
den Polen hervorgerufen wird. Die zueinandergekehrten Pole
sind noch charakteristisch geformt.
Die Fäulnissbacterien liegen nicht gruppenweise zusammen,
sondern sind überall in dem Präparat gleichmässig vertheilt.
Am 9. Juli Nachmittag.
Die theerartige, schwarzrothe, glänzende Pulpa ist verflüssigt
Im Präparat zahlreiche Kokken und Diplokokken. Längere Fäden
von aneinandergereihten Milzbrandstäbchen sind nur vereinzelt
anzutreffen. Die meisten liegen allein oder zn zweien und zu
dreien beisammen. Kapselfärbung gelingt nicht. Viele Stäbchen
scheinen in der Degeneration begriffen. Mehrere Milzbrand¬
stäbchen lassen nur das Gerüst als durchscheinende, schwach ge¬
färbte Substanz erkennen, in deren Mitte in regelmässigen Ab¬
ständen sich kokkenförmige, intensiv gefärbte Kügelchen be¬
finden. An anderen Stäbchen bildet das Protoplasma eine un¬
regelmässige, krieselige Masse. Bei weiterer Durchsuchung des
Gesichtsfeldes finden sich auch noch vollständig intacte Bacillen,
die sogar noch eine schwache Kapselfärbung zulassen und in
denen vielfach Sporen nachzuweisen sind.
Am 17. Juli früh.
Milzpulpa flüssig, zahlreiche Fäulnissbacterien. Milzbrand-
Stäbchen einzeln oder zu zweien, selten zu dreien zusammen¬
liegend. Viele Bacillen noch mit charakteristischen Enden versehen.
Sonst Befund wie am 9. Juli.
Am 30. October.
Das Stück Milz vollständig zu einer dünnen, rothbrannen
Kruste vertrocknet.
In mit destillirtem Wasser angefertigten Präparaten zahl¬
reiche Kokken und Diplokokken, ausserdem vereinzelte Stäbchen und
Stäbchenreihen, die unzweifelhaft Milzbrandbacillen sind. Viele
Stäbchen sind in einzelne Glieder zerfallen (Zellen), die eine
starke Schrumpfung erkennen lassen. Diese zusammen¬
geschrumpften Milzbrandzellen machen den Eindruck von grossen
Kokken, die rosenkranzartig angeordnet sind und zusammen die
Grösse des ursprünglichen Milzbrandstabes angeben. Die einzelnen
Stäbchen setzen sich auch jetzt noch vielfach scharf — die
Enden erscheinen wie abgeschnitten — von einander ab. Mehrere
Stäbchen weisen helle Lücken auf, zwischen denen undeutlich
gefärbte Zellsubstanz liegt An einigen Stäbchen ist dagegen bo
gut wie keine Veränderung nachzuweisen, wenn man von einer
geringgradigen Schrumpfung absieht. Die Substanz des Stäbchens
ist hier gleichmässig gefärbt und weist keine Lücken auf. In
einer geringen Anzahl von Stäbchen, die isolirt liegen und eine
gleichmässige Beschaffenheit ihres Protoplasma erkennen lassen,
finden sich meist im oberen Drittel des Stabes deutlich ovale,
hellglänzende, ungefärbte Körper, die die Längswand des Bacillus
an der entsprechenden Stelle etwas ausgebuchtet haben. Es
handelt sich hier unzweifelhaft um eine perfecte Sporenbildung.
Andere Arten von Stäbchen fanden sich in den Präparaten
nicht vor.
Aus Vorstehendem ist zu folgern, dass in faulenden Organen
Milzbrandbacillen, bevor sie gänzlich vernichtet werden, ein ver¬
schiedenes Verhalten erkennen lassen. Während viele Bacillen
vollständig in kurzer Zeit degeneriren, werden andere nur un¬
erheblich beschädigt, andere dagegen bleiben völlig intact und
bilden Sporen. Auf die Bedeutung dieser Thatsachen mache ich
hiermit, ebenso wie es von Anderen geschehen ist, ganz besonders
aufmerksam.
Jedenfalls wäre es aber rathsam, genaue Untersuchungen
auch an verscharrten Cadavern grosser Hausthiere anzustellen,
um über die Sporenbildung, über das Verhalten der Bacillen und
über die Sporen in einer Tiefe von ein bis drei Metern unter
den natürlichen Verhältnissen mehr Aufschluss zu erhalten.
Vielleicht nicht uninteressant für Sie, meine Herren, dürfte
auch die Mittheilung sein, dass sich beim Ausschlachten des
Thieres, von dem die Präparate stammen, drei Personen tödtlich
mit Milzbrand inficirt haben, an denen zwei nach acht bezw.
zwölf Tagen starben, während die dritte, vom behandelnden Arzte
bereits aufgegebene Person — ein Trunkenbold erster Klasse —
nachdem sie sich der Aufnahme in ein Krankenhaus widersetzt
hatte, nach etwa fünf Tagen nach reichlichem Genuss roher
Ziegen- und Kuhmilch und nach Aufnahme grosser Quantitäten
Branntwein wieder vollständig genas.
Schutzimpfung gegen Maul- und Klauenseuche.
Von [Nachdruck »erboten.]
Schmidt -Nidda,
Groash. KreiSTCterlnärarat.
Mit Anfang November d. J. wurde von den Höchster Farb¬
werken bekannt gegeben, dasB in ihrer bacteriologischen Ab¬
theilung ein Schutzstoff gegen die Maul- und Klauenseuche,
Seraphthin genannt, vermittelst dessen man im Stande sei, Tbiere
gegen die Maul- und Klauenseuche zu immunisiren, hergestellt
werde.
Diese Bekanntgabe wurde von mir mit um so grösserem
Interesse aufgegriffen, als die Maul- und Klauenseuche in meinem
Kreise in ziemlicher Ausbreitung herrschte, und als das aner¬
kannte Renomrad der Höchster Farbwerke volles Vertrauen zu der
Sache in mir erweckte. Wie lange nun die Immunität nach Ein¬
verleibung des Impfstoffes anhält, darüber sind, da der Impfstoff
noch zu neu, sichere Erfahrungen aus der Praxis bis jetzt wohl
noch nicht gesammelt worden. Von dem Farbwerke selbst wird
indessen auf Grund zahlreicher bei verschiedenen Thiergattungen
angestellter Impfversuche angegeben, dass mit der Lymphe immu-
nisirte Thiere sich noch nach drei Monaten, gegenüber Ein¬
spritzungen hochvirulenten Maul- und Klauenseuchecontagiums,
in jeder Weise seuchenfest gezeigt hätten und dass daher die
Annahme gerechtfertigt erscheine, dass der durch die Einspritzung
des Seraphthin erzielte Impfschutz gerade so lange, etwa zwei
Jahre, als nach natürlicher Durchseuchung audauere.
Der Impfstoff selbst, dessen Zusammensetzung zwar noch Ge-
heimniss ist, ist, wie es scheint, aus dem Blutserum immunisirter
Thiere, dem eine bestimmte Menge virulenter Lymphe zu gesetzt
wird, hergestellt. Derselbe wird in Dosen zu 10 ccm Lymphe
für Thiere im Lebendgewicht bis zu 400 kg, in Dosen von 15 ccm
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT,
617
fl. fo^e mber 1898.
für TBiere im Lebendgewicht von 400—800 kg und in Dosen von
20 ccm für Thiere im Lebendgewicht von 800 kg nnd darüber
abgegeben und allen diesen Dosen ist ‘/so ccm virulenter Lymphe
beigemischt. Der Preis der Lymphe beträgt ab Höchst 3 M.,
4,50 M. und 5,50 M. per Dose. Die Lymphe gelangt
in der Weise zur Anwendung, dass sie direct in ein ge¬
öffnetes Blutgefäss eingespritzt wird. Die Ausführung der
Impfung ist nicht einfach, unter Umständen gefährlich und er¬
fordert einige technische Fertigkeiten und Vorsicht. Bei der
grossen Anzahl der von mir vorgenommenen Impfungen habe ich
jedoch weder irgend welche unangenehme Nebenerscheinungen bei
den Impflingen noch Milchverlust bei denselben verzeichnen
können. Die von mir geimpften Fahrochsen habe ich beispiels¬
weise während der Feldarbeit ausspannen und nach der Impfung
sofort wieder zur Arbeit verwenden lassen. Irgend welche Er¬
scheinungen nach der Impfung, wie Schlaffheit und Müdigkeit,
haben dieselben aber nicht zu erkennen gegeben. Bei der
Ausführung der Impfung ist nun insbesondere darauf Bedacht
zu nehmen, dass Spritze und Canülen sorgfältig sterilisirt und
dass die Einstichstelle gut desinficirt ist. Weiter ist dann noch,
da bekanntlich Luftblasen im Blute unangenehme Wirkungen
entfalten und selbst den momentanen Tod im Gefolge haben
können, darauf zu achten, dass keine Luft mit der Einspritzung
der Lymphe in die Blntbahnen gelangt. Letzteres ist aber sehr
leicht dadurch zu vermeiden, dass nur dann die die Lymphe ent¬
haltende Spritze in die in das Blutgefäss eingeführte Canüle auf¬
gesetzt und die Lymphe abgespritzt werden darf, wenn sich ein
hoch aufspritzender Blutstrabi aus der Canäle ergiesst. Durch
dieses ansströraende Blut wird dann selbstverständlich der Ein¬
tritt von Luft in die Canüle verhindert und wird dann gleich¬
zeitig während dieses Blutspritzens die mit der Lymphe bereit
gehaltene nnd sorgfältig von Luft befreite Impfspritze auf die
Canüle aufgesetzt und die Lymphe direct unter langsamem Drucke
in das Blutgefäss eingespritzt.
Als Applicationsstelle wählt man am besten die Halsschlag¬
ader und es ist eine weitere Beobachtung der Thiere nach aus¬
geführter Impfung, da sich das angestochene Blutgefäss nach der
Impfung sofort wieder von selbst schliesst, nicht erforderlich.
Hinsichtlich der Wirkung der Lymphe möchte ich nun noch
darauf hinweisen, dass mir von einem Besitzer eines geimpften
Bestandes die Mittheilung wurde, dass sämmtliche Impflinge
einige Tage nach der Impfung so auffällig gespeichelt hätten,
als wenn sie die Maul- und Klauenseuche bekommen wollten.
Von den übrigen Besitzern der geimpften Bestände wurde aber
diese Wahrnehmung nicht gemacht. Weiter wurde mir bekannt,
dass ein Pächter drei mit Seraphthin geimpfte Kühe unter einen
mit der Maul- und Klauenseuche behafteten Viehbestand stellte
nnd dass diese drei Kühe die Maul- und Klauenseuche nicht be¬
kamen.
Auch ein Händler, der eine Kuh impfen und nach der
Impfung direct in einen Seuchenstall verbringen liess, hat ein Er-
krauken dieser Kuh an Maul- und Klauenseuche Dicht beobachtet.
Endlich trat auf einem Gute zwei Tage nach der Impfung des
Rindviehes unter dem Schweinebestande die Maul- und Klauen¬
seuche auf und der geimpfte Rindviehbestand blieb, obgleich sich
die Schweineställe in nächster Nähe des Rindviehstalles befanden
und keinerlei Vorsichtsmassregeln hinsichtlich einer eventuellen
Uebertragung angeordDet waren, von der Seuche verschont. Im
Weiteren stellte ein Besitzer eines geimpften Rindviehbestandes
einen Schweizer ein, der, wie sich später herausstellte, direct aus
einem von der Seuche ergriffenen Gehöfte kam. Aber auch
dieser geimpfte Viehbestand wurde nicht von der Seuche er¬
griffen.
Indem nun weiter im Umkreise nnd zum Theil in allernächster
Nähe der Gutshöfe, auf welchen von mir die Schutzimpfung vorge¬
nommen worden war, die Seuche in mehr oder minder ausgebreiteter
Weise herrschte, so hat aber dennoch in keinem der geimpften
Viehbestände eine Uebertragung der Seuche stattgefunden.
Auch hieraus dürfte vielleicht schon auf einen durch die
Impfung erzielten Seuchenschutz aus dem Grunde zn schliessen
sein, als es erfahrnngsgemäss gerade die Milchwirtschaften und
grösseren Güter sind, die durch ihren regen Verkehr mit Menschen
und Thieren der Sencheneinschleppung am meisten ausgesetzt sind
und die auch in den voraufgegangenen Seuchenperioden meist
gleich anfangs verseuchten und fast nie verschont blieben.
Die mit dem Seraphthin bisher von mir in der Praxis ge¬
sammelten Erfahrungen kann ich wohl dahin zusammenfassen,
dass dessen Anwendung zwar etwas complicirt und unter Um¬
ständen selbst gefährlich, dass aber bei einiger Vorsicht und
Sachkenntnis diese Gefahr vollständig schwindet und dass sich
durch die mit Seraphthin gegen die Maul- und Klauenseuche
vorgenommene Schutzimpfung mit Bestimmtheit ein sicherer
Seuchenschutz erzielen lässt.
Namen der Besitzer, bei welchen seit 18. November 1898 bis
15. December 1898 die Schutzimpfung gegen die Maul- und
Klauenseuche von mir vorgenommen wurde, und Anzahl der ge¬
impften Rindviehstücke:
Oberamtmann Westerna cher-Lindheim.82 Stück
Gutsbesitzer Emmel-Lieblos.50 „
Pächter Rullmann-Mittelgründau.98 „
Pächter R odrian-Erbachsdorf.85 „
Pächter Hofmann-Raustadt.115 „
Pächter Müller-Marienborn.70 „
Pächter Haa8e-Ober-Dauernheim.50 „
Pächter Hofmann-Niederdorfelden .... . . . 50 „
Zusammen 600 Stück
Referate.
Aas dem statistischen Veterinär-Sanitäts-Bericht der
preussischen Armee für 1897.
(Vgl. No. 48—50 der B. T. W.)
Aeussere Krankheiten.
Gegen Läuse, welche bei 319 Pferden zu beseitigen waren,
wurden mehrmalige Waschungen von 2—5 procentiger Creolin-
oder Lysollösung, auch Tabakabkochungen, Gemische von Petro¬
leum und Baumöl und Einreibungen mit grauer Salbe angewandt.
Corpsrossarzt Strauch empfiehlt den Sabadillessig; bei ge¬
schorenen Pferden genügt eine Waschung mit 2$ Liter. Auch
Benzin 1:3 Leinöl schafft gnten Erfolg. Ein ausgebreitetes
Ekzem sah Oberrossarzt Reck. Eine alte Remonte zeigte Anfang
Januar Schwellung der Vorderftisse, dann auch der Hinterftisse
und des Bauches. Am 12. Januar war die Schwellung sehr
stark. Es bestand Fieber und der Appetit Hess nach. Diese Er¬
scheinungen verschwanden dauernd nach zwei Tagen. Mit Ablauf
derselben fühlte man jedoch beim Ueberstreichen mit der Hand
an der inneren Fläche der Oberschenkel vereinzelte kleine
Knötchen, die schuppig waren und sich abstreifen Hessen. Mit
der Lupe entdeckte man neben den Knötchen kleine gelbliche
Bläschen. Diese Heferten unter Einschrumpfung die Knötchen.
Nach acht Tagen war der ganze Körper excl. Kopf mit Knötchen
und Bläschen bedeckt. Nässende Stellen traten nicht auf, da die
Bläschen fast im Zusehen eintrockneten. Der Nährzustand ging
zurück; zugleich bildete sich eine mässig harte und sehr
empfindliche Anschwellung der Keblgangs- und Bugdrüsen. Die
letzteren wurden zu einem langen, fast armdicken Strang. Juck-
gefiihl bestand niemals, dagegen trat bald Haarausfall ein. Ueber-
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618
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
tragungsversucbe verliefen resultatlos. Behandlung mit Sublimat,
Creolin und Lysol auch nutzlos. Erst nach viermonatlicher Ver¬
abreichung von täglich 0,6 Arsenik konnte nach und nach voll¬
ständige Heilung erzielt werden.
Hufkrankheiten kamen bei 2484 Pferden = 8,7 pCt. der
erkrankten, vor. Darunter waren Rhehe 527 Mal; 468 Patienten
wurden geheilt. Zur Behandlung wurden Aderlässe, kühlende
Umschläge, Purgantien und Arecolin-, Pilocarpin-, Eserin-
injectionen angewandt. Gegen Hufkrebs wurde von mehreren
Berichterstattern das Formalin io 5—10 procentiger Lösung mit
sehr gutem Erfolge angewandt. In anderen Fällen blieb jedoch
der Erfolg aus. Einmal trat bei (wohl unrichtigem) Gebrauch des
Formalins Verätzung der Hufbeinbeugesehne auf — eine Gefahr,
auf die Fröhner schon aufmerksam gemacht hat. wenn man das
Formalin concentrirt anwendet. Sonstige Krankheiten der
Bewegungsorgane sind bei 9263 Pferden, d. s. 32$ pCt. der
erkrankten, verzeichnet. Dieselben verursachten 444 Verluste,
d. s. 4,79 pCt. der Fälle. Unter den Knochenkranheiten
werden 383 Brüche mitgetheilt, von denen 104 geheilt werden
konnten. Unter den geheilten Brüchen waren 14 Brüche der Kopf¬
knochen, 23 Beckenbrüche, 27 Fesselbeinbrüche, 8 Hufbeinbrüche,
2 KronbeinbrQche, 3 Unterschenkelfissuren, je 1 Bruch des Ellen¬
bogenbeins, des Schulterblattes und des Trochanter major fe-
moris. Ueberhaupt kamen vor: 30 Kopfknochenbrtiche, 49 Wirbel¬
bräche, 51 Beckenbrüche, 80 Brüche des Unterschenkelbeins,
64 Fesselbeinbrüche, 27 Brüche des Schienbeins (?), 21 Brüche
der Speiche, 16 des Hufbeins und 27 sonstige verschiedene Brüche
an Gliedmassenknochen. Es geht hieraus also die ausserordentliche
Häufigkeit der Unterschenkelbein- und Fesselbeinbrüche hervor,
welche zusammen genau die Hälfte aller an Gliedmassen vor¬
kommenden Brüche ausmachen. Wegen Gelenkkrankheiten
wurden 3758 Pferde behandelt, von denen 9% in Verlust gingen.
Gelenkbänderzerreissungen kamen bei 25 Pferden vor, und
zwar 6 Mal an der Vorderfusswurzel, 3 Mal an der Kniescheibe,
3 Mal am Fesselgelenk, 2 Mal am Sprunggelenk (die andern sind
nicht bezeichnet). In der Spatbehandlung wurde die An¬
wendung des Glüheisens bezw. scharfer Salben allgemein bevor¬
zugt. Beim Brennen kam das punktförmige Eisen und der Stift
besonders zur Anwendung. Erkrankungen der Muskeln,
Sehnen etc. kamen bei 4002 Pferden vor, von denen 95% geheilt
wurden. Zerreissungen wurden an den Schultermuskeln,
Unterschenkelmuskeln, Unterarmstreckern, Unterarmbeugern, Ober¬
schenkelmuskeln und am Kopf- Hals- Armmuskel beobachtet
Von 185 Fällen der Verletzungen von Sehnen und Sehnen¬
scheiden wurden 167 geheilt. Meist war die Beugesehne und
sehr häufig die untere Sehnenscheide betroffen.
Die Zerreissungen des „Schienbeinbeugers“ wurden
20 Mal, des Kronbeinbeugers 2 Mal, des Hufbeinbeugers 1 Mal, des
Fesselbeinbeugers 1 Mal beobachtet
Bei frischen Sehnenentzündungen wurden kalte Bäder, Be¬
rieselungen u. s. w., dann Priessnitz’sche Umschläge und Massage
angewandt. In alten Fällen wurden die scharfen Einreibungen
und das Brenneisen benutzt. Schwarznecker empfiehlt in
solchen Fällen nach der Anwendung von scharfen Salben Druck¬
verbände von Watte und Calicotbinden am zweiten Tage fest an¬
zulegen und von acht zu acht Tagen zu erneuern. Namentlich
bei sogen. Wadenbildnng tritt oft guter Erfolg ein.
Zur Behandlung von Gallen wurden mit Essigwasser ge¬
tränkte Binden, scharfe Einreibungen, Glüheisen, Aufpinselungen
von Collodium cantbaridatum oder Sublimatcollodium angewendet.
Eine Fesselgalle wurde durch einen 3 cm langen Schnitt geöffnet,
der Inhalt entleert, die Wunde mit lpromilligem Sublimatwasser
ausgespült, mit Glutol ausgepudert und unter Benutzung eines
Drainrohrs ein aseptischer Verband angelegt. Heilung nach vier
Wochen Ein anderes Pferd litt an schmerzhaft verhärteten
Fesselgallen und konnte wegen erheblicher Lahmheit nicht mehr
verwandt werden. Verschiedene scharfe Einreibungen hatten
keinen Erfolg. Nun wurde ein Versuch mit einem Emplastrum aere
gemacht. Dasselbe wurde warm aufgetragen, das Gelenk mit
Watte umhüllt, mit einer wollenen Binde fest umwickelt. Der
Verband wurde jeden zweiten Tag abgenommen und nach einer
Stunde wieder fest umgelegt. Nach drei Wochen fiel der Schorf
mit der Watte ab. Die Gallen waren sehr verkleinert, weich und
schmerzlos geworden. Die Heilung der Stollbeule wurde mit
Zertheilen und scharfen Einreibungen oder auch mittelst Spaltung
bewirkt. Bei Piephacke kamen kühlende Umschläge von Essig
und Lehm, Bepinselungen mit Jodtinctur, Collodium cantharidatum,
Sublimatcollodium sowie graue Quecksilbersalbe, und Jodkalium¬
salbe zur Anwendung. Straube erzielte einen Erfolg durch ein
mit Terpentinöl getränktes Eiterband. Hahnentritt wurde
durch die Durchschneidung des seitlichen Zehenstreckers beseitigt.
Das Geburtshelfer-Ekzem.
Von Eppinger, k. k. Bezirksthierarzt in Ried.
(Thterärztl. Centralbl. 1898, H. SO.)
E. führte am 25. April bei einer schwer gebärenden, sonst
gesunden Stute die Embryotomie aus, welche mehrere Stunden in
Anspruch nahm. In der Nacht des darauffolgenden Tages wurde
derselbe von einem hochgradigen Fieber und einer kurzen Ohn¬
macht befallen. Am 27. April bedeckten sich beide Arme mit
Sandkorn- bis erbsengrossen, schmerzhaften, von einem rothen
Hofe umgebenen Pusteln, aus welchen sich oberflächliche, sehr
schmerzhafte Geschwüre bildeten, welche im Centrum heilten,
während an der Peripherie neue Eiterherde entstanden, sodass
kreuzergrosse Geschwürsflächen aus der ursprünglichen Affection
hervorgingen. Die Geschwürsbildung verbreitete sich nach
mehreren Wochen auch auf das Genick, die Schenkel u. s. w.,
wobei die regionären Lymphgefässe und Lymphdrüsen mit er¬
krankten. Dieser Zustand dauerte unter leichtem Fieber acht Wochen
lang. Darauf bildete sich ein Abscess „in der Gegend der rechten
Kehldrüse“, welcher sich unter starken Fiebererscheinungen fünf¬
mal füllte. E. übertrug diese Krankheit auf sein vierjähriges
Kind und auf einen Herrn, mit welchem er in dieser Zeit öfter
einen Händedruck wechselte. Dieser Herr wieder inficirte seine
Frau. Die Pustelbildung und Drüsenanschwellung traten jedoch
in den letzteren Fällen in einem weit geringeren Grade hervor
und der Prozess dauerte nur etwa drei Wochen.
Der Krankheitsfall lehrt, dass in der geburtshilflichen Praxis
vor und nach einer Operation stets die peinlichste Desinfection
der Hände und Arme erforderlich ist.
Carcinomatose beim Hengst.
Unterrossarzt S u d e r schreibt in der Ztschr. f. Veterinärkd.,
Juli 1898: Der 18jährige Fuchshengst Auban kam als Beschäler
nach Gnesen. Ende März versagte er das Futter und wurde so
schwach, dass er während des Deckactes herunterfiel. Der Unter¬
suchungsbefund deutete auf einen Herzfehler. Da jedenfalls eine
Heilung ausgeschlossen schien, so wurde die Tödtung des alten
Thieres beantragt. Die Section ergab Folgendes: Rechte untere
Grimmdarmlage durch eine wallnussgrosse höckrige Geschwulst
mit dem Bauchfell verwachsen. Milz durch einen bindegewebigen
Strang mit der Harnblase verbunden. An der Anheftnngsstelle
eine hühnereigrosse höckrige Geschwulst. Aehnliche Wucherungen
befinden sich noch mehrere auf dem Bauchfell. Im Gekröse und
am grossen Netz zahlreiche graue Knötchen oder grössere warzige
Knoten. Gekrösdrüsen vergrössert. Milz etwas vergrössert,
übrigens normal. Zwischen Leber und Zwerchfell und in ganzer
-Dig+feed-by
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
619
tHce mber 1898.
Ausdehnung am letzteren granrothe Knoten. An der Gabelung
der bitteren Aorta eine kindskopfgrosse derbe Geschwulst, welche
die Blutgefässe von allen Seiten umfasst und von knorpelartigen
Bindegewebszügen durchsetzt ist; beim Druck darauf schiessen
überall wurmförmige, eiterähnliche Pfropfen auf. An zwei
Rippen Auftreibungen, die sich mit dem Messer schneiden lassen.
Herz 8^ Pfund schwer. An zwei Zipfeln der Tricuspidalis gries-
kornartige Verdickungen. Am Anfangstheil der Aorta eine faustr
grosse höckrige Geschwulst, durch welche das linke Herzohr
mit der Luftröhre verbunden wird. In den blauweissen Lungen
zahlreiche derbe bis wallnussgrosse Knoten. Bronchialdrüsen
vergrössert und verhärtet. — Die von Oberrossarzt Tröster
ausgeführte Untersuchung der Geschwülste ergab Carcinomatose.
Zor Kasuistik der Herzkrankheiten beim Pferde.
Oberamtsthierarzt Teurer theilt in der Dtsch. Th. Wschr.
folgenden Fall mit. Ein 6 jähriges Pferd zeigte trotz geringer
Leistung und guten Appetits seit einigen Wochen Abmagerung.
Die Pulsschläge betrugen 60 in der Minute bei 35 Athemzügen.
Auch bestand eine Temperaturerhöhung auf 39,8°. Nach kurzer
Bewegung ging der Pnls auf 80—90 Schläge herauf. Der Harn
enthielt kein Eiweiss; weder durch Percussion noch durch Ans-
cultation war im Herzen eine Abnormität nachzuweisen. Trotz¬
dem diagnosticirte T. auf Grund des Gesammtverhaltens eine
Endocarditis. Einige Tage war der Puls schwach und aussetzend
Dann trat wieder ein auffallend stark fühlbarer Pulsschlag auf.
Die Temperatur schwankte constant zwischen 39 und 40°, die
Athmung blieb etwas beschleunigt und oberflächlich. Schliesslich
stürzte das Thier nach kürzester Bewegung zusammen und wurde
endlich todt im Stalle gefunden. Die Obdnction ergab fast voll¬
ständige, wenn auch lockere Verwachsung des Pericardiums mit
der Umgebung. Im Herzbeutel Vs Liter röthlicher Flüssigkeit;
das Herz etwas vergrössert; das Myocardium brüchig. Nach der
Spitze desselben zu fanden sich mehrere Herzschwielen. Die
Semilunarklappen linkerseits waren bis auf 1 cm verdickt in
Folge Auflagerung höckriger, bröckliger Gewebsmassen. Die
Mitralis zeigte eine Verdickung bis zu 3 mm. Im rechten Herzen
waren Veränderungen nicht nachweisbar. Daneben fand sich eine
fast doppelte Vergrösserung der Leber, der Milz und der Nieren.
Ueber Desinfection Ton Milzbraudsporen durch Phenol
in Verbindung mit Salzen.
Von Dr. Römer.
(Münch, mud. Wocb. 98|10.)
Im Jahre 1895 veröffentlichte Scheurlen einen Aufsatz, in
welchem die überraschende Thatsache festgelegt wurde, dass
durch Zusatz von Kochsalz die desinficirende Wirkung einer
Carbollösung auf Milzbrandsporen ganz bedeutend erhöht werden
kann. Obwohl die von Scheurlen angestellten Versuche
keineswegs einwandsfrei ansgeführt waren, so ergaben doch Nach¬
prüfungen, die von Beckmann, Paul und Krönig unter allen
Cautelen vorgenommen wurden, dass die Scheurlen’schen
Beobachtungen auf Thatsachen beruhen. Nur über die Art und
Weise, wie das Kochsalz den Desinfectionswerth der Phenol¬
lösung erhöhen könne, darüber konnte nichts Bestimmtes gesagt
werden; von keinem der Autoren wurde aber angenommen, dass
eine Kochsalzlösung allein in irgend einer Weise Milzbrand-
sporen beeinflussen, könne. Und doch muss dem so sein. Auf
den Rath des Privatdocenten Dr. Hahn ordnete Verfasser einen
seiner Versuche wie folgt an: Es wurden Milzbrandsporen
a) einer zweiprocentigen Phenollösung ausgesetzt, b) einer zwei¬
procentigen Pheuollösung mit Zusatz einer 5,9 procentigen
NaCl-Lösung, c) zuerst drei Tage einer 5,9 procentigen NaCl-
Lösung, und von da ab einer zweiprocentigen Phenollösung
mit 5,9 Procent NaCl. Es zeigte sich nun das überraschende
Resultat, dass weder a) die reine zweiprocentige Phenollösung
noch b) die zweiprocentige Phenollösung mit Zusatz von
5,9 Procent NaCl in irgend einer Weise selbst nach neun
Tagen Milzbrandsporen beeinflussen; dagegen war die Abnahme
der Sporen, die drei Tage reiner 5,9 procentigen NaCl-Lösung
und dann einer zweiprocentigen Phenollösung unter Zusatz von
5,9 Procent NaCl ausgesetzt waren, schon vom sechsten Tage
ab eine ganz auffällige. Daraus lässt sich wohl nur der Schluss
ziehen, dass das Kochsalz selbst in dieser niedrigen
Concen tration von 5,9 pCt., trotzdem scheinbar zu¬
nächst keine Schädigung zn constatiren war, doch
in. irgend einer Weise auf die Sporen eingewirkt
haben musste, so dass sie für die Wirkung des
Phenols bedeutend empfänglicher wurden. Es macht den
Eindruck, als ob beim Aufenthalt der Sporen in der Kochsalz¬
lösung etwa eine Quellung und Auflockerung der Sporenmembran
stattfinde, wodurch das nachträgliche Eindringen des Phenols
begünstigt wird, da es sonst unbegreiflich wäre, weshalb Phenol
und Kochsalz bei gleichzeitiger Anwesenheit schwächer des-
inficirend wirken, als wenn die reine Kochsalzlösung vorangeht.
Ueber den Ursprung des Tetannskeimes.
Von Dr.Mario Molinari.
(Qiornate dolla R. Socletä Hat. d’Igiene 1893 H. 1.)
Nicolaier und nach ihm eine Reihe anderer Forscher haben
festgestellt, dass das Tetanusvirus häufig im Erdboden
vorkommt. Die oberflächlichen Schichten öffentlicher Strassen
und Plätze, ferner der Fussboden von Ställen sind Fundorte
für Tetanusbacillen. Da dieselben andererseits in den Fäces
einiger Thiere nachgewiesen worden sind, ist der Gedanke aus¬
gesprochen worden, dass diese Thiere die Tetanusbacillen im
Darm beherbergen und mit dem Koth über die Erdoberfläche
verstreuen. Prof. Sormani hat 1890 den Satz aufgestellt, dass
an bewohnten Orten und auf gedüngtem Ackerland um so mehr
Tetanuskeime zu finden seien, je mehr tetanuskeimhaltiger Koth
an den fraglichen Orten abgesetzt bezw. dem Acker zugefdhrt
worden wäre. Sormani hat zuerst festgestellt, dass es Thiere
giebt, deren Koth tetanuserzeugend wirkt, und dass gesunde
Thiere das Tetanusvirus in grosser Quantität im Verdauungs¬
schlauch ohne Nachtheil beherbergen können.
M. hat durch seine Untersuchungen die Resultate von
Sormani, Sandher-Toledo und Veilion bestätigt gefunden und
zu den bekannten Thatsachen neue Beiträge geliefert Auch die
Fäces des Esels, Schweines, der Katzen, Hasen, Gänse und
Enten vermögen Tetanus zu erzeugen, während die Versuche
mit dem Koth von Schwalben, Fröschen und Fischen negativ
ausfielen.
Als Versuchsthier diente das Kaninchen. Die Koththeilchen
wurden bei Kaninchen in eine subcutane Tasche eingeführt, welche
von der Umgebung luftdicht abgeschlossen wurde.
Kälber und Lämmer, die durch Maulkörbe daran verhindert
wurden, sich zu lecken oder mit der Nase den Boden und
Futtermittel zu berühren, hatten keine Tetanuskeime im Koth.
Eine lange Serie von Versuchen mit menschlichen Darmaus¬
scheidungen ergab nicht ein positives Resultat.
Es muss also angenommen werden, dass die Tetanuskeime
aus dem Erdboden in ihre Wirthe mit den Futterstoffen gelangen,
welche von Erdtheilchen verunreinigt sind. Die grosse Wider¬
standsfähigkeit der Sporen des Tetanusbacillus gegen Säuern
schützt dieselben vor einer Abschwächung ihrer Keimkraft durch
den Magensaft. Vermuthlich erfolgt im Darmcanal die Entwicke¬
lung und Vermehrung von Bacillen aus den Sporen. Nach Aus¬
scheidung der Tetanusbacillen aus dem Darmcanal nehmen die-
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620
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
selben höchstwahrscheinlich im Boden wieder die Form einer
grösseren Resistenzfähigkeit an. Da die Tetanuskeime nnr ober¬
flächlich im Erdboden sitzen (unter 80 ImpfVersnchen mit Erd-
theilchen aus einer Bodentiefe von 30 nnd 50 cm beobachtete
Beumer nur drei Mal Starrkrampf), üben vielleicht meteoro¬
logische Einflüsse, Sauerstoff und Sonnenlicht eine abschwächende
Wirknng, während das Passieren durch den Darmcanal bestimmter
Thiere die Virulenz wieder erhöht
Veränderung des Telanusgiftes im Organismus und
seine Beziehung zum Antitoxin.
Vortrag,gehalten von Blumenthal im Verein für innereMedicin. Berlin.
(Allg. Med. Centr.-Ztg.)
Wesentlich zwei Theorien beschäftigen sich mit dem Zu¬
standekommen der tetanischen Symptome, nach der einen reizt
das von den Bacillen gebildete Gift unverändert die motorischen
Ganglienzellen, nach der anderen wird das Gift erst im Organis¬
mus in das eigentliche Tetanusgift verwandelt. Bl. ist ebenfalls
der letzteren Ansicht und meint, dass das Gift im Organismus
erst gebildet wird, indem es mit einer Substanz der Zelle, ins¬
besondere der motorischen Rückenmarkszelle, eine chemische
Verbindung eingeht, die das eigentliche Tetanusgift ist. Diese
Anschauung erlangte Verf. durch Versuche mit Material von
menschlichen tetanischen Leichen einerseits, andererseits durch
Versuche an Kaninchen und Meerschweinchen. Er beobachtete
nämlich eine Umwandlung des GifteB im Thierkörper dahin, dass
es immer mehr die Fähigkeit verlor, echten Tetanus zu machen,
dass es in einem fiüheren Stadium als einfaches Krampfgifc
wirkte, in einem späteren, wenn beim Kaninchen der Tetanus
schon deutlich war, überhaupt nicht mehr als Gift für Mäuse
nachweisbar war. Daraus schloss Bl., dass die verschiedenen
Wirkungen des Giftes als Umwandlungen desselben zu deuten
sind, indem das Gift allmälig mit Zellsubstanz gesättigt wird,
um dann bei vollkommener Sättigung für andere Thiere wirkungs¬
los zu sein. Bl. wirft nun die Frage auf: Ist das Gift zerstört
und Bind es nur die nach der Zerstörung des Giftes gesetzten
anatomischen Veränderungen, die den Ausbruch des Tetanus
veranlassen, oder ist eine Verbindung von Gift und Zellsubstauz
dies eigentliche Tetanusgift? Nnr die letztere Auffassung kann die
richtigere sein, wenn auch ein Widerspruch scheinbar darin
liegt, dass die Vergiftung gerade in einer Verbindung von Toxin
und Antitoxin zu suchen ist Ja, es scheint sogar, dass die
Empfänglichkeit der Thiere Für Tetanus desto grösser ist, je
grösser der Gehalt ihrer Zellen an „giftbindender Substanz“,
Antitoxin, ist. Diese Substanz, welche in der Zelle durch
Zusammentritt mit Toxin die Ursache der Erkrankung ist, wirkt
in der Circulation antitoxisch. DieB geschieht dadurch, dass sie
in der Circulation das Gift abfängt, ehe es sich mit der Zelle
verbindet Diese Fähigkeit dürfen wir auch beim klinischen
Tetanus erwarten; es ist aber fraglich, ob das Heilserum noch
etwas gegen das bereits gebundene Gift auszurichten vermag.
The flagella of the tetanos bacillos, and other contri-
butions of the morphology of the tet&nns bacillns.
Von Kanthack and Connell.
(Journ. of Palhol. and Bactor.)
Die Verfasser berichten nach einem Referat iu der Deutschen
medicin. Wochenschrift über bemerkenswerthe morphologische
Eigenschaften der Tetanusbacillen, zunächst über das Vorkommen
von Geisseln. Sie fanden, dass Tetaousbacillen, die aus vier- und
vierzehntägigen, ameisensaure Salze enthaltenden Agarculturen
stammten und nach einem von van Ermengem angegebenen
Verfahren (mit Arg. nitr. u. Gerbsäure) behandelt waren, eine
Kapsel zeigen und von zahlreichen, oft bis 20 und 30 feinen,
gewundenen, die Länge des Bacillus kaum erreichenden Geisseln
umgeben sind, die die Kapsel durchsetzen und die sie für Fort¬
sätze des Protoplasma ansprechen. Ausser diesen zahlreichen
feinen Geisseln, die als primäre bezeichnet werden, beobachteten
die Verfasser noch zuweilen wenige (1—3) dickere, secundäre.
Während die primären, wenn die Bacillen älter werden, allmählig
verschwinden, bleiben die sekundären zunächst bestehen, so dass
gelegentlich Bacillen mit nur einer endständigen Geissei Vor¬
kommen können. Die Bacillen verlieren auch diese, wenn die
Spore sich bildet. Bei einzelnen in Sporenbildung begriffenen
Bacillen sieht man zuweilen noch die die Kapsel durchsetzenden
Reste der Geisseln; ist die Spore gauz ausgebildet, dann pflegen
auch diese Reste zu fehlen.
Ferner beobachteten die Verfasser keulenähnliche Formen
der Tetanusbacillen, die sie schon in 8—24stündigen Gelatine-
nnd Bouillonculturen fanden und die sie deshalb nicht für Invo¬
lutionsformen, wie sie gelegentlich in älteren Culturen Vorkommen,
halten. In Bouillonculturen und in Abklatschpräparaten von
Colonien, die auf Gelatine gewachsen waren, haben die Verfasser
auch solche keulenähnliche Foimen, die verzweigt und dadurch
mycelähnlich waren, gesehen.
Thicrhaltung und Thierzucht
Das Verhältnis» des Lebendgewichts der Mutterthiere za desjenigen der
Kälber.
Nach einer Mittheilung in der Allgemeinen Centralzeitung
für Tbierzucht wurden an der landwirtschaftlichen Schule Rütti
bei Bern im Jahre 1897/98 Erhebungen über den Gewichtsverlust
des Rindes bei der Geburt und das Verhältnis des Lebend¬
gewichts der Mutterthiere zu demjenigen der Kälber angestellt.
Man wollte hierdurch für das schweizerische Fleckvieh
(Simmenthaler) Aufschluss erlangen, um wieviel das Lebend¬
gewicht der Kuh durch die Vorgänge bei der Geburt zurückgeht,
ferner wie hoch sich das durchschnittliche Lebendgewicht der
Kälber beziffert und in welchem Verhältniss dasselbe zu dem¬
jenigen der Mutterthiere steht. Indem einerseits der Gewichts¬
verlust der Mutter und andererseits das Gewicht des Kalbes be¬
kannt war, konnte der Gewichtsantheil des Fruchtwassers und
der Eihäute durch einfache Berechnung gefunden werden.
Das Ergebniss einer grosseu Reihe sorgfältiger Wägungen war
Folgendes:
1. Durch die Vorgänge der Geburt ergab sich für 30 Mutter¬
thiere mit einem durchschnittlichen Lebendgewicht (nach der Ge¬
burt bestimmt) von 642 kg ein Gewichtsverlust von 66 kg oder
ca. ein Zehntel vom Lebendgewicht der Mutter. Der Gewichts¬
verlust schwankte zwischen 45 und 90 kg.
2. Das Durchscbnittslebendgewicht der Kälber beträgt für
die mänulichen Thiere 43,9 kg, für die weiblichen 40,5 kg (ohne
Rücksicht auf das Geschlecht 41,8 kg). Im Durchschnitt kann
angenommen werden, dass das Gewicht des Kalbes */,» von dem
der Mutter nach vollzogener Geburt beträgt. Das schwächste
Kalb wog 32, das stärkste 51 kg, bezw. das Gewicht desselben
war 19,2 bezw. 11,3 mal in demjenigen der Mutter enthalten.
3. Der durch das Fruchtwasser und die Eihäute nach der
Geburt bedingte Gewichtsverlust schwankte bei den einzelnen
Mutterthieren zwischen 11 und 50 kg und beträgt im Durch¬
schnitt 23,6 kg oder ca. '/io vom Gewicht des Mutterthieres.
Die hier festgestellten, zum Theil ganz erheblichen Unter¬
schiede sind durch die Schwankungen des Gewichts von Magen-
und Darminhalt bedingt Bei anderweitig fortgesetzten Unter¬
suchungen dieser Art würden sich sicher lehrreiche Schluss¬
folgerungen bezüglich des Einflusses des Alters, der Rasse oder
Körperschwere des Mutterthieres oder des Geschlechts der Nach¬
kommen ergeben. _
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BERLINER THIERARZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
621
Tagesgeschichte.
Unter der Ueberschrift „Wo ist der Thierarzt?“ bespricht die
englische Wochenschrift „The Veterinary Record“ in ihrer
ersten Decembernnmmer eine Adresse, welche der Präsident
der Royal Society, der berühmte Lord Lister, an die Mitglieder
dieses vornehmsten Aerztevereins in England bei der am
30. November abgehaltenen Jahresversammlung gerichtet hat. In
dieser Ansprache referirt Seine Lordschaft unter andern Gegen¬
ständen über die Rinderpest in Südafrika und preist die glänzenden
Resultate der Koch’schen Untersuchungen als einen grossen
Triumph. Noch grösser seien die praktischen Erfolge, welche
die Forschungen und Bemühungen von Kolle und Turner be¬
gleitet haben, indem durch gleichzeitige Injection des Serams von
einem die Rinderpest überstandenen nnd des Blutes von einem an
der Seuche erkrankten Ochsen an zwei verschiedenen und ent¬
fernten Theilen des Körpers ein gesundes Rind vor Erkrankung
geschützt werden könne. Beiläufig bemerkt, ist dnreh die
Präventivimpfongen einschliesslich der Koch’scbeu Gallen- und
der Sernmmethoden nach den Angaben Lister’s etwa 700 000
Rindern das Leben gerettet worden.
Auffällig sei, heisst es in der Besprechung weiter, dass in
diesem ganzen Abschnitt der Adresse eines Thierarztes nicht
Erwähnung gethan werde, obwohl nicht weniger als 20 Veterinäre
drei Jahre hindurch bei der Unterdrückung der Seuche thätig
wären.
Die Verdienste Koch’s und der Doctoren Kolle und
Turner schmälern zu wollen, sei mehr als thöricht, aber es
wäre ein billiges Verlangen, dass der Fleiss und die Resultate
Anderer nicht vergessen würden. Vet.-Professor Semmer ent¬
deckte den Werth des Serums eines von der Rinderpest ge¬
sundeten Ochsen, ehe Koch nach Afrika ging, und er wies auch
darauf hin, dass die Immunität nur temporär sei. Dass naeh
dem Ueberstehen der Krankheit Immunität eintritt, war bekannt,
und hierauf begründete ein Thierarzt Watkins-Pitchford bei
der Natal-Regierung bereits eine Methode der Immunisirung.
Zunächst wurde Serum von einem „gesalzenen“ Ochsen (der die
Senche überstanden hat) injicirt und das betreffende Rind
unmittelbar darauf der directen Infection ausgesetzt.
Auf diese Weise gelang es W. schon von December 1898,
Rinder gegen die Seuche zu schützen.
Verf. des vorliegenden Artikels fügt hier hinzu:
Es sei die eigene Schuld der Veterinäre Südafrika««, dass sie
ihre Arbeit nicht weiter ausgenutzt haben, uud dass sie des An¬
sehens verlustig gegangen seien, das sie verdienen. Immerhin
sei es ein wenig hart, erfahren zn müssen, dass einige Mitglieder
des ärztlichen Standes allen Rahm einbeimsen, während die
Veterinäre die Mühe und Arbeit des ganzen Sencheuausbracbes
getragen haben.
Da der Bericht Lister’s nur auszugsweise wiedergegeben
ist, entzieht es sich der Beurtheilung, inwieweit nnd in welcher
Richtung er die Rinderpestforschnng nnd Bekämpfung belenchten
wollte, doch ist es befremdend, dass er die Verdienste der Thier¬
ärzte in Südafrika, welche durch ihre Leistungen zu dem grossen
Werke beigetragen haben, keines Wortes würdigte. P.
Freisprechung.
Herr Thierarzt Dr. Ehlers in Bremen, dessen Vernrtheilung
in No. 35 der B. T. W. gemeldet worden war, theilt mit, dass er
bei dem Reichsgericht ein freisprechendes Erkenntniss erzielt hat
Oeffentliches Veterinär wesen.
(Mittheilungen für
Seachenstatistik nnd YeterinärpoUzel.
Thierseuohen im Auslände, lii. Quartal 1898.
Niederlande.
Die nach den einzelnen Monaten zusammengestellten Krank¬
heitsfälle betrugen bei Milzbrand 15 bezw. 31 bezw. 27; bei Rotz
(Wurm) 3 bezw. 3 bezw. 2; bei Maul- und Klauenseuche 6
bezw. 42 bezw. 3208; bei Räude der Einhufer und Schafe 188
bezw. 311 bezw. 225; bei Rothlauf der Schweine incl. Schweine¬
seuche 150 bezw. 296 bezw. 215; bei bösartiger Klauensenche
der Schafe 45 bezw. 348 bezw. 150.
Frankreich.
Von Lungenseuche waren betroffen im Juli 8, im August 5
nnd im September 9 Gemeinden; geschlachtet wurden wegen
dieser Seuche 31 bezw. 19 bezw. 30 und geimpft 150 bezw. 34
bezw. 72 Rinder. Milzbrand herrschte im Juli in 40, im August
in 54, im September in 45, Rotz (Wnrm) in 54 bezw. 80 bezw. 61
Ställen; getödtet wurden wegen Rotz in der Berichtszeit 64 bezw.
171 bezw. 111 Pferde. Die Zahl der gemeldeten tollen Hnnde belief
sich auf 185 bezw. 177 bezw. 150 Stück in den einzelnen Monaten.
Die Maul- und Klauenseuche trat in 227 bezw. 471 bezw. 541 Ge¬
meinden auf. Die Schafpocken herrschten in 16 bezw. 28 bezw.
61 Heerden. Schafräude gelangte in 7 bezw. 8 bezw. 3 Heerden
zur Feststellung. Rauschbrand trat in 69 bezw. 79 bezw.
78 Ställen auf. Rothlauf der Schweine wurde in 13 bezw. 8
bezw. 8 Departements, die ansteckende Lungen- nnd Darmentzündung
der Schweine in 13 bezw. 10 bezw. 12 Beständen beobachtet.
Maai- and Klateaseuohe-Nschrichten.
Ausbruch der Maul- und Klauenseuche ist gemeldet von den
Schlachthüfen zu München, Regensburg, vom Viehhofe zu Strass-
Veterinärbeamte).
bürg und dem Viehmarkte zu Rottweil, sämmtlich vom 19. er.
Ausbruch und Erlöschen ist gemeldet vom Schlachthof Metz.
Das Erlöschen der Seuche ist gemeldet vom Schlachthofe zu
Dresden am 19. er.
Naohwelstmg Aber den Stand der Viebseuohen im Deutschen Relobe
am 15. December 1898.
Es waren am 15. December in nachstehenden Regierungs¬
bezirken etc. folgende Kreise (und Gemeinden) verseucht:
A. von Rotz (Wurm):
Preussen: R.-B. Gumbinnen 1 (1). R.-B. Marienwerder 1 (1).
Stadtkreis Berlin 1. R.-B. Potsdam 1 (1). R.-B. Frankfurt 3 (4).
R.-B. Cöslin 1 (1). R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Bromberg 2 (2).
R.-B. Breslau 2 (2). R.-B. Oppeln 2 (2). R.-B. Düsseldorf 1 (1).
Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(1). Kreishanptm. Leipzig 1 (2).
Württemberg: Jagstkreis 2 (2). Donaukreis 1 (1). Braun-
schweig: 1 (1). Waldeck: 1 (1). Elsass-Lothringen: Bezirk
Unter-Elsass 1 (1).
B. von Maul- und Klauenseuche (excl. Preussen):
Bayern: R.-B. Oberbayern 16 (71). R.-B. Niederbayern 1 (2).
R.-B. Pfalz 12 (86). R.-B. Oberpfalz 10 (21). R.-B. Oberfranken
12 (20). R.-B. Mittelfranken 9 (23). R.-B. Unterfranken 12 (19).
R.-B. Schwaben 21 (153). Sachsen: Kreishauptm. Bautzen 1(2).
Kreishauptm. Dresden 1 (1). Kreishauptm. Leipzig 3 (13). Kreis-
bauptm. Zwickau 3 (9). Württemberg: Neckarkreis 17 (83).
Schwarzwaldkreis 13 (38). Jagstkreis 14(72). Donankreis 15 (50).
Baden: Landescomm. Constanz 7 (8). Landescomm. Freiburg
8 (18). Landescomm. Karlsruhe 8 (20). Landescomm. Mannheim
7 (11). Hessen: Provinz Starkenburg 6 (11). Provinz Ober¬
hessen 4(8). Provinz Rheinhessen 4 (27). Sachsen-Weimar
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BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
4(9). Oldenburg: Herzogth. Oldenburg 5(7). Fürstenthum
Birkenfeld 1 (3). Braunschweig 4 (7). Sachsen-Meiningen
3 (6), SacliBen-Coburg-Gotha: Herzogth. Coburg 1 (1).
Herzogth. Gotha 1 (1). Anhalt 2 (3). Schwarzburg-Rudol-
$tadt 1 (1). Waldeck 1 (1). Bremen 2 (3). Elsass-
Lothringen: Bez. Unter-Elsass 5(29). Bez. Ober-Elsass 6(41).
Bez. Lothringen 5 (32).
C. von Lungenseucbe:
PreusBen: R.-B. Marienwerder 1 (2). Stadtkreis Berlin 1 (1).
R.-B. Posen 2 (3). R.-B. Magdeburg 3 (5). R.-B. Köln 1 (2).
Bayern: R.-B. Schwaben 1 (1).
D. von Schweineseuche (incl. Schweinepest):
Prenssen: R.-B. Königsberg 3 (3). R.-B. Danzig 1 (1).
R.-B. Marienwerder 1 (2). R.-B. Potsdam 2 (3). R.-B. Frank¬
furt 4 (8). R.-B. Stettin 3 (4). R.-B. Stralsund 1 (2). R.-B. Posen
12 (27). R.-B. Bromberg 5 (5). R.-B. Breslau 15 (49). R.-B. Lieg¬
nitz 12 (24). R.-B. Oppeln 6 (9 . R.-B. Magdeburg 4 (5). R.-B.
Erfurt 3 (4). R.-B. Schleswig 5 (6). R.-B. Hannover 5 (5). R.-B.
Hildesheim 5 (5). R.-B. Münster 1 (1). R.-B. Arnsberg 2 (2).
R.-B. Cassel 2 (2). R.-B. Wiesbaden 2 (6). R.-B. Düsseldorf
3 (7). R.-B. Trier 1 (1). R.-B. Aachen 1 (1). Bayern: R.-B.
Niederbayern 1 (1). R.-B. Oberfranken 1 (1). R.-B. Schwaben
2(2). Mecklenburg-Schwerin 3(4). Hamburg 1 (2).
Die Verbreltug der Mail- a.Klaueneeache in Preussen am 15. Dezember 1898.
Regierungsbezirk
Die Seuche
ir
Kreisen
herrschte
Gemeinden
(Gutsbez.)
Von je 1000
Gemeinden
(Gutsbez.)
waren
verseucht
Danzig.
2
4
3,17
Marienwerder.
1
1
0,44
Potsdam.
2
5
1,93
Frankfurt.
3
4
1,47
Stettin.
1
1
0,53
Posen.
11
18
5,46
Bromberg. ..
3
10
4,49
Breslau.
9
50
13,16
Liegnitz.
1
1
0,35
Oppeln.
1
2
0,71
Magdeburg.
8
16
11,11
Merseburg.
9
31
13,40
Erfurt.
2
2
3,41
Hannover.
3
5
7,94
Hildesheim.
3
14
19,33
Lüneburg .
3
8
5,42
Stade .
3
4
5,50
Aurich.
2
4
11,69
Münster.
5
11
41,04
Minden.
2
2
3,92
Arnsberg.
7
15
17,64
Cassel.
6
30
17,94
Wiesbaden.
6
11
11,75
Coblenz.
9
50
47.84
Düsseldorf.
14
84
195,34
Cöln.
8
44
148,64
Trier.
13
69
61,22
Aachen .
10
59
151,28
Hohenzollern- Si^marin^en
2
4
31,49
Summa
~ 559
—
Fleischsch&n and Vieh verkehr.
Zur „Fleischnoth“.
Der ständige Ausschuss des deutschen Landwirthschaftsrathes
hat betreffs der sogenannten „Fleischnoth“ eine bemerkenswerthe
und ohne Zweifel ganz zutreffende Erklärung beschlossen, auf
die wir in einer folgenden Nummer zurückkommen werden, die
aber hier schon wörtlich veröffentlicht werden soll.
Der ständige Ausschuss des deutschen Land wir thschafsraths
hat in seiner Sitzung am 10. December d. J. über die sogenannte
Fleischnoth folgende Erklärung beschlossen:
„Wenn auch der Preis für Schweine nnd frisches Schweine¬
fleisch in einigen Monaten d. J. etwas höher gewesen ist als im
Vorjahre, so ist durch diese Höhe des Preises die Ernährung des
deutschen Volkes in keiner Weise bedroht worden, zumal den
Consumenten gleichzeitig Rindfleisch, Hammelfleisch und zu¬
bereitetes Schweinefleisch in Form von Schinken und Speck
ebenso billig und vielfach noch billiger zur Verfügung stand als
in den Vorjahren. Der höhere Preis für Schweine und frisches
Schweinefleisch in einigen Monaten,d. J. ist eine regelmässig
wiederkehrende Erscheinung in der jährlichen Bewegung der
Preise, die stets abwechselnd hoch und niedrig gewesen sind und
den Stand des diesjährigen Preises wiederholt erreicht und ihn
1890 noch tibertroffen haben.
Die deutsche Landwirtschaft ist nicht nur im Stande, den
inländischen Bedarf an Fleisch allein, ohne ausländische Zufuhr,
zu decken, sondern sie ist sogar so leistungsfähig, dass der
deutschen Bevölkerung trotz ihrer starken Vermehrung von Jahr
zu Jahr pro Kopf noch eine grössere Fleischmenge zur Verfügung
steht als in den Vorjahren. Es kann somit von einer Fleischnoth,
einem Mangel an Fleisch in diesem Jahr ebenso wenig die Rede
sein wie in früheren Jahren.
Die Ursache für die Behauptung einer Fleischnoth kann
weder in den höhereu Preisen noch in der verringerten Einfuhr
von lebendem Vieh gefunden werden, da der Preis für Schweine
und frisches Schweinefleisch 1890 und 1892 auf derselben Höhe
und zum Theil noch höher stand als in diesem Jahr, trotzdem
damals 6—800000 Schweine eingeftthrt wurden. Aueh ist neben
die etwas beschränkte Einfuhr von lebendem Vieh eine steigende
Einfuhr von tierischen Producten getreten, die im Laufe
dieses Jahres bereits eine aussergewöhnliche Ausdehnung er¬
fahren hat.
Der tiefere Grund für die Behauptung einer Fleischnoth in
diesem Jahre muss vielmehr in den durch die veränderten Ver¬
hältnisse im Vieh- und Fleischhandel verursachten Schädigungen
der Viehhändler und Fleischer gesucht werden.
Während für den inländischen Fleischconsum früher fast
ausschliesslich lebendes Vieh eingeführt und das fremde Vieh vom
Händler auf die Schlacht- und Viehhöfe gebracht wurde und von
dort in die Hände des Fleischers überging, dringen jetzt, neben
der verringerten Einfuhr von: lebendem Vieh, die ausländischen
für den Consum fertigen Fleischproducte in das Deutsche Reich
ein und gelangen durch alle Canäle des Verkehrs, durch den
Verkauf in allen Delicatess-, Colonial- und Krämerladen, zum
grössten Theil mit Umgehung des Fleischers, direct an die
Consumenten. Der durch diese Einfuhr von Fleischproducten,
vor Allem von Pökelfleisch, Büchsenfleisch, Schinken, Speck,
Würsten, Talg und Schmalz, verursachte Preisdruck zwingt den
Fleischer, für das frische Fleisch, das bisher verhältnissmässig
am wenigsten unter der ausländischen Concurrenz zu leiden hatte,
einen möglichst hohen Preis zn erzielen. Hierdurch erklärt sich
die vielfach beobachtete Erscheinung, dass die Preise für frisches
Fleisch höher sind, als im Verhältnis zu den gleichzeitigen
Schlachtviehpreisen erwartet werden sollte.
Eine weitere Oeffnung der deutschen Grenze zu Gunsten
der Einfuhr von lebendem Vieh darf im dringendsten Interesse
einer wirksamen Bekämpfung der Viehseuchen und im vitalsten
Interesse der gesicherten Fleischversorgung unseres Volkes auf
keinen Fall zugelassen werden. Auch muss ans demselben
Interesse gefordert werden, dass die Einfahr von Fleischproducten
unter eine strenge hygienische Controle gestellt wird.“
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^•J^^Baber 1898.
Bücheranzeigen und Kritiken.
Compendium der speoieilen Chirurgie für Tbierlrzte von Dr. med.
Eugen Fröhner, Professor. Ferdinand Enke, Stuttgart 1898.
Gewissennassen der Notb gehorchend, nicht dem eigenen
Triebe, hat Fröhner sein neuestes Werk geschrieben. Denn er
sah sich genöthigt, dem groben Unfng za steuern, dasB seine
Vorlesungen über spec. Chirurgie ohne sein Vorwissen zum
Handelsartikel gemacht wurden, für welchen er am Ende doch
die Verantwortung zu tragen hatte.
Das 316 Seiten starke Compendium enthält eng zusammen-
gedrängt die gesammte spec. Chirurgie. Als besonderer Vorzug
ist es zu erachten, dass die Krankheiten des Auges, des Hufes
und der weiblichen Geschlechtsorgane, die in den meisten Chirur¬
gien fehlen, in das Buch mit aufgenommen sind. Durch das
Erscheinen des Buches ist in erster Linie den Berliner Studiren-
den ein grosser Dienst erwiesen worden, indem sie von dem
lästigen Nachschreiben in der Vorlesung befreit werden und nun¬
mehr an der Hand des Compendiums sich das Vorgetragene
später wieder leicht ins Gedächtniss zurückrufen können. Das
Buch dürfte sich ausserdem recht brauchbar bei den Repetitionen
vor dem Examen erweisen. Zu diesem Zweck hat der Verf. den
Stoff von allen Literaturangaben, Citaten und von sonstigen das
Gedächtniss beschwerenden Beiwerk entkleidet.
Die bekannte übersichtliche Darstellungsweise Fröhner’s
gewinnt noch an Wirkung durch geeignete Anwendung des ge¬
sperrten Druckes, der sozusagen Merkpunkte für das Gedächt¬
niss liefert, zwischen welchen sich der Zusammenhang leicht und
fast von selbst findet. Es erübrigt sich, auf den Inhalt einzelner
Kapitel einzugehen. Im Allgemeinen sind dieselben nach folgen¬
der einfachen Disposition entworfen: Beschreibung der Ursachen,
der Erscheinungen und der Behandlung. Wo es dem Verf. noth-
wendig erscheint, wird eine kurze Begriffserklärung vorangestellt
oder es werden auch aphoristische Bemerkungen über pathologisch¬
anatomische Veränderungen, Prognose, über die gerichtliche
Beurtheilung des Falles u. s. w. eingefügt.
Dem Compendium werden hiernach die Anhänger bei den
Studenten nicht fehlen, und es dürfte sich auch unter den prak¬
tischen Thierärzten manchen Freund erobern. P.
Die Zuohtwahl de« Pferde« von Dr. Friedrich Wilhelm DQnkelberg,
Geh. Reg.-Rath, Direktor der Königl. landwirthschaftl. Akademie
Poppelsdorf-Bonn. Braunschweig, Vieweg & Sohn 1898.
Die vorliegende Schrift solle ein Ergänzang des Werkes
„Allgemeine und angewandte Viehzucht“ desselben Verfassers,
welche im Jahre 1892 erschienen ist, bilden.
Auf historischer Basis werden die Erfolge dargelegt, welche
unter anderen mit der Edelzucht des englisch - arabischen
Vollblutes in Deutschland und Frankreich erzielt worden sind.
Auch die Halbblutrassen und zuletzt die kaltblütigen Schläge
werden unter einem historisch-kritischen Gesichtspunkte be¬
trachtet.
Aus der Geschichte der Gestüte und ihrer Züchter lässt sich
ein werthvolles Erfahrungsmaterial entnehmen, welches für die
Züchter belehrend und von grösstem Nutzen ist und dieselben
vor manchem Fehlgriff bewahren kann. Leider sind diese
Schätze der Allgemeinheit noch lange nicht genügend zugänglich
gemacht, im Gegentheil werden dieselben von manchen Gesttits-
verwaltungen in „unmotivirter Geheimnisskrämerei“ vor einer
Veröffentlichung sorgfältig bewahrt, — um vielleicht später ganz
in Vergessenheit zu gerathen.
Verf. fordert durch sein Buch auf, mit dieser dem allgemeinen
Interesse entgegenstehenden Gepflogenheit zu brechen.
623
Das bearbeitete Material ist in zwei Hauptabschnitte getheilt,
welche die Ueberschriften führen: „Das warmblütige Pferd“
bezw. „Das kaltblütige Pferd“.
Auf den interessanten Inhalt dieser grossen Abschnitte
specieller einzugehen, würde über die vorgesteckten Grenzen
dieser Besprechung hinausgehen. Es soll nur erwähnt werden,
dass im ersten Abschnitt zunächst kurz die arabische Rein¬
zach t beschrieben wird. Ausführlich beschäftigt sich der Verf.
dagegen mit der arabisch-englischen Vollblutzucht,
indem er sich an die nach aktenmässigen Quellen ermittelte oder
aus glaubwürdiger Literatur geschöpfte Gestütskunde von Zwei¬
brücken, Neustadt a. d. Dosse, Mezöhegyes, Pompadour u. s. w.
anlehnt. Die Geschichte dieser Gestüte lehrt, dass aus der Ver¬
mischung des arabischen mit dem englischen Vollblut aus¬
gezeichnete Gebrauchspferde entstehen. Verf. empfiehlt hiernach
zum Besten der Landespferdezucht in massigen Grenzen auf die
englisch-arabische Zucht zurückzugreifen.
98 Seiten der Schrift sind der Halbblutzucht gewidmet.
Unter den Halbblutrassen werden einige deutsche und öster¬
reichische Zuchten, welche sich Ruf erworben haben, gut be¬
schrieben, ferner finden das englisch-normannische Pferd, die
Orlowtraber, die Hackney- und die amerikanische Traberrasse
eine gebührende Berücksichtigung. Viel Neues bieten die An¬
gaben über das Lippe’sche Hofgestüt in der Senne und das dort
gezüchtete Pferd („Sennerpferd“).
Im Abschnitt, welcher von den kaltblütigen Pferden
handelt, werden der historisch-kritischen Betrachtung unterzogen.
Das dänische Pferd, das brabanter Pferd, das Pferd der Ardennen,
der Percheron, der Klydesdaler, die Suffolkrasse und das englische
Karrenpferd.
Das Buch bietet, trotzdem nur einer kleiner Bruchtheil von
dem gesammten Erfahrungsmaterial der Gestüte darin enthalten
ist, reiche Belehrung und es ist allen Pferdekennern und Züchtern
bestens zur Lectüre zu empfehlen.
Es wäre wünschenswert^ dass das das Beispiel und die
Anregung des Verfassers Nachahmung und Gehör fänden, damit
endlich die noch im Schosse der Gestüte ruhenden züchterischen
Erfahrungen zwecks Aufstellung allgemein richtiger Grundsätze
für Zuchtwahl bekannt würden. P.
Das Thierreloh. Von Dr. Heck. P. Matsohie, Professor Dr. von
Martens u. A. Verlag von J. Neu mann in Neudamm. 1887.
2 Bände mit 2222 Seiten. 15 Mark.
Das vorliegende Werk bildet den 8. und 9. Band des grossen
Sammelwerkes „Der Hausschatz des Wissens“. Wie alle die
einzelnen Bände dieser Sammlung, welche unser gesammtes
Wissen von der Natur und Menschheit in grossen Einzelwerkeu
bieten soll, so bildet auch „Das Thierreich“ ein vollständig für
sich abgeschlossenes Ganzes. Im Anschluss an eine geschichtliche
Einleitung finden wir die Lehren der allgemeinen Zoologie in
gemeinverständlicher Form wiedergegeben. Hierauf folgt der
Haupttheil des Werkes, die ausführliche Naturgeschichte aller
Thiere, von den Urthieren anfangend bis zu den höchst ent¬
wickelten Säugern aufwärts. Die Daistellungsweise ist fern von
jeder langweiligen Schulmethode. Neben der nothwendigen
Systematik kommt die vergleichende Gegenüberstellung zu ihrem
Recht, so dass der Leser nicht nur mit dem Wesen der äusseren
Erscheinung der Thiernamen, sondern auch mit der Ursache der¬
selben vertraut gemacht wird und ebenso unbewusst wie überzeugend
zur Erkenntniss des einheitlichen Grundprincips der thierischen
Organisation gebracht wird.
Den breitesten Raum des ganzen Werkes nehmen die Vögel
und Säugethiere ein; gerade die Darstellung der letzteren, leider
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
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624
BERLINER THIERÄRZTLICHE WOCHENSCHRIFT.
No. 52.
in vielen neneren Werken stiefmütterlich behandelten Thierclasse
ist von Dr. Heck in sehr sorgfältiger und anziehender Weise
durchgeführt worden. Hier hat, das empfindet man in jedem
Capitel, Liebe zur Sache und sorgfältige Beobachtung die Feder
geführt
In Rücksicht auf die alte Erfahrung, dass zahlreiche Ab-
bildüngen, wenn möglich, in natürlichen Farben, ein besseres
Mittel zur sicheren Eenntniss der Thiere bilden als eine noch
so eingehende Beschreibung, sind dem Text gegen 1000 Ab¬
bildungen sowie 10 farbige Tafeln beigegeben worden. Allerdings,
das darf hier nicht verschwiegen werden, sind die Abbildungen
in ihrer Qualität grundverschieden; neben ganz vorzüglichen
Bildern (z. B, der aus dem Nachlass des bekannten Thiermalers
G. Mützel stammenden Farbentafel „Interessante Sängetbiere“)
finden sich geradezu miserable Zeichnungen, die kaum von einem
Kenner das darzustellende Object herausfinden lassen; diese Ab¬
bildungen hätten selbst in einem billigen Werk lieber fortbleiben
sollen.
Im Ganzen genommen, ist „das Thierreich“ ein immerhin
beachtenswerthes populär - naturwissenschaftliches Werk für die
Hausbibliothek. Es stellt einen „Brehm“ imKleinen dar, welcherfür
die Familie ein brauchbares Nachschlagebuch in allen das Thier¬
reich betreffenden Fragen bildet, andrerseits aber durch seine
zum Theil recht ausführlichen Beschreibungen über das Leben
und Treiben der Thiere eine interessante und lehrreiche Lectüre
bildet. Z.
Natur und Haus, Ulustrirte Zeitschrift für alle Natur¬
freunde, herausgegeben von Max Hesdörffer in Verbindung
mit Prof. Dr. Lamport und Gustos P. Matschie. Verlag von
Gustav Schmidt, Berlin. Preis 8 M.
Von dieser vortrefflichen Halbmonatsschrift, die sich in kurzer
Zeit die Achtung der Wissenschaft wie die Liebe aller Natur¬
freunde erworben hat, liegt heute der vollendete VI. Jahrgang in
geschmackvollem Einbande vor uns. „Natur und Haus“ nimmt unter
allen populär-naturwissenschaftlichen Zeitschriften den allerersten
Rang ein; es wird bei der Mannigfaltigkeit seines Inhalts in Original-
Artikeln und Abbildungen und durch seine vornehme Ausstattung
auch in Zukunft neue Freunde unter allen denen finden, die ein
offenes Herz für die Reize der uns umgebenden belebten Natur
und ihre Gebilde bewahrt haben. Z.
Personalien.
Ernennungen: Thierarzt H. F e s e r- Abensberg zum Districts-
tliierarzt daselbst
Gewählt: Thierarzt Dr. H. Baals s-Nlirnberg definitiv zum
beamteten Thierarzt für die Stadt Nürnberg; Thierarzt Mann-
h ar d t - Kellinghusen zum Sanitätsthierarzt daselbst; Thierarzt
S e i ff e r t-Kotzenau (Schles.) als Schlachthofassistenzthierarzt in
Hirschberg.
Promotionen: Kreisthierarzt Ehlers- Northeim (Hann.) von der
Philosoph. Facultät der Universität Marburg.
Approbationen : In Hannover: die Herren Alfred A11 m a n n,
Johann Huth, Wilhelm Rabert, Johannes Schmidt, Alfred
Schwarz.
Das Examen als beamtete Thierärzte bestanden in
Stuttgart: Georg Alber, Stadtthierarzt in Ebingen, Toierarzt
H ä b e r I e - Stuttgart, E. H ä g e I e , Stadtthierarzt in Lauffen a. N.,
E. Kuhn, Assistent an der Thierärztl. Hochschule, Thierarzt
Richard U e i n li a r d - Stuttgart z. Z. Einj.-Freiw., Dr. Zwick, Pro-
scctor an der Thierärztl. Hochschule.
Wohnsitzveränderungen, Niederlassungen eto.: Bezirks-Thierarzt
Dotter- Konstanz nach Lörrach in gleicher Eigenschaft; Thierarzt
Rnil. K Ö8 t e r - Hohenlimburg (Westf.) nach Lüdenscheid (Arnsbg.);
Thierarzt Franz Reimer - Berlin nach Schleswig; Bez.-Thierarzt
H. Zundel - Lörrach nach Konstanz in gleicher Eigenschaft. —
In der Armee: Versetzt: Ober-ltossarzt Hirsemann vom
Verantwortlich flir den Inhalt (excl. Innerateu'.heil) I’rof. Dr. Schinallz in Merlin. — V«
10. Ul.-Regt. zum 2. Hannov. Ul.-Regt. No. 14, Obenossarzt Samuel
vom 2. Hannov. Ul.-Regt. zum 10. Ul.-Regt. — Befördert zu
Bossärzten: Die Unterrossärzte Bussmann vom Feld.-Art-.
Regt No. 1 unter Versetzung zum Ul.-Regt. No. 16, Stolp vom
Feld.-Art.-Rgt. No 21 unter Versetzung zum Feld.-Art-Regt. No. 18,
Bock vom Kür.-Regt. No. 3 unter Versetzung zum Feld.-Art.-Regt
No. 36, Lottermoser vom Gren.-Regt. z Pf. No. 3, R u g g e vom
Drag.-Regt. No. 7 unter Versetzung zum 2. Hannov. Drag.-Regt
No. 16. — Zu Rossärzten des Beurlaubtenstandes: Die
Unterrossärzte der Res. Schliwa, Jelen, Polomski, Stehn
und Unterrossarzt d. Landwehr Carl.
Todesfälle: Districtsthierarzt A. Kämmerer - Waldkirchen
(N.-Bay.)
Yacanzen.
Krelsthierarztsteüen: a) N eu ausgeschriebene Stellen:
Jagstkreis: Districtsthierarztstelle Weikersheim (ca. 700 M.).
— R.-B. Königsberg: Königsberg Land. — R.-B. Posen:
Neutomischel. — R.-B. Stralsund: Stadtkreis Stralsund und
Franzburg (600 M.). Bew. bis 1. Januar 1899 an Regierungspräsidenten.
Thierärztl. Hochschule inMünchen: 2. Assistenten¬
stelle am patholog. Instjtnt sofort, (1140 M. Anfangsgeh.) Meid, an
den Director.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Stellen: R.-B. Hannover: Springe (600 M.) — R.-B. Mi11el¬
franken: Stelle des Zuchtinspectors für den Zuchtverband für
Fleckvieh. Wohnsitz Ansbach. Meid, an Bezirksamtmann in Ans¬
bach (ca. 5200 M.). — Bez. Obereisass: Colmar zum 1. Fe¬
bruar 1899 (ca. 1300 M.). Meid, an Ministerialabth. für Landwirt¬
schaft etc. in Strassburg. — R.-B. Oppeln: Kosel. — R.-B. Osna¬
brück: Meppen (800 M. Zuschuss).
R.-B.: Niederbayern: Distriktsthierarztstelle in Waldkirchen
(ca. 972 M ). Meid, an Bezirksamt Wolfstein.
Sanltätsthlerarztstellen: a) Neu ausgeschriebene Stellen:
Kattowitz: 2. Schlachthof - Thierarzt zum 1. April 1899
(2400 M. und Wohnung; vierteljährl. Kfind.) Meid. b. 10. Jan. 1899
an Magistrat. — Königsberg i. Pr.; 2. Schlaclithof- Thierarzt
zum 1. Jan. 1899 (2400 M. steigend von drei zu drei Jahren um 200 M.
bis 3000). Event. Wolinungsabzug. Bewerbungen sofort an den
Director. — M a 1 m e d y: Schlachthof-Thierarzt (1500 M. etc.) Mel¬
dungen bis 1. Januar 1899 an Bürgermeister. — Meseritz (Posen),
Schlachthausinspector zum 1. April 1899 (1500 M. etc. Privat-
praxis; keine Pension.) Meldung an Magistrat — Plauen
(Vogtl.): Schlachthofdirector zum 1. April 1899 (3600—5400 M.
Wohn. etc. Pension. Meid, bis 1. Februar 1899 an Oberbürgermstr.
— Schwäbisch-Gmünd: Schlachthofthierarzt zum 1. März 1899
(1800—2700 M., Privatpraxis, Pension). Meid, an das Stadtschultheissen-
amt. — Spandau: Schlachthofassistenzthierarzt (1500 M., freie
Wohnung etc. vierteljährl. Kündigung). Meldung bis 1. Febr. 1899
an Magistrat. — Strasburg (Westpr.): Schlacbthausinspector
(1600 M. bis 2500 M. freie Wohnungj.
b) Nach Ablauf der Meldefrist noch unbesetzte
Steilen: Haltern: Thierarzt für Flcischschau (ca. 2000 M.
Privatpraxis) zum 1. Januar 1899. Bew. an Bürgermstr. — Mainz:
Schlacbthofassistenzthierarzt. — Münstereifel: Schlachtbaus¬
thierarzt zum 1. Jan. 1899. Meid, an Bürgermeister. — Nürnberg:
Zwei Schlachthaushilfsthierärzte. — Ratibor: Schlachthofthierarzt.
— Warburg: Schlachthofthierarzt. Bew. an Bürgermeister.
Privatstellen: 1898 bekannt gegebene: Baruth: Thierarzt
aus Vieh- und Fleischschau 1000—1200 M.) Auskunft Magistrat —
Eddelak (Holstein): Thierarzt. Näheres Gemeinde-Vorsteher R.
Lau. — Elsterberg: Thierarzt Auskunft Stadtgemeinderath. —
Freystadt (Westpr.): Thierarzt (1500 M. Fleischschaugebühren),
Bewerb, an Magistrat. — Grossschöna u: Thierarzt (Fixum 1500 M.)
zum 1. Jan. 1899. — Hohnstein (Sächs. Schweiz): Thierarzt (700M.
Zuschuss von der Gemeinde) Meldungen bis 20. Nov. an Stadtgemeinde-
rath. — Kemberg: Thierarzt (städtischer Zuschuss300 BL). Bew. an
Magistrat. — Bioringen: Thierarzt (Einnahme aus Fleisch¬
beschau 500 M.). — Naunhof (b. Leipzig): Thierarzt (Zuschuss
200 M. und Uebertragung der Fleischschau). Bewerber umgehend an
Bürgerm. Igel. — O b er m ar scbacht (Elbe): Thierarzt
Besetzt: Departementsthierarztstelle Gumbinnen
und Münster, Kreisthierarztstelle Meisenheim, Schlacht¬
hofassistenzthierarztstelle Hirschberg.
rla« und Eiaeuthum von Richard Sclioet* In Berlin. — Druck von W. BQxeniteln. Berlin.
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1898. BERLINER THIERÄRZTLI CHE WOCHENSC HRIFT.
Verlag von Richard Schoetz, Berlin NW., Luisenstrasse No. 36.
Tagebuch
für die
tierärztliche Praxis.
Fünfte Auflage.
Preis M. 7,50.
Das „Tagebuch“ ist so bemessen, dass es selbst bei grösster Praxis für ein Jahr ausreichen dürfte, während
es andernfalls auch über eiu Jahr hinaus gebraucht werden kann.
Die Einrichtung desselben macht die Führung irgend welcher anderen Bücher neben dem Tagebuch unnötig.
Das Tagebuch ist so eingerichtet, dass dasselbe jeder Zeit in Gebrauch genommen werden kann.
Ein Kreisthierarzt mit grosser Privatpraxis schreibt mir darüber:
Das ran Urnen eingeführte „Tagebuch für die thieriirxtliche Praxishat so viele Vorxiige, dass es jetxl ein Vergnügen ist, Buch
xu führen.
Weil, seitdem das Tagebuch in meinem Verlage erschienen ist, auch vielfach Rechnnngsformulare von mir
verlangt wurden, habe ich die nachstehend abgedruckten Formulare auf gutem holzfreien Papier herstellen lassen
und werde dieselben stets in grosser Zahl vorräthig halten.
I.
(Liquidation.)
, den 189
Herrn
erlaube ich mir hiermit meine Liqui¬
dation für tierärztliche Bemühungen
im Betrage von Mk. Pfg.
zu überreichen.
Obigen Betrag von. Mk.Pfg.
empfangen zu haben, bescheinigt
u.
(Spcclflcirte Liquidation).
, den
.89
Herrn
erlaube ich mir hiermit meine Liqui¬
dation für tierärztliche Bemühungen zu über¬
reichen.
Consultationen ....
Tagbesuche .
Nachtbesuche.
Operationen.
Sectionen, Fleischbeschau
Gutachten.
Arzneien.
Auslagen.
Obigen Betrag von Mk. Pfg.
empfangen zu haben, bescheinigt
III.
(Mahnung.)
. , den
Herrn
189
bitte ich um Begleichung
meiner
Liquidation vom .
189 ,
im Betrage von
. Mk. Pfg.
Obigen Betrag von Mk.
Pf*
empfangen zu haben, bescheinigt
Diese Rechnungbformulare können dadurch, daB» Name, Titel und Wohnort des ausstellenden Thierarztes nicht aufgedruckt ist,
sondern handschriftlich einzutragen sind, von jedem Thierarzt, in welcher Stellung und an welchem Orte er sich auch befindet, benutzt
werden, ohne dass in den Formularen etwas geändert werden muss. Es werden dieselben also beim Wechsel des Wohnortes, oder wenn
eine Titeländerung eintritt, nicht unbrauchbar, wie dies bei anderen Formularen der Fall ist.
Ich liefere von diesen Formularen 100 Stück fllr M. 1,20. [i«ot]
Bei Bestellung genügt die Angabe der Nummer. Also z. B. 500 Rechnungsformulare I., 200 II., 100 III.
Berlin NW,
Luisenstr. No. 30.
Gegen frankirte Einsendung des Betrages erfolgt die* Jausen düng franko.
Buchhandlung für Medizin und Naturwissenschaften
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Richard Schoetz.
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Medicinal-tirosshandlung.
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